| The D. A. Hill Library | | | 149082 This book may be kept out TWO WEEKS ONLY, and is subject to a fine of FIVE CENTS a day thereafter. It is due on the day indicated below: | 50M—May-54—Form 3 Digitized by the Internet Archive in 2009 with funding from NCSU Libraries http://www.archive.org/details/derrationellebie00scho Der rationelle Pienenſtock, ein pic DHE freier, fröhlicher Hirtengeſang in bunten Bebensbildern nach Haus Bendir, Pastor gregis emeritus, bon F. Scholz. — . — 2 ——— — — — In Commiſſion von J. A. Julien's Buchhandlung (I. Crüſemann) in Sagan und Sprottau und durch alle Buchhandlungen Deut chland's zu haben. Preis: 12 Sgr. 1839. N “ x” u a Der rechte Standpunkt. 149082 1 iſt bekannt, daß es nicht an Schriftſtellern ge⸗ fehlt hat, welche aus dem geheimnißvollen Leben und dem wunderbaren Haushalte der Bienen einzelne Par⸗ thieen herausgegriffen haben, um dieſen Stoff auf mehr oder minder geiſtreiche Weiſe zu kurzen moraliſchen Sen⸗ tenzen oder kleineren ſinnigen Lehrgedichten zu verarbei⸗ ten. — Aber abgeſehen davon, daß die meiſten dieſer Arbeiten, nach den erſt in der neueften Zeit errungenen wahrhaft rieſenmäßigen Fortſchritten der Bienenzucht als Wiſſenſchaft, nunmehr aller innern Wahrheit entbehren, weil ſie auf veralteten irrigen Vorausſetzungen und Anſchauungen beruhen, von denen vor einigen Jahren ſelbſt die gelehrteſten Phyſtologen und Naturforſcher noch befangen waren, — ſo iſt mir doch kein Werk bekannt, welches den ganzen Umfang der Bienenzucht als Theorie und Praxis in der Weiſe verarbeitet hätte, daß ſich an jede einzelne Parthie des detaillirten Stoffes ein ſenten⸗ ziöſes Bild aus dem Bereiche des politiſchen, bürgerli⸗ chen, häuslichen, ſocialen und religiöfen Lebens in bun- ter Abwechſelung anreihete und das Ganze der Bienen— IV zucht in den Rahmen eines Lehrgedichtes gebracht wor— den wäre. Ich habe, wie das umſtehende Inhalts-Ver⸗ zeichniß nachweiſt, dieſen Verſuch gewagt. Wenn ich aber bei Abfaſſung meiner Schrift ganz gefliſſentlich zu— gleich das Ziel vor Augen hatte, ein anſchauliches Bild der rationellen Bienenzucht nach Dzierzon's Prineipien an ſich zu geben und bei der Zeichnung deſſelben von den Ergebniſſen der Wiſſenſchaft, wie ſie uns bis zum gegenwärtigen Augenblicke vorliegen, mit meinem Willen auch nicht um eine Linie abzuweichen, ſo wird eine ge— rechte Kritik es um ſo weniger anſprechen wollen noch können, daß auf Koſten der wiſſenſchaftlichen Treue, die den einzelnen Gegenſtänden angelehnten Betrachtungen und Sentenzen immer ganz präcis deckende Parallelen zu jenen ſeien, da einer ſolchen Ausführung eivestheils faſt ganz unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenſtehen und anderntheils ermüdende Breiten und erzwungene Künſte⸗ leien kaum zu vermeiden fein dürften. Der jentenziöfe Theil meines Lehrgedichtes will daher in manchen ein— zelnen Parthieen auch nur Das ſein, was der flüchtige Hauch iſt, der auf dem blauen Muskateller, der Phir⸗ ſiche und der herbſtlichen Pflaume liegt, und welcher eben nur ſo lange das Auge erfreut, als man die Frucht ſelbſt nicht mit unſanften Händen berührt. Obſchon ich nicht glauben darf, mit der Darſtellung des vorliegen— den Gegenſtandes den böfen Herren Kritikern völlig Ge— nüge geleiſtet zu haben, jo bin ich ſchon ganz zufrieden, wenn ſtaͤrkere Geiſter durch die von mir aufgenommene Idee einen Wink und eine Anregung empfangen, ſich deſſelben intereffanten Stoffes geiſtreicher und meiſterhafter V zu bemächtigen, als es hier geſchehen. Mein Lehrge— dicht iſt an die jungen Mädchen von Deutſchland ge— richtet und „Lieschen“ iſt ihre Repräſentantin; denn ich habe es zum Nutzen und Frommen der Bienenzucht für eben ſo politiſch als nothwendig erachtet, ſchon die Mädchen mit den Bienen nicht nur vollſtändig auszu⸗ ſöhnen, ſondern wo möglich innigſt zu befreunden, um uns aus dieſen Jungfrauen ein reſignirtes Frauen⸗Ge⸗ ſchlecht heranzubilden, von welchem die armen bienen— freundlichen Männer nicht mehr befürchten dürfen, daß ihnen tagtäglich der Krieg gegen ihre Bienenſtöcke ange⸗ kündigt und der liebe Hausfriede gebrochen werde. Wenn ich, wie es recht und billig iſt, dem ſchönen Geſchlechte die jentimentale Seite meines Liedes zugedacht habe, fo gehört das reell Praktiſche darin den ausübenden Bie— nenzüchtern und Denen, die es werden wollen. Außer dem hoffe ich, daß mir mancher alte Knabe und ge— plagte Ehemann im Stillen die Hand dafür drücken wird, weil ich in meinem Lehrgedichte den lieben Wei— belein ganz ehrlich den Tert geleſen, und es ſehr ernſt— lich darauf angelegt habe, alle Mädchen und Frauen dergeſtalt zu bekehren, daß die geſchäftig praktiſche „Mar⸗ tha“ und die liebenswürdig fromme „Maria“ in ihnen zu Einer Perſon ſich vereinen. In Rückſicht auf den Ton meines Liedes könnte mancher Iſegrimm darüber mit mir rechten wollen, daß es den Gegenſtand nicht mit Ein und demſelben ernſt gemeſſenen Takt abhandelt, ſondern oftmals in ganz unvermittelten Sprüngen aus dem ernſten Adagio in das ſcherzende Allegretto über— geht. Dieſe Manier kommt auf Rechnung des „guten VI Hans Bendix“ dem ich als Sekretair gedient habe, da er bekanntlich ſelber, wie der Dichter Bürger es in dem „Anhange“ dieſes Buches bezeugt hat, we— der leſen noch ſchreiben kann. Hans Bendix, als nüch— ternes Naturkind, weiß Nichts von Conſequenzen des ſtrengen Syſtem's noch vom ſteifen Parademarſch des Schematismus. Er hat mir vielmehr die Lebensbilder ſo bunt und kraus, bald heiter, bald ernſt, grade ſo übergeben, wie ſich dieſelben in dem Guckkaſten des ra— tionellen Bienenſtockes, ſeinen guten hellen Augen und ſeinem geſunden Menſchenverſtande eben dargeboten. Und darum habe ich auch mein Lied ebenfalls ſo niederge— ſchrieben, wie es mir die Schalmei des alten markigen Hirten als eine freie, fröhliche Naturd ichtung in die Feder geflötet hat. — Hertwigswaldau bei Freiſtadt in Ndr.-Schleſien, im Juni 1859. F. Scholz. VII Inhalts-Verzeichniß. 7 Seite. Der rechte Senn II Un: Liess „„ 1 J. Theoretiſcher Theil. 1. Bruchſtücke aus der Literatur 3 2. Der Bienenſtock als Staatskörper: Das beſte Staatsgrundgeſetz 5 3. Die Königin: l’etat c'est moi, der Staat bin Ich 6 4. Eine gemeine Biene als Königin: Freiheit, Gleichheit, Brü- der lichkeit, „„ „ „ „ : r henne 7 5. Die Vermählung der Königin: Gehe nicht in's Kloſter + + 8 6. Die Lebensdauer der Königin: Das rechte Alter. .. 9 7. Die Geburt neuer Königinnen und ihre Stimmen: Auch die Beſten ſind gicht unerſetzli ß 10 8. Die Arbeitsbiene: Die häusliche Bildung des Weibes . 10 9. Die Arbeitsbienen find unentwickelte Weibchen: Weibliche Re: ſigention und ung a e e 12 10. Die Drohnen und das Schwärmen: Der Thronwechſel und die Volksjuſtiz in unkultivirten Staaten 13 11, Die verſchiedenen Natur-Schwärme: Die Waiſe; der Frieden unter dem Strohdache; das forgenlofe Glütkk „ 17 12. Der Scheiben- und Zellen⸗Bau: Die Liebe und der Topf.. 19 13. Die Beſtimmung der Zellen: Martha und Maria. „ 21 14. Die Weiſelwiege: Der Fingerhuleet . 23 15. Das Wachs: Schönheitsſinn und Fleiß. 23 16, Die Neigung der Bienen zum Rauben: die Znduftrie-Ritter . 24 II. Praktiſcher N eil. 27 17. Die Schwarm⸗ 1 2 5 joe 5 NR ee 8 Die ſpiritusſe Schwäsmereh, +“ + „„ „ „ 220 Die induſtrielle 17 „„ „0 Die polit iſche u U A TR EB Die religiöfe ” W nge 1 eech „ RE 2 NE a er a DE Das folide Bürgertum und der Wechſel-Schwindel . .. 34 19, Die Schwarm und Zeidel⸗Methode verbunden 35 Nicht zu tief und nicht zu hoch!]! V 42 20. Natürliche oder freiwillige Schwärme 43 Natürliche Ehen eee ee er esse 21, Künſtliche Schwärme und Ableger 48 Erkünſtelte Ehen als verfehlte KRunftfhwärme + „ 53 53 Politik-Ehen 7 ? * + * 55 + + * + % + + + * + VIII Intelligenz⸗ Ehen TE a 3535 Nema , „ Ruß A ae A Geldfad-Ehen .» » - A 6 „ „ + 50 Der ideale Kunſtſchwarm ER Die ee Kunſt in der Ehe iſt die treuſte Wahrheit ihrer hohen Natur (Ga t en voi) 61 22. Wie verhindert und beſtraft man die Räubereien der ſechs- und zweibeingen Dieben 8 Ueber Weiſelloſigkeit und unvollkommenes Hausregiment 72 Die berwaiſte Fami „ ee, e NE ee Die gochbetagte Malrne 0 0 ne. Die alte nee nn. :e Die Dienſtmagd als Frau vom Hauſee . 79 Die Tochter mit der Mutter . 80 24. Wie kann man einem weiſelloſen Stocke am Beſten helfen? * 82 Das verlome Paradies 384 Steffen's ſchneller Troft . x . e Von den Krankheiten der Bienen u. einigen menſchlichen Gebrechen 88 Die Ruhr en 8 Der Aepfelweinkönig und die Dortokeh e al e r . Die faule Brut unter den Menſ chens 94 Die Tollſucht neh 2,98 Desgleichen bei den Menſchen nn „ e TR: Die Hörnerkrankheit bei Bienen und Menſchen Sta RT 26. Von den Feinden der Bienen und Menſchen und andern ihnen nachtheiligen Verhältniſſen nebſt den Mitteln zur Abhilfe.. 98 Die Fütterung aus Spekulatinnůnn?2sne 104 deckte Korn „ nne e ee Hr ER ee ir... E eae 3 ee RER 28. Das ſummariſche Füttern der Bienen im Freien eat ee „Summariſch“: Der wahre und falſche Kommunismus . 108 Die Ueberwinterungs-Miete oder die Pyramide der Pharaonen 111 Wie vermeidet und beruhigt man den Zorn der Bienen? .. 113 Mittel gegen den Bienenſticghgcgc tee 116 Das menſchliche Leben als Bienenſticg eee . 116 Schluss e . TE TE VB IE RER Anhang. Die Löſung praktiſcher Lebensfragen durch ſchwerfällige Gelehrſamkeit und natürlichen Mutterw itz 119 Nachruf an Hans Bendi t 127 — . —U—U—ñäñ—öd ſ— 23 + 25 + 27 + 29 30 + 2 An Tieschen! D Mas Dich, mein Lieschen, dieſes Büchlein lehrt: Wie Bienen ſind, wie weben ſie und leben, Das iſt ein Vorbild Dir zu ſein wohl werth, Ein goldner Faden für Dein ſittlich Streben; In dieſem Thierchen klein iſt uns enthüllet Ein Buch der Lebens-Weisheit, die von oben flammt: Die eine Ordnung ſich auch hier erfüͤllet: „Die Tugend fegnet ſich, das Laſter ſich verdammt!“ S 1 Theoretiſcher Theil. Oberſter grundſatz. Der friſche Mutterwitz, der ſchnelle ſcharfe Blick, Des Muthes Zähigkeit und praktiſches Geſchick Schafft, wie Hans Bendix meint, der Biene größres Glück, Als graue Stubenweisheit, die gelehrt ſich ſteift, Den Nagel niemals trifft, am Kopf vorbei nur ſtreift; Denn wenn im Kopf den Nagel hat ein eitler Mann, Der auch den Nagel auf den Kopf nicht treffen kann. Die ſtolze Zunft ſie ſchätzt die Weisheit nur nach Jahren, Doch kann das Alter ſie vor Blindheit nicht bewahren. Fur Alexander giebt es kein Triennium: Den Knoten löſ't ein einz'ger Hieb in Gordium. *) . 1: Bruchſtücke aus der Literatur. Den Meiſter Dzierzon **) ſollſt Du ehren, Er will durch ſeine Kunſt Dich lehren, * Im Tempel des Jupiter zu Gordium in Kleinaſien war ein Was gen aufgeſtellt, an deſſen Deichſel ſich ein künſtlich verknüpfter Knoten befand, und das Orakel hatte Demjenigen die Herrſchaft der Welt ver— kündet, der dieſen Knoten zu löſen vermöge. Alexander der Große, als er nach Gordium kam, löſte die Aufgabe dadurch, daß er den Knoten mit dem Schwerte zerhieb. — ) Dzierzon, Pfarrer zu Karlsmarkt bei Brieg in Oberſchleſien, iſt der Erfinder des beweglichen Wabenroſtes und der Begründer der Bie— nenzucht als Wiſſenſchaft. — D. H. HILL LIBRARY 1“ 4 Wie Bienen-Zucht erſt wird zur Zucht. Wer mit Verſtand das Beſte ſucht, Hängt ſich an dieſen Meiſter an, Und mit dem Dzierzon gehen kann Der Bürger und der Bauersmann. Willſt Du elegant die Bienen ſehen, Mußt Du zum Baron von Rerlepſch ) gehen, Er hat einen vielgekannten Namen Auch durch ſeine Kaſten mit den Rahmen, Und er Dein Vorbild ſei, Wenn Du haſt Geld wie Heu! Wie ein Schwert ſo ſcharf und fein Führt die Feder Paſtor Rlein'; **) Haut Alle in die Pfanne ein, Die als ein Nichts was wollen ſein. Das gelbe Stroh weiß Rothe **) zu gejtalten Zum warmen, trefflich feſten Bienenhaus. Er fügt das Neue zu dem guten Alten, Das Kind nicht ſchüttend mit dem Bade aus. Trotz Stroh iſt Rothe doch kein Mann von Stroh, Bei ihm biſt Du mit Deinen Bienen froh. Den guten Rath, geprüft und treu bewährt, Im Strohprinz uns das Bienen Volk zu hegen, ) von Verlepſch, Rittergutsbeſitzer auf Seebach bei Langenſalza in Thüringen, Erfinder des Rahmenſtockes, ein um die Wiſſenſchaft hoch— verdienter Forſcher und liberaler Beförderer der Bienenzucht, welche er zur comfortablen Liebhaberei für reiche Leute ausgebildet hat. — % Kleine, Paſtor zu Lüthorſt bei Honnover, ein wohlverdienter Schriftſteller und ſcharffinniger Kritiker. — 7e) Bothe, Lehrer in Altſchau bei Neuſalz in Schlefien, ein beſonnener praktiſcher Bienenzüchter und Verfaſſer eines lehrreichen Bienenbuches. — 7 1 281 BI en 13 1 7 ® 71 — enn 5 Hat Oettl *) uns in feinem „Klaus“ gelehrt, Und Böhmen dankt ihm ſein Bemühn mit Segen. Wir gönnen freundlich Jedem ſeine Weiſe, Mit der das Gute er dem Ganzen dienſtbar macht: So baut als Volksmann in des Volkes Kreiſe Auch Nanitz k) und ſelbſt Zärtner **) mit an unſerm Schacht, Den Meiſter Dzierzon Allen aufgedecket; Und Jeder ſich nach Maaß und Gaben ſtrecket, Des Erzes Ausbruch ſelber auszumünzen Als Gold, als Silber oder Kupferſtück. Dem größern Werthe fallen größ're Zinſen, Doch Mancher macht in Kupfer auch ſein Glück. — Willſt Du als Wiſſenſchaft die Bienenzucht verſtehen, Mußt Du nach Eichſtädt kk) fleißig in den Hörfaal gehen, Wo Dönhoff, Siebold und noch viele andere Größen Die Räthſel der Natur Dir geiſtreich werden löſen. — g. 2. Der Bienenſtock als Staatskörper. 5 (Das beſte Staatsgrundgeſetz.) Das Bienen-Volk ift eine Monarchie Denn eine Königin beherrſchet ſie. „) Oettl, Pfarrer zu Puſchwitz in Böhmen, Begründer der ratio— nellen Bienenzucht daſelbſt und Verfaſſer des vielbreiteten Bienenbuches: „Klaus.“ — ) u. %) Kanitz, Lehrer zu Heinrichsdorf bei Friedland in Oſtpreu— ßen, Verfaſſer eines Bienenbuches und Redakteur der Preuß. Bienen— Zeitung. Gärtner, Lehrer in Meklenburg, Verfaſſer einiger Bienenſchrif⸗ ten und Redakteur der dortigen Bienenzeitung. ) Die Eichſtädter Bienenzeitung als das Organ des Vereins deut⸗ ſcher Bienenwirthe giebt monatlich 3 große Quartbogen zum jährlichen Preiſe von 2 Kthlr., und iſt durch alle Buchhandlungen und Poſtämter zu beziehen. Dieſe Zeitung iſt das Magazin der Wiſſenſchaft und aller neuen Entdeckungen und Erfindungen im Bereiche der Bienenzucht. — Dönhoff ift Doktor in Orſoy, und von Liebold Profeſſor in München. 6 Es ift ein Leib mit Haupt und Gliedern Gemiſcht aus Hohen und aus Niedern; Und in dem ganzen Volk Ein Geiſt nur waltet, Der in der Zeit nicht wandelt noch erkaltet, Der ſtrengſten Ordnung Geiſt, des Fleißes und der Treue, Damit die Königin fich ihres Volkes freue. Es opfert Hab und Gut und Leben hin Für feine heißgeliebte Herrſcherin; Und iſt im Reiche Hunger bis zum Tod, Der Fürſtin giebt das Volk ſein letztes Brod. — Mein liebes Lieschen lern' daraus, Was Grund und Pfeiler iſt dem Haus. Wo Ordnung, Fleiß und Mühe walten, Da kann ein Haus ſich zwar geſtalten; Doch wird es nicht zuſammenhalten, Fehlt jenen Tugenden der Liebe treuer Sinn Für Gottesfurcht, für ſie, des Hauſes Königin. Um ihrer Willen, Lieschen, übe das Gebot, Und halte treu zu ihr auch in der hoͤchſten Noth! — 8. 3. Die Königin. (l'état c'est mol, der Staat bin Ich.) Hoch ragte Saul empor um eines Kopfes Länge Ein König an Geſtalt in Juda's Volks-Gedränge: So kannſt Du auch im Bienen -Staate ſehen In Größ' und Majeſtät die Fürftin ſtehen. Im langen braunen Kleid einher ſie ſchreitet, Von ihres Volkes Liebe treu geleitet. Sie, Seele nur, haucht ihrem Reich die Seele ein, Und iſt die Mutter aller ihrer Kinder: Der weiblichen, der mannlichen nicht minder; In jede Zelle ſetzt ein kleines Ei ſie ein, Im Jahre können es Zwei Hundert Tauſend ſein; 7 Und legt die Königin ihr Haupt im Tode nieder, Beſteigt den Thron nicht eine junge Fürſtin wieder: Dann geht ein Jammer durch des ganzen Reiches Glieder, Die allgemeine Trauer frißt das Leben ab, 8 Das treue Volk ſinkt mit der Königin ins Grab. — Der Herr verhüt' es, Lieschen, daß nicht frühe ſinken Die Stützen Deiner zarten Jugend in den Tod; Du müßteſt mutterlos und ohne Vater trinken Der Waiſe Leidenskelch, und eſſen Thränen Brod. Für ſie ſtets betend ſchlafe ein mein Kind, Die hier in unſerm Haus die Kön’ge find. §. 4. Eine Arbeitsbiene zur After⸗Königin erhoben erzeugt nur Drohnen. — (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.) Die Königin ſie legt zwar alle Eier, — Die Andres lehren, ſind nur alte Schreier; — Doch, wie ihr Kinderchen ſelbſt wißt, Kein' Regel ohne Ausnahm' iſt: So giebts im Bienen-Staat auch unbefugte Affen, Die gleich dem Baſilisken falſche Eier ſchaffen; Sie wiſſen aber nicht von Unverſtand bethört, Wie viel der Eierbrut in einen Napf gehört. Drum, Lieschen, kann Dich ſchon der Augenſchein belehren, Daß Affen ⸗Könige die Ordnung ſtets verkehren. Ihr Regiment verheißt der Zeit den goldnen Regen In brüderlicher Gleichheit über Alle; Sind Alle gleich beglückt, muß jede Noth ſich legen, Und jeder ſchwelgt als Gaſt am Freuden-Mahle. Die Arbeit ruht, — das Volk wird zu Baronen. In allgemeiner Gleichheit macht durch's ganze Land Ein Affenkönig nur noch dieſen Einen Stand. So ſiehſt Du auch im Bienen -Reich nur wohnen, 8 Wenn Baſilisken mit dem Scepter thronen, Ein faules Volk von eitel freien Drohnen. Frei ſind ſie, tragen nicht der Pflichten heil'gen Zwang, Doch ſchon erreicht ſie des Gerichtes ernſter Gang, Des alten Reiches Erbtheil haben bald verſchlungen Der neu gebornen Baronie gefräß'ge Zungen; Als Rieſe wächſt im Drohnen ⸗Staat der Hunger an, Zur Selbſtvernichtung wird der falſchen Freiheit Wahn; Denn faule Freiheit ſchafft dem Volke niemals Brod, Sie mäſtet beim Genuß in ſich den eignen Tod. Wenn After- Könige den Bienenſtock regieren, Dann muß des Bienenvaters Meſſer ihn kaſſiren. Vor Affen ⸗Königen ſei auf der Hut, Denn ſie erzeugen ſtets nur Drohnenbrut; Und auch die beſten Revolutionen Verändern nur die Namen bei den Drohnen. 83 Die Königin wird niemals im Bienenſtocke, ſondern jeder— zeit außerhalb deſſelben befruchtet. (Gehe nicht in's Kloſter.) Im Kloſter keine Hochzeit iſt Das weiß jedweder gute Chriſt. Die Welt nur kennt das ſüße Minnen, Das merken ſelbſt die Königinnen, Und machen Reiſen in das Weite, Bis der Erwählte ſteht zur Seite, Dem ſie geben Herz und Hand: Wie's geſchieht, — iſt unbekannt. Daß Gott auch Deine Art erhalte, Hold Lieschen, meine Händ' ich falte, Bete ſtill das Pater noſter: Geh mir ja nicht in ein Kloſter! — 9 §. 6. Die Lebensdauer der Königin. (Das rechte Alter.) Sehr ſchwer und groß ſind die Regierungsſorgen Der gekrönten Bienen -Majeftät; f Als Mutter waltet ſie vom früh'ſten Morgen, Und ob die Sonne auch ſchon niedergeht, Und ob in nächtlich Schweigen ſinket die Natur Und ſüßer Schlaf erquicket jede Kreatur: Noch gönnt die Königin nicht Ruhe ihren Füßen, Die Stunde ſelbſten nicht, wo Nacht und Tag ſich küſſen. Treu übet ſie der Landes⸗Mutter Pflicht, Bis endlich alternd ihr die Kraft zerbricht! Wenn zwei⸗ bis dreimal ſich des Jahres Kreis gewandelt, Dann ſollſt die Lebensmüde freundlich Du erlöſen. Bis dahin nur mit Kraft als Majeſtät ſie handelt, Bis dahin iſt ſie ihrem Reich genug geweſen. — Mein Lieschen klage nicht um unſere Königin, Faß in Dein kindlich Herz des frühen Sterbens Sinn: Das iſt ein Alter nicht, was lange lebet, Am Faden ſeiner Tage ſpät noch webet; Nein, Weisheit lernen, Tugend üben, Und Glauben halten, Menſchen lieben, Merk's, trautes Lieschen mein, das iſt — das iſt fürwahr Das rechte Alter nur, das beſte Silber-Haar. Als Greis ein Kind noch, — ſcheidet von des Glückes Sonnen, Wem ohne Segensfrucht die Tage ſind veronnen; Im Kind und Jüngling und im Mann erſtirbt ein Greis. War Gottes Gnad' und Weisheit ihres Lebens Preis. Des Todes Engel ruft zur rechten Zeit Dich an, Wenn Du in Deiner Zeit des Glaubens That gethan. Wenn, wo und wie er kommt, Dich einſtens zu erlöſen. Das rechte Alter iſt's, biſt Du in Gott geweſen. — 10 ER Die Entftehung neuer Königinnen und ihre Stimmen fo- wohl der bereits ausgekrochenen, als auch derer, die ſich noch in den Weiſelzellen verhalten. — (Auch die Beſten ſind nicht unerſetzlich.) Wenn ein König iſt mit Tode abgegangen, Wird das ganze Land in ſchwarzen Flor verhangen: So auch das Bienen Volk nichts Andres machen kann, Es legt auf zwölf bis vierzehn Tage Trauer an, Bis ſie in dieſen und in jenen Zellen Sich friſchgebackne Könige beſtellen. Tüt, tüt, tüt, — — lit, tüt, tät, — tit, tät, — — tit! Horcht, horcht! Hört ihr den Poſtillon nicht blaſen? Seht, ſeht, wie jubelnd dort die Völker raſen Durch ihres weiten Lagers lange Gaſſen! — Tüt, tüt, tüt, — — tut, tüt, tät, . tat tät, — but Was iſt's, ſagt an, was will doch dieſes freud'ge Tüten? — Sieh da, — dort kommt die neue Herrſcherin geritten! Doch, wer mag fein in jenen ganz verdeckten Wagen? Hörſt Du nicht Freund, daß dort noch junge Prinzen quaken?! Mein liebes Lieschen, wenn verwaiſ't ein Haus, Da ſiehts bei Ach und Weh gar traurig aus. Doch dürfen wir nicht zagen und nicht zittern, — Wenn Schickſals. Blitze unſer Haus zerſplittern, Er, der ein armes Bienen Volk nicht läßt als Waiſen, Wird ſeine Macht als Vater auch an uns beweiſen. Auf das Locken ſeiner Stimme treu zu achten, Sei zu jeder Zeit Dein Dichten und Dein Trachten! 8. 8. Die Arbeits: Bienen. (Die häusliche Bildung des Weibes.) Die kleinen Schwarzen, wiſſe liebes Hühnchen, Sind viele tauſend fleiß ge Arbeitsbienchen. 11 Sie kehren, putzen, bauen in dem Schloß, Sie pflegen Kinderchen, und ziehn ſie groß, Sie wachen, daß kein Feind und Dieb ſich darf erfrechen, Die Thore ihrer kleinen Veſte zu erbrechen. In großen Schaaren gehn ſie aus dem Haus, Das ſpitze Schwert in ſichrer Scheide, Und fliegen weit in's blum'ge Feld hinaus, Denn Wald und Feld find ihre Freude. Und reich befrachtet kehrt das Bienchen wieder Mit buntem Brot und ſüßem Honigſeim, Nicht müde werden ihm die kleinen Glieder, Kehrt es auch hundert Mal des Tages heim. Sie Alle nur von Einer Mutter ſtammen Aus Eiern klein, die von der Fürſtin kamen. Aus den Eiern werden kleine Mädchen Juſt, wie Du mein Püppchen biſt. Und ſie ſpinnen ſich aus zarten Faͤdchen Kleidchen feiner wie Battiſt: „So lerne Du auch ſpinnen fein, Im Nähen, Stricken, Biene ſein.“ Erwachsne Mädchen ſchämen ſich der Puppen, Und helfen der Mama in Keller, Küch' und Haus: So laſſen auch die Bienchen ihre Schuppen, Und zieh'n erwachſen ihre Kinderkleidchen aus. Und formen lernt das Bienchen groß' und kleine Näpfe Für liebe Schweſterchen als Wieg' und Honigtöpfe, Nimmt Stunden nebenbei, es braucht nicht Wochen, Kann flugs dann ſelbſt den füßen Honig kochen. Willſt Lieschen Du, den Gatten einſt erfreun, Darfſt Du der Küche Schweiß nicht vornehm ſcheu'n. Studire auch die Form der Töpfe, Und lern', wieviel und was gehöre dort hinein, Die ſchlaue Hanne drehet Dir ſonſt Zöpfe, 12 Sie Herrin in der Küch', — Du ihre Magd mußt fein. Wie Bienchen um die kleine Kinder⸗Zellen ſummen, Darf an der Wieg' auch Mutterliebe nicht verſtummen. Recht arme Männer ſind's, recht arme Tröpfe, Recht arme Weiber ſind's, verzogne Köpfe, Wo Mutterlieb' nicht freudig um die Wiege ſummt. Der Hausfrau Ernſt nicht manchmal in der Küche brummt. O füßer Scherz, wenn Deinem Gatten Ein ſchwarzes Maal auf roſig friſcher Wange, Dir unbewußt, es darf verrathen, Wie Du regiert haft mit der Küchenzange; Gefällſt ihm beffer fo, als mit Zitaten Aus Göthes Fauſt an Deinem Mittagstiſch, Er lobt als beſte jetzt von Deinen Thaten, Daß Du die Gans ihm ſelber haſt gebraten, Und zugerichtet ſelbſt den blauen Fiſch. O, ſelig Haus, wo noch von Mutter Lippen klingen Die Wiegenlieder in des Kindes Herz, Und wo noch fromme Mutter-Herzen niederſingen In ſtille Ruh der Kleinen kleinen Schmerz. Drum ſing' ich Dich, o trautes Lieschen mein, So gern mit Mutterlieb' und Liedern ein. — §. 9. Die Arbeits⸗Bienen find unentwickelte Weibchen. (Weibliche Reſignation und Ergebung.) Zur Königin iſt jedes Weib geboren, Wenn ſie den feſten Thron hat in des Gatten Herz; Doch ſchon am Hochzeitstage ging verloren — Der Bienen Majeſtaͤt Gemahl zu bitterm Schmerz. Seitdem der Herrſcherin dies große Leid geſchehen, Kann ſie ein zweites Weib im Reiche nicht mehr ſehen, In ihrem Volk will ſie allein als Mutter ſtehen. Mit Zauberei hat ſie das Regiment begonnen. 13 Ihr Weibervolk gebannt in männerſcheue Nonnen. — Wie dieſe fromm und ſtill in ihres Kloſters Zellen Gehorſam jeden Wink der Oberin beſtellen, In Selbſtverleugnung und in Demuth groß, So iſt dies auch der Arbeitsbienen Loos. Was Dir mein Lieschen wird beſchieden ſein, Schließt heute noch die Nacht der Zukunft ein. Ob Dich ein Gatte einſt wird frein, — Ein Mann Dich nennen wird ſein „Mein“, Du jemals ſagen darfſt ein „Dein“, —? Der Wiege kann ich dies nicht ſingen, Die Jungfrau muß den Preis erringen! — Sollt Gottes Rath das Loos Dir geben, Als unentwickelt Weib zu leben, Dann ſei der Arbeisbiene gleich, Bau ſtill in Dir ein Himmelreich, Und Gott Dich nennen wird ſein „Mein“. Du ſelig rufen wirſt ein „Dein“! $. 10. Die Drohnen und das Schwärmen. (Der Thronwechſel und die Volksjuſtiz in unkultivirten Staaten.) Doch darfſt nicht glauben Du, mein liebes Kind, Daß Männer nicht im Bienen Staate find. Wo Weiber mit dem Seepter thronen, Auch ſtets viel Männer ⸗Nullen wohnen; Im Bienen ⸗Reiche nennt man's Drohnen. Der Mannheit haben ſie ſo ſchmachvoll ſich entſchlagen. Daß weder Waffen ſie noch Hoſen mögen tragen; Doch theilen ſie den Ruhm mit manchem andern Mann. Daß eine Frau durch ſie zur Mutter werden kann. Auf Ehre fie der Fürſtin ſchwören, Den Glanz des Hofes zu vermehren, Sei ihres Daſeins großes Ziel; 14 Sieh', liebes Kind, iſt das nicht viel?! Wenn man im Bienen-Staat einmal will ſchwärmen, Dann ſchlägt die Drohnenzunft den erſten Lärmen, Und im Getümmel täuſchen ſie die Wächter, Frei'n um das Herz der königlichen Töchter, Und dieſe werben klüglich einen Anhang ſich; Das Reich zertheilt ſich in Partheien, Das junge Volk laßt ſeine Königin im Stich, Und ſie entflieht mit ihren Treuen, Ein andres Land zu ſuchen ihrem Thron. (Der Bienenvater hat's geöffnet ſchon.) Noch herrſcht im alten Reich die Anarchie, Da zieht noch eine zweite Kolonie, Oft eine dritte, vierte aus dem Heimath Land, Bis ſich der Bürger Krieg zum Frieden hat gewandt. Getheilt iſt nun das Reich, die Treue kehret wieder, Und jedes Volk ehrt ſeine Königin, Es ordnet weiſe ſich zum Staat als Haupt und Glieder, Und wiederholt des Mutter Landes Sinn. Die junge Fürftin eilt ſich zu vermählen, Im Aether hoch hält ſie den Hochzeitstag, Ihr Drohnen-Gatte darf Auf Glück nicht zählen, Zur Stunde noch rührt ihn ein Nervenſchlag. Nur Einmal darf ſein Aug' zum Purpur ſich erheben, Um eine Mutter juſt dem Bienen-Staat zu geben; Doch Jeder zahlt die Schuld ſogleich mit ſeinem Leben. Aus Großmuth läßt die junge Fürſtin ſchonen In ihrem Reich die andern Herren Drohnen, Sie figuriren als des Hofes Schranzen, Man braucht ſie ja als Männer noch zum Tanzen. Dies kannſt Du ſeh'n in einer Mittagsſtunde, Wenn hell und hoch die Sommer Sonne ſteht, Dann macht der ganze Hofſtaat ſeine Runde; — 15 Doch ernſt die Fürſtin eitles Spiel verſchmäht; Sie ſinnt und übet treu des Reiches Pflichten, Im Herzen ihres Volks iſt ihre Welt. Sie hat gelernt auf jede Luſt verzichten, Die Mutter Sorge ſtets daheim fie hält. Den trägen Müßiggang läßt fie den Drohnen, Die ſtolz in ihres Reiches Schlöſſern wohnen, Die Dick und Groß der Faulheit ſich nicht ſchämen, Und ihrem Volk den beſten Honig nehmen, Die das Vergnügen Arbeit nennen, Den Schweiß des Fleißes nimmer kennen, Die leben nur, um ſich zu amüſiren, Und heute nicht an morgen denken, Wo ſie den tiefſten Fall riskiren, Wenn ſich des Glückes Sterne ſenken. — O, ſieh doch, — ſieh mein gutes Lieschen, was geſchieht! Der Felder Schmuck, des Waldes Teppich ſind verblüht, Des Landmann's Pflug er furcht dort tiefe Wunden, Wo's Bienchen eben noch den Nektar hat gefunden. Unwirthlich Grau und Schwarz bedeckt die Fluren, Umſonſt ſuchſt Du der holden Flora Spuren. Dem Fleiß verſiegen des Erwerbes alte Quellen, Den Haushalt muß man jetzt mit Sparſamkeit beſtellen. — Sieh, da erwacht das Volk als zürnender Ulyß, 4) Und ſchlägt die übermuͤth'gen leckern Freier nieder; — Ein grauſes Leichenfeld, — es zappeln tauſend Glieder! — Die Rach' nicht lange ſchläft. — Den Drohnen ganz gewiß Stirbt ein Ulyſſes nicht, denn jährlich kehrt er wieder, ) Ulyffes, König von Sthaka, ein Held des trojaniſchen Krieges, kam erſt nach einer zwanzigjährigen Abweſenheit in feiner Heimath wies der an, wo er die 50 Freier, welche ſeine ihm treu gebliebene Gattin Penelope mit Heirathsanträgen beſtürmt, und das Mark feines Könige reiches ſchamlos vergeudet hatten, ſämmtlich erſchlug. — 16 Und mäht im Bienen-Reich die läſt'gen Freier nieder. Da liegt das Heer der ſtolzen, faulen Rieſen, Ihr Reſt wird ruhmlos aus dem Staat verwieſen; Der Spruch zu leſen iſt in ihren Päſſen: „Wer nicht arbeiten will, ſoll auch nicht eſſen“ Die Ordnung, welche hier die Polizei gemacht, Man nennt ſie, gutes Lieschen, — eine Drohnenſchlacht. Doch laß Dir die Gedanken nicht verwirren, Denn, liebes Kind, Du würdeſt gröblich irren, Wenn glaubteſt Du, ſo müßte die Gerechtigkeit Geübt auch werden mitten in der Chriſtenheit. Vergeltung iſt noch nicht in dieſer unſrer Zeit, „Die Drohnen-Schlacht liegt drohend in der Ewigkeit.“ Wer darf verwegen in der Chriſtenheit es wagen, Als Drohne ſeinen Bruder lieblos anzuklagen?! Suchſt Du in andern Augen gern nach Splittern, Zur Drohne wirſt Du ſelbſt, und ſieh', ſchon zittern Die Blitze des Gerichtes über Deinem Haupt, Der Du Dich ſtolz als Arbeitsbiene haſt geglaubt. Willſt Du im Dünkel die als Drohnen haſſen, Die nicht, wie Du in grober Erde wühlen, Und deren Hand nicht zeiget harte Schwielen: Dann mußt Du vor dem Richter einſt erblaſſen, Wenn er wird ſichtend fegen ſeiner Scheuren Tennen, Den Waizen ſammeln ſich, das Unkraut wird verbrennen; Wenn er wird ſcheiden einſt die Böcke von den Schafen, Die jetzund noch bei uns in ihren Gräbern ſchlafen. Zwei Regeln ſollen, Lieschen, Dich die Drohnen lehren, Von früher Kindheit auf Dein Lebensglück zu mehren: „Sei ja nicht träg' bei ſtolzem Sinn, „In Fleiß und Demuth geh' einſt hin! „Und mache Dich nicht Groß und Dick, „Denn vor dem Hochmuth flieht das Glück!“ 17 8.11. Von den verſchiedenartigen Schwärmen und ihrer erſten N Thätigkeit. (Die Waiſe, der Frieden unter dem Strohdache und das ſorgenloſe Glück.) O, ſieh' doch, Lieschen, an der Buchenlaube Dort hängt, trügt mich mein Auge nicht, ich glaube, Schwer wuchtend eine große, ſchwarze Traube; Das ſoll ein ſüßes Naſchen geben! Doch ſchau', die Traube hat ja Leben! Die Hand zuruck, — geſchwind, geſchwind, — Es iſt ein Bienen-Schwarm, mein Kind! Hier ſchwebt er, — eine obdachsloſe Waiſe, — Der blaue Himmel iſt ſein Schirm und Dach, Still harrend, ob nicht eine Hand ihm weiſe Ein wirthlich' Haus zum Schutz vor Ungemach— Und nicht betrogen wird der fromme Glaube, In ihm muß Hoffnung ſchon Erfuͤllung fein; Wie Noah einſt die müde Friedens-Taube Nahm freudig in die ſichre Arche ein, So ſieht ſich jetzt der Bienen-Schwarm geborgen; Denn freundlich löſ't die Hand des alten Klaus Des bangen Zweifels ſchwere Kummerſorgen, Und führt das Völkchen in ein gaſtlich Haus. — So hat, mein Lieschen, jede Waiſe noch gefunden Ein rettend Dach in der Verlaſſenheit, Wenn ihr der feſte Glaube nur nicht war entſchwunden An Gottes Gnade und Barmherzigkeit. Er iſt die Burg und ſichre Friedens-Hütte Für jedes ſorgenſchwere Haupt, Zu Ihm nur lenke feſt die irren Tritte, Wenn ſich Dein Herz verlaſſen glaubt. Aus dem dunklen Thale wird ſein Licht Dich weiſen, Selig wirſt Du einſt des Vaters Führung preiſen! Was ſummt und ſchwirrt doch hier in dieſer Linde? Schau', Lieschen, dort die Spalte in der Rinde! Da zieht ein Heer von Bienchen aus und ein, 2 18 Das muß fürwahr ein Honig-Baum wohl fein! Hier hat gewiß nach vielen bangen Stunden Ein irrend' Bienenvolk die Ruh' gefunden. Gar mühſam hat man dort ſich eingerichtet; Mit vielem ſauren Schweiße erſt gelichtet Von Schmutz und faulem Holz des dumpfen Lagers Höhlen, Um wohnlich ſich ein armes Stübchen zu beſtellen; Und doch, — wie ſie ſo froh und friedlich ſind!! Hier kannſt Du Weisheit lernen, liebes Kind! Das Haus giebt Dir kein Glück, Du mußt's dem Hauſe geben; Das Haus iſt todt Geripp, Du ſelber biſt das Leben. — Manch’ Wandrer blickt voll Neid zu ſtolzen Burgen auf, Und träumt ſich dort des Glückes ungeſtörten Lauf. O, Wandrer, Deiner Augen Decke will ich löͤſen, — Steig' auf, — Du ſollſt da oben in den Herzen leſen!! Bald heimwärts, — rufſt Du: „Wär ich niemals dort geweſen! — Und menſchenleer ſteht manches Rieſenhaus; Kein Herz kann an dem Herzen fröhlich drin erwarmen. Dich ſchreckt Dein eignes Wort, und kalter Graus Umklammert Deine Seele dort mit ſeinen Armen. Wo aber alle Seelen Einen Ton nur ſingen, Und Aller Hände nur nach Einem Kleinod ringen, In Einer Harmonie der Herzen Fibern ſchlagen, In Einer Lieb’ und Eintracht Alle ſich vertragen: Da lebt ſich's ſtill, zufrieden und ſelbſt froh Auch unter einem Dach von armen Stroh. — * Dort hat der Klaus ein leeres Häuschen aufgeſtellt, Der ganzen lieben Bienen-Welt es anzubieten; Vielleicht, daß einem Wander-Volke es gefällt, Sich ſelber für die Zukunft dorthin einzumiethen. Sieh’, ſieh', — da kommen ſchon die Spionire. Sie geh'n voraus, beſtellen die Quartiere, Sie fliegen ein, — ſie fliegen aus, Beſehen ſich genau das Haus, Und ziehen heim an ihres Lagers Ort, 19 Dem Fürften zu erftatten den Rapport. — Hurrah, Hurrah, jetzt kommt im hohen Bogen Das ganze Heer des Bienen-Volks gezogen. Der Reichsfürſt kommandirt, die Wachen präſentiren, Und im Parade-Marſch ſie durch das Thor marſchiren. Drauf die Kapelle ſpielt, des Jubels iſt nicht wenig, Und ſingen hört man: „Gott erhalte unſern König“! Ein glücklich' Loos, wem glatt geebnet wird die Bahn Von treuer Eltern Lieb' und Sorgen, Der ohne Kreuz und Dornen ſchmerzlos gehen kann In feines Hausſtand's Frühlings-Morgen. Ein glücklich' Loos, wem nicht mit ſeiner Braut Des Lebens Laſt zugleich iſt angetraut! Doch, Lieschen, danken wir's dem guten Vater droben, Daß wahres Gluck er nicht dem Mammon aufgehoben. In jedem Stande giebt Gott ſeinen Frieden, In Luſt und Leiden wird er Dem beſchieden, Der Ihm als höchſtes Gut vertrauet, Und ſeinen Hausſtand auf Ihn bauet. Ein köſtlich' Leben iſt's, Du kannſt's im Pſalmbuch leſen, Wenn es voll' Müh' und treuer Arbeit iſt geweſen. — Gefunden hat nun jedes Völkchen ſeine Staͤtte; Doch darfit nicht glauben Du, das Bienchen geh' zu Bette. Sieh', wie ſie haͤngen dort in feſtverſchlung'ner Kette, Im Fleiße Hand in Hand ſich gehen um die Wette, Der Nachbar immer nimmt von ſeines Nachbars Fette, Es klüglich formend fein zu eines Blättchens Glätte, So zart und faltenlos, als ob mit einer Plätte Das ſchlaue Kammerkätzchen unſre Henriette Es ſelbſt mit ihrer Meiſterhand gebiegelt hätte. — $. 12. Vom Scheiben⸗ und Zellen⸗Bau. (Die Liebe und der Topf.) Wenn ein junges Paar ſein Neſtchen hat gefunden, Ach, da träumt ſich's Viel in ſüßen Schäferſtunden 2 20 Von der ſchoͤnen Zukunft gold'nen Tagen; Sich ſelbſt genug iſt ſtets die erſte Liebe, Ein Himmel wär's, wenn immer ſatt man bliebe. Doch ganz profan dem Eh'gemahle knurrt der Magen, Er fängt bedenklich an, ſein Weibchen jetzt zu fragen: „Wie ſteht's mein Engelchen um unſer Eſſen, Du haſt doch wohl die Töpfe nicht vergeſſen?“ — Wenn nun der Engel daran nicht gedacht, Dann hat er ſich um's Himmelreich gebracht; Denn eine Liebe ohne Töpfe ö Kann hier auf Erden Keiner tragen; Sie iſt ein Erbtheil der Geſchöpfe, Die ſelig ſind — auch ohne Magen. a Drum fol das Bienchen Dich, mein Lieschen, lehren, Durch Wirthlichkeit der Liebe Fall zu wehren: Wie eine Martha einſt, ſiehſt Du die Bienen Mit treuer Liebe Fleiß der Einen Herrin dienen. Ein wirthlich Haus des Vorraths ſollen ſie beſtellen, Drum bauen ſie in Scheiben viele tauſend Zellen, An Töpfen darf's in ihrem Reiche niemals fehlen. Mit der wunderbarſten Ordnung zartem Sinn Hängen ſie der Scheiben weiße Reihen Sorglich als des Hauſes Magazine hin, Daß des Fleißes Früchte drin gedeihen. So viel der Töpfe aber hier auch mögen ſtehen, Kann jedes Bienchen doch ganz offne Straßen gehen; Denn auch im kleinſten Raum läßt Großes ſich geſtalten, Wo Auge Vorſicht und der Ordnung Regeln walten. — So wie ein neuvermähltes junges Ehepaar Nur kleine Töpfe braucht im erſten Flitterjahr, So wird dies auch vom jungen Schwarm gethan, Er baut ſich erſt mit kleinen Töpfen an. Doch faſt bei jedem neuen Ehepaar Erſcheint als Eſſer für das zweite Jahr, — Weil es nun einmal in der Welt ſo Sitte iſt, — Ein Männlein oder Fräulein wonniglich begrüßt. Ein Engel iſt es zwar, — doch hat er einen Magen, 21 Und darum muß man bald nach größern Töpfen fragen.“ Wer will dem Segen Gottes wehren, Wenn ſich im fernern Lauf von Jahren Bald auch die großen Töpfe mehren Mit kleiner Engel neuen Schaaren. — Wie's hier in dieſem Haushalt iſt geſchehen, So kannſt Du's auch im Bienenſtocke ſehen: Das junge Volk mit einer neuen Königin Stellt erſt im zweiten Jahr die großen Töpfe hin. Doch wenn die alte reiche Mutter hat gegründet Den neuen Hausſtand für die jungen Leute: Dann öfters man im erſten Sommer auch ſchon findet Viel große Töpfe in der Bienen-Beute. — Mein trautes Lieschen, wie ein Hausſtand kann gedeihn, Soll's wirthlich Bienchen Dir ein weiſer Lehrer ſein. Die Liebe und der Topf im gaſtlichen Verein Kann auf die Dauer Dich und Andre nur erfreu'n. 5 §. 15 Beſtimmung der Zellen. (Martha und Maria.) Doch mit den Töpfen, Lieschen, geht es überall, Wie bei dem Steuer-Amte mit der Seelen-Zahl: Der Kopf hat hier nur einen Werth, Wiegt er an Thalern ſchwer; So auch den Topf Niemand begehrt, Iſt er im Bauche leer. Willſt Du daher des Hauſes König einſt erfreun, So treib' mit vollen Töpfen ihm viel Steuern ein. Doch thu's nicht mit geſchaͤft'gen Schein und viel Geſchrei, Wie manche Frauen, die ſich faſt errennen, Und doch zuletzt den ſchlecht gewürzten Haferbrei Bei allem Schweiße laſſen noch verbrennen. Wie Du in Deinem Hauſe ſollſt beſtellen Die Töpfe groß und klein zu Lebensquellen, Das lehrt die Biene Dich mit ihren Zellen: Für Eier ſorgt des Hauſes einz'ge Mutter, Das Brod erwirbt der Arbeitsbienen Fleiß, 22 Den fügen Honig ſammeln ſie fiatt Butter; Aus Brod und Honig zu bereiten weiß Das kluge Bienchen Milch für junge Maͤdchen, Die in den Zellen als in kleinen Wiegen Aus zartem Ei erbruͤtet, wie ein Rädchen Gekrümmt, der treuen Pflege harrend, liegen. — Und wenn die Mädchen fatt gefüttert find, Streckt in den Wiegen ſich ein jedes Kind. Damit es ſich auch fein behaglich fühle, Sich nicht erkälte bei der Nächte Kühle, Wird jede Wieg' mit einem weichen Blättchen Bedeckt ganz warm als wie mit einem Bettchen. Vom zarten Eie an in ein und zwanzig Tagen Siehſt Du dann ſchon der Wiegen-Decke Form zerſchlagen, Der Tage drei auch vier wohl länger wohnen In ihrem Schlafgemach die künft'gen Drohnen. — Das große Wunder der Verwandlung iſt gelungen: Das Mädchen hat als Biene ſich an's Licht gerungen! Mein Lieschen möchte dies auch Dir gelingen, Jetzt Mädchen noch, — doch Biene einſt als Frau zu ſein; Willſt Du mit Gott Dir dieſes Ziel erringen, So präge Dir ſchon früh der Bienen Weiſe ein: Wenn ſorglich Du wie ſie ſtets hältſt in Deinem Haus Mit Brod und Butter, Milch und Eiern guten Rath, Damit treibſt Du den bleichen Schmalhans von Dir aus, Du und das Haus gedeih'n durch Deines Fleißes That. Der Bienen gelber Honig lehre Dich, im Stillen Dazu mit blankem Gold manch' Näpfchen anzufüllen; Doch ſammle nicht mit kargem Geiz für Dich allein, Lern' wie die Bienen liebreich auch an Andre denken, Die, um die Drohnen, ihre Gaͤſte, zu erfreu'n, Den beſten Honig gern mit Freundlichkeit verſchenken. — Und wenn der Arbeit Laſt und Hitze hat getragen Das fleiß'ge Bienchen in des Sommers heißen Tagen, Der ſtille Abend weit die Schatten dehnet, Und jeder Müde ſich nach Ruhe ſehnet: Dann fummt und ſingt im hohen Chor 23 Das ganze Bienen-Volk fein Abendlied; Dem Thoren kommt's wie Spaniſch vor, Weil er den Schöpfer im Geſchöpf nicht ſieht. Was diefes Abendliedes Sprache iſt, Belauſcht verſtändig nur ein frommer Chriſt. Das Völklein ſingt: „Hab Dank Du lieber Gott „Für füßen Honigſeim und Blumenbrod, „Haft uns errettet aus des Winters. Noth „Darum wir preiſen Dich bis in den Tod.“ Das Haus, mein Lieschen, hat das beſte Theil erwählt, Wo bei der Wirthin auch die Chriſtin niemals fehlt. Willſt darum du der Biene treues Abbild ſein: So ſchließ in Martha auch noch die Maria ein!! — 1 Die Weiſel⸗ oder Königin⸗Zellen haben die Form einer Eichel oder eines Fingerhutes. (Der Fingerhut). Schneiderlein, Deinem Fingerhut Sind wir Bienen gar zu gut: Wir borgen ihn von Dir zur Wiege, Daß unſre Königin drin liege. O, Fingerhut, o, Fingerhut Dir ſind doch alle Leute gut! Die Menſchen machſt Du erſt zu Leuten, So war es juſt zu allen Zeiten: Drum auch dem Bienenſtock er frommt, Weil er durch ain zu Leuten kommt. Lieb' Lieschen bleib’ dem Fingerhut Auch durch dein ganzes Leben gut! Willſt Du in Scham nicht vor der Welt ei Darfſt Du von dieſem Hausfreund nimmer laſſen. — §. 15. Das Wachs. (Schönheitsſinn und Fleiß.) Denk' nicht, — wohl Mancher glauben mag's, — Was Bienchen an den Füßen bringen, 24 Dies Blumenmehl ſei gelbes Wachs. O, nein, ſie ſchwitzen's aus den Ringen Ihres kleinen Leibes zart, Ganz faſt, wie nach Spinnen⸗Art. Wenn Du das weiße oder gelbe Wachs nun fteb’tt, So wiſſe, daß es Fett der Arbeitsbienen iſt. Die Zangen ihres Mundes ſind die Hände, Womit ſie formen, glätten ſo behende Der feinen Blattchen ſechs in feſte Wände Zu einer Zelle an Geſtalt ſo zart, Wo ſich die Weisheit mit der Schönheit paart. So ſoll, mein Lieschen, unter Deinen kleinen Haͤnden Die weiche Wolle kunſtvoll ſich geſtalten, Das Nützliche läßt auch gefällig ſich vollenden, Wo Schönheitsſinn und Fleiß verſchwiſtert walten. — 8. 16. Die Neigung der Bienen zum Rauben. (Die Induſtrie-Ritter). Es iſt ja, — Salomo der Weiſe ſpricht's, — In dieſer eitlen Welt ohn' Fehler Nichts; Das Reinſte iſt nicht rein; — der Kreaturen Wonne, Sie iſt nicht ohne Flecken, ſelbſt die lichte Sonne. Ein Faß der Danaiden iſt der Forſchung Born; ) Wenn Du die Roſe brichſt, ſchmerzt Dich der Dorn; Dir lacht die Frucht in roſig friſchen Wangen, Und drinnen ſitzt der ekle Wurm gefangen. Den Bund der Heiligen entweihet das Verbrechen, Die keuſche Tugend ſelbſt, ſie ſchämt ſich ihrer Schwächen. Die Ferſe des Achilles bietet noch der Größte **) Des Feindes Flammen-Augen dar, und auch der Veſte ) Die Danaiden waren die 50 Töchter des Danaus, Königs von Argos in Griechenland. Sie ermordeten in ein und derſelben Nacht ſämmt— lich ihre Männer und nur eine ließ den ihrigen am Leben. Zur Strafe für dieſes Verbrechen mußten die Danaiden in der Unterwelt beſtändig Waſſer in ein durchlöchertes Faß ſchöpfen. — ) Achilles König der Myrmidonen in Theſſalien, der größte Held des trojaniſchen Krieges, war nach der Sage bald nach der Geburt von 23 Trägt in der ſtillen Bruſt verborgenes Gericht: Die Welt iſt Kampf und Ringen, doch Vollendung nicht. Du weißt, daß ſelbſt in jener heil'gen Schaar, Die als der Kirche Säulen Chriſtus ſich erwählte, Ein ſchlauer Dieb und ein Verräther war. N So tief gefallen, wie noch Keiner jemals fehlte. — Der Täuſchung bittern Schmerz kann ich Dir nicht erſparen, Du mußt ihn, liebes Lieschen, frühe ſchon erfahren: Wie aller Tugend treues Abbild, unſ're Bienen, Dir auch als ernſte Warnung mahnend ſollen dienen. Es wird an unſern Bienen freilich Dich betrüben, Wenn ich von ihnen rede, wie von ſchlechten Dieben; Doch Dir getreu ein wahres Bild zu zeigen, Darf ich Dir keinen Zug darin verſchweigen: Es iſt, als ob der Bienen-Nation Es geht, wie mancher chriſtlichen Perſon, — In ihrem Katechismus ſcheint zu fehlen Das ſiebente Gebot: „Du ſollſt nicht ſtehlen!“ — Als Näſcher, die der groben Sünde ſich noch ſcheuen, Umkreiſen fie des Nachbars Honig-Magazine; Doch, wenn ſie ungeſtraft verbotner Frucht fab freuen, Wächſt, wie des Schneees Ball zur rieſigen Lawine, Der Diebes-Sinn zur Frechheit und Gewalt. Sie werben in der Heimath ſich Geſellen, — Ein Bund der Schlechten ſchließt ſich zahlreich bald. Des Andern Honighäufer zu beſtehlen, Beſtürmt die Diebes-Rotte erſt der Waiſen Stätte, Ein Volk, das trauernd um die Mutter klagt, Im Schmerz verſunken nicht zu kämpfen wagt. Sie morden, rauben, plündern gierig um die Wette, Bis wüſte iſt und leer die tauſendzell'ge Stadt. Die Habfucht aber wird des Raubes nimmer ſatt. Im Unrecht, was gelingt, ſtärkt ſich der freche Muth. ſeiner Mutter in den Fluß Styx getaucht worden, wodurch er bis auf die eine Ferſe, an der ſie ihn feſthielt, unverwundbar wurde. An dieſer einzi— gen verwundbaren Stelle ſeines Letbes [ward er ſpäter durch einen Pfeil getroffen, und er ſtarb an der Wunde. — 26 Der Bund der Schlechten weitet ſich zum Raubſtaat aus, Und bricht verwegen ein in jedes Bruderhaus, In Eil befrachtend ſich mit fremdem Honiggut. Doch ſieh', ſchon faßt fie der Vergeltung Rächerhand! Vor jener wohlbewachten Veſte bleichen, Gefällt durch ſtarker Kämpfer tapfern Widerſtand, Der Räuber freche Schaaren jetzt als Leichen. — Du darfſt nicht meinen, — wie es Viele glauben, — Weil glänzend ſchwarz die Bienen, die da rauben, Es darum andre Thierchen find? Als Maal der Böſen Hat ſie in Schwarz gezeichnet ſelbſt ihr diebiſch Weſen. Als Gauner gingen ſie nicht ehrlich offne Straßen, Die Haare haben ſie in Spalt und Ritz gelaſſen. Der Dieb läßt auch oft Haar und Mantel fahren, Um ſich den Hals vor'm Hängen zu bewahren. — Wie Bienen thun, — ſo auch die Menſchenkinder; Vernüunftig find fie zwar; doch ſtehlen ſie nicht minder, Die Großen ſtehlen Land, Die Kleinen Zuckerkand; Auch ſollen ſie die Kunſt verſtehen, Daß alle Dinge, die ſie ſehen, Recht herzlich gern mit ihnen gehen. Sehr groß iſt ſtets ihr, Glück im Finden; Was Andre ſich erwerben oder kaufen, Kommt ihnen wie von ſelber zugelaufen. Sie weiſen's nach mit vielen Gründen Daß wirklich ſie's in ſtillen Geiſterſtunden R In Wald und Feld, in Haus und Hof gefunden. — Du darfſt, wie bei den Bienen, auch nicht meinen, Daß Diebe nicht wie andre Menſchen ſcheinen, Sie gehen juſt wie Jeder auf zwei Beinen. Doch wie fo unftät, ſcheu der Biene diebiſch' Weſen, Kannſt Du es, Lieschen, auch im Menſchen-Auge leſen. Der Dieb ſenkt ſcheu den Blick, ertragend nicht, Des guten Nachbars ehrliches Geſicht. Die Schuld iſt ſeines Herzens ſchwarzes Zeichen, Ein zwiegeſtaltig Wort macht ihn erbleichen. — IND 27 Die Tugend wähle nur, mein Lieschen, von den Bienen: Doch ihre Laſter laſſe Dir zur Warnung dienen. — Du brennſt mit jedem vorbedachten Fehle Ein häßlich' ſchwarzes Maal Dir in die Seele! — - Was ich, mein Lieschen, Dich bisher gelehrt Wie Bienen ſind, wie weben ſie, und leben, Das iſt, ein Vorbild Dir zu ſein, wohl werth, Ein gold'ner Faden für Dein ſittlich Streben. In dieſem Thierchen klein, iſt uns enthüllet Ein Buch der Lebens-Weisheit, die von oben flammt; Die Eine Ordnung ſich auch hier erfüllet: Die Tugend ſegnet ſich, das Laſter ſich verdammt. II. Praktiſcher Theil. Oberſter Srundfak. Der friſche Mutterwitz, der ſchnelle ſcharfe Blick, Des Muthes Zähigkeit und praktiſches Geſchick Schafft, wie Haus Bendix meint, der Biene größ'res Glück, Als graue Sa eisheit, die gelehrt ſich ſteift, Den Nagel niemals trifft, am Kopf vorbei nur ſtreift; Denn wenn im Kopf den Nagel hat ein eitler Mann, Der auch den Nagel auf den Kopf nicht treffen kann. Die ſtolze Zunft fie ſchätzt die Weisheit nur nach Jahren; Doch kann das Alter ſie vor Blindheit nicht bewahren. Für Alexander giebt es kein Triennium: Den Knoten löſ't ein einz'ger Hieb in Gordium. Ich führe Dich jetzt in die Praxis ein, Erwachſen aus der Lehre goldner Saat Ein grüner Lebensbaum; Dich zu erfreu'n 28 Mit dem, was noch die Kunſt geſchaffen hat, Die ſinnig laufcht, und ſucht auf nebelgrauer Spur Den Strahl, wo ſich entſchleiert ſonnig die Natur. Wir wandern, Lieschen, nun in manchen Bienengarten, Mit eig'nem Auge ſelber nachzuſehen, Wie Klaus und Kurt und Hans der Honigbiene warten, Und wie dies wohl am Beſten mag geſchehen. — 1 Die Schwarm⸗Methode nach Klaus. (Die ſpirituoſe, induſtrielle, politiſche religibſe und ſchöngeſchlechtliche Schwärmerei.) Hier ſind wir ſchon bei unſerm alten Klaus, Und dort, umringt von Flora's bunten Kindern, Winkt freundlich ein bemooſtes Bienenhaus Mit greiſem Haupt, bewährt in vielen Wintern. Wie an der Schnur die Berl’ die Perle kuͤſſet, Reih't drinnen ſich des Bienen-Korbes gelbe Menge; Ein Völkchen nachbarlich das andre grüßet, Dem Freunde weichend ſanft im murmelnden Gedraͤnge. Die Flur iſt Nachbild vom gelobten Land; Denn reich und lange hier des Nektars Quellen fließen, Vom jungen Lenz bis fpät, da an der Wand Der Herbſt die ſüße Traube beut Dir zum Genießen. Ob auch die Auen hier nicht mehr mit Blüthen winken, Ob mit der Garbe dort des Feldes Blumen ſinken: Der nachbarliche Wald erſchließet neue Freude, Das Honig-Völklein ſummt im Glöckchen duft'ger Haide. Der fetten Triften ſuͤßes Mark wohl auszubeuten, Denkt Klaus der Schwärme Zahl zu mehren ſchon bei Zeiten; Drum hält er klein den Glockenkorb und warm, Daß früh ſich dehnt das Volk und theilt zum Schwarm, Und neuer Kolonieen reiche Schaaren fügen n Im Bienenhaus den Korb zum Korb in langen Zuͤgen: Denn Arbeits-Völker ſind's, was Klaus begehrt, Bis mehr denn zwiefach ſich die Zahl gemehrt. — Und wenn des Sommers goldne Erntegaben Der Körbe Raum gefüllt mit ſchweren Waben, 29 In kluger Wahl der Klaus die Völker ſichtet, Sein Urtheilsſpruch der Körbe Reihen lichtet. Ein Wehgefühl ſich kuͤndet wohl in ſeiner Bruſt; Denn Todes-Schlaf zu geben iſt ihm keine Luſt; Doch ſoll des Züchters Fleiß Gewinn ihm bringen, Muß er das Herz durch den Verſtand bezwingen. Der Menſch, ein König, würgt ja ſelbſt die Tauben, Er darf's, ein Herr der Schöpfung, ſich erlauben: So laͤßt denn Klaus, — um ihren Nachlaß zu beerben Der Honig⸗Völker viel durch Schwefel-Daͤmpfe ſterben. — Wie bei den Bienen, Lieschen, wird zur Mode Auch unter Menſchen jetzt die Schwarm-Methode. Man ſchwaͤrmt gedankenlos dahin in allen Ständen, Der Täuſchung bittern Sold im Weltſchmerz zu vollenden. Dort ſchwärmt das Volk in gualmenden Spelunken, Wo ſchrill zum Baß die Klarinette quickt; Bei wildem Tanz vom geilen Bachus trunfen ®) Ein Narr dem andern ew'ge Freundſchaft lügt. — Des Taumels Becher iſt geleert, die Luſt verſtummt, Der Glieder Kraft gelähmt, das Hirn verdummt, — Und ſchwankend lenkt der Schwärmer heim den irren Schritt; Der Häufer Reihen, däucht ihm, ziehen alle mit: Das wurmt ihn ſehr. — Die Fäufte hoch erhoben, Droht er dem Magiſtrat, und ſchimpft die Polizei, Den Pfarrer will er nun erſt gar nicht loben, Am liebſten ſchlüg' er gleich die ganze Welt entzwei. Die Eine dort, — ſie ſoll es ihm gewiß entgelten, Die ihm des Hauſes Thür jetzt öffnet unter Schelten. Zum Schlägel ballt ſich hart die Fauſt, er ſieht im Wahn ) Bachus ſollte nach der Sage des Alterthums der Gott und Schöpfer des Weines fein. Da' man dies aber mit dem Verfall des grie chiſchen und römiſchen Heidenthums als einen Irrthum erkannte, und eins ſehen lernte, daß unſer Herr Gott ſelber den Wein geſchaffen, damit er erfreue (nicht aber erſäufe) des Menſchen Herz, ſo wurde Bachus auf geraume Zeit zur Dispoſition geſtellt, endlich aber von den Branntwein— Kneipen zum Schutzpatron erwählt, und als ſolcher hat er ſeitdem Arbeit voll auf, denn er iſt nebenbei noch General-Executor und Specral-Kom⸗ miſſarius der Hölle. 30 Sein armes, gutes Weib für eine Pauke an. — Das Herz der Gattin bricht, und Hymens *) Engel flieht Im Fluch die Stätte, wo des Bachus wild' Gelüfte. Des Mannes Aug' verglaſ't, die Ader ihm durchglüht, Der Arbeit Frucht verſchlingt, das Haus verkehrt zur Wäſte, Wo nun die Furien ) ſich ihren Ort erleſen, Mit Luſt zu pflegen hier der Hölle böſes Weſen, Bis in Verzweiflung ſich die letzten Bande löſen. Dies, Lieschen, iſt die eine Schwarm-Methode, An der ſich Mancher, Mancher ſchwärmt zu Tode! — Das Schwärmen wandelt ſich in jedem Lebens-Kreiſe Je nach des Menſchen Stand und Sinn in andre Weiſe. Um feines Hauſes Wohlftand zu begründen Im ſauren Weg’ der Arbeit und der Mühen Will Mancher jetzt doch gar zu langſam finden, Noch vor der Saat ſoll ihm die Ernte blühen. Es reißt in ihm die Ordnung alter Regeln, Es trotzt des Geiſtes Haſt den ewigen Geſetzen, Um zu erjagen mit des Schwindels Segeln Dem Andern noch zuvor den goldnen Götzen. Im Wönſchen reich, und kühn in luft'gen Sprüngen Verzehrt der Schwarmgeiſt ſeine Kraft und Ruhe, Um mit Gewalt das Glück ſich zu erzwingen, Den heißerſehnten Gott für ſeine Truhe. — Und Tauſend, aber tauſend elend enden, Zu ſpät enttäuſcht, am Herzen banquerott, Durch Trug-Phantome ließen ſie ſich blenden, Es ſchleicht die Armuth nach — als bittrer Spott. — Du ſtörſt Dein Glück, willſt Du die Ordnung ſtören, Wie Gott der Herr Dein täglich Brod will mehren: Dem ftillen Fleiße nur folgt ſichrer Segen, Wie Fruchtbarkeit dem ſanften Frühlings-Regen- ) Hymen if der Hausfriede und das eheliche Glück. ) Furien ſind die Rachegötter oder die Geiſter der Raſerei u. Tobſucht. u 31 Es ſchwaͤrmt der Milchbart dort vom „beſten Staat“ Den er auf Schulen ſich gezimmert hat: Raſirt den Boden glatt vom alten Recht, Verdammt, was die Erfahrung ſchuf, als ſchlecht, Und baut aus Idealen auf die goldne Zeit. — Für Engel wäre dieſe Ordnung ganz geſcheidt, Und würde ſich auf Erden auch bewähren, Wenn Menſchen nicht nur eben Menſchen wären! Dort wieder glüht ein finſtrer Schwärmer ſtarr im Glauben Er möcht' die ganze Welt gern in die Folter ſchrauben, Bis ſie auch Jedes Jota würde feſt beſchwören, Und ſich zur Uniformität im Glauben kehren. Den Meiſter ew'ger Weisheit meiſtert dieſer Wicht, Und will nicht, daß ſo wie der Einen Sonne Licht Sich auch des Glaubens Strahl in viele Farben bricht. — 7 Auch das Geſchlecht, was man das fchöne nennet, Wird unſchön leicht — durch fade Schwärmerei. Die Dame überbildet meiſt nur kennet Als Lebenszweck die noble Tändelei: Die Puppe wird dreſſirt, es wird geſungen, Auch Komödie geſpielt, Ballet geſprungen, Es wird parlirt in vielen fremden Zungen, Gemalt, und grauſam das Klavier zerſchlagen: Dem Virtuoſen aͤffiſch nachzujagen. Dem Nützlichen, was Noth dem Haufe, abgewandt, Uebt ſich in Zier-Gebilden nur die zarte Hand. Es iſt gemein — den Strumpf ſich ſelbſt zu ſtricken, Ein Loch im Kleid mit eigner Hand zu flicken, Den feinen Teint dem Dampf der Küche bloszuſtellen, Und ſich mit Kindern gar noch mütterlich zu quälen. Zu kleinlich iſt das Haus dem großen Sinn, Zu ſtill der Raum den ſtürmenden Gefühlen, Der Scele Sehnen fliegt nach Außen hin, Im Glanz der großen Welt das Herz zu ſtillen. 32 Geſchlagen dreimal iſt der arme, arme Mann, Der ſich die Schwärmerin vermaͤhlt als Ehgeſpann. Iſt er ein Kröſus ) nicht an Schätzen dieſer Erden, Wird ihm die theure Frau gar bald zu theuer werden. Dem Rauſch' folgt Nüchternheit, der Glanz erbleicht, Der Tauſchung Schmerz den Eh'gemahl beſchleicht; Er fühlt die Stätte feines Herzens leer und kalt, Die Liebe noch ſo jung — ward ihm zu zeitig alt. — Es fehlt die „Martha“ ihm, die ihren Gatten ehrt Durch ſtillen Opfer-Dienſt, und die ſich treu bewährt In ihres Hauſes tauſend kleinen Pflichten, Als Letzte beim Genuß, als Erſte im Verzichten. Die Wirthin fehlt, die ſinnt mit klüglichem Bedacht, Wie man aus Wenigem mit Anſtapd Vieles macht. Ihm fehlt die Prieſterin, die feine Kleinen lehret, . Wie man ſchon früh des Herzens Sinn zum Himmel kehret. Ihm fehlt die Freundin, ſtark im Dulden und im Tragen, Die mit des Glaubens Troſt den bangen Muth ihm ſtärke, Die mit ihm freudig theile ſeines Lebens Plagen, Und mit des Dankes Thräne ſegne ſeine Werke. — Der arme Mann! Zu ſpät ihn ſeine Ehe reuet, Daß er ſtatt einer Frau — ein Schauſtück hat gefreiet. Da iſt fürwahr der unbeweibte Mann Mit einer treuen Magd noch beſſer dran! — §. 18. Die Zeidel-Methode nach Kurt. (Das ſolide Bürgerthum). Wir reiſen, Lieschen, auf des Adlers ſchnellen Flügeln, Und find im Fluge ſchon an jenen grünen Hügeln, Wo dert im lieblichen Verſteck von blauem Flieder Liegt gaſtlich unſers Kurtes ſtilles Haus. Auf dieſem Raſen laſſen wir uns heimiſch nieder, Und ruhen fröhlich von der Reiſe aus. Doch ſieh', wie uns ein gutes Schickſal freundlich neckt! Ss Kröſus König von Lydien in Kleinaſien war im Alterthume wegen ſeiner großen Schäße bekannt. — 33 Schon hat und Kurtes kluges Auge hier entdeckt; Die treuen Hände er uns warm entgegen ſtreckt. Gott gruͤß' Dich, alter Freund, in Deinem Bienengarten! Dein lieber Blick läßt ein „Willkommen“ uns erwarten. Die Luſt, von Dir zu lernen, trieb uns auf die Reiſe, Wir prüfen gern auch andrer Bienenzuͤchter Weiſe. Wir gehen jetzt von unſerm guten Kurt geleitet Dorthin, wo ſonnig ſich der Raum des Gartens weitet. Hier ſieh'ſt Du nicht gedrängt, wie einſt bei unſerm Klaus Der Glockenkörbe Heer in ſeinem Bienenhaus. Zur weiten Tonne hat der Zeidler Kurt gefüget Des Strohes feſte Ringe, — ſtellt die eine Als Thurm ſich dar, und nachbarlich die andre licget Der Walze gleich, daß es von fern erſcheine, Als ob der Kurt mit ſeiner Bienen tapferm Heere Ein Kommandant hier hinter Wall und Thuͤrmen wäre. Dort kannſt Du auch viel Bienen-Stübchen ſehen Aus feſtem Holz gezimmert, und es ſtehen, Die Räume für des Sommers honigreiche Zeiten Durch An- und Auf-Bau ſchnell und ſchicklich zu erweiten, Der Ring' und Stübchen viele noch bereit, zu dienen Dem wirthlich' Bienen-Volk zu Honig-Magazinen. Und wenn erfüllt des Honigs goldne Schwere In jedem Stock des Raumes weite Leere: Dann nimmt der Kurt die Thürme all' beim Schopf, Und mit des Drathes Schärfe ab er ihnen ſchneidet Des Züchters Lohn, — den aufgeſetzten Kopf. Und ſo auch an der Walze und den Stübchen ſcheid Des Segens Ueberfluß ſich auszubeuten, Der Kurt die vollen Speicher von den Seiten. Die Weiſe nennt man, Lieschen, Magazinen Zucht, Wo man, um füßen Reichthum ſichrer zu gewinnen, Durch angefügten Raum zu hindern klüͤglich ſucht, Daß lieber ſchwärmen nicht im Uebermaaß die Bienen. Denn wo dem Fleiß die Ernte frühe endet, Wenn durch den goldnen Halm die Senſe klingt, Und auch die Linde ihren Seim geſpendet: i 8 34 Mit vieler Schwärme Zahl nicht Biel gelingt! — Hier, Lieschen, hier in dieſem neuen Reigen Der hohlen Klötze kann ich Dir erſt zeigen Den echten Zeidel-Stock mit langgedehntem Raum, Geformt aus weichem Holz vom leichten Pappelbaum. Die einen dort als Ständer aufrecht ſtehen, Die andern hier kannſt Du als Leger ſehen. Ein hartes Riegelholz der Höhlung Stirne trennet, Den einen Theil das Haupt, den andern Fuß man nennet— Als Zeidelſtock iſt hoch und werth das Klotz zu halten, Denn ſelbſt die Einfalt darf ganz ſicher mit ihm ſchalten. Hier heißt des Zeidlers gutes A. B. C.: „Du thuſt dem Honig-Klotze nimmer weh', „Gönnſt Du das größ're Haupt als Eigenthum den Bienen, „Und läßt zum Ausſchnitt dann den kleinern Fuß Dir dienen.“ ticht ſchelten ſoll man uns das alte gute Klotz; Als Urſtock mit naturgemäßem Leben Beut er am treu'ſten noch dem harten Winter Trotz. Wenn Andre zwiſchen Furcht und Hoffnung ſchweben. Wie hoch man auch die Kunſt in unſ'rer Zeit mag treiben: Der ſchlichten Nüchternheit wird dieſer Stock verbleiben! Beſonnen, Lieschen, iſt des Zeidlers Weſen; Wohin Du immer blickſt, herauszuleſen Der gute Grund und markige Gediegenheit — Ein ſelten Ding in unſrer flittergoldnen Zeit. — Des Zeidlers Weiſe iſt, — ſolides Bürgerthum, Wo ſtill und langſam ſich des Hauſes Wohlſtand mehret, Man viel und reich zu ſcheinen, ſuchet nicht als Ruhm, Nicht den erlog'nen Werth mit fremdem Gold beſchweret. Groß fängt ſo Mancher an mit kleinen Mitteln, Der Firma fehlt es nicht an goldnen Titeln, Im Feeen-Glanz ſtrahlt auf den Markt hinaus Des jungen Kaufherrn ſpiegelgläſern' Haus. Das Glas will aber manchen alten Leuten Für's Glück viel Gutes eben nicht bedeuten. Ob fie Propheten oder Narren find gewejen; Bald wird's Dein Auge können in der Zeitung leſen. — Kaum hat ein Jahr gewechſelt Tag’ und Stunden, So heißt's: „Der Kaufmann N. iſt heut' verſchwunden!“ Man wundert ſich, und ſtaunet an die Zahlen, Mit denen iſt der reiche Herr gefallen. Mich wundert's nicht, denn wiſſe nur: An eignen Gulden Hatt' er Ein Zehntel kaum, Neun Zehntel macht' er Schulden. Die Börſen-Welt tanzt jetzt auf einer Spindel, Sie heißt in gutem Deutſch: „Der Wechſel-Schwindel“ Der Geld-Verkehr von Heute iſt ein Karten-Haus, Fallirt ein einz'ges Bild, — ſo iſt's mit allen aus. Wenn Oeſtreich nieſ't, und Frankreich nicht gleich Proſit ſagt Wird über ſchlechten Cours an jeder Bank geklagt. — So faul iſt oft der Grund, daß eine Zeitungs-Ente Den Einen hoch erhebt, dem Andern bringt das Ende. Was ſtark ſoll fein, und ſegnen ſich auf Kindes-Kind. Das wächſt nicht über Nacht wie Pilze ſo geſchwind. Und klein iſt ſtets der Keim zu großen Dingen, Geduld und Zeit gebären ihr Gelingen. Ein Senfkorn war in Bethlehem das Himmelreich; Und was iſt wahr und groß und ſtark und feſt auf Erden Das war gewißlich auch dem ſchwachen Senfkorn gleich, Ein kleiner, friſcher Keim in ſeinem erſten Werden. Willſt darum Du getroſt auch Deiner Zukunft trauen: Vergiß nicht, fleißig nach dem Zeidler hinzuſchauen, 5. . Die Schwarm⸗ und Zeidel⸗Methode verbunden nach Hans. (Nicht zu hoch, und nicht zu tief.) Nun Lieschen brauſen wir dahin nach jenen Landen, Geführet von des Dampfes feur'gen Elephanten, Wo wir bei Hans vom Oderſtrand' nur wenig Meilen Zuletzt ein frohes Stündchen wollen noch verweilen. Sieh', Kind, wie rechts und links die Städt' und Dörfer eilen! Kaum hatten wir's im Geiſt uns ernſtlich vorgenommen, Sind wir bei Hans leibhaftig auch ſchon angekommen. g** 36 Erſchrick nicht, Lieschen, vor dem derben grauen Mann, Von ihm erzaͤhlt die Welt ſich wunderliche Maͤhr, Daß er, wie Bürger uns, der Dichter, kund gethan, Zu Kaiſer Barbaroſſa's Zeiten lobeſan, Ein Klofter-Schafhirt in der Schweiz geweſen wär”. Dort hab' die Klugheit ihn emeritiret, Und endlich aus dem Lande emittiret. Jahrhunderte hindurch war Hans verſchwunden, Bis man's in Deutſchland konnte erſt erkunden, Als Kapuziner ſei er aufgefunden. Wie er dem Baal-Dienft der Gelehrten-Welt Hier ſeine Lection nach Brauch nun hält, Und kaum die Worte ſind von ſeiner Zungen: Da kamen kühn und grauſig angeſprungen Des Tages Löwen, um mit ihren Tatzen Das Lebens licht dem Manne auszukratzen. Der Eine dacht': Hans liege ſicher im Erblaſſen, Der Andre gar: Er ſei bereits gefreſſen worden. Doch hat er ſchlau die Kutte ihnen nur gelaſſen, Er ſelbſt ging fröhlich und gefund dann aus dem Orden. Und Hans, einſt ärgerlich der Welt als Kapuziner, Lebt jetzt im Dorfe hier als ſtiller Kirchendiener. ) Doch ſieh' verſchloſſen iſt dort feine Klauſe! ) Er war mit einer Kapuzinade gegen die theoretiſtrenden Ausſchwei— fungen einer überſchwänglich gewordenen Wiſſenſchaftelei in der Eichſtäd— ter deutſchen Bienen-Zeitung aufgetreten; — eine Richtung, welche eine Zeit lang das Haupthinderniß zu werden drohete, daß jenes ſonſt ſo vor— treffliche Blatt ſein Programm: „Ein deutſches Volksblatt zu ſein, durch welches die Bienenzucht zu einem national-ökonomiſchen Induſtrie-Zweige erhoben werden ſoll“ — nicht mehr erfüllen zu können ſchien. Dem Kapu— ziner iſt es im Entfernteſten nicht beigefallen, die durch jene Zeitung ger pflegte und geförderte „wirkliche Wiſſenſchaft an ſich“ zu tadeln; denn dies könnte nur ein Bornirter thun ſondern er wollte nur, und zwar in der ſcherzenden Form eines neckenden Satyr, die gelehrten Herren daran erinnern, daß erſtlich das Organ der deutſchen Bienen-Wirthe die deutſche Zunge ſei; daß zweitens die Bienen-Zeitung kein Univerfitäts-Auditerium mit ſtockgelehrter Katheder-Sprache, ſondern ein Sprechſaal für allerlei Volk mit allgemein verſtändlicher populärer Rede ſein ſoll; und daß man drittens müßige, für die einfache Theorie und Praxis ganz gleichgültige, 37 Nicht dacht' ich dran, daß heute — Samstag iſt. Wir laſſen ungeſtört ihn in dem Hauſe, Und ungeſehn ihn unſre Liebe grüßt. Ich weiß es ſchon, nicht täuſchet mich mein Hoffen: Es ſteht ſein Garten jedem Hausfreund offen. Wir treten ein, uns zwanglos umzuſchauen, rein wiſſenſchaftliche Spitzfindigkeiten und philologiſche Unterſuchungen in die gelehrten Journale der Naturhiſtoriker und Philologen verweiſe, nicht aber ein deutſches Volksblatt mit Dingen beſchwere, die blos dazu geeig— net ſind, dem Volke ein Blatt zu verleiden, welches den ſchönen Beruf hat, den allgemeinſten volksthümlichen Intereſſen zu dienen, nicht aber die hochgelehrte Leckerei Einzelner zu befriedigen. Wenn man den vortreffli— chen Kern der hochzuſchätzenden Wiſſenſchaft dem Volke in einer ſprachlich unzugänglichen mit hebräiſchen, griechiſchen und lateiniſchen Arabesken verz ierten Schale darreicht, ſo darf es nicht befremden, wenn der Kern um der Schale willen von vielen ſonſt ſtrebſamen Bienenzüchtern gar nicht erſt begehrt oder bald wieder weggeworfen wird. Hier liegt der ganz natürliche Schlüſſel zu der Klage, warum trotz der fo allgemeinen Verbrei— tung der Bienenzucht, dennnoch die Eichſtädter Bienenzeitung, an welcher die beſten Kräfte und ausgezeichnetſten Talente arbeiten, immer noch viel zu wenig gekannt und begehrt wird. Die Forderung des Kapuziners war daher an ihrem rechten Platze: „Darum zerreißt euren philoſophiſchen Reigen, „Und lernt wie Götter zu den Menſchen ſteigen!“ Daß man dem Kapuziner ſeine barbariſchen Knittelverſe als ein hochnoth— peinliches Verbrechen vorgeworfen, und von ihm verlangt hat, er hätte in metriſchen kunſtgerechten Verſen reden ſollen, war, nach dem Vorgange der klaſſiſchen Kapuzinade von Schiller, eben kein Zeugniß einer wahren und nüchternen Kritik. Eine Kapuzinade ſtreng metriſch abzufaſſen, wäre vor dem Richterſtuhle einer echten Kritik eben fo abſurd, als wenn ein Schorn— ſteinfeger auf dem Maskenball im weißen Koſtüm auftreten wollte. Der übergroße Zorn und fürchterlich ernſte Eifer, den man zu ſeiner Zeit gegen den armen volksfreundlichen Kapuziner, der ſich einer ſolchen Auf nahme nicht verſehen, losgelaſſen hat, war darum eben fo überflüſſig als ungerecht und der Kampf, in welchen man gegen ihn entbrannte, recht eigentlich ein Fechten à la Don Quixote. Es wäre auf jeden Fall ge: müthlicher geweſen, die ganze Sache als eine neckende Myſtifikation, in der einige Wahrheit ſteckt, zu belachen, als ſich fo entſetzlich ernſthaft zu er- boßen; und noch beſſer, hinterher mit dem Geſtändniß an ſeine Bruſt zu ſchlagen: „Der Mann hat nicht ſo Unrecht“! Die Kapuzinade war ein Wort zu feiner Zeit, und einer Legion praktiſcher Bienenzüchter aus der Seele geſchrieben. 38 Wie bei dem Hans die lieben Bienen bauen. Jedoch dein Auge, Lieschen, ſich gewöhne, Zu mißfen hier der Formen Zier und Schöne; Was wahrhaft noth iſt nur und nützet, wirſt du finden, Und wie das Alte ſich mit Neuem ſoll verbinden, Nicht aber Spielerei, die nur vergnüget; Denn Hans iſt Bienen-Wirth nicht Bienen-Herr, Der Wirth die eigne Taſche nicht beluͤget, Den Herrn härmt nicht das Minus oder Mehr. Der Wirth hat feine Häuſer nicht gebaut zum Prahlen, Die Gäſte und die Miether müfjen baar bezahlen. Die Herren mögen in Pallaͤſten ſchalten, Und ihren Gäſten offne Tafel halten. Doch wie es Lieschen, in der Welt ſo pflegt zu gehen: Die Wirthe immer länger als die Herren ſtehen. Wie's jetzt in jedem Stand' viel Jammer bringt auf Erden, So macht es auch der lieben Bienenzucht Beſchwerden, Daß gar ſo viele Herrn und wenig Wirthe werden. Ich ſagte Dir's, damit Dich's etwa wundert nicht, Wenn es bei Hans an Augenweide Dir gebricht. Den alten Freund, den Kurt uns lehrte lieben: Das lange hohle Klotz ſiehſt Du dort drüben. Auch hier verehrt man ſeine ſichre Treue, Und hält den alten Urſtock lieb und werth. Wer ihn verſtößt, dem kommt zu ſpät die Reue, Wo den Verbannten er zurück begehrt. Nicht weiſe iſt es, brauſeköpfig maſſakriren Das Alte treu bewährt und wohl gekannt; Denn bei dem rechten Fortſchritt darf man Nichts verlieren: Mit Weile eilt zum Neuen der Verſtand. Vom Honigklotz läßt ſich im Gleichniß jagen: „Es iſt ein guter Eſel im Ertragen.“ Wie Du ihn nutzend immer auch willſt plagen Durch Trommeln, Wandelung und ſcharfes Schneiden: Der gute Eſel kann dies Alles leiden. Aus ihm hebt ſich der Hans die Kontingente aus, Mit ihnen zu bevölkern Dzierzons-Vienenhaus. 39 Die Kaſten ſind's —; hier kannſt Du, Lieschen, ſehen Des großen Meiſters neue Schöpfung ſtehen. Der Name „Dzierzon“ iſt gefeiert weltbekannt: Weil die Natur durch Kunſt er hat bezwungen, Und erſt durch ihn des Menſchen Wille und Verſtand Der Willkühr hat die Herrſchaft abgerungen. Ich öffne Dir die Kaſten, — ſelber nachzuſchauen, Wie Stäbchen ſich dem Roſte gleich zu Stäbchen fuͤgen, Und wie die Bienen nach gegebner Leitung bauen Bald Tafel hinter Tafel her in langen Zügen. Du nimmſt die Scheiben hier wie Kleider aus dem Schranken; Daß Du es wirklich kannſt, dies magſt Du Dzierzon danken. Das Bienen-Volk muß ſich nach Deinem Sinn bequemen, Und kannſt, was nöthig iſt, ihm geben und entnehmen. Und wo und was Du nimmſt, der Bau bekommt kein Loch, Geſchloſſen ſchicklich ſiehſt Du Scheib' an Scheibe noch. Jedoch in Einem hat die Kunſt gefehlt, Wie's die Erfahrung uns als Irrthum nun gelehret, Daß Oben man den Honigraum gewählt; Denn er die Wärme und den Labetrunk entleeret Dem Bienenvolke in des Winters böſen Tagen, Um ſie mit Durſt und Kälte jämmerlich zu plagen. Gar klüglich meinten wir's zu thun mit Stroh, Ob auch die Biene heult ihr lautes: „Oh“! Wir haben allzumal faſt wunderlich geirret, Die hohe große Kunſt hat uns den Sinn verwirret. Das wußten wir ja ſelber ſchon als Knaben, Daß es recht dumm iſt, — Stroh im Kopf zu haben. Wenn die Erkenntniß auch in unſerm Hans noch ſchlief, So baute ſein Inſtinkt doch alle Kaſten tief, Nicht hoch, mit zwei Etagen drin von gleicher Höhe; Ihm bracht' das neue Licht kein Aendern und kein Wehe. Er läßt im Haupt den ganzen vollen Raum den Bienen, Um in dem hintern Ort den Honig zu gewinnen. i Und weil der Hans mit dieſen Völkern zieht zur Haide, Siehſt Gitter Du an jedes Kaftens einer Thür, Daß, wandernd, friſche Kühlung die Erhitzung meide, 40 Und nicht verſchmachten darf das kleine Honigthier. Gar viel und Großes hat der Dzierzon uns gegeben; Doch darf's die Nüchternheit ſich nicht verſchweigen, Daß in dem Kunſtſtock ſei auch ein erkünſtelt' Leben, Dem man die größ're Sorgfalt muß erzeigen. Vom Korb' und Klotz fehlt ihm der Wölbung Waͤrme, Der dicke Bau, der oft dem Werkſtück gleicht, Die ſtarken Wäll' und Kammern, wo die Schwaͤrme Des Winters Grauſen überwinden leicht. Doch darf der Zweifel uns nicht überkommen, Den Dzierzon darum minder hoch zu ſchaͤtzen; Denn was die Kunſt uns an Natur genommen, Das muß durch neue Künfte man erſetzen. Willſt wohl und ſicher Du Dich mit dem Kunſt— ſtock ſtehen, Mußt Du mit Fleiß auf dicke, warme Wände ſehen. Drum iſt's dem Hans auch in den Sinn gekommen, Dem lieben Bienenvolk zu Nutz und Frommen, Auf einem feſten Fuß vom Stein genommen Zu bauen ſich aus Stroh und Lehm Kapellen, Im Innen-Raum als Sechs- und Neuner-⸗Zellen, Und fußdick ihrer Außen-Waͤnde Stärke, Damit das Honig-Völklein hier nichts merke Von heißer Gluth in traͤgen Sommertagen, Und niemals fühle hart des Winters Plagen. Doch innen kannſt Du hier die gleiche Weiſe ſehen, Wie wir ſie bei den Kaſten lernten dort verſtehen. Nur wenig erſt iſt dieſer neue Stock gekannt, Nicht vorſchnell ein Gerechter tadelnd ihn verbannt. Bis ſelbſt die Prob' er nicht gemacht, ſollt' Jeder denken, Sei der Erfahrung wohl der Glaube noch zu ſchenken. Sie lehrt es feſt: In keinem Stock haſt Du den Schwarm, Als hier im Lehm ſo rüſtig, trocken, rein und warm. Wir wollen's aber doch nicht miſſen, Von unſerm Hans nun auch zu wiſſen: Wie er mit ſeinen Bienen-Völkern hält hier Haus Willſt Du damit nach der Methode fragen, 41 In kurzem Wort’ laͤßt ſich die Antwort fagen: „Zwei Drittel iſt er Kurt, Ein Drittel iſt er Klaus.“ Doch, liebes Lieschen, dies nicht fälſchlich ſo verſtehe, Als ob die Zucht hier noch nach alter Weiſe gehe. Die Worte wollen nur die Lehre deuten: „Mit kluger Vorſicht ſoll' man vorwärts ſchreiten;“ Daß leichte Flüchtigfeit dem Schwärmer ſchade nicht, Hängt ſich der Zeidler an als zwiefach ſchwer Gewicht. Soll's mit der Bienenzucht gewißlich Dir gelingen, Dann mußt Du auf ſolidem Grunde weiter dringen. „Zwei Völker Dir als Zeidelſtöcke überwachen, „Das dritte kannſt Du Dir dann ſelbſt zum Schwärmer machen.“ Die Leichtigkeit, mit der ein Dzierzon Völker macht, Hat manchen Feuerkopf in großes Leid gebracht, Weil er den Einen Umſtand hatte nicht bedacht: Daß da, wo Hunderte auch nur ein Scherflein zinſen, Sich dennoch mächtig ſummt die Zahl der neuen Muͤnzen. Das erſte Zehnertauſend zu verdienen, Iſt ſchwer, ſehr ſchwer, und heiſchet manchen ſauren Schweiß; Das zweite hilft im Spaß ſich ſelbſt gewinnen, Wenn Witz und Wirthlichkeit es anzuſtellen weiß. — Biſt Du als Wirth der Bienen nun zum Ziel gekommen, Wie hoch die Zahl im Plan Dir hatteſt vorgenommen, Dann ſei des Reichs Vermehrer mit dem dritten Theil, Die beiden andern aber zeidle Dir zum Heil: Doch fehlen darf dem Zeidelſtock nicht Dein Behüten, Denn mancher freie Schwarm wird ſich von ſelbſt Dir bieten. Was Du nicht hindern kannſt als kluger Zeidelmann, Das nimm, wie Schwärmer thun, als gute Priſe an. Doch wenn im Herbſt die Bienen nutzbar nicht mehr fliegen, Weil des Ertrages Quellen in der Flur verſiegen, — Iſt prüfend bei Dir weiſer Rath zu pflegen: Was Du als Winter-Völker müſſeſt hegen, Und was Du willſt als leicht und altersſchwach kaſſiren, Um eine gute Rente Dir zu profitiren. Und wenn bis auf den Stamm du ſichteſt ſo das Heer, 42 Nimm für die Zehner-Notte den Reſerve-Mann, Daß leifte er für den, der ſterbend fällt, Gewähr, Und ungeſchwächt die Macht im Lenz zu Felde kann. So, Lieschen, meint der Hans, am Beſten ſich's befindet, Wenn man mit Schwärmerei das Zeidelthum verbindet. — So iſt's auch recht und wohlgethan im Menſchenleben, Daß ſich das Schwärmen mit dem Zeidelthume eine. Damit im Staub' der Menſch ſich nicht als Menſch verneine, Muß ihn des Geiſtes hoher Flug nach Oben heben. Der frohen Jugend hoffnungsreichen Frühlings-Morgen Darf nicht vergiften ſchon des Mammons ernſtes Sorgen. Für Ideale ſoll der heitre Jüngling ſchwärmen, Am Idealen noch des Mannes Herz ſich wärmen. Pfui, häßlich iſt des Buben Spekulation, Der trüglich feilſcht und ſchachert auf der Schulbank ſchon, Und der, wenn Andre ein'n Groſchen ihm verleihen, Sich freudig läßt den Rücken weidlich dafür bläuen. Der niederträcht'ge Sinn hat nur ein Einz'ges Lieben Für kalte Königsbilder auf Metall geſchrieben; Und ſeines nimmerſatten Herzens heiße Flammen Sie ſchlagen über Zahlen und Gewicht zuſammen. Die Welt iſt ihm nur eine große Dampfmaſchine, Für ihn juſt aufgeſtellt, daß er durch ſie gewinne; Den Menſchen zählt und ſchätzet er nach Arbeitskräften, Er ſelber aber wacht und träumt nur in Geſchäften. So lebt er hin das Leben einer emſ'gen Made, Die für ſich ſelbſt nur dick und fett ſich frißt, Und ungeliebt, wie er gelebt, er ſtirbt; nicht Schade Sein Tod der Welt dünkt, die ihn ſchnell vergißt. Soll darum Dir das Zeidelthum ein Fluch nicht werden, Mach' nimmer Deinen Geiſt zum Knechte dieſer Erden. Doch fleug auch wieder nicht ſo hoch mit Deinem Haupt In's ungemeſſne Reich der luft'gen Phantaſieen, Daß es der ird'ſchen Ordnung ſich entbunden glaubt, Und ſich entſchlaͤget des Berufes ſauren Mühen. Zu ſtutzen der Gedanken fluͤcht'ge Adler-Schwingen, Geziemt dem weiſen Mann durch ernſte Wirklichkeit. 43 Den ird'ſchen Stoff hier menſchlich-goͤttlich zu bezwingen, Darf er ein Gott ſich träumen nur in dieſer Zeit. Am Schönſten ſich das Zeidelthum mit Schwärmen bindet, Wo im gemeinſten Werk ſich Geiſt von Oben findet, Und wo, obſchon die Hand im Schmutz der Erde wühlet, Das Herz nach Oben ſchlägt und irdiſch — himmliſch fuͤhlet. Dem ſicherlich, mein Lieschen, Schwärmen ſchadet nicht, Wer ſich für dieſes kalte, arme Erdenleben Aus Idealen reichlich nimmt, was ihm gebricht, Der Alltags-Laſt das Feuer und den Geiſt zu geben. So, trautes Lieschen mein, am Beſten ſich's befindet, Wenn man mit Zeidelthum das Schwaͤrmen noch verbindet. §. 20. Natürliche oder freiwillige Schwärme und ihre Behandlung. (Natürliche Ehen.) Wenn für des rauhen Winters lange Ruhetage Du reichen Vorrath Deinem Bienen- Volk geſpendet, Und warm es haſt behütet vor des Froſtes Plage, Und auch im Lenz nicht Deine Sorgfalt ſich gewendet; Dann quillt und wimmelt es von tauſendfachem Leben, Es drängt ſich Volk zum Volke in den hohlen Gaſſen. Die Drohne ſummt, ein erſtes Zeichen Dir zu geben, Daß bald nicht mehr das Haus die Kinder drin wird faflen. O, ſieh' wie träge jetzt in heißer Mittagsſtunde Sich dort die Biene zu der Biene ſchaart, Sich feſt verſchlingend an der Beute breitem Munde, Und hängend gleicht dem langen, ſchwarzen Bart. Doch trüglich iſt für's Schwärmen oftmals noch dies Zeichen. Den beſſern Schluß lehrt Dich der Abend und der Morgen; Siehſt Du auch dann den ſchwarzen Bart vom Mund nicht weichen Magſt Du ein neues Haus Dir für den Schwarm beforgen. Noch ſichrer aber ſind die Gründe Deinem Hoffen, Haſt Du das Volk bei Weiſelzellen ſchon betroffen. Jetzt bitte, daß nicht Sonnenbrand und Dürre kommen, Die Fluren und das Vieh mit Gluth und Durſt zu quälen; 44 Das Volk zerſtört in Schnelle ſonſt die Weiſelzellen, Und der gehoffte Schwarm wird dennoch Dir genommen. Doch nein, nicht iſt's geſchehn, was zweifelnd wir bewegt. Des Glaubens ledig, in des Herzens bangem Sorgen. Ein ſanfter Weſt herbei die ſchatt'ge Wolke trägt, Es brütet feuchte Schwule ſchon der nächſte Morgen, Und ſonn'ge Schleier decken glitzernd Thal und Hügel. Sieh, ſieh, was regt ſich dort im ſummend luſt'gen Spiele, Was ſteigt dort hoch hinauf mit tauſendfachem Flügel? Er iſt's, er iſt's der Schwarm! Die Sehnſucht iſt am Ziele. Gleichwie des Schwanes Ruder dort die Kreiſe ſchreibet Mit ernſtem Zuge in des Weihers ſtillen Raum: So ſich der Schwarm in luft'gen Ringen wirbelnd treibet, Bis er geſammelt endlich hängt an jenem Baum. Nicht fürchte Dich, mein Lieschen, komm' geſchwind, Zu ſehn des Mutterſtockes Erſtlingskind. Als Vorſchwarm hat er ſich die Mutter mitgenommen Die alte, wohl erfahrne ſchon im Eierlegen. Die Völker, die in Balde drauf als Nachſchwarm kommen, Erfreut noch nicht der Königinnen Mutterſegen. Denn jungfräulich, wie's Fürſtentöchtern auch gebühret Ein dicker Drohnen-Prinz fie erſt zur Trauung führet. Doch wie es pflegt bei ſolcher Hochzeit herzugehen, Wirſt beſſer, liebes Lieschen, ſpäter Du verſtehen. — Jetzt wollen wir vereint den prächt'gen Vorſchwarm fangen, Der in Erwartung dort ein Weilchen ſchon gehangen. Ich klopf' den Aſt mit ſtarkem Ruck, — du hältft das Sieb Und: „Ruck“! da iſt er drin mit einem einz'gen Hieb. Nun laß den Deckel uns von Pappe d'rüͤber ſchieben, Mit würz'gem Kraut gefliſſentlich wohl eingerieben, Doch ſo, daß Handbreit mag die lichte Oeffnung bleiben Als Zugang, lockend in des Siebes dunklern Raum Die Bienen, die noch irrend in der Luft ſich treiben, Bis ſich gefunden All' im Siebe unter'm Baum. Wir warten nun vergnüglich, Lieschen, noch ein wenig, Um prüfend auf die guten Buͤrger hinzuſchauen, Ob ihre Ruhe ſpricht: „Wir brauchen keinen König!“ 45 (Weil fie ſchon einen haben, dem ſie fefte trauen.) O, ſieh', wie ſich's als Klumpen hier am Deckel draͤnget, Die ganze Bürgerſchaft um ihren König hänget! Jetzt führen wir das Völklein in ein wirthlich' Haus, Suͤß parfümiret mit Meliſſen's Wohlgeruch, Ihm's ſo gar wohlgefällt, und zieht nicht wieder aus; Wie's lehret uns der Bienen-Väter alter Spruch. Gar leicht iſt mit dem Schwarm am Deckel das Beginnen, Du krümmſt die Pappe Dir zu einer flachen Rinnen, Und bringſt mit einem ein'gen Schub das Völkchen ein, Um ſo bei wenig Muͤhe Dich des Schwarm's zu freu'n. Und als Willkommen magſt ein Mahl Du ihm bereiten, Zu wiederholen ihm in dürren Hungerzeiten, Daß nicht bei Armuth, Fleiß und Kräfte läſſig ſäumen, Und mehre ſich ſchon früh der Segen in den Räumen. — Sieh' Lieschen einen neuen Schwarm ſchon wieder ſchaukeln Dort drüben an des Haſelſtrauches ſchlanken Zweigen! Doch halt! — Was iſt's, — daß ſuchend viele Bienen gaukeln Hier unten auf dem Raſen, und nicht aufwärts ſteigen? O, weh’, o, weh, mein Kind, ſo hat ſich's müſſen ſchicken, Da liegt die alte Mutter zappelnd auf dem Ruͤcken! Der Flügellahmen iſt im Flug ein Fall geſchehen, Und hier die Treuſten hilfreich ihr zur Seite gehen. Wir bergen fie in's Weifelhäuschen ein, und bringen Die Mutter in den Schwarm, der dort verlaſſen hängt: So wird, wie's andre Mal uns Alles wohl gelingen, Denn die Zerſtreuung bald zur Traube feſt ſich drängt. Doch immer, liebes Lieschen, wird's uns ſo nicht glücken, Wenn Völker mutterlos aus dem Quartiere rücken. Was ſoll dann aber mit dem armen Schwarm geſchehen, Wenn es vergeblich iſt, die Mutter zu eripähen? Iſt er ein Schwächling nur, nicht würdig nnfrer Mühen, Wir laſſen ihn getroſt nach Hauſe wieder ziehen. Ein ſtarkes Heer jedoch, — das nehmen wir gefangen, Ihm ſtellend eiervolle Brut mit Maden ein, Das Flugloch wird vergittert, ſchattig noch verhangen, Daß kühl und finſter drinnen alle Räume ſei'n. 46 Und erſt nach vollen vier und zwanzig Stunden Wird der Gefangne feiner Haft entbunden. Haſt Du vielleicht ſchon reife Weiſelzellen, So iſt's jetzt Zeit, ihm eine einzuſtellen Noch beſſer aber könnteſt Du den Schwarm verſorgen Mit einer Fürſtin jung im Häuschen noch geborgen. Wenn, Lieschen, Bienen-Völker uns als Nachſchwarmkommen, Dann iſt's Gebot: „Es werd' der Mühe mehr genommen!“ Denn viele Königstöchter oft die Schwärme zählen, Drum gilt's, die rechte für die Nation zu wählen. Denn, um die Monarchie nicht ſchädlich zu verwirren Durch Streiten nachgebor'ner Prätendenten Sie ſtets die Erſtgebor'ne ſich zur Fürſtin küren, Um ſo durch feſte Wahl die Ordnung zu vollenden. Doch für der Kronprinzeſſin Erſtgeburts-Gerüche Läßt unſre Naſe uns ganz ſicherlich im Stiche. D'rum kerkern wir ſie All' in Weiſelhäuschen ein, Und warten, wem die Maſſen dann ihr „Hurrah“ ſchrei'n. Die iſt's um die das frohe Volk ſich ſammelnd dränget, Sie iſt's, an der es nun mit ew'ger Treue haͤnget. — In jedes Haus, wo Du den Nachſchwarm willſt quartieren, Stell' lebensvolle Brut und auch noch Eier ein, Die Mutterſorge läßt ihn dann nicht deſertiren, Vor Weiſelloſigkeit darfſt Du auch ſichrer ſein. Wenn's thunlich Dir, ſtell' jeden Nachſchwarm einzeln hin, Daß nicht verfliege ſich die junge Königin. Am Pavillon dem vielbeſetzten gieb ein Zeichen Dem neuen Flugloch, — kenntlich ſchon von weiter Fernen, An ihm die Königin den Flug mag ſinnend lernen, Das rechte Thor in Wiederkehr auch zu erreichen. Laß fehlen nicht dem Nachſchwarm Deiner Aufſicht Muͤhe, Den Schwachen ſtärk' durch Brut, und mit Bedacht auch ſiehe, Ob fruchtbar ſich das Land mit vielen Eiern weiſet, Wo nicht, dann hat der Fürſtin Tod den Staat verwaifet, Dann eile, neue friſche Brut ihm einzuſtellen, Noch ſchneller hilfſt Du ihm mit reifen Weiſelzellen; Doch freudiger das Volk in den Verluſt ſich faßt 47 Wenn Du noch eine ledige Prinzeſſin haft. Drum laß die Apanagen Dich nicht etwa reuen, Die Königlichen Töchter nährend zu erhalten: Sie können ja ein Volk als Mutter noch erfreuen, Und, o, wie Schade iſt's, — als Jungfrau zu erkalten! — Dem Mutterſtocke, Lieschen, gleicht das Vaterhaus: Den holden Mai der jugendfriſchen Gattenliebe Erfreut ſo mancher fröhliche Gevatterſchmaus, Wo ſtill der Küſter denkt: Wenn's immer nur ſo bliebe! Und wie im Bienen-Korb ſich reihet Zell' an Zelle, So wird die Kinderſtube eine Wiegenquelle, Und theurer wird dem Mann' die Pflicht, er kauft die Stunden Mit ernſter Arbeit aus; es wächſt der Mutter Sorgen; Die Liebe hat ein ſchoͤnes heil'ges Ziel gefunden, Und Hoffnung ſtählt die Kraft mit jedem jungen Morgen. Und ſieh' es dehnt und ſtreckt ſich Jahr um Jahr Zum Jüngling und zur Jungfrau auf die kleine Schaar! Schon längſt bedachte ſorglich Muͤtterchen im Stillen, Die Truhen und den Schrein mit Gütern anzufüllen: Drinn ruhet ſchon des ſchnee'gen Linnens echte Schwere, Das blanke Tiſchgeräth, des Zwirnes Ball, die Scheere, Und blühend hier die Kiſſen weiche Daunen ſchwellen, Und zahllos ſiehſt du dort den weißen Strumpf entquellen. Auch harte Seife hat lieb Mütterchen geſparet, Dazu manch' Goldſtück zu dem Silberling geſchaaret; Doch wer ſagt uns das Mancherlei der Mitgift an, Die ſolch ein Mutterherz erſonnen und geſammelt: Willkomm'ne Gaben einſt dem wackern Tochtermann, Dem ihr erröthend Kind ein ſelig Ja geſtammelt. — Und wenn aus ihrem Knaben ſich der Mann gerungen, Ein Mann geſetzten Sinn's, der ſeine Kraft gemeſſen Am harten Schickſal, dem er muthig abgedrungen Des freien Bürgers Ehrenplatz; o, nicht vergeſſen Hat Mütterchen den theuren Sohn in ihrem Sorgen: In Kammern und in Kaſten lieget ſchon geborgen Des guten Hausraths bunte Sammlung, wohl zu nützen, Der neuen Wirthſchaft ſchweren Anfang ihm zu ſtützen. 48 Hat ſich die Zeit erfüllt im Wechſel flücht'ger Stunden, Wird einſam, Lieschen, allgemach das Vaterhaus: Wie Bienen-Schwaͤrme ziehen Sohn und Tochter aus, Wenn fie den König, — er die Königin gefunden. — So zieht denn hin, im eignen Haus euch anzubauen, Bewahrend treu des Mutterſtockes Sinn und Leben, Und was ihr immer Neues baut fügt's voll Vertrauen Dem ſichern guten Anfang an, euch mitgegeben. Verjüngt in euch des Vaterhauſes alte Weiſe, Von oben ſei's gewährt, euch hochbeglückten Gatten: Auf einer ungetrübten, langen Lebensreiſe Viel neue Schwärme für die Nachwelt auszuſtatten! So, Lieschen, aus dem guten Mutterſtocke gehen Als Schwärme recht naturgemäß die beſten Ehen. — ©, Zt, Künſtliche Schwärme und Ableger. Weil, Lieschen, die Natur mit ihren feſten Wegen Sich nicht in unf!re Zeit und Wünſche mag bequemen, So muͤſſen wir durch Kunſt uns in das Mittel legen, Um mit Gewalt die Schwärme ſelber uns zu nehmen. Doch von der ſchönen Künfte vielen, vielen Weiſen, Dir gute Schwärme ſicher zu gewinnen, Den Vorzug jene ſcheinen zu verdienen, Wo Dir's nicht nöthig iſt, — mit Bienen erſt zu reiſen; Denn laͤſtig iſt's, nicht thunlich Jedem, wie bekannt, Zu halten noch auf einen zweiten Vienenſtand. Nicht leugnen mögen wir, daß beſſer wird gelingen Durch Wechſel und durch Tauſch, viel Schweres zu bezwingen. Du, Lieschen, ſollſt die Zucht nur hier im Garten treiben, Und heimiſch wird an mir der treue Freund Dir bleiben. Doch nicht gar viele Weiſen will ich Dich jetzt lehren, Wie wir auf unſerm Stand' die Schwärme mögen mehren; Denn Dir dem klugen Kinde darf ich Glauben ſchenken, Daß Dir's nicht Noth iſt, kleinlich Alles vorzudenken, Und kennſt Du inniglich des Bienenvolk's Natur, 49 Dann findet Du für jede Kunſt die rechte Spur; Und ein geweckter Geiſt es mag auch nicht verdauen, Was ihm der Andre will als breiten Brei vorkauen. Ruf' Dir zuruck, daß eigne Schuld Dich nicht verklagt, Was Hans uns als der Vorſicht Regel einſt geſagt: „Des Reich's Vermehrer ſei nur mit dem dritten Theil, „Die beiden andern aber zeidle Dir zum Heil!! Um Schwärme künſtlich mehrend, vortheilhaft zu ſchalten, Mußt Völker einfach auch als Einzeln-Stöcke halten. Auf dieſe werd' im Herbſte fhon Bedacht genommen, Daß ſtark und honigreich ſie aus dem Winter kommen; Und auch im frühen Lenze wärmend ſie noch hege, Vor Allen ſie mit Deiner ganzen Sorgfalt pflege. Wenn nun den Apfelbaum die duft'gen Roſen ſchmücken, Vom Felde weit herein des Rapſes Kronen nicken, Und brutvoll ſtrotzt die Bienen-Stadt auf allen Gaſſen: Dann dürfen wir getroft den erſten Schwarm ſchon faſſen. Wir nehmen hier das Klotz mit langgeſtreckten Scheiben, Um einen Triebling, wie man's nennt, uns abzutreiben; Doch ehe wir der Beute Fuß nach Oben ſtellen, Laß ſorgſam uns vom Staub ſie ſäubern und Gemülle, Daß aufgerichtet nicht des untern Hauptes Zellen Des obern Fußes Unrath widerlich erfülle. So recht, mein liebes Kind, nun ſteht das Klotz, geneiget Ein wenig, lehnend hier am ſtarken Apfelbaum; Der Bau ſo ſichrer ruht, und auch die Biene ſteiget Bequemer in des leeren Fußes finſtern Raum. Das Haupt jetzt öffnen wir, und dampfen mächt'gen Rauch In des Gebäudes lange, völkerreiche Gaſſen, Und wie der Tambour trommelnd ſchreitet durch die Straßen, So trommeln wir das Klotz mit hartem Schlägel auch. Wie aber bald ſich nach des Trommlers lauten Klängen Zum Knaul mit Neugier Alt und Jung zufammendrängen: So auch das Bienenvolk aus allen Gaſſen läuft, Und auf dem leeren Markt im obern Fuß ſich häuft. Wir eilen nicht, — zu früh den finſtern Raum zu lichten Und dampfen, trommeln mit Geduld noch fort die Beute; 4 50 Denn mit der erſten Ueberraſchung wir verrichten Das Werk am beſten: Bienen ſind wie andre Leute, Sie werden wie ein hartgeplagter Karren-Gaul Durch wiederholtes Peitſchen leichtlich ſchlägefaul. — Horch, horch, mein Lieschen, wie es Oben dröhnend ſummt, Und wie hier unten in den völkerleeren Gaſſen Der Züge Brauſen immer mehr und mehr verſtummt! — Nun dürfen wir das Trommeln und das Dampfen laſſen! — Stell' auf dem Schemel jetzt das Sieb mir neben an, Und reiche auch die Kelle dar! Bald iſt's gethan; Hab' Acht, nun öffne ich des Fußes finſtre Höhle; Sieh', wie es wühlt und woget dorten Well' an Welle! Ich ſchöpfe jetzt, vielleicht mit beſſerem Gelingen, — Wie das der Danaiden, — Bienen in das Sieb; Es kann nicht fehlen uns ein glückliches Vollbringen, Wenn Schreck und Rauch die Königin nach Oben trieb. Ich ſchöpfe weiter, weiter; Lieschen, hilf mir ſehen, Ob wir die Mutter hier noch nicht im Sieb’ eripähen; Und wieder laſſen wir die hohle Kelle ſteigen Hinauf zur ſchwarzen Wolke maſſenhafter Bienen; Es wird doch endlich ſich dem frohen Blicke zeigen Der Fürſtin Huld, — mit ihr den Preis uns zu gewinnen; Gelungen iſt's, — o, ſieh', in dieſer Kelle Wucht Liegt uns der Schatz geborgen, lange ſchon gefucht! Behutſam ſchließen wir ſie in das Häuschen ein, Geſellen wärmend ihr noch treues Volk hinzu, Und ſchöpfen weiter fort, nicht gönnend uns die Ruh', Bis ſtark genug im Sieb der Schwarm uns dünkt zu ſein; Und nach der Weiſe, Lieschen, die wir längſt ſchon wiſſen, Sind wir Quartier zu geben, baldigſt ihm befliſſen; Mit Wachs wohl ausgeftattet wir genau ihn ſtellen An ſeines Mutterſtockes Ort; für dieſen wählen Den Wechſel wir mit einem Volk von mächt'gem Fluge, Daß er bereichre ſich in klüglichem Betruge. Doch daß der Tauſch uns ſchade nicht, laß' uns bedenken, Wie wir der Tage ſechs auch acht wohl tränken Mit Honigwaſſer Völker in verſetzten Beuten, * 51 Mit Klugheit ſie bewahrend ſo vor durſt'gen Zeiten. Die Vorſicht laß' auf Deinem Stand' zu Gute kommen Jedwedem Stock, den Du dem alten Ort entnommen. Um Wohnungen zu ruͤſten nutze Deine Zeit, Bis mit dem Nachſchwarm Dich der Mutterſtock erfreut. Dann magſt Du ſo viel neue Kolonieen gründen, Wie viel der Königstöchter ſich im Schwarme finden. Du hängſt den Völkern lebensvolle Tafeln ein Mit Brut, entſchlüpfend ſchon den läſt'gen Wiegen; Giebſt junge Bienen zu, doch ſüß beſprengt ſie ſei'n, Und wohl gedampft mit Rauch, daß feindlich ſie nicht kriegen. Der Tage drei auch vier die Fürftin bleib? gefangen, Bis alle Bürger feſt verſöhnet an ihr hangen. — Wie man mit einem Nachſchwarm weiter ſoll verfahren, Das haſt Du, liebes Lieschen, früher ſchon erfahren. — Jetzt, Lieschen ſehen wir, wie man bei Glockenkörben Um einen neuen Schwarm mit wenig Müh' kann werben. Zwei Glockenkörbe wir zur Kugel umgeſtalten: „Dem umgewandten Vollen den Leeren aufgeſtellt.“ Wenn wir ſie feſtiglich nun ſo zuſammenhalten, Den untern trommelnd rauchern, dann ſich leicht geſellt Zum Schwarme, der dem Bau entſteigt, die Königin. Wir tragen aber hier den Mutterſtock nicht fort, Wir ſtellen ihn vielmehr die Halbſcheid haltend hin, Daß mit dem Schwarm' er theile ſeinen alten Ort. So kann's ja, Lieschen, wirſt es ſelbſt verſtehen, Mit einer Einzeln-Beute gleichfalls auch geſchehen. — Das Werk, wie man Vermehrung ſchafft durch Weiſelzellen, Sich mit dem Dzierzon-Stocke leichtlich laßt beſtellen: Wir führen aus dem Volk die Fuͤrſtin uns heraus, Und bringen ſorglich ſie zur Haft in's Weiſelhaus. Das Heer wir werben uns aus andern Bienenſtaaten, Und laſſen den Verwaiſten ungeſchwaͤcht dort ſtehen: (So wirbt und preßt man auch in England die Soldaten, Und läßt als Schwärme ſie zu blut'gen Kriegen gehen.) Um die Armee aus jungem Volk zu rekrutiren, Geſchieht die Werbung in des Tages mittlern Stunden, 4% 52 Wo alle Alten zur Fourage ausmarſchiren, Die fpionirend fie in Wald und Feld gefunden. Wir öffnen uns der Städte völkerreiche Gaſſen, Und kehren der gefang'nen Fürſtin Mannſchaft zu; Doch daß ſie nicht mit Meutereien ſich befaſſen, Erſchrecke ſie der Rauch, — zu beugen ſich in Ruh'. Recht mächtig ſei das Heer, weil von gepreßten Leuten, Wie uns es lehret die Geſchichte aller Zeiten, Der Mutterſöhnchen viele wieder ſich verlieren, Und manchen Bienen gleich aus Heimweh deſertiren. Wie wir dem Volk nun geben gute Garniſon, Nicht fagen darf ich Dir's, denn Lieschen weiß es ſchon. Den andern Morgen mag es ziehen ſeine Straßen, Den dritten auch die Fürſtin aus der Haft wir laſſen. — Indeſſen der verwaiſte, mutterloſe Staat Auf Anzucht neuer Herrſcher ſich gerüſtet hat, Man ſieht ſich wölben ſchon die runden Weiſelwiegen, Und drinnen hoffnungsvoll die Fürſtenkinder liegen. Wir laͤſſen bis zum neunten Tag ſie ſtill erziehen, Und vorbereitend wir am achten ſchon begründen Aus bienenreichen Tafeln kleine Kolonieen Mit jungem Volk vermehrt, wo wir es immer finden, Doch finſter eingekerkert all' und ſchattig kuͤh': Sie ſollen trauernd über Nacht erſt kennen lernen Der mutterloſen Waiſen banges Wehgefühl, Weil ſonſt zerſtörend ſie in jäher Haft entfernen Die Weiſelzellen früher ihnen beigegeben. Erſt in des nächſten Tages ſpätern Mittagsſtunden Wir aus dem Mutterſtock' die Weiſelwiegen heben Mit völkervollen Tafeln reichlich noch verbunden, Und theilen ſie den jungen Kolonieen zu, Den Rauch nicht ſparend, dampfend friedlich fie zur Ruh'. Die Völkchen haben wir als Nachſchwarm zu betrachten. Und hier mit Fleiß zu thun, was dort war zu beachten. Doch wird es von der Fürſtin ſich von ſelbſt verſtehen, Die hier als Eingeborne hat das Licht geſehen, Daß ſie wie andre nicht darf in den Kerker gehen. 53 Wir brechen, liebes Lieschen, ab mit unſern Lehren, Wie man der Schwärme Zahl ſich künſtlich könne mehren. Sie alle aber haben wir erſt gut geborgen, Wenn wir mit einer Honigtafel fie verſorgen. — Wer ſich auf dem gegebnen Grund nun feſt begruͤndet, Der dann von ſelbſt die Kraft zum weitern Ausbau findet. — Erkünſtelte Ehen als verfehlte Kunſtſchwärme. Wir müſſen hoch, mein Lieschen, jede Kunſt verehren, Wenn ſie den rohen Stoff in edle Formen wandelt, Wenn ſie erfinderiſch und dichtend uns will lehren, Wie die Natur als dienſtbar Mittel man behandelt: Der Ford'rung des Gedankens die Geſtalt zu geben Als Nutzen, Freude und Vergeiſtigung für's Leben, Jedoch die Kunſt beherrſcht nur ſicher die Natur, Indem fie ihr gehorcht, verfolgend ihre Spur: Und nie hat je die Kunſt verderblicher geirrt, Als wenn in blinder Willkühr Werke ſie erfunden, In denen die Natur zum Zerrbild ſich verwirrt, Und wenn ſie Widerſtrebendes in Eins gebunden. Wer zählt in dieſer Welt das tauſendfache Wehe, Was frevelnd an den ew'gen, heiligen Geſetzen, Die Kunſt als Unnatur verſchuldet an der Ehe: Die Hölle in des Himmels Urbild einzuſetzen, Wo traulich in der Liebe, der geheimnißvollen, Zwei Seelen nur als Eins ſich immer fühlen follen. Die Politik hat Herzen wohl zuerſt gebunden, Die nimmer hätten ſich in freier Wahl gefunden: Zwei Pole, die in Ewigkeit ſich eiſig fliehen, Und doch des Erdball's Axe beide müſſen ziehen. „Ein Opfer für des Staates Wohlfahrt“, — hört man ſagen, „Ein König darf, wie Buͤrger nicht, nach Liebe frei'n“! Doch die geſunde Weisheit muß es laut beklagen: Wenn ſeinem Volk der Fürſt nicht Vorbild mehr darf ſein. Die Königin, vielleicht die edelſte der Frauen, Fühlt einſam ſich, vergeſſen unter Millionen, Dem angetrauteu Herzen darf ſie Nichts vertrauen, 54 Als Reichſte doch jo arm bei Diadem und Kronen. Des Weibes Recht, der Seele Qual ſich auszuweinen, Hat jene Fürſtin nicht, — fie darf nur glücklich ſcheinen, Und muß, wenn froſtig der Gemahl die Hand ihr reicht An hohen Galatagen vor des Hofes Schranzen, Ob auch das Herz ihr bricht, der Sinn ihr faſt entweicht, Mit heiterm Sonnenglanz im Angeſicht noch tanzen. Wo nur des Herrſchers Hand der Königin gehört Im Zwang der Politik, — ſich's leicht der Fürſt verzeiht, Wenn er die Sünde wie ein Menſchenrecht begehrt: Und fleiſchlich ſich in ſträflicher Verbindung freut. Dem ſchweren Tropfen gleich, der aus der Höhe faͤllt, Zerlöchert hohes, boͤſes Beiſpiel ſchnell die Zucht, Die Laſter werden liebenswürdig, und man hält, Wenn Geiſt und Feinheit nur ſie zu verdecken ſucht, Sich für entſchuldigt; — Plumpheit gilt allein für Schande. So lockert ſich und reißt der Ehe heil'ge Bande Am Hof, im Adel und im Volk; verderblich brechen Des Staates Säulen, — Sittlichkeit wird Spott im Lande, Von oben nimmt ſich Jeder Troſt für ſeine Schwächen. Dem Leichtſinn wird die ſtille Hauslichkeit verefelt, Und Treue halten, ſind ihm abergläub'ſche Grillen, Altväteriſches Vorurtheil; nicht lange mäkelt Die Pflicht mit dem Gewiſſen, gilt's die Luſt zu ſtillen. Wenn eines Fürften Scopter hält nicht feſt gefangen Wie wilde Beſtien im Käfig fein Gelüft, Dann bricht er ſelbſt zuerſt die Wehr der Eifenftangen, Macht freie Bahn dem Tiger, der ſein Volk zerfrißt. Mag er ein Cäſar auch des Landes Grenzen weiten, *) Als Held, ein Alexander, hundert Schlachten ſtreiten, Ein gönnender Mäcen den ſchönen Künften fein, kk) Mit ſeines Scepters Glanz die Wiſſenſchaft erfreu'n, ) Julius Cäſar der Vorgänger des Kaiſer Auguſtus hatte durch feine vielen Eroberungen das römiſche Reich mit den blühendſten Pro— vinzen bereichert. *) Mäcenas war als Günſtling des Kaiſers Auguſtus der freige— bigſte und eifrigſte Beförderer der Künſte und Wiſſenſchaften. — 55 Mag er als Staatswirth Handel und Gewerbe leiten In ſilberne Kanäle, Wohlſtand zu verbreiten: Sehr ruhmvoll iſt's und edel; Fama wird notiren &) Als gold'ne Zeit im Welten-Buche fein Regieren; Doch Themis, die mit ſcharfem Auge tiefer ſiehet, *) Erkennt des Staates Krebs im Fall der guten Sitten, Der freſſend ſeinem Volk des Lebens Mark entziehet, Daß blind es ſelbſt nicht ahnt, wie Viel es hat erlitten: Wenn Fürſten-Witz die Gottesfurcht als Einfalt höhnte, Und an des Laſters Anblick ſich das Volk gewöhnte. Ein König kann durch ſein Talent nicht ſo viel bauen, Als er durch böſes Beiſpiel dauernd niederreißt. Daß man den Häufern nicht, den Ehen mehr darf trauen, Nicht glauben, was dem Weib des Mannes Wort verheißt. Verlorner Schlachten Unglück kann der Staat verſchmerzen, Und das zertretne Volk ermannt ſich neu zum Siegen. Verlorne Tugenden ſind Drachenſaat im Herzen Der ſpaͤten Nachwelt, — das Verderben ſich zu pflügen. So ſanken Roma, Sparta und Athen dahin Der alten Sitten bar, entfremdet ihrer Väter Sinn. Das Schickſal hatte ſie zum Untergang erkoren, Als fie des Hauſes Gluck, der Ehe Zucht verloren. — Des Ruhmes Lorbeer kann die Welt zwar nicht verſagen Dem Fuͤrſten Groß, der feinem Staat die Sonne ward; Doch trauernd hört man's noch Jahrhunderte beklagen, Daß mit dem Lichte ſich der ſchwarze Flecken paart; Und die Geſchichte ſenkt den Blick ſo wehmuthsvoll, Wenn ſie Cypreſſen in den Lorbeer flechten ſoll! Es ſoll, — der Dichter ſagt's, — nichts Neues ſich begeben Und ſtets im Kreis ſich wiederholen nur das Leben; Wohl ſcheint die Kunſt mir etwas Neues doch zu ſein: „Wie man jetzt par distance in Zeitungen darf frei'n.“ Du kannſt es ſelber unter den Annoneen leſen ) Fama iſt die oberflächliche öffentliche Meinung. — ) Themis iſt die unpartheiiſche, tiefblickende u. ſtrenge Gerechtigkeit. 56 Von altem Leder, Butter, Heringen und Kaͤſen Der Zeiten Wunderwerke neu'ſtes etwa ſo: „Ich E. S. L. — ein Kaufmann künftighin en gres „Bei Damen nicht bekannt, ermangelnd auch der Zeit, „Als müß'ger Freiersmann herumzulaufen, „Zu viel beſchaͤftigt ſtets mit Rechnen und Verkaufen, „Ich bin mit Ueberlegung eben jetzt bereit, — „Um mein Geſchäft realiter zu arrondiren, „Und auch mit neuen Branchen noch zu aſſortiren, — „Auf dieſen nicht mehr ungewohnten Wegen, „Zu ſuchen nun der Ehe Gluck und Segen; „Und wünſche eine Gattin mir von Wohlgeſtalt, „Nicht eben gar zu jung, jedoch auch nicht zu alt, „Die ein ſolides Kapital als Hochzeitsſpende „Vertrauensvoll cediren will in meine Hände. „Bei glänzenden Offerten nehm' ich's mit der Frau, „Wie ſich von ſelbſt verſteht, nicht eben ſo genau. — — „Den Damen, die auf mein Aviſo reflektiren, „Gelobe ich als Ehrenmann Diskretion; „Erbitte ſchließlich, um die Zeit nicht zu verlieren, „Noch vor der Meſſe mir die Reſolution, „Und mit der Chiffre, die ich oben ſchon benannte, „Nach Hamburg baldigſt einzuſenden post-restante.‘ Es würde, Lieschen, lebteſt Du fon tauſend Wochen, Voll heil'gen Zornes Dir das Blut im Herzen kochen, Und ſchamroth müßteſt Du die keuſche Wimper ſenken, Daß man ſo tief des Weibes Ehre dürfe kränken. j Du würdeft, hättet Du im Land zu kommandiren, Gewißlich alle Zeitungen fogleich kaſſiren, Die um der wenig Groſchen Satz- und Drud-Gebühren Nicht ſchamen ſich, das Heiligſte zu profaniren. Den ſchnöden Wicht, den, — um ein liebes Weib zu freien Mit ſüßen Mühen und Geduld, — die Zeit will reuen, Den feilen Wicht, dem Liebe eine Waare dünkt, Die man auf offnem Markt erkauft, nach Hauſe bringt, Den Wicht ſollt' nimmer je ein edles Weib erfreuen Mit ihrer Gegenliebe freundlichem Umarmen! 57 Verdammen ſollte man den Frepler ohn' Erbarmen, Sich als Eunuch zu kurzen ſeiner Tage Stunden Mit weißen Mäufen, Vögeln, Katzen oder Hunden. — Doch nein, ſo grauſam hat das Loss er nicht erleſen; Das Schickſal gab die Wahl ihm unter Vielen frei, Die ihrer Einſamkeit ſchon lange gram geweſen. Nicht ſchwer war ihm das Herz, viel Zaudern nicht dabei, Als er die Schwerſte wählte ſich zum Ehgemahl. — Ob fie zur Freude ſich gelebet oder Qual?? — Willſt Du noch fragen? Lieschen, auch der ſchlechte Mann Vermag, die ſelbſt ſich widerlich ihm feil geboten, Wohl nimmer je zu lieben, treu ihr zugethan; Denn an der Liebe Band die Achtung ſchürzt den Knoten Genug, wenn künſtlich man den guten Schein noch rettet Nach Außen hin, dem Spotte wehrend böſer Zungen. Was ſie nicht ſind, — zu ſcheinen, — iſt es, was ſie kettet, Und was ſie ſcheinen wollten, haben ſie errungen: Sie iſt doch eine gnäd'ge Frau nun vor der Welt, Und Er ein reicher Mann durch ſeiner Gattin Geld. — Wie man dem Bienenſtock die Königin entführt, Mit ihr den neuen Schwarm ſich künſtlich zu geftalten: Das hat manch' Don Juan und Ritter keck vollführt. — Doch ſcheinet dieſe Kunſt jetzt gänzlich zu veralten; Iſt gar zu unbequem, viel Fährlichkeit dabei, Und zu romantiſch auch der heut'gen Polizei; Denn wo das Auge ſteht im Blitz des Telegraphen, Der Dampf die Finger dehnet zu Polypen-Armen: Kann Väterchen und Mütterchen recht ruhig ſchlafen, Und die Romantik geht in's Zuchthaus ohn' Erbarmen. — Doch was in roher Kraft jetzt die Gewalt nicht wagt, Das raubt im Trug die Liſt, — Gott ſei's geklagt, — Die ſich in unbewachte Herzen heimlich ſchleicht, Sich glatt und glänzend ſchmeichelnd um ihr Opfer windet, Bis ihm die offne Schuld die Wangen haͤrmend bleicht, Und ſich kein Rückweg mehr zum Paradieſe findet. 58 Ob auch das Haus dem Ehrenraͤuber fluchend grollt, Der kam, den Frieden ihm, des Namens Glanz zu ſtehlen: Wird zum Gebot der Noth, — was nimmer man gewollt, Wenn frei ſich durft' der Sinn den Tochtermann erwählen. Ob auch die Thränen heiß — der Eltern Sinn bewegen, Daß ſchmerzlich ſich noch beugt ihr Zorn im Thränen-Segen, Es ſteckt ein Pfahl im Herzen doch der jungen Ehe, Und zittert durch ihr Fruͤhlingsglück ein heimlich Wehe. Recht herzlich kann der Mann des Hauſes ſich nicht freuen, Wo er dem Grundſtein einſt das Unrecht eingeprägt, Es bleibt ein Fleck, den die Erinnerung muß ſcheuen, So oft ſich um ein Haupt die keuſche Myrthe legt. — Es haben große Dichter uns fo jchon beſungen Der Liebe Kunſt bei Salz und Brod im Hüttchen klein; Und um ſo feuriger iſt ſtets ihr Lied erklungen, Wenn fie beim Braten ſaßen und Champagnerwein. Was kann ein Dichtergeiſt bei gut bedientem Magen Nicht himmliſch Reizendes vom duͤrren Schmalhans ſagen! Wie wir es auch im Bilde manchmal mögen ſchaun: „Den aſtberaubten Stumpf und den zerbrochnen Zaun, — „Des Gärtners Grämen und des Landwirths Widerwille, — „Das pinſelt flugs ein großer Maler zur Idylle!“ Im Liebes-Glück der Ehe iſt das Bittre eben, Daß man von Dichtung nicht, von Wahrheit nur kann leben. Es iſt in Stadt und Dorf auch kein Gemeinde-Weſen Den vielen Dichter-Ehen jemals hold geweſen. Kein Magiſtrat und Schulze hat es je beſungen, Wenn Hans und Grete bar und bloß bei Salz und Brod Mit luſt'gem Muthe in den Eheſtand geſprungen, Zu zeugen ſich und Andern Elend nur und Noth. Wie groß die Freude iſt an unſern Dichter-Ehen, Kannſt Du im Defizit der Armenkaſſen ſehen! — Es kann bei Wenig zwar die Liebe gluͤcklich fein, Und der zufriedne Fleiß mit frohem Sinnen Vertrauensvoll ſich bergen in die Hoffnung ein; 59 Doch auch der ſchönſte Zauber bleichend muß zerrinnen, Wenn dem Beduͤrfniß ſelbſt die nächfte Nothdurft fehlt, Und fchärfer täglich bittre Angſt die Seelen quält. Leicht flieht die Liebe mit des letzten Brodes Spur In Ehen, die als leidlich ſich auf Brod nur gründen. Im Elend ſelbſt noch glüdlih fein, — iſt möglich nur: Wenn ſich ſehr große Seelen oder Bettler finden. Der Rieſengeiſt tritt ſeinem Schickſal auf den Kopf, Und übt die höchſte Kunſt der glaubensſtarken Herzen; Der Bettler füllet mit Gemeinheit ſeinen Topf, Die ſchlechteſte der Künſte macht ihm keine Schmerzen. Dort drüben wohnt Herr Harpar und fein lieber Sohn, Man ſchätzt das reiche Haus auf eine Million. Den Alten drückt der Jahre Laſt, und will ſo eben, Die Ruh' ſich wählend, das Geſchaͤft dem Sohne geben; Doch kann er ihm des Herzens Sorge nicht verhehlen, Daß er zuvor ihn wünſche würdig zu vermahlen, Nimmt ſchmunzelnd den Verlegnen bei dem ſpitzen Kinn, Und zieht ihn väterlich zum weichen Seſſel hin. Mein lieber Sohn, — ſo läßt ſich drauf der Alte hören, — Ich weiß, zu klug biſt Du, und achteſt meiner Lehren, Als daß ein ſchön' Geſicht Dich könnte je bethören; Du weißt ja, wie vergänglich Schönheit iſt; es mögen Die, leichten Sinnes, nicht in künft'ge Jahre ſehen Um Roſenwangen frei'n. — Bedacht auf beſſern Segen, Wirſt Du als Freier hier zu unſerm Nachbar gehen, Zu werben mit der Tochter eine Million; Wir Väter ſind darüber lange einig ſchon. Mich dünkt, mein reicher Sohn verdient die reiche Braut, Und ebenbürtig will der alte Freund verſorgen Sein Kind. Ein Narr, ſo glauben wir, nur anvertraut Dem blinden Zufall ſeine Zukunft. Wohl geborgen Und beſſer dran iſt, wer des Vorraths ſich ſchon freut In Speichern reich gefüllt, als die erſt roden ſollen Das wilde Land in Schweiß und Mühen lange Zeit, 60 Wo zitternd fie den bangen Zweifel ſaͤen wollen. — Wir Vaͤter ſind in gleichen Sorgen früh ergraut, Das Schwerſte tragend beide als der Jugend Joch; Doch unſre Million, — in Hoffnung ſtets geſchaut, — Zu haben, — haben endlich, — wir erlebten's noch! Nicht Jeder ſoll wie wir die Jugend ſich zerquälen: Den Kaffee mühſam ziehen aus gebranntem Roggen, An Kupfergelde ſich die Finger ſchmutzig zählen, In alten Schuhen barfuß gehen ohne Socken Am holzentfremdeten Kamine klappernd hocken, Die Lichter ſparend in dem abendlichen Dunkel, Und Knaſter duldſam rauchend von dem Blatt der Runkel. Nein, lieber Sohn, ein beſſres Loos iſt Dir beſchieden; Ich ſelber wäre jetzt auch ganz und gar zufrieden, Ja ganz zufrieden jetzt mit meiner Million, Wenn ich nur erſt des Nachbars andre hätte ſchon. Und da mein alter Freund nicht anders iſt geſonnen, Und ſtets begegnet mir in Eintracht der Gedanken, So haben wir ſchon längſt den guten Rath geſponnen, Für den ſich unſre Kinder hoffentlich bedanken. — Dem Alten, als er ſchweigt, entgegnet drauf der Sohn: Du kennſt, mein Vater, ja in mir Dich ſelber ſchou; Ich horchte dankbar ſtets auf Deiner Weisheit Lehren, Ward Klugheit mir zu Theil, — Dein Mund ließ mich ſie hören; Auch konnte nie ein glatt Geſichtchen mich bethören. Ich weiß es, wie vergänglich Schönheit iſt; es mögen Die Thoren, die am ſüßen Augenblick nur hangen, Um Roſenwangen frei'n. Ich dacht' auf beſſern Segen, Bin ſchon als Freiersmann zum Nachbar hingegangen, Zu werben mit der Tochter eine Million, Ich merkt' es längſt: Die Väter waren einig ſchon. Doch bei der Tochter mit den ſchmachtend blaſſen Wangen Konnt' ich für's Erſtemal viel mehr noch nicht erlangen, Als einen Korb, nicht angenehm durch viele Blumen, Die ſie im ſpitzen Wort mir ſtreute zum Verſtummen. Was ich im Traum mir zu geſtehen nicht gewagt, Hat mir das böſe Weibsbild auf den Kepf geſagt. 61 ra Vom Schlimmften kann das Schlimme kaum ich noch verkuͤnden, Denn ſchwer iſt's einem Mann, ſo ſpitz das Wort zu finden. Sie meint': „Sie müſſe todt und halb verweſt erſt ſein, „Wenn ich, — ein dürrer, ſchäb'ger Filz ſie wollte frei'n „Sie ſei ſo ſpinnefeind mir und ſo herzlich gram, „Daß fie den Tag verfluche, da ich zu ihr kam.“ Begütigend der Alte ſpricht darauf zum Sohn: Mein Kind, verzage nicht, das wird ſich geben ſchon. Es denken einmal oberflächlich alle Weiber, Sie ſchätzen Uniformen nur und ſchöne Leiber, Und ſelten iſt es unter jungen Mädchenſeelen, Daß ſie den Werth des Mannes tiefer ſich erwählen. Mein Sehn, am Schluß der Väter läßt ſich nichts mehr maͤkeln Mag auch das Töchterchen mit ſchnöden Worten häkeln; Und ob ſie ſpinnefeind Dir ſei und herzlich gram, Ich weiß, — die Ehe macht ſie wie ein Lamm ſo zahm. Gekettet iſt noch Niemand einſam gern geblieben: Man lernt die Spinne ſelbſt noch als Geſellſchaft lieben! Doch Vater, Vater, wenn wir vor dem Altar ſtehen, In Neugier tauſend Augen forſchend auf uns ſehen, Und von der Braut der Pfarrer heiſcht das große Ja, Und ſie nun ſchweigt und ſchluchzt, die Menge murmelt: Ah!! Nein, nein, — ich trag' ſie nicht die martervolle Pauſe! — Sei ſtill, mein lieber Sohn, — die Trauung iſt im Hauſe. — Der ideale Kunſtſchwarm oder die vollendetſte Kunſt in der Ehe iſt die treuſte Wahrheit ihrer hohen Natur. Kennſt Du die Frau voll Majeſtät auf hohem Throne, Vor der in Ehrfurcht freudig jedes Haupt ſich neigt? Doch iſt es nicht der Strahlenglanz der Königskrone, Was ihr der Herzen feurigſte Verehrung zeugt. Man preiſt die Königin, die dem erwählten Gatten Mit holder Weiblichkeit zu eigen ſich ergiebt; 62 Der Purpur ſtellet ihr die Gattin nicht in Schatten, Die ſo natürlich, herzigtreu ihr Männchen liebt. Zur Königsburg hat ſie mit ihm hinaufgetragen Ein Heiligthum im häuslich-ſtillen Bürgerglüd, Wo frei und fröhlich darf das Herz am Herzen ſchlagen, Und zu ſich ſelber kehrt der Fürſt als Menſch zurück, Wo Scepter nicht und Schwerdt noch Hermelin die Geiſter So preßhaft engen. Glanzvoll iſt geadelt dort Die klaſſiſche Natur als Zeremonienmeiſter. Es ſieht's das Volk, und ſagt's von Ort zu Ort; Und jedes Haus, wo man in Liebe glücklich iſt, Es fühlt ſein Glück geehrt durch ſeine Königin, Und jedes Haus, wo Mißmuth wohnt und böſer Zwiſt, Es fühlt die Schuld durch einen Blick zum Throne hin. So ſteht das Königshaus in ſeinem weiten Lande Als-wachendes Gewiſſen, richtend die Gedanken, Dem Einen giebt es Freudigkeit, dem Andern Schande. Doch Reich und Arm und Hoch und Niedrig dafür danken; Es wärmt, beleuchtet AM wie lieber Sonnenſchein, Und dringt in den Palaſt und in die Hütten ein. — Kennſt Du die Frau von hohem, weifen Sinn, Als Wirthin und als Hausfrau eine Königin? Ob ſie dem Throne auch die Kraft und Würde mehret, Ob ihre Güte königlich die Gaben ſpendet: Hat nie ein Defizit den Haushalt ihr beſchweret, Und ſtets des Jahres Schluß ein wirthlich Plus beendet. Wie gern bezahlten nicht des Parlamentes Ritter Der Dame ihres Herzens manchmal ein'ge Schulden, In ihrem Aug' ſucht man vergeblich dieſen Splitter, Sich ſelbſt genugſam immer mit den eignen Gulden. Sie mag von ihres Weſens Adel nimmer laſſen, Zu hoch als Hausfran, — um vor Männern zu crbinſfen⸗ Kennſt Du die Königin der Mütter, kennſt Du ſie, Die mit dem Gatten einen Fürſtenſpiegel ſchrieb Als lebend' Buch: „Der Pädagogik großes Wie!“ Sich ſelbſt zum Ruhm und aller Welt zu lieb? In ihren Kindern haben ſie das Buch geſchrieben: 63 Wie Patriarchen hütend treu die kleine Schaar, Und wie Apoſtel ernſt und feſt die Zucht betrieben, In Weisheit und in Wilken Eins das hohe Baar. Dem Staate edle Völkerhirten aufzuziehen Aus Knospen, die noch in der Kinderſtube blühen, Setzt täglich ſich die Liebe ſelbſt zum Opfer ein, Indem die beſten Stunden ſie der Nachwelt weih'n. Und weislich ſie den Kleinen nicht die Größe zeigen, Vielmehr dem Menſchen ſie den Fürſten noch verſchweigen; Und lehren ſie, durch Fleiß und ernſte Arbeit gründen Ein Anrecht auf die Größe in dem eignen Werth; Erringen ſollen ſie das Kleinod, — nicht blos finden, Was ihnen die Geburt ſchon als ein Recht gewährt. Ein ernſter Lenker — ziehet ſtraff die Zügel an Der Vater, daß nicht bäume ſich das raſche Blut Der jungen Prinzen, und entſpringe ſeiner Bahn; Denn durch Gehorchen will das Herrſchen er ſie lehren. Und wenn im Kind der Herr ihm allzufrüh erwacht, Iſt er mit apoſtol'ſcher Geißel auf der Wacht, Und zwingt den Herrn, — beſchämt als Knecht zurück zu kehren. *) *) Der Vorfall iſt bekannt, und die dabei bewieſene Weisheit des hohen Vaters hat die größte Bewunderung in der ganzen civiliſirten Welt hervorgerufen, und nicht Wenigen ſogar Freudenthränen entlockt: Der kleine Prinz hatte im ahnungsvollen Vorgefühl der künftigen Größe fer ner Gouvernante den Gehorſam aufgefagt, fo daß fie zur Aufrechthaltung ihres Anſehens ſich genöthigt ſah, den hohen Vater als Hilfe herbeizu— rufen. Der ernſte Vater erſcheint, in der einen Hand die Ruthe, und in der andern die bereits aufgeſchlagene Bibel. „So lange der Erbe ein Kind iſt,“ — beginnt er darauf aus Galater 4, v. 1. u. 2. zu leſen, — „so iſt zwiſchen ihm und einem Knechte kein Unterſchied, ob er wohl ein „Herr iſt aller Güter, ſondern er iſt unter den Vormündern und Pflegern, „bis auf die beſtimmte Zeit vom Vater. —“ Und damit der Prinz dieſe Stunde nicht vergeſſe, ſo prägt ſie ihm der Vater mit der Ruthe in ern— ſter Züchtigung ein. — Der große weiſe Erzieher hat mit dieſer einzigen Stunde nicht blos für ſeine Nation, ſondern für ganz Europa mehr geleiſtet, als mancher große König und Feldherr, der hundert Feſtungen erſtürmt und eben fo viele Schlachten geſchlagen hat; denn in dem Leben der Könige iſt eine ſolche Stunde gewichtiger und bedeutungsvoller, wie in demjenigen anderer Sterblicher. Durch eine ſolche Stunde werden 64 Er beugt den künft'gen König unter die Geſetze, Daß er zu jedem ſelber einſt das Beiſpiel werde; Nicht zittre blos das Laſter, — daß es ihn verletze, Es ſoll vor ihm erröthend ſinken hin zur Erde. Nicht Grund ſoll dem Verbrecher fein, des Königs Spruch Mit Unmuth anzuknirſchen; ſelber noch verehren Soll er die Hand, die ihn mit des Geſetzes Fluch Gerecht geſchlagen hat, die Sünde ihm zu wehren. So zieht des Vaters Weisheit in den lieben Kleinen die Geſchicke der Welt entſchieden, denn in ihr liegt der Embryo eines Nero oder eines Titus; in ihr ſteht Herkules am Scheidewege; ja in ihr blitzt das allmächtige Wunder vom Himmel herab, welches den rache— ſchnaubenden Saulus als anbetenden Paulus zur Erde wirft. Das große Volk, welches auf dieſen Vater feiner Königskinder mit Recht ſtolz ift, würde lieber den Verluſt ſeiner majeſtätiſchen Flotte ertragen, als jene Stunde verloren zu haben; denn eine Flotte kann wieder gebaut werden, aber eine ſolche Stunde, Einmal verſäumt, läßt ſich durch alle Schätze der Erde nicht zurückkaufen. Für dieſe Stunde ſegnet den hohen Vater jeder Menſchenfreund, und insbeſondere jeder einſichtsvolle Pädagog; denn durch dieſes höchſte Vorbild iſt vielen großen und kleinen Herren der civi— liſirten Welt wieder Muth gemacht worden, ihre Kinder als Kinder zu behandeln und behandeln zu laſſen, wieder Muth gemacht, daß ſie nicht mehr fürchten dürfen, ihrs und ihrer Kinder Ehre zu compromittiren, wenn ſie mit der Bibel, der Ruthe, oder, — wenn es nicht anders angeht, — mit dem Kantſchu in der Hand, den Eigenwillen, die Faulheit und den Ungeherſam der kleinen Herrlein im Beiſein der Gouvernante oder des Informators brechen, — um ſo durch die Rarikalkur einer Einzigen Stunde ſich und ihren Gattinnen viel unnützes Predigen und Moraliſiren, viele ſchlafloſe Nächte und Thränen und endlich viele getäuſchte Hoffnungen zu erſparen. Dem Pädagogen bleibt, bei der in unſrer Zeit ſo vielfach mißverſtandenen Philanthropie, in feiner Thätigkeit gehemmt, oft weiter, nichts übrig, als mit wehmüthigem Bedauern das Haupt zu ſchütteln wenn er ſieht, wie manche ſonſt ſo hoch gebildete Eltern, durch ein fal— ſches Ehrgefühl verleitet, ſich lieber Jahre lang tagtäglich den Kopf zer— brechen und das Herz ſich zerfreſſen laſſen, als zur rechten Zeit den Kno— ten mit einem Einzigen kräftigen Alexander-Hiebe auf einmal und für immer zu löſen. — Durch Glaccehandſchuhphilanthropie und Nürnberger ſpielſachenpaͤdagogik werden keine Charaktere gebildet, wehl aber durch lie— bevoll⸗ernſte Zucht im ſtrengen Gehorſam und durch ausdauernden Eifer bei tüchtiger Arbeit; denn es iſt ein köſtlich Ding einem Manne, — ſagt Jeremias, — daß er das Joch in ſeiner Jugend trage. — 65 Durch inn're Herrlichkeit zuerſt den Menſchen groß, Zu wenig ihm, daß künftig Fürſten ſie nur ſcheinen, Will er, daß ſie es ſind in jedem Erden-Loos. Er rollt die Vorwelt mahnend ihnen auf, und zeigt, Wie Königsſöhne duͤrfen ſelbſt zu Göttern werden, Und wie die Menſchen immer ſind ſo gern geneigt: Als einen Halbgott zu verehren hier auf Erden Den Prinzen, der als ganzer Menſch den Thron beſteigt. So ſieh' die Mutter auch mit Weisheit wahrhaft lieben: „Da ſie zu voller Weiblichkeit die Töchter ziehet.“ Und lehret ſie, am Kleinſten große Treue uͤben, Daß fühlen ſie's ſchon fruͤh, wo ſüße Freude bluͤhet; Und birgt und hütet fie wie Küchlein vor der Welt, Sie gegen hohlen Rauſch und Schmeichelgift zu wahren, Daß kindlich froh und rein die Seele ſich erhält; Denn Mutter will für Beſſres — ihre Herzen ſparen. Und durch Verzichten öffnet ihnen ſie die Quellen Zu großen hellen Freuden an den kleinſten Dingen, Sie mag durch armen Reichthum nicht die Kinder quälen, Um überſättigt ſie in Elend-Glück zu bringen: Denn elend ſind im Glück die armen, armen Reichen, Die an der Freudentafel ſich ſo ſatt gegeſſen, Daß ſie blaſirt und vornehm immer faſt erbleichen, Wo Andre freudig zu bewundern ſich vermeſſen. Ein beſſer Loos: „Wenn ſelbſt der große, reiche Mann „Als Greis noch an der Welt ſich kindlich freuen kann.“ Und was Homer und Salomo und Sirach ſagen Von edlen Frauen, kündet mütterliches Lieben; Und was ſte immer lehrt, es liegt ſchon aufgeſchlagen Im eignen Beiſpiel als lebendig' Buch geſchrieben. Was ihrem Hektor einſt Andromache geweſen, *) Läßt ſie die Königstöchter aus der Mutter leſen. Nicht ſollen ſie ihr einſt als zu Gemein verachten, Was ehrſam in des Bürgers Haus ein Glück erſchafft, ) Andromache war die Gemahlin des Hektor des größten Helden von Troja. Vor der entſcheidenden Schlacht mit den Griechen nimmt er Abſchied von ſeiner Gemahlin, die in Thraͤnen vor ihm ſteht mit dem einzigen 66 Und was einſt Fürftentöchter weiblich ihren Helden brachten, Und an der Burgfrau ehrte hoch die Ritterſchaft. Und ſieh' die große Königin ſie fürftet wieder Die Wolle und den Flachs, die Nadel und den Heerd Und jubelnd blicken alle Helden Troja's nieder, Bedauernd nur, daß Zeus das Freien ihnen wehrt. (Doch Du, ein kleines Fräulein, willſt das Näschen rümpfen Und meinſt, den alten Adel wirklich zu beſchimpfen, Wenn kunſtvoll Du die Wolle ſchlingſt zu zarten Strümpfen?) Wohl möchten ſehen wir die hohe Herrſcherin; Und geh'n zu ſuchen ſie zum Königsſchloſſe hin. Doch leer und ſtumm find wieder ſchon die weiten Hallen, Da eben ſie voll Glanz noch ſtrahlte auf dem Throne Im Sternenkranz der Wuͤrdenträger und Vaſallen; Für heut' hat fie vollbracht die ernſte Pflicht der Krone. — Ach ſieh' wie heimelt dort das Erkerſtübchen klein, Wie heimelt es ſo freundlich uns, o, blick' hinein! Da ſitzt ſie, — jetzt gekrönt mit einem zarten Häubchen, — So glücklich neben ihrem theuren Eheherrn, So traulich nahe, wie im Neſt die lieben Täubchen; Denn jedes ſüße Glück begrenzt ſich enge gern; Söhnlein auf ihrem Arme. Der Vater küßt den ſchüchternen Knaben tröſtet und umarmt ſeine Gemahlin, und entläßt ſie mit den Worten: Du aber begieb Dich Nun nach Hauſe zurück, und warte der haͤuslichen Arbeit, Beid' an Rahmen und Spindel, und theile den Mägden ihr Tagwerk! Ueber die Kriegsgefchäfte zu wachen gehöret für Männer, Und am meiſten für mich von allen in Troja Gebornen. — Und nachdem Hektor im Treffen gefallen war, ſchreibt der Dichter weiter über Andromache: Noch hatte von Hektor die Gattin Nichts vernommen; ihr ward durch keinen Boten verkündet, Daß ihr Ehegemahl war außer dem Thore geblieben; Sondern ſie ſaß im Innern des hohen Palaſtes, ein breites Tuch von glänzender Weiße mit buntem Gebilde durchwirkend. Eben befahl ſie den zierlich gelockten Dirnen im Hauſe, Ein dreifüßiges, großes Gefäß auf's Feuer zu ſtellen, Hektor'n, wenn er vom Streit heimkäme, zum ſtärkenden Bade. Eitle Sorge! Sie wußt es nicht u. ſ. w. 67 Und ſte, die auf dem Thron die halbe Welt regiert, Im Liebreiz holder Weiblichkeit den Thee ſervirt. Und die des Indus Völker beugte mit dem Schwert, Sich der Attaquen ihrer Prinzen kaum erwehrt. Und die als Königin der Meere ſtolz ſich fühlt, An Engelsköpfen hier mit blonden Wellen ſpielt. Mär’ ich ein Maler doch, hier würd’ ich malen muͤſſen, Und hätte ich das Bild, ich wollt' es täglich Füffen.) Kennſt Du das Haupt voll Majeſtaͤt auf hohem Throne, Kennſt Du der edlen Frauen und der Mütter Krone, Kennſt Du noch nicht der Ehen glücklichſte auf Erden? — Das Räthſel wird Dir Leſer wohl zu ſchwer nicht werden, Du kennſt es ſchon: Das hohe Paar iſt unbeſtritten: Viktoria und Albert, Stolz des ſtolzen Britten. Viktoria mit Albert, Stolz des ſtolzen Britten Du fühlſt die Schranken nicht der Konſtitution; Denn abſolut in Aller Herzen ſteht Dein Thron!! Kennſt Du den Engel kommen her vom Engel-Land, Der ohne Schlacht die Preußen fiegreich hat geſchlagen, Und als Gefangnen unſern Prinz mit Ketten band, Die nach des Engels Spruch für immer er ſoll tragen? Und was auf dieſer Erden niemals noch geſchehen, Kannſt Du ein neues Weltenwunder nunmehr ſehen: Beſiegt ſind alle Preußen-Völker fern und nah', Und ſchießen doch im ganzen Land Viktoria. Wohin des Engels Fittiche nur immer kamen Da glühen bald die Städte auf als Freudenflammen. Und wer noch frei iſt, wünſchet ſich des Engels Ketten Da iſt kein Halten mehr im ganzen Volk, kein Retten. Das iſt ſo ganz natürlich ſicher nicht geſchehen; Welch' Zauber hat den Hohenzoller uns geſchlagen?? „Der Siegesgöttin ſelbſt konnt' Er nicht widerſtehen,“ So wollen denn auch wir mit Ihm die Ketten tragen. — Viktoria ein Engel uns vom Engelland, Du Edelreis auf feſtem Hohenzoller-Stamme, 5* 68 Du Geiſt und Herz der Seele Preußens wahlverwantt, Sei Du mit dem Gemahl des Landes Oriflamme!! Biſt Du dem Preußen, was dem Britten die Mama, Dann ſingt und donnert Volk und Heer: Viktoria! Und ob auch Arm Du wärft, entkleidet Deiner Höhe, Und ob vom Haupte Dir das Diadem entflöhe, Und hätteſt nur Dich ſelber noch — Du waͤrſt nicht Wenig Mit Dir blieb' Friedrich Wilhelm doch ein König. — Viktoria, die Unſre jetzt, — ſo lieb, ſo lieb, Viktoria, der Glaube hofft's, — o, gieb, o, gieb In Dir verjüngt dem Preußen einſt Louiſen wieder, Dann ſinkt Boruſſia vor Dir als Sklavin nieder!! 85:22; Wie verhindert und beſtraft man die Räubereien der ſechs⸗ und zweibeinigen Diebe. Wach' auf, wach' auf, mein gutes Lieschen, recht geſchwind! Die Ehen haſt Du ganz verſchlafen, liebes Kind; Doch, wenn man Deine Sommer wird mit Achtzehn zählen, Wird dies Kapitel Dich durch Gähnen nicht mehr quälen. Zum andern Mal muß, lehrend Dich, mein Lied betrüben Durch Warnung, — zu bewahren uns vor Raub und Dieben; Wir können einmal vor der hohen Polizei In dieſer argen Erden-Welt nicht ganz vorbei. Wohl beſſer iſt's und leichter, Stehlen zu verhüten, Als Diebe zu erfaſſen nach vollbrachter That; Was Wachſamkeit und kluge Vorſicht uns gebieten In andern Dingen, giebt auch hier uns guten Rath: Wenn wir das Haus in feſte Ordnung immer faſſen, Nichts unbeachtet ſorglos ſteh'n und liegen laſſen, Wenn unter Schloß und Riegel Alles fein wir wahren, Und ſorgſam mit der Aufſicht Mühen wir nicht ſparen: Gar manchen Steig wir ſo dem böſen Dieb' zerbrechen, Und hindern, daß begehrlich erſt das Auge ſiehet, Was leicht die Hand zum Raube lönnte bald erfrechen. 69 Die meiſten Diebe, Lieschen, man ſich felber ziehet Durch üble Ordnung und des Sinnes Läßigkeit, Wie's Spruͤchwort ſagt: „Den Dieb macht die Gelegenheit.“ Das magſt Du weislich auch beim Bienenſtock bedenken, Verwahrend ringsum feſtiglich das kleine Haus, Magſt Wachſamkeit ihm ſtets und kluge Vorſicht ſchenken, Daß nur an Einem Thor das Völllein fliege aus; Und ehe noch im Lenz uns Flora's Kränze grüßen, Und wenn der ſpäte Herbſt das Fuͤllhorn hat entleert, Des Bienenſtockes Thore wir bedächtig ſchließen Zur engen Pforte, die bewacht den Schutz gewährt. Laß hüten uns, daß nicht in Unbedacht wir füttern Das Volk, fo lang’ am Himmel noch die Sonne glüht; Denn jeden ſuͤßen Duft die Diebe bald erwittern; Der fie allmächtig hin zum ſchnellen Raube zieht. Mit Vorſicht wir auch Wachs und das Geräth entfernen, Was den Geruch des Honigs luftig weiter trägt, Daß nicht durch Schaden erſt wir fpäte Klugheit lernen; Das Beſſre waͤhlt, wer weislich vorher überlegt. Mit Völkern, die als mutterloſe Waiſen kommen Im Lenz uns aus des langen Winters Ruhetagen, Wir uns in Mühen nicht vergeblich erſt noch plagen, Als Beute würden ſie von Räubern doch genommen. Wenn ſtark im Volk der weiſelloſe Stock ſich zeigt, Dann eine Mutter wir mit ſchwachem Schwarm ihm geben; War ein Schwächling aber, der zum Tod' ſich neigt, Dann kürzen baldigſt mit dem Meſſer wir ſein Leben. Wie ſtille Wandrer frech der Räuber überfällt, Sie niederſchlägt und tödtet um ihr Gut und Geld; Wie, wenn der Tag ſich neigt, aus ihren Höhlen heben Sich ſchlaue Diebe, die von fremdem Brodte leben, Um ſchleichend hin und her den Zugang zu gewinnen, Da günftig ſich vollenden läßt ihr ruchlos Sinnen; Und wie's durch Trug und Raub zu ſchnellem Reichthum bringt So Mancher, dem die Täuſchung unentdeckt gelingt: So kannſt im Gleichniß Du es auch bei Bienen fchen, Die Räuber lagern ſich mit kecker Dreiſtigkeit, 0 Wo fie den offnen Spalt und unbewacht erfpähen Des Bienenſtockes Thor, erlauernd ſich die Zeit, Da ſchlüpfend ſie ſich liſtig durch die Pforte ſchleichen. Und frecher fallen andre noch die Sammler an, Die bei der Heimkehr ſie am Thore flugs erreichen; Und jeden, der befrachtet, ſich nicht wehren kann, Den zwingen ſie, den Honig ihnen darzureichen. Wenn mit des Abends Roth in ſtille Ruh' ſich legt Ein jedes Volk, — da iſt an dem beraubten Hauſe Noch Kampf und vieles Ringen, Seufzen und Gebrauſe; Der Räuber freche Schaar noch Zug um Zug ſich regt, Bis endlich ſchwarze Nacht ſie alle heimwärts trägt.“ Iſt, Lieschen, wirklich uns ſolch' Herzeleid geſchehen, Dann müſſen ſchnell des Volkes Rettung wir erſehen. So lang’ des Feindes Vortrab noch den Stock bedränget, Wird bald und leicht der Angriff abgeſchlagen ſein: Wenn man zum Pförtchen klein das Flugloch ihm verenget, Daß ein, zwei Bienchen nur dort können aus und ein Und mit des beiß'gen Knoblauch's Aetze wir noch reiben Das Flugbrett und die Pforte, und mit Stachelgift Dem todten Räuber ausgezogen; jo vertreiben Die Näſcher wir, eh' ernſter die Gefahr uns trifft; Dabei vergeſſend nicht den längſt bekannten Brauch, Den Dieb zu ſcheuchen fort mit viel und ſcharfem Rauch. Auch laſſen wir noch Moſchus in dem Stock verduften, Daß der Geruch das Volk ſchon von den Dieben ſcheide, Und daß es zornentflammt den räuberiſchen Schuften, Als Fremde bald erkannt, die Lüſternheit verleide. Doch, wenn zu ſtark ſchon war des böſen Feindes Macht Daß unſre Bienen kaum den Kampf noch ſchüchtern wagen: Dann laſſen bei des Abends Kühle mit Bedacht Wir ſie ein Viertel-Stündchen weit zum Freunde tragen, Der gern ein Plaͤtzchen uns vergönnt für unſre Noth, Zum ſichern Schutz dem Volk vor einem bittern Tod. So thun wir's mit dem Einzeln-Stock; doch andern Rath Erdenken müſſen wir, wenn das beraubte Haus Noch neben ſich den engverbundnen Nachbar hat: 71 7 Wir nehmen dann die Bienen mit dem Bau heraus, Logirend fie als Einzeln⸗Stock nun jetzund ein, Vergittern luftig ihn an einem dunklen Ort, Bis über Nacht der Bau wird angefüget fein; Dann wandre, ſanft getragen, er zum Freunde fort. — — ·—ñ—e Wenn auf dem eignen Stand’ den Raubſtock wir entdecken Als Einzeln-Beute, bannen wir ihn gleichfalls weg; Der Dieberei ſogleich ein ſchnelles Ziel zu fteden: Iſt ein entfernter Bienenſtand der beſte Weg. Doch, wenn die Räuber uns in einer Beute liegen Aus der benachbart auch noch andre Volker fliegen: Dann geh'n ſie, ausgehoben, wie uns ſchon bekannt, Am nächſten Morgen drauf zum fernen Bienenſtand. Doch, wenn nicht ausnehmbar der Bau iſt, ſondern feſt, Du einen zweiten Stand auch kannſt Dir nicht gewinnen, Der Schwarm, weil gar zu ſtark, ſich auch nicht treiben läßt, Wie bändigſt dennoch Du den Raubftaat Deiner Bienen? Wir machen Arbeit ihm und viel Verlegenheit, Indem wir unter und auch in den Bau ihm ſtreuen Gemüll' vom Flachſe oder Hekſel. Seine Zeit Bedarf er jetzt, das Haus vom Unrath zu befreien. Er hat verdrießlich nun ſo viel daheim zu klauben, Daß lange ihm vergeht die böſe Luft zum Rauben. — Wenn kämen Raͤuberbanden uns von fremden Ständen Dann wir ſummariſch den Prozeß in Kürze enden: Als Standes-Herren üben wir die Polizei, Und laſſen den ertappten Dieb nicht wieder frei: Wenn wir mit Vorſicht erſt in Sicherheit gebracht Uns den beraubten Stock, an ſeiner Statt wir ſtellen Ein Häuschen auf mit Wachs und Honig drin bedacht, — Das lichte Gitter darf ihm ſeitwaͤrts auch nicht fehlen; — Die Hand ein Kartenblatt zum Trichter ſich geſtalte, Und ſchieben, — ragend' in das Häuschen etwas ein, — Die enge Röhre durch des Flugloch's kleine Spalte. — Bald werden alle Raͤuber drin gefangen ſein; 12 Vergeblich iſt ihr Muͤh'n, den Ausgang zu ergründen, Den ſie verzweifelnd nun am Gitter wollen finden. Wie, Lieschen, die Juſtiz die aufgegriffnen Diebe Zu Arbeits-Schwärmen bändigt auf beſonderm Stande, Daß nun das Zuchthaus ſtrafe ihre böſen Triebe Und ein erzwungner Fleiß hier büße ihre Schande: So müſſen jetzt auch die gefangnen Diebes-Bienen Als Arbeits-Hilfs-Corps einem ſchwachen Volke dienen, Im Abenddunkel und durch Rauch ihm beigeſellt, Nachdem auf fernem Stande wir es aufgeſtellt. — Befolgen, Lieschen, wir recht ſorgſam dieſe Lehren, Wird unſre Wachſamkeit kein Räuber leicht bethören. — $. 23. Ueber Weiſelloſigkeit und unvollkommenes Hausregiment, oder: die verwaiſte Familie; die hochbetagte Matrone; die alte Jungfer; die Dienſtmagd als Frau vom Haufe: und die Tochter mit der Mutter. Die verwaiſte Familie. Was ſchrei't das Haus dort auf in lauten Jammerklagen Und wandelt Aller Augen hier in Thränenquellen, Was zieht die Schmerzensblicke himmelwärts mit Fragen, Die ſtumm und doch beredt ein großes Leid erzählen, Was ſucht und ſucht in Unruh' immer doch vergebens Das Auge da und dort an den gewohnten Stätten?? Der armen Waiſen Troſt, die Stütze ihres Lebens, Für die zum Himmel betend ihre Herzen flehten, Die treue Mutter, — ſpricht die Wehmuth hier mit Zagen, — Die haben ſie in's kalte Grab uns fortgetragen. — Was ſchmerzlich dieſem Trauerhauſe iſt geſchehen, Das kannſt Du, Lieschen, bei dem Bienenſtocke ſehen: Wenn ſich das Haupt der Königin zum Tod' geneigt, Und durch das ganze Reich die Kunde iſt vernommen, Das Volk mit vielen Klagen und Geheul uns zeigt, Daß es um ſeine theure Herrſcherin gekommen. 73 Und unruhvoll und ängſtlich aus der Pforte drängen Sich viele Bienen ziellos fliegend hin und wieder, Und ſuchend, fie am Haus nach allen Seiten ſprengen. Auch drinnen in dem Staat zerſtreut der Schreck die Glieder, Daß ſie verlegen aus des Volkes dichtem Haufen Nun an den Wänden und den Scheiben flüchtig laufen. — (Doch, Lieschen, leicht kann uns ein falſcher Schein betrügen: Wenn ſich der warme Sommertag zum Abend neigt, Und Motten feindlich jetzt den Bienenſtock umfliegen, Sich wohl bei jedem Volk ein haſtig Laufen zeigt, Dem unwillkommnen Gaſt' den Zutritt abzufperren, Und ſeiner argen Liſt durch Wachſamkeit zu wehren. — Auch das Geheul und Klagen kann oft truͤglich fein: Wenn Fremde in den Stock ſind irrend eingedrungen, Und andre Fährlichkeit ſtürzt auf die Fürſtin ein, Dann wird gar viel bei lautem Kriegsgeſchrei gerungen. Daß ſiegreich hat die Königin den Kampf beſtanden, Du ſiehſt es bald, wenn friſche Eier ſind vorhanden. Bemerkſt Du aber, daß ſich wölben Weiſelzellen, Gelungen war's dem Feind, die Herrſcherin zu fällen.) Ob einem Volk des Winters Grauſen hat genommen Des Staates Oberhaupt, wird Dir der Lenz ſchon ſagen: Wenn fröhlich ſpielend und in ſtarken Schwärmen kommen Beim erſten Ausflug in des Frühlings ſonn'gen Tagen Aus ihren Thoren andre Völker, weite Kreiſe In luft'gen Wirbeln ziehen; matt und muthlos gehen Verwaiſte Völker aus der Pforte zum Beweiſe, Daß ihren Königen ein Herzeleid geſchehen. Und wenn am Abend jedes Volk zur Ruh' ſich legt, — Sich troſtlos und mit Klagen immer noch bewegt Die Waiſe, ſuchend die verſtorbne Herrſcherin, Und flieget noch mit banger Haft bald her, bald hin. — Wenn nun die Haſel und der Waldbaum erſt erfreu'n Mit buntem Blüthenſtaub als Brot die emſ'gen Bienen, Und ſie des Jahres erſten Segen ſammeln ein, Wirſt gleich ein neues Zeugniß wieder Dir gewinnen: Was die Geſunden ſich erbeutet an den Beinen, 74 Will mir wie weite, dicke Pluderhoſen ſcheinen. Die Waiſen, wie die Stutzer, dürr und enge tragen Die Unausſptechlichen, — läßt ſich im Gleichniß ſagen. — Wenn, Lieschen, ſich ein Stock auch dann noch brutlos zeigt, Da andre lange ſchon ſich reich bevölkert haben Mit Eiern, Maden und den Puppen in den Waben: Dort hat die alte Herrſcherin ihr Haupt geneigt. Vielleicht, daß eine junge ſchon den Thron beſtiegen; Des Volkes Ruhe und im Haus der rege Fleiß Und Eier, die bald wieder in den Zellen liegen, Sind ſehr erfreulich uns der zeugende Beweis. — Im Sommer wenn ein Volk entſandt die Kolonicen Als Schwärme anzubauen ſich an neuen Stätten; . Laß nicht verſäumen uns der ſtrengen Aufſicht Mühen, Den Mutterſtock vor Weiſelloſigkeit zu retten. Die junge Königin, die zur Vermählung reiſet, Wird oft verſchlagen, bald von Vögeln gar verſpeiſet, Und bei der Heimkehr auch durch Irrthum hingeriſſen Zu einem andern Volk, da ſie ihr Haus vergaß. Als Uſurpator, der ſich kecklich hier vermaß . Des fremden Thron's, — wird ſie nach Kriegsrecht todtgebiſſen. Vergeblich harrt in Sehnſucht ihrer Wiederkehr Indeß das eigne, treue Volk dort an den Thoren; Wie wird ihm mit der Daͤmmerung das Herz ſo ſchwer, Sie wiſſen jetzt unzweifelhaft, was ſie verloren. In Sack und Aſche Alle ſie der Nacht es klagen: „Wir find verwaiſt, man hat die Fürftin uns erſchlagen!“ — Waͤr', Lieschen, unſerm Auge ſolches auch entgangen So kann verborgen dennoch nicht der Unfall bleiben: Du ſiehſt, wenn andre Völker längſt ſchon angefangen, Die Drohnen mit des Sommers Scheiden auszutreiben, Daß mit Bedacht die weiſerloſen Nationen Sie ſorglich pflegend, ſelbſt im Herbſte noch verfchonen. Erkennen läßt als Waiſen ſie ihr nutzlos Mühen: Sich aus der Zelle, die das Blumenmehl erfuͤllt, Mit blinder Wölbung eine Koͤnigin zu ziehen. Durch Phantaſie und Blendwerk ſelber ſich hier ſtillt 75 Des armen Volkes Herz, — wie's oftmals muß geſchehen, Und wie, fo lang’ es Völker giebt, man hat geſehen: „Das Volk mag ſich durch kühne Phantaſie erſetzen, „Woran es ſich in Wirklichkeit nicht darf ergötzen.“ — Der Herbſt, wann wir die Heerſchau halten, liebes Kind, Wird unſerm Auge alle Völker offenbaren, Die ſpäte noch zu armen Waiſen worden find: Wenn mitten in der Bienen Brütelager waren Die Scheiben ohne Brut, doch reichlich hier die Zellen Mit Blumenmehl erfüllt, deß' Decke glänzend gleißt, Die hohlen Gaſſen nicht von frohen Schaaren quellen, Das Volk, wie andre, nicht ein muntres Vorſpiel weiſ't, — Dann, Lieschen, iſt die Nation gewiß verwaiſt. — Und endlich können uns im Lenz und Herbſt bekunden Verkommne junge Bienen auf des Stockes Grund, Daß in den Völkern nicht die Fürſten ſind verſchwunden. Wo dieſe Spur uns fehlte, — wäre kaum geſund Das Volk, und kann es bald ein Forſcherblick erweiſen: Daß hier vielleicht ganz werthlos iſt die Königin Und unfruchtbarlich, oder gar nur wohnen Waiſen. — So wollen pruͤfen wir mit aufmerkſamen Sinn Die Völker unſres Reichs nach allen Deutungs Zeichen: Daß nicht zum Schaden uns die Könige erbleichen. — — Die hochbetagte Matrone. Wir leben, Lieschen, um zum Tode hinzureiſen; Doch hat in Wahrheit nur gelebet, wer im Sterben Das Leben erſt gefunden. Glücklich den wir preiſen, Wem nicht das welke Blatt und die zerbrochnen Scherben Der irdiſchen Gebilde bange Zweifel wecken; Wer fröhlich hinter der Verweſung wüften Grauen Mit offnem Glaubens-Auge kann das Land entdecken, Wo ſich der Moder muß zur neuen Schöpfung bauen. Sieh', Lieschen, die Matrone dort, ſo ſchwach, ſo alt; Sie war, wie Du einſt auch ein blühend, friſches Kind. Die Bluͤthe iſt gewelkt, verfallen die Geſtalt; 76 Wie fluͤcht'ge Schatten flogen Jahre pfeilgeſchwind: Es keümmen ſich des Leibes Säulen, trippelnd nützt Der Fuß die ebnen Pfade, furchtſam er vermeidet, — Vom feſten Stabe in der Hand noch unterſtützt, — Die ſteile Höhe; grämlich wird dem Sinn verleidet Der Welt Verkehr, und ſtille in ſich ſelbſt zurück Zieht ſich das Mütterchen, und wünſchet einſam' Gluͤck. Und tiefer noch das ſilbergraue Haupt ſich neigt Zur Bruſt hernieder, die den Oden mühſam ſendet. Das Haupt, was feſt und königlich ſich einſt gezeigt, In Schwachheit jetzt ſich haltlos hin und wieder wendet. Es dunkeln ſich des Angeſichtes feur'ge Sonnen, In trübe Schleier hüllt die ſchöne Welt ſich ein, Und wenn das Oel dem ſchwachen Lichtlein iſt verronnen: Mit Tappen muß die Hand der Greiſin Hüter ſein. Und allgemach verſchließet auch dem Reich der Töne In Stumpfheit traurig ſich das Ohr; nicht mehr verſtehen Die Arme kann der Liebe Wort. Des Lebens Schöne Erſtirbt in Unempfänglichkeit; und träg' entgehen Der ſchwergewordnen Zunge lallend noch die Worte. Verſunken ſind die Lippen an des Mundes Pforte, Dem zahnlos jetzt das Mittagsmahl viel Mühſal macht. Der vollen Formen holder Liebreiz iſt zerfallen, Die alabaftern und in Roſen einſt gelacht; Und reichlich tief gefurcht die grauen Runzeln malen In Wehmuth uns ein Bildniß der Vergänglichkeit: „Wie alle Herrlichkeit verfällt der Macht der Zeit!“ Und in den Gliedern wird es Winter; nicht mehr treibet Das matte Herz den warmen Strom in weite Kreiſe; So langſam ſchlagen jetzt die Pulſe und ſo leiſe, Daß von dem Leben nur des Winters Plage bleibet. Und Fröſte rütteln an den alten mürben Gliedern, Und ob ſie Ruh' auch ſuchen, — weigert ſich die Nacht, Zu ſenden ſüßen Schlaf den müden Augenliedern: Wie immer hat das arme Mütterchen gewacht. — Verfallen wäre längſt des Hauſes Ordnung ſchon, — Haͤtt' die Matrone nicht an ihrem guten Sohn 77 Das ſcharfe Auge und die treuen, feſten Hände. Ihr ſchwaches Alter ſtützt ſich auf die junge Kraft, Daß ſtellvertretend er ihr Tagewerk vollende, Bis heimwärts ſie der Herr einſt ruft zur Rechenſchaft. — So, liebes Lieschen, auch im Bienenſtock' veraltet Die Königin, und meiſt ſchon mit dem dritten Jahr. Genügend uns, wenn ſie bis dahin hat verwaltet Das Haus, dem ſie die ſchöpferiſche Seele war. Ermattet kann fie neue Kräfte nicht gewinnen, Im Reiche jedem Stande volles Recht zu geben, Nicht möglich iſt's ihr mehr, — zu ſchaffen Arbeitsbienen, Und zeugt fortan die Drohnen nur als nutzlos Leben. Des Staates nahen Fall bekunden uns die Zellen, Wo zahlreich ſich die Wölbung hoher Kuppeln zeigt; Der Schluß, — daß unbrauchbar die Fürſtin, — kann nicht fehlen, Weil immer ſchneller ſich das Arbeitsvolk zum Ende neigt. Wenn wir den Stock noch ferner hilflos ſtehen laſſen, Wird Volk und Mütterchen zur Leiche bald erblaſſen. Das Alter nicht allein verzehrt der Mutter Kraft; Sie kann zur unfruchtbaren Greiſin frühe werden, Die zu des Reichs Verderben nur noch Drohnen ſchafft: Wenn böſer Zufall ihrem Leib' gebracht Beſchwerden Durch Kälte, Quetſchung, oder wenn ſie nicht entwichen Im harten Kampf des eingedrungnen Feindes Stichen. — Wenn Kinder dankbar ſollen ihre Mutter pflegen, Das greiſe Haupt verehrend hoch in ihrem Haus: So darf der Bienenſtock Matronen ſich nicht hegen, Wir trugen bald ſonſt zu den Todten ihn hinaus. — Die alte Jungfer. Wie unbeweibt, mein Lieschen, viele Maͤnner bleiben, Und ehrbar ganz allein ſich ihre Zeit vertreiben: So giebt es auch auf dieſer Welt, mein liebes Kind, Viel gute Weibeleln, die unbemännert ſind. Die Gründe hab' ich niemals dürfen recht erfahren; 18 's iſt ein Myſterium, das ſte nicht offenbaren. Vielleicht iſt's ſo Geſchmack. Daruͤber mit den Leuten, — Wie uns das Sprichwort warnt, — iſt weiter nicht zu ſtreiten. — Doch bei den Bienen, Lieschen, weiß ich's ganz genau, Warum als alte Jungfer hier die Königin Verblieben iſt, und nicht geworden eine Frau. — Schon lehrte Dich's mein Lied beim erſten Anbeginn: Daß ſich die königliche Jungfer den Gemahl In freier Sitte ſelber ſucht auf luft'gen Reiſen, Und Prinzen findet ſie im Sommer überall, Die ſich durch ihrer Liebe Wahl ſehr glücklich preiſen. Die junge Frau kehrt heim von ihrem Hochzeits-Reigen, Um bald als Mutter ſich dem frohen Volk zu zeigen. Laß Dich die Sitte nicht verdrießen, liebes Kind: Denn wiſſe: Könige ganz andre Menſchen ſind. So haben ſie denn auch zu allen Zeiten Gefreiet nicht gleich andern ſchlechten Leuten; Sie können Links und ſelber gar pro Cura frei'n Bei Andern muß es Rechts und in Persona ſein. Man ſagt, daß Könige auch manche Sachen Zu ſpäte oder noch zu frühe machen. — So iſt's der Bienen-Königin ergangen, Die ſpät erblickte erſt im Herbſt das Licht, Sie konnte den Gemahl nicht mehr umpfangen? Denn Drohnen-Prinzen giebt's fo fpäte nicht. Das gleiche Loos hat die Prinzeſſin auch betroffen Die allzufrüh im Jahr der Wiege iſt entſtiegen. Vergeblich blieb ihr Sehnen und ihr ſtilles Hoffen, Wie oft ſie dem Gemahl auch mocht' entgegenfliegen; Denn nach des Reiches Ordnung ſchenkt des Maies Wonn Den Drohnen-Prinzen erſt den Flug zur Frühlingsſonne. Mein Kind, verſtändlich habe ich Dir nun beſchrieben, Warum als Jungfer iſt die Königin verblieben. Und wie Matronen ſind des Bienenſtockes Tod, So bringt als Drohnen-Zeugerin die gleiche Noth Die alte Jungfer. — Hoch und werth wir ſonſten halten Die Jungfrau, die es vorzieht, einſam zu verbleiben; 19 Doch wollen unſern Bienenſtock wir noch erhalten: Dann müffen eiligſt wir die Jungfer ihm vertreiben. — — Die Dienſtmagd als Frau vom Hauſe. Ich ſag' es, Lieschen, wiederholt, daß mit den Leuten Man uͤber den Geſchmack niemalen dürfe ſtreiten. Drum laſſen wir gewähren auch recht herzlich gern, Was jeden glücklich macht; — wie jenen feinen Herrn, Der plötzlich war mit heißer Liebesgluth entbrannt In eine Magd, die erſt dem Stalle iſt entrannt. Er ſetzt als Frau ſie wirklich in ſein Haus nun ein, Und wuͤnſcht, — daß ihre Rolle auch ſie möge ſpielen. — Da einem Weibe muß das Schwerſte möglich ſein: Wie ſollte ſich die Magd als gnäd'ge Frau nicht fühlen? (Ein Ruprecht weiß in wenig Zeit es auszuführen: Den gröbſten Lederbalg als Gräfin aufzuzieren.) Gar Viel wird eingeſchafft, und Glanz gekauft dem Haus Die junge Frau räumt in der Stadt die Läden aus, Und ruht und raſtet nicht, bis vornehm die Geſtalt Vom Kopf bis zu den Füßen präſentirt der Spiegel. Was fehlte ihr denn noch? Sie iſt doch mit Gewalt Die gnäd'ge Frau, und hebt nun wie ein Schwan die Flügel! Wie ſchön muß ihr am Hut der dicke Schleier ſtehen, Mit dem ſie pflichtgemäß ihr Antlitz jetzt verhüllt; Nicht nobel waͤr's, — die Sonne unverdeckt zu ſehen; Den Stand zu ſichern, iſt die Frau ſehr ernſt gewillt. Gewaltig herrſchet ſie, um Nichts ſich zu vergeben; Doch weiß den Takt ſie nicht und rechtes Maaß zu finden, Wo ſie den Anlauf nimmt, ſich vornehm einzuleben, Und einen reſpektablen Standpunkt ſich zu gründen. Bald knauſert ſie gemein, bald prahlt ſie allzuviel; Doch ſteuert ſie mit Allem nach dem höchſten Ziel: Daß herrſchaftlich muß fein des Schein und die Geſtalt; Was kümmert weiter fie der Geiſt und der Gehalt; Ein ſchöner Puppenrumpf trägt ſie von ihrem Schneider Als Zeugniß ſeiner Kunſt die neuſten Modekkeider, 7 80 Und ſpreizt im Reifrock ſich, wie mit dem Rad der Pfau; Doch öffnet ſie den Mund, dann klingt es wie: „Miau“! Als Gegenbild, mein Lieschen, zeigt die gleiche Miene Ein weiſelloſes Volk, das ſich zur Herrſcherin Erkoren aus Verzweiflung eine Arbeitsbiene. Sie ſpielt zwar Majeſtät, doch keine Königin: Es ſtößt die Magdnatur ſie immer in den Nacken, Da boshaft ſie gemeine Bienen beißt und ſticht, Und wenn es unſrer Hand gelänge, ſie zu packen, Wir wären ſelber ſicher vor dem Stachel nicht. Die wahre Majeſtät gebraucht mit hohem Sinn Ihr Schwerdt nicht gegen niedres Volk, und ſelbſt zu klein Iſt ihrem Zorn der Menſch; als würd'gen Feind allein Bekämpfet ſie die ebenbürt'ge Königin. Die Magd, mein Lieschen, — haft es früher ſchon gehört, — Wenn ſie als Herrſcherin im Bienenſtocke waltet, Durch Unverſtand ſehr bald die Ordnung hier verkehrt; Denn jedes Reich zur Hunger-Wirthſchaft ſie geſtaltet. Das Cierlegen hat ſie zwar ſich abgeguckt, Und denkt, wie der Rekrut was Großes ſchon zu fein, Wenn er juſt wie fein Hauptmann väufpert ſich und ſpuckt: So legt ſie Eier äffiſch in die Zellen ein. Doch hat ſie nicht gelernt, ſie richtig aufzuſtellen; Das Rechnen ſcheint fie auch nicht ſonderlich zu quälen: Hier fehlt im Topf das Ei, dort haͤngt mit dummen Sinn Sie in die Zelle oft ein halbes Dutzend hin. Gar leicht iſt in der Frau die Dienſtmagd zu ergründen: Sie kann bei ihrem Thun das rechte Maaß nicht finden; Und was ſie ſchafft im Stock, — iſt nimmer ihr zu lohnen, Sie zeugt uns zum Verderben doch nur faule Drohnen. — Mag, Lieschen, wer da will als Frau die Dienſtmagd frei'n Die Frau im Bienenſtock darf fürſtlich Blut nur fein! — Die Tochter mit der Mutter. Obſchon, mein Lieschen, ſtets im Bienen-Reich regiert Als abſolut nur Eine Königin, — ſo ſagen 81 Doch manche Fälle die uns zwingend überführt: Daß Tochter ſich und Mutter ſeltſam hier vertragen. Gar chriſtlich iſt es zwar nicht eben hergegangen, Da nach des Volks Beſchluß die Mutter man entthronte: Als Sondergunſt des Schickſals durfte ſie's erlangen, Daß wider allen Brauch ihr Leben man verſchonte. Die alte Fürſtin wird vergeſſen; abgeriſſen Iſt ihr der Purpur; ſchmachvoll zur gemeinen Biene Die Nation ſie degradirt, und ſpöttiſch grüßen Die niedern Arbeitsknechte ſchadenfroher Miene Die tiefgefall'ne Größe; kriechend fie jetzt kuͤſſen Den jungen Thron. Das Herz bricht traurig der Matrone; Das Volk, was ſie mit Mutterliebe ſich geboren, Verwirft ſie, wie entleert man wegwirft die Zitrone, Und hat ihr treulos unverdienten Haß geſchworen. Und wenn die Tochter mit dem Hofſtaat ſich bewegt Durch ihres Reiches Marken, und der Zufall führet Die Mutter ihr entgegen; ach, dann rupft und ſchlägt Tyranniſch ſie das greiſe Haupt, mit nichten rühret Das ſchwache Alter ſie, und ſtutzet grauſam noch Bis auf die Wurzel ihr der Flügel matte Schwingen. Und die einſt thronte über ihrem Volk fo hoch, Muß ihren Lebensabend gleich dem Wurm verbringen. Kaum daß man ſie im Winter noch im Reiche duldet; Doch, wenn die Frühlingsſonne leuchtet in das Haus, Dann hat das Leben als Verbrechen ſie verſchuldet; Ermordet wirft die Mutter man zum Thor hinaus. Ein Trauerbild, mein Lieschen. Wehe, daß wir ſollen In manchem Chriſtenhaus es ſchmerzlich wiederſehen, Wo undankbare Kinder ihren Eltern grollen: Daß ihr Begräbniß iſt noch immer nicht geſchehen, Und wo mit Füßen tritt ein ſchnöder Rabenſohn Des heiligſten Gebotes füßen Gotteslohn. — 82 $. 24. Wie kann man einem weiferlofen Stode am Beſten helfen? Das verlorene Paradies und Steffens ſchneller Troſt. Der Uebel richtige Erkenntniß, Lieschen, leitet Naturgemäß von ſelbſt zu ihrer Heilung hin. Wir haben uns dadurch den Weg ſchon vorbereitet: Zu helfen unſerm Volk mit einer Königin, Die jung und rüftig ihrem Reiche Kraft verleiht, Des Sommers ſüße Erndten freudig einzutragen, Daß ſtark und muthig ſtets zum Kampf es iſt bereit, Und nicht erſchrickt in Schwachheit vor des Winters Plagen. Wie mit den Waiſen man im frühen Lenz verfährt, Um viele Zeit und nutzlos Muͤhen uns zu ſparen, Womit ein Kluger ſich niemalen gern beſchwert, Das haft Du, liebes Lieschen, jüngſtens ſchon erfahren. — Wenn mit den Maien uns die Drohne wird geboren, Dann bluͤht die beſſre Hilfe unſerm Bienen-Reich; Die arme Waiſe haben meiſt wir unverloren, Sie ſtützend, wenn ſie volkreich noch, mit Brut ſogleich. Daß ſicher der Erfolg uns ſei, — wir wohl bedenken, Wie wir der Waiſe mit den Eiern und den Maden Auch lebensvolle Brut mit jungen Bienen ſchenken: Sie ſind es, die im feur'gen Eifer jetzt berathen Das arme Volk mit neugeſchaffnen Weiſelwiegen, In denen hoffnungsreich die Königstöchter liegen. — Doch, um vor böſem Irrthum ſicher uns zu hüten Bei Völkern, die das Auge in Verdacht genommen, Noch erſt wir prüfen, ob vielleicht hier Mütter brüten, Von denen unfruchtbar dem Stock nur Drohnen kommen. Bevor wir nicht die alten Jungfern und Matronen Vertrieben aus dem Reich, da ſchädlich ſie nur thronen: Wir nimmer wagen dürfen, Völker zu kuriren, Wir würden unſre Zeit und Arbeit nur verlieren. — Wir können, liebes Lieschen, auch zu Huͤlfe kommen Dem weiſelloſen Volk durch eine Königin, Die nutzbar einem andern Stocke wir entnommen: 83 So gründen baldigſt wir zur vollen Kraft es hin; Und jener bauet uns willkommne Königszellen, Die wir zur Kur für andre Waiſen dann erwählen. Daß ihnen ſich das Arbeitsvolk in Balde mehre: Verſtärken wir ſie noch mit Tafeln reicher Brut. Beſinne Dich, was uns beim „Nachſchwarm“ war zur Lehre: Dies komme als Erinnerung uns hier zu gut. — Viel ſchwerer, Lieschen, iſt der Haushalt aufzurichten, Wo ſich als Frau die Arbeits-Biene eingeſeſſen; Doch iſt bisweilen ſie bereit, noch zu verzichten Auf die Regierung, deren hier ſie ſich vermeſſen: Wenn erſt ſeit kurzer Friſt das Scepter ſie errungen. Dann wird die Rettung leicht mit friſcher Brut gethan, Und auch durch Weiſelzellen iſt ſie bald gelungen; Noch lieber nimmt das Volk die wahre Mutter an. — Doch wußte ſich die Dienſtmagd allzulange ſchon Mit keckem Selbſtgefühl als Herrin auf dem Thron: Dann iſt's umſonſt, die Brut dem Volke einzuſtellen; Es ſorget erſt nicht mehr, zu ſchaffen Weiſelzellen. Dem ſchlechten Uſurpator hat es ſich ergeben, Und hält verblendet feſt an ihm auf Tod und Leben. Vergeblich iſt's, daß noch die echte Majeſtät Dem Reiche wird gezeigt: Ja, wuͤthend ſich erfrechen Die Haufen, wenn die Fürſtin unſerm Schutz entgeht, Im blut'gen Hochverrath ſie meuchlings zu erſtechen. Was thun wir, Lieschen, doch mit ſolchem Drohnen-Staat? Der kluge Bienenvater weiß hier guten Rath: Damit er ſich nicht länger fruchtlos quäle, Setzt er das Meſſer flugs ihm an die Kehle! — Das gleiche Loos bereiten wir im Herbſt den Waiſen, Die nur als matte Schatten ſchleichen ſchwach und arm. Iſt weit und ſchön des Reiches Zellenbau, — wir weiſen Mit Vortheil dort hinein den rüſt'gen jungen Schwarm, Dem Ungunſt wehrte, wohnlicher ſich auszubauen Sein Haus, um froher ſich dem Winter zu vertrauen. — Den Mutterſtöcken, die uns Schwarme abgegeben Aus Vorſicht friſche Brut wir eilen einzuſtellen: 6* 84 Wenn ja die Fürſtenbraut im Flug verlor ihr Leben, Daß Eier nicht dem Volk zu Königszellen fehlen. — Und wenn zwei Völker wir im Herbſte kopuliren Zu Einer Nation, — erſt ſorgſam wir entführen Die ält're Herrſcherin, und weihen ſie dem Tod. Die junge dem vereinten Volk die Fürſtin ſei, Doch eingekerkert noch, erſparend ihr die Noth Des Kampfes, und entlaſſen beſſer ſie als frei In wenig Tagen erſt. So weislich wir bewahren Die Völker und die Fürſten ſicher vor Gefahren. — Was hier noch weiter der Beachtung ſcheinet werth, Das iſt Dir, Lieschen, bei „den Schwärmen“ ſchon gelehrt. — Das verlorne Paradies. Ein unbekanntes Etwas füllt mit ſüßem Sehnen Der Jungfrau Herz, die aus dem Mädchen dort erblüht. Das Auge ſchwimmt ihr oft in unverſtandnen Thränen, Sie fühlt, daß ein Magnet an ihrer Seele zieht: Und was am Tage ſie wie flücht'ge Luftgeſtalt, — Die keuſche Wange röthend, — fieberiſch durchbebet, Wofür das Wort ſie noch nicht fand, — ein Traum ihr malt Zur Form, in der des edlen Mannes Urbid lebet. Dem ſel'gen Blicke wird ein Eden aufgethan; Die Liebe lehrt fie jetzt, ſich ſelber zu verſtehen! Was fie verſenkt in Ahnungen geſtaltlos ſann, Das hat verkörpert ſie im Ideal geſehen. Sie trägt's als heil'gen Schatz im Herzen ſtillverborgen, Und glaubt: Er lebt ihr irgendwo, den ſie geſchaut; Und wie die Nacht nicht zweifelt an dem jungen Morgen: So feſt ſie auch der Wahrheit ihrer Hoffnung traut. — Und ſieh', ein freundliches Geſchick es gnädig füger, Daß um ihr Herz in treuer Minne wirbt ein Mann, Dem ihr Gedenken ſchamhaft gern entgegenflieget, Und der im Druck der Hand ihr warmes „Ja“ gewann: Er iſt's, er iſt's, — fie hat ihr Ideal gefunden, a Mit dem ſie freudig will die Fahrt durch's Leben wagen, 85 In ihm zu leben nur allein, mit ihm verbunden, Des Schickſal's Unbeſtand und Schläge zu ertragen. Dem Aug’ der Glücklichen entſtrahlt ein himmliſch' Licht, Und Sonnenſchein ergießt ihr klopfend' Herz von Innen, Und überirdiſch fühlen ſie die Erde nicht, Die Seelen läßt die Lieb' in Ein Gefühl verrinnen. Die Welt verklärt ſich ihnen in's Elyſium, Und goldne Träume weben ſeliges Entzücken In ihre Zukunft ein, und Himmel iſt ringsum So oft ſte wonniglich ſich in die Augen blicken. — Sie ſegnend fügt der alte Vater ihre Hände Auf die zu böſer Deutung ſeine Thräne fällt, Gewährend gern, daß bald des Prieſters Spruch vollende Der Herzen Bund, den ſie als ewig ſich erwählt. — Zum Paradies baut lieblich ſich ihr Eheſtand Die reinſte Seelenfprache iſt ihr Wort und Blick; Und ſchweigt der Mund, ſo ſagt's der ſanfte Druck der Hand, Wie fie durchathmet find von unbegrenztem Gluck. Die Flitterwochen dehnen ihnen ſich zu Jahren, Nicht bleicht der jungen Liebe Glanz Gewohnheit ab; Denn wahre Liebe kann von Jahren Nichts erfahren, Nur wo der Mann vom Bräut'gam ſcheidet, iſt ihr Grab. — Sie geben täglich ſich, ſich täglich neu empfangend, Um eins im andern ſich, ſelbſtopfernd zu verlieren, Nach keinem größern Glück in dieſer Welt verlangend: Als daß vereint ein guter Gott ſie möge führen. — Schon fünfmal grüßte ſie der Lenz, und ſah in Flur Und Garten Arm in Arm ſie als Dieſelben wieder. Du ſagſt: „noch ganz Dieſelben“? Nein, die Mutter nur Singt froh jetzt dreien Knäblein ſüße Abendlieder. Und ſcherzend der Gemahl oft liebenswürdig zanket, Wenn ſeine Augen auf die kleine Nachwelt ſchauen, Daß ihm dies Bübchen hier die Aehnlichkeit verdanket, Und leugnet das Verdienſt von ſeiner lieben Frauen; Doch räumt's zum Friedensſchluß er endlich lachend ein: Es könnte die Neutralität noch möglich ſein, Das zwiſchen ihm und ihr das Bildniß glücklich ſchwanket. — 56 Wie fonnig ift ihr Loos! — Sie werden's nicht gewahr, Daß ſich der Himmel ſchwärzt, verlöſchend ihre Sterne: Des Todes Engel, ach, entführt im Neuen-Jahr Der Gattin den Gemahl in weite, weite Ferne. Wer faßt den Schmerz, wer zählt die Thränen, die gefloſſen? Wer mißt den Gram, empfindet alle Leiden nach Der Armen, der ihr Paradies ſo früh verſchloſſen?? Ihr Denken und Gefühl, es iſt Ein Weh und Ach! — Sie ſteht wie ein vom Sturm zerknickter Blüthenbaum; Verſieget iſt die Quelle, wo ihr Glück entquollen; Die Welt iſt einſam ihr, — ein freudenleerer Raum; Was ſie noch freut, — muß die Erinnerung ihr zollen. Wie vor dem Bienenkorbe wir ſo rathlos ſtehen, Der allzufrüh im Lenz ſein Oberhaupt verloren: So wenig wir für ſolchen Schmerz auf Erden ſehen Den Troſt, er wird allein vom Himmel uns geboren. Es träufelt auch der Trauernden die ew’ge Fülle Den milden Balſam in des Herzens tiefe Wunden, Beruhigend den lauten Schmerz zur ſanften Stille. Des Geiſtes Auge hat den Sonnenblick gefunden Nach jenen Welten hin, wo heimiſch ſie verkehret Mit dem Gefährten, der geliebt ihr angehöret. Wenn aus dem Endlichen gelöſt ſich oft verlieren Ihr die Gedanken, ach, dann fühlt der innre Sinn Entzückt des Heißgeliebten geiſtiges Berühren, Und zieht getröſtet ſie mit zur Verklärung hin. — Sie baut zum kleinen, ſtillen Paradies ſein Grab, Und läßt ein Leben ſich aus Blumen auferſtehen; Sie bildet dem Geliebten ſich als Flora ab; Er wird ſie ja als ſolche immer noch verſtehen: Im Morgenthau bringt Flora ihre Sehnſucht thraͤnend; Und, wenn des Mittags heiße Gluth zur Erde neigt Der Blumen zarte Kelche, Kuͤhlung ſich erſehnend: Will Flora, da ſo traurig ſie das Haupt jetzt beugt, Es ſagen, immer wieder ſagen ihrem Gatten: „Mit Dir verlor ich meines Lebens Schutz und Schatten.“ Und wenn die Sonne ſinkt, die Heerden heimwärts ziehen, 87 Die Blümlein neu erfriſcht das liebe Grab umblühen: Dann hat auch Flora ihrem Freund das Werk vollbracht, Wenn fie im Abendthau geweint ihm: „gute Nacht“! —— Steffen's ſchneller Troſt. Es glotzt der rohe Steffen dort mit großen Augen Nach jenem Pfüͤhl, wo röchelnd eine Bruſt ſich hebt, Und fchüttelt mit dem Kopf; es will ihm juſt nichts taugen, Daß immer, immer noch das kranke Weib ihm lebt. Zu lange hat dem Unhold müßig ſie gelegen; Verwinden kann er's nicht, daß ihre Hände ruh'n, Daß ſie die Füße nicht kann in der Wirthſchaft regen, Und ihre Arbeit muß bezahlter Lohndienſt thun. — Er macht zum Tort ihr in Gedanken ſchon die Runde Als Freier, werbend in der weiten Nachbarſchaft, Und wartet gleich dem Diebe der Erlöſungsſtunde, Wo glücklich er entſpringen kann aus ſeiner Haft. Die Stunde ſchlägt: Das arme Weib hat ausgelitten; Und Steffen macht vergnügt ein trauriges Geſicht. Er läßt die ganze Freundſchaft in die Trauer bitten, Zu leiſten ſeiner Ehefrau die letzte Pflicht. Der Steffen will nicht, daß die Leute ihn verſchrei'n, Und darum richtet er ein groß Begräbniß ein. Er wird ſich vorſeh'n ſchon; denn friſches Geld in's Haus Bringt ihm die zweite Frau, und wetzt die Scharte aus. — Die ſtille Dulderin wird endlich hingetragen An ihren Friedensort, und viele Herzen klagen Mit wahren Thränen um die vielgeprüfte Frau. Der Steffen ſieht's, und vor ihm wird's bald ſchwarz bald grau; Doch legt er flugs den Panzer wieder über's Herz Verſchließend ſich dem eignen und dem fremden Schmerz. Und als die arme Hülle man hat eingeſenkt, Und Jeder ihr die Hand voll Erde noch geſchenkt, Da ſtiert zuletzt auch Steffens Auge in das Grab, Und quält ih Anſtand's halber eine Thräne ab. — 55 Für feine Freundſchaft muß ein Uebriges gefchehen: Und Steffen läßt mit einem Schmauſe ſich noch ſehen. Er ſpricht: Was man nicht ändern kann, muß man vergeſſen; Und allen Todten wuͤnſcht er gern die ſanfte Ruh'. Nun dämpfen fie den ſchweren Gram mit vielem Eſſen, Und trinken tiefbetrübt auch Bier und Schnaps dazu. Die herbe Trauer greift bei manchem guten Mann Das theilnahmsvolle Herze ſo gewaltig an, Daß vor Betrübniß faſt er kaum mehr ſtehen kann. Der große Schmerz hat Manchem fo den Sinn verwirrt, Daß er in Heimkehr auf dem Wege ſich verirrt. Doch Alle es zum Ruhm' des Bruder Steffen ſagen Am nächſten Sonntag Abend in des Dorfes Krug, Bekraͤftigend annoch mit vielem Tiſchaufſchlagen: „Dort hat's an Nichts gefehlt, wir hatten Alle g'nug“. — Der Steffen, — munkeln ſie, — wird nicht gar lange ſuchen, Und gab's uns ſelber halb und halb ſchon zu verſtehen: Er ſchickt in ein'gen Wochen uns den Braͤut'gams-Kuchen, Dann Alle fröhlich wir zur Hochzeit wieder gehen. — §. 25. Von den Krankheiten der Bienen und einigen menſch— lichen Gebrechen; oder: die Ruhr, die Faulbrut, die Tollſucht und die ſogenannte Hörnerkrankheit. Es giebt der gute Gott, mein Lieschen, viele Freuden Mit milden Vaterhaͤnden jeder Kreatur; Doch zählte ſeine Weisheit auch die bittern Leiden Den Erdenlooſen bei. Sie ſind die goldne Schnur, Die hier in Liebe Herzen an die Herzen bindet, Die Kräfte einend zum Erdulden, Dienen, Wehren; Was nimmer je ein Menſch in feinem Glücke findet, Muß ihm als beſſres Glück ein Leiden erſt gebären. 89 . Die Uebel ſind die Finger, welche aufwärts winken In's Reich der Freiheit, wo uns Stückwerk nicht mehr lähmt, Und aus dem Wermuthsbecher wir den Glauben trinken: Daß jeden Seufzer die Vollendung einſt beſchaͤmt. Auch Deiner nicht, mein Lieschen, wird die Erde ſchonen, Und wirſt den Antheil ihrer Schmerzen müſſen tragen; Doch jeder Kreuzestreue glänzen Siegeskronen, Und unſern Finſterniſſen wird ein Morgen tagen! — Den Bienchen, Lieschen, hat der Schöpfer zugedacht Ein lieblich Loos, jo blumig und fo blüthenreich, Daß Arbeit ihnen Luſt ſelbſt und Genuß nur macht Und größre Mühen größre Freuden ſind dem Reich. Doch ſind nicht ungetrübt auch ihre Lebenstage, Sie theilen mit uns Erdenkindern manch Gebrechen: Die Ruhr, des Menſchen Schrecken, iſt oft ihre Plage, Davon die Urſach' wir und Heilung jetzt beſprechen: Wenn allzutraͤg des Winters harte Stunden ſchleichen, Kein milder Tag die Reinigung den Bienen gönnt, Dann muß aus Angſt, was ſie verdaut, dem Leib entweichen, Wie ſchwer ſich auch ein Volk zu ſolcher Noth bekennt. Beſchmutzt vom Unrath ſind die Wände und die Scheiben, Durchnäßt entflieht die Wärme den befleckten Bienen; Je länger als Gefangne fie im Stock verbleiben, Wird um ſo ſchneller ihre Zahl und Kraft zerrinnen. — Wohl können Völker faſt fünf Monden ſich enthalten Der Reinigung, wenn warm und ungeſtört ſie ſtehen, Wenn auf geſunde Winternahrung wir ſtets halten, Die wir in gut bedeckten Tafeln uns erſehen. Iſt's möglich, ſtatt des Honigs von der Haide, geben Wir unſerm Volk des Blumen-Honigs volle Waben; Er ſchützt naturgemäß am Sicherſten das Leben. Doch, wenn von dieſem Nektar wir nicht Vorrath haben: Dann wir dem Winterlager eine Hilfe bringen Mit feſten Kandis-Stücken. Sparſam ſie verzehrt Das Volk, und löſend ſie, — lehrt es der Durſt gelingen: Daß ſchaͤdlich nicht im Stock die Näſſe ſich vermehrt. Wenn Noth gebeut, — weil uns die vollen Scheiben fehlen, — 90 Den flüß’gen Honig zum Erſatz dem Volk zu reichen: Als rechte Zeit des Sommers Ende wir erwählen, Daß noch der Herbſt vergönnt, den Honig zu verſtreichen. — Ein feſtes, warmes Haus mit dicken Wänden hindert, Daß bei des Winters Strenge ſich das Volk verkühlt, Und daß, — ſich Wärme zeugend, — es den Vorrath mindert, Und ein verderblich Uebermaaß die Leiber füllt. Der böſen Krankheit leichtlich iſt dahingegeben Bei rauher Kälte ein zu ſchwacher Bienen-Schwarm, Und um ſo mehr wir zittern für ſein armes Leben, Wenn unbehaglich iſt das Haus und wenig warm. Wir lieben unſer Volk, wenn wir dem Froſte wehren, — Und ihm den Schutz durch Hüllen noch und Obdach mehren. — Daß ſich in Ruhe ſtets der gleichen Wärme freue Das Volk, laß ſorgſam wachen uns, es zu behüten Vor Mäuſen, Vögeln und Geräuſch, — daß nicht zerſtreue Im Stock der Haufe ſich; und gleichfalls auch verbieten Wir uns den Sonnenſtrahl als Störenfried im Reich; Er ſchlägt trotz Kälte und trotz Schnee Allarm ſogleich, Daß unruhvoll die Bienen hin und wieder wühlen, Und durch Enthäufung leicht gefährlich ſich verkuͤhlen. Beachten wir mit Vorſicht, Lieschen, dieſe Lehren: Wird man die Ruhr bei uns als ſeltne Klage hören. — Doch hätte jemals unſer Volk dies Leid betroffen, So läßt uns jeder warme Tag die Hilfe hoffen.“ Jetzt ſtören wir gefliſſentlich ihm ſeine Ruh', Zum Ausflug lockend es, und reizen noch dazu, Indem verdünnten Honig wir ihm lauwarm reichen. — Wenn fröhlich bald die Thierchen durch die Lüfte ſtreichen, Entlaſtend ihren Leib, fo iſt ihr Heil vollbracht, Die Reinigung hat allem Leid ein End' gemacht. — Des milden Tages Gunſt wir ſchleunigſt noch benutzen, Des Volkes Haus vom Unrath möglichſt rein zu putzen, Den Schimmel und den Schmutz den Tafeln abzuſchneiden, Doch ſo, — daß wir dem Stock Verkühlung auch vermeiden, Und Lücken nicht bereiten, achtend drauf genau, Daß wohl noch gut geſchloſſen ſei der Scheiben-Bau. 91 Wenn wir dann wieder warm den Stock in Ruhe halten, Wird er im Lenz geſund fein Leben froh entfalten. — Ich könnte wohl, — doch darf ich, Lieschen, es nicht ſagen: Wie bei uns Menſchenkindern man die Ruhr kurirt; Die Aerzte wurden flugs als Pfuſcher mich verklagen, Weil Rath und Weisheit dem Diplome nur gebührt. Ich mag es nicht wie Petſch mit Aepfelwein verſchulden, *) Den rechtlich man verdonnert hat zu dreißig Gulden, Weil er im blinden Feuereifer nicht beachtet: „Daß wir an die Doctoren Alle ſind verpachtet.“ Drum, Lieschen, müſſen uns wir Kranke ſchon bequemen, Was amtlich uns die Aerzte ordnen, einzunehmen; Und dürfen ſtraͤflich uns von Andern nicht vermeſſen, Zu nehmen unſer Heil durch Trinken oder Eſſen. Du frägſt, mein Kind, verwundert mich: Warum? Die Gründe der Doctoren find nicht dumm: Sie fürchten ſehr, es dürfte doch wohl möglich fein, Daß, ihnen zum Verdruß auf dieſer armen Erden, Durch Baunſcheidtismus, Waſſerkur und Aepfelwein Noch die Geſundheit könnte epidemiſch werden. Doch ſtill! Wir ſind der Ordnung Freunde, nicht Rebellen, Und bleiben den Doctoren wohlgeneigt und treu; + Ob wir nun länger oder kurzer hier uns quälen, Vom Tode macht ja doch kein Aeskulap uns frei. Drum ſoll gemeinen Pfuſchern das Geſetz es wehren, Der Wiſſenſchaft Syſtem den Aerzten zu verderben; Wo bliebe das Verdienſt, daß man in allen Ehren Durch ihre Hilfe kann — noch wiſſenſchaftlich ſterben. — Denn wenn das Pünktlein kommt, was ihnen iſt zu fein, Schickt man uns doch zuletzt zum Sanitäts-Rath Hain. **) ) Petſch in Berlin iſt berühmt durch feine glücklichen Kuren mit Aepfelwein. ) Hain, General-Stabsarzt bei der großen Armee, iſt der bekannte Wunderdoctor, welcher jeden von den Aerzten aufgegebenen Patienten ganz unfehlbar und glücklich kurirt. Wegen ſeiner unbegrenzten Opferwilligkeit 92 Die Faulbrut. Wir muͤſſen, liebes Lieschen, von der Faulbrut ſagen: Sie iſt des Bienenvaters Schrecken aller Schrecken; Denn wohl vergeblich meiſt wir ihre Heilung wagen, So ſchwer faſt, — als der Schwindſucht Leben zu erwecken. Wie hier die Lungen eiternde Geſchwuͤre quälen, Und die gewölbte Bruſt bald platt zuſammenfällt, So fault die junge Biene ſchleimig in den Zellen, Und ſinkend ihrer Decken Wölbung nicht mehr haͤlt. Ein Odem der Verweſung weht uns ſchaudernd an, Der Leichen Faulniß ſchafft das ſichere Verderben Dem Scheibenbau, den keine Macht mehr retten kann, Und in den Wiegen meiſt uns alle Kinder ſterben. — Was thun wir klüglich, Lieschen, nun in ſolchem Leiden? Gewahren wir im Herbſt das Uebel, — weitre Noth Am beſten wir für unſern Bienenftand vermeiden, Wenn wir dem Stock durch Schweſel geben ſchnellen Tod. Dann ſäubern wir recht ſorgſam das entleerte Haus, Noch brennend mit des Strohes flücht'gem Feuer aus; Doch dürfen nutzen wir die Wohnung erſt nach Jahren, Und mögen ſie bis dahin luftig aufbewahren. Daß nicht der Faulbrut Peſt ſich weiter kann erſtrecken, Iſt's wohl gerathen, — ſich bedacht mit Vorſicht decken. — Wenn uns im Frühjahr oder erſten Sommer zeigt Ein Volk der böſen Seuche Spur noch ſtark an Bienen: Sind wir den Tod ihm bald zu geben, nicht geneigt, Weil wir ihm beſſern Vortheil können abgewinnen. Gefaͤhrlich iſt's, wenn nachbarlich zu nahe ſtehen Ihm die geſunden Völker an dem gleichen Ort. Für alle wir die beſte Rettung dann erfehen: Wir tragen zum entfernten Stand den Kranken fort. — Daß faulig nicht ſich Leichen in den Zellen mehren Muß man der Königin das Eierlegen wehren: mit welcher er bei Tag und bei Nacht dem Reichſten wie dem Aermſten mit gleicher Liebe zu dienen bereit iſt, — wird er vom Volke gewohnlich nur „Freund Hain“ genannt. Ueberdem iſt er jo beiſpiellos human, daß er auch nicht Einem, dem er geholfen, — zum Neujahr gratulirt. — 93 Drum führen wir fie aus dem Stock alsbald heraus? Und weil ſie rein iſt, — ſchuldlos an der Peſt im Haus, Vermögen nutzbar wir mit ihr noch zu gewinnen, — Entnehmend aus geſunden Stöcken Brut und Bienen, — Uns eine neue Kolonie, die wir entfernen Vom kranken Mutterſtock; ſie mag den Flug erlernen Am fremden Ort, daß fie der Peſt Gemeinſchaft fliehe, Und ein geſundes Leben ihrem Haus erblühe. — Dem faulen Mutterhauſe fügen wir nun ein Aus tadelloſem Volk ein Stück der friſchen Brut: Doch ſollte von der Peſt ſie ſchnell verdorben ſein, Dann machen wir's mit einer Weiſelzelle gut, Die einem andern Stocke wir als reif entnehmen; Sie auszubrüten wird das Volk ſich bald bequemen. Und wenn darauf durch Eierlegen in dem Haus Die junge Herrſcherin als fruchtbar ſich erwieſen: Dann trommeln wir ſie mit dem ganzen Volke aus, Und wird zur kurzen Haft in's Weiſelhaus verwieſen. — Doch ſoll die Kur des Volkes glücklich uns gelingen: Dann hüten wir uns fein, den Schwarm ſchon einzubringen In's neue Haus, das wir ihm wohnlich zubereitet, Weil er das Gift verderblich ſonſt hinüberleitet. Der Tage drei das Volk vielmehr wir laſſen büßen Mit der gefangnen Königin, — indem wir ſchließen Beſchattet noch in einen luft'gen Gitterkaſten Den Schwarm, und zwingen ihn, bei karger Koſt zu faſten, Die, — nur der höchſten Nothdurft wehrend, — wir ihm reichen In Zuckerwaſſer, — daß durch Hungerkur entweichen Die kranken Säfte. Dann erſt mögen wir vertrauen Das Volk der neuen Wohnung; — immer noch gefangen Verbleib' die Fürſtin, bis die Bienen hier verbauen Als Wachs, was ſie verdaut. Wir ſtillen ihr Verlangen Mit Seim des reinſten Blumenhonigs; — und vollbracht Iſt unſer Werk, das uns der Sorgen viel gemacht. — Den bienenleeren Faulſtock eiligſt fort wir bringen, Und nehmen im geſchloſſnen Zimmer ihm ſein Gut, Vermeidend ſo, daß Näſcher zu dem Gifte dringen, 94 Und weiter tragen noch den Stoff zur faulen Brut. Nicht wagen wir's, des Stockes Honig zu verwenden Als Fütterung. Der Sorgfalt nicht zu viel wir thun: Wenn wir an Hand und Meſſer und Geräth vollenden Die Reinigung durch Waſſer wiederholt; denn ruh'n Uns keine Sorgen mehr und Zweifel in der Bruſt, Gebiert ein überwundnes Leiden neue Luſt. — In manchem Volk, mein Lieschen, tritt die Krankheit auf Als minder allgemein, und nicht ſo leicht verdirbt Wie dort in jenem ſchlimmſten Falle Hauf zu Hauf Die ſchon bedeckte Brut, — die hier ſehr ſelten ſtirbt. Vereinzelt mehr die unbedeckten Larven ſehen Wir nur die letzten Wege alles Fleiſches gehen. Sehr oft hat ſich ſolch kranker Stock ſchon ſelbſt geheilt Im Lauf des Sommers, zeugend ein geſundes Leben, Wenn wir die Fürſtin ihm zu nehmen, uns beeilt, Daß wir dem Brutanſatze Feiertage geben. Der Stock wird fleißig die gewährte Friſt benutzen: Die Wiegen von den faulen Hülſen rein zu putzen. Daß, — eine Mutter ſchaffend, — nicht umſonſt ſich quale. Vielleicht das Volk, ſo fügen eine Weiſelzelle Wir bald ihm ein. Doch räthlich iſt es, — zu kuriren Auch dieſen Stock geſondert an die andre Stelle, Da uns nicht Bürgſchaft iſt, ob er gewiß vollführen Die Heilung wird. Sollt' bis zum Herbſt er nicht geſunden: Dann geben wir durch Schwefel ihm die letzten Stunden. — Zwar ſelten, Lieschen, iſt der böſen Faulbrut Peſt Doch mag die Größe der Gefahr uns Vorſicht lehren. Die Seuche wohl am ſicherſten ſich meiden läßt: Wenn wir mit fremdem Futterhonig nicht verkehren. Was Polen ſendet und uns über's Meer gekommen: Davon hat mancher Bienenſtock den Tod genommen. Soll, Lieschen, unſerm Reich das Leben nicht erkalten: „Dann müſſen wir des beſten Honigs Vorrath halten? —“ Wie leid iſt mir's, mein gutes Lieschen, Dir zu klagen: Daß unter allen Uebeln, welche Menſchen plagen: Die faule Brut das allgemeinſte pflegt zu ſein. 95 O, höre nur, — wie die Rektoren alle ſchrei'n, Die Meiſter, Eltern ſammt den Herren und den Frauen. Auf Erden iſt kein Rektor, der an ſeinem Schwarm Sich ſtill und ohne Kummer könnte ſtets erbauen. Manch' Vater klagt, manch' Mutter weint zum Gott-Erbarm' Daß Lieb' und Opfer ſie umſonſt dahingegeben An träge Taugenichtse, — ſchmachvoll ihrem Leben. Die Meiſter ſeufzen über Burſchen und Geſellen, Die ſchimpflich ihnen Brod und Lohn durch Faulheit ſtehlen. Und Bücher kann man über ſchlechte Knechte ſchreiben, Die kaum des Herren Auge noch vermag zu treiben. Und wo ſind Frauen je zum Kaffeetiſch gekommen, Daß nicht die faulen Mägde würden hergenommen. Sehr ſchwer, mein Lieschen, iſt die Krankheit zu kuriren, Und an den Alten meiſt wir Dank und Zeit verlieren. Giebt's denn zur Hilfe gar kein Mittel mehr?? O, ja! Erzeigt hat ſich als beſte Kur: „Amerika!“ Auch hier zu Lande Mancher ſich zur Arbeit ſchickt, Wenn erſt der Hunger auf dem trägen Fleiſche drückt. — Nur an der jungen Faulbrut lohnt ſich's noch der Mühen Mit Ernſt zu treuem Fleiße ſie heranzuziehen: Wir mahnen liebreich mit des frommen Glaubens Gründen. Wo wir fuͤr ſolche aber kein Gehör mehr finden, Verſuchen wir, durch Ehrgefühl den Trieb zu ſpornen; Doch iſt es meiſt gefährlich, einen jungen Chriſten Durch bloße, kluge Eitelkeit zu überliſten, Die künftig oft gekränkt, — ihm zeuget ſpitze Dornen. Auf morſchem Boden ſchwindelt friedlos ſich zur Höhe Das kalte Selbſtgefühl, und bricht enttäuſcht zuſammen, Wenn am geträumten Ziel ein ungeahnet Wehe Es überraſcht, verlöſchend ſeines Glückes Flammen. — Wo auch das Ehrgfühl ſich nicht mehr wecken laͤßt, Dann heilt der Rektor ſo, — als bei der Bienen-Peſt: Wie's dort geſchah durch Hunger in dem Gitterkaſten, So muß ein Schlingel hier im Karzer heilſam faſten. — Und ſchlägt auch dieſe Kur nicht an, — dann iſt zu rathen, Was unſre guten Väter fleißig an uns thaten: | 96 Dermochte Nichts uns aus der Lethargie zu wecken, Belang es doch zuletzt mit ſchlanken Haſelſtecken! . Die Tollſucht. Bisweilen, wie durch Krämpfe jählings hingeſtreckt, Dem Volk vereinzelt manche Biene flugs entfällt. Man ſieht's, wie zitternd ihren Leib ein Schmerz bewegt, Mit dem ſie krampfhaft ringend ſich zum Ende quält. Meiſt, Lieschen, trifft das Leiden junge Bienen nur, Die ihren Wiegen erſt entſchlüpft, vertragend nicht, Was manchmal minder nahrhaft zeuget die Natur Im Lenz, wenn Schnee und Kälte mit Verderben bricht In füße Blumenkelche ein; doch unſern Schwärmen Erwächſt das ſichre Heil, wenn ſonnig wieder waͤrmen zn Stätigkeit die Fluren ſich; und manchen Tod Im Bienenſtock wir ſelber können klug vermeiden: Wenn wir dem Volke bei des rauhen Wetters Noth Geſunde Nahrung gern durch Fütterung bereiten. — Von jenem Hauſe dort mag ich Dir nicht erſchließen Die Thore, wo der armen Menſchen irrer Wahn Sich jammervoll zur Tollſucht gipfelt; denn zerfließen In Thränen müßteſt Du, — da Menſchen nicht mehr kann In Menſchen man hier wiederfinden. Wir erblaſſen Im Schrecken vor uns ſelbſt. Wenn, wir nicht eiligſt fliehen Wird ſchaudernd Wirrſal bald den eignen Sinn erfaſſen, Und wie dämoniſch die Gedanken uns umziehen. Gott, Gott! Wir ſind in Freiheit; Vater ſende Licht, Und gieb die Stunde gnädig, wo der Tag anbricht Den Armen, die, von grauſer Finſterniß gefangen, Im lichten Augenblick Dein Bild zurückverlangen. — Ach, Lieschen, wo des Fuſels Geiſter wüthend raſen, Entmenſchend die Vernunft, — in Tollſucht ſelbſt zerichlägt Die Hand das eigne Glück. Was hilft's, daß ſie erblaſſen Die Frevler, wenn entnüchtert ſie die Scham bewegt? In hundert Fällen ſiegt kaum Einmal das Gewiſſen, * 97 Daß fie den Fehl durch treue Umkehr follten buͤßen. Sie gehen wieder hin, — des Herzens böſen Wurm Von Neuem zu erſäufen; und es bricht der Sturm Der Tollſucht mit erneutem Schrecken in das Haus, Bis fluchend faͤhrt im Wahnſinn ihre Seele aus. — In jeder Leidenſchaft, mein Lieschen, ruht ein Saame Zur Narrheit tief verborgen, — wenn als Gärtner nicht, Den wilden Trieben wehrt, — des Geiſtes Macht und Licht. Des Lebens Ehrenpreis: des Rufes guter Name, Um den ſo lange und ſo mühſam ſich beworben Manch tücht'ger Mann; dies Kleinod hat ſchon oft verdorben Des Augenblick's Moment, in dem den klaren Sinn Umnachtete die Leidenſchaft, — fo daß erblindet Und taub er gleich dem tollen Wahne raſ't dahin, Wo er das ſelbſtgeſchaffene Verderben findet. — Wir mögen, Lieschen, an die eigne Bruſt uns ſchlagen: Wo wir das Beſſ're wußten, und das Schlecht're thaten, Weil wir uns mit dem Fleiſche hatten nur berathen, Verdienten wir die Narrenkappe auch zu tragen. — Wenn ſollen Leidenſchaften uns nicht Leiden ſchaffen: Dann darf. der Gottesgeiſt in uns niemalen ſchlafen. — Die ſogenannte Sörnerfranfpeit. *) Hoͤrner tragen nicht blos Ochſen Sich damit herum zu boxen; Auch bei den Bienen kannſt ſie manchmal ſehen Gleich kleinen Pilzen an den Köpfen ſtehen. Doch mehr den Menſchen als den Bienen Die Hörner ſtets zur Unzier dienen. ) Man hielt früher die kleinen Sträußchen eder Kronen, welche man Ende Mai und Anfang Juni auf den Köpfen mancher Bienen be merkt, für einen krankhaften, pilzartigen Auswuchs. Die neuere Wiſſen⸗ ſchaft hat es aber durch mikroſkopiſche Unterſuchungen als unzweifelhaft nachgewieſen, daß jene Sträuschen die Staubfäden aus den Kelchen ge- wiſſer Blumen find, die mittelſt ihres klebrigen Saftes an dem Kopfe der Biene beim Henig⸗Sammeln bängen bleiben, und die ſich als unſchädlich wieder verlieren. — 7 98 Geftritten haben die Gelehrten und die Laien: Welch' Grund und Urſach' unſern Bienen Hörner leihen? Mich hat es großes Wunder wahrlich ſtets genommen, Daß man nicht früher auf die Blumen iſt gekommen, Da durch die Blume Menſchen auch zu Hörnern kommen. Wenn ſich ein altes, gutes, winterliches Haupt Mit einer Flatterroſe ehelich verbindet: Dann ſoll's geſchehn, — wie nun die böſe Welt jo glaubt, — Daß man an ſeinem Kopfe große Hörner findet. — Auch können wir ganz ſicher wetten, Daß alle luͤſternen Kofetten Es ſtets durch Blumen ihren Freunden laſſen ſagen, Wenn ihre guten Ehemänner Hörner tragen. — Ein ſchlechtes Weib wird ſchlechter durch des Gatten Güte. — Die edle Frau, ſie hebt den kindiſch guten Mann Mit zartem Sinn zur Höhe, — daß ſie ihn behuͤte, Sich ſelber ehrend, vor der Welt als Ehrenmann. Ich will im Gleichniß Dir, — es trifft fo ungefähr, — Den delikaten Standpunkt deutlicher beſchreiben: „Sie Seele, — läßt verſteckt als tücht'ger Sekretair, „Den Mann als Leib in Ehren den Miniſter bleiben.“ O, liebes Lieschen, denke dran! Bekommſt Du jemals einen Mann: So ſetz' ihm keine Hörner an. Die Hörner ſollen wir dem lieben Viehe laſſen, Weil ſie dem Rind und Hirſch als Zier am Kopfe ſtehen. Mit Menſchen hornbehaftet mögen wir nicht ſpaßen, Und wollen gern recht weit ſchon aus dem Wege gehen. — 9.826. Von den Feinden der Bienen und Menſchen und ande⸗ ren ihnen nachtheiligen Verhältniſſen. Die Beſten, Lieschen, die aus Allen ſich erleſen Die ew'ge Vorſicht als der Menſchheit ſchönſte Zierden, Sind Thorheit meiſt und Aerger ihrer Zeit geweſen Und ein verhaßtes Ziel für feindliche Begierden. 99 Drum darf es uns nicht wundern, wenn dem Thierchen klein, Das unter allen einſt der Schöpfer hat gerufen: Des Fleißes und der Ordnung Vorbild uns zu ſein, Von je her großes Leid viel böſe Feinde ſchufen. — Da iſt der Bär, der Marder nnd die kleine Maus, Die lüſtern ſuchen einen fetten Honigſchmaus. Es klopft der Specht, und liſtig lauern dort die Meiſe, Der Fliegenſchnäpper und der Rothſchwanz auf der Wacht, Erhaſchend ſich manch' armes Bienchen flugs zur Speiſe, Und ſelbſt die flücht’ge Schwalbe iſt auf Raub bedacht. — Die garſt'ge Kröte gar, und auch der Froſch ihr Vetter Erſehen in Geduld ſich die gelegne Zeit, Wo ſchwer befrachtet Bienen niederſchlägt das Wetter, Und ſchnappend ſich ihr Maul der füßen Beute freut. — Dort auf der Wieſe gehet mit gemeſſnem Schritt Der Storch, und nimmt als Zukoſt auch die Bienen mit. — Wo bunte Fluren würzig uns ſo lieblich blühen, Und ſummend tauſend Sammler emſig ſich bemühen, Da ſieht man auch als Straßenmörder gierig ziehen Den Fliegenwolf, die Horniß' und der Wespe Schaaren, Dem arglos' Bienchen bringend tödtliche Gefahren. Wir wachen, wenn es frech die Räuber ſelber wagen, Auf unſerm Stande noch die Stöcke zu bedrängen. Mit einer Pritſche wir im Flug ſie ſchnell erſchlagen, Bevor am Thore ſie ſich mit dem Volk vermengen. — Den beſten Honig uns im Stocke zu verſpeiſen, Verſuchen gern, durch Ritze dringend, die Ameiſen. Die Spalten mögen wir durch feſten Kitt vermeiden; Und den Verkehr den Dieben ferner zu verleiden, Beſtreuen wir mit Aſche reichlich ihre Faͤhrte; Auch half, wenn man dem Stock die Füße fett betheerte. — Die Spinnen, die den Bienen ſchaͤdlich Netze ſpannen, Vermag daheim der Fleiß des Beſens fortzubannen. Verderblicher bedrohen ſie der Bienen Leben, Wenn herbſtlich ſie in Stoppeln und der Haide weben. Von hier kann uns zum Glück der Himmel wieder fegen Das tödtliche Gewirk durch einen tücht'gen Regen. les 100 Der Feinde ärgſter aber ift die Bienen- Motte, Die ſich als Madenlarve in den Wachsbau frißt; *) Zerſtörend Brut und Zellen greift die ekle Rotte Dem Bienenſtock an's Herz. Der beſte Rath hier iſt: Recht ſauber Innen ſtets die Wohnung zu erhalten, Daß im Gemülle nicht die Maden ſich entfalten. Doch, wenn gefräßig hätte ſich ſchon eingeniſtet Der Würmer Zunft?? Dem Bolk man Heil und Leben friſtet, Indem die Königin ſogleich zur Haft wir bringen Der Wochen zweeen, — Brut nicht ſchädlich zu vermehren. Inzwiſchen wird die Reinigung dem Volk gelingen, Da ſich durch die entſchlüpfte Brut die Zellen leeren. Mit Vortheil würden wir dem Stock zu Hilfe kommen, Wenn ſelber wir die morſchen Scheiben ihm genommen. Nachdem die ſichre Ordnung ſich das Volk geſchafft, Entlaſſen wir die Königin aus ihrer Haft. — Gefährlich werden allzunahe unſern Bienen, Mein Lieschen, große Ströme, Teiche und die Seeen, Da bei des Sturmes Brauſen viele nicht gewinnen Die Heimath mehr, und ihren Tod im Waſſer ſehen. — Noch ſchlimmer hätte es das Sckickſal da gefüget Wo durch des Sommers Gluth in weitem, weitem Raum Rings um die Bäche und die Quellen ſind verſieget, Daß uns die Flur erſtirbt, und traurig welkt der Baum. *) Leere, gute Bienenbau-Tafeln jüngerer Arbeit, die man beim Zei⸗ deln eder Kaſſiren der Stöcke gewinnt, bricht der rationelle Züchter nicht zuſammen, ſondern verwahrt ſie ſür das künftige Jahr, um damit die Schwär⸗ me und Ableger vortheilhaft auszuſtatten. Dieſe Tafeln vor dem Fraße der Wachsmade zu ſchützen, ſchichtet man ſie loſe in gut verſchloſſene Kaſten, wozu man die leeren Bienenwohnungen benngen kann, bringt ein Koh, lennäpfchen mit dampfenbem Schwefel hinein, und verſchließt Thür und Ritze des Kaſteus forgfältig mit Lehmkitt, ſo daß der Schwefel die Tafeln durchzieht und die Madenbrut tödtet. Im Frühfahr mag man dieſe Operation, wenn die Tafeln nicht bald verwendet werden können, noch einmal wiederholen, wenn man nicht lieber vorzieht, fie ſtärkern Völ⸗ lern zur Belagerung einzuhängen. Selbſtverſtändlich wird man ſich hüten, den Kehlennapf fo nahe den Wachsſcheiben zu bringen, daß er fie ermäw men oder gar ſchmelzen könnte. — 101 Dann eilen wir, auf unſerm Stande aufzuſtellen Des Waſſers reichen Vorrath ſchützend noch bedeckt Mit reinem Moos; denn muß ein Volk mit Durſt ſich quälen: Wird es gar leicht vom Brutanſatz zurückgeſchreckt. — Wo, Lieschen, ſcharf der Zug des Morgenwindes wehet, Nicht glücklich uns ein Volk im Bienengarten ſtehet. Wir gönnen ihm der Mauern oder Zäune Schutz, Damit es Ruh' genieße vor des Wetters Trutz. — Wie man dem Froſte als dem Feind der Bienen wehret, Das wurde „bei der Ruhr“ Dir jüngſtens ſchon gelehret.-- Doch auch die Hitze kann dem Stock verderblich werden. Daß meiden wir Gefahr und mildern die Beſchwerden, Erwählen wir des Ortes Gunſt, wo ihm die Gluth Des hohen Tages eines Baumes Schatten bricht. Wo nicht von ſelbſten uns ſolch' Vortheil kommt zu gut, Verſagen wir die Kühlung doch dem Volke nicht: Wohlthaͤtig können wir mit Decken und mit Matten Bereiten ihm am Haupte und der Stirne Schatten; Und durch die Gitterfenſter, welche nordwärts haben Wir unſern Häuſern eingefügt, ſich friſch erlaben Zum neuen Fleiß die Völker, — daß nicht träg fie faumen, Des fügen Vorraths viel zu ſpeichern in den Räumen. — Wenn oft im Lenz auf Baum und Strauch, auf Flur und Feld, Das winterliche Kleid noch einmal blendend fällt, Und ſonnig ſtrahlt der Tag; — den Stock wir ſchnell beſchatten Verfinſternd noch des Fluglochs Thor, und nicht geſtatten Den Ausflug wir, daß nicht zum Schmerz wir ſehn erbleichen Viel hundert Bienchen auf dem weißen Tuch als Leichen. — Wenn allzulange unfre Völker müßig ſitzen Durch Regen ſtetig oder Rauhheit feſtgebannt: Dann eilen wir, — die Brut zu ſchonen, — ſie zu ſtützen Durch Fütterung am Abend ihnen zugewandt. — Der Sommer macht uns oft für unfre Bienen zittern: Wenn Windsbraut ſich erhebet wie im Ueberfall, Die Wolken peitſchend raſch zu grollenden Gewittern, Und ſorglos auf der Flur noch weiden überall 102 Der Honigſammler Heerden, — viele, viele müſſen, Herabgeſchlagen von des Himmels ſchweren Güſſen, Erſterbend traurig hier die kalte Erde füllen. Noch bittrer, liebes Lieschen, hatten wir zu klagen, Als uns im engen Zeitenraum von zweeen Tagen Zu Dreien Malen Hagel jählings war gekommen Und mit den Bienen auch die Flora noch genommen. — Wie Lieschen wir durch Vorficht Vieles heilſam wenden, Was feindlich da und dort dem Glück der Biene droht: So mögen wir's auch tapfer an uns ſelbſt vollenden, Zu ſichern unſer Heil vor ſchuldbewußter Noth. — Die Freudenbrüder, die als leichte Vögel freſſen So gern die goldnen Körner von dem guten Acker Der beſſern Herzen, — werden ihre Luſt vergeſſen: Wenn wir mit Himmelskräften pflügen tief und wacker, Bis wir den heilgen Saamen wohlbedeckt geborgen; Und unſer Gott wird treulich für das Wachsthum ſorgen. — Der Storch, der Bienen Feind, bringt zwar ſehr viele Freuden: Wo ehrbar Mann und Weib das Neſt ihm längſt beſtellt; Doch ſchafft er überall unſäglich bittre Leiden: Wo er den ſchmachbeladnen Menſchen überfällt. Dem Storche darf man nur im Frieden ſich vertrauen: Wenn man ein gutes Recht hat, — ihm das Neſt zu bauen. — Die Kröte, die im Schmutz der Erde häßlich kriecht, Erſchrecke uns, — wenn Geiz und Habſucht uns will faſſen. Das Herz, dem es ſchon hier an Himmelsſchein gebricht, Muß einſt den ganzen Himmel auf der Erde laſſen. — Wenn boshaft uns ein ſchlimmer Feind das Gluͤck beraubt, Und wie die Horniß' und der Bienenwolf uns naht, Gedenken wir der Rache, die uns iſt erlaubt: „Nicht zu vergelten ihm durch gleiche Uebelthat, „Vielmehr zu ſammeln feur'ge Kohlen auf ſein Haupt.“ — Die falſchen Freunde, die ſo dringlich wie Ameiſen Als Heuchler in den Häuſern forſchend um ſich ſpähen, 105 Sie werden von uns tief befehämt bald weiter reifen: Wenn hell in unſerm Haus ſie ſtets die Wahrheit ſehen. — Und will die Spinne als Verführung uns umgarnen, Wir vor dem Netz nicht dürfen gar zu bange ſorgen: Wenn wir mit Schlangen-Klugheit ſelber ernſt uns warnen, Und von der Taube uns des Herzens Unſchuld borgen. — Der Feinde ärgſter aber iſt, wenn in's Gewiſſen, Wie bei dem Bienenſtock, — der Wurm ſich eingebiſſen: Er greift an's Leben, frißt den Frieden aus dem Herzen, Und zeugt unſterblich alten Wunden junge Schmerzen. Die böſen Würmer, Lieschen, ſelber wir verſchulden: Wenn wir nur ein'gen Schmutz in unſrer Seele dulden. Drum ſollen täglich des Gemüthes Gotteshaus Wir fleißig fegen mit Gebet und Wachen aus. — Doch, wo der Wurm ſich nagend ſchon hat eingeniſtet, Iſt nur noch Eine Hilfe, die das Heil uns friſtet: Die Thräne Petri und des Sohnes wahres Büßen, Der aus der Fremde kam in ſich ſo weh und arm, Und mit zerſchlagnem Geiſt dem Vater ſank zu Füßen, Der ihn an's Herz dann zog ſo freudig und ſo warm. — Wenn, prüfend uns, das Schickſal ſtürmt mit Ungewittern, Und unſer Lebensglück verhagelt unverſchuldet; Wenn Truͤbſals-Waſſer unſers Hauſes Grund erſchüttern, Und an des Tages Gluth das Haupt ſich müde duldet; Wenn Froſt und Kälte Menſchen uns entgegenſetzen, Die wir geliebt, und ſchneidend unſer Herz verletzen: Wir zagen nicht mein Lieschen, denn des Vaters Händen Iſt's leicht, im Augenblick zum Segen umzuwenden, Was uns ein Uebel dünft; denn in den Ungewittern Uns unſichtbar die Ströme der Geſundheit zittern: Daß uns verſumpfe nicht im trägen Fluß das Leben, Muß die Bewegung ihm der Sturm und Donner geben. Der Vater hat es nicht auf unſer Leid gemeint; Da nach der Wetternacht die Sonne wieder ſcheint. 104 +27: Die Fütterung aus Spekulation. Der verdeckte Korb, der alte Gaul und der Hohlkopf. Schon oft, mein Lieschen, haben wir daͤs Wort vernommen: Daß uns zur Freude aus der Winterruhe kommen Die Völker nur, die ſich des reichen Vorraths freuen, Der, Sorgen wehrend, ſie zum Frühling hingeleitet, Bis Flora's duft'ge Hände neue Blüthen ſtreuen. Doch hätte ihnen frühen Mangel ſchon bereitet Des harten Winters Ungunſt, — wir uns müſſen hüten: Als Nahrung ihnen flüß'ges Futter anzubieten, Daß nicht zu zeitig ſchon ein Volk die Brut entfalte, Und fchaͤdlich in dem Scheibenbau zerſtreut erkalte. — Der Noth vielmehr wir heilſam in dem Stocke wehren, Wenn Honigtafeln oder Zuckerſtücke geben Wir feinem Lager; ſparſam dann die Bienen zehren, Erwartend in Geduld des Lenzes warmes Leben. — Daß nicht, — den Zucker löfend, — Feuchte ihnen fehle, Und heimiſch ſie in ihrem Haufe mögen bleiben, Erſchaffen wir im Stocke eine Waſſer-Quelle, Es reichend ihnen dar gefüllt in leere Scheiben. — Doch wenn im Wald die Knospen ihre Hülle ſprengen, Die Salenweide goldne Bluͤthenraupen zeugt; Wenn an dem Graben ſich die Schmergelföpfe drängen, Und Erl' und Birke ſtäubend ihre Palme neigt: Dann, Lieschen, geben wir aus Spekulation Fortan verdünntes Futter unſrer Nation, Aus Honig oder Zucker waſſerreich bereitet; Des Malzes auch und der Kartoffel Syrup dürfen Wir miſchen ihm. Im Napfe lauwarm unterbreitet, Begierig den willkommnen Trank die Bienen ſchlüͤrfen. Und in der Woche reichen wir die Ration Zu dreien Malen. Schnell im Stock die Brut zu mehren Zur rechten Zeit, iſt: gute Spekulation. — Und nimmer wird mit Reue ſpäter uns beſchweren Des Futters Aufwand; denn ein Goloſtuͤck wird zum Lohn 105 Dem Kupferſtück, — mag uns das Gleichniß mahnend lehren, — Wenn klüglich füttern wir aus Spekulation. — So lange ſelber noch das Volk wir reichlich tränken, Bis mit den warmen Tagen volle Weide ſchenken Des Fruchtbaum's Blüthenroſen und des Rapſes Kronen; Dann mögen wir in unſerm Topf das Futter ſchonen. — Als Königin der Welt beherrſcht auf maͤcht'gem Thron Die Menſchen graß und klein die Spekulation. Sie lehrt, mit möglichſt wenig Mitteln viel gewinnen; Sie muß der Eitelkeit, ſo wie dem Truge dienen, Die Nichtigkeit zu decken mit dem guten Schein Und mit der Formen Glanz, — ſollt' auch kein Kern drin fern. Sie ſchwimmt und ſegelt immer mit dem Strom der Zeit, Meiſt haltlos in ſich ſelbſt zum Wechſel ſtets bereit; Denn fie erfrägt und mißt nach Dem der Dinge Werth, Als was und wie ſie eben jetzt die Welt begehrt. Im Beiſpiel, Lieschen, wirſt es beſſer faſſen ſchon, Wie Menſchen füttern ſich mit Spekulation: Der verdeckte Korb. Dort drüben wohnt ein alter, reicher, kranker Herr, Hat keine Frau, nicht Kinder und Geſchwiſter mehr. Der arme Mann! Wer ſoll nunmehr ſein Pfleger werden? Hat keinen treuen Menſchen mehr auf Gotttes Erden. Nein, Menſchen hat er nicht, doch pflegen ſein Harpyien, *) Die ganz verſtohlen ſtets mit wohlverdeckten Körben Zur Stunde täglich zu dem alten Manne ziehen, Aus chriſtlichem Erbarmen nur, — ihn zu beerben. Heimwärts trägt man den Korb zwar leer; Doch wiegt die Hoffnung in ihm ſchwer: *) Harppyien ſind eine Art ungeheuerlicher Raubvögel mit menſch— lichen Angeſichtern, ſehr langen Armen und großen Klauen. Sie bewohn— ten im Alterthum die Küſten einiger griechiſchen Inſeln, haben ſich aber ſeitdem, — mit Ausnahme der von wilden Völkerſchaften bewohnten Laͤn— der, — über die ganze Erde verbreitet. — « 106 Mit täglich neu gefuͤllten Scherben Den Alten dennoch zu beerben. Wie es um den Kranken ſteht, Ob es bald zum Ende geht? Der ſchlaue Korb erforſcht es als Spion Durch Fütterung aus Spekulation. — Der alte Gaul. Nachdem ein alter vielgeprüfter Gaul In den Inſtanzengang gewandelt, Zuletzt ein Pechmann ihn erhandelt, Und er ſelbſt dieſem ward zu dürr und faul: Erquickt das alte, gute Pferdemaul Noch einmal längſt vergeßner Haber. Doch halt, — dahinter ſteckt ein Aber! Pechmann, das iſt gewiß, ich merk' es ſchon: Die Fütterung aus Spekulation. Ein Narr, der vor dem Pferdemarkt Daheim mit ſeinem Futter kargt. — Der Hohlkopf. Wer von den jungen und den alten Herrn Wär in Geſellſchaft nicht recht geiſtreich gern? In manchen armen Kopf kam nicht viel Geiſt hinein, Und will doch mit Gewalt bisweilen geiſtreich ſein. Bewundert werden als ein Mann, der Alles weiß, Duͤnkt an der Tafelrunde ihm ein hoher Preis. Gefunden iſt die Kunſt, wie ohne viel Beſchwerden Der hohle Tropf, wenn's einmal gilt, kann geiſtreich werden. Du fraͤgſt erſtaunt: Wie wäre das nur möglich, wie? Er füttert feinen Kopf mit Encyklopädie! Wie bringt er aber nun als Text zu Stand und Weſen Im frohen Kreis der Herren und der Damen Juſt die Artikel, die er eben durchgeleſen „ 107 Sich ganz genau mit Jahreszahl und Namen?? Das macht in vielen Fällen ſich von ſelber ſchon; Was ſich nicht fügt, erzwingt die Spekulation: Dort zappelt unruhvoll ein alter Degen Schon lange ſeiner Kriegsgeſchichten wegen; Noch immer konnte er den rechten Punkt nicht finden, Die großen Heldenthaten ſchicklich anzubinden: Denn eben ſpricht ein Landwirth jetzt von Raps und Roggen Die Damen plaudern laut von Hauben und von Locken. Es hält's nicht länger aus des derben Kriegsmann's Sinn, Er neigt, wie horchend, flugs das Ohr zum Fenſter hin, Und ſchreit zum allgemeinen Schrecken ernſtlich: „Puff!!“ Und ſpricht: „War das nicht wirklich, meine Herrn, ein Schuß? „Da jetzt von einem Schuß die Rede iſt, ſo muß „Er mich erinnern lebhaft, als mich mein Beruf „Im Jahre Dreizehn — — “. Schnell der Faden war gefunden, An den mit Glück der Schnurrbart ſich hat feſtgebunden; Die größ're Kunſt iſt nur die Variation. So führt manch' hohler Kopf die Konverſation Mit ſchneller Fütterung aus Spekulation. — $. 28. Das ſummariſche Füttern der Bienen im Freien. „Summariſch.“ Der wahre und falſche Kommunismus. Wenn, Lieschen, mit des frühen Lenzes mildern Tagen Die Völker ſchüchtern noch die Heimath nur umfliegen, Und Feld und Baum Nichts beut, als Erndte einzutragen, Gewahren Feuchte ſaugend mit begier'gen Zügen Der Bienen viel wir auf der Erde naſſem Grund. Daß beſſer, minder muͤhſam labe ſich ihr Mund, Erwählen wir den ſonnig ſtillen Ort im Garten, Dem wir ein flach' Gefäß mit ſüßem Waſſer geben, Um hier den lieben Gäſten freundlich aufzuwarten. Doch, daß ein Fall in's Faß nicht drohe ihrem Leben, Soll drin ein leichter Deckel wohlgefüget ſchwimmen, 108 Von Holz durchlöchert oder Rohrgeflecht und Stroh. Und weil nach Blumenmehl verlangen jetzt die Immen, Macht als ein Surrogat Getraide-Mehl ſie froh, Das wir geſchützt vor Wind auf einem Brett verbreiten Dem Faſſe beigeſellt, zur Faͤhrte ſie zu leiten. Bald ſehen wir in muntern Zügen Die Bienen drauf als Muͤller fliegen. — „Summariſch“ nennt man dies Verfahren; Es iſt faſt ſo, wie dei den Haaren, Die werden um gar viele Ohren Nur über Einen Kamm geſchoren: So ſoll Ein füßes Faß im Freien Dein ganzes Bienenvolk erfreuen. Sie laſſen ſummend ſich hier gaſtlich nieder, Und rücken traulich zu wie gute Brüder. a table d’höte fie ſpeiſen Alle, Wie Lieut'nants im Reſourcen-Saale. *), Das Wort: „Summariſch“ — wird von aller Welt geliebt, Und bald im höchſten, bald im niedern Sinn geübt. Das Wort ſchließt unſers Himmels beſte Gaben ein; Doch kann es auch die Ausgeburt der Hölle ſein. Vom General zum Korporal Summariſch wird geſtriegelt, - Bis die Parade überall Summariſch glänzt und ſpiegelt. Summariſch gehn die Steuern ein; ) Kein Verſtändiger wird, — wenn nicht etwa fein Bienenſtand iſolirt liegt, — werthvolles Futter auf dieſe Weiſe vergeuden, und den Bienenvölkern einer ganzen Dorfſchaft offne Tafel halten. Es ſoll eben nur ſüßliches Waſſer fein, um den Bienen im zeitigen Frühjahr die oft für fie ſehr gefährlichen weiteren Ausflüge zu erſparen. Die Mehlfütte⸗ rung iſt nicht koſtſpielig, und dauert nur kurze Zeit, bis die Natur das Blumenmehl auf den Palmen der Haſel, Erle u. ſ. w. ſelber ſpendet. Das werthvolle Futter aber wird, wie im vorigen §. angegeben, den Bie- nen gegen Abend in ihre Wohnungen eingeſtellt. — 109 Summariſch packt in ſeinen Schrein Der Rothſchild ſeine Millionen, Juſt wie mein Lieschen ihre Bohnen. — So thut auch mancher Schulmonarch Wenn's Einer hat gemacht zu arg, Und Niemand ſagt den Thäter an. O, wehe, wehe, wehe dann, Wenn er den Zorn nicht zuͤgelt!! Damit er Keinen fehlen kann, So geht er flugs mit Allen dran: Summariſch wird geprügelt. — Lieschen, — Kind, — was iſt Dir, — was?? Deine Aeuglein ſind ja naß! Du himmliſch Kind, o, war es das!: Dir iſt der Schmerz der armen Jungen Tief in Dein Engelherz gedrungen. In Allen hat man Dich geſchlagen, Du willſt für All' die Strafe tragen, Erlöſen Alle möchteſt Du mit Freuden Durch eignes ſelber Dir erwähltes Leiden. Du ahnſt ſchon, was „Summariſch“ iſt: So fühlt's ein Kind nur und ein Chriſt. — Die Perlen, die an Deiner Wimper zittern, Sind aus der Thräne, die an Jeſu Auge hing, Als Er ſo ſchwer von Zion's Ungewittern Zum letzten Mal dort trauernd ſeine Straße ging. Für Alle trug ſein Herz die Schuld der ganzen Welt, Sich ſelbſt für Alle gab Er hin als Löſegeld, Die Strafe und die Pein, die Wir ſonſt müßten tragen, Sie ward in Ihm gefühnt dort an fein Kreuz geſchlagen.“ Du glaubeſt, was im höchſten Sinn „Summariſch“ iſt: Des Vaters unverdiente Gnad' in Jeſu Chriſt. — Wenn jedes Elend iſt Dein Freund, Bei dem des Andern Auge weint; Wenn jede Freude Dich entzückt, Durch die ein Andrer wird beglückt; Wenn jeder allgemeine Jammer 110 An Deinem Herzen wird zum Hammer, Der Dich zum Engel Gottes praͤgt, Zum Alles-Opfern Dich bewegt, Dann weißt Du ſelig, was „Summariſch“ iſt: In einem wahren Chriſten: Jeſus Chriſt! — Kommunismus — Himmelswort und Höllenwort! Segen oder Fluch giebt ihm allein der Ort, Von wo er ſtammt — als lichter Engel oder Teufel. Von Oben iſt er: Höchſte gottgeborne Liebe; | Von Unten: Jedes Recht's und Eigenthumes Zweifel, Das Looſungswort der groben und der feinen Diebe. Von Oben giebt und opfert er für Alle Sichz Von Unten meint mit Allen er ſein eigen Ich. Von Oben will als Retter Alle er erhalten; Von Unten drohet er als Räuber zu geftalten Die Welt zum Chaos, — um aus ihren Trümmern Fur Lumpen-Volk ein Lumpen-Glück zu zimmern. — Die Liebe liebt die Fütterung im Freien, Der Geiz nur nimmt die Henne in das Haus, Weil ihn die winz'gen Körnlein herzlich reuen, Die wohl ein Spatz ſich nehmen fünnt zum Schmaus. — Manch fremdes Bienchen wird die Tränke wittern, An der die Deinen ſich behaglich füttern. Gönn' freundlich ihm das füße Naſchen Darſſt nicht ſo ängſtlich fuͤr den Mammon zittern; Denn Liebe giebt aus vollen Taſchen. — So laͤßt auch unſer Herr Gott gütig ſtets im Freien Die Nahrung für den Menſchen und das Vieh gedeihen; Wirft Keinem durch den Schornſtein Brod in's Haus, Wer's haben will, — der muß in's Feld hinaus. In allgemeiner Liebe hat er Alle lieb, Schenkt Sonne, Brod und Regen ſelbſt dem ſchlechten Dieb, Um ihn durch ſeinen Vaterſegen Zur Scham und Buße zu bewegen. — Merk's, Lieschen mein, die Liebe rechnet nicht! Laß Dich's nicht reuen, wenn ein loſer Wicht Von Dir die Gabe heiſcht mit kluͤglichem Geſchick. 111 Gieb ihm Dein freundlich Wort und einen ſanften Blick; Du ſammelſt feur'ge Kohlen auf ſein Haupt, Die ihm in's Herz vielleicht hinunter mögen brennen; Wenn er noch an den Sieg der Liebe glaubt, Kann er in Thränen noch, Dich ſeinen Retter nennen. — Willſt, Lieschen, Du daher ſummariſch glücklich ſein: So ſetz' in Lieb' Dich ſelbſt als beſten Treffer ein. Wenn Lieb' aus Gott und Chriſt Dein Herz macht weit und groß, Sum mariſch ziehſt Du dann der großen größtes Loos. — 8. 29. Die Ueberwinterungs-Miete oder die Pyramide der Pharaonen. Was, Lieschen, iſt des Bienenvaters Meiſterſtuͤck?? Die Völker ſicher durchzuwintern mit Geſchick. Nicht dürfen ſorgen wir für unſre Lehmkapellen Wie Hans, — erinnre Dich, — kompakt fie lehrte bauen. (S. 19). Die Schwaͤrme, die wir warm logirt in dieſe Zellen, Geſund und lebensfroh den neuen Frühling ſchauen. — Nicht Noth iſt Dir's, noch andern klugen Leuten, Zu wiederholen hier, was ernſtlich wir verlangen Vom Volk an Würde und Gehalt, daß in den Zeiten Des rauhen Winters wir nicht zweifelnd durfen bangen. (§. S. 24. und 25.) Daß auch die Kaſtenvoͤlker und die Beuten wohnen Geſichert in ein warmes Hüttchen eingebracht, Vor Sturmes-Tücken ſie und Froſtes⸗Graus zu ſchonen: Das hat der Haus mit einem ſchlichten Werk vollbracht. — Es war ihm wie ein Blitzſtrahl in die Seele kommen, Als einſtens er, — ich weiß nicht mehr, woher, vernommen Daß in Egyptenland die Fürſten ſich erbauten Fur ihren langen Winterſchlaf die Pyramiden; Und daß, ob jetzund ſchon Jahrtauſende ſie ſchauten, 112 Die Pharaonen drin den Untergang vermieden, Und weil ſie hier geruht ſo ſicher, warm und ſtille, Sie gar Nichts drum verbrauchten von des Weizens Fülle, Den einſt man für ihr Schatten-Leben Als Zehrung ihnen mitgegeben. — Nach dieſem Bilde hat ſich nun der Hans geſchaffen Der Pyramiden Gleichniß — eine Winter Miete: Daß Pharaonen drin mit ihren Völkern ſchlafen, Und ſchützend Obdach vor Verderben fie behuͤte. — Daß Dir im Bilde, Lieschen, keine Zweifel bleiben, Will ich's verſuchen gern, die Miete zu beſchreiben: Auf trocknem Ort des Gartens eine Gruft wir graben Juſt wie ein Grab; der Erde Auswurf wir verbreiten Rings um der Grube Saum. So einen Raum wir haben, Aus dem hier ſpäter in des Winters harten Zeiten Entſtrömt die wärm're Luft wohlthätig unſern Bienen. — Nun legen quer wir ſtarke Hölzer über's Grab, Uns ſo die feſte Unterlage zu gewinnen Für unſre Stöde, die wir leiſe heben ab Von ihrem Stande jetzt, verſtopfend ſchnell ihr Thor Durch Linnenflecke, die mit Lehmkitt wir verſtreichen. Was nach des Fluglech's Schluß das Volk an Luft verlor, Läßt ſeitwärts als Erſatz das Gitter uns erreichen, Entblößt ein wenig, — Luft und Friſche hier zu ſpenden, Und Stickſtoff von den Bienenvölkern abzuwenden. — So zugerüſtet, ſanft wir unſre Stöcke ſtellen Nun auf die feſten Hölzer dorten über's Grab; Sie ſchichtend auf einander, nicht zu hoch wir wahlen, Vielmehr verlaͤngert uns die Form; ſie platte ab Sich gleich dem ſchrägen Dach, wenn wir jetzt dicht bedecken Mit Brettern alle Stöcke; ſorgſam wir vermeiden Zu viel des Polterns. Ueber die Bedachung ſtrecken Des Schilfrohr's dicke Lagen wir auf allen Seiten. — Drauf ziehen einen Graben breit wir um die Miete, Und geben Abfall-Furchen ihm nach da und dort, Daß jeder Feuchtigkeit er leichten Abzug biete, Und führe ſchnell das Schnee- und Regen-Waſſer fort. — 113 Des Grabens Erde-Auswurf wir als Decke bringen Noch auf der Miete Rohrdach, dick der Zolle — vier; Und drückend ſanft die Erde, wird uns ſchön gelingen Der Pyramide Form. Zuletzt bedecken wir Mit naſſer Streu die Miete, wünſchend, daß die Nacht Durch Froſt ſie bald zu einem dichten Mantel macht. — Daß wir zu große Wärme unſern Völkern meiden, Wir bald zu Anbeginn, — bevor wir überbauen Die Stöcke, — füd- und weſtwärts eine Röhre leiten Dem Innen-Raume zu, fo lang, daß außen ſchauen Wir ihre Mündung an des Grabens oberm Saum, Der rings begrenzt des abgeſchloſſenen Werkes Raum. Vergittert ſei der Röhren Mund, den Weg zu wehren Den Mäuſen, die, — weil wir bei unſern Mieten Uns vor dem Brauch des Strohes klüglich hüten, — Zu unſerm großen Troſt nur ſelten hier verkehren. — So lange laſſen offen wir die luft 'gen Röhren, Bis ihre Schließung uns ſehr ſtrenge Fröſte lehren. — Hier ruhen nun die Völker mit den Pharaonen. Wenn ſie auch zehren mehr als in Egyptens Gründen, So werden ſie im frohen Lenz uns damit lohnen: Daß nicht als Mumien wir ſie dann wiederfinden. $. 30. Wie vermeidet und beruhigt man den Zorn der Bienen? Mittel gegen den Bienenſtich. Das menſchliche Leben als Bienenſtich. Schluß. — Es iſt, mein liebes Lieschen, oftmals ſchon geſchehen, Daß, — ſpaßhaft uns, — ein alter tapfrer Degen, Der todesmuthig ſonſt in Feindes Aug’ geſehen, Flugs ausgeriſſen einer Biene wegen. Die guten Honigthierchen, uns ſo lieb und theuer, In derem Kreiſe wir behaglich Kaffee trinken, 114 Erſcheinen Manchen faſt wie böſe Ungeheuer, Vor denen Damen gar in Ohnmacht wollen ſinken. Viel ſchlimmer, als der ſpitze Stachel unſrer Bienen, Dünkt uns der gift'ge Stich der böſen Zungen; Denn ſchwerer iſt für's Herz die Heilung zu gewinnen, Als wo ein Dorn in's Fleiſch nur iſt gedrungen. Doch können wir der Bienen Zorn auch leicht vermeiden, Indem wir achten, was ſie nicht gern mögen leiden: Wenn Du zu Deinen Bienen Völkern geheſt, Sei ruhig, langſam in Bewegung, Gang und Tritt! Wenn Du, fein ſanft zu ſein, noch nicht verſteheſt, So nimm es hier als gute Lebens. Schule mit. Du darfſt ganz furchtlos ſelbſt, mit ſanftem, ſtillem Arm Dir eine Hand voll Bienen ſchöpfen aus dem Schwarm, Und kannſt auf Deinen Fingern ſchau'n ihr frohes Wühlen, Bis ſie von Dir im Flug ſich wieder heimwärts ſpielen. Vermeide es bedacht, — durch unwillkommnes Stehen Dem Volk den Zug und Flug behindernd zu verſtellen; Ihm beſſer zuzuſchauen, ſeitwärts wir ſtets gehen Von ſeinem Flugthor, hier den Stand uns zu erwählen. — Wenn ſummend eine Biene Deinen Kopf umkreiſet, Verſuch' es nicht, durch Schlagen fie von Dir zu ſcheuchen; Denn dadurch erſt erzürnt ſie Dir den Stachel weiſet, Dem Du durch Ruhe konnteſt ſicherlich entweichen. Wer pochet, poltert, klopfet um und an den Stöcken, Der gilt als Störenfried und Feind dem Bienen Reich, Und wehe ihm, — kann er ſich nicht durch Flucht verſtecken, — Er fühlt gewiß ſonſt mancher Biene Dolch ſogleich. — Des Schweißes Dünſte von den Menſchen und den Thieren, Sind Urſach oft dem Volk, zum Zorn es zu verführen. Drum meiden wir's, erhitzt und triefend vorzunehmen Die Arbeit und das Werk auf unſern Bienenſtänden. 4 115 Denn unſerm Willen wird das Volk ſich zahm bequemen, Wenn Waſſer uns gekühlt an Angeſicht und Händen. — Verhüte, Lieschen, es, zu hauchen in den Schwarm, Er brauſt ſonſt zornig auf, und ſchlägt ſogleich Allarm. Gewohnheit lehrt es bald, uns unbewußt zu wenden: Daß wir den Oden ſeitwärts von dem Stocke ſenden. Soll Dir aus eigner Schuld nicht mancher Schmerz erwachſen, Wenn Du des Bienenſtockes Thore öffnen willſt: Erſchütt're nicht das Haus durch Rüde oder Knackſen; Vergiß auch nicht, daß Du zuvor durch Rauch ſie ſtillſt, Den, — ſchreckend ſie zur Demuth, — erſtlich blaſen ein Dem Flugloch wir, und drauf den ſcharfen Rauch wir halten Zur Thüre ſchnell, um ſchon bei Spalten Oeffnung klein Zu beugen die Rebellen, die mit Zorne prahlten. | Und fährſt Du fo von Zeit zu Zeit mit Rauchern fort, Gehorchet Dir das Volk, wie auf Kommando-Wort. — Die Leute, die viel ſchnapſen und nach Fuſel riechen, Beſtraft die Biene gar zu gern mit ihren Stichen. Sehr brav, mein Thierchen! Immer tüchtig durchgeſtochen, Den widerwärtig Dir, als Säufer haſt gerochen! Es ſage ihm, — was nicht ſein armes Weib darf wagen, — Dein Stachel: daß die Schuld mit Schmerzen ihn geſchlagen. — Beim Honig ⸗Ausſchnitt, oder wenn ein Stock entfallen Durch Umſturz ſeinem Stande, — kann es wohl geſchehen: Daß wüthend die erzürnten Bienen überfallen, Was ſie Lebendiges im Umkreis nur erſpähen. Wir ſprengen reichlich Waſſer in das Volk ſogleich, Damit zu kühlen eiligſt das entflammte Blut; Und treiben fort aus dem gefährlichen Bereich Die Pferde und das andre Vieh in ſichre Hut. — Wir ſänftigen zur Ruhe aufgeregte Bienen, Wenn wir recht bald mit Honig freundlich ſie bedienen. Sie gleichen darin vielen Leuten, 8* 116 Mit denen wir zu manchen Zeiten Sehr ſchwer und gar nicht auszukommen wüßten, Wenn ſie den Honig um ihr Maul vermißten. Mittel gegen den Bienenſtich. a. Was ſich die Mädchen alle, wie ich glaube, In Mondſchein Nächten ſtill erſehnen, Das will ich Dir, dem Kind, ſchon gönnen Zum Schutz vor Bienenſtichen — eine Haube. b. Mein Lieschen, wenn Dich eine Biene ſticht, Ertrag's beherzt, und ſchrei zu ſchrecklich nicht! 5 Nachdem den Stachel Du entzogen ſchnell der Wunde Beſtreiche bald die Stelle heilſam mit dem Naß Vom Geiſt des Salmiaks; es hilft auch Waſſerglas. Als leicht fühlft Du den Schmerz kaum eine Viertelſtunde. d. Das beſte Naß uns auf der eignen Zunge liegt, Indem wir flugs mit Speichel unſern Finger netzen Um damit fleißig reibend wiederholt zu ätzen Den wehen Ort. Das Mittel, Lieschen, uns nicht truͤgt. — e. Eine Hand voll Erde Dir zur Kühlung werde, Daß der Stich nicht ſchwillt Und der Schmerz ſich ſtillt. — Das menſchliche Leben als Bienenſtich. Der Arbeitsbiene Leben zahlt nur wenig Tage, Denn ihres Fleißes und der Mühen Eifer zehret, Wie manches Erdenſohnes übergroße Plage 117 Verfrüht die Kraft. Die Biene kaum zehn Monden wehret Den bleichen Tod von ihrer kurzen Blüthe ab, Weit öfter ſinkt durch Unfall eher ſie ins Grab. — Wie böſe Menſchen, die am Feind ſich grauſam rächen, Sich in das eigne Herz durch ihre Bosheit ſtechen; Und wie der ſchadenfrohe Pfeil, den ſie entſendet, Sich ihnen zum Verderben meiſtens rückwärts wendet: So hat das Todesurtheil ſelber ſich geſprochen Die Biene, die den Dolch gebohrt in ihren Feind. Vergeblich iſt, wenn ſterbend ſie es auch beweint, Daß ſie durch Rache ihren Untergang verbrochen. — Eine Hand voll Erde Dir zur Kühlung werde, Daß des Lebens Schmerz ſich ſtillt, Und der Glaube ſich erfüllt! Ein Leben dornenvoll — dem Bienenſtiche gleicht; Doch jeder Trübſal Angſt und Hitze endlich weicht: Wenn des Herzens brennend heiße Wunden Kühlung in der Erde Schooß gefunden. Dort liegt gefeſſelt unſrer Sorgen Heer, Dort zeugt die Erde keine Stacheln mehr, Als Sieger ſteht der Dulder groß und hehr! Der Welt, der Schlange, die ihn boshaft einſt geſtochen, Hat er im Auferſteh'n den gift'gen Kopf zerbrochen, Und geht, — um an das Thor der Ewigkeit zu pochen: Wo jeder Schmerz und jedes Leiden wird geſtillt, Und des Gerechten Auge Freudenthränen quillt. Drum, Lieschen, wenn die Welt Dich ſticht, Ertrag's mit Gott, — verzage nicht! Denn nach des Lebens Laſt und heißen Plagen Wird Gottes Engel Dich zum Himmel tragen. — — Schluß. Mas Dich, mein Lieschen, dieſes Buch gelehrt: Wie Bienen ſind, wie weben ſie und leben, Das iſt ein Vorbild Dir zu ſein wohl werth, Ein goldner Faden für Dein ſittlich Streben. In dieſem Thierchen klein iſt uns enthüllet Ein Buch der Lebensweisheit, die von Oben flammt; Die Eine Ordnung ſich auch hier erfüllet: Die Tugend ſegnet ſich, das Laſter ſich verdammt. — Vergänglich, liebes Kind, iſt alle Herrlichkeit, Drum ſchlägt auch unſerm Hirtenliede ſeine Zeit; Ich wünſchte, Lieschen, daß es hatte Dich erfreut. Und wäre die Schalmei Dir unlieb nicht geweſen Sollſt Du das Weitere von mir in Proſa leſen. “) Ade, Ade, Ade, o, du, mein lieber Sang, Fleug, fleug, und wer dich hört, dem ſei die Zeit nicht lang! — 5) Sollte ich durch eine günſtige Aufnahme dieſer Schrift einige Aufmunterung erhalten, beabſichtige ich als zweiten Theil derſelben ein Büchlein unter dem Titel: „Die Bienenzucht als landwirthſchaftliche In— duſtrie mit beſonderer Rückſicht auf Geiſtliche und Lehrer,“ — herauszu— geben, worin ich mich, mit Zurückweiſung aller unpractiſchen Illuſionen, bemühen werde, klare und feſte Wege zu zeichnen, und hier auch das rein Techniſche nebſt den ſpeciellen trivialen Details der Praxis zu lie— fern, wozu der Hirtengeſang keinen Beruf hatte. — Anhang. Die Löſung practiſcher Lebensfragen ſchwerfällige gelehrſamkeit und > nalürlichen Wullerwitz, oder: Der Kaiſer, der Abt und Hans Dendir, als paraboliſches Motto empfehlenswerth für praktiſche Bienenzüchter und noch viele andere Leute, Pürger. 1 1 1 a W 5 a ec, * 3 Sch will euch erzählen ein Mährchen gar ſchnurrig: Es war mal ein Kaiſer, der Kaiſer war kurrig. Auch war mal ein Abt, ein gar ſtattlicher Herr; Nur Schade! ſein Schäfer war klüger, als Er. Dem Kaiſer ward's ſauer in Hitz' und in Kälte, Oft ſchlief er bepanzert im Kriegesgezelte, Oft hatt er kaum Waſſer zu Schwarzbrot und Wurſt, Und öfters noch litt! er gar Hunger und Durſt. Das Pfäfflein, das wußte ſich beffer zu hegen, Und weidlich am Tiſch und im Bette zu pflegen. Wie Vollmond glänzte ſein feiſtes Geſicht; Drei Männer umſpannten den Schmerbauch ihm nicht. Drob ſuchte der Kaiſer am Pfäfflein oft Hader. Einſt ritt er mit reiſigem Kriegesgeſchwader In brennender Hitze des Sommers vorbei; Das Pfäfflein ſpazierte vor ſeiner Abtei. „Ha, dachte der Kaiſer, zur glücklichen Stunde!“ Und grüßte das Pfäfflein mit höhniſchem Munde: „Knecht Gottes, wie gehts dir? Mir däucht wohl, ganz recht, Das Beten und Faſten bekomme nicht ſchlecht. Doch deucht mir daneben, euch plage viel Weile, Ihr dankt mir's wohl, wenn ich euch Arbeit ertheile. Man rühmet, ihr wäret der pfiffigſte Mann, Und höret das Gräschen faſt wachſen, ſagt man. 122 So geb' ich denn euren zwei tüchtigen Backen Zur Kurzweil drei artige Nüſſe zu knacken. Drei Monden von nun an beſtimm' ich zur Zeit, Dann will ich auf dieſe drei Fragen Beſcheid. Zum Erſten: Wann hoch ich im fürſtlichen Rathe Zu Throne mich zeige im Kaiſer-Ornate, Dann ſollt ihr mir ſagen, ein treuer Wardein, Wie viel ich wohl werth bis zum Heller mag ſein? Zum Zweiten: Sollt ihr mir berechnen und ſagen: Wie bald ich zu Roſſe die Welt mag umjagen; Um keine Minute zu wenig und viel! Ich weiß, der Beſcheid darauf iſt euch nur Spiel. Zum Dritten noch ſollſt du, o Preis der Prälaten, Aufs Härchen mir meine Gedanken errathen; Die will ich dann treulich bekennen; allein Es ſoll auch kein Titelchen Wahres dran ſein. Und könnt ihr mir dieſe drei Fragen nicht löſen, So ſeid ihr die längſte Zeit Abt hier geweſen, So laß ich euch führen zu Eſel durch's Land, Verkehrt, ſtatt des Zaumes den Schwanz in der Hand.“ Drauf trabte der Kaiſer mit Lachen von hinnen. Das Pfäfflein zerriß und zerſpliß ſich mit Sinnen; Kein armer Verbrecher fühlt mehr Schwulität, Der vor hochnothpeinlichem Halsgericht ſteht. Er ſchickte nach ein, zwei, drei, vier Univerſitäten, Er fragte bei ein, zwei, drei, vier Fakultäten, Er zahlte Gebühren und Sporteln vollauf: Doch löſte kein Doktor die Fragen ihm auf. Schnell wuchſen bei herzlichem Zagen und Pochen Die Stunden zu Tagen, die Tage zu Wochen! 123 Die Wochen zu Monden; ſchon kam der Termin; Ihm ward's vor den Augen bald gelb und bald grün. Nun ſucht er, ein bleicher, hohlwangiger Werther, In Feldern und Wäldern die einſamſten Oerter; Da traf ihn auf ſelten betretener Bahn, Hans Bendix, fein Schäfer, am Felſenhang an. „Herr Abt, ſprach Hans Bendix, was mögt ihr euch grämen? Ihr ſchwindet ja wahrlich dahin wie ein Schemen za) Maria und Joſeph, wie hotzelt ihr ein! a Mein Sirchen, es muß euch was angethan ſein.“ Ach guter Hans Bendix, ſo muß ſich's wohl ſchicken; Der Kaiſer will gern mir am Zeuge was flicken, Und hat mir drei Nüß' auf die Zähne gepackt, Die ſchwerlich Beelzebub ſelber kaum knackt: „Zum Erſten: Wenn hoch er im fürſtlichen Rathe, Zu Throne ſich zeigt im Kaiſer-Ornate, Dann ſoll ich ihm ſagen, ein treuer Wardein, Wie viel er wohl werth bis zum Heller mag ſein. Zum Zweiten: Soll ich ihm berechnen und ſagen: Wie bald er zu Roſſe die Welt mag umjagen? Um keine Minute zu wenig und viel! Er meint, der Beſcheid darauf wäre nur Spiel. Zum Dritten, ich ärmſter von allen Prälaten, Soll ich ihm gar ſeine Gedanken errathen; Die will er mir treulich bekennen; allein Es ſoll auch kein Titelchen Wahres dran ſein. Und kann ich ihm dieſe drei Fragen nicht löſen, So bin ich die längſte Zeit Abt hier geweſen; ) Schemen iſt fo viel als Schatten. — 124 So läßt er mich führen zu Eſel durch's Land, Verkehrt, ſtatt des Zaumes, den Schwanz in der Hand.“ „Nichts weiter? erwiedert Hans Bendix mit Lachen. Herr gebt euch zufrieden! das will ich ſchon machen. Nur borgt mir eu'r Käppchen, euer Kreuzchen und Kleid: So will ich ſchon geben den rechten Beſcheid. — Verſteh' ich gleich nichts von lateiniſchen Brocken, So weiß ich den Hund doch vom Ofen zu locken. Was ihr euch, Gelehrte, für Geld nicht erwerbt, Das hab' ich von meiner Frau Mutter geerbt.“ Da ſprang wie ein Böcklein der Abt vor Behagen. Mit Käppchen und Kreuzchen, mit Mantel und Kragen Ward ſtattlich Hans Bendix zum Abte geſchmückt, Und hurtig zum Kaiſer nach Hofe geſchickt. Hier thronte der Kaiſer im fürſtlichen Rathe, Hoch prangt' er mit Scepter und Kron im Ornate: „Nun ſagt mir, Herr Abt, als ein treuer Wardein, Wie viel ich jetzt werth bis zum Heller mag ſein?“ „Für dreißig Reichsgulden ward Chriſtus verſchachert; Drum gäb' ich, ſo ſehr ihr auch pochet und prachert, Für euch keinen Deut mehr, als zwanzig und neun; Denn Einen müßt ihr doch wohl minder werth ſein.“ * „Hm, ſagte der Kaiſer, der Grund läßt ſich hören, Und mag den durchlauchtigen Stolz wohl bekehren; Nie hätt ich, bei meiner hochfürſtlichen Ehr, Geglaubt, daß gar jo ſpottwohlfeil ich wär! Nun aber ſollſt du mir berechnen und ſagen, Wie bald ich zu Roſſe die Welt mag umjagen? Um keine Minute zu wenig und viel! Iſt dir der Beſcheid darauf auch nur ein Spiel?“ — — 125 „Herr, wenn mit der Sonn’ ihr früh ſattelt und reitet, Und ſtets ſie in einerlei Tempo begleitet, So ſetz' ich mein Kreuz und mein Käppchen daran, In zwei Mal zwölf Stunden iſt alles gethan.“ „Ha, lachte der Kaiſer, vortrefflicher Haber! Ihr futtert die Pferde mit Wenn und mit Aber. Der Mann, der das Wenn und das Aber erdacht, Hat ſicher aus Häckerling Gold ſchon gemacht.“ „Nun aber zum Dritten, nun nimm dich zuſammen, Sonſt muß ich dich dennoch zum Eſel verdammen. Was denk' ich, das faſch iſt? das bringe heraus! Nur bleib' mir mit Wenn und mit Aber zu Haus!“ „Ihr denket, ich ſei der Herr Abt von Sankt Gallen!“ „Ganz recht, und das kann von der Wahrheit nicht fallen.“ „Sein Diener, Herr Kaiſer! euch trüget eu'r Sinn: Denn wißt, daß ich Bendix, ſein Schäfer nur bin.“ Was Henker! Du biſt nicht der Abt von Sankt Gallen!? Rief hurtig, als wär er vom Himmel gefallen, Der Kaiſer mit frohem Erſtaunen darein; Wohlan denn, ſo ſollſt du von nun an es ſein! Ich will dich belohnen mit Ring und mit Stabe; Dein Vorfahr beſteige den Eſel und trabe Und lerne fortan erſt, quid juris*) verſteh'n; Denn wenn man will erndten, ſo muß man auch ſä'n.“ „Mit Gunſten, Herr Kaiſer! das laßt nur hübſch bleiben! Ich kann ja nicht leſen, noch rechnen und ſchreiben; Auch weiß ich kein ſterbendes Wörtchen Latein, Was Hänschen verſäumt, holt Hans nicht mehr ein.“ ) quid juris heißt: was Rechtens iſt. — 126 „Ach, guter Hans Bendix, das ift ja recht Schade! Erbitte demnach dir eine andere Gnade! Sehr hat mich ergötzet dein luſtiger Schwank, Drum ſoll dich auch wieder ergötzen mein Dank.“ „Herr Kaiſer, groß hab' ich ſo eben nichts nöthig, Doch ſeid ihr im Ernſt mir zu Gnaden erbötig, So will ich mir bitten zum ehrlichen Lohn: Für meinen hochwürdigen Herren Pardon.“ „Ha bravo! Du trägſt, wie ich merke, Geſelle, Das Herz wie den Kopf auf der richtigſten Stelle. Drum ſei der Pardon ihm in Gnaden gewährt, Und obendrein dir ein Panis Brief beſcheert. Wir laſſen dem Abt von Sankt Gallen entbieten: Hans Bendix ſoll ihm nicht die Schafe mehr hüten. Der Abt ſoll ſein pflegen nach unſerm Gebot, Umſonſt, bis an ſeinen ſanftſeligen Tod.“ Nachruf des Herausgebers den guten Haus Bendix. HEnfonft erſehnten Viele ſchon dein ſanftes Sterben, Die laut nach allen Richtungen „Roccoeco“ ihren; Doch laſſen dich die klugen Frauen nicht verderben: Sie führen ſtets verjüngt dich in das Leben ein. Hans Bendix, ſicher wirft ein alter Burſche werden, Du ſtirbſt erſt mit dem letzten Mutterwitz auf Erden!! — jr ð v Die Eichſtädter Pienenzeilung. Allen Bienenzüchtern, denen dieſes Büchlein zu Geſicht kommt, kann ich nicht dringend genug rathen, die von dem Herrn Seminarlehrer Schmidt zu Eichſtädt in Baiern herausgegebene „Bienenzeitung,“ von der ich bereits in §. 1 geſprochen habe, zu halten. Dieſes ausge⸗ zeichnete Blatt, welches ſeine Spalten zu einem Sprechſaale für alle Bienenwirthe deutſcher Zunge öffnet, beſteht ſchon ſeit 15 Jahren, und hat ſich durch die Verbreitung der neueſten wiſſenſchaftlichen Entdeckun⸗ gen in dem Naturleben und Weſen des Bienenvolkes, als auch der wich⸗ tigſten Erfindungen auf dem Felde der bienenwirthſchaftlichen Praxis um die Hebung der Bienenzucht zur landwirthſchaftlichen National-In⸗ duſtrie außerordentlich verdient gemacht. Dieſes Blatt hat ſchon ſeit längerer Zeit die hervorragendſten Züchter Deutſchlands zu einem Wan⸗ der⸗Vereine geſammelt, welcher gleich den Land- und Forſtwirthen, jähr⸗ lich eine großartige Sitzung in einer vorher beſtimmten Stadt Deutſch⸗ lands abhält, um hier über die wichtigſten Fragen im Bereiche der theo— retiſchen und practiſchen Bienenzucht zu debattiren. Dieſe Sitzungen find in den letzten Jahren ſogar von zahlreichen Abgeordneten der deut: ſchen Regierungen, welche die große Wichtigkeit dieſer Sache für das geſammte National⸗Intereſſe immer mehr zu erkennen anfangen, beſchickt worden, und die ſpeciellen Berichte darüber werden nachträglich in der „Bienenzeitung“ gegeben. Dieſes Blatt zählt ein Heer von Mitarbei⸗ tern aus allen Theilen des Vaterlandes, bringt zugleich auch die inte⸗ reſſanteſten Correſpondenzen aus den weiteſten Fernen des Auslandes über dieſen Culturzweig, und wird neben den tüchtigſten Practikern von den gewiegteſten Gelehrten und Naturforſchern bedient, die ſich jetzt auch ganz gefliſſentlich bemühen, mit Zurückweiſung alles gelehrten Schwul⸗ ſtes, ihre wiſſenſchaftlichen Artikel in einer ſolchen Sprache und Form zu geben, daß ſie der gewöhnliche Landmann, welcher leſen gelernt hat, recht gut zu faſſen vermag. Wer mit dem Stande der Dinge auf dem Gebiete der Bienenzucht im Zuſammenhang und Fortſchritt bleiben, wer von den betreffenden neueſten Erfahrungen und Entdeckungen ſogleich Kenntniß haben, und ſie zu ſeinem Nutzen verwenden will, für den wird das genannte Blatt zum Bedürfniß und einer ſtets ſich erneuernden Freude. Vereinen oder bemittelten Züchtern möchte ich rathen, ſich die letzten 5 — 6 Jahrgänge der „Eichſtädter Bienenzeitung“ 7 | ſie ſind eine Fundgrube, aus welcher ein reicher Schatz des Wiſſens und der praktiſchen Anleitungen gehoben werden kann. — i F. Scholz. a — — 5 ee wa se * . nu — Be GR A ; nn 14 eee 97855 REN er - 835 a i ehen une duapmiss iin 81 IN N nne 5 ebd. e A ehr u aim | soon PR mod 65 ae abe 1 4 „ irg of. sehen] 1 Ale. i ah BIT et . er Nu Hei 8 is ein, ae To aha SEM ung Er ge ebe end wee arm. ie ar ale 225 ei 2 bet z u i eee Ane dan maria Ma ni mei je: Dash ae 226 BE med Aus dd tilt: ng s gan 19 18 ine e eee 700 0 Nee lng. Sid e lac dc e 1 JN ante and. 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