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Liebert, Arthitr

Der Gelt\ingswert der Metaphysik

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PHILOSOPHISCHE VORTRAGE ^^^

VERÖFFENTLICHT VON DER KANTGESELLSCHAFT. UNTER MITWIRKUNG VON ERNST CASSIRER UND MAX FRISCHEISEN -KÖHLER HERAUSGEGEBEN VON ARTHUR LIEBERT. Nr. 10.

Der Qeltungswert der Metaphysik

Von

Arthur Liebert

Berlin

Verlag von Reuther & Reichard 1915

Vortrag,

gehalten am 9. Juni 1915 in der Berliner Abteilung der Kantgesellschafl.

(Für die Veröffentlichung wurden einzelne Ausführungen ergänzt; auch

wurden die Literaturangaben hinzugefügt.)

rr.T2 5 1953 8ti467r)

Alle Rechte vorbehalten.

Inhalt.

Seite

1. Einleitung. Problemstellung und Methode 7

2. Die Problematik der Metaphysik 16

a) Der Gedanke des Absoluten und seine Problematik ... 16

b) Die Metaphysik und die geschichtliche Kultur .... 32

c) Die Metaphysik und die theoretische Kultur 45

3. Die Entwicklung und die Zukunft der Meta-

physik 56

Vorwort.

Obwohl der Vortrag für den Zweck seiner Veröffentlichung mannigfache Zusätze erfahren hat, stellen die folgenden Aus- führungen dennoch nur einen Entwurf, nur einen Ansatz dar zu einer viel eingehender geplanten Arbeit, deren Gegenstand in einer möglichst umfassenden Untersuchung der Metaphysik be- stehen soll. Im Höchstfalle könnten die hier gegebenen Aus- führungen als Prolegomena zu einer solchen Arbeit gelten. Zu ihrer Veröffentlichung in der vorliegenden Gestalt haben mich schließlich und nach längerem Zögern Gründe äußerer und per- sönlicher Natur bestimmt. Diese Gründe stehen mit den gegen- wärtigen Zeitverhältnissen in unmittelbarem Zusammenhang, und sie dürften dadurch auch eine gewisse sachliche Rechtfertigung erhalten. Den Versuch zu vervollständigen, die hier nur mehr angedeuteten Gedankengänge auszubauen und zu vertiefen, die in Betracht kommende Literatur in umfangreicherer Form zu be- rücksichtigen, soll mir eine willkommene Aufgabe zukünftiger und ruhigerer Tage sein, dann, wenn die allgemeine Problematik des Lebens, die ja stets vorhanden und wirksam ist, jedoch nicht immer so unmittelbar zutage tritt wie jetzt, ihren Einfluß auf das Schicksal des Einzelnen in einer weniger eingreifenden Weise betätigt.

Im Oktober 1915.

Arthur Lieber t.

I.

1. Problem- stellung und Die Frage nach der Stellung und der inneren Be- Methode. Ziehung, die nicht nur Kant, sondern überhaupt der Kritizismus zum Problem der Metaphysik innehat, hat in der philosophischen Literatur mehrfach Erörterung ge- funden. Und doch ist man weder inbezug auf die Be- stimmung des Sinnes der ganzen Frage, noch in bezug auf die grundsätzliche Möglichkeit ihrer Behandlung und die Formen ihrer Lösung zu einer eindeutigen Klar- stellung, geschweige denn zu einer auch nur annähernden Einheitlichkeit in der Beantwortung gelangt. Ueberblickt man die Sachlage in großen Zügen, so treten zwei Parteien mit diametral gegenüberstehenden Ueberzeugungen her- vor. Die eine Gruppe sieht und schätzt in der Kritik der reinen Vernunft den Ausgangspunkt und die metho- dische Begründung für jene außerordentliche Entwicke- lung der Metaphysik im ersten Drittel des 19. Jahrhun- derts, wie sie in den Systemen des konstruktiven Idea- lismus vorliegt ; demgegenüber rühmt die andere Partei es gerade als die größte Leistung der Philosophie Ka*nts, daß sie die Metaphysik von Grund aus vernichtet und aus dem System der Philosophie überhaupt ausgestoßen habe, sodaß von hier aus gesehen jene Entwicklung zu Fichte, Schelling, Hegel, Schopenhauer nur ein großes Mißverständnis und die Verkehrung des Kriti- zismus in seinen Gegensinn darstellen würde.

Auf welcher Seite das Recht ist, das wollen die fol- genden Ueberlegungen nicht zu entscheiden suchen. Hier soll dieser Streit auf sich beruhen bleiben, und es soll

8 Der Geltungswert der Metaphysik.

kein Beitrag zu einer Entscheidung nach der einen oder der anderen Richtung geboten werden. Denn das Ver- hältnis der kritischen Philosophie zur Metaphysik ist über- haupt in jener Alternative gar nicht erschöpfend bestimmt. Wie immer man zu dem Nachweis Kants Stellung nehmen mag, daß die Metaphysik im alten Sinne einer Erkenntnis des Absoluten nicht den Geltungswert strenger Wissen- schaft aufweise und mir persönlich scheint allerdings diese Entscheidung eine endgültige zu sein so darf da- bei doch nicht übersehen werden, daß hiermit der Meta- physik gegenüber nur die eine, die negative Aufgabe er- ledigt ist. Wohl hat der Kritizismus in abschließender Form gezeigt, daß der Versuch, von dem wahren „Wesen", dem „Ansich" der Dinge eine Erkenntnis zu gewinnen, niemals den Geltungscharakter wahrer Wissenschaft be- sitzen kann. Aber man beachte, daß, so groß diese Leistung auch ist, sie doch nur gezeigt hat, was die Metaphysik nicht ist und als was sie nicht gelten kann.

So sicher aber wie der eigentliche Sinn der kriti- schen Philosophie nicht ein zerstörender ist, so sicher bedeutet auch die von ihr vollzogene Verabschiedung der Metaphysik aus dem Verbände der Wissenschaft nicht den gänzlichen Zusammenbruch und nicht die unbedingte Ungiltigkeits- und Nichtigkeitserklärung aller Spekulation über das Absolute überhaupt. Der Kritizismus macht den Geltungswert eines Kulturgebietes nicht davon abhängig, daß dieses Kulturgebiet den Geltungswert der Erkenntnis besitze. Wenn er auch, um einmal eine ganz allgemeine Fassung zu gebrauchen, die einzelnen Kulturgebiete, wie Wissenschaft, Sitte, Recht, Kunst, Religion usw., sowie die Kultur überhaupt aus den Bedingungen wissenschaft- licher Erkenntnis heraus begründen und verstehen will, wenn er auch nach denjenigen Kategorien und Erkenntnis- formen fahndet, die die theoretische Erfassung und Siche- rung jener Gebiete ermöglichen, so bedeutet das nicht.

Der Qeltungswert der Metaphysik.

daß er jene Gebiete selber zu Formen oder Kapiteln der Wissenschaft machen will, und nur darauf ihren ganzen Sinn und Wertgehalt beruhen läßt.

Ist also auch nachgewiesen, daß die Metaphysik nicht W i s senschaft ist, so ist doch damit vom kritizistischen Standpunkt aus nicht in jeder Weise der Stab über sie ge- brochen. Vielmehr gilt es, auch von ihm und gerade von ihm aus, ein positives Verständnis, eine positive Würdigung der Metaphysik zu er- reichen. Denn diese Aufgabe ist restlos und im streng- sten Sinne systematisch eingeschlossen in die soeben be- zeichnete allgemeine Aufgabe, die er zu erfüllen hat: die theoretische Begründung der Kultur überhaupt aus den Bedingungen der wissenschaftlichen Erkenntnis, aus der Einheit der Vernunft zu liefern. Somit gehört es geradezu und unmittelbar zu dem Sinn und zu der Syste- matik seines Aufgabenbereiches, nach der Abweisung des unberechtigten Geltungsanspruches der Metaphysik nun- mehr den ihr eigentümlichen positiven und objektiven Geltungswert nachzuweisen.

Mit anderen Worten: In demselben objektivistischen Geiste, der die kritizistische Grundlegung der anderen Kulturgebiete leitet, der Wissenschaft, der Sittlichkeit, des Rechtes, der Kunst, der Religion, ist auch die Begründung und Rechtfertigung der Metaphysik vorzunehmen ; es gilt, diejenige Kategorie, d. h. dasjenige Gesetz nachzuweisen, auf dem sich ihr Anspruch auf Objektivität begründet und aus dem heraus diese Objektivität sich rechtfertigt. Die Metaphysik existiert ja, sie lebt und wirkt, sie ist vorhanden als eine Organisation, als eine bestimmte Form und Gestaltung der Kultur, als eine Erscheinung des ge- schichtlichen Lebens, als ein Ausdruck seiner Gesetzlich- keit und Vernunft Und so kann man mit einer ablehnen- den Geste an ihr nicht darum vorübergehen, weil sie

10 Der Geltungswert der Metaphysik.

nicht denjenigen Objelctivitätswert und denjenigen Gel- tungsgehalt wie die Wissenschaft im engeren Sinne in sich trägt.

Die soeben vorgenommene Aufgabebestimmung der kritischen Philosophie gegenüber der Metaphysik ist nun nach einer Seite hin von einer in methodischer Hinsicht andersgerichteten Analyse der Metaphysik genauer ab- zugrenzen, nach einer anderen Seite hin gegen einen grundsätzlichen Einwand zu festigen.

Die Philosophie der jüngsten Vergangenheit und der 2. Die Psy- Gegenwart zeigt nämlich bedeutungsvolle Studien zum Metaphysik. Verständnis der Metaphysik und ihrer Eigentümlichkeit unter den Gesichtspunkten der psychologischen und der geschichtlich gerichteten Betrachtungs- w eise. Man darf sogar gerade in Kant einen Vertreter dieser Untersuchungsform der Metaphysik erblicken. Denn indem er auf die subjektiven Wurzeln, die die Metaphysik im menschlichen Gemüt besitzt, hinweist und sie von hier aus als ein notwendiges Erzeugnis des untilgbaren menschlichen Verlangens nach einer über alle Erfahrung und alle empirische Bedingtheit angeblich hinausreichen- den Erkenntnis erfaßt und würdigt i), hat er einen Bei- trag zu ihrem psychologischen Studium und Verständnis geliefert. Und auf diesem Boden und in diesem Ver- fahren bewegen sich nun in der Hauptsache die ihr gewid- meten Untersuchungen der Folgezeit. Wir müssen uns hier mit einer summarischen Uebersicht über diese Unter- suchungen begnügen, schon darum, weil von den meisten der zu nennenden Philosophen die ganze Frage mehr gelegentlich und nebenher behandelt wurde.

An erster Stelle ist in diesem Zusammenhang Scho- penhauer zu nennen; er hat mit außerordentlicher Ein- dringlichkeit und Kraft den subjektiv- anthropologischen

^) Kant, Kr. d. rein. V. Einleitung S. 65 (Ausgabe der Philosophischen Bibliothek von Felix Meiner, Leipzig).

Der Geltungswert der Metaphysik. 1 1

Ursprung der Metaphysik geschildert und sie aus be- stimmten seelischen Erschütterungen des Menschen, der ihm geradezu ein animal metaphysicum ist, abzuleiten ge- sucht.i) Von großem Einfluß für die Stellung der mo- dernen Philosophie zum Problem der Möglichkeit der Metaphysik sind dann die Ausführungen Friedrich Albert Lange's in seiner Geschichte des Materialismus geworden. Lange hat das Nachdenken über diese Frage dadurch nachhaltig angeregt und gefördert, daß er auf den Qemütswert der Metaphysik hinweist und ihr Reich in eine innere Beziehung zur Poesie und Religion bringt.^) In sachlichem Zusammenhang mit Lange's Anschauungen stehen Nietzsche 's Aeußerungen über die Voraus- setzungen, den Sinn und den Wert der Metaphysik ^), während V a i h i n g e r wie in bezug auf das Ganze seiner Philosophie so auch im besonderen in bezug auf sein Ur- teil über den geringen theoretischen, aber hohen prak- tischen Qeltungswert der Metaphysik in unmittelbarer Form von Lange beeinflußt worden ist.*) Dann ist Wilhelm Wundt's „Völkerpsychologie" zu erwähnen, wo sich wertvolle Materialien zum psychologisch-anthro- pologischen Studium des metaphysischen Triebes und seiner Betätigungsformen finden. Wilhelm Dilthey aber verdanken wir wohl die feinsinnigsten, mit dem um- fassendsten und eindringendsten Blick für die psycho- logische und geschichtliche Bedingtheit der Metaphysik entwickelten Studien zu ihrem Verständnis und damit

1) Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung; Band II § 17.

2) Fried r. Albert Lange, Geschichte des Materialismus ; Band II, Abschnitt IV, § 4.

^) Raoul Richter, Friedrich Nietzsche, sein Leben und sein Werk, Leipzig 1903, S. 136 läßt sogar eine unmittelbare Einwirkung Langes auf N. als sehr wahrscheinlich erscheinen.

*) Hans Vaihinger, Die Philosophie des Als Ob, 2. Aufl. 1913, besonders S. 753 ff.

12 Der Geltungswert der Metaphysik.

verbunden eine von außerordentlicher Umsicht zeugende Würdigung ihrer Stellung und Bedeutung in der allge- meinen geschichtlichen Kultur.^)

Alle diese Behandlungsarten des Problems der Meta- physik suchen die subjektiven und psychologischen Quellen herauszustellen, auf denen die auf die Erfassung des Absoluten gerichteten Spekulationen beruhen; Dil- t h e y führt diese Betrachtung dadurch weiter, daß er es unternimmt, die Metaphysik aus dem Ganzen der geschicht- lichen Lebensordnungen zu verstehen. Dadurch wird der eigentümliche Wert aufgedeckt, den diese Spekulationen für den Menschen, für seinen Kulturwillen und für die Entwickelung der Kultur überhaupt besitzen.

Aber dieses ganze Vorgehen ist bereits von einem bestimmten Begriff der Metaphysik geleitet, da es sonst unmöglich ist, aus dem Gewirre und der Fülle der psycho- logischen und geschichtlichen Lebenserscheinungen gerade diejenigen herauszuheben und zu studieren, die auf die Erkenntnis des Absoluten bezogen sind oder die bean- spruchen, den Geltungswert einer „Metaphysik'* zu be- sitzen.

Nun soll weder die Berechtigung noch der Wert, den diese Beiträge zur Psychologie des metaphysischen Erlebens haben, mit einem Worte angetastet werden. Doch die kritizistische Methodik, der wir uns für unseren Zweck anschließen, hat nicht die Untersuchung der subjektiven Faktoren, auf denen die Metaphysik psycho- logisch und anthropologisch gesehen beruht, im Auge,

1) Vgl. bei Wilhelm D i 1 1 h e y, Gesammelte Schriften, II. Band, Leipzig 1914 den Aufsatz: „Auffassung und Analyse des Menschen im 15. u. 16. Jahrhundert" S. 1 f f. und in dem- selben Bande die , Zusätze aus den Handschriften': „Die Grund- motive des metaphysischen Bewußtseins" S. 4Q3. D. steht nahe Max Frischeisen-Koehler, Zur Phaenomenologie der Metaphysik; Zeitschrift für Philosophie u. philosophische Kritik, Bd. 148.

Der Geltungswert der Metaphysik. 13

sie richtet sich vielmehr auf den Begriff und das System der Metaphysik selber; sie sucht den- jenigen Sinn und Bedeutungsgehalt herauszuarbeiten, den die Metaphysik als objektive Organisationsform in der Ein- heit der geschichtlichen Kultur vertritt. Für diesen Zweck gilt es, unter grundsätzlichem und methodischem Verzicht auf Berücksichtigung aller psychologischen Ursachen, die- jenige Kategorie und Erkenntnisform aufzudecken, durch die der Objektivitätswert der Metaphysik verstanden und begriffen wird, d. h. in der und aus der dieser Wert sich vernunftgemäß begründet.

Das heißt : Ohne daß die Metaphysik selber Erkennt- 4. Die Meta- nis werden müßte, ist doch der kritischen Philosophie die^^^Einheit die Aufgabe gesetzt, auch die Metaphysik in die Einheit derVernunfL und Systematik der wissenschaftlichen Vernunft als Unter- suchungsgegenstand derselben einzubeziehen und sie aus den Bedingungen der wissenschaftlichen Vernunft heraus zu rechtfertigen. Es herrscht hier kein Unterschied, es ist hier keine Ausnahme zulässig: Ganz ebenso wie sich nicht allein die Gesetzlichkeit und Einheit der mechani- schen Natur, sondern ebenso die Einheit und Gesetz- lichkeit des geschichtlichen Lebens auf die Einheit und Systematik der Vernunft gründet, so nicht minder die Metaphysik, die einen Teil und ein Organ jener Einheit des geschichtlichen Lebens darstellt. Die kritische Frage nach der Möglichkeit der Metaphysik soll in dem Sinne verstanden und beantwortet werden, daß diejenige Ver- nunftkategorie aufzudecken ist, durch die sich die Meta- physik einreihen läßt in die Systematik der Vernunft und in der sich ihr objektiver Geltungswert gesetzmäßig aus- prägt und erhärtet.

Mit dieser Aufgabebestimmung aber ist der oben an- gedeutete Einwand (S. 10) nahegerückt. Hat denn nicht, so könnte gefragt werden, der Kritizismus bei aller An- erkennung der subjektiven Bedingungen und des psycho- logisch-anthropologischen Geltungswertes der Metaphysik

14 Der Qeltungswert der Metaphysik.

gerade gezeigt, daß die Frage nach iiirer objektiven Gel- tung zu verneinen, daß ihr im Oegensatz zu den übrigen Gebieten der Kultur jener Geltungswert nicht zuzu- sprechen ist?

Ein ernster, trotzdem restlos zu behebender Einwand. Wohl ist zuzugeben, daß sowohl die von uns aufgeworfene Frage hinfällig als auch daß ihre Beantwortung im ob- jektivistischen Sinne unmöglich wäre, wenn von der kri- tischen Philosophie das Merkmal der Objektivität aus- schließlich dem Gebiet der wissenschaftlichen Erkenntnis zugestanden würde, und wenn der Sinn des kritischen Ide- alismus, seine Grundlegung und seine Methodik, einge- schränkt wäre auf die Begründung der Mathematik und der mathematischen Naturwissenschaft im besonderen. Doch ein solches Zugeständnis und eine solche Einschrän- kung entsprechen weder der geschichtlichen Form des Kritizismus noch seiner grundsätzlichen und systematischen Bedeutung und Tragweite, sie entsprechen nicht seinem Sinn und Geist.

Geschichtlich betrachtet ist der Kritizismus weiter- geschritten von der Begründung der genannten Wissen- schaften hin zur Begründung der Erkenntnis des sitt- lichen Handelns, dann zu der der Erkenntnis des reli- giösen Lebens, der künstlerischen Betätigung imd der künstlerischen Betrachtung, endlich, wie der zweite Teil der Kritik der Urteilskraft zeigt, zur Begründung der Wissenschaft vom Organischen. Und nicht minder hat er, man denke an Kants geschichts- und rechtsphilo- sophische Arbeiten, es unternommen, den Charakter der- jenigen Objektivität festzustellen, der überhaupt der Er- kenntnis der geistig-geschichtlichen Welt innewohnt.

Aber auch grundsätzlich gesehen wird doch von der kritischen Philosophie der der Mathematik und den mathe- matischen Naturwissenschaften eigentümliche Objektivitäts- wert nicht zum allein giltigen Maßstab und Kriterium für die Bestimmung der den übrigen Kulturgebieten zu-

Der Geltungswert der Metaphysik. 15

kommenden Geltung erhoben. Das eigentliche Begrün- dungs- und Deduktionsgesetz des Kritizismus bildet die Einheit und Systematik der wissenschaftlichen Vernunft selber ; und dieser ordnet sich die Begründung der Mathe- matik und der mathematischen Naturwissenschaft als ein Kapitel neben anderen innerhalb der umfassenden syste- matischen Begründung ein und unter, wie sich ihr die Begründung aller anderen Kulturgebiete, unter ihnen die der Metaphysik natürlich, ein- und unterordnet. Die Ein- heit und Systematik der Vernunft bildet die Voraussetzung für die Begründung der Einheit der Kultur, der Einheit des geschichtlichen Lebens. Innerhalb dieser Vernunft- einheit entwickelt sich eine ganze Reihe von Objektivitäts- gruppen ; die kritische Philosophie deckt in der Vernunft- einheit einen Zusammenhang von Objektivitätsformen auf, der in dieser seiner gegliederten Einheit das ausmacht, was als geschichtliche Welt und Kultur gilt. Jede Kate- gorie ist als solche der Einheit der Vernunft und der Er- fahrung eingeordnet. Und sobald nun für ein Kultur- gebiet diejenige Vernunftkategorie entdeckt ist, welche die Erkenntnis des betreffenden Gebietes in logisch- objektiver und gesetzmäßiger Form gewährleistet, ist diesem Gebiet seine Objektivität gesichert.

Neben dieser systematischen Begründung und Recht- fertigung der hier ins Auge gefaßten Aufgabe ließe sich zudem darauf hinweisen, daß die Einbeziehung der Meta- physik in den Kreis der philosophischen Untersuchungs- gegenstände auch aus zeitgeschichtlichen Umständen heraus naheliegend wäre. Es gehört zu den wohl auf- fallendsten Tatsachen in der Entwickelung der geistigen Kultur, daß unsere Zeit ein starkes Verlangen nach jder Metaphysik zeigt und daß an vielen Orten und unter den verschiedensten Gesichtspunkten neue Versuche auf diesem .Gebiete hervortreten; die Gegenwart weist ohne Frage eine intensive Wendung zur Spekulation auf. Und es

16 Der Geltungswert der Metaphysik.

würde eine reizvolle Aufgabe darstellen, die Gründe für diese Entwickelung in einer umfassenden, alle Momente in Betracht ziehenden Untersuchung zu erhellen. Während eine solche Untersuchung natürlich im wesentlichen histo- rischer Natur sein würde, bleibt es eine Forderung von grundsätzlicher Bedeutung, den prinzipiellen Sinn dieser großen zeitgeschichtlichen Bewegung aus dem Begriff der Metaphysik und aus dem Begriff der Kultur her zu erweisen. Das heißt, es gilt nicht, zu zeigen, von welcher Grundlage und von welchen Ueberlegungen aus, mit welchem Verfahren und mit welchen sonstigen Hilfsmitteln eine Metaphysik aufzubauen ist das alles ist denen zu überlassen, die den Beruf und die Kraft zu spekulativen Versuchen in sich fühlen sondern es handelt sich um die schlichte Aufgabe, denjenigen Begriff zu finden, der das Verständnis der Metaphysik ermöglicht und begründet.

a) Der Ge- jj

danke des Absoluten und

seine Proble- Dig Metaphysik ist der Versuch, das Absolute gedank- 1. Die Meta- lieh zu erfassen und es mit den Mitteln des Intellektes

physik und genauer zu bestimmen. So wird man ihren Begriff, bei

der Begriff ° '^

des Abso- Beiseitelassung aller seiner einzelnen Ausprägungen und

luten. Festlegungen, ganz allgemein kennzeichnen dürfen. Da- mit ist die Aufgabe gestellt, diesen Begriff des Absoluten im metaphysischen Verstände in das System der Vernunft einzuordnen und seinen Sinn und Geltungswert aus der Vernunft heraus nicht nur klarzustellen, sondern auch zu begründen.

Nun ist jener Begriff schon wiederholt in der Philo- sophie zum Gegenstand der Untersuchung gemacht worden. Aber in der Bestimmung seiner Bedeutung, in der An- erkennung seines Wertes gehen die Meinungen auseinander. Den schwersten und folgereichsten Angriff hat seine Be- deutung in der Kritik der reinen Vernunft u. z. in den

Der Geltungswert der Metaphysik. 17

berühmten Kapiteln über die antinomische Dialektii^ der Vernunft erlaiiren. Hier ist eben die verhängnisvolle Dialeivtik, die diesem Begriff eigen ist, hier ist die ganze Fülle der ihm innewohnenden Antinomien in der zwingend- sten Form aufgedeckt. Und wenn Kant in jenen Kapiteln die Metaphysik einen „Tummelplatz aller Streitigkeiten" nennt, so ist sie das in erster Linie und in entscheidender Beziehung auf Grund der Problematik und auf Grund des bis zur Paradoxie gesteigerten antinomischen Charak- ters eben jenes Begriffes. In der Philosophie der Gegen- wart hat dann auf die grenzenlose Widerspruchsfülle in jenem Begriff u. a. auch Vaihinger hingewiesen.^) Während er jedoch diesen Begriff nur als Fiktion gelten läßt, die zwar eine außerordentliche praktische, aber keinerlei wissenschaftliche und theoretische Bedeutung habe, gilt es im Gegensatz zu dieser Anschauung gerade einzusehen, daß dieser Begriff auch von hohem theore- tischen Wert ist, insofern als er es ist, der die Meta- physik gedanklich ermöglicht, der ihr gedankliches Rück- grat bildet und ihren Aufbau bestimmt.

Allerdings : Weil er für die Metaphysik diese Be- 2. Die Meta- deutung hat, weil er ihre theoretische Grundlage dar- ^y^tem der stellt, strömt nun von ihm aus in die Metaphysik all das Problematik. Antinomische und Problematische, all das Paradoxale und Ueberbegreifbare, all das Inkommensurabeie und Unent- scheidbar-WiderspruchsvoUe hinein, das diesem Begriffe innewohnt. Das System der Metaphysik ist das System aller Problematik, ihre Struktur ein unendliches Gewebe tiefster, unaufhebbarer Paradoxie n. Zu dieser Entscheidung wird man ge- drängt nicht allein durch die unmittelbare Kritik und Analyse des Begriffs des Absoluten, sondern durch eine Reihe weiterer, damit zusammenhängender Ueberlegungen, die uns später zu beschäftigen haben. Hier haben wir

1) Vaihinger, i.e. S. 114ff., 471 ff. u. ö.

18 Der Geltungswert der Metaphysik.

es zunächst mit derjenigen Problematik und Paradoxie zu tun, die der Metaphysik unmittelbar aus ihrer all- seitigen Verflechtung mit dem Begriff des Absoluten eigen ist und die in ihrer ganzen Verfassung deutlich hervortritt.

Zunächst jedoch zwei kurze Vorbemerkungen.

Erstens: Wenn auch versucht werden soll, nach- zuweisen, daß die Metaphysik den Inbegriff aller theore- tischen Problematik darstellt, daß sie den paradoxalen Versuch bedeutet, schlechthin alle Gestalten und Formen der Kultur, alle Werte und Leistungen der Geschichte, die sich gegenseitig auszuschließen und zu widersprechen streben, doch zur Einheit eines Systems zusammenzu- schmieden, was durch den Begriff des Absoluten geschehen soll, so soll damit kein Tadel und keine Herabsetzung für sie zum Ausdruck gebracht werden. Im Gegenteil : Gerade diese Fülle von Antinomien in ihrem System und in ihrer Struktur, gerade dieses bis zur Paradoxie ge- steigerte Ueberbegreifliche und Gegensatzhaltige in ihrem Begriff gibt ihr die einzigartige Stellung und Bedeutung in der Kultur und für diese. Von dort her gräbt sich ihrem Begriff seine Tiefe ein ; von da her empfängt ihre Geschichte den ungeheuren Reichtum an Entwicke- lungsmöglichkeiten und Entwickelungswirklichkeiten, ihr Zusammenhang und Gefüge die unvergleichliche Viel- gestaltigkeit und Komplikation, sodaß alle metaphysischen Konstruktionen in ungleich tieferem Sinne nur den Cha- rakter des unter Vorbehalt Abgeschlossenen tragen als die Entscheidungen rein wissenschaftlicher Natur.

In der Tat: Wenn es richtig ist, zu sagen, daß all- gemein jede Entscheidung, jedes Ergebnis, jede erreichte Lösung, auf welchem Gebiet auch immer es sei, ob im Leben oder im Gedanken, eine Jeweiligkeit, ein plötz- liches Stillestehen auf einer endlosen Bahn bedeutet, dann gilt dieses Wort in voller Stärke für alle metaphysischen Entscheidungen. Und doch beruht gerade darauf nicht

Der Geltungsvvert der Metaphysik. 19

nur ihre Eigentümlichkeit, sondern zugleich ihre Größe. Ohne sie gäbe es in der menschlichen Kultur das nicht, was deren Tiefe und Gehalt, deren Unendlichkeit ,und Fruchtbarkeit ausmacht, ja nicht nur das: Wir werden noch sehen, daß ohne Metaphysik die menschliche Kultur schlechthin unmöglich ist, weil ihr dann jeglicher Gedanke an eine Bindung durch einen absoluten Wert und .eine alles abschließende und zusammenfassende Einheit fehlen würde.

Aber aus der Einzigartigkeit und Tiefe ihres Be- griffes erwächst der Metaphysik die Einzigartigkeit ihres Sinnes und ihres historischen wie ihres systematischen Geschickes. In diesen Hinsichten, aber nicht in diesen allein, gleicht sie jenem Kunstwerk, das wir Tragödie nennen. Wie darin das wahre Wesen der Tragödie ruht, daß eine unüberbrückbare Gegensätzlichkeit von Charak- teren, von Verhältnissen, von Lebenswerten und Lebens- bewertungen gegeben ist, daß sich vor uns eine Proble- matik auftut, die in ihrer Unüberwindbarkeit erhaben ist nicht nur über jede willkürliche Konstellation, sondern auch über jede Lösungs - und Ausgleichsmöglichkeit, wie erst darin das wahrhaft Tragische in der Tragödie sich entfaltet, daß auch der Tod nur als Verzicht auf die adäquate Hebung der entwickelten Schwierigkeiten, nur als ein gewaltsamer Abbruch erscheint, so trägt auch die Metaphysik die Züge einer Tragödie, die Züge einer Gigantomachie, aber einer Tragödie, wie sie gewaltiger und verwickelter, wie sie umfassender und geschlossener, bezwingender und unabwendbarer aus keines Künstlers Geist, aus keines Einzelnen Erleben hervorgegangen ist: eine Gigantomachie von einziger Art.

Zweitens eine Bemerkung allgemeiner Natur, die 3. Die Kate- sich an die Betonung der dem Begriff der Problematik pfo^iema^tlk hier zugemessenen Bedeutung anschließt. Vielleicht ist nämlich ganz allgemein die Forderung berechtigt, die übliche Kategorientafel um die Kategorie der Problematik

2*

20 Der Geltungsvvert der Metaphysik.

und daran anschließend die der Paradoxie und Antinomie zu erweitern ; und zwar müßte ihre Aufnahme und Ver- wendung in dem doppelten Sinne geschehen, einerseits ihren Inhalt phänomenologisch zu verdeutlichen und an- zugeben, was sie besagen und bezeichnen, andererseits kritisch ihre Bedeutung als Erkenntnisbedingungen be- stimmter Kulturgebiete und Teile von solchen nachzu- weisen.

Die Philosophie hat der Kategorie der Problematik bereits einige Aufmerksamkeit geschenkt ; es sei von älteren Philosophen hier nur hingewiesen auf Eduard von Hartmann und Julius Bahnsen, dann von Philosophen unserer Tage auf Wilhelm Windelband (Begriff des „Antinomismus"), Georg Simmel, Jonas C o h n. Während aber bei den beiden Erstgenannten die Untersuchung rein in metaphysischem Geiste erfolgt, dem Begriff der Problematik dinghafte, substantielle Bedeu- tung zuerkannt wird, als ob er den wesenhaften Grund der Wirklichkeit darstelle, gilt er den drei zuletzt ge- nannten Philosophen als „Standpunkt" i), als „Betrach- tungsweise" -), als Form, als methodisches und heuristi- sches Prinzip, kurz: als Idee im Kantischen Sinne.^)

In einer systematischen Philosophie der Problematik, der Antinomie und Paradoxie dürfte eine nicht unfrucht- bare Aufgabe beschlossen sein. Die Durchführung dieser Aufgabe wird nicht sowohl auf die subjektiven Momente eingehen, durch die im Menschen das Erlebnis der Proble- matik entsteht, sie wird vielmehr die allgemeine objek-

1) Vgl. Wilhelm Windelband, Einleitung in die Philo- sophie, 1914, S. 12; ferner S. 40, 423 ff.

^) Vgl. Jonas Cohn, Der Sinn der gegenwärtigen Kultur, 1914, S. 236, 244 u. a. a. O.

3) Von den verschiedenen, hi€rher gehörigen Arbeiten Georg Simmel 's nenne ich nur: „Zur Metaphysik des Todes", Logos, Bd. I, 1910-11, S. 57 ff. und „Der Begriff und die Tragödie der Kultur", Logos, Bd. II, 1911—12, S. 1 ff.

Der Oeltungswert der Metaphysik. 21

tive Geltuno- des Begriffs der Problematik zu untersuchen haben, seine Bedeutung als konstitutives Prinzip bestimm- ter Kulturgebiete und bestimmter Kulturformen. Mit einem Worte: Es gilt die Gesetzesbedeutung, die grundlegende kategoriale Funktion der Pro- blematik für die Erkenntnis der geschichtlichen Welt philosophisch zu bestimmen. Wenn ich mich nicht täusche, so hat dieser Begriff eine außerordentliche, noch nicht hinlänglich geklärte Bedeutung u. a. auch für die Er- kenntnis des Gebietes der Kunst sowie des der Sprache.

Die Problematik, die den Begriff des Absoluten er- i- ^er Begriff

des Ausolii'

füllt und beherrscht, läßt sich durch eine dreifache Ueber- ten und seine legung aufdecken. Problematik.

a) Es gehört zu den grundsätzlichen und grund- legenden Ergebnissen der modernen Erkenntnistheorie, daß alle Begriffe ohne Ausnahme ihren wissenschaftlichen Sinn und ihre wissenschaftliche Geltung ausschließlich innerhalb des Erkenntniszusammenhanges und auf Grund seiner Systematik besitzen. Damit ist gesagt, daß jede besondere Erkenntnis nur wirkliche Erkenntnis ist durch das System der Erkenntnis, dem sie sich notwendig ein- ordnet. In ihm hat sie ihren Halt, ihre methodische Be- grenzung , sie ist ein in das System der Erkenntnis hineingewebter Teil desselben, der sich mit immanenter Teleologie auf andere Teile bezieht und dadurch seine Stelle im System und seine Deduzierbarkeit hat. Ohne den allgemeinen Beziehungszusammenhang, in dem ein gedankliches Gebilde sich gründet, ist dasselbe etwas Krüppelhaftes, Haltloses, Sinn- und Geltungsleeres, ein Erzeugnis blinder Willkür, eine bloße Fiktion, noch nicht einmal ein Ansatz zu einem Gedanken.^)

Wie steht es in dieser Hinsicht nun mit dem Begriff

1) Näheres bei Arthur L i c b e r t , Das Problem der Gel- tung, 1914, S. 108 ff., 116 ff. u. ö.

22 Der Oeltungswert der Metaphysik.

des Absoluten im metaphysischen Sinne? Die Absolut- heit, die diesem Begriff zukommen soll, widerstreitet jeglicher Einordnung in einen Zusammenhang. Absolut- heit bedeutet Freisein von jeder Verstrickung in Rela- tionen. So sucht jener Begriff jegliche Begrenzung, jede Abhängigkeit von einem Gefüge zu verneinen, er wider- spricht dem Gedanken des Zusammenhanges. Und dabei gründet er sich doch notwendig wiederum auf den Zu- sammenhang der Gedanken ; denn ohne das System der Vernunft ist er im genauesten Sinne undenkbar und unbegreifbar, ist er leerer Schall. Er setzt das System der Vernunft voraus, und in demselben Atemzug sucht er dieses System aus den innersten Gesetzen seines Sinnes heraus zu zersprengen und aufzulösen. So stellt er offen- bar eine Anomalie im Reiche der Begriffe dar, und das Merkmal der Paradoxie haftet ihm unverkennbar und un- verwischbar an. Den Grund aber für jenes inkommen- surabele Verhältnis, das der Begriff des Absoluten zur Welt des Logos hat, dürfte man darin zu sehen haben, daß er, nimmt man ihn in seiner vollen Tiefe, nicht aus- schließlich eine Schöpfung des Logos darstellt, sondern daß Momente anderer Art und Herkunft bei seiner Ent- stehung und bei seiner Verwendung eine enischeidende Rolle spielen.

Man könnte nun glauben, diese Paradoxie und Pro- blematik in dem Begriff des Absoluten wird dann .ver- mieden, wenn das System der Vernunft selber als das Absolute aufgefaßt wird, und wenn das Absolute als identisch mit dem Gedanken und der Vernunft gilt. Das wäre der Standpunkt Hegels, wie überhaupt der eines metaphysisch genchteten Panlogismus.

Aber ohne die Großartigkeit zu verkennen, die dieser Konzeption nach der einen Seite hin innewohnt, so be- deutet eine solche Entscheidung andererseits doch eine rationalistische Abschwächung, Einschränkung und gleich- sam Aushöhlung des universalen Sinnes, der dem Absoluten

Der Geltungswert der Metaphysik. 23

im Zusammenhang und unter den Bedingungen der meta- physischen Spekulation zukommt. Denn in diesem Zu- sammenhang ist der Begriff nicht bloßer Begriff; ihm wird Wesensgeltung zuerkannt; er ist das „Sein", die „Wirklichkeit" schlechthin. Erst mit dieser ontologischen Wendung, d. h. erst auf Grund seiner Hypostasierung er- reicht er seinen metaphysischen Wert, gewinnt er seine metaphysische Bedeutung. Es soll gegen den Begriff des Absoluten nichts eingewendet werden, solange dieser Begriff eben Begriff bleibt, solange er nicht zu einer Wesenheit und Substanzialität verdinglicht wird, die seinem kritisch-methodischen Charakter widerspricht und die ihn seiner logischen Bestimmung entfremdet. Wahrt man streng die kritische Auffassung, dann ist dieser Begriff identisch mit dem Begriff des Systems oder der Vernunft. Und wir stoßen alsdann darum auf keine Paradoxie und Antinomie in ihm, weil hier das System der Vernunft reinlich bei sich selber und in der von ihm selbst ge- gründeten und verbürgten Geltungszone bleibt, der Zone der Erkenntnis, und weil es hier Gesetze entwickelt, die nur für diese Zone gelten, und die deren Objektivität be- gründen, indfem sie sie schaffen.

Bei der metaphysischen Fassung des Begriffes vom Absoluten handelt es sich im Gegensatz dazu um eine Größe, der nicht die Grundlegung der Erkenntnis, son- dern die der Wirklichkeit anvertraut und zugeschrieben wird. Durch ihn soll nicht die Objektivität der Erkennt- nis, sondern die Realität des Seins erhärtet und gesichert werden. Um das zu erreichen, muß ein Durchbruch aus der Zone des Gedankens zu der des Seins erfolgen ; die Absolutheit des Gedankens muß zur Absolutheit des Seins, der Gedanke des Absoluten zum Sein des Absoluten er- weitert und so über sich hinausgeführt werden, bevor die metaphysische Zone und das Absolute im metaphy- sischen Verstände erreicht ist.

Nun hat bekanntlich Kant in dem berühmten Anti-

24 Der Geltungswert der Metaphysik.

nomienkapitel der transzendentalen Dialektik die endlosen Widersprüche jegrlicher metaphysischen Seinslehre auf- gedeckt. Es sei im Folgenden versucht, diese Aus- führungen nach zwei Seiten hin ein wenig zu ergänzen ; zugleich soll damit der obige Nachweis über die Proble- matik im Begriff de^. Absoluten vervollständigt werden (vgl. S. 21 ff.).

b) Es gilt näm'ich, im Auge zu behalten, daß der volle Sinn der met-^physischen Fassung des Absoluten durch seine Ausprägung in einem einzelnen, konkreten Begriff, z. B. in de*n der ,. Substanz", nicht restlos er- schöpft wird. Denn zu jener Fassung gehört nicht nur das Substanz-Sein, sondern nicht minder das Akzidenz- Sein, ferner das Sein als Kausalität und die Kausalität als Sein, wie überhaupt alle nur möglichen Arten Und Formen des Sein", mögen diese einander auch noch so verschieden und fremd sein, mag es auch ganz aussichts- los erscheinen, sie alle miteinander zu einer wesenhaften Einheit zu verbinden oder ihre Gegensätzlichkeit auch nur teilweise zu überbrücken und zu versöhnen.

Doch selbst jene Wesensbestimmung, daß das Absolute Substanz sei. ist schon trotz ihrer Einseitigkeit mit einer außerordentlichen Fülle von Antinomien behattet, die es zu erkennen frilt, will man in die Komplikation ein- dringen, die bereits eine nur teilweise Bestimmung des Absoluten aufv eist, will man ,.die Verschlingung von Be- dingendem und Bedingtem, von Bestimmendem und Be- stimmtem" in ihm erfassen. In der Tat: Ueberall tritt uns schon in der einzelnen Ausprägung, die dem meta- physischen Absoluten in den einzelnen Typen der meta- physischen Snekulation zuteil geworden ist, eine bis oft zu völliger logischen Undurchsichtigkeit gesteigerte „Ver- schlingung" entgegen. Man verfolge nur einmal die ge- schichtlich'- und svstematische Entwickelung, die der Be- griff der Substanz etwa durchgemacht hat, was sich ian Hand einer Monographie von Bruno Bauch, der auch

Der Geltungswert der Metaphysik. 25

die obige Stelle entnommen ist, vortrefflich bewerkstelligen läßt. Man wird alsdann selbst in einem solchen Spezial- fall fortgesetzt einer ganz eigentümlichen, aber sehr charakteristischen Dialektik und Problematik begegnen, die immer aufs neue mit der notwendigen Fortführung und Ausgestaltung des Begriffs zugleich die Unlösbar- keit des metaphysischen Problems offenkundig macht.i)

Aber, wie gesagt, der Sinn, den der Begriff des Ab- soluten in der Metaphysik besitzt, will doch in dem Sinn absolut sein, daß er die ganze Tiefe und Weite des Seins, die Wirklichkeit in all ihren Formen und Werten in sich aufzunehmen vermag. Alsdann kann er nicht nur das Sein etwa als Substanz oder das Sein als Rationalität bedeuten. Es muß in ihn nach der einen Seite alles Akzidentielle und Endliche, nach der anderen alles Irrationale und alles jenseits der eigentlichen begrifflichen Geformtheit Stehende, also die ganze Welt des Willens- und Gefühls- lebens eingehen und durch ihn dargestellt und in ihm verbunden sein. Im Metaphysisch-Absoluten soll eine Ver- webung und Versöhnung der rationalen mit allen irra- tionalen, der logischen mit allen über- und alogischen Zusammenhängen, ihr Aufgehobenwerden in einem höhe- ren Begriff erfolgen.

Und diese Doppelheit und Doppelströmung von Geltungszusammenhängen bedingt nun in ihm eine Anti- nomie und eine bis zur Paradoxie gesteigerte Kompli- kation, die in jeglichem System der Metaphysik zum Aus- druck kommt, weil sie eben durch jenen Begriff mit dem Sinn und dem System der Metaphysik unlösbar verbunden ist. Man darf sich über dieses vielverschlungene Ver- hältnis, über dieses unendlich komplizierte Gewebe ver- schiedenartigster Formen und Werte in dem Grundgefüge

1) Vgl. Bruno Bauch, Das Substanzproblem in der grie- chischen Philosophie bis zur Blütezeit. Seine ges:hicht'iche Ent- wicklung in systematischer Bedeutung; Heidelberg 1910; die an- geführte Stelle ebendort auf S. 265.

26 Der Qeltungswert der Metaphysik.

der Metaphysik nicht durch einzelne Ausprägungen der metaphysischen Spekulation hinwegtäuschen lassen. Denn ein eingehendes Studium solcher besonderen historischen Formen wird immer ergeben, daß diejenigen Systeme der Metaphysik, die sich auf ihre Rationalität und Logi- zität berufen, ganz abgesehen schon von den Formen der Individuation und der Besonderheit, auch der Welt des Nicht-Rationalen nicht gerecht zu werden vermögen oder daß sie in ihrem Bau Bedingungen und Faktoren irra- tionaler Bedeutung tragen, die sie oft zu verheimlichen streben. Für jenen Fall darf auf He gel, für diesen auf Spinoza hingewiesen werden; bei dem letzteren aber macht sich noch eine besondere Schwierigkeit geltend neben der, die in der unhaltbaren Verbindung von ratio- nalen und irrationalen Faktoren besteht ; das ist die Schwierigkeit, die Formen der Individuation, die ,,Modi", in das System aufzunehmen und aus ihm heraus begreif- lich zu machen. Doch davon später. Aber auch umge- kehrt fehlt keinem sich ausgesprochen irrational gebenden System, und nähme man die höchsten und feinsten Aus- bildungen der Mystik, der rationale Faktor ; er ist wirk- sam in jeder Form des Irrationalismus, und zwar nicht nur als Einschlag in seiner Struktur, sondern als gesetz- mäßige Bedingung seiner Grundlegung und seiner sach- lichen Geltung.i) Dazu zwingt schon die sprachliche sowie jede sonstige Formung der Intuition und des in ihr Erschauten. Der bloße Zustand der Intuition reicht als solcher bei weitem nicht aus, um auf ihm eine Meta- physik zu entwickeln.

Auch an diesem Punkt macht sich, was jedoch nur kurz berührt sein mag, ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Metaphysik und Wissenschaft merkbar. Während zum Begriff und System der ersteren notwendig irrationale

*) Vgl. Arthur Liebert, Monismus und Renaissance, in „Der Monismus", herausgegeben von Arthur Drews, Bd. 11, S. 12ff., Jena 1908.

Der Geltungsvvert der Metaphysik. 27

Bestandteile, wie solche im Absoluten notwendig ein- geschlossen sind, gehören, kann davon in bezug auf die Wissenschaft keine Rede sein. Nun hat man darauf hin- gewiesen, daß doch auch für sie gewisse irrational-psy- chologische Momente, wie Intuition oder Genialität, von größter Bedeutung seien, daß es unmöglich sei, diese aus den wirklich fruchtbaren Stufen des wissenschaftlichen Lebens fortzudenken. Dieser Hinweis beruht jedoch auf einer Verwechselung von Person und Sache und auf einer Vermischung des Gesichtspunktes der geschichtlichen Ent- wickelung mit dem der objektiven gesetzmäßigen Gel- tung. Mag das Maß an Genialität, über das ein Forscher verfügt, noch so groß sein, mag nachweislich für die Erreichung dieser oder jener wissenschaftlichen Einsicht und Entdeckung der betreffende Forscher von Intuitionen seltenster Art erfüllt gewesen sein, so ist das alles, so bedeutend es an sich auch sein mag, völlig gleichgiltiig für die Bestimmung der sachlichen Geltung, die eine wissenschaftliche Erkenntnis als Erkenntnis hat, d. h. für diese ihre sachliche Geltung selber. Was sich in der Seele eines Physikers bei einer physikalischen Entdeckung und bei ihrer gesetzmäßigen Formulierung abgespielt hat, oder was wir selber erleben, wenn wir von ihr hören und sie kennen lernen, das alles hat nicht das mindeste zu tun mit der Gesetzesbedeutung und dem wissenschaft- lich-sachlichen Wert dieser Erkenntnis und ihrer Dar- stellung in bestimmten Formeln. Und nicht anders steht es mit der Wissenschaft von der Geschichte. Das aus so vielen und so verschiedenartigen Momenten zusammen- gesetzte Erleben geschichtlicher Werte gehört genau eben- so wie das aus den verschiedensten Quellen gespeiste Erschaffen solcher Werte, wie überhaupt die Förderung der geschichtlichen Entwickelung in einen ganz anderen, nach Form und Inhalt anderen Zusammenhang als die von eindeutig bestimmbaren Kategorien getragene Erkenntnis dieser Werte und dieser Entwickelung.

28 Der Oeltungswert der Metaphysik.

Und so ist überhaupt das System der Wissenschaft von einheitlich-eindeutiger Beschaffenheit: seine Grund- lagen und Bedingungen sind die Formen und Gesetze der Vernunft, seine Methode ein Zusammenhang logisch bestimmter Gesichtspunkte, sein Gehalt und Sinn ist lo- gische Vernunft, ist logisch determinierte Vernunft. Aus diesem Grunde ist auch das System der Wissenschaft so überaus einseitig und einförmig, so begrenzt und in sich geschlossen. Es stellt eigentlich eine ganz eigen- artige und einzigartige Vergewaltigung, und zwar eine solche in der brutalsten Form, der Wirklichkeit dar. Aber zugleich liegt darin die Eindeutigkeit und Geschlossen- heit seiner Geltung begründet.

Ganz anders ist es auch in dieser Hinsicht mit der Metaphysik bestellt. Sie kann aus ihrer Systematik das Irrationale nicht ausschließen. Die Gründe dafür wurden bereits kurz angedeutet. Dadurch aber erhält jene Syste- matik ihre außerordentliche Verwickelung, sie wird zu einem über alle Massen reich verstrickten Gewirre der mannigfachsten Momente und Beziehungen von solchen. Zugleich aber erhält das Verhältnis der Metaphysik zur Wirklichkeit, weil in dasselbe eine ungeheure Fülle von Werten und Wertbeziehungen eingehen muß, soll die Metaphysik ihrem Sinn entsprechen, einen solchen Reich- tum und einen so komplizierten Charakter, daß keine ein- zelne Formulierung seinem Wesen gerecht wird. Ja, gerade je mehr die Verwickelung in seiner Struktur zu- nimmt, umsomehr wächst auch der Gehalt und der Wert, die „Wahrheit", jenes Verhältnisses. Darüber später noch ein Wort, jetzt sei die dem Begriff des Absoluten im- manente Problematik noch durch eine andere Ueberlegung nachgewiesen.

c) Es ist nicht dasselbe, wenn im Umkreis der Logik den Gedanken und Gedankenformen ein absoluter Wert zuerkannt wird, und wenn im Umkreis der Metaphysik vom Absoluten die Rede ist. Wir sahen schon, daß in letzterer

Der Geltungswert der Metaphysik. 29

Hinsicht das Absolute als Sein gilt und als Sein an- gesprochen wird. Die rein gedankliche Geltung des Ab- soluten erhält nämlich dadurch, daß sie als „seiend" be- hauptet wird, eine folgenschwere Veränderung. Denn sie wird dadurch einer Determination, einer Einschränkung unterworfen, die in der Behauptung, das Absolute sei, zum Ausdruck kommt. Lautet doch ein berühmtes Wort Spinoza 's: omnis determinatio est negatio. Jede Deter- mination bringt das Absolute in eine seinem Sinn wider- sprechende Beziehung zu endlichen Werten. Die Behaup- tung, das Unendliche sei, ist ein Schritt auf dem Wege zu seiner Verendlichung, d. h. zur Aufhebung seines Sinnes und seiner Geltung.

Diese Aporie des Unendlichen wird deutlicher, so- bald der weitere, notwendige Schritt getan wird zu einer näheren Bestimmung des Absoluten. Denn keine Meta- physik kann bei der nackten Bestimmung stehen bleiben, daß das Unendliche, daß das Absolute sei. Sie fragt not- wendig nach der näheren Bestimmung des Absoluten. Ist es Bewegung und Fluß oder Stillstand und Ruhe? Ist es Geist oder Stoff? Oder eine Verbindung zwischen ihnen? Wie aber läßt sich vom Absoluten mit Fug be- haupten, es sei entweder Ruhe oder Bewegung, Geist oder Stoff? Nun hat man diese unhaltbare monistische Verkürzung und Verengung dadurch zu überwinden ge- glaubt, daß man dem Absoluten beides verleiht: Ruhe und Werden oder Geistsein und Stoffsein. Das mag auf den ersten Blick aussichtsreich und zur Behebung der Schwierigkeit geeignet erscheinen. Und doch steigert sich die Aporie gerade dadurch ins Ungemessene. Unter metaphysischem Gesichtspunkt hätten Ruhe und Werden, Geist und Stoff den Wert von Substanzen, von absoluten Substanzen. Nun hat schon Spinoza unwiderleglich dargetan, daß es nicht zwei absolute Substanzen geben könne.' Die Vervielfältigung des Absoluten denken, heißt, etwas Sinnloses denken. Doch nicht weniger sinnlos ist

30 Der Geltungswert der Metaphysik.

der Gedanke, daß diese Substanzen in Beziehung zu- einander stehen sollen. Das wird behauptet, um dem absoluten Dualismus zu entgehen, in dem man stets einen unzulänglichen Standpunkt und eine Halbheit erblickt hat. Es ist aber durchaus unverständlich, wie der Geist sich auf die Materie beziehen könne und umgekehrt. Die ab- solute metaphysische Verschiedenartigkeit beider angeb- lichen Substanzen schließt ein positives Verhältnis zwischen ihnen völlig aus, und man denke sich dieses in welcher Form auch immer : ob als Wechselwirkung oder als psycho- physischen Parallelismus, ob kausal oder teleologisch, ob im Sinne der Identität oder des Panentheismus.

Und nicht geringer ist die Unerklärbarkeit des Ver- hältnisses zwischen dem Absolut-Unendlichen und dem Relativ-Endlichen. Und doch sieht sich die Metaphysik zur Konstruktion dijses Verhältnisses unweigerlich ge- zwungen. Denn es obliegt ihr, das Empirische aus dem. Metempirischen abzuleiten, beides in einen Zusammenhang zu bringen und den Sinn ihrer Beziehung irgendwie auf- zuhellen. Wo aber ist es einer Metaphysik gelungen, diese Ableitung ohne Sprung und Künstelei vorzunehmen und diesen Sinn wirklich sinnvoll zu erhellen? Ja. diese Auf- gabe kann ihr nie gelingen trotz der Dringlichkeit und Notwendigkeit der Lösung. Es ist völlig unfaßlich, daß und wie das Endliche mit dem Unendlichen in Verbindung stehen soll, wenn jeder der beiden Werte seinen Sinn und seine Eigentümlichkeit bewahren will. Man weiß, wie Spinoza an dem Unternehmen gescheitert ist, aus der Unendlichkeit der Substanz und ihrer Attribute die end- lichen Modi abzuleiten, d. h. die Endlichkeit der ,Modi in eine eindeutig-einleuchtende Beziehung zur Unendlich- keit der Substanz zu setzen.

Hat man diese Sachverhältnisse durchschaut, dann er- scheint der geschichtliche wie der grundsätzliche Kampf der metaphysischen Systeme als Ausdruck eines naiven

Der Geltungsvvert der Metaphysik. 31

Dogmatismus und Absolutismus ; und nur unter ihrer Vor- aussetzung als möglich. Wie die Metaphysik in ihrer systematischen Ganzheit, so ist auch jede ihrer Formen und Typen in die gleiche ebenso charakteristische als un- auflösbare Problematik verstrickt. Wenn der metaphy- sische Idealismus nur den Geist als das einzig Wirkliche anerkennt, dann läßt er einfach das Problem der Materie ungelöst, oder er wird dem Sinn dieses Problems gar nicht gerecht. Dieselbe Unzulänglichkeit weist der meta- physische Materialismus in bezug auf das Problem der Rea- lität des Geistes auf. Und in dem gleichen Verhältnis zu- einander stehen jene Ausbildungen der metaphysischen Spekulation, die man als organische bezw. als mecha- nistische Weltanschauung bezeichnet. Sie gegeneinander ausspielen, heißt, die Schranken einer jeden übersehen ; sie miteinander verbinden, heißt, zwei Standpunkte zusammen- koppeln, die einander ausschließen und einander aufzu- heben suchen. In dem metaphysischen Urprinzip die Ver- bindung oder Identität von Geist und Materie erblicken, heißt der Vernunft einen unvollziehbaren Gedanken zu- muten. Die Durchführung aber dieses Gedankens im ein- zelnen führt zu den allerseltsamsten Schwierigkeiten und Paradoxien, wie die Theorie des psycho-physischen Paral- lelismus dem Vorurteilslosen genugsam zeigt. Die meta- physische Lehre von der Allbeseelung, wie etwa Fe ebner sie vertritt, ist dem Geist des Märchens innerlichst ver- wandt. Kinder der Romantik sind sie beide. Werden schließ- lich nach der Theorie des metaphysischen Dualismus so- wohl dem Geist als der Materie nicht nur absolute Realität sondern auch absolute Unabhängigkeit voneinander zuge- schrieben, so wird von uns verlangt, trotz der Absolut- heit der Realität der einen Größe doch wieder beide als metaphysisch absolut, also als absolut seiend zu denken : als ob nicht die absolute Realität des einen Wertes not- wendig . die des anderen ausschlösse und verneine. So leicht und logisch die beiden Begriffe beieinander wohnen,

32 Der Geltungswert der Metaphysik.

so undurchsichtig und problematisch wird ihr Verhältnis, sobald sie hypostasiert d. h. als seiend ausgegeben werden.

b.

Allgemeines: Auch die Metaphysik erscheint als eine der großen

Physik' und Entwickelungsformen und Objektivationen der geschicht- diegeschicht- liehen Kultur und als ein Glied in derselben. Es ist, als IC e u ur. ^^ g.^ ^^^ Zusammenhang derselben restlos angehörte und von seinen Bedingungen durchaus abhängig wäre. Deshalb ist es ganz richtig, wenn behauptet wird, daß der Einfluß nicht unterschätzt oder übersehen werden darf, den die allgemeine geschichtliche Kultur auf die Metaphysik und die einzelnen Formen derselben ausübt. Diesem Einfluß kann sich kein System ganz und gar ent- ziehen. Das ist nicht in erster Linie darin begründet, daß die Schöpfer dieser Systeme bestimmte geschichtliche Per- sönlichkeiten sind, wenngleich das Moment des Persön- lich-Menschlichen für die Entstehung und Ausgestaltung eines Systems der Spekulation von größerer Bedeutung ist als bei den Wissenschaften und dort etwa die gleiche Rolle wie in der Religion spielt.

Doch abgesehen von dieser Beziehung ist die Be- einflussung eines metaphysischen Systems durch zeit- geschichtliche Umstände schon dadurch gegeben, daß es seine allgemeine Aufgabe in bestimmtem Umfange nur dadurch lösen kann, wenn es diejenigen Hilfsmittel heran- zieht, die ihm die ganze theoretische Verfassung und die Wissenschaftslage seiner Zeit darbieten. Man ermesse einmal die Abhängigkeit, in der die Metaphysik des Des- cartes oder des Spinoza von der Mechanik ihrer Zeit sowie überhaupt von dem Stand der damaligen Natur- wissenschaft steht. Und auch Hegels geschichtsphilo- sophische Konstruktionen wären wenigstens nach der einen Seite hin nicht möglich ohne die eingehenden historischen Studien, die er besonders in seiner Jugend getrieben hat,

Der Geltungswert der Metaphysik. 33

sowie ohne die Belebung und Vertiefung, die die Geschichtswissenschaft seiner Zeit aufzuweisen hat. Zu- gleich aber wirkt auf die Schöpfung jedes metaphysischen Systems die allgemeine Geistesverfassung und Gesinnung eben dieser Zeit mit ein. Dazu kommt in entscheidender Form, daß jedes metaphysische System neben seiner all- gemeinen Leistung und Funktion im besonderen noch eine Deutung der herrschenden Kultur- und Lebensmomente derjenigen Zeit, in der es erwächst, versucht und eine solche besondere Aufgabe in sich enthält. Zum mindesten liegt, oft unausgesprochen und nur in Ansätzen vor- handen, ein solcher Versuch in ihm beschlossen.

Was eine Zeit erregt und bewegt, was ihren Geist und ihre Interessen zu tiefst bestimmt und beherrscht, das kommt in dem metaphysischen System, das in ihr entsteht, irgendwie zum Ausdruck und zur Geltung. So kann man die Hauptzüge und den Grundcharakter einer geistesgeschichtlichen Periode ablesen aus der Form und Gestaltung, aus dem Gehalt und der Tendenz der in ihr hervortretenden Spekulation. Wohl durch nichts Anderes sind die einzelnen Zeiten und Kulturen so deutlich ge- kennzeichnet, wie durch die metaphysischen Systeme, die in ihnen entstehen oder zu allgemeinerer Anerkennung gelangen. Aber auch umgekehrt darf die Einwirkung nicht unterschätzt werden, die ein System der Metaphysik auf den Geist seiner Zeit und ihre Entwickelung ausübt. Nicht selten und in nicht geringem Maße sind spekulative Mo- mente von entscheidender Bedeutung für den Gang der allgemeinen Kultur geworden, ohne daß diese Bedeutung nun stets sogleich sichtbar oder ohne weiteres offenkundig geworden wäre.

Dieses Wechselverhältnis hat kaum jemand klarer erkannt und geistvoller herausgearbeitet als Wilhelm Dilthey. Ein großer Teil seiner Forscherarbeit als Historiker bezieht sich auf diese Punkte. Mit reichem Ertrag ist es ihm gelungen, durch eine umfassende kultur-

3

34 Der Geltungswert der Metaphysik.

psychologische und kulturgeschichtliche Betrachtung ein geschichtliches Verständnis der Metaphysik zu erreichen und sowohl die allgemeinen als auch die persönlichen, in der Eigenart des betreffenden Metaphysikers ruhenden Beweggründe ans Licht zu stellen, die die Entstehung dieses oder jenes bestimmten Typus der Metaphysik be- dingen ; ferner hat er ihren Einfluß auf ihre Zeit ge- schildert und es verständlich zu machen gewußt, wieso nun eben diese Zeit gerade diese Metaphysik hervorbringen oder gerade von diesem metaphysischen Typus sich be- herrschen lassen mußte. Doch ist noch manches in dieser Richtung zu tun. Denn auch hier zeigt Diltheys Arbeit neben großartigen Ansätzen und teilweisen Ausführungen jenen fragmentarischen Charakter, der ihr überhaupt eigen- tümlich ist.

Aber bei aller Anerkennung dieser Arbeit darf man die Schranken nicht übersehen, die ihrem Verfahren ge- setzt sind. „Kann es einen geschichtlichen Ausgangs- punkt für ein ewiges Bewußtsein geben?" So fragt ein- mal, allerdings in einem anderen Zusammenhang aber in dem gleichen Sinne , der dänische Religionsphilosoph Sören Kierkegaard in Nachbildung eines bekannten Wortes von Lessing.i) Denn wenn Kierkegaard einen Zweifel darüber ausspricht, daß es möglich sei, auf dem Wege der geschichtlichen Betrachtungsweise von der Religion ein adäquates Verständnis zu gewinnen, da alle ihre Werte und Wertungen, da ihr ganzes System und alle Zweige desselben über den Rahmen der bloßen Geschicht- lichkeit hinausreichen oder zum mindesten hinausstreben, so trifft das gleiche auch für die Metaphysik zu. Denn der Versuch, auch die Metaphysik dem Zusammenhang der geschichtlichen Welt restlos einzuordnen und sie aus diesem Zusammenhang heraus zu begreifen, trifft auf ganz

1) Sören Kierkegaard, Philosophische Brocken, I.Teil Jena IQIO, S. 113.

Der Geltungswert der Metaphysik. 35

eigenartige Schwierigkeiten, auf eine neue Problematik und Paradoxie. Es ist, als ob die Problematik, die das innere Gefüge und den Zusammenhang aller meta- physischen Spekulation beherrscht, aus diesem Gefüge herausstrahlt und auf alle Verhältnisse und Beziehungs- formen einwirkt, in die die Metaphysik eintritt und in die sie verflochten ist.

Es gibt keine geschichtliche Kultur, die von meta- physischen Durchsetzungen frei wäre. In irgend einer Form ist jede geschichtliche Kultur und jeder Zweig in ihr auf irgend eine Metaphysik bezogen und in ihr gegründet. Und doch waltet zwischen der Metaphysik auf der einen und dem geschichtlichen Leben auf der anderen Seite ein so starkes Spannungsverhältnis, daß beide Teile immer unmittelbar an der Grenze stehen, an der sie ihren Sinn zu verlieren, und an der sie ihren Begriff und ihr Gesetz einzubüßen in Gefahr sind.

Dem geschichtlichen Leben erwächst nämlich dadurch, daß es auf die Metaphysik bezogen ist, der Widerspruch und die Abtrünnigkeit gegen sich selbst Denn die ganze geschichtliche Welt, die doch Leben, Bewegung, Spon- taneität, Schöpfung und Umbildung, Fluß und Werden, Abhängigkeit und Beziehung ist, erleidet auf Grund jenes Verhältnisses das Schicksal ihrer Verabsolutierung, man möchte fast sagen : ihrer Dogmatisierung und Kanonisie- rung. Das kommt nicht allein daher, daß sie von der Metaphysik rationalisiert und in einen festen Begriffs- zusammenhang hineingepreßt wird, dem ihr Sinn wider- spricht. Wohl erfährt sie dadurch in gewisser Form eine ihrem Wesen entgegengesetzte Beschränkung und Aus- höhlung. Aber erstens ist es leicht einzusehen, daß sich auf andere Weise kein ernsthaftes, tieferes spekulatives Verständnis der geschichtlichen Kultur erreichen läßt ; mit bloßen Intuitionen und Einfühlungen ist hier ebenso wenig etwas auszurichten, wie inbezug auf andere Auf- gaben der Erkenntnis. Zweitens aber bleibt doch immer

3*

36 Der Geltungswert der Metaphysik.

ein Bewußtsein des außerordentlichen Abstandes zwischen dem vollen, ungebrochenen Gehalt des Lebens und seiner rationalistischen Formung und Stilisierung vorhanden. Nie- mand verfällt so ohne weiteres der Einbildung, daß die rationalistischen Konstruktionen der Geschichtsmetaphysik Hegels nun das geschichtliche Leben als Leben er- schöpfend zur Darstellung bringen und es völlig decken. Die auch in dieser Hinsicht zweifellos obwaltende Anti- nomie bildet doch nur einen Ausschnitt aus jener ,viel umfassenderen und verhängnisvolleren Paradoxie, die in der verabsolutierenden Umformung der geschichtlichen Wirklichkeit durch die Metaphysik vorliegt.

Das geschichtliche Leben ist eine von tausend und abertausend Momenten bedingte und abhängige Wirklich- keit, vergleichbar einem Geflecht, dem unzählige Formen und Bilder eingewoben sind, das sich immerfort verschiebt, das immer neue Kombinationen aufweist, die zwar alle, in ihren Teilen wie in ihrem Ganzen, gesetzmäßig be- gründet sind, ohne daß sich nun aber das Gesetz der- selben in einer einheitlich-eindeutigen Formel darstellen ließe. In dieser Beziehung tritt vielleicht ein Unterschied neben anderen zwischen dem Begreifen der mechanisti- schen Natur-Wirklichkeit und dem Begreifen der geschicht- lichen Lebens-Wirklichkeit zu Tage. Während dort eine Gesetzeskategorie oder eine bestimmte Zahl derselben zur wissenschaftlichen Konstruktion jener Wirklichkeit aus- reicht, bleiben alle kategorialen Fassungen und Er- fassungen der geschichtlichen Wirklichkeit nur einlinige, rationalistisch enge Quer- oder Längsschnitte derselben. Solange die Geltung dieser Schnitte nicht verkannt, d. h. nicht überschätzt wird, solange das Bewußtsein lebendig bleibt, daß alle diese Kategorien, wie deren die Geschichts- philosophie eine ganze Anzahl entwickelt hat, nur metho- disch gemeinte Gesichtspunkte, nur Forschungsmaximen und Forschungsprinzipien sind, bleibt die Aufstellung sol- cher Kategorien innerhalb der kritischen Forschung. So-

Der Geltungswert der Metaphysik. 37

fort aber vollzieht sich der Durchbruch aus diesem Gebiet in das des Dogmatismus und der Metaphysik, sobald eine einzelne kategoriale Form des Begreifens unter Mißachtung ihrer bloß logischen und bloß rationalen Gültigkeit zum ausschließlichen und das geschichtliche Leben als solches beherrschenden Gesetz desselben gemacht wird ; gleichsam als ob sie die geheime Kraft und Gewalt wäre, der alles geschichtliche Leben Untertan ist. Es ist vielleicht die Vollendung des kritischen Tiefsinnes, der in Leopold von Ranke wirksam war, daß er bewußt davon Abstand nahm, das geschichtliche Leben einem einzigen Gesetz unterstellen zu wollen und in ihm nur einen einzigen Zusammenhang, gleichsam eine eingliedrige Kette, wahr- zunehmen.

Das aber tut gerade die Metaphysik. Wohl haben wir Systeme derselben, die den Begriff der Bewegung, Entwickelung, den des Fortschritts, des Lebens usw. zu- grunde legen. Aber der Sinn, in dem sie dieses tun, hebt den geschichtlichen Zusammenhang und die in ihm ver- wobenen Momente, welche nicht aus einzelnen Personen und Handlungen oder Gruppen von solchen bestehen, sondern aus den großen Objektivitäten wie Religion und Kirche, Recht und Staat, Sittlichkeit, Sitte, Kunst, Vernunft und Wissenschaft, heraus aus der Fülle ihrer Beziehungen, er unterdrückt den Reichtum und die Komplikation ihres Gefüges, er verpflanzt das zeitlich Giltige in das Un- veränderlich-Zeitlose, er verflößt das Individuelle und Konkrete in das Unbedingt-Absolute.

Gewiß, das ist die Aufgabe und das Wesen der Meta- physik. Das Paradoxe dabei tritt aber hervor, sobald er- kannt ist, daß diese Tendenz auf das Absolute, die so in sich gegründet und unabhängig erscheint, nicht nur des Geschichtlichen bedarf und somit von ihm, das sie doch zu enteignen und seinem Sinn abwendig zu machen strebt, abhängig ist, sondern daß sie diese Umprägung des Ge- schichtlichen zum Ueberges^hichtlichen nicht rein und rest-

38 Der Geltungswert der Metaphysik.

los durchsetzen kann und darf. Die Struktur des Ge- schichtlichen, das Leben, sein Sinn und Gehalt, sperrt sich gegen die Verabsolutierung, weil dadurch sein Eigenwert und seine Autonomie aufgehoben und seine Geltung zwar vertieft, zugleich aber vernichtet wird. Wohl gewinnt es durch seine Beziehung auf einen absoluten Wert allererst seinen Halt, seine tiefere Einheit, es erreicht durch sie die Einheitlichkeit eines Sinnzusammenhanges ; das Ge- schichtliche tritt in das Licht der Vernunft und wird ver- nünftig. Aber diese Erhebung erkauft es um den Preis seines geschichtlichen Gehaltes, es erkauft ihn durch den Verlust seiner Fülle an Kulturinhalten und an allem Kon- kreten, wie dieses in bestimmter Ausbildung in den reli- giösen, sittlichen, rechtlichen Lebensformen einer Zeit wirkt und gilt.

Und auf der anderen Seite kann und darf keine Meta- physik bei ihrer Aufsaugung und Verabsolutierung des Empirisch -Geschichtlichen bis zum Aeußersten gehen. Denn sie hat ihre materielle Grundlage eben in diesem Empirisch-Geschichtlichen, und ihre Aufgabe einer speku- lativen Deutung des Lebens wäre in demselben Augenblick unlösbar gemacht, in dem das Leben restlos dem uni- formierenden und uniformen Wert des Absoluten unter- stellt wäre. Ohne auf das Ganze der geschichtlichen Kultur in immanenter Form bezogen zu sein, hätte der Begriff des Absoluten keine tiefere Bedeutung, keinen tieferen Gehalt, er wäre lediglich ein reines Konstruktionsschema, er hätte nichts von jenen umfassenden Intentionen, die er in der Systematik der Metaphysik begrifflich zu ent- wickeln hat; es fehlte ihm geradezu seine metaphysische Tiefe und damit die ihm eigentümliche Inkommensurabili- tät und Problematik.

Öse und 'fc ^'^ Umsetzung der geschichtlichen und empirischen

metaphysi- Werte ZU absoluten, wie sie von der Metaphysik erarbeitet

^sofutiemng. ^^^^' *^* ^^* '" ^'"^ Parallele mit der von der Religion vorgenommenen Verabsolutierung des Lebens und seiner

Der Qeltungswert der Metaphysik. 39

Güter gesetzt worden. Allein diese Verabsolutierung durch die Religion hat eine ungleich geschlossenere, in sich ein- heitlichere, gleichsam absolutere Form als die durch die Metaphysik. Denn dort wird der ganze Lebensgehalt fast restlos und bedingungslos aus dem empirischen Zusammen- hang herausgelöst und in eine Wertsphäre gehoben, in der jegliches Moment mit nahezu radikaler Härte seine Ueberlegenheit über alle zeitliche und geschichtliche Gel- tung betont und das Zeitliche und bloß Geschichtliche dem Ewigen unbedingt untergeordnet wird.

Zwar treten auch in der religiösen Wertsphäre Anti- nomien und Paradoxien auf.i) Aber die Anknüpfung der einzelnen, irdischen Werte an den ewigen religiösen Wert soll wenigstens ihrem Sinn und Ziel nach in der strengsten Form erfolgen, sodaß jene ihre ursprüngliche Autonomie so viel wie möglich einbüßen. Alle Bedingtheiten sollen, der Absicht und dem Gehalt der Sache nach, ins Unbe- dingte erhoben, durch und in das Unbedingte, im Hegel- schen Sinne, aufgehoben werden. Ich darf hier ein tref- fendes Wort von Rudolf Eucken anführen. „So erst entstand Religion im charakteristischen Sinne", heißt es einmal bei ihm, „mit der vollen Weltüberlegenheit und der dadurch erschlossenen reinen Innerlichkeit, mit der Belebung eines Absoluten im Menschen gegenüber aller sonstigen Bedingtheit seines Daseins."') Und man be- achte, wie außerordentlich stark z. B. die in aller Religion vorhandenen intellektualistischen und theoretisch-wissen- schaftlichen Bestandteile von dem Gesamtsinn und Gesamt- ziel der Religion überschattet und beherrscht werden. Wenn ein religiöses System irgend eine Erkenntnis, irgend eine wissenschaftliche Einsicht und Bestimmung in sich

1) Vgl. Jonas Cohn, Der Sinn der gegenwärtigen Kultur, Leipzig 1914, S. 249 ff., 257 ff. u. ö.

2) Rudolf Eucken, Der Sinn und Wert des Lebens, 1908, S. 140.

40 Der Geltungswert der Metaphysik.

aufnimmt, oder wenn es überhaupt mit Erkenntnis, Wissen- schaft, Philosophie sich durchsetzt und durchtränkt, wenn sich also das entwickelt, was als , philosophische Religion* bezeichnet zu werden pflegt i), so verliert doch im Gefüge der Religion die einbezogene Erkenntnis oder Philosophie beinahe jegliche Eigengeltung und Selbstbestimmung. EHe Idee der Religion und der religiöse Geist binden die von ihnen aufgenommenen und in ihnen gesetzten Momente, mögen dieselben noch so stark voneinander abweichen, so fest und dauernd zusammen, daß sie ihrer Selbständig- keit fast bis auf die letzte Spur verlustig gehen.

Die Metaphysik dagegen bricht die Brücken zur ge- schichtlichen Welt bei weitem nicht in demselben Umfange ab. Selbst wenn man ihre abstraktesten Ausprägungen ins Auge faßt, bleibt jene Beziehung, jene Erdennähe und Erdenschwere, in doppelter Hinsicht gewahrt. Erstens gehört es zu ihrem Begriff und zu ihrer Aufgabe, das Reich der Natur und das der Kultur, sei es in ihrer Ge- samtheit, sei es in besonderen Richtungen, zu deuten, d. h. deren Sinn und Vernunft spekulativ zu erfassen. So bezieht sie sich schon in dieser Hinsicht auf einen em- pirisch-positiven Zusammenhang als ihre unaufgebbare materiale Grundlage. Dazu kommt, daß sie für jenen Zweck irgendwie der positiven Wissenschaften sich bedient und auf diese, gleichfalls als ihre materiale Voraussetzung, sich stützt. Dieser Tatbestand kommt zu klarem Ausdruck, wenn die Aufgabe der Metaphysik, wie es oft geschieht, dahin bestimmt wird, daß dieselbe in der systematischen Vereinigung und Vollendung aller Erkenntnis bestehe. Denn zur systematischen Vereinigung gebracht werden soll ja eben die Masse der empirischen, positiven Wissen- schaft, also nicht allein die Form, sondern auch der Ge-

1) Vgl. Konstantin Oesterreich, Die religiöse Er- fahrung als philosophisches Problem. Berlin 1915, S. 41, 50, 52.

Der Geltungswert der Metaphysik. 41

halt derselben, also das, was an sachlichen Erkenntnis- werten in ihnen beschlossen ist.

Und doch entspricht es andererseits ebenso notwendig ihrem Sinn, das Gesetz des Empirischen umzuformen und es durch den absolutistischen Einheitsgedanken zu ersetzen, gleichsam die Welt des Empirischen aus den Angeln zu heben, allen ihren doch endlichen Werten ein anderes Vor- zeichen zu erteilen, sie in den Zusammenhang des Un- endlichen und Absoluten einzustellen. Aber alles das wiederum mit einem charakteristischen Vorbehalt. Ich meine das nicht historisch oder psychologisch. Sondern rein logisch und grundsätzlich gesehen, ist in dem Begriffs- wert des Metaphysisch-Absoluten seinem vollen Sachver- halte nach implizite die Beziehung auf die Endlichkeit mitenthalten und mitgedacht. Dadurch aber tritt in die logische Struktur jenes Begriffes ein Zwiespalt hinein, der letztlich aus der Zwiespältigkeit seines Sachverhaltes, aus der Unvereinbarkeit der Elemente desselben erwächst.

Die Einordnung der Metaphysik in das Ganze der 2. Die Meta- geschichtlichen Welt, die eine neue Paradoxie hervor- gj^el^elnen treten ließ, legt nun die Frage nach dem Verhältnis nahe, Kulturgebiete, in dem die Metaphysik nicht nur zu jenem Ganzen, son- dern zugleich zu den einzelnen Gebieten der Kultur steht. Ist sie in dieser Hinsicht eine so bestimmte, klar abge- grenzte Ausprägung des geschichtlichen Lebens wie es beispielsweise die Wissenschaft oder das Recht oder die Sprache usw. sind? Läßt sich für sie im allgemeinen Zu- sammenhang der Kultur eine bestimmte, einzelne Stellung ausfindig machen, die sich aus dem Ganzen eindeutig her- ausheben und von seinen Teilen eindeutig absondern und unterscheiden läßt?

Das ist mit nichten der Fall. Im Gegensatz zu den anderen großen Formen der geistigen Kultur stellt die Metaphysik nicht eine in sich geschlossene Provinz dar. Sie ist von. ihnen nicht mit derselben Strenge und Ein- deutigkeit abgrenzbar wie etwa die Wissenschaft abgrenz-

42 Der Geltungswert der Metaphysik.

bar ist gegenüber der Sitte oder gegenüber den Formen des wirtschaftlichen Lebens. Sondern es ist interessant und merkwürdig zu beobachten, daß sie nicht nur ,zu diesem oder jenem, sondern zu allen Gebieten und Rich- tungen der Kultur in Austausch und Verkehr steht, indem diese alle irgendwie von der Idee des Absoluten durch- rankt und umschlossen werden. Jedes einzelne Kultur- gebiet baut sich auf, abgesehen von seinen empirischen Momenten, auf einer bestimmten Ausformung dieser Idee als einer seiner grundlegenden Voraussetzungen.

In alle Zweige und Richtungen der Kultur ist mittels jener Idee metaphysischer Geist hineingewebt, sodaß man nicht mehr sagen kann : nur hier oder ausschließlich dort ist die Metaphysik, an dieser oder jener bestimmten Stelle steht sie als einzelnes Glied in der geschichtlichen Ent- faltung der Kultur. Sie nimmt vielmehr jene beziehungs- reiche Mittelstellung im Zusammenhang der geistigen Welt ein, die man zu Unrecht so oft der Philosophie zu- geschrieben hat.i) Es ist die wesentliche Funktion der metaphysischen Gesinnung, alles Besondere und Einzelne auf ein Absolutes zu beziehen und im Absoluten zu ver- ankern. Diese metaphysische Gesinnung macht sich natür- lich und notwendig in irgend einer Form in jedem Zweige der Kultur und der Kulturarbeit geltend. Und durch diese ihre gemeinsame Beziehung auf einen als absolut gedachten Wert treten die einzelnen Gebiete in eine innere Ver- bindung untereinander, sie, von denen doch ein jedes seine besondere Grundlegung verlangt und auch aufweist. Aber in jener übergreifenden Verankerung in dem Ab- soluten dürfte der Grund für die merkwürdige Tatsache zu sehen sein, daß ein jedes der einzelnen Gebiete eine eigentümliche Mißachtung gegen die logische Autonomie und Eigengesetzlichkeit des anderen zeigt, daß es in seine

^) Schopenhauer, Neue Paralipomena, herausg. von Griesebach, Reclam, Leipzig, IV § 28 ff.

Der Geltungswert der Metaphysik. 43

Sphäre überzugreifen strebt. Ueber alle einzelnen Kultur- gestaltungen spannt sich gleich einem sie alle verbinden- den Bogen der Gedanke des Absoluten ; in ihm erhoffen und erstreben sie alle ihren gemeinsamen Halt und ihren Zusammenschluß zu einer höheren, ihnen allen über- geordneten Einheit.

So bedingt auch hier das metaphysische Element aufs neue eine seltsame Problematik und ein eigenartiges Spannungsverhältnis. Auf der einen Seite gehört es zu den Grundbedingungen für die logische und methodische Sicherung des einzelnen Kulturgebietes, seine Autonomie zu wahren, seine Eigengesetzlichkeit kraftvoll zu ent- falten, sich seine Grenzen genau abzustecken und gegen Einbruch von außen her zu schützen. Oder aber es könnte weder dazu kommen, seinen Begriff und Sinn in ein- deutiger Form festzulegen, noch könnte es sich in ein- deutiger, ungemischter Form ausbauen und entwickeln. Auf der anderen Seite tritt jedoch immerfort eine wechsel- seitige Verletzung der Autonomie und der Grenzabsteckung hervor : in das System der wissenschaftlichen Erkenntnis werden z. B. Wertgedanken sittlicher oder künstlerischer Art und Herkunft hineingetragen ; das System der Sitte oder das des Rechtes wird z. B. mit religiösen Ideen ver- quickt oder unterbaut. Das eine sucht den Uebergang zu anderen, die logische Bestimmtheit seiner Stellung jm System der Vernunft verblaßt und lockert sich ; sie alle streben hin zu einer Einheit, in der sie ihre Vollendung zu finden glauben und ihre Absolutheit zu erreichen hoffen. Und dieser grenzverletzende Zusammentritt wäre nicht möglich ohne den absolutistischen Einschlag in dem Gewebe jedes einzelnen, ohne ihre gemeinsame Grund- legung im Metaphysischen, die neben der besonderen, gleichsam konkreten Grundlegung des einzelnen Gebietes aus den speziellen Voraussetzungen, die in seinem Begriff liegen, hergeht, und die stets eine eigentümliche Beein-

44 Der Geltungswert der Metaphysik.

trächtigung der autonomen Entfaltung des Einzelgebietes und seiner Unabhängigkeit hervorruft.

Diese in der Aufgabe der Metaphysik liegende Ver- bindung und Zusammenschließung der einzelnen Kultur- gebiete zu der umfassenden Einheit der Kultur ist es wohl, durch die der Ansicht Vorschub geleistet wurde, daß die Metaphysik im wesentlichen das Erzeugnis und der Ausdruck der synthetischen Funktion des Bewußtseins sei. Aber diese Ansicht entspricht doch nicht ganz dem Tatbestande. Denn neben dieser sicherlich verbindenden und vereinheitlichenden Leistung der Metaphysik geht deutlich eine stark analytische Funktion her. Das Meta- physisch-Absolute ist nicht bloß die Einheit im Sinne der Universalität, sondern zugleich im Sinne der Einfachheit, der Indiszernibilität, ja der Einförmigkeit. Die von der Metaphysik erstrebte Einheit der Kultur würde also außer der Verbindung der Teile zu einem Ganzen die Beseiti- gung und Tilgung ihres Reichtums und Gehaltes und die Preisgabe der Eigentümlichkeit eines jeden bedeuten. Aber auf dieser Eigentümlichkeit beruht in nicht geringem Maße die Fruchtbarkeit jedes einzelnen Teiles und damit der Glanz und die Bedeutung des Ganzen. Ein Geschichts- philosoph von der Tiefe eines Fichte wußte schon, wes- halb es nötig sei, daß man trotz aller Forderungen, daß das Einzelne dem Ganzen sich hingeben müsse, doch auch darauf achten müsse, daß das Einzelne bei dieser Hingabe nicht seine Eigenart opfere, sondern sie kraft- voll bewahre. Der metaphysische Vereinheitlichungs- gedanke muß in sich selbst eine Schranke finden, er muß sich gleichsam gegen seine logische Konsequenz auf- lehnen : es liegt auch in ihm ein Gegensatz, ein Wider- spruch ; mit der Synthese ist die Analyse verbunden ; der Zug zur Universalität darf den zur Singularität nicht be- einträchtigen.

In dem Verhältnis dieser beiden Tendenzen ruht eine schwere Problematik, für die die Metaphysik der Ge-

Der Geltungswert der .Metaphysik. 45

schichte zwar eine große Zahl jedoch immer nur proble- matischer Lösungen beigebracht hat und beibringen kann. Aber diese Problematik ist im Grunde keine andere als die, die wir bereits in dem Verhältnis zwischen dem Un- endlichen und dem Endlichen, zwischen dem Ganzen und dem Teil, zwischen Substanz und Modus, zwischen Allheit und Individuation antrafen ; sie ist nur die Beziehung, gleichsam die Anwendung dieser allgemeinen Problematik auf ein bestimmtes Gebiet, nämlich das der geschicht- lichen Welt.

C. c) Die Meta-

physik und die theore- Die komplizierte, an Problemen überreiche Verfassung, tische Kultur.

die das Verhältnis zwischen der Metaphysik auf der einen g^j^^^^^'^j^". und der geschichtlichen Kultur und ihren Gliedern auf senschaft. der anderen Seite in sich trägt, erreicht ihren Höhe- punkt in der Beziehung zwischen Metaphysik und Wissen- schaft im besonderen. Hierbei ist nicht eigentlich an das uralte, an unlösbaren Schwierigkeiten überreiche Be- streben der Metaphysik, Wissenschaft zu sein oder zu werden und eine irgendwie geartete Erkenntnis des Ab- soluten zu bieten, gedacht. Was über diesen Punkt ^u sagen ist, das ist in der Kritik der reinen Vernunft ge- schehen. Aber neben oder außer dieser unmittelbar er- kenntnismäßigen Absicht, deren Schicksal hier auf sich beruhen mag, erwächst der Metaphysik aus ihrer eigen- tümlichen Gesamtgeltung und Struktur dennoch die Not- wendigkeit, ihre Beziehung zur Wissenschaft zu wahren und aufrechtzuerhalten. Und gerade darin vollendet sich die Paradoxie und Gegensätzlichkeit, die ihrer Idee und ihrem System eigen ist, und der wir bereits in so mannig- fachen Spiegelungen und Ausgestaltungen begegneten.

Wir fanden, daß die Metaphysik in sich eine ungleich größere Fülle und Verschiedenartigkeit an Momenten als

46 Der Geltungswert der Metaphysik.

alle anderen Gebiete der Kultur umfaßt und ein viel be- ziehungsreicheres Gewebe als sie alle besitzt. Kein an- deres Wertgebiet läßt sich an innerer und äußerer Kom- plikation mit ihr vergleichen. Einzigartig ist sie ebenso in bezug auf die Totalität ihres Sinnes wie ihres Geltungs- bereiches. Aber dieser Reichtum ihres Innenbaues ,und diese Weite ihrer Bedeutung zeitigen notwendig die Ge- fahr, daß ihr ganzer Zusammenhang zerbröckelt, ihre Kon- turen sich verwischen, daß sie, indem sie überall zu sein und zu wirken sucht, nirgends bestimmt zu fassen ist.

Und dennoch spricht man von ihr unter bestimmten Gesichtspunkten ; man bezeichnet ihr Wesen mit bestimm- ten begrifflichen Determinationen. Wie immer man über die Metaphysik denken mag, so denkt man sie doch; d. h. man sucht sie begrifflich zu bestimmen und ab- zugrenzen. Ist der Zug zur Totalität eine Lebensfrage für sie, so ist das nicht minder der Fall mit der For- derung ihrer begrifflichen Festlegung. Der eine ist für sie so notwendig wie der andere. Gegen die Unend- lichkeit ihres Begriffes, ihres Sinnes, ihrer Geltung erhebt sich die Notwendigkeit, diesen Begriff abzugrenzen, ihn zu unterscheiden. Indem man vom Absoluten spricht, ver- endlicht man seinen Begriff, determiniert man seine Gel- tung. Die Absolutheit des Gehaltes, der im Begriff der Metaphysik liegt, findet in der Notwendigkeit ihrer be- grifflichen, theoretischen, intellektuellen Formung ihren schärfsten Gegensatz.

Und in dieser Notwendigkeit ruht das objektive Prin- zip für die Aufrechterhaltung des Verhältnisses zwischen der Metaphysik einerseits und jener Welt intellektueller Bestimmtheiten andererseits, die man Wissenschaft nennt. Gerade je reicher und wechselnder der Bestand an Ele- menten in der Struktur der Metaphysik ist, je zahlreicher und bewegter die in ihr kreisenden Tendenzen und Lebensströme sind, umso unvermeidlicher tritt das Gesetz ihrer Stilisierung und die Notwendigkeit, sie begrifflich

Der Geltungsvvert der Metaphysik. 47

zu vereinigen und zusammenzufassen, hervor. Keine Kunst- form, und sei sie noch so streng und gebunden, läßt sich an Unbedingtheit und Strenge mit derjenigen Stili- sierung vergleichen, die in den logischen Determinationen und Synthesen metaphysischer Inhalte erfolgt. Nirgends ist das Spannungsverhältnis zwischen Form und Inhalt so stark, nirgends ist zwischen diesen Faktoren eine so tiefe Antinomie vorhanden wie hier.

Spinozas oder Hegels System bieten geschicht- liche Belege für dieses einzigartige Spannungs- ja: Miß- verhältnis. Die Eindeutigkeit, die Geschlossenheit, die Rationalität des formalen Gefüges, wie es durch das de- duktive bezw. durch das dialektische und konstruktive Verfahren her- und dargestellt wird, sie stehen der Fülle und Weite des in ihnen zusammengepreßten Inhaltes ebenso fremd gegenüber, wie sie doch diesem Inhalt notwendig sind gerade um seiner Fülle willen, die sonst unfaßbar wäre und die sich sonst zerstreuen und verlieren würde. Ohne tausendfältige Anleihen bei den besonderen Formen der wissenschaftlichen Arbeit und der Logik zu machen, ohne die unaufhörliche Heranziehung konkreter begriff- licher Bestimmungen kann die Metaphysik nicht einmal zur Bestimmung ihres Begriffes gelangen, kann sie auch keinen einzigen derjenigen Begriffe, mit denen sie ar- beitet, fassen und finden. Wenn sie vom Absoluten, vom Unendlichen spricht, so meint sie in der Tat das Ab- solute, das Unendliche in all seiner Weite und Tiefe. Und doch muß sie dafür eine bestimmte begriffliche Fas- sung wählen, sie muß eine Formung, eine Stilisierung vornehmen und zwar mit Hilfe derjenigen Mittel, die ihr die Wissenschaft darbietet.

Aber indem sie der Wissenschaft solche Begriffe ent- nimmt und dieselben ihrem Sinn und ihrer Absicht gemäß verwendet, vollzieht sie an ihnen eine fundamentale Ver- änderung. Sie muß notwendig die Geltung und den Sinn derselben so sehr erweitern und ausdehnen, daß wohl

48 Der Geltungswert der Metaphysik.

das äußere Begriffsschema, gleichsam die Begriffsschale und Begriffsform, noch vorhanden bleibt, während sein Inhalt ein ganz anderer geworden ist. Denn der Inhalt der metaphysischen Begriffe widerspricht jeder konkreten Begriffsbestimmtheit so stark, daß er dieselbe nahezu verwischt. Und doch muß er immer wieder zur Logi- zität der Form und Formulierung zurückkehren. Die Strenge des von den metaphysischen Systematikern ver- wendeten Verfahrens täuscht zu leicht über die Vielge- staltigkeit der von ihm zusammengezwungenen Bestand- teile und Kulturgebiete hinweg. Was verbirgt sich nicht alles in und hinter dem scheinbar so einfachen, weil scheinbar eindeutig bestimmten Begriff der Ur-Substanz oder dem des absoluten Geistes, um nur diese beiden Beispiele hier anzuführen ! Was alles ist in oder hinter diesen Begriffen verborgen ! Wie ließe sich dieses alles zur Einheit dieser Begriffe verweben, wenn man der Eigenart und Autonomie jedes Bestandteils und Kultur- gebietes nicht Gewalt antun wollte !

Mit dem Verlust ihrer Eigenart und Autonomie ist nun aber nicht nur die Fülle des Lebens, die die Meta- physik doch berücksichtigen und gedanklich anerkennen will, durch ein leeres, abstraktes Schema ersetzt, sondern es läßt sich alsdann auch keine Antwort auf die Frage geben, ob denn die Fülle der Individuationen keinen Teil am Absoluten habe, ob sie gar etwa aus ihm, dem Absoluten, herausfalle. Spinoza wußte schon, weshalb er die Modi nur insofern der Substanz inhärieren ließ, als sie, sub specie aeternitatis betrachtet, in ihrer End- lichkeit doch das unendliche Wesen der Substanz, sei es als Denken, sei es als Ausdehnung, zum Ausdruck bringen. Doch damit bedeuten im Grunde die Modi nichts Anderes als Selbstdifferenzierungen der Substanz, gleichsam Ver- kleinerungen und Zusammenziehungen der unendlichen Substanz, und die Ableitung der Modi aus der Substanz er- scheint darum geglückt, weil sie nur eine verkappte Tau-

Der Geltungswert der Metaphysik. 49

tologie ist. Bedeutet aber die Substanz das Ali der Rea- lität, dann muß in diesem All auch die Fülle der singulären Gestalten ihren Platz haben, d. h. der Begriff der Sub- stanz ist im Grunde gar nicht identisch mit dem des Alls der Realität, sondern er ist nur die Form, er ist nur der logische Gesichtspunkt, unter dem das All und seine Fülle begrifflich gefaßt und erfaßt ist.

Daß er aber nur das sei, wird weder Spinoza noch irgend ein anderer Metaphysiker zugeben können, da die Identität von Begriff und absolutem Sein, da die reale Geltung der Begriffe im ontologischen Sinne das Grunddogma der Metaphysik ist. So klaffen hier Anti- nomien, Paradoxien, Unlösbarkeiten ohne Zahl auf. Um ein starkes Wort zu brauchen : Es ist die Komödie der ewigen und notwendigen Irrungen, die die Metaphysik darstellt und aufführt. Sie ist der theoretische Nieder- schlag dieser Komödie, der, weil sie eine echte Komödie ist, zugleich die Tragik im Blute liegt. Wissen wir doch seit Plato, daß die wahre Tragödie auch die wahre Komödie ist und umgekehrt.

Am deutlichsten tritt die hier ins Auge gefaßte Um- ^^^ InheiT Wandlung an der Veränderung hervor, die mit dem Be- griff des Systems bei seiner Uebernahme in die Meta- physik vorgenommen wird. Es ist bereits mehrfach da- von gesprochen worden, daß die Hauptaufgabe der Meta- physik in theoretischer Hinsicht in dem Nachweis einer über alle Einzelheiten erhabenen Einheit der Wirklich- keit besteht, und daß diese Einheit nichts Anderes als das Absolute bedeuten soll. Gedanklich gewonnen wird diese Einheit von dem Begriff des Systems aus ; sie ist seine metaphysische Metamorphose. Nur wird bei dieser Umprägung sein ursprünglicher theoretischer Sinn fast völlig umgekehrt, ja in gewissem Betracht aufgehoben. Ich habe an anderer Stelle nachzuweisen versucht, daß der Begriff des Systems seiner ursprünglichen theoreti- schen Bedeutung nach die einheitliche, grundlegende Idee

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50 Der Qeltungswert der Metaphysik.

der Erkenntnis und den ideellen Bezugspunkt jeder ein- zelnen Erkenntnis darstellt, daß er in dieser Beziehung die entscheidende methodische Funktion für den Aufbau der Erkenntnis besitzt, und daß keine Auffassung strenger fernzuhalten ist als die, die in ihm ein „Wesen" oder irgend etwas Substanzielles erblickt.^)

Aber diese Ontologisierung vollzieht mit ihm die Metaphysik. Auf die aus dieser wie aus jeder Ontologi- sierung sich ergebenden Antinomien sei nicht weiter ein- gegangen. Dagegen sollen zwei andere Momente heraus- gehoben werden, die deutlich erkennen lassen, daß die Herübernahme des Systembegriffs in die metaphysische Sphäre und die Entwicklung des absolutistischen Einheits- gedankens aus diesem Begriff eine /uecdf^aotg ng aXko yevog in doppelter Hinsicht darstellen.

Die methodische Bedeutung und Leistung des System- begriffs ruht darin, daß er einen eindeutigen, in sich klar gegliederten Reihenzusammenhang von ausgesprochen erkenntnismäßigem Geltungswert herstellt und begründet. Zu diesem Zwecke werden für die Gewinnung und Bil- dung des betreffenden Zusammenhanges von seinen Ele- menten mit einer unverkennbaren, allerdings unvermeid- lichen rationalistischen Härte und Gewaltsamkeit alle über seinen unmittelbaren Erkenntnissinn hinausreichenden und hinausweisenden Merkmale und Kennzeichen ferngehalten und ausgeschieden. Dadurch erhält dieser Zusammenhang eine ganz außerordentliche theoretische Geschlossenheit, er erhält eben das, was als Systematik und systematische Einheitlichkeit bezeichnet wird und als solche gilt. Und dieser unvergleichliche theoretische Gewinn rechtfertigt die starke Einseitigkeit, die ,bloß' theoretisch - logische Geltung des ganzen Gefüges. Für die der Erkenntnis obliegenden Arbeit bleibt hier nichts mehr zu tun übrig;

1) Näheres bei Arthur Liebert, Das Problem der Gel- tung, 1914, S. 108 ff., 122 ff., 135 ff.

Der Geltungswert der Metaphysik. 51

ihre Aufgabe ist damit gelöst, sofern die Erkenntnis ihrem Begriff treu bleibt und ihren Sinn nicht einer verfälsch- ten Umwertung unterwirft. Einseitig zu sein, entspricht dem Wesen der Wissenschaft, weil nur dadurch ihre Ein- heit möglich ist. Und „Erkenntnis" bedeutet nichts An- deres, ihr Begriff enthält nichts Anderes als diese einzige Einheit, die eben die Einheit des Systems ist. Ihr ord- nen sich alle die mannigfachen Inhalte, die verschiedenen Einzelwissenschaften, bedingungslos ein und unter. Für die Konstruktion dieser Einheit ist nur dieser eine Gesichts- punkt, der der Einheit selber, maßgebend. Jene inhalt- lichen Verschiedenheiten spielen hierbei überhaupt keine Rolle.

Nun entwickelt natürlich auch die Metaphysik mit Hilfe des Systemgedankens bestimmte Zusammenhänge und umfassende Vereinheitlichungen. Qilt sie doch bei Vielen überhaupt als die Einheit und als Inbegriff aller Erkenntnisse und aller Erkenntniszusammenhänge. Aber diese Einheit trägt in sich stets und unweigerlich das Moment der Vielheit, durch das jene Einheit nicht nur gefährdet, sondern tatsächlich aufgelöst und zerspalten wird. Die metaphysische Richtung der Geschichtsphilo- sophie versucht eine Einheit des geschichtlichen Lebens zu konstruieren. Das ist ihr allgemeiner Gesichtspunkt. Sowie sie aber mittels seiner die Konstruktion jener Ein- heit vornimmt, vertauscht sie jenen allgemeinen Gesichts- punkt gegen eine ganze Anzahl besonderer. So ent- wickelt sie z. B. die Einheit der geschichtlichen Welt unter dem Gesichtspunkt der Humanität oder dem der Moralität, der Freiheit oder dem einer religiösen Er- ziehung des Menschengeschlechts, und welches der Spiel- arten jenes allgemeinen Gesichtspunktes mehr sein mögen. Keine dieser einzelnen Ausprägungen genügt für die Er- füllung der metaphysischen Aufgabe, die schlechthin alle Seiten des geschichtlichen Lebens zu berücksichtigen for- dert. Wann aber und wie kann dieser notwendigen und

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berechtigten Forderung Genüge getan sein? Doch nur dann, wenn der metaphysische Weltgeist selber eine Meta- physik uns brächte. Das Denken erfaßt die Idee der meta- physischen Einheit ; die konkrete Ausführung dieser Idee aber bleibt aufgespalten in eine Vielheit besonderer Ge- sichtspunkte.

Wollte man glauben, in der Idee der Kultur ^ätte das Denken den für jene Ausführung zureichenden Be- griff geschaffen, und unter dem Gesichtspunkt der Kultur sei eine umfassende Metaphysik möglich, so bleibt not- wendig die Aufgabe, die einzelnen Inhalte des Kultur- begriffs : Religion, Kunst, Sitte, Recht, Wissenschaft usw., überhaupt erst einmal zur Einheit eines Begriffes zu- sammenzufassen, sie systematisch miteinander zu ver- binden. Erst dann würde jener Begriff der Kultur auch wirklich die Geltung und den Wert eines einheitlichen Konstruktionsgesichtspunktes aufweisen. Die Aufgabe ist notwendig ; ihre Lösung wird immer den Charakter der Problematik tragen und bewahren. Denn die ungeheure Besonderheit der soeben angeführten Inhalte hindert die bruch- und sprunglose systematische Verbindung zwischen ihnen ; oder aber diese Ueberbrückung ist erreichbar, in- dem jene Besonderheiten aufgeopfert werden, d. h. indem der Inhalt der Kultur gegen ein Schema und eine Symbol- form eingetauscht wird. Die Verbindung zwischen der Religionswissenschaft und der Kunstwissenschaft z. B. ist durch den ihnen beiden gemeinsamen Gesichtspunkt der Wissenschaft möglich und auch schon nur insoweit mög- lich. Versucht man aber Religion und Kunst dadurch mit- einander zu verbinden, daß man sie beide als Kultur- werte auffaßt, so ist damit doch eine mehr als lockere Beziehung zwischen ihnen aufgestellt ; es bleibt undurch- sichtig und widerspruchsvoll, wie und daß die Autonomie des einen Gebietes mit der des anderen in Einklang und Versöhnung gesetzt werden kann und soll. Außerdem ist die Möglichkeit, die Form einer Verbindung verschie-

Der Geltungswert der Metaphysik. 53

dener Kulturgebiete notwendigerweise abhängig von dem jeweiligen allgemeinen metaphysischen Gesichtspunkt; sie wechselt mit ihm, und der Fall, daß sich von diesem Gesichtspunkt aus gewisse Kulturgebiete gegenseitig ver- neinen oder einer Verbindung unter sich widerstreiten, ist nicht nur aus der Geschichte der Metaphysik mit manchen Beispielen zu belegen, sondern er ist auch lo- gisch ohne weiteres denkbar.

So zeigt der metaphysische Einheitsgedanke sowohl nach Seiten der Form wie nach Seiten des Inhaltes eine von dem theoretischen Systemgedanken, der doch für jenen die logische Wurzel bildet, ganz abweichende Ver- fassung. In ihm macht sich wieder eine Problematik geltend, in ihm herrscht eine Unausgleichbarkeit und Komplikation der Inhalte, wie sie dem eigentlich simpel zu nennenden Systemgedanken der theoretischen Vernunft fremd ist.

Der tiefere Grund für diese Diskrepanz in dem meta- physischen Einheitsgedanken ruht nun wohl sicherlich darin, daß er nicht ausschließlich ein Erzeugnis der theo- retischen, am Gesichtspunkt reiner Erkenntnis sich ent- wickelnden Vernunft bildet, so gewiß wie überhaupt keine Metaphysik lediglich reine, in der theoretischen Geltungs- reihe beharrende Welterkenntnis ist. Sondern wie diese über den Kreis der bloßen, absichtslosen Reflexion und des rein erkenntnismäßigen Verhaltens hinausführt zu einer bestimmt ausgeprägten Stellungnahme der Welt gegenüber, wie in der Metaphysik geradezu eine innere Verpflichtung zu einer solchen Stellungnahme liegt, so umfaßt auch jener Einheitsgedanke eine Fülle von Wert- bestimmungen und Wertsetzungen ; er ist seinem Sinne nach ein Inbegriff von Werten ; ja, er ist der ,Wert schlechthin, der absolute Wert.

Das läßt sich leicht bei denjenigen Formen der Meta- physik erkennen, in denen diese Einheit durch den Gottes- begriff vertreten wird. Denn es leuchtet ohne weiteres

54 Der Geltungswert der Metaphysik.

ein, daß alle Bestimmungen dieses Begriffs, wie Allgüte, Allweisheit, Allmacht, Wertbestimmungen sind. Aber nicht minder ist das der Fall bei dem metaphysischen Materia- lismus und Naturalismus. Auch der von ihnen verwendete Begriff der Materie oder der der Natur, den man streng von dem erkenntnistheoretischen Begriff der Materie und der Natur unterscheiden muß, ist ein ausgesprochener Wertbegriff. Hier bedeutet , Materie' oder , Natur' nicht nur das Sein als solches und schlechthin, sondern zugleich das , wahrhaft' Seiende gegenüber allen , bloßen' Er- scheinungen, d. h. das Dauernde und Ewige gegenüber dem Vergänglichen. Es ist ganz treffend, wenn, um den Gedanken einmal in das Subjektive zu wenden, dem metaphysischen Materialisten vorgehalten wird, daß ihm seine „Materie" sein Gott, sein Fetisch ist.

Und um noch ein historisches Beispiel .anzuführen, so kann man darauf aufmerksam machen, daß im System Spinoza 's der „Deus" nicht nur zur „Substanz" und zur „Natur" ausgeglichen, sondern daß auch umgekehrt die „Substanz" und „Natur" zum „Deus" emporgehoben wird, wie denn überhaupt Spinoza's System als Ganzes genommen durchaus nicht den Standpunkt: ,nec irridere, nee illudere, sed intelligere' mit voller Strenge aufrecht- erhält, sondern überall aus einer ursprünglichen Tathand- lung stammende Wertgedanken und Wertsetzungen auf- weist. Der adäquaten Erkenntnis Gottes schreibt er ge- radezu die höchste sittliche und religiöse Bedeutung, die Kraft zur Erhebung des Menschen über das Endliche zum Ewigen und Unendlichen zu; weil sie das vermag, ordnet er sie der gewöhnlichen empirischen Erkenntnis über, die in der Zone des Endlichen bleibt und schon darum einen geringeren Wert für den Zweck des Lebens besitzt. Ferner behauptet er zwar, er wolle das Wesen und Wirken der Affekte völlig voraussetzungs- und vor- urteilslos bestimmen. Aber schon ihre Unterscheidung in ,actiones' und ,passiones' ist nur dadurch möglich, daß

Der Geltungswert der Metaphysik. 55

er einen höchsten Auswahl- und Zweckgesichtspunkt auf- stellt, d. h. er unterscheidet sie nach dem Wert, den sie für die Erfüllung der dem Menschen gesetzten und auf- gegebenen Bestimmung haben, für die Erreichung des amor dei intellectualis. So ist dieses System, das so streng, ja fast bitter gegen jegliche Teleologie zu Felde zieht, selber eines der klassischen Dokumente einer kühnen und großartigen teleologischen Konstruktion.

Durch diese ganze Umbildung der theoretischen Systemidee in den metaphysischen Wert-Einheitsgedanken entsteht nun folgende Problematik und Paradoxie. Jene Systemidee, die, logisch - erkenntnistheoretisch gesehen, den metaphysischen Wert-Einheitsgedanken ermöglicht und begründet, wird andererseits doch von dieser Wert-Einheit abhängig gemacht und in sie eingeordnet. Denn diese Wert-Einheit ist nach metaphysischer Anschauung die höchste Einheit und zugleich der höchste Wert; sie ist in beiden Hinsichten absolut. Also müßte ihr auch die Idee des Systems unterstehen, wie ihr überhaupt das System der Erkenntnis unterstehen müßte.

Damit ist gesagt, daß die Metaphysik von ihrem Standpunkt aus notwendig die Autonomie der Er- kenntnis verneint, die Erkenntnis zu einem von ihrer Systematik abhängigen Gebilde machen will. Dabei wird ihre ganze Systematik überhaupt erst durch die Idee des Systems begründet ; sie besitzt in dieser ihre logische Voraussetzung. Aus diesem Dilemma kommt keine Meta- physik heraus. Und der oft ausgesprochene Einwand und Zweifel, ob die Erkenntnis denn auch wirklich autonom sei, ob sie besonders auch der Metaphysik gegenüber eine entschiedene Autonomie besitze, ist nur dadurch möglich, daß man an diese große, schwere Frage nicht von der Seite der kritischen Philosophie aus, nicht unter rein er- kenntnistheoretischem Gesichtspunkt, sondern mit einem vorgefaßten metaphysischen Wertgedanken herantritt, mit einer Werthypostase, ma^ man diese nennen, wie immer

56 Der Geltungswert der Metaphysik.

man will. Hat man eine solche aber erst einmal aufge- stellt, und ich behaupte nicht, daß ihre Aufstellung ein Akt der Willkür und des Beliebens ist, sondern nur, daß hierbei andere als rein erkenntnismäßige Bedingungen und Beweggründe mitsprechen, dann ist der Zweifel an der Autonomie der Erkenntnis gegeben, zugleich je- doch ist die Unmöglichkeit gegeben, diesen Zweifel ent- wickeln, begründen, rechtfertigen zu können, ohne wieder die Autonomie der Erkenntnis vorauszusetzen.!) Neben psychologistisch-pragmatistischen Ueberlegungen sind es stets Aeußerungen und Niederschläge irgend eines meta- physischen Dogmatismus, die zu einem Zweifel an der Autonomie der Erkenntnis führen. Da jedoch dieser Zweifel theoretisch nicht begründbar ist, so kann man zweifeln an dem Sinn dieses Zweifels und an dem Sinn der ganzen Fragestellung.

Bis zu dieser Problematik drängt die Verflechtung von Metaphysik und Wissenschaft, die ihren vielleicht klar- sten und strengsten Ausdruck findet in der dialektischen Sinn-Umprägung des theoretischen Systemgedankens in den metaphysischen Gedanken einer absoluten Wert- Einheit.

DieEntwick- jjj

lung und die

Zukunft der

Metaphysik. Dej- j^igj. versuchte Nachweis, daß das Moment der

Antinomie, der Inkommensurabilität, der immanenten Pro- blematik geradezu das Charaktermerkmal der Metaphysik bildet, ist von keiner außerhalb der Sache liegenden Ten- denz bestimmt. Einer Begriffsbestimmung der Metaphysik z. B. in dem Sinne, daß sie die Lehre von den ersten Prin- zipien des Seins bedeute (Aristoteles) oder daß sie

1) Vgl. Richard Honigs wald, Die Skepsis in Philo- sophie und Wissenschaft, 1914.

Der Geltungswert der Metaphysik. 57

die Erkenntnis der Ur- und Qrundsubstanz alles Seins sei (Spinoza) oder daß sie die absolute Erkenntnis des ab- soluten Geistes sowohl im Sinne des Qenitivus sub- jektivus als des Qenitivus objektivus darstelle, soll nicht ausgewichen oder ihre Möglichkeit soll nicht in Ab- rede und Zweifel gezogen werden. Es gilt vielmehr die Problematik und die Antinomie in dem vorliegenden Sach- verhalt und den Sachverhalt der vorliegenden Antinomie vorurteilslos zu erkennen und zu bekennen. Es soll mit der hier gegebenen Kennzeichnung nicht der leiseste Tadel verbunden sein, aber ebensowenig die Forderung, auf die Metaphysik zu verzichten und sie aus dem System der Kultur zu tilgen.

Eine derartige rationalistische Forderung hätte man zur Zeit der Aufklärung aufstellen und vertreten können. Aber sie wird, nachdem Auguste Comte darin voran- gegangen ist, auch in unseren Tagen von dem Positivis- mus erhoben. In ihr spricht sich die ganze Befangenheit der utilitaristischen und pragmatistischen Schätzung der einzelnen Kulturwerte aus ; es ist eine Art theoretisches Spießbürgertum, das den Marktwert mit dem Sachwert verwechselt und identifiziert. Genau so wenig wie das Freidenkertum des 18. Jahrhunderts oder der Naturalismus und Materialismus um die Mitte des 19. etwas gegen die Religion auszurichten vermochten, so wenig vermag eine Kritik der Metaphysik, zu welchem Entscheid auch immer sie gelangen mag, der letzteren den Boden abzugraben und die Existenz zu nehmen.

So sind denn die Ausführungen dieser Studie auf nichts weniger gerichtet, als darauf, über die Metaphysik das Wort des Bannes auszusprechen. Das wäre ein ebenso ver- gebliches wie verständnisloses Beginnen. Wie es ganz gewiß nicht die Aufgabe der Philosophie, am allerwenig- sten die des Kritizismus ist, zu verneinen oder die Gültig- keit eines Kulturgebietes anzuzweifeln, will er doch im

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Gegenteil die betreffende Tatsache theoretisch sicherstellen und begründen, so will er auch ein positives Verständnis und die objektive Rechtfertigung der Metaphysik er- arbeiten. Und in diesem objektiven und positiven Sinne ist die Entscheidung aufzufassen, daß die Metaphysik den Inbegriff aller Problematik, daß sie den theoretischen Niederschlag alles gedanklich Antinomischen darstellt, daß sie, subjektiv gesprochen, den ewigen theoretischen Kampf, das unermüdliche theoretische Ringen um die Pro- bleme bedeutet. Eine Metaphysik, die ihre Probleme ge- löst, die das Wesen des Absoluten entschleiert zu haben vorgibt, ist eine contradictio in adjecto. Mag der ein- zelne Metaphysiker ruhig glauben, daß sein System die endgültige Lösung aller Rätsel erbringe ; mag er mit dieser notwendigen Selbstmystifikation arbeiten und in ihr leben. Auf die aus diesem Verhältnis sich ergebende, sehr weit reichende, innerlich recht fruchtbare subjektive Antinomie zwischen der persönlichen Ueberzeugung des Meta- physikers von der Absolutheit seines eigenen Systems und der unweigerlichen Relativität der von ihm tatsächlich er- brachten Lösung sei ganz kurz hingedeutet

Die Metaphysik selber aber lebt von der Unlösbarkeit ihrer Probleme. Nicht die scheinbare Lösung in dem ein- zelnen System, sondern die unendliche Verschlungenheit in der Problemstellung und Problemlage selber bildet den Ausgangspunkt für die weiteren metaphysischen Entwicke- lungsstufen. Nur äußerlich knüpft der Metaphysiker an seine Vorgänger an. Sofern in ihm eine wirkliche und fruchtbare spekulative Energie herrscht, greift er mit ihr zurück in die unergründliche Tiefe der metaphysischen Problematik. Aus ihr und nicht aus den jeweiligen posi- tiven Entscheidungen, wie solche in der Geschichte des menschlichen Geistes auftreten, zieht er die Nahrung für seine Arbeit.

Aber wie ganz anders verläuft doch diese Entwicke-

Der Qeltungswert der Metaphysik. 59

lung als die der eigentlichen Wissenschaften.!) Hier herrscht eine ruhige Stetigkeit, eine klare, planmäßige, in einer Richtung sich vollziehende Kontinuität, ein Weiter- gehen von Entdeckung zu Entdeckung, jede darstellbar in festen, eindeutigen Formeln. Die Astronomie wird wohl niemals zur Wiederaufnahme des Ptolemäischen Systems gelangen, die Chemie und Physik auf die Aufstellung ge- heimer Kräfte und substantieller Zweckursachen zurück- kommen, das Seelenreale ist wohl endgiltig und unwieder- bringlich aus der wissenschaftlichen Psychologie ver- schwunden, und keine Geschichtsschreibung wird wieder versuchen, historische Ereignisse an göttliche Willens- äußerungen anzuknüpfen. Aber auf die kühnste Ausbil- dung des Spiritualismus in der Scholastik folgte durch G a s s e n d i die Wiedererneuerung des antiken Materia- lismus, folgte das materialistische System von Hob bes. Und auf Hegel konnte ein Feuerbach und jener „hane- büchene Materialismus", um ein kräftiges Wort von Kuno Fischer zu gebrauchen, folgen, der dann in den philo- sophisch so dunklen und ergebnislosen fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wucherte.-;

Und dieser wechselvolle, ja unsichere Gang im äußeren Schicksal der Metaphysik wird auch die Bestim- mung der nächsten Stufe ihrer geschichtlichen Entwicke- lung und die Sicherheit jeder Vorhersage ihrer zukünf- tigen äußeren Form problematisch gestalten, so mancher- lei Anzeichen für das Einschlagen nach dieser oder jener Richtung vorhanden oder so berechtigt auch die Wünsche und Forderungen in bezug auf die Notwendigkeit einer bestimmten Neugestaltung lauten mögen. Es mag sein, daß Rudolf Eucken im Recht ist, wenn er mit innerer persönlicher Zustimmung das Wiedererwachen eines ethisch

1) Vgl. Ernst Cassirer, Substanzbegriff und Funktions> begriff, 1910,. S. 360.

2) Vgl. Kuno Fischer, Hegels Leben, Werke und Lehre; 1. TeiL Heidelberg 1902, Vorrede S.VI.

60 Der Geltungswert der Metaphysik.

begründeten und ethisch gerichteten Idealismus erwartet und fordert ; auch mögen die Gründe, die er entwickelt, um die Notwendigkeit zu dieser Wendung darzulegen, stichhaltig sein\); ebenso kann Friedrich Paulsen mit seiner im gleichen Geist und Sinn gehaltenen Vorher- sage und Forderung im Rechte sein-); auch Erich Adickes mag das Richtige getroffen haben, wenn er eine Wendung zum „Dogmatismus** in Aussicht stellt, ohne dabei im übrigen diese Wendung zu billigen ^) ; mir will noch eine anders gerichtete Prognose möglich erscheinen. Und diese geht nicht sowohl darauf aus, diejenige meta- physische Entwickelungsstufe, deren Erreichung von der Zukunft vorhergesagt oder erwartet wird, in concreto zu bestimmen, als vielmehr unter Zugrundelegung des der Metaphysik innewohnenden Sinngehaltes anzudeuten, in und nach welcher Richtung sich ganz allgemein ihre innere Ausbildung und Entfaltung vollziehen, welche Gestaltung ihr inneres Gefüge durchmachen dürfte.

Und da wird man sagen können : Von dieser Grund- lage aus wird die Dialektik, die Komplikation, die Be- ziehungs- und Deutungsfülle der der Metaphysik eigenen Grundbegriffe und Grundverfassungen ein stetiges Wachs- tum aufweisen. Mit welcher verhältnismäßigen Einfach- heit, ja: Einfalt erbaut sich die griechische Metaphysik ihr Weltbild und ihre Weltdeutung. Wie verhältnismäßig

1) Von Euckens zahlreichen, diesem Punkte gewidmeten Ausführungen sei hier nur hingewiesen auf seine große Abhand- lung über: „Philosophie der Geschichte" in „Die Kultur der Gegenwart", Teil I, Abteilung VI: „Systematische Philosophie", 1907, S. 247 ff.

-) Friedrich Paulsen, Die Zukunftsaufgaben der Philo- sophie; in demselben Werke wie Euckens soeben genannte Ab- handlung, Seite 389 ff.

2) Erich Adickes, Die Zukunft der Metaphysik ; in „Weltanschauung, Philosophie und Religion", 1911, S. 217 ff. Adickes würde „gern dem Agnostizismus das glänzendste Pro- gnostikon stellen" (S. 251).

Der Qeltungswert der Metaphysik. 61

einfach und eindeutig sind die von ihr aufgewendeten Mittel. Ihre Schöpfungen sind vergleichbar der reinen Größe und Schlichtheit der antiken Baukunst ; ihre Archi- tektonik trägt einfache Linienführung, einfach ist die Glie- derung ihrer Massen.

Doch wie verwickelt sich dies alles im Fort- schritt der Spekulation. Der Blick wird weiter und differenzierter, die Wirklichkeit erscheint nunmehr un- gleich problemhaltiger, abgestufter, von einer Fülle der verschiedensten Wertreihen durchsetzt und beherrscht. Und um wieviel ausgebauter, verwickelter, gehalt- ,und beziehungsreicher sind die Kriterien, die Formen, die Be- griffe, die Konstruktionen, mit denen die neuere Meta- physik der Problematik der Wirklichkeit Herr zu weiden sucht. Ihre Begriffe sind auf einer weitausgesponnenen Dialektik aufgebaut, durch die sie jener Problematik ge- recht werden wollen. Für Hegel oder Schopenhauer oder Nietzsche ist die Wirklichkeit nicht nur vielgestal- tiger und antinomischer als für einen Thaies oder P ar- men i des, und wie primitiv im Vergleich zu jenen sind noch die Konstruktionen eines Descartes oder Spi- noza; sondern man beobachte auch einmal, um wieviel sinn- und gehalterfüllter, um wieviel tiefer und deutungs- reicher, um wieviel umfassender, man möchte fast sagen : abgründiger der Begriff des absoluten Geistes, mit dem Hegel, oder der des Willens, mit dem Schopenhauer, oder der des Lebens ist, mit dem Nietzsche dem Ge- heimnis der Wirklichkeit näherzukommen glauben. Und um wieviel verwickelter ist die Systematik und Konstruk- tion in diesen Spekulationen. Es ist vielleicht eine ihrer tiefsinnigsten Leistungen, daß Hegel in die Begriffe selber das Moment der Dialektik hineingelegt und in dieser die konstruktive und spekulative Bedeutung der Begriffe erblickt hat. Unter diesem Gesichtspunkt gewinnt auch der Versuch Bergsons, den Begriffen selber etwas vom Leben und seiner Spontaneität zuzusprechen, und sie selber

62 Der Geltungswert der Metaphysik.

nicht dem Denken, sondern dem Leben entstammen zu lassen, ein gewisses Recht, allerdings um den Preis, daß damit die Begriffe in die Mystik und Romantik überführt werden. 1)

Man wird die hier angedeutete Auffassung über die Entwickelung der Metaphysik nicht dahin mißverstehen, als solle nun ihr Stillstand oder Zusammenbruch voraus- gesagt werden. Natürlich, ein Fortschritt ist schon in ihrer Geschichte. Natürlich, ihre Systematik zeigt eine Entfaltung. L e i b n i z steht nicht mehr auf dem Stand- punkt Spinozas, und dieser ist auch in gewissem Be- tracht hinausgewachsen über seinen ihm sonst außer- ordentlich überlegenen Lehrer Descartes. Und in dem System Hegels darf man wohl die in konstruktiver und spekulativer Hinsicht reifste und reichste Frucht der meta- physischen Entwickelung erblicken. Auch wird die Zukunft gewiß neue, wertvolle Systeme bringen. Unabsehbar dehnt sich hier der Weg nach vorwärts.

Aber bei dieser Entwickelung ist zweierlei zu unter- scheiden. Erstens die des metaphysischen Problems selber ; zweitens diejenige der in jedem System der Metaphysik mitenthaltenen und mitverwobenen erkenntnistheoretischen, psychologischen, geschichts-, rechts-, religions-, kunstphilo- sophischen Bestandteile. Diese Bestandteile sind es, denen die Entwickelung eine sachliche Förderung bringt ; in bezug auf diese treten neue, feste, gesetzmäßig bestimmbare Lö- sungen, treten wissenschaftlich gültige Entscheidungen auf. So entwickelt sich in und mit der Entwickelung der Meta- physik eine Reihe von Erkenntniszusammenhängen, z. B. ein Zusammenhang in der Entwickelung der Erkenntnistheorie, ein anderer in der der Psychologie, der Geschichtsphilosophie usw. Und diese Erkenntniszusammenhänge gewinnen dann im Laufe der Zeit eine gewisse Selbständigkeit gegenüber

1) Vgl. Arthur Liebert, Das Problem der Geltung S. 83 f.

Der Geltungswert der Metaphysik. 63

ihrer Ahnherrin ; es findet, wie die Geschichte der Wissen- schaften zeigt, eine Herauslösung aus dem ursprünglichen Verbände statt, aber eine Herauslösung, die insofern eine Zahl von Unterschiedsstufen aufweist, als jede dieser sich verselbständigenden Wissenschaften den Begriff des Ab- soluten in anderem Sinne bewahrt und bewährt.

Anders verhält es sich mit der Entwickelung des meta- physischen Problems selber ; schon darum, weil in ihr nicht bestimmte Lösungen von wissenschaftlich gesetz- mäßigem Geltungswert auftreten, und dann überhaupt, weil ihr ganzer Sinn nach anderen Richtungen hinweist, in andere Dimensionen führt als diejenige der Wissen- schaften im engeren Sinne. In dem Sich-immer-tiefer- Einbohren in die Problematik des metaphysischen Geistes und in dem immer überzeugender werdenden dialektischen Nachweis eben dieser Problematik scheint sich mir die Entwickelung der metaphysischen Spekulation im letzten Grunde zu bewegen und in ihr ihren Sinn zu entfalten.

So wird es nach allem, was hier darzustellen ver- sucht wurde, nicht des Hinweises bedürfen, der oft wie eine Klage und wie ein Vorwurf gemeint war, daß die geschichtliche Kultur und die geistige Welt ohne die Metaphysik verarmen und an Tiefe einbüßen würden. Gerade je umfassender unser Blick und je umfassender unsere Stellungnahme der Wirklichkeit gegenüber werden, je weniger wir uns bei der in ihrer Weise allerdings not- wendigen und fruchtbaren Einseitigkeit des bloß wissen- schaftlichen Verhaltens genügen lassen, je mehr wir mit Goethe einsehen, daß „die Summe unserer Existenz, durch Vernunft dividiert, niemals rein aufgeht, sondern daß immer ein wunderlicher Bruch übrig bleibt" i), um- so bedeutungsvoller wird die Stellung der Metaphysik in der geistigen Kultur und ihr Anteil an deren Entwicke- lung werden.

1) Vgl. Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre; 4. Buch, 18. Kapitel (aus der Lebensgeschichte des jungen Serlo).

64 Der Geltungswert der Metaphysik.

Will sie der ihr eigentümlichen Aufgabe gerecht werden u. z. vom Standpunkt der ihr eigentümlichen unkritischen Abbildtheorie aus, und die Wirklichkeit, die physische wie die geistige, adäquat wiederspiegeln^ soll das Denken sich des Seins restlos bemächtigen, dann wachsen mit der Vertiefung unseres Blickes und mit der Vertiefung unserer Stellungnahme in der Wirklichkeit die Aufgaben der Metaphysik ins Unermeßliche. Nicht nur die Formen ihrer Synthesen werden immer um- fassender und weitreichender gespannt werden, sondern auch ihr Inhalt wird immer reicher, voller, abgestufter, beweglicher sein müssen. Zugleich aber wächst und ver- tieft sich, ebenfalls in das Unermeßliche hinein, diejenige Problematik, die in dem Verhältnis zwischen den zukünf- tigen Aufgaben der Metaphysik und den ihr zur Ver- fügung stehenden Lösungsmitteln und Lösungswegen ob- walten muß. Denn da dem Sinn des Absoluten immer neue und neue Werte eingebettet und zubemessen werden, so wird die Aufgabe der gedanklichen Erfassung dieses Sinnes immer größer und größer ; die methodischen Hilfs- mittel jedoch, die zur Behandlung jener Aufgabe in Be- reitschaft stehen, bleiben für den endlichen menschlichen Qeist die gleichen ; auch ihre Zahl erhöht sich nicht.

Hier nun, am Schluß unserer Ueberlegungen, stoßen wir wohl auf die tiefste, die eigentliche, die wesenhafte Problematik und Paradoxie, in die die Metaphysik ver- strickt ist. Das ist die unaufhebbare, weil aus dem Sinn der Metaphysik erwachsende Inkommensurabilität zwischen der ihr eigentümlichen Aufgabe und der ihr möglichen Lösung. Und vielleicht ist es so, daß in diesem unver- meidlichen, in diesem tragischen und gigantischen, in jeder Entwickelungsstufe neu auftretenden, in jeder ihrer Fas- sungen und Feststellungen wirksamen Widerspruch auch der sie kennzeichnende Sinn besteht. Denn zeigt sich nicht darin die Eigenart der metaphysischen Gesinnung, ist das nicht das konstruktive Gesetz für die Metaphysik,

Der Geltungswert der Metaphysik. 65

überhaupt so zu fragen, ein solches Problem stellen zu können, daß zwischen Frage und Antwort notwendig ein Gegensatz offen bleibt, daß die ihr eigene Erfassung ihres Gegenstandes nicht den Geltungswert eines festen ,, Ergebnisses'* besitzt, wie ihn die Wissenschaft doch aufweist?!) Und vielleicht darf man endlich auch sagen, daß die Metaphysik gerade in dieser Hinsicht und um dieser ihrer Eigentümlichkeit willen sowohl der treueste, als zugleich der tiefste Ausdruck der menschlichen Kultur und des in dieser beschlossenen Sinnes ist.

1) Vgl. Bruno Bauch, lieber den Begriff des Naturgesetzes. Kantstudien, Bd. XIX, 1914, Heft 3, S. 335 f.

BD Liebert, Arthur

23 Der Geltungswert der

L4. Mettiphysik

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