LIBRARY LU Su EEE 2 UNIVERSITY OF TORONTO u ) Kal > IE ER 2003 BIER Deutsche Gartenkunst in Wort und Bild DIFF DR = eg — nd — = Kar? « je le NR s u aN ee Ze Dritte Folge Der Waldpark seine Gestaltung und seine Erhaltung (a, ), 5} NS a y = P En Drei Vorträge BERLIN. VERLAGSBUCHHANDLUNG PAUL PAREY. h Verlag für Landwirtichan, G, und Foretwessa. SW, Hedemannstrasse 10. er G —— Ft DIE TS — = T 2 —ZE \ r / SR, E RE N & I Nun EL TZNES } FRE \ ur 4 Y Er \ r S AN > Tr) Tg — Na z me = - . [2 ß & = Verein Deutscher Gartenkünstler Geschäftsstelle: Berlin SW.47, Katzbachstraße 15. Der Waldpark seine Gestaltung und seine Erhaltung Drei Vorträge gehalten auf der Hauptversammlung des Vereins deutscher Gartenkünstler Görlitz, am 8. August 1909 von den Herren Rittergutsbesitzer V. Salisch (M.d. H.), Kgl. Gartenbaudirektor A. Brodersen und Städt. Garteninspektor Ernst Schneider. AN YE [S 3 J INT (8 I Er r v + * Ba n a BERLIN. VERLAGSBUCHHANDLUNG PAUL PAREY ag für Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen. SW., Hedemannstrasse 10. 1909 IE} Ir in sehr zeitgemälles Thema haben Sie zu Ihrer Beratung gewählt, und ich mir zur Ehre, durch meinen Vortrag dessen Besprechung rechne es einleiten zu dürfen. Es ist wohl das erste Mal, daß) ein Forstmann im Kreise Landschaftsgärtnern zu Möchte damit Fühlung | eingeleitet sein, die nur 4 Nutzen bringen kann. Der Forstmann würde seinen Auf- gaben von Worte kommt. eine beiderseitige sicherlich besser s„e- nn DU MnmssnmssuhHNRE 903 an ua recht werden, wenn er land- Bildung besäße, und der Landschafts- schaltsgärtnerische gärtner wiederum kann sich vor mancher üblen Er- fahrung bewahren, wenn er forstliche besitzt. Leider kommt es nur zu oft vor, daß der Forst- mann durch seine Malßnahmen Beschwerden des Publi- kums hervorruft, aus deren Nichtbeachtung bedauer- liche Reibungen entstehen. Solche Beschwerden wür- den vermieden werden, wenn der Forstmann immer ver- stände, soweit es sich mit seinen wirtschaftlichen In- teressen verträgt, Schönheitsrücksichten wahrzuneh- men, und wenn das Publikum ihm Vertrauen schenkte, daß er in ästhetischer Hinsicht nichts ver- sehen werde. Andererseits würde selbst hervorragen- den Landschaftsgärtnern manche üble Erfahrung er- Kenntnisse das *) Der zum Nachschreiben meines Vortrages berufene Steno- graph war leider ausgeblieben. Auf standes habe ich nachträglich aus dem Gedächtnis den Vortrag wieder hergestellt und dabei, der besseren Übersichtlichkeit wegen, einige Bemerkungen eingeflochten, die ich erst in einem Schluß- wort vorgebracht hatte. Hierdurch erklärt es sich, wenn vielleicht die eine oder andere Ausführung des zweiten Herrn Redners nicht genau zu dem hier in Druck gelegten Vortrag zu passen scheint. Die Drucklegung enthält nämlich einige Gedanken, gehender auszuführen mich erst Herr Brodersen angeregt hat, wie z. B. über die Möglichkeit, den Forstpark reichlich mit Wild zu besetzen. Ersuchen des Vereinsvor- welche ein- spart geblieben sein, wenn sie reichere forstliche Kennt- nisse besessen hätten. So z. B. Pückler-Muskau, dal) er bei dem berühmt gewordenen Aushieb im Buchenwald gegenüber dem Ettersburger Schlosse wichtige zum Überhalt bestimmte Buchen zu schnell freistellte. brand zugrunde gegangen sind, und nicht selten hat man es erleben müssen, dal) bei der Umwandlung von geschah es dem Fürsten Die Folge war, daß sie an Rinden- Parkanlagen zu rasch freigestellte ältere Bäume vom Sturm geworfen wurden. Wende ich mich nun nach dieser Einleitung dem heutigen Thema zu, so muß) ich zunächst feststellen, was unter „Waldpark“ zu verstehenist. Wald- park ist das Gegenteil von Parkwald. Der Parkwald bildet mit Büschen, Wiesen und Gewässern ein wesent- liches Zubehör des Parkes; für ihn tritt die Nutzbarkeit zurück. Unregelmäßig geformte, selbst altersschwache und sonst krank gewordene Bäume können im Park von größtem Werte sein. Anders im Waldpark. Unter „Waldpark“ verstehe ich einen Forst oder einen erheblichen Teil eines Forstes, wel- cher im wesentlichen nutzbaren Zwecken dient, gleichzeitig aber für das Publikum geöffnet ist, welches darin Erholung, Ge- nuß und Belehrung suchen soll. Bisher hat man zwischen Waldpark und Parkwald nicht genugsam unterschieden, weder sprachlich noch sachlich, und es würde viel gewonnen sein, wenn es gelänge, das Wort Waldpark durch ein bezeichnenderes In Österreich bedient man sich eines ab- scheulichen aus zwei Sprachen zusammengesetzten Wortes, man sagt: Voluptuärwald. Das wäre also ein Wald, der in erster Reihe dem Vergnügen dienen soll; es kommt aber darauf an, daß das Wort Forst in der Zusammensetzung Verwendung finde, denn sonst ist nicht ersichtlich, daß es sich um Wirtschafts- wald handelt. Nun klingen aber Zusammensetzungen wie Volksforst, Vergnügungsforst, Ergehungsforst ab- scheulich, und sie erschöpften auch nicht, was gesagt Darum müssen wir wohl auf die Bildung Wir werden 1, zu ersetzen. werden soll. eines neuen Wortes ganz verzichten. 4 Der Waldpark von einem Forst sprechen müssen, dessen Erschließung und Bewirtschaftung dem Be- such größerer Volksmassen angepaßt ist. Solcher Forst hat vor dem Park viele Vorzüge vor- aus; zunächst den der Billigkeit. Anlage und Unter- haltung eines Parkes kosten sehr viel Geld, ein Forst bringt Geld; darum kann man Forsten viel größere Ausdehnung geben als Parkanlagen. Für unsere Großstädte reichen die bestehenden Park- anlagen in keiner Weise zu, weder nach Größe noch nach ihrer Beschaffenheit. Das Unglück ist, daß gerade diejenigen Leute, welche der Erholung im Freien am dringendsten bedürftig sind, nur zu ganz bestimmten Zeiten sich von den Alltags- pflichten freimachen können; da strömen sie alle zu- gleich hinaus, überfüllen die breiten Wege so sehr, daß sie ganz schwarz aussehen. Von Stille und Ruhe, deren man doch für die Erholung am meisten bedarf, ist daher gar keine Rede. Wer aber einmal zu un- gewohnter Zeit sich allein hinauswagt, der fühlt sich auf den breiten Wegen des Volksparkes vereinsamt und kommt auch zu keinem Genuß. Noch ein Zweites kommt hinzu: Die Parkverwal- tung kann dem Publikum nur sehr mäßige Freiheiten gewähren. Die Leute fühlen sich beengt und finden gerade das nicht, was sie am meisten ersehnen: Frei- heit. Wie unschön sind doch, wenn man von einigen Partieen an den Seen absieht, die Kienheiden um Berlin. Auf dürftigem Boden stockend, weisen sie zumeist nur höchst kümmerliche Kiefern auf, und doch ist das Volk selig, wenn es da hinaus kommen kann. Viel Geld und Anstrengung läßt es sich einen solchen Ausflug kosten. Die Verhandlungen des zweiten Berliner Waldschutz- tages*) liefern fast möchte ich sagen er- schütternden, für den hohen Wert, welchen großstädtische Bevölkerung selbst dem kläglichsten Walde beimißt. In neuester Zeit haben fast alle Groß- städte sich bemüht, Stadtwaldungen zu erwerben oder zu gründen. Das Großartigste in dieser Hinsicht leistet wohl Wien, welches für seinen Wald- und Wiesengürtel, der die Kaiserstadt umschließen soll, 50 Millionen Kro- nen bewilligt hat! Wie soll nun ein solcher dem Bedürfnis großer Volksmassen angepalster Forst aussehen? Ich will zu- nächst zur Beantwortung der Frage auf die Analogie der freien Anlagen hinweisen. Freie Anlagen sind nutzbare Landschaft, geschmückt mit Holzungen, zu- gänglich durch gut geführte, aber anspruchslos haltene Wege. einen, jeweis ge- ) Der Kampf um unsere Wälder. Verhandlungen und Ma- terial des zweiten Berliner Waldschutztages. Berlin 1909, Verlag von Jul. Springer. Gerade auf dem Gebiet der freien Anlagen kann man mit geringfügigen Mitteln sehr viel erreichen. Ich schätze, daß man mit einem Taler in freien An- lagen soviel ausrichtet, wie im Park mit 10 Talern und im Garten mit 100 Talern. Der zweite Referent, wel- chen Sie meinen Vortrag zu ergänzen berufen haben, Herr Brodersen, hat dafür im „Praktischen Rat- geber“ schon vor längeren Jahren treffliche Beispiele gegeben. Wir sehen da in charakteristischen Skizzen, wie die Anpflanzung weniger Bäume das Bild einer ganzen Gegend vorteilhaft verändern kann, so z. B. durch nur zwei kanadische Pappeln und eine Pyramiden- pappel auf einer Landzunge am Wasser und durch Bepflanzung einer Feldkuppe am Rande eines Stein- bruchs, wobei natürlich die charakteristisch schönen Bruchflächen unverdeckt bleiben. Dergleichen Zutaten beeinträchtigen die Ertragfähigkeit des Geländes nicht, sie können sogar durch Holzertrag und als Wildremisen recht nützlich werden. — In ähnlicher Weise soll auch der Forst in seinem eigentlichen Wesen durch unsere auf Schönheit abzielenden Maßnahmen nicht berührt werden. Noch immer gilt der Ausspruch des Forst- rates König, der einst in Eisenach wirkte, daß ein Wald, der wirtschaftlich vollkommen auf der Höhe steht, auch ästhetisch die höchste Vollendung erreicht. Aber nicht jeder vollendet schöne Forst ist auch den Bedürfnissen zuströmender Volks- massen angepaßt. Wie diese Anpassung erfolgen kann, das eben bildet den Hauptgegenstand unserer heutigen Erörterung. Betrachten wir der Reihe nach die einzelnen forst- lichen Wirtschaftsmaßnahmen. Zunächst die Wahl der Holzarten. Als der vornehmste Baum gilt in Deutschland die Eiche. Wo sie gedeiht, soll man sie pflanzen, und sie gedeiht bei Einzelmischung auch auf Standorten, die für Richenbestände und selbst für Eichengruppen nicht gut genug sind. Die Eiche muß dann aber Alters- vorsprung haben. Diesen ihr zu gewähren, sind die reichen Mittel der Stadtverwaltungen in der Lage. Sie können starke Heister in die Nadelholzsaaten einspren- gen und dürfen hoffen, daß nicht wenige, durch Alters- vorsprung und sorgsame Pflanzung begünstigt, sich als schätzbares Mischholz behaupten werden. Die Eiche gehörtaber nichtan Wege, die man zur Erreichung bestimmter Ziele un- bedingtbenutzen muß, siegehörtauchnicht an Spielplätze und an Ruhesitze; denn mehr als andere Holzarten unterliegt sie dem Raupenfraß und der Blitzgefahr. In Raupenjahren kann man unter Eichen nicht verweilen, man darf bei Gewitter nicht unter ihrer Krone Schutz suchen. „Von den Bichen Der Waldpark 5 mußt du weichen, doch die Buchen mulst du suchen.“ Dieser alte Spruch darf nicht unbeachtet bleiben. Buchen, wo es der Standort erlaubt, Rot- buchen, gehören hauptsächlich an Wege und Plätze, die vom Volke viel benutzt werden. Hier findet die Stadtverwaltung wieder Gelegenheit, dem Forstmann zu Hülfe zu kommen, indem sie durch geeignete Boden- arten (kalkreichen Bauschutt usw.) dürftigen Forst- boden soweit aufbessert, daß Buchenpflanzungen mög- lich werden. Für das erholungsbedürftige Publikum leistet kaum eine Holzart mehr, als die Rotbuche. Zeitig ergrünend, vergewissert sie uns, daß der Lenz gekom- men ist; im Sommer bietet sie tiefen erquickenden Schatten, im Herbst wiederum herrliche Farbentöne, und selbst im Winter ziert sie die Landschaft durch das gesättigte Rotbraun, mit welchem die abgefallenen Laubblätter den Boden warm verhüllen. Nächst der Buche ist die Linde der wichtigste Volksbaum, und dem Forstmann wird keineswegs ein Opfer zugemutet, wenn man ihn veranlaßt, auf geeig- neten Standorten Linden anzupflanzen; denn ihr Holz ist jetzt gesucht und wird gut bezahlt. Die Linde spendet köstlichen Duft, und gerade die Wald- düfte sind es, welche zur Erfrischung er- matteter Nerven ganz vorzugsweise bei- tragen. Bei einiger Aufmerksamkeit kann man vier volle Wochen lang für Lindenduft sorgen, denn vom Erblühen der ersten großblättrigen Linden bis zum Abblühen der letzten kleinblättrigen vergeht reichlich ein Monat. Wie die Obstbaumschulen in ihren Preis- verzeichnissen angeben, in welcher Woche der Kirschen- zeit jede Kirschenart reift, so sollte man auch bei den Linden angeben, ob sie zeitig, später oder ganz spät blühen, und man sollte sie so zusammenstellen, daß die Blütezeit im ganzen möglichst lange währt. Esche, Ulme und Ahorn werden als sogenannte begehrliche Holzarten häufig zusammen genannt. Die Esche, an und für sich ein herrlicher Baum, gewinnt in der Zusammenstellung. Ihr heller Stamm ist doppelt schön neben dunkelfarbigen Erlenstämmen, ihr beweg- liches Laub ziert den Waldrand besonders wirksam neben der Eiche, deren Kronen erst von stärkerem Wind in Bewegung gesetzt werden — Ahorn bereichert in drei Arten unseren Wald. Weitaus der schönste ist der Berg-Ahorn, dessen schuppiges Rindenkleid an Schönheit der Borke der Platane nicht nachsteht. Wundervoll faßt Goethe die Eiche und den Ahorn zusammen, wenn er dem Faust (I. Teil, 3. Akt) die Worte in den Mund legt: Altwälder sind’s! Die Eiche starret mächtig, Und eigensinnig zackt sich Ast an Ast; Der Ahorn mild, von süßem Safte trächtig, Steigt rein empor und spielt mit seiner Last. Prachtvoll goldig färbt sich das Laub der Ahorn- arten im Herbst, es kommen aber auch Spielarten mit rotem Herbstlaub vor. Mit besonderer Vorliebe ver- wende ich im Buchenwald um des Gegensatzes willen die Sämlinge Schwedler-Ahorns. Von denen treibt die Mehrzahl im Frühjahr rötlich aus und im Herbst nehmen viele prachtvolle Farben an, welche dem Farbenschmuck der Roteiche keineswegs nach- stehen. des Den Schwedler-Ahorn selbst verwende ich im Forste nicht, weil seine Farbe gar zu grell absticht. — Sehr empfehlenswert auch für den Forst ist die Spielart des Berg-Ahorns, dessen Samenflügel im unreifen Zustand rosenrot prangen. Vor einigen Jahren hatte ich mit dem Spitz- Ahorn ein kleines Erlebnis. Dr. Bolle, der verdiente hochbetagte Dendrologe — jetzt deckt ihn die Erde —, wollte mir in der ehemaligen Tegeler Baumschule die alten Roteichen zeigen, welche v. Burgsdorff dort an- gebaut hat. Wir freuten uns zunächst am prachtvollen Wuchs der Lärchenbäume, die auch aus Burgsdorffs Saaten stammen, und dann glaubten wir die Roteichen zu erblicken. Von fernher leuchteten sie im prächtig- sten Frühlingsgrün durch den Wald, und ich gestand mir: Der Roteiche habe ich Unrecht getan, sie ist doch wirklich ein unvergleichlich schöner Baum, — als wir aber näher kamen, da erkannten wir alsbald: Die Gruppe, die uns entzückt hatte, das waren keine Eichen, son- dern zwei Spitz-Ahornbäume und ein Feld-Ahorn. Wei- terhin fanden wir dann auch die Roteichen. Die standen noch ganz kahl da, in bezug auf Beastung und auf Farbe ihrer Rinde blieben sie hinter der Schönheit der einheimischen Eichen weit zurück. Auch die drei Rüsterarten sind reich an Vor- zügen. Im ersten Frühjahr bringt ihre Blüte rötliche Farbentöne in das gar zu aufdringliche Saftgrün, im Sommer zeigen sie — dies gilt besonders von der Berg- ulme — herrliche Gruppierungen ihres schön gestal- teten Laubes. Im Herbst kommen (zwar nicht bei allen, aber bei vielen Rüstern) prachtvolle Laubfarben vor. Von karminrot bis zum kupferbraun habe ich die schön- sten Übergänge beobachtet. Schon in der Baumschule sollte man alle derartig sich auszeichnenden Stämm- chen kennzeichnen, um sie an den Rändern oder als Einzelbäume zu verwenden. Dies gilt natürlich nicht nur von den Rüstern, sondern von allen Holzarten. Pappeln, Birken, Erlen, Weiden faßt der Forstmann als Weichhölzer zusammen, zu denen übrigens auch die Linde gehört, deren Betrachtung ich vorweg genommen habe. Die Weichhölzer geben der Landschaft etwas Freundliches. Das ge- langte mir zum ersten Male so recht zum Bewußtsein, 6 Der Waldpark als ich einst aus den Buchenwaldungen der sogen. holsteinischen Schweiz in die Auenwälder des Weistritz- tales heimkehrte. Wie heiter erschienen mir die durch- sichtigen Wipfel der Schwarzpappeln, der Aspen und der Birken im Vergleich zu den ernsten Formen der undurchsichtigen Buchenkronen. Verhältnismäßig spät hat die Forstwirtschaft auf Unterscheidungen zwischen unseren beiden Birkenarten Gewicht gelegt. Ästhetisch sind sie noch mehr verschieden, als wirt- schaftlich. Die Ruchbirke zeichnet sich in vielfacher Beziehung aus, im Frühjahr durch den Duft, welchen ihr Laub ausströmt, zu jeder Jahreszeit durch den weißeren Stamm, im Hochsommer durch saftigeres Grün ihrer Belaubung, während Betula verrucosa ihre Blätter mit einem Wachsüberzug ausrüstet, um die Verdunstung zu vermindern. So erklärt sich die im Sommer bleigraue Färbung des Laubes der warzigen Birke. Aber auch letztere besitzt ihre besonderen Vor- züge. Die ins Bleigraue spielende Laubfarbe ist keines- wegs immer unschön; sie paßt für den Hintergrund, und ihre feinen Zweige pflegen lang herabhängend im Wind ein herrliches Wellenspiel zu zeigen. Auch die Erle besitzt ganz besondere Vorzüge, am schönsten ist sie im Frühjahr, wenn ihre Knospen schwellen und wenn dann ihre langen Blütenkätzchen herabwallen; sie zeigt dann besonders im Hintergrund wundervoll violett-rote Farbentöne. Im Spätherbst hebt sie durch ihre dunkel bleibende Laubfarbe das Goldgelb der an- deren Weichhölzer und im Winter sind die zapfenreichen Kronen alter Erlen wiederum ein Schmuck des Waldes, der zeitweise durch den Besuch der zwitschernden Zeisigschwärme eine prächtige Belebung erhält. Aber ich kann in dieser Breite nicht fortfahren. Ich will sie nur kurz nennen, die sonstigen Baumschätze unserer Waldungen: Die Silberpappeln sah ich am schönsten an den Donau-Ufern. Dort streicht unauf- hörlich der Luftstrom über ihr Gezweig. Sich beugend und sich wieder erhebend zeigen sie wie das Wellen- spiel des Flusses unaufhörlichen Farbenwechsel, bald die helle, bald die dunkle Seite dem Lichte zukehrend. Gleiche Reize entwickeln die Weiden, sei es nun, dal) ihre Unterseite weißlich schimmert oder daß sie meer- grün ist. Im Lenz ziert die reiche Blütenfülle der meisten Weidenarten die Frühlingslandschaft, wie sie auch die Luft weithin mit balsamischen Düften erfüllt. Ein kleiner Wassergraben, der träg neben der Land- straße herflielt, kann eine Woche lang zu den an- ziehendsten Partien eines Forstes gehören, wenn an seinen Ufern männliche Ohrweiden (Salix aurita) reich- lich blühen! Ein Duftspender ersten Ranges ist auch der Kienporst — wir Schlesier schätzen ihn als „wilden Rosmarin“ —, dessen weiße Blütendolden weithin die Waldluft würzen. Der lieblichen Heide- pflanzen (Erica und Calluna) muß ich auch wenigstens die Namen nennend gedenken. Den Faulbaum, den Kreuzdorn, das Pulver- holz, die Ebereschenarten, die beiden Holun- der, die Heide usw. usw., wie schön sind sie alle! Aber ich kann in gleicher Breite die Besprechung nicht fortführen. Nur den Nadelhölzern sei noch eine kurze Betrachtung gewidmet. Als vornehmster Nadelbaum gilt die Tanne. Abies pectinata, die kammförmige Tanne wird sie genannt, und mancher Naturfreund bildet sich ein, die Tanne daran von der Fichte unterscheiden zu können, dal) ihre Nadeln zweizeilig an den Zweigen stehen; — wer das glaubt, der ahnt noch nichts von der wahren Schönheit der Edeltanne. Nur solange die Tanne jung ist oder wenn sie im Schatten kümmert, begnügt sie sich mit zweizeilig gestellten Nadeln, sonst aber strotzt der Wipfel von einer Nadelfülle, die auf den Zweigen kaum Platz findet. Und zwischen den dunkelgrün glänzenden, unter- seits weißgestreiften Nadeln ragen die walzlichen statt- lichen Zapfen empor. Aufrecht stehend bergen sie die Fülle des Samens, die sie im Spätherbst verschwende- risch ausstreuen. — Die Tanne behält nicht wie die Fichte zeitlebens die spitze Wipfelform bei. Gewaltig recken sich ihre oberen Äste seitlich, wenn der Tannen- wipfel die sogenannte Storchnestform annimmt. Auch die Fichte wird vom Naturfreund selten genugsam gewürdigt. Auf der Kulturfläche sieht eine junge Fichte so langweilig aus, wie die andere, aber wieviel Schönheit entfalten die Bäume bei zunehmen- dem Alter! Am herrlichsten ist diejenige Form, welche Dr. Wurm*) unter dem Namen Haselfichte beschrieben hat. Die Haselfichte entsendet ihre Hauptäste wage- recht, aber von den Ästen hängen schlank entwickelte Zweige tief herab, indem sie nicht selten mehr als zwei Meter Längn erreichen. Im hohen Alter nähern sich übrigens die meisten Fichten dieser Wuchsform. Die Fichte hat drei besondere Glanzzeiten: wenn sie ihre Knospen maigrün austreibt, wenn sie sich mit den erd- beerfarbenen Blüten überreich schmückt, und wenn im Winter der erste Schnee oder der Rauhreif ihren archi- tektonisch herrlich gegliederten Bau zur schönsten Geltung bringt. Wir haben Spielarten mit rötlichen und solche mit smaragdgrünen Zapfen; diese sehen besonders gut aus, wenn beide Formen nebeneinander stehen, zum Vergleich herausfordernd. Die bescheidene Kiefer wird von vielen ver- achtet, und es ist richtig, daß ihre zurücktretende Farbe und ihre pedantisch symmetrischen Formen in der Jugend den Vergleich mit Tannen und Fichten nicht aushalten können. Alte Kiefern aber, wenn *) Wurm, Waldgeheimnisse. Stuttgart 1592. sie laubholzartig ihre Kronen abwölben und wenn sie ihren Schaft mit der herrlichen in der oberen Stamm- hälfte roten Borke bekleiden, gehören zum Schönsten, was der deutsche Wald bietet. Maler, wie Eugen Bracht und Leistikow, haben die Vorzüge der Kiefer herrlich zum Ausdruck gebracht. Im Abendsonnenschein sind die rötlichen Äste und oberen Stammhälften geradezu unvergleichlich schön. Die Farbenwirkung wird mäch- tig gesteigert, wenn die untere Stammhälfte der Kiefer durch saftig-grüne Buchen oder durch dunkelgrüne Fichten verdeckt wird, so daß dann die rote obere Stammhälfte mit den reinen grünen Farbentönen des Unterholzes unmittelbar in Kontrast tritt. Zu erwähnen ist noch der sagenumwobene Eiben- baum. Dessen Spielarten verwenden Sie jetzt reichlich in den Ziergärten und selbst auf den Schmuckplätzen der Großstädte, aber aus dem Wald ist die Eibe fast ganz verschwunden. Der Forstmann wird es dankbar begrüßen, wenn die Mittel gewährt werden, diese herr- liche, aber nicht mehr einträgliche Holzart als Unter- holz wieder einzubürgern. Die weiblichen Pflanzen, welche die durchscheinenden, wundervoll roten Beeren tragen, sind bei der weiteren Pflege dann zu bevor- zugen. Der ungeduldige Naturfreund ist in den ersten Frühlingstagen mit den Nadelholzbeständen nicht zu- frieden. Schon lange lockt die Lenzessonne und noch immer wollen keine Knospen schwellen. Angemessene Mischung der Holzarten hilft diesem Mangel ab. Wo es irgend der Boden erlaubt, sollten Lärchenbäume mit angepflanzt werden, die zeitig im Jahre maigrün austreiben und im Herbst sich in goldiges Gewand kleiden. Auch im Winter bieten sie durch die zimmet- braune Farbe ihres Gezweiges einen schönen Kontrast. Schließlich darf der Wachholderstrauch nicht übergangen werden, der wohl nächst der Stieleiche am reichsten seine Formen variiert. Von der streng auf- recht wachsenden Säule bis zum Bäumchen mit herab- hängenden Zweigen finden sich alle Übergänge, nicht nur in den Preisverzeichnissen der Handelsgärtner, sondern auch im Walde. Im gewohnheitsmäßigen Forst- betrieb hackt man den Wachholder weg, wo er lästig wird, im übrigen bleibt er unbeachtet. Der gärtnerisch angehauchte Forstmann wird interessante Formen und vorzugsweise die weiblichen Exemplare gern einiger Pflege würdigen. Nicht selten muß ich hören: „Ich interessiere mich auch sehr für Ihre Bestrebungen und habe mich bereits in Ihrem Sinne im Wald betätigt, denn ich habe schon eine ganze Menge Roteichen ausgepflanzt.“ Solches Vorgehen ist in der Regel keineswegs in meinem Sinne. Als eifriger Dendrologe interessiere ich mich natürlich lebhaft für ausländische Holzarten, und ich Der Waldpark | werde es freudig begrüßen, wenn den Forstverwaltun- gen noch fortgesetzt Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die ausländischen Holzarten immer besser zu erproben. Ich halteesaber fürgrundfalsceh, die heimischen Holzarten mit den fremden regellos zu mischen. Sie werden, meine Herren, Ihren „Waldpark“ durch eine sehr interessante Partie bereichern, wenn Sie bestimmte, nicht zu kleine Flächen als Versuchswald ausscheiden. Da mögen Sie je nach Umständen amerikanische oder japanische oder kaukasische Vegetationsbilder unter Bevorzugung der- jenigen Holzarten zusammenstellen, welche forstlichen Nutzen versprechen. Auch auf den Kunststraßen, die den Wald durchsehneiden, sind ausländische Holz- arten am Platze. Weiter unten, wenn ich die Allee- pflanzungen bespreche, werde ich hierauf zurück- kommen. Wir wenden uns nun der Frage zu, welche Be- triebsarten zu wählen sind. Sie wissen, daß man in Amerika weite Gebiete vom Umfang ganzer deutscher Mittelstaaten als sogenannte Reservationen abgegrenzt hat, um in diesen den überkommenen Urwald weiter- bestehen zu lassen. Kleine Urwaldreste gibt es auch bei uns, und es wird Ihnen bekannt sein, daß) vor wenig Jahren Graf Tschirschky-Renard im Herrenhause den Antrag stellte, im Grunewald bei Berlin jeglichen Wirtschaftsbetrieb einzustellen, damit er sich wieder in einen Urwald zurückverwandeln könne. So dan- kenswert die Erhaltung einiger Urwaldproben anzu- erkennen ist, so wenig passen solche für den Besuch durch zahlreiches Publikum. Der Aufenthalt zwischen morschen Stämmen würde gefährlich sein und das Publikum paßt auch nicht in den Urwald. Ich besitze zwei Urwaldbilder; das eine zeigt städtisch modern an- gezogene Damen und Herren, die auf den morschen Lagerstämmen umherturnen, das andere zeigt junge Bären, welche dem gleichen Vergnügen huldigen. Ohne weiteres sieht man, daß die letzteren besser in den Urwald passen, als die ersteren. Als der Mensch begann, den Wald sich dienstbar zu machen, da verlangte er von ihm Holz, Jagdgelegen- heit und Viehtrift. Je nach Bedarf fällte man Bäume, wie sie gerade paßten, keineswegs immer, wie wir jetzt zu tun pflegen, erst die stärksten und erst die fehler- haften. Besonders sorgsam schonte man die breit- kronigen Eichen und Buchen, welche für die Schweine- herden Mast darboten. Zwischen den alten Baumriesen weidete dann auch das Rindvieh, zu dessen Gunsten verdämmendes Gesträuch vielfach entfernt wurde. So entstanden die alten Plänterwälderunddie Hude- wälder, die vielfach ineinander übergingen. Um des Wildes willen wurden Bannwälder ausgeschieden, die sich eines besonderen Schutzes erfreuten. Auf die Jetztzeit haben sich namentlich in den Hochgebirgen noch ganz ansehnliche Reste derartiger Einrichtungen unserer Vorfahren erhalten. Wie man sich bemüht, in den Museen den Zeitgenossen einen Be- griff von der Lebensweise der Altvordern zu geben, so sollte man auch im Forst die alten Wirt- schaftsweisen hier und da zur Belehrung und um ihrer Schönheit willen erhalten. Ein treffliches Beispiel hat in dieser Hinsicht der Groß- herzog weiland Peter von Oldenburg gegeben, als er einen an schönen Altholzstämmen besonders reichen Hudewald, den sogenannten Neuenburger Urwald, für alle Zeiten als Naturdenkmal zur Erhaltung bestimmte. Wenn jetzt die Großstädte weite Forstflächen für den Volksbesuch teils neu gründen, teils neu einrichten wollen, dann sollte man dem Hudewald und dem Plänter- waldbetrieb besondere Flächen zuweisen. Der Hude- wald gehört in die Nähe der Meierei, die Sie sicherlich nicht missen wollen. Dessen Schönheit besteht in seinem Reichtum an breitkronigen fruchttragenden Bäumen, in der wundervollen Bodendecke und an der reichen Entfaltung interessanter Strauchformen. Er bietet gewissermaßen das Vorbild für die moderne Land- schaftsgärtnerei, denn was ist denn der englische Park anderes, als eine idealisierte Rinderweide! Manchen Vorzug hat der Hutungsrasen vor den Grasflächen vor- aus, die wir mit der Sense oder gar mit der Rasen- mähmaschine bearbeiten. Eine ganze Anzahl gerade der schönsten Pflanzen, wie z. B. bei uns das rosige Tausendguldenkraut und die zarten Dolden der wilden Möhre, werden vom Weidevieh nicht angerührt, beleben daher die Rasenfläche blumig. Auf den Almen sind es namentlich die großen Enzianen-Arten, die wir be- wundern. Ganz eigenartig entwickelt sich im Hudewald das Strauchwerk. Holzarten, die sich durch Stacheln ver- teidigen, wie z. B. die artenreichen Brombeeren, welche im Herbst so schöne Farben annehmen, und die zierlich gebauten Berberitzensträucher, verteidigen sich durch ihre Stacheln. Wo Vieh weidet, wirken auch die Eigen- arten des Standortes in der schönsten Weise auf die Pflanzenverteilung hin. Die Sträucher finden wir über- all da, wo das Vieh nicht gut zu kann, also etwa an einer Sumpfstelle oder an einem Felsblock, oder, wo das Gelände zu steil ist. So zeigt sich die Natur frei und doch gesetzlich in schöner Eigenart entwickelt. Unter solchen Umständen können schon wenige Kühe, welche der Förster in den Wald zu treiben Erlaubnis erhält, viel Schönheit hervorrufen; ein übermäßiger Weidebetrieb veranlaßt aber durch Vernichtung der Narbe und Ausrottung wohlbewehrten Strauchwerkes bedauerliche häßliche Bodenver- ödung. selbst des und Selbstverständlich wird ein Forstort dadurch, daß man nur gelegentlich einige Stücke Vieh hineintreibt, noch nicht zum Hudewald; dazu gehört Anpassung des Wirtschaftsbetriebes an die besonderen Bedingungen dieser Betriebsart. Der Plänterbetrieb ist im Laufe der Jahr- hunderte verfeinert worden. Auch im Plänterwald wird nicht mehr überall nach Belieben geschlagen, sondern nach Maßgabe des Zuwachses und unter Berücksichti- gung der Wiederverjüngung. Gewöhnlich wirtschaftet man im Plänterwalde horstweis, d. h. es werden ganze Gruppen herausgehauen, um für die Neuverjüngung Platz zu schaffen. Viele forstliche Schriftsteller hal- ten diese Wirtschaftsform für die schönste, und wo der preußische Staat auf das Erholungsbedürfnis einer städtischen Bevölkerung Rücksicht nehmen will, da richtet er einige Jagen oder Distrikte zum Plänter- betriebe ein. Das Publikum pflegt das gern zu sehen, denn auf diese Art wird niemals eine größere Fläche kahl geschlagen, es bleibt alles schattig, und es ist leicht, bei der Hiebführung auf schöne Bäume Rück- sicht zu nehmen, indem man sie allmählich freistellt und überhält. Diesen Vorzügen stehen aber auch Nachteile gegen- über. Wir haben in Deutschland doch eigentlich nur 3 Sommermonate, während deren uns die Sonne lästig werden kann, in 9 Monaten verlangen wir nach Sonne. Besonders für Rekonvaleszenten ist der Sonnengenuß höchst wichtig. Im Frühjahr und im Herbst, auch an warmen Wintertagen ist die Luft in geschonten Plänter- beständen nicht immer erfrischend. Empfindliche Per- sonen finden sie modrig und ungesund. Ich erinnere in dieser Beziehung an die Klagen, die vielfach über den Berliner Tiergarten vor dessen Umwandelung laut zu werden pflegten. Durch angemessene Hiebführung hätte man diese Beschwerden vermeiden können, und die Umgestaltung des eigenartigen Waldes in einen Park, der doch eigentlich noch keiner ist, hätte sich erübrigt. Aus dem Plänterwald hat sich der Mittelwald entwickelt. Wo man nämlich jüngeres Laubholz fällte, da schlug es zwischen den stehen gebliebenen Altholz- stämmen wieder aus und wuchs zu nutzbarer Stärke heran, bis wiederum die Axt eingriff und eine neue Verjüngung durch Stockausschlag erfolgte. Dazwischen wurden gelegentlich auch einige übergehaltene Altholz- stämme zum Einschlag gebracht, obwohl man sie ihres Mastertrages wegen lange zu schonen pflegte. Ver- schwanden schließlich die Überhaltsstämme ganz und wurde der Wald lediglich durch Stockausschläge ge- bildet, dann war „Niederwald“ entstanden. Seit Jahrhunderten hat man auch diese Betriebsarten ge- regelt und verfeinert; aber ihr Gebiet wird immer mehr Der Wa eingeschränkt, weil sie nicht genug wertvolle Nutz- hölzer liefern, auch die Bodenkraft bei dem öfteren Freihieb zu leiden pflegt. Für Waldungen, welche dem großen Publikum ge- öffnet werden sollen, passen nun aber diese beiden Betriebsarten ausgezeichnet. Die Wirtschaft im Mittel- walde ist äußerst beweglich; sie gestattet, seltene und besonders schöne Holzarten, wie z. B. die wilden Obst- bäume, den Elsbeerbaum und die anderen Ebereschen- sorten, den Eibenbaum usw. bei der Hiebführung jedes- mal zu begünstigen — und kein Wald ist blumenreicher als die Mittel- und Niederwälder, denn der Zeitraum, welcher zwischen einem Unterholzhieb und dem nächsten zu vergehen pflegt, ist für die Erhaltung der Boden- flora nicht zu lang. Schneeglöckchen, Primeln und andere Frühlingsblumen leben kümmerlich unter dem Druck geschlossener Holzbestände. Sobald ihnen aber der Hieb im Unterholz einiges Licht zuführt, dann be- stocken sie sich sofort auf das üppigste, um in mehreren Jahren herrliche Blütenteppiche zu bilden. Ihnen folgen mit fortschreitender Jahreszeit unzählige Blüten- und Blattpflanzen der schönsten Arten, von den weißen und gelben Anemonen, den roten Licht- nelken bis zu den in architektonischer Schönheit auf- gebauten manneshohen Disteln und den breitblättrigen Ampherarten. — Auch im Winter sind junge Stockausschläge farbenprächtig, denn ein besonderer Vorzug aller jungen Zweige ist die schöne Farbe ihrer Rinde. Leider sind die meisten Menschen für diese Reize blind, aber Maler wie Stowerowsky und Doll haben doch vielen für die Schönheit der Winter- farben die Augen geöffnet. Am schönsten sind die Weiden, unter welchen sich die Goldweide und deren rötliche Spielart (S. a. Britzensis) ganz besonders aus- zeichnen. Im Mittelwald kann man diese Farbentöne noch durch Gegensatz heben, wenn man im ÖOberholz für einige Nadelholzhorste sorgt. Vielfach geschmäht wird der vorkommenden Kahl- hiebe wegen der Hochwaldbetrieb. Sehr mit Un- recht! M. E. ist der Hochwaldbetrieb für große Ver- hältnisse nicht bloß die zweckmäßigste, sondern auch die schönste Betriebsform. Er schafft die großartig- sten Bilder, die reichartigsten Gegensätze, und auch dem Bedürfnis großstädtischen Publikums kann er mit Leichtigkeit angepaßt werden. Man darf ihn nur nicht schematisch betreiben, er mul} nicht zu dem ausarten, was ein kgl. preuß. Oberforstmeister als „Rasier- system“ und als „Vernichtungsmethode“ geißelte. Es wird später darauf zurückzukommen sein. Daß es nicht nur nicht verwerflich, sondern im Gegenteil geboten ist, der Erholung suchenden Bevölkerung den Genuß von frischer Luft und Sonnenschein zugänglich zu machen, habe ich bereits weiter oben dargetan. Idpark y Eine große Bereicherung erhalten die Hochwald- bilder durch Überhaltstämme und durch Unter- bau. Sowohl die Zweckmäßigkeit wie die Schönheit verlangen, daß) die „Waldrechter“, die man einzeln oder horstweise überhalten will, auf die Freistellung vor- bereitet werden. Je zeitiger man damit beginnt, desto besser. Man muß den Kronen der geeigneten Stämme möglichst schon 20 Jahre vor dem Freihieb Luft machen, und man muß unter ihnen soweit möglich Schatten ertragende Holzarten anbauen. Ein unvor- bereitet freigestellter Stamm sieht in der Regel wegen zu geringer Kronenentwicklung lange Jahre häßlich aus. Der schönste Schmuck jeglichen Waldes sind mächtige, alte Bäume; aber wo sollen die 300 jährigen Kiefern, die 600 jährigen Eichen und Linden herkom- men, wenn man immer alle 100 jährigen Bäume fort- hackt? Selbstverständlich muß man eine große An- zahl von Bäumen überhalten, wenn man mit einiger Sicherheit darauf rechnen will, daß die späteren Nach- kommen einige wenige Baumriesen überkommen sollen, denn zu viele 100- und 200 jährige gehen in der Ent- wicklungszeit durch Naturereignisse und sonstige Zwi- schenfälle zugrunde! Es bedarf keines Wortes, daß alte Baumriesen, wo man sie vorfindet, zu ehren und zu pflegen sind. Besonders schätzenswerte sollten durch Blitzableiter geschützt werden, die aber möglichst verborgen an- zubringen sind; bei hohlen Bäumen also in deren Innerem. Man pflegt wohl hier und da alte Eichen, man achtet alte Tannen, aber manche Holzarten sind fast verachtet! Wer hält z. B. eine Birke, eine Erle über?! — Alle Holzarten verdienen, daß man ihnen hier und da gestatte, sich auszuleben. Mit dem Unterbau darf man den Eifer nicht über- treiben. Es ist längst festgestellt, daß zu dicht stehen- des Unterholz, insbesondere wenn es sich um Fichten handelt, für den Zuwachs der Bestände nicht günstig ist, und es ist auch nicht schön, wenn dichtes Unter- holz allenthalben den Einblick in den Wald gänzlich versperrt. Wie soll man nun solche Waldungen be- gründen? — Wo es sich um Neuanlagen handelt, werden Sie über soviel Geduld, wie der Forstmann, nicht verfügen. Das Publikum will bald etwas sehen, Sie werden daher, wenigstens in der Nachbarschaft der Hauptwege, zu stärkerem Pflanzenmaterial greifen, als der forstliche Betrieb an und für sich bezahlen könnte, Sie werden auch die rasch wachsenden Weichhölzer — Birke, Aspe, Erle usw. — bevorzugen. Unter deren Schirm können dann sogenannte edlere Holzarten an- gebaut werden. Bei Verjüngung vorhandener Holzbestände werden 10 Der Waldpark Sie Naturbesamung oder — wo es an geeigneten Samenbäumen fehlt — Verjüngung unter Schirm vorziehen. Die allmählich fortschreitenden Lichtungen, wie solche Verjüngungsweise sie erfordert, schaffen herrliche, wechselvolle Bestandesbilder, und der Nach- wuchs entwickelt sich ohne langweilige Eintönigkeit. Verschiedenerlei Holzarten siedeln sich an, hier ge- deihen sie besser, dort bleiben sie etwas zurück, an- stelle der schulgerechten Kulturen, welche sonst lang- weilig-gleichmäßig das Gelände einhüllen, schließen sich Horste zu den mannigfaltigsten Bildern zusammen, die oft sehr schöne Profile zeigen. Man sei nicht eng- herzig in bezug auf die Holzarten. Finden sich außer den gewünschten auch einige andere, wie z. B. die so früh und zeitig blühende Salweide, die farbenfrohe Eberesche, dann lasse man deren wenigstens einige mitwachsen. Ich besitze einen Buchenbestand, der früher sehr stark mit Salweide durchsetzt war. So oft die Weiden blühten, fuhr mein Vater, wenn er es irgend machen konnte, dahin, um vom Turme der ,„Jo- hannahöhe“ aus sich an der Blütenpracht zu freuen. Im Lauf der Jahrzehnte sind dann die Weiden heraus- gehauen worden, ohne auch nur den geringsten Nach- teil im Bestande zu hinterlassen. Wo Sie zur künstlichen Verjüngung greifen müssen, werden Sie einigen Kulturluxus sich gönnen dürfen, auf welchen wir Forstleute sonst der Kosten halber verzichten müssen. Daß dabei durch Wahl star- ker Pflanzen, durch kunstvolle Verbände, wie z. B. Drei- ecksverband, der nach allen Richtungen hin gerade Linien zeigt, durch schmucke Umwährungen usw. manches für das Auge geschehen kann, ohne die eigentlich forstlichen Zwecke zu beeinträchtigen, sei hier nur angedeutet. Von größter Wichtigkeit ist, daß Ihre jungen Be- stände recht lange undurchsichtig bleiben. Um des- willen die Durchforstungen hinauszuschieben, würde aber unwirtschaftlich sein, und Unterbau deckt den 3oden erst spät und langsam. Deshalb empfehle ich, Lichtholzarten, besonders den Kiefern, gleich bei der ersten Bestandesgründung Schatten ertragende Holzarten mit beizugeben. Wenn man z. B. dem Kiefernsamen Fichtensamen beimischt, so werden die Fichten zwar anfänglich überwachsen, später aber bilden sie ein sehr zierendes Unterholz. Oberschlesien ist ganz besonders reich an diesbezüg- lichen Beispielen — man kann auch zwischen Lichtholz- arten (Kiefer, Eiche, Weichhölzer) gleich bei der ersten Bestandesgründung oder bei den Nachbesserungen Rot- und Weißbuchen und Fichten einpflanzen, damit sie demnächst Unterholz bilden. Hat solche Vorsorge nicht stattgefunden oder han- delt es sich um Holzarten, wie z. B. Rot- und Weiß- buche, unter welchen andere Holzarten nicht lebens- fähig bleiben, dann ist das sogenannte „Posteler Durchforstungsverfahren“ am Platze. Früher galt die Durchforstungsregel: „Das Unterdrückte muß fort, das Zurückbleibende darf fort.“ Bei dem Posteler Verfahren werden die unterdrückten Stämmchen, falls sie noch lebensfähig sind, als Boden- schutzho!z stehen gelassen. Man kommt ihnen durch möglichst frühen Beginn der Durchforstungen zu Hilfe — sorgsam durchforstete Bestände müssen ein geradezu elegantes Aussehen anneh- men, weil man jedesmal, so oft man mit der Axt hineinkommt, immer die besten Stämme des Hauptbestandes begünstigt, so daß schließlich über dem Unterholz nur noch ganz tadellose Stämme vorhanden sind. Im Großbetrieb wiederholen sich die Durchfor- stungen erst nach längeren Jahren, dann sehen aber die Bestände nach dem jedesmalisen starken Eingriff eine Zeitlang wenig hübsch aus, etwa einer frisch be- rupften Gans vergleichbar. Solche Eindrücke zu ver- meiden, werden wir recht oft, aber jedesmal nur wenige Stämme durchforstungsweise aushauen. Der elegante Eindruck kann noch mehr gesteigert werden, wenn Sie die „Zukunftsstämme“ ausästen lassen. Das muß aber mit großer Sachkunde geschehen, sonst wird mehr verdorben als genützt. Große Ästungswunden sind allemal häßlich, wie sie auch für die Gesundheit der Stämme gefährlich sind. Vorbeugend lasse ich Äste, die später beseitigt werden sollen, etwa auf die halbe Länge einstutzen, damit sie nicht zu stark werden. Nur zur Zeit der Saftruhe darf geästet werden, und jede Wunde ist als- bald mit Steinkohlenteer sorgsam zu überstreichen. Größere Wunden müssen zweimal gestrichen werden. Nun zur Hiebführung: Über Kahlhiebe wird sich ein verständiges Publikum nur dann aufregen, wenn sie besonders schöne Bestände oder einen ver- hältnismäßig großen Prozentsatz der gesamten Wald- fläche treffen. Je höher der Umtrieb ist, in welchem der Wa'd bewirtschaftet wird, desto reicher ist er an Holz, desto weniger wird ein Schlag ins Gewicht fallen. Am sichersten ist es, Kahlhiebe ganz zu vermeiden, indem man die Verjüngung unter dem gelichteten Schirm der Holzbestände vornimmt. Aber auch bei aller Vorsicht können Meinungsverschiedenheiten mit dem Publikum, welches sich durch die Forstverwaltung in den heiligsten Rechten verletzt glaubt, vorkommen, und es entstehen daraus nicht selten höchst unliebsame und nachteilige Reibungen, denen man aber durch an- gemessene Aufklärung vorbeugen kann. Hierfür ein Beispiel: Aus einer schlesischen Mittelstadt war an mich ein Notschrei ergangen, es werde ein benachbarter Forstort, in welchem die Bürger Erholung und Genuß zu finden gewohnt sind, durch rücksichtslose Hiebfüh- rung schnöde verwüstet! — Als ich zur Stelle kam, fand ich eine wundervolle Eichen- und Buchenver- jüngung. Sorgsam hatte der Hegemeister vor Jahren Eicheln eingestuft, später hatten sich Buchen da- zwischen angesiedelt, und diese tadellose Verjüngung rief nun nach Hilfe. Es handelte sich darum, den jungen Fichen das unbedingt notwendige Licht zuzu- führen, und deshalb fand ein Aushieb in dem über- schirmenden Buchenbestande statt. Von den jungen Eichen und den jungen Buchen hatten nun aber die lustwandelnden Städter nichts bemerkt, sie waren ganz betroffen, als ich ihnen sagte: „Solche tadellose Ver- jüngung kann und darf der Forstmann nicht zugrunde gehen lassen. Das wäre ebenso verwerflich, als wenn man gutes Brot zum Fenster hinaus auf die Gasse in den Schmutz werfen wollte.“ Diese Aufklärung wirkte merklich beruhigend. Nicht nur um Reibungen zu vermeiden, sondern damit Ihr Waldpark den wichtigen Zweck, daß er Be- lehrung verbreiten soll, erfüllen könne, müssen wir aufklärend wirken. Im vorliegenden Falle hätte eine Tafel mit der Inschrift: „Schonung, Naturver- jüngung“ dem Zweck entsprochen. Auch die Presse wollen Sie zu Hilfe rufen. Die hier anwesenden Herren Berichterstatter werden mir gern bestätigen, daß ihre Blätter aufklärende Mitteilungen sehr gern entgegen- nehmen und abdrucken. Sind Sie also beispielsweise genötigt, einen Bestand anzugreifen, der dem Publikum besonders ans Herz gewachsen ist, dann empfehle ich folgendes Vorgehen: Sie bezeichnen einige Stämme, die unbedingt fortmüssen. Dann schreiben Sie einen Ar- tikel für das Lokalblatt, in welchem die Gründe des Aushiebes dargelegt werden, und dann hacken Sie doppelt soviel Stämme weg, als Sie ursprüng!ich ge- zeichnet hatten. Sie können sicher sein: Diese kleine Kriegslist wird von niemandem bemerkt werden, und das Publikum schaut mit stolzer Befriedigung auf eine Maßnahme hin, die es selbst gebilligt hat! Bestände, welche zwischen zwei vom Publikum viel benützten Wegen liegen, sollten nicht auf ein- mal kahl abgetrieben werden, denn die Leute, die im Walde Einsamkeit suchen, sollen möglichst wenig bemerken, daß ganz in ihrer Nähe auf anderen Wegen auch Menschen wandeln. Um dieser Rücksicht willen darf ein Anhieb erst dann weitergeführt werden, wenn die zuerst geschlagene Hälfte oder sonstiger Bruchteil der Gesamtfläche wieder soweit bestockt ist, daß man nicht mehr darüber hinwegsehen kann. Dieses ist be- sonders bei der Einteilung der Niederwälder und der Der Waldpark 11 Mittelwälder zu berücksichtigen, weil sich in diesen die Schlagführung in kürzeren Zeiträumen wiederholt. Ich habe mich jetzt zwei Aufgaben zuzuwenden, welche breiteste Behandlung erfordern würden, wenn ich vor Forstleuten spräche. Ich bespreche kurz die Anlage von Waldwiesen und das fließende und stehende Wasser. Aber die Gestaltungen, welche diesen Kulturformen zu geben sind, sind Ihnen, meine Herren, geläufiger als uns, denn die Ausgestaltung der Grasebenen und der Gewässer gehört zu den vornehm- sten Aufgaben der Landschaftsgärtnerei. Aber einige ganz kurze Bemerkungen will ich mir doch nicht ver- sagen. Zu den Hauptreizen einer Waldwiese ge- hört die Schönheit ihrer Gräser, ihrer Blu- men. Während der Landwirt und ihm folgend der Forstmann vom Handelsgärtner die Lieferung mög- lichst unkrautfreier Sämereien fordert, und gewisse minderwertige Gräser ausgeschlossen sein sollen, wer- den Sie blumenreiche Grasmischungen bevorzugen. Ich kann mir denken, daß) Sie zum Besäen Ihrer Wiesen im Waldpark besonders blumenreiche Stellen guter Wiesen zur Reife ge'angen lassen, um dort sogenannten Heusamen zu gewinnen, den Sie mit anderem Grassamen gemischt ausstreuen. Da wird eine Fülle schöner Pflan- zen, wie z. B. die liebliche Gloskenblume (Campanula patula) und das zierliche Zittergras alsbald sich ein- stellen. Gräser, die durch hohen Nutzwert neben be- sonderer Schönheit sich auszeichnen, wie z. B. der Gold- hafer (Avena flavescens) werden Sie der Grasmischung reichlicher beifügen, als sonst zu geschehen pflegt. Wichtiger noch als das Neugründen ist das Er- halten interessanter Flora auf alten Waldwiesen. Ich erinnere an die schönen Örchideenarten, die gerade auf den schlechteren Wiesen heimisch zu sein pflegen, und an die karminrot blühenden wilden Schwertlilien (Gla- diolus). — Fanatiker der Wiesenverbesserung können keine sauere Wiese sehen. Erst wird sie planiert, dann drainiert, dann mit einer recht langweiligen Gras- mischung wieder angesät, dann wird reichlich mit Tho- masschlacke und Kainit gedüngt. Nicht immer macht sich das bezahlt, und wenn auch unzweifelhaft üppig grünende Wiesen in der Regel schöner sind als ver- nachlässigte, so sollten sie do=h a!s „Naturdenkmäler“ und einzelner schöner Blumen wegen, die daselbst ihre Lebensbedingungen finden, auch einige saure Wiesen in ihrer Ursprünglichkeit belassen. Geradezu versumpfte Wiesen und stag- nierende Gewässer in Kultur zu bringen, gehört dagegen im Waldpark zu den allerwichtigsten Auf- gaben, denn solche Flächen sind die Keimstätten der Mückenschwärme und der leidigen Schna- ken, welche den Aufenthalt im Wald zeitweise zur 12 Der Waldpark (Qual machen. Ein musterhaftes Vorbild, wie man min- derwertige Wiesen in einträgliche Wasserflächen um- wandelt, hat die Görlitzer Forstverwaltung geliefert. Prachtvolle Wasserflächen sind durch Anlage von Stau- dämmen geschaffen worden, und fröhlich widmen sich unzählige Karpfen den ganzen Sommer über der Auf- gabe, alle Mückenlarven fortzuschnappen, ehe sie aus dem feuchten Element aufsteigen, sich zum lästigen Insekt entwickeln können. In denjenigen Forsten, welche vorzugsweise nach Schönheitsrücksichten bewirtschaftet werden, wird der Forstmann bei Anlage seiner Wasserflächen den Land- schaftsgärtner gern zu Rate ziehen, und im Einverständ- nis mit diesem seinen Staudämmen eine Richtung und Gestalt geben, wie sie den Anstauungen natürlich ent- standener Wasserflächen eigen ist. Ich brauche Sie, meine Herren, nicht darauf hin- zuweisen, wie reizvoll die charakteristische Vegetation ist, die an den Ufern der Ge- wässer sich ganz von selbst ansiedelt; aber Sie werden — ich setze immer voraus, daß für den Waldpark Mittel zur Verschönerung angewiesen werden, welche sonst dem Forstmann nicht zu Gebote stehen — doch viel tun können, um den Reichtum der Blütenpracht durch Aussaat und Anpflanzung schön blühender Staudengewächse, ganz besonders auf den Teich- dämmen, zu mehren. Haben sie einmal Wurzel ge- faßst, dann sind viele heimische Staudenarten geradezu unverwüstlich. So blüht an einem Grabenrand in Postel seit mehr als dreißig Jahren alljährlich überreich das Epilobium hirsutum, jenes Weidenröschen, dessen Blü- tenkrone wundervoll lilarosa sich ausbreitet. Wie sie mir gerade in den Sinn kommen, so seien einige der dankbarsten Arten aufgeführt: Die himmelblaue Zichorie, die so schön zur rosigen feinbelaubten Moschusmalve paßt, die dunkelblaue Akelei, die pfir- sichblättrige Glockenblume, die beiden Arten Graslilie (Anthericum). Nun aber eine dringende Bitte: Wenn Sie Ihre Volksforsten floristisch bereichern wollen, dann plündern Sie nicht für diesen Zweck unsere Bestände. Wenn Sie nach Seltenheiten Verlangen tragen, wie z.B. nach den herrlichen großen Waldanemonen (vernalis usw.) und der duftigen Pfingstnelke (Dianthus caesius), dann lassen Sie nicht etwa Pflanzen mit der Wurzel ausheben, sondern Ihrer sachverständigen Vermeh- rungskunst entsprechend ziehen Sie Ihren Bedarf aus Samen bzw. aus Stecklingen! Noch wichtiger ist die Pflege der blütenreichen Sträucher. Dringend rate ich an, die Ränder der Forstkulturen hier und da mit Rosen (R. canina und tomentosa) und mit Schlinge (Viburnum Opulus) zu besetzen. Mit dem Nadelholz wachsen diese Strauch- arten empor. Ich kann Ihnen in Postel Rosenstöcke zeigen, die reichlich 5 m hoch zwischen dem Gezweig von Kiefern und von Fichten emporgerankt sind. Zur Blütezeit gewähren sie einen prachtvollen Anblick und auch im Winter, wenn sie mit Früchten bedeckt sind, zieren sie den Wald. Die dritte heimische Rosenart, R. rubiginosa, vermag nicht hochzuklimmen, aber an Böschungen und Wegerändern oder unter dem lichten Schatten älterer Kiefernbestände ist diese zierlichste Rose sehr am Platze. Wie lebhaft ist ihre Blütenfarbe, wie köstlich der Duft ihres Laubes, wie interessant die Bewehrung der ganzen Pflanze mit den zweierlei Stacheln. Als Goethe das vielgesungene Lied dichtete: „Sah ein Knab’ ein Röslein stehn“, kann er nur an die zierliche und dabei doch wehrhafte Weinrose gedacht haben. Auch die blütenreichen Schlingpflanzen, wie z. B. die Waldrebe und das duftreiche Gaisblatt, sollen im Forstpark reichlich vorhanden sein, wo diese Holz- arten standortsgemäß sind. Sie brauchen ja zum Schutz gegen übeltätiges Publikum ohnehin besondere Wärter; die mögen an Regentagen, wenn niemand in den Wald kommt, den etwaigen Übermut der Schlingpflanzen, soweit nötig, dämpfen. Ich höre den Einwand: Das Publikum wird die Blüten nicht in Frieden lassen; denn wir können nicht zu jedem Strauch einen Wärter stellen, und die Neigung, einen Blütenzweig nach Haus zu bringen, ist doch gar zu groß, sie läßt sich nicht eindämmen. Diesem. Be- denken begegne ich mit dem Vorschlage, daß Sie an den Ausgängen des Waldes Vertrauensper- sonen hinstellen — ein sehr hübscher Nebenver- dienst für Rentenempfänger — welche dem Publi- kum Blütenzweige verkaufen. Von den ersten Weidenkätzchen im Frühjahr an bis zu den goldigen Blüten der Ginsterarten, vom Blütenzweig des Lärchen- baums bis zur Lindenblüte, wieviel Schönes läßt sich darbieten! Und auch im Winter ist die Auswahl groß. Fichtenzweige mit Zapfen, Rosenzweige mit Hagebutten, Epheuzweige mit Samenbeeren, Schlangenmoos, Farn- wedel (besonders das wintergrüne Engelsüß) haben für den Städter großen Wert, doppelten Wert, wenn er sie von einem Ausfluge selbst heimbringt, und die richtige Namensbezeichnung dazu erhält. Der Forst- mann wird die Verkäufer dazu anhalten, daß sie die Blumen keinesfalls da pflücken, wo die Besucher sich ihres Flors erfreuen sollen, und der Forstgarten — ohne solchen ist im Parkwald nicht auszukommen — wird einen besonderen Reiz erhalten, wenn die Wege- ränder der Blumenzucht eingeräumt werden. Hier sind auch die amerikanischen Eichen ganz am Platze. Der Forstgarten möge mit Bichenhecken eingefaßt werden, welche, zweimal im ‚Jahr verschnitten, schätzbarstes Der Waldpark 13 Laubwerk liefern. Die Scharlacheiche, die Sumpfeiche und besonders die Qu. alba werden sich für den Zweck noch mehr empfehlen, als die zu schwer belaubte Rot- eiche, Noch wichtiger als der pflanzliche Schmuck ist die Belebung des Forstes durch die Tier- welt. In welcher Weise Haustiere dazu herange- zogen werden können, habe ich bei Empfehlung des Hudewaldes schon angedeutet. Den größten Eindruck macht das Wild, besonders Rotwild, Damwild, Rehe und Sauen. Ob sich die Besetzung des Forstparkes mit Wild empfiehlt, das ist im wesentlichen eine Geld- beutelfrage. Kümmerlich gehaltene Stücke in eng ein- gefriedigtem Raum gereichen nicht zur Zierde, der- gleichen sieht man schon lieber im zoologischen Garten, aber auf großen Flächen, wie z. B. im Kranichsteiner Wildpark bei Darmstadt, gereicht gut gehaltenes Wild zur höchsten Zierde. Tausend Hektar Fläche ist wohl das mindeste, was verlangt werden muß, und reichliche Fütterung muß bewilligt werden, damit nicht Wild- schaden entstehe und unangenehm auffalle. Wie gut sich Publikum und Wild miteinander vertragen, da- für bot sich mir ein bezeichnendes Beispiel: In einem mäßig großen Tiergarten wird das Schwarzwild regel- mäßig zu bestimmten Stunden gefüttert, und es findet sich ganz vertraut zu den gewohnten Zeiten ein. Wer das mit ansehen will, muß eine kleine Zahlung leisten, und das so einkommende Geld benutzt die Forstver- waltung zur Herstellung von Promenadenwegen für die Ausflügler. Es ist das Verdienst des Freiherrn von Berlepsch, daß) er das Interesse für Vermehrung unserer Höhlen- brüter neu belebt hat. Der allzeit fröhliche Star, die beweglichen Meisen, diese so unvergleichlichen Turner, und wie sie alle heißen, sie verschwinden im schulmäßig-schematisch behandelten Forst, wo es weder kranke noch hohle Bäume gibt. Das Aufhängen von Nisthöhlen ist ein kümmerlicher und doch nicht ganz billiger Notbehelf; denn die angehängten Kästen sehen nicht schön aus und erwecken den Eindruck, daß die armen Vögel zur Miete wohnen müssen, wo sie doch eigentlich Hausrecht haben sollten. Man sorge daher für Einmischung von Aspen, Weiden und anderen Weichhölzern, in denen der zimmernde Specht recht bequem für sich und andere die natürlichen Nisthöhlen herstellen könne, und Bäume mit natürlichen Nist- höhlen muß man bei der Durchforstung und Schlag- führung tunlichst verschonen. Über Winterfütte- rung der Vögel brauche ich mich nicht zu ver- breiten, darin haben Sie, meine Herren, reiche Erfah- rung, denn die städtischen Parkverwaltungen stehen in dieser Hinsicht ganz auf der Höhe. Auch die niedere Tierwelt, insbesondere die Schmetterlinge, verdienen Beachtung. Sie finden sich ganz von selbst in reicher Fülle der Arten ein, wenn es an Futterpflanzen für die Raupen, wie jede Sorte sie braucht, nicht fehlt, und wenn dann Blütenköpfe die Falter einladen, sich ein Rendezvous zu geben. Zu all dem Schönen muß bequemer Zugang er- öffnet werden. Viele Arten Weg braucht der Forst- park, nämlich Holzabfuhrwege für seine eigenen Zwecke, Wege für die Kraftwagen, für die Spazier- fahrer, die Reiter, für die Radfahrer und Wege und Stege für die, welche zu Fuß gehen. Es empfiehlt sich, ja es ist sogar durchaus geboten, diesen verschiedenen Zwecken möglichst gesondert liegende Wege einzu- räumen. Die Zeit gestattet mir darüber nur wenige kurze Bemerkungen: Es empfiehlt sich, die Wege so anzulegen, daß der Forstbesucher den Eindruck habe, im Inneren der Bestände zu gehen oder zu fah- ren. Der Forstmann richtet es mit Vorliebe so ein, daß die Wege als Grenzen der Jagen oder Distrikte dienen; das führt dazu, daß selten einmal auf beiden Seiten des Weges gleichaltrige und gleichartige Holz- bestände stehen; dies widerspricht aber einer der wich- tigsten Forderungen des Landschaftsgärtners, die auch Fürst Pückler nachdrücklichst betont, daß beide Seiteneines WegesinharmonischemGleich- gewicht bepflanzt sein sollen. Man kann es ja auch an Forstgestellen einigermaßen einrichten, daß beide Wegseiten dauernd einen verwandten Eindruck machen, indem man gerade an den Gestellen und son- stigen Bestandesgrenzlinien bei Schlagführung Bäume überhält und indem man bei neuen Bestandesgründun- gen die Holzart, die auf der einen Seite herrscht, auf der anderen wenigstens als Mischholz nicht zu spar- sam auftreten läßt, aber besser ist schon: Schiedlich, friedlich. Überlassen Siedem Forstmann seine Forstgestelle und legen Sie Ihre Straßen, Wege und Pfade abseits von den forstlichen Grenzlinien durch die Bestände hindurch. Der erwünschte Eindruck, daß man sich mitten im Bestande befindet, die Täuschung, daß man ihn frei durehwandelt, wird um so lebhafter sein, je weniger der Weg als solcher auffällt. Alleemäßige Be- pflanzung werde daher auf Kunststraßen und auf die Gestelle des Forstmannes eingeschränkt. Scharfe Wegekanten sind im Innern des Waldes vom Übel. Am häßlichsten ist es, wenn neben scharf abgegrenzten Wegen, die sich aber bei starkem Zudrang als zu schmal erweisen, das Publikum eigenmächtig aus- schwärmend seine Pfade tritt. Man muß daher den Fußwegen eine ausreichende Breite geben oder aber sie ohne bestimmte Begrenzung verlaufen lassen. 14 Der Waldpark Über den Ausbau der verschiedenen Wegearten will ich mich nicht verbreiten, das verstehen Sie, meine Herren, weit besser. Es sei mir aber die Bemerkung gestattet, daß die Umgebung einer Straße oder eines Weges anders behandelt werden muß, je nachdem es sich um rasch dahinfliegen- den Verkehr (Autos, Wagen, Radler) oder um ruhig Wandelnde handelt. Eine kleine, liebevoll in den Bestand hineingelegte Waldwiese mit ihren Reizen kann das Entzücken des Wanderers bilden, wäh- rend sie schon der Radler übersieht. Die Fahrenden verlangen nach großartiger gestalteten Bildern. Auch der Wechsel der Holzarten muß sich dem Verkehr an- passen. Der Wanderer kann sich am einzelnen Strauch erfreuen, der Fahrende hat nicht Muße, kleine Bilder zu würdigen. — Dafür verlangt aber der Fußgänger viel wechselvollere Szenerie. Es sollte ihm nicht zu- gemutet werden, 500 Meter zu gehen, ohne daß sich ihm ein neuer Eindruck darbietet. Nun wäre noch über Bauwerke zu reden, über Brücken, Schutzhütten, Restaurationen, Aussichtstürme und über die An'age von Ruhesitzen, Spielplätzen usw., aber ich habe Ihre Zeit schon übermäßig lange in Anspruch genommen und den Herren Mitberichterstat- tern vielleicht schon zu sehr vorgegriffen. Wollen Sie mir gestatten, hier zu schließen. (Lebhafter Beifall.) v. Salisch. Bei der Bearbeitung eines Waldes als Erholungs- stätte für Menschen, wird der Gärtner andere Wege gehen wie der Forstmann, der in erster Linie auf den Ertrag des Waldes, durch Holzgewinnung oder als Standort für Wild Rücksicht zu nehmen hat. Bei der Wertung des Waldparkes stelle ich in erster Linie den ideellen Nutzen für die Menschen und in zweiter den materiellen Gewinn in Rechnung. Ich stimme mit Herrn von Salisch völlig darin überein, daß der Charakter des Waldes bei der Umwandlung in einen Waldpark erhalten bleiben muß. Aus dem Wald einen Park oder, wie Herr von Sa- lisch sagt, einen „Parkwald“ zu schaffen, sollte nicht das Ziel des Gärtners sein. Ich lege den Hauptwert auf den Begriff des Waldes. Ich stelle mir hierunter aber nicht eine Kulturstätte vor, auf welcher mit mög- lichst geringen Kosten die größte Menge Nutzholz, womöglich einer Baumart, in Reih und Glied stehend, gezogen wird, wo Licht und Luft nur in dem Maße zugelassen wird, wie zum guten Gedeihen des Nutz- holzes notwendig ist, wo möglichst darauf Bedacht genommen wird, daß kein Strauch, Kraut oder Gras zur Entwicklung kommt, weil sie einen geringen Teil der Bodenkraft verbrauchen ohne Aussicht, der Forst- kasse einen klingenden Nutzen zu bringen. Im Waldpark als Erholungsstätte spielt das Unter- holz und die den Boden deckenden Kräuter und Gräser eine sehr wichtige Rolle. Durch wird es möglich, dauernde und abwechslungsreiche Bilder zu schaffen. Bei einer sorgfältigen Durchforstung und Anpflanzung, wie Herr von Salisch diese bei den ver- schiedenen Betriebsarten erläuterte, bei denen der Kahl- hieb nur ausnahmsweise zur Anwendung kommt, ist es möglich, die Schönheiten des Waldes voll herauszu- arbeiten. Es ist aber selbst bei solchem Forstbetrieb kaum zu vermeiden, dal) einzelne Aussichten, die den Wald- besuchern besonders lieb sind, in kürzerer Zeit zu- wachsen und die erst wieder frei werden, nachdem das den Blick verbauende Gehölz bei einer Durch- forstung genutzt werden kann. Der Gärtner wird an diese solchen Stellen durch Bepflanzung des Vordergrundes mit niedrig bleibenden Gehölzen das lieb gewordene 3jld dauernd frei zu halten suchen. Ich muß hier betonen, daß ich es für durchaus unschicklich halte, zu solchem Zwecke sogenannte Gartensträucher, ohne Rücksicht auf den Waldcharak- ter, wahllos zu verwenden. In manchen „Stadtwäldern“ sind alle in einer Baumschule erhältlichen Bäume und Sträucher, ohne Rücksicht auf den Waldcharakter, an- gepflanzt, wodurch mehr Schaden wie Nutzen gestiftet wurde. Ich bin der Ansicht, daß es sehr wohl erlaubt ist, außer den eigentlichen Waldbäumen wie Buchen, Eichen, Tannen, Fichten, Lärchen, Kiefern und Birken, auch Holzarten zu kultivieren, die nicht vollen forstlichen Nutzwert haben, die aber durch Holzfärbung, Blüten- farbe und -duft, Herbstfärbung des Laubes und Früchte zur Belebung des Waldbildes wesentlich beitragen. Es kommt bei der Verwendung solcher Gehölze nur darauf an, sie so zu pflanzen, dal sie sich dem herrschenden Nutzholzbestand unterordnen, sich von deren Laubmassen als Hintergrund abheben oder zur gemeinsamen harmonischen Wirkung vereinigen. Die Natur ist zwar sehr gütig, sie wandelt manche Unüberlegtheit der sie meisternwollenden Menschen zum Guten, aber oft sind die Ungeschicklichkeiten so groß, daß die Fehler nur mit der Axt wieder gut gemacht werden können. Wer den Wald verschönern will, sollte früh mit der Sonne aufstehen und die Ge- heimnisse des Waldes, seinen Charakter zu jeder Jahres- und Tageszeit studieren, ehe er handelt. Das wahllose Einsprengen allerlei Bäume, Bepflanzen der Wegeränder mit ausländischen Bäumen bewirkt meistens das Gegen- teil von Waldverschönerung. Die dankbarsten Plätze für den Gärtner im Walde bieten die Waldränder, an Wie- sen und Bächen. Herr von Salisch hat hierauf schon hingewiesen. An diesen Plätzen hat der Gärtner ein reiches Material zur Verfügung, durch welches er eine Steigerung der Vegetationsbilder herbeiführen kann, die jeden Waldbesucher erfreuen werden. Auch durch die Anpflanzung von Schlinggewächsen 16 und Kletterpflanzen können prachtvolle Bilder im Walde geschaffen werden, ohne den Wald in seinem Bestande zu schädigen und den Ertrag von Nutzholz zu verringern. Herr von Salisch hat auf die prachtvolle Wirkung einer blühenden Rosa canina, die durch eine Rottanne hindurchgewachsen ist, hingewiesen. Die kleinblumigen Schlingrosen, die einen viel stärkeren Wuchs und schö- nere Blüten haben wie die Hundsrose, vermögen noch gesteigerte Effekte hervorzubringen. Die Wildrosen, Brombeeren, Dornsträucher, die Pirus, Prunus, Sorbus, Haselnüsse, Weiden und viele andere sind gutes Material zur Belebung der Wald- ränder und zum Zwischenbau auf Waldlichtungen. Gewil) soll nicht der ganze Wald in allen Teilen durch solches Material verziert werden. Maßhalten ist nötig! Ist der Waldpark von größerer Ausdehnung, sind in ihm reine, geschlossene, alte Eichen-, Fichten- und 3uchenbestände etc. vorhanden mit den unter diesen gebildeten charakteristischen Bodendecken, so wäre es ein Frevel, solche erhabene Pracht durch kleinliche Mittel wie Anpflanzung sogenannter Ziergehölze „ver- schönern“ zu wollen. Im Waldpark darf der Schematismus nicht herr- schen. Eine Durchforstung nach festgelegten, lang- jährigen Zeitabschnitten ist im Waldpark unzweck- mäßig. Jährliche Durchforstung im weitesten Um- fange hat zu geschehen. Je nach Zweck und Ziel sind die schönsten Bäume freier zu stellen und den Blicken der Wanderer zugänglich zu machen oder es sind unter- drückte Bäume freier zu stellen, damit sie sich kraft- voll ohne Druck entwickeln können. Ohne Kampf um Licht und Nahrung geht es im Walde nicht. Der Kampf zwischen kräftigen, gesunden Exemplaren um Herrschaft und Glanz bietet dem Zu- schauer Vergnügen. Das Quälen unterdrückter, nicht lebensfähiger Exemplare durch stärkere Bäume ist un- erfreulich und häßlich. Wo solches beobachtet wird, muß mit der Axt und Säge helfend eingegriffen werden. In den weitaus meisten Fällen wird sich der Wald- park aus bestehendem Walde entwickeln, seltener wird Wo solches aber ins Werk gesetzt wird, ist immer darauf die Neupflanzung eines Waldparkes geschehen. zu sehen, dal) die Waldbäume in größeren zusammen- hängenden Beständen angepflanzt werden, um mög- lichst den Charakter des Eichen-, Buchen-, Tannen- und Kiefernwaldes zum Ausdruck zu bringen. Der Waldpark Möglichste Abwechselung im Walde ist anzu- streben, doch dürfen die Bilder nicht zu oft wechseln. Spaziergänge, die bald durch kleine Tannenpartien, durch Birken, Buchen- und Eichenbestände in kurzen Abständen führen, sind meist von geringem Reiz. Der Wanderer muß je nach Jahres- und Tageszeit und nach seinem persönlichen Empfinden und seiner jeweiligen Stimmung längere Wege im gleichen Charakter wan- dern können. Zu schneller Wechsel lenkt von ruhiger Beschaulichkeit und Einkehr der Gedanken ab. Wege in größerer Zahl und Ausdehnung im Waldpark zu bauen ist eine Notwendigkeit. Ob die Wege krumm oder gerade sind, ist ohne wesentliche Bedeutung. Es wird die Wegeführung abhängen von der Lage und Bodenformation des Waldes. Ist das Gelände wellig, so wird die geschwungene Linie bequemere Wege bieten wie die grade; im Tannenwald auf ebenem Gelände sind gerade Wege in größerer Breite sehr wirkungsvoll. Wichtig ist, die Wege so zu führen, dal) der auf ihnen Wandelnde die Schönheiten der Waldbilder sieht. Acht ist auch bei der Anlage der Wege auf die Besonnung und die herrschende Windrichtung zu geben. Für Ruhe- plätze und Sitzgelegenheit für müde Wanderer ist in genügender Weise zu sorgen. Größere Plätze für Spiel und Sport sind herzurichten. Die Klagen über den Schaden, den die Wald- besucher, zumal in der Nähe der Städte, den Wald- beständen zufügen, sind leider oft durch manche Frevel- tat und Gedankenlosigkeit begründet. Warnungstafeln mit Strafandrohungen sind für den Wald keine Zierde und helfen dem Übel nicht wesentlich ab. Der Wald muß unter dem Schutz eines jeden Naturfreundes stehen, der den Wald besucht. Er muß durch freund- liche Ermahnung und gutes Beispiel belehrend wirken. An den Plätzen, an denen sich die Waldbesucher in größerer Zahl täglich einfinden, wie auf den Spiel- plätzen wird es kaum zu umgehen sein, diese durch eine Einfriedigung gegen den freien Wald abzugrenzen. Solche Abgrenzungen sind möglichst unauffällig zu bauen. Forstmann und Gärtner sollten gemeinsam im Walde so wirken, daß ihre Tätigkeit weniger gesehen, wie empfunden wird. Alles Streben und Arbeiten muß darauf gerichtet sein, die natürliche Schönheit des Waldes zu steigern und den Herzen der Menschen näher zu bringen, ohne Effekthascherei und ohne Rücksicht auf augenblick- liche Forderungen der Mode. A. Brodersen. Von der Erkenntnis ausgehend, daß unsere mo- dernen öffentlichen Park- und Gartenanlagen nicht ganz dem entsprechen, was man bei deren Anlage be- absichtigt hat der großen Masse des Volkes soviel Erholung und Genuß zu spenden, daß es die schöne Natur nicht nur anstaunen, sondern auch selbst mit- geniel)en, miterleben kann, wird die Frage des Wald- parkes für die Zukunft immer bedeutungsvoller werden. Der Waldpark steht in der goldenen Mitte zwischen Park und Forst. Er soll also nicht das wohlgepflegte peinliche Aussehen vom Park mit seinen mehr künst- lichen Gartenbildern, seinen konventionellen Scenerien, den Schmuckplätzen und kurz geschorenen Rasenflächen zeigen, in dem sich das Publikum nur fein manierlich auf den Wegen ergehen darf, wo beim Betreten des Rasens sofort der dräuende Parkwächter auftaucht, und es für schrecklich gilt, wenn sich ein blumenfröh- liches Kind ein Blümlein pflückt. Der Waldpark soll aber auch nicht die nüchterne Steifheit des bisher üblichen Forstes zeigen, in dem die kahlen Reihen der aufgeschulten Bäume keine Stimmung wecken können und das zwanglose Naturleben nicht aufkommen darf. Der Waldpark soll also einmal Erholung vom Ar- beitslärm und Straßenstaub bringen; dort soll sich das Volk auf der Wiese tummeln, Sport und Spiel betreiben oder im Schatten der Bäume lagern können und das Naturleben in vollen Zügen genießen. Der Waldpark hat außerdem noch die schöne Aufgabe, das Waldideal wieder auferstehen zu lassen, das in Sage und Dichtung besungen in unserer heutigen Kulturwelt fast verloren gegangen ist — jenen Urwaldzauber, den die Natur allein erwecken kann, wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual. Der Waldpark würde also ein groß- zügiger Naturpark sein mit ungeschminkten Landschaf- ten, sowohl waldigen Beständen, wie größeren und kleineren Lichtungen, Spielplätzen usw., die durch be- queme Wege und lauschige Pfade aufgeschlossen wer- den. Dabei braucht eine derartige Anlage durchaus nicht nur großen Flächen vorbehalten sein, wie in Groß- oder Industriestädten, die noch aus anderen Gründen einen weiten Wald- und Wiesengürtel als Gegengewicht zu ihrem Ruß- und Häusermeer erstreben. Im Gegen- teil, so manche Stadt, so manches kleinere Gemein- wesen könnte sich durch Aufforsten von kahlen Öd- ländereien, feuchten Wiesen, schlechten Weideplätzen usw. billiger seinen Park vorbereiten, der für die Nach- welt vielleicht einmal schöner und zweckmäßiger wtirde wie die oft recht zweifelhaften gärtnerischen Anlagen der eng begrenzten Verschönerungsvereine und ähn- licher Weltverbesserer. Ja selbst Städte, die glückliche Waldbesitzer sind und den Wald in nächster Umgebung finden, die könnten so ein Stück Wald aus der forst- lichen Bewirtschaftung herausnehmen und zum Wald- park erschließen. Ich meine im vollen Ernst erst er- schließen. Also an Stelle der forstlichen Bodenaus- nutzung hier das reine Schönheitsprinzip walten lassen und diesen Schönheitswald durch Wege und Plätze ge- nießbar machen. Die Städte haben ja in ihren öffent- lichen Parkanlagen, namentlich in ihren Alleen, deren Kostensummen durchaus nicht immer dem erzielten Effekt oder städtebaulichen Wert entsprechen, große Opfer gebracht. Wieviel mehr wird es da dankbar und lohnend sein, in solchem Naturwald auf den Forstnutzen zu verzichten, die poesieumwobene Waldlandschaft, das Naturleben in seiner ganzen Schönheit und Mannig- faltiekeit aufleben zu lassen. Wahrlich, würde diese Freude an der Natur nicht veredelnd auf den Menschen einwirken, würde das nicht ein erhöhter Genuß sein, wenn nicht gleich die Warnungstafel daneben steht und der Mensch im Waldesschatten ungehindert sinnen und träumen kann? Beim Gestalten des Waldparkes wird man also zu unterscheiden haben, ob man den Park erst neu an- legen, ob ein bisher kahles Feld erst aufgeschult und allmählich erzogen werden soll, oder ob ein schon vor- handener Wald dazu verwertet und erschlossen werden kann. Bei ersterem, dem Neuanlegen von Grund aus, kann man alle Vorbedingungen mit Hilfe eines grund- legenden Planes treffen und von Anfang an die Ent- wicekelung ausbauen. Freilich wird man den wahren Genuß nicht erleben, sondern erst seinen Nachkommen als allerdings schönes Vermächtnis hinterlassen müssen. 18 Der Waldpark 3ei der Umgestaltung eines schon vorhandenen Forstes wird man mit dem Vorhandenen rechnen müssen. Sie wird um so schwieriger sein, je höher die Aufgabe landschaftskünstlerisch aufgefaßt wird. ‚Je schema- tisch forstlicher der Bestand bewirtschaftet wird, um so schwieriger hat es der Umgestalter; je weniger forstlich der Betrieb gehandhabt worden war, um so leichter wird die Rückkehr zur Natur möglich werden. Aus dieser etwas krassen Behauptung heraus erkennen wir aber den Gegensatz zwischen Forstmann und Garten- künstler. Ein guter Forstmann hat selten Zeit für malerische Pflanzengruppierung und muß die Pflanzung als nutzbringende Kapitalsanlage betrachten. Der Gartenkünstler sieht im Forstmann heute noch in vielen Fällen den ärgsten Zerstörer seiner Phantasiegebilde. Wo der Forstmann nicht gleichzeitig Waldästhetiker ist und diese Waldästhetik mit der malerischen Wald- wirtschaft in Einklang zu bringen versteht, möchte man den Städten, die ein Stück Waldpark erhalten wollen, wünschen, daß sie zu allererst den Wald vom Förster erretten und die Umgestaltung zum Waldpark einem Gartenkünstler anvertrauen. Das ist natürlich, liegt in der Berufsausbildung. Der Gartenkünstler schult sein Auge und sieht in der Welt nur schöne Landschaftsbilder genau so wie der Maler, dem die Natur und unser ganzes Leben nur Licht und Farbe und Schönheit sind, wo der gewöhnliche Sterbliche nur Hitze und Staub und lästige Bäume findet. Der nüch- terne Forstmann grämt sich über jeden Baum, der nicht kerzengerade in die Höhe schießen will und dessen Stamm nicht Nutzen bringen kann, und findet den lang- weiligsten Forst für wunderschön. Es geht ihm wie jenem Bauern, der von seinen waldigen Höhen herab eine langweilige flache Einöde besuchte ohne Baum und Strauch, wo aber unabsehbare Kornfelder rauschten, und er erklärte, noch nie eine herrlichere Landschaft gesehen zu haben. Verzeihen Sie mir diese kleine Ab- schweifung. Ich will damit nicht wünschen, daß) unsere schönen Forsten zu verwilderten Wäldern würden oder gar wir Gartengestalter dem Förster ins Handwerk pfuschten. Aber in unserem Waldpark — das Schwer- gewicht liegt im Park, es müßte darum nach meiner Auffassung richtiger Parkwald heißen sollen sie uns ruhig arbeiten lassen. Um die Notwendigkeit zu illustrieren, dem Gartenkünstler die Aufgabe der Wald- parkschöpfung zu überlassen, möchte ich ein kleines Beispiel anführen. Ich kenne ein wenig besuchtes Tal. Es umgibt kein Forst, aber doch wird es einst ein willkommener Erholungsort in nächster Nähe Es ist ein lang- gezogener feuchter Wiesengrund, ziehen sich bewaldete Höhen hinauf, auf der einen Seite locker verteilte Eichen mit Untergrund von Fichten und aui ı 5 i großer abseits von der staubigen Straße sein. beiderseits der anderen Seite abwechselnd Laub- und Nadelholz, das sich dort mit der Zeit recht malerisch entfalten kann. Ich glaube, die Partie ist auch forstlich ein- wandfrei gelungen, und für Schwärmer bildet dieser feuchte Wiesengrund, umsäumt vom waldigen Hang, ein reizendes Idyll. Dem Förster genügte das nicht. Die langgezogene, kaum mehr wie 20 Meter breite Tal- sohle mußte doch Nutzen bringen, und da sie feucht war, wurden Eschen angepflanzt, fein säuberlich am Wiesenweg entlang nach der Schnur; da, wo sich das Tal erweiterte, kamen zwei, drei oder mehr Reihen in gleichen Abständen hinein; er berechnete schon die Werte, die aus diesen Eschen in 50 Jahren erwüchsen. Es kommt ihm aber gar nicht in den Sinn, daß das frühere schöne Landschaftsbild damit zerstört sein wird und daß es unter Umständen neben dem Boden- nutzen auch heute noch ideale Werte gibt, die schwer rechnen, wo Volkserziehung und reine Lebensfreude die Quittung sind. Von seinem Standpunkt aus hatte der Förster selbstverständlich recht. Der Naturfreund bedauert aber, dal gerade in der Nähe der Stadt auf diese Weise für die Zukunft ein schönes Landschafts- bild beeinträchtigt wird. Das Beispiel führt mich zu unserem Waldpark. Dort, wo wir also alte Forstbestände zum Waldpark erschließen sollen, werden einzelne malerische Tal- einschnitte, Erdfalten, Senkungen usw. uns veranlassen, diese zu hübschen Naturpartien auszunützen, wo ge- lichtet werden könnte oder sich malerische Einblicke schaffen ließen. Das Hauptkunststück wird ja immer in dem Vermögen liegen, die malerischen Situationen zu ergreifen und die natürlichen Möglichkeiten zu ver- werten. Ein anderes Beispiel aus demselben Wald- revier gibt einen zweiten Fingerzeig. Nicht weit von diesem Tal, das ich eben erwähnte, stehen auch in- mitten jüngerer Aufforstung einzelne große Linden und andere Baumveteranen, die inmitten der jungen Schar gar würdig und machtvoll erscheinen. Der För- ster hatte früher schon einzelne herausschlagen lassen und wollte auch den noch vorhandenen sein Todesurteil sprechen, weil sie seine ihm wertvolleren Jungen nicht hochkommen ließen und zuviel Raum für sich bean- spruchten. Mir ist es jedesmal eine Freude, wenn ich das entzückende Waldbild genießen kann, wenn plötz- lich auf dieser unregelmäßig gelockerten Lichtung solch schöner Baum seine prächtige Krone entfaltet, nur Farren und Schattenblumen am Boden sprießen. Solch prächtige Bäume werden wir mit besonderer Liebe behandeln, unbekümmert um ihren Holzwert; sie sind Grund genug, um einen schmalen Pfad dahin zu führen oder einige uns minder werte Bäume zu opfern. Oder es werden auch einmal größere Lichtungen frei- gelegt, als Spielwiesen, Lichtquellen, im Gegensatz zum Waldesdunkel, oder kleine Oasen für bunte Blumen und Schmetterlinge. An den Rändern lassen wir die Bäume verschiedentlich gelockert hervortreten, oder hohes und niederes Gebüsch sorgen dafür, daß sich allmäh- lich malerisches Unterholz im Waldesinnern entwickelt, so neben dem hellen Wiesengrund, den mehr hainartig gruppierten Stämmen dichte Partien mit verschiedenen Ein- und Ausbuchtungen, Durchblicken, Fernsichten usw. abwechseln. Es kommt gar nicht darauf an, ob der Plan zu einem solchen Waldpark nach einer besonderen Auf- machung behandelt ist, ob die Wege gradlinig ver- laufen und die Plätze rechteckig in strengen Formen liegen — wofür einzelne Kunstästhetiker schwärmen — oder ob sich die Wege landschaftlich hinschlängeln und die Plätze mehr unregelmäßige Lichtungen dar- stellen. Beide Arten sind schön, beide Fälle lassen sich sehr wohl nebeneinander denken und werden sich auch vereint und je nach der Örtlichkeit von selbst ergeben. Das Wichtigste bei der Anlage des Waldparks bleibt die richtige malerische Gruppierung der Pflanze, die Erkenntnis aller natürlichen Momente und Mittel zur Entfaltung unseres Waldideals. In verschiedenen Städten, ich nenne aus der Neuzeit nur Essen und vor allem Frankfurt a. M. und Hannover, hat man jenen Teil der städtischen Forstverwaltung, der zum Wald- park erschlossen werden sollte, von der Forstverwal- tung abgetrennt und der Parkverwaltung übertragen. Man erkannte in erfreulichem Verstehen des Notwen- digen, wir wollen in unserer Häusernähe gar keinen Nutzungswald, wir denken gar nicht daran, aus diesem Teile Kapital zu schlagen und einst alte, wertvolle Bäume zu fällen, nein, das Ganze soll für alle Zeiten ein Volkspark sein, in dem unsere Bürger Freude er- leben und wo sich die urwüchsige Natürlichkeit unge- schmälert und künstlerisch behütet entfalten darf. Was ich bisher erwähnt, galt immer in der Voraus- setzung, dal) wir einen schon vorhandenen Forst in unseren Parkwald umgestalten wollen. Ein besonderes Problem für sich dürfte es sein, wenn wir das alles von Grund aus neu anlegen sollen. Dies wird häufiger, einfacher und leichter sein; denn anfangs ist bei einiger Disposition nicht allzu viel zu verderben, erst mit den Jahren wird es davon abhängen, was bei sachlicher Aufsicht und geschulter Hand und rechtem Blick aus dieser Grundlegung geworden ist. Wir werden einen richtigen Plan aufstellen, mit Wegen und Plätzen, ge- gebenen Aussichtspunkten, natürlichen gegebenen Par- tien unter Berücksichtigung der Wald- und Vegeta- tionsbilder, die sich da mit der Zukunft entwickeln könnten. Die fertige Pflanzung und die einzelnen male- rischen Bäume, charakteristisch im Waldpark, fehlen noch. Die richtige Anlage ‘der Pflanzung und die ver- Der Waldpark 19 ständnisinnige technische Bewirtschaftung, die erst die Pflanze erhält und entwickeln läßt, werden die wich- tieste Arbeit sein. In unseren Fachzeitschriften, Preis- ausschreiben, Vorträgen wird über das Problem des Waldparks gezeichnet und gesprochen. Es Flächenein- und -aufteilungen, die Verteilung der Spiel-, Sport-, Wirtschaftsgebäude, architektonische oder land- schaftliche Auffassungen zergliedert, es wird aber zu wenig die technische Behandlung, die Methode der An- pflanzung erörtert, die zum Gedeihen des Waldes, zur Entfaltung unseres Parkwaldideals erst nötig sind. Die Gestaltung und Erhaltung der Pflanzung möchte ich besonders betonen und Sie bitten, gerade über diese Frage recht lebhaft zu diskutieren. Die Gestaltung und Erhaltung der Pflanzung wird vom Forstmann nach besonderen Grundsätzen gepflegt. Sie müßte gerade auch von gartenkünstlerischer Seite beleuchtet werden. Lassen Sie mich die beiden Extreme gegenüberstellen: In unseren Park- und Gartenanlagen bauen wir die einzelnen Gruppen so auf, daß sie möglichst bald schön wirken und sofort das von uns gewollte malerische Bild ergeben, dal die einzelnen baumartigen Gehölze im Verein mit Deck- und Blütensträuchern stimmungsvoll zusammenklingen. Die einzelnen Standbäume, sei es einzeln im Rasengrund oder als Vorpflanzung am Weg usw., werden so gruppiert, daß sie ein hübsches Park- bild ergeben, einzeln durch die Schönheit des Wuchses, den Reiz der Krone, die Eigenart des Blattes oder der Blüte und Früchte wirken, wiederum aber auch mit der ganzen Umgebung, dem Vorder- und Hintergrund, den Einzelpartien zusammen eine harmonisch schöne Gartenschöpfung erstehen lassen. Unser ganzes Be- streben gilt baldigster malerischer Wirkung. Der Forst- mann überlegt bei der Anlage genau, wie er am billig- sten und zweckmäßigsten die höchsten Nutzungswerte erzielen kann. Er beginnt mit dem Aufschulen zwei- und dreijähriger Pflanzen in wohlgesetzten Reihen oder mit der Aussaat an Ort und Stelle. Die Aussaaten wer- den dann ausgeschnitten, so daß erst in ganz engen, später weiteren Verbänden sich die den Bestand bilden- den Einzelbäume entwickeln. Bei den Aufschulungen geht er in gleicher Weise vor. Er pflanzt — auf großen Flächen in nur einer Art — anfangs ganz dicht in Reihen und Abständen, die mit der Zeit gelichtet werden, so daß sich die einzelnen Stämmchen im eng geschlosse- nen Quartier gegenseitig hochtreiben und recht schlank in die Höhe schießen. Mit zunehmendem Dickenwachs- tum erhält dann der Baum den für seinen Zuwachs nötigen Raum. Durch wiederholte Kulturarbeit wird der einzelne Baum aufgeastet, seine dem Stamm zuviel Nahrung entziehenden Seitenäste werden entfernt und nur die zur Stammverstärkung nötigen stehen gelassen, Gabeltriebe beseitigt und ähnlich, wie bei uns in der werden 20 Der Waldpark Baumschule, alle Maßnahmen getroffen, die einen ge- sunden, wertvollen Stamm heranbilden helfen. Bei der Anlage unserer jungen Anpflanzungen im Waldpark werden wir jedenfalls vom Forstmann sehr viel lernen müssen. Nur in selten glücklichen Fällen wird man in der Lage sein, auf allen Flächen gleich große fertige Gehölze aufpflanzen zu können, die bald das gewollte Parkbild ergeben. Aus rein pekuniär wirtschaftlichen Gründen werden wir auch mit jungem Schulungsmate- rial beginnen müssen. Der Aussaat möchte ich dabei nicht das Wort reden, weil sie bei der anfänglich teuren Unterhaltung auch nicht billiger kommt und zudem uns zwingt, fast ausschließlich nur eine Art in größeren Partien verwenden zu müssen. Wir wollen nämlich zum Unterschied vom Forstmann nicht alles von einer Art aufschulen, sondern stellenweise gleich für Abwechs- lung und Unterbrechung und die Verwendung des so nötigen Unterholzes sorgen, damit allmählich ein bilder- reicher, anmutiger Mischwald entsteht. Dabei möchte ich wiederum nicht so verstanden sein, als wenn nun alles bunt durcheinander geworfen werden sollte, was von unseren heimischen Gehölzarten im Walde vor- kommen kann. Es sollen die biologisch verwandten Vegetationen zusammen sein und wahre Pflanzenge- nossenschaften entstehen. Wir können z. B. die Nadel- hölzer oder die Buchen sehr wohl in geschlossenen Par- tien, dafür wieder andere Stellen unterbauen, einen Eichen- oder Birkenhain, den Erlen- und Weidenbruch bewahren, aber auch Ebereschen, Rotdorn, Ahorn, Maß- holder, Weißbuche mit Birke, und Hasel und Faulbaum vermengen. Wir werden uns bemühen, heimische Vege- tationsbilder mit zu verwerten, bodenständige Motive zu beleben. Der feuchte Grund, der trockene Hang, die blumige Au fordern ihren Pflanzentypus. Ich brauche das nicht weiter auszuspinnen. Ist es möglich, dann werde ich gleich von Anfang an den Wege- oder Platzrändern besondere Beachtung schenken oder wenig- stens hier und da einige größere Bäume, fertige Oasen schaffen, die so stellenweise die opferwilligen Begrün- der der Anlage über das Bedauern hinwegtäuschen, daß sie selbst noch keinen Genuß von dieser Schöpfung haben. Die junge Pflanzung überlassen wir natürlich nicht sich selbst. Das Gestalten wird noch lange Jahre dauern. Wir werden nach einem ganz bestimmten Plan nun mit der Kulturarbeit beginnen, in einem bestimmten Turnus die Pflanzungen überwachen, auslichten und als Gartenkünstler, nicht als Forstmann, mit der Axt arbei- ten. Wir behandeln daher nicht alle Pflanzen gleich- mäßig, die Hochstämme erziehen wir nicht in ganz gleichen Verbänden, wir sorgen dafür, daß durch un- gleichmäßiges Auslichten das Reihenmäßige verschwin- det und maleris Unregelmäßigkeit Platz greift. Wir zeichnen uns auch von Anfang an gleich diejenigen Bäume aus, die uns als wertvoll gelten, um einst Jahr- hunderte zu überdauern. Die werden wir durch Frei- stellen, Aufputzen, Aufasten als Oberständer usw. zur vollen Entfaltung bringen. Unterholz wird öfter ver- jüngt oder verdrängt werden müssen, und so wird Jahr für Jahr, in jeder Kulturperiode, sich das Bild ver- schieben und ändern müssen, bis unser Waldpark fertig ist. Zwischen dem Gestalten und Erhalten werden Gene- rationen liegen. Und das Erhalten wird die genußreichste Arbeit sein. In der Art, wie sie mir vorschwebt, wird sie einst dem Gartenkünstler der Zukunft vorbehalten sein. Er muß sich ganz in seine Aufgabe vertiefen, liebevoll für die Erhaltung seiner Bilder sorgen und sie säubern von allem Ungehörigen. Auch für den nötigen Nach- wuchs wird er sorgen müssen, den die Natur oft un- erwünscht und oft erwünscht von selber bringen wird. Das Laub fällt von den Bäumen, vermodert auf dem feuchten Waldesboden, und aus seiner warmen Humus- decke sproßt wieder neues Leben empor; die Samen- ausfälle, die Wurzelausläufer und Stockausschläge be- ginnen ewig neues Unterholz zu bilden, hier dicht und ungebändigt loszuwuchern, dort einen alten Sturmscha- den wieder auszubessern. Der Kampf ums Dasein, wie er hier im Werden und Vergehen sich spiegelt, er- weckt allein den wahrsten Waldeszauber. Ein kleines Beispiel gleich in unserer Nähe. Am Portikus, dort zwischen der katholischen Kirche und dem alten Park an der Schützenstraße, finden Sie als Übergang von der bebauten Stadt zum gepflegten Parke eine Pflan- zung, die Ihnen vielleicht durch ihre etwas ungepflegte Wildheit aufgefallen ist. Unter alten Bäumen ist dort aus dem liegen gebliebenen Laub eine Menge Samen- anflug aufgewachsen, der ganz eigenartig reizvoll wirkt und so recht als ein Beispiel für ein Motiv im Waldpark gelten kann. Heute nachmittag führen wir Sie auf die Landeskrone, die vor 20 und mehr Jahren rings umwaldet worden ist. Die Aufforstung geschah durch meinen Vorgänger und kann wohl als Beispiel für einen im Entstehen begriffenen Waldpark gelten. Nadelholz- partien, deren einzelne Stämme teilweise freigestellt, ihren vollen grünen Schmuck erhalten konnten, hie und da eine dazwischen geschobene Buche oder Eiche, zum Teil geschlossene Quartiere und wieder lichtere Bestände, beraste Wege führen durch malerisches Un- terholz oder öffnen sich stellenweise zu größeren Lich- tungen, die Aussichten und Fernblicke werden nicht schneisenartig behandelt, sondern mehr landschaftlich ungezwungen mit gelockerten Rändern usw. Auch hier wird noch viel geschehen müssen, bis unser Waldpark fertig ist. Hoffentlich werden unsere Nachkommen einst den vollen Nutzen davon haben und ihre Vor- fahren darum segnen können. Mögen sie dann bedenken, daß unsere große Heide draußen für Holz- und Gold- gewinn genügt, und unsere Parkanlagen bei der Stadt und vor allem unsere Landeskrone als Schönheitsideal erhalten, zu dem auch noch einmal spätere Garten- künstler wallfahrten gehen. Ich will mich nicht weiter verlieren. Ich wollte in meinem problematischen Refe- rat nur meine Auffassung vom Waldpark geben und wollte darauf hinweisen, wie gerade der Gartenkünstler zur Gestaltung und Erhaltung berufen sein muß. Vor allem mul) dem Gartenkünstler aber auch die technische Waldwirtschaft geläufig werden, wenn er sein Schön- heitsideal verwirklichen will. Ich bin überzeugt, das auf der diesjährigen Hauptversammlung des Vereins deutscher Gartenkünstler erörterte Thema wird nicht Der Waldpark 21 die letzte Behandlung der Waldparkfrage sein. Gerade der Waldpark wird einmal bedeutungsvoller für die Entwicklung der Gartenkunst werden, wie es heute der Stadtpark oder Volksgarten sind. Unsere heutige Tagung wird darum auch in die Zukunft ihren Schatten werfen. Freuen wir uns, wenn auch der Gartenkünstler wirtschaftlicher Waldästhetiker wird, wenn er die Er- ziehung und Erhaltung des Waldparks richtig erkennt und künstlerisch vollendet, damit wir dem Forstmann beweisen können, wie auch bei uns der einzelne Baum gewertet wird, und auch im Waldpark noch die alte Weisheit gilt, die Natur als beste Schöpferin zum Vor- bild zu nehmen. E. Schneider. Anhaltische Buchdruckerei Guten berg, e. G. m. b. H.. Dessau LIBRARY RR UNIVERSITY OF TORONTO u eh ? uk 4. . Pe . b or EZ . u Y% h SR Kr Er Noage! “un