Lee vn In hohen WwriwE Kl IE! FT Ki vn Kl HH i) RU“ HERRIN LICH AN ) n i Ki hi Hu HH Ba Mi in Ki Nie 1 BICH ' en # 3 ’ M INH, ERNEST LH UNCHALHONACEN vi nn Alan Ri Man Be irn Bin ii ER NBARR ER NTORSIN N K # Ai WEHR Banaalt ii iy Nam tanite ran Kt Inh wu Mi N MRRATERCAN Ü) je N ih Anl N 4 I HR A [ AR eh rtld title IHN 16 UIBL oh IE DE } “ir! Dh Ni N; N Ih 1 Mi Kin AN Hall urn ur N) ji “ { J ur Y MH LIE RE N ha % ar al ln Rt in ern PER un gr) Bi IN IE Eu) y In Yin nr an HI KKARZAR HN yoca) KACRR ART Al a NM Akt IN Hin ION oh Ha, LANRRIUN Di En a {RN ' 134 IR Knie MN ß wann RER vn ul HUDEUHN Nah Bi hl 1 N 1 ul nn AN UN) 1, Ku 1 nu ‚u SANT vr a ‚N ar] any IRRE 1" hr Al Sk MN NA HUNTER J N An KINN N IROHRFACN nn Ir une it ” h\ AIR IRRE I NIDROAHNNUEN \ Hulk u {HR KUN! 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Kal, An Al Rt Henn Y REIN ARE 3 {fe FERN; A AAN I IM M ih N “u jYharahik I ANRRHIN HN Ann ‘ FRCKUURORH IN AN RLGZENL IR HIENIN GER jiyage Er in Ku KENNER ANAL ESE NY) | HEN R Bay N DIN u INNEN h 4 Na i ch ia: f Ki N " EHRE \ Hl y% us) \ rn r N in KLEE , Anal N an E g 4 F DET LEN in on lan lennn Ei ANORIRUREEEIN Dad" oh i " IK) IR RER W Ad f hi ANLAS FRA, LEnEmie! Mails Ar ua M ab NS 1 Hu un) Ha " In Bi BAUETRLAN el Un IR Y ) EPRSARDIGEM EN NAT a | KERN] 4‘ IM PN Hl Auch INH I IH IR ı IE} u IN A KÄHH I] Hat Ka 3 f h » Asa Y f he un aa vi BEN ISELILU HN, rt | BSR THE PEOZLE ı FOR EDVCATION FOR SCIENCE LIBRARY OF THE AMERICAN MUSEUM OF NATURAL HISTORY Pit “ j m .8.10 en 4 j er ir An Nana Naturleben Illustrierte Monographien zur Naturkunde herausgegeben von Rud. Zimmermann, Rochlitz Erster Band Ser he r - Er FORT ah le Re i r AN u‘ . om» une ER er 79 - u Er un a RE nenne Vipera berus (L.), Kreuzotter Aus der Ruhelage zur Flucht übergehend und infolge der Störung durch den Photographen den Kopf bissbereit nach vorn gerichtet Vipera berus (L.), Kreuzotter Die gleiche Schlange wie auf der vorigen Abbildung, die auf der Flucht etwa 2 m von dem ersten Orte entfernt, zur Verteidigungsstellung ver- anlasst wurde. Man beachte den auf der Abbildung deutlich hervor- tretenden, scharf abgesetzten Schwanz Der deutschen Heimat Kriechtiere und Lurche von Rud. Zimmermann Mit 40 Abbildungen nach photographischen Naturaufnahmen des Veriassers (auf 1 Tatel und im Text) BR Stuttgart 1908 Fritz Lehmann, Verlag ESSEN WAT Inhalts-Verzeichnis. Seite er ae 2 ee NT Kriechtiere oder Reptilien 11 Ordnung Schlangen, Ophidia . ...... ANZ Ee N 27 STE TA Familie Ottern oder Vipern, Viperidae. . ......%30 Gattung Viper, Vipera. ... NR EEE Kreuzotter, Vipera Be ER SER 33 (Wirkung 1 Giftes und Gfährlenken de Krenzolier) seen. Be | Aspisyiper, Vivera 18. (BJ... Stel Ursinische Viper, Vipera ursiniü Bonap.. 64 Sandotter, Vipera ammodytes (L.). . . . 64 Familie Nattern, Colubridae . .... 65 Gattung Wasser- oder Kielrückorahe Tro- PIIONGLUSS.. A a Tre #08 Ringelnatter, Tropidonotus natrix (L.) . 65 Würfelnatter, : tessellatus (Laur.) 74 Gattung Land- oder Kletternatter, Coluber. ... 78 Aeskulapnatter, Coluber Aesculapii Host.. 78 Gattung Glatt- oder Schlingnatter, Coronella. . 84 Glatte Natter, Coronella austriaca, Laur.. 84 Ordnung Echsen, Sauria. .-... .... .., rain 90) Unterordnung Kurzzüngler, Brevilingua . . . . . en, Familie Wühlschleichen, Scincotdae. -. -. .:..:..:...659 Gattung Schlangenschleiche, Anguis. . .... 9 Blindschleiche, Anguis fragiis L.. ... % Unterordnung Spaltzüngler, Fissilingua. .....:.. 100 Familie Echte Eidechsen, Lacertidae ........ 100 Gattung Kidechse,- Leeertan va Re 100 Smaragdeidechse, Lacerta viridis (Laur.) 101 Zauneidechse, Lacerta agilis Wolf. . . . 108 Bergeidechse, Lacerta vivipara, Jaquin . 112 Mauereidechse, Lacerta muralis (Laur.) 116 Ordnung Schildkröten, Chelonia. - .... 2... 2... 120 Familie Sumpfschildkröten, Emydae. ....... 124 Gattung Sumpfschildkröte, Emys ....... 124 Europäische Sumpfschildkröte, Emys europaea (Schneider)! ..-.....1% Ser Lurche oder Amphibien 128 - „ Ordnung Froschlurche, Anura ... .:. 2.2.2... © ..130 Bamibe. Echte Frösche, Ranidaeı ar. TE, 138 EN Seite Gattung Frosch, Rana N FZEar 2 138 Gruppe Grüne od. Wasserfrösche, Ranaevirides 140 Wasserfrosch, Bana esculenta. .. .. . 140 Seefrosch, Rana esculenta var. ridibunda . 140 Gruppe Braune od. Landfrösche, Ranae fuscae 143 Gras- oder Taufrosch, Rana muta, Laur. 143 Moorfrosch, Rana arvalis, Nilsson. . . . 144 Springfrosch, Rana agilis, Thomas . . . 15 Familie Kröten, Bufonidaei# 2 WIE Ve 150 Gattung Erdkröte, Bufo= 2:7 79, | Graue od. Breike öte, Bufo vulgaris, Re. 153 Grüne oder Wechseiktske: Bufo viridis, Laut. vn. 2 En RR Ne ee 156 Kreuzkröte, Bufo En Laur.; : WASSER Familie’ Baumfrösche, Hylidae.:. 2 Rn? Deere 160 Gattung Laubfrosch, Ayla rn. Mr Erz 160 Laubfrosch, Hyla arborea, L.. . ... .. . 160 Familie Frosehkröten, Pelobatidae: . . . ...... 165 Gattung Landunke, Pelobats . .. . 168 Knsbladehn oder Wühlkröte, Pas Fuseus: (Baw.).2:.222 Wer 166 Familie Scheibenzüngler, Discoglossidae . . .... 169 Gattung Wasserunke, Bombinator . . ..... . 169 Gelbbauch- oder Bergunke, Bomben pachypus, Bonap. . . . 170 Rotbauchige Unke, ta ee Law EN. EN Er EI 170 Gattung Fessler,Alytes. #38 RT AuL TE Be 174 Geburtshelferkröte, Atyte ee (Dam) EEE ESTER Ordnung Schwanzlurche, Urodea. . 2. 2... „ „21. . 176 Familie Salamander, Salamandridae . .. ...... 178 Gattung Landmolche, Salamandra. . . . - 178 Feuersalamander, Salamandra Ä Luna) 179 Kinensunhan Brlarıhäng air, Tine 152 Gattung Wassermolch, Triton. . . . . 2 Kamm-Molch, Triton eristatus, Laur. ri: Bergmolch, Triton alpestris, Laur.. . . . 156 Streifenmolch, Triton vulgaris (L.).. . . 187 Leistenmolch, Triton paradoxus (Razoum.) 189 Bufo vulgaris, Laur., Graue Kröte. Ich mochte etwa 10 Jahre alt sein, als ich auf einem Streifzuge durch den heimischen Forst auf eine Schar älterer Knaben stiess, die eine buntfarbige Ei- dechse an einen langen Faden geknüpft hatten und diesen mit dem lebhaft zappelnden Tierchen lassoartig in der Luft kreisen liessen, um dann das letztere in regelmässiger Folge auf den Boden aufzuschleudern. Meine Bitte, dem armen, gequälten Tiere die Freiheit zu geben, beantworteten sie lachend mit dem Hinweis auf seine „Giftigkeit“, und mein weiteres energisches Drängen, in das sich allerdings auch einige jugendlich unbedachte Schimpfworte mischten, quittierten sie mit einer tüchtigen Tracht Prügel. Diese Prügel, die ich damals für meine tierschütz- lerischen Absichten erhielt, sind nun zwar längst ver- schmerzt, der Vorfall selbst aber nicht vergessen. Er Trade steht mir noch immer in der Erinnerung, als hätte er sich erst gestern ereignet, und er ist es auch gewesen, der den unmittelbarsten Ansporn zu meiner nachfol- senden Arbeit gegeben hat. Denn seit jenem Tage habe ich die Kriechtiere und Lurche ganz besonders in mein Herz geschlossen und als Knabe schon nahm ich mir vor, einmal ein „grosses Buch“ für unsere ver- achtetste und verkanntetste Tierklasse, über Schlangen und Eidechsen, Molche und Kröten zu schreiben. Ein „grosses Buch“ ist das nun freilich nicht geworden, das ich heute in die Welt hinausschicke, ein „grosses“ und infolgedessen auch teures Buch durfte es ja auch gar nicht werden, wenn es in die weitesten Kreise des Volkes dringen soll. Und das erstrebt meine Arbeit. Sie will in erster Linie den Naturfreund in die Kenntnis der deutschen Kriechtiere und Lurche einführen und ihn in den Stand setzen, ihre Arten rasch und sicher zu unterscheiden. Aus diesem Zweck des Buches ergab sich auch die Anordnung des Textes, die etwas ab- weichend ist von dem allgemeinen Plan des „Natur- lebens“. Immerhin bin ich bestrebt gewesen, den rein beschreibenden Teil auf das denkbar geringste Mass zu beschränken und die einzelnen Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten hauptsächlich nach ihren äusseren, sofort ins Auge fallenden Kennzeichen zu charakterisieren. Ein Eingehen auf die anatomischen Verhältnisse und Unterschiede wurde, nicht zum wenigsten auch im Hinblick auf den verfügbaren Raum, unterlassen oder seschah, wo sich dies nötig machte, in nur knappen Worten. Von dem neuesten Stande der Systematik habe ich mir insofern mit Absicht eine Abweichung gestattet, als ich unter den Reptilien die Schlangen an erster Stelle behandelt habe. Dagegen ist der Schilderung des Lebens, der biologischen Verhältnisse nach Massgabe des verfügbaren Platzes ein umso Al breiterer Raum gewidmet worden. Denn das Leben in seiner bunten Mannigfaltigkeit ist es ja, was dem Natur- freund das Studium der Natur und ihrer Geschöpfe so anziehend gestaltet. Wenn aber auch hier manches knapp behandelt, mancher Lebensvorgang nur in grossen Zügen dargestellt werden konnte, so halte ich das für gar keinen so grossen Fehler. Denn der Naturfreund soll nicht allein aus Büchern sein Wissen schöpfen, sondern. aus der Natur selbst; Bücher sollen ihn in diese nur einführen und ihn anregen, ihren Geheimnissen nach- zuspüren. Und wenn meine bescheidene Arbeit das vermag, wenn die eine oder andere Schilderung dazu angetan sein sollte, viele zur Beobachtung unserer Kriechtiere und Lurche anzuregen, wenn mein Buch schliesslich auch geeignet ist, Vorurteile beseitigen zu helfen und Liebe zu den vielgeschmähten Reptilien und Amphibien zu erwecken, dann hat es seinen Zweck erfüllt. Einen Vorzug, so darf ich wohl kühnlich be- haupten, besitzt mein kleines Werk vor vielen anderen. Und dieser Vorzug besteht in seinen Illustrationen, die ausschliesslich nach photographischen Natur- aufnahmen angefertigt worden sind. Und zwar han- delt es sich dabei mit einigen wenigen Ausnahmen, wo Terrarientiere in einer ihren Aufenthaltsorten voll- ständig entsprechenden Umgebung photographiert worden sind, stets um Aufnahmen freilebender Tiere an den natürlichen Orten ihres Vorkommens. Wer sich nur einmal mit photographischen Naturaufnahmen befasst ‘ hat und auch unsere Kriechtiere und Lurche kennt, wird auch die Schwierigkeiten ermessen können, die sich den Aufnahmen der in der Nähe des Menschen — ich musste mit dem Apparat bis 50 cm und noch näher an die Tiere heran — so unruhigen Geschöpfe oft entgegenstellten. Dazu kam noch, dass ich infolge a ugre?. ungünstiger Lichtverhältnisse oder der zur Erreichung einer grösseren Tiefenschärfe notwendigen stärkeren Abblendung des Objektives nicht immer Momentauf- nahmen machen konnte, sondern — wenn auch auf meistens kurze — Zeitaufnahmen angewiesen war. Die schönen dabei erzielten Erfolge verdanke ich in erster Linie der grossen Leistungsfähiskeit einer .Hüttigschen Spiegelreflex-Kamera, die mir von der Firma Fabrik photographischer Apparate auf Aktien, vorm. R. Hüttig & Sohn in Dresden, in liebenswürdigster Weise für meine Arbeit zur Ver- fügung gestellt worden, und die für alle Naturaufnahmen infolge ihrer vielseitigen Vorzüge wie kaum eine zweite geeignet ist. Ich halte es für eine einfache Pflicht der Dankbarkeit, der Firma daher auch an dieser Stelle zu gedenken; ihr kommt ein wesentliches Verdienst an dem Zustandekommen meines Buches zu. Mein Buch ist durch seine Abbildungen somit eines der erstendeutschen Werke,indemausschliesslich und im Grossen die Naturphotographie in den Dienst der bildlichen Darstellung gestellt wird und das damit den Anfang von photographischen Auf- nahmen auch der übrigen deutschen Tiere machen will. Es wird dadurch für unser deutsches Vaterland endlich einmal auch das geschaffen, was andere Länder — vor allem Nordamerika und England — seit langem schon nicht gerade zu unserem eigenen Ruhme besitzen und was bisher ein stiller, unerfüllter Wunsch so Vieler ge- wesen ist. — Werke allgemeinen Inhalts, die von mir bei der Abfassung meines Buches benutzt worden sind und aus denen ich mehrfach auch Angaben wörtlich entlehnt habe, sind: DÜRIGEN: Deutschlands Amphibien und Rep- tilien. Magdeburg 1897. re KNAUER: Das Leben unserer heimischen Kriechtiere und Lurche im Kreislaufe eines Jahres. Dresden 1905. LACHMANN: Die Giftschlangen Europas. Magde- burg 1888. Ders.: Die Reptilien und Amphibien Deutsch- lands in Wort und Bild. Berlin 1890. LENZ: Schlangen und Schlangenfeinde. Gotha 1870. während bei der Behandlung der Kreuzotter und namentlich der Frage nach ihrer Gefährlichkeit, die ich besonders eingehend behandeln zu müssen glaubte, die folgenden, meist kürzeren Arbeiten berücksichtigt worden sind: BLUM: Die Verbreitung der Kreuzotter in Deutschland. Sonderdruck aus den Abh. d. Senckenbergischen Naturforsch. Gesellsch. in Frankfurt a. M. 40. Band. Frankfurt a. M. 1888. HOFFMANN: Die Kreuzotternjagd. Über Land und Meer. LXVIII. Bd. Stuttgart 1892. KÖHLER: Kann der Kreuzotterbiss töten? Aus der Heimat. 18. Jahrg. Stuttgart 1905. LAUS: Vorläufige Mitteilung über die Ver- breitung der Kreuzotter in Mähren und Österr.-Schlesien. IV. Bericht des Klubs für Naturkunde in Brünn. Brünn 1902. LöNS: Der Biss der Kreuzotter. Hannoversches Tageblatt v. 5. 5. 1907. ZIMMERMANN: Unsere Kreuzottern. Mitteil. d. Nordböhm. Exkursionsklubs. 26. Jahrg. Leipa 1903. Ders.: Über die Kreuzotter. Aus der Heimat. 18. Jahrg. Stuttgart 1905. Fr Für das Weiterstudium des hier behandelten Gebietes kann ich namentlich das DÜRIGENsche ausführliche und umfangreiche Buch aufs wärmste empfehlen. Schliesslich glaube ich, auch dem Herrn Verleger meines kleinen Werkchens meinen Dank abstatten zu müssen. Denn trotz der hohen Herstellungskosten hat dieser sich nicht abhalten lassen, auf die Ausstattung die grösste Sorgfalt zu verwenden und hat dabei den Ladenpreis so niedrig gestellt, wie ihu ähnliche Ver- öffentlichungen kaum aufweisen. Ich wünsche und hoffe, dass er in einem flotten Absatz meines Buches die ver- diente Entschädigung für die von ihm gebrachten Opfer finden möchte. Rochlitz, im Januar 1908. Rud. Zimmermann. Bufo vulgaris, Laur., Graue Kröte. Es scheint, als ob der Fluch, der nach der bib- lischen Schöpfungslegende am Tage des Sündenfalles über die Schlange ausgesprochen worden ist, sich nicht nur grausam an dieser selbst erfüllt, sondern auch ihre gesamte engere und weitere Verwandtschaft mitgetroffen hat. Denn es gibt wohl kaum eine zweite Tierklasse, die so verfolgt, verachtet und gehasst wäre, wie die der Kriechtiere und Lurche. Niemand mag mit ihren Ge- schöpfen etwas zu tun haben, die meisten Menschen gehen ihnen aus dem Wege und viele sogar rechnen es sich noch als ein ganz besonderes Verdienst an, ihre Tiere zu töten, wo immer nur sie dieselben antreffen. Und doch sind all’ der Hass und die Verachtung, mit denen man den Kriechtieren und Lurchen begegnet, der Abscheu und die Furcht, die ihnen nicht nur von zart- besaiteten Damen, sondern auch von nervenstarken Männern entgegengebracht werden, wenigstens bei uns unbegründet. Denn mit Ausnahme etwa der giftigen Kreuzotter und der seltenen Aspisviper sind sie sämtlich Ber _ durchgehends recht harmlose, in vielen Fällen sogar ganz besonders nützliche Geschöpfe. Aber es wird wohl noch lange dauern, ehe die Vorurteile gegen sie einmal all- gemein geschwunden sein werden, sie wurzeln dazu noch viel zu tief in unserem Volke. Der Gebildete aber wenigstens sollte es versuchen, mit ihnen aufzuräumen, und Schlangen, Molche, Kröten und was sonst noch von dieser Sippe auf Erden kriecht, mit den gleichen Augen ansehen, mit denen er das schlanke Reh, den lieder- begabten Vogel oder eine duftende Blume betrachtet. Dann wird, nein, dann muss es auch anders werden, dann werden Kriechtiere und Lurche wieder die ihnen gebührende Stelle in der Natur einnehmen. 7 Die Kriechtiere oder Reptilien, Lurche oder Amphibien, die teils auf dem Lande, teils vorwiegend im Wasser oder abwechselnd auf dem Lande und im Wasser leben und in ihrer Erscheinung und Lebensweise recht viel Gemeinsames besitzen, so dass man sie ur- sprünglich zu einer Klasse zusammengefasst hatte und sie heute noch vielfach in den Naturgeschichtswerken als solche aufführt, hat man auf Grund doch noch zwischen ihnen vorhandener ausgesprochener Gegensätze in jüngster Zeit auch äusserlich schärfer voneinander unterschieden und demgemäss die Kriechtiere als die 3., die Lurche aber als die 4. Klasse unter die Wirbeltiere eingereiht. Man hört sie vielfach gleich den Fischen auch noch als „Kaltblütler“ bezeichnen. Dieser Aus- druck ist indessen ein recht unglücklich gewählter; er muss in Laienkreisen unbedingt zu einer falschen Auf- fassung führen und die Meinung hervorrufen, als be- sässen diese Tiere überhaupt keinen Tropfen warmen Blutes. Dem ist aber nicht so. Die Bluttemperatur der Kriechtiere und Lurche wechselt nur mit der Tem- LE el peratur ihrer Umgebung; sie ist eine höhere, wenn die der Umgebung eine höhere, eine niedere dagegen, wenn die der Umgebung eine niedere ist. Treffender charak- terisiert dieses Verhältnis daher die Bezeichnung „wechselwarm“, die an Stelle des Ausdruckes „kaltblütig“ endlich einmal allgemein Eingang finden sollte. Die Körperform der Kriechtiere ist gleich der- jenigen der Lurche recht wechselvoll. Im allgemeinen lässt sie sich bei den ersteren auf drei Grundformen zurückführen, nämlich auf eine gestreckte, wurmförmige bei den Schlangen, auf eine gestreckte, kürzere mit Gliedmassen bei den Eidechsen und auf eine platte, breite, in ein festes Rücken- und Bauchschild einge- . schlossene bei den Schildkröten. Die Lurche dagegen zeigen nur zwei Grundformen, eine gestreckte bis wurm- förmige bei den Schwanzlurchen und eine breite, platte bei den Froschlurchen. Ihre Arten besitzen auch — wenigstens soweit es sich um die in unserem Vaterlande lebenden handelt — stets mehr oder weniger gut aus- gebildete Gliedmassen, während diese den Kriechtieren oft fehlen oder nur schwach angedeutet sind. Da die Blutwärme der Kriechtiere und Lurche mit der Temperatur ihres Aufenthaltsortes wechselt, bedürfen sie auch nicht jenes Schutzes gegen eine Wärmeabgabe des Körpers, wie ihn die warmblütisen Tiere, Säuger und Vögel, in ihrem Haar- und Federkleid oder in Fettschichten unter der Haut besitzen. Bei ihnen bildet die Körperbedeckung lediglich einen Schutz gegen Verletzungen oder gegen ein Austrocknen des Körpers ‘ während heisser und trockener Zeiten und tritt bei den Schlangen und Eidechsen ausserdem noch mit in den Dienst der Fortbewegung. Sie besteht in einer, zu hor- nigen Schuppen und Schildern ausgebildeten harten Haut bei den Kriechtieren, in einer weichen nackten, Ba 1 pe: meist mit einem zähen Schleim bedeckten Haut bei den Lurchen. Die Atmung ist gleich dem Blutkreislauf bei beiden Tierklassen eine recht langsame und erfolgt bei den Kriechtieren durch Lungen, bei den Lurchen da- gegen im Jugend- (oder Larven-) Zustand durch Kiemen, und erst später, wenn das Tier vollentwickelt ist, voll- zieht sie sich gleichfalls durch Lungen. Die Fortpflanzung geschieht bei beiden Tierklassen durch Eier, deren Ausbrüten der Wärme der Luft, des Wassers oder des Bodens überlassen bleibt. In einigen Fällen bleiben die Eier aber auch bis zur völligen Ent- wicklung im mütterlichen Körper, so dass bereits während des Ablegens oder unmittelbar danach ihnen die Jungen entschlüpfen. Man spricht in diesen Fällen (ungenau) von einer „lebendig gebärenden“ Art. Die Jungen der Kriechtiere besitzen bereits die Form und Gestalt der Eltern, die Jungen der Lurche dagegen müssen erst eine mehr oder weniger komplizierte Verwandlung, ihren Larvenzustand durchmachen, ehe sie den Eltern gleich werden. Auf den Larvenzustand werden wir später noch eingehender zurückkommen. 3 Die Reptilien teilt man in die Schlangen, Ophidia, in die Eidechsen, Sauria, in die Schild- kröten, Chelonia, und die bei uns nicht vertretenen Panzerechsen oder Krokodile, Crocodilina, ein, die Amphibien zerfallen in die Frosch- und Schwanz- lurche, Anura bezw. Urodela. 3 Die Schlangen besitzen einen gestreckten, wurm- förmigen Körper, der bald nahezu gleichmässig dick, bald nach dem Kopf und Schwanz zu von deutlich ab- Coronella austriaca Laur., Glatte Natter Das matte, zeichnungslose Aussehen der Körperoberfläche, sowie das weisse Auge sind Anzeigen der bevorstehenden Häutung nehmender Stärke ist. Die Gliedmassen fehlen ihnen sänzlich oder sind bei einigen, nichtdeutschen, Arten in Form kurzer Stummeln rechts und links des Afters an- gedeutet. Der verhältnismässig kleine Kopf ist vom Körper durch eine den Hals andeutende, mehr oder weniger deutlich hervortretende Verengerung abgesetzt, der Schwanz ist bald länger, bald kürzer, er geht ent- weder allmählich in eine dünne Spitze über oder ist vom Körper scharf abgesetzt und läuft in eine stumpfe, viel- fach verhornte Spitze aus. Die Gesichts- und Kopt- knochen sind überaus beweglich und untereinander nicht fest, sondern durch dehnbare, sehnige Bänder verbunden. Dadurch wird es ermöglicht, dass sich der Kopf beim Verschlingen der Beute so sehr ausdehnen kann. Den Augen fehlen die Lider, sie werden aber ersetzt durch a 2 ee die, die Augen mitbedeckende und über diesen durch- sichtige Oberhaut. Äussere Ohren besitzen die Schlangen nicht und auch innerlich sind die Gehörorgane nur recht kümmerlich ausgebildet. — Das Sinnesleben der Schlangen befindet sich auf keiner besonders hohen Entwicklungsstufe; Geruchs- und Geschmackssinn hat man ihnen oft sogar gänzlich abgesprochen. Der Ge- sichtssinn ist wenig vollkommen, einen sich nähernden (Gegenstand gewahren die Schlangen erst durch seine Bewegungen und nicht viel mehr entwickelt scheint auch das Gehör zu sein. Am feinsten ist noch der Tastsinn ausgebildet, dem vor allem die bewegliche, lange, schmale und dünne, gespaltene und während der Ruhe in einer Scheide zurückgezogene Zunge dient. Auch die geistigen Fähigkeiten der Schlangen sind recht nieder. „Das Gehirn der Schlangen ist verhältnis- mässig sehr klein, sowie denn auch ihre Geistesfähig- keiten sehr gering sind“, schreibt LENZ auf Grund seiner vieljährigen Beobachtungen, und seinem Urteil wird rück- haltslos der beipflichten, der Schlangen in der Gefangen- schaft beobachtet und studiert hat. Die Haut der Schlangen wird gebildet von der Unter- oder Lederhaut sowie der die letztere be- deckenden Oberhaut und ist äusserlich verdickt und ver- hornt. Die verdickten Hautstellen liegen dachziegelartig übereinander und bilden die Schuppen oder sind — namentlich am Kopfe — nebeneinander angeordnet und heissen dann Schilder. Die Oberhaut ist besonders hart und fest und vermag nicht mit dem übrigen Körper zu wachsen. Damit sie nun aber die Schlange am Wachs- tum nicht hindert, wird sie von Zeit zu Zeit abge- worfen und durch eine neue ersetzt; ein Vorgang, der als „Häutung“ bezeichnet wird. Die herannahende Häutung verrät sich durch eine trübe, milchige Färbung der Augen und einen schmutzigen, die Zeichnung des Coronella austriaca Laur., Glatte Natter Anfangsstadium der Häutung, die Haut ist über den Kopf zurückgestülpt und dieser erscheint daher dunkler Tieres nur noch undeutlich wiedergebenden Schein des Körpers; bis sich dann die Haut zuerst an den Lippenrändern loslöst, nach aussen umstülpt und so all- mählich vom Körper abstreift. Damit das Umstülpen und Abstreifen rascher und leichter vor sich geht, zwängt sich die Schlange während des Häutungsprozesses zwischen engen Steinen, dichtem Gestrüpp, Reisig u. dergl. mehr hindurch. An derartigen Stellen kann man dann oft abgestreifte Schlangenhäute oder auch Teile von solchen finden. Vor der Häutung sind die Schlangen meist recht träge und wenig fresslustig, nach der Häutung dagegen werden sie lebhafter und gehen mit doppeltem Eifer ihrer Nahrung nach. Die Häutung wird sehr vom Klima und der Jahrestemperatur eines Ortes beeinflusst; bei uns erfolgt sie — natürlich nur während des Sommers — in Zwischenräumen von etwa 4 bis 5, wohl auch noch mehr Wochen etwa 5 bis 6 Mal im Jahre. Junge, eben die Eihülle verlassene Schlangen häuten sich zum ersten- Zimmermann: Naturleben. I.Bd. 2 une male kurz nach ihrer Geburt; jüngere Tiere überhaupt häufiger als wie ältere. Eine von mir im Terrarium gehaltene, ausgewachsene Ringelnatter (1,15 m lang) häu- tete sich während einer über 6 Monate dauernden Ge- fangenschaft überhaupt nicht, lag aber, ohne dass an ihr sonst ein Zeichen von Krankheit zu bemerken gewesen wäre, eines Morgens tot in ihrem Behälter. Am letzten Nachmittag zeigte sie allerdings eine ziemliche Un- ruhe, lebhafter als sonst kroch sie im Terrarium umher und machte die angestrengtesten Versuche, ihm zu ent- weichen. Diese Unruhe zeigen die Schlangen übrigens stets vor ihrem Tode. Unaufhörlich kriechen und klettern sie im Terrarium umher, bis die Bewegungen allmählich langsamer werden, und die Schlange sich in der Regel zu einer weiten Spirale zusammenrollt. Der natürliche Tod erfolgt, wie ich in Übereinstimmung mit einem anderen Forscher, DR. WERNER, wiederholt beobachtet habe, in der Regel in den späten Abendstunden bis gegen Mitter- nacht, selten am Morgen und noch seltener am Tage. Diese Tatsache deckt sich mit einer alten, weitverbrei- teten Volksmeinung, nach der eine Schlange nie vor Sonnenuntergang stirbt. Wenn diese Volksmeinung aber auch den gewaltsam getöteten Schlangen noch Lebens- kraft bis zum Abend zuschreibt, so ist dies eine Ansicht, die ich wohl nicht ausdrücklich als völlig haltlos und widersinnig zu betonen brauche Freilich sind die Schlangen sehr zählebig und — wie sie ja auch die Nahrung sehr lange entbehren können — oft recht un- empfindlich gegen Verwundungen und Verletzungen, manches scheinbar getötete Tier wird in Wirklichkeit doch noch leben. LENZ berichtet von einer Kreuzotter, der er beim Fange so auf den Rücken getreten hatte, dass in der Mitte des Leibes Wirbel und Rückenmark auseinandergerissen, Haut und Verdauungskanal aber Tropidonotus natrix (Z.), Ringelnatter gehäutet Die Schlange wurde etwa 2m von der Häutungsstelle entfernt angetroffen, nach dieser zurückgetrieben und hier mit der ab- gestreiften Haut photographiert unverletzt geblieben waren, und die in diesem Zustande noch mehrere Wochen lebte. Sämtliche Schlangen sind ausgesprochene Raub- tiere. Ihre Nahrung besteht im Freien ausschliesslich aus lebenden Tieren und nur in der Gefangenschaft lassen sich einige allmählich dahin bringen, auch tote Nahrung anzunehmen. Die in Deutschland heimischen Schlangen vertilgen Mäuse und andere kleine Säuger, wie junge Maulwürfe u. dergl., kleinere Vögel, Fische, Eidechsen, kleinere Exemplare ihrer eigenen Gattung, Frosch- und Schwanzlurche. Ihre Beute verfolgen sie, die Kreuzotter z. B. stellt den Mäusen in ihren Löchern nach, oder lauern ihr auf und stürzen sich auf sie, sobald 9* re: das Opfer in genügender Nähe ist. Sie erfassen es mit dem Maule und halten es mit den Zähnen fest, töten es durch kräftiges Zudrücken des Maules oder durch enge Umwindungen mit ihrem Körper. Aber auch lebend schlingen einige es hinunter. LACHMANN berichtet von Unken, die von Ringelnattern verschlungen, sogar lebend wieder ausgespieen worden sind und sich danach noch jahrelang im Terrarium erhalten haben und ich selbst habe es gesehen, wie Ringelnattern beim Anfassen eben verspeiste Frösche lebend wieder von sich gegeben haben. Die Giftschlangen bringen in der Regel ihrem Opfer einen Biss bei und warten dessen tödliche Wirkung ab, ehe sie an das Hinabwürgen gehen. Und ein richtiges Hinabwürgen ist das Fressen der Schlangen. Denn da sie ihre Nahrung nicht zerkleinern können, müssen sie dieselbe in unzer- teiltem Zustande ihrem Körper zuführen. Kopf und Rachen dehnen sich dabei unglaublich weit aus und eine starke Verdickung des Körpers zeigt uns den Gang an, den die Nahrung in ihm nimmt. Die verhältnismässig ungewöhnliche Grösse der einmal aufgenommenen Nahrungsmenge und der Umstand, dass infolge des langsamen Blutkreislaufes und der gleichfalls langsamen Atmungsvorgänge der Verbrauch von Nährstoffen über- haupt ein minimaler ist, ermöglichen es, dass die Schlange seltener Nahrung zu sich nimmt, als ein anderes Tier, und dass sie oft recht lange hungern kann. Kreuzottern bei- spielsweise, die in der Gefangenschaft keine oder nur unter ganz besonders günstigen, der Natur angepassten Verhältnissen Nahrung annehmen, haben ohne diese 9 bis 12 Monate ausgehalten. — Des Wassers bedürfen alle Schlangen, sie nehmen es leckend oder saugend mit deutlichen Schluckbewegungen zu sich, müssen sich aber vielfach nur mit Tau- oder Regentropfen begnügen. Die Aufenthaltsorte der Schlangen sind sehr ver- schieden. Viele bewohnen den Wald und halten sich BR Sol hier meist auf sonnigen, mit Gras und Gestrüpp be- wachsenen Lichtungen auf, andere wieder bevorzugen steinige Halden und Berglehnen, wieder andere Felder und Wiesen, Ödungen, Sümpfe, Brüche usw. Manche trifft man an wasserarmen oder wasserlosen Orten an, manche vorzugsweise oder ausschliesslich in der Nähe stehender und fliessender Gewässer, an Seen und Teichen, Flüssen und Bächen. Die Ringelnatter hält sich beispiels- weise gern an solchen auf und die Würfelnatter ist fast ausschliesslich auf Gewässer angewiesen; beide werden hier — wenn sie in grösseren Mengen vorkommen — in geringem Grade auch leicht einmal der Fischzucht schädlich. Dem Boden und der Umgebung ihres Auf- enthaltsortes passen sich die Schlangen meist in vorzüg- licher Weise an; sie ähneln ihnen in der Färbung oft so, dass man sie vielfach erst gewahr wird, wenn sie raschelnd die Flucht ergreifen. Schwimmen können alle unsere Schlangen; einige von ihnen erreichen darin sogar eine ziemliche Fertig- keit und können selbst längere Zeit unter Wasser bleiben und sich am Grunde desselben gewandt fortbewegen. Ich habe Ringelnattern in kleinen, klaren Tümpeln oft 5—10 Minuten, ja sogar eine Viertelstunde und darüber am Grunde liegend, oder sich zwischen Wasserpflanzen umherbewegen gesehen, ehe sie einmal an die Ober- fläche kamen, um Luft aufzunehmen. Noch länger als wie die Ringelnatter hält es die Würfelnatter unter Wasser aus. Auch die Fähigkeit zu klettern, d.h. Ge- strüpp und Gebüsch, niedere Bäume u. dergl. mehr zu ersteigen, ist allen Schlangen unserer Heimat eigen. Selbst die unbeholfenste von ihnen, die plumpe Kreuz- otter, ist wohl in der Lage, auf niederes Gebüsch, kleine Bäumchen mit auf die Erde herabhängenden Zweigen, Zäune u. dergl. mehr zu steigen, wennschon derartige Fälle in der Natur zu den selteneren Erscheinungen BEL aan zählen dürften. Daher mag es wohl auch kommen, dass selbst gute Kenner der Kreuzotter ihr die Kletterfähig- keit gänzlich absprechen. Ich habe die Schlange im Freien kletternd zwar auch noch nicht angetroffen, fand aber einst auf einem Kreuzstengelzaun etwa 1 m über dem Erdboden die frische Haut einer Kreuzotter, die nach Lage der Verhältnisse nur hier abgestreift sein konnte. Im Terrarium dagegen kommt es öfter einmal vor, dass die Kreuzotter den Kletterbaum besteigt. Häufiger und auch besser klettert die Ringelnatter, die man im Freien sogar verhältnismässig häufig auf Ge- büsch und niederen Bäumen antreffen kann. Ich habe sie bis über 1m hoch, andere Beobachter noch höher (bis zu 3 m), aber stets nur auf solehem Gebüsch und Bäumchen gefunden, wo die Astbildung sehr dicht und bis auf die Erde herabreichend war. In einem Falle konnte ich eine von mir im Freien angetroffene kletternde Ringelnatter auch auf der photographischen Platte festhalten. Überrascht man eine auf einem Bäumchen sich sonnende Ringelnatter, so lässt sie sich sofort zur Erde fallen. Nur einmal in meiner Beob- achtertätigkeit verharrte das Reptil regungslos in seiner Stellung, so dass ich es bequem wegnehmen konnte. Das Fallenlassen, das wohl auch bei den anderen Schlangen vorkommt, ist vielleicht die Ursache zu der weitverbreiteten Meinung, dass unsere Schlangen von den Bäumen herab den Menschen anspringen. Die nächste Verwandte der Ringelnatter, die spärlicher vor- kommende Würfelnatter, klettert noch besser als wie diese und steigt bis in die Spitzen verhältnismässig hoher Büsche und Bäumchen. Dagegen scheint die glatte Natter, der der Volksmund eine grosse Kletter- fähigkeit zuschreibt, nicht besonders gern zu klettern. Ich habe sie kletternd im Freien, obwohl ich schon Hunderte dieser Schlangen beobachtet habe, überhaupt Tropidonotus natrix (L.), Ringelnatter kletternd noch nicht angetroffen, und — wenn ich sie kletternd im Terrarium beobachtet habe, immer das Gefühl ge- habt, dass sie, trotzdem sie hier nicht schlecht klettert, dies doch ungern und mit einer gewissen Anstrengung tut. In diesem Sinne äussern sich auch andere Beob- achter der Schlange. Die vorzüglichste Kletterin unter den deutschen Schlangen aber ist die Aeskulapnatter, die sehr oft und mit ziemlicher Schnelligkeit und Ge- wandtheit in Gesträuch und Bäumen emporklettert und die höchsten Spitzen besteigt, um sich zu sonnen. Selbst an Mauern und ziemlich starken Bäumen windet sie sich empor und benutzt dabei jeden Riss, jede rauhe Stelle, um sich so einzustemmen und festzuhalten, dass es nicht immer leicht ist, sie loszubekommen. — Die Bewegungen der Schlangen auf der Erde, die durch Windungen („schlängeln“) des Rumpfes erfolgen und durch das Einstemmen der leicht emporgerichteten Bauchschilder gegen den Boden wirksam unterstützt werden, sind FOR ziemlich gewandte und oft so schnelle, dass man grosse Mühe hat, ein auf der Flucht befindliches Tier zu fangen. Die Schlangen sind entweder echte Tages- oder Dämmerungs- und Nachttiere. Sie lieben aber alle den Sonnenschein und liegen oft stundenlang, die angenehme Wirkung der Sonnenstrahlen geniessend, an windstillen, sonnigen Plätzen. Nur während der heissesten Stunden der Sommertage ziehen sie sich meistens in ihre Schlupf- winkel zurück. Den Wind meiden sie und an windigen Tagen wird man daher auch selten Gelegenheit haben, eine Schlange zu Gesicht zu bekommen. Das Wärme- bedürfnis der Schlangen erklärt uns auch die Tatsache, dass sie in den warmen und heissen Gegenden der Erde am zahlreichsten vorhanden sind, den kalten Zonen und Gegenden dagegen fehlen. Es ist weiter aber auch einer der Gründe, dass die in unserem Vaterland heimischen Arten sich bei Beginn der kalten Jahreszeit zur Winter- ruhe zurückziehen. Dieselbe erfolgt in frostfreien Höhlungen unter Wurzelwerk und Baumstümpfen, in Mäuse-, Maulwurfs- und anderen Löchern, Felsenrissen, unter Steinen u. a. m., meist tief unter der Oberfläche, wo man sie oft in grösserer Anzahl beieinander und zu Klumpen zusammengeballt, den Winter überdauernd, antreffen kann. Sie befinden sich dabei in einem halb- wachen und halberstarrten Zustand, aus dem sie freilich schon eine gelinde Wärme erwecken kann. Nicht selten trifft man daher an milden Wintertagen eine Schlange im Freien an, die ihre Vorwitzigkeit freilich meistens damit büssen muss, dass sie bei schnellem Eintritt von Kälte erstarrt. Die Paarungszeit der Schlangen erfolgt in den ersten warmen Monaten nach Beendigung der Winter- ruhe. Zur Paarung finden sich oft eine ganze Anzahl Tiere zusammen, die dann zu einem züngelnden und krabbelnden, einen nicht gerade schönen Anblick ge- Hund und Glatte Natter währenden Knäuel verschlungen sind. Die Fortpflanzung erfolgt durch Eier, die durch eine pergamentartige Schale geschützt sind und an feuchtwarmen Orten, unter Moos, Laub, in Mulm, Misthaufen, Erdhöhlungen, Felsenrissen, unter Steinen und dergl. mehr abgelegt werden und deren Entwicklung die natürliche Boden- und Luftwärme be- sorgen. Oder aber sie werden auch von der Mutter bis zur völligen Reife bei sich behalten. Die Jungen gleichen in ihrer Gestalt völlig den Eltern, sind aber vielfach anders gefärbt als im Alterszustand. Nicht selten ereignet es sich, dass die eben ausgeschlüpften Jungen von älteren Tieren der eigenen Gattung auf- gefressen werden. Die Geschlechter unterscheiden sich meistens durch die geringere Grösse der Männchen und deren hellere Färbung und lebhaftere Zeichnung. — Unsere Schlangen sind im allgemeinen recht furcht- same Tiere und weichen jeder Gefahr nach Möglichkeit aus. Ist ihnen die Gelegenheit zur Flucht aber nicht mehr geboten, so nehmen sie ihre Verteidigungsstellung ein: sie rollen sich meistens zu einer tellerförmigen Spirale zusammen und suchen mit aufwärtsgerichtetem = a Kopf durch lebhaftes Zischen den Gegner abzuschrecken oder sich seiner, indem sie dabei den Kopf vorwärts schnellen, durch Beissen zu erwehren. Das Zischen der Schlangen ist vor nicht zu langer Zeit der Gegen- stand eines lebhaften Meinungsaustausches gewesen. Der kürzlich verstorbene bekannte Zoologe Professor MAR- SHALL hatte es sogar völlig abgeleugnet; er hätte sich von ihm aber leicht überzeugen können, wenn er einmal eine Ringelnatter im Freien oder eine eben eingefangene im Terrarium beobachtet hätte. Ich habe das Zischen an allen unseren deutschen Schlangen, mit Ausnahme der von mir im Freien noch nicht beobachteten und auch noch nicht gefangen gehaltenen Aspisviper gefunden. Doch das nur nebenbei. — Selbst unsere gutbewehrten Giftschlangen gehen dem Menschen aus dem Wege, sie machen von ihrem Gebiss nur Gebrauch, wenn man sie überrascht hat, wohl gar unversehens anfasst oder auf sie tritt. Feinde der Schlangen unter der Tierwelt gibt es nicht wenige. Verschiedene Geier- und Adlerarten, be- sonders der Schlangen- und Schreiadler, der Bussard, unsere habenarten: Kolkrabe, Krähe und Elster, der Eichelhäher und eine ganze Anzahl Sumpfvögel, der Iltis, der Fuchs, das Wiesel, der Marder, der Hamster, das Wildschwein und noch manche andere stellen ihnen nach. Der Igel ist ein erklärter Feind der Kreuzotter und selbst den Mäusen mag manche Schlange im Winter- quartier zum Opfer fallen. Dass Mäuse lebende Schlangen, namentlich auch Kreuzottern angefressen haben, ist im Terrarium wiederholt beobachtet worden. Auch unseren Haustieren wird gleichfalls manches dieser Reptile zum Opfer fallen. — Über das Verhalten dieser den Schlangen gegenüber istschonmancherlei gesprochen und geschrieben worden und nicht selten hat man dabei eine nur einmal beobachtete Tatsache verallgemeinert und aus ihr vor- Hund und Glatte Natter eilige Schlüsse gezogen. So hört man nicht selten die Meinung vertreten, dass beispielsweise die Hunde die ungefährlichen Schlangen angreifen, der giftigen Kreuz- otter aber aus dem Wege gehen. Diese Meinung ist aber eine durchaus irrige, der Hund macht ebensowenig einen Unterschied zwischen einer unschädlichen Schlange und der Kreuzotter wie unsere anderen Haustiere auch. Sein Verhalten den Schlangen gegenüber ist allerdings stark von’seiner Individualität beeinflusst. Ich habe z. B. Hunde — kleinrassige und auch grosse Tiere — an- getroffen, die Schlangen mit der grössten Scheu begeg- neten und nur schwer oder überhaupt nicht zu einem Angriff auf sie zu bewegen waren, ich habe aber auch wieder Tiere gefunden — und diese scheinen die über- wiegende Mehrzahl zu bilden, — die den Schlangen so- fort kampfeslustig entgegentraten und sich dabei als überaus gewandte und sichere Kämpfer erwiesen. Mein kleiner Teckel, den ich wiederholt glatte Nattern ent- ‚gegenstellte — ich bediente mich zu meinen Versuchen meistens dieser überaus bisslustigen, aber sonst unge- fährlichen Schlange, wandte aber auch unter Beobachtung der nötigen Vorsichtsmassregeln die Kreuzotter an — Ei gr sing immer sofort zum Angriff auf diese über und er- regte sich dabei so, dass ihm der Schaum vor das Maul trat. Die Schlange nahm in der Regel ihre übliche Kampfstellung ein und suchte durch immer wütender werdende Bisse sich ihres Gegners zu erwehren, der Teckel erwiderte die Bisse und suchte dabei stets den Kopf der Schlange zu erfassen. Es wäre ihm dies wohl auch geglückt, wenn nicht immer im entscheidenden Moment ich ihn zurückgehalten hätte. Kreuzottern ver- suchte er in der gleichen Weise gegenüber zu treten, nur dass ich es in diesen Fällen nie zu einem eigent- lichen Kampf kommen liess. Übrigens scheinen Kreuz- otternbisse Hunden nicht immer viel zu schaden, es sind zahlreiche Fälle bekannt geworden, in denen Hunde sie ohne sonderliche Folgen gut überstanden haben. — Auch Katzen bekunden den Schlangen gegenüber eine grosse Kampfes- oder — der Ausdruck ist vielleicht ange- brachter — Spiellust und vergnügen sich anfangs mit ihnen in der gleichen Weise, wie sie das mit Mäusen und anderen Tieren auch tun. Aeltere Katzen sind phleg- matischer, aber auch vorsichtiger und gewandter als junge. Sie weichen allen Bissen mit grosser Geschick- lichkeit aus und quittieren jeden Bissversuch mit ener- gischen, nach dem Kopf der Schlange geführten Tatzen- schlägen. Ich habe es auch hier niemals zum äussersten kommen lassen, bin aber überzeugt, dass durch diese Tatzenschläge die Schlange allmählich kampfunfähig ge- macht werden kann und dass sie dann auch von der Katze vertilgt wird. Hühner verhalten sich anfangs passiver, mit tiefgeneigtem Kopf betrachten sie sich neu- sierig jede Schlange und folgen ihr, um dann, mutiger werdend, auf sie einzuhacken und sie schliesslich zu ver- tilgen. Mir sind wiederholt Fälle gemeldet worden, in denen Hühner Schlangen (auch Kreuzottern) dergestalt bearbeitet und sie aufgefressen haben. — Pferde scheuen no ch Katze und Glatte Natter vor Schlangen und sollen, wenn ihnen unversehens eines dieser Reptile über den Weg läuft, schwer zu beruhigen sein. Es ist aber lächerlich, aus dieser Tat- sache, wie ich das jüngst gelesen habe, den Schluss zu ziehen, dass sich die Pferde der Gefährlichkeit der Schlangen bewusst sind. Ihnen geht es lediglich wie den meisten Menschen auch: sie erschrecken vor dem plötzlichen und raschen, hörbaren Dahingleiten des vor- her still dagelegenen und unbemerkten Reptils. Der wirtschaftliche Wert, d.h. der Nutzen der Schlangen — wir Menschen sind nun einmal gewohnt, ein Naturgeschöpf vorwiegend oder gar ausschliesslich nach den Vorteilen und Nachteilen, die wir von ihm haben, zu beurteilen — ist nur unbedeutend und der Nutzen der Ordnung der Schlangen als solche, wenn man von ihm überhaupt reden kann, ein ziemlich ge- ringer. Die wenigen Mäuse, die von der Aeskulapnatter und der Kreuzotter vertilgt werden, kommen gegenüber dem Schaden, den die letztere durch den Biss eines Menschen einmal anrichten kann, nicht in Frage, und der Nutzen, den Ringel- und Würfelnatter stiften, dass sie in Gewässern die der Fischzucht wohl einmal leicht > a, Be schädlich werdenden Frösche und deren Larven ver- tilgen, wird wieder aufgehoben durch ihre eigene Fisch- räuberei. Sie kommt praktisch aber auch kaum in Frage; tritt sie ja einmal an einem Orte durch allzu grosse Häufigkeit der Schlangen auffallender in Erscheinung, so lässt sich durch ein Töten der Tiere, das aber nur ausnahmsweise und auf alle Fälle mit Mass geschehen sollte, leicht Abhilfe schaffen. Keineswegs aber sind wir berechtigt, weil wir einen wesentlichen Nutzen der Schlangen für uns nicht zu erkennen vermögen, sie, wie das so oft geschieht, zu verfolgen, zu quälen und zu töten. Denn die Natur hat sie nicht zwecklos hervorgebracht, sie hat auch ihnen wie dem geringsten und dem höchsten ihrer Wesen eine Aufgabe zuerteilt, die sie zu erfüllen haben. Und der Mensch, das vollkommenste und allein vernunftbegabte dieser Wesen, sollte und muss diese Aufgabe respektieren. Nur der Kreuzotter kann energisch nachgestellt werden, denn das Menschen- leben, das sie möglicherweise ea kann, wiegt ahlirer. Übrigens glaube ich auch nicht an ER Mösg- lichkeit ihrer gänzlichen Ausrottung, da ihre ganze Lebensweise sie vor einer solchen schützt. u Die Schlangen zerfallen in zwei Gruppen, in die giftigen Ottern, Viperidae, und in die giftlosen Nattern, Colubridae. U Die Ottern sind ziemlich plumpe Tiere und besitzen einen gedrungenen, breiten Körper. Der Kopf ist von ihm deutlich abgesetzt, flach und von dreieckiger bis herzförmiger Gestalt. Die Pupille der Augen ist senk- recht gespalten und zieht sich im Sonnenschein zu einem winzigen Spalt zusammen, während sie sich des Nachts Hühner und Glatte Natter — die Öttern sind vorwiegend Dämmerungs- und Nacht- tiere — bedeutend erweitert. Der Schwanz ist kurz, vom Rumpfe scharf abgesetzt und endigt meist in einer hornigen, stumpfen Spitze. Die Ottern behalten ihre Eier bis zur völligen Ausbildung bei sich. Als Däm- merungs- und Nachttiere verlassen sie ihre Schlupf- winkel tagsüber in der Regel nur, um sich zu sonnen, während sie ihrer Beute meist abends und in der Nacht nachspüren. Ihre Nahrung besteht vorzugsweise in warmblütigen Tieren, in Mäusen und anderen kleinen Säugern, sowie in Vögeln. Sie sind giftig und besitzen in ihrem Oberkiefer beiderseits je einen hakig ge- bogenen, hohlen Giftzahn, sowie hinter diesem einen oder mehrere Ersatzzähne. Das Gift dient ihnen zur Tötung der Beute und ist ferner ein wirksames Schutz- mittel gegen Feinde. Die eigentliche und ursprüngliche Aufgabe der Giftdrüsen aber besteht nach den Ver- suchen, die G. D. CRISTINI an Giftschlangen angestellt hat, jedoch darin, Giftstoffe, die sich infolge der lang- LEW samen Eiweissverdauung bilden, aus dem Kope der Schlange auszuscheiden. Die Nattern sind im Gegensatz zu den Öttern von schlankem Körperbau. Der Kopf ist länglich und fast immer deutlich vom Rumpf abgesetzt, der Schwanz lang und vom Körper allmählich in eine mehr oder weniger dünne Spitze verlaufend. Die Augen besitzen stets eine runde Pupille. Die Nattern.sind lebhafte, überaus ge- wandte Schlangen und lieben als echte Tagetiere Wärme und Sonne. Sie sind unschädliche und harmlose Ge- schöpfe, und wenn sich einige von ihnen auch durch tüchtige Bisse ihrer Gegner erwehren, so ist der Biss doch stets ohne jede nachteiligen Folgen. Ihre Nah- rung besteht in kleinen warmblütigen Tieren, Säugern und Vögeln, in Fischen und verschiedenen Reptilien und Amphibien. Sie legen Eier, die nach der Ablage meistens noch einige Zeit zur ihrer völligen Entwick- lung nötig haben. u Die Ottern umfassen bei uns nur eine Gattung, die der Vipern, mit 2 Arten: Kreuzotter und Aspis- viper, die Nattern dagegen 3 Gattungen, nämlich Kiel- rücken- oder Wassernattern mit der Ringel- und der Würfelnatter, Land- oder Kletternattern mit der Aeskulapnatter und Glatt- oder Schling- nattern mit der Glatten Natter. U Unter den Vipern, Vipera, ist die bekannteste die Kreuzotter, Vipera berus (L.), während die Aspis- viper, Vipera aspis (L.), dagegen, die an Häufigkeit hinter jener bedeutend zurücksteht und in Deutschland nur an einigen wenigen Orten vorkommt, vielen nicht einmal dem Namen nach bekannt ist. Sie sind beide Vipera berus (L.), Kreuzotter (hellgefärbtes, kriechendes Männchen) mit vollstem Recht gefürchtet, vermögen sie doch durch ihren Biss unter besonders ungünstigen Umständen einen Menschen zu töten oder ihm schwere Krankheit und langes Siechtum zu bereiten. Ihre Gefährlichkeit wird aber auch wieder bei uns gewaltig übertrieben, und Fälle von Schlangenbissen mit schwerem oder gar töd- lichem Ausgange gehören in Deutschland nur zu ver- einzelten, sehr seltenen Erscheinungen. u Die Kreuzotter erreicht im allgemeinen eine Körperlänge von 60—70, seltener bis 80 em und ist in vereinzelten Ausnahmefällen in Exemplaren bis zu 1m Länge gefunden worden. Die in den höheren Gebirgs- lagen lebenden Tiere sind die kleinsten und werden kaum länger als 45 cm. Die Weibchen übertreffen an Körpergrösse die Männchen meist um ein bedeutendes; von ihnen hat man Exemplare bis über 90 cm gefunden, während man Männchen nie über 60—65 cm gross be- obachtet hat. Der Rumpf ist plump, am Bauche breiter als auf dem Rücken und nach dem Kopfe zu dünner als Zimmermann: Naturleben. I.Bad. 3 Ba ee nach dem Schwanze. Der Kopf ist platt, verbreitert sich nach hinten und ist am Halse deutlich abgesetzt, der Schwanz kurz und an seiner stumpfen Spitze leicht verhornt. Die Schnauze ist abgerundet und bildet da- durch ein charakteristisches Merkmal gegenüber der Aspisviper, bei der die Schnauze scharfkantig und leicht aufgeworfen erscheint. Die Iris der Augen ist lebhaft feuerrot, die Pupille senkrecht gespalten. Zu beiden Seiten des Oberkiefers steht ein hakig nach hinten ge- krümmter Giftzahn, der für gewöhnlich umgelest ist, beim Öffnen des Rachens aber emporgerichtet wird. Die Giftzähne werden von einem feinen, röhrenartigen Kanal durchzogen, der mit den unter den Zähnen liegen- den Giftdrüsen in Verbindung steht. Hinter den Gift- zähnen sind noch einige Ersatzzähne vorhanden. In bezug auf ihre Färbung und Zeichnung ist die Kreuzotter so gewaltigen Abänderungen unterworfen, dass man behauptet hat, dass sich unter Hunderten dieser Schlangen nicht zwei völlig gleichen. Die Farbe der Oberseite schwankt zwischen dem hellsten, oft fast ins Weisse übergehenden Grau bis zum dunkelsten Braun und kann sogar tiefschwarz sein. Im allgemeinen herrschen beim Männchen hellere, aschgraue Töne mit den mannig- fachsten Übergängen ins schmutziggraue, lichtgelbliche, grau- und meergrüne, hellbraune und braune vor, beim Weibchen dagegen eine braune Farbe mit Übergängen ins schmutzigbraune, braungraue, braungrüne, rotbraune bis kupferrote und dunkelbraune. Indessen gibt es auch dunkelgefärbte Männchen und hellere Weibchen. Die Farbe des Bauches geht vom Weissen ins gelbliche, graue und rötliche bis zum Violett und Schwarz über. Die kupferfarbenen Exemplare werden als Kupferottern, die tiefschwarzen als Höllenottern bezeichnet. Der Kopf ist mit acht dunklen Flecken gezeichnet, von denen sich einer über der Schnauze und drei zwischen den Augen befinden, während vier bindenartig in die Länge gezogen sind und durch gegenseitiges Nähern oder Zusammenfliessen nach der Mitte zu den Eindruck eines Kreuzes hervorrufen können. Ueber den Rücken läuft eine dunkle Zickzackbinde, längs deren dunkle Seiten- fleecken angeordnet sind. Die Zeichnung tritt an den hellgefärbten Exemplaren am schärfsten und deutlichsten hervor, ist an den dunkleren weniger auffallend und verschwindet an den tiefschwarzen gänzlich. Die Jungen sind gewöhnlich dunkler und nur in selteneren Fällen heller gefärbt, Tiere des Tieflandes heller als die des Hochgebirges. Im allgemeinen passt sich die Kreuzotter in ihrer Färbung sehr ihrer Umgebung an, so dass sie einem ungeübten Auge an den Orten ihres Vorkommens auch meistens entgeht. Der Verbreitungsbezirk der Kreuzotter ist ein grosser. „Sie darf sich,“ um mit DÜRIGEN zu reden, „von allen Landschlangen überhaupt und von den deutschen und europäischen Arten insbesondere rühmen, den ausge- dehntesten zu besitzen. Denn derselbe umschliesst nicht nur fast alle Länder unseres Erdteiles vom nördlichen Polarkreis (Finn- und Lappland) bis zu dem 41. oder 42. Breitengrad hinab und von der pyrenäischen Halb- insel bis zum Ural, sondern er umspannt auch noch das nördliche Asien zwischen dem 45. bezw. 42. Grad n. Br. im Süden und dem 58. bezw. 54 Grad n. Br. im Norden bis zur ostasiatisch russischen Insel Sachalin, er erstreckt sich somit von der Küste des atlantischen Ozeans im Westen bis zu den Gestaden des stillen Ozeans im Osten, d.h. vom 9. bis zum 160. Grad östl. L.“ In Deutsch- land ist sie fast überall zu finden, sie fehlt nur im Oden- wald, im südlichen Teil des Grossherzogtums Hessen, im Elsass, in der bayerischen Rheinpfalz, in Oberhessen und Birkenfeld. In der Rheinprovinz, in Hessen-Nassau, in Westfalen und Thüringen ist sie nur stellenweise 2% .) anzutreffen. An den Orten ihres Vorkommens tritt sie bald spärlicher (aber oft häufiger, als der Fernerstehende annimmt), bald zahlreicher auf und ist vielfach sogar in ganz unglaublichen Mengen vorhanden. In dem kleinen Bezirk der sächsischen Amtshauptmannschaft Oelsnitz beispielsweise wurden innerhalb eines Zeitraumes von 16 Jahren 37565 getötete Kreuzottern an die Behörden eingeliefert und dafür nahezu 8000 M. an Fangprämien ausgezahlt. — Die Kreuzotter kommt sowohl im Flachlande wie auch im Gebirge vor und steigt hier bis über 2500 m empor. Im Flachlande bevorzugt sie Heide- und Moor- gegenden und liebt Orte, die mit niederem Gebüsch, Heidelbeeren und Heidekraut bestanden sind, lichte Wälder mit von Gestrüpp bewachsenen Boden, findet sich aber auch auf von Gebüsch unterbrochenen Wiesen, Feldern u. dergl. m., im Gebirge bewohnt sie sonnige, mit Geröll bedeckte und mit Gestrüpp bewachsene Berg- hänge, alte verlassene Steinbrüche und deren Halden, Hochmoore, Heidestrecken u. ähnl. mehr. Geschlossenen Hochwald, dunkle, tief eingeschnittene Felstäler und Schluchten, sowie pflanzenlose Flächen meidet sie da- gegen. Zu ihren Schlupfwinkeln wählt sie Felsenrisse, Höhlungen unter Baumstümpfen, Wurzelwerk und im Erdboden, verlassene Maulwurfs- und Mäuselöcher usw. Nicht selten auch verbirgt sie sich unter Reisig-, Streu- und Heuhaufen, wobei es sich leicht ereignen kann, dass sie beim Einfahren dieser in die Gehöfte ver- schleppt wird. Häufig tritt die Kreuzotter an Orten auf, wo sie vordem nicht beobachtet worden ist, und ver- schwindet umgekehrt aus Gegenden, in denen sie früher häufig war. Eine in allen Fällen befriedigende Er- klärung für diese Erscheinung zu geben, ist oft schwierig; in Fällen des Auftretens der Schlange an einem von ihr vorher nicht bewohnten Ort wird es sich meistens Vipera berus (L.), Kreuzotter (Weibchen in Ruhelage) wohl um ihre Verschleppung durch Reisig, Streu, Schutt und dergl. handeln. — Die von der Glatten Natter be- wohnten Lokalitäten meidet sie im allgemeinen; jedoch nie regelmässig und man kann vereinzelt beide Schlangen an ein und demselben Ort antreffen. Beispielsweise habe ich an mehreren engbegrenzten Gebieten in der Umgebung meines Wohnortes die hier vorkommenden drei Schlangenarten: Kreuzotter, Glatte Natter und Ringelnatter gleichzeitig gefunden, in einem Fall sogar auf einem Raum, der nur wenige Quadratmeter mass. Die Kreuzotter ist ein Dämmerungs- und Nachttier und geht, solange es die Witterung gestattet, erst nach Beginn der Dunkelheit ihrer Nahrung nach. Nur in den höheren Gebirgsgegenden und in den nördlicher ge- legenen Gebieten, wo die Nächte auch während des Hochsommers kühl sind, wird sie zum Tagetier. Ob sie auch an einigen anderen Orten, wie mir gemachte Mit- teilungen andeuten, ihre nächtliche Lebensweise aufge- — 33 — geben hat, wage ich heute noch nicht zu entscheiden. Tagsüber, bei warmen oder schwülem Wetter, kann man die Kreuzotter fast immer in der Nähe ihrer Schlupf- winkel antreffen. Unter einem Busch, auf einem Reisig- oder Streuhaufen, an einem Wege liest sie oft stunden- lang und lässt sich von der Sonne bescheinen. Der Körper ist dabei eng zusammengerollt, der Kopf ruht in der Mitte des Körpers oder liegt seitlich auf diesem und ist leicht nach oben gerichtet. In dieser Ruhe- stellung lässt sie sich so leicht nicht stören und bei An- wendung von etwas Vorsicht kann man ganz nahe an sie herankommen. Bemerkt sie allerdings einen sich nähernden Feind, so windet sie sich in der Regel, aller- dings nicht gerade besonders rasch, aber fast immer früher, als sie der letztere selbst bemerkt hat, auf und ergreift, meistens recht lautlos, die Flucht. Nur wenn ihr die Möglichkeit zu dieser abgeschnitten ist, setzt sie sich zur Wehr und beisst unter lebhaftem Zischen um sich. Dabei deckt sie den übrigen Körper vorzüglich durch den sich rasch bewegenden Kopf. Ich kann diese Schlange übrigens nicht so jähzornig finden, als wie man sie in der Regel darstellt. Sie kann . überaus wütend werden, gewiss, und wird dann sinnlos nach jedem ihr hingehaltenen Gegenstand beissen, sie ist oft aber auch recht träge und phlegmatisch und durch nichts zu einem Biss zu bewegen. Ja, es ist wiederholt schon vorgekommen, dass eine Kreuzotter aus Unkenntnis mit der Hand angefasst und in den Händen weiter- getragen worden ist, ohne dass sie dabei gebissen oder auch nur einen Bissversuch gemacht hätte. Ein ersicht- licher Grund für dieses verschiedenartige Verhalten der Schlange lässt sich so leicht nicht immer finden; m.E. dürfte es meistens in individuellen Ursachen begründet sein. Die Nahrung der Kreuzotter besteht in der Haupt- sache in Mäusen — vorzugsweise Feld- und Wald- mäusen —, denen sie auflauert und auch in die Schlupf- winkel folgt. Spitzmäuse, junge Maulwürfe und kleine Vögel (Erdnister), die sie in den Nestern überrascht, verschmäht sie gleichfalls nicht und sogar Sieben- schläfer und Wiesel sind in ihrem Magen gefunden worden. Über wechselwarme Tiere dagegen (Frösche, Blindschleichen, Salamander, Eidechsen) geht sie nur ausnahmsweise einmal. Ihre Jungen dagegen nähren sich anfangs durchgängig von kleinen Eidechsen und scheinen dabei ganz auffallend die Bergeidechse (.Lacerta vivipara) zu bevorzugen. Dass sie aber, wie behauptet wird, aus- schliesslich auf diese angewiesen sind, ist unrichtig; ich habe an kreuzotterbewohnten Orten oft vergeblich nach der Bergeidechse gesucht. Ihrem Opfer bringen die Öttern stets einen Biss bei und warten dessen tödliche Folgen ab, ehe sie es verschlingen. Die Dauer der Winterruhe ist von der Witterung abhängig. Die Otter beginnt sie gleich den anderen Schlangen, aber vielfach später als diese, nach Eintritt kühlen Wetters, was sich oft schon im September er- eignen, mitunter aber auch erst im November erfolgen kann. Im März, gewöhnlich um die Mitte oder auch später, seltener dagegen früher, kommt sie wieder zum Vorschein. In den Winterquartieren, Orten ähnlich den sommerlichen Schlupfwinkeln oder auch solche, finden sich oft eine ganze Anzahl Tiere zusammen, und es ist keine seltene Erscheinung, dass man an ihnen 20—30 In- dividuen antrifft. Die Winterruhe der Kreuzotter frei- lich ist keine besonders feste, ein schöner Tag im De- . zember oder Januar vermag sie schon zum Verlassen ihrer Herberge zu bewegen. Der Tod durch Erfrieren ist in der Regel die Folge davon. Kurz nach Beendigung des Winterschlafes, gegen Ende März oder im Laufe des April, schreiten die Kreuz- ottern zur Paarung. Die Begattung, während der sich | bp die einzelnen Paare ziemlich innig umschlingen, währt mehrere Stunden. Nicht selten finden sich zu ihr eine ganze Anzahl Tiere zusammen, die dann ein wirres, züngelndes und krabbelndes Knäuel bilden. Etwa vier Monate nach der Paarung werden die Jungen geboren, die einzeln in ein dünnhäutiges Ei eingeschlossen sind, dessen Hülle aber sofort sprengen. Ja, es kommt vor, dass die Eihäute schon im Mutterleibe platzen und dass dann die Jungen ohne die Hülle zur Welt kommen. Sie besitzen bei ihrer Geburt eine Länge von 14 bis 20 cm und sind sofort in der Lage, von ihren Giftzähnen Ge- brauch zu machen. Ihre Zahl schwankt zwischen fünf und sechzehn, kann aber auch drei oder vier betragen. Zu den tierischen Feinden der Kreuzotter zählen alle diejenigen Arten, die wir früher schon als Feinde der Schlangen im allgemeinen kennen gelernt haben. Ihr erbittertster Gegner ist der Igel, der ihr nachstellt und sie verfolgt, wo er sie nur immer antrifft. Man hat daher auch an kreuzotterreichen Orten durch das Aussetzen von Igeln die Schlangenplage zu bekämpfen versucht; indessen habe ich nie erfahren können, mit welchem Erfolge. Auf der einen Seite wird behauptet, dass der Igel gegen das Schlangengift unempfindlich sei, während dagegen andere sagen, dass es bei ihm von der gleichen tödlichen Wirkung ist, wie bei anderen warmblütigen Tieren. LACHMANN beispielsweise ver- tritt den letzteren Standpunkt, er schreibt: „Dass aber der Igel gegen das Gift der Kreuzotter gefeit ist, ge- hört in das Reich der Fabel; wenn mitunter auch noch das Gegenteil behauptet wird. Meine diesbezüglichen . vielfachen Versuche haben mir bewiesen, dass der Igel nicht mehr und nicht weniger giftfest ist, als ein anderes warmblütiges Tier. Lässt man einen Igel von einer Ötter beissen, derartig, dass das Gift in das Blut dringt, so stirbt er in einer viertel bis halben Stunde, unter 2 PAR ze günstigen Umständen auch erst nach mehreren Stunden; doch kann es auch vorkommen, dass er fast plötzlich verendet, sobald eine Hauptader getroffen wird. Nur sehr selten, vielleicht wenn die Otter hintereinander schon mehrmals gebissen und demnach ihr Gift so gut wie verbraucht hat, dürfte der Fall eintreten, dass der Igel, wie denn auch ein anderes grösseres Tier, mit dem Leben davonkommt. Dass sich der Igel auch nicht für siftfest hält, beweist sein Verhalten der Kreuzotter gegen- über; er ist vor allem darauf bedacht, seine Feindin unschädlich zu machen, deshalb ergreift er die Otter beim Schwanz und rollt sich zusammen. Die nun wütende Otter fährt herum, beisst nach dem Igel, trifft natürlich nur die Stacheln, immer wütender werdend, folgt Schlag auf Schlag, bis sie ihren Kopf derartig zu- gerichtet, dass sie nichts mehr machen kann. Bis dahin hält der Igel ruhig den Schwanz der Otter fest, nachdem aber die Otter sich nicht mehr wehrt, lässt er los und zer- beisst der Otter den Kopf oder Hals, worauf er sie auf- frisst. Hals und Kopf blieben jedoch meist liegen, auch wenn ich einem tote Kreuzottern vorgeworfen hatte.“ Anders dagegen LENZ, er berichtet: „Am 30. August liess ich eine grosse Kreuzotter, während der Igel seine Jungen säugte, in die Kiste. . Ich hatte mich im voraus davon überzeugt, dass diese Otter an Gift keinen Mangel litt, da sie 2 Tage zuvor eine Maus sehr schnell getötet hatte. Der Igel roch sie bald — er folgt nicht dem Gesichte, sondern dem Geruche — erhob sich von seinem Lager, tappte ganz behutsam bei ihr herum, beroch sie, da sie ausgestreckt lag, vom Schwanze bis zum Kopfe und beschnupperte vorzüglich den Rachen, ohne Zweifel, weil er dort Fleisch roch. Sie begann zu zischen und biss ihn mehrmals in Schnauze und Lippen. Ganz zu- frieden mit dieser Begegnung, ihrer ohnmächtigen Wut spottend, leckte er sich, ohne zu weichen, gemächlich Er or die Wunden und bekam einen derben Biss in die her- vortretende Zunge. Ohne sich beirren zu lassen, fuhr er fort, die Wütende und immer wieder Beissende zu beschnuppern, berührte sie öfters mit den Zähnen, ohne aber einzubeissen. Endlich packte er schnell ihren Kopf, zermalmte ihn, trotz ihres Sträubens, samt Giftzähnen und Giftdrüsen zwischen seinen Zähnen und frass dann weiter bis zur Mitte des Leibes. Jetzt hörte er auf und lagerte sich wieder zu seinen Jungen, die er säugte. Abends frass er noch das übrige und eine junge, frisch geborene Kreuzotter. Am folgenden Tage frass er wieder 3 frisch geborene Ottern und befand sich nebst seinen Jungen sehr wohl, auch war an den Wunden weder Ge- schwulst noch sonst etwas derart zu sehen. Am 1. Sep- tember ging’s wieder zur Schlacht. Er näherte sich wie früher der Otter, beschnupperte sie und bekam eine gute Portion Bisse ins Gesicht, in die Borsten und Stacheln. Während er so schnupperte und sich die Bisse wohl schmecken liess, besann sich die Otter, die sich bis jetzt vergeblich abgemüht, sich auch tüchtig an seinen Stacheln gestochen hatte, und suchte sich aus dem Staube zu machen. Sie kroch in der Kiste umher, er folgte ihr schnuppernd nach und bekam, so oft er mit der Nase ihrem Kopfe nahe kam, tüchtige Bisse. End- lich hatte er sie in der Ecke, wo seine Jungen lagen, ganz in der Enge. Sie sperrte den Rachen, mit ge- hobenen Giftzähnen, weit auf; er wich nicht zurück; sie fuhr zu und biss so heftig in seine Oberlippe, dass sie eine Zeitlang hängen blieb. Er schüttelte sie ab; sie kroch weg; er wieder nach, wobei er wieder einige Bisse bekam. Das Wesen hatte wohl so 12 Minuten gedauert. Ich hatte 10 Bisse gezählt, die er in die Schnauze erhalten, und 20, welche die Luft, seine Borsten oder Stacheln getroffen hatten. Ihr Rachen, von den Stacheln verletzt, war von Blut gerötet. Er fasste jetzt ee ihren Kopf mit den Zähnen, aber sie riss sich los und kroch wieder weg. Ich hob sie nun am Schwanze - heraus, packte sie hinter dem Kopfe und sah, da sie so- gleich den Rachen aufsperrte, um mich zu beissen, dass ihre Giftzähne noch in gutem Stande. waren. Als ich sie wieder hingeworfen, ergriff er ihren Kopf wieder mit den Zähnen, zerknirschte ihn und frass sie dann langsam, und ohne sich an ihr vieles Winden und Krümmen zu kehren, worauf er zu seinen Jungen eilte und sie säugte. Alt und jung blieben gesund und keine Spur von üblen Folgen war zu schauen. Seitdem hat der Igel oftmals wieder mit demselben Erfolge ge- kämpft, und immer zeigte sich’s wieder, dass er den Kopf jedesmal zuerst zermalmt.“ Eigentümlich berührt uns der krasse Widerspruch in den Schilderungen dieser beiden, im allgemeinen zu- verlässigen Autoren; und wie sie, widersprachen sich auch die anderen, die gleichfalls über den Gegenstand berichtet haben. Sicher ist es jedenfalls, dass der Igel oft mehrere Bisse ohne nachteilige Folgen ertragen kann, sicher auch, dass er an ihnen zugrunde gehen kann. Welches die Ursachen dieser verschiedenartigen Erscheinung sind, ist sicher noch nicht festgestellt, meine eigene Anschauung ergibt sich aus meinen späteren Aus- führungen über die Wirkung des Giftes. LENZ verdanken wir aber auch noch zahlreiche Untersuchungen und Beobachtungen über das Verhalten anderer Schlangenfeinde der Kreuzotter gegenüber. Zu- nächst fütterte er zwei junge Mäusebussards, welche die ihnen vorgeworfenen Blindschleichen und Ringelnattern stets sorglos und mit grösstem Appetit verzehrt hatten, mit Kreuzottern. Die Vögel zeigten sich ihnen gegen- über anfangs sehr reserviert, was bei den Blindschleichen und Ringelnattern nie der Fall war, und gerieten beim Angriff auf die Schlangen, die sich ihrer Feinde durch ES Re Zischen und Bisse zu erwehren versuchten, offenbar in Schrecken und Aufregung. Schreiend und mit ge- sträubtem Gefieder gingen sie kämpfend gegen die Ottern immer wieder vor, um ihnen endlich mit wohlgezielten Schnabelhieben den Kopf zu zerschlagen. Es ist meines Erachtens aber falsch, wenn LENZ dabei aus dem Ver- halten dieser beiden Vögel den Schluss zieht, dass sie die Kreuzotter sofort von den anderen Schlangen als eine gefährliche Art erkannt haben. Denn zunächst waren bei dem Versuch, wie LENZ selbst schreibt, eine Menge Zuschauer vorhanden, wodurch die Vögel allein schon eingeschüchtert wurden. Dann hatten sich die ihnen vor den Kreuzotterversuchen dargereichten Blind- schleichen und Ringelnattern nie sonderlich gewehrt, die Kreuzotter verteidigte sich aber, laut zischend und wütend nach ihren Angreifern beissend, kein Wunder also, dass die Vögel über dieses ihnen völlig neue Verfahren ver- blüfft und erschreckt wurden. Dafür, dass ihnen das Unterscheidungsvermögen zwischen giftigen und un- giftigen Schlangen abgegangen ist, spricht auch der Um- stand, dass Blindschleichen und Ringelnattern die ihnen nach den Kreuzotterversuchen dargereicht wurden, von ihnen gleichfalls vorsichtiger und behutsamer ergriffen worden sind. — Ein Eichelhäher sprang lebhaft auf die ihm vorgelegten Kreuzottern zu und zerspaltete ihnen den Kopf, den Bissen der Schlangen dabei immer mit Geschick ausweichend. Auch Raben- und Nebelkrähen singen den Ottern auf eine ähnliche Art und Weise zu Leibe. Ein wesentlich anderes Verhalten bekundete dagegen ein junger Kolkrabe. LENZ erzählt: „Als der Rabe bald flügge war, aber noch nicht selber frass, liess ich 5 Blindschleichen in seine Kiste, die er aber wenig berücksichtigte, doch zuweilen mit seinem Schnabel etwas kneipte. Einige Tage später brachte ich ihm eine 21/, Fuss lange Ringelnatter. Da ich sie ihm vorhielt, biss er mehrmals nach ihr, ohne Bosheit dabei zu verraten; da sie sich aber infolge der Bisse heftig bewegte, und zischte, schrie er laut, wurde böse und versetzte ihr noch einige derbe Bisse, worauf sie hinfiel und zwischen seinen Füssen herumkroch. Dies machte ihn etwas scheu; er schlug mit den Flügeln, trampelte mit den Füssen, schrie und biss einigemal nach ihr. Ich nahm sie weg und hielt statt ihrer eine Kreuzotter hin, doch so, dass sie ihn nicht beissen konnte. Bei diesem Anblick ver- riet er weit mehr Scheuheit und Bosheit als vorher; er schrie, sprang zurück und biss mehrmals nach der Otter hin. Diese Otter war ein sehr schönes Männchen mit fast rein weisser Grundfarbe und pechschwarzer Zeich- nung. Die auffallende bunte Farbe, verbunden mit ihrem Gezische und drohendem Blicke, mochte ihm doch wunderlich vorkommen; denn als ich ihm gleich nach- her ein mattbraunes Otternweibchen, das schon 8 Monate sefastet hatte, vorhielt, betrug er sich gegen dieses wie gegen die Natter und versetzte ihm einige Bisse, die es jedoch nur durch Zischen beantwortete.“ — Ein junger Storch verschlang eine Kreuzotter lebend. Die Schlange biss ihn aber dabei hinter die Zunge, wodurch sich im Munde des Vogels eine grosse Geschwulst bildete, aber, nachdem LENZ in ihr einen Einschnitt gemacht hatte, ohne jede nachteiligen Folgen für den Vogel sich wieder verlor. Der Storch ging einige Zeitlang an keine Schlange mehr heran und bearbeitete sie später, als er den Vorfall überwunden hatte, immer bis zur völligen Ohnmacht mit seinem Schnabel, ehe er sie frass.. Ein Turmfalke griff eine Otter an, zog sich aber, nachdem er einen Biss erhalten hatte, der ihm 3'/, Stunden später den Tod brachte, scheu zurück; ein Raubwürger tötete eine, aller- dings von der Winterkälte ermattete Otter durch Schnabel- hiebe, zerriss sie und frass sie teilweise auf. — Ein Iltis machte sich gleichfalls über eine lebende Kreuz- Are ) otter her und frass sie auf, mehrere von ihr erhaltene Bisse blieben ohne alle nachteilige Folgen. Ein Baum- marder ging nur an tote, kleines und grosses Wiesel auch an lebende Ottern, ein Frettchen wich der Schlange aus und liess sie unbehelligst. Von zwei gebissenen kleinen Wieseln starb eines, das andere tötete LENZ, ein ge- bissenes grosses Wiesel dagegen erholte sich von den Folgen des Bisses. Auch ein Dachs rückte lebenden Kreuzottern zu Leibe und vertilste sie. So sehr ich LENZ nun als zuverlässigen Beobachter schätze, so wenig kann ich mich doch auch des Gefühles erwehren, als ob er seine Schilderungen mit einer grossen Voreingenommenheit niedergeschrieben hat zugunsten der Ansicht, dass die meisten Schlangenfeinde instinktiv die giftigen von den unschädlichen Schlangen unter- scheiden können. Das ist, wie ich früher schon gesagt habe, meiner Überzeugung nach aber nicht der Fall und wo es so scheint, sind die Tiere eben durch die Erfahrung bereits gewitzigt worden. u Nachdem wir nun im vorstehenden die Kreuzotter kennen gelernt haben, wollen wir im folgenden noch die Wirkungen ihres Bisses bei Tieren und Menschen betrachten und danach versuchen, uns ein Bild über ihre Gefährlichkeit zu zeichnen. u Der Giftapparat der Kreuzotter ist im Oberkiefer untergebracht und besteht in den beiden Giftzähnen, die je nach der Grösse der Schlange 3—5 mm messen, mehreren Ersatzzähnen für diese, die innerhalb eines ge- wissen Zeitraumes oder nach Verlust der ersteren an deren Stelle treten, und der Giftdrüse. Die Giftzähne sind hakig nach innen gekrümmt, von einem feinen Kanal durchzogen und stehen durch diesen mit der ER a Giftdrüse in Verbindung. Beim Öffnen des Rachens richten sich die in der Ruhe zurückgelesten Giftzähne empor, wobei ein starker, die Drüsen umgebender Muskel auf diese drückt und den Austritt des Giftes in den Zahn veranlasst. Beisst nun die Schlange zu, so strömt das Gift aus den Zahn in die Wunde des gebissenen Tieres oder Menschen. Die Menge des ausfliessenden Giftes ist keine grosse, sie stellt durchschnittlich 2 Tröpf- chen von etwas über Stecknadelkopfgrösse dar, ist aber naturgemäss von der Grösse der Schlange selbst ab- hängig; sie wird ferner geringer, je öfter und rascher die Schlange hintereinander beisst, und ist eine reich- lichere, wenn die Schlange längere Zeit überhaupt nicht gebissen hat. Der Ersatz des verbrauchten Giftes ge- schieht sehr rasch. Das Gift ist eine durchsichtige, wasserhelle, leicht gelblich oder grünlich gefärbte Flüssigkeit, die an der Luft rasch eintrocknet, dadurch aber selbst nach Jahren nichts an seiner Wirksamkeit einbüsst. Das Gift einer Viper, die 20 Jahre in Weingeist gelegen hatte, führte beispielsweise noch nach 2 Stunden 37 Minuten den Tod eines damit geimpften Sperlings herbei. — Trotz zahlreicher Untersuchungen aber sind wir über die eigentliche Natur des Giftstoffes noch im unklaren und wissen nur, dass es einen Eiweisskörper darstellt. — Über seine Wirkungen auf Tiere liegen sehr viele Berichte vor. Ich verweise hier zunächst auf die schon früher zitierten Beobachtungen von LACHMANN am Igel, sowie von LENZ ebenfalls am Igel und anderen Tieren mehr. Der erstgenannte hat, um die Wirkung von Gegen- mitteln zu erproben, gleichfalls seine Versuche nicht nur auf den Igel beschränkt, sondern sie auch an einer Reihe anderer Tiere vorgenommen und gefunden, dass Ratten in längstens 8 bis 11 Minuten, Meerschweinchen ungefähr in derselben Zeit, Mäuse in 5 bis 6 Minuten, Kaninchen EN in 15 bis 18 Minuten, Igel in 15 bis 30 Minuten und nur unter günstigen Bedingungen nach mehreren Stunden verendeten. Von 4 Hunden starb einer in 40 Minuten, ein anderer in 1 Stunde 6 Minuten und der dritte in 1 Stunde 10 Minuten, während der vierte, nachdem er drei Tage gekränkelt hatte und sein Fuss stark an- seschwollen war, mit dem Leben davon kam und nach einer Woche wieder wohlauf war. Fälle, dass Hunde einen Kreuzotternbiss sehr gut überstanden haben, sind überhaupt sehr viele bekannt geworden, umgekehrt aber auch wieder solche, wo die gebissenen Hunde zugrunde gegangen sind. LENZ verdanken wir gleichfalls noch zahlreiche weitere Angaben ausser den schon erwähnten, er schreibt u. a.: „Kreuzschnäbel, Goldammern, Sperlinge, Finken, Neuntöter starben nach Verlauf einiger Minuten; eine in den Kopf gebissene Fledermaus war nach 2 Minuten tot, eine in den Flügel gebissene nach 2 Stunden. Feuersalamander starben nach !/, bis 1'/, Stun- den; zwei Frösche wurden krank, erholten sich aber dann wieder, Eidechsen starben nach einigen Stunden oder Tagen, eine Blindschleiche nach 15 Stunden, eine Ringelnatter, die ich tüchtig beissen liess, blieb gesund und leistete dann der Otter in deren Kiste gute Gresell- schaft.“ Den Verlauf eines Bisses an einer Katze schil- dert Professor L. HOFFMANN: „Das Kätzchen blieb trotz der zahlreichen Bisse lange Zeit, über eine halbe Stunde, ganz munter, dann trat erschwertes Atmen ein und es erfolgten Lähmungserscheinungen, die allmählich so hochgradig wurden, dass das Tierchen regungslos liegen blieb, dass man ihm die verschiedensten Lagen und Stellungen beibringen, ja dass man es für tot halten konnte. Nach einiger Zeit erholte es sich, und zwar einigemal so vollkommen, dass es wie ganz gesund und geheilt umherging, auf Anlocken folete und Nahrung aufnahm. Erst nach fünf Stunden trat der Tod ein; I. Ag. niemals erfolgten Krämpfe, auch kaum Anschwellung.“ Auch BLUM führt in seiner vortrefflichen Arbeit über die Verbreitung der Kreuzotter in Deutschland gleich- falls mehrere hierher gehörende Fälle an. „Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen werden zuweilen auf der Weide oder beim Fressen im Walde, während des Auf- und Abladens von Holz, verletzt, besonders Hunde sehr oft auf der Jagd. Meistens kommen die Tiere mit einer starken Anschwellung davon, welche nach wenigen Tagen wieder verschwindet; es liegen aber auch Beispiele vor, dass selbst bei Pferd und Rind der Tod die Folge war.“ Er gibt auch eine Mitteilung des Kreistierarztes Dr. IWERSEN wieder, der ihm schreibt: „Ich hatte im Jahre 1885 dreimal Gelegenheit, die Wirkung des Kreuzotterbisses zu beobachten und zwar an 2 Kühen und einem Jagdhunde. Bei der ersten Kuh war die von der Injektion des Giftes entstandene Geschwulst so mächtig, dass die Kuh erstickte. Die beiden anderen Tiere genasen nach innerlicher und äusserlicher An- wendung von Salmiakgeist. Bei dem Hunde schwoll der gebissene Vorderfuss so stark an, als der Hund an Leibesumfang hatte.“ An diesen Berichten, die sich noch um ein beträcht- liches vermehren liessen, fällt uns sofort auf, dass eine Anzahl Tiere ziemlich rasch den Wirkungen des Giftes erliegen, andere dagegen ihm scheinbar zu trotzen ver- mögen und dass diese Doppelwirkung des Giftes sich sogar bei Tieren ein und derselben Art beobachten lässt. Wenn wir uns nun aber vergegenwärtigen, dass die Wirkung des Giftes abhängig ist von der in die Wunde eingedrungenen Menge, von der Grösse sowohl der Schlange wie auch des gebissenen Tieres, vielleicht auch beeinflusst wird von der Temperatur zur Zeit des Bisses — an heissen und schwülen Tagen, an denen die Schlange besonders gern zum Beissen neigt, der tierische Orga- Zimmermann: Naturleben, I. Bd. 4 nismus aber matt und empfänglicher für das Gift ist, werden seine Wirkungen auch grössere sein —, dass ferner eine dieke Haut oder eine starke Fettschicht unter dieser, ein dichtes Haar- oder Federkleid gegen das Eindringen des Giftes in das Blut oft einen wirk- samen Schutz bilden, und dass ferner der Umstand, ob der Biss eine Haupt- oder Nebenader, eine Arterie oder eine Vene getroffen hat, von grosser Bedeutung ist, so erklären sich uns leicht die verschiedenartigen Folgen eines geschehenen Bisses. In einigen wenigen Fällen scheinen diese Gründe freilich zu versagen, wir können ein Urteil über sie aber nicht mehr fällen, weil wir die sie begleiteten Nebenumstände nicht kennen; vielleicht macht auch eine geringe, nicht mehr tödlich wirkende Menge ein Tier gegen dasselbe unempfindlich (immun). Wir könnten uns dann mit dieser Tatsache u. a. nament- lich eine Reihe LENZscher Erfahrungen erklären, wenn wir dabei annehmen, dass bei einem ersten Biss eine nur kleine Menge Gift das Tier immunisiert und un- empfindlich für weitere Bisse gemacht hat. Im all- semeinen lässt sich der Satz aufstellen, dass das Kreuz- otterngift von tödlicher Wirkung auf den tierischen Organismus ist und dass sich diese Wirkung um so rascherer und sicherer äussert, je rascher und voll- kommener der Blutumlauf des gebissenen Individuums ist, dass die Folgen des Bisses an sich aber nicht immer unbedingt nachteilige sein müssen. Nicht einmal die Schlangen selbst sind gegen das Gift gefeit. Wenn es auch eine Anzahl hervorragender Forscher gewesen sind, die das gerade Gegenteil be- hauptet, andere ihnen freilich auch entschieden wider- sprochen haben, so ergibt sich doch aus den neuerdings angestellten Versuchen des Franzosen PHISATIX die Bestätigung des ersteren Satzes. Der Genannte löste trockenes Kreuzotterngift in Salzwasser auf und spritzte ER diese Lösung in allmählich wachsenden Mengen in die Bauchhöhlen von Öttern und Nattern. Bis zu einer Dosis von 40 mg reagierten die Schlangen weniger auf Reize und wurden in ihren Bewegungen langsamer. Nach 4 bis 5 Tagen waren die Folgen der Injizierung aber wieder überstanden. . Erst Mengen von 100 bis 200 mg waren nötig, um eine Schlange sicher zu töten. Wurde das Gift indessen in die Schädelhöhle eingeführt, so riefen den Tod schon geringere Mengen, 2 bis 4 mg, hervor. — Die Wirkungen des Giftes bei den Menschen nun sind die gleichen wie bei den Tieren, es kann unter besonders ungünstigen Umständen den Tod herbeiführen oder die Ursache zu schwereren Erkrankungen und längerem Siechtum bilden. Ich halte es für nötig, dies mit aller Entschiedenheit zu betonen gegenüber jenen neueren Versuchen, dem Kreuzotterngift seine tödliche Wirkung ganz abzusprechen. Freilich verhält es sich auch hier wie dort, der Verlauf der Bisse selbst ist ein verschiedenartiger und in den weitaus meisten Fällen weniger gefährlicher Natur; durch die Otter bewirkte Todesfälle gehören schon zu grossen Seltenheiten. Ich füge zunächst einige Fälle von solchen hier an. In Rauschenbach bei Marienbad (Böhmen) wurde am 2. August 1889, einem heissen Tage, eine Frau beim Pilzesuchen in den rechten Fuss oberhalb des Knöchels gebissen; die Frau schenkte dem Biss aber keine Be- achtung und ging noch eine Stunde ihrer Beschäftigung nach. Erst als sie die ersten Schmerzen verspürte, tauchte sie den Fuss in das Wasser eines Baches; die Schmerzen wurden aber stärker, ein Ohnmachtsanfall trat ein und die Frau musste nach Hause gefahren werden. Während der Fahrt stiegen die Schmerzen aufs höchste, die Frau gebärdete sich wie eine Wahnsinnige und stiess laute, unartikulierte Laute aus. Trotzdem, zu 4* I Er Hause angekommen, sofort ärztliche Hilfe (Badearzt Dr. HAMMER in Langerberg) zur Stelle war, war eine Rettung nicht mehr möglich, die Frau verschied abends 10 Uhr an den Folgen des nachmittags gegen 4 Uhr er- haltenen Bisses. — In Kundraditz in Böhmen ferner wurde, wie mir Herr Dr. GLÄSSNER schreibt, am 16. Juli 1902, gleichfalls einem heissen Tage, ein 17jähriges Mädchen beim Futtereinfahren auf einer Wiese ebenfalls in den unbekleideten Fuss oberhalb des Knöchels gebissen. Das Mädchen wurde ohnmächtig und in die nahe Wohnung gebracht, worauf Übelkeit, Angstgefühl, Erbrechen und schliesslich Krämpfe ein- traten. Auch hier kam ärztliche Hilfe zu spät, das Mädchen war 2 Stunden später eine Leiche. Lokal war die gebissene Stelle angeschwollen und deren Umgebung blaurot verfärbt. Diesen beiden, mir zuverlässig bestätigten Fällen stelle ich noch einige weitere, von BLUM in seinen Kreuzotternwerk mitgeteilte zur Seite, bemerke dabei aber gleich, dass nicht alle der vom genannten Autor angeführten Anspruch auf absolute Glaubwürdigkeit be- sitzen und eine sorgfältige Kritik kaum aushalten dürften. In Megesheim bei Nördlingen wurden am 19. No- vember 1881 zwei Männer beim Aufladen von Laubstreu im Walde von einer Kreuzotter in den Arm gebissen; sie glaubten, sie hätten sich geritzt, da sie von dem Tiere nichts wahrgenommen hatten. Erst als sie beim Nachhausekommen bemerkten, dass der Arm anschwoll, liessen sie ärztliche Hilfe herbeiholen; allein es war schon zu spät. Der eine von ihnen starb am 20., der andere dagegen am 26. November. Im August des darauffolgenden Jahres wurde die Witwe des einen Ver- storbenen in ihrem Milchkeller von einer jedenfalls da- hin verschleppten Kreuzotter in den blossen Fuss gebissen. Die Wunde wurde sofort kräftig ausgesogen, der Fuss NET = fest unterbunden und ärztliche Hilfe sofort in Anspruch genommen. Trotz energischer Mittel verschlimmerte sich der Zustand, und erst nach einjährigem Leiden war die Frau endlich genesen. Dieser Fall ist BLUM vom Bürgermeisteramt Megesheim bestätigt worden. — Kreis- direktor SITTEL in Metz schreibt BLUM: „Vor zirka 7 Jahren (1878) erlag das 6 Jahre alte Söhnchen meines Amtsvorgängers, welches beim Pflücken eines Mai- blümchens von einer Kreuzotter oberhalb des linken Kniegelenkes in den Oberschenkel gebissen worden war, nach zweitägigem Leiden unter den grässlichsten Kon- vulsionen und Schmerzen, obwohl die Wunde sofort aus- gesogen und später ausgebrannt worden war.“ Dann teilt ihm auch Oberlehrer Dr. WAGNER in Fulda mit: „Vor etwa 10 Jahren wurde am Stoppelsberg bei Neukirchen ein Säugling, den die Mutter in der Heuernte an den Waldesrand gelegt hatte, von einer Kreuzotter mit töd- lichem Ausgange gebissen. Einige Jahre später unterlag ein Schulknabe, den eine solche Bestie dortselbst im Walde ins Bein gebissen hatte, nach mehreren Monaten seinen Leiden.“ Ein Nachprüfen dieser Fälle wäre immerhin noch von Wert, denn manches an ihnen dünkt mir sehr unwahrscheinlich. Weiter meldet Dr. med. EHRLE in Isny (Württemberg): „In 18 Jahren be- obachtete ich 4 Bisse (1 Kind und 3 Erwachsene). Einer der Erwachsenen erkrankte schwer dadurch, dass er die Bissstelle an der Hand mit dem Munde aussog, und dass das Gift durch die zufällig verletzte Oberlippe nochmals eindrang. Er bekam die Gesichtsrose mit Delirien und wurde erst nach vier Wochen wieder gesund. Auch bei den anderen Gebissenen stellte sich eine bedeutende Gehirnhyperämie mit Unvermögen, sich aufrecht zu er- halten, ein. Einer bekam Erbrechen und Diarrhöe. Die örtlichen Erscheinungen waren gering. Bei der zarten Haut des gebissenen Kindes entstanden zwei Brandblasen.“ Viele andere Autoren teilen gleichfalls noch manche hierher gehörenden Fälle mit, darunter namentlich auch solche mit leichter verlaufenen Folgen; die aufgeführten mögen aber genügen, um so mehr, als m. E. die Mehr- zahl jener, wenn nicht gar alle noch sehr der Be- stätigung bedürfen. Die Gefühle, die der Gebissene empfindet, sind ebenso verschieden, wie der Verlauf der Folgeerschei- nungen des Bisses. LACHMANN schildert sie uns auf Grund gesammelter Erfahrungen, er schreibt: „Der Ge- bissene fühlt gewöhnlich sofort nach erhaltenem Biss einen sich mit Blitzesschnelle durch den Körper ver- breitenden, mit nichts vergleichbaren Schmerz, doch findet mitunter auch das Gegenteil statt, dass kein an- derer Schmerz empfunden wird, als der, welcher das Ritzen eines Dornes verursacht, die Verwundung daher als völlig ungefährlich betrachtet wird. Doch bald stellen sich die weiteren Folgen ein, als da sind: grössere oder seringere Anschwellung des gebissenen Gliedes, Aus- dehnung der Schwellung über benachbarte Körperteile, die beginnende Blutzersetzung zeigt sich in Flecken von blauer, grüner, roter Farbe, die Wunde selbst färbt sich bläulich, dann schwärzlich; die Gehirntätigkeit leidet, es stellt sich mitunter das Unvermögen: sprechen, hören und sehen zu können, ein, Betäubung, Ohnmachten, Harn- beschwerden, Übelkeit und wirkliches Erbrechen, un- freiwilliger Stuhl, leichenartiges Aussehen, eigentümliche Kälte des Körpers, Aufregung des gesamten Nerven- systems, fürchterliche Schmerzen und vieles andere. Mit fortwährend zunehmender Schwäche lässt der Schmerz allmählich nach, vor seinem Ende scheint dann der Ver- giftete keine Schmerzen mehr zu fühlen und in dumpfer Bewusstlosigkeit gibt er seinen Geist auf. Bei raschem Verlauf schwillt das gebissene Glied gewöhnlich nicht sehr an. ... Der Tod kann schon 20 Minuten nach N A dem Biss, oder wenn eine Hauptader getroffen wurde, fast plötzlich eintreten. Je grösser und wütender die Schlange, je heisser die Witterung, um so fürchterlicher ist die Wirkung des Bisses..“ Der Tod tritt durch Lähmung der Atmungszentren, des Herzens oder durch Blutergüsse in das verlängerte Mark ein. Ein wirksames Gegengift gegen das Schlangengift besitzen wir nicht. Das letztere besteht ja aus Eiweiss- körperchen, die mit den in unserem Blute enthaltenen und für die Lebenstätigkeit notwendigen Eiweiss- verbindungen so nahe verwandt sind, dass ein Gegengift bei seiner Anwendung auch diese letzteren mit zerstören müsste. Wir müssen daher bei einem erfolgten Biss zunächst darauf bedacht sein, den Eintritt des Giftes in das Blut möglichst zu verhindern und weiter ver- suchen, es bereits an der Bissstelle zu zerstören oder es dem Körper wieder zu entziehen, Dem Eintritt des Giftes in das Blut wird gesteuert durch das Unterbinden des gebissenen Gliedes, der Verband muss aber von Zeit zu Zeit gelockert werden, damit das Glied nicht brandig wird. Für die Entfernung des Giftes aus der Wunde empfiehlt sich die Anwendung eines Schröpfkopfes, ein Ausschneiden und Ausblutenlassen, oder das Aus- brennen der Wunde mit einem glühenden Eisen, einer Kohle, einer Zigarre oder mit Höllenstein, die Zerstörung des Giftes erfolgt durch die Behandlung der Wunde mit Brompräparaten, Jodtinktur, Eisenchlorid, übermangan- saurem Kali oder starkem Salmiakgeist. Bei dem bereits erfolgten Eintritt des Giftes in das Blut kann sich unsere ganze Tätigkeit nur noch darauf beschränken, durch an- regende, belebende Mittel die Lebenstätigkeit des Ge- bissenen aufrecht zu erhalten. Da hat sich bisher noch immer der Alkohol am wirksamsten erwiesen, der in reichen Mengen genossen werden sollte. Auch starken Kaffee, Tee usw. empfiehlt man. Nur vom Arzte vor- genommen werden dürfen Kochsalz-, Aether- und Kampfer- einspritzungen. Die Ausscheidung des Giftes aus dem Blut geschieht allmählich durch dieses selbst. — Neuerdings haben sich als ganz besonders wirksam Injektionen von Serum immunisierter Tiere erwiesen. — Aus dem vor- stehend Gesagten ergibt sich das erste Verhalten bei einem geschehenen Biss von selbst. Ganz entschieden möchte ich dabei vor dem vielgerühmten Aussaugen der Wunde warnen; wir sahen früher schon, wie leicht das- selbe weitere Folgen nach sich ziehen kann. Auf alle Fälle aber und so schnell wie möglich ist ein Arzt zu Rate zu ziehen; schwerer oder gar tödlich verlaufende Fälle sind dann nahezu ausgeschlossen. — Wir haben gesehen, dass die Kreuzotter wirklich in der Lage ist, durch ihren Biss einen Menschen zu töten; wir müssen aber, wollen wir ehrlich gegen uns selbst sein, auch zugeben, dass die Gefährlichkeit der Schlange an sich, wie ich früher schon behauptete, meistens recht übertrieben wird und bei weitem keine so grosse ist, als wie sie allgemein dargestellt wird. Ich wiederhole auch hier wieder, dass Bissfälle mit tödlichem oder schwerem Ausgange in Deutschland zu den sel- tensten Erscheinungen gehören und dass sie an Zahl beispielsweise weit hinter jenen Fällen zurückstehen, wo der Tod eines Menschen einmal durch ein Insekt, durch den Genuss giftiger Pilze usw., bewirkt wird. Leider fehlen uns über die Zahl der wirklichen Kreuz- otternbisse alle statistischen Unterlagen und daher kommt es auch, dass die Zahl der angeblich tödlich verlaufenen von den verschiedenen Autoren auch recht verschieden angegeben wird. Sie schwankt für Deutschland zwischen 50 pro Jahr bei BREHM und 20, 10 bis 15, 12 usw. bei anderen Schriftstellern. Der Wirklichkeit nach am nächsten kommen dürfte die mir freilich noch immer viel zu hoch dünkende Angabe in v. LINSTOWS EI „Gifttiere“ (Berlin 1894), die auch in VILLARDs „Hand- buch für die gesamte Medizin“ (1900) übergegangen ist und nach der im Deutschen Reiche innerhalb 10 Jahren von 216 von Kreuzottern gebissenen Personen 14 ge- storben sind. Leider sagt uns v. LINSTOW dabei nicht, woher er seine Zahlen hat. Sie stimmen aber voll- kommen überein mit denen, die in BLUMs Kreuzottern- werk von GEITHE anscheinend nur für das kleine Königreich Sachsen gegeben worden sind und entbehren danach hier wie dort jeder Beweiskraft. Ich habe früher schon an anderer Stelle ausgeführt, dass ich in Sachsen sicher beglaubigte Todesfälle durch Otternbisse bisher nicht in Erfahrung habe bringen können. Der „Vost- ländische Anzeiger“ in Plauen hatte es vor einigen Jahren unternommen, die aus dem mit Kreuzottern ganz besonders reich gesegneten Vogtlande gemeldeten Todes- fälle durch Kreuzotternbisse auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen, und dabei festgestellt, dass sich hier ein solcher während eines Zeitraumes von 30 Jahren überhaupt nicht nachweisen lässt. In ganz gleichem Sinne äussert sich auch KÖHLER, er schreibt in bezug auf das kreuzottern- reiche Quellgebiet der Zwönitz in Sachsen „... doch ist bisher an den zahlreichen Fällen der vom Einsender kontrollierten letzten 50 Jahre keiner mit tödlichem Aus- sange bekannt“, und weiter: „um Klarheit zu schaften, unterzog sich vor etwa 18 Jahren Einsender der Mühe, über jeden in der Zeitung gemeldeten Todesfall, auch ausserhalb Sachsens, durch die betr. Ortsbehörden nähere Auskunft einzuziehen. Die Resultate waren überraschend. Keine von allen Antworten, die ausser von Sachsen, noch von Thüringen, Pommern, Schlesien und Hannover eingingen, bestätigten den Todesfall. In allen Fällen hatte die Krankheit 3 Tage nicht überschritten. Einige waren vollständig erfunden, und dies waren gerade die mit allen gruselisen Einzelheiten ausgeschmückten.“ | a1 | (0) | Aehnlich wie in Sachsen liegen die Verhältnisse auch in anderen deutschen Gebieten. In Württemberg beispiels- weise ist nach Prof. L. HOFFMANN noch niemand an einem Kreuzotternbiss gestorben und auch kein sicher beobachteter Fall vorhanden, dass ein Mensch infolge eines Kreuzotternbisses schwer erkrankt sei. Im Gegen- satz hierzu steht nun freilich der von BLUM mitgeteilte und auch von mir wiedergegebene Fall aus Megesheim bei Nördlingen. Auch für Hannover vermag LÖNS keinen aktenmässig beglaubigten Todesfall durch einen Otternbiss nachzuweisen. In seiner Arbeit „Die Ver- breitung der Kreuzotter in Mähren und Österreichisch- Schlesien endlich berichtet H. LAUS nur von einigen wenigen, durch Kreuzotternbisse hervorgerufenen, mehr oder weniger rasch geheilten Erkrankungen, nicht aber auch von Todeställen. Einige ganz besonders charak- teristische Angaben entnehme ich seiner Arbeit wörtlich: „Fast alljährlich kommen Fälle vor, dass Menschen von Kreuzottern gebissen werden, sie haben aber nie tödlichen Ausgang gehabt (Frischau bei Neustadt)..... Dr. KOLL- NATI fand die Kreuzotter z. B. auf dem sogenannten Reit- und Vegetationswege zwischen der Kriech und der Einsattelung des Petersteins, besonders zwischen 10 und 3 Uhr, entweder zusammengeringelt im Grase oder in einem Gestrüppe sich sonnend in unzähligen Exemplaren, dann an den steinigen Abhängen der hohen Heide. Dort werden sie den beerensammelnden Leuten zuweilen, doch sehr selten, gefährlich. Tatsächlich gehen hier alle Wurzeleräber und Beerensammler barfuss durch das (sestrüpp, und man hört im Hochgesenke trotzdem sehr wenig von Schlangenbissen .... In der Umgebung von Ullersdorf beschäftigen sich die ärmeren Kinder während des Sommers mit dem Sammeln von Beeren, die sie im Kurorte verkaufen. Bei dieser Gelegenheit pflegen sie, um sich vor Ottern zu schützen, ihre nackten Füsse und Beine mit dem Safte einer Pflanze, des sogenannten Liebstöckels (Levisticum offeinale) einzureiben, da die Öttern angeblich den stark riechenden Saft nicht ver- tragen(?).... In diesen Steinhaufen, dann aber auch auf den benachbarten Feldern und Wiesen (bei Christ- dorf) sind die Kreuzottern nichts seltenes. Es ist zu verwundern, dass man von Schlangenbissen fast gar nie hört, obwohl die Leute sogar in der nach Hause ge- brachten Heufuhre die gefährlichen Tiere angetroffen haben. Nur ein einziger derartiger Fall geschah vor Jahren, der Gebissene hatte an den Folgen monatelang zu leiden.“ — Wenig im Einklang mit diesen Tatsachen stehen allerdings die meisten Schilderungen der Kreuz- otter und die von manchen Autoren in so reicher Fülle mitgeteilten Todesfälle. Sie sind von ihnen aber niemals nachgeprüft worden, sondern meistens kritiklos (so z. B. auch von LACHMANN) aus den Tageszeitungen auf- genommen worden. Die Meldungen der Tageszeitungen aber sind, wie ich schon vor Jahren nachzuweisen ver- sucht habe und wie es auch KÖHLER bestätigt, meistens vollständig erfunden oder durch die Phantasie der Re- porter aufgebauscht und entstellt. Auch dafür ein Bei- spiel von vielen. Die Reichenberger Zeitung (Böhmen) meldete unterm 14. August 1902, dass in der Umgegend von Schöneck im sächsischen Vogtlande eine Frau und ein Knabe beim Sammeln von Blaubeeren von Kreuz- ottern gebissen worden seien und dass die Frau bereits nach kurzer Zeit den Folgen .des Natternbisses(!) erlegen sei. Sie stützte sich bei dieser Meldung auf eine schle- sische(!) und eine ostpreussische(!) Zeitung. Auf meine Anfrage wurde mir vom Stadtrat zu Schöneck mitgeteilt, dass diese Nachricht vollständig aus der Luft gegriffen worden und nur vor Jahren einmal ein Knabe ohne grosse, nachteilige Folgen von einer Kreuzotter gebissen worden ist. Interessant dabei ist, dass gerade von Au Schöneck derartige Fälle recht oft gemeldet werden. — Neben der Tagespresse sind es aber auch eine Anzahl professioneller Reptilienjäger, die über die Gefährlichkeit der Kreuzotter so viel unrichtiges in die Welt hinaus- posaunen und leider selbst bei ernsten Männern allzu willig Gehör finden. Sie sind nun einmal eitel wie andere Menschen ja auch und lieben es, ihren bei etwas Vorsicht völlig ungefährlichen Beruf mit einem gewissen Nimbus zu umgeben und sich als Helden feiern zu lassen. Wäre die Kreuzotter tatsächlich so gefährlich, als wie sie in der Regel dargestellt wird, so müssten bei ihrer grossen Häufigkeit an so vielen Orten sich Biss- fälle auch weit zahlreicher ereignen. Die Häufigkeit der Kreuzotter ist nach meinen langjährigen Erfahrungen vielerorts sogar eine viel grössere, als man gemeinhin annimmt. Eben dadurch, dass ihre Farbe so sehr dem Boden ihres Aufenthaltsortes ähnelt und dass sie sich beim Nahen des Menschen meistens viel früher und laut- loser aus dem Staube macht, als unsere anderen Schlangen, entgeht ihre Anwesenheit nicht selten sogar dem geübten Auge. Die ausgeprägte Verteidigungsstellung, die glatte Nattern oft schon einnehmen, wenn man noch gar nicht an sie herangekommen ist, habe ich in dieser auffallenden Weise an der Kreuzotter — und ich habe sie gewiss schon zahlreich angetroffen — niemals beobachten können; meistens erst, wenn ihr die Flucht abgeschnitten ist, setzt sie sich zur Wehr und selbst im Momente höchster (Gefahr ist sie vielfach noch eher zur Flucht, als zum jisse bereit. Sie beisst meinen Erfahrungen nach auch weit seltener als wie die glatte Natter — mancher der angeblichen Kreuzotternbisse mag auf das Konto der letzteren zu setzen sein — und es sind sogar, wenn auch Ausnahmefälle bekannt geworden, wo man die Otter aus Unkenntnis mit blossen Händen vom Boden empor- SEN gehoben und weite Strecken in der Hand getragen, ja selbst mit ihr gespielt hat, ohne dass sie dabei den ge- ringsten Bissversuch gemacht hätte. Das darf uns aber keineswegs von der Vor- sicht ihr gegenüber abhalten lassen; an kreuz- ottergefährlichen Orten sollte man nie barfuss gehen, nie sich am Boden niederlassen oder eine Beere oder Blume pflücken, bevor man sich nicht von dem Fehlen der Schlange überzeugt hat. u Noch manches ist über die Kreuzotter unklar, und die Schilderungen der Schlange und ihrer Lebensweise von den verschiedenen Autoren und aus den ver- schiedensten Gegenden zeigen mitunter so auffallende Gegensätze, dass man zu einigem Nachdenken darüber angeregt wird. Es mag ja sein, dass sehr viele Be- obachter mit grossen Vorurteilen an das gefährliche Reptil herangetreten sind und dass sie von diesen Vor- urteilen sich haben ungünstig beeinflussen lassen und dadurch die Ursache von Widersprüchen anderen Autoren gegenüber geworden sind. Aber nicht immer will dies zu einer völligen Erklärung ausreichen und mir hat sich daher, gestärkt durch eigene Beobachtungen, die Über- zeugung aufgedrängt, dass unsere Kreuzotter verschiedene mehr oder weniger ausgeprägte Lokalrassen bildet. Dies einmal sicher zu untersuchen, wäre eine recht lohnende und dankbare, freilich auch kostspielige und zeitraubende Aufgabe für einen Forscher. 3 Der Kreuzotter sowohl in ihrer Erscheinung wie auch in der Lebensweise auffallend ähnlich ist die As- pisviper, Vipera aspis (L.), die man lange Zeit hindurch dieser sogar angegliedert und nur als eine Unterart von re _ ihr angesehen hatte. Wir können uns bei ihrer Schil- derung daher auch kurz fassen, zumal sie ein vor- wiegend südeuropäisches Tier ist und in Deutschland nur ganz vereinzelt ‚bei Metz und im oberen Teil des Grossherzogtums Baden (im Schlüchttal und dessen Nebentälern) vorkommt. Der Körper dieser Schlange ist von der gleichen plumpen Beschaffenheit wie der der Kreuzotter, aber kräftiger und in seiner Mitte etwas dicker. Der Kopf erscheint breiter und flacher und ist vom Halse noch schärfer abgesetzt als wie bei jener, die Schnauzenspitze ist im Gegensatz zu der abgerundeten der Kreuzotter da- gegen aufgestülpt. Der kurze Schwanz ist gleichfalls scharf vom Rumpfe abgesetzt und an der Spitze mit einem, beim Männchen etwas längeren, nach abwärts gekrümmten, hornigen Stachel versehen. Auch die Färbung und Zeichnung ist jenen Schwankungen unterworfen, wie wir sie bereits an der Kreuzotter kennen gelernt haben. Die Grundfarbe geht vom hellen, fast weissen Grau ins gelbliche, grünliche, olivenfarbene und rötliche bis zum reinen Kupferrot, Braun in allen Schattierungen vom hell bis dunkel und Schwarz über. Der Ton der Farbe ist bald ein matter, bald ein überaus lebhafter und bewegt sich beim Männchen meistens in helleren, beim Weibchen aber in dunkleren Nuancen. Dagegen fehlt der Aspisviper das dunkle Ziekzackband, das die Kreuz- otter kennzeichnet; es wird ersetzt durch vier Längs- reihen dunkler Flecken, von denen die innenstehenden, fast viereckig erscheinenden die grösseren sind und sich gegenüberstehen oder miteinander abwechseln. Die Farbe der Unterseite wechselt gleichfalls sehr; sie ist bald eine hellere gelblichweisse, gelblichgraue, graue und gelblichbraune, bald eine dunkle graue, braune bis schwarze und erscheint bald in nur einem Ton, bald mehrtonig gemischt und gesprenkelt. I re Die Aspisviper ist wärmebedürftiger als wie die Kreuzotter und findet sich daher auch nur an wärmeren Orten, wo sie sich steinige Halden und Berghänge, alte Mauern, Steinbrüche und ähnliche Lokalitäten mehr zu ihren Aufenthaltsorten erkürt. Ihre nächtliche Lebens- weise ist ausgeprägter als wie bei der Kreuzotter, und ihre Schlupfwinkel verlässt sie tagsüber im Hochsommer nur während der frühen Morgenstunden oder an trüben, aber warmen Tagen, im Frühjahr und Herbst auch einmal um die Mittagszeit. Ihre Nahrung besteht in kleinen Warmblütlern, vorzugsweise Mäusen und nur unter- geordnet in jungen Maulwürfen, kleinen Vögeln usw. Sie wird als noch furchtsamer als wie die Kreuzotter geschildert und beisst nur, wenn man sie vollständig in die Enge getrieben und ihr jede Möglichkeit zur Flucht abgeschnitten hat oder wenn man sie unversehens an- fasst. Ihren Winterschlaf tritt sie im Oktober, bei günstiger Witterung wohl auch erst im November an, die Beendigung desselben soll nach den einen bereits im März, nach anderen aber erst im Mai geschehen. Die Paarung erfolgt 2 bis 3 Wochen später. Im Juli oder August kommen dann die Jungen — an Zahl 8 bis 15, wohl auch bis zu 20 — zur Welt. Sie sind 15—20 cm lang und verlassen wohlausgebildet die Eihülle. An der Aspisviper haben REDI, '‚FONTANA u. a. ihre berühmten Versuche über das Schlangengift und seine Wirkungen angestellt. Die Folgerungen, die der letztere aus seinen Beobachtungen an über 3000 Vipern und über 4000 von diesen gebissenen oder mit Schlangengift geimpften Tieren gezogen hat, fasst LACHMANN mit folgenden Worten zusammen: „Unter gleichen Umständen ist die grösste Viper die gefähr- lichste; je wütender das Tier, um so wirksamer das Gift, je länger sie mit ihren Giftzähnen in der Wunde bleibt, um so sicherer vergiftet sie. Je langsamer ein Be Tier stirbt, um so mehr entwickelt sich die Krankheit an dem gebissenen Teil. Über die Wirkung sagt er, dass das Blut des gebissenen Tieres gerinne, das Blut- wasser sich von den Blutkügelchen scheide und sich durch das Zellengewebe verbreite, wodurch der Umlauf des Blutes verhindert und der Tod herbeigeführt werde. Das Blut neigt schnell zur Fäulnis und zieht so die Verderbnis des ganzen Körpers nach sich.“ Sonst mögen die Verhältnisse auch hier ähnlich wie bei der Kreuzotter liegen. u Den beiden eben kennen gelernten, in Deutschland vertretenen Vipern reihen wir anhangsweise noch zwei vorwiegend südeuropäische Arten an, die ihren Ver- breitungsbezirk allerdings auch bis ach dem benach- barten Österreich ausgedehnt haben. Es sind dies die Sandotter, Vipera ammodytes (L.), und die Ursinische Viper, Vipera ursinü Bonap. Sie ähneln in ihrer äusseren Erscheinung zwar auffallend den beiden vorbehandelten Arten, lassen sich von ihnen aber auch wieder leicht unterscheiden durch die stark aufgestülpte, zapfenartige und verhornte Schnauze der Sandotter, durch die geringere Grösse, den kleineren Kopf und das kleinere Auge sowie das mehr wellen- förmige Ziekzackband der Ursinischen Viper. Die letztere ist die lebhafteste und behendeste von allen vier betrachteten Otternarten und wohl ausschliesslich ein Tagetier. Sie zieht zu ihren Aufenthaltsorten sonnige, erasreiche Wiesen vor und stellt hier namentlich kleineren Eidechsen nach. Im benachbarten Österreich ist sie in den niederösterreichischen Landschaften besonders häufig und kommt vor allem in auffallend grosser Zahl in der Nähe des kaiserlichen Lustschlosses Laxenburg bei Wien vor. Die Sandotter, übrigens die giftigste unserer — 68 Vipern, bevorzugt hügelige und gebirgige Gebiete, in denen sie bis zu 1000 m emporsteigt und wählt zu ihrem Aufenthaltsort gestrüpp- und buschreiche felsige Strecken, Gärten, Weinberge u. a. m. In Österreich tritt sie häufig im Süden Steiermarks auf und über- trifft in Kärnten an Zahl und Verbreitung noch die Kreuz- otter.. Auch in der Umgebung: von Bozen in Tirol ist sie sehr zahlreich. — Eine Meldung von ihrem Vor- kommen bei Rosenheim in Bayern dürfte auf eine Verwechselung der Schlange mit einer anderen oder auf ein der Gefangenschaft entwischtes Tier zurück- zuführen sein. U Die Nattern, Colubridae, unterscheiden sich von den Ottern — sofern zuweilen, wie z. B. zwischen der (Grlatten Natter und der Kreuzotter, aufs erste die Farbe und Zeichnung zu Verwechselungen Anlass geben könnte — für den einigermassen geübten Beobachter doch sofort durch den länglichen, nicht so auffallend vom Halse abgesetzten Kopf, durch den langen, aus dem Körper nur allmählich auslaufenden Schwanz und vor allem durch die geschmeidigen, windungsreicheren Bewegungen gegenüber den bedeutend schwerfälligeren und plumperen der Ottern. Wir beginnen ihre Betrachtung mit den zu den Wasser- oder Kielrückennattern, Tropidonotus, ge- hörenden zwei Arten der Ringel- und der Würfel- natter und schliessen diesen die Aeskulap- und die Glatte Natter an. 3 Die Ringelnatter, Tropidonotus natriw (L.), ist die harmloseste unserer deutschen Schlangen und setzt sich nicht einmal, wie ihre Verwandten aus dem Nattern- - Zimmermann: Naturleben. I.Bd. 3, Eee seschlecht sonst alle, dem Menschen gegenüber durch Bisse zur Wehr. Einige vereinzelte, sehr seltene Fälle bestätigen nur die Regel. Überaus furchtsam, ergreift sie immer schleunigst die Flucht und sucht, in die Enge getrieben, sich ihrer Verfolger durch Aufblähen und lautes Zischen zu erwehren. Einmal ergriffen, ent- leert sie — wohl unbewusst infolge der Angst und des Schreckens — ihren Kot und Urin und würgt wohl gar die halbverdaute Nahrung wieder heraus. Sie verfällt dabei sehr leicht auch in eine Art Starrkrampf, aus dem sie sich nur allmählich wieder erholt. Eine widerliche Körperausdünstung, die an gefangenen Tieren indessen bald verschwindet, mag ein gutes Schutzmittel gegen manche tierische Feinde bilden. Und wie die harmloseste unter unseren Schlangen ist die Ringelnatter auch die häufigste und verbreitetste von ihnen. Sie wird nur in wenigen, und dann immer räumlich sehr beschränkten Gebieten unseres Vater- landes vergeblich gesucht werden. Ebenso gleichmässig ist sie auch über das übrige Europa verbreitet. Sie ist im Süden (Spanien, Italien, Sizilien, Griechenland usw.) sowohl wie im Norden (Skandinavien) bis zum 65. Breitengrad, im Westen (Portugal, Frankreich) wie im Osten (Russland bis zum Baikalsee) vorhanden und kommt ausserdem noch in Nordafrika und Kleinasien bis nach Persien vor. Im Gebirge steigt sie bis zu 2500 m empor. Ihren Aufenthalt wählt sie am liebsten in der Nähe eines Gewässers, wenngleich man sie oft auch fern von solchen antreffen kann. Ebenso wie sie das Wasser liebt, ist sie eine Freundin der wärmenden Sonne, meidet dagegen alle die Stellen, die öfters von rauhen und kalten Winden heimgesucht werden. Sie kommt sogar an belebte Orte und ist gar nicht selten inmitten eines solchen an einem Wasserlauf, einem Tropidonotus natrix (Z.), Ringelnatter aus der Ruhelage zur Flucht übergehend Teich usw. anzutreffen. Auch die engeren Wohnstätten des Menschen sucht sie auf und siedelt‘ sich hier häufig in Gärten, Parks, Ställen, Speichern, Schuppen und Kellern an. In Berlin beispielsweise hat man sie früher ungewöhnlich zahlreich in älteren, am Wasser gelegenen Grundstücken angetroffen. Auch alte Burgen, verfallene (Gebäude, Ruinen und dergleichen bilden einen bevor- zugten Aufenthaltsort, wie man sie ferner auch in Waldungen, auf Feldern, Wiesen antreften kann. Nur weite, trockene Sandflächen meidet sie. Bereits in den frühen Morgenstunden verlässt sie ihre Schlupfwinkel, um ihrer Nahrung nachzugehen oder an sonnigen Stellen, tellerförmig zusammengerollt, die angenehme Wärme der Sonnenstrahlen zu geniessen. Nicht selten trifft man sie auch schwimmend an. Man n* PREER 1 ul. muss sie einmal gesehen haben, um einen Begriff von der unnachahmlichen Eleganz, die sie dabei entwickelt zu erhalten. Leicht gleitet sie an der Wasseroberfläche dahin, den Kopf senkrecht emporgerichtet, gewandt windet sie sich zwischen Wasserpflanzen hindurch, bis sie in die Tiefe taucht, um hier nach einem Frosch, einem Molch, einer Amphibienlarve oder einem Fisch- schen zu fahnden. Sie mag durch ihre Vorliebe für Fische vielleicht auch dort, wo sie in Mengen vorkommt, der Fischzucht — freilich nie in besonders grossem, ins Gewicht fallendem Massstabe — einmal gefährlich werden. Denn ihre eigentliche Nahrung bilden ja die Frösche, die sie zur Paarungszeit dieser aus dem Wasser holt, aber auch während der ganzen übrigen Jahreszeit am Lande zu finden weiss. Kröten verschmäht sie gleichfalls nicht, doch nimmt sie dieselben nach meinen Erfahrungen nicht besonders gern an. Unken scheint sie gänzlich zu meiden, wenigstens berichtet LACH- MANN, dass von Ringelnattern im Terrarium einmal verschlungene Unken stets wieder lebend ausgespieen worden sind. Eidechsen gehören gleichfalls nicht zu ihrer Nahrung und ebenso werden Mäuse und andere warmblütige Tiere, Insekten und Schnecken, wie man dies in Naturgeschichtsbüchern oft angegeben findet, nie von ihr vertilgt. Im Magen der Ringelnatter ein- mal aufgefundene Insektenreste rühren von den ihr zum Opfer gefallenen Lurchen her. — Ihre Beute verschlingt sie lebend: sie versucht, ihr Opfer am Kopf zu fassen oder, wenn ihr das nicht geglückt ist, ihm durch Drehen eine Lage zu geben, in der sie den Kopf zuerst hinab- würgen kann. Im Oktober oder November, je nach dem Klima eines Ortes oder der jeweils herrschenden Temperatur, zieht sich die Ringelnatter in Erdhöhlen, Felsklüfte, unter Wurzelwerk u. del., ja nicht selten auch in Keller, ER Tropidonotus natrix (L.), Ringelnatter In der Ruhe tellerförmig zusammengerollt Ställe usw. zur Winterruhe zurück, aus der sie bei günstiger Witterung meistens schon im März wieder er- scheint. Wie wir das bei Kreuzottern schon gesehen haben, so finden sich oft auch bei der Ringelnatter mehrere Tiere in den Winterquartieren zusammen. Zur Paarung verschreitet die Ringelnatter in der Zeit von Mitte Mai bis Mitte Juni. Oft hat man auch ein nochmaliges Vereinigen der Geschlechter im Spätherbst, im Oktober oder November, beobachtet. Jedoch scheint es dabei nicht oder nur ausnahmsweise einmal zu einer Befruchtung zu kommen. Der Begattungsakt geschieht meist in den Morgenstunden, Männchen und Weibchen liegen dabei auf- oder nebeneinander und sind leicht mit den Schwänzen verschlungen. Auffallend und in dieser krassen Weise nur bei der Ringelnatter beob- achtet, ist dabei der oft gewaltige Grössenunterschied der beiden sich paarenden Tiere; das Männchen besitzt oft kaum den dritten Teil der Grösse des Weibchens. Nicht selten trifft man an den Paarungsorten auch die Ringelnatter in grösserer Anzahl an. Es ist aber nicht der Geselligkeitstrieb, wie DÜRIGEN im Gegensatz zu LEYDIG ausführt, der sie dabei zusammenkommen lässt, kein zielbewusstes Versammeln zum Zwecke der Fortpflanzung, sondern nur die Behaglichkeit und die passende Beschaffenheit des Platzes. Den Schlangen ist ja ein gewisser Ortssinn eigen, der sie befähigt, solche Orte (auch zur Eiablege, zum Sonnen und zum Winterschlaf) immer wieder aufzufinden. — Die Eier, die im Leibe des Weibchens etwa 10 Wochen zu ihrer Ausbildung nötig haben, werden von Mitte Juli bis Ende August in Dünger- und Komposthaufen, in Mulm, unter Laub und Moos, unter Steine, in Erdhöhlungen und an andere ähnliche Lokalitäten, ja selbst in Vieh- ställe, überhaupt an feuchtwarme Orte, abgelegt. Der Eiablegeplatz wird gleichfalls häufig von vielen Tieren gemeinsam benutzt. DÜRIGEN führt Fälle an, wo in einer Höhlung in einem Steinbruch gegen 600 Eier, unter einer Kanalbrücke gegen 3000 und in einem Fichtenstumpf etwa 1500 Eier der Ringelnatter aufge- funden worden sind. Die Zahl der Eier ist gleich ihrer Grösse von dem Alter und der Grösse des Tieres ab- hängig, sie schwankt zwischen 6 und 30 und erreicht wohl auch einmal 40, beträgt in der Regel aber 15 bis 25. Die Grösse beträgt 21—33 mm in der Länge und 11—16 mm in der Breite. Das Weibchen legt die Eier in Pausen von einigen Minuten bis zu einer viertel oder auch halben Stunde unmittelbar hintereinander ab. Sie haften, da sie in frischem Zustande feucht und kleberig sind, klumpen- und traubenartig aneinander. Nach 6 bis 8 Wochen, unter günstigen Umständen auch noch ll Fe: früher, entschlüpfen ihnen die Jungen, die sich vielfach noch einige Zeit an oder in unmittelbarer Nähe ihres Geburtsortes aufhalten, aber dann recht bald ein Winterlager aufsuchen. Durch das aus dem Ei mit- gebrachte Fett sind sie in den Stand gesetzt, die Winterruhe, ohne dass sie zuvor gefressen hätten, gut zu überdauern. — Die Länge der Ringelnatter beträgt bei uns durch- schnittliceh 70—100 em und nur mehr in Ausnahme- fällen erreichen einzelne Tiere eine solche bis zu 120 oder gar bis zu 150 cm. Die grössten von mir in Sachsen erbeuteten Tiere massen 115, 119 und 123 cm. In südlichen Ländern ist die Durchschnittsgrösse eine höhere als wie bei uns und man trifft dort, aber wohl auch nur ausnahmsweise, Exemplare an, die bis zu 180 em lang sind. Das Männchen ist stets kleiner als das ausgewachsene Weibchen. Der Körper der Schlange ist schlank, aber kräftig gebaut, seitlich deut- lich zusammengedrückt und läuft nur allmählich in den etwa ein Fünftel der Körperlänge erreichenden Schwanz aus. Der Kopf ist länglich, vorn abgestutzt und ober- seits flach und bei jüngeren Tieren deutlicher vom Schwanze abgesetzt als bei älteren Exemplaren. — Die Oberseite des Körpers ist von blau- bis aschgrauer Farbe, ändert aber leicht in grünliche, olivenfarbene, grünlichbraune, graubraune und ölbraune Töne ab und ist mit kleineren oder grösseren, in 4 bis 6, zuweilen auch nur 2 oder 3 Längsreihen angeordneten schwarzen Flecken gezeichnet. Der Kopf ist in der Regel dunkler abgetönt als der übrige Körper und trägt nach dem Halse zu beiderseits je einen schwarz eingefassten, gelblichweissen bis gelben oder orangefarbenen Seiten- fleck; ein Kennzeichen, das die Schlange sofort von allen anderen heimischen Arten unterscheiden lässt. Die _ Unterseite des Körpers ist auf schwarzem ET Grunde nach den Seiten zu hell (gelblichweiss) ge- fleckt. — Die Färbung und Zeichnung ist dabei aber mannigfachen Abänderungen unterworfen.: So kann die Unterseite einfarbig erscheinen oder ins rein schwarze übergehen, wie auch die Farbe der ganzen Schlange einen einfarbig schwarzen Ton anzunehmen vermag (var, niger). Die Zeichnung verschwindet oft ganz oder läuft zu dunklen Querbinden zusammen (var, faseiatus). Bei der gestreiften Ringelnatter (var. persa), einer schön gezeichneten, namentlich im Süden und Südosten auf- tretenden Varietät, erscheinen auf der Oberseite zwei schmale Längsstreifen von gelblichweisser bis. selber Farbe. Eine andere im Südosten Russlands heimische Abart (var. pieturatus) ist auf schwarzem Grunde oberseits mit weissen Pünktchen gezeichnet. — Die Ringelnatter ist die Schlange der Sage, des deutschen Märchens. Ihr Aufenthalt an sagenumwobenem alten Gemäuer und Ruinen, ihr Vorkommen selbst an den von Menschen bewohnten Orten und Gebäuden, ihre Vorliebe namentlich für Viehställe haben zu einer reichen Legendenbildung Veranlassung gegeben; aus den leuchtenden Kopfflecken entstand dabei das goldene Krönchen des Natternkönigs. Leider nimmt die Häufig- keit der schönen Tiere zusehends ab und ich glaube mit LÖNS gern, dass sie früher oder später einmal ganz aus der deutschen Landschaft verschwunden sein wird. Die überall vorwärts dringende Kultur, die unsere schöne, abwechselungsreiche Heimat überall nach einem bestimmten Schema gleichzumachen bestrebt ist, raubt ihr einen Aufenthaltsort nach dem anderen, die oerausame „Bestie Mensch“ stellt ihr allenthalben nach und tötet sie in ihrem blinden Unverstand und ihrer grossen, keine Belehrung duldenden Dummheit mehr denn alle anderen Schlangen. Ich habe es gesehen, wie sie von Radfahrern mit Knüppeln blutig geschlagen, a Re! Tropidonotus natrix var. persa, Pallas, gestreifte Ringelnatter (Terrarientier) noch lebend mit einem Faden an das Rad geknüpft. und hinter diesem hergeschleift worden ist! Mit aller Entschiedenheit muss derartigen Auswüchsen entgegen- getreten und in Wort und Schrift für die Schlange, die harmloseste und friedfertigste von allen, eingetreten werden. Unsere Lehrerschaft könnte hier viel und grosses leisten, wenn nicht eben auch unter ihr die Gleichgültiskeit gegen die Schönheiten unserer Natur noch weit verbreitet und die Unkenntnis unserer vater- ländischen Kriechtiere und Lurche eine so ausgeprägte wäre. Ich war zufällig einmal Zeuge, wie gelegentlich eines Klassenausfluges Schüler auf eine angetroffene Ringelnatter mit Stöcken und Ruten einschlugen; der den Ausflug begleitende Lehrer liess die Knaben dabei ruhig gewähren und verbat sich sogar mein Einschreiten mit, gelinde gesagt, recht groben Worten. Dieser Fall redet eine deutliche Sprache, und wenn ich auch gern zugeben will, dass er in dieser Weise eine Ausnahme- erscheinung bildet, so sind doch Geschehnisse, wo Lehrer Ringelnattern töten und liegen lassen — ich spreche aus einer langjährigen Erfahrung — gar nichts so seltenes. Auch die Aquarien-, Terrarien- und Tier- händler tun fleissig das ihrige an der Ausrottung der Ringelnatter; ich mag nicht wissen, wie viel Hunderte und Tausende von den von ihnen weggefangenen grossen Mengen regelmässig zugrunde gehen. u Die Würfelnatter, Tropidonotus tessellatus (Laur.), die deutsche Schwester der Ringelnatter, erreicht bei uns bei weitem nicht die Häufigkeit der letzteren und kann sich auch in bezug auf die Ausdehnung des Ver- breitungsbezirkes nicht mit dieser messen. In den deutschen Gauen ist sie nur an einigen wenigen Orten zu finden und kommt hier ausschliesslich in einem räumlich kleinen Teile der südwestlichen Rheinprovinz und im Nassauischen vor. Und zwar tritt sie am Mittel- rhein etwa von Rüdesheim oder Bingen bis Koblenz, im unteren Lahngebiete, bei Kreuznach und Münster a. St., sowie an einigen Orten an der Mosel auf. Die Schlange ist unzweifelhaft bei uns aus dem Süden eingewandert. Wie das aber geschehen ist, darüber sehen die Meinungen auseinander. Die meiste Anwart- schaft auf Richtigkeit hat wohl die Anschauung, dass die Würfelnatter von Frankreich aus der Mosel entlang in das Mittelrhein- und Nahegebiet vorgedrungen ist und sich hier Heimatsrechte erworben hat. Sie gehört mehr dem Süden und Osten Europas an und bewohnt Italien, Mittelfrankreich, die Schweiz (hier aber wohl nur den Kanton Tessin), Südösterreich, von wo aus sie auch nach dem Nordosten, nach Böhmen und Mähren vorgedrungen ist, Südungarn, die Balkanhalbinsel und geht bis nach Südrussland in die Gegenden nördlich Tropidonotus tessellatus (Laur.), Würfelnatter (Terrarientier) des Schwarzen Meeres. Auch in Kleinasien, Syrien und Ägypten fehlt sie nicht. Die Länge der Würfelnatter beträgt durchschnitt- lich 70—85 em und geht wohl nur in Ausnahmefällen einmal darüber hinaus. Ihr Körper ist etwas schlanker als der der Ringelnatter, in der Mitte nur wenig ver- diekt und an der Seite etwas zusammengedrückt. Der Kopf ist deutlich vom Halse abgesetzt und ver- schmälert sich stark nach vorn, so dass er eine nament- lich bei jüngeren Tieren stark auffallende länglich-drei- eckige Gestalt annimmt und dadurch ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber unseren anderen Natternarten bildet. Der Schwanz verläuft aus dem Körper nicht ganz so unmerklich wie bei der Ringel- natter, er erreicht etwa ein Fünftel der ganzen Körper- grösse. Die Oberseite der Würfelnatter ist von gelb- grüner, olivengrüner und graubrauner Farbe und kann nicht selten auch in ein schönes Braun übergehen. Sie ist in der Regel mit 4 Reihen abwechselnd stehender, runder oder viereckiger, mehr oder weniger scharf sich abhebender, dunkler Flecken gezeichnet, die sich leicht zu @Querbinden vereinigen können. Die Unterseite des Körpers zeigt einen hellen (gelblichweissen, weissgrauen bis orangefarbenen) Grundton, auf dem sich grau- bis‘ blau- und reinschwarze, unregelmässig begrenzte und verteilte oder viereckige Flecken schachbrettartig an- ordnen. Färbung und Zeichnung ändern auch bei der Würfel- natter mannigfach ab. Durch das gänzliche Verschwin- den der Zeichnung entsteht die Varietät concolor; durch das Überhandnehmen derselben, wobei die Grundfarbe zugunsten der dunklen Zeichnungsfarbe verschwindet, die seltene Varietät nigrescens. Andere Varietäten zeichnen sich durch rote Flecke der Oberseite (var. rubro-maeu- losus), rote Würfelung an den Enden der Bauchschilder (var. gabinus), auch weisse Punkte und Querlinien (var, albo-lineata), durch ein auffallend helles Gelbbraun der Grundfarbe (var. flavescens) u. a. m. aus. Die Würfelnatter ist ein ausgesprochenes Tagetier und ähnelt in Wesen und Lebensweise der Ringelnatter ungemein. Gleich furchtsam wie diese entflieht sie jeder sich nahenden Gefahr und gleitet dabei am liebsten ins Wasser, das sie in noch weit höherem Masse liebt als wie die Ringelnatter. Sie ist eine überaus gewandte und vorzügliche Schwimmerin und kann sich selbst stundenlang am Grunde der Gewässer aufhalten. Aus Beobachtungen im Terrarium hat man geschlossen, dass sie sogar die warmen Sommernächte unter Wasser ver- bringt. Am Lande ist sie weniger flink, klettert dagegen vorzüglich und vermag sich ferner mit Leichtigkeit und Gewandtheit durch selbst recht enge Spalten in Zäunen, Mauern, im Gestein u. a. m. durchzuwinden. Bei ihrer _— ii —— (efangennahme gibt sie wie die Ringelnatter ihren Kot und Urin von sich und beisst kräftie. Ihre Aufenthaltsorte wählt sich die Würfelnatter, die neben der ähnlichen südeuropäischen Vipernnatter die ausgeprägteste europäische Wasserschlange ist, aus- schliesslich an klaren, fliessenden oder stehenden Ge- wässern und gibt dabei denen des Tief- und Hügellandes den Vorzug vor denjenigen des Gebirges, in das sie nur bis gegen 1000 m emporsteigt. Sie ist wärmebedürftiger als wie die Ringelnatter und sucht daher auch zeitiger als wie diese, im frühen Oktober, ihre Winterherbergen auf, aus denen sie wohl kaum vor Mitte April wieder zum Vorschein kommt. Im Mai erfolgt die Paarung, Ende Juli oder im August die Ablage der 5 bis 13 weissen, runden und meist nierförmig gebogenen Eier in Dünger, Lohe, unter Laub, an Uferrändern usw. Aus ihnen schlüpfen nach einigen Wochen die Jungen aus, die man in Knäueln unter den Steinen des Ufers oft noch unter den Eihüllen finden kann. Gleich der Ringel- natter geht auch die Würfelnatter im September eine zweite, wohl erfolglose Paarung ein. Die Nahrung der Würfelnatter besteht vorzugsweise in kleineren Fischen, auf die sie entweder Jagd macht oder die sie ablauert. Das „Ablauern“ ist die häufigste Fangmethode; die Schlange liest dabei regungslos aus- gestreckt oder auch zusammengerollt auf einem Stein im Wasser oder am Grunde, um sich blitzschnell auf den vorüberschwimmenden Fisch zu stürzen. Die Jagd ge- schieht nach GEYSENHEYNER, den wir überaus wertvolle Beobachtungen über die Schlange verdanken, in der Haupt- sache in den späten Nachmittagsstunden. Langsam und vorsichtig steckt sie dabei den Kopf unter einen Stein nach dem andern, „schwimmt eine Strecke weiter, hält plötzlich ein und bleibt wie versteinert (sie scheint zu horchen) in der Stellung, die sie gerade beim Schwimmen hatte, fährt dann mit dem Suchen fort, bis sie einen von den unter den Steinen sich aufhaltenden Fischen erbeutet hat“. Ihre Beute erfasst sie in der Bauchmitte oder am Kopf und schwimmt mit ihr, das Opfertier dabei stets über Wasser haltend, ans Land, wo sie dann an das Verschlingen desselben geht. Bei der geringsten Störung aber lässt sie ihren Raub im Stich und sucht schleunigst wieder das Wasser auf. Nach KNAUER kann sie bis zu 30 Weissfische nacheinander einfangen und ver- schlingen. Diese, sowie Karpfen, Schleien, Karauschen, Ellritzen, Bitterlinge, Orsen, Gründlinge scheinen ihr neben Schmerlen, Kaulköpfen, jungen Aalen usw. am meisten zum Opfer zu fallen. Neben Fischen vertilgt sie auch Frösche (Laub-, Gras- und Teichfrösche), Kaul- quappen und Molche, doch gibt sie den ersteren immer den Vorzug. I Die Gattung der Land- oder Kletternattern, Coluber, stellt die grösste deutsche Schlangenart, nämlich die Aeskulapnatter, Coluber Aesculapü Host., die aller- dings gleich der Würfelnatter in unserem Vaterlande eine auf nur wenige Orte beschränkte Erscheinung ist. Ausser an dem bekannten Badeort Schlangenbad im Taunus, wo sie allerdings ziemlich häufig vorkommt, hat man sie noch bei Passau in Bayern und nach schwer kontrollierbaren Nachrichten auch im badischen gefunden, LACHMANN führt sie, wohl gestützt auf ältere Autoren, unbegründeterweise auch für Thüringen und den Harz an. Ferner kommt sie noch im Hofgut Richthof bei Schlitz in Oberhessen vor, wo sie vor über 50 Jahren durch den damaligen Besitzer des Gutes ausgesetzt und mit gutem Erfolg eingebürgert worden ist. Dieser ge- lungene Einbürgerungsversuch verdient jedenfalis Be- achtung und Nachahmung und ich werde daher später Coluber Aesculapü Host., Aeskulapnatter (Terrarientier) nochmals auf ihn zurückkommen. — Der Schlange insel- artiges Vorkommen in Deutschland hat man damit zu erklären versucht, dass man annahm, sie sei von den Römern nach den von diesen bereits benutzten Heil- quellen Schlangenbads mitgebracht worden. DÜRIGEN hält aber — m. E. auch mit Recht — der Schlange selbständiges Einwandern in Deutschland für wahrschein- licher, namentlich auch im Hinblick darauf, dass sie heute noch ihren Verbreitungsbezirk zu erweitern trachtet und in gewissen Gegenden im Vorrücken nach dem Norden und in der Zunahme begriffen ist. — Die Aes- kulapnatter ist ein ausgesprochenes südeuropäisches Tier und ausserhalb Deutschlands in Spanien, West- und Süd- frankreich, in der Schweiz, in Italien, Österreich, wo tr sie bis nach Mähren und Böhmen zu gehen scheint, in Südungarn und in den Donauländern zu finden. Unsere Natter ist, wie schon erwähnt, die grösste unter ihren deutschen Verwandten und wird 120—140, selten bis zu 150 cm lang. Ihr Rumpf ist kräftig, mehr höher als breit und wird nach dem Kopf zu merklich dünner, der Bauch ist abgeplattet und durch deutliche Seitenkanten vom übrigen Körper getrennt. Der Kopf ist verhältnismässig klein und lang, bei älteren Tieren nur unmerklich, bei jüngeren Tieren dagegen etwas deutlicher vom Halse abgesetzt. Der Schwanz läuft all- mählich aus dem Körper aus, er nimmt etwa den fünften Teil von des letzteren Länge ein und ist gleich dem Bauche unten deutlich abgeplattet, so dass er dadurch fast dreikantig erscheint. Die Oberseite der Schlange ist bei typischen Exemplaren zeichnungslos und von meist olivenbrauner bis olivengrünlicher Farbe, die Unter- seite dagegen einfarbig gelblichweiss bis schwefelgelb. Die normale Farbe der Oberseite kann in mancherlei hellere und dunklere Töne übergehen und bei einer Ab- art (var. virgatus) durch drei gelbbraune bis braune Längs- streifen unterbrochen werden. Eine andere Varietät (var. leprosus) erscheint grau getönt mit reichlichen, oft zu Längsreihen angeordneten Flecken. Ebenso stellen sich auf der Unterseite hin und wieder graue und schwarze sowie milchweisse Flecken ein. Dann kann die Farbe schliesslich auch oberseits in ein tiefes Schwarzbraun, am Bauche in ein reines Schwarz übergehen (var. niger). Immerhin sind die Abänderungen der Aeskulapnatter nicht so häufig und ausgeprägt, wie bei anderen Schlangen. Zu seinen Standorten wählt das Tier lichte Wälder und felsige und steinige, sonnige Örtlichkeiten, wohl auch offene Gegenden, und hält sich da mit besonderer Vorliebe an altem Gemäuer, auf Felsstücken, Steinhaufen und ähnlichem mehr, sowie auf Bäumen und Sträuchern ER auf. Im Gebirge steigt die Aeskulapnatter bis zu 1600 m empor. Das Wasser scheint sie, obwohl sie sehr ge- schickt zu schwimmen versteht, im Freien mehr zu meiden. Am Boden ist sie nicht besonders rasch und flink, dafür aber eine um so gewandtere und ausdauernde Kletterin. An dünnen Bäumen windet sie sich in schraubenförmigen Umschlingungen empor, stärkere Bäume ersteigt sie, in- dem sie sich mit den Bauchkanten fest in die Risse der Borke einstemmt und ihren Körper aufwärts schiebt, im (eäst bewegt sie sich leicht und gewandt unter schwachen Windungen und Festhalten mit dem Schwanze dahin. Auch senkrechte Mauern, Haus- und Felsenwände bilden ihr kein Hindernis, jeden Riss, jede Spalte und jede Unebenheit weiss sie sich dabei nutzbar zu machen. Sie entwickelt beim Klettern und auch sonst stets eine grosse Kraft, so dass es nur unter Anstrengungen mög- lich ist, sie von einem Gegenstande, den sie umschlungen hat oder an den sie sich festhält, zu lösen. Dabei ver- mag sie sich durch mitunter recht kräftige, blutende Wunden schlagende, zuweilen aber auch weniger fühl- bare Bisse zu verteidigen. Die Aeskulapnatter ist eine unserer lebhaftesten Schlangen und eine grosse Freundin der Sonne. Um die warmen Strahlen derselben voll zu geniessen, steigt sie im Gesträuch und auf Bäumen bis in die höchsten . der Sonne ausgesetzten Spitzen empor und verweilt da oft noch, wenn andere Schlangen sich vor der allzu- grossen Hitze bereits an schattige Plätzchen oder in ihre Schlupfwinkel zurückgezogen haben. Die Nahrung des Tieres besteht vorwiegend in Mäusen. Neben diesen nimmt sie aber auch noch junge Vögel und Eidechsen an, scheint aber dagegen alle Lurche zu verschmähen. „Unsere grösste und schmuckeste heimische Schlange, die Aeskulapnatter,“ so schreibt KNAUER, „zeigt sich auf ihrer Mäuse- und Eidechsen- Zimmermann: Naturleben I. Bd. 6 a jagd auch als die intelligenteste. Nur ganz selten sieht man Aeskulapnattern nach langem Fasten auf in ihre Käfige gebrachte Mäuse oder Eidechsen sofort losfahren und blinde Jagd machen, wie dies Ringel- und Würfel- nattern gewöhnlich tun; in der Regel schleichen sie ruhig, ihr Opfer scharf im Auge, an das Beutetier heran und schnellen, erst ganz nahe gekommen, sicher zielend auf die Beute los. Scheint ihnen die Stellung des Tieres für einen sichern Fang nicht geeignet genug, so ziehen sie sich behutsam zurück, um dem Opfer vom günstigeren Platze aus beizukommen. Die in sicherem Ausholen fast immer ergriffene Maus oder Eidechse wird sofort in raschen Windungen umknäuelt und mächtig zusammen- gepresst. Auch da zeigt sich das ganz andere Verhalten der Aeskulapnattern in der Geduld und Vorsicht, mit der sie den geeigneten Moment zum Verschlingen der gemachten Beute abzuwarten wissen, beim geringsten Zucken ihres Opfers die schon gelockerten Fesseln wieder fester schliessen und erst dann die Pressung wieder aufgeben, wenn sie sich durch wiederholtes Be- schnuppern überzeugt haben, dass das Opfer bereits tot ist. Nun wird das tote Tier beim Kopfe gepackt und verschlungen.“ Ihre Winterruhe beginnt die Aeskulapnatter zeitig, je nach der Witterung zieht sie sich schon im September oder Anfang Oktober in ihre Winterquartiere zurück und verlässt diese auch erst im Mai wieder, um kurz darauf zur Paarung zu verschreiten. Das Weibchen legt im Sommer 5 bis 8, wohl auch noch weniger Eier von auffallend walzenförmig gestreckter Gestalt, aus denen nach einigen Wochen die Jungen ausschlüpfen. U Am Eingange meiner Schilderung über die Aes- ie) oO io) kulapnatter gedachte ich bereits kurz eines gut ge- RR a lungenen Einbürgerungsversuches auf Schloss Richthot bei Schlitz in Oberhessen, wo vor über 50 Jahren der da- malige Besitzer, Reichsgraf CARL VON SCHLITZ, 40 aus Schlangenbad bezogene Aeskulapnattern ausgesetzt hatte. Dieselben haben sich, obwohl anfangs einige der Nattern Auswanderungsgelüste zeigten und sogar die Fulda durch- schwammen, doch recht gut eingelebt und sind heute dort noch vorhanden. „Sie halten sich,“ so berichtet der Sohn des Grafen CARL VON SCHLITZ, „mit Vor- liebe in Komposthaufen des kleinen Oekonomiehofes auf, der der Sonne viel ausgesetzt ist. Derselbe lehnt sich an eine alte Mauer an. Sie scheinen Gemäuer zu lieben. Ich erinnere mich, dass sich vor Jahren einige Eier in den Lücken einer anderen Mauer fanden, die sich auf dem Richthof befindet. Zeitweilig war eine mächtige Eiche, etwa 500jährig und hohl, ein beliebter Wohnort der Schlangen. Sie krochen aus einem grossen Astloch (etwa 4m über dem Boden) hervor, um sich auf einem Rest des ehemals dort befindlichen Astes zu sonnen. Ein dort gleichfalls befindliches Hornissennest schien sie durchaus nicht zu genieren. Ich habe ein- mal (im Jahre 1872) auf den mächtigen Ästen jener sogenannten Schlangeneiche gleichzeitig acht Schlangen lagern sehen. Die rauhe Rinde des Baumes erleichterte natürlich das Klettern. Jetzt haben sie sich von dem Baume längst verzogen, da ein Fahrweg an demselben vorbeiführt und sie, wie es scheint, von Vorübergehenden beunruhigt werden. — Eine unangenehme Eigenschaft der Schlangen ist die, dass sie Schwalbennester aus- nehmen. Sie wissen sich in den breiten Fugen der Ecksteine des einstöckigen Gebäudes sehr geschickt bis unter das Dach emporzuringeln.“ Dieser gelungene Einbürgerungsversuch wäre wert, an anderen Orten wiederholt zu werden. Die Aeskulap- natter ist eine unserer nützlichsten Schlangen, und wenn 6* ie sie auch einmal einen Vogel vertilgt, ein Nest plündert, so fällt dies doch weniger ins Gewicht gegenüber dem Eifer, mit dem sie den schädlichen Mäusen, die ja ihre Hauptnahrung bilden, nachstellt und in Mengen ver- tilegt. Aber auch ganz abgesehen davon; unsere Tier- welt wird immer ärmer an Arten und Formen und wir müssten daher dankbar jede Möglichkeit ergreifen, sie wieder bunter und mannigfaltiger zu gestalten. Unsere Ver- eine für Terrarienkunde namentlich möchte ich auf solche Einbürgerungsversuche aufmerksam machen, sie würden sich dadurch sicherlich den Dank vieler erwerben. 7 Die Gattung der Glatt- oder Schlingnattern, Coronella, von der in Europa nur zwei Arten leben, wird in Deutschland durch die neben der Ringelnatter und Kreuzotter am zahlreichsten vorhandeneGlatte(Schling-, Hasel-, Österreichische, Zorn- oder Kupfer-) Natter, Coronella austriaca, Laur., vertreten. Sie ist schlank gebaut; ihr walzenförmiger Körper nach hinten und vorn nur wenig verdünnt und läuft ganz allmählich in den etwa ein Sechstel der Gesamtlänge be- tragenden Schwanz aus. Der in seiner Mitte am brei- testen, nicht grosse Kopf ist vom Halse undeutlich abgesetzt. Die Länge der Schlange beträgt 60—70 em, und erreicht ausnahmsweise auch einmal 80 cm. In der Regel werden die Männchen nicht über 60, die Weib- chen nicht über 70 em lang. Die Färbung und Zeich- nung ist auch bei der Glatten Natter mannigfachen Schwankungen und Abänderungen unterworfen. Der Grundton der Oberseite ist für gewöhnlich ein brauner mit Abstufungen ins graubraune bis graue, gelbliche und rötliche, nimmt wohl auch einmal eine olivenfarbene Nuancierung an und erscheint bald auf dem Rücken, bald an den Seiten heller. Die Unterseite geht ins Coronella austriaca, Laur., Glatte Natter weiss- bis gelbliche, stahl- und rötlichgraue und grau- braune und erscheint mitunter eintönig, häufig aber durch grössere und kleinere Punkte, Tüpfelchen und Flecken gesprenkelt und marmoriert. Längs des Rückens ziehen sich zwei Reihen dunkelbrauner bis schwarzer Flecken hin, zu denen sich oft an jeder Körperseite noch eine weitere Längsreihe meist kleinerer Tüpfel gesellt. Auf dem Hinterkopf tritt ein dunkler, verschieden grosser, nach hinten ausgerandeter Fleck auf, dem sich noch zwei weitere, sich vom Hals über das Auge nach den Nasenlöchern hinziehende Seitenflecken anreihen. Die Rückenflecken können namentlich auf dem Vorderkörper zu Querbinden zusammenfliessen (var. fasciata) oder die Form von Längsbinden annehmen, die Schlange er- scheint längsgestreift (var. taeniata), oder sie können auch IE Mes! ganz verschwinden (var. immaculata) oder sich zu un- regelmässig verteilten Tüpfelchen und Punkten auflösen (var. sparsa). — Die Kopf- und Körperzeichnung der Glatten Natter verleiht ihr oft eine gewisse Ähnlichkeit mit der Kreuzotter und auf einen nur flüchtigen Blick hin kann sie auch leicht mit dieser verwechselt werden. Für das geübte Auge freilich sind die Unterschiede zwischen beiden Arten aber sofort erkennbar. Die Glatte Natter ist nicht nur über Deutschland ziemlich allgemein verbreitet, sondern auch über das gesamte Europa vom Süden bis nach der jütländischen und skandinavischen Halbinsel, vom Westen bis zum kaspischen Meer in Russland. Im Süden allerdings ist sie weit zahlreicher vorhanden, während sie nach Norden zu an Häufigkeit abnimmt. Unserem Vaterlande fehlt sie fast nirgends, wennschon sie nicht überall gleich häufig ist und namentlich im norddeutschen Flachlande spärlich, in seinem östlichen Teil sogar nur ganz ver- einzelt auftritt. Auch steht sie an Zahl fast überall hinter der Ringelnatter zurück. Während die letztere augenfällig die Niederungen und das Tiefland bevorzugt, ohne aber das Gebirge zu meiden, gibt die Glatte Natter dem letzteren den Vor- zug; sie ist, wie DÜRIGEN mit Recht behauptet, die Schlange der deutschen Mittelgebirge und Hügelland- schaften, deren lichte, trockene, von Laubgebüsch be- standene und mit Steingeröll oder Erdlöchern versehene Anhöhen und Gehänge und sonnige Halden sie ebenso liebt, wie die oberen Säume der Flusstäler, freundliche Ufergelände und Bergabdachungen, warme, helle Wald- schläge und freie, mit Gestrüpp und Gesträuch bekleidete Sandhügel, buschreiche Lehnen und selbst Gärten an Stadtmauern und ähnliche Örtlichkeiten. Bieten sich ihr derartige oder diesen entsprechende Wohnplätze im Flachlande, so steigt sie auch in dieses herab und ver- . N breitet sich hier. Nur dunkle, ausgedehnte Waldungen, kahle, windige Plateaus, moorige Strecken sowohl wie feuchte Gründe und dunkle Schluchten und Täler meidet sie gänzlich. Im Gebirge steigt sie bis zu 2000 m empor. Des Morgens kommt sie nicht so früh hervor wie die Ringelnatter, ist dafür aber häufig noch am Spätnach- mittag, selbst kurz vor Sonnenuntergang im Freien an- zutreffen und von LACHMANN sogar wiederholt an trockenen, warmen, mondhellen Sommerabenden bis gegen 11 Uhr gefangen worden. Sie führt eine mehr ver- stecktere Lebensweise als unsere übrigen Schlangen und sonnt sich seltener an solchen freiliegenden Plätzen, wie sie Ringelnatter und Kreuzotter gern wählen, liest viel- mehr meist unter Gebüsch und Gestrüpp, im Grase und Moose, unter Steinen, hinter loser Baumrinde und ähn- lichem mehr verborgen. Ihre Flucht bei einer drohen- den Gefahr erfolgt, wenn sie überhaupt an eine solche denkt, sehr langsam und ähnelt dann sehr dem heim- lichen Fortschleichen der Kreuzotter. Meistens freilich nimmt sie eine Kampfstellung ein und setzt sich schon zur Wehr, wenn die Möglichkeit ihres Entkommens noch eine grosse ist: sie rollt sich spiralförmig zu- sammen, bläht sich auf und beisst wütend um sich. Ich habe dieses Annehmen der Wehr- und Ver- teidigungsstellung der Glatten Natter oft schon be- obachtet, wenn ich noch mehrere Meter von ihr entfernt war und an Orten, wo ein Entweichen der Schlange sehr leicht war. In dieser Kampfeslust der Glatten Natter liegt ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Kreuz- otter, denn diese sucht fast immer ihr Heil in der Flucht und setzt sich, wie schon früher bemerkt, erst zur Wehr, wenn sie überrascht und ihr die Möglichkeit zum Ent- kommen abgeschnitten worden ist. Die Nahrung der Glatten Natter besteht in Ei- dechsen und Blindschleichen. Ihr Opfer packt sie mit 38 — den Kiefern und umschlingt es blitzschnell durch Schrauben- windungen ihres Körpers. Das erste Drittel des Schlangen- leibes bleibt dabei frei. Hat sie durch diese Umwin- dungen ihr Beutetier gelähmt, was oft erst nach Minuten der Fall ist, so fährt sie auf den aus den Umschlingungen immer hervorragenden Kopf ihres Opfers los und be- ginnt es, beim Kopfe anfangend und die Leibeswindungen nur langsam öffnend, allmählich hinabzuwürgen. Mit einer grösseren umklammerten Eidechse entspinnt sich dabei wohl auch einmal ein erbitterter Kampf, die Ei- dechse weiss die ihr drohende Gefahr zu schätzen und ist bestrebt, sich ihrer nach Kräften zu erwehren. Mit halbgeöffnetem Maule wartet sie das Zufahren der Schlange ab. Gelingt es der letzteren, der Eidechse Kiefern gleichzeitig zu erfassen, so ist diese auch verloren, ge- linst ihr das aber nicht und kann die Eidechse sich in einem Kiefer der Schlange festbeissen, so muss die letztere das umschlungene Tier freigeben. Rasch reisst sie sich empor und versucht ihren kleinen Gegner durch Schütteln und Schleudern los zu werden; doch währt es oft ziemlich lange, bis sie sich von ihm wirklich befreit hat. Die Eidechse ergreift schleunigst die Flucht und ist dadurch meistens gerettet. — Nur ausnahmsweise frisst die Glatte Natter auch einmal Mäuse (meist junge, noch unbehaarte Tiere), Spitzmäuse und wohl garkleinere Schlangen. FRANKE beobachtete sogar, wie eine im Terrarium gefangen ge- haltene nach einer zehnwöchentlichen Fastenzeit ihr vor- geworfene Regenwürmer verzehrte, während eine andere aus einer Wasserschüssel sich einen fingerlangen Weissfisch holte. Die Jungen ernähren sich gleichfalls nur von kleinen Eidechsen; LACHMANN erzählt, dass sie den jungen Ei- dechsen, wenn sie diese nicht überwältigen können, die Schwänze abreissen und diese dann verschlingen. Die Glatte Natter beginnt früher als die Ringelnatter ihren Winterschlaf und verlässt diesen auch später, etwa Coronella austriaca, Laur., Glatte Natter im April. Im Mai, unter günstigen Verhältnissen auch einmal schon Ende April, vereinigen sich die Schlangen zur Paarung, das Männchen ist dabei recht eifersüchtig, biss- und streitlustig. Nach mehreren Monaten, frühestens Ende August, meist aber erst im September oder gar im Oktober erfolgt die Geburt der im Mutterleibe bereits entwickelten Jungen. Sie liegen zusammengerollt in einer dünnhäutigen Hülle, die sie aber sofort mit dem Kopf durchbrechen. Ist das Wetter günstig, so gehen sie nach der Geburt noch ihrer Nahrung nach, ist es aber unfreundlich, so suchen sie bald darauf eine geeig- nete Winterherberge auf. u Es ist früher schon einmal davon gesprochen worden, dass Glatte Natter und Kreuzotter sich in ihrem Vor- Sr fe kommen gegenseitig ausschliessen. Ich bemerkte dabei aber gleich, dass dieses nicht mit wiederkehrender Regel- mässigkeit der Fall ist und dass schr oft Ausnahmen von dieser Regel, wenn man sie überhaupt eine solche nennen darf, sich beobachten lassen. Dass man beide Schlangen nicht immer an den gleichen Orten antrifft, liegt meistens darin begründet, dass die Kreuzotter zu ihren Standorten gern moorige Lokalitäten, Brüche und dergl. mehr bevorzugt, während die Glatte Natter da- gegen eine ausgesprochene Feindin solcher ist. Vielfach hört man die gegenseitige Ausschliessung auch noch damit begründen, dass die junge Kreuzotter von der jungen Bergeidechse lebe, die Glatte Natter aber den Zaun- eidechsen den Vorzug gebe, beide Eidechsen aber nie zusammen vorkommen. Diese Erklärung aber ist unrichtig. Wenn Wald- und Zauneidechse sich vielfach auch aus- schliessen — es ist dies in dem verschiedenen Charakter der von ihnen bevorzugten Lokalitäten begründet und mag ferner auch eine Ursache mit in dem Umstande haben, dass die Zauneidechse gern den Jungen der Waldeidechse nachstellt —, so kommen doch auch hier Ausnahmen vor. Dann aber lebt die junge Kreuzotter, wie vielfach behauptet wird, nicht ausschliesslich von den Jungen der Bergeidechse — ich habe die letztere an Kreuzotterplätzen oft vergeblich gesucht -——, während die Glatte Natter gerade mit ganz besonderer Vorliebe auch an die Bergeidechsen herangeht. Immerhin wäre es wohl wert, in dieser Frage noch weitere Beobachtungen anzustellen. > Die überaus artenreiche, in Europa allein durch segen 40 Arten vertretene Ordnung der Echsen, Sauria, umfasst Tiere von gestrecktem, meist langgeschwänztem und mit Schuppen bedecktem Körper, der entweder mehr oder weniger wohlausgebildete Gliedmassen oder nur a A Andeutungen solcher besitzt oder auch ganz fusslos ist. Sie bildet den Übergang von den langgestreckten Schlangen zu den breiten Schildkröten, wennschon ihre Vertreter den ersteren näherstehen und ihnen namentlich in den gliederlosen Arten zum verwechseln ähnlich sind. Die Füsse der deutschen begliederten Arten besitzen stets fünf mit Krallen versehene Zehen (und weichen da- durch von einigen ausländischen Arten ab). Der Kopf ist bei einigen Arten (den Schleichen) dem Rumpf ohne jede Spur einer halsartigen Verengung angegliedert, bei anderen, den eigentlichen Eidechsen, durch einen kurzen Hals und eine querlaufende Kehlfurche vom übrigen Körper abgesetzt. Die Augen sind mit einem oberen und einem unteren Lid versehen und besitzen zudem meistens noch eine sogenannte Nickhaut. Äussere Ohren fehlen den Eidechsen ganz, die Ohröffnungen werden durch das äusserlich aufliegende Trommelfell überkleidet. Die Nasenlöcher liegen seitlich im vorderen Teil des Kopfes; das Maul ist zwar weit gespalten, aber nicht erweiterungs- fähig wie bei den Schlangen. Die Zunge ist bandartig, an ihrem vorderen Ende zweiteilig und lässt sich mehr oder weniger weit vorstrecken. Sie bildet nach ihrer Vorstreckbarkeit, Länge, Dicke, Spaltung usw. ein wich- tiges Unterscheidungsmerkmal der einzelnen Gattungen. Die Haut der Echsen besteht wie bei den Schlangen aus der Unter- und Oberhaut und verhornt und ver- diekt sich wie dort zu Schuppen und Schildern. Die Schilder des Kopfes namentlich sind oft von wesent- licher Bedeutung für die Unterscheidung der einzelnen Arten, leider aber gestattet mir der verfügbare Raum kein näheres Eingehen darauf. Die Oberhaut wird wie jene der Schlangen gleichfalls von Zeit zu Zeit ab- gestossen: die Echsen häuten sich. Nur vollzieht sich dieser Vorgang hier nicht in der Weise, dass die Haut umgestülpt und im ganzen abgestreift wird, sondern sie EB Na löst sich vielmehr in einzelnen Stücken und Fetzen los. Die Häutung beginnt am Kopfe um die Kiefer; die Tiere reiben zur Beschleunigung dieses Prozesses gleich den Schlangen dabei Kopf und Maul an rauhen Gegenständen. Das eigentliche Abstreifen unterstützen sie dadurch, dass sie zwischen Gras und Gestrüpp, unter Wurzelwerk, zwischen Steinen usw. umherkriechen, oder — wie die Wühlechsen — sich in Sand und Erde einbohren. Andere, bei uns nicht vertretene Arten, ziehen die Hautfetzen auch mit Maul und Füssen ab und fressen sie wohl gar auf. Die Häutung der Echsen erfolgt im Jahre zuerst nach Beendigung der Winterruhe und wiederholt sich danach noch mehrere Male. Überaus charakteristisch für die Echsen ist, dass ihr Schwanz sehr leicht abbrechen, der abgebrochene Schwanz aber wieder nachwachsen kann, oder aber dass die Bruchstelle verhornt. Ja, es kommt sogar vor, dass, wenn der Schwanz nur eingebrochen ist, an der Bruchstelle ein zweiter Schwanz hervor- wächst. Die Färbung und Zeichnung der Echsen ist oft eine recht prächtige, bunte, vielfach aber auch eintönige, düstere und den Aufenthaltsorten täuschend angepasste, eine ausgeprägte Schutzfärbung. Im Frühjahr, zur Zeit der Paarung, sind die Farben namentlich bei den Männchen besonders leuchtende und überaus glänzende: die Tiere tragen ihr Hochzeitskleid. Nur schade, dass sie nach der Minne rasch wieder verblassen. — Die jüngeren Stücke unterscheiden sich recht oft und zwar in der Regel in viel auffallenderer Weise als wie das auch bei den Schlangen der Fall ist, von den älteren Individuen durch andere Färbung und Zeichnung. Die Echsen sind sehr wärmebedürftig und meist echte Sonnenkinder. Darum finden wir ja auch den grössten Artenreichtum in südlicheren, wärmeren Gegen- den. Zu ihren Aufenthaltsorten wählen sie meistens auch sonnige Örtlichkeiten; in lichten Wäldern, auf Wiesen und Feldern, bebuschten Rainen, an felsigen Hängen, auf bewachsenen, steinigen Halden und in alten Steinbrüchen, an Ruinen und verfallenen Gemäuern u. v. a. m. wird man sie fast immer antreffen. Daselbst vor- handene Mäuse- und andere Löcher, Erdhöhlen, Steinhaufen, Felsenrisse, hohle Bäume, Astlöcher usw. liefern ihnen die Verstecke und Schlupfwinkel. — In ihren Bewegungen sind sie meistens recht flink; einige wenige nur (so bei uns die Blindschleiche) kriechen träge und langsam dahin. Die Eidechsen sind alle ausgesprochene Raubtiere, aber bei uns durchgehends nützlich. Denn die Nahrung der deutschen Arten besteht meistens aus allerhand In- sekten und deren Larven, Würmern, Schnecken u. ähnl. mehr. Daneben fallen sie wohl oft auch. einmal über junge Tiere der eigenen Gattung und — wie die Sma- ragdeidechse — über kleinere Vögel, Mäuse u. dergl. her. In der Gefangenschaft nehmen einige auch gern vegetabilische Kost: süsse, fleischig-saftige Früchte an. Die Echsen trinken sämtlich, begnügen sich dabei aber meistens mit Regen- und Tautropfen. Die Fortpflanzung geschieht durch Eier, die ent- weder einer Nachreife bedürfen oder sich auch im Mutterleibe entwickeln können. Nicht immer verläuft die Paarungszeit friedlich, die Männchen der Eidechsen bekriegen sich dabei oft heftig und nicht selten endet der Kampf für das eine oder beide Tiere mit dem Ver- lust des Schwanzes. Ich traf einst zwei Männchen der Zauneidechse an, die beide den Schwanz verloren hatten und stark blutend und gegenseitig verbissen sich am Boden wälzten. Leider hatte ich damals keine Zeit, den etwa 5 Minuten lang beobachteten Kampf bis zu Ende zu verfolgen und trennte daher die Streitenden voneinander. — Die Eier werden an ähnliche Örtlichkeiten abgelegt wie bei den Schlangen, vielfach auch vergraben. a Obwohl die Echsen ziemlich zählebig sind, über- stehen sie doch Nahrungsmangel, Verwundungen — diese etwa mit Ausnahme des schon erwähnten Verlustes des Schwanzes — in weit geringerem Masse als wie die Schlangen. Auch gegen niedere Temperaturen sind sie meistens weit empfindlicher als wie diese und suchen daher in der Regel frühzeitiger als die Schlangen Winter- quartiere zum Überdauern der kalten Jahreszeit auf. Zahlreich sind die Feinde der Echsen; manchem Säuger, manchem Vogel sind sie eine willkommene Beute und für einige Schlangen bilden sie fast die aus- schliessliche Nahrung. Auch der Mensch, der auf sein Herrschertum über die Kreaturen eingebildete, verfolgt sie oft. Ich habe es vielfach gesehen, wie namentlich Leute aus den niederen Volksschichten sie töteten, weil sie „giftig“ sind — eine Ansicht, die wir mit allen Waffen bekämpfen müssen, wo wir ihr begegnen —; ich habe es manchesmal aber auch beobachtet, wie Andere die Tiere aus blossem Mutwillen töteten; und das waren fast immer die gebildeteren! Die Echsen, namentlich die unserer deutschen Gaue, verdienen unseren Schutz in weit- sehendstem Masse; sie sind durch das Wegfangen schäd- licher Tiere überaus nützlich und tragen, wir wollen nicht immer allein den materialistischen Standpunkt, ohne den aber der „ideal veranlagte“ Deutsche nun einmal nicht mehr auskommt, betonen und in den Vorder- grund stellen, auch ungemein viel zur Schönheit, zur Belebung eines Ortes bei. Wer die so flinken Tierchen in ihren oft so schönen, smaragdenen, farbengleissenden Panzerkleid nur einmal während eines schönen Frühlings- tages auf einer sonnenbeglänzten Lichtung gesehen hat, der wird es auch empfinden, welchen Schmuck, welche Zier sie da bilden. Und sollten wir dann nicht auch ein wenig Liebe für sie erübrigen können? Ich denke, ja! u RR A Die Echsen umfassen 2 Unterordnungen, die Kurz- züngler, Drevilingua, und die Spaltzüngler, Fissilingua. Die erstere ist durch die Familie der Wühlschleichen, Scincoidae, mit einer Gattung, die der Schlangen- schleichen, Angus, letztere durch die Familie der Echten Eidechsen, Lacertidae, mit gleichfalls nur einer Gattung, der der Eidechsen, Lacerta, vertreten. Die Schlangenschleichen umfassen bei uns nur eine Art, die Gattung der Eidechse dagegen zählt deren vier. IR Die Wühlschleichen, Seincoidae, sind schlangen- ähnliche Tiere, deren Gliedmassen entweder kurz oder gar stummelartig ausgebildet oder auch nur angedeutet, vielfach sogar — wie bei der einzigen deutschen Art, der Blindschleiche — äusserlich überhaupt nicht zu er- kennen sind. Der Kopf ist vom Rumpfe fast gar nicht abgesetzt und geht meist ohne jede Verengung in den- selben über, der Schwanz läuft allmählich aus den letz- teren heraus und ist stets sehr lang, oft auch um ein er- hebliches länger als der Körper selbst; ein wesentlicher Unterschied gegenüber den ähnlichen Schlangen. Die Augen haben längsgespaltene Lider, die Ohröffnungen sind entweder sichtbar oder fehlen ganz, die flache Zunge ist kurz, wenig vorstreckbar und an der Spitze schwach ausgerandet. Der Körper sowie der Schwanz sind ober- und unterseits mit grossen, glatten und glänzenden, fest- anliegenden Schuppen bedeckt, die auf Knochen- oder Kalktäfelchen sitzen. Letztere sind aus einer teilweisen Verkalkung der Unter- oder Lederhaut hervorgegangen. I Die Wühlschleichen sind durch die Gattung der Schlangenschleichen mit nur einer Art, der Blind- schleiche, Anguis fragilis L., in Deutschland vertreten. u BB 1; Die Blindschleiche — wem wäre sie wohl un- bekannt? — ist eine der verbreitetsten Echsen und findet sich als solche nicht nur in ganz Europa, sondern auch in einem Teil von Afrika und Asien. Sie geht im Norden bis nach Skandinavien (65. bis 66° n. Br.) hinauf und kommt in Nordafrika in Algier, in Westasien in Palästina, Persien usw. vor. In Deutschland gibt es wohl kaum eine Gegend, in der sie nicht zu Hause wäre, sie geht hier sowohl in die Gebirge hinauf, bewohnt Hochebenen und Hügellandschaften und wird auch im Tieflande gleich häufig angetroffen. In den Gebirgen findet man sie bis zu etwa 1000 m Höhe. Sie stellt keine besonders hohen Anforderungen an ihre Aufenthaltsorte, nur müssen ihr Erdlöcher, Steine, Felsrisse, Wurzelwerk, Gras und Gebüsch einen Unterschlupf gewähren können. Selbst Gärten sucht sie nicht ungern auf. Bloss kahle, öde Plätze oder allzu trockene Örtlichkeiten meidet sie. Feuchtwarme Luft, mässig feuchte Wohnplätze und ge- eignete Verstecke sind ihr Lebensbedingung. Die Körperlänge der Blindschleiche beträgt 32—40, wohl auch ausnahmsweise 45 cm, etwa die Hälfte ent- fällt dabei auf den Schwanz. Färbung und. Zeichnung sind grossen Veränderungen unterworfen und nur selten findet man zwei Tiere, die sich darin völlig glichen. Im allgemeinen erscheint die Oberseite braun in bald helleren, bald dunkleren Abtönungen, die Unterseite bleigrau bis schwarz. Indessen kann die erstere auch graue. Töne in allen Nuancen von hell bis dunkel, isabellfarbene, bronzene und kupferne, schwärzliche bis schwarze u.a. m. annehmen. In der Regel herrschen beim Männchen hellere, beim Weibchen dunklere Farben vor. Die Seiten sind meistens dunkler abgetönt und beim Weib- chen nach dem Rücken zu schärfer begrenzt als wie beim Männchen. Längs der Rückenmitte zieht sich oft ein dunkler Längsstreifen hin, der sich leicht in zwei Anguis fragilis, L., Blindschleiche oder noch mehr auflösen kann (var. vittata) oder es treten an den Seiten Längsreihen häufig zusammenfliessender schwarzer Punkte auf (var. punctata). Die Oberseite kann ferner schwarz gestrichelt oder gesprenkelt erscheinen (var. striolata) oder mit weissen, meist schwarz eingefassten Tüpfelchen gezeichnet sein (var. ocellata) oder auch un- regelmässig zerstreute, bisweilen auf dem Rückgrat zu einen Längsstreifen zusammenfliessende himmel- bis korn- blumenblaue millimetergrosse Punkte aufweisen (var. coeruleo-maculata). Dann kann auch die Unterseite auf gelblichem oder grauem Grunde mit schwarzen in 3 oder 4 Längsreihen stehenden schwarzen Tüpfelchen gezeichnet sein (var. ventri-maculata) oder die mittleren Längsreihen der Bauchschuppen rein blau, die drei seitlich davonstehenden blau und rosa marmoriert erscheinen (var. coeruleo-ventris). Schliesslich kann auch die Gesamtfärbung in einen schwarzbraunen oder tiefschwarzen Ton übergehen (var. nigra). — | Zimmermann: Naturleben. I. Bd. T Die Blindschleiche meidet meistens die direkten, heissen Sonnenstrahlen und hält sich tagsüber daher gern im Schatten überhängenden Gezweiges auf. Sie liegt dabei unbeweglich, wie leblos da und entgeht, zumal ihre Farbe ganz dem Erdboden angepasst ist, einem un- geübten Auge fast immer. Oft schaut sie auch nur mit dem Kopfe aus irgend einem Loche hervor. Es ist dann schwer, sie zu fangen. Denn wenn es auch glückte, den Kopf zu erfassen, so stemmt sie sich doch kraftvoll mit dem übrigen Körper gegen die Höhlenwände und lässt sich lieber in Stücke zerreissen, als dass sie nach- gibt. Diese Kraft bekundet das Tier auch unter anderen Verhältnissen. „Glückt es der Schleiche,“ so schreibt DÜRIGEN, „wenn sie von einer Glattnatter erfasst worden ist, mit dem Schwanzende sich an einem Pflanzen- stengel oder dergl. festzuhalten, so zwingt sie oft ihre Todfeindin, stundenlang sich mit ihr abzumühen; nimmt man eine Blindschleiche in die Hand, so schlingt sich dieselbe gern um die Finger und drückt dieselben mit einer Kraft zusammen, die man an dem so unbeholfenen Geschöpf gar nicht erwartet hätte; haben sich mehrere Exemplare ineinander verschlungen, so kostet es viele Mühe, eines derselben herauszulösen, und selbst dann, wenn man eines bis auf die Schwanzspitze frei gemacht hat, hält es mit der letzteren den ganzen Knäuel noch so fest, dass man an ihr die ganze Gesellschaft in die Höhe zu heben vermag.“ Das gegenseitige Um- und Inein- anderschlingen ist überhaupt eine bei den Blindschleichen recht häufig zu beobachtende Erscheinung. Unsere Blindschleiche stellt in der Natur vor allem glatten Raupen, Würmern und Nacktschnecken nach und wird dadurch zu einem besonders für Gartenbesitzer und Landwirte recht nützlichem Geschöpf. Ein Beutetier be- schleicht sie in der ihr gewohnten langsamen Weise, beschaut es sich ruhig und bedächtig, sperrt dann lang- Anguis fragilis, L., Blindschleiche kriechend sam den Rachen auf, um es behäbig zu erfassen und fest gegen den Boden zu drücken. Ist das anfangs meist lebhaft zappelnde und sich todesängstig windende Tier endlich matter und infolgedessen auch ruhiger geworden, so verzehrt die Schleiche es mit derselben Gemächlichkeit, mit der sie es erfasst hat und wischt sich nach beendeter Mahl- zeit nach Art der Echsen an Moos oder am Boden fein säuberlich das Maul ab. Das Erfassen und Verzehren der Beute nimmt immer viel Zeit in Anspruch, es dauert oft 10, ja sogar bis 20 Minuten. „Haben zwei Schleichen denselben Wurm zu gleicher Zeit gepackt,“ erzählt uns der wiederholt zitierte DÜRIGEN, „so kann man nicht selten beobachten, dass sie sich mit ziemlicher Schnellig- keit um ihre eigene Achse drehen und wälzen und dass diese Bewegung von beiden Tieren auch wohl nach ent- gegengesetzter Richtung ausgeführt wird. Offenbar be- zwecken sie damit nur, die Beute zu teilen oder sich gegenseitig zu entreissen, denn jede sucht nach ge- schehener Trennung ihr Stück schleunigst unterm Moosusw. vor den Augen der anderen zu bergen. In entsprechender Tr — 10 — Weise verfährt manche Schleiche auch, wenn der erfasste Wurm am anderen Ende von einer Eidechse ergriffen wird.“ Im Oktober oder auch noch später zieht sich die Blindschleiche zum Winterschlaf zurück. Sie wühlt sich dazu selbst röhrenförmige Erdhöhlen, deren Eingangs- löcher sie von innen mit Gras und Erde verstopft. Wohl immer zu mehreren vereinigt, zusammengerollt und mit. einander verschlungen überdauern die Schleichen in solchen Höhlen den Winter. Im März oder, je nach dem Wetter, auch im April verlassen sie ihre Winter- quartiere und verschreiten im Mai zur Paarung. Das Männchen packt dabei das Weibchen am Kopfe oder am Vorderkörper fest an und biegt seinen Rumpf halb- kreisförmig zu dem Weibchen. In dieser Lage verharren die Tiere mehrere Stunden. Etwa nach 12 Wochen erfolgt die Geburt der 5 bis höchstens 12 Jungen. Die Entwicklung derselben geschieht im Mutterleibe, die häutige Hülle, in der sie eingeschlossen sind, durchbrechen sie sofort bei der Geburt. Die eben ausgeschlüpften Jungen, deren Grösse 8—9 cm beträgt, sind überaus schön ge- färbt: die Oberseite ist glänzend silbergrau, hell isabell- oder perlfarben, längs des Rückgrates mit einer schwarzen Linie gezeichnet und hebt sich scharf ab von dem tiefen Schwarz der Unter- und Körperseiten. 3 Die Unterordnung .der Spaltzüngler, Fissilingua, umfasst in Deutschland die Familie der Echten Ei- dechsen, Lacertidae, mit der Gattung Eidechse, Zacerta. u Die Eidechsen sind zierliche, in ihren Bewegungen flinke und gewandte Tiere von gestrecktem Körperbau. Rücken und Seiten des Rumpfes sind beschuppt, während der Kopf und Bauch Schilder tragen. Der letztere ist — 11 — immer durch eine dünnere Halspartie und eine quer- laufende Kehlfurche deutlich vom Rumpf abgesetzt; er ist mittelgross, oben abgeplattet und an den Seiten steil ab- fallend, verschmälert sich nach vorn und erscheint mehr oder weniger zugespitzt (ähnelt also etwa einer vierseitigen Pyramide). Das Trommelfell liegt in der länglichrunden Ohröffnung offen zutage. Die wohlausgebildeten Augen besitzen längsgespaltene Lider. Die Zunge ist lang, dünn und vorn zweispaltig, leicht beweglich und lässt sich weit vorstrecken. Die gutausgebildeten vier Beine besitzen je fünf, mit gekrümmten Krallen versehene Zehen von ungleicher Länge. Der Schwanz verläuft allmählich in eine feine Spitze und ist von gleicher oder grösserer Länge als wie der Rumpf. — Die Sinne der Eidechsen sind verhältnismässig gute und weit besser ausgebildet, als bei den Tieren der verwandten Ord- nungen der Schlangen und Schildkröten. Auch in bezug auf ihre geistigen Fähigkeiten stehen sie über diesen. Sie lassen unschwer eine gewisse Klugkeit erkennen, mit der sich oft eine grosse Neugier paart. An ihren Pfleger in der Gefangenschaft gewöhnen sie sich rasch und lernen ihn gut kennen und auch im Freien werden sie dem Menschen gegenüber oft recht zu- traulich (Mauereidechse), um aber bei Verfolgungen und Nachstellungen sofort ein scheues und vorsichtiges Wesen anzunehmen. 22 Die Eidechsen sind in unserem Vaterlande durch vier Arten, nämlich die Smaragdeidechse, Lacerta viridis (Laur.), die Zauneidechse, Lacerta agilis, Wolf, die Bergeidechse, Lacerta vivipara, Jaquin, und die Mauereidechse, Lacerta muralis (Laur.), vertreten. 3 Die Smaragdeidechse, Lacerta viridis (Laur.), ist die grösste ihrer Sippe in Deutschland und erreicht — 12 — bei uns eine Länge von 30 bis 40 cm. Nur in- ihrer ursprünglichen Heimat, dem sonnigen Süden, aus dem sie zu uns auf dem Wege der Einwanderung gekommen ist, mag sie bis 60 cm und wohl auch einmal darüber lang werden. Sie ist, wie eben schon angedeutet, ein Tier Süd- und Südosteuropas und bewohnt ausserdem noch Vorder- asien bis zum Süden des Kaspischen Meeres. In Deutsch- land ist sie selten, und hier nur bei Passau beobachtet und weiter mit Sicherheit noch am Ober- und Mittel- rhein, im unteren Nahetal, im mittleren Moseltal um Trier, bei Oderberg [und an einigen anderen Orten in der Mark Brandenburg, Pommern, des nördlichen Posens und in der südlichen Spitze der Provinz Westpreussen nachgewiesen worden. Die Smaragdeidechse ist ein kräftig gebautes Tier mit walzigem, in der Mitte etwas verdicktem Rumpf und erscheint durch den in eine dünne Spitze auslaufenden, das Doppelte der Körperlänge erreichenden Schwanz schlanker als wie sie es tatsächlich ist. Der Kopf ist etwa anderthalbmal so lang als breit, breiter als hoch und erscheint daher dreieckig zugespitzt, er ist beim Männ- chen etwas länger und stärker, beim Weibchen kürzer und feiner gebaut. Die Hinterbeine messen drei bis vier Fünftel der Rumpflänge und reichen, nach vorn gelegt, mit der Kralle der längsten Zehe beim Männchen bis an die Achseln oder darüber hinaus, beim Weibchen jedoch nicht bis an diese heran. Die Färbung und Zeichnung ändert nach Alter, [Geschlecht und Standort sehr ab. Die Grundfarbe der Oberseite besteht beim Männchen in einem Grün, beim Weibchen dagegen in einem Grün- oder Graubraun und geht unterseits in einen weisslichen, weissgelben und grüngelben Ton über. Die Kehle erscheint, besonders beim Männchen, oft in einem schönen Blau. Die Oberseite ist, vorzugsweise — 18 — bei jüngeren oder weiblichen Tieren, ausserdem noch mit dunklen Punkten und Flecken, sowie helleren Streifen, beim Männchen oft mit eingestreuten gelblichen und weissen oder auch dunkleren Pünktchen gezeichnet. Die Iris ist stets rötlichweiss gefärbt und das obere Augenlid mit einem dunklen Punkt gezeichnet, während die Krallen braun erscheinen. Die Jungen weichen stark von älteren Tieren ab; sie sind unmittelbar nach der Ge- burt oberseits einfarbig leder- oder graubraun, unterseits schmutzigweiss gefärbt und lassen erst nach der ersten Häutung schwache Andeutungen einerZeichnung erkennen, die auffallender aber erst im folgenden Frühjahr hervortritt. Wie bei den früher geschilderten Kriechtieren be- reits, so kennt man auch von der Smaragdeidechse zahl- reiche Unterarten. Wir nennen hier zunächst die bei Kreuznach gefundene, in Südeuropa häufige Varietät concolor, bei der das Männchen in einem lebhaften Grün erscheint, das nur unterbrochen wird durch braune und grüngraue Tüpfelchen am Kopf und dem braunen Schwanzende, während das Weibchen an der Oberseite hellsrün gefärbt ist oder eine grünbraune beiderseits durch weissliche Längsbinden eingefasste Rückenmitte besitzt. Die Kehle ist in der Regel gelb. Die Varietät punctata kennzeichnet sich dadurch, dass das Männchen auf grüner oder hellgrüner Oberseite mit zahlreichen schwarzen, schwarzbraunen oder olivenbraunen Tüpfel- “chen und Punkten gezeichnet ist, die oft so zahlreich vorhanden sind, dass dadurch die Grundfarbe zurück- gedrängt erscheint. Die Kehle strahlt meistens in leuchtend- stem Blau. Das Weibchen ist entweder auf hellgrünem Grunde schwarz getüpfelt oder daneben auch noch mit zwei oder vier weisslichen bis gelblichen von dunklen Flecken begleiteten Längsstreifen gezeichnet. Bei einer dritten Varietät maculata endlich vereinigen sich beim Männchen die dunklen Tüpfelchen zu grösseren Flecken — 104 — von braunschwarzer bis tiefschwarzer Farbe. Oft sind diese Flecken zu Längsreihen angeordnet. Das Weib- chen ist entweder mit gleichen Flecken oder ausserdem noch mit 2 gelben Binden längs des Rückgrates ge- zeichnet. Weitere Varietäten gehören ausschliesslich dem Süden bzw. dem Osten an, weshalb ich sie hier übergehe. Die Smaragdeidechse wählt zu ihren Standorten nur sonnige, warme Lokalitäten und meidet dunkle Wälder, schattige Täler und Schluchten, Moore, feuchte Gründe, zugige und kalte Plateaus. Felsige Hänge und Halden, Berglehnen, Waldlichtungen und -Ränder, alte Mauern und ähnliches mehr bilden ihre bevorzugten Wohnstätten, Bedingung dabei ist aber stets, dass Pflanzenwuchs vorhanden ist. Denn die Eidechse liebt es ungemein, auf Buschwerk, hohe Grasbüschel, Bäum- chen und ähnliches mehr zu steigen, um sich hier zu sonnen. Sie ist ein überaus scheues Tier und ergreift bei nahender Gefahr immer die Flucht, sich vor ihren Verfolgern in dichtem Gebüsch und Baumkronen ver- bergend oder in ihren Schlupfwinkeln: Erdhöhlen, Stein- und Mauerlöchern, unter Wurzelwerk usw. Sicherheit suchend. Überrascht und beunruhigt man sie auf einem Baume, so wagt sie oft grosse Sprünge und sucht dann am Boden ihr Heil in der Flucht. Bei ihrem scheuen Wesen und ihrer grossen Vorsicht, zu denen sich noch ihre Gewandtheit gesellt, ist es nicht immer leicht, ihrer habhaft zu werden. Nur in den frühen Morgen- stunden, wenn die Sonnenstrahlen sie noch nicht durch- wärmt haben, „bleibt sie, wie an allen Gliedern durch die Kälte der Nacht gelähmt, ruhig sitzen und strengt sich vergeblich an, der Gefangenschaft durch eine schnelle Flucht zu entgehen, da ihr die Glieder den Dienst versagen“ (MILDE). So scheu wie sie ist, so tapfer benimmt sie sich aber auch, wenn sie einmal in — 1 — die Enge getrieben ist. Durch kräftige Bisse erwehrt sie sich ihrer Verfolger, vielfach mit recht gutem Erfolg. „Mit den geschworenen Feinden der kleinen Eidechsen, der Schling- und der Aeskulap-Natter,“ schreibt DÜRIGEN, „leben die kraftbewussten, grossen Exemplare unseres Grüneders auf ständigem Kriegsfuss; denn sie suchen nicht nur den Nachstellungen der Schlangen entgegen- zutreten, sondern gehen unter Umständen selbst zum Angriff vor, und die Schlingnatter, die dies erfahren, wird sich nur dann an die viridis wagen, wenn sie schwächere Verwandte derselben zur Stillung ihres Hungers nicht mehr antriff. Am Mittag des 7. Juli 1880 fand ich eine 50 cm lange Glattnatter, welche mit einer grossen Smaragdeidechse den Aufenthalt teilte, tot vor, sie lag in drei Windungen da; die Eidechse mochte von der Schlange angegriffen und umschlungen worden sein, die erstere aber hatte diese, wie die Wunde erwies, am Halse gepackt und ihr die Kehlgegend dermassen zu- geschnürt, dass die Natter — welche während des Kampfes auch, wie die auf dem Moos und auf der Haut ihrer Gegnerin bemerkbaren roten Flecken bekundeten, viel geblutet hatte — ersticken musste, wogegen dem Grüneder keinerlei Unbill erwuchs. Selbst einer Aeskulap- natter gegenüber, welche fast die dreifache Länge jener Schlingnatter (an 150 cm) hatte, zeigte sich die 38 cm lange viridis furchtlos und wehrhaft. Als ich nämlich in ein Terrarium, in welches die Smaragdeidechse nebst verschiedenen kleinen Genossen und Verwandten über- gesiedelt war, die Aeskulapnatter brachte, geriet die kleine Gesellschaft in hellen Aufruhr, um sich aber schleunigst aus dem Staube zu machen; nur der Grünz räumte der Natter nicht das Feld, nahm vielmehr, den Vorderkörper hoch aufgerichtet und zuweilen erregt mit den Vorder- füssen trippelnd, Gefechtsstellung ein, packte den Feind, als derselbe sich langsam heranschlängelte, ungestüm am — 106 — Halse und biss sich hier, wie er es bei der Glattnatter getan, krampfhaft fest; indes war die Eideehse diesmal dem ‚Gegner nicht gewachsen, denn mit einer energischen Seitenbewegung schüttelte dieser den Grünrock ab, so dass dieser nun verdutzt das Weite suchte.“ Ein auf- fälligeres Vorkommnis erzählt der Tiroler Faunist GREDLER: „Eine Aeskulapnatter, seit langem schon mit einer viridis in bestem Einvernehmen lebend und im übrigen ebenfalls ganz gutartig, war plötzlich nach der Hand des Pflegers geschossen, aber in demselben Augen- blick hatte auch die Eidechse sich mit höchster Erbitte- rung in den Nacken der Natter gebissen und schlug sich längere Zeit mitihrherum, bis siewiederlosliess.“ Aber auch gegenseitig befehden sich die Smaragdeidechsen oft aufs heftigeste, KNAUER schildert uns in anregendster Weise einen solchen Zweikampf. „Einst war ich in der Um- sebung Wiens an einer Stelle,“ so erzählt er, „auf der ich schon wiederholt Gottesanbeterinnen erbeutet hatte, auf der Suche nach diesen grünen Insekten, die sich dem Blicke so gut zu entziehen wissen. Da lässt mich ein derbes Rascheln weiterhin nach dem Gebüsche blicken und ich sehe zwei Männchen der grünen Eidechse mit prächtig blauer Kehle miteinander im Kampfe. Solch regelrechten, anhaltenden Kampf nach der Fortpflanzungs- zeit, es war im August, hatte ich an freilebenden Tieren noch nicht gesehen. Mit dem Vorderkörper hoch auf- gerichtet, standen sie sich, mit einem Grimm, der sie ihre Umgebung ganz vergessen liess, einander gegenüber und stürzten dann mit geöffnetem Munde auf einander los. Jeder suchte den anderen durch rasche Bogen- wendungen zu überrumpeln und ihn seinerseits von rückwärts anzugreifen. Dass sie bei solchen Kämpfen sich gegenseitig in den Schwanz kneipen, diesen auch abbeissen, hatte ich oft gesehen, nicht aber wie hier, dass der eine den Hinterkopf des anderen mit seinen — 17 — Kiefern umspannte und mit aller Gewalt zusammen- presste. Sowie einer den anderen losliess, standen sie sich schon wieder wütend gegenüber. Einer war er- sichtlich der stärkere; die Art, wie er seinen Gegner betrachtete, wie er seinen Kopf zum Ausholen nach rechts oder links zurückbog und den Hals aufblähte, um dann mit allem Kraftaufwand von neuem über seinen Gegner herzufallen, liess unwillkürlich den Vergleich mit einem kämpfenden Stier aufkommen. Über eine halbe Stunde mochte in diesem heftigen Ringen vergangen sein, ohne dass es dem stärkeren gelungen wäre, seinen schwächeren Gegner ganz aus dem .Felde zu schlagen, Da fiel plötzlich eine Heuschrecke schnarrend auf dem Felde ein und sofort stürzte das stärkere Männchen über diese her, während sein Gegner die vielleicht will- kommene Gelegenheit benutzte, sich davon zu machen.“ Die Nahrung der Smaragdeidechse besteht in aller- hand Insekten (Heuschrecken, Grillen, Käfern usw.), in Würmern, Schnecken u. ähnl, mehr. Gelegentlich mag sie auch einmal über ein junges Tier der eigenen Ver- wandtschaft herfallen, wie sie auch kleinere Mäuse, junge Ratten oder gar einen Vogel nicht verschmäht. Ihren Winterschlaf beginnt sie bei uns frühzeitig; bereits Ende September oder im Oktober zieht sie sich in ihre Herbergen zurück und verlässt diese wohl kaum vor dem April. Nur in südlicheren, wärmeren Gegenden trifft man sie noch bis zum November und vor April wieder im Freien an. Die Paarungszeit ist unter diesen Umständen auch verschieden, in Deutschland findet sie kaum vor Mai statt und zieht sich oft bis in den Juni hinein, das Männchen prangt dann in seinem farben- prächtigsten, hochzeitlichen Kleide. Die Ablage der 5 bis 13, auffallend länglichen Eier geschieht in der Regel im Juli, kann aber auch erst im August erfolgen. Die Jungen, die etwa 8—9 cm messen, verlassen frühestens — 108 — im Juli, oft aber auch erst im September die Eihülle und unterscheiden sich, wie wir früher schon gesehen - haben, in Farbe und Zeichnung zunächst sehr auffallend von ihren Eltern. 1 Die Zauneidechse, Lacerta agihis Wolf, ist nach der Smaragdeidechse die grösste unserer Eidechsen, erreicht an Körperlänge aber nur die knappe Hälfte von dieser. Denn sie wird bei uns bis zu 20 cm lang und kommt nur bei einigen südeuropäischen Formen höchstens an 27 cm heran. Ihr Körper ist kräftig gebaut und im Verhältnis zu allen ihren deutschen Verwandten auch am plumpesten. Der Rumpf verdickt sich vom Halse an allmählich nach hinten, der Kopf .ist hoch und hinter den Augen beiderseits etwas aufgetrieben, er verengt sich nach vorn schnell in die stumpf abgestutzte Schnauze. Die Beine sind kurz; die Vorderfüsse nach vorn gelegt, reichen nur bis an die Augen, die Hinterfüsse ein wenig bis über die Mitte des Rumpfes hinaus. Der Schwanz, etwa anderthalbmal so lang wie der Körper, erscheint an der Wurzel rundlich viereckig und oberseits längs der Mitte etwas eingedrückt, er verläuft allmählich in eine mässig dünne Spitze. Über Färbung und Zeichnung gilt das schon für die Smaragdeidechse gesagte und auch auf die anderen Arten zutreffende: sie sind nach Alter, Geschlecht und Standort grossen Abänderungen unter- worfen. Im allgemeinen sind die Männchen auf dem Rücken braun in den mannigfaltigsten Abtönungen, an den Seiten grün und am Bauche grünlich, gelblichgrün oder bläulichweiss gefärbt, oberseits einfarbig oder dunkel punktiert und gefleckt, an den Seiten mit Augen- oder anderen dunklen, braunen bis schwarzen Flecken und Punkten gezeichnet. Zur Paarungszeit sind die Farben leuchtender, lebhafter, das Grün namentlich erscheint Lacerta agilis Wolf, Zauneidechse besonders glänzend und dehnt sich leicht über grössere Teile des Körpers aus. Die Weibchen sind auf dem Rücken und an den Seiten braun gefärbt — das Braun erscheint auch hier in den mannigfachsten Nuancierungen — und gewöhnlich mit mehreren Längsreihen grösserer Augenflecke gezeichnet, von denen eine auf dem Rücken, zwei an jeder Seite sich befinden. Die Augen sind goldglänzend, die Krallen braun. Die jungen Tiere sehen oberseits und seitlich braungrau bis dunkelgelbgrau aus und sind mit mehr oder weniger in Längsreihen an- geordneten weisslichen, schwarz umrandeten Augenflecken gezeichnet. Die Unterseite erscheint einfarbig weisslich mit Übergängen ins graue, grauliche und gelbliche. Auch von der Zauneidechse hat man einige in der Zeichnung besonders auffallend abändernde Formen be- sonders benannt. Die Varietät immaculata ist vollständig ungefleckt, die Varietät albolineata zeigt auf dem Rücken — 10 — einen oder auch drei weissliche Längsstreifen, die Varie- tät nigricans erscheint durch Überhandnehmen der dunklen Flecken dunkel gefärbt, die Varietät melanonota weist auf dem Rücken ein von weisslichgrauen Streifen ein- gesäumtes, tiefschwarzes Längsband auf, während bei der Varietät erythronota der ungezeichnete Rücken von schön rostbrauner Farbe ist. Die Zauneidechse bewohnt von Südschweden an ganz Mitteleuropa und ist in Deutschland mit der Berg- eidechse die verbreitetste ihrer Sippe. Sie fehlt keinem Lande, keiner Provinz und ist im Tieflande sowohl wie im Gebirge, in dem sie bis zu 1200 m hoch emporsteigt, zu Hause. Zu ihren Standorten wählt sie trockene und sonnige, mit Gras und Kraut bestandene oder bebuschte Lokalitäten, findet sich weiter in lichten Waldungen und Gehölzen ebenso wie auf Wiesen, Heideflächen und an Strassenrändern, an Berglehnen und in Steinbrüchen gleicherweise wie an allerhand altem Gemäuer. Nur Sümpfe und Moore, feuchte, hochgrasige Wiesen, finstere Wälder, dunkle Täler und kahle, hartgrundige Stellen meidet sie. An ihren Standorten gibt sie sich tagsüber eifrig der Jagd auf allerhand Insekten und Gewürm hin und fällt dabei auch grössere Exemplare dieser Tiere an, die sie dann durch Aufdrücken am Boden, auf einen Stein usw. zerkleinert und sich mundgerecht zubereitet. Sie ist, obwohl mitunter auch etwas neugierig, doch immer scheu und entzieht sich ihren Verfolgern durch rasches Flüchten in dichtes Pflanzenwerk, unter Wurzeln und Steine oder in ihre Verstecke. Die letzteren sucht sich die Zauneidechse in allerhand Erd- und Felsen- löchern, zwischen und unter Steinen, in Mäuselöchern, jaumlöchern u. ähnl. mehr. Ja, sie gräbt sich wohl auch selbst einmal eine röhrenförmige Höhle in den Boden. Sie klettert nicht schlecht, aber bei weitem nicht so gewandt wie ihre grosse, grüne Schwester und wohl Lacerta agilis, Wolf, Zauneidechse auch nur mehr ausnahmsweise. Ich habe sie im Freien hin und wieder auf niedrigen, dichtbeasteten Fichten- und Tannenbäumchen angetroffen, von wo aus sie ge- legentlich auch ein erreichbares Insekt anfällt. Nicht selten nimmt sie ihren Verfolgern gegenüber kampfes- lustig eine Verteidigungsstellung ein und versucht sie durch allerdings recht harmlose Bisse los zu werden. Ich traf einst ein altes, ausgewachsenes Männchen sich sonnend auf einer niedrigen, etwa 50 cm hohen Tanne an, das durchaus keine Neigung zur Flucht zeigte, viel- mehr mit hochgehobenem Vorderkörper mein Näher- treten abwartete und bei meinem Zugreifen zornig und ununterbrochen in meine Hand biss. Das Tier besass übrigens einen ganz ungewöhnlich bissigen Charakter und verteidigte sich noch nach Wochen im Terrarium auf die gleiche Weise. Anfangs, oder bei günstigem Wetter auch erst Mitte Oktober ziehen sich unsere Zauneidechsen in ihre = Winterquartiere zurück. Im Frühjahr erscheinen sie frühestens um Mitte März und verschreiten bald darauf zur Paarung. Es ist hochinteressant, die Tierchen dabei zu beobachten, und zu sehen, wie das hochzeitlich ge- schmückte Männchen um das Weibchen wirbt. Dass es dabei auch nicht immer ohne erbitterte Kämpfe der Männchen abgeht, sagte ich schon früher. Etwa acht Wochen nach erfolgter Begattung legt das Weibchen ihre 5 bis 14 rundlichen, schmutzigweiss gefärbten Eier ab. Es gräbt sich nicht selten dazu ein Loch, das es dann wieder mit Erde zuscharrt, oder verbirgt die Eier unter Moos, Laub, Steinen u. ähnl. mehr. Einmal war ich auch Zeuge, wie die Eier an der Hinderwand eines alten Gebäudes sogar völlig frei abgelegt wurden. Die Ent- wicklung der Jungen im Ei nimmt ungefähr die gleiche Zeit in Anspruch, wie die der Eier im Mutterleibe. In der Zeit von Ende August bis in den September hinein durchbrechen die Jungen, die bei ihrer Geburt etwa 5 cm messen, die Eihüllen. u Die Bergeidechse, Lacerta vivipara, Jaquwn, ist die kleinste der deutschen Lacertiden und erreicht eine Länge von 12 bis höchstens 16 em. Und wie die kleinste, ist sie auch die am schlankesten gebaute. Der Körper ist schmal und schmächtig, fast vierkantig; der Kopf um ein Drittel bis fast die Hälfte länger als breit und seitlich ziemlich senkrecht abfallend, er ist über den Augen sanft gewölbt und gegen die ab- serundete Schnauzenspitze leicht nach abwärts geneigt. Der Schwanz ist etwa um ein Drittel länger als der Rumpf, kann aber auch bis zu des letzteren Länge herab- sehen, an der Wurzel rundlich vierkantig und oben etwas abgeplattet, wird aber bald rund und verläuft erst von seiner Mitte aus in die kurze, dünne Spitze. Die — 13 — Beine sind kurz, die vorderen reichen etwa bis an das Auge, die hinteren bis zur Körpermitte. Färbung und Zeichnung sind bei der Bergeidechse beständiger als bei anderen Arten; das Männchen ist auf dem Rücken nuss- bis kastanienbraun oder graubraun gefärbt und in seiner Mitte mit einer Reihe schwarzbrauner bis schwarzer, sich bis zur Schwanzmitte hinziehenden Punktflecken, die oft zu einer Längsbinde zusammenfliessen, gezeichnet. Die dunkelbraunen Seiten sind von dem Rücken durch eine weisslich-helle Fleckenreihe abgegrenzt und tragen oft dichtstehende dunkelbraune Flecken. Nach dem Bauche zu sind sie oft noch durch eine Reihe weisslicher und schwärzlicher Flecken abgesetzt. Kinn, Kehle und Hals sind bläulich, blaugrün oder rosa angeflogen, die Unter- seite des Körpers ist auf safrangelben, oft auch in andere gelbliche Töne übergehendem Grunde dicht schwarz oder schwarzgrün gesprenkel. Das Weibchen ähnelt dem Männchen sehr, nur ist die Unterseite bleicher und un- gefleckt oder nur in den äusseren Partien dunkel gepunktet. Die Jungen sind von auffallend dunkler, fast schwarzer Farbe. — Man hat von der Bergeidechse bei uns neben der Stammform noch 2 Varietäten unterschieden, die man früher sogar als besondere Arten ansah. Die Varietät nigra ist von einem dunklen, ins tiefschwarze über- gehenden Ton, die Varietät montana dagegen von hellerer Farbe, in der sich namentlich ein Grün auffallend be- merkbar macht. Die Bergeidechse ist von allen europäischen Arten die verbreitetste und nimmt in bezug auf ihre Ver- breitung unter den Eidechsen die Stellung ein, die der Kreuzotter unter den Schlangen zukommt. Ihr Ver- breitungsbezirk erstreckt sich von Irland im Westen durch Asien hindurch bis zu den östlichen Küsten- ländern Sibiriens, von Norditalien im Süden bis nach Lappland im Norden. Immerhin aber bleibt sie dabei Zimmermann: Naturleben. I. Bd. : 8 — 114 — an Häufigkeit hinter der Zauneidechse zurück und ist namentlich auch bei uns in Deutschland, wennschon über das ganze Reich verbreitet, an nicht so vielen Orten vorhanden, wie die letztere. Freilich entzieht sie sich auch vielerorts, ich muss da zum Teil wieder an die Kreuzotter denken, durch ihre versteckte Lebens- weise, ihren Aufenthalt an weniger besuchten Orten, ihre geringe Grösse und ihre dem Erdboden so sehr ange- passte Farbe leicht der Beobachtung. Zu ihren Aufent- haltsorten zieht sie im Gegensatz zu der Zauneidechse feuchte, immerhin jaber warme Orte vor und bewohnt feuchte Waldungen und Wiesen, moorige und sumpfige Gebiete, Brüche usw. in der Ebene, Hochmoore, feuchte Bergwiesen, schattige Abhänge, Bachränder usw. im Ge- birge, in das sie bis zu 2500 m, stellenweise sogar bis zu 2800 m emporsteigt, und meidet hier selbst kahle, stei- nige Gipfel und Plateaus nicht, wenn sie an ihnen nur die notwendige Feuchtigkeit findet. Ihre Verstecke befinden sich meistens -unter Gestrüpp und Wurzelwerk, hinter loser Baumrinde usw. Bei Gefahr zieht sie sich sofort in diese zurück, klettert aber auch gern an Baumstämmen empor, an denen sie infolge ihres braunen, rindenähn- lichen Kleides dem spähenden Auge nur allzu leicht ent- geht. Auch das Wasser benutzt sie gern auf der Flucht und rettet sich schwimmend oder am Grunde hin- kriechend vor ihren Verfolgern. Ihr steht ja sonst kein Verteidigungsmittel zu Gebote, sie beisst nicht wie ihre Verwandten und — einmal ergriffen — sucht sie sich nur durch krampfhafte Windungen, bei denen nicht ‘selten ihr Schwanz verloren geht, aus der Umklammerung zu befreien. Ihr ganzes Wesen ist so grundverschieden von ihren Verwandten allen; sie ist ruhiger, bescheidener als diese, „offenbart weder die reizende Keckheit und Neugier und das neckische Gebaren der Zauneidechse, noch die — 15 — Leidenschaftlichkeit und das Ungestüm des Grüneders und den leichten Sinn und die freundliche Lebensauf- fassung der Mauereidechse, aber auch nicht die ruhige Besonnenheit der Blindschleiche, sie lebt vielmehr zurück- gezogen und unbekümmert um Freunde und Verwandte still für sich hin, ein Beispiel verkörperter Schüchtern- heit und ‚Harmlosigkeit“ (DÜRIGEN). Ihre Nahrung besteht in Würmern, Tausendfüsslern, Insektenlarven und ähnlichem mehr, die sie nach Be- obachtungen AD. FRANKE’S sogar aus dem Wasser herausholt. Geflügelte Insekten frisst sie wohl nur ein- mal, wenn sie solche gelegentlich erbeutet, Jagd auf sie macht sie wohl kaum, da ihr die dazu nötige Gewandt- heit, die alle ihre Verwandten in so grossem Masse be- sitzen, völlig abgeht. In die Winterruhe zieht sich die Bergeidechse später als ihre Gattungsgenossen zurück und kommt aus dieser auch wieder früher hervor als jene. Natürlich sind Beginn und Ende derselben von der herrschenden Temperatur und dem Klima ihres Aufenthaltsortes ab- hängig, im warmen Tieflande wird die Zurückgezogen- heit kürzer sein als droben im rauheren Gebirge. Prof. MARTENS beobachtete die erste Bergeidechse einmal bereits am 28. Februar. Mitte oder Ende April erfolgt in der Regel die Paarung, die bei unserer Art ihrem Wesen gemäss ruhiger verläuft, als bei ihren Verwandten. Ende Juli, nach LACHMANN meist in der Nacht, er- folgt die Geburt der 3 bis 9 Jungen, deren völlige Ent- wickelung bereits im Mutterleibe vor sich gegangen ist und die sofort die häutige Eihülle, in der sie ein- geschlossen sind, durchbrechen. Man hat die Berg- eidechse daher auch die lebendiggebärende (=vivipara) genannt. Die Jungen sind bedeutend kleiner als die der Zauneidechse und verkriechen sich nach LACH- MANN sofort unter Steinen, Laub, feuchtem Moos oder 8* — 16 — in Erdritzen,‘wo sie, zusammengerollt, wie leblos, mehrere Tage verharren. Nach etwa 8 Tagen sind sie hier zu etwa doppelter Grösse herangewachsen und beginnen ihrer Nahrung nachzugehen. u Die Mauereidechse, Lacerta muralis (Laur.) ist gleich der Smaragdeidechse eine ausgesprochene süd- europäische Art und wie die letztere auch bei uns nur eingewandert. Sie bewohnt in Deutschland das obere -und mittlere Rheingebiet und hat sich von da aus über Nachbarlandschaften, die Reichslande, Baden und einen Teil Württembergs, die Rheinpfalz, Hessen, Nassau und einem Teil Rheinpreussens ausgebreitet. Sie ist die flinkeste und gewandteste unserer Eidechsen und, wenn auch nicht so zart wie die Bergeidechse, so doch von recht schlankem Bau: der Körper ist lang, ge- streckt und oben etwas abgeplattet, der Kopf verschmälert sich nach vorn und läuft in eine zugespitzte Schnauze aus. Die Vorderbeine reichen bis an die Nasenlöcher oder an die Schnauzenspitze, die Hinterbeine bis an die Achseln oder auch etwas darüber hinaus. Nur selten erreichen sie die Achseln einmal nicht ganz. Der Schwanz ist an seiner Wurzel deutlich vierkantig, rundet sich aber bald zu und verläuft in eine lange Spitze; er ist stets länger als der Rumpf und erreicht in der Regel das Doppelte von diesem. Die Gesamtlänge der Mauer- eidechse schwankt zwischen 14 und 18—19 cm und er- reicht bei einigen südeuropäischen Formen 20—22, wohl gar auch einmal 23 em, kann aber auch wieder unter 14 em herabgehen. In Form und Zeichnung ändert wohl kaum eine Eidechse so ab, wie unsere Art; DÜRIGEN beschreibt von ihr allein 34, allerdings in der Hauptsache auf den Süden und Osten beschränkte Formen. Die mitteleuropäische, bei uns vertretene Form (L. muralis u Lacerta muralis (Laur.) Mauereidechse typica) wird als Stammform betrachtet; ob zu Recht oder Unrecht, wollen wir nicht erörtern, denn es ist darüber an anderen Stellen schon bald mehr als genug geschrieben worden. Bei ihr ist das Männchen auf dem Rücken braun oder graubräunlich gefärbt und mit einer längs des Rückgrates verlaufenden Reihe oder auch zu- sammenhangloser schwärzlicher Flecken gezeichnet. Die Seiten enthalten bandartig angeordnet dunkelbraune bis schwarze Flecken, in die von oben und unten hellere weissliche und weissgraue eingreifen. Der Bauch ist entweder einfarbig blauweiss, grünlich, gelblich bis röt- lich oder ziegelrot gefärbt oder häufiger auf solchem Grunde rotbraun, schwarzbraun und schwarz getüpfelt und nach den Seiten von einer aus blauen oder blau- grünlichen, unten schwarz .gerandeten oder aus ab- wechselnd stehenden blauen und schwarzen Flecken ge- bildeten Längsreihe abgegrenzt. Die Weibchen sind matter gefärbt und auf dem Rücken weniger reich ge- — 118 — zeichnet, auf der hellen Unterseite meist ungefleckt, be- sitzen aber dafür ein um so schärfer abgegrenztes, oben und unten weisslich gesäumtes’ Seitenband. Die Jungen sind oberseits ungefleckt, von brauner bis grauer, oft ins olivengrünliche bezw. bräunliche spielender Farbe und besitzen dunkle bis schwarzbraune, nach oben und unten weisslich abgegrenzte Seiten. Pa Hinsichtlich ihres Aufenthaltsortes ist die Mauer 23 eidechse weniger wählerisch als manche andere Art; sie verlangt als ein Tier des Südens nur Wärme und Sonne sowie Trockenheit. Parkanlagen, Gärten und Weinberge sucht sie in gleicher Weise auf wie alte Mauern, Häuser, Festungswerke und Ruinen; in Tälern trifft man sie an wie auch an Berghängen und auf Bergen selbst; Böschungen, Strassen- und Feldränder u. v. a. m. beherbergen sie. Sogar die Wohnungen des Menschen meidet sie nicht; im Obergeschoss und Fach- werk der Häuser kann man sie oft antreffen und selbst auf Kirchtürmen ist sie beobachtet worden. Im Ge- birge steigt sie bis zu 1700 m empor. Ihre Schlupf- winkel sucht sie in allerhand Rissen und Spalten der Mauern und Häuser, in Löchern und Ritzen der Felsen und steiler Erdwände und nur, wo ihr diese fehlen, verbirgt sie sich in Pflanzen- und Wurzelwerk. Die Mauereidechse ist ein recht neugieriges und zu- trauliches Tierchen und zeigt im allgemeinen wenig Scheu vor dem Menschen. Nur dort, wo sie verfolgt wird, wird sie furchtsam und flieht eiligst beim Nahen des letzteren. Ihre Bewegungen sind anmutig und so flink, dass man ihr, huscht sie am Boden dahin, kaum mit den Augen folgen kann. Dabei wagt sie auch manchmal einen weiten Sprung. Und ebenso flink, wie sie am Boden dahingleitet, klettert sie an senkrechten Mauern, Zäunen und Baumstämmen empor und macht sich dabei verständig jede Rauheit, jede Unebenheit zu- — 119 — nutze. Interessant ist es, die gewandten Tierchen auf der Jagd nach ihrer Nahrung: allerhand kleineren Tieren, wie Insekten, Würmern usw. zu beobachten, die sie mit grossem Geschick zu fangen versteht, aber vielfach gegen futterneidische Artgenossen verteidigen muss. Kämpfe untereinander sind überhaupt nichts seltenes, namentlich zur Paarungszeit, und oft ereignet es sich dabei, dass sie sich gegenseitig die Schwänze abreissen und diese dann mit scheinbar recht gutem Appetit verzehren. Ihr Winterschlaf — in !südlichen Ländern erfolst ein solcher wohl kaum — ist ziemlich kurz und dauert von Ende Oktober bis zum zeitigen Frühjahr. In Württemberg hat man sie noch im November im Freien angetroffen und GEYSENHEYNER hat sie bei Kreuz- nach schon am 1. März wieder gesehen. Die Paarung erfolgt an den ersten anhaltend warmen Tagen nach der Beendigung der Winterruhe, die Eiablage mitunter schon im Mai, in der Regel aber erst im Juni und kann bis in den Juli hinein anhalten. Die Zahl der Eier beträgt 3 bis 8; sie werden vom Weibchen in Erdritzen, unter Moos und Steinen und wohl auch in selbstge- grabenen Erdlöchern untergebracht und immer sehr sorg- fältig versteckt. Die Jungen, die im August oder Sep- tember zum Vorschein kommen, sind flink wie ihre Eltern und beginnen sofort das gleiche Leben wie diese. 7 Noch manches aus dem Leben der Eidechsen hätte sich hier erzählen lassen; indes, lieber Leser, gehe selbst hinaus und beobachte sie draussen, halte dir vielleicht auch einige in einem geräumigen Terrarium und du wirst Gefallen an ihnen finden, du musst sie lieb gewinnen und wirst dann wohl auch dein Interesse und deine Liebe jenen weniger schönen Vertretern aus den Klassen — 720 — der Kriechtiere und Lurche schenken! Und sie ver- dienen dein Interesse, deine Liebe wohl alle! U Die dritte Ordnung der Kriechtiere bilden die Schildkröten, Chelonia, Tiere, deren breiter, scheiben- förmiger Körper in ein festes Rücken- und Bauchschild, mit Öffnungen nur für den Kopf, die Beine und den Schwanz, eingeschlossen ist. Der Kopf ist in der Regel kurz, eiförmig oder mehr eckig, Gaumen und Kiefer sind im Gegensatz zu den Schlangen und Eidechsen zahnlos, aber wie bei den Vögeln mit scharfen Horn- scheiden überzogen, die Zunge ist dickfleischig und mit weichen Warzen besetzt. Die Augen besitzen ein oberes und unteres Lid und eine vom inneren Augenwinkel nach vorn zu schiebende Nickhaut. Das Trommelfell liegt frei zutage. Der verhältnismässig lange Hals kann unter die Schale zurückgezogen werden und ist mit einer faltigen Haut bedeckt, die sich beim Zurück- ziehen kapuzenartig über den Kopf schiebt. Der Schwanz ist mehr oder weniger lang und spitz; an seiner Wurzel liegt die Afteröffnung. Die Füsse besitzen 4 oder 5 Zehen, die bis zu den Krallen entweder durch Schwimmhäute verbunden oder untereinander verwachsen sind und dann nur die Krallen freilassen. Die ersteren nennt man Schwimmfüsse, die letzteren Klumpfüsse. Der knochige Körperpanzer der Schildkröten ist mit einer in einigen Fällen weich bleibenden, bei den europäischen Arten aber verhornten Haut, dem sogenannten Schildpatt, über- zogen, und hier in Form mehreckiger, ablösbarer Horn- platten oder Schilder ausgebildet. Kopf, Hals, Beine und Schwanzsind mit einerkräftigen,anihrerOberflächerauhen, vielfach schuppen- und schilderartig verdickten Haut be- deckt. Eine Häutung, wie bei den übrigen Kriechtieren oder Lurchen, findet bei den Schildkröten nicht statt. — — 121 — Die Schildkröten leben teils im Wasser, teils aus- schliesslich auf dem Lande; die im Wasser lebenden nähren sich von fast durchgängig tierischer, die das Land bevölkernden vorwiegend von pflanzlicher Kost. Die Fortpflanzung erfolgt durch Eier. Während der Begattung, die oft tagelang dauern kann, umklammern sich Männchen und Weibchen, die Bauchschalen gegen- einandergekehrt, oder aber es liegt dabei das Männchen auf dem Weibchen und wird von diesem mit umher- geschleppt. Die Eier sind mit einer harten, kalkigen oder pergamentartigen Hülle umgeben und werden vom Weibchen in feuchte Erde, Sand, unter Laub, Mulm -u. dergl. abgelegt und bedürfen einer recht langen Nach- reife. Die Jungen zersprengen die Eihülle mit Hilfe einer hornigen Erhebung an der Schnauzenspitze und besitzen bei ihrer Geburt noch sehr weiche, erst all- mählich erhärtende Schalen. Ihr Wachstum ist ein über- aus langsames, dafür aber können sie sehr alt werden; das Alter der Schildkröten im allgemeinen ist ein höheres als das aller anderen Wirbeltiere. Gegen Ver- wundungen, Nahrungsmangel, hohe Hitze usw. sind sie wenig empfindlich, dagegen um so mehr gegen niedere Temperatur, weshalb sie sich gleich den anderen Kriech- tieren und Lurchen im Winter an frostfreie Orte zu einer Ruhepause zurückziehen. Die Sinne der Schildkröten gehören nicht gerade zu den schlechtausgebildetsten und Gesicht und Gehör, Geschmack und Geruch erreichen bei ihnen immer eine gewisse Vollkommenheit. Dagegen sind die geistigen Fähigkeiten keine allzu hohen, aber immerhin bessere als von vielen Autoren angegeben wird. Inter- essant sind die Versuche, die R. M. YERKES über die Geistesfähigkeiten der Schildkröten angestellt hat. Er bediente sich dabei der nordamerikanischen Tropfen- schildkröte, Clemmys guttatus, der die Aufgabe gestellt a wurde, sich aus einer Art Labyrinth herauszufinden. Um dieses herzustellen, wurde ein Kasten durch zwei parallele Wände und eine nicht parallele Wand in vier Abschnitte geteilt; die einzelnen Abteilungen standen durch Öft- nungen, die der Grösse der Schildkröte entsprachen, untereinander in Verbindung, doch lagen die Durch- eänge nicht in einer geraden Linie, sondern der erste war in der Mitte der Scheidewand angebracht, der zweite an der rechten und der dritte an der linken Seite der betreffenden Scheidewand. An das vordere Ende des Kastens wurde das Lager der Schildkröte ge- bracht, und sie selbst in die entfernteste Abteilung des Labyrinthes gesetzt. Es wurde nun festgestellt, wieviel Zeit die Schildkröte bei den einzelnen Experimenten — jedesmal 50 — brauchte, um ihr Lager zu finden. Bei dem ersten Versuche irrte die Schildkröte lange im Raume umher und kam erst nach 35 Minuten im Lager an, in dem sie es sich sofort bequem machte. Man liess sie 2 Stunden liegen und nahm sie dann zu einem zweiten Versuch heraus. Bei diesen brauchte sie 15 Minuten bis zum Auffinden des Lagers, beim dritten 5 Minuten, beim zehnten 3 Minuten 5 Sekunden, beim zwanzigsten 3 Minuten 45 Sekunden und beim fünfzigsten 3 Minuten 30 Sekunden. Während die Schildkröte bei den ersten Versuchen immer Richtungsfehler machte und einer falschen Ecke zulief, kam vom 30. Experiment an überhaupt kein Irrtum mehr vor, das Tier lief in direkter Richtung nach dem Ausgang hin. Nachdem die Schildkröte "so einen Anfang im Lernen gemacht hatte, wurde ihr eine schwierigere Aufgabe gestellt. Sie kam in ein unebenes Labyrinth, das mehr Kammern als das erste enthielt und in den Scheidewänden Öffnungen besass, die in eine Sackgasse führten. Auch dieser Auf- gabe entledigte sich das Tier mit anerkennenswertem Zifer. Während es beim ersten Versuch 1 Stunde — 123 — 31 Minuten bis zum Auffinden des Lagers nötig hatte, hatte es dasselbe beim fünften bereits in 16 Minuten, beim zehnten in 4 Minuten und beim fünfzigsten in 4 Minuten 10 Sekunden erreicht. Diese Versuche zeigen aufs deutlichste, wie sich die Schildkröte früherer Irr- tümer erinnerte und sie zu vermeiden suchte, und sprechen bei der gewiss nicht leichten Aufgabe vom Vor- handensein einer gewissen Intelligenz bei diesen Tieren. — In der Gefangenschaft lernen die Schildkröten ihre Pfleger bald kennen und vermögen auch seine Stimme von der anderer Personen zu unterscheiden, kommen auch auf seinen Ruf herbei. DÜRIGEN teilt hierzu eine hoch- interessante, ihm von dem verdienten PH. L. MARTIN gemachte Beobachtung mit, die wert ist, auch hier angefügt zu werden. „Schon von Anfang an zeigte das kleinste von ihnen (zur Beobachtung standen fünf kleine, kaum talergrosse Exemplare der europäischen Sumpf- schildkröte) eine fast doppelt so grosse Lebendigkeit als die anderen, denn während diese zunächst ruhig da- lagen, spazierte die kleine immer munter umher. Natür- lich musste mit dieser leiblichen Tätigkeit auch die geistige Hand in Hand gehen, und so kam es denn, dass dieser Gnom seine natürliche Scheu weit eher ab- legte als die übrigen, und hierdurch wurde er zum be- sonderen Liebling meiner Frau, die ihn täglich einige- mal in die Hand nahm, mit ihm sprach und ihm schmei- chelte, was er mit sichtlichem Wohlgefallen entgegen- nahm. Gleich in den ersten Tagen dieser Bekanntschaft erhielt dieser den Namen August und benahm sich von dieser Zeit an auch höchst verständig, da er nicht mehr wie seine dümmeren Geschwister bei jeder Berührung Kopf und Füsse einzog, sondern sich fortan als un- erschrockener Menschenfreund erwies, indem er das Köpfchen recht klug nach allen Seiten zu wenden wusste, Bevor einige Tage vergingen, war August sich seines — 124 — Namens schon bewusst, und wenn meine Frau an das Terrarium tritt und alle fünf Schildkröten im Wasser sind, so braucht sie nur einigemal seinen Namen zu nennen, worauf er eilfertig den Tuffsteinfelsen erklettert und zwar oft in solcher Hast, dass er dabei nicht selten kopfüber stürzt und ebenso schnell wieder oben ist, wo- bei er förmlich bettelt, um herausgenommen zu werden. Gerade diese Art bei einer Schildkröte ist um so be- zeichnender, als sie nicht durch Leckereien und der- gleichen anerzogen werden kann, weil ja bekanntlich diese Tiere nur unter dem Wasser zu fressen vermögen, mithin durchaus kein anderes Anlockungsmittel vor- handen sein kann, als eben das Umgangsbedürfnis mit dem Menschen, was somit für eine ziemlich entwickelte Seelentätigkeit dieser anscheinend so unbehilflichen Tiere spricht. Seit kurzer Zeit, d.h. seitdem die Schildkröten fast zwei Jahre in unserem Besitz sind, hat nun aber auch eine zweite, bedeutend grössere angefangen, dem Ruf nach „August“ Folge zu leisten, und so kommen denn zwei derselben an, sobald dieses Signal ertönt, das jedoch, von anderen Lippen ausgesprochen, keine Wir- kung auf sie ausübte. Leider erlaubt es unsere viel- seitige Tätigkeit nicht, uns oft mit diesen wirklich klugen Tieren befassen zu können, denen gewiss noch manche interessante Seite abzugewinnen wäre.“ 3 Die Schildkröten sind in Deutschland durch die Familie der Sumpfschildkröten, Emydae,. vertreten. Die einzige deutsche Gattung derselben, Emys, besitzt eine flach gewölbte, ovale Rückenschale, die aus 13 Mittel- oder Scheitelschildern und, diese kranzförmig um- schliessend, einem Nackenschild, 11 Paar Rand- und 1 Paar Schwanzschildern besteht. Das Bauchschild zer- fällt in ein vorderes kleineres und in ein hinteres grösseres BE Querstück, von denen jedes 3 Paar Schilder enthält. Hals und Beine sind oberseits mit grösseren und kleineren flachen Oberhautgebilden, der Schwanz mit reihenförmig gestellten Schildchen besetzt. Die einzige deutsche Art der Gattung Emys ist die Europäische Sumpfschild- 'kröte. 7 Die Europäische Sumpfschildkröte, Emys europaea (Schneider), kennen die meisten unserer Lands- leute wohl nur aus Büchern und Terrarien, und die Zahl derer, die sie auch freilebend beobachten durften, wird verschwindend klein sein. Denn abgesehen davon, dass sie — die über das ganze südliche Europa und einem Teil Nordafrikas bis ins westliche Asien hinein verbreitet ist — bei uns in Deutschland nur noch an wenigen Orten zu finden ist — Gebiete ihres Vor- kommens sind hier die Weichsel- und Oderniederung nebst einigen benachbarten Lokalitäten —, führt sie eine so versteckte Lebensweise, dass sie selbst an ihren Standorten nicht jedermann zu Gesichte kommt. Sie wählt zu ihren Aufenthaltsorten Teiche, Seen, Sümpfe und langsam fliessende. Gewässer mit schlam- migem Grunde, hält sich tagsüber gewöhnlich im Wasser auf und verlässt dasselbe erst in den Abend- und Nacht- stunden. Nur hin und wieder trifft man sie auch ein- mal, in der Regel um die warme Mittagszeit, sich son- nend ausserhalb des Wassers an, in das sie aber bei dem kleinsten Geräusch, der geringsten Beunruhigung sofort verschwindet. Das Wasser ist ihr Element, sie ist eine vorzügliche Schwimmerin und liegt oft ruhig, wie schlafend, an der Oberfläche des Wasserspiegels, um beim Nahen des Menschen oder eines grösseren Tieres mit abwärts gerichtetem Kopfe sofort dem Grunde zuzustreben und sich hier entweder rasch weiterzube- — 12.6 — wegen oder in den Schlamm einzuwühlen. Aber auch am Lande ist sie nicht ungeschickt und ersteigt mit ziemlicher Gewandtheit selbst steile und felsige Ufer. Fällt sie dabei herab — bei ihrer Hast übrigens nichts seltenes — so versucht sie mit grosser Beharrlichkeit ihr Glück immer wieder von neuem. Ihre Nahrung besteht vorzugsweise in Wassertieren. Insekten, Schnecken, Frösche, Molche, Fische weiss sie gewandt zu verfolgen und zu erhaschen, Laich von Fischen und Amphibien zu schätzen. Grössere Fische erfasst sie am Bauche und reisst ihnen ein Stück Fleisch heraus, um sie dann — verendet — nach dem Boden zu ziehen und bis auf die Gräten zu verzehren. Die Blase der Fische bleibt dabei fast immer unverletzt und steigt an die Oberfläche, so dass sie leicht zum Verräter des Vorhandenseins der Schildkröte wird. Tiere, die die Schildkröte am Lande erhascht, schleppt sie ins Wasser, da sie ausserhalb desselben nichts zu verzehren vermag. Hin und wieder geht sie auch Wasserpflanzen an und es scheint, als ob sie zeitweilig vegetabilische Kost zur Beförderung ihrer Verdauung nötig hat. Ihren Winterschlaf, den sie tief im Schlamme oder im Boden eingewühlt verbringt, beginnt sie, da sie gegen Kälte sehr empfindlich ist, bereits früh im Herbste und beendet ihn selten erst vor dem Mai. Sofort nach Beendigung der Winterruhe schreiten die Tiere (im Wasser) zur Paarung. Das Weib- chen legt bald darauf an einer trockenen Uferstelle gegen 10 Eier ab, die anfangs noch sehr weich sind, aber bald erhärten. Für die Eier bohrt das Tier anfangs mit Hilfe seines steifen Schwanzes, ein Loch, das es später mit den Hinterfüssen auf etwa 5 em im Umfang erweitert. Sobald die Eier die Kloake verlassen, fängt die Schild- kröte sie einzeln, abwechselnd bald mit dem rechten, cur Emys europaea (Schneider), Europäische Sumpfschildkröte Junges Terrarientier, im Freien photographiert bald mit dem linken Hinterfuss auf und lässt sie be- hutsam in das Loch gleiten, das sie nach Beendigung des Legegeschäftes wieder mit Erde zufüllt, die letztere aber mit den Füssen und dem harten Bauchschild fest- stampft. Nach etwa drei Monaten schlüpfen die gegen Witterungseinflüsse sehr empfindlichen Jungen aus. Sie suchen sofort das Wasser auf und tun es hier in ihrer Lebensweise ganz den Eltern nach. Gegenüber ihren Verwandten aus den tropischen Ländern, von denen manche über 2 m lang und über 10 Zentner schwer werden können, sind unsere Schild- kröten recht zwerghafte Tiere. Denn sie erreichen eine Schalenlänge von höchstens 20 bis 25 cm und eine Körperlänge, von der Schnauze bis zur Spitze des Schwanzes gemessen, von 30 bis 40 cm. Die in unserem Vaterlande beheimateten bleiben aber wohl sämtlich — 128 — noch hinter dieser Grösse zurück. Die Schale bei den eben ausgekrochenen Tieren ist noch sehr weich, rund- lich und flach, sie erhärtet langsam und wölbt sich da- bei mehr und mehr, bis sie die eiförmig-elliptische Ge- stalt der älteren Tiere erreicht hat. Der Kopf ist etwa vierseitig-pyramidenförmig mit kurz zugespitzter, vorn etwas abgerundeter Schnauze. Die vorderen Glied- massen besitzen tafelartige in Querreihen stehende Schuppen, die Zehen sind bis zu den Krallen durch Schwimmhäute verbunden, die Krallen selbst verhältnis- mässig kurz und schwach gekrümmt. Der Schwanz ist etwa halb so lang wie die Bauchschale, mit unregel- mässig-viereckigen Schuppen besetzt und verläuft, kegel- förmig dünner werdend, in die Spitze. Die Rücken- schale ist schwärzlich oder bräunlich, bei jüngeren Tieren schmutzig olivengrün gefärbt und mit gelben Strichen oder Punkten, die vom Mittelpunkt der Schilder fächerförmig auseinandergehen, gezeichnet. Oft ver- drängt auch die hellere Zeichnungsfarbe die dunklere Grundfarbe. Die Bauchschale ist auf schwärzlichem, bräunlichem oder helleren gelblichem Grunde heller oder dunkler gefleckt oder fast einfarbig. Die Farbe der unbedeckten Körperteile ist eine grünlichschwärz- liche bis bräunliche und wird oft von helleren, gelb- lichen Streifen und Flecken unterbrochen. u Mit der Behandlung der Sumpfschildkröte haben wir die Kriechtiere beendet und wenden uns daher nun- mehr der Klasse der Lurche zu. 3 Die Lurche oder Amphibien zeigen weder in (Grösse und Gestalt jene Abwechselung, wie wir sie bei den Kriechtieren kennen gelernt haben. Denn sie um- — 129 — fassen bei uns durchgängig kleinere Tiere, die auch in ihren tropischen Arten nicht einmal annähernd die Grösse gewisser Kriechtiere erreichen und lassen sich hinsichtlich der Gestalt auf nur zwei Grundformen: eine kurzgedrungene breite, in ausgewachsenem Zustande schwanzlose bei den Froschlurchen und eine gestreckte walzige, eidechsenähnliche und mit einem Schwanz ver- sehene bei den Schwanzlurchen zurückführen. Eine dritte, gliederlose, an die Schleichen gemahnende Form, die der Blindwühlen, kommt für Deutschland nicht in Betracht. Im Gegensatz zu den Kriechtieren sind die Lurche mit einer weichen, nackten Haut bedeckt, die bald völlig glatt, bald rauh und mit Drüsen besetzt ist und sich fast immer feucht und schleimig anfühlt. Sie besteht gleichfalls aus einer Unter- und Oberhaut, verhornt und verdickt sich aber nicht wie bei den Kriechtieren vollständig, sondern nur bei einigen Arten an gewissen Stellen des Körpers, z. B. an den Füssen bei einigen grabenden und kletternden Kröten, auf dem Rücken in Form horniger Höcker bei unserer Erd- kröte usw. Wichtig und für die Unterscheidung der Arten namentlich von Wert sind derartige Hautver- diekungen, die höckerartig auf der Innenseite der Füsse auftreten. Wir kommen später bei Behandlung der einzelnen Familien und Arten auf diese Höcker noch zurück. Zu den Hautgebilden zählen weiter auch die Schwimmhäute zwischen den Zehen und schliesslich jene Flossensäume des Rückens, die bei den männ- lichen Wassermolchen oder Tritonen — der letztere schöne Ausdruck sollte an Stelle des ersteren wenigstens wieder einmal allgemeinen Eingang finden! — nament- lich zur Paarungszeit so- auffallend hervortreten. Die Haut der Lurche ist mit zahlreichen Drüsen besetzt, die sich vielfach zu warzigen Gebilden vereinigen und aus denen die Tiere ein Sekret von klebriger Be- Zimmermann: Naturleben. I. Bd. I — 130 — schaffenheit und ätzender Schärfe absondern, das z. T. wohl die Haut vor Ausdünstung und Austrocknung zu schützen bestimmt ist, zur Unterstützung des Kletterns dienen mag (Laubfrosch usw.), aber auch ein vorzüg- liches Verteidigungsmittel gegen Feinde bildet. Denn es vermag, in den Magen eingeführt und unter die Haut gespritzt, bei kleineren und selbst naheverwandten Tieren Vergiftungserscheinungen mit tödlichem Ausgange hervorzurufen, während es auf der menschlichen Haut, namentlich der Schleimhaut, leicht die Ursache von Entzündungserscheinungen, allerdings nur leichter Natur, werden kann. Dieses Sekret können die Tiere ganz will- kürlich absondern. In der Gefahr und besonders wenn ein Lurch ergriffen worden ist, fliesst es reichlicher und oft in solchen Mengen, dass es das ganze Tier in Form einer weisslichen Schleimschicht bedeckt. Viele Tiere . wird dieses Sekret auch abschrecken — ich habe bei- spielsweise oft Hunde beobachtet, die einen mit dem Maule ergriffenen Lurch (Kröte, Feuersalamander) unter deutlichen Zeichen des Abscheues wieder fahren liessen —, bei vielen aber wieder versagt es und namentlich den Menschen gegenüber ist es recht harm- loser Natur. „Es wäre töricht, ja vermessen, wollte man daher die ihrer Lebensweise nach so nützlichen Kröten, Salamander und verwandte Sippe auf eine Stufe stellen mit den alsbald zum Biss bereiten, ungereizt angreifenden und deshalb höchst gefährlichen, unbedingt zu vertilgenden Giftschlangen“ (DÜRIGEN). — Die Oberhaut wird auch bei den Lurchen von Zeit zu Zeit abgestossen. Leicht erfolgt die Häutung bei den Tritonen, bei denen das Wasser den Häutungsprozess unterstützt, schwieriger dagegen bei den Kröten und Fröschen, denen die Häutung eine gewisse Anstrengung verursacht und die oft mit dem Maul die Hautfetzen abreissen und verspeisen. — 131 — Ein überaus wirksames Schutzmittel besitzen die meisten Lurche in der mit ihren Aufenthaltsorten über- einstimmenden Hautfarbe, die sie von ihrer Umgebung meist weit weniger abheben lässt, als die Kriechtiere. Dazu sind sie vielfach in der Lage, ihre Farbe unter veränderten Aufenthalts- und anderen Bedingungen zu ändern, indem durch äussere Reize und Einflüsse des Nervensystems die Farb- und Pigmentzellen der Haut sich zusammenziehen oder ausdehnen, höher gegen die Oberfläche steigen oder in die tieferen Partien sich zurückziehen. Die Sinne der Lurche sind wenig entwickelt und auch die geistigen Fähigkeiten stehen auf keiner be- sonders hohen Stufe. Die Atmung ist dem Doppelleben der Tiere angepasst; sie vollzieht sich im Jugend- oder Larvenzustand ausschliesslich durch Kiemen, später aber durch Lungen. Bei einigen wenigen, für uns aber nicht in Betracht kommenden Arten bleiben neben den Lungen auch die Kiemen bestehen. Den Froschlurchen ist eine Stimme eigen, die bei den männlichen Tieren oft durch die mit der Mundhöhle in Verbindung stehenden, als Resonanzhöhlen wirkenden Stimmsäcke oder Schallblasen sehr laut und weithin- schallend werden kann. Die Stimme ist beim Männ- chen, die von ihr zur Fortpflanzungszeit besonders aus- giebigen und unermüdlichen Gebrauch machen, am entwickeltsten, dem Weibchen fehlt sie mitunter ganz. Die Schwanzlurche dagegen können höchstens einen quietschenden oder piependen Ton von sich geben. Die Fortpflanzungsgeschichte ist bei weitem das interessanteste Kapitel im Leben der Lurche und durch ihr Studium geeignet, dem Naturfreunde gerade diese Tiere zu ganz besonders anziehenden zu gestalten. Die Begattung der Lurche erfolgt mit einigen wenigen Ausnahmen ausschliesslich im Wasser, die Be- 9* SW, fruchtung ist eine äussere und nur bei den Schwanz- lurchen eine innere, aber — da das Weibchen die vom Männchen austretenden Samenfäden selbst in die Kloake einführt — eine ohne direktes Zutun des letzteren erfolgende. KNAUER gibt uns hübsche Schilderungen der Paarungsvorgänge; er schreibt: „Wer sich durch die Ende März oder anfangs April allerorts noch herr- schende Feuchtigkeit nicht abhalten lässt, den in der Nähe befindlichen Teichen und Sümpfen einen Besuch abzustatten, kann um diese Zeit die Fortpflanzung des Taufrosches und der Erdkröte in ihrem Verlauf genau verfolgen; er findet um diese Zeit die Ufer der kleinsten Tümpel mit Scharen in Paarung begriffener Erdkröten und Taufrösche umlagert. Tagelang sitzt das Männchen mit trüben, verglasten Augen auf dem Rücken des Weibchens, die Vorderfüsse unter dessen Achseln durch tief eingepresst, den Kopf fest an das Genick des Weib- chens gedrückt. Der geringste Versuch des Weibchens, sich über Wasser zu erheben, oder der störende Ein- griff einer anderen männlichen Kröte lässt das Männ- chen in hörbarer Erregtheit rasch nacheinander heulende Töne ausstossen; mit dem Aufgebote aller Kraft wird das Weibchen wieder unter Wasser gedrückt und der Störenfried mit den Hinterfüssen weggestossen. Während der ganzen Zeit bleibt das Weibchen anscheinend ruhig, fügt sich mit ersichtlichem Gleichmut in die ihm vom Männchen bereitete Zwangslage, lässt keine sich bietende Gelegenheit, etwas zu erbeuten, unbenützt, sieht den sich nähernden Beobachter sofort und sucht zu ent- kommen, während das Männchen für seine ganze Um- sebung blind zu sein scheint, weder an Nahrung denkt, wenn sich solche bietet, noch zu fliehen sucht, wenn man herantritt. Versucht man, das Weibchen vom Männchen zu trennen, so setzt das Männchen einem solchen Versuche allen Widerstand entgegen; an den — 13 — ‘ Hinterfüssen in die Höhe gehalten, presst das Männchen die Vorderbeine nur um so tiefer in den Leib des Weibchens und hält dieses mit aller Kraft fest, obschon das Weibchen weit grösser und um die Eierlast um so gewichtiger ist. Gewaltsam von dem Weibchen gerissen und wieder freigelassen, springt es sofort wieder auf den Rücken des Weibchens. Gelingt es einem Männ- chen nicht, ein lediges Weibchen zu finden, so setzt es sich an einem schon von einem andern Männchen be- setzten Weibchen fest; man kann da von fünf und mehr Männchen besetzte Weibchen aus dem Wasser fischen, auf deren Rücken ein Männchen Platz gefunden hat, während die übrigen an den Füssen des Weibchens sich festklammern; eine solche Gruppe ‚kann noch weiteren Zuwachs erhalten, indem Taufrösche, in Er- mangelung eines Weibchens eigener Art, an eines der Männchen sich anklammern. Es scheinen auch an der Befruchtung der abgehenden Eier zuweilen mehrere Männchen teilzunehmen. Wie stürmisch und erregt sich der Paarungstrieb der Froschlurchmännchen äussert, wird durch die wiederholt beobachtete Tatsache illustriert, dass nicht nur Männchen von anderen Männchen gleicher oder anderer Art umarmt werden, sondern solche paarungslustige Männchen selbst Fische, ja Holzstücke und andere tote Gegenstände umklammern und umge- kommene Weibchen noch tagelang von den Männchen festgehalten werden. Ein Taufroschmännchen, das ich heuer am 31. März aus dem Wasser fischte, hielt in verkehrter Stellung ein totes Weibehen umarmt und liess dasselbe erst nach zwei Tagen los.“ Und weiter: „Ohne solche derbe Gewalttätigkeiten seitens der Männ- chen vollzieht sich die Paarung bei den Tritonen, bei welchen es auch, da die Männchen bei der Abgabe der Eier nicht zugegen sind, zu einer inneren Befruchtung kommt. Den Hochzeitskamm, der bei — 14 — einigen Arten zur Laichzeit sehr stark entwickelt er- scheint, hoch aufrichtend, umschwimmen die Männchen die Weibchen, stossen, wie aufmunternd, ihren Kopf an den der ziemlich ruhig verharrenden Weibchen und führen dabei mit dem nach der Kloakenseite hin um- gebogenen Schwanze schlängelnde Bewegungen aus und schlagen mit der Schwanzspitze nacheinander rasch gegen die Kloake. Dieses Umtänzeln der Weibchen währt mehrere Tage, ehe es zur Befruchtung der Eier derart kommt, dass das Männchen von Zeit zu Zeit die Samen enthaltenden Gallertmassen (Spermatozoen) ab- gibt, die Weibchen, wenn sie über diese Gallertmassen hinwegschreiten, mit den an der Spitze des glocken- förmigen Samenträgers lose anhaftenden Samen in Be- rührung kommen, wobei die Samenmasse an der Kloaken- wulst der Weibchen haften bleibt und in die Kloaken- spalte eindringt.“ Die Eier oder der Laich werden grösstenteils im Wasser abgelegt, die dabei zu beobachtenden Ver- schiedenheiten zwischen den einzelnen Arten werden wir später noch bei der Betrachtung dieser selbst kennen lernen. Beim Durchgleiten durch den langen Eileiter werden sie mit einer durchsichtigen, gallertartigen Masse umgeben, die bei einigen Arten fester wird, bei den meisten Froschlurchen aber im Wasser be- deutend aufquillt und jene grossen Klumpen bildet, die wir im Frühjahr in Wassergräben, Teichen, Tümpeln u. a. Gewässern mehr antreffen können. Die Entwick- lung der Larven im Ei geht meistens ziemlich rasch von statten. Schon wenige Tage, aber auch in ebenso vielen Wochen nach dem Ablegen des Laiches können diese ihm entschlüpfen. Sie sind von länglicher Gestalt, ent- behren noch aller Gliedmassen und atmen durch Kiemen, die in Form kleiner Blättehen und Büschel am Halse entspringen, bei den Froschlurchen aber bald wieder ver- — 15 — schwinden und durch innere Kiemen ersetzt werden. Die Fortbewegung der Larven oder der Kaulquappen, wie sie im allgemeinen genannt werden, erfolgt durch den mit einem hohen Flossensaum versehenen Ruder- schwanz. Im Verlaufe ihrer Entwicklung machen die Larven Umwandlungen durch, bei denen allmählich die Gliedmassen sich bilden, die Kiemen verschwinden, bei den Froschlurchen auch der Schwanz einschrumpft, bis sie endlich die Gestalt der Eltern erlangt haben und in der Regel dann auch das Wasser, in dem sich ihre Entwicklung fast ausschliesslich vollzieht, ver- lassen. Beim Feuersalamander werden die Larven lebendig geboren und ins Wasser abgesetzt, beim Alpensalamander, der dadurch eine Ausnahmestellung unter allen seinen Gattungsgenossen einnimmt, kom- men die Jungen sogar bereits völlig entwickelt zur Welt. — In der Regel dauert der Larven- zustand der Lurche drei Monate, jedoch kann derselbe durch abnorme Witterungs- und andere Verhältnisse auch etwas abgekürzt oder verlängert werden. Ja, es kann sich sogar ereignen, dass ein Lurch infolge unge- wöhnlicher Umstände ein oder auch mehrere Jahre in seinem Larvenzustande verharrt — solche Fälle sind namentlich von unseren Fröschen, besonders dem braunen Grasfrosch, der Geburtshelferkröte, der Knob- lauchskröte, den echten Kröten und den Molchen be- kannt geworden — oder dass er Organe des Larven- lebens mit in das Landleben hinüber nimmt. Man hat für diese Erscheinungen, auf die wir, so interessant sie auch sind, hier nicht näher eingehen können, den Aus- druck Neotonie. u Wie wir schon hörten, zerfallen die Lurche in die Frosch- und in die Schwanzlurche. — 16 — Die ersteren sind breite, gedrungene, ungeschwänzte Tiere mit stets wohlausgebildeten, zum Gehen, Klettern, Springen und Schwimmen eingerichteten Gliedmassen. Ihr Kopf ist stets kurz, flach und breit und geht ohne jede halsartige Neningni aus dem Rumpfe hervor, das Maul ist breit und bis unter die Augen gespalten. Die Zunge ist stets vorn festgewachsen, hinten dagegen frei und kann herausgeklappt werden; sie ist ganzrandig, abgerundet oder ausgebuchtet und in letzterem Falle zweilappig oder herzförmig. Die Augen sind gross und vorstehend, mit längsgespaltenen Lidern ausgerüstet, die Pupille ist bald länglich, bald horizontal verlängert oder senkrecht gespalten, die Iris stets metallisch glänzend. Die Froschlurche besitzen bald deutlich ausgebildete Ohr- drüsen, bald fehlen ihnen diese, während das Trommel- fell entweder äusserlich sichtbar ist oder unter der Haut verborgen liegt. Bei den Männchen sind vielfach innere oder äussere, einfache oder doppelte Schallblasen an der Kehle oder an den Seiten des Kopfes vorhanden, durch die ihre Stimme eine bedeutende Verstärkung erfährt. Die Haut ist glatt oder mit Drüsen, Warzen und Höckern besetzt. Die Beine sind kräftig; die vor- deren nach einwärts gebogen und mit vier meist freien Zehen ausgerüstet. Sie stehen an Grösse immer den mitunter eine recht bedeutende Länge erreichenden Hinterbeinen nach, die meistens fünf ungleich grosse, in der Regel durch Schwimmhäute verbundene Zehen besitzen. Auf dem nach aussen gerichteten Teil der Fussflächen der Hinterbeine ist fast immer ein höcker- artiger Auswuchs (der sogenannte Fersenhöcker) vor- handen, der — wie wir schon früher hörten — für die Be- stimmung der Arten von Wichtigkeit ist. Die Vorderbeine der Männchen sind zur Paarungszeit mit hornigen, oftdunkel gefärbten Schwielen versehen, mit deren Hilfe sie sich wäh- rend des Begattungsaktes an das Weibchen anklammern. — ee Die Froschlurche sind mit Ausnahme der kalten Zonen über die ganze Erde verbreitet und geben in der Regel dem Flachlande den Vorzug vor dem Gebirge. Sie leben teils im Wasser, teils auf dem Lande und be- vorzugen fast immer die Nähe stehender und fliessender Gewässer. Einige Arten sind vorzügliche Kletterer und halten sich vorwiegend auf Bäumen und Sträuchern auf (wie z. B. in Deutschland der Laubfrosch). Manche sind Tagetiere, manche Dämmerungs- und Nachttiere, andere wieder trifft man sowohl tagsüber wie auch des Nachts im Freien an. Die Nahrung der überaus gefrässigen Frosch- lurche besteht in allerhand Würmern, Nacktschnecken, Insekten und deren Larven, seltener in Fischen und deren Laich, kleineren Tieren ihrer Art und deren Larven und Laich, kleineren Reptilien u. a. m. Einige bei uns nicht vertretene Arten (ausgenommen der Seefrosch) wagen sich sogar an Vögel und kleinere Säuger. Sie sind fast durchweg sehr nützliche Geschöpfe und bedürfen daher sehr unserer Schonung. Schädlich werden nur einige grössere, ausserdeutsche Arten und bei uns, freilich in verschwindend kleinem, praktisch gar nicht in Frage kommenden Massstabe einmal die echten Frösche durch ihr Vertilgen von kleinen Fischen und Fischlaich. I Man teilt die Froschlurche in die Familie der Echten Frösche, Ranidae, der Kröten, Bufonidae, der Baumfrösche, Hylidae, der Froschkröten, Pelobatidae, und der Scheibenzüngler, JDiscoglossidae, ein. Die Familie der echten Frösche umfasst eine Gattung von zwei Gruppen mit vier Arten, die der Kröten eine Gattung mit drei Arten, die der Baumfrösche und der Froschkröten je eine Gattung mit einer Art und die — 133 — der Scheibenzüngler zwei Gattungen mit einer bezw. zwei Arten. AZ] Der Körper der Echten Frösche, Aanidae, ist im Verhältnis zu denjenigen der Kröten schlank und ge- streckt, die Haut glatt und nur stellenweise höckerig; die Hinterbeine sind stets bedeutend länger als die vorderen, die Zehen an den Vorderfüssen frei, an den Hinterbeinen aber am Grunde durch Schwimmhäute verbunden. Die Pupille ist rundlich, die Ohrdrüsen fehlen. Sie sind in Deutschland durch die Gattung Rana vertreten, die in die beiden Gruppen der Grünen oder Wasserfrösche, Ranae virides, und der Braunen oder Grasfrösche, Aanae fuscae, zerfällt. Die ersteren besitzen eine Art, nämlich den Wasserfrosch, Rana esculenta, die letzteren aber drei, und zwar den Gras- frosch, Rana muta, den Moorfrosch, Rana arvalıs, und den Springfrosch, /tana agılıs. IR Die Vertreter der Gattung Aana sind durchweg schlankgebaute Tiere mit nach hinten sich etwas ver- engerndem Körper und kräftigen, ziemlich langen Hinter- beinen, die sie zu grossen und weiten Sprüngen befähigen. Zwischen dem Rücken und den Flanken befindet sich jederseits eine stark hervortretende Längsdrüsenwulst. Die Augen sind gross, die Pupillen eiförmig und wage- recht stehend. Das Trommelfell ist freiliegend und immer deutlich sichtbar. Die längliche und breite Zunge ist hinten tief ausgerundet und erscheint dadurch zweihörnig. Die Zehen, von denen die der Vorderfüsse vollkommen frei, die der Hinterfüsse dagegen durch Schwimmhäute verbunden sind, besitzen an ihren Gelenken deutliche Anschwellungen, die sogenannten Gelenkhöcker, die — 139 — Hinterfüsse aber ausserdem noch einen weiteren, grossen, länglichen, schwielenartigen Höcker an der Wurzel der inneren Zehe, den sogenannten Fersenhöcker. Äussere- Schallblasen sind nur den männlichen Teichfröschen eigen. Bei der Paarung der Frösche wird das Weibchen immer von den auf seinem Rücken sitzenden Männchen mit den Vorderbeinen unter den Achseln erfasst, so dass. die Hände des Männchens sich auf der Brustmitte nähern und berühren. In dieser Stellung harren die Tiere tage-, ja oft wochenlang aus; über ihr näheres Verhalten dabei haben wir früher schon etliches gehört. Die Begattung erfolgt immer und ausschliesslich im Wasser, der Laich bildet stets grosse, umfangreiche Klumpen. Die Raniden umfassen zwei leicht voneinander zu unterscheidende Gruppen, nämlich die das Wasser be- wohnenden grünen Wasserfrösche und die nur während der Paarungszeit im Wasser sich aufhaltenden, sonst aber das Land bevölkernden braunen Land- frösche. Die ersteren sind von grüner bis grünlicher, oft ins bronzene, braune und blaue spielender Rücken- farbe und fast immer mit einem hellen, gelblichen Streifen längs des Rückgrates und helleren Seitenwülsten gezeichnet und auf dem Rücken meistens etwas schwarz gepunktet und getüpfelt, die Oberschenkel der Hinter- backen sind stets schwarz und gelblich marmoriert, die Unterseite ist einfarbig hell weisslich oder gelblich gefärbt, zuweilen grau oder rötlich angeflogen oder grau gefleckt und getüpfelt. Die Grasfrösche dagegen sind auf dem Rücken stets braun in zahlreichen Abtönungen vom hellen Grau- und Gelbbraun bis zu einem dunkleren, düsteren Braun, niemals aber grün gefärbt und daneben zuweilen mit dunklen bis schwarzen Flecken gezeichnet. Alle Arten der braunen Frösche besitzen ferner einen grossen nach hinten spitz ausgezogenen, dunklen Ohrfleck zwischen — 10° — den Augen und Schultern. Während weiter bei den Wasserfröschen die Zehen der Hinterfüsse mit voll- kommenen, d.h. von einer Spitze der Zehen zur anderen reichenden Schwimmhäuten verbunden sind, sind die Schwimmhäute der Landfrösche unvollkommen, reichen also nicht bis an die Zehenspitzen heran. Der Kopf der (srünen Frösche ist ausserdem auch etwas schmäler als der der Braunen Frösche. U Die Grünen oder Wasserfrösche sind in unserem Vaterlande durch den Wasser- oder Teichfrosch, Rana esculenta, L., vertreten, dem sich noch eine Unter- art, der Seefrosch, var. ridibunda, angliedert. Der Wasserfrosch ist der grösste unserer hei- mischen Raniden; er wird — von der Schnauzenspitze bis zum After gemessen — im allgemeinen 7 bis8 cm lang, erreicht aber in seiner eben genannten Varietät ridibunda eine Grösse von 10 bis 12, ja sogar bis 15 cm und vermag bis zu 1 Pfund schwer zu werden. Sein Körper ist schlank und gestreckt, im hinteren Teile ziemlich jäh abfallend. Der Kopf ist so breit als lang, abgeplattet, dreieckig, fällt nach den Seiten steil ab und verläuft in die verlängerte, vorn spitz abgerundete und etwas gewölbte Schnauze. Die Vorderbeine reichen, nach vorn gelegt, mit der Wurzel der ersten Zehe bis zur Schnauzenspitze, die Hinterbeine, fast dreimal so lang als die vorderen, gehen noch über die Schnauzen- spitze hinaus. Die Farbe und Zeichnung haben wir be- reits kennen gelernt Das Männchen zeichnet sich dem Weibchen gegen- über durch seine Stimmsäcke aus, die in luftgefülltem Zustande als zwei milchweisse bis graue, erbsen- bis kirschgrosse kugelige Blasen hinter dem Mundwinkel hervortreten. Dann sind die Vorderbeine des Männchens, Rana esculenta, L., Teichfrosch im Ufergrase das überdies kleiner als das Weibchen ist, kräftiger gebaut als die etwas schlankeren Gliedmassen des letz- teren. Die Varietät ridibunda ist, wie schon oben erwähnt, grösser als die Stammform und von dieser ausserdem leicht durch den Fersenhöcker zu unterscheiden. Denn während dieser bei der Stammform !/;—?/, so lang als die innere Zehe, stark, seitlich zusammengedrückt und scharfkantig ausgebildet und von halbmondförmiger Gestalt ist, ist der des Seefrosches kleiner, etwa 1/,—!/g so lang als die vom Fersenhöcker abgemessene Innen- zehe; er besitzt hier eine elliptische Gestalt und ragt schwach wulstartig hervor, erscheint nicht wie dort seit- lich zusammengedrückt und ist ziemlich weich. Die Wasserfrösche sind überaus lebhafte Tiere und bewohnen unsere Seen, Sümpfe, Teiche, Lachen und Wassergräben. Hier trifft man sie, wenn sie nicht zur Paarungszeit ausschliesslich im Wasser verweilen, tags- über am Ufer im Grase sitzend oder auf allerhand — 142 — kleines Getier (Insekten, Würmer, Schnecken) Jagd machend an. Freilich wird man ihrer infolge der, der Pflanzenwelt des Ufers so täuschend angepassten Farbe und Zeichnung erst gewahr, wenn sie beim Nahen des Menschen eiligst flüchten und in gewaltigen Sätzen ihrem Element, dem Wasser, zustreben, wo sie bald am Grunde ‘oder zwischen Wasserpflanzen dem Auge entschwinden. Im Wasser selbst stellen die Teichfrösche, überaus ge- frässige und in hohem Masse raubgierige Tiere, wohl auch Molchen und deren Larven, hin und wieder Fischen und selbst kleineren Tieren der eigenen Art nach, be- vorzugen aber stets doch die der Fischzucht ver- derblichen Insekten und deren Larven. Der Seefrosch geht sogar an kleinere Reptilien heran und soll selbst einmal einen jungen Vogel, ein kleines Säugetier als keine unwillkommene Beute betrachten. Während des Winters graben sich die Teichfrösche in den Schlamm der Gewässer ein, niemals aber so fest, als dass sie nicht einmal an einem warmen Tage ihr Wesen treiben könnten. Sie verschreiten trotzdem ziemlich spät, erst im Mai, zur Paarung. Zur Zeit derselben wird die Stimme der Männchen ganz besonders kräftig und an warmen Abenden kann man an Teichen und Seen die bekannten weithin- schallenden, ohrenbetäubenden Chorgesänge, angestimmt von Hunderten der liebesfrohen Raniden, vernehmen. Die Vorgänge während der Begattung brauchen wir hier nicht nochmals zu schildern, sie ergeben sich aus unseren früheren Darlegungen. Der Laich wird vom Weibchen stossweise, mehr nach der Mitte der Gewässer zu, in kleineren Portionen abgegeben, vom Männchen sofort befruchtet und sinkt danach zu Boden. Die Eier sind klein, kleiner beispielsweise noch als beim Laubfrosch und sehen oben bräunlich, unten gelb aus. Die Larven ver- lassen die Eihülle bereits nach Wochenfrist, messen an- fangs 6 bis 7 mm und wachsen allmählich zu einer Länge — 13 — von 5, ja bis zu 7 und 8 cm heran. Ihre Farbe ist anfangs ein Graugelb und geht allmählich in ein dunkles Olivenbraun über, das nach dem Erscheinen der Beine einem Grün und der sich bildenden Zeichnung des Frosches selbst weicht. Die Verbreitung des Teichfrosches erstreckt sich nicht nur über das gesamte Europa von Südschweden und Russland bis nach Portugal und den Mittelmeerländern, sondern sie umfasst auch Nordafrika und das mittlere Asien ostwärts bis nach China und Japan. In Deutsch- land bewohnt er das Tiefland und geht in das Gebirge nur bis in die mittleren Lagen hinauf, fehlt aber auch hier oft. Der Seefrosch scheint mehr dem östlichen und nördlichen Deutschland anzugehören. Im mittleren Teile wird er selten und kommt im Süden anscheinend überhaupt nicht vor. Er stellt eine mehr östliche Form dar, für die der Rhein die westliche Grenze der Ver- breitung bildet. I Die Braunen oder Landfrösche, Ranae fuscae, um- fassen bei uns drei Arten, die der Kenner zwar sofort aus- einanderhält, deren Unterscheidung aber für den An- fänger dagegen nicht immer gleich leicht ist. Ihre Kenn- zeichen gegenüber den Wasserfröschen haben wir früher schon kennen gelernt, so dass wir uns hier auf das Hervorheben der Unterschiede der drei Arten unter- einander beschränken können. Der Gras- oder Taufrosch, Rana muta, Laur., wird 6 bis 8 cm lang und besitzt eine kurze, stumpfe Schnauze sowie eine breite Stirn. Die Schwimmhäute sind fast voll- kommen entwickelt, die Gelenkhöcker an den Zehen nur schwach ausgebildet; der Fersenhöcker ist schwach und weich, er bildet einen länglich-stumpfen Wulst und ist immer kürzer als die Hälfte der Innenzehe. Die Hinterbeine, nach vorn gelegt, erreichen mit dem Fersengelenk kaum 7 au die Schnauzenspitze, bleiben oft sogar noch hinter ihr zurück, die Unterschenkel sind merklich kürzer als die Vorderbeine. Die Längswülste an den Rückenseiten sind nur wenig vorspringend. Die Farbe der Oberseite ist ein ins rötliche und gelbliche, oft auch ins graue, oliven- farbene und schwärzliche übergehendes Braun und meistens von wechselnden dunklen Flecken überzeichnet. Der Ton der Oberseite verwandelt sich nach unten allmäh- lich in das gelbliche, rötlich- oder grauweisse des Bauches. Auf diesem treten in der Regel allerhand rötliche, gelb- liche und bräunliche Flecken oft so zahlreich auf, dass da- durch meistens der Grundton gänzlich zurückgedrängt wird. Die Iris ist glänzend goldgelb. Der Moorfrosch, Rana arvalis, Nilsson, wird nur 4 bis 5, ausnahmsweise auch einmal 6 cm lang, besitzt eine schmälere Stirn als der vorige und eine zugespitzte Schnauze. Die Schwimmhäute der Hinterfüsse sind zart und nur unvollkommen entwickelt, die Gelenkhöcker schwach ausgebildet und der Fersenhöcker stark und hart, seitlich zusammengedrückt (schaufelartig) und immer länger als die Hälfte der Innenzehe. Die Hinterbeine, nach vorn gelegt, erreichen mit dem Fersengelenk eben die Schnauze, die Unterschenkel derselben sind kürzer als die Vorderbeine; die Drüsenwülste längs der Rücken- seite treten auffallend stark hervor. Die Färbung der Oberseite ist im allgemeinen gelblichbraun, geht aber auch ins rotbraune oder — beim Männchen — ins graubraune über. Der Rücken ist oft ungefleckt, oft mit dunklen Flecken und immer mit einem hellen, gelblichen oder bräunlichen, oft schwarz gesäumten, von der Schnauze längs der Rückenmitte nach dem After verlaufenden Band gezeichnet. Die Drüsenwülste sind hell, weissgelb und meistens von dunkel- bis schwarzbraunen Tüpfelchen und Strichen begleitet. Der Bauch ist weiss oder gelblich- weiss und immer ungefleckt. Rana muta, L., Gras- oder Taufrosch Der Springfrosch, Rana agilis, Thomas, erreicht eine Länge von 5 bis 7 cm. Der Kopf erscheint nieder- gedrückt, die Stirn schmal; die Schnauze ist lang, am Ende rundlich zugespitzt und besitzt eine vorgezogene gewölbte Oberlippe. Die Schwimmhäute sind zart und un- vollkommen wie bei der vorigen Art, die Gelenkhöcker stark und knopfartig vorspringend. Der Fersenhöcker ist stark und hart, seitlich zusammengedrückt und bildet einen länglichen Wulst. Die Hinterbeine sind lang und dünn und überragen, nach vorn gelegt, mit dem Fersen- gelenk die Schnauzenspitze immer um ein beträchtliches (bis zu 10 mm), die Unterschenkel sind länger oder in gleicher Grösse wie die Vorderbeine. Die Drüsenwülste längs der Rückenseite sind wenig hervortretend und schmäler als beim Grasfrosch. Die Farbe ist stets merk- lich heller als die der beiden vorbesprochenen Arten Zimmermann: Naturleben. I. Bd. 10 — 146 — und nimmt an den Flanken oft einen grünlichen Ton an. Die hellen Drüsenwülste sind an der Aussenseite meist von dunklen Flecken und Tüpfeln gesäumt und der Rücken mit zwei dunklen Fleckenreihen gezeichnet, die im Nacken zu einer spitzwinkligen Figur zusammen- laufen. Der Bauch ist immer ungefleckt, die Iris in der oberen Hälfte rein goldgelb, in der unteren schwärzlich. — Zu erwähnen ist noch, dass die beiden ersten Arten stets innere Schallblasen besitzen, die letztere aber nicht. Da unsere drei Landfrösche in ihrem Wesen so- wohl wie in ihrer Lebensweise recht viele gemeinsame Züge besitzen, ist es gerechtfertigt, sie hier auch gemein- sam zu betrachten. Im Gegensatz zu den Grünen Fröschen sind die Braunröcke Landbewohner, die das Wasser nur zur Paarungszeit und z. T. auch für die Winterruhe aufsuchen. Den Grasfrosch trifft man während des Sommers oft weit von allen Gewässern entfernt an, der Moorfrosch dagegen zeigt, worauf ja schon der Name deutet, eine besondere Vorliebe für sumpfige und moorige, überhaupt feuchte, von Wassergräben und Tümpeln unterbrochene Lokalitäten. Ebenso ist auch beim Springfrosch die Neigung für feuchte Gebiete eine ausgeprästere als beim Grasfrosch. Die Braunröcke sind gleich ihren grünen Vettern überaus gefrässig und werden sämtlich, wenn ihnen namentlich zur Paarungszeit auch einmal ein kleines Fischehen mit zum Opfer fallen mag, durch das Wegfangen allerhand schädlicher Insekten und Gewürms überaus nützlich. Man braucht nur einmal sehenden Auges die Natur zu durchstreifen — schade nur, dass dies eigentlich recht wenige fertigbringen — und vor- sichtie das Gebaren unseres Grasfrosches zu be- lauschen, um zu erkennen, mit welch’ erstaunlichem Fleiss er der Vertilgung des kleinen, meist so schädlichen Ge- tieres obliest. Da ist eine Schnecke, jener den Gärtnern Rana arvalıs, Nilsson, Moorfrosch so verhasste Schädling, die in sein breites Maul ver- schwindet, dort ist eine Raupe von einem Strauch herab- gefallen, an dessen Blätterwerk sie genagt hat, und die ihm nun zur Beute fällt, da wieder beobachtet er einen dicken Nachtfalter, dessen Raupen oft solche gewaltige Verheerungen an den Nutzpflanzen anrichten, und den er in kühnem Sprunge erhascht, dort wieder räumt er unter einigen der unangenehmen Schmeissfliegen auf, die an einer Stinkmorchel sitzen. Und so treibt er es tagaus, tagein, Stunde für Stunde. Im Springen steht der Grasfrosch hinter seinen Verwandten zurück; der Moorfrosch dagegen tut es den Wasserfröschen gleich und nur der Springsfrosch übertrifft sie alle. Sprünge von 1,5 bis 2 m Weite und ?/, m Höhe sind bei ihm nichts seltenes. Trotz seiner Behendiskeit aber ist er weit ruhiger, geduldiger und gutmütiger als seine Vettern alle; L. v. MEHELY schreibt: „In der Gefangenschaft kann man ruhig nach ihm greifen, ihn streicheln und aufheben, ohne dass er wegsprinst. Die von mir gezeichneten Tiere lagen stundenlang auf 10* — 148 — dem Rücken und liessen sich geduldig gefallen, dass ihre Füsse vorgezogen und zusammengefaltet wurden.“ Das ist ein Wesenszug, den keiner unserer anderen Raniden zeigt. Der Grasfrosch zieht sich ziemlich spät zum Winterschlaf zurück und ist einer der Lurche, der ihn auch am frühesten, oft schon im Februar oder zeitigen März, wieder beendet. Die Winterruhe verbringt er am Grunde der Gewässer, in deren Schlamm er sich einwühlt. Frieren die von ihm aufgesuchten Gewässer während eines strengen Winters einmal aus und ist das Eis von langer Dauer, so kann es sich leicht ereignen, dass er seine Winterherberge überhaupt nicht wieder verlässt: er geht durch Ersticken zugrunde. Der Moor- frosch scheint hinsichtlich der Dauer der Winterruhe mit dem Grasfrosch ziemlich übereinzustimmen, doch verbringen von ihm anscheinend nur die Männchen, die den Weibchen gegenüber übrigens eine grössere Vorliebe für das Wasser voraus haben, die Winterruhe im Schlamme, während die Weibchen in Erdlöchern am Lande den Winter überdauern. Ähnlich liegen die Ver- hältnisse beim Springfrosch. Das wasserliebende Männchen zieht sich in den Schlamm der Gewässer zu- rück, die Weibchen dagegen verbergen sich am Lande unter Wurzelwerk, diehten Moospolstern, Steinen, Erd- schollen, in hohlen Baumstämmen u. dergl. mehr. Das frühe Erscheinen des Grasfrosches aus der Winterruhe lässt ihn auch frühzeitig an das Fort- pflanzungsgeschäft denken. Er ist von unseren Frosch- lurchen der am frühesten laichende. Oft sind die letzten Spuren von Eis und Schnee noch nicht ver- schwunden, und schon hält er liebend das Weibchen umklammert, oft sogar so fest, dass dieses unter seinen Umarmungen erstickt. Die Paarung vollziehen die Tiere gern in grösseren Gesellschaften. Der Laich, der sehr rasch abgeht, so dass in einer Stunde 600 bis 1000 oder — 149 — noch mehr Eier abgesetzt werden, sinkt zunächst zu Boden und steigt nach einigen Tagen, wenn die Gallert- masse aufgequollen ist, wieder an die Oberfläche empor. - Es bildet dann Klumpen von 15, 20 und noch mehr Zenti- meter Durchmesser. Die Eier, die 2 mm im Durchmesser halten und grösser sind als die des Teichfrosches, sind von schwarzbrauner Farbe; ihnen entschlüpfen nach etwa 3 Wochen die anfangs 6 bis S mm langen, nach etwa 2 Monaten aber 3,5 bis 4 cm, selten darüber messenden Larven. Anfangs sehen sie bläulichschwarz aus und färben sich später dunkelbraun, aus welchem Ton heraus sich im Verlaufe der weiteren Entwicklung die Farbe des fertigen Frosches entwickelt. Nach etwa 3 Monaten ist die Verwandlung vollendet; die jungen, etwas über zentimetergrossen Fröschehen verlassen oft in solchen Mengen das Wasser, dass daraus die Sage von dem „Froschregen“ entstanden ist. — Die Laichzeit des Moorfrosches fällt mit der des Grasfrosches ungefähr zusammen oder erfolst nur einige Tage später, die Paarungsvorgänge besitzen bei beiden Tieren ziemliche Ahnlichkeit. Die Eier des Moorfrosches sind kleiner als die seines erwähnten Vetters, und die Larven erreichen auch nicht die Grösse der des Grasfrosches (sie werden höchstens etwas über 3 cm lang). — Die Paarung des Springfrosches soll bei uns etwa 6 bis 7 Wochen später stattfinden; die Eier sind dunkler und kleiner als beim Grasfrosch. — Die Stimme unserer Arten ist nicht be- sonders laut und erreicht auch nicht annähernd die Stärke jener des Wasserfrosches. Das Männchen sowohl wie das Weikchen des Grasfrosches lassen nur zur Paarungs- zeit eine Art Grunzen hören und geben sonst nur im Mo- mente höchster Angst einen quakenden Ton von sich. Die Stimme des Moorfrosches wird als rauher und heiserer, aber doch klarer als die des Grasfrosches geschildert. Ihr ähnlich, aber leiser ist die des Springfrosches. — 10 — Der Grasfrosch ist der verbreitetste und häufigste unserer Raniden und fehlt wohl kaum einer Gegend, einem Orte Deutschlands. Sein sonstiger Verbreitungsbezirk deckt sich so ziemlich mit dem des Wasserfrosches, nur dass er weiter nach Norden geht, dagegen aber im Süden nicht so weit als wie jener vordringt. Der Moorfrosch ist ein Tieflandsbewohner und geht nur längs der Flüsse und Ströme höher in die Gebirge hinauf. Er ist bei weitem nicht so häufig wie der Grasfrosch, da schon das Gebirge seiner Ausdehnung ein Ziel setzt. Am Rhein scheint er die Westgrenze seines Verbreitungs- bezirkes überhaupt zu haben. Der Springfrosch, im Gegensatz zu dem nördlichen Moorfrosch eine aus- gesprochene südliche Art, besitzt den kleinsten Ver- breitungsbezirk und ist in Deutschland überhaupt erst nur an einigen wenigen Orten (bei Strassburg i. E., Würzburg, Traunstein) und dabei stets in wenigen Stücken sefunden worden. — Unsere Kenntnisse über das Vor- kommen des Moorfrosches sowohl wie des Spring- frosches sind überhaupt noch recht unvollkommene, da beide Arten erst in verhältnismässig jüngster Zeit als solche erkannt und von den Grasfröschen getrennt worden sind. LI Die zweite Familie der Froschlurche bilden die Kröten, Dufonidae; Tiere von dickem, plumpem Körper, dessen Oberfläche durch zahlreiche Warzen und Höcker besonders rauh erscheint. Die Beine sind dick, die hinteren nur um ein weniges länger als die vorderen, die Zehen der Hinterfüsse mit unvollkommenen Schwimm- häuten ausgerüstet. Die Augen sind gross, die Pupillen länglich queroval. Über dem äusserlich hervortretenden Trommelfell liegt ein immer scharf ausgeprägter Ohr- drüsenwulst. Die Zunge ist etwa doppelt so lang als breit und hinten ganzrandie. — 1511 — Die Kröten sind in Deutschland durch die Gattung der Erdkröten, Bufo, mit 3 Arten: der Grauen Kröte, Bufo vulgaris, Laur., der Grünen Kröte, Bufo viridis, Laur., und der Kreuzkröte, Bufo calamita, Laur., ver: treten. N 7 Der Rumpf der Erdkröten, Bufo, erscheint rundlich zusammengeschoben und ist oberseits gewölbt, der Kopf ist flach, die kurze Schnauze breit abgerundet. Äussere Schallblasen 'fehlen ihnen völlig, dagegen besitzen die Männchen der Wechsel- und der Kreuzkröte innere Stimmsäcke. Die Tiere stehen an Beweglichkeit nicht nur weit hinter den Fröschen, sondern auch der übrigen Froschlurche zurück, und sind landbewohnende Arten, die nur während der Paarung das Wasser aufsuchen. Die Männchen umklammern während der letzteren die Weib- chen ähnlich wie dies die Frösche tun. Die Eier werden aber nicht wie dort in Klumpen abgegeben, sondern gehen in Schnüren ab, die bei der Erdkröte 3 bis 5, ja selbst 10 m Länge erreichen und einige Tausend Eier enthalten können, bei der Grünen Kröte gegen 3 bis 4 m lang werden und nur bei der Kreuzkröte beträchtlich hinter diesen Massen zurückbleiben; die Larven schlüpfen bereits einige Tage nach dem Ablegen der Eier aus. Die Kröten führen eine nächtliche Lebensweise und halten sich tagsüber an dunklen, feuchten Orten auf. Um die Dämmerungszeit erst werden sie lebendig und sehen der Jagd auf Würmer, Nacktschnecken, nackte Raupen, am Boden sich aufhaltende Insekten u. a. m. nach. Sie sind recht gefrässig und, da ihre Beute sich fast ausschliesslich aus gefürchteten Schädlingen zu- sammensetzt, auch ungemein nützlich und gehören zu den nutzbringendsten Arten der Lurche überhaupt. Es ist nur — 12 — ‘ schade, dass so exakte Untersuchungen, wie sie beispiels- weise über den wirtschaftlichen Wert einzelner Vogelarten vorliegen, nicht auch über die Kröten vorhanden sind, um allen denen, die sie nicht nur schmähen, sondern auch ver- folgen — und ihrer sind es nun einmal noch so viele — die hohe Bedeutung dieser Lurche vor Augen zu führen. Der Landmann und der Gärtner namentlich sollten sich immer bewusst sein, was für treue und zuverlässige Verbündete sie in ihrem Kampfe gegen das grosse Heer der Schädlinge aus dem Reiche der Kleintierwelt in den Kröten besitzen, und sie schonen und schützen, statt sie, wie ich das oft gesehen habe, mit den Füssen fort- zustossen und fortzuschleudern. Aber so ist es immer: unsere treuesten Freunde behandeln wir am schlech- testen! — Mir klagte vor Jahren einmal ein Gärtner in einer kleinen Stadt Sachsens über eine zunehmende, seine Kulturen aufs empfindlichste heimsuchende Scehnecken- plage; meinem Ratschlag, sie durch die Aussetzung von Kröten in den Gärten und Gewächshäusern zu be- kämpfen, stand er anfangs sehr unsympathisch gegen- über, befolgte ihn aber und konnte mir schon nach ver- hältnismässig kurzer Zeit melden, dass das ihm von mir vorgeschlagene Mittel erfolgreich sei. — Die Kröten wer- den gern als „giftig“ verschrieen und die Ansicht, dass sie ihre Verfolger mit „Gift anspritzen“, ist eine weitver- breitete nicht nur in unseren einfachen Volksschichten, sondern beherrscht auch noch viele unserer sogenannten (ebildeten und solche, die gebildet sein wollen. Die Giftigkeit der Kröten ist aber ein unbegründetes und längst widerlegtes Ammenmärchen; das Drüsensekret, das auch die Kröten wie ihre Verwandten fast alle ab- sondern, ist gegenüber dem Menschen recht harmloser Natur und der Urin, den sie, einmal ergriffen, gleich vielen anderen Tieren, abgehen lassen und der viel- leicht die Ursache der Ansicht von dem „Giftanspritzen“ Bufo vulgaris, Laur., Graue Kröte bildet, ist völlig harmlos und ohne alle schädlichen Folgen. Darum, lieber Leser, wirke auch du nach Kräften mit, dass jener krasse, uns wahrlich nicht zum Lobe dienende Unsinn endlich einmal aus unserem Volke verschwinde! u Die Graue, Gemeine oder Erdkröte, Bufo vulgaris, Laur., ist die verbreitetste und häufigste unter ihren Geschwistern und steht auch in bezug auf die Grösse obenan. Denn sie wird 8 bis 12 cm lang und über- schreitet wohl auch einmal diese Grösse, während die Grüne und die Kreuzkröte im Höchstfalle 8 cm messen. Ihr Körper ist breit, plump und in der Mitte ver- breitert, der Kopf kurz und in der Regel breiter als lang, oberseits abgeplattet und zwischen den Augen etwas vertieft. Die Iris der letzteren ist orangegelb bis gold- gelb und im unteren Teil durch einen schwarzen, senk- recht gehenden Strich in 2 Hälften geteilt. Die stark hervortretenden ÖOhrwülste sind gross, 2 bis 3 mal so lang als breit, leicht halbmondförmig und ziehen sich vom Hinterrande der Augen nach der Schultergegend. Am — 14 — Ballen der Vorderfüsse sind zwei ungleich grosse Höcker, an den Fersen der Hinterfüsse zwei weitere, von denen der nach aussen stehende gerundet, der innere dagegen mehr länglich ist und stark hervortritt. Die Hinterfüsse besitzen unvollkommene, aber immer bis zur Mitte der Zehen reichende Schwimmhäute. Die Haut ist rauh und besonders reich an Drüsen, Warzen und Höckern. Die Hauthöcker sind auf ihrem Scheitel oft verhornt und tragen einen zugespitzten Dorn, eine Erscheinung, die namentlich bei der Varietät spinosus auffallend zur Geltung kommt. Die Oberseite der Tiere ist von graubraurer, bald ins asch- und schwärzlichgraue, bald ins oliven- srünliche übergehender Farbe, die an den Seiten oft hellere Töne annimmt und dadurch allmählich in die weissgraue oder gelbgraue, beim Weibchen dunkelgrau sefleckte Unterseite übergeht. Oberseits erscheinen zu- weilen braune bis schwärzliche Flecken und Streifen sowie rötlich gefärbte Warzen. | Die Erdkröte übertrifft mit ihrem Verbreitungsbezirk den des Grasfrosches noch um ein beträchtliches, indem sie vor allem weiter südwärts vordringt. In Deuschland fehlt sie nirgends, sie ist dem Tieflande eigen, bewohnt die Mittelgebirge und steigt selbst in die Hochgebirge empor, wo man sie noch in Höhen von über 2000 m ge- funden hat. Sie hält sich an dunklen und feuchten Orten auf und kommt, obwohl sie Dämmerungs- und Nachttier ist, auch einmal tagsüber nach einem warmen Regen zum Vorschein. Ihre Bewegungen sind langsame; sie bleibt gern lange an einem Fleck sitzen und mitunter auch plötzlich über dem Gehen ohne ersichtliche Ursache stille stehen, um längere Zeit in der dabei eingenommenen Stellung zu verharren. Über ihre Nahrung haben wir näheres schon gehört; erblickt sie ein Beutetier, so beleben sich ihre Augen, der Körper richtet sich empor, und mit einer gewissen Behendiskeit läuft sie auf die — 15 — auserkorene Beute zu. Ist sie nahe genug an dieselbe herangekommen, so hält sie im Gehen inne, prüft die Distanz zwischen sich und ihrem Opfer und fährt dann blitzschnell mit der Zunge auf dasselbe zu. An dieser klebt das Tier fest, es wird ebenso rasch, wie es ergriffen worden ist, in das Maul eingeführt und unter beständigem Schliessen und Öffnen der Augen verschluckt. Ist das Beutetier ein grosses, so dass es zum Maule heraushängt, so helfen abwechselnd die Vorderbeine mit, es sicher in den Mund einzuführen. Im September oder Oktober zieht sich die Graue Kröte in ihre Winterherbergen, die in Erdhöhlen, unter Steinen, Mauern und Wurzelwerk, in Schlamm und an anderen Orten mehr gelegen sind, zurück. Bei den älteren Tieren geschieht das in der Regel früher, als bei jüngeren, die man oft anfangs November und später noch im Freien antrift. Das Ende der Winterruhe fällt in den März, nach ihrem Abschluss verschreiten die Tiere ungesäumt zur Paarung, bei der es von seiten der Männchen besonders erregt und heissblütig zugeht und die die Tiere‘ meist gesellig vommehmen. Der Laich wird vom Weibchen absatzweise in Schnüren ab- segeben und lose um Wasserpflanzen, Holz u. dgl. mehr ge- wickelt. In starkbesuchten Gewässern verwickeln sich die Eischnüre vieler Tiere oft zu wirren und grossen Knäueln. Die Eier sind klein, etwa 1 bis höchstens 2 mm gross (natürlich wie bei allen derartigen Angaben ohne die Gallerthülle gemessen) und von braunschwarzer Farbe. Die 5 bis 6 mm langen Larven verlassen die Eier nach dem 10. bis 12. Tag, sie wachsen in der etwa 3 Monate dauernden Entwicklungszeit bis auf fast 3 em heran. Ihre Farbe ist in allen Entwicklungsstufen ein gleich- mässiges tiefschwarz, ein wirksames Unterscheidungs- merkmal gegenüber den zu gleicher Zeit zu beobachten- den Larven des Grasfrosches. Die jungen entwickelten — 156 — Kröten messen 8 bis 12 mm, sind noch tiefdunkel gefärbt und verlassen gleich denen des Grasfrosches oft in un- sezählten Hunderten und Tausenden das Wasser. U Die Grüne- (oder auch Wechsel-) Kröte, Bufo viridis, Laur., steht an Grösse hinter ihrer eben kennen gelernten Schwester zurück, denn sie wird nur 7 bis 8 cm lang. Sie ist weniger plump als wie diese und in ihrem ganzen Wesen auch lebhafter als ihre beiden Gattungsgenossinnen. Die Haut erscheint weniger warziger, die Warzen und Drüsen sind mehr in Gruppen zu- sammengestellt und klein bis mittelgross; einzelne von ihnen tragen auf ihrem Scheitel gelbliche, durchschei- nende Hornhöcker. Die Ohrdrüse ist Nach und schmal, walzig oder nierenförmig und reicht mit dem hinteren Ende bis hinter die Achsel. Die Zehen der Hinterfüsse sind durch halbe bis zwei Drittel Schwimmhäute mit- einander verbunden; an dem Fersengelenk befindet sich je ein einzelner, ziemlich grosser und länglicher, stark hervortretender Höcker. Die Hinterbeine sind schlanker als die der Erdkröte, etwa doppelt so lang als die vorderen und reichen, nach vorn gelegt, mit der längsten Zehe über die Schnauze hinaus. In bezug auf Färbung und Zeichnung ist die Grüne Kröte die schönste unter ihren Gattungsgenossen. Die helle grünlichgraue bis ledergelbe, weissliche oder graue Oberseite ist mit sammet- und grasgrünen Flecken gezeichnet, von denen sich feine schwarzgrüne Punkte und — namentlich an den Seiten und am Halse — rote Wärzchen abheben. Die Unterseite ist grau- oder gelblichweiss und beim Weibchen häufig, beim Männchen weniger häufig mit grünlichen oder grauen Flecken gezeichnet. Die Iris ist auf leuchtend grünem oder gelbem Grunde schwarz gesprenkelt. Bufo vulgaris, Laur., Graue Kröte Die Grüne Kröte ist lebhafter als ihre graue Schwester und infolge ihrer längeren Hinterbeine zu froschähn- lichen, hüpfenden Bewegungen imstande. Sie hat eine grosse Vorliebe für das Wasser und hält sich nicht nur nach der Paarungszeit etwas länger in dem feuchten Element auf, sondern besucht dasselbe ab und zu auch im Laufe des Sommers, wählt daher ihre Aufenthalts- orte auch gern in der Nähe der Gewässer. Obwohl Dämmerungs- und Nachttier, kann man auch unsere Art an regnerischen, gewitterschwülen Tagen ausserhalb ihrer Verstecke antreffen. Der Winterschlaf währt in der Regel vom September oder Oktober bis in den April, wohl gar auch bis in den Mai hinein, die Paarung erfolgt daher, obwohl die Tiere sofort nach Beendigung der Winterruhe dazu vorschreiten, später als bei der Grauen-, dagegen früher als bei der Kreuzkröte. Um die Paarungszeit kann man auch ihre Stimme ver- nehmen, die von allen Froschlurchen die modulations- — 158 — fähigste ist, und die PALLAS mit den Tönen vergleicht, die entstehen, wenn man Luft durch eine Röhre in Wasser bläst. Die Paarung und Eiablage erfolgt wie bei der Grauen Kröte; die Eier, aus denen unter günstigen Umständen schon nach 4 Tagen die 3 bis 4 mm langen Larven schlüpfen, ähneln denen der Grauen Kröte auf- fallend, sind aber etwas kleiner als wie diese. Die Larven sind einfarbig dunkel gefärbt und nähern sich gleichfalls denen der anderen Kröten, erhalten aber schon nach dem Erscheinen der Hinterbeine eine hellere Färbung, wachsen rascher und werden grösser. Die Entwicklung dauert etwa 3 Monate. Die Grüne Kröte ist bei uns bei weitem nicht so häufig als wie die Graue Kröte und gibt auch dem Flach- und dem Hügellande den Vorzug vor Gebirgen, in denen man sie seltener antrifft. Sie hat zwar einen sehr aus- gedehnten Verbreitungsbezirk, ist aber eine mehr öst- liche Form, die sich allerdings auch in Südeuropa und Nordafrika findet. ex Im Gegensatz dazu ist die Kreuzkröte, Bujo calamita, Laur., nur auf den Westen beschränkt. „Es hat den Anschein,“ sagt DÜRIGEN, „als ob Frankreich den Knotenpunkt der Verbreitung bildet und die Kröte sich von da aus nach allen Seiten hin (nur nicht über die Alpen nach Italien) gezogen habe.“ In Deutschland schliesst sie westlich des Rheines ihre grüne Gattungsgenossin aus, kommt dann weiter mit dieser gemeinsam vor und überlässt ihr schliesslich östlich der Weichsel allein das Land. Ihre Länge beträgt 5 bis 8 cm, ihr Körper ist plumper als der der Grünen Kröte, mit der sie früher als eine Art angesehen wurde, und kommt dem der Grauen Kröte vielnäher als dem der grünen, der Kopf ist breiter als — 159 — lang und die hohe Schnauze vorn stumpf abgerundet. Die Ohrwülste treten nur wenig hervor, sie sind kurz und abgerundet dreieckig. Die Hinterbeine besitzen nur in den Zehenwinkeln eine kurze Schwimmhaut, sie sind sehr kurz und reichen, nach vorn gelegt, mit der Spitze der längsten Zehe höchstens bis zum Ende der Schnauzen- spitze. An den Fersen der Hinterfüsse befinden sich je ein Paar rundliche Höckerchen. Die Hautwarzen stehen vereinzelt und sind ohne jede hornigen Höcker, treten dafür aber auch auf der Unterseite auf. Die Farbe der Oberseite ist ein grünliches oder gelbliches Grau, das aber meistens ins dunklere olivengrüne und olivenbraune und, vorzugsweise beim Weibchen, ins gelbliche, rötliche und rotbraune übergeht; die Unter- seite ist weisslich oder weissgrau und meist mit schwärz- lichen Flecken übersät. Auf der Oberseite treten dazu noch eine grüngraue, grünbraune bis schwärzliche Mar- morierung sowie rote Warzenpunkte, während vom Kopf längs des Rückgrates bis zum After ein schwefelgelber, etwas vertiefter Streifen läuft. Die Kreuzkröte liebt ähnliche Orte wie ihre grüne Schwester, und gräbt sich, wie ihre. beiden anderen Gattungsgenossinnen auch, nicht selten ihre Schlupfwinkel selbst. Eine Fähigkeit hat sie ihnen aber voraus und das ist die, zu klettern. Sie ist dadurch in den Stand gesetzt, an Felsen und Mauern emporzusteigen, die jenen unzugänglich sind. Beim Klettern presst sie die Zehen- spitzen fest in die Ritzen und Fugen ein und drückt den hinteren, warzigen Teil des Bauches, der durch seine Drüsenabsonderungen besonders klebrig ist, oder die Weichen fest an den zu erklimmenden Gegenstand an. Beim Graben wühlt sie zunächst, rückwärts gehend, mit den Hinterfüssen die Erde fort, um sich in grösserer Tiefe umzudrehen und mit den Vorderfüssen weiter- zugraben, mit den Hinterbeinen aber die Erde heraus- — 160 — zuschleudern. Auf diese Weise kann sie sich in verhält- nismässig kurzer Zeit metertief einwühlen. In ihren Be- wegungen ist sie bei weitem nicht so gewandt, wie die Grüne Kröte; sie erscheinen infolge der kurzen Hinter- beine humpelnd und täppisch. Ihren Verfolgern sucht sie sich durch schnelles Eingraben oder Aufdrücken auf den Boden zu entziehen; glückt ihr das nicht, so läuft sie eilig in gerader Richtung davon, hält aber plötzlich wieder inne, und wiederholt das Spiel, selbst wenn sie ihren Feind noch gewahrt, immer wieder von neuem. Zu ihrem Winterschlaf, für den sie sich die Herberge oft selbst gräbt, zieht sie sich frühzeitig, im September oder Oktober, zurück und beendet ihn auch nie vor Ende März, erscheint häufiger sogar erst Mitte April. Die Stimmen der paarungslustigen Männchen hört man vom April an, die Paarung selbst aber findet später als bei anderen Kröten im Mai und Juni statt. Die Vorgänge dabei sind die bekannten, ausgenommen, dass sie hier nur während der Nacht stattfinden. Die Larven ver- lassen die Eihülle sehr rasch und wachsen auch rasch zu ihrer vollen Grösse, 2 bis 3 cm, heran. u Die dritte Familie der Froschlurche bilden die Baumfrösche, Aylidae, froschartige Tiere von glattem Rücken und warzigem Bauch, mit scheibenförmigen Haft- ballen an sämtlichen Zehen und fehlenden Ohrdrüsen. Sie sind in Deutschland durch die Gattung Laub- frosch, Ayla, mit nur einer Art, dem Europäischen Laubfrosch, Ayla arborea, L., vertreten. 7 Der Laubfrosch, Hyla arborea, L., ist wohl der bestgekannteste unserer Lurche und — was sich von keiner anderen Art behaupten lässt — ein ausge- sprochener Liebling unseres Volkes, sogar des weiblichen — 161 — Teiles, geworden. In mehr oder weniger kunstvoll ge- arbeiteten gläsernen Häuschen oder auch in blossen mit Gaze verschlossenen „Einmachegläsern“ ist er in vielen Häusern zu finden und wird befragt, wenn „Mutter Wäsche hat oder Vater mit seinen Kegel- oder Skat- brüdern eine Landpartie plant.“ Denn er gilt als „be- währter“ Wetterprophet, obschon auf ihn ebensowenig Verlass ist, wie auf Wetterpropheten und Wetteranzeiger sämtlich. Sein Halten im Hause artet aber vielfach zu einer ganz gewöhnlichen Quälerei aus; der Behälter mit ihm wird meistens in ein recht sonniges Fenster gestellt und hier kann sich nun das arme Tierchen nicht vor den quälenden Sonnenstrahlen schützen, es geht vielfach elendiglich zugrunde An seinem Tode liegt ja auch nicht viel, denn im nächsten Geschäft bekommt man ja schon für 10 oder 20 Pfennige wieder einen neuen! Der Körper des Laubfrosches ist mässig schlank, auf dem Rücken gewölbt und unterseits glatt und verengt sich merklich vor den Hinterschenkeln. Der Kopf ist breiter als lang und verläuft in die abgerundete Schnauze. Die Augen sind gross, hervorquellend, das Trommelfell ist deutlich sichtbar und fast kreisrund. An der Kehle ist eine querlaufende, schlaffe Hautfalte zu sehen, zu der beim Männchen noch die äussere, in luftgefülltem Zu- stande kopfgrosse Schallblase tritt. Die Zunge ist rund- lich und hinten schwach ausgerandet. Die Vorderbeine sind um Rumpflänge, die Hinterbeine um ein viertel bis ein drittel der letzteren länger. Die Zehen der V orderfüsse sind viel kürzer, die der Hinterfüsse mit längeren, etwa ?/; bis *, der Zehenlänge erreichenden Schwimmhäuten versehen und tragen an ihren Enden stets tellerförmige Saugnäpfehen. Die Länge des Tieres beträgt bei uns 3,5 bis 4 cm und erreicht in südlichen Gegenden auch 5 cm. Die Farbe, die sich beim Laubfrosch ungewöhnlich rasch ändern kann, ist im allgemeinen oberseits ein Zimmermann: Naturleben. I, Bd. 11 . — 12 — frisches, lebhaftes Blattgrün, das von dem Gelblichweiss der Unterseite durch einen vom Nasenloch über das Trommelfellnach den Hinterbeinen verlaufenden schwarzen Streifen abgegrenzt wird. Die Kehle des erwachsenen Männchens erscheint olivenfarben, schwarzbraun oder schwärzlich, die des Weibchens ist immer weisslich. Der Farbenwechsel, den in so ausgeprägtem Masse keiner von unseren anderen Lurchen zeigt, erfolgt durch das schon früher erwähnte Wandern der Farb- und Pigment- zellen innerhalb der Haut; er kann von dem Tiere aber niemals willkürlich hervorgerufen werden, sondern ist ein rein mechanischer vom Willen unabhängiger Vorgang, steht aber mit den verschiedenen Eindrücken, die auf das Auge des Tieres, auf den Tastsinn usw. einwirken, in ursächlichem Zusammenhang. So kann das frische Grün seines Körpers je nach dem Aufenthaltsort, dessen Färbung und Belichtung,‘ nach Temperatur und Luft- druck, nach den Nahrungs- und Wasserverhältnissen in ein Gelbgrün, Blaugrün, Graugrün, Silbergrau, Blau, Gelb und Graubraun übergehen, der Ton kann dabei einfarbig, gefleckt und marmoriert erscheinen. Der Verbreitungsbezirk des Laubfrosches deckt sich ungefähr mit dem des Teichfrosches; er fehlt aber in allen Hochgebirgen, Wüsten und Steppengegenden. In Deutschland sucht man ihn fast nirgends vergebens; er bevorzugt allerdings das Tief- und Hügelland vor den Gebirgen, steigt in die mittleren Lagen derselben aber auch »mpor und meidet nur ihre rauhen Höhen und Kämme. Seine Aufenthaltsorte wählt er sich, obzwar man ihn weit von jedem Wasser antreffen kann, doch gern in der Nähe stehender und fliessender Gewässer. Während des Sommers sucht er das nasse Element allerdings nur ausnahmsweise auf, steigt aber an warmen Abenden kurz nach Beendigung des Laichgeschäftes gern noch einmal in dasselbe hinab, um aus dem Schilfe heraus Hyla arborea, Laur., Laubfrosch seine Stimme ertönen zu lassen. Wiesen und Felder, Waldränder, Laubgehölze, Gärten, Parks usw. bilden seine bevorzugten Standorte; er klettert hier in das Laubwerk der Sträucher und Bäume, oft bis zu den höchsten Spitzen, hinauf oder klimmt an Gras, Getreide und Stauden empor und sitzt hier tagsüber, anscheinend wie schlafend, fest angeklebt. Kein vorüberfliegendes In- sekt aber entgeht ihm, mit raschem, genau abgemessenem Sprunge weiss er es zu erhaschen. Beim Zuspringen klappt er die Zunge heraus, auf dessen klebriger Ober- fläche das Beutetier haften bleibt. Da ihm die heissen Sonnenstrahlen nieht angenehm sind, hält er sich während der warmen Tagesstunden auch meist im Schatten der Blätter auf und wird erst richtig lebendig zur Abend- zeit. Rauhes Wetter und kalte Winde sagen ihm nicht u — 164 — zu, er sucht vor ihnen Schutz unter Steinen, in Mauer- lücken, hinter loser Baumrinde und in hohlen Bäumen. — An seinen Aufenthaltsorten ist er nicht immer leicht zu entdecken, die genaue Übereinstimmung seines Körper- grünes mit dem Grün der Pflanzen, auf denen er sich auf- hält, machen ihn „unsichtbar“ und nur ein durch lange Beobachtung geschärftes Auge wird ihn immer gewahr. Die Winterruhe tritt er, wenn rauhe herbstliche Winde ihm den Aufenthalt an seinen gewohnten Stand- orten verleiden, in der Regel im Oktober an. Er sucht dazu Unterkunft in hohlen Bäumen, Erdlöchern, Mauer- spalten, unter Steinen, Laub, Dünger u. a. m. und ver- lässt die Winterquartiere erst wieder gegen Ende April oder anfangs Mai. Die Männchen kommen früher zum Vorschein als die Weibchen und suchen alsbald ein klares, stehendes oder nicht rasch fliessendes, am liebsten mit Gebüsch umstandenes Wasser auf, aus denen heraus man des Abends ihre „Liebeslieder“ hören kann und in die ihnen die Weibchen nach 6 bis 10 Tagen nachfolgen. Die Paarung ist keine so lebhafte wie die der anderen Froschlurche. Die Männchen umfassen das Weibchen mit der geballten Faust in der Achselhöhle und halten es einen oder mehrere Tage umschlungen, worauf die Abgabe und Befruchtung des Laiches erfolgt, ein meist nächtlicher, sich binnen weniger Stunden vollziehender Vorgang. Die Zahl der Eier beträgt 800 bis 1000, sie messen 1 bis 1,5mm im Durchmesser und sind von schwarz- gelber bis gelblichweisser Farbe. Das Absetzen ge- schieht in unregelmässigen, zu Boden sinkenden oder an Wasserpflanzen haften bleibenden Klumpen. 10 bis 14 Tage nach dem Laichen entschlüpfen den Eiern die Larven, die 7 bis 8 mm messen also zu den am grössten auskommenden zählen — und sich durch einen langen, fischartigen Schwanz und ihre gelbe Farbe von anderen Larven leicht unterscheiden lassen. Mit zunehmender Pelobates fuscus, Laur., Knoblauchskröte Entwicklung treten grüne, von Goldglanz überzogene Töne auf, die sich schliesslich, wenn die Larven mit etwa 3 bis 4 cm ihre grösste Länge erreicht haben, in ein reines Grün verwandeln. Anfang und Mitte August, zu- weilen auch gegen Ende dieses Monats ist die Entwick- lung abgeschlossen, die jungen Frösche verlassen als 13 bis 18 mm lange Tierchen das Wasser. u Den Baumfröschen schliesst sich die Familie der Froschkröten, Pelobatidae an, die in Deutschland durch die Gattung der Landunken (oder Wühlkröten), Pelobates, vertreten wird. IR Im allgemeinen sind die Froschkröten mehr frosch- als krötenartig gebaut, wennschon sie plumper und breiter als die eigentlichen Frösche erscheinen. Der Kopf ist meistens kurz, die Schnauze bald spitzer, bald stumpfer, die Pupille senkrecht gespalten. Die Zunge istrundlich und hinten kaum ausgeschnitten, das Trommel- fell liegt unter der Haut verborgen und Ohrdrüsenwülste — 16 — sind nicht ausgebildet. Die Haut ist glatt und zart, die Zehen sind mit einfachen Endgliedern versehen. Die Tiere dieser Familie führen meist eine sehr versteckte Lebens- weise und halten sich teils im Wasser, teils auf dem Lande und in letzterem Falle tagsüber meist in Erd- höhlen verborgen auf. Die Vertreter der einzigen Gattung charakterisieren sich durch den kurzen, breiten Kopf und die abgerundete, abschüssige Schnauze. Die Pupille ist senkrecht oval. Die Zehen der Vorderbeine sind ohne, die der Hinterbeine dagegen durch bis zur Spitze reichende Schwimmhäute verbunden. Am Fersengelenk steht stets ein grosser und starker, schaufelartiger und mit einem scharfen Hornkamm versehener Höcker, der den Tieren beim Graben vorzügliche Dienste leistet. IR Die in Deutschland lebende Art der Gattung Pelo- bates ist die Knoblauchs- oder auch Wühlkröte, Felobates fuscus (Laur.). Zu ihren sich aus der Schil- derung der Gattung ergebenden Artkennzeichen sei hier noch folgendes bemerkt. Sie wird 5 bis 7, ausnahms- weise gegen 8 cm lang und besitzt Beine, von denen die vorderen die Rumpflänge nicht erreichen, die hin- teren aber, nach vorn gelest, um ein merkliches über die Schnauze hinausragen. Der glatten Haut fehlen alle Warzen und nur in der After- und Weichengegend treten kleine Höckerchen auf, während der Rücken bei manchen Tieren kleine, kaum wahrnehmbare Haut- erhebungen besitzt. Die Farbe der Oberseite ist ein helleres oder dunkleres Grau oder Braun, das oft einen gelblichen oder bläulichen Schein annehmen kann und mit kastanien- braunen bis schwärzlichen Flecken, sowie besonders an den Seiten und Schenkeln mit roten Punkten und Tüpfel- chen gezeichnet ist. Die Unterseite ist immer weisslich, einfarbig oder grau gefleckt. Pelobates fuscus, Laur., Knoblauchskröte, im Begriff, sich einzugraben Die Knoblauchskröte ist ein echtes Tier der Tief- ebene und bewohnt das mittlere, nordöstliche und öst- liche Europa und ähnelt in ihrer Verbreitung auffallend dem Moor- und dem Seefrosch. In Deutschland be- wohnt sie hauptsächlich die norddeutsche Tiefebene und hier namentlich das Gebiet der Elbe, Oder und Weichsel. Sie folgt den grossen Flussthälern aufwärts und verbreitet sich von diesen auch in die Gebiete der Nebenflüsse. In Süddeutschland ist sie seltener und fehlt hier dem Königreich Württemberg ganz. Sie ist, obwohl ihre wohlausgebildeten Schwimm- häute auf ein Wasserleben hindeuten, ein echtes Land- tier und verlässt das Wasser, in dem die Begattung er- folet, doch sofort nach erledister Paarung. Sie lebt sehr verborgen — ein Umstand, der sie uns allzu leicht der Beobachtung entgehen lässt — und hält sich tags- über stets in meist selbstgegrabenen Erdlöchern auf, die sie nur des Nachts, nicht auch schon, wie andere Kröten, bei anbrechender Dämmerung verlässt. Es ist — 18 — interessant, sie beim Eingraben, das stets rückwärts er- folgt, zu beobachten. „Mit einer unglaublichen Be- hendigkeit und Geschwindigkeit,“ so zitiert DÜRIGEN C. BRUCH, „stossen sie die Erde hinter sich nach bei- den Seiten hinweg, indem sie stets mit dem Hinter- teil vorrücken und dasselbe bald nach rechts, bald nach links, nach Massgabe des gewonnenen Raumes, nach- schieben.“ Auf diese Art entschwindet sie bald den Blicken; ich habe beobachtet, dass sie dazu selbst bei härterem Erdreich selten mehr als höchstens 3 Minuten braucht, in lockeres oder in Sand dagegen sich in kaum Minutenfrist einwühlt. Ergreift man sie, so bläht sie sich auf und erscheint dadurch breiter als lang und soll dabei auch einen besonders zur Laichzeit auffal- lenden knoblauchartigen Geruch von sich geben. Ich habe aber, selbst zur Paarungszeit, diesen Geruch nie an den Tieren bemerkt. In ihren Bewegungen zeigt die Knoblauchskröte eine ziemliche Gewandtheit und übertrifft darin die echten Kröten stets; sie ist auch imstande, gut und rasch zu hüpfen. Die Nahrung kommt derjenigen der übrigen Kröten gleich, sie besteht in Insekten und allerhand anderen kleineren, schädlichen Tieren. Sie schliesst sich daher in bezug auf ihren wirtschaftlichen Wert, ihren Nutzen, auch eng an die echten Kröten an. Im September zieht sie sich stets einzeln in eine selbstgegrabene Erdhöhle zum Winterschlaf zurück, kommt aber frühzeitig, mitunter schon ausgangs Februar, sonst aber im März, aus ihr zurück und sucht, das Männchen meist früher als das Weibchen, ein Gewässer für das Fortpflanzungsgeschäft auf. Der Paarungsvor- gang ist ein stürmischer, meist aber weniger innig und auch kürzer als bei manchen anderen Froschlurchen; er kann in einer Nacht schon beendet sein und währt in den längsten Fällen nie länger als 2 bis 4 Tage; — 169 — das Weibchen wird dabei vom Männchen an den Hüften umfasst. Der Laich wird in einer kurzen, wohl selten über 40 cm langen Schnur. abgegeben und ist durch seine bedeutende bis über 1 cm betragende Stärke leicht von den Eischnüren anderer Arten zu unterscheiden. Die Eier, einige Hundert bis Tausend, messen etwa 1 mm und sind von braunschwarzer Färbung. Die Larven verlassen bereits nach 7 bis 9 Tagen die Ei- hülle und sind zu dieser Zeit etwa 4 bis 6 mm lang. Das ursprüngliche dunkle Braun derselben geht mit fortschreitendem Wachstum in ein helleres Olivenbraun über. Die Grösse der Larven im ausgewachsenen Zu- stande ist eine recht beträchtliche, sie erreicht 8 bis 10, wohl auch 10 bis 13 und unter besonders günstigen Umständen sogar 15 bis 17 cm; eine Länge, die von den Larven keiner anderen Art erreicht wird. Der be- deutenden Larvengrösse entspricht auch die Grösse der Jungen, die beim Verlassen des Wassers etwa 3 cm messen. IR Die letzte Familie der Froschlurche, die der Scheibenzüngler, Discoglossidae, umfasst krötenartige Tiere von warziger Hautoberfläche. Sie zerfällt in zwei Gattungen, nämlich in die Wasserunken, Bombinator, und in die Fessler, Alytes. U Die Wasserunken, deren krötenartiger Körper doch schlanker und flacher erscheint, als bei den echten Kröten, zeichnen sich durch eine besonders warzige Haut aus und sind an den Hinterfüssen mit Schwimm- häuten ausgerüstet, die beim Männchen vollkommene sind, beim Weibchen aber nur Zweidrittel der Zehen- länge erreichen. Der Kopf ist platt mit abgerundeter Schnauze, die Augen stehen nahe beisammen und treten — 170 — stark hervor, die Pupille steht senkrecht und erscheint dreieckig. Die beiden deutschen Arten der Gattung Wasser- unke, die Gelbbauch- oder die Bergunke, Bombinator pachypus, Bonap., und die Rotbauchige Unke, Bom- binator igneus, Laur., wollen wir hier zusammen be- trachten, da sie, obzwar ohne sonderliche Mühe leicht auseinanderzuhalten, in ihrem Wesen und ihrer Lebens- weise doch so viele gemeinsame Züge aufweisen, früher auch als nur eine Art aufgefasst worden sind. Die Gelbbauchige Unke wird 4 bis 4,8 cm lang und erscheint gedrungener gebaut, als die etwas schlankere rotbauchige Art; ihr Kopf ist niedrig, auffallend abge- flacht und kürzer als in seinem hinteren Teile breit, die Schnauze kurz und breit abgerundet, die Zunge rund und mit ihrer unteren Fläche in der Mundhöhle festgewachsen. Die Beine sind kräftig gebaut, die vorderen dabei halb so lang als der Rumpf, während die hinteren diesen an Länge merklich übertreffen und nach vorn gestreckt mit der Spitze der längsten Zehe weit über die Schnauzenspitze hinausragen. Die Haut der Oberseite ist mit zahlreichen grossen und kegel- förmigen, einzeln stehenden oder zu Haufen gruppierten Warzen besetzt, deren Spitze (namentlich zur Paarungs- zeit) mit kleinen, schwarzen, am Grunde hellen Horn- stacheln besetzt ist. Die Oberseite des Gelbbauches ist schmutzig olivengrau, oft ins gelbliche spielend, sraugrün, aschgrau oder grau gefärbt und meistens mit kleinen, undeutlichen dunklen Flecken gezeichnet. Die Unterseite enthält auf weisslich- bis schwefel- oder orangegelbem Grunde unregelmässige schwärzliche bis blaugraue Flecken. Demgegenüber erscheint die Rotbauchige Unke oberseits von dunkel-, oliven-, asch- oder braungrauer ‘arbe, von der sich deutlicher kleinere schwarze, un- Bombinator igneus, Laur., Rotbauchige Unke am Rande eines Tümpels Nur der Vorderkörper ragt über den Wasserspiegel hervor regelmässig stehende oder oft auch zu Reihen ange- ordnete Flecken abheben. Die Unterseite ist lebhaft orange- bis scharlachrot gefärbt und unregelmässig stahl- blau bis blauschwarz gefleckt und dazu mit eingestreuten weissen Punkten gezeichnet. Während bei der gelb- bauchigen Unke auf der Unterseite das Gelb vorherrscht, tritt bei dem Rotbauch das Orange bis Scharlachrot hinter dem Stahl- bezw. Blauschwarz meistens so auf- fallend zurück, dass das letztere die Grundfarbe zu bilden scheint. Sonst unterscheidet sich die Rotbauch- unke von der Bergunke noch durch ihren schlankeren Körperbau und ihre etwas geringere Grösse; sie wird nur bis höchstens 4,5 cm lang. Die Beine sind dünner und schlanker als bei jener, die Haut glatter als bei der Bergunke und die diese besetzenden Warzen spär- licher vorhanden und auch kleiner ausgebildet. Sie erreichen auch nicht die kegelförmige Gestalt, sind viel- mehr abgeflacht und statt mit Hornstacheln mit rinden- artigen, dunklen Hornhöckerchen besetzt. Die Haut des Gelbbauches ist unterseits nur mit ganz flachen Hornhöckerchen besetzt und erscheint daher auch nur wenig uneben, fast glatt, die der Rotbauchunke bietet sich ähnlich dar, nur dass bei ihr die Hornhöckerchen noch flacher, dafür aber dichter gesät sind. — Während die Gelbbauchunke eine westliche bis südliche Form ist und dem Berg- und Hügellande den Vorzug gibt, ist der Rotbauch eine ausgesprochene nördliche bis östliche, die Tiefländer bezw. die Ebene bewohnende Art. Der Verbreitungsbezirk der ersteren umfasst die westlichen und südlichen Länder unseres Erdteiles und in unserem Vaterland den ganzen Süden und das hügelige und gebirgige Mittel- und Nord- deutschland, die letztere dagegen bewohnt Dänemark, Südschweden, Mittelrussland und kommt in Deutschland im norddeutschen Flachland vor. In Österreich kennen wir sie aus Böhmen und Niederösterreich, sie verbreitet sich von hier aus noch über Ungarn, Siebenbürgen und Rumänien. Doch sind wir über die genauen Ver- breitungsgrenzen beider Arten bei weitem noch nicht mit wünschenswerter Klarheit unterrichtet. — Unsere beiden Unken sind auf das Wasser ange- wiesen und halten sich mit Ausnahme der Zeit der Winterruhe ausschliesslich in diesem auf, kurze, nach Stunden berechnete Zeiten abgerechnet, wo sie sich meist nahrungsuchend am Ufer umhertreiben. Freilich meiden sie alle ausgedehnteren Teiche und Seen; kleine Weiher und Teiche mit abgestorbenen, modernden Pflanzenresten am Grunde, Tümpel, Lachen und Wasser- ansammlungen in Steinbrüchen und Gruben, Brüche, Torf- und Moorlöcher, Wassergräben, ja sogar Mist- pfützen in Dörfern wählen sie zu ihren Aufenthalts- — 13 — orten. Nur die Bergunke geht auch einmal in ein kleineres fliessendes Gewässer und kommt in Gebirgs- gegenden sogar auch in klaren und kalten Quellen vor. In der Regel liegen sie, den Körper flach zusammen- gedrückt auf dem Wasserspiegel oder sitzen zwischen Wasserpflanzen, nur mit dem Kopf aus dem Wasser ragend. Bei drohender Gefahr verschwinden sie eiligst in die Tiefe der Gewässer und suchen sich am Grunde zu verbergen. Überrascht man sie am Lande, so artet ihre Flucht in ein ungeschickt aussehendes, eiliges und überhastetes Forthüpfen aus, das, wenn sie das rettende Wasser nicht mehr erreichen können, in der Regel da- mit endet, dass sie entweder den Kopf zurückbiegen und die Vorderbeine über den Hals legen oder sich auf den Rücken werfen. Ihrer Nahrung gehen sie hauptsächlich des Morgens und Abends nach. Regen- und andere Würmer scheinen ihre Lieblingsnahrung zu bilden; hat eine Unke einen solchen erblickt, so hüpft sie mit allerhand Kapriolen auf ihn zu und überkugelt sich in ihrem Eifer dabei oft. Das Verschlingen geschieht unter auffallenden Schluckbewegungen und Schliessen der Augen; ist das Nahrungstier verschluckt, so wird mit den Vorderfüssen das Maul abgewischt. Die Stimme der Unke ist keine unangenehme und von derjenigen anderer Lurche sofort zu unterscheiden. Sie klingt, wenn eine grössere Anzahl der Tiere ihr Lied anstimmt, sehr melodienreich, und lässt sich mit der einfachen, aber in den verschiedensten Variationen und Tonabstufungen vorgetragenen Silbe „unk“ wiedergeben. Ihren Winterschlaf verbringen die Unken gesellig oder mit anderen Kröten am Lande unter Baumwurzeln, Moos und Steinen, in Erdlöchern u. a. m. Sie verlassen dazu in der Regel im Oktober ihren gewöhnlichen Auf- enthaltsort, das Wasser, und wandern, bis sie entweder in der Nähe ihrer Sommerwohnstätte oder auch weit — 1714 — entfernt von dieser ein geeignetes Quartier gefunden haben. Das Verlassen des Winterquartiers erfolgt Mitte oder Ende April und nur unter besonders günstigen Um- stinden auch schon früher. Die Paarung geschieht bei der Bergunke im Mai, beim Rotbauch in der Regel aber erst im Juni. Der Laich geht in einzelnen Klümpchen ab und sinkt zu Boden; bleibt aber auch häufig an den Stengeln von Wasserpflanzen haften. Die jungen, etwa 6 mm messenden Larven schlüpfen nach ungefähr einer Woche aus, sie wachsen in 8 bis 9 Wochen zu einer Länge von 31/, bis 5!/;, cm heran und verwandeln sich dann in die jungen, etwa 1!/;, cm messenden Unken. 3 Die zweite Gattung der Scheibenzüngler bilden die Fessler, Alytes, die bei uns nur eine Art, die Ge- burtshelferkröte, Alytes obstetricans (Laur.), umfassen. Die Fessler sind krötenartige Tiere mit breitem, flachem Kopfe und stark gewölbter Schnauze; die Augen treten stark hervor, die senkrechte Pupille ist in der Mitte erweitert. Das rundliche Trommelfell erscheint ziemlich gross und tritt deutlich hervor. Die immer vorhandene Ohrdrüsenwulst ist länglich, die Zunge scheibenförmig und in ihrem hinteren Teile ganzrandie. Die Zehen der Hinterfüsse sind mit unvollkommenen (Drittels-) Schwimmhäuten ausgerüstet; die Körperhaut ist mässig warzig. 7 Die in Deutschland vorkommende Art dieser Gattung, die Geburtshelferkröte, Alytes obstetricans (Laur.), besitzt zwei Eigenheiten, die sie vor allen Tieren ihrer Ordnung auszeichnet: das sind die Art des Fort- pflanzungsgeschäftes und die glockenhelle Stimme. Nach dem Verlassen der Winterherberge, das in der Regel bereits um Mitte März erfolgt, beginnen die Männchen 2. zu rufen und verschreiten bald darauf zur Paarung, die im Gegensatz zu allen anderen Froschlurchen am Lande stattfindet. Das Männchen umfasst das Weibchen um die Lenden und reibt mit den Zehen dessen After, presst schliesslich den Leib des letzteren zusammen und bewirkt dadurch den Austritt des schnurförmig _ab- gehenden Laiches. Diesen wickelt sich das Männchen um die Hinterfüsse und verlässt damit das Weibchen. Die Zahl der Eier beträgt durchschnittlich 40 bis 50, sinkt aber auch unter diese Zahl herunter und kann umgekehrt auch Hundert wieder übersteigen. Sie sind etwa hirsekorngross und werden vom Männchen etwa 3 bis 7 Wochen mit sich herumgetragen und nach dieser Zeit — die Larven haben im Ei bereits die ersten Stadien ihrer Entwicklung durchgemacht — im Wasser abgesetzt. Hier entschlüpfen ihnen die letzteren, die bis zum Herbst auf etwa 5 em heranwachsen und dann überwintern, um im nächsten Frühjahr sich noch weiter zu entwickeln und endlich im Juni und Juli als etwa 21/;, cm grosse Kröten das Wasser zu verlassen. Die Stimme, die das Männchen vom März bis in den August hinein des Abends und die Nacht hindurch bis zum frühen Morgen ertönen lässt, ist überaus klangvoll und ähnelt täuschend dem Tone eines feinen Glöckchens. Sie ist es wohl gewesen, die manche Mär von einer ver- sunkenen Kirche, einem versunkenen Orte hat ent- stehen lassen und man kann daher auch aus solchen Sagen auf das Vorhandensein, vielleicht auch auf ein früheres Vorkommen unserer Art schliessen. — Die Grösse der Geburtshelferkröte schwankt zwischen 4 und 5 cm. Ihr Körper ist krötenartig, wenn auch nicht ganz so plump wie der der echten Kröten. Der Kopf ist abgerundet dreieckig, etwas breiter als lang, die Vorderbeine sind kurz und etwa von der Länge des Rumpfes, die Hinterbeine länger, sie reichen, nach — 1716 — vorn gestreckt, oft um die Länge des Fusses über die Schnauzenspitze hinaus. Die Färbung der Oberseite ist ein Grau mit Abtönungen oft ins Blaue, Grünliche, Gelbliche und Braune, von dem sich weissgelbliche und schwarze Warzen abheben. Längs des Rückens ver- laufen zwei gelbliche, mit roten Pünktchen besetzte Seitenwülste. Die Unterseite ist weisslich bis hellgrau und an der Kehle, den Seiten und um den After schwarz gefleckt und gepunktet. Die Geburtshelferkröte ist eine echte Landbe- wohnerin und hält sich tagsüber in Erd- und Baum- höhlen, unter Steinen usw., sowie auch ausnahmsweise in selbstgegrabenen Löchern auf. Nie kommt sie aus ihren Verstecken vor Sonnenuntergang hervor, sie ist in ihrer Lebensweise Dämmerungs- und Nachttier. In ihren Bewegungen ist sie nicht ungewandt, sie kann Sprünge von 30 cm Weite machen und erhascht ihre Beute nicht selten auch nach Art der Knoblauchskröte und der Unken im Sprunge. Die Nahrung stimmt mit der aller anderen Kröten überein und unsere Art gehört da- her gleich jenen zu den nützlichen Tieren. Der Winterschlaf beginnt im Oktober, sein Ende erfolgt im März, worauf die schon geschilderte Paarung vor sich geht. Die Geburtshelferkröte ist eine westeuropäische Art und von nur kleinem Verbreitungsbezirk. In Deutschland ist sie nur in dem mittleren, sich vom Rhein bis nach dem Harze ziehenden Teile zu finden. U Die zweite Ordnung der Lurche bilden die Schwanzlurche, Urodela, Tiere von langgestrecktem, eidechsenähnlichem Körper, der stets 4 kurze Beine und einen Schwanz besitzt. — 117 — Der Rumpf ist rundlich, walzenförmig; von ihm setzt sich immer deutlich der Schwanz und deutlicher als bei den Froschlurchen auch der Kopf ab. Der Kopf ist breit und flach, mehr oder weniger verlängert und endigt in der bei unseren deutschen Arten abge- rundeten oder abgestutzten Schnauze. Die Augen sind eross oder klein und verkümmert, mit oder ohne Lider. Ein Trommelfell ist nie sichtbar. Die Zunge ist mässig oder ziemlich gross, rundlich oder längs der Mitte ihrer Unterseite in der Mundhöhle angewachsen. Die Beine sind kurz und wenig kräftig, sie befähigen das Tier am Erdboden nur zu einem langsameren Dahin- kriechen, leisten ihm aber dafür beim Schwimmen vor- zügliche Dienste. Die Vorderbeine der deutschen Schwanzlurche besitzen vier, die Hinterbeine fünf Zehen. Der Schwanz ist im Durchschnitt körperlang und rund bei den Landmolchen, seitlich zusammengedrückt und als Ruder- und Steuerschwanz ausgebildet bei den Wasser- molchen. Die Haut ist stets nackt, glatt oder warzig. Die Atmung geschieht bei den entwickelten Tieren stets durch Lungen, bei den Larven dagegen durch die Kiemen. Die Schwanzlurche pflanzen sich entweder durch Eier fort, aus denen den Eltern bereits ziemlich ähn- liche Larven hervorgehen, oder sie bringen, wie wir früher schon kurz hörten und worauf wir eingehender noch zu reden kommen, bereits entwickelte, lebende Larven oder Junge zur Welt. Sie sind entweder Land- oder Wasserbewohner und bevorzugen in letzterem Falle zu ihrem Aufenthalte stehende, weniger häufig dagegen langsam fliessende Gewässer, verlassen während des Sommers gern auch das Wasser, um sich am Lande in dunklen, feuchten Verstecken (unter Steinen, Moos u. a. m.) aufzuhalten. Im Wasser sind sie ziemlich beweglich und gewandt, am Lande dagegen recht schwerfällig. Sie sind über- Zimmermann: Naturleben. I, Bd. 12 — 18 — aus gefrässig und stellen mit grossem Eifer allerhand schädlichen Insekten, Würmern u. dgl. mehr nach, fallen sich wohl auch einmal gegenseitig an oder geraten aus- nahmsweise über einen kleineren Fisch oder Fischlaich. 7 Die Schwanzlurche bilden in Deutschland eine Familie, die Salamander, Salamandridae, mit zwei Gattungen, nämlich die der Landmolche, Salamandra, und die der Wassermolche oder Tritonen, Triton. I Die Landmolche, Salamandra, sind plumpe und schwerfällige Tiere, deren Körper durch Querwülste ge- ringelt erscheint. Der Kopf ist dick und flach, die Augen sind gross und mit dunkler Iris. In der Öhren- segend befindet sich eine deutliche, grosse Drüsenwulst. Der Schwanz ist rund, kegelförmig und an seinem Ende zugerundet; er besitzt die gleichen Querwülste wie der Rumpf. Die Beine sind kräftiger als bei den Wassermolchen; die Haut ist weich und glänzend und besitzt viele Drüsenöffnungen, aus denen die Tiere reichlich ein weissliches, klebriges Sekret absondern. Die Landmolche sind, wie ja ihr Name genugsam ausdrückt, Landbewohner; bedürfen aber sehr der Luft- feuchtigkeit und halten sich daher auch nur an feuchten Orten, in schattigen Wäldern, Quell- und Bergtälern usw. auf. Tagsüber in der Regel in ihren feuchten, dunklen Verstecken verborgen, verlassen sie diese nach einem warmen Regen oder des Nachts, um Jagd auf Würmer, Schnecken und ähnliches, sich nur langsam am Boden dahinbewegendes Getier zu machen. Sie sind dadurch recht nützliche und der Schonung bedürftige Geschöpfe. In Deutschland sind die Landmolche durch zwei Arten vertreten, den Feuersalamander, Salamandra Salamandra maculosa, Laur., Feuersalamander maculosa, Laur., und den Alpensalamander, Salamandra atra, Laur. I Der Feuersalamander, Salamandra maculosa, dessen Gestalt und Körperbau bereits aus der vor- stehenden Gattungsschilderung hervorgeht, wird 15 bis gegen 23 cm lang und ist von glänzender tiefschwarzer Farbe, von der sich stets scharf leuchtend orange- bis schwefelgelbe, mehr oder weniger reichlich vorhandene Flecken abheben. Diese Flecken können auf der Rück- seite zu zwei ausgeprägten Längsbinden zusammen- fliessen (var. taeniata) oder auch, sie bilden deren vier, auf den Rücken und an den Seiten angeordnete (var. quadri-virgata). Der Feuersalamander ist ein Bewohner des Berg- und Hügellandes und in den Mittelmeer- und zentral- europäischen Ländern zu Hause. In Deutschland ist er ziemlich häufig, obwohl sein Vorkommen von seiner Neigung eben für das Berg- und Hügelland abhängig ist. Immerhin ist er mancherorts aus dem Gebirge in 128 — 10 — die Ebene vorgedrungen und hat sich hier in grösseren Waldungen angesiedelt. So ist er, um nur ein Beispiel zu nennen, vom Haarstrang und der Egge in Teile der Münsterländischen Ebene eingewandert und kommt da mancherorts gar nicht selten vor. Allerdings muss die Lokalität, die er bewohnt, schattig und feucht sein, grelles Licht und Trockenheit sind ihm zuwider. Feuchte Wälder und Gehölze, Schluchten und Täler, wo er sich tagsüber unter Wurzeln und Steinen, in Erd- und Felshöhlen, unter Moos und ähnlichem mehr verbergen kann, sind seine liebsten Aufenthaltsorte. Er ist ein recht plumpes und ungeschicktes Tier, und lang- sam und unbeholfen wie er ist, nähert er sich auch den Beutetieren, die er durch einen verhältnismässig raschen Vorstoss des Kopfes erhascht. Wenn es mit seiner In- telligenz auch nicht weit her ist, so bekundet er doch, wie DÜRIGEN schreibt, wenn es sich um sein leibliches ‚Wohl handelt, einen gewissen Grad von Bedachtsamkeit und Gedächtnis. „Er merkt sich mit der Zeit den regelmässigen Futterplatz gar wohl und stellt sich dort zur Abendzeit ein; unterbleibt dann mal einige Tage die Verabfoleung von Nahrung, so kehrt er der be- treffenden Stelle den Rücken.“ Im Spätherbst zieht er sich an frostfreie Orte unter der Erde zum Winterschlaf zurück und kommt je nach der Witterung im März oder April wieder zum Vorschein. Jedoch habe ich auch einmal am 26. Dezember einen Feuersalamander an einer Waldquelle angetroffen und wiederholt Tiere schon ausgangs Februar im Freien gefunden. Die Paarung, über deren Einzelheiten man sich bis in die neueste Zeit hinein im unklaren war, scheint beim Feuersalamander an keine bestimmte Zeit gebunden zu sein, sie findet im Frühjahr sowohl wie im Sommer statt. Das Verhalten der Tiere beim Begattungsakt hat zuerst Dr. E. ZELLER beobachtet und beschrieben. Nach Salamandra maculosa, Laur., Feuersalamander seiner Schilderung kroch das Männchen, zunächst auf dem Lande, später auch im Wasser an das Weibchen heran, berührte es in der Nähe der Kloake mit der Schnauze, drängte sich mit seinem Kopfe zwischen den Hinterbeinen des Weibcehens hindurch und schob sich unter dessen Bauche vorwärts bis zu dessen Kopfe. Alsdann legte es seine Vorderbeine von unten und hinten her um die Vorderbeine des Weibchens, hielt es auf diese Weise fest und schleppte es kriechend und schwimmend mit sich herum. Der genannte Forscher beobachtete auch, dass während der Umarmung die Weibchen einzelne Junge ausstiessen. Die vom Männchen stets im Wasser abgegebenen Samensäckchen werden vom Weibchen in die Kloake aufgenommen und in der Samentasche auf- gespeichert, die Befruchtung der Eier durch sie erfolgt im darauffolgenden Jahre, worauf ein weiteres Jahr bis zur Absetzung der Larven vergeht, die ihrerseits wieder wenigstens zwei Jahre bedürfen, ehe sie geschlechtsreif — 12 — werden. Die Absetzung der Larven erfolgt stets in kühlen, fliessenden Gewässern, in klaren Quellen und Bächen oder in beschatteten von einer Quelle oder einem Bach durchflossenen kleineren Tümpeln enger Schluchten. Die Larven, von denen das Weibchen 10 bis 40 oder auch noch mehr im Verlauf einiger Stunden oder Tage absetzt, sind 2%/, bis 3 cm lang und bereits mit Gliedmassen ausgerüstet. Sie sind von schwärzlichgrauer Farbe und beginnen unter normalen Verhältnissen nach etwa 3 Monaten, wenn sie etwa 5 bis 6 cm messen, die gelben Flecke zu bilden, Anzeichen, dass sie bald die Landform annehmen werden. Die jungen Salamander besitzen die Gestalt und Farbe der Eltern und suchen sofort, wenn sie das Wasser verlassen haben, dunkle, feuchte Schlupfwinkel auf, die sie zunächst nur des Nachts und erst bei fortgeschrittenem Wachstum nach einem warmen Regen auch tagsüber verlassen. 3 Der Alpensalamander, Salamandra atra, Laur., unterscheidet sich vom Feuersalamander sofort durch seine geringere, nur 10 bis 13 cm betragende Grösse und seine glänzend tiefschwarze, von keinerlei hellerem Ton unterbrochene Farbe. Ausserdem ist der Kopf länger und weniger breit als bei naculosa und der Schwanz fast vierkantig. „Der Alpensalamander hat unter all unseren Am- phibien und Reptilien den engsten Wohnkreis, denn er beschränkt sich ausschliesslich auf die Alpen von Savoyen und Piemont im Westen bis Oberösterreich und Steiermark im Osten, und von Piemont und Krain im Süden bis Oberschwaben und Oberbayern und Österreich im Norden“ (DÜRIGEN). In unserem Vater- lande kommt er nur in den oberbayerischen Alpen- zügen und in Württemberg an der Adelegg bei Isny vor. Im Schwarzwald hat man aus der Schweiz und — 13 — dem Alleäu bezogene Tiere ausgesetzt, die sich an ihren neuen Wohnorten anscheinend recht gut einge- bürgert haben. Er findet sich nie in Höhen unter 600 m und steigt bis zu 3000 m empor, während sein Vetter, der Feuersalamander, nur bis 1250 m hoch gefunden worden ist. In bezug auf die Fortpflanzungsgeschichte nimmt er unter seiner gesamten Sippe eine noch eigenere Stellung ein als wie der Feuersalamander. Denn wäh- rend dieser seine im Mutterleibe herangereiften Larven noch ins Wasser absetzt, wo sie ihre Entwicklung be- enden müssen, erfolgt beim Alpensalamander die Ent- wicklung der Larven bis zum fertigen oder nahezu fertigen, jungen Salamander im Mutterleibe. Die Paarungsvor- gänge, die in der Regel im Juli und August sich vollziehen, sind ähnliche wie beim Feuersalamander, die Dauer der Trächtigkeit, d. h. die Zeit von der Be- fruchtung bis zur Geburt der Jungen ist aber länger als wie bei maculosa. Die Jungen müssen im Mutter- leibe alle Larvenzustände durchmachen und sind u.a. mit ganz besonders grossen Kiemenbüscheln ausgerüstet, kommen aber ohne diese als etwa 5 cm lange Tierchen zur Welt. In seiner sonstigen Lebensweise, seinem Wesen ähnelt der Alpensalamander ganz seinem Vetter, so dass wir hier nicht besonders darauf einzugehen brauchen. 7 Die zweite Gattung der Salamander bilden die Wassermolche, Trion, die sich von ihren Vettern, den Landmolchen, sofort auseinander halten lassen. Denn ihr Körper ist gestreckter und schlanker, die Beine viel weniger kräftig und der etwa körperlange Schwanz seitlich zusammengedrückt, also zu einem deut- lichen Ruderschwanz ausgebildet. Die Haut ist entweder — 14 — vollständig glatt oder (im Landkleid) mehr oder wenig körnig, mit zahlreichen Drüsen besetzt. Zur Paarungszeit entwickelt sich beim Männchen auf dem Rücken ein je nach der Art verschiedener, gezackter, gewellter oder glatter leistenförmiger Haut- kamm, der sich längs der Schwanzkante fortsetzt. End- lich bilden sich, indem gleichzeitig auch die Farben leuchtendere werden, an den Zehen der Hinterfüsse Haut- säume oder Schwimmhäute. ° Die Wassermolche sind in Deutschland durch den Kammmolch, Triton eristatus Laur., den Bergmolch, Triton alpestris Laur., den Streifenmolch, Triton vul- garıs (L.) und den Leistenmolch, Triton paradozus (Razoum.) vertreten. I Der Kammmolch, Triton eristatus, Laur., ist der grösste der deutschen Tritonen und erreicht eine Länge von 12 bis 17 cm. Der Körper ist gestreckt und kräftig, in der Mitte etwas aufgetrieben; der Kopf flach und breit, „krötenartig“, und vom Rumpfe wenig abgesetzt, aber durch eine namentlich beim Männchen deutliche Kehlfalte getrennt. Die Zunge ist rund, die Haut warzenartig gekörnt. Die Warzen treten namentlich nach der Fortpflanzung (wenn die Tiere ihr „Land- kleid“ tragen) auffallend in Erscheinung. Der zur Paarungszeit beim Männchen entwickelte Rückenkamm beginnt vor den Augen, erhöht sich auf dem Rücken bedeutend und ist hier stark ausgezackt; erfährt über der Schwanzwurzel eine Unterbrechung und setzt sich auf dem Schwanze, leicht wellig gerundet, bis kurz vor die Spitze des letzteren fort. Die Unterseite des Schwanzes besitzt einen ungezähnten Hautkamm. Das Tier ist oberseits dunkel grünlichgrau, grünlichbraun, blaugrau bis fast schwarz gefärbt und mit schwarzen, Triton cristatus, Laur., Kammmolch im Landkleid infolge der dunklen Grundfarbe aber schwer erkennbaren Flecken gezeichnet. Dazu gesellen sich, namentlich an der Kehle, den Körperseiten und der unteren Schwanz- kante zahlreiche weisse, dichtgesäte Pünktchen. Der Kopf erscheint etwas heller und ist dunkel marmoriert. Die Unterseite ist lebhaft gelb oder orange gefärbt und mit schwarzen unregelmässigen Flecken gezeichnet. Die Zehen sind schwarz und gelb geringelt. Zur Paarungszeit nehmen die Farben, namentlich beim Männchen, hellere, leuchtendere Töne an und es erscheint bei diesen ausser- dem noch an beiden Schwanzseiten ein silber- oder perl- mutterartiger Längsstreifen. — Die Larven sind oberseits anfangs gelbgrün, unterseits weisslich gefärbt und besitzen schöne, rote Kiemenbüschel. Nach wenigen Wochen wird die Oberseite durch auftretende Flecken und Bänder dunkler, bis sich endlich mit fortschreitender Entwick- — 16 — lung allmählich eine den Eltern ähnliche Färbung heran- bildet. Der lanzettförmige Schwanz läuft, wenn die Larven etwa 8 bis 9 Wochen alt sind, in einen fadenförmigen, an den Teichmolch erinnernden Anhang aus. Nach ihrer Umwandlung messen die Jungen etwa 6 bis 8 em, sie zeichnen sich durch eine orangegelbe, vom Kopf bis zur Schwanzmitte verlaufende Rückgratslinie aus. Der Bergmolch, Triton alpestris, Laur., ist erheblich kleiner als der vorige und misst 7 bis 10 cm. Der Körper ist kräftig und gedrungen gebaut, der Kopf vom Rumpf kaum abgesetzt, breit und etwas dicker, noch mehr „krötenartiger“ als derjenige der vorigen Art; der Schwanz ist an der Wurzel ziemlich dick, im weiteren Verlaufe seitlich aber stark zusammengedrückt und endet lanzettartig in eine Spitze. Die Haut ist glatt, nach der Fortpflanzungszeit aber überaus fein- körnig beim Männchen und grobkörnig beim Weibchen. Der Rückenkamm des Männchens zur Paarungszeit be- ginnt auf dem Kopfe und setzt sich gleichmässig hoch ohne jede Unterbrechung bis zum Schwanze hin fort, er ist von abwechselnd schwarzer und gelber Farbe und sieht einer schwarzgelben Perlenschnur nicht un- ähnlich. Die Färbung des Bergmolches oberseits ist ein Schiefergrau, das aber allerhand hellere und dunklere graue, bläuliche und braune Abtönungen annehmen kann und mit dunkleren bräunlichen und schwärzlichen, bald unregelmässig verteilten, bald netzartig angeord- neten Flecken gezeichnet ist. Die Unterseite ist leuch- tend orange- bis feuerrot oder auch safrangelb gefärbt und höchstens an der Kehle spärlich dunkel gefleckt. Nach der Oberseite zu wird sie durch eine oder mehrere keihen kleiner dunkler Fleckchen abgegrenzt. Zur Paarungszeit nimmt das Schiefergrau des Männchens sern einen schieferblauen Ton an, auf denen oft zackige, braune Flecken und schwarze Punkte auftreten, während Triton alpestris, Laur., Bergmolch, einen Wassertümpel verlassend sich zu den Fleckenreihen an der Grenze von Ober- und Unterseite eine grau-, bläulich- oder gelblichweisse Längs- binde gesellt, die von dem Rot der Unterseite durch einen reinblauen Streifen abgegrenzt ist. Die Larven des Berg- molches lassen sich leicht mit denen anderer Arten ver- wechseln, sie sind anfangs von bräunlicher Farbe und auf dem Rücken mit dunklen Längsstreifen gezeichnet, nehmen aber bald einen olivenbraunen Ton an, wo- bei der Schwanz dunkel genetzt oder marmoriert er- scheint; später entstehen weisse Seitenfleckchen, die sich allmählich zu einem hellen Seitenstreifen heranbilden, während auf dem Rücken ein gelblicher Längsstreifen auftritt, bis sich endlich die Larven in junge Molche umgewandelt haben. Der Streifenmolch, Triton vulgaris (1.), ist der kleinste unserer Tritonen und wird nur 6 bis 8 cm lang. Er ist schmächtiger und schlanker gebaut, als seine vorbesprochenen Gattungsgenossen. Der Kopf ist länger als breit, nicht so flach und stumpf und nach — 18 — vorn zugespitzt, also „froschähnlicher“. Auf seiner Oberseite sind seitlich je eine gut sichtbare Doppel- reihe vertiefter Drüsen und Poren sichtbar. Die Zunge ist dick und rundlich und hinten mit einem stielartigen Anhang versehen. Der Schwanz ist seitlich stark zu- sammengedrückt und verläuft ganz allmählich in eine feine, lange und fadenartige Spitze. Der Hochzeitskamm des Männchens beginnt in der Nackengegend und setzt sich, nach und nach höher werdend, ohne Unterbrechung bis zum Schwanze hin fort, er ist aber nicht wie beim Kammmolch gezackt oder wie der des Bergmolches glatt, sondern an seinem Rande gekerbt. Unterseits des Schwanzes tritt, wie bei den vorerwähnten Arten auch, gleichfalls ein Saum von oft verhältnismässig nicht un- beträchtlicher Grösse auf, so dass der Schwanz an seiner breitesten Stelle eine Höhe von etwa 1!/; cm erlangen kann. Ausserdem bilden sich auch an den Zehen der Hinterfüsse, im Gegensatz zu Triton eristatus und Triton alpestris, lappenartige Hautanhänge. Das Weibchen be- sitzt an Stelle des Hautkammes zur Paarungszeit längs des Rückens eine niedere Hautleiste, die sich aber über den Schwanz bedeutend erhöht. Die Färbung unserer Tiere an der Oberseite ist ein Olivengrün bezw. Oliven- braun, das bald mehr ins gelbliche, bald mehr ins Graue übergeht. Nach den Seiten zu wird die Farbe heller, ins weisslichgelbe, bisweilen perlmutterglänzende spielend, um sich schliesslich unterseits in einen gelb- lichen, nach der Bauchmitte zu mehr oder weniger kräftigen orangefarbenen Ton zu verwandeln. Die Oberseite des Männchens ist mit regelmässig oder unregelmässig stehenden Punkten und Flecken gezeichnet, die beim Weibehen leicht zu Längsbinden und welligen Linien zusammenfliessen. Zur Paarungszeit wird beim Männ- chen die Grundfarbe lebhafter, die Flecken schärfer, das Orange feuriger; der Kopf erscheint gestrichelt, der — 189 — Schwanz unterseits orange, das nach oben beiderseits durch einen schönen blauen Streifen abgegrenzt ist. Die Larven, schlankgebaut, sind anfangs weisslich, nach kurzer Zeit aber hellolivenfarben und mit braunen Pünktchen oft so dicht gezeichnet, dass die Grundfarbe zurückgedrängt erscheint; später dunkeln sie bedeutend nach. Der Leistenmolch, Triton paradoxus (Bazoum.), wird nur um ein geringes (Länge 6,5 bis 8,5 cm) grösser als sein vorbeschriebener Vetter und ähnelt ihm auch sonst ungemein. Nur erscheint sein Rumpf eckiger, der Kopf etwas gedrungener und die Schnauze breiter. Zu beiden Seiten des flachen Rückens läuft eine deut- liche, leistenartig vorspringende Kante. Der Schwanz ist seitlich stark zusammengedrückt, sein Ende gerundet und mit einem fadenartigem Anhang versehen, der aus dem Ende frei und scharf hervorgeht: ein wesentlicher Unterschied gegenüber anderen Arten. Die Haut ist glatt und die Färbung oberseits gelblich- bis oliven- braun, oft mit einen schwachen goldglänzenden Schimmer. Von ihr heben sich mehr oder weniger deutlich dunklere, bis schwarze Flecke, Punkte und Strichelechen ab. Die Unterseite ist gelblich bis schwach orangefarben und in der Regel einfarbig. Zur Paarungs- zeit werden die Farben der Oberseite etwas dunkler, die Zeichnungen treten meistens deutlicher hervor, wäh- rend die Unterseite in einem lebhafteren Orange er- strahlte An Stelle des Rückenkammes erhält das Männchen eine niedere Hautleiste, die sich ohne Unterbrechung nach dem Schwanz fortsetzt und sich über diesen flossenartig erhebt. Dagegen stellen sich sehr entwickelte Schwimmhäute zwischen den Zehen der Hinterfüsse ein und ausserdem verlängert sich der Schwanzfortsatz um ein erhebliches. Die Larven lassen sich nur schwer von denen des Streifenmolches unter- — 19% — scheiden; sie sind hell lederbraun gefärbt und mit. einem dunklen Streifen längs der Rückenmitte ge- zeichnet. Mit zunehmender Entwicklung treten bei den männlichen die Seitenkanten und der Schwanz hervor, bis gegen das Ende der Umwandlung die Ge- stalt und Farbe der Eltern immer mehr zur Geltung kommt. — Der Verbreitungsbezirk der Wassermolche ist kein kleiner. Der Kammmolch fehlt mit Ausnahme von Spanien und Portugal keinem europäischen Lande, er geht über die Grenzen unseres Erdteiles aber nur im Südosten hinaus, indem er dort den Kaukasus über- schreitet. Im Norden begrenzt der 60. Breitengrad sein Verbreitungsgebiet. In Deutschland fehlt er nur in den höheren, rauhen Lagen der Gebirge und wird strich- weise auch in der Ebene vermisst. — Der Bergmolch besitzt einen viel kleineren Verbreitungsbezirk, er ist eine ausgeprägt mitteleuropäische Art und meidet das Flachland zugunsten des Berg- und Hügellandes. Er steigt in den Gebirgen bis zu 2500 m empor, während sein vorerwähnter Vetter nie bis über 1500 m hoch geht. In Deutschland ist er, wenn auch nicht immer gleich- mässig verbreitet, in den Hügel-, Berg- und Gebirgs- ländern fast immer zu finden. — Der Verbreitungs- bezirk des Streifenmolches dagegen ist wieder ‘ein ausgedehnterer, er deckt sich ungefähr mit dem des Kammmolches, reicht aber um über 3 Grad weiter nach Norden hinauf. In Deutschland ist er fast überall zu finden, er ist hier die häufigste Art und übertrifft an Zahl den Kammmolch um ein merkliches. Dagegen bildet der Leistenmolch eine ausgesprochene west- europäische Art, die in unserem Vaterlande haupt- sächlich auch nur auf den Südwesten, Westen und Nordwesten beschränkt ist, sich stellenweise aber auch über mitteldeutsche Gebiete verbreitet hat. — 191 — Unsere Molche sind Wasserbewohner, ziehen sich aber, nachdem sie nach der Paarungszeit auf einige Monate im feuchten Element ihr Wesen getrieben haben, meist in kleinen Gesellschaften an das Land zurück, wo sie dunkle und feuchte Orte, Ufer-, Erd- und Baumhöhlen, Steinhaufen, Felsspalten, Keller Brunnen u. a. m. beziehen, um hier Sommer und Herbst zu verleben. Nur ab und zu, wenn sie Nah- rung brauchen, kommen sie daraus hervor. Die letztere besteht in allerhand kleinerem Getier und Gewürm des Wassers, aber auch jungen Fischen, Larven der eigenen Gattung und fremder Arten usw. Während ihres Wasserlebens sind sie unglaublich gefrässig, zur Zeit des Landaufenthaltes dagegen nehmen sie bedeutend weniger, zumeist wohl Regenwürmer, Schnecken und ähnliches mehr zu sich. So flink und beweglich sie im Wasser sind, so langsam und unbeholfen be- wegen sie sich am Lande dahin. Ihren Winterschlat halten sie an den gleichen oder an ähnlichen Orten ihres sommerlichen Landaufenthaltes ab; sie beenden ihn frühzeitig und sind oft schon ausgangs Februar, in der Regel aber erst im März, in stehenden und auch fliessenden Gewässern anzutreffen, wo sie alsbald mit ihren Liebesspielen beginnen. Diese werden allerdings stark von dem Wetter beeinflusst und können daher oft schon im Februar, aber-auch vielfach erst im Mai stattfinden und dementsprechend geschieht auch die Ablage des Laiches bald früher, bald später. Die Eier werden unter normalen Verhältnissen einzeln abgelegt und vom Weib- chen an Wasserpflanzen angeheftet. Ihre Zahl beträgt 7 bis 24 Stück und ihre Gestalt ist kugelrund. Inner- halb etwas weniger als zwei bis drei Wochen schlüpfen ‚aus ihnen die Larven aus, die sich in drei bis vier Monaten zu jungen Molchen entwickeln. FITNESS ES Fritz Lehmann, Verlag, Stuttgart Naturleben are Herausgegeben von Rud. Zimmermann, Rochlitz i. Sa. Band 1: Der deutschen Heimat Kriechtiere und Lurche. Eine Einführung in die Kenntnis der heimischen Reptilien und Amphibien von Rud. Zimmermann, Rochlitz i. Sa. 191 Seiten mit 40 Abbildungen nach photographischen Naturaufnahmen des Ver- fassers auf 1 Tafel und im Texte. In Vorbereitung befinden sich: Deutschlands Süsswasserfische im Freileben und im Aquarium von Walter Köhler. Exotische Fische im Aquarium von Walter Köhler. Aus der Kinderstube der Tiere von Dr. Walter Schönichen. An Deutschlands Meeresufern von K. Diedrichs- Eutin. Vom Nutzen und Schaden der Vögel. Intimes aus dem Lisebes- und Familienleben der Vögel. sowie weiter: Das Vogelleben unserer Gewässer. Tierwohnungen. Aus dem Reiche der Käfer. Schmetterlingsleben. Die Tiere des deutschen Waldes usw. Preis für den vornehm ausgestatteten und auf natur- photographischem Wege illustrierten Band brosch.M. = eleg. geb. M. 3.—. BEREITEN] Druck von Julius Mäser in Leipzig. wre iz 3 28 q Yon N BAR air f ‚K irre 200008844