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rationelle Weinbau

und die

Weinbereitungs⸗Lehre

mit einem Anhang über den Einfluß der climatiſchen Verhältniſſe

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auf den Weinbau.

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Von J. Dornfeld, Cameral⸗Verwalter in Weinsberg, Verfaſſer der Preisſchrift „Die Weinbauſchule“, Ritter des Friedrichs-Ordens, Mitglied der württembergiſchen Weinverbeſſerungs-Geſellſchaft, ſowie verſchiedener anderer landwirthſchaftlicher Geſellſchaften und Vereine.

Den Weinproduzenten und Wein-Commerzianten Deutſchlands, ſowie allen Freunden des Weinbaues und eines reinen Natnxweines gewidmet. ö

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Heilbronn. Buchhandlung von Albert Scheurlen.

8 1864.

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Vorrede.

Wir beſitzen über den Weinbau und die Weinbereitung aus ältern und neuern Zeiten zwar viele Schriften, dieſelben beziehen ſich aber entweder nur auf einzelne Weinbaugegenden, oder es wird in denſelben blos der Weinbau oder die Weinbereitung abgehandelt, ob— gleich beide Gegenſtände fo enge mit einander verbunden find, daß fie nicht wohl von einander getrennt werden ſollten, weil auch bei dem rationellſten Weinbaue der erzeugte Wein noch durch eine un— paſſende Weinbereitung verdorben oder bedeutend an Qualität ver— lieren kann.

Außerdem ſind in Folge der Verhandlungen der deutſchen Wein— und Obſtproduzenten (vergleiche die Wein- und Obſtproduzenten Deutſchlands von J. Dornfeld, Stuttgart, Cotta'ſcher Verlag 1852) ſowie der deutſchen Land- und Forſtwirthe über Weinbau fo viele Erfahrungen über einen rationellen Betrieb des Weinbaues und der Weinbereitung gemacht worden und ſo manche intereſſante Fragen zur Erörterung gekommen, daß dadurch in allen Weinbaugegenden Deutſchlands ein reger Eifer in der Verbeſſerung des Weins erwacht iſt, der theils von den Regierungen der einzelnen Länder, theils durch Privatvereine auf mancherlei Weiſe gepflegt und unterſtützt wird, wo—

durch ſich auch die frühern Weinbauverhältniſſe in manchen Weinbau—

gegenden weſentlich geändert haben und überhaupt eine neue Epoche bei dem Weinbaue und der Weinbereitung eingetreten iſt. Insbe⸗ ſondere gebührt der württembergiſchen Weinverbeſſerungsgeſellſchaft

IV

und der württembergiſchen Centralleitung der Landwirthſchaft das Verdienſt, daß, durch meiſtens unentgeldliche Vertheilung von vielen Millionen edler Reben, ſowie durch Entſendung von intelligenten Weingärtnern in andere Weinbaugegenden, die Anpflanzung edler Rebſorten und die zweckmäßige Erziehung und Behandlung derſelben weſentlich befördert und verbreitet wurde. Durch dieſe Beſtrebungen und gegenſeitige Mittheilungen find auch manche neue Traubengat— tungen im Großen angepflanzt worden, die in einzelnen Weinbauge⸗ genden entweder noch gar nicht bekannt waren, oder die nur im Klei— nen in Verſuchsanlagen gepflanzt wurden und deren Eigenſchaften und Tauglichkeit zu der Erzeugung eines guten Weins noch nicht ge- hörig bekannt ſind.

Es dürfte deßwegen für jeden intelligenten Weinbauer als ein Bedürfniß erſcheinen, nicht nur die neueren erprobten Erfahrungen, ſondern auch die Grundſätze, nach welchen überhaupt ein rationeller Weinbau und die damit in Verbindung ſtehende Weinbereitung ein- zurichten iſt, in einer beſondern Schrift zuſammengeſtellt zu finden, und glaubt der Verfaſſer, einem ſolchen Unternehmen ſich umſomehr unterziehen zu dürfen, als die in dem gegenwärtigen Werke aufge- ſtellten Grundſätze ſich faſt durchgängig auf eigene Erfahrungen und Wahrnehmungen gründen, die bei dem nun ſeit mehr als zwanzig Jahren betriebenen eigenen ausgedehnten Weinbaue geſammelt wurden, und bei dem nicht nur alle edleren Rebſorten im Großen angepflanzt, ſondern mit dem auch einzelne Verſuchsländer verbunden ſind, in welchen gegen 150 der verſchiedenartigſten Rebſorten zur Anpflan- zung kamen.

Außerdem wollte der Verfaſſer in dem vorliegenden Werke die Grundſätze, die in der von ihm verfaßten und von der württembergi⸗ ſchen Weinverbeſſerungsgeſellſchaft herausgegebenen Preisſchrift „Die Weinbauſchule“ (Heilbronn, bei Albert Scheurlen) niedergelegt ſind, weiter ausführen, daher das gegenwärtige Werk vielleicht vielen Be⸗ ſitzern der Weinbauſchule willkommen iſt, und insbeſondere dürfte das⸗ ſelbe bei dem Unterricht in den landwirthſchaftlichen Fortbildungs-

V ſchulen als Erläuterung des Inhalts der Preisſchrift mit Nutzen Anwendung finden.

Auch der dem Werke beigegebene Anhang über den Einfluß der Witterungsverhältniſſe auf den Weinbau dürfte nicht nur für alle die— jenigen, welche ſich für ſolche Einflüſſe der Witterung intereſſiren, ſondern insbeſondere auch für die Weinproduzenten und Wein-Com— merzianten von beſonderem Werthe ſein, indem nach den dort gegebe— nen Anleitungen und Vergleichungen ſich ſchon nach beendigter Trau— benblüthe in der Regel berechnen läßt, welcher Qualität von Wein man auf den kommenden Herbſt entgegenjehen darf, was auf den Ver— kauf ſo wie auf den Einkauf des Weins immer von weſentlichem Ein— fluß ſein wird.

Möge nun das ganze Werk eine wohlwollende Aufnahme finden.

Weinsberg im September 1863. Der Verfaſſer.

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3.

Inhalta-HUeberſicht.

I. Beſchreibung der Rebe und der Traube.

Die Wurzel Der Stamm, die Zweige, m Blätter Die Traube : B :

II. Die Traubengattungen nach ihrer ſyſtematiſchen Ordnung.

Weiße und rothe Trauben. Orleans a

Weißer Räuſchling £

Traminer (der rothe, Gewürz⸗, 10 85 1 5 5

Rother Malvaſier

„Rother Velteliner (der große, Sr ee ses Heine)

Der weiße Hängling . - > Der Elbling (der weiße, gelbe sth, 1 5 Rauelbling) Der weiße Kleinedel > 8 } 2 . Der Rothurbau i . . 8

Der weiße Clevner 5 5 5

Der Ruländer (graue 1 2 Ä .

Sylvaner (der weiße, gelbe, rothe) Ortlieber (gelber, weißer)

Weißer Tokayer |

Weißer Süßling

Rother Reifler

Weißer Rothgypfler > Weißer Burgunder . a i a

Weißer Fütterer

Rießling (der weiße, 3

Weißer kurzſtieliger Champagner a Heuniſch (der weiße, gelbe, rothe, blaue) Weißer Welſchrießling

Seite.

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Seite 24. Rother Hans (kleiner Velteliner) . . 8 32 25. Rother Trollinger . - 32 26. Gutedel (der weiße, rothe, Krachgutedel) - 33 27. Muskateller (der weiße, rothe) 33 Blaue und ſchwarze Trauben. 0 Blaue Eicheltraube 34 2. Blauer Augſter 8 34 5. Blauer Marokkaner . 34 4. Blauer Blüſſardt (ſchwarzer Malvafter) 35 5. Blauer Bernardi . 35 6. Rothblauer Zottelwelſche other Oer, Gol, eiptauben) 35 7. Blaue Müllertraube (ſchwarzer Rießling). N 36 8. Schwarzblauer Zottelwelſcher DEN. aufe 36 9. Schwarzer Traminer ß ; 37 10. Blauer Hängling 9 : 37 11. Blauer Färber . B b 5 } 37 :12. Schwarzer Elbling 38 13. Blaue Bodenjeetraube 38 14. Schwarz⸗Urban 38 15. Blauer Clevner (blaues Möhrchen e af, Brieteonen) 39 16. Blauer Sylvaner . 5 5 ; - . 40 17. Blauer Portugieſe 40 18. Blauer Tokayer 41 19. Blauer Carmenet 41 20. Blaue Kadarka 42 21. Blauer Neri 42 22. Blauer Klöpfer 42 23. Blauer Wildbacher 43 24. Blauer Gelbhölzer (mers heimer Schwürge) 43 25. Blaue Hartwegstraube (Grob: 5 5 5 43 26. Blauer Liverdun : 44 27. Blauer Pineau ; 45 28. Schwarzblauer Scheuchner, ble Köllner bertel, Pommern) 45 29. Der blaue Heuniich . 5 5 z 2748 0 Der Mohrenkönig 45 Blauer Burgunder 46 > Blauer Affenthaler 47 33. Blauer Trollinger (der vothholgige, gabe 48 34. Blauer Gänsfüßler 5 . 48 35. Blaue Frankentraube (Süß roth) 5 49 36. Blauer Limberger. - 49 37. Schwarzer Muskateller 50 Blauer Muskateller 8 50

Tafeltrauben.

Weiße und blaue Gaisdutte Der weiße Malvaſier Gelbe Seidentraube, auch weiße Sich Früher weißer Damaszener ee frühe Lahntraube Weißer Muskat⸗Sylvaner . Früher blauer Jakobi⸗ oder Auguſt⸗ ae Weißer Gutedel⸗Malvaſier l Blaues Ochſenau ge Blaue Iſabelle . : - Blauer und zweifarbiger Morillon Blauer Aramon Rothe Kalebstraube . Weiße Vanilletraube Weißer Pariſer Gutedel A Früher weißer, auch Perl⸗ oder Dana Gutedel Rother Königs⸗Gutedel

Weißer und rother geſchlitztblättriger ER: Beterfilien: Gutedel 8

Großer, weißer und rother ſpaniſcher Gutedel Schwarzer auch blauer Musfat-Öutedel . Weißer Muskat⸗Gutedel N

III. Der rationelle Weinbau.

Erforderniſſe eines rationellen Weinbaues, ſowie der Weinberei⸗

tung, Unterrichtsanſtalten .

IV. Lage der Weinberge.

Im Allgemeinen ; : 3 : 3 : 5 .Die ſüdliche Lage : . . . Die Erhebung über die Meeres⸗ in Thalflächen

Die Richtung gegen die Himmelsgegend .

Abdachungen gegen die Thalſohle

Die Richtung der herrſchenden Winde

Die Umgebung der einzelnen Weinbergslagen

Die Regenmenge

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56

V. Nahrungsſtoffe der Reben, Boden der Weinberge.

Allgemeine Grundſätze über die F der Fe RR rungsſtoffe der Luft

Urſtoffe der Erde .

Bildung unſerer Erdrinde g ;

Die Bodenarten und ihre n . a

Der Humus

Der Untergrund

Chemiſche Unterſuchung einzelter nber rde

Chemiſche Unterſuchung der Rebe und ihrer Aſche

Allgemeine Grundſätze für einen guten Weinbergsboden Boden für die einzelnen Traubengattungen . 8 a 5

VI. Die anzupflanzenden Traubengattungen.

Allgemeine Grundſätze 5 Ä h Reine oder gemiſchte Beſtockung . 1 . N Paſſendſte Traubengattungen Für weiße Weine Für rothe Weine 8 x Anpflanzung verſchiedener Traubengattungen Für rothe und weiße Weine Mitten bei reiner Beſtockung Unten bei reiner Beſtockung Oben bei reiner Beſtockung Bei gemiſchter Beſtockung

VII. Die Anlegung der Weinberge.

1. Die Vorbereitung des Bodens

Das Reuten (Rotten) a. Lage und Abdachung b. Unebenheiten c. Untergrund, Witterung d. Die Art des Reutens e. Das tiefe oder ſeichte Reuten f. Die Zeit des Reutens. g. Die Anlegung von Mauern und 17

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3. Die Setzreben a. Die Erziehung aus Samen b. Die Erziehung aus dem Holze . 6. Die Wurzelreben 5 4. Die Schnittlinge (Blindreben) e. Die Auswahl der Reben

4. Das Setzen. a. Die Zeit des Setzens b. Das Zurichten des Bodens c Das Auszielen (Weite der Beſtockung) d. Die Art des Setzens e. Das Verlegen und Vergruben der Reben

VIII. Die Enichung des Weinſtocks.

Allgemeine Grundſätze , 1. Die Erziehung des jungen Rebſtocks

A.

Die Die Kopferziehung

b. Die Schenkelerziehung r A 2. Die Erziehung ohne Holzunterſtützung Bockſchnitt 0 0 5 4 Balkenerziehung Hecken⸗Weinberge 3. Die Erziehung mit defsunteftügung

. b. C. d.

Pfahlerziehung Rahmenerziehung Kammer⸗Erziehung Die Erziehung an Geländen, Arkaden⸗ an ben Buſchbaum⸗ Pyramiden- und . an

e. Die Erziehung in Töpfen 4. Die Erziehung des tragbaren Rebſtocks

a:

Das Schneiden.

Im Allgemeinen

Der einzelnen Rebgattungen Die Inſtrumente zum Schneiden Die Zeit des = chneidens

. Das Ruthenbiegen

ce Außerordentliche Frühjahr: 0

d. Das Ueberhauen, Gppfeln, e . Aus⸗

aa. Das Stöckeſetzen . 5

bb. Das Pfropfen der Rebſtöcke

ce Das Ringeln der Reben

Das Verbrechen, Zwicken und Einkürzen der Neben

blatten der Reben

IX. Die Boden- und ſonſtige Weinbergsarbeiten.

Im Allgemeinen.

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Das Aufziehen, Aufdecken

2. Das Aufräumen 3. Das Hacken, Graben, Umkehren 5 = Das Pfählen

.Das Anhängen, Anheften? Gürten 6. Außerordentliche Arbeiten.

a. Das Graben-Ausſchlagen b. Das Rainpritichen c. Das Steineleſen 5 s

7. Das erſte Felgen, Brachen, Rühren 8. Das Binden der Reben 5 9. Das zweite Felgen, Rühren, Lautergräbee

XII

Seite

7 Das Heften oder zweite Binden 8 ö . 5 8 Das dritte Felgen - 5 5 5 „52 17 Das Bandaufſchneiden und Pfähleausziehen 5 257

13. Das Niederlegen und Bedecken (Trechen, Beziehen) 95 Reben 259

X. Die Düngung.

Allgemeine Grundſätze . ; . 5 \ i . 5 263 Die Düngung mit Mineralſtoffen. alt . 5 8 5 e 5 286 2. Gyps oder 5 Kalt \ a . - 8 : 266

3. Düngende Salze.

a. Laugenſalze 5 | b. Torf: und een 8 267 C. Salpeterſaure- und kochſalzſaure Salze a 4 4. Der Mergel 5 - 5 £ 5 l 8 g 8 268 5. Der Schiefer . . 5 3 g : 3 A 289 6. Die Erde 3 5 ! 5 5 5 : - x 269 Organiſche Düngung 1. Pflanzen⸗ oder vegetabiliſche Düngung. a. Gründüngung 3 : DR b. Die Düngung mit DER Laub VER Holz der ben : 5 274 c. Düngung mit todten Pflanzentheilen. Stroh, Laub, Holznadeln, Heidekraut, Moos, Oelkuchen 28 2. Thieriſche Düngung. a. Abfälle der Abdeckereien 8 ; x 5 N . 278 b. Das Blut 5 : u l 5 5 5 5 3 2 c. Hornſpähne . 8 . 5 5 2 = d. Haare und ſonſtige fe a a 2 8 h 5 e. Wolle 0 5 2 3 5 % . 5 278 f. Knochen ; 5 g 5 5 Ä 5 28 g. Guano oder Wield dger 8 ; . . . 8 278 h. Jauche, Gülle 8 5 : : | 3. Vegetabiliſch animaliſche Düngung a. Rindviehdünger . b. Pferdedünger N c. Der Schafdünger 5 2 . 8 5 8 / d. Der Schweinsdüngern e e. Der Abtritts⸗ oder er f. Zubereitung und Wirkſamkeit dieſer n 4. Der künſtliche Dünger. a. Compoſt g N 208 b. Der chemiſche Dünger 5 5. Die Nachhaltigkeit, Zeit und Art 9225 Düngung. a. Die Nachhaltigkeit ; 5 5 290 b. Die Zeit der Düngung 5 A : e no 298

c. Die Art der Düngung 5 - 8 u e

XIII

XI. Die Krankheiten und Beſchädigungen des Weinſtocks und der Traube.

| Seite 1. Beſchädigung durch die Winterfälte : - . 296 2. Beſchädigung durch Winde 5 5 299 3. Beſchädigung durch Frühjahrs- und eoitihesfcfe . 300 4. Der rothe Brenner (Laubrauſch) 3 - 306 5. Der ſchwarze Brenner . 8 : . 3 3 308 6. Die Gelbſucht > N i 9 S 21795 ; 340 7. Der Honig: und Mehlthau ; g 315 8. Die Saftüberfüllung und das Wera en der Reben 5 316 9. Die Trauben: oder . ö 3 316 10. Der Grind 5 ; 320 11. Beſchädigungen durch agel Wottenbeihe bea, Nebel. a. Durch Hagel 0 5 9 2 b. Durch Wolkenbrüche 5 : > ; ; N 323 c. Durch Regen und Nebel : ; 5 b 5 332 12. Das Braten der Trauben e > 3 5 326 13. Das Faulen der Trauben 8 ; ' ; ; 20 14. Sonſtige Unfälle des Rebſtocks. a. Die Auszehrung, Entkräftung © - 5 . 328 b. Die Bemooſung ; : 5 a N 328 15. Die Beſchädigungen durch Inſetten. a. Der Heu⸗ und Sauerwurm 8 3 ; . i 329 b. Der Springwurmwickler : e e, Die rauchfarbige Eule 8 5 5 8 : 1333 d. Die Flechtweiden⸗Eule 5 e. Der Rebenſticher f. Der Maikäfer 334 g. Die Horniſſe, Weſpen, en, Mücken h. Die Schnecken und Ameiſen

16. Beſchädigungen durch Thiere ; . ; 8 336

XII. Die Weinbereitung.

1. Die Weinleſe. Beſtandtheile der a die Entwicklung und das nn

derjelben . 5 ; 5 l 338

Die Zeit der Traubenlefe . . 5 : l 5 s 349 Die Art und Weiſe der Traubenleſe

a. Der Reifegrad der Trauben 5 351

b. Das Ausſcheiden der verſchiedenen Trhbenge gen 5 354

c. Das Ausſcheiden des guten und geringen Gewächſes

d. Die Berückſichtigung der e 8 351

e. Der Uebergang zu der Spätleſe . . . 355

f. Die Einrichtung und Art der Leſe ; g 3 357

XIV

Seite 2. Das Zerdrücken der Traubenbeere. a. Das Zerdrücken mit den Kämmen 3 5 Ä 360 b Das Zerdrücken ohne Kämme. ; . : 362

Die Behandlung und Aufbewahrung der zerdrückten Traubenbeere 372

3. Das Keltern des Weinmoſtes. a. Die Kelterhäuſer 373 b. Die Preſſen g 8 4 5 375 aa. Die Baum⸗ (Hebel-) Preſſen (Torkeln) 376 bb. Die Kaſten⸗ Schrauben: oder Spindelpreſſen 378 cc. Die hydrauliſchen Preſſen Art des Preſſens 80 4. Erzeugung verſchiedener Gattungen von Weinmoſt, Prüfung auf Qualität 5 0 0 5 a N 381 5. Die Gährung des Weinmoſtes Allgemeine Grundſätze . 4 { 3 h iq 2389 a Die Gährlokale . ; 4 i { . 3094 b. Die Gährgefäſſe : 5 } . : . 397 c. Die Art der Gährung. aa. Die Gährung an den Trebern N . 400 bb. Die Gährung ohne die Treber. f ; \ 402 cc. Die Entſchleimung . 93 dd. Die offene und verſchloſſene Gährung N 0 . 407 d. Die Gährung des weißen Weins. 8 { £ 1410 e. Die Gährung des rothen Weins 412 f. Ueber das Aufhören und die Unterdrückung er Gährung 446 XIII. Die Nebennutzungen. 1. Abfälle an Laub und 1 i 3 . . h 418 2. Rebſchnittlinge . 5 g 5 \ 0 419 3. Die Traubenkerne . 0 5 5 5 £ f 419 4. Die Weintreber . 5 3 : 420 5. Die Weinhefe. 5 A . a 5 420 6. Die Anpflanzung von Neben en S : 5 3 XIV. Die Behandlung des Weins im Keller. m Algen 5 . 2 > . 5 5 . 421 1. Die Kellereinrichtung . 5 5 1 2 N 3 2. Die Fäſſer ; . 424 3. Das Ablaſſen des Weins m heller eg a bei u nach dem Ablafje - 5 ie ART

4. Beſtandtheile des ein Prüfung = Qualität ; g 434

XV

Anhang.

Seite

Einfluß der climatiſchen Verhältniſſe auf den Weinbau, nach den Be— obachtungen in Württemberg. 8 5 5 8 © Sommertage. - - Ä 2 s { o 439 Mittlere Temperatur. 5 5 ; . 5 AS 3, hegenfal - . - ; > 8 452 4 Traubenblüthe, Weinleſe WR 456

Betrachtungen über die Beſtimmung der Weingualität nach De Wit⸗ terungsverhältniſſen 5 A . 3 - 3 259

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233 Zeile 3 von unten lies: Sonnenbrand ſtatt Sommerbrand. 244 » 1 oben und ſtatt in.

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„272 14 von oben lies: vegetabiliſche ſtatt vegatabiliſche.

344 13 Zellen ſtatt Zelten.

372 7 Walzen ſtatt Walzer.

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426 » 9 oben lies: Wein ſtatt Weingeiſt

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Die rationelle Weinbau: und Mein: bereitungslehre.

I. Beſchreibung der Rebe und der Traube.

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Die Rebe gehört zu den verbreitetſten Gewächſen der Erde, man findet dieſelbe in wildem Zuſtande als Schlingpflanze von den Aequator⸗Gegenden bis zum fünfzigſten Grad nördlicher Breite, und auch in Deutſchland wird dieſelbe noch in manchen Gegenden wie im Rhein- und Donau-Thale als wilde Pflanze angetroffen. In dieſem Zuſtande gelangen aber ihre Beeren⸗ früchte entweder gar nicht zur vollſtändigen Reife oder geben nur einen herben und ſauren Saft, der dem als edlen Wein bekannten Nectar kaum oder nur in ſehr entferntem Grade gleichkommt. Soll aus der Frucht der Rebe ein edler Wein erzeugt werden, ſo bedarf die Rebe einer ſorgfältigen Anpflanzung und Erziehung, und um beide dem Zwecke entſprechend vollführen zu können, iſt vor allem eine genaue Kenntniß der Rebe und ihrer Frucht, der Traube, erforderlich. f

Die Rebe beſteht aus der Wurzel, dem Stamme und den Zweigen mit ihren Blättern, von welchen jeder Theil ſeine Functionen zu verrichten hat, die zur Ernährung und Erhaltung der Pflanze dienen.

1. Die Wurzel.

Die Wurzel beſteht aus dem Wurzelſtock oder der Stange, weil ſie ſich meiſt faſt ſenkrecht in dem Boden befindet, von der dann die übrigen Wurzel⸗ theile ausgehen. Sie hat in der Regel eine Länge von I—1'/, Fuß und iſt in Entfernungen von 2—3 Zoll in Gelenke (Knoten, Abſätze) abgetheilt, an welchen ſich die Wurzeln anſetzen. Dieſelben werden abgetheilt:

a. In die Fußwurzeln, die am unterſten Ende des Wurzelſtocks ſich anſetzen und ausbreiten, tief in den Boden eindringen und dort den Fuß des ganzen Stocks bilden, durch den derſelbe die nöthige Feſtigkeit im Boden erhält. Sie ſind zugleich die Hauptwurzeln, welche dem Stock die meiſte Nahrung auch aus den untern Bodenſchichten, ſowie, wenn der obere Boden ausgetrocknet

| 4

2

iſt, die erforderliche Feuchtigkeit zuführen, und ohne welche kein Rebſtock ge⸗ hörig gedeihen und ein kräftiges Alter erreichen kann.

Unter denſelben wird die ſtärkere, die mehr ſenkrecht und tief in den Boden eindringt, um dort Nahrung zu ſuchen, die Stech-, Pfahl- oder Herz⸗Wurzel genannt.

b. In die Seitenwurzeln, welche ſich an verſchiedenen Stellen der Stange anſetzen und ausbreiten und dem Stocke aus dem gebauten Grunde die erforderliche Nahrung zuführen. | e. In die Thau⸗ oder Tagwurzeln, welche ſich am oberſten Gelenke unter dem Kopfe des Stocks bilden und ihren Namen daher haben ſollen, daß ſie, weil mehr an der Oberfläche des Bodens, theilweiſe zu Tage gehen und hauptſächlich den Thau einſaugen. Sie erſcheinen an jungen Rebſtöcken und in lockerem, kräftigem, gutgedüngtem Boden häufiger, als an alten Reben in feſterem Boden.

Die Wurzeln entwickeln ſich bei der in den Boden eingeſentten Rebe, be⸗ ſonders an dem an jedem Gelenke befindlichen Wulſt, wo auch das Auge ſich befindet, das durch die Wärme und Feuchtigkeit des Bodens in Trieb kommt und dadurch Leben in die Rebe bringt und dieſelbe, weil das Auge als im Boden befindlich ſich nicht entwickeln kann, dadurch zur Wurzelbildung anregt.

Jede größere Wurzel hat in der Regel wieder ihre Zweigwurzeln, die ſich in dünne, zarte, faſerartige Zweige abtheilen, aus dem Boden die zum Gedeihen des ganzen Rebſtocks erforderliche Nahrung, die ihnen hauptſächlich durch das Waſſer theils aus der Luft, theils aus der Erde zugeführt wird, an ſich ziehen, und daher Saug- oder Haarwurzeln genannt werden.

Alle Wurzeln ſind an ihrem Ende etwas ausgehöhlt und mit einer großen Menge kleiner Löcher oder Poren, wie der Kopf einer Gießkanne, verſehen, durch welche die Nahrungsſäfte aus dem Boden eingeſaugt werden. Sie ver⸗ längern ſich und wachſen, ſo lange ſie im Boden Nahrung finden und dringen oft in die härteſte Erde, in Steinſpalten, weiche Steine und Gemäuer ein, um dort Nahrung zu ſuchen. Finden ſie keine Nahrung oder wird durch harten Boden, Felſen ꝛc. das Vor- und Seitwärtsſchreiten der Wurzeln gehindert, ſo tritt eine Stockung der Vegetation ein, die Wurzeln ſterben nach und nach ab und mit ihnen der Rebſtock ſelbſt, oder er bleibt in der Entwicklung zurück. In einem kräftigen, gut durchgearbeiteten, nicht zu feſten und zu lockeren Bo⸗ den, durch den die Wurzeln überall dringen und Nahrung finden, wird die Bewurzelung ſehr ſtark ſein und gegen alle Seiten ſich eine ſchöne Wurzelkrone bilden, während in all zu lockerem, leichtem, magerem, ſandigem oder gar wäſſerigem Boden, die Wurzeln, weil ſie weniger Nahrung finden, dünner und länger werden und weniger Seitenwurzeln haben, d. h. ſie müſſen ſich mehr ausdehnen, um entſprechende Nahrung zu finden, wobei jedoch auch

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wieder zwiſchen den einzelnen Rebgattungen eine große Verſchiedenheit jtatt- findet, indem manche Gattungen, wie der Trollinger, eine ſehr ſtarke Vegeta⸗ tionskraft beſitzen und daher eine ausgedehnte Wurzelkrone bilden, während andere Gattungen mit geringerer Vegetationskraft, wie der Traminer, nur wenig ausgebreitete Wurzelkronen beſitzen.

Die Wurzeln entſtehen dadurch, daß ſich innerhalb derſelben kleine Luft⸗ gefäſſe bilden, die von einem feinen Zellgewebe in einer bedeckten Haut einge- ſchloſſen find, und fi nach und nach verlängern, die Haut der Wurzel durch- dringen und in die Erde gehen, woraus deutlich zu entnehmen iſt, daß auch die Wurzelu zu ihrer Fortbildung Luft nöthig haben, und daß, ſo wie ſie zu tief mit Erde bedeckt werden und die Luft fehlt, die Pflanze zu Grunde gehen muß. Mit den gewöhnlich im weichen oder flüſſigen Zuſtande befindlichen Nahrungsſäfte der Rebe gehen aber auch Stoffe in die Wurzeln über, welche zur Ernährung derſelben nicht nöthig find, und die daher, nachdem die zuſam⸗ mengeſetzten Stoffe durch die Rebe verarbeitet find (§S. 75), durch die Poren der Wurzeln wieder ausgeſchwitzt werden; es ſind dieß die Excremente der Reben.

2. Der Stamm, die Zweige, die Blätter.

SI:

Der Stamm, der ſich außer der Erde befindet, iſt eine Fortſetzung des Wurzelſtocks. Er beſteht bei der Kopferziehung zunächſt in dem Kopfe (der Krone), einem runden Wulſt, der, bei der Anlage eines Weinberges, durch mehrmaliges Abwerfen der aus dem oberſten Gelenke des Setzholzes ausge— wachſenen Zweige gebildet wird. Bei der Schenkelerziehung iſt der Stamm eine einfache Verlängerung des Wurzelſtocks, der, ſtatt durch Abwerfen, durch Heranziehung der oben gedachten Zweige ſeine etwa ein Fuß hohe Form erhält. Durch das öftere Abwerfen der oberen Zweige an dem Stamme bildet ſich dort auch nach und nach eine Art Kopf oder Krone; der Theil vom Kopf herab bis zum Boden und zum Wurzelſtock heißt dann der Hals.

Aus dem Kopfe werden, wenn das Abwerfen deſſelben unterlaſſen wird, im dritten oder vierten Jahr die Schenkel, gewöhnlich drei, herangezogen, die den eigentlichen Stamm bilden, auf welchen dann, wie bei der Schenkeler— ziehung auf dem einfachen Stamme, die Zweige hervorwachſen. Die letztern werden abgetheilt: 11

a. In das zweijährige Holz, das entweder als fruchttragendes Holz zu der Erzeugung von Trauben oder zu der Heranbildung neuer Schenkel oder Stämme herangezogen wird. Im erſtern Falle wird es

Tragholz, Zugäſte, Geſcheer, im zweiten Falle Bodenholz genannt, das

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unmittelbar aus dem Kopfe oder aus den unterſten Theilen der Sachen kel erwachſen iſt.

Dieſe Hölzer ſind, wie die Stange im Boden, in Gelenke (Knoten) . theilt, die ſich durch ovale Erhabenheiten bemerklich machen. Ihre Form iſt jedoch bei den einzelnen Rebgattungen verſchieden und theils weit oder eng auseinanderſtehend, groß oder klein, erhaben oder platt gedrückt, von der Farbe des Rebholzes oder heller oder dunkler gefärbt.

b. In das einjährige Holz, das aus dem zweijährigen Holze oder auch unmittelbar aus den Schenkeln oder dem Stamme und aus dem Kopfe heraus⸗ wächst. So lange dieſe Triebe noch weich ſind, werden ſie Schooße, wenn ſie aber ausgezeitiget und hart ſind „Hölzer genannt.

Der Körper des Rebſtocks und der Rebe beſteht aus verſchiedenen Be— ſtandtheilen, nämlich aus der Rinde, dem Holze und dem Marke. Die Rinde theilt ſich ab in äußere und innere, und bedeckt den Rebſtock ſowohl innerhalb als außerhalb des Bodens. Sie hat die Beſtimmung den Weinſtock in der natürlichen Form zu erhalten, das Einſaugen und Ausdünſten der zum Leben deſſelben erforderlichen oder entbehrlichen Säfte zu bewirken und die im Innern zur Verarbeitung der Säfte vorhandenen Einrichtungen zu ſchützen.

Die äußere Rinde iſt ein dünnes Häutchen, welches die feſt daran liegende innere Rinde umgiebt, ſie hat ſehr viele Oeffnungen, die mit ähnlichen Oeff— nungen der innern Rinde in Verbindung ſtehen. An den Wurzeln des Reb— ſtocks bleibt ſie glatt, weich, feucht und ſpringt ſelten auf, an dem Stamme über dem Boden aber, wo ſie den Einwirkungen der Kälte und Wärme, der Feuchtigkeit und Trockenheit und den Winden ausgeſetzt iſt, ſpringt ſie meiſtens über den Winter auf, ſo daß ſie im Frühjahr abgeſtreift werden kann, indem ſich dann ſchon wieder eine neue Oberhaut gebildet hat. Die innere Rinde iſt ſehr gefäßreich und liegt unmittelbar unter der äußern Rinde, ſie beſteht in einer lebenden Ninden-Subjtanz, die eine grüne mit Säften erfüllte Maſſe bildet, ſie iſt anfänglich glatt und zart, wird aber ſpäter ſtärker und verhärtet ſich nach und nach.

Unter der Rinde liegt der Baſt, dann der Splint und das feſtere Holz, die ein und dieſelbe Subſtanz ſind, ſich aber nur in verſchiedenen Lebensperio⸗ den befinden. Der Baſt iſt ein aus dicht zuſammengedrängten Gefäſſen zu⸗ ſammengeſetztes Zellgewebe, das ſich noch nicht verhärtet hat und daher ſchlei⸗ mig und zähe iſt. Er iſt es hauptſächlich, durch den der Säfte-Umlauf be⸗ fördert wird, weßhalb, wenn der Baſt rings um den Stamm verletzt wird, oder durch Winterfroſt zu Grunde geht, auch die Rebe abſtirbt. Der Splint iſt das weichere Holz, der verhärtete Baſt, der das ältere feſte Holz umgiebt, nach und nach in letzteres übergeht und wie bei andern Hölzern einen öfters kaum bemerkbaren Jahresring bildet. Sowie der Baſt in Splint übergeht,

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fo entſteht ob demſelben wieder eine neue Baſthaut, fo daß die Vegetation nie ſtille ſteht. Das Holz iſt der feſtere holzartige Theil der Rebe, es beſteht aus lauter Gefäſſen und Faſern wie Röhrchen, die enge neben einander liegen und eine poröſe, ſtets mit Flüſſigkeit gefüllte Maſſe bilden.

Unter dem Holze in dem innerſten Theile der Rebe befindet ſich das Mark. Es iſt eine lockere Subſtanz, die das Anſehen eines dichten mit Saft angefüllten Zellgewebes hat, und die Natur ſcheint es den Pflanzen in der Abſicht gegeben zu haben, um Vorrath von Flüſſigkeiten zu ſammeln, damit ſie bei eintretender Dürre nicht leiden; es iſt daher in jungen Reben ſtärker vor— handen als in ältern, beſonders dem Stamme, wo es von dem anwachſenden Holze immer mehr verengert wird, weil daſſelbe, wenn es eine Feſtigkeit er⸗ langt hat, nicht mehr fo viel Nahrung erfordert, wie die junge Rebe. Es iſt in dem ältern Rebholze von bräunlicher, in dem jüngeren, den Schooſen, von grünlicher oder weißlicher Farbe und ſowohl in dem Stamme als in den Wurzeln vorhanden, auch findet man es, obgleich kaum ſichtbar, in den feinſten Würzelchen. Es iſt offenbar das wichtigſte Organ der Rebe und gleichſam der Centralpunkt des vegetativen Lebens, obgleich ältere Reben, aus dem an⸗ geführten Grunde, auch fortleben können, wenn das Mark durchgeſtoßen wird, oder andere Hölzer, wie die Weide, wenn das Mark durch Alter und Fäulniß zu Grunde geht. Starke Markgefäſſe treiben, um das Wachsthum der Pflanze zu befördern, den Nahrungsſaft mit mehr Schnelligkeit und in größerer Menge empor als engere, daher iſt auch das Mark der jungen Rebe viel ſtärker, als in dem Stamme, und es läßt ſich dadurch auch das ſtarke Wachsthum der Rebe gegenüber von andern Pflanzen ſowie einzelner Rebgattungen erklären Ebenſo warum Reben auf ganz fettem Boden ein größeres Mark erzeugen als ſolche auf magerem Boden. Sobald an der jungen einjährigen Rebe das Mark in die bräunliche Farbe, der Baſt in Splint und dieſer in feſteres Holz übergegangen iſt, auch die äußere Rinde die ihr eigenthümliche braune oder braunrothe Farbe angenommen hat, ſo hat die Rebe oder das Rebholz ſeine Zeitigung und dadurch die Fähigkeit zur Fruchtbringung im folgenden Jahre erlangt. Reben, welche dieſe Zeitigung nicht erlangt haben, oder die vor der— ſelben durch Spätjahrsfröſte ꝛc. beſchädigt worden ſind, bleiben in der Regel unfruchtbar.

Die ganze Rebe iſt, wie ſchon bemerkt, in Gelenke abgetheilt und an jedem Gelenke mit Knoten verſehen, an welchen ſich die mit Zellgeweben ver— bundenen verſchiedenen Gefäſſe der Rebe verengen und ſich gegen den Mittel— punkt an die Markröhren ſternähnlich anſchließen, wie beim Durchſchneiden der Rebe erſichtlich iſt. Der Säfteumlauf wird dadurch etwas aufgehalten oder zuſammengedrängt, damit die verſchiedenen Reproductionsorgane Zeit gewinnen, ihr Geſchäft zu vollziehen und die von der Wurzel durch Stamm und Rebe

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aufgenommenen, nährenden, belebenden oder flüſſigen Stoffe zu ihrer weitern

und endlichen Beſtimmung zu verarbeiten und dadurch den Frucht- und andern

Trieben Leben und kräftige Entwicklung zu geben.

Der Saft der Rebe iſt eine Flüſſigkeit, die aus der Erde und der At⸗ mosphäre in dieſelbe eingeführt und von ihr verarbeitet wird. Auf welche Weiſe die Verarbeitung vor ſich geht, und welche Verrichtungen die einzelnen Beſtandtheile der Rebe dabei zu übernehmen haben, darüber ſind die Natur⸗ forſcher noch nicht einig, nur ſo viel ſcheint ſicher zu ſein, daß die Säfte, welche die Rebe aus dem Boden und aus der Luft an ſich zieht, ohne Zutritt und Mitwirkung der letztern ſelbſt, ſowohl außer als im Boden nicht verar⸗

beitet werden können, daher auch die Rebe, ſo wie jede andere Pflanze beſon⸗

dere Luftgefäſſe enthält. Der Saft übt zwei verſchiedene Bewegungen aus, durch die eine wird er,

nachdem er aus dem Boden durch die Saugröhren der Wurzeln eingeſogen

iſt, bis zu den äußerſten Zweigen des Stocks emporgehoben, indem er durch alle Gefäſſe der Rebe hindurchgeht, durch die andere läuft er, nachdem er durch die Einwirkung des Sonnenlichts und die Verarbeitung in den Blättern (§. 4) bedeutende Veränderungen erfahren, bis zu den letzten Wurzelver⸗ zweigungen unter der Erde zurück. Er iſt beſtändig in Bewegung und je nach der Jahreszeit und dem Zuſtande der Entwicklung der Rebpflanze bald raſch, bald weniger geſchwind. Die Wärme übt auf das Aufſteigen des Saftes einen weſentlichen Einfluß aus. Im Frühjahr zeigt derſelbe die größte Thätigkeit, weil hier die größere Feuchtigkeit des Bodens mit der größeren Wärme⸗Ent⸗ wicklung zuſammentrifft. Bei Tage ſcheint er mehr im Aufſteigen, zur Nacht⸗ zeit mehr im Hinabſteigen begriffen zu ſein.

Auch während des Winters ſtockt der Saft des Weinſtockes nicht REN

ſondern er bewegt ſich nur viel langſamer. Er dünſtet aus und fett auch die

Verarbeitung der Säfte fort.

Bei dieſem Säfte⸗Umlauf ſoll das Mark des Weinſtocks als ein zur Verarbeitung des Saftes beſtimmten Behälter, die Holzſchichten als die Ca⸗ näle des aufſteigenden Saftes und die Rindenſchichten als die Röhren des ab⸗ ſteigenden Saftes zu betrachten ſeyn. Die Haarröhren des Holzes, weil ſie einen dem Haare ähnlichen Durchmeſſer haben, beſitzen die Eigenſchaft, die

flüſſigen Stoffe auf noch nicht genau erörterte Weiſe gegen die Geſetze den

Schwere empor zu heben und zwar mit einer deſto größeren 12. je Eleiner ſie find.

Die Elektrizität der Luft ſcheint gleichfalls bei der Bag der Rebe, mithin an der Bewegung, Verarbeitung und Ausdünſtung der Säfte weſentlich Antheil zu nehmen, wenigſtens iſt es Erfahrungsſache, daß in Jahren, in

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welchen die Luft mehr mit electriſchen Stoffen geſchwängert iſt, dieſelben einen weſentlichen Einfluß auf die lebhafte Vegetation der Rebe ausgeübt haben.

8.3.

An den Gelenken der Reben befinden ſich die Augen, die eutweder ſpitz oder ſtumpf, kahl oder wollig, oft ſchuppig und mit einer kleinen wolligen Spitze verſehen, oder ganz geſchloſſen und auch in der Farbe etwas verſchieden ſind; dieſelben wachſen in zwei entgegengeſetzten Reihen, ſo daß, wenn das erſte unterſte Auge auf der rechten Seite der Rebe ſteht, das folgende auf der lin⸗ ken Seite erſcheint und ſofort. Das Auge iſt eine Fortſetzung der Rinde, des Holzes und des Markes. Daſſelbe iſt durch drei oder vier lederartige Blätt⸗ chen eingehüllt, die als eine Verlängerung der Rinde erſcheinen. Dieſe Blätt⸗ chen haben auf ihrer Oberfläche die Farbe der Reben, die innere Seite fällt aber ins Grüne. Sie bedecken das Auge in Form eines Daches. Unter dieſer erſten Hülle befindet ſich eine zweite, die aus einem wolligen Stoffe beſteht, lichtroth und beſonders dicht in dem obern Theile des Auges iſt. Daſſelbe wird aus der Rebe da gebildet, wo man beim Querdurchſchnitt derſelben Linien wahrnimmt, welche von dem Marke ausgehen und in verſchiedener Richtung ſich bis zum äußern Umfange erſtrecken. Dieſe Linien ſcheinen Markfortſetzun⸗ gen zu ſein und werden daher Markſtrahlen genannt. Das Auge ſelbſt, wie alle übrigen Triebe, werden aber durch die an den Gelenken befindlichen Spi⸗ ral gefäſſe hervorgebracht, die in Gefäßbündeln mit Zellgeweben beſtehen.

Aus den Augen gehen entweder Früchte oder neue Zweige, einjähriges Holz, hervor. Sind dieſelben vollkommen dick, faſt viereckig, ſo ſind ſie in der Regel fruchtbringend und werden Fruchtaugen, ſind ſie aber dünn, zugeſpitzt und unvollkommen, ſo treiben ſie nur Holz und Blätter und werden Holzaugen genannt. Letztere zeigen und entwickeln ſich auch an den Gelenken der Schenfel und des Stamms ſowie an den Auswüchſen des Kopfes.

Aus den Fruchtaugen entwickeln ſich nicht unmittelbar die Trauben, ſon⸗ dern dieſelben treiben zuerſt Schooſe (Lotten), die wieder in Gelenke abge— theilt ſind, an welchen ſich dann erſt die Trauben anſetzen. So wie im Früh⸗ jahr Wärme eintritt, ſo ſchwellen die Augen an, es entwickelt ſich eine Knospe, aus der dann der erſte Trieb hervorgeht, der an ſeinem erſten Gelenke ſchon wieder ein Auge zeigt, das gewöhnlich, weil die Witterung noch kühl und die Vegetation noch ſchwach iſt, in ein Holzauge übergeht, je mehr aber die Wärme zunimmt, deſto ſchneller entwickelt ſich auch der Trieb der Rebe. Das erſte und zweite Gelenke (Glied) ſtehen, weil die Vegetation noch nicht ſehr lebhaft iſt, in der Regel enge beiſammen, durch die wärmer gewordene Luft vermehrt ſich aber die Vegetation täglich mehr, wodurch die Glieder des Triebs ſich immer raſcher ausdehnen und dadurch auch mehr von einander entfernt werden.

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Bei anhaltend günſtiger Witterung entwickeln ſich ſchon am zweiten und bei einzelnen Traubengattungen ſogar ſchon am erſten Glied aus den ſich zei⸗ genden jungen Augen die Traube bis zum ſiebten Glied und manchmal noch höher hinauf, jo daß aus dem einen Auge des vorjährigen Holzes gewöhnlich zwei, öfters aber auch vier bis ſechs Trauben hervorgehen. Die Eigenſchaft, daß einzelne Traubengattungen ſchon aus den unterſten Augen des vorjährigen Holzes Trauben treiben, während dieſes bei andern erſt am dritten oder vier⸗ ten Auge der Fall iſt, hat auf die Erziehung der Rebe einen weſentlichen Ein⸗ fluß und verdient dabei, wie wir ſpäter nachweiſen werden, alle Beach— tung (§. 134.)

Die Entſtehung der ſogenannten Holzaugen kann nicht nur aus dem be⸗

reits angeführten Grunde, ſondern auch noch weiter dadurch hergeleitet werden, daß die Säfte der Rebe zuerſt bis gegen die Spitze der friſchen Triebe ſteigen, dort eine Umbildung erleiden und in der Rinde gegen den Boden zurückkehren,

daß jedoch, je weiter ſie gegen unten kommen, der Saft geringer und zur

Fruchtbildung untauglicher wird, ſo daß die an den untern Theilen der Rebe befindlichen Augen nicht mehr kräftig ausgebildet werden können, und un⸗ fruchtbar bleiben, worin auch der Grund zu ſuchen iſt, warum bei ſtarktriebi⸗ gen Reben ſich unten mehr Holzaugen als bei ſchwachtriebigen zeigen, und warum daher erſtern längere Ruthen als letztern angeſchnitten werden müſſen.

Tritt während der Entwicklung der Knoſpe und des Triebs unbeſtändige,

kalte und regneriſche Witterung ein, ſo fallen die Knoſpen gerne ab, oder die Augen der jungen Triebe verwandeln ſich, weil es an Wärme fehlt, in Holz⸗ augen, oder die ſich zeigende unvollkommene Traube verwachst in eine Gabel (Bollhacken). Solche Gabeln ſind daher nichts anderes als unausgebildete Trauben, daher auch hei ungünſtiger Witterung der Winzer ſagt: die Trauben vergabeln ſich.

Aus dem hier Angeführten läßt ſich auch erklären, warum die Reben der gleichen Gattung bei naſſem, feuchten Wetter, auf kühlem, feuchten Boden oder in minder guten ſchattigen Lagen ſtärkeres Holz mit weiter auseinanderſtehen⸗ den Gelenken hervorbringen, als in warmen ſonnigen Lagen mit warmem Bo⸗ den und warum die weit auseinanderſtehenden mehr platten Augen weniger fruchtbar ſind. Ueberhaupt hat die Wärme einen mächtigen Einfluß auf die Entwicklung der Triebe und der Trauben, wie denn in ſüdlichen Ländern häufig ſchon die unterſten Augen Trauben treiben, während dieſes in mehr nördlichen weit weniger der Fall iſt.

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Die einjährigen Triebe haben gewöhnlich eine Länge von 2—4 Fuß, hie

und da wachſen ſie in triebigem Boden aber bis zu 6 und mehr Fuß, ihre obern Augen treiben keine Trauben mehr ſondern Gabeln, Hacken (Bollhacken), Ranken, die in runden länglichen Trieben von der Farbe des Rebholzes be⸗

ſtehen und den Zweck haben, dem noch weichen, einjährigen Holze und den daran hängenden ſchweren Trauben zur Stütze zu dienen, damit das Holz durch die Winde nicht abgeriſſen und die Trauben nicht auf die Erde zu liegen kommen und verfaulen. Sie ſind vornen in dünne Hacken abgetheilt, mit welchen ſie ſich an alle nahe Körper (Pfähle) anhängen, dieſelben feſt um⸗ ſchlingen und dadurch die Rebe feſthalten. Sie verholzen bis zum Spätjahr wie das Rebholz, auch unterſcheiden ſich die einzelnen Rebgattungen dadurch von einander, daß ſie bald mehr, bald weniger Gabeln treiben.

Ebenſo erſcheint auch bei dem Rebholz der verſchiedenen Rebgattungen, nachdem ſich daſſelbe verholzt hat, hinſichtlich der Geſtalt und Farbe ein we⸗ ſentlicher Unterſchied, indem daſſelbe gerade oder etwas gebogen, gefurcht oder nicht gefurcht, dunkelbraun, hellbraun oder gelblich braun, röthlich und theil- weiſe mit ſchwarzen oder braunen Punkten und Streifen verſehen und hie und da glänzend iſt. Bei den Endſpitzen der jungen Triebe findet man gleichfalls ſehr beſtändige Unterſcheidungszeichen, indem dieſelben theils grün, theils ins rothe ſpielend erſcheinen und mit ganz loſer Wolle oder mit dichten Haaren bedeckt ſind, die den Endſpitzen bei manchen Traubengattungen eine faſt weiße Farbe geben.

§. 4.

Jedem Auge des einjährigen Holzes ſteht am gleichen Knoten ein Blatt gegenüber und ob dem Blattſtiele entwickeln ſich, geſchützt durch den letztern, zwei ob einanderſtehende Augen, wovon das untere kleinere das Holzauge bildet und während des Sommers ausſchlägt und Schooſe treibt, die man Aberzähne, Eberzähne, Geizen, richtiger Afterzähne, Afterſproſſen, Nebenzweige, Winkel⸗ triebe nennt, die, wie die Hauptzweige auch wieder ihre Knoten, Augen und Blätter und in günſtigen Weinjahren auch noch kleine Träubchen treiben, die jedoch ſelten vollkommen reif werden. Das obere vollkommenere Auge bildet ſich zum Fruchtauge des folgenden Jahres aus.

Die Blätter gehören zu den wichtigſten Organen des Weinſtocks und ſind gleichſam die Werkzeuge zum Athmen deſſelben. Daſſelbe oder das Ausdün⸗ ſten des Weinſtocks geſchieht hauptſächlich durch die Blätter, außerdem aber auch durch das Holz (§. 2), die Blüthen und Früchte. Die Ausdünſtung iſt ſehr ſtark und ſoll wenigſtens ſiebzehnmal ſtärker ſein als diejenige des Menſchen, die Wärme vermehrt ſie, daher ſie an heißen Tagen ſtärker als zur Nachtzeit und an Regentagen iſt. Wärme auf Regen befördert ſie ſehr, während kühle Witterung und Feuchtigkeit dieſelbe unterdrückt, daher auch naſſe und kühle Sommer ſo nachtheilig auf die Entwicklung der Rebe und der Traube einwirken.

Die Blätter find eine Verlängerung eines Theils des am Knoten befind—

lichen Gefäßbündels der Rebe, der zuerſt den Stiel und an deſſen oberem Ende durch ſeine Entfaltung und Ausbreitung das Blatt bildet.

Der Blattſtiel iſt bei den einzelnen Rebgattungen verſchieden ausgebildet, lang oder kurz und, je nach dem Standort der Rebe an Mauern oder auf fettem Boden etwas länger als im normalen Zuſtande. Er iſt in der Regel rund, dünn oder dick, unten und oben hie und da verdickt und mit mehr oder minder ſtarken und zahlreichen Haaren (wollig, borſtig) bedeckt, manchmal aber auch kahl. Seine Oberfläche iſt theils glatt, theils gerippt, geſtreift, warzig, und hie und da auf der obern Seite gefurcht. Seine Farbe iſt hell, dunkel, gelbgrün, rothgeſtreift und roth überlaufen, auch iſt derſelbe manchmal etwas gekrümmt.

Der oben am Blattſtiel ſich theilende Gefäßbündel bildet die hervorſprin⸗ genden Rippen des Blatts, durch deren weitere Veräſtung die ſogenannten Blattuerven auf der ganzen Oberfläche des Blatts entſtehen. Daſſelbe hat gewöhnlich fünf Hauptrippen, von welchen die längſte und ſtärkſte gerade auf⸗ wärts, von den übrigen aber je zwei auf jeder Seite ſich ausdehnen und da⸗ durch dem Blatt die Form geben. An die Hauptrippen ſchließen ſich die Blattnerven an, die ſich wieder in viele kleine Gefäſſe zertheilen und die Rip⸗ pen dadurch mit einander verbinden. Rippen und Nerven ſind beſonders auf der untern Blattſeite durch Erhabenheiten zu erkennen, fie treten entweder ſtark hervor oder liegen faſt ganz in der Blattfläche, in welchem Falle dieſelbe als eben betrachtet wird. Auf der obern Blattfläche ſtehen die Rippen am Stielpunkt bis in die Hälfte des Blatts gewöhnlich ein wenig hervor, verlieren ſich, aber dann nud bilden bei manchen Rebgattungen Vertiefungen oder mit dem übrigen Blatt eine ebene Fläche. Die Zwiſchenräume der Rippen und Nerven ſind mit einem Zellgewebe ausgefüllt, das ſich wie ein Netz mit vielen Maſchen geſtaltet.

Durch die fünf Hauptrippen wird jedes Blatt in fünf Lappen getheilt, die durch Randeinſchnitte ſichtbar ſind und ſich wieder abtheilen in den Mittel⸗ lappen und in die zwei vordern und zwei hintern Seitenlappen. Manchmal ſind auch einzelne Lappen und beſonders die hintern zuſammengewachſen, daher die Blätter an manchen Rebgattungen als dreilappig oder faſt als ganz

(ohne Lappen) erſcheinen.

Die Randeinſchnitte in die Blätter, wodurch die Lappen gebildet werden,

heißen Buchten, bei regelmäßig gelappten Blättern bilden ſich zwey zwiſchen dem Mittel⸗ und den Vorderlappen, zwey zwiſchen den Vorder- und Hinter⸗ lappen und durch die letztern eine am Stiel, die Stielbucht. Die Buchten haben ſehr verſchiedene Formen, dieſelben gehen entweder tief oder nur ſchwach in das Blatt hinein, in welchem Fall ſie ſeicht oder tief ſind, gehen ſie aber bis zur mittleren Hauptrippe, ſo daß ein jeder Lappen faſt ein eigenes Blätt⸗

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chen bildet, wie bei der Peterſilien⸗Rebe, ſo heißt das Blatt zuſammengeſetzt. Außerdem iſt der Grund der Bucht entweder ſpitz- oder ſtumpfwinkelig, aus⸗ gerundet oder herzförmig. Gehen die Lappen oben übereinander, fo find fie überdeckt, im andern Falle offen.

Der Rand der Blätter hat gewöhnlich viele kleinere Einſchnitte, mit klei⸗ nen Läppchen, die man Zähne nennt, und an deren Spitzen bei manchen Reb⸗ gattungen ſich gelbe, kugelige, auch hackenförmige Knöpfchen befinden. Die Form der Zähne iſt ſehr verſchieden, fie find groß, klein, ſpitzig, ſtumpf, un gleich, wenn große mit kleineren Zähnen wechſeln. Unter dieſen Zähnen hat der Endzahn des Mittellappens die ausgeprägteſte Form, daher derſelbe auch als beſonderes Erkennungszeichen der einzelnen Rebgattungen betrachtet und bezeichnet wird, als kuppelförmig, halbkuppelförmig und zugeſpitzt. Die Blätter im Ganzen unterſcheiden ſich dann wieder durch ihre Größe, Dichtheit, Glätte, Farbe u. ſ. w., ſie ſind daher entweder groß oder klein, länglich, rund oder ſtumpf, d. h. mehr breit als lang, dick oder dünn, leder- oder taftartig, ſteif oder ſchlaff, glatt oder rauh, glänzend, eben, faltig oder blaſig, d. h. mit klei⸗ nen Erhebungen, hie und da mit zurückgeſchlagenen Rändern. Die Farbe iſt theils dunkel- theils hellgrün, theils röthlich mit vielen Unterabtheilungen ins bläuliche, bräunliche, gelbliche, röthliche ſpielend. Die Farbe der untern Blatt⸗ ſeite iſt gewöhnlich von der, der obern Blattſeite verſchieden. Auch durch die Verfärbung der Blätter im Spätjahre unterſcheiden ſich die einzelnen Rebgat⸗ tungen, manche zeigen keine Spur von rother Farbe, während andere einen Ueberfluß davon beſitzen. Erſtere zeigen dann bei der Verfärbung eine Nei- gung zum Gelbwerden, letztere zum Rothwerden. Dieſelbe nimmt beſonders bei den ins Gelbe ſpielenden Blättern in der Regel ihren Anfang am Rande derſelben und dehnt ſich nach und nach über den ganzen Blattrand und den größeren Theil des Blattes aus. Die rothe Farbe zeigt ſich bei manchen Gattungen mehr in Flecken, welche nach und nach das ganze Blatt einnehmen.

Eine beſondere Beachtung verdient die Behaarung der Blätter. Die Haare wachſen aus kleinen Poren und ſcheinen dazu beſtimmt zu ſein, die fei⸗ neren Luftfeuchtigkeiten einzuſaugen, daher auch Reben auf beſonders hitzigem Standort ſowie aus ſüdlichern Gegenden öfters eine etwas ſtärkere Behaarung zeigen. Dieſelbe iſt jedoch ſehr verſchieden, je nachdem die Eigenthümlichkeit der Rebſorte dieſelbe mehr oder minder zu ihrem Gedeihen bedarf und bildet deßwegen ein beſonderes Unterſcheidungszeichen zwiſchen den einzelnen Rebgat⸗ tungen, auch iſt die Behaarung auf der Oberfläche des Blatts und auf der untern Blattfläche häufig verſchieden, daher auch dieſer Unterſchied zu berück— ſichtigen iſt. Unter der Behaarung verſteht man jedoch nicht die häufig an den Rippen oder Nerven befindlichen Borſte, ſondern die auf der ganzen Blatt⸗

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fläche verbreiteten Haare. Nach dieſer Behaarung laſſen ſich die Blätter ab⸗ theilen:

a. in Blätter oben und unten behaart oder unten wollig (ſtärker behaart);

b. in filzige Blätter, unten mit langen, durch einander gewirkten Haaren, wie ein Filz;

c. in faſt nackte oder table Blätter, mit nur wenigen unmerkbaren Haa⸗ ren auf der Blattfläche, während die Rippen mit Haaren oder Borſten ver⸗ ſehen ſein können.

Die Verrichtungen der Blätter ſind äußerſt wichtig und viel umfaſſend, ſie gewähren den zarten Zweigen, den Augen, den Blüthen und der Traube Schutz gegen Unfälle und gegen den Einfluß ungünſtiger Witterung, ſo wie Schatten in der heißen Jahreszeit und dienen zur Entwicklung und Erhaltung des Auges für das folgende Jahr. Sie find mit einer Menge kleiner Deff- nungen (Poren) verſehen, die dazu beſtimmt ſind, Feuchtigkeit (Regen, Thau) ſowie elaſtiſch dunſtförmige und gasförmige Stoffe (Kohlenſtoff, Sauerſtoff) aus der Luft einzuſaugen. Sie wachſen ſehr ſchnell und befördern eben da⸗ durch auch das Wachsthum der Rebe, indem das, was dieſelbe durch die Blätter einſaugt, unabläſſig zur Bildung neuer Triebe verwendet wird.

Durch die Poren der glatten Oberfläche erfolgt bei Tage hauptſächlich die Ausdünſtung des Weinſtocks, d. h. das Geſchäft der Abſonderung und des Auswurfs derjenigen Säfte, die der Stock im Ueberfluß hat oder die ihm un⸗ nütz ſind. Dieſe Ausdünſtung iſt beim Weinſtocke beträchtlich und ſteht im Verhältniß mit dem Flächengehalt ſeiner Blätter.

Durch die Poren der untern Blattfläche werden hauptſächlich zur Nacht⸗ zeit gasförmige Stoffe aus der Luft aufgenommen, und Luft in alle Theile des Weinſtocks geleitet, die auf den Saft deſſelben reinigend und belebend wirkt.

Die Blätter ſind ſomit diejenigen Organe, in welchen der Lebensſaft der Pflanze verarbeitet wird, ſie ſind zur Ernährung und zum Leben derſelben unentbehrlich und ein Rebſtock, der ganz oder zum größern Theile entblättert würde, würde entweder ganz zu Grunde gehen oder in der Vegetation weit zurück bleiben. Das Auge wird unfruchtbar, wenn das ſchützende Blatt wäh⸗ rend der Bildung deſſelben hinweggenommen, und die Traube bleibt in der Zeitigung zurück oder wird gar nicht reif, wenn der Stock entlaubt, oder die Blätter durch die Sommerhitze geſengt werden oder durch Krankheit ihre Funktionen nicht mehr verrichten können. |

3. Die Traube.

8.5. Aus dem einjährigen Holze erwachst die Traube, dieſelbe beſteht in dem Traubenſtiele, dem Kamme, den Beerenſtielen und den Beeren.

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Der Traubenſtiel iſt derjenige aus dem Rebholz gewachſene Zweig, der die Traube mit der Rebe in Verbindung bringt. Er iſt anfänglich eine weiche, nach der Auszeitigung aber eine holzige Maſſe und in der Länge, Dicke, Farbe und ſonſtigem äuſſeren Ausſehen bei den einzelnen Rebſorten ſehr verſchieden. Er kann lang oder kurz, dick oder dünn, ſteif oder biegſam, hängend, zottig, borſtig oder kahl fein. Seine Farbe wechſelt nach den verſchiedenen Rebſor— ten vom hellen Gelbgrün bis zum dunkeln Roth, wobei er geſtreift, punktirt, warzig oder glänzend erſcheinen kann. Bei den meiſten Rebſorten iſt der Traubenſtiel durch einen Knoten in zwei Theile getheilt, der letztere iſt öfters ſtark verdickt, manchmal aber auch flach und kaum bemerkbar, bei verſchiedenen Traubenſorten kommt an demſelben eine kleine Traube mit einigen Beeren, manchmal aber auch nur eine Gabel hervor, die nach dem Blühen der Traube vertrocknet und abfällt. An dieſem Punkte iſt der Traubenſtiel leicht abzu⸗ brechen. f

Der Kamm iſt eine Fortſetzung des Traubenſtiels und beginnt da, wo aus demſelben kleinere Stielchen hervorwachſen, an welchen ſich die Trauben— beere befinden (die Beerenſtielchen). Er wird der Blumenſtiel genannt. Bei manchen Traubengattungen gehen von dem Kamme verſchiedene Zweige (Aeſte) aus, an welchen ſich dann erſt die Beerenſtielchen befinden. Die Trauben werden daher eingetheilt in einfache und in zuſammengeſetzte. Letztere haben 3—4 Abtheilungen, nämlich den Haupt⸗ oder Blumenſtiel, die an demſelben befindlichen Nebenſtiele (Zweige), die ſich öfters noch in Stiele dritter Gattung veräſten, und auf welchen dann erſt die Beerenſtielchen ſitzen, deren Geſammt⸗ heit an einem Aeſtchen, die Dolde, bildet. Solche zuſammengeſetzte Trauben werden als äſtig, manchmal aber auch als achſelig und beſonders dann als ſolche bezeichnet, wenn am untern Theile der Traube, da wo der Traubenſtiel endigt, ſich ein oder zwei Zweige zeigen, die wie Achſeln über den übrigen Theil der Traube hervorſtehen.

Die Beerenſtielchen ſind bei den einzelnen Traubengattungen auf verſchie⸗ dene Weiſe geformt, ſie ſind entweder lang oder kurz, dick oder dünn, gleich dick oder gegen beide Endpunkte oder nur gegen einen etwas verdickt, glatt oder rauh, hie und da warzig. Gegen die Beere endigt das Stielchen in einem Wulſt, der allmählig verdickt, oder klein, oder keulenförmig, oder zu⸗ geſpitzt, hie und da warzig oder glatt erſcheint. Wenn man die Beere ab⸗ nimmt, jo zeigt ſich am Trennungsorte ein kleiner Ring, die F Franze, die gleich- falls verſchiedene Formen hat.

Ss. 6.

Auf den Beerenſtielchen ſitzen die Traubenbeere, die verſchiedene Bildungs⸗ ſtufen durchmachen müſſen, bis fie ihre ganze Reife und Vollkommenheit er- reichen.

14 Die Beere entiteht aus der Blüthe, iſt anfänglich ganz hart und grün, wird aber, je mehr ſie ihrer vollkommenen Ausbildung entgegengeht, nach und nach weich und nimmt eine beſtimmte Form und Farbe an. Sie beſteht dann aus der Beerenhaut, dem Safte und den Kernen. a ah Die Blüthe der Traube enthält von auſſen gegen innen den Kelch und die Blumenkrone, die Staubfäden und den Stempel. Jedes Beerenſtielchen endigt mit einer erweiterten und abgeplatteten Ober⸗ fläche, die in dem Fruchtboden beſteht. Dieſer Fruchtboden iſt ein wenig rund und erhaben und trägt in feiner Mitte den Blumengriffel (Stempel),

die Staubfäden und die Honiggeſäſſe, am 9919 9 befindet ſich die Blumen⸗ krone und der Kelch.

Der Kelch iſt die äuſſere Decke der Blüthenknoſpe, einblätterig und hat die Form eines kreisförmigen, grünen, dünnen und ſchmalen Bändchens, das durch ſeinen untern Rand mit dem Fruchtboden zuſammenhängt, am obern Rande aber freiſteht und nicht ſehr regelmäßig iſt, indem ſich theils abwech⸗ ſelnd mit den Blumenblättern fünf faſt kaum bemerkbare Zähne, theils an⸗ dere Bildungen zeigen. Dieſer Rand des Kelchs vertrocknet oft vor dem Auf⸗ blühen der Blume, weil er äuſſerſt klein und dünn iſt, woher auch die Unregelmäßigkeiten deſſelben kommen mögen. Der ganze Kelch vertrocknet und fällt, jedoch viel jpäter, mit den übrigen Blüthentheilen ab, manchmal erſt, wenn die Frucht etwa den dritten Theil ihres Umfanges erreicht hat.

Die Blumenkrone iſt gleichfalls eine aber viel größere Decke als der Kelch. Sie iſt die unmittelbare Schutzdecke der Geſchlechtstheile, der Staub⸗ fäden und des Stempels (Griffels), und hält dieſelbe umhüllt, bis die Be⸗ fruchtung vor ſich gehen ſolle. Sobald dieſelbe beginnt, öffnet ſich die Blü⸗ thenknoſpe, d. h. die Blumenkrone ſpringt der Länge nach an den fünf gegen die Spitze vertieften Furchen auf und beſteht dann aus fünf, freiſtehenden, grünen Blättchen, die ſich jedoch nicht oben, ſondern unten am Fruchtboden von der Knoſpe nach einander trennen und gegen die Spitze ſich ziemlich ſchnell aufrollen, ſo daß die ganze Blumenkrone nur noch von den Staub⸗ fäden getragen wird, und hier einen Stern oder Kelch bildet, der ſofort in einem Stück zur Erde fällt. Aus der Form der Knoſpen der Blumenkrone läßt ſich ſchou auf diejenige der künftigen Frucht ſchließen, indem ſie kugelig bei den Traubengattungen mit runden Beeren, etwas länglich oder birnförmig bei jenen mit länglichen oder eiförmigen Beeren erſcheint. |

Nach der Ordnung, dem Bau und der Vereinigung, die man in den Blüthentheilen bemerkt, erſcheint der Kelch als eine Vereinigung der äußeren, die Blumenkrone mehr als eine Verlängerung der inneren Rinde. Sie haben durch Einſaugung und Ausdünſtung die gleichen Verrichtungen wie die Rinde

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und Blätter der Reben und tragen ſomit weſentlich zur ng der Blüthe bei.

Die Staubfäden ſtehen je einer hinter einem Blumenblatt, nach Innen zu, auf dem Fruchtboden in der Furche zwiſchen dieſem und der Baſis des, Fruchtknotens und ſind ſtets ebenſo zahlreich wie die Blumenblättchen. Sie ſind gewöhnlich aus fünf eine Linie langen Fäden gebildet, an deren äuſſerſter Spitze ſich die Staubbeutel befinden. Die letztern beſtehen in einem gelben Körper mit zwei Zellen, die ſich gegen ihre Spitze mit einander vereinigen und dem Staubbeutel ein herzförmiges Ausſehen geben. Der Inhalt derſelben iſt ſtaubig und von weiß gelber Farbe. Die Staubfäden ſind die männlichen Zeugungsorgane. Wenn die Blüthe vollkommen entwickelt iſt, platzen die Staubbeutel der Länge nach an dem Theile auf, der gegen den Mittelpunkt der Blüthe gerichtet iſt und laſſen den von ihnen verſchloſſenen Befruchtungs— ſtaub auf die Narbe d. h. auf die Mündung des weiblichen Begattungstheiles fallen. Der Samenſtaub verbreitet den herrlichen Geruch, der während der Blüthezeit in den Weinbergen duftet. So lange die Befruchtung dauert, halten ſich die Staubfäden aufrecht und ihre Staubbeutel ſind gegen die Narbe gerichtet, ſo bald aber dieſelbe vorüber iſt, ſo verwelken ſie und fallen in der Regel ab, nur bei einigen Traubengattungen bleiben ſie ſtehen, bis die Beere ſich färbt oder ſogar bis nach der Beerenreife.

Der Stempel (Griffel) beſteht aus einem Fruchtknoten, auf dem 185 an der Spitze ein runder Punkt ſich befindet, den man die Narbe nennt. Der Fruchtknoten kann zwei verſchiedene Formen haben: bald iſt er abgerundet, beinahe kugelrund und ſpitzt nach ſeinem obern Ende raſch zu, um dadurch unterhalb der Narbe einen Stempel oder Griffel zu bilden; bald iſt er läng⸗ lich, ſpindelförmig und verbindet ſich nach und nach mit der Narbe. Man ſollte glauben die letztere Form gebe den Traubenkernen eine ovale oder läng⸗ liche Geſtalt, man findet jedoch auch bei dieſen Traubengattungen häufig runde

Beere. Zwiſchen dieſen zwei entgegengeſetzten Erſcheinungen kommen dann auch noch Fruchtknoten von keiner genau beſtimmten Form vor.

Die Narbe iſt die Mündung des weiblichen Begattungstheiles, ſie iſt ab⸗ gerundet, platt und gegen das Innere etwas geſenkt, bisweilen faſt zweiſpaltig. Ihre ſammtartige Oberfläche, von grünlicher oder gelblicher Farbe, läßt in dem Augenblicke der Befruchtung durch die Staubbeutel einen kleineu Tropfen durchſichtigen Saftes ausſchwitzen, durch den der befruchtende Staub in den Fruchtknoten geführt wird. Der Fruchtknoten iſt hohl und durch eine Schei- dewand in der Mitte in zwei gleiche Fächer getheilt, die öfters auf der Ober- fläche deſſelben durch Einſchnitte angezeigt werden. Jede Höhlung ſchließt zwei Eier ein, die an der ſchiefſten Stelle der inneren Wand ſitzen, durch den in den Fruchtknoten geführten Staub befruchtet werden und dadurch den Grund

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zu der Entſtehung der Frucht und einer neuen Pflanze legen. Dieſe Eierchen füllen die Höhlung nicht ganz aus, ſondern es bleibt zwiſchen ihnen und der Wand immmer noch ein leerer Raum, der aber verſchwindet, ſobald die Frucht zu wachſen anfängt. |

Nicht alle Fruchtknoten ſcheinen auch bei den günſtigſten Witterungsver⸗ hältniſſen befruchtet zu werden, oder die nöthige Kraft zu ihrer Entwicklung zu haben, denn es iſt eine regelrechte Erſcheinung, daß alle Traubenſorten gegen das Ende der Blüthenzeit eine Menge von Fruchtknoten abfallen laſſen. Sind die Witterungs-Verhältniſſe günſtig, d. h. iſt die Luft rein, ohne Dünſte und hat die Atmosphäre eine Wärme von mindeſtens 16—18 Grade Reau⸗ mur, ſo erfolgt die Befruchtuug binnen 36—48 Stunden, und es ſind dann Ausſichten auf einen reichen und guten Herbſt vorhanden. Treten aber vor der Traubenblüthe und während derſelben kalte Luft, Nebel und Regen ein, ſo wird dieſelbe dadurch weſentlich geſtört, die Staubfäden ſind von der Kälte angegriffen und zuſammengezogen oder geſchwächt durch häufige Näſſe, es mangelt ihnen die zu ihrer natürlichen Verrichtung erforderliche Schnellkraft ſie gelangen nicht zu der gleichfalls kranken Narbe, und können daher dieſelbe entweder gar nicht oder nur unvollſtändig befruchten, beſonders da auch der zur Befruchtung erforderliche Saft verdickt, vermindert oder verdorben iſt. In einem ſolchen Falle erſcheinen entweder gar keine Trauben, oder ſolche mit unbefruchteten Kleinbeeren oder mit kranken Beeren, die ſpäter abfallen und daher nur einen geringen Herbſt in Ausſicht ſtellen.

Blüthen, wie bei den Weinreben, welche die männlichen und weiblichen Befruchtungswerkzeuge in ſich begreifen, werden Zwitterblüthen genannt.

Nach der Befruchtung wird die Narbe welk und verhärtet an der kleinen befruchteten Beere. Sie befindet ſich entweder genau in der Mitte der Bee— renſpitze oder iſt hie und da etwas auf die Seite geſtellt.

Am Grunde des Fruchtknotens (Stempel) iſt derſelbe an der Stelle des früheren Kelches mit einem angeſchwollenen zirkelförmigen Randſtreifen um⸗ geben, in dem ſich kleine Körper in der Form von vier eckigen Plättchen be⸗ finden, die man die Scheibe auch Honiggefäſſe nennt. Dieſelben reihen ſich, wie die Staubfäden, in der Vertiefung zwiſchen dem Fruchtboden und der Baſis des Fruchtknotens an einander, kommen in allen Blüthen vor und unterſcheiden ſich nur in der Farbe, indem ſie bei einigen Gattungen von gelber, bei anderen von grüner Farbe ſind. Sie welken mit den Staubfäden und fallen mit dieſen zu gleicher Zeit ab.

Außerdem findet man bei den meiſten Traubengattungen am Grunde des Fruchtknotens und ſcheinbar vereinigt mit der Scheibe, kleine Drüſen, die bald hart werden und dann jenen Theil bilden, den man an der Beere oder dem Beerenſtiel (§. 5) die Franze nennt.

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Die hier gegebene Beſchreibung der Traubenblüthe (Scheine, Geſcheine) iſt der gewöhnliche Stand derſelben, es zeigen ſich aber bei einzelnen Trau— bengattungen bald mehr bald mindere Abweichungen davon, in Beziehung auf die Form der Knoſpen, die Art und Weiſe der Entfaltung der Blumenkrone, der Richtung der Staubfäden, der Zahl der Blumenblätter, der Staubfäden⸗ und der Fruchtknoten⸗Zellen, daher es ſehr von Intereſſe wäre, dieſe Verſchie— denheiten genauer kennen zu lernen, indem ſich bei weiteren Beobachtungen vielleicht auch darnach Kennzeichen auffinden laſſen, welche die einzelnen Reb— ſorten von einander unterſcheiden.

SE

Nachdem die Befruchtung der Blüthe vor ſich gegangen iſt, verwandelt ſich der Fruchtknoten in eine runde oder längliche, nach und nach aufſchwellende harte Beere. Sie hat die Beſtimmung die befruchteten Keime einige Zeit in ihrem Innern aufzubewahren und zu entwickeln, bis die letztern die erforderliche Reife und Vollkommenheit und dadurch die Kraft zur Fortpflanzung der Rebe erlangt haben, in welchem Zuſtande die Beere weich, ſüß und voll Saft er⸗ ſcheint. Dieſelbe beſteht aus dem Balge, dem Fleiſche, Mark oder Safte und den Kernen. Der Balg (Haut) ſcheint mit der inneren Rinde des Rebholzes in Verbindung zu ſtehen, er iſt dehnbar, zuerſt dick, je mehr aber die Zeitigung der Beere voranrückt, deſto dünner wird er, bei einigen Traubenarten ſogar durch⸗ ſichtig. Seine Beſchaffenheit iſt auch bei vollſtändiger Reife nicht bei allen Sorten gleich, ſondern er iſt entweder dick, fleiſchig und weich, oder dick und hart, oder mehr oder weniger dünn, hie und da auch beim Aufbeißen krachend. Das Fleiſch oder Mark der Beere beſteht aus einer Menge von Röhrchen und Bläschen (Zellen), die eine Art von zuſammengeſetzter Drüſe ausmachen, in der der Saft bereitet und aufbewahrt wird. Die Beere wird dadurch gebildet, daß aus dem Mittelpunkt des Stiels zwei große Gefäſſe hervorkom⸗ men, die den Saft in die Beere bringen, ſich durch die Mitte derſelben erhe— ben, wenn ſie an das entgegengeſetzte Ende derſelben gekommen, ſich umbiegen und ſich im Kreiſe umher in acht oder zehn feine Adern theilen, die ſich wei— ter veräſteln und endlich nahe an der äuſſeren Fläche ſich wieder vereinigen, um in den Stiel zurückzukehren, ſtets in einigem Abſtande von ſich ſelbſt und dem Balge, um gleichſam den überflüſſigen, unzubereiteten Saft wieder in den Stiel zurückzuführen.

Das Mark der Beere beſteht in einer ſchleimigen, gewöhnlich weißlichen und nur bei der ſogenannten Farbtraube in einer rothen Subſtanz, die durch eine Anhäufung der zarteſten Bläschen entſteht, welche die Zwiſchenräume eines netzförmigen Gewebes ausfüllen, das aus vielen ſehr feinen Fäden zu⸗ ſammengeſetzt iſt. Man unterſcheidet in der Beere das Centralmark, worin die Kerne ſich befinden mit einem ſchleimigen Safte; das mittlere Mark,

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18 - welches den Zwiſchenraum zwiſchen dem erſteren und den Mündungen der zurückführenden äuſſern Gefäſſe ausfüllt und einen ſehr ſüßen, zucker⸗ haltigen Saft enthält; ferner das Rindenmark, das zwiſchen dem mitt- lern Mark und dem Balg ſich befindet und in einem zwar zuckerhaltigen aber mehr ſäuerlichen Stoffe, als derjenige des mittlern Markes beſteht. Endlich befindet ſich über dem innern Theile des Balgs eine färbende harzartige Sub⸗ ſtanz, welche zur Zeit der Reife ſichtbar wird und der Traube die Farbe gibt, die auch in den Balg ſelbſt überzugehen ſcheint, daher die verſchiedenen Gat⸗ tungen bald weiß, gelb, grünlich, bald blau, roth, blauroth, grünroth ꝛc. ſind.

Die Kerne befinden ſich in der Mitte der Beere, welche deren gewöhnlich fünf enthalten ſolle, wovon aber öfters nur 1—3 ausgebildet find, einzelne Sorten haben ſogar gar keine Kerne ($. 137). Von dem Fleiſche der Beere laufen die Enden mehrerer kleinen Fleiſchröhren in dem Kerne aus, um den Keim darin auszubilden und zu nähren.

Die Kerne ſind im reifen Zuſtande mit einer kaffeebraunen, einen adſtringi⸗ renden Stoff enthaltenden Haut überzogen, ſind hart, dick, laſſen ſich vom Trau⸗ benfleiſch leicht ablöſen und enthalten eine weiße Subſtanz zum Kern, aus der ſich Oel ausſcheiden läßt. Durch dieſelben, wenn ſie vollſtändig ausgezeitigt ſind, pflanzt ſich die Rebe fort, es kommt jedoch dieſe Fortpflanzung, weil ſie lange Jahre in Anſpruch nimmt, bis die Rebe zum Ertrag kommt, ſelten vor. Wird der Blüthenſtaub bei der Befruchtung der Traube auf andere Trauben⸗ gattungen durch den Wind, oder durch Juſekten (Bienen ꝛc.), oder auf künſt⸗ liche Weiſe übertragen, ſo entſtehen Baſtarde, wodurch ſich vielleicht manche neue, brauchbare, vielleicht ſogar vorzügliche Traubengattung erzeugen ließe.

Betrachtet man die Traubenbeere nach ihrer Farbe, Geſtalt und Be— ſchaffenheit, ſo ſind ſie, wie ſchon bemerkt, von verſchiedener Farbe, die je mehr die Reife zunimmt, bei den blauen Trauben dunkler wird (dunkelblau, ſchwarz⸗ blau), manche rothe gehen nach und nach in's bläuliche über (rother Sylva— ner), die graurothen nehmen einen bläulichen Farbenton an (Ruländer) und die grünen zeigen Neigung zum gelb werden und bekommen öfters braune Flecken. Außerdem befinden ſich faſt auf allen Beeren kleine Punkte, die auf den dunkelfarbigen hell, auf den hellfarbigen aber dunkel erſcheinen. Oben auf der Beere befindet ſich die vertrocknete Narbe, die entweder etwas hervor— ſteht oder bei manchen Traubengattungen in einem kleinen Grübchen liegt, auch ſind die Beere mit einem Dufte belegt, der bei manchen Rebſorten ſehr ſtark (Trollinger), bei andern faſt unmerklich iſt.

Die Farbe der Traube hat einigen Einfluß auf deren Reife, indem, wie allgemein bekannt, ein dunkler Körper mehr Licht und alſo auch mehr Wärme aufnimmt als ein heller, wornach auch dunkel (blau und ſchwarz) gefärbte

KR No)

Trauben etwas früher reifen, als rothe und dieſe wieder etwas früher als weiße Trauben derſelben Gattung. Die Form der Traubenbeere iſt entweder verſchieden lang, oder länglich eiförmig, oder länglich in's Kugelige ſpielend, oder rund, kugelig, wobei dann namentlich bei den länglichen eine Menge von Abstufungen, zugeſpitzt, oval, ſtumpf, vorkommen. Ferner ſind die Beere ent⸗ weder klein, oder mittelmäßig, oder groß, oder ſehr groß.

Die innere Beſchaffenheit der Beere iſt entweder ſaftig mit viel Saft, oder fleiſchig mit weniger Saft, auch hart.

Der Saft iſt entweder dünnflüſſig oder ſchleimig, wäſſerig, ſäuerlich (herb), ſüß ohne beſondere Schärfe (mild ſüß), oder ſehr ſüß mit einer gewiſſen Schärfe, Weinſäure, die jedoch durch die größere Menge Zucker überdeckt wird und dadurch dem Weine gerade den angenehmen Geſchmack gibt. Bei einzel⸗ nen Traubengattungen mit beſonderem aromatiſchen Geſchmack, wie beim Mus⸗ kateller, Muskat⸗Gutedel, Rießling. Die Trauben im Ganzen genommen ſind meiſt etwas länglich (cylindriſch), und entweder einfach oder achſelig mit Sei- tenäſten (Achſeln §. 5), dicht, wenn die Beere enge, neben und aufeinander⸗ ſtehen, locker, wenn dieß weniger der Fall iſt, zottig mit ſehr langen Beeren⸗ ſtielchen.

Hinſichtlich der Reife werden 1 die Trauben noch eingetheilt in frühreifende, mittelreifende und ſpätreifende d. h. in ſolche, die in guten Wein⸗ jahren ſchon im Monat September oder zu Anfang des Monats Oktober oder erſt zu Ende deſſelben vollſtändig zur 8 kommen.

II. Die Traubengattungen.

Se | Woher die Rebe ſtammt, wo der Urſitz derſelben war, 19 ſich nicht mehr beſtimmen. Manche nehmen an, daß dieſelbe urſprünglich aus Aſien, aus den Gegenden zwiſchen dem Schwarzen und Kaſpiſchen Meere ſtamme, weil dort auch beſſere Rebſorten häufig noch im wilden Zuſtande angetroffen werden und die Rebe eine außerordentliche Vegetation entwickle, ſo daß Stämme von 3—6 Fuß Durchmeſſer vorkommen. Wie ſchon erwähnt (§. 1) iſt aber die Rebe als wilde Pflanze auf einem großen Theil des Erdkörpers verbreitet und man findet ſie in Gegenden, wie z. B. in Nordamerika, wo ſie nicht durch frühere Cultur, ſondern nur durch die Natur verbreitet worden ſein kann. Wir glauben deßwegen, daß die Rebe eine ſchon urſprünglich weit verbreitete Pflanze iſt, daß man jedoch in den angeführten Gegenden Aſiens, wo auch Noah mit ſeiner Arche gelandet ſein ſolle und wo überhaupt, ſo weit unſere

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Kenntniſſe und Traditionen reichen, der Urſitz der Civiliſation und der Cultur des Menſchengeſchlechts zu ſuchen ſein möchte, es zuerſt verſtand, aus dem Saft der Traube das edle Getränke, den Wein, zu bereiten, und daß dadurch auch von hier aus zunächſt die culturmäßige Anpflanzung der Rebe in die be- nachbarten aſiatiſchen Länder, den Wohnſitz der alten Cultur-Völker, und von dieſen dann ſpäter in andere Länder, Griechenland, Italien und die römiſchen Provinzen verbreitet worden ſey.

Die nunmehr auf einem großen Theile unſeres Erdkörpers cultivirten Rebſorten ſind, hinſichtlich der Farbe und der Geſtalt der Traubenbeere, des Laubes und des Rebholzes ſehr verſchieden von einander, ſo daß wir nur allein in Deutſchland gegen dreihundert Sorten zählen und in Frankreich ſoll der berühmte Miniſter und Chemiker Chaptal gegen das Ende des vorigen Jahr- hunderts in einer beſondern Anlage ſogar zwölfhundert Sorten angepflanzt haben. Dieſe große Zahl von Sorten, die wir, wenn wir die verſchiedenen Sorten in andern entferntern Ländern (Aſien, Amerika) berückſichtigen, noch lange nicht alle kennen, mögen theils ſchon urſprünglich beſtanden haben, wie die verſchiedenen Sorten wilder Reben in Amerika nachweiſen, theils auch durch die Erziehung der Rebe aus Samen und der vorausgegangenen Befruch— tung durch andere Rebſorten ſowie auch durch climatiſche Einflüſſe entſtanden ſeyn, indem es eine bekannte Sache iſt, daß Pflanzen und insbeſondere auch die Reben in entferntere Gegenden verſetzt, leicht und in der Weiſe ausarten, daß ſie in geringen Lagen ſich verſchlechtern, in beſſeren aber ſich veredeln und dadurch, weil ſie dieſe Eigenſchaften bei Verpflanzung durch Rebſchnitt⸗ linge beibehalten, neue conſtante Abarten bilden. Außerdem kommen die ein⸗ zelnen Rebſorten in den einzelnen Ländern und Weinbaugegenden unter ſolch verſchiedenen Namen vor, daß die meiſten Sorten nach ihrer provinziellen Be⸗ nennung häufig eine ganz andere Sorte darſtellen, als in einer andern benach⸗ barten Gegend, während die Traube ein und dieſelbe iſt, ſo daß man nach den verſchiedenen Namen die eigentliche Sorte häufig nicht erkennen kann. Es haben ſich deßwegen ſchon manche Oenologen Mühe gegeben, in dieſes Chaos durch Claſſifikation der einzelnen Rebgattungen und durch Sammlung und Zuſammenſtellung der einzelnen Benennungen Ordnung zu bringen, unter welchen ſich neuerlich der verſtorbene Hofdomänenrath v. Gok in Stuttgart und Freiherr v. Babo zu Weinheim, im Großherzogthum Baden, beſonders auszeichneten. Erſterer gründete in ſeinem Werke „die Weinrebe und ihre Früchte“ (Stuttgart in der Georg Ebner'ſchen Kunſthandlung 1836) die Claſſi⸗

fikation der einzelnen Rebgattungen auf die Behaarung der Blätter, letzterer in ſeinem Werke „der Weinſtock und ſeine Varietäten“ (Frankfurt am Main bei Heinrich Ludwig Brönner 1844) auf die Geſtalt der Beere, ob lang, oder länglich, oder kugelig, wobei dann als Unterabtheilungen die Behaarung und

,

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Bezahnung der Blätter erſcheinen. Letzteres Werk ift nicht nur neuer, ſondern auch ſyſtematiſcher geordnet, und umfaßt, mit wenigen Ausnahmen, die ſämmt⸗ lichen Traubenſorten Deutſchlands, während das Erſtere ſich hauptſächlich nur auf württembergiſche Traubenſorten (ca. 120 Gattungen) beſchränkt. Wir ver⸗ weiſen hinſichtlich der Kennzeichen der einzelnen Reb⸗ und Traubenſorten ſowie der verſchiedenen Benennungen derſelben auf dieſe Werke und beſchränken uns hier hauptſächlich auf die Aufzählung der Eigenſchaften derjenigen Trauben⸗ gattungen die vorzugsweiſe in Süddeutſchland gepflanzt werden und bemerken nur noch, daß die Unterſuchung der Blätter der Reben am beſten während oder gleich nach der Blüthe vorgenommen wird, weil hier die Kennzeichen der— ſelben, beſonders auch die Behaarung, ſich am vollſtändigſten ausgebildet haben, während die Kennzeichen der Traubenbeere und des Rebholzes am richtigſten vor der Traubenleſe beurtheilt werden können. S

Wir theilen die Reb⸗ und Traubengattungen ab in weiße und rothe und in blaue und ſchwarze, auch laſſen ſich dieſelben, je nach ihrer hauptſächlichſten Benützungsart in Wein- und Tafeltrauben ſcheiden. Wir beginnen daher zu⸗ nächſt mit den vorzüglich zur Weinerzeugung tauglichen Trauben und werden dann eine Zuſammenſtellung der Tafeltrauben folgen laſſen, wobei wir die Ein⸗ theilung nach dem v. Babo'ſchen Syſtem zu Grund legen:

Weiße und rothe Trauben,

J. Abtheilung. Beere länglich. Fre Alnterabtheilung. Blätter filzig.

Zweite Alnterabtheilung. Blätter wollig, zottig. (Siehe Tafeltrauben $. 41.)

Dritte Anterabtſeilung. Blätter faſt kahl. Endzahn, halbkuppelförmig.

1. Orleans. Die Orleansrebe ſoll unter Karl dem Großen von Orleans in Frankreich nach dem Rüdesheimerberg, im Rheingau, verpflanzt worden ſein und ſich von dort aus im Rheinthale weiter verbreitet haben. Der Stock macht

ſehr ſtarkes, kräftiges Holz, erfordert deßhalb eine lange Erziehung, iſt auch u Spalieren zu gebrauchen und taugt für magern, ſehr warmen Boden. Es gibt einen gelben und grünen Orleans, beide Sorten ſind ſehr tragbar, dauer⸗ haft in der Blüthe und röhren nicht leicht ab, reifen aber ſehr ſpät, geben aber bei vollkommener Reife einen geiſtreichen, dauerhaften Wein ohne beſon⸗ deres Arom, der ſich erſt in einigen Jahren gehörig entwickelt. Das Gewicht

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des grünen Orleans betrug nach der Moſtwage von Mechanikus Kinzelbach in Stuttgart, oder der württembergiſchen Weinverbeſſerungsgeſellſchaft, womit auch die Wage von Mechanikus Oechsle übereinſtimmt: 1857 96, 1858 89 bis 90, 1859 106, 1862 107 Grade. |

Beide Gattungen taugen nur in vorzügliche beſonders geſchützte Lagen.

II. Abtheilung. Beere rund ins Tängliche.

Arſte Anterabtheilung. Blätter filzig. a. Endzahn, kuppelförmig.

| §. 10.

2. Weißer Räuſchling: Der Stock iſt mittelmäßig ſtark mit grober ab⸗ ſpringender Rinde, macht ziemlich viel und ſtarke Triebe, und erträgt, je nach der Boden-Qualität, lange oder kurze Erziehung.

Er wird in Württemberg wenig gebaut und kommt hauptſächlich nur in den Weinbergen des Jagſtthales bei Dörzbach und zum Theil auch im Tau- berthale vor. In der Schweiz am obern Zürcherſee und wahrſcheinlich auch in der Bodenſeegegend erſcheint er unter dem Namen Lindauer,

God, die Weinrebe S. 101, und wird dort ſowie auch im Breisgau, in der Ortenau (Baden) und im Cl⸗ ſaß häufig gepflanzt. Die Traube iſt ziemlich groß, etwas locker, ſaftreich und reift etwas ſpät.

Gewicht des Saftes:

1857: 86, 1858: 72, 1859: überreif 98, 1862: 94 Grade.

Zu dem Räuſchlinggeſchlecht wird häufig auch der blaue Räuſchling (Klöp⸗ fer) und der Gelbhölzer gerechnet, ſie ſind jedoch nach der ſyſtematiſchen Ein⸗ theilung etwas verſchieden von dem weißen Räuſchling, daher fie hienach (8. . unter ihren ſpeziellen Benennungen vorgetragen werden.

Zweite Anterabtheilung. Blätter wollig, zuttig. a. Endzahn, kuppelförmig.

Sl 3. Der Traminer iſt eine ſchwachtriebige Rebſorte mit ſchwachem, zärtlichem Wurzelanſatze, daher der Stock in der Regel ſchwach erſcheint und keinen ſtar⸗ ken Holztrieb macht. Er ſcheint von Tyrol aus in Deutſchland verbreitet worden zu ſein und ſeinen Namen von dem Dorfe Tramin an der Etſch er⸗ halten zu haben. Bei dem Traminer kommen drei Gattungen vor, der rothe, der weiße und der ſchwarze Traminer.

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Gewicht des Weinmoſtes vom rothen Traminer:

1857: 95-96, 1858: 88—89, bei der eh e 98—99, 1861: 100, 1862: 98—100 Grade. |

Der Traminer gewährt nur in ganz entſprechender Lage und Boden und bei ſorgfältiger Behandlung einen angemeſſenen, außerdem aber nur einen ge— ringen Ertrag, daher deſſen Anpflanzung mit Vorſicht geſchehen muß.

Neben dem gewöhnlichen rothen Traminer gibt es auch noch einen rothen Gewürz⸗ oder Muskat⸗Traminer, der ſich in ganz reifem Zuſtande durch einen vorzüglichen Muskatgeſchmack auszeichnen ſoll. Der Stock iſt wenig verbreitet und kommt hauptſächlich nur in Rebſammlungen vor. In der Nähe von Karlsruhe in Baden ſoll jedoch durch den verſtorbenen Markgrafen Wilhelm von Baden ein ganzer Weinberg mit Gewürztraminer angelegt worden ſein und dieſe in der ächten Sorte beſtehen.

Der ſchwarze Traminer ſiehe unten §. 29.

b. Endzahn, halbkuppelförmig.

\ Sal

4. Der rothe Malvaſier, in Württemberg auch Mährer oder früher ro— ther Velteliner genannt (God S. 31), wird ſonſt auch als rother Hängling beſchrieben (Babo S. 216) iſt in der Regel ſehr ſtarktriebig und verlangt das her auf gutem kräftigem Boden eine lange Erziehung, d. h. mit langen Schen- keln und Bögen, weßhalb er hauptſächlich zu der Anlegung von Rebgeländen (Kammerzen) oder auch zu Wandſpalieren an Gebäuden, Lauben ꝛc. taugt.

Gewicht 1857: 102, 1858: 91, 1859: 91. 1 62: 105 Grade.

In Oeſterreich und beſonders in Steyermark ſollen mit einer hieher ge— hörigen Traube unter dem Namen rother Zierfahnler ganze Weingärten an— gepflanzt ſein. Dieſelbe kommt auch unter dem Namen Italieniſcher Malvaſier vor und iſt in dem Werke von Babo als rothe Babotrauhe beſchrieben, nach meinen Unterſuchungen konnte ich aber zwiſchen dieſer Rebe und dem oben be— ſchriebenen rothen Malvaſier keinen weſentlichen Unterſchied finden.

§. 13.

5. Der Velteliner iſt eine alte weit verbreitete Traube, ſie kommt in Württemberg im untern und mittlern Neckarthal ſowie in deſſen Seitenthälern hie und da, im Kocher-, Jagſt⸗ und Tauberthale dagegen unter dem Namen

Fleiſchtraube ſehr häufig vor und bildet dort mit einigen andern Gattungen zum Theil den Hauptrebſatz. Auch am Rhein, insbeſondere aber in den öſt— reichiſchen Donaugegenden ſowie in Steiermark trifft man dieſelbe häufig an. Dem Namen nach ſollte dieſe Traubengattung aus dem Veltelin im Mailän⸗ diſchen, früher zum Kanton Graubündten gehörig, ſtammen, neuerlich will man

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jedoch dort (Bronner) keine ähnliche röthliche Traubengattung, ſondern eine ſehr verſchiedene ſchwarze Traube gefunden haben, auch kennt man in der Schweiz unter dem Namen Velteliner nur einen ſehr dunkelrothen Wein, da⸗ her bei dem früheren ſtärkeren Weinverkehr mit Oeſtreich wir wohl werden annehmen dürfen, daß die Veltelinertraube von dort aus verbreitet worden iſt.

Man unterſcheidet zwiſchen einem großen, mittleren und kleinen Velteliner. Bei allen drei Gattungen iſt die Traube röthlich und hat die Eigenthümlich⸗ keit, daß ſie in minder guten Jahren und in nicht ſehr warmen Lagen auf der Rückſeite nie ganz roth wird, ſondern grünlich bleibt, deſſen ungeachtet aber auch in dieſem nicht ganz reifen Zuſtande noch einen guten kräftigen Wein gibt. Anmerkung 1.

Gewicht vom mittleren Velte liner:

1857: 92, 1858: 86, 1859: 85, 1861: 95, 1862: 100 Grade.

Der fleine Velteliner kommt in 9 0 Gegenden Württembergs unter dem Namen Hans vor, er unterſcheidet ſich von dem eigentlichen Velte⸗ liner durch ſeine kugelige Beere, den ſpitzern Endzahn der Blätter und ſeine frühere Reife, während jener mehr runde in's längliche ſpielende Beere und halb kuppelförmige Endzähne hat. Der kleine Velteliner wird deßwegen hie— nach (8. 20) als Hans beſonders beſchrieben werden.

Zu dem Velteliner Geſchlecht wird unter dem Namen früher Velteliner auch der Mährer gerechnet, der jedoch unter dem Namen Malsaſier bereits beſonders beſchrieben iſt. (§. 12.) Anmerkung 2.

§. 14.

6. Der weiße Hängling kommt unter dem Namen grüner Häußler haupt⸗ ſächlich nur in der Gegend von Reutlingen vor, der Rebſtock iſt ſchwach, wie der Süßrothe (S. 38) und gleicht auch im Uebrigen demſelben, daher wir uns hier auf deſſen Beſchreibung beziehen und nur noch bemerken, daß die früh⸗ reifende, gelbgrüne Traube auch im reifen Zuſtande die gleichen Eigenſchaften wie die ſüßrothe Traube beſitzt, ebenſo empfindlich wie dieſe iſt und zum Theil noch etwas kleinere Beere wie dieſe hat.

7. Der Elbling iſt die verbreitetſte Traubengattung nicht nur in Würt⸗

1. Anmerkung. Babo, der Weinſtock und ſeine Varietäten S. 206 beſchreibt nur den großen Velteliner und zweifelt, ob es auch noch andere Unterarten gibt. Nach den aus dem Rheinthale erhaltenen Reben vom großen Velteliner unterſcheidet ſich der? ſelbe aber ſehr durch ſeine große gedrungene ſehr ſpät reifende Traube mit großen Beeren von dem mittleren Velteliner, ſo daß dieſe Unterart wohl als eine conſtante angenommen werden darf.

2. Anmerkung. Babo im angeführten Werke S. 601 zählt den Mährer zu dem Geſchlecht der Hanſen, was unrichtig iſt, indem ſich beide Traubengattungen we⸗ ſentlich unterſcheiden und auch in Dürktemberg nie unter dem gleichen Namen vor⸗ kommen. 5

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temberg, ſondern in ganz Europa, indem man denſelben in allen nördlich ge— legenen Weinbauländern von den Pyrenäen bis nach Ungarn antrifft. Es gibt dreierlei Gattungen: der weiße Elbling, der rothe Elbling und der ſchwarze Elbling. Bei den erſten Gattungen kommen dann noch Unterarten vor, und zwar: .

| a. Der gelbe Elbling, eine Unterart des Weißelblings, wahrſcheinlich durch Anpflanzung von Reben von alten, weniger kräftigen Weißelblingſtöcken entſtanden, die auf magerem Standort auch gelbliche Trauben treiben, ſoll hauptſächlich in Baden an der Bergſtraße und in Rheinbayern am Hardtge— birge verbreitet ſein. Er unterſcheidet ſich vom Weißelbling durch kleinere, hellere, gelbe Beere mit durchſcheinenden Adern und durch hellgrüne Blätter. Er ſoll dauerhafter in der Blüthe ſein, einen ſüßeren Saft haben und etwas beſſeren Wein geben, als der Weißelbling.

b. Der Rau⸗ auch Grobelbling iſt eine Ausartung des geſchlachten Elb— lings und kommt als Weiß- und Rothelbling vor. Er zeichnet fi) vor dem

geſchlachten Elbling dadurch aus, daß das Laub zackiger, d. h. tiefer einge— ſchnitten iſt und mehr und längere Zähne hat, während daſſelbe bei dem ge— ſchlachten Elbling weniger eingeſchnitten und mehr rund erſcheint. Außerdem erzeugt der Rauelbling kleinere Trauben mit einzelnen großen und vielen Klein— beeren mit wenig und geringem Saft und gehört eben deßwegen zu den ge⸗ ringen wenig einträglichen Traubengattungen.

Gewicht vom weißen Elbling:

1857: 92, 1858: 69, 1859: 85: 1860: 65-—70, 1861: 88, 1862: 94 Grade. | Vom rothen Elbling 1857: 91, 1858: 71, 1859: 79, 1860: 65, 1861: 87, 1862: 95 Grade.

In der Bodenſeegegend kommt der weiße dort häufig grüne Elbling ine dem Namen Didelbling oder Burgauer vor.

8. Der weiße Kleinedel gleicht viel dem weißen Burgunder und weißen Clevner, unterſcheidet ſich aber von erſterem durch ſeine nicht ganz runden Beere und von letzterem durch den ſtatt ſpitzen, mehr kuppelförmigen Endzahn.

Gewicht, 1857: 87, 1858: 87, 1859: 83—84, 1862: 89 Grade.

Der Stock ſcheint jedoch etwas weniger . als der weiße Burgunder und weiße Clevner zu ſein.

c. Endzahn, ſpitzig.

8. 15.

9. Der Rothurban. Der Urban, nach dem Schutzheiligen der Weingärt—

ner genannt, iſt eine Württemberg ſpeziell angehörige Reb- und Traubengat- tung, der auch hier hauptſächlich nur in der mittlern Neckargegend gepflanzt

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wird, und wahrſcheinlich aus dem Tyrol oder dem nördlichen Italien zu uns gekommen iſt. Er iſt ein ſtarktriebiger Rebſtock, der eine lange Erziehung mit Schenkeln und Bögen erfordert, weil er erſt am vierten oder fünften Auge ſeine Haupttrauben treibt. Er wird abgetheilt in den Roth- und Schwarz⸗ Urban.

Gewicht 1857: 97, 1858: 84-85, 1859: 80, 1860: 76, 1861: 91, 1862: 97 Grade.

Der Rothurban gehört zu den beſſeren Weinbergstrauben und dürfte in Gemeinſchaft mit dem mittlern Velteliner und dem Hans einen vorzüglichen, ſüßen, geiſtreichen Wein liefern. Der Stock taugt übrigens auch vorzüglich zu der Bekleidung von hohen Geländen, Lauben u. ſ. w.

Der Schwarz⸗Urban S. 31.

10. Der weiße Clevner wird häufig mit dem weißen Burgunder verwech— ſelt und kommt daher ſelten in reiner Beſtockung zur Anpflanzung. Er unter⸗ ſcheidet ſich jedoch von dem letztern (§. 19) durch ſeine kleinere etwas läng⸗ liche, mehr hellgelbe oder weißliche Beere, durch ſein minder glänzendes mehr dunkelgrünes, blaſiges und ſtärker geripptes ſowie durch das oben und unten wollige, mattgrüne Blatt und durch die weißwolligen Endſpitzen der jungen Triebe. Ferner durch den ſchwächeren Rebſtock, den engeren Knotenſtand und durch das ſchlanke, dünne, mehr dunkelbraune Rebholz, gefurcht mit Pe Streifen und braun, auch grau punctirt. N

Der Rebſtock hat eine mittlere Vegetationskraft, darf daher nicht zu ſtark durch Anſchneiden von Tragreben in Anfpruch genommen und auch nicht lang geſchnitten werden, weil er die Trauben mehr am hintern Holze treibt.

Gewicht in geringerer Lage:

1857: 92, 1859: 95, 1860: 72 - 73, 1862: 100 Grade.

11. Der Ruländer, auch rother oder grauer Clevner genannt, gehört zum Clevnergeſchlecht, was ſchon daraus hervorgeht, daß hie und da an einem und demſelben Stock ſich graue und blaue Clevnertrauben zeigen, oder daß in man⸗ chen Jahren ganze Stöcke blaue Trauben tragen, während ſie ſpäter wieder in den Ruländer übergehen. Wenn jedoch von ſolchen veränderten Trauben Reben geſchnitten und verpflanzt werden, ſo ſollen ſie die angenommene Eigen⸗ ſchaft der blauen Clevnertraube beibehalten. Der Stock treibt in den erſten Jahren ſtark in's Holz, zeigt aber im Durchſchnitt, wie überhaupt die Clev⸗ nerreben nur eine mittlere Vegetationskraft, daher 15 nicht zu viel Holz an⸗ geſchnitten werden darf.

Gewicht, 1857: 99-105, 1858: 92, 1859: 98—106, 1861: 101 Grade.

Die Traube wird, namentlich im Elſaß, auch unter dem Namen grauer Tokayer angepflanzt, den einzelne Weinzüchter für eine beſondere Unterart hal⸗

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ten wollen, indem er reichlicher trage/als der gewöhnliche Ruländer und ſich nicht ſo leicht verfärbe, wie der letztere. Nach meinen und anderer Oenologen genau angeſtellten Vergleichungen (Bronner, die Bereitung von Rothwein S. 103) kann aber zwiſchen beiderlei Gattungen kein weſentlicher, ſondern nur darin ein Unterſchied gefunden werden, daß die unter dem Namen „graue Tokayer“ gepflanzten Stöcke öfters ein unregelmäßig etwas gekrümmtes Rebholz und mehr ſpitze Augen beſitzen, auch einen reichlichern Ertrag geben, als an— dere Ruländerſtöcke, was ohne Zweifel daher kommt, daß die urſprünglichen Reben einem ſehr fruchtbaren Stocke entnommen wurden, daher der graue Tokayer blos eine conſtantere Gattung des Ruländers bilden dürfte.

Dritte Anterabtheilung. Blätter faſt kahl.

a. Endzahn, kuppelförmig.

S. 16.

12. Der Sylvaner iſt mit dem Elbling die verbreitetſte, in manchen Ge- genden (Kocher, Jagſt, Tauber), ſogar die vorherrſchende Traubengattung, und nicht ſelten wird neuerlich der Elbling durch den Sylvaner verdrängt. Der— ſelbe ſcheint von Oeſterreich aus in die Main⸗, Rhein- und Neckargegenden eingewandert zu ſein, daher er auch in manchen Gegenden, wie im Tauberthal, und am Main und Rhein, „Oeſtreicher“, genannt wird.

Es gibt verſchiedene Gattungen von Sylvaner, nämlich den weißen oder grünen Sylvaner, den gelben Sylvaner, den rothen Sylvaner, den blauen oder ſchwarzen Sylvaner.

Der gelbe Sylvaner unterſcheidet ſich vom grünen Sylvaner durch hellere, gelbgrüne Blätter und durch die gelbliche Farbe ſeiner Beere, die bei voll— ſtändiger Reife mit vielen braunen Punkten beſprengt ſind, und iſt daher hauptſächlich nur während der Sommer- und Herbſt-Vegetation genau zu er⸗ kennen. Er wird weit weniger als der grüne Sylvaner angebaut und kommt in Württemberg hauptſächlich am Traufe der Alp, im Lauterthale, vor, wo er dem grünen Sylvaner vorgezogen wird, weil er ſüßere, etwas früher reifende Trauben als jener liefere und daher auch einen beſſeren, kräftigeren Wein geben ſolle. Ohne Zweifel iſt der gelbe Sylvaner eine Unterart des grünen Sylvaners und dadurch konſtant geworden, daß man Reben von urſprünglich ſchwachen und alten Stöcken des grünen Sylvaners anpflanzte, die in mage— rem Boden öfters auch gelbliche Trauben treiben und dieſe Eigenſchaft fort— pflanzen. Der gelbe Sylvaner iſt daher auch häufig weniger fruchtbar als der grüne.

Gewicht des weißen (grünen) Sylvaners: 1857: 103. 1858: 86. 1859: 92. 1860: 70—75. 1861: 85. 1862: 92 Grade. 9

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Gewicht des rothen Sylvaners: N 1857: 94. 1858 geringere Lage: 72. 1859: 92. 1861: 96 Grade. Der blaue oder ſchwarze Sylvaner hienach §. 32.

III. Abtheilung. Beere kugelig.

Erſte Alnter-Acbtheilung. Blätter filzig. a. Endzahn, kuppelförmig.

8 75

13. Der gelbe Ortlieber iſt zu Ende des vorigen Jahrhunderts vom Elſaß aus durch einen Gaſtwirth Ortlieb zu Reichenweiher verbreitet worden, und war anfänglich eine ſehr beliebte und geſuchte Traube, kam aber, weil er in ungeeigneter Lage und Boden ſehr gerne und ſchnell fault, bald in Mißkredit.

Gewicht: 1857: 92, 1858: 101. 1859 als verfault: O0. 1861: 86. 1862: 85 Grade.

Die Traube reift ziemlich Take und gewährt daher bei ihrer Fruchtbarkeit auch in minder günſtigen Jahren noch einen guten und brauchbaren Ertrag, ihre Anpflanzung iſt jedoch nur auf luftigen Höhen und auf magerem Boden zu empfehlen.

14. Der weiße Tokayer, auch Putſcheere oder Ungar, iſt ein ziemlich ſtarker, jedoch empfindlicher Rebſtock, weil das Holz ſelten vollſtändig reift; treibt ſehr viele große, ſaftreiche Trauben und fand bei den Were vielen Beifall und bald große Verbreitung.

Die Traube gibt jedoch nur einen dünnen, wäſſerigen Saft und ganz de ringen Wein, daher deren Anpflanzung ſchon öfters, beſonders in Württ en verboten worden iſt. N

Gewicht: 1857: 84. 1858: 76. 1859 überreif: 90. In geringeren Jahren nur 50—60, 1862: 78 Grade.

Der blaue Tokayer ſiehe hienach F. 34.

b. Endzahn, halbkuppelförmig.

8 5.18:

15. Weißer Süßling. Dieſe Traubengattung ſoll viele Aehnlichkeit mit dem gelben Ortlieber und dem weißen Burgunder haben, und daher mit den⸗ ſelben öfters verwechſelt werden. Nur hinſichtlich der Kuppelform des End- zahns unterſcheidet ſie ſich vom Ortlieber, ſowie dadurch, daß das Blatt weniger dunkel, die vordern Seitenlappen mehr unregelmäßig gebildet und

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die Beere heller und nicht fo ſtark punktirt find, auch nicht ſo leicht faulen, wie beim Ortlieber. a

Gewicht: 1857: 95. 1858: 97. 1859: 105. Auch in geringeren Jah⸗ ren 75—85 Grade.

16. Der rothe Raifler. Der Stock iſt ſtark und ſehr tragbar, Blüthe und Reife jedoch etwas ſpät, daher er nur in guten Lagen zu pflanzen wäre.

Gewicht 1857: 92. 1858: 85. 1859: 93. 1862: 81 Grade.

17. Der weiße Rothgypfler ſtammt aus Oeſtreich, und iſt im ſüdweſtl. Deutſchland und insbeſondere auch in Württemberg erſt in den letzten 10—15 Jahren zur Anpflanzung gekommen. Er hat ſeinen Namen von den rothen Endſpitzen ſeiner Triebe und zeigt in den meiſten Bodenarten ein gutes, kräf⸗ tiges Wachsthum.

Rebſtock: Stark mit guter Wurzelbildung und fein abſpringender Rinde.

Rebholz: (einjährig) Stark und ſchlank, rund, fein gefurcht, bläulich grau mit hellbraunen Streifen, zuweilen braun punktirt, etwas im Zickzack wach— ſend, reift ziemlich frühe und iſt nicht empfindlich gegen Kälte.

Endſpitzen: Wollig, röthlich gefärbt, 1—2 Fuß lang.

Knoten: Wenig erhaben, Abſtand der Gelenke mittelmäßig.

Augen: Etwas erhaben, klein, geſchloſſen, ſpitzig, zuweilen mit etwas Wolle.

Blätter: Mittelgroß, dick, borſtig und ſehr ſtark behaart, blaſig, rund, fünflappig mit tiefen Einſchnitten, ſehr konſtant, dunkel⸗ und mattgrün, zuweilen Verfärbung in's Gelbgrüne.

Bezahnung: Klein und gleich, meiſt rechtwinkelig, ſehr konſtant. Stiel⸗ bucht eng geſchloſſen.

Blattſtiel: Kurz, dick, behaart und gegen die Sommerſeite röthlich gefärbt.

Traube: Mittelgroß, äſtig, auch walzenförmig mit ſehr gedrängten, in der Regel übereinanderſtehenden Beeren.

Beere; Mittelgroß, rund, hie und da in's Längliche ſpielend, weißlich grün, bei guter Zeitigung durchſichtig und gegen die e röthlich ge⸗ färbt, fein punktirt und grünweißlich beduftet.

Reife: mittelmäßig, mit dem Elbling.

Saft: bei völliger Reife für, kräftig mit gutem, eigenthümlich garömatiſchem Geſchmack und gibt einen ſtarken, guten Wein.

Die Rebe trägt in guter Lage mit warmem trockenen Boden ſehr reich⸗ lich und ſicher, iſt nicht empfindlich in der Blüthe und die Traube widerſteht lange der Fäulniß, daher die Rebe größere Verbreitung verdient, bei dem kräftigen Wachsthum könnte dieſelbe auf Bogreben geſchnitten werden, bei der großen Fruchtbarkeit des Holzes iſt aber der Zapfenſchnitt angemeſſener.

Gewicht nach den von dem Gemeinderath Single in Stuttgart angeſtell⸗ ten Beobachtungen 1857: 106. 1858: 93. 1859: 100 Grade.

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C. Endzahn, ſpitzig.

Zweite Anterabtheilung. Blätter wollig, zottig. a. Endzahn, kuppelförmig.

b. Endzahn, halb- oder verlängert kuppelförmig.

819.

18. Der weiße Burgunder iſt von Frankreich aus in Deutſchland verbrei⸗ tet worden, wo er in Burgund und in den hinter den dortigen Gebirgen lie— genden Weingegenden bis in die Champagne im Großen gepflanzt wird. Er wird nicht ſelten mit dem weißen Klevner verwechſelt, beide Sorten unter- ſcheiden ſich aber durch verſchiedene hier und §. 15 beſchriebene Merkmale.

Das Blatt ſolle ſich dadurch kennzeichen, daß es an der Grundbucht von der Rippe an keinen Blattanſatz mehr hat.

Gewicht:

1857: 96. 1858.90. 1859 93. 1860 7273. 8 100 Grade.

Der Stock trägt nach den bisherigen Erfahrungen reichlich, iſt dauerhaft und wenig empfindlich in der Blüthe, ſowie gegen manche Krankheiten, wie

der Schwarz- und Rothbrenner, Grind ꝛc.

| 19. Der Fütterer, Fütterling, Förderling auch Wieſethaider, Miſſethäter genannt, iſt eine alte Weinbergstraube Württembergs und gehört dieſem ſpe⸗ ziell an, da ſie auſſer in dem angrenzenden untern Neckarthale ſonſt nirgends vorkommem ſoll. Rebe und Traube haben äußerlich manche Aehnlichkeit mit dem weißen Rießling. Der Fütterer treibt gern Holz, jedoch einen ſtärkeren Stock als der Rießling, mit grob abſpringender Rinde, iſt gegen den Froſt nicht ſehr empfindlich, in der Blüthe dauerhaft, ſetzt viele mittelmäßig große, engbeerige, grünlich gelbe Trauben an, die einen ſüßen, ziemlich gewürzhaften Wein geben, aber gerne faulen. i

20. Der Rießling gehört nicht zu den ſtarken, ſondern zu den ſchwachen Rebgattungen, die kein ſtarkes Holz machen, er iſt aber deßwegen nicht ſchwach⸗ triebig, wie der Sylvaner, ſondern zeichnet ſich auch noch im Alter durch gute Triebkraft aus und hat daher einen größeren Wurzelſtock als jener. Er er- reicht ein ziemlich hohes Alter und bleibt dabei ſtets in gutem Ertrag.

Es gibt einen weißen und einen rothen Rießling.

a. Der weiße auch kleine Rießling iſt die edelſte bis jetzt in Deutſchland bekannte Traubengattung, er ſtammt aus den Rheingegenden, wo er ſchon ſeit Jahrhunderten gepflanzt wird. Von dem kleinen Rießling unterſcheidet ſich der grobe Rießling durch ſtärkeres Holz und ſtärkeren Trieb ſowie durch dunk⸗

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leres ſaftigeres Laub, ersträgt in ganz günſtigen Weinjahren zwar reichlich, läßt aber in minder günſtigen Jahren die Traubenbeere in der Blüthe fallen (wie der Rau⸗Elbling), kommt jedoch in den Weinbergen ſelten vor. Er iſt ein ausgearteter Rießlingſtock und ſollte überall ausgerottet werden.

In andern Weinbaugegenden, namentlich im Moſelthale, werden bei dem weißen Rießling unterſchieden (Babo, der Weinſtock und ſeine Varietäten (S. 475)

aa. Der gelbe Rießling, der etwas früher reifen und den beſten Wein geben ſoll.

bb. Der grüne Rießling, ſpäter reifend und weniger bouquetreich.

ec. Der rothſtielige Rießling.

dd. Der wilde und ſchütterbeerige Rießling, geringhaltig, vielleicht der oben beſchriebene Grob-Rießling.

b. Der rothe Rießling unterſcheidet ſich von dem weißen Nießling durch ſeine hellrothe Farbe und die etwas tiefer eingeſchnittenen Blätter, er wird in der Gegend von Heilbronn im Großen angebaut, iſt noch etwas ſicherer in der Blüthe und trägt noch reichlicher als der weiße Rießling, ſoll auch etwas früher reifen, iſt aber weniger bouquet⸗ und ae e als jener.

Gewicht des weißen Rießlings.

1858 98. 1899: 96. 1860: 9—80. 1861: 96, 1862: 95 Grade. i

Gewicht des rothen Rießlings.

4857: 94. 1858: 82. 1861: 87. 1862. 90 Grade.

c. Endzahn, ſpitzig. §. 20.

21. Der weiße kurzſtielige Champagner, auch kleiner Heinſch genannt, ſtammt aus Frankreich und ſoll manche Aehnlichkeit mit dem weißen Bur- gunder haben.

Gewicht: 1857: 90. 1858: 87—88. 1859: 93. 1862: 80 Grade.

Der Stock darf zu den beſſeren Weinbergstrauben gerechnet, aber nicht mit dem langſtieligen Champagner (gelben Goüais) verwechſelt werden, der weniger Ertrag und einen geringeren Wein gibt.

22. Der Heuniſch iſt eine alte im ſüdweſtlichen Deutſchland längſt be— kannte Traube, die aus Ungarn zu uns gekommen iſt und früher weit mehr als neuerlich Anpflanzung gefunden haben muß. Er gleicht viel dem Elbling, unterſcheidet ſich jedoch von demſelben hauptſächlich durch die dickeren und ſtär⸗ ker gezahnten, meiſt dreilappigen, mehr lichtgrünen, ebene nicht blaſige, unten

ſtark behaarte Blätter und den ſpitzigen Endzahn, ſowie durch den geringeren Gehalt der Traube und des Weins, während der Elbling ein großes dunkel—

= j 32 > ]

grünes meiſt fünflappiges ſehr blaſiges Blatt mit ſtarken Zähnen 55 ſtarken Endſpitzen hat und auf der untern Seite an den Blattrippen zwar borſtig, aber weniger behaart iſt. Der Heuniſch gibt einen geringen Wein.

Gewicht: 1857: 78. 1858: 83-87. 1859: 91. 1862: 89 Grade.

Es gibt einen weißen, gelben, rothen und blauen Heuniſch, die ſich jedoch hauptſächlich nur durch die Farbe von einander unterſcheiden.

23. Der weiße Welſchrießling ſoll aus der Champagne nach Deutſch⸗ land verpflanzt worden ſein, wo er noch nicht ſehr verbreitet iſt und früher nur in der Gegend von Heidelberg Anpflanzung gefunden habe tea aber auch in Steyermark verbreitet ſei.

Gewicht: 1857: 93. 1858: 85. 1859: 94. 1862: 96 Grade.

Wegen der ſpäten Reife nur in den beſten Weinbaugegenden und beſten Lagen zum Anbau zu empfehlen, in Steyermark ſolle derſelbe aber, bei den günſtigern klimatiſchen Verhältniſſen eine ſehr geſchätzte Weinbergstraube ſein.

24. Der rothe Hans auch kleiner Velteliner genannt wird hauptſächlich in Württemberg und beſonders in der Gegend von Plochingen als Weinbergs⸗ traube im Großen gebaut und dort als ſolche ſehr geſchätzt. |

Gewicht: 1857: 103. 1858: 78. 1859: 90. 1860: 74. 1861: 95. 1862: 100 Grade.

Dieſe Traubenſorte verdient größere Verbreitung als fie bisher gefun— den hat. |

Dritte Unter--Xbtheilung. Blätter faſt kahl.

a. Endzahn, kuppelförmig.

b. Endzahn, halbkuppelförmig.

SR,

Der rothe Trollinger wird in dem mittlern Nedarthale hie und da als Weinbergstraube gepflanzt, er ſcheint jedoch etwas weniger einträglich zu ſein als der blaue Trollinger und auch einen geringeren, jedoch feineren Wein als dieſer zu geben, daher er bis jetzt nirgends große Verbreitung gefunden hat. Im Uebrigen wird ſich auf die Beſchreibung des blauen Trollingers berufen (S. 38) und nur bemerkt, daß ſich der rothe Trollinger von demſelben durch die hellrothe Farbe ſeiner Trauben, durch die feinere abſpringende Rinde, durch das weniger ſtark gefurchte Rebholz, ſowie durch die etwas dunklere, braune Farbe deſſelben mit dunklern Streifen und durch die weniger dunklen Knoten unterſcheidet.

Gewicht: 1857: 88. 1858: 77. 1859: 83. 1862: 97 Grade.

Es ſoll ſodann auch noch einen weißen Trollinger geben, der jedoch ſo ſelten gepflanzt wird, daß er mir noch nie zu Geſicht kam.

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C. Endzahn ſpitzig. F. 22.

26. Der Gutedel ſcheint aus Frankreich, wo er ſehr verbreitet iſt, zu ſtammen, er kommt in den Weinbergen Süddeutſchlands und Oeſtreichs, mit Ausschluß des Rheingaues, des Niederrheins, der Moſel- und der Bodenſee— gegend jiberall vor und bildet in einzelnen Gegenden, wie im Breisgau, in dem Kocher⸗, Jagſt⸗ und Tauberthale eine der Haupttraubengattungen in den dortigen Weinbergen.

Die gewöhnlich zur Weinbereitung zu verwendenden Gutedelarten werden abgetheilt in den weißen, rothen und Krachgutedel. Außer dieſen gibt es noch verſchiedene andere Gutedelarten, die jedoch ſelten im Großen angebaut werden und daher mehr zu den Tafeltrauben gehören (F. 44).

Der Krachgutedel unterſcheidet ſich vom weißen Gutedel durch eine här— tere Haut und feſtere Beere, die beim Zerdrücken krachen. Dieſelben ſind beim Krachgutedel fleiſchig, beim gewöhnlichen Gutedel vollſaftig, dagegen gibt jener einen kräftigern Wein und bildet in verſchiedenen Gegenden des Breis⸗ gaues faſt den ausſchließlichen Rebſatz, von dem der bekannte, angenehme Markgräfler Wein gewonnen wird.

Gewicht: 1857: 78. 1858: 79. 1859: 80. 1864: 88. 1862: 93 Grade.

Es gibt auch einen rothen Krachgutedel, der jedoch mehr unter dem Na⸗ men Königsgutedel bekannt iſt, ſelten als Weinbergstraube zur Anpflanzung kommt, etwas früher reifen aber weniger zur Weinbereitung taugen ſoll, be— ſonders da er ſich gern abbeert. Er gehört zu den Tafeltrauben.

27. Der Muskateller wurde früher weit häufiger mo” in größerer Menge als gegenwärtig gepflanzt.

Es gibt verſchiedene Muskatellertrauben, weiße oder gelbe, rothe und ſchwarze, die ſich ſämmtlich durch einen biſamartigen Muskatgeſchmack aus⸗ zeichnen, der ſich auch dem Weine in hohem Grade mittheilt. Die Trauben reifen jedoch ſpät und gelangen daher nur in den beſſeren Weinbaugegenden und in guten Lagen ſowie in kräftigem warmen Boden zur vollſtändigen Zei⸗ tigung, ſie ſind etwas empfindlich in der Blüthe und verlangen als Wein— bergstraube eine kurze Erziehung, weil der Rebſtock zwar ziemlich ſtark iſt, aber bei ſeiner ſchwachen Bewurzelung nur wenig nachhaltige Triebkraft hat und daher bei der gewöhnlichen Beſtockung auch nur geringen Ertrag gibt. In ſüdlichen Gegenden, namentlich in dem ſüdlichen Frankreich, werden aus der Muskatellertraube die vorzüglichſten Muskatweine bereitet, aber auch hier findet eine kurze Erziehung auf Zapfen mit 1—2 Augen ſtatt, weil Trauben mit längerem Holz viel von ihrem Muskatgeſchmack n ſollen.

Der ſchwarz⸗blaue Muskateller.

Unten S. 39.

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Außer dieſen gewöhnlichen Muskatellerarten gibt es auch noch einen grauen und Muskateller, violetten die jedoch nur als Unterarten des rothen Muskatellers at betrachten find und hier keine beſondere Beſchreibung verdienen.

Blaue und ſchwarze Trauben. I. Abtheilung. Beere länglich. Sehe Aluter-Qbtheilung. Blätter filzig. a. Endzahn kuppelförmig.

§. 23.

1. Die blaue Eicheltraube kommt hie und da jedoch ſehr ſelten in den Weinbergen vor.

Gewicht: 1858: 75. 1859: 84. 1862: 76 Grade.

Sie kommt ſelten zur vollkommenen Reife und ſollte als Weinbergstraube ganz ausgerottet und nur an warmen Wandungen als Spalier gepflanzt wer⸗ den, wozu ſich die Rebe bei ihrer ſtarken Triebkraft vorzüglich eignet und hier dann auch ihre gehörige Zeitigung erlangen könnte.

b. Endzahn halbkuppelförmig.

§. 24. 2. Der blaue Augſter wird im ſüdweſtlichen Deutſchland ſelten angebaut, dagegen mehr in Steyermark und Ungarn. Gewicht: 1857: 86. 1858: 76. 1859: 83. 1862: 99 Grade. Iſt eine ſehr einträgliche Traube, eignet ſich aber mehr zu Spalieren als zu einer Weinbergstraube.

c. Endzahn ſpitzig.

. 3. Der blaue Marokkaner kommt hauptſächlich nur in Traubenſammlun⸗ gen vor und gehört mehr zu den Tafel- als Weintrauben. Gewicht: 1857: 72. 1858: 62. 1859: 80. 1862: 77 Grade. Eignet ſich vermöge ſeiner ſtarken Triebkraft mehr an Mauern und Wandungen als in den Weinberg und iſt jedenfalls eine geringe Weinbergstraube.

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Zweite Unter-Xbtheilung. Blätter wollig, zottig.

Dritte Anter- Abtheilung. Blätter faſt kahl. a. Endzahn kuppelförmig.

b. Endzahn halbkuppelförmig.

C. Endzahn ſpitzig.

S. 26.

4. Blauer Blüſſart, auch ſchwarzer Malvaſier, iſt noch wenig verbreitet, er ſoll am Genferſee häufig gepflanzt werden und iſt jedenfalls eine franzö⸗ ſiſche Traubengattung.

Der Rebſtock iſt mittelmäßig ſtark mit feiner abſpringender Rinde, treibt nicht ſtark in's Holz und leidet gerne bei ungünſtiger naßkalter Witterung.

Die Traube iſt ziemlich groß, dicht mit großen, eiförmigen, ſchwarzblauen Beeren, die ziemlich früh reifen und einen ſehr ſüßen, gewürzhaften Saft ha⸗ ben, der einen guten Wein geben ſollte. Sie iſt jedoch etwas empfindlich in der Blüthe und ſcheint nicht ſehr reichlich zu tragen. |

5. Blauer Bernardi. Wird gleichfalls wenig gepflanzt und ſcheint mehr als Tafeltraube vorzukommen. Rebſtock: Stark mit ziemlich fein abſpringen⸗ der Rinde. Derſelbe ſolle im Sandboden üppig treiben.

Die Traube iſt mittelgroß, dicht, äſtig, reift mittelmäßig, faſt etwas ſpät und hat große, ovale, ſchwarzblaue Beere mit hellblauem Duft, die einen dünnen, füßen, bei vollſtändiger Reife gewürzhaften Saft geben.

Gewicht: 1857: 81. 1858: 85. 1859: 87. 1862: 75 Grade.

II. Abtheilung. Beere rund ins Aängliche.

Se Anter- Abtheilung. Blätter filzig. a. Endzahn kuppelförmig.

b. Endzahn halbkuppelförmig.

5. . 6. Der rothblaue Zottelwelſche kommt auch unter dem Namen blaurother Hudler, Weißlauber, Gol vor. Der Rebſtock iſt ſehr ſtark mit grob abſprin⸗ gender Rinde und holzt gerne, verlangt zwar eine gute Lage, nimmt aber mit geringem Boden vorlieb. Er gehört zu den ſchlechteren Traubenſorten, iſt nicht zu empfehlen und ſollte überall ausgerottet werden. ; - 3 *

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7. Die blaue Müllertraube, in einzelnen Gegenden Württembergs unrich⸗ tig auch ſchwarzer Rießling genannt. Dieſelbe ſtammt aus Frankreich, wo ſie in verſchiedenen Departements, namentlich in der Gegend von Orleans im Großen gepflanzt wird.

Der Stock gehört mehr zu den ſchwächeren als ſtärkeren Rebgattungen, mit grober abſpringender Rinde, er hat aber eine ſtarke Vegetationskraft, iſt wenig empfindlich, nimmt mit geringem Boden vorlieb und trägt gerne und viel, beſitzt aber keine große Dauerhaftigkeit, daher bei der Erziehung darauf beſondere Rückſicht genommen werden muß. 5

Gewicht von mittlerer Lage:

1857: 100, 1858: 90, 1859: 87 Grade.

Nach dieſem Gewicht ſollte die Traube einen guten Wein geben, nach allgemeinen Erfahrungen iſt aber der Saft zwar ſüß, hingegen wenig geiſtreich und gibt nur einen leichten, milden Wein, der im erſten Jahre angenehm zum Trinken iſt, aber nicht auf's Lager taugt und bald an Farbe verliert, weil die harte Beerenhaut weniger Farbſtoff beſitzt und bei der Gährung weniger fah- ren läßt als bei andern Traubengattungen, namentlich dem Clevner. Auch in Frankreich wird der Wein nach Jullien zu den geringeren gerechnet, doch kann derſelbe dadurch ſehr verbeſſert werden, wenn die Traube, welche an- ſcheinend frühe reift, nicht als Frühtraube behandelt, ſondern, wenn die Leſe derſelben möglichſt verſchoben und jedenfalls nicht vor der gewöhnlichen Leſe— zeit vorgenommen wird, indem die blaue Farbe nicht immer die vollſtändige Reife anzeigt, vielmehr braucht die Traube, nach erfolgter Färbung, noch einige Zeit, um bei ihrer harten Beerenhaut den Waſſergehalt auszuſchwitzen und denſelben in Zuckerſtoff zu verwandeln. Die Traube gleicht viel dem blauen Clevner und wird daher, namentlich bei dem Verkaufe der Trauben nach dem Pfunde an Fabrikanten mouſſirender Weine, gerne mit demſelben verwechſelt oder abſichtlich für Clevner verkauft, fie unterſcheidet ſich von dem⸗ ſelben jedoch hauptſächlich durch ihre glänzendere, ſchwarzblaue Farbe, ſowie durch die ſtärkeren und behaarteren Trauben- und Beerenſtiele. Die Rebe iſt an dem Blatt gut zu erkennen, indem die Oberfläche des letzteren mit vieler weißer Wolle überzogen iſt, was wie mit Mehl beſtaubt ausſieht, wo⸗ durch fie den Namen Müllertraube erhalten hat. |

c. Endzahn ſpitzig. 8:28:08

8. Der Schwarzblaue Zottelwelſche wird von Babo als blaurothe Rohr— traube beſchrieben, in Württemberg, wo er im mittleren Neckarthale hie und da gebaut wird, kommt er unter dem Namen Wullewelſch vor. Er hat manche Aehnlichkeit mit dem Trollinger und dem rothblauen Zottelwelſchen

37 '

(rothen Hudler, Weißlauber), doch find gegenüber vom Trollinger die Trauben lockerer, auch unterſcheidet er ſich hauptſächlich durch den weißen Filz ſeiner untern Blattſeite. Vom rothblauen Zottelwelſchen durch die mehr geſchlitzten Blätter, den ſpitzen Endzahn und durch die dunklere Farbe und etwas beſſere Qualität ſeiner Trauben. Der Rebſtock iſt ſtark, dauerhaft, in der Blüthe ſpät und N empfind⸗ lich, auch verlangt er keinen beſonders guten Boden. Die Rebe iſt beſonders auch wegen der ſpäten Reife der Trauben nicht ſehr empfehlungswerth und kann daher jedenfalls nur in den beſſeren Wein— baugegenden und in guten Lagen gepflanzt werden.

Zweite Anterabtſeilung. Blätter wollig, zottig.

a. Endzahn kuppelförmig

5 285 9. Schwarzer Traminer. Rebſtock: ſchwach mit feiner anliegender Rinde, ſcheint ſehr empfindlich zu ſein und bald abzugehen, iſt auch wenig tragbar. Verlangt, wie alle Traminergattungen, einen beſonders angemeſſenen Bo⸗ den und wird daher nicht überall zu empfehlen ſein, obgleich der Wein von vorzüglicher Qualität zu ſein ſcheint. Gewicht: 1857: 92, 1858: 93, 1859: 88—89, 1862: 95 Grade.

b. Endzahn halbkuppelförmig.

§. 30.

10. Der blaue Hängling wird in Württemberg hauptſächlich am Traufe der Alp in Reutlingen und Umgegend unter dem Namen Schwarzer Häußler, ſowie zu Weilheim im Lauterthal gepflanzt. Der Rebſtock iſt theils mittel- mäßig, theils etwas ſchwach mit zarter abſpringender Rinde und verlangt einen guten Boden und eine kurze Erziehung, wenn er einen entſprechenden Ertrag geben ſolle. i

Gewicht: 1857: 100, 1859: 93, 1862: 107 Grade.

Im Uebrigen hat der Hängling viele Aehnlichkeit mit der . oder Frankentraube (S. 38.)

11. Der Färber iſt die einzige, in Deutſchland angepflanzte Rebe, welche einen rothen Saft hat, er iſt jedoch keine vorzügliche Traubengattung, indem er ſpät reift, ſelten ganz reif wird, und auch in dieſem Zuſtand nur einen ſäuerlich ſüßen Saft gibt.

Gewicht: 1856: 79, 1859: 86, 1862: 95 Grade.

Er wird deßwegen in der Regel nur der rothen Farbe wegen gepflanzt, wobei jedoch erſt noch die Frage näher zu unterſuchen und zu erörtern wäre,

38 | 5

7

ob dem Weine wirklich mehr Farbſtoff, als von andern blauen und ſchwar⸗ zen Traubengattungen mitgetheilt, und ob während der Gährung nicht ein Theil der rothen Farbe durch die Kohlenſäure zerſtört wird. Jedenfalls wird es zweckmäßig ſein, wenn man, um eine dunkle rothe Farbe zu a: den Wein ſtark an den Trebern vergähren läßt.

Der Rebſtock iſt ziemlich ſchwach mit grober abſpringender Rinde, treibt nicht ſtark ins Holz und iſt gegen Kälte und ſonſtige mige Witterungs- einflüſſe empfindlich.

Er verlangt bei ſeiner ſchwachen Bewurzelung einen guten Boden und eine geſchützte Lage, ſollte aber nie in großer Menge angepflanzt werden.

12. Der Schwarzelbling kommt als Weinbergstraube wenig zur Anpflan⸗ zung, er unterſcheidet ſich vom Weiß- und Rothelbling (§. 14.) durch feine Farbe, ſeine weniger großen, ſelten äſtige Trauben und die kleineren Beere

ſowie auch dadurch, daß er ſelten fo reichlich trägt wie jene, obgleich fein Er—

trag nicht gering iſt.

Gewicht: 1857: 86, 1858: 77, 1859: 92, 1862: 82 Grade.

13. Die blaue Bodenſeetraube kommt in der Bodenſeegegend unter dem

damen blauer oder ſchwarzer Sylvaner vor, fie gehört jedoch nicht zu dem

Sylvanergeſchlecht und wird deßwegen von Babo unter obigem Namen als eine beſondere Gattung beſchrieben. Nach genauen, von verſchiedenen Oenolo⸗ gen an Ort und Stelle angeſtellten Unterſuchungen iſt jedoch die Bodenſee⸗ traube, wenn auch einige kleine Abweichungen vorkommen, (die Beeren ſeien nach Babo nicht kugelig, ſondern rund ins längliche ſpielend) nichts anderes, als ein blauer Burgunder, der von Babo ganz übergangen wird und der denſelben, wie es ſcheint, zum Clevnergeſchlecht rechnet, ob er gleich einen weißen Clevner und weißen Burgunder beſchreibt und die Unterſcheidungszeichen genau angibt. Es wird ſich deßwegen bezüglich der Bodenſeetraube auf die Beſchreibung des blauen Burgunders und auf die dort angeführten Unterſcheidungszeichen vom blauen Clevner bezogen (§. 38.)

6. Endzahn ſpitzig. Sa,

14. Der Schwarzurban, auch Schwarzer Süßwelſcher, Blauwelſcher oder ſchwarzer Zottelwelſcher genannt, gleicht ganz dem in F. 15 beſchriebenen Roth⸗ urban und unterſcheidet ſich von demſelben blos durch feine ſchwarzblaue, etwas kleinere Beere, ſowie durch das etwas dunklere Rebholz, das fein gefurcht und grau punctirt iſt und dunklere Streifen hat, auch ſolle der Stock weniger empfindlich gegen den Froſt ſein als jener. Er reift mittelmäßig, jedoch etwas

früher als der Trollinger (§. 38) und gibt einen etwas ſtärkeren, gewürzreiche⸗

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ren Wein als der Rothurban, der namentlich wegen des reichen Farbeſtoffs unter der Beerenhaut eine ſchöne, dunkelrothe Farbe bekommt.

Gewicht: 1857: 97, 1858: 90, 1859: 87—88, 1861: 95, 1862: 103 Grade.

Der Schwarzurban gehört zu den beſſeren Weinbergstrauben und verdient, daß er in guten geſchützten Lagen mehr als bisher angebaut wird, wobei man ſich jedoch ſehr zu hüten hat, daß er nicht mit dem gewöhnlichen Zottelwelſchen (S. 27) verwechſelt wird, von dem er ſich hauptſächlich durch ſeine weniger wolligen oder filzigen Blätter unterſcheidet.

15. Der blaue Clevner, am Rhein auch Klebroth genannt, ſcheint von Frankreich aus bei uns verbreitet worden zu ſein, wo er in Burgund, beſon⸗ ders aber in der Champagne eine ausgebreitete Anpflanzung findet. Der Rebſtock iſt zwar ziemlich ſtark mit grob abſpringender Rinde, aber ſchwach bewurzelt, daher er nicht zu den ſtarktriebigen Reben gehört, worauf bei der Erziehung beſondere Rückſicht zu nehmen iſt, auch kommt er nicht in allen Bodenarten gleich gut fort (S. 83). Dagegen iſt er nicht ſehr empfindlich gegen Froſt und gegen ungünſtige Witterung in der Blüthe, leidet aber in manchen Jahren vorzugsweiſe durch den Heu- und Sauerwurm. Mit dem blauen Clevner wird häufig der blaue Burgunder verwechſelt, ſie haben jedoch verſchiedene Unterſcheidungszeichen, woran jede Sorte zu erkennen iſt (F. 38). Bei dem Clevner ſind die Beere rund, ins Längliche ſpielend und ſtehen ſehr dicht (gedrungen), das einjährige Holz iſt dünn, etwas flach gefurcht und bei ſchwächerem Wuchſe ſtehen die Augen enge beiſammen, es iſt röthlich braun, grau punctirt und treibt in der Regel am zweiten und dritten Auge der Trag— rebe und der jungen Schooſe je eine Traube. Der Saft iſt dünn ſchleimig, ſehr ſüß und aromatiſch und gibt einen vorzüglichen, gewürz⸗ und bouquetrei⸗ chen Rothwein. |

Gewicht: 1857: 90—94, 1858: 95 96, 1859: 89, 1860: 74, 1861: 87, 1862: 100 Grade. |

Wenn die ganzen Trauben gekeltert und nicht zu ſtark ausgepreßt werden, ſo kann aus der blauen Clevnertraube auch ein vorzüglicher weißer Wein be— reitet werden, der häufig zu der Fabrikation von mouſſirenden Weinen verwen— det wird, wozu ſich die Clevnertraube vorzüglich eignet.

Neben dem gewöhnlichen blauen Clevner gibt es auch noch einige andere Clevnerſorten, namentlich

a. einen frühen blauen Jakobi⸗ oder Auguſt⸗Clevner,

b. das blaue Möhrchen und

C. den blauen Arbſt, auch Thalroth. \

Der Früh⸗Clevner iſt keine Weinbergs- ſondern Tafeltraube und wird un— ter dieſen beſchrieben werden (§. 42).

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Das blaue Möhrchen unterſcheidet ſich von dem blauen Clevner durch ſeine kleineren Trauben, die frühere Reife derſelben und durch den geringeren Ertrag, hauptſächlich aber dadurch, daß ſich die Blätter ſchon gegen das Ende des Monats Auguſt ganz roth färben, was beim ächten Clevner in der Regel nur am Rande der Fall iſt. | Der blaue Arbſt wird hauptſächlich im Baden'ſchen Oberlande gepflanzt und davon der rothe Affenthaler und Zellerwein erzeugt. Er unterſcheidet ſich von dem blauen Clevner durch den ſchwächeren Rebſtock, ſein fait rundes, glätteres, wachsartig glänzendes Blatt mit ſchönen rothen Flecken und Rän⸗ dern, das ſich jedoch nicht ſo häufig wie beim Möhrchen ganz ins Rothe ver— färbt, ſowie beſonders durch kurze Blattſtiele und hellgrün wollige Endſpitzen der jungen Triebe. Ferner durch ſeine mehr kleinen als großen Trauben, am Grunde äſtig, einem Tannenzapfen ähnlich, auch ſind die Beere weniger ge— drungen, insbeſondere aber auch durch den dünneren rothen Traubenſtiel bei vollſtändiger Reife. Er trägt viel reicher als das Möhrchen und ſolle auch den gewöhnlichen blauen Clevner nicht ſelten im Ertrag übertreffen.

Dritte Anterabtheilung. Blätter faſt kahl.

a. RN kuppelförmig.

a 16. Der blaue Sylvaner 110 bis auf die Farbe dem grünen und e Sylvaner (16). In niedern Lagen mit fettem mehr kühlem Boden (Lehm) wird die Traube ſelten ganz ſchwarzblau und gleicht dann faſt ganz dem ro- then Sylvaner, während er in magerem warmen Boden, auch in minder guten Jahren ſeine blaue Farbe bekommt. Der Wein von dem blauen Syl⸗ vaner ſolle einen kräftigern Wein geben als die andern Sorten, was wohl daher kommen mag, daß die blaue Traube mehr Gähr- und Gerbſtoff, als der grüne Sylvaner beſitzt, wodurch ſich der vorhandene Zuckerſtoff mehr in

Alkohol als bei letzterem verwandeln kann.

b. Endzahn halbkuppelförmig.

8.335 17. Der blaue Portugieſe iſt im ſüdweſtlichen Deutſchland und nament⸗ lich in Württemberg erſt neuerlich als Weinbergstraube angepflanzt worden und kommt von Oeſtreich, wo er in Steiermark ſchon geraume Zeit bekannt iſt und wahrſcheinlich aus Portugal bezogen wurde. Aut Der Rebſtock ift ſtark, mit grob abſpringender Rinde, hat ein ſehr kräf⸗ tiges Wachsthum und gehört daher zu den ſtarktriebigen Rebſtöcken. Das einjährige Holz iſt dick, etwas gebogen, auf der Augenſeite flach gedrückt, weit

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gefurcht, ſattbraun ins Gelbliche, dunkelbraun gefleckt, ſaftreich mit weiten

Saftgefäßen und bleibt fleiſchig, ſo lange es wächst. Das Mark iſt ſtark und locker, wornach der Rebſtock zu den weicheren und empfindlichern gehört. Er hat die Eigenſchaft, daß er im Spätjahr lange fortwächst, und, ſo lange ſein Wachsthum dauert, das Holz nicht gehörig zeitiget. Außerdem treten, wenn der Stock durch Düngung oder kräftigen fetten Boden zu maſt gebaut wird, gerne Saftſtockungen ein, die verſchiedene Krankheiten, namentlich den Grind, Schwarzbrenner, Gelbſucht herbeiführen und die Pflanzung zu Grunde richten. Die Anpflanzung dieſer Rebgattung erfordert daher nach Lage und Boden eine beſondere Beachtung (§. 83). Die Knoten ſind weit, verdickt, wenig erhaben. Augen: Dick, kurz, geſchloſſen. Endſpitzen: Kahl, hellgrün.

Blätter: Groß, dünn, flach, meiſt glatt, tief eingeſchnitten, oben dunkelgrün, glänzend, unten heller. Verfärbung ins Rothe.

Der Rebſtock trägt frühzeitig, gerne und viel Trauben. Die letztern ſind ſchön, ſchwarzblau, hie und da äſtig, ziemlich gedrungen, früh reifend mit dem Clevner (in guten Lagen etwas früher) mit ziemlich großen, etwas läng⸗ lichen Beeren, die ſehr viel Farbſtoff beſitzen und einen dünnen, i ſüßen, angenehmen Saft haben, jedoch ohne beſonderes Arom.

Gewicht: 1857: 88—89, 1858: 78, 1859: 81, 1861: 88, 1862: 95 Grade.

C. Endzahn ſpitzig.

III. Abtheilung. Peere kugelig.

Srste Anterabtheilung. Blätter filzig. a. Endzahn kuppelförmig.

§. 34.

18. Der blaue Tokayer unterſcheidet ſich von dem weißen (§. 17) haupt⸗ ſächlich durch ſeine Farbe, und daß er noch ſpäter reift als jener, daher er noch weniger empfehlungswerth als dieſer iſt.

Gewicht des Saftes: 1857: 82, 1858: 60, 1859: überreif 96; in ge⸗ ringeren Jahren: 4760, 1862: 88 Grade.

b. Endzahn halbkuppelförmig.

c. Endzahn ſpitzig.

8.35 9, Der ate Karmenet wird in Frankreich als Weinbergstraube in ver⸗ ſchiedenen Departements, namentlich aber in demjenigen der Gironde gepflanzt

(2

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und aus demſelben theilweiſe die feinen Bordeaux⸗ und Medocweine gewonnen. In Deutſchland iſt die Rebe noch wenig verbreitet und kommt hauptſächlich f nur in Muſteranlagen vor.

Der Rebſtock iſt theils ſchwach, theils mittelmäßig ſtark, mit grob ab- ſpringender Rinde, er zeigt keine ſtarke Vegetationskraft und ſcheint gegen un⸗ günſtige Witterungseinflüſſe ſehr empfindlich zu ſein und mehr einen ſandigen, warmen oder hitzigen als ſtrengen Thonboden und eine gute geſchützte Lage zu verlangen, auch ſcheint er keine lange Erziehung vertragen zu können.

Gewicht: 1857: 95, 1858: 98, 1859: 106, 1862: 105 Grade.

20. Die blaue Kadarka ſtammt aus Ungarn und wird auch als edler ſchwarzblauer Tokayer (Gock) beſchrieben, wird aber in Württemberg ſowie im ſüdweſtlichen Deutſchland noch ſelten angepflanzt.

Der Rebſtock iſt ſtark und ſtarktriebig, die Traube groß und dicht, die Beere ſchwarzblau, ſaftreich mit dünner Beerenhaut und bei vollſtändiger Reife mit einem ſüßen Safte von gewürzhaftem Geſchmack.

Reifezeit mittelmäßig.

In Ungarn ſollen von der Kadarka die vorzüglichſten rothen Weine er⸗ zeugt und aus der Traube beſonders auch Trockenbeere zur Ausbruchbereitung gewonnen werden, bei uns dürfte jedoch dieſelbe hauptſächlich nur in guten Lagen mit gutem warmen oder auch hitzigen Boden, wo ſchwachtriebige edle Sorten nicht mehr recht gedeihen, zur Anpflanzung gebracht werden.

21. Der blaue Neri iſt wenig bekannt und nur in Traubenſammlungen zu finden. Der Rebſtock iſt ziemlich ſtark mit grobabſpringender Rinde, zeigt gute Triebkraft, iſt nicht empfindlich und trägt gerne.

Die Traube iſt mittelgroß, dicht mit dunkelblauen, ziemlich großen, ſaft⸗ reichen Beeren, mit dünner Beerenhaut, die einen dünnen, etwas ſäuerlich ſüßen Saft enthalten, der jedoch bei vollſtändiger Reife kein geringes Ge zeigt:

1857: 93, 1858: 90, 1859 9541862789 Grade.

Die Reifezeit iſt die mittlere, und dürfte die Rebe bei ihrem guten Ertrag und ihren ſaftreichen Trauben als Weinbergstraube kein ungünftiges Reſultat liefern, jedenfalls aber einen guten Mittelwein geben.

Zweite Anterabtheilung. Blätter wol lig, zottig.

a. Endzahn kuppelförmig.

§. 36. 5 22. Der blaue Klöpfer kommt häufig unter dem Namen blauer Räuſch⸗ ling vor; er unterſcheidet ſich jedoch von den Räuſchlingen hauptſächlich durch ſein weuiger filziges, mehr wolliges Blatt. Unter erſterem Namen wird er namentlich im Breisgau (Emendingen und Ihringen) öfters angepflanzt. Der

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Rebſtock iſt ſtark mit ziemlich feiner, abſpringender Rinde, hat gute Triebkraft, und ſoll auch ſehr fruchtbar ſein, nach meinen Erfahrungen iſt jedoch letzteres nicht der Fall.

Gewicht: 1857: 90, 1858: 89, 1859: 93, 1862: 78 Grade.

Die Reifezeit der Traube iſt die mittlere, fie ſcheint aber keinen beſon⸗ ders guten gewürzreichen Wein zu geben und gehört daher nicht zu den empfeh— lungswertheren Traubengattungen.

23. Der blaue Wildbacher ict hauptſächlich in Steiermark zu Haufe, wo er faſt wild wächst, und wird im ſüdweſtlichen Deutſchland ſelten und nur in Traubenſammlungen gepflanzt. Der Rebſtock iſt ziemlich ſtark mit fein ab— ſpringender Rinde, großer Triebkraft und außerordentlicher Tragbarkeit, dauer— haft und nicht empfindlich.

Die Traube iſt klein, dicht, hie und da etwas äſtig. Vollſtändige Reife etwas ſpät, in geringen Weinjahren ſelten. |

Gewicht: 1857: 89, 1858: 94, 1859: 90, 1862: 91 Grade.

Taugt nur in vorzügliche Lagen, wo aber beſſere Traubengattungen zweck— mäßiger gebaut werden, und iſt daher im Allgemeinen nicht zu empfehlen.

Zur Bekleidung von Lauben ſehr tauglich, reift aber dann noch ſpäter.

24. Der blaue Gelbhölzer kommt in Württemberg in dem Enzthale bei Vaihingen, Roswaag und Mühlacker unter dem Namen „Lomersheimer Schwarze“ vor. Der Reſbſtock iſt nicht ſtark, mit fein abſpringender Rinde, in gutem Boden aber doch von ziemlich ſtarker Triebkraft, er iſt nicht em— pfindlich und trägt gerne und viel. Rebholz: Etwas ſchwach, fein gefurcht, glatt, gelbbraun, ſchwärzlich punktirt, manchmal dunkler geſtreift. Knoten: Verdickt vorſtehend. Augen: Mehr ſtumpf mit ſchwacher Spitze. End— ſpitzen: Weißwollig.

Blätter: Mittelgroß, dick, ſteif, etwas blaſig, meiſt tief eingeſchnitten, oben hellgrün, etwas glänzend, unten graugrün, ſchwach zottig.

Gewicht: 1857: 90, 1858: 85, 1859: 91, 1862: 96 Grade.

Bei der Verſammlung der württembergiſchen Weinproduzenten zu Vai⸗ hingen a. d. Enz den 8. September 1862 iſt zwar der Lomersheimer Schwarze für einen Affenthaler Rebſtock erklärt worden, derſelbe ſcheint jedoch bezüg— lich der Geſtalt des Blatts, des Endzahns und der Reifezeit der Traube doch inige Verſchiedenheit vom Affenthaler zu zeigen ($. 38).

25. Die blaue Hartwegstraube wird in Württemberg hauptſächlich im Tauberthale mit dem Süßrothen (§. 38) unter dem Namen Grobſchwarz, Tauberſchwarz gepflanzt. Der Rebſtock iſt ſtark, hat viele Triebkraft, trägt gerne und viel Trauben und taugt daher beſonders in den magern Boden des Tauberthales.

Die Traube iſt ziemlich groß, lang, äſtig, locker und reift ziemlich frühe,

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aber hie und da etwas ungleich, ſo daß ſich an manchen Trauben reife und

unreife Beere befinden.

Gewicht: 1857: 95, 1858: 74, 1859: 85, 1861: 92, 1862: 90 Grade.

5 von niedern Lagen Aus dem Grobſchwarzen wird in Verbindung mit dem Süßrothen der rothe Tauberwein erzeugt, der zwar nicht von großer Dauerhaftigkeit, aber in den erſten Jahren ſehr ſüß und angenehm zum Trinken iſt.

b. Endzahn halbkuppelförmig.

c. Endzahn ſpitzig. 8.3

205. 15 blaue Liverdun iſt erſt ke beſonders in Württemberg, im Großen zur Anpflanzung gekommen, die Erfahrungen darüber ſind daher noch ziemlich mangelhaft. Er ſtammt aus Frankreich und namentlich wird er im Departement de la Meurthe, dem öſtlichen Lothringen und der Umgegend von Nancy, Luneville, Saarburg und Toul, beſonders wegen feiner Fruchtbarkeit häufig angebaut, wo er unter dem Namen Liverdun oder ſchwarzer Erice vorkommt.

Der Rebſtock iſt ſchwach mit grober, abſpringender Rinde = treibt Feine ſtarke Wurzeln, jedoch in der Jugend viel Holz, das frühe zeitigt, ſehr viele Trauben treibt und ſogar, wenn die Hauptaugen durch Froſt Schaden gelitten haben, noch durch die Beiaugen Trauben nachtreiben ſoll, ſo daß er zu den ertragreichſten Rebgattungen gehört. Soll jedoch der Ertrag nachhal- tig ſein, ſo darf ihm wegen ſeiner ſchwachen Wurzelbildung nicht zu viel Trag— holz gelaſſen werden, weil er ſich ſonſt überträgt und bald altert, er erfordert deßhalb in der Erziehung eine beſondere Behandlung (§. 138), auch verlangt der Stock wegen ſeines reichen Ertrags einen kräftigen, ausgeruhten Boden (S. 883

Die Traube iſt theils mittelgroß, theils klein, einfach und gedrungen, hie und da auch locker und reift ziemlich frühe mit dem ſchwarzen Burgunder, jedoch etwas langſamer als dieſer und ſoll die Eigenſchaften haben, daß ſie ſich auf der Sommerſeite um ca. 8 Tage früher färbt, als auf der W daher nicht zu frühe zu leſen.

Gewicht: 1857: 75, 1858: 67, 1859: 84, 1861: 95, 1862: 95 Grade.

Die Liverdunrebe wird nur für Lagen und Gegenden zu empfehlen ſein, wo nicht auf Qualität, ſondern hauptſächlich nur auf Quantität gebaut wird. Auch in Frankreich will man die Erfahrung gemacht haben, daß, je en der Stock iſt, deſto mehr die Bu des Weins abnimmt.

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27. Der blaue Pineau gleicht viel dem Clevner und a hie und da in den Clevnerpflanzungen vor, er unterſcheidet ſich jedoch von dem letzteren (§. 31) durch ſeine runden, kugeligen Beere, durch die ſtärkere Behaarung ſeiner Blätter und durch den größeren Endzahn. Der Pineau ſtammt aus Frankreich, wo er ziemlich verbreitet zu ſein ſcheint, doch kommen dort er dieſem Namen auch andere Traubengattungen vor.

Der Rebſtock iſt ziemlich ſchwach mit grob abſpringender Rinde und hat, wie der Clevner, keine große, nachhaltige Triebkraft, iſt empfindlich, erfordert eine ähnliche Behandlung wie der Clevner, ſcheint aber nicht ſehr einträglich zu ſein und wäre daher nicht zu empfehlen.

Gewicht: 1857: 91 Grade. 1858: 82 Grade.

28. Der ſchwarzblaue Scheuchner auch blauer Köllner wird in Württem— berg hie und da, hauptſächlich aber im obern Remsthal und an den ſteilen Kalkgebirgen des mittleren Neckarthales angebaut und kommt dort unter dem Namen Grübler, Pommerer vor.

Der Rebſtock iſt ſtark, hat ſtarke Vegetationskraft, iſt nicht empfindlich gegen Froſt und ſehr fruchtbar, ſo daß häufig jedes Auge vom A an zwei Trauben treibt.

Stock und Trauben gleichen viel dem Trollinger, das Blatt unterſcheidet ſich jedoch durch die unten wollige Blattſeite und die Traube iſt gedrungener und zeitiget ſpäter als der Trollinger.

Die Rebe wird hauptſächlich nur wegen ihres reichlichen Ertrags ge— pflanzt, iſt aber nicht zu empfehlen und ſollte nur in ſteilen und ausgezeichnet warmen Lagen gepflanzt werden.

29. Der blaue Heuniſch unterſcheidet ſich von dem weißen Heuniſch (§. 20) hauptſächlich durch ſeine Farbe und durch ſeine ſpäte Reifezeit und iſt, da er in der Regel nur einen ſauern Wein gibt, nicht zu empfehlen.

30. Der Mohrenkönig iſt eine blaue Traube, die bei uns noch wenig vorkommt, in einzelnen Gegenden von Steyermark (am Gaberberg bei Tüffer), aber als Weinbergstraube öfters gepflanzt wird.

Der Rebſtock iſt mittelgroß, hat keine beſonders ſtarke Triebkraft und er— fordert daher mehr eine kurze als lange Erziehung, er ſoll aber nicht beſon— ders empfindlich ſein, namentlich ſtrengen Winterfröſten widerſtehen und ziem⸗ lich guten Ertrag geben.

Der Wein iſt nicht beſonders gehaltreich, ohne Arom. Gewicht: 1857: 82. 1858: 75. 1859: 82. 1862 überreif: 104 Grade.

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Dritte Anter-Albtheilung. Blätter faſt kahl. a a. Endzahn kuppelförmig.

b. Endzahn halbkuppelförmig.

§. 38. | | 31. Der blaue Burgunder wird häufig mit dem blauen Clevner verwech⸗ ſelt (S. 31), unterſcheidet ſich jedoch von demſelben durch folgende wee Merkmale.

Das Holz iſt ſtark, kräftig, röthlich braun und blaugeſtreift und treibt in der Regel am dritten und fünften Auge der Tragreben je eine Traube. Das kräftige Wachsthum des Holzes iſt nachhaltig. Das Blatt iſt kahl (nicht behaart), glatt und blaßgrün; die Traube mehr langſtielig, mit ſtarkem Kamm und Achſeln, die Beere kugelförmig und ſtehen weniger gedrungen als beim Clevner. Gock unterſcheidet in ſeinem Werke „Die Weinrebe“ zwar bereits zwiſchen dem Cleoner und Burgunder und findet den Unterſchied haupt⸗ ſächlich darin, daß das Blatt des Clevners mehr behaart iſt, als dasjenige des Burgunders; auf die beſondern Unterſcheidungszeichen iſt man jedoch erſt durch die in dem Werke von Gemeinderath Single in Stuttgart „die Abbil⸗ dungen der württembergiſchen Traubenſorten“ angeſtellten Vergleichungen auf⸗ merkſam geworden.

Der Burgunderſtock iſt zwar etwas ſtarktriebiger, als der Clevner, er darf aber, wenn er dauerhaft ſein ſolle, deſſenungeachtet nicht mit zu viel Tragholz verſehen werden, ſondern verlangt, wie jener, eine beſonders auf— merkſame Erziehung (§. 138). Es gibt zweierlei Burgunderarten, eine grö⸗ ßere und eine kleinere, die ſich jedoch hauptſächlich nur durch die Größe der Trauben und Beere, durch ſtärkere Achſeln und ein größeres Blatt von ein⸗ ander unterſcheiden. Der große Burgunder wird hauptſächlich in der Boden: ſeegegend unter dem Namen „blauer Sylvaner“ gepflanzt (§. 30), den kleinen Burgunder findet man häufig in den Clevner-Anlagen des württembergiſchen Unterlandes, namentlich an den Abfällen gegen das Rheinthal in den Ober⸗ ämtern Maulbronn und Neuenbürg, wo er durch die württembergiſche Wein⸗ verbeſſerungsgeſellſchaft mit dem Clevner verbreitet wurde. Der Bezug der Schnittlinge durch dieſelbe erfolgte theils aus der Gegend von Weinheim in Baden, wo meiſtens Clevner, theils aus Rheinheſſen (Ingelheimer Grund), theils von Aßmannshauſen im Rheingau, wo die Weinberganlagen durchſchnit⸗ lich zur Hälfte mit dem kleinen Burgunder, und der Reſt mit Clevner beſtockt ſein ſollen.

Die Traube des blauen Burgunders zeitigt etwas ſpäter, als der Clev⸗ ner, jedoch immer noch ziemlich frühe, auch gibt dieſelbe einen etwas gerin-

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geren Wein, als jene. Die Beere find jedoch ſaftig, für, gewürzhaft, daher der Wein doch noch zu den vorzüglichen rothen Weinen gehört. Dagegen trägt die Burgunderrebe reichlicher als der Clevner, und da auch Trauben und Beere größer ſind, ſo iſt dieſelbe weit einträglicher als dieſer. Der ächte blaue Burgunder darf daher zu den vorzüglichſten Rebſorten gerechnet und deſſen Anbau ſehr empfohlen werden.

Neben dem gewöhnlichen Burgunder gibt es auch noch einen frühen blauen Burgunder, der etwas früher als der gewöhnliche Burgunder zeitigt, jedoch nicht ſo frühe, wie der Frühklevner. Er taugt deßwegen eher als dieſer zur Weinbergstraube, gibt jedoch keinen ſolchen e e Wein, wie der ſpätere blaue Burgunder.

32. Der Affenthaler kommt in Württemberg, namentlich im mittlern Neckarthale in der Gegend von Eßlingen, Cannſtadt, Marbach, Winnenden, ſowie im Enzthale hie und da zur Anpflanzung, und iſt eine Rebgattung die Württemberg ſpeciell angehört. Woher ſie ſtammt, iſt nicht genau bekannt, da fie jedoch zu dem Burgundergeſchlecht gehört und auch als kleiner ſäuer— licher Burgunder beſchrieben wird (v. Gock S. 47), ſo iſt es wahrſcheinlich, daß ſie aus Frankreich zu uns gekommen iſt.

Der Rebſtock iſt mittelſtark, mit ziemlich feiner, abſpringender Rinde, hat jedoch nicht viel Triebkraft und muß daher in der Erziehung beſonders be— handelt werden (S. 138).

Der Stock iſt in der Jugend ſehr fruchtbar, läßt aber im Alter gern nach, wenn er nicht geeigneten Boden und eine angemeſſene kurze Erziehung bekommt. Er iſt nicht empfindlich gegen ungünſtige Witterungseinflüſſe, na⸗ mentlich gegen Spätjahrs⸗ und Frühjahrsfröſte, und das Holz zeitigt gerne und regelmäßig, daher er zu den ſogenannten harten oder dauerhaften Reb— ſorten gehört.

Die Traube iſt mittelgroß, länglich etwas locker, meiſt äſtig, fault ſelten und reift ziemlich frühe, doch ſpäter und langſamer als der Clevner und der blaue Burgunder, zeigt aber bei der Leſe hie und da dreierlei Trauben, näm⸗ lich ganz reife, mittelreife und halbreife, daher die blaue Färbung nicht immer für eine vollſtändige Reife angeſehen werden darf, vielmehr muß die Traube beinahe bis zur Ueberreife am Stock hängen bleiben und darf nicht in un⸗ günſtigen Lagen gepflanzt werden, wenn der Saft nicht ſauer, ſondern ſüß ſchmecken ſoll. Die Beere find mittelgroß, ſchwarzblau, blauduftig und ent- halten einen dünnen, ſtrengen, ſäuerlich ſüßen Saft, der nur bei der Ueberreife etwas milder ſchmeckt und zwar einen dauerhaften aber in den erſten Jahren etwas harten Wein gibt.

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Gewicht: 1857: 90. 1858: 88. 89. 1862: 94 Grade, aber auch bei dieſem guten Gewicht immer etwas ſäuerlich ſchmeckend.

Da bei dem Affenthaler, ſowohl bei der Anpflanzung, als bei der Erzie— hung und der Zeitigung ſo verſchiedene Rückſichten zu nehmen ſind, die nicht von jedem Weingärtner eingehalten werden und eingehalten werden können, auch der Wein, wenn er mild und angenehm zum Trinken werden ſoll, län— gere Zeit zur Ablagerung nöthig hat, während neuerlich der Weintrinker ſich mehr für neue Weine entſcheidet, ſo gehört er nicht zu den empfehlenswerthen Traubengattungen.

33. Der blaue Trollinger, auch Schwarzwälſcher genannt, wird in Würt⸗ temberg faſt in allen Weinbaugegenden gepflanzt. Er kommt bei Beſigheim unter dem Namen Pommerer, im Kocherthale als Bockshode, im Oberamt Neuenbürg als Hammelsſchelle, in Hohenhaslach als Hudler, an der Alptraufe als Zottler, und im Rhein- und Mainthale zum Theil als Fleiſchtraube, Malvaſier ꝛc. vor, ſcheint aus Oberitalien und Tyrol zu ſtammen und haupt⸗ ſächlich ſeit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts bei uns verbreitet worden zu ſein.

Neben dem rothen und weißen Trollinger (S. 21) gibt es unter dem blauen Trollinger einen gelb- und einen rothholzigen Trollinger, die ſich hauptſächlich durch die Farbe des Holzes und außerdem auch durch den Wuchs des Stocks, die Farbe und Geſtalt der Blätter, ſowie durch die Größe der Trauben und die Fruchtbarkeit des Stocks von einander unterſcheiden.

Der rothholzige Trollinger treibt mehr ſchlankes Holz von röthlich brau— ner Farbe.

Der Stock iſt etwas härter und das Holz weniger empfindlich gegen Froſt, aber auch weniger fruchtbar als beim gelbholzigen Trollinger, woraus ſich erklären läßt, warum der Wein von der Traube öfters eine beſſere Qua⸗ lität zeigt, als von letzterem.

Bei dem gelbholzigen Trollinger iſt der Rebſtock ſtark, mit grob abſprin⸗ gender Rinde und treibt etwas weniger aber kräftiges Holz mit etwas engen Gelenken und alſo auch mehr Fruchtaugen.

Gewicht des gelbholzigen Trollingers: 1857: 93, 1858: 76, 1859: 85, 1860: 68—69, 1861: 92, 1862: 100 Grade. x

Der Trollinger taugt bei ſeinem ſtarken Wuchſe namentlich in zu Spa- lieren und gehört zu den beiten und beliebteſten Tafeltrauben.

34. Der blaue Gänsfüßler ſcheint feinen Namen von dem tief einge- ſchnittenen Blatt erhalten zu haben, das eine Aehnlichkeit mit einem Gänſefuß hat. Er iſt eine alte bekannte Traubengattung, iſt früher im Rheinthale, ſo lange der Kammerbau noch allgemeiner eingeführt war ($. 127), häufig ge⸗ pflanzt worden und wird noch jetzt dort als e zu der Bekleidung

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von Gebäuden und Lauben öfters gebraucht. Er iſt in ee Zeiten wahr- ſcheinlich aus Italien zu uns gekommen.

Der Rebſtock iſt ſtark, baumartig und hat eine ſehr ſtarke Triebkraft, ſo daß er als Wesen ganze Wandungen überdeckt und in dieſer Eigenſchaft auch einen ſehr guten Ertrag liefert, was weniger als Weinbergstraube bei der gewöhnlichen Erziehung der Fall iſt, doch wird er in Württemberg auch in den Weinbergen, namentlich im Zipfelbachthale in der Gegend von Win— nenden, häufig gepflanzt. Er treibt zwar viele Trauben, iſt aber empfindlich in der Blüthe, ſo daß nach derſelben manche fehlen oder kleinbeerig ſind.

Gewicht: 1857: 81, 1858: 80, 1859: 80 Grade.

f Der Gänsfüßler gehört als Weinsbergstraube nicht zu den empfehlungs⸗ werthen Gattungen.

35. Die blaue Frankentraube oder der Süßrothe, Süßſchwarze, wird häufig in dem Tauber⸗ und dem obern Jagſtthale gepflanzt, wo aus derſelben in Verbindung mit dem Grobſchwarzen (S. 36) die füße angenehmen, rothen Tauberweine erzeugt werden.

Der Rebſtock iſt nicht ſehr ſtark und hat nur mittlere Triebkraft, daher bei deſſen Erziehung beſonders auf die Bodenbeſchaffenheit Rückſicht genommen werden muß (S. 137). Er iſt ziemlich empfindlich, beſonders in Niederungen und leidet daher leicht Schaden durch Froſt, den Brenner ꝛc.

Gewicht: 1858: 71, 1859: 89, 1861: 88, 1862 92 Grade.

Der Rebſtock ſetzt zwar viele Trauben an, er gehört jedoch wegen ſeiner Empfindlichkeit und der Lockerkeit der Trauben nicht zu den einträglichern Gattungen, daher bei deſſen Anpflanzung mit beſonderer Sorgfalt in der Auswahl der Lage und des Bodens zu Werke gegangen werden muß.

36. Der blaue Limberger iſt eine erſt neuerlich in Württemberg und in dem ſüdweſtlichen Deutſchland bekannt gewordene Traubengattung und aus Oeſtreich mit dem blauen Portugieſen zu uns gekommen.

Der Rebſtock iſt ſtark mit guter Wurzelbildung, hat ein kräftiges Wachs- thum, eine gute Triebkraft und iſt dauerhaft. Er iſt nicht empfindlich, hat ein feſtes, hartes Holz mit engem Mark, das auch in fettem Boden bald aufhört zu wachſen und frühe zeitigt, wodurch es durch Spätlingsfröſte weni— ger Schaden nimmt und auch für das nächſte Jahr die gehörig ausbilden kann.

Rebholz: Stark, gefurcht, etwas platt gedrückt, braun mit ſchwarzen und bräunlichen Punkten. Knoten: Wenig erhaben, Abſtand ziemlich weit. Augen: Stark, ſtumpf mit ſchwacher Spitze. Endſpitzen: Glatt, dunkel⸗ grün.

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Das Blatt iſt groß, dick, blaſig, faſt rund, dunkelgrün, pergamentartig, oben und unten kahl mit wenig eingeſchnittenen Seitenlappen, nicht ſtarker Bezahnung und Warme manchmal auch ganz kuppelförmigem Endzahn.

Die Traube iſt groß, ſchwarzblau, etwas locker mit Achſeln und reift ziemlich frühe, doch etwas ſpäter als der Portugieſe. Die Beere ſind mittel⸗ mäßig, der Fäulniß auch bei ungünſtiger Witterung nicht ſo bald unterworfen, mit einem ſüßen Saft, der einen geiſtreichen, dauerhaften und gewürzhaften rothen Wein geben ſoll, der jedoch, weil die Beere den Farbſtoff weniger fah⸗ ren laſſen, an den Trebern vollkommen vergähren muß, wenn er dickroth werden ſoll.

Eine Anlage unten und in der Mitte von blauen Limbergern und oben von blauen Portugieſen ſollte einen vorzüglichen rothen Wein geben.

C. Endzahn ſpitzig. 8

37. Der ſchwarze Muskateller iſt ſüßer und gewürzhäfter als der weiße und rothe Muskateller, hat aber weniger Muskatgeſchmack. |

Die Traube gibt gerne einen feinen, ſehr gewürzreichen aber doch etwas leichten und nicht ſehr haltbaren Wein, dagegen kann ſie mit anderen blauen oder ſchwarzen Trauben gepflanzt, das Gewürz derſelben ſehr erhöhen.

Gewicht 1857: 96, 1858: 90, 1859: 97, 1861: 82, 1862: 101 Grade.

Neben dem ſchwarzen gibt es auch noch einen blauen Muskateller, die zwar häufig mit einander verwechſelt werden, ſich aber doch weſentlich von einander unterſcheiden, namentlich hat der blaue Muskateller etwas ſtärkere, lederartige, längliche Blätter mit weniger aber breiten Zähnen. Er reift viel, ſpäter als der ſchwarze Muskateller, hat hellblaue Beere mit weniger Mus⸗ katgeſchmack, iſt ſehr empfindlich in der Blüthe und trägt meiſtens nur we- nige und geringe ſaure Trauben und iſt daher weder als Weinbergs- noch als Tafeltraube zu empfehlen.

Nähere Unterſcheidungsmerkmale beider Gattungen enthält Single die Traubenſorten Württembergs S. 36. !

Tafeltrauben.

F. 40.

Zu den Tafeltrauben rechnen wir diejenigen, die ſich wegen ihres feinen angenehmen Geſchmacks hauptſächlich zum Genuſſe oder als beſondere Curio⸗ ſität zu der Aufſtellung auf der Tafel eignen und in der Regel in Gärten und an Spalieren erzogen werden können.

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Zu ſolchen Traubengattungen gehören übrigens auch manche Weinbergs— trauben, daher wir zunächſt dieſe unter Bezugnahme auf die bereits erfolgte Beſchreibung hier zuſammenſtellen.

1. Der rothe und weiße, ſowie der Gewürztraminer §. 11.

2. Der rothe Malvaſier §. 12.

3. Der Roth⸗ und Schwarz⸗Urban §. 15 und 31.

4. Der weiße und blaue Clevner §. 15 und 36.

5. Der Ruländer §. 15.

6. Der grüne, rothe und blaue Sylvaner §. 16 und 32.

7. Der weiße und blaue Burgunder §. 19 und 38.

8. Der rothe und blaue Trollinger §. 21 und 38.

9. Der weiße und rothe, fo wie der Krachgutedel 8. 22.

10. Der weiße, rothe und ſchwarze Muskateller §. 22 und 39.

11. Der blaue Marokkaner 8. 25. 12. Der blaue Blüſſardt §. 26. 13. Der blaue Bernardi §. 26.

14. Der blaue Portugieſe §. 33. 15. Der blaue Carmenet $. 35. 16. Der blane Pineau §. 37.

Ausſchließlich zu Tafeltrauben eignen ſich ſodann hauptſächlich noch fol- gende Sorten: 5

I. Abtheilung. Peere länglich. Arſte Alnterabtheilung. Blätter filzig. Endzahn halbkuppelförmig. §. 41.

17. Gaisdutte weiß und blau.

Eignen ſich hauptſächlich nur zur Bedeckung von Lauben und heißen Wandungen und ſind wegen der großen Trauben und der langen ovalen Beere mehr intereſſante als vorzügliche Tafeltrauben. Die weiße und blaue Gattung ſoll ſich durch das Blatt etwas von einander unterſcheiden, daher erſtere von Babo unter dem Namen Sauterne beſchrieben wurde.

Zweite Ankerabtſeilung. Blätter wollig, zottig. Endzahn halbkuppelförmig. 18. Der weiße Malvaſier. Derſelbe gehört zu den vorzüglichſten Tafeltrauben und iſt zur Anpflan⸗

zung als Spalier an Mauern und Wandungen beſonders zu empfehlen, indem 4 *

: rad er wegen ſeiner Frühreife eine ſehr geſuchte Tafeltraube it, die in der Regel gut bezahlt wird.

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Dritte Anterabtſeilung. Blätter faſt kahl. Endzahn ſpitzig.

19. Die gelbe Seidentraube auch weiße Zibebe genannt.

Eine vorzügliche, wegen der Frühreife ſehr geſchätzte Tafeltraube, die in ſüdlichen Ländern häufig als Weinbergstraube gepflanzt und getrocknet wird, die Beere aber als Trockenbeere (Zibeben) in den Handel kommen. Der Stock iſt empfindlich gegen die Winterkälte und bei uns hauptſächlich in geſchützten Lagen an Mauern und Lauben auf gutem, mildem, kräftigem Boden anzu⸗ pflanzen.

20. Der frühe weiße Damaszener kam aus Griechenland unter dem Namen „Weißer Griechiſcher “zu uns.

Sit ſehr empfindlich gegen Froſt und gegen naßkalte Witterung während der Blüthe. Er fordert eine lange Erziehung als Spalier.

II. Abtheilung. Beere rund ins Xängliche. Erſte Anterabtheilung. Blätter filzig. Endzahn ſpitzig. S. 42. 21. Die weiße frühe Lahntraube. Scheint ſich hauptſächlich zur Bekleidung von Lauben und Mauern zu eignen. Zweite Anterabtheilung. Blätter wollig, zottig. Endzahn halbkuppelförmig.

22. Der weiße Muskat⸗Sylvaner unterſcheidet ſich von dem gewöhnlichen weißen oder grünen Sylvaner hauptſächlich durch das mehr wollige Blatt und durch den feinen Muskatgeſchmack. 8

Derſelbe wird in dem ſüdlichen Frankreich häufig als Weinbergstraube angepflanzt und werden aus demſelben vorzügliche Weine erzeugt.

Er ſoll dort theilweiſe unter dem Namen Clairet de Limaux vorkom⸗ men, einige unter dieſem Namen dem Verfaſſer zugekommenen Reben ſtimm⸗ ten zwar mit obiger Beſchreibung ziemlich überein, unterſcheiden ſich aber ſehr von einem andern als Muskat⸗Sylvaner erhaltenen Rebſtock, beide aber waren ſehr empfindlich und ihre Früchte kamen in mittleren Weinbergslagen ſelten vollſtändig zur Zeitigung, daher der Muskat⸗Sylvaner hauptſächlich nur als Tafeltraube in geſchützter Lage und in gutem Boden anzupflanzen wäre.

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Dritte Anker-Zbtheilung. Blätter fait kahl. Endzahn ſpitzig.

| 23. Der frühe blaue Jakobi- oder Auguſt⸗-Clevner ſtammt aus Burgund und der Champagne und wird hauptſächlich nur wegen ſeiner frühen Reife, die in guten Jahren bald nach Jakobi oder im Monat Auguſt erfolgt, geſchätzt. 24. Der weiße Gutedel-⸗Malvaſier iſt bis jetzt nur wenig und nur als Tafeltraube bekannt. Gehört zu den vorzüglichſten Tafeltrauben.

III. Abtheilung. Beere kugelig.

Erſte Anter-Jtbtheilung. Blätter filzig. a. Endzahn kuppelförmig.

§. 43. b 25. Das blaue Ochſenauge ſtammt aus Amerika und iſt eine noch wenig bekannte Traubengattung. Taugt wegen der ſpäten Reife, und weil der Stock eine lange Erziehung fordert, nur zur Bedeckung von Lauben, Wandungen ꝛc.

b. Endzahn verlängert kuppelförmig.

26. Die blaue Iſabelle ſtammt gleichfalls aus Nordamerika, iſt erſt neuerlich bei uns verbreitet worden und zeichnet ſich durch eigenthümlichen erdbeerartigen Geſchmack aus.

Wegen der Weitbeerigkeit der Traube und des geringen Saftgehalts der Beere eignet ſich die Rebe durchaus nicht zur Weingewinnung. Dagegen bei ihrer ſtarken Triebkraft ſehr zur Bedeckung von Lauben, Wandungen 2c., wozu häufig nur ein Stock nöthig iſt.

Zweite Anter-Abtheilung. Blätter wollig, zottig. c. Endzahn ſpitzig.

27. Morillon, blauer und zweifarbiger. Der erſtere wird in Frankreich theilweiſe als Weinbergstraube gepflanzt, der letztere erſcheint blos als Curio— ſität und als ſolche nur für die Tafel brauchbar.

28. Der blaue Aramon wird in dem ſüdlichen Frankreich wegen ſeiner Tragbarkeit in einigen Departements als Weinbergstraube gepflanzt und dann zur Weingeiſtfabrikation verwendet, bei uns kann die Traube wegen der ſpäten Reife nur an warmen Mauern und Wandungen, ſo wie in geſchützten Lagen zur Bedeckung von Lauben gepflanzt werden und iſt wegen der großen langen Trauben und der großen Beere hauptſächlich als Merkwürdigkeit zu betrachten.

e 8

29. Die rothe Calebstraube zeichnet ſich hauptſächlich durch ihre große, oft mehrere Pfund ſchwere Trauben und durch die großen Beere aus, woher ſie auch den Namen hat. Sie iſt nur durch ihre Größe merkwürdig und da- her auch nur dadurch für die Tafel geeignet.

Taugt nur als Spalier an heißen Wänden.

Dritte Anterabtſeilung. Blätter faſt kahl.

Endzahn ſpitzig.

8. 44.

30. Die weiße Vanilltraube ſcheint aus ſüdlichen Gegenden, wahrſcheinlich aus dem ſüdlichen Frankreich zu ſtammen, wo die Muskatweine erzeugt werden und zeichnet ſich durch ihren außerordentlichen gewürzigen Geſchmack aus, der noch ſtärker als beim Muskateller ſein ſoll, was ſich jedoch bei dem von mir in guter Lage unter andern Weinbergstrauben gepflanzten Exemplare noch nicht gezeigt hat. ;

Der Rebſtock zeigt bei der gewöhnlichen Erziehung eine fehr geringe Er— tragsfähigkeit, daher er auch bei der ſpäten Zeitigung nur an warmen Mauern und in ſehr gutem Boden gepflanzt werden ſollte, wo er dann wahrſcheinlich auch mehr Gewürz entwickelt.

31. Der weiße Pariſer Gutedel, auch Gutedel von Fontainebleau, ſoll von der Inſel Cypern ſtammen und wird namentlich in der Gegend von Fontaine⸗ bleau an Spalieren in Gärten mit Mauern umgeben, im Großen gepflanzt und zum Verkauf nach Paris gebracht, wo er als vorzügliche Tafeltraube gut bezahlt wird.

Iſt am Spalier ziemlich fruchtbar und dauerhaft in der Blüthe, die ſpät eintritt, bei einer niedern Erziehung im Weinberg aber empfindlich und wenig fruchtbar. a

32. Der frühe weiße Gutedel, auch Perl- oder Diamant⸗Gutedel, unter: ſcheidet ſich vom Weißen und Pariſer Gutedel wenig und hauptſächlich nur durch das etwas ſtärkere Rebholz, den engeren Knotenſtand, durch das unten mehr gelbgrüne Blatt, durch die großen, mehr lockeren Trauben mit größeren Beeren. Die Traube zeitigt gleichfalls frühe.

33. Der rothe Königs⸗Gutedel, auch frührother Krachgutedel, unterſcheidet ſich von dem gewöhnlichen rothen Gutedel durch die dickere Beerenhaut und insbeſondere dadurch, daß ſich die Beere noch im unreifen Zuſtande und jo- gleich nach der Blüthe roth färben.

34. Der weiße und rothe, geſchlitzt blättrige Gutedel oder Peterſilien⸗ Gutedel unterſcheidet ſich von den übrigen Gutedelarten hauptſächlich durch die

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tief bis auf den Stielpunkt eingeſchnittenen Blätter, welche viel dem Blatt der Peterſilie gleichen.

Bei dem rothen Peterſiliengutedel zeigt blos die Farbe einen Unterſchied gegenüber vom weißen. Er iſt in Deutſchland nur in Traubenſammlungen zu finden, in Frankreich dagegen wird er hie und da gepflanzt.

Neben dem ganz geſchlitztblättrigen Gutedel gibt es auch noch einen halb— geſchlitztblättrigen, der ſich durch die weniger geſchlitzten Blätter unterſcheidet, indem den Stielpunkt noch eine ſchmale Blattfläche umgibt. Derſelbe iſt je- doch im ſüdweſtlichen Deutſchland nicht bekannt, ſoll aber in Steiermark als Weinbergstraube öfters angetroffen werden und fruchtbarer als der ganzgeſchlitzt— blättrige ſein.

35. Der große, weiße und rothe ſpaniſche Gutedel zeichnet ſich zwar icht durch geſchlitzte, aber durch tief eingeſchnittene Blätter, ſowie durch ſeine großen, weißen oder röthlichen Beeren aus. Er gehört zu den vorzüglicheren Tafel— trauben, kommt aber in Deutſchland nur in einzelnen Traubenſammlungen ſowie hie und da in Gärten an warmen Geländen vor.

36. Der ſchwarze Gutedel, auch blaue Muskat⸗Gutedel, kommt ſelten als Weinbergstraube vor, doch findet man ihn in einzelnen Weinbergen zu Reut⸗ lingen.

Gehört zu den empfindlichern Traubengattungen und wäre hauptſächlich nur an geſchützten Mauern und in gutem, milden, kräftigen Boden zu pflanzen.

37. Der weiße Muskat⸗Gutedel zeichnet ſich durch den etwas ſchwach— holzigen Rebſtock und gelbe Beere mit hartem Fleiſche, hauptſächlich aber durch ſeinen Muskatgeſchmack vor dem gewöhnlichen weißen Gutedel aus, der ſich jedoch bei feuchter, ungünſtiger Witterung nicht gehörig entwickeln ſoll.

Gehört zu den vorzüglichſten Tafeltrauben, der Rebſtock iſt aber etwas empfindlich, trägt nicht viel und ſollte daher nur an warmen, geſchützten Mauern, und in gutem, lockeren, warmen Boden gepflanzt werden. Er iſt in Deutſchland wenig verbreitet, kommt aber in ſüdlichen Ländern, namentlich in dem ſüdlichen Frankreich, auch als Weinbergtraube vor.

S algı

Wir haben hier 27 weiße und rothe und 37 blaue und ſchwarze Gattungen von Weinbergstrauben, die hauptſächlich in Württemberg und im ſüdweſtlichen Deutſchland angepflanzt werden, ſowie 21 Gattungen beſonderer Tafeltrauben beſchrieben; es iſt jedoch ſchon bemerkt worden (§S. 8), daß die Zahl der ver— ſchiedenen Traubengattungen ſich weit höher beläuft, und daß dieſelbe noch lange nicht vollſtändig ermittelt iſt. Auch in den, in Württemberg von einzel— nen Freunden und Beförderern des Weinbaues angelegten Reb- und Trauben⸗ ſammlungen, ſowie in den Verſuchsanlagen des Verfaſſers befinden ſich noch

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manche Traubengattungen, die hier nicht beſchrieben wurden, weil ſie weder als Wein⸗ noch als Tafeltrauben von beſonderem Werthe, oder weil ſie auf die eine oder andere Weiſe noch nicht gehörig erprobt ſind.

Wir glauben jedoch uns auf eine Beſchreibung von weiteren Trauben⸗ gattungen nicht einlaſſeu zu follen, indem unter den bereits beſchriebenen Gat— tungen die vorzüglichſten Weinbergs⸗ und Tafeltrauben begriffen ſind, ſo daß man insbeſondere bei der Anlage eines Weinberges hinſichtlich der Wahl der Sorten nicht in Verlegenheit kommen wird. Vielmehr wollen wir nunmehr, auf welche Weiſe der Rebe der beſte und reichſte Ertrag abgewonnen, und wie das Produkt derſelben behandelt werden muß, um ein edles Getränke, den Wein, davon zu bereiten, einer nähern und ſorgfältigern Betrachtung unter⸗ ziehen.

III. Der rationelle Weinbau.

§. 46.

Wenn gleich die Rebe zu denjenigen Gewächſen gehört, welche am weiteſten auf unſerer Erde verbreitet ſind, wie ſie denn auch bei uns im wilden Zuſtande angetroffen wird (§. 1), jo gehören doch diejenigen Gattungen, die wir ſo eben hier beſchrieben haben, und aus welchen gute und edle Weine erzeugt werden können, ſüdlichern Gegenden an, die erſt durch die Cultur des Bodens bei uns verbreitet worden ſind.

Die Rebe erfordert deßhalb, wenn ſie durch unſere climatiſche Verhält— niſſe nicht zu Grunde gehen und einen entſprechenden Ertrag geben ſoll, eine ſehr ſorgfältige Behandlung, die, wie wir hienach ſehen werden, in verſchiede— nen Geſchäften beſteht, welche faſt das ganze Jahr andauern und viele Arbeit und Aufmerkſamkeit erfordern.

Die Rebe verlangt zunächſt warme climatiſche Verhältniſſe und kann da⸗ her in Deutſchland nicht überall, ſondern nur in warmen, geſchützten Thälern und in der Regel an ſüdlich gelegenen Abhängen und Bergen gepflanzt werden, auf welchen vermöge ihrer Abdachung die Sonnenſtrahlen ſtärker auffallen und daher auch eine größere Erwärmung des Bodens bewirken. Aus eben dieſem Grunde und bei den beſondern Eigenſchaften der Rebe als ein ranken⸗ des, tief wurzelndes Gewächs können aber durch den Weinbau viele Boden⸗ flächen in Cultur gebracht werden, die ſonſt bei der Aupflanzung anderer Pro⸗ dukte wenig oder gar keinen Ertrag geben würden, auch gewährt die Rebe un⸗ ter allen bei uns bekannten Produkten nicht nur auf der kleinſten Bodenfläche den größten, ſondern namentlich an ſteilen faſt unzugänglichen Abhängen öfters einen ſehr vorzüglichen Ertrag, daher auch in den weinbautreibenden Bezirken auf kleinem Flächenraum eine große und in der Regel eine weit größere Bevölke⸗

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rung Nahrung und ein angemeſſenes Fortkommen findet, als bei jeder an— dern landwirthſchaftlichen Beſchäftigung. |

Bei dieſen beſondern Verhältniſſen hat der Weinbau einen hohen national- wirthſchaftlichen Werth, und es iſt ihm deßwegen ſowohl in der alten, als neuern Zeit von allen und insbeſondere von der württembergiſchen Regierung, nicht nur eine große Aufmerkſamkeit geſchenkt worden, ſondern es ſind zum Schutze und zur Beförderung deſſelben und des mit demſelben in Verbindung ſtehenden Obſtbaues vielfache Anordnungen getroffen worden, die einen theils mehr, theils minder günſtigen Einfluß auf denſelben ausübten und auch für die Zukunft nicht aus dem Auge gelaſſen werden dürfen, da auch beim Wein— bau, wie bei jeder andern Produktion, ein ſteter Fortſchritt ſtattfinden muß, was wir nun unter dem rationellen Weinbaubetrieb näher ausführen wollen.

§. 47.

Unter dem rationellen Weinbau verſteht man einen Betrieb, der ſich auf allgemeine aus der Vernunft abgeleitete und in der Natur der Dinge bewährte Sätze gründet, und daher nicht nur eine genaue Kenntniß aller Weinbauver— hältniſſe hinſichtlich der climatiſchen Einflüſſe und der Bodenverhältniſſe ſowie hinſichtlich der Natur der Rebe, ihrer Beſtandtheile, ihrer Nahrungsſtoffe, ihrer Gebrechen, Krankheiten, Feinde ꝛc., ſondern auch eine richtige und zweck— mäßige Beurtheilung und Anwendung dieſer Verhältniſſe bei der Ausübung des Weinbaues erfordert. Derſelbe iſt ſomit ein weit umfaſſender und muß ſich namentlich erſtrecken:

1) Auf eine genaue Kenntniß der Lage der Gegend und der Bodenfläche auf der Weinreben gepflanzt werden wollen, indem dieſelben nicht in jeder Lage gedeihen und ein gutes Getränke liefern, ſondern dieſes hängt ab von der Erhebung über die Meeresfläche, von der Lage gegen die Himmelsgegend und von der mehr oder minder ſteilen Abdachung, ſowie von der Lage in engen oder weiten Thälern, in der Nähe vou Waldungen, fließenden Waſſern, Seeen, falten Moos⸗ und Wiesgründen, indem alle dieſe Umſtände einen weſentlichen Einfluß auf das Gedeihen der Rebe und des Weins ausüben.

2) Auf eine genaue Kenntniß des Bodens und der in demſelben enthalte— nen der Rebe günſtigen oder nachtheiligen Nahrungsſtoffe, und zwar nicht allein auf der Oberfläche, ſondern auch in dem Untergrunde, weil die Rebe, als ein tief wurzelndes Gewächs, Raum zur Bewurzelung haben will und die einzelnen Gattungen nicht in jeder Bodenart gedeihen, vielmehr manche und beſonders die edleren ganz geeignete Bodengattungen verlangen, wenn ihr Gedeihen ein Nachhaltiges ſein ſoll. | | 3. Auf die Anlage der Weinberge, namentlich die Art des Reutens, ob tief oder ſeicht zu reuten und wie der Untergrund zu behandeln iſt, wenn ſich

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Stein⸗, Kiesfelſen, Quellen, zeigen und wie nach der Beſchaffenheit der Lage, des Bodens und der Traubengattung die Reben zu ſetzen ſind, weit oder eng, tief oder ſeicht, ob mit Blindreben oder Wurzelreben, Fechſer ꝛc.

4. Auf eine genaue Kenntniß der Rebe ſelbſt und ihrer verschiedenen Be⸗ ſtandtheile (S. 1—7), ſowie der einzelnen Rebgattungen, ihrer Vegetations⸗ kraft nach der Beſchaffenheit des Stocks, des Holzes oder Laubs, weil, wie ſchon bemerkt, nicht jede Traubengattung in jede Lage, in jeden Boden paßt und bei der großen Zahl von einzelnen Gattungen große, für den Ertrag und die Qualität des Weins höchſt nachtheilige Mißgriffe gemacht werden können, wenn unpaſſende Rebgattungen angepflanzt werden.

5. Auf die Kenntniß, welche Nahrungsſtoffe die Rebe zu einem kräftigen Gedeihen aus der Luft und dem Boden vorzüglich nöthig hat, wie ſolche dem letztern durch Düngung beizubringen und welche Düngerarten 8 die einzelnen Bodengattungen am angemeſſenſten ſind.

6. Auf die zweckmäßige Erziehungsweiſe der einzelnen Rebgattungen nach ihrer Vegetationskraft, indem, wenn Reben mit ſchwacher Vegetationskraft höher und holzreicher erzogen werden wollen, als die ſchwächeren Wurzeln zu ernähren vermögen, die Reben bald altern und abſterben, während, wenn bei ſtarker Vegetationskraft dem Stock zu wenig Holz gelaſſen wird, Saftſtockungen und dadurch Krankheiten entſtehen, oder der Stock ſeine Triebkraft mehr durch ſtarken Holzwuchs, als durch Anſetzung von Trauben, deren Augen gerne verholzen, an den Tag legt.

7. Welchen Gefahren und Krankheiten die Rebe und die Trauben N ſetzt und wie ſolche möglichſt zu verhüten ſind.

8. Auf die Kenntniß der Blüthe und Reife der Trauben, damit nicht frühe und ſpätreifende Trauben nebeneinander in gleicher Lage gepflanzt wer⸗ den, und dadurch die Leſe und die Erzeugung eines guten Weins geſtört, ſon— dern jeder Traubengattung die ihrer Reife und ſonſtigen Beſchaffenheit ange- meſſene Lage und Bodenart angewieſen wird.

9. Auf die Kenntniß des größeren oder geringeren Ertrags und der Qua— lität des Weins, der aus jeder einzelnen Traubengattung erzielt werden kann, indem davon der Abſatz und der Verkaufswerth des Weins ſowie e die Rentabilität des Weinbergs weſentlich abhängt.

10. Auf die Kenntniß einer ſorgfältigen Weinbereitung, namentlich welche Traubengattungen zur Erzeugung eines guten charakterfeſten Weins zuſammen⸗ paſſen, wie eine ſorgfältige Leſe und Kelterung, insbeſondere die Ausleſe, vor⸗ zunehmen und bei welchen Traubengattungen eine Spätleſe anzuwenden, und wie eine vollſtändige Gährung ſowohl des weißen als rothen Weins einzuleiten und wie die Weine nach der Gährung im Keller aufzubewahren und zu behan⸗ deln ſeien.

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Aus dieſen hier nur angedeuteten Punkten wird man leicht ermeſſen kön⸗ nen, welcher Umfang und welcher Reichthum von Kenntniſſen, namentlich auch in naturwiſſenſchaftlichen und chemiſchen Fächern, zu einem rationellen Betriebe des Weinbaues erforderlich ſind; um nun dazu zu gelangen und die einem rationellen Betriebe entgegenſtehende Hinderniſſe bleibend beſeitigen zu können, iſt zunächſt eine angemeſſene Reglung der Weinbauverhältniſſe, ſowie die Er— richtung und Beförderung von ſolchen Anſtalten erforderlich, in und durch welche der Weinbauer ſich die erforderlichen rationellen Kenntniſſe erwerben kann.

1

Der Weinbau iſt nicht fo, wie manche andere Culturart beſchaffen, die, wenn ſie nicht taugt, in kurzer Zeit wieder verlaſſen und durch eine andere erſetzt werden kann, ſondern er gehört zu den nachhaltigen, ſtabilen Culturen, die, wenn eine Anlage einmal gemacht iſt, nicht ſogleich wieder verlaſſen, ge— ändert oder verbeſſert werden kann, ſondern ſo lange beibehalten werden muß, bis der Weinberg gealtert iſt und eine neue Anlage erfordert, daher auch Verbeſſerungen, die von der hergebrachten Behandlungsweiſe abweichen, nur mit der größten Vorſicht eingeführt werden dürfen.

Der Weinbauer kann ſich jedoch ebenſowenig, wie jeder andere Produzent, wenn er durch den Minderwerth ſeines Produkts nicht bedeutenden Schaden leiden will, angemeſſenen, durch die Zeitverhältniſſe gebotenen Verbeſſerungen entgegenſtemmen, vielmehr muß er dafür ſorgen, daß ſein Produkt ſtets eine geſuchte und beliebte Waare iſt.

Der Weingeſchmack hat ſich gegenüber von demjenigen in ältern Zeiten dadurch weſentlich verändert, daß die Conſumtion der alten abgelegenen Weine bedeutend abgenommen und ſich jüngeren, ſüßen, pikanten Weinen zugewendet hat, auch will man häufig keine aus blauen und weißen Trauben gewonnene, ſogenannte Schillerweine, durch welche das Zarte und Feine der weißen Trau— ben durch die Härte und das Herbe der blauen Trauben verdeckt wird, ſon— dern man will Weine von beſtimmter Farbe, weiß oder roth, und durch die auch für den Gaumen ein beſtimmter Charakter ausgedrückt wird. Auch hat durch die bedeutende Conſumtion von Bier, Obſtmoſt und Kaffee nicht nur die Weinconſumtion im Allgemeinen bedeutend abgenommen, ſondern der Geſchmack hat ſich dadurch auch ſehr verändert, indem die herben, ſauren, harten Weine ſelten Liebhaber mehr finden, ſondern hauptſächlich nur noch ſüße, milde, flackere (dünne) und doch geiſtreiche Weine verlangt werden.

8. 49.

Damit nun dieſer Zweck durch ſichere und nachhaltige Verbeſſerungen des Weinbaues erreicht wird, ſollte zunächſt für eine angemeſſene Reglung deſſelben auf jeder Markung geſorgt werden und zwar:

e

1) Durch Ausſcheidung der nur allein zum Weinbau tauglichen Lagen, die in der Regel zu den beſſeren gehören werden, da jedoch an ſehr ſteilen Abhängen auch minder gute Lagen nur allein als Weinfeld einen angemeſſenen Ertrag gewähren, ſo wäre zwiſchen guten und geringeren Lagen zu unter⸗ ſcheiden.

5 2. Durch Ausſcheidung der ſowohl zum Weinbaue als zum Feldbaue ge⸗ eigneten Lagen, die hinſichtlich des Weinbaues entweder noch zu den mittleren oder zu den geringeren gehören werden.

3. Durch Ausſcheidung der zum Weinbau nicht geeigneten Lagen.

Jeder zweckmäßig betriebene Weinbau erfordert zunächſt Schutz gegen Winde und Stürme, den eine geſchloſſene Weinbergsanlage, wenn ſie größere Flächen umfaßt, ſchon durch ſich ſelbſt gibt, indem dadurch nicht nur kalte Winde auf⸗, ſondern auch die warme Luft mehr zuſammengehalten wird, was auf die Zeitigung des Rebholzes und der Trauben einen ſehr günſtigen Einfluß ausübt, während bei einem nicht geſchloſſenen Rebfeld gerade das Gegentheil eintritt. Auch wird, wenn neben und zwiſchen einem Rebfeld andere Produkte, namentlich Gras und Klee, gebaut werden, nicht nur der Froſt und die Ent— wendung der Trauben befördert, ſondern auch ſchädliche Thiere und Inſekten herbeigezogen und viel Unkraut in den Weinbergen verbreitet, daher in dieſer Richtung zum Schutze der einzelnen Weinbergbeſitzer feſte Beſtimmungen in der Art gegeben werden ſollten, daß

a. die unter Punkt 1. aufgenommenen Lagen ausſchließlich zum Weinbaue beſtimmt ſeien und in denſelben, mit Ausſchluß der Ruhezeit von dem Aushauen bis zur Wiederanlage, die jedoch auf eine beſtimmte Zeit, etwa 4—-6 Jahre, zu reguliren wäre, keine andern Produkte gebaut werden dürfen;

b. daß bei den unter Punkt 2. aufgenommenen Lagen, ſo lange ſich der größere Theil der Beſitzer für die Benützung als Weinfeld erklärt, die gleichen Beſtimmungen, wie unter Punkt 1. ſtattzufinden haben, ſo bald aber die Mehr⸗ zahl derſelben ihr Feld für andere Culturen beſtimmen, der ganze Diſtrikt zur willkührlichen Bebauung freigegeben werden ſollte, und |

c. daß bei dem Weinfeld unter Pkt. 3., wenn auf demſelben auch der Weinbau nicht unterſagt werden will, hauptſächlich auf deſſen Verlaſſen und auf die Anpflanzung anderer Produkte durch Belehrung und andere Mittel hinzuwirken wäre, was vielleicht am leichteſten dadurch erreicht werden könnte, wenn ſolchen Weinbergen der allgemeine Weinbergsſchutz entzogen würde.

Bei der Ausſcheidung der zum Weinbaue nicht geeigneten Diſtrikte dürfte jedoch ſehr in Berückſichtigung zu ziehen fein, ob dieſelben nach Lage und Bo- den zu einer andern Cultur paſſen und wenn dieſes nicht der Fall iſt, wie an ſteilen Abhängen, wo dem Boden nur durch die Aufführung von Mauern ein Ertrag abzugewinnen iſt, ſollten ſolche Diſtrikte eher unter die Abtheilung 1.

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aufgenommen, dabei aber darauf geſehen werden, daß dieſelben mit frühreifen- den Traubenſorten angepflanzt werden. Beſonders in rauheren Gegenden könnte manche Lage durch Anpflanzung geeigneter Traubengattungen dem Wein- baue erhalten werden, während, wenn ſie, unter den angeführten Umſtänden, auch anfänglich zu andern Culturen (Klee, Obſt, Kartoffel) benützt wird, nach einiger Zeit, wenn die Mauern nach und nach einſtürzen und der Boden ab— geſchwemmt wird, der Verödung auheimfallen, weil für jene Culturen die koſt— ſpieligen Mauern und Raine ſelten erneuert werden, während, ſo lange auf den betreffenden Diſtrikten Weinbau getrieben wird, Mauern und Raine ſtets in gutem Stande erhalten werden müſſen. Beiſpiele von ſolchen Verödungen ſind in den minder bedeutenden Weinbaudiſtrikten viele zu finden, was immer als ein nationalwirthſchaftlicher Verluſt betrachtet werden kann. Außerdem wären aber bei einer zweckmäßigen Reglung des Weinbaues nachfolgende Verhältniſſe zu berückſichtigen.

4. Weinberge von unebener oder mehr öſtlicher und weſtlicher Lage kön⸗ nen durch Abheben oder Ausfüllen der Unebenheiten ſowie durch Aufführung von Mauern auf der öſtlichen oder weſtlichen Seite ſehr verbeſſert werden, in— dem dieſelben dadurch eine mehr ſüdliche Lage erhalten, wie dieſes ſchon in manchen Weinbaugegenden geſchehen iſt. Es können aber auch durch ſolche Abhebungen und Auffüllungen ſowie durch Aufführung von Mauern die Des ſitzer der benachbarten Weinberge ſehr benachtheiligt werden, indem dadurch ihre Weinberge mehr beſchattet werden, oder bei höher liegenden, Abrutſchungen erfolgen können, daher auch hier die verſchiedenen Intereſſen durch feſte Be— ſtimmungen geregelt werden müſſen. Ebenſo b 5) bei der Aufführung von Stütz⸗ und Flügelmauern ſowie bei der An⸗ legung von Rainen und Böſchungen, namentlich wie weit man dabei vom Nachbar entfernt bleiben muß, um demſelben keinen Schaden zuzufügen. Fer⸗ ner ſollte

6. bei der neuen Anlage der Weinberge genau beſtimmt werden, wie man ſich dabei gegen den Nachbar zu verhalten hat, insbeſondere welche Entfernung von der Eigenthumsgrenze und vom Nachbar man bei der Anlegung von Grenzfurchen und bei dem Setzen der Reben einzuhalten hat. Namentlich ſollte dabei auch auf die Entfernung der ſogenannten Steinmauern, Steinkäſten (S. 158) gedrungen werden, indem fie den Weinbergen ein unſchönes Anſehen geben und dadurch vieler Boden nutzlos liegen bleibt.

7. Durch die Anpflanzung ausgiebiger, aber ſchlechter, ſpätreifender T Trau⸗ bengattungen, wie Tokayer (Putzſcheeren), iſt ſchon mancher Weinort in bedeu— tenden Mißkredit gekommen, der Anpflanzung ſolcher Traubengattungen, durch welche einem ſicheren Weinabſatze bedeutender Schaden zugefügt wird, ſollte da her mit aller Strenge entgegengetreten werden.

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8. Die Beſchattung der Weinberge durch Aufführung von Gebäuden, durch die Anlegung von Hecken und das Setzen von Bäumen, bringt nicht nur dem Eigenthümer, ſondern auch den Nachbarn manchen Schaden und zieht ſchäd— liche Thiere (Vögel) und Inſekten herbei, daher die Erbauung oder die An- pflanzung ſolcher Gegenſtände im Allgemeinen unterſagt und da, wo es Ein⸗ zelne für nöthig oder vortheilhaft finden, nur nach zuvor eingeholter obrigfeit- licher Erlaubniß und vorausgegangener Vernehmung der Nachbarn zur Ausfüh⸗ rung gebracht werden ſollte. No;

9. An ſteilen Bergen kann bei heftigem Regen und Wolkenbrüchen durch den Waſſerabfluß bedeutender Schaden durch Abſchwemmungen von Boden, Rebſtöcken und Pfählen angerichtet werden, es muß deßwegen Vorſorge getroffen werden, daß der Waſſerabfluß durch Anlegung von Waſſerabzugsgräben ge— regelt und der Schaden möglichſt verhütet wird, auch ſind darüber Beſtim⸗ mungen zu geben, wie es mit den abgeſchwemmten Gegenſtänden zu halten iſt und welche Entſchädigungen bei dem Einſturze von Mauern in Anſpruch ge- nommen werden können.

10. Die Trauben ſind, wenn ſie einmal der Reife entgegen manchen Entwendungen und Beſchädigungen durch Menſchen und Thiere ausgeſetzt, da— her für den Schutz derſelben durch Aufſtellung von Hütern geſorgt werden muß. In manchen Gegenden, wie im Rhein- und Breisgau, wird dabei ſogar der Schluß der Weinberge angeordnet, ſo daß dieſelben, außer den Hütern, Niemand ohne beſondere obrigkeitliche Erlaubniß begehen darf, wodurch die Trauben, namentlich gegen Entwendung, geſichert werden.

11. Zu den wichtigſten Arbeiten einer rationellen Weinbereitung gehört die Weinleſe, während dieſelbe namentlich von den kleineren Weinbergbeſitzern häufig ſehr vernachläßigt wird. Die Zeit der Vornahme derſelben dem einzel⸗ nen Weinbergbeſitzer zu überlaſſen, wäre daher für eine gute Weinbereitung mit großem Nachtheile verbunden, weil der gewöhnliche Weingärtner den Zeit⸗ punkt der Leſe öfters nicht erwarten kann, nur auf Quantität ſieht und, ſowie einzelne Trauben zu faulen anfangen, mit derſelben beginnen würde. Genaue Vorſchriften über die Beſtimmung der Zeit der Leſe durch die Gemeinden und ganze Bezirke, über die Vorleſe und die allgemeine Leſe, über die Spätleſe, das Ausleſen des rothen und weißen, des guten und geringen (unzeitigen und faulen) Gewächſes, ſowie insbeſondere das Leſen und Abſondern des Weins nach den beſſeren, mittleren und geringern Weingeländen find daher ein un— umgängliches Erforderniß, wobei jedoch dem größeren Weinbergbeſitzer, der verſchiedene Traubengattungen von verſchiedener Qualität (früh- und ſpätrei⸗ fende), angepflanzt hat, in der beſondern rationellen Behandlung der Leſe kein weſentliches Hinderniß in den Weg gelegt werden ſollte.

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Sehr zweckmäßig erſcheint die bisherige Leſeordnung in Württemberg, wornach die Zeit der Leſe durch die Bezirksbeamten unter Zuziehung der Ortsvorſteher der Weinorte und nach vorausgegangener Beſichtigung der Weinberge bei dem ſogenannten Herbſtſatze beſtimmt wird und wobei die einzel— nen Bezirke wieder unter ſich über den Beginn der Leſe geeignete Rückſprache nehmen, ſo daß die Leſe in jeder Weinbaugegend in der Regel zu gleicher Zeit beginnt, was bei dem gewöhnlich eingeführten Verkaufe des Weins wäh— rend des Herbſtes unter der Kelter die gute Folge hat, daß die Weinkäufer in jedem Weinorte Wein zum Verkaufe antreffen, wodurch der Abſatz weſentlich erleichtert wird.

Nach all dieſem iſt für einen rationellen Weinbau und eine rationelle Weinbereitung eine zweckmäßige Weinbauordnung ein dringendes Bedürfniß und es iſt dieſes auch in älteren und neueren Zeiten anerkannt und zu dieſem Behufe manche zweckmäßige Anordnung getroffen worden. Bei einer den neueren Grundſätzen entſprechenden Weinbauordnung dürfte aber bei deren Entwerfung die im Herzogthum Naſſau für das Rheingau eingeführte Ordnung um ſo mehr zum Muſter dienen, als von tüchtigen Oenologen ſchon öfters die Behauptung aufgeſtellt worden iſt, daß die dort beſtehenden Vorſchriften viel zu dem dortigen muſterhaften Weinbaubetriebe beigetragen haben.

8. 50.

Durch die Erlaſſung zweckmäßiger Verordnungen über den Betrieb des Weinbaues und der Weinbereitung kann zwar viel für eine rationelle Behand⸗ lungsweiſe gewirkt werden, die Hauptſache bleibt jedoch immer, daß der Wein- gärtner ſelbſt für eine ſolche Betriebsweiſe gewonnen wird und daß er ein— ſehen lernt, daß das Verharren bei dem althergebrachten Schlendrian nicht mehr in ſeinem Vortheile liegt, ſondern daß er auch feiner Seits in dem Be⸗ triebe ſeines Weinbaues durch angemeſſene Verbeſſerungen fortſchreiten und dadurch den Anforderungen der Zeit und dem Geſchmacke der „e mög⸗ lichſt zu entſprechen ſuchen muß.

Das erſte Erforderniß in dem Betriebe eines rationellen Weinbaues iſt das Verlaſſen der in vielen Weinbaubezirken noch beſtehenden gemiſchten Be⸗ ſtockung, wodurch die ſogenannten mißfarbigen Schillerweine erzeugt werden, und der Uebergang zur reinen Beſtockung, ſo daß nur eine gute, oder nur wenige und nur ſolche Traubengattungen mit einander gepflanzt werden (weiß oder roth), welche nach Klima, Lage, Boden und Zeitigung zu einander paſſen und aus welchen ein kräftiger, charakterfeſter Wein erzeugt werden kann. Dieſes Ziel läßt ſich, ohne daß der Weingärtner zu koſtſpieligen, Ver⸗ luſt bringenden Experimenten veranlaßt wird, auf verſchiedene Weiſe erreichen.

1. Durch Ausmittlung und Beſtimmung derjenigen Traubengattungen

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für jede einzelne Weinbaugegend, die nach Klima, Lage und Boden für die⸗ ſelbe zu einem rationellen Betrieb am paſſendſten erſcheinen.

1 2. Durch Anlegung von Muſterweinbergen in den beſſeren Weinbauge⸗ genden entweder von Seiten der Regierung, oder von einzelnen, namentlich den landwirthſchaftlichen Vereinen, um dem Weingärtner ein lebendiges Bei- ſpiel zur Nacheiferung zu geben, wobei jedoch auf die beſtehenden klimatiſchen, Boden- und ſonſtigen Verhältniſſe die ſorgfältigſte Rückſicht genommen werden muß, damit eine ſolche Anlage ſowohl hinſichtlich des Ertrags als der Qua- lität des Weins wirklich als eine in allen Beziehungen nachahmungswürdige

Muſteranlage erſcheint. 5

3. Durch Beiſchaffung von ſolchen Reben in guter Qualität, welche zur Anpflanzung für die einzelnen Weinbaugegenden am paſſendſten erſcheinen und durch deren unentgeldliche Abgabe an die Weingärtner oder durch Abgabe um billige Preiſe, damit dieſelben bei dem Uebergange zu den anempfohlenen Ver⸗ beſſerungen ſtets verſichert ſind, daß ſie die dazu nothwendigen Reben in guter Qualität und mit möglichſt geringem Koſtenaufwand erhalten können.

4. Durch Ausſetzung von Preiſen für die zweckmäßige Anpflanzung und Erziehung guter Rebſorten ſowie für ſorgfältige Leſe und Kelterung, durch Bee⸗ ren oder Raſpeln der Trauben, und für die Gährung in verſchloſſener Bütte mit Senkboden ꝛc. |

5. Durch periodiſche Viſitation derjenigen Weinberge, für deren mujter- hafte Anlage Preiſe gegeben werden durch Weinbauverſtändige, um ſich zu überzeugen, ob die Anlagen fortwährend in muſterhaftem Stande erhalten werden und durch Verſammlung der Weingärtner des betreffenden Orts und der Umgegend, um ihnen die Anlage ſolcher Weinberge zur Nachahmung zu empfehlen und Belehrung darüber zu ertheilen.

6. Durch Aufhebung und Beſeitigung der auf dem Weinbaue haftenden beengenden Verhältniſſe und drückenden Abgaben, da wo ſie noch beſtehen, wie Kelterbann, Zehent⸗, Theil⸗, Bodenweinabgaben ꝛc. Damit ſich der Weingärt⸗ ner bei der Anlegung ſeiner Weinberge und bei der Bereitung ſeines Weins frei bewegen kann und nicht, wie z. B. bei der Anpflanzung von frühe rei⸗ fenden Trauben, befürchten muß, daß dieſelben wegen der beengenden Leſeord⸗ nung am Stocke verfaulen, oder der Wein wegen des Kelterbanns und der beſtehenden Kelterordnung in der Bütte verſauert, oder daß er bei der An- pflanzung von etwas ſpät reifenden Trauben genöthigt wird, ſolche vor der vollſtändigen Reife abzuſchneiden, wodurch natürlich jede nachhaltige Weinver⸗ beſſerung unterdrückt wird. |

Soll

Zu der Herſtellung und Einführung eines ganz rationellen Weinbaues

gehört aber nicht blos die Anpflanzung paſſender Rebſorten in geeigneter Lage

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und Boden, ſondern der Weingärtner muß auch, wie bereits angeführt, mit der Natur des Weinſtocks und der einzelnen Rebgattungen ſowie mit der dar— auf zu gründenden Erziehung, ferner mit der Natur der Traube ſowie mit der Weingewinnung daraus durch ſorgfältige Leſe, Kelterung und Gährung genau bekannt ſein und um dieſe Kenntniſſe möglichſt vollkommen erlangen zu können, ſind Anſtalten nöthig, in welchen der junge Weingärtner den erforder— lichen Unterricht erhalten kann.

Zwar wird in Deutſchland und beſonders in den beſſeren Weinbaugegen— den der Weinbau mit einer höheren Intelligenz betrieben als in manchen an⸗ dern Ländern, und insbeſondere iſt es der württembergiſche Weingärtner, der mit vielem Fleiße, Eifer, Aufmerkſamkeit und ſeltener Ausdauer ſich dem Weinbaue widmet. Der Fleiß und die Intelligenz der Einzelnen genügt aber noch nicht, ſondern der ganze Weinbaubetrieb ſowie die Weinbereitung muß ſich auf zwar einfache aber richtige uaturwiſſenſchaftliche Kenntniſſe gründen, indem nur dadurch die anzuſtrebenden Verbeſſerungen eine zuverläſſige Baſis erhalten und von nachhaltigem gewinnreichen Erfolge ſein können.

Die Errichtung von Muſteranſtalten für den Unterricht in dem Weinbau oder von ſogenannten Weinbauſchulen iſt daher ein unumgängliches Erforderniß für den Betrieb eines rationellen Weinbaues, in welchem nicht nur der erfor— derliche theoretiſche, ſondern hauptſächlich auch praktiſcher Unterricht in dem Weinbaubetriebe und der Weinbereitung zu ertheilen und zu welchem Behuf jede Anſtalt mit einem angemeſſenen Areal von Weinbergen zu verſehen wäre.

Die Nothwendigkeit der Errichtung von Weinbauſchulen kam in Württem⸗ berg ſchon im vorigen Jahrhundert zur Sprache und iſt auch in andern Län⸗ dern als ſolche erkannt worden. Zu dieſem Behuf ſind nicht nur in Oeſtreich in der Nähe von Wien, ſowie zu Würzburg in Bayern bereits ſolche Anſtalten errichtet, ſondern auch in Frankreich ſoll nach öffentlichen Ankündigungen zu Beaume, Provinz Burgund, eine chemiſche Station, verbunden mit einer Wein⸗ bauſchule eingerichtet werden, um eine Pflanzſtätte für den rationellen Betrieb- des Weinbaues zu erhalten. |

Man ſollte deßwegen auch in dem ſüdweſtlichen Deutſchland, als dem Hauptweinlande Deutſchlands, mit der Errichtung ſolcher Anſtalten nicht mehr länger ſäumen, und insbeſondere dürfte für Württemberg die Errichtung einer Weinbauſchule am nothwendigſten und geeignetſten erſcheinen, indem, bei der großen Verſchiedenheit der Weinbaugegenden und der ſehr verſchiedenen Er— ziehungsweiſe der Reben, hier das Bedürfniß einer rationellen Behandlung des Weinbaus am meiſten hervortritt, auch dürfte es für Württemberg, das in andern landwirthſchaftlichen Fächern viele vortreffliche Anſtalten beſitzt und in mancher Beziehung andern Ländern zum Vorbilde dient, als Ehrenſache zu betrachten ſein, auch hier mit gutem Beiſpiel voranzugehen.

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66

Der Unterricht in einer ſolchen Anſtalt hätte ſich übrigens nicht blos auf den Weinbau zu beſchränken, ſondern auch auf diejenigen Fächer auszudehnen, die häufig mit dem Weinbaue verbunden find, nämlich auf den Obſt⸗ und Ge⸗ müſebau, indem der erſtere in allen Weinbaugegenden, namentlich von dem Weingärtnerſtande, ausgedehnt betrieben wird und letzterer demſelben, beſon⸗ ders in der Nähe größerer Städte, einen ſehr gewinnreichen Nebenverdienſt gewährt, der ihm, beſonders bei Fehlherbſten, ſehr zu ſtatten kommt und daher ein zweckmäßiger Unterricht in dieſen Fächern von großem Nutzen für den Weingärtner ſein dürfte. |

Außerdem müßte aber mit einer Weinbauſchule auch noch ein gener landwirthſchaftlicher Betrieb in Verbindung ſtehen, damit der nöthige Dünger, das Bindſtroh ꝛc. erzeugt wird, und den Weinbauſchülern, bei ungünſtiger Witterung, wo in den Weinbergen nicht gearbeitet werden darf, die nöthige Beſchäftigung gegeben werden kann. Das zu der Errichtung einer Weinbau⸗ ſchule erforderliche Areal wird daher immerhin eine Fläche von 150.200 Morgen zu umfaſſen haben.

§. 52.

Bei dem Betriebe des Weinbaues überhaupt, insbeſondere aber bei einem rationellen Betriebe deſſelben muß hauptſächlich auch auf den Weinabſatz Rück⸗ ſicht genommen und demgemäß vorzugsweiſe nur ſolcher Wein produzirt wer⸗ den, der dem Geſchmacke der Konſumenten entſpricht und ſowohl darnach als hinſichtlich des Preiſes angemeſſene Abnahme findet, d. h. es muß für jede Weinbaugegend beſtimmt werden, ob dort nach den Abſatzverhältniſſen haupt⸗ ſächlich nur edle, oder gute oder gemeinere Mittelweine mit Vortheil erzeugt werden können. Von der Erzeugung geringer Weine kann natürlich keine Rede ſein. Edle Weine finden zwar nicht ſelten zu unverhältnißmäßig hohen Preiſen Abſatz, derſelbe iſt aber ein beſchränkter und die allzu ausgedehnte Produktion von edlen Weinen möchte daher nicht im Intereſſe des gewöhn⸗ lichen Weingärtners liegen, dagegen deſto mehr die Erzeugung guter und zu⸗ gleich charakterfeſter Mittelweine, wobei insbeſondere zu berückſichtigen wäre, daß dieſelben nicht nur hinſichtlich der Farbe und des Geſchmacks den Anfor⸗ derungen der Conſumenten zu entſprechen haben, ſondern auch in ſolcher Menge erzeugt werden, daß ſie um verhältnißmäßig billige Preiſe abgeſetzt und da⸗

durch, namentlich mit dem wohlfeileren Bier, angemeſſene Conkurrenz halten

können. In Weinbau⸗Gegenden mit einer gemiſchten Beſtockung und wo das

Weinbergs⸗Areal ſehr vertheilt iſt, wie in Württemberg, iſt es aber für den

einzelnen Weingärtner öfters eine Unmöglichkeit, beſonders durch, Ausſcheidung des rothen und weißen Gewächſes, einen charakterfeſten Wein zu erzeugen, weil die erzeugte Quantität nicht ſelten zu klein iſt und es an dem erforderlichen Herbſtgeſchirr fehlt, um eine paſſende Ausſcheidung und Ausleſe vornehmen

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zu können, es find deßwegen neuerlich in manchen Orten Weingärtner-Bereine (Aſſociationen) zu dem Zwecke gebildet worden, um das Trauben-Erzeugniß zuſammenzuwerfen, gemeinſchaftlich zu keltern, den Wein ſofort im Ganzen zu verkaufen und den Erlös nach dem Gewichte der Trauben zu vertheilen. Solche Vereine könnten faſt in jedem größeren Weinorte errichtet werden, wo es nicht an dem erforderlichen Herbſtgeſchirr und an Kellern und Fäſſern zum vorübergehenden Einkellern des Weins fehlt. Als Grundſatz wäre dabei feſt— zuhalten:

a. Daß die Weinberge nach ihrer Lage gut, mittel, gering, abgetheilt und die Trauben darnach ſowie überhaupt nach ihrer Qualität ſortirt werden.

b. Daß die weißen und blauen Trauben je beſonders geleſen, die rothen aber in der Regel mit den weißen vereinigt oder, wenn deren . groß iſt, gleichfalls beſonders geleſen werden.

C. Daß, beſonders in geringeren Weinjahren, oder in beſſeren, wenn die Trauben zu faulen beginnen, die geringen weniger reifen oder faulen Trauben bei der Leſe ſorgfältig ausgeſchieden und beſonders gekeltert werden.

d. Daß früh⸗ und ſpätreifende Trauben von einander abgeſondert gehal— ten und gekeltert werden und die letztern möglichſt lange am Stock hängen bleiben, ſo daß ſie ihre vollſtändige Reife erhalten.

e. Daß all dieſes durch eine beſondere, von den betreffenden Weingärtnern unter Mitwirkung der Ortsobrigkeit gewählte Commiſſion überwacht und von derſelben namentlich die Claſſifikation der Trauben mit Sorg⸗ falt und Gewiſſenhaftigkeit vorgenommen wird.

f. Daß die Trauben in der Regel von den Kämmen geſondert (gebeert, geraſpelt) werden, ſorgfältig gekeltert, die weißen Weine womöglich

ſüß in's Faß gebracht, die rothen aber entweder in verſchloſſener Kufe mit Senkboden und Gährrohr oder im Faſſe mit men: der Gäh⸗ rung überlaſſen werden, und

g. daß die Vereine nicht allzu ſehr ausgedehnt, ſondern hauptſächlich nur auf die kleineren Weinbergbeſitzer beſchränkt werden, damit das nach oder während des Herbſtes zum Verkauf zu bringende Weinquantum nicht allzugroß iſt, und die Preiſe dadurch nicht herabgedrückt werden oder ein Theil unverkauft bleibt.

Durch die auf ſolche Weiſe behandelten Trauben und insbeſondere da— durch, daß das weiße und rothe Gewächs beſonders gehalten wird, werden die Weine verkäuflicher und es werden dafür in der Regel beſſere Preiſe erzielt, als beim Einzelnverkauf, auch kann durch die Trennung der früh⸗ und ſpätreifenden Trauben, das e IORN ee beſſer abgewartet

5 *

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N

und nicht nur dadurch, ſondern auch durch die forgfältige Leſe, Kelterung und Gährung eine weit beſſere Qualität erzielt werden. Außerdem erſpart der Weingärtner die ſonſt mit dem Keltern und mit dem Verkaufe zugebrachte Zeit und iſt wegen des Geldbedarfs, der öfters bedeutenden und peinlichen Sorge des Weinverkaufs überhoben, denn wenn anch der Wein im Herbſt keinen Käufer finden ſollte, ſo können, durch Beſtellung von Fauſtpfändern auf den unter Verſchluß der Vereinskommiſſion und der Ortsbehörde befindlichen Wein, Gelder wenigſtens bis zum halben Werth aufgenommen und dadurch das nächſte Geldbedürfniß des Weingärtners befriedigt werden, was immer noch weit vortheilhafter iſt, als wenn derſelbe zum Selbſtausſchank ſchreiten muß.

Wir haben hier die ee im Allgemeinen angeführt, worauf ein rationeller Weinbau jo wie die Weinbereitung und der Weinverkehr zu beru⸗ hen haben, wir wollen nun den Verſuch machen, dieſes auch im Einzelnen nach den verſchiedenen Lagen, Bodenarten und Betriebsweiſen nachzuweiſen.

*

IV. Lage der Weinberge.

§. 53.

Das Gedeihen der Rebe, als Pflanze, von welcher ein edles Getränke gewonnen werden kann, erfordert warme, hie und da etwas feuchte klimatiſche Verhältniſſe, daher in allzuheißen Klimaten die Rebe entweder ausdorrt, oder bei allzuſtarker Feuchtigkeit und guter Bodenkraft deren Vegetation in zu ho⸗ hem Grade geſteigert wird, fo daß fie ihre Triebkraft in Blatt- und Holzbil⸗ dung verſchwendet und nur geringe Früchte hervorbringt, wie dieſes häufig in den Aequatorgegenden bis zum 25. Grade der Breite der Fall iſt, wo der lange anhaltende Regen während der Regenzeit (ſtatt des Winters) die Ge- fäſſe des Weinſtocks mit rohen Säften überfüllt, die nachfolgende Hitze und Dürre aber das Holz vor der Zeit hart macht und die Gefäſſe austrocknet, wodurch die Blätter welken und abfallen, die Vegetation ſich übereilt und die Trauben entweder gar nicht oder nur unvollſtändig zeitigen, ſo daß ſie nicht Zeit haben, den Traubenſaft zur Weingährung vorzubereiten und die verſchie⸗ denen Stoffe zu zerſetzen, daher ſie häufig nur ein dickes, ſüßes Getränke, aber keinen haltbaren und geiſtreichen Wein geben. Doch ließen ſich vielleicht auch hier noch gute Weine erzielen, wenn auf die Cultur der Rebe mehr Sorgfalt verwendet und namentlich paſſende Lagen an höhern nördlich abdachenden Bergen gewählt würden.

In kalten Klimaten erliegt die Rebe dem Froſte und gedeiht entweder gar nicht, oder deren Früchte gelangen ſelten zur gehörigen Zeitigung und

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liefern daher nur ein ſaures, ungenießbares Produkt. Die beften Lagen für die Rebe, wo fie ohne beſondere Cultur gedeiht, werden deßhalb unter 25—40 Graden der Breite zu ſuchen ſein, obwohl auch hier, wenn die Rebe ihrer na- türlichen Vegetation überlaſſen und dieſelbe nicht durch den Schnitt zurückge— halten, ſondern nur auf die Quantität des Produkts geſehen wird, nicht ſelten nur geringe, wenig haltbare Weine von derſelben gewonnen werden, wie dieſes bei vielen italieniſchen und ſpaniſchen Weinen der Fall iſt.

Je mehr aber der Weinbau in kältere Climate vorrückt, deſto mehr be⸗ darf die Rebe Schutz gegen die ungünſtigen climatiſchen Einflüſſe; während man daher in heißen ſüdlichen Gegenden für den Weinbau die kühlern nörd— lichen Lagen und in der Höhe der Berge, wo kühlere Winde wehen, auswählt, muß in kältern nördlichen Gegenden der Weinbau ſich in die niedern wärme⸗ ren Thäler und an ſonnige Abhänge flüchten und dadurch die Ungunſt des Climas wieder ausgeglichen werden.

Auf unſerer nördlichen Erdhälfte und insbeſondere in Deutſchland wird regelmäßig bis zum 52. Grad der Breite (Sachſen, Schleſien), Weinbau ge⸗ trieben, was nur durch ſorgfältige Auswahl der betreffenden Lagen möglich iſt, indem hievon der größere oder geringere Grad der Kälte, der Wärme, des Lichts und der Beſchaffenheit der Luft abhängt, wie denn überhanpt alles dieſes einen großen Einfluß auf die Fruchtbarkeit eines jeden Grundſtücks ausübt. Man hat daher bei der Auswahl der Lage für einen Weinberg haupt⸗ ſächlich Rückſicht zu nehmen a. auf die mehr oder minder ſüdliche Lage im Allgemeinen,

b. auf die Erhebung über die Meeresfläche ſowie über die einzelnen Thal⸗ flächen, | |

Kauf die Richtung gegen die Himmelsgegend,

. auf die Abdachung gegen die Thalſohle,

. auf die Richtung der herrſchenden Winde, auf die Umgebung der einzelnen Weinberglagen und

. auf die Regenmenge, die in einer Gegend fällt.

RN mo Quo

§. 54. 1. Die ſüdliche Lage.

Die Lage der Weinberge oder Weingärten innerhalb der angeführten Weinbaugrenzen hat auf den Betrieb des Weinbaues einen ſehr entſcheidenden Einfluß, denn je ſüdlicher eine dem Weinbaue zugängliche Landſchaft gelegen iſt, je weniger ſich dieſelbe über das allgemeine Erdniveau erhebt, deſto weni— ger wird die Lage und der Boden der Weingärten auf das Erzeugniß derſel⸗ ben einen den Weinbau bedingenden Einfluß ausüben, je weniger aber eine

70 d Landſchaft dem ſüdlichen Himmelsſtriche angehört und je höher ſie liegt, deſto mehr wird bei der Anlegung der Weingärten die Lage, der Boden und die beſondern Eigenſchaften der einzelnen Traubengattungen zu berückſichtigen ſein.

Während in ſüdlichen Gegenden, wie z. B. in Italien, im ſüdlichen Frankreich

der Weinbau häufig auf niedern, ebenen Flächen oder an mehr nördlich gele- genen der Sonnenhitze weniger ausgeſetzten Abhängen getrieben wird, muß ſich derſelbe, ſowie er die Grenze jener Länder überſchreitet, ſchon mehr an füdlich gelegene Berge und Abhänge zurückziehen, und in Deutſchland ſelbſt find eben gelegene Weingärten ſchon eine Seltenheit oder gehören zu den minder

guten Lagen der betreffenden Weinbaugebiete. Ferner hat in ſüdlichen Ländern

die ſtarke Ausdünſtung des Meeres oder großer Seeen einen ſehr vortheilhaf— ten Einfluß auf die Erzeugung der Weine, wie denn in Spanien, Ungarn, Griechenland ꝛc. die vorzüglichſten Weine in der Nähe großer Flüſſe oder des

Meeres gewonnen und in Italien manche Weingärten ſogar bewäſſert werden,

während in den mehr nördlichen Weinbaugegenden der Weinbau durch die Nähe des Meeres, wie im weſtlichen Frankreich, bedeutend zurückgedrängt wird und die Nähe großer Seeen einen ſehr ungünſtigen Einfluß auf denſelben ausübt (S. 59). Ebenſo erfordert in den mehr nördlich gelegenen Ländern bei dem Betriebe des Weinbaues die Auswahl des Bodens eine beſondere Vor— ſicht, indem derſelbe hier nur in einem warmen, kräftigen, der Wärme und der Feuchtigkeit zugänglichen Erdreich mit gutem Erfolg getrieben werden kann und deſſen Kraft⸗ und Wärme⸗Erzeugung von Zeit zu Zeit noch durch ange⸗ meſſene Düngung unterſtützt werden muß, während in ſüdlichern Ländern ein kühler (jedoch nicht naßkalter) Boden ohne Düngung dem Weinbaue mehr ent⸗ ſpricht. Auch bei der Auswahl der anzupflanzenden Reben muß in nördlich gelegeuen Weinbaugegenden mit Vorſicht zu Werke gegangen werden, indem hier manche in ſüdlichen Gegenden angepflanzten Traubengattungen gar nicht zur gehörigen Reife gelangen und daher nur von mehr frühreifenden Sorten ein edles Produkt erwartet werden kann. Das Gleiche iſt der Fall bei der Erziehung der Rebe und der Bebauung der Weinberge, indem in jenen Län⸗ dern beides mit beſonderer Vorſicht und Kenntniß (S. 50. 51) geſchehen 5 und daher einen großen Koſten-Aufwand erfordert, während in ſüdlichen Län⸗ dern mit weit weniger Koſten Alles mehr der Natur überlaſſen werden kann.

8.55. | f 2. Die Erhebung über die Meeres- und über die Thalflächen.

Das Meer, das den Erdkörper umſchließt, bildet die niedrigſte, zugleich aber gleichſte Fläche deſſelben, über welche ſich die bewohnte und vegetative Erdfläche mit ihren Hügeln und Bien theils mehr, theils weniger N

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es gewährt daher eine ſichere Grundlage für die Berechnung der Erhebund der Erdfläche und wird deßhalb auch bei allen ſich darauf beziehenden Unter- ſuchungen und Berechnungen zur Baſis genommen. Die Meſſung erfolgt mit dem Barometer durch den Druck der Luft, den dieſelbe auf das Queckſilber ausübt. Je ſtärker der Luftdruck, deſto höher ſteigt das Queckſilber in dem luftleeren Raume, je geringer, deſto mehr fällt daſſelbe; da nun an der Fläche des Meeres das Queckſilber in der Barometerröhre durchſchnittlich einen Stand von 28 Zoll 2 Linien pariſer Maß zeigt und je mehr ſich die Erdfläche über die Meeresfläche erhebt, die Luft immer reiner und leichter wird, und aus die⸗ ſem Grunde mit jeder ſenkrechten Erhebung von 75 pariſer Fuß das Queck⸗ ſilber um je eine Linie fällt, ſo läßt ſich dadurch die Erhebung über die Mee⸗ resfläche bei jeder Erd⸗ oder Bergfläche wenigſtens annähernd leicht berechnen. Eine andere mehr ſichere Berechnungsart geſchieht auf trigonometriſche Weiſe unter Zuhülfnahme des Theodoliten oder eines Nivellir-Inſtruments mit einem Höhenkreis oder auch eines Sextanten. Hiebei wird zuerſt die Entfer⸗ nung des Standpunktes von dem Höhenpunkt und ſofort die Zenithdiſtanz oder der Vertikal⸗Winkel ermittelt. Erſteres erfolgt durch gewöhnliches geometri⸗ ſches Meſſen, letzteres mittelſt eines Gradbogens. Die Vertikal- (aufrecht⸗ ſtehende, ſcheidelrechte) Linie bildet mit ihrer Grundlinie einen Winkel von 90 Graden, wenn nun mit dem Abſehen des Gradbogens nach dem Punkt, deſſen Höhe zu ermitteln iſt, viſirt wird, ſo zeigt der an dem Gradbogen be— findliche Senkel die Grade des Vertikalwinkels gegenüber von dem gegebenen Höhenpunkt an und wenn dieſe von 90 Graden abgezogen werden, ſo beſteht der Reſt in dem Höhenwinkel des gegebenen Punktes, unter deſſen Zugrund⸗ legung ſich auf trigonometriſche Weiſe berechnen läßt, wie hoch der gegebene Punkt über der Meeresfläche liegt, doch muß dabei ſtets ein dritter Punkt ge⸗ geben ſein, deſſen Höhe über dem Meere bekannt iſt.

Je höher nun die Erdoberfläche über die Meeresfläche ſich erhebt und je höher ein Gebirge iſt, deſto mehr iſt es den ſtarken, kalten Winden ausgeſetzt, deſto geringer alſo auch die Wärme ſeiner Luftſchichten und deſto weniger für den Weinbau geeignet. Von der geringern oder größeren Erhebung der einzel- nen Weinbaugegenden über die Meeresfläche hängt daher das Gedeihen des Weinbaues weſentlich ab und es findet hier zwiſchen den mehr ſüdlich und den mehr nördlich gelegenen Gegenden nur in ſo fern ein Unterſchied ſtatt, daß in jenen wegen der allgemein wärmeren climatiſchen Verhältniſſe der Weinbau auch noch bei größeren Erhebungen über die Meeresfläche (8. 53) als in dieſen gedeiht, wie denn auf dem Cap der guten Hoffnung der dortige edle Conſtantiawein bei einer Erhebung des Berges von 2000 Fuß über den Meeresſpiegel gewonnen wird. In Deutſchland erheben ſich die mildern Wein⸗ baugegenden (Rheingau) etwa 200, die höher gelegenen Gegenden 18— 1900

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Fuß über die Meeresfläche. Aber nicht allein von der Erhebung der Weinge⸗ birge über die Meeresfläche, ſondern auch von derjenigen über die betreffenden Thalſohlen hängt die Erzeugung eines guten und edlen Weines ab, indem, wenn auch das Thalniveau einer Weinbaugegend im Allgemeinen nicht allzuſehr über die Meeresfläche ſich erhebt, doch die höhern Theile der Gebirge oder die Rücken derſelben ſich nicht ſehr zum Weinbaue eignen, weil auch hier die häufigeren und ſtärkeren Winde auf die Vegetation der Rebe und die Zeiti⸗ gung der Traube, ſowie auf die Austrocknung des ohnehin magern Bodens einen nachtheiligen Einfluß ausüben, wodurch jedenfalls nur ein geringes Pro⸗ dukt erzeugt werden kann. In unſerem gemäßigten Clima wird daher auch bei geringer Erhebung über die Meeresfläche, die Erhebung der Weingebirge über die Thalſohle 400 —500 Fuß nicht überſteigen, bei höher liegenden Ge⸗ genden aber höchſtens nur 200 —300 Fuß betragen dürfen, wenn noch ein gut ter Wein erzielt werden ſoll. Bei der Erhebung der einzelnen Weingebirge über die Thalſohle muß dann wieder zwiſchen der untern, mittlern und obern Lage unterſchieden wer⸗ den. Auf die untern Lagen können die Sonnenſtrahlen, beſonders in engen Thälern, weniger einwirken und wenn der Abend herbeikommt und dieſelben nicht mehr wirken können, ſo ſteigt die erwärmte Luft von dem Thal in die Höhe, wodurch die Luftſchichten ſowie der Boden an den höhern Bergabhängen er⸗ wärmt bleiben, während in den Thälern, beſonders im Frühjahr und Spätjahr, Luft und Boden ſich ſtark abkühlen und aus letzterem kalte feuchte Nebel auf⸗ ſteigen. Solche Niederungen ſind nicht ſelten den Frühjahrs- und Spätjahrs⸗ fröſten ausgeſetzt und die mittlere Temperatur iſt an denſelben überhaupt niedri⸗ ger, indem nach angeſtellten Beobachtungen (Babo, der Weinbau nach der Reihenfolge der Arbeiten S. 70) der Wärmegrad des Bodens an ſüdlichen Abhängen gegen diejenige der Ebene im Durchſchnitt täglich 1,3 Grad Reau⸗ mür mehr betrug, ſo daß vom Frühjahr bis zum Spätjahr während 193 Tagen eine ebene Lage 250 Wärmegrade weniger empfing als ſonnige Berg⸗ abhänge, was auf die Zeitigung der Traube und des Holzes einen nachtheiligen Einfluß ausübt. Eben deßwegen gehören auch ebene, auf der Thalſohle ange⸗ legte Weinberge in der Regel nicht zu den vorzüglichen. Die obere Lage der Weingebirge ſowie der Rücken derſelben iſt, wie ſchon bemerkt, den Winden zu ſehr ausgeſetzt, wodurch die Luft ſtets abgekühlt wird und die Sonne weniger wirken kann. Die vorzüglichſte Lage bildet daher die Mitte der Berge, indem dieſelbe durch ihre höhere Lage vor dem Froſt, und durch den Berg ſelbſt vor ſtarken und kalten Winden geſchützt iſt, die Sonnenſtrahlen möglichſt ſenkrecht auffangen und dadurch dem Boden, der Rebe und der Traube am meiſten Wärme erhalten kann. Aus dieſem Grunde iſt auch das von der Mitte eines Weinberges gewonnene Weinprodukt in der Regel das Vorzüglichſte.

73 0 §. 56.

3. Die Richtung gegen die Himmelsgegend.

Die Richtung gegen die Himmelsgegend wird abgetheilt in 105 öſtliche, ſüdliche, weſtliche und nördliche, die dann wieder verſchiedene Unterabtheilungen haben, wie die ſüdöſtliche, ſüdweſtliche, nordöſtliche, nordweſtliche u. ſ. w. Je länger nun eine ſolche Lage den Einwirkungen der Sonnenſtrahlen ausgeſetzt iſt, und je mehr dadurch der Boden erwärmt und die Vegetation der Rebe und der Traube befördert wird, deſto mehr iſt ſie für den Weinbau geeignet. Unter dieſen Lagen iſt mithin die ſüdliche die vorzüglichſte, indem ſie nicht nur die Sonnenſtrahlen am längſten behält, ſondern auch noch den weitern Vor— theil gewährt, daß namentlich im Frühjahr, wenn Reifen und Froſt eintreten, der Reif, Thau und Regen, welche während der Nacht fallen, auf den jungen empfindlichen, zum Theil erſtarrten Trieben nicht zu ſchnell, ſondern nur nach und nach, bevor die Sonne allzuſehr brennt, aufgelöst und aufgetrocknet werden, wodurch die Reben vor manchen Beſchädigungen (Froſt) verwahrt und die Zeitigung der Trauben, welche während derſelben etwas Feuchtigkeit ver⸗ langen, weſentlich befördert wird. Nach ihr folgt die ſüdweſtliche und ſüdöſtliche, namentlich darf erſtere noch zu den vorzüglichſten Weinbergslagen gerechnet werden, weil hier, nachdem die untern Luftſchichten bereits erwärmt ſind, die Sonne, beſonders gegen das Spätjahr, auf die Zeitigung der Trauben und des Holzes einen ſehr vortheilhaften Einfluß ausübt, während bei letzterer hie und da ſchon die bei der öſtlichen Lage vorkommenden Nachtheile eintreten. Die öſtlichen und weſtlichen Lagen dürfen in der Regel zu den mittlern Wein- berglagen gerechnet werden. Die öſtliche Lage wird durch die aufgehende Sonne, deren Strahlen in gerader Richtung auf den Weinſtock fallen, frühe erwärmt und dieſe Wärme wird auch, wenn die Sonnenftrahlen die Lage be⸗ reits verlaſſen haben oder nur noch ſchief einfallen, durch die inzwiſchen einge— tretene Erwärmung des Bodens und der untern Luftſchichten, faſt den ganzen Tag bis gegen Abend erhalten, wodurch der Trieb und überhaupt das vege— tative Leben des Weinſtocks frühzeitig erweckt wird, was auf die Ergiebig- keit des Weinſtocks und die Zeitigung der Traube einen vortheilhaften Einfluß ausübt. Dagegen ſind die öſtlichen Lagen häufig den kalten und rauhen Oſt⸗ und Nordoſtwinden ausgeſetzt, die nicht nur an den Reben manche Beſchädi— gungen, wie Winddürre ꝛc., ſondern auch Froſt und Reifen veranlaſſen, wo⸗ durch, wenn die gefrorenen zarten Triebe durch die aufgehende Sonne ſchnell aufthauen, die Gefälle derſelben (§. 2) ſich ausdehnen und zerſpringen und dadurch zu Grunde gehen. Die öſtliche Lage hat übrigens, die Beeinträchti— gung des Ertrags durch Froſt ausgenommen, vor der weſtlichen Lage manchen Vorzug und fie kann ſogar zu den guten gerechnet werden, wenn fie hinreichen-

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den Schutz vor den kalten Winden genießt (S. 58). Die weſtliche Lage be⸗ kommt die Sonnenſtrahlen zu ſpät, hie und da erſt gegen Mittag, wodurch der Boden zu ſpät erwärmt und die Vegetation aufgehalten wird. Reifen, Thau und Regen bleiben daher zu lange auf den jungen Trieben ſtehen und werden dann durch die glühende Hitze der Mittagsſonne allzuſchnell abgetrod- net, der gleiche Fall tritt bei dem Boden ein, indem auch dieſer die Feuchtig⸗ keit zu lange behält und wenn die Sonne erſcheint, zu ſchnell austrocknet, wo⸗ durch Saftſtockungen und verſchiedene Krankheiten der Reben und Trauben entſtehen ($. 200). Gegen Abend empfängt die weſtliche Lage die Sonnen⸗ ſtrahlen in gleicher Richtung mit dem Horizont, wodurch dieſelben unter die

Weinſtöcke dringen, den dürren Boden noch mehr austrocknen und nicht ſelten

auf die unbeſchützten Trauben eine nachtheilige Wirkung ausüben. Außerdem iſt die Lage gegen Weſten den heftigen und feuchten Weſtwinden und, da von dieſer Gegend auch die meiſten Gewitter kommen, häufiger dem Hagel und den Verheerungen durch Wolkenbrüche ꝛc. ausgeſetzt. Im Allgemeinen erzeugt die weſtliche Lage, weil ſie mehr Feuchtigkeit genießt, zwar mehr, aber geringe⸗ ren Wein als die öſtliche Lage.

Die nördliche Lage iſt die ungünſtigſte, indem ſie das Licht und die Son⸗ nenſtrahlen nur von hinten, und, wenn die Weinberge ſtark gegen Norden ab- dachen, die Sonne erſt gegen Mittag empfängt und dieſelbe bald wieder ver⸗ liert. Die auf dieſe Weiſe auffallenden Sonnenſtrahlen haben weit weniger Wirkung, der Boden wird dadurch ſpäter und ſchwächer erwärmt, er dünſtet weniger aus und bleibt länger feucht (8. 4). Eine ſolche Lage übt daher auf die Vegetation der Rebe einen ſehr nachtheiligen Einfluß aus, indem ſie ſpäter beginnt und früher aufhört, wodurch Holz und Traube öfters nicht zur gehö— rigen Reife kommen, was auch auf den quantitativen Ertrag der Rebe im nächſten Jahre einen nachtheiligen Einfluß hat. Dagegen genießt die nördliche Lage den Vortheil, daß dieſelbe durch geringere Wärmeentwicklung und die ſpätere Vegetation weniger den Frühjahrsfröſten ausgeſetzt iſt, weil der an den Reben ſich anſetzende Reifen hier nicht, wie in ſüdlichen Lagen, wenn die Sonne erſcheint, ſchnell aufgelöst und dadurch die Triebkraft der Rebe zerſtört wird, ſondern derſelbe bleibt hier auch während der Mittagszeit an den Reben hängen, bis überhaupt mildere Witterung eintritt, wodurch dieſelben weit weni⸗ ger Schaden nehmen. Nördliche Lagen, beſonders wenn ſie vor den heftigen Nord⸗, Nordoſt⸗ und Nordweſtwinden geſchützt ſind und das Holz des Vorjahrs gehörig zur Reife kam und dadurch die erforderliche Triebkraft hat, können quantitativ einen größern Ertrag als mehr ſüdliche Lagen geben,

qualitativ wird aber das Weinerzeugniß allen andern Lagen nachſtehen. Unter

den nördlichen Lagen iſt übrigens aus den bereits oben angeführten Gründen die nordöſtliche Lage wieder der nordweſtlichen vorzuziehen.

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SHOT 4. Die Abdachungen gegen die Thalſohle. Die Wärme äußert auf alle Pflanzen einen weſentlichen Einfluß, insbe—

ſondere iſt es aber der Weinſtock, der zu ſeinem Gedeihen und zu der Zeiti— gung der Traube einen gewiſſen Grad von Wärme erfordert. Dieſelbe wird

durch die Sonnenſtrahlen bewirkt, indem dieſelben, ſowie ſie die Erdoberfläche treffen, abſorbirt werden und in fühlbare Wärme ſich verwandeln. Von dem erwärmten Boden werden dann erſt durch die Ausſtrahlung der Wärme die untern Luftſchichten erwärmt, daher am Boden die Wärme am ſtärkſten, je höher in der Luft, alſo auf Bergen, deſto geringer iſt. Außerdem hängt die

Erwärmung des Bodens von der Richtung ab, in welcher die Sonnenſtrahlen

auffallen, je ſenkrechter dieſes geſchieht, deſto mehr haben ſie Wirkung, je ſchiefer, deſto weniger Wärme verbreiten ſie, woraus ſich die Abnahme der Wärme und die Zunahme der Kälte in den nördlichen Gegenden erklären läßt. Bei unſern gemäßigten climatiſchen Verhältniſſen müſſen deßwegen für den Weinſtock Lagen gewonnen werden, welche die Wärme der Sonnenſtrahlen nicht nur möglichſt vollſtändig aufnehmen, ſondern durch welche auch die Kraft derſelben bei dem Auffallen auf dem Boden noch vermehrt wird. Solche Lagen beſtehen in Abdachungen an Bergen und Hügeln, an welchen die Son⸗ nenſtrahlen Mittags bei minderer Steilheit in einem ſtumpfen, bei mittlerer in einem rechten, bei ſtärkerer Steilheit in einem ſpitzen Winkel auffallen. Da nun nach den angeführten phyſikaliſchen Regeln die Sonnenſtrahlen da am kräftigſten wirken, wo ſie möglichſt ſenkrecht, alſo in dem ſpitzigſten Winkel

auffallen und dieſelben, da wo ſie vom Boden nicht ganz aufgeſogen werden,

in demſelben Winkel wieder zurückprallen und dadurch gleichfalls Wärme ver— breiten, ſo darf man annehmen, daß die ſteilſten gegen Mittag gekehrten Lagen an den Bergen auch die vorzüglichſten für den Weinbau ſeien. Allzuſteile Ab- dachungen haben aber den Nachtheil, daß das Waſſer zu ſchnell ablauft, der fruchtbare Boden häufig abgeſchwemmt wird und die Sonnenſtrahlen zu ſtark

aufprallen, wodurch der Boden zu ſchnell austrocknet und die Vegetation ge-

hemmt wird. An ſolchen Lagen muß daher die Steilheit durch aufzuführende Mauern oder Raine gemildert werden, wie dieſes auch in den ſoeben angeführ— ten vorzüglichen Weinberglagen der Fall iſt, ſo daß die einzelnen Weinbergs— beete wohl ſelten eine ſtärkere Abdachung als von 30 Graden haben.

Die angemeſſenſten Abdachungen für den Weinbau dürften daher die mehr ſanft anſteigenden ſein, mit einem Neigungswinkel von 15 - 30 Graden und wo der Berg Mittags gegen die Sonne einen rechten Winkel bildet.

An ganz ſchwachen Abdachungen oder auf ebenen Lagen haben die Son- nenſtrahlen, als in einem ganz ſtumpfen Winkel auffallend, die geringſte Wir⸗

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kung, auch beſchatten ſich dadurch die Rebſtöcke ſelbſt, was beſonders auf die Auszeitigung der Traube einen nachtheiligen Einfluß ausübt, daher die Weine von ebenen Lagen häufig von geringer Qualität find. Außerdem find folche Weinbergslagen öfters den Frühjahrs- und Spätjahrsfröſten ausgeſetzt, auch lauft hier das Waſſer entweder gar nicht oder nur langſam ab. Solche Lagen müſſen daher die Feuchtigkeit in ſich und in ihren Früchten verzehren, wodurch letztere mehr Waſſertheile erhalten, was beſonders in naſſen Jahrgängen große Nachtheile herbeiführt, indem die Trauben gerne faulen, die Rebſtöcke die meiſte Zeit im Waſſer ſtehen und durch Gelbwerden, durch Anſetzung des Schwarzbrenners oder auf andere Weiſe Schaden nehmen. Dagegen zeichnen ſich ſolche Lagen, weil der Boden in der Regel ſehr fett und kräftig iſt, wenn ſie keinen Froſtſchaden erleiden, durch einen reichlichen Ertrag aus, daher in guten Jahren zwar große Quantität, aber geringere Qualität erzeugt wird. Bei nördlichen Weinbergslagen ſind ſchwache Abdachungen häufig zuträglicher als ſteile, weil die Sonnenſtrahlen von hinten einfallen und dieſelben daher je weniger ſteil, deſto bälder erhalten, ſie ſind aber deſſen ungeachtet aus den in §. 56 angeführten Gründen keineswegs empfehlungswerth.

§. 58. 5. Die Richtung der herrſchenden Winde.

Die über ganze Länder hinziehenden, ſowie an einzelnen Weinberghalden herrſchenden Winde üben einen großen Einfluß ſowohl auf die Größe, als die Güte des Weinerzeugniſſes aus, fo daß hie und da ganz günſtige Weinbergs— lagen dadurch, daß fie kalten und feuchten Winden ausgeſetzt find, in eine ge- ringe Claſſe zurückfallen, während ſonſt ungünſtige Lagen durch den Schutz vor ſchädlichen Winden ſehr gewinnen und ein weit beſſeres Erzeugniß liefern, als andere ähnliche, aber nicht geſchützte Lagen. Kalte Winde üben ſowohl auf die Entwicklung der Rebe durch die Erzeugung won Froſt, als auf die Traube durch die Zerſtörung der Blüthe, durch ſpäte und unvollſtändige Zei⸗ tigung ꝛc. einen ſehr nachtheiligen Einfluß aus. Zu den ſchädlichſten Winden gehören daher die kalten Nord-, Nordoſt- und Oſtwinde, während heiße feuchte Südwinde, wie der Föhn in der Bodenſeegegend, das ſchnelle Faulen der öfters

noch unreifen Trauben herbeiführen und dadurch gleichfalls großen Schaden

bringen. Weſtwinde ſind häufig ſehr ſtürmiſch, führen öfters Regen und Ge⸗ witter herbei und ſind hie und da von Wolkenbrüchen und Hagel begleitet, was Alles den Reben und Trauben nicht zuträglich iſt, ſondern denſelben großen Nachtheil bringen kann (§. 195). Zu den beſſeren und zuträglichern Winden gehören die trockenen, warmen Süd-, Südoſt⸗ oder Südweſtwinde, indem ſie die naſſen und unreifen Früchte ſchnell abtrocknen, den Froſt und

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andere ſchädliche Einflüſſe verhüten und die Befruchtung, ſowie die Ausbildung und Auszeitigung der Reben und Trauben befördern. Je mehr daher eine Weinbergslage gegen ſchädliche Winde geſchützt iſt und von den beſſeren milden Winden beſtrichen werden kann, deſto beſſer iſt dieſelbe. Der Schutz wird herbeigeführt durch benachbarte höhere Gebirge, welche die Weinberge, beſon— ders gegen Norden und Oſten, umgeben, durch Waldungen, namentlich dichte Laubwaldungen, welche ſich zwar in der Nähe, aber nicht unmittelbar an den Weinbergen entweder oben oder auf den Seiten oder an benachbarten Bergen und Hügeln befinden, durch die keſſelartige Geſtalt der Weinberge ſelbſt, oder durch Erhöhungen und Bergeinſchnitte in denſelben, indem beſonders die ſoge— nannten muldenförmigen Einſchnitte bei guter ſüdlicher Lage zu den vorzüg— lichſten Weinberglagen gehören, nicht nur, weil ſolche Mulden meiſtens von den kalten und feuchten Oſt⸗ und Weſtwinden überſchlagen werden und ſich dort ſtets eine warme Luftſchichte entwickeln kann, ſondern weil auch ſolche Ver⸗ tiefungen in der Regel einen tiefgründigen, kräftigen Boden haben, der den Trieb der Rebe, ſowie die Traubenerzeugung und deren Entwicklung ſehr be— fördert. Auch durch ſich ſelbſt gewähren höhere Weingebirge einzelnen Theilen Schutz gegen kalte Winde, indem namentlich die mittlern Berglagen, beſonders bei etwas ſüdweſtlicher Lage, weit weniger als die höhern Lagen, gegen den Rücken oder auf dem Rücken der Berge, von kalten Winden beſtrichen werden können. Hie und da kann blos ein benachbarter Hügel oder die Wendung des Thales den rauhen Winden eine ſolche Richtung geben, daß dieſelben, ſo— wie ſchädliche Ausdünſtungen von den Weinbergen abgeleitet werden. Kalte Nord⸗, Oſt⸗ oder Weſtwinde werden gemildert, wenn ſie zuvor über weite, warme Ebenen ſtreichen, dadurch ſich erwärmen und die urſprünglichen ſchäd— lichen Eigenſchaften verlieren, bevor ſie die ihnen entgegenſtehenden Weingebirge berühren, wie dieſes in manchen Gegenden des mittlern Neckarthales, ſowie im Rheinthale bei dem auf der linken Seite gegen Oſten liegenden Haardtgebirge der Fall iſt. Solche Lagen ſind in der Regel trocken und haben weniger Regen, weil die von Weſten und Südweſten herziehenden Regenwolken über ſie wegſtreichen, ſich erſt am entgegengeſetzten Gebirge ſtoßen und dort ent- leeren. Sie genießen mithin die Vortheile, aber nicht die Nachtheile der öſt⸗ lichen Lage (8. 56) und gehören daher nicht ſelten zu den vorzüglichen Wein⸗ bergslagen. N

Zu den minder günſtigen Lokalitäten für den Weinbau gehören, wenn ſich in den Weingebirgen gegen Nord, Oſt oder Weſt tiefe Bergſchluchten befinden, durch welche kalte, naſſe und feuchte Winde Zutritt zu den an den Schluchten ſelbſt oder an Vorbergen befindlichen Weinbergen haben, indem dadurch die ſchädlichen Winde vermehrt werden, daher lange Thalwände ohne tiefe Berg— einſchnitte für den Weinbau weit vortheilhafter ſind. Auch enge, tiefe Thäler

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haben den Nachtheil, daß die Sonne ſpäter erſcheint und ſie früher verläßt, der Luftzug gehemmt ift und die warmen Luftſchichten ſich in denſelben nicht gehörig entwickeln können; ſie ſind deßwegen häufig kühl, neblich und dem Weinbaue weniger günſtig, beſonders, da ſich in denſelben im Früh- und Spät⸗ jahr gerne Froſt erzeugt, der den Reben Schaden bringt. Weniger iſt dieſes der Fall in engen, aber mehr flachen Thälern, indem hier mehr Luftzug iſt und die Sonne länger und kräftiger wirken kann, wodurch ſich in dem Thal grunde eine große Menge von Wärme anſammelt, während die kalten Winde darüber wegſtreichen. Solche Thäler bilden, bei entſprechender Richtung gegen die Himmelsgegend, öfters ſehr vorzügliche Weinbergslagen. In weiten Thä⸗ lern kann die Sonne vom frühen Morgen bis zum ſpäten Abend ihre Wirkung pollſtändig entwickeln, die warmen Winde haben dort mehr ungehinderten Zu— tritt, während die kalten Winde, bevor ſie ſich den an den Thalwandungen angelegten, mithin mehr vom Thalgrunde zurückſtehenden Weinbergen nähern, erwärmt werden, wodurch in ſolchen Thälern gewöhnlich eine freie, heitere Luft herrſcht, die den Froſt mehr verhütet als begünſtigt. Aus dieſem Grunde haben auch das Rheinthal vor den in daſſelbe einmündenden engern Thälern, ſowie das mittlere und untere Neckarthal vor den engeren Thälern der Enz, des Kochers und der Jagſt entſchiedene Vorzüge.

8. 59. 6. Die Umgebung der einzelnen Weinbergslageu.

Die Umgebungen der Weinberge, die Nachbarſchaft einzelner Gegenſtände haben auf den Weinbau einen ſehr weſentlichen Einfluß, ſo daß davon häufig die gute oder geringe Lage derſelben abhängt.

Vortheilhaft für den Weinbau ſind:

a. Alle Gegenſtände, durch welche, wie bereits angeführt (F. 58), die rauhen, kalten, ſtürmiſchen Winde abgehalten und dadurch die Wärme der ein⸗ zelnen Lagen erhöht wird, wie die Umgebungen von höhern Gebirgen, von ſchützenden Waldungen, die Nähe von Gebäuden, Felſen u. ſ. w.

Welch' großen Einfluß der Schutz durch Gebirge und höher liegende Wal⸗

dungen auf den Weinbau hat, iſt daraus erſichtlich, daß in dem obern Neckar⸗

thale, das Schutz durch das nahe Alpgebirge und durch die Schönbuchswal⸗ dungen genießt, namentlich zwiſchen Tübingen und Rottenburg bei einer Er⸗ hebung des Thalgrundes von 12—1400 Fuß noch bedeutender Weinbau ge⸗ trieben wird, während im oberen Kocherthal bei Hall bei einer Erhebung der Thalfläche von 952 Fuß der Weinbau faſt ganz aufgehört hat. 5

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b. Die ſogenannten Wetterſcheiden, durch welches die Gewitter und alſo auch Hagel und Wolkenbrüche von einzelnen Gegenden abgeleitet werden.

C. Die Umgebungen der Weinberge mit Mauern und Erddämmen, indem dadurch beſonders auf dem Rücken der Berge nicht nur die kalten und rauhen Winde abgehalten, ſondern auch durch das Abprallen der Sonnenſtrahlen an den Mauern Wärme in den Weinbergen verbreitet wird, auch bieten die Mauern große Flächen dar, zur Anlage von einträglichen Rebgeländen.

d. Die Nähe von anſehnlichen Flüſſen und Seen in weiten oder flachen Thälern wirkt auf die Vegetation der Rebe und der Traube in vielen Fällen ſehr vortheilhaft, indem der Reflex der Sonnenſtrahlen auf der ausgedehnten Waſſerfläche eine ſehr günſtige Wirkung auf gegenüberliegende Weinberge, hin— ſichtlich der Erhöhung der Wärme, ausübt und die von größeren Waſſerflächen häufig aufſteigenden Nebel bei eintretenden Frühjahrsfröſten die Reben vor dem allzufrühen Beſcheinen der Sonne ſchützen, wodurch das Aufthauen des Reifs langſamer von ſtatten geht und die jungen Triebe und Trauben mehr er- halten werden, auch befördern die Ausdünſtungen des Waſſers die Entwicklung

und Zeitigung der Trauben ſehr, ſo daß auf die Erzeugung der ausgezeichneten

Weine des Rheingaues, ſo wie auf diejenige der vorzüglichen Weine von Un⸗ tertürkheim, Cannſtatt, Mundelsheim, Beſigheim u. ſ. w. zuverläſſig auch die Ausdünſtungen des Rheins und des Neckars ſehr günſtig einwirken. Die fei⸗ neren Theile dieſer Ausdünſtungen ſteigen in die Höhe, verbreiten ſich in der Atmosphäre und fallen im Sommer als Thau oder als erquickender Regen, im Herbſte als dünner Nebel herab, ſie mäßigen die Hitze und Trockenheit, vermehren die Säfte, befördern dadurch die Vegetation, erweichen die Trauben und beſchleunigen die Zeitigung derſelben. Solche günſtige Einwirkungen ſetzen jedoch einen warmen, trockenen Weinbergsboden voraus, der die atmosphäriſchen Ausdünſtungen gerne und leicht an ſich zieht, während bei einem kühlen, kalten oder naſſen Boden gerade das Gegentheil eintreten würde. Nachtheilig für den Weinbau ſind:

a. Die unmittelbare Nähe von Ortſchaften und von Fabriken, indem da⸗ durch Rauch und unreine Dünſte verbreitet werden, die durch Niederſchlag theils die Blüthe beſchädigen und die Befruchtung hindern, oder ſich den Trauben mittheilen und dadurch auf deren Geſchmack einen ungünſtigen Ein⸗ fluß ausüben, auch ſind ſolche nahe Weinberge der Beſchädigung durch die verſchiedenen Hausthiere, ſowie durch Vögel ꝛc. ſehr ausgeſetzt.

b. Das unmittelbare Angrenzen der Weinberge an dichte, beſonders Nadel- waldungen, indem aus denſelben kalte, feuchte Nebel aufſteigen und dadurch Schatten, Kälte und Feuchtigkeit verbreitet werden, weil hier Schnee und Eis länger liegen bleiben und dieſelben auch nach heftigem Regen langſamer aus⸗

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trocknen, ein freier warmer Luftzug gehindert und viele ſchädliche Thiere (Vö⸗ gel und Vierfüßler) herbeigezogen werden. c. Die Nähe von Bäumen, Hecken u. ſ. w., indem dadurch gleichfalls Schat⸗

ten verbreitet, durch ihre Wurzelausläufer den Rebſtöcken viele Nahrung ent⸗

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zogen und ſchädlichen Inſekten, Vögeln, Mäuſen ꝛc. der Aufenthalt erleichtert wird.

d. Die Nähe von Wieſen- und grünen Futter- und Fruchtfeldern, indem ſie Thau und Nebel ſtark anziehen, dadurch Kälte verbreiten und die Gefahr des Erfrierens der Rebſtöcke, beſonders im Frühjahr, ſowie die Beſchädigung durch ſchädliche Thauniederſchläge ſehr vermehren.

e. Die Nähe von kalten, waſſerhaltigen Moos- und Wiesgründen, beſonders am Fuße der Weinberge, indem durch die ſtarken, kalten und nebeligen Aus⸗ dünſtungen die Luft verunreinigt, erkältet und nicht nur ſchädliche Thaunieder⸗ ſchläge herbeigezogen werden, ſondern auch die angrenzenden Weinberge der Gefahr des Erfrierens vorzugsweiſe ausgeſetzt find.

Der gleiche Fall tritt ein

f. wenn in engen Thälern Flüſſe und Bäche ſich befinden, indem ſie durch den gehemmten Luftzug gleichfalls Kälte verbreiten und die Gefahr des Er— frierens des Weinſtocks vermehren.

g. Die Nähe von Schnee- und Eisbergen, durch welche ſogar während des Sommers hie und da eiskalte Winde herabziehen, ſo wie die Nähe von aus⸗ gedehnten Seeen, weil durch deren Ausdünſtung die Luft gleichfalls, beſonders während der Nacht abgekühlt wird und zu ſtarke Thau- und Regenniederſchläge erfolgen, ſind den Reben in unſerm gemäßigten Clima gleichfalls ſehr ſchädlich, indem eiskalte Winde die zarten Triebe der Rebe häufig beſchädigen und die

Atmosphäre erkälten, ſtarke [hau und Regenniederſchläge aber zwar die Ve—

getation befördern, den Trauben aber viel Waſſer mittheilen, den Zuckergehalt derſelben, ſowie ſpäter den geiſtigen Gehalt des Weins vermindern und öfters eine baldige Fäulniß der Trauben herbeiführen, wodurch zu einer frühzeitigen Leſe geſchritten werden muß, wie dieſes in der Bodenſeegegend häufig vorkommt.

S. 60. 7. Die Regenmenge.

Die in einer Gegend fallende Regenmenge iſt für den Weinbau von we⸗ ſentlichem Einfluß, indem hauptſächlich Wärme und Feuchtigkeit die bedingen⸗ den Urſachen zu der Erzeugung eines guten Weins ſind. Die Traube ver⸗ langt zu ihrer vollſtändigen Auszeitigung einen gewiſſen Grad von Feuchtigkeit und namentlich iſt dieſes bei einzelnen Traubengattungen, wie z. B. bei dem Trollinger, in höherem Grade der Fall, indem derſelbe, wenn, nach vorausge⸗

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gangener heißer und trockener Witterung, während der Zeitigung kein Regen fällt, bei hitzigem Boden in der Vegetation ſtille ſteht und nur geringe Quan⸗ tität und Qualität liefert. Aus dieſem Grunde werden auch in ſüdlichen Ge— genden, wo während des Sommers ſelten Regen fällt, die vorzüglichſten Weine in der Nähe der großen Flüſſe, Seen oder dem Meere erzeugt, indem dort die ſtärkeren Thauniederſchläge den Regen erſetzen.

Allzuviel Regen und Feuchtigkeit ſchadet jedoch der Weinerzeugung außer— ordentlich, fo daß ſogar in ſehr warmen Gegenden, wie z. B. auf den weſt⸗ indiſchen Inſeln, aus den §. 53 angeführten Gründen, die Erzeugung eines geiſtreichen und haltbaren Weins zur Unmöglichkeit wird. Auch in gemäßigten Gegenden iſt eine größere Regenmenge wenigſtens der Erzeugung eines guten Weins ſchädlich, indem durch den größeren Regenfall auch die Temperatur⸗ verhältniſſe ſich in der Regel niedriger ſtellen, weil viele Regentage auch manche trübe Tage zur Folge haben, an welchen die Wärme-Entwicklung ge⸗ ringer iſt, was für die gute Auszeitigung der Trauben um ſo nachtheiliger iſt, als durch den ſtärkeren Regenfall dieſelben auch viele wäſſerige Theile auf- nehmen, die bei den niedrigern Temperaturverhältniſſen nicht mehr gehörig zerſetzt und in Zucker verwandelt werden können. Bei der Beurtheilung einer Gegend hinſichtlich ihrer beſſeren oder geringeren Lage für den Weinbau darf daher die durchſchnittlich fallende Regenmenge ($. 263, 268) wohl auch in Rechnung gebracht werden.

V. Die Nahrungsfoffe der Reben, der Boden der Weinberge.

§. 61.

Die Reben, ſowie alle Pflanzen, werden nur dadurch ernährt, daß ſie die nährenden Stoffe in flüſſiger oder dampfartiger Form theils aus der Luft, theils aus dem Boden aufjaugen. f

Die Luft beſteht hauptſächlich aus Stickſtoff und Sauerſtoff, ſowie in ge⸗ ringerer Menge aus Kohlen- und Waſſerſtoff. Es find dieſes gasartige Grundſtoffe, die chemiſch nicht zerlegbar ſind, theils aber unter ſich, theils mit andern Stoffen (Erde, Metalle, Waſſer) verſchiedene Verbindungen eingehen.

Der Stickſtoff bildet beinahe / der Atmosphäre, außer derſelben iſt er ſehr ſparſam in der Natur verbreitet. In den Grundſtoffen des Mineralreichs fehlt er ganz, dagegen wird er in dem thieriſchen Organismus in beträcht⸗ licher Menge gefunden.

Der Sauerſtoff macht ungefähr den fünften Theil der Atmosphäre aus. Er iſt der wichtigſte Beſtandtheil der Luft, indem durch ihn der Beſtand des

thieriſchen Lebens, das Athmen, das Keimen des Samenkorns und das Ge— deihen der Pflanzen, das Brennen des Feuers und das Verweſen der Pflan- 5 5 6

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zen⸗ und thieriſchen Stoffe bedingt wird. Er verbindet ſich, wo er ſich wirk⸗ ſam zeigt, mit dem Gegenſtand, auf den er wirkt, und bildet Säuren.

Der Kohlenſtoff kommt nur in ſehr geringer Menge und nicht ſelbſtſtän⸗ dig, ſondern nur in Verbindung mit dem Sauerſtoffe vor, mit dem er die Kohlenſäure bildet, durch die hauptſächlich die Ernährung der Pflanzen ber wirkt wird.

Der Waſſerſtoff bildet gleichfalls einen geringen Theil der atmosphäri⸗ ſchen Luft, er iſt leichter als die übrigen Luftarten, daher man ihn in der . zum Füllen der Luftballons verwendet. Er geht am häufigſten mit dem

Sauerſtoff Ver bindungen ein und bildet dann das Waſſer, das entweder als wäſſeriger Dunſt ſich in der Atmosphäre befindet oder ſich als Thau und Regen niederſchlägt.

Dieſe Beſtandtheile der Luft werden von den Blättern und Wurzeln der Pflanzen durch die Poren derſelben eingeſaugt ($. 1. 4), im Innern verarbei⸗ tet und das Ueberflüſſige auf gleiche Weiſe durch 1 wieder Ay ſtoßen.

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Neben den angeführten Grundſtoffen enthalten die Bilden aber auch Mineralien (Erde, Metalle, Salze u. ſ. w.), die ſie hauptſächlich aus dem Boden beziehen und die, aufgelöst durch den Zutritt der Luft, der Wärme und des Waſſers, den Pflanzen in flüſſigem Zuſtande zugeführt werden.

Der in der Luft enthaltene Wärmeſtoff, ſo wie das damit in Verbindung ſtehende Sonnenlicht ($. 57) üben gleichfalls einen wichtigen Einfluß auf das Gedeihen der Pflanzen aus. Ohne Wärme erſtarrt der Boden und die Pflanze wird zu Eis und geht zu Grunde. Ohne dieſelbe iſt daher kein Pflanzenleben denkbar. Die natürliche Wirkung der Wärme beſteht darin, daß ſie die Körper ausdehnt, die Kraft, womit die Theile derſelben zuſammen⸗ hängen, ſchwächt oder auflöst, und dadurch den Einfluß anderer Stoffe auf die Bildung neuer Zuſammenſetzungen erleichtert. Auf dieſe Art macht die⸗ ſelbe die Säfte der Pflanzen flüſſiger, fie erleichtert ihre Bewegungen in den Gefäſſen (§. 2) und begünſtigt, im Verein mit Flüſſigkeit und Luft, die Auf⸗ löſung der nährenden Theile der Erde und das Einſaugen derſelben durch die feinen Poren der Wurzeln. Allzuviel Wärme befördert aber die Ausdünſtungen der Pflanzen all zu ſehr, indem ſie ihnen das Waſſer entzieht, welches die Säfte flüſſig erhält und ſo in ihren Organen Stoffe verdichtet, die früher flüſſig waren, wodurch die Vegetation gehemmt wird und das Leben der Pflan⸗ zen ſtille ſteht oder gänzlich aufhört. Dieſer Fall tritt bei großer Hitze ein, wenn nicht durch Regen, Thau oder künftliche Wäſſerung der durchs Aus⸗ dünſten und Verdampfen verurſachte Verluſt erſetzt wird.

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Vermindert ſich aber die Wärme der Luft bedeutend, und es tritt Kälte ein, io verdicken ſich die Säfte der Pflanze gleichfalls, die Bewegung derſelben wird langſamer, die Thätigkeit der Organe vermindert ſich und die Lebens— verrichtungen werden matter und ſtehen zuletzt ganz ſtill, wenn die Lebenskräfte nicht wieder durch Wärme erneuert werden. Dieſer Fall kommt vor, wenn die Kälte der Luft ſo zunimmt, daß die innere Wärme der Pflanze der äußern Kälte nicht mehr widerſtehen kann, indem dann der Saft der Pflanzen ſich in

Eis verwandelt, das die Gefäſſe derſelben ausdehnt, wodurch dieſelben zer—

ſpringen und die ganze Pflanze zu Grunde geht.

Das Licht übt zwar keinen ſo bedeutenden Einfluß auf das Pflanzenleben aus, wie die Wärme, daſſelbe iſt jedoch deſſenungeachtet von beſonderer Wich— tigkeit, indem Pflanzen im Schatten oder in der Dunkelheit erzogen, bei wei⸗ tem nicht die Farbe, den durchdringenden Geruch und den Geſchmack haben und weit ſeltener Früchte tragen, als wie die, welche den unmittelbaren Ein— wirkungen der Sonnenſtrahlen ausgeſetzt ſind. Auch wird durch das Licht die Kohlenſtoff⸗Aufnahme der Pflanzen (§. 113), die in der Dunkelheit aufhört, bedingt und die Ausdünſtung derſelben befördert, indem die Blätter derſelben nur dann Sauerſtoff ausſtrömen, wenn ſie von der Sonne beſchienen werden.

Eine weitere Beſchaffenheit der Luft, welche auf die Vegetation der Pflan- zen Einfluß ausübt, iſt die Elektricität derſelben. Sie iſt eine elaſtiſche, un⸗ ſichtbare Flüſſigkeit, allgemein in der Natur verbreitet und hat die beſondere Eigenſchaft, daß ſie andere Körper ſelbſt auf bedeutende Entfernungen anzieht und abſtößt. Ihre bis jetzt noch nicht vollſtändig ermittelten Einwirkungen auf die Atmosphäre und dadurch auf das Leben der Pflanzen ſind jedenfalls von großem Einfluſſe, indem ſie durch ihre anziehende und abſtoßende Kraft nicht nur das hie und da geſtörte Gleichgewicht der Beſtandtheile der Atmos⸗

phäre (Stickſtoff, Sauerſtoff, Kohlenſtoff und Waſſerſtoff) wieder herſtellt

und dadurch zum Gedeihen von Thieren und Pflanzen beiträgt, ſondern ſie bedingt auch die Wirkung des Sauerſtoffs auf die Pflanzen und beſtimmt den Umlauf und das Ausſtrömen der wäſſerigen Flüſſigkeiten. Sie zeigt ihren Einfluß auf die Vegetation insbeſondere bei Waſſerniederſchlägen, indem das mit elektriſchen Stoffen geſchwängerte Regenwaſſer, namentlich bei Gewitter— regen, auf das Keimen und Wachſen der Pflanzen weit günſtiger als gewöhn⸗ liches Brunnem oder Flußwaſſer wirkt.

Das Waſſer, das aus 12—15 Procent Waſſerſtoff und aus 85—88 Pro- cent Sauerſtoff beſteht, theilt beide Stoffe den Pflanzen mit, trägt dadurch weſentlich zu deren Ernährung bei und iſt überhaupt für deren Leben ganz

unentbehrlich, indem es die Erde befruchtet, ihre Theile trennt und ſie dadurch

empfänglich macht für die Ausbreitung der Wurzeln, den Zutritt der Luft und für die Entwicklung der erſten Keime, auch beſitzt es nicht nur die Eigenſchaft, 8 5

84

die Gefäſſe der Pflanzen zu erweitern und auszudehnen und die Lebenskraft derſelben ſtets in Thätigkeit zu erhalten, ſie zu reizen, zu ſtärken, im Zuſtande der Erſchlaffung wieder zu wecken und zu beleben, ſondern auch alle diejenigen Nahrungsſtoffe (Mineralien) zu löſen, welche für ſich allein nicht flüſſig oder luftförmig werden können. Es trägt ferner durch ſeine flüſſige Beſchaffenheit zur Erzeugung der verſchiedenen Säfte der Pflanzen bei und vermittelt dadurch die Bildung der feſten Pflanzentheile (§. 2).

8. 63. |

Die Beſtandtheile der Pflanzen find durch die Verbindungen, wins die Grundſtoffe unter ſich und mit andern Körpern eingehen, in den manch⸗ fachſten Verhältniſſen in denſelben enthalten, wodurch dann auch die Ver⸗ ſchiedenheit der einzelnen Pflanzengattungen entſtanden iſt.

Durch jene Verbindungen entſtehen eine Menge neuer Körper, die zur Ernährung der Pflanzen beitragen, wie z. B. durch die Verbindung des Koh— lenſtoffs und Sauerſtoffs, die Kohlenſäure; durch die Verbindung des Stick⸗ ſtoffs mit dem Sauerſtoff, der Salpeter und mit dem Waſſerſtoff, das Am⸗ moniak. Ferner durch die Verbindung der Kohlenſäure mit reiner Kalkerde der kohlenſaure Kalk ꝛc. Eine nähere Ausführung dieſer verſchiedenartigen Verbindungen gehört jedoch nicht hierher, ſondern zur landwirthſchaftlichen Chemie, wir haben deßwegen hinſichtlich der Ernährung der Pflanzen nur noch anzuführen, daß alles, was als Pflanzen-Nahrung brauchbar ſein ſoll, entweder flüſſig oder luftförmig ſein muß, damit daſſelbe durch die feinen, mit bloßem Auge gar nicht erkennbaren Poren der Wurzeln und Blätter der Pflanzen aufgeſaugt und denſelben zugeführt werden kann, da feſte Körper nicht in denſelben einzudringen vermögen.

Wenn man die Pflanzenkörper chemiſch zerlegt, fo bilden Kohlen-, Waſſer⸗ und Sauerſtoff und bei einzelnen Pflanzen Stickſtoff, zu welchen auch die Traube gehört, die vier Grundelemente derſelben, wozu noch einzelne Mineral⸗ ſtoffe kommen. Man nennt jene die organiſchen Stoffe, weil ſie als die Hauptbeſtandtheile aller organiſchen Stoffe (des Pflanzen⸗ und Thierreichs) anzuſehen ſind, oder auch verbrennliche, weil ſie beim Erhitzen an der Luft vollſtändig verbrennen und verſchwinden, d. h. ſich in luftförmige Verbindun⸗ gen verwandeln. Die Mineralſtoffe, welche gewöhnlich nur in geringer Menge in den Pflanzen enthalten ſind, gehören zu den unorganiſchen oder unver⸗ brennlichen Stoffen, weil ſie durch die Hitze nicht verbrannt oder verflüchtigt werden. Unter dieſen Beſtandtheilen der Pflanzen iſt der Kohlenſtoff in der größten Menge in denſelben ea und macht daher. die Srrublage: des ganzen FT. Reiches aus.

Be 85

Die Kohlenſäure der Luft wird fortwährend von den Blättern der Pflanzen eingeſaugt und von denſelben zerlegt, wodurch ſie ſich den Kohlenſtoff aneignen, den Sauerſtoff aber wieder in die Atmosphäre ausſtoßen und da— durch die, durch das Einathmen von Menſchen, Thieren und Pflanzen konſu— mirte Menge ſtets wieder erſetzen. Die zum Leben der Pflanzen ſo unent⸗ behrliche Kohlenſäure iſt aber nicht blos in der Luft, ſondern auch in dem Quellwaſſer und in jedem Boden enthalten, der gährende Stoffe enthält, in- dem Gährung durch die Entwicklung der Kohlenſäure entſteht. Dieſelbe wird daher täglich in größter Menge erzeugt, ſie wird unerachtet ihrer verſchieden— artigen Eutſtehung von der Luft aufgenommen und trägt weſentlich zur gleich- förmigen Erhaltung derſelben bei.

Den Sauer⸗ und Waſſerſtoff erhalten die Pflanzen hauptſächlich mit dem Waſſer, beide dringen mit demſelben in die Pflanzen, verbinden ſich mit ihren Säften und ſind als Nahrungsſtoffe die erſten Lebensbedingungen der⸗ ſelben. .

Der Stickſtoff wird von den Pflanzen theils aus der Atmosphäre ange⸗ zogen, theils den Wurzeln derſelben in dem animaliſchen und vegetabiliſchen Dünger durch den Ammoniak zugeführt. Der Stickſtoff iſt außer in der Luft, auch noch in dem Körper der Thiere und Pflanzen enthalten, ſterben nun dieſe ab und gehen in Fäulniß (Gährung) über, ſo werden von den vorhande— nen vier Grundſtoffen, der Kohlenſtoff und Sauerſtoff ausgeſtoßen und mit dem dritten, dem Waſſerſtoff, bleibt er verbunden und ſtellt das Ammoniak vor, das eines der wichtigſten und werthvollſten Nährmittel der Pflanzen iſt. Es beſitzt einen ſehr ſtarken, ſtechenden Geruch und eine große Flüchtigkeit, es entweicht daher in die Atmosphäre, wenn die Fäulniß nicht in der Erde ſtatt⸗ findet, oder ſeine Flüchtigkeit nicht durch Säuren (Schwefelſäuren, Salzſäure, Humus) an den Boden gebunden wird, daher es nur in dieſem Falle zur Er- nährung der Pflanzen dient.

Die mineraliſchen (unorganiſchen) Stoffe werden den Pflanzen durch das Waſſer zugeführt, indem dieſelben, wie bereits angeführt, durch die Einwirkung der Luft, der Wärme, der Kälte und des Waſſers verwittern, ſich in feine Theile auflöſen, dadurch mit dem Waſſer ſich verbinden und mit demſelben in die Pflanzen übergehen.

Nach dem hier Angeführten beſtehen die Nahrungsmittel der Pflanzen hauptſächlich in Kohlenſäure, Waſſer, Ammoniak und einigen Mineralſtoffen, wie nun aber dieſe einzelnen Stoffe von der Natur verarbeitet und diejenigen Stoffe daraus gebildet werden, die wir in den Pflanzen finden, in dieſe Ge⸗ heimniſſe der Natur ſind unſere Chemiker bis jetzt noch 5 5 daher wir hier unſer Nichtwiſſen bekennen müſſen.

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/ 5 EEE

§. 64. Die Urſtoffe unſeres Erdkörpers beſtehen aus Mittal und zwar aus Erde und Metallen.

Unter Erde verſteht man trockene, lockere Körper, welche, in reinem Zu- ſtande geruchlos, von weißer Farbe, im Feuer unſchmelzbar und unzerſtörbar und im Waſſer nicht ganz lösbar ſind. Dieſe Erden rechnete man früher, wie die Grundſtoffe der Luft, zu den Elementen (einfache Grundſtoffe); nach neueren Unterſuchungen iſt dieſes aber nicht der Fall, ſondern es ſind Ver— bindungen von Metallen mit dem Sauerſtoff (Metalloxyde).

Metalle ſind unzerlegbare Körper, die ſich durch ihren eigenthümlichen Glanz, ihr ſtarkes Gewicht, ihre Undurchſichtigkeit, ihre Zähigkeit und Dehn⸗ barkeit auszeichnen. Sie ſind ſchmelzbar, gehen mit dem Sauerſtoff (Oxygen) gerne Verbindungen ein, wodurch ſie ihre phyſiſche Eigenſchaft verlieren und ſich in ein erdartiges Pulver verwandeln (Oxydation), wodurch ſich die ‚Des talloxyde und Metallſäuren bilden.

Diejenigen Erdarten, die im Boden allgemein verbreitet ſind und in grö⸗ ßerer Menge in demſelben vorkommen, find Kieſelerde, Thon-, Kalk: und Bittererde. Weitere Erdarten, welche neuerlich durch die Chemie entdeckt worden find (Barytherde, Gyeinerde ꝛc.), weil fie nur in einzelnen Minera⸗ lien enthalten ſind, kommen hier nicht in Betracht.

1. Die Kieſelerde iſt im Waſſer, ſowie auch in Säuren, außer der Fluß⸗ ſpathſäure, völlig unauflöslich, nimmt aber, wenn ſie im trockenen Zuſtande mit Waſſer übergoſſen wird, bei 100 Theilen 250—280 Theile Waſſer in ſich auf, läßt jedoch daſſelbe ſchnell wieder verdunſten (dreimal ſchneller als koh⸗ lenſaurer Kalk und fünfmal ſchneller als Thonerde). Sie iſt über die Hälfte aus Sauerſtoff zuſammengeſetzt, und iſt am häufigſten auf unſerem Erdkörper verbreitet, ſo daß mehr als die Hälfte deſſelben aus Kieſelerde beſteht, daher fie überall im Boden mit andern Erdarten gemiſcht (8. 65), als feinſtes Puls ver oder als Sand, ſowie auch in den Pflanzen vorkommt.

2. Die Thonerde iſt zwar nicht im Waſſer, aber in allen Säuren auf⸗ löslich. Sie ſchluckt das Waſſer gierig an und nimmt das vierfache ihres Gewichts im Waſſer auf, ohne es in Tropfen fahren zu laſſen und hält das⸗ ſelbe ſtark zurück, beſonders im Innern des Bodens. Sie beſteht aus 46,70 Sauerſtoff und aus 53,30 Theilen einer metalliſchen Subſtanz, dem Alumi⸗ nium, und iſt in jedem Boden, in größerer Menge aber im bündigen, in ge⸗ ringerer im loſen Boden vorhanden. f

In Verbindung mit Kieſelerde und Eiſen bildet ſie den Thon, der zu⸗ nächſt aus dem Feldſpath und Thonſchiefer (§. 66) entſtanden zu ſein ſcheint und zwar viel Waſſer, jedoch nur eine beſtimmte Menge, in ſich aufnimmt, er widerſetzt ſich dem Eindringen des Weitern, d. h. er iſt waſſerdicht. Er hat

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die meiſte Anziehungskraft und verbindet ſich deßwegen gern mit andern Stof- fen, er ſaugt die Feuchtigkeit aus der Luft an, zerſetzt im naſſen Zuſtande die atmosphäriſche Luft und verbindet ſich mit dem Sauerſtoff. Er erwärmt ſich langſam, langſamer als der Sand und verliert die Wärme viel ſchneller wie- der, doch hält er ſie länger als Kalk und Bittererde. Im glühenden Zuſtande verhärtet es ſich zu einer ſteinigen Maſſe.

3. Die Kalkerde hat einen laugenhaften Geſchmack und iſt im Waſſer und in allen Säuren auflöslich. Wenn ſie mit Waſſer begoſſen wird, ſchluckt ſie daſſelbe unter Ziſchen begierig an und zerfällt zu einem feinen Pulver. Dabei erzeugt ſich ein hoher Grad von Wärme, die daher kommt, daß das’ von dem Kalke eingeſchluckte Waſſer mit ihm verbunden wird und dadurch ſeine Wärme fahren läßt. Sie bildet dadurch die Grundlage des Mauerkal⸗ kes. Reine Kalkerde beſteht aus 28,09 Sauerſtoff und aus 71,91 Calcium, kommt aber in der Natur nirgends vor, ſondern iſt im Boden entweder als kohlenſaurer Kalk oder als ſchwefelſaurer Kalk enthalten.

a. Der kohlenſaure Kalk beſteht aus Kalkerde, Kohlenſäure und Waſſer, er kommt jedoch im Boden ſtets in einer Miſchung mit Thon und Sand vor. Er löst ſich in allen Säuren auf, wobei die mit ihm verbundene Kohlenſäure, wenn man denſelben mit einer verdünnten Salz⸗ oder Salpeterſäure ꝛc. bes gießt, in Geſtalt von Bläschen und mit Geräuſch entweicht. Wird der koh⸗ lenſaure Kalk (Kalkſäure) einem hohen Hitzegrad ausgeſetzt (gebrannt wie in den Ziegelöfen), jo verflüchtigt ſich zuerſt das Waſſer, dann die Kohlenſäure, er iſt nun reine Kalkerde oder gebrannter Kalk. Er nimmt in zerriebenem Zuſtande faſt eben fo viel Waſſer auf, als fein Gewicht beträgt, verdunſtet daſſelbe ſchneller wieder als reine Thonerde, langſamer aber als Thon. Er ſaugt in einer beſtimmten Zeit weniger Feuchtigkeit aus der Luft an, wie der Thon, aber mehr als gemengte kalkloſe Bodenarten, auch auf die Zerſetzung der Luft durch Aufnahme des u derſelben wirkt er ebenfalls gerin- ger als der Thon.

Durch eine Verbindung der tohlenfanern Kalkerde mit Thon entſteht der Mergel.

b. Der ſchwefelſaure Kalt iſt aus Kalk, Schwefelſäure und Waſſer zu⸗ ſammengeſetzt und kommt unter dem Namen Gyps und Alabaſter vor. Er iſt im kalten Waſſer löslich und im Feuer ſchmelzbar. Wenn man ihn einer hohen Feuerhitze ausſetzt, fo verdunſtet das Waſſer und ein Theil des Schwe— fels, er nimmt eine weiße Farbe an, zerfällt und erſcheint als gebrannter Gyps. Er verbindet ſich mit dem Waſſer nicht ſo raſch wie der Kalk, nimmt aber eine größere Menge davon auf, und wird hauptſächlich zum Vertünchen der Wandungen und Decken, ſo wie auch zu Abgüſſen benützt.

4. Die Bittererde oder Talkerde, auch Magneſia, iſt im Waſſer unauf⸗

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löslich, aber in allen Säuren lösbar. Sie äußert keine Wirkung auf die or⸗ ganiſchen Subſtanzen und entwickelt keine Wärme, wenn ſie mit Waſſer über⸗ goſſen wird. Sie nimmt bis zum vierfachen Betrag ihres Gewichts Waſſer auf, ohne es in Tropfen fahren zu laſſen. Sie ſaugt weit langſamer, als die Kalkerde, Feuchtigkeit aus der Luft an und viel ſpäter als dieſe ſättigt ſie ſich mit Kohlenſäure. Sie kommt im Boden immer nur als kohlenſaure Bittererde vor, die im Waſſer gering löslich iſt und bei dem Begießen mit Säuren aufbraust, wie kohlenſaure Kalkerde. Die kohlenſaure Bittererde nimmt von allen Beſtandtheilen des Bodens das meiſte Waſſergauf, verdunſtet das⸗ ſelbe am langſamſten, ſaugt am meiſten Feuchtigkeit aus der Luft auf und zieht aus der Luft in größter Menge Sauerſtoff an. Sie nimmt von der Luft die wenigſte Wärme an, erkaltet am ſchnellſten und kommt faſt in allen Bodenarten, jedoch in ſehr geringer Menge vor.

§. 65.

Zu den Metallen, welche eines Theils zu der Bildung unſeres Erdkör— pers, andern Theils zur Ernährung der Pflanzen beitragen, gehören haupt» ſächlich Eiſen, Silicium, Aluminium, Magnium, Calium, Natrium, Calcium. Alle dieſe Metalle find unzerlegbar und gehören ſomit, wie die Beſtandtheile der Luft, zu den Grundſtoffen unſeres Erdkörpers. Sie werden ſelten in reinem Zuſtande getroffen, ſondern in der Regel verbunden mit andern Na- turkörpern, beſonders mit Felsmaſſen, denen ſie häufig ihre Farbe geben. Sind ſie vermiſcht mit Schwefel, ſo haben ſie ein metalliſch glänzendes, mit dem Sauerſtoff der Luft aber ein erdiges Ausſehen. Durch eine Miſchung mit wirklicher Säure werden es Salze. |

1. Das Eiſen kommt allein im reinen Zuſtande in der Erde vor, jedoch nur als Meteoreiſen, in der Regel erſcheint es in Verbindung mit Sauerſtoff, d. h. im oxydirten Zuſtande. Es iſt allgemein in der Erde in großer Menge verbreitet und macht ca. den 200. Theil unſerer Erdrinde aus. Es gibt we- nige Mineralien, die nicht Eiſen enthalten, wenn es auch nur als Farbeſtoff darin enthalten iſt. Mit dem Thon iſt es oft in großer Menge verbunden, dem es häufig auch ſeine braunrothe Farbe gibt; geringer iſt ſein Gehalt in den bittererdigen Geſteinen oder Erdarten, am geringſten im Kalke enthalten. Auch das Waſſer mancher Flüſſe und Ströme, ſo wie vieler Quellen enthält Eiſen in großen oder kleinen Quantitäten, ſo wie man es auch häufig in Ge⸗ wächſen findet. f

Das mit Sauerſtoff verbundene Eiſen wirkt auf viele Felsarten zeritö- rend und zerſetzend ein, dagegen ſpielt daſſelbe beim Feſterwerden, Erhärten mineraliſcher Maſſen eine große und wichtige Rolle, indem ihm bei veränder⸗

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ten Miſchungsverhältniſſen eine ſtarke bindende Kraft verliehen iſt und es daher auch zum Erhärten unſerer Felsmaſſen vieles beigetragen hat.

2. Silicium, Aluminium und Magnium (Mangan) bilden die metalliſchen Grundlagen der Kieſelerde, Thonerde und Talkerde und werden daher auch Erdmetalle genannt. Dieſe Metalle kommen in reinem Zuſtande nirgends, fondern blos verbunden mit andern Körpern vor, ſie werden daher erſt auf chemiſchem Wege rein dargeſtellt. Unter denſelben iſt Mangan (Braunſtein) das verbreitetſte und wird in dieſer Beziehung dem Eiſen wenig nachgeben, ob es gleich ſtets nur in geringer Menge getroffen wird.

3. Cali, Natron und Calcium gehören zu den ſogenannten Altali⸗Metallen. Sie kommen nirgends rein vor, ſondern durch ihre Verbindung mit Sauerſtoff entſpringen die Alkalien oder alkaliniſchen Erden, woher fie ihren Namen ha- ben. Sie zeichnen ſich durch einen ſcharfen, brennenden Geſchmack aus und haben die Eigenſchaft, daß ſie die rothe Farbe der Pflanzenſäfte in eine blaue, und die blaue in eine grüne verwandeln. Sie haben eine große Neigung, ſich mit Säuren zu verbinden, in welchem Falle beide ihren urſprünglichen Cha- rakter verlieren und ſich gegenſeitig neutraliſiren.

Das Kali oder vegetabiliſche Laugenſalz iſt vorzüglich in den Pflanzen und hauptſächlich auch in der Rebe enthalten und wird aus der Aſche der verbrannten Pflanzen gewonnen, aus der zuerſt Potaſche und aus dieſer ſodann reines Cali dargeſtellt wird, das in einer weißen ſalzartigen Subſtanz beſteht.

Das Natrum (Soda) trifft man in mineraliſchen, vegetabiliſchen und thieriſchen Körpern an. Es iſt überall mit Säuren verbunden. Mit der Salz— ſäure vereinigt, bildet es das Kochſalz. Es wird aus dieſem, ſowie auch aus Pflanzen, die auf ſalzigem Boden oder am Meeresſtrande wachſen, auf chenti- ſchem Wege dargeſtellt und hat ähnliche Eigenfchaften wie das Kali.

Calcium iſt, wie bereits erwähnt, (S. 64) die metalliſche Grundlage der Kalkerde.

Die ſchon hie und da erwähnten Säuren find mächtig wirkende Kräfte bei vorkommenden chemiſchen Veränderungen. Sie zeichnen ſich vorzüglich durch ihren ſauren Geſchmack aus, und üben einen großen Einfluß auf die Farbe der Pflanzenſäfte aus, indem ſie die meiſten blauen Pflanzengefäſſe roth und mehrere rothe, gelbroth färben. Sie ſind es, welche fortwährend zahl— loſe Zerſetzungen von Mineralkörpern hervorbringen und eine Menge Ver— bindungen mit denſelben eingehen, wodurch ſie Salze bilden. Die größere Zahl derſelben ſtellt ſich, in Folge ihrer Anziehung zum Waſſer, flüſſig dar, einige ſind feſte Körper, andern iſt Gasgeſtalt eigen. Sie entſtehen meiſt durch Verbindung gewiſſer Subſtanzen mit Sauerſtoff.

Die intereſſanteren Säuren beſtehen hauptſächlich:

aus Schwefelſäure, Kohlenſäure, Salpeterſäure, Phosphorſäure und

90 Salzſäure. Dieſe Säuren, und beſonders die Schwefelſäure ſind in Menge mit Alkalien, Erde und Metallen verbunden, wie denn z. B. Bit Gyps faſt zur Hälfte aus jener Säure beſteht.

Die durch Säuren in Verbindung mit andern Körpern ldi Salze ſpielen keine unwichtige Rolle bei der Vegetation der Pflanzen und ſind in denſelben in großer Menge vorhanden. Im Allgemeinen werden ſie eingetheilt in Salze des Mineralreichs, die ſich durch Verbindung mit Metallen oder Erde zu einem Salze vereinigt haben, und in Salze der Pflanzen und des Thierreichs, die hauptſächlich aus Abgängen von eee Körpern, wie der Salpeter, gewonnen wird.

S. 66.

Unſere Erdrinde beſtand urſprünglich aus Felſen und Geſteinen, die auf zweifache Weiſe entſtanden ſind, durch Feuer und auch Waſſer, und werden deßwe⸗ gen eingetheilt in plutoniſche oder vulkaniſche und in neptuniſche. Die pluto⸗ niſchen Gebilde waren urſprünglich in feurig flüſſigem Zuſtande vorhanden und erkalteten nach und nach zu einer feſten ſteinigen kryſtalliniſchen Maſſe, wie dieſes noch gegenwärtig bei den durch den Ausbruch der Feuerberge entſtehen⸗ den vulkaniſchen Gebilden der Fall iſt. Die plutoniſchen Gebilde ſind die älte⸗ ſten unſerer Erdrinde und gehören zu den ſogenannten Urgebirgen. Sie zeich⸗ nen ſich aus durch ihre feſten, dichten, kryſtalliniſchen Beſtandtheile ohne Bindemittel, durch ihre metallreichen Gänge, der Hauptlagerſtätte der Metalle, und dadurch, daß in denſelben die Reſte einer organiſchen Welt gänzlich fehlen. Sie beſtehen hauptſächlich in Quarz, Feldſpath, Glimmer, Granit, Gueis. Quarz gehört zu den einfachen Geſteinen und beſteht blos aus Kieſelerde, er iſt hell oder ganz durchſichtig, farblos und bildet die Bergkryſtalle. Feldſpath beſteht hauptſächlich aus Thon und Kieſelerde, er iſt graulich, gelblich oder röthlich weiß, hie und da durchſichtig und glänzend, manchmal auch matt und erdig und zeichnet ſich gegenüber von Quarz durch ſeine geringere Härte und ſeine Verwitterbarkeit aus.

Der Glimmer hat einen lebhaften, metallähnlichen Glanz, woher er ſeinen Namen hat, er ſpaltet ſich in die dünnſten Blättchen, iſt von geringer Härte und beſteht hauptſächlich aus Kieſelerde, Thonerde verbunden mit Kali.

Granit iſt ſchon zuſammengeſetzt aus Quarz, Feldſpath und Glimmer, faſt zu gleichen Theilen, doch herrſcht der Feldſpath vor.

Gneis beſteht hauptſächlich aus Glimmer, dann aus Feldſpath und Quarz. Außer dieſen Hauptgebirgsarten enthalten die Urgebirge noch manche andere plutoniſche Maſſen, wie Glimmerſchiefer, Magneteiſen, Talk⸗ und Chlorit⸗ ſchiefer, Urgyps, körnigen Kalk ꝛc., ſie ſind jedoch von geringerer Bedeutung und können hier übergangen werden.

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Die neptuniſchen Gebilde find hauptſächlich durch die Wirkungen des Waſſers, durch Anſchwemmungen von Trümmern der Urgebirge entſtanden und werden deßwegen auch

Flöz⸗ oder Sekundäre⸗ Gebirge genannt.

Durch die Wirkungen des Waſſers, der Luft und Wünneheigleh auch durch vulkaniſche Kräfte (Feuer) wurde ein Theil des Beſtandes der Urgebirge aufgelöst und in feinere und gröbere Theile zertrümmert. Beim Granit und Gneis iſt es hauptſächlich der Feldſpath, der die Verwitterung begünſtigt, er wird am früheſten erdig, das Waſſer löst ihn auf und der Zuſammenhalt der drei Stoffe, aus welchen dieſelben beſtehen, iſt aufgehoben, das Geſtein zer⸗ fällt, Trümmer reißen los, es entſtehen Spalten, das Waſſer dringt ins In- nere, Klüfte trennen die Maſſen und ganze Blöcke ſtürzen in die Tiefe. Auf dieſe Weiſe entſtanden Anſchwemmungen unter der Meeresfläche, die durch den Hinzutritt von verſchiedenen Bindemitteln (Thon, Kalk, Eiſen) zu einer zuſammenhängenden, mehr oder minder feſten Maſſe verbunden wurden und ſpäter durch plutoniſche Kräfte gehoben, nun die Flözgebirge ausmachen.

Die auf dieſe Weiſe gebildeten Gebirgsarten ſind in ihren Beſtandtheilen ſehr verſchieden, ſie werden jedoch nach den verſchiedenen Hauptbeſtandtheilen in einzelne Abtheilungen oder Gruppen gebracht, die hauptſächlich beſtehen:

1. in der Thonſchiefergruppe, die aufgelagert auf dem Urgebirge hauptſächlich Thonſtein, Thonſchiefer, Grau⸗ wacke, Sandſtein, Kohlenſandſtein (Anthracit), Steinkohle, Todtliegendes und Trümmer⸗Geſtein ꝛc. enthält.

In dieſer Gruppe kommen Ablagerungen von Kalk, Mergel, Gyps und Thon vor, auch zeigt ſich bereits ein vegetatives Leben durch die Entſtehung ausgedehnter Waldungen, der baumſtämmigen Farrenkräuter, jo wie einiger lebender Thiere, die zur Claſſe der Reptilien gehören. Außerdem ſcheinen bei der Bildung dieſer Gruppe große Umwälzungen unſerer Erdrinde ſtattgefunden zu haben, welche einen Theil derſelben zertrümmert, zermalmt, und ſpäter zu andern Bildungen (Grauwacke, Todtliegendes) verwendet, auch ganze Urwal⸗ dungen (Steinkohlenbildung) begraben haben.

2. In dem bunten und rothen Sandſtein, der ſeinen Namen von dem braunrothen Ausſehen erhalten hat. Er beſteht aus Quarzkörnern mit Glimmerblättchen und aus einem eiſenhaltigen, theils kieſeli⸗ gen, theils thonigen, theils kalkigen Bindemittel mit Erzgängen. | 3. In dem Muſchelkalk. |

mit vielen verſteinerten Muſcheln, daher der Namen, und in verſchiedenen Mergel: und Kalkſteiaſchichten beſtehend.

Nach neueren mikroſcopiſchen Unterſuchungen ſolen die Kalkſteine, ſowie

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auch die Kreide auf dem Grunde des Meeres aus einer Menge kleiner zuſam⸗ mengebackener Schalthiere entſtanden ſein, die dem bloßen Auge nicht ſichtbar find und durch ein kalkiges, hie und da auch thoniges, Bindemittel zuſammen⸗ gehalten werden. 4. In dem Keuper, der in ſehr verſchiedenen Schichten von Mergel, Gyps, Thon und Sandſtein beſteht. N 5. In dem Liaskalk, auch ſchwarzen Jura

mit vielen Verſteinerungen, beſtehend

a. in dem eigentlichen Liaskalk, einem Kalkſteine, der ſic von dem Mu⸗

ſchelkalk durch ſeine ſchwarzblaue Farbe unterſcheidet;

b. in Kalkmergelſchiefer; f

c. Liasſandſtein:

d. Thoneiſenſtein.

6. In dem Jurakalk, auch braunen oder weißen Jura, gleichfalls mit vielen Verſteinerungen und in vielen Abtheilungen beſtehend. 7. In dem Kreide- und Quader- (grüner) Sandſtein, mit vielen foſſilen Reſten von Vögeln, Fiſchen, a be⸗ ſtehend aus kalkigen, ſandigen und thonigen Lagern. 8. Ju vulkaniſchen Gebilden, die hauptſächlich während der letzten Periode der Erdbildung aus dem Innern der Erde ſich erhoben, die einzelnen Schichten durchdrungen, in Spalten bis zur Oberfläche der Erde aufgeſtiegen und dort zum Theil noch Berge gebildet haben. |

Nach der Bildung der Flöz- oder Sekundär-Gebirge entſtanden haupt

ſächlich aus einzelnen Trümmern derſelben neuere Schichtenbildungen, die Terziäre- oder Molaſſe-Bildung.

Sie iſt durch Anſchwemmungen unter dem Meerwaſſer oder unter dem Waſſer großer Landſeen entſtanden und beſteht hauptſächlich in Thon⸗ und Kalkablagerungen und in einem feſten Sandſtein von ſehr feinem Korn, der eigentlichen Molaſſe, mit häufigen Einlagerungen von Braunkohle und mit, manchen Unterbrechungen von Mergel- und Gypsſchichten. Auf die Molaſſe folgen häufig große Lager von Sand, feſte Geröllſchichten aus Trümmern von Ur⸗ und Flözgebirgen (Nagelflur), und zum Theil mächtige loſe Geröll: oder Kiesablagerungen.

An die dritte Periode der Erdbildung ſchließen ſich

die Diluvial⸗Gebilde an. Man nimmt an, daß ſie entweder durch eine große Fluth angeſchwemmt worden ſind, oder den Niederſchlag größerer Waſſerbedeckungen von ſpätern

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Perioden der Erdbildung ausmachen. Sie beſtehen hauptſächlich in großen Lehmlagern und aus Lagern von Süßwaſſerkalk, Geröllen, Grus, Sand und in einzelnen Gegenden aus ungeheuren, über die Oberfläche derſelben zerſtreu— ten Felsblöcken vom Urgebirge. Sie kommen beſonders in großen Flußthälern und in ehemaligen Binnenſeen, wie in Oberſchwaben, vor und zeichnen ſich dadurch aus, daß ſie keine regelmäßigen Schichten bilden und viele Foſſilien von großen, zum Theil untergegangenen Säugethieren enthalten. Sie bilden häufig die Unterlage der gebauten oder Dammerde. Die letzte Bildung unſerer Erdrinde beſteht in den Poftdiluvial⸗ oder Alluvial-Bildungen, die ſich erſt nach dem Zurücktritt und dem Verlaufen der Diluvialgewäſſer bis auf unſere Tage gebildet haben. Sie finden ſich hauptſächlich in den Fluß— thälern als Anſchwemmungen von Geſchieben, Sand, Lehm, als Kalktuffbil⸗ dungen, als Torfmoore ꝛc. 8.07

Alle dieſe Gebirgsarten haben die Eigenſchaft, daß, wenn ſie mit der Luft und dem Waſſer in Berührung kommen, ſie ſich nach und nach auflöſen (ver⸗ wittern), ihre Auflöſung geht jedoch nicht gleich leicht vor ſich. Je einfacher und dichter eine Steinart iſt, je weniger ſie metalliſche und kaliſche Beſtand⸗ theile hat, deſto ſchwerer löst fie ſich zu Erde auf, und aus je weniger Stein- arten eine Felsart zuſammengeſetzt iſt, je weniger klüftig ſie iſt, deſto ſchwerer zerfällt ſie zu Sand und Brocken, daher auch die Urgebirge in der Regel weit weniger löslich als die Flöz- und ſpäter gebildete Gebirge ſind.

Die ſchnelle oder langſame Verwitterung der verſchiedenen Felsmaſſen hängt von der Gattung und der Menge der Bindemittel ab. Stark eiſenhal— tige und kalkige Bindemittel geben gewöhnlich feſtere Geſteinarten, als thonige, indem der feſte Thon überhaupt ſchneller verwittert als der Kalk. Bei einem reichlichen, thonigen Bindemittel bleiben beſonders die Sandſteine weich und löſen ſich bald auf, das gleiche iſt bei den loſen Sandſteinen der Fall, wo es an Bindemitteln fehlt.

Die Verwitterung der feſten Erd- und Felsmaſſen erfolgt theils auf me⸗ chaniſche, theils auf chemiſche (auflöſende) Weiſe. Auf mechaniſche Weiſe durch das Eindringen des Waſſers in die feinſten Spalten der Gebirgsarten und durch den ſchnellen Wechſel zwiſchen Kälte und Wärme, wodurch, wenn das Waſſer ſich durch Kälte in Eis verwandelt und ſich dadurch ausdehnt, die zu— ſammenhängenden Theile zerſprengt, aufgelöst und nach und nach in Erde verwandelt werden, oder wenn bei feuchtem Zuſtande der Uebergang in den trockenen Zuſtand durch Hitze allzuſehr beſchleunigt wird, wodurch eine beſchleu— nigte Ausdünſtung oder ſchnelle Entziehung der Waſſerdünſte ſtattfindet, was

ein Zerſpringen der feſten Maſſen in kleinere Splitter, wie bei den feſten

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Thon⸗ und Mergelarten, zur Folge hat. Auch das Eindringen der Wurzeln der Pflanzen in die feinſten Ritzen der Gebirgsarten und der dadurch bewirkte Zutritt des Waſſers trägt ſehr zur Trennung und Auflöſung derſelben bei. Das Waſſer ſpielt dabei immer eine Hauptrolle. Ebenſo tragen auch Wolken⸗ brüche und große Ueberſchwemmungen zur Auflöſung der verſchiedenen Gebirgs— arten bei, indem dadurch große Maſſen von den Gebirgen losgeriſſen, fortge⸗ rollt und durch das fortwährende Aneinanderreiben und Aneinanderſtoßen abgerundet und bis zum feinſten Sande aufgelöst werden. Unſer Flußſand und Kies hat dadurch ſeine Entſtehung erhalten. Auch bei den chemiſchen Zerſetzungen iſt das Waſſer hauptſächlich thätig, indem durch den Zutritt des⸗ ſelben und durch die häufig darin enthaltene Kohlenſäure ſich viele Beſtand⸗ theile des Mineralreiches (Eiſen, Kali, Natron) auflöſen oder nach §. 65 neue Stoffe, Säuren, Oxyde ꝛc. gebildet werden, welche auf die Zerſetzung der Stein⸗ und Erdarten einwirken und deren Verwitterung beſchleunigen. Häufig wirken die mechaniſchen und chemiſchen Kräfte mit einander gemeinſchaftlich auf die einzelnen Zerſetzungen. |

Durch ſolche Zertrümmerungen und Zerfegungen der feſten Theile unfes rer Erdrinde, die beim Entſtehen derſelben, ohne Zweifel durch die größere Wärme des Erdkörpers, im großen Maßſtab ſtattgefunden hat, find alle un⸗ ſere fruchtbaren Erdarten entſtanden und man kann daher häufig von der dar— unter befindlichen Gebirgsart auf ihre Beſtandtheile ſchließen, indem ſie nicht ſelten durch deren Verwitterung gebildet wurden. Regelmäßig iſt jedoch dieſes nicht der Fall, indem durch die größeren Waſſerflächen, welche in den Urzeiten unſeres Erdkörpers denſelben bedeckten, durch große Strömungen, ſowie noch gegenwärtig durch Flüſſe und Bäche, die Auflöſungen der verſchiedenen Ge— birgsarten an ganz andere Stellen geführt und abgelagert wurden, als da, wo ſie urſprünglich gelegen waren und noch mit ganz andern Subſtanzen ge⸗ miſcht wurden, als ihr urſprünglicher Gehalt betragen hat, wie die öfters mehrere hundert Fuß betragende Diluvial-Anſchwemmungen ſo wie auch ge⸗ genwärtig noch die Anſchwemmungen unſerer größeren Flüſſe beſonders an ihren Ausmündungen zur Genüge nachweiſen. Auch hat gerade dieſes Vers mengen verſchiedener Erdbeſtandtheile hauptſächlich zur Fruchtbarkeit des Bo⸗ dens beigetragen. Doch dürfen wir uns unſere Flußbeete in urweltlichen Zeiten nicht ſo vorſtellen, wie ſie gegenwärtig beſchaffen ſind, ſondern häufig als große einzelne Waſſerbecken, von welchen aus ſich erſt nach und nach das Waſſer durch die ihm entgegenſtehenden Gebirgsmaſſen einen Weg bahnen mußte. In ſolchen Becken kommen dann allerdings auch Boden⸗Ablagerungen vor, welche den dort befindlichen Gebirgsarten entſprechen, wie denn in unſe⸗ rem mittlern und untern Neckarthale, wo der Muſchelkalk vorherrſcht, häufig große kalkhaltige Lehmablagerungen ſich befinden, welche hauptſächlich durch

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den aufgelösten Muſchelkalk und feinen Mergel entſtanden fein mögen, während in den angrenzenden Thälern der Keuperformation mehr ſtrengerer Thonboden vorkommt, der dem mehr Thon enthaltenden Keuper und Keuper-Mergel ent⸗ ſpricht. Wir werden deßwegen den Grundſatz aufſtellen dürfen, daß zwar alle Bodenarten aus dem allmäligen Verfall und der Verwitterung der von der Urzeit herkommenden Gebirgsarten entſtanden ſeien, daß aber nur ſolcher Bo— den, der auf der Felsmaſſe, welcher er ſeine Eutſtehung verdankt, liegen ge— blieben iſt, derſelben mehr oder weniger in ſeinen Beſtandtheilen gleich kommen wird, daß dagegen, wo der Boden aus angeſchwemmtem Material beſteht, derſelbe in der Regel keine Verwandtſchaft weder in ſeinen mineralogiſchen Beſtandtheilen noch in ſeiner chemiſchen Zuſammenſetzung mit den unter dem⸗ ſelben befindlichen Felsmaſſen hat, wie z. B. die kalkhaltigen Lehmanſchwem⸗ mungen in der Keuperformation von Heilbronn und Weinsberg. 8. 68.

Durch die auf fo verſchiedene Weiſe vorgegangene Zerkleinerung, Ver⸗ witterung und Auflöſung der Gebirgsarten ſind die verſchiedenartigſten Boden⸗ arten entſtanden, die der rationell gebildete Weinbauer genau kennen muß, wenn er mit nachhaltigem Erfolge Weinbau treiben will. Dieſe Verſchiedenheit iſt noch dadurch bedeutend vermehrt worden, daß die einzelnen Gebirgsabtheilungen nicht aus einerlei, ſondern wie bereits bemerkt worden, aus ſehr verſchiedenen, oft ſehr mächtigen, manchmal aber auch ſehr dünnen Schichten von wenigen Fuß beſtehen, die einen ſehr verſchiedenen, bald mehr thonigen, bald mehr kalkigen oder ſandigen Gehalt haben und die daher bei Boden, der nicht durch An— ſchwemmung, ſondern durch Verwitterung der unter ihm liegenden Gebirgs- ſchichte entſtanden iſt, beſonders an Bergen, große Mannigfaltigkeit in dem

Gehalt deſſelben veranlaßt haben. |

Die Hauptbeſtandtheile eines großen Theils der Bodenarten beſtehen jedoch in Thon, Kalk, Sand (oder wenn man auf die Urſtoffe zurückgeht, §. 62 in Kieſelerde, Kalk und Thonerde), wornach dieſelben im Allgemeinen nach ihren feſten Beſtandtheilen, welche nicht verflüchten, je nachdem der eine oder andere Beſtandtheil in ee Menge m iſt, eingetheilt wer⸗ den in:

Thonboden, |

Kalk⸗ und Mergelboden,

Sandboden.

Außerdem enthalten manche Bodenarten auch 190 Bittererde, Eiſenoxyd und Humus. Die beiden erſten Gattungen kommen jedoch ſelten in großer Menge vor und wäre dieſes der Fall, ſo würden dieſelben nur die Unfrucht⸗ barkeit des Bodens vermehren. Eiſenoxyd gibt dem Boden in der Regel die braune Farbe, daher daſſelbe in allen dergleichen Bodenarten zu finden iſt.

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Thon und Sand find die unentbehrlichen Beſtandtheile aller fruchtbaren Bodentheile, während der Kalk bei gewiſſen Miſchungen fehlen, für die Rebe aber nicht wohl entbehrt werden kann. Der Sand trägt insbeſondere dazu bei, die feſten Thontheile zu trennen, den Boden dadurch loſe und für t Wärme und Feuchtigkeit zugänglich zu machen.

1. Thonboden.

Zu dieſem werden diejenigen Bodenarten gerechnet, die mehr als 50—60 Procent Thon, aber nicht mehr als 10 Procent Kalk beſitzen, und bei welchen dann der Sand hauptſächlich den Reſt ausmacht. Der Thon beſteht übrigens nicht mehr aus reinem Thon, ſondern aus einer Verbindung von Thon und Kieſelerde mit mehr oder weniger Eiſenoxyd (§. 64). Hinſichtlich des Kalk⸗ gehalts wird der Thonboden eingetheilt in

kalkhaltigen und in kalkloſen.

Hat der Thonboden weniger Thonerde und mehr Sand, jo geht er über

in einen fiene Thon-⸗ oder 2. in den ſogenannten Lehm- (Lös⸗) Boden.

Dieſer beſteht in

30—50 Procent Thon, 10 Procent Kalk nnd 45.65 Procent Sand.

Hat der Boden nur 20—30 Procent Thon und dagegen mehr Sand, jo heißt er ſandiger Lehmboden. Beide Gattungen werden wieder in kalkhaltigen und kalkloſen Lehmboden abgetheilt.

3. Kalkboden.

Zu dem Kalkboden wird derjenige Boden gerechnet, der über 60 Procent Kalk und dagegen nur 30— 50 Procent Thon und den Reſt in Sand beſitzt. Der Kalk hat ſich bereits mit der Kohlenſäure der Luft geſchwängert und be— ſteht daher in kohlenſaurem Kalke.

Je nach dem Thon- und Sandgehalt wird der Kalkboden eingetheilt

in thonigen Kalkboden mit etwa 30 Procent e und 10 Procent Sund in lehmigen Kalkboden mit etwa 20 nen Ri in ſandigen Kalkboden mit etwa 10—15 25 0

Hat der Boden zwar über 10, aber nicht mehr als 20 Procent Kalk, ſo nennt man ihn mergelhaltig, hat er aber zwiſchen 20 und 60 Procent Kalk, ſo wird er ! 2

4. zu dem Mergelboden gerechnet, der wieder abgetheilt wird in thonigen, lehmigen und ſündigen Mer⸗ gelboden, je nachdem der Thon- oder Sandgehalt vorherrſchend iſt. Der Mergel kommt in verſchiedener Formation vor, namentlich aber in der Mu⸗ ſchelkalkformation als Kalkmergel, in der Keuperformation als Thon- oder Sandmergel, in der Liasformation als Kalkmergelſchiefer e. Außer dem Kalk

un und Thon enthält der Mergel auch noch andere Beſtandtheile, wie Kali, Na⸗ tron, Gyps, welche der Rebe ſehr zuträglich ſind. | 5. Der Sandboden. |

Der Sand beiteht in einer Verbindung der Kieſel- und Kalkerde mit Eiſenoxyd, wobei, je nachdem feine Zerkleinerung von Sand- oder Kalkfelſen ſtattfand, die eine oder andere Erdart vorherrſcht. |

Er hat unter fich keine Bindekraft, daher er zu feiner Fruchtbarkeit eine Beimiſchung von Thon unumgänglich nöthig hat. Ohne ein Bindemittel be⸗ ſteht der Sand in Flugſand, der keinen Werth hat. a

Zu einem fruchtbaren Sandboden gehören mindeſtens 10 Procent Thon und höchſtens 90 Procent Sand; hat er mehr Thon, bis 20 Procent, ſo kann man denſelben als lehmigen Sandboden bezeichnen. Kalkgehalt iſt nicht gerade nöthig, daher man beide Bodengattungen abtheilen kann in kalkhaltigen und kalkloſen, ſowie, wenn ihm nur einige Procent Kalk beigemiſcht ſind, in mergeligen Sandboden. Im Allgemeinen ſind jedoch kalkhaltige Böden frucht⸗ barer als kalkloſe, weil der Boden durch den Kalk lockerer wird, derſelbe die Feuchtigkeit mehr anzieht, und auf den Humus und die Pflanzenüberreſte gün⸗ ſtig einwirkt, indem er den an den Thon gebundenen Humus auflöslicher macht und dadurch die Thätigkeit des Bodens erhöht. Auch wird die durch das Waſſer aufgelöste Kohlenſäure des Kalkes von den Pflanzen gierig eingeſogen, was ſehr zu ihrem guten Gedeihen beiträgt.

S. 69.

Die einzelnen Bodenarten ſind jedoch theils mechaniſch, theils chemiſch auf ſo verſchiedene Art verbunden, daß ſie in unzählige Abſtufungen zerfallen, wovon hauptſächlich die Dichtigkeit, die wärmehaltende und die waſſerhaltende Kraft des Bodens abhängt, wir haben daher in dieſer Beziehung noch zu be⸗ trachten:

1. die Dichtigkeit.

Unter derſelben verſteht man die Gebundenheit und geſtggleit des Bodens; dieſe Eigenſchaft kommt hauptſächlich dem Thone zu, je weniger daher der Thonboden mit Sand und Kalk gemengt iſt, deſto gebundener iſt derſelbe. Der Boden wird in dieſer Beziehung eingetheilt:

a. In zähem (Lett⸗) Boden, der auch bei der Bearbeitung zuſammenhängend bleibt, große Schollen bildet, nur ſchwer getrennt werden kann und auf der Schnittſeite glatt und glänzend erſcheint, beim Austrocknen ſich verhärtet und daher dem Eindringen der Wurzeln großen Widerſtand entgegenſetzt. Er ent⸗ hält 80—90 Procent Thon und ſehr feinen Sand, der eine undurchlaſſende Eigenſchaft beſitzt. f

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98 | |

b. In ſtrengen Boden, der gleichfalls noch viel Gebundenheit zeigt, nicht leicht in Pulver, ſondern nur in Schollen zerfällt, bei ſtarkem Regenwetter ſich ſehr geſchloſſen zeigt und bei langanhaltender Hitze und Trockenheit durch weite Sprünge zerklüftet. Es iſt dieß der fruchtbare Thonboden mit 60—80 Procent Thon. Die Zähigkeit und Strenge des Bodens wird jedoch gemil— dert, wenn demſelben, wie dieſes häufig im Neckar- und Enzthale der Fall iſt, kleinere Steine und Kieſel beigemengt ſind.

c. In lockern, mürben Boden, der ſich leicht bearbeiten läßt und bei der Bearbeitung leicht zu Pulver zerfällt, wohin der Lehmboden mit 20— 50 Proc. Thon und der thonige und lehmige Kalkboden gehört.

d. In loſen, leichten Boden, der wenig Bindekraft hat und gerne zu einem mehr oder minder groben Pulver zerfällt, wohin der Sandboden, ſowie der ſandige Kalkboden und der Kreideboden gehört. Der Kalk zerfällt an der Luft, dorrt bei trockener Witterung ganz aus und wird Staub, daher auch die ſtark kalkhaltigen Böden wenig Gebundenheit zeigen und die Beimiſchung von Kalk den Zuſammenhang des Thons ſehr mindert und denſelben milder macht.

Wenn man reinen, von Sand geſeubeßten Thon hinſichtlich feiner Dich- tigkeit zu 100,0 annimmt, ſo beträgt nach einer früher von Profeſſor Schübler in Tübingen vorgenommenen Unterſuchung (Chaptal II. Bd. S. 335. Corre⸗ ſpondenzblatt 1823. IV. Bd. S. 51) diejenige

des, zähen Thonbodenngsnsns Eazr ea des ſtrengen Thonbodeoeo s . 2. Ges Des, Mergelbo dens”. u ae | des Lehmbodens . ö, = BenLeree des leichten lehmigen Kallbovens e Thon. der Kalkerde ane. 1 eee | der Gypserde „e e e e des Quarz⸗ und Kalkſandes ff San:

2. Die waſſerhaltende Kraft des Bodens.

Das Waſſer übt auf die Fruchtbarmachung des Bodens und auf die Vegetation der Pflanzen einen ſehr großen Einfluß aus (S. 42); dieſe gute Eigenſchaft trifft jedoch nur dann zu, wenn das Waſſer in einer dem Boden und der Pflanze entſprechenden Menge vorhanden iſt, ſo wie daſſelbe aber in allzugroßer Menge ſich anſammelt, ſo wirkt es auch ſehr nachtheilig auf die Befruchtung des Bodens und die Vegetation der Pflanzen, daher es bei der Beurtheilung des Bodens ſehr auf ſeine waſſerhaltende Kraft ankommt. Es iſt dabei beſonders zu berückſichtigen, ob der Boden nach ſeiner Beſchaffenheit

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viel Waſſer in ſich aufnehmen kann und ob er daſſelbe lange behält oder bald wieder fahren läßt.

Hiebei kommt es hauptſächlich auf den Thon⸗, Kalk⸗ und Sandgehalt der einzelnen Bodenarten an, im Allgemeinen iſt jedoch zu bemerken, daß die waſſerhaltende Kraft des Thon⸗, Kalk⸗ und Sandbodens in einem gewiſſen Verhältniß zu der Größe ihrer Theilchen beſteht und daher zunimmt, je feiner die einzelnen Theile derſelben zerfallen und ſich aufgelöst haben, ſo daß zwi— ſchen der waſſerhaltenden Kraft ein und derſelben Bodenart öfters eine I deutende Verſchiedenheit herrſcht.

Der Thon, jo wie die Bitter- oder Talkerde haben die meiſte 1 1 tende Kraft, indem ſie nicht nur häufig am meiſten Waſſer in ſich aufnehmen können, ſondern daſſelbe auch am längſten behalten (S. 64), zähe und ſtrenge Thonböden, welche wenig Kalk und Sand und ſehr viel Thon beſitzen, werden deßwegen immer auch die meiſte waſſerhaltende Kraft beſitzen. Iſt daſſelbe im Uebermaß vorhanden, ſo gehören ſie zu den waſſerhaltigen und weil das Waſſer nicht erwärmt, ſondern erkältet, auch zu den kalten Böden, die nament⸗ lich der Rebe am wenigſten zuſagen.

Die Kalkerde ſchluckt das Waſſer zwar gierig an und nimmt mehr Waſſer zwiſchen ſich auf als der Thon (§. 64), hält es aber nicht fo feſt wie die Thonerde und trocknet daher ſchneller aus, doch iſt ihre waſſerhaltende Kraft ſehr verſchieden, indem ſie im feinſten pulverförmigen Zuſtande 85 Theile Waſſer in ſich aufnehmen kann, während in Form von Sand die waſſerhal— tende Kraft ſich bis auf 29 vermindert. Der Sandboden kann am wenigſten Waſſer zwiſchen ſich aufnehmen und läßt daſſelbe am ſchnellſten wieder fahren, weil ſeine einzelnen Sandtheile in gröberen Theilen beſtehen, daher ſich auch die waſſerhaltende Kraft vermindert, je gröber der Sand iſt; dagegen vermehrt ſich dieſelbe bedeutend, je feiner der Sand iſt, und wenn derſelbe ſchlammartig wird, kann er ſogar waſſerhaltig und undurchlaſſend werden, wie die ſogenann⸗ ten kühlen oder kalten Schlaisböden zur Genüge nachweiſen.

Nach Schübler halten 100 a an 7 En u dem Gewicht:

zäher Thonboden 61 Breugevj&honbopen 2: Sansa 70 Neergelboaem a sHtinsins” 63 Kalkhaltiger Ihonboden - » 2 N nn 40 Kalkhaltiger Lehmboden 46 Lehmiger Kelkee den ie RR Lehmiger Sandboden 38 Quarzſand VVV Kalkſand i;; é» 29

Reiner Tenn n 0

100

Kalkerde

d aun une 85 Hümus⸗ oder Dammerrde au Bitter⸗ oder Talkerde IEBE Ghps erde 38

Ueber die waſſerhaltende Kraft der verſchiedenen Mergelarten ſiehe An—

merkung zu §. 78. 8. 715 3. Die wärmehaltende Kraft des Bodens.

Welche große Kraft die Wärme auf die Vegetation der Pflanzen ausübt, haben wir bereits angeführt ($. 42); nicht jeder Boden hat aber die Eigen⸗ ſchaft, den gleichen Grad von Wärme in ſich aufzunehmen und dieſelbe längere Zeit zu behalten, ſondern dieſelbe iſt ſehr verſchieden und hängt zunächſt von den wärmeleitenden Eigenſchaften des Bodens ab, die theils in der Farbe deſſelben, theils in deſſen Beſtandtheilen zu ſuchen ſind. |

Die Farbe hat keinen unweſentlichen Einfluß auf die Entwicklung der Wärme, indem eine dunkle Farbe weit mehr Wärme aufnimmt als eine weiße, daher auch die Wärmeentwicklung des Bodens theilweiſe durch deſſen Farbe bedingt wird. Die dunklen Bodenarten, vom Braunen bis zum Schwarzen, nehmen die Wärme weit ſchneller auf, als die weißen kalk- und kreideartigen Böden. Nach den angeſtellten Beobachtungen erwärmte ſich eine ſchwarze Dammerde, der Sonne ausgeſetzt, in einer Stunde, nach dem Thermome⸗ ter, von 18 auf 31 Grade, während in der gleichen Zeit die Wärme eines kreidehaltigen Bodens ſich nur um 2 Grade erhöhte. Außer der Farbe kommt bei der Beurtheilung der wärmehaltenden Kraft eines Bodens auch die Feſtig⸗ keit deſſelben in Berückſichtigung. Je feſter ein Boden iſt, deſto langjamer nimmt er die Wärme in ſich auf, er behält ſie aber deſto länger, wenn er nicht waſſerhaltend iſt. Je loſer ein Boden iſt, deſto ſchneller erwärmt er ſich, läßt aber auch die Wärme ſchnell wieder fahren, weil die kältere Luft leicht Zutritt hat. Wenn man daher die ſchnelle Erwärmung des Bodens zur Grundlage nimmt, ſo gehören die Sandböden zu den wärmſten, wenn man das längere Behalten der Wärme berückſichtigt, fo gehören die Thon- böden, namentlich mit viel Kieſelerdegehalt ($. 64), ſowie der Kalkboden und die durch Verwitterung ehmaliger vulkaniſcher Gebilde (Baſalt, Porphyr, Lava) entſtandenen Bodenarten zu den nachhaltigſten. Kalk verbreitet auch noch dadurch Wärme in den Boden, daß ſich einzelne Theile deſſelben durch den Zutritt von Feuchtigkeit auflöſen und Wärme erregen, ſo wie, daß er Dünger und andere nährende Bodentheile ſchnell auflöst, wodurch gleichfalls Wärme erzeugt wird. j a:

Nach Schübler beträgt die wärmehaltende Kraft, wenn man die des Kalkſandes = 100 amimmt: |

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ene. 996 ene 65% CCCCCJV)CJV c 61,8 Hi: domerde Humus 459,0 Neger ee Talkerde . 380 iir 73,8

Im Allgemeinen en man a ofen, daß bie aus den Ur⸗ und vulkaniſchen Gebilden entſtandenen Böden wegen ihres ſtärkeren Kieſelerde— gehalts die meiſte, die von den Flöz⸗ oder ſogenannten ſekundären Gebirgen und namentlich aus den neueren Gebilden herkommenden Bodenarten (Kies) eine mittlere, diejenigen von tertiären Bildungen aber die geringſte Wärme— kraft beſitzen, wobei jedoch manche Ausnahmen vorkommen mögen.

In agronomiſcher und önologiſcher Beziehung werden die Bodenarten in jener Richtung eingetheilt:

a. In hitzige Böden, welche die Wärme gerne aufnehmen und lange be— halten, wohin die Sandböden, die ſtrengeren Thon- und Mergel⸗, ſowie die Kalkböden und die vulkaniſchen Erden gehören.

b. In warme Böden, welche die Wärme zwar gerne aufnehmen, aber auch leichter wieder fahren laſſen, wozu die mehr milden Böden, der thonhal- tige Kalk⸗ und Mergel⸗, ſowie die ſandigen Thon- und die kräftigen, mehr thonhaltigen Lehmböden gerechnet werden.

c. In kühle Böden, welche etwas waſſerhaltig find und die Wärme weni— ger gerne aufnehmen und ſchneller wieder fahren laſſen, wie die loſen und leichten Lehmböden mit wenig Thon und viel ganz feinem waſſerhaltigem Sand.

d. In kalte Böden, welche waſſerhaltig, zähe und wenig empfänglich für die Aufnahme der Wärme ſind, wohin die zähen Thonböden gehören.

Wie ſehr die Bodenwärme insbeſondere auf die ſchnellere Vegetation der Rebe und Traube und auf eine beſſere Qualität des Weins einwirkt, beweiſen einige an verſchiedenen Orten angeſtellte Unterſuchungen der Bodenwärme, indem nach Babo (der Weinbau nach der Reihenfolge der Arbeiten S. 236) bei Meſſungen der Erdwärme im Sommer des Jahrs 1840 ſich folgende Re— ſultate zeigten:

Im Baden'ſchen Oberlande Greiburg)

Mitteldurchſchnitt der Bodenwärmne 11,8 Grad R. Mahſte Wärme 19790, e eee eee, Bei Weinheim an der Gereſtraße | chnitt in beſter Lage 14/2 vn, 0 Höchſte Wärme %%%; ́ õ᷑ ff Durchſchnitt in geringer fn VF

Höchſte Wärme HE, BIER ene, DEE n ieee ee,

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Im Rheingau 5 Zu Aßmannshauſen am 17. Jul!!! SERRibOnSE Zu Rüdesheim am 3. September . e T r2a: und in einem ähnlichen Verhältniß werden auch Be Weinqualitäten an dieſen Orten hinſichtlich der Stärke und des Bouquets zu einander ſtehen. |

§. 72.

Durch die hier angeführten Beſtandtheile und Eigenſchaften des Bodens wird derſelbe aber noch nicht für alle Pflanzen fruchtbar, ſondern es gehören auch noch organiſche Stoffe, Humus, dazu, um denſelben vollſtändig frucht⸗ bringend zu machen.

Der Humus entſteht aus der Verweſung thieriſcher und vegetabiliſcher (Pflanzen) Körper, die mit atmosphäriſchen Stoffen geſchwängert, in Gäh⸗ rung übergehen und dadurch neue, für die Ernährung der Pflanzen taugliche Stoffe erzeugen (S. 43). Haben ſich die gedachten Körper vollſtändig aufge⸗ löst, ſo zerfallen ſie in eine braune, pulverige Maſſe, welche mit Erden und Alkalien, wie z. B. dem Kalke, manchfache Verbindungen eingeht und eine Säure bildet, die man Humusſäure nennt und die hauptſächlich aus Kohlen⸗ ſtoff, Hydrogen, Azot und Oxygen beſteht.

Humus iſt nicht nur nach den Stoffen, aus welchen er erzeugt wird, einer Verſchiedenheit, ſondern auch nach dem Grade der Auflöſung einer fort- währenden Veränderung unterworfen. Er wird eingetheilt in milden frucht— baren Humus, der hauptſächlich aus den verſchiedenen Düngerarten entſteht, und in ſauren Humus, der entſteht, wenn der Boden fortwährend feucht oder naß iſt, ſo daß Luft und Wärme nicht einwirken können, wodurch er ſich mit dem Sauerſtoff des Waſſers verbindet und in dieſem ſauren Zuſtande nicht in die Organe der Pflanzen übergehen kann, mithin unfruchtbar iſt oder nur ſaure Pflanzen (ſaures Futter) erzeugt.

Unter Humus oder Dammerde wird jedoch häufig auch die obere 10 Erdſchichte verſtanden, die mit Humus geſchwängert iſt. Dieſelbe beſteht jedoch zum geringſten Theil aus Humus, indem ein ſehr kräftiger, fetter Boden höchſtens 5—10, ein mittlerer ſelten mehr als 3, ein geringerer magerer Bo⸗ den aber nur 1—2 Procent Humus beſitzt.

Die Auflöſung oder Verwendung (Conſumtion) des Humus zu der Er⸗ nährung der Pflanzen iſt bei den einzelnen Bodengattungen ſehr verſchieden. Der Thonboden hat die Eigenſchaft, den feineren Humus mit ſich zu binden und in bedeutender Menge in ſeine Zwiſchenräume aufzunehmen, ohne ihn durch bloßes Waſſer, durch Ausſpielen oder andere mechaniſche Operationen wieder abzugeben, er muß jedoch wegen ſeiner Zähigkeit und weil dadurch die Wurzeln der Pflanzen ſich nicht ſo frei nach allen Seiten ausdehnen können,

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mit vielem Humus durchdrungen ſein, ſoll er ſich fruchtbar zeigen. Wenn er aber einmal ganz durchdrungen iſt, ſo erfolgt die Zerſetzung langſam, weil ſich der Thon dem allzuſtarken Eindringen der Luft widerſetzt und dadurch den Humus gegen allzuſchnelle Zerſetzung ſchützt, wodurch ſich auch die länger dauernde und gleichförmige Fruchtbarkeit deſſelben erklären läßt. | Der Kalkboden zerſetzt in Folge feines ſtarken Kohlenſäuregehalts den Humus ſehr ſchnell, er zeigt deßwegen eine gute, aber weniger nachhaltige Ve— getationskraft als der Thonboden. Weniger iſt dieſes, je nach dem Ver⸗ hältniß ſeines Thon⸗ und Kalkgehalts, bei dem Mergelboden der Fall.

Der Sandboden zerſetzt den Humus gleichfalls ſchnell, weil wegen ſeiner Lockerheit Luft, Wärme und Feuchtigkeit beſſer auf die Zerſetzung einwirken können, wodurch die Abſcheidung des Kohlenſtoffs ꝛc. ſchneller vor ſich geht.

Auf die langſamere oder ſchnellere Zerſetzungsweiſe des Humus muß da⸗ her bei der Düngung des Bodens Rückſicht genommen werden.

Die allmählige Zerſetzung des Humus erfolgt dadurch, daß ſich der Sauer⸗ ſtoff der Luft mit dem Kohlenſtoff des Humus zu Kohlenſäure, zum Theil mit dem Waſſerſtoff zu Waſſer verbindet, wobei zugleich ein Theil des Stickſtoffs vom Humus in Verbindung mit Waſſerſtoff u Ammonium und mit Sauer⸗ ſtoff zu Salpeterſäure ſich bildet. Dieſe verbinden ſich zu Salzen, welche den Pflanzen als Reizmittel dienen und zugleich die Kraft beſitzen, die im Boden befindlichen mineraliſchen Nährſtoffe aufzuſchließen und für die Pflanzen ge⸗ nießbar zu machen.

Sind die nährenden Theile des Humus von den Pflanzen aufgezehrt, ſo wird der Boden unfruchtbar, daher derſelbe durch Dünger oder durch Auf— bringung von fruchtbarer Erde wieder erſetzt werden muß (§. 167). Der Humus hat zugleich die Eigenſchaft, daß er einen geringen Grad von Bündig— keit hat, daß er mehr als alle übrigen Beſtandtheile des Bodens das Waſſer aus der Atmosphäre und den Sauerſtoff der Luft anſaugt, faſt am meiſten Waſſer zwiſchen ſich angezogen erhalten kann, daſſelbe lange behält, und, der Sonne ausgeſetzt, ſich ſchnell erwärmt, wodurch ſich zugleich ſeine befruchtende Wirkung erklären läßt. Zugleich mindert er auf mechaniſche Weiſe den zu ſtarken Zuſammenhang, namentlich des Thonbodens, macht den dürren Sand⸗ boden waſſerhaltiger, den waſſerhaltigen Boden durch deſſen Trennung wärmer und verhütet durch die Anſaugung der in der Luft befindlichen Waſſerdämpfe das Ausdorren der Pflanzen.

§. 73.

Auf das Gedeihen der Pflanzen hat übrigens nicht blos der obere gebaute Boden, ſondern auch der unter demſelben befindliche Untergrund einen wichti⸗ gen Einfluß, und insbeſondere iſt dieſes der Fall bei den tief wurzelnden Pflan⸗

r

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zen, wie bei der Rebe, bei der ſchon der Obergrund mindeſtens eine Tiefe von 2—3 Fuß haben muß. |

Der Untergrund beſteht entweder aus den gleichen Erdſchichten wie der Obergrund, nur ohne Humus, er iſt gleichartig, oder es find andere Erdſchich⸗

ten, Geſteine, Felſen vorhanden, in welchem Falle er als ungleichartig bezeich⸗

net wird. Erſteres kommt häufig da vor, wo ſich der Obergrund aus der

Verwitterung des Untergrundes gebildet hat, oder bei angeſchwemmtem tief

gründigem Boden, wie in Thälern und Niederungen, wo der letztere öfters ſehr tief iſt, ſo daß die unter demſelben liegenden ungleichartigen Schichten keinen Einfluß mehr auf die Vegetation der Rebe haben. Der ungleichartige Untergrund zeigt ſich beſonders da, wo nur ſeichte Anſchwemmungen, wie an Bergen und Hügeln ſtattgefunden haben, oder wo Geſteine und Felſen den Untergrund bilden.

Hinſichtlich ſeiner Beſchaffenheit iſt der Untergrund entweder waſſerdurch⸗

laſſend oder er hält daſſelbe zurück, er iſt undurchlaſſend. Der durchlaſſende Untergrund beſteht gewöhnlich in Schichten von gröberem Sand, Steingerölle, Kies, den milderen Thon- und Lehmarten, oder in zerklüfteten Felſen; der undurchlaſſende dagegen in zähem, feſtem Thon (Letten), oder in feſten, zuſam⸗ menhängenden Felsmaſſen und Geſchieben, welche dem Waſſer keinen Durch— zug geſtatten, insbeſondere gehört hieher auch der ganz feine Sand, zumal, wenn ihm reichlich Glimmertheile beigemiſcht ſind, der in Verbindung mit etwas Thon ſich fo verkittet, daß er den Boden ganz verſchließt und undurch— laſſend macht (8. 70), jo daß ſich ob demſelben ſogar ſaurer Humus bildet, wie viele Torfmoore zur Genüge nachweiſen. Da nun die Wurzeln der Reben nicht blos in dem Obergrund ſich verbreiten, ſondern auch in den Untergrund dringen, um dort Nahrung zu ſuchen, ſo iſt ein angemeſſener, durchlaſſender

Untergrund für das Gedeihen der Rebe und für einen längeren Beſtand der

Weinberge von großer Wichtigkeit. Der beſte und für die Rebe am tauglichſte Untergrund iſt wohl derjenige, der dem Eindringen der Wurzeln der Rebe den geringſten Widerſtand entgegenſetzt und dabei einen gehörigen Feuchtig⸗ keitsgrad beſitzt, ohne naß zu ſein, wie die meiſten der angeführten durchlaſſen⸗ den Boden- und Felsſchichten, während der zähe Thon oder Letten, ſowie der

undurchlaſſende Sand das Waſſer entweder gar nicht oder nur langſam auf⸗

nehmen und daſſelbe lange behalten, wodurch die Wurzeln der Rebſtöcke auf einem ſolchen Untergrund häufig naß und im Waſſer ſtehen, was zum Gelb⸗ werden der Rebſtöcke, zum Kränkeln derſelben und baldigen Abgange des Wein⸗ berges häufig Veranlaſſung gibt. Ein felſiger, undurchlaſſender Untergrund hat weniger Nachtheile, weil das Waſſer auf demſelben ſchneller ablaufen kann; doch mag ſich auch hier bei geringer Abdachung oder ebener Lage am Fuße oder auf dem Rücken der Berge das Waſſer gegen den Obergrund anſtauen.

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Auch iſt derſelbe bei heftigem Regen und Wolkenbrüchen häufig ſtarken Ab⸗ ſchwemmungen unterworfen, weil das Waſſer nirgends verſenken kann und dann den gebauten Boden bis auf den feſten Untergrund fortreißt. Haben Wein⸗ berge mit felſigem Untergrund einen ſeichten Obergrund, oder iſt der Untergrund von loſem Sand und Steingerölle und allzu durchlaſſend, fo trocknet der Bo⸗ den bei heißem Wetter bald aus, was auf die Vegetation gleichfalls nachthei— lig wirkt. Unter dem ſteinigen und felſigen Untergrund iſt der Kalkſtein der beſte, weil er meiſtens zerklüftet iſt und die Wurzeln der Reben ſich gerne zwiſchen die einzelnen Spalten hineinziehen und von dem Kalkgehalt des Ge— ſteins Nahrung ſuchen. Weit weniger angemefjen iſt ein Untergrund von Sandſteinen, weil dieſe häufig langſamer verwittern, bei und nach der Ver— witterung der Rebe wenig Nahrung geben und auch die Feuchtigkeit weniger anziehen, als der Kalkſtein, vielmehr durch ihren Sandgehalt zum Austrocknen des Bodens beitragen.

Ein nachtheiliger, undurchlaſſender Untergrund kann, im Falle die Schich⸗ ten nicht allzu ſtark ſind, verbeſſert werden, wenn man dieſelben durchbricht und mit dem Obergrunde vermiſcht oder beſeitigt, wie beim zähen Thon, feſten Sand und bei Mergel- und Steinſchichten. Doch muß man dabei ſehr mit Vorſicht zu Werke gehen, weil, wenn auf dem bisherigen ſeichten und magern Obergrunde inzwiſchen feine Weine erzeugt worden find, wie in dem Tauber⸗ thale, die Qualität des Weins durch einen tieferen Untergrund, und dadurch herbeigeführte ſtärkere Vegetation der Rebe leicht verſchlechtert werden kann.

§. 14.

Wenn wir nun die hier im Allgemeinen entwickelten Grundſätze über Bo: denbildung und Bodenbeſtandtheile ſpeziell auf die Anpflanzung der Rebe an⸗ wenden, ſo kommen wir zu folgendem Reſultat:

Die Rebe als Schlingpflanze gedeiht faſt in jedem Boden, von dem Sumpflande der Niederungen bis in dem beinahe loſen Sande ($. 1.), wenn aber die Frucht derſelben zu einer vollſtändigen Reife gelangen und aus dem Saft derſelben ein angenehmes, geiſtreiches Getränke gewonnen werden ſoll, ſo nimmt daran die Befchaffenheit des Bodens weſentlichen Antheil, daher der— ſelbe beſondere Mach tunz verdient. Es kommen dabei hauptſächlich in Berück— ſichtigung:

a2, feine phyſikaliſchen Eigenſchaften, Dichtigkeit, Anziehungskraft für die Feuchtigkeit, waſſerhaltende und wärmehaltende Kraft;

b. die Beſchaffenheit der unorganiſchen Stoffe;

C. der Gehalt an organiſchen Stoffen.

Dieſe Eigenſchaften und Beſtandtheile des Bodens ſind im Allgemeinen bereits oben (8. 68 72) abgehandelt worden, um aber zu erfahren, welche

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von dieſen Beſtandtheilen hauptſächlich zur Ernährung der Rebe beitragen, ſind ſchon manchfache Unterſuchungen der Bodenarten einzelner Weinberge und der Beſtandtheile des Rebholzes ſowohl in als außerhalb Württembergs an⸗ geſtellt worden, die keine unintereſſanten Reſultate lieferten.

Wir berufen uns in dieſer Beziehung hinſichtlich

1. des Weinbergbodens von dem Keupergebirge auf der AN Stutt⸗ gart auf die Unterſuchungen des Profeſſors Schübler zu Tübingen,

Correſpondenzblatt des württembergiſchen landwirthſchafllichen a. von 1823, II. Bd., S. 59;

2. der Weinbergerden auf ber Markung Heilbronn, gleichfalls Keuper⸗ boden, auf die Unterſuchung von Profeſſor Dr. G. F. Walz in Heidelberg, (früher in Speier),

die Wein⸗ und Obſtproduzenten Deutſchlands, von Dornfeld, Stutt- gart, Cotta'ſcher Verlag 1852, S. 132;

3. der Weinbergserden in der Rheinpfalz, namentlich auf den Markungen Deidesheim, Forſt, Ruppertsberg und Speier auf die Unterſuchung von Pro⸗ feſſor Dr. Walz,

vergl. Beiträge zur Weinkultur, von Walz, Landau 1846, ſowie die Wein: und Obſtproduzenten S. 122; /

4. des Weinbergbodens von Kaiſerſtuhl, Markung Ihringen und des dort befindlichen Minerals auf die Unterſuchung von Profeſſor Dr. v. Dabo in Freiburg,

die Wein⸗ und Obſtproduzenten S. 117;

5. des Weinbergbodens am Johannisberg im Rheingau auf die Unter⸗

ſuchung von Profeſſor v. Liebig in München, Hecklers Weinbaulehre, 1858 S. 6.

Die Erdarten dieſer verſchiedenen Weinberge beſtehen bei dem aus dem Keuper entſtandenen Boden, wie zu Stuttgart und Heilbronn hauptſächlich aus Thon (wirklichem und kieſelſaurem), Eiſenoxyd, kohlenſaurem Kalk, Magneſia, Kali, Natron und etwas ſchwefelſaurem Kalk, während der Boden von den Weinbergen in der Pfalz, wahrſcheinlich zum größern Theile aus der Verwit— terung des Vogeſenſandſteins entſtanden, vorzüglich Kieſelerde, Thonerde, Ei- ſenoxyd, kohlenſauren Kalk, Kali und Natron enthält. Dagegen beſteht der Boden eines vorzüglichen Weinberges im Vogelſang zu Würzburg in Franken auf der Muſchelkalkformation in kohlenſaurer Kalkerde 54, Thonerde 26, Kie⸗ ſelerde 10, Bittererde 6, Humus, Schwefel, Eiſenoxyd 4 Theile.

8

Aus den Bodenbeſtandtheilen derjenigen Weinberge, auf welchen vorzügliche Weine erzeugt werden, läßt ſich ſchon beurtheilen, welche Beſtandtheile des

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Bodens von Wichtigkeit ſind für das Gedeihen der Rebe, diejenigen Beſtand⸗ theile aber, welche die Rebe wirklich aus dem Boden entnommen hat, lernt man erſt aus der Unterſuchnung ihrer Aſche kennen, indem alle unorganiſchen (Boden⸗) Beſtandtheile der Rebe bei der Verbrennung des Holzes, der Blätter u. ſ. w. als Aſche zurückbleiben. Wir laſſen deßwegen eine Ueberſicht über die von Profeſſor Dr. Walz und andern Chemikern angeſtellten Unterſuchungen der Aſchen von den auf verſchiedenen Bodengattungen gewachſenen Reben und deren Ergebniß folgen;

| | Unorganiſche Beſtandtheile der Reben | Von Heilbronn. Obere Waſſerrunze.

mit dem Laube Clevner. Rießling. Trollinger.

Aſchenprocente 9 6,20 7,745 6,00 FVV 70,56 63,6 119,13 Natron | 92,67 70,93 34,65 FCCWIn 206,26 23531 301,43 | Magneſia (Bittererde) . | 69,12 47,22 92,72 Manganoxydul er: | a 1,40 1,74

Phosphorſaures Eiſenoxyd . | 22,06 23,62 24,64

Phosphorſaure Thonerde e 9,17 10,07

Phosphorſaurer Kalk 2 111,82 | 96,46 92,48

Schwefelſaurer Kalk. >30. 2 33,10. 20,62

, #12 0 16,99

V 35,288 34,57 32,29

Kohle, kohlenſaurer Sand ce. 34,19 277.60 2053,25 1000,00 | 1000,00 |

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Dadurch, daß Rebholz zu den Unterſuchungen mit und ohne Laub ver- wendet wurde, zeigt ſich einiger Unterſchied beſonders an ſtarkem Aſchen- und Kieſelerdegehalt bei den Unterſuchungen von Heilbronn.

Nach dieſen Ergebniſſen und der Anſicht der Chemiker ſcheinen die für das Gedeihen der Reben wichtigſten Bodenbeſtandtheile in einer gewiſſen Menge von Alkalien und alkaliſchen Erden zu beſtehen. Es ſind dieß nach v. Babo Kalk, Bittererde, Kali, Natron, die ſich in der Aſche an Kohlenſäure gebunden finden, was beweist, daß ſie in der Pflanze an eine organiſche Säure gebun— den waren.

Die einzelnen Beſtandtheile dieſer ons Stoffe find jedoch nicht nur bei den verſchiedenen Rebgattungen unter fich, ſondern auch bei jeder ein- zelnen Rebgattung, je nachdem ſie auf einem Boden gewachſen iſt, ſehr ver— ſchieden, daher darauf, bevor nicht noch weitere vergleichende Verſuche mit einzelnen Rebgattungen angeſtellt find, noch keine feſten Regeln über die An⸗ pflanzung der Reben nach den verſchiedenen Bodengattungen gegründet werden können, doch wird ein Boden, dem jene hauptſächlich zum Gedeihen der Rebe erforderlichen Stoffe ganz fehlen, oder die in demſelben nur in unverhältniß⸗ mäßig geringer Menge vorhanden ſind, wenig zur Anpflanzung der Rebe ge— eignet ſein. Auch ſcheinen nach obigen Analyſen einzelne Gattungen bald dieſen bald jenen Stoff zu einer geordneten Vegetation in größerer Menge zu be— dürfen, wie z. B. der Traminer mehr Kali, der Rießling mehr reinen und phosphorſauren Kalk, der Ruländer und Clevner mehr Natron, der Trollinger viel Kali, Kalk und Bittererde, woraus ſich denn auch erklären läßt, warum letzterer in den Muſchelkalkgebirgen des Neckarthales eine ſo ſtarke und lange andauernde Vegetationskraft zeigt.

§. 76.

Inſofern nun nicht nur das Gedeihen der Rebe, ſondern auch das Zeitigen der Traube und die Entwicklung der geiſtigen Kraft des Weins von der Wärme ſowohl der Atmosphäre als des Bodens abhängt, ſo können wir doch für einen hauptſächlich der Anpflanzung der Rebe entſprechenden Boden folgende allge⸗ meine Grundſätze aufſtellen:

1. Die wärmehaltende Kraft deſſelben muß vorherrſchend ſein, daher die— jenigen Böden, welche viel Kieſelerde oder Quarzſand, der faſt ganz aus Kie— ſelerde beſteht und weniger Thon- und Kalkerde enthalten, ſondern die über⸗ haupt mehr aus den Urgebirgsarten entſtanden ſind, als die vorzüglicheren erſcheinen werden.

2. Seine Dichtigkeit darf nicht zu ſtark ſein, damit er die Wärme leicht aufnehmen kann und dieſelbe nicht zu lange behält, daher die reine Thonerde (§. 64) nicht vorherrſchend fein darf, wogegen Boden von mehr gemiſchter

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Art, der ſich durch ſeine Miſchung nicht ſo feſt zuſammenlegen kann, ſowie Boden von verwittertem Granit oder überhaupt von plutoniſchen und vulkani⸗ ſchen Gebilden, welche jene Eigenſchaft gleichfalls beſitzen und daher der Ein⸗ wirkung der atmosphäriſchen Luft leicht zugänglich ſind, dem Weinſtock äußerſt zuträglich iſt.

3. Der Boden muß einige Anziehungskraft für Waſſer und Feuchtigkeit haben und daher etwas Kalk beſitzen (S. 70), ſeine waſſerhaltende Kraft darf jedoch nicht zu groß ſein, weil ſonſt die Wärme nicht gehörig wirken kann und allzuviel Waſſer und Feuchtigkeit dem Rebſtock ſchadet. sr

4, Der Kalkgehalt deſſelben darf jedoch nicht ſtark fein, weil ſonſt die nährenden Theile des Bodens zu ſchnell aufgelöst werden ($. 71), und dadurch ein angemeſſenes Verhältniß der Bodenbeſtandtheile unter ſich geſtört wird, auch ſcheint ein allzuſtarker Kalkgehalt auf das Bouquet der Weine nachtheilig einzuwirken.

5. Ein allzuſtarker Sandgehalt des Bodens (Sandboden) iſt der Rebe und beſonders dem Ertrag derſelben gleichfalls nicht günſtig, indem er wenig nährende Beſtandtheile beſitzt, alſo mager iſt, daher vielen Dünger erfordert, wenig Waſſer und Feuchtigkeit in ſich aufnimmt und daſſelbe, ſowie auch die Wärme, ſchnell wieder fahren läßt.

6. Das im Boden enthaltene Eiſen (S. 65) iſt zwar ein guter Wärme⸗ leiter und hat deßhalb auf denſelben und namentlich auf kühlen und kalten Boden eine gute Wirkung, wenn es aber in zu großer Menge vorhanden iſt, ſo wirkt es auf die Vegetation nicht günſtig, weil es doch keine eigentlichen Nährſtoffe hat und den warmen Boden zu ſehr austrocknet.

7. Humus ſcheint nicht unumgänglich nothwendig zum Gedeihen der Reben erforderlich zu ſein, indem die Erfahrung lehrt, daß beſonders bei neuen An— lagen Reben in einem Boden kräftig herangewachſen ſind, der keinen Humus enthalten hat, auch beweist dieſes das dem Boden ſehr zuträgliche Uebertragen mit Mergel und mit der vom Untergrund heraufgenommenen Erden, die keinen Humus enthalten, doch kann, wenn auch bezüglich der Quantität ein entſpre⸗ chender Ertrag erzielt werden will, bei alten und überhaupt ſchon länger im Ertrag ſtehenden Weinbergen, bei welchen die nährende Kraft des Bodens ſchon etwas ausgeſogen iſt (S. 72) eine von Zeit zu Zeit zu wiederholende Düngung mit organiſchen Stoffen und dadurch die Erzeugung von Humus nicht entbehrt werden.

8. Ein durchlaſſender Untergrund iſt für das gute Gebel der Rebe in ſer Regel ein unumgängliches Erforderniß (S. 73), und nur da dürfte eine Ausnahme ſtattfinden, wo der Obergrund ſehr tief iſt und Reben auf dem⸗ delben gepflanzt werden, die nicht tief wurzeln.

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1

Wenn wir nach dieſen allgemeinen Grundſätzen die Bodenarten nach ihrer Zuträglichkeit für den Weinſtock zu claſſificiren ſuchen, ſo iſt durch die Erfah— rung und nach der Beſchaffenheit des Rebſtocks hinlänglich nachgewieſen, daß derſelbe am beſten gedeiht in einem warmen, trockenen, lockern, milden und kräftigen Boden mit durchlaſſendem Untergrund, wo die feinen Wurzeln der Reben überall durchdringen und Nahrung finden können; wir werden daher in die erſte Linie zu ſetzen haben die warmen vulkaniſchen Bodenarten, dann in der zweiten Linie die warmen und kräftigen Mergel- und die kalkhaltigen, nicht zu ſtrengen, ſondern etwas ſandhaltigen Thonböden, ſowie den aus Thonſchiefer entſtandenen Boden, indem der Schiefer durch ſein blätterartiges Gefüge und das weniger gepreßte Aufliegen der einzelnen Schieferſtückchen auf einander und auf dem obern Boden nicht nur den Zutritt der warmen Luft ſehr er- leichtert, der Aufnahme der Wärme eine größere compactere Fkäche darbietet und dadurch ſehr wärmehaltend erſcheint, ſondern ebendadurch auch die ſchnelle Austrocknung des Bodens verhindert, weil die durch die äußere trockene Luft im Boden befindliche Feuchtigkeit, die in Dampfform entſchwindet, demſelben nicht entzogen wird, ſondern an dem untern Theile der kleinen Schieferblättchen als kleine Waſſertropfen wieder hängen bleibt; auch gibt der Schiefer durch ſeine allmählige Verwitterung der Rebe immer wieder neue Nahrung und es haben deßwegen die vorzüglichen Weinberge im Rheingau, Johannisberg, Rü— desheim, Aßmannshauſen ꝛc. neben ihrer guten Lage und dem warmen, kieſel⸗ erdehaltigen Boden, beſonders auch dem dortigen, zur Grundlage der Wein— berge dienenden Thonſchiefer das ausgezeichnete Erzeugniß zu verdanken. Solche warme zum Theil hitzige Böden üben auf die Auszeitigung der Trauben und den geiſtigen Gehalt der Weine dadurch einen ſehr vortheilhaf— ten Einfluß aus, daß fie gerne viel Wärme aufnehmen, dieſelbe lange behal— ten und insbeſondere während der kühlen Nächte nur nach und nach ausſtrö— men laſſen, wodurch die Trauben ſtets in einer warmen Temperatur ſich be- finden, was deren vollſtändige Auszeitigung außerordentlich befördert. Es wer- den deßhalb in ſolchen Bodenarten mit guten Lagen, die in der Regel auch die zur Ernährung der Rebe vorzüglich dienenden Alkalien (§. 75) in einem angemeſſenen Verhältniß enthalten, die geiſt- und bouquetreichſten Weine er⸗ zeugt und auch in minder günſtigen Lagen werden auf denſelben ſtets beſſere Weine gewonnen, als auf kühlen und kalten Böden. Insbeſondere ſind es die warmen und ſtrengen Mergelböden, wie im Weinsbergerthale, die dem Weine ein vorzügliches Gewürz geben.

Der Kalkboden, der in dritter Linie erſcheint, verzehrt durch feinen ſtarken Kalkgehalt (8° 72) die nährenden Theile ſchnell, iſt bei ſtarker Düngung im⸗ mer etwas magerer und erzeugt zwar, vermöge ſeines guten Wärmegehalts,

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feine, aber mehr gewürzhafte als bouquetreiche Weine, auch find ſolche Weine in den erſten Jahren zwar feurig, mild und angenehm zum Trinken, haben aber weniger Lagerhaftigkeit als die in ſtarkem Thon- und Mergelboden er- zeugten Weine. Der quantitative Ertrag iſt in der Regel aus dem angeführ⸗ ten Grunde nicht ſehr groß. |

Der Gyps, eine mit Schwefelſäure verbundene Kalkerde (8. 64), kommt beſonders in dem Mergel häufig vor, er unterſcheidet ſich jedoch von dem letztern dadurch, daß er nicht ſo leicht wie dieſer zerfällt und vom Kalke, daß er nicht mit Säuren aufbraust. Der Boden mit Gypsgehalt erwärmt ſich ſtark, behält die empfangene Wärme lange, er nimmt wenig Waſſer auf und behält es nicht lange, auch hat er eine geringe Bindekraft und gleicht daher viel dem Kalk- ſowie dem Sandboden. Eigentlicher Gypsboden kommt jedoch jelten vor, er taugt jedoch ſehr zur Verbeſſerung des ſtrengen thonhaltigen Bodens, indem er deſſen Dichtigkeit mildert.

Der Lehmboden gehört, je mehr er mit feinem, ſchlammartigem, waſſer⸗ haltendem Sande gemiſcht iſt (S. 68. 70. 71) zu den kühlen, je mehr er ſich aber dem Thonboden nähert, mehr zu den warmen Böden. In demſelben wird gewöhnlich zwar viel, aber meiſtens leichter, jedoch auch zarter Wein er— zeugt, der bald trinkbar wird, aber wenig Haltbarkeit beſitzt.

Der Sandboden gehört zwar zu den warmen Bodenarten (§. 71), weil er aber bei feinem geringen Thongehalt (8. 68) wenig Bindekraft und waſſer⸗ haltende Kraft hat, ſo trocknet er allzu ſchnell aus, hat wenig nährende Theile für die Rebe und iſt daher zu deren Anpflanzung nicht ſehr geeignet, auch wird in demſelben wenig Weinbau getrieben, da er meiſtens nur in weiten Thälern oder auf Hochebenen vorkommt. Hat jedoch der Sandboden hinrei⸗ chenden Obergrund und einen feuchten etwas undurchlaſſenden Untergrund, von dem die Rebe Feuchtigkeit anziehen kann, ſo erſcheint er für den Weinbau ſchon weit geeigneter, als bei ſandigem, ſtark durchlaſſendem Untergrund. Solche Bodenarten geben jedoch nur leichte, aber zarte, übrigens wenig haltbare Weine.

Am wenigſten geeignet für den Weinbau iſt der kalte, zähe und waſſer⸗ haltige Boden ($. 70. 71), indem, wenn er auch noch einen ähnlichen, un⸗ durchlaſſenden Untergrund hat, was nicht ſelten der Fall iſt, die Rebſtöcke auf demſelben wenig gedeihen und bald kränkeln und abſterben. Auf demſel⸗ ben werden in der Regel nur geringe und gehaltloſe Weine erzeugt und nur in ganz heißen und trockenen Jahren können hievon Ausnahmen vorkommen.

Hinſichtlich des Humusgehalts (S. 12) des Bodens iſt anzuführen, daß fette, kräftige Böden einen reichlichen, magere Böden aber gewöhnlich einen geringen Ertrag geben, dagegen erzeugen erſtere häufig auch einen fetten, molzigen Wein, der wenig Geiſt und Gewürz hat und manchen Krankheiten, wie dem

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Schwerwerden unterworfen iſt. Allzufetter Boden treibt häufig mehr in's Holz als in Trauben und letztere ſind gewöhnlich von minder guter Qualität. Sind einzelne Bodenarten mit kleinen Steinen, Kieſeln oder grobem Sande gemengt, ſo wird dadurch ihre Zuträglichkeit für den Weinſtock öfters weſent— lich verändert, indem ein allzufeſter Boden dadurch lockerer gemacht wird, ſo daß die Luft mehr eindringen kann, ein allzu leichter, loſer und ſandiger oder kalkhaltiger Boden aber dadurch mehr Feſtigkeit bekommt. Auch erhalten die Steine die Wärme länger und ziehen die Feuchtigkeit der Luft mehr an, ſo daß der Boden dadurch ſtärker erwärmt und länger feucht erhalten wird. Ein Gerölle von Kalkſteinen iſt zuträglicher als von Sandſteinen, indem er- ſtere die Feuchtigkeit mehr anziehen und durch ihre Verwitterung der Rebe mehr Nahrung als die Sandſteine geben. SS

Es iſt bereits angeführt worden (§. 68), daß die Gebirge und namentlich auch die Weingebirge aus ſehr verſchiedenen, häufig wechſelnden Stein- und Erdſchichten beſtehen, und daß darnach auch der daraus entſtandene Bo⸗ den verſchiedene Eigenſchaften beſitzen kann. Im Allgemeinen wird man an— nehmen können, daß der unten am Fuße der Gebirge befindliche Boden am kräftigſten und fetteſten ſein wird, weil er nicht nur manche angeſchwemmte kräftige Bodentheile enthält, ſondern weil ihm auch durch Abſchwemmungen von den obern Theilen des Gebirges ſtets neue Nährtheile zugeführt werden. Der mittlere Theil des Gebirges wird den nachhaltigſten und ſchon vermöge der Lage den wärmſten Boden, der obere Theil dagegen mehr magern, fandi- gen oder kühlen, zähen Thon oder Lehm enthalten.

Ein großer Theil unſeres Weinbergbodens iſt durch Verwitterung der unter demſelben befindlichen Mergelſchichten entſtanden, unter dem Mergel beſteht aber noch (S. 68) eine große Verſchiedenheit, daher auch die von dem— ſelben herkommenden Bodenarten ſehr von einander abweichen. Enthält der Mergel zuwenig Kalk und Sand und beſteht ſomit hauptſächlich aus Thon, ſo bildet ſich aus der Verwitterung deſſelben ein zäher, ſchwerer, meiſt kalter Thonboden, Enthält er zu wenig Kalk oder Gyps und neben dem Thon viel Sand (Sand- mergel), ſo iſt er mager und beſitzt wenig Triebkraft, hat er zu viel Kalk und weniger Thon und Sand, ſo hat er zwar viele, aber nicht ſehr nachhaltige Triebkraft. Iſt in dem Mergel viel Eiſen (Braunſtein) enthalten, was jedoch ſelten vorkommt, ſo iſt er der Vegetation des Weinſtocks mehr ſchädlich als nützlich.

Außerdem bietet der Mergel (Hohenheimer Wochenblatt für Land- und Forſtwirthſchaft 1860. S. 269 und 278) noch die beſonderen Vortheile dar,

a. daß er den Baugrund vor zu großer Austrocknung ſchützt (wie der Thon⸗ ſchiefer); 8

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b. daß er die Sonnenſtrahlen für die Rebe auf eine intenſive Weiſe ſammelt;

e. daß er bei längerem oder ſtarkem Regenfall durch ſein blättriges Ge⸗ füge das Feſtſetzen des Bodens verhindert und

d. durch den Zutritt von Regenwaf ſſer eine verſteckte Wärme dadurch ent⸗ wickelt, daß der Boden eine höhere Temperatur annimmt und daß die⸗ ſes ſich auch bei bereits. benetztem und wieder getrocknetem Mergel mie-

derholt, ſo daß die Wärmeentwicklung nicht eine einmalige, ſondern eine

wiederholende iſt.

Die Erſcheinungen sub a—e treffen jedoch nur bei dem ſchuppigen oder zu kleinen Schieferblättchen zerfallendem Mergel zu, während bei Mergel, der bei dem Begießen mit Waſſer in erdige Stücke zu einem Gries zerfällt, dieſes nicht der Fall iſt. Es wird deßwegen ein weſentlicher Unterſchied zwiſchen dem blättrigen und mehr erdigen (ſchüttigen) Mergel gemacht und dabei insbeſon⸗ dere dem glimmerreichen Thon, ſowie dem plattigen Sandmergel die Beibe- haltung der ſchieferartigen Auflöſung zugeſchrieben.

Ohne Zweifel hängt dieſelbe, ſowie die Wärmeentwicklung sub d auch mit dem Kalkgehalte des Mergels zuſammen, indem durch die Zugießung von Waſ⸗ ſer, wie bei dem Kalkboden des Tauberthales, worüber von dem Verfaſſer Unterſuchungen angeſtellt worden ſind, kleine Theile des kohlenſauren Kalkes ſich auflöſen und dadurch nicht nur Wärme verbreiten (S. 71), ſondern auch, wenn Kalk in größerer Menge vorhanden iſt, zur Auflöſung des Mergels ſelbſt beitragen. |

Der Mergel, und insbeſondere der ſchieferige, zeigt übrigens nicht nur eine ſchützende Kraft gegen die Hitze und gegen die Austrocknung und Ver— ſchleimung des Bodens in Folge von Kälte, ſondern er iſt auch ein Schutz mittel gegen die Kälte, indem nach den beſtehenden Erfahrungen friſch be— ſchüttete Weinberge viel unempfindlicher gegen Fegg ſind, als die mit verſchafftem Boden.

Wirken auch bei dem verborgenen Schaffen der Natur noch ganz a Kräfte mit, um den Einfluß des Bodens auf die Rebe zu vermitteln, ſo i doch in Vorſtehendem nachgewieſen, daß ſich der praktiſche Weinbauer 1 fordert fühlen darf, bei der Miſchung des Bodens mit Umſicht und eigenem Nachdenken zu Werke zu gehen und dabei insbeſondere auf die in vielen Ge⸗ birgen enthaltenen Mergellager Rückſicht zu nehmen. In wie vielen Weinor⸗ ten liegen die trefflichſten Schichten in den Weinbergen ſelbſt nur wenige Fuß unter der Erdfläche, und dem Weingärtner fällt es nicht ein, ſeinen Boden damit zu beſchütten, mühſam trägt er vielmehr den vom Regen abgeſchwemm⸗ ten, ausgelaugten Floßboden, den ihm der gütige Regen zu ſeinem eigenen

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Beſten nehmen wollte, vom Thal wieder zu Berg, ſtatt daß er darauf finnt, ſeinem Boden friſches, unverwittertes Gebirge zuzuführen!

§. 79.

Wir haben bisher den für die Rebe zuträglichen Boden im Allgemeinen betrachtet, bei der großen Zahl der verſchiedenen Rebgattungen gedeiht aber nicht jede Rebe gleich gut iu jedem ſonſt guten Boden, ſondern es finden hier je nach der Beſchaffenheit des Rebſtocks und der ihm zuträglichen Ernäh— rungsſäfte viele Abweichungen ſtatt, die einer nähern Ausführung bedürfen.

Wenn es auch der Wiſſenſchaft noch nicht gelungen iſt, durch genaue Unterſuchung der verſchiedenen Rebgattungen und ihrer Aſchen mit Zuverläſ— ſigkeit beſtimmen zu können, welche Bodenart jede einzelne Rebgattung vorzugs— weiſe verlangt, um anhaltend guten und ſichern Ertrag zu gewähren (§. 75), ſo iſt doch durch Erfahrung, namentlich bei denjenigen Rebgattungen, welche häufiger zum Anbau kommen, mit ziemlicher Sicherheit feſtgeſtellt, welcher Bo— den und welche Lage denſelben am zuträglichſten iſt, daher wir unter Berück⸗ ſichtigung der Aufſchlüſſe, welche uns die Wiſſenſchaft gibt, in jener Rich— tung folgende Grundſätze aufſtellen können.

Die Rebe zieht ihre Nahrung, wie bereits ausgeführt worden iſt (§. 61), theils durch die Blätter aus der Luft, theils durch die Wurzeln aus dem Boden. Die Letztern ſind jedoch bei den einzelnen Rebgattungen von ſehr verſchiedener Ausbildung, indem ſie bald ausgedehnte, bald nur ſchwache Wur— zelkronen zeigen (S. 1). Reben mit ſchwacher Wurzelkronenbildung müſſen daher ihre Nahrung aus dem Boden mehr in ihrer unmittelbaren Nähe ſuchen und haben daher bei gutem Gedeihen einen kräftigen milden Boden nöthig, den ihre zarten Wurzeln überall durchdringen und in demſelben die erforder— liche Nahrung aufſuchen läßt, während Reben mit ſtarker Vegetationskraft und ausgedehnten Wurzelkronen ihre Wurzeln öfters in große Tiefe und in entferntere Bodentheile entſenden, um dort Nahrung zu ſuchen. Letztere ge— deihen deßwegen faſt in allen der Rebe zuträglichen Bodenarten, während für jene in der Regel eine ſorgfältige Auswahl zu treffen iſt.

Ferner werden Rebſorten, deren Holz frühe reift und die weniger em— pfindlich gegen Spätjahrs⸗ und Winterfröſte ſind, in fettem und kühlem Bo— den weniger Unfällen unterliegen und mithin beſſer im Ertrag ſein, als ſolche, deren Holz im Spätjahr länger fortwächst und daher ſpät reift.

Rebſorten, in ganz ungeeignetem Boden gepflanzt, arten gerne aus, wer⸗ den empfindlich in der Blüthe, die Beeren fallen ab (röhren aus), oder die Trauben werden kleinbeerig und geben wenig Ertrag, es muß deßwegen bei der Anlage eines Weinberges auf die Beſchaffenheit des Bodens beſondere Rück— ſicht genommen werden. Bei der Lage iſt zu berückſichtigen, daß wegen der

8 *

116 5; kühlen Temperatur und den heftigen Winden auf Höhen und Bergrücken keine ſpätreifende und keine langſtieligen oder langachſeligen Sorten gepflanzt werden ſollten, weil dort die Zeitigung überhaupt ſpäter erfolgt, und letztere durch die ſtarken Winde zu ſehr bewegt und herumgetrieben werden, wodurch die Stiele abgedreht und lahm werden und die Zeitigung der Traube aufhört.

In Beziehung auf die Qualität des Weins iſt zu beachten, daß manche Rebſorten mit poröſem Holz und ſtarkem Mark, deren Trauben viel Schleim- theile und weniger Gerbeſtoff enthalten (S. 248), wie Sylvaner, in hitzigem, magerem Boden oder bei ſchwacher Düngung einen geſunderen und gehalt— volleren Wein geben, als in kühlem oder fettem Boden oder bei ſtarker Dün⸗ gung, während härtere und zugleich etwas ſpätreifende, meiſt ſtarktriebige Sor- ten mit feſtem Holz und ſchwachem Mark, deren Trauben viel Gerbeſtoff beſitzen, wie die Trollinger, in kräftigem fettem Boden oder bei ſtarker Düngung ſchneller zur Reife gelangen und mithin einen beſſeren Wein geben, als in magerem Boden. /

§. 80.

Nach dieſen allgemeinen Grundſätzen laſſen ſich für die hauptſächlich als Weinbergstrauben zur Anpflanzung kommenden Gattungen, unter Bezugnahme auf die SS. 9—39 eingehaltene Ordnung, N Eintheilungen hinſichtlich der Bodenbeſchaffenheit machen:

Weiße und rothe Traubea.

a. Reben, welche faſt in jedem Weinbergsboden gut fortkommen.

1. Der Orleans (S. 9.) Doch iſt es zweckmäßig, wenn derſelbe mehr in einem tief gereutheten, hitzigen, ſteinigen Boden gepflanzt wird, indem er hier tief in die Kluften der Felſen eindringt, wogegen in einem kühlen Lehmboden deſſen Früchte ſeltener zur vollkommenen Reife gelangen.

2. Der weiße Räuſchling (§. 10.) Er iſt jedoch, weil er gerne aufſpringt und fault, für magere Böden geeigneter als für kräftigere und fette.

3. Der Elbling (§. 14) wird in allen Bodenarten gepflanzt und kommt auch in allen gut fort, wir treffen deßwegen denſelben von dem kühlen zum Theil kalten Lehmboden bis zu dem hitzigen und ſtrengen Thonboden, ſowie im Kalkboden überall an; der warme kräftige Thonboden ſcheint ihm jedoch am beſten zuzuſagen, indem er hier den reichſten Ertrag abwirft, auch in dem triebigen, etwas zähen Thonſchieferboden am Fuße der Alp zeigt er eine außer⸗ ordentlich ſtarke Vegetation mit reichem Ertrag. Weniger reichen Ertrag zeigt er in dem leichten hitzigen Kalk- und Sandboden, dagegen taugt er bei ſeiner ſtarken Vegetationskraft auch in warme, magere, kieſige und ſteinige Böden, wo er häufig und mit Vortheil oben an den Bergen und gegen den Rücken

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derſelben angepflanzt wird. In dem ſtarken, warmen Thonboden kommt er bei ſeiner Empfindlichkeit, jedoch beſſer durch die Blüthe, als im mageren leichten, ſandhaltigen, lehmartigen Boden, am ſchlechteſten in kalten Böden. Seine Neigung zum Faulen bei regneriſcher, feuchter Witterung erhöht ſich bedeutend im kühlen und kalten Boden, ſo daß hie und da, wie in der Bodenſeegegend, faſt der ganze Ertrag zu Grunde geht; auch iſt die Qualität des Weins in ſolchen Böden weit geringer, als in warmen, trockenen Böden. 4. Der Rothurban (§. 15.) | Siehe Schwarzurban §. 82. \ 5. Der Sylvaner (§. 16) kommt, wie der Elbling, in allen Bodengat⸗ tungen zur Anpflanzung. Auf kräftigem, reichem Thon- und Lehmboden am Fuße der Weinberge fault jedoch die Traube gerne bei etwas naſſer und feuchter Witterung, und gibt einen fetten, molzigen, wenig gewürzhaften Wein, der gerne ſchwer und ſchleimig wird, beſonders bei weſtlicher und nordweſt— licher Lage der Weinberge, auch dauert in ſolchem triebigem Boden das Wachs— thum der Rebe im Spätjahr zu lange fort, wodurch bei ungünſtiger Witterung das ſtarkmarkige Holz nicht zur gehörigen Zeitigung kommt und der Ertrag des nächſten Jahres zum Theil verloren geht. Dagegen eignet er ſich ſehr, und vor vielen andern Traubengattungen in magern Kies-, Sand- und Kalk⸗ boden, auch kommt er im ſteinigen Boden fort und gibt zwar in ſolchen Bo⸗ denarten einen etwas geringeren Ertrag, aber einen viel feineren, geſunderen und aromatiſcheren Wein, als in fettem Boden. Der Sylvaner gehört zwar zu den ſchwachtriebigen Rebſorten, er kommt aber aus dem Grunde in allen Bodenarten gut fort und gibt überall einen guten Ertrag, weil die Rebe nicht empfindlich iſt und ſchon an den unterſten Augen der Tragrebe ſchöne vollkom— mene Trauben (meiſtens zwei) treibt (§. 3) und daher auch bei kurzer Erziehung und kurzem Schnitt noch genügend Trauben trägt.

6. Der Tokayer (§. 17) gedeiht bei ſeiner ſtarken Vegetationskraft in allen Bodenarten; auf kräftigem Thon- und Lehmboden trägt er zwar ſehr reichlich, fault bei ungünſtiger Witterung aber auch gerne und gibt gewöhnlich einen leichten, wäſſerigen Wein, wogegen er auf warmem, magerem Boden zwar etwas weniger Ertrag, aber einen beſſeren Wein liefert, der jedoch immer leicht bleiben wird. i | 7. Der Rothgypfler (8. 18) ift neuerlich erſt auf der Markung Stuttgart und Umgegend zur Anpflanzung im Größern gekommen und ſoll nach den dort angeſtellten Beobachtungen in allen Bodenarten, namentlich in derjenigen der Keuperformation fortkommen und guten Ertrag gewähren, befonders aber im Lehmboden, ſtarken und ſandigen Thonboden.

8. Der weiße Burgunder (S. 19) und 9, der weiße Süßling (§. 18)

| Se le

gehören, und beſonders der erſtere, zu den weniger empfindlichen Traubengat⸗ tungen und können deßwegen auch in den meiſten Bodenarten mit gutem Er⸗ folg gepflanzt werden, doch wenn mehr auf reichlichen Ertrag geſehen wird, ſo gewähren ſie in ſogenannten kühlen oder kalten Böden, alſo in Lehmböden, in etwas zähem, waſſerhaltigem Thon (Lettboden), wie man am Fuße der Ge— birge häufig antrifft, einen größeren Ertrag, als in hitzigen Thon⸗, Kalk- und Sandböden, dagegen wird der Wein hier geiſtreicher, aromatiſcher und geſünder. Auch ſoll der Stock in ſolchen hitzigen Böden gerne ausarten (ungeſchlacht wer- den), wie der Rauelbling, und dann in der Blüthe eine große Empfindlichkeit zeigen, was an der dunkleren Farbe der Blätter, den tieferen Einſchnitten und

den ſcharfkantigen Zähnen zu erkennen ſei. Von dem Verfaſſer ſind jedoch

darüber noch keine näheren Erfahrungen gemacht worden, vielmehr ſind die von ihm im warmen Thonboden gepflanzten weißen Burgunder freudig ge- diehen und haben einen guten Ertrag gegeben. Ob übrigens der weiße Bur—

gunder auch im Kalkboden, wie er im Tauberthale vorkommt, gut gedeiht und

einen entſprechenden Ertrag gewährt, wäre noch näher zu ermitteln. 10. Der Heuniſch (S. 20) gleicht viel dem Elbling und kann, wie dieſer, in allen Bodenarten mit gutem Erfolge gepflanzt werden.

11. Der Welſchrießling (§. 20) ſcheint gleichfalls für alle Bodenarten zu taugen und zeigt beſonders auch in magerem Sand- und Kiesboden eine lang andauernde Fruchtbarkeit. Wegen der ſpätern Reife werden jedoch, wenn die

climatiſchen Verhältniſſe nicht beſonders günſtig ſind, warme vor kühlen und

kalten Böden vorzuziehen ſein. 12. Der rothe Trollinger. Siehe den blauen Trollinger §. 82. §. 81. b. Reben, welche einen beſonders geeigneten Boden verlangen. 1. Der Traminer (§. 11) verlangt bei feiner ſchwachen Triebkraft und großen Empfindlichkeit einen lockern, milden, warmen, kräftigen Boden, mithin

einen warmen kräftigen Lehm⸗ oder Sandboden mit viel Humus und Kalige⸗ halt, auch darf derſelbe ziemlich Kalk beſitzen, der die Wärme und Feuchtigkeit

ſchnell aufnimmt, letztere nicht zu lange behält und mithin der nicht ſtark

wurzelnden Rebe die gehörige Nahrung gibt. Sie verlangt daher öftere Dün⸗ gung. In ſchweren, ſtrengen und kalten Böden altert die Rebe bald, artet aus und trägt wenig. Außerdem ſoll in Traminerweinbergen nie bei naſſer Witterung und auch Morgens nicht, wenn ſtarker Thau auf den Reben liegt, gearbeitet werden, weil vorzugsweiſe dieſe Rebe das Arbeiten im Weinberg,

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fo lange die Böden und die Stöcke noch naß und feucht find, nicht ertragen kann. a

2. Der Velteliner (§. 13) verlangt, als eine ſpätreifende Traube, neben einer guten Lage einen kräftigen, warmen und ſogar hitzigen Thon, Mergel⸗ oder Kalkboden und dabei eine gute Düngung, wenn er einen guten Ertrag geben ſoll. In magern und ſteinigen Böden kommt er zwar gleichfalls fort, ſein Ertrag iſt aber geringer. In kühlem und kaltem Boden reift er ſelten vollſtändig.

3. Weißer Hängling oder grüner Häußler ($. 14).

Siehe Süßrother §. 83.

4. Weißer Clevner (S. 15) und

5. Ruländer ($. 15).

3 Siehe blauer Clevner 8. 83.

6. Der Ortlieber (§. 17) kann bei feiner ſtarken Neigung zur Fäulniß nur in warmen, magern, ſteinigen oder ſandhaltigen Böden oder auf luftigen Höhen gepflanzt werden, wo er gegenüber von andern Traubengattungen einen reichen Ertrag verſpricht. In Niederungen und in kühle, kalte und naſſe Böden taugt er durchaus nicht.

7. Der rothe Reifler (S. 18) fordert wegen ſpäter Reife, neben einer guten Lage, einen warmen, kräftigen Boden, wenn er entſprechenden Ertrag gewähren ſoll.

8. Der weiße Fütterer ($. 10) hat viele Neigung zum Faulen und taugt deßwegen nicht in reiche, kräftige Thon- und Lehmböden, ſondern kann, wie der Ortlieber, mit Vortheil nur in magerem Sand-, Kalk- und Thonboden und auf luftigen Höhen gepflanzt werden, ob er gleich die Frühlingsfröſte leichter als andere Traubengattungen erträgt und daher auch in Niederungen taugt, jedoch nie in kühle, waſſerhaltige und humusreiche Böden.

9. Der weiße und der rothe Rießling (8. 19) kommen zwar faſt in allen Bodenarten fort, da jedoch die Rießlingstraube ſpät reift und der Rießling⸗ wein ſich hauptſächlich durch ſein feines Bouquet auszeichnen ſoll, ſo muß bei der Wahl des Bodens darauf beſondere Rückſicht genommen und deßhalb die Rießlingrebe nicht in kühlem und kaltem Boden gepflanzt werden, weil hier die Traube viel ſpäter reift und das Bouquet ſich nur ſchwach oder gar nicht entwickelt. Der angemeſſenſte Boden für die Rießlingrebe iſt ein warmer, kräftiger, nicht allzu ſtrenger Thon mit Sandgehalt, ſowie namentlich Boden von verwittertem Granit oder von vulkaniſchen Beſtandtheilen (Baſalt ꝛc.) mit gutem Humusgehalt; doch ſoll der Wein im Thonſchieferboden noch bouquet— reicher werden, als im Baſalt ($. 77). Außerdem erfordert der Boden und

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die Traube zur Entwicklung des Bouquets etwas Feuchtigkeit, die demſelben entweder durch einen feuchten, jedoch nicht naſſen Boden, oder durch ſtarke Thauniederſchläge in der Nähe von größeren fließenden Waſſern oder von Seen zugeführt werden kann. Aus eben dieſem Grunde zeigt auch der im hitzigen Kalk- und Sandboden gepflanzte Rießlingwein zwar einen ſtarken gei⸗ ſtigen Gehalt, aber, wenn nicht eine feuchte Unterlage vorhanden iſt, weniger Bouquet. Im leichten ſandhaltigen Boden wird der Rießling früher reif und angenehm trinkbar, zeigt aber wenig Haltbarkeit. Eine allzuſtarke Düngung, weil die Vegetation des Stocks dadurch zu ſtark angeregt und die Zeitigung der Traube verzögert wird, hat auf die Vorzüglichkeit des Produkts gleichfalls einen ungünſtigen Einfluß. 5

10. Der rothe Hans oder kleine Velteliner (§. 20) verlangt einen etwas magern Boden, weil er bei allzukräftigem, rauhem oder etwas feuchtem Boden und bei allzuſtarker Düngung zu ſehr ins Holz treibt, leicht ausartet, unge— ſchlacht und weniger tragbar wird. Ein etwas magerer Lehm- und ſandhaltiger Thonboden oder auch kräftiger Sandboden, wie er in den obern Weinbergs⸗ lagen, beſonders der Keuperformation vorkommt, eignet ſich daher für denſelben am beſten.

11. Der Gutedel (S. 22) fordert mehr feuchten lockern, als ſtrengen und ſehr trockenen Boden, indem in dem letztern ſeine Vegetationskraft bedeutend nachläßt, die Rebe nur kleine lockere Trauben treibt und wenig Ertrag gibt. Ein kräftiger Lehm-, feuchter Sand- oder ein lockerer Kalkboden, wie in dem Kocher und Tauberthale, der Wärme und beſonders Feuchtigkeit gerne auf- nimmt und letztere nicht zu ſchnell fahren läßt, ſind ihm daher ſehr zuträglich, wobei aber der Lehmboden immer den Vorzug verdient. Sogar in kühlem, etwas kaltem, aber kräftigem Boden gedeiht er gut und ſoll dort in der Blüthe dauerhafter ſein, als im trockenen, hitzigen Boden. Auch mageren Boden, wenn er einen gehörigen Feuchtigkeitsgrad hat, erträgt er, doch gibt er in fettem Boden einen reichlichern Ertrag. Er taugt daher mehr in Niederungen, beſonders auch wegen ſeiner frühen Reife, und weil er keine Neigung zum Faulen hat; er unterliegt aber gerne dem Froſt und treibt nicht mehr nach, worauf bei der Anpflanzung Rückſicht zu nehmen iſt.

12. Der Muskateller (S. 22), der ſpät reift und nur bei vollſtändiger Reife ſeinen Muskatgeſchmack gehörig entwickelt, kann nur in warmem, hitzigem, etwas mildem Thon⸗, Kalk⸗, oder auch in kräftigem Sandboden gepflanzt werden, beſonders wenn derſelbe nicht allzu trocken iſt. In kühlem und kaltem Thon⸗ und Lehmboden wird er ſelten ganz zur Zeitigung kommen und wenig Muskatgeſchmack entwickeln.

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§. 82. 5 bu Blaue und ſchwarze Trauben.

a. Reben, welche faſt in jedem Weinbergsboden gut fortkommen.

1. Die blaue Eicheltraube (§. 23),

2. der blaue Augſter (§. 24), |

3. der blaue Marokkaner ($. 25), gehören nach den angeführten Beſchreibungen zu den geringeren Weinbergs- oder theilweiſe mehr zu den Tafeltrauben, kommen aber, vermöge ihrer ſtarken Triebkraft in jedem Boden fort, doch wird ihnen wegen ihrer zum Theil ſpäten Zeitigung ein warmer, thonreicher Boden zuträglicher, als ein kühler und kalter ſein. N

4. Der rothblaue Zottelwelſche, blaurother Hudler, Gol, Weißlauber (§. 27),

5. Der ſchwarzblaue Zottelwelſche, Wullewelſch (S. 28), nehmen bei ihrer ſtarken Vegetationskraft auch mit geringem Boden le doch werden ſie bei ihrer ſpäten Reife auf warmem, kräftigen Boden einen beſſern Wein geben, als auf kühlem und kaltem Boden.

6. Die Müllertraube (8. 27) kann bei ihrer ſtarken Vegetationskraft in jedem Weinbergsboden gepflanzt werden, doch wird von derſelben auf warmem, magern Boden, beſonders auf Höhen mit guten Lagen, weil hier die ſtarke Vegetation etwas gehemmt wird, ein beſſerer Wein erzielt werden, als in Nie⸗ derungen mit fettem, kühlem oder kaltem Boden.

7. Der ſchwarze Elbling (§S. 30) hat weniger Vegetationskraft als der Weiß⸗ und Rothelbling (S. 80), ſcheint jedoch wie dieſe, keine beſondere Erdart zu verlangen.

8. Der Schwarz⸗Urban 0 31),

9. der ſchwarzblaue Scheuchner, Grübler, Pommerer ($. 37),

10. der blaue Trollinger, Schwarzwälſcher ($. 38),

11. der blaue Gänsfüßler (S. 38), werden häufig mit einander und in den verſchiedenartigſten Bodenarten gepflanzt, doch find dieſen Traubengattungen die warmen, kräftigen, kalkhaltigen Thon⸗ und thonigen Kalkböden an den ſteilen Muſchelkalkgehängen des mittleren Neckar⸗ und des Enzthales am zuträglichſten, die beſonders der Trollingerrebe viel Kali und Kalk mittheilen können (S. 75), wo fie öfters in einem ſeichten, dünn auf dem Felſen auflagernden Obergrunde gut fortkommen und lange dauern, indem die kräftigen Wurzeln in die Felſenſpalten eindringen und dort ihre Nahrung ſuchen. In den weniger kalkhaltigen, aber kräftigern, fettern und thonreichen Böden der Keuperformation werden die Trauben zwar größer und die Beeren vollkommener, dagegen tritt die Reife etwas ſpäter ein, bei vollkom⸗

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mener Reife wird aber der Wein gewürzhafter. In kühlen und kalten Boden⸗ arten tragen dieſe Traubengattungen zwar vielen, aber geringen Wein, weil ſie als ſpät reifend, ſelten zur vollkommenen Reife kommen. Doch wird der Urban als etwas früher reifend auch in kühlem Boden immer noch einen * ren Wein als die übrigen Sorten geben.

In magern Kalk- und Sandboden geben dieſe Traubengattungen, weil fie bei ihrer ſtarken Triebkraft zu wenig Nahrung finden, den geringſten Ertrag und die Stöcke altern ſchneller, wenn nicht ſtark gedüngt wird. In allzu hitzigem und trockenem Boden bleibt beſonders der Trollinger bei lang andauernder Trockenheit gerne in der Entwicklung ſtehen und gibt dann nur unvollkommene Früchte, daher bei ſolchen Bodenarten ein etwas feuchter durchlaſſender Unter⸗ grund ſehr zuträglich iſt, auch deutet darauf der ſtarke Gehalt an Bittererde bei der Trollingerrebe hin, indem dieſe Erdart das meiſte Waſſer aufnehmen und ſomit den Boden ſtets etwas feucht erhalten kann (F. 64).

12. Der blaue Sylvaner (8. 32). |

Siehe weißer Sylvaner $. 80.

13. Der blaue Tokayer (S. 34) verlangt, weil er ſpäter reift, als der weiße, noch eine wärmere Lage und einen wärmeren Boden als der letztere (8.80). -

14. Der blaue Neri (§. 35) ſcheint bei feiner guten Triebkraft in allen für den Weinſtock geeigneten Bodenarten fortzukommen, nur wird in warmem, kräftigem Thon⸗ oder Mergelboden ein beſſerer und wahrſcheinlich auch mehr Wein erzielt werden, als in leichtem und kühlem oder kaltem Boden.

15. Der blaue Klöpfer, auch blauer Räuſchling (S. 36), wird in verſchie⸗ denen Bodenarten angepflanzt; er ſcheint jedoch, wenn er einen reichlichen Ertrag gewähren ſoll, mehr einen lockern, ſandhaltigen, wenn auch nicht gerade kräftigen Thon⸗, Mergel- oder Lehmboden zu lieben, als einen warmen und ſtrengen oder zähen und kalten Thonboden.

16. Der blaue Wildbacher (S. 36) wird bet feiner ſtarken Triebkraft in allen Bodenarten fortkommen, da er jedoch ſpät zeitigt, ſo dürfte neben guter Lage ein warmer, kräftiger Thon⸗, Mergel- oder Sandboden für die Anpflan⸗ zung in Süddeutſchland das angemeſſenſte ſein.

17. Der blaue Gelbhölzer, auch Lomersheimer Schwarze ($. 36), wird in Württemberg hauptſächlich im kalkhaltigen Thon- und Lehmboden mit Kalk⸗ ſteinunterlage gepflanzt, zeigt aber auch in warmem, etwas ſteinigem Thon⸗, ſowie in Mergelboden ein gutes Gedeihen, daher er auch noch in andern Bo⸗ denarten fortkommen wird, doch ſcheint ihm ein warmer, kräftiger Boden am zuträglichſten.

18. Die blaue Hartwegstraube, Grobſchwarz, Tauberſchwarz (S. 36) zeigt in dem magern, warmen, kalkhaltigen Boden des Tauberthales ein gutes Gedeihen, daher ſie hauptſächlich für magere, aber warme Bodenarten geeignet

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fein dürfte, doch kommt die Rebe auch in andern Bodenarten (Thon-, Yehm-, Sandboden) gut fort und gibt namentlich im kräftigen, warmen Thon⸗ und Lehmboden reichen Ertrag. 19. Der blaue Köllner (§. 37) gleicht viel dem ſchwarzblauen Scheuchner (oben Pkt. 9) und ſcheint, wie dieſer, in den meiſten Bodenarten gut fortzukommen.

20. Der blaue Heuniſch (§. 37).

Siehe weißer Heuniſch §. 80.

Bei der ſpäten Reife wird er neben guter Lage vorzugsweiſe nur in kräf⸗ tigem, warmem Boden anzupflanzen ſein. Sandboden taugt weniger.

21. Der blaue Burgunder (S. 38) zeigt in den verſchiedenartigſten Bo— denarten (Thon⸗, Mergel⸗, Lehm⸗, Kalk⸗ und Liasſchieferböden) ein gutes Ge⸗

deihen, doch wird in den eigentlichen Kalkböden, ſowie auch in magern Sand⸗

böden ſein Fortkommen weniger geſichert ſein, jedenfalls gibt er in ſolchen Böden einen geringeren Ertrag, und von kühlen und kalten Böden iſt der Wein nicht jo gewürzhaft, wie von warmen und hitzigen Böden.

22. Der Affenthaler (S. 38) wird in Württemberg, wo er vorzugsweiſe zu Hauſe iſt, in ſehr verſchiedenem Boden gepflanzt, wenn aber aus demſelben ein guter Wein erzeugt werden ſoll, ſo verlangt er neben guter, ſüdlicher Lage auch einen guten, warmen, nachhaltig kräftigen, nicht zu ſtrengen, ſondern mehr milden Thon⸗, Mergel⸗ oder Kalkboden. In kühlen Lehm⸗ und Thon⸗

böden zeigt er zwar viel Fruchtbarkeit und gewährt einen reichen Ertrag, der

Wein wird aber, wenn nicht außerordentlich warme Jahre eintreten, immer

einen herben ſäuerlichen Geſchmack behalten.

23. Der blaue Limberger (8. 38) ſcheint, nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen, in jedem Weinbergsboden gut fortzukommen, doch wird ihm, wie dem Elbling, (S. 80) der warme, ſtrenge, kräftige Thon⸗ oder thonhaltige Kalk⸗ boden am. beiten zuſagen; es darf hier nicht zu⸗ſtark gedüngt werden, wenn keine Saftſtockung eintreten und der Rebſtock in der Blüthe nicht empfindlich werden ſoll. In hitzigen, magern, leichten, ſtark ſandhaltigen Böden iſt er wie der Elbling empfindlich in der Blüthe, auch bleibt er, wenn der Boden allzu trocken und hitzig wird, in der Eutwicklung ſtehen, wenn nicht noch rechtzeitig Regen eintritt.

b. Reben, welche einen beſonders geeigneten Boden wee

1. Der blaue Bläſſardt §. 26.

2. Der blaue Bernardi F. 26.

Beide Gattungen gehören zu den empfindlichern Rebſorten, die einen

warmen, milden, lockern, kräftigen Boden verlangen (ſandiger Thon⸗, warmer

kräftiger Lehm⸗, kräftiger Sandboden); auf ſtrengen, zähen Thon⸗, leichten ma⸗ gern Lehm⸗, Kalk⸗ und Sandböden, ſowie auf kühlen und kalten Böden wer⸗ den ſie nur kümmerlich gedeihen und bald abgehen.

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3. Der ſchwarze Traminer (8. 29.) | - Siehe den rothen Traminer $. 81.

4. Der blaue Hängling (§. 30) verlangt einen guten, warmen, kräftigen, milden Boden und wird daher, bei ſeiner ohnehin etwas ſchwachen Triebkraft, nur in einem kalk- und ſandhaltigen reichen Thon oder Lehm mit anziehender Feuchtigkeit zu einem entſprechenden Ertrag gelangen.

5. Der Färber (§. 30) gedeiht als ein gegen Kälte ſehr empfindlicher Rebſtock und bei feiner geringen Vegetationskraft nur in warmem, mildem, kräftigem Boden, in ſtrengen, an oder zu hitzigen Böden geht er bald zu Grunde.

6. Der blaue Clevner (S. 310 gehört zwar nicht zu den beſonders em— pfindlichen Rebſorten, er verlangt aber doch wegen der ſchwachen Bewurzelung einen ganz geeigneten Boden. Der Clevner gedeiht am beſten in einem war⸗ men, milden, kräftigen Thon- oder Mergel-, oder in einem kräftigen Lehm⸗ boden mit einem bedeutenden Gehalt von Humus, in dem der ſchwache Wur⸗ zelſtock die gehörige Nahrung findet, derſelbe ſollte einen angemeſſenen Gehalt von Natron beſitzen (§. 75), und zwar mit Sand- und Kalk gemiſcht fein, aber nicht in zu reichem Maße, indem die Clevnerrebe in dem eigentlichen Sand- und Kalkboden, ſowie in magern Böden wenig oder nicht gedeiht, da— her auch das Tauber- und das mittlere Kocher- und Jagſtthal mit ihren Kalk⸗ böden für den Clevner nicht taugen und die früher verſuchte Anpflanzung dort kein Fortkommen fand, auch iſt die Rebe in dem leichtern, loſern Boden bei ihrer Schwachen Wurzelkrone mehr dem Erfrieren ausgeſetzt. (Anmerkung 3.)

Die Klevnerrebe verlangt ferner einen Boden, der entweder ſchon an und für ſich einige Feuchtigkeit beſitzt, oder der die Feuchtigkeit gerne aufnimmt

3. Anmerkung. In der Champagne und in Burgund wird zwar die Clevner⸗ rebe auch im Kreide und in einem ſtark kalkhaltigen Boden gebaut, der letztere be⸗ ſitzt aber neben dem Kalk⸗ auch einen ſtarken Thon- und Humusgehalt und ſcheint da⸗ her für den Clevneranbau nicht ungeeignet zu ſein, auch iſt in beiden Weinbaugegen⸗ den die Erziehung der Rebe eine ganz andere, als in Württemberg, und namentlich in Burgund werden die Weinberge, nachdem die einzelnen Rebſtöcke ein Alter von 10—15 Jahren erreicht haben, eingelegt (vergrubt wie in der Bodenſeegegend), und dadurch fortwährend erneuert.

Außerdem wird es noch einer nähern Unterſuchung bedürfen, ob in den gedachten franzöſiſchen Weinbaugegenden überall die ächte blaue Clevnertraube gepflanzt werde, oder ob nicht mehr die blaue Burgunder- oder ähnliche Traubengattungen, die zu ihrem Fortkommen keinen beſondern Boden verlangen, zur Anpflanzung kommen. (Bronner's Rothweine S. 91).

Die von dem Verfaſſer aus der Champagne r Reben gleichen jedenfalls nicht der Clevnerrebe.

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aber nicht zu lange behält, oder wo die Feuchtigkeit des Bodens durch ſtarke Thauniederſchläge, wie z. B. in der Nähe von großen fließenden Waſſern oder Seen, oder durch einen etwas feuchten aber durchlaſſenden Untergrund erſetzt wird. In einem ſolchen Boden wird die Rebe bei entſprechender Erziehung (§. 137) lange in gutem Ertrage bleiben und ein ziemliches Alter erreichen. In ſtrengen, hitzigen Thon- und Mergelböden mit gleichem Untergrund iſt daher deren Anpflanzung gleichfalls nicht anzurathen, indem hier zwar eine vorzügliche Qualität erzeugt werden kann, der Ertrag hinſichtlich der Duanti- tät aber weit hinter den Erwartungen zurückbleiben wird, auch werden die Reben in ſolchem Boden keine lange Dauer zeigen. Kalte, waſſerhaltige Thon⸗ und mehr kühle als warme Lehmböden taugen ebenſowenig, indem hier die Rebe mehr in's Holz als in Trauben treibt, der Weinberg mithin im Ertrag bald nachlaſſen und ſelten den feinen, gewürzhaften Wein geben wird, der den Clevnerwein vor vielen andern rothen Weinen auszeichnet.

7. Der blaue Portugieſe (S. 33) gedeiht am beſten in einem warmen, auch hitzigen, ſtrengen und trockenen oder auch ſandhaltigen Thon⸗, Mergel⸗ und Kalkboden, der jedoch kräftig, aber nicht fett ſein darf, wie man denſelben häufig in den obern Lagen der Keuperformation, ſowie am Traufe der Alp in der Liasformation antrifft, wo der kalkhaltige Weinbergsboden mit dem Liasſchiefer übertragen und gemengt wird, der zwar durch ſeine Verwitterung und dunkle Farbe die Vegetation außerordentlich befördert, jedoch wegen des Kalkgehalts den Boden nie zu fett werden läßt, ſondern immer etwas mager hält, daher auch hier die Portugieſerrebe vorzugsweiſe gut gedeiht, wozu die höhere luftige Lage über der Meeresfläche auch einiges beitragen mag.

In niedere Lagen, wo der Froſt ſich häufig einſtellt und in kühle, feuchte, humusreiche und gut gedüngte Böden taugt die Portugieſerrebe nicht, indem bei dem ſaftreichen und fleiſchigen Holz öfters Saftüberfüllungen und Saft⸗ ſtockungen eintreten, wodurch nach §. 33 leicht Froſtſchaden oder andere Krankheiten entſtehen, die den Ertrag beeinträchtigen und den Stock zu Grunde richten.

8. Der blaue Karmenot verlangt nach den bis jetzt gemachten Erfahrun⸗ gen ($. 35) einen ſandigen, warmen, milden Thon- oder Lehmboden oder auch kräftigen Sandboden mit etwas feuchter Unterlage.

In kalten oder hitzigen, ſtrengen Thonböden altert er bald und gibt we⸗

nig Ertrag. 9. Die blaue Kodarke wird zwar bei ihrer ſtarken Triebkraft i in den meiſten Bodenarten gut fortkommen, vorläufig und bis weitere Erfahrungen geſammelt ſind, dürfte jedoch deren Anpflanzung in der §. 35 beſchriebenen Bodenart oder überhaupt in warmem, trockenem und N Boden am angemeſſenſten erſcheinen.

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10. Der blaue Liverdun (8. 37) verlangt bei feiner ſchwachen Wurzel⸗ bildung einen warmen, kräftigen, ausgeruhten Boden, wo er in ſeiner nächſten Umgebung die erforderliche Nahrung finden kann und ſollte daher nur, wie der Clevner, in warmen, lockern, kräftigen, etwas ſandhaltigen und die Feuch⸗ tigkeit anziehenden humusreichen Ihon-, Mergel- oder Lehmböden gepflanzt werden, nachdem in demſelben zuvor einige Jahre Futterkräuter gebaut waren, oder in ſogenanntem wildem (Wald-Waide-) Boden. In magerem, alſo nament⸗ lich auch im Kalk⸗ und Sandboden, altert die Rebe bald und kommt ſelten zum vollen Ertrag. |

11. Der blaue Pineau (§. 37) hat bei ſchwacher Vegetationskraft und ziemlicher Empfindlichkeit gleichen Boden nöthig, wie der Clevner u. blaue Liverdun.

12. Der blaue Mohrenkönig (§. 37) wird, bis deſſen Eigenſchaften näher bekannt ſind, nur in warmem, kräftigem Thon⸗, Mergel- und Lehmboden an⸗ zupflanzen ſein.

13. Die blaue Frankentraube oder der Süßrothe, Süßſchwarze ($. 38) gehört zu den empfindlichern Traubengattungen und muß daher hinſichtlich der Lage und Bodengattung mit Auswahl angepflanzt werden. Hinſichtlich der Lage taugt dieſelbe, weil ſie gerne aufſpringt, nicht in feuchte Niederungen, ſondern mehr in luftige Höhen, auch kann ſie, aus dem angeführten Grunde, einen kühlen, feuchten, humusreichen Thon- oder Lehmboden nicht ertragen; dagegen gedeiht ſie bei angemeſſener Düngung gut in einem warmen, magern, ſand⸗ oder kalkhaltigen Thon- oder Mergelboden, oder in einem thonhaltigen Kalkboden, ſowie auch in einem kräftigen Sandboden, wie man ſolche im Tau⸗ berthale antrifft. Auch gedeiht ſie bei ihrer etwas frühen Reife ſogar in nördlichen oder nordweſtlichen Lagen noch gut und gibt, weil ſie in jenen Bo⸗ denarten, ohne aufzuf ſpringen, lange hängen gelaſſen werden kann, noch einen guten Wein.

14. Der ſchwarze Muskateller (8. 39.)

Siehe den weißen Muskateller §. 81.

VI. Die anzupflanzenden Trauben-Gattungen.

§. 84.

Bei der Anlegung von Weinbergen verdient die Frage, welche Trauben⸗ gattungen anzupflanzen ſeien, die ſorgfältigſte Ueberlegung, indem bei der ver⸗ ſchiedenen Reifezeit und den ſonſtigen beſondern Eigenſchaften derſelben Klima, Lage und Boden auf das Gedeihen der Reben und auf deren Ertrag einen ſolch weſentlichen Einfluß ausüben, daß hievon das Gelingen eines rentablen Weinbaues überhaupt abhängig gemacht werden muß. Es laſſen ſich in die⸗ ſer Richtung folgende allgemeine Grundſätze aufſtellen:

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1. In jeder Weinbaugegend und in jedem Orte derſelben muß ſowohl hinſichtlich der Quantität als der Qualität, je nach der Oertlichkeit, der mög— lichſt beſte und nachhaltigſte Weinertrag zu erzielen geſucht werden. Es dürfen deßwegen b 2. in minder günſtigen Weinbaugegenden und Weinbergslagen (§. 56) keine ſpät⸗, ſondern müſſen mehr frühreifende Trauben gepflanzt werden und insbeſondere iſt auch auf ſolche Gattungen Rückſicht zu nehmen, deren Holz gern und bald zeitigt und viele Fruchtaugen entwickelt, weil jonft in minder günſtigen Jahren manche derſelben nicht zur Auszeitigung und Extragsfähigkeit gelangen. Ebenſo dürfen

3. in Gegenden, in welchen öfters Regen fällt, ſtarke Thauniederſchläge erfolgen und deren klimatiſche Verhältniſſe überhaupt etwas feucht ſind, keine Traubengattungen gepflanzt werden, die gerne und bald in Fäulniß übergehen.

4. Der zu erzeugende Wein muß eine beſtimmte Farbe, roth oder weiß und dadurch einen feſten Charakter erhalten, ſogenaunte Schillerweine find (nach §. 223) gänzlich zu verwerfen. Man muß daher bei der Anpflanzung eines Weinberges ſich darüber entſcheiden, ob man weißen oder rothen Wein erzeugen und ob man weiße oder blaue Traubengattungen anpflanzen will. Ebenſo muß man ſich

5. bei jeder Anpflanzung klar machen, ob man mehr auf Quantität oder mehr auf Qualität bauen will, und im erſten Falle mehr auf ausgiebige und dauerhafte, im andern Falle mehr auf edle Trauben geſehen werden.

6. In einem wie in dem andern Falle dürfen aber nur ſolche Trauben- gattungen zuſammen angepflanzt werden, welche nicht ungleich reifen, indem ſonſt die beſſere Qualität der frühreifenden durch die geringere Qualität der ſpätreifenden Trauben, beſonders in ungünſtigen Weinjahren, wieder aufgehoben wird, vielmehr jollte, je nach der Oertlichkeit, nur eine oder nur wenige, aber gleichreifende Sorten zur Anpflanzung kommen.

7. Auch wenn mehr auf Quantität gebaut wird, ſollten nie ſolche Trau⸗ bengattungen gewählt werden, welche auch in guten und mittlern Weinjahren nur einen geringen, leichten oder ſogar ſauren Wein geben, deßhalb ſollte einer jeden Anpflanzung wo möglich eine Prüfung der anzupflanzenden Trau— bengattungen, nach dem in benachbarten Weingärten daraus erzielten Moft- gewicht, vorausgehen und keine Traubengattungen angepflanzt werden, die nicht mindeſtens in mittlern Jahren ein Gewicht von 65, in guten Jahren aber von 73—75 Graden nach der Moſtwage der württembergiſchen Wein- verbeſſerungsgeſellſchaft (Mechanikus Kinzelbach, Oechslin) zeigen. |

8. Wird hauptſächlich auf Qualität gebaut, fo dürfen, neben einer guten Lage und gutem Boden, vorzüglich nur edle Rebſorten, wie Rießling, Trami⸗

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ner, Clevner, weiße und blaue Burgunder, Ruländer u. . w. zur Anpflanzung kommen. Der Weinmoſt ſollte mindeſtens in geringen Jahren ein Gewicht von 65—70 Graden,

in mittlern Weinja hren 70-80 ir guten vorn SEI 11 in vorzüglichen von 90 100

zeigen. Im Allgemeinen kann als Grundſatz angenommen werden, daß, je kleiner die Beeren einer Weintraube ſind, und je dunkler ihre Farbe iſt, deſto beſſer wird, unter ſonſt gleichen Verhältniſſen, auch der Wein. Weintrauben mit ſehr großen Beeren enthalten in der Regel viel wäſſerigen Saft und geben nur geringen Wein, ſie eignen ſich daher nicht für unſere elimatiſchen Verhältniſſe.

Hinſichtlich der Lage dürfte

9. in minder günſtigen Lagen, weil hier doch keine vorzüglichen Weine erzeugt werden können, mehr auf Quantität, in vorzüglichen Lagen dagegen mehr auf Qualität gebaut werden.

10. Eine beſondere Berückſichtigung bei der Anpflanzung der einzelnen eee verdient der Geſchmack der Conſumenten, indem, wenn z. B. mehr rothe Weine verlangt werden, hauptſächlich blaue und ſchwarze Trauben⸗ ſorten, wenn die weißen Weine geſucht ſind, vorzüglich weiße Traubengattungen zu pflanzen wären. Namentlich bei dem Abſatze der Weine in entferntere, be⸗ ſonders Nichtweingegenden, darf nicht immer der Geſchmack des Produzenten, der durch den Genuß der gewöhnlichen Landweine nicht ſelten etwas verdorben iſt, entſcheidend ſein, ſondern, wenn ein nachhaltiger Abſatz erzielt werden will, muß man ſich hauptſächlich nach dem Begehr der Käufer, ob rothe oder weiße, ſchwere (gehaltreiche) oder leichte Weine ꝛc. verlangt werden, richten und da⸗ rauf auch bei der Anpflanzung der Traubengattungen Rückſicht nehmen. Ins⸗ beſondere iſt zu beachten, daß durch ein Gemiſch von mehreren Traubengat⸗ tungen der eigenthümliche Geſchmack einer jeden derſelben verwiſcht wird, daher edle Weine nur nach den einzelnen Sorten zu erziehen ſind, bei andern Weinen aber, welche aus gemiſchten Anpflanzungen gewonnen werden, iſt darauf zu ſehen, daß nur wenige und nur ſolche Traubengattungen mit einander gepflanzt werden, die auch hinſichtlich ihres Gehalts und Geſchmacks zu einander paſſen.

§. 85.

Bei der Beſtockung eines Weinberges kommt hauptſächlich auch der wich⸗ tige Umſtand zur Sprache, ob in demſelben ein oder mehrere Rebgattungen angepflanzt werden ſollen. Bisher wurden die Weinberge häufig gemiſcht mit ſehr verſchiedenen, nicht ſelten ganz ungleichartigen Sorten, beſtockt und zur Rechtfertigung dieſer Behandlungsweiſe angeführt:

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a. daß dadurch, weil nicht jedes Jahr die einzelnen Sorten gleich gut gedeihen, der Ertrag mehr geſichert ſei, ſo daß weniger gänzliche Fehlherbſte eintreten; |

h. daß beſonders durch die gemiſchte Beſtockung von weißen und rothen Trauben der Wein haltbarer und zum Theil angenehmer, auch vor manchen Krankheiten bewahrt werde, indem dem milden, aus weißen Trauben gewon— nenen Wein die rothen Trauben Haltbarkeit, dem rothen rauhen Wein aber die weißen Trauben Süße und Milde verleihen, wodurch der Wein mehr Kaufsliebhaber finde.

Welche Nachtheile jedoch mit einer ſolchen gemiſchten Beſtockung verbunden ſind, iſt bereits §. 48 nachgewieſen worden, daher wir eine ſolche unter keinen Umſtänden empfehlen können; damit ſoll aber nicht geſagt ſein, daß in jedem Weinberge nur eine Traubenſorte gepflanzt werden ſoll, indem dieſes, bei den verſchiedenen Lagen und Bodenarten, die in einem und demſelben Weinberg häufig vorkommen, nicht ſelten ebenſo unzweckmäßig wäre, als die ſogenannte gemiſchte Beſtockung.

Wie bereits ausgeführt worden iſt, hat ſich der rationelle Weinbauer bei der Bepflanzung ſeiner Weinberge genau nach den climatiſchen Verhältniſſen der Weinbaugegend, ſowie nach der Lage und dem Boden ſeiner Weinberge zu richten, zu dieſem Behuf wird er weiße und blaue Trauben womöglich nicht in einem und demſelben Weinberg, ſondern jede Gattung in einer beſon— dern Anlage pflanzen, ſpät reifende Trauben nicht für rauhere Gegenden oder ungünſtige nördliche oder niedere Lagen, ſondern für jede Traubengattung die— jenige Lage und Bodengattung wählen, die für dieſelbe, nach ihrer Vegetations— kraft und Reifezeit am angemeſſenſten erſcheint.

Im Allgemeinen kann man hinſichtlich der Lage und häufig auch hin— ſichtlich des Bodens die höhern Gebirge in drei Lagen, nämlich in die untere, mittlere und obere, die kleineren Berge und Hügel aber in zwei, nämlich in die untere und obere abtheilen, bei den ganz niedern und faſt ebenen Lagen findet kein Unterſchied ſtatt. Nach dieſen verſchiedenen Lagen wäre auch die Beſtockung in der Art einzurichten, daß für jede Lage eine ihr entſprechende Traubengattung zu wählen iſt, ſo daß alſo höchſtens dreierlei Gattungen zur Anpflanzung kommen, oder wenn je in den einzelnen Abtheilungen mehr als eine gepflanzt werden wollte, ſo müßte dieß wenigſtens beet- oder zeilenweiſe geſchehen, und die betreffenden Gattungen, hinſichtlich ihrer Vegetationskraft und Reifezeit, möglichſt mit einander übereinſtimmen Gleiche Rückſicht, beſon⸗ ders hinſichtlich der Reifezeit, wäre auch da zu nehmen, wo, wie beim kleine- ren Weinbauer, das Erzeugniß des ganzen Weinbergs oder dasjenige einiger Weinberge im Herbſt zuſammengeleſen wird. 5 |

Durch eine ſolche Beſtockungsweiſe könnte in jedem Weinberge eine feiner

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Lage und Bodenbeſchaffenheit entſprechende reine oder ungemiſchte Beſtockung hergeſtellt und dadurch nicht nur ſehr zur Veredlung des Weines beigetragen, ſondern zugleich auch das Intereſſe des kleinen Weinbauers hinſichtlich der Si— cherheit des Ertrags und der zu erzielenden Quantität gewahrt werden.

S. 86.

Wir haben bereits erwähnt ($. 84), daß bei einem rationellen Weinbau- betrieb hauptſächlich auf die Erzeugung charakterfeſter, weißer oder rother Weine geſehen werden muß und daß bei der Auswahl der Traubengattungen darauf beſondere Rückſicht zu nehmen iſt.

Als die paſſendſten Traubengattungen dürften daher anzunehmen ſein:

1. für weiße Weine.

a. Für edle bouquetreiche Weine: Der weiße Rießling, als die bis jetzt bekannte edelſte weiße Trauben- gattung. Der rothe und weiße Traminer. Der weiße Clevner. Der weiße Burgunder. . Der Ruländer. Der mittlere Velteliner. Der weiße und rothe Muskateller. Der Orleans. Der rothe Malvaſier. Davon gehören Nr. 1, 2, 6, 8 zu den ſtarken, kräftigen, Nr. 3, 4, 5, 7, 9 mehr zu den milden, etwas weniger haltbaren Weinen.

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b. Für kräftige Mittelweine: 1. Der weiße Hängling. 2. Der weiße und rothe Elbling. 3. Der Rothurban. 4. Der grüne, gelbe und rothe Sylvaner. 5. Der gelbe und weiße Ortlieber. 6. Der weiße Rothgypfler. 7. Der weiße Fütterer. 8. Der rothe Rießling. 9. Der weiße Welſchrießling. 10. Der rothe Hans, auch kleiner Velteliner. 11. Der rothe Trollinger. 12. Der weiße und rothe Gutedel, ſowie der Krachgutedel.

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Davon dürfen die Weine von Nr. 2, 3, 6, 7, 8, 9, 10, 11 zu den ſtärkern, kräftigern, diejenigen von Nr. 1, 4, 5, 12 zu den mildern, weniger haltbaren, gerechnet werden.

c. Für geringere Mittelweine:

Der weiße Raäuſchling. . Der weiße Tokayer, jedoch nur in Verbindung mit andern beſſern

Traubengattungen.

Der rothe Reifler. Der weiße und gelbe Heuniſch.

2. Für rothe Weine.

a. Für edle, gewürzreiche Weine:

Der blaue Blüſſardt. Der Schwarzurban. Der blaue Clevner und der blaue Arbſt. Geben den edelſten Roth⸗

wein.

Der blaue Carmenet. Der blaue Burgunder. Der ſchwarze Muskateller.

Die Weine aus dieſen Traubengattungen dürfen ſämmtlich als ſtark, kräftig und gewürzhaft bezeichnet werden.

b. Für kräftige Mittelweine:

Der blaue Bernardi.

Die blaue Müllertraube, auch ſchwarzer Rießling. der ſchwarzblaue Zottelwelſche (Wullewelſch). Schwarzer Traminer.

Blauer Hängling (Schwarzer Häuf ßler).

„Der ſchwarze Elbling.

. Der blaue Sylvaner.

Der blaue Portugieſe.

Die blaue Kadarka.

Der blaue Neri.

. Der blaue Gelbhölzer (Lomersheimer Schwarze). 2. Der blaue Liverdun.

Der ſchwarzblaue Scheuchner (Grübler, Pommerer). „Der blaue Affenthaler.

Die blaue Hartwegstraube (Grob⸗Tauberſch warz).

9 *

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16. Der blaue Trollinger (Schwarzwälſch).

17. Die blaue Frankentraube (Süßroth).

18. Der blaue Limberger. Davon geben Nr. 3, 6, 9, 10, 11, 14, 15, 16 flaree ß Jahren etwas rauhe, aber lagerhafte, Nr. 1, 2, 4, 5, 7, 8, 12, 13, 17, 18 mehr milde, angenehme, ſüße, zum Theil etwas leichte Weine.

c. Für geringere Mittelweine: Der blaue Augſter. Der rothblaue Zottelwelſche (Hudler, Weißlauber, Gol). Der Färber. Der blaue Klöpfer (auch blauer Räuſchling). Der blaue Wildbacher. Der blaue Heuniſch. Der blaue Gänsfüßler.

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§. 87.

Nach den gegebenen Nachweiſungen kann, auch wenn reine Beſtockung ein— geführt werden will, wegen der Verſchiedenheit des Bodens und der Lage und wegen den ſehr von einander abweichenden Eigenſchaften der verſchiedenen Traubengattungen, nicht jeder Weinberg mit Vortheil und Zweckmäßigkeit durch eine Traubengattung beſtockt werden (S. 85), es kommt deßwegen, wenn dieſer Fall eintritt, ſehr viel darauf an, welche Traubenſorten zur Beſtockung eines Weinberges nach ſeiner Lage und ſeinem Boden gewählt werden, daher wir hierüber, neben dem bereits ausgeſprochenen Grundſatze (§. 84), daß keine ungleichreifende Trauben zuſammengepflanzt werden ſollen, noch Folgendes anzuführen haben:

Da ſich die Weinconſumtion nach §. 48 neuerlich von den alten abgela⸗ gerten Weinen ab, und mehr den neuen, ſüßen, milden Weinen zugewendet hat, ſo muß auch bei der Produktion, ſowohl der weißen als rothen Weine, darauf beſondere Rückſicht genommen und der Grundſatz feſtgehalten werden, daß da, wo harte Traubengattungen gepflanzt werden, welche einen lagerhaften, erſt nach mehreren Jahren angenehm trinkbaren Wein geben, wie die in §. 82 Ptk. 9, 10, 11 beſchriebenen Sorten, neben denſelben weichere Traubengattungen zur Anpflanzung zu bringen ſind, welche die Härte und das Raue des Weins mildern, und daß da, wo hauptſächlich weiche Sorten, wie Sylvaner, Gutedel ꝛc. gepflanzt werden, welche milde, leichte, zum Theil dicke, molzige Weine geben, die allzubald abnehmen und manchen Krankheiten unterworfen ſind, deuſelben Traubengattungen beizugeben ſind, welche dem Weine mehr Kraft und Halt⸗ barkeit verleihen.

Zu dieſem Behuf konnten, in Rückſicht daß an hohen und gut gelegenen

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Weinbergen die Trauben oben und unten ihre vollſtändige Reife etwas ſpäter als in der Mitte erhalten, zur Anpflanzung je nach der Lage und Bodenbe— ſchaffenheit kommen: Für rothe Weine, da wo harte Traubengattungen gepflanzt werden:

In der Mitte: Blaue Trollinger, ſchwarzblaue Zottelwelſche (Wullewelſch), der ſchwarzblaue Scheuchner (Grübler, Pommerer), Schwarzurban, Schwarzer Muskateller, der blaue Gelbhölzer (Lomersheimer Schwarze).

Unten: Blaue Clevner, blaue Burgunder, blaue Limberger, Affenthaler, blaue Liverdun, blaue Müllertraube.

Oben: Blaue Burgunder, blaue Portugieſer, blaue Hartwegstraube (Grob— ſchwarz, Tauberſchwarz), blaue Sylvaner, die blaue Frankentraube (Süßrothe), der blaue Hängling, blaue Müllertraube.

Für weiße Weine:

In der Mitte: Weißer Rießling, der mittlere rothe Velteliner, der Elb— ling, der Traminer, der Rothurban, rothe Trollinger, Rothgipfler, der rothe Rießling, der Welſchrießling, der weiße und rothe Muskateller.

Unten: Der Gutedel, der weiße Burgunder, der weiße Clevner, der Ru— länder, der Sylvaner (im ſandigen Boden), Fütterer (im mageren Boden). (Anmerkung 4.)

Oben: Der Sylvaner, der Ortlieber, der Fütterer, der rothe Hans, der

Anmerkung 4. Die Anpflanzung des Gutedels in den untern Theilen der Weinberge wird neuerlich vielfach empfohlen, weil er in dem dort häufig vorkommenden Lehmboden beſonders gut gedeihe (§. 81) Die, nach bereits kräftig vorangeſchrittener Vegetation eingetretenen Froſttage am 13., 14. und 15. April 1862 haben aber zur Genüge bewieſen, daß der Gutedel nicht beſonders in untere Lagen taugt, weil er etwas frühe treibt und daher ſehr dem Erfrieren ausgeſetzt iſt. Die gedachten Froſttage haben bei den in den untern Theilen der Weinberge angepflanzten Gutedeln den Er— trag um die Hälfte bis Dreiviertel vernichtet, während bei den neben angepflanzten ſpättriebigen Sylvanern kaum ein Froſtſchaden zu bemerken war Aus dieſem Grunde wird der Sylvaner immer eine empfehlungswerthe Traubengattung auch für Niede— rungen ſein, wenn er dort auch gerner fault und keinen ſo feinen Wein gibt, als in magerem Boden auf Höhen, denn es wirkt nichts nachtheiliger auf einen rationellen Weinbaubetrieb, als wenn Traubengattungen in Lagen zur Anpflanzung empfohlen werden, von welchen der Ertrag in einer Nacht zu Grunde gerichtet werden kann, während der Nachbar, der andere Gattungen anpflanzte, noch einem guten Ertrag entgegenſieht. Die Anpflanzung des Gutedels dürfte ſich daher mehr für Höhen in kühlem, wenn auch magerem Lehmboden eignen, wie er auf dem Rücken der Muſchel— kalkgebirge häufig vorkommt und wo derſelbe auch an gedachten Froſttagen keinen Schaden nahm.

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weiße Burgunder, der Gutedel beſonders in den kühlen Lehmböden auf dem Rücken der Gebirge.

§. 88.

Bei der Anpflanzung der einzelnen Weinberge wäre nun, wenn nach Lage und Boden nicht reine Beſtockung vorgezogen, d. h. nur eine Traubengattung angepflanzt werden will, einige von den hier angeführten, oder oben (S. 9— 39 und 79—83) weiter beſchriebenen Traubengattungen zu wählen und dabei ſorg⸗ fältig auf Lage und Boden Rückſicht zu nehmen, ſo daß z. B. für mittlere und geringere Lagen keine ſpätreifenden, ſondern mittel- oder mehr frühreifende, für magere Boden keine ſolche Traubengattungen zu beſtimmen ſind, welche einen kräftigen Boden verlangen u. ſ. w. und wobei nur noch zu bemerken iſt, daß je mehr edle und geiſtreiche Sorten zur Anpflanzung kommen, deſto feiner, edler, gewürz- und bouquetreicher auch der Wein wird. Demgemäß werden die edelſten rothen Weine aus dem blauen Clevner und blauen Burgunder erzeugt, ferner feine Weine aus einer Miſchung des Schwarzurbans mit dem Clevner oder Burgunder, ſehr gute Mittelweine aus Miſchungen des blauen Trollingers mit dem Clevner, Burgunder, oder mit dem blauen Portugieſen, und dem blauen Sylvaner, oder des blauen Burgunders mit dem blauen Lim⸗ burger und dem blauen Liverdun, oder der Franken- (Süßrothen) Traube mit dem Grobſchwarzen, blauen Sylvaner, blauen Liverdun oder blauen Bur⸗ gunder.

Die feinſten und bouquetreichſten weißen Weine werden von dem weißen Rießling gewonnen, wenn er in gute und vorzügliche Lagen mit entſprechendem Boden gepflanzt wird, in geringen Lagen oder auch ſchon in geringen Mittellagen mit minder gutem Boden ſollte derſelbe wegen ſeiner Spätreife nie zur An⸗ pflanzung kommen.

Nach dem Rießling folgt ſogleich der rothe und weiße Traminer, der gleichfalls einen ſehr feinen und geiſtreichen Wein gibt, nur etwas weniger bouquetreich, als der Rießling, dagegen reift er früher und hat mehr Süße als dieſer. In geringen Weinjahren können daher durch eine Miſchung von Rießling und Traminer noch gute Weine erzielt werden. Auch durch eine Miſchung des Rießlings mit Ruländer oder weißem Clevner, werden ſehr feine Weine erzeugt, nur wird, weil die letztern früher reifen, die Miſchung in der Regel erſt im Faſſe vor ſich gehen müſſen. Durch eine Miſchung von etwa ein Drittel Rießling, ein Drittel Velteliner und ein Drittel Sylvaner, Elb⸗ ling, Ortlieber oder Gutedel werden gleichfalls angenehme und geiſtreiche Weine erzeugt. Ebenſo durch eine Miſchung von Traminer und Sylvaner.

Zu der Erzeugung ſehr guter Mittelweine eignen ſich die Velteliner mit dem Gutedel, Sylvaner oder Elbling, der Rothurban mit dem Fütterer, Gut⸗

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edel oder Sylvaner, der Hans mit dem Sylvaner und weißen Burgunder, der Welſchrießling mit dem Sylvaner und weißen Burgunder, der Elbling mit dem weißen Burgunder, Gutedel, Ortlieber, Fütterer oder Hans.

Aus den übrigen, ſowohl rothen als weißen Traubenſorten können entwe— der nur leichte oder geringe oder, wenn ſie auch mit beſſeren Sorten gemiſcht werden, nur mittelmäßige Weine erzeugt werden, oder ſie eignen ſich nicht für ausgedehnte Pflanzungen, daher fie ſelten oder nur ausnahmsweiſe zur An- pflanzung kommen ſollten.

VII. Die Anlegung der Weinberge.

8. 89.

Der Anlage eines Weinberges muß die Entwerfung eines geeigneten Plans vorausgehen, wobei nicht nur die klimatiſchen Verhältniſſe, die Lage, der Bo— den und die anzupflanzenden Traubengattungen nach den bereits entwickelten Grundſätzen zu berückſichtigen ſind, ſondern es müſſen auch Vorbereitungen hinſichtlich der Zurichtung des anzupflanzenden Platzes und der Anſammlung der Reben getroffen werden, was in gewiſſen Fällen hie und da einige Jahre erfordert, indem die Rebe zu ihrem Gedeihen nicht nur einen geeigneten, theils mehr, theils minder kräftigen, ſondern als tief wurzelnd, auch einen tiefgrün⸗ digen lockern Boden verlangt.

1. Die Vorbereitung.

Bei der Anlage eines Weinberges kommt zunächſt zur Sprache, ob eine ganz neue Anlage gemacht, oder ob ein abgegangener Weinberg wieder erneuert werden ſolle. Der erſtere Fall kommt zwar in der Regel ſeltener vor, er erfordert aber ebendeßwegen eine ſehr umſichtige Ueberlegung, wenn die An— lage allſeitig als gelungen betrachtet werden ſoll. Hier kommen zunächſt die klimatiſchen Verhältniſſe in Betracht, ob dieſelben überhaupt der Anlegung von Weinbergen zuträglich find (S. 53—55), ſodann die Lage (8. 56-66), indem dieſelbe nicht in der Tiefe und auf Ebenen wegen der Kühle des Grun— des und des dort entſtehenden Froſtſchadens und ebenſo wenig auf hohen un⸗ beſchützten Bergen, wegen der über dieſelben ſtreichenden kalten Winde und der geringen Wirkung der Sonne ſich befinden darf und überhaupt vor ſtar— ken und kalten Winden geſchützt ſein muß. Auch muß ſie eine gute, möglichſt ſüdliche, nicht allzuſteile und nicht zu ſchwache Abdachung haben, ſo daß die— jenigen Lagen zu den beſſeren gerechnet werden dürfen, welche ſich in der Mitte der Berge befinden, und die Sonne am längſten den Tag über behal— ten. Außerdem darf die nächſte Umgebung keine ungünſtige ſein, indem z. B. die unmittelbare Begrenzung durch Waldungen oder die Anlegung von Wein—

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bergen mitten in Waldungen denſelben durch Beſchattung, durch Entziehung der Nahrung durch die Wurzeln der Waldbäume mancher Nachtheil zugehen würde und ſpäter die Trauben durch Inſekten, Vögel und andere Thiere vie⸗ len Beſchädigungen ausgeſetzt wären.

Hinſichtlich des Bodens iſt zu erwägen (F. 76. 77), ob derſelbe überhaupt zum Weinbaue ſich eigne und namentlich ſoviel wärmehaltende und Nähr⸗Kraft beſitze, daß die Rebe in demſelben gut gedeihen kann, insbeſondere ob ſich an der Oberfläche keine Waſſerquellen zeigen und ob und wie dieſelben abgeleitet und der Boden dadurch trocken gelegt werden kann; ob der Ober- und Un⸗ tergrund nicht in waſſerhaltigem Thon beſtehe, Der nicht beſeitigt oder nicht verbeſſert werden kann; ob der Boden nicht zu ſeicht iſt und daher ein ange— meſſenes Reuten durch feſte Felsmaſſen nicht unmöglich gemacht oder ſehr er— ſchwert wird; ob der Boden nicht zu locker, zu leicht und zu mager ſei, ſo daß die Rebe in demſelben, wie im loſen Sand, nicht die gehörige Nahrung findet.

Auf einem Felde, auf dem früher keine Reben gepflanzt wurden, wird es bei der tiefen Wurzelung derſelben und der noch unbenützten Bodenkraft ſelten an der erforderlichen Nahrung für dieſelben fehlen, vielmehr iſt es Er— fahrungsſache, daß dieſelben in einem ſolchen ausgeruhten Boden (wie Wald— und Waideboden) ſehr freudig gedeihen, auch läßt ſich ein nicht ganz geeigne— ter Boden verbeſſern, wie z. B. ein waſſerhaltiger Thon durch Anlegung von Waſſerabzugsdohlen (§. 93), durch Aufführung und Vermiſchung mit Mauer⸗ ſchutt, Kalkſteingerölle oder leichterem, beſſerem, ſand- oder kalkhaltigem Bo⸗ den; ein leichter, loſer Boden aber durch Beimiſchung von einem feſteren Thon oder Lehm, oder durch Aufführung von Raſen, oder durch ſtarke Dün⸗ gung, doch wird es bei Neuanlagen immer das Angemeſſenſte ſein, wenn man ſolche in ſehr ungeeignetem Boden, im Falle nicht durch eine vorzügliche Lage die Nachtheile theilweiſe ausgeglichen werden, gänzlich unterläßt, weil es immer etwas ſehr unſicheres bleibt, ob der Boden auch bei aller Mühe und Arbeit auf nachhaltige Weile verbeſſert werden kann und ob durch die oft ſehr bedeu— tenden Verbeſſerungskoſten der künftige Ertrag nicht ganz abſorbirt wird. Zeigt ſich bei einer Neuanlage durch darunter befindlichen Felsmaſſen ein ſeichter Boden, ſo kann derſelbe durch Ausbrechung der Felſen oder durch Aufbringung von Erde auf die ſeichten Stellen und Aufführung von Mauern tiefgründiger gemacht werden, wie dieſes an den ſteilen mit vorzüglichen Lagen verſehenen Muſchelkalkgebirgen des mittlern und untern Neckarthales, ſowie auch des Enz⸗ und Tauberthales hie und da der Fall iſt.

8.90. Soll ein abgegangener Weinberg wieder erneuert werden, fo iſt, da über

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die Lage bereits entſchieden iſt, hauptſächlich zu unterſuchen, ob die Fläche noch den erforderlichen Bodenreichthum beſitze, um der neu anzupflanzenden Rebe die nöthige Nahrung zu geben, oder ob derſelbe auf natürliche oder künſtliche Weiſe erſetzt werden muß.

Die neueſten Unterſuchungen unſerer Naturforſcher haben gezeigt, daß die Pflanzenwurzeln diejenigen Safttheile, welche nicht zur Ernährung der Pflanzen dienen, wieder von ſich geben, ausſchwitzen, wie dieſes bei den Exkre— menten der Thiere der Fall iſt (S. 1). Wenn nun eine Pflanze, wie die Rebe, Jahre lang an einer Stelle ſtehen bleibt, ſo wird in gewiſſen Fällen nicht nur die zur Ernährung derſelben geeignete Bodenkraft von derſelben nach und nach ausgeſogen, ſondern die Erde wird auch mit ihren Exkrementen immer mehr angefüllt und dadurch unfruchtbar, die ausgeſchiedenen Stoffe tragen jedoch die Fähigkeit zur Ernährung anderer Pflanzen in ſich, worauf, wie in der Landwirthſchaft allgemein bekannt iſt, die Fruchtwechſelwirthſchaft und bei dem Weinbaue auch die natürliche Erneuerung der Bodenkraft der ab— gegangenen Weinberge beruht.

Die erforderliche Bodenkraft für die Neuanlage wird vorhanden ſein, wenn der Boden ſolche zur Ernährung der Rebe taugliche Beſtandtheile in ſich begreift, welche nur ſehr langſam verwittern und daher demſelben immer wieder neue Nährtheile zuführen, wie z. B. da, wo der Boden hauptſächlich aus Kalkſteingerölle, Kalkſchiefer, hartem Kalk- oder Thon-Mergel, oder aus Urgebirgstrümmern (Granit) oder vulkaniſchem Boden beſteht, und wo zugleich, vermöge der guten Lage und der ſteilen Abdachung, durch das ſtarke Aufprallen der Sonnenſtrahlen die Vegetation ohnehin befördert wird, auch würde in einer ſolchen Lage und in einem ſolchen Boden wegen der hitzigen Eigenſchaft beider der Verſuch, durch die Zwiſchenanpflanzung anderer Ge— wächſe den Boden ausruhen zu laſſen und demſelben neue Kräfte zu geben, nur ſchlecht gelingen, weil hier andere Gewächſe, wie Körnerfrüchte oder Fut— terkräuter, nur ſchlecht oder gar nicht gedeihen würden. Außerdem kann aber durch die Anpflanzung beſonders von tief wurzelnden Futterkräutern (Klee) in einem von Natur triebigem Boden ein Ueberreiz in demſelben entſtehen, wo— durch zwar in den erſten Jahren die Reben ein ſehr üppiges Gedeihen zeigen, ohne in dieſem Verhältniß einen höhern Ertrag zu gewähren, dann aber aus Ueberreiz bald wieder abſterben, wie dieſes in dem ſtark kalkhaltigen Boden des Tauberthales bei vorangegangenem mehrjährigem Kleeeinbau der Fall ſein ſoll.

Das alsbaldige Reuten (Rotten) eines Weinberges, nachdem die alten Reben ausgehauen ſind, heißt man das Reuten vom Stock hinweg. Wenn aber auch ein ſolches Reuten vom Stock hinweg vorgenommen werden will oder muß, ſo ſind auch hiebei einige Vorbereitungen nöthig, indem es in man—

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chen Fällen ſehr zweckmäßig erſcheint, wenn in dem letzten Jahre vor dem Aushauen der Reben dieſelben möglichſt lang angeſchnitten werden, um von ihnen noch den möglichſt großen Ertrag zu erzielen, ſofort aber alle weitere Bauarbeiten unterlaſſen, und der Boden mit Klee oder Grasſaamen eingeſät und ſofort nach dem Herbſt untergereutet wird, was ſehr zur Kräftigung des Bodens beiträgt, ohne demſelben einen allzugroßen Ueberreiz zu geben. Außer⸗ dem kann auch Raſenerde, Kompoſt oder ſonſt ein geeignetes Kräftigungsmit⸗ tel angeſammelt werden, das beim Reuten mit der Erde in den Reutgräben gemiſcht wird.

8. 91.

Hat der Boden nach dem Abgange eines Weinbergs nicht die nöthige Kraft, um die neugeſetzten Reben nachhaltig ernähren zu können, fo muß die⸗ ſelbe, wenn die Rebanlage gedeihen ſoll, auf irgend eine Weiſe erſetzt werden. Die natürlichſte Erſetzung erfolgt, wenn man den Boden einige Jahre aus⸗ ruhen und öd liegen läßt, damit derſelbe, vermöge ſeiner Anziehungskraft, durch die Luft, den Thau und den Regen mit denjenigen Beſtandtheilen ſich ſchwän⸗ gern oder diejenigen innern Beſtandtheile auflöſen kann, welche zur Ernährung der Rebe nothwendig ſind. Die zweckmäßigſte Erſetzung iſt jedoch, wenn der ausgehauene Weinberg einige (46) Jahre mit andern und beſonders mit tief wurzelnden Gewächſen angebaut wird, wie mit Klee und namentlich dem blauen Klee (Luzerne), indem durch andere Gewächſe die für die Rebe um- fruchtbaren Exkremente derſelben konſumirt, durch das tiefe Wurzeln der Bo- den gelockert, der Zutritt der Luft befördert und manche befruchtenden Theile aus der Tiefe heraufgeholt werden, ſo daß durch alles dieſes der Boden neue Nahrungsſäfte ſammeln kann und beſonders durch die Verweſung der langen ausgebreiteten Wurzeln, ſowie der dichten Grasnarbe demſelben viele nachhal- tige, der Rebe ſehr zuträgliche Nahrungsſtoffe zugeführt werden. Da jedoch der Boden durch den Einbau anderer Gewächſe gleichfalls in Anſpruch ge⸗ nommen wird, ſo iſt es nach den gemachten Erfahrungen angemeſſen und dem Gedeihen der ſpäter anzupflanzenden Rebe ſehr förderlich, wenn derſelbe, während jener Anpflanzung, einige Male tüchtig gedüngt wird. Namentlich will man die Bemerkung gemacht haben, daß, wenn bei dem längeren Einbau von blauem Klee, beſonders in leichterem Boden, nicht vor dem Reuten ein bis zweimal gut gedüngt wird, der Weinberg keine Nachhaltigkeit zeige, ſon⸗ dern mehr ins Holz als in Trauben treibe. Ebenſo ſollen auch Weinberge, bei welchen der Boden zuvor einige Jahre ganz öd lag, zwar langſamer her- anwachſen, aber dauerhafter ſein als ſolche, in welchen zuvor Klee gebaut wurde, weil hier, durch allzuſtarken Trieb der Rebe, in den erſten Jahren der Stock allzuſehr in Anſpruch genommen werde und dadurch früher nachlaſſe.

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Die Anblümung eines Weinbergs mit andern Gewächſen, beſonders mit Gras oder Klee, kann entweder im letzten Jahr des Beſtands deſſelben durch die Einſaat zwiſchen die Rebſtöcke (§. 90) geſchehen, wobei dann das Aus⸗ hauen der Rebſtöcke erſt nach dem Herbſt erfolgt, oder der Weinberg wird nach dem Aushauen der Stöcke mit einer Körnerfrucht (Gerſte, Einkorn) an⸗ geblümt und unter dieſelbe dann auch der Gras- oder Kleeſaamen geſäet, unter deren Schutze derſelbe im erſten Jahre freudig gedeiht.

Der Boden, der eine längere Vorbereitung für das künftige Gedeihen der Rebe erfordert, beſteht hauptſächlich in ſolchem, der weniger alkaliſche Stoffe, ſowie Kalk ꝛc. (S. 75) mit ſich führt, wie dieſes namentlich bei den kühlen Böden, beſonders dem Lehmboden, und bei dem in der Keuperformation ent⸗ ſtandenen Thonboden häufig vorkommt, daher in Württemberg auch in ſolchen Bodenarten die mehrjährige Anpflanzung anderer Gewächſe, namentlich blauer Klee, vor der Neuanlage eines Weinberges faſt überall eingeführt iſt, auch iſt zu berückſichtigen, daß bei der Anpflanzung der verſchiedenen Gewächſe, welche zur Vorbereitung für die Neuanlage eines Weinberges dienen, auf die Be⸗ ſchaffenheit des Bodens beſondere Rückſicht zu nehmen iſt, indem die Erfah⸗ rung lehrt, daß eine gleichförmige Behandlung nicht überall als angemeſſen erſcheint, namentlich, je mehr ein warmer Boden ſchon an und für ſich Kalk, Natron und Kali enthält, deſto weniger wird, aus den bereits angeführten Gründen, den künftigen Rebanlagen die längere Aupflanzung von tief wur⸗ zelnden und eine ſtarke Grasnarbe gebenden Gewächſen, wie blauer Klee ꝛc., zuträglich ſein, vielmehr iſt in einem ſolchen Falle die Anpflanzung von an⸗ dern Gewächſen oder von einjährigem rothen Klee, wie in dem Ohr- und Tauberthale, angemeſſener.

Eine künſtliche Wiederherſtellung der erſchöpften Bodenkräfte kann vorge⸗ nommen werden durch Aufbringung und das Unterreuten von kräftiger Erde, Kompoſt, Raſen, ſtark verweſtem Dünger oder durch das Ausfüllen der Reut⸗ gräben mit ſolchen Subſtanzen, oder durch Belegung derſelben mit Reben⸗, Dorn⸗, Nadelholzbüſcheln, indem dieſe durch ihre Verweſung der Rebe nicht nur viele Nahrung geben, ſondern auch die untern Bodenſchichten längere Zeit locker erhalten, wodurch die Wurzeln der Rebe ſich überall gehörig ausbreiten können. Hauptſächlich wird bei einer ſolchen künſtlichen Erneuerung der Bo— denkräfte darauf Rückſicht zu nehmen ſein, daß dadurch den Reben nicht nur die organiſchen Grundſtoffe, die ihre nachhaltige und kräftige Vegetation be⸗ dingen, Kohlen-, Waſſer⸗, Sauer⸗ und Stickſtoff, ſowie die Erzeugniſſe derſel⸗ ben, die Kohlenſäure, das Ammoniak und Humus (§. 61. 63. 72), ſondern auch die erforderlichen unorganiſchen Stoffe: Kalk, Kali, Natron ꝛc. ($. 75) in gehöriger Menge zugeführt werden, was aber in manchen Fällen mit kei⸗ nem unbedeutenden Koſten⸗Aufwand verbunden ſein dürfte.

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2. Das Reuten (Rotten).

892 Durch das Reuten (Rotten) eines Weinberges ſollen neben einer tiefen, der Rebe zuträglichen Auflockerung des Bodens auch verſchiedene andere Zwecke erreicht werden, die wir hier zu betrachten haben und worüber vor dem Be⸗ ginnen der Arbeit ein angemeſſener Plan entworfen werden muß, wenn die neue 8 ganz zweckmäßig ausfallen ſoll.

a. Lage und Abdachung.

Ein Weinberg ſoll eine gleiche, möglichſt ſüdliche Lage haben, damit die Sonnenſtrahlen eine gleiche Wirkung auf denſelben ausüben, indem jede Un— gleichheit in der Lage auch eine ungleiche Wirkung der Sonnenſtrahlen und dadurch eine Ungleichheit in der Zeitigung der Trauben herbeiführt. Wenn daher insbeſondere bei der neuen Anlage eines Weinberges ein ſolcher ſich mehr gegen Oſten oder Weſten neigt, ſo kann die Lage in eine mehr ſüdliche verwandelt werden, wenn die hintere gegen Oſten oder Weſten ſtehende Seite bedeutend erhöht und die Erhöhung erforderlichen Falls durch Mauern oder Grasraine unterſtützt wird, wie dieſes in manchen Gegenden Württembergs hie und da zur Anwendung gekommen iſt, wobei jedoch der Nachbar ohne ſeine Zuſtimmung nicht benachtheiligt werden darf.

Sind die Abdachungen an einem Weinberge zu ſteil, ſo daß der obere Boden bei ſtarkem Regen leicht abgeſchwemmt werden könnte, ſo muß die Steilheit durch Aufführung von Mauern oder durch Anlegung von Grasrai— nen auf die §. 57 angegebene Weiſe gemildert und zu dieſem Behufe ſchon vor der Anlage des Weinberges die erforderliche Vorſorge getroffen, bei de— ren Errichtung aber die hienach enthaltenen Vorſchriften (§. 98) berückſich— ſichtigt werden.

b. Unebenheiten.

Bei der neuen Anlage von Weinbergen kommt es nicht ſelten und hie und da auch bei dem Umreuten alter Weinberge vor, daß ſich Vertiefungen und Erhöhungen zeigen, die, wenn der Weinberg eine gleiche Lage erhalten ſoll, nicht ſo belaſſen, ſondern ausgeglichen werden müſſen. Können die ein⸗ zelnen Erhöhungen zu der Ausgleichung der Vertiefungen verwendet werden, ſo kann dieſes während des Reutens dadurch geſchehen, daß man die Erde auf diejenige Seite ſchafft, wo ſich die Vertiefungen befinden. Iſt die Erhö— hung in der Mitte, ſo wird mit dem anzulegenden Reutgraben auf beiden Seiten begonnen und die Erde immer gegen die Vertiefung geſchafft, ſo daß die Erhöhung in der Mitte ſich verlieren muß; iſt die Erhöhung auf der einen Seite, ſo wird der Reutgraben auf der niedern Seite angelegt, und die

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Erde fortwährend auf dieſe Seite geſchafft, wodurch ſich Erhöhung und Ver— tiefung gleichfalls ausgleichen werden, ſind aber nur Erhöhungen und keine Vertiefungen vorhanden oder letztere von erſteren weit entfernt, ſo müſſen in den Erhöhungen vor dem Reuten, je nach dem Zuge derſelben, den Berg hinauf oder quer ſogenannte Schlitzgräben angelegt und hier ſo viel Erde aus— und in die Vertiefungen getragen oder bei Seite geſchafft werden, bis die Er— höhung ausgeglichen iſt, wobei jedoch die Vorſicht zu gebrauchen wäre, die obere humusreiche Erde zuvor abzuheben, bei Seite zu legen und dann beim eigentlichen Reuten in den Untergrund zu ſchaffen, weil ſonſt der letztere an ſolchen Stellen zu mager bliebe.

C. Der Untergrund. Die Entwäſſerung.

Auf den Untergrund eines Weinberges muß je nach der verſchiedenen Beſchaffenheit deſſelben (S. 73) bei und vor dem Reuten deſſelben beſondere Rückſicht genommen werden, indem durch die Heraufſchaffung und Vermiſchung des Untergrunds mit dem Obergrund der letztere öfters bedeutend verbeſſert werden kann, wie z. B., wenn ſich in erſterem Mergel, Gyps, fetter Thon⸗ ſchiefer ꝛc. befindet, oder wenn mit dem obern, lockern, leichten Boden, ein ſtrengerer und ſchwererer Boden oder auch nicht allzugrobes Steingerölle ge— miſcht, oder wenn der ſtrenge Obergrund durch den mehr ſandigen Untergrund lockerer gemacht werden kann. Iſt dagegen der Obergrund ſeicht und befin— den ſich in dem Untergrund Felſen, ſo müſſen ſolche ſo weit ausgebrochen wer— den, als zur Gewinnung eines angemeſſenen Obergrundes nöthig iſt, wobei die Steine bei ſteilen Abdachungen zu der Aufführung von Mauern verwendet werden können. Zeigt ſich der Untergrund dadurch undurchlaſſend, daß ſich in demſelben dünne Schichten von Steinen, wie in dem Mergelboden, die Mergelſteine, oder feſter Mergel (Kies), oder zäher Thon (Letten) befinden, ſo müſſen die dünnen Schichten durchbrochen, Steine und Thon beſeitiget, oder der letztere, je nach Umſtänden, ſowie der Mergel mit dem übrigen Boden gemiſcht werden.

Kommen Waſſerquellen, oder an einzelnen Stellen kleine Anſammlungen von Waſſer, ſogenannte Waſſergallen, oder überhaupt ein ſtark waſſerhaltiger Untergrund zu Tage, ſo muß derſelbe durch Ableitung des Waſſers möglichſt trocken gelegt werden. Dieſes geſchieht, wenn das Waſſer nicht in den tiefern Untergrund verſenkt werden kann, durch die Anlegung von unterirdiſchen Grä— ben, die mit kleineren Steinen ausgefüllt und dann, wie das übrige Gereuth, mit Erde bedeckt werden, und durch die ſich dann das Waſſer abziehen kann, oder es können, wenn der Waſſerandrang ſtärker iſt, auch gemauerte Abzugs— dohlen angelegt werden.

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In der neuern Zeit iſt häufig auch die Entwäſſerung der Weinberge durch Drainröhren (Drainirung) zur Sprache gekommen, indem bei den außerordent⸗ lich günſtigen Reſultaten, den die Drainirung des Bodens bei andern Cultur⸗ zweigen herbeigeführt hat, bei den Weinbergen gleichfalls und um ſo mehr ſehr günſtige Ergebniſſe erwartet werden dürften, als die Reben gerade zu den⸗ jenigen Pflanzen gehören, welche eine allzugroße Feuchtigkeit am wenigſten er⸗ tragen können, und deßwegen öfters von einer Krankheit, der Gelbſucht, be⸗ fallen werden, die durch die Drainirung beſeitigt werden könne. Außerdem könnte durch den Zutritt der Luft in den untern Bodenſchichten mittelſt der Drainröhreit ein allzuſtrenger Weinbergsboden milder und lockerer gemacht, und dem Boden vom Frühjahr bis zum Spätjahr eine Menge warmer Luft zugeführt werden, wodurch die Vegetation der Rebe und die Zeitigung der Trauben außerordentlich befördert werden müßte. Nur wäre der Umſtand zu befürchten, daß, weil ſich die Wurzeln tiefſtehender Gewächſe häufig der Feuch⸗ tigkeit nachziehen, dieſes auch bei der Rebe der Fall ſein könne, wodurch ſich die Drainröhren durch die in denſelben ſich bildenden Wurzelſchwänze bald verſtopfen könnten, wie dieſes bei Drainanlagen in Baumpflanzungen ſchon der Fall geweſen ſeie. Ob nun in Deuſchland ſchon größere Drainanlagen in Weinbergen vor⸗ genommen und ob dabei die in Ausſicht geſtellten Vortheile auch wirklich erreicht worden ſind, iſt dem Verfaſſer nicht bekannt, auch hat eine von ihm im Kleinen an⸗ gelegte Drainirung in Beziehung auf die Reben kein außergewöhnliches Reſul⸗ tat herbeigeführt. Dagegen wurde bei der Verſammlung der deutſchen Wein⸗ und Obſtproduzenten in Wiesbaden im Spätjahr 1858 angeführt, daß Drain⸗ Anlagen am Neuſchateller See und in Frankreich mit gutem Erfolge in den Weinbergen eingeführt werden und daß nach den bisherigen Erfahrungen das Verſtopfen der Röhren durch Wurzelgeflechte der Reben nicht zu befürchten ſei, weil die Rebe das Waſſer nicht ſo ſuche, wie ſaftreichere und waſſerhal⸗ tigere Pflanzen, als die Weide ꝛc.

Auch in der Gegend von Wien wurden von dem Gärtner Daniel Hovi⸗ brenk zu Hitzing gelungene Verſuche mit der Drainirung von Weinbergfeldern gemacht, wodurch namentlich auch ein früheres Reifen der Trauben herbeige⸗ führt worden ſei.

(Hohenheimer landwirthſchaftliches Wochenblatt, 1860, Seite 245.)

Wollen Verſuche mit der Drainirung von Weinbergen gemacht werden, ſo wird es jedenfalls zweckmäßig ſein, wenn dieſes bei der Neuanlage derſelben geſchieht, weil, wenn ein alter Weinberg mit einem waſſerhaltigen Boden drainirt werden wollte, die an eine größere Feuchtigkeit gewöhnten Wurzeln durch die Trockenlegung des Bodens leicht ausdorren und abſterben und der Weinberg dadurch ſtatt zu- bedeutend abnehmen könnte.

In Württemberg dürften ſich, nach der Anſicht des Verfaſſers, die Wein⸗

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berge in der Bodeuſeegegend wegen des dortigen größeren Feuchtigkeitsgrades vorzugsweiſe zur Drainirung eignen, indem dadurch zugleich das häufige Fau⸗ len der Trauben verringert und die Zeitigung derſelben befördert würde.

8. 94. d. Die Art des Reutens.

Bei dem Reuten eines Weinberges kommt zunächſt zur Sprache, ob der— ſelbe ganz oder nur einzelne Theile deſſelben gereutet werden ſollen, und ob, vermöge ſeiner mehr oder minder ſteilen Abdachung und der Beſchaffenheit des Bodens, Mauern oder Grasraine erforderlich ſind oder nicht.

Sollen nur einzelne Abtheilungen gereutet werden, ſo muß man ſich da⸗ bei genau nach der Anlage des übrigen Weinberges richten, damit, gegenüber von dieſem, keine Ungleichheiten entſtehen, während man bei der neuen Anlage eines ganzen Weinberges freiere Hand hat und planmäßiger auf die bereits angegebene Weiſe verfahren kann.

Sind Mauern oder Raine aufzuführen, ſo müſſen die Stellen, wo dieſes zu geſchehen hat, zuvor genau bezeichnet, und der Weinberg in eben ſo viele Abtheilungen abgetheilt werden, von welchen jede nach einem beſondern Plane zu reuten und anzulegen iſt, jedoch ſo, daß die Zeilen der Stöcke möglichſt auf einander gehen.

Der Zweck des Reutens beſteht übrigens nicht nur in einer tiefen Auf, lockerung und Umkehrung des Bodens, ſo daß die obere, durch die Berührung mit der Luft und durch Düngung oder Anpflanzung von andern Gewächſen fruchtbar gemachte Bodenſchichte in die Tiefe kommt, um die Reben gehörig tief ſetzen zu können, und denſelben einen zu ihrem Gedeihen gut zugerichteten Boden zu verſchaffen, ſondern auch darin, daß die untere unfruchtbare Erde an die Oberfläche gebracht, durch Verwitterung fruchtbar gemacht und dadurch den Reben die zu ihrem Gedeihen erforderlichen unorganiſchen Beſtandtheile nach und nach zugeführt werden.

Wenn nun ein Weinberg eine gleiche Lage hat, oder nicht in viele und ſchmale Abtheilungen durch Aufführung von Mauern abgetheilt iſt, wird mit dem Reuten in der Regel unten am Berg dadurch begonnen, daß man einen ſogenannten Reutgraben von 3—4 Fuß Breite quer durch den Weinberg, unter Zugrundlegung eines beſtimmten Maßes, abſteckt, und die Erde ſofort, je nachdem man ſeichter oder tiefer reuten will, 2—3 Fuß tief aushebt und dieſelbe entweder auf einen nahe liegenden leeren Platz bringt, oder an das obere Ende der zu reutenden Fläche (die Stirne) trägt, um damit den letzten Graben auszufüllen. Iſt der erſte Graben ausgetragen, ſo wird ein zweiter Graben von gleicher Breite abgeſteckt, derſelbe in gleicher Tiefe, wie der erſte Graben, ausgehoben, die Erde in den letztern geworfen und derſelbe damit

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ausgefüllt, wobei darauf zu ſehen iſt, daß die obere fruchtbare Erde, wenn zu— vor Klee gepflanzt wurde, die Kleenarbe, unten in den Graben zu liegen kommt, damit die Wurzeln der Rebe genügende, kräftige und andauernde Nah⸗ rung finden. Auch ſoll beſonders ein zäher, ſtrenger, zuſammenhängender Bo— den nicht mit dem Spaten ausgeſtochen und in den Reutgraben geworfen wer- den, weil ſonſt der ganze Stich zuſammengeballt beiſammen bleibt, und der Boden dadurch wenig oder gar uicht aufgelockert in die Tiefe kommt, wodurch dem Eindringen und Ausbreiten der Wurzeln viele Hinderniſſe entgegengeſetzt werden. Am wenigſten zweckmäßig, ſondern ſehr verwerflich iſt es, wenn, nachdem der Reutgraben ausgeſchlagen iſt, der nächſte zum Ausfüllen beſtimmte Boden, an der feſten Wand untergraben wird, ſo daß dieſelbe auf einmal in den Graben ſtürzt, wodurch zwar der Graben größtentheils ausgefüllt, aber ein ganz undurchgearbeiteter Boden in großen feſten Maſſen in den Untergrund kommt, in dem die Reben, wie bereits angeführt, nicht gehörig wurzeln können und durch den auch noch der Abfluß des Waſſers in der Tiefe gehemmt wird.

Am zweckmäßigſten iſt es, wenn der Boden mit der Haue oder dem zwei— zinkigen Karſt aufgehauen und mit der Schaufel in den Reutgraben gewor⸗ fen wird.

Hat der Boden viele Steine, wie im mittleren Neckar- im Kocher⸗ Jagſt⸗ und Tauberthale, fo iſt es ſehr zweckmäßig, wenn die größten Steine ausgeleſen und damit der Boden des Reutgrabens belegt wird, indem die Rebe mit Luſt ihre Wurzeln durch die Steine treibt, und das Waſſer ſich in dem Graben nicht aufhalten kann, ſondern unter den Steinen ſeinen Weg weiter ſucht. Beſonders angemeſſen iſt dieſes, wenn ein Weinberg einen zähen, lettigen, undurchlaſſenden Untergrund hat (S. 93), doch wird in ſolchen Fällen manchmal etwas tieſer gereutet werden müſſen, damit der Boden über der Stein⸗ lage immer noch eine Tiefe von 2 Fuß erhält.

Wie bei dem erſten und zweiten Reutgraben, ſo wird mit der Anlegung und Ausfüllung der übrigen fortgefahren, bis der ganze Platz umgereutet iſt, worauf der letzte Graben entweder mit der vom erſten Graben beigetragenen oder mit anderer disponiblen Erde ausgefüllt wird. Damit jedoch für die Ausfüllung der einzelnen Reutgraben nicht zu wenig und nicht zu viel Erde gewonnen wird, ſo muß man ſich bei der Anlegung derſelben, ſowohl für die Breite als Tiefe eines beſtimmten Maßes bedienen, indem das gereutete Feld ſtets eine gleiche Tiefe zu erhalten hat, ſo daß der unter demſelben befindliche Untergrund eine gleiche anſteigende Fläche bildet, auf dem das in dem Boden befindliche Schnee- und Regenwaſſer bequem ablaufen kann. Ein ungleiches Reuten würde viele Mißſtände veranlaſſen und namentlich eine ungleiche Tiefe den großen Nachtheil herbeiführen, daß in den ſtärkeren Vertiefungen, beion-

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ders bei undurchlaſſendem Untergrund, das Waſſer längere Zeit fen bliebe und Krankheiten der Rebe veranlaſſen würde.

§. 95.

Eine beſondere Vorſicht erfordert das Reuten, wenn, was auch bei alten Weinbergen vorkommen kann, ſich kleinere Erhabenheiten oder Vertiefungen zeigen, oder wenn überhaupt einem Weinberge in Folge einer andern Einthei- lung oder der Aufführung von Mauern theilweiſe eine andere Lage gegeben und dieſes bei dem Reuten ausgeglichen werden ſoll. Zeigen ſich nämlich Ver— tiefungen, welche erhöht werden ſollen, ſo werden an ſolchen Stellen, um mehr Boden zu gewinnen, die Reutgräben breiter gemacht und damit fo, lange fort- | gefahren, bis die Vertiefung ausgefüllt iſt, wogegen, wenn man an die höher liegende Fläche kommt, an der Breite der Gräben nach und nach etwas abge— brochen wird, bis ſie wieder die urſprüngliche Breite erhalten haben und der gereutete Boden eine gleiche Fläche bildet. Sind Erhöhungen, aber keine Ver— tiefungen vorhanden, in die man die überflüſſige Erde ſchaffen kann, ſo wird dieſelbe durch anzulegende Schlitzgräben auf die in §. 92 angegebene Weiſe beſeitigt, will man aber, beſonders bei neuen Anlagen, die Lage eines Wein— berges wegen der Richtung gegen die Sonne, auf einer Seite etwas erhöhen, ſo kann man dieſes neben der in §. 92 angegebenen Weiſe auch ſchon durch das Reuten dadurch erreichen, daß man mit der Anlegung der Reutgräben auf der niedern Seite in ſchiefer Richtung beginnt und dieſelben tiefer aushebt, wodurch mehr Boden gewonnen und derſelbe dadurch erhöht wird.

Mußten bei ſehr ſtarken Abdachungen ſchmale, durch hohe Mauern ges ſchiedene Abtheilungen gemacht werden, ſo iſt es zur Erhaltung der Mauern ſehr zweckmäßig, wenn nicht von unten gegen oben, ſondern quer über jede Abtheilung gereutet wird.

§. 96. b. Das tiefe oder ſeichte Reuten.

Die Tiefe der Reutgräben hängt hauptſächlich von der Lage und Boden⸗ beſchaffenheit der einzelnen Weinberge ab. Im Allgemeinen darf angenommen werden, daß in hohen, ſteilen Lagen tiefer zu reuten iſt, als in niedern Lagen, weil in jenen der Boden gewöhnlich hitziger iſt, derſelbe durch das ſtarke Auf— prallen der Sonnenſtrahlen früher austrocknet und Regen- und Schneewaſſer ſchnell ablauft und daher nicht ſo tief in den Boden dringt, wodurch, wenn nicht durch tiefes Reuten für eine tiefe Bewurzelung der Rebe geſorgt wird, dieſelbe in heißen und trockenen Sommern leicht austrocknen und in der Vege— tation zurückbleibeu könnte. Unter ſolchen und ähnlichen Verhältniſſen wird

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daher der Reutgraben an der feſten Seite gegen den Berg eine Tiefe von 2½—83 Fuß erhalten dürfen, jo daß der umgereutete Boden eine Tiefe von 3—4 Fuß hat. Insbeſondere bei ganz neuen Weinbergsanlagen wird bei einem ſtrengen Thon⸗, Mergel- oder ſteinigen und felſigen Boden darauf zu ſehen ſein, daß tief gereutet wird, indem dieſes auf die Dauerhaftigkeit des Weinberges einen großen Einfluß hat. Man wird hier, namentlich bei ſteini⸗ gem, felſigen oder hartem, mergeligen (kieſigen) Untergrund immerhin auf eine Tiefe von 4—6 Fuß gehen dürfen. Beſondere Umſtände können gleichfalls ein vorübergehendes oder theilweiſes tieferes Reuten veranlaſſen, wie z. B., wenn an einzelnen Stellen Steine und Felſen, anſtatt ſie mit vielen Koſten aus dem Weinberg zu ſchaffen, verſenkt, oder der Boden des Reutgrabens nach §. 94 mit Steinen belegt werden ſoll. Im erſten Falle macht man tiefe Gru⸗ ben, in die man die Steine hineinwirft, worauf ſolche wieder mit Erde bedeckt werden. Ferner wenn man, wegen Mangel an beſondern Erdengruben, aus dem Weinberge ſelbſt Erde gewinnen will, indem dann von einzelnen Beeten (Abtheilungen) die obere fruchtbare Erde abgehoben und zum Uebertragen des übrigen Weinberges verwendet wird. Solche abgehobene Weinbergsbeete müſſen dann bei der neuen Anlage, um ſie mit dem übrigen Weinberge wieder in gleiche Lage zu bringen, tief, öfters 6—8 Fuß tief gereutet und der dadurch herauf⸗ geſchaffte magere Boden durch ſtarke Düngung möglichſt bald verbeſſert werden. N Ein ſeichtes Reuten iſt hauptſächlich nur da zuträglich, wo der Boden

ſchon an und für ſich locker und dem Eindringen der Wurzeln der Rebe keine weſentlichen Hinderniſſe entgegenſtellt, wie dieſes in Niederungen bei Sandboden, ſandigem Lehm oder bei ſtark kalkhaltigem Boden der Fall iſt.

In ſolchen, ſowie überhaupt in Bodenarten, in welchen mehr ein ſeichtes Reuten geboten iſt, kann ein tiefes Reuten auch nachtheilig wirken, weil da⸗ durch der gute fruchtbare Boden ſo tief vergraben wird, daß denſelben die Rebe in den erſten Jahren ihrer Pflanzung nicht erreichen kann, wodurch ſie in der Entwicklung zurückbleibt, auch kann in allzutief gereutetem Boden die Wärme bis zu den Wurzeln der Rebe nur langſam eindringen, wodurch die Vegetation gleichfalls aufgehalten und die vollſtändige Zeitigung der Trauben (Ueberreife) verhindert wird, fo daß ein ungeeignetes Reuten auch die Quali⸗ tät des Weins verſchlechtern kann. In ſolchen Fällen wird es gut ſein, wenn die obere fruchtbare Erde nicht ſogleich in die Tiefe geſchafft, ſondern dieſelbe bei Seite gelegt, der Reutgraben zuerſt mit magerer Erde von der untern Bodenſchichte aufgefüllt und dann erſt die gute Erde hineingezogen wird, ſo daß die neuzuſetzenden Reben in dieſelbe zu ſtehen kommen, oder ſolche mit ihren Wurzeln bald erreichen können.

Außerdem iſt noch ſehr zu berückſichtigen, ob die anzupflanzenden Trau⸗

7 %

Rx

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bengattungen viele ſtarke und tiefgehende Wurzeln anſetzen, wie der Trollinger

der Urban ꝛc., oder ob dieſelben nur einen ſchwachen Wurzelſtock beſitzen, wie der Traminer, Sylvaner ꝛc., indem bei erſteren immer einen Fuß tiefer als bei letzteren gereutet werden darf, weil jene, wenn ſie älter werden und im Untergrund nicht mehr gehörig Raum und Nahrung finden, gerne gelb werden und kränkeln, während bei letztern Gattungen ein zu tiefes Reuten die Stöcke

unfruchtbar machen ſoll, weil ſie mehr ins Holz als in Trauben treiben. Es

iſt deßwegen auch hieraus erſichtlich, daß eine ungeeignete gemiſchte Beſtockung von ſtark⸗ und ſchwachtriebigen Rebſorten nichts weniger als angemeſſen er— ſcheint, auch wäre es wohl möglich, daß die in einzelnen Weinbaugegenden be- ſtehende Klage, daß der Trollinger gerne an Gelbſucht leide, von einem nicht gehörig tiefen Reuten herkommt. Wenn daher, je nach der Bodenbeſchaffen⸗ heit, bei ſtarktriebigen Reben eine Tiefe der Reutgräben von 3—4 Fuß als nothwendig erſcheint, wird bei ſchwachtriebigen Reben eine Tiefe von 2—3 Fuß

genügen.

Ein ſeichtes Anlegen der Reutgräben kann auch durch beſondere Umſtände

geboten werden, wenn, wie im Tauberthale, der Obergrund ſeicht iſt und

große Felsmaſſen ſich im Untergrund befinden, die ſich nicht durchbrechen und beſeitigen laſſen, oder wenn unter den gleichen Verhältniſſen ein zäher, waſſer—⸗ haltiger Untergrund vorhanden iſt, der nicht heraufgeſchafft werden will, auf

den aber die Reben, als nachtheilig, auch nicht mit ihren Wurzeln kommen ſollen. In ſolchen Fällen wird aber von der fupflanzung ſtarktriebiger Reben

keine Rede ſein können. Will man den Untergrund aus andern Urſachen nicht heraufſchaffen, je⸗ doch den Wurzeln der Rebe den Zutritt zu demſelben durch Auflockern ver—

ſchaffen, ſo wird derſelbe Ya Fuß tief aufgehackt und ſodann die Erde des nächſten Grabens darüber 9 e

8. 97. 1. Die Zeit des Reutens.

Das Reuten der Weinberge wird in der Regel vom Spätjahr nach dem Herbſt bis zum Frühjahr vorgenommen, weil hier der Weingärtner am wenig⸗ ſten von ſeinen übrigen Geſchäften in Anſpruch genommen wird, mithin die

meiſte Zeit darauf verwenden kann. Es kommt jedoch auch hiebei ſehr auf

die Bodenbeſchaffenheit an, zu welcher Jahreszeit daſſelbe am zweckmäßigſten vor ſich gehen kann, ob während des Sommers, oder im Spätjahr vor dem Winter, oder während des Winters, oder im Frühjahr. Im Allgemeinen muß ſo frühzeitig gereutet werden, daß ſich der Boden J 10²

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vor dem Einlegen der Reben noch gehörig ſetzen kann, weil, wenn die Rebe in allzu lockern und zerklüfteten Boden zu ſtehen kommt und derſelbe ſich erſt ſpäter ſetzt, dieſelbe eine ungleiche Lage erhält, d. h. bald zu tief, bald zu ſeicht zu ſtehen kommt, wodurch die Bewurzelung derſelben nicht gehörig vor ſich gehen kann, was der Entwicklung äußerſt nachtheilig iſt.

Bei einem warmen, ſtrengen und ſehr geſchloſſenen Boden, wie beim ſtrengen Thon⸗ und Mergelboden, wird der Sommer und das Spätjahr immer die geeignetſte Zeit zum Reuten bilden, wenn der Weingärtner dazu die nöthige Zeit finden kann. Iſt dieſes nicht der Fall, ſo ſollte das Reuten wenigſtens während des Vorwinters in den Monaten November und Dezember geſchehen. Ueberhaupt iſt dieſe Zeit in den meiſten Fällen die geeignetſte für die Reut⸗ arbeiten, beſonders auch bei ſeichtem, etwas lockerem und leichtem Obergrund, damit derſelbe die Winterfeuchtigkeit gehörig aufnehmen kann und im nl nach dem Setzen der Reben, nicht ſo leicht austrocknet.

Werden die Reben, wie im Tauberthale, vor dem Winter geſetzt, ſo muß das Reuten ohnedieß ſogleich nach dem Herbſt begonnen werden.

Blos bei tiefgründigem, zähem, lettartigem Boden dürfte es angemeſſener ſein, mit dem Reuten deſſelben erſt im Frühjahr zu beginnen, weil ſonſt ver- ſelbe während des Winters zu viel Waſſer anziehen und vermöge ſeiner Schwere ſich allzuſehr ſetzen, dabei wieder zuſammenballen und eine feſte Maſſe bilden könnte, was einer guten und ſtarken Bewurzelung ſehr hinderlich wäre.

Aus eben dieſem Grunde erſcheint auch das Reuten während des Winters, beſonders in Bodenarten welche die Feuchtigkeit gerne anziehen und lange be⸗ halten, nicht angemeſſen, am allerwenigſten ſoll aber der Boden gefroren in den Untergrund gebracht werden, indem derſelbe, weil der Zutritt der Wärme fehlt, nur langſam aufthauet und wenn diefes auch nach und nach geſchieht, derſelbe keine lockere, ſondern, wie beim kalten Boden, eine kalte, feſte Maſſe bildet, welche die Vegetation der Rebe nicht befördert, vielmehr zu manchen Krankheiten, wie das Gelbwerden, den ſchwarzen Brenner ꝛc. Veranlaſſung gibt. Es iſt deßwegen bei der Anlage eines Weinberges von beſonderer Wich⸗ tigkeit, die Zeit des Reutens ſo zu wählen, daß bei dem Umkehren des Bodens derſelbe möglichſt trocken und locker in den Untergrund kommt.

Wird, wie im Kocher- und Jagſtthale, mit dem Reuten zugleich das Setzen verbunden, ſo hat erſteres ſich nach der Zeit des letzteren zu richten.

8. 98. g. Die Anlegung von Mauern und Rainen.

Die Nachtheile, die mit allzuſteilen Abdachungen verbunden ſind, ſind

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bereits nachgewieſen worden ($. 57. 92) und daß daher folche durch Auffüh- rung von Mauern oder Grasrainen zu mildern ſind. In welchen Fällen nun Mauern oder Grasraine nöthig ſind, darüber entſcheidet wieder die Bodenbe— ſchaffenheit, indem bei einem zähen, bündigen Boden, bei Abdachungen von 20—30 und mehr Graden, noch keine oder wenig Mauern erforderlich ſind, während bei leichterem und loſerem Boden, wie bei den ſteinigen, thon- lehm⸗ und kalkhaltigen Böden des mittlern Neckar- des Kocher- Jagſt-⸗ und Tau⸗ berthals öfters ſchon Unterſtützungen durch Mauern bei 15—20 Graden Ab— dachung angebracht werden müſſen.

Bei ſteilen Abdachungen wird man ſich wegen der Feſtigkeit und der Höhe der aufzuführenden Unterſtützungen unbedingt für die Herſtellung von Mauern zu entſcheiden haben, bei minder ſteilen kommt aber die Frage in Betracht, ob es angemeſſen ſei, Mauern oder Grasraine anzulegen. Mauern ſind dauerhafter und geben dem Weinberge ein hübſcheres Ausſehen als Grasraine, ſind aber ſehr koſtſpielig, daher deren Errichtung nur dann anzurathen iſt, wenn die Steine aus dem Weinberge ſelbſt oder in deſſen Nähe gebrochen werden können; im andern Falle wird man ſich mit Grasrainen begnügen müſſen, die zwar weniger dauerhaft find, den Froſt gerne anziehen und Uns kraut im Weinberg verbreiten, aber von jedem Weingärtner faſt ohne Koſten hergeſtellt werden können, und dem Aermeren auch einigen Grasertrag ab— werfen. Bei öſtlicher, weſtlicher oder nördlicher Lage, ſind die Raine haltba⸗ rer als bei ſüdlicher Lage, wo dieſelben bei heißer Sommerwitterung öfters ſo ausbrennen, daß die Grasnarbe abſtirbt, und der Rain einrutſcht. Zur Dauerhaftigkeit eines Rains trägt es bei, wenn bei dem Setzen deſſelben der grüne Raſen nicht auswärts, ſondern auf die Seite (quer) gerichtet, und wenn der Rain jedes Jahr, ſo lange noch Feuchtigkeit im Boden iſt, gepritſcht wird. Die Höhe der Mauern oder Grasraine richtet ſich nach der Steilheit der Ab- dachung, indem dieſelben ſo hoch aufgeführt werden ſollen, daß die einzelnen Abtheilungen keine ſteileren Abdachungen als von 20—24 Graden erhalten.

Bei der Anlegung der Mauern (Terraſſen) werden dieſelben quer über den Berg entweder in gerader Linie oder ſchief in einem ſchwachen Winkel, je nach der Neigung des Berges, gezogen. Die Dauerhaftigkeit hängt haupt⸗ ſächlich von einem guten Fundament ab, das bei Mauern von 4—5 Fuß Höhe 1½, Fuß, bei höhern Mauern 2—3 Fuß tief und 3—4 Fuß breit an⸗ gelegt werden muß. Die Mauer ſelbſt darf nicht ſenkrecht aufgeführt werden, ſondern muß, um dem Andrange des Waſſers und der erweichten Erde mehr widerſtehen zu können, eine Neigung etwa 1 Zoll auf 1 Fuß Höhe gegen den Berg haben und muß mit guten feſten Hintermauern unten von 3, oben von 2 Fuß Breite verſehen ſein. Statt der Weinbergswege (Furchen) wird in

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ſteilen Weinbergen gewöhnlich ein Geſtäffel angelegt, das mit Steinplatten |

einzufaſſen iſt. f Bei dem Zuge der Mauern iſt darauf zu ſehen, daß ſie ſobiel als mög⸗ lich den Reflex der Sonnenſtrahlen befördern und dadurch eine gute Wirkung

auf die Zeitigung der Trauben ausüben, auch ſoll durch dieſelben die Richtung

der von oben kommenden Gewäſſer geregelt und deren Gewalt durch eine

zweckmäßige Vertheilung gebrochen werden. Aus dieſem Grunde ſind ſchief angelegte Mauern, wie man fie im Neckarthale bei Untertürkheim, Cannſtatt und auch zu Weinsberg findet, zweckmäßiger als geradelaufende, weil über letztere das Waſſer bei ſtarken Regengüſſen und Wolkenbrüchen von einem Mauerabſatze auf den andern ungehindert ſtürzen und dadurch nicht nur den Boden an manchen Stellen auswühlen, ſondern auch die Mauern ſelbſt um⸗ reißen kann. Bei der Anlegung von ſchiefen Mauern iſt dieß weit weniger der Fall, indem am Fuße derſelben gleichfalls ſchiefe Waſſerabzugsgräben an⸗ gebracht werden, welche das Waſſer in eine gepflaſterte Waſſerrinne (Waſſer⸗ furche, Geſtäffel) führen, wodurch der Ablauf deſſelben geregelt und größere Bodenabſchwemmungen verhindert werden. Solche ſchiefe Mauern müſſen von zwei Seiten gegen die in der Mitte befindliche Waſſerrinne ziehen und letztere daher, je nach der Steilheit des Berges, in Entfernungen von 30—60 Fuß angelegt werden. ;

Will man die durch jeden Regen abgeflößte Erde wieder ſammeln, jo kann man am Fuße des Geſtäffels ausgemauerte und gepflaſterte Sammel⸗ käſten anlegen, in welche das Waſſer geleitet wird und in denen der abge⸗

flößte Boden ſich niederſchlägt, wie man ſie in der Gegend von Würzburg

öfters antrifft.

An ſteilen Bergen und bei geradlaufenden Mauern wird das Geſtäffel nicht immer gerade den Berg hinauf durch die Mauern angelegt, ſondern an der Seite derſelben hinauf geführt, wodurch zwar die Steilheit etwas gebro- chen, aber auch die Sicherheit des Tritts, beſonders bei ſchweren Laſten, ver⸗ mindert und der verderbliche Waſſerabzug noch mehr befördert wird.

Sehr zweckmäßig iſt es und trägt ſehr zur Zierde des Weinberges bei, wenn bei hohen Mauern entweder am Fuße derſelben oder durch Einſetzung von Reben in die Mauern ſelbſt, Rebgelände (Kammerzen) angelegt und da⸗ durch der durch die Anlegung der Mauern verloren gegangene Boden wieder erſetzt wird (S. 128—130). Bei der Einlegung der Reben in die Mauern werden in denſelben Oeffnungen von 4—6 Zoll im Quadrat gelaſſen und ſodann

hinter und durch dieſelben 3—4 Fuß lange Reben 2—4 Fuß tief von oben eingelegt und in Entfernungen von 8—10 Fuß hervorragende Steine mit

viereckigen Löchern eingeſetzt, in welche die zum Gelände erforderlichen Rahm⸗ ſchenkel eingeſteckt und befeſtigt werden.

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3. Die Setzreben. 1

Bei der neuen Anlegung eines Weinberges können die dazu erforderlichen Reben entweder

a. aus Samen, oder }

b. aus dem Holze erzogen werden, d. h. im letztern Fall

in Wurzelreben oder

in Schnittlingen (Blindreben) beſtehen.

a. Die Erziehung aus Samen.

Die Erziehung der Rebe aus Samen iſt nirgends allgemein gebräuchlich

und iſt bis jetzt nur von einzelnen Oenologen verſuchsweiſe in Anwendung

gekommen, weil es ſehr lange anſteht (8—12 Jahre), bis von den aus Samen gezogenen Reben ein vollkommener tragbarer Rebſtock herangebildet iſt und weil, wenn dabei nicht mit aller Sorgfalt verfahren wird, die herangezogenen Rebſtöcke entweder weit geringere (herbe und ſaure) Trauben als der Mutter⸗ ſtock, oder von demſelben ganz verſchiedene Trauben, ſogenannte Baſtarde, geben, die häufig gleichfalls von geringem Werthe ſind. Da jedoch auf der andern Seite durch die Erziehung der Rebe aus Samen dauerhaftere, an die klimatiſchen Verhältniſſe mehr gewöhnte und den verſchiedenen Beſchädigungen und Krankheiten weniger ausgeſetzten Rebſtöcke erzogen und durch Befruchtung während der Blüthe neue ſchätzbare Traubengattungen gewonnen werden kön— nen, bei welchen die gegenſeitig guten Eigenſchaften von zwei Gattungen ver— einigt erſcheinen würden, wie z. B. bei einer Vereinigung des weißen Bur⸗ gunders mit dem weißen Rießling, oder mit dem grünen Muskateller, die frü— here Reife und das feine Bouquet, ſo wäre es, beſonders für den deutſchen Weinbau, von großer Wichtigkeit, wenn ausgedehnte nachhaltige Verſuche mit der Erziehung der Rebe aus Samen angeſtellt würden, was aber, weil die anzuſtellenden Verſuche viele Jahre erfordern dürften, nur in einer zu errich— tenden Weinbauſchule mit Erfolg geſchehen könnte, daher auch aus dieſem Grunde die Errichtung einer ſolchen ſich empfehlen dürfte ($. 51).

Wir wollen nun verſuchen, darzuſtellen, auf welche Weiſe ein nachhaltig guter, geſunder und kräftiger Rebſtock aus Samen gewonnen werden kann.

Jede Frucht kann aus dem Kerne nur dann in ihrer ganzen Voll— kommenheit erzogen werden, wenn ſie vollſtändig ausgezeitiget iſt und alſo auch der Kern ſeine vollſtändige Reife erlangt hat, Pflanzen aus minderreifen Kernen erzogen, gleichen häufig nicht mehr dem Mutter⸗ ſtock, ſondern beſtehen in ſogenannten Wildlingen, die nur unvollkommene

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wenig ſchmackhafte oder gar keine Früchte hervorbringen, wie bei den aus Kernen erzogenen Obſtbäumen ſchon vielfach die Erfahrung gemacht worden iſt. Wenn man daher aus Traubenkernen Reben von der gleichen Sorte er⸗ ziehen will, ſo müſſen die dazu erforderlichen Trauben nicht nur in ganz vor⸗ züglichen Jahrgängen, in welchen dieſelben ihre vollſtändige Reife, wo möglich Ueberreife, erlangt haben, ſondern auch von beſonders tragbaren Stöcken und von dieſen wieder von den ausgezeitigtſten Reben genommen werden, jo daß auch die Kerne durch ihre braune Farbe die §. 7 näher beſchriebene Reife vollſtändig nachweiſen. Außerdem ſind die Trauben nur von ſolchen Stöcken zu nehmen, bei welchen man verſichert iſt, daß ſie während der Blüthe nicht von andern Traubengattungen befruchtet worden ſind und dadurch keine Ba⸗ ſtarde zu Tag kommen, mithin nur von rein, d. h. von ein und derſelben Traubengattung beſtockten Pflanzungen.

Die auf dieſe Weiſe geſammelten Trauben werden in einem dem Froſt nicht unterworfenen Lokale bis zum künftigen Frühjahr durch Aufhängen oder auf andere Weiſe vor eigentlicher Fäulniß bewahrt, nachdem zuvor die weniger ausgebildeten Beere davon entfernt worden ſind. Im Monat März werden dann die Kerne aus den faſt ganz vertrockneten Beeren herausgenom⸗ men und die ausgebildetſten zur Ausſaat in der Art verwendet, daß man die⸗ ſelben in gute, feine mit etwas Sand vermiſchte Erde in Reihen ziemlich weit auseinander ſäet, oder ſteckt und , Zoll hoch mit Erde bedeckt. Die Aus⸗ ſaat kann entweder im freien Land oder in einem Miſtbeet geſchehen, jeden⸗ falls muß aber eine ſolche Einrichtung getroffen werden, daß die jungen Pflänz⸗ chen vor den Nachtheilen der Frühjahrs⸗ und Spätjahrsfröſte geſichert find. Gehen die Pflanzen zu dicht auf, ſo werden die ſchwächeren ausgezogen, damit für jede derſelben ein Raum von 3 Zoll im Quadrat bleibt und im Uebrigen vom Unkraut rein erhalten. Während des Winters werden ſie mit Stroh und leichtem Dünger bedeckt, ſo daß die Kälte keinen Schaden thun kann. Im zweiten Jahre werden die jungen Pflanzen im Frühjahr kurz beſchnitten, ſo daß nur ein Auge ſichtbar bleibt und mit kurzen PIE verſehen, an welche die neuen Triebe gebunden werden. Im dritten Jahre werden die Stöcke gleichfalls kurz beſchnitten und jedem Stock nur ein Trieb oder eine Rebe ge⸗ laſſen, die an das Pfählchen gebunden wird. Sind die Stöckchen erſtarkt, ſo können ſie im 4. oder 5. Jahre ausgehoben und wie Wurzelreben verſetzt werden, in welchem Falle alle Triebe bis auf einen abgeworfen werden, an dem man 3—4 Augen ſtehen läßt, der wie Wurzelreben oder Schnittlinge mit dem Wurzelſtock in den Boden kommt, bis auf 1 Zoll mit Erde bedeckt, und an deſſen oberem Ende in den folgenden Jahren durch Abwerfen der jungen Triebe der Kopf erzogen wird. Solche aus Samen gezogene Stöcke erhalten viele feine Haarwurzeln, die zum Einſaugen der Bodenſäfte geſchickter ſind,

7

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als die Wurzeln der andern Reben, wodurch der Weinberg dauerhafter und tragbarer werden ſolle. i

Außerdem laſſen ſich auch durch künſtliche Befruchtung neue Traubenſor— ten erziehen. Sprenger ſagt im dritten Theil ſeines Weinbaues S. 108, daß ſich durch künſtliche Befruchtung die Eigenſchaften zweier Traubenſorten, die zu gleicher Zeit blühen, in der aus dem Kern erzogenen Rebe vereinigen laſſen, wenn man, noch ehe die Blumen ſich öffnen und ehe die Staubfäden den Samenſtaub ausfließen laſſen (S. 6), denn etwas vom eigenen Samenſtaub der Pflanze gehört zur Befruchtung, in den Blumen der einen Blüthe alle Staubbeutel abſchneidet und auf die Narbe der andern Blume den ausflie- ßenden Samenſtaub mit einem Pinſel in ziemlicher Menge ſo aufträgt, daß er ſich mit der von der Narbe ausſchwitzenden Feuchtigkeit vermiſcht, wie die— ſes bei gleichblühenden und nahe bei einander ſtehenden Weinſtöcken durch den

Wind, die Inſekten ꝛc. zufällig geſchieht. Es wäre deßwegen ſehr alas,

wenn hierüber weitere Verſuche angeſtellt werden wollten.

§. 100. b. Die Erziehung aus dem Holze.

Das einjährige und zum Theil auch das zweijährige Rebholz zieht Wur⸗ zeln und treibt an den Augen junge Schooſe, ſowie es in den Boden gebracht wird, worauf die Erziehung und Fortpflanzung der Rebe aus dem Holze beruht. |

Bei der Auswahl und Zurichtung des Holzes ſind jedoch verſchiedene Rückſichten zu beobachten, die einer beſondern Erörterung bedürfen.

Nachdem man ſich über die Sorten, die angepflanzt werden ſollen, ent⸗ ſchieden hat (8. 84—88), iſt es die erſte Sorge, daß man die betreffenden Reben in reiner, geſunder, unverfälſchter Qualität bekommt. Man kann zwar die Gattung des Rebholzes an der Farbe deſſelben, an dem Abſtande der Ge— lenke, an der Form der Augen ꝛc. erkennen, es gehören aber hiezu ſehr er— fahrene Weingärtner und auch dieſe können ſich täuſchen, weil es einzelne Reb— gattungen gibt, die ſehr ſchwer von einander zu unterſcheiden ſind. Damit hier keine Verwechslung vorgeht, iſt es ſehr angemeſſen, wenn man die Reben aus eigenen Weinbergen nehmen kann und wenn man in denſelben, beſonders bei gemiſchten Beſtockungen, die betreffenden Stöcke (etwa mit einer Weide am Schenkel) genau bezeichnet. Jedenfalls ſind die Reben, wenn man nicht betro- gen werden will, nur von ganz zuverläſſigen Weingärtnern zu beziehen. Das Sammeln geſchieht in der Regel im Frühjahr bei dem Schneiden der Reb—

ſtöcke, da, wo aber ſchon vor dem Winter geſetzt oder zum Theil geſchnitten

wird, auch beim Schneiden im Spätjahr, nur muß dann im letztern Falle für

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1 4 ——— 9 1

gutes Aufbewahren der Reben während des Winters durch Einſchlagen in Sand oder Erde im Keller oder freien Land geſorgt werden.

Nicht jede Rebe iſt aber zur Setzrebe tauglich, wenn der künftige Ertrag des Weinberges ein guter ſein ſoll, weil es unter jeder Traubengattung auch weniger fruchtbare und hie und da faſt unfruchtbare Stöcke (wie der Rauh⸗ Elbling §. 14) gibt, die ſich auf gleiche Weiſe fortpflanzen und von welchen daher keine Setzreben geſammelt werden dürfen, vielmehr muß das Rebholz nur von ſolchen Stöcken und Schenkeln geuommen werden, welche ſich durch beſondere oder mindeſtens gute Fruchtbarkeit auszeichnen, weßhalb die Stöcke wo möglich mehrere Jahre lang zu beobachten und beſonders zu bezeichnen ſind. Auch muß das Holz ſtark, geſund und mit engſtehenden Augen verſehen ſein, N wobei man ſich jedoch, ohne ſich von der guten Tragbarkeit eines Stocks über⸗ zeugt zu haben, von dem etwa ſtarken Holztrieb nicht täuſchen laſſen darf, in⸗ dem unfruchtbare Stöcke öfters am meiſten Holz treiben; aber auch ſchwaches, nicht völlig reifes, erfrorenes oder ſonſt beſchädigtes Rebholz darf nicht zur Nachzucht genommen werden. Beſonders bei ſolchen Rebſorten, welche ſich in verſchiedene, von einander ſchwer zu erkennende Unterarten abtheilen, wie z. B. bei dem Clevner (§. 31) erfordert die Auswahl der Reben und deßhalb die genaue Bezeichnung der tragbaren Stöcke eine beſondere Sorgfalt.

Da die Rebſtöcke im Alter im Ertrag und Trieb nachlaſſen und daher häufig kein kräftiges, gern tragbares Rebholz mehr hervorbringen, ſo beſteht die weitere Regel, daß das Setzholz von keinen alten, ſondern von jungen, kräftigen, jedoch bereits im Ertrag ſtehenden Weinbergen genommen werden ſoll, indem nur von dem Setzholze aus dieſen dauerhafte und reichlich tragende Stöcke erwartet werden dürfen. Die Lage und der Boden, in welchem eine Rebe gewachſen iſt, haben auf das künftige Gedeihen und die Ertragsfähigkeit derſelben gleichfalls weſentlichen Einfluß. Die Setzreben ſollen daher eher aus einer kalten in eine wärmere Lage, als umgekehrt gebracht werden, zu welchem Behuf z. B. die Reben zur Anpflanzung auf Höhen, welche den Winden ſtark ausgeſetzt ſind, von ähnlichen Weinbergen und nicht von wärmeren Geländen genommen werden ſollten, weil jene an die rauheren climatiſchen Einflüſſe weit mehr, als letztere gewöhnt find. Dagegen werden Reben von rauheren Ge- länden in gelindere verſetzt, gewöhnlich ſehr freudig gedeihen. Aehnliche Ver— hältniſſe finden auch bei dem Boden ſtatt, daher Reben aus ſehr warmem und fruchtbarem Boden nie in mageren und kalten, wohl aber umgekehrt verpflanzt werden ſollten, indem die im fetten Boden erzogenen Reben ein weites Ge- fäſſeſyſtem beſitzen, dick und weich find, und daher in einem magern Boden ſchlecht vegetiren werden. Aus dieſem Grunde ſind auch Reben von im Garten gezogenen maſten und kräftigen Rebgeländen (Kammerzen) weniger für eine Weinbergsanlage geeignet, als diejenigen von gewöhnlichen Rebſtöcken.

\ 155 In keinem Falle ſollten die Reben aus vernachläſſigten, herabgekommenen Weinbergen mit ausgeſaugtem Boden genommen werden, indem die Stöcke in ſolchen Weinbergen ſelten gute und fruchtbare Reben hervorbringen.

8, 101.

Die zum Setzen erforderlichen Reben werden gewöhnlich von dem ein— jährigen Holze, in einzelnen Gegenden, wie im oberen Neckarthale und am Traufe der Alp, aber auch vom zweijährigen Holze und zwar vom vorjährigen Bogen, an dem man etwas einjähriges Holz ſtehen läßt, genommen, daher man ſolche Reben, wegen ihrer gebogenen Form, Krägen nennt. Sie ſollen dauerhaftere Weinberge, als diejenigen von einjährigem Holz geben, was aber ohne Zweifel daher kommt, daß in dem dortigen, rauheren Clima das ein- jährige Holz, beſonders in den obern Theilen, weniger gut auszeitigt, wodurch bei deſſen Verwendung das Gedeihen der neuen Anlage weit mehr in Frage geſtellt wird, als wenn man zur Unterlage zweijähriges Holz nimmt und an demſelben nur einige untere Augen vom einjährigen, jedenfalls am meiſten ausgezeitigten Holze ſtehen läßt.

An welchen Theilen des Rebſtocks das Rebholz gewachſen, iſt nicht gleich— gültig, indem in der Regel das aus dem Kopfe oder aus Zapfen (Knoten) auf dem Kopfe gewachſene Holz, wenn auch dünner, doch weit kräftiger und frucht- barer, mithin tauglicher zur Fortpflanzung iſt, als das Rebholz aus dem har⸗ ten Holze, auf dem Schenkel, oder am äußerſten Ende der Bogrebe (dem Schna⸗ bel) oder vom Zapfen eines Schenkels, daher hauptſächlich von jenen Theilen des Rebſtocks die Setzreben geſammelt werden ſollten.

Die einzelnen Theile einer Rebe taugen gleichfalls nicht gleich gut zur Fortpflanzung. Der untere Theil derſelben, der auf dem alten Holze aufge⸗ ſeſſen, iſt in der Regel kräftiger und ausgereifter, als der mittlere und obere Theil, daher jener hauptſächlich nur zur Fortpflanzung verwendet, der übrige Theil aber beſeitigt werden follte; auch iſt es gut, wenn man beim Schneiden der Reben noch etwas vom alten Holze mit abſchneidet, damit das junge Holz bis zum Gebrauche nicht ausdorrt. {

Vor dem Gebrauche muß die Rebe auf eine beſtimmte Länge eingekürzt werden, was man Zuſchneiden heißt. Die Länge iſt, je nach den verſchiedenen Setzarten verſchieden (S. 111, 112), doch muß ſtets auf eine angemeſſene Länge geſehen werden, damit die Rebe nicht blos am Fuße, ſondern auch an den untern Seitengelenken eine gute Wurzelkrone treiben (S. 1) und dadurch ſich gehörig befeſtigen und die erforderliche Nahrung aus dem Boden einſaugen kann.

Sit die Rebe zu kurz, ſo kann ſich entweder nur eine Wurzelkrone aus“ bilden, oder die obere kommt zu ſeicht zu ſtehen, wodurch ſie durch Froſt, Hitze

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oder durch die Bearbeitung des Bodens beim Hacken leicht beſchädigt werden kann.

In der Regel hat die Setzrebe eine Länge von 1/—1 / Fuß, was ges wöhnlich die Länge von der Spitze des mittlern Fingers bis zum Ellenbogen iſt, wornach die Weingärtner das Maß nehmen. Nach dieſem Maß wird die Rebe oben etwa / 5 Zoll über dem Auge, damit dieſes Saft behält und nicht fo leicht verdorrt, unten aber fo abgeſchnitten, daß der Wulſt vom Aus⸗ wuchs aus dem alten Holze, wo die Rebe eine ſchwache Biegung macht, ſtehen bleibt, indem die hier ſich zeigenden kleinen Augen ſehr dazu beitragen, daß der Stock bald mehrere Wurzeln treibt, dadurch bald eine gute Wurzelkrone bekommt und erſtarkt und gedeiht; auch will man behaupten, daß nur ſolche unten etwas gebogene Reben Pfahlwurzeln treiben, indem durch die Biegung die Wurzelausſchläge mehr dem Untergrunde zugewieſen werden; andere Reben, welche gerade und nicht gebogen ſind, ſollen nur horizontale Wurzeln treiben. Manche Weiagärtner laſſen beim Schneiden der Reben aus Unkenntniß noch vom alten Holze ſtehen, da jedoch dieſes ſich nicht ſo ſchnell bewurzelt, wie das einjährige Holz, vielmehr gerne fault und die Fäulniß auch der Rebe mittheilt, ſo erſcheint eine ſolche Behandlungsweiſe ganz fehlerhaft. Iſt an dem Schnittling nichts mehr vom alten Holz vorhanden, ſo wird die Rebe unter dem unterſten Auge, wo das Holz (der Steeg) das Mark durchkreuzt, eben geſchnitten, ſo daß man nichts oder wenig mehr vom Marke ſieht, was die gute Folge hat, daß bei einem ſolchen gleichen ebenen Schnitt der untere Theil der Rebe leichter überwächst und Wurzeln treibt. Da, wo mit der neuerlich eingeführten Rebſcheere geſchnitten wird, erhalten die Reben oben und unten einen ebenen Abſchnitt, bei dem Schneiden mit der Hape wird aber oben ge— wöhnlich ſchief geſchnitten, wobei darauf zu ſehen iſt, daß der Abſchnitt gegen das obere Auge gerichtet iſt, weil daſſelbe ſonſt bei ſtarkem Ausfluß des Saftes leicht erſaufen könnte.

Sowohl beim Sammeln der Reben nach dem Schneiden, als beim Zu— ſchneiden derſelben müſſen ſie vor der Sonne geſchützt werden, weil ſie leicht

austrocknen; wenn daher das Setzen nicht ſogleich erfolgt, ſo ſind ſie entweder

in einem Keller aufzubewahren und von Zeit zu Zeit mit Waſſer zu begießen, oder an einem ſchattigen, kühlen Ort in Erde einzuſchlagen, ſo daß blos die Spitzen ſichtbar, oder, wenn die Aufbewahrung länger dauert, auch dieſe 2—3 Zoll hoch mit Erde bedeckt ſind. Das Einſchlagen in Erde verdient jedoch vor der Aufbewahrung in dumpfen Kellern den Vorzug.

§. 102. e. Die Wurzelrebe. Die zugeſchnittene Rebe (Schnittling, Blindrebe) kann entweder ſogleich

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zu der Weinbergsanlage verwendet, oder zuvor zu einer Wurzelrebe herange— zogen werden. Letzteres geſchieht entweder in beſondern Rebländern oder durch Ableger von tragbaren Rebſtöcken.

Die Ausbildung der Rebe beruht hauptſächlich auf ihrer mehr oder min⸗ der ſtarken Bewurzelung, indem die Wurzeln die Hauptnahrungsorgane ſind, welche die zum Wachsthum der Rebe erforderlichen Stoffe aufnehmen und der— ſelben zuführen (S. 1). Je wurzelreicher daher eine Rebe iſt, deſto mehr Nah⸗ rungsſtoffe kann fie aufnehmen und auf ein deſto beſſeres Gedeihen des künf⸗ tigen Rebſtockes darf gerechnet werden. Bei der Anlage eines Reblandes iſt daher darauf, ſowohl hinſichtlich der Lage als des Bodens, beſondere Rückſicht zu nehmen. Dieſem zufolge muß daſſelbe eine warme, womöglich gegen Mor— gen oder Mittag ſich neigende Lage und einen guten, warmen, lockern, nicht zu fetten, lieber etwas magern, ſandigen Boden haben, der Wärme und Feuch— tigkeit gerne aufnimmt und letztere nicht zu lange behält, indem in einer ſolchen Lage und in einem ſolchen Boden die Vegetation und Bewurzelung ſehr beför⸗ dert wird, und, wenn die Reben ſpäter in einen fetteren Weinbergsboden fom- men, in demſelben weit beſſer gedeihen, als im umgekehrten Fall. Will man nur für eine beſtimmte Weinbergsanlage Wurzelreben ziehen, ſo iſt es zweck— mäßig, wenn dieſelben in gleichem Boden erzogen werden. Ein allzufetter und triebiger Boden, wie gutes Gartenland, ſollte aus dem bereits angeführten Grunde (§. 100) nie zu einer Rebſchule benützt werden.

Zur Anlage eines Reblandes wird der Boden —2 Fuß tief umge⸗ graben und ſofort, in Entfernungen von 2—3 Fuß, Gräben etwas ſchief von 11 / Fuß Tiefe und Weite gezogen und in dieſelben die Reben ſchief an der Wand des Grabens 3—5 Zoll weit eingelegt, worauf von der ausgeſchla— genen Erde wieder etwas in den Graben geworfen, der Fuß der Rebe feſtge— treten und der Graben ſofort mit der übrigen Erde zugefüllt wird. Die Be⸗ deckung des obern Theils der Rebe mit Erde darf 1 Zoll, diejenige des untern Theils 5—6 Zoll nicht überſchreiten, auch kann man das Anwachſen derſelben dadurch befördern, daß man den Graben zuvor mit Schleimſand, Floßerde, Compoſt oder Moos auslegt. Jedenfalls muß darauf geſehen werden, daß der untere Theil der Rebe nicht auf den ungereuteten Boden zu ſtehen, ſon⸗ dern immer noch 4—5 Zoll gereuteten und beſonders guten fruchtbaren Boden unter ſich hat, indem ſonſt die untere, mithin die wichtigſte Wurzelbildung nicht gehörig vor ſich gehen kann, man muß daher ſchon beim Umgraben des Bodens darauf geeignete Rückſicht nehmen. Auch das Eingießen der Reben mit Waſſer, beſonders bei warmer Witterung und trockenem Boden iſt ſehr anzurathen. Will man auf beiden Seiten des Grabens Reben einlegen, ſo muß derſelbe eine Weite von 3 Fuß erhalten

Das Einlegen der Reben in das Rebland geſchieht am zweckmäßigſten

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ſogleich nach dem Schneiden, 1 dann der Boden in der Regel in Wins terfeuchtigkeit hat und die Reben noch friſch und nicht vertrocknet ſind, ſo daß bei den meiſten ein gutes und kräftiges Anwachſen erwartet werden darf. Iſt jenes aber nicht möglich, jo müſſen die Reben, wie bereits bemerkt (§. 101), ſorgfältig an einem kühlen Ort oder durch Einſchlagen in Erde 1 werden. ö

Während des Sommers wird das Rebland einigemal gefelgt und von Unkraut rein erhalten, im Spätjahr aber die angewachſenen Reben nach dem Laub gemuſtert und die falſchen Stöcke von andern Sorten, was ſelten ganz zu vermeiden iſt, ausgeſchieden und ſofort die Reben angehäufelt oder mit Erde bedeckt, damit ſie gegen die Winterkälte verwahrt ſind. Im folgenden Früh⸗ jahr wird die Erde von den jungen Trieben bis zu dem Kopfe hinweggezogen und, weil ſich bald neue Triebe zeigen, die jungen Stöcke frühzeitig bis auf ein Auge abgeworfen, damit ſich ein kleines Köpfchen bildet. Sind die Triebe des erſten Jahres noch ſchwach, ſo können dieſelben auch blos eingekürzt wer⸗ den, ſind ſie aber ſehr ſtark, ſo kann die einjährige Rebe (Einlauber), welche in dieſem Falle gute, dicht am Stock ſtehende Wurzelkronen mit zarten Wur⸗ zeln gebildet haben wird, auch ſchon herausgenommen und zum Verſetzen im Weinberg verwendet werden. Bleibt ſie aber noch ein Jahr im Rebland ſtehen, ſo wird ſie im zweiten, wie im erſten Jahre behandelt und im darauf⸗ folgenden Frühjahr (Zweilauber), entweder gleichfalls auf ein Auge abgeworfen oder zum Verſetzen verwendet. Die Reben mehr als zwei Jahre im Rebland zu laſſen, erſcheint nicht ſehr angemeſſen, weil dieſelben dann zu ſtarke Wurzeln ziehen, die beim Verſetzen nicht mehr gerne anwachſen. Eine zweijährige Er⸗ ziehung erſcheint daher am zweckmäßigſten, oder in dem angeführten Falle, beſonders wenn die Rebe in kräftigem, triebigem Boden erzogen wird, auch eine einjährige, indem ſich dann die Rebe beim Verſetzen ſchneller an die neuen Boden- und climatiſchen Verhältniſſe gewöhnt und noch nicht verholzt iſt, ſon⸗ dern eigene Kraft beſitzt, um aus ſich ſelbſt neue Wurzeln zu treiben,

8. 103.

Will man nicht in beſondern Rebländern Wurzelreben ziehen, oder hat man dazu keine Gelegenheit, ſo kann dieſes auch in den Weinbergen ſelbſt, beſonders in jungen, durch Heranziehung von Ablegern (Fechſer, Fößling) ge⸗ ſchehen. Wenn ein Stock einen überflüſſigen Schenkel oder aus dem Kopf mehrere lange Ruthen (Waſſerruthen, Bodenhölzer) getrieben hat, die nicht zur Ergänzung der Schenkel nöthig ſind, ſo können dieſelben neben dem Stock und ohne ſie von demſelben zu trennen, . eingelegt werden, daß man | eine ½ oder gegen 1 Fuß tiefe und 1 Fuß lange Grube gräbt, den Schenkel oder die Rebe in dieſelbe einlegt, auf der Stockſeite mit zwei gekreuzten Pfähl⸗

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chen befeſtigt, ſofort die Grube wieder mit Erde zufüllt, ſolche feſttritt und die Rebe am andern Ende der Grube heraufzieht, bis auf 4—6 Augen ab- wirft und, damit ſie aufrecht ſtehen bleibt, an einem kurzen Pfahl feſtbindet. Solche Reben treiben nicht nur häufig ſchon im erſten Jahre einige Trauben, ſondern ziehen auch Wurzeln, ſo daß ſie im folgenden Frühjahr oder längſtens

im zweiten Jahre von dem Mutterſtock, da wo ſie in die Erde gezogen wurden,

abgelöst, ausgezogen und zum Verſetzen verwendet werden können. Doch ziehen ſolche Ableger, weil ſie vom Mutterſtock nicht getrennt ſind, ſelten einen ſolchen ſtarken und gut bewurzelten Fuß, wie die im Rebland gezogenen Wurzelreben, daher ſie weniger zum Verſetzen bei der Anlage neuer Weinberge, als zur Ergänzung nebenſtehender inkl Rebſtöcke brauchbar find, in welchem Falle ſie ſchon beim Einlegen an die Stelle des abgegangenen Stocks gezogen werden und, nachdem ſie vom Mutterſtock abgelöst ſind, im Boden ſtehen bleiben. | Die zum Einlegen beſtimmten Schenkel oder Reben werden ſchon beim Schneiden dadurch bezeichnet, daß man dieſelben nicht beſchneidet oder ein— kürzt, auch nicht von Bollhacken reiniget, ſondern blos vom Schenkel das alte und kurze Holz hinwegnimmt, ſo daß nur noch die zum Einlegen beſtimmte Ruthe übrig bleibt. Das Einlegen kann dann entweder ſogleich oder erſt beim Hacken geſchehen, daher ſolche Stöcke auch Hackſtöcke genannt werden.

Auf ähnliche Weiſe werden auch die ſogenannten Korbſtöcke erzogen, indem die einzulegende Rebe in einem von Weiden geflochtenen 10—12 Zoll hohen und 5—6 Zoll weiten Korb gezogen wird, der unten am Boden mit einer 1 Zoll im Quadrat haltenden Oeffnung verſehen iſt, in dem Korb ſofort auf- gerichtet, derſelbe in die Grube eingeſetzt und mit Erde gefüllt und umgeben wird, jo daß die abgeworfene Rebe noch mit 4—6 Augen aus dem Korb und dem Boden hervorſteht. Die Rebe zieht in dem Korbe Wurzeln, wird dann im folgenden Frühjahr dicht unten am Korb abgeſchnitten, mit dem Korbe her— ausgenommen und dahin verſetzt, wo man ſie nöthig hat. Es gewährt eine ſolche Erziehung den großen Vortheil, daß durch die Verſetzung die Bewurze— lung der Rebe nicht geſtört wird, und dieſelbe dadurch an ihrer neuen Stelle, da das Flechtwerk des Korbes im 2. oder 3. Jahre verfault iſt, ſich ungehin- dert ausbreiten kann.

Statt dem vorjährigen Holz kann man auch grüne Sommertriebe, be— ſonders von jungen, noch nicht im Ertrag ſtehenden Weinbergen, während oder ſogleich nach der Blüthe als Ableger einlegen, die im gleichen Jahre noch Wurzel ziehen und im folgenden Frühjahr verſetzt werden können, wie dieſes im Ohrthal hie und da vorkommt. Solche Ableger nennt man Gräßling.

Außerdem laſſen ſich auch nach §. 11 bei der Anlegung junger Wein- berge mit Schnittlingen dadurch Wurzelreben erziehen, daß man die Reben

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etwas weit von einander einlegt und wenn beide wachſen, eine Rebe mit den Wurzeln herauszieht, ausſcheidet, oder ſogenannte Scheidſtöcke macht, wobei man jedoch ſehr vorſichtig zu Werke gehen muß, damit der im Boden blei⸗ bende Stock nicht verletzt wird.

Hat man nur wenige Reben von ſeltenen Gattungen, ſo kann man die⸗ ſelben dadurch vermehren, daß man die Reben wagerecht in das Rebland 2—3 Zoll tief einlegt und dieſelbe mit guter feiner Erde bedeckt, jo daß jedes Auge einen Trieb mit einer Wurzelbildung macht. Nach Verfluß des erſten und zweiten Jahres werden dieſe Triebe etwas eingekürzt, und im dritten Jahre, wenn ſie gehörig Wurzeln gebildet haben, von einander getrennt und jeder Trieb beſonders verſetzt und jo behandelt, wie nach §. 99 die aus Sa⸗ men gezogenen Stöckchen. Man kann auch die Reben vor dem Einlegen auf 2—3 Augen zerſchneiden, ſie der Länge nach in gute Gartenerde 46 Zoll von einander bis an das oberſte Auge einſenken und dann auf die angegebene Weiſe behandeln, doch werden ſolche Stöcklinge mehr für Gartenanlagen oder für Zucht in Töpfen erzogen, als für Weinbergsanlagen, weil die Erziehung viel zu viel Zeit erfordert und ſolche Stöcke wegen des kurzen Wurzelſtocks nur in ganz vorzüglichen Boden taugen.

§. 104. d. Die Schnittlinge (Blindreben).

Wie die zum Setzen zu verwendenden Schnittlinge oder Blindreben ge⸗ ſammelt, geſchnitten und bis zum Setzen aufbewahrt werden ſollen, iſt bereits abgehandelt worden (S. 100—101). Manche Weingärtner wollen jedoch wij- ſen, ob die Reben auch den erforderlichen Trieb haben, oder find der Mei— nung, daß dieſelben beſſer anwachſen, wenn man ſie zuvor antreiben laſſe und ſie dann erſt ſpäter (Ende Mai oder Anfangs Juni) in warmen Boden bringe, es iſt daher in einzelnen Orten und Gegenden, wie bei Heilbronn, das Stür⸗ zen oder das verkehrte Einlegen der Reben in eine Grube eingeführt. Durch dieſes Stürzen ſolle bewirkt werden, daß die obern Augen, welche Schooſe treiben, als tief in kühler Erde, zurückgehalten werden, weil ſie, wenn ſie ſtark angetrieben hätten und beim Setzen an die Luft und Sonne kämen, leicht ab⸗ brennen könnten, wogegen bei den untern Augen, welche beim Setzen in den Boden kommen und zur Wurzelbildung beitragen ſollen, als der Sonnenwärme mehr ausgeſetzt, der Trieb erweckt wird, wodurch dieſes Verfahren zwar den Vortheil gewährt, daß diejenigen Reben, welche keine oder nur eine geringe Triebkraft haben, ausgeſchieden werden können und daß die getriebenen Reben, wenn ſie unbeſchädigt in den warmen Boden kommen, gerne und ſchnell an⸗ wachſen, beſonders wenn die Reben ſchon etwas ſtark angetrieben haben, die

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Triebe beim Setzen leicht abgeſtoßen werden können, in welchem Falle der Trieb entweder ganz unterdrückt wird, oder von den Reben wieder neue Triebe gemacht werden müſſen, mithin das Anwachſen verzögert wird oder unvollſtän— dig geſchieht, ſo kann eine ſolche Behandlungsweiſe, weil bei derſelben, wenn auch aus dem abgeſtoßenen Auge oder Trieb nicht unmittelbar die Wurzeln entſtehen (S. 1), doch die Wurzelbildung verzögert oder geſtört wird, in keinem Falle zur allgemeinen Anwendung empfohlen werden. Noch viel weniger kann das Antreiben der Reben in lehmhaltigem Waſſer oder in ähnlicher Gülle angerathen werden, weil die Reben dadurch an zu große Feuchtigkeit gewöhnt werden und daher leicht verdorren, wenn ſie ſolche im Weinbergsboden, be— ſonders bei trockener Witterung, nicht mehr vorfinden.

Dagegen iſt es ſehr zweckmäßig, wenn jede Rebe nach dem Zuſchneiden ſogleich in's Waſſer geſtellt wird, unter das etwas Lehm gemiſcht iſt, damit dieſelbe feucht und nicht ausgetrocknet in den Boden kommt. Wird ſpät ge- ſetzt, etwa erſt im Mai, und ſind die Reben lange zuvor in Kellern oder an— dern Räumen aufbewahrt worden und mithin etwas ausgetrocknet, ſo wird es auf das ſchnelle Anwachſen in dem warmen Boden jedenfalls eine gute Wir- kung ausüben, wenn dieſelben nach dem Zuſchneiden einige Tage in Zübern 2—3 Zoll hoch in lehmhaltiges Waſſer geſtellt werden. Auch Wurzelreben ſollen, wenn man ſie nach dem Schneiden an einem feuchten und ſchattigen Ort im Boden einſchlägt oder kurze Zeit in's Waſſer ſtellt, ſehr bald und gerne anwachſen. So lange die Reben in kühlen Räumen oder durch Ein- ſchlagen in Erde aufbewahrt werden, iſt es ſehr angemeſſen, wenn dieſes in ihrem ganzen urſprünglichen Beſtande geſchieht und das Zuſchneiden erſt kurz vor dem Setzen erfolgt, weil dadurch das Austrocknen derſelben weſentlich verhütet wird. Will man zugeſchnittene Reben längere Zeit aufbewahren, oder in entferntere Gegenden verſenden, ſo iſt es gut, wenn man dieſelben, um das Austrocknen zu verhüten, oben und unten mit etwas Baumwachs verklebt oder in Kollodium eintaucht. Insbeſondere können Wurzelreben bei längerem Aufbewahren oder bei Verſendungen dadurch vor dem Eintrocknen be— wahrt werden, daß man die Wurzeln in eine mit Waſſer angerührte breiar- tige Maſſe von friſchem Kühdünger und zähem Lehm eintaucht.

Manche Weingärtner nehmen zu der Anlage der Weinberge auch gerne ſogenannte Haarſchnittlinge, welche in jungen Gereuten dadurch gewonnen werden, daß einzelne Reben, wenn ſie nicht abgeworfen werden und etwas mit Erde bedeckt ſind, feine Haarwurzeln ziehen und dadurch nach dem Ablöſen der Rebe vom Mutterſtock gerne anwachſen.

Auf wie verſchiedene Weiſe die Rebe ſich fortpflanzen läßt, beweist der weitere Umſtand, daß man neuerlich mit Reben Verſuche machte, an welchen von unten herauf die Rinde 5 Zoll lang ganz abgeſchält war, ohne die Augen

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zu verlegen und daß dieſe weit kräftigere Triebe gemacht haben ſollen, als eingelegte Reben mit der Rinde. (Heilbronner landwirthſchaftl. Wochenblatt 1861. No. 52.)

§. 105. e. Die Auswahl der Reben.

Eine der wichtigſten Sorgen bei der Anlage eines Weinberges iſt die Auswahl der Reben, indem davon nicht allein das gute Gedeihen deſſelben, ſondern auch der höhere oder geringere Ertrag abhängt. Es ſind daher dabei nicht nur die §. 84—88 aufgeſtellten allgemeinen Grundſätze genau zu beob⸗ achten, ſondern auch noch weiter zu berückſichtigen, daß da, wo ohne vorherige Zubereitung des Bodens ſogleich vom Stock hinweg gereutet wird, wenn die Bodenverhältniſſe nicht beſonders günſtig ſind, womöglich nicht wieder die gleiche Traubengattung angepflanzt wird, weil die zur Ernährung derſelben erforderlichen Bodenbeſtandtheile durch die vorangegangene Pflanzung, aus den §. 90 angegebenen Gründen, ſo ausgeſogen ſein können, daß das gute Gedeihen der neuen Anlage in Frage ſteht. Ebenſo iſt es auch bei einer gemiſchten Beſtockung durchaus nicht räthlich, ſtarktriebige und ſchwachtriebige Reben neben einander zu pflanzen, weil die erſtern den letztern die | ſäfte mehr oder weniger entziehen würden.

Ob eine Neuanlage mit Wurzelreben oder mit Schnittlingen (Glindreber) beſtockt werden ſoll, iſt gleichfalls eine Frage, die einer ſorgfältigen Ueber— legung bedarf. Die Anlage mit Schnittlingen iſt in den meiſten Weinbau— gegenden die gebräuchlichere, weil ſie leichter und wohlfeiler zu bekommen ſind, während die Anſchaffung von Wurzelreben, wenn man ſie kaufen muß, keinen unbedeutenden Aufwand oder bei der Selbſterziehung eine beſondere Boden— fläche und eine ein- bis zweijährige Vorbereitung erfordert, dagegen wächst ein mit Wurzelreben angelegter Weinberg leichter an und kommt 1—2 Jahre früher in Ertrag. Manche Weingärtner wollen behaupten, daß Schnittlinge dauerhaftere Weinberge geben als Wurzelreben, es ſcheint jedoch dieſes mehr auf einer durch lange Gewohnheit vorgefaßten Meinung zu beruhen, indem ſich hiebei kein Grundſatz im Allgemeinen aufſtellen läßt, ſondern auch hier in vielen Fällen Lage und Boden die Entſcheidung geben müſſen, wie denn in einzelnen Weinbaugegenden, wie zu Reutlingen, zu Untertürkheim und Fell⸗ bach ꝛc., im mittlern Kocherthal, im Ohrthal, in der Bodenſeegegend das Setzen mit Wurzelreben oder Ableger (Fechſer) demjenigen von Schnittlingen vorgezogen wird, während in andern die Anlage mit Schnittlingen herkömmlich iſt. In der Bodenſeegegend legt man neue Weinberge ſogar am liebſten mit alten Rebſtöcken an, welche mit den Wurzeln ausgehoben und eingegraben

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werden, weil jie früher zum Ertrag kommen ſollen und zu dem dort einge— führten Vergruben tauglicher ſeien.

Verſuche, welche mit dem Einlegen alter Rebſtöcke in ſtarkem Thonboden gemacht wurden, ſind jedoch nicht als gelungen zu betrachten, daher auch hier die Beſchaffenheit des Bodens ſehr zu berückſichtigen iſt.

Nach den gemachten Erfahrungen haben auch die mit Wurzelreben ange— legten Weinberge eine lange Dauer, nur muß die Anlage mit Sorgfalt und mit ganz geſunden, kräftigen und gut bewurzelten Reben geſchehen und daher bei der Erziehung derſelben die §. 102 gegebenen Vorſchriften genau eingehal— ten werden. Auch bei dem Herausnehmen der Wurzelreben aus dem Rebland muß mit Achtſamkeit zu Werke gegangen, damit keine Wurzeln verletzt und dieſelben vor Sonne, Wind und Luft geſchützt werden, weil jede Beſchädigung, ſowie das Austrocknen der Wurzeln einen weſentlich nachtheiligen Einfluß auf das Gedeihen derſelben ausübt, daher, nach dem Herausnehmen aus dem Reb⸗ land, noch eine Ausſcheidung der geringen von den guten und geſunden Wur— zelreben ſtattfinden und ein ſorgfältiges Beſchneiden derſelben vorgenommen werden muß, bei dem die obern Wurzeln vom Kopfe abwärts bis auf ½ Fuß ganz hinweggenommen, die übrigen aber bis auf 1—1⁰ Zoll eingekürzt und die jungen Triebe auf dem Kopf bis auf das letzte Auge abgeworfen werden, wobei namentlich die zarten Saugwurzeln ſehr ſchonend zu behandeln ſind. Die Wurzelreben wachſen in mehr nördlichen oder weſtlichen Lagen, wo die Sonne weniger wirken kann, oder in trockenen Jahren oder heißen und trockenen Weinbergsgeländen weit leichter und kräftiger an, als Schnittlinge, daher hier überall das Anlegen der Weinberge mit Wurzelreben denjenigen mit Schnitt⸗ lingen vorgezo gen werden dürfte, beſonders wenn die Weinbergbeſitzer die Wur— zelreben in eigenen Rebländern erziehen können. Sehr zweckmäßig dürfte es ſein, wenn man mit jeder Wurzelrebe einen Schnittling von gleicher Gattung einlegt, indem dann jedenfalls einer von den Setzlingen gut anwächst und dadurch nicht nur das gute Gedeihen des Weinberges geſichert iſt, ſondern man kann auch, wenn beide Reben gut anwachſen und dieſelben beſonders am Fuße in gehöriger Weite eingelegt werden, durch Herausnahme der Schnitt— linge ſich auf die leichteſte Weiſe Wurzelreben erziehen (§. 111), die zum Nachſetzen oder auf andere Weiſe verwendet werden können. 5

Werden dagegen zu einer Anlage mit Wurzelreben kranke, an der Stange beſchädigte oder ſchlecht bewurzelte oder ausgedorrte Stöcke genommen, oder dieſelben in Rebländern mit warmem, fetten Boden erzogen und nachher in magern oder kalten Boden gebracht, ſo werden ſolche fehlerhafte Beſtockungen allerdings weniger dauerhafte Weinberge als mit Schnittlingen geben, weil letztere mit dem Beginnen ihrer Vegetation ſich an den betreffenden Boden und an die klimatiſchen Einflüſſe der Lage mehr gewöhnen, während die Wur-

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zelveben durch das Verſetzen in ihrer Vegetation geſtört und durch eine un— günſtige Lage und ungeeigneten Boden in ihrer Entwicklung weſentlich aufge⸗ halten werden. In den angeführten Fällen, jo wie, wenn man die Wurzel- reben nicht ſelbſt erziehen kann, ſondern ſie von unzuverläſſigen Händlern er— kaufen muß, wird daher, weil die Gattung der Reben beſſer an Schnittlingen als an Wurzelreben zu erkennen iſt, die Anlage mit erſtern der Anlage mit Wurzelreben vorzuziehen ſein. Ebenſo wird man auch in minder heißen Lagen und in mehr kühlem Boden ein gutes Gedeihen der Anlage mit Schnitt⸗ lingen zu erwarten haben und daher hier eine ſolche, als minder kaoſtſpielig, angemeſſen oder wenigſtens nicht nachtheilig erſcheinen, auch dürfte in tief— gründigem Boden die Anlage mit Schnittlingen den Vortheil gewähren, daß dieſelben mehr Pfahlwurzeln treiben oder überhaupt tiefer wurzeln, während durch das Verſetzen der Wurzelreben und das Beſchneiden der Wurzeln die— ſelben dadurch mehr zu dem Anſatz von Seitenwurzeln angewieſen werden. Wer jedoch ſchnell wieder zu einem guten tragbaren Weinberge kommen will, wird immer der Anlage mit Wurzelreben den Vorzug zu geben haben, nur muß man dabei die Vorſicht gebrauchen, die neue Anlage, wenn ſie auch im zweiten und dritten Jahre kräftige Triebe macht, nicht zu frühzeitig zum Er- trage anzuſchneiden, weil dadurch der Weinberg, ehe ſeine Wurzelkrone ſich gehörig ausgebildet hat, zu ſehr angegriffen wird und daher bald altert. Die- ſer Umſtand mag daher auch dazu beitragen, daß, wenn ſich gewinnſüchtige Weingärtner durch den ſtarken Trieb ihrer mit Wurzelreben bepflanzten Wein⸗ berge verleiten laſſen, ſolche zu frühzeitig zum Ertrag anzuſchneiden, die Be— pflanzung der Weinberge mit Wurzelreben bei Manchen in Mißkredit ſteht.

4. Das Setzen. §. 106.

Bei der Anlage eines Weinberges muß auf das Setzen der Reben eine beſondere Sorgfalt verwendet werden, denn es liegt ſehr viel daran, daß der erſte Satz gut gedeiht, weil dadurch der Weinberg nicht nur früher zum Er- trag kommt, ſondern weil auch nachgeſetzte Stöcke öfters in dem ſchon etwas feſteren Boden weniger oder nur langſam anwachſen und ſomit das Gedeihen und die Dauerhaftigkeit eines Weinberges häufig von dem guten Gerathen des erſten Satzes abhängt. Wir haben daher bei dem Setzen der Reben die Zeit des Setzens, die Zurichtung des Bodens, das Auszielen und die Art des Setzens zu betrachten.

a. Die Zeit des Setzens. Das Setzen der Reben kann entweder im Spätjahr nach dem Herbſt oder

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im Frühjahr geſchehen. Erſteres iſt jedoch mit manchen Nachtheilen verbunden, indem die Reben bei dem Setzen mit Schnittlingen im Spätjahr öfters noch nicht vollſtändig ausgezeitigt ſind, dieſelben während des Winters, beſonders weil die Kälte in den gereuteten Boden ſchneller eindringt, leicht erfrieren, oder durch allzugroße Näſſe und das lange Liegen in dem feuchten Boden anfaulen können, was Alles dem künftigen kräftigen Gedeihen eines Weinberges ſchadet. Das Setzen im Spätjahr wird daher nur da mit Vortheil angewen— det werden können, wo ſich, wie im Tauberthale, ein ſeichter, hitziger, die Feuch— tigkeit nicht lange anhaltender Boden befindet oder in ſüdlichen Gegenden, wo der Boden im Frühjahr bald austrocknet und es daher in beiden Fällen an⸗ gemeſſen erſcheint, wenn die Reben in die Winterfeuchtigkeit kommen.

Für die meiſten Weinbaugegenden Deutſchlands iſt die zweckmäßigſte Zeit zum Setzen das Frühjahr, bis wohin die Reben ihre möglichſte Auszeitigung erlangt haben, und wo noch die Winterfeuchtigkeit in dem Boden iſt, und der letztere von der täglich kräftiger werdenden Sonne immer mehr erwärmt wird. Es iſt jedoch dabei zwiſchen Reben, welche man zuvor antreiben läßt (ſtürzt, S. 104) und ſolchen, die man entweder als Schnittling oder Wurzelre— ben unmittelbar in den Boden bringt, zu unterſcheiden. Bei erſteren muß das Antreiben der Augen zuvor abgewartet werden, auch iſt es bei denſelben, damit keine Unterbrechung des Triebs und keine Saftſtockung eintritt, ein we— ſentliches Erforderniß, daß dieſelben in den bereits erwärmten Boden kommen und dadurch ihre Vegetation ungehindert fortſchreiten kann. Bei dieſen wird daher die zweckmäßigſte Zeit des Setzens die Mitte oder das Ende des Mo— nats Mai oder auch der Anfang des Monats Juni ſein.

Bei den Schnittlingen oder Blindreben, welche man nicht antreiben laſſen will, ſowie bei den Wurzelreben iſt dagegen ein längeres Aufbewahren in Kel— lern oder das Einſchlagen in Erde nicht ſehr angemeſſen, daher bei dieſen ein früheres Setzen zweckmäßiger erſcheint. Die Setzrebe ſoll vom Rebſtock abge— ſchnitten und die Wurzelrebe aus dem Rebland genommen werden, ſo lange die Rebe noch nicht in Trieb gekommen iſt, weil ſonſt Saftſtockungen eintreten können und bei dem Mutterſtock an den abgeſchnittenen Stellen ein zu ſtarker Saftausfluß und dadurch Kraftverluſt ſtattfindet, mithin in der Mitte oder gegen das Ende des Monats März oder längſtens in den erſten Tagen des Monats April. Wenn es nun auch gleich bei dieſen ſehr gut iſt, wenn ſie in bereits erwärmten Boden kommen und dadurch das ſchnelle Antreiben befördert wird, ſo iſt hier doch und beſonders bei den Wurzelreben das Setzen aus den oben angeführten Gründen im Monat April oder längſtens zu Anfang des Monats Mai das angemeſſenſte, wobei, ſowie überhaupt bei allem Setzen da— rauf zu ſehen iſt, daß daſſelbe bei trockenem oder nur bei feuchtem und nicht bei naſſem Boden geſchieht, weil ſonſt derſelbe ſich zuſammenballt, feſt wird

166 | und dem Eindringen der Wurzeln Widerſtand entgegenſetzt. Doch iſt, nach den gemachten Erfahrungen, das Setzen der Reben auch noch im Sommer bis gegen das Ende des Monats Juni ausführbar, wenn man dieſelben an einem kühlen oder kalten, ſchattigen Orte einſchlägt und beim Setzen die jungen Triebe möglichſt ſchont, nur müſſen dann die Reben, weil der Boden in der Regel nicht mehr die erforderliche Feuchtigkeit hat, mit Waſſer gehörig einge- flößt werden. Auch Wurzelreben ſollen noch im Sommer zum Verſetzen ver⸗ wendet werden können, indem dieſelben, wenn die jungen Schooſe auch bis auf das Köpfchen abgeworfen werden, wieder neue vollkommen ausgebildete Triebe machen ſollen. Ob ſolche Reben aber dauerhafte Stöcke geben, möchte noch in Frage ſtehen, jedenfalls kann dieſe Eigenſchaft der Reben dazu beitragen, daß man, wenn einzelne Stöcke in einem Gereute zurückbleiben, für dieſelben noch im gleichen Jahre andere nachſetzen und dadurch einen gleichen Stand des Weinberges erhalten kann.

§. 107. b. Das Zurichten (Planiren) des Bodens.

Es iſt bereits bemerkt worden ($. 97), daß das Setzen der Reben nicht früher geſchehen ſoll, als bis ſich der umgereutete Boden gehörig geſetzt hat, was gewöhnlich während des Winters durch das Gefrieren deſſelben, das Ein— dringen des Schneewaſſers oder im Frühjahr nach einigen tüchtigen Regen er⸗ folgt. Das Setzen des Bodens geſchieht jedoch nicht gleichförmig, ſondern an einer Stelle mehr, an der andern weniger, ſo daß, wenn der Boden vorher ganz gleich iſt, nachher ſich doch wieder Unebenheiten zeigen. Wollte man da⸗ her ſogleich nach dem Reuten ſetzen, ſo würde mancher Stock zu tief, ein an— derer zu hoch zu ſtehen kommen, ſo daß der Kopf von der Erde entblöst wäre, was nicht nur an und für ſich dem Wachſen und Gedeihen der Rebe ſchaden würde, ſondern in den Vertiefungen würde ſich auch Regenwaſſer anſammeln, wodurch die Stöcke gleichfalls Schaden nehmen oder ganz abſtehen könnten. Die Zeit, die ein Boden zum Setzen nöthig hat, richtet ſich nach S. 97 ganz nach der Bodenbeſchaffenheit, daher in einem milden, loſen Boden, der ſich bei der Umarbeitung locker, aber doch ſatt auf einander legt, bald nach dem Reuten und ſo bald er die nöthige Feuchtigkeit aufgenommen hat, mit dem Einlegen der Reben begonnen werden kann, während ein ſtrenger, geſchloſſener Boden, der beim Umarbeiten ſich nicht in feine Theile zertheilt, einige Monate zum Setzen bedarf.

Iſt Letzteres geſchehen, ſo wird unmittelbar vor dem Setzen der Reben der Boden mit der Trech- oder Felghaue oder mit einem eiſernen Rechen ver⸗ zogen, die größeren Erdſchollen zerſchlagen und die Unebenheiten ausgeglichen,

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jo daß derſelbe eine ganz gleiche Fläche bildet und dadurch zum Setzen der Reben vorbereitet iſt.

§. 108. * o. Das Auszielen oder die Weite der Beſtockung.

Vor der Beſtockung eines Weinberges muß man darüber mit ſich im Reinen ſein, wie weit man beſtocken oder ſetzen will, indem davon nicht nur

der künftige Ertrag des Weinberges, ſondern insbeſondere auch die Qualität des Weins abhängt.

Die Weite der Beſtockung hat ſich zu richten nach der Lage, dem Boden, der Traubengattung und der Erziehungsart des Rebſtocks. |

Bei der Lage eines Weinberges kommt in Betracht, welche Wirkung die Sonnenſtrahlen auf denſelben ausüben können, mithin zunächſt die Richtung nach der Himmelsgegend, ſowie die ſteilere oder ſchwächere Abdachung. Wein⸗ berge, welche eine öſtliche oder weſtliche oder mehr nördliche Lage haben, ent- behren entweder einen großen Theil des Tages ganz die Sonnenſtrahlen, oder die Wirkung derſelben iſt minder kräftig, wodurch dieſelben weit langſamer aus⸗ trocknen, ſie müſſen deßwegen, wenn die Trauben durch Fäulniß keinen Scha⸗ den nehmen und eine möglichſt gute Qualität erzielt werden ſoll, weiter als ſüdlich gelegene Weinberge beſtockt werden und dieſes um ſo mehr, weil durch die feuchtere Lage die Vegetation der Rebe ſehr befördert wird. Ein ähnlicher Fall tritt bei den niedern oder minder ſteilen Weinbergen ein, indem auch bei dieſen die Sonne nicht ſo kräftig wirken kann, wie an ſteilen Ab⸗ dachungen (§. 57), daher hier gleichfalls weiter als an letztern beſtockt wer⸗ den muß.

Auch auf beſondere climatiſche Verhältniſſe, beſonders auf die Winde, muß bei der Beſtockung eines Weinberges Rückſicht genommen werden, indem eine weite Beſtockung den Winden weit mehr Zutritt geſtattet, als eine enge, wo— durch die Rebſtöcke leicht windbürr und die Trauben am Stiele lahm werden und in der Zeitigung zurückbleiben. Schon der Umſtand, daß die Trauben bei ſtarken Winden durch die Blätter weniger Schutz genießen, übt auf die Auszeitigung derſelben einen nachtheiligen Einfluß aus, weil die Erfahrung lehrt, daß die von Blättern wohlbedeckten Trauben ſüßer und gewürzreicher werden, als die mehr entblösten. In Gegenden, die häufig ſtarken Winden ausgeſetzt ſind, wie am Traufe der Alp und beſonders in der Bodenſeegegend erſcheint daher eine engere Beſtockung als zweckmäßig und nothwendig, auch darf in einzelnen Gegenden auf Höhen, an hervorſtehenden Bergrücken, in engen Thälern, wo häufig ſtarke und kalte Winde ſtreichen,

168

darauf bei der Beſtockung Rückſicht genommen und dieſelbe nach Verhältniß etwas enger geſtellt werden. l

Bei dem Boden kommt es hauptſächlich auf deſſen größere oder geringere Triebkraft, ſowie auf deſſen Wärme und waſſerhaltende Kraft an, ob weiter oder enger geſtockt werden ſoll. In einem warmen, kräftigen Boden, der die Rebe zu einer ſtarken und ausgedehnten Vegetation aureizt, wodurch die— ſelbe auch mehr Raum zu ihrer Ausbildung nöthig hat, iſt weiter, als in einem magern leichten Boden zu ſtocken, obgleich, weil der letztere weniger Nährkraft beſitzt, in demſelben auch nicht zu eng beſtockt werden darf, wenn die Rebe die erforderliche Nahrung finden ſoll.

Ebenſo muß in einem, die Feuchtigkeit lange anhaltenden, naſſen, kühlen oder kalten Boden, damit die Sonne kräftiger wirken und die Feuchtigkeit ſchneller auftrocknen kann, die Beſtockung weiter als in einem warmen und trockenen Boden angelegt werden.

Bei der anzupflanzenden Traubengattung iſt beſonders ihre größere oder geringere Triebkraft, die bei den einzelnen Gattungen ſehr verſchieden iſt, zu berückſichtigen. Starktriebige Reben, wie Trollinger, Schwarz- und Roth⸗ Urban ꝛc. müſſen bedeutend weiter, als ſchwachtriebige oder ſchwachvegetirende, wie Sylvaner, Rießling, Traminer, Gutedel, Velteliner, geſetzt werden, wenn bei enger und gemiſchter Beſtockung die ſchwachtriebigen Reben von den ſtark— triebigen nicht unterdrückt, bei weiter Beſtockung aber bei den ſchwachtriebigen Rebſtöcken nicht unnöthig überflüſſiger Raum vorhanden ſein ſoll. Zugleich iſt hieraus erſichtlich, wie ſchon bei der Anlage eines Weinberges eine ge— miſchte Beſtockung auf verſchiedene Hinderniſſe ſtößt und daß eine ſolche ſich mit einem rationellen Weinbaubetriebe nicht wohl verträgt.

Einen weſentlichen Einfluß auf die Weite der Beſtockung, hat die Er- ziehung des Rebſtocks, indem ſtarkwüchſige Reben, mit 3—4 langen Schenkeln, weiten Bögen und langen Zapfen einen größern Raum zu ihrer Erziehung nöthig haben, als ſchwachtriebige Reben, welchen nur 1—2 kurze Schenkel mit Halbbögen oder Zapfen gegeben wird; es muß daher bei der Anlage eines Weinberges genau erwogen werden, nicht nur, welche Reben man anpflanzen, ſondern auch wie man ſie erziehen will, und darauf bei der Weite der Be⸗ ſtockung ſorgfältig Rückſicht nehmen.

§. 109.

Im Allgemeinen läßt ſich für die Weite der Beſtockung der Grundſatz aufſtellen, daß dieſelbe nicht nur dem Rebſtocke Raum zu ſeiner vollſtändigen Entwicklung geben, ſondern auch der Sonne und der Luft überall Zutritt ge⸗ ſtatten muß, damit die zur Vegetation der Rebe und der Zeitigung der Traube erforderliche Wärme-Entwicklung ungehindert vor ſich gehen und der Boden

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gehörig austrocknen kann. Sie darf aber auch nicht zu weit fein, weil ſonſt heftige oder auch nur öftere ſtarke Winde Reben und Trauben beſchädigen, oder die Sonne, beſonders an ſteilen Lagen mit hitzigem Boden, den letztern ſo austrocknen kann, daß die Rebe in der Vegetation zurückbleibt und der Weinberg dadurch, nach den gemachten Erfahrungen, weniger und einen geringe— ren Wein liefert, als bei einer engeren Beſtockung.

Wie weit nun aber unter den angeführten Verhältniſſen beſtock werden ſoll, dieß hängt ſo ſehr von der örtlichen Beſchaffenheit der Weinberge und deren Beſtockung ab, daß hiefür keine ſpeziellen Vorſchriften gegeben werden können, ſondern es kann nur ſo viel bemerkt werden:

a. daß bei ſchwachtriebigen Reben und kurzer Erziehung mit 1—2 Schen- keln und Halbbögen und Zapfen, je nach der Triebkraft des Bodens, an Ber⸗ gen eine Weite von 3—3½ Fuß, an minder ſteilen Abhängen aber von Fuß genügen dürfte, welche Entfernung auch im Rheinthale bei den vorzüglich- ſten Weinbergen des Rheingaues und in der Pfalz bei kurzer Erziehung ein- gehalten wird;

b. daß ei Reben von mittlerer Vegetationskraft und mittlerer En mit 2—3 Schenkeln und Bögen, Halbbögen, auch zum Theil Zapfen wieder, je nach der Triebkraft des Bodens, an Bergen mit guter Lage eine Weite von 3½—4 Fuß, an minder ſteilen Anhöhen von 4 Fuß erforderlich iſt und

C. daß bei Reben von ſtarker Vegetationskraft und langer Erziehung mit 3—4 Schenkeln und weiten Bögen und langen Zapfen an Bergen eine Weite von 4½—5, an minder ſteilen Lagen von 5 Fuß und bei ſtarker Vegetation auch noch darüber nöthig ſein dürfte.

Hiebei kommt dann noch weiter in Berückſichtigung, daß bei der Schenfel- erziehung (§. 120, 121) eher etwas enger, als bei der Kopferziehung geſtockt, und daß bei der Reihen- oder geſtreckten Rahmen-Erziehung mehr an der Breite, als an der Höhe, bei der kurzen ein- oder zweiſchenkeligen Pfahler- ziehung aber eher an der Höhe, als an der Breite etwas abgebrochen werden darf, ſowie daß inner der hier gegebenen Rahme auch die übrigen Verhält— niſſe (§. 108) ihre Berückſichtigung zu finden haben.

& (io,

Iſt der Boden geebnet und beſtimmt, wie weit man ſetzen will, jo beginnt das Ab⸗ oder Auszielen, d. h. das Bezeichnen der Stelle, wohin jede Rebe geſetzt werden ſoll, mittelſt eines Pfählchens von Fuß Länge, das man Ziel nennt. Dieſes Auszielen hat den Zweck, daß die Rebſtöcke nicht nur in ſchönen, geraden Linien, ſondern in der Höhe und Breite in gleichweiter Eut— fernung von einander zu ſtehen kommen, indem durch ungleiche Entfernungen das Auge beleidigt und bei der künftigen Vegetation der Rebe die bereits an—

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geführten Nachtheile eintreten würden. Zu dieſem Behuf werden zuerſt die äußern Zeilen auf allen vier Seiten abgeſteckt, um ſich nach dieſen bei dem Abſtecken der übrigen Zeilen richten zu können, was man den Stall oder Kranz nennt, und wobei man von der Grenzmarke in einer beſtimmten Entfernung bleiben muß, die in den einzelnen Weinbaugegenden 1¼—2 Fuß beträgt. Bei dieſer äußern Einfaſſung muß mit beſonderer Sorgfalt verfahren werden, in- dem bei unzweckmäßiger Anlage derſelben dieſes auch bei der ganzen innern Abzielung der Fall wäre. ö

Um dieſes zu vermeiden, muß das ganze Gereut oder das einzelne Beet, das beſonders ausgezielt werden will, genau in der Länge und Breite gemeſſen werden, und, wenn etwa bei der angenommenen Höhe und Breite etwas Raum übrig bleiben oder derſelbe nicht ganz zureichen würde, an dem Maß zugegeben oder abgebrochen werden, wobei man ſich, wenn nur einzelne Beete ausgezielt werden ſollen, auch nach der Weite der benachbarten ältern Beete richten muß.

Iſt darnach das Maß der Höhe und Breite der Zeilen vollkommen rich— tig geſtellt, ſo wird daſſelbe auf einem Pfahl genau angezeigt, worauf man Schnüre von ſtarkem Bindfaden, ſogenannte Reutſchnüre nimmt, die man an den Seiten des Gereuts in gleicher Linie anzieht und einſteckt, ſofort das Maß anlegt und neben, nicht über demſelben, ein Pfählchen (Ziel) einſteckt, ſo daß die obere Seite mit dem Maß ganz gleich ſteht. Sind auf dieſe Weiſe alle vier Seiten des Gereuts abgeſteckt, ſo iſt der Stall oder Kranz fertig, worauf man die Reutſchnüre von den äußern Zeilen der Länge und Breite nach über das ganze Gereute zieht und die Stelle, wo ſich die Schnüre kreu— zen, jedesmal mit einem Ziel gleichförmig, d. h. entweder fortwährend über oder unter der Schnur bezeichnet, wodurch die Entfernung der einzelnen Rebſtöcke von einander genau gegeben iſt.

Sollte der Weinberg unten und oben nicht gleich breit, oder auf beiden Seiten nicht gleich lang ſein, ſo müſſen Halbzeilen oder ſogenannte Spitzzeilen, welche ſich gegen die ſchmälere Seite zuſpitzen, gemacht werden, im erſten Falle der Länge, im andern Falle der Breite nach, nur muß darauf geſehen werden, daß die Spitzzeile nicht an die äußere Furche kommt, daß ſie da, wo ſie ausläuft, je nach der übrigen Weite der Beſtockung nicht zu ſchmal wird und daß, wenn einige Spitzzeilen erforderlich ſind, dieſelben nicht neben einan— der gezogen werden, ſondern mit ganzen Zeilen abwechſeln.

Das Abſtecken einer Spitzzeile geſchieht dadurch, daß man von dem Ziel der breiten Seite die Schnur in die Mitte der gegenüberſteheuden Zeile zieht und darnach, ſoweit es die Breite der Zeile geſtattet, die Ziele einſtockt.

Bei den mehr öſtlich oder weſtlich liegenden Weinbergen dürfte noch ins— beſondere, wie beim Reuten (§. 92), jo auch beim Abzielen Bedacht darauf genommen werden, daß ſpäter die Rebſtöcke einen möglichſt guten Stand gegen

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die Sonne bekommen, und daher das Auszielen nach der Sonnenlinie vorge— nommen werden, ſo daß die Zeilen nicht gerade den Berg hinauf oder hinunter, ſondern nach dem Stand der Sonne, den dieſelbe um die Mittagszeit ein— nimmt, gezogen werden, was man dadurch leicht ermitteln kann, wenn man Mittags 12 Uhr einen Pfahl in das Gereut einſteckt und in der Richtung, in welcher derſelbe ſeinen Schatten wirft, den Zug der Zeilen einrichtet. Es wird dadurch der Weinberg Mittags, wo die Sonnenſtrahlen am kräftigſten wirken, denſelben am meiſten geöffnet, was auf das Gedeihen der Reben und auf die Zeitigung der Trauben eine ſehr günſtige Wirkung ausübt, daher vie- ſes einfache Mittel zur Verbeſſerung weniger günſtigen Weinbergslagen überall, wo es die Oertlichkeit geſtattet, angewendet werden ſollte.

8. 111. d. Die Art des Setzens.

Das Setzen der Reben wird in den einzelnen Weinbaugegenden auf ſehr verſchiedene Weiſe vorgenommen, da jedoch die Art deſſelben häufig von der Beſchaffenheit des Bodens abhängt, ſo haben wir jede Methode beſonders zu betrachten.

1. Bei dem Setzen in Stufen werden kleine Gruben mit der Haue ſchief gegen den Berg gemacht und die Reben ebenſo ſchief gegen den Berg in die— ſelben eingelegt, ſo daß der untere Theil, der Fuß, an den Bergen 6—8 Zoll, in ebener Lage 8—10 Zoll tief, der obere Theil, der Kopf, aber 1 Zoll tief in den Boden kommt. Dieſe Setzmethode ist in allen Bodenarten anwend— bar, hauptſächlich muß ſie aber zur Anwendung kommen, in Böden mit vielem Steingerölle oder in zähem, feſten Boden, weil hier andere Setzme— thoden entweder nicht angewendet werden können oder mit Nachtheilen, beſon— ders beim Anwachſen der Reben, verbunden wären. Bei dieſer Setzmethode kann der Rebe am ſicherſten die richtige Lage gegeben und dieſelbe mit guter Erde überall und gleichförmig umgeben werden, ſie erſcheint daher, beſonders wenn die Stufen nicht zu ſeicht gemacht werden, als die angemeſſenſte und iſt namentlich bei dem Setzen mit Wurzelreben ſehr zweckmäßig, weil dabei die Wurzeln in die angemeſſenſte Lage gebracht und dieſelben dabei am meiſten vor Beſchädigung geſchützt werden können.

Wird mit Schnittlingen geſetzt und will man ſpäter nach einem oder zwei Jahren einen Stock ausziehen und als Wurzelrebe verwenden (ſogenannte Scheideſtöcke machen), ſo muß die Stufe ſo breit gemacht werden, daß die Schnittlinge unten am Fuß 5—6 Zoll entfernt von einander zu liegen kommen, oben am Kopf aber bis auf 1—2 Zoll zuſammenlaufen, jo daß ſie nur ein Pfählchen nöthig haben. Zu dem Stufenmachen bedient man ſich einer be—

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ſondern Setzhaue, die, um den Boden bequemer ausheben zu können, länger ſein und gerader ſtehen muß, als die gewöhnliche Reuthaue.

2. Bei dem Setzen hinter die Haue wird keine Stufe gemacht, ſondern zweimal auf der gleichen Stelle in den Boden gehauen, ſo daß die Setzhaue bis an den Schaft in den Boden kommt, der letztere ſofort etwas zurückge⸗ zogen und dann die Reben unter die Haue geſteckt. Daſſelbe paßt jedoch nur für lockern, etwas milden Boden, weil in ſteinigem Boden die Haue, durch die Steine aufgehalten, nicht immer die erforderliche Tiefe erreichen könnte und bei ſtrengem oder zähem Boden dem untern Theil der Rebe die erforder— liche Lockerheit des Bodens zum guten und ſchnellen Anwachſen entgehen würde. Dieſe Art des Setzens iſt überhaupt mit verſchiedenen Nachtheilen verbunden und daher nicht ſehr empfehlungswerth, weil der Arbeiter beim Einhauen nicht immer die gleiche Stelle unter dem Ziele trifft und dadurch die Gleichheit des Setzens verrückt wird, wodurch ein Stock zu hoch, ein anderer zu nieder zu ſtehen kommt. Auch kommen die Reben zu ſchief und ungleich tief zu liegen, wodurch die Stöcke in trockenen Jahren durch die Hitze des Sommers, oder während des Winters, wenn beim Decken der Reben die Wurzeln von Erde etwas entblöst werden, durch die Kälte leicht Schaden nehmen können.

3. Das Setzen mit dem Setzholze oder der Stelze iſt in ſehr vielen Weinbaugegenden eingeführt. Das Setzholz iſt 5 Fuß lang, 3 Zoll ſtark, ab⸗ gerundet, oben zum beſſern Regieren mit einem Fuß langen Querholz verſehen, unten bis auf einen Zoll zugeſpitzt und mit Eiſen beſchlagen, von unten gegen oben aber in einer Höhe von 2 Fuß mit einem Abſatze (Stelze) verſehen. Mit dieſer Stelze ſtellt ſich der Arbeiter an den Abhang des Berges gegen unten, ſtoßt unterhalb hart am Ziele etwas ſchief abwärts vom Berge ein Loch in den Boden, erweitert daſſelbe durch das Hin- und Herbewegen der Stelze, tritt dann mit dem Fuße auf den Abſatz und drückt ſie dadurch immer tiefer in den Boden, bis der Tritt mit dem Boden gleich iſt und das Loch dadurch eine Tiefe von 2 Fuß und eine Weite unten von 1, oben 3— 4 Zoll erhalten hat. In dieſes Loch werden dann die zwei Setzreben gelegt, wovon die eine, wenn beide wachſen, nach ein oder zwei Jahren abgeſchnitten wird. Will man aber die Reben ſo ſetzen, daß eine ſpäter ausgezogen werden kann (Scheidſtock), ſo werden rechts und links vom Ziele aus, zwei ſchiefe Löcher gemacht, welche oben 1—2 Zoll, unten 1 Fuß weit von einander ſtehen und in jedes Loch dann eine oder auch zwei Reben gelegt. Auf ähnliche Weiſe wird verfahren, wenn mit einem Erdbohrer geſetzt wird.

Durch dieſes Setzen kommen die Reben am tiefſten und faſt ſenkrecht in den Boden, es iſt daher beſonders da in Anwendung zu bringen, wo der Bo⸗ den nicht ſeicht, ſondern tief umgereutet wurde und wo durch mehrjähriges Anpflanzen mit Klee oder auf andere Weiſe ein guter kräftiger Boden in den Un⸗

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tergrund kam, oder wo ein ſtrenger Thon- oder Mergelboden vorherrſchend iſt, der bei heißer und trockener Witterung häufig tiefe Sprünge bekommt, wodurch, wenn der Stock nicht tief ſteht, die Wurzeln leicht austrocknen und abſterben können. In feſtem, etwas feuchten Boden, wird jedoch durch das Einſtoßen und Hin⸗ und Herbewegen des Setzholzes die Erde an den Wan— dungen des dadurch gebildeten Lochs etwas feſtgedrückt, wodurch die feineren Wurzeln der jungen Rebe nur mit Schwierigkeit in dieſelbe eindringen können, was das Wachst hum derſelben hindert, auch können in naſſen Jahrgängen die tief geſetzten Reben, durch das Anſammeln des Waſſers in der Tiefe, Schaden nehmen und in der Vegetation zurückbleiben oder ganz zu Grunde gehen, weil die Wärme weniger tief in den Boden dringt, daher in waſſerhaltigem Boden das Setzen in Stufen angemeſſener erſcheint.

Im Rheinthale und beſonders im Rheingaue werden mit dem Setzholze drei Löcher gegen den Berg in Entfernungen von 3 Zoll gemacht und in jede Oeffnung eine Rebe eingelegt, die zuſammen einen Stock, jedoch mit kurzer, geſtreckter Erziehung (§. 125) bilden.

4. Das Setzen mit dem ſogenannten Gaißfuß iſt erſt neuerlich in Ge— brauch gekommen und ſcheint ſehr zeit- und koſtenerſparend zu fein, wird jedoch hauptſächlich nur in mildem, lockern und zugleich kräftigem Boden, der keinen Zuſatz von guter fruchtbarer Erde nöthig hat, und bei dem das Angießen der Rebe mit Waſſer nicht erforderlich iſt, mit Zweckmäßigkeit in Anwendung ge- bracht werden können, auch iſt dieſe Setzmethode nur mit Schnittlingen (Blind⸗ reben) ausführbar. N

Der Gaisfuß iſt von Eiſen und hat unten zwei bewegliche Hacken, welche die Rebe faſſen, die man dann am obern Ende feſt an die eiſerne Stange drückt und das ganze Inſtrument ſofort in den Boden ſtoßt, bis der obere Theil der Rebe mit dem Boden gleich iſt, worauf das Inſtrument zurückge⸗ bogen und herausgezogen wird, die Rebe aber im Boden bleibt.

5. Das Setzen während des Reutens, wobei die Reben, nachdem der Reutgraben zur Hälfte aufgefüllt iſt, in denſelben eingelegt werden, wie das⸗ ſelbe in dem mittlern Kocherthale, in dem Jagſtthale und in dem Tauberthale vore kommt und wobei die Reben zum Theil vom Berg gegen das Thal von oben gegen unten in die Gruben eingelegt werden, iſt nicht ſehr empfehlungswerth, weil ein glei⸗ ches und genaues Abzielen und Setzen häufig nicht möglich iſt und dadurch eine pünktliche Weinbergsanlage verfehlt wird, auch iſt ſehr zu berückſichtigen, daß ein ſolcher Weinberg längere Zeit, als bei der gewöhnlichen Setzmethode, zu ſeiner Entwicklung nöthig hat (6—8 Jahre), und daß dadurch ein Theil des Ertrags verloren geht.

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6. Die Einlage der Reben in die Stufen oder Oeffnungen geſchieht in der Regel gegen den Berg, in einzelnen Weinbaugegenden finden aber hievon auch Ausnahmen ſtatt, indem, wie bereits bemerkt, hie und da vom Berg gegen das Thal und in einigen Gegenden von Rheinbayern, beſonders in ebenen Lagen, quer, d. h. nach der Breite des Weinbergsfeldes in der Art eingelegt wird, daß von zwei Zeilen die Stufen 1 Fuß tief quer gegen einander ge- macht und die Reben ſofort in dieſe eingelegt werden, ſo daß ſie am Fuße nur 4—5 Zoll von einander entfernt liegen. In dieſen Gaſſen wird ſpäter auch blos gedüngt und zuvor der Boden hie und da etwas ausgehoben, ſo daß der Dünger in eine Grube zu liegen kommt, die mit der ausgehobenen Erde wieder bedeckt wird.

7. Eine beſondere Vorſicht erfordert das Setzen der Reben an Mauern und Rainen, weil durch dieſelben die Kälte während des Winters tief ein- dringt und daher die Stöcke, wenn die Reben auf die gewöhnliche Weiſe von unten gegen oben eingelegt werden, in kalten Wintern leicht erfrieren können, und außerdem an Rainen öfters der üppige Graswuchs den Stöcken wenig— ſtens theilweiſe die Nahrung entzieht. In ſolchen Fällen iſt es daher ange— meſſen, wenn die Reben von oben gegen unten eingelegt werden. Auch bei ſchmalen Furchen, oder wenn der Weinberg gegen den Nachbar einen Abſatz hat ꝛc., iſt es zweckmäßig, wenn die letzte Zeile gegen den Nachbar etwas ſchief gegen den eigenen Weinberg geſetzt wird, damit, wenn beim Nachbar Reut⸗ arbeiten, Setzung von Mauern und Rainen vorgenommen werden, die Wur⸗ zeln der Reben nicht Noth leiden.

8) Eine vorzügliche Beachtung verdient in Weinbergen mit hohen Mauern die Anlegung von Rebgeländen an denſelben, indem dadurch der Ertrag der Weinberge ſehr erhöht werden kann. Dieſelben werden entweder durch Ein— legen von Reben am Fuße der Mauern oder durch Einlegung von Mauer⸗ ſtöcken herangezogen. Die Reben werden weiter als bei der gewöhnlichen Weinbergsanlage in Entfernungen von 8—10 Fuß eingelegt und bei der Ein⸗ lage am Fuße der Mauer dieſelbe ſo eingerichtet, daß ſie in die Mitte der Weinbergs-Zeilen zu liegen kommen und etwa 1 Fuß von der Mauer ab⸗ ſtehen, damit ſpäter Reben und Trauben von dem herabfließenden Waſſer nicht beſchädiget werden und unten am Fuße der Mauer noch ein kleiner Gra⸗ ben zum Ableiten des Waſſers gebildet werden kann, zu welchem Behuf die Rebe erſt, wenn fie 1 Fuß hoch ift, gegen die Mauer gezogen werden darf.

Bei der Einlegung von Mauerſtöcken muß ſchon bei der Anlegung der Mauern auf die §. 98 angegebene Weiſe Rückſicht genommen und fofort die Reben zu den Mauerſtöcken in einer Länge von 3—4 Fuß, von oben herab in einer Tiefe von 2—4 Fuß da eingelegt werden, wo ſich die in der Mauer befindlichen Oeffnungen befinden, wobei jedoch der Kopf der Rebe nicht zur

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Oeffnung herausſehen darf, weil ſonſt derſelbe oder die jungen Triebe durch die Sonne leicht abgebrannt werden können, auch iſt es, wenn die Mauer- ſtöcke tief geſetzt werden, ſehr gut, wenn die Gruben hinter der Mauer nach dem Setzen nicht ganz zugeworfen, ſondern mit guter Compoſterde etwa nur zur Hälfte angefüllt werden, damit die Sonnenwärme mehr eindringen und die Rebe zu einer ſchnellen und ſtarken Vegetation veranlaſſen kann.

9) In manchen Weinbaugegenden, wie in dem mittleren Neckarthale, im Kocher⸗ und Jagſtthale enthält der Boden öfters ſo viel Steingerölle, daß beim Reuten und beim jährlichen Hacken die größeren Steine, als den Wein— bergsarbeiten hinderlich, ausgeleſen und im Weinberg auf beſondere Haufen (Steinkäſten, Steinmauern) gelegt werden, wodurch dem gebauten Feld viel Boden entzogen wird, es wäre deßwegen, wenn dieſe Steinmauern nicht ganz beſeitigt werden können, ſehr zweckmäßig und von beſonderem Gewinn, wenn neben dieſen Steinmauern langtriebige Reben eingelegt und dieſelben ſpäter über die Steinmauern, ohne weitere Holzunterſtützung gezogen würden, wodurch ſich, wie an Mauer⸗Geländen, lauge Schenkel bilden, auf welchen man dann, damit ſie ſich ſelbſt tragen, Zapfen von 2—4 Augen anſchneiden könnte (8. 123).

Im Allgemeinen iſt es ſehr angemeſſen, wenn bei dem Setzen die jungen Reben in fetten Sand (Schleimſand) oder in gute Compoſterde, oder auch in vermoderte Weintreber gelegt, und nachdem ſie mit Erde halb zugedeckt ſind, mit Waſſer angegoſſen werden, indem ſich dadurch die Erde weit feſter an— ſchließt, die Feuchtigkeit länger erhalten und das Wachsthum ſehr befördert wird, daher dieſes nirgends verſäumt werden ſollte. Die Sorgfalt, die man bei dem Setzen den Gereuten widmet, wird durch das kräftige Anwachſen und die frühere Ertragsfähigkeit derſelben hinreichend belohnt, während Gereute, in welchen man nach dem erſten und zweiten Jahre viele Stöcke nachſetzen muß, ſelten kräftige und dauerhafte Weinberge geben, weil nachgeſetzte Stöcke in dem ſchon etwas feſteren Boden nicht mehr jo gerne und jo gut anwach— ſen, als wie im erſten Jahre. Insbeſondere tft das Einſchlämmen bei geſtürz— ten oder angetriebenen Reben (S. 104) faſt unumgänglich nöthig, indem ſonſt durch das Feſtſtampfen oder Feſttreten der Erde die Triebe abgeſtoßen und dadurch ver erwartete Zweck verfehlt wird. Solche Beförderungsmittel zum ſchnellen und guten Anwachſen der Reben laſſen ſich jedoch hauptſächlich nur bei dem Setzen in Stufen oder mit dem Setzholze anwenden, daher auch aus dieſem Grunde beide Setzmethoden für die zweckmäßigſten erkannt werden dürften.

8 12.

Bei den einzelnen Setzmethoden herrſcht darin wieder eine Verſchieden—

heit, wie tief die Rebe in den Boden zu ſtehen kommen ſoll, auch iſt dabei

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auf die Lage der Weinberge und auf die Beſchaffenheit des Bodens Rückſicht zu nehmen.

Tief oder mehr ſenkrecht zu ſetzen iſt in flachen oder mehr eben gelegenen Weinbergfeldern, in welchen die Reben während des Winters dem Erfrieren ausgeſetzt ſind, ferner in tiefgründigem Boden mit fruchtbarer Erde, in dem die Reben ihre Nahrung mehr in der Tiefe zu ſuchen haben. Seichter iſt zu ſetzen, d. h. die Rebe iſt mehr ſchief einzulegen, in einem ſeichten Dber- grund mit undurchlaſſendem feſten, felſigen, oder zähen thonigen Untergrund, indem die Reben in letzterem keine Nahrung finden, vielmehr, wenn die Wur⸗ zeln auf einen waſſerhaltigen Untergrund kommen, leicht Schaden nehmen und abſterben. Ferner, wenn vom Stock hinweggereutet wird, weil der un— tere Boden, auch bei tiefem Obergrund, mehr mager als fett iſt, und die Rebe daher ihre Nahrung mehr von oben als unten beziehen muß; jedenfalls braucht der Weinſtock in ſolchem Obergrund, wenn tief geſetzt wird, länger zu ſeiner Entwicklung als in ausgeruhter fruchtbarer Erde (§. 91), wie dieſes bei der Setzmethode im Kocher- Jagſt- und Tauberthale in der Regel vor⸗ kommt.

Bei dem ſeichten Setzen in mehr ſchiefen Stufen kann zwar das Waſſer beſſer ablaufen, die Wärme leichter und ſtärker zu den Wurzeln dringen und der Dünger ſchnellere und beſſere Wirkung thun, wodurch die Reben ſchneller zum Wachſen gebracht und das Gereut ſchnell herangezogen werden kann, auf der andern Seite hat aber auch ein zu ſeichtes Setzen den großen Nach— theil, daß, weil dabei die Reben häufig keine Pfahlwurzeln, ſondern ihre Wurzeln mehr auf den Seiten gegen den oberen fetteren Obergrund treiben, die Stöcke keine feſte Haltung bekommen und ſpäter beim Schneiden leicht em⸗ porgehoben und aus ihrer Ruhe gebracht werden, auch können dieſelben in kalten Wintern leicht erfrieren und in heißen Sommern durch allzuſtarkes Austrocknen des Bodens Schaden nehmen, oder in der Entwicklung zurückblei⸗ ben. Die Stufen zum Setzen ſollten daher mindeſtens ſo tief gemacht werden, daß der Fuß des Stocks 1 Fuß tief zu liegen kommt, jedenfalls aber erſcheint beim ſeichten Setzen das öftere Uebertragen des Weinberges mit Erde und namentlich ſchon im erſten Spätjahr oder im folgenden Frühjahr als eine Nothwendigkeit, damit die Wurzeln der Rebe nicht allzuſehr an die Oberfläche des Bodens zu liegen kommen. Man mag nun aber tief oder ſeicht ſetzen, ſo muß die Rebe doch immer ſo zu liegen kommen, daß die obere Spitze noch ½—1 Zoll mit Erde bedeckt iſt, weil dieſelbe dadurch vor dem Austrocknen geſchützt und von oben durch die Wärme der atmosphäriſchen Luft, von un⸗ ten aber durch die aus der Erde aufſteigende Feuchtigkeit zur ſchnellen und kräftigen Vegetation veranlaßt wird. Deſſenungeachtet kommt, beſonders bei einem trockenen und warmen Frühjahr, oder wenn der Boden ſich noch etwas

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ſetzt, noch hie und da der Fall vor, daß die Spitzen der Reben zum Vor— ſchein kommen und dadurch ausdorren, ſo daß ſie entweder gar nicht oder erſt am zweiten oder dritten Gelenke antreiben, wodurch der Stock kurz und ſchwach bleibt. Um dieſes zu verhüten, iſt es zweckmäßig, wenn die Spitzen der Re— ben mit Moos, Sägmehl, Gerberlohe oder einem andern ſchlechten Wärme— leiter bedeckt, oder beim Setzen der Reben in Stufen mit einem länglichen Raſen, die Grasnarbe gegen unten gekehrt, belegt werden, wodurch das bal— dige Austrocknen der Reben verhindert und das Anwachſen derſelben weſentlich befördert wird.

8. 113. e. Das Verlegen und Vergruben der Reben.

Statt dem vollſtändigen Erneuern der Weinberge iſt in manchen Wein⸗ baugegenden das Verlegen oder Vergruben der Reben, wie in der Boden— ſeegegend, im Baden'ſchen Oberlande, in Oeſtreich, beſonders in Steyermark, ſowie in einzelnen Weinbaugegenden der Schweiz und Frankreich, namentlich in Burgund, eingeführt.

Bei dieſer Behandlungsweiſe werden, wenn einzelne Rebſtöcke zu alt oder bei der Schenkelerziehung zu hoch find, Gruben im Quadrat von 1/—1 7 Fuß tief und 2— Fuß allweg weit gemacht und die ganzen Stöcke in der Art in dieſelben eingelegt, daß jede Rebe des eingelegten Stocks gegen den gegenüberſtehenden Stock quer gezogen und dort wieder gegen den Berg in die Höhe gerichtet wird, damit ſie an die Stelle des gegenüber liegenden Stocks zu ſtehen kommt, wornach die Entfernung der einzelnen Stöcke von einander blos 2, höchſtens 3 Fuß beträgt. Man hat dabei hauptſächlich dar— auf zu ſehen, daß diejenigen Stöcke, welche im folgenden Jahre verlegt oder vergrubt werden ſollen, ſchon im Sommer zuvor bezeichnet und zu dem künftigen Zwecke in der Art herangezogen werden, daß man nur die ſtärkſten und längſten Reben ſtehen läßt, ſolche wenig oder gar nicht einkürzt, fie dar gegen von allen Nebentrieben reinigt, damit die Kraft des Rebſtocks einzig auf deren Ausbildung verwendet wird, auch ſollten keine über 1—2 Fuß hohe alte Stämme zur Vergrubung kommen, damit nicht zuviel altes Holz in den Boden kommt, dagegen die einzulegenden Ruthen eine Länge von 2—4 Fuß erhalten und dadurch viele Wurzeln anſetzen können. Für das Verlegen müſſen ſolche Jahre gewählt werden, in welchen die Reben ihre vollſtändige Zeitigung er— langt haben, indem unreifes Holz entweder gar nicht in Trieb kommt oder kranke und ſchwache Stöcke gibt. Das Einlegen kann im Herbſt nach der Traubenleſe erfolgen, am zweckmäßigſten geſchieht es aber im Frühjahr (Mo⸗ nat März oder April), weil dort am beſten beurtheilt werden kann, ob das

12

178

Holz vollkommen geſund ift oder nicht. Vor dem Einlegen des Stocks wer⸗ den alle Reben entfernt, welche nicht zum Einlegen beſtimmt ſind, und die Wände in der Grube, in welche der Stock zu liegen kommt, möglichſt ſenk⸗ recht hergeſtellt. Von dem alten Stock räumt man alsdann die Erde bis an die Hauptwurzeln ſorgſam weg, ſchneidet die obern (Thau-) Wurzeln ab, legt den Stock behutſam in die Grube nieder und ſorgt dabei dafür, daß die Stange nicht abgebrochen und keine Hauptwurzel verletzt wird, auch darf vom alten Holz nichts aus dem Boden hervorſtehen. Damit der Stock in ſeiner gehö⸗ rigen Lage erhalten wird, tritt der Arbeiter mit dem Fuße darauf und zieht an der gegenüberliegenden Wand der Grube die Rebe da in die Höhe, wohin der neue Stock zu ſtehen kommen ſoll, unterlegt ſie mit etwas guter Erde, und bedeckt dann den Stock mit ſoviel Boden, daß er feſt zu liegen kommt und ſich nicht mehr aufrichten kann, wobei die obere fruchtbare Erde in den unte— ren Theil der Grube kommen muß, damit die Rebe gehörig Nahrung findet, daher bei dem Ausheben der Grube die obere Erde beſonders zu legen iſt. Nachhaltiger iſt es jedoch, wenn Raſen- oder gute Compoſterde in den untern Theil der Grube gebracht wird, in keinem Falle aber friſcher Dünger, weil derſelbe zu tief im Boden ſchimmeln und, unmittelbar an der Rebe, dieſelbe in Fäulniß bringen würde. Während des Einlegens ſucht man die Reben mit den benachbarten Stöcken in gleiche Linie und von denſelben in die gehörige Entfernung zu bringen, worauf ſie auf 3—4 Augen abgeworfen werden, ſo daß die Stöcke ſchon im erſten Jahre einige Trauben treiben, im zweiten Jahre aber einen halben und im dritten Jahre einen vollen Ertrag gewähren können.

Köpfe werden an ſolch eingelegten Reben nicht gezogen, weil es ſonſt 4— 5 Jahre anſtehen würde, bis ſie in Ertrag kämen, ſondern es findet dabei überall die Schenkelerziehung ſtat.. Muß wegen Mangel an einzulegenden Stöcken und Reben an die Stelle des alten Stocks eine Rebe von gleichem Stock eingelegt werden, ſo wird ein Schenkel oder eine Rebe in die um den alten Stock gemachte Grube im Bogen herumgelegt und möglichſt in der

Nähe des alten Stocks aufgerichtet. | Der einzulegende Stock darf nicht zu tief, im lockern Boden 1 ½ Fuß, in bündigem oder kaltem Boden aber höchſtens 1 Fuß in Boden kommen, weil ſonſt die Luft keinen Zutritt hat und dadurch die Wurzelbildung gegen unten verhindert wird. Sehr zweckmäßig iſt es, wenn die Gruben anfänglich und bis zum Spätjahr nur zur Hälfte mit Erde zugefüllt und dann vor dem Zufüllen mit kurzem Dünger belegt werden. Auch auf die Rebgattung muß bei dieſer Verleg⸗Methode Rückſicht genommen werden, indem in der Regel nur ſtark⸗ und langtriebige Reben, wie Trollinger, Elbling, Clevner, Burgun⸗ der dazu taugen, weil ſonſt für das Verlegen nicht die erforderliche Länge der

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Reben gewonnen werden kann, auch kommen in denjenigen Gegenden, wo das Vergruben ſtaͤttfindet, gewöhnlich ſolche Reben zur Anpflanzung. Schwach- triebige und kurz zu erziehende Reben, wie Rießling, Traminer möchten weni- ger dazu taugen, weil wegen der Kürze der Reben zu enge geſtockt werden müßte.

Wie oft das Verlegen wiederholt werden muß, hängt von der Triebkraft des Bodens und der Rebe ab, in ganz magerem Boden muß nicht nur die Rebe in der Erziehung kurz gehalten, ſondern auch das Verlegen wieder bald, in 8—10 Jahren, vorgenommen werden, um dem Stock dadurch wieder neuen Trieb zu geben, während in mehr kräftigem und triebigen Boden das DVer- legen erſt in 15—20 Jahren vor ſich gehen darf, je nach dem die Stöcke ſich abgängig zeigen, oder die aufrecht ſtehenden Schenkel zu alt oder zu lang werden und die Trauben dadurch zu hoch zu ſtehen kommen.

Ueber das Einlegen einzelner Reben behufs der Erziehung von Wurzel— reben oder der Ergänzung abgegangener Stöcke ſiehe $. 103. 142. 143.

8. 114.

Die Anſichten über die Vortheile und Nachtheile der Weinberganlage und Erhaltung durch das Vergruben ſind ſehr verſchieden, daher das Verfahren theils ſehr empfohlen, theils ſehr getadelt wird.

Die Vortheile beſtehen darin:

a. Daß die Weinberge ſtets in einem e gut mittlern tragbaren Zuſtande erhalten werden und daher ſelten einer vollſtändigen Erneuerung bedürfen, durch die fie mindeſtens 4—5 Jahre ganz ertraglos werden, was für manchen Weingärtner, beſonders wenn während dieſer Zeit gute Weinjahre eintreten, öfters mit großem Verluſt verbunden iſt.

b. Die Reben werden durch das Einlegen auf mehrere Jahre fruchtbarer, weil dieſelben durch die Wurzelbildung der eingelegten Reben, ſowie durch die Wurzeln des alten Stocks doppelten Nahrungszufluß erhalten.

e. Die Trauben werden in den erſten Jahren nach dem Einlegen, weil fie nahe am Boden ſtehen, vollkommener und reifer, was beides auf reich— lichen und guten Ertrag Einfluß hat.

d. Rebſtöcke von ſchlechten Traubengattungen laſſen ſich durch das Vergru— ben am ſchnellſten dadurch beſeitigen, daß man dieſelben aushaut und benachbarte beſſere Stöcke dafür einlegt.

e. Die auf einmal aufzuwendenden bedeutenden Koſten einer neuen Anlage werden erſpart, da die Koſten des jährlichen Vergrubens nicht von Be⸗ deutung find und von dem Weinbergbeſitzer, weil ſein Weinberg nie ers traglos wird, mit Leichtigkeit getragen werden können.

12%

A.

C.

den nur

ſche

180

Die Nachtheile beſtehen darin:

Daß keine Ordnung im Weinberge hinſichtlich des gleichen Zugs der Zeilen eingehalten werden kann, wodurch der Weinberg ein unſchönes Ausſehen bekommt und einzelne ſehr vortheilhafte Erziehungsmethoden, wie die Rahmen⸗Erziehung, gar nicht angewendet werden können.

Daß der Weinberg nie in vollen Ertrag kommt, weil ein Theil der

vergrubten Reben ſtets ertraglos iſt.

Daß in vergrubten Weinbergen ſich Stöcke von verſchiedenen Altersſtufen befinden, die auch hinſichtlich der Quantität und Qualität einen verſchie⸗ denen Ertrag geben. Denn

während die an den neuvergrubten Stöcken am Boden hängenden Trau⸗

ben in der Reife vorauseilen, ſind die an hohen Schenkeln und weiten Bögen hängenden öfters noch unreif, wodurch erſtere entweder ganz zu Grunde gehen oder faulen, jedenfalls hat aber die Verſchiedenheit der Trauben auf die Qualität des Weins einen nachtheiligen Einfluß, bes ſonders wenn, wie es öfters der Fall iſt, wegen der Fäulniß der untern Trauben, die Leſe zu frühzeitig vorgenommen wird, auch wird dadurch eine beſtimmte Leſeordnung und die Ausleſe der Trauben erſchwert.

„Iſt die Verlegmethode nur bei der Schenkelerziehung anwendbar und

kann alſo da nicht eingeführt werden, wo bei der Kopferziehung die Re— ben durch Niederlegen vor dem Erfrieren während des Winters geſchützt werden müſſen, wenn nicht das umſtändliche und koſtſpielige Zudecken derſelben mit Stroh, wie zu Ravensburg, eingeführt werden will. Dieſelbe kann nicht in allen Bodenarten mit gutem Erfolg angewendet werden, ſondern nur in lockerem, loſen Boden, in dem die Wurzeln der Reben auch ohne daß derſelbe umgereutet wird, eindringen können, während in ſtrengem, zähen und feſten Boden dieſes nicht der Fall und daher derſelbe auch nicht für das Verlegen geeignet iſt.

Bei heftigen Regen oder bei dem Abgange des Schnees ſammelt ſich

in den einzelnen Gruben Waſſer, das wegen der feſten Seitenwände nicht abfließen kann und dadurch die Wurzeln der Rebe krank macht.

Wenn die jährlichen Koſten des Verlegens von mehreren Jahren zu-

ſammengerechnet werden, ſo werden ſie denjenigen einer Neuanlage nicht nur gleichkommen, ſondern dieſelben eher überſteigen.

8. 115.

Erwägt man nun die Vortheile und Nachtheile des Vergrubens, ſo wer⸗ die letztern gegen die erſtern wohl überwiegend erſcheinen, daher daſſelbe da mit Zweckmäßigkeit in Anwendung gebracht werden kann, wo klimati⸗ und Bodenverhältniſſe daſſelbe geſtatten, d. h. wo die Reben wegen der

181

Winterkälte nicht niedergelegt werden dürfen und wo ein lockerer, ſandhaltiger Boden ſich befindet, der der Bewurzelung der Rebe, auch wenn er nicht um— gereutet wird, kein weſentliches Hinderniß entgegenſtellt. Auch in magerem leichten Boden mit feſtem undurchlaſſenden Untergrund, wo die Rebſtöcke ihre Nahrung mehr im Obergrund ſuchen müſſen und bei gewöhnlicher Anlage bald zu Grunde gehen, könnte das Vergruben mit Vortheil angewendet wer— den und ebenſo bei ſolchen Reben, welche anerkanntermaßen im Ertrag bald nachlaſſen. In Württemberg wird, wo, außer in der Bodenſeegegend, faſt überall die Kopferziehung eingeführt iſt, ſowie bei dem meiſt ſtrengen Thon— und Mergelboden das Vergruben kein gedeihliches Fortkommen finden, wenig— ſtens haben die von dem Verfaſſer in ſtrengem Thonboden angeſtellten Ver— ſuche bis jetzt kein beſonders günſtiges Reſultat gezeigt, da jedoch hier bei den vielen Clevner⸗ und Burgunderanlagen häufig über die baldige Abnahme des Ertrags geklagt wird und deßwegen eine öftere Erneuerung derſelben vor— genommen werden muß, ſo dürfte es von beſonderem Intereſſe und vielleicht von großem Vortheil ſein, wenn in den auf dem Rücken der Gebirge, wo der Froſt weniger Schaden thut, öfters vorkommenden kräftigen und lockern Lehm— böden Verſuche mit dem Vergruben der Clevner- und Burgunderreben, bevor ſie zu ſehr gealtert find, alſo in 12 —-15 Jahre um fo mehr gemacht wür⸗ den, als dieſe Rebgattung nach den Erfahrungen in der Bodenſeegegend und in Burgund hauptſächlich zum Vergruben ſich eignet und ihr fortwährend guter Ertrag davon abzuhängen ſcheint. Auch ließe ſich vielleicht ein Mittel zwiſchen Kopf⸗ und Schenkelerziehung dadurch finden, daß in den erſten Jahren nach dem Vergruben an der eingelegten Rebe ſtets 2 Hölzer erzogen werden, von welchen das untere immer wieder abzuwerfen wäre, wodurch ſich, ohne daß der Ertrag des Stocks abnähme, nach und nach ein Kopf bilden würde, auf dem dann 1—2 Schenkel zum Niederlegen erzogen werden könnten. Ein beſonde— res Hinderniß ſteht übrigens dem Uebergang zur Vergrub-Methode dadurch im Wege, daß in manchen Weinbaugegenden die Weinberge weiter geſtockt ſind als beim Vergruben nöthig iſt, wodurch längere Schenkel und Ruthen zum Einlegen erforderlich ſind, was die Folge hätte, daß nicht ſelten die äußerſten Spitzen der Reben zum Kopfholz beſtimmt werden müßten, die entweder nicht ganz reif ſind, oder jedenfalls weniger Triebkraft haben, als das ſtärkere hin— tere Holz, das gewöhnlich zu Setzreben und Einlegern benützt wird, daher in einem ſolchen Fall lieber ganz neue engere Zeilen zu bilden wären, wobei dann aber nach Zeilen (d. h. ganze Zeilen) vergrubt werden müßte, was überhaupt zweckmäßiger wäre, als das unregelmäßige Vergruben, indem dann jedes Jahr eine beſtimmte Anzahl Zeilen vergrubt und dadurch nicht nur dem Weinberge ein gleichmäßigeres Ausſehen gegeben, ſondern auch der Waſſerab— fluß mehr befördert werden könnte.

182 VIII. Die Erziehung des Weinſtocks.

e

Die Erziehung des Weinſtocks muß nicht nur ſeiner natürlichen Beſchaffen⸗ heit, ſondern auch den klimatiſchen und Bodenverhältniſſen ($. 53, 76), nach den bereits gegebenen Anleitungen entſprechen, insbeſondere muß darauf ge— ſehen werden, daß Stamm und Aeſte in einem richtigen Verhältniß zu dem Bewurzelungsvermögen des Stocks ſtehen (§. 1), damit die Wurzeln demſelben weder zu viel noch zu wenig Nahrung zuführen und der Stock dadurch in ſeinem Triebe weder allzuſehr geſteigert noch zu ſtark geſchwächt wird, d. h. je mehr die klimatiſchen und Bodenverhältniſſe die Vegetation des Weinſtocks befördern und je mehr und ſtärkere Wurzeln er nach ſeiner natürlichen Be⸗ ſchaffenheit erzeugen kann, einen deſto höhern, kräftigern und aſtreichern Stamm wird er auch ernähren können, je mehr aber ſeine natürliche Beſchaffenheit ſich ehr dem zwergartigen nähert, je weniger die Vegetation durch klimatiſche und Bodenverhältniſſe unterſtützt wird, deſto kürzer werden auch Stamm und Aeſte gehalten werden müſſen.

Als allgemeiner Grundſatz folgt daraus:

a. daß in nördlichen Weinbaugegenden und in hohen windigen Lagen die Reben nicht hoch, wie in ſüdlichen Gegenden, gezogen werden dürfen;

b. daß in ſeichtem oder magerem Boden der Rebſtock kürzer als in tief gründigem und kräftigem Boden gehalten werden muß, und

c. daß Reben, welche vermöge ihrer natürlichen Beſchaffenheit keine ſtarke Vegetationskraft beſitzen, zu keinen ſtarken und hohen Stämmen, ſondern mög⸗ lichſt nieder zu erziehen ſind.

Die Erziehung des Weinſtocks iſt mithin eines der wichtigſten Geſchäfte bei eiuem rationellen Weinbaue und verdient daher die ſorgfältigſte Behand⸗ lung. Dieſelbe theilt ſich ab:

1. In die Erziehung des jungen Rebſtocks bis zu ſeiner Tragbarkeit;

2. in die Erziehung ohne oder mit eiuer Holzunterſtützung, und

3. in die Erziehung des tragbaren Rebſtocks.

1. Die Erziehung des jungen Rebſtocks. e

Die Erziehung des jungen Rebſtocks beginnt, ſobald derſelbe in dem Gereut geſetzt iſt und ſich Schooſe (Zweige), Lotten und Wurzeln gebildet haben. Die⸗

183

ſelbe kann aber auf verſchiedene Weiſe erfolgen, daher man fich ſchon beim Setzen der Reben für eine beſtimmte Art entſcheiden muß.

Die Haupterziehungsarten beſtehen in der Kopf- und Schenkelerziehung, bei denen dann wieder verſchiedene Unterarten vorkommen, daher wir eine jede Abtheilung beſonders zu betrachten haben.

a. Die Kopferziehung.

Bei der Erziehung einer jeden Rebe beſteht der hauptſächlichſte Zweck in der Heranbildung eines kräftigen Rebſtocks. Um nun dieſes bei der Kopfer⸗ ziehung zu erreichen, muß vorzüglich auf die Ausbildung des Kopfes und auf die Kräftigung der Wurzeln geſehen werden; denn in dem Kopfe concentrirt ſich ſpäter der ganze Saftzufluß des Rebſtocks von unten und von oben und von hier aus wird er dann in die einzelnen Glieder gleichmäßig vertheilt, da— her von der gehörigen Ausbildung des Kopfes auch die künftige Fruchtbarkeit und Dauer des Rebſtocks abhängt. Zu dieſem Behuf überläßt man die Rebe im erſten Jahre dem freien Wachsthume, ohne etwas davon zu ſchneiden oder zu binden und ſorgt nur dafür, daß ſie nicht auf irgend eine Weiſe beſchädigt, wenn ſie durch Regen oder Wind ihre Bedeckung verloren hat (§. 112) wieder zugedeckt, oder wenn ſie vom Regen überſchwemmt und verſchüttet, wieder ge- luftet, und der Boden vom Unkraut rein gehalten wird, weßhalb derſelbe ein— oder zweimal gefelgt und dadurch zugleich dem Zutritt der Wärme geöffnet werden muß. Im Spätjahr vor oder nach dem Herbſt, bevor Fröſte eintreten, wird an die jungen Stöcke Erde angehäufelt, damit ſie vor der Kälte geſchützt ſind. Im folgenden Frühjahr nimmt man die Erde von den angehäufelten Stöcken hinweg und räumt um dieſelben die Erde einige Zoll tief mit der Hand oder mit einem paſſenden Holz oder mit der Haue weg, worauf die jungen Triebe möglichſt nahe am alten Holz abgeworfen werden, ſo daß höchſtens das unterſte Auge ſtehen bleibt, zugleich werden auch die obern Wurzeln bis zum zweiten Gelenke (die ſogenannten Thauwurzeln §. 1) weggeſchnitten, da⸗ mit der Wurzeltrieb des Stocks mehr in der Tiefe erfolgt. Dieſes Abwerfen muß frühzeitig geſchehen, bevor der neue Saft in die Rebe kommt, damit, wenn letzteres erfolgt, die Abwürfe ſchon etwas vernarbt ſind und die Rebe nicht zu viel Saft verliert, was dieſelbe ſchwächen würde. Nach dem Abwer— fen wird die Erde wieder an den Stock gebracht und derſelbe, um ihn vor dem Froſte und der heftigen Wirkung der Sonnenſtrahlen zu ſchützen, leicht mit Erde bedeckt. Durch das Abwerfen der jungen Triebe wird der Stock genöthigt, den Bildungstrieb zu theilen, wodurch ſich auf dem dadurch gebilde— ten kleinen Wulſte mehrere Augen und ſomit mehrere Triebe entwickeln, die zur Bildung des Kopfes beitragen.

Sind einzelne Stöcke noch ſchwach, was häufig in Gereuten vorkommt,

184

wo vom Stock hinweggereutet wurde, fo iſt es zweckmäßig, wenn dieſelben vor dem Winter eine Düngung erhalten und im erſten Frühjahr nicht ganz abge⸗ worfen, ſondern nur auf einige Augen eingekürzt werden, damit der Stock gegen oben einen ſtärkeren Trieb bekommt und dadurch mehr erſtarkt, indem, wenn ſolche Stöcke ganz abgeworfen werden und der Saftzudrang zu dem kleinen Köpfchen zu ſtark iſt, dieſelben leicht im Saft erſticken und zu Grunde gehen können, weil der Abwurf zu wenig Trieb und Zug hat. Im zweiten und dritten Jahre werden die jungen Stöcke und Gereuthe auf gleiche Weiſe, wie im erſten Jahre behandelt, d. h. letztere werden einigemal gefelgt, um ſie von Unkrant freizuhalten und die Stöcke im Spätjahr angehäufelt und im Frühjahr aufgeräumt und abgeworfen.

Sind die Reben zum Ausſcheiden geſetzt worden (§. 111), ſo wird im zweiten Jahre der ſchwächere Stock als Scheidſtock herausgenommen, im an⸗ dern Falle aber derſelbe in dieſem oder im dritten Jahre abge⸗ ſchnitten. Das Ausziehen der Scheidſtöcke kann“, nachdem dieſelben gehörig aufgeräumt ſind, im lockern Boden mit der Hand geſchehen, im feſten Boden muß aber die Haue zur Hand genommen werden. Im dritten Jahre wird zugleich aufgepfählt und dabei jedem Stock, wenn drei oder mehr Schenkel herangezogen werden wollen, zwei Pfähle gegeben, die rechts und links vom Ziele in einer Entfernung von 5—6 Zoll geſteckt werden, damit den einzelnen Trieben die gehörige Richtung gegeben und dieſelben mit Sorgfalt angebunden werden können. Werden weniger als drei Schenkel gezogen, ſo genügt auch ein Pfahl.

In dem aufgepfählten Gereut werden die jungen Triebe, die man auch Geſchoſe, Sommerlatten nennt, ſobald fie eine Länge von 1-1 ½ Fuß erlangt haben, an die Pfähle mit Stroh angebunden, ſo oft die längeren Triebe es erfordern, aufgeheftet und da, wo fich lange Aberzähne (§. 4) zeigen, dieſelben entweder abgezwickt oder ausgebrochen, damit der Haupttrieb deſto mehr er- ſtarkt. Im dritten Jahre wird das Gereut auch zum Erſtenmal gehackt, wie bisher gefelgt und die Reben da, wo es herkömmlich und nöthig iſt, über den Winter gedeckt, wenn nicht, die Köpfe wenigſtens mit Erde angehäufelt, auch muß, wenn vom Stock hinweggereutet wurde, daſſelbe, wenn es nicht ſchon früher geſchehen, zum Erſtenmal gut gedüngt werden. Im folgenden Frühjahr, mithin im vierten Jahre werden die vorjährigen Reben zu Zapfen von 4—6 Augen oder bei einem ſehr kräftigen Trieb hie und da auch zu Bogen ange⸗ ſchnitten, woraus dann im fünften die Schenkel (§. 2) gebildet werden, wodurch der Stock ſeine vollkommene Ausbildung erhalten hat. Das Anſchneiden von Zapfen im vierten Jahr iſt jedoch in der Regel zweckmäßiger als Bögen, weil erſtere weit kürzere Schenkel geben, die nicht ſo bald wieder abgeworfen oder zurückgeſchnitten werden dürfen.

185

§. 118.

Bei dem ſorgfältigſten Setzen und bei der beiten Pflege der Gereute wachſen doch manche Reben entweder gar nicht oder nur ſchwach an, ſo daß der Stock ſpäter zu Grunde geht. Im erſten und zweiten Jahre müſſen daher die Gereute im Spätjahr vor dem Anhäufeln genau durchgegangen und die fehlenden Stöcke durch das ſchiefe Einſtecken des Ziels (Pfählchens) bezeichnet und Vorſorge getroffen werden, daß die fehlenden Stöcke im folgenden Früh— jahr durch kräftige Wurzelreben auf die in §. 142 näher beſchriebene Weiſe erſetzt werden. Sollten auch im dritten Jahre noch einzelne Stöcke fehlen, ſo iſt es zweckmäßiger, wenn ſtatt einer Wurzelrebe, im folgenden Jahre von einem benachbarten Stock eine Rebe an die Stelle des fehlenden Stocks herüber— gezogen und als Ableger (Sohn) behandelt wird, weil ſich in der Regel der Boden ſchon zu ſtark geſetzt hat und Wurzelreben nicht mehr gerne anwachſen und ſelten tief wurzeln.

Bei der Erziehung der jungen Reben muß übrigens beſonders auch auf die Bodenkraft und darauf Rückſicht genommen werden, mit welcher Gattung von Reben (Wurzelreben oder Schnittling) der Weinberg angelegt wurde, je— denfalls aber kein Stock früher zum Ertrag angeſchnitten werden, als bis er gehö— rig erſtarkt und der Kopf vollſtändig ausgebildet iſt, ſo daß die Stange etwa einen Durchmeſſer von / —1 Zoll, der Kopf aber einen ſolchen von 2—3 Zoll hat. Bei der Anlage mit Wurzelreben kann in kräftigem Boden und wenn die Anlage gut gerathen iſt, auch ſchon im zweiten Jahre aufgepfählt und im dritten Jahre zum Ertrag angeſchnitten werden, während in magerem Boden oder, wenn ohne vorangegangene mehrjährige Anpflanzung von Futter⸗ kräutern, vom Stock hinweggereutet wird, bei der Anlage mit Schnittlingen oder überhaupt bei ſchwachen Stöcken es öfters ſehr angemeſſen iſt, wenn die Gereute dreimal abgeworfen und erſt im vierten Jahre aufgepfählt und im fünften Jahre zum Ertrag angeſchnitten werden, doch wird man bei dreimali— gem Abwerfen im dritten Jahre die ſtärkeren Triebe nicht mehr ganz, ſondern nur auf 1, 2—3 Augen abwerfen dürfen, weil ſonſt der Saftzudrang gegen den Kopf zu ſtark und derſelbe darin erſticken oder erſaufen könnte, wie denn aus dieſem Grunde bei dem kräftigen Boden des mittlern und untern Neckar— thals die ſtärkern Triebe mancher Gereute im zweiten Jahre nicht mehr ganz, ſondern auf 2 Augen, im dritten und vierten Jahre aber nur auf 3—4 Augen abgeworfen werden, während im Remsthal bei dem Reuten vom Stock hinweg, ſowie im Kocher, Jagſt⸗ und Tauberthale bei dem magern Boden und weil bei dem mit dem Reuten verbundenen Setzen der Reben dieſelben etwas tiefer zu liegen kommen, die jungen Stöcke öfters bis zum ſechsten Jahre zum Abwurf kommen.

Auch die Lage iſt bei der Erziehung der Rebe zu berückſichtigen, indem,

186

wenn dieſelbe minder günftig iſt, die Rebe weniger Triebkraft entwickelt und daher längere Zeit zu ihrer vollſtändigen Heranbildung erfordert, als in guten Lagen. |

Ein allzufrühes Anſchneiden zum Ertrag, auch wenn ſich kräftige Triebe und Reben gebildet haben, hat häufig den Nachtheil, daß der Stock mehr gegen oben treibt, während die Wurzeln ſchwach bleiben, wodurch der Stock bald altert oder ertraglos wird. Das öftere Abwerfen des Stocks hat den Zweck, daß ſich der Trieb mehr gegen unten zieht und dadurch der Stock ſich mehr in der Tiefe bewurzelt.

Bei dem Anſchneiden oder Zuſchneiden der Reben zum Ertrag muß zu— gleich dafür geforgt werden, daß der neu gebildete Kopf nicht zulauft, ſondern ſtets Veranlaſſung zu neuen Trieben hat, daher man neben den zu den künf⸗ tigen Schenkeln erforderlichen Hölzern, gerne noch 1—2 weitere als Zapfen ſtehen läßt, um ſie im folgenden Jahre abwerfen und dadurch den Kopftrieb erhalten zu können. Durch das Zulaufen (Zuwachſen) des Kopfes wird der Stock entweder bald alt, weil er keine neue Kopftriebe mehr machen kann, oder es müſſen ſpäter, wenn auch nicht der ganze Stock, doch einige ſeiner Schenkel abgeworfen werden, womit die Gefahr verbunden iſt, daß derſelbe in feinem eigenen Saft erſtickt, oder daß ein Theil des Ertrags auf einige Jahre verloren geht. Die anzuſchneidenden Reben läßt man zweckmäßig ver- theilt in einem Drei- oder Viereck an den äußern Seiten des Kopfes ſtehen, damit der innere Theil Raum zu neuen Trieben hat.

8. 419

Bei dem Heranziehen des Kopfes und des ganzen Rebſtocks findet häufig eine verſchiedene Behandlungsweiſe ftatt, indem in manchen Weinbaugegenden die jungen Triebe ganz nahe am Kopf abgeworfen werden, ſo daß kaum das untere ſogenannte Waſſerauge noch ſichtbar iſt, während in andern Gegenden im erſten Jahre entweder gar nicht oder nur bis auf ein Auge (1 Zoll hoch), im zweiten aber nur bis auf zwei Augen abgeworfen wird.

Dieſe verſchiedenen Behandlungsweiſen mögen ſich zwar theilweiſe durch die eigenthümlichen Lagen und Bodenverhältniſſe, ſowie durch die zur An⸗ pflanzung kommenden Traubengattungen rechtfertigen laſſen; in manchen Fällen mag aber auch blos Gewohnheit die Richtſchnur bilden. Durch das vollſtän⸗ dige Abwerfen der einjährigen Triebe entwickeln ſich an dem jungen Kopfe viele Augen, die neue Triebe hervorbringen und dadurch zu der Ausbildung eines ſchönen und zweckmäßigen Kopfes beitragen, läßt man aber einen kleinen Zapfen mit ein oder zwei Augen ſtehen, ſo nimmt der Trieb des Stocks hauptſächlich dahin ſeine Richtung und die übrigen Kopfausſchläge unterbleiben entweder ganz oder ſind weniger zahlreich, wodurch nothwendig die Ausbildung

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des Kopfes und dadurch, nach dem bereits Angeführten, auch diejenige des ganzen Stocks leiden muß. Wir glauben deßwegen, daß bei einer rationellen Kopferziehung der Ausbildung des Kopfes die möglichſte Sorgfalt gewidmet und deßwegen die vollſtändige Abwerfung deſſelben bei der Anpflanzung von Wurzelreben im erſten, bei der Anpflanzung von Schnittlingen im erſten und zweiten Jahre in der Regel eingehalten werden ſollte, und daß da, wo eine Ausnahme ſtattfinden muß (8. 117) und der Abwurf erſt im zweiten Jahre erfolgt, derſelbe auch noch im dritten Jahre vollſtändig geſchehen ſollte. Be— fürchtet man aber bei ſehr ſtarkmarkigen und vollſaftigen Reben, daß der Kopf bei ſtarkem Andrange des Saftes erſticke, ſo wären nur ein oder zwei oder höchſtens ſo viele Triebe, als man ſpäter Schenkel bilden will, etwas länger abzuwerfen, die übrigen Triebe aber möglichſt kurz am Kopfe, wodurch die Nachtriebe und die Ausbildung des Kopfes geſichert blieben. Das Auf- pfählen oder überhaupt das Anheften an die Holzunterſtützung iſt gleichfalls nicht zu übereilen, weil durch das Aufheften und durch das Ausbrechen oder Abzwicken der Nebenzweige die Triebe ſtärker wachſen, wodurch der Stock im Boden weniger erſtarkt, während, wenn die Reben auf dem Boden liegen, das Aufſteigen des Saftes verhindert und derſelbe mehr gegen den untern Theil der Rebe und die Wurzeln zurückgedrängt wird. Das Aufpfählen ſollte daher nie früher, als in dem Jahre vor dem Anſchneiden zum Ertrag geſchehen, könnte aber in Gegenden, die weniger den Winden ausgeſetzt ſind, auch noch im erſteren Jahre unterlaſſen und erſt beim Anſchneiden erſtmals vorgenom— men werden.

Die jungen Stöcke ziehen gerne an den obern Gelenken Wurzeln, weil in den gebauten Boden die Wärme und Feuchtigkeit ſchneller eindringt und den Bildungstrieb weckt, wodurch aber den untern ſtarken Wurzeln am Fuße der Stange die Nahrung entzogen wird, die Entwicklung derſelben Noth lei- det und Keime zum frühen Abſterben des Stocks ſich bilden, auch entſtehen aus den oberſten Wurzeln gerne neue Reben (Wurzeltriebe), die den Frucht⸗ reben die Säfte entziehen und zu dem Eingehen des Stocks beitragen. Ueber- dieß ſind die an der Oberfläche des Bodens befindlichen Wurzeln dem Ein⸗ fluſſe der Witterung ſehr ausgeſetzt und verdorren bei ſtarker Hitze oder er- frieren bei ſtrenger Kälte, werden beim Bearbeiten des Bodens leicht verletzt und bringen alſo dem Weinſtock, gerade wenn er es bedarf, keine Nahrung. Dadurch rechtfertigt ſich das Aufräumen der jungen Stöcke und das Abnehmen der Thau⸗ und Tagwurzeln (§. 117), wobei man aber auch auf die Länge der geſetzten Reben Rückſicht nehmen muß, indem, wenn dieſelben tief ſtehen, die Wurzeln bis zum zweiten Gelenke einſchließlich, wenn ſie aber ſeicht ſtehen, nur bis zum erſten Gelenke einſchließlich abgeſchnitten werden dürfen. Wenn es die Witterung geſtattet, iſt es übrigens zweckmäßiger, wenn man die Wur⸗

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zeln nicht abſchneidet, ſondern ſie nur zu Tage fördert, damit ſie vertrocknen, weil dann der Stock keine Wunde erhält und weniger ſchnell neue Wurzeln nachtreiben kann.

§. 120. b. Die Schenkelerziehung.

Die Schenkelerziehung unterſcheidet ſich nach 8. 2 von der Kopferziehung dadurch, daß hier kein Kopf gebildet, ſondern die Schenkel unmittelbar aus dem Wurzelſtock durch eine angemeſſene Verlängerung heraugezogen werden. Bei dieſer Erziehungsweiſe werden in die Stufen auch Gruben, oder in die mit dem Setzholze zu machenden Oeffnungen (Löcher) der Gereute entweder nur eine Rebe, oder es werden den Berg hinauf in Entfernungen von 3—6 Zoll zwei Reben, wie in verſchiedenen Orten von Rheinheſſen, oder 3—4 Re⸗ ben, wie im Rheingau, oder 4 Reben im Quadrat mit je / Fuß Entfernung, wie zu Rüdesheim, eingelegt und überhaupt bei der ganzen Erziehung auf die Bildung ſtarker Schenkel Rückſicht genommen. Solche in Entfernungen von einigen Zollen eingelegte Reben bilden nur einen Stock und jede Rebe erhält in der Regel nur einen Schenkel, daher dieſe Behandlung in ein- zwei- drei⸗ und vierſchenkelige, oder wenn man das Ganze einen Satz nennen will, in ein⸗ zwei⸗ dreiſätzige Erziehung eingetheilt wird.

Die Anlage erfolgt theils mit Wurzelreben, theils mit Schnittlingen (Blindreben), die man im erſten und zweiten Jahr willkürlich wachſen läßt, hie und da auch auf einige Augen einkürzt und das Rebfeld vom Unkraut rein erhält. Im dritten Jahre werden die Triebe, zum Theil dicht am jalten Holz, theils auf 2—3 Augen, den ſtärkſten Trieb etwas länger, die übrigen etwas kürzer abgeworfen, die Stöcke 4—6 Zoll tief aufgeräumt und die Thau⸗ wurzeln bis zum zweiten Gelenke abgeſchnitten, im vierten Jahre wird wieder aufgeräumt, die Thauwurzeln werden entfernt und jeder Rebe ein Zapfen (Stift) von 3Z—4 Augen angeſchnitten, der den künftigen Schenkel bildet und ſpäter einen Bogen, hie und da auch noch am untern Theile einen Stift er- hält. Im dritten, manchmal auch erſt im vierten Jahre erhält die Rebe einen Pfahl, an welchen die jungen Triebe mit Stroh geheftet werden. Wird mit Wurzelreben geſetzt, ſo beginnt das Aufpfählen und das Anſchneiden zum Ertrag ein Jahr früher, während in magerem Boden das Abwerfen der Re— ben auf einige Augen bis in's vierte und die vollſtändige Erziehung bis in's fünfte und ſechste Jahr dauert, indem auch hier, wie bei der Kopferziehung, wenn die Anlage dauerhaft werden ſoll, hauptſächlich auf Kräftigung des Stocks geſehen werden muß.

Hat eine Rebe mehrere Triebe (Schooſe) gemacht, ſo läßt man dieſelben

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zwar ſämmtlich wachſen und wirft ſie auch im zweiten, dritten oder vierten Jahre auf einige Augen ab, wodurch ſich gleichfalls ein kleines Köpfchen bil— det, ſobald aber die Rebe zum Ertrag angeſchnitten wird, läßt man nur den unterſten, kräftigſten Trieb oder auch 2 Triebe, je nachdem man auf der Rebe 1 oder 2 Schenkel ziehen will, als ſolche ſtehen, wodurch ſich mit der Zunahme der Stärke der Schenkel auch die Kopfform nach und nach wieder verliert. Wachſen einzelne Reben im erſten Jahre nicht an, ſo werden ſie im folgenden durch Schnittlinge oder Wurzelreben erſetzt, bei ſpäterem Ausbleiben wird dagegen da, wo 2 oder mehrere Reben geſetzt wurden, eine der ange— wachſenen an die Stelle der fehlenden gezogen und dort eingelegt.

8, 121.

Bei der Schenkelerziehung find bezüglich der Lage, der Bodenbeſchaffen⸗ heit, dem bäldern oder ſpätern Anſchneiden zum Ertrag und der Abnahme der Thauwurzeln die gleichen Rückſichten zu beobachten, wie bei der Kopferziehung (S. 118. 119), die Schenkelerziehung gewährt jedoch häufig den Vortheil der früheren Tragbarkeit, weil auf die Erziehung eines angemeſſenen Kopfes keine Zeit verwendet werden darf, ſowie, daß der Schnitt und die übrige Behand— lungsweiſe, weil der Stock freier ſteht, die reihenweiſe Erziehung der Rebe an Rahmen oder an Pfählen erleichtert, wodurch in den freien Gaſſen die Sonne kräftiger wirken kann; ſie hat aber auch verſchiedene Nachtheile, indem bei derſelben die Fähigkeit, neue Triebe aus dem Boden zu bilden, unterdrückt wird, wodurch, wenn an dem aufrecht ſtehenden Schenkel das untere Tragholz fehlt, derſelbe, öfters gegen den Willen des Rebmanns, ſo hoch gezogen wer— den muß, daß dadurch die Tragreben zu weit vom Boden entfernt ſind und die Zeitigung der Trauben Noth leidet, auch wird da, wo mehrere Reben in Entfernungen von 3 oder mehr Zollen eingelegt und dadurch mehrere einzeln— ſtehende Stöcke zu einem Stocke vereiniget werden, durch das nahe Zuſammen— ſtehen dieſer einzelnen Stöcke die Wurzelbildung und die Nahrungskraft des Bodens beeinträchtiget und verkümmert, wodurch die Weinberge nicht nur einen geringern Ertrag liefern, ſondern auch früher wieder abgehen. Außer- dem ſind die Reben, weil die freiſtehenden Schenkel während des Winters entweder gar nicht oder nur unvollſtändig, die künftigen Tragreben aber nur ſehr mühſam und mit größerem Aufwand niedergelegt werden können, weit mehr dem Erfrieren während des Winters oder ſonſtigen Beſchädigungen, wie Saftſtockungen ꝛc. ausgeſetzt, wodurch der Stock entweder ganz verloren geht, oder, wenn der Schenkel abgeworfen wird, die Erneuerung und Heran— ziehung eines neuen Schenkels weit mehr Zeit erfordert, als bei der Kopfer⸗ ziehung, auch können ſich unter der groben Rinde der Schenkel eine Menge

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ſchädlicher Inſekten aufhalten (Henwurm, Sauerwurm), die den Blüthen und Trauben ſehr gefährlich werden.

Die Schenkelerziehung ſollte daher nur da in Anwendung kommen, wo die klimatiſchen Verhältniſſe das Niederlegen der Reben während des Win- ters nicht erfordern, ſowie bei der Kammer-Erziehung, wo das Niederlegen der Reben gleichfalls nicht vorgenommen wird, aber auch hier iſt, weil die mit der Schenkelerziehung verbundenen Nachtheile die Vortheile derſelben nicht überſteigen, in vielen Fällen die Kopferziehung der Schenkelerziehung, beſon⸗ ders auch aus dem Grunde vorzuziehen, weil aus dem Kopfe immer wieder neue Triebe herangezogen und der Stock dadurch weit öfters erneuert und in gutem Ertrage erhalten werden kann.

2. Die Erziehung ohne Holzunterſtützung.

§. 122.

Bei dieſer Erziehungsweiſe wird der Rebſtock entweder ſo niedergehalten, daß ſich derſelbe ohne Holzunterſtützung ſelbſt trägt, oder man läßt die Reben auf dem Boden liegen und dort gleichfalls ohne Holzunterſtützung nach Be⸗ lieben fortwachſen. Erſtere Erziehungsweife iſt unter dem Namen Bockſchnitt (Bockweingarte), letztere unter dem Namen kriechende oder Heckenweingarter— ziehung bekannt.

Die Erziehungsart mit dem Bockſchnitt beruht hauptſächlich darauf, daß dem Rebſtock durch öfteres Abwerfen ein möglichſt vollkommener geſunder Kopf gebildet wird. Dieſes Abwerfen wird, je nachdem der Boden kräftig oder mager iſt und mit Berückſichtigung, ob mit Wurzelreben oder mit Schnittlingen geſetzt wurde (S. 118) bis zum dritten oder vierten Jahre vorgenommen, in welchem Jahre dann die jungen Stöcke vor der Trauben— blüthe, nachdem die Triebe 1 bis Fuß hoch gewachſen ſind, durchgangen und die im Innern des Kopfes enthaltenen Triebe ausgebrochen werden, die am äußern Rande deſſelben aber läßt man möglichſt kreisförmig 4—5, wenn ſie auch noch ſchwach ſind, ſtehen und kürzt ſie etwa auf 1 Fuß ein, was ſpäter, wenn erforderlich, noch einmal geſchehen kann. Im folgenden Jahre werden dann dieſe Triebe auf 2 Augen in der Art abgeworfen, daß das obere Auge gegen Außen zu ſtehen kommt, damit die neuen Triebe ſich mehr gegen Außen entwickeln und der Stock dadurch, wenn die vorjährigen Triebe auf dem Kopfe gehörig vertheilt ſiud, eine Keſſelform bekommt. Vor oder nach der Traubenblüthe, je nach der Triebkraft der Stöcke, werden die Neben⸗ zweige (Aberzähne, Geizen) an den jungen Trieben ausgebrochen oder einge— kürzt und ſofort ſämmtliche Triebe zuſammengefaßt, in der Höhe von bis 3 Fuß mit Stroh zuſammengebunden und einige Zoll über dem Band abge- ſchnitten, ſo daß ſich der Stock ſelbſt trägt, was ſpäter, wenn nöthig, noch

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einmal wiederholt wird. Im nächſten Jahre bilden dann die im Vorjahre angeſchnittenen Reben kurze Schenkel, auf welchen bei der Frühjahrsbehand— lung die jungen Reben bis auf 3 Augen zurückgeſchnitten und die neuen Triebe ſofort, wie im vorigen Jahre, in einem Bund vereiniget werden. Die im Innern des Kopfs gewachſenen Reben werden' bei der Frühjahrsbehandlung dicht am Kopfe abgeſchnitten, ſo daß derſelbe immer hohl bleibt, während die jungen Reben am Rande des Kopfs neben den Schenkeln nur bis auf ein Auge abgeworfen werden, damit ſich aus denſelben immer wieder neue Triebe entwickeln, und, wenn die alten Schenkel zu lang oder abgängig werden, neue davon erzogen werden können, was, wenn dieſelben eine Länge von 6— 10 Zoll erreicht haben, ſtets zu geſchehen hat. In allen weitern Jahren wird dann mit der Erziehung der Rebſtöcke auf ähnliche Weiſe fortgefahren, doch können bei kräftiger Entwicklung an zwei gegenüberſtehenden Schenkeln die Reben bis auf 4 Augen angeſchnitten werden, während die übrigen nur 2—5 Augen er- halten. Sollten die Stöcke in den erſten Jahren noch zu ſchwach ſein, um ſich ſelbſt tragen zu können, ſo kann denſelben auch ein kurzer Pfahl gegeben werden.

Will man in ältern Bockweingärten abgegangene Stöcke durch Einleger von einem benachbarten Stocke ergänzen, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß die dazu beſtimmten Reben, damit ſie die gehörige Länge erhalten, nicht ein- gekürzt, ſondern neben dem Stock an einen Pfahl in geſtreckter Weiſe den Berg hinauf oder hinunter gebunden werden, was auch geſchehen kann, wenn ein Stock zu triebig iſt und zu üppig wächst, dem dann neben den ſogenann⸗ ten Korb⸗ oder Keſſelreben noch zwei, etwas längere Schenkel angeſchnitten werden können, die, wie bei der geſtreckten Erziehung, mit ihren Tragreben den Berg hinauf und hinunter gezogen und am Ende an Pfähle gebunden werden. Die Erziehung nach dem Bockſchnitt kann übrigens nur in Anwen- dung kommen, in Weinbergen mit etwas magerem Boden, wo kein allzu üppi⸗ ges Wachſen der Reben zu erwarten iſt, und bei Reben, welche weniger trie— big und kräftig ſind und keine lange Erziehung erfordern, ſondern einen kurzen Schnitt vertragen, wie der weiße Rießling, und wo nicht auf Quantität, ſon⸗ dern mehr auf Qualität gebaut wird. In kräftigem Boden müſſen die Reben jedenfalls etwas länger geſchnitten und die jungen Triebe frühzeitig eingekürzt werden.

In Württemberg iſt dieſe Erziehungsweiſe blos bei dem Weinberge der Weinverbeſſerungsgeſellſchaft zu Untertürkheim und in einzelnen Rießlingpflan— zungen an dem Eilfingerberg bei Maulbronn eingeführt.

Eine Abweichung von der Bockweingarterziehung iſt der ſogenannte Bal⸗ kenbau, wo an beiden Seiten der Stocklinien die Erde etwas aufgeworfen wird, ſo daß ſie einen Balken, neben in den Gaſſen aber eine Rinne oder

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Vertiefung ſich bildet. Zwei der längern und gejündern Reben werden dann umgebogen, die vordern drei Augen geblendet und in die Erde des Balken geſteckt, ſo daß jede Rebe einen halben Bogen bildet, wodurch auf der einen Seite die Trauben dem Boden möglichſt nahe kommen, auf der andern das Waſſer von den Stöcken möglichſt abgeleitet und der Abfluß deſſelben durch die Rinnen befördert wird. Die übrigen Reben oder Schenkel erhalten, wie beim Bockſchnitt, Zapfen von zwei bis drei Augen. Tragen ſich letztere nicht ſelbſt, ſo kann dem Stock ein Pfahl gegeben werden. Ueber den ſogenannten Kopfſchnitt vergl. §. 134.

§. 123.

Die kriechende oder Heckenweinberg-Erziehung kommt ſelten vor und er⸗ ſcheint nur da als zweckmäßig, wo, wie etwa in ſüdlichen Gegenden, die Wein⸗ gärten an der See heftigen Winden ausgeſetzt ſind, oder wo, wie im obern Nahethal, einem Seitenthal des Rheins, der Boden der Weinberge faſt aus lauter Steinen beſteht, auch ließe ſich nach §. 111 Pkt. 9 eine ſolche Er⸗ ziehungsweiſe in Württemberg, wenn die ſogenannten Steinmauern mit Reben überzogen würden, einführen. 8

In dem Nahethal werden, nach Bronner (der Weinbau in Süddeutſch— land), dem ſteinigen magern Boden entſprechend, die 2—2 ͤ Fuß langen Setzreben entweder ſchon beim Reuten eingelegt oder nach demſelben mit Setzeiſen Löcher in den Boden geſtoßen, in dieſe die Reben eingeſteckt und die Löcher entweder mit trockener Erde zugefüllt oder neben denſelben ein zweites Loch geſtoßen, wodurch das erſtere zugedrückt wird. Nach Verfluß des erſten und zweiten Jahres werden die jungen Stöcke auf 1—2 Augen abgeworſen, im dritten Jahr läßt man denſelben 3Z—4 Zapfen von 2 Augen ſtehen, und iu vierten Jahre wird eine Erdrebe (Bogrebe) von 4—5 Augen und einige Zapfen (Knöter) auf dem Kopfe angeſchnitten, die dann, wenn ſie neue Triebe gemacht haben, vermöge ihrer eigenen Schwere ſich bereits auf den Boden legen und dort ſich ausbreiten. Im fünften Jahre wird der Schnitt auf ähnliche Weiſe, nur etwas länger (mit mehr Augen) fortgeſetzt, wodurch ſich kleine Schenkel bilden, welche auf den Boden ſo hingelegt und vertheilt werden, daß jeder Schenkel mit ſeinen jungen Trieben einen Raum ausfüllt.

Wird auf dieſe Weiſe auch in den folgenden Jahren fortgefahren, ſo ver⸗ längern ſich die Schenkel auf mehrere Ellen und der Boden wird nach und nach ganz mit Reben bedeckt, wobei dann hauptſächlich auf ſorgfältiges Ver⸗ theilen und Ausbreiten derſelben geſehen werden muß. Geht ein Stock ab, ſo wird von einem andern eine vordere Rebe in den Boden eingelegt und da⸗ durch ein neuer Stock gebildet.

Während des Sommers werden die Reben weder ausgebrochen noch abge-

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ſchnitten, ſondern Alles dem freien Wachsthum überlaſſen, wodurch, da bie jungen, kaum 2 Fuß hohen Triebe aufrecht ſtehen, die Weinberge ein hecken⸗ artiges Ausſehen erhalten. Bloß beim Beginnen des Frühjahrs wird das Schneiden derſelben vorgenommen und ſodann während des Sommers der Boden mit einem langen Karſt gelockert.

Dieſe Erziehungsweiſe hat den großen Nachtheil, daß der Boden von den Reben ganz überdeckt iſt, wodurch die Sonne wenig auf denſelben eindringen kann und daher derſelbe immer feucht bleibt, was, namentlich in naſſen Jahr— gängen, auf die Trauben und die Zeitigung des Holzes einen ſehr nachtheiligen Einfluß ausüben muß, doch ſollen bei derſelben in einigen Orten des Nahetha⸗ les, wo hauptſächlich Rießling und etwas Elbling angepflanzt ſind, ſehr gute Weine erzeugt werden, was unzweifelhaft von dem magern ſteinigen Boden herkommt, der auch ſelten gedüngt wird.

3. Die Erziehung mit Holz⸗Unterſtützung. §. 124.

Die Holzunterſtützung hat den Zweck, eines Theils dem Rebſtock eine feſte Stütze zu geben, damit er, ſowie die Trauben, durch Winde und Stürme und überhaupt durch ungünſtige Witterung nicht beſchädigt werden, andern Theils aber auch eine zweckmäßige Erziehung des Stocks zu ermöglichen und zu er— leichtern, wobei hauptſächlich darauf zu ſehen tft, daß der Boden den Einwir— kungen der Sonne und der Luft ausgeſetzt und die Tragreben ſowie die Trau⸗ ben demſelben möglichſt nahe gebracht werden, weil die warme Ausdünſtung deſſelben auf die Entwicklung und Reife der Trauben einen ſehr wohlthätigen Einfluß ausübt, doch dürfen bei feuchten und mehr ungünſtigen climatiſchen Verhältniſſen, wie in der Bodenſeegegend, die Trauben auch nicht zu nieder zu hängen kommen, damit dieſelben vor dem frühzeitigen Faulen geſchützt ſind. Hienach iſt hauptſächlich auch die Zweckmäßigkeit der einzelnen Holzunter⸗ ſtützungen und die darnach ſich richtende Erziehungsweiſe zu beurtheilen.

Dieſelbe wird abgetheilt in die

Pfahlerziehung, Rahmenerziehung, Kammererziehung und in die Erziehung an Geländen.

a. Die Pfahlerziehung.

Die Erziehung an Pfählen erfolgt entweder an einem oder an zwei, drei oder auch an vier und mehr Pfählen. Die Erziehung an einem Pfahl kommt hauptſächlich bei der Schenkelerziehung vor, doch wird

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auch bei der Kopferziehung in magerem Boden und bei dem eigenthümlichen Kopfſchnitt mit einem Schenkel hie und da nur ein Pfahl gegeben. Im Breisgau des Baden'ſchen Oberlandes werden den zwei aus der Setzrebe ge— zogenen Schenkeln zwei lange Bogreben von 10—12 Augen und ein Zapfen von 3—5 Augen oder ein Bogen und zwei Zapfen angeſchnitten und erſtere über einander an den 7 Fuß langen Pfahl angebunden, daher ein Schenkel immer etwas länger als der andere ſein muß. Im Moſelthal werden ſogar aus den drei eingelegten Setzreben drei Schenkel gezogen und dieſe mit ihren Tragreben in der Form von weiten Bogen mit 12—15 Augen und von Zapfen von 46 Augen, wie in der Bodenſeegegend, an eine einzige 10—12 Fuß lange Stange gebunden, ſo daß ein Stock neben verſchiedenen Zapfen häufig drei Bögen bekommt, die, wie Stockwerke, über einander zu ſtehen kommen und nicht ſelten 6—8 Fuß vom Boden entfernt find, daher eine ſolche Erziehung, wenn man auch den ſehr triebigen Thonſchieferboden in Berückſich⸗ tigung zieht, offenbar zu den ſchlechteſten und unzweckmäßigſten gehört, wobei zwar ſehr viel, aber meiſtens ein ſaurer Wein gewonnen wird. Man wird ſich deßhalb auch nicht wundern dürfen, wenn von dem Moſelthale aus durch Gall zu Trier zuerſt empfohlen wurde, den ſauren Wein mit Waſſer zu ver— dünnen und mit Zucker zu verbeſſern. Jene unzweckmäßige Erziehung tft be- kannt unter dem alten Moſelbau, doch ſoll dieſelbe neuerer Zeit in manchen Orten verlaſſen und durch eine niedrigere Erziehung unter dem Namen neuer Moſelbau, aber immer noch mit einem Pfahl erſetzt werden.

8.120.

Die Erziehung mit zwei oder mehreren Pfählen findet hauptſächlich bei der Kopferziehung Anwendung, indem hier aus dem Kopf einige Schenkel er⸗ zogen, die gegen den Berg möglichſt nahe am Boden mit ihren Tragreben an die Pfähle gebunden werden. Man kann ſie eintheilen in die höhere und in die niedere oder geſtreckte Pfahlerziehung. Bei der Erziehung mit zwei Pfäh⸗ len erhält der Stock zwei kurze Schenkel, die gegen den Berg etwas auf die Seiten gezogen und dort mit ihren Tragreben theils in ganzen Bögen, theils in halben Bögen oder mit Zapfen an die geſteckten Pfähle geheftet werden, wie ſie im obern Neckarthale in der Umgegend von Rottenburg und Tübingen, in dem Steinach» und Lauterthal, ſowie in dem Jagſt⸗ und Tauberthal ein- geführt iſt. Sie erſcheint hauptſächlich da am angemeſſenſten, wo entweder we⸗ gen der klimatiſchen Verhältniſſe oder wegen der magern Bodenbeſchaffenheit eine kurze Erziehung der Rebe nothwendig iſt. f

Bei der Erziehung mit 3 Pfählen werden dieſelben in Entfernungen von 2—3 Fuß über den Stock in einem Dreieck geſteckt, jo daß ein Pfahl in ge⸗ rader Linie vom Kopfe des Stockes aus und die zwei andern auf die beiden

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Seiten des Stocks, doch auch noch gegen den Berg geſtellt werden. An dieſe Pfähle werden dann die aus dem Kopf erzogenen Schenkel mit ihren Trag⸗ reben und den daraus gebildeten Bögen, Halbbögen oder Zapfen gebunden.

Die Erziehung mit 4 Pfählen ſtimmt mit derjenigen mit 3 Pfählen überein, nur daß hier an den Kopf, zum Aufbinden der Kopftriebe, auch noch ein Pfahl geſteckt wird.

Nach dieſen beiden Erziehungsarten werden die Reben hauptſächlich im mittlern und untern Neckarthale, im Remsthale, im Murrthale, im Enzthale und theilweiſe auch im Kocherthale behandelt, auch kommt ſie im Mainthale bei Würzburg und Wertheim vor.

Bei der Erziehung mit fünf und mehr Pfählen erhält der Stock vier oder fünf Schenkel, ſie iſt jedoch nirgends allgemein, ſondern nur ausnahms⸗ weiſe bei ſtarktriebigen Reben und in kräftigem, ſtark gedüngtem Boden ein⸗ geführt, und kann daher nur als eine unregelmäßige, hauptſächlich nur auf Quan⸗ tität abzielende Erziehungsweiſe angeſehen werden, wobei die Pfähle, um die Schenkel gehörig ausbreiten zu können, halbmondförmig um den Stock geſteckt werden. Die hier angeführten Erziehungsarten gehören zu der höhern Pfahl⸗ erziehung mit zum Theil langen Schenkeln und Bogreben, wodurch die Trau— ben, beſonders bei weiten Bögen, theilweiſe ziemlich hoch an den Pfählen zu ſtehen kommen, die Zeitigung derſelben in minder günſtigen Weinjahren nicht gleichförmig erfolgt und daher der Qualität des Weins Eintrag thut.

Zu der niedern Pfahlerziehung wird gerechnet, wenn nur zwei, höchſtens drei kurze Schenkel gegeben und auch dieſen nur Zapfen mit wenigen Augen angeſchnitten, im übrigen aber die Erziehung mit zwei oder drei Pfählen ein⸗ gehalten wird. Hauptſächlich gehört aber zu der niedern Pfahlerziehung die ſogenannte geſtreckte oder Rheingauer Erziehungsweiſe, bei der jeder Stock drei kurze Schenkel erhält mit zwei Bog⸗ oder Streckreben und auf dem dritten ſchwächeren Schenkel mit kurzen Zapfen von 2—4 Augen. Zu zwei Stöcken werden fünf Pfähle gegeben, die mit dem Stock in gleicher Linie den Berg hinauf und hinuntergeſteckt werden, ſo daß der Kopf je einen Pfahl erhält und zwiſchen die beiden nächſten Stöcke gegen unten und oben gleichfalls ein Pfahl geſteckt wird. An den Pfahl beim Kopf wird nicht nur der ſchwächere Schen⸗ kel mit feinen Zapfen und Trieben, ſondern auch die zwei Schenkel mit den Streckreben gebunden und letztere gegen die Pfähle in der Mitte der Stöcke in horizontaler Richtung, jedoch in einem kleinen Bogen den Berg hinauf und hinunter gezogen und ſofort mit ihren Spitzen, etwa 1 Fuß hoch vom Bo⸗ den, an den in der Mitte ſtehenden Pfahl geheftet, ſo daß die geſtreckten Re⸗ ben von 2 Stöcken nur einen Pfahl bekommen. Mit dieſer Erziehungsweiſe find verſchiedene ſehr weſentliche Vortheile verbunden, indem durch dieſelbe die Trauben faſt in gleicher Linie, nur wenige Zoll vom warmen Boden entfernt,

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u hängen kommen und deßwegen nicht nurz frühe, ſondern auch gleichförmig zeitigen können, auch bilden ſich zwiſchen den geraden Stockreihen freie Gaſſen, in welche die Sonne ungehindert einwirken und den Boden weit mehr als bei andern Erziehungsarten erwärmen kann. Die Stöcke ſtehen auf beiden Seiten frei, daher man denſelben beſſer beikommen und die Schnittmethode genauer einhalten kann, auch können in den offenen Gaſſen die übrigen Arbeiten weit leichter und weniger koſtſpielig vorgenommen und das Unkraut bequem und rechtzeitig, wenn es im Saft ſteht, ausgehackt werden; das Pfählen und Anbin⸗ den erfolgt vor dem Hacken, wodurch der Boden weniger zuſammengetreten wird und für Wärme und Feuchtigkeit mehr empfänglich iſt. Dieſe Erziehungsart gehört daher offenbar zu den rationellſten und ſollte deßhalb überall, wo, be⸗ ſonders bei edlen Trauben, Pfahlerziehung ſtattfindet, eingeführt werden. Nur muß ſchon bei der Anlage der Weinberge darauf Rückſicht genommen werden, und den Berg hinauf, beſonders bei ſchwachtriebigen Reben etwas enger als der Breite nach geſtockt werden (§. 109).

Die geſtreckte Pfahlerziehung kann bei der Kopf- und Schenkelerziehung in Anwendung gebracht werden, nur werden bei der letzten drei Reben zu jedem Stock genommen und dieſelben in Entfernungen von 3—4 Zoll gerade den Berg hinauf eingelegt, wie dieſes §. 111 Pkt. 3 näher beſchrieben iſt. An dieſen drei zu Schenkelſtöcken herangebildeten Reben werden dann die er⸗ forderlichen Zapfen und Streckreben angeſchnitten.

8. 126. b. Die Rahmen⸗Erziehung.

Die Rahmen beſtehen gewöhnlich aus eichenen Pfoſten (Stiefeln) von 2—3 Zoll Stärke und 3—6 Fuß Länge, welche in Entfernungen von 8—12 Fuß in geraden Linien den Berg hinauf feſt in den Boden geſchlagen und an welche dann 1—1 ½ Fuß über demſelben Latten von 1-1 Zoll Breite oder hölzerne Stänglen (Truderbalken) befeſtiget werden, an die ſofort die Reben theils als Bogen, theils als Halbbogen oder Zapfen zu ſtehen kom⸗ men. Der Rahmenbau kommt hauptſächlich in einigen Gegenden des Rhein⸗ thales, beſonders in der bayrischen Rheinpfalz, am Haardtgebirge ꝛc. vor; es werden durch denſelben gleichfalls offene Gaſſen gebildet, ſo daß er mit der geſtreckten Pfahlerziehung vieles gemein hat und ähnliche Vortheile wie die dieſe, ſowie noch den weitern darbietet, daß, da die Rahmen feſtſtehen, manche Arbeiten, wie das Pfahlſpitzen, Pfahlſtecken, Pfahlausziehen ꝛc. erſpart werden. Dieſe Erziehungsart kann bei der Kopf⸗ und Schenkelerziehung in Anwendung gebracht werden und findet neuerlich auch in Württemberg bei intelligenten Weingärtnern, namentlich zu Stuttgart, Untertürkheim, Weinsberg ꝛc. Ein⸗

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gang. Die Rahmenerziehung wird abgetheilt in die niedere und höhere und die Doppelrahmenerziehung.

Die niedern Rahmen haben nur Stiefeln von 3 Fuß Länge, wovon 1—/ỹ᷑ Fuß im Boden ſich befinden und bloß eine Querlatte, die 1-1) Fuß vom Boden an die Stiefeln mit Nägeln oder mit Weidenbändern geheftet wird. Sie eignet ſich hauptſächlich für Reben mit niederer Erziehung und kurzem Schnitt, bei welcher beſonders auf die Erzielung einer vorzüglichen Wein⸗Qualität geſehen wird, ſowie für magern Boden.

Bei der höhern Rahmenerziehung erhalten die Rahmen vom Boden an eine Höhe von 2—2 / Fuß, fie eignet ſich daher hauptſächlich für kräftigen Boden, in welchem den Reben bei kurzer Erziehung doch etwas längere Schen— kel ſowie mehr Bog⸗ und Halbbogreben, als Zapfen angeſchnitten werden müſſen, wobei dann die Reben ſo gebogen werden, daß die Spitze unten an den Schenkel, die Mitte des Bogens aber an die Latte gebunden wird. Sie gewährt mehr Raum für die Erziehung der Rebe, auch können die jungen Triebe regelmäßiger aufgebunden werden.

Die Doppelrahmenerziehung hat höhere Stiefeln von 3½—4 Fuß Länge über dem Boden und eine doppelte Reihe von Latten (Trudern) in Entfer- nungen von —2 Fuß und taugt in kräftigen Boden und bei guter Dün⸗ gung hauptſächlich für Reben, die eine längere Erziehung mit Bogen und Halbbogen verlangen. Man findet ſie hauptſächlich in der Gegend von Hei- delberg und Worms und auch in Württemberg, wo die Rahmenerziehung ein⸗ geführt iſt, kommt ſie gewöhnlich in Anwendung, ſie koſtet jedoch ſehr viel Holz, iſt mithin theuer und hat den Nachtheil, daß, wenn beim Schneiden und An— binden der Reben nicht mit Vorſicht zu Werke gegangen wird, die Trauben etwas zu hoch vom Boden zu hängen kommen. Die Reben können entweder in Bögen, wie bei den höhern Rahmen, oder geſtreckt, wie bei der geſtreckten Pfahlerziehung, an die untere Rahme gebunden werden, die bei etwas langen Schenkeln dann 2 Fuß vom Boden zu ſtehen kommt.

Bei den hohen Holzpreiſen hat man neuerlich am Rhein, in Frankreich und auch in einigen Orten Württembergs den Drahtbau eingeführt, indem ſtatt der Querlatten an den Stiefeln ſtarker Draht aufgezogen wurde, was ziemlich billiger als Holz zu ſtehen kommt, auch können die Drahtreihen enger als bei Latten oder Stänglen gezogen werden, ſo daß die niedern Rahmen 2, die höhern Rahmen 3—4, die Doppelrahmen 4—5 Reihen Draht erhal⸗ ten, wodurch die jungen Triebe an den Rahmen beſſer vertheilt und zweck— mäßiger angebunden werden können, auch wirft der Draht weniger Schatten, als die Querhölzer, insbeſondere aber können ſich an dem Draht keine Inſek⸗ ten, wie an dem Holze der Heu- und Sauerwurm, aufhalten und verpuppen, wodurch die Weinberge vor vielen Beſchädigungen geſichert ſind.

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Bei ſolchen Drahtanlagen werden in den Weinbergen oben und unten in Entfernungen von 30, 40 oder 50 Fuß ſtarke eichene Pfoſten, 1½¼—2 Zoll dick und 2 Zoll breit, ſchief eingeſchlagen und an denſelben in der Höhe von 1 Fuß hervorſtehende Nägel, womöglich mit einem Hacken, befeſtigt, auf wel⸗ chen der aufgezogene Draht ruhen kann. An den beiden Enden der Linie werden dann entweder große Steine 2 Fuß tief in den Boden eingegraben oder ſtarke eichene Pflöcke in denſelben eingeſchlagen, an denſelben ein Draht⸗ hacken befeſtigt, an dem dann die ſämmtlichen aufgezogenen Drähte angehängt werden. Weil jedoch die Drähte bei der angegebenen Länge nie ganz feſt angezogen werden können, auch die eingeſchlagenen Pflöcke oder die eingegra⸗ benen Steine etwas nachgeben, ſo iſt es ſehr angemeſſen, wenn vor dem Auf⸗ ziehen der Drähte in jeder Linie, in die Mitte derſelben, ein Spannſchlößchen eingeſchoben wird, an dem man den lockern Draht etwas aufwickeln kann, ſo daß er ſtets in ſtarker Spannung bleibt.

Eine nähere Beſchreibung und Zeichnung dieſes Drahtbaues und bejon- ders auch der Spannſchlößchen enthält das Hohenheimer Wochenblatt für Land⸗ und Forſtwirthſchaft von 1853 Nr. 48.

Bei hohen Rahmen wird es jedoch, damit das Ganze mehr Feſtigkeit bekommt und an die untere Linie die Schenkel feſt angebunden werden können, ſehr zweck— mäßig ſein, wenn dieſelben ſtatt Draht mit ſchmalen Latten verſehen werden, zu welchem Behuf zwiſchen den höhern Pfoſten in Entfernungen von 8—10 Fuß kleine eichene Pfoſten von 2½—3 Fuß Länge eingeſchlagen werden, an welchen die Latten noch beſonders zu befeſtigen ſind, damit ſie ſich nicht biegen und abſpringen. Zur Erhaltung ſämmtlicher Pfoſten dient es ſehr, wenn die⸗ ſelben, ſoweit ſie in den Boden kommen, angebrannt oder vor dem Einſchlagen ganz mit Theer zwei- bis dreimal angeſtrichen oder nach §. 156 mit einer Auflöſung von Kupfervitriol oder Chlorzink getränkt werden. Das Anſtreichen mit Theer muß auch bei dem Draht nach dem Aufziehen oder mit Mening geſchehen, der noch dauerhafter als der Theer ſein ſoll.

8. 127, ce, Die Kammer⸗Erziehung.

Dieſe Erziehung ſcheint ihre Benennung von dem kammerartigen Holzge- rüſte erhalten zu haben, das dazu erforderlich iſt. Es werden dabei der Länge der Zeilen nach in Entfernungen von 6—8 Fuß eichene Pfoſten (Stiefeln) von 4—5 Fuß Länge und 2—3 Zoll Dicke in den Boden eingeſchlagen und dieſelben oben 6 Zoll unter der Spitze dadurch mit einander verbunden, daß in die Stiefel 1 Zoll tiefe und 1—2 Zoll weite Einſchnitte gemacht werden,

199 in welche eichene Querbalken oder Latten (Lännrichbalken) von 1 Zoll Dicke und 14—16 Fuß Länge eingelegt und dort mit Weiden oder Nägeln befeſtigt werden. Die Zeilen erhalten eine Weite von 4½—6 und mehr Fuß, wobei je 3—4 Zeilen mit dünneren Querbalken (Querlatten, Truder) in Entfernun⸗ gen von 4 Fuß mit einander verbunden werden, die dann zuſammen eine Kam⸗ mer bilden. An die Längebalken werden die Rebſtöcke mit ihren Schenkeln feſtgebunden, auf die Querbalken oder Truder aber die Tragreben geheftet, wobei dann die jungen Triebe keine weitere Holzunterſtützung haben, außer ſie werden gleichfalls an die Truder gebunden, wobei aber manche abbrechen kön— nen. Will man die Reben nicht zu hoch ziehen und zugleich den neuen jungen Trieben einige Holzunterſtützung geben, jo kann man 8—9 Zoll unter dem Längebalken auch noch eine ſchmale Latte von gleicher Länge befeſtigen, auf die dann die Tragreben heruntergezogen und als Halbbogen angebunden wer- den. Dieſe Erziehungsart iſt theilweiſe an der Bergſtraße unter Heidelberg bis Weinheim und in Rheinbayern in der Umgegend von Landau und Eden— koben eingeführt und ſcheint aus ſüdlichen Ländern und vielleicht noch aus der Römerzeit zu ſtammen, wo der Boden vor dem Austrocknen und die Trauben vor der allzugroßen Sonnenhitze geſchützt werden müſſen. Dieſes iſt jedoch in Deutſchland nicht nothwendig, daher die Kammererziehung, weil die Trauben in der Regel zu hoch zu hängen kommen und dadurch, ſowie der Boden, zu wenig den Einwirkungen der Sonne ausgeſetzt find, zu den ungeeignetſten Er— ziehungsarten gehört, bei der häufig nur geringer Wein erzeugt wird. Auch iſt die Holzunterſtützung ſehr koſtſpielig und ſetzt einer geordneten Bearbeitung der Rebfelder manche Schwierigkeiten entgegen, daher auch in dieſer Be— ziehung nicht empfehlungswerth. Zu der Kammer- gehört auch die Dach- lauben⸗Erziehung, bei der die querſtehenden Stiefel nach und nach bis zur Hälfte erhöht werden, ſo daß die aufgelegten Truder und die an dieſelben an⸗ gebundenen Reben einen dachartigen Abfall haben und das Ganze eine Art Laube bildet, die einfach iſt, wenn der dachartige Abfall nur auf einer Seite erſcheint, doppelt, wenn derſelbe auf zwei Seiten angebracht iſt, ſo daß die höhern Stiefeln in der Mitte ſtehen und die Laube ſich auf beiden Seiten wie ein Satteldach abdacht.

Dieſe Lauben⸗Erziehung iſt jedoch keine regelmäßige Erziehung für Wein⸗ berge, ſondern kommt in denſelben blos an Lauben oder in den Ortſchaften in, Höfen und Gärten vor, wie denn namentlich an der Bergſtraße manche Höfe damit überzogen ſind, was denſelben nicht nur ein freundliches Ausſehen gibt ſondern auch öfters reichen Ertrag abwirft, daher ſolche Einrichtungen, wenn auch gleich der Wein davon etwas gering wird, doch mehr Nachahmung in den dürften. Für die Kammer⸗ ſowie für die Dachlauben⸗Erziehung taugen nur Reben von ſtarker Triebkraft, die eine lange Erziehung vertragen, und die

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nach dem Kopf⸗ oder Schenkelſchnitt behandelt werden können, auch gehört dazu ein kräftiger Boden.

I d. Die Erziehung an Geländen.

Die Erziehung an Geländen iſt ein Uebergang von der hohen Rahmen⸗ Erziehung durch Erweiterung derſelben, indem die Gelände (Spaliere, in Würt⸗ temberg Kammerzen⸗Erziehung) mit höhern Pfoſten und mehr Querlatten ver⸗ ſehen werden, fo daß auch der Rebſtock eine höhere und ausgebreitetere Er⸗ ziehung erhält.

Gelände werden in den Weinbergen gewöhnlich an hohen Mauern oder an Weinbergshäuschen angelegt, in Gärten häufig als freiſtehend, oder als Bogengang, als Laube oder auch an Mauern erzogen, in den Ortſchaften aber die Wandungen der Gebäude damit bedeckt. Die Oertlichkeit, an welcher die Gelände angebracht werden, iſt daher ſehr verſchieden, daher auch die Er- ziehung der Rebe, welche ſich darnach zu richten hat, verſchieden ſein muß. Im Allgemeinen laſſen ſich dabei folgende Grundſätze aufſtellen.

Bei der Holzunterſtützung werden die aufrecht ſtehenden Pfoſten in Ent⸗ fernungen von 8—10 Fuß feſt in den Boden eingeſchlagen und ſofort an den⸗ ſelben Querlatten, Stangen oder auch einfache Pfähle neuerlich auch ſtarker ausgeglühter Draht vom Boden an in Entfernungen von 1—1 , höchſtens 2 Fuß befeſtigt, wobei hauptſächlich darauf zu ſehen iſt, daß die Pfoſten in ſolchen Entfernungen von einander eingeſchlagen werden, daß der Anfang und das Ende der Querlatte ꝛc. an einen Pfoſten zu ſtehen kommt.

Bei der Anlage der Gelände und bei der Erziehung der Reben kommt es darauf an, mit welchen Traubengattungen dieſelben beſetzt und ob dieſelben hoch oder nieder erzogen werden ſollen. Zu der Anlage von Geländen, be— ſonders in Gärten und an Gebäuden, werden häufig Tafeltrauben genommen (§. 40—44), weil dieſelben gewöhnlich nicht zur Weinbereitung, ſondern zum Verſpeiſen beſtimmt ſind, wobei als erſter Grundſatz zu berückſichtigen iſt, daß die Anlage und Erziehung der Rebe fo erfolgen muß, daß die Wand des Ge- ländes vollkommen von derſelben gedeckt wird. Da nun die einzelnen Reb⸗ gattungen nicht gleich lange Reben treiben, ſondern einige meiſt kurze, andere mehr mittelmäßige oder lange Triebe machen, ſo muß darauf ſchon bei der Anlage Rückſicht genommen und zu dieſem Behuf ſchwachtriebige Reben nur zu niedern Geländen von 3—4 Querlatten, mittelmäßigtriebige zu Geländen von 5—7 Latten, ſtarktriebige zu Geländen von 7 und mehr Latten verwen⸗ det oder zu der Bekleidung von ganzen Wandungen genommen werden.

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8. 129.

Die Weite des Satzes und die Zahl der zu ſetzenden Reben, ſowie die anzuſchneidenden Schenkel hängen wieder von der niedern oder höhern Er— ziehung, beziehungsweiſe von der Zahl der nothwendigen Querlatten ꝛc. ab.

Bei der Entfernung der einzelnen Stöcke von 5—6 Fuß und bei mehr niederer Erziehung mit drei Querlatten, wobei dem Stock nur ein oder zwei Schenkel gegeben werden, genügt ein Stock, werden aber die Stöcke in Ent— fernungen von 8—12 Fuß gepflanzt und ſollen dieſelben hoch gezogen werden mit 5—7 oder mehr Querlatten, ſo müſſen 2— 3 Schenkel aus dem Kopf angeſchnitten werden, wobei es zweckmäßig iſt, wenn zwei Stöcke neben einan⸗ der geſetzt werden. Bei ſtarktriebigen Reben mit weiten Gelenken können die Latten in Entfernungen von 2 Fuß, bei minder triebigen in Entfernungen von 1½/2—1 Fuß angebracht werden.

Zum Setzen der Reben kann man Wurzelreben oder Schnittlinge nehmen, dieſelben müſſen aber länger, als gewöhnliche Setzreben ſein und daher eine Länge von 3—4 Fuß erhalten, damit ſich der Stock ausgedehnt bewurzeln und die erforderliche Kraft zu der hohen Erziehung ſammeln kann. Auch kommt dabei mehr die Kopf- als die Schenkelerziehung in Anwendung; bei der letztern muß für jeden höher zu ziehenden Schenkel eine beſondere Rebe eingelegt werden. Die Schenkel jeder Rebe werden entweder in gerader oder etwas zirkelförmiger Richtung an dem Lattengerüſte hinaufgezogen, oder in wagrechter Richtung auf die Latten gelegt und dort feſtgebunden. Erſtere kann man die fächerförmige, letztere die winkelrechte oder den Winkelſchnitt nennen.

Bei der fächerförmigen Erziehung werden zwei Schenkel aus dem Kopf erzogen und ſolche rechts und links von demſelben in entgegengeſetzter Richtung an die erſte Querlatte gebunden. Von dieſen Schenkeln gehen je zwei Zugäſte aus, auf welchen dann die Tragreben angeſchnitten werden, was auf folgende Weiſe erreicht wird. Sowie der Stock zum Ertrag kommt, werden an jedem Schenkel zwei längere Reben angeſchnitten, an der untern Latte ſenkrecht, doch etwas nach rechts und links ausgebreitet angebunden, wodurch die künftigen vier Zugäſte oder längere Schenkel gebildet ſind. Die ſtärkern Triebe an dieſen vier Reben werden den Sommer über ſorgfältig an den Querlatten vertheilt und aufgeheftet, die ſchwächeren aber eingekürzt. Im folgenden Früh⸗ jahr werden die ſtärkeren Schneidreben, gewöhnlich die oberſten, auf 5—6 Augen als neue Zugreben, die ſchwächeren aber als Zapfen auf 2 Augen zu⸗ geſchnitten. Jedes Jahr wird nun fortgefahren, die Zugäſte durch das An- ſchneiden neuer Zugreben zu verlängern, bis die Höhe des Lattengerüſtes er— reicht iſt, wobei jedoch darauf Rückſicht zu nehmen iſt, daß die Zugäſte in Ent⸗ fernungen von I—1'/ Fuß immer neue Zapfen erhalten, damit das Gelände

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mit den jungen Trieben gehörig bedeckt werden kann. Wird der Stock zu hoch oder ein Schenkel zu mager, ſo verjüngt man denſelben durch Einkürzen des Schenkels und durch Heranziehung einer neuen Zugrebe von einem un⸗ tern Zapfen.

Mit dieſer Erziehungsweiſe iſt jedoch der Nachtheil verbunden, daß, wie bei allen ſenkrechten Erziehungsmethoden, der Saft der Rebe größtentheils nach oben ſteigt, wodurch die untern Zapfen mager bleiben und wenig oder keine Früchte bringen, auch ſind die meiſten Früchte zu weit vom Boden ent⸗ fernt und zeitigen, beſonders an freiſtehenden Geländen, ſpät, daher dieſe Er⸗ ziehung hauptſächlich nur bei ſolchen Traubengattungen in Anwendung kommen ſollte, welche an Zapfen gerne tragen, wie bei Sylvaner, Gutedel, weniger bei Trollinger, Urban, Muskateller, rothe Malvaſier, Seidentrauben, welche mehr lange Reben (Bogreben) verlangen.

8. 130.

Bei der winkelrechten Erziehung werden, wenn die Reben durch Abwerfen bis zum vierten Jahr zu einem kräftigen Stock herangezogen ſind, zwei der ſtärkſten auf dem Kopfe ſtehende Reben vereinigt und ſenkrecht ½ Fuß über dem Kopfe mit einem Weidenbande aufgebunden und dann jede Rebe an der erſten Latte eingebogen, da, wo die Rebe gebogen wird, gleichfalls mit einem Weidenband feſt an die Latte gebunden und ſofort horizontal an derſelben auf⸗ gelegt und in Entfernungen von 10—12 Zoll mit einem Weidenband verſehen. Auf dieſe Weiſe bildet jede Rebe einen rechten Winkel und erhält dadurch ihre Grundform, wobei die untern Augen bis an die Latte, ſowie die Augen auf der Latte die gegen unten ſehen, ausgeſchnitten werden, jo daß nur in Ent- fernungen von 9—12 Zoll junge Triebe erſcheinen, welche, wenn ſie gehörig herangewachſen ſind, an die zweite Latte und ſpäter an die dritte gebunden, höher wachſende aber abgezwickt werden, damit der Trieb in die Uebrigen ge— leitet und dieſe dadurch die erforderliche Höhe erreichen. Hat die Rebe noch nicht ihre horizontale Lage bis zum nächſten Stock, ſo wird der äußerſte Trieb, ſowie er erſtarkt iſt, ſtatt ſenkrecht gleichfalls horizontal auf die Latte gebunden und der künftige Schenkel auf dieſe Weiſe gehörig verlängert. Iſt der Stock auf die angegebene Weiſe ausgerüſtet, ſo werden erſt die weiter aus dem Kopf gewachſenen Reben ausgeſchnitten, damit, wenn beim Umbiegen eine Rebe ver⸗ unglückt, noch eine Reſerverebe vorhanden iſt. Im folgenden Jahre werden dann die Triebe des Vorjahrs theils zu Tragreben mit 4—6 Augen, theils zu Zapfen mit 2 Augen in der Art angeſchnitten, daß zwiſchen zwei Reben ein Zapfen zu ſtehen kommt und auf die Weiſe abgewechſelt, daß der Rebe des Vorjahrs ein Zapfen, dagegen dem Zapfen eine Rebe angeſchnitten wird, wodurch eine Wechſelwirthſchaft entſteht, bei der das vorjährige längere und

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dadurch entkräftete Holz bis zur letzten Ruthe abgeworfen wird, während das ausgeruhte, kurze Holz die längeren Tragreben bekommt, ſo daß man jedes Jahr auf beſtimmte Fruchtbildung rechnen kann. Die Tragreben werden an der dritten Latte feſtgebunden.

Iſt das Lattengerüſte höher, ſo wird bis zur dritten Latte unmittelbar aus dem Kopf ein dritter Schenkel und bis zur fünften Latte ein vierter Schen— kel ꝛc. gezogen und dieſe ebenſo, wie die untern Schenkel und Reben behandelt.

Sehr zweckmäßig iſt es, wenn alle Schenkel aus dem Kopf gezogen wer— den, weil, wenn auf einem Stamm mehrere Schenkel und aus dieſen wieder Schenkel gezogen werden, der Zug der Säfte ſich öfters mehr auf eine, meiſt obere Seite, als auf die andere untere Seite neigt, wodurch der gleiche Trieb der Rebe und überhaupt die Ausbildung des ganzen Stocks geſtört wird, weß— halb bei mehreren Schenkeln es auch nothwendig iſt, zwei Reben zu ſetzen.

Auf dem Kopf ſelbſt und an den untern Schenkeln werden keine Seiten⸗ triebe geduldet, ſondern es muß aller Trieb in die obern mit Tragreben be⸗ ſetzten Theile der Schenkel geleitet werden, welche hier die eigentliche Grund— lage der ganzen Erziehung bilden, doch kann in den erſten Jahren auf dem Kopf noch eine kurze Reſerverebe von einigen Augen angeſchnitten werden, da⸗ mit, wenn ein Schenkel, fo lange fie noch nicht gehörig erſtarkt find, verun— glückt, ein anderer ſogleich nachgezogen werden kann.

ls

Bei den bisher beſchriebenen Erziehungsweiſen haben wir hauptſächlich diejenigen an Weinbergs⸗ oder Gartenmauern oder an freiſtehenden Geländen oder an den Wandungen der Gebäude im Auge gehabt und dabei nur noch zu bemerken, daß es bei den vielen hohen Weingebirgen in Württemberg und bei den in denſelben angelegten vielen Mauern es ſehr auffallend erſcheint, daß an denſelben ſelten Rebgelände (Kammerzen) angelegt ſind, was ohne Zweifel daher kommt, daß die Weinbergsmauern gleichlaufend ſind und kaum die Höhe des Bodens haben, wodurch bei ſtarken Regengüſſen und Wolken⸗ brüchen das Waſſer über die Mauern herunterſtürzt und die unten an denſel⸗ ben angelegten Stöcke mit Waſſer, Erde und Steinen überſchütten und nicht nur ſehr verunreinigen, ſondern manchmal ganz zu Grunde richten würde, auch hätte das Waſſer, weil am Fuße der Mauer gewöhnlich ein Waſſerab⸗ zugsgraben gegen das nächſte Geſtäffel angelegt iſt, bei dem Einlegen von Stöcken neben der Mauer keinen geregelten Abzug und würde deßwegen ver⸗ heerend ſich über den ganzen Weinberg ergießen.

Durch die Nichtbekleidung der vielen Mauern mit Reben bleibt aber eine Menge Raum unbenützt und viel Ertrag geht in ſolchen Weinbergen verloren. Die angeführten Hinderniſſe ließen ſich jedoch dadurch zum großen Theile be-

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feitigen, wenn die Reben nicht unmittelbar am Fuße der Mauer, ſondern 2—3 Fuß davon entfernt eingelegt und auf die in §. 111, Pkt. 8, angegebene Weiſe erzogen würden, oder wenn, beſonders bei ſchief angelegten Mauern (§. 98) dieſelben oben 1—1 ½ Fuß über den Boden erhöht würden, wodurch ſich hinter denſelben, alſo an der Mauer, ein Waſſerabzugsgraben bildete, durch den das Waſſer, wenn der Boden noch etwas ausgehoben werden wollte, gleich⸗ falls ſicher in das Geſtäffel geleitet werden könnte.

8. 132.

Zu der Gelände⸗Erziehung gehört aber auch noch, wie bereits bemerkt,

die Arkaden⸗ oder Bogengang⸗- ſowie die Lauben⸗Erziehung,

ferner:

die Buſchbaum⸗Pyramiden⸗ oder Hochſtamm⸗Erziehung.

Bei der erſtern werden in Entfernungen von 10—12 Fuß eichene Pfähle oder Pfoſten von 12 Fuß Höhe in den Boden eingeſchlagen und an denſelben drei Reben eingelegt, von welchen der Fuß unten ſo ausgebreitet ſein muß, daß er zuſammen ein Dreieck bildet und die Reben dadurch die gehörige Nah— rung erhalten, wogegen die Köpfe oben etwas zuſammenzulaufen haben. Von den Reben rechts und links werden die Seiten des Bogengangs oder der Laube auf die angegebene Weiſe (§. 129, 130) bekleidet, von der Rebe in der Mitte wird aber der Schenkel an dem Pfoſten in die Höhe gezogen und mit den Trieben deſſelben der obere Theil des Gangs oder der Laube (die Decke) bedeckt, der entweder eine Bogenform erhalten oder durch gleichliegende Duer- latten gebildet werden kann.

Zu Buſchbäumen und Pyramiden kann man einen kräftigen Rebſtock wäh⸗ len mit einem Hauptſtamm (Schenkel), der an einem 10—15 Fuß hohen Pfoſten (Stange) dadurch in die Höhe gezogen wird, daß derſelbe jedes Jahr durch eine an der Spitze anzuſchneidende Rebe von 3—5 Augen verlängert wird. An dieſem Stamme zieht man 1—1 / Fuß über dem Boden kurze Zugäſte von 3—10 Zoll Länge, die gegen oben in Entfernungen von /ÿ— 54 Fuß von einander ſtehen und nach verſchiedenen Seiten gerichtet ſind, nach oben aber etwas kürzer geſchnitten werden, ſo daß der Stock einen zugeſpitzten Buſch oder eine Pyramide bildet. An den obern kurzen Zugäſten wird ein Zapfen, an den unteren längeren zwei Zapfen mit 2—3 Augen angeſchnitten. Während der Sommerbehandlung werden die jungen Triebe öfters eingekürzt, ſo daß ſie ſich ſelbſt tragen und der Stock ſtets die angenommene Form behält. Solche Stöcke können in den Gärten auf den Rabatten, ſtatt der Roſen⸗ und Obſtbäumchen gepflanzt werden, nehmen ſich ſehr gut aus und tragen meiſt ſchöne Trauben, namentlich Sylvaner und Gutedel, die gerne auf Zapfen tragen. 5

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Eine andere Art um Buſchbäume und Pyramiden zu erziehen, bejteht darin, daß man drei Reben in einem Dreiecke von 3 Fuß Durchmeſſer einlegt und entweder jeder Rebe einen langen Pfahl oder ein Stänglen gibt, die oben zuſammenlaufen oder es wird in der Mitte ein 10—12 Fuß langer Pfoſten eingeſetzt, indem man von 2 zu 2 Fuß je vier Löcher einbohrt, jo daß fie einen Kranz bilden, in dieſe Löcher werden rund gemachte Hölzer von 2—3 Fuß Länge eingeſteckt und außen an einem ſtarken Raif befeſtigt, an den dann die einzelnen Reben, wie an einem Gelände vertheilt und gebunden werden, wobei die obern Ouerhölzer immer etwas kürzer gemacht werden müſſen, fo daß der Stock etwas ſpitz zulauft und dadurch einen Buſchbaum oder eine Pyramide bildet. Auf den um die einzelnen Raife zu ziehenden Schenkel werden gleich- falls nur Zapfen von 2—3 Augen angeſchnitten und die jungen Triebe ſtets Ran der nächſt obern Abtheilung angebunden, längere aber rechtzeitig eingekürzt.

8. 133.

Wir haben jetzt noch der Erziehung der Reben

1 in Töpfen

zu erwähnen, wodurch nicht nur frühzeitig reife Trauben gewonnen, ſondern auch eine beſondere Zierde für Wohngelaſſe erzogen werden kann.

Die einfachſte Erziehung in Töpfen beſteht darin, daß man eine Rebe von einem ältern Stocke, wie in §. 103 beſchrieben iſt, ſtatt in einen Korb, in einen weiten irdenen Blumentopf zieht, denſelben mit guter Erde und Lohe um die Rebe herum anfüllt und mit Moos bedeckt. Um das untere Loch, wo die Rebe eingezogen wird, kann man, um den Abfluß des Waſſers und den Zutritt der Luft zu befördern, einige irdene Scherben legen, und um die Wur⸗ zelbildung zu erleichtern, am unterſten Knoten einen ſchmalen Ringelſchnitt machen. Während des Sommers muß der Stock durch Begießen mit Waſſer ſtets feucht erhalten werden, wodurch ſich bis zum Spätjahr die Rebe ſo be— wurzelt haben wird, wovon man ſich durch das Hinwegnehmen der obern Erde überzeugen kann, daß ſie nach dem Herbſt unten am Topf abgeſchnitten, der⸗ ſelbe herausgenommen und in ein froſtfreies Zimmer gebracht werden kann. Hat die Rebe ſchon im erſten Jahre Trauben getrieben, ſo wird dieſelbe wäh⸗ rend des Sommers durch das Anbinden an ein Pfählchen, durch Einkürzen ꝛc. ebenſo behandelt, wie jede andere Tragrebe, auch kann man auf dieſe Weiſe, wenn nach dem Herausnehmen des Stocks die Seitentriebe bis auf einige Augen eingekürzt und der Haupttrieb 2—3 Augen über der oberſten Traube abgeſchnitten wird, die Trauben lange bis zum Frühjahr am Stock aufbewah⸗ ren. Solle aber derſelbe zum frühen Treiben neuer Früchte herangezogen werden, ſo wird der Topf, nach deſſen Herausnehmen aus dem Boden an einen kühlen, froſtfreien luftigen Ort im Hauſe geſtellt, damit derſelbe abtrock⸗

206

net und das Holz gehörig auszeitigt. Zu Anfang des Monats Dezember nimmt man die obere Erde bis auf die Wurzeln, ohne dieſelben zu verletzen, heraus, gibt gute neue Erde, ſchneidet die getriebene Rebe auf 3—4 Augen zurück und ſtellt den Stock in ein warmes Zimmer an das Fenſter oder zwi⸗ ſchen Vorfenſter, ſo daß derſelbe einige Stunden des Tags die Sonne hat. Haben die Augen getrieben, ſo wird der Stock in ein Zimmer gebracht, das eine möglichſt gleichförmige Wärme von 12 Graden nach Reaumür hat, durch öfteres, aber nicht zu ſtarkes Begießen, womöglich mit Regen- und hie und da mit Dungwaſſer in gutem, kräftigem Trieb erhalten, dabei möglichſt der Sonne ausgeſetzt und vor Staub, Zugluft und ſtarker Erſchütterung bewahrt, was beſonders vor und während der Blüthe zu geſchehen hat. Durch ſorg⸗ fältige Behandlung eines ſolchen Stocks wird man ſchon im Monat Juni, be⸗ ſonders von Frühſorten, reife Trauben erhalten. Nach der Abnahme der Früchte wird dann derſelbe mit dem Ballen in das Land geſetzt, damit das Holz gehörig ausreift, im Spätjahr aber wieder in einen etwas größern Topf gebracht.

Zu der Pflanzung in Töpfen ſind vorzugsweiſe ſolche Traubengattungen zu wählen, welche keine lange Erziehung erfordern, ſondern gerne auf Zapfen tragen, wie Sylvaner, Gutedel ꝛc., auch wird dabei kein Kopf, ſondern nur ein Schenkel erzogen.

4. Die Erziehung des tragbaren Rebſtocks. §. 134.

Durch die Erziehung des tragbaren Rebſtocks muß derſelbe nach den all— gemeinen Erziehungsgrundſätzen (§. 116) in ein richtiges Verhältniß zu ſeiner Ernährungskraft gebracht und demnach die Vegetation deſſelben ſo geleitet werden, daß er ſeine Säfte nicht unnöthig vergeudet und ſich dadurch ſchwächt und altert, ſondern ſolche hauptſächlich zu ſeiner Erhaltung und Stärkung, ſo⸗ wie zu der Hervorbringung möglichſt vollkommener und edler Früchte ver- wendet.

Um nun dieſes gehörig erreichen zu können, äh die mit der Erziehung der tragbaren Rebſtöcke verbundenen Arbeiten jedes Jahr wiederholt werden, zu welchem Behuf man dieſelben abtheilt:

a. in das Schneiden der Reben,

b. in das Ruthenbiegen,

c. in das Verbrechen (Zwicken) und Einkürzen der Reben,

d. in das Ueberhauen und Ausflügeln des Rebſtocks, wozu noch verſchiedene außerordentliche Frühjahrsarbeiten kommen.

207

a Das Schneiden.

Das Schneiden der Reben hat den Zweck, den Rebſtock nicht nur von allem überflüſſigen Holze zu befreien, ſondern auch die demſelben zu belaſſenden Reben ſo zurückzuſchneiden, wie es die Beſchaffenheit des Stocks erfordert, wobei die klimatiſchen Verhältniſſe, die Bodenkraft, das Alter des Rebſtocks und die natürliche Vegetationskraft deſſelben zu berückſichtigen ſind. Das Schneiden iſt daher eine der wichtigſten Arbeiten in den Weinbergen und er— fordert gute Kenntniſſe in der Behandlung des Weinſtocks, indem durch gutes und vorſichtiges Schneiden ein Weinberg in guten Stand geſetzt und darin erhalten, während er durch ſchlechtes Schneiden bald zu Grunde gerichtet wer— den kann.

Die dem Rebſtock bei dem Schneiden zu belaſſenden Reben beſtehen hauptſächlich in den Trag- oder Fruchtreben, die auf den Schenkeln des Reb— ſtocks angeſchnitten werden und in dem ſogenannten Bodenholz, das unmittel⸗ bar aus dem Kopfe, oder bei der Schenkelerziehung aus dem untern Theil des Stammes erwachſen iſt und zu der Heranbildung neuer Schenkel oder Stämme verwendet wird (S. 2).

Das Tragholz wird entweder lang oder kurz geſchnitten, im erſtern Falle gibt es Streck⸗, Bog⸗ oder Schneidreben und zwar bei 5—8 Augen Halbbögen, bei 8 und mehr Augen ganze Bögen, im letzteren Falle Zapfen, Knoten, Stifte von 2—4 Augen.

Was nun zunächſt die klimatiſchen Verhältniſſe anbetrifft, ſo iſt es eine bekannte Thatſache, daß in wärmeren Gegenden die Reben viel fruchtbarer find, als in rauheren und daher ſchon an den unteren Augen ſchöne vollkom— mene Trauben treiben, während in den letztern dieſes bei einzelnen Trauben⸗ gattungen erſt am dritten oder vierten Auge der Fall iſt, man muß daher bei dem Schneiden der Reben zwiſchen den Frucht- und Holzaugen genau unter- ſcheiden (S. 3). In ſüdlichen Ländern werden, wenn man feinere Weine er⸗ zielen will, die Reben öfters bis auf wenige Augen abgeworfen, und geben deſſenungeachtet noch einen reichlichen Ertrag, was man als Kopfſchnitt be- trachten kann, während, wenn man mehr auf Quantität ſieht, dieſelben auch baumartig wegen der ſtärkeren Vegetationskraft erzogen werden können (§. 116).

Die klimatiſchen Berhältniſſe ſind übrigens nicht jedes Jahr gleich, in manchen dem Rebſtock beſonders günſtigen Jahren (Wärme mit abwechſelnder Feuchtigkeit) treibt derſelbe viel mehr und kräftigeres Holz als in andern, da⸗ her demſelben im folgenden Jahre auch mehr Holz angeſchnitten werden kann und darf als gewöhnlich, während im umgekehrten Fall weniger als her- kömmlich anzuſchneiden iſt, weßhalb beim Schneiden nicht blos das Herkom— men, ſondern auch der Holztrieb des vorigen Jahrs beſondere Berückſichtigung finden muß.

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Die Bodenkraft des Weinberges, beſtehe nun dieſelbe in einer natürlichen oder durch Düngung herbeigeführten, entſcheidet hauptſächlich darüber, ob lang oder kurz geſchnitten werden fol. Iſt der Boden mager und ſchwach in der Düngung, ſo kann nur wenig und kurzes Holz, mithin mehr Zapfen und Halb⸗ bögen als ganze Bögen angeſchnitten werden, hat dagegen der Weinberg kräf— tigen Thon- oder Lehmboden und iſt er in der Düngung gut unterhalten, ſo muß länger, mithin mehr auf ganze Bögen geſchnitten werden, beſonders da im kühlen, triebigen Lehmboden die unterſten 2 Augen ſelten fruchtbar ſind (vergleiche S. 204). Iſt der Boden locker (leicht oder hitzig) und ſeicht und hat er trockenen, felſigen oder kieſigen Untergrund, der leicht austrocknet, wie Granit und andere Urgebirgsarten, ſo wie angeſchwemmter Flußkies, ſo iſt nicht viel Holz zu geben, weil in trockenen Sommern der Untergrund die Feuchtigkeit dem Obergrund immer mehr entzieht, wodurch, wenn dem Weinberge durch ſtarkes Holzanſchneiden zu viel zugemuthet wird, derſelbe in einem Jahre rückgängig ges macht werden kann, während, wenn der Weinberg mehr tiefen Obergrund und mehr feuchten oder etwas waſſerhaltigen Untergrund hat, wie Sand- und Kalkfelſen, waſſerhaltiger Thon, die dem Rebſtock Feuchtigkeit mittheilen, mehr Holz zu geben iſt. Im Allgemeinen kann die Regel befolgt werden, daß, wenn ein Rebſtock im Vorjahr ſehr ſtark getrieben hat, ſo kann im Holz zugeſetzt, war er mäßig im Trieb, ſo kann der vorjährige Schnitt beibehalteu, war der Trieb gering, ſo muß am Holz abgebrochen werden.

Junge, gut angelegte Weinberge haben gewöhnlich weit mehr Triebkraft, als alte, daher darauf auch beim Schneiden ſorgfältig Rückſicht genommen und erſtern bei gleichen oder ähnlichen Rebgattungen in der Regel mehr Holz als letztern gegeben werden muß, durch zweckmäßiges mehr kurzes als langes Schneiden können ältere Weinberge lange in gutem Ertrag erhalten werden, während, wenn ſie durch allzuſtarkes Anſchneiden von Holz zu ſehr zum Ertrag gereizt werden, bald zu Grunde gehen.

Bei jungen allzutriebigen Weinbergen, die dann mehr in's Holz als in Trauben treiben, kann der Trieb gemäßigt werden, wenn denſelben 1 oder 2 Jahre viel Holz und lange Bogreben angeſchnitten werden.

Die natürliche Vegetationskraft der einzelnen Rebgattungen iſt ſehr ver» ſchieden, daher bei dem Schnitt ſich beſonders darnach gerichtet werden muß, wie hienach ($. 137. 138) näher ausgeführt werden wird. Beſonders muß zwiſchen zwergartigen und ſtarktriebigen Reben unterſchieden werden, indem bei erſteren die fruchtbaren Augen meiſt nahe am alten Holze ſich befinden, wäh⸗ rend bei den letztern dieſelben mehr entfernt vom alten Holze, erſt mit dem 3. oder 4. Auge beginnen (S. 3), doch kommen bei jungen zwergartigen Reben in kräftigem Boden auch hie und da Ausnahmen vor, indem ſie in ſolchen Fällen gleichfalls einen längeren Schnitt erfordern. Im Allgemeinen iſt als

209

Grundſatz anzunehmen, daß das obere Holz des Weinſtocks und die Zahl der Schenkel und Tragreben in einem richtigen Verhältniß zu dem Wurzelvermö— gen ſtehen muß, was man häufig nach der Stärke der Stange beurtheilen kann. Starktriebige Reben laſſen ſich nach S. 2 häufig an der Stärke des Markes erkennen.

Hat ein Weinberg im vorangegangenen Jahre einen allzureichen Ertrag gegeben, wodurch deſſen Vegetationskraft geſchwächt wurde, ſo iſt demſelben zu ſeiner Erholung im folgenden Jahre etwas weniger Holz anzuſchneiden.

Auch von der weiten oder engen Beſtockung eines Weinberges iſt der Schnitt des Rebſtocks abhängig, indem da, wo weit geſtockt wird, der Stock alſo in einem weiteren Umkreiſe ſeine Nahrung finden kann, demſelben mehr und längere Schenkel und Bögen angeſchnitten werden können, als bei einer engen Beſtockung.

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Wenn man nun nach den hier im Allgemeinen aufgeſtellten Grundſätzen das Schneiden der Reben vornehmen will, ſo hat man hauptſächlich darauf zu ſehen:

a. dem Stock jo viel Früchte (Tragreben) anzuſchneiden, als er ehne Nach- theil für den künftigen Beſtand ertragen kann;

b. den Stock nieder zu halten, damit das Tragholz und die Trauben dem Boden möglichſt nahe gebracht werden;

d. Für Tragholz im nächſten Jahre zu ſorgen, d. h. den Stock durch paſ— ſenden Schnitt zu veranlaſſen, brauchbare Fruchtreben für's kommende Jahr zu erzeugen und

d. den Stock durch all dieſes nicht nur bei kräftiger Geſundheit, ſondern auch in der angenommenen Erziehung zu erhalten.

Fruchtbildung für das gegenwärtige und Holzbildung für das künftige Jahr iſt daher ſtets der Hauptzweck des Rebſchnitts, zu dieſem Behufe muß alles dasjenige Holz entfernt werden, das zu keinem der beiden Zwecke erforder- lich iſt. Das fruchtbringende Holz iſt gewöhnlich aus dem Holze des Vor— jahrs erwachſen, iſt kräftig und zur Fruchtbildung herangereift, wogegen das aus dem Kopfe, den Schenkeln oder dem Stamme erwachſene Holz (Waſſer⸗ ruthen, Holzreben) ſelten oder nur wenige Früchte bringt und nur in beſtimmten Perioden zur Bildung von neuem Holze verwendet werden kann.

Bevor jedoch der Rebmann mit dem Schneiden beginnt, muß er darüber einig ſein, wie nach den verſchiedenen Erziehungsarten geſchnitten werden ſoll, ob kurz oder lang, ob auf Bögen oder Zapfen, ob viel oder wenig Schenkel erforderlich ſind u. ſ. w. Um nun dieſes gehörig beurtheilen zu können, ſtellt ſich der Weingärtner vor den Stock und betrachtet ſeine Vegetationskraft im Allgemeinen und richtet darnach ſeinen Schnitt ein. Zuerſt wird, nachdem die

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Erde unter dem Kopf oder neben dem Stamm aufgeräumt iſt, die Stärke des Wurzelſtocks betrachtet, indem nach derſelben, beſonders bei jungen Wein⸗ bergen, genau beurtheilt werden kann, ob dem Stock viel oder wenig Trag⸗ holz zu geben iſt, worauf die ſogenannten Tag- oder Thauwurzeln aus dem §. 119 angeführten Grunde hinweggenommen oder zum Abſterben blos gelegt werden.

Durch das Abnehmen oder Abſchneiden der Thauwurzeln ſoll der Stock gezwungen werden, ſich mehr am untern Theile der Stange zu bewurzeln, außerdem könnten dieſelben die gegen den Kopf aufſteigende Säfte theilweiſe an ſich ziehen und dadurch dem Kopftriebe ſchaden. Das tiefe Abnehmen der Thauwurzeln iſt übrigens nach §. 119 hauptſächlich nur bei neu angelegten und jungen Weinbergen nothwendig, bei ältern Weinbergen, welche ihre Nah⸗ rung mehr von dem obern durch Düngung gekräftigten Boden beziehen müſſen, könnte das tiefere Abnehmen derſelben über das erſte Gelenke durch Entziehung eines Theils der Nahrungsſäfte auch ſchädlich wirken, daher hier hauptſächlich nur die unmittelbar unter dem Kopfe herausgewachſenen Wurzeln entfernt werden ſollten, wie dieſes auch in einzelnen Weinbaugegenden Württembergs eingeführt iſt, wo in ältern Weinbergen das Abſchneiden der Thauwurzeln ſowohl bei der Kopf- als Schenkel-Erziehung zum Theil ganz unterlaſſen wird, was jedoch nicht überall als zweckmäßig erſcheint. Nur in ganz alten Wein⸗ bergen, die hauptſächlich mit ſolchen Traubengattungen beſtockt, die im Alter nicht mehr aus dem Kopf treiben, wie beim Trollinger, läßt ſich daſſelbe eini⸗ germaßen rechtfertigen.

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Nach der Reinigung der Stange oder des Wurzelſtocks geht man zu der⸗ jenigen des Kopfs oder des Stamms über, wobei man denſelben zunächſt von den ſchwachen oder dürr gewordenen Trieben, ſo wie von den dürren Stum⸗ pen früherer Abwürfe reinigt, und wenn ſich ein abgeſtandener Schenkel vor- findet, oder wenn beſonders bei einer kurzen Erziehung ein Schenkel zu alt oder zu lang iſt, ſo wird derſelbe möglichſt nahe am Kopfe oder Stamm ab⸗ geſchnitten und dagegen ein kräftiges Bodenholz ausgeſucht, das, je nach der Stärke, auf 3—4 Augen abgeworfen und als Schenkel herangezogen wird, was auch zu geſchehen hat, wenn ſchon von früheren Jahren ein Schenkel fehlt. Namentlich bei jungen Weinbergen hat man darauf zu ſehen, die Schenkel nicht zu alt und zu ſtark werden zu laſſen, damit fie dem Kopf nicht gleich werden und dadurch den Kopftrieb verhindern, daher ſtets junges Holz (Bodenholz) zur Erneuerung der Schenkel nachgezogen werden muß. Hiebei hat man, beſonders bei der Kopferziehung, darauf zu achten, daß die Schenkel und die ſonſtigen auf dem Kopf befindlichen Hölzer nicht zu nahe beiſammen ſtehen, ſondern auf demſelben ſo vertheilt werden, daß zwiſchen denſelben junge

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Triebe herausgeſchnitten werden können, damit der Kopf nicht zulauft, ſondern ſtets eine runde Form behält und die Kopftriebe erhalten werden. Haben ſich auf dem Kopfe oder am Stamm im Vorjahr keine neuen Triebe gebildet und will der erſtere zulaufen, ſo iſt es ſehr angemeſſen, wenn man in jungen Weinbergen die Köpfe mit dem Meſſer behackt (verwundet), wodurch neue Triebe erweckt werden, oder wenn man einen Schenkel abwirft, wodurch der Kopf wieder Luft bekommt, um neue Triebe zu machen, oder wenn man in ältern Weinbergen die zum Theil abgeſtandenen Köpfe von allen dürr ge— wordenen Stumpen und ſonſtigem alten Holze ſo lange reinigt, bis man auf grünes Holz und auf das noch gute Mark des früheren Triebs kommt, das wieder, beſonders in warmen trockenen Jahren, neue Triebe bilden kann. Nach dem Reinigen des Kopfs wird derſelbe mit feiner Erde wieder zugedeckt. Man kann ſich bei dieſem Geſchäft, damit an dem Stock nicht zu ſtark beim Abſchneiden gezogen werden darf, wodurch leicht Wurzeln abgeriſſen werden könnten, einer kleinen Handſäge von nur einigen Zoll Länge bedienen, mit der man dem Stocke öfters beſſer beikommen kann, als mit dem Meſſer, nur muß man, wo geſägt wurde, den Kopf mit dem Meſſer am äußern Rande, jedoch ohne das Mark zu verletzen, etwas beſchneiden, weil ſich dadurch die neuen Triebe beſſer entwickeln. Sehr zweckmäßig iſt es, wenn man aus dieſer Arbeit, um mehr Zeit dazu zu haben, ein beſonderes Geſchäft nach dem Hacken macht, wobei man die Stöcke noch einmal aufräumt und nach der Reinigung der Köpfe bis zum erſten Felgen offen ſtehen läßt, damit durch die ſtärkere Wärme der Kopftrieb möglichſt geweckt wird.

Iſt man mit dem Ausſchneiden und Reinigen des Kopfs oder des Stamms fertig, ſo geht man mit dem Schneiden an die Schenkel und übrigen Hölzer.

Zuerſt ſchneidet man die alten Bögen aus, läßt aber ſo viel vom ein— jährigen Holze ſtehen, als man zu den neuen Bögen und Zapfen nöthig hat, jedoch auf einem Schenkel höchſtens zwei Hölzer, die man entweder zu zwei Bögen, oder zu einem Bogen und einem Zapfen oder zu zwei Zapfen von 3—5 Augen verwenden kann. Man nimmt dazu, damit der Schenkel nicht zu lang wird, die hinterſten Reben vom vorjährigen Holze, wobei man wo— möglich den Zapfen nicht vor, ſondern hinter die Bogrebe ſtellt, weil im er— ſtern Falle, wenn der Bogen an den Pfahl gebunden iſt, der Zapfen über den Bogen und Pfahl hinausſtehen würde und leicht abgeriſſen werden könnte und weil, nach der Weingärtnerſprache, der Sohn nicht vor dem Vater her— gehen ſoll. Ob auf Bogreben (geſtreckte Reben) oder auf Zapfen geſchnitten werden ſoll, jo wie die Länge der Bogreben (Ganz oder Halbbogen) hängt nach der bereits gegebenen Ausführung theils von der Erziehungsweiſe, theils von dem Wachsthum der Reben, theils auch davon ab, ob die Gelenke mit den Fruchtaugen weit oder enge beiſammen ſtehen, indem man im erſteren

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Falle etwas längere Bögen als im letztern macht. Das gleiche iſt zu beob- achten, wenn ſich die hintern Augen verholzt haben, daher darauf beim Schnei⸗ den beſonders zu achten iſt. Bei jungen Weinbergen iſt auf die Stärke der Stangen Rückſicht zu nehmen, und wenn dieſelbe noch ſchwach iſt, auf Zapfen zu ſchneiden; weil, wenn dem Weinberg in früherer Jugend zu viel Ertrag zugemuthet wird, derſelbe bald altert und im Ertrag nachläßt.

Der Schnitt wird 1—1'/2 Zoll lang über dem letzten Auge und entwe⸗ der gleich oder ſchief auf der dem Auge entgegengeſetzten Seite gemacht, da⸗ mit bei dem Ausfließen des Saftes derſelbe nicht über das Auge rinnt und daſſelbe durch das Anbinden des Bogens an den Schenkel oder den Pfahl keinen Schaden nimmt. Der gleiche Schnitt mit der hienach beſchriebenen Rebſcheere iſt jedoch zweckmäßiger als der ſchiefe, weil durch jenen die kleinſte Zahl von Gefäſſen blos gelegt wird, mithin auch weniger Saftausfluß erfolgt. Außerdem werden Schenkel und Rebe von allen Auswüchſen gereinigt und namentlich Aberzähne und Bollhacken ausgeſchnitten.

Sind zur Erneuerung der Schenkel keine Bodenhölzer, oder iſt am vor— jährigen Bogen kein taugliches Holz zu einem neuen Bogen vorhanden, dagegen am Schenkel eine ſchöne Rebe, ſo kann man auch dieſe, beſonders wenn ſie nahe am Kopfe ſteht, zu einem neuen Schenkel heranziehen, oder zur Bog⸗ rebe verwenden und den Schenkel zurückſchneiden. Man nennt dieſes, weil die Ruthe an dem Schenkel einen Abſatz bildet, in manchen Weinbaugegenden eine Stelze und verwirft eine ſolche Behandlungsweiſe, weil ein derartiger Schnitt ein ſchlechtes Ausſehen hat und die Stelze beim Niederlegen gerne abbricht; bei dem Mangel an anderem Holz, namentlich in alten Weinbergen, läßt ſich aber eine ſolche Behandlungsweiſe wohl rechtfertigen, überhaupt darf auf kürzere Schenkel und ſomit auf das Zurückholzen derſelben ſehr geſehen wer- den, weil bei zu langen Schenkeln der Saft zu ſtark vorwärts dringt, wodurch der Stock hinten nicht mehr austreibt. Im Allgemeinen hüte man ſich, die Stöcke mit Holz zu überladen, indem dadurch nicht nur die Kraft und Ge⸗ ſundheit des Stocks nothleidet, ſondern auch eine geringere Qualität Wein erzeugt wird, weil die Reben keine ſo vollkommene Trauben treiben und die Zeitigung derſelben ſpäter erfolgt, wie bei weniger Holz, daher ſchneide man eher etwas weniger als zu viel Holz an.

Das abgeſchnittene unbrauchbare Rebholz wird während des Schneidens 1—2 Fuß lang zerſchnitten und auf den Boden geworfen, das dann in der Regel von Weibsleuten und Kindern geſammelt, auf kleine Haufen getragen mit Weiden zu Büſcheln gebunden, nach Hauſe geſchafft und dort als Brenn⸗ holz verwendet wird. Dieſes Geſchäft heißt man das Rebenleſen.

Die zum Setzen brauchbaren Reben (Schnittling, Blindholz) werden dä⸗ gegen nicht zerſchnitten, ſondern ſogleich nach dem Schneiden nach den einzel⸗

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nen Gattungen geſammelt in Büſcheln zu 100 —200 Stück gebunden und auf die S. 101 beſchriebene Weiſe aufbewahrt.

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Die Art des Schneidens hängt aber auch von der Erziehungsart und von der Gattung der Rebe ab. Auf welche Weiſe das Schneiden der Reben bei den verſchiedenen Erziehungsarten vorzunehmen iſt, iſt bereits oben §. 117 bis 133 im Allgemeinen angedeutet worden und im Uebrigen ſind die beim Schneiden der tragbaren Rebſtöcke aufgeſtellten Grundſätze zu beobachten, da⸗ her hierüber nichts Weiteres anzuführen iſt. Dagegen treten bei dem Schnei⸗ den der einzelnen Rebgattungen verſchiedene Rückſichten ein, die einer nähern Betrachtung bedürfen.

Bei der verſchiedenen Triebkraft der einzelnen Rebgattungen und bei der Einwirkung, welche die Triebkraft des Bodens und climatiſche Verhältniſſe auf die Vegetation der Rebe ausüben, kommt bei der Frage, welche Erzie- hungsweiſe bei jeder Rebgattung die zweckmäßigſte ſei und ob daher lang, mittel oder kurz geſchnitten werden ſoll, zunächſt die Rebgattung und dann die climatiſchen Verhältniſſe und die Triebkraft des Bodens in Betracht. Wir wollen deßwegen hier die bei dem Schneiden zu beobachtenden Regeln von denjenigen Traubengattungen näher erörtern, die in Deutſchland haupt⸗ ſächlich zur Weinbereitung benützt werden, auch werden hiebei die in Würt⸗ temberg bei der Kopferziehung gemachten Erfahrungen zu Grund gelegt und Weinberge vorausgeſetzt, die ſich im mittlern kräftigen Alter befinden, weil bei jungen ſtarktriebigen und bei alten ſchwachtriebigen Weinbergen öfters Ausnahmen gemacht werden müfjen.

1. Der weiße Räuſchling (§S. 16 und 80) verträgt, je nach der Trieb⸗ kraft des Bodens, langen Schnitt mit 3 Schenkeln und mit Bögen und Za- pfen oder kürzeren mit 2 Schenkeln und Halbbögen und Zapfen.

2. Der Traminer ($. 11. 29. 81) verträgt bei feiner geringeren Vege⸗ tationskraft keine lange und ausgedehnte Erziehung, es darf deßwegen dem- ſelben nicht zuviel Holz gegeben werden, weßhalb in der Regel 2 nicht allzu lange Schenkel und ein Bodenholz als Reſerveſchenkel, damit erſtere bald er- neuert werden können, genügen dürften, dagegen können den Schenkeln, weil der Traminer weniger fruchttreibend iſt und die hintern Augen ſelten Früchte bringen, Bogreben mit 12—15 Augen und hie und da auch noch ein Zapfen, dem Reſerveſchenkel aber ein Zapfen von 3—4 Augen angeſchnitten werden. Allzu kurz geſchnitten kann der Traminer, weil er frühe treibt, auch leicht im eigenen Saft erſticken.

3. Der rothe Malvaſier oder Mährer verlangt nach §. 12 eine lange Erziehung mit 3 langen Schenkeln und weiten Bogreben ſowie einigen Zapfen,

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bei magerem Boden dürften jedoch auch 2 Schenkel und 1 Bodenholz mit 1 Zapfen genügen, wobei, weil das Holz weniger fruchtbar iſt, lange Bog⸗ reben zu geben wären.

Junge Stöcke find ſpät zum Ertrag anzuſchneiden, damit dieſelben zuvor möglichſt erſtarken und die lange Erziehung ertragen können.

4. Der Velteliner (S. 13. 82) iſt zwar ſehr fruchtbar, jo daß faſt jedes Fruchtauge zwei Trauben erzeugt, er treibt jedoch kein ſtarkes und langes Holz und gehört daher mehr zu den ſchwachtriebigen Sorten, daher demſelben in gutem Boden nur 2 Schenkel mit je einem Halbbogen von 6—7 Augen und 2—3 Bodenhölzer mit Zapfen von 2—3 Augen zur Erneuerung und zum Zurückholzen der Schenkel anzuſchneiden ſind, in magerem Boden häufig nur Zapfen. Wird dem Stock mehr Holz gegeben, ſo altert derſelbe nicht nur bald, ſondern die Trauben, weil der Stock ſich überträgt, zeitigen auch ſelten ganz.

5. Dem Weiß⸗ und Roth⸗Elbling (8. 14. 81), als ſtarktriebig, find in gutem kräftigen Boden und bei guter Düngung 3 etwas lange Schenkel mit je einem Bogen von 10—12 Augen und einem Zapfen von 2—3 Augen, ſowie ein kurzes Bodenholz oder ein Reſerveſchenkel mit Zapfen von 3—4 Augen zu geben. Bei fettem Boden und kräftigem Trieb können auch vier Schenkel gegeben werden. In magerem Boden und bei weniger ſtarker Dün⸗ gung, wie im Kocher- Jagſt- und Tauberthale, ſollten nur 2 Schenkel mit je einer Bogrebe von 10—12 Augen und einem kurzen Reſerveſchenkel mit einem Zapfen von 2—4 Augen angeſchnitten werden, wobei auf ſehr zweckmäßige Weiſe eine Wechſelwirthſchaft eingeführt werden kann, indem der Reſerve— ſchenkel zu einem langen Schenkel herangezogen, ein langer aber durch Zu— rückholzen zu einem Reſerveſchenkel gemacht wird. Wird dem Elbling zu viel Holz angeſchnitten, ſo artet er, weil Holz und Trauben nicht zur gehörigen Zeitigung kommen können, gerne aus und geht in den Rauh-⸗Elbling über.

Der ſchwarze Elbling (§. 82), iſt nicht fo ſtarktriebig, wie die beiden andern Gattungen, es darf deßwegen demſelben, je nach der Bodenkraft, etwas weniger Holz als jenen gegeben werden.

6. Dem Urban ($. 15. 31. 82) können bei feiner ſtarken Triebkraft, je nach der Bodenbeſchaffenheit, 3—4 lange Schenkel mit je einer Bogrebe und einem Zapfen belaſſen werden, insbeſondere iſt aber, weil er erſt am vierten oder fünften Auge feine Haupttrauben treibt, auf lange Bogreben von 10—15 Augen zu halten, weil ſonſt bei kurzem Schnitt die meiſten Fruchtaugen hin⸗ weggeſchnitten werden und der Ertrag gering iſt.

7. Der weiße und blaue Clevner, ſowie der graue Clevner (Ruländer) (§. 15, 31, 83) verlangt nicht nur günſtige klimatiſche Verhältniſſe und ganz geeigneten Boden, ſondern auch eine, ſeinem ſchwachen Wurzelſtock angemeſſene

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Erziehung. Der Clevner hat die Eigenschaft, daß er, wenn er zum Ertrag angeſchnitten wird, ſehr ſtark ins Holz treibt, daß aber dagegen der Wurzel— ſtock zurückbleibt und wenn die Rebe einmal im Ertrag iſt, wenig oder nicht mehr zunimmt, jo daß, wenn derſelbe in den erſten 5— 6 Jahren nach dem ſtarken Oberholz und nicht nach der Stärke der Stange behandelt und zu viel Tragholz angeſchnitten wird, derſelbe bald im Ertrag nachläßt, altert und abgängig wird. Derſelbe ſollte daher nicht frühzeitig zum Ertrag angeſchnitten werden, bis die Stange und die Wurzeln erſtarkt ſind und demſelben nicht zu viel Holz gegeben werden, höchſtens zwei 1—2 Fuß lange Schenkel und ein Kopf⸗ oder Bodenholz als Reſerveſchenkel mit Zapfen von 2—4 Augen, wo⸗ gegen den beiden Schenkeln lange Bogreben von 12—15 Augen und etwa je ein Zapfen von 3—4 Augen anzuſchneiden ſind, weil die Clevnerrebe in der Regel erſt am 3.—5. Auge Trauben treibt und die vom 5.—10. Auge getrie- benen am vollkommenſten ſind. Sehr angemeſſen dürfte es ſein, wenn bei dem Anſchneiden der Bogreben eine Art Wechſelwirthſchaft eingeführt würde, wie dieſes auch in manchen Gegenden von Burgund der Fall ſein ſoll, ſo daß, wenn im erſten Jahre den zwei Schenkeln Bogreben angeſchnitten werden, im zweiten Jahre der ſogenannte Reſerveſchenkel eine Bogrebe erhält, dagegen einer der beiden andern Schenkel zurückgeſchnitten und auf Zapfen behandelt wird, was zugleich den weitern Vortheil gewährt, daß die Schenkel fortwäh— rend erneuert und ſtets auf jung Holz geſchnitten werden kann, wodurch der Stock bis ins Alter in gutem Ertrag erhalten wird.

8. Der grüne, rothe und blaue Sylvaner (§. 16, 32, 80) gehört zu den ſchwachtriebigen Rebſorten, dem in magerem Boden, wie zum Theil im obern Neckarthale und im Enzthale, ſowie im Kocher-, Jagſt⸗ und Tauberthale, nur zwei Schenkel, entweder mit zwei Halbbogen, je mit 6—7 Augen, oder mit einem Bogen und einem Zapfen und ein bis zwei Kopf- oder Bodenhölzer mit 2—3 Augen gegeben werden dürfen. Auch können auf den Schenkeln zum Zurückſchneiden derſelben, weil ſtets auf Jungholz geſehen werden muß, ein oder zwei Zapfen angeſchnitten werden. In kräftigem Boden, wie im mittlern und untern Neckarthale, kann der Stock auch drei Schenkel mit je einer Bogrebe und einem Zapfen, ſowie 1— 2 Bodenhölzer vertragen, doch iſt es auch hier zweckmäßig, wenn demſelben nur zwei Bögen von 8—10 Augen und dem dritten Schenkel ein oder zwei Zapfen gegeben und darin mit den drei Schenkeln abgewechſelt wird. Wird mehr Holz angeſchnitten (der Stock überholzt), ſo hat dieſes nicht nur den Nachtheil, daß der Stock bald altert, ſondern die Trauben bleiben auch in der Zeitigung zurück und geben einen weniger kräftigen, öfters molzigen Wein, wogegen aus dem Syl⸗ vaner in gutem, warmen, nicht allzukräftigen Boden und bei kurzem Schnitt

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ein ſehr feiner und kräftiger Wein erzeugt werden kann, dem die Krankheiten, die dem Sylvanerwein nachgeſagt werden, nicht anhängen.

9. Dem Ortlieber (S. 17, 81) find bei feiner guten Triebkraft in kräftigem Boden drei Schenkel je mit einer Bogrebe und 1—2 Zapfen, ſowie 1—2 Kopfhölzer, in magerem Boden aber nur 2—3 Schenkel mit Halbbögen oder Zapfen und einigen Kopfhölzern zu geben.

10. Der weiße und blaue Tokayer ($. 17, 34, 80) verlangt, weil die Reben ſelten ihrer ganzen Länge nach reif werden und der Stock bei ſeinem ſtarken Ertrag ſich leicht übertragen würde, einen kurzen Schnitt und ſind deßwegen demſelben nur Halbbögen und Zapfen zu geben.

11. Der Rothgypfler (S. 18, 80) wäre, als noch weniger bekannt, je nach der Bodenart, vorläufig auf ähnliche Weiſe zu ſchneiden, wie der Sylvaner, indem bei feiner guten Tragbarkeit derſelbe bei allzuvielem Holz ſich übertra- gen und bald abgängig werden, die Trauben aber in der Zeitigung zurück— bleiben würden.

12. Der weiße Burgunder und der mit demſelben verwandte Süßling (S. 18, 19, 80) verlangt keinen zu kurzen Schnitt, weil er ſonſt mehr ins Holz, als in Trauben treibt und gerne ausartet, wie der Rauelbling. In kräftigem Boden dürfen daher demſelben drei Schenkel mit je einem Bogen von 9—12 Augen und ein Zapfen von 2—4 Augen, ſowie ein Kopfholz mit 3—4 Augen gegeben werden, in magerem Boden und bei ſchwacher Düngung dagegen genügen zwei Schenkel von mittlerer Länge, je mit einem Bogen von 9—12 Augen und einem Kopfholz (Reſerveſchenkel) mit einem Zapfen von 3—4 Augen, wobei durch Zurückſchneiden eines längern Schenkels mit dem Reſerveſchenkel gewechſelt werden kann.

13. Der Fütterer (S. 19, 81) iſt bei ſeiner ſtarken Tragbarkeit und bei der Neigung der Trauben zum Faulen etwas kurz im Schnitt zu halten, da- mit der Stock Luft erhält und die Trauben die gehörige Zeitigung erlangen können. Es iſt deßwegen angemeſſen, wenn derſelbe in gutem Boden zwei Schenkel mit je einem Bogen von 8—10 Augen, einen Zapfen von 2—3 Augen und einen Reſerveſchenkel von 3—4 Augen erhält, in ſehr magerem Boden aber ſtatt der Bögen, theilweiſe auf Halbbögen und Zapfen geſchnitten wird. Doch muß auch ein allzu kurzer Schnitt vermieden werden, weil der Stock durch den allzu ſtarken Saftandrang leicht empfindlich wird, beſonders in der Blüthe, und bei wenigen, aber allzumaſten Trauben, die Fäulniß derſelben früher

eintritt. §. 138.

14. Der weiße und rothe Rießling (§. 19, 81) iſt zwar nicht ſchwach⸗ triebig und treibt ſchon an den unterſten Augen Trauben, reift aber ſpät, da⸗

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her derſelbe nieder gehalten werden muß und nicht zu viele Früchte ange— ſchnitten werden dürfen, weil ſolche ſonſt ſelten zur gehörigen Reife gelangen. Für die Rießlingrebe eignet ſich am beſten der Bockſchnitt (S. 122) oder die geſtreckte Pfahl⸗ oder Rahmen⸗Erziehung (§. 125, 126), je nach der Boden— kraft mit 2—3 kurzen Schenkeln und zwei Streckreben von 7—10 Augen, ſowie mit einem Kopfholz von 2—4 Augen, wobei eine Wechſelwirthſchaft in— ſoferne auf ſehr zweckmäßige Weiſe eingehalten werden kann, daß demjenigen Schenkel (Kopfholz), dem im vorangegangenen Jahre nur Zapfen gegeben wurden, im folgenden eine Streckrebe und dagegen einem andern Schenkel nur Zapfen angeſchnitten und auf dieſe Weiſe ſtets gewechſelt und beſonders auf Jungholz gehalten wird. Bei der dreiſchenkligen Pfahlerziehung mit drei Pfählen, die in Württemberg am häufigſten in Anwendung kommt, muß gleich- falls auf kurze Schenkel geſehen werden, auch dürfen den Schenkeln dabei keine ganze, ſondern nur Halbbögen von 6—8 Augen oder Zapfen von 3—5 Augen gegeben und durch öfteres Zurückſchneiden der Schenkel, ſowie durch Heranziehung von Kopfhölzern zu jungen Schenkeln eine ſehr angemeſſene Wechſelwirthſchaft eingeführt werden. Alte Schenkel taugen für den Rießling durchaus nicht, indem dadurch der Kopftrieb unterdrückt wird und der Stock im Ertrag bald nachläßt.

15. Der Heuniſch (S. 20, 80) kann nach dem gleichen Schnitt, wie der Elbling, behandelt, durch etwas kürzeren Schnitt jedoch auf frühere und beſſere Reife der Trauben hingewirkt werden.

16. Der rothe Hans oder kleine Velteliner (S. 20, 81) iſt zwar ziemlich ſtarktriebig und verlangt deßwegen auch einen längeren Schnitt, beſonders, da er an den hintern Augen ſelten und keine vollkommene Trauben treibt und weite Gelenke hat. Er kann jedoch keine alte Schenkel vertragen, daher beim Schnitt ſtets auf junges Holz geſehen werden muß. In magerem Boden, wohin er vorzüglich taugt, ſind daher dem Stock zwei kurze Schenkel mit Bo— gen von 12—15 Augen und ein Kopfholz (Reſerveſchenkel) zum Verjüngen der Schenkel mit Zapfen von 3—4 Augen, in kräftigerem Boden dagegen drei Schenkel, je mit einem Bogen von 12 —15 Augen und einem Kopfholz zu geben.

17. Der rothe und blaue Trollinger (8. 21, 38, 82) gehört zu den ſtark⸗ triebigſten Rebſorten und verlangt daher lange Schenkel und Ruthen, beſon— ders da er an den hinterſten Augen ſelten vollkommene Trauben treibt, doch dürfen ihm bei den großen Trauben, die er treibt, auch nicht zu lange Ruthen, wie dem Urban gegeben werden, weil der Stock ſich ſonſt übertragen würde.

Es muß bei deſſen Erziehung hauptſächlich auf ſtarke Stöcke mit gut ausgebildeten Köpfen geſehen werden, daher der Stock nicht zu bald zum Er— trag angeſchnitten werden darf, ſondern öfters abzuwerfen iſt. In kräftigem

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Boden können demſelben 3—4 lange Schenkel mit je einer Bogrebe von 810 Augen und einem Zapfen zum Zurückſchneiden von 2—4 Augen ge⸗ geben, auch iſt es beſonders in jungen Weinbergen angemeſſen, wenn man darauf achtet, daß der Kopf nicht ſo bald zuwächst und daher für Kopfhölzer zur Erneuerung der Schenkel, in ältern Weinbergen aber für Zapfen auf den Schenkel zum Zurückſchneiden derſelben ſorgt. In magerem Boden genügen drei Schenkel oder zwei Schenkel mit einem kurzen Reſerveſchenkel und einigen Zapfen, die Ruthe kann dagegen etwas länger, bis zu 12 Augen geſchnitten werden, weil der Stock weniger und kleinere Trauben treibt und die Trauben leicht verwachſen zu Gabeln (Bollhacken) §. 3.

18. Der Gutedel ($. 22, 81) verträgt bei geeignetem Boden kurzen und langen Schnitt, daher auf letztern beim Schneiden beſonders Rückſicht zu neh⸗ men iſt. In kräftigem Boden können drei Schenkel mit nicht zu langen Bögen von 8—10 Augen und Zapfen, in magerem Boden dagegen, wie im Kocher— und Tauberthale, nur zwei kurze Schenkel mit je einem Halbbogen von 6—7 Augen oder Zapfen und mit einem Kopfholz oder Reſerveſchenkel gegeben werden.

19. Der weiße (gelbe), rothe, blaue und ſchwarze Muskateller (§. 22, 39, 81) erfordert bei ſeiner ſchwachen Wurzelkrone und geringeren Triebkraft ſowie bei der geringeren Fruchtbarkeit des Holzes eine beſondere Erziehung, wobei demſelben, wenn er nachhaltig im Ertrag bleiben ſoll, nicht zu viel Holz angeſchnitten werden darf. Es genügen deßwegen zwei Schenkel und ein Kopf⸗ holz als Reſerveſchenkel, dagegen find namentlich dem weißen und rothen Mus- kateller wegen der geringeren Fruchtbarkeit, beſonders in den hintern Augen, lange Ruthen anzuſchneiden. Der ſchwarze Muskateller treibt noch weniger ins Holz, daſſelbe iſt aber fruchtbarer, daher demſelben kürzere Ruthen oder Halbbögen und Zapfen gegeben werden können. |

20. Der rothblaue Zottelwelſche (Weißlauber, Gol) und der ſchwarzblaue Zot⸗ telwelſche (Rohrtraube, Wullewelſch) (8.27, 28, 82) verlangen bei ihrer ſtar⸗ ken Triebkraft, wie der Trollinger, eine lange Erziehung mit Schenkel, Bog- reben und Zapfen, doch kann durch eine etwas kürzere Erziehung auf beſſere Reife der Trauben hingewirkt werden. Der ſchwarzblaue Zottelwelſche taugt namentlich auch zu Geländen in Weinbergen und in Gärten.

21. Die blaue Müllertraube (Schwarzer Rießling) ($. 27, 82) iſt neben ihrer ſtarken Vegetationskraft auch ſehr fruchtbar, es darf ihr aber, wenn ſie letztere Eigenſchaft behalten und länger dauern ſoll, nicht allzu viel Holz an⸗ geſchnitten werden, weil ſonſt ihre Kraft zu ſchnell abſorbirt wird. In kräf⸗ tigem Boden können 2—3 nicht allzulange Schenkel je mit einem Bogen von 10-15 Augen und ein Kopfholz zur Erneuerung der Schenkel, in magerem Boden dagegen blos zwei Schenkel je mit einer Bogrebe und einem Kopfholz

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von 2—4 Augen als Reſerveſchenkel angeſchnitten werden. Das Ueberholzen derſelben mit 3—4 Schenkel, mit Ruthen von 15--20 Augen und 1—2 Zapfen auf jedem Schenkel, wie es in manchen Weinbaugegenden Württembergs vor— kommt, iſt ganz unpaſſend, trägt zum alsbaldigen Altern des Stocks bei und

erzeugt eine geringe Weinqualität.

22. Der blaue Hängling (§. 30, 83) und die blaue Frankentraube (Süß⸗ roth §. 38, 83) haben viele Aehnlichkeit mit einander und ſind auch im Schnitt gleich zu behandeln. Bei der geringeren Vegetationskraft ſollten, wie im Tauberthale, wo namentlich der Süßrothe häufig angebaut wird, nie mehr, als zwei kurze Schenkel, je mit einer Bogrebe von 8—10 Augen, oder in magerem Boden mit einem Halbbogen, ſowie mit einem Zapfen von 2—3 Augen und einem Kopfholz zur Erneuerung der Schenkel, was öfters geſchehen muß, gegeben werden.

23. Der Färber (§. 30, 83) gehört gleichfalls zu den ſchwachtriebigen Reben, daher derſelbe, wie andere ähnliche Sorten, nur zwei Schenkel mit Halbbögen oder Zapfen und einem Kopfholz vertragen kann. In ſehr kräftigem Boden können ganze Bögen oder noch ein Zapfen gegeben werden.

24. Der blaue Portugieſe (S. 33, 83) iſt ein ſehr ſaftreicher ſtarktriebiger Rebſtock, der ſich namentlich bald entwickelt und daher bald zum Ertrag ange— ſchnitten werden kann. Bei dem ſtarkmarkigen Holz, das ſpät reift, darf je— doch, damit die Reife rechtzeitig erfolgt, nicht zu viel und zu langes Holz an— geſchnitten werden. Es können deßwegen 3—4, aber nicht zu lange Schenkel gegeben, auf denſelben aber keine ſo lange Ruthen, wie bei dem Urban und Trollinger angeſchnitten werden, ſondern nur Bögen von 8— 10 Augen oder Halbbögen mit je einem Zapfen, auch iſt hauptſächlich auf Kopfholz zur bal- digen Erneuerung der Schenkel zu ſehen. |

Bei dem Anſchneiden der Tragreben ſollen mehr ſchwächere Reben ge— wählt werden, weil ſie mehr innere Kraft, als die ſtarken, markigen beſitzen und daher auch ſchönere Trauben treiben.

25. Die blaue Hartwegsrebe (Grobſchwarz §. 36, 82) hat weit mehr Triebkraft, als der Süßrothe, mit dem ſie namentlich im Tauberthale gemiſcht gepflanzt wird, es kann ihr deßwegen in kräftigem Boden auch mehr Holz ge— geben werden, nämlich drei Schenkel mit je einer Bogrebe von 8—12 Augen, einem Zapfen von 2—3 Augen und zur Nachzucht und Erneuerung der Schen— kel ein Kopfholz von 2— 4 Augen. In magerem Boden hat ſich der Schnitt mehr demjenigen des Süßrothen (Pkt. 22) zu nähern.

26. Der blaue Liverdun (S. 37, 83) muß, wenn er nicht bald altern und im Ertrag nachlaſſen ſoll, in der Erziehung etwas kurz gehalten werden und zu dieſem Behuf nicht nur 1—2 Jahre ſpäter, als andere Sorten, bis der Wurzelſtock gehörig gekräftigt iſt, zum Ertrag angeſchnitten, ſondern auch bei

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der großen Fruchtbarkeit eines jeden Auges, beim jährlichen Schnitt kurz ge⸗ halten werden. In kräftigem Boden ſind daher höchſtens drei Schenkel mit kurzen Ruthen (Halbbögen oder Zapfen) von 4—8 Augen und ein Kopfholz, in magerem Boden aber nur zwei Schenkel mit Halbbögeu und Zapfen und ein Kopfholz zu geben.

27. Dem ſchwarzblauen Scheuchner (Grübler, Pommerer §. 37, 82) darf bei ſeiner ſtarken Fruchtbarkeit und bei der ſpäten Reife der Trauben nicht zu viel Tragholz gegeben werden, weil ſonſt die Traubenreife noch mehr ver- zögert wird. In kräftigem Boden ſollte derſelbe höchſtens drei Schenkel, in magerem Boden aber nur zwei Schenkel, je mit Halbbögen oder Zapfen und ein Kopfholz erhalten.

28. Der blaue Burgunder (§. 38, 82) verlangt einen ähnlichen Schnitt, wie der blaue Clevner Pkt. 7), doch können demſelben bei feiner ſtärkeren Triebkraft in ſehr kräftigem Boden ausnahmsweiſe auch drei Schenkel mit etwas kürzeren Bogreben und Zapfen und einem Kopfholz gegeben werden.

29. Der Stock des blauen Affenthalers (S. 38, 82) gleicht viel dem Clevner und blauen Burgunder (Pkt: 7 und 28), d. h. er treibt in den erſten 4—5 Jahren mehr ins Oberholz, als in den Wurzelſtock, zeigt eine größere Fruchtbarkeit, als er nachhaltig ertragen kann und muß daher auch, wie jene in der Erziehung behandelt werden, wenn er nicht frühzeitig altern ſoll. Der Stock darf daher nicht frühzeitig (nicht vor dem fünften Jahre) zum Ertrag angeſchnitten werden, bis der Wurzelſtock gehörig erſtarkt iſt und in ſehr kräf⸗ tigem Boden, wie der Sylvaner (Pkt. 8) höchſtens auf drei kurze Schenkel angeſchnitten werden, wovon zwei je eine Bogrebe, der dritte aber nur Zapfen erhält, in minderem kräftigen Boden dürfen ihm aber nur zwei Schenkel mit je einer Bogrebe und ein Kopfholz oder Reſerveſchenkel mit Zapfen von eini⸗ gen Augen gegeben werden. Bei dieſer Erziehung kann der Affenthaler tat in allen Bodenarten gepflanzt werden.

30. Der blaue Gänsfüßler ($, 38, 82) kann bei feiner jtarfen Triebkraft auf ähnliche Weiſe, wie der blaue Trollinger (Pkt. 17) geſchnitten werden, mit dem er auch häufig gemiſcht gebaut wird.

31. Der blaue Limberger ($. 38, 82) kann in der Erziehung, wie der blaue Portugieſe behandelt werden (Pkt. 24), doch verträgt er etwas längere Schenkel und Ruthen.

Nach den hier für die hauptſächlichſten Traubengattungen angegebenen Schnittmethoden können auch diejenigen der übrigen Traubengattungen behan⸗ delt werden, wenn die Triebkraft und ſonſtigen Eigenſchaften derſelben gehörig beobachtet und darnach die Erziehung eingerichtet wird, daher eine nähere Be⸗ ſchreibung nicht erforderlich iſt.

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So la8ı

Fehlt in ältern Weinbergen an einer Stelle ein Stock, ſo kann von einem benachbarten Stock ein Schenkel oder eine Ruthe herübergezogen und auf die §. 103 angegebene Weiſe eingelegt und dadurch der fehlende Stock ergänzt werden, nur muß die Grube etwas tiefer als bei der Erziehung von Fechſern, mithin etwa Fuß tief, gemacht werden, damit der neue Stock weder durch Hitze noch durch Kälte Noth leidet, wie dieſes hienach §. 142. 143 näher beſchrieben iſt.

Zu allen mit dem Schneiden der Rebe verbundenen Arbeiten bedient man ſich in der Regel entweder des Rebmeſſers oder der Rebſcheere. Das Rebmeſſer (Hape) iſt vornen etwas gebogen, wodurch der Schnitt erleichtert wird und iſt ein ſchon längſt und in allen Weinbaugegenden bekanntes In⸗ ſtrument. Die Rebſcheere iſt erſt neuerlich in Gebrauch gekommen, ſie beſteht aus zwei Schenkeln, wovon oben der eine Theil in einer ſtumpfen Hape, die einen Viertelskreis bildet, der andere in einem etwas abgerundeten ſcharfen Meſſer beſteht, durch das die Rebe durchſchnitten wird. In der Mitte zwi— ſchen den beiden Schenkeln iſt die Scheere zur Erleichterung des Drucks mit zwei Federn verſehen und unten befindet ſich an dem einen Schenkel zum Zu⸗ ſammenlegen derſelben ein Halter, am andern ein Hacken, der beim Gebrauch der Scheere die Hand zurück- und feſthält. Sie gewährt den Vortheil, daß das Geſchäft des Schneidens weit ſchneller und leichter vor ſich geht und daß der Schnitt ſicher und nicht ſchief, ſondern gleich und eben, jo wie weit ſchär— fer und genauer geführt wird, daher die Scheere allgemeine Verbreitung verdient.

§. 140.

Um den bereits angegebenen Zweck des Schneideus der Rebe (§. 135) vollſtändig erreichen zu können, iſt es nothwendig, daß daſſelbe zu einer Zeit vorgenommen wird, wo das Holz der Rebe vollſtändig gezeitigt, der Saft mehr gegen den Stamm und die Wurzeln zurückgetreten und kein Drang ge— gen oben vorhanden iſt (S. 2), jo daß aus der durch den Schnitt geöffneten Wunde kein oder wenig Saft ausfließt, weil jeder Saftausfluß (das Thränen, Weinen der Rebe) die Kraft der inneren Vegetation vermindert. Die Zeit des Schneidens der Rebe iſt daher von beſonderer Wichtigkeit. Daſſelbe kann entweder im Spätjahr nach dem Herbſt oder im Frühjahr, bevor die Rebe in Trieb kommt, vorgenommen werden, es entſteht daher zunächſt die Frage, welche Zeit als die zweckmäßigſte erſcheint. Das Schneiden im Spätjahr ge⸗ währt den Vortheil, daß während des Winters die Schnittwunde austrocknen und ſich dadurch ſchließen und vernarben kann, wodurch im Frühjahr kein oder wenig Saftausfluß ſtattfindet (die Rebe ſich nicht verblutet), was ſtärkend auf den Rebſtock einwirkt, es hat aber den Nachtheil,

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a. daß, wenn während des Winters durch Winterkälte, kalte Winde ꝛc. ein Schenkel oder eine Ruthe Schaden nimmt, kein anderes Holz mehr zum Erſatze vorhanden iſt; 5

b. daß durch das Herausſchneiden alles überflüſſigen Holzes die Weinberge ſehr blos geſtellt und ſich dadurch ſelbſt keinen Schutz mehr gegen Winde ze. geben, auch können dadurch die Reben leicht abgeknickt werden;

c. in kalten Wintern iſt das durch den Schnitt verwundete Holz weit mehr den Einwirkungen des Froſtes ausgeſetzt und erfriert daher leichter.

Werden die Reben aber

d. niedergelegt und zugedeckt, ſo kann noch mancher Schenkel und manche Rebe beim Niederlegen verletzt oder abgebrochen werden, für den gleich— falls kein Erſatz vorhanden iſt;

e. die im Spätjahr geſchnittenen Reben ſollen, weil kein Saftausfluß ſtatt⸗ findet, im Frühjahr bälder austreiben und daher auch mehr den Früh— jahrsfröſten ausgeſetzt ſein, auch ſoll

f. der Herbſtſchnitt, weil der Trieb zu ſtark (geil) iſt, mehr auf Holz und

Blätter wirken, während der Frühjahrsſchnitt mehr Früchte erzeugen ſoll;

verzögert ſich der Herbſt lange und wird dabei noch eine Spätleſe vor—

genommen, ſo bleibt bis zum Eintritt des Winters oder der ungünſtigen, regneriſchen und kalten Spätjahrswitterung, beſonders bei den kurzen Ta⸗ gen, wenig geeignete Zeit mehr übrig zur Vornahme eines geordneten

Schnitts, auch dauert die Auszeitigung des Holzes häufig noch bis gegen

den Winter fort, daher eine Verletzung deſſelben durch den Schnitt nichts

weniger als zuträglich erſcheint.

Wenn nun auch dieſe Nachtheile nicht immer eintreten, ſo werden für

den Herbſtſchnitt doch nur wärmere, vor kalten Winden geſchützte Gegenden

geeignet ſein, in welchen das Niederlegen und Decken der Weinberge nicht eingeführt und nicht nöthig iſt, und wo auch die vollſtändige Zeitigung des

Holzes frühe vor ſich geht. In höher liegenden, kältern, den Winden mehr

ausgeſetzten Gegenden und wo das Decken der Reben als nothwendig er—

ſcheint, iſt dagegen der Frühjahrsſchnitt geeigneter, obgleich auch damit der

Nachtheil verbunden iſt, daß bei ungünſtiger Frühjahrswitterung das Schnei⸗

den, das viele Aufmerkſamkeit und Zeit erfordert, ſich öfters ſehr verzögert,

ſo daß es theilweiſe mit dem Trieb der Reben zuſammenfällt, wodurch ein ſtärkerer Saftausfluß entſteht und auch die übrigen Weinbergsarbeiten hin⸗ ausgeſchoben werden. Sehr zweckmäßig iſt daher das in einzelnen Weinbau⸗ gegenden Württembergs eingeführte Verfahren, an den Stöcken vor dem Nie⸗ verlegen derſelben nur die alten Bogreben, inſoweit fie kein neues Tragholz enthalten, ſowie die abgängigen alten Schenkel auszuſchneiden, was man Aus⸗

0

223 rüſten heißt, indem dadurch nicht nur das Niederlegen erleichetrt, ſondern auch das Schneiden im Frühjahr ſehr befördert wird.

Bei dem Frühjahrsſchneiden muß zwiſchen nicht gedeckten und gedeckten Reben unterſchieden werden. Mit dem Schneiden der nicht gedeckten Reben kann bei heiteren, warmen Tagen ſchon im Monat Januar und Februar be- gonnen werden, indem dieſe ſchon an die kältere Witterung gewöhnt ſind. Bei gedeckten Reben iſt dagegen das allzufrühe Aufziehen und Schneiden derſelben manchmal mit großen Nachtheilen verbunden, weit dieſelben durch das Nieder⸗ legen etwas weich und empfindlich werden und daher durch die öfters vor— kommenden kalten Winde, ſowie durch Schnee, Eis und Reifen in dem Mo— nat Februar und theilweiſe auch im März durch Erfrieren, Winddürre ꝛe. Schaden nehmen. Solche Reben ſollten daher, wenn nicht beſonders günſtige Witterung eintritt, vor der Mitte des Monats März nicht aufgedeckt und mit dem Schneiden derſelben erſt zu Ende dieſes Monats und zu Anfang des Monats April begonnen werden, doch können Reben, die nur mit Pfählen oder Steinen niedergelegt ſind, früher aufgedeckt und geſchnitten werden, als ſolche, die mit Erde gedeckt wurden, indem dieſe am empfindlichſten ſind. Sind in ungünſtigen Jahren die Reben nicht vollkommen reif geworden, ſo iſt das frühe Aufziehen und Schneiden gleichfalls nicht zuträglich, weil dieſelben noch empfindlicher ſind als vollſtändig ausgereifte Reben und namentlich bei ſtrengen Oſtwinden gerne winddürr werden. Jedenfalls iſt mit dem Schneiden der Reben in den Bergen der Anfang zu machen, weil dort ungünſtige Witterung auf die Reben weniger nachtheiligen Einfluß ausübt, als in Niederungen. Ein ſpätes Schneiden der Reben iſt wegen des allzuſtarken Saftausfluſſes in der Regel mit Nachtheil verbunden und nur bei allzutriebigen und maſten Wein⸗ bergen, die mehr in's Holz als Trauben treiben, möchte ein ſpätes Schneiden den Vortheil gewähren, daß durch den ſtärkeren Saftabfluß der allzuſtarke Trieb unterbrochen und der Fruchtanſatz befördert wird.

b. Das Ruthenbiegen.

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Das Biegen der zum Ertrag angeſchnittenen Ruthen hat den Zweck, nicht nur die ſich ſpäter bildenden Trauben dem Boden möglichſt nahe zu bringen, ſondern es wird auch durch das Biegen und feſte Anbinden der Ruthe das üppige Wachſen der Reben unterdrückt und die Gefäſſe des Holzes mehr zuſammengedrückt, dadurch der Saftumlauf aufgehalten, mehr nach innen und vermöge des Selbſterhaltungstriebs zur Fruchterzeugung gedrängt, wodurch an den Bögen kräftige Augen und mehr und vollkommenere Früchte er⸗ zeugt, auch am hintern Theile der Rebe in der Nähe des Schenkels ſtarkes

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Fruchtholz für das künftige Jahr gebildet werden ſoll. Das Biegen der

Ruthen kommt hauptſächlich nur bei der Pfahlerziehung vor (§. 124. 125), kann jedoch auch bei der Rahmenerziehung ($. 126), wenn lange Ruthen an⸗ geſchnitten werden, in Anwendung gebracht werden, denn je mehr man die Rebe dreht und biegt, ohne ihr übrigens durch übermäßiges Drehen und durch Aufſpringen der Rinde Schaden zu bringen, deſto zuträglicher ſoll es für die Fruchterzeugung fein. Bei dem Biegen der Ruthen muß darauf ges ſehen werden, daß es einen ſchönen runden und keinen länglichen oder Gei— genbogen gibt, zu dieſem Behuf nimmt man die Ruthe am äußerſten Ende (am Schnabel) mit der rechten Hand, und mit der linken Hand ½ Fuß rückwärts und biegt dann die Spitze ein wenig einwärts gegen die linke Hand, fährt dann mit der letztern bis an das hinterſte Gelenke, biegt auch hier etwas ein und zieht mit der rechten Hand den Schnabel gegen die linke hin, ſo wird der Bogen möglichſt rund werden. Wird die Ruthe auch in der Mitte gebogen, ſo bekommt der Bogen häufig einen Knick, wodurch er länglich und der Saftumlauf geſtört wird. Erhält ein Schen- kel zwei Bögen, ſo kann die eine Ruthe rechts, die andere links hingebogen werden, jo daß beide Schnäbel am Schenkel zuſammenkommen, eine Ga⸗ bel machen und dort befeſtigt werden. Außerdem muß bei dem Biegen der Ruthen auch auf die Stellung derſelben Rückſicht genommen werden; iſt eine Ruthe aus einem obern Auge des Schenkels entſprungen, jo muß ſie ab⸗ wärts gegen den Schenkel, iſt ſie aber aus einem untern Auge erwachſen, ſo muß ſie aufwärts über die Spitze des Abſchnitts gebogen werden, weil, wenn man ſie abwärts, der angewachſenen Richtung entgegen, biegen wollte, dieſelbe vom Schenkel leicht abſchlitzen könnte; inſofern jedoch abwärts gerichtete Bö⸗ gen, als dem Boden näher kommend, zweckmäßiger ſind als aufwärts gerich— tete, ſo muß man ſchon beim Schneiden für eine gute Stellung der Bögen ſorgen. Damit die Bögen die gegebene Form behalten, müſſen ſie entweder an den obern Theil des Schenkels oder an den Pfahl gebunden werden. Er- ſteres geſchieht bei etwas längerer Erziehungsweiſe, wie im mittlern und un⸗ tern Neckarthale ſowie im Enzthale und in der Bodenſeegegend, wo dann das Biegen der Reben ſogleich nach dem Schneiden erfolgt. Bei einer kürzeren Erziehung, wie im oberen Neckarthale, im Rems⸗ Kocher: Jagſt⸗ und Tau⸗ berthale, wo nur kleine Bögen oder Halbbögen gemacht werden, werden die Bögen an den Pfahl gebunden, daher das Biegen erſt nach dem Hacken und Pfählen vorgenommen wird. Bei dem Binden der Bögen an die Schenkel werden dieſelben den Berg hinunter oder niederwärts gegen den Schenkel, bei dem Binden an den Pfahl, imeil der letztere gewöhnlich nicht unter, ſondern über dem Stocke ſteht, den Berg hinauf oder auswärts geſtellt. Bei der letztern Behandlung kommt das Ende des Bogens, das Schnabelholz, das

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häufig die ſchönſten Trauben hat, höher zu ſtehen, alſo auch die Trauben höher zu hängen, als bei dem Einwärtsſtellen der Bögen gegen den Schenkel, wo dann die Trauben des Schnabelholzes hie und da auf den Boden zu liegen kommen, beſonders wenn der Bogen am Schenkel zu nieder angehängt wird, weßhalb der Schnabel des Bogens mindeſtens einen Fuß vom Kopfe entfernt ſein fol. Bei dem Anhängen der Bögen an den Pfahl muß, damit die Trau- ben nicht allzuhoch zu hängen kommen, beſonders auf kurze Schenkel geſehen werden. Werden nur zwei Schenkel dem Stock gegeben, ſo iſt es ſehr zweck— mäßig, wenn, wie zu Rottenburg‘, Reutlingen und in der Bodenſeegegend, Schenkel und Bögen den Berg hinauf und hinuntergeſtellt werden, ſo daß ſich aufwärts gegen den Berg eigentliche Gaſſen bilden, in welche die Son— nenwärme ungehindert einwirken kann und dadurch auch einen wohlthätigen Einfluß auf die Zeitigung der Trauben ausübt.

Das Befeſtigen der Bögen an den Schenkeln oder am Pfahl geſchieht durch einen Klank von dünnen Weiden, die man Bandweiden nennt. Bei der Vornahme des Ruthenbiegens iſt ſich auch nach der Witterung zu richten, in= dem bei warmer trockener Witterung das Rebholz gerne ſpröde wird und dann öfters abbricht, wogegen daſſelbe bei feuchter oder naſſer Witterung zäher und biegſamer iſt, es iſt daher ſehr zweckmäßig, wenn das Ruthenbiegen Morgens frühe, ſo lange der Thau noch auf den Reben liegt, oder Abends oder nach einem Regen vorgenommen wird.

c. Außerordentliche Frühjahrsarbeiten.

§. 142 u. 143.

Mit dem Schneiden und Ruthenbiegen find die regelmäßigen Frühjahrs- arbeiten, welche ſich auf die Erziehung des Rebſtocks beziehen, beendigt, es kommen aber nicht ſelten auch außerordentliche Arbeiten vor, wie das Stöcke— nachſetzen, das Pfropfen und Ringeln der Reben, deren zweckmäßige Behand- lung einer näheren Beſchreibung bedarf.

aa. Das Stöckeſetzen.

In neuen Anlagen bleiben, auch bei der größten Sorgfalt, hie und da Stöcke aus (§. 118) und in alten Weinbergen werden hie und da Stöcke ab— gängig, die wieder erſetzt werden müſſen.

In neu angelegten Gereuten werden ſchon bei dem Zudecken der Stöcke mit Erde (Anhäufeln) vor dem Winter diejenigen, welche nicht angetrieben haben, dadurch bezeichnet, daß man das Ziel ſchief ſteckt. Kommt das Früh⸗ jahr herbei, ſo wird an der Stelle des fehlenden Stocks eine Grube (Stufe) von 1 Fuß weit und Fuß tief gemacht, in dieſelbe etwas reine zarte Erde, Schleimſand oder Weintreber gethan und der Stock (Wurzelrebe oder

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Fechſer §. 102. 103) darauf möglichſt frühe geſetzt, damit die Rebe, che fie antreibt, in den Boden und der Stock in die Winterfeuchtigkeit kommt. Iſt das Gereut erſt ein Jahr alt und der Boden mehr mild als ſtrenge, ſo kön— nen ſtatt eines Stocks auch zwei Schnittlinge (Blindreben) zur Ergänzung ge- nommen und ſtatt in Stufen mit dem Setzholze (Stelze) geſetzt werden; zu der Ergänzung älterer Gereute ſind aber jedenfalls ein- oder zweijährige Stöcke erforderlich. Sehr gut iſt es, wenn dabei der Stock oder die Rebe mit Waſſer angegoſſen und die Spitze neben der Erde mit etwas Moos, Säg⸗ ſpänen ꝛc. bedeckt wird (S. 112), damit dieſelbe vor der Beſchädigung durch die Frühjahrsreifen und vor dem Austrocknen geſchützt wird.

In ältern Weinbergen können entweder abgegangene Stöcke fehlen, die durch neue erſetzt werden müſſen, oder es ſind Stöcke vorhauden, die ſelbſt Altershalber oder weil man einen Theil der Schenkel und Reben zu der Er- gänzung benachbarter fehlender Stöcke nöthig hat, verjüngt werden müſſen. Bei⸗ des geſchieht in der Regel durch das Einlegen ganzer Stöcke oder einzelner Reben von benachbarten Stöcken, entweder ſogleich nach dem Herbſt, wenn das Holz zeitig und das Wetter günſtig und trocken iſt, oder beſſer und ſicherer zeitig im darauffolgenden Frühjahr, auf die §. 103 und 113 angegebene Weiſe.

Kann an der Stelle eines abgegangenen Stocks kein Einleger gemacht werden, jo kann derſelbe durch eine Wurzelrebe, Fechſer oder Korbſtock (S. 103) erſetzt werden, wobei jedoch Korbſtöcke immer vorzuziehen ſind. In dieſem Falle wird ſchon im Spätjahr nach dem Herbſt der abgegangene Stock aus⸗ gehauen, an deſſen Stelle eine Grube von 2 Fuß Tiefe und 1½—2 Fuß Weite gemacht, dieſelbe womöglich zum dritten Theil mit gutem Raſen ange⸗ füllt und während des Winters offen gelaſſen, damit Erde und Raſen durch— frieren, dadurch zerfallen, mürbe und fein werden. Im Frühjahre wird dann in die Grube der neue Stock, nachdem er gehörig geſchnitten iſt, geſetzt, dabei an die obere Wand der Grube angelegt, unten mit lockerer Raſenerde bedeckt und mit dem Fuße feſtgetreten. Hierauf füllt man die Grube bis zur Hälfte mit Erde voll, tritt ſie nochmals feſt und zieht dann die übrige Erde vollends in die Grube. An den neu geſetzten Stock wird ſofort ein Ziel geſteckt, damit die Stelle, wo er ſteht, bei den übrigen Weinbergsarbeiten gut kenntlich iſt, und die Beſchädigung deſſelben verhütet wird. Durch den Raſen (Wildung) ſoll der durch den alten Stock etwas ausgeſaugte Boden neu gekräftigt und dem Stocke eine gute Nahrung zugeführt werden, damit er ſchnell und gut anwächst. Hat man keine Raſen, ſo kann man im Frühjahr noch Compoſt, Floß⸗ oder andere gute Erde zum Setzen nehmen, nur keinen friſchen Dünger, weil derſelbe, wenn er an die Wurzeln kommt, hitzt (brennt) und zum Krank⸗ werden des Stockes beiträgt, auch hier iſt es gut, wenn die Stöcke mit Waſſer eingeflößt werden. Reben, welche keine große Wurzelkrone machen, ihre Nah⸗

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rung deßwegen zunächſt aus dem fie umgebenden guten Boden fuchen und ſchneller anwachſen, wie der Sylvaner, find zu dem Ausbeſſern älterer Wein- berge tauglicher, als Reben mit langen Wurzeln, weil dieſelben in den die Grube umgebenden feſteren Boden gar nicht oder nur mit Mühe eindringen können.

bb. Das Pfropfen des Rebſtocks.

8. 144.

Das Pfropfen des Rebſtocks kann hauptſächlich als Mittel angewendet werden, um, wenn ſich in einem neuangelegten Weinberge untragbare oder unpaſſende Rebgattungen befinden, dieſelben durch andere beſſere zu erſetzen. Dieſe Ver— edlung der Reben war ſchon den Griechen und Römern bekannt und wird noch jetzt in ſüdlichen Ländern, wie in Ungarn und im ſüdlichen Frankreich, häufig angewendet, in Deutſchland aber iſt daſſelbe wenig im Gebrauche, auch haben die vom Verfaſſer und andern Oenologen angeſtellten Verſuche zu keinem be> ſonders günſtigen Reſultate geführt, indem die meiſten derſelben dadurch miß— glückten, daß die Pfropfreiſer entweder gar nicht oder nur ſchwach antrieben und ſpäter wieder verdorrten. Es ſcheint deßwegen, daß in dem gemäßigten Clima Deutſchlands der Trieb der Rebe nicht ſo ſtark und kräftig ſei, wie in wärmeren Gegenden, um eine ſchnelle Vereinigung des Propfreiſes mit dem Mutterſtocke zu bewirken, und daß dadurch das häufige Mißlingen der angeſtellten Verſuche herbeigeführt wurde, daher das Erſetzen unpaſſender Stöcke durch andere, mit weit mehr Zuverläßigkeit durch Einleger von benach— barten Stöcken ($. 142), als durch das Pfropfen geſchieht. Das Letztere wird daher nur da anzuwenden ſein, wo nicht durch Einleger geholfen, und wo die Bodenverhältniſſe von der Art ſind, daß das gute Gedeihen junger, neu ein— geſetzter Stöcke nicht erwartet werden kann.

Die Veredlung der Rebe kann, wie diejenige der Obſtbäume, auf ver⸗ ſchiedene Weiſe vorgenommen werden, nämlich:

a. durch Pfropfen in den Stamm unter der Erde,

b. durch Pfropfen in das zwei- oder einjährige Holz unter oder über der

Erde, ſowie

e, durch Okuliren und Kopuliren der Reben.

Unter dieſen Veredlungsmethoden hat jedoch, nach den bisherigen Erfah— rungen, das Pfropfen in den Stamm unter der Erde noch die günſtigſten Reſultate geliefert, daher wir daſſelbe hier näher beſchreiben.

Man pfropft mit jungem einjährigen Holze auf die Wurzelſtange des alten Stocks. Der Letztere darf dabei nicht zu alt oder beſchädigt, ſondern muß kräftig und in gutem Wachsthum ſein, daher das Pfropfen nicht zu der

15%

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Verjüngung alter Weinberge dienen kann, auch ſoll der Stock nicht von edle⸗ rer Art als der Zweig ſein, oder der erſtere nicht zu den ſtarktriebigen Reben gehören, während der Zweig von ſchwachtriebigen genommen wird, weil der letztere in dem ſtarken Safttrieb leicht erſticken könnte. Dagegen wird es keinen weſentlichen Unterſchied ausmachen, ob ſchwarze auf weiße oder dieſe auf ſchwarze Traubenſtöcke gepfropft werden. Der Zweig ſoll nur von ganz geſunden fruchtbaren Stöcken, die ſchon Trauben getragen haben, aber noch nicht zu alt ſind, ſowie von ganz ausgezeitigtem Holze mit vollkommen ausge⸗ bildeten, geſunden, nicht weit auseinander ſtehenden Augen genommen werden, welche Eigenſchaften gewöhnlich am untern Theile der Rebe bis zum ſiebenten Auge angetroffen werden, indem höher ſtehende Augen häufig minder ausge- zeitigt und weniger fruchtbar ſind. Auch das unterſte, zunächſt am alten Holze ſtehende Auge wird, weil gewöhnlich ein Holzauge, nicht gerne zum Pfropfen gewählt, daher der tauglichſte Theil der Rebe derjenige iſt, der zwiſchen dieſem und dem ſiebenten Auge ſteht.

Das Abſchneiden der Zweige kann zwar nicht zur Pfropfzeit geſchehen, doch iſt es zweckmäßig, wenn dieſelben im Spätjahr oder im Frühjahr zeit⸗ lich und bevor der Safttrieb in die Rebe kommt, abgeſchnitten werden, damit ſie den Saft vom abgeworfenen Stock gehörig aufnehmen können. Im letz tern Falle werden die Zweige in feuchten Sand oder in lockere feuchte Erde geſtellt und im Keller oder an einem andern trockenen, der Kälte nicht ausge- ſetzten Orte aufbewahrt, auch kann man, um das Austrocknen der Zweige mehr zu verhindern, beim Schneiden etwas vom alten Holze ſtehen laſſen, das jedoch vor dem Pfropfen weggenommen werden muß.

Bei dieſem wird der Stock ½ —1 Fuß tief aufgeräumt, von allen Sei⸗ ten⸗ und Thauwurzeln gereinigt, die Stange unter dem Kopfe oder auch tiefer etwa 3 Zoll über der Theilung der Wurzel unter einem Gelenke (Knoten) abgeſägt, ſo daß dieſelbe zwiſchen dem abgeſägten Gelenke und dem nächſten noch eine Länge von 2 Zoll hat und die Stelle, wo die Zweige aufgeſetzt werden, womöglich 4 Zoll unter den Boden kommt. Dieſelbe wird ſofort mit einem Meſſer (Hape) eben geſchnitten, und die Stange in der Mitte, je⸗ doch ohne Verletzung des Markes, bis zum nächſten Gelenke mit der Hape oder einem Meißel geſpalten, nachdem man zuvor die Stange am Gelenke feſt mit einer- Weide gebunden hat, damit der Spalt nicht weiter und durch ein Gelenke geht. Hierauf wird der einzuſetzende Zweig auf beiden Seiten keilförmig, ſo lange der Spalt iſt, mit einem ſcharfen Meſſer zugeſchnitten, ſo daß auf der einen Seite das Mark ſichtbar iſt, hütet ſich jedoch, daſſelbe zu verletzen, treibt den Spalt durch den Meißel oder die Hape ſanft auseinander und ſchiebt den zugeſchnittenen Zweig in denſelben ein, ſo daß ſeine Safthaut (Splint) an der äußern Seite mit der Safthaut des Stocks genau zuſammen⸗

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trifft, daher auch Rinde und Safthaut unverletzt fein müſſen. Zweckmäßig iſt es, wenn in den Spalt zwei Zweige auf beide Seiten eingeſetzt werden, weil ein Zweig durch den ſtarken Saftzudrang leicht erſticken kann. Bei dem Zuſchneiden des Zweigs darf auf der einen Seite das Mark ſichtbar ſein, auf der andern Seite wird aber blos ein Einſchnitt bis auf den Splint gemacht und der Keil ſo abgeflächt, daß der innere Theil etwas dünner, der äußere aber etwa ſo dick wie ein Meſſerrücken bleibt, auch muß derſelbe ſo glatt ge— ſchnitten ſein, daß zwiſchen dem Spalt ſich keine Oeffnungen zeigen, indem eine jede derſelben das Verwachſen hindert. Man fängt mit dem Schnitt an einem Auge, das auswärts geht, an und beim Einſetzen auch gegen außen ger richtet werden muß, indem daſſelbe das Verwachſen befördert, und gibt dem Zweig einen kleinen Abſatz, damit derſelbe feſt auf der Stange aufſitzt. Nach dem Einſetzen der Zweige wird der obere, abgeſägte Theil der Stange itm etwas Baumſalbe, Baumwachs ꝛc. überſtrichen, um den Zutritt der Luft und der Näſſe, ſowie das Ausſtrömen des Saftes zu verhindern, ſofort der Spalt mit etwas Papier bedeckt, damit kein Unrath in denſelben fallen kann und auf beiden Seiten mit Baumwachs verſtrichen, alsdann mit Leinwand, die zuvor mit zerfloſſenem Unſchlitt und Harz getränkt wird, verbunden und dieſelbe mit Baſt oder Weiden befeſtigt, auch kann man, damit der Saft nicht nachtheilig auf den eingeſetzten Zweig wirkt, unter dem Verband die Stange mit dem Meſſer leicht verwunden, wodurch der überflüſſige Saft eini⸗ gen Abfluß bekommt. Zur Erhaltung der Feuchtigkeit legt man um die Lein⸗ wand Moos, einen Zoll dick, und deckt dann die Stange wieder mit Erde zu, jo daß von dem eingeſetzten Zweig 1—2 Augen unter die Erde und 2 Augen über die Erde zu ſtehen kommen. Oben wird der Zweig gleichfalls mit etwas Baumwachs beſtrichen, um das Austrocknen des Markes zu ver- hüten, weil es längere Zeit dauert, bis der Zweig anwächst und in Trieb kommt; auch kann man zu Abhaltung von Kälte und ſtarker Hitze denſelben oben mit Moos, Sägſpähnen, Gerberlohe ꝛc. bedecken. Der Stock wird durch ein kleines Pfählchen bezeichnet, und wenn die Pfropfreiſer angewachſen ſind, nach dem erſten und zweiten Jahre bis auf die, unterm Boden befindlichen Augen abgeworfen und dadurch ein neuer Kopf gezogen. Sind zwei Zweige eingeſetzt worden und gediehen, ſo wird nach dem erſten oder zweiten Jahre, der geringere herausgeſchnitten und nur einer zum Stock herangezogen. Wäh— rend dieſer Zeit werden auch alle aus den eingeſetzten Zweigen getriebenen Thauwnrzeln abgeſchnitten, indem ſolche dem Gedeihen und der Tragbarkeit des Stocks Eintrag thun. Gut iſt es, wenn die Zweige, bevor man fie ein— ſetzt, 1—2 Tage 1 Zoll tief ins Waſſer geſtellt werden, beſonders wenn ſie ſchon früher geſchnitten oder von andern Orten her transportirt wurden. Die beſte Zeit zum Pfropfen iſt das Frühjahr, bevor der Safttrieb in der Rebe

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beginnt, damit der Zweig einige Zeit zu ſeiner Entwicklung hat, ehe der Saft⸗ zufluß zu ſtark wird. Ein Uebermaß der Säfte erſtickt nicht ſelten die Augen des Zweiges, daher auch in ſüdlichen Ländern, wie z. B. in Ungarn, das Pfropfen erſt dann für vortheilhaft gehalten wird, wenn der Safttrieb etwas nachgelaſſen und die Augen des zu pfropfenden Rebſtocks ſich bis zum zweiten Laub entwickelt haben, was bei ſtarktriebigen Reben vielleicht; auch bei uns zweckmäßig erſcheinen dürfte. | §. 145.

Das Pfropfen in das zweijährige oder einjährige Holz wird auf ähnliche Weiſe, wie in die Stange, vorgenommen. Man wählt an dem zu pfropfen⸗ den Stocke Zweige, welche 1—2 Fuß über dem Boden ſtehen, ſchneidet fie glatt ab, ſpaltet ſie, wie oben angegeben wurde und ſetzt das zugeſchnittene Pfropfreis in den Spalt ſo ein, daß wenigſtens auf einer Seite Rinde auf Rinde paſſen, zweckmäßiger iſt es aber, wenn das Pfropfreis eben ſo ſtark iſt, wie die zu pfropfende Stelle. Bei dem Pfropfen in das zweijährige Holz muß auch das Pfropfreis 1¼—2 Zoll zweijähriges Holz enthalten, das dann hauptſächlich zum Einſetzen durch keilförmiges Zuſchneiden verwendet wird. Sind die Pfropfreiſer aufgeſetzt, ſo gräbt man bei beiderlei Pfropfarten den ganzen Stock auf, ſo daß derſelbe etwa 1 Fuß tief von der Erde entblößt iſt, zieht Gruben von 1 Fuß Tiefe, bis an die Stelle, wohin die gezweigten Schenkel des Stocks gelegt werden ſollen und bringt auf den Boden etwas fruchtbare Erde, damit ſich die Wurzeln darin leicht bilden können. Nun wird der ganze Stock umgelegt, die Pfropfreiſer ſorgfältig in die Gruben gebracht, damit fie ſich nicht verſchieben, die verbundenen Stellen mit guter Erde be- deckt, mit dem Fuß angetreten und jedes Reis an der Stelle, wohin der neue Stock beſtimmt iſt, etwa 1 Fuß ſenkrecht aufgebogen, an einen Pfahl gebun⸗ den, auf 1—2 Augen abgeworfen, und die Grube ſofort mit Erde zuge- worfen.

Bei dem Pfropfen in das zweijährige Holz will man die Erfahrung ge⸗ macht haben, daß wenn daſſelbe erſt gegen Ende des Monats April, wenn die Reben erbſengroße Augen getrieben haben, vorgenommen wird, es im Erfolge ſehr ſicher ſei. Die Pfropfreiſer müſſen aber jedenfalls vor dem Beginnen des Safttriebs geſchnitten werden.

Ueber der Erde kann man in das einjährige Holz und in die grünen Zweige pfropfen, beide Arten ſind jedoch weniger gebräuchlich, weil ſie ſelte⸗ ner gedeihen, indem die eingeſetzten Zweige gerne austrocknen oder vom Winde ꝛc. beſchädigt werden, auch kann man nur in dem Falle auf einen dauerhaften Stock rechnen, wenn die gepfropften und angewachſenen Zweige im nächſten Jahre in den Boden eingelegt, und dann erſt von dieſen Einle⸗

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gern Stöcke erzogen werden, wogegen man den Vortheil hat, daß wenn das Pfropfen mißlingt, der Stock nicht verloren iſt, ſondern ſchon im nächſten Jahre wieder Früchte bringen kann.

Bei dem Pfropfen in das einjährige Holz muß, wegen des Eintrocknens deſſelben der Spalt etwas länger gemacht und ebenſo auch der einzuſetzende Zweig länger zugeſchnitten werden, ſo daß das einzuſetzende Auge etwa noch 6 Linien in den Spalt zu ſtehen kommt, auch muß wieder dafür geſorgt wer— den, daß Rinde auf Rinde paßt.

Das Okuliren der Reben wird, wie dasjenige der Obſtbäume, vorgenom⸗ men, indem man mit einem Okulirmeſſer an einem tragbaren Stocke geſunde Augen aushebt und dieſelben in einen an dem zu okulirenden Stocke in das einjährige Holz gemachten Rindeneinſchnitt genau einſchiebt, fo daß jedes Auge an der Rinde des obern Querſchnitts genau anliegt, worauf das Ganze mit Baſt oder Hanf umwunden wird. Es erfordert große Pünktlichkeit, wenn es gelingen ſoll, und iſt daher noch weniger, als das Pfropfen im Gebrauche.

Das Kopuliren der Rebe hat gleichfalls viele Aehnlichkeit mit demjenigen der Obſtbäume. Man nimmt Rebholz (Schnittlinge), an welchem ſich noch ca. / Fuß zweijähriges Holz befindet und kopulirt dieſes zweijährige Holz mit gleichem Holz auf dem zu veredelnden Stock durch den ſogenannten Reh— fußſchnitt, wobei man darauf zu ſehen hat, daß beide Reben gleich ſtark ſind und genau auf einander paſſen. Man umbindet dann die kopulirte Stelle mit einem ſtarken in gutes Baumwachs getauchten Band, ſo daß die verwun— dete Stelle luft- und waſſerdicht geſchloſſen iſt, reinigt den kopulirten Stock von allen Trieben und Augen, legt denſelben in eine Grube, befeſtigt ihn mit einem Hacken, jo daß nur 2—3 Augen von einjährigem Holz über den DBo- den herausſchauen und füllt dann die Grube mit guter Erde zu. Einjäh⸗ riges Holz hat zu viel Mark und verwachst daher nicht ſo gerne wie 2jähriges.

ce. Das Ringeln der Reben.

§. 146.

Das Ringeln der Reben beſteht in dem ringförmigen Rinden-Ausſchnitt unter den angeſetzten Trauben, wodurch das Abröhren derſelben verhütet und die Vollkommenheit ſowie die frühe Zeitigung derſelben befördert werden ſoll. Das Verfahren dabei iſt folgendes.

An denjenigen grünen Trieben, an welchen ſich Trauben angeſetzt haben, werden unterhalb der Traube in der Regel vor oder ſogleich nach der Blüthe mit einem kleinen Meſſer zwei einige Linien von einander entfernte Rund— ſchnitte gemacht und die dazwiſchenliegende Rinde mit dem Nagel bis auf den Schnitt, oder mittelſt einer beſonders dazu angefertigten Zange abgelöst, wobei aber die übrige Rinde weder verſchoben noch ſonſt ver—

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letzt werden darf. Hat eine Rebe mehre Trauben angeſetzt, jo muß das Ringeln jedesmal ob der zweiten Traube wiederholt werden, weil ſich die Wirkung deſſelben nur einige Augen weit erſtreckt. Durch das Ringeln wird der niederſteigende Saft in der Rinde und dem Baſte aufgehalten und der Traube zugeführt, was man deutlich daran erſieht, daß die oberhalb des Rin⸗ gelſchnitts ſtehen gebliebene Rinde dicker wird, nach und nach einen Wuljt bil- det, der ſich über den Schnitt herabzieht, bis er den Rand der untern Rinde erreicht und die Verbindung wieder hergeſtellt hat. Durch das Aufhalten des Saftes ſchwillt die Traube an, wird vollkommener und geht der Reife an— ſcheinend früher entgegen, indem ſie ſich bälder färbt, es ſcheint jedoch mehr eine krankhafte Beſchleunigung zu fein, indem die Reben auch die Blätter fal- len laſſen, die Beere hie und da kleiner und der Saft minder ſüß und ſchmack— haft iſt, d. h. weniger deſtillirt als bei andern Trauben ſein ſoll. Da nun das Ringeln ſehr behutſam vorgenommen werden muß, indem, wenn auch der Splint verletzt wird, daſſelbe mehr ſchadet als nützt, weil durch die gänzliche Unterbrechung der Saftzirkulation der Zweck des Ringelns verfehlt und Krankheiten der Reben herbeigeführt werden, auch daſſelbe an den künf— tigen Tragreben nicht wohl ausgeführt werden kann, weil das Holz dadurch brüchig und ſeiner vollſtändigen Zeitigung weniger entgegengeht, und das ganze Geſchäft überhaupt ſehr zeitraubend iſt und viele Arbeit erfordert, ſo glauben wir, daß daſſelbe zur Ausführung im Großen nicht wohl empfohlen werden kann, dagegen könnte daſſelbe an einzelnen Rebgeländen, um ſehr voll⸗ kommene und reife Trauben zu erzielen, ſowie in ungünſtigen Weinjahren bei ſolchen Rebſtöcken in Anwendung kommen, die, wie der Rauh-Elbling, die Beere gerne fallen laſſen (abröhren) oder Kleinbeere machen, nur müßte bei ſolchen Stöcken das Ringeln jedenfalls vor oder während der Blüthe erfolgen.

d. Das Verbrechen (Zwicken) und Einkürzen der Reben.

§. 147.

Das Verbrechen oder Zwicken der Reben beſteht, wie bei dem Schnei⸗ den, in dem Abnehmen oder Einkürzen der überflüſſigen oder zu lang gewach⸗ ſenen jungen Triebe (Lotten) und iſt daher gewiſſermaßen die Vorarbeit zu dem Schneiden des nächſten Jahres. Der Zweck deſſelben beſteht vorzüglich in dem Zurückdrängen des Saftes von den Spitzen der Zweige gegen den untern Theil derſelben, wo die Trauben ſich befinden, damit der Rebſtock ſeine Kräfte nicht in nutzloſen Trieben erſchöpft, ſondern dieſelben hauptſäch⸗ lich zur Ausbildung zahlreicher und ſchöner Früchte, ſowie eines kräftigen Tragholzes für das nächſte Jahr verwendet. Außerdem ſoll der Rebſtock, inſoweit es die angeſetzten Früchte geſtatten, durch Entfernung der überflüſſi⸗

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gen Triebe gelichtet werden, damit Luft und Sonne möglichſt auf denſelben, ſowie auf die Erwärmung des Bodens einwirken können ($. 62. 71).

Das Verbrechen gehört daher zu den wichtigſten Arbeiten des Weinbaues und erfordert Arbeiter, die mit demſelben genau bekannt ſind, indem die richtige Ausführung deſſelben nicht nur auf den Ertrag des laufenden Jahrs, ſondern auch auf die Dauer des Stocks, und deſſen künftige Fruchtbarkeit einen weſentlichen Einfluß ausübt. Die Art des Verbrechens geſchieht auf ſehr verſchiedene Weiſe, wobei hauptſächlich die Triebfähigkeit des Rebſtocks und des Bodens in Berückſichtigung kommt. Bei demſelben wählt man zu— nächſt die künftigen Traghölzer aus, wozu man, damit die Schenkel nicht zu lang werden, die aus den hinterſten Augen zunächſt dem Schenkel ausgewach— ſenen Ruthen nimmt, die, wenn gut gebogen und angehängt worden iſt, bei der Pfahlerziehung zunächſt dem Pfahle ſtehen ſollten. Man läßt gerne ein Holz mehr, als man im künftigen Frühjahr beim Schneiden braucht, ſtehen, damit, wenn eines während des Sommers oder beim Niederlegen verunglückt, daſſelbe durch das Ueberflüſſige erſetzt werden kann, ſo daß man alſo, wenn man einem Schenkel einen Bogen und einen Zapfen geben will, 3 Traghölzer heranzieht. Das Gleiche hat zu geſchehen, wenn man von einem Weinberge im folgenden Jahre Schnitt⸗((Blind⸗) Reben ſammeln will. Hat man die Traghölzer ausgewählt, ſo werden entweder ſogleich beim Verbrechen oder bei dem darauf folgenden Binden die Seitentriebe, die ſogenannten Aberzähne, Geizen, Afterzähne, ausgebrochen oder abgezwickt, ſofort alle übrige Triebe an der Rebe oder am Bogen 2—3 Augen über der letzten Traube mit der Hand abgebrochen (abgezwickt), wobei man darauf zu ſehen hat, daß nicht zu kurz, ſondern eher etwas lang verbrochen wird, indem ſonſt die vorhandenen Trauben nicht die gehörige Bedeckung erhalten, und die Traube am oberſten Auge gerne abfällt, oder in der Entwicklung zurückbleibt. Sind die Triebe an der Haupt⸗(Bog⸗) Rebe verbrochen, jo werden auch die überflüſſigen Triebe an den Zapfen hinter dem Bogen und an den Schenkeln auf ähnliche Weiſe wie am Bogen abgebrochen; befinden ſich an den Trieben des Schenkels keine Trauben, oder wenn man dieſelben nicht als junges Holz zum Zurückſchneiden der Schenkel nachziehen will, ſo werden ſie häufig ganz weggebrochen, ſo daß der Schenkel ganz geſäubert daſteht, doch finden hier manche Ausnahmen ſtatt, wobei zu berückſichtigen iſt, daß die Schenkel durch das gänzliche Abreißen der Triebe nicht ſelten Wunden bekommen, die dem übrigen Triebe der Rebe ſchaden und hie und da Krebs- oder andere Krank— heiten veranlaſſen können, auch erhalten die Trauben, wenn man die Zweige blos einkürzt, mehr Schutz vor dem Sommerbrand ꝛe.

Die Kopftriebe werden, inſoweit ſie nicht zum Nachziehen neuer Schenkel beſtimmt ſind, gleichfalls abgebrochen. Haben ſich bei der Kopferziehung viele

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Ausſchläge aus dem Kopf angeſetzt, ſo ſchaden ſie nicht ſelten dem Fruchttrieb, es iſt daher rathſam, daß man ſich noch vor dem eigentlichen Verbrechen ein beſonderes Geſchäft daraus macht, die unnützen Auswüchſe gleich beim Ent⸗ ſtehen zu unterdrücken, wobei man zugleich die übrigen überflüſſigen Triebe, die keine Trauben angeſetzt haben, entfernen kann. Bei der Schenkelerziehung bilden ſich weniger derartige Auswüchſe, weil dazu kein Raum vorhanden iſt und der Saft in dem Schenkel in geſpannter Richtung in die Fruchtſchoſe treiben kann. §. 148.

Von den hier für das Verbrechen im Allgemeinen aufgeſtellten Grund» ſätzen finden jedoch, aus dem bereits angeführten Grunde, manche Ausnahmen ſtatt, indem z. B. im obern Neckarthale theilweiſe die Schenkel bis auf die zur Nachzucht beſtimmten Hölzer von allen Trieben gereiniget und die Aber— zähne ausgebrochen, während in der Umgegend von Tübingen alle Triebe auch an den Schenkeln, ſowie die Aberzähne blos abgezwickt werden, damit die Trauben mehr Schutz vor den kalten Winden haben.

Ueber das Ausbrechen oder das bloſe Abzwicken der Aberzähne ſind die Anſichten ſehr verſchieden, indem diejenigen, welche das Ausbrechen derſelben vertheidigen, dafür anführen, daß die Aberzähne dem nebenſtehenden Auge die Kraft zur vollſtändigen Ausbildung entziehen und das Rebholz bälder zur Zei— tigung gelange, wenn kein Zug mehr in den Seitentrieben vorhanden ſei, auch werden durch die Entfernung der Aberzähne die Rebſtöcke und der Wein— berg weniger beſchattet, während durch das Stehenlaſſen derſelben die Augen ſich gerne verholzen und untragbar werden, wogegen diejenigen, die nicht für das Ausbrechen, ſondern nur für das Abzwicken der Aberzähne über dem Auge jind, behaupten, daß durch das Ausbrechen derſelben die Augen zwar mehr anſchwellen und hervortreten, daß dieſes aber blos ein künſtliches Befördern der künftigen Vegetation ſei, indem der Saft, der den Aberzähnen zufloß, ſich nach dem Ausbrechen derſelben gegen die Augen dränge und fie mehr hervor— hebe und belebe, dadurch aber auch empfindlicher mache und namentlich dem Erfrieren während des Winters weit mehr ausſetze, wie denn namentlich in denjenigen Gegenden Württembergs, in welchen die Aberzähne meiſtens aus- gebrochen werden, die Weinberge in der Regel gedeckt werden müſſen, wäh⸗ rend in andern, wo das Ausbrechen nicht ſtattfinde, wie in den Rheingegen⸗ den, die Weinberge während des Winters ungedeckt bleiben, deſſen ungeachtet aber dort kein Nachtheil im Ertrag bemerkt werde, vielmehr ſollen ſich auch an den hintern Augen gerne Trauben entwickeln und die Aberzähne beſonders dazu beitragen, daß ſich dieſe Augen nicht verholzen, ſondern zu Fruchtaugen ausbilden. Das Ausbrechen der Aberzähne ſei daher ein reiner Ueberfluß und ein unnöthiger Geldaufwand.

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Wir wollen das Ausbrechen derſelben nicht gerade vertheidigen, ſondern nur anführen, daß daſſelbe in Württemberg hauptſächlich in ſolchen Gegenden eingeführt iſt, wo ein ſtarktriebiger Boden ſich befindet und ſtarktriebige Re— ben angepflanzt ſind, daß dagegen in Weinbaugegenden mit magerem Boden (wie häufig im Rheinthale), daſſelbe ſelten ſtattfindet, indem, wenn man in jenen Gegenden die Nebenzweige wachſen ließe oder blos einkürzen wollte, die Weinberge ſich ſo bewalden würden, daß dieſes einen wirklichen Nachtheil für die Auszeitigung der Trauben und des Holzes hätte, auch werden durch das Ausbrechen der Aberzähne die Weinbergbaukoſten nicht geſteigert, indem dieſes ſchneller als das Abzwicken von ſtatten geht und jedenfalls dadurch das Schnei— den im nächſten Frühjahr befördert wird, weil keine Nebenzweige, beſonders beim Trollinger, ausgeſchnitten werden dürfen, indem bei dieſem die Neben— zweige feſtſitzen, während ſie beim Elbling, Sylvaner und andern weißen Traubengattungen häufig ſelbſt abfallen.

Man darf mit Recht fragen, warum denn beim Schneiden und Verbre— chen überall darauf hingearbeitet wird, die Säfte der Rebe zurückzudrängen Hund zu konzentriren und warum dieſes gerade bei den Aberzähnen durch Nicht— ausbrechen derſelben unterlaſſen werden ſolle, während in Württemberg gerade diejenigen Weinbaugegenden, wo das Ausbrechen ſtattfindet, ſich durch reich— lichen Ertrag auszeichnen. Außerdem kommt noch in Berückſichtigung, daß wenn man die Aberzähne an den hintern Augen ſtehen läßt, auch die Säfte des Stocks ſich immer mehr dahin ziehen und neue Triebe veranlaſſen, wo— durch die Zeitigung des Holzes nicht ſo ſchnell und vollkommen vor ſich gehen dürfte, als wenn die Aberzähne ausgebrochen werden, wo dann die Säfte der Rebe ſich mehr den Endſpitzen derſelben zuziehen, was, namentlich in ungün⸗ ſtigen Weinjahren, wo das Holz ohnedieß ſpäter zeitiget oder gar nicht voll— ſtändig reif wird, beſondere Beachtung verdient.

Wir glauben deßwegen, daß auch hier auf die Triebkraft des Bodens und der Rebe, ſowie auf die Erziehung der Letztern und auf klimatiſche Verhältniſſe Rückſicht genommen werden muß, jo daß, bei magerem Bo- den und geringer Triebkraft der Rebe, ſowie bei kurzer Erziehung das Aus⸗ brechen der Aberzähne zum Schutze der Trauben und bei ſehr geringer Trieb— kraft ſogar auch das Einkürzen beim Verbrechen unterlaſſen werden kann, daß aber bei ſtarker Triebkraft des Bodens und der Rebe, weil die blos einge— kürzten Aberzähne bald wieder nachtreiben würden, das Ausbrechen derſelben, damit der Rebſtock ſich nicht zu ſehr bewalde und demſelben, ſowie den Trauben möglichſt Luft und Licht verſchafft wird, ohne Schaden vorgenommen werden kann, daß jedoch da Ausnahmen ſtattzufinden haben, wo die Stöcke alte lange Schenkel erhalten, die weniger Triebkraft beſitzen und wo die Trauben, wie beim Trollinger, mehr Schatten als Sonne verlangen. Schädlich wird aber

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das Ausbrechen nicht ſelten da wirken, wo die Aberzähne ſchon ſo ſtark find, daß ſie ſich unten am Auswuchs aus der Rebe ſchon etwas verholzt oder eine ſtärkere Rinde gezogen haben, ſo daß der Ausbruch nicht mehr leicht erfolgt, ſondern mit demſelben nicht ſelten auch ein Theil der Rinde der Rebe weg— geriſſen und dadurch das Auge beſchädigt wird, in einem ſolchen Falle iſt es daher zweckmäßiger, wenn die Aberzähne etwa 1 Zoll hoch über dem Aus- wuchſe abgebrochen oder abgeſchniten werden. Auch dann dürfte daſſelbe nach⸗ theilig wirken, wenn an der Stelle der ausgebrochenen Zähne ſich wieder neue Triebe entwickeln, weil dadurch der künftige Trieb des Auges geſchwächt wer— den könnte, daher das Ausbrechen nicht allzufrühzeitig zu geſchehen hat. Ebenſo in ſehr ſüdlichen heißen Lagen mit hitzigem ſeichten Boden, indem hier, wenn die Reben zu ſehr gelichtet werden, der Boden leicht austrocknet und dieſelben dadurch Schaden nehmen. Die Zeit des Verbrechens hat ſich gleichfalls nach der Triebkraft der Rebe zu richten, ein allzufrühes Verbrechen iſt jedoch nicht zu empfehlen, weil, ſo lange die Triebe noch zu kurz (noch keinen Fuß lang) ſind, die oberſten Trauben ihrer Bedeckung beraubt oder gar mit abgebrochen werden, auch die abgezwickten Triebe bald wieder Aberzähne nachtreiben, ſo daß ſpäter faſt ein nochmaliges Zwicken nöthig wird. Während der Trauben- blüthe ſoll nicht verbrochen (gezwickt), ſondern, ſo lange dieſelbe dauert, der Weinſtock ganz in Ruhe gelaſſen werden, weil die Blüthen während der Arbeit abgeſtreift und die Befruchtung der Traube gehindert werden kann. Die an— gemeſſenſte Zeit iſt daher vor oder ſogleich nach der Traubenblüthe, wobei man jedoch auch auf die Witterung Rückſicht zu nehmen und die Arbeit bei naſſem Wetter ſorgfältig zu unterlaſſen hat, weil bei oder nach derſelben die Trauben und Traubenbeere gerne abfallen.

§. 149. Das Einkürzen nach der Blüthe.

Bei unſern klimatiſchen Verhältniſſen geht das Beſtreben intelligenter Weinbauern immer mehr dahin, der Rebe eine möglichſt kurze Erziehung zu geben, und ſie dadurch nicht nur dem warmen Boden immer näher zu bringen, ſondern auch den Saft der Rebe in die untern Theile zurückzudrängen und dadurch dieſelbe zu der Hervorbringung einer kräftigen, ſaftreichen Frucht, ſo⸗ wie zu der Anſetzung eines ſtarken, fruchtbaren, kurzgegliederten Tragholzes zu veranlaſſen, was ſowohl auf die Qualität, als die Quantität des Ertrags einen vortheilhaften Einfluß ausübt. Zu dieſem Zwecke hat man neuerlich das Einkürzen der Reben nach der Blüthe ſehr empfohlen und auch nach den, von dem Verfaſſer in dieſer Richtung ſchon ſeit mehreren Jahren gemachten Erfahrungen, hat ſich das Verfahren als zweckmäßig erprobt.

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Daſſelbe beſteht darin, daß nicht nur die beim gewöhnlichen Verbrechen einzukürzenden Triebe abgezwickt, ſondern auch die Traghoͤlzer, ſobald fie die erforderliche Lange erlangt haben, alſo bald nach der Traubenblüthe, eingekürzt werden, wobei dann aber, damit der Saftumlauf nicht gehemmt wird, die Aberzähne (Winkeltriebe, $. 4) nicht ausgebrochen werden dürfen.

Unter dieſem Einkürzen verſteht man alſo dasjenige des künftigen Trag⸗ holzes, indem bei demſelben durch das Zurückdrängen des Saftes gegen den untern Theil der Rebe ein ſtarkes, kräftiges, kurz gegliedertes Tragholz erzeugt werde, das nicht nur zur größeren Fruchtbarkeit der untern Augen beitrage, ſondern auch im folgenden Jahre viele, ſehr ſchöne und vollkommene Trauben hervorzubringen und daher ſehr zur Erhöhung des Ertrags der Weinberge beizutragen im Stande ſei. Dagegen wollen einzelne Weinbauer die Erfah— rung gemacht haben, daß durch das Einkürzen die Tragbarkeit der Reben zwar bedeutend erhöht, die Qualität des Weins aber ebenſo vermindert werde, in— dem die Trauben zwar eine ungewöhnliche Größe erreichen, wodurch aber blos die wäſſerigen Theile derſelben vermehrt werden, während der Geſchmack alles Gewürzige und Feine verliere, weil der Stock, indem ihm beſonders die jüngern, zur Verarbeitung der Säfte beſonders tauglichen Blätter entzogen werden, die Kraft zur weitern Deſtillirung der Traube verliere, weil die untern, ältern, verdickten Blätter die erforderliche Luftnahrung nicht mehr gehörig einziehen und verarbeiten können.

Dieſe Anſicht dürfte vielleicht da, wo auf die Erzeugung ganz feiner Weine geſehen wird, Beachtung verdienen, obgleich die vom Verfaſſer bei einem Rieß⸗ ling⸗Weinberge gemachten Beobachtungen damit nicht übereinſtimmen, auch wird, wenn beſonders auf Qualität geſehen wird, das Einkürzen bei jungen kräftigen Weinbergen weniger angemeſſen, als bei ältern erſcheinen, weil es eine längſt bekannte Sache iſt, daß in jungen Weinbergen, wegen des größern Ertrags und der größern Trauben und Beere, keine ſo feine Weine, wie in ältern Weinbergen erzeugt werden, und daher bei jenen der Ertrag nicht noch geſteigert werden darf.

Wir glauben jedoch, daß man auch hier zwiſchen den Erziehungsarten und den einzelnen Traubengattungen unterſcheiden muß, indem das Einkürzen hauptſächlich nur für Reben mit kurzer Erziehung paßt und daher nur bei dem Rießling, Traminer, Sylvaner, mittleren Velteliner ꝛc. ſowie in Gegenden in Anwendung kommen ſollte, wo wegen der magern Bodenbeſchaffenheit ohne- dieß eine kurze Erziehung mit Halbbogen und Zapfen eingehalten werden muß, wie im Kocher Jagſt⸗ und Tauberthale (S. 148), indem hier das Einkürzen der Tragreben nach der Traubenblüthe und das Unterlaſſen des Ausbrechens der Aberzähne zuverläſſig ſehr zur Erkräftigung und größeren Tragbarkeit der Reben beitragen würde, ohne die Qualität zu beeinträchtigen, weil durch die

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niedrige Erziehung die Trauben dem Boden möglichſt nahe gebracht und da⸗ durch ihre Zeitigung und Deſtillation weſentlich befördert wird. Das Gleiche wird auch bei der geſtreckten Pfahl⸗ und der niedern Rahmenerziehung ſtatt⸗ finden, auch erzeugen ſich dadurch, daß die Aberzähne nicht ausgebrochen, ſondern beim Verbrechen nur eingekürzt werden, bis zum Einkürzen der Trag⸗ reben, an jenen ſchon wieder neue Triebe, ſo daß es an jungen Blättern zur Einſaugung der Luftnahrung nicht fehlen wird. Bei Reben, welche eine lange Erziehung verlangen (§. 137. 138), wie beim Trollinger, Urban, Elbling, wird das Einkürzen der Tragreben, beſonders in kräftigem, triebigen Boden, weniger angemeſſen erſcheinen, weil es längere Zeit nach der Blüthe anſtehen wird, bis die Rebe ihre gehörige Länge zu einem weiten Bogen erlangt hat und das Ein- kürzen faſt mit dem Ueberhauen (Abgipfeln) zuſammenfallen würde, auch dann das untere Holz ſchon mehr ausgebildet iſt, ſo daß das Einkürzen auf daſſelbe und auf die Ausbildung der Augen nicht mehr die erwartete Wirkung hätte. Jedenfalls hat aber der Weingärtner durch das Einkürzen ein vortreffliches Mittel in der Hand, die Vegetation auf den Rebſtöcken möglichſt gleich zu vertheilen und dadurch beſonders die mehr zurückſtehenden Triebe, die öfters ſchwächer bleiben, als die an der Spitze befindlichen, mehr zu kräftigem und zu künftigem Tragholz geſchickter zu machen. Auch können dadurch ältere Weinberge lange und in gutem Ertrage erhalten werden, daher die Einkürz— Methode mehr als bisher in Anwendung gebracht werden dürfte.

e. Das Ueberhauen, Ausflügeln, Gipfeln, Laubſchneiden, Ausblatten. 8. 150.

So lange der Weinſtock ſeine Ruthen in die Höhe treibt, werden dieſelben wohl länger und ſtärker, ihre vollkommene Ausbildung und Auszeitigung er- folgt aber erſt, wenn das Wachsthum in die Höhe nachgelaſſen hat. Um nun dieſes in gemäßigten Klimaten, wo die Vegetation durch Hitze, wie in heißen Klimaten, nicht eingeſtellt wird, rechtzeitig, d. h. vor dem Eintritt von Froſt und Kälte zu bewirken, werden die Reben gegen das Spätjahr, nachdem ſie ihre gehörige Länge erreicht haben, abgeſchnitten, ab- oder ausgebrochen, was man Ueberhauen, Gipfeln, Ausflügeln, Verhauen, Laubſchneiden ꝛc. nennt.

Unter dem Ueberhauen und Gipfeln verſteht man das Abſchneiden der der künftigen Tragreben, inſoweit ſie über den Pfahl hinausgewachſen find, nach der Pfahlhöhe oder bei andern Erziehungsarten auf die Länge, die etwa zum künftigen Tragholze erforderlich iſt, wobei man eher etwas zugibt, als zu ſtark abſchneidet. Sind an einzelnen Stöcken kurze Pfähle oder iſt ein Schen- kel an dem Pfahl hoch angehängt (angebunden), ſo wird etwas ob dem Pfahl abgeſchnitten, damit die künftige Tragrebe ihre gehörige Länge erhält.

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Unter dem Ausflügen, Verhauen, begreift man das Abſchneiden oder Ausbrechen der an dem übrigen Holze des Weinſtocks gewachſenen Nebentriebe (Flügel), die früher abgezwickt wurden und ſpäter wieder neue Triebe gemacht haben, damit den Trauben möglichſt Luft und Licht zugeführt wird, ohne die Beſchattung ganz zu beſeitigen, daher an den fruchttragenden Reben die Ne— bentriebe ob den Trauben nicht ausgebrochen, ſondern nur ſo weit eingekürzt werden dürfen, daß ſie den Trauben noch einigen Schatten gewähren, weil bei manchen Traubengattungen die Reife derſelben durch die unmittelbare Ein— wirkung der Sonnenſtrahlen nicht befördert wird. Zu dem Ausflügeln gehört insbeſondere auch das Einkürzen der Aberzähne an den künftigen Tragreben bis auf das untere Auge, wobei jedoch dem oberſten Aberzahn ein Zugreis gelaſſen werden muß, oder in manchen Gegenden das zweite Ausbrechen der— ſelben, was jedoch, aus den bereits angeführten Gründen (§. 148), beſonders an den künftigen Tragreben, nicht für ſehr angemeſſen erkannt werden kann, während das Ausbrechen derſelben an dem übrigen Holz, wenn es zu dicht belaubt iſt, hie und da zweckmäßig erſcheinen dürfte.

Bei der Einkürzungsmethode (S. 149) kommt das Ueberhauen gar nicht vor, ſondern nur das Ausflügeln oder Einkürzen der, nach dem Einkürzen der Hauptreben ſich gebildeten Seitentriebe (Aberzähne), die, weil ſich der Zug des Saftes hauptächlich auf dieſe geworfen hat, oft lange gewachſen ſind und eine eigent— liche Laubdecke über den ganzen Stock bilden und ihn zwar während des Sommers gegen Sonnenbrand und Hagel ſchützen, gegen das Spätjahr aber, wo dieſe Schäden nicht mehr zu befürchten ſind, dadurch beſeitiget werden müſſen, daß man fie über dem erſten oder zweiten Auge von der Hauptrebe an, abſchnei— det; der Zweck beider Arbeiten beſteht darin, den Zug des Saftes gegen oben und dadurch auch das weitere Wachſen der Reben zu unterbrechen und dadurch auf die Zeitigung des Holzes d. h. durch die Verwandlung des Baſtes und Splints in feſteres Holz (§. 2) einzuwirken, indem, ſowie der Saft zurückge— drängt wird und ſtockt, das Holz wegen der geringeren Safteirkulation weit ſchneller zeitigt, als wenn derſelbe ſeinen regelmäßigen Zug gegen oben hat. Zeitigt aber das Holz, ſo beginnt auch die Traube zu reifen, was man bald daran erkennen wird, daß die Stiele und Kämme braun und die Beere weich werden.

Außerdem ſoll das allzu große Beſchatten der Trauben beſeitiget und der Sonne und warmen Luft mehr Zutritt zu den Reben und Trauben verſchafft werden, wodurch die Zeitigung beider gleichfalls befördert wird. Das Ueber— hauen und Ausflügeln iſt daher in vielen Fällen ein wichtiges Beförderungs⸗ mittel der Traubenreife und der Heranziehung eines vollſtändig ausgereiften Rebholzes für das nächſte Jahr.

Daſſelbe ſoll nicht bälder vorgenommen werden, als bis die Rebe von

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unten herauf ſtark zeitigen und dadurch der Saftzudrang etwas abgenommen hat, alſo je nach dem Jahrgang zu Ende des Monats Auguſt oder zu Anfang oder in der Mitte des Monats September, jedenfalls hüte man ſich vor all— zufrühem Ueberhauen, weil, wenn das Holz noch grün iſt und durch das Ueberhauen die Säfte ſchnell und zu ſtark zurückgedrängt werden, während die Beſtandtheile der Traube noch nicht erweicht, ſondern noch in der Entwicklung begriffen ſind, bis ſich der geſtörte Organismus wieder geregelt hat, ein Still— ſtand in jener eintritt, wodurch nicht nur die Zeitigung der Trauben in's Stocken gerathet, mithin eine entgegen geſetzte Wirkung hervorgebracht wird, ſondern auch durch den Saftzudrang die neu gebildeten Augen leicht zum An⸗ treiben veranlaßt werden, wodurch der Ertrag für das nächſte Jahr verloren geht. Will man, wegen des allzuſtarken Wachſens der Reben, deſſen ungeach— tet etwas früher Ueberhauen, ſo laſſe man, da wo das Ausbrechen der Aber— zähne ſtattfindet, oben an der Rebe einige abgezwickte Aberzähne ſtehen, damit die Cirkulation der Säfte nicht ganz unterbrochen wird und die Rebe noch einigen Zug hat.

Der angemeſſenſte Zeitpunkt zum Ueberhauen und Ausflügeln iſt nicht allein, wenn das Holz zu zeitigen beginnt, ſondern auch wenn die Trauben ſchon weich ſind, indem dann keine allzuſtarke Störung in der Safteirkulation zu befürchten iſt.

Bei Traubengattungen, welche die unmittelbare Einwirkung der Sonne weniger ertragen können (wie der Trollinger), ſondern gerne im Schatten ſte— hen, iſt es angemeſſen, wenn die gedachten beiderlei Arbeiten je abgeſondert vorgenommen werden, nämlich das Ueberhauen, wenn die Trauben zu reifen beginnen, das Ausflügeln, wenn dieſelben in der Reife vorangeſchritten ſind. Eine beſondere Aufmerkſamkeit iſt bei dem Ueberhauen, beſonders in ältern Weinbergen, darauf zu richten, ob in der Nähe Stöcke fehlen und an deren Stelle eine Rebe von einem benachbarten Stocke eingelegt werden kann, indem in dieſem Falle bei dem Ueberhauen darauf Rückſicht genommen und nicht zu kurz abgehauen werden darf.

S. 151

Ein beſonderes Geſchäft bildet das Ausblatten oder das Ausbrechen der Blätter, es iſt nicht allgemein eingeführt, ſondern kommt nur bei einzelnen Traubengattungen oder von einzelnen Weinbergbeſitzern in Anwendung. Durch daſſelbe ſollen die Trauben mehr der Sonne ausgeſetzt und denſelben überhaupt viel Luft und Licht verſchafft werden. Daſſelbe iſt von unten gegen oben in der Art vorzunehmen, daß man immer nur die Blätter um die Trauben, be⸗ ſonders an denjenigen Reben, die nicht zu den künftigen Tragreben gehören, wegnimmt, die Blätter aber nicht abbricht, ſondern in der Mitte des Stiels abſchneidet, ſo daß alſo der Rebſtock beſonders von unten Luft bekommt, wäh⸗

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rend die obern Blätter ſtehen bleiben, damit die Blätternahrung nicht ganz aufhört. Auf Letzteres iſt beſondere Rückſicht zu nehmen und eher zu wenig als zu viel Blätter wegzunehmen, weil durch ſtarkes Ausblatten dem Rebſtock die, während der Zeitigung der Trauben ſo nöthige Luftnahrung entzogen, da— durch die Vegetation und die Reife gehemmt und weit mehr Nachtheil als Vortheil geſtiftet wird. Das Ausblatten ſoll deßhalb mit großer Vorſicht und erſt dann vorgenommen werden, wenn die Trauben ſchon in der Reife voran— geſchritten ſind und anfangen hell oder durchſichtig zu werden, oder ſich ſchon gefärbt haben und hauptſächlich nur bei ſolchen Traubengattungen, welche, wie der Ortlieber, gerne dem Faulen unterworfen ſind, oder bei anhaltend regne— riſcher Herbſtwitterung, durch die das Faulen der Trauben befördert wird. Mit dieſer Arbeit kann dann auch da, wo beim erſten Ueberhauen und Aus— flügeln die obern Aberzähne gar nicht oder nur ſchwach eingekürzt worden ſind, das zweite Zurückſchneiden oder Ausbrechen derſelben vorgenommen werden.

Das beim Ueberhauen, Ausflügeln und Ausblatten gewonnene Laub wird mit den jungen, weichen Zweigen häufig als Viehfutter benützt, wenn es jedoch dazu nicht nöthig iſt, ſo iſt es das Angemeſſenſte, man läßt daſſelbe als Dung⸗ mittel in den Weinbergen liegen, zu welchem Behuf die längern Zweige zer— ſchnitten werden. Sehr zweckwidrig iſt es aber, dieſelben in Bündeln auf die Pfähle zu ſtecken und zu dörren, weil dadurch die Beſchattung des Weinberges vermehrt wird und derſelbe ein unſchönes Ausſehen erhält.

IX. Die Doden-Arbeiten.

F. 152.

Das gute Gedeihen des Rebſtocks erfordert nicht blos eine entſprechende Lage und Erziehung, ſowie einen angemeſſenen Boden, ſondern der letztere muß auch für das Eindringen von Wärme und Feuchtigkeit gelockert und von Unkraut rein gehalten werden, damit die Nahrung des Stocks durch letzteres nicht verkümmert und der Boden durch daſſelbe nicht beſchattet wird. Außer: dem muß der Rebſtock bei den meiſten Erziehungsarten durch Holz unterſtützt und die Rebe an dem Holz befeſtigt werden, damit Winde und Stürme die— ſelbe nicht beſchädigen und die Sonne gehörig auf den Rebſtock einwirken kann. Die Weinberge erfordern daher neben der Anpflanzung und Erziehung des Wein— ſtocks noch verſchiedene andere mehr mechaniſche Arbeiten, die ſich auf Bodenbear— beitung oder auf die Herſtellung oder Benützung der Holzunterſtützung beziehen, und die hauptſächlich beſtehen in dem Aufziehen der Rebſtöcke, in dem Aufräumen derſelben, in dem Hacken und Felgen des Bodens, in dem Pfählen und dem Binden und Heften der Reben an die Holzunterſtützung, in verſchiedenen außerordentlichen Arbeiten, in dem Bandaufſchneiden und Pfähleausziehen, jo- 16

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wie in dem Bedecken der Rebe vor dem Winter. Dieſe Arbeiten kommen jedoch nicht in allen Weinbaugegenden vor und werden auch nicht in allen gleichförmig behandelt, daher wir uns hier mehr nur auf eine allgemeine Be- ſchreibung derſelben einlaſſen können.

1. Das Aufziehen, Aufdecken. §. 153.

Das Aufziehen der Weinberge iſt nur in denjenigen Weinbaugegenden nothwendig, wo die Weinberge vor dem Winter mit Erde, Pfählen, Steinen, Stroh ꝛc. zugedeckt werden (S. 165), um ſie vor der Winterkälte zu ſchüz⸗ zen, wie es in vielen Weinbaugegenden Deutſchlands eingeführt iſt. Das Auf— ziehen oder Aufdecken der Reben iſt das erſte Frühjahrsgeſchäft, ſie werd en dabei von denjenigen Gegenſtänden, mit welchen ſie niedergelegt und zugedeckt wurden, befreit und dadurch zur Erweckung der Vegetation den Einwirkungen der Sonne und der Luft wieder ausgeſetzt. Daſſelbe geſchieht, wenn mit Erde oder Raſen gedeckt wurde, mit dem Karſt, oder einer Dunggabel oder auch nur mit einem Pfahl, je nachdem die Laſt ſchwer oder leicht iſt. Man greift dabei mit dem Inſtrument unter die Reben, hebt ſie empor, ſchüttelt ſie, oder ſchlägt etwas gelinde an dieſelben, damit die Erde, die daran hängt, abfällt Das Aufziehen bei Steinen oder bei Pfählen geſchieht mit der Hand. Die Steine werden dabei im Weinberg auf beſondere Häufchen und an Stellen zu- ſammengetragen, wo ſie bei den übrigen Arbeiten am wenigſten hindern und bis zum Spätjahr liegen bleiben können, weil aber doch diejenigen Stellen, wo ſie liegen, während des ganzen Frühjahrs und Sommers nicht bearbeitet werden können, auch unter den Steinen Schnecken, Mäuſe und andere ſchäd— liche Thiere Aufenthalt finden, ſo iſt es da, wo Mauern vorhanden ſind, zweck— mäßiger, wenn man ſie auf dem Rande derſelben auflegt, wodurch ſie zugleich bei ſtarkem Regenwetter das Abflößen der oberhalb liegenden fruchtbaren Wein- bergserde aufhalten. Wurde mit Pfählen gedeckt, ſo werden dieſelben auf be— ſondere Haufen zwiſchen vier in die Erde eingeſchlagene kurze Pfähle gelegt, nachdem zuvor oben und unten kleine Erdaufwürfe mittelſt Stufen gemacht ſind, damit die Pfähle behufs ihrer beſſeren Erhaltung nicht auf dem Boden, ſondern hohl liegen.

Bei dem Aufziehen muß man ſich ſehr in Acht nehmen, daß keine Ruthen und Schenkel abgebrochen werden, was, wenn dieſelben ſtark mit Erde oder Raſen bedeckt ſind, durch ſchnelles unvorſichtiges Aufreißen leicht geſchehen kann. Das Aufziehen ſoll erfolgen, wenn der Boden etwas abgetrocknet iſt, und be- vor die Augen angeſchwollen ſind, oder gar angetrieben haben, was unter der warmen Erde leicht geſchieht und wodurch, wenn die Augen an kühlere oder

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kalte Luft kommen, dieſelben leicht Schaden nehmen können. Auch das längere Gedecktſein bei anhaltendem Regenwetter iſt zu vermeiden, indem dadurch Reben und Augen gerne ſchwarz werden und abfallen. Das frühere Aufziehen er— ſcheint daher angemeſſener als das allzuſpäte, obgleich im erſtern Falle die Reben bei den ſtarken und kalten Märzwinden hie und da der Gefahr ausge— ſetzt ſind, winddürr zu werden, oder, weil ſie weich aus dem Boden kommen, bei eintretender ſpäterer Kälte zu erfrieren.

Bei günſtiger, warmer Witterung kann mit dem Aufziehen in hohen Bergen ſchon Ende Februar begonnen werden, gewöhnlich ſoll es aber in der Mitte des Monats März geſchehen, oder nach der Weingärtnersregel an Mariä⸗Verkündigung, den 25. März.

Man wähle zum Aufziehen heitere, warme Tage, damit die aus dem Bo— den kommenden, feuchten Reben ſchnell abtrocknen und vor dem Eintritt der kalten Nächte ſich an die Luft gewöhnen können. Aus dieſen Gründen ſoll auch das Aufziehen nur während der beſſern Tageszeit, etwa von Morgens 9 Uhr bis Nachmittags 3 Uhr, und nicht an Tagen geſchehen, an welchen kalte Winde wehen.

2. Das Aufräumen. 8. 154.

Das Aufräumen (Verraumen) iſt die Vorarbeit zum Schneiden der Rebe (§. 134) und iſt hauptſächlich bei der Kopferziehung nothwendig und eingeführt. Bei dem Schneiden des Rebſtocks ſoll der Kopf gehörig ausgeputzt (ausge— ſchnitten) und die unter demſelben am obern Theile der Stange befindlichen ſogenannten Thauwurzeln entfernt, auch nach der Größe des Kopfes und der Stärke der Stange beurtheilt werden, ob dem Stock viel oder wenig Tragholz (Bogen oder Zapfen) gegeben werden ſoll (S. 119, 135), daher der Kopf frei ſtehen und die Stange bis zum erſten, bei jungen und tiefſtehenden Stöcken aber bis zum zweiten Gelenke von der ſie umgebenden Erde befreit werden muß, was durch das Aufräumen geſchieht. Außerdem hat daſſelbe den Zweck, das um den Rebſtock gewachſene Unkraut zu entfernen, möglichſt viel Wärme demſelben zuzuführen und neue kräftige Erde an denſelben zu bringen und durch all dieſes den Kopftrieb ſowie überhaupt den Trieb an den untern Theilen des Stamms zu befördern, wodurch neue kräftige Schenkel herangezogen und der Weinſtock lange geſund und tragbar erhalten werden kann, daher das Auf— räumen auch bei der Schenkelerziehung, beſonders bei jungen Weinbergen, zweck— mäßig erſcheint.

Das Aufräumen hat unmittelbar vor dem Schneiden zu geſchehen, mit einer leichten Haue, damit der Stock nicht beſchädigt wird, und in der Art,

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daß um denſelben eine runde Vertiefung von ½—1 Fuß gegraben wird, in der Kopf und Stange in der Mitte ſtehen.

Durch tiefes Ausräumen bis zum zweiten Gelenke und dadurch herbeige— führte kräftige Saft⸗Cirkulution ſollen auch manche Krankheiten des Reb— ſtocks verhütet werden. |

Das Aufräumen findet übrigens auch bei der Kopferziehung nicht in allen Weinbaugegenden, oder nur bei jungen Weinbergen in den erſten 3—4 Jah— ren ſtatt, und wird beſonders da bei ältern Weinbergen manchmal unterlaſſen, wo vom Stock hinweggereutet oder ſeicht geſetzt wird (S. 112) und daher der Rebſtock ſeine Nahrung mehr in den obern gedüngten Bodenſchichten ſuchen muß, mithin ſeiner obern Wurzeln nicht beraubt werden darf, oder wo Trauben⸗ gattungen, wie z. B. Trollinger im mittlern Neckarthale, gepflanzt werden, die im Alter nicht mehr gerne aus dem Kopf treiben, was jedoch, aus dem an— geführten Grunde, nicht immer und beſonders da nicht als zweckmäßig erſcheint, wo auf junge Triebe aus dem Kopfe geſehen werden muß.

Nach dem Aufräumen bleibt der Rebſtock gewöhnlich offen ſtehen, bis zum Hacken; wenn jedoch frühzeitig aufgeräumt und geſchnitten wird, iſt es noth— wendig, daß der Stock ſogleich nach dem Schneiden wieder zugedeckt wird, da— mit derſelbe durch die hie und da noch eintretende ſtrenge Kälte keinen Scha— den leidet.

Auch in magerem, ſteinigen Boden ſoll nach dem Schneiden der aufge— räumte Boden ſogleich wieder, oder beſſer friſche Erde an den Stock gebracht werden, weil der Boden ſonſt zu ſtark austrocknet.

3. Das Hacken, Graben, Umkehren. §. 154.

Das Hacken der Weinberge, auch Graben und Umkehren genannt, iſt die erſte größere und wichtigere Bodenarbeit und wird im Frühjahr nach dem Schneiden der Reben (S. 140) vorgenommen, doch kommen bei einzelnen Er- ziehungsweiſen auch Ausnahmen vor (§. 156, 157).

Der Zweck des Hackens beſteht

a. in der Auflockerung des, durch die Herbſtgeſchäfte des vorigen Jahrs, ſowie durch die vorangegangenen Geſchäfte des Aufziehens, Aufräumens und Schneidens zuſammengetretenen Bodens, damit Luft, Wärme und Feuchtigkeit in denſelben eindringen und dadurch die in dem Boden befindlichen Nahrungs⸗ theile zerſetzt und der Rebe zugeführt werden (§. 61—63, 70, 71).

b. In der Vertilgung des Unkrauts, damit dieſes die Nahrungsſäfte des Bodens nicht an ſich und dadurch dem Reſbſtock entzieht.

Daſſelbe geſchieht gewöhnlich den Berg hinauf, wodurch der Boden den

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Berg hinunter geſchafft und die obere Zeile nach und nach erdenlos wird. Um dieſes zu vermeiden, werden vor dem Hacken Anfälle oder ſogenannte Hackſchläge gemacht, d. h., es wird vom untern Ende des Weinbergs hinter der letzten Zeile der Boden aufgehackt und die Erde an das obere Ende, den Kopf, getragen, damit dieſer Theil nicht erdenlos bleibt. Kann übrigens dieſer oberſten Zeile durch Ausſchlagen von Gräben oder auf andere leichtere Weiſe Erde gegeben werden, ſo kann das Hintragen von Erde vom untern Ende des Weinbergs unterlaſſen, dagegen muß jedenfalls der Boden aufgehackt und die Erde in die untern Zeilen des Weinbergs geworfen werden. Sit ein Wein⸗ berg durch Mauern oder Raine in mehrere Beete (Gräben) abgetheilt, ſo kann der Boden (Hackſchlag) vom untern Theile des obern Beets auf den obern Theil des zweiten Beets geworfen werden, wodurch manche Arbeit erſpart wird.

Sind die Beete ſchmal, ſo wird hie und da ſtatt den Berg hinauf in die Quere gehackt, deſſen ungeachtet muß für Hackſchläge geſorgt werden, weil be— ſonders an ſteilen Bergen auch viel Boden durch Regen von dem obern gegen das untere Ende des Beets geflößt wird. In einzelnen Weinbaugegenden, wie im Rheingau, in welchen die geſtreckte Pfahl- oder die Rahmenerziehung eingeführt iſt, wird beim Hacken der Boden, in den einzelnen Gaſſen gegen die Mitte auf ſogenannte Balken gezogen, damit, weil ſich dadurch gegen die Rebſtöcke Vertiefungen bilden, die Wärme mehr auf den Stock einwirken kann und ſich weniger Thauwurzeln anſetzen. Das Aufräumen vor dem Schneiden wird dann aber öfters unterlaſſen. Das Hacken geſchieht in der Regel mit dem, mit zwei breiten, vornen etwas ſcharf gemachten Zinken verſehenen Karſch, indem man mit demſelben am leichteſten in den Boden einhauen und die Erde aufziehen kann.

In den Weinbergswegen (Furchen), oder wo überhaupt der Boden ſehr hart iſt, wird auch die Reuthaue dazu verwendet. In der Bodenſeegegend wo das Hacken, Graben, Umkehren genannt wird, erfolgt daſſelbe entweder mit dem Spaten, wobei ½ Fuß tief geſtochen wird, oder mit der Furke, einer Gabel mit drei Zinken. Man hackt etwas ſchief in den Boden, zieht die Erde gegen ſich ſo, daß der obere Theil unten zu liegen kommt und der Boden alſo umgekehrt wird. Der Boden ſoll möglichſt tief gelockert und daher beſonders in jungen Weinbergen tief gehackt werden, ſo daß der Karſch ſo tief in den Boden kommt, als die Zinken lang ſind, man hat ſich dabei jedoch ſehr in Acht zu nehmen, daß die Wurzeln der Reben nicht verletzt werden. In ältern Weinbergen, wo die Stöcke ihre Nahrung mehr von den obern Wurzeln bes ziehen, kann daher etwas ſeichter gehackt werden, ebenſo in Weinbergen, in welchen bei der Anlage die Reben etwas ſeicht gelegt wurden (ſchief in Gräben oder mit der Haue, §. 111, 112). Auch auf die Bodenart muß Rükſicht ges

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nommen und in ſchwerem Boden tiefer, d. h. 1 Fuß tief, in leichtem Boden ſeichter, d. h. 4—6 Zoll tief gehackt werden. Der ſchwere Boden bedarf ein tiefes Hacken, weil er durch daſſelbe nie ſo vollkommen gelockert wird, wie der von Natur loſe, ſandige oder kalkige Boden, auch muß man dabei die Schollen mit dem Helme des Karſtes zerſchlagen, damit ſie kleiner werden und überall Luft, Wärme und Feuchtigkeit eindringen laſſen. Bei einem leichten, lockern Boden, der beim Hacken in kleine Theile zerfällt, tritt dieſe Rückſicht nicht ein, vielmehr nimmt er Regen und Thau ſchnell in ſich auf, läßt aber das Waſſer eben ſo ſchnell und leicht in die Tiefe verſinken oder in die Luft verdunſten, wodurch der Boden bei warmer Witterung zu ſchnell austrocknet und den Wur- zeln die erforderliche Feuchtigkeit entzogen wird, daher dieſelbe durch das nicht zu tiefe Lockern des Bodens den Wurzeln der Rebe möglichſt lange erhalten werden ſoll. Außerdem muß das Hacken um die einzelnen Rebſtöcke mit Sorg⸗ falt geſchehen, weil dieſelben ſonſt leicht mit dem Karſt beſchädigt werden könnten.

Auf die Vertilgung des Unkrauts iſt eine beſondere Aufmerkſamkeit zu verwenden, man ſäubere daher den Boden von demſelben gänzlich, namentlich laſſe man das ſchädliche Flechtgras und die Wenden nicht aufkommen, reiße ſie deßhalb mit den Wurzeln ſorgfältig aus und entferne fie aus dem Wein- berg, weil, wenn man ſie auf dem gehackten Boden zum Abdorren liegen läßt, ſolche beim erſten Regen wieder anwachſen und ſich weiter verbreiten. Sehr zweckmäßig iſt es, wenn nach dem Hacken die Weinberge durchgangen und das wieder angewachſene Unkraut herausgehauen wird, indem, wenn dieſes im erſten Safttrieb geſchieht, die etwa zurückgebliebenen Wurzeln in dem Safte erſticken und dadurch zu Grunde gehen, wodurch eine nachhaltige Ausrottung des Unkrauts bezweckt wird. Bei ſehr ſaftreichem Unkraut, wie z. B. Diſteln, laſſen ſich dieſelben auch dadurch ausrotten, daß man auf die zurückgebliebenen Wurzeln etwas Koch- oder Viehſalz ſtreut.

Das Hacken ſoll vorgenommen werden, wenn kein Schneefall und keine ſtrenge Kälte mehr zu befürchten iſt, mithin im Monat April oder zu Anfang des Monats Mai, und da es häufig in der Faſtenzeit geſchieht, ſo wird es auch hie und da Faſtenhauen genannt. Ein frühes Hacken kann ſehr ſchädlich wirken, indem, wenn Kälte, Schneewaſſer und Eis in den Boden bis zu den Wurzeln dringen, der erſtere erkältet wird und die letztern leicht krank werden. Tritt dann ſpäter warme Witterung ein, ſo drängt die Wärme leichter in den Boden, wodurch der Trieb der Reben zu ſchnell erweckt wird, was, wenn ſpä⸗ ter Froſt eintritt, den Reben weit mehr Schaden bringen kann, als wenn bei ſpätem Hacken der Boden länger geſchloſſen bleibt. Auch hat ein allzufrühes Hacken noch den weitern Nachtheil, daß ſich der Boden durch die im Frühjahr öfters fallenden Regen zu bald ſchließt, wodurch ſpäter die Wärme und warme

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Gewitterregen in den Boden nicht gehörig eindringen können, vielmehr den Berg hinabſtrömen und Dung und Erde mit fortnehmen. Doch ſoll daſſelbe auch nicht zu ſpät und beſonders nicht zu der Zeit vorgenommen werden, wo die Augen etwas angetrieben haben, indem dieſelben nicht nur leicht abgeſtoßen werden können, ſondern auch von ſelbſt abfallen, wenn man mit dem Karſch oder dem Fuß an einen Schenkel ſtößt. Bei naſſer Witterung ſoll nicht ge— hackt werden, weil der Boden dabei zu viel Feuchtigkeit aufnimmt, nicht zerfällt, ſondern zähe und zuſammenhängend bleibt und durch das Geſchäft ſelbſt ſowie durch die darauffolgenden Arbeiten (Pfählen, Anbinden) allzuſehr zufammenge- treten würde, es iſt deßwegen zum Hacken womöglich eine beſtändige und warme Witterung zu wählen.

Auch auf die Lage und Bodenart muß Rückſicht genommen werden, ins⸗ beſondere ſind trockene Höhen frühzeitig zu hacken, weil ſie dadurch bei etwa fallendem Regen mehr Feuchtigkeit aufnehmen und ſich bälder wieder ſchließen, mithin die Feuchtigkeit länger behalten, warme Böden früher als kalte, lockere früher als ſtrenge. Sind die zur Ergänzung fehlender Stöcke bejtimmten Reben von benachbarten Stöcken nicht ſchon früher eingelegt worden (§. 139, 142, 143), ſo muß dieſes bei dem Hacken geſchehen, daher man ſolche Stöcke auch Hackſtöcke nennt.

4. Das Pfählen.

§. 156.

Der Zweck der Holzunterſtützung überhaupt und insbeſondere des Pfäh- lens, ſowie die der Erziehung des Weinſtocks entſprechende Ausführung deſſel⸗ ben iſt bereits oben §. 255 und 256 abgehandelt worden, daher wir hier mehr nur die mechaniſchen Arbeiten zu beſchreiben haben. Das Pfählen wird je nach der Erziehungsweiſe, entweder vor oder ſogleich nach dem Hacken vorgenom— men, ſowie der Boden etwas abgetrocknet iſt und ſo lange der Untergrund noch Feuchtigkeit hat, damit die Pfähle gut und tief geſteckt werden können. Bei naſſem Wetter iſt daſſelbe zu unterlaſſen, weil der Boden dabei zu ſehr zuſammengetreten würde. Das Pfählen vor dem Hacken ſowie das Anhängen der Reben an die Pfähle iſt gewöhnlich bei der geſtreckten oder Rheingauer⸗ Erziehungsweiſe, das Pfählen nach dem Hacken bei den übrigen Pfahlerzie⸗ hungen eingeführt.

Die zur Unterſtützung der Rebſtöcke zu verwendenden Pfähle werden ge— wöhnlich aus tannenem Holz geſpalten und ſollen 6, in einzelnen Weinbaugegenden auch 7 Fuß lang und mindeſtens 1 Zoll ſtark fein. Hie und da werden auch eichene Pfähle genommen, die, weil das eichene Holz weit langſamer als das tannene Holz fault, etwas kürzer aber von gleicher Stärke wie tannene Pfähle

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fein müſſen. Eichene Pfähle von grünem Holz werden gerne krumm, daher dieſelben nach dem Spalten mindeſtens ein Jahr lang der Luft und dem Re— gen ausgeſetzt und dabei gut beſchwert, auch anfänglich hie und da mit Waſſer begoſſen werden müſſen, damit ſich die Lohe herauszieht und das Austrocknen befördert wird.

In einzelnen Weinbaugegenden, wo eine ſehr hohe Erziehung der Reben eingeführt iſt, wie in der Bodenſeegegend und im Moſelthal, werden anſtatt der Pfähle tannene Stänglen von 10—12 Fuß Länge verwendet, die man Stecken nennt. Vor dem Einſtecken der Pfähle müſſen dieſelben wenigſtens an einem Ende geſpitzt werden, damit ſie tiefer und beſſer in den Boden gehen, auch iſt es gut, wenn die Pfähle, um ſie mehr vor Entwendung zu ſichern, mit dem Namen des Eigenthümers bezeichnet werden, was dadurch ſchnell geſchieht, wenn man den in Eiſen geformten Anfangsbuchſtaben in jeden Pfahl einſchlägt. Die Spitze des Pfahls ſoll, damit er feſtſteht, noch in den unge— bauten (ungehackten) Boden kommen. Das Einſtecken der Pfähle geſchieht gewöhnlich mit dem Pfahleiſen, das ſich der Arbeiter an den rechten Fuß ſchnallt nnd womit er den Pfahl unten faßt und 6—10 Zoll tief in den Boden drückt. In denjenigen Weinbaugegenden, wo der Weinbergsboden mit vielem Stein— gerölle vermiſcht iſt, wie z. B. im Kocherthale, werden die Pfähle mit einem eiſernen oder hölzernen Hammer eingeſchlagen. Bei dem Einſtecken der Pfähle muß auf die Erziehung eines jeden einzelnen Stocks Rückſicht genommen und alſo bei langen Schenkeln weiter, bei kürzern enger gepfählt werden. Kommt der Pfahl bei langen Schenkeln zu nahe an den Stock, ſo muß der Bogen zu weit an den Pfahl hinauf gebunden werden, was nicht nur einen nachthei— ligen Einfluß auf die Zeitigung der Trauben, ſondern auch den weitern hat, daß die jungen Hölzer bald über den Pfahl hinauswachſen und nicht mehr angebunden werden können. Aus dieſem Grunde ſind auch die längeren Pfähle den Schenkeln und Bögen, die ſchon etwas abgefaulten und kürzeren aber den Zapfen und den Trieben aus dem Kopfe (Bodenhölzer) zu geben. Wird der Pfahl bei kurzen Schenkeln zu weit vom Stocke geſtellt, ſo müſſen dieſelben ſowie die Augen zu nieder angehängt werden, wodurch die untern Trauben auf den Boden zu liegen kommen und gerne anfaulen oder von Inſekten ꝛc. beſchädiget werden. Gewöhnlich ſollen die Bögen oder Zapfen der Schenkel 1 Fuß über dem Boden ſtehen.

Bei der geſtreckten Erziehung muß hauptſächlich darauf geſehen werden, daß die Pfähle in eine gleiche Linie zu ſtehen kommen und namentlich der Pfahl in der Mitte von 2 Stöcken ſo geſteckt werden, daß die Streckreben beider Stöcke an denſelben bequem gebunden werden können. Der Kopf be⸗ kommt dabei den ſtärkſten Pfahl, bei dem Stecken der Pfähle an die Köpfe dürfen jedoch dieſelben dem Kopfe nicht allzu nahe kommen, damit die Wurzeln

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nicht verletzt werden. Bei dieſer Erziehungsweiſe wird, wie bereits bemerkt, in der Regel vor dem Hacken gepfählt und angehängt, weil dadurch, wenn die offenen Gaſſen bereits gebildet ſind, erſteres weſentlich erleichtert wird.

Der bedeutende Aufwand, der durch die Bepfählung eines Weinberges veranlaßt wird, indem bei einer Beſtockung von 4 Fuß Weite auf 2400 Stöcke mindeſtens 7200, bei einer Weite von Fuß auf 3200 Stöcke mindeſtens 8000 9600 Pfähle nöthig find, was bei einem Preiſe von 2 fl. per Hundert ein Kapital von 144—192 fl. repräſentirt, das längſtens binnen 8— 10 Jahren wieder erneuert werden muß, hat ſchon vielfache Vorſchläge zu Verminderung dieſer unverhältnißmäßig großen Auslagen hervorgerufen, die dahin gingen:

a. Durch Erziehung der ſchnell wachſenden Akazie aus Samen das Pfahl— holz ſelbſt zu gewinnen, indem die Stämmchen, ſobald ſie die Stärke von 1—1½ Zoll erreicht haben, dazu verwendet werden können.

b. Die Pfähle vor dem Einſtecken mit Asphalt-Theer 2—3 mal wenig⸗ ſtens zur Hälfte von unten herauf zu beſtreichen, wodurch ſie vor dem ſchnel— len Verfaulen geſchützt werden.

e. Die Pfähle mittelſt Eintauchen in eine Flüſſigkeit Kupfervitriol zu konſerviren, wodurch dieſelben gleichfalls gegen ſchnelle Fäulniß geſchützt wer— den und mindeſtens eine vierfache Dauer erlangen ſollen, zu welchem Behufe 1 Pfd. Kuepfrvitriol möglichſt frei von Eiſen in 100 Pfd. Waſſer aufgelöst und dieſe Flüſſigkeit in alte Fäſſer, Kufen oder Züber ſo vertheilt wird, daß fie 12—15 Zoll hoch damit angefüllt find, worauf fo viele Pfähle in dieſelbe geſtellt werden, als hineingehen. Da nun die Flüſſigkeit in den Saftröhren des Holzes aufwärts ſteigt, ſo werden die Pfähle, beſonders wenn man Pfähle von grünem Holze dazu verwendet, in dem die Saftröhren noch nicht einge— trocknet ſind, in jener Höhe in 2—3 Wochen ganz davon durchdrungen ſein und oben ein bläuliches Ausſehen erhalten, worauf man ſie umkehrt und das andere Ende ebenſo lange in der Auflöſung ſtehen läßt. Nach der Verwen— dung läßt man ſie an der Luft trocknen. Gleiche Dienſte ſoll auch der Chlor— zink leiſten, wobei 1 Pfd. koncentrirte Chlorzinklöſung mit 20 Pfd. Waſſer verdünnt wird.

Dieſe verſchiedenen, zur Erſetzung oder Erhaltung der Pfähle empfohle— nen Mittel ſind aber, ſoviel dem Verfaſſer bekannt iſt, noch nirgends im Großen angewendet worden, daher es ſehr zu wünſchen wäre, wenn in dieſer Richtung weitere Verſuche angeſtellt und das Verfahren dabei, das möglichſt einfach ſein ſollte, bekannt gemacht würde.

Am zweckmäßigſten wäre es, wenn man immer mehr zu dem $. 126 be- ſchriebenen Rahmenbau übergehen und bei demſelben dann die Draht-Anlage einführen würde, die, nach neueren Notizen, beſonders in den Rheingegenden immer mehr Verbreitung findet und auch ſonſt noch manche Vortheile darbietet.

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5. Das Anhängen, Anheften, Gürten. 8. 157.

Das Anhängen, Anheften, auch Gürten genannt, beſteht in dem Anbin⸗ den des Schenkels und des Bogens an den Pfahl, was gewöhnlich mit dün⸗ nen Weiden (Anhängweiden), hie und da auch mit Stroh oder Binſen ge— ſchieht. Das Anhängen muß ſogleich nach dem Pfählen vorgenommen werden, weil ſonſt bei ſtarken Winden die Schenkel und Bögen an die Pfähle geſchla— gen werden, wodurch die gewöhnlich ſchon angetriebenen Augen abfallen, daher man auch beim Anhängen ſelbſt darauf zu ſehen hat, daß die Bögen nicht ſtark bewegt und die Augen nicht abgeſtoßen werden. Das Geſchäft des An⸗ hängens iſt nicht unwichtig, indem durch ein zweckmäßiges Ausführen deſſel⸗ ben die folgenden Geſchäfte, namentlich das Verbrechen (Zwicken), ſehr erleich- tert und auch die Zeitigung der Trauben befördert wird. Der Bogen darf nicht quer, ſondern muß ſo angehängt werden, daß derſelbe den Berg hinauf oder hinunter und der Schnabel womöglich nicht gegen oben, ſondern gegen den Boden ſieht, damit die künftigen Traghölzer am hintern Theile des Bo- gens gegen oben zu ſtehen kommen und beim Verbrechen leicht erkannt werden können. Iſt dieſes nicht der Fall und ſteht der Schnabel bald oben bald un⸗ ten am Pfahl, ſo muß man beim Verbrechen die hinterſten Wachshölzer erſt mühſam ſuchen, oder es werden die beſten Hölzer abgebrochen und die Schna— belhölzer ſtehen gelaſſen, die man im nächſten Frühjahr zu Traghölzer oder Bögen nicht brauchen kann und daher wegſchneiden muß, wodurch ein Theil des Ertrags verloren geht. Zugleich muß bei dem Anhängen darauf geſehen werden, daß der Bogen oben und unten feſt an dem Pfahl anliegt und feſt angebunden werden kann, damit derſelbe nicht durch jeden Wind bewegt wird, indem dadurch die Rinde der Rebe leicht aufgerieben und brandig wird, die Trauben aber gerne am Stiel lahm werden und dadurch in der Zeitigung zurückbleiben. Hat der Schenkel zwei Bögen, ſo werden ſie auf beiden Sei— ten des Pfahls hie und da mit einem Klank angehängt. Sind ſtatt der Bö⸗ gen nur Zapfen angeſchnitten, ſo werden auch dieſe oder der ganze Schenkel mit Weiden an den Pfahl geheftet. Werden beim Biegen der Bögen dieſel— ben nicht an die Schenkel, ſondern nach §. 141 an den Pfahl gebunden, fo wird mit dem Anhängen der Bögen an den Pfahl auch das Biegen ver- bunden.

Bei der geſtreckten Pfahl-Rahmen⸗ und Kammer⸗Erziehung wird das Anhängen in der Regel nach dem Schneiden und vor dem Hacken vorgenom- men, indem dadurch die Reben vor Beſchädigungen beim Hacken geſichert wer⸗ den und letzteres ſehr erleichtert wird ($. 156). Durch das Anhängen ſollen die Trauben dem warmen Boden zwar möglichſt nahe gebracht und dadurch

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die Zeitigung derſelben befördert werden, wenn jedoch der Boden naß und kalt iſt, ſo darf etwas höher angehängt werden als bei warmem und trockenem Boden, weil ſonſt die Trauben gerne frühzeitig faulen.

6. Außerordentliche Arbeiten.

§. 158. Die Lage, der Boden und die Bebauung mancher Weinberge machen ne— ben den gewöhnlichen auch außerordentliche Arbeiten nöthig, die beſonders im Frühjahr vorzunehmen ſind und die wir hier kurz berühren wollen.

a. Das Graben⸗Ausſchlagen.

Wenn Weinberge ſehr ſteil und mit keinen Mauern und gepflafterten Waſſerabzugsfurchen verſehen ſind, oder wenn der Boden locker und leicht ab— ſchwemmbar iſt, werden nicht ſelten in der Mitte derſelben oder ſonſt an paſ— ſenden Stellen Gräben zum Auffangen und Ableiten des Waſſers angelegt, in welchen ſich während des Sommers und Winters Erde und Schlamm an— ſammeln, die von Zeit zu Zeit ausgeſchlagen werden müſſen, damit das Waſ— ſer in denſelben ſich gehörig anſammeln und von dort ablaufen kann. Dieſes Ausſchlagen hat regelmäßig im Frühjahr vor dem Hacken zu geſchehen, indem mit der ausgeworfenen Erde häufig die Hackſchläge gemacht werden können (S. 155), auch iſt daſſelbe ſowie das Reinigen der Waſſerabzugsfurchen jedes— mal nach heftigen Waſſergüſſen zu wiederholen. Mit dieſem Geſchäft kann auch das Ausſchlagen der gewöhnlich unten an den Weinbergen zum Auffan— gen des Waſſers und der Erde befindlichen Erd- und Waſſerlöcher oder der ausgemauerten und gepflaſterten Sammelkäſten (S. 98), ſowie die Reinigung der Wege und Staffeln verbunden werden.

b. Das Rainpritſchen.

Sind in den Weinbergen ſtatt der Mauern, Grasraine angelegt (§. 98), ſo muß auch für deren Erhaltung geſorgt werden, indem dieſelben durch die Winterkälte ſowie durch die Hitze, beſonders wenn ſie den Wirkungen der Sonnenſtrahlen ſtark ausgeſetzt ſind, ſich auflockern, zerfallen und abrutſchen. Um dieſes zu verhüten, müſſen ſie, ſo lange noch die Winterfeuchte im Boden und derſelbe weich und feucht iſt, oder nach einem ſtärkern Regenfall durch Pritſchen wieder feſtgemacht werden, wodurch man ſie lange erhalten kann. Man bedient ſich dabei einer beſondern Rainpritſche von Holz, die 4—5 Fuß lang und 3—4 Zoll breit iſt.

c. Das Steineleſen.

In hohen und ſteilen Kalkſteingebirgen, wie z. B. im mittlern Neckar⸗

Enz⸗ Kocher⸗ und Jagſtthale, iſt der Boden ſehr häufig mit vielen großen

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und kleinen Kalkſteinen gemiſcht, die zwar auf der einen Seite die Erde vor dem Abflößen ſchützen, die Wärme des Bodens vermehren und die Feuchtig— keit länger erhalten, mithin für die Rebe ſehr zuträglich ſind, auf der andern aber die Bebauung der Weinberge, beſonders wenn ſie von größerem Umfange ſind, erſchweren, daher nach dem Hacken die größeren Steine, die bei demſel⸗ ben öfters zum Vorſchein kommen, zuſammengeleſen und entweder aus dem Weinberge geſchafft oder auf beſondere, in den Weinbergen angelegte Stein— haufen, ſogenannte Steinmauern (§. 111. Pkt. 9) zuſammengetragen werden, woraus in manchen Orten ein beſonderes Geſchäft, das Steinleſen, ge— macht wird.

7. Das erſte Felgen (Rauhfelgen), Brachen, Rühren.

8. 159.

Je aufgelockerter der Boden in den Weinbergen iſt, deſto mehr kann die Luft und die Wärme ſowie die Feuchtigkeit in denſelben dringen und dadurch nicht nur die Auflöſung der im Boden befindlichen Nahrungsſtoffe, ſondern auch die Ausdünſtung des Bodens an kohlenſtoffhaltigen Subſtanzen, an Wärme und Feuchtigkeit befördern und dadurch ſehr wohlthätig auf das Wachsthum des Rebſtocks und der Trauben ſowie auf die Zeitigung der letztern einwirken. Ein öfteres Be⸗ arbeiten des Bodens in den Weinbergen iſt daher eine Nothwendigkeit und hat nach dem Hacken während des Sommers einigemale zu geſchehen. Die erſte Bodenarbeit nach dem Hacken, Pfählen und Anhängen iſt daher daͤs erſte Felgen auch Rauhfelgen genannt, weil der Boden vom Hacken noch rauh daliegt, oder das Rühren, Brachen oder zweite Graben. Daſſelbe ſoll nicht früher begonnen werden, als bis die jungen Schoſe an den Reben ziemlich erſtarkt ſind, indem ſie ſonſt leicht abgeſtoßen werden, doch darf daſſelbe auch nicht zu lange und namentlich nicht bis gegen die Blüthe im Anſtand gelaſſen werden. Die beſte Zeit, je nach dem Triebe der Weinberge, iſt das Ende des Monats Mai oder der Anfang des Monats Juni. Der Zweck des Rauh⸗ felgens iſt, den vom Hacken noch aufgeworfenen Boden zu ebnen, die vorhan⸗ denen Erdſtücke (Schollen) zu zerkleinern, ſowie den durch ſtarke Regen mit einer Kruſte überzogenen Boden zu öffnen und überhaupt denſelben zart und nach der Weingärtnerſprache mohl zu machen, damit derſelbe der Wärme und den ſonſtigen Einflüſſen der Witterung mehr zugänglich iſt; ferner das nach dem Hacken wieder angewachſene Unkraut auszurotten, zu welchem Behuf un⸗ ter den Rebſtöcken mit Sorgfalt gefelgt und beſonders das Flechtgras, das den Boden außerordentlich ausmärgelt, entfernt werden muß. In manchen Orten wird das Unkraut nach dem Felgen aufgeleſen und aus dem Weinberg geſchafft, damit daſſelbe nicht wieder neu anwachſen und durch Ausfallen des

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Samens ſich nicht vermehren kann, was ſehr zweckmäßig erſcheint. Auch das hie und da gebräuchliche Aushauen der Unkrautbüſche nach dem Anhängen iſt für die Reinhaltung der Weinberge beſonders dann ſehr empfehlungswerth, wenn bei ſehr hitzigem Boden mit ſeichtem Obergrund in trockenen Jahren das öftere Bearbeiten des Bodens, damit er nicht allzuſehr austrocknet und die Vegetation der Rebe zum Stillſtand kommt, nicht räthlich erſcheint. Der dritte Zweck des Felgens iſt das Zudecken der Köpfe an den Rebſtöcken, die beim Hacken offen gelaſſen oder nach demſelben wieder aufgeräumt worden ſind (S. 136), damit fie von der Sonne nicht ausgebrannt werden, ſowie, wenn beim Hacken in der Mitte der Gaſſen Balken gebildet werden ($ 155), das Verziehen derſelben gegen die Stöcke, ſo daß der durch Luft, Wärme und Feuchtigkeit befruchtete Boden an dieſelben zu liegen kommt und der Weinberg wieder eine gleiche Fläche bildet

Das Felgen wird mit einer kurzen, unten aber breiten Haue verrichtet, die wohl etwas geſchärft ſein darf, damit der Boden gehörig durchgearbeitet werden kann, auch muß daſſelbe aus dieſem Grunde etwas tiefer als das zweite Felgen (2—3 Zoll tief), und bei trockener Witterung und trockenem Boden geſchehen, indem ſonſt der angegebene Zweck gar nicht erreicht werden kann vielmehr bringt das Felgen bei naſſer Witterung und naſſem Boden durch das Gelbwerden der Rebſtöcke mehr Schaden als Nutzen, namentlich ſollen dabei die ſtärkeren Thauniederſchläge dem Trollinger ſehr ſchädlich ſein. Man hüte ſich jedoch durch allzutiefes Felgen die obern Wurzeln zu verletzen, indem, wenn dieſelben gleich im Frühjahr weggeſchnitten werden, eine Verletzung der— ſelben im Sommer während der Vegetation der Rebe einen Nachtheil auf die letztere ausüben würde.

Bei allen Arbeiten mit der Haue arbeitet man in der Regel gegen den Berg, d. h. denſelben hinauf, ſo daß die Erde vom Berg herabgezogen wird, beim Felgen wird aber an ſteilen Bergen mit vielen ſchmalen Mauerabſätzen in einzelnen Gegenden, wie im mittlern Neckarthale, den Berg hinunter gear— beitet, jo daß die Erde den Berg hinaufgezogen wird, was inſofern als ange— meſſen erſcheint, weil dadurch der Boden dem betreffenden Weinbergsbeet mehr erhalten und das öftere Erdentragen erſpart wird.

8. Das Binden der Reben. §. 160,

Die jungen Reben ſind bei ihrem erſten Heranwachſen, beſonders in maſten Weinbergen ſehr weich und werden daher durch Winde und Gewitter— ſtürme leicht abgeriſſen. Die Natur hat ihnen zwar durch die Gabeln (Boll— hacken §. 3) eine Stütze gegeben, durch welche ſie ſich an alle feſte Körper an⸗

254 hängen können, dieſes geſchieht jedoch nicht immer auf regelmäßige und dem Wachſen und Zeitigen der Traube entſprechende Weiſe, daher hier durch Kunſt mittelſt Anbinden der jungen Triebe an die Pfähle, Rahmen, Truder ꝛc. nad: geholfen werden muß.

Das Binden der Reben hat daher zu erfolgen, ſobald dieſelben ſo weit (1½—2 Fuß hoch) herangewachſen ſind, daß ſie durch Winde beſchädigt wer— den können, oder auch durch ihre eigene Schwere herabhängen und leicht ab— brechen. Gewöhnlich wird daſſelbe ſogleich nach dem Verbrechen (Zwicken) vorgenommen, indem dann diejenigen Triebe, welche zu künftigen Traghölzern herangezogen werden ſollen und hauptſächlich das Anbinden erfordern, ausge— ſchieden ſind, während dieſes bei den eingekürzten (abgezwickten) Hölzern weniger nöthig iſt (S. 147, 148). Das Binden vor dem Verbrechen iſt nicht zweck- mäßig, weil dadurch nicht nur letzteres erſchwert, ſondern auch das Erſtarken des Holzes verhindert wird, und durch das Aufbinden das junge Holz mehr in die Länge als Stärke wächst. Aus dieſem Grunde iſt auch da, wo das Verbrechen, wie im Tauberthale, nicht regelmäßig vorgenommen wird, ein frühes Binden nicht angemeſſen. Das Verbrechen und Binden vor der Blüthe der Trauben gewährt den Vortheil, daß denſelben mehr Sonne und Luft zu— geführt wird und das Verblühen gleichmäßiger, das Wachſen der Trauben aber ſchneller geſchieht. Bei der Erziehung ohne Holzunterſtützung unterbleibt das Binden entweder ganz oder wird nur auf die in S. 122 beſchriebene Weiſe vorgenommen.

Auch bei der Einkürzmethode (§. 149) kann das Binden oder wenigſtens das ſpätere Heften ($. 162) unterbleiben. Bei dem Binden werden die zu einem Schenkel gehörigen, nicht abgezwickten Hölzer (Wachs-, Stand», Trag⸗ hölzer) einigemal ſo an den jedem Schenkel gegebenen Pfahl gebunden (§. 124, 125, 156), daß ſie vom Winde nicht erfaßt und hin und her getrieben werden können. Das Gleiche geſchieht mit den zur Nachzucht beſtimmten Kopfreben, hat jedoch der Kopf keinen Pfahl erhalten, ſo werden die Wachshölzer an einen Schenkel gebunden.

Da wo das Ausbrechen der Aberzähne gebräuchlich iſt (S. 148), wie im untern Neckarthale, wird dieſes Geſchäft gewöhnlich nicht mit dem Zwicken, ſondern mit dem Binden verbunden, wobei es vor dem Anbinden der Ruthen zu geſchehen hat.

Das Anbinden erfolgt mit Stroh, man nimmt 2—3 Halme, umwendet damit Ruthen und Pfahl und befeſtigt dieſelben durch einen ſogenannten Klank. Roggen- oder Einkornſtroh iſt, weil es die meiſte Zähigkeit hat, das tauglichſte zum Binden, Dinkelſtroh bricht gerne ab. In manchen Gegenden nimmt man ſtatt des Strohs Binſen, wodurch das oft ſehr theure Stroh erſpart wird. Bevor das Stroh zum Binden gebraucht wird, muß es durch eine etwas weite

hölzerne Neff gezogen und dadurch von Gras, Unkraut und dem verwirrten Stroh gereinigt werden, die reinen Halme werden dann in ſogenannte Schäube (kleinere Büſchel) gebunden und oben abgehauen, damit die Halme eine gleiche Länge erhalten und die Klanke nicht zu lang werden und dadurch an den Stöcken herumflattern. Unmittelbar vor dem Binden werden die Strohſchäube in Waſſer getaucht, und beſonders die ſtarken Roggenhalme etwas mit den Füßen getreten, um ſie weicher und gelenkiger zu machen. Die Strohbänder ſollen nur locker und nicht feſt angelegt werden, weil ſonſt dieſelben in die weichen Triebe leicht einſchneiden und fie verletzen oder die Safteirkulation leiden könnte. Auch ſind die einzelnen Triebe beim Zuſammenbinden nicht zu ſtark anzuziehen, und Trauben und Laub nicht unter das Band zu bringen, weil die Triebe ſonſt abbrechen oder zu gedrängt auf einander zu liegen kom— men, wodurch Trauben und Blätter zu ihrer Entwicklung zu wenig Luft und Licht erhalten. Gut iſt es daher, wenn die Triebe etwas bogen⸗ oder keſſelförmig und jedenfalls nicht gekreuzt, ſondern freiſtehend an- gebunden werden, ſo daß innerhalb des leeren Raums die Träubchen hängen und ſich gehörig entwickeln können. Beſonders ſind die Bodenhölzer aus dem Kopfe öfters ſo ſeitwärts ausgewachſen, daß ſie beim ſtarken Anziehen leicht abbrechen, daher ſie nicht mit Gewalt an den Pfahl oder Schenkel gezogen werden dürfen, ſondern mehr bogenförmig, oder es kann denſelben noch ein beſonderes Pfählchen gegeben werden.

Außerdem hat das Binden nur bei trockener Witterung und auch nicht bei ſtarkem Morgenthau zu geſchehen, indem das Arbeiten an den Rebſtöcken bei naſſer Witterung, wie ſchon mehrmals bemerkt wurde, ſchädlich iſt und wenn das feuchte Laub zuſammengebunden wird, daſſelbe ſich leicht erhitzen, faulen und mit den Trauben abſtändig werden kann.

9. Das zweite Felgen, Rühren, Lanutergraben. §. 161.

Bei dem zweiten Felgen verfolgt man ähnliche Zwecke, wie bei dem erſten Felgen, der Boden ſoll durch daſſelbe der Wärme, der Luft und der Feuchtig⸗ keit wiederholt geöffnet und das Unkraut vertilgt werden. Daſſelbe iſt auch in dem Falle nicht zu unterlaſſen, wenn das erſte Felgen aus dem in §. 159 angeführten Grunde unterblieben iſt, weil ſonſt das Unkraut allzuſehr überhand nehmen könnte und der Boden, der die Winterfeuchtigkeit längſt verloren hat, allzuſehr geſchloſſen bliebe, auch ein lockerer Boden ſich weit weniger als ein ſtreng geſchloſſener erwärmt, dagegen Luft und Feuchtigkeit weit eher, als ein geſchloſſener zu den Wurzeln dringen läßt und erfahrungsgemäß den Thau weit mehr anzieht. Daſſelbe darf nicht ſo tief, wie das erſte geſchehen, ſon⸗

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dern der Boden höchſtens einen Zoll tief aufgerührt werden. In Württem⸗ berg erfolgt das zweite Felgen in den Weinbaugegenden mit kräftigem Thon— und Lehmboden, der ſich bälder ſchließt und ſchnell wieder Unkraut treibt, in der Regel im Monat Auguſt, mithin zur heißeſten Zeit des Jahres, daher man ſich während der Mittagshitze bei ſtarkem Sonnenſchein hüten muß, dieſes Geſchäft zu verrichten, weil die Trauben ſonſt gerne braten. Iſt viel Gras und Unkraut im Weinberg, was in naſſen Jahrgängen, beſonders im kühlen Boden, nicht ſelten der Fall iſt, ſo iſt es zweckmäßig, wenn der Weinberg vor dem Felgen ausgegrast und das Unkraut aus demſelbeen entfernt wird, damit ſich daſſelbe durch Ausfallen des Samens nicht weiter verbreitet.

In andern Weinbaugegenden, wie z. B. im Rheinthale, wird das zweite Felgen oder das zweite Rühren, das auch drittes Hacken oder Graben oder Lautergraben genannt wird, ſpäter und in der Regel erſt dann vorgenommen, wenn die Trauben weich werden wollen, oder ſich läutern ſollen, weil in dem dortigen, meiſt warmen, ſandigen, zum Theil etwas magern Boden, das Un— kraut ſich nicht ſo ſchnell vermehrt und ein Oeffnen des mehr lockern Bodens zur heißen Jahrszeit denſelben allzuſehr austrocknen würde, auch fällt dort viel— leicht weniger Regen als in den höher liegenden mehr bewaldeten Neckarge— genden. Zugleich ſoll dort durch das zweite Felgen zu Ende des Monats Auguſt oder im Monat September, wo die Tageswärme nicht mehr ſo ſtark iſt, daß fie ſchaden könnte, der Boden derſelben geöffnet und dadurch die Aus- bildung und Reife der Trauben weſentlich gefördert werden.

Daſſelbe iſt jedoch nur bei trockener Witterung vorzunehmen, indem die Vornahme bei naſſer Witterung nicht nur, wie das erſte Felgen, nachtheilig auf den Rebſtock einwirken, ſondern auch die entgegengeſetzte Wirkung herbei— führen, nämlich ſtatt Wärme, Feuchtigkeit in den Boden bringen und ſtatt zur Verdünſtung der letztern beizutragen, dieſelbe noch vermehren würde.

In der Bodenſeegegend, wo das Gras in den Rebländern ſehr üppig wächst, wird mit dem zweiten Felgen noch ein beſonderes Geſchäft, das Jä— ten oder Grasausziehen verbunden, was mit der Hand oder mit einer Gabel von zwei Zinken geſchieht und wobei das Gras entweder durch Liegenlaſſen auf dem Boden oder durch Aufhängen an den Stecken (Pfählen) gedörrt und als Winterfutter nach Hauſe geſchafft wird.

10. Das Heften oder zweite Binden. 162

Das raſche Wachſen der jungen Triebe der Rebe dauert fort, bis das Holz und die Traube zu zeitigen beginnt, in triebigem Boden, wie im Neckar⸗ thale und ſeinen Seitenthälern, muß daher im Monat Auguſt auf das erſte

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Binden noch ein zweites folgen, bei dem die nachgewachſenen Triebe, wie beim erſten Binden, mit Stroh an den Pfahl gebunden werden, was man Heften heißt, wahrſcheinlich weil die Triebe ſchwächer ſind und kein ſo ſtarkes und feſtes Band mehr erfordern. Bei dieſem Heften werden zugleich die erſten Bänder, welche durch Winde ꝛc. losgeriſſen wurden, ergänzt, und, wo das Ausbrechen der Aberzähne an den Tragreben üblich iſt, dieſelben, um die Reife des Holzes zu befördern, nochmals ausgebrochen.

Das Heften wird im Monat Auguſt, je nachdem ſich neue lange Triebe zeigen, entweder vor oder nach dem zweiten Felgen vorgenommen, in manchen Weinbaugegenden, wo die Triebkraft der Rebe geringer iſt, aber ganz unter— laſſen.

11. Das dritte Felgen

§. 163.

wird, wenn die Trauben weich werden und zu reifen beginnen, vorgenommen und hat den Zweck, den Weinberg von dem nachgewachſenen Unkraut noch- mals zu ſäubern, hauptſächlich aber um durch Oeffnung des Bodens der Luft, Wärme und Feuchtigkeit Zutritt zu verſchaffen und dadurch die Traubenreife zu befördern, auf die es einen weſentlichen Einfluß hat, und ſollte daher da, wo ein öfteres Felgen wegen der Bodenverhältniſſe nothwendig erſcheint, nie verſäumt werden. Die Vornahme deſſelben iſt jedoch nur bei trockenem Bo- den und nicht bei naſſer Witterung anzurathen, indem im letztern Falle durch das Felgen das Faulen der Trauben, beſonders in mehr ebenen Lagen mit kräftigem Thon⸗ und Lehmboden, ſehr befördert würde.

Bei dieſem Geſchäft ſind auch an denjenigen Stöcken, an welchen die Trauben auf dem Boden liegen, unter denſelben Grübchen in den Boden zu machen, oder dieſelben an den Stöcken hinaufzubinden, damit fie wieder frei- hängen und dadurch weniger dem Faulen und der Beſchädigung durch Inſekten ausgeſetzt ſind, ſo daß ſie geſund und ausgereift in die nun bald beginnende Weinleſe kommen.

12. Das Bandaufſchneiden und Pfähleausziehen.

8. 164.

Iſt der Herbſt vorüber, ſo hat der Weingärtner zunächſt dafür zu ſorgen, daß die Reben vor den ſchädlichen Einflüſſen der Winterwitterung geſchützt werden. Das erſte Geſchäft beſteht in dem Bandaufſchneiden und Pfähleaus- ziehen, erſteres hat aber auch da zu geſchehen, wo kein Pfahlbau ſtattfindet, oder wo die Pfähle (Stecken), wie in der Bodenſeegegend, im Boden ſtecken bleiben und wo die Reben nicht niedergelegt werden, weil dieſelben, wenn ſie

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reiſtehen und vom Winde hin und her bewegt werden können, ſchnell abtrod- nen und dem Glatteis während des Winters weniger ausgeſetzt ſind. Das Aufſchneiden der Bänder geſchieht mit dem Rebmeſſer (Hape), wobei nicht nur die Stroh- ſondern auch die Weidenbänder aufgeſchnitten werden müſſen, ſo daß der Rebſtock von dem Pfahle oder der ſonſtigen Holzunterſtützung ganz be- freit wird.

Das Pfähleausziehen erfolgt mit der Hand, indem man den Pfahl mit beiden Händen faßt und gerade in die Höhe zieht, bis er aus dem Boden iſt. Bei ſchrägem Ausziehen brechen die Pfähle, beſonders bei trockenem Boden, gerne ab, was ſorgfältig zu vermeiden iſt, indem durch das häufige Abbrechen kein unbeträchtlicher Schaden entſteht.

Nach dem Ausziehen werden die Pfähle armvollweiſe auf den Boden ge— legt, fo daß der untere Theil den Berg hinabſieht; nachher werden ſie ent- weder zum Niederlegen der Reben verwendet, oder man legt ſie in Schrägen. auf die Weiſe ein, daß zwei Pfähle in Entfernungen von 2 Fuß ſchräg gegen einander in den Boden geſtoßen werden, damit ſie oben ein Kreuz bilden, in das man dann die Pfähle einlegt, und wobei die unteren Spitzen derſelben auf den Boden zu liegen kommen, oder man ſchlägt der Länge nach in Ent⸗ fernungen von 4 Fuß vier Pfähle in den Boden, ſo daß ſie zwei Kreuze bil— den und ſchafft dann in dieſelben die übrigen Pfähle, damit ſie frei in der Luft liegen, auch kann man ſogenannte Pfahlſchaften machen, indem man vier ſtarke Pfähle 2 Fuß in der Breite und 4 Fuß in der Länge in den Boden ſchlägt, hinten und vornen die Erde etwas aufwirft und auf dieſe Aufwürfe kurze Pfähle legt, auf die dann die übrigen Pfähle der Länge nach zu liegen kommen, ſo daß ſie nirgends den Boden berühren und daher bei ſchlechter Witterung leicht wieder abtrocknen. Ferner kann man die eingeſchlagenen Pfähle oben kreuzen und das Kreuz mit einer Weide befeſtigen und ſofort in dieſe Pfahlſchaft die Pfähle, das untere Theil den Berg hinab gerichtet, ein- ichieben, ſo daß das Ganze wie ein Dach oben zulauft, wodurch Regen und Schneewaſſer leicht ablaufen und in das Innere der Pfahlſchaft ſelten Waſſer eindringen kann.

Die letztern Aufbewahrungsweiſen ſind für die Erhaltung der Pfähle die zweckmäßigſten. In hohen und ſteilen Weingebirgen mit vielen Mauerabſätzen werden die Pfähle hie und da an die Mauern geſtellt; es hat jedoch dieſe, ſowie die erſtere Behandlungsweiſe das Nachtheilige, daß der untere Theil der Pfähle während des ganzen Winters auf der Erde ſteht, wodurch das Fau⸗ len des Holzes befördert wird.

Iſt der Boden in den Weinbergen ſehr ſtrenge und zähe und geſchieht das Pfahlausziehen bei weichem Boden, ſo daß das Loch, in dem der Pfahl geſteckt iſt, nicht ſelbſt zufällt, ſo iſt es zweckmäßig, wenn die Löcher mit dem

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Fuße zugetreten oder ſpäter mit der Haue zugeräumt werden, weil ſich fonft Waſſer in denſelben anſammeln könnte, das, wenn es während des Winters gefriert, auf die Wurzeln der Rebſtöcke ſehr ſchädlich wirken würde. Bei Weinbergen, welche mit Erde gedeckt werden, geſchieht dieſes gelegentlich des Deckens.

13. Das Niederlegen und Bedecken (Trechen, Beziehen) der Reben.

§. 165.

Durch das Niederlegen und Bedecken der Reben vor dem Winter ſollen die Rebſtöcke vor der Winterkälte geſchützt werden, indem in ſtrengen Wintern nicht nur die unbedeckten Ruthen, ſondern auch die Schenkel und die Köpfe im Boden erfrieren können, wodurch der ganze Stock zu Grunde geht.

Das Decken der Reben iſt jedoch in den ſüdlichen Weinbaugegenden, wo keine ſtrenge Winterkälte vorkommt, gar nicht und auch in mehr nördlichen Gegenden nicht überall eingeführt, je nachdem die beſondern klimatiſchen Ver- hältniſſe daſſelbe mehr oder weniger fordern, oder die Vortheile und Nach— theile deſſelben, die wir hienach näher bezeichnen werden, für überwiegend ge— halten werden. Das Niederlegen und Decken, auch Beziehen oder Trechen genannt, geſchieht theils mit Erde, theils mit Steinen, theils mit Raſen oder Pfählen und hie und da auch mit Stroh, man muß übrigens zwiſchen dem Niederlegen und Decken unterſcheiden, indem durch erſteres der Rebſtock blos auf den Boden niedergelegt und durch aufgelegte Steine oder Pfähle dort feſtgehalten wird, während er durch das Decken nicht blos auf dem Boden niedergehalten wird, ſondern auch noch durch Erde, Raſen, Stroh eine ſchü— tzende Decke bekommt, was auf die Geſundheit und die Erhaltung, ſowie auf den Ertrag der Rebe hie und da von Einfluß iſt. Das Niederlegen und Decken mit Erde iſt im Allgemeinſten verbreitet. Man nimmt das zu einem Stock gehörige Rebholz mit der Hand zuſammen und legt es gegen den Berg auf den Boden nieder, tritt mit dem einen Fuß darauf, hebt mit der breiten Trechhaue Erde neben dem Stock aus und bedeckt damit die Schenkel und Ruthen, daß ſie auf dem Boden liegen bleiben. Weil jedoch ſtarke Schenkel durch das allzutiefe Niederlegen gerne abſpringen, ſo iſt es angemeſſen, wenn vor dem Niederlegen etwas Erde gegen den Kopf herangezogen wird, ſo daß die Schenkel auf dieſelbe zu liegen kommen und dadurch nicht hohl liegen, ſondern einen feſten Stützpunkt haben. Außerdem wird auch der Kopf etwa ½ Fuß lang gegen die Schenkel mit Erde bedeckt (angehäufelt) und dadurch gleichfalls vor dem Erfrieren geſichert. Bei dieſem Decken iſt hauptſächlich auf gute Bedeckung des Kopfes und der Schenkel zu ſehen, weil auch während des Winters die Safteirkulation in dem Holz nicht ganz aufhört und wenn

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dann nur die Ruthen, die Schenkel aber nicht bedeckt ſind und daher kalt lie⸗ gen, Saftſtockungen eintrete können, wodurch dieſelben grindig werden und abſterben. Bei Weinbergen, bei welchen die geſtreckte Pfahlerziehung einge⸗ führt iſt, iſt es zweckmäßig, wenn nicht ſämmtliche Reben den Berg hinauf, ſondern nach der Erziehung ($. 125) ein Schenkel den Berg hinauf, der an⸗ dere den Berg hinab niedergelegt wird, weil der letztere, wenn er gegen den Berg hinauf gezogen wird, leicht abbrechen kann. Bei dem Beziehen mit Erde muß man den Boden genau unterſuchen und kennen, ob er keine den Augen ſchädliche Beſtandtheile enthält, indem bei dem Vorhandenſein von vie— lem Gyps, Kalk oder ſalpeterartigen Beſtandtheilen die Augen gerne ausge⸗ freſſen werden (freſſender Boden) und der Ertrag dadurch geſchmälert wird. Bei ſolchen Bodenarten iſt es daher angemeſſener, wenn die Rebſtöcke entwe⸗ der gar nicht bedeckt oder mit Steinen oder Pfählen niedergelegt, oder, wie im Tauberthale, nur an der Spitze der Ruthe, die beim Schneiden hinweg— fällt, mit Erde bedeckt oder zuvor mit Stroh überlegt werden. Das Nieder⸗ legen mit Steinen kommt hauptſächlich da vor, wo wegen des ſteinigen Bo— dens nicht mit Erde gedeckt werden kann. Hier werden auf die Schenkel und Ruthen Steine, die in den Weinbergen aufbewahrt werden (S. 153), gelegt, damit ſie auf dem Boden liegen bleiben, der Kopf aber mit Dünger zugedeckt, der im Frühjahr unter dem Kopf eingehackt wird.

Werden die Pfähle zum Decken der Rebſtöcke verwendet, ſo drückt man dabei Schenkel und Ruthen auf die angegebene Weiſe auf den Boden und belegt ſie ſofort quer mit 4—6 Pfählen, durch die ſie auf dem Boden gehalten werden, denn es iſt eine alte Erfahrungsweiſe, daß die Reben nicht erfrieren, wenn ſie auch nicht bedeckt, ſondern nur auf den Boden niedergelegt und da— durch vor den kalten und ſtrengen Nordoſtwinden geſchützt ſind. Blos vor dem Glatteis, durch das häufig die Augen beſchädiget werden, ſchützt das Nie- derlegen mit Pfählen oder Steinen nicht überall, dagegen bleiben die Augen dabei, beſonders in naſſen Wintern, geſünder als in dem feuchten Boden und die Rebſtöcke werden gegen die kalte Frühjahrswitterung nicht ſo empfindlich, daher ein derartiges Niederlegen mehr Nachahmung finden dürfte. Mit Pfählen kann man übrigens, weil man mehr Pfähle braucht als der einzelne Stock hat, nur ungefähr die Hälfte der Reben niederlegen, die andere Hälfte wird dann mit Erde oder Steinen gedeckt. Das Niederlegen mit Pfählen kann auch noch dadurch vollzogen werden, daß man die Reben mit den Pfählen auf den Boden ſpannt, indem man dieſelben theils ſchief auf die Reben legt, theils unter die Schenkel ſchiebt, wodurch man eine Spannung und einen Druck auf die Reben hervorbringt, durch den ſie auf dem Boden gehalten werden, wobei aber hie und da auch ein Schenkel abſpringen kann.

Das Decken mit Raſen kann nur da nachhaltig in Anwendung kommen,

261

wo Gelegenheit zum Stechen deſſelben auf Oedungen und Waiden der Ge: meinden gegeben iſt. Ebenſo iſt auch das Decken mit Stroh, wie es in der Bodenſeegegend bei Ravensburg eingeführt iſt, wegen der Koſtſpieligkeit und des Mangels an Stroh in vielen Weinbaugegenden nicht anwendbar, auch hat daſſelbe ſowie das Decken mit Moos und Laub den Nachtheil, daß beide zu— viel Näſſe aufnehmen, dadurch ſich erhitzen, faul werden und hiedurch, ſowie durch das baldige Erregen der Vegetation der Rebe Schaden bringen, über— dies Mäuſen und andern Thieren zum Aufenthalt dienen, von welchen die Augen der Reben ausgefreſſen werden. Bei der Schenkelerziehung läßt ſich das Niederlegen und Decken der Rebſtöcke in der Regel nur theilweiſe aus- führen, indem die aufrecht ſtehenden, öfters ſtarken Schenkel, wenn ſie nicht brechen ſollen, nicht immer gebogen und niedergelegt werden können, daher dieſes gewöhnlich nur bei den Ruthen ſtattfinden kann.

Das Niederlegen und Decken der Reben kann ſogleich nach dem Pfahl⸗ ausziehen vorgenommen werden, jedoch nicht bälder, als bis dieſelben ihre voll- kommene Reife erlangt haben, holzig und braun geworden ſind, gewöhnlich zu Anfang oder im Laufe des Monats November. Das Niederlegen muß mit Vorſicht und ſo geſchehen, daß die Reben höher zu liegen kommen als das ſie umgebende Erdreich, damit ſich kein Waſſer unter denſelben anſammeln kann, auch muß man, beſonders da, wo mit Erde gedeckt wird, ſich nach der Witterung und der Bodenbeſchaffenheit richten, indem mit ganz trockenem Bo⸗ den nicht gut gedeckt werden kann, weil derſelbe zerfällt und dadurch nicht auf den Reben liegen bleibt, wodurch dieſelben ſich wieder aufrichten. Der Boden ſoll daher feucht, aber nicht naß ſein. Das Decken bei Regenwetter oder nach gefallenem Schnee iſt nicht angemeſſen, weil, wenn die Stöcke naß oder mit Schnee umgeben unter den Boden kommen, beſonders wenn er nicht austrock— net, ſondern bald darauf gefriert, leicht Schaden nehmen können.

8. 166.

Das Niederlegen und Bedecken der Rebſtöcke gewährt den Vortheil, daß dieſelben vor der Beſchädigung nicht nur durch die ſtrenge Winterkälte, ſon⸗ dern durch das Bedecken auch in minder ſtrengen Wintern vor dem den Au— gen ſehr ſchädlichen Glatteis geſchützt ſind, und daß bei dem Bedecken mit Erde der aufgezogene Boden den Einwirkungen der Kälte blos geſtellt und dadurch nicht nur milder wird, ſondern auch aus der Atmosphäre ſich mit nährenden Beſtandtheilen ſchwängern kann, auch werden viele Unkrautwurzeln, ſowie die im Boden befindliche Inſektenbrut zerſtört, und die Reben vor dem nachtheiligen Benagen durch Thiere (Haſen ꝛc.) geſchützt.

Die Nachtheile beſtehen jedoch darin, daß die Rebſtöcke verweichlicht wer⸗ den und daher nicht nur für manche Krankheiten empfänglicher ſind, ſondern

262

auch durch die Frühjahrsfröſte nicht ſelten bälder als das ungedeckte Holz Schaden nehmen und kein ſo hohes Alter erreichen als ungedeckte Stöcke.

An den ungedeckten Reben kann das Holz, beſonders wenn nicht bald ſtrenge Kälte eintritt, weit mehr auszeitigen, die Saftgefäſſe (Poren) deſſelben werden ſtärker und ziehen ſich enger zuſammen, widerſtehen dadurch mehr der Kälte, und das Holz treibt häufig mehr Trauben, als das gedeckte Holz, wenn gleich hie und da behauptet werden will, daß die Trauben an letzteren vollkommener werden und dadurch hinſichtlich des Ertrags kein Unterſchied ſtattfinde. Bei den ungedeckten Reben können überdieß die Frühjahrsarbeiten weit früher beginnen, oder ſchon nach dem Herbſt vorgenommen und dadurch namentlich das Schneiden ſorgfältiger, rechtzeitiger und ohne großen Saftverluſt vollzo— gen werden ($. 140), auch werden die Koſten des Deckens und des Aufziehens der Reben erſpart.

Die Vorzüge des Nichtdeckens ſcheinen daher größer als diejenige des Deckens zu fein, daher das letztere in den höhern Bergen und geſchützten La— gen, wo Kälte und Froſt weit ſeltener Schaden thun, in der Regel und be— ſonders auch noch aus dem Grunde unterlaſſen werden dürfte, weil in den ſteilen Bergen die Sonne den Schnee weit ſchneller als in niedern Lagen ſchmilzt und durch das öftere Aufthauen und Zugefrieren deſſelben während der Nächte, die niedergelegten Reben durch Bildung von Glatteis ꝛc. weit mehr Schaden nehmen, als wenn ſie freiſtehen und durch die Winde und Sonnenwärme ſchnell abtrocknen.

Das Niederlegen und Decken der Reben ſollte deßhalb auf niedere und unbeſchützte Lagen, jo wie auf den Rücken der Berge, wo die kalten und ſtren⸗ gen Winde überall Zutritt haben, beſchränkt und dabei hauptſächlich darauf geſehen werden, daß mehr mit Pfählen und Steinen niedergelegt, als mit Erde ganz gedeckt wird, weil bei Erſterem die Reben, aus dem bereits ange- führten Grunde, geſünder bleiben und weniger Schaden nehmen.

Außerdem ſollte bei der Entſcheidung der Frage, ob gedeckt oder nicht ge— deckt werden ſoll, auch auf die Rebgattungen Rückſicht genommen werden, in⸗ dem es eine Thatſache iſt, daß Reben mit engen Saftgefäſſen (Poren) weit länger Kälte und Froſt, ohne Schaden zu nehmen, ertragen können, als die⸗ jenigen mit weiten Gefäſſen. Zu jenen ausdauernden Reben gehört nament⸗ lich der Rießling, daher derſelbe in manchen Gegenden ſchon ſeit vielen Jah⸗ ren nicht mehr gedeckt wird, ohne daß man irgend einen Nachtheil dabei ver⸗ ſpürt hat. Auch ein weiterer Umſtand, wenn nämlich einzelne Rebgattungen mehr an den vordern Augen Trauben treiben, wie z. der Urban, dürfte Be⸗ achtung finden, indem durch das Niederlegen und Decken ſolcher Reben, die vorderen Augen leicht beſchädigt werden, daher es angemeſſen ſein wird, wenn ſolche ungedeckt bleiben.

263

Bei dem Unterlaſſen des Deckens ift jedoch die Vorſicht zu gebrauchen, die Köpfe der Rebſtöcke ſtark, etwa /. —! Fuß hoch mit Erde anzuhäufeln, damit jedenfalls der Kopf und der untere Theil der Schenkel vor der ſtrengen Kälte geſchützt ſind, ſo daß, wenn auch der übrige Theil des Stocks erfriert, derſelbe wieder neue Triebe machen kann, wodurch ſich manche Stöcke, wie nach dem ſtrengen Winter von 1860-61 wieder ganz verjüngen.

X. Die Düngung.

8. 167.

Die Rebe, wenn ſie gehörig gedeihen ſoll, bedarf, wie jede andere Pflanze, einer angemeſſenen Ernährung, die Stoffe, welche dazu tauglich ſind, empfängt ſie theils aus der Luft, theils aus dem Erdboden.

Die Luftnahrung beſteht in den §. 61 beſchriebenen Bereit der Luft, ſowie in der Wärme⸗ und Feuchtigkeits⸗ (Regen-) Entwicklung derſelben (8. 62), die der Rebe theils durch die Poren der Blätter, theils durch die— jenigen der Wurzeln zukommen. Außerdem enthält aber auch der Boden ver— ſchiedene Beſtandtheile (Erde, Metalle, Salze, Humus ꝛc.), die der Rebe zur Nahrung dienen, und, nachdem ſie durch die Luft, Wärme und Feuchtigkeit aufge löst ſind, derſelben in flüſſigem Zuſtande zugeführt werden.

Die Luftnahrung wird durch die Ausdünſtungen des Bodens und der Pflanzen, ſowie durch die Strömungen der Luft fortwährend erſetzt (S. 63), bei den in dem Boden enthaltenen Nahrungsſtoffen iſt dieſes aber weniger der Fall, indem dieſelben nach und nach von den darauf gebauten Pflanzen aufgezehrt werden, und wenn ſie nicht mehr in gehöriger Menge, oder gar nicht mehr vorhanden ſind, denſelben, und insbeſondere der Rebe, nur noch ein dürftiges Vegetiren geſtatten. Damit nun die letztere die natürlichen Nahrungsſtoffe in gehöriger Menge und auf die leichteſte Weiſe erhält, dazu dienen die bereits abgehandelten Bodenarbeiten; die im Boden enthaltenen, von der Rebe aber abſorbirten Nährtheile müſſen dagegen auf künſtliche Weiſe er⸗ ſetzt werden und dieß führt zur Düngung der Weinberge.

In ſüdlichen Ländern, wo die natürlichen Nahrungsſtoffe durch die clima⸗ tiſchen Verhältniſſe auf die Rebe weit kräftiger wirken, iſt die Düngung der— ſelben hie und da ganz überflüſſig, oder weit ſeltener nöthig, in nördlicheren Gegenden, wie unſer Deutſchland, kann dieſelbe aber nicht umgangen werden, weil dadurch der Rebe nicht nur neue Nahrung zugeführt, ſondern auch durch die Verweſung der meiſten Düngerarten Wärme im Boden verbreitet, ver- ſelbe gelockert, dadurch der Zutritt der äußern Wärme erleichtert und ſomit auch derjenige der natürlichen Nahrungsſtoffe, ſowie überhaupt die durch die elimatiſchen Verhältniſſe weniger begünſtigte Vegetationskraft befördert wird

264

Unter Dünger verſteht man im Allgemeinen jeden Körper, der zur Er⸗ nährung der Pflanzen dient; nicht jede Pflanze hat aber die gleichen Nahrungs⸗ ſtoffe nöthig (§. 63) und auch diejenigen für die einzelnen Rebgattungen erfor⸗ derlichen find nicht immer die gleichen, daher bei der Anwendung der vers ſchiedenen Düngerſtoffe darauf beſondere Rückſicht zu nehmen iſt.

Nach den in §. 75 enthaltenen Unterſuchungen beſtehen die Hauptbeſtand⸗ theile der Rebe in Kali, Natron, Kalk, Magneſia (Bittererde) und Phosphor, auch hat dieſelbe zu der Hervorbringung kräftiger Früchte eine gewiſſe Menge ſtickſtoffhaltiger Materien (Ammoniak) nöthig, daher durch die Düngung der— ſelben vorzugsweiſe jene Stoffe zugeführt werden müſſen. Sie ſind nach §. 65 theils in verſchiedenen Metallen, aus welchen unſere Erdrinde beſteht, alſo auch in dem gebauten Boden, theils in Pflanzen und Thierkörpern ent⸗ halten, daher die Düngerſtoffe eingetheilt werden in

Organiſche und in

Unorganiſche oder Mineralſtoffe.

Um jedoch richtig beſtimmen zu können, welche von den verſchiedenartigſten Düngerſtoffen dem Weinbergsboden zuzuſetzen ſind, muß man die Beſchaffenheit der einzelnen Bodengattungen genau kennen, und deßhalb iſt insbeſondere beim We inbaue eine genaue Bodenkunde eine unerläßliche Bedingung (§. 74), denn jeder Dünger wirkt nur da wohlthätig auf die Pflanzen, wo ſein Stoff im Boden entweder ganz fehlt oder nicht in gehöriger Menge vorhanden iſt, ſo daß da, wo er ſchon genügend zugegen, ein Uebermaß deſſelben eine ganz ent⸗ gegengeſetzte Wirkung hervorbringen könnte, wie z. B. in einem kalkreichen Boden eine ſtark kalkhaltige Düngung keine günſtige Wirkung haben kann, während in einem kalkarmen Boden dieſelbe von ſehr gutem Erfolge ſein wird.

Aus eben dieſem Grunde muß der rationelle Weinbauer auch mit den verſchiedenen Beſtandtheilen der verſchiedenen Düngerarten genau bekannt ſein, indem er ſonſt nicht beurtheilen kann, welche Subſtanzen derſelbe enthalten muß, um die dem Boden durch die Erzeugung der Traube entzogene Kraft wieder vollſtändig in dem Dünger zu erſetzen und eine unpaſſende Düngung dieſen Erſatz, wie bereits angeführt, nicht nur nicht leiſtet, ſondern ſogar ſchädlich wirken und dadurch immer mehr zur Entkräftung des Bodens bei- tragen kann. Mit Beſtimmtheit wird man daher annehmen dürfen, daß die in einzelnen Gegenden verſuchte Anpflanzung edler Traubengattungen (Clevner, Traminer) hauptſächlich nur aus dem Grunde mißlungen iſt, weil für dieſel⸗ ben nicht der zu ihrer nachhaltigen Ernährung geeignete Boden gewählt und derſelbe durch eine entſprechende Düngung auch nicht zu verbeſſern, oder bei angemeſſenem Boden die Bodenkraft durch eine paſſende Düngung nicht zu er⸗ halten geſucht wurde.

Die Beſtandtheile der Rebe und die zu ihrer Ernährung erforderlichen

265

Stoffe lernen wir aus einer genauen Unterſuchung der Beſtandtheile des Neb- holzes und Laubes (§. 75), dasjenige, was dem Boden jährlich durch die Er— zeugung der Frucht entzogen wird, durch die genaue Unterſuchung der Traube kennen, es wird deßwegen, wenn man einmal mit dieſen Momenten bekannt iſt, nicht mehr ſchwer werden, zu beurtheilen, welcher Boden für die Anpflan- zung jeder einzelnen Rebgattung der geeignetſte iſt, und welche Düngerſtoffe zur Erhaltung und Ergänzung der Bodenkraft erforderlich ſind.

Weil übrigens nicht jeder Weinbauer mit den Unterſuchungen der Be— ſtandtheile der einzelnen Boden- und Rebgattungen umgehen kann, ſo würden ſich unſere landwirthſchaftlichen Anſtalten und Weinbauſchulen ein großes Ver— dienſt erwerben, wenn ſie, wie es auch bereits von einzelnen Freunden und Beförderern des Weinbaues geſchehen iſt (§. 70, 75), in jener Beziehung weitere Unterſuchungen nach gleichen Principien vornehmen und die Reſultate von jeder Weinbaugegend beſonders bekannt machen würden.

Die Nahrung, welche die Rebe durch die Atmosphäre bezieht (Stickſtoff, Kohlenſäure), werden derſelben durch die Luft und das Waſſer zugeführt (§. 63), es handelt ſich daher bei der Ergänzung der Bodenbeſtandtheile durch den Dünger hauptſächlich um diejenigen der feſtern Beſtandtheile (Al- kalien), die theils in den organiſchen (vegetabiliſchen), theils in den animali⸗ ſchen Düngerſtoffen enthalten ſind, daher wir die verſchiedenen Düngergattun- gen einer nähern Betrachtung unterziehen und mit den

Mineralſtoffen beginnen wollen. §. 168.

Nach den Beſtandtheilen des Rebholzes gehören zu den düngenden, ein— fachen Mineralſtoffen der Kalk, Gips, die Laugenſalze (Kali, Natrum), Sal⸗ peter, Kochſalz, Schwefel oder deren Säuren ($. 64, 65), die an und für ſich oder in Verbindung mit andern Stoffen im Waſſer löslich ſind und ſich in dieſem flüſſigen Zuſtande der Rebe mittheilen; auch die Aſche muß hieher gerechnet werden, indem fie blos die in der Rebe enthaltenen Mineralſtoffe darſtellt (S. 75). Zu den zuſammengeſetzten Mineralſtoffen gehören aber die verſchiedenen Erdarten, wie Mergel, Thon, Lehm, Schiefer, Sand, die nicht nur ſchon vermöge ihrer Zuſammenſetzung düngende Stoffe enthalten (8. 67, 68), ſondern auch die einfachen Mineral- ſowie die organiſchen Stoffe in ſich aufnehmen und im löslichen Zuſtande der Rebe zuführen.

Der mineraliſche Dünger wirkt theils chemiſch, indem er die Auflöſung der im Boden enthaltenen, ſchwer auflöslichen Stoffe erleichtert, wodurch dieſe zu wirklichen Nahrungsſtoffen umgeſchaffen werden, wie Kalk, Mergel, Aſche, theils wirkt er mehr reizend auf die Pflanzen ſelbſt, indem er ihre organiſche Thätigkeit erhöht und zum Theil ſich ſelbſt den Pflanzenſäften mittheilt, wie

266

die verſchiedenen Salze. Auch mechanisch wirkt derſelbe dadurch, daß er die nährenden Beſtandtheile der Atmosphäre anzieht, die Wärme und Feuchtigkeit an ſich hält und den Boden lockert, und dadurch die le Eigenschaften deſſelben verbeſſert, wie Sand, Thon, kleine Steine ꝛc.; häufig vereinigen aber die verſchiedenen Düngerarten alle drei Eigenſchaften 1 ſich.

1. Der Kalk.

Da der Kalk einen weſentlichen Beſtandtheil der Rebe ausmacht, ſo muß ſie in jedem Boden, in dem ſie freudig gedeihen ſoll, Kalk finden, jedoch nicht im Uebermaße, indem die Rebe im reinen Kalkboden gar nicht gedeiht, im ſtark kalkhaltigen aber weniger ſtark vegetirt. Fehlt der Kalk im Boden oder iſt er durch die Rebe conſumirt worden, ſo kann er dadurch erſetzt werden, daß man gebrannten, ungelöſchten Kalk (S. 64) an der Luft zerfallen läßt, ihn dann mit etwas feuchter Erde vermiſcht, und dieſe Maſſe bei trockenem Wetter dünn auf die Oberfläche des ee ſtreut, ohne ſie mit den Blättern in Berührung zu bringen.

Der Kalk äußert eine ſtarke Wirkung auf den im Boden befindlichen ſau⸗ ren Humus, beſonders auf ſchwerem, naſſen Thonboden in dem ſich der Humus weniger leicht zerſetzt, weil er denſelben im Waſſer löslich macht, und dadurch als Nahrungsſtoff zubereitet, auch lockert er den gebundenen kalten Boden und trägt dadurch zu deſſen Erwärmung bei. Die Düngung mit reinem Kalke kommt jedoch in den Weinbergen ſelten vor, häufiger dagegen mit kalkhaltiger Erde, doch ſoll eine Düngung mit gebranntem Kalk das Gelbwerden der Reben verhindern oder vertreiben, auch das Untermengen von Kalk unter den Vieh- dünger die Traubenreife beſchleunigen. a

2. Der Gyps oder ſchwefelſaurer Kalk.

8. 169.

Dieſer iſt eine Verbindung der Schwefelſäure mit Kalk ($. 64, 77), er übt eine ähnliche Wirkung aus, wie der Kalk, beſonders auf bündigem, waſſer⸗ haltigen Boden, weniger auf trockenem und hitzigem Sandboden, er kommt jedoch beim Weinbaue nie in reiner Geſtalt in Anwendung, weil er ſchwerer löslich als der Kalk iſt, dagegen wird er da, wo er im Boden mit Erde ge— miſcht vorkommt, häufig zum Düngen der Weinberge verwendet, wo er, ſowie bei dem Einſtreuen deſſelben in die Düngergruben gute Wirkung thun ſoll.

Aus dem Gyps können die Pflanzen ſich mit Kalk und Schwefel verjor- gen, er wird daher, wie der Kalk, hauptſächlich nur da von Wirkung ſein, wo einer oder beide Stoffe fehlen, oder nicht in gehöriger Menge vorhan⸗ den ſind.

267

3. Die Salze. §. 170.

Unter den düngenden Salzen verſteht man alle diejenigen, welche im Waſſer löslich ſind und in dieſem aufgelösten Zuſtande den Reben oder über— haupt den Pflanzen zugeführt werden.

Sie werden eingetheilt in

2. Laugen alze,

die einen laugenartigen Geſchmack haben, wie das Kali und Natrum und aus den Aſchen verſchiedener Pflanzenreſte bereitet werden, auch wird hieher der aus vegetabiliſchen Düngerſtoffen entſtehende Ammoniak gerechnet (§. 72). Sie wirken mehr reizend auf die Pflanzen und äußern eine größere auflöſende Wirkung auf den Humus als der Kalk; Kali und Natrum kommen aber nie in reinem Zuſtande als Düngungsmittel in Anwendung, ſondern in unge— reinigtem Zuſtande als Holzaſche, wozu dann auch noch die Steinfohlen- und Torfaſche kommt.

Die Holzaſche enthält nach §. 75 neben den Laugenſalzen auch noch foh- lenſauren, phosphor⸗ und ſchwefelſauren Kalk, ſowie Bittererde, Eiſenoxyd und etwas Thon⸗ und Kieſelerde, fie wirkt daher nicht nur reizend, humusauflö— ſend und Dünger vermittelnd, ſondern ſie kann, weil ihre Salztheile in der Auflöſung in die Pflanzen ſelbſt eingehen und als Beſtandtheile derſelben ge— funden werden, und die erdigen Verbindungen mit Säuren ebenfalls Dung⸗ mittel ſind, auch als wirkliches Düngermaterial betrachtet werden. Sie kommt jedoch ſelten in dieſem Zuſtande als Dünger zur Anwendung, ſondern ſie fin— det meiſtens dadurch eine vortheilhaftere Verwendung, daß ihre Laugenſalze behufs des Waſchens, Bleichens und Seifenſiedens oder in Potaſchen- und Salpeterſiedereien, Glasfabriken ꝛc. zuvor ausgezogen werden, worauf ſie erſt im ausgelaugten Zuſtande die Verwendung als Dünger findet, der immer noch ſehr ſchätzbare Eigenſchaften als Dungmaterial beſitzt, doch iſt deſſen Wirkſam⸗ keit bezüglich des vorausgegangenen Gebrauchs ziemlich verſchieden.

Dieſe ausgelaugten Aſchen, namentlich von Potaſchen-Salpeterſiedereien ꝛc. enthalten, neben etwas zurückgebliebenen Salzen, hauptſächlich Kalk, Thon, ſowie etwas Eiſen⸗ und Kieſelerde, unter dieſen herrſcht aber in den Aſchen von Bleichen und Seifenſiedereien kohlenſaurer und ätzender Kalk vor, weil denſelben, um das Aetzende der Lauge zu erhöhen, viel Kalk zugeſetzt wird, daher dieſe Aſchen und beſonders diejenigen von Seifenſiedereien von dem Kochſalzzuſatz, und weil ſie auch noch unaufgelöste Fleiſchtheile des Fetts ent— halten, die eine unmittelbar düngende Eigenſchaft beſitzen, am wirkjam- ſten ſind.

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b. Torf- und Steinkohlenaſche

finden keine andere nutzbringende Verwendung und werden daher nur als Düngungsmittel gebraucht, ſie enthalten hauptſächlich kohlen⸗ und phosphor⸗ ſauren Kalk, Gyps⸗, Thon⸗ und etwas Eiſen und Kieſelerde und ihre Wirk ſamkeit hängt hauptſächlich von der größeren Menge der erſten im Verhältniß zu den erdigen Subſtanzen ab. |

Die Aſchen find übrigens eben jo verſchieden, wie die Gattungen des Brennmaterials, daher ihre Wirkung gleichfalls verſchiezen iſt und nur da hauptſächlich von nachhaltigem Erfolg ſein wird, wo viele nährende Beſtand— theile im Boden vorhanden ſind, zu deren Auflöſung ſie hauptſächlich beitragen. Auf armem und magerem Boden wird daher die Wirkung geringer ſein. Für den Rebſtock, der viel Kalkgehalt beſitzt, ſind hauptſächlich ſolche Aſchen zu— träglich, die viel Kali haben, wie diejenige von buchen Holz.

c. Salpeterſaure und kochſalzſaure Salze

werden als Salpeter oder Kochſalz wegen ihrer Koſtſpieligkeit ſelten oder nie zur Düngung verwendet, dagegen ſind ſalpeterhaltige Erden aus dem Boden der Viehſtälle, Keller und den Wohnungen des Menſchen, ſowie der ſalpeter— haltige Bauſchutt ſehr wirkſame Düngungsmittel. Ebenſo die ſogenannte Hall⸗ erde (ſalzſaure Kalkerde), die in dem Bergwerke zu Sulz am Neckar gegraben wird, ſowie die Abfälle in den Salinen, der Dorn- und Pfannenſtein, die in Gyps und kohlenſaurem Kalke beſtehen.

Die Anwendung der verſchiedenen ſalzartigen Düngerſtoffe in den Wein⸗ bergen wird am beſten geſchehen, wenn man dieſelben entweder mit gewöhn⸗ licher Erde vermiſcht und ſie vor dem Hacken in den Weinbergen ausſtreut, oder in kleinen Quantitäten (eine Hand voll) ob jedem Rebſtock ½ Fuß tief eingrabt und ſie etwas mit Erde mengt, oder wenn man ſie vor dem Ein⸗ bringen des gewöhnlichen Düngers in die Weinberge mit demſelben genau vermiſcht. Das bloſe Ausſtreuen auf den Boden iſt nicht räthlich, weil ſie an den Bergen leicht abgeſchwemmt werden können.

4. Der Mergel 5

auch Kies, Kerf genannt, wird beſonders in Württemberg häufig zum Düngen der Weinberge verwendet und hat nach den in §. 68 angegebenen Bejtand- theilen von Kalk, Kali, Natrum beſonders da eine ſehr gute Wirkung, wo die Letztern im Boden entweder ganz fehlen, oder nicht in gehöriger Menge vor⸗ handen ſind. Der Mergel kommt in der Kalkſteinformation als Kalkmergel oder als Steinmergel, wenn er beim Ausgraben eine ſteinartige Maſſe bildet,

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und in der Keuperformation als Thonmergel vor. Er zerfällt an der Luft bald und wird erdiger Mergel genannt, wenn feine Auflöſung pulverartig iſt, ſchieferiger Mergel aber (Leberkies, Kerf), wenn er einen ſchieferartigen Bruch hat. Er hat nach S. 78 durch ſeine Wärme und Feuchtig⸗ keit haltende Kraft auch in phyſikaliſcher Beziehung eine ſehr vortheilhafte Wirkung auf die Rebe, ſowie auf das Wachſen und frühere Reifen der Traube, daher da, wo Mergel und namentlich fetter, weniger ſandhaltiger zu haben iſt, derſelbe vorzugsweiſe, wenn auch mit mehr Mühe und Koſten als andere düngende Erde, in die Weinberge geſchafft werden ſollte, indem ſich ein ſolcher Aufwand gewiß ſehr gut lohnen wird.

5. Der Schiefer

hat durch ſeinen fetten Thongehalt (Thonſchiefer) nicht nur eine vorzüglich düngende, ſondern auch durch ſein Zerfallen in einzelne Blättcheu, wie der Mergel, eine Wärme und Feuchtigkeit haltende Kraft ($. 77) und wird daher nicht nur in Württemberg, ſondern auch in andern Weinbaugegenden, wie im Rheingau und an der Moſel und Saar, zum Düngen der Weinberge ver— wendet, was man Schiefern nennt.

6. Die Erde

gehört, je nach ihrem Gehalt von Thon, Kalk, Gyps, Mergel, Sand gleich— falls zu den düngenden Subſtanzen und wird, beſonders in Württemberg, in den meiſten Weinbaugegenden in ziemlichen Quantitäten in die Weinberge ge— bracht. Das Einbringen von Boden in die Weinberge hat den doppelten Zweck, um dieſelben nicht erdenlos werden zu laſſen, und um ſie mit einem neuen, kräftigen, düngenden, die Vegetation befördernden Boden zu verſehen.

Bei der beſonders in Württemberg faſt allgemein eingeführten Kopfer⸗ ziehung iſt es die erſte Aufgabe des Weingärtners, dafür zu ſorgen, daß der Kopf des Rebſtocks nicht erdenlos wird, ſondern ſtets leicht mit Erde bedeckt iſt, indem er ſonſt von der Sonne ausgebrannt wird, dadurch bis auf die Schenkeltheile abſtirbt und keine neue Triebe mehr macht. Da nun ſchon durch die Bebauung der Weinberge der Boden mehr den Berg hinunter als hinauf gearbeitet, namentlich aber an ſteilen Bergen bei heftigen Regengüſſen viel Boden abgeſchwemmt oder auf andere Weiſe den Berg hinunter geſchafft wird, ſo muß den Weinbergen der auf verſchiedene Weiſe entzogene Boden von Zeit zu Zeit durch Herbeiſchaffung von neuer Erde erſetzt werden, damit aber die Erde auch eine düngende Wirkung hat und der Weinbergsboden durch dieſelbe zugleich verbeſſert wird, ſo muß dabei nicht nur auf die Qualität der

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einzubringenden Erde, ſondern auch auf die Bodenbeſchaffenheit der betreffenden Weinberge Rückſicht genommen werden.

Der beſte Boden iſt der ſogenannte wilde Boden, der in abgehobenen Raſen von Wieſen und Allmanden, oder in gutem, weder ſteinigen noch ſumpfi⸗ gen Waldboden beſteht. Durch Verweſung des Raſens und der daran be— findlichen vielen Wurzeln äußert er eine große düngende Kraft und trägt, wo er regelmäßig in die Weinberge gebracht wird, hauptſächlich zur ſtarken und kräftigen Vegetation der Rebe bei. Auch verwitterte vulkaniſche Erde von Lava, Baſalt, Dolorit ꝛc. hat einen vorzüglichen Einfluß auf die Fruchtbarkeit der Rebe, fo daß ſolche Rebberge fait keine ſonſtige Düngung nöthig haben. Ebenſo Erde von verwittertem Urgebirge, wie Feldſpath, Glimmer, Gneiß (F. 66).

Der theils ſtrenge, theils milde warme Boden, beſonders aber der kalk— haltende Thonboden gehören gleichfalls zu denjenigen Bodenarten, die in den Weinbergen eine gute düngende Wirkung hervorbringen, während dieſes bei mehr kühlem und leichtem Boden, dem Lehm, dem Sand, dem waſſerhaltigen zähen Thon (Letten) weniger der Fall iſt, daher deren Beiſchaffung in die Weinberge möglichſt vermieden, oder dieſelben da, wo kein anderer Boden zu haben iſt, durch kräftigen Viehdünger verbeſſert werden ſollten.

Zu den ſchlechteſten Bodenarten gehört der in der Keuperformation öfters vorkommende ſogenannte Aſchenboden, eine, wie es ſcheint, vermoderte, unaus— gebildete Mergelgattung, die ganz leicht wie Aſche iſt, durchaus keinen innern Gehalt hat, ſich leicht abſchwemmt und daher nie in die Weinberge gebracht werden ſollte. Ebenſo Schlamm aus Seen ausgeſchlagen oder Sumpferde, indem dieſe viele freie Humusſäure haben ($. 72), die den Reben mehr ſchadet als nützt, wenn man ſie nicht einige Jahre auf Haufen verwittern läßt, oder ſie mit Kalk oder Aſche miſcht, welche die Säuren auflöſen.

Statt gewöhnlicher Erde wird, wie bereits erwähnt, häufig auch Mergel oder Schiefer, da, wo ſolche zu haben ſind, in die Weinberge gebracht.

Es taugt jedoch nicht jede Erde für jeden Boden in den Weinbergen, daher vor der Einbringung die Tauglichkeit genau geprüft werden muß, indem durch eine richtige Auswahl derſelben der Weinbergsboden ſehr verbeſſert wer— den kann, was auch auf die Qualität des Weins einen weſentlichen Einfluß ausübt. 0

Für einen kühlen oder kalten oder ſchweren lettigen Boden taugt am beſten Mergel (Kies, Kerf) der denſelben erwärmt und durch ſeinen Kalk— und Kaligehalt den gebundenen Humus auflöst; für einen leichten, ſandigen Boden, guter warmer Thon, ſowie auch Raſen, Mergel, Schiefer, Waldboden; für einen ſchweren, allzuhitzigen und geſchloſſenen Boden mehr leichte, ſand— haltige Erde, wie guter Lehm, ſandiger Mergel oder auch wirklicher Sand, indem derſelbe nicht nur durch Trennung und Zertheilung der feſten Erd⸗

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theile mechaniſch, ſondern auch düngend wirkt, wenn die einzelnen Körner aus Steinarten beſtehen, die ſich nach und nach auflöſen, wie Glimmer, Feldſpath, Kalk ꝛc. (Anmerkung 5.)

Durch zweckmäßige Verbeſſerung des Weinbergbodens, namentlich des ſchweren, werden auch häufig die Weinbergsarbeiten, beſonders das Hacken, ſehr erleichtert.

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Allzuviel Erde darf jedoch nicht in die Weinberge geſchafft werden, indem, wenn die Köpfe der Reben zu tief in der Erde ſtehen, dieſelben nicht mehr ausſchlagen und neue Triebe machen, auch werden dadurch die Wurzeln des Rebſtocks zu ſehr nach oben gezogen, wodurch ſie leicht dem Erfrieren ausgeſetzt ſind.

Doch kann dabei auch auf die Traubengattung Rückſicht genommen wer— den, indem z. B. der Trollinger, der, wenn er älter iſt, weniger aus dem Kopf treibt, einen ſtärker bedeckten Kopf erhalten darf, als andere, bei wel— chen, wie bei dem Sylvaner, wegen Verjüngung der Schenkel mehr auf Kopf— triebe geſehen werden muß.

Erde ſoll den Weinbergen erſt dann gegeben werden, wenn ſie dieſelbe, als etwas erdenlos, wirklich bedürfen, da jedoch damit auch eine Düngung verbunden wird, ſo wird das Erdentragen, namentlich in einzelnen Weinbau⸗ gegenden Württembergs, häufig regelmäßig in beſtimmten Jahresperioden, etwa von 3 zu 3, oder von 6 zu 6 Jahren wiederholt, wobei beſonders auf die Lage der Weinberge, ob mehr oder weniger ſteil, ſowie auf die Beſchaf— fenheit des Weinbergsbodens, ob er leicht abgeſchwemmt werden kann oder nicht, Rückſicht genommen wird, hie und da wird es auch faſt ganz unter—

wm

laſſen.

5. Anmerkung. Die Verbeſſerung des ſtrengen Bodens durch Sand wird ſich in den meiſten Fällen nur ſehr langſam bewerkſtelligen laſſen, weil ſich der Sand mit dem geſchloſſenen Thonboden nicht ſo leicht und erſt durch längere Bearbeitung verbindet, dagegen geſchieht dieſes weit leichter mit Kalk, indem ſich dieſer ſchneller mit dem Thon verbindet und ſchon ein Kalkgehalt von nur 1—2 Proc. auf die Locker⸗ heit des Bodens einen weſentlichen Einfluß hat. Der Kalk darf jedoch demſelben nicht im feſten, ſondern nur im gebrannten Zuſtand, in welchem er bald an der Luft zer— fällt, beigemiſcht werden, inſofern übrigens das Brennen mit vielen Umſtänden und Koſten verbunden iſt, ſo wird deſſen häufige und allgemeine Anwendung ſelten vor— kommen, dagegen kann deſſen Stelle der Mergel, der an der Luft ohne weiteres Zus thun zerfällt, in den meiſten Fällen vertreten, daher derſelbe für den Weinbau von großem Werthe iſt. Namentlich kann zur Verbeſſerung des Bodens verwendet werden auf kaltem ſtrengem Boden, der Thon- und Kalkmergel, auf mehr leichtem loſem Bo⸗ den, der Thonmergel, und auf ſtrengem, hitzigen Boden der Kalk: und Sandmergel.

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Die zum Uebertragen der Weinberge erforderliche Erde wird theils aus beſonderen Erdengruben, theils aus den Weinbergen ſelbſt genommen, in welch letzterem Falle der in einem Beet hinweggenommene Boden bei dem Reuten nach §. 96 wieder ausgeglichen werden muß.

Die organiſche Düngung.

§. 174.

Dieſelbe theilt ſich ab in die Düngung mit den unmittelbaren Pflan⸗ zen und Thierſtoffen und in die Düngung der Pflanzen und Thierſtoffe, welche zur Nahrung der Menſchen und Thiere dienten, d. h. in die Auswürfe und Exkremente derſelben.

1. Der Pflanzen⸗ oder vegetabiliſche Dünger.

Die Nahrung der Pflanzen beſteht neben den mineraliſchen Stoffen und denjenigen, welche dieſelben aus der Luft und dem Waſſer an ſich ziehen (S. 61), hauptſächlich in Stoffen aus dem Pflanzenreich, die denſelben durch den Pflanzen oder vegatabiliſchen Dünger (Humus S. 72) zugeführt werden.

Dieſer Dünger wird aus Pflanzen erzeugt, die entweder grün, bevor ſie ihre vollſtändige Reife erlangt haben, ganz oder in einzelnen Beſtandtheilen in den Boden gebracht, oder von welchen blos die abgeſtorbenen Ueberreſte zur Düngung verwendet werden. Erſteres heißt man die grüne Düngung, letzteres iſt die Düngung mit todten Pflanzen oder deren Ueberreſten.

Alle Pflanzen laſſen ſich zu Dünger verwenden, in ſo weit ſie durch Gäh— rung einer Zerſetzung fähig ſind. Die Zerſetzung erfolgt um ſo ſchneller, je ſaftiger die Pflanze und je zuſammengeſetzter und loſer ihr Körper iſt (8. 63), ſie geht aber deſto langſamer vor ſich, je einfacher die einzelnen Pflanzentheile ſind und je feſter ihr Zuſammenhang iſt, wie beim Holz. Aus dieſem Grunde iſt auch ein bedeutender Unterſchied zwiſchen den verſchiedenen Gattungen der Pflanzen⸗Düngung, im Allgemeinen iſt jedoch diejenige am paſſendſten für den Boden, die ſich am vollſtändigſten und in kurzer oder wenigſtens nicht in all⸗ zulanger Zeit zerſetzt und dadurch den Pflanzen zur Nahrung zugänglich wird.

Wir haben hier nun zunächſt diejenigen Dünger-Gattungen näher zu be⸗ trachten, welche hauptſächlich zur Düngung der Weinberge verwendet werden.

a. Die grüne Düngung.

Die grüne Düngung beruht auf dem Grundſatze, daß viele Pflanzen während ihres Vegetationsprozeſſes mehr organiſche Beſtandtheile aus der Luft und dem Waſſer anziehen, als aus dem Boden, man verſteht daher un⸗ ter derſelben hauptſächlich das Einſäen der Weinberge mit ſaftreichen Pflanzen

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und deren Unterbringung im grünen Zuſtande, es gehört zu denſelben aber auch das Ein- und Unterbringen von allen grünen, noch nicht in der Verwe— ſung begriffenen Pflanzenreſten, wie das grüne Rebholz, das Traubenlaub und die Traubentreber.

Die grüne Düngung durch das Einſäen von ſaftreichen Pflanzen in die Weinberge wird dadurch vorbereitet, daß man die Einſaat im Frühjahr ſogleich nach der erſten Bodenarbeit (dem Hacken) oder während des Sommers beim zweiten Felgen ziemlich dicht und reihenweiſe vornimmt, damit dadurch das Begehen der Weinberge bei den übrigen Arbeiten erleichtert wird. Man wählt dazu Pflanzen, die ſchnell wachſen und in kurzer Zeit eine möglichſt große Krautmaſſe liefern, mithin mit vielen breiten Blättern, weil ſie die meiſten luftförmigen Stoffe aufnehmen und vermöge ihres Saftreichthums ſchnell verweſen und den meiſten Nahrungsſtoff für die Rebe verbreiten, wie die Lupine oder Wolfsbohne, die Acker- Pferde- oder Saubohne, der Reps, die Erbſen ꝛc., die man, um das Wachsthum zu befördern, mit Aſche, Kalk oder Gyps überſtreuen kann. Sie müſſen, wenn ſie in voller Blüthe ſtehen, mithin bei der Frühjahrsſaat beim zweiten oder dritten Felgen, bei der Som— merſaat entweder in dem Winter oder im darauf folgenden Frühjahr in den Boden gebracht werden, weil ſie hier in der höchſten Entwicklungsperiode fte- hen und ſo bald ſich die Früchte entwickeln, dem Boden zu viel Nahrungsſtoff entzogen wird, auch die Blüthen Stickſtoff enthalten, der der Rebe erhalten werden ſollte. Dieſe grüne Düngung gewährt den Vortheil, daß ſie wenig koſtet, von jedem Weinbergbeſitzer und beſonders von ſolchen in Anwendung gebracht werden kann, die keinen ſonſtigen Dünger beſitzen, und daß ſie der Rebe am ſchnellſten gute Nahrungsſtoffe zuführt, daher ſie hauptſächlich für leichte, ſandige oder ſtark kalkhaltige und weniger geſchloſſene Bodenarten, in welchen der animaliſche Dünger bald verflüchtet, paſſend erſcheint, ſie hat aber den großen Nachtheil, daß ſie den Weinbergsboden allzu ſehr beſchattet und dadurch mehr Kühle als Wärme verbreitet, auch die nothwendigen Bodenarbeiten (S. 152) verhindert oder erſchwert, wodurch der Boden zu ſehr geſchloſſen bleibt, und nicht bei allen Erziehungsarten, namentlich bei der Erziehung mit drei und mehr Pfählen, ſondern in der Regel nur bei der geſtreckten Reihen- und Rahmen⸗ erziehung anwendbar iſt, auch iſt fie weniger nachhaltig als andere Düngungs- arten und muß daher öfter oder faſt jedes Jahr wiederholt werden. Eine ſolche Düngung paßt daher mehr in ſüdliche Gegenden, wo die Trauben zu ihrer gehörigen Ausbildung mehr Kühle und Schatten verlangen, wie denn dieſelbe auch in Italien und im ſüdlichen Frankreich häufig vorkommen ſoll; bei den klimatiſchen Verhältniſſen Deutſchlands kann ſie aber für den dortigen Weinbau nicht empfohlen werden und wird daher nur ausnahmsweiſe bei jun⸗

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274 gen Gereuten, wo großer Mangel an ſonſtigem Dünger vorhanden iſt, als zweckmäßig erſcheinen.

In tragbaren Weinbergen ſollte dieſelbe nie verſucht werden, weil dadurch zwar der Holztrieb aber nicht der Traubentrieb geweckt wird, und die Traube in der Blüthe und Zeitigung zurückbleibt, mithin wenig und geringer Wein erzeugt wird.

Zu der Gründüngung gehört auch die Anlegung von Graspfaden, wie ſie hie und da vorkommt, indem bei der kurzen, reihenweiſen Erziehung der dazwiſchen liegende Boden je über den zweiten oder dritten Reihen mit Gras⸗ oder Kleeſamen eingeſäet und dann im folgenden Jahre untergehackt wird, wodurch, wenn man mit den Reihen abwechſelt, der Rebe von Zeit zu Zeit eine kräftige Düngung zugeführt wird, ſie läßt ſich jedoch aus den bereits an⸗ geführten Gründen mit einem rationellen Weinbaue gleichfalls nicht recht ver⸗ einigen, erſcheint aber bei einem leichten, loſen, hitzigen Boden, in welchem die Rebe gegen das allzuſchnelle und ſtarke Eindringen der Wärme geſchützt wer⸗ den ſoll, noch zweckmäßiger als die erſtere Art der Gründüngung, beſonders wenn man das Gras nie hoch wachſen läßt, ſondern daſſelbe öfters abſchneidet.

Zu der grünen Düngung darf auch gerechnet werden, wenn in ausge— hauenen Weinbergen Futterpflanzen gebaut werden, mit großen, ſaftigen Wur⸗ zeln, wie der rothe Klee, der blaue Klee (Luzerne) und Eſparſette (Eſper), welche, wenn jene geveutet werden, durch ihre Fäulniß den Reben auf län- gere Zeit eine kräftige Nahrung geben, was, wie §. 91 näher nachgewieſen iſt, beſonders in Württemberg ſehr häufig vorkommt.

S Sr b. Die Düngung mit dem Laub und Holz der Reben.

Nach mehrfachen Erfahrungen bildet das von den Reben abfallende Laub jo wie das dürre und grüne Holz wegen ſeines ſtarken Kaligehalis einen vor- züglichen Pflanzendünger und wird von einzelnen Weinbergbeſitzern auch ſchon ſeit längerer Zeit mit gutem Erfolg dazu verwendet. Das Rebholz, als zu den weicheren Hölzern gehörig, verwest ſchnell in dem Boden, verwandelt ſich in Holzerde und gibt in dieſem Zuſtande einen ganz guten Dünger, ſo daß man in einem kräftigen Boden faſt jede andere Düngung erſparen kann. Zwar darf man in den erſten 4—6 Jahren keine ſolche augenſcheinliche Erfolge er— warten, wie bei gutem Viehdünger, dagegen wirkt die fortgeſetzte Düngung mit Rebholz gleichförmiger und nachhaltiger, auch übt daſſelbe auf die Be⸗ ſchaffenheit des Bodens einen ſehr wohlthätigen Einfluß aus, indem durch daſſelbe der ſtrenge Boden lockerer, der kühle oder naſſe und bündige durch⸗ laſſender und wärmer, der magere dagegen humusreicher und feſter wird, was

275

nicht nur zur Beſeitigung mancher Krankheiten der Rebe, wie der Gelbſucht ꝛc. beiträgt, ſondern auch die Feinheit und das Bouquet des Weins vermehrt, auch wird durch das im Boden befindliche Rebholz das ſchnelle Ablaufen des Waſſers bei ſtarken Regengüſſen aufgehalten und dadurch das Abſchwemmen des Bodens verhindert. Der Verfaſſer kann dieſes aus eigener langjähriger Erfahrung beſtätigen, daher die Düngung mit dem Rebholz weit häufiger und namentlich von denjenigen Weinbergbeſitzern in Anwendung gebracht werden ſollte, welche keinen eigenen Vieh- oder andern Dünger beſitzen, ſondern den— ſelben häufig um theures Geld und manchmal in ſchlechter Qualität von An— dern erkaufen müſſen, dagegen das Rebholz dem Baumann als etwas Werth— loſes überlaſſen.

In magerem oder in ſeichtem Weinbergsboden mit kalkigem Untergrund, der von der Rebe mehr ausgeſogen wird, ſowie in ältern Weinbergen mit weniger kräftigem Boden wird zwar durch die Düngung mit Rebholz eine weitere mit Vieh⸗ oder anderem Dünger nicht ganz erſpart, aber ſie darf doch erſt in längeren Zwiſchenräumen in 6—8 Jahren vorgenommen werden, in jungen tief gereuteten Weinbergen mit kräftigem Boden erſcheint aber die Zus gabe von anderem Dünger faſt ganz überflüſſig, beſonders wo bei einem kräf— tigen Stand der Reben viel Rebholz abfällt.

Zu dieſer Düngung wird übrigens blos das ſchwächere Rebholz, Bögen und einjähriges Holz verwendet, das ſtärkere aber, die Schenkel, beſonders geſammelt und als Brennholz nach Hauſe geſchafft. Damit jenes zur Dün⸗ gung tauglich gemacht wird und unter den Boden gebracht werden kann, muß es auf eine Länge von 2— 3 Zoll verkleinert werden. Dieſes geſchieht ent— weder da durch, daß man das Rebholz bei oder nach dem Schneiden händevoll— weis ſammelt und auf kleinen Blöckchen mit einem Beile zerhaut und dann wieder im Weinberge zerſtreut, was durch Kinder geſchehen kann, oder daß man da, wo man mit der Rebſcheere ſchneidet, jede abgeſchnittene Rebe oder einige mit einander ſogleich zerſchneidet und die kleinen Abſchnitte auf den Bo— den fallen läßt. Letztere Behandlungsweiſe erſcheint als die zweckmäßigere, indem, wenn die Arbeiter einmal damit umgehen können, das Schneiden und Zerkleinern der Reben kaum etwas mehr Zeit erfordert, als jenes allein. Die zerkleinerten Rebabſchnitte werden dann beim Behacken des Weinbergs unter— gehackt. Die beim Verbrechen und Ueberhauen abfallenden weichen Triebe läßt man entweder zerſchnitten im Weinberg liegen, oder man kann ſie, wenn ſie länger ſind, der Länge nach in kleine Grübchen neben den Stöcken unter⸗ bringen.

Zu der Pflanzendüngung gehören auch die ausgekelterten Weintreber, in— dem ſie wegen ihres Kaligehalts ein vorzügliches Dungmittel abgeben und deßwegen auch ſchon beim Setzen der Reben zweckmäßig verwendet werden

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können (S. 84), es find darunter aber nur die friſchen Weintreber verſtanden, indem, wenn dieſelben, wie häufig geſchieht, zuvor zum Branntweinbrennen benützt werden, durch das Kochen ein großer Theil des Kaligehalts ausgelaugt wird und in dieſem Falle nur noch im verwesten Zuſtande, beſonders, wenn ſie hie und da mit Jauche übergoſſen und mit Erde vermiſcht umgearbeitet werden, als Dünger, in der Eigenſchaft als Humus, gute Dienſte leiſten (S. 251). Die Treber werden, weil man ſie ſelten in großer Menge beſitzt, in Gräben ob den Rebſtöcken in den Boden gebracht und ſofort wieder mit der ausgehobenen Erde bedeckt, oder auch mit anderem Dünger vermiſcht.

8. 176. e. Die Düngung mit todten Pflanzentheilen.

Bei der Tauglichkeit todter Pflanzentheile oder einzelner Ueberreſte der⸗ ſelben zu der Düngung der Weinberge, kommt es hauptſächlich darauf an, ob ſie ſich mehr oder weniger ſchnell zerſetzen, d. h. Stoffe enthalten, welche ſich ſchon im kalten Waſſer auflöſen, wie Gummi, Schleim, Zucker, Eiweiß, Extractivſtoffe, Pflanzenſäuren und ihre Verbindungen mit Laugenſalzen, oder ob ſie viele feſte Theile beſitzen, wie Holzfaſern, Stärke, Kleber, Harz, fette Oele ꝛc. und ob ſich bei der Zerſetzung von den der Rebe ſo zuträglichen lös— lichen Stoffen, wie Kali, Natron, Kalk mehr oder weniger entwickeln. Dieſe todten Pflanzentheile beſtehen hauptſächlich in dem Stroh der verſchiedenen Getreidearten, in dem Laub der Bäume und in den Nadeln und ſchwächern Trieben der Nadelhölzer, in dem Heidekraut und in dem Moos von Waldun⸗ gen und öden Plätzen, ſowie in den Ueberreſten von ausgenutzten Körnerfrüch⸗ ten, wie Oelkuchen ꝛc., ſind aber hinſichtlich ihrer düngenden Kraft jo ver- ſchieden von einander, daß jede derſelben in dieſer Beziehung einer nähern Darſtellung bedarf.

aa. Das Stroh.

In dem Stroh der verſchiedenen Getreidearten ſind als Beſtandtheile Schleim und Zucker vorhanden, und der Zuſammenhang der Holzfaſern iſt gering, auch trägt die hohle oder mit Mark erfüllte Form deſſelben dazu bei, daß die Luft in das Innere mehr Zutritt hat und daß es die Feuchtigkeit mehr zurückhält, wodurch es ſchneller in Gährung übergehen kann und ſich daher auch als Dungmittel beſonders gut eignet, und dieſe Eigenſchaft nimmt zu, je mehr das Stroh nährende Theile für Thiere 2c. beſitzt.

Hinſichtlich des Gehalts an Mineralſtoffen verdient das Gerſten- und Haberſtroh den Vorzug vor dem Waizen- und Roggenſtroh, indem bei jenen der Kali⸗ und Natrongehalt noch einmal ſo viel als bei letztern beträgt (6 und

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gegen 12 und 14). Auch Bohnen- und Repsſtroh haben ſehr viel Kali⸗ gehslt und gehören in dieſer Beziehung zu dem beſſern Dungmaterial, bei dem Erbſen⸗, Wicken⸗ und Kartoffelſtroh iſt der Kaligehalt etwas geringer. Auch die der Rebe zuträgliche Phosphorſäure findet man in allen dieſen Stroh— gattungen, der Gehalt iſt jedoch nicht ſo verſchieden wie beim Kali.

bb. Laub.

Das Laub der Bäume zerſetzt ſich, weil es conſiſtenter iſt und Luft und Feuchtigkeit weniger aufnehmen kann, nicht ſo ſchnell, wie das Stroh, auch iſt der Kaligehalt gering und das Laub wird bei der Ausbreitung in den Wein— bergen durch Winde leicht entführt, daher er zu den geringeren Streumaterialien gehört, doch hält, wenn es ſich einmal im Boden befindet, ſeine Wirkung aus dem angeführten Grunde länger an, als bei dem Stroh, man muß aber, um eine gleiche Wirkung, wie beim letztern hervorzubringen, mehr Dünger auf— führen, weil derjenige von 100 Pfd. Laubſtreu durchſchnittlich nur 32 Pfd. Stroh gleichkommen ſoll. |

cc. Holznadeln.

Die Holznadeln und die Schwachen Aeſtchen der Nadelhölzer, an welchen ſich erſtere befinden, zerſetzen ſich wegen der harzigen und feſten holzigen Be- ſtandtheile noch langſamer als das Laub, auch ſind ſie beſonders im dürren Zuſtande ſehr arm an löslichen Stoffen (Kali und Natron), indem ſie davon kaum ½ Procent enthalten. Dagegen ſind ſie als Dungmittel nachhaltiger, die Weinberge erfordern aber, wenn eine gleiche Wirkung wie beim Stroh erzielt werden ſoll, eine größere Menge an Dünger. 100 Pfd. Holznadelſtreu ſoll 58 Pfd. Strohſtreu gleich kommen.

Eine ähnliche Bewandtniß hat es

dd. mit dem Heidekraut,

indem auch dieſes wegen ſeiner feſten holzfaſerigen Beſtandtheile ſich ſehr ſchwer zerſetzt, dagegen hat es viel Gehalt an Kali und muß deßwegen, wenn es ein— mal zerſetzt iſt, eine gute Wirkung auf die Reben ausüben. 5

ee. Das Moos

ſcheint eine ähnliche Wirkung wie die Holznadelſtreu zu haben, indem auch hier 100 Pfd. Streumaterial 58 Pfd. Stroh gleich ſtehen ſollen. Die Samm- lung deſſelben iſt jedoch ſehr zeitraubend und koſtſpielig, daher es nur in ſehr ſtreuarmen Gegenden in Anwendung kommt.

ff. Die Oelkuchen

haben viel ſtickſtoffhaltige Subſtanzen, wie Eiweiß ꝛc., wodurch fie zur Ent-

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wicklung von Ammoniak beitragen, ſowie ziemlich Kali, Natron, Kalk und Phosphorſäure, daher ſie als Dünger ſehr kräftig wirken. Sie werden im zerriebenen oder gepulverten Zuſtande etwa 1 Pfd. an jeden Rebſtock gebracht und ſogleich mit Erde vermiſcht und zugedeckt. Auch kann man ſie in Waſſer auflöſen und wie Gülle an die Rebſtöcke bringen.

Die hier beſchriebenen Düngermaterialien werden jedoch, mit Ausſchluß der Oelkuchen, in der Regel nicht unmittelbar zur Düngung verwendet, ſon⸗ dern zunächſt als Streumaterial für das Vieh benützt, wodurch die flüſſigen und feſten thieriſchen Exkremente mit denſelben verbunden werden, und, nach⸗ dem ſie aus den Stallungen gebracht und auf den Dungſtätten aufgeſchichtet find, durch den Zutritt der Luft in Gährung übergehen, durch die ſich, ver- möge der Wärme⸗Entwicklung, auch die feſteren Theile nach und nach auflöſen. Dadurch wird dann erſt der für die Weinberge brauchbare, d. h. der ſogenannte Stalldünger erzeugt. Damit die Exkremente der Thiere und das Streuma⸗ terial ſich mit einander verbinden und in Dünger übergehen, iſt es nothwendig, dieſelben ſo lange der Gährung auszuſetzen, bis die Verbindung und Zerſetzung beider erfolgt iſt. Die Gährung geht um ſo ſchleuniger und gleichförmiger vor ſich, je gährungsfähiger und zerſetzbarer die thieriſchen Exkremente und die Streumaterialien ſind, jene ſind jedoch, wie dieſe, nicht gleich zerſetzbar und gährungsfähig, daher wir, um den Werth und die Wirkung des Düngers richtig beurtheilen zu können, denſelben hienach unter der Abtheilung anima⸗ liſch⸗vegetabiliſchen Dünger (§. 181) eine beſondere Betrachtung zu widmen haben.

2. Thieriſche Düngung. S. Nr

Alle thieriſchen Körper oder einzelne Beſtandtheile derſelben dienen zur Nahrung der Pflanzen und können als Dungmittel betrachtet werden. Die meiſten thieriſchen Subſtanzen werden aber auf andere Weiſe benützt und er⸗ langen dadurch einen weit höhern Werth als wie der Dünger, daher zu dem⸗ ſelben in der Regel nur die Abfälle, beſtehend in den Abfällen der Abdecke⸗ reien, in Blut, Hornſpähne, Haare, Wolle, Knochen ꝛc. verwendet werden, deren Werth wir als Dünger hier näher zu unterſuchen haben.

Die Körper der Thiere enthalten ſehr viel Stickſtoff, der ſich, ſobald die⸗ ſelben in Fäulniß oder Gährung übergehen, in Ammoniak verwandelt (8. 63), wodurch die einzelnen Abfälle ſehr werthvollen Dünger abgeben.

ä. Die Abfälle von Abdeckereien.

Dieſe Abfälle beſtehen in dem nicht zu verwendenden Fleiſch oder den Aastheilen der Thiere, die, wenn ſie in Gruben mit gebranntem Kalk und

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Erde ſchichtenweiſe gelegt werden, wodurch ſich auch ihr ſtarker Geruch nach und nach verliert, ein vorzügliches und ſchnell wirkendes Dungmaterial abge— ben, das in gepulvertem Zuſtande an die Pflanzen gebracht wird.

b. Das Blut

gehört gleichfalls zu den kräftigſten ſchnellwirkenden Dungmitteln und übt be— ſonders auch auf den Ertrag des Weinſtocks einen ſehr vortheilhaften Einfluß aus. Es kann entweder friſch im flüſſigen Zuſtande der Rebe zugeſetzt wer— den, indem man eine um den Rebſtock gemachte kleine Grube damit anfüllt und ſie ſofort mit Erde zudeckt, oder es wird im geronnenen Zuſtande mit Kalk und Erde vermiſcht, auf Haufen gebracht und einigemal umgearbeitet, worauf es gleichfalls in Gruben an die Rebſtöcke gebracht wird. Sehr zweck— mäßig wäre es daher, wenn in Schlachthäufern das Blut der Thiere in be— ſondern ausgemauerten Behältern aufgefangen und auf die angegebene Weiſe zu Dünger bereitet würde. Auch die Abfälle von Zuckerfabriken, die hauptſäch⸗ lich aus geronnenem Ochſenblut und Zucker beſtehen, können mit Nutzen als Dünger verwendet werden.

c. Die Hornſpähne.

Die Hörner, Klauen, Hufe finden bei den Drehern ꝛc. zum Theil eine techniſche Verwendung, die Abfälle davon, die Hornſpähne, geben aber auch noch, vermöge ihres Stickſtoffgehalts, einen ſehr nachhaltigen Dünger, wenn ſie zuvor mit Erde, Kalk oder Aſche gemiſcht und durch Zugießung von Jauche in Gährung geſetzt werden. Bei der Verwendung ganzer Klauen, Hufe ꝛc. zu Dünger müſſen dieſelben zuvor verkleinert werden. Sie wirken nicht ſo ſchnell, aber nachhaltiger, weil ihre Auflöſung langſamer von Statten geht.

d. Haare und ſonſtige Abfälle von Gerbereien und Leimſiedereien

ſind vor der Verwendung als Dünger, wie die Hornſpähne, durch Kalk, Erde und Jauche in Gährung zu ſetzen, weil namentlich die Haare ſich ſehr lang— ſam zerſetzen, ſie können jedoch auch unmittelbar an die Rebſtöcke gebracht werden, in welchem Falle jedem Stock eine Hand voll gegeben und das Ma- terial ſofort mit Erde bedeckt wird.

e. Die Wolle.

Die Abfälle von Wollſpinnereien, insbeſondere aber wollene Lumpen, bil⸗ den, nach den bisher gemachten Erfahrungen, einen ſehr wirkſamen Dünger. Sie können im verkleinerten Zuſtande entweder vor dem Winter in einer klei— nen Grube je eine Hand voll unmittelbar und nachdem ſie zuvor in Jauche getaucht wurden, an die Rebſtöcke gebracht und mit Erde bedeckt werden, wo—

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bei fie ſich durch die Winterfeuchtigkeit in Gährung ſetzen, oder fie werden auf Haufen geſetzt, mit Erde oder Raſen vermiſcht und mit Jauche begoſſen und auf dieſe Weiſe der Gährung überlaſſen, worauf ſie erſt nach deren Vol⸗ lendung an die Rebſtöcke gebracht werden. Zwölf bis zwanzig Centner, je nach⸗ dem man düngen will, ſind per Morgen erforderlich, es ſollen dadurch aber auffallend günſtige Reſultate bei den Reben erzielt werden.

§. 178. f. Die Knochen

der Thiere beſtehen aus einem erdigen Gewebe von feinen Zellen, in denen eine organiſche Subſtanz, Gallerde oder Leim, eingeſchloſſen iſt, die ſehr viel Stickſtoff enthält, leicht verfault, wenn ſie mit Waſſer angefeuchtet an der Luft ſtehen bleibt und ſich dadurch in Ammoniak verwandelt. Die erdigen Beſtand⸗ theile beſtehen in der Hauptſache in phosphorſaurem und in geringerer Quan⸗ tität in kohlenſaurem Kalke. Da nun alle dieſe Beſtandtheile auch dem Ge— deihen der Rebe ſehr förderlich ſind, ſo bilden die Knochen, wenn ihnen auch das Kali fehlt, um ſo mehr ein gutes Dungmaterial, als durch dieſelben der Wein nicht leicht einen unangenehmen Geſchmack bekommt, wie bei andern ſcharfen Düngerarten.

Die Knochen können übrigens, weil ſie ſich ſonſt viel zu langſam zerſetzen würden, nicht in ihrem urſprünglichen Beſtand, ſondern nur im zerkleinerten, gepulverten Zuſtande, was auf beſondern Knochenmühlen geſchieht, als Dünger benützt werden. Je feiner dieſelben zermahlen werden, deſto ſchneller zerſetzt ſich das davon gewonnene Mehl und deſto wirkſamer iſt daſſelbe. Die Zer- ſetzung deſſelben und dadurch auch die Wirkſamkeit kann beſchleunigt werden, wenn man das Knochenmehl mit Schwefelſäure dadurch aufſchließt, daß man fein gemahlene Knochen mit derſelben anrührt und einige Tage ſtehen läßt, worauf ſich dieſelben in einen weißen Brei verwandeln, indem die Schwefel- ſäure die feſten Beſtandtheile der Knochen auflöst und ſich mit den Kalktheilen zu Gyps verbindet, der dem Verweſungsprozeß des Leims in der Erde kein Hinderniß mehr entgegenſetzt.

Nach chemiſchen Unterſuchungen enthält das Knochenmehl

Waſſe rr!!! 9

Stickſto ff DO

Verbrennliche Stoffe außer dem Stickſtoff 28—42½

Phosphorſauren Kalk 53—36

Kohlenſauren Kalkhkhllt 8 *

Sand, Edde REN DIE 5 100. 100.

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Bei der Anwendung deſſelben in den Weinbergen feuchtet man daſſelbe gut an und vermiſcht es mit der gleichen Quantität Erde und Aſche, wodurch das fehlende Kali ergänzt wird. Man ſchlägt es dann zu einem feſten ſpitzen Haufen zuſammen und überläßt es, wenn es fein gemahlen iſt, einige Tage, wenn es aber gröber, etwa wie Gries iſt, 2—3 Wochen ſeiner Selbſtauflöſung, worauf der Haufen umgeſtochen und bei dem Hacken jedem Stock eine Hand voll von dem präparirten Dünger in der Art gegeben wird, daß er zwar in die Nähe, aber nicht in unmittelbare Berührung mit den Wurzeln und nicht zu tief in den Boden kommt. Das durch Schwefelſäure aufgeſchloſſene Kno— chenmehl, kann, ſobald es mit Erde und Aſche gemiſcht iſt, ſogleich zur Dün⸗ gung verwendet werden. Bei der Vermiſchung deſſelben mit gewöhnlichem Stalldünger erhöht es deſſen Wirkſamkeit. Bezüglich der Bodenart wird das— ſelbe auf einem Boden von mittlerer Bündigkeit die ſchnellſte und ſicherſte Wirkung hervorbringen, während dieſes auf ſehr ſchwerem oder ſehr leichtem, loſen Boden weniger der Fall ſein wird, weil es dem Knochenmehl in ſehr geſchloſſenem und naſſem Boden nicht ſelten an Luft, in ſehr leichtem und loſem Boden aber an Waſſer zu ſeiner Zerſetzung fehlen wird. Ebenſo wird es in einem Boden, in dem ſeine Hauptbeſtandtheile Stickſtoff, Kalk und Phos⸗ phor ſchon in hinreichender Menge vorhanden ſind, weniger wirken, als da, wo dieſelben mehr oder weniger fehlen.

8 179. g. Der Guano oder Vogeldünger.

Der Guano beſteht aus den Exkrementen von Seevögeln, die ſich haupt- ſächlich von Fiſchen nähren, und aus den verwesten Körpern derſelben. Er hat ſich in ſüdlichen Meeren auf unbewohnten Inſeln und Klippen im Laufe von Jahrhunderten in ſtarken Lagern aufgehäuft und wird in Europa erſt ſeit einigen Jahrzehnten als Dünger verwendet. Der beſte kommt aus Gegenden, wo es gar nicht oder nur ſelten regnet, wie aus Peru und Südamerika, indem der durch Regen ausgelaugte, wenig Wirkung und Werth hat.

Der Gehalt des beſſeren beſteht in

Feuchtigkeit .. . 1I0—8 Procent Verbrennlichen ſtickftoffhaltigen Stoffen 59—65 Darunter Stickſtoffgehalt 12 —13¼.

Phosphorſaurem Kalk 2522 Kaliſalze %% 8 2—4 Natron e ee 75 Kieſelerde, Sand, See DR NE 100. 100.

Hienach ſollte auch der Guano ein ſehr ſchnell wirkſamer Dünger für die

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Weinberge fein, nachhaltige Erfahrungen find aber hierüber noch nicht gemacht, ſondern bei einzelnen angeſtellten Verſuchen nur ſo viel bemerkt worden, daß derſelbe in trockenen Jahrgängen, wo es dem Boden an Feuchtigkeit fehlt, von keiner weſentlichen Wirkung war, daher der Guano, wie das Knochenmehl, vielleicht hauptſächlich nur für Boden von mittlerer Bündigkeit paßt, in an⸗ dern Bodenarten aber nur im flüſſigen Zuſtande, indem er in einer angemeſſe⸗ nen Quantität Waſſer aufgelöst wird, angewendet werden ſollte. Bei der An- wendung im trockenen Zuſtande werden die öfters zuſammengebackenen Maſſen zuerſt verkleinert und pulveriſirt und mit der 2—3fachen Menge Erde oder mit Aſche und Erde gut gemiſcht und wie das Knochenmehl an die Rebſtöcke gebracht. |

Zu dem Guano oder Vogeldünger gehört auch derjenige von Tauben, Hühnern und anderem Geflügel, er iſt, weil daſſelbe größtentheils von Inſek⸗ ten und Körnern und zum Theil auch von grünen Pflanzen lebt und dieſe Gegenſtände feiner zertheilt und verdaut, leicht zerſetzbar und ſchnell wirkend, hat aber, wie der Guano, viel Stickſtoffgehalt und iſt daher ſehr reizend, er muß deßhalb vor der Verwendung gleichfalls mit Erde und Aſche gemiſcht oder nur in ſehr kleinen Quantitäten an die Rebſtöcke gebracht werden. Er wird jedoch in der Regel nur in geringer Menge gewonnen und erſcheint daher neben dem übrigen Dungmaterial nicht von Bedeutung. Unter dieſem Geflü⸗ geldünger iſt derjenige von Tauben und Hühnern der wirkſamſte, derjenige von Gänſen und Enten dagegen als wäſſeriger und viele geringe vegetabiliſche Stoffe (Gräſer) enthaltend, von geringerer Qualität.

Bei der Verwendung aller dieſer Düngerarten mit viel Stickſtoffgehalt muß man übrigens ſehr vorſichtig zu Werke gehen, weil die Rebe leicht über- reizt wird, und dadurch zwar viel Holz, aber wenig Früchte bringt oder gar zu Grunde geht, und weil der Wein bei der Anwendung von ſcharfem Dünger gerne einen unangenehmen Geſchmack annimmt.

§. 180. h. Die Jauche, Gülle.

In dem Urin (Harn) der Thiere entwickelt ſich, wenn er in Fäulniß (Hährung) übergeht, ſehr viel Ammoniak, auch enthält er ſehr viel Kali, wo⸗ durch er zu den ſcharfen, reizenden Dungmitteln gehört und bei dem Wein- baue nur mit Vorſicht zu verwenden iſt. Wird er aber mit den feſten Exkre⸗ menten der Thiere und mit den durch den Regen aus denſelben ausgezogenen flüſſigen Theilen in Verbindung gebracht, ſo bildet er die Jauche oder Gülle, die weniger Schärfe beſitzt, jedoch, je nachdem fie mit mehr oder weniger Re— genwaſſer gemiſcht, von verſchiedener Qualität iſt. Je ſchärfer dieſelbe ift, deſto vorſichtiger muß bei der Verwendung zu Werke gegangen werden, weil

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durch den ſcharfen ätzenden Gehalt die Wurzeln leicht angegriffen werden und Noth leiden, oder durch den allzu ſtarken Trieb und Saftzudrang die Stöcke brandig werden. Die Jauche gehört zu den ſchnell wirkenden, aber weniger nachhaltigen Dungmitteln und thut namentlich in kühlem, mehr feuchten Boden und bei Rebſtöcken, welche naß ſtehen und gelb werden, eine ſehr gute Wir— kung. Auch in magerem, wenn auch hitzigem Boden ſoll ſie gute Dienſte thun, weil durch den Ammoniak die Auflöſung der verſchiedenen Bodenbeſtand⸗ theile ſchneller bewirkt wird. Man muß ſich aber hüten, dieſelbe bei trockenem, hitzigen Wetter in die Weinberge und unmittelbar an die Wurzeln der Reben zu bringen, auch wenn ſie zu ſcharf iſt, was man an dem Geruch erkennt, zuvor mit Waſſer miſchen. Am zweckmäßigſten geſchieht die Verwendung, wenn die Jauche in den Wintermonaten in die Weinberge gebracht wird, wo ſie fi) mit dem Regen- und Schneewaſſer vermiſcht und mit demſelben den Wurzeln der Reben zugeführt wird. In kühlen Jahrgängen wird ſie auch nichts ſchaden, wenn ſie während der Sommermonate bei Regen verwendet wird. Man kann dieſelbe bei der Reihenkultur in der Mitte der Reihen aus- gießen oder, was wirkſamer iſt, hinter jedem Rebſtock eine kleine Grube ma— chen, in dieſelbe 2—4 Maas Jauche bringen und dieſelbe mit der ausgewor— fenen Erde wieder bedecken. Zu oft darf jedoch die Düngung mit Jauche, wegen des ſtarken Ammoniakgehalts, nicht wiederholt werden.

Sehr zweckmäßig wird die Jauche auch verwendet, wenn man damit an⸗ dere Dungſtoffe übergießt, oder ſie bei der Bereitung des Compoſtdüngers (8. 187) benützt.

Die Jauche oder Gülle wird in beſondern, waſſerdicht angelegten Behäl⸗ tern geſammelt, die ſich entweder unmittelbar vor dem Viehſtalle oder am tiefſten Theile der Miſtſtätte befinden und wohin der Urin der Thiere und der flüſſige Theil der Miſtſtätte geleitet wird. Die Behälter müſſen eine gute Bedeckung haben, damit kein Regen eindringen und womöglich mit einer Pumpe verſehen ſein, damit der Inhalt leicht geleert werden kann.

3. Die vegetabiliſch⸗animaliſche Düngung. 8. 181.

Den meiſten Dünger liefern die Auswürfe oder die Exkremente der Haus- thiere und Menſchen, dieſelben kommen aber ſelten in dieſer Geſtalt unmittel⸗ bar zur Anwendung, ſondern werden zuvor mit den oben in §. 176 beſchrie— benen Pflanzentheilen dadurch gemiſcht, daß man dieſelben beim Vieh als Streumaterial benützt, wodurch ſie mit den thieriſchen Exkrementen in Gährung übergehen und dadurch den vegetabiliſch-animaliſchen oder den Stalldünger bilden. Dieſer Dünger macht die Hauptmaſſe aller Düngerſtoffe aus und

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kommt am meiſten bei allen Gewächſen in Anwendung. Unſere Hausthiere ſind pflanzenfreſſende Thiere und nur bei den Schweinen kommt hie und da eine Ausnahme vor, indem dieſe auch thieriſche Subſtanzen genießen.

Die Auswürfe der Thiere find daher ein Gemenge, das aus den Ueber⸗ bleibſeln der genoſſenen Pflanzen und Getränke und aus den zur Auflöſung derſelben beigemiſchten thieriſchen Säften beſteht; ſie ſind unter ſich nach der Natur des Thiers und nach der Beſchaffenheit und Menge des Futters ſehr verſchieden. Sie enthalten viel Stickſtoff, der durch Verbindung mit dem Sauerſtoff der Luft die Gährung derſelben veranlaßt, wodurch ſich Ammoniak bildet, der, wenn er mit dem Streumaterial und der Erde gemiſcht wird, auch zur Auflöſung der vegetabiliſchen und insbeſondere der animaliſchen Theile derſelben, ſowie zur Bildung von ſalpeterſauren Salzen beiträgt, die das Wachsthum und gute Gedeihen der Pflanzen jo ſehr befördern. Unter den⸗ ſelben machen die Auswürfe des Hornviehes den größten Beſtandtheil des Düngers aus, worauf der Menge nach derjenige der Pferde, der Schafe und der Schweine und zum Schluſſe derjenige des Menſchen folgt.

a. Der Rindviehdünger.

Dieſer Dünger verdient bei den Weinbergen vor allen andern den Vor— zug, indem er als breiartig einen größern Grad von Feuchtigkeit beſitzt, das durch mit einer größeren Menge von Streu ſich verbindet, wodurch, ſowie weil er arm an gährungserregendem Stickſtoff iſt, die eigene Zerſetzung zurückge— halten, diejenige der Streu aber befördert und ſomit eine Nachhaltigkeit her⸗ beigeführt wird, welche die andern Düngerarten in der Regel übertrifft, indem Feuchtigkeit, Ammoniak und Kohlenſäure nicht ſo ſchnell verdunſten, auch iſt er reich an Alkalien, welche auf die Vermehrung des Zuckergehalts der Traube Einfluß haben und ſomit auch dadurch ſeine beſondere Brauchbarkeit für die Weinberge nachweist.

Er verbindet ſich am leichteſten mit dem Boden, befördert die atmos— phäriſche Einwirkung auf denſelben durch Anziehung der Feuchtigkeit und hat außerdem die gute Wirkung, daß der vergohrene und ſpeckige Dünger den lo⸗ ſen ſandigen Boden bindet, den hitzigen Kalk- und Mergelboden kühlt, den kühlen Lehm- und naſſen Thonboden erwärmt und den ſchweren Thonboden durch den Strohgehalt lockert, auch übt er, beſonders in verrottetem Zuſtande, keinen nachtheiligen Einfluß auf die Rebe und den Wein aus, vielmehr trägt er viel zu deſſen Gehalt und Güte bei und gibt ihm, weil er unter den meiſten thieriſchen Auswürfen am wenigſten Stickſtoff hat, keinen unangeneh⸗ men Beigeſchmack.

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8 182 b. Der Pferdedünger

iſt trocken, hat wenig Feuchtigkeit und vermiſcht ſich daher und vermöge ſeines feſteren Zuſammenhangs mit dem Streumaterial ſchwer, beſonders da er mit dem letzteren gewöhnlich jeden Tag aus dem Stalle gebracht wird. Er hat ſehr viel Stickſtoff, iſt deßhalb ſehr hitzig und hat, weil er ſchnell in Gährung übergeht, weniger nachhaltige Wirkung als der Rindviehdünger. Durch deſſen Vermiſchung mit dem Urin (Harn) der Pferde entwickelt ſich ſehr viel Am— moniak, der ſich durch den ſtechenden Geruch anzeigt und leicht verflüchtet, wenn der Dünger nicht mit Gyps oder gypshaltigem Mergel oder auch mit Erde bedeckt und dadurch an denſelben gebunden wird.

Für die Weinberge eignet ſich der Pferdedünger beſonders im friſchen Zuſtande wegen feines ſtarken Stickſtoff⸗ und des daraus ſich bildenden ſchar— fen Ammoniak⸗Gehalts (§. 63), wodurch er dem Weine leicht einen unange— nehmen Geſchmack beibringt, wenig, daher er nur in Verbindung mit Rind⸗ viehdünger, oder nur auf kalten, naſſen Böden, nachdem er auf der Miſtſtätte hinreichend vergohren hat, in Anwendung kommen ſollte, in welchem Zuſtande er, wegen des beigemengten vielen Streumaterials den Boden locker und der Wärme zugänglicher macht.

§. 183.

c. Der Schafdünger

iſt, wie der Pferdedünger, trocken und hat ähnliche Wirkung, jedoch noch mehr Triebkraft, aber weniger Nachhaltigkeit wie dieſer, weil ſich keine gröbere Pflanzentheile in demſelben befinden, welche die Gährung und den Uebergang in die Pflanzenwurzeln aufhalten, und ſollte, wegen feines ſtarken Stickſtoff— gehalts und der davon abhängenden Ammoniakentwicklung ſtets mit Gyps, Mergel oder Erde überſtreut werden, wodurch ſeine Wirkung auch nachhaltiger würde. Er paßt wegen ſeiner hitzigen Eigenſchaft mehr für kühle, kalte und naſſe Böden, die er lockert und erwärmt, als für warme oder hitzige Böden und ſollte nur im vergohrenen Zuſtande in die Weinberge gebracht werden, weil er im friſchen Zuſtande, wegen ſeines ſcharfen Geruchs, dem Weine einen unangenehmen, böckerartigen Geſchmack beibringen kann, der ſich erſt durch das Ablagern verliert. §. 184.

d. Der Schweinedünger

iſt, wie der Rindviehdünger, aufgelöst und breiartig und mit vielem wäſſeri— gen Harne gemengt, er hat aber weit weniger Wirkung wie jener, weil die

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Schweine häufig mit geringem, wäſſerigen Futter ernährt werden und ihre Verdauungswerkzeuge ſehr ſcharf zu ſein ſcheinen, wodurch ſie auch aus geringem Futter noch Nahrung ziehen können, eben deßwegen aber auch wenig Gehaltreiches mit ihren Exkrementen abgeht. Mehr Wirkung ſoll der Urin derſelben haben, wenn er die faulige Gährung durchgemacht hat. Der Schweine⸗ dünger zerſetzt ſich mit dem Streumaterial langſam, hat deßwegen keine er— wärmende, kräftige, ſondern eine mehr kühlende Wirkung, befördert den Gras— wuchs und taugt nicht für die Weinberge, beſonders da er auch auf den Wein⸗ geſchmack ungünſtig einwirken kann, dagegen kann er durch Miſchung mit dem Pferdedünger den letztern tauglicher für die Weinberge machen.

8. 185. e. Der Abtritts- oder Menſchendünger

enthält vielen Stickſtoff, geht daher ſchnell in Gährung über und hat eine ſehr ſtarke aber ſchnell vorübergehende Wirkung, die jedoch, wenn derſelbe mit Erde gemiſcht wird, nachhaltiger gemacht werden kann. Er iſt weder allzu— hitzig noch zu kühlend und läßt ſich daher für jeden Boden gebrauchen, er kommt jedoch, weil deſſen Menge nicht bedeutend iſt, ſelten allein zur An⸗ wendung, blos in großen Städten, wo viel erzeugt wird und Mangel an ſon⸗ ſtigem Dünger iſt, wird er zur Düngung der Weinberge verwendet. Er ent— hält gewöhnlich viel Urin und hat daher eine ſcharfe ſalpeterartige Beſchaffen— heit, die zwar bei der Rebe eine außerordentliche Triebkraft erweckt, öfter an— gewendet den Boden aber allzuſehr mit ſalpeterartigen Theilen ſchwängert, was, da er auch wenig Zucker erregende Alkalien beſitzt, dem Weine einen ſcharfen Geſchmack beibringen und jedenfalls dem Bouquet ſchaden muß. Der Abtrittsdünger ſollte daher nie allein und im friſchen Zuſtande in die Wein- berge gebracht, ſondern zuvor mit gutem Streumaterial, namentlich Erde oder anderem Dünger gemiſcht und einer ordentlichen Gährung unterworfen wer— den, wo er dann gute Dienſte thun kann, doch dürfte da, wo edle Weine mit feinem Bouquet erzeugt werden wollen, deſſen Anwendung ganz unterbleiben, weil ſtinkender Dünger auf den Wohlgeruch der Weine einen ſehr nachtheili- gen Einfluß ausübt, während geruchloſe und langſam in Verweſung über— gehende Stoffe, wie Wolle, Hornſpäne, Beinſchwarz denſelben befördern ſollen. Nur an ſolchen Stellen der Weinberge, wo ſich regelmäßig kranke Stöcke be— finden, die ſich durch Gelbwerden auszeichnen, iſt es nicht ſelten angemeſſen, ſolche ſtark mit Abtrittsdünger zu übertragen, indem der Boden hie und da Erdſchichten (Waſſergallen) enthält, die der Rebe nicht zuträglich ſind und die durch jene Düngung verbeſſert oder unſchädlich gemacht werden können.

In manchen Ländern, wie in Frankreich und Belgien, ſowie neuerlich auch

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in Deutſchland ſucht man den Abtrittsdünger, ſo lange er noch nicht mit Streumaterial gemiſcht iſt, entweder allein oder unter Zugabe von Kalk und Gyps zu trocknen und daraus ein ſehr wirkſames Dungpulver zu bereiten, das unter dem Namen Poudrette (Miſterde) in den Handel gebracht wird, und bei den Reben, wie das Knochenmehl, in Anwendung zu bringen wäre. Sehr gut iſt es in jedem Falle, wenn man den in waſſerdichten Behältern geſammelten Dünger von Zeit zu Zeit mit Erde überdeckt, indem dadurch nicht nur der ſtarke Geruch unterdrückt, ſondern auch die flüchtigen Theile (Ammo⸗ niak ꝛc.) weniger verloren gehen. §. 186.

f. Zubereitung und Wirkſamkeit dieſer Düngerarten.

Die Wirkſamkeit und Nachhaltigkeit der hier angeführten vegetabiliſch⸗ animaliſchen Düngerarten hängt übrigens nicht allein von der Qualität des Streumaterials (S. 176), ſondern auch von der Nahrung der Thiere und Menſchen ab. Der Dünger von ſchlecht genährten Thieren hat weit nicht die Kraft und Nachhaltigkeit, wie derjenige von gut genährten, weil jener nicht nur kräftigere vegetabiliſche Subſtanzen, ſondern auch mehr thieriſche Säfte enthält, die, wie aller thieriſcher Dünger ($. 177), als Dungmaterial ſehr wirkſam ſind. |

Es liefert deßwegen das Maſtvieh, das mit Körnern gefüttert wurde, einen ſehr kräftigen Dünger, während derjenige von magerem Vieh, das haupt⸗ ſächlich mit Stroh gefüttert wird, nur von geringer Wirkſamkeit iſt. Ebenſo iſt der Pferdedünger von ſolchen Pferden wirkſamer, die mit Haber und kräf⸗ tigem Heu gefüttert wurden, als von ſolchen, die blos Heu oder Grünfutter erhielten. Eine weitere Wirkſamkeit des Düngers hängt von der Menge des Einſtreu⸗Materials ab, indem, wenn daſſelbe im Uebermaß vorhanden iſt, ſo daß ſich die thieriſchen Exkremente mit demſelben nicht gehörig vermiſchen konnten, der Dünger weniger kräftig ſein wird, als wo eine angemeſſene Mi⸗ ſchung vorhanden iſt. In jenem Falle iſt es zweckmäßig, wenn der Dünger auf der Miſtſtätte öfter mit Gülle übergoſſen und dadurch die Gährung be— fördert wird.

Die Art und Weiſe, wie der Dünger bis zu ſeinem Gebrauche auf der Miſtſtätte aufbewahrt wird, hat ebenfalls Einfluß auf deſſen Qualität, indem ein vom Regen ausgewaſchener Dünger weit weniger Wirkung als ein ſolcher hat, in dem die urſprünglichen Beſtandtheile noch größtentheils vorhanden ſind. Es iſt deßwegen nothwendig, daß die Miſtſtätte vertieft und möglichſt waſſer⸗ dicht angelegt wird, ſo daß der flüſſige Dünger nicht abfließen und ſich nicht in den Boden verſenken kann, ſowie daß der Dünger, ſobald er aus dem Stalle gebracht wird, ordnungsmäßig aufgeſchichtet, und wo möglich mit Erde,

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Mergel oder Gyps bedeckt wird, damit die Gährung gleichmäßig vor ſich geht und die durch dieſelbe ſich entwickelnden flüchtigen düngenden Theile, wie Am⸗ moniak ꝛc. nicht in die Luft entweichen, ſondern von der aufgelegten Erde auf- gefangen und für den zu düngenden Boden erhalten werden.

4. Der künſtliche Dünger. 8

Zu den künſtlichen Düngerarten gehören alle diejenigen, die aus verſchie— denen animaliſchen, vegetabiliſchen und mineraliſchen Stoffen zuſammengeſetzt ſind und entweder auf einfache Weiſe durch Aufhäufung und Miſchung ver— ſchiedener Düngerſubſtanzen in Gruben oder auch freien Plätzen oder in be— ſondern Fabriken auf chemiſche Weiſe bereitet werden.

a. Der Compoſt.

Der Compoſt (Mengedünger) gehört zu den bekaunteſten künſtlichen Dün⸗ gerarten, weil er leicht und überall bereitet werden kann und deſſen gute Wirkung ſchon vielfach erprobt iſt. Er kann auf ſehr verſchiedene Weiſe be— reitet werden. Die einfachſte Bereitung beſteht darin, daß man eine, wo möglich etwas waſſerdichte Grube von 3—4 Fuß Tiefe anlegt, in dieſelbe zu⸗ erſt eine Schichte Erde oder Mergel, beſonders Raſenerde, darauf eine Schichte Stalldünger und dann wieder Erde und Dünger bringt, bis dieſelbe gefüllt iſt. Dieſer Düngerhaufen wird ein bis zweimal, oder auch öfter, ſowie er etwas trocken erſcheint, mit Gülle begoſſen, damit derſelbe in Gährung kom⸗ men kann, einigemal mit dem gewöhnlichen Spaten oder mit einem Dungſpa⸗ ten, der herzförmig geſtaltet und auf beiden Seiten bis zur Spitze ſcharf iſt, umgeſtochen, damit auch die Luft auf alle Theile deſſelben einwirken kann, und wenn er gehörig gemengt iſt und vergährt hat, nach Verfluß von /2—1 Jahr in die Weinberge gebracht. Neben dem Dünger kann man aber auch noch manche andere Düngerſtoffe, wie Aſche, Gyps, Kalk, grüne Pflan⸗ zen, Laub, Moos, Blut, Hornſpäne und ſonſtige thieriſche Abfälle von Gerbe- reien und Leimſiedereien, Gaſſenkoth ꝛc. in die Grube bringen, man hüte ſich aber vor der Beigabe von Unkraut, das ſchon Samen getrieben hat, wenn man daſſelbe nicht in die Weinberge verpflanzen will, wobei man jedoch zu berückſichtigen hat, daß nur ſolche Materialien in die Grube gebracht werden, welche auf die Reben nicht ſchädlich wirken und daß, bei Materialien, welche ſich ſchwer oder langſam zerſetzen, wie Sägmehl- und Holzſpähne, Heide⸗ kraut ꝛc. es ſehr zweckmäßig iſt, wenn dem Kompoſt etwas ungelöſchter Kalk beigegeben wird, der die Zerſetzung befördert, auch muß man in dieſem Falle den Compoſthaufen länger liegen laſſen und öfter umſtechen, bis ſämmtliche

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Materialien gehörig zerſetzt ſind. Man kann, wenn dem Compoſt verſchiedene andere düngende Materialien beigegeben werden, den Stalldünger weglaſſen, dagegen darf die Uebergießung mit Gülle, wenn der Dünger gehörig vergäh— ren und kräftig werden ſoll, nie unterlaſſen werden, auch wird die Gülle auf dieſe Weiſe am vortheilhafteſten für die Weinberge verwendet. Bei der Beigabe von Erde muß Rückſicht auf die Bodenbeſchaffenheit des Weinberges genommen werden, in den der Dünger gebracht wird und daher für Wein— berge mit ſchwerem, ſtrengen Boden mehr leichte, ſand- und kalkhaltige Erde (Lehm, Mergel), für Weinberge mit leichtem, loſem Boden mehr ſchwere, ſtrenge Erde (Thon), für kalkloſen Boden mehr kalkhaltige Erde (Mergel, Gyps, Kalk), zu der Compoſtbereitung genommen werden.

§. 188. b. Der chemiſche Dünger

wird in der Regel in beſondern Dünger-Fabriken aus thieriſchen und Mine⸗ ralſtoffen bereitet und beſteht häufig

1. aus künſtlichem Guano, ganz aus thieriſchen Stoffen bereitet, mit 5 Procent Stickſtoff und 25 Procent phosphorſaurem Kalk, oder

36—40 Proc. organiſchen Stoffen und Ammoniakſalze,

54 —46 Proc. phosphorſaurem Kalk und mineraliſchen Stoffen und

10-14 Proc. Feuchtigkeit.

2. Aus Kalk⸗Superphosphat (ſchwefelſauren Knochen) mit 10—12 Proc. löslicher Phosphorſäure, 4 Proc. Stickſtoff und 40— 45 Proc. phosphorſau⸗ rem Kalk, oder

3. Aus aufgeſchloſſenem Knochenmehl oder Knochenkohlenmehl (Super⸗ phosphat) mit 16—19 Proc. ſaurem phosphorſaurem Kalk = 10—12 Proc. löslicher Phosphorſäure,

15—14 Proc. gewöhnlichem phosphorſauren Kalk,

48—43 Proc. mineraliſchen Stoffen,

10—12 Proc. organiſchen Subſtanzen und Ammoniak,

11 —12 Proc. Feuchtigkeit darunter 1,60 —1,70 Proc. Stickſtoff. Ferner

4. Guaniſirte Knochenkohle, die hauptſächlich als Weinbergsdünger em⸗ pfohlen wird.

Solche künſtliche Düngerfabriken befinden ſich in Württemberg zu Reut⸗ lingen, Tübingen und Heilbronn. Bei der Beurtheilung der einzelnen Fabrikate kommt es hauptſächlich auf den Gehalt an Stickſtoff und Phosphorſäure an, indem dieſe hauptſächlich auf das gute Gedeihen der Pflanzen einwirken (8. 178).

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In wie fern nun dieſe künſtlichen Düngerarten auch zur Düngung der Wein: berge geeignet ſind, darüber ſind, ſoviel dem Verfaſſer bekannt iſt, noch keine genügenden Erfahrungen gemacht worden, und auch die von ihm angeſtellten Verſuche haben noch zu keinem beſtimmten Reſultat geführt.

Der Kunſtdünger kommt in pulveriſirter Form in Anwendung und ſoll bei den Weinbergen, namentlich die guaniſirte Knochenkohle, in dem Verhältniß von 1 zu 3 Theilen mit geſiebter oder durchworfener guter Weinbergserde ges mengt, ca. 8 Tage mit wenig Waſſer angefeuchtet, liegen gelaſſen und dann in die Nähe der Hauptwurzeln der Reben (wie das Knochenmehl S. 178) durch Hacken untergebracht werden, was am beſten geſchieht, ſo lange die Stöcke aufgeräumt ſind und bevor dieſelben zugehackt werden. Vier Centner Dünger mit 12 Centner Erde gemiſcht ſollen für einen Morgen als ganze Düngung genügen, zwei Centner als halbe Düngung. Sehr zweckmäßig dürfte es ſein, wenn 7/8 Kunſtdünger (Guano) und ½ aufgeſchloſſenes Knochenmehl, mit Erde gemiſcht und dieſe Miſchung an die Reben gebracht wird, indem erſterer dann auch eine nachhaltigere Wirkung hätte.

5. Die Nachhaltigkeit, Zeit und Art der Düngung. §. 189.

Bei der Düngung überhaupt, ſowie insbeſondere bei derjenigen der Wein: berge, kommt weiter in Frage, wie oft, zu welcher Zeit und auf welche Weiſe gedüngt werden ſoll, daher, wenn auf eine angemeſſene Wirkung des Düngers gerechnet werden will, dieſe drei Fragen eine beſondere Betrachtung verdienen.

a. Die Nachhaltigkeit des Düngers.

Bei der Frage, wie oft gedüngt werden ſoll, um einen Weinberg im ge- hörigen tragbaren Stand zu erhalten, kommt zunächſt die Bodenbeſchaffenheit des Weinbergs und die Qualität des Düngers in Berückſichtigung.

Bei der Bodenart kommt in Betracht, ob der Boden an und für ſich ein kräftiger und feſter oder ein magerer Boden iſt, und ob derſelbe den Dün⸗ ger gerne aufnimmt und länger behält oder denſelben ſchnell verzehrt (§. 72). Zu den kräftigſten Bodenarten (S. 76, 77) gehören die vulkaniſchen und die aus dem Urgebirge entſtandenen, die faſt gar keine oder nur in langen Zwi⸗ ſchenräumen eine Düngung erfordern. Zu den kräftigen Böden werden die ſtarken Thon⸗ und Mergelböden gerechnet, die mindeſtens von 6 zu 6 Jahren eine ſtarke Düngung verlangen, zu den mittlern Böden die leichten Thon- und thonhaltigen Kalk⸗, fowie die Lehmböden, die je in 3—4 Jahren eine gute Düngung erfordern, und zu den leichteren, den Dünger ſchnell verzehrenden Bodenarten, die Sand- und Kalkböden, bei denen es ſehr angemeſſen iſt, wenn

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die Düngung oft, und wenn auch nicht jedes Jahr, doch in zwei, längſtens in drei Jahren wiederholt wird, wobei jedoch weniger ſtark gedüngt werden darf. Außerdem kommt es darauf an, ob ein Boden mehr oder weniger für den Rebbau überhaupt oder für einzelne Traubengattungen (S. 79—82) geeignet iſt, indem, je weniger derſelbe der Rebe entſpricht, deſto öfter muß mit Dünger nachgeholfen werden. Auch einzelne Traubengattungen, wie z. B. die blauen Clevner, Ruländer, Gutedel, ſowie alle diejenigen, die wegen minder ſtarker Bewurzelung ſchon an und für ſich einen guten, milden, kräftigen Boden er- fordern (§. 82, 83), verlangen eine öftere Düngung als andere, die in jedem Boden fortkommen, worauf gleichfalls geeignete Rückſicht zu nehmen iſt. Fer— ner kommt die Erziehungsart der Rebe in Betracht, indem bei der Schenkel— Erziehung, bei der die obern (Thau-) Wurzeln nicht immer weggeſchnitten, ſondern gepflegt werden, öfter, doch nicht ſo ſtark gedüngt werden darf, als bei der Kopferziehung, bei der die obern Wurzeln hinweggenommen werden, weil in jenem Falle der Rebſtock hauptſächlich im obern Boden ſeine Nahrung ſuchen muß. Auch darf man die obern Theile der Weinberge ſtärker düngen, als die untern, weil der Boden und die düngenden Theile durch Regen- und Schneewaſſer ſtets von oben abgeſchwemmt und unten abgelagert werden (vergl. §. 173).

Zu einer ſtarken Düngung rechnet man 8—12 zweiſpännige Wagen Stall- miſt, zu einer mittlern Düngung 7—8 Wagen, zu einer halben Düngung 4— 5 Wagen auf den württembergiſchen Morgen.

Bei der Qualität des Düngers kommt es hauptſächlich auf die oben 8. 167—183 näher beſchriebenen Beſtandtheile an, indem, je nachhaltiger und nährender dieſelben wirken, in deſto längeren Zeitabſchnitten oder in deſto geringeren Ouantitäten darf derſelbe aufgebracht werden, wir können deßwegen hier nur im Allgemeinen anführen, daß für die Weinberge nachhaltige, kräftige Düngerſtoffe, wie der vegetabiliſch animaliſche Dünger und unter dieſem der Rindviehdünger und bei gewiſſen Bodenarten auch der Pferdedünger oder der gemiſchte Rindvieh⸗ und Pferdedünger in der Regel die angemeſſenſten ſind, indem dieſelben alle diejenigen Eigenſchaften beſitzen, die der Rebe am zu— träglichſten find (S. 181), wobei jedoch der Dünger nicht im friſchen, ſondern nur in dem in §. 186 beſchriebenen vergährten Zuſtande in die Weinberge und unter den Boden gebracht werden darf, weil er ſonſt zu ſehr hitzt und dadurch Brand und andere Krankheiten der Rebe verurſacht, auch dem Weine leicht einen Beigeſchmack beibringt.

Die mineraliſchen Düngungsmittel ſind, gegenüber von den organiſchen, die ſchwächſten, weil ſie nur einige Stoffe enthalten, die bei ihrer Zerſetzung in die zu nährende Pflanze übergehen, mineraliſche Dünger, wie Kalk, Aſche, ſowie diejenigen chemiſchen Düngerarten, die weniger nährend, ſondern mehr

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reizend und humusauflöſend find, können zwar aus dem letztern Grunde hie und da ſehr kräftig wirken, dürfen aber nie zu oft und nur in längeren Zwi⸗ ſchenräumen, zwiſchen welchen eine andere Düngung mit Stalldünger, Compoſt oder guter nährender Erde ſtattfinden muß, in Anwendung gebracht werden, weil die Rebſtöcke ſonſt zu ſehr überreizt werden und dadurch zwar Holz, aber keine Trauben treiben, oder zuletzt wegen Mangels an nachhaltiger Nahrung ganz zu Grunde gehen.

Der vegetabiliſche Dünger, wie grüne Pflanzen, Rebabſchnitte und Wein⸗ treber entwickeln in den meiſten Bodenarten nicht immer diejenige nährende Kraft und Nachhaltigkeit, daß ſich der Rebſtock allein damit begnügen kann, daher die Anwendung dieſer Düngerſtoffe gleichfalls eine Zwiſchendüngung von Stallmiſt erfordert, auch müſſen dieſelben, wenn ſie eine Wirkung auf den Rebſtock ausüben ſollen, ſogleich mit Erde bedeckt werden.

Eine Abwechslung mit verſchiedenen, der Rebe je nach der Bodenart zu⸗ träglichen Düngerſtoffen, dürfte ſich, weil hiedurch die Triebkraft vermehrt wird, als ſehr zweckmäßig erweiſen, nur wird, wenn, wie es in Württemberg häufig vorkommt, mit der mineraliſchen, d. h. mit Auftragen von Erde und mit der Stallmiſtdüngung gewechſelt wird, in gutem kräftigen Boden nicht gut ſein, wenn auf das Beitragen von Erde im darauffolgenden Jahre ſogleich gedüngt wird, ſowie wenn überhaupt zu ſtark gedüngt wird, weil die Rebſtöcke ſonſt zu triebig werden, weniger Trauben anſetzen und leicht durch ſchädlichen Thau, Froſt ꝛc. Schaden nehmen, die Trauben aber in einem zu fetten Boden gerne faulen und der davon erzeugte Wein häufig molzig und ſchwer wird.

§. 190. b. Die Zeit der Düngung.

Bei der Beurtheilung der angemeſſenſten Zeit zur Düngung der Wein⸗ berge kommt zunächſt die Bodenbeſchaffenheit und hie und da auch die Lage in Berückſichtigung, indem man dabei hauptſächlich darauf zu ſehen hat, daß man zu einer Zeit düngt, in welcher ſich der Dünger am beſten und ſchnellſten mit dem Boden verbindet und demſelben ſeine düngende Kraft mittheilt, auch kommt es auf die Art und Beſchaffenheit des Düngers an.

Das Düngen mit gutem Stalldünger erfolgt am zweckmäßigſten nach dem Herbſt, bevor es einwintert und ſo lange kein Schnee liegt, indem die Winter⸗ kälte und Winterfeuchtigkeit den Dünger weit mehr, als während der Früh— jahrs⸗ und Sommerwitterung anzieht, wodurch er feſter auf den Boden zu liegen kommt und demſelben dadurch mehr Schutz und Kraft gibt. Auch kann der Dünger ſich während des Winters gehörig zerſetzen, mit dem Boden ver- binden, und die düngenden Theile können bis zu den Saugwurzeln der Rebe

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dringen, wodurch zugleich bei Dünger, der zu viel Stickſtoff und Ammoniak beſitzt (S. 182, 183), die nachtheiligen Wirkungen deſſelben auf den Geſchmack des Weins vermieden werden. Das Düngen im Spätjahr dürfte daher für die meiſten Bodenarten die geeignetſte Zeit ſein, insbeſondere aber für Weinberge von ſtrengem, geſchloſſenen Thonboden, weil ſich mit dieſem der Dünger am langſamſten verbindet, und nur bei loſem, tiefen Sand- und Lehmboden, weil ſich hier die düngenden Theile während des Winters zu ſchnell in den Unter— grund verſenken können, dürfte vielleicht eine Ausnahme ſtattfinden. Dagegen dürfte das Düngen während des Winters bei gefrorenem und geſchloſſenem Boden möglichſt vermieden werden, weil ſich hier der Dünger mit dem Boden nicht verbinden kann und durch das Ausfrieren an Kraft verliert.

Das Düngen im Frühjahr iſt für ſtrengen Boden, wenn nicht ganz ver— gohrener und aufgelöster Dünger in den Weinberg gebracht wird, ſchon weni— ger angemeſſen, weil daſſelbe aus dem angeführten Grunde auf den Trauben- anſatz wenig mehr wirken wird. Dagegen iſt daſſelbe für milderen Thon- und Mergel⸗, ſowie für Kalk⸗, Lehm- und Sandboden ſchon mehr geeignet, weil dieſe Bodenarten den Dünger ſchneller aufnehmen und ſchneller zerſetzen, doch muß darauf Bedacht genommen werden, daß der Dünger nicht zu frühe in den Weinberg gebracht wird, weil er den Froſt anzieht, jedoch ſo, daß er beim Hacken in den Boden kommt. Wird nach dem Hacken gedüngt, ſo muß der Dünger kurz (ſtark verwest) ſein, damit er beim erſten Felgen untergebracht werden kann. In keinem Falle ſoll friſcher Dünger in den Weinberg gebracht und ſogleich untergehackt werden, weil dieſer erſt im Boden die Gährung durch— machen muß, wodurch er zu hitzig wird und gerne brennt, wenn warme, trockene Witterung eintritt, was auf die Rebſtöcke den nachtheiligen Einfluß hat, daß dieſelben häufig gelb und krank werden und die Trauben fallen laſſen. Ebenſo darf man ſich vor einer allzuſtarken Düngung hüten, weil durch die dadurch herbeigeführte ſtarke Ammoniak-Entwicklung die Triebkraft der Reb— ſtöcke zu ſehr geſteigert und die angeſetzten Trauben (Geſcheine) ſich in Ranken (Bollhacken) verwachſen könnten.

Bei dem Düngen während des Sommers trocknet der Dünger auf ſtrengem, hitzigen Boden und in ſteilen warmen Lagen zu ſchnell aus (verbrennt), verliert dadurch einen großen Theil ſeiner düngenden Kraft und kann ſpäter, wenn er untergebracht wird, nur noch eine mechaniſche Wirkung durch Lockerung des Bodens hervorbringen. Bei kühlem, feuchtem und lockerem Boden (Lehm) wird dagegen die Sommerdüngung mit weniger Nachtheil verbunden ſein, doch hat man ſich zu hüten, daß der Dünger nicht erſt ſpät, wenn die Trauben ausgewachſen ſind und während der Traubenreife eingebracht wird, weil ſonſt der Wein leicht molzig und ſchwer werden und, einen üblen oder Böckſerge— ſchmack erhalten könnte, auch werden dadurch die Stöcke unnützerweiſe zu neuem

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Triebe gereizt, was auf die Zeitigung des Holzes einen nachtheiligen Ein⸗ fluß hat. |

Die hier hinſichtlich der Zeit der Düngung aufgeſtellten Grundſätze be- ziehen ſich hauptſächlich auf die Einbringung des gewöhnlichen, d. h. des Stall⸗ düngers, bei der Anwendung anderer Dungmittel iſt die Zeit der Anwendung derſelben theils ſchon oben bei der Abhandlung über deren Wirkſamkeit ange⸗ geben werden, theis kommt es dabei hauptſächlich darauf an, ob der Dünger im feinen oder mehr groben Zuſtande, dem Boden übergeben wird, und ob derſelbe, vermöge ſeiner innern Beſchaffenheit, mehr oder weniger geeignet iſt, bald in die auflöſende Gährung und dadurch in die Rebe überzugehen. So werden unter den Mineralſtoffen Mergel, Schiefer und Erde am zweckmäßig⸗ ſten vor und während des Winters in die Weinberge gebracht, damit der Froſt und die Winterfeuchtigkeit auf die Zerſetzung derſelben und dadurch auf deren Wirkſamkeit für das nächſte Jahr noch einwirken können, während die mehr ſalzhaltigen Düngmittel auch bei dem Einbringen im Frühjahr noch gute Dienſte leiſten werden, wogegen das Einbringen während des Sommers nur ſchädlich wirken könnte.

Die Düngung mit Pflanzenſtoffen hängt von der Zeit ab, wo dieſelben verwendet werden können, wie die Gründüngung, die Düngung mit dem Reb⸗ holze ꝛc., während bei den thieriſchen Stoffen es wieder auf ihre mehr oder minder ſchnelle Zerſetzung ankommt, zu welcher Zeit ſie am beſten zur Düngung verwendet werden. Hornſpähne, Haare, Wolle, grobes Knochenmehl werden daher am zweckmäßigſten vor dem Winter an die Rebſtöcke gebracht, dagegen können Blut, aufgelöstes Knochenmehl, Guano auch noch im Frühjahr vor dem Hacken mit Vortheil zur Verwendung kommen. Das gleiche iſt der Fall bei dem Kunſtdünger, mit Ausſchluß des Compoſts, indem die chemiſche Zu- ſammenſetzung deſſelben meiſt aus thieriſchen, ſchnell löslichen Subſtanzen beſteht.

S. 10 c. Die Art der Düngung.

Dieſelbe kann auf zweierlei Weiſe vorgenommen werden, nemlich dadurch, daß man den Dünger oben auf dem Boden ausbreitet und denſelben bei den Bodenarbeiten nach und nach in den Boden bringt und mit demſelben ver⸗ bindet, oder daß man denſelben nach dem Einbringen in die Weinberge in beſondere Gruben eingräbt.

Die erſtere Düngungsweiſe iſt in Württemberg faſt in allen Weinbau⸗ gegenden eingeführt und nur in der Bodenſeegegend wird, neben jener, auch bei der Verjüngung durch das Vergruben der Stöcke denſelben Dünger in die Grube gegeben.

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Bei dem Düngen oben auf den Boden hat man blos die Regel zu be— folgen, daß man den Dünger, ſo bald er in den Weinberg gebracht wird, gleichmäßig ausbreitet, damit er überall wirken kann, und denſelben nicht feucht oder naß unterhackt, weil er ſonſt verkohlt und wenig Wirkung hat.

Die Düngung in Gruben kommt hauptſächlich da vor, wo es an Dünger mangelt, indem man durch dieſelbe an Dünger viel erſparen kann, ſie iſt je- doch, weil nicht alle Bodentheile gedüngt werden, nicht ſo nachhaltig, wie eine ſich über den ganzen Boden verbreitende Düngung und muß daher öfter wie⸗ derholt werden.

Dieſe Düngungsart kommt hauptſächlich in den Weinbaugegenden des Rheinthales vor und kann auf verſchiedene Weiſe vorgenommen werden.

Da, wo die reihenweiſe Pfahl- oder die Rahmen⸗Erziehung eingeführt iſt, werden häufig zwiſchen den einzelnen Reihen ſeichte Gruben gemacht, in dieſelben der Dünger eingelegt und ſofort wieder mit der ausgehobenen Erde bedeckt, oder es wird blos die Erde gegen die Stöcke auf beiden Seiten ange⸗ zogen, in die dadurch gebildete Vertiefung der Dünger eingelegt und ſpäter

mit der hinweggezogenen Erde wieder bedeckt.

Will man den Dünger ſparen oder nicht vollſtändig düngen, ſo wird je eine Zeile überſprungen und dieſe dann im folgenden oder zweiten Jahre mit Dünger verſehen.

In andern Gegenden, namentlich im Rheingau, werden Gruben oberhalb der Stöcke gemacht, und in dieſelben der Dünger eingelegt und mit der aus» gehobenen Erde bedeckt. Hiebei ſoll es ſehr zweckmäßig ſein, wenn hinter jeden Stock eine / Fuß tiefe und 1⅛ Fuß lange querlaufende Grube gemacht und hier der Dinger eingelegt wird, wobei die ausgehobene Erde gegen die Berg— ſeite geworfen, mit derſelben ſofort die Grube des oberhalb ſtehenden Stocks oo und dadurch die Erde ſtets den Berg hinauf geſchafft wird.

Bei dem Düngen während des Vergrubens der Stöcke wird der Dünger, nachdem die Stöcke mit Erde bedeckt ſind, in die Grnbe gebracht, dort längere Zeit offen liegen gelaſſen und dann erſt beim Felgen oder vor dem Winter mit Erde bedeckt. Ueberhaupt iſt es bei dem Einlegen des Düngers in Gru— ben aus dem bereits angeführten Grunde nicht gut, wenn der friſche Dünger ſogleich ſtark mit Erde bedeckt wird, vielmehr iſt es angemeſſener, wenn der— ſelbe einige Zeit unbedeckt in der Grube liegen bleibt oder nur eine leichte Be⸗ deckung von Erde erhält und erſt ſpäter vollſtändig bedeckt wird.

Bei der Düngung in Gruben iſt auch auf die Bodenart Rückſicht zu nehmen, indem der Dünger nicht ſo tief vergraben werden darf, daß die Luft wenig oder keinen Zutritt hat, weil dadurch die Auflöſung deſſelben nur lang— ſam, oder ſtatt derſelben eine torfartige Vorkohlung vor ſich gehen würde, die auf die Rebe keine Wirkung hätte. Es muß deßwegen namentlich zwiſchen

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ſtrengem, ſchwerem, waſſerhaltendem und lockerem, loſem ſand- und kalkhalti⸗ gen Boden, der den Dünger ſchneller zerſetzt, unterſchieden, in erſterem derſelbe nur ganz oberflächlich mit Erde bedeckt, in letzterem aber etwas tiefer einge— bracht werden, wobei jedoch auch noch der weitere Umſtand zu beachten iſt, ob bei der Anlage des Weinberges ſeicht oder tief geſetzt wurde, indem durch das Ausheben der Gruben in keinem Falle die Wurzeln des Rebſtocks beſchä— digt werden ſollten, daher die Gruben den Stöcken nicht zu nahe gebracht wer: den dürfen. |

XI. Die Krankheiten und Defchädigungen des Weinſtocks und der Traube.

§. 192.

Auf die Dauer und Lebenskraft einer jeden Pflanze, mithin auch des Weinſtocks und ſeines Erzeugniſſes üben klimatiſche und meteorologiſche Um— ſtände, ſowie die Bodenverhältniſſe einen mächtigen Einfluß aus, ſo daß, ſowie die zu einer kräftigen Vegetation nothwendigen Erforderniſſe fehlen oder in ihrer Thätigkeit geſtört werden, dieſe auch auf den Rebſtock oder auf die Traube einen mehr oder minder ungünſtigen Einfluß ausüben, wodurch Krankheiten entſtehen, die entweder ein Verkümmern der Rebe und der Traube oder eine gänzliche Auflöſung (Abſterben) derſelben veranlaſſen.

Neben dieſen durch äußere Einflüſſe herbeigeführten Störungen der Lebens- kraft der Rebe und der Traube haben aber dieſelben und insbeſondere die letz tern auch viele Feinde, die weſentliche Beſchädigungen derſelben herbeiführen können und insbeſondere auf den Ertrag der Rebe nicht ſelten eine ſehr nach— theilige Wirkung haben.

Durch genaue Kenntniß der innern Organiſation der Rebe, ſowie der Urſachen, durch welche die Krankheiten, Unfälle und Beſchädigungen derſelben und der Trauben herbeigeführt werden, laſſen ſich jedoch manche entweder ganz beſeitigen oder wenigſtens mildern, daher dieſelbe für den rationellen Weinbauer von hohem Intereſſe iſt, indem davon nicht ſelten die Dauer ſeiner Weinberge, ſowie der größere oder geringere Ertrag derſelben abhängt, wir wollen deßhalb den am häufigſten vorkommenden Krankheiten und Beſchädi⸗ gungen je beſondere Abhandlungen widmen.

1. Die Beſchädigungen durch die Winterkälte. §. 193.

Die Rebe gehört nicht zu den empfindlichen Pflanzen, welchen durch die Winterkälte bald ein Schaden zugefügt wird, vielmehr iſt im Allgemeinen ſchon

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ein größerer Grad von Kälte (von 15—18 Graden) nöthig, wenn dieſelbe durch den Winterfroſt leiden ſoll. Bei ſehr ſtarkem Froſt von 20—24 und mehr Graden, wo der Boden bis zu den Grundwurzeln durchgefroren iſt, werden aber auch dieſe durch denſelben beſchädigt. Das Erfrieren der Rebe erfolgt dadurch, daß derſelben durch eine ſtarke Kälte der innere Wärmeſtoff ſo voll— ſtändig entzogen wird, daß die innern Säfte gefrieren und dadurch die feinen Gefäſſe der Rebe ſich ausdehnen und zerſpringen, wodurch die Lebenskraft der— ſelben aufhört und entweder einzelne betroffene Theile oder der ganze Rebſtock zu Grunde geht. Iſt das Erfrieren der Rebe nicht vollſtändig erfolgt, ſo ent— ſtehen im Laufe des Sommers manche Störungen der Lebenskraft oder innere Krankheiten, wie Saftſtockungen, Grind, Abzehrungen, die ein Kränkeln des Weinſtocks und ſpäter gleichfalls deſſen Abſterben oder einzelner Theile (Schenkel) veranlaſſen, daher der rationelle Weinbauer eine genaue Kenntniß von den Wirkungen der Kälte und deren Folge beſitzen muß.

Das Erfrieren der Rebe hängt häufig von verſchiedenen äußern Umſtän⸗ den, ſowie von der Beſchaffenheit der Rebe ſelbſt ab.

Reben, die vom Schnee bedeckt ſind, erfrieren bei ſtrenger Kälte weniger als unbedeckte, ebenſo leiden Reben, die den ftrengen und kalten Nord- und Nordoſtwinden ausgeſetzt find, mehr, als ſolche in geſchützten Lagen; Reben in Niederungen, weil hier die Kälte ſtärker iſt, mehr als auf luftigen Höhen. Eine ſtrenge, aber kurz andauernde Kälte ſchadet in der Regel weniger, als lange andauernde, aber nicht ſo ſtarke Kälte, weil hier der Rebe der Wärme⸗ ſtoff zwar langſamer, aber um ſo gewiſſer entzogen wird. Tritt eine ſtrenge Kälte ſehr frühe ein, wo das Holz noch nicht feſt und hart iſt, oder erſt ſpät im Laufe des Monats Februar, wo ſchon der junge Saft in die Rebe aufzuſteigen begonnen hat, ſo wirkt dieſelbe nachtheiliger, als in der Mitte des Winters. Vorzüglich ſchädlich wirkt, wenn nach Regen oder nach Thauwetter oder nach ſtarken Nebeln und Thauniederſchlägen, ſo lange die Reben noch naß find, Froſt eintritt und dadurch ſich eine Eiskruſte (Glatteis) um die Ne: ben bildet, wodurch die Augen zernichtet, die Rinde an der Rebe losgezogen und dieſe dadurch ſelbſt berſtet und ſchwarz wird. Ein ſolches nachtheilige Glatteis kommt in gelinden Wintern, in welchen ein häufiger Temperatur- wechſel eintritt, öfter vor, als in ſtrengen Wintern, auch wirkt daſſelbe in engen Thälern ſchädlicher, als in weiten luftigen Thälern und auf Höhen, weil hier die Reben ſchneller abtrocknen und ſich ſomit weniger Glatteis bil- den kann.

Je nach dem Kältegrad und den ſonſtigen äußern Umſtänden erfriert zu⸗ erſt das einjährige Rebholz mit den daran befindlichen Augen, dann der Schenkel und zuletzt auch noch der Kopf oder der Stamm.

Unter dem Rebholz ſelbſt wird das im Vorjahr vollſtändig reif gewordene

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und ausgezeitigte nicht fo bald erfrieren, als das weniger zeitige noch ſchwam⸗ mige Holz, ebenſo erfrieren Rebgattungen mit weichem poröſen Holze (§. 2), weil in dieſelbe die Kälte ſchneller eindringen kann, wie bei Sylvaner, Elb⸗ lingen ꝛc., oder mit maſtem Holze auf fettem Boden in Niederungen bälder, als bei Rebgattungen mit feſterem Holze, wie bei den Rießlingen. Hie und da ſind beſonders bei Glatteis nur diejenigen Augen erfroren, welche dem ſtrengen Winde zugekehrt ſind und an welchen ſich das Eis ſchneller bildete, als an den vor dem Winde mehr geſchützten Augen. Bemooste Stöcke, welche das Eis mehr anziehen und länger behalten, ſind dem Erfrieren mehr als andere, und ältere Stöcke, als weniger Lebenskraft beſitzend, demſelben mehr als jüngere ausgeſetzt. |

8. 194.

In vielen Weinbaugegenden und insbeſondere auch in den württembergi⸗ ſchen ſucht man die Reben vor den Nachtheilen der Winterkälte durch das Niederlegen und Bedecken derſelben auf die S. 165—166 beſchriebene Weiſe zu ſchützen. Bei ſehr ſtrengen Wintern hilft aber auch dieſes Schutzmittel nicht immer, auch iſt daſſelbe nach S. 166 hie und da mit andern Unzuträg⸗ lichkeiten verbunden, daher daſſelbe in ſolchen Weinbaugegenden, die mehr vor kalten Winden geſchützt ſind, wie im Rheinthale, ſelten in Anwendung kommt, doch iſt es auch in einem ſolchen Falle gut, wenn wenigſtens der Kopf der Rebe gut mit Erde zugedeckt wird.

Die Beſchädigungen durch die Winterkälte erkennt man daran, daß die Rinde der Schenkel aufſpringt und das innere Holz der Rebe braun ſtatt grün iſt. In einem ſolchen Falle bleibt nichts anderes übrig, als die erfro— renen Schenkel und Reben abzuwerfen und den Kopf ſo auszuputzen, daß er wieder neue Triebe machen kann. Doch iſt auch auf die Beſchaffenheit des Stocks Rückſicht zu nehmen, indem, wenn junge, vollſäftige Stöcke, namentlich Trollinger, ganz abgeworfen werden, dieſelben bei dem ſtarken Frühjahrstrieb ſich allzuſehr verweinen (verbluten), oder in ihrem Safte erſticken könnten, wodurch der Stock gleichfalls zu Grunde gehen würde. Hier iſt es dann an⸗ gemeſſen, wenn man das Abwerfen der Schenkel erſt vornimmt, wenn die Saftſtrömung bereits begonnen hat, weil bei einem frühen Abſchnitt die Poren des Holzes ſich vor der Saftſtrömung ſchließen und ein nachtheiliger Saft⸗ überfluß entſtehen könnte, oder wenn man einen weniger beſchädigten Schenkel bis zum nächſten Jahre ſtehen läßt, damit der Saft des Stockes ſich dahin noch ziehen kann und die neuen Kopftriebe deſto kräftiger werden, zu welchem Behuf es zweckmäßig iſt, wenn man die Stöcke zu der Zeit, wo keine Früh⸗ lingsfröſte mehr zu befürchten ſind, nochmals aufräumt und die Gruben län⸗ gere Zeit offen ſtehen läßt.

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Sind nur einzelne Tragreben durch die Winterkälte beſchädigt worden, fo ift es rathſam, das Schneiden der Reben zu verſchieben, bis der Saft in die— ſelben eingetreten iſt, oder die Knospen ſich zu entwickeln beginnen (Ende April oder Anfang Mai), damit die ſchadhaften Hölzer von den geſunden gehörig unterſchieden und erſtere durch Bodenhölzer erſetzt werden können. Doch kann der Stock zuvor, zur Zeit des gewöhnlichen Schneidens, von den alten Bögen oder den zu langen Schenkeln geſäubert und die unbrauchbaren, überflüſſigen jungen Hölzer ausgeſchnitten werden, damit derſelbe wenigſtens theilweiſe aus— gerüſtet daſteht, ſpäter das Schneiden der Tragreben deſto ſchneller vor ſich geht, und beſonders dem Stock durch das ſpäte Schneiden nicht zu viel Saft entzogen wird. .

Das Heranziehen von Bodenhölzern iſt beſonders auch bei den durch die Kälte nur theilweiſe beſchädigten aber kränkelnden Reben zu empfehlen, weil die letztern im folgenden Jahre doch abgeworfen und daher durch geſunde Re— ben erſetzt werden müſſen.

Iſt auch der Kopf erfroren, der Stock in der Erde aber noch geſund, ſo kann man mit dem Pfropfen des Stocks in die Stange (§. 144. 175) oder mit dem Abwerfen des Kopfes nach §. 195 einen Verſuch machen, indem man dadurch, beſonders in ältern Weinbergen, immer noch bälder und ſicherer zu einem neuen tragbaren Stock kommen kann, als wenn eine Wurzelrebe einge— legt wird.

2. Beſchädigungen durch Winde.

8. 195.

In unbeſchützten Weinbergslagen, beſonders in ſolchen, welche den kalten und ſtrengen Nord- und Nordoſtwinden ausgeſetzt ſind, können die Reben da⸗ durch Schaden nehmen, daß durch die Winde der Saftumlauf geſtört wird und das einjährige Reb⸗ oder Tragholz austrocknet, dürr (winddürr) und un⸗ fruchtbar wird und entweder ganz abſteht oder als kränkelnd keine Trauben treibt. Solche Beſchädigungen kommen beſonders bei nicht ausgezeitigtem Holze, ſo wie im Frühjahr bei gedeckten Weinbergen vor, weil bei dieſen durch die geſchützte Lage während des Winters, das Holz weit empfindlicher iſt als bei ungedeckten, daher bei jenen ein allzu frühes Aufziehen (§. 153) zu ver⸗ meiden iſt.

Die dürr gewordenen Reben werden beim Schneiden derſelben abgewor⸗ fen und dabei hauptſächlich für neue Kopftriebe geſorgt. Iſt es zweifelhaft, ob eine Rebe noch geſund iſt oder nicht, ſo iſt es beſſer, man läßt dieſelbe ſtehen, damit der Saftzufluß mehr zertheilt wird und keine Saftſtockungen entſtehen. Sind nicht blos die Reben, ſondern auch die Schenkel winddürr, was bei vorausgegangenen naſſen Jahrgängen hie und da vorkommt, ſo daß

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der Stock als abgegangen zu betrachten iſt, jo iſt es, weil derſelbe in der Re⸗ gel im Boden noch geſund iſt, nicht angemeſſen, wenn er geradezu ausgehauen und durch einen Einleger oder auf andere Weiſe erſetzt wird, vielmehr kann er öfters noch dadurch gerettet werden, wenn man denſelben im Frühjahr bis auf den Kopf abwirft und etwa 1 Fuß tief bis gegen die unterſten Wurzeln aufräumt, ſo daß die Stange freiſteht, wodurch ſich an der letztern gerne junge Triebe entwickeln, die, weil ſie nicht fo feſt ſitzen, wie Triebe aus an⸗ derem Holz, ſorgfältig an Pfähle gebunden werden müſſen und in dieſem Falle dann in kurzer Zeit zu einem neuen Stocke herangewachſen ſind. Die Grube läßt man ſo lange offen ſtehen, bis das junge Holz im Herbſt die gehörige Reife erlangt hat. 2

Starke und kalte Winde, beſonders in den Monaten April und Mai, richten aber auch noch dadurch Schadeu an, daß, wenn die Augen ſchon etwas angetrieben haben, ſolche in ihrem Triebe gehemmt und dadurch weniger kräf— tig austreiben oder ganz wegfallen, ſo wie, daß die jungen Triebe, wenn ſie ſehr ſaftreich ſind, gerne abgeriſſen werden, wodurch die Vegetation gleichfalls geſtört wird und beſonders in jungen Gereuten hie und da das Abſtehen des ganzen Stockes zur Folge hat. Ein baldiges und ſorgfältiges Anheften der jungen Triebe an die Holzunterſtützung ſollte daher nie unterlaſſen werden.

3. Beſchädigung durch Frühjahrs- und Spätjahrsfröſte. §. 196. |

Zu dem Gedeihen aller vegetabiliſchen und animaliſchen Geſchöpfe gehört Wärme, daher auch die Pflanzen einen gewiſſen Grad von innerer Wärme beſitzen. Dieſe iunere Wärme wird durch die Einwirkungen der Sonnenſtrah— len geſteigert und jede Pflanze, mithin auch die Rebe, zu neuen Bildungen veranlaßt. Ein ſolcher Trieb tritt beſonders im Frühjahr ein, nachdem die Rebe während des Winters ausgeruht hat und durch die nach und nach ein— tretenden ſtärkeren Wirkungen der Sonnenſtrahlen der Boden und die Rebe ſich erwärmt haben und dadurch zu neuen Saftbildungen veranlaßt werden, die um ſo ſtärker ſind, je mehr der Boden durch die angeſammelte Winter⸗ feuchtigkeit zu der Auflöſung der Nährtheile der Rebe geneigt iſt, und je mehr dieſelbe ans der Luft Wärme an ſich ziehen kann. Iſt nun dieſes bei anhal⸗ tender warmer Frühjahrswitterung der Fall, ſo treiben ſich die Augen der Reben, und es entſtehen bald ſaftige Triebe, an welchen die jungen Träubchen ſichtbar ſind. Tritt dann ſpäter, bei dem häufigen Temperaturwechſel im Frühjahr, beſonders nach Gewitterregen, wieder kältere Witterung ein und und ſinkt dieſelbe unter den Gefrierpunkt, ſo erſtarrt der durch die feuchte Luft an den Reben ſich angehängte Thau zu Eis, es entſteht ein Reifen, durch den

301 die Saftbewegung der jungen Triebe entweder gehemmt oder der Saft ſelbſt in Eis verwandelt wird, und da, nach den Geſetzen der Natur, die in Eis verwandelte Flüſſigkeit ſich ausdehnt, ſo hat dieſes die Folge, daß durch dieſe Ausdehnung die zarten Saftgefäſſe der jungen Triebe zerreißen und ab— welken, beſonders wenn durch das baldige Erſcheinen der Sonne ein allzu ſchneller Temperaturwechſel und dadurch eine Ungleichförmigkeit in der Zu— ſammenziehung und Ausdehnung, ſowie eine zu ſchnelle Erſchlaffung der aus- gedehnten Gefäſſe eintritt, bevor ein neuer belebender Saftzufluß erfolgen kann.

Der Reifen gründet ſich zunächſt auf die Entſtehung des Thaues und dieſer auf den allgemeinen phyſikaliſchen Grundſatz, daß da, wo Wärme und Kälte mit einander in Berührung kommen, beide Luftarten ſich beſtreben eine gegenſeitige Ausgleichung dadurch herbeizuführen, daß der wärmere Theil ſei— nen überwiegenden Wärmeſtoff an den kältern abgibt. Da nun bei hellen, windſtillen, kühlen Nächten die Luft eine niedrigere Temperatur hat, als die am Boden ſtehende Gewächſe, ſo geben dieſe fortwährend Wärme an dieſelbe ab, und da die dadurch erwärmte Luft als leichter fortwährend in die Höhe ſteigt und durch kältere Luft wieder erſetzt wird, ſo geht die Wärme⸗Entziehung der Pflanzen oder deren Erkalten um ſo ſchneller vor ſich. a

Sind nun die Pflanzen gegen den kommenden Morgen kälter als die ſie umgebende Luft, ſo ſchlägt ſich auf dieſelben, wie an jedem kalten Körper der in eine wärmere Temperatur gebracht wird, die in der Luft befindliche Feuch⸗ tigkeit als Dünſte nieder, die ſich nach und nach in Thautropfen zuſammenziehen und bei Zunahme der Kälte ſich in Eis oder Reifen verwandeln, der aus den Pflanzen ſo lange noch den Wärmeſtoff herauszieht, bis auch deren Säfte ſich in Eis verwandelt haben.

Thau ſchlägt ſich in allen hellen, kühlen Nächten nieder und er iſt um ſo größer, je ſtärker der Temperaturwechſel des vorangegangenen Tages und der darauf folgenden Nacht, wie in ſüdlichen Ländern, iſt. Bei bedecktem Himmel, weil hier der Temperaturwechſel nicht ſo ſtark iſt, und mithin auch keine Wärmeausſtrahlung ſtattfindet, ſowie bei Wind, weil dieſer den Gewäch— ſen auch wieder Wärme zuführt und dadurch ihre größere Erkältung verhin— dert, findet kein Thau⸗Niederſchlag ſtatt.

Hieraus läßt ſich erklären, warum in der Nacht die Luft auf Höhen wärmer als in den Thälern iſt, und daß daher auf denſelben die Reben vom Froſt weniger zu leiden haben als in Niederungen, ſowie daß derſelbe bei bedecktem Himmel und bei ſtark bewegter Luft, weil hier die Reben auch ſchnell wieder abtrocknen, ſeltener ein- und nicht jo heftig auftritt als bei hellem Himmel und ruhiger Luft, wobei jedoch, wenn der Thau ſich bereits auf den Pflanzen angeſetzt hat und gegen Morgen ein kalter Oſt- oder Nord⸗ oſtwind ſich erhebt, auch das Gegentheil bewirkt werden kann, weil dieſer die

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Luft Schnell und hie und da fo ſtark erkältet, daß dadurch die Rebſtöcke auch ohne Thau erfrieren können. Aus jenen Wirkungen folgt ferner, daß der Froſt weit weniger oder gar nicht ſchadet, wenn auf denſelben kein Son⸗ nenſchein, ſondern trübe Witterung eintritt, wodurch das Aufthauen der ges frorenen Theile nicht gewaltſam, ſondern nur langſam vor ſich geht, und die⸗ ſelben durch neuen Saftzufluß wieder geſtärkt werden können. Ein bald auf den Froſt eintretender Regen trägt gleichfalls dazu bei, daß ſich manche be- ſchädigte Reben wieder erholen.

Dagegen vermehrt vorangegangene naſſe Witterung oder überhaupt ein feuchter, naſſer Boden, ſo wie, aus dieſem Grunde, eine kur; vorangegangene noch auf der Oberfläche des Weinberges befindliche Stallmiſtdüngung die Ge⸗ fahr des Erfrierens, während ein trockener Boden mehr davor ſchützt, weil in jenem Falle mehr Feuchtigkeit ausgedünſtet wird, und je feuchter die Luft iſt, je mehr werden die Pflanzen, weil feuchte Luft ein beſſerer Wärmeleiter iſt als trockene, dadurch erkältet, und deſto ſtärker ſind die Thauniederſchläge.

Aus einem ähnlichen Grunde erfrieren Reben, die in der Nähe von Wie- ſen, Grasrainen, Kleefeldern ſich befinden, bälder und ſtärker als andere, weil hier durch die gedrängt ſtehenden ſaftigen Pflanzen die Feuchtigkeitsaus⸗ dünſtung vermehrt wird, die Wärmeausſtrahlung bei denſelben ſchneller vor ſich zu gehen ſcheint und dadurch die Luft ſich bälder erkältet. Ebenſo tritt in engen Thälern, in welchen der Boden weniger ſchnell austrocknet und der freie Luftzug mehr gehemmt iſt, der Froſt ſtärker auf und zieht ſich in den Weinbergen höher hinauf als in weiten Thälern (8. 55). |

Werden die Reben frühzeitig durch den Froſt beſchädiget, wo die Augen noch nicht vollſtändig angetrieben haben und manche noch in der Wolle ſtecken, ſo iſt der Schaden in der Regel weniger bedeutend, auch machen in einem ſolchen Falle die Beiaugen der Reben, beſonders beim Sylvaner, noch Nach⸗ triebe und die geſund gebliebenen Augen treiben öfters mehr und größere Trauben, ſo daß es hie und da (wie 1862) noch ſehr viel Wein gibt, und alsdann das alte Sprichwort der Weingärtner in Erfüllung geht:

„Wenn der Weinſtock erfriert in der Wollen, „ſoll man die alten Fäſſer herfür holen.“

Tritt der Froſt ſpät ein, wo die Reben ſchon Schooſe getrieben haben, ſo iſt wenig Hoffnung auf einen Weinertrag vorhanden, weil die Nachtriebe ſelten Trauben bringen. Nach einem ſolchen Froſte ſehen die erfrorenen, zarten Triebe, weil das Aufthauen des Eiſes durch die Sonnenſtrahlen zu ſchnell vor ſich ging, wie vom heißen Waſſer gebrüht aus und werden bald ſchwarz und dürr; doch iſt es nicht räthlich, ſie ſogleich auszubrechen, weil unten gegen das alte Holz ſich doch noch etwas Geſundes befinden kann, aus dem ſich neue Triebe entwickeln, dagegen erſcheint es angemeſſen, wenn nach Verfluß

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von einigen Tagen der erfrorene Theil der Schooſe abgeſchnitten wird, damit der Rebſtock ſeine Säfte nicht unnütz zur Wiederbelebung der erfrorenen Theile, ſondern ausſchließlich zur Hervorbringung neuer Triebe verwendet.

Die gefährlichſte Zeit für die Reben hinſichtlich des Eintritts des Froſtes iſt das Ende des Monats April und bis gegen die Mitte des Monats Mai (Pankratius, Servatius und Bonifacius vom 12.—14. Mai), indem dieſelben hier gewöhnlich ſchon zarte Triebe entwickelt haben, die auch von einem leich- ten Froſt beſchädigt werden. Später iſt die Luft und der Boden mehr er⸗ wärmt, ſo daß weniger Froſt zu befürchten iſt, doch iſt ein ſolcher auch ſchon zu Ende des Monats Mai und zu Anfang des Monats Juni vorgekommen.

F. 197.

Bei dem Froſte muß man übrigens zwiſchen dem Erſtarren der Pflanzen und der gänzlichen Zerſtörung der organiſchen Gefäſſe oder einzelner Theile wohl unterſcheiden, indem im letztern Falle das Leben derſelben durch kein äußeres Mittel mehr zurückgerufen, während im erſtern Fall dieſelben nicht ſelten dadurch noch gerettet werden können, wenn, wie ſchon bemerkt, nach dem Froſt ein trüber Himmel eintritt, oder Regen erfolgt, oder wenn die Pflanzen mit Waſſer begoſſen werden, weil der wärmere Gehalt des Waſſers das Eis aus der Pflanze herauszieht, wie man dieſes, wenn man gefrorenes Obſt in kaltes Waſſer legt, deutlich bemerkt, oder wenn man durch das Räuchern der Weinberge die allzu ſchnelle Erkältung der Luft, ſowie die allzuſtarke Einwirkung der Sonnenſtrahlen auf die erſtarrten Reben zu ver⸗ hindern ſucht. Auch die in Geſtalt von Nebeln von Bächen und Flüſſen auf⸗ ſteigenden Dünſte können theils zur Zerſtörung der Pflanzen durch Vermeh— rung des Froſts beitragen, theils zum Schutze derſelben dienen, je nachdem ſie vom Winde getrieben ſich an die ihnen nahen Pflanzen als Thau anſetzen, oder erſt ſpät aufſteigend bei ziemlich ruhiger Luft gleichſam eine Nebelwand bilden, in welcher die Strahlen der aufgehenden Sonne gebrochen und da— durch hinſichtlich ihrer zerſtörenden Kraft unwirkſam werden.

Die Wirkungen des Froſtes und die Urſachen, durch welche dieſelben bei den Reben verhütet werden, ſind ſehr verſchieden, daher der Froſt, wenn er nicht erſt ſpät, wo die Triebe ſchon ganz entwickelt ſind, und ſehr ſtark auf- tritt, wodurch die Gefäſſe der jungen Triebe zerſtört werden, ſehr ſelten ſich ganz, ſondern je nach dem Stande der Reben (unten, mitten, oben) und nach dem Zuge des Windes u ſ. w. theils mehr theils minder zerſtörend zeigt, jo daß ſich ſogar an einem und demſelben Stocke und an einer und derſelben Rebe, je nachdem die einzelnen Reben und Augen vor den zerſtörenden Ur— ſachen geſchützt waren, ſich erfrorene und geſunde Theile befinden können.

Der Schutz, den man den Reben gibt, um ſie im Allgemeinen vor den

304 Wirkungen des Froſtes zu bewahren, wird daher hauptſächlich darin beſtehen, ſie mit einer wärmenden Decke zu verſehen, wodurch ſowohl die Heftigkeit des Froſtes gebrochen, als die nachtheilige Einwirkung der erwärmenden Sonnen- ſtrahlen verhütet werden.

Eine ſolche wärmende Decke kann durch das Räuchern in den Weinber⸗ gen herbeigeführt werden, es iſt jedoch für die einzelnen Weinbergbeſitzer, wenn ſich nicht größere Flächen an einem Stück befinden, weniger ausführbar, vielmehr gehört dazu ein gemeinſchaftliches Zuſammenwirken ſämmtlicher Wein⸗ bergbeſitzer, ſo wie eine genaue und ſorgfältige Ausführung, woran bisher nachhaltige Verſuche im, Großen häufig ſcheiterten, auch wird daſſelbe bei einer förmlichen Windſtille nicht immer die erwartete Wirkung thun.

Um das Räuchern der Weinberge zweckmäßig ausführen zu können, muß dafür geſorgt werden, daß durch die Weinberge ein hinlänglich dicker Rauch verbreitet werde, durch Anhäufung von brennbaren Materialien um die Wein⸗ berge, den Berg hinauf in Entfernungen von 20—30 Schritt namentlich von langen und einige Fuß dicke Wellen von Reiſach, in welche man Moos, Säg⸗ mehl, Gerberlohe einlegen und mit umgekehrten Raſen bedecken kann. Dieſe Brennſtoffe werden auf der Seite, von welcher der Wind kommt, Morgens in der Frühe ſowie der Froſt eintreten will, angezündet und fort erhalten bis kein Froſt mehr zu befürchten iſt, mithin etwa bis Morgens 9 Uhr. Iſt die Weinbergfläche ſehr groß, ſo daß der Rauch dieſelbe nicht ganz durchdringen kann, ſo müſſen in den Wegen (Furchen) neue Brennhaufen angelegt werden.

Ein weiteres Mittel, die Reben vor dem Froſte zu ſchützen, will man darin gefunden haben, wenn man mit Strohſeilen, welche einige Fuß tief in den Boden reichen, die Rebſtöcke umwendet, oder die Seile über die Reihen hinlaufen läßt und fie in gewiſſen Entfernungen, jedoch in lothrechter Rich⸗ tung, wieder mit der Erde verbindet, weil durch das Stroh, als ein ſchlechter Wärmeleiter, die aus dem Boden kommende Wärme mehr zurückgehalten und an die Rebſtöcke geleitet wird, mithin die Erkältung derſelben langſamer von ſtatten geht. Dieſes Mittel wird jedoch nur bei gelindem Froſt einige ſchüz⸗ zende Wirkung äußern und ſich daher bei der Umſtändlichkeit und dem zwei⸗ felhaften Erfolge nicht wohl im Großen, ſondern nur an einzelnen Trauben⸗ ſtöcken in Gärten anwenden laſſen, auch läßt ſich daſſelbe ſowie das Ueber⸗ hängen der Rebſtöcke mit zuſammengebundenem Stroh oder mit Strohhütchen erſt nach dem Pfählen der Weinberge und Anhängen der Reben anfügen, während der Froſt öfter viel früher eintritt.

Das einfachſte Mittel die Reben vor dem Froſte zu ſchützen, und das auch von jedem einzelnen Weinbergsbeſitzer angewendet werden kann, wäre, wenn man die Rebſtöcke mit Strohmatten oder mit in Theer getränktem Pa⸗ pier, Pappendeckel ꝛc. in der Art überhängt, daß zwei etwa 3 Fuß breite und

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4 Fuß lauge Matten ꝛc. oben zuſammengeheftet und die beiden Flügel über die Rebſtöcke gehängt werden, ſo daß ſie gleichſam ein Dach über denſelben bilden. Es läßt ſich dieſes Schutzmittel jedoch nur bei der Rahmenerziehung zweckmäßig anwenden, auch iſt die Anſchaffung der Strohmatten, Pappen⸗ deckel ꝛc. etwas koſtſpielig, weil aber dieſelben bei ſorgfältiger Aufbewahrung lange Jahre brauchbar bleiben, ſo dürfte ſich der Aufwand bei der Anwen— dung im Großen doch gut rentiren.

Die natürlichſten Schutzmittel gegen jeden Froſtſchaden beſtehen jedoch darin, wenn man bei der Anlage der Weinberge auf gute, gegen die kalten Nord⸗ und Oſtwinde geſchützte Lagen Rückſicht nimmt, und wenn man in Lagen, welche den Frühjahrsfröſten ausgeſetzt ſind, keine frühtreibende und ſolche Traubenſorten anpflanzt, die gegen den Froſt beſonders empfindlich ſind, wie Trollinger, Elbling, Gutedel, Traminer, Velteliner, dagegen härtere wie Sylvaner, Fütterer, Clevner, Rießling, auch bei den jährlichen Weinbergsar— beiten Froſtlagen beſonders behandelt, namentlich nicht zu frühe oder vor dem Winter ſchneidet und nicht zu frühe hackt, weil durch beide Arbeiten der Trieb der Rebe frühzeitig geweckt wird, und, aus dem bereits angeführten Grunde, keine Graspfade und Grasraine in den Weinbergen duldet, und wo letztere nicht umgangen werden können, ſie frühzeitig abgrast.

Bei der Anwendung von künſtlichen Schutzmitteln muß auch die rechte Zeit dazu gewählt werden. Frühlingsfröſte treten meiſtens nach Gewittern oder Stürmen ein, durch welche die Lufttemperatur in wenigen Stunden hie und da zur empfindlichen Kälte herabgedrückt wird; wird dann dieſelbe durch kalte und trockene Nord- und Oſtwinde vermehrt, ſo ſtellt ſich, beſonders wenn ſich die Winde um Mitternacht legen, in der Regel der Froſt am Morgen des dritten Tages nach dem Gewitter ein, daher, wenn ſolche Anzeigen vorhanden ſind, ſchon Vorbereitungen zur Verhütung des Froſtes getroffen werden dür— fen, und da die Kälte kurz vor oder bei Sonnenaufgang am größten iſt, ſo müſſen hier die Vorbeugungsmittel, wie z. B. das Räuchern, überall in der Ausführung begriffen ſein.

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Spätjahrsfröſte, die ſich entweder vor, während oder nach dem Herbſte einſtellen, wirken in der Regel weniger zerſtörend, als die Frühjahrsfröſte, doch können ſie, wenn ſie frühzeitig vor dem Herbſt erſcheinen, jo lange Trau⸗ ben und Holz noch nicht reif ſind, auch ſehr nachtheilige Wirkungen haben, wie im Jahr 1805, 1816 und 1817, doch kommen ſolche Jahre ſehr ſelten vor. Durch einen ſolchen heftigen Froſt werden zunächſt die Blätter der Reb⸗ ſtöcke beſchädiget, jo daß fie ſchnell welken und abfallen, wodurch die Safteir⸗ kulation geſtört und die Zeitigung des Holzes und der Trauben aufgehalten

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wird. Iſt der Froſt fo ſtark, oder wiederholt er ſich, daß dadurch auch die Traubenſtiele und die Trauben ſelbſt angegriffen werden, ſo ſtehen letztere in der Zeitigung ſtill und iſt dieſelbe noch weit zurück, ſo welken ſie ab und es ſteht wenig und ein ſehr ſaurer Wein in Ausſicht. Wird durch den Froſt auch noch das Holz im unreifen Zuſtande angegriffen, ſo hört die Zeitigung auf, es wird braun und hat die nachtheilige Wirkung, daß auch der Ertrag des nächſten Jahres in Frage geſtellt wird, weil unvollſtändig gereiftes Holz ſelten oder wenig Trauben treibt. Ein Froſt kurz vor oder während des Herbſtes, wenn Holz und Trauben gehörig gezeitiget ſind, thut keinen wejent- lichen Schaden, indem er zwar die Ouantität vermindert, dagegen aber die Qualität des Weins erhöht, weil durch denſelben eine Menge Waſſer aus den Trauben herausgezogen wird und ſich verflüchtet, doch bekommt der Wein hie und da einen Froſtgeſchmack, der ſich jedoch durch Ablagerung verliert. Der Froſt nach dem Herbſt verurſacht in der Regel keinen Schaden, wenn er nicht, wie eine Winterkälte, ſo heftig auftritt, daß er auch das noch etwas zarte einjährige Holz, ſowie die grünen Augen angreift, was jedoch ſelten der Fall iſt, vielmehr kommt derſelbe, wenn er nur die Blätter verſengt, dem Weingärtner erwünſcht, weil dadurch die Safteirkulation vermindert, die Zei- tigung des Holzes befördert und weil, bevor dieſe erfolgt iſt, nicht niederge— legt und gedeckt werden ſoll (S. 165).

Es iſt ſchon hie und da die Anſicht aufgeſtellt worden, daß in den letzten hundert Jahren und namentlich in dem gegenwärtigen Jahrhundert die Be— ſchädigungen durch die Frühjahrs- und Spätjahrsfröſte zugenommen haben, nach angeſtellten Unterſuchungen und Vergleichungen iſt jedoch dieſes wenig— ſtens in keinem auffallenden Verhältniſſe der Fall. Dagegen könnte die Hef- tigkeit der Fröſte in manchen Weinbaugegenden dadurch zugenommen haben, daß nicht nur in den Weinbergen ſelbſt die Anpflanzung von Futterkräutern (Klee) ſich vermehrt hat, ſondern daß auch die Brache des Ackerfeldes faſt ganz mit grünen, ſaftigen Futter- und andern Kräutern eingebaut wird, wodurch die Erkältung der Luft bälder und ſtärker erfolgen dürfte, als bei einem geringeren Bracheinbau oder bei der Einhaltung reiner Brache.

4. Der rothe Brenner (Laubrauſch).

S

Der rothe Brenner beſteht in einer Krankheit des Blatts, die in den Sommermonaten ſich bemerklich macht und hauptſächlich entſteht, wenn in den Monaten Juli und Auguſt Regen mit Sonnenſchein ſchnell wechſelt und da— durch die Blätter weder vollſtändig abtrocknen, noch die Flüſſigkeit durch die Poren derſelben (S. 4) ganz aufgeſaugt wird. Die auf den Blättern der

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Rebe befindlichen Waſſertropfen werden dann je nach dem Stande der Sonne, beſonders bei bewölktem Himmel mit wechſelndem Sonnenſchein, weil hier die Sonnenſtrahlen in einem engeren Kreiſe zuſammengedrängt und fixirt werden, wie durch ein Brennglas ſo erwärmt, daß dadurch da, wo der Waſſertropfen ſtand, das Blatt ſowie das Mark deſſelben verbrüht und die Safteirkulation ſowie das Aufnehmen (Einathmen) neuer Lebenskräfte von der Luft, dem Thau, dem Regen, dem Sonnenſchein gehemmt wird, was bei der Fortdauer abwechſelnder Witterung krebsartig um ſich frißt und nach und nach das Ab— ſterben und Abfallen des Blatts zur Folge hat.

Da nun durch die Blätter hauptſächlich die Saftcirkulation vermittelt wird, ſo leiden durch die Beſchädigung derſelben auch die nun unbedeckten Trauben, indem ſie in der Entwicklung und Zeitigung zurückbleiben und hie und da vom Brenner ſelbſt getroffen, nicht ſelten braten und dürr werden oder ſich ausbeeren und ganz abfallen. Auch auf die Zeitigung des Holzes übt die Krankheit des Blatts, wenn ſie lange andauert, einen nachtheiligen Einfluß aus. |

Der Rothbrenner bildet zuerſt nur einzelne Punkte oder Kreiſe und zeigt ſich zunächſt an allen denjenigen Stellen der Blätter, wo die Regen⸗ hie und da auch Thautropfen am längſten ſtehen bleiben, mithin bei abwärts ſtehenden Blättern am Rande derſelben, bei ſenkrechten oder gebogenen Blättern an den Vertiefungen derſelben zwiſchen den Hauptrippen, bei aufrecht ſtehenden Blättern gegen den Blattſtiel, wo die Rippen ſich verzweigen. Ferner an ſolchen Stöcken mehr, die nach der Lage des Weinberges oder nach dem Stande der einzelnen Rebſtöcke der Morgen- und beſonders der ſtark wirken— den Abendſonne ausgeſetzt ſind, wie am Rande der einzelnen Weinberge, wäh— rend die mehr beſchatteten Stöcke ganz oder theilweiſe davon verſchont bleiben, insbeſondere aber die Weinberge mit ſtark weſtlicher Lage, weil dort die Reb— ſtöcke zu lange naß bleiben und dann die Sonne auf einmal zu kräftig ein⸗ wirkt. Außerdem ſind auch die einzelnen Traubengattungen theils mehr, theils weniger dem Rothbrenner ausgeſetzt, die empfindlichſten ſind die ſchwarzen oder blauen Sorten und unter denſelben namentlich der Clevner, Affenthaler, der Portugieſer, wobei ſich das Blatt zunächſt roth färbt; unter den rothen Sorten der Malvaſier mit rothen, unter den weißen der Elbling, Rießling mit gelben Kreiſen. Je häufiger zur gedachten Zeit Regen mit Sonnenſchein wechſelt, deſto ſtärker wird auch der Rothbrenner auftreten, wenn aber nach dem erſten Erſcheinen deſſelben Trockenheit eintritt, ſo wird er weniger nach— theilig wirken, weil ſich dann die noch geſunde Stelle des Blatts von der ver— brannten abfehließ: und ihre Thätigkeit fortſetzt. Mehr wird er in dem Falle auftreten, wenn auf vorangegangene große Trockenheit längeres warmes Re— genwetter folgt, wodurch bei den Reben durch vermehrten Saftzufluß von den

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Wurzeln ein ſchnelleres Wachsthum und eine Ueppigkeit und Zartwerden der Blätter eintritt, die, ſowie ſpäter kein anhaltender Sonnenſchein mit Luftzug und allmähliger Hitze, ſondern brennender Sonnenſchein kommt, von demſelben leichter als kräftigere Blätter beſchädigt und zerſtört werden. Der Boden hat hie und da gleichfalls Einfluß auf den Brenner, indem in kühlem und kaltem Boden die Reben weniger ſchnell abtrocknen und manchmal ein ſehr üppiges und empfindliches Laub erzeugen, das mehr vom Brenner getroffen wird. Aehnliches gilt auch von der Lage der einzelnen Weinberge. Reben, welche vom Winde hin- und herbewegt werden können, wodurch die Regentropfen abfallen und auftrocknen, werden weniger vom Rothbrenner getroffen, als die⸗ jenigen, die feſt an den Pfahl gebunden ſind, daher die Rahmenerziehung mit Drahtanlage als ein beſonderes Schutzmittel erſcheinen dürfte, indem der Draht beweglicher iſt als Pfähle oder Latten, wodurch ſich die Regentropfen leichter und vollſtändiger abſchütteln, als bei jeder andern Holzunterſtützung.

Beſondere Heilmittel gegen die Krankheit ſind keine bekannt, doch ſollen eingekürzte Reben (§. 149), ohne Zweifel weil ſie kräftigere Triebe machen, ſpäter vom Brenner getroffen werden als andere.

5. Der ſchwarze Brenner. §. 200.

Der ſchwarze Brenner, auch ſchwarzer Freſſer genannt, zeigt ſich haupt⸗ ſächlich in naſſen Jahrgängen, wo viel überflüſſige Feuchtigkeit in dem Boden ſteckt und nach ſtarken Nebeln und Thauniederſchlägen. Er erſcheint in der Regel etwas ſpäter als der Rothbrenner, in den Monaten Auguſt und Sep⸗ tember und macht ſich an den, dem Boden zunächſt ſtehenden jungen Trieben, öfters aber auch an den obern Gipfeln des jungen Holzes bemerkbar. Die jungen weichen Triebe an der äußerſten Spitze der Rebe erſcheinen zuerſt wie vom heißen Waſſer gebrüht, welken ſofort ab und werden ſchwarz. Das Gleiche wird nach und nach auch an den ältern Blättern bemerkbar, ſie bekommen ſchwarze Punkte, wie mit glühendem Eiſen gebrannt, welche ſich immer mehr ausbreiten und durchfaulen, wodurch das Blatt Löcher und Riſſe bekommt, abſtirbt und ſeine Lebensthätigkeit ganz oder größtentheils verliert. Dieſer Krankheitsſtoff geht, wenn die ungünſtige Witterung länger fortdauert, auch auf das junge Holz und auf die unter den Blättern hervorſtehenden Trauben über. Erſteres bekommt ſchwarze Punkte, die ſich immer mehr ausdehnen und ſich faſt bis auf das Mark der Rebe durchfreſſen, wodurch nicht nur die Reife deſſelben gehemmt und für das folgende Jahr als Tragholz wenig oder gar nicht brauchbar iſt, ſondern auch Saftſtockungen eintreten, durch welche ein⸗

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zelne Schenkel oder ganze Stöcke zu Grunde gehen, weil ſelten Nachtriebe ſtattfinden.

Die Traubenbeere und Traubenſtiele erhalten gleichfalls ſchwarze Punkte, die ſich an dem hintern Theile der Traube, die der Luft weniger ausgeſetzt ſind, zuerſt zeigen, ſich vergrößern und auf andere Beere übergehen, ſo daß diejenigen, die noch wenig ausgebildet (unzeitig) find, abwelken, ſchwarz werden und abfallen, was auch nicht ſelten bei ganzen Trauben geſchieht, in— dem ihnen die zu ihrer Ausbildung erforderliche Luft- und andere Nahrung entzogen wird. Vollkommenere Traubenbeere oder die vom Brenner nach ge— höriger Ausbildung ſpäter befallene Beere fallen nicht ganz ab, behalten aber ihre ſchwarze Flecken, die ſich immer mehr ausdehnen und der vollſtändigen Zeitigung der Trauben ſehr hinderlich ſind. Sie behalten immer eine gewiſſe Säure, die ſich um den nach und nach verhärteten Fleck bildet und müſſen daher bei der Leſe ſorgfältig entfernt werden. An den Trauben, die durch Laub geſchützt ſind, zeigen ſich die ſchwarzen Punkte weniger als bei freihän⸗ genden und bei dieſen auf der Vorderſeite mehr als auf der Hinterſeite, hie und da fallen aber auch an der letztern die Beere, wo ſie weniger vollkommen waren, ganz weg.

Nach all dieſem wirkt der ſchwarze Brenner weit ſchädlicher als der rothe Brenner, indem er nicht nur den Weinertrag des laufenden Jahrs hin— ſichtlich der Quantität und Qualität ſehr vermindert, ſondern auch eine ſehr nachtheilige Wirkung auf die Geſundheit des Stocks und auf den Ertrag des nächſten Jahrs ausübt.

Die Art der Entſtehung des ſchwarzen Brenners iſt noch nicht gehörig ermittelt, es iſt aber nicht unwahrſcheinlich, daß derſelbe, da die brandigen Stellen ganz daſſelbe Ausſehen wie vertrocknete Thautropfen haben, durch ſchädliche Erdausdünſtungen erzeugt wird, die ſich als kalter, vielleicht etwas ſalpeterhaltiger Thau an der Rebe anſetzen und daß daher auch da, wo ſich derſelbe ſtärker niederſchlägt und weniger ſchnell abtrocknet, die Beſchädigungen ſtärker ſind als an andern Orten. Vielleicht tragen auch Saftſtockungen im Innern der Rebe dazu bei, indem, wenn der Boden allzuviel Feuchtigkeit ent- hält, durch die Waſſerhaltigkeit deſſelben oder durch die Lage des Weinberges herbeigeführt, die Rebe dadurch in einen krankhaften Zuſtand verſetzt wird, d. h. gleichfalls zu viel Waſſer in ſich aufnimmt, das ſie, wenn ſchnell Hitze eintritt, nicht mehr gehörig verarbeiten kann, wodurch, indem durch die bren— nenden Sonnenſtrahlen die Säfte mehr koncentrirt werden, kranke (ſchwarze) Stellen an Laub, Holz und Trauben entſtehen.

Auch will man bei genauen Unterſuchungen mit Vergrößerungsgläſern gefunden haben, daß ſich auf den kranken Stellen moos- und pilzartige Ge— wächſe bilden, die als Schmarotzerpflanzen, ſich durch Samen, ſogenannte

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Sporen, wie der Schimmel bei der Traubenkrankheit, ſehr ſchnell vermehren und ſich über alle benachbarten Pflanzentheile verbreiten.

Nach den bisherigen Erfahrungen zeigt ſich der ſchwarze Brenner haupt⸗ ſächlich in naſſen Jahrgängen und in Weinbergen mit kühlem, naſſen und kalten Boden (Lehm, Letten) oder mit ſtrengem, waſſerhaltigen Thonboden, der die überflüſſige Feuchtigkeit lange behält, oder in ebenen, wenig abhängi⸗ gen Weinbergen, wo das Waſſer nicht gehörig ablaufen kann, oder in nicht ſehr tief (2 Fuß) gereuteten Weinberge, mit wenig durchlaſſendem Unter⸗ grund, wo die Wurzeln des Rebſtocks im Waſſer ſtehen, vorzugsweiſe und weit heftiger, als in Weinbergen mit trockenem, tief gereutetem Boden und ſtarker Abdachung. Auch enge Thäler, wo die Winde nicht gehörig ſtreichen können und in welchen am Tage die Hitze der Sonnenſtrahlen durch den Reflex verdoppelt wird, während ſie in kühlen Nächten wieder mehr den kalten und feuchten Nebeln ausgeſetzt ſind, und wo alſo am Tage die Triebkraft der Stöcke aufgereizt, in der Nacht aber um ſo ſtärker zurückgeſchreckt wird, ſollen der Entſtehung des Brenners mehr günſtig ſein, als weite Thäler und luftige

öhen.

> Außerdem werden auch einzelne Traubengattungen und namentlich ſolche mit ſchwammigem, poröſen Holze, wie Sylvaner, Portugieſer, von demſelben mehr als andere getroffen, was auf die oben angeführten Saftſtockungen hin- deuten würde, da jedoch auch Sorten mit härterem Holz, wie Rießling, Süß⸗ rothe von dem Brenner bald ergriffen werden, ſo läßt ſich davon kein allge— meiner Grundſatz über die Entſtehung der Krankheit ableiten, vielmebr ſcheint deren Entwicklung doch hauptſächlich von den Witterungsverhältniſſen und der Bodenbeſchaffenheit abzuhängen.

Als Vorbeugungsmittel gegen dieſe Krankheit dürfte ſich daher hauptſäch⸗ lich das möglichſt ſchnelle Ableiten des Waſſers aus den Weinbergen durch Waſſerabzugsgräben, Drainirung (F. 93), durch tiefes Reuten und durch das Reuten bei trockenem Boden (S. 94. 95), ſowie das Uebertragen der Wein⸗ berge mit warmer, wenig waſſerhaltender Erde (Mergel, Kies) empfehlen, auch dürfte das Einkürzen der Reben, um ſie kräftiger und widerſtandsfähiger zu machen, gute Dienſte thun.

6. Die Gelbſucht. §. 201.

Die Gelbſucht der Rebſtöcke beſteht darin, daß die Blätter einzelner Stöcke oder derjenigen ganzer Gelände vor oder bald nach der Blüthe gelb werden, abwelken und ſpäter abfallen, ſo daß der Ernährungs- und Lebens⸗ proceß des Rebſtocks ganz oder theilweiſe aufhört und die Fruchterzeugung für

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das laufende Jahr, und je nach Umſtänden auch der ganze Rebſtock oder ein- zelne Schenkel deſſelben verloren gehen. Dieſelbe kann auf verſchiedene Art entſtehen, in der Hauptſache wird aber der Grund vorzüglich in der Störung des Ernährungsprozeſſes zu ſuchen ſein, der entweder durch die Bodenbeſchaf— fenheit oder durch äußere atmosphäriſche Einflüſſe herbeigeführt werden kann.

Durch die Bodenbeſchaffenheit kann das Gelbwerden der Reben ent— ſtehen:

a. Wenn bei der Anlage eines Weinberges auf dieſelbe keine Rückſicht genommen und ein ſtrenger feſter Boden nur ſeicht gereutet wird, oder ein undurchlaſſender Untergrund vorhanden iſt, deſſen nachtheilige Wirkungen nicht beſeitigt wurden (§. 73), indem dadurch der Boden ſentweder zu ſchnell aus- trocknet und ſeine Nährkraſt verliert oder, beſonders in naſſen Jahrgängen, die Feuchtigkeit zu lange behält und das Waſſer gegen die Wurzeln anſtauet, wodurch dieſelben weich und krank (waſſerſchleichend)d und zur Aufnahme von Nährſtoffen untauglich werden. Der gleiche Fall tritt ein, wenn bei dem Ver⸗ legen der Stöcke Gruben gemacht werden, in welchen das Waſſer ſich anſam⸗ melt und nicht abziehen kann.

b. Wenn ſich in dem Weinbergsboden unterirdiſche Quellen befinden, die bei der Anlage nicht gehörig abgeleitet oder deren Abzug erſt ſpäter gehemmt wurde, oder die erſt neu entſtanden ſind, indem auch durch dieſe den Wurzeln der Reben zuviel Waſſer zugeführt wird, wodurch dieſelben krank werden und in der Ernährung des Stocks nachlaſſen.

e. Wenn die chemiſche Zuſammenſetzung des Bodens den Ernährungs- principien der Rebe nicht entſpricht, beſonders wenn ſich in naſſen Jahrgän⸗ gen die alkaliſchen und ſalzigen Stoffe im Boden allzu reichlich auflöſen, wo⸗ durch die flüſſigen Nährſtoffe der Rebe nicht nur mit Kalkſalzen überfüllt und die Verbindung und Entwicklung der kohlenſtoffhaltigen Subſtanzen und viel- leicht ſelbſt des Ammoniaks gehindert, ſondern auch der Rebe überhaupt zu— viel Waſſer zugeführt wird. Dadurch werden die zur Ernährung der Rebe dienenden Stoffe derſelben ganz oder theilweiſe entzogen, es tritt Schwäche und Kränklichkeit ein und das Gelbwerden der Blätter erfolgt umſomehr, als das Licht auf die Pflanzen einen weſentlichen Einfluß ausübt, und Waſſer und Luft dieſelben nur dann grün färben ſollen, wenn das Licht nur auf die Pflan⸗ zen, nicht aber auf das Waſſer einwirke und Waſſer in Verbindung mit alka⸗ liſchen Stoffen die Gewächſe gelb mache. Das Gelbwerden der Rebſtöcke er- ſcheint daher häufig in ſolchen Weinbergen in größerer Ausdehnung, welche viel Kalkgehalt beſitzen, indem der im Boden befindliche Kalk öfters die Ver— anlaſſung zu der Bildung von ſalpeterſauren Salzen gibt.

d. Ein magerer Boden trägt gleichfalls zu dem Gelbwerden der Reben bei, indem, wenn derſelbe ſo ausgeſaugt iſt, daß die Rebe keine vollſtändige

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Nahrung mehr findet, dieſelbe nicht nur an allgemeiner Schwäche leidet, ſon⸗ dern auch die Blätter, weil die Kraft zur vollſtändigen Ausbildung der Traube fehlt, beſonders gegen die Traubenreife gelb werden und abfallen, wodurch auch die Trauben in der Auszeitigung zurück oder ganz ſtehen bleiben. Es kommt dieß namentlich in ältern Weinbergen bei Rebgattungen mit ſtarker Triebkraft und beſonders bei dem Trollinger in dem Keuperboden des untern Neckar- und Weinsberger Thales bei einer Beſtockung von —4 Fuß Weite öfters vor, während es in der Gegend von Stuttgart bei ähnlichem Boden, aber bei einer Beſtockungsweite von —5 Fuß, weit weniger der Fall iſt, und in den Kalkgebirgen des Neckarthales, ſowie auch da, wo der Trollinger gemiſcht gebaut wird, jene Krankheitserſcheinung gar nicht bemerkt wird.

Der Trollinger verlangt bei ſeiner ſtarken Triebkraft, da, wo er mehr rein gepflanzt wird, Luft ſowohl oben als im Boden und bedarf daher, wenn die Erde nicht allzuſehr ausgeſaugt werden ſoll, neben einer regelmäßigen guten Düngung, einen größeren Raum zu feiner Ernährung, als manche an- dere Traubengattungen; auch mögen vielleicht einzelne Gattungen des Keuper— bodens, beſonders ſolche mit geringem Kalkgehalt, für den Trollinger weniger nährende Theile beſitzen, als wie die Kalkgebirge des Neckarthales, dagegen zeichnen ſich die Trollingerweine des Keuperbodens vor denjenigen von den Kalkgebirgen nicht ſelten durch ſtärkeres Bouquet und Gewürz aus.

8. 202.

Zu den äußern atmosphärischen Einflüſſen, welche die Krankheit herbei- führen, gehört vorzüglich lang andauerndes, kaltes Regenwetter, wodurch in dem Boden überhaupt ſich allzuviel Feuchtigkeit anſammelt, jo daß die Wur- zeln im Waſſer liegen und entweder allzuviele wäſſerige Säfte oder ſchädliche chemiſche Zerſetzungen aufnehmen müſſen, oder es bildet ſich beſonders in ſtark thonhaltigen Böden, ein ſaurer Humus (§. 72), der die feinen Haarwurzeln umgibt, ſie ihres Ueberzugs beraubt, zernagt und tödtet, und dadurch dem Rebſtock ſelbſt die Nahrungsſäfte abſchneidet. Auch entbehrt derſelbe durch lange anhaltende ungünſtige Witterung der Wärme und des Sonnenſcheins, die er beide zu ſeinem guten Gedeihen verlangt, wodurch auch die Thätigkeit der Blätter in der Aufnahme der zur Verarbeitung der Säfte erforderlichen Stoffe (8. 4) geſtört wird. Ferner kann im Gegenſatz zu allzuſtarker naſſer Witterung eine allzutrockene Witterung, wie im Jahr 1842, das Gelbwerden der Reben bewirken, indem, wenn ſich in dem Boden keine Feuchtigkeit mehr befindet, auch der Saftzufluß aufhört, der, wenn er lange andauert, auf das Wachsthum und den ganzen Vegetationsproceß der Rebe einen nachtheiligen Einfluß ausübt.

Außerdem kann das Gelbwerden der Reben noch veranlaßt werden, wenn

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in vorausgegangenen kalten Wintern, die Wurzeln der Reben Schaden genom— men haben, oder wenn ſie durch Inſekten (Engerlinge), Mäuſe ꝛc. beſchädigt werden, oder wenn durch das Unterhacken von Schnee und Schloſſen, dieſelben in dem Boden zu ſehr erkältet werden, oder wenn in bindendem Boden bei Regenwetter gehackt wird, wodurch derſelbe ſich leicht ganz ſchließt und das Eindringen der atmosphäriſchen Luft und das Zerſetzen der Nahrungsſtoffe verhindert, ſowie, wenn bei naſſer oder regneriſcher Witterung die ſogenannten Laubarbeiten (Zwicken, Binden, Einkürzen) in den Weinbergen vorgenommen werden, weil durch die Verwundung der Reben der ſchon durch die ungünſtige Witterung benachtheiligte Lebensproceß der Rebe noch mehr geſtört wird. Auch das tiefe Hacken bei ſeicht angelegten Weinbergen, wodurch die Wurzeln verletzt werden, ſowie das Einbringen und alsbaldige Unterhacken von friſchem, beſonders Schaf- und Pferdedünger, weil durch zu ſtarke Ammoniak-Entwick⸗ lung die Wurzeln gleichfalls angegriffen werden (S. 189), kann ein Gelbwer— den der Rebe verurſachen.

Nach dem hier Angeführten üben faſt alle die Gelbſucht herbeiführenden Umſtände einen nachtheiligen Einfluß auf die Wurzeln der Rebe aus, da nun Wurzel⸗, Zweig⸗ unb Blätterbildung in einer genauen Wechſelwirkung zu einander ſtehen, ſo daß dieſelben ſich in ihrer Ausbildung nach Kräften zu unterſtützen haben, ſo folgt daraus, daß die Verletzung des einen Theils auch ein Uebelbefinden des andern Theils nach ſich zieht. Wenn man daher die Krankheit vermeiden oder bei deren Erſcheinung derſelben entgegen wirken will, ſo iſt es zunächſt nothwendig, daß man die Urſache derſelben genau kennt und keine Mittel anwendet, welche dieſelbe, ſtatt zu unterdrücken, noch mehr be— fördert.

Nicht ſelten hilft die Natur ſich ſelbſt, indem ſie die Gegenſätze auszu— gleichen ſucht, jo daß z. B. durch den Eintritt warmer, trockener auf voraus- gegangene naſſe Witterung die Krankheit nach und nach ſich wieder von ſelbſt verliert. Iſt dieſes aber nicht der Fall, ſondern zeigt ſich dieſelbe in einzelnen Weinbergen oder an einzelnen Stellen derſelben faſt jedes Jahr, ſo iſt dieß ein Beweis, daß ungünſtige Boden- oder ſonſtige Verhältniſſe vorhanden ſind, die, wenn die Krankheit aufhören ſoll, beſeitigt werden müſſen. Hat man den Grund der Krankheit gehörig erforſcht, ſo können verſchiedene Mittel zu deren Beſeitigung angewendet werden.

Um dem Gelbwerden von Anfang an entgegen zu wirken, dient zunächſt bei ſtrengem, waſſerhaltigen Boden oder bei undurchlaſſendem Untergrund ein tiefes Reuten nach der oben ertheilten Anweiſung (§. 93—98) oder bei ſeich— tem, allzuhitzigen Boden, daß man das Hacken ganz unterläßt und den Wein— berg nur durch Jäten oder Futtergraſen rein zu erhalten, oder die allzugroße Hitze durch Anlegung von Graspfaden zwiſchen den Zeilen abzuhalten jucht,

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(S. 174). Iſt das Gelbwerden durch allzuſtarken Waſſerzudrang und durch den dadurch gebildeten ſauren Humus entſtanden, ſo kann demſelben bei an⸗ haltender Näſſe durch unterirdiſche Quellen ꝛc., durch Ableitung derſelben mit- telſt Waſſerabzugsgräben oder Drainirungen entgegengewirkt werden, oder wenn es nur vorübergehende Näſſe einzelner Jahrgänge iſt, durch Anhäufeln des Bodens gegen die Stöcke und Ziehen von ſchwachen Gräben in der Mitte der Zeilen, um dem Waſſer ſchneller Abfluß zu verſchaffen, oder durch Aufgraben und Entfernen der Erde von den kranken Stöcken und durch Auffüllung mit friſcher guter Raſenerde, beſonders vor dem Erſcheinen der Krankheit, ferner durch das Düngen mit kräftigem, hitzigen und ſcharfen Dünger, wie Schafe— und Pferdedünger, Gülle, beſonders aber Abtrittsdünger, indem dadurch die Lebenskraft der Rebe wieder mehr angeregt und dem Boden mehr paſſende Nährtheile zugeführt werden. Auch das Auftragen von Aſche, beſonders Stein— kohlenaſche, von Kalk und Gyps und das Unterbringen derſelben bei der näch- ſten Bodenarbeit wird gute Dienſte leiſten, wenn der Boden nicht zuvor ſchon ſehr kalk⸗ oder gypshaltig iſt, indem ſonſt, wenn ſich in Folge des Kalkgehalts ſalpeterſaure Salze gebildet haben, die Krankheit noch vermehrt wird, wogegen in einem ſolchen Falle das Aufbringen oder das Vermiſchen des Düngers mit Aſche vorzüglich gute Dienſte leiſten ſoll. Auch das Uebertragen der Wein— berge bei zähem, naßkalten Boden mit warmem, trockenen Boden, beſonders Mergel oder auch mit Steinkohlenaſche, ſtark mit Sand gemiſcht, wird na— mentlich als Vorbeugungsmittel gute Wirkung thun, ſowie bei einzelnen Stöcken, wenn mit dem Erdbohrer tiefe Löcher zwiſchen zwei Stöcken gebohrt werden, um das Waſſer mehr von denſelben abzuleiten. Ebenſo bei ſtarken Abda⸗ chungen das Düngen hinter die Stöcke (oberhalb), weil durch den eingegrabe— nen Dünger das Waſſer abgeleitet und weil derſelbe nicht ſo ſchnell zerſetzt wird, den Wurzeln der Rebe immer wieder neue kräftige Nahrung zugeht. Kommt das Gelbwerden von der Magerkeit des Bodens her, ſo wird ein ſchnell wirkender Dünger, wie Gülle, und das öftere Wiederholen der Düngung (von zwei zu zwei Jahren) dem Gelbwerden am beſten entgegen— wirken. Trägt aber eine unpaſſende Düngung oder eine zur unpaſſenden Zeit vorgenommene Bodenarbeit die Schuld, jo wird das baldige Oeffnen des Bo⸗ dens durch Wiederholen der Arbeit oder durch die Vornahme der nächſten Bodenarbeiten zu einer zweckmäßigen Zeit, damit Luft und Licht eindringen und Näſſe und ſonſtige ſchädliche Dünſte ausſtrömen können, gute Wirkung thun, wobei aber etwas tiefer zu greifen iſt, damit der untere Boden herauf- geſchafft wird. Am wenigſten wird der Gelbſucht entgegengewirkt werden können, wenn dieſelbe durch ungünſtige chemiſche Zuſammenſetzung des Bodens entſtanden iſt und nur vorbeugend kann dadurch geholfen werden, wenn man von den, häufig von der Krankheit befallenen Stöcken die ſie umgebende Erde

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entfernt und durch beſſere, namentlich Raſenerde, erſetzt, oder wenn man bie Weinberge mit anderer guter Erde, wie z. B. den Kalkboden mit warmer Thonerde, ſtark überträgt. Jedenfalls iſt es gut, wenn bei ſolchen Böden, die gerne zu der Bildung überflüſſiger, ſalpeterſaurer Salze geneigt ſind, kein ſtark wirkender, viel Ammoniak haltender Dünger, wie Schaf- und Pferde— dünger, ſondern mehr Compoſt, Raſenerde, oder nur alter vergohrener Rind— vieh⸗, oder auch grüner vegetabiliſcher Dünger angewendet wird.

Da wo das Verlegen (Vergruben) der Reben eingeführt iſt, werden gelb gewordene Stöcke im nächſten Jahre häufig verlegt, was auch gute Dienſte thun ſoll.

7. Der Honig- und Mehlthau. §. 203.

Wenn die Reben in der Saftfülle ſtehen und es tritt ſchneller Witterungs— wechſel ein, ſo daß Wärme und Kälte ſchnell auf einander folgen, was beſon— ders im Frühjahr und Sommer, wo auf ſtarke Regen ſchnell wieder heißer Sonnenſchein und mitunter kühle Nächte eintreten, öfters der Fall iſt; ſo wird hiedurch eine Stockung im Umlauf der Säfte veranlaßt, die innern Pflanzen— gefäſſe zerplatzen und es wird auf den Blättern ein ſüßer Saft ausgeſchwitzt, dem Bienen und andere Inſekten eifrig nachgehen. Folgt nun warme Witte— rung, ſo vertrocknet der Saft und es zeigt ſich ein weißer mehlartiger Ueber— zug anf den Blättern, den man Honig- oder Mehlthau nennt, ob er gleich mit dem Thau nichts gemein hat. Durch dieſen klebrigen Ueberzug werden, wenn nicht bald Regen eintritt, der denſelben ganz oder theilweiſe abwaſcht, die Schweißlöcher (Poren) der Blätter verſtopft und letztere vielleicht auch durch die Saugapparate der Inſekten noch verwundet, wodurch die Thätigkeit derſelben gehindert, deren Welkwerden, wie bei der Gelbſucht, herbeigeführt und überhaupt die ganze Vegetation des Rebſtocks beeinträchtigt wird, was natürlich auch einen nachtheiligen Einfluß auf die Ausbildung und die Zeiti— gung der Traube hat. Die auf oder in dem Thau befindlichen Inſekten wer— den erſt durch denſelben herbeigezogen und ſind nicht, wie hie und da irrig angenommen wird, dadurch die Urſache deſſelben, daß ſie die Säfte der Pflan⸗ zen einſaugen und als verarbeiteten Honig wieder von ſich geben.

Mittel gegen die dadurch herbeigeführte Krankheit ſind keine bekannt, höch— ſtens könnten die vom Thau befallenen Zweige und Blätter ausgebrochen werden, auch könnte vielleicht ein dünnes Beſtreuen mit ungelöſchtem Kalk— ſtaube in der Frühe, ehe der Thau ſich verhärtet hat, oder das Begießen der angegriffenen Theile mit Waſſer, in dem etwas Kochſalz aufgelöst iſt, gute Dienſte leiſten. f

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8. Die Saftüberfüllung und das Verwachſen der Trauben. §. 204.

Die Traube verlangt zu ihrer Entwicklung einen gut ausgebildeten, con⸗ ſiſtenten Nahrungsſtoff nnd warme, trockene Witterung. Tritt nun während der Entwicklung derſelben warme, aber zugleich naſſe oder feuchte Witterung ein, ſo wird die Rebe zu einem außerordentlich ſtarken Triebe durch ſchnelle Aufſaugung der Nahrungsſäfte veranlaßt, bei dem dieſelben in den innern Organen der Rebe nicht mehr gehörig verarbeitet werden und daher gehaltlos und wäſſerig bleiben, fo daß dadurch, wenn ſich auch einzelne Trauben (Ge— ſcheine) zeigen, dieſelben dem Saftandrange nicht widerſtehen können, ſondern ſich verwachſen und in Ranken (Gabeln) übergehen ($. 3), was den Ertrag der Weinberge öfters ſehr ſchmälert. Aehnliche Saftüberfüllungen kommen auch bei ſehr naſſen Weinbergen vor, ſei es nun, daß dieſelben durch allzu- ſtarke Düngung oder durch einen fetten, feuchten Untergrund herbeigeführt werden, indem auch hier die Säfte nur zur Bildung der Triebe verwendet werden und die Trauben entweder gar nicht zu Stande kommen oder kleinbee— rig und ohne Samen bleiben und ſpäter abröhren.

Werden ſolche krankhafte Anzeigen an den Reben bemerkt, ſo iſt es ſehr zweckmäßig, wenn man dem allzuſtarken Saftandrang Abfluß zu verſchaffen ſucht, entweder dadurch, daß man, wie bei den Obſtbäumen, die Rinde des Stamms und der Schenkel aufſchlitzt (verwundet), wodurch der Saft ſich hier einen Ausweg ſucht und die Verdünſtung deſſelben befördert wird, oder wenn man durch Wegſchneiden von einjährigem oder älterem Holze, beſonders aber durch ſtarkes Verwunden am Kopfe des Rebſtocks den Abfluß des Saftes er— leichtert, oder durch das Abnehmen eines Theils der geilen Triebe das Wachs— thum des Stocks zu mäßigen ſucht.

Wird ein Weinberg durch die Bodenverhältniſſe zu einem allzuſtarken Triebe veranlaßt, fo kann ein langer Schnitt, wodurch die Säfte mehr ver⸗ theilt und viele Augen zum gleichzeitigen Austreiben veranlaßt werden, von gutem Erfolge ſein, ſowie überhaupt beſonders ſtarktriebige Rebſorten, wenn ſie unfruchtbar ſein ſollten, unter den angeführten Verhältniſſen durch langen Schnitt zum Ertrag gebracht werden können.

9. Die Trauben⸗ oder Schimmel⸗Krankheit. S i N

Dieſe Krankheit iſt erſt in den letzten fünfzehn bis zwanzig Jahren auf⸗ getreten, hat ſich jedoch weniger in den gemäßigten Weinbaugegenden Deutſch⸗ lands, als in ſüdlichern Ländern, wie in dem ſüdlichen Tyrol, im ſüdlichen

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Frankreich, in Italien und in Griechenland durch große Verheerungen ausge— zeichnet, ſo daß ganze Weinernten zu Grunde giengen.

Sie beſteht in einem Pilze, Oidium, der ſich zuerſt 1845 an einzelnen Weinreben in den Glashäuſern von England, dann 1847 und 1848 in den Gewächshäuſern in der Umgegend von Paris und Verſailles an feinen Tafel- trauben zeigte, bald aber auch auf die Rebgelände im Freien überging. Im ſüdweſtlichen Deutſchland wurde die Krankheit hauptſächlich nur an hohen Reb— geländen (Kammerzen) und am häufigſten an der Trollinger- und Urbantraube wahrgenommen, woraus hervorgeht, daß nicht alle Traubengattungen gleich empfänglich für die Krankheit ſind. Nach dem Trollinger und Urban folgen die dem erſten verwandten Traubengattungen, wie der rothblaue Zottelwelſche (Gol, Weißlauber), der ſchwarzblaue Zottelwelſche (Rohrtraube, Wullewelſch), der blaue Gänsfüßler, dann der Muskateller, der Portugieſe, ſowie der Tra- miner, der Elbling, Sylvaner, weißer Räuſchling, Gutedel, Tokaier.

Am wenigſten empfänglich für die Krankheit ſind: der Rießling, der blaue

Clevner und Burgunder, der weiße Burgunder, ferner der Affenthaler, die Müllertraube, der Rothgypfler und blaue Limberger. Die nordamerikaniſchen Trauben (Iſabelle) ſollen bis jetzt von der Krankheit nicht befallen wor⸗ den ſein. Auch bleiben nach den gemachten Erfahrungen junge Reben, die im erſten oder zweiten Jahre des Ertrags ſtehen, häufig von der Krankheit ver— ſchont, ſowie auch ganz niedrig gehaltene Reben, ſogenannte Heckenweinberge (§. 123), wenig oder gar nicht von derſelben befallen wurden, während an hochſtämmigen und an Rebgeländen ſich dieſelbe vorzugsweiſe und in größerer Ausdehnung zeigte.

Nach der Unterſuchung und Beſchreibung des Herrn Profeſſors v. Mohl in Tübingen zeigt ſich der weiße, ſchimmelartige Pilz zuerſt als ein nur dem bewaffneten Auge und nur ſchwierig erkennbares, die Oberhaut überziehendes Spinngewebe.

Solche Flecken erſcheinen im Anfange vereinzelt; ſtrahlig ſich ausbreitend, fließen fie erſt jpäter zuſammen. Auch finden fie ſich mehr oder weniger weit entwickelt, bereits an den ältern, untern Stengelgliedern der Rebe, wenn die oberen, vor Kurzem erſt aus dem Knoſpenzuſtande hervorgegangenen, noch völlig frei davon ſind. Die einfachen Zellenreihen, aus welchen der Pilz be— ſteht, wachſen der Oberhaut, den von ihnen befallenen Pflanzentheilen dicht angeſchmiegt, dieſer entlang. Sie veräſteln ſich nach rechts und links, wenig nach vorwärts gerichtete Seitenſproſſen entſendend. Auch dieſe verzweigen ſich aufs Neue. So entſteht bald jenes den ganzen ergriffenen Pflanzentheil über- und umſpinnende Netz. Aus den etwas älteren Theilen dieſes Geflechts er— heben ſich bei Zeiten ſchon ſenkrecht aufſtrebende Sproſſen, Reihen kurzer Zel⸗

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len, deren Endzelle anſchwellend ſich endlich abgliedert und fo eine zur Fort— pflanzung dienliche Spore darſtellt. Der nämliche Vorgang wiederholt ſich in der zunächſt unteren Zelle des aufrechten Fadens, ſo daß man an der Spitze deſſelben bisweilen zwei bis drei hinter einander ſtehende eiförmige Sporen findet. Werden die Fortpflanzungszellen vom Luftzuge auf, vom Pilze noch nicht überzogene, grüne Theile der Rebe getragen, ſo keimen ſie leicht und bald, indem ſie einen ſchlauchförmigen, fädlichen Fortſatz treiben: die erſte Anlage der auf der Oberhaut der Nährpflanze hinkriechenden Fäden.

Unter den jüngſten Enden der kriechenden Pilzfäden erſcheint die Oberhaut der Rebe völlig unverändert und von normaler Grüne, unter den ältern Thei- len des Pilzgeflechts, dagegen zeigt die Nährpflanze hie und da kleine braune Flecken. Jeder ſolchen mißfarbigen Stelle entſpricht eine Ausſtülpung des Pilzfadens nach unten; eine Auftreibung oder lappige Ausſackung ſeiner Außen⸗ haut, die mit ſtumpfen, halbkugeligen Enden auf den Außenwänden von Ober- hautzellen der Rebe haftet. Bald nimmt dieſes Haftorgan des Pilzes eine braune Farbe an, die gleiche Färbung tritt in Wand und Inhalt der berühr— ten Oberhautzellen, ſpäter auch in deren Nachbarinnen ein, ſo daß in der örtlichen Abtödtung der Oberhaut der Rebe, der Blätter und der Traube einzig und allein das Weſen der Krankheit zu ſuchen iſt. Der entwickelte Pilz ſtellt ſich als ein ſchimmelartiges Gewächſe dar, das die weitere Vegetation der Rebe und Traube hemmt und dazu beiträgt, daß durch die Krankheit der Oberhaut das obere junge Rebholz ſowie die Blätter welken und verdorren, und die Traubenbeere aufſpringen, dann in Fäulniß gerathen, ſpäter eintrock— nen und dadurch nach und nach ganz zu Grunde gehen. Der Pilz verbreitet ſich durch Beſamung fo ſchnell, daß in acht bis zehn Tagen ein ganzer Wein- berg davon erkrankt ſein kann.

Die untern Theile des jungen Rebholzes werden häufig von der Krank— heit nicht befallen, auch leidet der Rebſtock ſelbſt nicht darunter, wenn die Krankheit nicht allzu heftig auftritt, ſo daß förmliche Saftſtockungen eintreten, auch macht derſelbe im erſten Jahre nach der Krankheit neue Triebe und treibt neuen Samen, um, wie es ſchon häufig vorkam, wieder aufs Neue von der Krankheit befallen zu werden.

An der Traube erſcheint die Krankheit gewöhnlich zuerſt an den kleinen zurückgebliebenen Beeren, die in der Blüthe nicht befruchtet wurden, und ver⸗ breitet ſich von dieſer geſchützten Lage aus dann auf die übrigen Beere. Streicht man über die vom Pilz befallenen Blätter und Beere, ſo erſcheint die Stelle feucht und verbreitet einen widerlichen ſauren Geruch.

Die Entſtehung derſelben hat man ſchon ſehr verſchiedenen Urſachen, na⸗ mentlich Saftſtockungen oder Desorganiſation des Rebſtockes zugeſchrieben und demgemäß auch viele von einander ſehr verſchiedene Mittel zur Heilung oder

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Verhütung derſelben vorgeſchlagen, bis jetzt iſt man aber weder bei den einen noch bei den andern ganz ins Klare gekommen. Da jedoch die Krankheit zur gleichen Zeit mit der Kartoffelkrankheit aufgetreten iſt und bei derſelben ſich die gleichen Symptome, wie bei dieſer zeigen, ſo daß zuerſt die Blätter und Stengel und dann die Frucht davon befallen wird, anch bei andern Gewächſen, wie z. B. bei den Kirſch⸗ und Nußbäumen ꝛc. ähnliche Krankheitsanfälle beo⸗ bachtet wurden, ſo iſt nicht unwahrſcheinlich, daß alle dieſe Krankheitserſchei— nungen mit dem innern Leben unſerer Erde zuſammenhängen und durch feine, ſchädliche Ausdünſtungen derſelben entſtanden ſind, die ſich als Nebel oder Thau niedergeſchlagen oder auf irgend eine andere Weiſe ſich an die zärteren Theile der Pflanzen angehängt haben und dadurch zu der Entwicklung des Pilzes Veranlaſſung geben, der ſich dann durch ſeine Samenentwicklung ſchnell weiter verbreitet, worauf auch der Umſtand hindeutet, daß vorzugsweiſe die höher ge— zogenen Reben davon befallen werden.

Nach den angeſtellten Verſuchen zur Beſeitigung der Krankheit, die ſich

hauptſächlich auf die Vertilgung des Pilzes beziehen, haben folgende Mittel ſich am beſten bewährt: 2. Das Eintauchen der Trauben bald nach der Blüthe in ein leichtes Leimwaſſer (2 Loth Leim auf 2 Maas Waſſer), was jedoch ſehr beſchwerlich und zeitraubend iſt und daher nicht wohl im Großen angewendet werden kann; dagegen wird das Beſpritzen der angegriffenen Trauben mit Leimwaſſer mit⸗ telſt einer gewöhnlichen ſeierartigen Gartenſpritze von Blech mit 1—1!/2 Zoll Lichtweite ſchneller und leichter von Statten gehen.

b. Das Einſchwefeln der ganzen Rebſtöcke im trockenen Zuſtande mit feiner Schwefelblüthe und zwar 14 Tage vor der Blüthe, ſowie man an den grünen Stellen der Reben einige weißliche Punkte bemerkt, dann und haupt⸗ ſächlich vor oder während der Blüthe und 3 Wochen nach der Blüthe oder nach der zweiten Schwefelung, indem dadurch nicht nur der Schimmel gänzlich Zzerſtört, ſondern auch die Vegetation der Rebe und Traube befördert wird, auch ſoll dieſes Mittel, nach den in Südtyrol und Frankreich gemachten Erfahrungen, das bewährteſte ſein, das auch im Großen ohne viel Mühe und Koſten ausgeführt werden kann. Wird der Schimmel durch dieſe dreimalige Schwefelung nicht gänzlich zerſtört, fo iſt eine nochmalige Anwendung deſſel— ben, beſonders vor dem Weichwerden der Trauben nothwendig. Man bedient ſich dazu eines Blasbalges, an deſſen vorderer Seite ein längliches Käſtchen von Blech, in der Mitte durch ein Sieb abgetheilt, angebracht iſt, aus dem der Schwefel bei der geringſten Bewegung des Blasbalges durch eine an dem Kiſtchen befindliche längliche Röhre ausgeſtäubt wird, oder einer Puderquaſte mit einem 1—2 Zoll weiten Cylinder von Blech und oben mit einem Seiher, in den theilweiſe wollenes Garn eingeflochten wird, das man 2—3 Zoll

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lang quaſtenartig hängen läßt, und aus dem dann der Schwefel bei einer ſtarken Schwingung ausſtäubt. (Bei Flaſchner Auguſt Haas in Stuttgart.)

Das Einſchwefeln der Reben im naſſen Zuſtande nach Regen, Thau ꝛc. ſoll weit weniger von günſtigem Erfolge ſein.

Man kann zum Beſtäuben auch eine gewöhnliche Gartenſpritze gebrauchen.

c. Auch das Eintauchen oder Beſpritzen der Trauben mit Schwefelwaſſer ſoll gute Dienſte thun. Man nimmt 1 Pfd. Schwefelblüthe und 1 Pfd. friſch gelöſchten Kalk, verbindet ſie innig mit einander und vermiſcht ſie mit 2 Maas Waſſer in einem glaſirten Topf, worauf das Ganze unter fortwährendem Um⸗ rühren eine Viertelſtunde lang gekocht, ſofort abgekühlt, und, nachdem ſich die Maſſe geſetzt hat, die klare Flüſſigkeit abgegoſſen und in gut verkorkten Fla⸗ ſchen oder Krügen aufbewahrt wird. Bei der Anwendung kann ein Theil mit 80—100 Theilen reinem Waſſer gemengt werden.

Am zweckmäßigſten iſt es, wenn man durch öfteres genaues Viſitiren der Reben und der Trauben die Krankheit ſo viel wie möglich im Keime zu er— ſticken ſucht, was dadurch am einfachſten geſchieht, wenn man bei dem Durch— gehen der Weinberge, wie z. B. beim Verbrechen (Zwicken), oder auch ſchon früher alle Blätter und Zweige abbricht und entfernt, die auch nur im Ent- fernteſten einen Schimmelanſatz zeigen, was man daran am beſten erkennt, wenn Blätter und Zweige welk werden und oben einzelne braune und abge— ſtorbene Flecken zeigen, die dann gewöhnlich unten mit dem Pilze beſetzt ſind.

Werden deſſen ungeachtet nach der Blüthe einzelne Trauben von der Krankheit befallen, ſo iſt es am zweckmäßigſten, wenn man die Traubenſtöcke genau durchgeht und alle Beere, auf welchen ſich weiß beſtäubte Pünktchen zeigen, zerdrückt oder auspflückt und beſeitigt.

Sind dagegen ſchon mehrere Beere oder die ganze Traube von der Krank— heit ergriffen, ſo kann man dieſelbe mit einem in Schwefelblüthe getauchten, weichen Maurerpinſel einigemal auf allen Seiten bedupfen, wodurch der Pilz zerſtört, die bedupfte Stelle etwas feucht wird und der Schwefel dadurch gerne an derſelben hängen bleibt. Nachher kann man noch den ganzen Stock mit der Puderquaſte einſchwefeln, damit auch der etwa ſchon am Laub oder Reb— holz befindliche Pilz zerſtört wird. Iſt auch ſchon der Traubenſtiel von der Krankheit ergriffen, ſo kann zwar durch die angeführte Manipulation die Traube gerettet werden, dieſelbe wird aber wegen des geſtörten Saftzufluſſes in der Entwicklung ſtets zurückbleiben, daher auch daraus hervorgeht, wie nothwendig es iſt, die Krankheit ſogleich bei ihrer Entſtehung zu bekämpfen.

10. Der Grind.

§. 206. N Der Grind beſteht in dem unregelmäßigen Ausſchwitzen der Säfte des

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Rebſtocks. Er entſteht durch ſtrenge Winterkälte, wenn durch dieſelbe bie innern Gefäſſe der Rebe ganz oder theilweiſe zerſtört und dadurch die Saft— zirkulation gehemmt wird (§. 193), ferner durch Frühjahrsfröſte, wenn in Folge derſelben der Saft von den Spitzen der Reben gegen die Schenkel zu— rückgetrieben wird, oder auch nur, wenn häufige Näſſe und Wärme mit Kälte ſchnell wechſeln, was beſonders in engen Thälern der Fall iſt, indem, wenn ein Stock im Frühjahr oder Sommer in Folge der warmen feuchten Witterung zu viel Säfte einſaugt, die durch die Wärme in ſchnellen Lauf kommen, und es tritt rauhe kalte Witterung ein, durch welche die Ausdünſtungen des Stocks vermindert werden, können die jungen Triebe das Uebermaß der Säfte nicht mehr conſumiren, wodurch gleichfalls ein Rücktritt derſelben gegen Schenkel und Kopf erfolgt. Solche Zufälle können ſich beſonders bei jungen Reben auf ſehr kräftigem, fetten Boden zeigen, wenn durch günftige Witterung Saft» überfüllungen und ſpäter durch ungünftige Witterung Saftſtockungen ein- treten.

Durch dieſes Zurücktreten oder Zurückdrängen der Säfte gegen die Schen— kel und den Kopf erfolgt ein theils mehr, theils weniger ſtarkes Zerſpringen der innern Gefäſſe derſelben, wodurch der überflüſſige Saft ausgeſchwitzt wird und ſich eine Art Geſchwulſt (Grind) bildet, der die freie Cirkulation des Saftes hindert, oder ableitet und dadurch den Rebſtock krank macht, ſo daß die Schenkel oder der ganze Stock entweder ſchon im laufenden Jahr, beſon— ders gegen die Traubenreife, oder längſtens im nächſten Jahre abſtirbt.

Von dieſer Krankheit werden vorzugsweiſe Rebſtöcke mit ſchwammigem, ſaftreichen Holze, wie Sylvaner, blaue Portugieſen ꝛc. befallen, beſonders wenn ſie in unpaſſende Lagen und Boden gepflanzt werden, auch entſteht ſie gerne iu Folge anderer Krankheiten, durch welche Saftzurücktretungen veran⸗ laßt werden.

Mittel gegen die Krankheit, wenn ſie einmal eingetreten iſt, laſſen ſich keine anwenden, dagegen läßt ſie ſich, beſonders bei Beſchädigung durch Win— terkälte und Frühjahrsfroſt, durch die dort angegebene Behandlung der Reben (S. 194, 197), hie und da verhüten, iſt fie aber einmal vorhanden, jo bleibt nichts übrig, als ſo bald als möglich junges Holz aus dem Kopfe nachzuziehen und die kranken Schenkel im erſten oder zweiten Jahre herauszuſchneiden oder den ganzen Stock durch Einleger zu erſetzen.

11. Die Beſchädigungen durch Hagel, Wolkenbrüche, Regen, Nebel. 8.207. a. Beſchädigungen durch Hagel

Solche Beſchädigungen ſind zwar nur örtlich, ſie dehnen ſich aber öfters 21

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nicht blos auf einzelne Markungen, ſondern auf eine ganze Weinbaugegend aus und gehören zu den größeren und am nachtheiligſten wirkenden Unfällen, welche die Weinberge treffen können, indem, wenn die Beſchädigung ſpät, wäh⸗ rend des Sommers eintritt, häuſig nicht nur der größere oder der ganze Jah— resertrag vernichtet, ſondern theilweiſe auch der Ertrag von den nächftfolgen⸗ den Jahren gefährdet wird, weil das noch weiche, künftige Tragholz entweder ganz abgeſchlagen oder durch die Hagelkörner ſo beſchädigt wird, daß es braune oder ſchwarze Brandplatten bekommt und dadurch im nächſten Jahre keine oder wenig Trauben treibt, öfters aber noch beim Biegen der Reben abbricht, ſo daß ſtatt Bogen nur kurze Zapfen angeſchnitten werden können. War der Hagel ſo ſtark, daß auch die Schenkel beſchädigt wurden, und müſſen ſolche hinweggenommen werden, fo kann es 3—4 Jahre anſtehen, bis der Weinberg wieder in vollen Ertrag kommt.

Der Hagel wirkt um ſo ſchädlicher, wenn damit ein ſtarker Wind ver— bunden iſt, indem derſelbe die ſchützenden Blätter in die Höhe jagt und die Hagelkörner in ſchräger Richtung um ſo ſtärker an die unbedeckten Trauben und an die Zweige des Weinſtocks treibt.

Tritt der Hagel frühe, vor der Traubenblüthe ein, ſo machen die Reben aus den Beiaugen hie und da noch Nachtriebe, von welchen aber die Trau— ben ſelten vollkommen werden und zur gehörigen Reife kommen.

Auch die vom ſpätern Hagel getroffenen Traubenbeere bleiben in der Zeitigung zurück und behalten an dem Punkt, wo ſie vom Hagel getroffen wurden, ſtets eine Säure, daher, wenn noch ein guter Wein erzielt werden will, ſolche Trauben und Traubenbeere, ſowie die nachgetriebenen unreifen Trauben bei der Leſe ſorgfältig ausgeſchieden und zur Nachleſe genommen werden müſſen.

Verwandelt ſich der Hagel in einen ſogenannten Eisregen, geſchmolzenen Hagel, der eiſig kalt iſt, jo wirkt auch dieſer dadurch ſchädlich, daß zwei Ex— treme zuſammentreffen, nemlich der hohe Grad von Hitze, der gewöhnlich ſol— chen Gewittern vorausgeht, und der hohe Grad von Kälte des Eisregens, in— dem nicht ſelten, wenn ein Tropfen auf eine Beere fällt, dieſelbe welk wird, oder, wenn er bis auf den Traubenſtiel dringt, ſo kann auch dieſer mit der Traube abſtehen.

Zur Abwendung des Hagels ſind noch keine Mittel entdeckt worden, indem die bis jetzt in Vorſchlag gebrachten Hagelableiter mittelſt Befeſtigung von Strohſailen oder von Metalldrähten an hohen Stangen und Einſenkung in den Boden noch zu keinem entſprechenden Reſultate führten. (Anmerkung 6.)

6. Anmerkung. Ueber die Entſtehung des Hagels, wobei die Elektricität der

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Bei minder ſtarkem Hagel, beſonders ohne Sturmwind, dürfte das Ein— kürzen der Reben von gutem Erfolge ſein, indem die herabhängenden Aber— zähne häufig eine ſchützende Decke für die Trauben bilden. Jedenfalls wird es ſehr augemeſſen fein, wenn in Gegenden, wo öfters Hagel vorkommt, die Weinbergbeſitzer ſich bei einer Hagelverſicherung betheiligen, um wenigſtens einigen Erſatz für den erlittenen Schaden zu erhalten.

Iſt ein ſtarker Hagelſchaden eingetreten, ſo iſt das Hinwegſchneiden der vom Hagel getroffenen Triebe ſogleich nach demſelben, um die Reben zu neuen Trieben zu veranlaſſen, nicht immer räthlich, weil die Beſchädigung unmittel- bar nach dem Hagel öfters weit ſtärker erſcheint, als ſie wirklich iſt und manche Rebe ſich noch erholt; dagegen iſt auch das gänzliche Unterlaſſen des Wegſchneidens nicht angemeſſen, indem dadurch der Rebſtock einen großen Theil ſeiner Säfte zur Wiederbelebung der verſtümmelten Triebe unnütz verwendet, wodurch Selbſtſchwächung eintritt und die Wunden leicht in krebsartige Krank— heiten (Grind ꝛc.) übergehen können. Am zweckmäßigſten iſt es daher, wenn mit dem Hinwegnehmen der beſchädigten Triebe etwa 6—8 Tage gewartet wird, bis man die geſunden und wenig beſchädigten Theile von den ſtärker beſchädigten und nicht mehr brauchbaren unterſcheiden kann. |

§. 208. b. Beſchädigung durch Wolkenbrüche.

Mit heftigen Gewittern, beſonders aber mit Hagelwettern, ſind häufig ſehr ſtarke Regen, ſogenaunte Wolkenbrüche, verbunden, die namentlich in ſehr ſteilen Weinbergen große Beſchädigungen verurſachen, und die nur mit großen Koſten beſeitigt werden können, indem durch dieſelben nicht nur ein großer Theil des fruchtbaren Bodens, hie und da ſogar mit den Pfählen, herabge⸗ ſchwemmt, ſondern auch die Rebſtöcke ſelbſt manchmal aus dem Boden ge— riſſen und ſogar Mauern eingeſtürzt werden.

Solche Beſchädigungen laſſen ſich entweder ganz oder wenigſtens theil— weiſe verhüten, durch zweckmäßige Anlegung von Mauern, Wafferabzugs- und Auffanggräben auf die in §. 98 näher beſchriebene Weiſe, ſowie auch dadurch, wenn man je von 4—56 Zeilen kleine ſchmale Ouergräben macht, in dieſelben im Frühjahr abgeſchnittenes Rebholz einlegt und ſofort 1—2 Zoll hoch mit Erde bedeckt, indem dadurch das den Berg herabſtürzende Waſſer in ſeinem Laufe gehemmt wird und weit weniger Boden mitnehmen kann, oder, wenn

Luft eine weſentliche Rolle zu ſpielen ſcheint und über die Grundſätze, nach welchen Hagelableiter einzurichten wären, ſiehe die intereſſanten Abhandlungen in dem Corre⸗ ſpondenzblatt des württembergiſchen landwirthſchaftlichen Vereins von 1822, S. 155, von 1825 7. Band S. 209 und 8 Band S. 300.

21 *

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überhaupt das Rebholz klein zerſchnitten und nach §. 175 als Gründüngung in den Boden eingehackt wird. b

§. 209, c. Beſchädigung durch Regen und Nebel.

Das durch Regen und Schnee aus der Atmosphäre niederfallende meteo— riſche Waſſer zeichnet ſich gegenüber von andern Waſſern (Quellbrunnenwaſſer) durch ſeinen größern Gehalt an Electricität (S. 62) und Sauerſtoffgas aus und beſonders iſt dieſes bei dem Waſſer von Gewitterregen der Fall, das auch noch einen ziemlichen Gehalt an ſalpeterſauren Salzen beſitzen ſoll. Durch dieſe Eigenſchaften übt das Regenwaſſer einen weit größeren Einfluß auf die Belebung der Vegetation aus, als das gewöhnliche Quellwaſſer, indem nach einem warmen, beſonders Gewitterregen, die manchmal ganz erſchlaffte Vege— tation wieder erfriſcht, belebt und zu erneuter Thätigkeit angeſpornt wird.

So wohlthätig nun ein zur rechten Zeit niederfalleuder Regen auf die Vegetation, insbeſondere der Rebe, wirkt, ebenſo ſchädlich kann er aber auch werden, wenn er zur unrechten Zeit eintritt oder zu lange anhält. Regnet es lange, während die Weinberge beſonders mit Erde gedeckt find, ſo erſtickt oder erſauft manches Auge unter dem naſſen mit Waſſer angefüllten Boden, oder es werden durch das Waſſer die im Boden enthaltenen ſalz- und ſalpe⸗ terartigen Beſtandtheilen in größerer Menge aufgelöst und dadurch die Augen der Reben ausgefreſſen. Fällt viel Regen während der Entwicklung des Reb— ſtocks und der Trauben vom Frühjahr bis zum Spätjahr, jo können die Wein⸗ berge nicht gehörig und nicht zur rechten Zeit bearbeitet werden, der Weinſtock treibt mehr in's Holz als in Trauben, die letztern bleiben in der Entwicklung und Zeitigung zurück, und iſt der Boden mit Waſſer angefüllt, ſo hat dieſes auch auf den Rebſtock ſelbſt einen nachtheiligen Einfluß, indem manche Wur⸗ zeln abſtehen und das Laub gelb und krank wird. Beſonders ſchädlich ſind kalte, ſowie anhaltende Regen während der Traubenblüthe, indem dieſe dadurch aufgehalten und in ſofern geſtört wird, als die auf der Blüthe ſitzende Käpp⸗ chen ſtatt abzufallen auf denſelben ſitzen bleiben und ſich zuſammenballen, wo⸗ durch die Befruchtung nicht gehörig vor ſich gehen kann (§. 6) und einzelne Beere oder ganze Trauben abfallen, oder nur Kleinbeere, erzeugen. Einzelne Traubengattungen, wie die Elblinge ꝛc. leiden jedoch durch eine Störung der Blüthe mehr als andere, was in der individuellen Entwicklungsfähigkeit der⸗ ſelben liegt, indem den Staubfäden die Kraft, die Decke wegzudrücken, bei der einen und der andern Traubenſorte mehr oder weniger gegeben iſt, wodurch ſich die Empfindlichkeit in der Blüthe ausdrückt, auch kommt dieſes in ältern, namentlich in Elblingweinbergen häufiger vor, als in jungen und kräftigen.

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Das Abfallen der Traubenbeere ſoll zwar durch das Ringeln der Reben ver- hütet werden können, aus den §. 146 angeführten Gründen iſt daſſelbe aber nicht allgemein und im Großen ausführbar. Außerdem bieten die langſame Blüthe und die zuſammengeballten Käppchen dem Heuwurme bequeme Gele— genheit dar, ſich zu entwickeln, in den Käppchen einzuniſten und feine Ver⸗ heerungen unter den zarten Traubenbeerchen zu beginnen. Dagegen ſchadet ein nicht lange anhaltender, warmer Regen mit nicht zu heftigem Winde wäh⸗ rend der Blüthe nicht, indem der Wind die Käppchen abſchüttelt und dadurch die Befruchtung befördert, der Regen aber die kleinen Beerchen abwaſcht, da— mit ſie beſſer fortwachſen können.

Starke und mehrere Tage anhaltende Nebel erkälten häufig die Luft und haben beſonders während der Traubenblüthe ähnliche nachtheilige Wirkung wie der lange anhaltende Regen, beſonders iſt dieſes bei den ſogenannten ſtinkenden Nebeln der Fall, indem dieſelben ſich bei der Blüthe verſchiedener Gewächſe ſehr ſchädlich äußern.

Auch ſpätere Nebel ſollen namentlich auf den Trollinger nachtheilig wir- ken, ſo daß derſelbe das Laub verliert und in der Zeitigung zurückbleibt. Ohne Zweifel wirken die Nebel nicht allein durch die Verbreitung von Kälte und Näſſe, ſondern in gewiſſen Fällen auch durch den Gehalt der niedergeſchlage— nen Feuchtigkeit ſchädlich, indem dieſelbe, nach chemiſchen Unterſuchungen, Pyrrhin in Geſellſchaft von freier Salzſäure und zuweilen ſalzſaure Kalkerde und Phosphorſäure enthalten ſoll (S. 205). Jedenfalls iſt durch die Erfah— rung beſtätiget, daß nach ſtarken Morgennebeln nicht nur die Weinreben, ſon⸗ dern auch Bäume und ſonſtige Gewächſe Schaden nehmen und namentlich bei den erſteren ſich der Brenner oder ſonſtige Krankheiten zeigen, auf welche Weiſe dieſes aber geſchieht, iſt noch nicht gehörig feſtgeſtellt.

Die Nebel haben hie und da und beſonders bei großer Trockenheit aber auch eine gute Wirkung, indem ſie durch ihre Niederſchläge die Pflanzen er— friſchen und namentlich zur Zeit der Traubenreife dadurch gute Dienſte leiſten, daß durch die wäſſerigen Niederſchläge das Weichwerden der Trauben beför— dert, die Haut der Beere dünn gemacht und die Zeitigung beſchleuniget wird.

Zu den Nebeln darf auch der ſogenannte Höhenrauch gerechnet werden, der in einem trockenen Nebel beſteht, der ſich in ziemlicher Höhe als ein ne— beliger Ueberzug über das blaue Gewölke des Himmels zeigt und namentlich in trockenen, warmen Jahren theils kurze, theils längere Zeit erſcheint und für die Vorbedeutung eines guten Weinjahrs gehalten wird. Ueber die Ent— ſtehung dieſes Nebels iſt man noch nicht einig. Manche wollen denſelben, beſonders auch wegen ſeines ſtinkenden Geruchs, einfach als Erzeugniß der Moorbrände in den nördlichen und nordöſtlichen Gegenden Deutſchlands an— ſehen, Andere nehmen an, daß derſelbe keinen von der Erdoberfläche ausge—

326 gangenen Urſprung habe, vielmehr bei deſſen Bildung, nebſt dem vorausge⸗ gangenen Temperaturwechſel die Luftelectricität vorzüglich thätig ſeie und daß ein ſolcher Nebel in ſo lange die Stelle eines ſchwachen Gewitters vertrete, als er nicht in Regen aufgelöst oder durch ſtarke Winde zerſtreut werde, mit- hin ein unvollkommen verdichtetes Waſſer ſei, in dem das elektriſche Fluidum ſich noch ungebunden befindet, was um jo wahrſcheinlicher ſei, als der ſtin— kende Geruch des Nebels die meiſte Aehnlichkeit mit demjenigen des ungebun⸗ denen elektriſchen Fluidums habe. Jedenfalls erſcheint erſtere Annahme, da der Höhenrauch öfters ganze Länderſtrecken gleichförmig überzieht, als die un⸗

wahrſcheinlichſte.

12. Das Braten der Trauben (Sonnenbrand).

8. 210.

Wenn in den Sommermonaten, beſonders im Auguſt und zu Anfang des Septembers, heiße und trockene Witterung eintritt, die noch nicht ausge— wachſenen Trauben aber noch wenig Saft haben, ſo zeigen ſich an freihän— genden Trauben, welche an heißen klaren Sommertagen den Einwirkungen der Sonne ſtark ausgeſetzt ſind, einzelne welke Beere oder ganze Traubentheile, die ſich ſchnell braun färben und abdorren, was man das Braten der Trau— ben oder den Sonnenbrand nennt. Manche braten nur an der Sommerſeite, auch werden ſolche, welche länger im Schatten gehangen ſind und durch die Laubarbeiten ſchnell der Sonne ausgeſetzt werden, häufiger von der Krankheit befallen, als die, welche das Sonnenlicht ſchon länger gewohnt find, und ein- zelne Traubengattungen, wie Trollinger, Elbling, Velteliner, Weislauber 2c. ſind dem Braten mehr als andere ausgeſetzt. Es iſt deßwegen in hei— ßen, trockenen Jahrgängen ſehr angemeſſen, wenn man beim Verbrechen, Bin⸗ den, Heften und Ueberhauen den Trauben ihren natürlichen Schutz, die über⸗ hängende Zweige, weniger hinwegnimmt, auch das Felgen bei heißen Tagen, beſonders während der Mittagshitze, ganz unterläßt, indem durch Oeffnung des Bodens die Trockenheit vermehrt und dadurch auch das Braten befördert wird. Außerdem gewährt die Einkürzungsmethode ein ſicheres Mittel gegen den Sonnenbrand, indem durch die ausgewachſenen Aberzähne die meiſten Trauben leicht beſchattet werden und dadurch vor dem Braten geſchützt wer- den. Auch das Belegen des Fußes der Rebſtöcke mit kühlendem Moos, ſo⸗ bald die Trockenheit eintritt, ſoll das Braten der Trauben verhüten.

13. Das Faulen der Trauben.

§. 211. Das Faulen der Trauben theilt ſich ab in die Sauer- und Süßfäulniß.

——

a. Die Sauer⸗ oder Grün⸗Fäulniß tritt ein, wenn zur Zeit, wo bie Traubenbeere erwachſen und zu erweichen beginnen, anhaltendes Regenwetter eintritt und dadurch das Waſſer, das zwiſchen die Beere eindringt, nicht ab— trocknet, ſondern die Fäulniß einzelner Beere und zuletzt der ganzen Traube veranlaßt. Solche unreif gefaulten Beere bleiben ſauer und ſchaden daher nicht nur der Qualität des Weins und vermindern die Quantität, ſondern' geben ihm auch einen unangenehmen, ſauren, widrigen Geſchmack oder machen ihn ganz ungenießbar, wenn viele ſolche Trauben zu dem Weine kommen. Die Fäulniß ſtellt ſich bälder und nachtheiliger ein in niedern Lagen mit kühlem oder kaltem, waſſerhaltigen Lehm⸗ und Thonboden als auf luftigen Höhen mit trockenem Sand⸗ Mergel- (Kies-) oder ſteinigem Boden. Man ſucht der⸗ ſelben zu begegnen durch Lüften der Rebſtöcke mittelſt ſtarkem Ausbrechen der überflüſſigen Triebe und Blätter, beſonders am untern Theile der Stöcke, beim Ueberhauen und Ausbrechen (Ausflügeln derſelben §. 150, 151), ſowie durch das Aufheften der herabhängenden Zweige, an welchen ſich Trauben befinden, wodurch das ſchnellere Abtrocknen und die Reife derſelben befördert wird. Iſt aber die Krankheit einmal vorhanden, ſo iſt es das Zweckmäßigſte, wenn man die angefaulten Theile der Trauben ausſchneidet (ausbeert), oder bei ſtarker Fäulniß die ganze Trauben abſchneidet und dieſelben, je nach dem vorangegangenen Grade der Reife entweder zum Nachwein, oder zum Brannt⸗ weinbrennen verwendet. Jedenfalls müſſen ſolche Trauben bei der eigentlichen Leſe ſorgfältig ausgeſchieden und dürfen nicht mit den übrigen vermiſcht werden.

b. Die Süß⸗ auch trockene Fäulniß unterſcheidet ſich von der ſauren da⸗ durch, daß bei derſelben die Zuckerbildung in der Traube bereits ſo weit vor— angeſchritten iſt, daß der Saft nicht mehr ſauer, ſondern ſüß ſchmeckt, man muß deßwegen, beſonders dann, wenn die Reife der Trauben ſchon ziemlich vorangeſchritten iſt, zwiſchen Sauer⸗ und Süßfäulniß genau unterſcheiden, da eine noch nicht ganz ausgereifte Traube immer noch Säure beſitzt und daher dem Weine nur ſchadet, wenn fie mit den übrigen Trauben abgeleſen und gemiſcht wird. Außerdem ſetzt ſich an den ſüßgefaulten Trauben bald Schim⸗ mel an, der dem Weine einen unangenehmen Geſchmack gibt, auch klären ſich Weine, unter welchen ſich der Saft von vielen angefaulten Trauben befindet, weniger gern, daher es in vielen Fällen ſehr angemeſſen ſein wird, wenn die angefaulten Trauben beſonders geleſen und der Wein durch öfteres Ablaſſen auch beſonders behandelt wird. Sehr angemeſſen wird es ſein, wenn man die angefaulten und ſchimmeligen Trauben ſogleich nach der Leſe auspreßt und den Moſt in gut eingeſchwefelte Fäſſer in Keller bringt, nach der Leſe der guten Trauben denſelben aber an den ausgepreßten Trebern derſelben vergäh— ren läßt, wodurch nicht nur der Schimmelgeſchmack beſeitiget, ſondern der Wein auch friſcher und weniger zum Krankwerden geneigt ſein wird.

328

Die Süßfäulniß entſteht auf ähnliche Weiſe wie die Sauerfäulniß, da⸗ her man derſelben auch auf gleiche Weiſe, wie der letztern, durch Lüften des Weinſtocks und beſonders durch das Ausblatten deſſelben (§. 151) zu begeg⸗ nen ſucht, wobei dann noch auf diejenigen Traubengattungen, die gerne und frühzeitig der Fäulniß unterliegen, wie Ortlieber, Sylvaner ꝛc. beſondere Rück⸗ ſicht genommen werden muß.

Tritt die Fäulniß ſehr ſpät ein, wo die Traube ſchon ihre vollſtändige Reife erlangt hat, ſo wird aus den faulen Trauben häufig ein beſſerer Wein als von den geſunden gewonnen, weil in jenem der Waſſergehalt der Beere ſchneller verdunſtet und ſogenannte Trockenbeere entſtehen, die, wie bei der Strohweinbereitung, einen vorzüglichen Wein geben. Springen aber die Beere auf und es ſetzt ſich Schimmel an, ſo geht der Saft bald in Eſſigſäure über, trocknet ganz oder theilweiſe ein und iſt dann zur Weinbereitung nicht mehr zu gebrauchen.

Die Süßfäulniß hat zwar einige Aehnlichkeit mit der Edelfäulniß der härteren Traubengattungen, wie der Rießlinge, man muß jedoch zwiſchen bei— den genau unterſcheiden, indem letztere mehr in einem Morſchwerden der Bee— renhäute beſteht, wodurch die Verdunſtung der wäſſerigen Theile der Beere gleichfalls befördert wird, dagegen in der Regel kein Schimmel und kein Ueber— gang in eine kranke Fäuluiß eintritt, durch welche die ganze Traube zu Grunde geht. Der Edelfäulniß werden wir bei der Lehre von der Weinbereitung eine nähere Beſchreibung widmen ($. 224).

14. Sonſtige Unfälle des Rebſtocks. 8. 212

Neben den hier angeführten Krankheiten können die Rebfelder aber auch noch andere treffen, die mehr in Zufälligkeiten oder in einer weniger ſorg— fältigen Anlage und Bebauung derſelben ihren Grund haben, und von welchen wir hier nur noch kurz anführen:

a. Die Auszehrung, Entkräftung der Reben.

Dieſelbe entſteht, wenn entweder eine andere Krankheit des Rebſtocks ꝛc. vorausgegangen, beſonders, wenn dieſelbe in einer ungünſtigen Bodenbeſchaf⸗ fenheit ihren Grund hat, der Obergrund ſeicht, der Untergrund undurchlaſſend iſt, von welchen der Rebſtock keine Nahrung ziehen kann.

In allen dieſen Fällen iſt in der Regel der untere Theil des Wurzelſtocks krank, er zehrt ab und kann mit den obern Wurzeln der Rebe nicht mehr die erforderliche Nahrung liefern, wodurch die Fruchtbarkeit ſchwindet und endlich der ganze Stock zu Grunde geht.

Aehnliche Zufälle erſcheinen bei Weinbergen, die durch allzu langen Schnitt

8

—— . 8 2 z

329

in der Jugend zu ſehr zum Ertrage gereizt worden find und dadurch oder we— gen Alters und wegen des ausgeſogenen Bodens (§. 90) an Entkräftung lei— den, oder wenn in einigen auf einander folgenden ſehr trockenen Jahren keine Feuchtigkeit mehr im Boden ſteckt, beſonders in ſtrengem, hitzigen Boden, und die Wurzeln der Reben keine Nahrung mehr aufnehmen können, wie die— ſes 1858 hie und da vorkam.

Manchmal kann die Krankheit, beſonders wenn derſelben keine fortwir— kende Urſache im Boden zu Grund liegt, durch angemeſſene Düngung, fleißige Bearbeitung des Bodens, kurzes Schneiden der Rebſtöcke, Ableitung von über— flüſſigem Waſſer ꝛc. beſeitiget werden, in den meiſten Fällen wird aber nichts übrig bleiben, als die kranken Stöcke zu entfernen und durch Einleger, Korb— ſtöcke ꝛc. zu erſetzen oder, wenn die Krankheit allgemein iſt, den ganzen Wein— berg auszuhauen und entweder ſogleich oder nach mehrjährigem Anbau von andern Gewächſen wieder neu anzulegen, wobei namentlich auf tiefes Reuten, Erſetzung des ſchlechten Bodens durch andern und auf die Auswahl paſſender Rebſorten zu ſehen wäre.

b. An alten Weinſtöcken, beſonders in ſeichten Lagen oder in naſſen Jahr— gängen, fett ſich an dem Stamm und den Schenkeln gerne Moos an, daſſelbe iſt aber eine Schmarotzerpflanze, die ihre Wurzeln in den Splint des Rebſtocks einſchlägt und demſelben die beſten Nahrungsſtoffe entzieht, ſo daß er ſeine Vegetationskraft und Fruchtbarkeit ganz oder theilweiſe verliert und nach und nach ſchwindſüchtig wird. Es iſt deßwegen ſehr zweckmäßig, wenn man das Moos nie aufkommen läßt, oder baldmöglichſt zu entfernen ſucht, was durch Abſtreifen beim Schneiden der Reben, am beſten aber durch einen Anſtrich von leichter Kalkmilch geſchehen kann, der entweder im Spätjahr nach dem Herbſt, oder bald im Frühjahr mit einem ſtarken Mauerpinſel an den ältern Theilen des Rebſtocks anzubringen iſt, wodurch das Moos erſtirbt und der Anſtrich nach einiger Zeit abfällt.

15. Die Beſchädigungen durch Inſekten. 8213.

Unter den Inſekten befinden ſich verſchiedene Gattungen, welche den Re— ben, insbeſondere aber den Trauben, ſehr gefährlich ſind und nicht ſelten großen Schaden anrichten, daher, um deren Vertilgung rechtzeitig und zweck— mäßig vornehmen zu können, eine genaue Kenntniß derſelben und deren Ent— wicklung für den Rebenbeſitzer von beſonderem Intereſſe iſt.

a. Der Heu: und Sauerwurm.

Unter allen Inſekten richtet der Heu⸗ und Sauerwurm, auch Wolf ger

330

nannt, die häufigſten und größten Verheerungen unter den Trauben an, indem er während der Vegetation der Rebe und Traube zweimal, nemlich als Blü⸗ thenraupe und dann ſpäter als Traubenbeer- oder Sauerwurm erſcheint und das Erſtemal die Blüthe, das Zweitemal die noch ſauren Beere angreift und beſchädigt. Die wurmartige Raupe, die zu der Gattung der Blattwickler ge⸗ hört, entſteht aus den Eiern eines kleinen Nachtſchmetterlings, der ſogenannten Traubenmotte, die nicht größer als eine mittlere Fliege iſt, einen dünnen, länglichen Körper mit vier Flügeln, ſechs Füßen, zwei Fühlhörnern und rothe Augen hat und vom Kopf an etwas gelblich, dann aber grau erſcheint.

Die Raupe erreicht eine Länge von ca. Linien, fie hat einen dunkel⸗ braunen, faſt ſchwarzen Kopf, an dem glatten, an der Seite nur mit einzelnen Härchen beſetzten, braun grünlichen ins Graue ſtechenden Körper zwölf Ringe und auf jeder Seite vier hellere, etwas durchſichtige Punkte. Der untere Theil des Körpers iſt geſtreift, die Schwanzklappe dunkelbraun und erſterer mit ſechzehn Füßen verſehen.

Die Puppe liegt in einem, der Seide ähnlichen Geſpinnſt, kriecht, wenn ſie den Winter überſtanden hat, gegen das Ende des Monats Mai oder zu Anfang des Monats Juni, je nach dem Wärmegrad der Witterung, aus der Puppe als Schmetterling aus und flattert dann die ganze Nacht mit raſchem Fluge herum. Derſelbe legt ſofort ſeine Eier in die Knospen und Geſcheine der Trauben und ſtirbt dann in kurzer Zeit. Die Eier werden nach etwa vierzehn Tagen durch die Sonnenwärme ausgebrütet, aus welchen im Monat Juni kleine Räupchen auskriechen, die ſich durch Zuſammenſpinnen einiger Pflanzentheile eine Wohnung bilden und ſobald die Blüthenknospen der Reben ſich entfalten, ſich an denſelben feſtſetzen und mehrere Blüthen und Blüthen⸗ käppchen mit einem weißlichen Geſpinnſt umwickeln und innerhalb deſſelben die Knospen und Blüthen, ſowie die bereits angeſetzten Traubenbeere abfreſſen, wobei ſie mit dem Geſpinnſt immer weiter rücken, bis faſt die ganze Blüthe (etwa zwölf Knospen) verzehrt iſt, auch ſich zuweilen in den Stiel der Traube einbohren und deſſen Mark verzehren, ſo daß dadurch die Traube ganz oder theilweiſe zu Grunde geht. Beſonders wenn die Träubchen ſich bei kalter und regneriſcher Witterung nur langſam entwickeln können, ſind die Verheerungen von Bedeutung, während, wenn die Blüthe ſchnell vorübergeht und die Träub- chen frühe erſtarken, ſolche der Raupe nicht mehr zur Nahrung dienen können, auch ſcheint derſelben kühle Witterung mehr zu behagen, als ſehr warme, in⸗ dem bei der letztern, weil ſich die Raupen durch das Geſpinnſt gegen die heiße Sonne nicht mehr zu ſchützen wiſſen, ein großer Theil zu Grunde geht. Das Erſcheinen dieſer Raupen fällt zugleich mit der Heuernte zuſammen, daher ſie allgemein unter dem Namen Heuwürmer bekannt ſind.

Gegen das Ende des Monats Juni oder zu Anfang des Monats Juli

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ſpinnt ſich die Raupe in den verheerten Träubchen ein und wird zur Puppe um nach acht bis vierzehn Tagen, mithin Ende Juli oder zu Anfang des Auguſts wieder als Nachtſchmetterling zu erſcheinen, der ſeine Eier an die nun ſchon etwas erwachſenen Traubenbeere legt, aus welchen gegen das Ende des Monats Auguſt oder zu Anfang des Monats September Räupchen ausſchlüpfen und nunmehr ſich meiſtens von unten in der Nähe des Stiels in die unreife und ſaure Beere bis zum Kerne einbohren und ſich dort hauptſächlich von der Milch des Kernes nähren, daher man dieſe zweite Generation der gleichen Raupe den Sauerwurm nennt. Die Anweſenheit deſſelben in der Beere er- kennt man leicht, wenn man unten an derſelben kleine blaue Flecken antrifft. Sowie die Raupe erſtarkt iſt, verläßt ſie die erſte Beere und ſetzt ihren Fraß in andern Beeren fort, fo daß fie täglich 3Z—4 Beere bis auf den Kern an⸗ bohren und ausfreſſen kann. Sie umſpinnt die angefreſſenen Beere mit einem weißen Geſpinnſt, in dem ſich die von den Häutungen abgelegte Haut ſowie der Unrath anſammelt. Kühle, regneriſche Witterung verlängert, wie während der Traubenblüthe, das Leben des Sauerwurms, hält die Trauben in der Entwicklung zurück und trägt zur Vermehrung des Schadens bei.

Die vom Sauerwurm angefreſſenen Traubenbeere können zwar noch theil— weiſe zur Entwicklung kommen, ſo daß die Verheerungen deſſelben anfänglich weniger auffallen, die Beere bleiben aber immer ſauer und äußern auf die Qualität des Weins einen ſehr nachtheiligen Einfluß, daher ſie bei der Leſe, bei der man dann erſt den ganzen Umfang der Zerſtörung ut lernt, ſorg⸗ fältig ausgeſchieden werden müſſen.

Tritt dann, ehe die Trauben reifen, regneriſche Witterung ein, ſo gehen die angefreſſenen Beere leicht in Fäulniß (Sauerfäulniß) über, die dann auch die geſunden Beere anſtecken, wodurch noch größerer Schaden verurſacht wird.

Gegen die Zeit der Traubenreife erfolgt die Verpuppung, die Raupe läßt ſich an einem Faden zur Erde nieder, um ſich in irgend einer Ecke am Stamm oder unter der Rinde der Rebe, oder in Ritzen der Pfähle und Rahmen ein⸗ zuſpinnen und dort ihren Winterſchlaf zu halten, um dann im folgenden Früh⸗ jahr ihre Verheerungen neu zu beginnen. (Anmerkung 7.)

7. Anmerkung. Nach den von E. Wagner in Bingen gemachten Beobachtungen verpuppt ſich der Sauerwurm, wenn er ſpinnreif iſt, wie der Heuwurm, nachläßig und oberflächlich am Blatt und Blattſtiel, wenn es vorübergehend warmes Wetter iſt—⸗ und ſchlüpft dann bei fortdauernder warmer Witterung auch noch als Nachtfalter aus, geht aber dann eher zu Grunde, ſo daß er im folgenden Jahr als Heuwurm ſehr ſelten erſcheint. Er verpuppt ſich dagegen ſorgfältiger ins Holz, wenn kühle, naſſe Witterung ſtattfindet, um dort zu überwintern. Da nun nicht alle Sauerwürmer auf einmal ſpinnreif find, auch die Witterung vor und nach dem 20. September (durch⸗ ſchnittliche Verpuppungszeit in den wärmſten Lagen) nicht gleich gut iſt, ſo kann jedes

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Auf die Vertilgung dieſes ſchädlichen Inſekts darf daher der Weingärtner eine beſondere Aufmerkſamkeit verwenden, wenn er ſpäter nicht großen Schaden erleiden will. Zur Vertilgung deſſelben trägt zuerſt bei, wenn man ſchon während des Winters in ungedeckten Weinbergen die Puppen dadurch auf⸗ ſucht und vertilgt, daß man die Rinde an allen Stöcken abkrazt, das abge⸗ ſchabte Zeug auf einem untergelegten Tuche ſammelt und verbrennt, wobei aber alle Ritzen und Winkeln der Rebenäſte, ſowie der Pfähle und Rahmen durchſucht und auch das beim Schneiden der Lebe abgefallene Rebholz früh— zeitig aus dem Weinberg geſchafft werden muß, auch trägt es zur Vertilgung der Puppe bei, wenn man die Rebſtöcke mit Kalkmilch anſtreicht. Am einfach⸗ ſten kann man jedoch auf die Vertilgung eines großen Theils der Puppen hinwirken, wenn man bei dem Schneiden der Reben die rauhe Rinde an den Schenkeln mit der Hand oder beſſer mit einem wollenen Lappen abreibt, in⸗ dem ſich unter derſelben die meiſten Puppen befinden. Die ſchon dadurch, ſo⸗ wie daß ſie beim Hacken in den Boden kommen, zerſtört werden. Haben dieſe Mittel aber keinen genügenden Erfolg gehabt und zeigen ſich nach dem Ausſchlüpfen der Puppen viele Nachtfalter, ſo kann man in den Weinbergen während der Nacht kleine Feuer anzünden, denen ſich die Schmetterlinge gerne nähern und häufig verbrennen, was aber nicht in einzelnen Weinbergen, ſon⸗ dern in ganzen Diſtrikten ausgeführt werden ſollte. Mehr Erfolg für den einzelnen Weinbergbeſitzer wird es jedoch haben, wenn der Heuwurm während der Traubenblüthe in ſeinen Verſtecken, die man an dem weißen Geſpinnſt leicht erkennt, aufgeſucht und vertilgt wird, was entweder mit einem kleinen Klämmchen von Blech oder mit einer feinen Stricknadel oder einem ſonſtigen ſpitzigen Inſtrumente geſchieht; auch kann man das ganze Geſpinnſt ſammt den angefreſſenen Traubenbeeren mit einer kleinen Scheere ausſchneiden, nur muß man dabei die Vorſicht gebrauchen, daß man, wenn ſich die Raupe in den Traubenſtiel eingefreſſen hat, dieſelbe durch einen ſchwachen Druck auf der angefreſſenen Stelle zuerſt zum Herauskriechen zwingt. Dieſe Arbeit erfordert nicht allzugroße Mühe und Zeitaufwand und keine große Koſten, da ſie durch Kinder verrichtet werden kann, auch iſt dieſes Mittel, mit Genauigkeit ausge⸗ führt, wohl das nachhaltigſte zur Vertilgung des Heuwurms. (Anmerkung 8.)

Jahr ein Theil der Würmer in den warmen Tagen an Blättern, und ein anderer bei kalter Witterung ins Holz ſich verpuppen, wodurch das Aufſuchen und Vertilgen der Puppen während des Winters ſehr erſchwert wird. Verhandlungen der deutſchen Wein⸗ und Obſtproduzenten zu Wiesbaden 1858 S. 118.

8. Anmerkung. Behufs der Vertilgung des Heu- und Sauerwurmzs iſt von dem groß⸗ herzoglich heſſiſchen Kreisamt Bingen ein eigenes Regulativ für die Gemeinde Büdesheim

%

333

§. 214.

Neben dem Heu⸗ und Sauerwurm gibt es noch einige andere Raupen— arten, die den Reben und Trauben Schaden bringen, jedoch weit nicht in ſo hohem Grade wie jener, auch erſcheinen ſie nicht ſo oft und ſo regelmäßig, wenigſtens in den Weinbergen Deutſchlands, wie der Heu- und Sauerwurm, und zwar:

b. Der Springwurmwickler,

gleichfalls ein Nachtfalter, der mit dem Heuwurmſchmetterling zu Ende des Monats Mai fliegt und ſeine Eier in die Rinde des Rebholzes legt, aus denen die Raupe ſich kurz vor oder während der Traubenblüthe entwickelt. Dieſelbe iſt etwa ¼ Zoll lang, ſchmutzig grün, etwas ins braune gehend. Der Kopf lederartig, glänzend braun, das Halsſchildchen heller kaſtanienbraun, mit einer dunklen Rückenlinie und einem Seitenſtreifen.

Der Schaden beſteht darin, daß die Raupe mit ihrer Seide die Blätter und jungen Geſcheine umſchlingt und, weil ſich dann der Saft nicht mehr frei bewegen kann, ſolche gewiſſermaßen erdrückt, auch ſoll fie neben dieſem Zuſam⸗ menſpinnen eine klebrige Feuchtigkeit von ſich geben, welche wie ein Aetzmit⸗ tel wirke und das Austrocknen der Blätter und das Abwelken der Geſcheine verurſache. Die Vertilgung des Inſekts kann auf ähnliche Weiſe, wie diejenige des Heu⸗ und Sauerwurms geſchehen.

c. Die rauchfarbige Eule,

eine Raupe, die namentlich in den Weinbergen von Würzburg ſchon Verhee— rungen angerichtet hat. Sie iſt / —1)⁰ Zoll lang, von der Dicke eines ſtarken Strohhalms, düſterfarbig grau, etwas ins broncefarbig ſchimmernd, mit hartem Kopf und Nackenſchild, hornfarbig glänzend und ſchwärzlich gefleckt, der Rücken mit einem breiten, ſchmutzig gelben, in der Mitte ſchwärzlichen Längsſtreifen, die Seite mit weißlichen Linien gezeichnet. Der Körper iſt ſonſt glatt, unbehaart, mit einzelnen ſchwärzlichen, faſt walzenförmigen Punkten be⸗ ſetzt, und hat neben den gewöhnlichen drei Fußpaaren noch vier Paar Bauch— füße und ein Paar Nachſchieber. Die Raupe zeigt ſich in den Monaten April und Mai an den jungen Trieben der Rebe, frißt dieſelben ab und richtet da⸗ durch nicht geringen Schaden an.

erlaſſen worden, nach dem die hier zur Aufſuchung der Puppen und zur Vertilgung des Wurms angeführten Maßregeln auf der ganzen Markung zu gleicher Zeit in Anwen⸗ dung kommen und namentlich nach dem Schneiden der Reben das Rebholz, Heftſtroh, Heftweiden, Ranken und Laubbüſchel ſogleich aus den Weinbergen entfernt werden ſollen.

Verhandlungen der deutſchen Wein⸗ und Obſtproduzenten zu Karlsruhe 1853, 182.

334

Sie hält ſich am Tage in der Erde verſteckt und geht nur des Nachts auf Fraß aus. Gegen Ende des Monats Mai verpuppt ſie ſich in kleinen Erdhöhlen und in den letzten Tagen des Monats Juli entwickelt ſich daraus ein Nachtſchmetterliug, aus deſſen Eiern wahrſcheinlich ſchon im September junge Raupen auskriechen, die in rundlichen Höhlen des Bodens überwintern und im folgenden Frühjahre dieſelben verlaſſen, um, ſowie ſich die jungen Triebe der Rebe zeigen, dieſelben anzugreifen, wo ſie bei ihrer Größe am leichteſten abgeleſen und vertilgt werden können.

d. Die Flechtweiden⸗Eule,

die ſich als Raupe ſchon in den Weinreben von Rheinpreußen als gefährliche Feindin derſelben gezeigt haben ſoll. Sie iſt walzenförmig, nackt, gelbgrünlich grau, oft indeſſen auch etwas dunkler gefärbt und mehr bräunlich. Sie iſt auf dem Rücken ſtets heller als an den Seiten, der Farbe der Rebe ſehr ähnlich, wodurch ihr Auffinden ſehr erſchwert wird, und mattgrau geſtreift. Sie hat bis 1⅝ Zoll Länge und erreicht die Dicke eines gewöhnlichen Gänſefederkiels. Die Puppe iſt braun, % —1 Zoll lang, walzenförmig und glatt und der Schmetterling gleichfalls ein Nachtfalter.

Die Raupe kommt blos Abends beim Beginnen der Dunkelheit zum Vor⸗ ſchein, wo ſie von Rebe zu Rebe kriecht, das Herz und die Seiten des Auges benagt, das dann in 3—4 Tagen abſtirbt. Später werden von derſelben auch die 3—5 Zoll langen Triebe angegriffen, die 13 gleichfalls ſchwäch⸗ lich bleiben und Noth leiden.

8.215. Unter den Käfern haben die Reben und Trauben gleichfalls verſchiedene Feinde, unter welchen ſich zunächſt

e. Der Rebenſticher

auszeichnet, der zu dem Geſchlecht der Rüſſelkäfer gehört, von welchen es mehrere Arten gibt. Alle Gattungen ſind mit einem langen, ſcharfen Rüſſel verſehen, mit dem ſie in die jungen Triebe und Geſcheine dringen, dieſelben abnagen und ausſaugen, ſo daß ſie verdorren, wodurch der ganze Herbſtertrag zu Grunde geht.

Der Rebenſticher iſt 3 Linien lang, Linien breit, glänzend goldgrün mit purpurfarbenen Füßen. Der Leib iſt beinahe viereckig, hinten rundlich. Die Männchen haben vorn am Halſe zwei kleine Spitzen, welche den Weibchen fehlen. Er lebt, ſo lange die Rebſtöcke noch nicht ausgeſchlagen haben, auf Obſtbäumen, Birken und Weiden, und macht ſich erſt ſpäter an die jungen Triebe des Weinſtocks, wo er namentlich im Rheingau und in den Nahegegen-

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den, ſowie in der Pfalz ſchon große Verheerungen angerichtet hat, weniger iſt dieſes in Württemberg und in andern Weinbaugegenden beobachtet worden.

Der Käfer ſcheut die Hitze und verbirgt ſich daher bis gegen Abend un— ter den Blättern c. Er hat die Eigenſchaft daß er bei der geringſten Be— wegung die Füße zuſammenzieht und wie leblos auf die Erde fällt, wodurch er leicht eingefangen und vertilgt werden kann, wenn man, beſonders Morgens, Tücher unter die Rebſtöcke legt, dieſelben leicht ſchüttelt und ſofort die abge— fallenen Käfer ſchnell ſammelt.

f. Der Maikäfer.

Derſelbe kann der Rebe auf zweierlei Art ſchaden, indem er, fo lange er ſich als Larve (Engerling) im Boden befindet, die zarten Wurzeln derſelben annagt und dadurch ganze Stöcke zu Grunde richtet, oder wenigſtens deren Vegetation ſchwächt und zu verſchiedenen Krankheiten (Gelbſucht) Veranlaſſung gibt, und dann, indem er als Käfer das Laub der Reben abfrißt und dadurch die Vegetation der Rebe und die Zeitigung der Traube hemmt. Doch ſind in Deutſchland, wo die Maikäfer ſich mehr an die Obſtbäume und andere Gewächſe halten, ausgedehnte Verheerungen weniger bekannt, als in ſüdlichen Gegenden, wo hie und da durch dieſelben ganze Weinberge zerſtört werden ſollen.

g. Horniſſe, Wespen, Mücken, Bienen

beſchädigen die Trauben dadurch, daß ſie die reifen, ſüßen Beere anſtechen und ausſaugen, ſo daß von der Traube häufig nur noch die leeren Häute übrig bleiben. Unter denſelben erſcheinen die Horniſſe und Weſpen in warmen, trockenen Jahren öfters in ſo großer Menge, daß ſie ſehr erheblichen Schaden anrichten, wobei jedoch der Weingärtner ſie als die Vorboten eines guten Weins anſieht.

Die Beſchädigungen durch dieſelben laſſen ſich durchgreifend nur dadurch beſeitigen, daß man ihre häufig im Boden befindliche Neſter aufſucht und zer— ſtört, nachdem man zuvor die Weſpen oder Horniſſe durch angebrannten Schwe— fel oder mit Pulver oder mittelſt gewöhnlichen Rauchs, indem man ein Feuer auf der Oeffnung des Neſtes macht, oder durch Eingießen von Waſſer, zu betäuben oder zu tödten ſucht, was beſonders Morgens und Abends, wo ſich die ganze Familie noch im Reſt befindet, zu geſchehen hat.

Nicht ſelten ſetzen Gemeinden in Jahren, in welchen ſich dieſelben in grö— ßerer Anzahl zeigen, Preiſe für die Einbringung der Neſter aus, was auch ſchon durch ältere Regierungsverordnungen empfohlen wurde.

Unter den Fliegen ſind es beſonders die ſogenannten Stechfliegen, die durch das Anſtechen der Beere den Trauben manchen Schaden zufügen, durch

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das Aufſtecken von Leimruthen oder das Aufhängen von Schnüren, Seilen ıc. getränkt mit Fliegenleim in kleiner Entfernung, beſonders von Rebgeländen und Spalierſtöcken, laſſen ſich viele Fliegen und andere Inſekten wegfangen, auch ſoll das Aufhängen von Fliegengläſern mit engen Oeffnungen und gefüllt mit Honigwaſſer, in welchen ſich Wespen und Fliegen fangen, gule Dienſte leiſten. |

h. Schnecken und Ameiſen.

Die Schnecken benagen nicht nur im Frühjahr die jungen Rebſchoſe, jon- dern freſſen auch, ſowie die Ameiſen beſonders die auf dem Boden liegenden Trauben an, wodurch ſie leicht in Fäulniß gerathen und ganz oder theilweiſe verderben.

Durch das von Zeit zu Zeit zu wiederholende Ableſen der Schnecken, ſowie durch das Hinaufbinden der am Boden liegenden Reben und Trauben (8, 163) kann mancher Schaden verhütet werden. N

Ameiſen und Schnecken, wenn ſie ſich in großer Menge zeigen, laſſen ſich auch dadurch vertreiben, wenn man Kalk, Gyps, Aſche, Kaminruß, Salz⸗ abgang um die Rebſtöcke auf den Boden ſtreut, die dann vor dem Winter hinunter gefelgt werden können.

16. Die Beſchädigungen durch Thiere.

8. 216.

Sowie die Trauben zu reifen beginnen, ſo eilen eine Menge Vögel und vierfüßige Thiere den Weinbergen zu, um dort Nahrung zu ſuchen und das mühſam errungene Erzeugniß des Winzers zu ſchmälern, wodurch, wenn kein Schutz vorhanden iſt, kein unbeträchtlicher Schaden in den Weinbergen verur— ſacht wird. 5

Unter den Vögeln ſind es beſonders die Staare, Feldhühner, Sperlinge, Krammetsvögel ſowie auch die Elſtern, Dohlen und Weindroſſeln, welche den Weinbergen nachziehen und nicht nur viele Traubenbeere verzehren, ſondern auch blos anpicken, wodurch eine Menge Fliegen und andere Inſekten ange— zogen werden, welche die Beere vollends ausſaugen. Namentlich ſind es die Staare, welche in großen Zügen zu vielen Hunderten in die Weinberge ein— fallen und große Verheerungen unter den Trauben anrichten.

Zu den vierfüßigen Thieren gehören die Füchſe, Dachſe, Marder, ſowie Mäuſe und Ratten und, wenn fie in größerer Anzahl in benachbarten Wal⸗ dungen vorhanden ſind, auch Hirſche, Rehe und Wildſchweine, welche den Weinbergen nachgehen, Trauben freſſen und vielen Schaden verurſachen, be⸗

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ſonders ſind es die Frühtrauben, denen dieſe Thiere gerne nachſtellen und ſie oft ſo verheeren, daß dem Eigenthümer wenig vom Ertrag übrig bleibt.

Die Beſchädigungen durch alle dieſe Thiere können nur durch einen kräftigen Schutz der Weinberge verhütet werden, indem man, ſowie die erſten Trauben zu reifen beginnen, Weinberghüter (Schützen) in genügender Anzahl aufſtellt, welche die Weinberge weder bei Tag noch bei Nacht verlaſſen dürfen, ſondern dieſelben von Zeit zu Zeit zu begehen und durch Rätſchen mit einer Klapper von Holz und Schießen die unberufenen Näſcher zu vertreiben haben. Die Vögel ſuchen ihre Nahrung bei Tag, die angeführten vierfüßigen Thiere bei Nacht, daher das öftere Schießen während derſelben, namentlich wenn die Nacht beginnt, und nach Mitternacht den Weinberghütern beſonders auferlegt werden dürfte, auch würde es von gutem Erfolg für den Weinbergſchutz ſein, wenn den Jagdeigenthümern und den Pächtern der Jagden das Wegſchießen der ſchädlichen Raubthiere: Füch ſe, Dachſe, Marder zur beſondern Obliegen— heit gemacht würde. g

Füchſe und Dachſe ſollen auch durch Feuer mit ſtinkenden Sachen, wie wollene Lumpen vertrieben werden, oder durch wollene Lappen, die man in ein Gemiſch von 1 Pfund Salz, ½ Pfund Schweinfett und 4 Loth Terpen- tin, das zuſammengeſchmolzen wird, ſowie von 1 Quintchen Teufelsdreck und I), Pfund Schießpulver, das vorher etwas feucht in kleinen Parthien und in Geräthen, die kein Feuer geben, zerrieben wird, eintaucht und an den Reb— ſt öcken aufhängt, wo das Wild herkommt.

XII. Die Weinbereitung. 8. 217.

Der Wein iſt ein durch die geiftige Gährung des Trauben- oder eines andern Fruchtſaftes entſtandenes Produkt, daher es ſehr verſchiedene Weine wie Trauben⸗ Obſt⸗ Johannisbeer-⸗ Stachelbeer- ꝛc. Weine gibt, unter dem allgemeinen Ausdruck Wein verſteht man jedoch in der Regel den Trauben- wein, den wie hier allein im Auge haben.

Die Erzeugung eines guten Weins hängt jedoch von fo viel Vorbedingun— gen ab, daß die Weinbereitung zu den wichtigſten Geſchäften des Weinbergbe— ſitzers gehört und deßwegen einer ſehr ſorgfältigen Behandlung bedarf, wenn nicht der Fleiß und die viele Mühe, welche ſich der Weingärtner bei der An— lage und der Bearbeitung ſeines Weinberges gab, ganz oder theilweiſe ver— loren gehen ſolle.

Die Weinbereitung theilt ſich ab:

a. In die Weinleſe,

b. in das Zerdrücken der Traubeubeere,

22

398

c. in das Keltern des Weinmoftes, und d. in die Gährung deſſelben.

1. Die Weinleſe. S. 218.

Die Traubenbeere beſteht in ihrem unreifen Zuſtand in einer feſten Sub- ſtanz mit wenig Saft, der hauptſächlich Waſſer und Säuren enthält (§. 7). Je mehr aber die Beere wächst und ſich ausdehnt, deſto mehr erhöhen ſich auch die ſaftigen Theile derſelben, in denen ſich neben verſchiedenen andern Beſtandtheilen nach und nach ein Zuckerſtoff, der ſogenannte Traubenzucker, bildet. So lange die Beere noch wächst und in ihrer erſten Ausbildung be— griffen iſt, nimmt mit der Zunahme des Saftes auch der Säuregehalt zu, während der Zuckergehalt noch ſehr unbedeutend und nur ſehr langſam im Zunehmen begriffen iſt. Hat jedoch derſelbe ca. den vierten Theil des Zucker— gehalts einer ganz reifen Beere erreicht, ſo nimmt der Zuckergehalt ſehr raſch zu, während der Säuregehalt ſich nach und nach, jedoch nicht im gleichen Verhältniß vermindert. (Eine intereffante Unterſuchnng über das Reifen der Trauben und über die Beſtimmung des Zucker- und Säuregehalts derſelben während des Reifens von A. Famintzin enthalten die Berichte über die Ver— handlungen der naturforſchenden Geſellſchaft zu Freiburg im Breisgau 1860. II. Bd. II. Heft. S. 177. Ferner das Hohenheimer Land- und forſtwirth⸗ ſchaftliche Wochenblatt von 1851. Nr. 7. S. 31 von Profeſſor Fehling in Stuttgart).

Während der Entwicklung der Traube gehen mit den anfänglichen Be— ſtandtheilen derſelben verſchiedene Veränderungeu vor, die wir, wenn wir über das Ausreifen der Trauben und über die Bereitung des Weins durch die Gährung ein richtiges Urtheil fällen wollen, näher kennen lernen müſſen, da- bei jedoch zwiſchen den gährungserregenden (ſtickſtoffhaltigen) und den nicht gährungserregenden (ſtickſtofffreien) Subſtanzen zu unterſcheiden haben, indem letztere hauptſächlich in den Wandungen und in einem größern Theil des In— halts der Pflanzentheile beſtehen oder zu deren Bildung vorhergehen müſſen, während erſtere hauptſächlich die Verwandlung der Traubenſäfte in Wein mittelſt der Gährung bewirken. Die ſtickſtofffreien ſind vorzüglich aus Koh— lenſtoff, Sauerſtoff und Waſſerſtoff zuſammengeſetzt, wogegen zu den ſtickſtoff⸗ haltigen auch noch der Stickſtoff hinzutritt und mit erſteren verſchiedene Ver— bindungen eingeht (S. 63) wozu bei beiden noch unorganiſche Stoffe kommen.

a. Stickſtofffreie Beſtandtheile der Trauben.

1. Der Zellſtoff oder die Celluloſe bildet die erſten Zellenglieder und iſt daher in den jungen Beeren ſehr reichlich vorhanden, indem zu demſelben nicht

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blos die Zellenwandungen, ſondern auch die Verdickungsſchichten derſelben ge— hören, ſo daß man in der unreifen Beere nur Mark mit mehr oder minder ſaurem Safte findet und ſomit der Hauptinhalt derſelben, neben Säuren und Salzen, in Zellſtoff beſteht. Während der Reife der Traube geht der innere Zellſtoff zuerſt in Dextrin und dann in Traubenzucker über.

2. Das Dextrin oder Gummi bildet ſich aus Zellſtoff und Stärkmehl durch erhöhte Temperatur, durch Säuren, ſowie durch die Einwirkung der ſo— genannten Diaſtaſe, einer im keimenden Samen auftretenden eiweißartigen Subſtanz (wie im Gerſtenmalz) und wird dann durch Einwirkung derſelben Agentien in Traubenzucker verwandelt, doch bleiben auch nicht umgebildete Theile in der Traube zurück, die dann auch in den Weinmoſt übergehen und das ſo— genannte Fett oder Schmalz des Weins bilden ſollen.

Ob in der Traube ſich auch Stärkmehl (Amylum) entwickelt, das in der Regel als Körnchen oder Kügelchen von beſtimmter Geſtalt und Größe in feſteren Körpern, wie in den Körnerfrüchten, Kartoffeln ꝛc. vorkommt, und ob daſſelbe ſomit auch zur Entwicklung des Traubenzuckers mitwirke, iſt noch un— beſtimmt, doch nicht unwahrſcheinlich, weil die Traubenbeere auch Eiweißſtoffe enthalten, in welchen die Stärke ſich in reichlichem Maße befinden ſoll. „es denfalls iſt der Stärkmehlgehalt der Beere ſelbſt von unbedeutendem Belange, dagegen enthält das Mark und die Rinde der Trauben- und der Beerenſtiel⸗ chen viel Stärkmehl, von wo es in die Traube behufs der Zuckerbildung über- führt werden kann.

3. Der Zucker muß einen der Hauptbeſtandtheile der Traubenbeere bil- den, wenn ein guter Wein erzielt werden ſoll, indem durch deſſen Verwand— lung mittelſt der Gährung die geiſtige Kraft des Weins erzeugt wird. Die Pflanzen enthalten verſchiedene Zuckerarten, die unter drei Hauptformen er⸗ ſcheinen, nämlich als Rohrzucker, der vollkommen eryſtalliſirbar und im Waſ— ſer löslich iſt; als Traubenzucker, der undeutlich kryſtalliſirbar und ſüßſchmeckend iſt; als Frucht- oder Schleimzucker, der nicht kryſtalliſirbar, dabei löslicher iſt und ſüßer ſchmeckt als der Traubenzucker. In der Traube kommt hauptſäch⸗ lich der Trauben- und dann der Schleimzucker vor. (Anmerkung 9.)

9. Anmerkung. Auf welche Weiſe die Zuckerbildung vor ſich gehe, iſt oben Punkt 1 und 2 erwähnt worden, es iſt jedoch ſchon öfters die Behauptung aufgeſtellt worden, daß auch die Säuren in Zucker übergehen, wenn gleich der Säuregehalt nicht in dem Grade abnimmt als der Zuckergehalt zunimmt. (Siehe die oben allegirten Unterſuchungen von Famintzin.) Da jedoch der Beere von der Rebe nicht unmittelbar Zucker, ſondern nur verſchiedene Säfte, die keinen Zucker enthalten, zugeführt werden, jo muß der letztere erſt innerhalb der Beere durch Zerſetzung der Säftemaſſe auf de: miſche Weiſe bereitet werden, wobei es ſich recht wohl denken läßt, daß, während der Beere durch die Verbindungsgefäſſe mit der Rebe ſtets neue freie Säure zugeführt

225

340

4. Der Pflanzeuſchleim (Pectin) iſt eine gallertartige Subſtanz, der mit dem Sauerſtoff Verbindungen eingeht und in dieſem Falle eine ſaure Maſſe, die Pektinſäure bildet. Die Funktionen, die dieſer Pflanzenſchleim während der Zeitigung der Traube zu verrichten hat, ſind noch nicht bekannt, in der unreifen, harten und herben Traube iſt jedoch dieſer Pflanzenſchleim noch un- löslich, er verwandelt ſich jedoch mit dem Voranſchreiten der Reife in das gummiartige, lösliche Pektin, daher derſelbe vielleicht in Verbindung mit Der- trin ähnliche Wirkung wie dieſer hervorbringt.

5. Die Pflanzenſäuren ſind von ſehr verſchiedener Art und kommen theils frei, theils mit organiſchen oder unorganiſchen Baſen zu Salzen verbunden, in der Pflanze vor, in der Traube ſind jedoch die freien Säuren weit vor— herrſchender als die gebundenen. Dieſelben beſtehen hauptſächlich in Wein⸗ ſteinſäure, Traubenſäure, Citronenſäure, Apfelſäure, Gerbſäure, auch Gerbitoff (Tanin).

6. Wachs und harzige ölige Stoffe ſind in dem Pflanzenreich ziemlich verbreitet. Das Blattgrün oder Chlorophyll, ſowie die gelben und gelbrothen Pflanzenfarbſtoffe ſind immer an eine wachsartige, in kleine Körner ab— geſonderte Grundlage gebunden. Auch der bläuliche Anflug der Trauben be— ſteht, wie bei den Pflaumen, wahrſcheinlich in einer dünnen Schichte von Wachs.

An öligen mit Harz verbundenen Stoffen beſitzt der Traubenſaft nur ganz geringe Quantitäten (in einem Schoppen nur wenige Tropfen), den ſogenann⸗ ten Oenanth-Aether, der hauptſächlich das Bouquet der Weine bilden ſoll, worüber jedoch die Chemiker noch nicht einig ſind.

(Vergl. die Wein- und Obſtproduzenten Deutſchlands von Dornfeld. Stuttgart 1852. S. 393-398.) Anmerkung 10.

wird, ein Theil derſelben innerhalb der Beere in Zucker übergeht und daß, wie bereits bemerkt, wenn mit der Zunahme der Reife die Verbindungsgefäſſe in der Rebe ver- trocknen und der Säftezufluß aufhört, dadurch auch die ſchnelle Zunahme des Zucker— gehalts ſich erklären läßt, denn wohin ſollte denn der anfänglich in der Beere ent— haltene ſtarke Gehalt an Säure gekommen ſein, wenn keine Verwandlung vorgehen würde?

10. Anmerkung. Nach neueren chemiſchen Unterſuchungen ſoll ſich aus bou- quetreichen Weinen eine eigenthümliche Stickſtoffverbindung in Form eines neutralen Salzes abſcheiden laſſen, das den Geruch des Bouquets des verwendeten Weins hat, mit dem Unterſchied, daß der Geruch deſſelben von vorzüglichen Weinen ſehr ange: nehm, von geringen Weinen aus unausgereiften Trauben aber ſehr unangenehm erdig ſein ſoll, es iſt ſomit auch hieraus zu entnehmen, wie nothwendig, um feine, bouquet⸗ reiche Weine zu erzielen, eine ſorgfältige Ausleſe des ganz Reifen, Minderreifen und Unreifen iſt, da das Unreife nicht nur an und vor ſich ſchlecht iſt, ſondern auch noch das Gute in hohem Grade verſchlechtert.

341

Eine größere Quantität von Del beſitzen die Kerne der Traubenbeere, das als Speiſe- und Brennöl verwendet werden kann (§. 251).

7. Die Farbeſtoffe der Trauben, die ſich unter der Beerenhaut bilden (S. 7) beſtehen in einer eigenen Subſtanz und find, wie die Farbe der Trau— ben, von verſchiedener Beſchaffenheit, haben aber für den Weinzüchter ein beſonderes Intereſſe, da ſie beſonders den Rothweinen die Farbe und je nach ihrer größern oder geringeren Anweſenheit, mehr oder weniger Anſehen geben. Farbſtoffe, die keine Säure beſitzen, gehören häufig zu den ſtickſtoffhaltigen Beſtandtheilen der Pflanzen.

8. Ein beſonderer Stoff erſcheint in den Pflanzen und beſonders auch in der Traube, der noch nicht gehörig erforſcht iſt, weil es mit außerordent— lichen Schwierigkeiten verbunden iſt, denſelben völlig rein und völlig unveräu— dert darzuſtellen. Es iſt dieſes der Extractivſtoff. Er findet ſich in den Pflanzen als farbloſe Materie in wäſſeriger Löſung, verändert ſich leicht, geht gerne mit dem Sauerſtoff der Luft Verbindungen ein, in welchem er dann den Wein trüb macht, eine braune Farbe und einen unangenehmen Geſchmack gibt, der ſich jedoch wieder verliert, wenn der Sauerſtoff dem Extractivſtoff wieder entzogen wird. Er ſpielt ſomit bei der Weinbereitung und Weinbe— handlung keine unwichtige Rolle, auch hat er vielleicht Einfluß auf das Bou— quet der Weine und ſcheint hauptſächlich durch den Stoffwechſel der Organis— men erzeugt zu werden, er hat häufig einen ſüßen oder bittern, kratzenden, herben ꝛc. Geſchmack, und gleicht viel den humusartigen Stoffen, indem er mit dieſen leicht Verbindungen eingeht.

Stickſtoffhaltige Beſtandtheile der Trauben.

1. Die eiweißartigen oder Proteinkörper (Pflanzenleim) fehlen in keinem Pflanzeutheil und haben einige Unterabtheilungen. In der Traube kommen hauptſächlich vor:

Das Pflanzeneiweiß oder Albumin, das ſich in allen Pflanzenſäften ge— löst oder in halb geronnenem Zuſtande, wie im Zellkorn findet und durch Hitze (70 Grad), Säuren und Weingeiſt niedergeſchlagen werden kann.

Der Pflanzenfaſerſtoff, vermiſcht mit Pflanzeuſchleim, it im Alkohol lös⸗ lich und kann durch Deſtillation aus demſelben entfernt werden. Beide Stoffe enthalten Schwefel und Phosphor, die hie und da im Weingeſchmack bemerk⸗ lich ſind, die Verbindungen, welche die ſtickſtoffhaltigen Stoffe mit den ſtick— ſtofffreien (Schleim, Säure, Extractivſtoff ꝛc.) eingehen und dadurch neue Stoffe bilden, werden in der Weinbauſprache mit dem allgemeinen Namen „Kleber“ bezeichnet.

c. Die unorganiſche Beſtandtheile der Pflanzen find größtentheils Sauer⸗

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ſtoffverbindungen und werden durch das Verbrennen der betreffenden Pflanzen dargeſtellt (8. 175). Sie beſtehen bei den Trauben hauptſächlich in

Kali, Natron, Kalk, Magneſia, Phosphorſäure, Schwefelſäure, Salzſäure, Thonerde, Eiſenoxyd, Kieſelerde. a

Neben dieſen organiſchen und unorganiſchen Stoffen enthalten die Trau⸗ benbeere auch noch Waſſer, das ſogar den Hauptbeſtandtheil derſelben aus⸗ macht und natürlich auf den Gehalt des Weins einen mächtigen Einfluß aus⸗ übt. Herr Profeſſor Walz hat im Jahr 1846 Trauben von einigen Gegen⸗ den ihrem ganzen Inhalt nach unterſucht (die Wein- und Obſtproduzenten Deutſchlands S. 348), daher wir das intereſſante Reſultat hier folgen laſſen:

345

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Beſtandth

Apfelſäure

Je Farbeſtoff

Gerbeſtoff

Salzſäure ee Natron. ak Magneſia Thonerde. Eiſenoxyd Kieſelerde Waſſer

Weinſteinſäure Traubenſäure Citronenſäure

*

*

*

+

*

+

„*

+

+

*

Phosphorſäure . Schwefelſäure

+

+

*

eile

„* * 4

Gummi und Dextrin ..

* + *

* * *

Kleber und Eiweiß. . .

+

+

Trauben von Speyer vom 21. Auguſt 1846.

0

Trauben nn e vom Ende Auguſt.

Mießling | Clevnern Trollinger | „5 —— Rießling Traminer Ruländer ziemlich | ziemlich | ziemlich | ziemlich | ziemlich | ziemlich | | E unreif | reif | unreif reif unreif reif | 5 0 135 e , 2 0,160 0,314 0,210 0,546 0,078 Spuren 0,012 0,56% 0,408 Spuren Spuren Spuren Spuren Spuren | 4,620 5,010 4,200 3,409 2,465 4,301 2,9790 2,835 1893 5,143 5137 6 55 131 4,963 6,793 A, 132 7, 964 5,581 | 159,593 198,763 180,514 110, „3317 en 106, 370 152,176 102, 700 125,975 3 Spuren Spuren Gn 0,136 15,176 22,158 14,210 13,864 15,300 10,158 11,768 19,167 18,375 0,134 1,354 Spuren Spuren Spuren 0,9461 0,998 0,143 0,158 0,227 1,061 0291 0,190 0214 0,385 0,506 0,154 0,164 0,031] 0,050 0,094 0,025 0,0351 9,034 0,031 0,029 0,273 0,087 95 071 0,051 0,037) 0,029) 0,027 0,028“ 0,038 0,2% | 1,143 2,176 1,145 1,005 0,964 1,348 1,035 1,004 2,387 1354 0.025 2 2,174 2 27369 0,561 20,401 0,379 1,846 0,956 0,410 1,846 1,799 0,139| 0,313 0,431 0,7655 1,354 0,114 1,003 0,925 0,014 0,018) 2,978 0,076 0,241 0,1951 0,091 . 0,2101 2,225 0,003 0,005 0,006 0,514 0,097 0,035 0,609 0,630 C,006 0,007 0,009 0,635 1,141 il „135 0,854 0,736 0,403 0,600 0,732 801, 43 754, 674 787, 386 855, 639 824, 151 866, 827 822, 310 861,691 840, IS

11000, 1000,00 1000 1000, 000100 1000, 00010 1000,0001 000 1000,00 000 999, 700 999,7701000, 0001000, 1000,000

344

Die Stoffe, aus welchen die Traubenbeere gebildet ſind, find jedoch in den einzelnen Trauben in ſehr verſchiedenem Verhältniß vorhanden, und hängt dieſes hauptſächlich von der Traubengattung, von dem Boden und von der Beſchaffenheit des Jahrganges ab, in dem die Traube erwachſen iſt, beſonders hat letzterer auf den Zucker- und Schleim: (Kleber) Gehalt des Weinmoſtes einen weſentlichen Einfluß.

l

Die angeführten Beſtandtheile der Traubenbeere find ſchon in der ganz unreifen Beere vorhanden, doch zeigt ſich in derſelbon der Zucker noch in ſolch geringer Menge, daß er bei der chemiſchen Unterſuchung nur als eine Spur zur Zuckerbildung erſcheint. Die Beere hat jedoch, bis ſie zu ihrer vollkom⸗ menen Ausbildung (Reife) gelangt, verſchiedene Perioden durchzumachen, wobei ſie in der erſten neben den Kernen blos als ſaure, markige Subſtanz erſcheint, die in eine Menge kleiner Zelten eingetheilt iſt. In der zweiten Periode gehen unter Abnahme des Waſſer- und Säuregehalts diejenigen Sub ſtanzen, aus welchen ſich der Zucker bildet, in Zuckerſchleim über, und in der dritten Pe— riode wird unter fortwährender ſtarker Abnahme des Waſſers und Säurege— halts faſt aller Zuckerſchleim zerſetzt und zu Zucker gebildet, was jedoch nur in vorzüglichen Jahrgängen bei der Ueberreife der Trauben eintritt.

Die Güte und Menge des Weins hängt daher hauptſächlich davon ab, daß ſich die Beſtandtheile der Traube in allen Beziehungen gehörig ausge⸗ bildet haben und insbeſondere, daß ein augemeſſener Gehalt an Zucker vor⸗ handen iſt. Es iſt deßwegen von hoher Wichtigkeit, die Traubenleſe nicht früher vorzunehmen, als bis eine vollkommene Reife der Trauben eingetreten iſt, die ſich durch verſchiedene Merkmale zu erkennen gibt.

Die Reife erfolgt, wenn das einjährige Rebholz ſich verhärtet und braun wird, wodurch der Saftzufluß nach und nach gehemmt und dadurch die Zucker⸗ bildung gefördert wird, indem dann der Traubenſaft hauptſächlich auf ſich ſelbſt und auf die Einflüſſe der Atmosphäre beſchränkt iſt, durch die er geläu⸗ tert und ſeiner vollſtändigen Reife entgegengeführt wird. So lange das Reb— holz noch grün iſt, wird der Traube immer neuer Saft mitgetheilt, und dadurch die vollſtändige Reife gehindert. Dieſelbe erfordert, neben warmer, ſonniger Witterung, einige Feuchtigkeit, daher Herbſtnebel oder warme, nicht anhaltende Regen ſehr günſtig auf dieſelbe einwirken, indem dadurch nicht nur die Ver⸗ dünnung und Ausdehnung der Beerenhaut, ſondern auch die Deſtillation des Saftes befördert wird, ſo daß auf die dünne Beerenhaut die Sonne kräftiger einwirken und die Verwandlung der ſauren und wäſſerigen Säfte in Zucker, ſowie die Verdunſtung der Waſſertheile ſchneller vor ſich gehen kann. Tritt aber in trockenen, heißen Jahrgängen auch zur Zeit der Traubenreife kein Re⸗

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gen ein, jo daß die Reben ganz trocken ſtehen, oder entjteht anhaltendes, naſſes trübes Wetter, ſo wird dadurch die Traubenreife weſentlich verzögert und nicht ſelten darf man ſich, beſonders im letztern Falle, auf einen geringen Wein gefaßt machen.

Die Reife der Trauben kann auf verſchiedene Weiſe befördert werden:

a. Zunächſt iſt es die Erziehung der Rebe, welche einen weſentlichen Einfluß auf dieſelbe hat, indem je näher die Traube dem Boden hängt, deſto ſchneller und vollſtändiger geht auch, vermöge der Wärmeausſtrahlung des Bodens, die Zeitigung vor ſich. (§. 124—125.) |

Auch wird dieſelbe

b. durch einen angemeſſenen Schnitt des Rebſtocks, wodurch der Saftzu— fluß nicht zu ſehr vertheilt und vergeudet, ſondern mehr zuſammen gehalten wird (§. 134), ſowie durch die ganze Sommerbehandlung der Rebe befördert. Insbeſondere zielt

c. das Ueberhauen der Reben (§. 150) darauf hin, indem dadurch das Wachsthum derſelben unterbrochen und durch das Zurückdrängen des Saftes die Zeitigung des Holzes befördert wird.

Auf künſtliche Weiſe kann die Traubenreife befördert werden:

d. durch das Abdrehen der Traubenſtiele, indem dadurch der Saftzudraug aus dem Stocke gehemmt und die Verdünſtung der Waſſertheile befördert wird, doch darf dieſes erſt geſchehen, wenn die Zuckerbildung in der Traube ge— hörig vorangeſchritten iſt, jo daß durch das Abdrehen des Stiels eigentlich eine Ueberreife, wie bei der Erzeugung der Muskatweine im ſüdlichen Frank— reich, herbeigeführt wird.

e. Durch das Ringeln der Reben auf die in §. 146 angegebene Weiſe, beſonders wenn daſſelbe erſt vor dem Herbſt vorgenommen wird, indem auch dadurch eine Hemmung des Saftzufluſſes eintritt.

Die Reife der Beere beginnt von innen gegen außen, ſo daß alſo die erſte Zuckerbildung im Herzen der Beere um die Kerne erfolgt, während die Zeitigung des Saftes der Zellgewebe und des Rindenmarks erſt ſpäter eintritt, wie man ſich bei jeder halbreifen Beere überzeugen kann. Die vollſtändige Reife erkennt man daher

f. wenn die Traubenſtiele ſich verholzen und braun werden, das Häutchen der Beere dünn und der Saft ſelbſt hell und durchſichtig wird, ſo daß bei weißen Trauben die Beerenhäute bräunlich und punktirt werden, wie beim Sylvauer und Rießling, und man die Kerne der Beere erkennen kann; ferner wenn die Beere ſich leicht ablöſen laſſen, der Saft ſüß und klebrig iſt, und die Kerne von keiner klebrigen Subſtanz umgeben, ſondern braun find. Ins⸗ beſondere bei blauen Trauben, wenn nach Abwiſchen des Duftes, die Beere eine dunkelſchwarzblaue Farbe zeigt, und beim Abnehmen derſelben der

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Zapfen roth iſt, wenn der rothholzige Trollinger rothe Kammäſte hat, und wenn beim Clevner und Burgunder die Beere dem Einſchrumpfen (Welkwer⸗ den) nahe ſind, auch ſcheint die Farbe der Trauben einigen Einfluß auf die Reife derſelben auszuüben, da nach phyſikaliſchen Geſetzen ein dunkler Körper mehr Licht und Wärme aufnimmt als ein heller, wornach blaue und ſchwarze Trauben von gleicher oder ähnlicher Gattung früher als rothe, dieſe früher als weiße reifen werden. (Vergl. §. 7.) Ein weiteres Zeichen der Reife iſt, wenn der Beerenſaft ein Gewicht zeigt, das nach §. 269 einem guten Weine entſpricht, daher es ſehr zweckmäßig ſein wird, wenn man von Zeit zu Zeit den Saft von einzelnen Trauben der gleichen Gattung und der gleichen Lage ausdrückt, filtrirt und auf der Moſtwage unterſucht, wobei, fo lange der Zucker— gehalt noch in ſtarkem Zunehmen begriffen iſt, bei guter Witterung immer noch ein beſſerer Reifegrad der Traube erwartet werden darf, während bei naſſer, feuchter Witterung, weil die Traubenbeere viel Feuchtigkeit an ſich ziehen, die Moſtwage ein Zurückgehen des Zuckergehalts anzeigen wird und daher in einem ſolchen Falle zur Beſtimmung des Reifegrades unbrauchbar wird.

Die Kennzeichen einer vollſtändigen Reife ſind jedoch nicht jedes Jahr gleich ſtark vorhanden, ſondern fehlen öfters theilweiſe, beſonders in minder günſtigen Weinjahren, daher man die allgemeinen Witterungsverhältniſſe des betreffenden Jahrganges ſtets auch in Berückſichtigung ziehen muß. (§. 267 bis 269.)

SD!

Von der gewöhnlichen Reife der Trauben unterſcheidet fich die Ueberreife oder Edelreife (Edelfäule) derſelben, die dadurch herbeigeführt wird, daß man die Trauben, nachdem die Anzeichen der vollſtändigen Reife eingetreten ſind, noch längere oder kürzere Zeit am Stock hängen läßt, jo daß durch Nebel, Thau und Sonnenſchein die Beerenhäute immer mehr verdünnt und die wei— tere Zuckerbildung, ſowie die Ausſchwitzung der wäſſerigen Theile des Saftes befördert und erleichtert wird und endlich durch das Morſchwerden der Bee— renhaut eine Edelfäule eintritt, bei der ſich der Zuckerſtoff der Beere immer mehr verdichtet, wodurch zuletzt ein ſüßer, feiner, bouquetreicher Wein erzeugt wird, der beſonders in guten Jahrgängen zu den Edelweinen gerechnet werden darf und einen viel höheren Werth als der gewöhnliche Wein hat.

Die Ueberreife oder Edelfäule erkennt man, bei den weißen Trauben, wenn die Beerenhaut morſch wird, eine braune oder braunrothe Farbe ans nimmt und das Abwelken derſelben beginnt; bei den rothen und blauen Trau⸗ ben, wenn die Beerenhaut welk wird und die Beere einſchrumpfen; bei bei- derlei Gattungen, wenn, neben den angeführten Anzeichen, auch die Trauben⸗ und Beerenſtiele abwelken und morſch werden und einzelne Beere oder hie und da ganze Trauben abfallen.

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Zu der Ueberhaltung bis zur Ueberreife oder Edelfäule eignen ſich aber nicht alle Traubenſorten, ſondern nur die härteren, indem dieſe eine dickere Beerenhaut und markiges Fleiſch haben, die der eigentlichen Fäulniß länger widerſtehen, wodurch die Zuckerbildung immer mehr zunehmen, das Waſſer ſich aber ſtets mehr verlieren kann, auch mögen die markigen Stoffe längere Zeit, als bei ſaftigern Trauben, zur Zuckerbildung nöthig haben, wodurch ſich bei längerem Ueberhalten der Zuckerſtoff gleichfalls vermehrt. Außerdem mö— gen ſich bei der Ueberreife auch edlere Stoffe, wie das Gewürz und Bouquet noch beſonders ausbilden, da ſich gerade die auf dieſe Weiſe erzeugten edlen Weine durch jene Eigenſchaften vorzugsweiſe auszeichnen.

Zu den härteren Sorten gehören von den weißen und rothen Trauben zunächſt der Rießling und Traminer, ſowie der Orleans und Velteliner, ſo— dann bis zu einem gewiſſen Grad der Ueberreife auch der Rothurban, der Gutedel, beſonders der Krachgutedel, der Hans oder kleine Velteliner und der rothe Malvaſier. Von den blauen Trauben der Trollinger, der Schwarzurban, der Zottelwelſche, ſowie zum Theil auch der Affenthaler, der blaue Clevner, der blaue Burgunder, der blaue Scheuchner (Grübler), die Müllertraube und der blaue Liverdun, doch darf bei den blauen Trauben die Ueberreife nicht ſo weit getrieben werden, daß dadurch eine Zerſetzung der Beerenhaut vor ſich geht, weil ſonſt auch der in und unter derſelben enthaltene Farbeſtoff zerſetzt und der Wein keine ganz dunkelrothe Farbe erhalten würde.

Bei den weicheren, ſaftreicheren Trauben dagegen, wie bei dem Elbling, Sylvaner, Fütterer, Muskateller, weißen Burgunder, Räuſchling, Süßrothen, Ortlieber, Tokayer, Grobſchwarzer, Hängling ꝛc. tritt, beſonders bei etwas feuchter Witterung, häufig ſtatt der Edelfäule, die wirkliche Fäulniß ein, womit das Auslaufen des Saftes und das Vertrocknen und Zugrundegehen der gan— zen Tranbe verbunden iſt, daher man bei dieſen Gattungen die Leſe in der Regel nie länger als bis zur vollkommenen Reife verſchieben darf, doch können dieſelben in magerem Sand-, Kalk- und Mergelboden und auf luftigen Höhen auch lange übergehalten und dadurch wenigſtens theilweiſe einer Ueberreife entgegengeführt werden, was natürlich auf die Qualität des Weins einen außerordentlichen Einfluß hat.

Das Ueberhalten zur Ueberreife kann übrigens nur in guten Weinjahren, wo die Trauben zur vollſtändigen Reife kommen, in Ausführung gebracht werden, in ungünſtigen Weinjahren, wo die Reife der Trauben nur unvoll ſtändig erfolgt, kann man zwar, wenn die Witterung es erlaubt, durch mög— lichſt langes Verſchieben der Leſe auf die Qualität der Trauben und des Weins ſehr vortheilhaft einwirken, indem durch daſſelbe der Zuckergehalt ſich immer noch um etwas vermehren wird, eine Ueberreife in dem oben ange— gebenen Sinne wird aber nie eintreten, ſondern nur ein Morſchwerden bei

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dem, weil bei einer unreifen Traube Säure und Waſſer vorherrſchend ſind, durch die Verdünſtung des letztern eine ſtärkere Säure als bei der noch ganz friſchen Traube ſich zeigen oder wirkliche Fäulniß, beſonders bei ungünſtiger Witterung, eintreten kann.

In den deutſchen Weinbaugegenden iſt das Ueberhalten der Trauben bis zur Ueberreife hauptſächlich in dem Rheingaue und in einigen Gegenden oder Orten des Ueberrheins eingeführt, auch ſind in Württemberg ſchon öfters ein— zelne Verſuche damit gemacht worden. In Ungarn wird der berühmte Tos kayerwein dadurch bereitet, daß man die Trauben ſo lange am Stock hängen läßt, bis ſich die Beere zu Trockenbeeren gebildet haben, worauf dieſelben ab⸗ genommen, in eine Kufe gebracht und aus demjenigen Saft, der durch den Druck des eigenen Gewichts der Trauben abfließt, zunächſt die genannte Tokayereſſenz bereitet. Der Reſt der Traubenbeere wird dann gequetſcht und

mit gutem ſüßem Moſt von gewöhnlichen Trauben übergoſſen, was ſofort den

Tokayerausbruch gibt.

In Frankreich werden nach Jullien ein Theil der weißen Bordeauxweine, ſowie einzelne weiße Weine im Departement Lot und Garonne gleichfalls da— durch bereitet, daß man die Trauben hängen läßt, bis ſie die Reifheit über— ſchritten und die Schalen, nachdem ſie eine braune Farbe angenommen haben, an den Fingern kleben. |

Von der Ueberreife der Trauben iſt die Nachreife zu unterſcheiden, die dadurch herbeigeführt wird, wenn die abgeſchnittenen Trauben durch Auflegen auf Hurten, durch Aufhängen auf Stäben oder auf irgend eine andere Weiſe längere Zeit in einem nicht zu kalten Lokale, in dem kein Froſt eintritt, auf⸗ bewahrt werden, indem durch das längere Lagern ſich zwar kein neuer Zucker— ſtoff bildet, dagegen aber der vorhandene durch die Verdünſtung der Waſſer— theile ſich mehr concentrirt, wodurch ein weit beſſerer Wein erzeugt wird, wie wir dieß bei der Fabrikation des ſogenannten Strohweins ſehen, bei dem die Trauben bis gegen das Frühjahr, auf Stroh gelagert oder an Bindfäden auf- gehängt, aufbewahrt und dann erſt gepreßt werden. (Siehe das Hohenheimer Wochenblatt für Hauswirthſchaft 1834 S. 121.)

Der Nachreife können jedoch auch nur die härteren Traubengattungen, weil bei den weicheren bald Fäulniß eintreten würde, und, aus den oben ange⸗ führten Gründen, nur in Jahrgängen unterworfen werden, in welchen dieſelben zur vollkommenen Reife gelangen, auch dürfen die Trauben nicht zu lange der Nachreife ausgeſetzt werden, weil ſonſt blos ein ſüdlicher, ſüßer Wein erzeugt wird, ohne Blume, während bei nicht allzu langem Liegenlaſſen, d. h. bis der Moſt bei dem Auspreſſen einzelner Trauben in mittleren Weinjahren nach der Moſtwage 100, in guten 115—120 Grade zeigt, ein vorzügliches Produkt gewonnen werden kann. Im Großen wird jedoch ein ſolches Verfahren, weil

* A

349

es ſehr viel Raum erfordert und wegen der Umſtändlichkeit des Lagerns, ſowie weil, wenn einzelne Traubenbeere zu faulen beginnen, ſolche von jeder Traube weggenommen werden müſſen, ſelten ausführbar ſein.

8,22,

Die Zeit ver Weinleſe wird in den meiſten Weinbaugegenden obrigkeitlich beſtimmt und es iſt dieſes um ſo nothwendiger, als durch die willkürliche Be— ſtimmung von Seiten der einzelnen Weinbergbeſitzer, nicht nur viele Unord— nungen durch Entwendungen von Trauben ꝛc. vorkommen könnten, ſondern auch das frühzeitige Leſen einzelner, beſonders der kleineren Weinbergbeſitzer, und das Nichtabwarten der vollſtändigen Reife der Trauben manche ſonſt gute

Weinorte in einen üblen Ruf kommen könnten, wodurch allgemeine Nachtheile für einen ganzen Ort oder für eine ganze Gegend entſtehen würden. In manchen Weinbaugegenden, namentlich in einzelnen Gegenden des Rheinthales (Rheingau und im Breisgau ꝛc.), werden die Weinberge, ſobald die Reife der Trauben ſo weit vorangeſchritten iſt, daß Traubenſchützen (Weinbergshüter) aufgeſtellt werden können, die Weinberge ſogar ganz geſchloſſen, ſo daß auch der einzelne Beſitzer dieſelben ohne beſondere obrigkeitliche Erlaubniß nicht mehr betreten darf, auch werden an manchen Stellen die Zugänge mit Dornen vermacht. Zu dieſem Behuf wird etwa acht Tage vor dem Schluſſe der Weinberge dieſes öffentlich bekannt gemacht, damit die in den Weinbergen nothwendigen Arbeiten zuvor noch beſorgt werden. Die Oeffnung erfolgt dann erſt wieder, wenn entweder bei ungünſtiger Witterung das Faulen der Trauben beginnt und daher eine Ausleſe nothwendig wird, nach deren Beendigung die Weinberge aber wieder geſchloſſen werden, oder wenn unter Zuziehung größe— rer und verſtändiger Weinbergbeſitzer die Traubenreife ſo weit vorangeſchritten iſt, daß mit der Leſe allgemein begonnen werden kann, wobei es aber einzelnen Weinbergbeſitzern unbenommen bleibt, die Trauben für die Spätleſe, auch noch länger hängen zu laſſen. Dieſe in vielfacher Beziehung ſehr zweckmäßige Ein— richtung iſt jedoch nur da vollſtändig ausführbar, wo größere, geſchloſſene Wein— bergshalden ſich befinden, wo der Futterbau (Kleebau) in den ausgehauenen Weinbergen nicht eingeführt iſt, ſondern in der Regel ſogleich vom Stock hin— weggereutet wird (§. 90, 91), weil das für den Viehſtand oft höchſt nöthige grüne Futter nicht auf längere Zeit nach Hauſe geſchafft werden kann, und wo in den einzelnen Weinbergen nicht zu vielerlei, ſondern ziemlich gleich rei— fende Trauben, alſo keine früh- und ſpätreifende, wie Clevner und Trollinger gepflanzt werden, ſo daß keine Vorleſe nothwendig iſt.

In andern Weinbaugegenden, beſonders Württembergs, wird die Ordnung des Leſens und Kelterns nach dem Looſe beſtimmt, was, damit der Weinmoſt nicht zu lange über den Trebern ſtehen bleibt, ganz zweckmäßig erſcheint, wo—

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gegen die Ordnung der Leſe nach Gewänden (Bännen, wie fie hie und da vorkommt) einer rationellen Weinbereitung nicht immer entſpricht, indem dabei beſonders die gleichzeitige Gährung des Moſtes geſtört und eine Ausleſe des rothen und weißen, ſowie des guten und geringen Gewächſes mit manchen Umſtändlichkeiten verbunden iſt. Nur das Gute kann bei gehöriger Berück— ſichtigung der Traubenreife damit verbunden werden, daß die Leſe der geringe— ren Gelände, in welchen die Reife der Trauben in der Regel noch etwas zu— rück iſt, entweder noch einige Zeit verſchoben oder jedenfalls zuletzt vorgenom— men wird.

Ueber den richtigen Zeitpunkt der Leſe ſollten übrigens nicht blos die Ortsobrigkeiten vernommen, ſondern in jedem Bezirk zur Unterſuchung und Begutachtung des Reifezuſtandes der Trauben eine Commiſſion von Sachver— ſtändigen, etwa aus der Mitte der landwirthſchaftlichen Vereine, gewählt und dieſer zugleich zur Pflicht gemacht werden, ſich jedes Jahr auch über die zweck— mäßigſte Art der Leſe zu äußern.

Im Allgemeinen darf wohl der Grundſatz aufgeſtellt werden, daß bei der Beſtimmung der Zeit der Leſe die vollſtändige Reife der Trauben abzu— warten und daher die Leſe möglichſt lange zu verſchieben iſt, indem je reifer eine Traube iſt, deſto beſſer wird nicht nur der Wein, ſondern deſto ſaftreicher wird auch dieſelbe, ſo daß der Weinproduzent ſowohl an Quantität als Qua⸗ lität gewinnt. f

Sollten daher bei dem Eintritt ungünſtiger, regneriſchen Witterung die Trauben zu faulen beginnen, ſo iſt es, ſtatt einer frühen Leſe oder ſtatt der Leſe während der ungünſtigen Witterung, weit zweckmäßiger, wenn man die faulen Trauben herausſchneidet und den daraus gewonnenen Weinmoſt, der häufig von vorzüglicher Qualität iſt, bis zur allgemeinen Leſe im Keller auf— bewahrt und ihn ſpäter mit dem übrigen Moſt vereinigt, indem dieſes, wenn die faulen Trauben zeitig ſind und ſich noch kein Schimmel angeſetzt hat, unbe- denklich geſchehen kann, wogegen das Vermiſchen mit dem Moſte von ſtark in Schimmel übergegangenen Trauben ſorgfältig zu vermeiden iſt, weil der Wein dadurch einen ſehr unangenehmen Schimmelgeſchmack bekommt, der ſich erſt ſpät und nur nach mehrmaligem Ablaſſen verliert.

Wenn dagegen die Reife der Trauben noch ziemlich zurück iſt und nach der vorangeſchrittenen Jahreszeit keine vollſtändige Reife derſelben, ſondern bei ungünſtiger Witterung mehr eine Abnahme derſelben zu erwarten wäre, ſo wird es angemeſſen ſein, wenn man, beſonders mit Rückſicht auf den kleineren Weinproduzenten und gewöhnlichen Weingärtner, auf die ungewiſſe kleine Zu— nahme der Qualität verzichtet und dagegen die Quantität zu retten ſucht, mit⸗ hin die Traubenleſe nicht allzulange verſchiebt, ſondern ſie noch ſo zeitig vor—

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nimmt, bevor Trauben und Moſt durch Regen und Froſt noch mehr verdorben und verſchlechtert werden.

2

Bei der Traubenleſe kommt hauptſächlich auch die Art und Weiſe der— ſelben in Berückſichtigung, indem davon vorzüglich die Gattung (weiß oder roth) und die Qualität des Weins (gering, mittelgut, edel) abhängt.

Bei dem veränderten Weingeſchmack (§. 48) iſt hauptſächlich auf die Er: zeugung ſolcher Weine zu ſehen, welche bald reif und dadurch zur Conſumtion geeignet werden, was nur geſchehen kaun, wenn bei der Traubenleſe eine ſorg— fältige Ausleſe gemacht und dieſelbe überhaupt mit Umſicht und Sorgfalt vor— genommen wird.

In ältern Zeiten, bei der vorherrſchenden Conſumtion vou alten, abge— lagerten Weinen, war dieſes weniger nöthig, weil durch das Ablagern ſich manches Herbe und Unangenehme in dem Weine verloren hat, jetzt aber muß auf eine ſorgfältige Leſe ein Hauptgewicht gelegt werden. Zunächſt iſt darauf zu ſehen, daß zu dem Leſen keine Kinder, ſondern nur erwachſene Perſonen genommen werden, welche die einzelnen Gattungen der Trauben genau kennen und ihre Brauchbarkeit zu beurtheilen verſtehen, indem unerfahrene Leſer zu einer ſorgfältigen Ausleſe des guten, ſowie des geringen, unreifen, faulen Ge— wächſes durchaus nicht zu gebrauchen ſind.

Bei der Leſe ſelbſt kommt in Betracht:

Der Reifegrad der Trauben im Allgemeinen und in den einzelnen Ge— wänden;

das Ausſcheiden der verſchiedenen Traubengattungen;

das Ausſcheiden des guten und geringen Gewächſes;

die Berückſichtigung der Witterungsverhältniſſe;

der Uebergang zu einer Spätleſe;

die Werkzeuge, die zu der Leſe und Ausleſe erforderlich ſind.

a. Der Reifegrad der Trauben.

Im Allgemeinen iſt mit der Leſe, wenn die Witterung des Jahrganges und des Herbſtes es geſtattet, erſt dann zu beginnen, wenn die Trauben ihre vollſtändige Reife erlangt haben, d. h. am reichſten an Zucker und am ärmſten an Säure ſind. Da jedoch dieſe Reife nicht in allen Geländen und bei allen Traubengattungen zu gleicher Zeit erfolgt, vielmehr von der Lage und der Bodenbeſchaffenheit jener, ſowie von den angepflanzten Traubenſorten, dem Alter und der mehr oder minder ſorgfältigen Erziehung und Cultur des Wein— bergs abhängt, jo muß darauf die geeignete Rückſicht genommen werden. Die: ſelbe wird in warmen, ſüdlichen Lagen früher, als in öſtlichen, weſtlichen oder

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nördlichen und in Weinbergen mit warmem Boden früher, als in ſolchen mit kaltem Boden erfolgen, daher man bei dem Beginnen der Leſe den Anfang da machen muß, wo die Reife ſchon am weiteſten vorangeſchritten iſt. Hat ein Weinberg ſelbſt verſchiedene Lagen, d. h. zieht er vom Grund des Thales bis auf und über den Rücken des Berges, ſo muß auch hier bei der Leſe zwiſchen den einzelnen Lagen unterſchieden und die Trauben derſelben je ab— geſondert geleſen, aufbewahrt und gekeltert werden, indem beſonders an ſehr ſteilen Abhängen die Mitte der Berge, wo die Sonne am kräftigſten wirken kann, weit beſſer iſt, als unten, wo der Boden kühler und die Sonne weniger Kraft hat und oben, wo die kalten Winde mehr ſtreichen und auch der Boden viel leichter iſt und weniger Kraft hat. Bei der Reife der verſchiedenen Trau— bengattungen findet gleichfalls ein weſentlicher Unterſchied ſtatt (S. 220), in⸗ dem die weichen Gattungen in der Regel früher zur vollſtändigen Reife ge— langen werden, als die harten, daher bei jenen mit der Leſe zu beginnen wäre. Aber auch bei der Reife jeder einzelnen Traubengattung wird man faſt in allen Jahrgängen bald etwas mehr, bald etwas weniger reife Trauben finden und dieſes wird beſonders in minder günſtigen Jahrgängen der Fall ſein, in- dem z. B. diejenigen Trauben, welche dem Boden nahe hängen, einen ſtärkern Reifegrad als die höher hängenden erreichen werden. Außerdem hat auch das Alter der Weinberge einigen Einfluß auf die Reife der Trauben, indem in alten Weinbergen dieſelben etwas bälder, als in jungen kräftigen reifen, und ebenſo hängt die bäldere Reife nach §. 219 nicht ſelten von der Erziehung und übri— gen Cultur der Rebe ab.

Unter Berückſichtigung all dieſer beſondern Umſtände wird daher derje— nige intelligente Weinbauer, der in guten Weinjahren ſehr vorzügliche oder edle Weine erzeugen will, die Traubenleſe fo lange verſchieben, bis die Trau- ben den möglichſt hohen Reifegrad erlangt haben und dann zuerſt die reifſten und zum Theil ſüß- oder edelfaulen, nachher aber erſt die weniger reifen leſen laffen, jedenfalls muß dieſes aber in minder günſtigen Jahren, wo noch un— reife, ſaure Trauben vorhanden ſind, geſchehen, indem hier das Unreife von dem Reifen, ſogar durch das Herausnehmen (Auspflücken) der unreifen oder reifen Beere aus den einzelnen Trauben mit aller Sorgfalt geſchehen muß, weil durch eine unreife Beere der Gehalt von 10 reifen verſchlechtert wird. Sollten jedoch die Trauben zu mouſſirenden Weinen beſtimmt ſein, jo darf man keine Ueberreife eintreten laſſen, weil der Moſt, damit er ſich bei der Entſchleimung ſchneller und beſſer klärt, nicht ſehr conſiſtent (dick) ſein darf, und derſelbe ſich von noch ganz geſunden Trauben beſſer auspreſſen läßt, ohne bei blauen Trauben (Clevner) dem Weine Farbe mitzutheilen, auch ſollen die Trauben nicht bei ſehr warmer Witterung geleſen werden, damit der Wein⸗

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moſt nicht ſogleich in Gährung übergeht, wodurch die Entſchleimung gleichfalls erſchwert wird (S. 245).

§. 223. b. Das Ausſcheiden der verſchiedenen Traubengattungen.

Wenn ſchon bei der Anlage eines Weinberges auf eine rationelle Weiſe verfahren wurde (S. 84—88), fo wird bei der Traubenleſe eine Ausſcheidung einzelner Traubengattungen ſelten vorkommen, da wo aber gemiſchte Beſtockung noch ſtattfindet, wie dieſes häufig in den einzelnen Weinbaugegenden Würt⸗ tembergs der Fall iſt, iſt die Ausſcheidung des rothen und weißen Gewächſes, ſowie der edlen (härteren) von den gemeinen (weichen) oder der früh- und und ſpätreifenden Traubenſorten unumgänglich nothwendig, wenn gute charak— terfeſte Weine erzeugt werden wollen, was beſonders von den größern Wein- bergsbeſitzern nie unterlaſſen werden ſollte. Die Beſtandtheile und der Ge— ſchmack der rothen und weißen Traubengattungen zeigen zum Theil eine große Verſchiedenheit, insbeſondere beſitzen erſtere weit mehr Gerbſtoff und Gerbſäure als letztere (§. 218), daher auch der Geſchmack der rothen und weißen Weine ſehr verſchieden iſt. Werden nun die verſchiedenen Traubengattungen bei der Leſe untereinander gemengt, ſo wird die Eigenthümlichkeit einer jeden Gattung, d. h. der Geſchmack und das Bouquet oder Gewürz unterdrückt, es entſteht ein ungleichartiges röthliches Gemiſch, der ſogenannte Schillerwein, der weder eine entſchiedene Farbe, noch einen beſtimmten Geſchmack und Charakter hat, und beſonders in entfernteren, dem Weinlande nicht angehörigen Gegenden nicht geſucht iſt, ſondern im Mißkredit ſteht, und nur in denjenigen Weinbau⸗ gegenden getrunken wird, wo man an denſelben gewöhnt iſt.

C. Das Ausſcheiden des guten und geringen Gewächſes.

Die Trauben können auf verſchiedene Weiſe durch Froſt, Krankheiten, Hagel, Braten, Faulen, durch Inſekte u. ſ. w. (8. 196— 216) beſchädiget werden, in welchem Falle ſie in der Regel in der Entwicklung und Zeitigung zurückbleiben und nur einen geringen Wein geben, es müſſen daher, wenn man einen guten, kräftigen, reinen Wein erzielen will, bei jeder Leſe die beſchädig⸗ ten Trauben oder Beere ſorgfältig ausgeleſen oder ausgebeert werden, indem auch in guten Weinjahren immer etwas Geringes, Halbvertrocknetes oder ſonſt Beſchädigtes auszuſcheiden ſein wird, und es iſt um ſo mehr darauf zu ſehen, als, wie bei den unreifen Trauben, nur eine beſchädigte, den Wein von vie— len guten Trauben verſchlechtert. Insbeſondere iſt bei der Erzeugung von Rothweinen darauf zu halten, daß alle faule Beere, auch wenn ſie ſüß und noch nicht in Schimmel übergegangen ſind, entfernt werden, weil ſie dem

23

354 Wein die Friſche nehmen, und weil der Farbſtoff in der Beerenhaut bereits zerſtört und in ein mattes Braun übergegangen iſt, auch beeinträchtigen ſie die ſchöne rothe Farbe und ſtören die Haltbarkeit des Weins. Eine ſorgfäl⸗ tige Ausleſe wird ſich daher ſtets durch die Erzielung einer möglichſt guten Qualität und durch gute Verkaufspreiſe ſehr lohnend zeigen und ſollte daher nie unterlaſſen werden.

d. Die Berückſichtigung der Witterungsverhältniſſe.

Die Witterungsverhältniſſe haben ſowohl auf das Ausreifen der Trauben als auf die bereits reifen Trauben einen mächtigen Einfluß, indem bei regne⸗ riſcher oder neblicher Witterung die Traubenbeere durch die dünne Beerenhaut nicht nur von dem niederfallenden Regen oder Thau viel Waſſer und Feuch— tigkeit anziehen, ſondern es bleibt auch faſt an jeder Beere ein Regen- oder Thautropfen hängen, wodurch, wenn während einer ſolchen Zeit die Leſe ſtatt— findet, viel Waſſer zu den Trauben kommt und dadurch auch dem Weine bei⸗ gemiſcht wird. Wie nachtheilig dieſes auf die Qualität des Weins einwirkt, wird man finden, wenn man den Moſt von Trauben wiegt, die bald nach einem gefallenen Regen oder während ein ſtarker Thau noch auf denſelben lag, abgeleſen wurden, indem derſelbe mindeſtens einige, nach angeſtellten Verſu⸗ chen ſogar 5—10 Grade weniger wägen wird, als von den gleichen Trauben, die bei trockener Witterung geſammelt wurden.

Die Traubenleſe muß deßwegen wo möglich ſtets bei trockenem Wetter vorgenommen, jedenfalls aber bei Regenwetter und ſogleich nach demſelben unterlaſſen werden. Iſt während der Nacht ein ſtarker Thau gefallen, ſo muß mit der Leſe etwa bis Morgens 9 oder 10 Uhr gewartet werden, bis der⸗ ſelbe abgetrocknet iſt, wogegen mit derſelben über Mittag, wo die beſte Zeit iſt, unausgeſetzt fortgefahren werden kann, fie iſt aber wieder einzuſtellen, ſo⸗ wie ſich gegen Abend um 3 oder 4 Uhr wieder feuchte Luft, Nebel und Thau zeigt. Froſt bringt denjenigen Trauben, die in der Reife ſchon ziemlich vor⸗ angeſchritten ſind, keinen Schaden, vielmehr trägt er, wenn nicht ſogleich nach dem Aufthauen der Beere geleſen wird, ohne dem Wein einen Froſtgeſchmack zu geben, ſehr zur Verbeſſerung deſſelben bei, indem durch denſelben die Waf- ſertheile mehr zuſammengezogen und die Beerenhäute morſcher werden, wo⸗ durch das Verdunſten des Waſſers weit ſchneller vor ſich geht. Dagegen wird die Quantität durch denſelben weſentlich vermindert. Bei unzeitigen Trauben wird durch den Froſt der Säuregehalt vermehrt, auch bekommt dann der Wein gerne einen Froſtgeſchmack, daher dieſelben nie mit den guten und reifen Trauben vermengt werden dürfen.

§. 224,

e. Der Uebergang zu der Spätleſe.

Unter der Spätleſe verſteht man das Zurückſtellen der Leſe bis zur Ueberreife der Trauben; da jedoch aus den §. 220 angeführten Gründen bei den blauen Trauben die Ueberreife nicht bis zum Morſchwerden der Beeren— häute verſchoben werden darf, ſo handelt es ſich bei den beſondern Regeln für die Spätleſe hauptſächlich um die härteren weißen und rothen Trauben. Derſelben ſind gewöhnlich nur die Trauben in den beſſeren Lagen und in möglichſt reifem Zuſtande zu unterwerfen, da in geringen Lagen die Ueberreife ſeltener eintreten und jene häufig, weil die Sonne weniger wirken kann, mehr kühl und feucht find und daher mehr auf die wirkliche Fäulniß als die Edel⸗ fäulniß einwirken, jedenfalls aber ein geringeres Produkt als die beſſern La⸗ gen geben werden, bei dem ſich der höhere Werth durch den Verluſt an Quantität nicht gehörig ausgleicht.

Bei einer zweckmäßigen Spätleſe hält man die Leſe fo lange zurück, bis die grüne oder gelbbraune Haut der Beere eine rothbraune Farbe angenom⸗ men hat und dieſelbe ſich bei der geringſten Berührung von der Beere ab⸗ löst, oder hie und da bereits aufgeſprungen iſt. Iſt dieſer Zuſtand eingetre⸗ ten, ſo wird mit der Leſe begonnen, da jedoch in manchen Jahrgängen der Grad der Ueberreife oder Edelfäule nicht bei allen Trauben zur gleichen Zeit eintritt, ſo wird eine Ausleſe veranſtaltet, bei der nur die auf die angegebene Weiſe ſich zeigenden überreifen Trauben oder Traubenbeere ausgeſchnitaten ode ausgebeert, die übrigen aber noch länger hängen gelaſſen werden, bis jener and eintritt, oder ſie werden in beſondere Geſchirre gethan und als zweite Sorte behandelt, wobei natürlich Alles wirklich faule oder ſonft beſchädigte auf die ſorgfältigſte Weiſe ausgeſchieden werden muß.

Will man die Spätleſe noch weiter treiben, wie dieſes in den größeren Rebgütern des Rheingaues in den beſſeren Jahrgängen nicht ſelten geſchieht, ſo läßt man die Trauben ſo lauge hängen, bis die edelfaulen einſchrumpfen und roſinenartig werden, ſo daß faſt alles Waſſer verdunftet iſt und nur ein dünner Syrup aus den zerquetſchten Beeren hervorquillt. Sfr dieſer Zuſtand eingetreten, ſo werden verſchiedene Ausleſen vorgenommen, und dabei zuerſt die roſinenartigen Trauben und Beere, dann die edelfaulen, aber nicht einge⸗ ſchrumpften Trauben geſammelt und in beſonderen Geſchirren aufbewahrt. Nach dieſer Ausleſe werden die übrigen noch geſunden d. h. nicht in die Edel⸗ fäule übergegangenen Trauben abgeleſen und eine dritte Sorte Wein daraus bereitet. Zuletzt werden die abgefallenen und auf dem Boden liegenden Trau⸗ ben und Traubenbeere geſammelt und gleichfalls beſonders aufbewahrt, weil, wenn einzelne Trauben durch Vertrocknen oder Abfaulen der Stiele frühzeitig

23 *

356 abgefallen find, dieſelben, wenn auch gleich faul, doch keine ſolche feine Qua— lität beſitzen, wie die am Stocke gefaulten.

Läßt ſich in minder günſtigen Jahren keine ſolche feine Ausleſe vorneh— men, ſo werden von Zeit zu Zeit die ungeſunden und wirklich faulen Trauben ausgeſchnitten und dann, ſo wie der zu erwartende möglichſte Grad der Reife erreicht iſt, mit der Leſe in der Art begonnen, daß ſich je 2 Leſer an einen Stock ſtellen und von dem einen Leſer alle edelfaule, von dem Andern alle noch geſunden Trauben abgeſchnitten und in beſondern Geſchirren geſammelt werden, oder es wird jeder Leſer mit 2 Geſchirren verſehen, um darnach die Ausſcheidung vorzunehmen, wobei, wenn an einer Traube ſich nur einzelne edelfaule Beere befinden, dieſelben ſorgfältig ausgebeert und zu den übrigen edelfaulen Trauben geworfen, auch die abgefallenen und auf dem Boden Tie- genden Beere mit feinen Nadeln oder gewöhnlichen Speiſegabeln aufgeſtochen und zur geeigneten Sorte gethan werden. Die edelfaulen Trauben geben dann die erſte, die übrigen die zweite Sorte Wein.

Durch ſolche auf einen hohen Grad getriebenen Spätleſen werden zwar Weine erzeugt, von welchen das Stückfaß nicht ſelten um 5000 fl. und mehr oder der Eimer für 1000 1400 fl. verwerthet wird, es geht aber ſtets ein ziemlicher Theil der Quantität an Wein, hie und da bis zu 7 oder die Hälfte verloren, auch treten, beſonders wenn andauernde ungünſtige Witterung er— folgt, oft Umſtände ein, welche der Qualität des Weins ſchaden, indem nach heftigem Froſt auch die grünen Beerenhäute eine braunrothe Farbe annehmen und dadurch von den edelfaulen bei der Ausleſe nicht mehr unterſchieden wer— den können, oder die edelfaulen Beere, deren Haut bei dem Uebergang in dieſen Zuſtand an einigen Stellen aufreißt, worauf ein kleines Tröpfchen ho— nigartigen Saftes austritt, das ſich bei guter Witterung zuckerartig verdickt, werden bei regneriſcher Witterung ausgewaſchen, wodurch viel Zuckerſtoff ver— loren geht, fo daß der Verluſt hie und da 10—15 Grade nach der Moſtwage beträgt. Außerdem gehören, um die verſchiedenen Ausleſen vornehmen zu können, größere Flächen von Weinbergen dazu, auf welchen die gleiche Trau— bengattung, vorzugsweiſe Rießlinge, gebaut werden, damit von jeder Ausleſe eine entſprechende Quantität gewonnen werden kann. Es darf daher von jedem, beſonders aber von dem gewöhnlichen Weinbergbeſitzer, bevor er zu der Spätleſe übergeht, wohl in Ueberlegung genommen werden, ob überhaupt durch die zu erwartende Oualität und den höheren Preis des Weins die grö— ßern Koſten der Leſe und der Verluſt an Quantität genügend erſetzt werden und ob die Witterungsverhältniſſe des betreffenden Jahrganges von der Art ſind, daß die Trauben durch das längere Hängenlaſſen zur vollſtändigen Reife gelangen, ſo daß ſie, beſonders durch Froſt und Reifen keinen Schaden mehr nehmen, und daß dadurch wirklich ein Verdunſten des Waſſergehalts, wozu

397

trockene, womöglich auch warme Witterung gehört, eintritt und der Zweck der Spätleſe gehörig erreicht wird. Im andern Falle wird zwar die Leſe der Trauben möglichſt lange zu verſchieben und dadurch ein vorzüglich hoher Reife— grad derſelben zu erzielen, eine eigentliche Spätleſe aber zu unterlaſſen ſein.

§. 225. f. Die Einrichtung und Art der Leſe.

Ein Hauptaugenmerk bei der Leſe iſt auf die rechtzeitige Vornahme und auf eine ſorgfältige Ausleſe zu richten, es find deßwegen nur erfahrene Per— ſonen dazu zu nehmen, und da es eines Theils wegen der gleichzeitigen Gährung des Weinmoſtes von beſonderem Werthe iſt, daß die zuſammenge— hörigen Trauben ſchnell nacheinander abgeleſen werden, andern Theils, wenn ſich die Leſe lange verzögert, im tiefen Spätjahr die zur Leſe günſtige Witte⸗ rung nur ſpärlich ſich zeigen wird, iſt es ſehr zweckmäßig, wenn zur Leſe, in ſo weit es thunlich iſt, nicht zu wenig, ſondern möglich viel Perſonen ge— nommen werden, damit dieſelbe in wenigen Tagen beendigt wird.

Bei der Ausleſe des weißen und rothen Gewächſes, ſo wie bei der Spät— leſe iſt es am angemeſſenſten, wenn man zuerſt eine Gattung ableſen läßt und dann erſt zur andern übergeht; ebenſo iſt es auch bei der Spätleſe mit der Ausleſe der roſinenartigen Trauben und Beere, ſo wie der edelfaulen zu hal— ten, wozu hauptſächlich nur ganz erfahrene und intelligente Leſer zu verwen— den ſind.

Das Gleiche iſt zu beobachten, wenn die Trauben einen verſchiedenen Reifegrad erreicht haben (8.222), indem hier durch eine mehrmalige Durchleſe der Weinberge die reifſten Trauben von den weniger reifen und dieſe von den unreifen getrennt, und die erſtern dadurch vor Fäulniß bewahrt, die letz— tern aber durch längeres Hängenlaſſen zur möglichſten Reife gebracht werden ſollen, daher man ſich von einer ſolchen mehrmaligen Durchleſe durch die etwa entſtehenden größeren Koſten nicht abhalten laſſen ſollte, denn mit Recht ſagte Schams, der berühmte ungariſche Oenologe bei der Verſammlung der deut— ſchen Naturforſcher zu Freiburg:

„Nie ſind die Trauben aller Rebſorten und nie ſind alle Trauben der— „ſelben Rebſorte und derſelben Rebe gleich leſereif, der größere Aufwand bei „der mehrmaligen Leſe der gleich reifen Trauben bezahlt ſich daher mit Wu— „cherzinſen durch beſſere Weine.“

Wird bei mehr gleichen Traubengattungen und bei mehr gleicher Reife derſelben nur auf die Ausleſe und auf die Ausſcheidung der guten und gerin— geren oder beſchädigten Trauben (§. 223), oder bei der Spätleſe nur auf die Ausscheidung der edelfaulen und der gefunden Trauben (§. 224) geſehen, fo

=:

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iſt es am zweckmäßigſten, wenn N eſer mit zwei Geſchirren verſehen und angehalten wird, in das eine die guten, in das andere die minder guten oder geringen Trauben zu werfen, 01 wobei nicht nur darauf zu ſehen wäre, daß die Geſchirre nicht verwechſelt, ſondern daß auch jede einzelne abgeſchnittene Traube geprüft, und wenn der Reifegrad derſelben verſchieden iſt oder be⸗ ſchädigte Beere an derſelben ſich befinden, die einzelnen Beere ſorgfältig aus⸗ gepflückt und, je nach ihrer Beſchaffenheit, in das betreffende Geſchirr gewor⸗ fen werden. Man kann zwar auch hier zuerſt das Gute ableſen und das Ge⸗ ringere oder Schlechte hängen laſſen und ſpäter abſchneiden, da jedoch viele Trauben nur theilweiſe beſchädiget, unreif oder angefault ſind, ſo muß bei einer ſolchen Leſe, weil man dabei nur ganze Trauben ſortiren kann, das Ausbeeren der einzelnen unterlaſſen werden, wodurch entweder manche geringe Traubentheile zum Guten kommen und dieſes verſchlechtern, oder einzelne gute Traubentheile müſſen unnöthigerweiſe zum Schlechten genommen werden, wo⸗ durch die pünktliche und ſorgfältige Ausleſe wenigſtens theilweiſe verloren geht.

Eine beſondere Aufmerkſamkeit iſt auch dem Traubeneſſen der Leſer zu widmen, denn da von dieſen in der Regel nur die edelſten und reifſten Trau⸗ ben gegeſſen werden und manche derſelben ſich dabei ſehr unmäßig benehmen, ſo kommen beſonders bei einer ſorgfältigen Sortirung eine große Zahl der beſſeren Trauben ſtatt in das Leſegeſchirr in den Magen der Leſer, wodurch dem Weinbergbeſitzer kein unbeträchtlicher Schaden zugefügt wird, es iſt da⸗ her in ſolchen Fällen ſehr angemeſſen, wenn man den Leſern unter Androhung augenblicklicher Entfernung aus dem Weinberge und Verkürzung des Lohns das Traubeneſſen ganz unterſagt, ihnen dagegen eine angemeſſene Lohnerhö⸗ hung zuſichert.

Das Abſchneiden der Trauben geſchieht entweder mit dem Rebmeſſer (Hape §. 139) oder mit der Traubenſcheere, die einer gewöhnlichen Scheere ähnlich, hinten aber mit einer Feder verſehen iſt, damit ſie ſich ſelbſt auf⸗ drückt. Mit der Scheere geht das Geſchäft weit leichter und ſchneller von ſtatten, auch kann man mit derſelben den Trauben beſſer beikommen, und der Stock erleidet durch das Abſchneiden keine Erſchütterung, wie bei dem Reb⸗ meſſer, wobei öfters die edelſten Beere abfallen, daher, namentlich bei der Spätleſe, überall nur ſcharfe Scheeren angewendet werden dürfen.

Während der Leſe muß für möglichſte Reinlichkeit der Leſegeräthſchaften (Kübeln, Butten, Kufen, Fäſſer) geſorgt werden, da der in denſelben etwa be⸗ findliche Unrath, Erde, Laub, faule Beeren ꝛc. auf den guten Geſchmack des Weins leicht einen übeln Einfluß ausüben kann, zu welchem Behuf dieſelben jeden Tag vor der Leſe zu reinigen ſind.

Außerdem iſt bei derſelben darauf zu fehen, daß die Stöcke bei dem Auf⸗ ſuchen der innerhalb derſelben befindlichen Trauben nicht zerriſſen, und die

Bögen und Ruthen bei dem Aufſchneiden von Stroh und Weiden, behufs der Herausnahme der eingebundenen Trauben, nicht verletzt werden, auch ſind die Leſekübel nicht auf die Schenkel und nicht unter die Stöcke zu ſtellen, damit erſtere nicht abgebrochen werden, und, wenn die Leſe ſchon Morgens früh be— ginnt, nicht auch noch der Than von den Blättern oder der früher gefallene Regen in dieſelben kommt, was, wie bereits angeführt (S. 223), auf die Qua⸗ lität des Weins einen ſehr nachtheiligen Einfluß hätte.

Nur in Jahren, wo ein ſaurer Wein zu erwarten iſt, könnte das Leſen bei feuchter Witterung und bei ſtarkem Thau, mithin überhaupt die Zugabe von Waſſer, auf die theilweiſe Entſäurung des Weins einwirken.

2. Das Zerdrücken der Tranbenbeere.

§. 226.

Das Zerdrücken der Traubenbeere hat den Zweck, den in den Beeren enthaltenen Saft in eine flüſſige Maſſe zu bringen und dadurch den Einwir⸗ kungen der Luft auszuſetzen, damit er in Gährung übergeht und ſein Zucker⸗ ſtoff ſich in Alkohol, der ganze Saft aber in Wein verwandelt.

Die einzelnen Beſtandtheile der Traubenbeere (Zucker, Waſſer, Gerbſtoff) ſind nämlich in derſelben nicht gemiſcht, ſondern beſonders der Zucker und die gährungserregenden Subſtanzen in beſondern Abtheilungen vorhanden, da⸗ her, ſo lange die Beere ganz und der Saft derſelben unvermiſcht bleibt, keine weingeiſtige Gährung eintreten wird, wohl aber kann der in der Beere ent- haltene Zucker, wenn die Beere ungewöhnlich erwärmt wird oder ſich ſelbſt erhitzt, durch einen beſondern Gährungsakt in Eſſigſäure fich verwandeln. Das mit nun der Uebergang des Traubenſaftes in Wein ohne Störung geſchehen kann, ſo muß bei dem Zerdrücken der Beere hauptſächlich darauf geſehen werden, daß daſſelbe gleichförmig erfolgt, und alle Beere zerdrückt werden, ſo daß das Ganze eine gleiche ſaftige Maſſe, die Trebermaſſe, bildet.

Das vollſtändige Zerdrücken der Beere hat auf die regelmäßige und gleich- förmige Gährung und die ſpätere Klärung des Weins einen weſentlichen Ein— fluß, während durch ein unvollſtändiges Zerdrücken, wenn der Weinmoſt an den Trebern ganz oder theilweiſe vergährt, die Gährung dadurch geſtört wird, daß manche Beere nicht zerdrückt werden, fo daß der innerhalb derſelben be⸗ findliche Saft ſüß bleibt oder in Säure übergeht und erſt bei dem Abkeltern der Treber ausgedrückt und zu dem übrigen bereits in Gährung befindlichen Saft kommt, wodurch, wenn viele ſolcher Beere vorhanden ſind, eine ungleiche und unvollſtändige Gährung eintritt, ſo daß manche trübe und molzige Theile in dem Weine zurückbleiben, die deſſen ſpäteres Trüb- und Schwer⸗(Rahn⸗) oder Sauerwerden oder andere Krankheiten herbeiführen. Werden die Treber

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ſogleich nach dem Zerdrücken auf die Kelter gebracht, wie dieſes in einigen Weinbaugegenden Württembergs der Fall iſt, jo iſt das unvollſtändige Zer- drücken mit wenigen oder keinen Nachtheilen verbunden.

Das Zerdrücken der Traubenbeere erfolgt auf verſchiedene Weiſe und theilt ſich zunächſt ab in das Zerdrücken mit den Kämmen und ohne die Kämme. Im Allgemeinen iſt jedoch dabei zu bemerken, daß daſſelbe, wie das Leſen, mit möglichſter Reinlichkeit geſchehen muß, weil jeder unreine Zuſatz dem Wein und beſonders dem edlen einen unangenehmen Beigeſchmack geben oder auf deſſen Feinheit einen nachtheiligen Einfluß ausüben könnte. i

a. Das Zerdrücken mit den Kämmen

erfolgt, wenn man die abgeſchnittenen Trauben ſogleich auf die Preſſe (Kelter) bringt und ſie dort ausdrückt. Es geſchieht dieſes hauptſächlich bei den zur Fabrikation mouſſirender Weine beſtimmten Trauben, wobei jedoch kein ſtarkes Ausdrücken ſtattfinden darf, damit das Molzige des Saftes in der Beerenhaut zurückbleibt und beſonders bei den zu mouſſirenden Weinen zu verwendenden blauen Trauben (Clevner) die Farbe der Häute nicht mit ausgedrückt wird, ſo daß die Treber nachher entweder noch zur Färbung von anderem Wein, oder durch Uebergießung mit geringerem Moſt noch zur Verbeſſerung deſſelben oder durch Uebergießung mit reinem oder Zuckerwaſſer noch zu einem guten Nach- wein verwendet werden können.

Hie und da werden die Trauben auch bei der gewöhnlichen Weinerzeu⸗ gung unmittelbar auf die Kelter zum Ausdrücken gebracht, um entweder einen möglichſt feinen, reinen und bald trinkbaren oder einen beſſeren Wein zu er- zeugen, weil dadurch der molzige, ſchleimartige und wenig ausgereifte Saft, wenigſtens theilweiſe in den Beerenhäuten zurückbleibt, wodurch ein milderer und angenehmerer Wein erzielt wird, als wenn die Trauben zuvor zertreten oder zerſtampft werden, daher eine ſolche Kelterung beſonders in geringen Weinjahren, wo überhaupt das Auspreſſen nicht zu ſtark erfolgen ſollte, ſehr angemeſſen erſcheint.

Die gewöhnliche Art des Zerdrückens der Trauben mit den Kämmen er⸗ folgt jedoch dadurch, daß man die abgeleſenen Trauben, je ein Butten oder Korb voll nach dem andern, in einen kleinen Zuber (Tretzuber) ausleert, der auf einem hölzernen Geſtell und auf einem größeren Zuber (Bergzuber) oder auf einer Kufe (Bütte) ſteht, im Boden mit vielen runden Löchern verſehen iſt und in dem dann die Trauben von einem Buben mit bloſen oder beſchuh— ten Füßen oder mit einem hölzernen Stämpfel zertreten oder zerſtoßen werden, von wo aus der Saft in den unten ſtehenden Zuber oder in die Kufe lauft, die zurückgebliebenen Treber aber durch ein beſonderes, in dem Boden des Tretzubers angebrachtes Thürchen gleichfalls in die Kufe geleert werden, wie

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dieſes in vielen und beſonders auch in den meiſteu württembergiſchen Wein— baubez irken eingeführt iſt.

Eine ſolche Behandlungsweiſe iſt jedoch mit dem Nachtheile verbunden, daß, wenn man dabei nicht mit aller Sorgfalt zu Werke geht, doch nicht alle Beere zerdrückt werden, beſonders aber, daß mit dem Zertreten oder Zerſtampfen der Beere auch ein Theil der Kämme und Kerne zerdrückt und dadurch der herbe und ſaure Saft der erſtern mit dem Trau— benfafte gemiſcht und der ölige Geſchmack der letztern dem Weine mitgetheilt wird, was beſonders in geringen Weinjahren, wo die Kämme noch grün und ſaftreich ſind, der Qualität des Weins zuverläßig ſehr ſchadet, wogegen dieſes in guten Weinjahren, wo die Kämme, beſonders bei der Spätleſe, meiſtens dürr und wenig oder keinen Saft haben, weniger der Fall iſt, vielmehr kann, weil die Kämme auch viel Gerbſtoff beſitzen, durch Belaſſung des Trauben— ſaftes an den Kämmen, demſelben, beſonders bei ſehr zuckerreifen Trauben, die, wenig Gerbſtoff beſitzen, die erforderliche Menge von den Kämmen mit getheilt werden, was auf einen regelmäßigen Verlauf der Gährung von gutem Erfolge ſein dürfte, auf der andern Seite aber auch mit einigem Verluſt von Saft verbunden ſein wird, den die dürren Kämme einſchlucken. Außerdem gehört aber das Zertreten mit den Füßen nicht zu den reinlichſten Arbeiten, beſonders wenn der Treter, wie es häufig der Fall iſt, den Tretzuber hie und da verläßt, und, ohne die Schuhe oder Füße zu reinigen, ſpäter wieder in den Zuber ſteigt, wodurch dem Moſte manche fremde, zum Theil ſchädliche Sub— ſtanzen beigemiſcht werden, die ſpäter dem reinen Geſchmacke des Weins noth- wendig ſchaden müſſen. Jedenfalls ſollte aber das Zertreten nicht mit nägel— beſchlagenen Schuhen oder Stiefeln, ſondern eher mit Holzſchuhen geſchehen, weil ſonſt dadurch Kämme und Kerne ſtärker zerdrückt werden und der im Traubenſafte enthaltene Weinſtein gerne die Nägel angreift und nach und nach dem Weine Stoffe mittheilt, wodurch dieſer einen mehr oder weniger zu— ſammenziehenden Geſchmack erhalten kann.

Die zweckmäßigſte und zugleich reinlichſte Einrichtung zum Zerdrücken der Traubenbeere iſt die Traubenmühle, ſie beſteht in einem viereckigen Trichter, oben weit und unten mit einer ſchmalen nur etwa 2—3 Zoll weiten länglichen Oeffnung, unter der zwei hölzerne oder eiſerne gegen einander laufende Walzen etwa 2 Fuß 6 Zoll lang und 6 Zoll ſtark angebracht find, die durch ein Hand— getriebe in Bewegung geſetzt werden und auf welche die in den Trichter ein— geleerten Trauben fallen und durch das Umdrehen der Walzen mittelſt einer Kurbel von dieſen zerdrückt und ſofort als Treber in den unter der Mühle befindlichen Zuber fallen, wobei es ſehr zweckmäßig iſt, wenn die Walzen gleichlaufend oder etwas gewunden gerippt oder zur Hälfte mit Weißblech in der Art beſchlagen ſind, daß das Blech der einen Walze der Holzſeite der

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andern Walze gegenüber ſteht, und wobei das Blech, wie bei einem Reibeiſen 4 Linien weit ausgeſchlagen ſein muß, damit dadurch die Trauben von den Walzen ſchneller gefaßt werden, auch müſſen dieſelben eine Vorrichtung haben, damit ſie je nach der Größe der Trauben enger oder weiter geſtellt werden können und dadurch zwar das Zerdrücken der Beere, aber möglichſt wenig dasjenige der Kämme und Kerne bewirkt wird. Dieſes Zerdrücken geht hier am leichteſten und ſchnellſten vor ſich, indem die ganze Maſchine durch einen Mann in Bewegung geſetzt werden kann und in einigen Minuten ein ganzer Butten mit Trauben zerdrückt iſt.

Eiſerne Walzen ſind übrigens weniger zweckmäßig als hölzerne, weil das Eiſen, wie bereits erwähnt, dem Weine einen unangenehmen Geſchmack geben kann und daſſelbe den weißen Weinen gerne eine graue unſcheinbare Eiſen⸗ farbe mittheilt.

Hölzerne Walzen nützen ſich dagegen, wenn ſie nicht von ſehr hartem Holze gefertigt ſind, bald ab. Werden dieſelben aber ſtatt gerippt, mit weißem Eiſenblech beſchlagen, und letzteres zuvor wie ein Reibeiſen durchlöchert, ſo ſind ſie lange haltbar, ohne durch den Gebrauch Schaden zu nehmen.

8. 227.

b. Das Zerdrücken ohne Kämme.

Bei dem Zerdrücken der Trauben ohne Kämme müſſen die Beere zuvor von den letztern geſondert, d. h. die Trauben müſſen abgebeert (gerappt) wer⸗ den. Dieſes Abbeeren (Abrappen) kann auf verſchiedene Art, nämlich mit der Hand oder auf mechaniſche Weiſe geſchehen, und iſt neuerlich hauptſächlich in verſchiedenen Weinbaugegenden Württembergs eingeführt. Das Abbeeren ge— ſchieht jedoch nicht dadurch, daß man die Beere von den einzelnen Trauben abpflückt, ſondern die Trauben werden auf ein großes Sieb von Holz oder Draht geworfen und dort ſo lange umgerührt (geraſpelt), bis ſich die reifen Beere von den Kämmen getrennt und durch die Oeffnungen des Siebes ge⸗ fallen find, fo daß eben nur noch die Kämme mit den daran hängenden un⸗ reifen Beeren zurückbleiben. Dieſes Sieb nennt man daher in der Regel das Raſpelſieb und das Abbeeren häufig Abraſpeln.

Sind die Beere von den Kämmen getrennt, ſo muß dann erſt für das Zerdrücken derſelben geſorgt werden, was wieder auf verſchiedene, häufig auf mechanische Weiſe durch eine mit der Raſpel in Verbindung ſtehende Vorrich- tung geſchehen kann:

Die bis jetzt bekannten Raſpeln haben folgende Einrichtungen:

1. Die einfache Raſpel, die in einem gleichſeitigen oder etwas länglichen Viereck beſteht, das auf dem Boden eine Fläche von 3 Fuß bis 3 Fuß 3 Zoll

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darſtellt, mit eichenen kantigen Stäben, die ſo in einander gefügt ſind, daß ſich zwiſchen denſelben kleine Oeffnungen ergeben, die im Viereck eine Weite von 8—10 Linien haben und dadurch eine Art Gitter oder Sieb bilden. Dieſer Boden hat eine Einfaſſung von ſchief anſtehenden tannenen Brettern, Zoll 3 Linien hoch und oben auf allen Seiten 3 Fuß 6 Zoll weit, oder auf zwei Seiten etwas länger als breit, in welche die einzelnen Stäbe einge— laſſen und durch beſondere Leiſten befeſtigt find.

Eine ſolche Raſpel wird auf einen Weinbergzuber (Bergzuber) geſtellt, jeder Butte mit Trauben in dieſelbe geleert und die letzteren mit den Händen ſo lange leicht umgeſchafft und umgerührt, bis ſich die zeitigen Beere abgelöst haben, die dann durch die erwähnten Oeffnungen in den unter der Raſpel befindlichen Zuber fallen. Die Kämme, an welchen beim Abbeeren doch etwas Saft hängen bleibt (an den Zapfen der Beere), mit den an denſelben befind- lichen unreifen Beeren, kommen in einen nebenſtehenden Zuber, und werden beſonders zerdrückt und gekeltert, woraus dann der ſogenannte Kammwein er⸗ zeugt wird. Die guten Beere aber werden, wenn der Raſpelzuber gehörig angefüllt iſt, mit einem Schöpfkübel wieder eingefaßt und nach und nach in den auf der großen Kufe oder auf einem dritten Zuber ſtehenden Tretzuber gefüllt, wo ſie entweder mit beſchuhten Füßen zertreten oder mit einem Stämp⸗ fel zerdrückt werden.

Statt der eichenen Stäbe kann man das Junere der Raſpel auch mit Draht in der angegebenen Weite oder auch etwas enger ausflechten, es iſt jedoch damit der Nachtheil verbunden, daß ſich die Trauben auf dem Draht⸗ gitter nicht ſo leicht abbeeren, wie auf den kantigen Stäben, daher mehr Zeit zum Raſpeln erforderlich iſt, und daß, beſonders bei weißen Trauben, dieſelbe leicht eine graue Farbe oder einen Eiſengeſchmack annehmen.

Werden die Oeffnungen zwiſchen den einzelnen Stäben ſo enge gemacht, daß beſonders große Traubenbeere nicht durchfallen, fo kann mit dem Abbee⸗ ren auch das Zerdrücken der Beere verbunden werden, was jedoch mit den Händen geſchehen müßte, und nicht nur ſehr mühſam und aufhaltend wäre, ſondern es würde auch von dem Safte, dem Fleiſch und den Häuten Vieles an den Kämmen hängen bleiben und dadurch die Quantität des guten Beere— weins vermindert, dagegen diejenige des geringeren Kammweines vermehrt werden. Man kann auch die abgeraſpelten Traubenbeere unzerdrückt auf die Preſſe bringen, es muß dieſes aber ſogleich nach dem Abbeeren geſchehen, weil ſonſt die Beere durch das Aufeinanderliegen ſich erwärmen und der in den⸗ ſelben befindliche Zucker durch die innere Gährung leicht in Eſſigſäure über⸗ geht, auch können die Beere unzerdrückt, wie bei dem Keltern ganzer Trauben, nicht ſo rein ausgedrückt werden, wodurch ein Verluſt an Quantität eintritt.

2. Die doppelte Raſpel hat zwei Abtheilungen, nämlich oben die ſo eben

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beſchriebene einfache Raſpel und unter derſelben eine zweite, ſiebartige Ein⸗ richtung gleich einem Tretzuber, deren Boden mit Hohlkehlen ¼ Zoll tief und ½ Zoll weit verſehen iſt, ſo daß ſich zwiſchen zwei Hohlkehlen ein Rand von ¼ Zoll Breite bildet. In jeder Hohlkehle werden Zoll ſentfernt, Löcher eingebohrt, die im Innern des Siebs ½ Zoll weit ſind, auf der un⸗ tern Fläche des Bodens aber weiter, trichterförmig und ſo gebohrt werden müſſen, daß der Durchmeſſer des Trichters gegen den innern Theil des Siebs wieder abnimmt, damit die Beerenhäute und Kerne, die ſich in die Löcher ſtopfen, leichter durchfallen und bei einem ſpäter etwa nothwendig werdenden friſchen Durchſtoßen der Hohlkehlen, die Löcher im Innern nicht zu weit werden.

Die Nebenwanduugen dieſer zweiten Abtheilung ſtehen, wie diejenigen der erſten Abtheilung, gleichfalls etwas ſchief, oben etwas weiter als unten am Boden und haben eine Höhe von 1 Fuß, die von oben herab einige Zoll lang zu 45 Zoll abgeplattet werden, jo daß dadurch ein Abſatz gebildet wird, auf den die obere Abtheilung gelegt wird, und, ſowie man in der zweiten Abthei— lung arbeitet, hinweggenommen werden kann, wobei die Wand, an der der Arbeiter ſteht, im Mittel etwa 2 Zoll tief auszuſchweifen iſt, um dem Arbeiter das Geſchäft zu erleichtern. Einfacher iſt es aber, wenn beide Abtheilungen zuſammenhängend angefertigt werden, mit einer Seitenwand von 12 Zoll Höhe, in der Länge von 3 Fuß 7 Zoll und in der Breite 3 Fuß 5 Zoll, unten am Boden der zweiten Abtheilung aber 3 Fuß weit. In der Mitte der längern Seitenwand 6 Zoll hoch wird dann das Gitter der erſten Abtheilung ohne Seitenwand, aber mit Seitenrahmen an Charnierbändern befeſtigt und auf der entgegengeſetzten Seite auf einer in gleicher Höhe angebrachten Leiſte auf- gelegt. Auf dieſes Gitter werden die Trauben geleert und abgeraſpelt, wor— auf die Beere in die zweite Abtheilung fallen, und auf dieſer von dem Kafp- ler mit einem 10—12 Zoll langen, 4—5 Zoll breiten und 2 Zoll hohen Reibholze zerdrückt werden, das oben auf beiden Seiten der Länge mit höl— zernen nach der Breite gerichteten Handgriffen verſehen iſt, die rund gewölbt, 4 Zoll hoch, abgerundet und etwas dick ſein müſſen. Auf der untern Seite des Reibholzes werden der Länge nach Ya Zoll ſtarke Hohlkehlen gezogen und zwiſchen zwei derſelben ein Rand von ½ Zoll gelaſſen. Die obere bewegliche Abtheilung muß ſo eingerichtet ſein, daß das Gitter nach Beſeitigung der Kämme, bequem aufgeſchlagen werden kann, der untere Reibboden aber hat wie der Tretzuber, ein Thürchen, das hinweggenommen oder aufgeſchlagen wird, und durch das die zerdrückten Traubenbeere (Treber) ohne beſondere Mühe in den darunter befindlichen Zuber geſchafft werden. Die doppelte Raſpel koſtet zwar etwas mehr als die einfache, gewährt aber gegen dieſe den Vortheil, daß dabei das Ueberſchöpfen der gebeerten Trauben zum Zerdrücken

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oder Treten und weitere Geſchirre erſpart wird, ſowie daß durch die Hand— arbeit das Zerdrücken der Beere, woran viel gelegen iſt, ſorgfältiger geſchehen kann.

3. Die Walzenraſpel hat oben eine ähnliche einfache Handraſpel, wie unter 1. beſchrieben wurde, unter der ſich ein viereckiger, trichterförmiger Kaſten befindet, in den die Traubenbeere beim Raſpeln fallen, und der unten eine ſchmale längliche Oeffnung hat, unter der zwei hölzerne oder eiſerne Walzen, wie bei den Traubenmühlen (S. 226), angebracht find, zwiſchen welchen die darauf fallenden Beere zerdrückt werden, und die je nach der Größe der Beere, enger oder weiter geſtellt werden können.

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Zu den mechaniſchen Raſpeln gehören:

4. Die Reibmaſchine, die namentlich in der Gegend von Eßlingen, Un— tertürkheim und Cannſtatt im Gebrauch iſt. Sie beſteht aus zwei Theilen, nemlich aus dem obern Kaſten, in den die Trauben eingefüllt, und dem Reib— kaſten, in dem dieſelben abgebeert und zerdrückt werden. Der erſtere Theil bildet einen viereckigen Kaſten von 2½/2—3 Fuß Weite und einer angemeſſenen Höhe, ſo daß er einen Butten mit Trauben gut faſſen kann. Derſelbe iſt unten etwas enger und mit einer Drehfalle verſehen, durch die man die Trau— ben in beliebiger Quantität in den Reibkaſten fallen laſſen kann. Der letz tere iſt halb kreisförmig mit zwei Seitenſtücken verſehen, in welche eichene platte oder etwas gerippte Stäbe eingelaſſen find, die 4—6 Linien von einan⸗ der ſtehen und einen Roſt bilden, ſo daß zwiſchen denſelben die abgelösten und zerdrückten Beere in die Kufe fallen können. Oben in dieſem Kaſten iſt ein Wellbaum mit Hebel angebracht, der in der Mitte eingeſetzt iſt, und an dem ſich im Innern des Kaſtens ein Flügel befindet, der einige Zoll breit, oben ſo lang als der Boden des Kaſtens und unten mit Rippen verſehen (ausgekehlt) iſt, und nur ſo weit von dem Boden des Kaſtens entfernt ſein darf, (je nach der Größe der Trauben 6—10—15 Linien), daß die Trauben durch das Hin⸗ und Herbewegen des Flügels mittelſt eines außerhalb des Kaſtens befindlichen Handgriffs abgebeert und zerdrückt werden, wobei die ein- fache Mechanik ſo eingerichtet iſt, daß der Flügel hoch oder nieder geſtellt werden kann. Auf der andern Seite des Kaſtens befindet ſich ein Thürchen, das, wenn ein Butten Trauben abgebeert iſt, geöffnet wird, um die zurückge— bliebenen Kämme mit einem kleinen Rechen herauszuſchaffen und in einen be⸗ ſondern nebenſtehenden Zuber zu werfen.

Die ganze Maſchine ruht auf einem einfachen Geſtelle von 4 Rahm⸗ ſchenkeln und 4 Pfoſten, an den obern beiden kürzern Rahmſchenkeln wird der obere und untere Kaſten befeſtigt, mit den untern längeren wird die Maſchine

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auf die Kufe oder den Zuber geſtellt, in den die zerdrückten Traubenbeere fallen. Die obern und untern Rahmſchenkel werden durch die 4 Pfoſten ver⸗ bunden, die in dieſelben eingelaſſen ſind.

Durch dieſe Reibmaſchine werden zwar die Beere von den Kämmen ab⸗ gebeert und zerdrückt, dieſes geſchieht aber ſowohl bei den reifen als unreifen, wodurch der eigentliche Zweck des Beerens, die unreifen Beere von den reifen zu trennen, verfehlt wird, auch bleiben viel Beerenhäute und Saft an den Kämmen hängen, der für die beſſere Qualität verloren geht. Außerdem wer⸗ den durch das längere Hin- und Herreiben der Kämme dieſelben noch mehr gedrückt und verkleinert als durch das Treten derſelben, was beſonders bei Trauben von geringerem Reifegrad für die Qualität des Weins ſehr nach⸗ theilig iſt, auch iſt das Geſchäft an und vor ſich ſehr mühſam und fchwerfül> lig und iſt im Allgemeinen nicht zu empfehlen.

Man hat deßwegen dieſe N ann: neuerlich dadurch verbeſſert, daß der obere Kaſten etwas niederer und weiter gemacht, die Falle ausgehoben und auf denſelben ein der einfachen Raſpel ähnliches Gitter aufgeſetzt wurde, wodurch dieſelbe, da nun das Abbeeren der Trauben vor dem Zerdrücken der Beere erfolgt, allerdings weit zweckmäßiger eingerichtet ift und mit der hie⸗ nach RN Reibraſpel Aehnlichkeit hat.

5. Die Walzenreibraſpel iſt durch eine Zuſammenſetzung der Walzeuraſ⸗ pel und der Reibmaſchine entſtanden und von einem Waguermeiſter Gottlieb Neff in Fellbach bei Cannſtadt erfunden worden. Der Oberbau beſteht, wie bei der Walzenraſpel (sub 3), jedoch ohne Gitter, in einem trichterförmigen

Kaſten, in den die Trauben geleert werden und von dort ſammt den Kämmen auf zwei darunter befindliche Walzen von ca. 5 Zoll Durchmeſſer fallen, welche die ganzen Trauben hineinziehen und, ob zeitig oder unzeitig, hart oder weich zerquetſchen. Dieſe Walzen, welche je nach der Größe der Trauben enger oder weiter geſtellt werden können, werden un ein auf der Seite des Ka⸗ ſtens befindliches Getriebe in Bewegung geſetzt, mit einer Kurbel die in ein größeres, eiſernes Rad (Ueberſetzung) eingreift, durch das die Walzen getrie⸗ ben werden. Der Unterbau der mit dem Oberbau in zuſammenhängender Verbindung ſteht, beſteht in der halbkreisförmigen Reibmaſchine (sub 4), auf welche die zerquetſchten Trauben fallen und dort durch zwei unten mit Quer⸗ leiſten verſehene Arme (Flügel) von den Kämmen abgerieben und ſofort in den darunter befindlichen Zuber fallen. Die beiden Arme ſtehen mit dem Getriebe der Walzen in Verbindung und werden durch dieſes in Bewegung geſetzt, die abgebeerten Kämme aber werden, wie bei 4. durch ein am Roſte angebrachtes Thürchen heraus genommen.

6. Die Reibraſpel, eine mit Patent geſicherte Erfindung des Wagnermei⸗ ſters Holoch in Stuttgart, unterſcheidet ſich von der Reibmaſchine dadurch,

367

daß hier die Trauben zuerſt abgeraſpelt (abgebeert) und dann erſt durch die Reiber zerdrückt werden, während bei letzterer gerade die umgekehrte Behand— lung ſtattfindet.

Dieſe Reibraſpel beſteht gleichfalls aus zwei Theilen, nämlich aus einem länglichen Kaſten von 3½¼ Fuß Länge und 2 Fuß Breite, der hinten einen feſten Bretterboden von 10—12 Zoll Breite hat, vornen aber, anſtatt deſſel— ben, mit einem Raſpelgitter verſehen iſt. Auf dem hintern Boden werden die Trauben gebeert, er iſt abhängig mit einem Fall von 3 Zoll gegen das vor— dere Gitter, ſo daß die Trauben bequem auf das Letztere zum Abraſpeln ge— zogen werden können. In der Mitte des Kaſtens iſt ein Schild, der eine Höhe von 8 Zoll hat und auf jeder Seite zwiſchen zwei Schiebleiſten bis auf 5 Zoll gegen das Gitter eingelaſſen iſt, ſo daß die Trauben beim Ausleeren des Buttens nicht in den vordern Raum des Kaſtens fallen. Vornen haben die Wandungen des Kaſtens eine Höhe von 5 Zoll, hinter dem Schild aber werden dieſelben, zum Schutze der eingefüllten Trauben, höher, ſo daß die Seitenwandungen etwas ausgeſchweift eine Höhe von 12 Zoll, die hintere Wand eine ſolche von 10 Zoll erreicht, die ganze Maſchine iſt auf zwei lan⸗ gen Rahmſchenkeln mit 2 Querleiſten befeſtiget und iſt mit 4 kleinen Füßen verſehen, ſo daß ſie leicht hingetragen und aufgeſtellt werden kann, wo man will.

Das Abraſpeln erfolgt, ſtatt mit den Händen, mit einem kleinen Rechen, der ſo lange iſt, als das Gitter breit und an einer Walze befeſtiget iſt, die durch Einſchnitte in der Mitte der Seitenwandungen des Kaſtens mit der Hand hin und her bewegt werden kann, zu welchem Behuf der Rechen oben einen Handgriff hat. Der untere Theil der Maſchine beſteht in dem bei der Reibraſpel beſchriebenen halbkreisförmigen Reibkaſten, in dem ſich zum ſchnelle⸗ ren und beſſeren Zerdrücken der Beere zwei Flügel mit Reiber befinden, auch ſtehen dieſelben außen an der Maſchine durch eine Kurbel mit dem Rechen ſo in Verbindung, daß, wenn der letztere zum Abbeeren der Trauben in Bewe⸗ gung geſetzt wird, die beiden Flügel gleichfalls arbeiten und dadurch nie einen größeren Vorrath an Beeren anwachſen laſſen.

8.229.

Durch das Abbeeren oder Raſpeln der Trauben ſoll in guten Weinjah⸗ ren ein möglichſt feiner, in minder günſtigen Weinjahren aber ein guter, an⸗ genehmer, jedenfalls nicht ſaurer Wein erzeugt werden. Soll dieſer Zweck aber vollſtändig erreicht werden, fo gehört dazu nicht nur ein ſorgfältiges Aus⸗ leſen der Trauben während der Leſe, ſondern dieſelben müſſen auch noch wäh— rend des Abbeerens auf dem Raſpelſieb einer Muſterung durch die Raſpler unterworfen und dabei jede faule, ungeſunde oder unreife Traube oder einzelne Beere derſelben entfernt und zu den Kämmen geworfen werden, weil bei der

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Leſe doch hie und da der Fall vorkommen wird, daß aus Unwiſſenheit oder Nachläſſigkeit der Leſer ſchlechte Trauben zu der guten Ausleſe kommen; eine Hauptſache iſt es daher, daß zu dem Raſpeln ein verſtändiger Mann genom⸗ men wird, der die Trauben genau kennt und das Raſpeln verſteht, damit während deſſelben, das entweder mit der Hand oder bei ſehr kalter Witterung mit einem kleinen, dünnen, kurz abgeſchnittenen Beſen, oder, wie oben bemerkt, auf mechaniſche Weiſe geſchehen kann, durch das ſtarke Drücken der Trauben nicht auch die unreifen Beere abgebeert werden. .

Ein weiterer Hauptzweck des Abbeerens oder Raſpelns der Trauben be— ſteht darin:

a. daß die Traubenbeere von den Kämmen befreit werden, damit der ſaure und bittere Saft der letztern beim Zertreten oder Zerdrücken der Trau— ben ſo wie bei dem Keltern nicht mit dem Traubenſafte gemiſcht wird, und

b. daß die an den einzelnen Trauben, beſonders in minder günſtigen Weinjahren, öfters befindlichen unreifen oder minder reifen Beere möglichſt dadurch ausgeſchieden werden, daß ſie bei dem leichten Umrühren mit den Händen ꝛc. als feſter ſitzend an den Kämmen hängen bleiben und mit dieſen zu dem Kammwein kommen.

Damit aber all dieſes gehörig erreicht wird, müſſen auch die Raſpeln und die damit in Verbindung ſtehende Vorrichtung zum Zerdrücken der Beere eine dem Zweck entſprechende Einrichtung haben, was nicht bei allen oben be— ſchriebenen Raſpeln der Fall iſt. 4

Die einfache Raſpel tft die minder koſtſpielige, leicht transportabel, kann auf jeden größern Zuber oder Kufe geſtellt werden, und es laſſen ſich bei derſelben, wenn damit das Zerdrücken der Beere in dem Tretzuber ver— bunden wird, alle Zwecke des Raſpelns leicht und ohne viel Umſtände errei— chen, ſie eignet ſich daher beſonders für den kleinen Weinbergbeſitzer und iſt auch im untern Neckarthale und in den Seitenthälern deſſelben, wo ein ratio— nelles Raſpeln unter dem Weingärtnerſtande am meiſten verbreitet iſt, vielfach im Gebrauche.

Bei der Doppelraſpel kann zwar das Zerdrücken der Beere und das Raſpeln nach einander durch eine Perſon und gründlicher beſorgt werden, als das Zerdrücken in dem Tretzuber, auch läßt ſich das Zerreiben der Beeren— häute bei der Bereitung des Rothweines durch öfteres Hin- und Herſchaffen der Trebermaſſe damit verbinden, die Arbeit iſt aber ſehr mühſam und geht nicht raſch von ſtatten, daher bei einer größeren Zahl von Leſern immerhin zwei Raſpler angeſtellt werden müſſen. Es vereinigt ſich jedoch damit große Reinlichkeit, auch iſt deren Anſchaffung, weil damit zugleich die Koſten des Tretzubers erſpart werden, nicht theuer und eignet ſich daher beſonders auch

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für den kleineren und mittlern Weinbergbeſitzer, der über die erforderlichen Arbeitskräfte verfügen kann.

Mit der Walzenraſpel geht das Abbeeren und Zerdrücken der Trau— benbeere ſchnell und leicht vor ſich, die Beere werden aber von derſelben nur gequetſcht und nicht zerrieben, daher beſonders bei der Bereitung rother Weine der Farbeſtoff während der Gährung aus den Häuten nicht ſo vollſtändig ausgezogen wird, wie beim Zerreiben derſelben. Auch iſt die Raſpel etwas ſchwerfällig zum transportiren, ziemlich koſtſpielig und erfordert einen Raſpler, der mit der Einrichtung derſelben bekannt iſt und die Walzen gehörig zu ſtel— len weiß. Sie dürfte daher beſonders größeren Weinbergsbeſitzern und ſol— chen zu empfehlen ſein, die hauptſächlich weiße Weine erzeugen.

Die verbeſſerte Reibraſpel mit Gitter gehört zu den beſſeren Raſpelmaſchinen und hat beſonders den Vorzug, daß durch dieſelbe die Trau— benbeere nicht blos zerdrückt, ſondern die Häute, wenn die Flügel und Reiber ſehr nieder geſtellt werden, mit etwa 1—3 Linien Zwiſchenraum, auch zerrie— ben werden, daher dieſelbe, da hiedurch der Farbſtoff durch die Gährung mehr ausgezogen werden kann, zu der Erzeugung von Rothweinen mit beſonderem Vortheil benützt werden kann.

Bei der Walzeuraſpel wird das Abbeeren der Trauben gegenüber von den übrigen Raſpeln in umgekehrter Weiſe vorgenommen, d. h. die Trau⸗ ben werden mit den Kämmen ohne Rückſicht, ob einzelne Trauben oder Beere ganz reif, halbreif oder unreif oder ſonſt ſchadhaft ſind, zuerſt zerdrückt und dann in dieſem Zuſtande von den Kämmen abgerieben, der oben ange— gebene Zweck des Raſpelns wird daher durch dieſelbe, wie bei der Reibraſpel ohne Gitter, in keiner Weiſe erreicht, auch bleibt an den Kämmen viel Saft hängen, der durch das Austrocknen derſelben für den Weinbergsbeſitzer größ— tentheils verloren geht, und bei der künſtlichen Einrichtung des Getriebes mit verſchiedenen Rädern kann an der Maſchine, beſonders bei ungeübten und un⸗ geſchickten Arbeitern, leicht etwas zerbrochen werden, das nicht ſchnell wieder zu repariren iſt, wodurch, zum großen Schaden des Beſitzers, das ganze Wein⸗ bereitungsgeſchäft ins Stocken gerathen kann. Sie hat deßwegen blos den Vorzug, daß das Zerdrücken der Trauben und Beere ſehr ſchnell vor ſich geht, und daß daher in möglichſt kurzer Zeit ein größeres Quantum Trauben vermoſtet werden kann, und nur für den größeren Weinbergbeſitzer in dem Falle einen Werth, wenn die Trauben vollkommen reif ſind, und wenn bei der Leſe derſelben das Schadhafte und Untaugliche mit Sorgfalt ausgeleſen wurde. Im Allgemeinen aber liefert ſie blos den Beweis, zu welchen ver— kehrten Anſichten der menſchliche Erfindungsgeiſt ſich verleiten läßt, und da dem Erfinder ein Patent ertheilt wurde, wie wenig die Sachverſtändigen, die

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darüker gehört wurden, den eigentlichen Zweck des Raſpelns ins Auge gefaßt oder richtig gewürdiget haben.

Die Reibraſpel hat neben dem, daß mit derſelben alle Einrichtungen einer guten Raſpel verbunden ſind, noch den Vorzug, daß bei derſelben das Abbeeren nicht mit den Händen, was beſonders bei kalter Witterung mit gro— ßer Beſchwerde verbunden iſt und zu einer übereilten nachläſſigen Arbeit führt, ſondern mit dem Rechen geſchieht, und daß mit dem Abbeeren zugleich das Zerdrücken oder Zerreiben, je nachdem die Reiber geſtellt werden, mit leichter Mühe erfolgt, auch die dabei in Anwendung kommende Mechanik ein— fach und leicht herzuſtellen iſt, nur dürfen bei der Handhabung des Rechens nicht zu viele Trauben auf das Gitter vorgezogen und nicht überſehen werden, daß während des Abbeerens mit dem Rechen die etwa noch vorkommenden unreifen oder ſonſt beſchädigten Trauben mit der einen Hand ausgeleſen und beſeitiget werden müſſen. Sie darf daher mit Recht als beſonders brauchbar und zweckmäßig empfohlen werden.

8. 230.

Das Raſpelu (Abbeereu, Abrappen) der Trauben kommt in Württemberg häufig vor (S. 81), und es ſind deßwegen dort auch die hier beſchriebenen Raſpeln hauptſächlich im Gebrauch, auch wird nach deu vielfach gemachten Erfahrungen bei den dortigen klimatiſchen und Bodeuverhältniſſen von den ab— geraſpelten Trauben ein viel feinerer und nicht ſelten weit geiſtreicherer Wein erzeugt, als von den mit den Kämmen gemoſteten Trauben, daher auch der ſogenaunte Beerwein gewöhnlich theurer als der andere bezahlt wird. In anderen beſonders aber milderen Weinbaugegenden, wie im Rheinthale, iſt das Raſpeln der Trauben weniger eingeführt, vielmehr wird demſelben von ein— zelnen Weinproduzenten der Vorwurf gemacht, daß der Wein durch daſſelbe weniger geiſtreich und weniger haltbar werde, als bei dem Zerdrücken und Keltern mit den Kämmen, was in einzelnen Fällen auch begründet ſein mag; da jedoch neuerer Zeit der Geſchmack der Wein-Conſumenten ſich mehr den jüngern, pikanten Weinen zugewendet hat, ſo dürfte es doch im Intereſſe der meiſten Weinproduzenten liegen, dieſem Geſchmacke durch die Erzeugung eines bald reifen und angenehmen trinkbaren Weines Rechnung zu tragen, indem die mit den Kämmen gekelterten Weine, beſonders wenn ſie zuvor an denſelben ganz oder theilweiſe vergohren haben, zwar mehr Haltbarkeit und weniger Neigung zum Krankwerden zeigen, dagegen in den erſten Jahren mehr hart und rauh und weniger angenehm zum Trinken ſind als die Beerweine. Bei der Frage, ob abgebeert werden ſoll oder nicht, hat mau jedenfalls auf verſchiedene Umſtände Rückſicht zu nehmen. In minder günſtigen, bejon: ders höher oder mehr nördlich liegenden Weinbaugegenden, oder auch in ein-

zelnen ungünſtigen Weinbergslagen, wo die Trauben ſelten zur Ueberreife kommen und alſo auch die Kämme noch vielen ſauren, gerbſtoffhaltigen Saft enthalten, wird das Abbeeren der Trauben für die Erzeugung eines guten Weins ſtets mit Vortheil verbunden und daher regelmäßig anzuwenden ſein. Der gleiche Fall wird eintreten in Weinbergslagen mit ſehr kräftigem, triebi— gem und etwas kühlem Boden, der ſtarke ſaftreiche Kämme treibt, die nicht ſo bald abdorren und dürr werden, mithin dem Weine, wenn ſie an den Tre— bern gelaſſen werden, noch viel von ihrem Säuregehalt mittheilen können.

In milden (niedern und geſchützten) oder mehr ſüdlich gelegenen Wein— baugegenden dagegen, wo eine vollkommene Reife der Trauben faſt regelmä— ßig und nicht ſelten Ueberreife eintritt, beſonders wenn damit auch noch ein magerer Sand» oder Kalkboden verbunden iſt, der keine allzukräftige Vegeta— tion aufkommen läßt, wird es, wie bereits bemerkt (S. 226), nicht unzweckmä⸗ ßig, vielmehr hie und da mit Nutzen verbunden ſein, wenn in guten Wein— jahren die Kämme an den Trauben gelaſſen und mitgekeltert werden, weil, wenn die Trauben ſehr reif ſind, auch die Kämme dürr werden und wenig Säure, aber immer noch Gerbſtoff beſitzen, den ſie dem Weinmoſte, der je mehr er Zuckerſtoff beſitzt, deſto weniger Gerbſtoff hat, mittheilen und dadurch zum ſchnelleren und beſſeren Niederſchlagen des Klebers beitragen können, doch wird auch hier eine vollſtändige Vergährung an den Trebern zu vermei— den ſein.

In minder günſtigen Weinjahren, wo die Trauben ſich in keinem ganz vollkommenen, reifen Zuſtande befinden, wird aber das Raſpeln der Trauben, damit der Wein nicht zu viel Säure bekommt, ſtets als Regel aufzuſtellen ſein.

Eine weitere Rückſicht bei dem Raſpeln der Trauben iſt auf die Gattung derſelben zu nehmen, indem namentlich an den rothen Weinen ein gewiſſer Gerbſäuregehalt geliebt wird, die demſelben beſonders in milderen und wär— meren Gegenden nur durch das Vergähren an den Kämmen in gehöriger Menge beigebracht werde, auch ſoll ſich die Farbe und das Bouquet an ſol⸗ chen Weinen ſtärker entwickeln, als wenn die Trauben geraſpelt werden. In ſolchen Fällen wird daher das Raſpeln der Trauben zu unterlaſſen, dagegen eine ſchnelle Gährung derſelben an den Trebern herbeizuführen ſein, weil der Wein ſonſt leicht doch einen allzu herben oder unangenehmen, ſogenannten Treber -Geſchmack bekommen könnte. Auch bei weißen Traubengattungen, welche viel Schleim, bei vollkommener Reife aber nicht viel Säure enthalten, werden die Kämme, weil durch dieſelben viele Schleimtheile niedergeſchlagen werden, eine gute Wirkung auf die Klärung und ſomit auch auf die Qualität des Weins ausüben, doch wird dieſes auch in den meiſten Fällen dadurch er— reicht werden können, daß man die gebeerten Trauben an den Trebern ver— gähren läßt.

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Was ſodann noch das Zerdrücken der Traubenbeere anbetrifft, jo muß dabei gleichfalls nicht nur nach §. 229 auf die Traubengattung, ſondern auch auf die Reife der Trauben Rückſicht genommen werden, indem bei minder rei- fen, beſonders weiße Trauben die Beerenhäute, damit der in denſelben be— findliche ſaure Saft möglichſt zurückgehalten wird, nicht zerrieben, ſondern die Beeren nur zerquetſcht werden dürfen, weßhalb bei den Walz- und Neibma⸗ ſchinen die Walzer und Reiber darnach geſtellt werden müſſen.

§. 231.

c. Die Behandlung und Aufbewahrung der zerdrückten Traubenbeere.

Das Treten oder Zerdrücken der Trauben geſchieht entweder bei der

Kelter, zu welchem Behuf dieſelben in Butten beigetragen, oder in beſonderen runden oder ovalen Zübern beigeführt und dann die zerdrückten Treber von dem Tretzuber oder der Raſpel ſogleich in die Standkufe (Bütte) geleert wer- den, oder das ganze Geſchäft erfolgt auf einem freien Platz in der Nähe der Weinberge, wo dann die Treber zunächſt in einen größern Zuber (Bergzuber, Berggölte) kommen und von hier in ſogenannten Lad- (Herbit-) Fäſſern 5 Kelter geführt und dort in die Kufe geleert werden.

Die Kufen ſowie überhaupt das ſämmtliche Herbſtgeſchirr muß vor dem Gebrauche einige Tage gewäſſert und die Reife angetrieben werden, um ver— ſichert zu ſein, daß daſſelbe waſſerdicht und nicht rinnig iſt, worauf es durch Auswaſchen zum Gebrauch hergerichtet wird. Auch nach dem Herbſt muß ſämmtliches Herbſt⸗ und Keltergeſchirr ſorgfältig aus- und abgewaſchen wer⸗ den, weil während des Gebrauchs in den Spalten und Poren des Holzes der Weinmoſt eindringt, und, wenn er durch Auswaſchen nicht entfernt wird, bald in Sauergährung übergeht, wodurch bei dem Einfüllen von Weinmoſt im nächſten Herbſt, demſelben leicht ein übler Geſchmack beigebracht werden könnte. Sehr zweckmäßig iſt es, wenn Kufen und Züber innerhalb mit guter Oelfarbe ſtark angeſtrichen werden, indem dadurch das Eindringen des Weinmoſtes in das Holz verhütet und das Reinigen erleichtert wird.

Um den Wein von der Kufe ablaſſen zu können, muß dieſelbe auf einer etwa 2 Fuß vom Boden entfernten Erhöhung ſtehen, wozu man entweder ein hölzernes Geſtell (Kreuz) oder ganz ſtarke Hölzer benützt, die quer auf vier gleiche Steine gelegt werden. Außerdem muß die Kufe mit einem Zapfloche verſehen ſein, das ſich entweder unten im Boden der Kufe, oder unten an einer Seitendaube, befindet. Im erſtern Falle erhält das Loch im Innern der Kufe einen langen Zapfen, der bis an den Rand der Kufe reicht und von Innen gezogen wird, wie an einem Waſchzuber, im zweiten Falle einen kur⸗ zen Zapfen von Außen, wie an einem Faſſe. Damit übrigens der Weinmoſt

rein, ohne Treber, ablaufen kann, muß, um die letzteren zurückzuhalten, vor das Zapfloch ein kleines Dornbüſchelchen gelegt werden, das bei einem langen Zapfen mittelſt Durchſtechen mit demſelben, bei einem kurzen Zapfen durch leichte Belegung mit einigen Steinen am Zapfloch feſt gehalten wird.

In der Bodenſeegegend iſt das Ablaſſen des Weines von der Kufe vor dem Keltern nicht eingeführt, weil man die ganze Trebermaſſe bald möglich auf die Kelter zu bringen ſucht und die Kufen keine Vorrichtung zum Ablaſſen ha- ben, es wäre jedoch gar nicht unangemeſſen, wenn auch hier Einrichtungen zum Ablaſſen des Weins und zum theilweiſen Vergähren an den Trebern getroffen würden, weil auf der einen Seite durch das Ablaſſen an den Trebern (Vor— laß) ein weit beſſerer Wein erzielt werden könnte, als bei dem Keltern des ganzen Quantums mit den Trebern, und auf der andern Seite dem Molzig⸗ und Schwerwerden mancher Weine, wie z. B. im Argenthal, durch das Ver— gähren an den Trauben begegnet würde.

Aehnliche Einrichtungen ſollen auch im Rheinthale, beſonders im Rhein⸗ gau vorkommen, wo man die Weintreber in kleinen Kufen (Bütten) aufbe⸗ wahrt, die häufig von alten durchſchnittenen Stückfäſſern gebildet werden und mit guten, ſchließbaren Deckeln verſehen ſind. Die Treber bleiben jedoch in denſelben nicht lange ſtehen, ſondern werden läugſtens binnen 12 Stunden mit allem Safte auf die Kelter gebracht, wobei vorausgeſetzt werden muß, daß faſt jeder Weinbergbeſitzer ſeine eigene Kelter beſitzt.

3. Das Keltern des Weinmoſtes. 232

Auf das Zerdrücken der Trauben folgt das Keltern derſelben oder der ſogenannten Weintreber. Unter demſelben verſteht man das Ausdrücken des an den Weintrebern befindlichen Traubenſaftes, der dann die Benennung Moft (Weinmoſt, ſüßer Wein) erhält.

Zu dieſem Ausdrücken oder Keltern des Weinmoſtes find verſchiedene Bor- richtungen, namentlich Kelterhäuſer und Preſſen, nothwendig, die wieder ſehr von einander abweichende Einrichtungen haben und daher einer näheren Be⸗ ſchreibung bedürfen.

a. Die Kelterheſäur. Die Kelter⸗(Torkel⸗) Häuſer und die in denſelben befindlichen Preſſen find entweder öffentliches Eigenthum und im Beſitze des Staats, von Grund⸗

herrſchaften oder Gemeinden, oder ſie ſind Privateigenthum und dienen nur zum Keltern des eigenen Weinmoſtes des Beſitzers oder werden auch, gegen

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Entſchädigung an Weinmoſt oder Geld, andern Weiubergbeſitzern zur Benützung überlaſſen.

Die Kelterhäuſer mögen nun aber im öffentlichen oder Privatbeſitz ſein, ſo ſollten dieſelben jedenfalls eine ſolche Einrichtung haben, daß in denſelben nicht blos die Preſſen aufgeſtellt, ſondern auch die Kufen untergebracht wer⸗ den können, damit die in denſelben aufbewahrten Weintreber von nachtheiligen Witterungseinflüſſen (Regen, Hitze, Sonnenſchein) möglichſt geſchützt werden können, indem, beſonders das Aufſtellen der Kufen unter freiem Himmel, wie es noch in vielen Weinbaugegenden vorkommt, wenn ſie auch Deckel haben, weil dieſe ſelten genau ſchließen und daher Regen und Hitze doch eindringen kann, auf die Qualität des Weins nicht ſelten einen ſehr ungünſtigen Einfluß ausübt. Aber auch in bedeckten Räumen ſollten die Kufen mit Deckel und zwar mit ſchließbaren und dieſe in der Mitte mit einem runden Loch zur Ein⸗ ſetzung eines Gährrohrs verſehen fein, indem dadurch nicht uur manche Dies bereien verhütet, und die Weintreber vor jeder Verunreinigung bewahrt wer- den, ſondern auch, wenn die Kelterung, beſonders in reichen Herbſten, nicht ſo ſchnell, als gewünſcht wird und nöthig wäre, vorgenommen werden kann, die beginnende Gährung des Weins in verſchloſſener Kufe vor ſich geht (§. 247). Die namentlich im Rheingau beſtehende Einrichtung, wornach jede Bütte (Kufe) einen hölzernen Deckel hat, der über den Rand der Kufe 1 Zoll hervorſteht und mit einer Schlempe, die Kufe aber mit einem Schließkloben verſehen iſt, ſo daß das Ganze feſt verſchloſſen werden kann, dürfte daher, wenn dabei eine Vorrichtung zum Ablaſſen des Weins von den Trebern angebracht wird, itber- all Nachahmung finden.

Bei der innern Einrichtung der Kelterhäuſer iſt hauptſächlich für Rein⸗ lichkeit und dafür zu ſorgen, daß dieſelben trocken und hell und genügenden Raum zu den Kufen und ſonſtigen Kellergeräthſchaften haben, daher es ſehr angemeſſen ſein wird, wenn dieſelben mit Steinplatten belegt und öfters ge— reiniget und die Wände und Decken mit Mauerſpeis gut vertüncht werden, indem ein gut hergeſtelltes und reinlich gehaltenes Kelterhaus auch einen gu⸗ ten Eindruck auf die Weinkäufer machen wird. N

In öffentlichen Kelterhäuſern, oder überhaupt in Keltern wo verſchiedene Weinbergbeſitzer ihr Erzeugniß keltern wollen, muß eine beſtimmte Ord⸗ nung eingeführt werden, nach welcher das Abkeltern ſtattfindet. Dieſelbe vich- tet ſich, wie die Leſe (8. 221), entweder nach dem Looſe oder nach der Zeit der Beendigung der Leſe oder nach der Anmeldung zum Keltern oder nach irgend einer andern beſtimmten Ordnung, wobei hauptſächlich darauf geſehen werden muß, daß das Abkeltern möglichſt befördert und daſſelbe bei einzelnen Weinbergbeſitzern nicht ſo lange hinausgeſchoben wird, daß die Weintreber in vollſtändige ſtürmiſche Gährung oder zuletzt gar in Eſſiggährung übergehen.

b. Die Preſſen.

Das Gewinnen des in den Weintrebern enthaltenen Saftes kann dadurch geſchehen, daß man dieſelben ſogleich nach dem Zerdrücken unter die Preſſe bringt und ausdrückt, oder daß man die Treber in einer Kufe aufnehmen, d h. durch die beginnende Gährung etwas in die Höhe ſchieben läßt, ſodann den unten ſich anſammelnden Weinmoſt durch das unten an der Kufe ange— brachte Zapfenloch abläßt, der den ſogenannten Vorlaß bildet, und ſofort nur noch die zurückbleibenden Treber auspreßt, die dann den Druck geben, der in der Regel herber und jtrenger und in ungünſtigen Weinjahren auch ſaurer als der Vorlaß iſt, daher hinſichtlich der Qualität zwiſchen Vor— laß und Druck häufig unterſchieden wird. Doch gibt der letztere, beſonders in guten Weinjahren, dem Weine mehr Haltbarkeit, und weil er viel Gerbſtoff hat, übt er auch auf den vollſtändigen Verlauf der Gährung eine gute Wir- kung aus, daher es in dem angeführten Falle nicht unzweckmäßig iſt, wenn der Moſt, der auf das erſte und zweite Drücken von der Kelter ablauft, mit dem Vorlaß gemiſcht wird.

Das Ausdrücken des in den Weintrebern enthaltenen Saftes erfolgt durch die Weinpreſſe. Die Einrichtung dieſer Preſſen iſt aber von ſehr verſchiedener Art, auch werden die Gattungen derſelben durch neue Erfindungen in der Mes chanik immer noch vermehrt, doch laſſen ſich dieſelben in der Hauptſache ab⸗ theilen in

die Baum⸗ oder Hebelpreſſen (Baumkelteru) und

die Kaſten⸗, Schrauben- oder Spindelpreſſen.

Die Einrichtung ſämmtlicher Preſſen beſtehen in dem Biet⸗ oder Preß⸗ raum, auf den die Treber aufgeſchüttetl werden, in den Preßgeräthſchaften, Preßkaſten, Preßbretter, Preßbalken (Bracken), welche die Trebermaſſe zuſam⸗ menhalten und auf dieſelbe aufgelegt werden, damit der Druck der Preſſe gleichförmig erfolgt, und in der zur Ausübung des Drucks eingerichteten Preſſe.

Die Abweichungen der einzelnen Preſſen von einander beſtehen in der Verſchiedenheit der ganzen innern Einrichtung oder einzelner Theile derſelben.

Die Eigenſchaften einer guten Weinpreſſe ſollen hauptſächlich darin be— ſtehen, daß die Trebermaſſe möglichſt gut ausgedrückt wird, das Auspreſſen ſchnell vor ſich geht, durch daſſelbe der ſaure unangenehme Saft in den Käm— men und Kernen nicht zugleich ausgedrückt und mit dem Traubenſafte vermiſcht wird, und daß dabei die möglichſte Reinlichkeit beobachtet werden kann, hienach iſt auch die Zweckmäßigkeit der Einrichtung der einzelnen Preſſen zu beur⸗ theilen.

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aa. Die Baum⸗ und Hebelpreſſen

auch Torkeln genannt, ſind wohl die älteſten und einfachſten Preſſen, weil mit denſelben auf einmal ſehr viel und möglichſt ſtark gepreßt werden kann.

Dieſelben beſtehen in einem breiten, aus eichenem Holz ausgehauenen Biet von 10—12 Fuß im Quadrat mit niedern Seitenwänden von höchſtens 1 Fuß Höhe (den Bietſchalen), die eine gemauerte oder von eichenem Holz konſtruirte Unterlage von 3—4 Fuß Höhe haben. Ju der Mitte dieſes Biets werden die Treber aufgeſchüttet und aus denſelben ein möglichſt viereckiger, etwas mehr länger als breiter Secker (Haufen) gebildet. Auf dieſen Secker werden zuerſt ſtarke Bretter und auf dieſelben die ſogenannten Kelterhölzer (Bracken) von 4—6 Zoll Breite, 2—3 Zoll Stärke und 4—6 Zoll Länge in viereckiger Form bis unter die Preſſe aufgeſetzt. Die letztere beſteht aus d—6 zuſammengefügten, gewöhnlich 30—40 Fuß langen eichenen Stämmen als Preßbalken (Hebel), die hinten auf einer Unterlage zwiſchen zwei aufrecht ſtehenden, in dem Boden gut befeſtigten Balken (Hinterdocken), vornen aber in einer hölzernen Spindel ruhen, die durch die Preßbalken durchgeht, und wodurch dieſelben entweder hinauf- oder herabgewunden werden können. Die Spindel iſt in den ſogenannten Vorderdocken befeſtigt, die entweder in einem großen hölzernen Roſte beſtehen, der 8—10 Fuß tief in den Boden gelegt und dort durch S.itenbalfen, ſowie durch Auffüllung mit Erde und Steinen befeſtigt wird, oder die Vorderdocken beſtehen in einem großen freihängenden Kaſten von Holz, der mit Steinen gefüllt iſt, ein Gewicht von 40-60 Cent: ner hat und in einer im Boden befindlichen Oeffnung von 8—10 Fuß Tiefe hängt. Wenn nun die Preßbalken vornen durch die Spindel in die Höhe ge- trieben werden, ſo ſenkt ſich der hintere Theil derſelben und wird dann dieſer durch einzuſchiebende Hölzer zwiſchen den Hinterdocken geſpannt, ſo daß er ſich nicht mehr in die Höhe heben kann und der vordere Theil durch die Spin- del herabgelaſſen, ſo wird dadurch ein außerordentlich ſtarker Druck auf die Bracken und auf die unter denſelben befindliche Trebermaſſe ausgeübt, ſo daß, wenn die Treber mehrmals umgearbeitet und neu aufgeſetzt werden, auch faſt der letzte Tropfen aus denſelben ausgepreßt wird.

Mit deu feſtſtehenden Vorderdocken kann man zwar ſtärker preſſen als mit den freihängenden, ſie laſſen aber in ihrer Kraft bald nach, ſowie die Trebermaſſe durch das Preſſen mehr zuſammengedrückt wird und nachgibt, daher ſie öfters angezogen werden müſſen, während die freihängenden ſtets einen gleichen Druck ausüben und immer fortpreſſen, ſo lange das Gewicht noch freihängt, daher ſie vor jenen in mancher Beziehung den Vorzug ver⸗ dienen. |

Im Allgemeinen find jedoch die Baumpreſſen viel zu ſchwerfällige Ma⸗

ſchinen, die viel Raum einnehmen und auf welchen man zwar ſehr viel preſſen kann, durch die man aber an einer ſorgſältigen Ausleſe und Sortirung häufig gehindert wird, weil ſich kleinere Quantitäten auf denſelben nicht gut preſſen laſſen, und weil auch das Preſſen ſelbſt etwas langſam von ſtatten geht, in— dem die Trebermaſſe nicht zwiſchen Seckerbrettern eingeſchloſſen iſt, ſondern frei auf dem Biet liegt und daher, ſo lange ſie noch breiartig iſt, durch den Druck von oben immer wieder aus einander gedrückt wird. Sie muß daher mehrmals aufgeſetzt werden, bis ſie einen gleichen viereckigen Secker bildet, der dann auf den vier Seiten mit einem ſcharfen Beile beh auen wird, ſo daß die Wände ſenkrecht ſtehen und wobei eine Menge von Kämmen und Kernen zerhauen und dadurch bei der außerordentlich ſtarken Hebelkraft der Preſſe auch das Ausdrücken des ſauren, herben und zuckerloſen Saftes von dieſen erleichtert, mithin die Weinqualität weſentlich verſchlechtert wird, wie denn auch der Weinmoſt des behauenen Seckers ſtets herber iſt, als des unbe⸗ hauenen. Außerdem kann der Saft, weil der Secker auf keinem durchlöcher⸗ ten Senkboden ruht, nur gegen die Seiten ausgedrückt werden, was den Nach- theil hat, daß das Preſſen dadurch gleichfalls aufgehalten wird und ungleich erfolgt, indem die unmittelbar unter den Preßbalken befindliche Maſſe weit ſtärker ausgepreßt wird, als die außerhalb an den Seiten befindliche, wodurch der äußere Theil des Seckers durch Behauen immer wieder gegen die Mitte geſchafft werden muß, und dadurch endlich auch der letzte Saft der, bei dem Treten mit beſchuhten Füßen ohnehin ſchon häufig zerquetſchten Kämme zum Ausdruck kommt.

Bei den Baumpreſſen könnte man übrigens dadurch noch Verbeſſerungen anbringen, daß man den Secker mit feſtſtehenden oder beweglichen durchlö⸗ cherten Seckerbrettern umgibt, insbeſondere aber, weil bei einem Druck von oben der Saft lieber gegen unten als gegen die Seiten ſich zieht, wenn man auf dem Boden des Biets durchlöcherte Senkbretter auflegen würde, wodurch de rAbfluß des Weinmoſtes weit leichter und ſchneller von ſtatten gienge, als bei der gegenwärtigen Einrichtung.

Die hier beſchriebenen Baumpreſſen ſind beſonders in Württemberg ein⸗ geführt, in andernWeinbaugegenden, wie z. B. im Rheinthale, ſind zwar auch Baumpreſſen im Gebrauche, aber kleinere mit nur 1—2 Hebeln (Eich⸗ bäumen) von 20—25 Fuß Länge und kleinerem Biet, bei welchen die ange⸗ führten Verbeſſerungen leichter anzubringen ſein dürften.

Hinſichtlich des Preſſens ſelbſt iſt bei der gegenwärtigen Baumkelterein⸗ richtung noch zu bemerken, daß anfänglich das Preſſen der Trebermaſſe nicht zu ſtark, ſondern langſam vorgenommen, mithin die Kelter nicht zu feſt zugezogen werden ſollte, weil ſonſt durch den ſtarken Druck die Seiten des Seckers ſich

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zu ſchnell dem Ausfluß des Saftes verſchließen, wodurch derſelbe gehemmt und das Keltergeſchäft weſentlich verzögert wird.

§. 234. bb. Die Kaſten⸗, Schrauben- oder Spindelpreſſen,

in manchen Weinbaugegenden auch Trotten genannt, unterſcheiden ſich von den unförmlichen Baumpreſſen dadurch, daß dabei die langen, ſchweren Eichbäume ganz wegfallen, die Treber in einem geſchloſſenen Raume, dem Preßkaſten, ſich befinden, und der Druck durch die über dem Preßkaſten befindliche Spindel unmittelbar auf die Trebermaſſe ausgeübt wird, wodurch das Ausdrücken der Treber in der Regel weit ſchneller vor ſich geht. Solche Preſſen ruhen auf einer Unterlage von ſtarkem Holz oder gemauerten Steinen von 2—3 Fuß Höhe, das Biet von ſtarken eichenen Dielen iſt nicht viel größer als der Preßraum, der mit einem feſtſtehenden oder auch in Einſchiebleiſten laufenden Mantel (Seckerbretter) umgeben iſt, deſſen einzelne Theile im letztern Falle, behufs der Reinigung des Biets, herausgenommen werden können und die, zur Beförderung des Ablaufs des Weinmoſtes, mit vielen etwas von oben gegen unten gebohrten Löchern verſehen ſind.

Zwei der Seitenbretter haben ſtarke, dicke Ohren, die durch die zwei andern Bretter geſteckt und außen durch Einſteckung von eiſernen Nägeln zu- ſammengehalten werden. Werden die Nägel herausgenommen, ſo kann der ganze Kaſten auseinander gelegt werden. Auf den Kaſten kann man in dem Falle, wenn man auf einmal viel preſſen will, noch einen Aufſatz von 4—6 Zoll Höhe ſetzen, der die gleiche Einrichtung wie der Kaſten hat.

In den, je nach der Kraft der Spindel 3—6 Fuß im Quadrat haltenden Preßraum werden die Treber geſchüttet, dieſelben ſofort mit ſtarken Kelter- brettern, die genau in den Preßraum paſſen, belegt, auf welche die Kelterhölzer und zuletzt der Preßblock kommen, auf die ſodann die oben in der Mitte des Preßkaſtens befindliche Spindel durch Zuziehen derſelben ihren Druck ausübt.

Die ganze Preſſe befindet ſich zwiſchen zwei ſtarken aufrecht ſtehenden Balken, die oben durch einen oder zwei Querbalken verbunden ſind, in welchem die Spindel mit ihren Gewenden lauft und durch Einſteckung von Querarmen zugezogen werden kann. Zwiſchen dem 5—8 Zoll hohen Rande des Biets und den Seckerbrettern befindet ſich eine ſchmale Rinne von 3—4 Zoll Breite, in welche von den durchlöcherten Seckerbrettern der ausgepreßte Weinmoſt lauft und von hier aus zu dem an dem vordern Theile der Preſſe befindlichen Aus- lauf kommt, wobei es zur Beförderung des ſchuellen Ablaufs ſehr zweckmäßig iſt, wenn der hintere Theil des Biets einige Zoll höher, als der vordere, oder wenn die Rinne vornen tiefer als hinten iſt.

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Dieſe Spindelpreſſen ſind dann unter ſich wieder ſehr verſchieden und können zunächſt abgetheilt werden, in Preſſen mit einer und mit zwei Spin— deln, welch' letztere hauptſächlich bei größeren Preſſen zweckmäßig erſcheinen, jedoch auch den Uebelſtand mit ſich führen, daß von den beiden Spindeln der Druck nicht immer gleichförmig ausgeübt wird, und daß in dieſem Falle, wenn nicht durch erfahrene Perſonen beide Spindeln gleich zugewunden werden, die— ſelben leicht Schaden nehmen, wodurch das ganze Preßgeſchäft aufgehal— ten wird.

Eine weſentliche Verbeſſerung bei den Spindelpreſſen iſt dadurch eingetre— ten, daß bei den neueren Preſſen die Spindel von Eiſen etwa 4—5 Fuß lang und 2—3 Zoll ſtark gefertigt und nicht mehr von oben zugewunden, ſondern durch das Biet und durch die zur Unterlage dienenden Hölzer geht und unten an der Außenſeite derſelben in einen Kopf endigt, der etwas in das Holz ein— gelaſſen iſt und mit demſelben durch eine Schraube oder auf andere Weiſe feſt verbunden wird, innen im Biet aber mit einer Platte umgeben iſt, damit der Moſt nicht durchrinnen kann. Die Spindel ſteht auf dieſe Weiſe ganz feſt, geht oben durch den Preßblock und iſt mit Gewenden verſehen, in welchen ſich eine ſehr ſtarke eiſerne Mutter befindet, die durch das feſte Zudrehen auf den Preßblock, die Kelterhölzer und Trebermaſſe drückt und dadurch gewiſſer— maßen einen doppelten Druck von oben und unten herbeiführt. In der Mut⸗ terſchraube befinden ſich runde Oeffnungen oder kurze eiſerne hohle Arme, in welche die hölzernen Arme zum Zudrehen der Schraube eingeſteckt werden. Die aufrechtſtehenden und Querbalken (Docken), in welchen nach der oben ent⸗ haltenen Beſchreibung die hölzerne Spindel lauft, fallen bei jener Einrichtung ganz weg. |

Will man den Ablauf des Weinmoſtes und das Ausdrücken deſſelben be⸗ fördern, jo iſt es ſehr zweckmäßig, wenn man nicht nur auf das Biet einen Senkboden auflegt, ſondern wenn man auch zwiſchen die Trebermaſſe einige Weidengeflechte oder dünne durchlöcherte, mit ſchmalen Hohlkehlen verſehene Bretter einlegt, wodurch der Druck in der Mitte des Seckers vermehrt und das Preßgeſchäft beſonders dann weſentlich erleichtert und befördert wird, wenn, nachdem der Preßraum zur Hälfte angefüllt iſt, die Maſſe kurz gepreßt, dann wieder ein Weidengeflecht oder ein Senkboden aufgelegt und jo fortgefah- ren wird, bis der Preßraum ganz angefüllt iſt, wo dann erſt das eigentliche Preſſen beginnt.

Dieſe Spindelpreſſen ſind in der neueſten Zeit vielfach abgeändert und theils durch einfache, theils mehr künſtliche Einrichtungen angeblich verbeſſert worden. Von dieſen verbeſſerten Preſſen verdienen die von dem Mechanikus Klein in Cannſtatt angefertigten Schnellpreſſen eine beſondere Erwähnnng, indem dieſelben nach den in verſchiedenen Keltern Württembergs gemachten

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Erfahrungen, wirklich ſehr gute Dienſte leiſten und auf denſelben ſich noch einmal ſo viel als auf den alten Baumpreſſen keltern läßt. Sie haben zwei Spindeln und unterſcheiden ſich von den gewöhnlichen Preſſen haupſächlich dadurch, daß durch einen eigenthümlichen und ſinureichen Mechanismus die beiden Schraubenmuttern ſo in Bewegung geſetzt werden, daß dieſelben den Preßbalken zu gleicher Zeit und mit gleicher Stärke niederdrücken, wodurch ein gleichförmiger Druck und zugleich ein ſchnelles vollſtändiges Auspreſſen des Seckers bewirkt wird.

Das Ganze wird durch ein auf der Seite der Preſſe befindliches Rad in Bewegung geſetzt, wodurch zugleich das Keltergeſchäft ſehr erleichtert und vereinfacht wird. Eine nähere Beſchreibung dieſer Schnellpreſſe mit Zeich⸗ nung enthält das Hohenheimer Wochenblatt für Haus- und Landwirthſchaft von 1845 Nr. 19 Seite 103.

Bei ſämmtlichen Spindelpreſſen hört jedoch der Druck auf die Treber⸗ maſſe mehr oder weniger auf, ſobald dieſelbe durch die Preſſe mehr zuſam⸗ mengedrückt wird und keinen Widerſtand mehr leiſtet, daher dieſelben immer wieder feſter zugezogen und die Trebermaſſe öfters umgearbeitet werden muß. In dieſem Falle kann auf denſelben ſchneller als auf den Baumpreſſen und auch kleinere Quantitäten gepreßt werden, daher die Anſchaffung einer eigenen Preſſe für jeden größeren Weinbergbeſitzer ein Haupterforderniß iſt, indem er nur dadurch in Stand geſetzt wird, zu jeder Zeit für die rechtzeitige Auskelte⸗ rung ſeines Weinerzeugniſſes Sorge zu tragen.

A 235. cc. Hydrauliſche Preſſen, Art des Preſſens.

Neben den hier angeführten Preſſen können auch noch hydrauliſche Prei- ſen zum Ausdrücken des Weinmoſtes verwendet werden, wie dieſes auf den herzoglich Naſſauiſchen Domanialgütern zu Wiesbaden und Rüdesheim der Fall ſein ſoll, bei der komplicirten Einrichtung derſelben ſind ſie aber nicht nur ſehr koſtſpielig, ſondern erfordern auch viele Reparationen, weil ſie nur kurze Zeit verwendet werden können und daher bei denſelben während der langen Unthätigkeit von einem Herbſt zum andern der Cylinder leicht eiuroſten und das Lederwerk unbrauchbar werden kann, wodurch vor jedem Herbſt die Preſſe durch einen Sachverſtändigen auseinandergelegt und zum Gebrauche hergerichtet werden muß.

Die Preſſen ſollen zwar ſehr gut, raſch und rein auspreſſen, werden aber jedenfalls nur für größere Weinbergbeſitzer taugen, die Gelegenheit haben,

dieſelben zum Gebrauche ordentlich herrichten und, ſowie etwas daran zerbricht,

ſogleich wieder repariren zu laſſen. Das Auspreſſen der Weintreber und die Anwendung von Prefjen dabei

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iſt übrigens nicht in allen Weinbaugegenden eingeführt, indem dieſelben in jüplichen Ländern bei dem reichen Ertrag, den dort die Reben gewähren, häu— fig ganz unbekannt ſind. Man zapft dort den Wein blos von den etwas aus— genommenen Trebern ab und verwendet den Reſt, wie im ſüdlichen Frankreich, zur Branntwein⸗Weingeiſt⸗) Fabrikation oder man überſchüttet die Treber mit Waſſer und gewinnt daraus einen Nachwein, der zum eigenen Gebrauche des Winzers verwendet wird.

Hie und da, wie in einzelnen Gegenden von Ungarn, werden die Treber nach dem Ablaſſen in Säcke von Bindfaden gefüllt und der Saft in denſelben ausgetreten oder in kleinen Preſſen ausgedrückt. Solche Säcke würden, nach den angeſtellten Proben, auch auf unſern Baumpreſſen, beſonders wenn man den Weinmoſt nicht lange über den Trebern ſtehen laſſen will, gute Dienſte leiſten, indem die Trebermaſſe mehr zuſammengehalten und dadurch, ſo wie wenn man zwiſchen die einzelnen Lagen der Säcke Weidengeflechte legen würde, das Keltergeſchäft ſehr befördert werden könnte.

4, Die Erzeugung verſchiedeuer Gattungen von Weinmoſt und Prüfung deſſen Qnalität §. 236.

Die bei der Weinleſe und Kelterung der Trauben aufgeſtellten Grund— ſätze beziehen ſich auf die Weinerzeugung im Allgemeinen, wie aber ſchou bei der Anlage eines Weinberges der rationelle Weinzüchter ſich entſcheiden muß, welche Gattung von Wein er erzeugen will (S. 84), jo muß dieſes auch bei der Weinleſe (S. 223), ſowie vor und bei der Kelterung geſchehen, indem ſein Hauptaugenmerk ſtets darauf gerichtet ſein muß, aus ſeinem Traubenerzeugniß einen möglichſt guten und edlen Wein zu gewinnen.

Die Weine werden zunächſt in weiße und rothe Weine eingetheilt und die erſteren aus weißen, die letztern aus blauen oder ſchwarzen Trauben dadurch erzeugt, daß man den Weinmoſt an den Trebern (Traubenbeeren, Hülſen) vergähren läßt, wodurch die unter und in den Häuten der Beere befindliche rothe Farbe ausgezogen und dem Weine mitgetheilt wird, worüber unter der Abtheilung Gährung das Weitere abgehandelt werden wird. Man könnte bezüglich der Farbe auch noch eine dritte Sorte von Weinen aufſtellen, näm— lich die gelben Weine, die aus hellrothen Trauben (Velteliner, NRothurban) gewonnen werden, dieſelben werden aber gewöhnlich zu den weißen Weinen gerechnet, weil ſich die gelbe Farbe mit dem Alter immer mehr verliert, während die weißen Weine, beſonders wenn ſie etwas an den Trebern ver— gohren haben, im Alter eine in's Gelbliche gehende Farbe annehmen, wodurch zwiſchen beiderlei Weinen kein großer Unterſchied mehr ſtattfindet.

Nicht immer will man aber aus blauen Trauben rothe, ſondern häufig

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auch weiße Weine erzeugen, wie zur Fabrikation mouſſirender Weine, auch können nicht in allen Jahren aus blauen Trauben, beſonders aus ſpät reifen⸗ den, ganz dunkel- (dick⸗) rothe und dabei angenehme Weine erzeugt werden, indem in minder günſtigen Weinjahren der Farbſtoff in den blauen Trauben ſehr häufig nicht ſehr ſtark entwickelt iſt, ſo daß, wenn der blaue Duft hin— weggenommen iſt, die Beerenhaut mehr roth als blau ſieht, auch hat der Saft gewöhnlich einen mehr ſäuerlichen und herben als ſüßen Geſchmack, wo⸗ durch aus ſolchen Trauben nur wenig Farbſtoff ausgezogen werden kann, ſo daß der Wein mehr eine hellrothe Farbe und dabei einen harten, ſelten aro— matiſchen und angenehmen Geſchmack erhalten würde. In ſolchen Fällen iſt es daher angemeſſener, wenn aus den blauen Trauben weiße Weine erzeugt werden, wie dieſes auch in Weingegenden, wo vorzüglich rothe Weine produ— zirt werden, namentlich in Burgund, häufig vorkommt.

Bei der Erzeugung von weißen Weinen aus blauen Trauben dürfen die— ſelben weder abgebeert noch zerdrückt werden, ſondern die Trauben kommen ganz mit den Kämmen auf die Kelter und werden hier ein- bis zweimal ge— preßt, jo daß der Saft ganz weiß oder kaum etwas röthlich gefärbt ablauft, was ſpäter bald in's Gelbliche übergeht. Dieſer weiße Wein hat, wenn er aus ganz reifen und ausgezeitigten Trauben ausgepreßt wird, einen ſehr fei— nen, ſüßen und angenehmen Geſchmack, der auch nach der Gährung ſehr milde und bald trinkbar, aber weniger haltbar iſt und weniger Arom und Geiſt hat, weil durch das angegebene Preſſen hauptſächlich die mehr wäſſerigen Theile der Beere ausgedrückt werden, ein Theil des Zuckerſtoffes ſo wie das in den Zellgeweben und zum Theil in den Beerenhäuten befindliche Gewürz der Trauben in den noch nicht vollſtändig ausgepreßten Trebern zurück bleibt.

Ein ſolches Verfahren oder wenigſtens ein einmaliges Preſſen dürfte auch bei großbeerigen blauen Trauben, die verhältnißmäßig mehr weißen Saft als Farbſtoff beſitzen, angewendet werden, indem dadurch aus dem Reſt der Tre— ber ein deſto dunklerer rother Wein gewonnen werden könnte. Der Reſt der Treber wird dann in einem wie in dem anderen Falle mehrmals getreten oder geſtampft und ſofort der Gährung überlaſſen, worauf er, wenn dieſe vollendet iſt, erſt nochmals auf die Preſſe gebracht wird. Sind die Treber nach dem erſten Preſſen zu trocken, ſo kann, nach dem Stampfen derſelben, etwas ge— ringer rother oder auch weißer Weinmoſt denſelben beigegeben werden, indem man auch im letztern Falle immer einen ſchönen rothen Wein erhalten wird.

Aus dem angeführten Grunde iſt es, wenn man aus blauen Trauben lauter rothe Weine gewinnen will, von hohem Werthe, daß das Fleiſch und die Häute derſelben möglichſt zerdrückt und zerrieben werden, damit alle Theile derſelben ſich leicht auflöſen, indem nur dadurch mittelſt der Gährung alle Farb⸗ Gewürz und Zuckerſtoffe vollſtändig aus denſelben ausgezogen

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werden, in welchem Falle der daraus zu entwickelnde Wein ſich ſehr vortheil— haft durch Körper, Geiſt und Gewürz vor dem blos aus ausgedrückten Trau— ben gewonnenen Wein auszeichnen wird.

Man darf deßwegen auch von dem auf ſolche Weiſe zubereiteten Wein Vorlaß und Druck nicht beſonders thun, ſondern es muß, wenn der Wein in mehrere Fäſſer kommt, der Druck unter dieſelben ganz nach Verhältniß des Vorlaſſes vertheilt werden, zu welchem Behuf kein Faß ganz, ſondern höch— ſtens nur zu / mit Vorlaß angefüllt werden darf.

Befinden ſich aber die Trauben in keinem ganz gereiften Zuſtande, ſo wird es, je mehr ſie ſich von der vollſtändigen Reife entfernen, wenn keine ganz pünktliche und ſorgfältige Ausleſe vorgenommen werden will, ſowohl bei blauen als weißen Trauben am angemeſſenſten ſein, wenn dieſelben ganz auf die Kelter gebracht und nur ſo weit ausgepreßt werden, als der Saft noch einen entſprechenden Zuckergehalt entwickelt, indem dadurch, wenn auch etwas leichter, doch immer noch angenehme und bald trinkbare Weine gewonnen wer— den können, wogegen der noch weiter ausgedrückte, meiſt ſaure und herbe Moft mit dem erſten nicht vermiſcht werden darf, ſondern beſonders eingekellert werden muß oder zu einem Nachwein verwendet werden kann.

e

Wenn nun in manchen Jahren die Weinbereitungsmethode von dem Reifegrad der Trauben und von der zu erwartenden Weinqualität abhängt, To iſt es für jeden Weingärtner von beſonderem Intereſſe, ſchon vor dem Herbſte die zu hoffende Weinqualität möglichſt genau kennen zu lernen.

Die allgemeinen von den Witterungsverhältniſſen abhängenden Anhalts⸗ punkte werden am Schluſſe beſonders zuſammengeſtellt und dabei die Anwen— dung auf den Wein näher abgehandelt werden, ein vorzügliches Mittel, die Weinqualität von jeder einzelnen Weinberglage zu ermitteln, beſteht aber in der Weinmoſtwage, die kein ſorgfältiger Weinzüchter entbehren kann.

Die Moſtwage beruht auf dem allgemein bekannten Prinzipe, daß, wenn man einen feſten Körper auf eine Flüſſigkeit bringt, derſelbe unterſinkt, weun er ſchwerer, auf derſelben aber ſchwimmt, wenn er leichter iſt. Im letztern Falle verdrängt er, im Verhältniß ſeiner Schwere, eine größere oder kleinere Menge der Flüſſigkeit, oder er taucht mehr oder minder tief ein. Dieſes Ein- keit, indem eine ſchwerere, dichtere Flüſſigkeit dem ſchwimmenden Körper einen größeren Widerſtand entgegenſetzt, d. h. je dichter eine Flüſſigkeit iſt, deſto weniger ſinkt ein leichter Körper in dieſelbe ein. Da nun der Weinmoſt, ver— möge ſeines Zuckergehalts, ſchwerer und dichter als das Waſſer iſt, von dem größeren oder geringeren Gehalt an Zucker aber die Güte des Weinmoſtes

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abhängt, ſo beruht darauf die Einrichtung der Moſtwage, um bei dem mehr oder mindern Einſinken derſelben auf den größeren oder geringeren Zuckerge⸗ halt des Moſtes ſchließen zu können.

Die Moſtwage beſteht aus einer hohlen Kugel (Schwimmer), damit die Wage in der Flüſſigkeit nicht unterſinkt, unten mit einem kleinen Stiefel, um das gleichförmige ſenkrechte Schwimmen derſelben in der Flüſſigkeit zu bewir⸗ ken und oben mit einem dünnen 1—1¼ Zoll langen Stänglein oder einer Röhre, an der der Punkt, bis zu dem die Wage im Waſſer einſinkt, mit einem Strich und mit einer Null bezeichnet wird, oben aber muß dieſelbe mit einer Nadel— ſpitze verſehen ſein, in die Gewichte eingeſetzt werden können. Dieſe Gewichte müſſen von der Beſchaffenheit ſein, daß das kleinſte mit 1 bezeichnet gerade /1000 vom Gewicht der Wage beträgt.

Wenn man nun das ſpezifiſche (eigenthümliche, verhältnißmäßige) Gewicht des Waſſers zu 1000 Gewichtseinheiten (Graden) annimmt und man das Ge- wicht des Weinmoſtes gegenüber vom Waſſer erfahren will, ſo muß man, weil der Moſt ſchwerer iſt als das Waſſer und die Wage daher in denſelben nicht bis zum Nullpunkt einſinken wird, jo viele Gewichtchen aufſetzen, bis das Ein— ſinken zu dem gedachten Punkte erfolgt. Die Zahl der aufgeſetzten Gewichts— theile zeigt dann an, um wie viel Gewichtseinheiten der Moſt ſchwerer iſt als das Waſſer, oder in welchem Verhältniß das Gewicht einer gewiſſen Menge Moſt zum Gewicht einer gleich großen Menge Waſſer ſteht. In der Natur- lehre beſteht nämlich der Satz,, daß, wenn ein Körper in einer Flüſſigkeit ſchwimmt, die von ihm aus der Stelle gedrängte Flüſſigkeit gerade ſo viel wiegt, als er ſelbſt, woraus folgt, daß wenn die Moſtwage, welche 1000 Ge— wichtseinheiten wiegt, im Waſſer bis zu dem Nullpunkt an der Röhre ein⸗ ſinkt, eine Waſſermenge, welche ſo viel Raum einnimmt als die Moſtwage bis zu dem Nullpunkt, auch 1000 Gewichtseinheiten wiegt. Wenn man nun bei einem Moſt z. B' 80 Gewichtseinheiten auflegen muß, bis die Wage auch hier bis zum Nullpunkt einſinkt, ſo folgt daraus weiter, daß ſich das Gewicht des Weinmoſtes zu demjenigen des Waſſers wie 1080 zu 1000 verhält, oder daß eine gleiche Menge Moſt 1,080 ſchwerer als eine gleiche Menge Waſſer iſt, d. h. der Moſt wiegt abgekürzt 80 Grade ſchwerer als das Waſſer. Dieſes ſtärkere Gewicht wird hauptſächlich durch den Zuckergehalt des Moſtes her⸗ beigeführt, ſo daß alſo die Zahl der aufgelegten Einheitsgewichte oder die Grade zugleich den Zuckergehalt des Moſtes anzeigen, wobei die Einheit einem fünftels Procent des im Weinmoſte enthaltenen Zuckers entſpricht, ſo daß 1 Procent ( = 5 Grade) etwas mehr als 1 Pfd. oder 5 Procent ungefähr 6 Pfd. Zucker in dem württ. Eimer gleichkommen. (Anmerkung 11.)

11. Anmerkung. Nach angeſtellten Unterſuchungen nimmt mit der Schwere

385

Je weniger ein Weinmoſt, mithin über das Gewicht des Waſſers wiegt, deſto geringer iſt er, jo daß nach §8. 269 ein Weinmoſt von 55—65 Graden zu den geringen, von 66— 76 zu den mittlern, von 77—85 zu den guten, ein Weinmoſt unter 55 Graden aber zu den ganz geringen gehört, der nur aus unreifen ſauren und zum Theil noch harten Trauben gewonnen wird.

Eine andere, aber auf die gleichen Grundſätze gebaute, jedoch zum Ge— brauche einfachere Moſtwage hat die Einrichtung, daß entweder der Stiefel durch ſeine eigene Schwere oder daß unten an demſelben durch ein Gewende ein Gewichtchen angehängt wird, durch das die Wage in klarem Waſſer bis 50 Graden einſinkt. Das Einſinken bis zu dieſem Punkt iſt oben an dem Stänglein mit einem Strich und mit der Zahl 50 bezeichnet, von wo an auf demſelben gegen die Kugel eine Scala mit Graden bis zu 100 angebracht iſt, auf der jeder Grad, wie bei den Gewichten, die Zunahme des Moſtes um 5 Procent Zucker anzeigt. Wird nun dieſe Wage in den Weinmoſt gebracht, ſo wird ſie, je dichter und zuckerreicher derſelbe iſt, deſto weniger in denſelben einſinken und dadurch die Grade ſeines Zuckergehalts anzeigen.

Solche Moſtwagen ſind urſprünglich und zwar erſtere auf Veranlaſſung der württembergiſchen Weinverbeſſerungsgeſellſchaft durch den Mechanikus Kin— zelbach in Stuttgart, letztere durch den Mechanikus Oechsle in Pforzheim ge—

des Moſtes auch der Zuckergehalt zu, fo daß in 1000 Pfd. = 1000 Einheiten von 75 Graden an, der Zuckergehalt bei 5 Graden (1 Procent) je um - 1°/ı Pfd. ſteigt. Im Allgemeinen wird man aber annehmen dürfen, daß der Zuckergehalt von unſern vorzüglichſten Traubengattungen (Rießling, Traminer ꝛc.) in den beſten Jahren höch— ſtens 28-30 Procent, mithin derjenige von gewöhnlichen guten Weinen nur 18—24 Procent beträgt, während derſelbe in ſüdlichen Gegenden nicht ſelten 50 Procent er— reicht. Demnach würde ein württembergiſcher Eimer Moſt à 160 Maas = 320 Fla⸗ ſchen von 80 Graden an Zucker enthalten:

5 Procent = 25 Grade = 6—9 Pfd. Zucker, mithin

80 Grade 19-28 ½½ Pfd. und da der Eimer Wein durchſchnittlich 700 Pfd. (altes, nicht Zollgewicht) hat, und das ſpezifiſche Gewicht eines guten Weins gegen- über von Waſſer (= 1000) 0,991, dasjenige eines guten Weinmoſtes 1,085 beträgt, ſo wird man das Gewicht eines Eimers Weinmoſtes wohl zu 775 annehmen dürfen, thut

7% mal = 147 ½ bis 220% Pfd. oder wenn man 18-294 Procent Zuckergehalt annimmt = 139½ bis 186 Pfd.

Nach einer von Profeſſor Fehling und Marx in Stuttgart auf chemiſchem Wege angeſtellten Unterſuchung des Zucker- und Säuregehalts des Weinmoſtes, erſteres mit- telſt einer Kupferlöſung, letzteres durch Säftigung des Saftes mit kohlenſaurem Nat⸗ ron und deſſen Vergleichung mit dem Gewicht nach der Moſtwage haben ſich nach dem Hohenheimer land- und forſtwirthſchaftlichen Wochenblatt von 1858 Nro. 5 S. 27 folgende Reſultate ergeben:

25

. -

386

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Zuckergehalt

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Säuregehalt in 100 Zuckergehalt

in 100

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| Säuregehalt |

Grade der Weinmoſtwag

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in 100

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387

fertiget worden, und ſind nun unter dem Namen dieſer erſten Anfertiger in den Gebrauch gekommen. Da jedoch der ſüße Weinmoſt neben Zucker und Waſſer auch noch manche andere Subſtanzen enthält, wie dicker Schleim, Säuren, Theile von Beerenhäuten, Kerne ꝛc., die denſelben gleichfalls verdich— ten und das Einſinken der Wage hindern, ſo muß derſelbe vor dem Wägen von allen dieſen Unreinigkeiten möglichſt gereinigt und zu dieſem Behuf ent— weder durch feine Leinwand oder durch Fließpapier filtrirt werden, oder man läßt denſelben in einem Glaſe einige Zeit ſtehen, bis ſich die fremden Be— ſtandtheile geſetzt haben und der Moſt möglichſt hell iſt. Trüber, dicker Moſt wird nie ein ſicheres Reſultat geben. Auch auf die Traubengattung darf einige Rückſicht genommen werden, indem der Moſt von ſchleimigen Trauben, wie vom Sylvaner, immer etwas mehr als von andern Trauben wägen wird, daher bei ſolchen der Schleim ꝛc. mit möglichſter Sorgfalt zu entfernen iſt. Außerdem muß der Moſt noch ganz ſüß ſein und darf durchaus noch keine Zeichen der Gährung beſitzen, weil ſonſt ſein Gewicht weit geringer iſt, auch muß die Moſtwage ganz rein ſein, daher ſie nach jedem Wägen mit einem feinen Tuche zu reinigen und zu trocknen iſt, weil jede Unreinigkeit Einfluß auf das Ge— wicht hat. Der Moſt ſelbſt ſoll eine Temperatur von 12—14 Graden nach Reaumür (der gewöhnlichen Zimmerwärme) haben, für welche Temperatur die angeführten Weinwagen ausgearbeitet ſind, denn jeder Körper wird durch Wärme ausgedehnt und dadurch leichter, durch Kälte dagegen ſchwerer, ſo daß, weil auch die Kälte und Wärme auf das Gewicht des Moſtes Einfluß ausübt, indem je kälter derſelbe iſt, deſto mehr ſteigt das Gewicht, bei ſehr kaltem Moſt immerhin, je nach der Temperatur, 1—2 Grade in Abzug ge— bracht werden dürfen. i

Wenn nun auch die Moſtwagen die künftige Qualität des Weins nicht immer ganz genau anzeigen, weil auf dieſelbe auch noch andere Gegenſtände, namentlich aber der Säuregehalt und die gewürz- und bouqueterregenden Sub⸗ ſtanzen einigen Einfluß ausüben, ſo geben dieſelben doch einen Hauptbeſtandtheil des Moſtes, den Zuckergehalt oder den geiſtigen Gehalt des künftigen Weins ziemlich genau an, daher ſolche allgemeine Verbreitung verdienen.

Außer den angeführten ſind übrigens auch noch verſchiedene andere Moſt⸗

Hienach würde ſich bei dem württembergiſchen Eimer Weinmoſt berechnen, wenn das Gewicht deſſelben zu 775 Pfd. angenommen wird: der Zuckergehalt

bei dem geringſten von 64 Grade und 14 Proc. Zucke 108% Pfd.

bei den beiten von 95 Graden und 27 Procernn 209½ Pfd. der Gehalt an freier Säure,

bei den geringſten à 1,46 Procent oder 14,60 Promille . 14% Pfd.

bei den beiten à 0,51 Procent oder 5,40 Promille 4% Pfd⸗

2.

wagen im Gebrauch, die, weil ihnen eine andere Eintheilung zu Grund liegt, öfters ein von den angeführten Wagen ſehr verſchiedenes Gewicht haben, wo— durch mancher Wein für gering erachtet werden und dem Verkäufer weſent— lichen Schaden bringen kann, während dieſes blos von der Wage herkommt; es wäre daher ſehr angemeſſen, wenn in allen Orten, in welchen ſich öffent— liche Keltern befinden, eine gute Kinzelbach'ſche oder Oechsle'ſche Moſtwage angeſchafft würde, damit ſich nicht nur jeder Verkäufer und Käufer derſelben bedienen kann, ſondern es würde auch ſehr zum Rufe eines Weinortes beitra- gen, wenn von jedem Weinmoſt, der zur Kelterung kommt, das Gewicht, ſo lange er noch ſüß iſt, amtlich erhoben und in ein beſonderes Buch zur Notiz für Käufer und Verkäufer ſo wie zu Vergleichungen mit künftigen Jahren ein— getragen würde. Außerdem würde eine ſolche öffentliche Controle der Wein— qualität ſehr und mehr als jede andere Veranſtaltung oder Aufmunterung da— zu beitragen, daß nicht nur eine ſorgfältige Ausleſe des guten und geringen Gewächſes vorgenommen wird, weil kein Weingärtner einen Moſt mit geringem Gewicht würde haben wollen, ſondern Unterſchleife, Betrügereien und Ver— fälſchungen des Moſtes würden auch in den meiſten Fällen verhütet werden können.

§. 238.

Neben dem Zucker hat auch eine gewiſſe Quantität von Säure einen weſentlichen Einfluß auf die Qualität des Weins, die Unterſuchung des Säure— gehalts des Weinmoſtes bietet daher umſomehr ein beſonderes Jutereſſe dar, als die öfters vorzügliche Süße mancher Traubengattungen, wie „B. beim Sylvaner, nicht blos von dem ſtarken Zucker-, ſondern theilweiſe auch von dem geringen Säuregehalt herkommt.

Von dem letztern hängt aber hauptſächlich auch die künftige Ausbildung des Weins ſowie deſſen Haltbarkeit ab, indem, je weniger der Wein eine ent- ſprechende Quantität Säure hat, deſto weniger Haltbarkeit wird er auch zeigen, wie wir an manchen ſüdlichen Weinen wahrnehmen.

Nach den angeſtellten Unterſuchungen ſollten gute und angenehm trinkbare Weine wenigſtens und höchſtens 7 Promille freie Säure haben, Weine, welche weniger haben, nähern ſich mehr den ſüßen Weinen, diejenigen, die mehr haben, mehr den ſäuerlichen, herben oder ſauren Weinen. Da nun der Säure— gehalt des Weinmoſtes durch die Gährung ſich nicht verändert, ſondern höch— ſtens / Promille durch die in demſelben enthaltenen unorganiſchen Stoffe ausgeſchieden wird, ſo läßt ſich vom Säuregehalt des Moſtes auch auf die— jenige des künftigen Weins und deſſen Qualität ſchließen, wie oben in der in Anmerkung 11 enthaltenen Zuſammenſtellung und Berechnung nähere Nachweiſung gegeben wurde, nach welcher der Weinmoſt von dem ſchlechten

389

Jahrgang 1850 1,46 Procent oder 14,6 Promille Säure euthielt, während dieſelbe bei dem Weinmoſt von dem guten Jahr 1857 blos 0,54 Procent oder 5,4 Promille betrug.

Die Ermittlung des Säuregehalts geſchieht entweder, wie oben bemerkt wurde, auf chemiſchem Wege, oder mittelſt eines Säuremeſſers, wobei man ſich entweder des von Profeſſor Otto in Braunſchweig oder des von Mecha— nikus Geisler in Bonn erfundenen Säuremeſſers bedienen kann, die in Dr. Ludwig Galls praktiſcher Anleitung ſehr gute Mittelweine aus unreifen Trau- ben zu erzeugen, dritte umgearbeitete Auflage S. 166 und 169, Trier 1854, näher beſchrieben ſind.

5. Die Gährnug des Weinmoſtes. 238,

So lange die in §. 218 näher beſchriebenen Beſtandtheile der Traube noch in der Beerenhaut eingeſchloſſen und durch dieſelbe, ſowie durch die zum Theil wachsartigen Beſtandtheile derſelben von der Luft abgeſchloſſen werden, geht keine weſentliche Veränderung mit denſelben vor, ſowie aber das organiſche Leben der Traube und der Beere aufhört, letztere zerdrückt und dadurch deren Saft mit der Luft und insbeſondere mit dem Sauerſtoff derſelben in Berüh— rung geſetzt wird, ſo wird dieſelbe, wie jeder todte, organiſche Kör— per, weſentlich verändert, es tritt in dem Traubenſafte nach und nach eine Bewegung ein, wobei ſich kleine Luftbläschen an der Oberfläche des— ſelben zeigen, der ſchon vorher nicht ganz klare Saft wird trüber, die gröberen Schleimtheile heben ſich und bilden eine Decke auf der Oberfläche des Mo— ſtes, die Bewegung der Flüſſigkeit wird nach und nach ſtärker, ſie erhitzt ſich dadurch, es bildet ſich Schaum an der Oberfläche, die Luftbläschen (Gasbläs- chen) werden größer, die Conſiſtenz der Flüſſigkeit vermindert ſich u. ſ. w., d. h. die Gährung des ſüßen Traubenſaftes hat begonnen, wodurch eine mehr— fache Umgeſtaltung der Beſtandtheile deſſelben beſonders dadurch herbeigeführt wird, daß ſich der Zucker auflöst und in Alkohol (Weingeiſt) übergeht. Zu der Herbeiführung der Gährung gehört jedoch, neben den Beſtandtheilen des Trau— benſaftes, Luft und Wärme, indem ohne dieſe ſich kein Gährungsſtoff entwickeln kann.

Unter den Beſtandtheilen des Traubenſaftes iſt der eiweishaltige Stick— ſtoff der eigentliche Erreger der Gährung, ſowie daher derſelbe mit der Luft in Berührung kommt, ſo geht er Verbindungen mit dem Sauerſtoffe derſelben ein, wodurch eine gährende Bewegung in den Traubenſaft kommt, in Folge deſſen ſich Hefe bildet, die dadurch nach Mulder (S. 77) erfolgt, daß die in dem Traubenſaft enthaltene Weinſteinſäure die feſten eiweisartigen Körper auf—

390

zulöſen im Stande iſt und daß aus dem Pflanzenſchleime (Pectin) kleine häu⸗ tige Bläschen (Hefen-Celluloſe) entſtehen, welche deu aufgelösten Eiweisſtoff einſchließen, der durch die Wände der Bläschen durchſchwitzt und dann, mit dem Zucker in Berührung gebracht, auch dieſen in Gährung ſetzt, woraus ſich erklären läßt, warum bei dem Beginn der Gährung, der Weinmoſt faſt . ſeine volle Süße beſitzt.

Die Gährung beginnt daher durch Eiweis oder Pflanzeuleim, der unter dem Einfluß von Sauerſtoff umgeſetzt wird, worauf aber fogleich auch die He⸗ fenbildung eintritt, durch die dann die Gährung fortgeſetzt und allgemein ver⸗ breitet wird.

Die Hefe muß jedoch Pflanzeuſäure enthalten, wenn ſie die Gährung gut befördern ſoll, daher auch Rohrzucker viel langſamer als Traubenzucker ver- gährt, wenn erſterem nicht etwas Weinſtein zugeſetzt wird. Aus eben dieſem Grunde gährt auch der Saft von nicht ganz reifen Trauben, der viel Säure beſitzt, ſchneller als von ganz reifen Trauben, und ſehr zuckerreicher Weinmoſt wegen ſeines geringern Gehalts an freier Säure, langſamer, als weniger zuckerhaltiger.

Unter Pflanzenſäuren iſt es hauptſächlich die Weinſteinſäure, welche auf den guten und ſchnellen Verlauf der Gährung einen vortheilhaften Einfluß ausübt und beſonders auch zu einer größeren Alkohol-Entwicklung beiträgt. Ohne Weinſteinſäure würde der Moſt, aus dem oben angeführten Grunde nicht in Gährung übergehen. Gerbſäure iſt in dem Moſte keine vorhanden, wohl aber in den Häuten, Kernen und Kämmen der Trauben, die durch das Preſſen derſelben, ſowie durch das Gähren an den Häuten und Kämmen aus denſelben ausgezogen wird, daher auch Weine, die an den Trebern vergohren haben, mehr Gerbſäure als für eingekellerte beſitzen. Sie geht mit den ei- weißartigen, alſo ſtickſtoffhaltigen Stoffen eine innige Verbindung ein und wirkt dadurch auf die Gährung hemmend, trägt aber dadurch auch zur Halt— barkeit des Weins bei, indem fie die Umſetzung des letztern, mithin den Ein- tritt einer Nachgährung hindert; auch gibt ſie dem Weine, wenn nicht in zu großer Menge vorhanden, einen eigenthümlichen zuſammenziehenden Geſchmack, der beſonders bei rothen Weinen geliebt wird. Aepfelſäure theilt dem Weine blos Säure mit und hat deßwegen, in großer Menge vorhanden, auf denſelben einen ſehr ungünſtigen Einfluß, ſie iſt in den Obſtweinen in großen Quanti⸗ täten enthalten und trägt daher auch zur geringeren Qualität derſelben, gegen- über von dem Traubenwein, bei. |

Durch die Gährung, insbeſondere aber durch die Hefenbildung, ſowie da⸗ durch, daß ſich die unorganiſchen Beſtandtheile des Traubenſaftes (Kalk ꝛc.) auflöſen, trübt ſich der Traubenſaft, der Zucker verwandelt ſich in Alkohol, der Pflanzenſchleim, aus dem ſich die Wände der Hefenzellen bildeten, wird unlös⸗

391 lich, der eiweisartige Inhalt der Hefenbläschen geht in den Wein über, aus den unorganiſchen Stoffen ſcheiden ſich Salze (weinſteinſaure Magneſia) aus, die ſich theils niederſchlagen, theils in dem Weine zurückbleiben, auch andere Stoffe des Traubenſaftes löſen ſich auf und durch all dieſes bildet ſich der Wein.

So lange dieſe Symptome der Gährung ſich zeigen, dauert dieſelbe unter dem Namen ſtürmiſche Gährung fort, ſowie aber dieſelbe vorüber iſt, d. h. ſo⸗ wie ſich der größere Theil des Zuckers in Alkohol aufgelöst hat und der Gäh— rungsſtoff ſich vermindert, ſchlagen ſich die gröberen Theile der unaufgelösten Stoffe (Celluloſe, unorganiſche Beſtandtheile), weil fie ſich in der weniger con- ſiſtenten weingeiſtigen Flüſſigkeit nicht mehr halten und mit derſelben keine neuen Verbindungen eingehen können, nieder, der Wein beginnt ſich zu klären, und auf dem Boden des Faſſes erſcheinen die ausgeſchiedenen Theile als rohe Weinhefe.

Mit dem Ende der ſtürmiſchen Gährung hat aber dieſelbe ihr Ende noch nicht erreicht, ſondern dieſelbe dauert, unter dem Namen Stille- oder Nach⸗ Gährung fort, ſo lange ſich noch Hefenſtoffe und Zucker in dem Weine befin⸗ den und mithin noch Auflöſungen und Zerſetzungen urſprünglicher Stoffe vor ſich gehen können. f

Dieſe ſtille Gährung wird durch die, durch die Hefenzellen durchgeſchwitz— ten und in dem jungen Weine zurückgebliebenen Hefenbeſtandtheile unterhalten, der Wein behält während derſelben durch die Kohlenſäure-Entwicklung einen den Gaumen reizenden ſäuerlich prikelnden Geſchmack, er wird immer alkohol- reicher, die im Weine zurückgebliebenen Salze ſcheiden ſich, weil ſie im Alkohol unlöslich ſind, aus, ſetzen ſich und bilden in Verbindung mit Kalk den rohen Weinſtein, der übrigens auch ſchon in der niedergeſchlagenen Hefe vorhanden iſt. Auch die Säuren (Gerbſäure ꝛc.) werden mit den aufgelösten Stoffen theilweiſe niedergeſchlagen, der Wein bekommt dadurch mehr Feinheit und durch die Entfernung eines großen Theils der Säuren und der Auflöſung der fei— neren Beſtandtheile des Traubenſaftes, der ätheriſchen Oele, erhält er erſt ſeinen feinen gewürz⸗ und bouquetreichen Geſchmack.

Durch den Uebergang des Zuckers in Gährung entwickelt ſich Kohlenſäure, die das Brauſen und Schäumen des Weinmoſtes veranlaßt und in Gasform entweicht, ſo daß alſo nur ein Theil des Zuckers als Alkohol im Weine zu⸗ rückbleibt, und da nahezu aus dem Procentſatz des Zuckers die Hälfte an Al⸗ kohol erzeugt wird, ſo geben 2 Procent Zucker 1 Procent Alkohol.

Ohne Zucker entſteht keine geiſtige Gährung, er bildet daher die Baſis der Weingährung, dagegen tritt bei denjenigen todten organiſchen Körpern, die keinen Zucker enthalten, eine andere Art der Auflöſung, die Verweſung oder faulige Gährung ein, die ſogar auch hie und da, jedoch ſelten beim Weine, be-

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ſonders bei ganz ſchwachen Weinen, eintreten kann, wenn der Zucker⸗ und AL kohol⸗Gehalt ſo gering iſt, daß dadurch der Uebergang des Weins in Fäulniß nicht geſchützt wird, woraus ſich auch einzelne Krankheiten deſſelben erklären laſſen. Der Zucker in Verbindung mit Waſſer geht jedoch nur dann in gei⸗ ſtige Gährung über, wenn er durch einen dritten Stoff, die Hefe, dazu veran⸗ laßt wird. Die Traube, ſowie alle Obſtgattungen unterſcheiden ſich übrigens dadurch weſentlich von andern zuckerhaltigen Produkten, daß bei denſelben der Gährungsſtoff im Safte vorhanden iſt, während er bei andern, wie bei den Körnerfrüchten, Kartoffeln ꝛc. häufig in der Geſtalt von Hefe (Bierhefe) zuge- ſetzt werden muß, um dieſelben in Verbindung mit Waſſer in Gährung zu bringen.

Der durch die Gährung der Traubenbeſtandtheile entſtandene Wein darf jedoch nicht zu lange den allzuſtarken Einwirkungen der Luft ausgeſetzt werden, weil ſonſt der, in dem Weine enthaltene Alkohol, beſonders, wenn noch Gäh— rungsſtoff in dem Weine vorhanden iſt, neue Verbindungen mit dem Sauer⸗ ſtoffe der Luft ein⸗ und dadurch in Eſſig⸗ (Sauer-) Gährung übergeht. Auch vor allzu großer Einwirkung der Wärme muß der Wein während und nach der Gährung bewahrt werden, indem ſich bei einer äußern Wärme von 20 bis 22 Grade Reaumür die weinige Gährung leicht in Eſſiggährung ver— wandelt.

§. 240.

Der Erfolg der Gährung iſt jedoch nicht immer der gleiche, ſondern der— ſelbe hängt von verſchiedenen äußern auf dieſelbe einwirkenden Umſtänden, ſowie von dem innern Gehalte des Traubenſaftes ab.

Zu den äußern Umſtänden gehören:

1. Der Zutritt der Luft, dieſelbe iſt jedoch, wenn die Gährung einmal im Gange iſt, nicht mehr jo nöthig, als beim Anfange derſelben zum Er— regen der Gährung, was hienach (S. 247) näher erörtert werden wird.

2. Ein gewiſſer Grad von Wärme. Eine allzuſtarke Wärme (Siedhitze) löst die gährungserregenden Stoffe entweder auf, oder es erfolgt, wie bereits erwähnt, eine andere Gährung, die Eſſiggährung. Kälte unterdrückt die Gäh— rung, daher dieſelbe bei einer Temperatur unter 8 Graden Reaumür entweder gar nicht oder nur unvollſtändig erfolgt, ſo daß, wenn der Wein ſpäter in eine wärmere Temperatur kommt, eine wiederholte Gährung mit Trübung und und andern Nachtheilen vor ſich gehen kann, woraus dann weiter folgt, daß man von dem gleichen Moſte, wenn er in verſchiedenen Temperaturen gährt, Weine von ſehr ungleicher Güte und Beſchaffenheit erhalten kann. Die an⸗ gemeſſenſte Temperatur für gährenden Wein wird daher eine ſolche von 10 bis 12 höchſtens 15 Graden Reaumur ſein, wobei jedoch auch auf die Quan⸗

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tität der gährendenMaſſe Rückſicht genommen muß, indem, je größer dieſelbe iſt, deſto mehr erfolgt die innere Erhitzung durch ſich ſelbſt, je kleiner dieſelbe iſt, deſto geringer iſt die Selbſterhitzung und deſto mehr braucht dieſelbe äußere Einwirkung.

Zu den innern, die Gährung des Weinmoſtes bedingenden Beſtandtheilen ſind zu rechnen:

3. Eine im Verhältniß ſtehende Quantität von Zucker und Waſſer (etwa 1 Theil Zucker auf 10 Theile Waſſer), indem, ſowie allzuviel Zucker vorhan⸗ den iſt, die Gährung entweder gar nicht oder nur unvollſtändig erfolgt, weil der zu dichte Zuckerſtoff die Hefenſtoffe umhüllt und dadurch bei dev gleich” falls vorhandenen geringen Menge von Weinſteinſäure die Gährungsfähigkeit unterdrückt, wodurch der Zucker ganz oder noch ein großer Theil deſſelben im Weine zurückbleibt, wie wir dieß an den ſüßen, ſüdlichen Weinen beobachten und wodurch der Wein, wenn er öfter oder länger mit der Luft in Berührung kommt, leicht in Milch⸗ oder Eſſigſäure übergehen oder ſonſt eine Krankheit annehmen kann.

4. Eine der Auflöſung des Zuckers angemeſſene Quantität von Gährungs- ſtoff. Die Gährung dauert nur ſo lange fort, als Zucker und ſtickſtoffhaltiger Gährungsſtoff in dem Weine vorhanden ſind, iſt der eine oder andere Theil aufgelöst, ſo hört die Gährung in der Art auf, daß, wenn der Zucker aufge— löst, aber noch Gährungsſtoff vorhanden iſt, ein Theil des letztern im Weine zurückbleibt, ſo daß, wenn derſelbe neuen Zuckerzuſatz bekommt, er bei entſpre— chender Wärme wieder in Gährung übergehen oder verſchiedene Weinkrankhei— ten, zähe, rahn werden (trüben) ꝛc. herbeiführen kann, hat ſich aber der Gäh— rungsſtoff vor dem Zucker umgeſetzt, ſo bleibt ein Theil des Zuckers im Weine zurück, was, wenn es nur in geringer Menge geſchieht, dem Weine eine ange— nehme Süße geben wird, wenn er aber in größerer Menge vorhanden iſt, mit den oben angeführten Nachtheilen verbunden ſein kann.

Bei der Leitung der Gährung muß daher hauptſächlich darauf Rückſicht genommen werden, daß die, dieſelbe bedingenden Urſachen in einem gegenſeiti— gen angemeſſenen Verhältniſſe vorhanden ſind, ſo daß womöglich eine voll— ſtändige Auflöſung des Zuckers und eine vollſtändige Niederſchlagung des Gähr— ſtoffes (auch Kleber genannt) ſtattfindet. Jenes Verhältniß kann wenigſtens theilweiſe durch Herbeiführung angemeſſener äußerer Umſtände, ſowie durch Zuſatz oder Entfernung innerer Beſtandtheile des Moſtes erreicht werden. Die Gährung wird nemlich gefördert und beſchleunigt und dadurch auf eine voll— ſtändigere Zerſetzung des Zuckers eingewirkt.

5. Durch Erhöhung der Temperatur des Gährlokals und des Moſtes.

6. Durch Vermehrung und ſtärkere Anregung des Gährungsſtoffes.

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7. Bei allzu zuckerreichem Weinmoſte durch Verdünnung deſſelben mittelſt Waſſer, was hie und da bei ſüdlichen Weinen vorkommt.

8. Durch das Vermengen des Gährungsſtoffes mit dem Zuckerſtoff mittelſt öfterem Umrühren der gährenden Maſſe, ſo daß ſich die Hefe erſt niederſchlägt, nachdem kein Gährſtoff mehr in derſelben enthalten iſt.

Die Gährung wird ermäßigt oder theilweiſe aufgehalten, beziehungsweiſe auf vollſtändige Niederſchlagung der Hefenſtoffe hingewirkt.

9. Durch Verminderung der Gähr- oder Hefenſtoffe. a

10. Durch Entfernung der Pflanzen-, beſonders der Gerbſäure, ſowie der ſauren mineraliſchen (Kali) Salze, indem dieſelben in großem Ueberfluſſe vor⸗ handen, der Gährung entgegenwirken, während eine geringe Menge derſelben förderlich iſt. s

11. Durch Vermehrung der Zuckerſtoffe.

12. Durch Vermehrung des Zutritts der Luft.

Auf welche Weiſe nun all dieſes zu erlangen iſt, und wie darnach die verſchiedenen Gattungen der Weine zu behandeln ſind, darüber haben wir nähere Betrachtungen anzuſtellen.

. a. Die Gährlokale.

Der Weinmoſt bedarf zu feiner vollſtändigen Gährung nicht nur einen gewiſſen Grad von Wärme, ſondern auch eine möglichſt gleichmäßige Wärme, denn ſowie ſich die Temperatur ſtark erkältet, ſo vermindert ſich entweder die Gährung oder hört ganz auf, tritt aber wieder ein oder ſteigert ſich, ſowie die Wärme zunimmt, oder wenn ſpäter der Wein in ein wärmeres Kellerlokal ge— bracht wird, was, wie bereits angeführt, für den Wein, durch Umſchlagen, Krankwerden ꝛc. von bedeutendem Nachtheil ſein kann.

Da nun in den meiſten deutſchen Weingegenden, beſonders bei der immer mehr in Aufnahme kommenden Spätleſe die Lufttemperatur während des Herbſtes häufig eine ſehr kühle iſt, die nicht mehr den, zur Durchführung einer vollſtändigen Gährung erforderlichen Wärmegrad beſitzt, jo iſt es von bejon- derer Wichtigkeit, daß für ein Gährlokal mit der erforderlichen Wärme ge- ſorgt wird.

Die Gährung geht, ſo lange der Weinmoſt ſich noch in der Kufe befin⸗ det, entweder in freier Luft oder in bedeckten und geſchloſſenen Kelterlokalen, wenn aber derſelbe gekeltert iſt, gewöhnlich in den Kellern vor ſich. Daß hier ein der vollſtändigen Gährung entſprechender Wärmegrad nicht immer vor— handen iſt, lehrt die Erfahrung, am unzweckmäßigſten erſcheint aber die Ver⸗ gährung des Weinmoſtes unter freiem Himmel, indem, wenn auch die Kufen

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bedeckt ſind, die Luft doch einen allzu freien Zutritt zu dem Moſte hat, wodurch Wärme, Kälte und Regen einen ſehr abwechſelnden und häufig ſehr ungün— ſtigen Einfluß auf die Gährung ausüben können. Beſonders ſehr nachtheilig für dieſelbe iſt es, wenn die Kufen von der Sonne beſchienen werden können, indem dadurch die Gährung ſo ſchnell vor ſich geht, daß leicht Eſſiggährung eintreten kann, oder wenn die Kufen nicht fo gut bedeckt oder verſchloſſen fint, daß kein Regen und keine Feuchtigkeit eindringen kann, was ſelten der Fall iſt, wodurch nicht nur die Gährung aufgehalten und geſtört, ſondern der Wein— moſt auch mehr als gut iſt, gewäſſert werden kann. Eine derartige Gährung iſt daher unter allen Umſtänden zu verwerfen.

Die Gährung in bedeckten und geſchloſſenen Kelter- und anderen Lokalen iſt zwar mit den ſo eben angeführten Nachtheilen weniger verbunden, da jedoch auch hier die Luft meiſtens freien Zutritt hat und die Wärme oder Kälte der— ſelben einen weſentlichen Einfluß auf den Verlauf der Gährung ausübt, ſo iſt dieſelbe ſo ſehr von den Witterungsverhältniſſen abhängig, daß ſie in vielen Fällen zu keinem vollſtändigen Erfolge führt und daher gleichfalls nicht als ſehr zweckmäßig erſcheint. Doch könnte, wenn in unſern weiten Kelterräumen, ſtatt der unförmlichen Baumpreſſen, nach und nach Spindelpreſſen eingeführt würden, in denſelben viel Raum zu der Aufſtellung von Kufen disponibel werden, wodurch, gegenüber von deren Aufſtellung unter freiem Himmel, ſchon viel gewonnen wäre.

Den angeführten beiden Vergährungsarten iſt jedoch die Gährung des Weinmoſtes in den Kellern weit vorzuziehen, indem die Temperatur in deuſel— ben, wenn ſie nicht zu ſeicht und wenig verwahrt ſind, ziemlich gleichförmig iſt, ſo daß die Gährung nicht geſtört wird, ſondern einen gleichen Verlauf nehmen kann, auch können dieſelben, wenn ſie zu kühl ſein ſollten, bei warmer Witterung durch Oeffnung der Thüren und Läden über die Mittagszeit, oder durch Anmachung von Feuern oder durch vorübergehende Aufſtellung eines Ofens erwärmt werden, wobei man ſich jedoch, wenn ſich auch noch ältere Weine in einem Keller befinden, ſehr hüten muß, daß derſelbe nicht zu ſtark erwärmt wird, weil ſonſt dieſe leicht wieder in Gährung kommen oder in Eſſiggährung übergehen könnten.

Die angemeſſenſte und dem Zwecke einer vollſtändigen Gährung am mei— ſten entſprechende Einrichtung ſind unſtreitig beſondere heizbare Gährlokale, in welchen man, je nachdem man die Gährung ſteigern oder mäßigen will, die Temperatur durch Einheizen erhöhen oder durch Lüftung erniedrigen kann und wodurch man die Leitung derſelben ganz in der Hand hat, auch will man die Erfahrung gemacht haben, daß die in gut geheizten Lokalen vergährten Weine ſich weit beſſer aus bildeten, als die in ungeheizten Räumen und daher auch theurer bezahlt wurden. Solche Gährlokale ſollen ſich zur ebenen Erde

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über oder in der Nähe der Keller befinden, damit der vergohrene Wein leicht und womöglich durch einen Schlauch in letztere geſchafft werden kann. Sie haben einen Plattenboden von Stein und in der Mitte einen Ofen, von dem aus —2 Fuß über dem untern Boden eiſerne Wärme-Abzugs⸗ röhren /—)⁰ Fuß im Durchmeſſer laufen, fo daß dadurch die Wärme überall verbreitet und das Lokal ganz gleichförmig erwärmt wird. Weil jedoch die Wärme, vermöge ihrer eigenthümlichen Leichtigkeit, immer in die Höhe ſteigt, ſo wird es zweckmäßig fein, wenn die Lokale, beſonders auch zu Erſpa⸗— rung von Heizmaterial, nicht ſehr hoch ſind, vielmehr dürfte eine Höhe von 8 Fuß genügen.

Bei einer ſolchen Einrichtung läßt ſich auch genau unterſuchen und prüfen, ob die ſtürmiſche Gährung ganz vorüber iſt und die dabei nothwendigen Zer— ſetzungen vollſtändig beendigt find, indem man, ſowie die Gasentwicklung und das laute Entweichen deſſelben beendigt iſt, die Temperatur von 10—15 Gra⸗ den auf 20—24 Grade erhöht und wenn dann nicht wieder eine ſtärkere Gäh— rung eintritt, ſo darf man annehmen, daß Zucker und Gährſtoff ſich gehörig zerſetzt haben.

Man muß jedoch dabei mit möglichſter Vorſicht zu Werke gehen und die erhöhte Temperatur nur wenige Stunden andauern laſſen, weil ſich ſonſt leicht Eſſig erzeugen könnte.

Die Einrichtung ſolcher Gährlokale wird übrigens nur für den größeren Weinbergbeſitzer als lohnend erſcheinen, der kleinere Weinbergbeſitzer kann jedoch bei allzu niedriger Temperatur die Gährung ſeines Weinmoſtes dadurch be— fördern und vervollſtändigen, wenn ein Theil des Moſtes, etwa 2 Imi per Eimer, in einem Keſſel erwärmt und dann dem Uebrigen beigegeben wird, doch darf die Wärme nicht bis zur Siedhitze ſteigen, weil ſonſt der Gährungs— ſtoff zerſtört wird, auch kann man gegen das Ende der Gährung ein gelindes Erwärmen wiederholen, wenn der Weinmoſt ſich wieder zu ſehr erkältet haben ſollte.

In geſchloſſenen Räumen, mithin in Kellern oder beſondern Gährlokalen, entwickelt ſich während der Gährung durch Ausſtrömen aus dem Moſte nicht ſelten ſo viel kohlenſaures Gas, daß dadurch das Athmen ſehr erſchwert wird, oder, wenn daſſelbe in großer Menge vorhanden iſt, das Athmen ganz auf- hört und ein Erſtickungstod erfolgt, man darf deßwegen ſolche Lokale nur mit der größten Vorſicht begehen. Dieſes Gas iſt weit ſchwerer als die atmos— phäriſche Luft, ſenkt ſich daher immer zu Boden und nimmt zuerſt die unterſte Stelle in dem Lokale ein, ſowie ſich aber die Gasausſtrömungen vermehren, ſo ſteigt es nach und nach, indem es ſtets eine horizontale Fläche bildet, im— mer höher, bis der ganze Raum damit angefüllt iſt. Demnach iſt es für den Eintretenden ſo lange unſchädlich, als ſein Kopf ſich noch über der oberſten Schichte

397 deſſelben befindet, ſowie er ſich aber bückt, wird er die ſchädliche Einwirkung deſſelben ſogleich empfinden. Licht und Feuer erlöſchen in dieſer Luftart, daher man durch Vorhalten eines Lichts leicht erfahren kann, ob ſich Gas entwickelt hat und wie hoch die Schichte deſſelben geht. Daſſelbe vermiſcht ſich, aber nur langſam, mit der atmosphäriſchen Luft, wodurch das Athmen erleichtert wird, daher alles das, was die Vermiſchung befördert, namentlich Luftzug durch Oeffnen der Thüren und Läden, vorſichtiges Feueranmachen in dem Lo— kale, oder das Schießen mit Feuergewehren die Gefahr vermindert.

Das kohlenſaure Gas hat die Natur einer Säure und verbindet ſich gerne mit Alkalien (Potaſche, Natron, Ammoniak und gebranntem Kalk), daher die ſchädliche Einwirkung ganz verhütet werden kann, wenn die Gährgefäſſe (Fäſſer, Kufen) mit Gährröhren verſehen werden, die in einem Gefäß mit Waſſer aus- münden und bringt man in daſſelbe gelöſchten Kalk oder beſſer Potaſche, ſo verbindet ſich das Gas mit dem Kalk zu einem feſten, ſich niederſchlagenden Pulver, mit der Potaſche aber zu einem im Waſſer löslichen Salze, ſo daß die Ausſtrömung in das Gährlokal dadurch beſeitigt wird.

§. 242. b. Die Gährgefäſſe.

Dieſelben beſtehen entweder in weiten offenen Kufen (§. 231), die häufig gebraucht werden, wenn der Weinmoſt an den Trebern vergähren ſoll, oder in Fäſſern, in welchen man in der Regel den in der Kelter ausgepreßten Wein— moſt vergähren läßt. Will man den Wein in den Kufen an den Trebern ver- gähren laſſen, fo find ſchon oben (§. 241) die Nachtheile nachgewieſen worden, die mit der Gährung in offener Kufe verbunden ſind, das Zudecken derſelben mittelſt eines luftdicht verſchließbaren Deckels iſt daher ein weſentliches Er— forderniß, wobei es ſehr angemeſſen iſt, wenn man ſich dabei beſonderer Gähr— kufen mit Senkboden und Gährrohr bedient. Dieſe Kufen ſind oben und un— ten gleich weit, im Ganzen mehr hoch als weit und haben in der Mitte eine Schraube mit Gewenden, in welche der Senkboden einpaßt und an der der— ſelbe auf⸗ und abgelaſſen werden kann. Derſelbe wird aus tannenen Bret— tern in runder Form gefertigt, ſo daß er bequem in die Gährkufe paßt; er wird, wenn die Treber eingefüllt ſind, vermittelſt der Schraube bis auf die Treber niedergelaſſen, ſo daß ſich dieſelben nicht über den Senkboden erheben können, dagegen iſt er mit einer Menge kleiner, ½ Zoll weiter Oeffnungen zu verſehen, damit durch dieſelben die durch die Gährung ausgedehnte Weinmoſt— maſſe aufſteigen kann. Die Kufe darf jedoch höchſtens zu ¼ mit Trebern angefüllt werden und muß oben mit einem in einen Falz eingelaſſenen Deckel verſehen ſein, der genau paßt und der alsdann am Rande noch mit Lehm

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oder Hafnererde luftdicht verſchloſſen wird. Dieſer Deckel erhält in der Mitte ein rundes Loch, je nach der Größe der Gährkufe, von 1—2 Zoll Weite, in das das Gährrohr feſt eingeſetzt wird, deſſen anderes Ende in einem kleinen Gefäß mit Waſſer endigt, das von Zeit zu Zeit ergänzt oder aufgefüllt werden muß, ſo daß der Zutritt der Luft und dadurch das Entweichen der flüchtigen geiſtigen Beſtandtheile möglichſt verhindert wird. Das Gährrohr kann von Blech, Holz, Glas oder Thon gefertigt und muß oben gebogen ſein oder ein doppeltes Knie haben, damit das eine Ende in das Waſſergefäß gebracht wer- den kann.

Wer ſich übrigens keine beſondere Gährkufe anſchaffen will oder kann, wie der kleinere minder bemittelte Weingärtner, der kann auch die gewöhn— lichen Kufen (Bütten), ſo wie Weinbergszüber dadurch zu jenem Zwecke her— richten, daß der Senkboden nicht breiter wird, als die obere enge Oeffnung der Kufe und daß derſelbe durch Leiſten, die an der Kufe ob dem Senkboden mit Schrauben befeſtigt werden, auf der Trebermaſſe zurückgehalten und die Kufe ſofort wie oben mit Deckel und Gährrohr verſehen wird. Noch einfacher und weniger koſtſpielig iſt es, wenn ſtatt des Senkbodens Pfähle ſo zuge— ſchnitten werden, daß ſie in die Kufe eingeſpannt werden können, wobei ſie ſo dicht neben einander gelegt werden müſſen, daß ſich die Trebermaſſe nicht über ſie erheben kann.

Will man den Wein in den Fäſſern vergähren laſſen, ſo ſind dazu ſolche von Eichenholz die geeignetſten, da jedoch daſſelbe ſehr viel Gerbſtoff enthält, der durch den Wein ausgezogen wird, ſo könnte derſelbe leicht einen unange— nehmen Faßgeſchmack bekommen, wenn neue Fäſſer ohne vorangegange Zube— reitung zu der Gährung des Weins verwendet werden wollten. Dieſe Zubs— reitung beſteht darin, daß man die Fäſſer mehrmals mit heißem Waſſer aus- vrüht, dem man etwas Alaun zuſetzen kann. Nach dem Ausbrühen werden dieſelben mit kaltem Waſſer gefüllt, das in denſelben einige Tage, beſſer einige Wochen ſtehen bleibt und von 8 zu 8 Tagen zu erneuern iſt, wodurch ein großer Theil des Gerbſtoffs ausgezogen wird und in das Waſſer übergeht. Ganz wird aber das Ausziehen der Gerbſäure ſelten erfolgen, daher in ſolche Fäſſer kein alter Wein eingefüllt werden darf, wenn er nicht einen Faßge— ſchmack erhalten ſoll, dagegen hat bei dem neuen Wein das Ausziehen des ge— ringeren Gerbſäuregehalts aus dem Holze der Fäſſer hie und da die gute Wirkung, daß der Klebergehalt deſſelben ſtärker niedergeſchlagen wird, wodurch der Wein ſich mehr ausbildet und haltbarer wird, daher namentlich bei jehr - ſchleimigen Weinen das Vergährenlaſſen in neuen Fäſſern öfters von beſonde— rem Vortheil iſt.

Bei dem Einfüllen des Weinmoſtes muß man die Vorſicht gebrauchen, daß man weißen Weinmoſt nicht in Fäſſern vergähren läßt, in welchen zuvor

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rother Weinmoſt vergohren oder rother Wein gelegen hat, weil derſelbe Farbe an das Holz abſetzt, welche ſich durch die Gährung dem weißen Weine mit— theilen könnte. Soll der Weinmoſt mit den Trebern vergähren, ſo muß das Spundloch erweitert und ein beſonderer Trebertrichter mit weitem Rohr an— geſchafft werden, damit die Treber bequem eingefüllt werden können, oder man kann auch die Fäſſer aufrecht auf den hintern Boden ſtellen, den vordern Bo— den herausnehmen, die Treber einfüllen, den Boden nachher wieder einſetzen und ſofort das Faß in die gewöhnliche Lage bringen oder daſſelbe aufrecht ſtehen laſſen, in welchem Falle daſſelbe dann unten mit einem Zapfloch zum Abzapfen des Weins verſehen werden muß. Eine beſondere Beachtung ver— dient die Größe der Gährgefäſſe, indem der Weinmoſt in großen Gährgefäſ— ſen ſich während der Gährung weit mehr erhitzt, als bei kleineren, weil dem Weinmoſt in den letztern durch größere Berührung mit der kälteren Luft ver— hältnißmäßig weit mehr Wärmeſtoff entzogen wird, als größern Quantitäten, ſo daß, während der Weinmoſt ſich in größeren Gährgefäſſen (Lagerfäſſern) hie und da bis zu 20—25 Grad Reaumur erhitzt, in kleineren Gefäſſen die Temperatur oft kaum 10—12 Grade erreicht. Die Gährung wird daher in größeren Gefäſſen ſchneller und wahrſcheinlich auch vollſtändiger vor ſich gehen, als in kleineren, weßhalb es ſehr zweckmäßig ſein wird, wenn man in unge— heizten Lokalen den Weinmoſt in größeren Gährgefäſſen vergähren läßt, in geheizten dagegen in kleineren etwa von 2—4 Eimern, damit hier der Wein- moſt durch die wärmere Luft bälder und gleichmäßiger erwärmt wird, wodurch auch die Gährung vollſtändiger vor ſich gehen kann. Doch hat man auch auf den Gehalt des Weinmoſtes Rückſicht zu nehmen, indem ein gehaltreicher, we— gen der größeren Zuckermenge und der geringeren Menge au Gährſtoff, zur Gährungsentwicklung eine größere Einwirkung von außen (Luft und Wärme) erfordert, als geringerer Weinmoſt, daher bei erſterem die 3—5 eimerige Gährgefäſſe am zweckmäßigſten, für letztere mehr größere Lagerfäſſer ange⸗ meſſen ſein dürften, und dieſes um ſo mehr, als bei ſtärkerer Erhitzung des

ſchen Theile deſſelben mehr verflüchten ſollen, wodurch die beſſeren und edle— ren Weine vielen Gehalt verlieren würden. Es kann übrigens auch in gro— ßen Fäſſern, wenn ſie ſich in tiefen kalten Kellern befinden, die Gährung, un— erachtet der ſtarken Erhitzung des Weinmoſtes, eine unvollſtändige bleiben, weil derſelbe, wenn die Gährung abnimmt, zu bald erkaltet, wodurch die Gäh— rung zu ſchnell, mithin unvollſtändig vorübergeht und auch eine unvollſtändige Nachgährung folgt. Ein angemeſſener, ſich möglichſt gleich bleibender Wärme— grad des Gährlokals ſo wie ein nicht allzu ſtürmiſcher, ſondern mehr allmäh— liger Verlauf der Gährung wird daher zu der Herbeiführung einer vollſtän— digen Weinmoſtgährung immer eine Hauptſache bleiben.

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8. 243.

c. Die Art der Gährung.

Die mehr oder minder vollſtändige Gährung hängt, wie bereits bemerkt, hauptſächlich auch von dem innern Gehalte des Weinmoſtes ab, daher durch die Art der Gährung dieſelbe weſentlich befördert werden kann, weßhalb es von beſonderem Intereſſe iſt, die verſchiedenen Gährmethoden und diejenigen Umſtände, unter welchen jede einzelne zweckmäßig in Anwendung zu bringen iſt, näher kennen zu lernen.

aa. Die Gährung an den Trebern.

Die Häute, Kerne und Kämme der Traubentreber enthalten viel Gerb— ſäure und erſtere auch noch Farbſtoff, da nun zur Erregung der Gährung hauptſächlich auch Pflanzenſäure gehört (§. 239), ſo wird durch die Gährung des Traubeuſaftes an den Trebern dieſelbe beſonders in dem Falle ſehr an— geregt und befördert, wenn der Traubenſaft ſelbſt wenig Säure beſitzt, was namentlich in guten Weinjahren bei zuckerreichen Trauben auf die Zuckerauf— löſung und Erzeugung von Alkohol einen ſehr günſtigen Einfluß ausübt. Au⸗ ßerdem hat aber die Gerbſäure auch noch die Eigenſchaft, daß ſie mit den gährungserregenden (eiweißartigen und ſtickſtoffhaltigen) Stoffen Verbindungen eingeht, und dadurch das ſpätere Nachgähren und Umſchlagen des Weins ver— hindert, wodurch, ſowie durch die Vermehrung des Alkohols, zugleich auch die Haltbarkeit des Weins erhöht wird. Die Gerbſäure ſowie der Farbſtoff der Häute wird theilweiſe ſchon bei dem Zerdrücken der Traubenbeere aufgelöst und ausgedrückt und von dem in dem Traubenſafte enthaltenen Waſſer aus— gezogen. Dieſes Auflöſen und Ausziehen wird aber durch den Alkohol des Weins weſentlich befördert und hat namentlich auf das Ausziehen der Farbe aus den Häuten einen weſentlichen Einfluß. |

Bei der Gährung an den Trebern muß man jedoch unterſcheiden, ob die Trauben gebeert (geraſpelt) oder mit den Kämmen zerdrückt wurden, iſt letz⸗ teres der Fall und ſind namentlich die Kämme noch grün und nicht abgedorrt, in welchem Falle ſie noch viel Gerbſäure enthalten, die ſich durch die Gährung noch mehr als durch den Druck der Preſſe dem Moſte mittheilt, ſo wird es immer gut ſein, wenn man die Gährung nicht vollſtändig vorübergehen läßt, ſondern nur bis ſich die Treber gehoben haben und die ſtürmiſche Gährung zum größern Theile beendiget iſt, was man an dem Aufhören des Kochens (Sprudeln) des Moſtes erkennt, fo wie wenn bei dem Aufſetzen eines Gähr- rohrs in dem Sperrwaſſer nur noch langſam Blaſen geworfen werden, weil ſonſt der Wein zu viel Gerbſäureſtoff erhalten und dadurch, wenigſtens in

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den erſten Jahren, rauh und unangenehm werden könnte. Sind die Kämme ganz dürr, ſo wird von denſelben zwar wenig oder keine Gerbſäure dem Weine mitgetheilt werden, dagegen können ſie dem Weine bei vollſtändiger Gährung an denſelben einen andern unangenehmen Geſchmack beibringen, jedenfalls werden ſie aber etwas Weinmoſt einſaugen, der durch die Preſſe ſpäter nicht mehr ganz aus denſelben entfernt werden kann, wodurch ein Verluſt an Flüſ— ſigkeit entſteht. Bei dem Ablaſſen eines ſolchen noch in der Gährung be— findlichen Moſtes, ſowie bei dem Auspreſſen der Treber hat man jedoch da— für zu ſorgen, daß der Moſt ſo wenig wie möglich den Einwirkungen der äußern Luft ausgeſetzt, mithin ſchnell zu Faß gebracht wird, weil ſonſt die Kohlenſäure zu ſchnell entweichen und der junge Wein mit dem Sauerſtoffe der Luft Verbindungen eingehen könnte, die eine längere Trübung herbeifüh— ren würde. Das Abbeeren der Trauben von den Kämmen wird ſich daher auch aus den hier angeführten Gründen empfehlen, auch kann man dann die Gährung an den Trebern eher vollſtändig, bis das Brauſen oder Kochen des Moſtes oder das Sprudeln im Sperrwaſſer aufhört, vorübergehen laſſen, in— dem dabei nicht nur alle mit der Gährung an den Kämmen verbundenen Nachtheile vermieden, ſondern auch die in den Häuten einzelner Traubengat— tungen enthaltenen wohlriechende Stoffe ausgezogen und dadurch das Bouquet des Weins erhöht wird, doch iſt auch hier anzurathen, den Wein beim Ablaſ— ſen und Auspreſſen möglichſt ſchnell zu Faß zu bringen. Will man den Wein beſonders in minder vorzüglichen Jahren nicht an allen Trebern vergähren laſſen, jo hat es für die vollſtändigere Gährung ſchon eine gute Wirkung, wenn man dem Weinmoſte etwa 1 Imi per Eimer ſüße, entweder gepreßte oder unausgepreßte Treber gibt, wobei es jedoch im erſtern Falle gut iſt, wenn die Treber von den Kernen zuvor gereiniget werden, weil der Wein von der öligen Subſtanz derſelben, die durch das Preſſen etwas gelöst worden iſt, leicht einen bittern, unangenehmen Geſchmack annehmen könnte. Sehr vor⸗ theilhaft iſt es in dieſem Falle, wenn man zu gewöhnlichem Weinmoſt Treber von edlen Traubengattungen (Rießling, Traminer, Muskateller, Clevner) füllt, indem der Wein dadurch einen feineren Geſchmack bekommt. Auch alte oder kranke Weine können durch Zugabe von 1 Imi unausgepreßten ſüßen Trebern per Eimer wieder erfriſcht oder hergeſtellt werden.

Durch die Vergährung des Weins an den Trebern in guten Jahren er— hält derſelbe nicht nur mehr Geiſt, Gewürz und Bouquet, ſondern er wird auch durch die größere Haltbarkeit vor manchen Krankheiten bewahrt, daher die Gährung an den Trebern bei ſehr ſchleimhaltigen Trauben, für die meiſten Jahre beſonders auch aus dem Grunde empfohlen werden darf, weil die Gäh— rung durch die gleichförmige Vertheilung der Wärme in der dickeren Maſſe regelmäßiger vor ſich geht, und weil durch dieſelbe der an den Beerenhäuten 26

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hängende Zuckerſchleim vollſtändiger aufgelöst und dadurch auch mehr Moſt erzeugt wird.

Bei der Gährung des Weinmoſtes an den Trebern werden die letztern erſt ſpäter nach der Gährung ausgedrückt, wodurch bei großem Drange der Herbſtgeſchäfte dieſelben weſentlich gefördert werden, doch muß, weil der Moſt ſchon in Wein übergegangen iſt, dann mit der Kelterung möglichſt geeilt und der Wein nach dem Ablauf ſogleich wieder zu Faß gebracht werden, weil ſich ſonſt neben dem bereits angeführten Uebelſtande auch zu viel Alkohol verlieren könnte.

8. 244

bb. Die Gährung ohne die Treber.

Bei der Gährung ohne die Treber kommt hauptſächlich in Berückſichti⸗ gung, ob ein möglichſt farbloſer Wein erzeugt werden will, ſowie der Grad der Reife der Trauben und die künftige Qualität des Weins.

Durch die Gährung an den Trebern wird, wie bereits angeführt, haupt— ſächlich auch der in den Häuten befindliche Farbſtoff ausgezogen und da nicht blos die gefärbten rothen oder blauen Trauben, ſondern auch die weißen oder grünen Trauben Farbſtoff beſitzen, indem, wenn dieſelben mit Weingeiſt über- goſſen oder durch die Gährung mit Weingeiſt in Berührung kommen, aus den⸗ ſelben eine gelbliche Flüſſigkeit ausgezogen wird, die dem Weine von rothen Trauben eine ſtark gelbe, hie und da röthlich gelbe, von weißen Trauben aber eine ſchwächere gelbliche Farbe gibt, ſo darf man, wenn man reine weiße Weine erziehen will, keine Gährung an den Trebern vor ſich gehen laſſen. Die gelbliche Farbe von weißen Trauben ſcheint jedoch hauptſächlich dadurch zu entſtehen, daß der im Weinmoſte enthaltene Extraktivſtoff durch Weingeiſt aufgelöst wird und wenn derſelbe dann mit der Luft in Berührung kommt, ſich oxydire und braun färbe und in verdünntem Zuſtande dadurch dem Weine die gelbliche Farbe gebe.

Häute und Kämme der Trauben haben aber auch viel Gerbſäure, die in erhöhtem Maße vorhanden iſt, wenn die Trauben nicht zur vollſtändigen Reife gelangen, indem dann nicht ſelten die in dem Saft der Beere ſo wie in den Häuten und Kämmen enthaltene Säure den Zuckergehalt überſteigt, daher, je länger der Wein an den Trebern ſteht, deſto mehr wird auch der Säurege- halt aus denſelben ausgezogen und dem Weine mitgetheilt. In geringen Wein⸗ jahren iſt es deßhalb ein unumgängliches Erforderniß, daß man, um noch einen guten und trinkbaren Wein zu erhalten, die in demſelben enthaltenen Säuren möglichſt zu vermindern ſucht, was hauptſächlich dadurch geſchieht, wenn man den Wein nicht an den Trebern vergähren läßt. Dieſes erfolgt durch das Keltern der ganzen Trauben nach §. 226, indem dadurch der in den

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Kämmen enthaltene ſaure Saft gar nicht, der Saft in den Häuten aber nur theilweiſe ausgedrückt wird. Es wird aber auch, jedoch in minderem Grade erreicht, wenn man die mit den Kämmen zerdrückten oder die gebeerten und zerdrückten Trauben ſogleich nach dem Zerdrücken auspreßt und den Weinmoſt möglichſt ſüß in den Keller ſchafft, damit er auch dort noch durch angemeſſene Behandlung mittelſt Entſchleimens und baldiges Ablaſſen ſeines Säuregehalts entledigt wird. In beſſeren Weinjahren kann man durch das Unterlaſſen der Gährung an den Trebern den beſondern Zweck erreichen, daß der vergohrene Wein länger einen ſüßen Geſchmack behält und bald ein angenehmes, mildes, liebliches Getränke abgibt, man muß aber auch erwarten, daß der junge Wein, wenn die Sommerwärme eintritt, weil die Gährung wegen Mangel an Gäh— rungsſtoff nicht vollſtändig vorüber ging, durch Zäh- und Trübwerden krank wird, daher in guten Weinjahren das Einkellern des ſüßen Weinmoſtes ohne vorausgegangene Gährung an den Trebern nur dann anzurathen iſt, wenn der Wein bald konſumirt werden ſoll, oder wenn demſelben nach §. 243 we— nigſtens /2—1 0 Imi pr. Eimer gute Weintreber beigegeben werden.

§. 245. ce. Die Entſchleimung.

Der von den Trebern abgelaſſene und gekelterte ſüße Weinmoſt iſt in der Regel nicht hell, ſondern trübe, was daher kommt, daß in demſelben ſchwe— bend ſich noch viele leichte Schleim- (Kleber) und Hefenſtoffe (ſtickſtoffhaltige Beſtandtheile) befinden, die, wenn derſelbe einige Zeit ruhig bleibt, ohne in Gährung überzugehen, niederſinken und ſich auf dem Boden der Kufe oder des Faſſes feſtſetzen, ſie kommen aber wieder in Bewegung, und ſteigen in den Weinmoſt herauf, ſowie die Gährung beginnt und theilen dadurch dem Weine nicht nur vielen Gährungsſtoff, ſondern auch durch ihre Auflöſung den in den— ſelben enthaltenen nicht ſelten ſauren Saft mit. Werden daher vor dem Be— ginnen der Gährung jene gröbern Schleim- und Hefenſtoffe aus dem Moſte entfernt, ſo wird dadurch ein ſehr milder, ſüßer, angenehmer Wein erzeugt, indem dadurch namentlich auch manche ſpäteren Krankheitsſtoffe niedergeſchlagen werden. Man hat deßwegen ſchon vor längerer Zeit Verſuche gemacht, die Gährung des ſüßen Weinmoſtes auf künſtliche Weiſe zurückzuhalten, was auch gelungen iſt und was man nun das Entſchleimen deſſelben nennt. Das— ſelbe erfordert, daß der Moſt ganz ſüß in das Faß und daſſelbe in einen kal— ten Keller gebracht wird, deſſen Temperatur die Gährung zurückhält, oder daß man das Faß ſo ſtark mit Schwefelſchnitten einbrennt, bis daſſelbe mit Schwe— feldunſt ganz angefüllt iſt und die Schnitten in dem Faſſe nicht mehr brennen, worauf der Moſt eingefüllt und das Faß womöglich ganz gefüllt und gut ver—

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ſpundet wird. Man hat jedoch dabei auch auf die Lufttemperatur und auf die Temperatur des Lokals Rückſicht zu nehmen, indem in kühlen Herbſten, wo der Weinmoſt ſehr kalt ins Faß gebracht wird, oder in kalten Kellern die ſtarke Einſchweflung der Fäſſer weniger nothwendig, als im entgegengeſetzten Falle iſt. Der Schwefeldunſt (Schwefelſäure) hat die Wirkung, daß er mit dem Weinmoſte Verbindungen eingeht und dadurch nicht nur die Gährung zurüd- hält, ſondern auch das Niederſchlagen der gröberen Schleim- und Hefentheile befördert, daher durch letzteres Verfahren der Zweck des Entſchleimens voll— ſtändiger als durch erſteres erreicht werden wird.

Will man die Verbindung der ſchwefeligen Säure mit dem Weinmoſte befördern, oder befürchtet man, daß derſelbe zu frühe und ehe er ſich gehörig geſetzt hat, in Gährung übergehen werde, ſo kann, wenn das Faß zur Hälfte mit Moſt gefüllt iſt, derſelbe durch einander geſchlagen werden, wodurch die Verbindung des Schwefels mit dem Moſte befördert wird, worauf man das Faß nochmals mit Schwefel aufbrennt und daſſelbe vollends zufüllt. Wäh⸗ rend des Einfüllens iſt es gut, wenn man, ſowie ein Butten eingefüllt iſt, den Spunden wieder verſchließt, damit der Schwefeldunſt nicht entweichen kann.

Sobald ſich der Weinmoſt durch Ablagerung ſeiner gröberen Beſtand— theile gehellt hat, ſo daß er durchſichtig iſt, je nach der Beſchaffenheit deſſelben nach 1—3 Tagen, wird er abgelaſſen, ſo lange er noch hell fließt, in ein reines ungeſchwefeltes Faß gebracht und dort der Gährung überlaſſen. Der abgeſetzte Schleim kommt in ein beſonderes Faß, um dort gleichfalls zu vergähren, der davon gewonnene Wein wird aber nie mit dem entſchleimten vermiſcht. Haben ſich die Schleimtheile noch nicht gehörig geſetzt, ſo kann man die dünneren durch ein wollenes Tuch ſeien und den abgelaufenen Moſt dem Entſchleimten beigeben.

Dieſes Verfahren bezieht ſich hauptſächlich auf den Weinmoſt von weißen Trauben oder weißen Wein, will man aber auch den Weinmoſt von blauen Trauben entſchleimen und nachher doch einen rothen Wein erzeugen, ſo werden die blauen Trauben, ſowie ſie abgebeert und zerdrückt ſind, ſogleich auf die Preſſe gethan und gekeltert, der Weinmoſt ſofort ganz ſüß in ein geſchwefeltes Faß gebracht und dort wie der weiße Weinmoſt behandelt, die von der Kelter abgenommenen Treber hingegen, in einer Gährbütte oder in einem Faſſe feſt eingeſtampft, mit ſtarkem, reinen Weingeiſt oder feinem, reinen Hefenbrannt⸗ wein (2—3 Maas per Eimer) übergoſſen und luftdicht verſchloſſen, damit die Gährung und der Uebergang in Eſſigfäure verhindert und durch den Wein- geiſt der Farbſtoff möglichſt aufgelöst wird.

Iſt nun bei dem Weinmoſte das Entſchleimungsverfahren vorüber, ſo wird er abgelaſſen, zu den Trebern wieder gefüllt, durch Aufrühren mit den⸗ ſelben möglichſt verbunden und ſofort der Gährung überlaſſen, daher bei dem

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Einfüllen der Treber in das Gährgefäß ſo viel leerer Raum gelaſſen werden muß, daß der entſchleimte Moſt gut zugefüllt werden kann und auch noch der erforderliche Raum zur Gährung übrig bleibt. Da jedoch die Treber während der Entſchleimung des Moſtes in einem möglichſt kühlen Lokale aufbewahrt werden ſollen, damit ſie ſich nicht erhitzen, ſo kann man auch Moſt und Treber nach der Entſchleimung in ein beſonderes Gährgeſchirr bringen und daſſelbe in einem angemeſſenen, mehr warmen Gährlokal aufſtellen, wodurch die Gäh— rung vollſtändig vor ſich gehen wird. Durch die nachherige Vermiſchung des entſchleimten Weinmoſtes wieder mit den Trebern werden zwar in dem Weine die Schleimtheile nicht ſo rein ausgeſchieden, wie bei dem weißen Weine, weil die Treber immer auch noch Schleim enthalten, da jedoch der größere Theil deſſelben durch das Auspreſſen doch in den Weinmoſt gekommen iſt, und die blauen Trauben häufig weniger Schleim, dagegen mehr die Gährung beför— dernde Gerbſäure beſitzen, ſo wird ſich der Wein bei der Gährung von allen fremden Stoffen gehörig reinigen können und die Entſchleimung bei demſelben nicht minder vortheilhaft als bei dem weißen Wein ſein. Dieſe Vortheile be— ſtehen hauptſächlich darin, daß

1. der, beſonders in mittleren und geringeren Weinen öfters vorhandene Ueberfluß an Schleim⸗ und Hefenſtoff vor der Gährung ausgeſchieden oder vermindert und dadurch eine Ausgleichung gegenüber vom Zuckerſtoff vorge— nommen wird, ſo daß nach der Gährung kein Stoff zurückbleibt, der ſpäter eine Krankheit des Weins, wie das Trüb- oder Zähewerden, oder bei den rothen Weinen den Stich herbeiführen könnte, was häufig dadurch erprobt werden kann, daß, wenn man den entſchleimten Moſt einige Zeit der Luft aus⸗ ſetzt, derſelbe ſeine Farbe unverändert beibehält, während der niedergeſchlagene Schleim eine ſchwache bräunliche Farbe annehmen wird. Im Allgemeinen bleiben daher die entſchleimten Weine geſünder und friſcher, auch geht

2. nach dem Abziehen des Weins in ein anderes Faß, die Gährung nicht ſo heftig und ſtürmiſch, wie bei Weinen mit viel Hefeſtoff, ſondern laugſam vor ſich, wodurch ſich die feineren und gewürzreicheren Theile des Weins, be⸗ ſonders bei vielem Schleimgehalt wie beim Sylvanerwein, weit mehr entwickeln können und der Wein durch die Niederſchlagung aller unreinen erdigen Be- ſtandtheile mehr reinen Geſchmack, manchmal mit einem angenehmen Bouquet bekommt, insbeſondere wird der Wein den Beigeſchmack, den er hie und da vom Boden bekommt, ganz oder zum größern Theile verlieren.

3. Der nach 8.218 in dem Weinmoſte enthaltene Extraktivſtoff, der, wenn im Ueberfluß vorhanden, gern mit dem Sauerſtoff der Luft Verbindungen eingeht und dadurch dem Weine eine trübe, röthliche Farbe und einen unan⸗ genehmen Geſchmack oder anch bald einen ältlichen (Firniß) Geſchmack beibringt, wird durch die Entſchleimung zum größern Theile niedergeſchlagen, daher, wenn

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der Wein beim Ablaß oder bei Verfüllungen der Luft ausgeſetzt wird, nicht zu befürchten iſt, daß er trüb und mißfarbig werden wird.

Ob der Weinmoſt ſtark oder weniger ſtark zu entſchleimen ſei, hängt von deſſen Qualität und von den mehr oder weniger ſchleimhaltigen Traubengat— tungen, ſowie von dem Gebrauche ab, zu dem man den Wein beſtimmt hat. Geringe Weine, die in der Regel von nicht ganz reifen Trauben gewonnen werden, beſitzen viel ſauren Schleim- und Hefenſtoff, der aus dem bereits an- geführten Grunde aus dem Weinmoſte möglichſt entfernt werden ſollte, ſolche Weine werden daher ſtark, d. h. bis fie ſich vollſtändig gehellt haben, zu ent- ſchleimen ſein, was um ſo angemeſſener erſcheint, als dieſelben gewöhnlich nicht auf das Lager gehalten werden, ſondern ſchnell zum Verbrauche beſtimmt ſind. Mittlere, ſchon mehr zuckerhaltige Weine weniger ſtark, jo daß nur die gröbe— ren Schleim- und Hefentheile niedergeſchlagen werden, indem ſonſt zu viel Hefenſtoff entfernt werden und der Wein dann nachher keine vollſtändige Gäh— rung durchmachen könnte.

Jedenfalls wird es gut ſein, wenn der Wein während der Entſchleimung jeden Tag unterſucht wird, indem ein allzu ſtark entſchleimter Wein dadurch, daß ihm die Kraft zu ſeiner vollſtändigen Entwicklung fehlt, gerne auch matt, ſchaal und leicht wird. Ebenſo wird der Wein von ſehr ſchleimhaltigen Trü— ben, wie z. B. vom Sylvaner, Ortlieber, mehr, als von weniger ſchleimhalti— gen, wie Rießling-, Traminer-, Clevner- und Trollinger-Trauben, ferner von Trauben auf einem fetten, düngerreichen Boden mehr, als von Trauben auf magerem Boden zu entſchleimen ſein.

Insbeſondere dürfte bei den ſtark kleberhaltigen Weinen der Bodenſee— und andern ähnlichen Weingegenden das Entſchleimen von guten Folgen ſein.

Weine von guten Jahrgängen, die viel Zucker-, aber wenig Hefenſtoff haben, dürfen gar nicht entſchleimt werden, weil dadurch die Gährung theil— weiſe unterdrückt und der Wein durch Niederſchlagung von nicht im Ueberfluß vorhandenen, zu ſeiner Entwicklung nothwendigen Stoffen in denſelben weſent— lich geſtört, mithin an Gehalt, Gewürz und Bouquet verlieren würde, auch trägt bei nicht entſchleimten Weinen die ſtärkere Alkohol-Entwicklung dazu bei, daß die im Weine befindlichen unreinen Theile mehr niedergeſchlagen werden und der Wein, vermöge ſeiner Stärke, weniger Krankheiten unterworfen iſt.

Im Uebrigen darf das Entſchleimen jedenfalls mit beſonderer Aufmerk— ſamkeit vorgenommen werden, damit bei dem für den gewöhnlichen Gebrauch beſtimmten Wein die Gährung nicht ganz unterdrückt, d. h. der Wein nicht ſtumm gemacht wird, indem ein ſolcher Wein zwar lange ſehr ſüß bleiben, aber dabei nicht nur einen ziemlichen Theil ſeines Gehalts, ſondern auch die Geſchmack bildende Stoffe verlieren, mithin ſchaal bleiben und im folgenden Sommer doch wieder in Gährung kommen würde.

2 IND HI er

dd, Die offene und verſchloſſene Gährung.

Unter der offenen Gährung verſteht man zunächſt diejenige, bei welcher der noch an den Trebern befindliche Weinmoſt in der entweder offenen oder bedeckten Kufe den freien Einwirkungen der Luft vor der Kelterung ausgeſetzt wird, wie dieſes nicht ſelten nicht nur in württembergiſchen Weinbaugegenden, ſondern auch noch in manchen andern vorkommt; eine ſolche Gährung ſteht jedoch aus den ſchon in §. 241 angeführten Gründen mit einer rationellen Weinbereitung in einem ſolchen Widerſpruch, daß fie in keiner Beziehung Be— achtung und Nachahmung verdient, auch kommt ſie ſelten in volle Anwendung, weil auch dem unvernünftigſten Weingärtner bekannt iſt, daß, wenn er ſeinen Wein vollſtändig in offener Kufe, ſei ſie nun ganz offen oder leicht bedeckt, an den Trebern vergähren läßt, derſelbe einen großen Theil ſeines geiſtigen Gehalts verliert, rauh und herbe wird und leicht einen Sauerſtich bekommt. Man ſucht deßwegen in einem ſolchen Fall den Weinmoſt, bevor er ſeine Gäh— rung ganz beendigt hat, mithin wenigſtens noch etwas ſüß zu keltern und in das Faß zu bringen, doch kann auch hier ſchon dem Weine Eſſigſäure mitge— theilt werden, wenn nämlich während der Gährung die Treber (der Käs) ſich über -den Moſt io erhebt, daß er wenig Feuchtigkeit mehr beſitzt, wodurch die weingeiſtige Maſſe mit dem Sauerſtoffe der Luft ſehr leicht Verbindungen ein— geht und Eſſig ſich bildet, der dann durch die Kelterung mit dem Moſte ver: miſcht wird. Um dieſes zu verhindern, müſſen entweder die gehobenen Treber täglich einigemal in den darunter befindlichen Moſt niedergedrückt und einge— rührt, oder die obere ſaure und hie und da ſogar mit Schimmel überzogene Trebermaſſe vor der Kelterung abgehoben und beſeitigt werden.

Zu der offenen Gährung muß auch diejenige nach erfolgter Kelterung des Weinmoſtes in den Fäſſern gerechnet werden, wenn der Zutritt der Luft da— von nicht abgeſchloſſen wird, indem man das Spundloch entweder offen läßt, oder daſſelbe nur leicht mit einem Rebenblatt und Sandſäckchen bedeckt oder den Spunden verkehrt aufſetzt. Man füllt in dieſem Falle das Faß nicht ganz voll, damit noch etwas atmosphäriſche Luft, die auf die vollkommene Nieder— ſchlagung des Klebers wirkt, ſich über dem Weine ausbreiten kann und die Kohlenſäure Raum findet, auch füllt man das Faß erſt nach beendigter ſtür— miſcher Gährung etwas auf und ſpundet daſſelbe feſter zu. Es iſt dieſes bei vielen Weinproduzenten die gewöhnliche Art, wie man den Weinmoſt der Gäh— rung überläßt, und iſt, weil dadurch der Zutritt der Luft zwar nicht ganz, aber doch zum größern Theile vom Weinmoſt abgeſperrt wird, auch die im leeren Raume des Faſſes enthaltene Kohlenſäure den Zutritt der Luft ſowie die Eſſiggährung verhindert, der erſteren Art der offenen Gährung weit vor—

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zuziehen, es kann ihr daher nur der Vorwurf gemacht werden, daß mit der freien Entweichung der Kohlenſäure auch ein Theil des durch die Gährung entwickelten Alkohols und vielleicht auch manche feinere und edlere Stoffe ent- weichen, die ſpäter auf die Entwicklung des Bouquets Einfluß gehabt hätten. Auch kann ſich, wenn nach der ſtürmiſchen Gährung und der Entweichung der Kohlenſäure ein Faß ziemlich leer bleibt, durch den Zutritt der Luft Kahn und ein ſaurer Hautüberzug über der Oberfläche, des Weins bilden, der gleichfalls durch Eſſiggährung eutſteht, und der, wenn er in den Wein unterſinkt, dem⸗ ſelben Säure mittheilen kann. |

Bei der Anwendung diefer Gährmethode wird man wohl daran thun, wenn man geringem Weinmoſt, der zuvor nicht entſchleimt wurde, mehr Raum für den Zutritt der atmosphäriſchen Luft gibt, als gutem, ſüßen Weinmoſt, damit dieſelbe bei jenem auf die Niederſchlagung der im Ueberfluß vorhande— nen kleberartigen Stoffe mehr einwirken kann.

Eine beſondere Art offener Gährung iſt von dem als Chemiker berühm— ten Pofeſſor Dr. Liebig in München in Vorſchlag gebracht worden, indem er davon ausgieng, daß, weil bei der Bierwürze, wenn dieſelbe in weiten offenen Gefäſſen, welche dem Sauerſtoff der Luft unbeſchränkten Zutritt geſtatten, bei einer Temperatur von 8—10 Graden R. der Gährung überlaſſen wird, eine Abſcheidung der Säuerungs-Erreger gleichzeitig im Innern und an der Ober— fläche der Flüſſigkeit ſtattfindet, dieſes auch ſich auf eine rationelle Weinberei- tung anwenden laſſen müſſe, indem der Wein dadurch in der kürzeſten Zeit die nämliche Reife und Güte erhalten werde, die er ſonſt erſt nach jahrlangem Lagern zeigt.

Da jedoch ein guter haltbarer Wein nicht nur Alkohol, ſondern auch noch Zucker, der dem Weine Süße gibt, und einen feinen gewürz- und blumen⸗ reichen Geſchmack enthalten muß, wenn er den Anforderungen eines Weinken⸗ ners entſprechen ſoll, durch die Gährung des abgekelterten Weinmoſtes in einer weiten offenen Kufe aber dem Zutritt der Luft zu viel Spielraum gelaſſen wird, wodurch die Gährung zu ſchnell und die Zuckerauflöſung zu vollſtändig vor ſich geht, ſich viel Alkohol während der Gährung verflüchtet und ſolche Weine häufig weniger Gehalt zeigen, ſo hat dieſes Verfahren nach den von verſchiedenen Weinproduzenten angeſtellten Verſuchen zu keinem günſtigen Re⸗ ſultat geführt.

(Die Wein- und Obſtproduzenten Deutſchlands S. 320.)

Blos unſer berühmter Weinzüchter, der leider nun verſtorbene Freiherr v. Babo zu Weinheim hat bei weiter angeſtellten Verſuchen die Entdeckung gemacht, daß ſich die angeführten Nachtheile vermeiden laſſen, wenn man den Weinmoſt nur ſo lange in weiter offener Kufe den Einwirkungen der Luft ausſetzt, bis ſich, in Folge der beginnenden Gährung, Kohlenſäure entwickelt

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und dadurch die gröberen Schleimtheile im Moſt auf die Oberfläche geworfen und dort eine ziemlich feſte Decke bilden, die dann, ſowie ſie ſich nach einiger Zeit an einzelnen Stellen hebt und zu durchbrechen beginnt, mit einem gewöhn— lichen Schaumlöffel rein abgehoben und beſeitigt, der Moſt aber ſofort ohne Verzug in das Faß gebracht und dort der weitern Gährung überlaſſen wird.

Durch die Abhebmethode ſoll dem ſtark kleberhaltigen Weinmoſt fein Ueber— fluß an Schleim⸗ und Hefeſtoffen entzogen, mithin eine Verminderung derſel— ben vor der Gährung herbeigeführt werden, wodurch die weitere Gährung zwar etwas ſchwächer und langſamer, aber doch vollſtändig vor ſich geht, der Wein hingegen zugleich diejenigen Stoffe verliert, die das Klären deſſelben. hindern und den Grund zu manchen Krankheiten deſſelben legen. Auch ſoll mit der Schleimdecke die überſchüſſige Säure von geringen Weinen zum grö— ßern Theile entfernt werden, ohne daß bei guten und vorzüglichen Weinen die Geſchmack bildenden aromatiſchen Stoffe eine Minderung erfahren, weil die feineren Klebertheile und Extraktivſtoffe im Moſt zurückbleiben.

Dieſe Behandlungsart des Weinmoſtes ſei vorzugsweiſe anwendbar bei ſüßem Weinmoſt, wenn man bei ihm zu viel Kleber vermuthet, ſowie bei ſau— rem Moſt von geringen Jahren, beſonders wenn ſie eine namhafte Zuckermenge enthalten, die von überwiegendem Säuregehalt verdeckt wird.

Weitere Verſuche zur Ausbildung dieſes Verfahrens dürften übrigens noch gemacht werden, der Verfaſſer glaubt jedoch, daß durch die Gährung des ſüßen Weinmoſtes von guten Weinjahren an den von den Kämmen entfernten Beerenhäuten, ſowie durch die Entſchleimung des ſauren Weinmoſtes in geringen Weinjahren jedenfalls ein ſichereres und vollſtändigeres Reſultat wird erlangt werden können.

§. 247.

Unter der verſchloſſenen Gährung verſteht man die Abſperrung des Wein— moſtes von der freien atmosphäriſchen Luft. Um die Gährung anzuregen, bedarf zwar der Weinmoſt Luft (§. 239), dieſe nimmt er aber ſchon während des Einfüllens in das Gährgefäß in ſich auf, auch befindet ſich in dem in dem letztern zur Entwicklung der Gährung zu laſſenden leeren Raum hinreichend Luft, um die Gährung zu bewirken, hat aber dieſelbe einmal begonnen, ſo iſt, nach den angeſtellten Verſuchen, ein weiterer Zutritt von Luft nicht mehr un— umgänglich nöthig.

Die verſchloſſene Gährung wird auf die §. 242 näher beſchriebene Weiſe bewirkt, entweder durch Aufſetzung von Gährrohren oder mittelſt Einſetzung von Spunten mit einem beweglichen Deckel (Klappe), der aufgedrückt wird, ſo wie der Druck der Kohlſäure im Innern des Gährgefäſſes größer iſt, als das Gewicht des Deckels und der Druck der äußern Luft, der aber wieder zerfällt, ſo wie ein Theil der Kohlſäure ſich entleert hat.

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Die verſchloſſene Gährung hat die Wirkung

a. daß die aus dem Weinmoſte aufſteigende Kohlenſäure Verbindungen mit der im Junern des Gährgefäſſes befindlichen atmosphäriſchen Luft ein⸗ geht (S. 242) und dadurch die ſchädlichen Einwirkungen derſelben auf die Entwicklung des Weinmoſtes hindert; .

b. daß gegen das Ende der Gährung, wo die Ausſtrömungen der Koh⸗ lenſäure ſich mindern und dieſelbe ſomit keinen hinlänglichen Schutz mehr gewährt, das Eindringen der Luft zu dem gährenden Moſte abgehalten, mit⸗ hin auch der geringſte Auflug von Eſſigſäure beſeitiget wird;

c. daß dadurch eine ruhigere und gleichmäßigere Gährung herbeigeführt und zugleich eine vermehrte Alkoholerzeugung, ſo wie eine vollſtändige Ent— wicklung der aromatiſchen Stoffe bewirkt wird, indem das kohlenſaure Gas erſt dann durch das Sperrwaſſer der Gährröhre entweichen kann, wenn deſſen Druck größer iſt als derjenige des Waſſers, ſo lange daher dieſer Druck nicht ſtärker iſt, wird das Gas einen rückwirkenden Druck auf den Moſt ausüben, wodurch deſſen Gährung weniger ungeſtüm vor ſich geht, als weint die Maſſe ſich frei in der atmosphäriſchen Luft bewegen kann;

d. daß die kleinen Theile von Alkohol und aromatiſchen Auflöſungen, die in Verbindung mit der Kohlenſäure aufſteigen, nicht mit derſelben verflüchten, ſondern durch den gegenſeitigen und ſtarken Druck der Glasbläschen innerhalb des Gährgefäſſes in den Moſt als tropfbare Flüſſigkeit wieder zurückgedrängt werden, bevor das Gas ſich in Luftgeſtalt durch das Sperrwaſſer entfernt.

Unter allen Gährmethoden dürfte daher die verſchloſſene Gährung in Verbindung mit einem entſprechenden Gährlokal als die rationellſte betrachtet werden, nur iſt dabei, um die möglichſte Vollſtändigkeit derſelben herbeizuführen, noch zu berückſichtigen, daß wenn die Weintreber oder der Weinmoſt ſehr kalt in die Gährgefäſſe gebracht werden, und dieſelben ſich in keinem erwärmten Lokale befinden, die Gährröhren oder der Klappſpunten nicht bälder aufgeſetzt werden dürfen, als bis die Gährung begonnen hat, damit, bei dem geringen innern Gährungserreger, die äußere Luft noch genügend auf Erregung der Gährung einwirken kann.

248.

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d. Die Gährung des weißen Weins.

An dem weißen Wein liebt man in der Regel i Feinheit, Süße, Geiſt, ein angenehmes Bouquet und eine möglichſt weiße oder hellgelbe Farbe, daher, um all' dieſe Eigenſchaften zu erreichen, bei der Gährung darauf beſondere Rückſicht zu nehmen und deßwegen zunächſt zwiſchen Weinen von guten und geringen Jahren, ſo wie zwiſchen Weinen von ſchleimhaltigen und nicht ſchleim⸗ haltigen Trauben zu unterſcheiden iſt.

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Der Weinmoſt von guten Jahrgängen hat in der Regel wenig Hefe— Säure⸗ und Gerbitoff-Gehalt, dagegen durch die vollſtändige Reife der Trau— ben viel Zucker, ſo daß zu der Verwandlung des letztern während der Gäh— rung im Alkohol öfters nicht genug Gährſtoff vorhanden iſt, indem, ſo wie der letztere zum größern Theile verarbeitet iſt, auch die Gährung aufhört, wodurch, wenn im folgenden Sommer größere Wärme in den Keller dringt und in dem Weine nur noch wenig Gährſtoff vorhanden iſt, eine Nachgäh— rung erfolgt, durch welche derſelbe trüb, zähe oder ſonſt krank werden kann. In einem ſolchen Falle iſt es daher ſehr zweckmäßig, wenn man den Wein— moſt von dem in den Beerenhäuten ſo wie bei ungebeerten Trauben auch von dem in den Kämmen enthaltenen Gerbſtoff, durch welchen die Gährung be— fördert wird, etwas anziehen und dem Weinmoſt auf die §. 243 näher be- ſchriebene Weiſe entweder ganz oder theilweiſe an den Trebern vergähren läßt, oder demſelben, bei nur theilweiſer Vergährung, nachher noch einen kleinen Zuſatz von guten Trebern gibt, was noch den weitern Vortheil gewährt, daß dadurch auch das theilweiſe in den Häuten befindliche Arom mit ausgezogen und der Wein dadurch ein ſtärkeres Bouquet erhält.

Durch die vollſtändige Gährung des Weins an den Trebern erhält der— ſelbe aber eine mehr hellgelbliche, und wenn viele rothe Trauben darunter ſind, eine röthlich gelbe Farbe und verliert dadurch die einladende weiße Farbe, wer daher reine weiße Weine erziehen will, darf die Gährung an den Trebern nie vollſtändig vorübergehen laſſen, ſondern muß den Wein ablaſſen und zu Faß bringen, nachdem die Treber ſich geſchoben haben, und die ſtürmiſche Gäh— rung in der Hauptſache vorüber iſt, ſo daß der Wein noch theilweiſe ſüß in das Faß kommt, wobei aber dann immer noch ein Gährrohr oder Gähr— (Klapp⸗) Spunten aufgeſetzt werden muß. Läßt man den Weinmoſt mit den Kämmen vergähren, jo iſt das baldige Abſondern des Weins vou den Tre— bern aus den bereits angeführten Gründen (§. 243) um ſo nothwendiger.

In einem wie in dem andern Falle wird der Wein durch die Gährung an den Trebern an Friſche und Reinheit gewinnen und mancher in dem Kle— ber enthaltene Bodengeſchmack entfernt werden, auch wird es ſehr angemeſſen ſein, wenn bei dem Keltern der Treber nur der erſte Druck zu dem übrigen Weine gefüllt, der übrige aber, der einen nachtheiligen Einfluß auf deſſen Fein⸗ heit haben könnte, beſonders aufbewahrt und behandelt wird.

Sind die Trauben, aus welchen der Moſt bereitet wurde, ſchon ihrer Gattung nach (Sylvaner, Ortlieber), oder weil ſie auf einem ſehr fetten und ſtark gedüngten Boden aufgewachſen ſind, von ſehr dickem, ſchleimigem Gehalt, ſo iſt hier eine vollſtändige Gährung an den Trebern gerathener, weil ſonſt der ſtarke Klebergehalt nicht niederſchlagen wird, oder es wird eine leichte

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Entſchleimung, jo daß der Moſt noch trüb vom Faſſe ablauft, oder auch die Abſchöpfmethode angewendet.

Eine andere Behandlung erfordert der Weinmoſt von geringen Jahrgän⸗ gen, indem dieſer gewöhnlich weniger Zucker, dagegen einen Ueberfluß an Säure, Gähr⸗ und Gerbſtoff beſitzt, der möglichſt bald aus dem Weinmoſt entfernt und dadurch wieder ein Gleichgewicht zwiſchen dem Zucker- und Gähr⸗ ſtoff hergeſtellt werden muß, wenn der Wein nicht ſauer und durch den gleich nach der Gährung noch vorhandenen Ueberfluß an kleberhaltigen Stoffen ſpä— ter nicht krank werden ſoll.

Die Entfernung dieſes Ueberfluſſes erfolgt, wenn man die ganzen Trau⸗ ben auf die Kelter bringt und ausdrückt, oder, wenn man den ſüßen Weinmoſt entſchleimt, jedenfalls aber nicht an den Trebern vergähren läßt, wie dieſes 8. 226. 244. 245 näher beſchrieben iſt und es muß auf die Entfernung dieſes Ueberfluſſes um ſo mehr Bedacht genommen werden, je mehr ſchleimigen In⸗ halt die Trauben enthalten haben. Nach der Entfernung deſſelben, wobei der letzte Druck bei dem Keltern der Trauben oder Treber nicht mit dem übrigen Weine gemiſcht, ſondern beſonders aufbewahrt werden ſollte, wird der Wein— moſt offen oder verſchloſſen der Gährung überlaſſen, oder kann auch verſuchs— weile die von Liebig'ſche Gährmethode (§. 246) in Anwendung gebracht werden.

Will man aus blauen Trauben weißen Wein bereiten, jo tritt das §. 246 beſchriebene Verfahren ein, wobei es ſich von ſelbſt verſteht, daß hier keine Gährung an den Trebern vor ſich gehen darf. &

§. 249. e. Die Gährung der rothen Weine.

Der Saft der meiſten rothen und blauen Trauben iſt in der Regel weiß und nur einige wenige Traubengattungen, bei welchen auch der Saft roth iſt, machen hievon eine Ausnahme, von welchen in Deutſchland hauptſächlich nur die ſogenannte Farbtraube (Färber §. 30) jedoch ſelten angepflanzt wird.

Die rothen Weine werden daher faſt ausſchließlich aus blauen oder ſchwar— zen Trauben dadurch gewonnen, daß der in den Beerenhäuten und unmittel⸗ bar unter denſelben befindliche Farbſtoff während der Gährung aufgelöst und dadurch, ſo wie durch das nachherige Preſſen der Häute dem Weine mitge— theilt wird. Derſelbe erſcheint jedoch in den Beerenhäuten in der Regel hell— oder dunkelblau (ſchwarzblau), daher er erſt dadurch in die rothe Farbe über⸗ geht, daß er mit den in dem Weinmoſte enthaltenen freien Säuren, nament⸗ lich der Weinſteinſäure, ſich verbindet und dadurch ſich roth färbt.

Dieſer Farbeſtoff iſt von wachs- oder harzartiger Natur und nur in Wein⸗

geiſt löslich, daher die Auflöſung deſſelben nur durch den während der Gäh— rung ſich bildenden Alkohol erfolgt.

Ohne Alkoholentwicklung durch bloſes Preſſeu der Beerenhäute würde äußerſt wenig Farbe dem Weinmoſt mitgetheilt werden, die Erzeugung rother Weine erfordert daher zunächſt, daß dieſelben an den Trebern der blauen Trauben vollſtändig vergähren und daß die Beerenhäute bei dem Zerdrücken der Trauben ſtark zerriſſen und zerrieben werden, damit das Ausziehen der Farbe während der Gährung möglichſt leicht und vollſtändig geſchehen kann, wobei hauptſächlich die oben beſchriebenen Doppel- und Reibraſpeln (§. 227229) gute Dienſte leiſten werden. Je vollſtändiger daher die Gährung vorüber geht, je zuckerreicher der Moſt iſt, und je mehr Alkohol daraus gebildet wird, deſto mehr wird Farbe ausgezogen und deſto dunkler wird auch der Wein werden.

Bei der Leſe oder bei dem Abraſpeln der Trauben hat man jedoch ſehr darauf zu ſehen, daß keine faulen Trauben zu der Maſſe kommen, indem in dieſen der Farbſtoff zerſtört iſt und daher deren Beimiſchung nicht nur die Farbe des Weins mindern, ſondern demſelben auch die Friſche und glanzhelle Farbe nehmen würde.

Will man die Auflöſung der Farbe noch mehr befördern, ſo kann man die abgebeerten Treber entweder vor der Gährung, nachdem der flüſſige Moſt theilweiſe abgelaufen iſt, in einen Keſſel bringen und dieſelben bis gegen den Punkt des Siedens erhitzen, ohne daß jedoch das Sieden wirklich erfolgt, weil ſonſt leicht das Gewürz und Bouquet verloren gehen könnte, worauf erſt das Ganze der Gährung überlaſſen wird, auch kann man nach vollendeter Gäh— rung die etwas trockenen Treber unter Zugießung von etwas Weinmoſt in den Keſſel zum Erhitzen und dann ſogleich auf die Preſſe bringen.

Die Gährung an den Trebern kann nach der oben enthaltenen Ausfüh- rung (§. 243—247)

in offener oder bedeckter Kufe,

in verſchloſſener Kufe mit Senkboden und Gährrohr und

in Fäſſern im Keller mit oder ohne Gährrohr erfolgen, wir beziehen uns daher auf das dort Geſagte und haben hier nur noch anzuführen, daß man an den rothen Weinen zwar Geiſt, Gewürz, Milde und Zärte, aber weniger Süße, dagegen etwas fein adſtringirendes (zuſam— menziehendes) liebt, das denſelben hauptſächlich durch die Säuren und insbe— ſondere durch die Gerbſäure mitgetheilt wird, daher ein vollſtändiges Vergäh— ren derſelben an den Trebern ſtattfinden muß, und daß, namentlich das Gähren an den Traubenkämmen in vorzüglichen Weinjahren und von guten Lagen, wo der Moſt 100 und mehr Grade wiegt, mit weit weniger Nachtheilen als beim weißen Wein verbunden iſt, vielmehr ſehr zur Erhöhung

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des Gerbſäuregehalts und zur vollſtändigen reinen Gährung beitragen kann, nur darf der Weinmoſt nicht zu lange an den Trebern bleiben, vielmehr muß derſelbe, ſo wie die Gährung beendiget iſt, ohne Verzug abgelaſſen, gekeltert und zu Faß gebracht werden, weil der Wein ſonſt von den Kämmen einen unangenehmen Geſchmack annehmen könnte.

Bei der Gährung in offener Kufe oder im offenen Faß iſt es ein unum⸗ gängliches Erforderniß, daß die Trebermaſſe, beſonders während der ſtürmi— ſchen Gährung, täglich Z— Amal umgerührt und mit dem ſich mehr auf den Boden geſenkten Moſt vermiſcht wird, indem dadurch die Gährung befördert, die Ausziehung der Farbe möglichſt vollſtändig geſchieht und auf dem ge— hobenen ziemlich trockenen Treberkäs (Hut) ſich keine Eſſigſäure bilden kann, was bei warmer Temperatur in kurzer Zeit geſchehen würde. Außerdem iſt es gut, wenn die Gährbütte oben enger als unten iſt, damit bei dem Aufſtei— gen des Treberkäſes (Huts) derſelbe ſich feſter an die Wand anſchließt, wo— durch weniger Weingeiſt verflüchtet.

Im Allgemeinen muß der offenen Gährung viel Aufmerkſamkeit gewidmet werden, indem bei derſelben, ſo lange die ſtürmiſche Gährung dauert, durch die ausſtrömende Kohlenſäure zwar die Eſſigbildung verhindert wird, ſo wie aber dieſelbe vorüber iſt, ohne daß die Gährung geſtört und die Temperatur der Trebermaſſe herabgeſtimmt wird, tritt Eſſigbildung ein, wodurch zunächſt der Grund gelegt wird, daß der Wein ſpäter einen Stich bekommt. Man muß deßwegen auch den offen vergohrenen Wein bälder und ehe ſich die Gährung vollſtändig gelegt hat, zur Kelterung bringen.

Die verſchloſſene Gährung kann man mit oder ohne Senkboden einleiten, das erſtere geſchieht häufig durch Einfüllung der Treber in die im Keller be— findlichen Fäſſer, kann aber auch in Kufen mit luftdicht geſchloſſenem Deckel erfolgen, in beiden Fällen muß jedoch der Zutritt der atmosphäriſchen Luft durch Aufſetzung eines Gährrohrs oder eines Gährſpuntens verhindert werden. Es iſt übrigens damit der Nachtheil verbunden, daß die Treber während der Gährung nicht umgerührt werden koͤnnen, worunter der Auszug der Farbe nothleiden kann, auch wird zwar, ſo lange die ausgedünſtete Kohlenſäure auf der Treber- und Moſtmaſſe liegt, dieſelbe vor dem Uebergang in Eſſigſäure geſchützt ſein, ſo wie aber die Gährung abnimmt und durch irgend einen Zu— fall atmosphäriſche Luft eindringt, kann die Bildung der letztern, beſonders bei der im Innern des Faſſes vorhandenen ſtarken Wärme, ſehr ſchnell vor ſich gehen. Bei dieſer Gährmethode wird es daher gut ſein, wenn man nach beendigter Gährung die Kelterung der Treber ſchnell vornimmt.

Die zweckmäßigſte Gährungsart wird übrigens aus den §. 247 angeführ⸗ ten Gründen die verſchloſſene Gährung mit Senkboden, ſeie es nun im Faſſe

415 oder in der Kufe bilden, daher wir dieſelbe namentlich für die Erzeugung vollkommen geſunder, dickrelher Weine beſonders empfehlen dürfen.

Iſt die Gährung vorüber, die man durch Warmhaltung des Gährlokals oder durch Erwärmen der Treber zu beſchleunigen ſuchen ſollte, weil durch eine langſame Gährung die Alkoholentwicklung weniger ſtark iſt und dadurch weni— ger Farbſtoff ausgezogen wird, auch, beſonders bei offener Gährung, ſich leicht Eſſigſäure bilden könnte, jo wird der Wein abgelaſſen und in andere Fäſſer verfüllt, die Treber aber gekeltert und der Druckwein unter den Vorlaß nach Verhältniß vertheilt, da derſelbe noch viel Farbſtoff, hie und da aber auch noch Gährſtoff enthält, doch wird man wohl thun, wenn man den letzten Druck, der viele rauhe Theile mit ſich führt, beſonders aufbewahrt.

Vor dem Keltern iſt es zur Erhöhung der Farbe ſehr gut, wenn die Beerenhäute beſonders in dem Falle, wenn ſie bei dem Zerdrücken der Beere nicht zerrieben worden ſind, tüchtig herumgearbeitet und dadurch verkleinert oder in dem Weinmoſte förmlich gewajchen werden, wodurch der lösbare Farbe: ſtoff abgerieben und bei dem Preſſen leichter ausgepreßt wird. |

Will man nun eine erfolgreiche Nachgährung herbeiführen und verſichert ſein, daß ſich in dem Weine kein Gährſtoff mehr befindet, ſo kann man den in die Fäſſer eingefüllten Wein täglich mit dem Stoßeiſen bearbeiten und da⸗ mit fortfahren, bis ſich in dem Speerwaſſer des aufzuſetzenden Gährrohrs keine Blaſen mehr zeigen, worauf erſt der Wein aufgefüllt und der ſtillen Gährung überlaſſen wird, wobei es übrigens ſehr gut iſt, wenn dem Weine etwas von Kernen gereinigte Beerenhäute, etwa 1—2 Butten auf 8—10 Eimer beigegeben werden, indem dadurch die Nachgährung befördert und die Farbe des Weins erhöht wird. N

Manche Weinproduzenten laſſen die gebeerten Treber an dem Weine bis zum Ablaſſen im Dezember, Januar oder Februar liegen, was jedoch in vie— len Fällen nicht ſehr angemeſſen erſcheint, weil der Wein leicht einen Treber— geſchmack oder zu viel Zuſammenziehendes und Herbes bekommen kann und vielleicht nur da zweckmäßig iſt, wo die Gährung wegen des geringern Wärme— Gehaltes des Gährlokals langſam vor ſich geht und der Weinmoſt von Traus ben gewonnen iſt, die den Farbſtoff ungern fahren laſſen (blaue Sylvaner).

In einem ſolche Falle wäre es aber zweckmäßiger, wenn man die blauen Trauben entweder ſogleich nach beendigter Leſe oder wenigſtens nach Vollen— dung der ſtürmiſchen Gährung keltern, die Treber von den Kernen reinigen und ſofort blos die Beerenhäute in das Faß bringen würde, weil, wenn man die Kerne länger im Weine liegen läßt, ſolche demſelben einen herben, etwas bittern Geſchmack beibringen.

Die Entwicklung des Farbſtoffs geht übrigens nur in guten Weinjahren jo ſtark und in ſolcher Menge vor ſich, daß aus den Trauben ſchöne dunkel-

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rothe Weine erzeugt werden können, auch ſcheint in minder günſtigen Wein⸗ jahren der Farbſtoff weniger löslich zu ſein, in ſolchen Jahren iſt es daher ſehr angemeſſen, wenn man aus den blauen Trauben keine rothe, ſondern weiße Weine dadurch zu erzeugen ſucht, daß man dieſelben nicht an den Tre— bern vergähren läßt, ſondern entweder in ganzen Trauben keltert oder ſogleich nach dem Zerdrücken auf die Kelter bringt (S. 244).

Ebenſowenig darf man aber in guten Weinjahren die zur Erzeugung rother Weine beſtimmten blauen Trauben durch die Spätleſe zur Ueberreife kommen laſſen (§. 220), jo daß ſie faſt ganz eintrocknen, indem zwar viel Zucker-, aber zu wenig Gähr- und Gerbſtoff erzeugt wird, wodurch jener nicht ganz in Alkohol übergeht und dadurch auch der Farbſtoff nicht vollſtändig ausgezogen, ſondern ein ſüßer Wein gewonnen wird, der ſich den ſüdlichen Liqueurweinen nähert, aber den feinen, flüchtigen Gehalt mit angenehmem Feuer und leich— tem zuſammenziehenden Geſchmack verloren hat. Zu einem guten Rothwein gehören daher geſunde (unverfaulte) Trauben, höchſter Reifegrade (wenn ein— zelne Beere anfangen einzutrocknen) und ſchnelle Gährung, womöglich mit Ab— ſchluß von der atmosphäriſchen Luft, wie dieſes auch in den vorzüglichſten Weinbaugegenden (Rheingau, Aßmannshauſen), wo rothe Weine erzeugt wer— den, eingeführt iſt.

§. 250. f. Ueber das Aufhören und die Unterdrückung der Gährung.

Der gekelterte ſüße Traubenmoſt gährt nicht im luftleeren Raume, ſo bald aber die Luft Zutritt hat und er Verbindungen mit dem Sauerſtoffe derſelben eingehen kann, ſo beginnt die Gährung und ſchreitet fort, auch wenn nun die Luft abgehalten wird. Die Gährung hört aber wieder auf oder beginnt gar nicht, ſowie die Wirkung des Gährungs-Erregers unterdrückt oder aufgehoben wird, was z. B. durch die Siedhitze geſchieht.

Wenn man eine Flaſche mit ſüßem Weinmoſt füllt, luftdicht verſchließt und jo lange in ſiedendes Waſſer legt, bis daß der Moſt die Siedhitze angenom⸗ men hat, ſo wird während des Erhitzens die geringe Menge Sauerſtoff, welche mit der Luft in der Flaſche eingeſchloſſen war, von den Beſtandtheilen des Moſtes ſo aufgenommen, daß dadurch die Urſache der Gährung entfernt iſt. Der Moſt bleibt ſo lange ſüß, bis die Flaſche geöffnet und derſelbe wieder mit der Luft in Berührung gebracht wird.

Ebenſo kommt ſtark geſottener Weinmoſt nicht mehr in Gährung, weil ſeine ſtickſtoffhaltigen Beſtandtheile, die mit dem Sauerſtoff der Luft Verbin⸗ dungen eingehen, durch die Siedhitze eine Veränderung erlitten haben, wodurch

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jene Verbindung aufgehoben wurde, er verliert aber dadurch feinen eigen- thümlichen Gewürz⸗ und Bouquet⸗Geſchmack. |

Auch durch die Kälte wird die Gährung längere Zeit zurückgehalten, in- dem dieſelbe zu ihrem Beginnen neben der Luft auch einen gewiſſen Wärme⸗ grad erfordert. In kalten Gährlokalen wird daher die Gährung entweder gar nicht oder ſehr ſpät beginnen und nur ſehr unvollſtändig vor ſich gehen, ſowie aber der Wein in ein wärmeres Lokal kommt, wird dieſelbe aufs Neue wieder angeregt werden.

Der Alkohol oder Weingeiſt beſitzt gleichfalls die Eigenſchaft die Gährung zu hemmen, indem die gährenden Stoffe durch den geiſtigen Gehalt deſſelben abgehalten werden, die zur Gährung erforderlichen Verbindungen einzugehen. Aus dieſem Grunde hört auch die Gährung auf, wenn man dem Weinmoſt viel Alkohol zuſetzt, oder wenn ſich in einem zuckerreichen Weine ſo viel Alko— hol entwickelt, daß dieſer, gegenüber von den Gährungsſtoffen vorherrſchend wird. In dieſem Falle bleibt ein Theil des Zuckers unzerſetzt, und der Wein behält einen ſüßen Geſchmack, die Gährung tritt aber wieder ein, ſo bald ſich der überſchüſſige Alkohol verflüchtet hat, oder neuer Gährungsſtoff zugeſetzt wird, oder der noch im Wein vorhandene Gährungsſtoff durch erhöhte Tem⸗ peratur wieder mehr Leben bekommt. Geiſtige Weine ſind daher einer ſolchen krankhaften Nachgährung weniger unterworfen, als ſchwache, welche wenig Al— kohol, aber noch viel Gährungsſtoff beſitzen.

Auch durch einen allzuſtarken Zuckergehalt und zu geringen Gährſtoff- und Säuregehalt des Weins, d. h., wenn kein angemeſſenes Verhältniß mehr zwiſchen dieſen Stoffen exiſtirt, wird die Gährung anfgehoben, weil dieſelben dann keine Verbindungen eingehen können, vielmehr die letztern durch den dichten Zuckerſtoff umhüllt und dadurch unwirkſam gemacht werden.

Nur in dem Falle, wenn man dem zuckerdichten Weinmoſt einen fremden Gährſtoff (Ferment), wie den Getreidekörnern (Bierhefe oder Sauerteig) mit Waſſer zuſetzte, würde die Gährung deſſelben ſich wieder herbeiführen laſſen. Die Gährungs-Unterdrückung durch den Zuckerſtoff kommt jedoch nur be— Weinen aus ſüdlichen Ländern, bei den deutſchen Weinen aber ſelten und nur in dem Falle vor, weun die wäſſerigen Beſtandtheile der Trauben durch länge— res Aufhängen oder Ablagern derſelben zum größern Theile entfernt wurden, ſo daß hauptſächlich uur noch der Zuckerſtoff vorhanden iſt, wie bei der Erzeu⸗ gung der ſogenannten Strohweine.

Die Säuren und insbeſondere die Schwefelſäure beſitzen die Eigenſchaft, daß ſie Verbindungen mit den Hefeſtoffen des Weinmoſtes eingehen, dadurch die Natur derſelben verändern und dazu beitragen, daß die gröberen Schleim- und Hefentheile des Moſtes niedergeſchlagen werden, wodurch die Gährung deſſelben entweder ganz unterdrückt oder aufgehalten wird. Der Weinmoſt

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muß jedoch in dieſem Falle von den Einwirkungen der atmosphäriſchen Luft möglichſt abgeſchloſſen werden, indem, ſowie dieſelbe Zutritt hat, die Gährung beſonders bei zunehmender Wärme nach und nach beginnt, was häufig zur Zeit der Traubenblüthe des folgenden Jahres erfolgt. Es beruht hierauf das Entſchleimen ($. 245), ſowie das ſogenannte Stummmachen des ſüßen Wein⸗ moſtes, durch letzteres verliert aber derſelbe einen großen Theil ſeiner Wein⸗ beſtandtheile (Säure, aromatiſche Stoffe und, wie es ſcheint, auch einen Theil des Zuckers), ſo daß er, wenn er ſpäter in Gährung kommt, gewöhnlich nur einen matten, ſchaalen, wenig feurigen Wein gibt. | Gleiche Wirkung haben auch ſchwefelhaltige Oele oder Pflanzen, wie Senf, Meerrettig, indem, ſowie dem vollkommen ſüßen Weinmoſte nur wenige Loth beigemengt werden und das Faß luftdicht abgeſchloſſen wird, die Gährung längere Zeit, häufig bis zum folgenden Frühjahr oder Sommer, zurückgehalten und dadurch dieſes Verfahren zu der Erzeugung ſüßer Deſſertweine benützt werden kann. |

XIII. Die Uebennutzungen.

§. 251.

Der Ertrag der Weinberge beſteht nicht blos in Wein, ſondern die Ab- fälle von denſelben an Laub, Rebholz, Rebſchnittlingen, ſowie die Ueberreſte der ausgepreßten Trauben, die Treber, und die von dem Weine abgeſetzte Hefe geben auch noch einen Nebenertrag, auch werden in manchen Weinbergen noch andere Produkte, die zur Nahrung der Menſchen oder des Viehes dienen ge⸗ pflanzt, was alles unter dem Namen Nebennutzungen begriffen wird und hin⸗ ſichtlich der Brauchbarkeit und des Werthes ſowie des Einfluſſes, den dieſelben auf die Weinerzeugung ausüben, hier näher betrachtet werden ſoll.

1. Die Abfälle an Laub und Rebholz.

Das Laub und namentlich das Holz der Reben enthalten nach den in F. 15 angeſtellten Unterſuchungen, ſehr viele alkaliſche Beſtandtheile, die dem Gedeihen der Rebe ſo ſehr förderlich ſind, die Abfälle beim Schneiden der Reben im Spät⸗ oder Frühjahr, ſowie die grünen Abfälle beim Verbrechen, Ausbrechen (Ausflügeln) und Ueberhauen der Reben (F. 134—151) bilden daher nach §. 175 einen werthvollen Weinbergsdünger, und es iſt nur zu be⸗ dauern, daß dieſelben in dieſer Eigenſchaft nicht mehr verwendet werden.

Die hauptſächlichſte Benützung dieſer Abfälle in den meiſten Weinbau⸗ Gegenden beſteht darin, daß das beim Schneiden der Reben abfallende ältere zum Theil dürre Rebholz geſammelt, in Büſcheln gebunden und zum Ver⸗ brennen nach Hauſe geſchafft wird, daher es beſonders in holzarmen Gegenden

419 dem gewöhnlichen Weingärtner einen ſehr ſchätzbaren Beitrag zu dem anzu— ſchaffenden Brennmaterial liefert.

Die beim Verbrechen und Ueberhauen abfallenden grünen Triebe werden dagegen häufig als Viehfutter benützt, haben aber als ſolches keinen hohen Werth und ſollten nur in futterarmen Jahren als Erſatz für das fehlende beſſere Futter benützt werden.

2. Die Rebſchnittlinge.

Bei dem Schneiden der Reben fällt nicht nur älteres abgegangenes Holz ab, ſondern auch junges ein- und zweijähriges Holz, ſogenannte Schnittlinge, Blindhölzer, die uach §. 100 und 103 entweder zu der Anlage neuer Wein- berge oder zu derjenigen von Rebländern verwendet werden können, ſie werden zu dieſem Gebrauche häufig gut bezahlt (das Hundert 20 30 kr., hie und da bis zu 1 fl.), daher es für manchen Weinbergbeſitzer ein lohnendes Ge— ſchäft iſt, dieſelben auf die oben angegebene Weiſe zu ſammeln und zum Ver⸗ kaufe zu bringen.

3. Die Traubenkerue.

Die ſelben ſind nach §. 7 mit einer kaffeebraunen Haut überzogen, die einen adſtringirenden Stoff (Gerbſtoff) enthält, der die Eigenſchaft beſitzt, daß er mit den im Weine befindlichen Schleim» und ſtickſtoffhaltigen Stoffen (Kle⸗ ber) Verbindungen eingeht, wodurch ſich dieſelben im Weine bald ablagern, was zur Klärung trüber, zäher, nicht ganz vergohrener Weine weſentlich bei— trägt. Zu dieſem Behuf übergießt man je 8 Loth Körner mit / Quart heißem Wein oder Waſſer, läßt ſie 24 Stunden weichen und bearbeitet dann die Körner mit der Hand, damit die äußere Haut ſich ablöst und möglichſt zerrieben wird. Hierauf wird Alles in einem reinen irdenen Gefäß unter fort— währendem Umrühren 2 Stunden gekocht, damit aller Gerbſtoff gelöst wird, ſofort durch Leinwand filtrirt, mit 1 Schoppen auf 8 Imi des kranken Weins innig vermiſcht und in kleinen Portionen ins Faß gegoſſen und in dem Weine gut umgerührt. Auf einen Eimer Wein rechnet man einige Pfund reine Traubenkerne, auch wird es gut ſein, wenn man vor dem Eingießen des gerbſtoffhaltigen Aufguſſes denſelben mit etwas aufgelöster Hauſenblaſe oder Gallertſchöne vermiſcht.

Zugleich enthalten die Kerne ein feines Oel, aus dem ein vorzügliches Speiſeöl oder auch Brennöl bereitet werden kann, wenn man fie durch Aus- breiten auf einem trockenen Boden und durch tägliches Umrühren zuerſt trock— net, dann von dem anhängenden Treberunrath in einem Drahtſieb oder auf einer Putzmühle reinigt und ſofort auf die Oelmühle bringt, wo ſie zunächſt gemahlen, dann etwas, jedoch nicht ſtark, erwärmt und ſofort gut gepreßt

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werden müſſen. Ein Simri Traubenkerne gibt gewöhnlich 1—2 Pfund Oel, was einen Werth vou 24—48 kr. hat, jo daß eine ſolche Oelbereitung immer noch als hinreichend lohnend erſcheint.

Auch diejenigen Traubenkerne, über welchen bereits Branntwein abgezogen wurde, können noch zur Oelbereitung verwendet werden.

4. Die Weintreber

werden, nachdem ſie von den Kämmen gereinigt ſind, gewöhnlich zum Brannt⸗ weinbrennen benützt und daraus ein guter Weinbranntwein, oder durch mehr⸗ maliges Abziehen auch Weingeiſt gewonnen.

Außerdem kann man von den Weintrebern auch einen guten Nachwein (Treberwein, Läuren) bereiten, wenn man an ca. 6 Butten, womöglich auch von deu Kernen gereinigten Trebern, weil letztere dem Getränke einen bittern Geſchmack geben, ſobald ſie von der Preſſe kommen, und ohne daß ſie zuvor warm geworden ſind, 12—16 Imi Waſſer gießt, und ſolche dann einige Tage womöglich unter einem Senkboden gähren läßt, worauf man die Flüſſigkeit abläßt und zu Faß bringt, die Treber aber entweder nochmals mit ca. 4—5 Imi Waſſer übergießt und ſie wiederholt 8 Tage gähren läßt oder ſie keltert, und beim zweiten Behauen oder Umarbeiten mit etwas Waſſer befeuchtet und ſofort auch den Druck zu der übrigen Flüſſigkeit ins Faß bringt. Wird dann pr. Eimer 30 Pfd. Trauben⸗ oder Farinzucker in einigen Imi Nachwein aufge⸗ löst, dieſe Auflöſung heiß ins Faß gethan und ſofort das Ganze der Gäh— rung überlaſſen, jo erhält man dadurch einen angenehmen Nachwein, der be: ſonders während des Sommers bei ſtarker Hitze ſehr kühlend wirkt. Will man denſelben ſtärker machen und einen förmlichen Weingeſchmack beibringen, ſo kann man pr. Eimer bis 75 Pfd. Traubenzucker, 1 Pfd. aufgelöste Weinſtein⸗ ſäure etwa 1½—2 Imi gute alte Weinhefe beigeben und Alles mit vergäh⸗ ren laſſen, nur muß man dann dieſen Nachwein nicht für wirklichen Wein ausgeben. |

Die ausgenützten Kämme und Häute können ſofort, wie die Lohe bei den Gerbern, in beſondere Formen getrieben, getrocknet und als Brennmaterial benützt werden, auch geben ſie eine gute Düngung, indem ſie namentlich viel Kali und mehr Stickſtoff als der gewöhnliche Stalldünger enthalten, daher ſie beſonders zur Bereitung von Compoſt ſehr vorzüglich ſind und in dieſer Ei⸗ genſchaft nützlicher verwendet können, als wenn ſie als Brennmaterial benützt werden. f

5. Die Weinhefe a gibt gleichfalls einen guten Weinbranntwein, auch läßt ſich aus derſelben ge⸗

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reinigter Weinſtein präpariren, was hie und da ſchon Veranlaſſung gab, bie Zubereitung fabrikmäßig zu betreiben.

Außerdem kann man die Hefe in ſtarken leinenen Säcken laugſam und ſtark auspreſſen und das Abgelaufene, das meiſt zwei Drittel des Ganzen be— trägt als Wein benützen, den Rückſtand aber an der Luft trocknen, der dann ein ſehr wirkſames Brennmaterial abgibt, deſſen Aſche, beinahe die Hälfte ihres Gewichts, faſt chemiſch reine Potaſche liefern ſoll.

6. Die Aupflanzung von Nebeugewächſen in den Weinbergen.

In manchen Weinbaugegenden, wo es an Boden zur Erzeugung der er— forderlichen Lebensmittel fehlt, oder in der Nähe volkreicher Städte, wo alle Produkte zu guten Preiſen verwerthet werden können, werden die Weinberge auch zu der Anpflanzung von Nebengewächſen, namentlich Mais (Welſchkorn), Bohnen, Rüben, Rettige, Spargeln, Kraut ꝛc. benützt, was auch in einzelnen Weinbaugegenden Württembergs der Fall iſt.

Solche Anpflanzungen äußern aber gewöhnlich einen ſehr nachtheiligen Einfluß auf die Weinerzeugung, indem dadurch dem Boden ein großer Theil der Nahrungsſäfte, die dem Rebſtocke zufließen ſollten, entzogen wird, was entweder den Ertrag im Allgemeinen verringert oder den Weinberg bald alt macht. Sie laſſen ſich deßwegen nur bei Gereuthen mit einem guten, kräfti⸗ gen Boden und ſo lange dieſelben noch nicht im Ertrage ſtehen, rechtfertigen, oder in Weinbergen mit weiter Beſtockung bei kräftigem Boden und öfterer ſtarker Düngung, beſonders wo es an ſonſtigem Boden fehlt; auch in alten Weinbergen, wo hie und da einzelne Stöcke fehlen, wird an der Stelle der— ſelben die Anpflanzung von Nebeuprodukten weniger Schaden bringen. Ein intelligenter Weinbauer wird aber alle Anpflanzungen, auch in den Gereuthen möglichſt zu vermeiden ſuchen, weil durch dieſelben der Boden nicht nur aus⸗ geſaugt, ſondern auch eine weit ſtärkere Beſchattung der Weinberge herbeige⸗ führt wird, was einen nachtheiligen Einfluß auf die Zeitigung der Trauben und des Holzes ausüben muß.

XIV. Die Behandlung des Weins im Seller.

§. 292. Mit der Beendigung der ſtürmiſchen Gährung, ddieſelbe mag nun in der Kufe oder im Faſſe erfolgt ſein, hat ſich der ſüße Weinmoſt zwar in Wein verwandelt, damit iſt aber ſeine Entwicklung noch nicht beendigt (§. 239), ſon⸗ dern dieſelbe dauert, nachdem der Wein in den Keller geſchafft iſt, im Faſſe durch die ſtille oder Nachgährung noch fort, bis ſich der trübe Wein gehörig

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geklärt, der Zuckerſtoff ſich möglichſt aufgelöst und der Gähr⸗ und Sauerſtoff ſich gehörig niedergeſchlagen hat.

Während der ſtillen Gährung fallen die im Weine noch enthaltenen Stoffe, die nicht im Stande ſind, bei derſelben mitzuwirken, mithin auch mit dem jungen Wein keine Verbindungen eingegangen haben, ſondern nur noch ſchwe⸗ bend in demſelben ſich befinden, wie der Schleimſtoff (Kleber), der Weinſtein, der Extraktivſtoff zu Boden, oder lagern ſich an den Wandungen der Fäſſer und bilden zuletzt die Hefe, daher auch die Entwicklung des Weines ſo lange fortdauert, ſo lange ſich noch Hefe abſetzt

Bei der Behandlung des Weines im Keller muß daher dieſelbe hauptſäch⸗ lich darauf gerichtet ſein, den Wein von allen fremdartigen Theilen zu reinigen, jede nachtheilige Einwirkung auf denſelben zu beſeitigen und dadurch deſſen Klärung ſowie die Entwicklung ſeines eigenthümlichen Geſchmacks und Geruchs (Bouquet) und feiner ſonſtigen beſonderen Eigenſchaften möglichſt zu befördern .

Dieſe Behandlung hängt ab von der Einrichtung der Keller, von der Einrichtung der Fäſſer und von dem öftern rechtzeitigen Abziehen des Weins von der Hefe (Ablaſſen), was wir hier näher ausführen wollen.

1. Die Kellereinrichtung. §. 253.

Wie zu der Erregung der Gährung ein angemeſſenes Lokal mit dem er⸗ forderlichen Wärmegrad gehört (§. 241), jo iſt dieſes auch bei der Fortſetzung derſelben durch die ſtille Gährung erforderlich. Ein guter Keller iſt daher zu der Erziehung eines guten, geſunden Weins ein unumgängliches Erforderniß. Die gute Beſchaffenheit deſſelben hängt ab von der Lage, dem Luftzug und dem Wärmegrad, ſowie von der Feuchtigkeit und Reinlichkeit deſſelben.

Das erſte Erforderniß eines guten Kellers beſteht in der gleichen Tempe⸗ ratur deſſelben, jo daß er während des Sommers nicht zu warm und wäh— rend des Winters nicht zu kalt wird, weil durch beides die regelmäßige Ent⸗ wicklung des Weins geſtört wird, indem durch die Wärme des Sommers dieſelbe allzuſchnell befördert und dadurch zu manchen Krankheiten des Weins (trüb⸗ zähe werden) Veranlaſſung gegeben wird, während durch die Kälte des Win⸗ ters bei der Entwicklung ein Stillſtand eintritt. Um eine möglichſt gleiche Temperatur zu erreichen, muß derſelbe

a. gegen Norden liegen, und auch die Kelleröffnungen ſollten größtentheils dieſe Lage haben, jedenfalls aber nicht gegen Mittag, weil ſonſt die Sonnen⸗ hitze zu ſehr eindringen kann.

b. Der Keller muß eine angemeſſene Tiefe haben, etwa von 15—18 Fuß, damit die äußere Luft weniger in denſelben eindringen kann und auch die

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Wärme oder Kälte der ihn umgebenden Bodenſchichten weniger Einfluß auf denſelben hat, wobei übrigens auch auf die Bodenart Kückſicht zu nehmen iſt, weil in Thon⸗ und Felſenboden die Wärme und Kälte weniger ſchnell eindringt als in leichtem Sand» und ähnlichem Boden.

o, Die Umgebungen eines Kellers haben gleichfalls Einfluß auf deſſen Temperatur, indem in einem von allen Seiten frei liegenden Keller die äußere Luft weit mehr eindringen kann, als in geſchloſſenen Straßen, wo die benach- barten Gebäude Schutz gewähren und ſelten ein ſtarker Luftzug ſtattfindet. Freiliegende Keller müſſen daher in der Regel tiefer als andere ſein.

Die weitern Erforderniſſe eines guten Kellers beſtehen noch darin:

d. daß in demſelben eine möglichſt reine Luft herrſcht, weil dieſelbe nicht blos durch die Spunten und Zapfen, ſondern auch durch die Poren des Hol- zes in die Fäſſer dringt, wodurch eine dumpfe Luft die Entwicklung des Weins ſtört, das Holz der Fäſſer mit Schimmel überzieht und daſſelbe faul und morſch macht. Der Keller muß daher eine angemeſſene Höhe von 15—18 Fuß und Kelleröffnungen auf wenigſtens zwei Seiten haben (gegen Norden, Oſten, Weſten), damit der Luftzug befördert wird.

e. Derſelbe muß gewölbt ſein, weil in Keller, die oben nur mit Holz⸗ werk (Balkenkeller) geſchloſſen ſind, Wärme und Kälte viel leichter eindringen können.

f, Er darf nur ein gemäßigtes Licht haben, indem ein all zu ſtarkes Licht, beſonders wenn die Sonne auf die Fäſſer ſcheinen ſollte, der Entwicklung des Weins ſchädlich iſt.

g. Ein guter Keller darf weder zu trocken noch zu feucht ſein, weil im erſten Falle das Holz der Fäſſer ſchwindet und dieſelben leck werden, auch der Wein zu ſchnell zehrt, im letztern Falle aber, weil die Fäſſer ſich mit Schim⸗ mel überziehen und bald zu Grunde gehen, der Wein aber gerne faul wird und zu manchen Krankheiten geneigt iſt. In einem Keller, der naß iſt und in dem ſich von Zeit zu Zeit Waſſer anſammelt, wird felten ein guter Wein erzogen werden können. | |

h. Derſelbe ſoll mit guten ſteinernen Platten belegt fein, damit der Bo⸗ den deſſelben ſowohl in den Gängen als unter den Fäſſern möglichſt rein ge⸗ halten und öfters geſäubert werden kann, indem durch Unreinlichkeit die Luft gleichfalls verdorben wird.

1. Ferner ſollen keine andere Produkte als Wein, namentlich aber keine Gemüſe, welche ſtark ausdünſten und in Gährung übergehen, in dem Wein⸗ keller aufbewahrt werden, indem dadurch der Keller feucht und die Luft dumpf wird, und der ſtarke Geruch einzelner Gewächſe ſich durch die Luft auch dem Weine mittheilen, oder deſſen aromatiſche Entwicklung hindern kann.

k. Gegen öftere Erſchütterungen ſoll ein guter Keller gleichfalls bewahrt

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jein, indem durch dieſelben ſowohl der Wein als die Hefe in Bewegung kommt, wodurch ſich erſterer ſchwer klären und letztere ſich nicht gehörig ſetzen kann, ſondern ſich immer wieder mit dem Weine miſcht und zum Sauerwerden oder ſonſtigen Krankheiten deſſelben beiträgt. Keller unter Straßen oder ganz in der Nähe derſelben, auf welchen viele und ſchwere Fuhrwerke fahren, oder in der Nähe von Hammerwerken, Schmieden, welche ſtarke Erſchütterungen ver⸗ anlaſſen, ſind daher für die Weinerziehung nicht ſehr geeignet.

1. Die Nähe von Senkgruben, Jauchenbehältern, Abtritten iſt für einen Keller hie und da ſchädlich, weil ſich unreine Luft in denſelben zieht, oder ſogar übelriechende Flüſſigkeit in demſelben ſich ſammelt.

Außerdem muß

m. jeder Keller während des Winters gegen das Eindringen der Kälte gut verwahrt, im Frühjahr aber bei heller Witterung öfters, beſonders Mor⸗ gens und Abends, gelüftet, gegen das Eindringen der Sonnenſtrahlen aber verwahrt werden. Bei der Annäherung eines Gewitters müſſen die Keller⸗ läden geſchloſſen werden, weil das Eindringen des Blitzes und der CHR Luft dem Weine ſehr ſchadet.

Sind die Keller auf die angegebene Weiſe eingerichtet und vor äußern ſchädlichen Einwirkungen gehörig verwahrt, ſo darf bei einer gewöhnlichen Temperatur von 6—8 Graden R. auf eine angemeſſene ſtufenweiſe Entwick⸗ lung des Weines gerechnet werden, nur bei alten Weinen, die keine Hefe mehr abſetzen und keiner weitern fortſchreitenden Entwicklung mehr bedürfen, ſondern deren zurückſchreitende Entwicklung durch Ablagerung und Entweichen des Wein- geiſtes möglichſt aufgehalten werden ſoll, ſind Keller von niederer (kälterer) Temperatur von 3—4 Graden R. angemeſſen, daher bei größeren Weinlagern beſondere Kellerräume für Ältere Weine eingerichtet werden dürften.

2. Die Fäſſer. §. 254.

Es iſt bereits oben (F. 242) ausgeführt worden, daß die Größe der Fäſſer auf die Gährung des Weins einigen Einfluß ausübt, und das Gleiche iſt auch bei der weitern Entwicklung deſſelben der Fall. Da ſich nun der Wein in kleineren Fäſſern ſchneller ausbildet als in größeren und feinere, edlere und ſtarke Weine zur Ausbildung längere Zeit brauchen als gewöhnliche, gemeine und etwas ſchwache Weine, jo wird es angemeſſen fein, wenn für erſtere Fäſ⸗ ſer von 3—4 Eimer, für letztere von 5—12 Eimer gewählt werden.

Die Fäſſer werden in der Regel von eichenem Holz, als das feſteſte und zäheſte gefertiget, auch hat man dabei noch darauf zu ſehen, daß möglichſt dichtes Holz, das nicht im Saft gehauen wurde, dazu verwendet wird, weil

425 poröſes Holz einen ſtarken Verluſt an Wein durch Verdünſtung herbeiführt, was auch auf die Qualität deſſelben Einfluß hat. Aus dieſem Grunde ſind Fäſſer von Fichten⸗ Lerchen⸗ Kaſtanien⸗Holz, wie fie in einzelnen Weinbau⸗ Gegenden (Steyermark, Tyrol) hie und da vorkommen, weniger tauglich und zugleich weniger haltbar.

Neue Fäſſer können jedoch nur zu neuem, jungen Wein, ſo lange derſelbe ſich noch in der Gährung befindet und noch nicht abgelaſſen iſt, verwendet werden, nachdem ſie zuvor gehörig ausgebrüht und einige Zeit mit Waſſer gefüllt waren (§. 242), indem der von dem neuen Wein aus dem Holze aus— gezogene Gerbſtoff ganz oder zum größern Theile mit der Hefe niedergeſchla— gen wird, während bei dem alten Weine, bei dem die Gelegenheit, ſich des ausgezogenen Gerbſtoffs zu entledigen, fehlt, derſelbe im Weine zurückbleiben Hund demſelben einen harten und unangenehmen Geſchmack geben würde. Zu der Verfüllung vergohrener Weine ſind daher ältere, ſogenannte weingrüne Fäſſer, die auf der inneren Oberfläche ſchon mit etwas Weinſtein belegt ſind, die zweckmäßigſten. Aber auch hier ſteht der Wein durch die Poren des Hols zes ſo wie durch die Spunten und Zapfen mit der äußern Luft immer noch in einiger Berührung, daher durch das Holz ſtets etwas Wein verdünſtet (das Zehren, der Schwand), jedoch mehr die wäſſerigen als die geiſtigen Theile deſſelben, weßhalb Weine von guter Qualität während ihrer Entwicklung im— mer geiſtreicher werden.

Die Verdünſtung, ſowie das Faulen des Holzes kann umgangen werde n, wenn man die äußeren Seiten der Fäſſer zuerſt mit etwas dickem Leimwaſſer und dann mit einem guten Firniß oder einer Oelfarbe anſtreicht, wodurch die Poren des Holzes verſtopft und das Entweichen des Weins verhindert wird. Das Beſtreichen mit Leimwaſſer iſt aus dem Grunde nothwendig, weil, wenn das Anſtreichen unmitelbar mit Firniß oder Oelfarbe geſchehen würde, dieſelbe durch die Poren des Holzes dringen und dem Weine einen üblen Geſchmack beibringen könnte. Da jedoch junge Weine zu ihrer Entwicklung immer etwas Luft nöthig haben, ſo dürfen in luftdicht angeſtrichene Fäſſer nur alte, voll⸗ kommen entwickelte Weine gelegt werden, indem junge Weine in ſolchen Fäſ⸗ ſern wegen Mangel an Luft in ihrer Entwicklung zurückbleiben und faul (zähe) werden könnten.

732,299.

Die Verfüllung des vergohrenen Weins während des Ablaſſens in an⸗ dere Fäſſer erfordert gleichfalls einige Vorbereitung.

Dieſelben find, wenn fie lange zuvor nicht gebraucht wurden, einigemal mit heißem Waſſer tüchtig auszubrühen, indem ſonſt der Wein einen eigen⸗ thümlichen Holzgeſchmack bekommen könnte. Das Brühwaſſer iſt jedesmal, ſo lange es noch warm iſt, aus den Fäſſern zu entfernen und dieſelben zuletzt

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mit reinem kalten Waſſer auszuwaſchen, auch wird es ſehr gut ſein, wenn dieſelben mit gutem Trübwein ausgeſchwenkt, oder mit einem franzöſiſchen Weingeiſt oder ſtarkem Hefenbranntwein, der keinen Fuſelgeſchmack hat, aus⸗ gebrannt werden, indem dadurch nicht nur jede ſchädliche äußere Einwirkung beſeitiget wird, ſondern der Wein auch öfters einen feineren Geſchmack be⸗ kommt, nur muß der Weingeiſt, bevor er angezündet wird, im ganzen Faße herumgeſchwenkt und ſo wie er ausgebrannt iſt, der Rückſtand herausgeſchafft und das Faß gut verſpundet werden, damit ſich der Weingeiſtdunſt dem Holze mittheilt.

Sind die leeren Fäſſer kurz zuvor mit Weingeiſt gefüllt geweſen und durch Einbrennen mit Schwefel gut erhalten worden, mithin weingrün, ſo genügt vor dem Einfüllen des Weins ein einfaches Auswaſchen derſelben mit kaltem, noch beſſer aber mit warmem Waſſer, jedenfalls wird auch hier das Ausbren⸗ nen mit Weingeiſt gute Dienſte leiſten, weil durch den Schwefel, der zum Einbrennen verwendet wird, ſich ein Anſatz am Holz bildet und im Faß ſelbſt eine ſäuerlich ſchwefelige Luft entſteht, was beides ſich dem Weine mittheilen und eine nachtheilige Einwirkung auf denſelben haben kann.

Sind die Fäſſer unrein, hat ſich Schimmel oder Säure in dem Holze gebildet, oder iſt ſehr ſaurer Wein oder Obſtmoſt oder Hefe längere Zeit in denſelben eingefüllt geweſen, ſo iſt es nie zu rathen, in dieſelben, ohne voran⸗ gegangene ſorgfältige Reinigung mit Kalkmilch, warmer, junger Weinhefe oder durch Ausbrennen mit Weingeiſt, guten neuen oder alten Wein zu bringen, weil derſelbe dadurch leicht einen unangenehmen Beigeſchmack bekommen konnte.

Fäſſer, in welchen geringe, ſaure Getränke aufbewahrt werden oder Ge— tränke mit üblem Geſchmack, wie Hefe, werden auf ähnliche Weiſe gereiniget, auch kann, wenn die Aufbewahrung nicht längere Zeit dauerte, ſchon ein mehr⸗ maliges Ausbrühen mit heißem Waſſer und das nachherige ſtarke Einſchwefeln gute Dienſte leiſten. 5

9. 256.

Zur Erhaltung der Fäſſer dient beſonders das Ausſchwefeln derſelben, indem der Schwefel, wenn er angezündet wird, die Eigenſchaft befitst, mit dem Sauerſtoffe der Luft Verbindungen einzugehen, wodurch ſich ſchwefelige Säure erzeugt, die nicht nur in den leeren ausgebrühten Fäſſern die Waſſertheile zu⸗ ſammenzieht und die Wände trocknet, ſondern auch die feuchte Luft aus den Fäſſern austreibt und dadurch den Schimmel oder den Säureanſatz verhindert. Da jedoch der Schwefeldampf ſich nach und nach in den Fäſſern dadurch wie⸗ der verliert, daß ſich die ſchwefelige Säure ſelbſt wieder mit Waſſerſtoff ſät⸗ tiget, wodurch ihr die erwähnte Eigenſchaft entgeht, und andere, häufig feuchte Luft in die Fäſſer eindringen kann, jo muß, wenn dieſelben längere Zeit leer bleiben, das Schwefeln öfters und in der Regel, beſonders in feuchten Kel⸗ lern, von 3 zu 3 Monaten wiederholt werden.

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Auch vor dem Einfüllen des Weins in leere Fäſſer werden dieſelben, nach⸗ dem ſie gehörig gereinigt ſind, nicht ſelten mit Schwefel eingebrannt, indem dadurch die wäſſerige Feuchtigkeit oder ein ſonſtiger falſcher Geſchmack ent- fernt wird. Das Ausbrennen mit Weingeiſt iſt jedoch in dieſem Fall vorzuziehen.

u darf 5 Füſſer, welche a 155 leer waren und 1 Dr gereinigt und e neu 1 ſind. ae dem Einſchwefeln nimmt man gewöhnlich ſogenannte Schwefelſchnitten, die durch das Aufſtreichen des flüſſigen Schwefels auf einen ein Zoll breiten und ein Fuß langen ſtarken Papier oder Leinwandſtreifen gefertigt und auf dieſe Weiſe dem Gewicht nach in den Handel gebracht werden. Man nimmt zu dem Einſchwefeln gewöhn⸗ licher Fäſſer etwa bis zu 10 Eimer in der Regel eine Schwefelſchnitte, zu größern Fäſſer etwas mehr.

Der gewöhnliche Schwefel enthält übrigens hie und da auch noch etwas Arſenik und andere unreine Beſtandtheile, die in das Holz der Fäſſer eindrin- gen und ſich ſpäter dem Weine mittheilen, wodurch derſelbe gleichfalls verun— reiniget oder durch die ſchwefelige Säure etwas verſäuert werden kann, daher man neuerlich von verſchiedenen Fabriken gereinigte Schwefelſchnitten in den Handel bringt, die von jenen unreinen Theilen befreit find, daher deren An- wendung ſehr zweckmäßig erſcheint und die überall eingeführt werden dürften.

Außerdem werden dem gereinigten Schwefel öfters auch noch feine Ge— würze zugeſetzt und die auf ſolche Weiſe zubereiteten Schwefelſchnitten als Ge— würzſchwefel verkauft, der die beſondere Eigenſchaft beſitzen ſoll, dem Weine einen gewürzhaften Geſchmack beizubringen, was jedoch noch einer nähern Un- terſuchung bedürfen wird. Der Hauptnutzen des Gewürzſchwefels beſteht wahr— ſcheinlich darin, daß durch das Gewürz die ſchwefelige Säure mehr gedeckt wird.

3. Das Ablaſſen des Weins und deſſen Behandlung vor, bei und nach dem Ablaſſe.

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Der neue Wein mag die ſünmiſche Gährung in verſchloſſener Kufe oder in dem Faſſe durchmachen, ſo erfordert er, ſo wie dieſelbe beendigt iſt, eine andere Behandlung als en, derſelben. Er bedarf zu ſeiner Entwicklung während der Nachgährung des ſtarken Zutritts der Luft nicht mehr, vielmehr iſt er, damit ſeine feinere Beſtandtheile nicht verdunſten und er keine neue Verbindungen mit dem Sauerſtoff der Luft eingeht, nach und nach möglichft von derſelben abzuſchließen. Dieſes geſchieht, wenn die Fäſſer, in welchen der Wein ſich befindet, bis zur Spuntdaube aufgefüllt, durch Nachfüllen von 4 zu 4 Wochen voll erhalten und mit einem gut ſchließenden Klappſpunten verſehen werden, jo daß durch denſelben die ſich in dem Weine noch entwickelnde Kohlen⸗ ſäure gehörig entweichen kann, ohne daß ein weſentlicher Zutritt der Luft ſtattfindet.

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Während der Nachgährung erſcheint der junge Wein immer noch etwas trübe, auch hat er noch einen ſäuerlich prickelnden Geſchmack, was beweist, daß ſich noch viele Hefenſtoffe (Kleber) fo wie auch Extraktivſtoff in demſelben befindet (S. 239. 240), und daß durch die Auflöſung des Zuckerſtoffs ſich im⸗ mer noch Kohlenſäure entwickelt. Bei der weitern Entwicklung des Weins iſt daher das Augenmerk des rationellen Weinzüchters hauptſächlich darauf zu richten, daß der Zuckergehalt des Weins möglichſt zerſetzt und in Alkohol aufs gelöst, die in demſelben enthaltenen fremden Beſtandtheile (Kleber, Extraktiv⸗ ſtoff) aber vollſtändig niedergeſchlagen werden, damit der reine Weingeſchmack nach und nach ganz zu Tage tritt.

Erſteres kann nach §. 240 auf verſchiedene Weiſe, insbeſondere aber da⸗ durch erreicht werden, daß man die anregenden Gähr- (Hefen-) Stoffe nicht bälder aus dem Weine zu entfernen ſucht, als bis fie ſich gehörig niederges ſchlagen haben und der Wein eine angemeſſene Helle (Klärung) erreicht hat. Letzteres geſchieht, indem man das Niederſchlagen der fremden Beſtandtheile durch öfteres Ablaſſen des Weins und durch ſtarkes Einſchwefeln der Fäſſer, in welche der Wein zu liegen kommt, befördert.

Hienach muß, wie bei der ſtürmiſchen Gährung (§. 248.249), auch bei der Behandlung des Weins während der Nachgährung ein beſonderes Verfahren ein⸗ treten. Die Nachgährung dauert fort, ſo lange die Gährſtoffe ſich nicht vollſtän⸗ dig niedergeſchlagen haben, und ſo lange noch Zucker im Wein vorhanden iſt, der ſich in Alkohol verwandelt, was man gewöhnlich an der niedergeſchlagenen Hefe bemerkt. Da nun geringe Weine mehr Gähr- und Sauerſtoff, aber weniger Zucker, gute und vorzügliche Weine dagegen weniger Gähr- und mehr Zucker⸗ ſtoff beſitzen, ſo folgt daraus, daß auch die Nachgährung, je nach der Quali⸗ tät des Weins, einen ſehr verſchiedenen Verlauf nimmt, daher auch die Be- handlung deſſelben eine verſchiedene ſein muß.

Bei den geringen Weinen geht, aus dem augeführten Grunde, die Nach⸗ gährung und Klärung derſelben in der Regel weit ſchneller vor ſich, als bei guten zuckerreichen Weinen, es iſt deßwegen nothwendig, daß, wie vor der Gährung durch Entſchleimen (S. 245), auch nach derſelben die ſauren Hefen⸗ und Schleimtheile baldmöglichſt von denſelben durch das Ablaſſen entfernt werden, während bei vorzüglichen Weinen vermöge des ſtärkeren Zuckergehalts die Nachgährung ſehr langſam vor ſich geht und daher hier ein ſpätes Ab⸗ laſſen von den niedergeſchlagenen Hefeſtoffen und hie und da ſogar ein Auf⸗ rühren der Letztern beſonders anfänglich etwa von 4 zu 4 Wochen, zur Ver⸗ mehrung der Gährungsanregung (§. 240) als zweckmäßig erſcheint, jo daß alle geringen Weine möglichſt frühe und in kurzer Zeit zweimal, etwa zu Ende des Monats Dezember oder zu Anfang des Monats Januar und dann wie⸗ der Ende März oder zu Anfang des Aprils abzulaſſen ſind, indem ſie dadurch

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nicht nur milder und bälder trinkbar werden, ſondern auch verhütet wird, daß bei dem geringen Alkoholgehalt eine Sauer- oder Eſſiggährung beginnt, wozu die niedergeſchlagene Hefe, wenn fie nicht entfernt wird, gerne Veranlaſ— ſung gibt.

Bei guten, geiſtreichen Weinen iſt dagegen ein frühes Ablaſſen mehr ſchädlich als nützlich, weil denſelben dadurch die zu ihrer Entwicklung erforder— lichen Stoffe wenigſtens theilweiſe entzogen und der Grund zu manchen Krank— heiten (Zähewerden ꝛc.) gelegt wird. Es genügt daher, wenn bei ſolchen Wei⸗ nen mit dem erſten Ablaß erſt im Monat April oder Mai begonnen wird, jedenfalls aber vor der Traubenblüthe, indem durch die zu dieſer Zeit eintre⸗ tende Wärme der Wein häufig wieder in Gährung kommt und dabei durch das Aufſteigen der Hefentheile ſich trüben und einen Hefengeſchmack annehmen könnte. Außerdem iſt auch auf die Temperatur des Kellers Rückſicht zu neh- men, indem in warmen Kellern die Gährung und Entwicklung des Weins ſchneller vor ſich geht als in kalten (§. 241), daher in jenen der Ablaß etwas früh zeitiger als in den letztern wird beginnen können, wenn ſich der Wein ge- hörig geklärt hat. ?

Das in vielen Weinbaugegenden beſtehende Verfahren die jungen Weine, ohne Rückſicht auf die Gattung und Qualität, gewöhnlich im Monat März und dann höchſtens noch einmal vor der Traubenblüthe abzulaſſen, verdient daher offenen Tadel und iſt blos ein Beweis, daß namentlich viele Küfer von der Gährung des Weins keinen ordentlichen Begriff haben und deßhalb die Weinbehandlung ganz mechaniſch betreiben.

§. 258.

Das Ablaſſen des Weins in andere Fäſſer hat den Zweck, nicht nur die niedergeſchlagenen Schleim- und Hefenſtoffe von demſelben zu entfernen, ſon⸗ dern auch durch die Bewegung, in die derſelbe durch den Ablaß kommt, zur Reinigung und Klärung anzuregen und denſelben zugleich nach allen Theilen durch den dünnen Strahl aus dem Ablaßhahnen mit dem Sauerſtoffe der at⸗ mosphäriſchen Luft in Berührung zu bringen, indem der letztere mit dem auch noch im hellen jungen Weine ſchwebend befindlichen feinen Hefe- und Schleim⸗ ſtoffe gerne Verbindungen eingeht und dadurch zu deren Unlöslichkejt und Nie⸗ derſchlagung beiträgt, was der nach dem erſten und zweiten Ablaſſe ſich ſtets zeigende Hefenabſatz vollſtändig nachweist. Das Ablaſſen muß daher ſo oft erfolgen, als der Wein ſich noch nicht vollſtändig geklärt hat und noch Hefe abſetzt, ſo wie, ſo lange derſelbe nach dem Ablaſſe noch eine auffallende Süße behält, indem dieß ein Beweis iſt, daß er in der Entwicklung noch zurück iſt, mithin geringe Weine, wie bereits bemerkt, wenigſtens zweimal, beſſere und vorzügliche Weine aber, die ſich langſamer entwickeln, in der Regel dreimal, nämlich im Frühjahr (April), vor der Traubenblüthe und vor dem Herbſt,

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auch iſt, weun fich derſelbe durch dieſes dreimalige Ablaſſen nicht gehörig ge- reiniget hat, hie und da noch ein viertes Ablaſſen im folgenden Frühjahr oder überhaupt ein jo oftmaliges Ablaſſen nothwendig, bis derſelbe keinen Boden⸗ ſatz mehr abſetzt.

Weiße Weine, welche gewöhnlich mehr Zucker- und weniger Gähre und. Gerbſtoff beſitzen, müſſen öfter als rothe Weine abgelaſſen werden, letztere verlieren durch das öftere Ablaſſen an Farbe. Auch muß auf die Beſtand⸗ theile der einzelnen Weine Rückſicht genommen werden, indem beſonders ſolche, welche von ſehr ſchleimhaltigen Trauben, wie von Sylvanern, oder von Wein⸗ bergen mit ſehr fettem Boden gewonnen wurden, ein öfteres Ablaſſen als an— dere erfordern, weil bei ſolchen Weinen der viele Schleimgehalt durch die Gährung nicht immer vollſtändig niedergeſchlagen wird und daher im Weine zurückbleibt und zu ſpätern Krankheiten Veranlaſſung gibt, wenn er nicht durch oͤfteres Ablaſſen entfernt wird.

Das Ablaſſen ſelbſt muß mit beſonderer Vorſicht vorgenommen und der Wein namentlich vor allzu langer Berührung mit der Luft bewahrt werden, weil Weine mit noch viel Gähr- Zucker- und beſonders Extraktivſtoffgehalt (S. 218) gerne allzu ſtarke Verbindungen mit dem Sauerſtoffe der Luft ein⸗ gehen, wodurch der Wein eine trübe, braune Farbe und einen widerlichen Ge— ſchmack (das Rahnwerden) annimmt, der ſehr ſchwer und häufig nur durch künſtliche Mittel (Schönen) aus dem Weine wieder entfernt werden kann. Es iſt daher bei dem Ablaſſen nothwendig, daß der Wein möglichſt raſch in ein anderes Faß gebracht wird, indem dadurch auch der geiſtige Gehalt weniger verflüchtet, insbeſondere iſt aber das Transportiren des Weins in andere Kel— ler mit offenen Butten ſorgfältig zu vermeiden.

Sehr angemeſſen iſt es, wenn man die Weine vor dem Ablaſſen prüft, ob ſie zum Rahnwerden Neigung haben oder nicht, was dadurch geſchieht, daß man ein Glas voll, etwa 24 Stunden lang, offen den Einwirkungen der Luft ausſetzt. Trübt ſich dabei der Wein und nimmt er eine Mißfarbe an, ſo iſt ſehr zu rathen, denſelben nur durch Schläuche abzulaſſen, wodurch er mit der Luft weniger in Berührung kommt.

Auch Auf die Witterung muß bei dem Ablaſſen des Weins Rückſicht ge⸗ nommen werden, indem ſtarker Froſt, wodurch die Kellerräume ohnedieß er⸗ kältet werden, ſo wie feuchte, nebliche Witterung oder feuchte Winde, wenn der Wein während derſelben mit der Laft in Berührung kommt, aus dem ange⸗ führten Grunde einen nachtheiligen Einfluß ausüben können, daher das Wein⸗ ablaſſen nur bei hellem, klaren, trockenen, etwas kühlen Wetter und bei küh⸗ lem Winde vorgenommen werden ſollte. |

| 8 259 . Die Fäſſer, in welche der Wein abgelaſſen wird, müſſen vollſtändig rein

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und gut vorbereitet ſein (S. 254— 256), insbeſondere iſt es ſehr gewagt, Fäſſer dazu zu nehmen, welche nicht vollſtändig weingrün oder die zuvor von Schimmel, Eſſig⸗ ſtich ꝛe. gereinigt worden find, indem in ſolche nur unvergohrener Wein ver— füllt werden ſollte, weil der vergohrene einen ſchwer zu vertreibenden Beige— ſchmack bekommen könnte. Auch müſſen die Fäſſer feſt auf dem Lager liegen, damit kein Schwanken derſelben eintritt und dadurch die ſpäter abzuſetzende Hefe nicht wieder in den Wein zurückkommt.

Vor dem Einfüllen des Weins werden die Fäſſer in der Regel, je nach der Größe derſelben, mit gereinigtem Schwefel eingebrannt, und es iſt dieſes hauptſächlich dann anzurathen, wenn der Wein ſich noch nicht vollſtändig ge— hellt hat, indem die ſchwefelige Säure die Eigenſchaft beſitzt, nicht nur die at— mosphäriſche Luft aus dem Faſſe auszutreiben und dadurch das Kahnziehen des Weins zu verhindern (S. 256), ſondern auch mit den noch im Wein vor⸗ handenen ſchleimigen Stoffen Verbindungen einzugehen und dadurch zu deren Niederſchlagung und Reinigung des Weins beizutragen. Man darf jedoch, wenn der Wein nicht zu trüb iſt und dadurch einer Krankheit entgegen zu gehen ſcheint, nicht allzu viel Schwefel anwenden, etwa 1 Schnitte auf 4 bis 5 Eimer, weil die Schwefelſäure ſonſt leicht in den Wein übergehen und der— ſelbe einen ſchwefelſauren Geſchmack annehmen köunte. In angemeſſener Quan⸗ tität angewendet, ſchadet der Schwefel dem Wein um ſo weniger, als die ſchwefelige Säure in demſelben nur in ſehr geringer Menge vorhanden iſt, und dieſelbe auch mit den im Wein vorhandenen Salzen (Säuren §. 218) Verbindungen eingeht, wodurch ſie neutraliſirt wird.

Der zur Anwendung kommende Schwefel muß gehörig gereiniget ſein (§. 256) und dem Weine, nach dem Einſchwefeln der Fäſſer und dem Ein⸗ füllen des Weins, längere Zeit Ruhe gelaſſen werden, damit der Schwefel die erwähnten Verbindungen eingehen und dadurch zur Reinigung des Weins beitragen kann. Junge Weine, die zum alsbaldigen Gebrauche beſtimmt ſind, ſollen, weil die ſchwefelige Säure, jo lange fie noch keine Verbindungen ein⸗ gegangen hat, der Geſundheit ſchadet, namentlich Kopfſchmerzen verurſacht, entweder gar nicht geſchwefelt, oder, weil die ſchwefelige Säure in nicht ganz vollen Fäſſern durch die Austreibung der atmosphäriſchen Luft auch das Kahnziehen auf dem Weine verhindert, nur von Zeit zu Zeit ganz ſchwach aufgebrannt werden.

Der Schwefel beſitzt die weitere Eigenſchaft, daß er zum Theil auch die Farbe der Weine niederſchlägt, daher derſelbe bei rothen Weinen ſelten in Anwendung kommt, auch iſt das Schwefeln hier weniger nothwendig, weil die rothen Weine in der Regel weniger Schleim- und mehr Gerbſtoffe beſitzen, wodurch die Reinigung derſelben ohnehin ſchneller und vollſtändiger vor ſich geht, als bei weißen Weinen.

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Zu dem Einbrennen von Fäſſern, in welche rother Wein kommt, wird es daher zweckmäßiger ſein, wenn man eine mehrmals durchbohrte und mit feinem Weingeiſt geſättigte Muskatnuß, etwa 1 Loth auf 2 Eimer nimmt oder eine angemeſſene Quantität reinen Weingeiſt dazu verwendet (S. 255).

§. 260.

Bei jedem Ablaſſen des Weins zeigt ſich, beſonders ſo lange er noch Hefe erzeugt, am Schluſſe Trübwein, der, weil er noch mit Hefentheilen geſchwängert iſt, nicht mit dem hell abgelaſſenen Weine, namentlich bei dem zweiten, dritten und weitern Ablaſſe, gemiſcht werden darf, weil er denſelben nicht nur un⸗ nöthig trüben, ſondern auch einen Anlaß zur Gährung geben und dadurch die Entwicklung des Weins mindeſtens verzögern würde. Weit zweckmäßiger iſt es daher, wenn man das überfüllte Faß etwas leer läßt, daſſelbe, damit der Wein keinen Kahn zieht, mit Schwefel aufbrennt, den Trübwein aber, damit er ſich ſchnell hellt, in ein beſonderes ſtark geſchwefeltes Faß bringt und dene ſelben, ſowie er ſich gehörig geklärt hat, zum Auffüllen oder Nachfüllen des Hauptfaſſes verwendet. |

Um den in der Hefe enthaltenen Wein vollſtändig zu erhalten, kann mau bei dem erſten Ablaſſen die dicke Hefe in Säcke füllen, auf die Kelter bringen und den ausgepreßten Wein, nachdem er ſich geklärt hat, gleichfalls zum Auf⸗ füllen verwenden.

Auf das Auffüllen des Weins nach erfolgtem Ablaſſe und das feſte Ver— ſpunten der Fäſſer muß beſondere Sorgfalt verwendet werden.

Daſſelbe hat den Zweck, den Wein von der atmosphäriſchen Luft mög- lichſt abzuſchließen, damit derſelbe keinen Kahn bildet, indem dieſer dem Weine ſehr ſchädlich iſt, und auf den ſtarken Schwand einen weſentlichen Einfluß ausübt.

Der Kahn entſteht, wenn der Wein in nicht ganz vollen Fäſſern, beſon⸗ ders bei warmer Witterung, längere Zeit liegen bleibt, die Spundöffnung nicht ſorgfältig geſchloſſen iſt, ſo daß viele Luft in den leeren Raum des Faſſes eindringen kann, indem ſich zuerſt eine dünne Haut über dem Weine bildet, die immer dicker und nach und nach mit Schimmel überzogen wird, einen Eſſigſäure-Geſchmack annimmt und wenn ſie zu ſchwer wird, in den Wein ein⸗ ſinkt und demſelben gleichfalls Säure mittheilt.

Der Kahn entwickelt ſich hauptſächlich auf ſehr ſchleimhaltigen und zucker⸗ reichen Weinen, daher er durch die Verbindung des Sauerſtoffs der Luft mit dem Kleber und Zucker zu entſtehen ſcheint und beſonders auch den Nachtheil herbeiführt, daß die Weine durch den Kahn nach und nach alle Süßigkeit ver⸗ lieren, während magere und ſaure Weine öfters weniger Kahn ziehen, am meiſten widerſtehen aber demſelben ſehr alkoholreiche Weine.

Die Kahnbildung wird verhindert, wenn die Fäſſer ſtets voll erhalten und luftdicht verſpundet werden, oder, im Falle dieſelben nicht ganz voll ſind, wenn die atmosphäriſche Luft durch periodiſches Einbrennen derſelben mit Schwefel ausgetrieben wird.

Wir haben bereits erwähnt, daß der Wein auch in vollen und feſt ver— ſchloſſenen Fäſſern durch die Poren des Holzes mit der äußern Luft doch immer noch in Verbindung ſteht ($. 254), was die Folge hat, daß fortwährend ein Verdunſten von Feuchtigkeit und Flüſſigkeit ſtattfindet, wodurch ſich ſtets wie— der leere Räume in den Fäſſern zeigen oder ein Schwand des Weins entſteht, der ein Nachfüllen oder Auffüllen der Fäſſer erfordert. Die Feuchtigkeit, welche aus den Fäſſern verdunſtet, beſteht jedoch zu dem größten Theile in Waſſer und nur in einem ſehr geringen Grade in geiſtiger Flüſſigkeit, während die öligen Theile ſowie das Arom ꝛc. des Weins davon gar nicht berührt werden, daher auch junge Weine in Fäſſern, welche ſtets voll gehalten werden, ſich geiſt— reicher und aromatiſcher entwickeln, als in blos theilweiſe angefüllten Fäſſern.

Das Auffüllen der Fäſſer muß daher bei einer zweckmäßigen Weinpflege von 14 zu 14 Tagen, längſtens aber von 4 zu 4 Wochen geſchehen, indem ſich ſonſt bei manchen Weinen ſchon Kahn zeigt. Daſſelbe muß womöglich mit dem gleichen Weine oder wenigſtens mit einem ähnlichen Weine geſchehen, in keinem Falle aber von geringerer Qualität. Hat man keinen entſprechenden Wein, ſo iſt es am angemeſſenſten, wenn man die Fäſſer mit ausgeſuchten gut gewaſchenen Kieſelſteinen auffüllt, die jedoch nicht in Kalkſteinen beſtehen dürfen, weil der Wein den Kalk auflöst. Hat der Wein bereits Kahn gezogen, jo muß das Auffüllen mit beſonderer Vorſicht geſchehen, indem, wenn der Wein von einer gewiſſen Höhe auf den Kahn fällt, derſelbe in dem Weine niederſinkt, ſich ſchwimmend in demſelben erhält und das Sauerwerden (ſoge— nannter verſoffener Kahn) deſſelben veranlaſſen kann. In einem ſolchen Fall iſt es daher ſehr zweckmäßig, wenn man zum Auffüllen einen langen Trichter nimmt, der tief in den Wein hineinreicht.

Iſt ein Faß aufgefüllt, ſo muß zunächſt dafür geſorgt werden, daß daſſelbe feſt verſpundet wird und kein Luftzutritt ſtattfindet. Das Spundloch muß daher vollſtändig rund und mit einem in der Dreherei gebräuchlichen ſtähler⸗ nen Ausreiber ausgerieben ſein, ſo daß der Spunten ſowohl innen als außen genau an das Holz der Spuntdaube ſich anſchließt, indem, ſowie dieſes nicht der Fall iſt, ſich zwiſchen dem Daubholze und dem Spunten ein leerer Raum befindet, in den Luft eindringt und zum ſtarken Schwand des Weins und zur Kahnbildung beiträgt.

Es müſſen daher ganz feſtſchließende Spunten von Eſchen- oder Akazien⸗ holz oder von Kork verwendet werden, wenn aber bei alten Fäſſern ſolche Spun⸗ ten nicht mehr feſt ſchließen, ſo thut es ſchon gute Dienſte, wenn man die zum

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Umwenden des Spuntens erforderliche Leinwand mit reinem Unſchlitt oder Wachs dünn beſtreicht, ohne daß Fett an dem Tuche hängen bleibt. Beſonders angemeſſen iſt es, wenn den Fäſſern ſogenannte Füllflaſchen aufgelegt werden, die in gläſernen Flaſchen mit dickem Glas mit zwei Hälſen beſtehen, wovon der eine in das Spuntloch ſelbſt oder in einen Spunten von Kork feſt zu ſtehen kommt, der andere aber oben, nachdem die Flaſche gefüllt iſt, mit einem Stöpſel feſt verſchloſſen wird. Man ſieht hier immer genau, um wie viel der Wein durch Verdunſtung abgenommen hat und kann 1 ſtets zur rechten Zeit nachfüllen und die Kahnbildung verhindern.

4. Die Beſtandtheile des Weins, Prüfung der Qnalität.

261.

YR

Durch die Gährung des Weins ſind mit den urſprünglichen Beſtandthei⸗ len der Traube und des Moſtes, nach dem bereits Angeführten, weſentliche Veränderungen vorgegangen, ſo daß die Hauptbeſtandtheile des Weins nun— mehr beſtehen: a

a. in Waſſer,

b. in Alkohol oder Weingeiſt, in den ſich ein großer Theil des Zuckerge— halts Aigen: ak Derſelbe bildet eine waere, ſehr dünne d flüch⸗ Geſchmack und iſt bedeutend leichter als deſtillirtes Waſſer,

c. in dem unaufgelösten im Weine zurückgebliebenen Zucker,

d. in verſchiedenen Säuren, namentlich Gerb- und Weinſteinſäure,

e. in den Farbſtoffen und

f. in den, den Weingeſchmack und das Gewürz und Bouquet bildenden öligen und ſalzhaltigen Stoffen.

Die Güte des Weins hängt hauptſächlich von der angemeſſenen Miſchung dieſer verſchiedenen Beſtandtheile ab, wornach dieſelbe beſtehen ſoll in 7—12 Procent Alkohol, in 4—6 pro Mille Säure und iin bei vorzüglichen Weinen bis Procent Zucker, hat daher ein Wein weniger Alkohol, fo gehört er zu den ſchwachen, hat er aber mehr e und wenig Zucker zu den ſauren Weinen. Bei 8—10 pro Mille Säure tritt dieſelbe ſchon be⸗ deutend hervor, Weine von 12—17 pro Mille ſind aber wirklich ſauer, wo⸗ gegen Weine von 6 und mehr Procent Zucker ſchon zu den ſüßen Weinen ge⸗ hören, woraus folgt, daß bei einem vollkommenen Wein weder Geiſt, noch Süße, noch Säure beſonders hervortreten dürfen. a

Den Alkoholgehalt des Weins will man durch die Weinwage erforſchen, die auf das Princip gegründet iſt, daß der Alkohol leichter als das Waſſer iſt, indem wenn ein Gefäß, das mit 1000 Pfd. Waſſer gefüllt iſt, die gleiche

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Quantität Alkohol erhält, derſelbe nur ein Gewicht von 791 Pfd. zeigt, jo daß 791 Pfd. Alkohol denſelben Raum einnehmen, wie 1000 Pfd. Waſſer. Das Inſtrument iſt auf ähnliche Weiſe geformt wie die Moſtwage (S. 237) und dabei jo eingerichtet, daß die in Grade von 1—10 eingetheilte Scala im kla— ren Waſſer bis zum Nullpunkt und ſofort je tiefer einſinkt, je mehr Alkohol⸗— gehalt der Wein hat. Da jedoch derſelbe neben dem Alkohol auch noch an— dere Stoffe, namentlich Zucker enthält, welche dem Einſenken der Wage ent⸗ gegenwirken, wodurch ſehr alkoholreiche aber dabei auch ſüße Weine häufig ein ſehr geringes Gewicht anzeigen, ſo ſind die gewöhnlichen Weinwagen ſehr un— ſichere Inſtrumente zu der Erforſchung des Alkoholgehalts, beſonders edler und vorzüglicher Weine, und können höchſtens nur bei gemeinen Weinen, die wenig Zucker beſitzen, den Alkoholgehalt annähernd anzeigen. Dagegen iſt in den letzten Jahren von dem Phyſiker Geisler in Bonn ein ſehr vorzügliches Inſtrument, unter dem Namen Vaporimeter, angefertigt worden, das auf den in Mulders Chemie des Weins Seite 151 aufgeſtellten Prineipien über die Ermittlang des Alkohols des Weins zu beruhen ſcheint und nach dem ſich der Gehalt bis auf ein halb Tauſendſtel ermitteln läßt, daher daſſelbe allſeitige Verbreitung finden dürfte. |

Der Säure- und Zuckergehalt des Weins läßt ſich annähernd beim Ver— ſuchen durch die Zunge und den Gaumen beſtimmen, auch kann man ſich zur Unterſuchung des erſtern, nach S. 238 eines Säuremeſſers bedienen.

Bei den übrigen Beſtandtheilen des Weins muß zwiſchen Geruch, Bou— quet und Gewürz unterſchieden werden. Den allgemeinen Weingeruch beſitzen alle Weine, er kommt von einer im Weine enthaltenen fetten Säure, dem Oenanth⸗Aether her, der ſich in geringer Menge (etwa I/so,ooojtel) in dem Weine befindet und ſich auch aus Weinhefe und Weintreber gewinnen läßt. Dieſer allgemeine Weingeruch iſt um ſo ſtärker, je jünger der Wein iſt, er iſt aber unzertrennlich mit gutem Weine verbunden, charaktriſirt denſelben, ſo alt er auch ſein mag und iſt ein Zeichen reeller Qualität, daher Weine, bei wel— chen derſelbe fehlt, als verfälſcht zu betrachten ſind.

Das Gewürz und Bouquet kommt dagegen nicht bei allen Weinen, ſon⸗ dern nur bei den vorzüglichſten vor.

Das Gewürz entwickelt ſich in der Regel aus der Traube ſelbſt, wie z. B. aus der Muskat⸗ und Muskatellertraube, auch haben die Traminer— und Clevnerweine vielen Gewürzgeſchmack, ſowie derſelbe überhaupt bei den rothen Weinen vorherrſchender iſt als bei den weißen.

An der Bildung des Bouquets nimmt auch der Boden Autheil, indem es Bodenarten gibt, die ſehr bouquetreiche, andere die weniger bouquetreiche oder mehr gewürzige Weine liefern. Namentlich ſoll eine gewiſſe Quantität Thon und rechtzeitige Feuchtigkeit bei der Auszeitigung der Traube der Aus-

28 *

436 bildung des Bouquets ſehr günſtig ſein, daher auch bei bouquetreichen Weis nen, wie bei dem Rießling, das Bouquet nicht jedes Jahr gleich ſtark er⸗ ſcheint. Daſſelbe macht ſich durch einen feinen blumenartigen Geruch bemerk⸗ bar, der nur durch die Geruchsnerven erkannt werden kann, während das Gewürz mehr Sache des Geſchmacks iſt. Aus welcher Weinſubſtanz das Bouqnet entſteht, darüber herrſchen noch manche Zweifel, nach neueren Unter⸗ ſuchungen ſoll ſich aus bouquetreichen Weinen eine eigenthümliche Stickſtoff⸗ Wurzen in Form eines neutralen Salzes ausſcheiden laſſen, das den Ge⸗ ruch des Bouquets in hohem Grade beſitze und bei vorzüglichen Weinen einen höchſt angenehmen, bei ſchlechten Weinen aber, aus nicht ausgereiften Trau⸗ ben, einen widrigen Geruch äußern ſoll. (Vergl. 8.218 Anmerkung Nr. 10.)

Gewürz und Bouquet laſſen ſich übrigens bei manchen Weinen ſehr ſchwer unterſcheiden, weil die bouquetreichen Weine häufig auch Gewürz haben.

Zur ſicheren Beurtheilung der Qualität eines Weins gehören übrigens nicht nur die angeführten Inſtrumente, ſondern auch verſchiedene Sinneswerk⸗ zeuge, namentlich |

a. das Auge, um die Farbe und Klarheit der Weine zu beurtheilen. Entſchiedene Farbe (roth, gelb, weiß) und Klarheit ſind zwar günſtige aber noch keine entſcheidende Zeichen für einen guten Wein, während, wenn ein Wein nicht durchſichtig ſondern trüb iſt, man mit Beſtimmtheit behaupten kann, daß er an irgend einem Gebrechen leidet.

b. Die Naſe, um darnach den allgemeinen Weingeruch ſo wie das be— ſondere Bouquet zu beurtheilen, das letztere iſt, wenn angenehm, wie die Farbe und Klarheit des Weins, ein gutes aber gleichfalls kein entſcheidendes Zeichen für die Güte des Weins, indem es auch leichte Weine mit Bouquet und Weine mit unangenehmem, widerlichen Bouquet gibt.

c. Die Zunge und der Gaumen. Der Geſchmack, den der vordere Theil des Mundes empfindet, iſt nicht derſelbe, welchen der hintere Theil wahr— nimmt. Wird der Wein in den Vordermund genommen, ſo läßt ſich an den Rändern und der Spitze der Zunge ſogleich ſpüren, ob derſelbe mehr Säure oder Süße oder einen zuſammenziehenden Geſchmack hat. Iſt das Eine oder andere vorherrſchend, ſo wird die Qualität minder gut ſein, während, wenn ſich die drei Geſchmacksgegenſtände jo vereinigen, daß keines als vorherr— ſchend, ſondern das Ganze dem Munde angenehm und gefällig erſcheint, die— ſes eine gute Qualität anzeigt. |

Gelangt der Wein in den hintern Theil des Mundes an den Gaumen, jo läßt ſich dort hauptſächlich die Stärke oder Schwäche an Alkohol, der Erd- geſchmack, das widerlich Salzige, das Bittere und der Faßgeſchmack verſpüren.

Wird der Wein verſchluckt, ſo ſteigt, ſowie er den hintern Theil des Gaumens paſſirt hat, ein hervorſtechender, deutlich ausgeprägter Geruch aus

dem Schlunde in die Naſe auf, wodurch gleichfalls die Qualität oder die Ge⸗ brechen des Weinbouquets beurtheilt werden können, auch läßt die letzte Be⸗ rührung des Weins mit den Schleimhäuten des Schlundes und der Zunge einen längeren Eindruck des Geſchmacks zurück, deſſen angenehme oder unan- genehme Empfindung mit dem Ausdruck „Nachgeſchmack“ bezeichnet werden kann. Diejenigen Weintrinker, die mit einer beſondern Feinheit und Em— pfindlichkeit der gedachten Sinneswerkzeuge ausgeſtattet ſind, werden daher darnach die Qualität eines jeden Weins am ſicherſten beurtheilen können.

Ueber die Behandlung der ausgebildeten Weine, über die Krankheiten, denen dieſelben unterworfen ſind ꝛc., könnte nun noch Vieles geſagt werden, da jedoch die gegenwärtige Schrift ſich nur auf den Weinbau und die Wein⸗ bereitung beziehen ſolle, jo läßt ſich eine weitere Abhandlung über Weinbe- handlung mit derſelben nicht vereinigen, vielmehr wird ſich auf andere in die⸗ ſer Beziehung bereits vorhandene Schriften berufen.

Anhang.

Einfluß der climatiſchen Verhältniſſe auf den Weinbau. Nach den Beobachtungen in Württemberg.

8 2

Die Witterungsverhältniſſe üben auf den Ertrag der Weinberge und auf die Qualität des Weins einen mächtigen Einfluß aus, es iſt deßwegen von hohem Intereſſe, dieſelben von den einzelnen Weinbaugegenden näher kennen zu lernen und damit Vergleichungen mit dem Erzeugniſſe der Weinberge hinſicht— lich der Quantität und Qualität derſelben anzuſtellen.

Beobachtungen über die Witterungsverhältniſſe in den einzelnen Weinbau— gegenden Württembergs find früher auf Veranlaſſung des Herrn Profeſſors Plieninger in Stuttgart, ſpäter durch Veranſtaltungen des topographiſchen Bureau daſelbſt von verſchiedenen Freunden der Meteorologie unter Benützung gleichartiger Inſtrumente gemacht, von Herrn Profeſſor Plieninger zuſammen⸗ geſtellt und meiſtens in den württembergiſchen Jahrbüchern bekannt gemacht worden. Neuerlich werden ähnliche Notizen auch auf den einzelnen Telegra— phen⸗Stationen von den dort augeſtellten Perſonen aufgenommen und jährlich an das topographiſche Bureau in Stuttgart eingeſendet, bei dem ſich die Akten über ſämmtliche ältere und neuere Beobachtungen befinden. Unter Benützung dieſer Akten, ſowie nach Privatmittheilungen einzelner Freunde der Meteoro— logie ſind nun die nachfolgenden Zuſammenſtellungen gefertigt worden, die, wenn gleich wegen Mangels an Beobachtungen lückenhaft, doch vielſeitiges Intereſſe gewähren dürften.

239

1. Sommertage von 20 und mehr Graden nach Reaumur.

I. Oberes Aeckarthal

Tübingen, Pfullingen, Reutlingen, Biſſingen 1162 Fuß 1488 Fuß 1344 Fuß 1448 Fuß Se über dem ; über den über dem über dem Jahr. Meere. Jahr. Meere. Meere. Meere. Mai— Okt. Mai- Okt. Mai- Okt. Juli Okt. 1820. 29 1838. 47 | 1821. 17 1839. 4⁵ e 28 1822. 42 1840. 34 2 1823. 26 1841. 42 _— 20 1824. 22 1842. 64 48 1825. 29 1843. 41 17 1826. 40 1824. 34 15 1827. 35 1845. 28 21 1829. 1 1846. 3 2 1830. 3 1847. 46 32 1831. 23 1848. 79 35 1832. 30 1849. 65 1833. 20 180 63 20 1851 & 56 1 Durchſchnitt 18529. d 32 von 1820/6 1853. 43 32 29 1854. 47 3 von 1827/33 1855. 3 24 15 26 5 6 48 1 Geſammt⸗ 8 Durchſch itt By e Durchſchnitt A | 42 von 13 ehren got 4 555 5 l von 1817,51 Durchſchnitt Durchschnitt | 62 | 45 von 1839/46 Geſammt⸗ | m Durchſchnitt von 1847/56 in 14 Jahren 30 e Geſammt⸗ | Durchſchnitt

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2. Mittlere Temperatur.

Nach dem Thermometer von Reaumur und nach Graden über dem Eispunkt, auf einen Tag reduzirt.

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446

II. Mittleres Aeckarthal.

Stuttgart beſitzen wir Beobachtungen über die mittlere Tempe⸗

ratur vom Jahr 1792 (Correſpondenzblatt des württembergiſchen landwirth— ihaftlihen Vereins 1836 I. Band S. 286), die wir hier bis zum Jahr

1826 zuſammenſtellen, Orten hinzukommen.

wo ſodann noch weitere Beobachtungen von andern

Auguſt |

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1848 14,57 11,94 14,42 11,72 5 14,0 11,5 1825 ä 180 , ı | 12,8 1849 14,51 11,26 13,87 11,06 13,811, 2,88 12,47 . DE 1850 12,88 10,17 12,92 10,04 12,10 9,7 11,53: 11,48 „1 1851 12,69 11,09 12,26 10,91 2 11,39 f 18 1852 14,59 11,48 13,97 10,86 14, 10, 13,04 12,41 | 12,3 1853 15,45 12,25 13,54 11,45 13,4 116 13,85 12,49 132,5 1854 14,08 11,660 13.53 11,04 13,3 11,1 12,87 120% | 122 1855 13,23 12,67 13,28 12,144 13,3 11,10 12,95 i a 12,6 12,84 1231 H La an ee Durchſchnitt In 31 Jahren e bis In 19 Jahren n 65 Jahren 13,40 11,34 14.39 11,75 13,4 11,2 13,85 11,76 12,37 Bo 12,80 Anmerk. 13.

13. Anmerkung. Die etwas ſtärkere mittlere Temperatur zu Ludwigsburg mag hauptſächlich daher kommen, daß in der höher und freier liegenden Stadt die Luft häufig trockener und heiterer als in den benachbarten Thälern iſt, und daß aus dieſen bei Windſtille die erwärmte Luft des Abends in die Höhe ſteigt, ſo daß höher liegende Orte häufig wärmere Nächte als Thalorte haben, indem in den Thälern durch die geringere Beweglichkeit der Luft und die aufſteigenden Nebel die Luft Abendserkältet wird, wodurch ſich auch das öftere Erfrieren der Reben in Thälern als auf Höhen erklären läßt. Aehnliche Erſcheinungen kommen auch bei den beobachteten Sommertagen zu Oehringen Amslishagen und in andern Orten vor

Remsthal Kocherthal Jogſithal Tauberthal Oberurbach = ne 963 Fuß 5 Stetten Oehringen Schönthal Amlishagen Mergentheim Jahr. l Sub 808 Fuß über 731 Fuß über 15—4600 Fuß 744 Fuß über 1070 Fuß über dem Meere. dem Meere. über d. Meere. dem Meere. dem Meere. 2 Mat. Auguſt Mai. Auguft. Mai. Auguſt. Mai. Auguft Nai Auguft. Juli. Sklober Juli. Oktober. Juli. Oktober. Juli. Oktober Juli. Oktober. Oberurbach | | 1829 12,47 10,06 TER | SE 126 | 1830 13,33 10,42 13,83 10,81 = | En 11,87 | 794 | 1831 12,97 11,86 13,30 12,09 mr | TER , 1269 | 1832 12,32 10,71 e 5 | 7755 i ; | 1833 | 14,14 10,05 5 | 18 Stetten 1 ‚og | | 1834 13,82 11,87 15,07 12 35 12 | 17 7 | 5 | 1835. 14,13 11,72 14,13 11,34 FT | Bus | | 12, I A a ö Winnenden | | | 1836 13,51 11,68 13,19 11,78 ER | ars 12959 8 N | | 1837 13,35 12,45 12,68 11,40 SR 755 12,90 | | 1838 13,78 12,49 13,7 11,0 13,20 10, 86 7 | 5 h 1203 | 1839 13,73 11,33 14,2 11,5 14,30 11,5214,46 11,5314,21 11,95 , 12,9 12 12,99 13,08 1840 12,67 10,37 13,2 10,3 12,97 10,97 11,75 9,60 13,80 10,93 f 11,52 1.7 ,, 1067 12,36 1841 13,58 12,06 13,7 11,8 13,89 12,26 12,42 10,93115,50 12,85 N 12 13,09 u, 67 el 1842 13,87 11,49 13,8 11,0 14,98 11,7913,03 10, 7101887 11,72 | ‚6 12,4 %% ı use 8 1843 12,14 11,24 14,7 107 11,20 16, 1 12,7 10,89 1844 11, 96 10, e e ee, 5 11,58 9,71 ol I | 1845 13,19 10,89 13,4 10,3 . 12,40 9,96 10,43 10,92 ö ö 1 re 10 1846 14,55 12,95 14,8 14,6 14,92 12,90 == 3). 14 5 1 29

—— Fortſetzung S. 451.

450

Jahr.

1847 1848 1849

Remsthal. Kocherthal.

Winnenden Oehringen

1070 Fuß über 808 Fuß über) Jahr.

dem Meere. dem Meere.

Mai Auguſt Mat nn Juli. Oktober. Juli Sttober 2

Bodenſee⸗ Gegend.

Friedrichshfn

Oberſtetten 7905 1 1450 J dem Meere,

5 15 1 Weingarten⸗ über d. Meere Ravensburg 1693 Fuß

Mai Auguſt Mai Auguſt

Tauberthal.

Juli. Oktober. Juli. Oktober

12,10 12,3 13,27 11,11 12,5 44,1830 12,99 11,8

13,20 10,82 15,2 10,5 [1831 12,01! 12,9 1832 12,36 9,56 12,9 9,10 1833 10,96 1174

14,35 10,52 12,2 10,7 1834 10,93 11,5 Ä 13,37 9,65 14,4 105

111,51 125 (4835 13,02 14,20 13,0 10,9

12,11 119 12,52 10,90 13,3 10,7 er A En 12,19 41,79 12,8 11,7 1414,99 423 12,29 14,55 12,7 14,5

1836 1837

1838

13,51 40,70 14,0 40,7 482 =

Friedrichshf. 12,20 9,29 10,74

Weingarten

13,33 11,60 12,46

Friedrichsh.

== 14,40 12,16

13,28 13,85 12,12 12,99

14,69 11,65. a 13,17 Ravensburg

11,92 412,1 [1840 13,39 10,68 42,46 10,43 12,03 1480 [Durchſchnitt Durchſchnitt 1244 1 8 ! auf 26 A 19 Jahren 1841 5 11,94 5 13,7 11,17 13,5 11, N 12.412 12.3 1842 13,73 14,32 1 & 42552 | 1843 112,17 1121

1844 1845

1846

14,69

10,83 10,46 10,64 12,87 10,17 11,52

14,16 12,87 13,52

Jahr.

Jagf

ſtthal

Tauberthal.

Bodenſee⸗ ee⸗

| Gegend.

er |

Schönthal.

731 Fuß über

| dem Meere. |

Mai

| Durchſchnitt |

in 13 Jahren

e

12,56

| Amlishagen

15 4600 Fuß über d. Meere

| = un

Mergentheim 741 Fuß über dem Meere.

Mar

13, 12 05 83

2,34

14, 3 11, 11ʃ3

12

14,19 10,55

14, 69 10, 91

12,80

14 ‚2 41 ‚52 13,34 11, 33 13,19 41 39

1 12,77 13,55 11,13 11234 12,95 11,87

12,45

in 18 Jahren

239

Auguft

12,91 11,99

Durchſchnitt 13,14 10,85

Mai Juli Oktober.

13,56 9,21 11,38

13,34 10,18 11,76

| Oberſtetten

Auguſt

13,55 10, 810

|

|

1400 4450 F über d. Meere |

Mai Auguft Juli. Oktober.

13,61 11,05

| 12,8 | 13,46 10, 19 1.117,03

11,05

2

!

12,34 13,71 11,21

13,38 12,27 12,82

7

auf 13 Sabre i e e 12,38

13,11 9,95

Durchſchnitt

12 0% % 9,00 F 12,26 115 39 s 13,95 10,94 12,44

12,29 13,39 11,09 12,24 12,69 11,96 12,33

12,45

Durchſchnitt in 18 Jahreni 13,19 14,22 | 12,02

Friedrichshaf. 1402 Fuß über

dem Meere.

Ful. Offober.

Friedrichshf. 11,42 10,05 10,73 14 07 12,44 13,25 13,93 12,78 13,39

12,52 11,15 2,68 12,2213,19 12,35

12,77

Durchſchnitt

in 9 Jahren

15,17 2 47 142,32

29 *

3. Regenfall. Nach Pariſer Kubikzollen, beobachtet in einem Blechgefäß von 1 Pariſer

Quadratfuß Oeffnung.

I. Oberes Aeckarthal. II., Mittleres Weckartbal, Tübingen Biſſingen Stuttgart 1462 Fuß über dem .. 1448 Fuß über dem 25 ' 860 Fuß über dem

eo | Meere. S0 Meere. 8. | Meere. Bom e Vom | Vom | a Auguft|, Son Diet Auguſt ganzen Mai Mai ut ganzen Juli Okt. Jahr Ful. tt. Jahr Juli. DE Jahr

1819 1615 805 3577 3577 1841 12360 1252 3857 1825 970 12⁵0 3433 1820 673 532 1780 1842 780 827 2568 1826 1651 743 3038 1821 1215 1123 3512 1843 2288 1207 5255 1827 1159 1013 4000 1822 1170 848 2764 1844 1955 1357 | 4590 1828 701) 714 2602 1824 21511815 5325 1845| 1947 1199 4497 1829 931 1229 3364 1825 763 1457 3329 18461141 1347 4356 1830 1509| 936 3474 18261651 743 3038 1847 4812 1384 4662 1831 1429 793 4005 1827 1176 888 4020 18481210 1484 4793 1832 15 469 2409

1829 824 1484 3497 1849 1195 981 43501833 1200 1220 4189 1830 14811099 3650 1850 1753 1869 5571 1834 742 716 2011 1831 1385 1087 397018511841 24136044 1835 680 965 2988 1832 913 545 2599 1852 1177 1445 3842 1836 823 829 3583 1833 18301056 | 4808 1854 2128 985 4449 1837 1 1148 3136

1854 1302 859 37701838 1149 647 Ducchſch 96 10373528 1855 1444 851 3681 1839 1077 690 3286 2333 1.8856 2102 8464688 1840 1359 714 3095 1 1384 1160 1045) 3245 Durchſchnitt in 16 Jahren 1842 642 641 2144 | en 4434 1843 1290| 737 3414

5

493

II. Mittleres Aekarthal.

1848 934 1849 829

1856

5 Mai.

| 1838 1109 1839 878 1840 1069 1841 1842 1843 1286 1844 1034 1845 1420 1846

1850 1851 1852

1050 840

Au. Ott. Jake.

‚1011 639

880 1847 1142

1990 1687 840 1350 1853 1359

1854 1855

Stuttgart Wangen 929,

2 860 Fuß über dem .. Cannſtatt 765 Fuß = Deere. über dem Meere , En. ö . Auguſtganzen Mai. Auguſt anzen 4 Juli. Okt. Jahr Juli. Okt. Jahre. 1844 1173 1156 3470 1825 931 1341 3250 1845 1576 874 3817 1826 1500 496 2689 1846 685 824 3259 1827 1056 918 3519 1847 1026 1206 3369 1829 712 982 2680 1848 940 848 32261830 1050 792 2663 1849 935 830 3343 1831 1245 744 3525 1850 1282 1162 3822 1832 1068 436 2306 1851 1347 1910 4333 1833 1112 1217 3791 1852 1462 1300 3617 1834 590 690 1942 1853 1250 636 3749 1835 781 978 2713 1854 1268 689 3247 1836 716 798 3364 1855 942 689 3027 1837 1084 1277 3479 1856 1705| 669 3613 1838 995 692 2641 | 1839 596 562 2388 1841 1091 1014 2954

Durchſchnitt in 30 dagen 843 462 Eee

1116 „„

i =. 3012

Durchſchnitt

937 847 2862

1784

Cannſtatt

1844 3578

1845 1844 868 4034

1846 719 820 3251

1847 1099 1332 3559

1848 880 885 3379

1849 951 746 3219

1850 1186 1179 3730

1851 1748| 1662 4737

1852 1554 1169 3660

1853 1772| 7163430

18541347 | 7303225

1855 1208 793 3292

18561741 758 3730

Diurchſchnitt

1337 971 3602 2308

125 101¹ 2116

Hohenheim De 1000 Fuß über dem Meere

August. Vom

ganzen

746 70⁵ 733

2983 3015 2812 3263 2178 3619 3349 2988 3424 3165 3424 2636 3870 4672 2990 3139 550 3370 609 2827 621 3612

957 1222 437 940 1022 925 634 1308

801

Durchſchnitt

1153

886 3220 2039

454

III. Uuteres Üerkarthal.

| V. Aemsthal. VI. Cauberthal.

Heilbronn 532 Fuß über dem | Meere.

Mai Augu ganzen Juli Set. Jahr

2061 899 3827 500 449 2246

Durchſchnitt 1280 674 1954 IV. Jagstthal. Schönthal 731 Fuß über dem Meere. 1827 786 10184268 1829 1084 | 1496 3646 18301732 11004357 183101643 54614971 1 903 3712974 |

us

1853 1854

1833 637 | 1165 4297 1834 813 946 2646 1835| 836 9863425 1836| 674 665 4193 1837 1267 1029 4234 1838| 967 717 3181 1839 836 8393637 1840 936 753 2891 1841 1026 1077 3509 1842 335 606 2287

Durchſchnitt in 15 Jahren 3634

965 881 1846

ſt Vom

3036 1837

| ee

| | | | Winnenden

ß über dem

Meere.

Mergentheim 711 Fuß über dem | Meere.

AIR

Dei Kugufl nen | Full DE. Jahr 1831/11415: 9235227 1849 e ee 1048 1030 a 1836| 911 1034 3767 185301538 7433

1837 933 969 2990 1854 920 91513514 837 453 2550 1855 1180| 600 2854 678 744 2985 1856 1449 745 3372 713 543

2085 1841 766 9982859 1842 418 632 1993 1843 1740 1162 4662 1844 1328 1577 4336 1845 1745 1289 4673 VII. Vodenser-Gegend. 1846 855 8943894 1847 1421 923 4285 Friedrichshafen 1848 784 1231 3840 1402 Fuß über dem Meere. 1849 1174 932 3995 1827 1346 952 4167 1850 1249 1372 4313 1830 1479 1571 4806 1851 1316 1940 5162 1835 347 1599 3068 1852 1239 1367 40211836 681 683 3118 1853 1851 823 1837 9284449 3524 1854 1317 844 3926 1953 2194 | 1777 5341 1855 1474 1027 4371 1854 1737 4273 4929 1856 2111 840 4708 1855| 1439 | 1608 3927 | 18561592 813 4010 Durchſchnitt in 20 Jahren a 1197 1028 3771 2229 |

a = ganzen

Juli Okt. Jahr ———

1000 7773162

Mai

1 1

1838 | 1839 | 1840 | | Durchſchnitt

1196 801 3333 1997

Durchſchnitt 1305 1266 4099 2574

An 0

I +

6.

455

§. 265.

Nach voranſtehender Zuſammenſtellung betragen durchſchnittlich von den

Monaten Mai bis Oktober einſchließlich

Im obern Neckarthale bei einer Er- hebung über die Meeresfläche von 1162 —4448 Fuß Vom Mittlerge Neckarthale bei einer Erhebung über die Meeresfläche von 860-1373 Fuß.. Vom untern Neckarthale bei einer Erhebung über die Meeresfläche von 532 708 Fuß Vom Remsthale bei einer Erhe— bung über die Meeresfläche von 963-1070 Fuß. Vom Kocherthal bei einer Erhebung über die . von 808 Fuß 12% Bom Jagſtthale

bei einer Erhebung über die Mee⸗ resfläche von 731 Fuß

von 15—1600 Fuß an der Gente des Weinbaues Vom Tauberthale

bei einer Erhebung über die Mee— zesflache von 711 Fuß

von 1100 Fuß an der Grenze des Weinbaues. Von der Bopenfeegegend bei einer Erhebung über die von 1402 Fuß 5

die mittlere,

der Regenfall

Temperatur Vom | age! > - ganzen as, Mai Auuguſt Mat Auguſt 3 Jahre.

5 Juli. Oktober. Juli. Oktober.

= Auf 1 Tag. Im Ganzen.

3 12%½6 1,9 1436 153 3981

193 2589 44 13,62 11441136 904 3259 12,53 2040 46 14,4 11,881280 674 3036 12,96 1954 ene, 117 190 1028 3771 | l DD 511/135 11,0 = di 12,3 30 13,71 11,42 965 881 | 3634 2010,90 1846 39 13,14 10,85 755 99 41 213,53 11,21 1496 801 3333 12,38 SL | 32 lo E22 7 1220 39 13,17 11,471305 1206 4099

| 12,32 2571

456

Vergleichen wir von den einzelnen Jahrgängen die Zahl der Sommertage, die mittlere Temperatur und die gefallene Regenmenge von den auf die Ve⸗ getation der Rebe und Traube einflußreichen Monaten mil dem ſpezifiſchen Gewicht und der allgemein bekannten Qualität des Weins, ſo finden wir, daß Wärme und Feuchtigkeit einen wefentlichen Einfluß nicht nur auf die Qualität, ſondern auch häufig auf die Quantität ausüben, indem, wenn ſich in den Mo⸗ naten Mai bis Oktober viel Wärme und keine zu große Regenmenge ent— wickelt, wir auf einen guten Wein und reichen Ertrag, im entgegengeſetzten Falle aber auf einen geringen Wein und in der Regel auch auf wenig Ertrag uns Rechnung machen dürfen.

Stellen wir nun zunächſt Vergleichungen zwiſchen den einzelnen Weinbau— gegenden nach den durchſchnittlichen Wärmegraden und der Regenmenge an, ſo zeigt ſich, daß

a. das obere Neckarthal, bei nur 11,93 Grad Wärme und bei 2589 Cubik⸗ zollen Regenmenge in den Vegetationsmonaten ſowie bei 3981 Cubikzoll im ganzen Jahr zu den geringeren Weinbaugegenden gehört, und daß ſich

b. die Bodenſeegegend, zwar mit 12,32 Grad Wärme, aber mit 2574 Cubikzoll Regenmenge und im ganzen Jahr mit 4099 Cubikzoll an jenes an- reiht,

daß dagegen

e. das mittlere und untere Neckarthal mit 12,53 und 12,96 Wärmegra⸗ den und nur mit 1954— 2040, im ganzen Jahr aber nur mit 3036 3259 Cubikzoll Regenmenge zu den beſſeren Weinbaugegenden gerechnet werden darf, an die ſich dann die übrigen Weinbaugegenden theils als gute, theils als mittlere anſchließen, wobei jedoch zu bemerken iſt, daß, da in den letztern Ge— genden die Beobachtungen nicht in mehreren, ſondern nur in einzelnen Orten angeſtellt worden find, die berechneten Durchſchnittszahlen keinen jo allgemeinen Maßſtab, wie in den übrigen Weinbaugegenden, abgeben, namentlich liegen von dem eigentlichen Rems- und Kocherthale keine oder nur wenige Beobach— tungen vor, indem diejenigen vom Remsthale in dem benachbarten, ſchon etwas höher liegenden Winnenden, das eigentlich in einem Seitenthal des Neckars, in dem Zipfelbachthale liegt und diejenigen vom Kocherthale zu Oehringen in dem gleichfalls etwas höher und freier liegenden Ohrthale angeſtellt worden find.

§. 266. 4. Traubenblüthe und Weiuleſe.

Eine Ueberſicht über den Eintritt der Traubenblüthe und der gewöhnli— chen Weinleſe hat für den Weinproduzenten manchfaches Intereſſe, indem der frühe oder ſpäte Eintritt des Einen oder des Andern ſowie beider einen ziem⸗ lich ſichern Schluß auf die Qualität des Weins machen läßt. Es ſind deß—

457

wegen auch darüber Notizen geſammelt und in der hier folgenden Ueberſicht zuſammengeſtellt worden, in der auch das ſpezifiſche Gewicht des Weinmoſtes von jedem Jahrgang, in ſo weit es erhoben werden konnte, beigefügt wurde.

Jahr.

1819 1820 1821 1822 1824 1825 1826 1827 1828 1829 1830 1831 1832 1833 1834 1835 1836 1837 1838 1839 1840 1841 1842 1843 1844 1845 1846 1847 1848 1849 1850 1851 1852 1853 1854 1855 1856

|

Zeit der Blüthe.

1 Juli 5. Juni 28 Juni bis 8. Juli Vor dem 24. Juni

Ende Juni 14. Juni b. 15. Juli Ende Juni Juli

15.—24. Juni 10.—15. Juni 13. 22. Juni 19,—24, Juni 28.—6. Juli 1.—12. Juli 28.— 30. Juni

Anfangs Juni⸗Juli Anfangs Juni Anfangs Juli Ende Juni Anfangs Juni . Juni

20. Bo Juni 25.—30. Juni Juli

Ende Juni

Ende Juni Anfangs Juli

29. Juni

27. Juni bis 6. Juli 3300

Stuttgart | Zeit der Spezifiſches Gewicht | Weinleſe. | nach Graden. Mittleres Höchſtes Geringſtes | 5 | 59 | 6858 7054 | 3% Ko | = 8 91 70 25. Oktober O EN Do ur Dimiben 77 80 67 16.— 19. Oktober 65 75 60 11. Oktober 76 15.17. Oktober 68 95 58 21.— 28. Oktober 61 80 51 15.—16. Oktober 74 88 54 17-24. Oktober 71 5 19.—23. Oktober 64 3 18.—20. Oktober 64 18 6. Oktober ee 20. Oktober 82 88 AR 20. 30, Sister, —- 100 24.—31. Oktober 44—-55 —: 18.—24. Oktober 64— 72 Ba 14.— 15. Oktober 0—78 | 17. Dftober 68 en 5.—10. Oktober 76 11. Oktober | 0 * 26. Oktober ee eres 21.—24. Oktober 63 5 10.—15. Oktober 80-90 an 20,—31. Oktober 5 11.—16. Oktober 6075 80) „As 21.—23. Oktober 76 1 23.—27. Oktober 665 Ne 20.—25. Oktober | 15. October |

28. Oktober Eude Oktober 25. Oktober 24. Oktober

Fe

458

Nach dieſer Ueberſicht iſt nach den zu Stuttgart angeſtellten Beobachtun⸗ gen in 33 Jahren von 1824 1856 eingetreten: N

a. Die Traubenblüthe: | b. Die Weinleſe: Anfangs 8 Ende Juni u. Ende Sept. 5 Ende Oct. u. Sunn; Mitte Juni Anfangs Juli N Mitte Oktober Anfangs Nov. 1834 1825 1824 1834 1825 1824 1842 1833 1826 184414 1826 1846 1885 1828 1842 1828 1836 1836 1829 1846 1830 1837 1840 1830 1831 1843 1847 1831 1832 1844 1848 1832 1833 1845 18491837 1835 1847 n 1838 18 1839 1839 1850 1841 1840 de 188 1843 1848 1855 1844 1852 1855 4 5 1850 1856 1851 1852 1853 1854 1855 1856

Die Traube braucht, wenn nicht ganz vorzüglich günſtige Witterung ein⸗ tritt, zu ihrer vollſtändigen Entwicklung von dem Anfang der Blüthe bis zur vollkommenen Reife einen Zeitraum von 120—430 Tagen, wie denn auch derſelbe in den vorzüglichen Weinjahren von

1834 422 Tage I eee eee a

VE | betrug, wenn nun durch ungünſtige Frühjahrswitterung die Blüthe nicht in der erſten Hälfte des Monats Juni, ſondern erſt in der Mitte oder gegen das Ende deſſelben und ſogar erſt zu Anfang des Monats Juli eintritt, ſo braucht die Traube zu ihrer Ausbildung ſchon die wärmere Jahrszeit, nämlich die Mo⸗ nate Juli, Auguſt und häufig auch noch einen Theil des Monats September, ſo daß das Weichwerden und die Reife in eine kühlere Jahreszeit fällt, in

459 welcher die Zuckerbildung nicht mehr jo vollſtändig vor ſich geht, als wenn der Auguſt (Kochmonat) noch darauf einwirken kann, es bleibt deßhalb in den Traubenbeeren noch viel Waſſer und Säure zurück, die ſich nicht, wie der Zuckerſtoff, bei der Gährung in Weingeiſt auflöſen und wodurch der Wein geringhaltig und hie und da ſauer und ſchlecht wird.

Man wird deßwegen, wenn die Traubenblüthe nach der Mitte des Mo— nats Juni oder erſt zu Ende deſſelben oder ſogar erſt im Monat Juli allge— mein beginnt, in der Regel auf einen mittelmäßigen, häufig uur auf einen ge— ringen Wein ſich Hoffnung machen dürfen, indem, wenn auch die Leſe lange und bis gegen das Ende des Monats Oktober verſchoben wird, dieſer Monat das, was im Auguſt und September hätte geſchehen ſollen, nicht mehr voll— ſtändig nachholen kann, wie denn dieſes auch die oben bemerkten Jahrgänge, in welchen Blüthe und Leſe ſpät eintraten, zur Genüge nachweiſen.

Einen gleichen Nachweis liefern die hier angeführten Weinmoſtgewichte, indem dieſelben in allen denjenigen Jahren, in welchen Blüthe und Leſe ſpä— ter folgten, gering ausfielen.

8. 267.

szene Betrachtungen über die Beſtimmung dev Weinqualität nach den Witterungsverhältniſſen.

Wir haben ſchon bemerkt, daß die Witterungsverhältniſſe eines jeden Jahrs einen mächtigen Einfluß auf die Quantität und Qualität des zu erzeu— genden Weins ausüben, insbeſondere iſt es aber die in den Vegetationsmona⸗ ten (Mai bis Oktober) entwickelte Wärme und gefallene Regenmenge, welche namentlich auf die Qualität des Weins einen entſcheidenden Einfluß haben, während in einzelnen Lagen auch noch der Zutritt der Winde, die mehr oder minder trockene Luft, ſowie im Allgemeinen die Elektrizität derſelben bedingende Momente ſind, von welchen die Qualität des Weins abhängt.

Kennt man jedoch einmal die Hauptmomente, Wärme und Feuchtigkeit, von einem Jahrgange, ſo läßt ſich ſchon mit ziemlicher Sicherheit berechnen, ob es viel oder wenig guten oder geringen Wein geben wird, wie folgende Zuſammenſtellung zeigt.“

a. Im Allgemeinen. Vom mittleren Neckarthale, von welchem die vollſtändigſten Notizen vorliegen.

Durchſchnitt. Zeitperiode. Sommertage. Wärmegrade. Regenfall. Ertrag per Morgen. 1827/36. 46. 12,80, 1892. 5 Eimer. 1837/46. 46. 12,69. oT, 2 Eimer 2 Imi.

1847/56. 35. 12,80. 2210. 2 Eimer 1 Imi.

460

Es hat alſo die Zeitperiode von 1827/36, welche durchſchnittlich die meiſten Sommertage und Wärmegrade, aber den wenigſten Regenfall gehabt hat, auch den meiſten Ertrag und den beſten Wein geliefert, indem in dieſelbe die guten Weinjahre 1827, 1834 und 1835 gefallen ſind, während die Zeit— periode von 1847/56 den geringſten Ertrag gab, indem, wenn auch gleich die Zahl der Wärmegrade derjenigen von 1827/36 gleichkommt, die geringere Zahl der Sommertage und der bedeutend größere Regenfall ſehr ungünſtig auf den Ertrag ſowie auf die Qualität des Weins einwirkte.

b. Spezielle Vergleichung einzelner Jahre.

& Mittlere | Er Orte. 85 e Regenfall. Su E 25 DO CC Jahrgang. S da egal mai August Trauben- Er | ame: sun . einleſe. 3 5 21. a Juli, "Dit. blüthe | S 1. Oberes Neckarthal. | | | | Tübingeu | | | im Neckarthal 1162 Fuß über dem Meere. | | | | . Auſangs 10/5. 5 41388 | | 1822 Gut. 42 9715 9 848 Juni. Septbr.

1821 Schlecht. 17 10,36 10,61 1215 1123 Juni. 30. Okt. ö N |

1826 Mittelmä- 40 12,97 12311661 743 Ze -Zunii9 Oft. 61

ßig. | | 12030, 8. Juli. | Pfullingen | | | | | | im Echazthale 1488 | | Fuß über dem Meere | | | | | 1846 Gut. 83 N 11,52 14. Juni. 6. Oft. 3 DAT | | | 1844 Schlecht. | 34 11,05 10,07 a | 10,06 i | 1849 Mittelmä- | 65 13,86 11,011! 15. Juni. 20. Okt. ßig. | 12,44 | | | Biſſingen | | 9 5 N | tm Lauterthale 1448 | | Fuß über dem Meere | | | | 1846 Gut, De 14,52 Dat la, _— |. | 13, 52 | | 1844 Schlecht. u 31 10, 7211955 1357 . ‚02 | 1849 Mittelmä- | 13, 51110101195 981

ßig. | | 12,26

461

{

Mittlere 7

Arte e 8 Temperatur. Regenfall. Zeit der 5 8 Jahrgang. Mai Auguſt 3 Ze August rea: August Zar Wein⸗ re Juli Okt. n⸗ a Juli Okt. c Auf 1 Tag. Juli Okt ae | leſe 37 ic Neckar- | | a. Stuttgart | | im Reſenbachthal | | | 860 Fuß über der | | Meeresfläche. 5 | b Wangen | N | um Neckarthale 928 Fuß über dem Meere. | | 0. Cannſtatt | im Neckarthale | 765 Fuß über | dem Meere. | | Gute Jahrgänge. 5 | | | 1 27 10 37 4,77 11,801159 1013 Mitte A. ehört zu den ge⸗ Er | ren guten d Jahr⸗ 7 2 | Juni Okt. | 1884 a | Dane 39 88 84 12,5 56 742 716 10/15 | 5 53 35 88 185, „56 742 716 5 6. | Sn Juni O 79/84 b. | 88 15 25 12 26 590 690 Anfgs | 5 5 a Juni Se | 1842 3, 42 32 74 14,19 11,79 642 641 Aufgs 17. b. | 70 14,12 11,12 462 620 45 22 6 7 a e 1846 a. | 22 67 15,82 12 0 685 824 Anfgs 10/45 | .|,. 1440 uni, Ott 90/90 a) 1 19,27 13,05 29 320 12 08 | le 14,16 | Juni Okt. Summe 167 99 m 10,52.68,5564999 5324 Durchſchnitt 42 25 78 15,04 12,22 714 761 | | 13,63 | | | 78/87 Geringe Jahrgänge. | | 1820 1206 26 13,65 10,28 931 1229 Ende 2128 | | 11,96 Juni 64 3 22 F 14 1 | | | 1837 a. Dad 44 13,04 Al. 251175 1148 28. Jun 24„/4 1 12,14 6. Juli Okt. 4/55 b. 49 112,41 10,88 1084 1277 1. Juli 24. |

| {

11,64 | Okt.

Se mn, 8 pers | Regenfall. Zeit der | 225 a ee | en Jahrgang. Mai Auguſt & 910 W dei Auguft | Trau | Wein⸗ | Ss Juli Skt. 2 1 Ei: Okt. e leſe. | 33 1838 % ç T' ‚50 1149 647 | 171% 15,24 64/72 112.50 Juli | Okt. b. 4413,18 10,83 995 692 l. Juli 19. | 12,0 | Okt. 1844 a 12 8 2013,26 11 30 1173 1156 Ende 21 25 65 Ka] 19,8 | Juni Okt. b. 2512,21, 10,67 21 | IT, | | Sum Olk. 85 3012,16 11,36 | | 12. | a 24 Bir, Si] Okt. | Summe 90 47 307.117,58 68.098,26 8,26 7219 7131 235.197 Durchſchnitt 22 12 | 3413,08 10,92 1031 1019 | | 59/63 Pe 12.00 i | | 9 | | | | | 158 % 701 714 28/3015/17 68 828 5 f 9 1014,00 11 16 701 71428J0¼ö 17 1828 a. 31 2 „gun 110 5 30 DT: 9 14, 33 10, 903 1509 936 un 15/16 7 ele 2 126% 75 Jil Okt. b. 3913,84 10,7 105% 792 1851 In eng 1 10 8 7912,26 1429 793 Ende ma 71 | "se 18 un —E | b. 4018, 14 11,84 1245 77 1 u“ | 2,49 5 . a 1832 a. 20 16 | 3015 2 1173 868 469 Juli 19723 64 12, 280 | | Okt. > | 3912 „70 117 39 1068 436 1. Juli ö | 12, 05 | | 18332. 335884 BT 9,98 1200 1220 115/24. 18/20 64 118 | 12,55 | Juni Okt b 24 0 9,62 1112 1217 18 | | | Juni nt 1835 a. ne 2] | 61142 25 u, 44 680 963 5 15 Gut Mittel. 12, Jun Oft | | b. 6313 77 10,60 781 978 23. 20. Age, 18 | Juni DES 1888 9 21 5018 36 11 61 823 829 19,24. 20/0 77 | 11 | 12,49 Juni Okt.

Gut Mittel. |

I

| l }

g b g e 8 ep a joe | Zeit der 3 8 Jahrgang. Mai Auguſt 8 Mai Auguſt Mai Auguſt Thau Wein⸗ 3 8 RE ea 1336 b. 51 12,2 11,08) 740 m 24 . | Juni Okt 1839 a. 40 13 53 14,39 11,08 1077 690 2830. 14/13 70,78 13,04 | Juni Okt b. 48 13 ‚92 11 09 596 562/20 Jun 14/155 ar ener Anfng. Okt 2 15 40 13,47 10,7 75 1356 714 17. 68 i % n . | Okt. 5 2 )( 8 | | ul 8 | Juni Okt. 1841 a. 30 23, 33 13,80 12,44 1169) 1045| Juni 5/10.) 76 Gut Mittel. e | | Juli Okt. 1 0 e ,, | 1 12 Bor | | | 1843 a. 13 e 112, 72 144,78 1290 737 Anfgs 26, 62 Gering Mittel. | 1222 | Juli Okt. BD ee ln —_ 5 I | Juni Okt. 1845 a. 22 1 19 14,02 1576| 874 Ende 21/24 71 125 10 | | Juni Okt. C. 3913,30 10,94 1844 868 17. 25. | e Juni Okt. Summe 348 168 | 97 311,97.297,71\23194117393 840 Durchſchnitt 29 14 43 13,56 14,12 1104 828 70

12,34

464

Sommer: Mittlere Orte. tage. Temperatur. Jahrgang.

Regenfall.

5

Zeit der

Trauben- Wein⸗ |

Mai Auguſt Mai Auguft Mai Auguft Blüthe Leſe |

Juli. Oktober. Juli. Oktober. Juli. Oktober. Winnenden 1070 Fuß über dem Meere.

1846 Gut. 76 14,55 12,95 855 891/13. Juuiſ3. Okt. 13, 75 | |

1844 Schlecht | 23 11,96 10, 121328 1577/7. Jun Okt. 11 04. | |

1849 Mittel 37 13,20 10,82]1174 932119. Juni 22. Okt.

[4

3. Kocherthal.

Oehringen im Seitenthal der Ohr 808 Fuß über dem Meere.

1846 Gut een ee, | . 1aTyr 4 |

1844 Schlecht 31 125 106 5. | | | |

1849 Mittel il. 46. 15,2 106 20

4. Jagſtthal. Schönthal 736 Fuß über dem Meere.

1834 Gut 60 15, 07 12,35813 946121. 13,71 8

20 1320 10,861967 717 26 12,0 |

ö

1838 Schlecht

LO

|

1835 Mittel 46 14,13 11,34836 986113.

113 5. Tauberthal. Mergentheim 711 Fuß über dem Meere.

1842 zieml. gu 47 4,87 11, 9. | 13, 1848 Miltel 55 3, 55, 10, 81 18,

1850 Gering 44 13, 11 Zn 1030 26

7

§. 268.

Juni 1

Juniß5. Okt. | uni er. 2

20. 3 Okt.

Mais. Okt. | | | Sn Okt. |

Inni 21. Okt.

SE 16: SE 28. Okt.

Juni

Juni

een 894 eee eee

Aus dieſen Zuſammenſtellungen erſehen wir, daß die Entwicklung der Wärme und der gefallenen Regen in den einzelnen Weinbaugegenden nicht

465

gleich, ſondern zum Theil ſehr verſchieden iſt, und im Allgemeinen die Wärme mit der geringereren Erhebung über der Meeresfläche oder der niedern Lage zu⸗, während die gefallene Regenmenge abnimmt, was auch auf die Qualität des Weins einen weſentlichen Einfluß ausübt, indem z. B. das mittlere ſpeci— fiſche Gewicht des Weinmoſtes in dem untern Neckarthale faſt jedes Jahr um ein oder einige Grade mehr beträgt, als im mittleren Neckarthale und in die— ſem wieder mehr als im obern Neckarthale. |

Bei der Vorausbeſtimmung der Weinqualität muß man daher zwiſchen den einzelnen Weinbaugegenden unterſcheiden, wobei man nach den bis jetzt gemachten Beobachtungen folgende Regeln aufſtellen kann.

1. Oberes Neckarthal.

Ein guter Wein mit 70—77 Graden wird erzeugt werden, wenn die mittlere Temperatur durchſchnittlich per Tag 12—13 Grade, beſonders in den Vegetationsmonaten bis nach der Blüthe 13—14 Grade, in den Entwicklungs- monaten der Traube aber 11—12 Grade erreicht und die gefallene Regen— menge in den erſtern Monaten die Zahl von 1100 1200 Kubikzoll, auf den Pariſer Quadratfuß (S. 264) in den letztern Monaten die Zahl von 900— 1100 Kubikzollen nicht überſteigt, ſo daß die Blüthe bald eintreten kann, und die Traube in ihrer Entwicklung nicht geſtört wird.

Auf einen geringen Wein mit 48—56 Graden wird man ſich Rechnung machen dürfen, wenn die mettlere Temperatur ſowohl in den erſten als letzten Vegetationsmonaten auf 10—14 Grade herabfinkt, die Regenmenge aber ſich auf 2400 bis 3000 Kubikzoll erhöht.

Die mittlern Weine mit 58—70 Graden fallen in die Grenzen zwiſchen den guten und geringen Weinen, wenn nach obigen Zuſammenſtellungen ent— weder die Blüthe wegen kühlem Wetter und ſtarkem Regenfall ſich bis in Juli verzögert, oder wenn nach günſtig vorübergegangener Blüthe die Ent— wicklung der Traube wegen geringer Temperatur und ſtarkem Regenfall zu— rückbleibt.

Y 1

2. Mittleres Neckarthal.

Für dieſes Thal, dem wir auch die untern Theile des Rems- und Enz— thales gleichſtellen dürfen, und von dem wir die zuverläſſigſten Notizen be⸗ ſitzen, können wir folgende Anhaltspunkte geben:

| | | | ee Sommer- | Mittlere | Regen- Zeit der 8 tage. Temperatur fall. | S 8 ! m rr 2 = Fe 2 11 8 5 Trauben⸗ Wein⸗ 8 5 S Mai Auguſt Mai Auguſt Mai Auguſt | =&

Juli. "DE. Juli. Oft. Juli Okt Blüthe Leſe r 5

Für gute u. | | | Ende Nr re

ausg. Wein⸗ | 600 e & ptemb

jahre 1834. 40/50 25/35 14/16 12/13 100/800; Anfangs Anfangs) 7 77—85

1842. 1846 60—80 13—14½ | 13—1600 Juni. Ban —90

Für geringe | | | Ende

Weinjahre 1025 8,15 12,13 10/11900/%200 Juni. .

1838. 1844 | 19—2400 Juli. Oktober. Für mittlere 125/40 102012 ¾ 14 7001400 Mitte | Mitte 66-76

Beinjahre ı 40-60 | 1012/12 600/1200 Juni bis bis

12 —13 | 14-2000 Anfangs, Ende

Juli. Oktober.

3. Bei dem unteren Neckarthale, dem Kocher- und Jagſtthale

fehlen verſchiedene Notizen, daher keine genaue Berechnung angeſtellt wer— den kann. 4. Bei dem Tauberthale

fehlt von den meiſten Jahren, von welchen Beobachtungen vorliegen, die Re— genmenge, auch find die klimatiſchen Verhältniſſe hie und da etwas verſchieden von denjenigen der übrigen Thäler, indem z. B. der Wein des Jahrs 1849 in dem Tauberthale zu den geringſten gerechnet wird, während er in dem Neckarthale zu den mittleren gehört, auch beſchädigte der Frühjahrsfroſt im Jahr 1846 die Reben des Tauberthales ſo ſtark, daß es nur ſehr wenig Wein gab, während in andern Gegenden ein mittlerer Ertrag gewonnen wurde. Außerdem fehlen von dem Tauberthale die Aufzeichnungen von den vorzüg— lichen Weinjahren, wie 1846, man wird jedoch in Vergleichung mit den voll— ſtändigeren Aufzeichnungen von dem Nebenthal der Vorbach (Oberſtetten) bei dem unmittelbaren Tauberthale annehmen dürfen, daß zu erwarten iſt:

23 Regen⸗ Zeit der

Mittlere 8 fall. 8 5 N e eTsgeIee Trauben⸗ Wein⸗ 2 Mai uguf Mai Auguſt 7 | > Juli Di. a Dit, Blüthe Leſe Ein guter | 14/15 Anfangs Anfangs Die weicheren Wein bei 60/70 165742. 600/800 Juni Oktober Traubengat⸗ | ' 13—14 13—1500 | tungen des ö | | | Tauberthales

11/13 LEE Ende Ende zeitigen auch

Ein geringer 800/1100 Juni bis Oktober vollſtändig bei

Wein bei 20050 10—12

‚1800/2100 Anfangs. einer etwas Sul | geringeren Ein mittle⸗ 12 700 / 1200 | Temperatur,

rer Wein Bei 05 | 10,1% 700/1000 Mitte Mitte | können aber 11—13 55 Juni | weniger die:

| gen vertragen. |

5. Die Bodenſee⸗Gegend.

Von dieſer Gegend beſitzen wir nur einzelne Bruchſtücke von Witterungs⸗ beobachtungen, auch ſind die klimatiſchen Verhältniſſe ſehr verſchieden von den übrigen Weinbaugegenden und unerachtet der mehr ſüdlichen Lage zeigt ſich wegen der höhern Lage doch eine geringere Temperatur, aber häufig mehr Regenfall als in den Neckargegenden, man wird deßwegen für die Vegetations⸗ monate blos annehmen dürfen:

Mittlere Temperatur dagegen Regenfall

Für gute Wein jahre 13—14½ Grade 16-2200 Cubikzoll Für geringe Weinjahre 10-12 24-3000 Für mittlere Weinjahre . 111 —13 18—2400

Im Allgemeinen dürfen wir, wenn wir die phhſikaliſchen Eigenſchaften des Rebſtocks in Betracht ziehen, den Grundſatz aufſtellen:

a. Wenn mit dem Monat Mai warme, trockene Witterung und kein Froſt eintritt, ſo daß die Blüthe der Reben bald zu Ende dieſes Monats und zu Anfang des Monats Juni beginnt und bei guter Witterung ſchnell vorüber geht, ſo daß ſie längſtens bis zur Mitte des Monats Juni beendigt iſt, auch die folgenden Monate heiß und trocken find, und Wärme und Trockenheit. nur durch kurze, warme Regen unterbrochen werden, jo daß Holz und Trau⸗ ben ſich vollſtändig entwickeln und auszeitigen können, ſo dürfen wir uns auf

einen reichen Herbſt und guten Wein Rechnung machen und auch wegen der guten Auszeitigung des Holzes und der Ausbildung der Fruchtaugen auf einen guten Ertrag im folgenden Jahre hoffen, was auch durch die Erfahrung be- ſtätigt wird, wie die reichen Herbſte 1828, 1835 und 1847 nach den guten Jahren 1827, 1834 und 1846 nachweiſen. Iſt dagegen BR b. der Monat Mai naß und kalt, tritt noch Froſt in demſelben ein, der

die Reben beſchädigt, geht die Entwicklung derſelben langſam vor ſich und

dauert die unbeſtändige Witterung im Monat Juni fort, ſo daß die Blüthe derſelben erſt zu Ende dieſes und zu Anfang des Monats Juli, auch die Be— fruchtung nur unvollſtändig (§. 6) vor ſich gehen kann, und iſt auch die Som⸗ mer: und Herbſtwitterung kühl und naß, treten in den Monaten September und Oktober bald Fröſte ein, welche das Laub, die Trauben und das Holz beſchädigen, wodurch die Trauben ihren Schutz verlieren und in der Zeitigung gehemmt werden, ſo iſt ein geringer Herbſt, und ein ſchlechter, ſaurer Wein zu erwarten. Auch für das folgende Jahr ſind in dieſem Falle die Ausſichten ſehr zweifelhaft, denn ein naßkalter Sommer treibt viel und ſtarkes Holz, das aber zur Auszeitigung viel Wärme und Hitze bedarf, fehlt nun dieſe ſowohl in dem abgekühlten naſſen Boden als außerhalb deſſelben, ſo bleiben das Holz, ſo wie die Fruchtaugen in der Entwicklung zurück, letztere verholzen und beide nehmen durch den eingetretenen Froſt leicht Schaden, und wenn auch durch denſelben die Rinde der Reben, wie bei dem ausgezeitigten Holze, bräunlich gefärbt wird, ſo treibt daſſelbe doch keine fruchtbringende Augen, auch werden in dieſem Falle Holz und Augen durch den Winterfroſt gerne beſchädigt. Heiße und trockene Sommer treiben nur kurzes und etwas ſchwaches Holz, aber mit vollen und engſtehenden Augen, die vollkommen auszeitigen, verhärten und leichter die Winterkälte ertragen, daher viel und ſtarkes Holz wenig Wein, wenig und ſchwaches Holz viel Wein.

Will man erfahren, ob die Augen des verfloſſenen Jahres fruchtbar ſind, ſo nehme man von den verſchiedenen Lagen und Rebgattungen eines Weinbergs Schnittlinge, die in der Mitte der Rebe abgeſchnitten werden, ſtelle ſie zu Anfang des Monats Januar etwa handhoch in's Waſſer und in ein Zimmer, in dem es nicht gefriert, jedoch entfernt vom Ofen und an eiue ſonnige lichte Stelle und erneure das Waſſer von 3 zu 3 Tagen, nachdem daſſelbe zuvor einige Stunden im Zimmer geſtanden hat, damit es die gleiche Temperatur mit dem abzugießenden Waſſer annimmt. Nach Verfluß von 4—5 Wochen werden die geſunden Augen ſich entfalten, Blätter und mehr oder weniger Trauben treiben, wornach wenigſtens einigermaßen die Ergiebigkeit der Reben im nächſten Sommer beurtheilt werden kann, obgleich dieſelbe auch noch von

de a a

469 andern Umſtänden, wie von der ce oder lang! amen F im Früh⸗ jahr abhängt.

C. Auf ein mittleres Weinjahr darf gerechnet werden, wenn e ein Theil der Vegetationsmonate der Entwicklung der Rebe und der Traube günſtig iſt, d. h. wenn entweder günſtige Frühjahrswitterung eintritt und die Rebe und Trauben ſich ſchnell entwickeln und verblühen können, ſo daß die letztern bei ſpäterer ungünſtiger Witterung doch noch einen Vorſprung haben, oder wenn nach ungünſtiger Frühjahrswitterung noch ein guter warmer und trockener, ſo— genaunter Nachſommer, eintritt, insbeſondere übt ein gutes, warmes Spätjahr und eine gute Herbſtwitterung noch außerordentlich günſtig auf die Auszeitigung der Traube und des Holzes, daher man in dieſem Falle in der Regel eine mitt- lere Weinqualität erwarten darf, während umgekehrt dieſes, wie 1847 weniger der Fall iſt.

e

Will man in einer beſtimmten Weinbaugegend nach den Witterungsver⸗ hältniſſen eines einzelnen Jahrganges auf die Qualität des zu hoffenden Weins

einen Schluß ziehen, ſo kommen hier zunächſt

a. die Temperaturverhältniſſe, ſofort

b. der Regenfall,

während der Vegetationsperiode der Rebe in Betracht.

Als weitere Anhaltspunkte dienen dann noch

C. die Zahl der Regen- und trüben Tage,

d. die Zeit der Traubenblüthe und die Zahl der Tage von dieſer bis zur

Weinleſe.

Nehmen wir zuerſt die mittleren Temperaturverhältniſſe, wie ſie oben an⸗ gegeben wurden und die Beobachtungen von der Stadt Stuttgart zur Grund— lage und ſtellen wir Vergleichungen zwiſchen den Wärmegraden ſehr guter Jahrgänge wie 1811, 1822, 1834 und 1846 und denjenigen ganz geringer Jahrgänge wie 1816, wo ohne eingetretenen Froſtſchaden nur wegen ſchlechter Witterung ſo zu ſagen gar kein oder ein äußerſt geringer Wein gewachſen iſt, o zeigt ſich folgende Differenz:

Mittlere Temperatur von

Sommertage. 1811 13,78 1822 13,48 1834 14,20 88 1846 -- 1440 67 55,86 155 Def, 1986 Th

470

Sommertage. 8 e schre 1808 11,32 Ganz geringe re 1816 10,97 20 22,29 Durchſcrn . In

Differenz 2,81

Setzen wir nun die Güte des Weins von vorzüglichen Jahrgängen 1 von den geringſten = 0, und vergleichen damit andere Jahrgänge dadurch. daß wir von ihren Wärmegraden diejenigen des geringſten Jahrganges ab- ziehen, fo zeigt ſich zwiſchen denſelben und den vorzüglichen Jahrgängen fol- gendes Verhältniß:

1829 mittlere Temperatur 1196,

Davon 1114½

Reſt 81 ½ d. h. die Güte des Weins von 1829 verhält ſich zu derjenigen von vorzüg- lichen Jahrgängen, wie 81¼ zu 281½ oder nahezu wie ?/ zu 1 oder die Güte des Weinmoſtes von 1829 hat nur ?/7 der Güte der vorzüglichen Jahre, iſt mithin um ä geringer. Annähernde Verhältniſſe werden ſich auch erge— ben, wenn man zwiſchen den Sommertagen und dem mittleren ſpezifiſchen Ge: wicht des Weinmoſtes Vergleichungen anſtellt, wobei auch noch die Zahl der Regentage und die Zeit der Traubenblüthe in Berückſichtigung kommt, wie folgende Tabelle zeigt:

| | \ | | | | | | | | | |

|

*

FN f 1 78 a RENT a | Ir Bass 8 BE nal ı = ass ai er oa. an: sse®n = Se d > TE a5 2 3 Sg e area N = = 1 a RER = Bd I e eee ME N 855 rs ed 5 8 5 i | EN | | | | | | 8 Se 2 | 1 | 0 | | | 2 1827 13,8 / 37 ½ 83 il e ! m H 1842 12,99 | 5/a.1.74 % 65 |

|

| 65 10. Juni 123 80 ( Wein⸗

26, 77 I 148 | 236 5 | jahre. | | ! | |

Durch⸗ i | ſchnitt 13 13% 273 55½ % 74 | 118 78 5 1828 12,88 / | 40 she 88 28. Juni 110 68 5 1835 12,84 % 61 | 7 88 18. Juni 124 78 705 1848 13,25 / 44 % 72 25. Juni 111 75 \ Wer 1849 12,88 | / 36 / 74 25. Juni 119 76 51,85 I > 1s29.. | 464 297 Durch⸗ | | | | ® 1950 12,96 914 45 4 80 | 11 2% 1,96 | % | 26 % 95 30. Juni Geert 1837 1244 Su 44 % 83 3. Juli 115 56 ens nee es e 1. Juli 1 63. jahre 1850 11,63 | e e e 102 3. Juli 1 NR r 3. 457 245 Durch⸗ | | | | | ſchnitt 11,93 % 31 ½ 93 114 61 /

| | | | | | | | | | | | Stellt man nun Vergleichungen zwiſchen den einzelnen Jahrgängen an, jo iſt z. B. der 1827er Wein, unerachtet die Vegetationsmonate mehr mitt⸗ lere Wärme hatten als das Jahr 1842 doch etwas geringer geworden als der Wein vom letzten Jahre, weil weniger ſehr warme (Sommer-) Tage, da⸗ gegen mehr Regentage vorhanden waren, die Traubenblüthe ſpäter eintrat und die Trauben dadurch weniger Zeit zur Ausbildung und Zeitigung hatten als 1842. Ebenſo war der Wein von 1828 etwas geringer als derjenige von 1835, weil er weniger Sommertage hatte und die Blüthe ſpät eintrat. In geringen Weinjahren ſind in der Regel alle auf die Vegetatiou der Rebe ein⸗ wirkende Umſtände ungünſtig, wenig Wärme und wenig Sommertage, dagegen viel Regentage und ſpäte Blüthe.

Wird der Regenfall, deſſen Menge auf die Qualität des Weins einen weſentlichen Einfluß ausübt, auch noch in Berechnung genommen, ſo muß die Summe der Wärmegrade während der Vegetationsperiode mit der Menge des

Ei.

Regenfalls verglichen werden, und man wird dabei zu entſprechenden Verhält⸗ nißzahlen kommen, wenn man mit den Wärmegraden in Wenige des ee

falls e

Suv bag

1834 1846 Oſch.

1827 1842

Dſch. 1828 1835 1848 1849

Die. 1829 1837

1850°

„wie ende Heberficht zeigt:

Mittlere Regenfall ei 3 | Mi ittleres mene dener . , den dee dae

grade BT pe | = Traun Traun) Gewicht

S. |... benblüthe e $ benblüthe. bis zur des Wein | en = 7 1 | mas} SEE}

N 4458 88 68 12. Juni 122 be 2649,9 | 1509 167 | 68 10. % aua8s0 Br 5290,90 2987 55 136 5252. Er

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