c h20ES00 TTTT IOHM/I8 TOEO 0 UNE w DEUTSCHE SUDPOLAR-EXPEDITION 1901—1903 IM AUFTRAGE DES REICHSAMTES DES INNERN HERAUSGEGEBEN VON ERICH VON DRYGALSKI LEITER DER EXPEDITION VII. BAND BOTANIK HEFT I E. WERTH: DIE VEGETATION DER SUBANTARKTISCHEN INSELN KERGUELEN, POSSESSION- UND HEARD-EILAND,. I. TEIL. MIT TAFEL XXI—XXVI UND 18 ABBILDUNGEN IM TEXT. BERLIN DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER 1911. (AUSGEGEBEN IM SEPTEMBER 1911.) DIE VEGETATION DER SUBANTARKTISCHEN INSELN KERGUELEN, POSSESSION- UND HEARD-EILAND VON Dr. EMIL WERTH II. TEIL MIT TAFEL XXI—XXVI UND 18 ABBILDUNGEN IM TEXT. Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 29 Li a8 u Pong His x.> = Bi I. Die Vegetationsorgane der Kerguelen-Pflanzen und ihre An- passungen an die klimatischen und Boden-Verhältnisse. A. Einfluß der klimatischen und Standorts -Verhältnisse auf die Wuchsform. Es wurde im ersten Teile dieser Arbeit ') dargetan, daß die Mehrzahl der Kerguelenpflanzen in Anpassung an die klimatischen Verhältnisse der Insel, und zwar vorzüglich an die häufigen und heftigen, austrocknenden Winde, einen xerophilen Charakter hat. Die bei Gewächsen windreicher Orte häufige Polsterform ist für die Kerguelenvegetation besonders charakteristisch. Die ausge- sprochenste Polsterform finden wir bei Azorella Selago und Lyallia kerguelensis. Die mehr oder weniger halbkugelig geformten der ersteren Art können bis mehrere Meter Durchmesser haben, während diejenigen von Lyallia meist kleiner bleiben und nach meinen Erfahrungen selten erheblich mehr als Kopfgröße erreichen. Jedes Polster bildet im allgemeinen ein Pflanzenindividuum und wird von einer einzigen, sich oft sehr bald verzweigenden Hauptwurzel getragen; eine mehr oder weniger große Menge feiner Wurzelfasern durchsetzt das Erdreich. Das Wurzelsystem der Polster- pflanzen ist kräftig und tiefgehend. Einmal sah ich Azorella und Lyallia« zusammen ein einziges dichtes Polster bildend, wobei letztere Art die Hauptmasse bildete. Dies läßt vermuten, daß wenig- stens zuweilen auch mehrere Individuen derselben Art gemeinsam ein einziges Polster formen, was dann natürlich schwieriger zu erkennen ist. Kleine, aus den Blattachseln entspringende Würzel- chen treten bei Azorella wie Lyallia innerhalb des Polsters auf und dürften wohl vornehmlich der Wasseraufnahme dienen. Die Polsterform kommt durch starke Verkürzung der Achsenorgane bei reichlicher Verzweigung zustande (Fig. 13 u. 14). Die Zweige sind dicht schuppenartig mit den kleinen, harten Blättern be- setzt. Das Innere des Polsters bildet ein Feuchtigkeitsreservoir, und durch das dichte Aneinander- schmiegen der Verzweigungen werden nur ihre Spitzen an der Oberfläche des Polsters der freien Luft ausgesetzt, und so die schon durch die Kleinheit der Blattflächen geminderte Transpiration noch mehr herabgesetzt. Andererseits bietet die glatte, runde Polsterform mit dichter Oberfläche dem Winde wenig Angrifispunkte, und schwächt so auch die mechanische Wirkung auf das Polster möglichst ab. Weniger dichte und geschlossene Polster bildet Colobanthus kerquelensis; sie sind noch kleiner als die von Lyallia und erreichen selten Faustgröße. Dicht mit Schuppenblättern bedeckte Ver- t) Seite 136 ff. dieses Bandes. 99% x > ji “ k N ” ee, Wan: 3234 Deutsche Südpolar-Expedition. au zweigungen, aber keine Polsterform, haben auch die Lycopodium-Arten: L. saururus und L. magel- lanicum. Lediglich Reduktion der Blattgröße weisen auf Tillaea moschata und Galium antarcticum. Poa kerguelensis hat harte, rinnenförmige Blätter vom Steppengrastypus, welche an offenen, voll- belichteten Standorten dichte, 1%—4 em hohe polsterförmige Büschelchen bilden; an schattigen Plätzen zeigt dagegen die Pflanze lockeren Wuchs und weichere Blätter und wird bedeutend größer. Festuca erecta hat ähnliche Blätter wie die vorige, sie sind jedoch viel größer und ganz starr; diese Pflanze zeigt zwar ebenfalls dichten Wuchs, aber keine Polsterform. Die fünf Grasarten von Kerguelen lassen alle Abstufungen von dem breiten, offenen Blatt der an luftfeuchte Standorte gebundenen Poa Cookii bis zum rinnenförmigen, starren der an den exponiertesten Plätzen auf- tretenden Festuca erecta erkennen, wie folgende Zusammenstellung ergeben mag: Poa Cookii: Blätter weich und offen; Agrostis magellanica: Blätter weich, in der Regel wenigstens, wie es scheint, nur im oberen Teil zusammengerollt; Deschampsia antarctica: Blätter weich, gänzlich eingerollt oder rinnenförmig; Poa kergquelensis: "Blätter mittelhart, gänzlich rinnenförmig; Festuca erecta: Blätter hart, gänzlich rinnenförmig. Was die Polstergewächse durch die hochgradige Verkleinerung der Blätter und den dichten Wuchs erreichen, bewirken die Pflanzen mit rosettenförmig gestauchten Blättern (Ranunculus, Montia) durch die enge Anschmiegung der transpirierenden Organe an den Boden. Hier sind letztere der austrocknenden Wirkung des Windes bis zu gewissem Grade entzogen und andererseits nicht so leicht in der Lage, bei Kälte des Bodens eine höhere (transpirationsbeschleunigende) Tem- peratur anzunehmen. Die niederliegende kleinblättrige Acaena exponierter Standorte schließt sich in dieser Beziehung den Rosettenpflanzen an. Auch die Pflanzen des Strandes: Tillaea und Cotula in der gedrungenen Wuchsform, sind hier anzureihen. Daß der salzhaltige Boden am Meeresufer sowie das trockene Substrat der Pflanzen der Fels- formation in gleicher Weise wie die allgemeinen klimatischen Verhältnisse von Kerguelen xerophile Anpassungen erfordern, ist im ersten Teile dieser Arbeit hinlänglich erörtert. Dort wurde auch bereits bei den meisten in Betracht kommenden Arten der oft sehr auffallenden Standortsvaria- tionen gedacht. Diese letzteren sollen uns nun, namentlich in bezug auf die Belichtungsverhält- nisse, im folgenden Abschnitte noch näher beschäftigen, während auf die xerophile Struktur der Kerguelenpflanze an sich in dem über die Anatomie handelnden Teile dieser Arbeit noch zurück- zukommen. sein wird. B. Einfluß des Lichtes auf die Kerguelenpflanzen. 1. Der Lichtgenuß der Pflanzen auf Kerguelen. Was den Liehtgenuß!) der Pflanzen der Kerguelenvegetation angeht, so erreicht er bei denjenigen der offenen Standorte zumeist den denkbar höchsten Wert, indem auf die in 1) Vergleiche WIESNER, J.: Untersuchungen über den Lichtgenuß der Pflanzen im arktischen Gebiete. Aus den Sitzungsberichten der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathem.-naturw. Klasse; Bd. CIX, Abt. I, Mai 1900. Werrn, Vegetation. 395 zu Betracht kommenden Pflanzenindividuen und speziell auf ihre Blattorgane das volle Tageslicht unein- geschränkt einwirken kann. Dies gilt zumal auch für die charakteristischesten Vertreter der klimati- schen Formation, die Polstergewächse, bei denen trotz der reichlichen und dichten Verzweigung keine irgendwie wesentliche Beschattung der Assimilationsorgane stattfindet, da die frischen, grünen Blätter sich sämtlich an der Peripherie des mehr oder weniger halbkugeligen Polsters befinden. Das gesamte Tageslicht empfangen weiter vor allem die Rosettenpflänzchen (Montia, Ranuneulus) und die niederliegenden Exemplare der Acaena an exponierten Standorten. Eine Einschränkung des vollen Lichtgenusses durch Selbstbeschattung und Überschattung fehlt auf Kerguelen trotz des Mangels an Bäumen und Sträuchern keineswegs. Die üppige Acaena- Heide der Berg- und Hügelhänge im Windschatten (Fig. 1 auf S. 134 dieses Bandes) stellt eine Pflanzenformation dar, in der die Individuen der Charakterpflanze sich sowohl in reichlichem Maße gegenseitig beschatten, wie auch die Begleitpflanzen (Ranunculus biternatus, Montia fontana, Galium antarcticum) in den Schatten stellen. Von den letzteren zeigt Galium (siehe Abschnitt D.) im anatomi- schen Bau des Blattes die typische Struktur einer Schattenpflanze; auch scheinen die kleinen Blatt- flächen dieser Pflanze euphotometrisch zu sein. Nächstdem tritt auch durch die Konfiguration des Standortes nicht selten auf Kerguelen eine mehr oder weniger starke Einschränkung des Himmels- lichtes ein. So in erster Linie bei der auf Gesimsen, in Spalten und Klüften der oft senkrechten Basalt- abbrüche angesiedelten Vegetation, von welcher eine Art (Oystopteris fragılıs) direkt als Schattenpflanze zu bezeichnen ist (Fig. 5 auf S. 146 dieses Bandes). Für die Felspflanzen kommt wesentlich nur das Vorder- licht in Betracht. Interessant ist in diesem Zusammenhange eine an Azorella Selago zu beobachtende Erscheinung. Die den Basaltwänden angeklebten Polster dieser Pflanze sind an der nur sehr wenig Licht empfangenden Unter- seite von ganz lockerer Struktur; bei senkrechtem Fels ist der unterste, ganz beschattete Teil des Polsters abgestorben (Fig. 1). Es liegt hier wohl ein Fig. 1. Azorella Selago. Fall zu weit getriebener Einschränkung des Licht- Polster an senkrechter Felswand, unten infolge Licht- mangels abgestorben. genusses vor, welche die Azorella-Pflanze bei dem ge- ringen Umfange ihrer assimilierenden Blattflächen nicht verträgt. Andererseits zeigt das gleichzeitige Auftreten der Charakterpflanzen der offenen klimatischen Formation Kerguelens auch als Felspflanzen, daß ihre auf offener Fläche dem vollen Tageslichte Zugang zu den assimilierenden Organen gewährende Wuchsform nicht etwa als Anpassung an den srößtmöglichen Lichtgenuß entstanden zu denken ist. Es geht mit andern Worten daraus hervor, daß die Pflanzen der offenen Standorte Kerguelens nicht das gesamte ihnen dort gebotene Licht unbedingt benötigen. 226 Deutsche Südpolar-Expedition. Nicht als Felspflanze tritt Acaena ascendens auf. Sie zeigt an offenen Standorten jedoch auf der dem Lichte zugekehrten oberen Seite der kriechenden Sprosse Rotfärbung durch Anthokyan. WIESNER (a. a. O. 8. 17) erblickt hierin bei den arktischen Gewächsen eine Einrichtung zum Schutze des Chlorophylis gegen zu starke Lichtwirkung. Ist diese Deutung richtig '), dann würde es auch für Acaena feststehen, daß sie an exponierten Lokalitäten einen Lichtüberschuß erhält. Überdies sind die Blätter von Acaena, zumal diejenigen der Lichtform, nach der WıEsner’schen Nomen- klatur als panphotometrisch zu bezeichnen, indem die Blättchen durch V-förmige Einkniekung in der Mittelrippe einen Teil des Lichtes „abwehren‘“. Abgesehen von den Rosettenpflänzchen (Ranunculus, Montia), deren Blätter als eu photo- metrisch bezeichnet werden können, indem sie durch das vom Zenit einfallende stärkste diffuse Licht ganz oder nahezu senkrecht getroffen werden, müssen die Blätter der meisten Ker- guelenpflanzen als aphotometrische gelten. Weder die Polstergewächse noch die groß- blättrigen Pflanzen, wie Pringlea, die üppige Form von Cotula, die größeren Gräser (vor allem Poa Cookii), lassen eine bestimmte Orientierung ihrer Blätter zum Lichte erkennen. Aber auch bei den Rosettenpflänzchen kann die Lage der Blätter zum Lichte nicht als eine Anpassung an die Ausnutzung des stärksten diffusen Lichtes angesehen werden. Denn bei Ein- schränkung der’ Beleuchtung durch die Konfiguration des Standortes (Ranunculus trullifolius) oder durch künstliche Mittel richten sich die neuen Blätter auf, statt sich nun erst recht senkrecht zum Zenitlichte einzustellen, obwohl durch die gedachte Lichteinschränkung keineswegs etwa das Vorderlicht bevorzugt erscheint. Eine schwache euphotometrische Reaktion zeigt Acaena adscendens da, wo sie bei hohem Wuchse an geschütztem Standorte durch gegenseitige Beschattung eine Einschränkung der Be- leuchtung erfährt. Bei dieser Pflanze sind die beiden Häliten der Blättchenspreite in der Mittelrippe mehr oder weniger gegeneinander geneigt, so zwar, daß sie einen nach oben offenen Winkel von etwa 90° bilden. Daß die Blättchen der Form exponierter Standorte etwas stärker in der Mittel- rippe zusammengeneigt sind, als dies bei den geschützteren Exemplaren der Fall ist, wurde eben schon angedeutet. Im allgemeinen nun ist der durch die Blättchenhälften gebildete Winkel mit seiner Öffnung gegen den Zenit gerichtet, die Mittelrippe aber horizontal gestellt. Jedoch fand ich bei zufälligen, durch die betreffenden Standortsverhältnisse bedingten ungewöhnlichen Stel- lungen der Blätter keine bestimmte Orientierung der Blättehen; ebensowenig ist eine Änderung der Orientierung zu verschiedenen Tageszeiten zu beobachten. Wohl aber sind an den erwähnten „üppigen“ Exemplaren, die z. B. am windgeschützten Berghange hinter dem Stationshause wachsen, die unteren, kleineren Blättehen, der Mittelachse des Gesamtblattes gegenüber, anders orientiert als die oberen, und zwar so, daß die Mittelrippe des Blättchens stets wagerecht liegt, obwohl die. Längsachse des Gesamtblattes erst ganz aufwärts strebend, im oberen Teile mehr oder weniger wagerecht gebogen ist. @alium wurde schon weiter oben als wahrscheinlich euphotometrisch erwähnt. Daß die direkte Sonnenbestrahlung auf die Kerguelenpflanzen keinen allzu großen Einfluß auszuüben vermag, ist von vornherein anzunehmen bei der aus der Klimatabelle (8. 130 dieses !) Weiter unten werde ich noch ausführlicher auf die Bedeutung des Anthokyans zurückkommen. Werrtn, Vegetation. 397 Bandes) hervorgehenden hohen durchschnittlichen Bewölkungszahl und der geringen Zahl heiterer Tage (7 im ganzen Jahre). Es sind trotzdem zwar neben den den herrschenden Winden abge- wandten Ost- und Südseiten die meistbesonnten Nordhänge der Berge durch üppigere Vegetation ausgezeichnet; doch da eine Nordexposition die Pflanzen zugleich auch den mit zu den häufigsten zählenden Nordweststürmen in mehr oder minder hohem Grade aussetzt, so sind ım allgemeinen selbst die sonnenlosen Südhänge noch üppiger bewachsen als die nördlichen. Auf diese Weise wird der Vorteil der Sonnenbestrahlung schon durch den vegetationsfeindlichen Wind wieder auf- gehoben. | 2. Der Einfluß des Lichtes auf die Wuchsform der Kerguelenpflanzen. Des gestaltenden Einflusses des Lichtes auf die Pflanzen wurde vorhin bereits in bezug auf die Rosettenpflanzen gedacht. Diese sind es jedoch nicht allein, welche auf Kerguelen je nach der Beleuchtung des Standortes in wechselnder Form erscheinen !). Selbst bei so festgefügten Formen wie die Polstergewächse macht sich der Einfluß des Lichtes auf die Wuchsform deutlich bemerk- bar. Es wurde schon erwähnt, daß bei den an Felswänden wach- senden Azorella-Polstern die un- tere, sehr schwach beleuchtete Partie nicht wie der größte Teil des Stockes aus dicht aneinander- gefügten, sondern vielmehr aus locker stehenden Sprossen gebil- det wird; das Polster der Azorella erfährt an der schwächstbelichte- ten Stelle eine Auflösung. Kleine, unter und zwischen Steinen wach- sende Pflänzchen der Azorella nehmen eine viel gestrecktere und ganz lockere Form an, wäh- rend sonst schon ganz junge Fig. 2. Poa kerguelensis. Pflanzen die gedrungene Polster- Links Schatten-, rechts Sonnenform; ungefähr */, der natürlichen Größe. 1) Daß das Licht auch die Fortpflanzungsorgane bei gewissen Arten der Kerguelenflora in Ausbildung und Funktion beeinflußt, wird weiter unten (Abschnitt II.) noch gezeigt werden. 238 Deutsche Südpolar-Expedition. form erkennen lassen (Fig. 13). Ähnliches gilt für Colobanthus kerguelensis. Auch diese Art verliert, wenn sie gelegentlich an beschattetem Standorte steht, die gedrungene Form und erscheint als lang aufgeschossenes Pflänzchen. Solche (am 26. Januar 1903) gesammelte üppige Exemplare vom steilen, felsigen Ufer in der Nähe der Station zeigten weichere Blätter als die normale Form, und die Blattränder waren nicht wie bei letzterer gelb, sondern durchscheinend weißlich. Beides zeigt, daß auch die anatomische Struktur des Blattes bei geschwächter Beleuchtung verändert wird. Das kleine Gras Poa kerguelensis wächst an offenen Standorten in Form kleiner, dichter, polster- förmiger Büschelchen, an schattigen Plätzen dagegen ist die Pflanze viel höher und von lockererem Wuchs (Fie. 2). Viel auffälliger smd die Standortsvariationen zumeist bei den Rosettenpflänzehen. Letztere treten überhaupt nur in der Rosettenform auf an exponierten, vollbelichteten Standorten. Montia fontana, welche an offenen Stellen in der klimatischen Vegetationsformation der Insel als winziges Fig. 3. Montia fontana. Links Exemplare von offenem Standorte, rechts Schattenexemplar, in der Mitte von mittlerem Standorte; ungefähr °/, der natürlichen Größe. nur 1—1', cm hohes Rosettenpflänzchen erscheint, wächst in der üppigen Heide unter bzw. zwischen Acaena als etwa 13 cm hohe Schattenpflanze mit langen Internodien (Fig. 3). Ranuneulus biternatus bildet an exponierten Stellen kleine, zuweilen nicht 2 cm im Durchmesser haltende Blatt- rosetten, welche zu mehreren durch Ausläufer miteinander verbunden sind. Im Schatten unter der üppigen Acaena wird die Pflanze hoch und großblättrig, die Blattstiele sind aufgerichtet und, gleich- WERTH, Vegetation. 299 wie die Blütenstengel, lang (nicht selten über 5 cm), oder der letzte Ausläufer ist mit Blättern und kürzer gestielter Blüte mehr oder weniger senkrecht hochgewachsen (Fig. 4). Den Blattstiel fand Fig. 4. Ranunculus biternatus. Links Exemplare offener Standorte, rechts Schattenform; ungefähr */; der natürlichen Größe. ich an solchem Platze öfters enorm lang, so maß ich einen zu 18 cm (Spannenlänge). Ranunculus trullifolius ist auf den oflenen Stellen des Strandes ganz klein mit rosettenförmig auf dem Boden ausgebreiteten, fast immer einfachen, spatelförmigen Blättern, an weniger offenen Stellen dagegen, wie z. B. zwischen Felsblöcken, sind die Blattstiele länger, die Blätter viel größer und Selappt. Auch bei Pringlea antiscorbutica kommen ziemlich erhebliche Größenunterschiede, je nach dem Standorte, vor; die im der Regel sehr stattliche Pflanze (Fig. 7 auf S. 162 dieses Bandes) bildet an exponierten Punkten schmächtige, sehr kleinblättrige Stöcke. Die größten Standortsverschiedenheiten zeigt wohl Acaena adscendens. Die extremen Formen würde man, wenn nicht die vielfachen Übergänge existierten, kaum für Exemplare ein und derselben Art halten (Fig. 5). Im folgenden gebe ich eine Vergleichung zweier Exemplare dieser Pflanze. Das eine, Nr. 1, ist der windgeschützten Böschung hinter dem Wohnhause der Station entnommen, wo die Pflanze in üppiger Entfaltung und dichter Menge vorkommt. Das andere, Nr. 2, ist vom alten Uferrande des sehr zurückgegangenen Stationssees, wo es vollkommen frei wuchs. Aus dem niederliegenden holzigen Wurzelstock sind bei 1. aufrechte, beblätterte Triebe ent- wickelt, während bei 2. der beblätterte Trieb vollkommen platt am Boden lagert und die gefiederten Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 30 230 Deutsche Südpolar-Expedition. Blätter nicht wie dort aufrecht stehen, sondern ebenfalls flach am Boden liegen. Dagegen sind die Blättchen etwas stärker in der Mittelrippe zusammengeneigt als bei 1. Der enorme Unterschied in den Größenverhältnissen ergibt sich aus folgender Nebeneinanderstellung: Ne Nr. 2 Höhe der Pflanze (in natürlicher Stellung) ......... 320 mm !) 9,5 mm Ikangerxdes ganzen. Blattese er ee ee bis 215 mm bis 26 mm Tkangendes Blättchens 7. eos ee bis 27 (30) mm bis 6/, mm srößte Breite des Blättchens ..................... bis 17 (18) mm bis 4 mm. Nr. 2 trägt noch (oder fast noch) frische Blätter am Sproß 8 Stück, während das 9. zusammen- gefaltet eben an der Vegetationsspitze erscheint. Diese Blätter tragen zum Teil schon wieder axilläre kleine Sprosse. Nr. 1 trägt nur 5 fast oder noch frische Blätter am Sproß, während das 6. im Erscheinen begriffen ist. Axilläre Sprosse treten bei Nr. I noch keiner aus der Blattstielscheide her- vor, sind aber an den unteren Blät- tern, wenn man diese entfernt, schon in der Anlage erkennbar. Bei Nr. 2 sind meist 5 Blättchenpaare und 1 Endblättchen am Blatte, bei Nr. 1 meist 6—7 Paare und das End- blättchen vorhanden. Bei Nr. 2 ist die Achse des Blatt- sprosses und der untere Teil der Blattstiele mit Scheide oberseits vollkommen rot (Anthokyan). Die kleinen Blättchen sind von einem breiten, roten Rande eingefaßt. Auf der übrigen Fläche der Blättchen sind etliche kleine rote Partien vor- handen. Bei Nr. 2 sind die Sprosse und Blattstiele bleich (fast weißgrün), die Blättchen auch sehr hellgrün; doch sind an den oberen der letz- Fig, 5. Abaena adscendens. teren die Sägezähnchen des Randes Links niederliegende Pflanze von exponiertem, stark belichtetem Standorte, meist mehr oder weniger mit roter rechts von geschütztem Standorte; ungefähr ’/; der natürlichen Größe. . . 2 z 2 Spitze bis auch Randkante versehen, was jedoch bei der Größe der Blättchenfläche wohl kaum in Betracht kommen mag. t) Das größte dieser Form angehörende Exemplar meiner Sammlung mißt 35 em in der Höhe. Werrn, Vegetation. 931 Daß diese Standortsverschiedenheiten bei Acaena im wesentlichen nur durch die verschiedenen Beleuchtungsverhältnisse hervorgerufen werden, dafür spricht der folgende einfache Versuch. Am 24. Januar 1903 wurde auf ebener, mit ganz niedriger, sich nicht beschattender Acaena bewachsenen Stelle eine Partie der Pflanzen durch Darüberstellen eines bodenlosen und oben oflenen, quadrati- schen Zinkblechkastens von 25 em Breite der normalen Beleuchtung entzogen. Der untere Rand des Kastens wurde fest in den Boden eingedrückt, wobei der obere Rand 30% em hoch über den Boden aufragte; dabei traf mittags um 2 Uhr die Sonne noch einen beträchtlichen Teil des Bodens mit den Pflanzen in der einen Ecke des Blechkastens. Die innerhalb des Behältnisses stehenden Pflanzen waren von dem gleichen Habitus wie die ringsum an der betreffenden Stelle wachsenden. Am 20. März desselben Jahres wurden die Pflanzen außerhalb und innerhalb des Blechkastens miteinander verglichen: innerhalb waren jetzt die frei wachsenden Zweigenden mit den Blättern aufgerichtet und die letzten Blättchen zartgrün, während außerhalb die frei wachsenden Zweigenden mit den Blättern vollkommen niederliegend und die jüngsten Blättchen ganz rot waren. Gleichartige Versuche wurden mit anderen Pflanzen vorgenommen. Das Resultat war jedesmal dem bei Acaena entsprechend: Ranunculus Moseleyv hatte innerhalb des beschattenden Blechgefäßes saftiggrüne, schräg aufwärts gerichtete, außerhalb fast ganz niederliegende, gelblichgrüne Blätter, Limosella außen niederliegende, innen stark aufgerichtete, lineale, oben keulig geschwollene Blätter. Tillaea, Cotula und Ranunculus trullifolius waren gleichfalls innerhalb der Beschattung hoch gewachsen und saftiggrün, außen niederliegend bzw. ganz niedrig oder mit fast niederliegenden Blättern. Letztere drei Arten hatten 1?/,, Ranunculus Moseleyi und Limosella 1°/,; Monat unter teilweiser künstlicher Beschattung gestanden. Auch Pflänzchen von Ranunculus Moseleyi und Tillaea moschata, die zwecks anderweitiger Untersuchungen ins Laboratorium verpflanzt waren und dort einige Tage gestanden hatten, waren gleichfalls, bei der gedämpften Beleuchtung des Zimmers, in die Höhe gewachsen. Schließlich sei hier noch das Verhalten zufällig bei fast vollkommenem Lichtabschluß erwachse- ner Acaena-Pflanzen erwähnt. Zwecks Reinigung des Stationsbrunnens wurde am 24. Oktober 1902 die aus Brettern bestehende Brunnendecke aufgehoben; dabei fanden sich unter dem Ver- schlag mehrere Exemplare von Acaena von bleicher, gelbgrüner Farbe. Die Fiederblättchen standen weit auseinander (über 1 cm), keines war vollkommen entfaltet, sondern sie waren, wenn auch sonst ziemlich glatt, in der Mittelrippe zusammengeneigt, so daß die zwei Halbflächen dicht an- einander lagen. Über Acaena-Exemplare, die unter einem längere Zeit an einer Stelle ge- legenen Kistchen gewachsen waren, notierte ich am 28. Dezember 1902 folgendes: Die Pflanzen sind gelbgrün, schlanker und die Blättehen kleiner und weniger entfaltet als bei den Pflanzen nebenan, die Blättchenkante (Zähne) ist rötlich, die Stengelteile sind sehr gelb. Daß solche Vergeilungserscheinungen nicht nur bei Blütenpflanzen vorkommen, ist bekannt, und zeigten uns auf Kerguelen einige Moose, welche 11 Tage in einer Blechbüchse einge- schlossen gelegen hatten und nun zum Teil im Dunkeln mit langen, kleinblättrigen, ganz wenig grün gefärbten Sprossen weitergewachsen waren. Diese Beobachtungen und Versuche an Kerguelenpflanzen bestätigen den Lehrsatz, daß im Dunkeln Stengel und Blattstiele meist unverhältnismäßig verlängert werden, während die Blatt- 30* 332 Deutsche Südpolar-Expedition. Us spreiten klein bleiben, und daß aber bei gedämpftem Licht die Blätter oft weit größer als im vollen Tageslichte werden !). SCHIMPER ?) drückt dasselbe folgendermaßen aus: Das Längenwachstum der Achsen hat bei gänzlichem Lichtabschluß sein Optimum, sehr schwache Lichtintensitäten üben bereits eine retardierende Wirkung aus; das Flächenwachstum der Blätter ist im Dunkeln sehr gering, doch erreicht es bereits bei sehr mäßiger Lichtintensität sen Optimum. Es wäre zunächst für uns zu ergänzen, daß bei den gefiederten Blättern von Acaena auch die Mittelrippe des Gesamtblattes wie ein Achsenorgan vom Lichte beeinflußt wird. Da die natürlichen oder die künstlich ge- schaffenen Bedingungen, welche den Pflanzen nur gedämpftes Licht zukommen lassen, jedesmal auch andere Faktoren in mehr oder minder hohem Grade ausschließen, wie Wind und die aus Sonnenstrahlung erzeugte Wärme, welche beide z. B. in hohem Maße die Transpiration befördern, so ist es zunächst noch zweifelhaft, ob das Licht allein den beschriebenen ge- staltenden Einfluß ausübt. Von Cotula plumosa fand ich auf bis zweifingerdickem, einer Felsplatte aufliegen- dem, trockenem torfigen Boden ganz minimale, lang- wurzelige, über und über mit weißem Haarflaum be- deckte Pflänzchen (Fig. 6); auf tiefem, fettem, durch Seevögel gedüngtem Boden bildet die Pflanze in spannenlangen, aufrechten, sich gegenseitig beschatten- den Exemplaren einen zusammenhängenden Teppich (Fig. 7). Es kann hier im wesentlichen wohl nur die leicht mögliche und intensive Austrocknung des dem Fels aufliegenden Torfsubstrats sein, welche hier die Gedrungenheit und Kleinheit der Pflänzchen bedingt. Obgleich sie zumeist dicht zusammenwachsen und einen filzigen Überzug bilden, kommt es doch wegen des niedrigen Wuchses der Pflänzchen nicht zu gegen- seitiger Beschattung; hätten sie ein besseres Substrat, so würden sie vermutlich alsbald höher aufwuchern und dann bei gegenseitiger Beschattung das ge- dämpfte Licht weiter als Wachstumsreiz hinzukommen. Fig. 6. Cotula plumosa. Pflänzchen von trockenem Substrat in natürlicher # : { 5 : ß Größe. dem gedämpften Lichte zugleich ein teilweiser Aus- Da nun, wie gesagt, auch in den anderen Fällen mit schluß transpirationsfördernder Faktoren (Wind, Sonnenstrahlung) verbunden ist, so muß ein und derselbe Boden bei teilweisem Lichtabschluß für die Pflanze relativ feuchter erscheinen als wie bei voller Beleuchtung; und hierdurch wird allein !) STRASSBURGER: Lehrbuch der Botanik. Jena 1898 (3. Aufl.), S. 202. *) Schinper, A. F. W.: Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage. Jena 1898. S. 64. S] Werrn, Vegetation, 35 schon vermutlich ein wachstumfördernder Einfluß zustande kommen !). Andererseits geben die geschilderten Verhältnisse bei Cotula uns wohl auch das Verständnis für das Verhalten von Acaena. Von den Blättern der großen, üppigen Form dieser Pflanze wurde schon eine schwache euphotome- trische Einstellung erwähnt; es läßt sich darnach annehmen, daß auch die relativ erhebliche Größe des Blattapparates überhaupt durch die Beleuchtungsverhältnisse zustande kommt. Es ist mit anderen Worten wahrscheinlich, daß die Exemplare durch gegenseitige Beschattung in die Höhe getrieben werden. Bei den Exemplaren exponierter Stand- orte aber kommt es vermutlich von vornherein nicht zu so großem und dichtem Wuchse, daß eine Be- schattung möglich wird: einmal, weil der Boden an solchen Stellen infolge der Einwirkung transpira- tionsfördernder Faktoren (Wind, Sonnenstrahlung) relativ trocke- ner ist, zweitens weil der Boden durch dieselben Faktoren auch direkt Fig. 7. Cotula plumosa. Links oben Zwergpflänzchen von trockenem Substrat, rechts Pflanze aus ausgetrocknet wird, zum dritten 50° tiefem Boden, unten links Mittelform; ungefähr , der natürlichen Größe. wiıßb auch deshalb, weil die Pflanze in Anpassung an den exponierten Standort nicht nur kleiner bleibt, sondern sich auch niederlegt. Dazu kommt nun noch, daß der fruchtbare äolische Bimsteinboden bezeichnend für die im Windschutz gelegenen Berg- und Hügelhänge ist. An solchen Stellen zeigt Acaena die üppigste Entfaltung und bildet eine zusammenhängende dichte Heide (Fig. 1 auf Seite 134 dieses Bandes). Die relativ enorme Größe aber der Pflanzen hier ist also wie gesagt nicht als eine direkte Folge des reichen Bodens, sondern als eine Folge der bei dem reichen Boden möglichen starken Wachstumskonkurrenz und dadurch bedingten gegenseitiger Beschattung anzusehen. Vielleicht beruht auch die ım ersten Teile dieser Arbeit (Seite 141—144 dieses Bandes) aus- führlich geschilderte Unterdrückung der Azorella durch Acaena adscendens in letzter Linie haupt- sächlich auf Überschattung. Azorella hat bei Einschränkung des Lichtes nicht in dem Maße wie Acaena die Fähigkeit, durch Vergrößerung der Blattflächen sich zu wehren. Ihre Anpassungen im Dienste eines wirksamen Schutzes gegen übermäßige Transpiration haben ihr eine zu fest gefügte 1) Vgl. Wiesner: Formänderungen von Pflanzen bei Kultur im absolut feuchten Raume und im Dunkeln. Ber. d. deutsch. Botan. Ges. 1891, S. 46-53. 234 Deutsche Südpolar-Expedition. Struktur verliehen, welche ihr zwar in der offenen klimatischen Vegetationsformation Kerguelens den ersten Platz unter allen Blütenpflanzen sichern, welche aber bei starker Einschränkung des Tages- lichtes die Pflanze, wie ich weiter vorn gezeigt zu haben glaube, in Gefahr bringen, an Lichtmangel zugrunde zu gehen. Es ıst nach den vorigen Ausführungen mehr als wahrscheinlich, daß die Vergrößerung der Blattflächen der in Beschattung wachsenden Kerguelenpflanzen (Acaena, Ranunculus, Cotula) eine durch den Lichtreiz selbst zur Auslösung gelangende Anpassung an die Beleuchtungsverhältnisse des Standortes ist. Die Pflanzen der offenen, voll belichteten Standorte: Polstergewächse, Rosetten- pflänzchen, niederliegende Acaena, zeigen, wie wir gesehen haben, keine so klar erkennbaren öko- logischen Beziehungen zur Beleuchtung ihres Standortes; ihre ganze Tracht kann vielmehr nur als Anpassung an die Gefahr zu starker Transpiration angesehen werden. Hier wie dort ist aber zweifellos vornehmlich das verschieden starke Licht der „Reiz“, welcher die vorhandenen, durch Anpassung entstanden zu denkenden Variationsmöglichkeiten auslöst und in die richtigen Bahnen lenkt. Daß das Licht in allen diesen und ähnlichen Fällen nur als Reiz und nicht als direkte Ursache wirken kann, scheint mir vor allem auch aus dem verschiedenen Verhalten nahe verwandter Pflanzen dem Lichte gegenüber hervorzugehen (vgl. WIESNER a. a. O.). Eine Erscheinung, welche der Vergrößerung der assimilierenden Blattflächen an beschatteten Stellen bei Acaena, Ranunculus usw. gleichkommt, wurde an einer Flechte (Blastenia keroplasta var. athallina A. ZAHLBR.) beobachtet. Es ist dieses vielleicht deswegen besonders erwähnenswert, weil es sich hier nicht um einen einheitlichen Organismus, sondern um ein symbiotisches Wesen han- delt. Die einer kleinen Peziza ähnelnden Flechten wuchsen auf rotem Tuffgestein. Es fiel mir nun auf, daß auf der Oberseite eines solchen Steines die Flechtenkörper die gewöhnliche rotgelbe Farbe hatten, während die unterseits sitzenden Apothecien mehr oder weniger grün gefärbt waren. Bei mikroskopischer Untersuchung stellte sich heraus, daß bei letzteren die Algenzellen bis hoch oben die Umrandung des Apotheciums dick erfüllen, während sie sonst nur unterhalb desselben auftreten !). Zum Schluß nochmals auf Acaena zurückkommend, so ergab sich betrefis der Gestaltung des Blattes bei verschiedener Beleuchtung folgendes: ganzes Fiederblatt Fläche der Blättchen in’ (dersDunkelheiie er sehr lang sehr klein InY sedampktem Dicht lang srob Inyvollem Achter kurz klein. Es nähern sich also in bezug auf die Größe der (assimilierenden) Flächen der Blättchen die Dunkel- und die extreme Lichtform, in bezug auf die Länge des Gesamtblattes die Dunkel- und die Schattenform. Bei der Dunkelform steht die Größe des Gesamtblattes zu der der einzelnen Fiederblättchen in argem Mißverhältnis, bei Schatten- wie Lichtform harmonieren beide in den Größenverhältnissen. Bei den letzten beiden Formen haben wir es mit natürlichen Standorts- varlationen, bei der ersteren mit einer zufälligen Ausnahmeerscheinung zu tun. Mit dieser einfachen Erkenntnis scheinen mir die Tatsachen bereits besser erklärt, als wenn man sagt: „Das Flächen- wachstum der Blätter ist im Dunkeln sehr gering, doch erreicht es bereits bei sehr mäßiger Licht- 1) Über „‚Sonnen- und Schattenformen bei Flechten“ vel. Stanz: Über den Einfluß des sonnigen oder schattigen Stand- ortes auf die Ausbildung der Laubblätter. Zeitschr. für Naturw. XVI. N. F. IX, 1. 2. Wertn, Vegetation. 235 [0] intensität sein Optimum‘ !), womit zunächst nicht mehr als eine Umschreibung des Tatbestandes gegeben ist. Im folgenden Abschnitte werde ich hierauf nochmals zurückzukommen haben. 6. Beziehungen der Kerguelenpflanzen zum Wasser. 1. Amphibische Pflanzen Kerguelens. Den Beziehungen der Struktur der Kerguelenpflanzen zum Transpirationsstrome und speziell den den Austritt des aufgenommenen Wassers im gasförmigen Zustande erschwerenden Einrichtungen als Anpassungen an die extremen klimatischen und anderweitigen Verhältnisse der Insel, wurde bereits wiederholt Beachtung geschenkt, und wird hierauf im anatomischen Teile dieser Arbeit nochmals zurückzukommen sein. An dieser Stelle sei noch des Baues und der Lebensweise der sogenannten amphibischen Pflanzen sowie einiger Einrichtungen der Landpflanzen zur Aufnahme und Abgabe flüssigen Wassers gedacht. Im Anschluß an das zuletzt Gesagte ist zunächst f interessant auch die Betrachtung unter Wasser gewachsener v2 ) VL 3 Sprosse von Acaena adscendens. Die Fig. 8 stellt das letzte ve 7 voll entfaltete Blatt, das größte des Sprosses, dar, A (links) unter Wasser, B (rechts) über demselben am Ufer gewachsen; Y also zwei in ihrer Stellung am Sproß sich vollständig ent- v4 sprechende Blätter. Beide entstammen einem buschigen Komplex der Pflanze am Uferrande des Schwarzen Sees, Fig. 8. Acaena adscendens. Links dessen Sprosse teils über dem Wasser, teils submers sich Wasser-, rechts Landblatt in natürlicher Größe. befanden. Der ganze Sproß, dem A angehört, ist länger und schlanker als der zu B gehörende. Es folgen nun die Maße der entsprechenden Teile der beiden zum Vergleich dienenden Blätter: A (Wasserform) B (Uferform): SpBlattscheidePEängenen er ae rende 8 1 ner 16 mm 12 mm I r 2. Blättehen (Nebenbl.), am Ende der Scheide, Se ee Be EN 2 ze 3. Blattstiel (Ende der Scheide bis 1. Blättehenpaar), Länge . . 9 mm 2 mm Aulvestndess Blattesiplkängen ee een. 15,5 mm 13 mm 5. Zahl der Blättehenpaare (außer einem unpaaren Endblatte) . . 5 6 (das unterste Paar sehr klein und unvollkommen; außerdem aber ist zwischen dem 4. und5. Blättchen- paar ein rudimentäres eingeschaltet) 6. Länge des 3. oder 4. Blättchens (von unten gezählt)... . . 6,5 mm 10 mm 0 Breitendesselben (ausgebreitet), » ... nn. unnnnrn 5 mm 10 mm 84 (Seitliche)P Breite, der’ Blattscheide. . 2... 22m ann... 2,75 mm 4 mm. Die Anzahl der Zähne des Blättchenrandes ist (wohl einzig entsprechend der geringeren Größe der Blättchen) bei Sproß A nur etwa halb so groß als bei Sproß B. Spaltöfinungen sind bei beiderlei Blättern vorhanden, doch scheinen sie bei A etwas spärlicher aufzutreten. Wir können nunmehr für Acaena die folgende Übersicht über die Gestalt und Größe des Blattes an verschiedenen Standorten aufstellen: 1) ScHIMPER: Pflanzengeographie S. 64. 236 Deutsche Südpolar-Expedition. Acaena adscendens: ganze Blattlänge Größe des Blättchens Zahl der Blättehenpaare bei Selbstbeschattung . . . . 215 mm 27x 17 mm 6—7 bei vollem Licht... ... 26 mm 61, x 4 mm 5 imaWassergee a. 401, mm 615, x5 mm 5 amalterpwehare.i. cs; 32 mm 10 x 10 mm 6. Die Wasserform ähnelt in der Gestalt und den Größenverhältnissen des Blattes der Dunkel- form (für welche meine Aufzeichnungen leider keine Zahlenangaben enthalten). Das Wasserblatt von Acaena adscendens gibt in starker Abschwächung die Form des Dunkelblattes wieder. Dieser Um- stand spricht an sich dafür, daß die Wasserform wesentlich durch die geschwächte Beleuchtung in dem durch Schlammteilchen getrübten Medium hervorgerufen wird. Dies wirft ein Licht auf das Verständnis für die Gestaltung der Wasserform der eigentlichen amphibischen Pflanzen, die nun zunächst beschrieben werden sollen. Fig. 9. Ranunculus Moseleyi. Links Wasser-, rechts Landform; knapp */; der na- türlichen Größe. Die charakteristischesten Vertreter der Wasser- flora von Kerguelen sind Ranunculus Moseleyi und Limosella aquatica. Beide Arten wachsen sowohl unter Wasser wie auf dem Schlammboden der im Spät- sommer trocken liegenden Ränder der Seen und der gänzlich austrocknenden Tümpel. Bei Limosella sind esim wesentlichen die bedeutendere Größe der linealen Blätter und die geschlossen bleibenden Blüten, welche die Wasserform von der Trockenform unterscheiden. Bei Ranunculus Moseleyi sind die habituellen Unterschiede zwischen beiderlei Formen bedeutender (Fig. 9). Die Blätter der Trockenpflänzchen dieser Art liegen mehr oder weniger flach auf dem Boden, rosettenartig von einem Punkte ausstrahlend. Auf- fallend ist oft die Kleinheit dieser Pflänzchen. Die Blätter zeigen auf beiden Seiten Spaltöffnungen. Neben lanzettlich-spatelförmigen Blättern (Fig. 48 Taf. XXV) kommen auch gelappte vor (Fig. 46 u. 47 Taf. XXV). Nicht selten liegen die seitlichen Lappen des geteilten Blattes wie der eingebogene Daumen der Hand mehr oder weniger in einer an- deren Ebene als der Hauptlappen. Die Wasserfiorm besitzt zahlreiche schlank aufwärts gerichtete Blätter, die um so länger gestielt und mit um so größeren, stets ungeteilten, spatel- förmigen Spreiten versehen sind, je tiefer das Wasser an der betrefienden Stelle ist. So ist die Pflanze anderthalb bis wenige Zentimeter hoch, wo das Wasser am Ufer sehr seicht ıst, während dort, wo das Wasser dicht am Ufer einige Dezimeter Tiefe NE : Sr Werrn, Vegetation. 237 hat, Exemplare mit 9—14 cm langen Blättern wachsen. Die größte von mir gemessene Spreite betrug 11 x 2 mm. Die Blüten der Wasserform sind kleistogam. Dies gilt auch für die folgende Art. Bei Ranuneulus trullifolius sind in tieferem Wasser (etwa 1—2 Dezimeter) die Blattspreiten breit und rundlich, bis zweimarkstückgroß, schwach drei- bis fünflappig. Sie sind an langem, fädigem, schräg aufwärts gehendem Stiel befestigt und schwimmen auf dem Wasser oder befinden sich ganz wenig darüber, wobei die Blattfläche einen scharfen Winkel zur Richtung des Stieles bildet. Größere Pflanzen haben eine Höhe bis 18 em etwa (Fig. 10). Am Ufer und in ganz nie- drigem Wasser ist auch die schon fruchtende Pflanze viel kleiner. Die Blattspreite ist in direkter oder fast direkter Verlängerung des schräg aul- recht stehenden Stieles gerichtet. An ganz offenen (nicht unter Wasser stehenden, aber ganz wasserdurchsättigten) Schlamm - stellen ist die Pflanze ganz klein, mit rosettig auf dem Boden aus- gebreiteten, fast immer ein- fachen, spatelförmigen Blättern (Fig. 10, rechts). (In dieser Form gleicht die Art sehr dem Ranuneulus Moseleyi [Trocken- form], doch sind die Blatt- spreiten größer, häufig flach- löffelförmig hohl gestaltet; auch die Blüten sind größer und die Kronblätter intensiver gelb ge- färbt.) An weniger oflenen (d. h. weniger allseitig beleuchteten) Stellen: zwischen Blöcken und dergleichen, sind die Blätter Fig. 10. Ranuneulus trullifolius. gleich viel größer und gelappt nd Links Wasser-, rechts Landform; knapp 2/, der natürlichen Größe. die Blattstiele länger. Am größten sind dann schließlich die beschriebenen im Wasser wachsenden Exemplare, deren Blattspreiten gewöhnlich flach auf dem Wasser liegen. Die Spreiten beider Formen sind auf der Oberseite mit zahlreichen, dicht stehenden Spaltöffnungen versehen. Während nun die Uferform auch auf der Blattunterseite wenige Spaltöffnungen aufweist, konnte ich an der Unterseite der Schwimmblätter der großen Form solche nicht finden. Die Epidermiszellen der Blattunterseite sind bei der Uferform länglich, bei der breit- blättrigen Wasserform ebenso breit wie lang. Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik, 31 238 Deutsche Südpolar-Expedition. Ich möchte annehmen, daß hier ebenso wie auch bei Ranunculus Moseleyi und biternatus der Lichtmangel an den mehr oder weniger (durch Blöcke, Acaena-Vegetation) beschatteten und unter Wasser gesetzten Standorten die „üppigen“ Exemplare zur Ausbildung bringt, während an offenen Standorten die Pflanze mit viel kleinerem Blattapparat auskommt; zumal sie hier durch rosetten- artiges Ausbreiten der Blätter auf dem Boden das, bei dem unbeständigen und stets sehr vorüber- gehenden Sonnenschein auf Kerguelen, vielleicht wichtigste diffuse Tageslicht ganz ausnutzen. Jedenfalls spricht der Umstand, daß minder gut beleuchtete Trockenexemplare von Ranunculus trullifolius sich in Größe und Form den Wasserindividuen nähern, bestimmt dafür, daß auch bei diesen letzteren nicht etwa der Druck der Wasserschicht die Formänderung hervorruft. Ähnliches ist aus dem Verhalten der künstlich beschatteten (8. 231) Exemplare von Zimosella und Ranunculus Moseleyi zu folgen, welche sich ebenfalls in ihrer Form den Wasserexemplaren nähern. Vergleichen wir jetzt die unter Wasser befindlichen Blätter von Ranunculus Moseleyi mit denen von Acaena, so ist das Ergebnis nicht uninteressant. Bei beiden findet, gegenüber den Land- formen, eine erhebliche Verlängerung des Blattstieles statt. Während nun bei letzterer Art, ver- gleichbar einem im Dunkeln erwachsenen Sproß, die Blattfläche stark reduziert erscheint, ist die- selbe bei Ranunculus Moseleyi im Gegenteil vergrößert und gleicht dadurch den Nachteil schwächerer Beleuchtung unter dem trüben (schlammigen) Wasser wieder aus. Es kann keinem Zweifel unter- liegen, daß letztere Art ihrem Standorte im Wasser vollständig angepaßt ist, während Acaena als Wasserform eine zufällige, mehr oder weniger krankhafte Erscheinung darstellt, nur quantitativ verschieden von einer vergeilten Pflanze!). Die sich selbst beschattende Form von Acaena hat noch längere Blätter wie die submerse, dennoch stehen dieselben in keinem Mißverhältnis zu den auch bedeutend viel größeren Flächen der Fiederblättchen; diese Pflanze befindet sich allem An- scheine nach ebenso in voller Harmonie zu den Beleuchtungs- und anderen Verhältnissen ihres Standortes wie Ranunculus Moseleyi im Wasser. Wir können auch so sagen: Für Ranunculus Moseleyi liegt das Optimum des Flächenwachstums der Blätter bei der unter dem Wasserspiegel der Uferregion der Seen herrschenden Lichtintensität, für Acaena adscendens dagegen bei derjenigen Beleuchtung, welche an den geschützten Standorten bei gegenseitiger Beschattung der Pflanzen zustande kommt. Dabei ist es von vornherein vielleicht nicht ausgeschlossen, daß an beiden Lokali- täten zufällig ganz dieselbe Lichtintensität vorhanden ist; Messungen derselben habe ich nicht ausgeführt. Groß kann der Unterschied in der Intensität der Beleuchtung an beiden Standorten gewiß nicht sein; mindestens können wir schwerlich annehmen, daß es unter dem Wasserspiegel bedeutend dunkler ist wie zwischen den sich gegenseitig beschattenden Pflanzen. Hiergegen spricht schon die geringere Länge des Acaena-Blattes im Wasser gegenüber der Schattenform, da nach allen Erfahrungen sich das Längenwachstum in seiner Variation von völliger Dunkelheit bis zum vollen Lichte der exponiertesten Standorte durchaus in derselben Richtung zu bewegen scheint. Diese Betrachtungen machen es meines Erachtens wahrscheinlich, daß die Größe der Blattfläche mehr als die Länge des Stieles usw. unabhängig von dem direkten Lichtreize ist, und daß letzterer nur insofern eine wesentliche Rolle bei der Ausbildung der assimilierenden Blattfläche spielt, als er die in der Blattanlage vorhandene, durch natürliche Zuchtwahl zustande gekommene Anpassungs- fähigkeit reguliert. !) Vgl. Küster, E.: Pathologische Pflanzenanatomie. Jena 1903. S. 49 ff, WertH, Vegetation. 39 fr] Daß sowohl die Lichtverhältnisse im Wasser wie auch der Druck des Wassers selbst relativ geringen direkten Einfluß auf die Ausbildung der Blattfläche haben müssen, zeigt auch wohl die gänzlich verschiedenartige Ausbildung des Blattes bei den beiden wasserbewohnenden Ranun- culus-Arten auf Kerguelen. Beide Arten stellen nahe Verwandte dar und sind in ihren Landformen zum Verwechseln ähnlich; dennoch ist Gestalt und Funktion der Wasserblätter, wie vorhin ge- zeigt wurde, sehr verschieden. Erinnern will ich noch daran, daß die sogenannten Wasser- ranunkeln wieder ganz anders gestaltete, nämlich zerschlitzte Wasserblätter haben. Daß solche in warmem, stagnierendem, sauerstoffarmem Wasser besondere Vorteile gewähren, ist leicht einzusehen und spricht auch nur dafür, daß die Blattgestalt der Wasserformen der amphibi- schen Pflanzen als indirekte Anpassungserscheinungen anzusehen sind. Das zuletzt Gesagte weist natürlich auch die Anschauung zurück, welche in den Wasser- formen amphibischer Pflanzen lediglich Hemmungsbildungen!) erblickt. Unmöglich kann eine durch dieselben äußeren Verhältnisse (Wasserbedeckung) hervorgerufene Hemmung in der Organausbildung bei ganz nahe verwandten Formen im einen Falle große runde, auf dem Wasserspiegel liegende, im zweiten unzerteilte, unter Wasser verbleibende und im dritten endlich hochgradig zerteilte Wasserblätter hervorrufen. In den beiden letzten Fällen haben wir das eine Mal eine stärkere, das andere Mal eine schwächere Gliederung des Blattes, wie bei den zugehörigen Land- formen, also Variationen zu konstatieren nach entgegengesetzten Richtungen. Auch ist nicht einzusehen, warum, wenn es sich um eine einfache, durch Ernährungsstörung verursachte Hem- mungsbildung handelt, bei den Kerguelen-Ranunkeln der Blütenstiel ganz anders reagiert wie der Blattstiel und kurz bleibt. Die Wasserblätter von Ranunculus Moseleyi sind nicht nur in ihrem Stielanteil stark gestreckt, sondern auch die Spreiten sind absolut länger und breiter wie bei der Landform: die Wasserform muß den Liehtmangel durch größere Blattfläche ausgleichen; sie kann aber in der Vergrößerung der letzteren beliebig weit gehen, da unter Wasser kein Schaden durch zu starke Transpiration möglich ist, wogegen die Landblätter aus diesem Grunde besonders klein bleiben müssen. Bei Ranunculus trullifolius wird die große Blattspreite durch den ausschließlich sich streckenden Stiel auf die Wasserfläche gehoben. Dies zeigt, daß die Vergrößerung der Blätter nicht allein und direkt auf den Lichtmangel unter Wasser zurückzuführen ist. Andererseits bringt die Vergrößerung der Blätter auch hier keine Gefahr übermäßiger Transpiration mit sich, da die Pflanze im Wasser steht. Das zufällige Vorkommen von Acaena im Wasser zeigt, daß Vergrößerung der Blätter nicht direkt durch Unterwasserstehen, sondern erst als vorteilhafte Anpassung entstanden zu denken ist. 2. Wasser abgebende und aufnehmende Organe bei den Kerguelenpflanzen. Einer besonderen Erwähnung bedarf das Vorkommen von Wasserspalten bei den Kerguelen- gewächsen. Solche fanden sich °) bei Pringlea antiscorbutica, Galium antarcticum, den Ranun- culus-Arten und Tillaea moschata (Fig. 11). Pringlea und Ranunculus lieben feuchte Standorte, und ist daher das Vorkommen von flüssiges Wasser ausscheidenden Organen bei ihnen vielleicht von vornherein nicht unverständlich. Bei Pringlea treten sie außerdem am vollkommensten wie !) Vgl. GoEgEL, K.: Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen. Leipzig u. Berlin 1908. S. 36 fl. ®) MARDNER, W.: Die Phanerogamen-Vegetation der Kerguelen. Baseler Inaug.-Diss., Mainz 1902. S. 41. 3l* 340 Deutsche Südpolar-Expedition. scheint nur an den jungen, noch geschützt zwischen den älteren stehenden Blättern auf (Fig. 11a). Das winzige Galium antareticum kommt zumeist unter bzw. zwischen Acaena vor und spielt dort gewissermaßen die Rolle einer Schattenpflanze. Tillaea moschata aber, bei welcher typische Hydathoden mit Epithemgewebe vorkommen, zeigt deutlich xerophilen Charakter und tritt auf dem (physiologisch trockenen) Salzboden des Strandes auf. 1 \ f% I\ N Pr JUN \\ Ra S097) ' w rV| SAN, /} 4 n EN a b C Fig. 11. Hydathoden. a Mikroskopisches Bild der Spitze eines jungen Blattes von Pringlea antiscorbutica. b Blatt von Tillaea moschata von der Unterseite gesehen mit den in Hydathoden endigenden Nerven. c Blatt.von Ranuneulus trullifolius mit Nervatur und Hydathoden an den Spitzen der Blattlappen. Nach SCHIMPER !) ist der Besitz von Hydathoden besonders charakteristisch für de Hygro- phyten sehr feuchter Klimate, namentlich der Tropen. Doch ist mit dieser Feststellung das Auftreten und die Verbreitung dieser Organe keineswegs erklärt, da sie auch zahlreichen, unter anderen Verhältnissen lebenden Pflanzen zukommen. Vielleicht dienen die Hydathoden daher auch allgemeineren, nicht in Beziehung zu klimatischen Verhältnissen stehenden Bedürfnissen der Pflanze. Besonders auffallend muß das Auftreten dieser Organe zur Ausscheidung flüssigen Wassers natürlich sein bei Pflanzen, denen wir einen xerophilen Habitus zuzusprechen gewohnt sind, wie bei Tillaea moschata auf Kerguelen. Diese Pflanze gehört überhaupt zu einer Familie, deren Vertreter durchweg sukkulent sind und in welcher dennoch Hydathoden sehr verbreitet sind (bei Arten von Bryo- phyllum, Crassula, Kalanchoe, Rochea, Sedum, Umbilicus ?)). Einen schwach sukkulenten Charakter zeigt auch eine zweite von den drei Landpflanzen Kerguelens, Ranunculus trullifolius, welcher, wie gesagt, ebenfalls durch den Besitz von Wasserspalten ausgezeichnet ist. Dies legt vielleicht den Gedanken nahe, daß speziell die Strand- bezüglich Salzpflanzen einen Vorteil durch die Hydathoden haben könnten. i Es ließe sich denken, daß die Halophyten imstande sind, dem Bodenwasser für sie nützliche Bestandteile zu entziehen, das im Übermaß vorhandene schädliche ‚Salz‘ aber, im Wasser gelöst, durch die Wasserspalten wieder auszuscheiden. Zu den typischsten Salzpflanzen der Erde gehören die Tamaricaceen. Gerade in dieser Familie (bei Tamarix articulata, Reaumuria hirtella) sind Salz- ausscheidungen beobachtet worden °); ebenso auch bei anderen Pflanzen der Salzsteppen und Meeresküsten (Frankenia-Arten, Hypericopsis Persica und Statice-Arten) *). Und es ist bereits die !) Pflanzengeographie S. 23. *) SOLEREDER, H.: Systematische Anatomie der Dieotyledonen. Stuttgart 1899. S. 363. °) VoLKENSs, G.: Die Flora der ägyptisch-arabischen Wüste. 1887. S. 27 fi. Marrorm, R.: Zur Bedeutung der Salz abscheidenden Drüsen der Tamariseineen. Ber. d. d. Bot. Ges. Bd. V, 1887. *) KERNER: Pflanzenleben. 2. Auflage. Bd. 1, S. 226. Wertn, Vegetation. 24] u Ansicht ausgesprochen worden, daß am wahrscheinlichsten wohl durch die Salzausscheidung in erster Linie eine zu reichliche Salzanhäufung in der Pflanze vermieden werden soll). Daß unter dieser Voraussetzung solche „Salzdrüsen“ den Strandpflanzen von großem Werte sein müssen, ist einleuchtend. In diesem Sinne ist aber vielleicht überhaupt die weite Verbreitung von Hydathoden zu ver- stehen, indem dieselben die Funktion haben, in schädlichem Übermaß angesammelte Stofle aus dem Pflanzenkörper zu entfernen. Bei den extremen Hygrophyten mag es das Wasser an sich sein, welches durch Überfüllung des grünen Gewebes die Aufnahme der Nährsalze erschweren und so das Leben der Pflanze in ungünstiger Weise beeinflussen wird. In den meisten Fällen vielleicht dürften es aber vielmehr die in dem ausgeschiedenen Wasser gelösten Stofle sein, auf deren Beseitigung es ankommt. Nur so sind z. B. verschiedene Einrichtungen zu verstehen, welche augenscheinlich nur die Wirkung haben können, daß unter den Wasserspalten sich sammelnde Wasser vor seinem Aus- tritt vor Verdunstung zu schützen. Es sind hierher zu rechnen Lagerung der Wasserspalten in Vertiefungen (Oxalis Ortgiesii) ?), Behaarung der die Hydathoden führenden Blattzahnspitzen (Alchemilla), Verdickung der Epidermiszellwände über den Drüsen (Ranunculus trullifolius); beson- ders häufig jedoch scheint die die Hydathoden bedeckende Oberhaut durch Anthokyan gefärbt zu sein ?). Weiter unten habe ich darzulegen versucht, daß auch dieser Farbstofi als ein Schutz- mittel gegen übermäßige Transpiration anzusehen ist. Während meistens das aus den Spalten gepreßte Wasser alsbald in Tropfenform abrollt, bleibt es in manchen Fällen auf den Blättern zurück, verdunstet und scheidet die gelösten Stoffe (Salz, Kalk) als kleine Krusten oder ‚‚Tüpfelchen“ über den Drüsen ab. Diese letzteren sind ebenfalls geeignet, das darunter in den Interzellularen des Epithemgewebes angesammelte Wasser vor Verdunstung zu schützen °®), bis es durch den Blutungsdruck nach außen gepreßt worden ist. Die Ausscheidung flüssigen Wassers unterscheidet sich in ihrer physiologischen Bedeutung von der Verdunstung durch die gewöhnlichen Spaltöffnungen dadurch, daß bei der Tropfenausscheidung auch gelöste (mineralische oder organische) Substanzen mit ausgeschieden werden können. Dieser Effekt wird zweifellos erhöht, wenn durch besondere Einrichtungen eine vorzeitigen Verdunstung des Wassers in den Hydathoden verhindert oder erschwert wird. Im folgenden sei nur noch kurz einiger Einrichtungen bei den Kerguelenpflanzen gedacht, welchen vielleicht eine wasseraufnehmende Funktion zuzuschreiben ist. Bei Arzorella Selago findet man bei einigen Stöcken die innere Blattfläche mit langen Haaren oder Borsten besetzt (Fig. 12). Diese stehen zu wenig dicht, als daß man an einen Verdunstungsschutz denken könnte, sind im Gegenteil ganz zerstreut. Gewöhnlich trägt jeder Blattzipfel zwei Haare auf der Mittelrippe und die größeren, mittleren, Zipfel, außerdem noch je eins seitlich der Mittelrippe; doch sind auch andere Gruppierungen zu beobachten. Es fiel mir auf, daß die Ausbildung dieser Haare auf den Blättern bei solchen Exemplaren geschehen zu sein pflegte, die in engen, keinen nennens- 1!) HABERLANDT, G.: Physiologische Pflanzenanatomie. 4. Aufl. S. 454. — MarLoTH a. a. 0. S. 324. 2) Vgl. KErNER a. a. 0.,S. 354. °®) Vgl. auch VoLkens a.a. O. und MaARLoTH a. a. O. 349 Deutsche Südpolar-Expedition. werten Erdboden fassenden Felsspalten wuchsen, wohingegen bei solchen Pflanzen, die in breiteren, Erde enthaltenden, Spalten, eingewurzelt waren, die Haare nicht ausgebildet zu sein pflegten. Es ist daher vielleicht anzunehmen, daß die haarartigen Gebilde Tau und Regentropfen aufzunehmen und dadurch das an den Wurzeln fehlende Wasser zu ersetzen imstande sind. Die Borsten auf den Blättern von Azorella sind etwa 2 mm lang, zugespitzt, und im spitzen Winkel zur Blattfläche aufwärts gerichtet. Sie bestehen aus starren, langgestreckten, faserförmigen Elementen, die auf der Unterseite unmittelbar aus der Blattfläche in die Borste übergehen, während in dem oberen Winkel an der Basis des Haargebildes mehrere Lagen läng- licher Zellen sich befinden. Schon TERNETZ!) bemerkt, daß unterhalb der Trichome auf die Epidermis zunächst ein bis vier Schichten polyedrischer Fig. 12. BANN en Zellen mit verdickten Wänden folgen, und erst unter diesen das Palissaden- Blatt von Azorella Selago; parenchym wieder zur Entwicklung kommt. öfache natürliche Größe. Bei Galium antarcticum fand MARDNER?) am Grunde der Blätter keulenförmige „Drüsenzotten“. Ihre Stellung in den tiefsten Partien des Blattquirls wäre wohl geeignet, in letzterem festgehaltene Regentröpichen aufzusaugen. Doch ist die Funktion der Ge- bilde noch unbekannt. Wie in den schalenförmigen Blättern der heimischen Rosacee Alchemilla vulgaris, ‚„‚Taubecher‘“ °), so bleiben auch auf und zwischen den in der Mittelrippe zusammenneigenden Blättchen der Acaena adscendens auf Kerguelen Wassertropfen (Regen) liegen und lassen sich ohne Benetzung glatt ab- schütteln. Ob Acaena befähigt ist, einen Teil solchen Wassers aufzusaugen, oder ob durch das Zurückhalten des letzteren andere Vorteile erreicht werden, wie etwa Schutz gegen weidende Tiere, ist schwer zu sagen °). D. Anatomische Struktur der Kerguelenpflanzen, namentlich in ihrer Beziehung zum Klima (nebst morphologischen und systematischen Bemerkungen). 1. Die Dicotylen und Farnpflanzen. Über die Anatomie der Kerguelenpflanzen liegen außer einem diese Verhältnisse behandeln- den Kapitel in dem wiederholt zitierten Werke von SCHENCK über die Pflanzengeographie der sub- antarktischen Inseln eingehendere Untersuchungen vor von ÜH. TERNETZ !) und W. MARDNER °). Allen drei Arbeiten hat das von SCHIMPER gesammelte Material zugrunde gelegen. Es sei betrefis weiterer Einzelheiten ein für allemal auf diese Publikationen hingewiesen. Azorella Selago Hookx-rır. (Fig. 15). Die dicht schuppenförmig die Zweige umhüllenden Blätter sind hart, lederig. Die Spreite ?) Die Phanerogamenvegetation der Kerguelen inihren Beziehungen zu Klima und Standort. Baseler Dissertation, Mainz 1902, S. 28 u. Fig. 11. 3) KERNER von Marıtaun: Pflanzenleben, Bd. I, S. 221 und 401. 4) TERNETZ, Cn.: Morphologie und Anatomie der Azorella Selago, Botan. Zeitung, 1902. 5) MARDNER, W.: Die Phanerogamenvegetation der Kerguelen. Baseler Diss., Mainz 1902. Wertn, Vegetation. 243 Der anatomische Bau des Blattes (Taf. XXII Fig. 3) ist dorsiventral. Unter der oberen Epi- dermis folgt ein mehrschichtiges Palissadengewebe !) und darunter, ohne besonders scharf aus- geprägte Grenze, ein ungefähr ebenso dickes Schwammparenchym. Durch einen ausgedehnten Luftraum ist das letztere von der subepidermalen Zellage des Mesophylis getrennt, welche mit der unterseitigen Blattepidermis fest verbunden scheint. Alle Mesophylizellen sind zartwandig. Die Zellen der Epi- dermis haben ringsum etwas verdickte Wandungen und eine starke Cuticula. Die Festigung des Blattes wird daneben wesent- lich durch Sklerenchymstränge bewirkt, welche je einer in jeder Blatt- bzw. Blattzipfelkante so- wie einer in der vorgewölbten Mittellinie des Blattzipfels ver- laufen. Außerdem führt dasmitt- lere Gefäßbündel des Zipfels auf der Oberseite Sklerenchym. Die- ses vereinigt sich weiter rück- wärts im Blatte mehr oder weniger vollständig mit dem Sklerenchymteil darüber zu einer senkrechten Verstärkungsleiste. Spaltöffnungen befinden sich in großer Menge auf der Blatt- oberseite, unterseits fehlen sie fast ganz. An der Unterseite der Gefäßbündel des Blattes Fig. 13. Azorella Selago. Oben Teil aus einem Polster, die Art der Verzweigung zeigend; unten links zwei ganz junge Polsterpflänzchen; rechts bei schwacher Beleuchtung gewachse- Bei den Schattenblättern nes Exemplar ohne Polsterform; reichlich '/, der natürlichen Größe. verläuft je ein Sekretgang. von Azorella fehlt nach TERNETZ die mediane Sklerenchymplatte auf der Oberseite, „was oflenbar eine sehr zweckmäßige Ein- richtung ist, indem aller verfügbare Raum dem Assimilationsgewebe erhalten bleibt“. Sonst sind die Abweichungen im anatomischen Bau weit geringer, als in der äußeren Gestalt (a. a. 0. 8.9). In den jüngeren Zweigen von Azorella Selago bilden auf dem Querschnitt die Gefäßbündel, deren Holzteile besonders hervortreten, zunächst einen lockeren, von breiten Markstrahlen durch- brochenen Ring, der ein ziemlich kleines, zentrales Mark umschließt und selbst wieder von einem mächtigen Mantel großzelligen Parenchymgewebes umgeben wird. Dieses ist von großen unregel- 1) Nach TERNETZ (a. a. 0. S. 8) werden die Elemente der innersten Palissadenschicht fast ausschließlich zu Sammel- zellen umgestaltet. 944 Deutsche Südpolar-Expedition. mäßigen Lücken durchbrochen und führt in seinem äußersten, geschlosseneren Teile einen Kranz von Sekretgängen. Das Ganze wird von mehrschichtigem Periderm umschlossen. In etwas älterer (vielleicht vierjähriger) Sproßach:e (Tafel XXII Fig. 5) stehen bei im übrigen noch wenig ver- änderter Struktur die Holzteile dichter aneinander, so daß die Markstrahlen eng und zusammen- gedrückt erscheinen. Jahresringbildung ist nicht zu erkennen. Bei weiterem Dickenwachstum entsteht bald (in etwa 21; mm dicker Achse) ein einheitlicher, fester, ein kleines Mark um- schließender Holzstrang, in dem die Gefäße dicht beieinander verlaufen und Markstrahlen nur schwer mehr zu erkennen sind. Gleichzeitig haben die Lücken im Rindengewebe sich enorm vergrößert, so daß nur noch mehr oder weniger gebogene, radıal wie Radspeichen zum Periderm verlaufende Stränge davon übrig geblieben sind (Taf. XXII Fig. 6). Bei erheblich älteren (über % em dicken) Achsenteilen beginnt der Holzkörper zu zer- bersten, wie es scheint in der Regel zunächst durch einen einfachen, halbierenden Spalt; später (bei mehr als 8 mm starken Achsenteilen) jedoch ist der Holzkörper vielfach, aber mehr oder weniger radial zerspalten oder zerklüftet, stellt aber trotzdem noch deutlich einen einheitlichen, runden Zentralstrang dar. Bilder, wie sie TERNETZ (a. a. O.) in Fig. 3 und 4 beispielsweise gibt, habe ich nicht beobachten können. Es ist mir nicht gelungen, die sekundären Holz- und Bastkörper an den radialen Spalten des ursprünglichen Holzkörpers nachzuweisen. Ich sehe vielmehr die Gefäße des Holzkörpers an jüngeren wie an älteren Spalten bis unmittelbar an diese herantreten, und nirgends die einzelnen „Holzplatten‘‘ ganz von „Bast“ umfaßt (Taf. XXII Fig. 7 u. 8). Da mir bei Unter- suchung der älteren Stadien nur getrocknetes Material zur Verfügung stand, so möchte ich hier nur hervorheben, daß es mir vorläufig unmöglich ist, die Darstellung von CH. TERNETZ mit dem, was meine Präparate mir zeigen, in Übereinstimmung zu bringen. Nach TERNETZ beginnt in 5—6 mm dicken Achsen ein anomales Dickenwachstum, indem der Holzkörper durch in den Markstrahlen entstehende Spalten zerklüftet wird und die hier vorhandenen Zellen ein Dilatationsparenchym bilden. Jeder Holzkomplex wird von Cambium umgeben, das nach dem Holz zu neues Holz und nach der Spalte zu sekundären Bast erzeugt. Der Vorgang wieder- holt sich bei weiterer Zerklüftung und schließlich sind in der Hauptachse zahlreiche Holzstränge vorhanden, die von breiten Bastzonen umgeben Fig. 14. Colobanthus kerguelensis. sind. Bei der älteren Wurzel tritt dasselbe anomale Zwei kleine Polster in natürlicher Größe. Diekenwachstum ein. Colobanthus kerguelensis Hoox-rır. (Fig. 14). Die Pflanze bildet kleine, nicht besonders dichte Polster, indem vom oberen Ende der tief- reichenden Wurzel mehrere, einem kleinen Sempervivum ähnelnde, Blattrosetten tragende Stämmchen abgehen. Die Wurzel ist außerordentlich fest gebaut. Ein Mark fehlt zumeist; der zentrale Holzkörper nimmt reichlich die Hälfte des Durchmessers ein und führt schwach radial WerrH, Vegetation. 245 angeordnete Gefäße und Vasalparenchym mit verdiekten Zellwänden. Die sekundäre Rinde wird durch stark sklerenchymatisch ausgebildetes Gewebe aus tangential gestreckten, nach außen hin an Größe zunehmenden Zellen gebildet und von einer Korkschicht bedeckt. Die primäre Rinde ist nur noch bei ganz jungen Wurzeln vorhanden und wird bald abgestoßen. In der oberirdischen beblätterten Achse bilden auf dem Querschnitte das Holz und die sekun- däre Rinde einen geschlossenen Ring, welcher ein geräumiges, aus großen gerundeten Zellen bestehendes Mark einschließt. Die Holzgefäße sind in radiale Reihen ohne Unterbrechung durch Markstrahl- gewebe angeordnet. Der Zentralzylinder wird von der Endodermis, dem namentlich im äußeren Teile sehr großlumigem Gewebe der primären Rinde und einer einfachen Epidermis umgeben. Die kleinen Blätter (Taf. XXI Fig. 15) sind kahl, spitzlanzettlich; sie sind gegenständig und paarweise mit dem Blattgrunde verwachsen. Der obere, freie Teil des Blattes ist dicklich und zugespitzt. Die steife, lederige Beschaffenheit des Blattes wird lediglich durch die Wandverdickung der Epider- miszellen beider Seiten bewirkt; an den Blattkanten springen die beiderseitigen Epidermen, sich un- mittelbar aufeinander legend, vor und bilden eine, schon ohne Mikroskop als heller Blattsaum erkenn- bare Verstärkung. Die Blattoberseite führt zahlreiche Spaltöffnungen, die gewölbte Unterseite nur in der Nähe des Randes. In der oberen Blatthälite ist das Mesophyll palissadenartig ausgebildet, jedoch von kleinen Interzellularen durchsetzt; das Palissadengewebe greift am Blattrande etwas auf die Unterseite über. Das Schwammparenchym ist gut durchlüftet und schließt gegen die Blatt- unterseite, ganz wie bei Azorella, mit einem breiten Luftraume ab, während sich an die Innenseite der unteren Epidermis eine Lage von lückenlos aneinander schließenden Zellen dicht anlegt. Im Mesophyll zerstreut liegen Kalkoxalatdrüsen in etwas vergrößerten, runden Zellen. Lyallia kerguelensis Hoox-rır. (Fig. 15). Lyallia gehört zu den ausgesprochensten Polstergewächsen. Die dicht mit den Schuppen- blättern besetzten jüngsten Zweige zeigen folgendes Querschnittsbild: Etwa ein Drittel des Durchmessers bildet ein lockeres, zahlreiche Calciumoxalatdrüsen führendes Markgewebe. Es wird umgeben von einem Ring von Gefäßbündeln, deren Holzteile sehr reich an weitlumigen Gefäßen sind. Das Gewebe des Pericykels gleicht dem des Markes und enthält ebenso Kristalldrusen ein- gestreut. Dann folgt nach außen das gleichmäßigere und dichtere Gewebe der primären Rinde mit verdickten Wandungen der Zellen und schließlich ein mehrschichtiges Periderm. In älteren Achsen wird ein Cambiumring deutlicher und es findet normales Diekenwachstum statt, ohne Hervortreten von Jahresringen. Die Wurzel von Lyallia ist sehr hart. Bei einer solchen von etwa 11% mm Dicke ist ein deut- licher Cambiumring vorhanden; ein zentrales Mark fehlt, so daß der Holzteil einen einheitlichen festen Zentralstrang bildet, der radial von Markstrahlen zerklüftet wird. Letztere bestehen, wie das Gewebe des Pericykels, aus großen rundlichen Zellen. Die Schuppenblätter (Taf. XXI Fig. 11) der Zyallia sind ungeteilt. Die Blattepi- dermis zeigt stark verdickte Zellwandungen, zumal auf der Außenseite. An den Blattkanten liegen ähnlich wie bei Azorella je ein Sklerenchymstrang, und die beiderseitigen Epidermen springen, sich aneinanderlegend und einen derben Saum bildend, an den Blatträndern vor. Außer- dem verlaufen bei Lyallia große Bastrippen, eine in der Blattmitte und je eine auf jeder Seite unter Deutsche Stdpolar-Expedition. VIII. Botanik. 239 946 Deutsche Südpolar-Expedition. den drei Gefäßbündeln. Das Assimilationsgewebe zeigt starke Durchlüftung durch große Inter- zellularen und ist nicht in Palissaden- und Schwammparenchym differenziert. Jedoch ist das in der oberen Blatthälfte gelegene Mesophyll durch regelmäßigere, chlorophyllreichere Zellen aus- a Fig. 15. Lyallia kerguelensis. Links eine ganz junge Pflanze mit sieben Zweigen, in der Mitte eine etwas ältere Pflanze, die bereits ein kleines Polster bildet, rechts zwei Teile aus einem ausgewachsenen Polster, die Art der Verzweigung zeigend; ungefähr °/) der natürlichen Größe. gezeichnet. Im Mesophyll sind große Calciumoxalatdrüsen zer- streut. Die Spaltöffnungen fin- den sich reichlich auf der Blatt- oberseite, auf der Unterseite scheinen sie gänzlich zu fehlen. * * Die drei Polsterge- wächse: Azorella Selago, Ly- allıa kerquelensis und Colobanthus kerguelensis haben auch in der anatomischen Struktur manche gemeinsamen Züge. Die kleinen, harten Blätter ermöglichen ihre schuppenartige Anordnung und Stellung durch reichliche Ver- steifung. Diese wird einmal durch verdickte Epidermen bewirkt; dann treten aber trotz der Klein- heit der Blätter noch andere Hilfsmittel hinzu: Charakteristisch ist die Verstärkung der Blatt- kanten, die bei Azorella durch Sklerenchymstränge, bei ('oloban- thus durch Vorspringen der beider- seitigen Epidermis und bei Zyallia durch diese beiden Mittel zusam- men erreicht wird. Bei letztge- nannter wie bei Azorella ver- laufen weitere Sklerenchymbündel in Begleitung der Hauptnerven durch das Blatt. Die Spalt- öffnungen befinden sich bei allen drei Arten vornehmlich auf der geschützteren Innen-(Ober-) Seite der Blätter. Hierdurch wie durch die erwähnte Verdiekung der Oberhaut wird ein Schutz gegen zu starke Transpiration gewährt. So gibt auch der anatomische Bau den Blättern der Polstergewächse ein xerophiles Gepräge. Im übrigen ist bei allen drei Arten die starke Durch- lüftung des Mesophylis zu erwähnen. Was die anatomische Struktur der Achsenorgane angeht, so sind alle drei Arten durch besonders festen Bau der Wurzel ausgezeichnet. WERTH, Vegetation. 947 Pringlea antiscorbutica R. Br. (Fig. 16). Die Pflanze trägt an der Spitze der meist einfachen, seltener verzweigten Hauptachse eine salatkopfähnliche Blattrosette.e Die Form der Blätter ist außerordentlich variabel: spatelig- keilförmig, gerundet, breit-lanzettlich oder lanzettlich, MArRDNER erwähnt, daß reduzierte Indi- viduen schmale, lanzettliche Blätter besitzen; ich sah umgekehrt an der kleinen, gedrungenen, nur Zwerg- früchte erzeugenden Pflanze die kür- zesten, fast kreisrunden Blätter. Die jungen Blätter scheinen stärker zu variieren als die vollkommen ausge- wachsenen. Im folgenden gebe ich den Vergleich eines solchen jungen Blattes von Possession-Insel (der Crozet-Gruppe) = I und von Ker- guelen = II: I Oberseite dicht mit Spalt- öffnungen und ziemlich dicht mit einzelligen, spitzkegelförmigen Haaren versehen. Unterseite ebenfalls mit Spaltöffnungen versehen und noch dichter behaart als oben. II Oberseite dieht mit Spalt- öffnungen versehen, ohne Haare. Unterseite ebenfalls mit Spaltöfinun- gen und ohne Haare. Blattrand bei II behaart, und zwar viel länger als bei I, aber lange nicht so dicht wie dort. Der Blatt- rand hat bei II an den Endigungen der größeren Gefäßstränge kleine gelbe Ausbuchtungen (Hydathoden). Diese fehlen bei I, mit Ausnahme der Blattspitze, wo eine solche vor- handen. Bei II ist die Mittelrippe der Blätter an ihrer Spitze nicht oder Fig. 16. Pringlea antiscorbutica. Etwa 25 Jahre alte Pflanze mit dem fleischigen Stamm und vier Frucht- ständen. Daneben der Verfasser zum Vergleich der Größenverhältnisse. kaum mächtiger als die übrigen in die erwähnten gelben Ausbuchtungen auslaufenden größeren Stränge, während bei I die Mittelrippe ganz entschieden bevorzugt erscheint. Bei den äußeren (älteren) Blättern der Kerguelenpflanze treten die gelben Ausbuchtungen mehr und mehr zurück, der ganze Rand von der breitesten Stelle des Blattes aufwärts zur Spitze 29 5} 248 Deutsche Südpolar-Expedition. erhält eine trübrote Färbung; die Form der Blätter ist nicht mehr so breit spatelförmig, sondern schmaler und zugespitzt. Die erheblichen Unterschiede zwischen den Pringlea-Blättern von den Crozets einerseits und von Kerguelen andererseits lassen vielleicht vermuten, daß auf den beiden Inselgruppen die Gattung durch verschiedene Varietäten oder geographische Arten vertreten wird; ähnlich wie manche Tiere, z. B. die Gattung Chronis, in verschiedenen, sich nahestehenden Arten die beiden Gebiete bewohnen. Nicht immer jedoch weicht das Kerguelenblatt so stark von dem der Crozets ab. So sind die Blattflächen auf Kerguelen nicht immer ganz kahl. An einem Stock fand ich z. B. außer der zottigen Randbehaarung einen schmalen, behaarten Randstreifen und zerstreute, kaum bemerk- bare Haare auf der übrigen Blattoberseite, namentlich in dem Mittelfelde, da, wo der Stiel in die Spreite übergeht, noch ehe die Stränge sich trennen; auf der Unterseite war die Behaarung noch stärker und ließ nur allmählich nach der Mitte des Blattes ab. Die erörterten gelben Höckerchen (Ausbuchtungen) am Blattrande waren an den ausgewachsenenBlättern nicht zu bemerken, an jüngeren höchstens an der Spitze. Die Form des ausgewachsenen Blattes war breit-lanzettlich. Bei einem anderen Stocke traf ich jedoch ganz kahle, also auch am Rande unbehaarte Blätter an von gleicher oder ganz ähnlicher Form. Der Blattrand war hier, bei den größeren Blättern wenig- stens, dunkelviolett, und an der Blattspitze war ein scharf gelb hervortretendes Höckerchen. Auch die jungen Blätter dieses Stockes waren ganz kahl und dieseitlichen Höckerchen kaum wahrnehmbar. Die ersten Blätter der Keimpflänzchen des Kerguelenkohles besitzen einen langen Blattstiel und rundlich-spatelförmige Spreite (vgl. Fig. 7 und 8 auf Seite 113 und 114 dieses Bandes). Auch bei großen, ausgewachsenen Exemplaren kommt es vor, daß der breite „Stiel“ länger als die Spreite des Blattes ist. Ein solches Blatt, welches im ganzen 22,7 cm Länge mißt, läßt schon im ‚Stiel‘ außer dem medianen zwei Nerven unterscheiden; in der Spreite finden dann weitere Teilungen statt, so daß hier außer dem Mittelnerv jederseits drei bis fünf Hauptnerven gezählt werden können, die jedoch nicht scharf von weiteren Verzweigungen zu unterscheiden sind. Die Epidermis des Pringlea-Blattes (Taf. XXII Fig. 9) ist auf beiden Seiten gleich gebaut. Ihre Zellen besitzen ringsum verdickte Wandungen, ganz besonders aber auf der Außenseite; die Außen- wandung ist etwa dreimal so dick als die seitlichen und inneren Wandungen der Epidermiszellen. Beide Blattseiten sind reichlich mit Spaltöffnungen versehen. Das jugendliche Blatt ist deutlich dorsiventral gebaut, indem fast die ganze obere Blatthälfte von einem Palissadenparenchym eingenommen wird, während darunter ein sehr große Lufträume einschließendes Schwammparenchym vorherrscht. Das ältere Blatt nimmt mehr und mehr isolateralen Charakter an, indem die großen Luftlücken schließlich auch die obere Hälfte des Blattquerschnittes durchsetzen und bis nahe an die obere Epidermis heranrücken. Die Zellstränge des Schwammparenchyms laufen dann mehr oder weniger radial gegen die Gefäßbündel zusammen, dadurch deutlich ihre Rolle als „Zuleitungsgewebe‘“ !) verratend. Die wasserpflanzenartige Struktur des Blattparenchyms steht wohl in Beziehung zu der Luft- feuchtigkeit der bevorzugten Standorte der Pringlea. Die annähernde Isolateralität des Blattes entspricht der schräg aufrechten Stellung desselben. Die Dorsiventralität des jungen Blattes, die 1) Hagerranr: Physiologische Pflanzenanatomie. 4. Aufl. (1909). S. 260. Werrtn, Vegetation. 249 sich nach MARDNER (a.a.O. 8.13) auch bei den kleineren sitzenden Blättern des Blütenstengels findet, ist als phylogenetisch ältere Form aufzufassen und entspricht zweifellos keiner besonderen Funktion dieser Blätter. Die Blätter der Pringlea sind trotz der lockeren Beschaffenheit des Mesophylis ziemlich steif und lederartig. Dies wird durch die mit verdieckten Zellwänden versehene Epidermis ermöglicht; außerdem ist der Blattrand durch Lagen oder Gruppen von mechanischen Zellen, die zumal unter den der Epidermis eingefügten einzelligen Haaren auftreten, noch besonders verstärkt. Die Blattfläche von Pringlea wird in der Regel von 9 Hauptnerven durchzogen. In der Spitze oder außerdem auch an verschiedenen Stellen des Randes beim jungen Blatte endigen die Nerven, pinselförmig sich auflösend, unter einem Polster von kleinen, gerundeten chlorophyllosen Zellen, welches die erwähnten Ausbuchtungen oder Höckerchen bildet. Es liegen hier typische Epithem- Hydathoden vor (Textfigur 11, a); das Vorhandensein von Wasserspalten wurde bereits von MARDNER nachgewiesen. Mit dem Größerwerden des Blattes macht sich eine deutliche Tendenz zum Schwinden dieser Hydathoden bemerkbar; im erwachsenen Blatte fehlen sie ganz oder finden sich höchstens noch an der Spitze. Der fleischige, ausdauernde Stamm (Hauptachse) der Pringlea (Fig. 16) ist bei größeren (älteren) Pflanzen meist niederliegend;; er zeigt dieNarben der Blütenschäfte früherer Jahre und geht nach unten in die wenig verzweigte Wurzel über. Der Stamm ist meist einfach, seltener zeigt er Verzweigungen. Da Pringlea nur einmal im Jahre blüht, so gibt die Zahl der Blütenstandsnarbenkreise am Stamme das Alter der Pflanze an (vgl. S. 174 dieses Bandes). Die Länge bzw. Höhe des Stammes großer (alter) Pringlea-Exemplare maß ich beispielsweise zu 97 und 125 cm; das Alter des ersteren wurde auf etwa 24 Jahre geschätzt. Dieser Stamm hatte ungefähr an der dieksten Stelle einen Umfang von 24,5 cm; der besonders dicke Stamm einer anderen Pflanze einen solchen von 36 cm. Im obersten (diesjährigen) Stammteile mehrjähriger Pflanzen ist das Parenchym zumal das der Rinde sehr stärkereich. In den älteren, tieferen Stammabschnitten ist die Stärke verschwunden. Der jüngste oberste Stammteil führt, in radialer Richtung sehr gestreckte, Gefäßbündel, die häufig im Vasalteil sich innen zu zweien vereinen. Der Pringlea-Stamm hat fast denselben Umfang unten wie oben; meist ist er wohl oben noch am dicksten; das Diekenwachstum der unteren Stammteile ist nicht sehr bedeutend, wenigstens nicht im Bereiche des Gefäßteiles. Den Hauptteil des Stammquerschnittes nimmt das Mark ein. Die Jahresringe sind meist sehr unscharf ausgeprägt; unter dem Mikroskop sieht man zuweilen zwischen den Anhäufungen der Gefäße zweier Jahre eine Partie ganz ohne weitlumige Gefäße (Taf. XXI Fig. 3); in diesem Falle ist der Jahresring bei schwacher Lupe und bloßem Auge deut- lich hervortretend. Meist stoßen jedoch die weitlumigen Gefäße eines Jahreszuwachses direkt an die des folgenden und vorhergehenden, und jeder Jahreszuwachs ist unter dem Mikroskop nur durch Häufung dieser Gefäße gekennzeichnet (Taf. XXI Fig. 2). Der Cambiumring ist deutlich aus- geprägt. In der Rinde ist das Diekenwachstum gering. Die- radialen Siebteile erfahren im sekun- dären Zuwachs nur eine schwache Ergänzung, so daß die Zugehörigkeit zu dem entsprechen- den Gefäßstrahl nicht immer deutlich hervortritt. Zwischen den primären Siebteilen treten radiale und weiter außerhalb unregelmäßig geformte Lücken auf. Diese Lücken sind kleiner 350 Deutsche Südpolar-Expedition. als die in der Wurzel sich bildenden (siehe weiter unten); wie denn die Stammrinde auch fester erscheint, als die der Wurzel. Der Keimlingswurzel von Pringlea fehlt der zentrale Markkörper noch vollständig. Etwa das innere Drittel eines solehen im ganzen gut 3 mm Durchmesser habenden Würzelchens wird von dem Holze eingenommen, welches aus radialen Gefäßpartien mit weitlumigen Gefäßen und dazwischen gelegenen, sehr breiten Markstrahlen besteht. Außerhalb des Cambiumringes sind radiale Sieb- teile zwischen rund- und großzelligem Gewebe gelegen. Beide sind im peripheren Teile der Rinde verbogen, und es treten zunächst radiale, weiter außen tangential umgebogene Lücken da- zwischen auf; an der Grenze gegen die primäre Rinde ist schließlich eine tangentiale Zone zahl- reicher Gewebslücken vorhanden. Das Ganze wird von mehrschichtigem Periderm fest um- schlossen. Die ältere Wurzel hat im wesentlichen denselben Bau bis auf ein zentrales Markgewebe (MARDNER a.a.0. Fig. 5). Letzteres macht bei einer mehrjährigen Wurzel fast den Hauptteil des Querschnittes aus. Jahresringbildung ist an der fleischigen Wurzel ungefähr ebenso deutlich ausgeprägt als beim Stamme. Der oberirdischen Achse entspringen am Grunde des Blattkopfes als axilläre Sproßachsen zu 3—6 Stück die Blütenschäfte. Diese sind zwar meist, aber nicht immer, wie MARDNER meint, unverzweigt; nicht selten ist die Blütenstandsachse gegabelt (Fig. 16); ein Exemplar sah ich sogar dreifach gabelteilig. Auf dem Querschnitte der Blütenstandsachse (Taf. XXI Fig. 1) bilden die Gefäßbündel, nahe aneinander liegend und zwischen Sieb- und Vasalteil einen zusammenhängenden Holzring bildend, einen Kreis, welcher ein sehr großes Mark ein- schließt. Der flache Siebteil wird nach außen von einer Sklerenchymlage umgrenzt. Es folgt dann weiter nach außen eine Stärkescheide und die primäre Rinde. Die Epidermis ist dick- wandig und mit starker Cutieula versehen. Etwa 4-5 unter der Epidermis liegende Zell- reihen der Rinde schließen ziemlich dicht zusammen. Das übrige lockere, mit großen Luft- räumen durchsetzte Gewebe der dicken, primären Rinde gewährt letzterer eine schwammige Struktur. Ganz ähnlich ist das ungefähr zwei Drittel des Achsendurchmessers einnehmende Mark struiert. Der Holzring ist jedoch sehr fest und verleiht den für eine Kerguelenpflanze riesigen Blüten- bzw. Fruchtstandsachsen die nötige Biegungsfertigkeit. Im Holzringe der Blütenstands- achse liegen Gruppen dicht zusammenschließender weitlumiger Gefäße, die hin und wieder un- mittelbar an die primären Vasalteile anschließen. Der Blütenschaft von Pringles ist nicht einjährig, wie MARDNER sagt, sondern zweijährig. Im Hochsommer sind die nächstjährigen Blütenstände schon angelegt, und am Ende des Sommers stellen diese bereits etwa 10 cm lange Sprosse dar (Taf. XXIV Fig. 28), deren untere Blüten schon vollkommen differenzierte Geschlechtsorgane zeigen. Rinde und Mark der erstjährigen Blüten- standsachsen sind noch weniger locker gebaut. Die Interzellularen sind weniger groß, und in den sie trennenden Zellsträngen liegen meist mehrere Zellreihen nebeneinander, während sie bei den zweijährigen Schäften gewöhnlich nur als einfache Zellschnüre auf dem Querschnitt erscheinen. Der Holzring fehlt im ersten Jahre noch vollständig, und mit ihm die sekundären Gefäßgruppen, welche im ausgewachsenen, zweijährigen Blütenstandschafte zuweilen einigermaßen deutlich einen Jahresring markieren. EA WErTH, Vegetation. 251 Anatomisch bemerkenswert ist noch die Samenschale von Pringlea wegen des ihr eigenen Schwimmgewebes (Taf. XXV Fig. 28), über das weiter unten nähere Angaben gemacht sind. Daß Pringlea antiscorbutica ein brauchbares Gemüse abgibt, ist seit Ross’ Zeiten bekannt. Die Blätter bilden roh, als Salat zubereitet, ein reichlich scharf (Senföl) schmeckendes Gericht, das in Menge genossen Leibschmerzen oder Verdauungsbeschwerden hervorrief. Besser bekömmlich sind die Blätter augenscheinlich im gekochten Zustande, wo sie einen dem Wirsingkohl ähnlichen Geschmack haben. Besondere Aufmerksamkeit möchte ich aber auf die stärkereiche Achse der größeren Pflanzen lenken, deren Mark gekocht im Geschmack an Schwarzwurzeln erinnerte. Acaena adscendens Vaur. (Fig. 5). Der untere Teil des beblätterten Stengels ist schwach vierkantig. Im Zentrum befindet sich ein umfangreiches Mark mit (im Querschnitt) sechsseitigen, reichlich Stärke führenden Zellen. Das Mark wird von einem fast geschlossenen Holzringe umgeben, mit weitlumigen Gefäßen. Ein deutlicher Cambiumring trennt ihn von dem sekundären Bast aus unregelmäßigen, ziemlich großen Zellen. Dieser Bastring wird von einer ebenso dicken, etwa sieben Zellagen umfassenden braunen Korkzone umgeben. Bast und Kork zusammen sind ungefähr halb so breit als der Holzring. Zu- äußerst befindet sich eine von der Epidermis umgebene und aus etwa 5—15 Reihen kleinerer und größerer Zellen bestehende Rindenschicht; zahlreiche Zellen derselben sind mit Gerbstoff angefüllt. Auch im Periderm und Mark des Stengels finden sich Gerbstofizellen. Die vier je einen primären Gefäßkomplex führenden Kanten des Stengels bleiben zunächst vom Dickenwachstum ausge- schlossen; erst mit Abrundung des Stengels tritt ein gleichmäßiges Dickenwachstum ein. Acaena ist die einzige Pflanze auf Kerguelen, welche regelmäßigen Laubabfall im Herbste zeigt und welche in den älteren Achsen einigermaßen deutliche Jahresringe erkennen läßt. Der holzige Rhizomstamm bleibt lange lebend und wächst langsam in die Dicke; er besteht schließlich aus einem festen, dicken Holzkörper, der von dünner Rinde umgeben, von regelmäßigen radialen, Markstrahlen durchsetzt wird und ein kleines Mark einschließt. Ein etwa 18 mm im größten Durchmesser messender Stamm läßt ungefähr 17 Jahresringe erkennen und enthält ein knapp 2 mm starkes Mark. Die stärksten Rhizome von Acaena adscendens dürften vielleicht 20-—25 Jahre alt sein. An den Stellen der Insel, wo Acaena massenhaft auftritt, bilden die von den abgestorbenen Pflanzen lange erhalten bleibenden, daumendicken Holzstämme ein vorzügliches Brennmaterial. Das Teilblättchen des unpaarig gefiederten Blattes von Acaena adscendens hat eine in der Mittelrippe mehr oder weniger stark zusammengeneigte Spreite. Die Mittelrippe wird von schwach verdicktem Gewebe gebildet, welches nur wenig Chlorophyll führt, das Hauptgefäßbündel einschließt und gegen die beiderseitigen Epidermen mit je einer Zellage mit stärker verdickten Wandungen abschließt. Auch die übrigen größeren Leitbündel sind in ähnlicher Weise von sklerenchymatisch ausgebildetem Gewebe begleitet. Die Epidermis beider Blattseiten hat schwach verdickte, papillen- artig gewölbte äußere Zellwände. Die Spaltöffnungen sind eingesenkt und befinden sich auf beiden Blattseiten; sie werden durch zwei kleine Schließzellen ohne Nebenzellen gebildet. Einzellige, zugespitzte Haare von etwa doppelter oder dreifacher Länge der Blattdicke befinden sich gehäuft am Blattrande, im übrigen nur auf der Unterseite des Blattes. Die angeschwollene Basis der Haar- zelle wird von 6—8 Epidermiszellen, die sich kegelförmig emporwölben, umfaßt (Taf. XXI Fig. 12). 180} or DD Deutsche Südpolar-Expedition. Das Mesophyll ist bifazial gebaut. Es sind 2—3 Reihen Palissadenzellen vorhanden und ein etwa ebenso mächtiges Schwammparenchym. Häufig ist auf dem Querschnitte zwischen den Blattnerven die untere Epidermis mitsamt der nächsten Zellage, ähnlich wie wir es bei Azorella und Colobanthus sahen, von dem übrigen Mesophyll abgehoben, so daß ein großer, spaltenförmiger Luftraum gebildet wird. Der Blattrand erscheint auf dem Querschnitte durch einige Sklerenchymzellen verstärkt. Windform und Schattenform von Acaena adscendens zeigen in der mikroskopischen Struktur des Blattes keine irgendwie wesentlichen Unterschiede. Cotula plumosa Hook. Fır. (Fig. 7). Die Pflanze bildet einen krautigen, niederliegenden, ausläuferartigen Stengel, der unterhalb der aus ıhm hervorgehenden Blattschöpfe Faserwurzeln in den Boden sendet. Ungefähr die Hälfte des Stengelquerschnittes wird von der primären Rinde aus großen, gerundet-polyedrischen Zellen gebildet. Zwischen ihr und dem großen, gleichfalls aus großlumigen, polyedrischen Zellen bestehen- den Mark befindet sich ein schmaler Ring von Gefäßbündeln. Die Holzteile führen wenige englumige Gefäße; zu jedem Siebteil gehört ein außerhalb verlaufender, von etwa 5 Epithelzellen umgebener Sekretgang. Die Blätter von Cotula plumosa sind dreifach fiederspaltig. Die beiderseitigen Epidermen zeigen erhebliche Wandverdickungen (Taf. XXI Fig. 10). Außerdem wird die xerophite Struktur durch, namentlich bei der Zwergform sehr dichte, Bedeckung mit sehr langen, vielzelligen, band- förmigen, etwas gedrehten Haaren bewirkt. Vor allem ist die Blattoberseite behaart. Die Haare sind gelenkartig in Grübchen der Epidermis eingefügt. Die Blattoberseite führt auch vornehmlich die Spaltöffnungen. Das im ganzen schwammparenchymähnliche Mesophyll ist in eigenartiger Weise differenziert. Die der oberen Epidermis zunächst gelegenen 5 bis 6 Zellschichten fungieren zugleich als Durchlüftungs- und Assimilationsgewebe. Das darunter befindliche Gewebe verrät durch die Anordnung und Form seiner Zellen eine Funktion als Zuleitungsgewebe. Die untere Seite des Blattzipfels endlich führt wiederum wenigstens in der Nähe des beiderseitigen Randes auch assimilierendes Gewebe in schwacher Entwicklung. Unter dem medianen Gefäßbündel des Blattzipfel verläuft ein Sekretgang. Die Figur stellt einen Querschnitt aus emem Blattzipfel der winzigen, extremen Zwersform dar. Die große, auf reichem Boden gewachsene Form von Cotula zeigt jedoch keinerlei wesent- liche Verschiedenheiten im anatomischen Bau des Blattes. Die Blattzipfel dieser Form sind aber viel länger und breiter. Tillaea moschata Dc. (Taf. XXVI Fig. 5). Diese kleine, niederliegende Pflanze hat gegenständige, an der Basis miteinander verwachsene kleine, succulente Blätter. Der runde Stengel ist von schwammiger Struktur, jedoch von einer dicekwandigen, mit stark entwickelter Cuticula versehenen Epidermis umgeben. Das Leitungsgewebe ist auf einen dünnen, zentralen Strang reduziert, welcher von einer verkorkten Schutzscheide umschlossen wird. Die Hauptmasse des Stengels wird von der primären Rinde gebildet, die aus rundlichen bis zylindrischen, reichlich größere Interzellularräume umschließenden, stärkereichen Zellen gebildet wird. WERTH, Vegetation. 253 Das Blatt von Tillaea zeigt im Durchschnitt plankonvexen Umriß (Taf. XXI Fig 14). Die geschütztere Ober- bzw. Innenseite ist flach, die Unter-(Außen-)seite gewölbt. Die Außenwände der Epidermiszellen sind, zumal auf der Blattunterseite, stark verdickt. Das Auffallendste am Blattquerschnitt sind die großen, regelmäßigen Epidermiszellen der Unterseite, die wohl als Wasserreservoire fungieren; sie greifen über den Rand herum auf die Blattoberseite und machen dann plötzlich den unregelmäßigeren Zellen der oberen Epidermis Platz. Letztere wird von zahl- reichen Spaltöfinungen durchbrochen, während auf der Außenseite des Blattes solche fehlen oder nur am Rande auftreten. Die zwei Schließzellen der Spaltöffnungen werden von drei Neben- zellen umgeben. Auf der Blattunterseite treten in der Nähe des Randes an bestimmten, zur Nervatur des Blattes in Beziehung stehenden Stellen (Fig. 11, b) Wasserspalten auf, die mit den angrenzenden Gewebselementen sich zu typischen Epithem-Hydathoden vereinen (MARDNER a. a. 0. Fig. 10). Das Mesophyll besteht aus rundlichen Zellen und zeigt nach den beiden Blattseiten hin eine Differenzierung in ein dichteres Gewebe auf der Außenseite und ein lockereres, stärker durchlüftetes, auf der Ober- bzw. Innenseite des Blattes. Galium antareticum Hoox. Fır. (Taf. XVII im 1. Teil dieser Abhandlung). Diese zarte Pflanze wächst meist kriechend zwischen bzw. unter Acaena. Die zu vierzähligen Quirlen zusammenstehenden Blätter sind ziemlich klein, zeigen aber in ihrer mikroskopischen Struktur im wesentlichen die Merkmale von Schattenblättern (Taf. XXII Fig. 10). Die Blatt- oberseite ist durch große, bikonvexe, und zwar auf der Innenseite stärker gewölbte, Epidermiszellen ausgezeichnet; diejenigen der Unterseite sind viel kleiner und unregelmäßiger in Form und Größe. Die Epidermis-Zellwände sind nur wenig verdickt. Die Spaltöfinungen befinden sich zumeist auf der Unterseite des Blattes. Das Palissadenparenchym ist, wenigstens bei der typischen Schatten- form, meist nur einschichtig. Darunter befindet sich ein mit Interzellularen durchsetztes Schwamm - parenchym, das gegen die untere Epidermis mit parallel zu letzterer etwas gestreckten Zellen abschließt. Die untere Epidermis löst sich leicht von dem übrigen Gewebe ab. Das Mesophyll führt reichlich Raphidenbündel. Die von MARDNER erwähnten ‚„Drüsenzotten‘, die weiter oben schon besprochen wurden, scheinen nicht an allen Pflanzen oder auf allen Blättern vorzukommen. Be- sonderes mechanisches Gewebe fehlt dem Blatte; die Mittelrippe wird von dichtem, rundzelligem Gewebe (Nervenparenchym) gebildet, welches den Hauptgefäßstrang von unten umschließt, während oberhalb desselben gewöhnliche Palissadenzellen sich befinden. Das Blatt von stärker belichtetem Standorte ist dicker und hat ein zweischichtiges Palissadenparenchym. Im Stengel von Galium antarcticum wird nach MARDNER (a.a.0. 8.27) ein kleines Mark von einem breiten Holzringe umgeben, ohne Markstrahlen. Es folgt nach außen ein Ring englumiger, sklerenchymatisch verdickter Zellen mit wenig Siebelementen und sodann die primäre, aus zylin- drischen Zellen bestehende Rinde, welche wieder von der Epidermis umgeben wird. In jeder der vier vorspringenden Stengelkanten verläuft ein Sklerenchymstrang. Ranuneulus biternatus Sum. (Fig. 4). Die Blätter sind dreispaltig und jedes Segment wieder drei- bis fünfmal gekerbt. Sie sind kahl. Die Außenwände der Epidermiszellen sind stark verdickt; die Größe der Epidermis- > Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik, 33 954 Deutsche Südpolar-Expedition. zellen ist auf der Blattunterseite sehr viel beträchtlicher als auf der Oberseite. Spaltöffnungen befinden sich auf beiden Blattseiten, oberseits jedoch in größerer Zahl. Das Mesophyll besteht aus ein bis zwei Reihen Palissadenzellen und etwas mächtigerem Schwammparenchym. Dieses ist aus ähnlichen Zellfiormen gebildet wie die Palissaden, die jedoch parallel zur Blattfläche gelagert sind. Transpirationsschutz wird der exponierten Form von Ranunculus biternatus vornehmlich durch den niedrigen Wuchs und die Kleinheit der Blätter gewährt. Im anatomischen Bau des Blattes zeigt die Schattenform keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der exponiert wachsenden; doch ist die Außenwand der Epidermiszellen der Blattunterseite etwas weniger verdickt. In den Hauptzähnen des Blattes von Ranunculus biternatus treten die Nervenstränge zusammen und endigen pinselförmig unter zahlreichen Wasserspalten (MARDNER a. a. O.). Ranuneulus trullifolius Hook. Fır. (Fig. 10). Die zarte Wurzel hat eine stark entwickelte primäre Rinde aus lockerem Parenchymgewebe, während der Zentralzylinder kaum ein Viertel des Durchmessers einnimmt. Die einfach spatel- oder löffelförmige, bis drei- (oder fünf-) lappige Blattspreite der Land- form ist schwach suceulent. Die Epidermis beider Seiten hat kräftig verdiekte Außenwandungen. Die Blattoberseite ist reich an Spaltöfinungen; die Unterseite zeigt nur wenige. An der Spitze jedes der drei Blattlappen fallen, gegen dasLicht gesehen, schon mit bloßem Auge dunklere Partien auf (Fig.11,c). Hier sind, wie MARDNER zuerst nachgewiesen hat (a.a.0. 8.29 und Fig. 12), die Epidermiszellwände be- deutend dicker als die der übrigen Blattfläche und eine Anzahl Wasserspalten liegt zu einer dichten Gruppe zusammengedrängt. Dicht unter den letzteren endigen pinselförmig die zusammentretenden Nervenstränge. Das Mesophyll besteht ähnlich wie bei Ranunculus biternatus aus ziemlich gleich geformten Zellen, die nur durch die Art ihrer Lagerung sich in Palissaden- und Schwammparenchym trennen lassen. Es sind 2—3 Reihen Palissaden vorhanden. Auch das Schwammparenchym ist entsprechend dem sukkulenten Charakter des Blattes wohl meist stärker entwickelt als bei dem vorigen Ranunculus. Dieser Ranuneulus gleicht in den kleineren Exemplaren der Landform außerordentlich der Trockenform von Ranunculus Moseleyi Hoox-Fır. (Fig. 9). Als Hauptunterschiede zwischen diesem und dem vorigen Ranunculus ergaben sich mir bei umfangreichen, sorgfältigen Untersuchungen an frischem, lebendem Material die folgenden (Taf. XXV Fig. 44 bis 50 und Taf. XXIV Fig. 19 bis 21): Die Blätter von Ranunculus trullifolius neigen um so mehr zur Zerteilung in drei Lappen, je feuchter der Standort und je größer daher die betreffenden Exemplare sind. Bei Ranunculus Moseleyi haben gerade umgekehrt die kleinen Trockenformen oft dreilappige Blätter, während die größere Wasserform stets ungeteilte Spreiten zeigt. Jedoch haben auch bei dieser Art bemerkens- werterweise kleinere Exemplare der Trockenform einfachere Blätter wie größere, und auch die ersten Blättchen jedes Ausläufersprosses sind in der Regel einfacher als die späteren, ganz wie bei Ranun- Wertu, Vegetation. 255 culus trullifolius. Bei letzterer Art nimmt nun die Zerteilung der Blätter bei der Wasserform noch zu (3—7, allerdings ganz kurze, Lappen), während bei der anderen Art die Wasserform stets, ob sie in seichtem Wasser nicht 2 cm hoch ist oder in tieferem Wasser annähernd 15 em Höhe erreicht, einfache ungeteilte Blätter hat. Die Vereinfachung der Blattform dieser Art ist bei Ranuneulus trullifolius nur vergleichbar mit dem Seichterwerden der Einbuchtungen zwischen den Blattlappen, während die Zahl der Lappen mit der Vergrößerung des ganzen Blattes bei der Wasserform zu- nimmt, so daß die größten Wasserblätter siebenlappig sind. Die dreilappigen Laubblätter der Landformen nun sind bei Ranunculus trullifolius breiter und rundlich, unten meist deutlich halbkreisförmig vom Stiel abgesetzt, bei Ranunculus Moseleyi aber schlank und schmal, keilförmig im den Stiel übergehend. Ferner ergeben sich auch bedeutende Unterschiede in den Blüten. Die Blüte von Ranunculus trullifolius hat zwischen 15 und 20 Ovarien, über doppelt so viele als Staubgefäße in derselben Blüte; bei Moseleyi hält sich die Zahl der Ovarien (in der Regel erheblich) unter 10, zumeist sind es wenig mehr als Staubgefäße derselben Blüte. Ferner ist die Narbe bei Ranunculus trullifolius kurz und aufrecht, bei Moseleyi lang und bogig-rechtwinkelig nach außen gekrümmt. (Siehe die Figuren 19—21 auf Taf. XXIV.) Endlich kommt Ranunculus Moseleyi als Landform nur am Rande von Süßwasserbecken vor, während Ranunculus trullifolius am Strande des Meeres zu finden ist. Nach dieser Umgrenzung der beiden Arten sind die von SCHENCK auf 8. 113 dieses Bandes unter Nr. 6 und 7 als Ranunculus trullifolvus angeführten Exemplare zu Ranunculus Moseleyi zu ziehen. Die von HooRER!) gegebene Diagnose bezieht sich nur auf die damals allein bekannte Wasserform. Lomaria alpina Sprencı. (Fig. 4 auf S. 145 dieses Bandes). Lomaria alpina ist der häufigste Farn der offenen Vegetations-Formatıon Kerguelens. Fig. 13 auf Taf. XXI zeigt einen Querschnitt aus einem Fiederblättchen der ziemlich derben, einfach ge- fiederten Wedel. Die Epidermiszellen haben ringsum verdickte Wandungen, so ist namentlich die Epidermis der Oberseite derart besonders kräftig gebaut. Außerdem erhalten die Kanten der Fiederchen dadurch eine Versteifung, daß neben der in der Kante gelegenen Epidermiszelle sich die beiden folgenden, je eine der Ober- und Unterseite, unmittelbar aneinander legen. Das Fiederchen wird von fünf Nervensträngen durchzogen, von denen der mittlere in einer, Blattober- und unterseite miteinander verbindenden Sklerenchymleiste liest (Figur). ’ Das Mesophyll ist ziemlich dicht gefügt und besteht aus 2—3 Reihen Palissaden und fast ebenso mächtigem Schwammparenchym. Letzteres ist nur an den Kanten des Fiederblättchen und an der Mittelrippe desselben mit der unteren Epidermis unmittelbar verbunden, im übrigen durch eine breite Luftspalte davon getrennt. Diese steht durch zahlreiche Spaltöffnungen der Epidermis der Unterseite mit der Außenwelt in Verbindung. Polypodium australe Mrrr. (Fig. 17). Dieser kleine Farn hat harte, dieke Blättchen, doch sind keinerlei Sklerenchymversteifungen vorhanden. Die Epidermis der Oberseite hat kräftig verdickte Außenwandungen und greift die !) Philos. Trans. V. 168. S. 10, 356 Deutsche Südpolar-Expedition. Oberhaut in dieser Ausbildung um die Blattkante herum, während die Zellen der unterseitigen Epidermis sonst kaum verdickt sind und durch ziemlich große Spaltöffnungen unterbrochen werden. Beide Epidermen sind chlorophyllführend. Das Mesophyll bildet ein aus vielarmigen Zellen be- stehendes, reichliche Interzellularen umschließendes Schwammparenchym, das im oberen Viertel bis Drittel des Blattquerschnittes aber sehr dicht wird. In den Blattkanten liegen im Mesophyll große, dicht zusammenschließende Zellen. Um die Gefäßbündel sind die Zellen mehr oder weniger strahlig angeordnet. Cystopteris fragilis Bern. (Fig. 5 auf S. 146 dieses Bandes). Dieser Farn hat dünne, weiche Wedel. Die Chlorophylikörner führende Epidermis zeigt keine Zellwandverdickungen. Die Spaltöffnungen sind sehr groß. Das Mesophyll besteht aus lockerem Schwammparenchym, das nur ungefähr vier Zelletagen bildet. Lycopodium magellanieum Hoox. Fır. Die Schuppenblättehen dieser in der ofienen Vegetationsformation auf Kerguelen häufigen Pflanze zeigen den für diese Gattung typischen Bau: Eine nach außen stark verdickte Epidermis umgibt ein stark durchluftetes Schwammparenchym aus zylindrischen Zellen; dieses schließt den einzigen, durch die Blattmitte ziehenden Gefäßstrang ein. Zwischen Außen- und Innenseite des Blattes sind bei dieser Art wesentliche Unterschiede nicht vorhanden. Zusammenfassung der anatomischen Verhältnisse der Kerguelenpflanzen. Die Betrachtung der anatomischen Struktur der Kerguelenpflanzen ergibt zunächst die Tat- sache, daß der, vielen Arten zukommende xerophile Charakter nicht sowohl durch anatomische Merkmale, sondern in erster Linie durch eine starke Reduktion der vegetativen Or- gane oder wenigstens der Blätter zustande kommt. Es sind hier zunächst die Polsterpflanzen zu nennen sowie das, wie diese mit schuppenartigen Blättchen versehene, Lycopodium. Aber auch die kriechenden und die rosettenartige Sprosse bildenden Pflanzen sind, soweit sie an exponierten Standorten auftreten, durch sehr kleine Blätter ausgezeichnet und im übrigen durch ihre, dem Boden angeschmiegte Wuchsform gegen Austrocknung geschützt. Die einzigen, wirklich groß- blättrigen Pflanzen Kerguelens, Pringlea antıscorbutica und Poa Cookir, welche auch in ihrer Wuchsform keine xerophile Anpassung verraten, wachsen an begünstigteren Standorten. Daß nun die zu kleinen Schuppen reduzierten Blätter der Polstergewächse in ihrer mikroskopi- schen Struktur keiner besonders in die Augen springenden Einrichtungen als Schutzmittel gegen übermäßige Verdunstung mehr bedürfen, ist einleuchtend. Sie besitzen eine verdickte Epidermis und außerdem in verschiedener Weise zustande kommende Aussteifungen der Blätter, welche letzteren die aufrechte, schuppige Stellung ermöglichen und so indirekt auch als Verdunstungs- schutz dienen. Im übrigen hat das Blatt der Polstergewächse wie fast aller Kerguelenpflanzen ein gut durchlüftetes Mesophyll. Besonders auffallend ist der vielen Pflanzen der Kerguelenflora zu- kommende große spaltenartige Luftraum auf der Unterseite des Blattes. Er findet sich unter den Polstergewächsen bei Azorella und Colobanthus, unter den übrigen Arten bei Acaena, Lomaria und Wertu, Vegetation. 2357 häufig bei Galium; bei den beiden letzteren Arten ist dieser Luftraum unmittelbar über der unter- seitigen Epidermis gelegen, bei den übrigen liegt er oberhalb einer subepidermalen Mesophylischicht an der Unterseite des Blattes. Der lockere Bau des Mesophylls der Blätter fast sämtlicher Pflanzen von Kerguelen ist vielleicht in Beziehung zu setzen zu der häufigen feuchten und trüben Witterung. Es ähneln in dieser Beziehung die Kerguelengewächse den arktischen Pflanzen !). Des weiteren wirkt bei den Polsterpflanzen Kerguelens als Schutz gegen übermäßige Trans- piration auch die Tendenz, die Spaltöffnungen auf die Ober- bezüglich Innenseite des Blattes zu verlegen. Dasselbe findet sich auch bei anderen Arten: Cotula, Tillaea. Ebenso ist auch die Verdiekung der Epidermiszellen nicht den Polsterpflanzen allein eigentümlich. Sie findet sich ın guter Ausprägung fast bei allen Arten der Insel. Am schwächsten ist die Blattepidermis bei Acaena, Galium und Oystopteris fragılis ausgebildet, welche beide letzteren Arten typische Schattenpflanzen darstellen. Neben Verdiekung der Wandungen der Epidermiszellen kommt als Schutzmittel gegen über- mäßige Transpiration Behaarung und mehr oder minder ausgeprägte Suceulenz in Betracht. Beides kommt nur bei den Strandgewächsen Kerguelens in ausgesprochenerem Maße vor, wo Cotula plumosa stark filzig behaart ist und Tillaea moschata deutlich succulente Blätter besitzt; diese letzteren haben jedoch kein besonderes Wassergewebe im Mesophyll ausgebildet. Eine Verstärkung der verdunstunghemmenden Epidermis durch subepidermale Sklerenchym- beläge findet sich, wie weiter unten noch gezeigt werden wird, nur bei den Gräsern auf Kerguelen. Unter diesen erfährt sie bei der relativ großblättrigen, die ungünstigsten Standorte bevorzugenden Festuca erecta den höchsten Grad; diese Pflanze zeigt hierdurch von allen Kerguelenarten im anatomi- schen Bau des Blattes am ausgesprochensten eine xerophile Struktur. Die Grasarten Kerguelens haben auch die Spaltöffnungen ausschließlich an der bei ihnen besonders geschützten Blatt- oberseite. Daß das Mesophyll der Kerguelenpflanzen fast durchweg sehr locker gebaut ist, wurde schon gesagt. In Palissaden- und Schwammparenchym differenziert ist es bei Azorella, Colobanthus, Acaena, Galvum, Ranunculus, Lomaria. Gering ist das Palissadengewebe unter diesen bei @alium aus- gebildet, wo es in der Regel nur aus einer Zelllage besteht; am stärksten entwickelt ist es bei Azorella und Colobanthus, wo es typisch aus drei Zellreihen zu bestehen scheint. Dagegen ist das Blatt der dritten, ausgesprochenen Polsterpflanze, Zyallia, ohne typisches Palissadenparenchym. Dasselbe gilt für Cotuwla, Tillaea, Polypodium australe, Oystopteris fragilis und Lycopodium magel- lanicum. Pringleas besitzt schwach ausgebildetes Palissadengewebe und besonders große Luft- lücken. Bei den Gräsern besteht das assimilierende Gewebe des Blattes aus polygonalen, dicht zusammenschließenden ziemlich gleichmäßigen Zellen. Hydathoden bzw. Wasserspalten finden sich bei den an luft- oder bodenfeuchten oder schattigen Plätzen wachsenden Arten Pringlea, Galium, Ranunculus sowie bei den Strand- pflanzen Tillaea und Ranunculus trullifolius. Was die anatomische Beschaffenheit der Achsenorgane angeht, so fällt zunächst die geringe Verfestigung des mehrjährigen, dicken Stammes bei Pringlea auf. Ein fester Holzzylinder wird 1) Vgl. Warming, E.: Ökologische Pllanzengeographie. 18%. S. 225. 258 Deutsche Südpolar-Expedition. bezeichnenderweise bei dieser Art nur in den zweijährigen Blütenstandachsen ausgebildet. Stärkere Verfestigung zeigen die Achsen der Polstergewächse; bei Azorella ist ein in Anbetracht des Um- standes, daß auch die Hauptachse nicht frei exponiert, sondern vom Polster umschlossen ist, ziem- lich erheblicher Holzstrang zu beobachten. Besonders fest sind die tiefgehenden Wurzeln der Polster- pflanzen gebaut. Am stärksten ist die Holzbildung bei dem niederliegenden Rhizom von Acaena, das bei alten Exemplaren einen bis Daumendicke erreichenden, festen Holzstamm darstellt. Den übrigen Kerguelenpflanzen fehlen vieljährige Achsen. 2. Anatomische Blattstruktur der Gramineen von Kerguelen und der Gräser überhaupt. Die Gräser Kerguelens zeigen in ihrer Blattstruktur im einzelnen zwar keinerlei besondere Eigentümlichkeiten, welche in gleicher oder ähnlicher Form nicht auch an Mitgliedern dieser arten- reichen Familie in anderen Ländern beobachtet werden könnten, jedoch ist die kleine Gruppe von fünf Grasarten auf Kerguelen dadurch besonders interessant, daß sie in so charakteristischer Weise die verschiedenen Abstufungen zeigt, welche die Blattstruktur in mehr oder minder weitgehender Anpassung an ungünstige klimatische Verhältnisse aufzuweisen pflegt. Je nachdem die betreffende Art die exponiertesten Standorte in der klimatischen Vegetationsformation Kerguelens bewohnt oder in mehr oder weniger hohem Grade bevorzugte Plätze besiedelt, treffen wir Übergangsstadien von der typischen Form des Grasblattes zum xerophilen Bau der ausgeprägtesten ‚„Steppen- gräser“ an. Poa Cookii Hook. f. Dieses, wie wir im ersten Teil dieser Abhandlung gesehen haben, nur die begünstigtsten Plätze bewohnende Gras hat große breite Blätter, deren beide Hälften nahezu in einer Ebene liegen oder um die Mittelrippe zu einem stumpfen Winkel zusammengeneigt sind. Die Breite des ganz flach gelegten Blattes beträgt 7 mm. Jederseits der Mittelrippe trägt das Blatt 13 Längsriefen, welche auf dem Querschnitte als rechteckige Körper aufragen (Taf. XXI Fig. 7). Dazu kommen zwei mehr oder weniger dreieckige End(Kanten-)stücke und die im Querschnitt ovale Mittelrippe. Jede Längsriefe wird durch eine Sklerenchymleiste versteift, welche auf dem Querschnitte als I-förmiger Träger erscheint und ein Gefäßbündel einschließt. Nur in dem mittleren Riefenpaar (jederseits der Mittelrippe) (Taf. XXII Fig. 2) wird die Sklerenchymleiste über dem Gefaßbündel durch einige Zellagen des Assimilationsgewebes unterbrochen, und eine noch stärkere Unterbrechung erfährt das mechanische Gewebe in der Mittelrippe selbst. In den End(Kanten-)stücken liegt das Gefäßbündel frei im grünen Gewebe. Wie leicht verständlich, können die I-förmigen Sklerenchymleisten dem meist ziemlich flach ausgebreiteten Blatte nur als mechanische Elemente im strengen Sinne des Wortes, d.h. wie auf die hohe Kante gestellte eiserne sogenannte T-Träger unserer Hausbauten gegen Durchbiegen dienen. Einen Schutz gegen übermäßige Verdunstung gewährt dem Blatte die Lage der Spalt- öffnungen innerhalb der Längsrinnen zwischen den Riefen. Eine Eigenbewegung des Blattes derart, daß es sich bei ungünstiger Witterung zusammen- faltet und bei günstiger wieder ausbreitet, habe ich nicht beobachtet und muß dieselbe auch für WerrH, Vegetation. 359 ausgeschlossen halten auf Grund des Baues der sogenannten Gelenkzellen, d.h. der Epidermis- zellen im Grund der Rinnen. Die Zellwandungen der Epidermis sind nämlich in der Tiefe der Furchen, wie die Fig.2 (Taf. XXII) zeigen möge, dicker wie an den Seitenwandungen derselben. Im Rücken der Furchen ist das Blatt durch große, dickwandige Epidermiszellen versteift, im Rücken der beiden mittleren Rinnen (beiderseits der Mittelrippe), wo der Bewegungsmechanismus zu suchen ist, durch besondere Sklerenchympartien. Agrostis magellanica Lauck. (= Agrostis antarctica HooK.) Das Blatt (Taf. XXI Fig. 6 und Taf. XXII Fig. 1) besitzt sieben Längsriefen und ist, an offenem, windigen Standorte, wenigstens im oberen Teil, rinnenförmig zusammengedreht. Die Haut der Epidermiszellen in der Tiefe der Furchen zwischen den Riefen ist nur wenig dünner als die der übrigen Oberhautzellen; die „Gelenkzellen““ sind also nur schwach als solche ausgebildet. Ähnlich der vorigen Art, so enthält auch hier jede Längsriefe in der Anlage eine Sklerenchym- leiste. Jedoch sind die Leisten bereits stark in der Auflösung begriffen. Vollkommen ist nur noch diejenige der Mittelrippe. Das (folgende) innere Riefenpaar führt über dem Gefäßbündel überhaupt kein mechanisches Gewebe, bis auf einen Rest in der Scheitelpartie. Im seitlichen Riefenpaar ist der Sklerenchymträger über dem Gefäßbündel durch eine einzige Reihe chlorophyllhaltiger, dünn- «häutiger Zellen unterbrochen. In den Randleisten endlich zieht das Gefäßbündel frei durch das Assimilationsgewebe, und das mechanische Gewebe ist nur durch je eine kleine Zellgruppe im Scheitel- und Fußteil der Riefe vertreten. Zum Unterschied von Poa Cookxi ist das Blatt aber im Rücken der Rinnen zwischen den Riefen mit kleinen Sklerenchympartien versehen, welche im Verein mit den etwas diekwandigen Epidermiszellen das zusammengerollte Blatt vor der austrocknenden Wirkung des Windes schützen, während die Spaltöfinungen wieder in den Furchen des Inneren der Blattrinne liegen Deschampsia antaretica E. Desv. (= Aira antarctica Hook.) Das Blatt dieser Art trägt auf der Oberseite fünf Längsriefen (Taf. XXI Fig. 5 und Taf. XXII Fig. 4). Es ist, wie die Figur zeigt, tief-rinnig zusammengerollt oder -geklappt. Die I-förmigen Sklerenchymträger sind bei dieser Art vollständig verschwunden; die Gefäßbündel liegen, von einer schwachen Schutzscheide umgeben, sämtlich frei im grünen Gewebe. In dem Scheitel jeder Riefe liegt (auf dem Querschnitt) noch eine Lage von vier Sklerenchymzellen. Sonst ist das mechanische Gewebe auf die Außenseite des Blattes beschränkt, wo es unmittelbar an der Oberhaut je eine Lage unter der Mitte der Riefen und unterhalb der zwischen diesen ge- legenen Furchen sowie an den Blattkanten bildet. In den Lücken zwischen diesen Gewebspartien sind die diekwandigen Epidermiszellen besonders groß ausgebildet, so daß das grüne Gewebe des Blattes gegen die Außenseite hin ziemlich gut abgeschlossen ist. Die Spaltöffnungen liegen in der unteren Hälfte der Längsfurchen des Blattes und führen in stark zerklüftete Gewebspartien, welche sich zwischen den Furchen und dem zentralen Gefäßbündel jeder Riefe ausbreiten. Diese Ein- 260 Deutsche Südpolar-Expedition. richtung steht vielleicht zu dem feuchten Standorte dieser Grasart in Beziehung. Die Zellen in der Tiefe der Furchen (,‚Gelenkzellen‘‘) sind dünnwandiger als die übrigen Epidermiszellen. Das Fehlen der durchgehenden Sklerenchymträger und die starke Durchlüftung des Mesenchyms lassen das Gras beim Schneiden ganz weich erscheinen. Interessant ist die Neigung der Epidermiszellen der Blattober(Innen-)seite zu Vergrößerungen, welche bei dieser Art nicht zur Haarbildung, sondern zur Entstehung großer kugeliger bis eiförmiger Papillen führt. " Poa kerguelensis (Hook. f.) STEUDEL (= Festuca kerguelensis Hook 1.). Die Blätter dieses kleinen Grases sind relativ einfach gebaut (Taf. XXI Fig. 8 und Fig. 4). Neben der Mittelrippe der Spreite sind nur zwei einfache riefenlose Seitenteile vorhanden, welche über der ersteren rinnig zusammengeklappt werden. Sie führen je drei Gefäßbündel, während ein siebentes die Mittelrippe durchzieht. Auf der Ober- bzw. Innenseite des Blattes fehlt jegliches Sklerenchymgewebe. Solches findet sich in diekeren Partien am Grunde der Mittelrippe und an den Blattkanten, in dünneren, auf dem Blattquerschnitt als einfache Zellreihe hervortretenden Belegen, die Außenepidermis verstärkend, außerhalb jedes Gefäßbündels und im Rücken der die Mittel- rippe begrenzenden Furchen. Die Außenepidermis besitzt eime stark verdickte Außenwandung. Das ganze Blatt erscheint fest und hart. Die Spaltöfinungen sind nicht auf die Längsfurchen beschränkt, sondern befinden sich auf der ganzen Innenseite des Blattes. Etliche der inneren Epidermiszellen sind zu kurzen Haaren verlängert. Die Epidermiszellen im Grunde der Furchen stellen zarthäutige „Gelenkzellen“ dar. Bei der Zwergiorm exponierter Standorte, mit polsterförmigem Wuchs, ist die Außenwandung der Epidermiszellen der Außenseite reichlich viermal so dick als die Seitenwandungen derselben Zellen. Auch scheinen die subepidermalen Sklerenchymlagen durchschnittlich dicker zu sein, als bei der größeren Schattenform von geschützten Plätzen, bei welcher die Außenwandung der äußeren Epidermiszellen nur etwa zweimal so dick als die Seitenwandungen ist. Festuca ereceta D’Urv. Bei dieser Art ist der xerophile Charakter der Blattstruktur am schärfsten zum Ausdruck gekommen. „Die harte, starre Blattspreite ist zu einer Längsrinne zusammengeklappt (Taf. XXI Fig. 9 und Taf. XXII Fig. 11). Das Innere derselben birgt eine wechselnde Anzahl (5—9) von im Querschnitt kegelförmigen Riefen mit abgerundeter Spitze. Durch jede derselben zieht em Geläßbündel, welches von einer Schutzscheide umgeben frei im grünen Gewebe liest. In der unteren Hälfte der Furchen zwischen den Riefen befinden sich die Spaltöffnungen. Den Scheitel der Riefen sieht man auf dem Blattquerschnitt durch kleine Sklerenchymzell- gruppen verstärkt. Im übrigen ist das mechanische Gewebe dazu verbraucht, um im Verein mit der stark verdickten Außenepidermis einen mächtigen Panzer um die ganze Außenseite des Blattes zu bilden. So ist das Blatt vorzüglich gegen die schädigenden Einflüsse der Außenwelt, vornehm- lich gegen die mechanische und austrocknende Wirkung des heftigen Windes geschützt, dem diese Art schon wegen der bedeutenderen Größe in höherem Maße ausgesetzt ist, wie die mit ihr im wesent- Wertu, Vegetation. 261 lichen die gleichen Standorte teilende vorige. Von den Kuppen der kegelförmigen Rippen sich erhebende Borstenhaare, die sich besonders nahe der schlitzförmigen Öffnung des Blattes häufen, sind noch besonders geeignet, im Innern der Blattrinne einen windstillen Raum zu schaffen. * 3 Die klene Gras-Flora Kerguelens spiegelt in der anatomischen Struktur der Blätter ihrer Mitglieder in interessanter und charakteristischer Weise die verschiedenen Stufen der An- passung an die klimatischen Verhältnisse des Insellandes wieder. Poa Cookii meidet, wie wir ım ersten Teile dieser Abhandlung gesehen haben, die typische Fazies der klimatischen Vegetationsformationen der Insel und bevorzugt begünstigte Standorte, an denen die schädigenden Einflüsse des Windes bis zu einem hohen Grade aufgehoben sind. Dieses Gras hat große weiche Blätter, deren Struktur dem einfachen Grundtypus des Gramineenblattes noch verhältnismäßig nahe kommt: Das Blatt wird von auf dem Querschnitte I-förmig gestalteten Trägern aus mechanischem Gewebe durchzogen. Als Schutzmittel gegen zu starke Transpiration kann wohl nur das Einsinken des Mesenchyms zwischen den Trägern und die geschützte Lage der Spaltöfinungen in die dadurch gebildeten Furchen angesehen werden. Eine Einrichtung, die unter den Gräsern eine sehr ausgedehnte Verbreitung hat und auch an Standorten angetroffen wird, an denen man xerophile Strukturen nicht gerade erwartet. Das Rollblatt von Agrostis magellanica zeigt die I-förmigen Sklerenchymleisten bereits in Auflösung begriffen und das mechanische Gewebe zu erheblichem Teil zur Verstärkung der Außen- epidermis benutzt. Wenn hier jedoch die ursprüngliche Anlage und Anordnung der Trägerleisten noch deutlich zu erkennen sind, ist dies bei den folgenden Arten nicht mehr der Fall. Deschampsia antarctica sowohl wie Poa kerguelensis zeigen Sklerenchymgewebe ausschließlich beziehungsweise fast ausschließlich der Außenepidermis angelagert als Schutzmantel gegen un- günstige Witterungseinflüsse. Bei Festuca erecta endlich ist dieser Schutzmantel zu einer dicken Panzerung geworden und zugleich ist das Innere der Blattrinne durch Haarbildungen noch besonders gegen die bewegte Außenluft abgedichtet. Sobald das Grasblatt sich einrollt oder einfaltet, bedarf es der mechanischen I-Träger nicht mehr zur Stütze gegen Durchbiegung, da nunmehr die Seitenwandungen der Blatt- rinne in ihrer Steilstellung dem Geknicktwerden erheblichen Widerstand leisten, und das mechanische Gewebe kann anderweitig verwandt werden. Der interessanten Beziehungen, welche zwischen der anatomischen Blattstruktur und den Bestäubungseinrichtungen der Kerguelen-Gräser bestehen, soll weiter unten noch gedacht werden (siehe im blütenbiologischen Abschnitt dieser Abhandlung). Hier mag jedoch noch zum weiteren Verständnis der Blattstruktur der Kerguelen-Gräser ein kurzer Überblick über die Anatomie und Mechanik der Grasblätter überhaupt folgen. TscHircH !) unterscheidet nach dem anatomischen Bau der Blätter Wiesengräser und Steppengräser. Zu ersteren rechnet er alle diejenigen Formen, welche die Blattspreite !) A. TschircH: Beiträge zu der Anatomie und dem Einrollungsmechanismus einiger Grasblätter. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik. Bd. 13, 1882, S. 544-568. Deutsche Sidpolar-Expedition. VIII. Botanik. 34 262 Deutsche Südpolar-Expedition. bei trockenem Wetter nicht einzurollen oder einzuklappen vermögen und auch keine anderweitigen Schutzeinrichtungen gegen übermäßige Transpiration besitzen. Zu den Steppengräsern dagegen zählt er solche, welche einrollbare oder einklappbare (zusammenfaltbare) Blattspreiten oder wenig- stens andere einfachere Einrichtungen als Verdunstungsschutz aufweisen. Wenn TscHIrcH so jedoch alle Gräser, welche einrollbare Blätter besitzen, oder wenigstens Einrichtungen zum Schutze gegen zu starke Verdunstung aufweisen, als Steppengräser be- zeichnet, so dürfte er kaum einige Arten für seine Gruppe der Wiesengräser übrig behalten, geschweige denn zu einer scharfen Umgrenzung des Steppengrastypus gelangen. GünTz !) unterscheidet senkrecht und horizontal gestellte Grasblätter. Dieser Stellungsver- schiedenheit entspricht oft die Gesamtiorm der Blätter insofern, als die horizontal zum Horizont stehenden Blätter häufig eine flache, die senkrecht stehenden aber eine eingerollte oder gefaltete Lamina aufweisen. Zu den ersteren gehören Formen mit ganz glatter Blattoberseite, wie auch solche mit rinnigen Vertiefungen auf derselben. Eigen ist ihnen eine meist deutlich ausgeprägte Mittel- rippe und ihre unter den gewöhnlichen Verhältnissen, d. h. wenn ihnen die nötige Feuchtig- keit geboten wird, flach ausgebreitete Gestalt. Die gefaltete Form dagegen umfaßt Blätter, deren Oberseite bald glatt ist, bald rinnige Vertiefungen (Furchen) aufweist, das ganze Blatt ist meist geschlossen, d. h. eingerollt oder eingefaltet, hat daher eine mehr oder weniger borstenförmige Gestalt und steht senkrecht zum Horizont. Wir haben hier also zwei Gruppen vor uns, deren eine sich durch besonders weitgehende An- passungen an ungünstige Transpirationsverhältnisse auszeichnet; wir können daher von biologischen Gruppen sprechen, welche wir als Steppen- und Wiesengräser unterscheiden wollen. Bei Steppengräsern sei dabei allgemein an Bewohner trockener Standorte, bei Wiesengräsern an alle anderen Formen gedacht. Güntz selbst behält jedoch diese Einteilung in zwei biologische Gruppen nicht bei, sondern gibt am Schluß seiner Arbeit auf Grund der anatomischen Struktur der Blätter eine Gruppierung in vier Haupttypen mit je einer Anzahl Unterabteilungen. Er unterscheidet Savannen- gräser, Wiesengräser, Bambusen und Steppengräser. Indem ich auf die unter diese Gruppen fallenden Blattbautypen noch im einzelnen zurückzukommen Gelegenheit haben werde, will ich hier zunächst auf die Schwierigkeit der Abgrenzung der Gruppen hinweisen. Do ist meines Erachtens die 4. Klasse der Savannengräser von Güntz (Fig. 9 seiner Tafel) nicht von Wiesengräsern zu unterscheiden, wogegen Klasse la der Wiesengräser sich wenigstens zum Teil mit der 1. Gruppe zu decken scheint. Die Klasse 3 der Wiesengräser ist gegen die 2. Klasse der Steppengräser nur in den extremen, nicht aber in der Hauptmasse der Formen abzugrenzen. Man vergleiche dazu z. B. bei LoHauss ?) Ampelodesmos tenax und Koeleria albescens, ferner Col- podium fulvum und Melica ciliata. Die letzteren beiden Arten zeigen genau denselben Bautypus, werden aber nichtsdestoweniger von LOHAUSS das erstere den Steppen-, das letztere den Wiesen- 1) Güntz, Max:Untersuchungen über dieanatomische Struktur der Gramineenblätter in ihrem Verhältnis zu Standort und Klima, mit dem Versuche einer auf dieselbe begründeten Gruppierung der Gramineen. Leipzig 1886. ®) LoHauss, Kar: Der anatomische Bau der Laubblätter der Festucaceen und dessen Be- deutung für die Systematik. (Bibliotheca botanica. Herausgegeben von Cur. LuErssen. Heft 63.) Stuttgart 1905. Werrn, Vegetation. 963 gräsern zugerechnet. Die Gruppe der Bambusen unterscheidet sich im Bautypus nicht von den Wiesengräsern der Klasse 1 b (vgl. Fig. 11 u. 21 bei Güntz a. a. O.). Es sind anatomische Details, nicht die Gesamtstruktur der Blätter, welche eine systematische Trennung auch nach der Blatt- anatomie rechtfertigen. Die Steppengräser endlich schließen sich einesteils (Klasse 1) an die 2., anderseits (Klasse 2) wie schon gesagt an die 3. Klasse der Wiesengräser unmittelbar an. Eine Trennung ist nach den von GÜNTZz gegebenen Definitionen nur bei den extremen Formen möglich. Im allgemeinen haben die Gräser eine dünne, mehr oder weniger weiche, in der Regel flach aus- gebreitete Spreite, welche von einer bald mehr, bald weniger hervortretenden Mittelrippe durch- zogen wird. Das mechanische Gewebe tritt in den Grasblättern in der Regel in Form „L-förmiger Träger‘ !) auf, welche die Lamina der Länge nach durchziehen und die Gefäßbündel einschließen. Diese Träger verleihen den Blättern die nötige Biegungsfestigkeit. In der Mittel- rippe sind dieselben öfters kräftiger ausgebildet und namentlich auf der Unterseite. zu einem schmalen, subepidermalen Bastbande verbreitert. Über die spezielle Ausgestaltung der Mittel- rippe in den großrippigen tropischen Grasblättern ist weiter unten noch besonders zu sprechen. Nicht allzu selten bestehen nur die Gurtungen der Träger aus Bastzellen, die korrespondierend an der Ober- und Unterseite als subepidermale Bündel ercheinen, während die Füllung aus gewöhn- lichem oder aus dickwandigem Parenchym bestehen. In letzterem Falle ist das Füllgewebe dem mechanischen zuzurechnen. Diese Blattkonstruktion ist unter den monokotylen Gewächsen weit verbreitet. Außer bei den Gramineen findet sie sich bei vielen Cyperaceen, ferner bei verschiedenen Liliaceen, bei Pandaneen, bei der Hyphaene-Palme, bei Musaceen u. a. ?). Als besondere Anpassun- gen an spezielle klimatische oder örtliche Verhältnisse (‚Steppengräser‘‘) sind mehr oder weniger ausgedehnte Bastbelege an der Außenepidermis von eingerollten oder eingefalteten Blättern zu betrachten, welche auf dem Querschnitt aus einzelnen Partien zwischen den Trägern oder im ex- tremsten Falle aus einem zusammenhängenden, von einer Blattkante zur anderen ziehenden Bast- bande bestehen. Es können hierbei die Träger vollständig erhalten bleiben oder teilweise oder ganz verschwinden. Fast stets finden sich Bastbündel (ohne Gefäßbündel) auch an den Blatträndern, wo sie ein Einreißen der Blattlamina verhindern. Wenn, z. B. auch von GÜnTz, die Ansicht geäußert wird, daß das Mengenverhältnis von Bastelementen zu den übrigen Geweben des Grasblattes Rückschlüsse auf den Standort zulassen möge, so möchte ich gleich hier betonen, daß, wie wir weiter unten sehen werden, nicht so sehr die Menge wie die Anordnung der mechanischen Elemente in erster Linie als xerophile Standortsanpassung zu betrachten sein wird. Das chlorophyllführende Parenchym füllt gewöhnlich den Raum zwischen den I-förmigen Trägern aus, sofern nicht farbloses Parenchym (Wasserspeichergewebe) oder Hohl- räume hier auftreten. Bei tropischen Gräsern (Paniceen, Chlorideen usw.) tritt das Assimilations- gewebe in Form von Gefäßbündelscheiden, welche auf dem Querschnitt die Gestalt eines grünen !) 8. SCHWENDENER: Das mechanische Prinzip im anatomischen Bau der Monocotylen mit vergleichenden Ausblicken auf die übrigen Pflanzenklassen. Leipzig 1874. 8. 77. *) SCHWENDENER 4.4.0. G. HaBerranpr: Physiologische Pflanzenanatomie im Grundriß dargestellt. 4. Auflage. Leipzig 1909. S. 164 (Siehe auch die Fig. auf S. 260). Abbildungen siehe außerdem bei KErRNER von MarıLaun: Pflanzen- leben. 2. Auflage. Leipzig und Wien 1896. 1. Band, S. 278 und 279. 34* 264 Deutsche Südpolar-Expedition. Kranzes zeigen, auf. Bei Steppengräsern, welche bei Beibehaltung der I-förmigen Träger ein zusammenhängendes Bastband an der Außenepidermis und eine längsgefurchte Blattober- seite besitzen, ist das. grüne Parenchym auf die Seitenwandungen der Furchen beschränkt. Hohlräume, welche zum mechanischen Aufbau des Blattes in keiner Beziehung stehen, finden sich in der Lamina zwischen den Sklerenchymträgern, ganz besonders bei Wassergräsern und solchen feuchter und schattiger Standorte, z. B. bei Glyceria spectabilis, Poa pratensis, Poa sudetica. Ober- und Unterseite der Grasblätter sind in der Regel verschieden ausgebildet. Während die Unterseite meist glatt ist, ist die Oberseite durch mehr oder weniger tiefgreifende Längsfurchen von welliger bis geriefter Oberfläche. Hierdurch erhält das Blatt eine gewisse Bewegungsfähigkeit, welche noch erhöht wird dadurch, daß die Furchen oder Riefen sehr oft von großlumigen, leicht komprimierbaren, dünnwandigen, chlorophyllosen, mit farblosem Safte gefüllten Epidermiszellen, den sogenannten Gelenkzellen, ausgekleidet sind. Dieser Gelenkzellen wurde bei den Arten von Kerguelen bereits im einzelnen Erwähnung getan. Hier sei hervorgehoben, daß unter diesen Arten nur bei Poa Cookxv die äußere Zellwand der Gelenkzellen, wie TscHIRcH es will, deutlich dicker ist wie die der benachbarten Epidermiszellen, dagegen ist bei mehreren Arten das Gegenteil der Fall (siehe die Figuren). Bei den Kerguelen-Gräsern sind ferner die Gelenkzellen nicht (auf dem Quer- schnitt) kegelförmig gestaltet und fächerförmig angeordnet, wie bei vielen anderen Arten. In diesen beiden Beziehungen stehen jedoch unsere Arten nicht allem. Nach den Abbildungen und Beschreibungen bei KERNER VON MARILAUN ist bei den von ihm angeführten Arten (a. a. ©. Bd. I, S. 321—327) nirgends die Außenhaut der Gelenkzellen verdickt, sondern in der Regel dünner wie die der benachbarten Zellen; keinerlei Vergrößerung der Gelenkzellen zeigen Lasiagrostis, Calamag- rostis und Festuca Porec, bei Festuca alpestris und Stipa capillata fehlen die Gelenkzellen vollständig, d.h. die Zellen in der Tiefe der Furchen zeigen keine andere Ausbildung als die nebenstehenden. Schöne fächerförmige Anordnung zeigen die Gelenkzellen bei Festuca punctoria (KERNER VON MARILAUN a.a. 0. 8. 326, Fig. 1-3), wo auch die unter den Epidermiszellen gelegene Zellage noch mit als Gelenkzellen ausgebildet ist und mit jenen zusammen ein sogenanntes Gelenkpolster bilden. Im allgemeinen sind die Gelenkzellen um so großartiger entwickelt und zuweilen aus zahl- reichen Zellagen bestehend, je seichter die Furchen sind, was ja mechanisch leicht zu verstehen ist, da die zartwandigen Zellen beim Zusammenklappen oder -rollen des Blattes Trennungen durch Verbiegungen der dünnen Wände ohne Schädigung vertragen und dadurch die angrenzenden grünen Parenchymzellen schützen. So ist es der Fall z. B. bei Aristida pungens und Vilfa capensis (Figuren bei TscHircH a. a. 0.). Schließlich werden die Furchen überhaupt durch ‚Gelenkpolster‘ ersetzt, und eigentliche Rippen treten nicht mehr auf. Beispiele hierfür liefern Tripsacum dactyloides, Saccharum Maddeni und Sesleria-Arten (Figuren bei TscHIrcH und KERNER VON MARILAUN). Es sei nun eine Übersicht über die Verteilung der Gelenkzellen und Gelenkpolster bei den verschiedenen Gräsern gegeben. DuvArL-JouvE bringt bereits eine Zusammenstellung; ich will hier jedoch eine andere, meinen bisherigen Ausführungen besser entsprechende Gruppierung der Einzelformen wählen. A. Gelenkzellen, nur auf der Oberseite des Blattes. 1. Je ein Gelenkstreifen zwischen je zwei Sklerenchymleisten bzw. (primären) Gefäßbündeln. (Saccharum Maddeni, Tripsacum dactyloides). WertH, Vegetation. 265 2. Je ein Hauptstreifen beiderseits der Mittelrippe und einige kleinere gegen den Rand. 3. Ein großer Streifen in der Blattmitte und je einer oder mehrere zu beiden Seiten. 4. Nur je ein Streifen rechts und links von der Mittelrippe (Sesleria-Arten, Poa annua). 5. Ein einziger Streifen (Verschmelzung von zwei seitlichen) in der Blattmitte (Andropogon muricatum). B. Auf Ober- und Unterseite des Blattes. 6. Außer den Streifen der Oberseite ein Streifen an jeder Seite der Mittelrippe auf der Unter- seite (Oryza clandestina). 7. Zahlreiche Streifen auf beiden Seiten: a) Die Streifen der einen Seite denen der anderen opponiert. b) Die Streifen der einen Seite mit denen der anderen alternierend. In den von Duvar-Jouve !) entdeckten Gelenkzellen sah dieser Forscher zugleich die bewegende Kraft für den Mechanismus des Blattes, indem die Zellen bei Trockenheit infolge starker Transpira- tion ihren Turgor verlieren, sich kontrahieren und so das Blatt zusammenrollen oder -falten sollten. Wie TscHIRcH jedoch meint, trifft dieses für die meisten Fälle nicht zu. Dieser wies an mehreren Arten nach, daß die Bewegung des Schließens und Öffnens auch dann noch statthatte, wenn die Gelenkzellen im Grunde der Furchen durch einen Schnitt zerstört wurden, oder wenn das ganze Blatt durch Jod oder Austrocknen getötet wurde. Auch das Vorkommen von Gelenkzellen zugleich auf Ober- und Unterseite des Blattes bei einigen Arten (vgl. Fig. 10 der 2. Tafel bei TscHIRcH a. a. 0.) spricht gegen die Ansicht von DuvaL-Jouve, da anders die Zellen der einen Seite sich kontrahieren müssen, während die der anderen sich ausdehnen, was schwer vorstellbar ist. Nach TscHirc# sind es vielmehr die subepidermalen Bastbelege der Blattunterseiten, welche durch wechselnde Quellung und Austrocknung der Zellwände die Bewegung der Spreite bewirken. Dieser Forscher konnte auch an abgetrennten Segmenten der Bastbelege, die weder grünes Gewebe noch Gelenkzellen umschlossen, Ausbreitungs- und Einkrümmungsbewegungen, ganz im Sinne des intakten Blattes, feststellen, je nachdem er die Schnitte eimtrocknen ließ oder wieder anfeuchtete. Freilich ist hierzu erforderlich, daß die inneren Bastzellagen stärker quellbar sind als die äußeren, um die richtige Bewegung zustande zu bringen. Dies ist tatsächlich für eine Reihe von Formen nachgewiesen und kann seinen Grund darin haben, daß die inneren Bastzellen dickere Wandungen haben als die äußeren, oder daß diese Wandungen aus leichter quellbarer Substanz (Zellulose) bestehen als die (verholzten Zellwände) der äußeren. Nicht in allen Fällen jedoch kann der Bewegungsmechanismus allein oder überhaupt in solchen Bastbelegen (Charnieren) gesucht werden. Dies geht besonders aus solchen Formen hervor, welche gar kein Bastgewebe im Rücken der Furchen bzw. an den Stellen, wo die Bewegung des Blattes zu suchen ist, ausbilden. Hier müssen wir Turgoränderungen in den parenchymatischen Zellen oder aber in den Gelenkzellen, die in solchen Fällen häufig durch besondere Größe auffallen, wie bei Sesleria-Arten (KERNER VON MARILAUN a.a. 0. Fig. 1—3, 8. 321; TscHircH a.a. 0. Fig. 13 der 2. Tafel), bei Poa annua u.a., oder gar in Form von mehreren Zellagen sogenannte Gelenk- 1!) Duvar-JouvE: Histotaxie des feuilles de Gramindes. Annales des sciences naturelles, Ser. VI, T. I, p. 294. 266 Deutsche Südpolar-Expedition. polster bilden: Andropogon muricatum, Vilfa capensis (TscHikch a. a. 0. Fig. 19 der 2. und Fig. 25 der 3. Tafel), den Antrieb bei der Schließ- und Öfinungsbewegung des Blattes zuschreiben. So sieht TscHircH für Zygeum Spartum die Ursache der Bewegungserscheinungen hauptsächlich in den Turgeszenzänderungen der sehr reichlich vorhandenen grünen Zellen, wenn auch daneben die Membranquellung noch eine untergeordnete Rolle spielen mag. Bei Sesleria coerulea, Vilfa capensis, Oryza clandestina und anderen, bei denen nur im lebenden Zustande eine Bewegung statt- findet, kann diese nur durch eine durch die Verdunstung hervorgerufene Änderung im Turgor der grünen oder aller Zellen hervorgebracht werden. Den Gelenkzellen ist TscHIRcH geneigt, für die Regel nur eine passive Rolle zuzuschreiben, indem sie, als die dünnwandigsten und faltbarsten von allen, am ehesten und leichtesten nachgeben und den geringsten Widerstand leisten werden, und so eine regelmäßige Bewegung nach dieser Seite hin von dem Blatte bewerkstelligt werden wird. Außerdem schützen die Gelenkzellen das unter ihnen liegende grüne Gewebe vor schädigenden Zerrungen und Quetschungen. Nur bei sehr dünnen und flachen Blättern, die zwischen den I-Trägern nur Gelenkzellen oder wenigstens nur wenige grüne Zellen daneben führen, glaubt TscHircH dem Turgor der Gelenkzellen neben dem des grünen Gewebes eine aktive Rolle bei der Schließbewegung des Blattes zuschreiben zu müssen. Neuerdings nun hat STEINBRINCK !) eine neue Erklärung für das Zustandekommen des Schließens und Öffnens der Grasblätter gegeben, indem er im letzteren einen sogenannten Kohäsionsmechanis- mus erblickt. Nach Untersuchung der Blätter von Triticum junceum und Ammophila arenaria gelangt er zu folgendem Schlusse: ‚‚Wenn ihre Blätter mehr Wasser verlieren, als ihnen durch die Wurzel zu- geführt werden kann, so schrumpft zunächst das zırtwandige Gewebe der Gelenk- und Chlorophyll- zellen und bewirkt selbst durch Falten oder Einrollen des Blattes seinen Schutz vor übermäßiger Wasserentziehung durch Sonne und Wind. Da aber an den ursprünglichen Standorten dieser Pflanzen die Zeiten der Wasserarmut von außerordentlicher Dauer sein können, so haben die Chloro- phylizellen zur Erhaltung ihres Lebens den Wasserinhalt des Außengewebes als Schutz zur Ver- fügung. Sie zehren von ihm, und je mehr der Wasservorrat schwindet, um so mehr schließt sich, durch die Schrumpfung von Stereom und Epidermis, der Mantel derselben, soweit es irgend möglich ist, bergend über dem zarten Gewebe zusammen.“ Hier ist nun zunächst zu bemerken, daß das mechanische Gewebe keine wesentliche Rolle bei der Bewegung der Grasblätter spielen kann, weil auch diejenigen Blätter den Mechanismus vor- züglich zeigen, bei denen das erstere in Form I-förmiger Träger gleichmäßig zwischen innerer und äußerer Epidermis verteilt ist, und andererseits die Bewegungsfähigkeit der Blätter im all- gemeinen um so geringer ist, je vollkommener die Ausbildung eines geschlossenen Mantels von Sklerenchym an der Außenseite des Blattes ist. Der größte und meines Erachtens einzig wesent- liche Unterschied zwischen den inneren und äußeren Partien des typischen Grasblattes ist die verschiedene Ausbildung der Epidermis, indem an der inneren (oberen) eben die Gelenkzellen ein- geschaltet sind, die durch ihr größeres Lumen und oft zarteren Wandungen bei Wasserabgabe be- 1) ©. STEINBRINCK: Über den Kohäsionsmechanismus der Roll- und Faltblätter von Polytrichum commune und einigen Dünengräsern. Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Bd. XXVla. Berlin 1908. $. 399-412. Ausführliches Referat über diese Arbeit von ©. Damm findet sich: Naturwissenschaftliche Rundschau 24, 1909, S. 44-46. Wertn, Vegetation. 267 deutend kontraktionsfähiger sind. Hierdurch ist es meines Erachtens auch vollauf erklärt, daß die Einkrümmung des Blattes stets in demselben Sinne (Richtung) erfolgt. Grasblätter mit subepidermalen Bastbelegen der Außenseite (‚Steppengräser“) bilden nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Indem ich jetzt auf die Einteilung der Grasblätter in verschiedene Gruppen zurückkomme, so lassen sich nach meinen Untersuchungen scharf und deutlich zunächst drei verschiedene Bau- typen der Grasblätter unterscheiden, die sich gut definieren und umgrenzen lassen. Diese drei Bautypen seien durch die Figuren I, 2 und 3 auf Tafel XXIII illustriert und als Rollblatt, Faltblatt und Rippenblatt bezeichnet. Der erste Typus (Fig. 1) ist ausgezeichnet durch das vollständige Fehlen einer hervortretenden Mittelrippe. Die Längsfurchen sind hier meist besonders scharf ausgebildet, so daß die dieselben trennenden Gewebspartien als scharfe Leisten hervortreten (Figuren siehe des weiteren bei KERNER a.a. 0. von Lasiagrostis, bei TScHIRcH a.a.O. von Aristida [Fig. 3] und Macrochloa [Fig. 1]). Der Typus des Faltblattes (Fig. 2 Taf. XXIII) ist dadurch scharf gegenüber allen anderen charakterisiert, daß Furchen und Gelenkzellen nur jederseits der deutlich vortretenden Mittelrippe auftreten, auch wohl, wie in Fig. 2, über der Mittelrippe sich vereinigen, während die übrige Spreite ganz glatt ist. Die hierher gehörigen Grasblätter falten sich daher bei trockener Luft um die Mittelrippe zusammen. Unsere Poa annua ist ein charakteristisches Beispiel dieser namentlich unter den Festuceae verbreiteten Blattform. Der dritte Typus endlich ist gekennzeichnet durch die dieke Mittelrippe, die einen wesentlich anderen anatomischen Bau zeigt als die übrige Lamina. Als Beispiele mögen Zea Mais (Taf. XXIII Fig. 3) und Leersia oryzoides (Abbildung siehe bei J. DuvarL-JouvE a.a. 0.) dienen. Cha- rakteristisch für die Mittelrippen dieser Blätter sind die Mengen farblosen Parenchyms, die das Innere füllen. Farbloses Parenchym ist ziemlich verbreitet in den Grasblättern. Einmal tritt es als Parenchymscheide um die Gefäßbündel und im Anschluß hieran als Füllung zwischen den sub- epidermalen Bastgürtungen der Ober- und Unterseite auf. Es ist dann häufig aus diekwandigeren Zellen zusammengesetzt als das Assimilationsgewebe und kann zum mechanischen Gewebe gerechnet werden. Zum anderen tritt farbloses Parenchym als sogenanntes Wasserspeichergewebe vornehmlich in der Mittelrippe der Blätter vom Typus Rippenblatt auf. In diesem Falle ist dem farb- losen Gewebe die Funktion als Leitungsbahn für Assimilationsprodukte sowie als Wasserspeicher- gewebe zu dienen, zugesprochen worden. Da es nun besonders tropische Gräser sind, denen in kräftig ausgebildeter, mehrere Gefäßbündel führender Mittelrippe farbloses Parenchym zukommt, so glaubt Güntz darin einen Beweis zu finden, daß es sich tatsächlich um durch Anpassung ent- standenes Wasserspeichergewebe als Schutz gegen übermäßige Transpiration bei der in jenen Gegenden kräftigen Insolation handelt. Dagegen ist einzuwenden, daß dieses farblose Parenchym der Blattmittelrippe keiner Form meines Rippenblatttypus zu fehlen scheint, dieser aber an sich keineswegs eine xerophile Anpassung 268 Deutsche Südpolar-Expedition. darstellt. Vielmehr scheint er mir zweifellos nur eine Anpassung an die große Wuchsform des Blattes, welche eine kräftigere Mittelrippe, womöglich mit besonderen Zuggurtungen auf der Oberseite neben einer Reihe von Druckstempeln auf der Unterseite (Taf. XXIII Fig. 3), zur Stütze erheischt, zu bilden. Die Größe des Blattes dürfte dann allerdings eine Folge des tropischen Klimas sein, welches eingestandenermaßen ganz allgemein durchschnittlich größere Blattorgane zu bilden im- stande ist als andere Klimate. Außerdem ist nicht zu vergessen, daß die Rippenblätter mehr wie die anderen Typen auf bestimmte natürliche Gruppen beschränkt sind, die eben vornehmlich den Tropen angehören. Ich möchte daher in dem farblosen Parenchym der kräftig ausgebildeten Mittelrippen der Grasblätter in allererster Linie eine Füllmasse, eine Art Mark, in dem nach mechani- schen Prinzipien mehr nach Art eines Stammorganes gebauten Mittelrippen des Rippenblattypus sehen (vgl. Fig. 31 bei GünTz a. a. O. Oryza sativa). So scheint es mir auch ziemlich belanglos, ob statt des großlumigen Parenchyms stellenweise Hohlräume an dessen Stelle treten. Ausgeschlossen ist dabei natürlich nicht, daß dieses Gewebe, einmal vorhanden, auch andere Funktionen und darunter gelegentlich auch diejenige eines Wasserspeichergewebes übernimmt. Als Anpassung zu diesem Dienste entstanden kann ich es mir jedoch nicht vorstellen. Wie gesagt, hat die dicke Mittelrippe des Rippenblattypus in erster Linie eine mechanische Funktion zu versehen, indem sie der großen Lamina (der kräftigen Wuchsformen tropischer Gräser) als Stütze dient. Zu diesem Zwecke dienen mehrere auf der Unterseite im Bogen angeordnete Bastbündel als Druckgurtungen, denen gegenüber auf der Oberseite entweder ebensolche Gurtungen sich befinden (Oryza, Fig. 31 bei Güntz a. a. 0.) oder aber ein einheitliches Bastband als Zug- gurtung ausgebildet ist (Zea Mais, Fig. 3 unserer Tafel XXIII, Panicum virgatum, Fig. 1 bei Güntz a.a.0.). Bei Leersia sind die Bastbündel der Unterseite durch ein Bastband miteinander ver- bunden (Z. oryzoides, Abbildung bei DuvAL-JouvE) oder ein einziges großes Bastbündel der Unter- seite verbreitert sich zu einem subepidermalen Bastbande (Z. virginica, Fig. 5 bei Güntz a.a.0.). Immer besitzt die Mittelrippe des Typus Rippenblatt einen wesentlich anderen Bau als die übrige Lamina und führt mehrere Gefäßbündel. Bei Zea Mais ist insofern der Unterschied zwischen Mittelrippe und übriger Lamina nicht so groß wie sonst bei diesem Typus, als das Wassergewebe sich auch seitlich der Rippe auf der Blattoberseite als dünne Schicht fortsetzt. Alle Grasblätter, die den beschriebenen drei Bautypen nicht zugerechnet werden können, fasse ich zusammen in den Typus des indifferenten Blatt es, welcher durch Fig. 4 und 7, Tafel XXIIT illustriert sei. Dieser Bautypus kann als Ausgangstypus des Grasblattes aufgefaßt werden, da sich einerseits die anderen drei Typen morphologisch leicht von ihm ableiten lassen und er zum anderen am leichtesten den Blattypen anderer Monokotylenfamilien anzuschließen ist. Selbst zeigt er naturgemäß daher eine große Fülle von Variationen, je nachdem er sich dem einen oder anderen der drei Endtypen mehr oder weniger nähert oder einfachere (Grund-) Formen dar- stellt. Alle diese Variationen lassen sich aber nicht scharf gegeneinander abgrenzen, daher scheint mir auch die Benennung: Indifferentes Blatt für diesen Typus am bezeichnendsten. Im einfachsten Falle sind die Blätter dieses Typus auf der Ober- und Unterseite fast gleich- gestaltet und ohne vorragende Leisten der Oberseite. Jedoch treten zwischen den I-iörmigen Trägern oberseits mehr oder weniger stark ausgebildete Gelenkzellen auf. Solche Blätter, welche als die primitivsten und ältesten Grasblätter überhaupt angesehen werden können, finden wir bei Werrn, Vegetation. 269 der Gattung Bambusa (vgl. Bambusa arundinacea bei GÜnTz a.a.O. Fig. 18, Bambusa Simonii bei HABERLANDT: Vergleichende Anatomie des assimilatorischen Gewebssystems der Pflanzen, Jahr- bücher für wissenschaftliche Botanik Bd. 13, 1882, Taf. III, Fig. 13; Bambusa spec. bei KERNER a.a.O. Figur auf S. 272 der 1. Aufl.). Hieran schließen sich dann Formen wie Phyllostachys bambusoides (Fig. 4 auf unserer Taf. XXIII) und Phleum pratense (GÜnTz a.a.0. Fig. 11), bei denen auch die Oberseite der Gelenkzellen bereits etwas eingesenkt erscheint. Am verbreitetsten ist aber dieser Typus des indifferenten Blattes in der Form etwa, wie ihn unsere Getreidearten repräsentieren (siehe Fig. 7, Taf. XXIII). Die Blattoberseite ist, wie oft auch die Unterseite (Fig. 7 unserer Tafel sowie z. B. auch Colpodium fulvum bei LoHAUSsS a.a.O. Fig. 83) gewellt, indem die mit Gelenk- zellen versehenen Furchen sanft in die gerundeten Riefen übergehen. Auf der Blattunterseite tritt die Mittelrippe etwas stärker hervor. Wie gesagt, lassen sich von diesem indifferenten Blatte morphologisch die anderen als End- typen aufzufassenden Formen leicht ableiten. Einfaches Zurücktreten der Mittelrippe, so daß diese nicht oder kaum verschieden ist von den übrigen Riefen des Blattes, verwandelt das indifferente Blatt in ein Rollblatt. Man vergleiche die Querschnitte von Melica ciliata L. und Melica Bauhini Aue. (Fig. 8 und 1 der Tafel XXIII), um dieses an ein und derselben Gattung vor Augen zu haben. Melia ciliata zeigt aber bereits eine stark hervor- tretende Mittelrippe, verglichen mit den der Grundform des Grasblattes sich mehr nähernden Formen Fig. 7 und 4 der Tafel. Melica ciliata ist daher geeignet, uns auch die Ableitung des Faltblattes vom indifferenten Typus klarzumachen. Ein Schwinden der Riefen und Furchen der Blatt- lamina mit ihren Gelenkzellen zusammen mit einer noch stärkeren Bevorzugung der Gelenkzell- reihen unmittelbar beiderseits der Mittelrippe würde aus Fig. 8 ein Blatt wie Fig. 12 (Glyceria arun- dinacea) werden lassen. Die Umwandlung des indifferenten Blattes in das Faltblatt können wir uns in einer und der- selben Gattung bei Poa vor Augen führen. Poa pratensis und Poa laxa (LoHauss a. a. O. Fig. 58, 59 und 52) vertreten noch ganz den Typus des indifferenten Blattes. Auch Poa Cookii von Kerguelen zeigt im wesentlichen noch den typischen Bau des indifferenten Blattes (Taf. XXI, Fig. 7). Die große Mehrzahl der Poa-Arten endlich (Poa annua, badensis, alpina, caespitosa, Hookeriana, gracillima, longıfolia, Chaixi, Howelli, pannonica, brevifolia, compressa, sudetica, Sellowüi, kerguelensis |Tat. XXT, Fig. 4]) zeigt nur noch jederseits der meist kräftig heraustretenden Mittelrippe eine Gelenkzell- gruppe bei übrigens glatter Lamina; alle seitlichen Riefen und Furchen sind geschwunden. In der Gattung Festuca beobachten wir etwas Ähnliches: Festuca erecta von Kerguelen (Taf. XXT, Fig. 9) zeigt bereits eine deutliche Bevorzugung der Mittelrippe und ebenso deutliches Einfalten (nicht Einrollen) des Blattes, doch ist das ganze Blatt mit Riefen und Furchen versehen. Das mehrfach abgebildete Blatt von Festuca glauca ') zeigt die beim vollendeten Faltblatt überflüssig gewordenen seitlichen Furchen und Riefen im Schwinden begriffen. Dasselbe zeigt auch Festuca heterophylla. Duvar-JouvE endlich bildet (a. a.0.) ein Blatt von Festuca glauca ab, bei welchem alle seitlichen Reifen und Furchen fehlen. Wir haben hier also innerhalb einer Art den Übergang vom indif- 1) Tschirch, a. a. 0. 1. Tafel, Fig. 6 (= Fig. 5 unserer Tafel XXIII). — G. HABErLANDT: Physiologische Pflanzen- anatomie. Leipzig 1909. S. 508. — K. GoEser: Einleitung in die experimentelle Morphologie der Pflanzen. Leipzig u. Berlin, 1908, S. 28. Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 35 970 Deutsche Südpolar-Expedition. ferenten Blatt (mit Hinneigung zum Faltblatttypus) in das vollendete Faltblatt vor uns. In diesem Zusammenhange ist das Resultat eines Versuches von GOEBEL (a. a. O.) interessant, welcher diese Art in ganz feuchter Luft kultivierte. Die so gebildeten Blätter zeigen nach der gegebenen Ab- bildung eine größere Zahl und ein deutlicheres Hervortreten der Riefen. Wenn man mit GOEBEL diese Form nun im wesentlichen als eine Hemmungsbildung, also als eine der ursprünglicheren Blattgestaltung ähnlichere Form auffaßt, so ergibt sich auch daraus wieder mit größter Wahr- scheinlichkeit, daß phylogenetisch das Faltblatt sich von der vollkommen gerieften Form des in- differenten Typus ableitet. Auch die Gattung Sesleria lehrt uns die Entstehung des Faltblattes aus dem indifferenten. Sesleria coerulea, S. tenuifolia (Fig. 14 auf Taf. XXIII), S. Budensis, S. Heufleriana, 8. filifolia zeigen den Typus Faltblatt in vollendeter Form, Sesleria tenella dagegen (Fig. 17 unserer Tafel XXIII) zeigt den Bautyp der Festuca erecta. Ähnliches sehen wir bei der Gattung Atropis. Atropis Borreri (LoHaussa.a.0. Fig. 95) u.a. zeigt den Typus des indifferenten Blattes, Atropis maritima (LoHAuss a.a.O. Fig. 108) u. a. dagegen denjenigen des Faltblattes. So ließen sich noch viele Beispiele anführen, die alle zeigen, daß der indifferente Typus als Ausgangspunkt anderer Typen aufzufassen ist. Das gilt auch für die Beziehungen des indifferenten Blattes zum Rippenblatt. Formen des indifferenten Typus, wie sie die Abbildung von Brachypodium sylvaticum bei DuUvAL-JoUvE a. a. O. — Fig. 16 unserer Tafel XXIII) repräsentiert, können als Anfangsstadien des Rippenblattes angesehen werden. Manche Blätter des indifferenten Typus zeigen in ihrem basalen Teil eine ange- schwollene Mittelrippe mit sogenanntem Wasserspeichergewebe; durch die Vergrößerung der Mittel- rippe gelangen die dem mittelsten Gefäßbündel des Blattes zunächst liegenden beiden seitlichen noch mit in den Bereich der Hauptrippe, wodurch ein abgeschwächtes Bild der Mittelrippe des typischen Rippenblattes zustande kommt. Die Fig. 6 auf Taf. XXIII möge dieses an einem Blatt der Gerste zeigen, während Fig. 7 den oberen Teil des Gerstenblattes in der Form des indifferenten Typus zeigt. Wenn ich hinzufüge, daß auch die enormen Mittelrippen der tropischen Rippenblätter der typischen Art nach der Blattspitze zu dünner werden und einen einfacheren Bau zeigen, so können wir uns die phylogenetische Ableitung des Rippenblattes vom indifferenten Blatte im Dienste der Vergrößerung der Blattfläche unter dem Einfluß tropischen Klimas sehr wohl vorstellen. Wie aus dem Vorhergehenden hervorgeht, deckt sich der Typus Rollblatt einigermaßen mit der 3. Klasse der Wiesengräser undder2.Klasseder Steppengräser bei Güntz, doch rechnet LoHAuss hierher z. B. auch Arten, die dem indifferenten Typus zuzu- zählen wären, z. B. Atropis Borreri und Atropis distans (= Fig. 95 und 96). Der Typus Faltblatt dürfte ziemlich vollkommen der Klasse 2 der Wiesengräser einschließlich der 1. Klasse der Steppen- gräser bei GÜnTz entsprechen. Das Rippenblatt entspricht im wesentlichen den ersten drei Klassen der Gruppe der Savannengräser bei GÜNTZ. Steppengräser. Zahlreiche Gräser zeichnen sich in ihren Blattformen dadurch aus, daß an der Außenseite eine Vermehrung subepidermaler Bastbelege eingetreten ist, derart, daß neben den I-förmigen Trägern oder unter teilweiser oder gänzlicher Auflösung derselben außer Bast- bündeln unterhalb der Gefäßbündel auch solche unterhalb der Gelenkzellen bzw. im Rücken der Blattlängsriefen auftreten. Indem die so verdoppelten subepidermalen Bastbelege der Blatt- Werru, Vegetation. 271 unter- bzw. -außenseite sich vergrößern und schließlich miteinander verschmelzen, entstehen die sogenannten kontinuierlichen Bastringe, welche die eingerollte oder eingefaltete Spreite des derart typisch ausgebildeten „Steppengrasblattes“ nach außen abschließen. Die Figuren 9, 10 und 11 auf Taf. XXIII mögen das allmähliche Zustandekommen dieses Bastringes bei nahe verwandten Formen illustrieren. Bei Deschampsia antaretica von Kerguelen (Taf. XXI, Fig. 5) sehen wir die Sklerenchymträger aufgelöst; dafür ist aber im Rücken jeder Furche regelmäßig ein Sklerenehymstrang zur Verstärkung der Außenepidermis angelagert worden. Ebenso verhält sich Deschampsia alpina (ZEMANN !) Fig. 6 = Fig. 9 unserer Tafel), wo jedoch ausnahmsweise schon zwei Sklerenehympartien verschmelzen können. Eine weitgehende Verschmelzung der subepidermalen Bündel aus mechanischem Gewebe tritt bei Deschampsia setacea (ZEMANN a. a. 0. Fig. 2 = Fig. 10 unserer Tafel) ein, während bei Deschampsia media (ZEMANN a. a. O. Fig. 4 = Fig. 11 der Taf. XXIII), der subepidermale Bastbelag der Blattaußenseite einen zusammenhängenden Mantel darstellt und so einen ausgezeichneten Verdunstungsschutz des rinnenförmigen Blattes abgibt. Innerhalb der Gattung Festuca können wir dieselbe Stufenfolge beobachten bei Vergleich der Formen: Festuca Porei (Fig. 15, Taf. XXIII), Festuca erecta (Fig.9 auf Taf. XXI) und Festuca glauca (Fig. 5, Taf. XXIII) oder Festuca punctoria (Fig. 13, Taf. XXIII). Bei letzterer Art ist das mechanische Gewebe relativ dünnwandig und ermöglicht daher im Verein mit ziemlich großen Gelenkzellgruppen eine Entfaltung des Blattes (KErNER a. a. 0. S. 318 der ersten Auflage). Die meisten Festuca-Arten haben Blätter, bei welchen ein mächtig entwickeltes Sklerenchym- gewebe entweder zusammen mit der stellenweis enorm verdieckten Außenepidermis, wie bei der eben genannten Festuca erecta von Kerguelen (Fig. 9 auf Taf- XXI) oder schon allein für sich einen geschlossenen Panzer um die ganze Außenseite des mehr oder weniger rinnenförmig gestalteten Blattes bildet. Letztere Form zeigt, wie gesagt, z. B. die oft genannte Festuca glauca (TSCHIRCH a.a.O., Fig. 6 der 1. Tafel und GoEBEL a.a. O., Fig. I auf S. 28), ferner Festuca punctoria und Festuca alpestris (KERNER V. MARILAUN a. a. O., Fig. 1—3 auf $. 326 und Fig. 4—6 auf $. 322) >). Von anderen Grasblättern entsprechen z. B. Aira media (bei TscHikchH a.a.O., Fig. 5 und 8 der 1. Tafel) und in abgeänderter Form ohne Seitenriefen auch Poa kerguelensis (Fig. 8 Taf. XXI) der Stufe der Festuca Porcii (KERNER V. MARILAUN a. a. O., Fig. 4—6, S.323), während Agrostis magel- lanica von Kerguelen eine noch einfachere Form repräsentiert (Fig. 6 Taf. XXI). Die I-Träger sind zumeist noch deutlich zu erkennen, aber schon im Abbruch befindlich; dafür ist aber zwischen je zwei Trägern, d.h. also im Rücken jeder Furche regelmäßig bereits ein Sklerenchymstrang zur Ver- stärkung der Außenepidermis angelagert worden. Nur, wie es nach den bisherigen Untersuchungen scheint, in selteneren Fällen, ist der Zwang der Anpassung — bildlich gesprochen — so groß gewesen, daß eine Verstärkung der Außenepidermis durch mechanisches Gewebe stattgefunden hat, ohne Auflösung der I-förmigen Trägerleisten. Einen Anfang zu dieser Bildung sehen wir bei Aristida pungens und Lygeum Spartum, bei denen auch die Außenseite des Blattes noch Spaltöfinungen führt (Beschreibung und Blattquerschnitte 1) ZEMANN, MARGARETE: Die systematische Bedeutung des Blattbaues der mitteleuropäischen Aira-Arten. Österreichische Botanische Zeitschrift LVI, 1906, S. 429-436, 457—461; LVII, 1907, S. 1-4. 2) Fig, 5 und 13 unserer Tafel XXIIL 372 Deutsche Südpolar-Expedition. bei TscHIrRcH a.a.0.) sowie auch schon bei der Fig. 1 auf unserer Tafel XXIII. Gesehlossen, aber noch sehr dünn ist die Verstärkung der Außenepidermis durch mechanisches Gewebe bei Stipa capillata (Fig. 18, Taf. XXIII). Eine enorme Ausbildung des mechanischen Gewebes sehen wir in dieser Richtung endlich erreicht bei Macrochloa (Stipa) tenacissima, einer Bewohnerin des heißen Nordens Afrikas (TscHircH a. a. 0. Fig. 1 der 1. Tafel), sowie bei unserem, auf trockenem Boden dem heftigsten Winde preisgegebenen Dünenhafer, Psamma arenaria, bei welchen Arten das grüne Parenchym auf etliche schmale Streifen reduziert ist. Nachdem wir uns so nach Möglichkeit ein Bild von der allmählichen Entstehung des ausge- sprochensten Steppengrastypus zu machen versucht haben, verdienen noch verschiedene Einzel- heiten in der Ausbildung der Blätter dieser Grasformen gesonderte Beachtung. Zunächst sei an die Verlagerung der Spaltöfinungen erinnert. Diese befinden sich bei den Steppengräsern in der Regel ausschließlich an der Oberseite, und zwar in den Längsfurchen, während die „‚Wiesengräser“ sie, dem gewöhnlichen Typus entsprechend, oft auch an der Unterseite der Blätter zeigen. Dementsprechend ist auch schwammparenchymartiges Gewebe, wenn es überhaupt entwickelt ist, auf der Oberseite vorhanden; z. B. bei Deschampsia antarctica. Interessant ist ferner die fast überall bei den Steppengräsern (aber nicht allein bei diesen) sich geltend machende Neigung der Epidermiszellen der Ober- (Innen-)seite zur Vergrößerung und Umbildung in Haare. Nicht immer erscheinen letztere groß genug, um beim Einfalten des Blattes die ganze Blattrinne oder die einzelnen Furchen gegen die Außenwelt abzudichten. Ferner ist beachtenswert das gegenseitige Sichergänzen zwischen den subepidermalen Skleren- chymbelegen und der Außenepidermis selbst, so zwar, daß an den Stellen der fehlenden Skleren- chymverstärkung die Epidermis dicker entwickelt ist wie am Sklerenchymbelag. Man sieht diese Eigenart großartig ausgebildet bei Festuca erecta und in minderem Maße bei allen übrigen Formen. Die Anlage zu dieser Ausbildung finden wir bereits bei den „‚Wiesengräsern“, indem, z. B. bei Poa Cookii und Lasiagrostis Calamagrostis, die Außenepidermis am Fuße der Sklerenchymträger dünner ist als in den Stücken zwischen den Trägern. Die obigen Ausführungen wie die bezeichneten Figuren lassen ohne weiteres erkennen, daß sich die Steppengräser nicht als Typus den vier vorhin beschriebenen Blattypen anreihen lassen, sondern daß dieselben sich gleichzeitig aus verschiedenen Bautypen entwickeln. Viele (Festuca erecta, Festuca glauca, Deschampsia setacea z. B.) schließen sich an den Typus des indiffe- renten Blattes an, mit Hinneigung zum Faltblatte; andere, wie Stipa capillata (Fig. 18 der Tafel XXIII) leiten sich dagegen unmittelbar vom Rollblatt ab, bzw. repräsentieren den Roll- blattypus, oder auch wie Poa kerguelensis den des Faltblattes. Bei Fig. 9, 11 und 13 der Taf. XXIII ist weder der Rollblattyp rein vorhanden noch eine so deutliche Hinneigung zum Faltblatt erkenn- bar wie in den soeben bezeichneten Fällen (Fig. 5, 10). Nachdem wir also gesehen haben, daß das Steppengrasblatt sich nicht als besonderer Bautypus neben die anderen unterbringen läßt, sondern als eine im gleichen Sinne geschehene Veränderung bald des einen, bald des anderen der beschriebenen Bautypen aufzufassen ist, haben wir eine um WerrtH, Vegetation. 973 so größere Berechtigung, darin eine durch klimatische oder Bodenverhältnisse (indirekt) bedingte Anpassungserscheinung zu erblicken. Und damit wird es zugleich wahrscheinlich, daß die anderen eigentlichen Bautypen eine mehr historische bzw. systematische Bedeutung haben. Inwieweit dieses letztere zutrifft, mag aus der folgenden systematischen Zusammenstellung der wichtigsten Gattungen der Gräser, soweit ich durch eigene Untersuchungen oder die Literatur sichere Anhaltspunkte für die Zugehörigkeit derselben zu einem bestimmten Bautypus gewinnen konnte, zeigen. Ich bediene mich dabei der von HACKEL in EnGter und Prantr’s Natürlichen Pflanzenfamilien gegebenen Anordnung. Familie Gramineae. Bambuseae: Bambusa — ındifferentes Blatt Phyllostachys = E ” Hordeeae: Nardus = * iR Secale = “ R Tritievum = Ss en Hordeum = = ” Chlorideae: Oynodon — % 25 (Über die übrigen Gattungen dieser Gruppe: C'hloris, Bleusine usw., habe ich nichts Sicheres feststellen können.) Festuceae: Arundo — indifferentes Blatt Phragmites = in = Triodia ne RR s Koeleria _ 5 5 Brachypodium = = 6 Festuca — g „ bis Faltblatt. Atropis = “ „ und Faltblatt. Poa — = „ bis meist Faltblatt. Sesleria —: Faltblatt. rlyceria = % Melica — ındifferentes und Rollblatt. Gynersum — Rippenblatt. Eragrostis — s Aveneae: Avena — ıindifferentes Blatt. Aira = ae ee Deschampsia = ER ” Agrostideae: Phleum _ 5 % Calamagrostis = ” 3» Agrostis = Rollblatt. Aristida = 5; Stipa = e Macrochloa = 5, Lasiagrostis = 274 Deutsche Südpolar-Expedition. Phalarideae: Anthoxanthum = indifferentes Blatt. Hierochloe — ” Er Oryzeae: Oryza — Rippenblatt. Leersia — Paniceae !): Pennisetum = Setaria — Panicum — Paspalum = Saccharum — Erianthus = Imperata = Andropogon = Cor = Tripsacum — = Zea — Wennschon die Zahl der angeführten Gattungen eine relativ kleine ist, so scheint mir doch aus der Zusammenstellung hervorzugehen, daß die Typen Rollblatt, Faltblatt, Rippenblatt und indifferentes Blatt einen systematischen Wert beanspruchen können. Die einfachsten Formen des indifferenten Blattes finden sich bei den Bambuseae, wie wir bereits sahen. Ihnen mögen sich die Hordeeae anschließen, bei denen ebenfalls nur der indifferente Blattypus beobachtet wurde. Von diesen mögen sich dann weiter durch die C'hlorideae (indifferenter Typus) die Festuceae und durch die ebenfalls indifferente Blattform aufweisenden Aveneae die Agrostideae ableiten. Die letzteren zeigen neben einigen indifferenten Blattformen ausschließlich den Typus des Rollblattes. Die Festuceae sind die einzige Gruppe, bei der bislang das typische Faltblatt beobachtet ist; es findet sich hier zusammen (wie wir sahen) mit dem indifferenten Blatte, und zwar oft in ein und derselben ) Gattung. Es spricht dies letztere keineswegs gegen eine systematische oder phylogenetische Be- deutung der aufgestellten Blattypen, sondern zeigt nur, daß das indifferente Blatt der Grund- und Ausgangstypus für die übrigen Bauformen (Falt-, Roll-, Rippenblatt) darstellt. Dasselbe gilt für das Zusammenvcrkommen des Rollblattypus mit dem indifferenten Blatte bei den Agrostideae. Einige Gattungen der Festuceae (die aus der eben gegebenen Aufstellung zu ersehen sind) zeigen den Typus des Roll- oder denjenigen des Rippenblattes. Diese bedürfen noch einer besonderen Erklärung. Von den Bambuseae lassen sich auf der anderen Seite der Blütenbildung nach die Oryzeae ableiten, an welche sich wiederum die Paniceae (in dem weiter gefaßten Sinne) anschließen. Diese beiden Gruppen scheinen ausschließlich Rippenblätter zu besitzen und stehen dadurch in gewissem Gegensatz zu den ganzen übrigen Gräsern. Die noch übrige Gruppe der Phalarideae zeigt Beziehungen zu den eben genannten; während sie aber der indifferenten Blattform nach einen ursprünglichen Typus repräsentiert, ist sie der Blütenbildung nach als eine abgeleitete Gruppe zu betrachten. ') Unter die Paniceae fasse ich hier mit Krause auch die Andropogoneae und Maydeae zusammen; siehe KRAUSE, Ernst H. L.: Ein Besserungsversuch am System der Gramineen. Beiheite zum Bo- tanischen Zentralblatt, Originalarbeiten Band XXV. Zweite Abteilung. Heft 3, S. 421—489, WERrTH, Vegetation. 975 Die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Hauptgruppen der Gramineen, wie sie sich bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Blütenverhältnisse und der Blattstruktur ergeben, mögen durch das folgende Schema veranschaulicht werden. Dasselbe soll nicht etwa das durch eine kurze Formel ausgedrückte Resultat abgeschlossener Untersuchungen abgeben, sondern im Gegenteil nur eine Bambuseae = > DI Oryzeae Hordeeae 3 N S- Chlorideae Aveneae S Paniceae | | Festuceae _Agrostideae Anregung sein zur eingehenden Erforschung der phylogenetischen bzw. systematischen Bedeutung der Blattbautypen der Gramineen. Ich bin bei einem Versuch, den sogenannten Steppengrastypus scharf zu umigrenzen und aus den übrigen Formen der Grasblätter rein herauszuschälen, ganz von selbst zur Aufstellung der genannten vier Bautypen gelangt und zugleich zu dem weiteren Ergebnis, daß der Typus Steppengras, dem eine vorwiegend biologische Bedeutung zukommt, sich den anderen Typen nicht beiordnen läßt und für die Unterscheidung größerer Gruppen nicht zu verwerten ist. Daß für die systematische Unterscheidung von Gattungen und Arten auch die mit der Bildung von Steppengrastypen einhergegangenen anatomischen Abänderungen zu verwerten sind, war von vornherein zu erwarten. Die großen Gruppen werden davon nicht berührt. * * * Sehen wir uns jetzt die Kerguelen-Gräser nochmals etwas genauer an, so habe ich schon vorn bei der Einzelbetrachtung der Arten für Poa Cookvi darauf hingewiesen, daß bei ihrem Blatte wegen der Eigenart der mechanischen Festigung an eine Schließ- und Öffnungsbewegung nicht zu denken ist. Auch bei Deschampsia antaretica ist eine doppelte Bastzellage im Rücken der Furchen vor- handen, die auf Ähnliches schließen läßt. Bei Agrostis magellanica und Poa kerguelensis bestehen die subepidermalen Sklerenchymbelege im Rücken der Furchen nur aus einer Zellschicht, gerade hier sind aber die Epidermiszellen im Grunde der Furchen deutlicher als bei den eben genannten Arten als zartwandige, daher auch wohl in ihrer Turgeszenz stärkeren Schwankungen unterworfene Gelenkzellen ausgebildet, so daß man hier eher an ein Zusammenwirken beider Zellkomplexe zu einem Schließ- undÖffnungsmechanismus denken möchte. Bei Festuca erecta schließlich sehen wir einen dicken Bastbelag im Rücken der Furchen. Es wäre falsch, nach TscHircH deswegen die energischste Schließbewegung hier zu erwarten. Es kann vielmehr direkt als Regel gelten, daß je dicker die Bastbeläge ausgebildet sind, um so geringer der Aussehlag der Bewegung des Blattes beim Öffnen und Schließen ist. Man vergleiche hierzu die Bilder von Festuca Porcvi und Festuca alpestris bei KERNER VON MARILAUN (a. a. 0. S. 322 und 323) sowie auch von Festuca glauca bei TscHIRcH (a.a.O. r. Taf., Fig. 6) und HABERLANDT (a. a. 0. Fig. 43 auf S. 134) '). Es ist dies ein gewichtiger Beweis dafür, daß der Mantel von mechanischem en in dieser Beziehung ein merkwürdiger Gegensatz zwischen den Angaben verschiedener Forscher. Während z. B. Tscuircn die Bewegung bei Festuca glauca ausdrücklich erwähnt und abbildet, weiß GOEBEL hiervon nichts. Ebenso konnte ersterer den Mechanismus des Schließens und Öffnens beim Blatte von Maerochloa tenaeissima beliebig oft hervorrufen, während Duvar-Jouve bei dieser Art die Bewegungsfähigkeit leugnet. 276 Deutsche Südpolar-Expedition. Gewebe bei den ausgeprägtesten Typen der Steppengräser mindestens nicht allein im Dienste der Schließbewegung der Blätter steht, daß er nicht sowohl als Scharnier fungiert, sondern vor allem in seiner enormen Ausprägung uns nur als Schutzmantel gegen ungünstige klimatische Einflüsse, zumal gegen übermäßige Transpiration verständlich wird. Hierfür spricht auch die Art und Weise, wie die Außenepidermis sich in den Lücken des Bastbelages verstärkt, wie es besonders schön bei unserer Festuca erecta zur Geltung kommt (Fig. 11 Taf. XXII). Deschampsia antarctica bildet in seiner Gestaltung in etwa eine Zwischenform zwischen dem Roll- und Faltblatte, und wenn wir demnach im Rücken der weniger stark für eine eventuelle Schließbewegung in Anspruch genommenen seitlichen Furchen dieselben Bastbeläge antreffen wie in den mittleren Furchen, so sind wir eher berechtigt, diese als Transpirationsschutz aufzufassen. In noch höherem Maße gilt dies für Poa kerguelensis, wo die subepidermalen Sklerenchymbeläge der furchenlosen Seitenteile des Blattes wohl keine andere Deutung mehr zulassen. * x % Als Zusammenfassung unserer Betrachtungen und Ausführungen über die Blattstruktur der Kerguelengräser und der Gräser überhaupt möchte ich auf die Schlußsätze der im vorigen viel- fach angezogenen Arbeit von TscHIrcH zu sprechen kommen: „... Wir müssen in der Fähigkeit, welche die Steppengräser !) besitzen, ihre Blattorgane gegen eintretenden Wassermangel zusammenzufalten oder einzurollen, eine sehr wirkungsvolle Einrichtung sehen, den Blattorganismus gegen Trockenheit zu schützen. Denn da die meisten, besonders die, welche als Bewohner dürren Sandbodens bekannt sind, nur an den Seiten ihrer Längs- rinnen Spaltöffnungen besitzen und auf der nach außen gekehrten Seite mit einem dichten Bast- zellenringe gepanzert sind, so wird durch ein Schließen der Längsrinne oder ein Zusammenrollen des Blattes die Kommunikation der wasserdampferfüllten Innenräume des Blattes — die durch die Spaltöffnungen mit den Längsrinnen in Verbindung stehen — mit der umgebenden Atmosphäre nahezu aufgehoben, besonders, da fast ausnahmslos Rinnen und Prismen dicht mit Haaren besetzt sind, die beim Schließen eng ineinander greifen.“ „Es ist ferner als eine sehr vorteilhafte Anpassung zu betrachten, daß der durch zu rasche Verdunstung steigende Wassermangel gleichzeitig, sei es durch Verringerung des hydrostatischen Druckes in den grünen Zellen, sei es durch reichlichere Wasserentziehung in den inneren Zellen der Bastringe und Baststreifen, ein sukzessives Schließen der Längsrinnen und Zusammenrollen der Blattflächen bewirkt, welches einer weiteren schädlichen Erhöhung der Verdunstungsgröße wirkungsvoll entgegentritt.‘“ Wenn TscHircH und andere Forscher in dieser Weise von Anpassungen der Grasblätter sprechen, dann denkt man wohl im allgemeinen an im Darwinschen Sinne durch natürliche Zucht- wahl zustande gekommene zweckmäßige Eimrichtungen. Daß es sich zunächst tatsächlich in den beschriebenen Fällen um für die betreffenden Pflanzen unter den gegebenen klimatischen Ver- hältnissen Kerguelens und anderer Gebiete vorteilhafte Abänderungen von der typischen einfacheren Strukturform der Blätter der sogenannten Wiesengräser handelt, dürfte kaum bestritten werden. 1) Steppengräser: im Sinne aller einrollbare Blätter besitzenden Gräser. Werrn, Vegetation. 277 Wenn nun jedoch GOEBEL, welcher die xerophile Struktur des Grasblattes zum Gegenstande eines experimentellen Versuches machte (a. a. 0. 8.27), derart vorteilhafte Strukturen durch direkten Einfluß der Außenverhältnisse zustande kommen lassen möchte, so erfordert das noch ein kurzes Eingehen auf diesen Gegenstand. GOEBEL (a.a. 0.) kultivierte die in der Natur mit ausgesprochen xerophiler Struktur aus- gestattete Festuca glauca in sehr feuchter Luft und erhielt so Blätter, welche in ihrer anatomischen Beschaffenheit erhebliche Unterschiede zeigten. Vor allen war der am natürlichen trockenen Stand- orte auftretende, die ganze Außenseite des rinnenförmigen Blattes umkleidende Bastfaserbelag fast vollständig geschwunden, desgleichen fehlte die starke Wandverdickung der Außenepidermis. Es hatte mithin die xerophile Ausgestaltung des Blattes eine erhebliche Hemmung erfahren. GOEBEL versucht nun die Verschiedenheit der beiden Blattformen als eine direkte Folge der ver- schiedenen Transpirationsverhältnisse in beiden Fällen zu erklären. Abgesehen davon aber, daß diese Erklärung sich auf keinerlei direkt beobachtbare Tatsachen stützen kann und daher meines Erachtens nichts als eine unkontrollierbare Spekulation darstellt, muß es uns stutzig machen, daß andere Pflanzen sich bei ganz ähnlicher Veränderung der Außenverhältnisse ganz anders verhalten. GOEBEL gibt hier gleich ein Beispiel an, indem er auf die Tatsache hinweist, daß manche Com - melineen an trockenen Standorten ein stark, an feuchten ein schwach entwickeltes ‚„Wasser- gewebe“ haben. ‚Hier werden eben die durch die an trocknen Standorten relativ größere Assi- - milation produzierten Substanzen nicht zur Verdickung der Zellwände, sondern gelöst im Zellsaft des Wassergewebes abgelagert, das dadurch zu mächtiger Entwicklung gelangt.“ Also in einem Falle (Festuca) wird durch die Transpirationsverhältnisse des trocknen Standortes diekwandiges Zellgewebe, im anderen (Commelinee) umgekehrt zartwandiges, saftreiches Zellgewebe hervor- gerufen. Merkwürdigerweise liegen jedoch in beiden Fällen unzweifelhafte, für die Erhaltung der Art äußerst vorteilhafte Einrichtungen vor. Mir scheint, solche „Erklärungen“ reichen nicht aus, um uns die beobachteten Tatsachen verständlich zu machen; meines Erachtens ist hiermit die Frage nach der Entstehung derart vorteil- hafter Einrichtungen (Anpassungen) noch nicht beantwortet, sondern die Frage selbst erst schärfer formuliert. Diese heißt jetzt: Wie kommt die Fähigkeit verschiedener Pflanzen zustande, unter gegebenen veränderten Bedingungen sich in für ihre Art vorteilhafter Weise umzugestalten. Speziell für unsere Steppengräser würde die Frage lauten: wie ist die Fähigkeit dieser Pflanzen zu erklären, unter der Einwirkung eines rauhen, stürmischen Klimas oder eines trockenen Standortes die unter solchen Verhältnissen vorteilhaften Blattstrukturen hervorzubringen. Die Tatsache, daß die auf Kerguelen eingeschleppten europäischen Gräser es nicht vermocht haben, sich in gleicher Weise wie die einheimischen vorteilhaft umzuändern, spricht gegen eine direkte Wirkung der äußeren Verhältnisse und legt den Gedanken nahe, daß beispielsweise Poa kerguelensis mit ihrer Fähigkeit, sich im wechselnden Maße je nach der Exposition ihres individuellen Standortes dem rauhen Klima Kerguelens zweckmäßig entsprechend zu gestalten, eine andersartige Organi- sation besitzen müsse. Ebensowenig wie die Entstehung des vorteilhaften Einrollungsmechanismus der Grasblätter erklärt ist, wenn wir beobachten, daß er bei feuchtem Wetter ein Öffnen, bei trockenem ein Schließen der Blätter verursacht, auch dann noch nicht, wenn wir genau festgestellt haben, ob das Öffnen durch Turgorzunahme der grünen Zellen oder Quellung der Bastfasern zustande Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 36 278 r Deutsche Südpolar-Expedition. kommt, ebensowenig ist die Organisation der Steppengräser erklärt, welche diese befähigt, unter wechselnden Außenverhältnissen in mehr oder minder hohem Grade eine xerophile Blattstruktur auszubilden, wenn wir tatsächlich sehen, daß diese Gräser am physiologisch trockenen Standorte mit stark, am minder trockenen Standorte dagegen mit weniger ausgesprochenen Schutzmaßregeln gegen übermäßige Verdunstung reagieren. Es ist zweifellos richtig, daß die Pflanze, wie GOEBEL sagt, das tut, was sie unter bestimmten Bedingungen tun muß. Wenn aber unter denselben Bedingungen zwei verschiedene Pflanzen etwas Verschiedenes, aber jedesmal für die Art Vorteilhaftes tun, so setzt das verschiedene Fähigkeiten, bezüglich eine verschiedene Organisation bei den beiden Pflanzen voraus, und zwar eine Organisation, welche die Pflanzen zwingt, unter den bestimmten, von der Natur gegebenen Bedingungen ihres natürlichen Wohngebietes vorteilhaft zu handeln. Solche auf die Außenverhältnisse direkt und zwangsweise vorteilhaft reagierende Organisationen dürften bis heute durch nichts besser erklärt werden, als durch de Zuchtwahltheorie Darwıms. E. Anthokyan als Verdunstungsschutz. Daß der, auch auf Kerguelen in Pflanzen exponierter oder ungünstiger Standorte auftretende rote Farbstoff, gewöhnlich als Anthokyan (Erythrophyli, Blattrot) bezeichnet, in gewisser Hinsicht als Schutzmittel gegen übermäßige Verdunstung anzusehen ist, soll im folgenden gezeigt werden. Besonders auffallend ist die Anthokyanbildung bei Acaena adscendens, wo die nieder- liegende kleine Form windiger Standorte intensiv rot gefärbt ist: Die Achse des Blattsprosses und der untere (basale) Teil der Blattstiele mit der Blattscheide sind oberseits vollkommen rot, und die Blättchen haben einen breiten, roten Rand. Auch für die Frühjahrssprosse von Acaena vermerkte ich eine ziemlich starke Anthokyanfärbung. Eine Rotfärbung des Laubes ist auch bei Tillaea moschata zuweilen sehr auffallend ausgeprägt. Das Rot tritt u. a. im Stengel, den Blattscheiden und dem Blütenkelch auf, wo es besonders stark in dem der jungen Knospen zu bemerken ist. Bemerkenswert ist weiter auch die Tatsache, daß die überall aus den, zwei gegenüberstehende Blättchen verbindenden Blattscheiden hervor- tretenden Würzelchen eine rote Spitze haben. Es sind also vor allem auch die jungen, noch zarten und im Wachstum begriffenen Organe oder Organteile, welche durch Anthokyan geschützt er- scheinen. So ist auch bei Acaena das neu hervorsprossende, noch vollkommen gefaltete junge Blättchen dadurch, daß seine Mittelrippe und Randkante gefärbt sind, vollkommen geschützt, da von dem ganzen Blättchen in diesem gefalteten Zustande nur Mittelrippe und Kante freiliegen, die ganze übrige Fläche aber vor Lichteinfluß bewahrt ist. Ferner ist das Blattrot verbreitet bei den Gräsern Kerguelens, mit Ausnahme der günstige Standorte bevorzugenden Poa Cooküi. Bei Poa kerguelensis sind an der Zwergform der exponierten Standorte die Ährenspelzen intensiv violett; bei der großen Schattenform ist diese Färbung nicht (oder kaum) vorhanden. Bei Agrostis magellanica sind gleichfalls die Spelzen sowie auch die Blätter mehr oder weniger violett gefärbt. Von Deschampsia antarctica haben, bei den Pflanzen bestimmter Standorte wenigstens, die Blattscheiden, die Blätter und Spelzen mehr oder weniger eine rötliche bis violette Färbung, ebenso die Ährchenstiele. Bei Festuca erecta endlich WertH, Vegetation. 279 sind die Blattscheiden, welche gegenüber der Lamina eine sehr zarte Struktur besitzen, kräftig violettrot. Die Art des Auftretens von Anthokyan in den Pflanzen kann eine verschiedene sein. Der rote Farbstofi wird gebildet: 1. bei bestimmten Varietäten (Blutbuche, Bluthasel, Rotkohl usw.) in großem Umfange, eine ökologische Bedeutung dürfte ihm hier nicht zukommen; 2. als Blütenfarbe, wo er die Anlockung von Insekten bewirkt; 3. vorübergehend als herbstliche Laubfärbung verschiedener Pflanzen '); 4. in den Blättern und anderen Teilen der Pflanzen unter bestimmten Standorts- oder Ent- wicklungsverhältnissen. Dieses letztere Vorkommen interessiert uns hier. Es lassen sich wieder zwei Fälle unterscheiden. Das Anthokyan tritt auf: a) auf der belichteten Seite der Organe, d.h. bei niederliegenden Stengeln und Blättern, nur oben, bei frei exponierten Blättern beiderseits — junge Blätter, trockene Standorte —; b) auf der dem Lichte abgewendeten (Unter-)Seite der Blätter — bodennahe Blätter von Schattenpflanzen und schwimmende Blätter vieler Wasserpflanzen (feuchte Standorte) —. Die letzteren Fälle dürften am ehesten geeignet sein, uns die ökologische Bedeutung des Anthokyans verständlich zu machen. Bei zahlreichen Pflanzen im Grunde der Laubwälder haben die dem Boden aufliegenden oder ihm sehr nahestehenden und horizontal ausgebreiteten Blätter eine durch Anthokyan gefärbte Unterseite. Es gehören. hierher u. a. Hepatica triloba, Soldanella montana, Cardamine trifolia, Oyclamen europaeum, Turritis glabra, Arabis brassicaeformis, Euphorbia amygdaloides, Campanula persieifolia, Lactuca muralis, verschiedene Sazifraga-Arten, Tradescantien und Begonien ?). Wir können an jedem Zimmereyclamen beobachten, daß die kleinen und kleinsten, von den älteren, großen mehr oder weniger ganz beschatteten Blätter unten rot gefärbt sind; mit dem Größerwerden und Emporheben der Blätter an längeren Stielen verliert sich das Anthokyan mehr und mehr. Es sind immer die untersten, bodennahesten Blätter, welche bei all diesen Pflanzen auf der dem Boden zugewendeten Seite den farbigen Überzug zeigen. Man nimmt an, „daß von dem an der unteren Blattseite ausgebildeten Anthokyan Licht ab- sorbiert und in Wärme umgesetzt wird. Das Licht, welches, durch das Blatt hindurchgehend, auf abgefiallenes, totes, dürres Laub oder auf die Erde im Grunde des Waldes gelangen würde, wäre dort nutzlos vergeudet; von dem Anthokyan absorbiert und in Wärme umgewandelt, wird es der Pflanze dienstbar gemacht und kann auf das Wachstum benachbarter Zellen, in zweiter Linie wahr- schemlich auch auf die Wandlung und Wanderung der Stofie einen fördernden Einfluß ausüben“ ?). Daß es sich wirklich um eine Umsetzung von Licht in Wärme und nicht einfach um eine Ausnutzung des im Waldesschatten immerhin spärlichen Lichtes handelt, scheinen viele Wasserpflanzen zu beweisen, deren laubähnliche Sprosse (Lemna) oder flache, runde Blätter (Hydrocharis morsus ranae, Nymphaen-Arten, Victoria regia) auf dem Wasserspiegel schwimmen und ganz wie die boden- t) Vgl. KERNER von Marıtaun: Pflanzenleben. 2. Aufl. Bd. 1, S. 470 ff. ?) KERNER a. a. 0. S. 506. 36* 280 Deutsche Südpolar-Expedition. nahen Blätter der genannten Waldpflanzen oberseits grün, unterseits rötlich oder violett gefärbt sind. Die schwimmenden Wasserpflanzen befinden sich im allgemeinen im vollen Lichtgenuß und werden durch keine anderen Pflanzen beschattet. Dagegen kann für sie, da ihre Wurzeln zuweilen nur von einer stark verdünnten Nährlösung umgeben sind, eine Beschleunigung des sogenannten Transpirationsstromes gewiß von Nutzen sein. Mindestens aber werden, da durch Licht und Wärme die Ausdünstung der Blätter gefördert wird, die Vorteile, welche eine ausgiebige Transpiration den Pflanzen überhaupt bieten kann, auf solche Weise vergrößert werden können, da eine Gefahr des Vertrocknens für Wasserpflanzen dabei nicht besteht. Letzterer dürfte aber auch für die Schattenpflanzen des Waldgrundes zutreffen; sie werden ebenso auch bei möglichst geförderter Transpiration kaum je in die Gefahr geraten, daß sie das verdunstende Wasser aus dem feuchten Waldboden nicht zu ersetzen vermögen. Also auch für die Schattenpflanzen kann damit eine Steigerung der Transpiration nur von Vorteil sein. Ich möchte daher aus den angegebenen Gründen in der Ausbildung einer Anthokyan führenden Zellage auf derUnter- seite der Blätter nicht in letzter Linie em Förderungsmittel der Transpiration erblicken. STAHL ') macht darauf aufmerksam, daß besonders zahlreiche Pflanzen des schattigen tropischen Urwaldbodens unterseits rote Blätter besitzen und sich dieses Mittels zur Hebung des Transpirations- stromes bedienen. Er sieht überhaupt in der Tatsache, daß feucht schattiger Standort die Aus- bildung bunter Blattspreiten begünstigt, einen Umstand, der darauf hindeutet, daß in der Buntheit der Blattspreiten Einrichtungen zur Förderung der Transpiration zu suchen sind. Besonders die Tatsache, daß bei reichblättrigen Waldpflanzen nur die untersten, dem Boden nahen oder ihm aufliegenden Blätter auf der Unterseite mit Anthokyan überzogen sind, spricht zugunsten der Ansicht, daß der Farbstoff das Licht bezüglich die Wärme zurückhält. Denn nur das Licht, welches die untersten Blätter passieren würde, wäre für die Pflanze ganz verloren, während das durch höherstehende Blätter durchgelassene Licht noch von den tieferstehenden ausgenutzt werden kann. Es wäre also für die letzteren ein Nachteil, wenn auch jene auf der Unterseite mit Anthokyan versehen wären, vorausgesetzt, daß eben dieses eine wärmeabsorbierende Folie darstellt. Unter dieser Voraussetzung müssen wir also in der geschilderten Ausbildung eine höchst vorteilhafte Anpassung erblicken. Dies spricht nicht zum wenigsten dafür, daß die Voraussetzung, die übrigens noch durch andere Tatsachen gestützt wird, richtig ist. Kny hat gezeigt ?), daß in einem mit roten Blättern gefüllten parallelwandigen Glasgefäße gegenüber einem mit grünen (bzw. weißen) Blättern gefüllten unter dem Einfluß der Sonnenstrahlen eine stärkere Erhöhung der Temperatur eintrat. Er hat damit das Wärme absorbierende Vermögen des Anthokyans dargetan. In gleicher Weise kann man sich von dieser Eigenschaft des roten Farb- stoffes überzeugen, wenn man rote Pflanzenteile (Rote Rüben) zerquetscht mit Wasser auszieht und damit in entsprechender Weise Versuche anstellt. Wir haben es hier offenbar zunächst mit einer rein physikalischen Eigenschaft zu tun, da meine Versuche mir zeigten, daß Lösungen anderer roter Stoffe (Kaliumpermanganat, Fuchsin) dieselbe Wirkung haben, und daß einnoch dunklerer Farbstoff (mit Wasser verdünnte Schreibtinte) auch noch stärker Wärme absorbierend wirkt als der Saft der Roten Rübe. 1) Sraurt, E.: Über bunte Laubblätter. Ann. du Jard. botanique de Buitenzorg. XIII, 1896, S. 136—216. ?) Kny: Zur physiologischen Bedeutung des Anthokyans. Atti del Congresso botanico internazionale 1892, S. 6 ff. WertH, Vegetation. 981 Ist nun aber der rote Farbstoff in den Zellen der Blattunterseite imstande, das sonst auf den Boden oder in das Wasser gelangende Licht zurückzuhalten und als Wärme gewissermaßen in das Blattinnere zurückzustrahlen, so müssen wir annehmen, daß auch eine Anthokyanschicht auf der Oberseite von Blättern und anderen Pflanzenteilen in gleicher Weise das auftreflende Licht als Wärme zurückgibt und der Unterlage — hier die Hauptmasse des Pflanzenkörpers — entzieht. In dieser Ausbildung würde dann der rote Farbstofi ein Schutzmittel gegen die Ge- fahren übermäßiger Transpiration darstellen. In dieser Weise aber sehen wir das Anthokyan bei den Pflanzen auf Kerguelen angeordnet. Bei Acaena der exponierten Stand- orte sowohl wie bei Ti/laea auf besonders salzhaltigem Boden ist die Färbung der niederliegenden Sprosse auf die Oberseite beschränkt oder doch wenigstens auf der dem Boden zugekehrten Seite ganz verschwindend (Tllaea). Ein gleicher Effekt kann aber bei nicht niederliegenden Pflanzen - teilen nur erreicht werden, wenn sie allseitig durch eine Anthokyanschicht geschützt sind, da sie von allen Seiten vom Lichte getroffen werden. So sind nach KERNER eine Menge kleiner, einjähriger Gewächse, welche schon sehr zeitig im Frühjahre bei niedriger Temperatur wachsen, gewöhnlich an allen Seiten ihrer wachsenden Teile durch Antokyan gefärbt; ebenso sind Keimlinge, welche bei niederer Temperatur aus der Erde hervorsprießen, reichlich auf beiden Blattseiten mit Anthokyan ausgerüstet. Das Gleiche gilt auch für viele Pflanzen der Hochgebirge in der Nähe der Schneegrenze. Ferner tritt die Rotfärbung durch Anthokyan sehr häufig als Winterfärbung ausdauernder Blätter auf!). Da nun niedrige Temperatur, zumal des Bodens, die Wasseraufnahme durch die Pflanzen herabsetzt °) und daher ebenso wie windiger Standort und salziger Boden das Leben der Pflanze bei übermäßiger Transpiration gefährdet, so dürfte es am Platze sein, auch hier in dem Auftreten des Anthokyans ein Mittel zur Herabsetzung der Verdunstung zu erblicken. Ich kann daher KERNER nicht beistimmen, wenn er auch in den letztgenannten Fällen ebenso wie bei den Wasser- und Wald- schattenpflanzen in dem Anthokyan eine Wärmequelle für die Pflanze erblickt; und ebensowenig kann ich naturgemäß die Ansicht Srtaur’s teilen, welcher in jeder Rotfärbung ein Mittel zur Hebung der Transpiration erblickt (a.a. O.). Diese Pflanzen befinden sich unter ganz anderen äußeren Bedingungen wie jene, und dementsprechend ist die Anordnung des Farbstoffes eine andere. Wenn das Anthokyan Licht und Wärme allseitig seiner Umgebung mitteilte, dann würde der Farbstoft auf der Blattunterseite der Waldpflanzen nicht imstande sein, die Wärme dem unterlagernden Boden vorzuenthalten; auch brauchten diese Pflanzen es dann nicht ängstlich zu vermeiden, die höherstehenden Blätter durch Anthokyan zu färben. Wird das Licht im einen Falle (Wald- und Wasserpflanzen) an der unteren Blattseite zurückbehalten, so muß es auch im anderen Falle (physio- logisch trockener Boden) auf der Blattoberseite zurückbehalten werden. Nicht nur niedrige Bodenpflanzen, sondern auch Sträucher und Bäume zeigen die zuletzt geschilderte Art des Auftretens des roten Farbstoffes, zumal in den noch jungen, unausgewachsenen Blättern. Wir können dies z. B. bei unseren Gartenrosen, bem Walnuß-, Apiel-, Pflaumen- und Kirschbaum, beider Eiche, bei Weidenarten usw. ?) beobachten. !) nach HABERLANDT, G.: Physiologische Pflanzenanatomie. Leipzig 1909 (4. Aufl.). S. 109. ?) SCHIMPER: Pflanzengeographie. S. 6. 3) Vgl. auch KERNER a. a. 0. S. 470 und Pick, H.: Über die Bedeutung des roten Farbstoffes bei den Phanerogamen. Bot. Zentralbl. 16, 1883, S. 281 ff. 382 Deutsche Südpolar-Expedition. Es ist ohne weiteres einleuchtend, daß die jungen, weichen Blätter besonders der Gefahr zu starker Transpiration ausgesetzt sind und daher eines besonderen Schutzes bedürfen. Besonders auf- fallend ist diese Erscheinung bei tropischen Bäumen und Sträuchern ausgebildet !), z. B. Amherstia, Maniltoa, Mangifera, Theobroma. Das tropische Laubblatt ist viel häufiger als das der mitteleuro- päischen Gewächse von derber, lederartiger Beschaffenheit. Der damit einhergehende Transpira- tionsschutz fehlt natürlich den jungen, unausgewachsenen und daher noch zarten Blättern. Diese zeigen nun bei den genannten und zahlreichen anderen Arten die Eigentümlichkeit, daß sie nicht wie die alten Blätter schräg oder wagerecht von den Zweigen abstehen, sondern senkrecht herab- hängend sind. Ferner sind sie zumeist von roter oder rotbrauner Farbe und heben sich dadurch von dem grünen, älteren Teile der Belaubung auffallend ab. Es ist klar, daß bei den annähernd senkrechten Sonnenstrahlen der Tropen die herabhängende Lage der jungen Blätter einen nicht unerheblichen Schutz gegen zu starke Insolation und damit auch gegen übermäßige Verdunstung gewährt. Dieser Schutz wird zweifellos erhöht durch den roten Farbstoff °). Würde dieser letztere, wie es KERNER für die einheimische Frühlingsflora und die Pflanzen in der Nähe der Schneegrenze will, eine Wärmequelle sein, so wäre sein Auftreten zugleich mit der senkrechten Lage der Blätter ganz unverständlich, da so die eine Einrichtung die Wirkung der anderen aufheben würde. Überdies ist an sich ein besonderes Wärmebedürfnis der Pflanzen unter tropischer Sonne sehr wenig wahrscheinlich. Nicht Mangel an Wärme, wohl aber die Gefahr zu starker Transpiration ist den Pflanzen der Tropen, unseren frühen Frühlingspflanzen und den Gewächsen, welche im Hoch- gebirge nahe der Schneegrenze ihr Dasein fristen, gemeinsam. Dort ist es tropische Hitze und Sonnenglut, welche die Transpiration erhöht, an den anderen Plätzen der kalte Boden, welcher die Wasseraufnahme zum Ersatze des durch die Blätter verdunsteten erschwert. Eine vollständige Parallele zu der Rotfärbung der jungen, noch weichen Blätter ist eine starke Behaarung der in Entfaltung und Wachstum begriffenen Blätter, wie sie besonders bei den Hart- laubgewächsen verbreitet zu sein scheint. Die letzteren besitzen in der Hartlaubigkeit, welche nicht zum wenigsten auf einer starken Ausbildung der Cuticula beruht, ein Schutzmittel gegen die xefahr übermäßigen Wasserverlustes. Dem jungen, noch in Streckung und Wachstum begriffenen Blatt fehlt natürlich noch die harte Beschaffenheit, ihm wird daher ein gleicher Schutz durch einen ausgiebigen Haarüberzug zuteil, welcher später wieder verschwindet. Die Behaarung der jungen Blätter entspricht hier also vollkommen der Rotfärbung des jungen Laubes in den vorher geschilder- ten Fällen. Da überdies dichte Behaarung und Anthokyanfärbung sich beinahe immer ausschließen ?), so liegt die Annahme nahe, daß das eine das andere vertritt, und wie das eine, so auch das andere nicht in letzter Linie ein Schutzmittelgegen zu starke Verdunstung darstellt. STAHL ?) konnte bei vergleichenden Versuchen mit abgeschnittenen und in Wasser stehenden Zweigen der grün- und rotblättrigen Buche und Hasel feststellen, daß bei direkter Besonnung und trockener Luft die grünblättrigen Zweige, wenigstens öfter, stärker transpirierten wie die roten. !) HABERLANDT, G.: Eine botanische Tropenreise. Leipzig, 1893. S. 114 ff. 2) Siehe den weiter unten mitgeteilten Versuch WIESNER’S. >) KERNER: Pflanzenleben, 2. Aufl. Bd. 1, S. 470, 472. 2) Stanz: Über bunte Laubblätter. Ann. du Jard. bot. Buitenzorg 1896, S. 178—179. WerTH, Vegetation. 983 Auch die italienischen Forscher BuscArıoxı und PoLLacı konstatierten eine durch die Anthokyan- bildung bewirkte Herabsetzung der Transpiration '). BÜRGERSTEIN?) teilt eine Versuchsreihe von WIESNER mit aus Buitenzorg, welche den Zweck hatte, den Einfluß der Sonne auf die Transpiration zu zeigen, welche aber nach meiner Ansicht mehr noch den Verdunstungsschutz der jungen, gefärbten Blätter tropischer Bäume illustriert. Es wurden ein junges (rotes) und ein älteres (grünes) Blatt von Amherstia nobilis miteinander verglichen und dabei festgestellt, daß im bedeckten Raume das rote Blatt etwas stärker transpi- rierte als das grüne, daß bei freier Exposition das rote jedoch um so mehr in der Transpirations- größe zurückblieb, je freier die Sonne war; so betrug bei vollkommen unbedeckter Sonne die Größe der Transpiration pro Stunde beim roten Blatte 3,11, beim grünen 8,44%, des Lebend- gewichtes. Die Untersuchungen TıscHter’s °) stellten unzweifelhaft fest, daß manche rotblättrigen Pflanzenvarietäten winterhärter sind als die grünblättrigen Formen derselben Art. Dasselbe konnte auch durch HrYNIEWIECcKI*) bestätigt werden. Entgegen diesen, meine im Vorhergehenden gegebene Ansicht von der ökologischen Bedeutung des Anthokyans bestätigenden Versuchen und Beobachtungen fehlt es auch nicht an Angaben, welche das Gegenteil zu beweisen scheinen. So veröffentlicht neuerdings B. Liprorss °) Untersuchungen an Veronica hederaefolia und Ajuga reptans, wonach rotblättrige Formen dieser Arten stärker unter Spätfrösten zu leiden hatten als die gewöhnlichen grünblättrigen Exem- plare; während im Winter allerdings von letzterer Art die rotblättrige Form „erheblich kälte- resistenter“ ist als die grünblättrige (‚‚Wintergrüne Flora“). So ist zweifellos in der Anthokyanfrage noch vieles unaufgeklärt und widerspruchsvoll ®); jedoch kann es wohl nach meinen Darlegungen trotzdem als sicher gelten, daß das Anthokyan, sofern es auf den vom Lichte beschienenen Seiten der Pflanzenteile, zumal der Blätter, auftritt, nicht in letzter Linie die betrefienden Pflanzen vor den Gefahren übermäßiger Transpiration schützt und daher zum xerophilen Charakter dieser Pflanzenarten gehört. Zweifellos stellt jedoch das Anthokyan nur insoweit einen Verdunstungsschutz dar, als es die aus Licht umgesetzte Wärme von den verdunstenden Pflanzenteilen abzuhalten imstande ist. In klarer Weise scheint mir dies z. B. eine Beobachtung an Tillaes moschata zu zeigen, die ich am 14. März 1902 auf Kerguelen machte: An einer Stelle am Strande, am Ufer einer Salzwasserlache, wachsend war die Pflanze mit besonders großen (sukkulenten) und braunroten Blättern versehen. Der Einfluß des (physiologisch trockenen) Salzbodens konnte hier jedoch nur indirekt die Rötung der Pflanze bewirkt haben, da die Färbung auf der dem Boden anliegenden Seite der Blätter ganz 1) Nach Livrorss, B.: Die wintergrüne Flora. Eine biologische Untersuchung. Lund 1907, und TiscHLer, G.: Über die Beziehungen der Anthoeyanbildung zur Winterhärte der Pflanzen. Beiheite zum Botanischen Zentralblatt Bd. XVII, Abt. 1, 1905. Siehe auch ToBLEr, G.: Über Anthocyane. Sammelreferat. Naturw. Rundschau 22, 8. 652—654. 2) BÜRGERSTEIN, A.: Über die Transpirationsgröße von Pflanzen feuchter Tropengebiete. Ber. d. Deutsch. Botan. Ges. XV, 1897, S. 159. Sa. a. 0. 4) Botan. Zentralblatt 1906, S. 248. 5) Liprorss, B.: Über den biologischen Efiekt des Anthoeyans. Botaniska Notiser för ar 1909. Lund 1909. S. 65—81. 6) HABERLANDT, G.: Physiologische Pflanzenanatomie. 4. Aufl. Leipzig 1909. S. 108—110. 284 Deutsche Südpolar-Expedition. verschwindend war, die letzteren waren hier vielmehr fast rein grün. Auch am oberen Rande desselben Rasens, wo die Pflanze im Schatten zweier Steine, jedoch noch auf demselben stark salzigen Boden wuchs, waren die Blätter ebenso groß wie im besonnten größeren Teile des Rasens, aber fast ganz grün. Es tritt darnach also der Anthokyanschutz nur in den beleuchtetsten Partien des T’illaea- Rasens, die Vergrößerung und damit stärkere Wasserhaltigkeit der Blätter aber auch an den übrigen Stellen des stark salzigen Bodens auf. Andererseits ist Tillaew aber auch an anderen, weniger stark salzigen Stellen, auch bei voller Beleuchtung nicht derart intensiv gerötet. Hierdurch wird es wahrscheinlich, daß der rote Farbstoff nicht so sehr ein Schutzmittel gegen schädigende Licht- strahlen als vielmehr tatsächlich einen Verdunstungsschutz darstellt, da der stärkere Salzgehalt die physiologische Trockenheit und damit die Gefahr zu starker Transpiration erhöht. Auch an der verbreiteten heimischen Strandsukkulente Salicornia herbacea L. wurde beob- achtet, daß dem salzigen Seewasser stark ausgesetzte Pflanzen rötlich sind, während etwas entfernt von der Wasserlinie gewachsene Exemplare rein grüne Pflanzen darstellen. Auch intensiv rote Exemplare einer binnenländischen Salıine werden nach BENECcKE als sehr salzreich bezeichnet !). Rote Färbung tritt allgemein bei Salzpflanzen häufig auf, nicht nur in kaltem und gemäßigtem Klima, auch in den Tropen ?). In Übereinstimmung mit dem eben über 7l/aea und Salicornia Gesagten steht eine Beobachtung, die ich an einer einheimischen Pflanze auf physikalisch trockenem Substrat machte. Unser gewöhn- licher Storchschnabel (@eranium Robertianum L.) tritt nicht selten an steilen Felsen oder Mauern wachsend auf; es sind dann, als interessante Anpassungserscheinung, die steifen Stiele der untersten Blätter als Stützstreben der Felswand oder Mauer angepreßt, wodurch die Pflanze erst den nötigen Halt bekommt, um schräg in die Höhe zu wachsen. Ich bemerkte nun, daß Exemplare dieser Pflanze, die sehr trocken standen, d.h. deren Wurzel in mit nur geringem Boden erfüllten Felsritzen sich befand, vollkommen karminrot gefärbt waren. Es kann hiernach kaum bezweifelt werden, daß das Anthokyan ein Schutzmittel gegen übermäßige Transpiration darstellt. In gewissen Fällen, wenn der Farbstoff nicht sowohl in den Blattflächen als in Achsenorganen und Blattstielen auftritt, mag der durch die Rotfärbung erzielte Effekt der Pflanze auch in anderer Weise von Nutzen sein. So mag bei der kleinblättrigen, niederliegenden Form der Acaena ad- scendens an exponierten Standorten Kerguelens die intensive, oberflächliche Färbung der Sproß- achse und des Blattstieles vielleicht zunächst ein Schutz für die wandernden Assimilate und andere Stoffe sein, indem das Anthokyan die den auf der Wanderung begriffenen Stoffen nachteiligen Lichtstrahlen zurückhält ®). Ein Schutz des Chlorophylis kann hier auch nicht wohl vorliegen, da gerade die genannten Pflanzenteile wenig Chlorophyll enthalten; sie sind bei der Schattenform von Acaena bleich, fast weißgrün. Interessant ist das Verhalten von Acaena adscendens an Stellen, wo sie zeitweilig verdunkelt wurde, z. B. durch einen zufällig darüber gelegten Zeltstoff oder ein darüber gestülptes Kistchen. 1) BENEcKE, W.: Über die Diezs’sche Lehre von der Entchlorung der Halophyten. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik Bd. XXXVI, 1901, Heft 1, S. 190. 2) Vgl. z. B. Wertu, E.: Die Vegetation der Insel Sansibar. Mitt. d. Sem. f. Oriental. Sprachen, 1901, III. Abt. >) Vgl. KERNER a. a. 0. S. 469. — Pıck a.a. 0. WerTH, Vegetation. 285 Die im Dunkeln gewachsenen Pflänzchen sind gelbgrün und von schlanker, kleinblättriger Form. Belichtet werden sie in wenigen Tagen intensiv rot, und wie vorher durch die bleiche Färbung heben sie sich jetzt ebenso markant durch das Rot von den gleichartigen Pflanzen ringsum ab, einen scharf umschriebenen Fleck bildend. Auch hier sind namentlich Stengel, Blattscheide und -stiel rot gefärbt. Die unverhältnismäßig stärkere Reaktion der vorher verdunkelten Pflanzen auf das Licht gegenüber den anderen Pflanzen der gleichen Art desselben Standortes ist wohl so zu verstehen, daß die im Dunkeln erwachsenen Pflanzenteile zarter und daher von vornherein licht- durchlässiger sind als die normalen. * Vor nicht langer Zeit hat TH. WuLrr Beobachtungen ‚über das Vorkommen von Anthokyan bei arktischen Gewächsen‘“ !) angestellt, die uns hier besonders interessieren dürften. Der Ver- fasser hat 50 Pflanzenarten auf das Auftreten von Anthokyan untersucht. Er gelangt zu der Vor- stellung, daß eine besonders kräftige Entwicklung von Anthokyan im vegetativen System eine charakteristische Eigenschaft der arktischen Gewächse ist. In betreff der ökologischen Rolle der roten Farbstoffe ergibt sich für WuLrr das Resultat, daß sie diejenige einer wärmeabsorbierenden Substanz ist. Er meint, daß das Licht vermutlich in den arktischen Gebieten als ein wichtiger pflanzengeographischer Faktor wirke. ‚So nämlich, daß diejenigen Pflanzenarten, welche nicht durch Ausbildung wäremabsorbierender Mittel alle zu Gebote stehende Betriebsenergie ausnützen können, dadurch auch der Aussicht, sich in den arktischen Gegenden behaupten zu können, ver- lustig gehen.“ Hier gilt für mich dasselbe, was weiter oben schon gegen dieselbe Ansicht KERNER’S mit Bezug auf die zeitige Frühjahrsflora und die Pflanzen in der Nähe der Schneegrenze gesagt wurde. Indessen habe ich aus den von Wurrr bei den einzeln angeführten Arten gemachten Angaben die folgenden allgemeinen Ergebnisse ziehen können, welche meine Auffassung von der ökologischen Bedeutung des Anthokyans nicht unwesentlich zu stützen scheinen: Die Blätter sind niemals durch die ganze Masse gefärbt; entweder enthält die Epidermis den Farbstoff (bei 11 Arten) oder, noch etwas häufiger, sind eine oder mehrere subepidermale Zellschichten, zuweilen (Salix polarıs WG.) ein von dem übrigen Parenchym wohl differenziertes, nicht chlorophyll- führendes, echtes Hypoderma bildend, gefärbt (bei 14 Arten). Viel seltener sind die Epi- dermis sowie eine subepidermale Parenchymschicht zugleich die Träger des Anthokyanfarbstofies (Sazifraga Hirculus L., Ranunculus hyperboreus RoTTB., Dupontia Fischeri R. Br.). Es umgibt also der Farbstoff jedesmal als eine Hülle oder Mantel das eigentliche Transpirationsgewebe (Schwammparenchym). Mit ein paar verschwindenden Ausnahmen (u. a. Saxifraga arzoides L.) ist es immer die obere oder die nach außen gekehrte Blattseite, welche allein oder vorwiegend gefärbt ist. So ist, um ein paar Beispiele anzuführen, bei Tarazacum phymatocarpum V AHL die obere Epidermis ungefärbt, aber das subepidermale Palissadenparenchym anthokyanführend, eine intensiv gefärbte Schicht über dem übrigen Mesophyll bildend; die unteren Zellschichten des Schwammparenchyms sind ebenfalls oft !) Wurrr, Tu.: Botanische Beobachtungen aus Spitzbergen. Lund 1902. 8. 33—72. Deutsche Südpolar-Expedition. VII. Botanik. 37 286 Deutsche Südpolar-Expedition. rot, obwohl schwächer als die subepidermalen Zellschichten an der oberen Blattseite. Bei dem nadelförmigen, aufrechten, dem Stamme angedrückten Blatte von Andromeda tetragona L. sind die äußersten an den lateralen, nach außen gekehrten Seiten (des Blattes) gelegenen Palissaden- schichten durch Anthokyan rot gefärbt. Bei Saxifraga oppositifolia L. sind die Blätter oft an der Unterseite rot gefärbt; diese Unterseite ist hier die „Außenseite, weil die rudimentären, fleischi- gen Blätter immer dem Stengel angedrückt sind“. Die Blätter von Draba alpina L. sind „aufrecht, nach innen gegen das Zentrum hin gebogen, so daß die Unterseite nach außen, die Oberseite nach innen gekehrt ist. Die subepidermale Schicht der Unterseite lebhaft rotviolett. An der Blattspitze gilt dasselbe auch von der Oberseite“. Die Blätter des kriechenden Stengels von Ra- nunculus hyperboreus ROTTB. sind dicht an die Erde gepreßt, an der oberen Seite gefärbt: die obere Epidermis und die subepidermale Palissadenschicht sind anthokyanführend. Bei Wahlbergella apetala (L.) Fr. ist die obere und untere Epidermis der Blätter nebst den an der Oberseite zahl- reichen Haaren in jeder Zelle kräftig anthokyanhaltig. Bei dem nach oben eingerollten Blatte von Festuca rubra L. var. arenaria (OsB.) ist die auf der Blattunterseite, also nach außen orientierte subepidermale Palissadenparenchymschicht reichlich anthokyanführend. Bei verschiedenen Arten sind nur oder vorwiegend die Pflanzen trockener Standorte rot gefärbt. Bei (ardamine bellidifolia L. ist die ganze Pflanze dunkel rotviolett, wenn sie an trockenen, sandigen Standorten bzw. am Meeresstrande (physiologisch trockener Salzboden!) wächst. „Exemplare aus feuchtem, nährstoffreicherem Boden waren ganz ungefärbt.‘“ Ebenso ist bei ('ochlearia fenestrata R. Br. die ganze Pflanze ‚an trockenen, exponierten Lokalitäten öfters violett mit rotem oder blauem Ton“. Ähnliches oder gleiches gilt für Stellaria longipes GOLDIE, Oxyria digyna (L.) Hups., Salix polaris We., Poa pratensis L. Diese letzteren Beobachtungen schließen sich den von mir an Tillaea moschata und Geranium Robertianum gemachten unmittelbar an. Wurf hebt nun selbst in dem ersten Teile seiner Arbeit (Über die Transpiration der arktischen (Gewächse) hervor, daß das Licht die Transpiration befördert und daß in arktischen Gegenden (auf ca. 80° n. Br.) die Sonne im Sommer ununterbrochen während 134 Tage über dem Horizont steht. Ich füge hinzu, daß die von den eisbedeckten Höhen herabfallenden Winde in Spitzbergen eine austrocknende Wirkung haben müssen, wie vorzüglich der von WULFF im dritten Kapitel seiner Abhandlung geschilderte sogenannte Polygonboden beweist. Des weiteren ist die Kälte des Bodens in arktischen Gebieten ein Faktor, welcher bekanntlich die Wasseraufnahme für die Pflanzen erschwert und daher Vorrichtungen zur Herabsetzung der Transpiration verständlich macht. Letztere sind denn auch längst in dem xerophilen Charakter der polaren Pflanzenwelt bekannt !). Der Nutzen der xerophilen Struktur der Vegetationsorgane der arktischen Pflanzen würde aber wieder, wenigstens zum großen Teile, aufgehoben werden, wenn dieselben Pflanzen in dem weitverbreiteten Anthokyan eine, u.a. auch die Verdunstung befördernde, Wärmequelle besitzen. Es scheint mir daher der xerophile Charakter der polaren Vegetation leichter verständlich, wenn wir auch in der Ausbildung von Anthokyan (wenigstens in den Blattorganen) ein Schutzmittel gegen übermäßige Transpiration erblicken. Wurrr hat nun eine Anzahl von Transpirationsver- suchen angestellt, von denen ich einige, da sie für die von mir vertretene Ansicht zu sprechen 1) ScHIMPER: Pflanzengeographie, S. 713. WerrtH, Vegetation. 287 scheinen, im Resultat hervorheben möchte. Von Taraxacum phymatocarpum VAauı bemerkt der Verfasser, daß es „entgegen dem, was man auf Grund der Blattstruktur erwarten könnte, zu den am schwächsten transpirierenden zählt“. Bei den Blättern dieser Pflanze ist jedoch in der subepi- dermalen Palissadenschicht der Oberseite ‚jede Zelle stark anthokyanhaltig, so daß eine intensiv rote Schicht über dem Chlorophyllapparat gebildet wird“. Zu den ‚äußerst unerheblich wasser- verdunstenden“ Arten unter den Versuchspflanzen gehört auch Cerastium alpinum L., obwohl nach Angabe des Verfassers ‚die Anatomie des Blattes eher für als gegen eine ausgiebige Ver- dunstung spricht“ !). Die Blätter der Pflanze besitzen aber unter der unteren Epidermis eine von dem übrigen Schwammgewebe deutlich differenzierte subepidermale Schicht aus chlorophyllarmen, stark anthokyanhaltigen Zellen. Am Blattrande biegt dieser Anthokyanmantel ein kürzeres oder längeres Stück auf die Oberseite hinauf. Da die Blätter gewöhnlich mehr oder weniger vertikal gestellt sind, so ist die Unterseite (— Außenseite) dem Lichte mehr exponiert als die gegen den Stengel gekehrte Blattoberseite. Sazifraga nivalis L. zählt nach dem Verfasser zu den wenigen Arten, bei welchen die Rot- färbung hauptsächlich auf die (gegen den Boden gekehrte) Blattunterseite beschränkt ist. Die Pflanze gehört aber auch (in Übereinstimmung mit meiner Ansicht von der ökologischen Bedeutung des Anthokyans) „zu den am kräftigsten transpirierenden Arten“. F. Wirkungen des Frostes auf die Kerguelen-Vegetation. Für die Pflanzen der subantarktischen Region dürfte die Gefahr des Erfrierens nicht besonders groß sein. Die äußerst kühlen Sommer jener Gegenden mit Schneefällen in allen Monaten und häufigen Temperaturen um den Gefrierpunkt herum lassen vermuten, daß auch auf Kerguelen die Gewächse auf ein Gefrieren des Wassers in ihren Geweben abgestimmt sind und letzteres im allge- meinen kein Erfrieren der Pflanze im Gefolge hat. Hierfür spricht denn auch besonders die Tat- sache, daß fast sämtliche höheren Gewächse Kerguelens wintergrün sind. Und selbst bei der „sommergrünen“ Acaena setzt die Blattentwicklung schon mitten im Winter wieder ein. Poa Cookii, eine der am zartesten gebauten Pflanzen Kerguelens, treibt im Herbst (April) junge Blätter, welche sich während des Winters strecken und im zeitigsten Frühjahr bereits ausgewachsen sind. Vielfach überdauern den Winter oder entwickeln sich in dieser Jahreszeit die zarten Keimpflänzchen. Überhaupt ist die winterliche Wachstumstätigkeit der Laubblätter charakteristisch für die Ker- guelenpflanzen. Selbstverständlich ist das Wachstum der Blätter im Winter nur ein sehr lang- sames; es zeigt aber, daß die Pflanzen ein Gefrieren nicht zu fürchten brauchen. So steht auch die mit saftreichen Blättern versehene Tillaea moschata grün und unversehrt im gefrorenen Boden ?). Am 2. Juli 1902 hatte ich u. a. Samen von Pringlea antiscorbutica in einen mit Erde gefüllten flachen Blechkasten ausgesät, welcher in einer gegen Südwind geschützten offenen Halle untergebracht war. Ein Teil der Samen hatte bis Anfang Oktober gekeimt. In den ersten Tagen dieses Monats war Frostwetter, und am 2. Oktober bemerkte ich, daß der Boden in dem Saatkästchen steinhart !) Die Blätter sind allerdings mehr oder weniger dicht wollhaarig, worauf der Verfasser die schwache Transpiration wenigstens teilweise zurückführen möchte. ?) Nach Kerner tritt ein Erfrieren der Gewebe um so eher ein, je jünger und wasserreicher sie sind; a. a. O. Bd. 1, 5. 527. 37* 288 Deutsche Südpolar-Expedition. gelroren war bis auf die alleroberste (infolge Verdunstung zweifellos) staubtrockene Schicht. Die Keimlinge waren noch winzig klein und zart, ihre aufragenden Kotyledonen noch von der Samenschale umhüllt bzw. von derselben gekrönt. Am folgenden Tage trat sonniges, sehr ruhi- ges Tauwetter en. Der Boden des Saatkästchens war aufgetaut (ob bis unten hin ?), und auch die oberste Schicht hatte wieder Feuchtigkeit aufgenommen. An den Keimlingen war keinerlei Frostschädigung wahrzunehmen, der eine hatte die Samenschale abgeworfen, und die Kotyledonen waren prall, grün und frisch. Ist so die direkte Kältewirkung auf die Pflanzen Kerguelens allem Anscheine nach in der Regel ohne nachteilige Folgen, so ist andererseits die indirekte Wirkung von Kälte und Frost für die Kerguelen-Vegetation nicht zu unterschätzen. SCHIMPER!) und KıHLMmann ?) haben gezeigt, daß die Kälte des Bodens die Wasseraufnahme durch die Wurzeln erschwert bzw. fast gänzlich hemmt (gefrorener Boden ?)) und die Pflanzen daher der Gefahr des Austrocknens aussetzt. Aus der im ersten Teile dieser Arbeit (S. 130 u. 131 dieses Bandes) gegebenen Klimatabelle geht hervor, daß auf Kerguelen Temperaturen unter 0° auf dem Erdboden, zumal im Sommer, weit häufiger sind wie in der Luft. So sank z. B. am 27. Januar 1903, also mitten im Sommer, das Thermometer auf dem Erdboden bis auf —3,3°, während die tiefste Lufttemperatur des ganzen Monats nur + 0,5° war. So tritt häufig der Fall ein, daß die Pflanzen bei gefrorenem Boden infolge starker Luft- strömung oder Sonnenstrahlung relativ reichlich Wasser durch Verdunstung aus den Blättern abgeben, ohne daß es durch die Wurzeln aus dem Boden in irgend erheblicher Menge ersetzt werden kann. Nachdem in der Nacht zum 15. März 1902 die Bodentemperatur wieder unter 0,° — und zwar auf — 2,7° — gesunken war bei einem Luftminimum von +-0,8°, sah ich an unserem Boots- hafen, an der steilen östlichen Uferwand, die dem an diesem Tage ziemlich bald und kräftig hervor- kommenden Morgensonnenstrahl mehr oder weniger senkrecht ausgesetzt ist, Pflänzchen von Montia /ontana vollkommen welk und niederliegend; die Blättchen waren mattgrün und stark runzelig. Ein dicht daneben wachsendes Exemplar, das aber im Schatten eines vorragenden und überhängen- den Moospolsters sich befand, zeigte sich vollkommen frisch. Auch an den dort in einer Felsritze wurzelnden, aber frei ausgesetzten Pflanzen von Polypodium vulgare sah ich fast sämtliche Wedel welk und gekräuselt. Verfärbungen waren bei beiden Arten noch nicht wahrzunehmen. In der Nacht zum 31. Oktober 1902 war Frost bei kaltem, südlichem Winde; tagsüber stand dann das Thermometer einige Grad über 0, und es war ruhiges, sonniges Wetter. Tags darauf machte ich an Polypodium australe, welches an der nach Süd gekehrten Wand eines Rund- höckerhügels wuchs, folgende Beobachtung. Die kleinen, ungeteilten Wedel dieses Farns sind gebogen, derart, daß die Wedeloberseite die konvexe Seite des Bogens bildet; sie ist daher auch weniger geschützt als die konkave Unterseite, auf welcher sich die Sori befinden. Der untere, ungefähr die halbe Länge ausmachende Wedelteil steht mehr oder weniger senkrecht und ist durch dichtes Aneinanderstehen der Wedel und Pflänzchen sehr geschützt und überdies noch von Moos- 1) ScHIMPER: Pflanzengeographie, S. 714. 2) Kınımann, A. O.: Pflanzenbiologische Studien aus Russisch-Lappland. Ein Beitrag zur Kenntnis der regionalen Gliederung an der polaren Waldgrenze. Helsingiors 1890. S. 87 ff. 3) KosARoFF, P.: Einfluß verschiedener äußerer Faktoren auf die Wasseraufnahme der Pflanzen. Diss. Leipzig 1897. WeErTH, Vegetation. 289 rasen durchsponnen. “Die oberen Hälften der Wedel dagegen divergieren nach allen Richtungen. Diese waren nun an jenem Tage vielfach schwarzbraun verfärbt. Die Schwärzung setzte mit scharfer Grenze gegen die untere grüne Partie der Wedel ab (Fig. 17); auch war es bemerkenswert, daß die konkave Unterseite des oberen Wedelstückes in der Schwärzung gegen die Oberseite zurückge- blieben wart). Es dürfte hier wohl eine kombinierte Wirkung von Frost und Wind EN PN in dem eben von mir auseinandergesetzten Sinne vorliegen. Am gleichen Tage 1% 1; i beobachtete ich auch bei mehreren Gräsern etwas Ähnliches: Bei Festuca erecta, \/ \ | Poa kerguelensis und Poa Cookvi waren nicht selten an den sonst frischen Y \ und grünen diesjährigen Blättern die Spitzen gebräunt oder welk. Bei diesen Fig. 17. Frostwir- Gräsern trat jedoch die Erscheinung nicht so drastisch hervor wie bei dem Kung an den We- . . . = IR deln von Polypo- Farn, wo die Grenze zwischen dem geschützten und ungeschützten Blatteile m- 77, ebaldans, folge der Wuchsart besonders scharf ist. türliche Größe. An demselben 1. November beobachtete ich eine Erscheinung an einem Azorella-Polster, die wohl auch in diese Rubrik gehört: das Polster wuchs in einer Felskluft; seine Oberseite war sehr dicht und durch junge Blättchen frisch grün gefärbt, während die frei in der Spalte schwebende untere Seite des Polsters locker, zerzaust und ganz welk war. An der Grenze vom grünen zum welken Teile waren an der einen Seite zahlreiche locker stehende Sprosse mit Blattknöspchen ver- sehen, die kaum anfingen, sich zu entfalten und bereits wieder angewelkt waren. In der Regel, oder vielleicht immer, sind es die älteren Blätter der verschiedenen Pflanzen, welche in dieser Weise eher unter Austrocknung zu leiden scheinen, als die jüngeren, bei denen der Saltzufluß naturgemäß noch energischer ist, oder welche vielleicht auch infolge ihrer geringeren Länge oder unvollkommenerer Entfaltung geschützter sind. So waren am 12. September 1902, nach vorhergehendem dauernden Frostwetter, die jungen Wedel von Lomaria alpina noch voll- kommen eingerollt und von ihren braunen Spreuschüppchen eingeschlossen, während die alten zum Teil durch ihre gebräunten Spitzen Schädigungen erkennen ließen. Daß auch Pflanzen sehr nassen Standortes in der geschilderten Weise der Gefahr des Ver- trocknens ausgesetzt sind, scheint mir das Verhalten von Ranunculus Moseleyi zu beweisen, wie ich es gegen Ende Winter 1902 notierte. Am 30. September des genannten Jahres sammelte ich die Art vom trockengefallenen Rande des „Stationssees“. Es schien, als ob die Pflanzen vor kurzem noch unter Wasser gestanden hätten; die Beschaffenheit des Bodens, die langblättrige Form der Pflanzen und die Menge der am unteren Seende angetriebenen Pflänzchen deutete darauf hin. Die gesammelten Pflanzen befanden sich im Wachstum, das innerste kleine, zarte Blättchen war grün, die anderen mehr oder weniger vergilbt, und oft schon das dem innersten ganz unentwickelten zunächst vorausgegangene, noch lange nicht ausgewachsene Blättchen gelb. Am 3. Oktober standen die Pflanzen zum großen Teil wieder unter Wasser, teilweise unmittelbar den Scheitel von einer Eisdecke überdeckt. Mit der teilweisen Eisbedeckung des Sees hing vermutlich die Stauung, welche die Pflanzen wieder unter Wasser gesetzt hatte, zusammen; der Seeabfluß floß zwar noch kräftig, doch schien mir durch das innerhalb des Sees davor ausgebreitete Eis doch eine Stauwirkung hervor- gerufen zu sein. Fällt dann das Wasser wieder nach Wegschmelzen des Eises, so scheinen die Pflanzen, !) In der Figur 17 ist die Oberseite der Wedel wiedergegeben, und diese selbst sind ohne die natürlichen Krüm- mungen in einer Ebene flach ausgebreitet gedacht. 290 Deutsche Südpolar-Expedition. die dann in einem von kaltem Wasser derart durchsättigten Boden wachsen, daß der Fuß nur bei äußerster Vorsicht vor gänzlichem Einsinken bewahrt bleibt, durch Insolation und Wind zu leiden. Die Trockenform von Ranuneulus Moseleyi dürfte in bezug auf Bodenkälte und Frost günstiger gestellt sein. Vielleicht auch sind ihre Blätter von vornherein widerstandsfähiger als die unter dem Wasser erwachsenen der anderen Form. In der Nacht vom 10. auf den 11. März 1902 sank beispielsweise die Bodentemperatur auf — 3°, während die Lufttemperatur +1,1° war. Frost- wirkungen waren darnach an Acaena, Ranunculus Moseleyi u.a. nicht zu bemerken: Unter der hochwachsenden Acaena wird die Ausstrahlung des Bodens vermutlich nicht leicht zur Wirkung kommen. Anders beim genannten Ranunculus auf dem ofienen Boden des trockengelegten Teiles des Stationssees. Doch wird auch hier der Bodenfrost der Pflanze wohl kaum etwas anhaben können. Denn einmal werden die dem Boden aufliegenden Blätter fast dieselbe Zeit auch unter der niedrigen Temperatur stehen und daher nicht stark Wasser abgeben können, wenn die Wurzeln infolge Boden- frostes keines nachschicken können. Zum anderen aber reichen die Wurzeln 6—7 cm tief m den Boden hinab, mithin wohl noch in eine Erdschicht, die bei leichtem infolge Ausstrahlung zustande kommenden Frost über 0° erwärmt bleibt. Am 7. November 1902 hatte aber auch Acaena offenbar unter dem tags vorher herrschenden Froste (Nachts Frost und, wenigstens teilweise, sternenklar) und dem am Beobachtungstage morgens sich einstellendem Winde gelitten. Am Nordhange des Stationsberges, wo ich die Art daraufhin ansah, waren viele Pflänzchen mit gebräunten Blatträndern zu finden, und zwar waren es nicht nur die weitest entfalteten Blätter, sondern auch kleme, noch stark zusammengefaltete Blättchen. Die Bräunung betraf den freiesten Teil des Blättchenrandes, bezüglich die Zähne desselben und grenzte meist gegen die übrige Lamina scharf ab, ohne Beziehung zu den Gefäßsträngen. Meist waren es nur wenige Blättchen des Blattes, welche die Verunstaltung des Randes aufwiesen, während die übrigen intakt waren. Man muß wohl annehmen, daß gerade die gebräunten Blattstellen am ungeschütztesten dem Winde preisgegeben waren, was auch leicht verständlich erscheint. An eine mechanische Ursache (Reibung) ist nicht zu denken, da die kurzen gedrungenen Blätter selbst bei erheblichem Winde sich nicht rühren und die weit voneinander entfernten Sprosse überdies gegen gegenseitige Berührung gesichert sind. Der Schutz, den eine Schneedecke den Pflanzen mancher Gegenden gewährt, indem dieselbe eine frühzeitige Erwärmung der Blätter durch Sonnenstrahlung bei noch gefrorenem oder sehr kaltem Boden verhindert und ebenso austrocknende Winde von den oberirdischen verdunstenden Teilen fernhält, kommt für die Kerguelenpflanzen wenig in Betracht. Einmal ist eine dauernde Schneedecke selbst während der kältesten Monate des Jahres nicht vorhanden. Die im ersten Teile dieser Arbeit (Seite 130 dieses Bandes) gegebene Tabelle läßt erkennen, daß die Schneebedeckung einem großen Wechsel unterworfen und in den Monaten November bis März und April eine seltene Erscheinung ist, während jedoch Bodenfrost auch in den letztgenannten Monaten relativ häufig auftritt. Zum anderen wird der Schnee durch den Wind alsbald stark umgelagert, so daß die Dicke der Schneedecke sehr variabel ist und an dafür günstigen Stellen, d.h. im Windschutze, mächtige Schneeanwehungen zustande kommen, welche allein eine längere Dauer haben. So erfahren gerade die Pflanzen der ungünstigsten, den austrocknenden Winden frei exponierten Standorte die aller- kürzeste Zeit einen Schutz auf diese Weise. U. Die Reproduktionsorgane der Kerguelenpflanzen und ihre Anpassungen an die Umwelt. A. Blüteneinrichtungen der Kerguelenpflanzen. Der subantarktische Inselkranz beherbergt die äußersten Vorposten einer Blütenpflanzenflora auf der südlichen Hemisphäre. Auf dem antarktischen Kontinente bzw. den diesem nahegelegenen Inselgruppen kommt zwar noch ein einzelnes Gras (Deschampsia antaretica) sowie ganz vereinzelt eine Colobanthus-Spezies vor, doch kann von einer Flora von Blütenpflanzen mithin nieht mehr die Rede sein. Auch schon die Floren der subantarktischen Inseln tragen, zumal in bezug auf die Blütenpflanzen, einen sehr reduzierten Charakter, durchschnittlich weit mehr als diejenigen der dem N ord pole nahegelegenen Landgebiete. Es ist daher von vornherein nicht unwahrscheinlich, daß sich die Blumenwelt der subantarktischen Inseln, vielleicht mit Ausnahme derjenigen des soge- nannten Aucklandbezirks, hart an der Grenze der Daseinsmöglichkeit befindet. Es mußte daher von besonderem wissenschaftlichen Werte sein, den Lebensbedingungen der Blüten auf einer der subantarktischen Inseln nachzuforschen und eingehendere blütenbiologische Untersuchungen dort- selbst anzustellen. Die eigentümlichen Verhältnisse dieser subantarktischen Inselgruppen mit ihren heftigen Winden und dem wiederholt hervorgehobenen fast gänzlichen Mangel an flugfähigen Insekten ließen erwarten, daß dieselben auch in eigenartiger Weise sich in den Bestäubungsemrichtungen der Blütenpflanzen dieser Inseln widerspiegeln. Daß sich nun der Kerguelenbezirk zur Erforschung des blütenbiologischen Charakters der subantarktischen Flora nicht am wenigsten eignet, ist ein- leuchtend, da seine Flora unter allen der subantarktischen Inselgruppen und Inseln den am stärksten endemischen Charakter trägt. Angaben über die blütenbiologischen Verhältnisse von Kerguelen oder den anderen Inseln des sogenannten Kerguelenbezirkes aus älterer Zeit liegen nicht vor. Die kurze Zusammenfassung, welche ich selbst seinerzeit von der Reise aus gegeben habe!) und welche das Resultat einer Anzahl von Einzeluntersuchungen darstellt, die bei einem kurzen Aufenthalte auf Possession-Eiland der Crozet-Gruppe und auf der Fahrt von dort nach Kerguelen an lebendem Pflanzenmateriale vorgenommen wurden, dürfte das erste sein, was über die Blüteneinrichtungen der Kerguelen- flora publiziert worden ist. Später hat ScHENcK aus dem Nachlasse ScHIMpER’sS einen Aufsatz über 1) Wert, E.: Die Vegetationsverhältnisse [von Possession-Island]. Veröffentlichungen des Instituts für Meereskunde usw. Heft 2. Berlin 1902. 8. 36—39. 999 Deutsche Südpolar-Expedition. „Fruchtbildung und Bestäubung der Kerguelenpflanzen“ veröffentlicht '). SCHTMPER gelangte zu wesentlich anderen Auffassungen betreffs der Blüteneinrichtungen der Kerguelenpflanzen wie ich. Ich will daher vorweg bemerken, daß die umfangreichen und zum Teil recht schwierigen Unter- suchungen, welche ich dann in den Jahren 1902 und 1903 auf Kerguelen ausführen konnte, das sich aus den Pflanzen von Possession-Eiland mir ergebene Resultat im wesentlichen nur bestätigten, ja meine damals gewonnene Auffassung in vieler Beziehung noch verschärften. Die Beobachtungen wurden zu einem sehr großen Teile direkt im Freien an den am natürlichen Standorte wachsenden Pflanzen vorgenommen ?). Jedenfalls war ich stets darauf bedacht, die im Laboratorium an ein- gesammeltem Materiale gewonnenen Ergebnisse an der freiwachsenden Pflanze auch bestätigt zu sehen. Im folgenden sind nun zunächst meine Gesamtuntersuchungen in extenso wiedergegeben. Juncaceae. Juncus pusillus F. Buchenau (bisher als J. scheuchzerioides Gaun. bezeichnet). Die Blütezeit dauert auf Kerguelen nach unseren Beobachtungen von Anfang Januar bis zum März. Die Pflanze hat wenig- bis einblütige Blütenstände. Meist vereinigen sich zwei oder drei Blüten zu einem Stande. Außer den normalen dreiteiligen Blüten fand ich eine mit 7 Staub- gefäßen und 2 Narbenästen, deren einer im oberen Drittel wieder gegabelt war. Der Blühvorgang ist folgender: Zuerst treten die Narben, bis oben hin frisch, aus der Spitze der Blüte hervor. Ihnen folgen später die Antheren, welche im Höhepunkte ihres Öffnens ringsum mit Pollen bedeckt sind und diesen direkt den mehr oder weniger stark zusammengedrehten Narben, welche sie dicht umgeben und welchen sie, wenigstens zum Teil, unmittelbar anliegen, ankleben. In diesem Zustande sind die Narben im obersten Teile häufig mehr oder weniger angewelkt, aber im Bereiche der Staubbeutel immer frisch. Die Anwelkung ist jedoch meist nicht so stark wie in der ersten Figur, die zweite stellt daher einen normaleren Fall dar (Taf. XXIV Fig 13—16). Die Blütenhülle ist nur so weit geöffnet, um die Narben und Antheren hervorschauen zu lassen. Auch später, wenn Antheren und Narben welk geworden sind, ist die Blüte nicht weiter offen. Erst bei Schwellung des Ovariums zur Frucht müssen sich die Blütenhüllblätter mehr ausein- andertun. Die frischen Narben haben lange, zigarrenförmige, glashelle Papillen, welche bis zur Veräste- lungsstelle des kurzen Griffels in die drei Narbenäste hinabreichen. Die Filamente sind steif und nicht sehr lang, die gelben Staubbeutel sind relativ klein. Die Pollenmenge ist auffallend gering; die Pollentetraden (Fig. 14) haften sehr stark an den Antheren (ich konnte sie z. B. nicht von den Beuteln herunter auf einen Objektträger klopfen, sondern mußte zur mikroskopischen Untersuchung die ganzen Staubgefäße auf den Träger bringen). In Übereinstimmung hiermit steht die Beschaffen- heit der Blütenstände; bei kräftigem Anblasen der Pflänzchen bewegen sich die Blätter, nicht aber die kürzeren und starreren Blütenstände. Auch die Narben zeigen keinerlei Anpassung an Wind- bestäubung, da die Narbenäste nicht gespreizt aus der Blüte hervorragen, sondern mehr oder weniger zusammengedreht nur eine bescheidene Oberfläche darbieten. !) ScHENcK, H.: Pflanzengeographie der subantarktischen Inseln. S. 50—52. ?) Vgl. SPRENGEL, ÖHR. K.: Das entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin 1793. 8. 22. Werrn, Vegetation. 293 Die Blätter der Blütenhülle sind grün mit karminbrauner Spitze und oberem Rande. Durch diese karminbraune Färbung und die schwächere ähnliche der Narben sowie die gelbe der Antheren sind die Blüten gar nicht so sehr unauffällig. Natürlich ist es schwer zu sagen, ob hier zufällige Färbungen oder geringe Anpassungen an Insektenbesuch vorliegen. Nach dem Dargelegten findet also bei Juncus pusillus regelmäßige Autogamie statt, indem die Antheren, welche (bei dem nur ganz mangelhaften Öffnen der Blüte) die Narben dicht umgeben, den Pollen direkt den Papillen ankleben. Bei Eintritt von Insektenbesuch ist Fremdbestäubung durch Protogynie be- günstigt. Wenn die Antheren sich aus der Blütenhülle vorschieben, scheinen sie immer noch geschlossen zu sein (Fig. 16). Sie brechen allmählich auf, wobei sie sich zunächst mit schmaler Spalte seit- lich öffnen; indem nun alsbald die Wände der Staubbeutelfächer sich ganz zurückschlagen, sind die Antheren ringsum mit Pollen behaftet. Der Pollen ist wie die Beutel gelb. Die geringe Zahl der Pollenkörner in den Antheren steht gewiß in Beziehung zu der Sicherheit der spontanen Selbstbestäubung! Nicht unter allen Umständen macht Juncus pusilus auf Kerguelen jedoch von dieser letzteren Gebrauch. Zuweilen (am 2. Januar, am 9. und 10. Februar 1903) fand ich einen Teil der Blüten eines Standortes weiter geöffnet. Da die Antheren nun erst nach dieser Öfinung aufbrechen, so dürfte Autogamie in solchen Fällen nur ganz zufällig stattfinden. Kaum fraglich dürfte es sein, daß das relativ warme, sonnige Wetter zu den genannten Zeiten in Zusammenhang mit dem voll- ständigeren Öffnen der Blüten stand. Diese Blüten sichern natürlich in noch höherem Maße bei Insektenbesuch Fremdbestäubung. Aber auch die halb geschlossenen Blüten werden bei Gegen- wart von Besuchern vorwiegend Fremdbestäubung erfahren, da fremder Pollen dann im ersten und zweiten Stadium, eigener nur im zweiten Stadium auf die Narben gebracht werden kann; Bestäubung schon im ersten Stadium wird aber wohl unter allen Umständen ausschlaggebend sein und sich von späteren Belegungen der Narben nicht überholen lassen. Es ist zumeist Usus, bei allgemeinen Betrachtungen und Zusammenstellungen über die Bestäubungseinrichtungen eines bestimmten Gebietes die Juncaceen ganz allgemein in ihrer Gesamtzahl als Windblütler anzusprechen, ohne sich auf Untersuchungen der einzelnen Arten stützen zu können. Die Kerguelen-Art zeigt, wie wir gesehen haben, keinerlei Merkmale, welche irgend als Anpassungen an Windbestäubung gedeutet werden könnten. Auch die langen Narben sind keineswegs etwas, was nur windblütigen Pflanzen zukommt — wie vielfach angenommen zu werden scheint; ich möchte beispielsweise nur die Narben des Juncus pusilus mit denjenigen von Melandrium album unserer heimischen insektenblütigen Flora zu vergleichen bitten. Überdies sind ja, wie schon hervorgehoben, die Narben bei Juncus pusillus zusammengedreht, so daß tat- sächlich nur eine relativ kleine Oberfläche auf diese Weise resultiert. Von HERMANN MÜLLER !) werden ZLuzula lutew DC. und Luzula nivea L. unserer Alpen als Formen angegeben, die eine Annäherung an Insektenblütigkeit zeigen. F. BUCHENAU °) unter- !) Herm. Mürter: Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten und ihre Anpassungen an dieselben. Leipzig 1881. 2) F. Buchenau: Über die Bestäubungsverhältnisse bei den Juncaceen. PrinGsheim’s Jahrb, f. wiss. Bot. XXIV, 8. 378 u. 379. Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 38 994 Deutsche Südpolar-Expedition. scheidet neben anemophilen Juncaceen ausdrücklich auch entomophile und auto- game Arten. Cyperaceae. Uneinia compacta R. Br. Diese Pflanze wurde weder von der Valdivia- noch von unserer Expedition auf Kerguelen ge- funden. Sie tritt also jedenfalls sehr im Vegetationsbilde zurück. Ich hatte daher auch keine Gelegenheit, die Pflanze lebend zu beobachten; ebenso konnte ich auch keine Exemplare von Kerguelen im getrockneten Zustande untersuchen. Im Herbar des Berliner Botanischen Mu- seums fand ich nur Exemplare der var. Olarkei (PETRıe) von Neu-Seeland und aus Australien. Die Untersuchung dieser ergab in bezug auf die Bestäubungseinrichtung folgendes. Das oberste Drittel oder weniger des Blütenstandes trägt männliche Blüten, darunter stehen die weiblichen; und zwar sind an ein und demselben Blütenstande die langen, zottigen Narben voll entfaltet und ohne Spuren von Anwelkung, und zugleich, wenigstens zum Teil, die langen Antheren an dünnen Fäden herausgestreckt. Es sind also zweifellos männliche und weibliche Blüten zugleich reif, oder vielleicht auch bei einigen Ständen die untersten weiblichen Blüten etwas voraneilend; jedoch ist überreichliche Gelegenheit zu Selbstbestäubung innerhalb desselben Blütenstandes ge- geben. Einige Exemplare der Pflanze (Australien) sind vielleicht auch ganz weiblich (?) und andere nur durch wenige männliche Blüten an der Spitze des Standes ausgezeichnet. Doch ergibt sich als Regel, daß wenigstens einige männliche Blüten an der Spitze des Standes zugleich mit den darunter stehenden weiblichen Blüten reifen und so ihren Pollen unmittelbar auf diese herabschütten können. Die Pflanze ist an sich wohl zweifellos windblütig mit vermutlich aufrecht oder schräg aufrecht an den dünnen Fäden pendelnden Antheren. Gramineae, Die Gräser werden in der Literatur allgemein in ihrer Gesamtheit als ausgeprägte Wind- blütler bezeichnet. Dieser Ansicht hatte ich mich auch in meiner oben zitierten Arbeit über die Vegetationsverhältnisse von Possession-Eiland angeschlossen. Eine genaue Unter- suchung der einzelnen Grasarten der Kerguelen-Flora zeigte mir jedoch, daß sie keineswegs gerecht- fertigt ist und namentlich bei statistischen Erhebungen über den Anteil windblütiger Pflanzen an der Zusammensetzung der Flora eines bestimmten Gebietes zu ganz falschen Schlüssen führen kann. Es scheint zwar, als ob alle Gräser von den gemeinsamen Stammeltern der Familie her einen zweifellosen Windbestäubungsapparat ererbt hätten, die Windblütigkeit gehört bei ihnen zur „Kon- stitution“. Jedoch ist es eine bekannte Tatsache, daß die Gramineen stark zur Kleistogamie neigen '). Ein kleistogames Gras kann aber naturgemäß ebensowenig als Windblütler bezeichnet werden wie beispielsweise eine unserer Salix-Arten bei der Voraussetzung, daß ihre Blüten, der all- gemeinen Annahme entsprechend, sich aus Populus ähnlichen Windblüten umgeformt haben. Die Kerguelen-Gräser seien zunächst im einzelnen in bezug auf ihren Blütenmechanismus betrachtet. !) Vel. Knurw: Handbuch der Blütenbiologie, Bd. II, 2. Teil, S. 534 ff. Werru, Vegetation. 295 Deschampsia antaretiea -E. Desv. (= Aira antarctica Hook). Dieses Gras blühte im Dezember, Januar und Februar. Die Ährchen sind ein- oder zweiblütig. Es sind zwei Hüllspelzen vorhanden; die Deekspelze hat eine lange, ihrer Basis inserierte Granne. Die lange, zweispitzige Vorspelze ist außen von einem Haarpinsel umfaßt; die Lodieulae sind lang. Die Blüten sind zwittrig. Die Pflanze ist meist kleistogam. In völlig geschlossener Blüte sind die geöffneten Antheren der Narbe dicht anliegend, und diese ist überreichlich mit Pollen bepudert. Dabei ist aber auch noch reichlich Pollen in den geöffneten Antherenfächern vorhanden, was mir mit Sicherheit zu beweisen scheint, daß die Staubbeutel niemals der freien Luft ausgesetzt gewesen sind. Auch in späterem Zustande, wenn die Frucht bereits sehr weit entwickelt und groß ıst und die Antheren auf dieser ganz in der Spitze der geschlossenen Spelzen dicht an und um den mehr oder weniger verschrumpften Narben sich befinden, enthalten die geöffneten Staubbeutelfächer oft noch reichlich Pollen. Ebenso reichlich ist letzterer im übrigen zwischen den Antheren, an den Narben usw. vorhanden. Die geöffneten Antheren können also unmöglich der freien Luft und dem Winde ausgesetzt gewesen sein, und die Frucht ist ein Produkt von Kleistogamie. Zuweilen scheinen eine oder zwei Antheren überhaupt geschlossen zu bleiben. Der Pollen ist kugelig, mit glatter Oberfläche. Die Staubbeutel sind ziemlich kurz und die Fächer elliptisch-breitwannenförmig geöffnet. Bei dem ausnahmsweise warmen Wetter (Minimum nachts + 15°) des 30. Januar 1903 fand ich unter anderen in reichlicher Zahl geöffnete Blüten. Auch in der geöffneten Blüte ist durch das erste, wie es scheint den anderen stets weit vorauseilende Staubgefäß, da sein Beutel nahe und in der Höhe der Narben sich befindet, die Bestäubung der letzteren wohl unvermeidlich. In der Tat sah ich die Narben bestäubt, nachdem erst eine der zuständigen Antheren sich geöffnet hatte. Selten ist eines der zwei nachreifenden Staubgefäße schon vor dem Öffnen aus der Blüte heraushängend. Nur in einem Falle sah ich zwei Antheren geöffnet und eine geschlossen, sonst immer ent- weder alle drei noch geschlossen oder eine offen und zwei geschlossen, oder endlich alle geöffnet. Zuweilen scheint die erste Anthere sich schon in der noch geschlossenen Blüte zu öffnen und sich so ein Übergang zur Kleistogamie zu vollziehen! Als Resultat über Deschampsia antarctica ergibt sich nach dem Gesagten: Homogam; nur beisehr warmem Wetter öffnen sich die Blüten wenigstens zum Teil, sonst sind sie kleistogam. Der Blütenstand ist von oben nach unten aufblühend; der untere Teil ist noch in der Blatt- scheide eingeschlossen, wenn der obere blüht. Es sind daher auch die Figuren in Hooker’s Flora antarctica von dieser Grasart, welche auch von SCHENCK in seine Flora und Vegetation von Kerguelen übernommen worden sind, falsch bezeichnet. Die langen Äste des rispenartigen Gesamtblütenstandes spreizen sich erst mit der Fruchtreife. Und indem später der ganze Frucht- stand sich von der Pflanze ablöst, dient er, vor dem Winde tanzend weitergetrieben, zur Verbreitung der Samen. Während der Blüte ist die Rispe, wie angedeutet, „unentfaltet“, d.h. die Rispenäste liegen besenartig in mehr oder weniger senkrechter Stellung dicht zusammen. (Aira fleruosa L. wird als homogam angegeben (Lorw, Blütenbiologische Floristik S. 397).) an 38 296 Deutsche Südpolar-Expedition. Agrostis magellanica Lauck. (= 4. antaretica Hook.) Die Pflanze begann Ende Januar zu blühen und wurde von mir zuletzt Ende Februar in Blüte gesehen. Der Gesamtblütenstand ist ährenförmig, ziemlich locker. Die Ährchen sind einblütig. Auch traf ich ein Ährchen an mit einer Blüte und außerdem einer blüten- (und vorspelzen-) losen (be- grannten) Deckspelze. Die Deckspelze ist viel kürzer als die Hüllspelzen und mit langer Granne versehen. Der obere Teil der Lodieulae ist fast zweimal so lang als der basale Schwellkörper. Die Vorspelze ist sehr klein, eben mit ihrer Spitze das Ovarium überragend, von gleicher Länge wie die Lodiculae und wie diese farblos, von zarter, durchscheinender Struktur. Da die Vorspelze ziemlich von der gleichen Größe (breiter) und Beschaffenheit ist, wie die Lodiculae, so erwecken diese drei zusammen den Eindruck eines Blütenhüllkreises; sie alternieren mit den Antheren und diese wieder mit den zwei Narben, die deutlich nach vorn seitlich geneigt sind, während an Stelle der fehlenden dritten Narbe hinten ein Höckerchen (Taf. XXIV, Figur 7 u. 8) die Spitze des Ovarıums bildet. Das Öffnen der Blüten schreitet von oben nach unten am Stande fort. Die Blüte ist sehr weit (in einem Winkel von etwa 50°) offen. Wenn die Blüte sich geöffnet hat, sind die Antheren zu nächst noch geschlossen. Sie stehen auf (für Gräser) ziemlich kurzen Filamenten divergierend aufrecht, selten vor der Verstäubung schon etwas aus der Blüte heraushängend. Das Aufbrechen der drei Antheren einer Blüte geschieht langsam nacheinander. Die einzelne Anthere öffnet sich jedoch ziemlich schnell fast der ganzen Länge nach, aber die beiden Thecen, wenigstens zuweilen, nicht ganz zu gleicher Zeit. Die Staubbeutel sind sehr kurz, so daß die Thecen bei voller Anthese eine fast kreisrunde Öffnung zeigen (Fig. 6). Der Pollen ist kugelig, glatt. Die relativ kleinen Narben stehen senkrecht oder ganz wenig divergierend nebeneinander. Im Luftzuge werden sowohl der ganze Blütenstand als auch die Staubbeutel mit ihren Fäden in Bewegung gesetzt. Da nun die Antheren noch in der Höhe der Spitzen der gleichzeitig reifen und ebenfalls oft mehr oder weniger gespreizten federförmigen Narben sich befinden, so ist spontane Selbstbestäubung durch Verstäuben des Pollens sicher unvermeidlich; wahrscheinlich ist aber auch eine direkte Berührung gar nicht selten. Im Anfange des Blühens ist, solange die Antheren noch geschlossen sind, nur Fremdbestäubung möglich. (Dasselbe wird in der Literatur von A. rupestris Aur. angegeben ')). Wie gesagt sind die Antheren selten vor dem Öffnen schon mehr oder weniger herabhängend, meist aber auch nach dem Verblühen nicht einmal. Der Vorgang des Herabsenkens der Staubfäden scheint also auch keine ökologische Bedeutung zu haben, und es stellt die Figur 5 (Taf. XXIV) daher nicht den normalen Fall dar; ich habe sie jedoch hier gebracht, da ich keine andere nach der lebenden Pflanze entworfene Skizze zur Verfügung hatte. Ich sah die Blüten von Agrostis magellanica im Freien zwischen 9 und 10 Uhr vormittags sowie mittags zwischen 12 und 1 Uhr geöffnet, weiß aber nicht, ob sie nicht auch zu jeder anderen Tageszeit offen sein können. !) Lorw, E.: Blütenbiologische Floristik des mittleren und nördlichen Europa sowie Grönlands. Systematische Zusammen- stellung des in den letzten zehn Jahren veröffentlichten Beobachtungsmaterials. Stuttgart 1894. S. 367. n WerTtH, Vegetation. 297 Poa Cookii Hoox. Fr. (= Festuca Cookii Hook. r.). Nach unseren Untersuchungen erscheinen bei dieser Pflanze im November die Rispen, sich aus den Blattscheiden hervorstreckend; sie gelangen im Dezember zur Entfaltung der Blüten. Ende Januar steht die Pflanze noch in voller Blüte. Die Pflanze hat eingeschlechtige Blüten; die männlichen besitzen ein rudimentäres Ovarıum mit kleinen Narben, die weiblichen kleine Staubfadenrudimente. Die Verteilung der Geschlechter ist einhäusig, und zwar so, daß die ährenartigen Blütenstände des Stockes, deren ich bis 10 an einer Pflanze zählte, bald nur männliche, bald nur weibliche Blüten tragen, oder beiderlei Blüten vereint. In diesem Falle stehen die weiblichen Blüten bald im oberen, bald aber im unteren Teile der Ähre; doch scheint eine scharfe Trennung beiderlei Regionen meist nicht vorhanden zu sein, indem zwischen den Blüten des einen Geschlechts noch einige solche des anderen Geschlechts auf- treten. Im ganzen dürfte eine ungefähr gleiche Menge männlicher wie weiblicher Blüten vorhanden sein. Die zwittrigen Ähren sind öfter proterogyn; in anderen Fällen war jedoch kein zeitlicher Unterschied in der Reife der männlichen und weiblichen Blüten zu konstatieren. Es ist daher Be- stäubung der weiblichen Blüten durch den Staub desselben Blütenstandes sehr wahrscheinlich, zumal die weiblichen Blüten auch den tieferen Teil einnehmen können. Die Gestalt der Blüten ist aus den Figuren 1 bis3 (Taf. XXIV) hinreichend ersichtlich. Bei den männlichen stehen die reifen, Pollen abgebenden Antheren an aufrechten Trägern mehr oder weniger senkrecht oder schräg aufwärts, befinden sich in wagerechter Lage oder sind etwas oder ganz herabhängend. In der herabhängenden Anthere, deren Fächer (wie Fig. 4) in der unteren Hälfte geöffnet sind, fällt der Pollen vom oberen, geschlossenen Teile nach und bleibt auch unten auf der Wölbung des Bodens der Antherenfächer wieder etwas liegen; bei anderer Lage der Antheren — schräg oder wagerecht — kann der Pollen zunächst mehr oder weniger in der ganzen Länge der Rinne der Antherenfächer lagern und so allmählich verstäuben, usw. Die Antherenfächer sind meist nicht der ganzen Länge nach geöffnet, sondern nur an einem Ende bzw. in der einen Hälfte und am häufigsten an beiden Enden, während die Mitte geschlossen bleibt. Der Pollen ist kugelrund und glatt und stäubt bei geringer Erschütterung der Antheren aus. Bei starkem Luftzuge bewegen sich die letzteren an ihren bindfadenartig biegsamen Trägern, und etwas auch der ganze Blütenstand, wobei jedesmal ein Staubwölkchen sich loslöst. Bei den weiblichen Blüten treten die Narben kaum zwischen den Spelzen hervor, doch ist die schrägstehende, größere (auch breitere) Deckspelze sehr geeignet, den Pollen aufzunehmen und herunter an die Narbe rutschen zu lassen. Das Öfinen der Blüten und Antheren scheint nicht an bestimmte Tagesstunden gebunden zu sein. Poa kerguelensis (Hoox. Fr.) STEuUDEL (— Festuca kerguelensis Hoox. r. —= Triodia kerguelensis Hoox. F.). Dieses Gras stand auf Kerguelen im Januar und Februar bis Anfang März in Blüte. Die Pflanze ist kleistogam: Die Antheren öffnen sich in der geschlossenen Blüte und belegen die zuständigen Narben mit Pollen. Später beim Auswachsen der Frucht werden die An- theren durch diese in die Höhe und aus der Blüte herausgedrängt und hängen dann als ganz flach- wannenförmig geöffnete Beutel an kurzen Fäden aus den Spalten zwischen den Spelzen hervor, 298 Deutsche Südpolar-Expedition. Nur einmal, an dem sehr warmen und sonnigen 29. Januar 1903, sah ich eine Anzahl Blüten der Poa kerguelensis mehr oder weniger weit geöffnet: Die Antheren springen erst nach dem Öffnen der Blüte und nachdem die Filamente sich gestreckt haben, auf, und zwar gleich der ganzen Länge nach, wobei der Pollen diek vorquillt. Die Staubbeutel bewegen sich im Luftzuge schaukelnd an den ungefähr wagerecht zwischen den Spelzen heraushängenden, starr bleibenden Trägern, und der Pollen ist bis auf geringe Reste bald verstäubt. Die Blütenstände stehen meist mehr oder weniger aufrecht, und so ist spontane Selbstbestäu- bung durch fallenden Pollen sicher unvermeidlich. Auch findet direkte Berührung der Geschlechts- organe, wenigstens gelegentlich, statt, da die Narben bis in den Bereich der Antheren aufragen. Poa-Arten (pratensis L. und nemoralis L.) werden in der Literatur (siehe Kxur#: Handbuch, II, 2., 5. 544 und 545) als homogam angegeben. Festuca ereceta D’Urv. Dieses Gras blüht Ende Dezember bis Ende Februar. 7wei oder drei Blüten stehen im Ährchen; die Deckspelze ist begrannt. Die Blüten sind zwittrig, haben karminbraune Antheren und relativ große, lange Narben. Auch dieses Gras ist kleistogam: Die Spelzen bleiben geschlossen; die Antheren sind in der geschlossenen Blüte geöffnet, den Narben dicht angeschmiegt und diese mit Pollen über- pudert (Taf. XXIV Fig. 12). Der Pollen ist kugelig, mit glatter Oberfläche. Zum Unterschiede von den anderen Gräsern Kerguelens sah ich diese Art niemals, auch bei warmem, sonnigen Wetter nicht, mit geöffneten Blüten. Die Festuca-Arten werden in der Literatur (KnurH, Handburh, II, 2., S. 546, und Low, Blütenbiologische Floristik, $. 369) als homogam und selbstfertil angegeben. Bei Festuca rubra L. und F. rupieaprina Hack. soll jedoch Selbstbestäubung durch die Stellung der Staubfäden verhindert sein. F. gigantea Vırı. wird als schwach protogyn bezeichnet. Nach HAckEL!) sind folgende Festuca-Arten kleistogam: F. microstachys (dimorph), F. Myurus, muralis und octoflora (nur kleistogam). Zusammenfassung über die Gräser der Kerguelen-Flora. Die Einzeluntersuchung der Bestäubungseinrichtungen der Grasarten von Kerguelen hat ein überraschendes, in mehrfacher Beziehung interessantes und äußerst wichtiges Resultat ergeben. Von den fünf Arten sind nicht weniger als drei kleistogam; von diesen hat eine Art (Festuca erecta) nach meinen Untersuchungen stets geschlossene Blüten, während die beiden anderen (Poa kerguelensis und Deschampsia antarctica) bei besonders günstiger Witterung ausnahmsweise auch offenblühend sind. Die Tatsache, daß über 50% der Kerguelen-Gräser (in der Regel) kleistogam sind, läßt ver- muten, daß ähnliche Verhältnisse auch anderswo obwalten; sie zeigt zum mindesten, daß es nicht angeht, die Gramineen eines bestimmten Florengebietes ohne Untersuchung der Bestäubungsein- richtungen der einzelnen Arten schlankweg als Windblütler in Rechnung zu setzen. Die weit- !) Hacker, E.: Über Kleistogamie bei den Gräsern. Österreichische botanische Zeitschrift Jahrgang 1906, Nr. 3, 4, 5 u. 6. Werth, Vegetation. 999 gehenden Schlußfolgerungen, die man aus solchen Berechnungen gezogen hat (Kurt: Nord- friesische Inseln, WArmınG: Arktische Länder, usw.) sind hinfällig, da sie von unbewiesenen und nach meinen Untersuchungen auf Kerguelen höchst unwahrscheinlichen Voraussetzungen ausgehen. Bemerkenswert ist, daß Bestäubung der Narben ohne Beihilfe des Windes bei allen fünf Arten der Kerguelen-Gräser möglich ist. Im übrigen macht sich eine deutliche Steigerung innerhalb der kleinen Gruppe geltend in bezug auf die mehr oder weniger große Sicherung der spontanen Selbst- bestäubung bzw. die mehr oder weniger ausgesprechene Regelmäßigkeit, mit der letztere eintritt. Überraschenderweise lassen sich nun deutliche Beziehungen erkennen, zwischen den Bestäubungs- einrichtungen und der Struktur und Anatomie der Blätter, welche wieder den von den einzelnen Arten eingenommenen Standorten angepaßt erscheinen. Poa Cookii hat breite, lange Blätter und kommt, wie ich im ersten Teile dieser Abhandlung dargestellt habe, an lokal begünstigten Plätzen vor. Die Blätter sind flach oder fast flach ausge- breitet. Das mechanische Gewebe durchzieht in Form senkrechter Längsleisten das Blatt, die auf dem Querschnitt als I-förmiger Träger erscheinen (vgl. Fig. 2 auf Tafel XXII). Poa Cookii hat eingeschlechtige Blüten- und Fremdbestäubung, ist daher in hohem Grade begünstigt, Selbstbestäubung (innerhalb desselben Standes) ist jedoch durch das Auftreten einzelner gemischter Blütenstände nicht unmöglich gemacht. Agrostis magellanica bevorzugt relativ günstige Standorte. Sie hat weiche, aber wenig- stens teilweise einrollbare oder eingerollte Blätter. Auf dem Blattquerschnitt sehen wir (Fig. 1, Taf. XXII), daß die I-förmigen Träger bereits zumeist nicht mehr vollständig erhalten und im Schwinden begriffen sind, wogegen ein Teil des Sklerenchyms zur Verstärkung der Außenschicht des Blattes verwandt ist. Agrostis ist wie Poa Cooküi offenblühend, jedoch ist spontane Selbstbestäubung hier so gut wie unvermeidlich. Deschampsia antaretica und Poa kerguelensis treten beide an offenen Standorten auf, sie haben rinnenförmige Blätter, die wohl bei beiden Arten sich überhaupt nicht mehr zu entfalten vermögen. Die I-förmigen Leisten sind verschwunden; das Sklerenchym bildet fast ausschließlich im Verein mit der Außenepidermis, deren Zellwände stark verdickt sind, eine Schutzschicht gegen den aus- trocknenden Wind (Fig. 4 Taf. XXI u. Fig. 4 Taf. XXII). Beide Arten sind kleistogam und nur ausnahmsweise, bei besonders günstiger Witterung, oflenblütig. Festuca erecta endlich bevorzugt die windigsten Plätze, sie vertritt lokal — auf Süd- georgien wie es scheint überhaupt — die Azorella in der klimatischen Vegetationsformation. Ihre Blätter stehen starr aufrecht, sind außerordentlich hart und rinnenförmig gestaltet. Das Sklerenchymgewebe bildet mit der Außenepidermis, deren Zellwände unförmlich verdickt sind, eine mächtige Panzerung an der Außenseite des Blattes. Die Blattrinne, in der, wie bei den vorigen Arten auch, die Spaltöffnungen gelegen sind, ist noch besonders durch starke Haarbildungen gegen die Außenluft abgesperrt. Festuca erecta hat nach meinen Beobachtungen stets geschlossen blei- bende, sich selbst bestäubende Blüten. Diese eigenartigen, klar hervortretenden Beziehungen zwischen Blattstruktur und Bestäubungs- einrichtung bei den Kerguelen-Gräsern, und zwar so, daß der stärkste Schutz des Blattes gegen Transpiration (Windeinwirkung) am oflensten Standort mit vollständigem Nichtgebrauch des ererbten Windbestäubungsapparates einhergeht, beweisen wohl klarer als irgend andere Tatsachen 300 Deutsche Südpolar-Expedition. es vermögen, die Unrichtigkeit des Lehrsatzes, daß windige Gebiete durch Auslese eine Zunahme der Windblütigkeit bewirken. Ebenso entziehen diese Ergebnisse, auf die Blütenbiologie von Ker- guelen angewandt, der SCHENCK - SCHIMPERschen Anschauung von der Anpassung der typischen Kerguelenpflanzen an die Windbestäubung vollständig den Boden reeller Voraussetzung. Im Schluß- abschnitt dieses Kapitels werde ich noch auf diese Fragen zurückzukommen haben. Portulacaceae. Montia fontana L. Von Derrıno !) wird Montia fontana als ausschließlich autogam, in der Regel kleistogam an- gegeben. Nach AxeLr sind die offenen Blüten homogam, bei schlechtem Wetter beobachtete der- selbe zahlreiche geschlossen bleibende Blüten, die trotzdem reichlich fruktifizierten; ähnliche Beobachtungen machte KERNER ?), Auf Kerguelen kommt die Pflanze in zweierlei Form vor. An offenen, lichtreichen Stellen hat sie einen gedrungenen Wuchs und offene Blüten, an schattigem Standorte bildet sie lange Inter- nodien, und die Blüten bleiben in der Regel geschlossen. Die Pflanze blühte vom Ende November bis in den März. Die Blüte hat einen zweispaltigen, grünen Kelch, in der Regel fünf, häufig jedoch nur vier weiße Kronzipfel. Meist sind drei, oft aber vier oder fünf Staubgefäße vorhanden; nicht selten findet sich ein antherenloses Filament. Der Pollen ist kugelig, mit glatter Oberfläche und wie die Staubbeutel von mattgelber Farbe. Auffallend ist die geringe Anzahl sehr großer Pollen- körner, welche die sehr kleinen Antheren produzieren. Die weiße Narbe ist dreiteilig.. Honig- absonderung scheint nicht vorhanden zu sein. Bei der Lichtform sind die Staubbeutel in der Knospe schon geöffnet und liegen pollenbedeckt den Narben an. Wenn die Blüte sich öffnet, biegen sich die Filamente nach auswärts, so daß die Beutel später mehr oder weniger den ausgebreiteten Kronzipfeln anliegen, weitab von der Narbe. Nicht selten jedoch — wenn die Kronblätter sich nur mangelhaft und einseitig öffnen — liegt die eine oder andere Anthere auch später noch der Narbe an. Die Narbe fand sich sowohl in noch ge- schlossenen wie in ganz offenen Blüten, wo alle Staubbeutel weitab von der Narbe standen, mit Pollen belegt. Es findet also regelmäßige sichere spontane Selbst- bestäubung in der noch geschlossenen Blüte statt. Fremdbestäubung ist nach dem Öffnen der Blüten durch zentrale Lage der Narbe und eingetretene Auswärtsstellung der Antheren begünstigt. Einigemal sah ich auch eine oflene Blüte, in welcher alle drei geöffneten und dick mit Pollen beladenen Antheren der Narbe unmittelbar anlagen. Unter dem Mikroskop konnte hier Pollen- schlauchbildung konstatiert werden. Ebenso fand ich eine Blüte, deren fünf Kronzipfel voll aus- gebreitet waren, bei welcher aber die hier vorhandenen fünf Antheren mit Pollen beladen derart um und über der Narbe sich befanden, daß eine Belegung der letzteren durch fallenden Pollen wohl !) Comparazione biologica di due flore estreme artica ed antartica. Bologna 1900. ?) Nach Lorw, E.: Blütenbiologische Floristik des mittleren und des nördlichen Europa sowie Grönlands. Stuttgart 1894. S. 236. Wertu, Vegetation. 301 möglich schien. Auch scheint es mir nicht unwahrscheinlich, daß ein Teil der Blüten der Liehtiorm überhaupt geschlossen bleibt und kleistogam ist. Die Schattenform hat nur geschlossene Blüten !). Innerhalb derselben liegen die Staubbeutel der Narbe an und geben den Pollen direkt an letztere ab. Es findet reichliche Pollenschlauchbildung statt; nur selten sind die Schläuche sehr lang, fast immer befindet sich das Pollenkorn an der Narbe selbst und dringt mit kurzem Schlauch ein. Nur selten fand ich auch die Narbe und eine der Antheren fest aneinander haftend (direkte Schlauchbildung von der Anthere aus). Ein weiterer Unterschied zwischen den geschlossen bleibenden und den sich öffnenden Blüten ist bei Montia nicht vorhanden. Insgesamt läßt sich also über den Blütenmechanismus von Montia fontana sagen: Es fın- det regelmäßige, sichere, spontane Selbstbestäubung in der noch ge- schlossenen (reichlich belichteter Standort) oder überhaupt geschlossen bleibenden (schattiger Standort) Blüte statt. Fremdbestäubung ist in der offenen Blüte durch gegenseitige Stellung der Geschlechtsorgane begünstigt. Es war schon einiger Variationen in den Zahlenverhältnissen der Blütenorgane von Montia fontana Erwähnung getan. Wie gesagt, ist nicht selten neben drei normalen Staubgefäßen ein Filament ohne Anthere vorhanden. Zweimal fand ich eine Blüte mit fünf Staubgefäßen, von denen zwei einen unten gemeinsamen, oben gespaltenen Faden hatten. Eine dieser Blüten zeigte im einzelnen folgende Eigentümlichkeiten: nur 4 Kronzipfel; 5 Staubgefäße, davon 1 Anthere an ganz kurzem Faden hoch seitlich an einem schmalen Kronzipfel inseriert, 2 Antheren normal an langen Filamenten, 2 Antheren an verwachsenem Faden; dieses Doppelstaubgefäß vor einem normalen Kronzipfel, ein normales Staubgefäß steht allein, indem der zugehörige Kronzipfel fehlt. Überhaupt finden sich 5 Staubgefäße bei 5 Kronzipfeln sehr häufig. Eine Blüte hatte 5 Kronzipfel und 5 Staubgefäße, von denen eines ganz klein und verkümmert war, eine andere 5 Kronzipfel, 3 normale und 1 ver- kümmertes Staubgefäß. Einmal fand ich auch in einer Blüte einen etwas anormal geformten Kron- zipfel mit einer (funktionsfähigen ?) Anthere. Die Blüten von Montia fontana sind zygomorph. Die typische Form ist zweifellos die durch die schematische Figuı 29 (Taf. XXV) angedeutete: Ein Kelchzipfel oben, einer unten, wodurch die Zygo- morphie immer am schärfsten ausgeprägt bleibt; zwei größere Kronzipfel seitlich oder etwas nach unten gerichtet, ein Kronzipfel nach unten und die zwei weiteren rechts und links oben, zwischen sich eine breite Lücke lassend, wodurch der obere Kelchzipfel sichtbar wird; vor den drei schmäleren Kron- zipfeln je ein Staubgefäß. Diese Zygomorphie nun entspricht keineswegs immer der jeweiligen Stellung (Orientierung) der Blüte am natürlichen Standort und ist wahrscheinlich zunächst ein Erbteil von Vorfahren mit stets gut orientierten Blüten. Nun scheint sich in mannigfacher Weise die Zygomorphie — die zu ihrer Entstehung zunächst wohl durch geotropische und andere Reize den ersten Anstoß erhält und dann durch Auswahl von seiten der Insekten weiter gezüchtet wird, aber gänzlich von der Zahl der Blütenteile unabhängig zu sein scheint — auch bei allen möglichen anderen Stellungen der Blüte, wie sie z. B. auch durch Reduktion der Zahl der Blütenteile zustande kommen müssen, wieder ausprägen zu wollen. So veranschaulichen die Figuren 30, 31 und 32 z. B. die gegenseitige Stellung der Kronzipfel bei zwei vier- und bei einer dreizähligen Krone; bei 32 steht !) Nur ein einziges Mal, bei dem ausnahmsweise warmen, sonnigen Wetter des 25. Januar 1903, sah ich auch diese Form offenblühend. Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 39 302 Deutsche Südpolar-Expedition. der obere Kronzipfel ziemlich wagrecht. Häufig sind die Kronzipfel ganz weit ausgebreitet. In einer Blüte von Form 29 sah ich in guter Orientierung die oberen beiden Kronzipfel etwas zurück- geschlagen. Häufig ist der eine oder andere Kronzipfel (eigentlich sollte es immer der obere sein) mehr oder weniger parallel zur Blütenachse gestellt. Einen der breiteren Kronzipfel sah ich einmal, da er zufällig zuoberst sich befand, mit helmförmig herabgebogenem vorderen Rande. Zwei „seit- liche“ (bei der Orientierung von Fig. 29) Kronzipfel sah ich einmal verwachsen (Fig. 33) und zur Unterlippe geworden. Bei vier Kronzipfeln wurde auch die durch Fig. 34 angedeutete Stellung konstatiert. So treten die verschiedensten Unregelmäßigkeiten in der Zygomorphie gegenüber der normalen Blüte auf, die, wie gesagt, wohl alle so zu erklären sind, daß eine bestimmte Form (29) angeerbt ist, diese aber bei den Pflänzchen von reduziertem Charakter und dichtgedrängten Wuchs durch die Stellung längst nicht mehr immer zur Geltung kommen kann, und nun die angeerbte Neigung zur Zygomorphie (d.h. wohl die mehr oder weniger ausgeprägte Eigenschaft auf geo- tropische usw. Reize entsprechend zu reagieren) sich in verschiedener Weise Luft macht, sehr häufig aber bei der definitiven Stellung der Blüte kaum oder gar nicht zur Ausprägung kommt. Caryophyllaceae. Colobanthus kerguelensis Hook. r. Die Arten der auf die Südhemisphäre beschränkten Gattung Colobanthus unterscheiden sich in der Blüteneinrichtung ') von der verwandten Gattung Sagina durch völligen Mangel der Kron- blätter; die verflachten Filamente sind nach Kırk (Trans. Proc. New Zealand Institut XXVII, 1895, S. 355) einer hypogynen Scheibe eingefügt. Die in Neu Seeland vorkommenden Arten haben nach THomson (New Zeal. S. 254) unscheinbare, duft- und honiglose Blüten mit Selbstbestäubung. Hiermit stimmt das Ergebnis meiner Untersuchungen an der Art von Kerguelen nicht ganz überein. Colobanthus kerguelensis wurde zuerst am 27. Dezember 1902 blühend gefunden. Anfang Januar stand sie in voller Blüte, war Mitte des Monats schon fast durchweg verblüht, und nur einzelne Blüten fanden sich noch bis zum Schluß des Monats. Die Blüten ragen nicht oder kaum über die Oberfläche des rosetten- bis polsterförmigen Pflanzen- stockes hervor. Unterhalb der Blüte befinden sich als einzige des ganz kurzen Blütenstielchens zwei mit ihrem scheidenförmigen Grunde vereinte Blättchen. Die Blüte ist vierzählig. Die Blüten- hülle besteht aus einem Kreise, dessen Glieder mit den vier Staubgefäßen alternieren (Taf. XXV, Fig. 35 bis 38). Die Basis des Ovariums wird von-einem grünen, vierkantigen Wulstringe umgeben (Fig. 37), dessen Ecken die vier Staubfäden entspringen. Zwischen je zwei Basen dieser letzteren wird von dem Ringe je ein Tröpfchen Honig ausgeschieden, welcher sich, mit dem mattschwarzen Heft des Präpariermessers weggenommen, auf diesem als glänzende kleine Flüssigkeitsmenge deutlich er- kennen läßt. Beim Öffnen der Blüte sind die vier weißen Staubbeutel noch geschlossen und be- finden sich durch Einwärtskrümmung der Fäden dicht um den vierstrahligen, grünlichweißen Stern der lang papillösen Narben, welche den grünen, nach der Basis zu gelblichgrünen Frucht- ) Nach Knur#: Handbuch der Blütenbiologie, Band 3, Erster Teil, Seite 203. Leipzig 1904. WerTH, Vegetation. 303 knoten krönen (Fig. 35—37). So wird beim Aufbrechen der Antheren der Pollen direkt auf die Narben gelegt, und werden diese von ihm ringsum reichlich bestäubt. Unter dem Mikroskop ist eine reichliche Pollenschlauchbildung an den langpapillösen Narben zu beobachten. Die Antheren sind stark, namentlich auf der inneren, den Narben anliegenden Seite, mit Pollen behaftet. Die weißen Pollenkörner sind kugelrund, glatt, jedoch stark haftend, auch im Freien bei windigem Wetter, Der Honig würde von einem Insekt nur auf dem Wege zwischen dem Ovarium und den wenig ausgebreiteten Blättern der Blütenhülle zu erlangen sein, wobei der Kopf leicht Antheren und Narben berühren und ebenso leicht Fremd- als Selbstbestäubung herbeiführen würde. Da beim Öffnen der Blüte die Staubbeutel zunächst noch geschlossen sind, so ist dadurch bei eintretendem _Insektenbesuche vielleicht Fremdbestäubung etwas begünstigt. Direkt beobachtet wurde Insekten- besuch von mir nicht. Die Blüten bleiben nicht selten stärker geschlossen als in dem in den Figuren abgebildeten Falle. Die Blätter der Blütenhülle sind grün, die Basis ist gelblichgrün und Spitze und Ränder gelb, ganz wie die Laubblätter; auch in der Gestalt sind sie von den Laubblättern kaum verschieden, nur etwas breiter. Die geschilderte Blüteneinrichtung fand ich auch durch Beobachtungen im Freien am natürlichen Standorte bestätigt. Colobanthus kerquelensis zeichnet sich also durch regelmäßige, sichere spontane Selbstbestäubung aus. Wäre die Honigabsonderung nicht, so könnte man bei dieser unscheinbaren grünblättrigen Blüte zu der Ansicht gelangen, es gebe neben Wind- blüten und Tierblüten auch solche, die von vornherein lediglich zur Autogamie gezwungen sind. So aber müssen wir wohl annehmen, daß die weiße Färbung der Staubbeutel und Narben genügt, Insekten, welche auf den rosetten- bis polsterförmigen Pflänzchen herumkriechen, die Blüten als Honigquelle sichtbar zu machen, so daß dadurch gelegentliche Fremdbestäubung erreicht wird. Nicht immer jedoch ist die Honigabsonderung bei Colobanthus wahrzunehmen. Vielleicht ist die Menge so gering, daß sie als adhärierende Schicht in der ohnehin schon so kleinen Blüte schwer festzustellen ist, oder der Honig wird, was mir wahrscheinlicher dünkt, nur bei besonders günstigem und warmem Wetter abgeschieden. So dürften wohl auch die neuseeländischen Arten Honig produzieren, zumal von Kırk ausdrücklich das Nektarium (die hypogyne Scheibe) er- wähnt wird. Die jüngst verblüten Blüten von Colobanthus kerguelensis sind ganz geschlossen, ältere öffnen sich durch das Dickerwerden des zur Frucht auswachsenden Ovariums mehr und mehr. Lyallia kerguelensis Hook. FIL. Leider gelang es mir nicht, diese wohl überall auf Kerguelen anzutreffende, jedoch immer nur in einzelnen Exemplaren auftretende Polsterpflanze in Blüte zu beobachten. Auch Herbar-Material mit Blüten hat mir nicht zur Verfügung gestanden. Ich bin daher für die Beurteilung der Be- stäubungseinrichtung dieser Art auf die Blütenbeschreibungen von OLIVER !) und HooRER?) und vor allem auf die von letzterem gegebenen Abbildungen angewiesen (Fig. 41 auf Taf. XXIV). Zyallia ähnelt in der Blüteneinrichtung Colobanthus. Wie bei diesem, so ist auch bei Zyallia nur eine einfache, t) Orıver: List of Plants collected by Moseley on Kerguelen Land. Journ. Linn. Soc. Vol. 14, 1875, pag. 390. ®) Hooker, I.D.: Observations on the Botany of Kerguelen Island. Philosoph. Trans. Vol. 168, pag. 11 u. Taf. 2, Fig. 2. 39* 304 Deutsche Südpolar-Expedition. vierteilige Blütenhülle vorhanden. Die Narben erscheinen bei Zyallia gegenüber der vorigen Art auf einem verhältnismäßig kurzen Griffel hochgehoben. In gleichem Maße sind aber auch die Staub- fäden verlängert, so daß trotzdem die Antheren wieder, wie bei Colobanthus, in einer Höhe mit den Narben sich befinden. Die von HookER gegebenen Bilder lassen schließen, daß Narben und Antheren zugleich reif sind. Bei dem Vorkommen der Lyallia an gleich exponierten Standorten wie Colobanthus und der nahen Verwandtschaft beider Arten ist es daher vielleicht berechtigt, auch in der Blüteneinrichtung der ersteren vor allem einen regelmäßige spontane Selbstbestäubung bewirkenden Mechanismus zu erblicken !). Ob Honigdrüsen oder funktionslos gewordene Spuren solcher in der Blüte vorhanden sind, lassen Beschreibungen und Zeichnungen nicht erkennen. Mit der Annahme regelmäßiger spontaner Selbstbestäubung ist am besten in Einklang zu bringen auch die reichliche Fruchtbildung der Pflanze, zumal an exponiertestem, windigstem Stand- orte. Die Früchte bzw. Blüten stehen einzeln in den Blattachseln an den, die freie Oberfläche des Polsters bildenden Zweigenden; sie sind kurz gestielt, aber nicht vorragend, und mit zwei Vorblättern versehen. Ich zählte bis fünf Früchte an einer Zweigspitze. Ranunculaceae. Ranuneulus biternatus Sm. SKOTTSBERG rechnet die Art zu den Zoophilen °). Auf Kerguelen blühte die Pflanze von Ende Dezember bis Mitte April, hatte aber mit Mitte Februar den Höhepunkt der Blüte überschritten. Die Zahl der Kelch- und Kronblätter ist bei dieser Art schwankend, ebenso sind Übergangs- formen zwischen beiden häufig. So hatte eineBlüte 4 Kelchblätter, ein Übergangsgebilde und drei Kron- blätter, eine andere 4 Kelchblätter und 5 Kronblätter, von welchen aber eines bedeutend kleiner war. Eine andere Blüte hatte 4 Kelch- und nur 3 normale Kronblätter; diese alternierend mit den Kelch- blättern, als viertes alterniert ein kleineres, im Kreise der Kronblätter stehendes, durchaus kelch- artiges und wie die Kelchblätter herabgebogenes Blättchen. Wieder eine andere Blüte hatte 5 normale und gleich große Kronblätter. Auch 5 Kelch- und 5 Kronblätter wurden beobachtet. Die Regel sind 4 Kelch- und 4 Kronblätter. Die Staubgefäße sind zahlreich; ich zählte 12, 12, 9, 13, 16, 13, 15, 18. In noch größerer Zahl sind die Ovarien vorhanden; ich zählte 16, 17, 18, 18, 17, 24; selten ist die Zahl der Ovarien zwischen 30 und 40. Um das gegenseitige Verhältnis in der Zahl der Blüten- glieder zu zeigen, so hat zum Beispiel eine Blüte: 4 Kelch-, 5 Kronblätter, 12 Staubgefäße und 16 Ovarien (zwei Kronblätter stehen in der Lücke zwischen zwei Kelchblättern, die übrigen drei Kronblätter je einzeln in den drei übrigen Lücken). Eine andere Blüte hat 4 Kelch-, 4 Kron- blätter, 13 Staubgefäße und 17 Ovarien. Die normalen Kronblätter sind mit einem näpfchen- oder taschenförmigen Nektarium versehen, aus welchem ein reichlicher Honigtropfen abgeschieden wird. DieNarben sind von Beginn des Blühens 1) Die Abgabe von Pollen auf die zuständige Narbe muß leicht erfolgen können, da nach OrLıver’s Beschreibung (a. a. O- S. 390) die länglich-eiförmigen Narbenzipfel nicht nur auf der Innenseite, sondern auch am Rande papillös sind. 2) SKOTTSBERG, C.: Feuerländische Blüten. Wissenschaftliche Ergebnisse der schwedischen Südpolar-Expedition 1901 bis 1903. Band IV. Lieferung 2. Stockholm 1905. S. 15. Wertn, Vegetation. 305 an reif. Die Staubgefäße stehen zunächst mit geschlossenen Antheren dieht um die Ovarien und Narben herum und liegen ihnen an oder sind zum Teil sogar zwischen die Narben gedrängt, werden aber von diesen überragt. Indem nun die Antheren sukzessive von außen nach innen reif werden, strecken sich die Filamente, und die Staubgefäße treten mehr oder weniger gegen die Peripherie der Blüte zurück, doch häufig nicht so stark, daß die nun sich öfinenden Antheren unter Umständen nicht eine der Narben berühren könnten. Namentlich wenn die inneren Staubgefäße mit dem Öffnen an die Reihe kommen, tritt nicht selten eine ihrer ziemlieh ringsum mit Pollen behafteten Antheren mit einer der auswärts gekrümmten Narben in Berührung, ss Autogamie bewirkend. Bei starker Biegung der Staubfäden ist aber auch ein Herabfallen von Pollen auf eine der Narben nicht ausgeschlossen !). Im übrigen ist durch die frühe Reife der Narben und die zentrale Stellung der- selben Fremdbestäubung begünstigt. Denn wenn ein Insekt in die Mitte der Blüte auf die Narben auffliegt und sich dann seitwärts den Nektarien zuwendet, wird es in ganz jungen Blüten leicht die Narben belegen und in etwas älteren unmittelbar darnach neuen Pollen für weitere Blüten aufnehmen. Die Blüten von Ranuneulus biternatus bilden im voll geöffneten Zustande einen gleißend gelben Stern von etwa 1 em Durchmesser; sie haben einen ausgeprägten, unangenehmen Geruch. Die Kelchblätter sind bräunlichweiß, die Kronblätter brennend gelb. Der untere, weniger in die Augen fallende und das Nektarium tragende Teil der letzteren ist, ebenso wie die Unterseite, grünlich; diese grünliche Färbung (der Oberseite) wirkt also als Saftmal. Die Staubfäden sind grünlich, die Beutel gelb; Ovarien und Griffel sind dunkelgrün, die Narben weißlich. Die Kronblätter sind bald mehr bald weniger weit geöffnet bzw. ausgebreitet, die Kelchblätter herabgeschlagen oder nicht. Die Blüten sind auch bei Sturm und Regen offen. Der eigentümliche unangenehme Geruch mag auf eine Anpassung an Fliegen deuten. Ranuneulus trullifolius Hook-FıL. Dieser Ranunculus blühte von Ende Dezember bis Ende Januar auf Kerguelen. Die Pflanze hat an trockenen Standorten offene Blüten. Außerdem bildet sie im Wasser eine großblättrige Form mit geschlossen bleibenden kleistogamen Blüten. Landform (Fig. 35 bis 40 auf Taf. XXIV und Taf. XXVI, Fig. 4). Die Blüten haben meist drei Kelch- und drei Kronblätter, fünf oder sechs Staubgefäße und sehr zahlreiche Ovarien. Die Variationsbreite ın bezug auf die Zahl der Blütenglieder mag aus den folgenden Aufstellungen einigermaßen ersichtlich sein. Es bedeutet dabei s = Kelchblätter, p = Kronblätter, $ = Staub- gefäße, 2 = Ovarien bzw. Narben. (Die letzteren sind in der zweiten Zusammenstellung nicht mitgezählt.) ae re © Bemerkungen. a Rare oe 3 3 alle) 3 3 beseris Eines der 6 &' verkümmert im Grunde der Blüte. So O9 \ !) Ich fand die Pflanze Ende Februar 1903 reichlich fruchtend. Die Fruchtköpfehen waren jedoch nieht immer voll; so waren einmal z. B. nur vier Ovarien geschwollen, die große Menge der übrigen nicht. Nach der gegebenen Beschreibung der Blüteneinrichtung scheint mir dieses auf spontane Selbstbestäubung hinzudeuten. Ein Insekt würde wohl gleich sämtliche Övarien mit Pollen belegt haben. 306 Deutsche Südpolar-Expedition. Sem: Ser Bemerkungen. SER AR ER Se 3 3.10 3 3 9 3 3 7 3 2 6 Außerdem ein Übergangsgebilde von pzu J', aber Pollen liefernd. | ER A| a tl > 89,8 DES S a er! Sa 023 Bi | BED ED See 3 Sarnen) In der ganz jungen Blüte sind die Antheren noch alle geschlossen, die Staubgefäße stehen meist den Ovarien noch dicht an, und diese sind mit wenig einwärts gekrümmten Narbenspitzen zumeist gegen das Zentrum der Blüte zusammengeneigt. Die Narbenpapillen sind in diesem Zu- stande noch nicht so weit vorragend wie später, so daß es zweifelhaft erscheint, ob die Narben jetzt schon empfängnisfähig sind. Später brechen die Antheren nacheinander auf !), die Filamente strecken sich dabei und neigen sich gegen die Peripherie der Blüte; zugleich richten sich die Ovarien etwas mehr auf und strecken ihre Narbenspitzen gerade (Fig. 35). In diesem Zustande sind die Staubfäden keineswegs ganz gerade, und nicht selten hat der eine oder andere so viel von seiner ursprünglichen starken Einwärtskrümmung beibehalten, daß seine ringsum mit Pollen bedeckte Anthere (Fig. 37) nunmehr eine oder mehrere Narben berührt und Pollen an diese abgibt, welcher alsbald Schläuche zu treiben beginnt. Andernfalls gelangt auch leicht, namentlich wenn die kleine Blütenschüssel nicht ganz wagerecht steht, von den Antheren herabfallender Pollen auf die Narben. Bestäubung durch Herabfallen von Pollen findet zweifellos häufig statt. Ich fand die Narben reichlich mit Pollen belest, auch ohne daß eine Anthere damit in Berührung war; desgleichen sieht man Pollen auf Kelch- und Kronblättern. Dennoch dürfte wohl längst nicht in allen Blüten durch Herabfallen oder direkte Berührung Pollen auf die Narben gelangen. Es ist also spontane Selbstbestäubung bei Ranunculus trullifolius durch Herabfallen von Pollen auf die Narben und (seltener) durch di- rekte Berührung der letzteren mit einer Anthere ermöglicht. Fremdbestäubung ist (beim Anfliesen etwaiger Insekten auf die Blütenmitte) durch die zentrale Stellung der Narben begünstigt. Die Blüte ist homogam. Am 29. Dezember 1902 sah ich eın Exemplar der mit sichelförmigen Flügelstummeln versehenen Fliege Amalopteryx maritima EATon auf den Blüten von Ranunculus trullifolius. Ich sah das Tier nacheinander in zwei Blüten, dazwischen aber an mehreren Blüten vorbeilaufend. Die Fliege wurde augenscheinlich weder durch Farbe noch durch Geruch der Blüten angezogen und geleitet. In der ersten Blüte saß sie bereits, als ich sie bemerkte, ich sah keinerlei Blumentätigkeit; in die andere Blüte sah ich sie hineinkommen und bald ohne irgendwelche Tätigkeit weiterkriechen. Die Fliege war natürlich mit Pollen behaftet und kann ganz gut bei den flach am Boden wachsenden blühenden Pflanzen Bestäubung bewirken, doch muß ich den Blumenbesuch für rein zufällig, unbeabsichtigt halten. Da Amalopteryx am Meeresufer, wo Ranuneulus trullifolius reichlich wächst, ebenfalls in Menge vorkommt und daher bei ihrem Herumlaufen wohl öfter zufällig auch in eine !) Es reifen erst die äußeren, dann die inneren Staubgefäße. Werrn, Vegetation. 307 Blüte der genannten Pflanze geraten wird, so spielt sie vielleicht gar keine geringe Rolle als Be- stäubungsvermittler derselben. Die Blüten von Ranuneulus trullifolius sind auch bei Sturm und Regen ofien. Die Kelch- blätter sind bräunlichweißgrün, die Kronblätter sattgelb, zuweilen mit karminbraunen Strichelchen. Sie haben im oberen Teil einen brennend gelben, glänzenden, im Alter weiß werdenden Fleck (Fig. 39, schraffiert). Derselbe ist aber nicht wie bei Ranunculus biternatus scharf, sondern un- regelmäßig umgrenzt, und selbst auf den Kronblättern einer Blüte ist er im Umriß verschieden; zuweilen ist er sehr klein und ganz auf den obersten Teil des Kronblattes beschränkt !). Der untere Teil der Kronblätter ist grünlichgelb. Die Kronblätter zeigen unten gleich über dem nagelartig verschmälerten Teile ein Nektargrübchen oder -täschehen mit deutlicher, reichlicher Honigabscheidung (Fig. 38 u. 39). Selten ist jedoch das Nektarium verkümmert. Die Blüten haben einen scharfen, unangenehmen, betäubenden Geruch, wie bei Ranunculus biternatus. Der Pollen ist gelb und kugelig. Die Antheren sind im Höhepunkte ihrer Reife dick ringsum mit dem Pollen behaftet, infolge der auf der Rückseite größeren Breite des Konnektivs jedoch stärker auf der inneren, den Narben zugekehrten Seite (Fig. 37). Auch zur Zeit der Reife der Antheren sieht man die inneren Ovarien im Zentrum der Blüte zusammengeneigt, die äußersten mehr oder weniger aufrecht, auch wohl leicht auswärts geneigt, aber ihre Griffelspitzen sind nicht, wie bei Ra- nunculus biternatus und Moseleyı, scharf nach außen umgebogen (Taf. XXIV, Fig. 19 bis 21). Diese besitzen, sofern sie nicht ganz gerade sind, höchstens eine ganz schwache Biegung, die jedoch keines- wegs regelmäßig nach außen gerichtet ist. Die zahlreichen Ovarien stehen dichter zusammen als bei Ranunculus biternatus. In der Knospe sind die Narbenspitzen gerade, schwach auswärts oder schwach einwärts gebogen. Die inneren Fruchtblätter sind mehr oder weniger zusammengeneigt, die äußeren zum Teil ganz leicht auswärts geneigt; die Ovarien stehen im ganzen kaum dichter als in den offenen Blüten. Am 1. Februar 1903 entdeckte ich an einem Pflänzchen von Ranunculus trullifolius einen unterirdischen jungen Fruchtstand mit noch ziemlich gut erhaltenen Staubgefäßen und einem Reste der Krone. Es kommen also wohl zweifellos auch bei der Landform kleistogame Blüten, und zwar unter der Bodenoberfläche, vor. Ebenso fand ich am 9. desselben Monats den Rest einer vermutlich kleistogamen, unterirdischen Blüte bei dieser Art. Da ich solche Blüten früher nicht gesehen hatte, und die Blütezeit jetzt vorüber war, war eine genauere Untersuchung über die Kleistogamie der Trockenform nicht mehr möglich. Bei der Wasserform von Ranunculus trullifolius sind die Blüten stets geschlossen. Die Blätter werden bei dieser Form an langen Stielen über die Wasserfläche gehoben und liegen dieser flach auf oder erheben sich wenig darüber. Die Blüten dagegen, deren jedes Sproßpflänzchen in der Regel eine zwischen den Blattstielbasen entwickelt, bleiben unter dem Wasser. Die Kron- blätter sind gelb und haben ein Honiggrübchen; ob dieses, wenigstens zuweilen, auch Honig ab- sondert, vermag ich nicht sicher zu sagen. Die Staubgefäße sind zahlreich, ich zählte z. B. 8, 10, 11; die Ovarien sehr zahlreich. 1) In ganz kleinen Knospen sind die Kronblätter fast rein grün, und von der späteren brennendgelben glänzenden Partie ist noch nichts zu sehen, in älteren Knospen ist die Partie schwach angedeutet; in Knospen, die eben beginnen, sich zu öffnen, jedoch schon vollkommen ausgebildet. 308 Deutsche Südpolar-Expedition. Die Antheren befinden sich dicht um und über den Narben und öfinen sich nicht; sie zeigen aber häufig augenscheinlich eine leichte Lockerung (Vermatschung) des Wandgewebes. Es ist eine reichliche Pollenschlauchbildung zu beobachten, und an den freipräparierten Narben bleiben an oft enorm langen Schläuchen Pollenkörner hängen. Es wachsen also die Pollenschläuche von den geschlossenen Antheren gegen die Narben. Es scheinen auf diese Weise etwa höchstens die Hälfte der Ovarien in jeder Blüte befruchtet zu werden. Die reichlich gebildeten Sammelfrüchte sind jedoch ganz dicht und machen den Eindruck, als ob immer alle vorhanden gewesenen Ovarien auch zu einem Früchtchen ausgewachsen seien. Zusammenfassend läßt sich die Bestäubungseinrichtung von Ranunculus trullifolius kurz wie folgt angeben: Die Blüten sind homogam; bei der Trockenform ist Fremd- bestäubung durch zentrale Stellung der Narben und periphere, den Nektarien sgenäherte, der reifen Antheren begünstigt, spontane Selbstbestäubung aber durch Herabfallen von Pollen auf die Narben oder durch direkte Berührung von Antheren und Narben ermöglicht; bei der Wasserform findet kleistogame Autogamie statt. ö Beide Formen dieser Ranunculus-Art haben ziemlich gleich viele Blüten. Die Vegetations- organe sind bei der Wasserform unverhältnismäßig kräftiger entwickelt. Ranunculus Moseleyi Hook-FIL. Diese Art blühte auf Kerguelen von Anfang Januar bis Mitte April (kleistogam). Die Pflanze tritt gleichfalls in zwei Varietäten, einer offenblühenden Land- und einer kleisto- gamen unter Wasser wachsenden Form auf. Trockenform (Taf. XXIV, Fig. 22 bis 26 und 30 bis 34). Die Blüten haben meist drei Kelch- und drei Kronblätter, doch sind auch andere Zahlenverhältnisse sehr häufig. Es folgen hier die Zahlen der Blütenglieder in einer Anzahl Blüten, wobei s = Kelch, p = Krone, $ = Staubgefäße und 2 = Ovarien bzw. Narben bedeutet. s p & ©) s p el Q 3 2 4 7 3 3 3 7 9 2 9 7 3 3 3 8 3 3 2 5 6 3 3 3 7 3 3 5 7 3 3 R 7 3 9 5 6 3 3 5 8 3 9 5 7 3 3 6 7 3 3 4 8 3 3 6 9 3.188 5 7 3 3 6 8 3 B 5 6 3 3 7 9 3 3 4 5 3 3 5 8 3 3 3 8 2 9 3 6 3 3 3 7 In der zuletzt verzeichneten Blüte hat das eine Kronblatt einen kleinen Nebenzipfel, wodurch gewissermaßen das normal vorhandene dritte Kronblatt angedeutet ist. In einer anderen Blüte mit zweiteiliger Krone konnte genau dasselbe beobachtet werden. Als interessante Tatsache geht ferner aus der Liste hervor und fand durch weitere Blütenuntersuchung Bestätigung, daß bei Überzahl der Staubgefäße (vier) häufig Minderzahl (zwei) der Kronblätter auftritt, daß also ge- Werra, Vegetation. 309 wissermaßen ein Kronblatt durch ein Staubgefäß vertreten wird; auch durch die Stellung in der Blüte gibt sich die Vertretung kund. Es kann deshalb auch nieht wundern, wenn Übergangsbildun- gen zwischen Kron- und Pollenblättern vorkommen; eine solche wurde zweimal von mir beobachtet (Fig. 24). Bei sechs Staubgefäßen und drei Kronblättern (viertletzte Blüte der Liste) stehen die ersteren in zwei Kreisen, die drei zuerst sich öffnenden vor den Kelch-, die anderen drei vor den Kronblättern. In einer Blüte wurde auch ein Gebilde aufgefunden, welches in Fig. 26 wiedergegeben ist und eine offenbare Vereinigung von Pollen- und Fruchtblatt darstellt. Das grüne, blattartige Gebilde trägt auf der Spitze eine gelbe Anthere und seitlich ein farbloses rundes, wohl nur als Samen - anlage zu deutendes Körperchen. Autogamie durch unmittelbare Berührung ist bei Ranunculus Moseleyi durch die geringe Zahl der Narben und namentlich der Staubgefäße ziemlich erschwert. Bei weit geöffneten Blüten stehen zu Anfang die noch vollkommen geschlossenen Antheren auf kurzen, etwa senkrechten Filamenten dicht um die Ovarien herum, deren Narben zweifellos schon empfängnisfähig sind (Fig. 30). Später biegen sich die verlängerten Staubfäden nach außen zurück, und die Antheren springen dann auf (Fig. 31). In der Regel ist nun die gegenseitige Stellung von Narben und Staubbeuteln derart (die Staubgefäße biegen sich beim weiteren Abblühen noch weiter nach außen, und anfangs, wenn die Antheren den Narben noch relativ nahe sind, scheint der Pollen sehr fest an den Beuteln zu haften), daß gegenseitige Berührung oder ein Herabfallen von Pollen auf die Narben nicht stattfinden kann. Nur in ganz seltenen Fällen (große Zahl der Staubgefäße, zufällige schiefe Stellung der Blüte usw.) mag spontane Selbstbestäubung vielleicht möglich sein. Oft sind die Kronblätter jedoch nicht ausgebreitet, sondern mit den Kelchblättern zusammen nur ganz wenig schräg aufwärts gerichtet, die Blüte mithin nur schlecht geöffnet. Die Staubgefäße sind dann steil aufrechtstehend (nicht gespreizt) und daher nahe zusammen in der Blütenmitte. Bei solcher Stellung der Staubgefäße ist ein Herabfallen von Pollen auf die zuständigen Narben sehr leicht möglich gemacht, zumal bei etwas schräger Stellung der Blüte, und auch Berührung einer pollenbeladenen Anthere mit einer Narbe !) nicht ausgeschlossen und tatsächlich zu beobachten. Ich sah dieser Art eine feste Ver- bindung von Staubbeutel und Narbe und nach künstlicher Trennung an der letzteren reichlich Pollenkörner an langen Schläuchen. Die langen Narben dieser Art sind stark auswärts gebogen, doch kommen bei der geringen Zahl und der dadurch schwierigen zyklischen Anordnung der Ovarien auch andere Richtungen (mehr oder weniger einwärts usw., auch fast aufrecht) der Narben vor. Dennoch dürfte es wohl kein Zufall sein, daß der Ranunculus von den drei Arten Kerguelens, welcher die geringste Zahl der Ovarien (und Staubgefäße) hat, die längstauswärtsgebogenen Narben besitzt, während Ranunculus trullifolius mit den meisten Ovarien so gut wie keine Auswärtsbiegung der Narben zeigt. Ranunculus biternatus steht dann zwischen beiden (Taf. XXIV, Fig. 19 bis 21). Der Vorteil auswärtsgebogener Narben für die spontane Selbstbestäubung bei den Ranunculus-Blüten leuchtet ein und kann um so eher entbehrt werden, je dichter (bei großer Anzahl) die Geschlechtsorgane stehen. Fremdbestäubung ist bei den weit geöffneten Blüten von Ran. Moseleyv durch zentrale Stellung der Narben und peripherische, den Nektarien genäherte der Staubgefäße begünstigt. Die ganz !) Wenn nämlich die Narbe zufällig mehr oder weniger senkrecht gerichtet ist. Deutsche Siüdpolar-Expedition. VIII. Botanik. 40 310 Deutsche Südpolar-Expedition. jungen Blüten mit noch geschlossenen Antheren können überhaupt nur mit fremdem Pollen belegt werden. Bei den unmittelbar den Boden aufsitzenden Blüten werden auch kriechende Insekten sehr gut als Bestäuber wirken können. Kräftiger Geruch, Honigausscheidung und Blütenfarbe dürfen als wesentliche Anlockungsmittel gelten. Die Kronblätter dieser Art sind gelblich-grün mit braunen Längsflecken bis grünlichgelb mit wenigen braunen Flecken. Im oberen Teil der Kronblätter ist wie bei R. trullifolius ein aufgesetzter gleißendgelber, ganz unregelmäßiger Fleck; dieser ist zuweilen sehr klein oder gar in mehrere winzige Fleckchen aufgelöst. Dieser Fleck auf den Kronblättern wird, wie bei den beiden andern Arten auch, im Alter weißlich. Ein Nektarium mit Honigtropfen in Form eines winzigen Täsch- chens über dem breiten Nagel des Kronblattes ist meist vorhanden (Fig. 22), häufig aber auch fehlt es oder zeigt verkümmerte Form. Der Geruch der Blüten ist auch bei dieser Art kräftig und unangenehm für menschliches Empfinden. Die Staubfäden sind grün, die Antheren gelb, der Pollen ist gelb, kuglig, mit glatter Ober- fläche. Er tritt seitlich aus den Antheren hervor, quillt aber dann meist ziemlich in die Breite, so daß Bestäubung sowohl bei Berührung der Außen- wie der Innenseite möglich ist; jedoch von innen bedeutend leichter, da das Konnektiv hier schmaler ist (Fig. 33 und 34). Die Narben sind stark papillös (Fig. 32). Vielleicht bedingen äußere Verhältnisse die häufige mangelhafte Blütenöffnung, indem die ganz am Boden befindlichen Blüten durch Sandwehen mehr oder weniger begraben werden. In solchen schlecht geöffneten Blüten scheinen die Narben vorherrschend mehr oder weniger senkrecht gestellt zu sein, sonst sind sie meist gut nach außen gespreizt. Bei den unvollkommen geöffneten Blüten, bei denen die Staubfäden ganz oder annähernd aufrecht stehen, wird auch eine senkrechte Richtung der Narben am ehesten zur Berührung und Autogamie führen, in weitgeöfineten Blüten dagegen umgekehrt die Auswärtsspreizung der langen Narben. Oft kommt auch bei offeneren Blüten ein geringeres Zurücktreten der reifen Staubgefäße vor, auch eine starke Einwärtskrümmung der letzteren wurde mehrfach beobachtet, so daß eine Bestäubung der zuständigen Narben durch Herabfallen von Pollen möglich gemacht ist. Auffallend ist die oft erhebliche Kleinheit der einzelnen, durch Ausläufer entstehenden Pflänz- chen der Landform von Ranunculus Moseleyi, zuweilen sind sie winzig klein; ein vorliegendes Pflänzchen zeigt zum Beispiel nur ein Blüte, eine scheidenförmiges Niederblatt und zwei un- geteilte kleine Laubblättchen. Die Landform von Ran. Moseleyi ist durch ein Vordrängen der Blütenbildung gegenüber der Blattentwicklung ausgezeichnet. Bei der Wasserform, deren Pflanzen gänzlich untergetaucht wachsen, öfinen sich wie gesagt die Blüten nicht. Auch die Antheren bleiben geschlossen. Die Staubgefäße stehen dicht um die Ovarien herum, und die Staubbeutel liegen den Narben dicht auf. Trennt man beide, so findet man an der einen oder anderen Narbe ganz wenige Pollenkörner. Bei näherer Untersuchung erkennt man, daß diese letzteren der Narbe nicht unmittelbar anhaften, sondern an langen Pollen- schläuchen hängen, deren Spitzen in die Narbe eingedrungen sind. Die Pollenkörner haben durch die Wandungen der geschlossen bleibenden Antheren hindurch ihre Schläuche nach den Narben gesandt und sind dann beim Wegpräparieren der sonst intakten Antheren an den Narben hängen geblieben (kleistantherische Kleistogamie nach AscHERSoN). Niemals sind die Narben diek mit ann 7 n - ‘ Werrnu, Vegetation. ll Pollen belegt, wie es der Fall sein würde, wenn die Antheren in der Lage, welche sie in der geschlosse- nen Blüte innehaben, sich regelrecht öffnen würden (chasmantherische Kleistogamie). Die kleistogame Pflanze blüht regelmäßig; in der Regel hat jedes Einzelpflänzchen (Ausläufer- bildung) eine Blüte. Die Blütenteile sind bei dieser Form meist zahlreich, ich zählte z. B. in einer Blüte 8 Staubgefäße und 12 Ovarien; Staubgefäße sind meist mehr als vier vorhanden. Doch kommen auch geringere Blütenzahlen vor: Eine Blüte zeigte drei Kelchblätter, ein Kronblatt (grün), ein Mittelding zwischen Kron- und Pollenblatt (Fig. 25), drei normale Staubgefäße und fünf Ovarien. Die Kronblätter der Wasserblüten sind zart, mit drei im unteren Teil vereinigten Gefäßsträngen, fast stets ohne Nektarium grün, (Fig. 23). Die Narben sind wenig oder nicht papillös. Erst mit dem Auswachsen der Früchte öffnen sich die „Blüten“. Zusammenfassend läßt sich zum Schluß über die Blüten von Ranunculus Moseleyi sagen: Spontane Selbstbestäubung findet inden Blüten der Landform durch herab- fallenden Pollen und auch durch direkte Berührung von Antheren und zu- ständigen Narben statt, in den Blüten der Wasserform ist sie durch direktes Wachsen der Pollenschläuche aus den Antheren in die Narben ermöglicht. Fremdbestäubung ist in weit geöffneten Blüten durch frühe Reife der Narben und später noch durch die zentrale Stellung der letzteren begünstigt. Cruciferae. Pringlea antiscorbutiea R. Br. Eine Beschreibung des Bestäubungsmechanismus dieser Pflanze liegt in der Literatur bis jetzt nicht vor, dagegen eine Reihe einzelner Angaben, die mehr oder weniger vermutungsweise die Pflanze als anemophil bezeichnen. Diese Angaben sind zusammengestellt in P. Knur#’s „Handbuch der Blütenbiologie“, III, 1., S. 317 und in W. MArDxer’s „Die Phanerogamenvegetation der Ker- guelen‘“, S. 10. Ferner finden sich in H. Schenxer’s „Vergleichende Darstellung der Pflanzengeo- graphie der subantarktischen Inseln“ einige Bemerkungen über die Ökologie der Pringlea-Blüte. Pringlea blüht im November und Dezember, also sehr zeitig im Frühjahre, nachdem der Blüten- stand schon im Jahre vorher in allen Einzelheiten angelegt worden ist (Fig. 28 und 29 auf Tafel XXIV). Die kurzgestielten Blüten sind zu langen, dichten Trauben angeordnet, welche entsprechend der Mehrjährigkeit der Pflanze seitlich aus der unbegrenzten beblätterten Hauptachse entspringen. Nicht selten (wenigstens bei älteren, großen Pflanzen) sind die Blütenstände gegabelt; an einem Exemplar fand ich sogar einen dreimal gabelteiligen Blüten- bzw. Fruchtstand. Ich zählte 4, 6, 4, 3, 4 Blütenstände an einer Pflanze. Die Blüte (Taf. XXIV, Fig. 27) besitzt vier kahnförmige, außen behaarte, grüne Kelchblätter, vier schmale, lanzettliche, gelblichgrüne (bis weißliche) Kron- blätter, welche öfter auch ganz fehlen können, ferner vier längere und zwei kürzere Staubgefäße und einen behaarten, länglichen Fruchtknoten mit kurzem Griffel und knopfförmiger Narbe. Die Größe der Kelch- und Kronblätter ist erheblichem Wechsel unterworfen; ich fand erstere zumeist bis zwei Drittel der Höhe des Fruchtknotens reichend, sie können aber auch ebenso lang als dieser sein. Die Kronblätter waren bei den von mir gesammelten Pflanzen erheblich kleiner als 40* 512 Deutsche Südpolar-Expedition. die Kelehblätter, in den von HooKER abgebildeten Blüten (Philos. Transact. of the Royal Society Vol. 168) sind sie dagegen größer als die Kelchblätter. So weit meine Untersuchungen reichen, sind die Kronblätter in der Regel vorhanden, sie können aber, wie gesagt, der Blüte auch ganz oder teilweise fehlen. Die Bestäubungsemrichtung von Pringlea antiscorbutica weicht von derjenigen unserer ein- heimischen Cruciferen in keinem wesentlichen Punkte ab. Erstere variieren untereinander haupt- sächlich in der Zahl und Größe der Honigdrüsen sowie darin, daß bald die kürzeren, bald die längeren Staubgefäße in der Höhe der Narbe sich befinden und spontane Selbstbestäubung bewirken !). In bezug auf letzteres Moment wäre Pringlea der ersteren Gruppe zuzurechnen. Bei Pringlea antiscorbutica überragen die längeren Staubgefäße die Narbe, während die kürzeren sich in gleicher Höhe mit ihr befinden. Und es läßt sich leicht beobachten, wie eine pollenbedeckte Anthere der letzteren in direkter Berührung mit der zuständigen frischen Narbe sich befindet und den Pollen auf diese abgibt. So wird in reichlichem Maße spontane Selbstbestäubung herbeigeführt, die auch des weiteren noch dadurch möglich sein wird, daß von den längeren Staubgefäßen Pollen auf die Narbe herabfällt. Daß ich bei Pringlea in späterer Jahreszeit (Ende Februar) nur ganz vereinzelt nicht zur Frucht gewordene Blütenreste in sonst dicht geschlossenen Fruchtständen antraf, spricht für regelmäßige sichere spontane Selbstbefruchtung. Die knopfförmige, zottig-papillöse, im frischen Zustande gelbgrüne Narbe erhebt sich auf kurzem, diekem Griffel. Die dicken Staubfäden stehen steif aufrecht, nur ganz wenig divergierend, An der Basis des Ovariums finden sich, mit den Staubfäden alternierend, sechs kleine Nektardrüsen. Ob dieselben überhaupt und regelmäßig funktionieren, habe ich versäumt, festzustellen. Was nun Pringlea in ihrer Blüteneinrichtung von unseren heimischen Cruciferen unterscheidet, das sind die unscheinbaren, schmalen Kronblättchen, welche, wie gesagt, oft auch ganz fehlen können, übrigens auch leicht abfallen. Der Schauapparat der Blüte ist entschieden in Reduktion begriffen. Es ist aber ungerechtfertigt, deswegen die Blüte zu einer anemophilen zu machen, wie es von ver- schiedenen Autoren geschehen ist. Die Reduktion der Blumenkrone bei Pringlea kann höchstens als eine Begleit- und Folgeerscheinung dauernder, vorwiegender oder fast ausschließlicher Auto- gamie bei dem Fehlen geeigneter pollenübertragender Insekten in der engbegrenzten jetzigen Heimat der Pflanze angesehen werden. Auf der Pflanze findet man zwar reichlich Insekten, namentlich zwischen den Blättern meist in Menge die flügellose Fliege Calycopterye Moseleyi; das Tier wurde jedoch nie auf den Blütenständen beobachtet. | Als Besucher und Bestäuber von Pringlea käme für Kerguelen vielleicht eher Amaloptery& maritima in Betracht. Doch ist bei den frei in die Luft ragenden Blütenständen der Pringlea auch von dieser ebenfalls flugunfähigen Fliege kaum eine regelmäßige Pollenübertragung anzunehmen. Dazu würde wohl ein nicht zu kleines, geflügeltes Insekt notwendig sein, welches auf Possession- Island der Crozet-Gruppe vielleicht in der hier vorgefundenen flugbegabten Fliege Listriomastax litorea vorhanden ist. Im wesentlichen aber und speziell auf Kerguelen dürfte Pringlea wohl ın der — gleichwie bei unseren einheimischen Cruciferen — leicht statthabenden spontanen Selbst- 1!) Mürter, H.: Die Befruchtung der Blumen durch Insekten. Leipzig 1873. S. 135 fi. WertH, Vegetation. 315 bestäubung den nötigen Ersatz für die Fremdbestänbung gefunden haben. Daß die erstere auch vollen Erfolg hat, scheint mir die überaus reichliche Fruchtbildung der Pflanze auf Kerguelen zu beweisen. Daß auch die Samen durchaus keimfähig sein müssen, bewies uns das reichliche Auf- treten von jungen Pflänzchen nach zufälliger Verstreuung von Samen. Mir ist es schwer verständlich, wie man gerade die Blüten von Pringlea antiscorbutiea als windblütig hat bezeichnen können. Nach ScHIMPER!) gehören sie sogar zu den „voll- endeten Windblüten“! Ich vermag nichts an ihnen zu entdecken, was als eine Anpassung an Wirdbestäubung aufgefaßt werden könnte. Die Antheren hängen nicht an schaukelnden Fäden, wie SCHIMPER angibt, sondern letztere stehen steif aufrecht; die Narbe ist auch nicht weit hervor- stehend, sondern befindet sich auf einem relativ sehr kurzen Griffel in der Höhe der kürzesten Staub- ‚gefäße, während beispielsweise bei der Mehrzahl unserer einheimischen Cruciferen die Narbe mit den längeren Staubgefäßen in einer Höhe steht. Auch zeigt die Form und Ausbildung der Narbe nichts an windblütige Pflanzenformen Erinnerndes, sie ist weder wurmförmig noch gefiedert, sie ist nicht größer und ihre Papillen sind nicht länger wie bei ungezählten zweifellosen Zoidiophilen anderer Floren. Auch beweisen die von SCHIMPER gegebenen Figuren (a.a.O. Fig. 25a und b) gerade das Gegenteil von dem, was sie zeigen sollen. Fig. « zeigt klar und deutlich, daß Pringle« keine schaukelnd hängenden, sondern steif aufrechte Filamente hat, und Fig. b beweist in drastischer Weise, daß die regelmäßigen stürmischen Winde Kerguelens windblütigen Einrichtungen nicht Vorschub zu leisten vermögen: wenn auf der Windseite der dichten Blütenstände die Staubbeutel entleert und die Fäden zerknickt und vertrocknet sind, während zugleich auf der Leeseite die Beutel noch gefüllt und die Filamente frisch sind, so hat der Wind eben auf der ihm entgegen- stehenden Seite die Blüten zerstört und zur Fortpflanzung untauglich gemacht. Ein Gegenstück dazu ist die von mir auf Tafel XXV, Fig. 18 gegebene Figur eines Acaena-Köpfchens, bei dem auf der Windseite (links) vor allem alle Narben der Blüten vertrocknet und dadurch zur Aufnahme des Pollens ungeeignet gemacht sind. Ist ferner vielleicht das Fehlen beflügelter, die Bestäubung vermittelnder Insekten ?) auf Ker- guelen (das übrigens durchaus nicht wörtlich zu nehmen ist) ein Beweis für irgendwelche anemo- präpoden Eigenschaften der Blüten von Pringlea antiscorbutica?! Über die Bedeutung der teil- weisen Reduktion der Perigonblätter habe ich vorhin schon gesprochen. Die Windblütler unter den Pflanzen sind genau ebenso wie die Insektenblütler in erster Linie durch positive Merkmale charakterisiert. Und bei Pringlea vermissen wir solche, welche als Anpassung an Windbestäubung gedeutet werden könnten, durchaus! Während ich nach meinen Untersuchungen die abgebildete Blütenform als die normale ansehen muß, zeigen die Figuren bei HookER (a.a.O.) und MARDNER (a.a.O.Fig.1), daß auch noch andere Gestaltungen vorkommen. So fand ich denn auch bei Durchsicht des Pringlea-Materials im Her- barium des Berliner Botanischen Museums einige Stände mit viel längeren Staubgefäßen. Die Antheren stehen in solchen Blüten fast doppelt so hoch als die Narbe, welche allerdings auch erheblich niedriger ist als in den von mir als normal bezeichneten Blüten. Solche Blüten mit länger vor- ragenden Staubgefäßen müssen für Insekten wohl noch viel auffallender sein, wie die anderen. Daß 1) SCHENCK a. a. 0. S. 52. ?) MARDNER a.a. 0. S. 10. 314 Deutsche Südpolar-Expedition. diese Blüten mit kleinerem Ovarium nicht etwa funktionell rein männlich sind, zeigt die anscheinend normale Ausbildung der Samenanlagen. HookER bildet nun auch Blüten ab, bei welchen umgekehrt die Staubgefäße ganz kurz und das Ovarium vergrößert erscheint. Bei Betrachtung z. B. der Fig. 2 und 4 von HookERr (a. a. 0. Taf. II, Zeichnung 3) könnte man versucht sein, an eine di- morphe Blüteneinrichtung bei Pringlea zu denken. In Fig. 2 befindet sich die Narbe in der Höhe der länger gestielten Antheren der Figur 4, während hier umgekehrt die Narbe in der Höhe der Antheren in der erstgenannten Figur sich befinden. HooKER selbst gibt keinerlei Erklärung zu seinen Zeichnungen in bezug auf diese Eigentümlichkeit. Vielleicht handelt es sich bei Pringlea um eine ursprünglich dimorphe Art, deren Blüten heute aber in der Regel, in Anpassung an regel- mäßige spontane Selbstbestäubung, Narbe und Staubbeutel in gleicher Höhe tragen. In der Tat scheinen bei den von mir als normal betrachteten Blüten der Unterschied in der Länge der Staub- gefäße stets nur sehr unbedeutend zu sein und sämtliche Antheren ungefähr in Narbenhöhe sich zu befinden, derart, daß die höchsten von ihnen mit ihrem unteren Rande etwa die Höhe der Narben- kuppe erreichen. Wie bei dieser Stellung fast unvermeidlich regelmäßige spontane Selbstbestäubung stattfinden muß, wurde vorn gezeigt. Als ein mir bei der Untersuchung des Materials im Berliner Museum aufgestoßenes bemerkenswertes Faktum möchte ich noch erwähnen, daß ich an im Jahre, 1874 gesammelten Herbarexemplaren noch sehr reichlichen offenliegenden Pollen vorfand; gewiß kein Beweis für die stäubende (anemophile) Beschaffenheit desselben. Wie MARDNER (a. a. O. $. 10) an dem von SCHIMPER gesammelten, so fand auch ich an meinem Material die Honigdrüsen zwischen den Basen der Staubfäden vor; sie sind sehr klein und daher vielleicht von HooKER übersehen. Crassulaceae. Tillaea moschata Do. Nach THoumson trägt die Pflanze auf Neuseeland sehr kleine, aber sehr wohlriechende, honig- haltige, protandrische Blüten, die wahrscheinlich von Insekten bestäubt werden !). DELPINO ?). sagt, daß die Blüten klein seien, mit gefärbter Krone und 4 Nektardrüsen, und rechnet sie zu offenen, regelmäßigen, kleinblütigen Einrichtungen, die vorwiegend autogam und daher vom Insekten- besuch unabhängig sind. ' Tillaea moschata blüht auf Kerguelen im Januar, Februar und März sowie vereinzelt bis spät in den Mai hinein. Die Blüten von Tillaea (Tat. XXV, Fig. 11 bis 16) sind durchweg vierzählig: 4 Kelchzipfel, 4 Kronblätter, 4 Staubgefüße, 4 Ovarien und 4 Nektarschuppen. Als Ausnahme fand ich eine Blüte mit 4 Kelchzipfeln, 4 Kronblättern, 3 Staubgefäßen, 3 Ovarien und Nektarschuppen. Bei einer Blüte war alles vierzählig bis auf den Kelch. Dieser hatte 5 Zipfel, und zwar: 2 normale, 2, welche dicht beieinander standen mit wenig tiefem Spalt zwischen sıch, das eine von diesen über- dies an der einen Seite weiß, endlich ein ganz weiß und rot gefärbter, also vollkommen kronblatt- artiger Zipfel; dieses drängte das nebenstehende Kronblatt sogar etwas auf die Seite, so daß es !) Knurm, Handbuch III, 1., S. 327. ?) Derrıno: Comparazione biologiea due flore extreme artica ed antartica. Bologna 1900. S. 25. € WertH, Vegetation. 315 auch vom Innern der Blüte gesehen mit zur Geltung kam. Die Kronblätter sind bei Tillaea moschata unter sich vollkommen frei, nicht am Grunde verwachsen wie die Kelchblätter. Auch die Blüten der Kerguelenpflanze können zunächst leicht für proterandrisch gehalten werden; die genauere Untersuchung überzeugt uns aber davon, daß sie homogam sind. Die Blüte besitzt 4 Ovarien, welche je einen Griffel tragen. Die 4 Griffel stehen in der Blütenmitte mehr oder weniger dicht zusammen und biegen ihre als Narben fungierenden papillösen Spitzen bald mehr, bald weniger stark nach außen !). Alternierend mit diesen letzteren befinden sich 4 nach innen diex mit Pollen bedeekte Antheren (Fig. 12 u. 13). Auch wenn die Außenbiegung der Griffel sehr stark ist und die Staubfäden etwas einwärts geneigt sind, ist wegen der alternierten Stellung der beiderlei Organe eine Berührung ausgeschlossen. Im Rücken jedes Ovarıums steht eine relativ große Nektar- schuppe; der ausgeschiedene Honig sammelt sich, in ziemlich beträchtlicher Menge, auf der Oberfläche derOvarien und der Nektarschüppchen an. Bei dieser Einrichtung muß ein Insekt, welches den Honig ‚saugt oder leckt, .Kopf oder Saugorgan zwischen Narben und Antheren einführen und so auf der einen Seite sich mit Pollen behaften, während die andere Seite etwa von anderer Blüte mitge- brachten Pollen auf die Narben abgibt. Bei unregelmäßigem Vorgehen des Insektes in der Blüte ist auch Übertragung von Pollen auf die zuständigen Narben leicht möglich. Die Staubbeutel sind schon beim Öffnen der Blüte mit Pollen bedeckt, während noch kein Honig ausgeschieden ist. Der gelbe Pollen ist kugelig, mit glatter Oberfläche. Die Blüten gehören mit zu den auffallendsten der Kerguelenflora, da sie lebhaft gefärbt sind und, wenn auch sehr klein, in großer Menge die niedrigen Rasen der Pflanze schmücken. Die Kronblätter sind weiß mit roter Spitze. Das Rot, welches sich zuweilen in der Mitte des Kronblattes weit abwärts zieht, bildet eine fleckig-streifige Partie auf dem Blatte. Die Färbung der Blüten erinnert an diejenige der Apfelblüten (Taf. XXVI, Fig. 3 u. 3a). Der gleiche rote Farbstoff tritt auch in andern Organen der Pflanze auf. Er findet sich u.a. im Stengel, in den Blattscheiden und im Blütenkelche, be- sonders stark dem der jungen Knospen. Er stellt ohne Zweifel einen Schutz gegen intensive Be- leuchtung dar. Ob er als solcher auch nur in den Kronblättern zu deuten ist, ist schwer zu ent- scheiden. Die eben zwischen den gelüfteten Kelchzipfeln hervorschauende Kronknospe läßt von den Blumenblättern eben nur die roten Spitzen sehen, das andere deckt sich gegenseitig oder wird vom Kelch bedeckt. Hiernach möchte das Rot wohl zunächst als Schutzfärbung und nur das Weiß als Blumenfarbe zu deuten sein. Doch ist folgendes zu beachten. In ganz winzigen Blütenknospen sind die Kronblätter blaß oder weißlichgrün, oft noch ganz ohne Rot; in etwas größeren tritt das Rot dann zugleich mit dem erheblicheren Hervortreten des reinen Weiß im oberen Teile der Kronblätter auf. Die rote und weiße Färbung treten danach ziemlich gleich- zeitig auf, wenn eines aber eher auftritt, ist es nur das Weiß. Unter diesen Umständen ist eigent- lich das Rot als Lichtschutz vielleicht kaum denkbar, da mit seinem Auftreten zugleich schon kein Chlorophyll mehr in den Kronblättern vorhanden ist, und es ist daher vielleicht ebenso wie das Weiß nur als Blumenfarbe aufzufassen. Anderseits ist zu erwähnen, daß auch die Ovarien und Nektarien rot gefärbt bzw. gefleckt sind. Die Blüten von Tillaea haben einen nicht sehr starken, unangenehmen Geruch. 1) Oft ist die Spreizung der Griffel viel stärker wie in der Figur. 316 Deutsche Südpolar-Expedition. Wenn bei Tillaea moschata die Antheren verblüht sind und die Ovarien sich zu vergrößern beginnen, krümmen sich die Griffelspitzen häufig noch weiter nach auswärts, so daß man auf den ersten Blick geneigt sein könnte, die Pflanze für proterandrisch dichogam zu halten und in dem zuletzt beschriebenen Zustande ein weibliches Stadium zu erblicken. Die Ovarien sind aber schon deutlich vergrößert, was man besonders daran erkennt, daß die Nektarschuppen nicht mehr wie früher bis an die Kante der Fruchtknotenoberfläche heranreichen, und Honig wird nicht mehr ausgeschieden. Ferner sind die Griffelspitzen bereits in dem früheren Stadium stark papillös, und es wurde Pollenschlauchbildung auch an der Narbe solcher Blüte beobachtet, deren Staubbeutel noch mit Pollen bedeckt waren. Die Pflanze ist also zweifellos homogam. Spontane Selbst- bestäubung ist nur durch Herabfallen von Pollen auf eine Narbe bei schräger Stellung der Blüte möglich (vielleicht sogar nur unter Beihilfe des Windes [Erschütterung], da die schräge Stellung der Blüten meist nur so gering ist, daß die Narben nicht genau in die Fallinie des Pollens gelangen ')). Daß solches in der Natur wirklich vorkommt, wird dadurch wahrscheinlich gemacht, daß man nicht selten Griffel, Narben und Ovarien mit Pollen bestreut sieht; dieses sogar auch in senkrecht stehenden Blüten, so daß man wohl annehmen muß, daß der Wind hier etwas mitspielt. Anderer- seits scheint die Pflanze, zumal bei besonders kühler Witterung, zur Kleistogamie zu neigen. So fand ich am 15. Mai 1902, also bereits tief im Winter und lange nach der allgemeinen Blütezeit der Pflanze, drei frische, geschlossene Blüten. In zwei von ihnen zeigten sich nach vorsichtigem Entfernen der Kronblätter die Staubbeutel geöffnet, stark mit Pollen beladen und nahe an den Narben, welch letztere auch mit Pollen belegt waren. In der dritten Blüte waren die Antheren nur ganz wenig geöffnet und die Narben rein. Obgleich bei diesen drei (geschlossenen) Blüten die Antheren nicht in direkter Berührung mit den Narben sich zeigten, so muß man doch annehmen, daß durch schiefe Stellung der Blüte oder auf irgendeine andere Weise der Pollen beim Hervor- quellen direkt auf die Narbe gelangt ist oder gelangen wird, und so also wirkliche Kleistogamie vorliegt. Zu anderen Zeiten sah ich die Blüten von Tillaea auch bei Regen und nach Dunkelwerden offen. Dennoch scheint die Witterung in dieser Beziehung nicht ganz ohne Einfluß auf die Blüten zu sein, indem der Grad des Geöffnetseins nicht immer derselbe ist. Während der Hauptblütezeit der Tillaea moschata sind die gelbgrünen Räschen über und über mit den rotweißen Blüten geschmückt, welche daher selbst den dümmsten Insekten auffallen müssen. Am 25. Januar 1903, bei ruhigem, sonnigem, warmem Wetter, sah ich die nur mit verkümmerten Flügeln versehene Fliege Amalopteryc maritima EAToN in mehreren Exemplaren auf einem Tillaea- Rasen. Die Tiere krochen zwischen und über den Blüten umher. Eins sah ich mit dem Rüssel sowohl eine pollenbedeckte Anthere als auch ein Nektarıum betupfen; von letzterem schien es auch einige Notiz zu nehmen, doch scheint nach dem ganzen Benehmen ein eigentlicher Blumeninstinkt nicht vorhanden zu sein. Da die Klauen der Fliege sich mit Pollen behafteten, so kann dieselbe immerhin als Kreuzungsvermittler eine Rolle spielen. Ferner beobachtete ich auf demselben Rasen mehrere Exemplare einer kleinen, geflügelten Mücke: Limnophyes pusillus EaTon, ohne eine be- stimmte Blumentätigkeit feststellen zu können. !) Namentlich bei lockeren Rasen stehen die. Blüten auch schräg bis wagerecht. WertH, Vegetation. 317 Dann sah ich nochmals Amalopteryx maritima auf der Pflanze: Sie kriecht mehr zwischen wie auf dem Rasen umher, scheint keineswegs die Blüten aufzusuchen, gelangt sie aber in eine solche, so scheint sie auch etwas vom Pollen zu genießen (Betupfen der Antheren mit dem Rüssel; bei eingefangenem, und mit Lupe untersuchtem Tiere sah ich Pollen am Rüssel haften). Am 1. Februar 1903 beobachtete ich wiederum die kleine, geflügelte Mücke auf bzw. zwischen den Blüten von Tillaea. Kopf, Brust, Beine usw. waren mit Blütenstaub bepudert; ich sah sie die Außenseite der Antheren berühren und später inmitten der Blüte auf den Narben sitzen. Zweifel- los machte sie sich an den Nektarien zu schaffen, und obwohl ich (von oben her mit der Lupe beob- achtend) die Hantierungen des Rüssels nicht sehen konnte, so kann man doch eigentlich nicht daran zweifeln, daß das Tier Honig leckte, da es bald an dem einen, bald an dem anderen Nektarium sich aufhielt. Es ist ebenso zweifellos, daß die Tiere sowohl Selbst- (was ich ja direkt beobachtete) als auch Fremdbestäubung bewirken. Auch Amalopteryx maritima sah ich am selben Tage wieder auf Tillaea. Die Fruchtbildung ist bei dieser Pflanze überaus reichlich. Umbelliferae, Azorella Selago Hook-FIL. Eine Beschreibung der Blüte irgendeiner Azorella-Art in bezug auf ihren Bestäubungsmecha- nismus finde ich in der Literatur nicht vor, abgesehen von der auf unsere Art bezüglichen Bemerkung ScHimpeEr’s, daß dieselbe proterandrisch sei und gewisse auf Windbestäubung deutende Einrichtun- gen besitze. Azorella Selago begann in der zweiten Hälfte des November zu blühen, stand Mitte Dezember in voller Blüte und war Anfang Januar zumeist verblüht. Die Blüten stehen gewöhnlich zu zwei oder drei zu einer kleinen, von Hochblättchen in der Zahl der Blüten umgebenen Dolde zusammen. Im Gegensatz zu der großen Menge unserer einheimischen Umebelliferen, die ausgeprägt pro- terandrisch ist und welche beim Aufblühen meist noch keine Spur von Griffel und Narben zeigen, ist Azorella Selaggg homogam (Taf. XXV, Fig. 24, 22 u. 23, 9 u. 10, sowie Taf. XXVI, Fig. 2 u. 2a). Zunächst befinden sich die ungeöffneten Antheren an einwärtsgebogenen Fäden dicht um die Narben bzw. sind über dieselben geneigt. Reifend spreizen sich die Staubgefäße nach auswärts, einige früher, andere später, derart, daß z. B. Staubfäden mit noch vollkommen geschlossenen Antheren schon ganz auswärts gewendet stehen, während andere, obwohl sie schon mit dem Öffnen der Beutel begonnen haben, sich noch ziemlich nahe an den weiblichen Organen befinden. Doch nur in einigen Ausnahmefällen sah ich sie so nahe, daß direkte Belegung der zuständigen Narben möglich schien oder statthatte. Im Höhepunkte der Entwicklung befinden sich die geöfineten, dick mit gelbem Pollen be- deckten Antheren auf langen, gespreizten Fäden im Umkreise der Blüte, während die beiden Narben im Zentrum tief darunter sich befinden !). Auch während der weiteren Entwicklung (allmähliches !) In der Knospe überragen die Narben zunächst die Antheren etwas. Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 41 318 Deutsche Südpolar-Expedition. Ab- und Verblühen) der — übrigens sukzessive nacheinander zur Reife gelangenden — Staubgefäße bleiben dieselben in dieser Lage. Es findet also kein nachheriges Rückbiegen zur Narbe statt. Würden die Blüten alle genau senkrecht orientiert sein, so würde also spontane Selbstbestäubung ausgeschlossen sein, mit Ausnahme ganz vereinzelter anormaler Fälle; der häufigste der letzteren dürfte noch wohl der sein, daß ein Staubbeutel über oder dicht an einer Narbe einer dicht benach- barten Blüte sich befindet und den Pollen beim Vorquellen darauf abgibt, wie ich es wiederholt beobachtete '). Da nun aber die Blüten bei der gewölbten Form der polsterartigen Pflanze zu einem großen Teile nicht senkrecht orientiert sind, so scheint es keineswegs ausgeschlossen, daß Pollen von der einen oder anderen Anthere auf eine zuständige Narbe oder auch auf eine solche der benachbarten Blüte herabfällt. In der Tat konnte ich denn auch, wenn auch nicht gerade häufig, die Narben mit Pollen bestreut finden. Eine solche mikroskopisch näher untersuchte Narbe zeigte Pollenschlauchbildung. Am 18. März 1903 untersuchte ich ein Polster von Azorella, an welchem ich früher an Ort und Stelle blütenbiologische Untersuchungen vorgenommen hatte, auf Fruchtansatz. Es waren nur relativ wenige Früchte gebildet worden, und zwar meist in der unteren Partie des Polsters, wo ich früher mehrfach Berührung von Narben und Antheren gesehen zu haben mich erinnerte, und wo durch die Stellung des Polsters hauptsächlich die Lage von Narben in der Fallinie des Pollen er- möglicht war. Im übrigen waren die Blütenovarien welk. Auch an anderen Polstern war keine allgemeine Fruchtbildung zu konstatieren. Es findet also sicher auch keine regelmäßige Sichselbst- bestäubung in allen Blüten statt. Einen Unterschied in der Beschaffenheit der Narbe (Fig. 23) während der Reife der Staub- gefäße und in späterem Stadium, wenn die Antheren verblüht sind, konnte ich nicht konstatieren; auch in der Knospe sind die Narben schon ziemlich in gleicher Weise entwickelt. Die Pflanze ist also zweifellos homogam. Die Griffel variieren sehr in ihrer Stellung bezüglich Form, indem sie bald gekreuzt (Fig. 24 u. 10), bald gespreizt auftreten (Fig. 22 u. 9). Es liegen hier jedoch nur Variationen, keine Entwicklungsstadien vor, wie die Figuren dartun mögen. Der Umstand, daß die Griffel nach der Blüte ausdauern und meist dann auch noch länger werden, mag SCHIMPER?) veranlaßt haben, die Blüten für proterandrisch zu halten. Es würde aber die Proterandrie nicht, wie SCHIMPER meint, eine Ausnahme darstellen in der „‚sonst insektenblütigen Sippe“. Im Gegenteil stellt die Homogamie, wie wir sahen, eine Ausnahme bei den Umbelliteren dar. Es sind auch nicht, wie SCHIMPER angibt, die Staubfäden und Narben länger als sonst bei Umbbelliferen, ebensowenig ist der Pollen stäubend. Es ist eben absolut nichts vorhanden, welches es rechtfertigen könnte, die Azorella Selago — wie SCHIMPER es tut — als windblütig zu bezeichnen. Auch SKOTTSBERG, welcher die Pflanze im Feuerlande sammelte, rechnet diese wie andere Azorella- Arten zu den zoophilen Pflanzen °). Die Staubfäden sind steif, und der längliche glatte Pollen haftet genügend an den aufgesprungenen Antheren. Die Kronblätter der Azorella-Blüte sind (bei angenommener senkrechter Orientierung 1) Einmal sah ich zwei Nachbarblüten mit gekreuzten Staubgefäßen sich gegenseitig bestäubend. ?) SCHENCK a. a. 0. S. 52. 3) SKOTTSBERG, (.: Feuerländische Blüten. Wissenschaftliche Ergebnisse der Schwedischen Südpolar-Expedition 1901 bis 1903. Band IV. Lieferung 2. Wertn, Vegetation. 519 der Blüte) mehr oder weniger horizontal ausgebreitet und in der äußeren Hälfte stärker oder schwächer gekräuselt und gebräunt (Taf. XXVI, Fig. 2a). Die Bräunung ist auf bestimmte Zellen beschränkt, d. h. es sind oft einzelne braune Zellen zwischen farblosen oder einzelne farb- lose finden sich von gebräunten umschlossen und in ähnlicher Weise. Honigabsonderung in den Blüten konnte ich niemals beobachten, wenn auch ein schwach entwickeltes Stylopodium vor- handen ist; ebenso war kein Geruch wahrnehmbar. Die Blüten heben sich als gelbe Tupfen — durch das Gelbgrün der weiblichen Organe und das Gelb der Antheren — von dem Tiefgrün des Laubes ab und sind dadurch sehr auffallend. Auch die gelbgrünen Zipfel der Kelchblättehen tragen zur Augenfälligkeit bei, da neben den blühenden Blüten eines Sproßendes oft schon verblühte stehen, bei denen erstere zur Geltung kommen. Die Kron- blätter kommen dagegen kaum als Schauapparat in Betracht. Die kugelförmige, gleichmäßige Oberfläche des Azorella-Polsters, auf welcher die Blüten oft dicht gedrängt sich befinden, läßt die Bestäubung selbst durch kriechende Insekten sehr bequem erscheinen. Ich möchte daher an- nehmen, daß die Pflanze in insektenreicherem Lande (Südamerika) reichlich Besuch erhält. Die gewöhnliche Zahl der Staubgefäße in der Azorella-Blüte ist 5. Einmal beobachtete ich 5 normale und ein ganz kleines, rudimentäres Staubgefäß in einer Blüte und einmal eine solche mit 6 männlichen Organen. Rosaceae. Acaena adscendens VaAnHr. Acaena adscendens und andere Arten der patagonischen Flora sind nach Dusrn !) anemophil. Auch Derıno bezeichnet die Pflanze als windblütig ?). Ebenso rechnet SKOTTSBERG ?) Acaena adscendens und andere Arten Arten zu den Anemophilen. Die Pflanze wurde von uns auf Kerguelen von Ende November bis zum ersten Drittel des Februar in Blüte gefunden. Der Blütenstand von Acaena adscendens erhebt sich auf hohem Schafte*) (Taf. XXVI, Fig. 5) und stellt ein kugeliges Köpfchen von etwa 9—16 mm Durchmesser dar. Ich maß an vollblühen- den Köpfchen den Durchmesser zu 12%, 12%, 13%, 14, 14, 16, 16 mm. Die rein weiblichen Köpfchen sind durchschnittlich kleiner als die zwittrigen. Die Blüten haben in der, Regel 4 Kelch- dornen, 4 Blütenhüllblätter (Kelchblätter), 4 Staubgefäße und eine Narbe, doch sind Abänderungen nicht selten. So hatte z. B. eine Blüte nur 3 Staubgefäße, wobei eines der 4 Kelchblätter schmäler war als die übrigen; eine andere Blüte zeigte 5 Staubgefäße und nur 3 Kelchblätter, von welchen jedoch eins kurz dreizipflig war, so daß auch hier die Fünfzahl wenigstens angedeutet war. Eine andere Blüte hatte 4 Kelehdornen, 4 Kelchblätter, 1 Ovarıum, aber 5 Staubgefäße. Nicht selten stehen unterhalb des Köpfchens ein oder zwei Einzelblüten in der Achsel eines Hochblattes. Diese freistehenden Blüten weisen häufiger eine größere Zahl in den Blütenorganen auf, so z. B. 6 Kelch- !) Nach Knurn, Handbuch III, 2., S. 333. 2) Ebenda S. 529. 3) SKOTTSBERG, C.: Feuerländische Blüten. Wissenschaftliche Ergebnisse der Schwedischen Südpolar-Expedition 1901-1903. Band IV. Lieferung 2. Stockholm 1905. 4) In einem extremen Falle bei selbstbeschattender üppiger Pflanze maß ich 231, em Länge des Blütenschaftes. 411* 320 Deutsche Südpolar-Expedition. blätter und ebensoviele Antheren. Häufig finden sich in solchen isolierten Blüten z. B. auch 2 Ova- rien und Narben. Es mögen hier die Zahlenverhältnisse bei Blüten von 3 Köpfchen, tabellarisch zusammen- gestellt, folgen, wobei s = Kelehdornen, » = Blütenhüllblätter, $ = Staubgefäße und 92 = Narbe bedeutet. Fe) Stand1 s p SUERRO Bemerkungen a) 5 3 3 1 1p sehr breit und dreizipflig, ein s kleiner als die übrigen. b) 3 4 4 1 e) 4 4 4 1 d) 3 4 4 1l oO) 4 4 1 1a verkümmert. Da? 2 4(?) 1 19 zweizipflig, 1 dreizipflig. sg) 4 4 4 1 h) 4 6 4 1 Einzelblüte, etwas mehr als 1 cm unterhalb des Köpfchens. Stand2 s M d Q a) 4 4 4 1 1 5 verkümmert. b) 4 4 4 1 e) 4 4 4 1 s mit 4 gewöhnlichen Strahlen und einem schmalen Blattzipfelchen. d) 4 4 4 1 e) 4 4 4 1 2» in der unteren Hälfte verwachsen. f) 4 4 4 1 keine isolierte Blüte. Stand3 8 p gd © a) 4 4 4 1 b) 4 4 4 1 CE. 4 i) il d) 4 i) 4 1 e) 4 4 4 1 keine isolierte Blüte. Eine isolierte Blüte eines weiteren Stockes hat 6 s-Strahlen, 5 9, 5 $, 1 9, solche noch anderer Pflanze 4 s-Strahlen, 49,5 3,2 2. Die eine Anthere der letzteren Blüte scheint verkümmert oder kümmerhaft zu sein (letzteren Sinn hat bei den anderen Blüten dieser Zahlenreihen das Wort ver- kümmert unter Umständen auch). Die 2 Narben werden von 2 getrennten Ovarien getragen, die eng aneinander liegen, sich aber leicht trennen lassen (Fig. 8 auf Taf. XXV). Nach diesen Zählungen ist die Variation der Blütenzahl im allgemeinen nicht. sehr groß, die häufig auftretende isolierte Blüte scheint — sie hat Raum — die Blütengliederzahl herauf- zuschrauben. Diese günstigeren Raumverhältnisse scheinen auch in den rein weiblichen Blüten nicht ohne Wirkung zu sein, so fand ich beispielsweise in einem weiblichen Köpfchen sehr häufig 2 Narben in jeder Blüte. Bei der Blütenreife tritt zuerst die zungenförmige, am Rande gefranste, tief karminrote Narbe zwischen den nur wenig auseinanderweichenden Kronblättern hervor, und zwar schon an Köpfchen von nur erst 9 mm und weniger Durchmesser. Wenn die Narbe voll entwickelt ist (Fig.1 Taf. XXV), stecken die 4 tief karminroten Antheren noch geschlossen ganz in der vierteiligen Blütenhülle. Die Blüte und das Köpfchen sind also rein weiblich. Später öffnen sich die Antheren, welche dann eben die Kronblätter überragen oder mit deren Spitzen auf gleicher Höhe sich befinden (Fig. 2). Die Antheren geben ihren Pollen, mit dem sie dick behaftet sind, dann zum Teil unmittelbar an die zuständige Narbe ab, oder er fällt — da die Blüten Wertn, Vegetation. 321 ja in den runden Köpfchen nur zum geringsten Teile senkrecht orientiert sind — auf die Narbe herab. In Fig. 2 ist eine der 4 Antheren (links oben) noch geschlossen, 2 (rechts u. links) geben ihren Pollen beim Vorquellen direkt an die Narbe ab, das 4. steht etwas weiter abseits, ist aber auch mit Pollen beladen. Da die Narbenpapillen jetzt noch unter dem Mikroskop in gleicher Weise entwickelt sich zeigen wie bei Fig. 1, und die Pollenkörner auf der Narbe reichlich Schläuche getrieben haben, so ist zweifellos die Narbe auch noch empfängnisfähig. Der Pollen quillt dick aus den nach innen sich öffinenden Antheren hervor und haftet gut zu- sammen. Die Antheren sind im Höhepunkte ihrer Reife ringsum mit Pollen bedeckt. Auch bei stark windigem Wetter und ungeschütztem Standorte sah ich den Pollen an den Antheren haften. Er läßt sich mit einem weichen Haarpinsel aufnehmen und haftet gut in diesem. Die Staubfäden sind nur kurz und dabei starr, d.h. weder schwankend noch gar schaukelnd. Die Pollenkörner sind blaßgelb, kugelrund, mit glatter Oberfläche (Fig. 4, Taf. XXV). Die Antheren öffnen sich nacheinander, doch scheint es nicht ausgeschlossen, daß auch mal zwei zugleich sich öffnen, wie überhaupt die ganze Zeit des Öffnens nicht sehr gedehnt zu sein scheint. Die Blütenköpfehen haben einen deutlichen, an Patschuli erinnernden Geruch. Antheren und Narbe sınd, wie gesagt, tief karminrot; karminrot, doch heller sind auch die Spitzen und von diesen ein Stück abwärts die seitlichen Ränder der Blütenhüllblätter. Diese Blütenfarbe ist im Zellsaft gelöst, ganz so, wie sie auch in vegetativen Teilen der Pflanze auftritt. Da die Blüten dicht gedrängt im Köpfchen stehen, so können die Kronblätter nicht sehr auseinandertreten bzw. ihre.Spitzen zurückschlagen; dies ist jedoch der Fall bei den erwähnten einzelnen Blüten, welche häufig reichlich 1 cm unterhalb des Köpfehens in der Achsel eines Hochblattes stehen (Taf. XXV, Fig. 17). Honig oder Nektarien sind in den Blüten nicht vorhanden. Auch bei stürmischem Regenwetter bleiben die Blüten geöffnet. Bei der Enge des inneren Raumes der Blüten — welche wieder eine Folge des Diehtgedrängt- stehens im Köpfchen ist —, der reichlichen Menge Pollen, der direkten Umstellung der Narbe durch die Antheren wird wohl ziemlich jede Narbe auch bestäubt werden, und zwar von dem Pollen der- selben Blüte, teils durch direkte Abgabe beim Vorquellen, teils indem der Pollen auf die Narbe fällt. Acaena adscendens ist also proterogyn mit langlebiger Narbe und be- stäubt sich regelmäßig selbst. Bei Insektenbesuch — welcher der Pflanze z. B. in Süd- amerika wohl kaum fehlen dürfte — ist Fremdbestäubung durch die Proterogynie begünstigt. Am 25. Januar 1903 sah ich eine kleine geflügelte Mücke (Limnophyes pusillus Eaton sicher) auf einem im Beginn des zweiten Blütenstadiums befindlichen Köpfchen von Acaena. Ich be- merkte keinerlei Blumentätigkeit; das Tierchen spazierte bezw. kletterte an dem Köpichen etwas umher und flog dann ab. Außer den zwittrigen Blüten kommen bei Acaena adscendens auch weibliche Blüten vor, die in besonderen Köpfchen und auf besonderen Pflanzen auftretend gar nicht selten sind. Die Narbe ist in gleicher Weise ausgebildet wie bei den zwittrigen Blüten, die Staubgefäße sind jedoch nur in verkümmerter Form erhalten: auf ganz kurzen Filamenten winzige, rudimentäre Antheren tief unten im Blütengrunde (Taf. XXV, Fig.3, 5 u. 6). Honigabsonderung ist auch bei diesen Blüten nicht zu konstatieren. Die neben solchen weiblichen Ständen auftretenden isolierten Blüten sind ebenfalls weiblich mit rudimentären Antheren. Die weibliche Acaena-Pflanze bildet oft größere rein 32323 Deutsche Südpolar-Expedition. weibliche Komplexe, was zweifellos mit der Art der vegetativen Ausbreitung zusammenhängt. Die rein weiblichen Köpichen von Acaena adscendens fand ich nach dem Auswachsen der Kelchstacheln viel länger frischbleibend, als die zwittrigen; namentlich waren die Stacheln schön rot, und stellenweise selbst die Narben noch frisch. Es ist vielleicht nicht ausgeschlossen, daß dieses mit mangelnder Befruchtung der Blüten dieser Köpfchen zusammenhängt, während solche bei den zwittrigen Köpfchen durch Autogamie möglich ist. Neben den beschriebenen zwittrigen Blüten fand ich von Mitte Januar an auch etwas anders gestaltete: Die Antheren ragen beim Aufbrechen meist über die Kronzipfel hinaus an längeren Fäden (Fig. 7 der Taf. XXV). So ist Berührung von Antheren und Narbe seltener; die Narbe reicht zwar mit ihrer Spitze ebenso hoch, die Staubgefäße sind aber durch die längeren Filamente mehr gespreizt. Dennoch ist die Narbe auch hier mit Pollen belegt, und durch Herabfallen des Pollens, Erschütte- rung des Blütenstandes bei Wind usw. ist massenhafte, wenn nicht regelmäßige spontane Selbst- bestäubung möglich. Ob es sich hier überhaupt um eine scharf umschriebene Form handelt, ist mir zweifelhaft geblieben, da die Filamente überhaupt und allgemein nach dem Aufbrechen der Antheren noch in die Länge zu wachsen scheinen. Dies ist auch aus dem folgenden Beispiel er- sichtlich, welches im übrigen die Art und Folge der Blüte an einem Köpfchen veranschaulichen soll: 20. Januar 1903: Die Gipfelblüten eines Köpfchens befinden sich im ersten Stadium: die Narben weit herausragend, die Antheren noch in der Blüte eingeschlossen; die übrigen Blüten des Köpf- chens sind im zweiten Stadium: Antheren mit Pollen beladen, reichliche Berührung und direkte Abgabe des Pollens von den Antheren an die Narben, im übrigen auch Herabfallen von Pollen auf die Narbe genügend ermöglicht. Die Staubfäden wachsen zweifellos nach dem Öffnen der Beutel noch in die Länge, und in den untersten Blüten des Köpfchens überragen die Antheren die Narben- spitze, während weiter oben am Köpfchen Berührung durch Längenverhältnis ermöglicht ist. Zwei oder drei der alleruntersten Blüten haben sehr kleine (verkümmerte ?) Narben! Es hat also, wie dieses und andere Beispiele mir zeigten, ein deutliches Fortschreiten der Entwicklung der Blüten von unten nach oben statt. Hierdurch ist bei Besuch von Insekten, wenn diese, was wohl das Wahrscheinlichste sein dürfte, auf die Spitze des Köpfchens anfliegen, Fremdbestäubung begünstigt. Nicht selten fand ich einige der Antheren der unteren Blüten der Köpfchen von Acaena, ob- gleich auf langen Fäden, noch geschlossen; liegt hier vielleicht eine Wirkung der Beschattung durch das Köpfchen selbst vor? Unten am Schaft des soeben näher beschriebenen Köpfchens entspringt der Achsel eines Laubblattes ein etwa 11, cm lang gestieltes, lockeres Köpfchen von nur etwa der Größe einer mittleren Erbse. Dieses befindet sich im ersten Stadium: die Narben noch wenig aus den schwach geöffneten Blüten vorragend. Eine Blüte ist sehr vielzählig, wodurch die Kelchblätter weiter auseinander gedrängt werden. Wie die Proterogynie und das Abblühen der Köpfchen von unten nach oben für die Fremd- bestäubung von Vorteil ist, so leuchtet auch die Bedeutung der rein weiblichen Stöcke ein. Während Mitte Januar die zwittrigen Stöcke von Acaena adscendens bereits im Abblühen begriffen waren, konnte das letzte weibliche Köpfchen noch am 7. Februar beobachtet werden. Es hat also ein deutliches Nachhinken in der Blütezeit der weiblichen Stöcke statt. Diese gewähren dadurch den Vorteil, daß sie bei Bestäubung der Pflanze durch Insekten den Pollen der zuletzt blühenden und Wartu, Vegetation. 523 bereits bis zum Gipfel im zweiten Stadium befindlichen Köpfchen aufnehmen können. Dieser Pollen würde sonst vermutlich für Fremdbestäubung verloren gehen. Einmal beobachtete ich den Fall, daß zwei Blütenstände von Acaena mit gekreuzten Stielen direkt aneinander standen, so daß, da der eine schon zum Teil im zweiten Stadium sich befand, die Narben des anderen noch im ersten Stadium (mit geschlossenen Antheren) befindlichen Köpf- chens mit Pollen belegt wurden. Ein solcher Fall dürfte natürlich eine Ausnahme bilden, und im allgemeinen sind es zweifellos äußere Hilfsmittel, welche die Übertragung des Pollens von einem Köpfchen auf das andere, kurz die Fremdbestäubung, bewirken. Nach der im vorigen gegebenen Beschreibung der Blüteneinrichtung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß es Insekten sind, welche als Kreuzungsvermittler der Einrichtung der Blüte entsprechen. Wenn dennoch in der Literatur Acaena adscendens und andere Arten als windblütig verzeichnet werden, so muß ich hierauf noch mit einigen Worten eingehen. Meines Wissens liegen allen diesen Angaben keinerlei eingehendere Untersuchungen der lebenden Pflanze an ihrem natürlichen Stande und in ihrer natürlichen Umgebung vor. Dies gilt speziell auch für die Angaben DELPINo’s '), auf welche sich SKOTTSBERG vornehmlich stützt. Letzterer gibt ?) eine genauere Beschreibung der Blüten von Acaena adscendens, konstatiert das Vorhanden- sein weiblicher Blüten, die Proterogynie der zwittrigen und beschreibt von letzteren zwei Stadien. Seinem älteren Stadium scheint mir jedoch kein Blütenstadium mehr zugrunde gelegen zu haben, sondern ein verblühtes Individuum. Überhaupt macht die ganze Darstellung den Eindruck, als ob sie nicht an lebendem, sondern an Herbarmaterial gewonnen sei. So fehlen denn auch alle An- gaben über etwaige Beweglichkeit der Filamente, Beschaffenheit des Pollens und anderes, und SKOTTSBERG begründet eine Ansicht von der Anemophilie der Acaena adscendens in keiner Weise. Abgesehen von der Kleinheit der Blüten ist es wohl vornehmlich die zungenförmige, gefranste Narbe, welche Veranlassung gegeben hat, die Blüteneinrichtung als eine Anpassung an den Wind zu deuten. Ich will dazu bemerken, daß die Größe der Narben in ihrem Verhältnis zu derjenigen der Blumenkrone keine andere ist, als bei sehr vielen zweifellosen Insektenblütlern, z. B. bei vielen aus- geprägt falterblütigen Caryophylleen, wie das gewöhnliche Melandryum album, um nur eine bestimmte Art anzuführen. Hier ist die Krone der weiblichen Blüte erfüllt von drei langen, bis zu ihrer Basis mit Narbenpapillen versehenen Griffelästen, die überdies noch weit aus der Blüte hervorschauen. Bei Acaena ragen, wie die Figuren zeigen, die Narben kaum aus der Blüte hervor. Dies ist höchstens der Fall bei den anormalen einzelnen, unterhalb der Köpfchen auftretenden Blüten mit völlig zurückgeschlagenen Kronblättern. Wir haben in unserer einheimischen Flora eine Pflanze, welche der Acaena adscendens und anderen Arten dieser Gattung in der Blüteneinrichtung sehr nahe steht. Es ist Sanguisorba offieinalis L.). Auch hier besteht die Blütenhülle aus vier im oberen Teile dunkelkarminfarbenen Blättchen, die Staubgefäße haben dieselbe relative Größe, die Narbe hat ebenfalls eine Beschaffenheit — sie ist pinselförmig —, welche als anemopräpode gedeutet werden könnte, und die Blüten sind ebenfalls 1) Comparazione S. 24. 2) Feuerländische Blüten S. 10. ®) Mürter, H.: Alpenblumen, ihre Befruchtung durch Insekten und ihre Anpassungen an dieselben. Leipzig 1881, S. 224 u. 225. 394 Deutsche Südpolar-Expedition. zu einem Köpfchen vereinigt, das eine ähnliche Größe wie das von Acaena hat. Außerdem aber wird bei Sanguisorba Honig in den Blüten abgesondert, wodurch es zweifellos wird, daß die Pflanze insektenblütig ist. Dieser Pflanze nun sehr nahe steht das heimische Poterium sanguisorba !) L. Bei ihr ist jedoch die Blütenhülle grün, die Staubbeutel hängen an langen, dünnen Fäden aus den Blüten heraus, und die in Zweizahl vorhandenen Narben sind zu großen, sprengwedelförmigen Quasten geworden. Diese Art ist also zweifellos windblütig. Man wird nun nicht lange darüber im Zweifel sein können, welcher der beiden genannten Pflanzen in bezug auf die Blüteneinrichtung Acaena adscendens zuzuzählen ist. Wenn man auch der Sanguisorba officinalis Nektarium und Honig nimmt und sie dadurch Acaena in der Blüteneinrichtung gleich macht, so wird sie doch da- durch nicht windblütig, es fehlt ihr dann noch die spezifisch anemopräpode Konstruktion: d.h. die Vergrößerung der Narbenfläche und vor allem die hängenden Antheren, welche Poterium sanguisorba auszeichnen. Es sind wie bei den Insektenblütlern ebenso bei den Windblütlern vor allem positive Merkmale, welche ihren Blütenkonstruktionen zugrunde liegen. Es ist ein nur zu oft begangener Fehler, daß man wenig auffallende Blüten ohne Rücksicht auf ihre Konstruktion ohne weiteres als windblütig bezeichnet. Mir scheinen auch andere Acaena-Arten nicht windblütig zu sein; ich hatte in Australien selbst Gelegenheit, einige weitere Acaena-Arten lebend zu unter- suchen, worüber ich in anderem Zusammenhange zu berichten gedenke. H. MÜLLER glaubt in der mit Acaena übereinstimmenden Blütenfarbe von Sanguisorba eine Anpassung an Fäulnisstofi liebende Dipteren erblicken zu können. Für Acaena könnte dann das- selbe zutreffen. Esist aber auch möglich, daß der Anthokyanfärbung bei Acaena, welche auch in anderen Organen der Pflanze vorkommt und nur in den Blüten konzentriert erscheint, lediglich die Bedeutung als Blumenfarbe, ohne spezielle Anpassungen, beizumessen ist. Jedoch ist immerhin bemerkenswert, daß nicht alle Acaena-Arten rote Blüten haben. Wie wenig die heftigen Winde Kerguelens geeignet sind, als Kreuzungsvermittler für Acaena zu wirken, zeigen die meisten an offenen Standorten wachsenden Pflanzen. Auf der Windseite der Köpfchen haben die Blüten in der Regel stark gelitten, indem die Narben eingetrocknet und abge- storben und die Antheren häufig gleichfalls beschädigt sind (Fig. 18 auf Tafel XXV). Derselbe Wind, welcher, wenn Acaena windblütig wäre, den Pollen der Pflanze von einem Köpfchen auf die Narben eines anderen übertragen müßte, würde ebendieselben Narben abtöten und zur Aufnahme des Pollens ungeeignet machen! * % Zur Ergänzung des oben über die einzelnstehenden Blüten von Acaena Gesagten mögen hier noch einige weitere Beispiele folgen: Von fünf aufs Geratewohl gepflückten Blütenköpfchen befand sich nur bei einem außerhalb des Köpichens keine Blüte. Nr. 2: 2 mm unterhalb des Köpfchens eine Blüte: 5s,5 9,5 3,1 2°), in Achsel eines spatha- förmigen Hochblattes. Nr. 3: 8% mm unterhalb des Köpfchens in der Achsel eines spathaförmigen Hochblattes eine Blüte: 5s, 59, 68,2 2. 1) Mürrer, H.: Die Befruchtung der Blumen durch Insekten und die gegenseitigen Anpassungen beider. Leipzig 1873. S. 210. ?) Bedeutung der Buchstaben siehe Seite 320. WERTH, Vegetation. 325 Nr. 4trägt zwei Blüten außerhalb des Köpfchens, die obere in der Achsel eines blattscheidenartigen Hochblattes 2 mm unter dem Köpfchen: 5 5,5 p, wovon eins viel kleiner als die anderen und ganz nach außen und unten gedrängt, der opponierte s-Stachel ebenfalls etwas tiefer als die anderen — die Blütenteile (s, 9, &) bei Acaena sind opponiert, nicht alterniert —-; dem kleineren p entspricht kein 3, also nur 4 3, 1 9; die andere, 48 mm unterhalb des Köpfchens in Achsel eines kleinen, gefiederten Laubblattes (3 Paar, 1 Endblättchen und außerdem noch 1 kleines einreihiges Blättchen gleich oberhalb der Blattscheide): 6s, 69, 8 3, 2 2 (4 Antheren sind mehr weniger eingetrocknet e, die vor und sehen teilweise wie angefressen aus, von den 6 p sind 2 sehr schmal, eines zweizipflig, diesem stehenden Antheren haben ein gemeinsames Filament.) Nt. 5: 6 cm unterhalb des Blütenköpichens entspringt der Achsel eines Laubblattes (5 Paar, 1 rudimentäres Zwischenblättchen, 1 Endblättchen) eine 5 mm lang gestielte Blüte: 5s, 59.5 3,2 ®. Bei einem Pflänzchen mit ziemlich kleinem Köpfchen entspringt aus der Achsel eines Laub- blattes unten am Blütenschaft eine 3 cm lang gestielte Blüte; der Stiel ist seiner ganzen Länge nach mit dem Blütenstandsschaft verwachsen und trägt an der Spitze eine Blüte, die von drei schmalen und einem kurzen, breiten Hochblatte umgeben ist und 8s, 79, 83,5 2 hat (die & tief in der Blüte und geschlossen). In der Achsel des einen kurzen, breiten und zwar zweizipfligen Hochblattes befindet sich eine weitere, rudimentäre, winzige, geschlossene Blüte. Ein anderes Pflänzchen trägt unten am Blütenschaft in Blattachsel ein 18 mm langes Zweiglein mit einigen kleinen Laubblättern und an der Spitze eine Blüte, deren s und p zum Teil laubblattartig sind, 5 2, 2 8. Bei wieder einer anderen Pflanze entspringt 25 mm unterhalb des Blütenköpfchens in der Achsel eines Laubblattes eine 3 mm lang gestielte Blüte: 5 s, 59» (wovon 2 zweizipflig sind und 2 fast ganz voreinander stehen), 7 3 (sämtlich rudimentär, weibliche Blüte!), 3 2. Einmal fand ich bei einer Pflanze 5 iso- lierte Blüten (und außerdem noch ein Hoch- blatt ohne Blüte) zwischen etwa 1 und 2cm unterhalb des Köpfchens und ein andermal nicht weniger als 13 Einzelblüten unter einem Köpfchen. Hier sei auch der Ausnahmefall erwähnt, wo dem unteren Teile eines Blüten- standstieles aus der Achsel eines Laubblattes ein zweiter dünnerer, ein kleines Blüten- köpfchen tragender Stiel entspringt. Die Beispiele zeigen also wieder eine Er- höhung der Gliederzahl in den frei für sich stehenden Blüten. Ist das Auftreten dieser isolierten Blüten als Atavismus zu deuten — und ich wüßte nicht, wie man es anders auf- fassen soll —, so zeigt es, daß der dichte Blütenstand von Acaena durch das Zusammen- Fig. 18. Vergrünte Köpfehen von Acaena adscendens; reich- lich t/, der natürlichen Größe. Deutsche Südpolar-Expedition. VIII: Botanik. 42 396 Deutsche Südpolar-Expedition. drängen von Blüten entstanden ist, die ursprünglich einzeln aus den Achseln gewöhnlicher Laub- blätter entsprangen und ene größere Gliederzahl aufwiesen (siehe auch unter E). Interessant ist das Vorkommen von Vergrünungen (Fig. 18) bei den Blütenständen von Acaena adscendens, die vielleicht auf edaphische Einflüsse zurückzuführen sind. So wurden z. B. am 20. Januar 1903 neben vielen normalen Köpfchen beim Wohnhaus unserer Station auf einem Terrain, wo Konservenbüchsen und anderer Abfall hingeworfen wurde, die folgend kurz skizzierten vergrünten Blütenstandformen gesammelt: 1. Kelchstacheln normal, Blütenhülle mehr oder weniger vergrünt, Blüten weiblich, 2 Ovarien und Narben in der Blüte. Außerhalb der Kelchstacheln ein Kreis von mehr oder weniger ausge- prägten Laubblättern, die namentlich am Rande des Köpfchens weit vorragen, als wenn der Blütenstand von laubblattförmigen Hochblättern umgeben wäre. Im Köpfchen selbst Ver- grünungen gering und wenig hervortretend. 2. Rand des Köpichens wie bei 1. Den Gipfel des Köpichens bilden lange Laubblätter. Zwischen beiden Zonen ebensolche und mehr oder weniger stark vergrünte weibliche Blüten; Kelch- stacheln an diesen Blüten normal. Das Köpichen läßt deutlichen schwachen Veilchengeruch wahrnehmen (diesen Geruch habe ich auch sonst wiederholt an Acaena bemerkt, es scheinen aber nicht die Blüten, sondern die Blätter den Geruch auszuströmen). 3. Zwei Exemplare: statt Köpfchen einheitlicher, schirmförmiger Laubsproß. 4. In der Form zwischen 2 und 3. Gipfel des Köpichens erscheint als einheitlicher Laubsproß. Darunter langgestielte Einzelblüten: Kelchstacheln mehr oder weniger normal, Blütenhülle mehr oder weniger stark vergrünt, jedoch zumeist nicht sehr. Unterhalb der Stacheln (direkt um dieselben sowie weiter unten an den langen Blütenstielen) größere Laubblätter; dazwischen auch wieder fast ganz normale Blüte. Blüten weiblich, Narben in Mehrzahl (2, 3, zähle einmal 7). Deutlicher Veilchengeruch des Standes. Im gleichen Grade mit der Vergrünung wird bei den gefundenen Pflanzen auch der Übergang von den Laubblättern unten zum Blütenstand verwischter, indem der Blütenschaft mehr oder weniger beblättert ist. Callitrichaceae, Callitriche verna L. Nach H. MÜLLER !) hat die Pflanze proterogynische Blüten. Nach Knur# ?) ist sie windblütig und protogynisch, ebenso die Form stagnalis. Nach HEGELMAIER ?°) ist letztere Form jedoch prot- andrisch. Nach Angaben W. Hanmıtron’s ®) ist die Pflanze protandrisch. G. M. THomson ?) bezeichnet die Pflanze als windblütig. Oallitriche verna ist auf Kerguelen von Mitte Dezember bis zum Februar blühend beobachtet worden. Bei der Pflanze von Kerguelen fehlen die sichelförmigen Vorblätter. Die weiblichen Blüten bestehen nur aus dem Ovarium mit zwei wurmförmigen Narben, die männlichen aus einem Staub- 1) Mürrer, H.: Blumen und Insekten, S. 191. ?2) Knura, Handbuch II, 2., S. 380. 3) Nach Knuru, Handbuch III, 1., S. 453. Werru, Vegetation. 327 gefüße, vor dem sich (außenwärts) ein tielgrünes, dick-schuppenartiges, oben leicht eingekerbtes kleines Gebilde befindet, welches nur als rudimentäres Ovarium aufgefaßt werden kann. Beiderlei Blüten stehen einzeln in den Achseln der kreuzweis gegenständigen Blätter, und zwar gewöhnlich nur einseitig, während die gegenständige Blattachsel einen Blattsproß trägt. Es wechseln in verti- kaler Richtung beiderlei Blüten miteinander ab, indem über einer männlichen Blüte (oder Blüten- paar) eine weibliche, darüber wieder eine männliche usw. steht; doch sah ich gelegentlich auch zwei und drei männliche Blüten übereinander sowie männliche und weibliche Blüte in den Achseln zweier zu einem gegenständigen Paar gehörender Blätter, also auf derselben Sproßhöhe. Der Bestäubungsmechanismus von Callitriche ist schwer zu verstehen: die im Bogen schräg aufwärtsstehenden, wurmförmigen, körmnig-papillösen Narben sind von der Art, wie wir sie hier bei vielen typischen Windblütlern antrefien. Die Staubgefäße jedoch wollen nicht dazu passen. Die Filamente sind steif und stehen schräg bis steil aufrecht, und der Pollen !) ist, wenigstens bei der Kerguelenform, nicht stäubend, sondern gut haftend. An ein und demselben Sprosse sind männliche und weibliche Blüten zugleich reif. Da nun die männlichen sowohl unter- wie oberhalb von weiblichen stehen, wäre ein Herabfallen von Pollen auf die Narben leicht möglich, wenn nicht die Pflänzchen kriechend wären und daher der Sproß nur selten so steil aufwärts wächst, daß die Narben in der Fallinie direkt unter einer männliehen Blüte sich befinden. Es scheint nun auch nicht die oberhalb einer weiblichen Blüte stehende männliche zu sein, welche zu jener in Beziehung zu treten geneigt ist, sondern im Gegenteil die unterhalb befindliche. Der Staubfaden dieser um ein Blattpaar tiefer am Sproß entspringenden Blüte wird so lang, daß die Anthere die Narben der in der nächsthöheren Blattachsel entspringenden weiblichen Blüte erreicht oder etwas überragt. Bei der kreuzweisen Stellung der Blattpaare, hinter deren oberen die Narben der weiblichen Blüte beiderseits lang vorragen, muß die Anthere auf so langem Faden fast unvermeidlich mit einer der beiden Narben in Berührung kommen oder wird diese doch wenigstens leicht durch herabfallenden Pollen bestäuben können. Ich glaube mir hiermit die Blüteneinrichtung der Landform von Oallitriche verna hinreichend klar gemacht zu haben. Die Größe der, Windblütlern gleichenden, Narben, die in gleichem Maße mit der Länge der Stengelinternodien wachsenden aufrechten Filamente, die Natur des Pollens, welcher nicht stäubt, aber von krümeliger Beschaffenheit ist und relativ leicht von den Antheren herabfällt, alles wird damit genügend erklärt. Besonders auffallend war das Längenwachstum der Filamente bei den Pflanzen, welche ich auf Possession-Insel der Crozet-G@ruppe sammelte und welche, als Schatten- pflanzen in einem großen Moosrasen wachsend, lange Internodien aufwiesen. Hier ist wohl die enorme Länge der Staubgefäße (Il mm z. B.) nur aus den geschilderten blütenökologischen Ge- sichtspunkten heraus verständlich, da sonst ebenso auch die Narben gleichzeitig mit den Stengel- internodien sich- hätten verlängern müssen. Es ist interessant, wie bei Callitriche eine Einrichtung, welche zunächst in hohem Maße auf Vermeidung der Selbstbestäubung — Getrenntgeschlechlichkeit, in der Regel männliche und 1) Der Pollen ist gelb, rund und mit glatter Oberfläche. 398 Deutsche Südpolar-Expedition. weibliche Blüten in den Achseln verschiedener Blattpaare — hinzuzielen scheint, hier (in insekten- armem Gebiet) in das Gegenteil umgewandelt wird !). Wie gesagt wird Callitriche von den meisten Autoren als windblütig bezeichnet. Dennoch werden übereinstimmend die „starren‘ oder ‚„steifen‘‘ Filamente hervorgehoben. Von Callitriche vernalis Kürtz. berichtet KnutH ?), daß die Staubbeutel noch mit Pollen behaftet sind, wenn die Früchte der weiblichen Blüten derselben Pflanzen bereits ausgebildet sind, und schließt daraus, daß die Pflanze protogyn ist. Das letztere mag ja zweifellos zutreffen; immerhin zeigt die Beob- achtung auch, daß der Pollen recht gut haftend ist. (Ich selbst sah bei meinen Exemplaren von Possession-Eiland noch Pollen an der geöffneten Anthere haften, nachdem die Exemplare mehr als neun Jahre im Herbar gelegen hatten.) WARNSTORF gibt eine eingehendere Schilderung der Wasserform der Unterart stagnalis ScoPoLI var. vera AscHs.?). Die Pflanze besitzt schwimmende Blattrosetten, welche in der Regel zuerst die weiblichen, später die männlichen Blüten tragen. Die Narben der jüngeren Rosetten erheben sich nicht höher als die Antheren der älteren, nehmen also ziemlich genau dieselbe Stellung über den Blättern ein. Auch WARNSTORF bezeichnet diese Einrichtung als windblütig. Mir scheint es dagegen viel wahrscheinlicher, daß es auf der Wasserober- fläche bezw. auf der sich dort ausbreitenden Vegetation sich tummelnde Insekten sind, welche unab- sichtlich und ohne die jeglicher Anlockungsmittel entbehrenden Blüten extra aufzusuchen, Kreuz- bestäubung vermitteln. Ob diese Vermutung schon einmal ausgesprochen ist, weiß ich nicht, Kxur# (Handbuch a. a. 0.) gibt an, daß Callitriche zum Teil auch als insektenblütig genannt wird, ohne Kommentar und nähere Literatur. WARNSTORF sagt weiter, daß er seltener in der einen Blattachsel eine männliche und in der ihr opponierten eine weibliche Blüte sah. In diesem Falle sei Selbstbestäubung leicht möglich, indem Pollen direkt auf einen der beiden Griffeläste fallen kann. Ich selbst sah in einem solchen Falle bei der Kerguelenform die Narben der weiblichen Blüte schon welk, während die Anthere der nebenstehenden Blüte noch gar nicht aufgesprungen war. WARNSTORF glaubt, daß die Pflanze unter Umständen auch hydrophil sein könne. Auch Lupwis (KnutH a.a. 0.) beobachtete sich unter Wasser befiruchtende Blüten. HEGELMAIER (ebenda) fand solche jedoch unfruchtbar, und nach KErnERr (ebenda) öffnen sich die untergetauchten Antheren überhaupt nicht, und der Pollen verwest. Auch bei der Kerguelenpflanze scheinen mir bei unter dem Wasser wachsenden Pflänzchen die Staubbeutel zu verderben und sich nicht zu öffnen. Scrophulariaceae. Limosella aquatica L. Nach KERNER findet an überfluteten Exemplaren Autogamie in geschlossener Blüte statt ?). Limosella aquatica blühte auf Kerguelen von Anfang Januar bis Ende März. !) A. Enger beschreibt von Süd-Georgien als Forma longistaminea die dort durch lange Staubfäden (I—4cm) ausgezeichnete Pflanze und fügt hinzu, daß auch auf den Falklands-Inseln Exemplare mit den langen Staubfäden vorkommen. Die Internationale Polarforschung 1882—1883, Bd. II. Hamburg 1890. S. 170 u. 171. 2) Knurn, P., Blumen und Insekten auf den nordfriesischen Inseln. Kiel und Leipzig, 1894. S. 72. — Desgl. KnurtH: Handbuch II, 2., S. 380. ®) Siehe KnurH a. a. 0. S. 380 u. 381. ') Loew, E.: Blütenbiologische Floristik des mittleren und nördlichen Europa sowie Grönlands. Stuttgart 1894. S. 295. — Knur#: Handbuch II, 2., S. 157. Werrtn, Vegetation. 2% g 329 Die Pflanze kommt auf Kerguelen in einer offenblühenden Land- und einer kleistogamen Wasserform vor. Bei der Landform breitet die etwas schrägstehende Blüte die fünf, seltener vier Kronzipfel vollkommen aus (Taf. XXV, Fig. 39 und 40). Letztere sind weißlichviolett gefärbt, oberseits behaart, während die kurze Blütenröhre innen gelb ist (Saltmal). Die Narbe ist auf den vorderen, zuunterst gestellten Kronzipfel geneigt. Die vier Antheren stehen seitlich, etwas zurück und höher. Obwohl die unteren zwei Staubbeutel sich sehr nahe an der Narbe befinden, so sah ich doch beinahe nie direkte Berührung beider. Dennoch scheint es mir fast unvermeid- lich, daß von dem in großen Massen vorquellenden Pollen etwas auf die Narbe gelangt, und so spontane Selbstbestäubung statthat. In der Tat findet man denn auch häufig Pollen auf der Narbe vor. Im übrigen wird durch die vorragende Stellung der Narbe Fremdbestäubung be- günstigt, indem ein Insekt, welches den unteren Kronzipfel als bequemstes Anflugsbrett benutzt, zuerst die Narbe berühren und von anderer Blüte mitgebrachten Pollen auf dieselbe abstreifen wird, ehe es an die Antheren derselben Blüte gelangt. Honig habe ich in den Blüten nicht ent- decken können. Die Blüten von Limosella schließen sich, wenigstens teilweise, des Nachts. Vielleicht hilit das wiederholte Schließen der Blüten im Verlaufe des Blühens nicht unwesentlich, die Antheren mit der Narbe in Berührung zu bringen oder Pollen auf letztere herabfallen zu lassen. Vielleicht bleibt auch die eine oder andere Blüte überhaupt geschlossen und ist kleistogam? Eine Blüte beob- achtete ich, bei welcher die stark papillöse Narbe sich ein ganzes Stück unter dem Blütenschlund in der Kronröhre befand, während die Antheren über den Schlund aufragten, so daß, da die Blüte fast senkrecht orientiert war, leicht Pollen auf die Narbe herabfallen konnte. Letzteres habe ich jedoch bis zum nächstfolgenden Tage nieht beobachten können. Der Pollen von Limosella ist weißlichgrün, kugelig, glatt, er haftet gut an den Antheren, in großen Ballen vorgequollen. Die Staubbeutel sind violett. Meist finden sich vier Staubgefäße in jeder Blüte). Die Narbe ist weiß, stark papillös, knopfig, schwach zweiteilig. Die kleinen Blüten kommen direkt aus dem Boden hervor, derart, daß der Kelch gewöhnlich zum großen Teil noch im Boden steckt. Bei der Wasserform von Limosella aquatica findet, wie gesagt, regelmäßig Kleistogamie statt. Die Wasserblüten unterscheiden sich in ihrer Ausbildung von denen der Landiorm kaum; die Kron- blätter sind auch hier mehr oder weniger violett gefärbt, und die Antheren haben dieselbe dunkel- violette Außenseite wie diejenigen der Landpflanze. Innerhalb der geschlossenen lufthaltigen Blumenkrone, welche weit aus dem Kelche vorragt, öffnen sich die Antheren bei ihrer Reife nur ganz wenig, bis zu einem relativ schmalen Spalt. Ver- hältnismäßig wenige Pollenkörner treten an die Oberfläche und treiben sehr lange Schläuche, welche im günstigen Falle die Narbe erreichen und zwischen deren Papillen eindringen, derart, daß Anthere und Narbe fest miteinander verwachsen erscheinen und sich nur gewaltsam voneinander trennen lassen (Taf. XXV, Fig. 41). Bei Limosella aguatica kommt also sowohl beider Landform wie beider unter Wasser wachsenden Form spontane Selbstbestäubung vor. Während bei der 1) Einmal fand ich in einer Blüte nur 3 entwickelte Staubgefäße und im Grunde das rudimentäre vierte in Form eines kopflosen Filamentchens. 350 Deutsche Südpolar-Expedition. Trockenform der Pollen selbst auf die Narbe gelangt und dort auskeimt, bildet bei der Wasserform der Pollen bereits auf den Antheren Schläuche, welche zur Narbe hinwachsen und in dieselbe eindringen. Rubiaceae, Galium antaretienm Hook-riL. Diese Art wird wird von SKOTTSBERG !) zu den Zoophilen gerechnet. Die Pflanze wurde auf Kerguelen im Dezember, Januar und Februar blühend gefunden. Die Blüten (Taf. XXV, Fig. 19 bis 21) sind teils drei-, teils vierteilig, und zwar treten beiderlei Formen auch an ein und demselben Pflänzchen auf. Einmal fand ich auch eine vierteilige Blüte mit drei Grifieln, desgleichen eine dreiteilige Blüte, deren einer Kronzipfel wieder in zwei Zipfelchen gespalten war. Ich fand die Blüten häufiger drei- als vierteilig. Im ersten Blütenstadium liegen die beiden Griffeläste zusammen und sind senkrecht aus der Blütenmitte aufragend. Die mit lebhaft gelbem Pollen bedeckten Antheren befinden sich auf ein- gekrümmten Fäden etwas außerhalb der Blütenmitte und zugleich auch etwas höher als die Narben. So ist eine unmittelbare Belegung der letzteren mit dem stark haftenden Pollen unmöglich, wenn auch die Narbenpapillen in diesem Stadium schon ebenso groß sind wie später. Die Pollenkörner sind kugelrund und haben eine glatte Oberfläche. Der Honig wird von einem grünen Diskus um die Basis der Griffel abgeschieden und sammelt sich im Blütengrunde an. Die beschriebene gegen- seitige Stellung der Geschlechtsorgane hat bereits vor der Blütenöffnung in der reifen Knospe statt: Die Antheren sind schon geöffnet und dick, vornehmlich auf der Innenseite, mit Pollen bedeckt, jedoch aus der Blütenmitte und von den Narben entfernt. Im zweiten Blütenstadium hängen die vertrockneten Staubbeutel an ihren Fäden aus der Blüte heraus oder sind in die Blütenmitte herabgesunken, die Griffeläste haben sich gespreizt und die Narben nehmen nun ungefähr dieselbe Stelle in der Blüte ein, wie im ersten Stadium die Antheren oder, was auf dasselbe hinausgeht, biologisch aber wichtiger ist, wie die Antheren in einer anderen, jetzt noch jüngeren Blüte. Wenn die Griffeläste eben beginnen, sich auseinander- zubiegen, sind die Antheren in der Regel schon welk. Die Farbe der Blütenkrone ist im ersten Stadium gelblichweiß, im zweiten reinweiß. Galium antarcticum hat einen schwachen Waldmeistergeruch. Die Blüten von @alium antareticum sind also proterandrisch und dadurch bei Eintritt von Insektenbesuch, für den hinreichende Lockmittel in Blütenfarbe und Honigabsonderung vorhanden sind, Fremdbestäubung begünstigt, wogegen ich Selbstbestäubung für so gut wie ausgeschlossen halte. Es kommen aber gelegentlich Un- regelmäßigkeiten vor, welche verschiedene Möglichkeiten spontaner Selbstbestäubung bieten: 1. Die Antheren sind noch mehr oder weniger stark mit (vermutlich lebenskräftigem) Pollen behaftet und die Fäden noch in aufrechter Stellung, wenn die Griffeläste sich spreizen. So gelangt leicht eine der Narben mit einem oder auch zwei Staubbeuteln in direkte Berührung. n ‘ 1) SKOTTSBERG 2. a. 0. S. 17. Wertn, Vegetation. 331 2. Nicht allzu selten ist die Krümmung der Staubfäden so stark, daß die Beutel im ersten Blütenstadium vollkommen in der Blütenmitte zusammenliegen. So befinden sie sich unmittelbar über den, vermutlich bereits empfängnisfähigen, Narben, und eine Abgabe von Pollen auf dieselben scheint mindestens möglich. Auch untersuchte ich eme Blüte, in welcher die Griffel so lange waren, daß die auf ganz zusammengeneigten Fäden in der Blütenmitte befindlichen Antheren mit ihrem Pollen den Narben direkt auflagen, welche denn auch stark mit Pollen belegt worden waren. Auch in der noch geschlossenen Blüte können wahrscheinlich auf diese Weise von den schon mit Pollen bedeckten Antheren durch Herabfallen oder direkte Abgabe des Blütenstaubes die Narben belegt werden. Außerdem ist 3. bei schräger Stellung der Blüten in der Natur auch Herabfallen von Pollen auf die zu- ständige Narbe während des ersten Blütenstadiums möglich. Von Blüte zu Blüte ist eine Be- stäubung auf diese Weise bei dem gewöhnlichen lockeren Wachstum der Pflanze, wo die einzelnen Blüten ziemlich zerstreut stehen, wohl ausgeschlossen, möglich aber vielleicht bei den an Fels wachsenden Exemplaren, welche, wie im ersten Teile dieser Abhandlung gezeigt wurde, einen polster- förmig-diehten Wuchs annehmen und dann ziemlich dicht mit Blüten übersät sind. Diese verschiedenen Möglichkeiten lassen also eine spontane Selbstbestäubung mehr als wahr- scheinlich erscheinen, immer freilich vorausgesetzt, daß die Narben bei Beginn des Blühens schon belegensfähig sind. Dieses aber glaube ich annehmen zu dürfen, da ich einen Unterschied in der Entwicklung der Größe der Narbenpapillen im ersten und im zweiten Blütenstadium auch durch mikroskopische Untersuchung nicht festzustellen vermochte. Die Blüten von Galium antareticum besitzen nicht die Fähigkeit, nach erstmaliger Öffnung sich wieder zu schließen, vielmehr sah ich sie auch bei andauerndem, stürmischen Regenwetter im Freien offen bleibend. Der Blütenmechanismus von Galium antareticum stimmt im wesentlichen vollkommen überein mit demjenigen unserer einheimischen Arten: @alium Mollugo L. und Galium verum L., deren Blüteneinrichtung von HERMANN MÜLLER !) beschrieben wurde und an denen derselbe Forscher zahlreiche Insekten beobachtet hat. Es liegt daber auch für die Kerguelenart wohl keine Veranlassung vor, in ihr etwas anderes als eine insektenblütige Form zu sehen. Compositae. Cotula plumosa Hook-rır. Diese Pflanze wird von DELPINO zu den insektenblütigen gerechnet ?). MARDNER scheint geneigt zu sein, sie für anemophil zu halten ?). Die Blütezeit dauert nach unseren Beobachtungen auf Kerguelen allgemein vom letzten Drittel des November bis in den März, während ganz vereinzelte Köpfchen noch im Mai in Blüte gefunden wurden, wo die Pflanze im übrigen bereits in voller Frucht steht. \) Mürzer, Hermann: Die Befruchtung der Blumen durch Insekten und die gegenseitigen Anpassungen beider. Leipzig 1873. S. 35. u. 358. 2) Knuma a.a. 0. Bd. III, 2., S. 531. ) ®) MARDNER, W.: Die Phanerogamen-Vegetation der Kerguelen in ihren Beziehungen zu Klima und Standort. Dissertation Basel. Mainz 1902. S. 19 u. 20. Deutsche Südpolar-Expedition. © © 155) Cotula pulmosa besitzt kleine, von einem zweireihigen Involucrum umhüllte, gelbe Blüten- köpfchen mit scheinzwittrig-männlichen Mittel- und weiblichen Randblüten (Taf. XXIV, Fig. 9 und 10). Erstere besitzen die Gestalt einer oben etwas bauchig erweiterten von drei- eckigen Zipfeln gekrönten Röhre. Letztere verengen sich nach oben, so daß die nur mit An- deutungen ehemaliger Zipfel versehene Mündung eben Raum für den herausragenden Griffel gewährt. Ein Haarkelch fehlt beiderlei Blüten. Die Kronröhre ist bei beiden Formen weißlich bis auf den frei vorragenden obersten Teil, welcher gelbe Farbe hat, ebenso wie Griffel und Narben sowie Antheren und Pollen. Die auf der Innenfläche mit Papillen besetzten Narben sind jedoch oft auch rotbraun gefärbt. Die Randblüten sind, entsprechend der Profillinie der Körbchenhülle, gekrümmt und flachgedrückt. Die männlichen Blüten sind ziemlich konstant vierzipflig, selten sind dreizipflige. Die verkümmerten Zipfel der Randblüten kommen in Drei- und Vierzahl vor. Der verkümmerte Fruchtknoten der Scheibenblüten hat etwa die halbe Größe des ausgebildeten der Randblüten, welch letzterer mit höckeriger Oberfläche versehen ist. Es sind im Köpfchen zwei bis drei Reihen weiblicher Randblüten vorhanden. Die becherförmige Hülle des Blütenstandes ist stark behaart, die Hüllblätter haben einen trockenhäutigen, dunklen Rand !). Die Körbchen schließen sich bei Regen nicht. Die Blüten eines Körbchens blühen ganz lang- sam nacheinander auf, so daß immer nur eine spärliche Anzahl von Blüten zugleich reif ist. Die Narben der Mittelblüten sind zu einem beim Durchwachsen durch die Staubbeutelröhre den stach- ligen, orangegelben Pollen (Taf. XXIV, Fig. 11) aufnehmenden, am Rande gezähnten Körbchen oder Kelch umgewandelt. Schon beim Öffnen der Blüten sind diese Becherchen pollenbeladen. Da nun der dieses Pollenkörbehen tragende Griffel mehr oder weniger nach der Außenseite des Blütenstandes geneigt ist, so kommen die äußeren dieser Pollenbehälter über den weiblichen Randblüten zu stehen, so daß durch herabfallenden Pollen spontane Selbstbestäubung innerhalb desselben Blütenstandes möglich wird. Dagegen wurde direkte Berührung von Narben und frischen gefüllten Pollenkörbehen in keinem Fall beobachtet ?). Nichtsdestoweniger sind die Blütenstände zunächst für Fremdbestäubung eingerichtet, denn ehe eine Pollenblüte entfaltet ist, sind die Narben der Randblüten desselben Körbchens schon ge- spreizt. Doch bleiben die Narben dieser Randblüten, die außer bei anormal kleinen Körbchen ziemlich zahlreich sind, augenscheinlich lange empfängnisfähig. Sowohl bei schräger wie auf- rechter Stellung der Blütenstände sieht man reichlich Narben in der Fallinie unter Pollenkörbchen. Da nun die äußersten Reihen der Mittelblüten ganz allmählich aufblühen, so dürften die Rand- blüten vielleicht zum größten Teil Gelegenheit haben nach und nach von herabfallendem Pollen bestäubt zu werden. In einem sehr kleinen Körbchen von 3 mm Durchmesser zählte ich 19 weibliche Randblüten — alle mit gespreizten Narben — und 7 männliche Mittelblüten, wovon eine noch geschlossen war, eine einen hoch angefüllten Pollenbecher und die übrigen entleerte Becher zeigten. Die meisten Blütenkörbehen sind größer — 5 bis 6 mm Durchmesser — und entsprechend vielzähliger. Aber 1) MARDNER, a. a. O. S. 19 und 20. 2) Doch sah ich einmal an Material, welches bereits in die Station getragen worden war, ein mit frischem Pollen belegtes Pollenbecherehen in Berührung mit einer Narbe. Da dies am natürlichen Standorte nie beobachtet wurde, so liegt hier vielleicht eine gegenseitige Verschiebung der Blütenteile beim Transport vor. Wertu, Vegetation. 333 auch hier sind nur 3 oder 4 Pollenbecherchen frisch und gefüllt, meist sogar weniger. Doch ist die Zahl bei dauernd gutem Wetter vielleicht größer. Die Blütenköpfchen haben zunächst eine grünlichgelbe Farbe, erst durch das Aufblühen der Mittelblüten werden sie mehr gelb. An der Griffelbasis befindet sich ein Nektarıum. Honig habe ich aber in den Blüten nicht finden können; doch ist es bei der Kleinheit des Objektes deshalb wohl nicht ausgeschlossen, daß eine "geringe Honigmenge produziert wird; wenigstens bei den Mittelblüten, bei den Randblüten ist die Röhrenmündung so eng, daß kaum noch ein Insektenrüssel neben dem Griffel hineingeführt werden kann. Die Blüten von Cotula haben einen schwachen aber deutlichen, an Kamille erinnernden Geruch. Zusammenfassend läßt sich nach obigem über die Blüteneinrichtung von Cotula plumosa sagen: Spontane Selbstbestäubung ist innerhalb eines Blütenstandkörbcehens durch herabfallenden Pollen möglich gemacht, vielleicht auch durch direkte Be- rührung von Narbe und Pollenbecherchen. Fremdbestäubung ist durch Ein- geschlechtlichkeit der Blüten und für das ganze Körbchen eventuell dadurch begünstigt, daß die Randblüten schon vor Entfaltung der ersten männlichen Blüten empfängnisfähige Narben haben, während die Blütenkörbchen zuletzt rein männlich sind. Einmal sah ich auf einem Blütenkörbehen eine kleine (wegen verkümmerter Flügel) flug- unfähige Fliege (Amalopterye maritima EAron). Es machte mir den Eindruck, als wenn das Tier Pollen fresse. Doch konnte ich letzteres leider, da ich der ungünstigen Örtlichkeit (Strand- felsen) wegen mit den Augen nicht ganz dicht an die Pflanze herankonnte, nicht mit Sicherheit feststellen. W. MARDNER (a. a.0. 8.20) sagt, daß für Anemophilie bei Cotwla außer dem Fehlen beflügelter Insekten auf Kerguelen der Mangel an strahlenförmigen Randblüten spreche. Letzere fehlen jedoch auch bei anderen zweifellos insektenblütigen Kompositen, und MARDNER führt selbst ein Beispiel dieser Art an. Ein Fehlen geflügelter Insekten kann nie für Anemophilie bei irgendeiner Pflanze sprechen, es kann höchstens die Ausprägung autogamer Einrichtungen bei sonst entomophilen Pflanzengruppen vermuten lassen. Außerdem kommen übrigens, wie wir weiter unten sehen werden, beflügelte Insekten auf Kerguelen vor. B. Allgemeine Ergebnisse über die Blüteneinrichtungen der Kerguelenpflanzen. Versuchen wir nunmehr die im vorhergehenden Abschnitt gewonnenen blütenbiologischen Einzelergebnisse nach bestimmten, eine Vergleichung mit anderen Gebieten zulassenden Gesichts- punkten zusammenzufassen, so erscheint uns zunächst als die hervorragendste Eigenart der Ker- guelenblüten das ganz gewaltige Überwiegen der Autogamie. Nach der mehr oder weniger starken Ausprägung autogamer Blüteneinrichtungen und den verschiedenen Möglich- keiten andersartiger Bestäubung lassen sich die Kerguelenpflanzen wie folgt gruppieren: 1. Windblütig,spontane Selbstbestäubung innerhalb desselben Blütenstandes ermöglicht: Poa Cookü. 2. Windblütig,spontane Selbstbestäubunginnerhalb derselben Blüte ermöglicht: Agrostis magellanica. Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 43 334 Deutsche Südpolar-Expedition. 3. Windblütig, jedoch meist kleistogam: Deschampsia antarctica, Poa kerguelensis. 4. Nur kleistogam: Festuca erecta. 5. Kleistogam oder regelmäßige Sichselbstbestäubung in off- ner Blüte, Fremdbestäubung durch Insekten ermöglicht: Limosella aquatica, Montia fontana. 6. Kleistogam oder gelegentliche Sichselbstbestäubung, sonst Fremdbestäubung durch Insekten ermöglicht: Ranunculus Moseleyi und R. trullifolvus, Tillaea moschata (selten kleistogam). 7. Regelmäßige Autogamie in offenen Blüten, daneben Fremd- bestäubung durch Insekten ermöglicht: Colobanthus kerguelensis, Pringlea antiscorbutica, Acaena adscendens, Juncus pusilus, (Callitriche verna) und wohl sicher auch Zyallia kerquelensis. 8. Nurgelegentliche Autogamiein offenen Blüten, sonst Fremd- bestäubung durch Insekten ermöglicht: Ranunculus biternatus, Azorella Selago, Galium antareticum, Cotula plumosa. Es findet also unter den aufgeführten 20 Blütenpflanzen Kerguelens regelmäßige oder fast regel- mäßige Selbstbestäubung statt bei 13 Arten = 65%, während keine Art vollständig auf Fremdbestäubung durch Wind oder Insekten angewiesen ist. Daß die regelmäßige Sichselbstbestäubung auf Kerguelen auch den Erfolg tatsächlicher Be- fruchtung hat, macht die, wenigstens bei einem großen Teile dieser Pflanzen festgestellte überaus reichliche Fruchtbildung mindestens sehr wahrscheinlich (man vergleiche die Angaben S. 354). Bei Juncus pusillus und Montia fontana steht die geringe Zahl von Pollenkörnern in der Anthere gewiß in Beziehung zu der Sicherheit der spontanen Selbstbestäubung. Eine „größere Neigung zur Selbstbestäubung‘ hebt auch WARMING nach seinen Unter- suchungen der grönländischen Flora für das arktische Gebiet hervor gegenüber den Ver- hältnissen der europäischen Länder !). Auch in der skandinavischen Hochgebirgsflora macht sich nach Linpmann’s Beobachtungen bereits bei einem Vergleich mit den Pflanzen der Hochalpen eine deutliche Zunahme der Autogamie bemerkbar ?), obwohl schon hier autogame Blumen- einrichtungen in weit höherer Prozentzahl auftreten, als in der niederen Alpenregion °). Interessant ist der Versuch, aus den ihrer morphologischen Blütenorganisation nach ento- mophilen Pflanzen Kerguelens die endemischen Arten herauszunehmen und auf ihre Blütenein- richtung hin zu prüfen. Es sind die folgenden: Colobanthus kerguelensis, Lyallia kerguelensis, Ranunculus Moseleyi, Pringlea antiscorbutica. Sie gehören bemerkenswerterweise alle zu denjenigen Arten, welche durch regelmäßige (bei Ranuneulus Moseleyi allerdings nur bei der, jedoch einen vollen Ersatz bietenden, Wasserform) Autogamie ausgezeichnet sind. Es ergibt sich daraus die wichtige Tatsache, daß bei den endemischen Arten Kerguelens eine viel stärker aus- gesprochene Autogamie hervortritt, als beider Summe der übrigen, auch außer- !) Lorw: Blütenbiologische Floristik S. 112. °) Ebenda S. 94. 3) Ebenda S. 61. WerrH, Vegetation. 335 halb des Kerguelenbezirkes vorkommenden Formen. Etwas ganz Ähnliches gilt auch für die Blumenwelt Grönlands nach Lorw !). Besteht so in bezug auf das Vorherrschen der Autogamie eine Übereinstimmung im blüten- biologischen Charakter der arktischen und antarktischen Flora, so können wir eine solche in betrefi einer anderen sehr auffallenden Tatsache, welche sich aus den Einzeluntersuchungen und der eben aufgestellten Gruppierung ergibt, zunächst nicht konstatieren. Es ist die auf- fallende Armut an windblütigen Einrichtungen in der Kerguelenflora. Es ist auf diesen Punkt bereits im vorigen Abschnitte bei der Zusammenfassung über die Einrichtungen der Gräser hingewiesen worden. Von den fünf Gräsern Kerguelens machen nur zwei Arten von ihrer anemopräpoden Konstruktion regelmäßig wirklichen Gebrauch, bei zwei weiteren Arten tritt die anemophile Einrichtung nur ganz ausnahmsweise in Tätigkeit, während sie sonst kleistogam sind, während schließlich die letzte Art nach meinen Beobachtungen regelmäßig in der geschlosse- nen Blüte sich selbst bestäubt. Es ist also nicht zuviel gesagt, wenn wir von den Gräsern Ker- guelens die Hälfte (215) als windblütig, die andere als kleistogam bezeichnen. Aus den anderen Pflanzenfamilien Kerguelens konnte nach genauer Untersuchung keine weitere Art als anemophil bezeichnet werden). Man vermißt bei allen die charakteristischen positiven Merkmale windblütiger Konstruktiönen: 1. große Menge des erzeugten Pollens; 2. stäubende Beschaffenheit des Pollens; 3. leichte Beweglichkeit der Blütenstände, der Blüten oder der Staubgefäße durch den Wind, d. h. also hängende Blütenstände oder Blüten, schwankende oder schaukelnde Staubgefäße. 4. große Oberflächenentwickelung und freie Stellung der Narben. Um nicht bei allen vorstehend ausführlich behandelten Arten die Frage hier abermals zu er- örtern, seien nur zwei nochmals herausgegriffen, bei denen man noch am allerersten anemopräpode Konstruktionen erwarten könnte. Es sind Juncus pusillus und Callitriche verna. In betrefi ersterer möchte ich hier nochmals auf die enorm geringe, fast bequem zu zählende Anzahl der in jeder Anthere erzeugten Pollenkörner aufmerksam machen. Man braucht nur die die Anthere von Juncus und daneben die diejenige von Poa Cookii darstellende Figur (Fig. 16 u. Fig. 4 auf Taf. XXIV°)) zu betrachten, um sich klar zu machen, welch enorme Pollenmenge im Vergleich zu unserem Juncus ein typischer Windblütler erzeugt, und leicht wird man daher den Gedanken, daß Juncus pusillus windblütig sein könne, von der Hand weisen. Etwas rätselhaft erscheint der Blütenmechanismus von Callitriche, doch wurden auch hier weder stäubender Pollen noch schwankende Filamente beobachtet, und die Blüteneinrichtung im übrigen hinlänglich verständlich gemacht. Wir können also von den Kerguelenpflanzen nur die Hälfte der Gräser als anemophil be- zeichnen. Diese aber machen von den 21 Blütenpflanzen des Insellandes nur 11,9% aus. Hier- gegen werden für die Flora mitteleuropäischer Gebiete 22 bis 27% Anemophile und für die ark- !) Lorw: Blütenbiologische Floristik S. 117 u. 118. 2) Die Cyperacee Uneinia compacta lag mir, wie weiter vorn gesagt wurde, in der Form von Kerguelen leider nicht zur Untersuchung vor. ?) Man berücksichtige dabei die verschiedene Vergrößerung in beiden Figuren. 43* 336 Deutsche Südpolar-Expedition. tischen Länder (Island, Grönland, Spitzbergen) !) gar 37 bis 39%, Windblütler angegeben. Die größte Prozentzahl von Anemophilen gibt KnurH für die Halligen der deutschen Nordsee an mit 47,3% ?). Letzteres ist besonders bemerkenswert, weil diese kleinen Inseln in bezug auf die heftigen Winde in ähnlicher Lage sich befinden wie Kerguelen. Aber auch hier rechnet KnuTH wieder alle Gramineen, Cyperaceen und Juncaceen zu den Windblütern, wie denn überhaupt von den meisten Autoren ohne nähere Untersuchung die Mitglieder der genannten drei Familien sowie auch andere kleinblütige Pflanzenformen meist ohne weiteres den Anemophilen zugezählt werden. Daß dieses den Tatsachen keineswegs immer entsprechen muß und zu falschen Vorstellungen führen wird, haben die im vorigen Abschnitt wiedergegebenen Blüteneinrichtungen der Kerguelenpflanzen hin- länglich gezeigt. Besonders bei den Gramineen ist dort schon dieser Punkt genügend erörtert worden. Es ist daher vor der Hand aus dem angegebenen Grunde auch ein strikter Vergleich der blütenbiologischen Verhältnisse Kerguelens mit denen anderer, speziell auch arktischer Länder nicht möglich. Das auffallende Zurücktreten anemophiler Pflanzen auf Kerguelen ist aus den klimatischen Verhältnissen der Insel wohl zu verstehen. Wie aus den im ersten Teile dieser Ab- handlung gegebenen „Bemerkungen zum Klima von Kerguelen“ ®) hervorgeht, ist die Insel besonders stark von stürmischen Winden heimgesucht. Die Zahl der Stürme ist ungewöhnlich groß, des- gleichen die mittlere Windstärke. Für die Verbreitung des Pollens windblütiger Pflanzen sind jedoch Stürme „nichts weniger als vorteilhaft; denn sie entführen den Blütenstaub, welchen sie auf ihrem Wege treffen, mit großer Heftigkeit und Schnelligkeit nur nach einer Richtung. In dieser Stromrichtung liegt aber jedenfalls nur eine sehr kleine Anzahl, ja vielleicht keine einzige jener Narben, die mit dem Pollen belegt werden sollen, und der größte Teil des Blütenstaubes würde daher durch die Stürme in des Wortes vollster Bedeutung verschleudert. Am besten wird der Erfolg, der erreicht werden soll, auch wirklich erreicht, wenn der stäubende Pollen von dem Punkte, wo er entstanden und abgelagert wurde, sich gleichmäßig über immer größere Räume in der Luft verteilt, sich gleichsam verdünnt und ein sich allmählich erweiterndes Wölkchen bildet, so daß die Tausende loser Pollenzellen, welche im Bereiche der Blüte bisher indem Raume von dem Umfange eines Stecknadelknopfes zusammengedrängt waren, sich nun über einen viele Millionen mal größeren Raum ausbreiten. Ein derartiges Verstäuben wirdabernurdurch eine mäßig bewegte Luft veranlaßt““®). Aber noch in anderer Beziehung wirken die heftigen Winde auf Kerguelen nicht fördernd, sondern schädigend und hindernd auf die Pollenübertragung. Sie beschädigen die Antheren, ver- trocknen und töten die zarten Narben und machen sie dadurch zur Empfängnis unfähig. Im vorigen Abschnitte habe ich bei Pringlea und Acaena zwei charakteristische Beispiele für diese unvorteilhafte Wirkung des Windes gegeben. Die Winde Kerguelens erweisen sich daher als sehr ungeeignet, die Rolle als Kreuzungsvermittler zu spielen, und allgemein genommen entbehrt auch der Satz, daß eine Folge des Windes (auf Inseln) das Vorwalten windblütiger Pflanzen sei ®), jeder tieferen Begründung. 1) Losw 2.2.0. S. 123. 2) Ebenda S. 170. 3) Seite 130—133 dieses Bandes. 4) KERNER von Marıtaun, A.: Pflanzenleben. 2. Band. Leipzig und Wien, 1891. S. 132. 5) Knurn, P.: Die Pflanzenwelt der nordfriesischen Inseln. Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig- Holstein. Bd. IX. S. 33 des Separatabdruckes. Werrn, Vegetation. 357 Die allgemeine Verbreitung Autogamie ermöglichender Einrichtungen bei den Blütenpflanzen Kerguelens bringt naturgemäß auch ein Zurücktreten solcher Konstruktionen mit sich, die vor- wiegend auf Insektenbesuch angewiesen sind. Immerhin ist die Zahl dieser wesentlich größer als die der windblütigen Pflanzenarten. Von den 20 Blütenpflanzen Kerguelens findet regelmäßige oder fast regelmäßige Autogamie statt bei folgenden: Deschampsia antarctica, Poa kerguelensis, Festuca erecta, Limosella aquatica, Montia fontana, Colobanthus kerguelensis *), Pringlea antiscor- butica, Acaena adscendens, Juncus pusillus, (Callitriche verna). Vorwiegend oder doch wesentlich auf Insektenbesuch angewiesen sind folgende Arten: Ranunculus Moseleyi, Ranumeulus trullifolius, Tillaea moschata, Ranunculus biternatus, Azorella Selago, Galium antarcticum, Cotula plumosa. Es sind demnach: Durswindiblümer ss sel. on ara 2 Arten — 10%?) regelmäßig oder fast regelmäßig autogam . . . .» » .» ..... . 11 Arten = 55% vorwiegend oder doch wesentlich auf Insektenbesuch angewiesen 7 Arten = 35%; Nach der Ausbildung ihrer Anlockungsmittel lassen sich die Kerguelenblütenpflanzen folgender- maßen gruppieren: I. Bunte Blüten mit Nektarien und Geruch: Cotula plumosa, Tillaea moschata, Ranunculus biternatus, Ranunculus trullifolius, Ranunculus Moseleyi, Galium antareticum. U. Grüne oder wenig gefärbte Blüten mit Nektarien.: Oolobanthus kerquelensis, Pringlea antiscorbutica. IN Gefärbte Blüten’ ohne Nektarıen; Limosella aquatica, Montia fontana, Acaena adscendens. IV. Grüne oder wenig gefärbte Blüten ohne Nektarien: Azorella Selago, Juncus pusillus. V. Blüten ohne Schauapparat und Nektarien: Callitriche verna, die 5 Gramineen. Die Arten der ersten 4 Gruppen verteilen sich nach der Blütenfarbe wie folgt: l. mehr oder weniger grün: Juncus pusillus, Colobanthus kerquelensis = 2 Arten. 2. Gelblichgruün: Pringlea antiscorbutica, Azorella Selago —S9 Ten: 1) Ebenso vermutlich auch bei Zyallia kerguelensis. *) Über Uneinia läßt sich vorläufig nichts Sicheres sagen. 338 Deutsche Südpolar-Expedition. 3.HGlelb:: Ranunculus biternatus, Ranuneulus trullifolius, Ranuneulus Moseleyi, Cotula plumosa = 4 Arten. A. Wse.iußr Montia fontana, Galium antarcticum —ESIENTtEen? 5 Rot: Acaena adscendens, Tillaea moschata —Zo Ten: be Vakorkeruit: Limosella aquatica — SFT Es ergibt sich hieraus ein starkes Überwiegen der gelben Blütenfarbe. Dieses würde noch mehr hervortreten, wenn wir zu den vier Arten der Gruppe 3 die zwei unter Gelblichgrün aufgeführten Formen hinzuzählten, was wohl angängig wäre. Bei Pringlea sowohl wie bei Azorella ist die Blumenkrone entschieden in Reduktion begriffen (siehe weiter vorn unter den betreffenden Arten) und bei beiden Arten wirkt namentlich das Androeceum nicht unwesentlich als Schauapparat mit. So treten die Blüten von Azorella als gelbe, über das Tiefgrün des Polsters zerstreute Tupfen !) auffallend in die Erscheinung. Unter den grönländischen Insektenblumen ist nach WArmınG der Artenzahl nach die weiße Farbe am häufigsten vertreten, darauf folgt erst Gelb und Weißgelb. Es ist dieselbe Reihenfolge, wie sie z. B. auch MıDDENDoRF in Sibirien antraf und wie sie auch für Mitteleuropa gültig ist ?). Auch SCOTTSBERG stellt für Feuerland das Überwiegen der weißen Blütenfarbe fest, während auch hier Gelb an zweiter Stelle steht °). Bei der geringen Gesamtzahl der Arten der Blütenpflanzen Kerguelens brauchen wir dem Vorherrschen der gelben Blütenfarbe gegenüber der weißen keine besondere ökologische Bedeutung beizumessen; es kann zufällig durch historische Momente bei der Entstehung der Kerguelenflora mit bedingt sein. Wir sind um so eher zu letzterer Annahme berechtigt, als überhaupt eine verschiedene Wirkung weißer und gelber Blütenfarbe bei ganz ein- fachen Blumeneinrichtungen auf den Besucherkreis nicht zu konstatieren ist *), demnach die öko- logische Bedeutung beider Farben hier als gleichwertig zu betrachten ist. !) Vgl. Fig. 8 auf S. 165 dieses Bandes. ?) Lorw: Blütenbiologische Floristik S. 114. °) SKOTTSBERG: Feuerländische Blüten S. 58. ) Vgl. MÜLLER, H.: Alpenblumen S. 481 u. 482, WeERrTH, Vegetation. £ Gelb ist neben Weiß überall die vorherrschende Farbe bei Blumen niederer An- passungsstufet). Um solche handelt es sich aber bei den Kerguelenpflanzen, d. h. um Pollen- blumen oder Blumen mit ganz oder fast freiliegendem Honig. Das sind die Allotropen Blumen nach Zoew ?), die Blumenklassen Po, A und AB nach Herım. MÜLLER °). Nur Cotula plumosa kann als eine hemitrope Blumengesellschaft bezeichnet werden (Klasse B' nach H. MÜLLER), sofern sie noch imstande ist, Honig abzusondern. Es lassen sich danach für Kerguelen folgende Blumenklassen unterscheiden: BEBilnimen ohne, Honic (Bollenblumen): Callitriche verna, Limosella aquatica, Montia fontana; Juncus pusillus, Acaena adscendens, Azorella Selago. 2. Blumen mit offenem oder wenig verstecktem Honig: Colobanthus kerguelensis, Pringlea antiscorbutica *), Tillaea moschata, Ranunculus biternatus, Ranunculus trullifolius, Ra- nunculus Moseleyi, Galium antarcticum. 3. Blumen(gesellschaften) mit verborgenem Honig: Cotula plumosa*). In dieser Zusammenstellung sind die weiter vorn als vorwiegend auf Insektenbesuch ange- wiesenen Arten gesperrt gedruckt. Man sieht daraus, daß diese mit der höheren Stufe der Blumen - klasse zunehmen. In der dritten Klasse machen sie 100%, in der zweiten 71%, und in der ersten nur 16,6%, der Gesamtzahl aus. In dieser letzteren Klasse sind allerdings die drei ersten Arten nicht wohl gut als Pollenblumen zu bezeichnen: die geringe Menge Pollen, welche Callitriche in der einzigen Anthere jeder Blüte darbietet, wird kaum eine besondere Anziehung auf pollensam- melnde und -fressende Insekten ausüben können, ebensowenig wie dies in den Blüten der Zemna- Arten der Fall ist, die nach meiner Ansicht eine ähnliche Anpassungsstufe repräsentieren (siehe weiter vorn unter Callitriche). Limosella aquatica und Montia fontana haben; abweichend von typischen Pollenblumen, deutlich zygomorphen Blütenbau; sie scheinen mir dadurch zu bekunden, daß sie von höher organisierten Blumenformen abstammen und reduzierte Formen darstellen. Sie haben die Fähigkeit der Honigproduktion verloren, ihre Blüten verkleinert und auch ihre Vege- tationsorgane bis zur Zwergwüchsigkeit reduziert, dafür aber die Fähigkeit regelmäßiger spontaner Selbstbestäubung erworben. Letztere scheint mir auch der Haupteflekt zu sein, welcher durch die Blüteneinrichtung von Callitriche in der auf Kerguelen vertretenen Landform erreicht wird. Nicht zum mindesten wohl dieser Fähigkeit verdanken die drei Arten ihre kosmopolitische Ver- breitung, indem sie dadurch in hohem Maße der Konkurrenz mit anderen Pflanzen entzogen sind. Als ein Ausdruck der Einfachheit der Blüteneinrichtungen Kerguelens mag es auch anzu- sehen sein, daß in ihnen keine Schutzmittel von Pollen, Narben und Honig gegen Regen ausgebildet sind. Selbst bei stürmischem Regenwetter fand ich im Freien die Blüten offen bei: Galium ant- !) Vgl. z. B. Knurm: Blumen und Insekten auf den nordtriesischen Inseln, $. 7 u. 188-189. Mütter, H.: Alpenblumen, S. 477 fl. i 2) Lorw: Blütenbiologische Floristik S. 388 ff. ®) Mürter, H.: Alpenblumen S. 477 fi. *) Für Pringlea und Cotula ist bei dieser Zusammenstellung angenommen, daß die vorhandenen Nektarien auch noch die Fähigkeit besitzen, Honig auszuscheiden. 340 Deutsche Südpolar-Expedition. arctieum, Acaena adscendens, Ranunculus biternatus, Callitriche verna, Cotula plumosa, Tillaea mo- schata, Ranuneulus trullifolius. Bei Azorella Selago und Pringlea antiscorbutica, welche beide nicht speziell daraufhin beachtet wurden, scheint mir irgendein Schutz von vornherein ausgeschlossen, da bei ersterer die Kronblätter schon von Anfang an gekräuselt und gebräunt, bei letzterer die- selben aber zu klein sind. Immerhin mögen die Blüten der Kerguelenpflanzen auf diese Weise bei dem oft außerordentlich raschen Witterungswechsel auf der Insel besser geeignet sein, jede gute Viertelstunde auszunutzen, als wenn ihre Blüten mit schwerfälligen Schließ- und Öffnungs-Ein- richtungen ausgerüstet wären. Im gewissen Einklang hiermit steht auch die Tatsache, daß manche Kerguelenpflanzen bis tief in den Winter hinein blühen (Tllaea, Cotula; siehe im Teil I dieser Ab- handlung). Auch das Insektenleben ist auf Kerguelen keineswegs im Winter erstorben. SKOTTSBERG !) bezeichnet unter anderen Gattungen der feuerländischen Flora: Azorella, Colo- banthus, Crassula (Tillaea), Galium, Montia, Ranunculus als wahrschemliche Fliegenblumen. Insofern als Fliegen überhaupt die vorwiegenden Besucher allotroper Blumenformen sind ?), mag diese Vermutung ja zutreffen. Ob aber, zumal bei den auch auf Kerguelen vorkommenden ge- nannten Gattungen, speziellere bestimmte Anpassungen an Fliegen auftreten, ist eine andere Frage. Bei Tillaea und den drei Ranunculus-Arten könnte der für Menschen unangenehme Geruch als eine solche gedeutet werden. Was dagegen die Färbung der Kerguelenblumen angeht, so könnte wohl am ersten die unter den eben angeführten Gattungen nicht genannte Acaena mit dunkel- karminfarbigen Blüten als Fliegen-(Dipteren-)Blume im Sinne Herm. MÜLLERS °) gedeutet werden. Warning *) konstatiert für die grönländische Flora eine Beziehung zwischen Insektenblütig- keit und vegetativer Vermehrung. ‚Je mehr, sagt er, in dem insektenarmen Grönland eine Art entomophil ist, desto mehr paßt sie sich der Vermehrung auf vegetativem Wege an, während die autogamen Pflanzen diese Art der Fortpflanzung entbehren können und tatsächlich auch ent- behren.‘““ Für Kerguelen läßt sich etwas Ähnliches nicht feststellen. Hier sind auch die kleisto- gamen Wasserformen von Ranunculus Moseleyi und trullifolius ebenso durch Ausläuferbildung ausgezeichnet, wie der einer kleistogamen Form entbehrende Ranuneulus biternatus, oder die nur gelegentlich autogamen Tillaea und Cotula, welche sich in ähnlicher Weise vegetativ vermehren. Es wird auf Kerguelen auch regelmäßige Autogamie, wie bei Limosella, noch durch vegetative Fortpflanzung unterstützt. ©. Die Insektenfauna von Kerguelen, den Crozet-Inseln und Heard-Eiland in ihrer Beziehung zur Blumenwelt. Wenn auch, wie vorn hervorgehoben wurde, keine der Kerguelenblütenpflanzen ganz und gar auf Fremdbestäubung durch Wind oder Insekten angewiesen ist, so setzen doch mindestens die vorwiegend oder doch wesentlich auf Insektenbesuch angewiesenen, 35 % der Gesamtzahl aus- !} SKOTTSBERG: Feuerländische Blüten S. 60. °*) Mürzer, H.: Alpenblumen $. 482 u. folgende. ®) Siehe Mürter, H.: Alpenblumen $. 497, *) Nach Low: Blütenbiologische Floristik S. 116 u. 117. Werrn, Vegetation. 341 machenden Arten eine entsprechende Insektenfauna auf der Insel voraus. Sehen wir also jetzt zu, ob diese Voraussetzung zutrifft. Kerguelen beherbergt 52 endemische Insekten - Arten und Varietäten !). Hiervon scheiden für unsere Betrachtung zunächst 13 parasitisch, vornehmlich auf Seevögeln lebende Arten (1 Floh, 1LausundllFederlinge) aus. Kaum für uns in Betracht kommen auch die durch 8 Arten vertretenen, unter Moos und in lockerem Erdreich lebenden Collembolen, sowie eine Psocide (Staub - laus). Außer diesen, auch sonst flügellosen Insektengruppen, sind auf Kerguelen auch die Vertreter anderer Gruppen zu einem sehr großen Teile infolge fehlender oder verkümmerter Flügel flug- unfähig. Dies gilt zumal auch für die Käfer, von welchen 10 Arten und 5 Varietäten vorkommen. Sie führen meist ein verborgenes Dasein unter Moos, Steinen und dergleichen; sie dürften daher wohl nur als zufällige Blütenbesucher in Frage kommen. So berichtet SCHIMPER?), daß er auf Kerguelen ein paarmal einen schwarzen Rüsselkäfer auf den Azorella-Polstern gesehen habe. Daß solche zufällig auch auf die Blüten gelangen und dabei den Pollen von einer Blüte auf eine andere übertragen können, liegt auf der Hand. Auch die zu den Microlepidopteren (Motten) gehörenden Schmetterlinge Kerguelens — 2 Arten und 1 Varietät — scheinen als Imagines ein sehr verstecktes und wohl auch sehr kurzes Leben zu führen. Denn obwohl, wenigstens von der einen Art (Pringleophaga kerquelensis ENDERL.) die Raupen recht häufig angetrofien wurden, kamen uns doch die ausgebildeten Tiere nur sehr selten zu Gesicht. Da die Larven dieser Art vornehmlich und sehr reichlich an und in den nieder- liegenden Stämmen von Pringlea antiscorbutica leben und sich dort auch verpuppen, so mag es leicht vorkommen, daß die ausgekrochenen Schmetterlinge, welche nur reduzierte schmale und zugespitzte Flügel aufweisen, an den Blütenständen in die Höhe klettern und Pollen von Blüte zu Blüte verschleppen. Die andere Art (Embryonopsis halticella) wurde von VANHÖFFEN in mehreren Exemplaren an Acaena adscendens sitzend angetroffen °), ob etwa zufällig auf den Blütenköpfchen oder überhaupt auf blühenden Exemplaren, wird nicht berichtet. Von der Deutschen Südpolar-Expedition wurde auch eine Ameise auf Kerguelen gefunden, doch ist es vielleicht nicht ausgeschlossen, daß die Art eingeschleppt wurde. Sonst sind Aymeno- pteren auf der Insel nicht vertreten. Dagegen weist die Ordnung der Dipteren dortselbst eine Reihe recht bemerkenswerter Mitglieder auf. Die größeren Arten (6) haben mehr oder weniger stark verkümmerte Flügel und sind flugunfähig, die kleinen (2) sind jedoch mit vollkommenen Flügeln ausgerüstet. Von den ersteren sind Anatalanta aptera EAToN und Calycopteryc Moseleyi EATON zwei häufige und auffallende, im Habitus an Ameisen erinnernde Formen. Letztere lebt in Menge in den Blattköpfen der Pringlea, wurde aber nie auf den Blütenständen beobachtet. Auch Ana- talanta scheinen, nach einigen angestellten Versuchen, Blumeninstinkte vollständig abzugehen. Wichtiger ist die kleinere Amalopteryxc maritima EATon, welche, wenngleich sie auch ihre sensen- förmigen Flügelrudimente nicht benutzen kann, doch viel lebhafter ist und weite Sprünge aus- zuführen vermag. Diese Fliege findet sich äußerst zahlreich in der Strandregion und spielt gewiß 1) ENDERLEIN, G.: Die Insekten des antarktischen Gebiets. Bd. X dieses Werkes, S. 361—528. (Insektenfauna von Kerguelen: S. 411—467.) — Chun, K.: Aus den Tiefen des Weltmeeres. Jena 1900. S. 244-245, 2) SCHENCK 2.2. 0. S. 5l. 3) ENDERLEIN a. a. O. S. 426. Deutsche Südpolar-Expedition. VII. Botanik, 44 342 Deutsche Südpolar-Expedition. bei der Bestäubung der Strandpflanzen Kerguelens (Tillaea, Ranuneculus trullifolius und Cotula) keine unbedeutende Rolle, wenn auch bei ihr ein ausgesprochener Blumeninstinkt nicht wahr- zunehmen ist. Sie wurde auf den Blüten der drei genannten Strandpflanzen beobachtet (vgl. vorn bei den betreffenden Arten). Noch kleiner als Amalopteryx ist Chrysotus kerquelensis ENDERL.; diese neue Fliegenart hat vollentwickelte Flügel, sie wurde von mir nur in einem Exemplar ge- sammelt, und weiß ich über ihre Lebensweise nichts anzugeben. Wichtig für die Blütenpflanzen Kerguelens ist ohne Zweifel die kleine Mücke Limnophyes pusillus Eaton, welche bei ruhigem Wetter in großen Schwärmen umherfliegt und allem Anschein nach Blumenhonig wohl zu schätzen weiß. Sie wurde wiederholt auf Tillaea moschata (siehe 8. 316 u. 317) beobachtet, auch auf einem Blütenköpfchen von Acaena sah ich sie einmal. Neu für Kerguelen ist auch ein Vertreter der Blasenfübße: Thrips brachycephala ENDERL. Die Blasenfüße suchen bei uns sowohl Blütenstaub als Honig auf und zählen zu den häufigsten Blütenbesuchern. „Obwohl diese winzigen aber äußerst tätigen Tierchen gewiß nur zufällig Blüten- staub auf die Narben übertragen und im Vergleich zur Anzahl ihrer Besuche nur ausnahmsweise Fremdbestäubung bewirken, so ist doch bei ihrer ungemeinen Häufigkeit ihre Wichtigkeit für die Befruchtung nicht zu unterschätzen“ '). Wieweit dem Blasenfuße auf Kerguelen eine ähnliche Rolle zukommt, läßt sich vorläufig nicht angeben. Das Tier wurde von Prof. VANHÖFFEN nur in einem Exemplar entdeckt und gesammelt und über die Lebensweise nichts festgestellt. Das letztere gilt wohl auch für eine früher (1876) von Kerguelen beschriebene ‚kleine geflügelte Zimpherüde (Rhyopsocus eclipticus HaG.). Von den vorwiegend Blumen besuchenden Insektengruppen (Dipteren, Hymenopteren, Lepi- dopteren) sind also nach dem Vorhergehenden nur die erstgenannten noch in größerer Artenzahl auf Kerguelen vorhanden; wie auch die Fauna der Heard- und Possession-Insel uns gleich be- stätigen wird, gehen also diese in größter Artenzahl am weitesten von den genannten Gruppen nach Süden. Es ist dies dasselbe Verhältnis, wie es auch im Norden des Erdballes statthat 2). Die Insektenfauna der Heard-Insel?) stellt eine sehr reduzierte Ausgabe derjenigen Kerguelens dar. Es sind bis jetzt im ganzen 7 Insektenarten von der Insel bekannt, und zwar 2 Käfer, 3 Fliegen und 2 Collembolen. Reicher und eigenartiger ist die Fauna von Possession-Eiland der Crozet-Gruppe ?). Es sind hier 11 Käfer, 1Motte,3 Fliegen, 1 wanzenartiges Insekt, 1 nicht näher zu bestimmende Thysanopteren-Larve und 4 Collembolen gefunden worden. 1) Mürter, H.: Blumen und Insekten. Leipzig 1873. 8. 40. 2) Vgl. die Zusammenstellung bei Lorw: Blütenbiologische Floristik S. 120. 3) Enperrtein, G.: Die Insekten des antarktischen Gebietes. Deutsche Südpolar-Expedition 1901—1903, X. Bd., Zoo- logie, II. Bd., Heft 4, S. 361—528 (S. 468—470: Die Insektenfauna der Heard-Insel). VAnHÖörrEN, E.: Tiere und Pflanzen der Heard-Insel. Deutsche Südpolar-Expedition 1901—1903, II. Bd., Geographie, Heft 3, S. 265—271. %) ENDERLEIN a.a. 0. S. 368—410. Vannörren, E.: Biologische Beobachtungen, Veröffentlichungen des Instituts für Meereskunde Heft 2. Berlin 1902, S. 43 u. 44. Vannörren, E.: Die Tiere und Pflanzen von Possession-Eiland (Crozet-Gruppe). Deutsche Südpolar-Expedition 1901--1903, IL. Bd., Heft IV, S. 335—343. WertH, Vegetation. 345 Die Motte ist eine der Kerguelenart nahestehende Pringleophaga, bisher nur als Larve bekannt. Von den 3 Fliegen hat die häufigste, Listriomastax Iitorea EnDERL., bemerkenswerterweise normal entwickelte Flügel. ‘Sie hat ungefähr dieselbe Größe (3—3% mm Körperlänge) wie Amalopteryx von Kerguelen und scheint eine ähnliche Lebensweise zu führen. Die beiden anderen Fliegenarten haben nur winzige Flügelrudimente. Gänzlich flügellos ist die Wanze Phthirocoris antarcticus ENDERL. Außer etlichen Milben (und Zecken) kommen auf Kerguelen und CrozetvonArachnoiden je zwei Spinnenarten vor, von denen Myro kerguelensis CAMBR. sehr häufig ist und daher möglicher- weise an der Bestäubung bodenblütiger Pflanzen einen zufälligen Anteil hat. Ausgeschlossen er- scheint es ferner auch nicht, daß die auf Kerguelen wie Possession-Eiland vorkommende kleine Schnecke Patula Hookeri ReEvE bei solchen Pflanzen gelegentlich Kreuzung vermitteln kann. S Ri * Aus dem soeben gegebenen Überblick über die Insektenfauna von Kerguelen wie der Urozets und der Heard-Insel ist ersichtlich, daß diesen Inseln speziell an Blumennahrung angepaßte In- sekten fehlen, daß aber eine ganze Anzahl von Arten vorkommen, welche mehr oder weniger gelegent- lich und zufällig Kreuzung der Blütenpflanzen der Kerguelenflora bewirken werden. Ihre Tätigkeit wird vielleicht nicht hinreichend sein, um den vorwiegend auf Insektenbesuch angewiesenen Blumen- arten einen vollen Ersatz für die bei diesen nur gelegentlich mögliche spontane Selbstbestäubung zu gewähren, aber sie wird nach unseren bisherigen Erfahrungen wohl imstande sein, diesen Pflanzen eine hinreichende Nachkommenschaft zu sichern sowie den mit regelmäßig wirkenden autogamen Einrichtungen versehenen offenblühenden Arten eine gelegentliche, für die Erhaltung der Art vor- teilhaft erscheinende, Kreuzbefruchtung zu bewirken. Ich möchte hier nochmal besonders darauf hinweisen, daß die Wuchsverhältnisse der Kerguelenpflanzen hervorragend geeignet sind, auch trägen und flugunfähigen Insekten die Möglichkeit eines Blütenbesuches zu gestatten und sie mit Erfolg als Kreuzungsvermittler tätig sein zu lassen. Bei mehreren Arten — Ranunculus trullifolius, Ran. Moseleyi, Limosella aquatica — kommen die kleinen Blüten direkt aus dem Boden heraus, bei Tillaea bedecken die Blüten unmittelbar einen dichten, dem Boden flach aufliegenden Rasen, bei Azorella, Lyallia (und auch wohl Colobanthus) sind die Blüten über ein ganz dichtes Polster ver- streut. Bei den Pflanzen aber mit mehr oder weniger hochstehenden Blüten — Cotula, Acaena, Pringle« — sind die Einzelblüten zu dichten Ständen vereinigt. Wir kommen mithin zu dem Ergebnis, daß eine wirkliche Disharmonie in dem Verhältnis zwischen Blumeneinrichtungen und Insektenvorkommen auf Kerguelen nicht besteht, daß auch hier, trotz der unendlich viel stärkeren Reduzierung des Insektenlebens, genau wie es Low auch für die arktischen Gebiete annehmen zu müssen glaubt !), die blumenbesuchenden Insekten nur bis zu derjenigen unteren Grenze abgenommen haben, bei der die Existenz der entomophilen Pflanzen gerade noch möglich ist. Wie es LoEw nun für die Arktis tut, so möchte ich auch für Kerguelen die Ansicht zurückweisen, daß der erhebliche Mangel an Insekten von Einfluß auf die Neuaus- bildung autogamer Blumeneinrichtungen gewesen sei. Denn wie „Rückschritte der Blumenan- 1) Blütenbiologische Floristik S. 119 fi. 44* 344 Deutsche Südpolar-Expedition. passung ohne gleichzeitige Wirkung anderer Faktoren als des Insektenmangels zustande gebracht werden sollen, ist nicht einzusehen, da ausbleibender Insektenbesuch den Fruchtansatz und dem- nach auch die Vererbung und Fixierung neuerworbener Eigenschaften verhindert‘ !). Wohl aber kann die Insektenarmut die indirekte Veranlassung gewesen sein zur Weiterbildung autogamer Anlagen und von wesentlichem Einfluß vor allem auf die Auswahl von mit autogamen Einrich- tungen versehenen Pflanzenarten bei der Entstehung der heutigen Flora teils aus den Resten einer älteren Flora, teils aus den etwa neu eingewanderten Arten. In diesem Zusammenhange ist es be- sonders interessant zu sehen, wie die Autogamie auf Kerguelen am stärksten ausgeprägt ist einer- seits bei den endemischen Arten ?), andererseits bei denjenigen der nicht endemischen Formen, welche die weiteste Verbreitung haben (Montia, Limosella). Die soeben geäußerte Ansicht setzt natürlich voraus, daß die Insektenwelt einem direkten Einflusse der klimatischen Verhältnisse in höherem Maße unterliegt, als die Blütenform der Pflanzen. Dieses aber ist von vornherein anzunehmen und dünkt uns für Kerguelen besonders wahrscheinlich, wenn wir in der Flügellosigkeit der meisten Insekten der Insel eine „Anpassung an das Leben in einer sturmdurchbrausten Region“) erblicken. D. Die Ursachen der Kleistogamie auf Kerguelen. Unter den Bestäubungseinrichtungen der Kerguelenpflanzen sahen wir de Kleistogamie eine verhältnismäßig sehr große Rolle spielen. Wir sahen sie in Funktion treten sowohl bei insekten- blütigen wie bei windblütigen Gruppen. Da außerdem hier bei der Kerguelenflora der seltene Fall vorliegt, daß wir über die Bestäubungseinrichtungen sämtlicher Blütenpflanzen®) orientiert sind, wir außerdem die klimatischen und örtlichen Verhältnisse, soweit sie auf die Pflanzenwelt ein- wirken, ziemlich gut verstehen können, und das Klima innerhalb des beschränkten Gebietes der Insel von Ort zu Ort an sich nicht sehr verschieden sein kann, so dürften damit die Verhältnisse besonders günstig liegen zur Feststellung der Ursachen der Kleistogamie. Man hat, worauf GOEBEL in einer größeren, kritischen Arbeit ®) hingewiesen hat, die Ausbildung kleistogamer Blüten teils auf direkte äußere Einflüsse: Klima, Licht, Boden, Ernährung usw. zurückgeführt, teils hat man sie als eine durch natürliche Zuchtwahl zustande gekommene Anpassung betrachtet. Maßgebend für letztere Auffassung ist es gewesen, daß man in der unter bestimmten Voraussetzungen auftreten- den Kleistogamie eine vorteilhafte Einrichtung für die betreffenden Pflanzen erblicken zu müssen glaubte. Es ist nun unsere Aufgabe, zunächst die auf Kerguelen vorkommenden Fälle daraufhin zu prüfen, ob unter den obwaltenden Verhältnissen die Kleistogamie vor der Chasmogamie der betreffenden Pflanze einen sichtbaren Vorteil bietet. Für die unter Wasser wachsenden Ranunculus-Arten, R.trullifolius und R. Moseleyi, ist zunächst klar, daß einÖffnen der Blüten unter Wasser für sie keinen Vorteil bieten könnte, da sie weder durch Insekten noch etwa durch den Wind eine gegenseitige Bestäubung erfahren könnten. Andererseits !) Low a.a.0. 8. 119. *) Siehe weiter vorn. 2) Cuun 2.2.0. S. 244. *) Mit Ausnahme von Uneinia compacta, (vgl. S. 335, Anm. 2). 5) GOEBEL, K.: Die kleistogamen Blüten und die Anpassungstheorien. Biologisches Zentralblatt 24. Bd., 1904, 8. 673 fi. Wert, Vegetation, 345 ist nicht von der Hand zu weisen, daß in der unter Wasser geöffneten Blüte leicht sowohl die Narben wie besonders der Pollen eine Beschädigung und Verminderung der Lebensfähigkeit erfahren könnten. Da A. trullifolius seine Blätter bis auf oder über den Wasserspiegel hebt, könnte man auch dieses für die Blüten erwarten; doch ist klar, daß damit mindestens ein erheblich größerer Aufwand an Baumaterialien verbunden wäre. Ich glaube damit leuchtet ein, daß ein unver- Ikennbarer Vorteil für die beiden Ranunculus-Arten resultiert, wenn sie, im Wasser wachsend, sich kleistogamer statt chasmogamer Blüten bedienen. Ähnliches dürfte auch für Montia fontana zutreffen, welche, wie wir sahen, an offenen Standorten chasmogame, zur Fremdbestäubung geeignete, im Schatten üppiger Acaena-Vegetation jedoch kleistogame Blüten erzeugt. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß hier die versteckten Blüten, auch wenn sie geöffnet wären, Insektenbesuch erhalten würden. Am offenen Standorte jedoch dürfen sie letzteren auch bei der Insektenarmut Kerguelens wohl gelegentlich erwarten können. Für die Blüten des schattigen Standortes ist jedoch mit der Nichtentfaltung der Blüten ein Vorteil inso- fern verbunden, als sie eine Materialersparnis mit sich bringt. Fassen wir nun zunächst für die Ranunculus-Arten und Montia die Möglichkeit direkter Be- einflussung durch äußere Verhältnisse und dadurch bewirkter Kleistogamie ins Auge, so führt GOEBEL ganz allgemein „unzureichende Ernährungsverhältnisse“ als direkte Ursache der Kleisto- gamie an. Da machen nun die drei genannten Pflanzenarten von Kerguelen mit der überaus üppigen vegetativen Entwickelung bei den Wasser- bezw. Schattenformen nicht den Eindruck unzu- reichender Ernährung. Im Gegenteil sehen diesen gegenüber die chasmogamen Exemplare lichter, offener Standorte aus wie wahre sogenannte Hungerformen; und es ließe sich auch denken, daß die offenen, sonnigen, dem Winde ausgesetzten Plätze infolge Austrocknung des Untergrundes weniger ergiebig an Bodennährstofien seien, als ein schattiger Platz oder der schlammige Grund der Ge- wässer. Nun könnte man einwenden, daß der mangelhafte Lichtzutritt an den letzteren Plätzen doch eine unzureichende Ernährung im Gefolge haben müsse. Wenn dies jedoch in der vegetativen Sphäre, wie wir gesehen haben, mit nichten in die Erscheinung tritt, so könnte es um so mehr auf die Entwicklung und Entfaltung der Blüten einwirken, da für diese jetzt neben dem äußeren un- günstigen Faktor noch ein innerer hinzutritt, indem am dunkleren Standorte (Schatten, Wasser) um so mehr Nährstoffe für die Blattbildung verbraucht würden, und so die Blüten doppelt zu kurz kämen. Die Vergrößerung der Blattorgane an minder beteuchteten Standorten, wie sie bei den drei ge- nannten Arten von Kerguelen in hohem Maße vorkommt, ist zweifellos wieder ein großer Vorteil für die Pflanze. Wir hätten also hier mit einem Schlage zwei „zweckmäßige‘“ Reaktionen auf ein und denselben äußeren Einfluß bei den genannten Pflanzenarten vor uns. Beides als direkte An- passungen hinzunehmen, d. h. als unmittelbare, nur zufällig nützlich wirkende Folge äußerer Ein- wirkung aufzufassen, ist schwer. Dazu kommt aber noch etwas anderes. Erinnern wir uns jetzt der anderen Gruppe kleistogamer Pflanzen auf Kerguelen, der Gräser, so sahen wir bei ihnen ein Auftreten und eine Zunahme der Kleistogamie mit der Exposition des Standortes unter denselben allgemeinen klimatischen Verhältnissen. Das heißt, die Kleistogamie ist bei den Gräsern ausgeprägt, welche die windigsten und daher auch offensten und lichtesten Standorte bevorzugen. Es ist das umgekehrte Verhältnis wie bei Montia und Ranuneulus. Hier viel Lieht und offene Blüten, dort viel Licht und geschlossene Blüten unter genau denselben all- 346 Deutsche Südpolar-Expedition. gemeinen klimatischen Verhältnissen ! Mir scheint, solche Tatsachen sind nicht gut vereinbar mit der Anschauung, daß die Kleistogamie direkt durch unzureichende Ernährungsverhältnisse bedingt sei. Oder wir müßten denn zuvor annehmen, daß verschiedene Pflanzen infolge verschiedener innerer Organisation gänzlich verschieden durch äußere Verhältnisse direkt beeinflußt würden, daß auf die eine das als unzureichende Ernährung einwirke, was auf die andere als das Gegenteil davon sich bemerkbar mache. Ist dem aber so, dann scheint mir die Hauptfrage, deren Beantwortung das ganze Phänomen aufzuhellen geeignet scheint, nunmehr die zu sein: wie kommt die Organi- sation zustande, welche bei der einen Pflanze auf diesen, bei der anderen auf jenen äußeren „Reiz“ mit Kleistogamie reagiert ? Wenn ich jetzt daran erinnere, daß wir feststellen konnten, daß bei den sonst windblütigen sräsern bei dem stürmischen Klima der Insel Kerguelen gerade an den exponiertesten Standorten die Kleistogamie von großem Nutzen sein muß, da sie dieselben davor schützt, daß ihr trockner, stäubender Pollen im Momente der Antherenöffnung sofort vollständig und nutzlos weggefegt wird, so dürfte es nicht schwer fallen in der Kleistogamie eine indirekte, durch natürliche Zuchtwahl im Darwinschen Sinne zustande gekommene Anpassung an die, an gewissen Standorten noch er- heblich gesteigerten, für Fremdbestäubung ungünstigen Verhältnisse (Insektenarmut, stürmischer Wind) zu sehen. In diesem Sinne scheint es mir auch wahrscheinlich, daß nicht mangelhafte Ernährung, sondern besonders schwacher Lichtreiz in den einen, sehr kräftiger in den anderen Fällen die Kleistogamie an Stelle der Chasmogamie in die Erscheinung bringt, ganz in Übereinstimmung mit den Resultaten der Versuche von Vöchting !), welche den Einfluß der Beleuchtung auf die Ausbildung kleistogamer Blüten zeigen °). Die Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen dieses Autors lassen auch er- kennen, im Gegensatz zu einer Annahme GoEBEr’s, daß die einzelnen Stöcke derselben Pflanzenart ge- nugsam individuelle Verschiedenheiten unter der gleichen äußeren Einwirkung zeigen, welche als An- grifispunkte für die natürliche Zuchtwahl dienen können ®). Und so sagt auch VöcHring selbst, daß die letztere keineswegs ohne Bedeutung für die Kleistogamie gewesen sei, und meint u. a., daß sich bei solchen Pflanzen, deren kleistogame Blüten in der Gestaltung sich von den anderen noch kaum unterscheiden, „im Laufe der weiteren Entwieklung einst ebenso ausgesprochen kleistogame Blüten, wie wir sie heute bei Viola, Impatiens- und anderen Arten beobachten“, ausbilden mögen. Natürlich kann, wie Vöchrıng hervorhebt, die natürliche Zuchtwahl erst dann eingreifen, wenn die Blüte infolge der Wirkung direkter physiologischer Ursachen eine Gestalt und Funktion an- genommen hat, „die von Nutzen für den Haushalt des Individuums ist und nun durch Selektion erhalten werden kann“. Demgegenüber läßt GoEBEL die Kleistogamie ausschließlich und direkt bedingt sein durch un- zureichende Ernährungsverhältnisse (welch letztere durch ungenügende Zufuhr von Aschenbestand- teilen oder durch mangelhaften Lichtzutritt veranlaßt sein können) und sieht in ihr lediglich Hem- !) Vöchtıng, HERMANN: Über den Einfluß des Lichtes auf die Gestaltung und Anlage der Blüten. Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik Bd. 25. Berlin 1893. S. 149-208. 3 Taf. °) Bei anderen Pflanzen mögen jedoch ganz andere äußere oder innere Einflüsse als Reize zur Hervorbringung der Kleistogamie wirken. ?) Auch GoEBEL selbst führt zahlreiche individuelle Verschiedenheiten in der Gestaltung kleistogamer Blüten an. Wertn, Vegetation. 347 mungsbildungen. Er muß aber zugeben, daß die kleistogamen Blüten sich von den gewöhnlichen, an der Spitze reichblütiger Stände ungemein häufig auftretenden Hemmungsbildungen wesentlich unterscheiden. Im Gegensatz zu diesen letzteren verkümmernden Blüten sind die kleistogamen Blüten dadurch ausgezeichnet, „daß zwar die Entwickelung der Blüte auf einem früheren oder späteren Entwicklungsstadium eine Hemmung erfährt, die Reife der Sexualorgane aber trotzdem eintritt“. Selbst bei Formen, welche regelmäßig kleistogame Blüten hervorbringen, kommen auch derartige „einfache Hemmungsbildungen“, d. h. verkümmernde Blüten, vor, z. B. bei Impatiens noli tangere und Vrola mirabilıs. Es scheint mir darnach doch unmöglich, beiderlei Blütenformen als direkt durch unzureichende Ernährungsverhältnisse bedingt zu betrachten. Warum verhalten sie sich dann nicht gleich? Warum bleiben bei den einen alle Teile in der Entwickelung zurück, während bei den anderen die Ausbildung der Pollenkörner und Samenanlagen trotz der Verkümme- rung anderer Teile bis zur Reife fortschreitet ? Es treten freilich in den kleistogamen Blüten, gegenüber den chasmogamen, keine Neu- bildungen auf, aber neu ist in ihnen die andersartige Entwickelungsfolge der einzelnen Blütenteile, und hierdurch unterscheiden sie sich von den chasmogamen Blüten sowohl wie von den „einfachen Hemmungsbildungen“. Und diese neue Eigenschaft ist in vielen Fällen unter den obwaltenden äußeren Verhältnissen von unverkennbarem Vorteil für die betreffenden Pflanzen, kann daher recht gut als eine Anpassung bezeichnet werden. Eine An- passung aber, die nicht wohl als direkte Folge äußerer Einflüsse aufgefaßt werden kann (daher nicht nur zufällig eine Anpassung ist), wird am besten mit Darwin als eine durch den Kampf ums Dasein erworbene ‚indirekte Anpassung‘ anzusehen sein. Es ist gleich, ob (bei der weiteren Aus- gestaltung der sogenannten pseudokleistogamen Blüten zu morphologisch auch unterscheidbaren „echt“ kleistogamen) !) z. B. die Verkümmerung bestimmter Staubgefäße, welche weniger ge- eignet sind, eine Bestäubung der zuständigen Narbe zu bewirken (die oberen bei Viola, die kürzeren bei Cruciferen) °), aus der Entwicklung der chasmogamen Blüte heraus erklärt werden kann, oder nicht, als direkte Folge äußerer Einflüsse kann sie nicht angesehen werden. Und wenn diese Staub- gefäße „ganz unabhängig von der Frage nach Gebrauch oder Nichtgebrauch zum Verkümmern mehr geneigt sind“, so ist eben damit ein Angrifispunkt für die Fortbildung in dieser Richtung durch natürliche Zuchtwahl gegeben. Und so scheint mir auch die Grundeigenschaft der kleisto- gamen Blüten: die Weiterbildung der Staubblätter und Fruchblätter gegenüber den in der Ent- wickelung oder Entfaltung gehemmten Blütenhüllen, am besten durch Selektion erklärt werden zu können, da diese Eigenschaft, sobald sie einmal auftrat, als nützlich und direkt vererbbar leicht an Umfang gewinnen konnte, gegenüber den „eintachen Hemmungsbildungen“, die mangels Reifung der Geschlechtsorgane den Vorteil direkter Vererbbarkeit nicht besitzen. E. Variabilität der Blüten der Kerguelen-Pflanzen. Die Blüten der Kerguelenpflanzen gehören zu den kleinsten in ihrer Verwandtschaft. Sie sind daneben zumeist auch durch eine geringere Zahl ihrer Glieder ausgezeichnet, gegenüber den typischen Vertretern der betreffenden Familien. Die folgende Aufstellung mag dies zeigen: 1) Habituelle Kleistogamie GoEBEL’S. 2) Meist verkümmern die zuletzt angelegten, manchmal aber die kleineren (,„‚schwächsten“, Crueileren, wo diese zuerst angelegt werden). 348 Deutsche Südpolar-Expedition. Familie Portulacaceae: typisch fünfzählig. Montia fontana auf Kerguelen sehr häufig vierzählig. Familie Caryophyllaceae: typisch fünfzählig. Colobanthus kerquelensis, vierzählig. Lyallia kerguelensis, vierzählig. Familie Ranunculaceae: (Kelch und Krone) meist fünfzählıe. Ranunculus biternatus-Kerguelen, meist vierzählig. Ranuneulus trullifolwus-Kerguelen in der Regel dreizählig. Ranunculus Moseleyi-Kerguelen in der Regel dreizählig. Famile Crassulaceae: meist fünf-, häufig mehrzählig. Tillaea moschata-Kerguelen vierzählig. Familie Rosaceae: meist fünfzählig. Acaena adscendens-Kerguelen vierzählig. Familie Serophulariaceae: typisch fünfzählig. Limosella aquatica auf Kerguelen zuweilen vierzählig. Famile Rubiaceae: vier- bis fünfzählıg. Galium antarcticum-Kerguelen häufiger drei- als vierzählig. Familie Compositae: typisch fünfzählig. Cotula plumosa-Kerguelen vier-, seltener dreizählig. Es geht klar aus dieser Aufzählung hervor, daß die Kerguelenpflanzen gegenüber den typischen großblumigeren Vertretern der betreffenden Familien auch in der Gliederzahl ihrer Blüten reduziert er- scheinen. Unter den Dicotylensind es nur durch besonders weitgehende Übereinstimmung im Blüten- bau aller ihrer Mitglieder ausgezeichnete Familien, die Cruciferen und Umbelliferen, die auf Ker- guelen weder in der Größe noch in der Gliederzahl der Blüten reduziert sind. Im übrigen sind es die durch verwachsenblättrige Krone und seitlich symmetrischen Blütenbau ausgezeichneten Ver- treter der Portulacaceen und Scrophulariaceen, welche naturgemäß am wenigsten stark in der Zahl der Blütenteile eine Reduktion zeigen. Die Kerguelenpflanzen bestätigen mithin den Satz, daß zwischen Blumengröße und Zahl der Blütenteile eine Wechselbeziehung besteht, und mit der Blumengröße auch die Zahl der Blüten- teile sinkt !). Bei den meisten Kerguelenpflanzen konnte aber auch eine, oft nicht unerhebliche, Variabilität in der Zahl der Blütenteile konstatiert werden, welche des weiteren eine Stütze für den eben genannten Satz bietet. Besonderes Interesse bot in dieser Hinsicht Acaena adscendens. HERM. MÜLLER ?) sagt: „Unter den ursprünglich fünizähligen Rosaceen sind die kleinblumigsten vierzählig, aus- nahmsweise sogar dreizählig geworden.“ Zu solchen kleinblumigen Rosaceen zählt auch die Gattung Acaena, und bei der Kerguelenart konnten wir die interessante Wahrnehmung machen, daß die nicht seltenen isolierten — außerhalb des Köpfchens stehenden — Blüten fast regelmäßig eine höhere !) Mürter, H.: Alpenblumen $. 533 u. 534. 2) a.a.0. S. 533 u. 534. WErTH, Vegetation. 349 Zahl der Blütenglieder aufweisen, derart, daß z. B. das in der normalen Blüte in Einzahl vorhandene weibliche Organ bis zur Fünfzahl auftritt usw. Wir gelangten auf Grund dieser Vorkommen zu dem Schluß, daß die Blüten von Acaena ursprünglich (übereinstimmend mit der Mehrzahl der Rosaceen) wahrscheinlich eine größere Zahl ihrer Teile gezeigt und einzeln aus den Achseln von Laubblättern entsprungen seien. ’ Im Zusammenhang mit dem Vorkommen der rein weiblichen Blüten bei Acaena adscendens drängt sich weiter nun auch die Frage auf: Neigen vielleicht kleine, zu enggedrängten Ständen vereinte Blüten zur Getrenntgeschlechtlichkeit? In der Tat geben uns auch un- sere einheimischen Rosaceen Beispiele dafür: bei den Alchemilla-Arten kommen häufig ein- geschlechtliche Blüten vor, bei Poterium sind bereits die meisten Blüten getrenntgeschlechtlich, und die Zwitterblüten bilden die Ausnahme. Eine Reduktion in der Zahl der Blütenglieder mag leicht zu einer gänzlichen Unterdrückung des einen Geschlechts führen, eine Variation, die natürlich nur durch Vererbung und Naturauslese fixiert werden kann, wenn die Pflanze dabei zur Fort- pflanzung kommt, d. h. also, wenn in den einen Blüten das eine, in den anderen das andere Geschlecht unterdrückt wird. Dies würde vielleicht ein Licht werfen auf die Verhältnisse bei vielen Wind- blütlern. Wir sind gewohnt, bei diesen vielfach dichtgedrängte Stände mit kleinen, getrennt- geschlechtlichen Blüten anzutreffen; ich erinnere nur an dieCyperaceen unddieAmenta- ceen. Es wird dieses gewöhnlich als eine Eigenart der Windblütigen hingestellt und die Getrennt- geschlechtlichkeit sogar zuweilen direkt als Beweis für Windblütigkeit hingenommen. Das ist durch- aus irrig. Es sind in der Tat die kleinblütigen, dichtgedrängten Stände, welche bei den Angio- spermen vornehmlich getrenntgeschlechtliche Blüten tragen, und zwar in gleicher Weise bei Wind- wie Insektenblütigen. In bezug auf letztere sei erwähnt, daß schon bei den Com - positen, bei denen die Reduktion der einzelnen Blüten noch nicht sehr weit geht, bereits die Trennung der Geschlechter vielfach durchgeführt ist; dn Amentaceen stehen unter den Insektenblütigen gegenüber die Moraceen mit Fieus, Artocarpus u. a.; ferner seien die durch- aus insektenblütigen Araceen und die ihnen nahestehenden Pandanaceen genannt. Wie dichte Blütenstände, so kann auch bei einzeln stehenden Blüten Verminderung der Größe der ganzen Pflanze, d.h. bei zwergiger Wuchsform der Individuen, die Größe der Blüten und zu- gleich die Zahl der Blütenteile herabdrücken. Wir sahen dieses u.a. bei den Ranunculus-Arten von Kerguelen, zumal Ranunculus Moseleyi, wo die Blütengliederzahl am stärksten reduziert ist. Der spiralige Aufbau, der wenigstens im Androeceum und Gynoeceum bei den größeren Arten der Gattung als typisch gelten kann, ist hier fast vollkommen einer zyklischen Anordnung der Blüten- organe gewichen. Übergangsbildungen zwischen den verschiedenen Formen der Blütenteile, sowie sich durch Zahl und Stellung kundgebende Vertretungen einer Form durch die andere erinnern noch an die ehemalige spiralige Anordnung in der Blüte. Schwankungen in der Form und Stellung der Blüten konnten bei Montia fontana beobachtet werden. Auch hier macht sich, wie wir sahen, häufig eine Reduktion der Zahl der Blütenglieder bemerkbar: die Staubgefäße und Kronzipfel schwanken zwischen fünf und drei. Während nun bei vollkommen strahlig gebauten Blüten Variationen in der Zahl der Blütenteile im allgemeinen keinen Einfluß auf die Gesamtgestaltung der Blüte haben, wird die deutlich bilateral-symmetrische (zygomorphe)Blüte von Montia dadurch in ihrer Form erheblich beeinflußt. Indem nun die Blüten Deutsche Südpolar-Expedition. VII. Botanik. 45 350 Deutsche Südpolar-Expedition. ganz augenscheinlich das Bestreben zeigen, die Symmetrie wieder herzustellen, kommen inter- essante Variationen zustande, welche ein Licht zu werfen scheinen auf die Entstehung zygomorpher Blüten überhaupt (vgl. das bei Montia fontana Gesagte). F. Blüteneinrichtungen einiger auf Kerguelen eingeschleppter und dort vermutlich eingebürgerter Pflanzen. Auf Seite 117 bis 119 dieses Bandes gibt H. ScHENcK '!) eine Liste der von mir auf Kerguelen gesammelten eingeschleppten Phanerogamen. Es sind im ganzen 26 Arten, welche zum größten Teile auf der Insel auch zur Blüte gelangten °). Drei von den Pflanzen: Poa annua L., Stellaria media L. und Cerastium triviale Link, wurden auch von früheren Expeditionen schon gesammelt und können daher mit aller Wahrschemlichkeit als eingebürgert gelten. Das Gleiche dürfte des weiteren auch für Sagina procumbens L. und Anthoxanthum odoratum L. gelten, denn erstere wurde bereits bei der Ankunft unserer Expedition auf der Insel gefunden und letzteres trat in so großer Individuenzahl in der Nähe der Station, dem Schauplatze der früheren englischen Venus-Expedi- tion auf, daß bei diesen beiden an eine Einschleppung durch uns nicht gut gedacht werden kann. Die übrigen Pflanzen wurden meist nur in einzelnen Exemplaren im zweiten Sommer gefunden und sind wohl ohne Zweifel von der Deutschen Expedition selbst eingeschleppt worden. Es dürfte nun ein nicht geringes Interesse haben, im Zusammenhang mit den Feststellungen über die Blüteneinrichtungen der Kerguelenpflanzen auch diejenigen dieser auf der Insel neuestens eingebürgerten Zukömmlinge kennen zu lernen. Wir müssen bei diesen ein ähnliches Überwiegen autogamer Konstruktionen erwarten dürfen wie bei den Kerguelenpflanzen selbst, wenn anders letztere für die Insel wirklich zur Daseinsbedingung gehört. Ich habe es mir nun angelegen sein lassen, auch die genannten eingebürgerten Arten auf Kerguelen blütenbiologisch zu untersuchen, und will das Resultat dieser Untersuchungen im folgenden auszugsweise wiedergeben, zugleich mit einigen der Literatur entnommenen Angaben über das Verhalten derselben Pflanzen in ihrer euro- päischen Heimat. Gramineae. Anthoxanthum odoratum L. In den nach AxELL ausgeprägt proterogynischen Blüten ist nach HILDEBRAND Selbstbestäubung ausgeschlossen. Am ganzen Blütenstande sollen die Antheren erst zwischen den Spelzen hervor- treten und stäuben, wenn die Narben bereits verwelkt sind ®). Hiermit stimmen meine Untersuchungsergebnisse an den auf Kerguelen wachsenden Pflanzen nicht überein. Hier blüten die Blütenstände von oben nach unten ab und die Narben eilten den Antheren in der Entwicklung voraus. So ist der junge Blütenstand zunächst rein weiblich und \) ScHENcK, H.: Die Gefäßpflanzen der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Deutsche Südpolar-Expedition 1901— 1903, VII. Bd., Botanik, Heft 1, S. 97—123. ?) Siehe: Phänologische Beobachtungen an eingeschleppten Pflanzen, S. 175—176 dieses Bandes in WErTH, E.: Die Vegetation der subantarktischen Inseln. I. Teil. Deutsche Südpolar-Expedition 1901—1903, VIII. Bd., Botanik, Heft 1, S. 125—177. »). Knur#: Handbuch I, 2., S. 539. ker Dan En <=. WED OL Me a EEE DEE ZA ZELLEN ENDEN ELDER WeErTH, Vegetation. 351 dadurch Fremdbestäubung durch den Wind begünstigt. Später öfinen sich die an langen, aufrechten, aber schwankenden Filamenten befestigten Antheren und können jetzt sowohl die zuständigen Narben wie auch diejenigen der weiter unterhalb am selben Stande stehenden, noch im ersten Stadium befindlichen Blüten bestäuben. Poa annua L. Über dieses Gras finde ich in der Literatur keine Angaben. Auf Kerguelen öffneten sich die Blütenspelzen bis ungefähr zu einem Winkel von 30°, so dab beiderlei Geschlechtsorgane ganz frei liegen. Die Antheren stäuben eine nach der anderen langsam aus und befinden sich dabei an aufrechten Filamenten oberhalb der Narben der gleichen Blüte, so daß die Bestäubung dieser letzteren unvermeidlich erscheint. Die Endblüte des Ährchens ist meist rein weiblich. Ganz selten scheinen die Zwitterblüten proterandrisch zu sein. Caryophyllaceae. Sagina procumbens L. Homogam; spontane Selbstbestäubung unvermeidlich, da bei trübem Wetter die Blüten ge- schlossen bleiben. In Grönland sind, nach WARMING, die Antheren auch in den geöffneten Blüten in unmittelbarer Berührung mit den Griffeln !). Nach meinen Untersuchungen auf Kerguelen ist die Blüteneinrichtung wie folgt: Honig wird von der angeschwollenen Basis der Staubfäden abgesondert. Schon vor Beginn des Aufbrechens liegen die meist 4 bis 5 Antheren den ebensovielen Narben an und geben beim Öffnen den Pollen direkt an diese ab. Die Blüte ist vollkommen homogam, so daß also regelmäßige sichere Auto- gamie statthat. Später treten die Staubgefäße aus der Blütenmitte zurück, und auch die Narben - äste biegen sich auswärts; es ist also auch bei eintretendem Insektenbesuche Fremdbestäubung kaum irgendwie begünstigt. Cerastium triviale Link. Die Pflanze ist nach Axerr bei Insektenabschluß durch Sichselbstbestäubung fruchtbar ?). Ich fand die Pflanze auf Kerguelen vollkommen homogam oder schwach proterandrisch. Im ersten Falle stehen die Narbenäste bündelartig in der Blütenmitte zusammen, nur mit ihren Spitzen schwach auswärts gekrümmt, wenn die erste Anthere sich öffnet. Die Staubgefäße stehen zunächst in der Peripherie der Blüten, dicht an der röhrig-trichterförmigen Korolle; indem sie sich nun nach- einander öffnen, treten sie in die Blütenmitte und die Antheren kommen in Berührung mit den Narben. Es tritt so also ganz sichere regelmäßige spontane Selbstbestäubung ein. Im zweiten Falle sind beim Öffnen der ersten Antheren die Narbenspitzen noch unaufgerichtet und einwärts gekrümmt; erst später, wenn alle Antheren mehr oder weniger in der Blütenmitte sich befinden, werden die nunmehr gestreckten Narbenspitzen mit Pollen belegt. Zuletzt scheinen die Staub- gefäße wieder nach außen zu treten, und die Blüte dadurch zur Fremdbestäubung geeignet zu werden. Honig wird von den verdickten Basen der Filamente abgeschieden. 1) Knurmm: Handbuch II, 1., S. 181. ®2) MüÜrter, H.: Die Befruchtung der Blumen durch Insekten. Leipzig 1873, S. 184. 45* 352 Deutsche Südpolar-Expedition. Bei schlechtem Wetter fand ich die Pflanze in mehr oder weniger vollkommen geschlossener Blüte sich selbst bestäubend. Stellaria media L. Nach Herm. MÜLLER !) bestäuben sich bei ausbleibendem Insektenbesuche die Narben durch unmittelbare Berührung mit den Staubgefäßen regelmäßig selbst. Da auch in kalter Jahreszeit, wenn keine Insekten fliegen, die Pflanze sich durchaus fruchtbar zeigt, so kann kaum bezweifelt werden, daß die Sichselbstbestäubung erfolgreich ist. Ich selbst fand auf Kerguelen die Pflanze schwach proterandrisch. Wenn die drei (oder seltener vier) Antheren sich geöffnet haben, stehen sie auf senkrechten Fäden, und die drei Narbenäste liegen noch dicht aneinander, nur ihre Spitzen sind schon ganz wenig auswärts gewendet. Später spreizen sich die Narbenäste, und die Staubgefäße neigen sich etwas einwärts, so daß sehr oft eine oder mehrere Antheren den Pollen direkt an eine Narbe abgeben. Zuweilen ist die Proterandrie kaum ausgeprägt und spontane Selbstbestäubung daher noch mehr erleichtert. Honig wird von der verdickten Basıs der Staubfäden abgesondert. * Es ist interessant zu sehen, daß, wie aus den eben mitgeteilten Tatsachen hervorgeht, die auf Kerguelen (vermutlich) eingebürgerten europäischen Gewächse sämtlich die Möglichkeit spontaner Selbstbestäubung besitzen, ja in der Mehrzahl sich regelmäßiger Autogamie bedienen. Sie schließen sich dadurch in ihrer Blüteneinrichtung der eigentlichen Kerguelenflora eng an und bestätigen den Schluß, daß stürmischem Wetter und Insektenmangel am besten durch autogame Blüteneinrich- tungen begegnet wird. 6. Zusammenfassung der Hauptergebnisse der blütenbiologischen Untersuchungen auf Kerguelen. Wie schon im Vorhergehenden wiederholt angedeutet worden ist, sieht A. F. W. SCHIMPER im Winde den maßgebenden Faktor für die Bestäubung der Kerguelenpflanzen ?). Aus unseren Untersuchungen geht unzweideutig hervor, daß diese Auffassung nicht richtig ist. ‚‚Mehrere Arten“, sagt SCHIMPER, „gehören zu Sippen, welche auch anderwärts windblütig sind (Juncaceen, Grami- ‘“ neen, Acaena).“ Wir haben gesehen, daß die Gräser Kerguelens zumeist von dem zu ihrer „Kon- stitution“ gehörenden Windbestäubungsapparate keinen Gebrauch machen und kleistogam sind; Acaena adscendens und Juncus pusillus wurden mit Sicherheit als nichtwindblütige Formen erkannt. Dasselbe gilt für Pringlea, Lyallia, Colobanthus und Azorella, welche SCHIMPER als windblütige Arten bezeichnet, die sich allem Anscheine nach aus insektenblütigen Formen entwickelt haben. Ferner sagt SCHIMPER, daß die Blüten auf Kerguelen entsprechend dem Modus der Bestäubung unscheinbar und grünlich seien. Wir konnten dagegen zahlenmäßig feststellen, daß die vorwiegende Blütenfarbe auf Kerguelen Gelb ist. Wir haben ferner gesehen, daß die Blüten der Kerguelen- pflanzen zum großen Teile durchaus nicht der Lockmittel entbehren, daß selbst Nektarien und !) Befruchtung der Blumen S. 183. ?) SCHENCK, H.: Pflanzengeographie der subantarktischen Inseln S. 51. 979 Werru, Vegetation. byB) Honigausscheidungen keineswegs fehlen. Es muß hierbei noch besonders daran erinnert werden, daß auf der Kergueleninsel auch minder ausgedehnte Schauapparate den Blüten genügen müssen, da sie jeglicher Konkurrenz mit großblumigen Arten enthoben sind. Auch H. ScHEnk !) schließt sich der Auffassung SCHIMPER’S an und glaubt, „daß es sich bei den typischen Kerguelenpflanzen um Blüten handelt, die von Insektenbestäubung zu Windbe- stäubung übergegangen sind“. Wie gesagt entspricht diese Auffassung nicht den durch meine blütenbiologischen Untersuchungen der Kerguelenpflanzen gewonnenen Feststellungen. Es konnte nirgends ein Übergang von Insektenblütigkeit zur Windblütigkeit gefunden, dagegen gerade ein auffallender Mangel an windblütigen Konstruktionen konstatiert werden. Dies ist nicht ein aus einigen flüchtigen Beobachtungen gezogener spekulativer Schluß, sondern das sichere Ergebnis zahlloser sorgfältiger Einzeluntersuchungen. Heben wir nun zum Schluß die Hauptergebnisse unserer Untersuchungen hervor, so lassen sich dieselben in folgende Sätze zusammenfassen: 1. Die hervorstechendste Eigenart in den Bestäubungseinrich- tungen der Blütenpflanzen Kerguelens ist das erhebliche Über- wiegenderAutogamie, und zwartrittdieselbebeidenendemischen Arten mehr in den Vordergrund, als bei den weiter verbreiteten. 2. Es ist auf Kerguelen eine auffallende Armutan windblütigen Einrichtungen zu konstatieren, welche jedoch im vollen Einklang steht mit den klimatischen Verhältnissen der Insel. 3. Die ihrer morphologischen Organisation nach entomophilen Blüten Kerguelens stellen fast durchweg Blumen niederster An- Dassungsstufe dar. Ihre vorherrschende Farbe ist Gelb. Sie sind nur zum geringeren Teile vorwiegend oder doch wesentlich auf Insektenbesuch angewiesen, und bei keiner Art ist gelegentliche Autogamie ganz ausgeschlossen. 4. Speziellan Blumennahrung angepaßte Insekten fehlen den Inseln des Kerguelenbezirkes, doch ist eine Anzahl von Arten vorhanden, welche mehr oder weniger gelegentlich und zufällig Kreuzung der Blütenpflanzen bewirken können. Eine Disharmonie im Verhältnis zwischen Blumeneinrichtungen und Insektenvor- kommen besteht demnach nicht. 5. Die Kleistogamie ist unter den Kerguelenpflanzen sehr ver- breitet. Dieselbe stellt keine durch unzureichende Ernährungs- verhältnisse -bedingte Hemmungsbildung dar, sondern ist als eine im Kampf ums Dasein erworbene vorteilhafte Einrichtung („indirekte Anpassung“) aufzufassen. 6. Die in der Zahl der Blütenteile auftretenden Variationen und die mit der Kleinheit der Blüten der meisten Kerguelenpilan- !) a.a.0. S. 52, Anmerkung 2. 354 Deutsche Südpolar-Expedition. zeneinhergehende Reduktion der Gliederzahlgegenüber den näch- sten Verwandten bestätigen den Satz, daß zwischen Blumen- größe undGliederzahleineWechselbeziehung besteht, und mit der Blütengröße auch die Zahl der Blütenteile sinkt. 7. Auf Kerguelen neuestens eingebürgerte europäische Pilan- zenarten schließen sich durch autogame Blütenkonstruktionen den Bestäubungseinrichtungen der eigentlichen Kerguelenpflan- zen eng an und bezeugen dadurch ihrerseits, daß stürmischem Wetter und Insektenmangel am besten durch Autogamie begegnet wird. H. Fruchtbildung und Verbreitung der Früchte und Samen der Kerguelenpflanzen. Die Fruchtbildung bei den Kerguelenpflanzen entspricht im allgemeinen den aus den Blüten- einrichtungen gezogenen Schlüssen. Bei den Pflanzen mit regelmäßiger spontaner Selbstbestäubung treflen wir gewöhnlich auch eine regelmäßige Fruchtbildung an: Bei Pringlea antiscorbutica ist die Fruchtbildung überaus reichlich. Nur ganz vereinzelt findet man zwischen den Früchten nicht zur Frucht gewordene Blütenreste, sonst sind die Fruchtstände dicht geschlossen. Ebenso fruchtet Oolobanthus kerguelensıs sehr reichlich, Stück an Stück stehen die vollen Fruchtkapseln an der Pflanze. Trockene Blütenreste ohne Fruchtbildung fand ich nur an versteckt stehenden Seitenzweiglein, und scheint es nach meinen Untersuchungen wahrscheinlich, daß hier wenig- stens zum Teil schon die Blüten nicht ganz zur Entwicklung gelangt sind. Desgleichen produ- ziert Montia fontana massenhaft volle Früchte. Auch bei Zyallia kerguelensis bemerkte ich reichlich Früchte. Doch sind hier die Früchte keineswegs über das ganze Polster verteilt, stehen jedoch stellenweise sehr dicht !); da ich neben den Früchten keine nichtfruchtenden Blütenreste fand, so darf angenommen werden, daß ziemlich jede Blüte zur Frucht zu werden pflegt. Bei Acaena konnte ebenfalls voller Fruchtansatz am Köpfchen konstatiert werden. Bei denjenigen der Kerguelenpflanzen, deren Blütenmechanismus nur eine gelegentliche spon- tane Selbstbestäubung infolge besonders günstiger Stellungsverhältnisse der Blüten oder Blüten- organe zuläßt, macht sich auch in der Fruchtbildung eine Unregelmäßigkeit bemerkbar. So ver- merke ich z. B. von einem Azorella-Selago-Polster (am 18. März 1903), daß nur relativ wenige Blüten zu Früchten geworden sind, und zwar meist in derjenigen Partie des Polsters, wo darch die Stellung Selbstbestäubung durch herabfallenden Pollen hauptsächlich ermöglicht gewesen sein muß. Galium antarchcum zeigte zwar im ganzen zahlreiche Früchte, doch hatte oft nur ein relativ kleiner Teil der Blüten Früchte angesetzt. Auch Ranunculus biternatus fruchtete reichlich, doch waren die Fruchtköpfchen (Sammelfrüchte) nicht immer ganz voll, und gelegentlich sogar nur sehr wenige Ovarien geschwollen. Dies entspricht der weiter vorn gegebenen Beschreibung und Deutung der Blüteneinrichtung in bezug auf spontane Selbstbestäubung. Bei Ranuneulus trullifolvus ist gleichfalls öfter in den Fruchtköpfchen das eine oder andere Nüßchen taub. Der reichliche Fruchtansatz auch bei C'otula plumosa und Tillaea moschata ist wohl !) So fand ich z. B. bis 5 Früchte an einer Zweigspitze ! Wertn, Vegetation. 35 nur verständlich, wenn wir uns erinnern, daß wir gerade bei diesen drei Strandpflanzen Insekten- besuch beobachtet haben. Die Strandpflanzen Kerguelens dürften am ehesten Gelegenheit haben, durch Insekten ausgiebige Fremdbestäubung zu erfahren. * n * Im folgenden seien nun die Verbreitungsmittel der Früchte oderSamen der Kerguelenpflanzen besprochen. Die Acaena-Frucht besitzt 4 Stacheln an der Außenseite des Blütenbodens (Taf. XXV, Fig. 25 und 26). Jede Stachel trägt an der Spitze eine unten in Wiederhäkehen aufgelöste, düten- förmige Kappe. Die mit ausgewachsenen Kelchstacheln versehenen Fruchtköpfchen lösen sich nun, an einem vorbeistreifenden Gegenstande anhakend, sehr leicht vom Stiel ab, an dessen Spitze ge- wöhnlich noch die untersten Hüllblätter des Köpichens haften bleiben. Die Wiederhäkchen sind so weich, daß sie, z. B. eingedrungen in unserer Kleidung, beim Losreißen sich zurückbiegen und das Fruchtköpfchen freigeben. Dies ist für die Verankerung des Fruchtstandes auf dem Boden sehr wichtig, wobei man wohl annehmen kann, daß die irgendwo eingedrungenen und so das Köpfchen tragenden Häkchen bei den unausbleiblichen Erschütterungen des Transportes sich leichter bei Zug zurückbiegen, als die frisch die Verankerung besorgenden. Legt man ein Fruchtköpfchen auf den Boden und überläßt es dem heftigen Winde, so wird es auf unbewachsenem, glattem Boden (Rund- höckerterrain) eine ziemliche Strecke flott weitergefegt, wie eine Kugel über den Fels rollend. Eine winzige flache Wasseransammlung im felsigen Boden genügt aber schon, um die Fruchtstände festzuhalten, und auf bewachsenem Boden blieben sie immer gleich stecken. Da ich beispielsweise noch im Oktober (1902) die vorjährigen Fruchtköpfchen zum Teil auf ihren Stielen sitzend, zum anderen Teil aber zwischen den dürren Acaena-Pflanzen haftend vorfand, so scheint der Wind auch nicht imstande zu sein, die Köpfchen abzureißen und fortzuführen. Es kann nach alledem nicht zweifelhaft sein, daß die Acaena-Früchte eine Anpassung an die Verbreitung durch Tiere darstellen. Von der Wirksamkeit der Klettvorrichtung erhält man eine gute Vorstellung, wenn man einen Bestand von Acaena durchstreift hat und dann damit zu tun hat, die an der Kleidung hängen gebliebenen Früchte zu entfernen. Die auf Kerguelen früher einge- führten Kaninchen sowie die von uns mitgebrachten sibirischen Hunde sind im gleichen Maße der Belästigung durch die Acaena-Kletten ausgesetzt. Fruchtköpfe wie Einzelfrüchte kann man in ihrem Pelze, zuweilen in geradezu verblüffender Menge, finden. Dagegen erinnere ich mich nicht ein einziges Mal im Gefieder eines Vogels die Früchte angetroffen zu haben, obwohl sich mir bei Anlegung der Vogelsammlung von Kerguelen reichlich Gelegenheit geboten hätte zu solcher Be- obachtung. Wenn dennoch Dr. Wırr, der Botaniker der Deutschen Station auf Süd- Georgient), Acaena-Früchte an der Brust von Ossifraga gigantea gesehen hat, so muß ich das für eine Ausnahme halten und trotzdem an der Ansicht festhalten, daß die regelmäßigen Verbreiter der Acaena-Früchte nicht etwa von Insel zu Insel fliegende Sturmvögel, sondern Säugetiere sind, in deren Wollpelz die Früchtchen viel leichter als in dem glatten Gefieder der Vögel hängen bleiben. !) NEUMAYER, G.: Die internationale Polarforschung 1882—1883. Die deutschen Expeditionen Bd. II. Hamburg 1890 S. 178. 356 Deutsche Südpolar-Expedition. Eine wesentliche Stütze für diese Ansicht sehe ich in der eigenartigen Verbreitung der Acaena auf Kerguelen, wobei das Häufigkeitsgebiet der Pflanze mit der Häufigkeit der eingeführten Kaninchen daselbst zusammenfällt. Ich habe mich im ersten Teile dieser Abhandlung ($. 141—144 dieses Bandes) ausführlicher hierüber geäußert und kann mich daher hier auf das Gesagte beschränken. Daß auch die Gesamtverbreitung der Acaena adscendens und anderer Arten der Gattung innerhalb des subantarktischen Gebietes keineswegs, wie geglaubt worden ist, die Verbreitung durch See- vögel fordert, wird weiter unten noch erörtert werden. Im Gegensatz zu anderen Galvum-Arten (Galium Aparine L.; @. fuegianum Hook. fil. [Figur siehe bei SKOTTSBERG, a. a. O. 8. 66]), welche klettende Früchte besitzen, hat Galium antareticum, die Art von Kerguelen, glatte Früchte. W ohlausgebildete Haken an den Früchten sind charakte- ristisch für die Gattung Uneinia unter den Cyperaceen (U. compacta R. Br. auf Kerguelen, siehe Fig. 27 auf Tafel XXV). Über die Art der Verbreitung der Uncinia-Früchte dürfte wohl dasselbe gelten, was bei Acaena gesagt wurde. Der lange Stiel des Fruchthakens ist federnd, was zur Be- festigung der Frucht am vorbeistreifenden Tiere sehr dienlich erscheint. Nach Hooker besitzen auch die Früchtchen von Ranuneulus M oseleyi eine hakenförmige Fort- setzung, welche bei der Verbreitung der Pflanze durch Hülfe von Tieren dienlich sein könnte !). Dieser ‚Haken‘ befindet sich jedoch lange nicht bei allen Früchten des Ranuneulus Moseleyi; er besteht aus der welken und dadurch mehr oder weniger gekrümmten Narbe, gibt bei leichtem Druck mit der in den Haken eingeführten Präpariernadel nach und läßt sich mehr oder weniger oerade biegen. Außerdem bricht diese welke Narbe, die bald so, bald anders geformt und gelegent- lich eben auch hakig gekrümmt ist, bei Berührung leicht ab. Von einer Anpassungseintichtung zur Verbreitung durch Tiere kann absolut keine Rede sein. Es ist außerdem interessant, daß gerade diese von den drei Ranunculus-Arten Kerguelens die geringste Verbreitung hat; die Pflanze ist näm- lich nur von Kerguelen bekannt, während die beiden anderen Arten auch im Feuerland, auf den Falklands-Inseln usw. vorkommen. Auch bei der Wasserform von Ranuneculus Moseleyi fand ich die Früchte meist ohne „Haken“. Nach Schineer ?) bilden bei Azorella Selago die persistierenden und erhärtenden Griffel eine kleine Gabel, welche „als Mittel der Beförderung nicht weniger wirksam ist als die Haken der Acaena- früchte“. Figur 9 und 10, Tafel XXV zeigen junge Früchte von Azorella. Wie früher schon (8.318) an- gegeben, sind die Griffel bald gekreuzt, bald gabelartig gespreizt. Sehr zahlreiche unserer einheimischen Umbelliferen besitzen in gleicher Art persistierende Griffel wie Azorella; niemand aber wohl denkt daran. hierin Haft- bezw. Hakvorrichtungen zu erblicken. Es wäre auch dann ganz unverständlich, wie trotz solcher persistierender Griffel und neben denselben noch extra solche Hakenbildungen sich entwickeln konnten, wie wir sie z. B. an den Früchten von Torilis Anthriscus GmEL., Daucus Carota L. und Sanicula europaea L. als wirksame Klettvorrichtungen antrefien. Überdies kann ich mir nicht vorstellen, wie die glatten und geraden Griffel an der Frucht von Azorella Selago ein Festhaken im Gefieder eines Vogels bewerkstelligen sollten. Wenn ScHimPer aber in der weiten Verbreitung der Azorella einen Beweis für die Wirksamkeit der Griffelgabel sieht, so muß ich er- !) Gazelle-Fxpedition, Zoologie S. 133. Auch nach Scrimper haben die Früchte der Ranunkeln von Kerguelen einen Haken. ScHEnk a.a. 0. 8. 69. 2) ScHENcK a. a. 0. 8. 69. Pan 4 j REDET EEE Wartu, Vegetation. 357 widern, daß z. B. Tillaes moschata, welche noch eine viel allgemeinere und weitere Verbreitung als Azorella hat, an ihren Früchten und Samen aber ganz gewiß Klettvorrichtungen wie auch jegliche Mittel zur Verbreitung durch Meeresströmungen oder Wind fehlen. | Wie die sonst bei zahlreichen Doldengewächsen vorkommenden Haken an den Früchten der Umbellifere Kerguelens fehlen, so finden wir auch die bei manchen Kreuzblütlern (Thlaspi, Bis- cutella, Lunaria usw.) an deren Früchten auftretenden Flugvorrichtungen bei Pringlea antiscor- butica auf Kerguelen nicht wieder. Eine normale Frucht von Pringlea enthält etwa 18—23 Samen. Der Mittelrahmen der, bei der Reife an der Spitze und mehr oder weniger abwärts violettrot und darunter gelb gefärbten, Früchte bleibt schließlich allein an der Pflanze, während die Samen und die beiden Klappen herausfallen. Auffallender noch ist das Fehlen einer Flugeinrichtung bei Cotula plumosa, der Komposite Kerguelens, da sonst bei den meisten Korbblütlern eine solche in der Form des Federkelches ausgebildet ist. Eine Verbreitung durch den Wind auf kurze Entfernungen kommt den Früchten von Deschampsia antaretica zu. Wie ich weiter vorn schon auseinandergesetzt habe, spreizen sich bei der Fruchtreife die langen Äste des rispenartigen Gesamtblütenstandes, und indem schließ- lich der ganze Fruchtstand sich von der Pflanze loslöst, kann er vor dem Winde tanzend weitergetrieben werden und so der Verbreitung der Pflanze dienen. Daß in ähnlicher Weise auch die Fruchtköpfe von Acaena auf glattem Boden fortbewegt werden können, wurde vorhin schon gesagt. Die Früchte von Zyallia kerguelensis werden durch Verlängerung des Blütenstieles etwas in in die Höhe gehoben !) und lösen sich bei leichtem Anstoß leicht von der Pflanze ab. Sie mögen dann, über die Böschung des Polsters rollend, ringsum verstreut werden. Die Samen werden durch Verwesung der Früchte frei ?). Eine ähnliche Verstreuung der Samen mag auch der polsterförmigen Azorella Selago zukommen. Von Pflanzen mit Kapselfrüchten ist zunächst Colobanthus zu erwähnen. Die Früchte öffnen sich, indem die Karpelle, namentlich ım oberen Teil, auseinanderweichen. Besondere Ein- richtungen zum Ausstreuen der Samen aus der tief zwischen den Blättern steckenden Frucht fehlen. Bei Tillaea moschata ist letzteres leichter gemacht; hier sind bei den reifen, noch von der welken Krone und dem Kelch umgebenen, Früchten die Karpelle in der Bauchnaht geöffnet und ausein- ander gebreitet; in dem so gebildeten offenen Körbchen (Figur 42 auf Taf. XXV) liegen lose die läng- lichrunden, harten, braunen Samen, welche bei geringer Erschütterung des betreffenden Pflanzenteils herausfliegen. Interessant ist die Entwickelung der Frucht bei Montia fontana. Während die Blüten an kurzem Stiel meist ganz unten an der Pflanze mehr oder weniger wagrecht (in bezug auf den Blütenstiel) orientiert sind, sind die Fruchtstiele, deren Kapseln noch ungeöffnet sind, scharf ab- wärts gebogen; die geöffneten Fruchtkapseln aber befinden sich auf langem Stiel hoch aufgerichtet. Bei der Reife liegt je ein glatter, glänzender, facettenartig skulpturierter, schwarzer Same in jedem der drei geöffneten Karpelle. Diese rollen ihre Ränder ein, so daß die Samenkörner nur bei starker Erschütterung des langen Fruchtstieles herausgeworfen werden können. Bei weiterem Einrollen t) Die Früchte ragen jedoch nicht über das Polster vor. *) Vielleicht liegt bei den Früchten ursprünglich auch eine Anpassung an beerenfressende Tiere vor. Deutsche Südpolar-Expedition. VII. Botanik. 46 358 Deutsche Südpolar-Expedition. der Karpelle aber werden schließlich die glatten Samen aus ihrer Lage verdrängt und fortge- schleudert. Die Frucht bleibt von dem zweiteiligen Kelch umschlossen (Taf. XXV, Fig. 43). Zwecks Erprobung der Schwimmfähigkeit und Wiederstandsfähigkeit gegen Seewasser wurden am 16. Mai 1902 je 25 Samen bezw. Früchte der folgenden Pflanzen in Schälehen mit Seewasser gegeben: 1. Pringlea antıscorbutica, Samen. 2. Cotula plumosa, Früchte. 3. Zyallia kerguelensis, Früchte. 4. Acaena, 25 Einzelfrüchte und außerdem ein Fruchtköpichen. 5. Tillaea moschata, Fruchtblüten. Es wurden, soweit äußerlich sichtbar, gute, volle Früchte bezw. Samen ausgesucht. Am 21. Mai waren, nachdem der Inhalt der Glasschalen stark umgerührt worden (entsprechend der Wellenbewegung auf dem Meere), zu Boden gesunken: Cotula 5 Früchte, Lyallia 13 Früchte, Acaena 4 Früchte, Tillaea 1 Frucht, außerdem viele Samen, welche sehr leicht untersinken. Pringlea kein Same. Am folgenden Tage wurde der Inhalt der Schalen nochmals umgerührt und einige Stunden darauf waren im ganzen gesunken von: Cotula 14 Früchte, Lyallia 19 Früchte, Acaena 9 Früchte, Tillaes« 10 Früchte, Pringlea kein Same ! Am 2. Juli 1902 zeigten die Schalen mit Seewasser folgendes: Lyallia: alle Früchte gesunken; die grünen, glasig gewordenen Früchte haben zum Teil die schwarzen Samen freigegeben, die gleichfalls gesunken sind. Cotula: mit Ausnahme weniger, augenscheinlich nicht normaler, schimmliger Früchte alle auf dem Boden liegend. | Pringlea: alle Samen schwimmen noch. Acaena: alle Früchte, auch der ganze Fruchtkopf, gesunken. Tillaea: bis auf drei schimmelige alle Fruchtblüten gesunken. Im folgenden Jahre (27. Januar 1903) wurde der Schwimmversuch nochmals mit Früchten bezüglich Samen derselben Arten wiederholt. Das Resultat war dasselbe: Mit Ausnahme der Samen von Pringlea sanken Samen oder Früchte aller Arten. Am interessantesten ist an diesem Resultate, daß auch die Samen und Früchte von Tillaea und Cotula, den typischen Strandpflanzen Kerguelens, keine Schwimmfähigkeit besitzen, und mithin auch durch Meeresströmungen nicht verbreitet werden können. Keimversuche ergaben, daß wenigstens bei Tillaea moschata nach längerer Einwirkung des See- wassers auf Früchte oder Samen die Keimfähigkeit nicht erlischt. Dasselbe darf wohl auch für a ER FE TEE PTeZ WERTH, Vegetation. 359 Cotula von vornherein angenommen werden, da beide Pflanzen an ihren natürlichen Standpunkten zeitweilig überschwemmt werden; und wenn die Keimung bei Cotwla bei meinen Versuchen nicht gelang, so mag dies vielleicht andere Ursachen haben (zu geringe Zeitdauer, Frost oder dergl.). Sehr bemerkenswert ist ferner die sich bei den Versuchen ergebene Tatsache, daß unter den Versuchspflanzen die einzige mit schwimmfähigen Samen eine von geringer Verbreitung ist, nämlich die dem Kerguelenbezirk (Prinz-Edward-, Crozet-Inseln, Kerguelen und Heard-Insel) eigentüm- liche Pringlea antiscorbutica. Sie erwies sich auch nach dreimonatiger Einwirkung des Seewassers auf die Samen noch keimfähig. Die Schwimmfähigkeit der Samen von Pringles wird durch ein die Samenschale bildendes Schwimmgewebe ermöglicht (Taf. XXV, Fig. 28). Letzteres besteht aus zwei bis drei Schichten von, nach innen kleiner werdenden, lufthaltigen dicht gefügten Zellen, deren Wandungen durch netz- bis leiterförmige Verdickungen versteift sind. Bei der außerordentlich beschränkten Ver- breitung von Pringlea ist anzunehmen, daß die Samen trotz der Schwimmfähigkeit auf die Dauer die Einwirkung des Seewassers doch nicht vertragen und die Schwimmsamen der Pflanze nur eine Ausbreitung auf kürzere Entfernungen, sei es am Meeresufer oder namentlich wohl an Seen und Flüssen des Landes ermöglichen. So dürftig die Ergebnisse der Schwimmversuche auch sind, so sprechen sie doch entschieden gegen die Möglichkeit einer Besiedelung Kerguelens mit Pflanzen durch Mithilfe der Meeres- strömungen. Auf kurze Entfernungen entlang einer Küste mögen wohl auch ganze Pflanzen zusammen mit vom Sturm losgerissenen Tangmassen (Macrocystis) transportiert und verbreitet werden. Am 19. März 1902 durchsuchte ich den nach Ostwind in einer Seitenbucht der Beobachtungs-Bai angeschwemm- ten Tang nach eventuell angetriebenen, sonst nicht leicht zu erlangenden Tieren. Dabei fand ich auch kleine ganze Pflänzchen sowie auch ein größeres mit Blütenköpfchen versehenes Exemplar von Cotula plumosa, eine Pringlea-Pflanze mit Fruchtständen, sowie einen Fruchtstand von De- schampsia antarctica. ’k Aus den vorhergehenden Untersuchungen über die Verbreitungs- möglichkeiten der Früchte oder Samen der Kerguelengewächse geht hervor, daß keiner der Blütenpflanzen der Insel Mittel zur Verfügung stehen, welche einen regelrechten Transport ihrer Früchte oder Samen über größere Meeresräume ermöglichen: Die Hakeinrichtungen (bei Acaena und Uneinia) sind nicht geeignet, die Früchte im Gefieder eines Vogels haften zu lassen, sondern zeigen einen erkennbaren Vorteil nur bei Gegenwart von Land- säugetieren; dies schließt aber einen überseeischen Transport aus. Die außerdem noch angegebenen Hakvorrichtungen (bei Ranunculus und Azorella) beruhen auf irrtümlichen Deutungen. Einen Transport von Samen dadurch, daß dieselben mit Schlamm den Füßen oder dem Ge- fieder von Seevögeln ankleben, halte ich über weite Meeresräume für ausgeschlossen. Beim Fluge werden die heftigen Winde den Schlammm austrocknen und abbröckeln lassen; beim Ausruhen der Vögel auf dem Meeresspiegel wird der Wellenschlag Füße und Gefieder ohne Zweifel bald vom 46* 360 Deutsche Südpolar-Expedition. Schlamme reinigen. Ein Transport über kurze Strecken (über einen schmalen Meeresarm usw.), die in einem Zuge überflogen werden können, mag auf diese Weise möglich sein; unmöglich er- scheint mir jedoch auf diesem Wege eine Besiedelung der isoliert gelegenen antarktischen Inseln und Inselgruppen. Überdies käme ein solcher Transport nur für die Pflanzen in Betracht, welche auf schlammigem Boden wachsen. Für Montia fontana, Tillaea moschata und Cotula plumosa, welche SCHIMPER u. a. auf solche Weise verbreitet sein läßt, trifft dies z. B. nicht zu. Wohl die typischste Schlammpflanze Kerguelens ist Ranunculus Moseleyi; aber gerade sie besitzt den geringsten Ver- breitungsbezirk und ist außer auf Kerguelen noch nirgends gefunden worden. Wie bei den Anpassungserscheinungen der Vegetationsorgane der Kerguelenpflanzen und bei den Bestäubungseinrichtungen derselben, so offenbart sich auch in bezug auf die Verbreitungsmittel der Früchte und Samen eine Flucht vor dem Winde. Die Verwandtschaft der Flora der Insel mit der- jenigen des südlichen Südamerika und die von dorther wehenden, ständigen Westwinde möchten vermuten lassen, daß der Wind bei der Besiedelung Kerguelens mit Blütenpflanzen eine Rolle gespielt hat. Dennoch finden wir nirgends die in anderen Ländern so häufigen Einrichtungen an Früchten und Samen der Kerguelenpflanzen ausgebildet, welche eine Verbreitung durch Wind auf weitere Entfernungen ermöglichen. Selbst der Composite Kerguelens fehlt der Haarkelch. Nur auf wenige Schritte ist bei Deschampsia und Acaena auf glattem Boden eine Bewegung der Frucht- stände vor dem Winde denkbar. Wenn es auf der einen Seite verständlich erscheint, daß der Insektenwelt Kerguelens aus der bei ihr sehr verbreiteten Flugunfähigkeit auf der sturmreichen Insel ein Vorteil erwächst, so muß es uns noch einleuchtender sein, wenn den Kerguelenpflanzen an Früch- ten und Samen Flugeinrichtungen gänzlich abgehen. Zumal bei dem fast ausnahmslosen Vorherrschen einer bestimmten Windrichtung würde eine dauernde Besiedelung der relativ kleinen Insel von mit Flugfrüchten versehenen Pflanzen unmöglich sein. Die Früchte würden immer wieder in derselben Richtung verweht werden, und im Laufe eines bestimmten Zeitraumes würde auch das letzte Exemplar unfehlbar im Sinne der herrschenden Windrichtung auf das Meer hinaus- fliegen. Nur solche Pflanzen können sich für die Dauer auf der Insel halten, deren Verbreitungs- weise durch den Wind nicht beeinflußt wird. In diesem Sinne ist auch das auffallende Zurücktreten der Windbestäubung in der Kerguelenflora verständlich. Erblicken wir so in dem Mangel von Flugfrüchten und -Samen bei den Kerguelenpflanzen eine Parallele zu der Flugunfähigkeit der meisten Kergueleninsekten, so entspricht andererseits die weitverbreitete Brutpflege in der marinen Strandfauna Kerguelens bei Tiergruppen, bei denen freischwimmende Larvenstadien die Regel bilden, dem Fehlen schwimmfähiger Früchte und Samen bei den Strandpflanzen der Insel. An einer ausgedehnten Festlandsküste mögen freischwimmende Larven zur Verbreitung einer Tierart wesentlich beitragen, in einem nur von wenigen kleinen Inseln unterbrochenen Meeresgebiete von so gewaltiger Ausdehnung wie es die subantarktische See dar- stellt, würden auf jene Weise Küstentiere eher rettungslos verschlagen, als vorteilhaft verbreitet werden. Genau so würde es den Strandpflanzen ergehen, wenn ihre Früchte oder Samen mit Schwimm- vorrichtungen versehen wären und den Meeresströmungen folgen müßten. Zusammenfassend können wir sagen, daß eine auffallende Be- schränkung der Wanderfähigkeit die Signatur der Lebewelt Ker- ee 7 ze /yı i by Wertn, Vegetation. 61 guelens ist!). Welche Bedeutung diese Erkenntnis für unsere Auffassung von der Entstehung der Kerguelenflora haben muß, werden wir im folgenden Kapitel erfahren. I. Herkunft der Kerguelen-Flora. Seit langem wird die Flora der Prinz Eduard-Inseln, der Orozet-Inseln, vonKerguelen und der Heard -Inselals eine einheitliche und zusammengehörende auf- gefaßt. Eine Anzahl endemischer Arten auch unter den Blütenpflanzen dürfte die Richtigkeit dieser Auffassung gewährleisten. Die Flora dieses sogenannten Kerguelen-Bezirkes bildet den Kernpunkt der Flora des subantarktischen Inselkranzes, indem auf der einen Seite die südgeorgisch -falkländische Pflanzenwelt sich in ihrem floristischen Charakter ebenso stark an Süd- amerika anlehnt, wie es andererseits die Gewächse der subantarktischen Inseln südlich Neuseeland an die Flora dieses Insellandes tun. Weil aber die Kerguelenflora am meisten ihren eigenen Charakter bewahrt hat, dürfte sie gerade für die Frage nach der Herkunft der subantarktischen, bzw. ant- arktischen Flora von allergrößter Bedeutung sein. Von den 21 Blütenpflanzen des Kerguelenbezirkes sind allein 6 endemische Arten: Poa Cookii Hook. f., Poa kerguelensis Hook. f., Colobanthus kerguelensis Hook. 1., Lyallia kerguelensis Hook. 1., Ranunculus Moseleyi Hook. f., Pringlea antiscorbutica R. BR. Von diesen endemischen Arten bilden zwei eigene endemische Gattungen: Zyallia und Pringlea; erstere dürfte vielleicht mit der Gattung Pyenophyllum aus den Anden nähere Verwandtschaft be- sitzen, während für Pringles kaum Beziehungen zu anderen bekannten Gattungen festzustellen sind. Die übrigen Endemen des Kerguelenbezirkes sind in ihren Gattungen: Poa, Colobanthus, Ranuneulus, auch auf den übrigen antarktischen Inseln vertreten. Die 15 nicht endemischen Arten der blütentragenden Kerguelenflora gehören der südlich- zırkumpolaren Flora an, d. h. sie kommen außer im Kerguelenbezirk auch im feuerländischen Gebiet oder dem Südamerika zunächstliegenden Teile der Subantarktis oder aber in Neuseeland bzw. den subantarktischen Inseln südlich davon vor, oder aber zugleich in beiden, dem westlichen wie östlichen der genannten Bezirke. Einige Arten schließlich sind von weiter Verbreitung und auch auf der nördlichen Erdhalbkugel zu finden: Montia fontana L., Callitriche verna L., Limosella aquatica L. Von besonderer Bedeutung sind diejenigen Arten des Kerguelenbezirkes, welche außerdem sowohl in der westlichen wie der östlichen Subantarktis auftreten; es sind dieses: Azorella Selago Hook. f., welche vom Feuerland über die Prinz Eduard- und Crozet-Inseln, Kerguelen und Heard-Eiland bis zur Macquarie-Insel verbreitet ist; Ranuneulus biternatus, auf Feuerland, den Falklands, Südgeorgien, den Prinz Eduard- und Crozet-Inseln, Kerguelen, Neu-Amsterdam und der Macquarie-Insel vorkommend; 1) Nur die größten und kräftigsten Tiere Kerguelens, die Meeresvögel und Seesäuger, welche sich weder von den herrschen- den Wind- noch Wasserströmungen beirren lassen, bilden eine Ausnahme. 362 Deutsche Südpolar-Expedition. Acaena adscendens. die sich im Feuerland, auf den Falklands-Inseln, auf Südgeorgien, den Prinz Eduard- und Crozet-Inseln, auf der Macquarie-Insel und auf Neuseeland findet; Agrostis magellanica Lamck. kommt in Chile, auf Feuerland, Falkland, Crozets, Kerguelen, Campbell, Antipoden und Macquarie vor; Tillaean moschata DC., deren Verbreitungsgebiet sich von Feuerland über Falkland, Prinz Eduard- und Crozet-Inseln, Kerguelen nach Neuseeland, den Snares, Antipoden, Auckland, Camp- bell und Macquarie-Eiland erstreckt. Von den noch übrigen 7 Arten des Kerguelenbezirkes weisen 3 (Juncus pusillus, Uneinia com- pacta und Cotula plumosa) nach Osten (Neuseeland-Australien und Aucklandbezirk), 4 (Deschampsia antarctiea. Festuca erecta, Ranunculus trullifohus und Galium antarcticum) aber nach Westen (Feuer- land, Falklands und Südgeorgien) '). Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich für die Blütenpflanzenflora des Kerguelenbezirkes eine fast vollkommen gleichmäßige Verteilung der Beziehungen innerhalb des ganzen südlich- zirkumpolaren Gebietes. Diese Tatsache allein spricht wenig zugunsten der in jüngerer Zeit nament- lich von ScHimpEr und SCHENcK (a. a. 0. 8. 33 und 63) energisch verfochtenen Ansicht einer Ab- leitung der Kerguelenflora von Feuerland her im Sinne der herrschenden Windrichtung. So sagt SCHENCK: „Das feuerländische Element in der Zusammensetzung der Flora (des Kerguelenbezirkes) überwiegt bei weitem, und bei der herrschenden Richtung der Winde aus Westen ist anzunehmen, daß auch von den zirkumpolaren gemeinsamen Arten die meisten auf dem Wege von Feuerland über die Falkland-Inseln zu den Inseln des Kerguelenbezirkes gelangt sind.‘“ SCHIMPER (SCHENCK a.a.0.) läßt sich eingehend über die Einwanderungsweise der einzelnen Arten aus: „Acaena, Azo- rella. Uncinia, die Ranunculus-Arten und ähnlich auch die Gräser wurden durch Albatrosse aus Südamerika herübergebracht, in deren Gefieder die „Hakfrüchtehen“ hängen bleiben.“ Ich habe im letzten Kapitel schon gezeigt, daß die Annahme von Klettfrüchten bei Ranunculus und Azorella auf einem Irrtum beruht, daß aber die Hakfrüchte von Acaena und Uncinia eine unverkennbare Anpassung an die Verbreitung mittels des Wollpelzes von Säugetieren darstellt und im Gefieder der Vögel nicht bewirkt wird. Meine im ersten Teile dieser Arbeit niedergelegten Beobachtungen über die Verbreitung von Acaena adscendens innerhalb des von den durch Menschen eingeführten Kanin- chen bewohnten Gebietes auf Kerguelen und über die damit Hand in Hand gegangene Veränderung des Florenbildes dürften vor allem zeigen, wie sehr der Acaena eine Verbreitungsmöglichkeit bei Gegenwart von Pelztieren gegeben ist, und wie absolut gleichgültig dagegen das Vorhandensein von 1) Von den Farnpflanzen Kerguelens ist keine Art endemisch. Zycopodium saururus und L. magellanieum kommen auch auf Feuerland bzw. den Falkland-Inseln, jedoch nieht im neuseeländischen Gebiet vor. Die 7 Farnarten des Kerguelenbezirkes haben südlich-zirkumpolare oder noch weitergehende Verbreitung. Unter den Laubmoosen Kerguelens scheint ein großer Teil endemisch zu sein, während von den übrigen einige Arten auf Feuerland weisen, andere Beziehungen zu Neuseeland- Australien verraten. Auch unter den Lebermoosen ist die Zahl der endemischen Formen auf Kerguelen sehr groß (fast 41%); im übrigen bestehen starke Beziehungen zu den Magellanländern, je eine Art hat Kerguelen gemeinsam mit Südafrika und dem australisch-neuseeländischen Gebiete, abgesehen von 5 südlieh-zirkumpolaren sowie 2 kosmopolitischen Formen (vgl. 5. 62 dieses Bandes). Unter den Pilzen Kerguelens ist der Endemismus gleichfalls sehr groß, wenigstens nach dem bisherigen Stande unserer Kenntnisse über diese Organismengruppe in der Antarktis. Unter den Süßwasseralgen sind nur relativ wenige endemische Formen vorhanden. Von den Meeresalgen Kerguelens gehören die meisten der antarktischen, weitverbreiteten Meeresflora an! Etwa der vierte Teil der Arten kommt auch an den europäsichen Küsten vor; einige Arten sind Kosmopoliten. Dagegen mag etwa ein Siebentel der Meeresalgenflora Kerguelens dieser Insel eigentümlich sein (SCHENCK a. a. 0. 8. 37). WertH, Vegetation. 363 Vögeln für ihre Aubsreitung ist. Letzteres schon, wo es sich um eine Ausbreitung über ein kleines, beschränktes Gebiet handelt; um wieviel mehr muß das Gefieder der Vögel versagen bei den enormen Entfernungen zwischen den einzelnen subantarktischen Inseln und zwischen Südamerika und diesen letzteren (siehe 8. 355 u.356). Die ganz ungleiche Verbreitung von Acaena adscendens und Uneinia compacta (Acaena adscendens hat eine zirkumpolare Verbreitung, während Uncinia compasta nicht im Westen, sondern in dem australisch-neuseeländischen Gebiete wiedergefunden wird) spricht schon gegen eine solche Annahme, wie auch die Verbreitungsgebiete der verschiedenen Acaena-Arten. Warum haben gerade nur ein paar Arten der Gattung von der Kletteinrichtung ihrer Früchte Gebrauch gemacht und sind auf die subantarktischen Inseln übergewandert? Ja, hier kommt sogar eine Art ohne Hakeneinrichtung vor (Acaena lucida Vahl auf den Falklands), während andere Arten mit vorzüglichen Haken nicht über Südamerika hinausgekommen sind. Auch die Verbreitung von Samen in erhärtetem Schlamme an den Füßen oder im Gefieder der Vögel über die enormen Entfernungen von Südamerika her nach den subantarktischen Inseln ist undenkbar, wie ich ebenfalls schon im vorigen Kapitel hervorgehoben habe. Es ist vollständig unbe- wiesen, daß es einen Vogel gibt, der ın ununterbrochenem Fluge solche Entfernungen durchmißt. Auch die besten Flieger (Albatrosse) lassen sich oft auf das Wasser nieder und führen überhaupt keine Flüge in einer fortlaufenden Richtung aus. Der erhärtete Schlamm wird im Wasser wieder weich und die etwa eingeklebten Samen oder Früchte müssen auf einer solchen langen Reise früher oder später verloren gehen. Auf solche Weise läßt aber SCHIMPER Juncus, Tillaea und Cotula auf Kerguelen eingewandert sein und meint, daß besonders zugunsten dieser Annahme das massenhafte Auftreten der C'otula spräche an Stellen, wo Vogelkot angesammelt ist. Letztere Tatsache ist doch wohl einfacher dadurch zu erklären, daß die Vögel Kerguelens eben Strand vögel sind und die Cotula eine Strandpflanze; es müssen sich folglich beide an denselben Orten treffen! Daß die Strandpflanzen Kerguelens auch nicht durch Meeresströmungen verbreitet und einge- wandert sind, beweist das im vorigen Kapitel ausführlich dargelegte Fehlen von Schwimmvorrich- tungen an ihren Früchten und Samen. Merkwürdigerweise ist es eine der endemischen Arten des Kerguelenbezirkes, Pringlea, welche allein schwimmfähige Samen besitzt; diese mögen ihr bei der Verbreitung an Flüssen und Seen von Nutzen sein, daß sie aber nicht geeignet sind, auf längeren Seereisen zu dienen, scheint das beschränkte Verbreitungsgebiet dieser Pflanze genügend zu be- weisen. Ferner wurde im vorigen Kapitel das Fehlen von Flugvorrichtungen in der Kerguelenflora dargetan, wie überhaupt der auffallende Mangel an Einrichtungen zum Wandern der Pflanzen über größere Strecken hervorgehoben wurde. In dieser Beziehung schließt sich die Flora Kerguelens har- monisch der Tierwelt an, wo wir ebenfalls bekanntlich eine auffallende Beschränkung der Flug- und Schwimmfähigkeit gewahren (flügellose Insekten, Brutpflege bei Tiergruppen mit sonst frei- schwimmenden Larven). Alle diese Tatsachen machen es meines Erachtens sehr unwahrscheinlich, daß, wie SCHIMPER es will, alle nicht endemischen Pflanzen des Kerguelenbezirkes späte Einwanderer aus Südamerika dar- stellen. Natürlich ist dieMöglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß die eine oder andere Pflanze auch der heutigen Blüten-Flora erst nach der Eiszeit mit Eintritt der heutigen klimatischen Verhält- nisse herübergekommen sei mit direkter oder indirekter Hilfe des herrschendes Westwindes. Doch können wir uns keine bestimmte Vorstellung machen von der Art und Weise solehen Transports 364 Deutsche Südpolar-Expedition. bei dem gänzlichen Mangel regelrechter und schneller Wanderfähigkeit der Flora. Es ist bezeich- nend, daß zwei der auffallendsten, über den ganzen Kerguelenbezirk verbreitete und in diesem en- demische Arten, Pringlea antiscorbutica und Poa Cookii, von allen Kerguelenpflanzen sich am meisten durch den Mangel an Schutzeinrichtungen gegen die schädlichen Einflüsse der häufigen Stürme auszeichnen. Von diesen nimmt Pringlea überdies systematisch eine vollkommen isolierte Stellung ein, was auf ein hohes Alter dieser Form weist. Es wird somit durch Pringlea besonders außer Zweifel gestellt, daß auch für Vertreter der höheren Flora die Möglichkeit eines Überdauerns während der Eiszeit gegeben war). An steilen und dadurch eisfreien Felswänden der Küsten- sebiete und vor allem auf den weiter ab vom Hauptlande liegenden Nebeninseln konnte auch trotz der ausgedehnten eiszeitlichen Vergletscherung (siehe Band II dieses Werkes ?)) auf Ker- guelen sich die ursprüngliche Flora in reduzierter Form erhalten. Zu dieser Annahme wenigstens zwingen uns unbedingt die angeführten Tatsachen. So spricht alles dafür, daß auch die Blütenpflanzenflora des Kerguelenbezirkes die Reliktnatur der niederen Flora und Fauna teilt und im wesentlichen als Überbleibsel aus voreiszeitlichen Epochen aufzufassen ist, in welchen eine reichere und mannigfaltigere Vegetation nicht nur die Subantarktis allein, sondern auch die eigentliche Antarktis selbst schmückte. Als Beweise für letzteres können wir die Kohlenlager und versteinerten Hölzer Kerguelens ®) und die pflanzenführenden Tertiär- schichten der Seymour-Insel *) in der West-Antarktis ansehen. Nur so werden uns die großen Analogien zwischen Südamerika und Neuseeland-Australien und innerhalb der übrigen gegen den Südpol vorgeschobenen Landgebiete verständlich. Aber auch für etwas anderes wird uns das Verständnis eröffnet; es ist die vorhin schon hervor- gehobene Übereinstimmung zwischen Pflanzen- und niederer Tierwelt der Antarktis, speziell des Kerguelenbezirkes, insofern, als beide das Gepräge außerordentlicher Unfähigkeit zum Wandern tragen: den flugunfähigen Insekten des Landes entspricht der Mangel von Flugfrüchten und -samen bei den Pflanzen, wie die weitverbreitete Brutpflege bei Tieren der marinen Uferregion, deren Ver- wandte freischwimmende Larven haben, mit dem Mangel an Schwimmfrüchten bei den Strand- pflanzen Kerguelens korrespondiert. Die Flugunfähigkeit bei den Insekten Kerguelens hat man längst nicht als einen Nachteil, sondern als eine vorteilhafte Anpassung für diese Tiere auf dem sturmgefegten Insellande gedeutet und zweifelsohne mit Recht. Derselbe Vorteil erwächst aber auch in noch höherem Maße den Pflanzen aus dem Mangel an Flugeinrichtungen. Da den Pflanzen, wo überhaupt vorhanden, nur passive Flugwerkzeuge zukommen, so würden solche noch weit mehr einen Spielball des Windes darstellen als die beflügelten Insekten. Nur solche Pflanzen können sich als Reste einer alten weitverbreiteten Flora auf kleinen, heute entlegenen Inseln erhalten haben, deren Früchte und Samen mangels Flugvorrichtungen vom Winde nicht auf die See verschlagen werden konnten. So ist der Wind tür die Zusammensetzung der heutigen Flora der Subantarktis in hohem Grade verantwortlich zu machen, allerdings in ganz anderem Sinne, als SCHIMPER es will. 1) Wertn, E.: Die Pflanzenwelt der Antarktis nach den Ergebnissen der Deutschen Südpolar-Expedition. Naturw. Wochenschrift. N. F. Bd. VI, 1907, Nr. 24. 2) Wertn, E.: Aufbau und Gestaltung von Kerguelen. Deutsche Südpolar-Expedition 1901—1903, Bd. I. 3) WERIH a.a. 0. 8. 111. *) NORDENSKJÖLD, O.: Die Polarwelt und ihre Nachbarländer. Leipzig und Berlin 1909. S. 91. Werte, Vegetation. 365 Was für den Wind gilt, kommt in gleichem Maße auch für die Meeresströmungen in Betracht. So günstig diese zur Besiedelung langgestreckter Kontinentalküsten mit Organismen sind, ebenso- wenig können sie dazu dienen, isolierten Inseln Lebewesen zuzuführen. Und auf solchen Inseln können sich Strandpflanzen und Ufertiere um so sicherer über lange Zeiträume behaupten, je weniger beweglich sie selbst oder ihre Jugendformen beziehungsweise ihre Früchte und Samen im Wasser sind. So erscheint uns der Mangel wanderfähiger Entwicklungsstadien (Same oder Larve) als ein Kriterium für die Reliktnatur der Lebewelt abgelegener Inseln. Es würde sich hiernach für die Geschichte der heutigen Kerguelenflora kurz zusammengefaßt etwa das folgende Bild ergeben: 1. In wahrscheinlich frühtertiärer Zeit ein weitgehender Zusammenhang der Landmassen in Antarktis und Subantarktis, wenn auch nur durch Inselbrücken. 2. Absonderung verschiedener Bezirke (Pringlea). 3. Eiszeit und Vernichtung des größten Teiles der Gefäßpflanzenflora, während die alte Flora namentlich in den Moosen usw. erhalten bleibt. 4. Vielleicht beschränkte nacheiszeitliche Neueinwanderung in der Richtung der vorherr- schenden Winde (durch Wind, Vögel oder Eisberge vermutlich). Als wesentlich für das Zustandekommen des heutigen Florenbildes auf Kerguelen ist wohl die Auswahl aus den Relikten während der Eiszeit (vielleicht auch aus den postglazialen Einwanderern) zu betrachten; hierbei kommt bei dem engbegrenzten Gebiet des Insellandes in Betracht: Flug- früchte werden leicht verschlagen, ebenso Schwimmfrüchte, ferner Windpollen und Pollen an fliegenden Insekten, genau so wie freibewegliche Larven der Ufertiere usw. Anhang. Die Algen-Vegetation in der Beobachtungsbucht auf Kerguelen. Als Ergänzung zu der im ersten Teil dieser Abhandlung gegebenen Übersicht über die Vege- tationsgliederung von Kerguelen (S. 127—158 dieses Bandes) und zugleich auch zu der systema- tischen Verarbeitung der Meeresalgen von TH. REINBOLD (S. 177—202 dieses Bandes) mögen im folgenden einige Angaben über die Verteilung der Algen innerhalb der Uferregion an der Kerguelen- Station folgen. Von der Kerguelen-Station wurden im ganzen 45 Arten von Meeresalgen gesammelt. Von diesen entfallen 12 Arten auf die Klasse der C'hlorophyceae, 9 auf die der Phaeophyceae und 23 Arten auf die der Rhodophyceae; dazu kommt noch eine epiphytische Schizophycee. Die in der geringsten Artenzahl vertretenen Braunalgen spielen gleichwohl im Vegetationsbilde die hervorragendste Rolle dank dem massenhaften Auftreten und der Größe einiger ihrer Vertreter. Wenngleich die Ge- samtzahl der erbeuteten Algen keine große ist, so kann doch angenommen werden, daß sich alle irgend wesentlich in die Erscheinung tretenden Formen darunter befinden, da die betreffenden Plätze an der Station wiederholt und sorgfältig abgesucht wurden. Die nachfolgenden Angaben Deutsche Südpolar-Expedition. VIII. Botanik. 47 366 Deutsche Südpolar-Expedition. mögen vielleicht deshalb gerade einiges Interesse haben, weil die Algenvegetation in den inneren Teilen der weit in das Land vordringenden Meeresbuchten Kerguelens — unsere Station an der Beobachtungsbucht befand sich etwa 40 km von der Außenküste entfernt — vielleicht oder wahr- scheinlich ein viel einfacheres und artenärmeres Gepräge zeigt als diejenige der Außenküste. So scheint zum Beispiel eine eigentliche Florideenzone, wie sie STUDER !) von der Nordost- küste der Observations-Halbinsel auf Kerguelen beschreibt, im Innern der Neben- buchten des Royal-Sunds zu fehlen. Vielleicht ist hieran der Mangel an felsigem Untergrund in größerer Tiefe in den durch die einmündenden Bäche stark verschlammten und versandeten Buchten schuld. Vielleicht auch spielt die reichliche Süßwasserzufuhr hierbei eine Rolle. An der Beobachtungsbucht konnte ich in ziemlicher Schärfe drei Tiefenstufen in bezug auf den Algenwuchs unterscheiden: I. Dieobere Region der Gezeitenzone, welche nur bei höchster Flut wasser- bedeckt ist. Dieselbe ist durch das Vorherrschen von Grünalgen gekennzeichnet. Schon ober- halb der eigentlichen Strandlinie tritt an Felsen Prasvola erıspa (LiGHTF.) AG. auf. Dieselbe Art findet sich dann auch, in Menge an den Ufertelsen sitzend, gleich unterhalb der Hochwasserlinie. Weiter sind in dem bei schwacher Ebbe trockenen Gebiete Einteromorpha bulbosa (SUHR) K@., ebenfalls an Fels, und Oladophora arcta (WırLLw.) Kg. anzutreffen. Letztere bildet polsterartige dichte Rasen in Felsspalten usw. In einem kleinen Tümpel in dieser Zone wurden Oladophora paci- fica (Moxt.) Ka. und Ulva lactuca (L.) Le JoL. gefunden. Auch wohl zumeist in dieser Zone ist ın Felsspalten Cladophora subsimplex K6. angesiedelt und an Fels und Steinen Oladophora pacifica (Moxt.) Ke., Codiolum gregarium A. Br. und Urospora penicilliformıs (RotH), letztere beiden Überzüge an Felsen bildend, ferner von Rotalgen: Chaetangium variolosum (MonT.) J. Ac. und Porphyra laciniata (LiGHTr.) Ac., sowie in Felsspalten wachsend Ceramium rubrum (Hups.) Ac. f. wnvolutum Ka. | Von Braunalgen finden wir in dieser Zone als bemerkenswerte Form nur kleine Exem- plare von Adenocystis utricularis (BoRY) SKOTTSB. auf Mytılus im kleinen, bei Ebbe wasser- erfüllten Felsvertiefungen, sowie in einem bei Ebbe mit Wasser gefüllten Tümpel, wo sich ihm auch Dietyosiphon fasciculatus HooK. et HaRrv. zugesellt. Solche mit Wasser erfüllte Vertiefungen des Ebbestrandes bieten mehr die Lebensbedingungen der folgenden Zone; sie beherbergen auch verschiedene Rotalgen, wie Rhodymenia palmata (L.) GREV., (eramium rubrum (Huns.) Ag. und eine Kalkalge: Lithophyllum oder Lithothamnion. II. Die untere Region der Gezeitenzone. Diese ist gegenüber der höheren Stufe durch das Vorherrschen von Braunalgen charakterisiert. Wenngleich diese Klasse auch nicht an Artenzahl in den Vordergrund tritt, so sind es doch einige sehr auffallende, teils große, teils besonders massenhaft auftretende Formen, welche dieser Zone das Hauptgepräge verleihen. Adeno- cystis utrieularis (BORY) SKOTTSB., zum großen Teil riesige Exemplare in Form zu dichten Bündeln vereinigter Bratwürste massenhaft an Steinen sitzend, ist wohl die auffallendste Art dieser Stufe. Auch das ihr im Habitus ganz ähnliche Utrieulidium Durvilei (Bory, Hook. f. et HARV.) SKOTTSB. kommt in dieser Zone vor. In der unteren Region der Gezeitenzone dürften auch wohl zumeist 1) Forschungsreise S. M. S. Gazelle. Berlin 1889. Bd. II. pp 7 at! opm Wert, Vegetation, 367 die riesigen, massigen Körper der Durvillea-Arten angeheftet sein. Bei der Kerguelenstation wurde diese Gattung in der Art D. utilis BorY nur in wenigen Exemplaren beobachtet. Diese Alge scheint entschieden die äußeren Küsten mit stärkerer Brandung zu bevorzugen. So sahen wir sie (D. Harveyi Hook. f.) an der Possession-Insel der Crozet-Gruppe innerhalb einer wenig in das Land eingreifenden Bucht das ganze Ufer in dichten Massen umgürten. Eine auffallende Grünalge im Bereiche der tiefsten Ebbe oder noch tiefer an Felsen wachsend, ist Codium difforme Ke.; sie bildet knollige Massen mit samtartiger, satt-dunkelgrüner Oberfläche. Von sonstigen Grünalgen auf der unteren Stufe der Gezeitenzone seien Enteromorpha bulbosa und Oladophora pacifica sowie Ulva und von Rotalgen Rhodymenia palmata genannt. Auch die Kalkalgen Lithophyllum consocratum Fosr. und Lithothamnion neglectum Fosu. f. fragilis FosL. scheinen in dieser Region ihre Haupt- verbreitung zu haben. IH. Die Macrocystis-Zone. Diese Zone ist durch die ausgedehnten „Wälder“ der Macroeystis pyrifera (TURN.) AG. ausgezeichnet. Zwischen ihr tritt Desmarestia WıLLı REINSCH auf; ferner gehört Alethocladus corymbosus (DIcK.) SAuv. dieser Zone an. Von Grün- und Rotalgen ist mir keine bemerkenswerte Form aus dieser Zone bekannt. Macrocystis wächst hier auf einem sandigen oder schlammigen Grunde, an Steinen, Muscheln und anderem festgeheftet, in einer Tiefe bis rund 5m unter Mittelwasser in den inneren Teilen der Buchten. Diese riesige Braunalge ist der auffallendste Vertreter der subantarktischen Algenflora. Ihre großen Bestände bilden einen oft gewaltig breiten Saum der Ufer und zeigen in offenerem Wasser vorhandene Untiefen an. 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Jährlicher Entwicklungsgang der Kerguelenvegetation. A. Phänologische Aufzeichnungen von Kerguelen . B. C. Jährlicher Entwicklungsgang der Kerguelenpflanzen . Phänologische Beobachtungen an eingeschleppten Pflanzen . 2. Weil. I. Die Vegetationsorgane der Kerguelenpflanzen und ihre Anpassungen an die klimatischen und Bodenverhältnisse. A. B. E. F. . Anatomische Struktur der Kerguelengewächse, namentlich in ihrer Beziehung zum Kann, (Reber ornher Einfluß der klimatischen und Standortsverhältnisse auf die Wuchsform . Einfluß des Lichtes auf die Kereuelenpflanzen. 1. Der Lichtgenuß der Pflanzen auf Kerguelen . b 2. Der Einfluß des Lichtes auf die Wuchsform der Rersuclbnpflänzen. . Beziehungen der Kerguelenpflanzen zum Wasser. 1. Amphibische Pflanzen Kerguelens . 5 2. Wasser abgebende und aufnehmende Organe ei den arte lone ein logischen und systematischen Bemerkungen). 1. Die Dieotylen und Farnpflanzen ö 2. Anatomische Blattstruktur der mem \ von nalen ind der Griwer ae. Anthokyan als Verdunstungsschutz Wirkungen des Frostes auf die Kerguelen- Vegetation II. Die Reproduktionsorgane der Kerguelenpflanzen und ihre Anpassungen an die Umwelt. . Blüteneinriehtungen der Kereuelenpflanzen . . Allgemeine Ergebnisse üher die Blüteneinrichtungen der ornrellemgiihmmeen A B C. Die Insektenfauna von Kerguelen, den Crozet-Inseln und Heard-Eiland in ihrer Beneline zur "Blnmenwelt.. D. E F Die Ursachen der Kleistogamie auf Kerguelen . Variabilität der Blüten der Kerguelenpflanzen . Blüteneinrichtungen einiger auf Kerguelen eingesehleppter. an dem ermatlich an gana: Ehkmaan : G. H. 1. Zusammenfassung der Hauptergebnisse der blütenbiologischen Untersuchungen auf Kerguelen . Fruchtbildung und Verbreitung der Früchte und Samen der ae Herkunft der Kerguelenflora Anhang: Die Algenvesetation in der Beopsehtinssbuchb auf) Kerl Literaturverzeichnis . Inhaltsübersicht. . . . 37l Erklärung der Tafel XXI. Figur 1—3. Pringlea antiseorbutica. 1. Querschnitt durch den zweijährigen Blüten- bezw. Fruchtstiel; ungefähr Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur 10-fache Vergrößerung. Gefäßgruppen schwarz, Holz radial schraffiert, Siebteile weiß, Sklerenchym- lage und Stärkescheide tangential bezw. schräg schraffiert. 2 u.3. Querschnittstückchen aus dem untersten Teile eines vieljährigen Stammes mit dem Zuwachs von drei Jahren; stärker vergrößert. Poa kerguelensis. Blattquerschnitt; 100-fache Vergrößerung. Deschampsia antaretiea. Blattquerschnitt, grünes Gewebe schraffiert; 45-fache Vergrößerung. Agrostis magellaniea. Blattquerschnitt, grünes Gewebe schraffiert; 45-fache Vergrößerung. Poa Cookii. Blattquerschnitt, grünes Gewebe schraffiert, links die Mittelrippe; 30-fache Ver- größerung. Poa kerguelensis. Blattquerschnitt, grünes Gewebe schraffiert; 45-fache Vergrößerung. Festuca erecta. Blattquerschnitt, grünes Gewebe schraffiert; 45-fache Vergrößerung. Cotula plumosa, Zwergform. Querschnitt aus einem Blattzipfel; ungefähr 100-fache Vergrößerung. Lyallia kerguelensis. Blattquerschnitt; ungefähr 70-fache Vergrößerung. Acaena adscendens. Querschnitt aus einem Fiederblättchen in der Nähe dessen Randes; ungefähr 160-fache Vergrößerung. Lomaria alpina. Querschnitt durch die Mitte eines Fiederblättchens; 70-fache Vergrößerung. Tillaea moschata. Teil eines Querschnittes durch das Blatt; stark vergrößert. Colobanthus kerguelensis. Teil eines Querschnittes durch das Blatt; ca. TO-fache Vergrößerung. Deutsche SünpoLar-ExPEDiTion. 1901-3. Bano VIII Tareı KA. En Be 2 UT 7 z E, Werth gez. Verlag von Georg Reimer In Berlin. Erklärung der Tafel XX1. Figur Figur Figur Figur Bonn Figur 5. Figur 6. Figur7u.8. Figur 9. Figur 10. Figur 11. Agrostis magellanica. Blattquerschnitt; ungefähr 120-fache Vergrößerung. Poa Cookii. Teil aus dem Blattquerschnitt, links die Mittelrippe; ca. 100-fache Vergrößerung. Azorella Selago. Querschnitt durch einen Blattzipfel; ungefähr 70-fache Vergrößerung. Deschampsia antaretica. Teil aus dem Blattquerschnitt, links die Mittelrippe; 150-fache Vergrößerung. Azorella Selago. Teil aus dem Querschnitt eines etwa 4 Jahre alten Zweiges; 50-fache Ver- größerung. Azorella Selago. Querschnitt eines etwas älteren Zweiges; ca. 10-fache Vergrößerung. Azorella Selago. Querschnitteile des Holzkörpers einer älteren (ca. 8 mm dicken) Achse; stärker vergrößert. 7. Partie am Rande einer Spalte (unten), links Rindenrest. 8. Stückchen mit zwei Markstrahlen und beginnender Spalte. Pringlea antiscorbutica. Teil aus dem Blattquerschnitt; ungefähr 60-fache Vergrößerung. Galium antareticum. Teil aus dem Blattquerschnitt; 210-fache Vergrößerung. Festuca ereeta. Teil des Blattquerschnittes mit der Mittelrippe; ungefähr 100-fache Vergrößerung. TSCHE SüDPoLAR-EXPEDITION. 1901-3. Bano VII T. All AFEL E. Werth gez. Verlag von Georg Reimer in Berlin, [I a a Be I; 3 I Erklärung der Tafel XXI. Querschnitte von Grasblättern. Alle Figuren vergrößert. Das Assimilationsgewebe ist grün, das mechanische Gewebe gelb; die Gefäßbündel Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur sind kreuzweis schraffiert, die (nicht in allen Figuren hervorgehobene) Epidermis ist weiß gelassen, und die fächerförmig angeordneten sogen. Schließzellen besonders angedeutet; ebenso sind die großen, rundlichen Zellen des farblosen Wassergewebes (in Fig. 3, 6 und 16) einzeln markiert. Rollblatt von Melica Bauhini. Nach Lonauss. Faltblatt von Poa annua; links die Mittelrippe. Original. Rippenblatt von Zea Mays; Mittelrippe und ein Teil der rechten Blatthälfte; reichliches Wasser- gewebe. Original. Indifferentes Blatt von Phyllostachys bambusoides. Nach Güntz. Steppengras-Typus von Festuca glauca. Nach TscHircH. : Gerste; unterer Teil des Blattes (Mittelrippe und Teil der rechten Blatthälfte); Übergang vom in- differenten zum Rippenblatt. Original. Gerste; oberer Teil des Blattes (Mittelrippe und Teil der rechten Blatthälfte); indifferentes Blatt. Original. Meliea eiliata; indifferentes Blatt mit stark hervortretender Mittelrippe. Nach Lonauss. Deschampsia alpina; rinnenförmiges Blatt mit lückenhaftem Sklerenchymmantel. Nach ZEMANN. Deschampsia setacea; rinnenförmiges Blatt mit fast geschlossenem Sklerenchymmantel. Nach ZEMANN. Deschampsia media; rinnenförmiges Blatt mit geschlossenem Sklerenchymmantel (Steppengras- typus). Nach ZEMmann. Glyceria arundinacea; Faltblatt, dem indifferenten Typus Figur 8 ähnelnd, im grünen Gewebe Luftkanäle. Nach Lonauss. . Festuea punetoria; geschlossener Mantel dieckwandiger Zellen auf der Außenseite. Nach KERNER. Sesleria tenuifolia; Faltblatt. Nach Kerner. Festuca Poreii; unterbrochener Sklerenchymmantel. Nach KERNER. Brachypodium sylvaticum; Übergang vom indifferenten zum Rippenblatt. Nach DuvaL-JouvE. Sesleria tenella; Übergangsform vom indifferenten zum Faltblatt. Nach LoHAuss. Stipa capillata; mechanisches Gewebe sowohl als Trägerleisten wie als Schutzmantel entwickelt. Nach KErNER. DEUTSCHE SÜDPOLAR EXPEDITION 1901-3. BaAnD VIII TAFEL XXI E } LithAnstv: AGiltsch Jena Verlag Georg Reimer Berlin Erklärung der Tafel XXIV. Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur Figur 1— 4. 5— 8. 9—11. 12. 13—16. 17—18. 12. 20. 21. 22—26. 27—29. 30—34. 35—40. 41. Poa Cookii. 1. Weibliche Blüte mit der Vorspelze, von vorn gesehen; zwischen den Lodiculae in der Mitte ein Staminodium sichtbar; 5-fache natürliche Größe. — 2. Weibliche Blüte, Rück- ansicht; 2 Staminodien sichtbar; stärker vergrößert. — 3. Männliche Blüte mit Vorspelze; 4-fache Vergrößerung. — 4. Einzelne Anthere, Pollen ausschüttend; ungefähr 7-fache natürliche Größe. Agrostis magellanica. 5. Ährchen mit einer, schon verstäubten, Blüte; vergrößert. — 6. Ge- öffnete Anthere; stärker vergrößert. — 7. Spitze des Ovariums, von der Seite gesehen, stärker vergrößert. — 8. Spitze des Ovariums, von vorn gesehen, stärker vergrößert. Cotula plumosa. 9. Mittelblüte mit der zu einem Pollenbecherchen umgewandelten Griffel- spitze; 10-fache natürliche Größe. — 10. Randblüte, weiblich; 10-fache natürliche Größe. — 11. Pollenkorn, stärker vergrößert. Festuca ereeta. Kleistogame, künstlich geöffnete Blüte mit ihrer Vorspelze; 8-fache Vergrößerung. Juneus pusillus. 13. Einblütiger Blütenstand; die zusammengedrehten Narben aus der Blüten- hülle hervorragend, dicht darum die pollenbedeckten Antheren; 10-fache Vergrößerung. — 14. Pollentetrade; stark vergrößert. — 15. Einzelblüte; 10'/-fache Vergrößerung. — 16. Anthere; stärker vergrößert. Ranuneulus biternatus. 17. Blüte von oben gesehen, vergrößert: Antheren teils schon verblüht, andere mit Pollen bedeckt — von diesen eins (unten etwas rechts) eine Narbe berührend und mit Pollen belegend —, noch andere im Beginn sich zu öfinen — davon eins (oben etwas rechts) einer Narbe anliegend. — 18. Eine Narbe (links) und pollenbedeckte Anthere in Berührung, von der Seite gesehen; vergrößert. Ranunculus Moseleyi. Fruchtknoten, mit auswärts gebogener Narbe; 14-fache Vergrößerung. Ranuneulus trullifolius. Fruchtknoten, mit aufrechter Narbe; 14-fache Vergrößerung. Ranuneulus biternatus. Fruchtknoten, mit auswärts gekrümmter Narbe; 10'/,-fache Vergrößerung. Ranunculus Moseleyi. 22. Kronblatt der Landform mit Nektartäschchen; vergrößert. — 25. Kronblatt der kleistogamen Wasserform; vergrößert. — 24. Kronblatt mit rudimentärer Anthere (rechts); vergrößert. — 25. Mittelform zwischen Kronblatt und Staubblatt, aus einer Wasserblüte; stark vergrößert. — 26. Zwittergebilde aus einer Blüte; an der Spitze Anlage einer Anthere; links seitlich Samen-Anlage; stark vergrößert. Pringlea antiscorbutica. 27. Blüte; 4-fache Vergrößerung. — 28. Anlage nächstjährigen Blütenstandes, vordere Hochblätter etc. entfernt; natürliche Größe. — 29. Unterste (älteste) Blüte daraus, Kelchblätter etwas auseinandergebogen; vergrößert. Ranunculus Moseleyi. 30. Junge Blüte von oben gesehen; die drei Antheren noch vollkommen geschlossen auf kurzen ungefähr senkrecht stehenden Filamenten dicht um die sieben Ovarien; ungefähr 5-fache Vergrößerung. — 31. Ältere Blüte von oben gesehen; Antheren mit Pollen bedeckt, Filamente lang und schräg nach der Peripherie der Blüte gespreizt, Narben lang; ungefähr 5-fache Vergrößerung. — 52. Narbe; stärker vergrößert. — 33. Oberster Teil eines Staubgefüßes mit der pollenbedeckten Anthere, von der Außenseite gesehen; stärker vergrößert. — 34. Oberster Teil eines Staubgefäßes mit der pollenbedeckten Anthere, von der Innenseite gesehen; stärker vergrößert. Ranuneulus trullifolius. 35. Ältere Blüte von oben gesehen; von den 10 Antheren sind vier noch geschlossen, eine (unten links) halb, fünf ganz geöflnet; von letzteren ist eine (rechts in der Mitte) noch so stark einwärts gebogen, daß sie auf zweien der Narben liegt und Pollen darauf abgibt. 2°/-fache natürliche Größe. — 36. Geschlechtsorgane einer jüngeren Blüte: 6 Staub- gefäße zumeist den Ovarien dicht anstehend und mit geschlossenen Antheren; 16 Ovarien; 6'/-fache natürliche Größe. — 37. Pollenbedeckte Anthere, von oben gesehen (unten = außen); stärker vergrößert. — 38. Basaler Teil eines Kronblattes mit dem Honigschüppchen; Umfang des Honigtropfens durch die Punktierung angedeutet; mikroskopisches Bild. — 39. Kronblatt mit dem Honigschüppchen; vergrößert. — 40. Übergangsgebilde zwischen Kronblatt und Staubblatt; stark vergrößert. Lyallia kerguelensis. Blüte mit Vorblättern; vergrößert (nach Hooker). Bano VIII Tareı XXIV. Deutsche SüDdPpoLar-ExPEDITIoN. 1901-3. Relmer In Verlag von Georg E. Werth gez. Figur 1— 8. Figur 9 u. 10. Figur 11—16. Figur 17—18. Fisur 19—21. Figur 22—24. Erklärung der Tafel XXV. Acaena adscendens. 1. Blüte im ersten, weiblichen, Stadium, die vier Antheren noch ge- schlossen in der Blütenhülle; 6'/s-fache natürliche Größe. — 2. Ältere Blüte, eine Anthere (links oben) noch geschlossen, die drei anderen mit Pollen behaftet und zwei von ihnen (vorn links und vorn rechts) Pollen beim Vorquellen direkt an die Narbe abgebend; vergrößert. — 3. Weib- liche Blüte, vorderes Blütenhüllblatt weggeschnitten; im Grunde der Blüte die verkümmerten Staubgefäße; 5°/ı-fache natürliche Größe. — 4. Pollenkorn; stark vergrößert. — 5. Rudimentäres Staubgefäß einer 2 Blüte von der Rückseite; stärker vergrößert. — 6. Rudimentäres Staubgefäß einer 2 Blüte von der Vorderseite; stärker vergrößert. — 7. Zwittrige Blüte mit langfädigen Antheren; 4'/-fache natürliche Größe. — 8. „Doppel“-Ovarium aus einer isoliert stehenden Blüte; 7-fache natürliche Größe. Azorella Selago. 9. Verblühte Blüte mit langen gespreizten Griffeln; 6-fache natürliche Größe. — 10. Verblühte Blüte mit gekreuzten Griffeln; 6V.-fache natürliche Größe. Tillaea moschata. 11. Blüte von vorn gesehen; vorderes Kronblatt fortgenommen, sodaß hier das Nektarschüppchen sichtbar ist; die Antheren nach innen dicht mit Pollen behaftet, die vier Griffel in der Blütenmitte zusammenstehend, jedoch die Narbenspitzen leicht nach außen ge- krümmt; 5°/;-fache natürliche Größe. — 12. Staubgefäß von innen; stärker vergrößert. — 13. Staubgefäß von außen; stärker vergrößert. — 14. Narbe einer gleichen Blüte, stark ver- größert. — 15. Geschlechtsorgane nach dem Verblühen, im Rücken der Ovarien die Nektar- schuppen; 7'/-fache natürliche Größe. — "16. Ganze Blüte im gleichen Stadium, von oben ge- sehen; in der Mitte die vier Ovarien mit den Griffeln, im Rücken der Ovarien je eine Nektar- schuppe, alternierend mit den Övarien die Antheren, dann Kron- und Kelchblätter; 5-fache Vergrößerung. Acaena adscendens. 17. Einzeln unterhalb des Köpfchens stehende Blüte einer weiblichen Pflanze, die Blütenhüllblätter sind ganz zurückgeschlagen und die Narbe daher weit vorragend; vergrößert. — 18. Blütenköpfehen exponierten Standortes in natürlicher Größe, auf der Wind- seite (links) Narben vertrocknet, auf der Leeseite (rechts) Narben frisch. Galium antaretiecum. 19. Blüte im ersten (männlichen) Stadium, schräg von vorn und oben gesehen, in der Mitte die zwei noch zusammenliegenden Griffel, dahinter und zu beiden Seiten die pollenbedeckten Antheren; 7-fache natürliche Größe. — 20. Blüte im zweiten (weiblichen) Stadium, schräg von der Seite bezw. von vorn und von oben gesehen, die vertrockneten Antheren aus der Blüte heraushängend, die Griffel gespreizt; 7’/,-fache natürliche Größe. — 21. Blüte, in der die Griffeläste schon gespreizt, die Staubgefäße aber noch aufrecht sind, an den Antheren haftet noch etwas Pollen und die beiden Antheren rechts sind dicht zusammen und an eine der Narben geschmiegt, diese mit Pollen; 11-fache Vergrößerung. Azorella Selago. 22. Blüte im Abblühen, Kronblätter welk und meist losgelöst, Antheren noch mit Pollen behaftet (das fünfte ganz kurze und rudimentäre Staubgefäß der vorliegenden Blüte wurde versehentlich bei der Übertragung der Originalzeichnung fortgelassen); 4°/;-fache natürliche Größe. — 23. Narbe, stark vergrößert. — 24. Blüte von vorn und etwas von oben gesehen, vier Antheren mit Pollen belegt und ihre Fäden nach außen gespreizt, die fünfte Anthere noch geschlossen und ihr Faden noch deutlich einwärts gekrümmt, in der Blüten- mitte die gekreuzten Griffel; 4°/;-fache natürliche Größe. Figur 25 u. 26 Figur 27. Figur 28. Figur 29—34 Fisur 35—38 Figur 39—41. Figur 42. Figur 45. Figur 44—45. Figur 46—48. Figur 49. Figur 50. Acaena adscendens. 25. Fruchtblüte mit den vier Kelchstacheln; 5/1. — 26. Oberer Teil einer einzelnen Stachel mit den Widerhaken; stärker vergrößert. Uneinia compaeta (Var. ÜLARKEI). Frucht mit Haken; 5/1. Pringlea antiscorbutica. Radialschnitt aus der Samenschale, mit Schwimmgewebe; stark vergrößert. Montia fontana. Zustandekommen der Zygomorphie bei verschiedenzähligen Blütenkronen; vergrößert. Colobanthus kerguelensis. 35. Blüte schräg von oben gesehen, die vier Antheren durch Einwärtskrümmen der Fäden beim Aufbrechen den Pollen direkt auf die vier Narben abgebend; 4'/;-fache natürliche Größe. — 36. Narben und Antheren derselben Blüte; stärker vergrößert. — 37. Blüte von vorn und ganz wenig von oben gesehen, vorderes Blütenhüllblatt entfernt, an der Basis des Fruchtknotens der Nektarring; 3'/;-fache natürliche Größe. — 38. Ovarium, vergrößert. Limosella aquatica. 39. Blüte von vorn und oben gesehen, Narbe auf das vordere, unterste Kronblatt geneigt, die vier mit Pollen bedeckten Antheren daneben etwas zurück und höher; 6-fache Vergrößerung. — 40. Eine vierteilige Blüte von der Seite gesehen; ungefähr vierfache Vergrößerung. — 41. Narbe und Anthere einer kleistogamen Wasserblüte durch Pollenschlauch- bildung „verwachsen“; stark vergrößert. Tillaea moschata. Fruchtblüte von oben gesehen, von den welken Kron- und Kelchblättern umgeben, die vier Karpelle in der Bauchnaht geöffnet und auseinandergebreitet, nur in einem Fache (unten) des so gebildeten vierteiligen Körbehens noch die zwei Samen; vergrößert. Montia fontana. Fruchtkelch nach Ausschleudern der Samen, von oben gesehen; vergrößert. Ranunculus trullifolius. Landform. Einfaches und dreilappiges Blatt: 1/1. Ranunculus Moseleyi. Landform. Blattformen; 5/1. Ranuneulus Moseleyi. Wasserform. Blattspreite; 1/1. Ranuneulus trullifolius. Wasserform. Blattspreite; 1/1. Deutsche SüopoLar-ExPpeoition. E, Werth gez. 1901 -3. Bano VIII Tareı XXV. Verlag von Georg Reimer in Berlin, Erklärung der Tafel XXV1. Figur 1. Figur 2. Figur 2a. Figur 3. Figur 3a. Figur 4. Figur 5. Figur 5a. Figur 6. Figur 6a. Figur 7. Antarktische Blumen. Cotula plumosa. Mittelgroßes Exemplar mit Blütenköpfchen in natürlicher Größe. (Die zarte filzige Behaarung der Pflanze konnte in der Figur nicht zur Darstellung gebracht werden.) Azorella Selago. Blühender Zweig aus einem Polster in natürlicher Größe. Einzelne Blüte in 4°/-facher natürlicher Größe; p Blütenblätter, a Staubbeutel, st Narben. Tillaea moschata. Niederliegender, blühender Zweig in natürlicher Größe; Bl. Blüte. Blüte in 4-facher natürlicher Größe; s Kelchzipfel, p Kronblätter, a Staubbeutel. Ranuneculus trullifolius. Pflanze in natürlicher Größe; Bl. Blüte, Fr. Frucht. Acaena adscendens. Pflanze in natürlicher Größe, mit Blütenköpfchen. Einzelne Blüte in 3’/.-facher natürlicher Größe; s Kelchstacheln, p Blütenhüllblätter, a Staubbeutel, st Narbe. CGolobanthus kerguelensis. Pflänzchen in natürlicher Größe. Blüte in 3s-facher natürlicher Größe; s Blütenhülle, a pollenbedeckte Staubbeutel, st Narben, n Honigwulst unter dem Ovarium. Ranunculus biternatus. Pflanze in natürlicher Größe; Bl. Blüte, Fr. Frucht. DEUTSCHE SÜDPOLAR-EXPEDITION 1901-3 BAND VIII TAFEL X XV. Wurzel N Wurzelunlage | \ Georg Reimer, 7 = wiLIBRARYIS 28 DEUTSCHE SÜDPOLAR-EXPEDITION. Das Werk wird aus 14—15 Bänden Text mit ca. 1400 Textabbildungen, 60 Karten, vielen einfarbigen und mehrfarbigen Tafeln und einem Atlas bestehen und soll planmäßig bis zum Jahre 1913 vollständig vorliegen. Die Gliederung des Textes ist wie folgt vorgesehen: Band I: Technik und Geographie. Band "le a i „ II: Geographie und Geologie. WR agnetismus. Pr s i „ VI: Bakteriologie, Chemie, Hygiene, Sport. a 1. Meteorologie. „ VII: Botanik. „IXff.: Zoologie. Die Bände des Atlas sollen erdmagnetische und meteorologische Registrierungen und synoptische Wetterkarten enthalten. Ausgleiche und Verschiebungen in dem obigen Rahmen können erfolgen, doch der Plan des Ganzen dürfte feststehend sein. Die Erfüllung des obigen Planes durch die Ausarbeitung der Messungen und Sammlungen, sowie durch die Veröffentlichung der Ergebnisse liegt in den Händen der Mitglieder der Expe- dition und die einheitliche Redaktion des Ganzen bei Prof. Dr. von Drygalski. Der Arbeits- teilung während der Expedition entsprechend werden die geographischen Abschnitte von Prof. Dr. von Drygalski, die geologischen von Prof. Dr. E. Philippi, die erdmagnetischen von Prof. Dr. Fr.Bidlingmaier und Dr. K.Luyken, die bakteriologischen, hygienischen und sportlichen von Dr. H. Gazert, die zoologischen von Prof. Dr. E.Vanhöffen, die botanischen von Dr. E. Werth besorgt, während die Ausarbeitung der meteorologischen Ergebnisse an Stelle des auf Kerguelen verstorbenen Mitgliedes J. Enzensperger von Prof. Dr. W. Meinardus übernommen worden ist. Für den technischen Teil des ersten Bandes gelang es in dem Obermaschinisten der Expedition, A. Stehr 7, die geeignete Kraft zu gewinnen, welcher sich darin auch der Beschreibung und Würdigung des vortrefflich bewährten Schiffes „Gauss“ unterzogen hat. Bei Subskription auf das ganze Werk tritt ermäßigter Preis ein; einzelne Teile werden, soweit es der Vorrat gestattet, zu erhöhten Preisen abgegeben. Bis jetzt erschienen folgende Hefte: BAND I: TECHNIK und GEOGRAPHIE. i Heft 1: Stehr, A., Der „Gauss“ und seine technischen Einrichtungen. Mit Tafel I-XIII und 20 Abbildungen im Text. Preis Mark 18.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 15.— Heft 2: v. Drygalski, E., und J. Domke, Zeit- und Ortsbestimmungen, nebst Erörterungen über die Meer- und Eisfahrt des „Gauss“.. Mit Tafel XIV und 18 Abbildungen im Text. Preis Mark 28.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 23.— Heft 3: v. Drygalski, E., und L. Haasemann: Die Schwerkraftsbestimmungen der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Mit 9 Abbildungen im Text. Preis Mark 15.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 12.80 BAND II: GEOGRAPHIE und GEOLOGIE. Heft 1: v. Drygalski, E., Der Gaussberg, seine Kartierung und seine Formen. Mit Tafel I und 8 Abbildungen im Text. — Philippi, E.,. Geologische Beschreibung des Gaussberges. Mit Tafel I—VII und 2 Abbildungen im Text. — Reinisch, R., Petrographische Beschreibung der Gaussberg-Gesteine. Mit Tafel VIII und 9 Abbildungen im Text. Preis Mark 22.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 18.— Werth, E., Aufbau und Gestaltung von Kerguelen. Mit Tafel IX—XIV und 33 Abbildungen im Text. — Philippi, E., Geologische Beobachtungen auf Kerguelen. Mit Tafel XV—XXII und 2 Abbildungen im Text. — Reinisch, R., Petrographische Beschreibung der Kerguelen-Gesteine. Mit 6 Abbildungen im Text. Preis Mark 48.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 40.— v. Drygalski, E., Geographie von Heard-Eiland. Mit Tafel XXIII und 3 Abbildungen im Text. — Philippi, E., Geologie der Heard-Insel. — Reinisch, R., Gesteine der Heard-Insel. Mit 8 Abbildungen im Text. — Vanhöffen, E., Tiere und Pflanzen der Heard-Insele. — Meinardus, W., Skizze des Klimas der Heard-Insel. Mit 2 Abbildungen im Text. Preis Mark 9.60. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 8.— Heft 4: v. Drygalski, E., Geographie der Crozet-Inseln. Mit Tafel XXIV und 1 Abbildung im Text. — Philippi, E., Geologische Beobachtungen auf der Possession-Insel. Mit Tafel XXV und XXVI. — Reinisch, R., Gesteine von der Possession-Insel. Mit Tafel XX VII. — Vanhöffen, E., Die Tiere und Pflanzen von Possession-Eiland (Crozet-Gruppe). Preis Mark 7.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 6.— : v. Drygalski, E., Geographie von St. Paul und Neu Amsterdam. Mit 3 Abbildungen im Text. — Philippi, E., Geologie der Inseln St. Paul und Neu Amsterdam im Indischen Ozean. Mit Tafel XXVIII—XXX und 2 Abbildungen im Text. — Reinisch, R., Gesteine von St. Paul und Neu Amsterdam. Mit 3 Abbildungen im Text. — Vanhöffen, E., Tiere und Pflanzen von St. Paul und Neu Amsterdam. Preis Mark 10.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 8.— Heft 6: Philippi, E., Die Grundproben der Deutschen Südpolar-Expedition. Mit Tafel XXXI—XXXII. Preis Mark 26.—. Bei Sub- skription auf das ganze Werk Mark 22.— BAND III: METEOROLOGIE Band T. 1. Hälfte Heft 1: Meinardus, W., Meteorologische Ergebnisse der Winterstation des „Gauss“ 1902—1903. Mit Tafel I-XIIl und 3 Abbil- dungen im Text. Preis Mark 22.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 18.— Heft 2: Meinardus, W., Meteorologische Ergebnisse der Winterstation des „Gauss“ 1902—1903. (Fortsetzung). Mit Tafel XIV—XVI und 2 Abbildungen im Text. Preis Mark 26.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 21.50. 2. Hälfte Heft 1: Meinardus, W., und L. Mecking, Das Beobachtungsmaterial der internationalen meteorologischen Kooperation und seine Verwertung nebst Erläuterungen zum meteorologischen Atlas. — Mecking, L., Die Luftdruckverhältnisse und ihre klimatischen Folgen in der atlantisch-pazifischen Zone südlich von 30° S. Br. Preis Mark 15.—. Bei Subskrip- tion auf das ganze Werk Mark 12.50 BAND IV: METEOROLOGIE Band II. Tabellen. Heft 1: Meinardus, W., Meteorologische Ergebnisse der Winterstation des „Gauss“ 1902--1903. Preis Mark 29.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 24.— >) Heft 2: Heft [IN Heft >11 BAND V: ERDMAGNETISMUS Band I. Heft 1: Bidlingmaier, Fr., Der Doppelkompaß, seine Theorie und Praxis. Mit 18 Abbildungen im Text. Preis Mark 14.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 11.50 Heft 2: Bidlingmaier, Fr., Erdmagnetische Seebeobachtungen und anschließende Untersuchungen. I. Teil: Die Grundlagen. Mit TafelI bis IV und 15 Abbildungen im Text. Preis Mark 31.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 26.— Heft 3: Bidlingmaier, Fr., Erdmagnetische Seebeobachtungen und anschließende Untersuchungen. II. Teil: Deklination. Mit Tafel V—VII und einer Abbildung im Text. Preis Mark 8.50 Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 7.— BAND VI: ERDMAGNETISMUS Band H. Heft 1: Luyken, K., Das Variationshaus auf Kerguelen, seine Einrichtungen und Instrumente. Mit Tafel I-V und 16 Abbildungen im Text. Preis M. 12.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 10.— Heft 2: Luyken, K., Die absoluten erdmagnetischen Beobachtungen der Kerguelen-Station. Mit Tafel VI-XII und 5 Abbildungen im Text. Preis Mark 20.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 16.40 BAND VII: BAKTERIOLOGIE, CHEMIE, HYGIENE, SPORT. Heft 1: Gazert, H., Proviant und Ernährung der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Preis Mark 7.50. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 6.20 : Heft 2: Gebbing, J., Chemische Untersuchungen von Meeresboden-, Meerwasser- und Luftproben der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Mit 19 Abbildungen im Text. Preis Mark 22.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 18.— BAND VIII: BOTANIK. Heft 1: Hennings, P., Die Pilze. Mit Tafel I und II. — Zahlbruckner, A., Die Flechten. Mit Tafel III—V. 3. Schiffner, V., Die Lebermoose. Mit Tafel VI. — Brotherus, V. F., Die Laubmoose. Mit Tafel VII und VIN und 5 Abbildungen im Text. — Schenck, H., Die Gefäßpflanzen. Mit 10 Abbildungen im Text. — Werth, E., Die Vegetation der Subantarktischen Inseln. I. Teil. Mit Tafel IX—XIX und 10 Abbildungen im Text. Preis Mark 48,—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 40.— Heft 2: Reinbold, Th., Die Meeresalgen. — Foslie, M., Die Lithothamnien. — Mit Tafel XX und 6 Abbildungen im Text. Preis Mark 6.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 4.80 BAND IX: ZOOLOGIE Band I. Heft 1: Michaelsen, W., Oligochaeten. Mit Tafel I. — Thiele, J., Leptostraken. Mit Tafel II und 1 Abbildung im Text. Preis Mark 8.50. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 7.— Heft 2: Budde-Lund, 6., Die Landisopoden. Mit Tafel III und IV. — Meisenheimer, J., Die Pteropoden. Mit Tafel V—-VII. Preis Mark 18.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 15.— Heft 3: Apstein, C., Die Salpen. Mit Tafel VIII—X und 42 Abbildungen im Text. Preis Mark 10.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 8.40 Heft 4: Schröder, 0., Neue Radiolarien (Cytocladus gracilis und €. major). Mit Tafel XI—XII und 1 Abbildung im Text. — Schröder, 0., Eine gestielte Acanthometride (Podactinelius sessilis). Mit Tafel XIV und XV. — Bütschli, 0., Chemische Natur der Skelettsubstanz des Podactinelius und der Acantharia überhaupt. Mit 4 Abbildungen im Text. — Richters, F., Die Fauna der Moosrasen des Gaussbergs und einiger südlicher Inseln. Mit Tafel XVI—XX. Preis Mark 25.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 21.— Heft 5: v. Lendenfeld, R., Tetraxonia. Mit Tafel XXI—XXV und 1 Abbildung im Text. — Schröder, 0., Echinogromia multifenestrata. Mit Tafel XXVI. — Schröder, 0., Die Infusorien. Mit Tafel XXVII. — Lohmann, H., Die Meeresmilben. Mit Tafel XXVIN bis XLIII und 15 Abbildungen im Text. Preis Mark 44.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 36.— Heft 6: (Schlußheft dieses Bandes): Attems, C. Gf. Die Myriopoden. Mit Tafel XLIV und 16 Abbildungen im Text. — Beichenow, Ant,, Vögel des Weltmeeres. Mit Tafel XLV—L und 32 Abbildungen im Text. Preis Mark 29.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 24,— Preis des ganzen Bandes Mark 134.50. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 111.40 BAND X: ZOOLOGIE Band II. Heft 1: Plate, L., Die Scaphopoden. Mit 12 Abbildungen im Text. — Thiele, J., Die antarktischen und subantarktischen Chitonen. Mit Tafel I. — Vanhöffen, E., Die Lucernariden und Skyphomedusen. Mit Tafel II und III und 12 Abbildungen im Text. Preis Mark 13.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 11.— Heft 2: Müller, &. W., Die Ostracoden. Mit Tafel IV’—XIX und 45 Abbildungen im Text. Preis Mark 29.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 24.— Heft 3: Popofsky, A., Die Radiolarien. Mit Tafel XX—XXXVI und 29 Abbildungen im Text. — Schröder, 0., Unbekannte treibende Eier und Zysten. Mit Tafel XXXVII und XXXVII. — Schröder, O., Sticholonche zanclea (R. Hertwig) und Wagnerella borealis (Mereschkowsky). Mit 4 Abbildungen im Text. Preis Mark 36.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 30.— Heft 4: Enderlein, 6., Die biologische Bedeutung der Antarktis. Mit Tafel XXXIX und 2 Abbildungen im Text. — Enderlein, 6., Die Insekten des antarktischen Gebiets. Mit Tafel XL—LXII und 42 Abbildungen im Text. — Speiser, P., Ektoparasiten des Fregattvogels. Preis Mark 70.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 58.— Heft 5: (Schlußheft dieses Bandes): Enderlein, 6, Die Spinnen der Crozet-Inseln und von Kerguelen. Mit 7 Abbildungen im Text. Strand, E., Spinnentiere von Süd-Afrika und einigen Inseln. — Speiser, P., Milben (Acarina). Preis Mark 8.—. Bei Sub- skription auf das ganze Werk Mark 6.75 Preis des ganzen Bandes Mark 156.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 129.75 BAND XI: ZOOLOGIE Band HE. Heft 1: Mortensen, Th., Die Echinoiden. Mit Tafel I-XIX. Preis Mark 40.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 33.— Heft 2: Moser, F., Die Ctenophoren der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Mit Tafel XX—XXI, I Beilage und 1 Abbildung im Text. — Gruvel, A., Die Cirripedien der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Mit Tafel XXII—XXVI. — Gold- schmidt, Richard, Die Amphioxides-Formen. Mit Tafel XXVII und 1 Abbildung im Text. Preis Mark 29.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 24.— Heft 3: Broman, Ivar, Untersuchungen über die Embryonal-Entwicklung der Pinnipedia. Mit Tafel XXVIII—XXXIH und 1 Abbildung im Text. Preis Mark 5.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 4.20 Heft 4: Vanhöffen, E., Die Hydroiden der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1%05. Mit 49 Abbildungen im Text. — Laackmann, Hans, Die Tintinnodeen der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1%3. Mit Tafel XXXIII—LI. Preis Mark 55.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 46.— x Heft 5: (Schlußheft dieses Bandes): Brady, 6. Stewardson, Die marinen Copepoden: I. Uber die Copepoden der Stämme Harpacticoida, Cyclopoida, Notodelphyoida und Caligoida. Mit Tafel LII—LXIII und 69 Abbildungen im Text. Preis Mark 25.—. Bei Sub- skription auf das ganze Werk Mark 21.— Preis des ganzen Bandes Mark 154.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 123.20 BAND XoO: ZOOLOGIE Band IV. Heft 1: Schulze, Franz Eilhard, und R. Kirkpatrick, Die Hexactinelliden der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Mit Tafel I—X. — Pax, Ferdinand, Die Steinkorallen der Deutschen Südpolar-Expedition 11—1903. Mit Tafel XI und XII. — Laackmann, Hans, Zur Kenntnis der heterotrichen Infusoriengattung Folliculina Lamarck. Mit Tafel XII und XIV, Preis Mark 36.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 30.—. RR Heft 2: Broman, Ivar, und Fritz Ask, Untersuchungen über die Embryonalentwicklung der Pinnipedia. II. Uber die Entwicklung der Augenadnexe und speziell des Augendrüsenapparates der Pinnipedia nebst Bemerkungen über die Phylogenese des Augendrüsenapparates der Säugetiere im allgemeinen. Mit Tafel XV—XX und 8 Abbildungen im Text. Preis Mark 8.60. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 7.20 Heft 3: Simroth, Heinrich, Die Landnacktschnecken der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Mit Tafel XXI und 4 Abbildungen im Text. Preis Mark 7.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 5.80 Heft 4: Wolfenden, R.Norris, Die marinen Copepoden: II. Die pelagischen Copepoden der Westwinddrift und des südlichen Eismeers. Mit Beschreibung mehrerer neuer Arten aus dem Atlantischen Ozean. Mit Tafel XXII—XLI und 82 Abbildungen im Text. — Eichler, Paul, Die Brachiopoden. Mit Tafel XLII—XLIV. Preis Mark 44.—, Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 36.— Heft 5: (Schlußheft dieses Bandes): Hartmeyer, R., Die Ascidien der Deutschen Südpolar-Expedition 1901—1903. Mit Tafel XLY—LVIL und 14 Abbildungen im Text. Preis Mark 42.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 35.— Preis des ganzen Bandes Mark 137.60. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 114.— BAND XIII: ZOOLOGIE Band V. Heft 1: v. Ritter-Zähony, R., Revision der Chätognathen. Mit 5J Abbildungen im Text. Preis Mark 8.40. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 7.— METEOROLOGISCHER ATLAS. Heft 1: Meinardus, W., und L. Mecking, Mittlere Isobarenkarten der höheren südlichen Breiten von Oktober 1901 bis März 1904. 17 Tafeln mit 5l Karten. Preis Mark 13.—. Bei Subskription auf das ganze Werk Mark 11.—