3 UNIVERSITY OF TORONTO INN 1761 01539708 6 R T Ö LIBRARY H _ FACULTY OF FORESTRY UNIVERSITY OF TORONTO E r . Eu be > Biss! R: Br NR ö Be al RR | Die Beschädigung der Vegetation durch Rauch Handbuch zur Erkennung und Beurteilung von Rauchschäden von Dr. E. Haselhoff Dr. G. Lindau Vorsteher der Landwirtschaftlichen und Privatdocent der Botanik und Kustos Versuehsstation in Marburz a.d. Lahn am Kgl Botanischen Museum zu Berlin Mit 27 Abbildungen im Text Leipzig Verlag von Gebrüder Borntraeger 1903 au Die e re ı KL IMy Zu 9 “ % 2433 Alle Racnle, insbesondere das der Oerstzung | ne fremde Sprachen, vorbehalten. “r en [4 e Vorwort. Der grosse Aufschwung unserer Industrie und damit auch die stärkere Ausnutzung unserer mineralischen Bodenschätze, die Ausdehnung des Ver- brauches an Steinkohlen und Braunkohlen haben in den letzten Jahrzehnten manche Begleiterscheinungen gezeitigt, welche in der Land- und Forst- wirtschaft mit Besorgnis beobachtet worden sind und in diesen Kreisen zu manchen Klagen Veranlassung gegeben haben. Dieses gilt besonders von den aus den industriellen Betrieben abgehenden Abwässern und Rauchgasen. Es soll durchaus anerkannt werden, dass die Industrie im allgemeinen bestrebt ist, Fürsorge zu treffen, dass diese Abgänge für die naheliegende Land- und Forstwirtschaft keine nachteiligen Folgen haben, aber die Erfahrungen lehren uns, dass man auch heute noch nicht erreicht hat, sie vollständig unschädlich zu machen. In manchen Fällen wird die schädliche Wirkung dieser Abgänge gewiss überschätzt, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass man von ihrer Wirkung auf die Vegetation keine richtige Vorstellung - hat. Wir haben daher geglaubt, der Land- und Forstwirtschaft sowohl, wie auch der Industrie einen Dienst zu erweisen, wenn wir die Beobachtungen, wissenschaftliche Versuche und Erfahrungen aus der Praxis, soweit sie die Rauchgase betreffen, zusammengefasst und durch besondere Versuche ergänzt haben, um so ein Bild von dem heutigen Stande dieser Verhältnisse zu geben; denn ist hier einmal Klarheit geschaffen, dann wird es leichter werden, in besonderen Klagefällen Einigkeit herbeizuführen. An Bemühungen, Klarheit über die Einwirkung der Rauchgase auf die Vegetation zu schaffen, hat es bisher nicht gefehlt. Die ein- gehenden chemischen und pflanzenphysiologischen Forschungen A. Stöck- Be ’ ud er; Be: hardts und J. v. Schroeders ermöglichten es, dass bereits 1583 ein nach jeder Richtung hin grundlegendes Werk über die Rauchschäden erscheinen konnte. Die beiden Verfasser, J. v. Schroeder und Ü. Reuss, haben zwar die dort niedergelegten Erfahrungen in späteren Arbeiten noch wesentlich ergänzen können, aber die Grundzüge der Rauchexpertise waren damit unveränderlich festgestellt. Alles, was seither an Unter- _ suchungen über die einschlägigen Fragen erschienen ist, ergänzt und er- weitert den chemischen Teil des klassischen Werkes. Im letzten Jahrzehnt IV wurde eifrig daran gearbeitet, der Botanik neben der Chemie den ihr ge- bührenden Platz zu verschaffen. Diese Bemühungen sind noch nicht ab- geschlossen und als ein weiterer Hauptzweck des vorliegenden Werkes kann deshalb bezeichnet werden, dass wir mit der Fixierung des gegenwärtigen Standes der Rauchexpertise zugleich die für die zukünftige Forschung zu beachtenden Gesichtspunkte hervorheben wollten. Wenn diese beiden Ziele, die uns vorschwebten, bei der Darstellung genügend hervortreten, so können wir mit unserer Arbeit zufrieden sein und sie der wohlwollenden Nachsicht der Fachgenossen empfehlen. Wie ausserordentlich zeitgemäss die vorliegende Monographie ist, haben wir an der überreichen Unterstützung gesehen, die wir von allen Seiten erfahren haben. In erster Linie sprechen wir Sr. Excellenz dem Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten unseren ergebensten Dank aus für die Unterstützung, die uns in den Stand setzte, die am meisten rauchbeschädigten Gegenden Preussens aus eigener An- schauung eingehend kennen zu lernen. Dem gleichen Zwecke diente auch die Unterstützung, die uns die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft zu teil werden liess und wofür wir ebenfalls unsern Dank aussprechen. Ganz besonders sind wir auch Herrn Oberforstrat C. Reuss in Dessau zum Danke verpflichtet, der es sich nicht nehmen liess, uns auf mehr- tägiger Exkursion im Oberharz alle diejenigen Gegenden persönlich zu zeigen, die durch sein klassisches Werk bekannt geworden sind. Dem liebens- würdigen Entgegenkommen der Herren W. Hüttenhein in Grevenbrück, Liesenhoff in Letmathe, Forstassessor Otto in Myslowitz u. a. m. ver- danken wir nicht bloss genussreiche Exkursionen, sondern auch wichtige Notizen, die Verwendung finden konnten. Die Abbildungen, die wir dem Buche beifügen konnten, stellen teils anatomische Einzelheiten dar, teils sollen sie einen Begriff von den Vege- tationsschäden geben; wenn von diesen letzteren Bildern nicht alle von gleicher Deutlichkeit sind, so liegt das an den vom Wetter wenig be- günstigten Aufnahmen, die wir durch bessere später nicht mehr zu er- setzen vermochten. Trotzdem hat die Firma Meisenbach, Riffarth & Co. auch diese Bilder mit gewohnter Sorgfalt in mustergiltiger Weise in Zink geätzt. Mit ganz besonderer Genugthuung gedenken wir noch der Verlags- buchhandlung von Gebrüder Borntraeger, die keine Mühe und keine Kosten gescheut hat, um dem Buche eine in jeder Weise vornehme Aus- stattung zu geben. Marburg und Schöneberg, September 1902. Die Verfasser. Inhalts-Ubersicht. Allgemeiner Teil. I. Kapitel. Entstehung des Rauches II. Kapitel. Merkmale und Ausdehnung der Hiushachaden Ds III. Kapitel. Die verschiedenen Ursachen der de bei den Pflanzen : un. IV. Kapitel. Die Vergleichung ae Bis üruneon mit nor- malen Vorgängen in der Pflanze . EIEME V. Kapitel. Nachweis der Rauchgase bei sstirnnschäden Spezieller Teil. I. Kapitel. Schweflige Säure und Schwefelsäure 1. Vorkommen der schwefligen Säure ln 2. Vorkommen der Schwefelsäure . 3. Einwirkung von schwefliger Säure und Bewalelaure aa er Boden 4. Einwirkung von schwefliger Säure und Schwefelsäure auf die Vegetation A. Beeinflussung der unterirdischen Organe . B. Beeinflussung der oberirdischen Organe a) Chemische Veränderungen b) Morphologische Veränderungen I. Die experimentelle STR von üsekichiike II. Äussere Veränderungen der Blattorgane III. Innere Veränderungen der Blattorgane . EN NG IV. Die Veränderungen der Bode Akute und chronische Schädigung V. Die Resistenz der Pfiusen gegen Kassa c) Physiologische Veränderungen C. Die Beeinflussung der Wirkung der RE ie Säure durch ver- schiedene Faktoren a) Die Wirkung des Lichtes b) Die Wirkung von Feuchtigkeit und roikenheit ec) Die Wirkung des Standortes D. Die Einwirkung der schwefligen Säure auf “ Zelle 5. Zusammenfassung der Resultate mit Bezug auf die Beurteilung von ER schäden . 6. Beispiele aus der Dass für Ehen Aura ER über Säure Herzog Juliushütte bei Goslar Silberhütte bei Clausthal . 101 114 121 130 130 134 138 140 143 146 146 150 VI Silberhütte bei Altenau Silberhütte im Selkethal Kattowitz-Myslowitz Freiberg in Sachsen . Zinkhütte bei Dortmund Zinkhütte bei Letmathe Weitere Beobachtungen an . Zinkhütten Brennende Schlackenhalden Schwefelsäurefabrik zu Grevenbrück . Alaunwerk bei Godesberg Cellulosefabriken . £ Kokereien und Kohlendestillation ; i Kombinierte Rauchwirkung mehrerer BEER: Ultramarinfabriken Kalköfen ! Verbrennungsgase ir Sams u. Beanakaklen E II. Kapitel. Chlor und Salzsäure . x Vorkommen len 2. Einwirkung auf den Boden 3. Einwirkung auf die Vegetation . - A. Beeinflussung der unterirdischen De B. Beeinflussung der oberirdischen Organe . a) Chemische Veränderungen b) Morphologische Veränderungen . { c) Physiologische Veränderungen und Art de rn 4. Beispiele aus der Praxis UNS En Be u. 000 III. Kapitel. Fluorwasserstoffsäure . R Vorkommen . . Schädlichkeit für die Tore 3. Beispiele aus der Praxis IV. Kapitel. Stickstoffsäuren l. Vorkommen . 2. Schädlichkeit für die Y Rn, V. Kapitel. Essigsäure . 7, ee Ammoniak . . Vorkommen . . . Schädlichkeit für de or vu. Kapitel Schwefelwasserstoff.. . Vorkommen . - 3 Schädlichkeit für die Vigetation. VIll. Kapitel. Brom i IX. FR Theer und andere organische Stoffe Theer ; rn n und ERRREE Stoffe - Phenol und verwandte Stoffe . N Nebel X. Kapitel. Asphalt . XI. Kapitel. Leuchtgas Bent. 5 pri 0 | VII Er. Seite XI. Kapitel. Vergleich der Schädlichkeit der sauren Gase . . . . 32 eestach . . "2. nee ne Di m: 1. Vorkommen . . . er en | 2. Einwirkung auf den Biden N Er ee Bamensang auf die Vegetation . u ne 2 2 00 0 ia ee. 3 eat ass Vieh‘. a. a Teens 365 Allgemeine Bemerkungen über Rauchexpertise. Ri I. Kapitel. Der Wert der chemischen Pflanzen- und Bodenunter- r suchung .. us weint ie I | hi. Kapitel. Der Wert der RER PR SE a Pe Pr Kapitel. Die Ortsbesichtigung und die Probenahme . . . 375 V. Kapitel.e Die chemische Untersuchung der Pflanzen- und Bade DROBEE. 7... 14120803 = Kapitel. Die botanische Virdufihg der Erfassen nen ren VI. Kapitel. Die Abschätzung und Verhütung von Rauchschäden . . 392 Zusammenstellung der ne en; Arbeiten über Rauch- beschädigungen . . SUR NTEEE e , Verzeichnis der aiuieee rin ent. SE ee A Ben und Sachverzeichnis; ..'. „u. re ui Hu 00a MR B Druckfehler - Berichtigung. Zeile 14 von unten lies sieboldi statt sacchalinense. lies in der Figurenerklärung sieboldi statt sacchalinense, lies Halsbrucker statt Halsbrückener. | Anm. lies 22 statt 22. 2, Zeile 16 von oben lies Tannen statt Taunen. Zeile 2 von oben lies Myrte statt Myrthe. Zeile 15 von unten lies Abies brachyphylla statt Tanne. Anm. 2 lies Eulenberg statt Eulenburg. Zeile 16 von unten lies Abies brachyphylla statt Tanne. Zeile 5 von oben lies Eulenberg statt Eulenburg. Zeile 19 von oben lies Eulenberg statt Eulenburg. Allgemeiner Teil. I. Kapitel. Entstehung des Rauches. Der Rauch, wie er oft als sichtbarer dieker Qualm aus den Schornsteinen emporsteigt, entsteht bei der unvollständigen, durch ungenügende Sauerstoff- bezw. Luftzuführung verursachten Verbrennung unserer Brennmaterialien; bei höherer Temperatur werden die Kohlenstoffverbindungen der Brenn- materialien zersetzt und der als Russ sich ausscheidende Kohlenstoff geht bei Mangel an Sauerstoff mit den gasförmigen Verbrennungsprodukten durch die Essen in die Luft. Bei den Klagen über Belästigungen _ durch Rauch denkt man zunächst hieran und das ist auch erklärlich, _ wenn man berücksichtigt, dass dieser Rauch sich oft in dicken Wolken lange sichtbar über Feld und Wald hinzieht. Diese Klagen haben sich besonders eingestellt, seitdem die Steinkohlen als Brennmaterialien Ein- _ gang gefunden haben. Man ist deshalb anfänglich sehr bemüht gewesen, _ die Verwendung der Steinkohlen als Brennmaterial möglichst zu hindern. So hat der Stadtrat von Zwickau bereits im Jahre 1348 den vor den _ Stadtthoren wohnenden Schmieden die Verwendung der Steinkohle streng verboten. Die englische Regierung hat schon seit dem 16. Jahr- _ hundert strenge Verbote gegen die Verunreinigung der Luft durch Stein- _ kohlenrauch erlassen, ohne allerdings hierbei besondere Erfolge zu erzielen, denn sie war im Anfange des 17. Jahrhunderts derartig, dass die Zer- R störung aller Steinkohlenfeuerungen angeordnet und der weitere Verbrauch von Steinkohle als Heizmaterial verboten wurde. Aber diese ebenso wie _ die in der Folgezeit ergriffenen Massnahmen gegen das Überhandnehmen der Rauchbelästigungen sind erfolglos geblieben. In Deutschland haben wir “ keine allgemein gültigen gesetzlichen Bestimmungen über Verhinderung über- _ müseiger Rauchmengen, wie überhaupt über Belästigungen durch Rauch; 2 ier ist es Aufgabe der betreffenden lokalen Behörden, die geeigneten _ Massnahmen zu treffen. | Wenngleich es erklärlich erscheint, dass für gewöhnlich der dicke almige Rauch als der Hauptübelthäter der Belästigungen angesehen wird, und derselbe in hygienischer Hinsicht gewiss auch ein sehr bedenklicher kr Haselhoft und Lindau, Rauchbeschädigung. 1 rs Ei | Si: 0 I Pa Faktor ist, so sind doch die Befürchtungen, welche man vielfach nach dieser Hinsicht für die Vegetation gehegt hat und auch noch hegt, sehr oft übertrieben. Gewiss ist der stark russige Rauch keine Annehmlichkeit, jedoch kommen, soweit es sich um Beschädigungen der Vegetation handelt, weniger diese Russ- oder auch andere feste Bestandteile, als vielmehr die gasförmigen und meist unsichtbaren Bestandteile des Rauches in Frage; hierauf wird im einzelnen später eingegangen werden. Zunächst mögen nur kurz diejenigen Stoffe bezw. Verbindungen angegeben werden, welche in dem Rauche vorhanden sein können. Wir haben hierbei feste Substanzen, welche den Hauptteil des Flug- staubes ausmachen, und dampf- bezw. gasförmige Verbindungen zu unter- scheiden. Da, wo es sich nur um Rauch von Feuerungen handelt, kommen neben Kohlenruss noch Kohlensäfire, Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoffe, theerige Substanzen, ferner schweflige Säure und in geringerem Grade auch Chlor bezw. Chlorwasserstoffsäure in Frage. Diese aus den Brennmaterialien herrührenden Rauchbestandteile finden immer aus industriellen Betrieben je nach der Art derselben mehr oder weniger reichliche Zufuhr von festen und dampf- bezw. gasförmigen Stoffen, welche die Klagen über Rauch- belästigungen noch vermehren. Die festen Rauchbestandteile, deren Art durch die betreffende Fabrikationsart bedingt ist, sind teils Erz- oder Zuschlag- teilchen, welche in feinzerkleinertem Zustande unverändert durch den Essenzug wieder ins Freie wandern, teils Metallteilchen oder Metallverbin- dungen. Als dampf- bezw. gasförmige Substanzen, welche als Rauch- bestandteile aus industriellen Betrieben zu beachten sind, haben wir Quecksilber-, Arsen-, Zink-, Blei- u. s. w. Dämpfe, ferner schweilige Säure, Schwefelsäure, Salzsäure, Chlor, Fluorwasserstoff, Ammoniak, Stickstoff- säuren u. a. m. zu nennen. Die Verunreinigung, welche die Luft durch alle diese Stoffe erfahren kann, ist unter Umständen auch jetzt noch eine sehr beträchtliche, obgleich für die Verhütung jedenfalls besser gesorgt wird, als wie dieses vor 50—60 Jahren der Fall war. Zu jener Zeit hat es meistens an Kondensationsvorrichtungen gefehlt und die Vegetation ist daher in der Umgegend gewisser Betriebe derart gefährdet gewesen, dass der gänzliche Unter- gang derselben unaufhaltsam zu sein schien. Nachdem man die Schädlich- keit der Rauchgase richtig erkannt hatte, hat man auch bald nach Mitteln und Wegen gesucht, um dem Entweichen der schädlichen Gase entgegenzuarbeiten;; naturgemäss sind diese Wege von der Industrie um so lieber eingeschlagen worden, wenn sich dabei neben der Verhütung von Vegetationsschäden und damit Vermeidung etwaiger Entschädigungszahlungen auch noch andere pekuniäre Vorteile herausgestellt haben. Es ist bereits oben gesagt worden, dass der eigentliche Rauch eine Folge der unvollkommenen Verbrennung der Brennmaterialien ist; daraus folgt, dass '- i— er _ die starke Rauchbildung zugleich als Beweis für Brennverluste gelten muss, sodass also die Rauchverhütung in diesem Falle nur im Interesse des be- treffenden Betriebes liegt. Seitdem die Steinkohlen als Brennmaterial “dienen, ist auch in anderer Hinsicht die Verunreinigung der Luft durch die Rauchbestandteile eine stärkere geworden; es ist schon früher die schweflige Säure als ein Produkt der Steinkohlenverbrennung genannt worden. Die Konzentration derselben ist im Steinkohlenrauch durchweg _ «eine so geringe, dass eine technische Ausnutzung derselben nicht möglich ist. Nun hat die Produktion und damit auch der Verbrauch _ an Steinkohlen in den letzten 30 Jahren um rund das Fünffache in der ganzen Welt und in Deutschland sogar um das Neunfache zugenommen ; _ daraus ergiebt sich wohl am besten ein Mass für den Grad der hier- _ durch verursachten Verunreinigung der Luft. Mehr und für die Vege- _ tation jedenfalls weit gefährlicher ist die schweflige Säure, welche ' aus manchen technischen Betrieben, so besonders beim Abrösten der _ Schwefelerze, entweicht; man kannte hier früher keine Kondensation und die Folgen davon sehen wir im Harz, in Sachsen, Westfalen u. a. O. Heute liegt in der Gewinnung der schwefligen Säure ein Vorteil, den sich ‚kein Betrieb entgehen lassen möchte. Wir werden später noch an einigen Beispielen nachweisen, welche Mengen Schwefelsäure, die früher ungenutzt in der Luft verschwanden, heute hieraus gewonnen werden. Ähnlich liegen _ die Verhältnisse mit der Salzsäuregewinnung bei der Sulfatfabrikation. D. Wir dürfen daher wohl sagen, dass die Rauchverhütung bezw. die _ Kondensation der Rauchgase ebenso sehr im Interesse der einzelnen frag- _ liehen Betriebe liegt, als auch aus allgemein wirtschaftlichen Gründen an- _ zustreben ist. Meistens tritt aber da, wo keine besonderen Vorteile für die Industrie herausspringen, besonders wenn dabei noch technische - Schwierigkeiten vorhanden sind, die Industrie erst dann an Verbesserungen bezw. Vorsichtsmassregeln heran, wenn Klagen laut werden. Wenn nun ‚auch heute vieles besser geworden ist, so ist doch die Kondensation der R: chgase noch keine vollkommene und voraussichtlich werden wir immer e einem je nach den Betriebsverhältnissen mehr oder weniger grossen Rest nicht kondensierter saurer Gase rechnen müssen, besonders da, wo diese Menge so gering ist, dass eine Kondensation technisch unmöglich oder mit solchen pekuniären Opfern verbunden ist, dass der Betrieb dadurch un entabel wird. Diese letzteren Gesichtspunkte sind auch da, wo man m nit gesetzlichen Bestimmungen die Belästigungen durch saure Rauchgase ‚hat vermindern wollen, berücksichtigt worden, indem man einen geringen ei egehalt in den Abgasen zugelassen hat. So bestimmten die in England geltenden Lord Derby’sche Alkali-Akte, dass keine Sulfatfabrik mehr als 5% des gesamten entwickelten Salzsäuregases in die Luft entweichen lassen ; diese Bestimmung ist neuerdings dahin abgeändert wurden, dass 1° PRESENR- | ch 1 ebm nicht mehr als 0,464 g Salzsäure enthalten soll. In Belgien hat man durch besondere Vorschriften über die innere Einrichtung der Öfen zu besseren Resultaten kommen und der Industrie Entgegen- kommen zeigen wollen. In Deutschland bestehen keine allgemein gültigen Vorschriften und dieses mit Recht, denn je nach den örtlichen Ver- hältnissen werden die Grenzzahlen für den zulässigen Gehalt an Säuren in den Abgasen höher oder niedriger bemessen werden können. Aus der neueren Zeit ist uns ein Fall bekannt, in dem bei der Erweiterung einer Schwefelsäurefabrik, welche in einem engen Thale lag, die Bestimmung getroffen war, dass die Abgase nicht mehr als 4 g Schwefelsäureanhydrid in 1 cbm enthalten dürften. Ferner teilt Chr. Drelle?!) in einem Aufsatze über Fortschritte auf dem Gebiete der Glasindustrie mit, dass hier die Gewerbeinspektoren in Preussen bei Erteilung der Konzession von Neu- anlagen verlangen, dass der Gehalt an Schwefelsäure in 1 cbm Abgas 5 g nicht übersteigen dürfe. Die Erfahrung lehrt, dass derartige Bestimmungen von den technischen Betrieben innegehalten werden können; ob hierbei in allen Fällen eine Beschädigung der Vegetation in dem nächsten Umkreise der betreffenden Fabrikanlage ausgeschlossen ist, muss dahin gestellt bleiben und in jedem Einzelfalle besonders untersucht werden. Man sollte glauben, dass heute, wo man bemüht ist, Rauchbelästi- gungen zu vermeiden, diese in geringerem Grade auftreten; keineswegs, denn es ist eine bekannte Thatsache, dass heute die Klagen über Beschädigungen der Vegetation durch Rauchgase in den betroffenen land- und forstwirt- schaftlichen Kreisen nicht geringer, sondern eher noch grösser sind, als vor Jahrzehnten. Der Grund hierfür mag einmal darin liegen, dass mit der Ausdehnung der Industrie die durch Rauchgase verursachten Vegetations- schäden thatsächlich in vermehrtem Masse auftreten; dann aber mag man in den Interessentenkreisen jetzt, wo die Gefahren, welche der Vegetation durch die sauren Rauchgase drohen, besser erkannt sind, hierauf schärfer achten, als früher. Dass hierbei vielfach Missgriffe vorkommen und sehr oft etwas als Rauchschaden angesprochen wird, was nichts damit zu thun hat, wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass die durch saure Rauchgase auf den Blattorganen der Pflanzen hervorgerufenen Veränderungen und Verfärbungen eine gewisse Ähnlichkeit mit äusseren Merkmalen haben, die durch andere Wachstumsstörungen bei den Pflanzen hervorgerufen werden. !) Chem. Zeitschrift 1902, 1, 436. II. Kapitel. Merkmale und Ausdehnung der Rauchschäden. Die Schäden, welche den einzelnen Pflanzen durch den Rauch zu- gefügt werden, erstrecken sich teils auf die Blätter, teils auf die Stamm- organe. Da die den letzteren zugefügten Schäden, welche sich in einer anormalen Jahrringbildung zu erkennen geben, äusserlich nicht sichtbar sind, sondern erst durch die Untersuchung des Holzkörpers ermittelt werden können, so kommen sie für die Untersuchung eines Rauchschadens an Ort und Stelle nicht in Betracht; denn es wird nur recht selten im Walde möglich sein, zu untersuchen, ob die Jahrringbildung normal ist oder nicht. Dagegen bieten die Blattorgane und die äussersten Zweigspitzen in vielen Fällen vortreffliche makroskopische Merkmale. Wenn auch je nach der Rauchart die Schädigungen der Blätter ver- schieden sind, so zeigen sie doch gewisse allgemeine Züge, die dem ge- übten Experten leicht geläufig werden. Am häufigsten sind bei Wald- schäden die Nadelhölzer begutachtet worden. Bei ihnen erscheinen stets zuerst Verfärbungen der Nadelspitzen, schliesslich färbt sich die Nadel mehr oder weniger rot; genaueres wird hierüber bei der schwefligen Säure und Salzsäure mitgeteilt werden. Diesen verhältnismässig gleichartigen und durch die rötliche Färbung stets auffälligen Nadelschäden stehen die- jenigen an den Laubblättern gegenüber. Bei der grösseren Fläche äussert sich die Rauchwirkung ausserordentlich verschieden, doch ist im allgemeinen festzuhalten, dass auch hier Säuredämpfe rötliche Verfärbung der getöteten Blattsubstanz erzeugen. Der Farbenton ist je nach der Baumart ausser- ordentlich verschieden, er schwankt zwischen tiefem Braunrot bis zu hellem Gelbrot. Seltener kommt es auch vor, dass die Blattflecken mehr weiss- lich sind, so z. B. bei Sambucus, Ribes aureum. Häufig wird nicht der ganze Flecken gleichmässig tingiert, sondern der Rand erscheint dunkler. Endlich kommt noch die Ausdehnung der Flecken auf dem Blatte in Betracht. Sie befinden sich entweder mitten auf der Fläche, meist zwischen Mittelrippe und zwei Seitenrippen (Interkostalfeld), oder sie „umrändern das Blatt. So kann man, worauf schon J. v. Schroeder und €. Reuss hinwiesen, an der angegebenen Art der Fleckenbildung die Wirkung der schwefligen Säure von der der Salzsäure unterscheiden, indem jene Flecken auf der Lamina, diese Ränderungen erzeugt. Indessen darf man nicht immer sich ausschliesslich von der äusseren Form leiten lassen, sondern es ist notwendig, auch andere Punkte zur Unterscheidung der beiden Säuren ins Auge zu fassen. Dafür kommt hauptsächlich die chemische Analyse in Betracht. Für einjährige Gewächse sind viel weniger ausgeprägte Merkmale vor- handen, aber man hat hier eher Gelegenheit, an Ort und Stelle Vergleiche Be N = mit ungeschädigten Pflanzen anzustellen, als bei Bäumen. A. Stöckhardt') hat früher gefunden, dass bei jungem Getreide oder jungem Gras die Spitzen erst rot, dann gelb’ und endlich weiss werden; in einzelnen Fällen können sich die Pflanzen wohl wieder erholen, meistens wird aber ein Teil zurückbleiben, sodass eine ungleiche Reife eintreten muss. Tritt die Einwirkung des Rauches bei Getreide zur Zeit der Blüte ein, so sind taube Ähren oder geringer Körneransatz sehr leicht die Folge. Nach Fr. Nobbe?) ist der erste Eindruck eines von Hüttenrauch stark befallenen Getreide- feldes ein oberflächlicher gelber Schein; die nähere Untersuchung wird aber ergeben, dass es meistens nur die höchsten, frei dem Himmel zuge- wendeten Organe sind, deren Gewebe gelitten haben, in einzelnen Fällen, besonders bei minder dichtem Stande, werden auch die übrigen Organe nicht verschont bleiben. An den einzelnen Blättern werden die empor- gerichteten Spitzen zumeist von den Rauchgasen angegriffen, während in überhangenden Halmblättern oftmals der Gipfel gebleicht, die Spitze aber grün ist. An den Kornähren werden durch den Hüttenrauch die Grannen und Spelzen gebleicht oder gebräunt, schliesslich verdorren sie und fallen ab. Dabei kräuseln sich die Grannen und nicht selten krümmt sich auch die Ähre oder rollt sich spiralig auf. Befällt der Rauch die Pflanze vor oder während der Blüte, so vertrocknen die Staubgefässe. Dass diese Zerstörung in der Regel von dem Gipfel der Ähren ausgeht, infolgedessen man auf stark exponierten Feldern viele verstümmelte halbe Ähren findet, bei denen die kahle Spindel verblieben ist oder ebenfalls sich abgelöst hat, ist wohl lediglich der grösseren Jugend und Zartheit, sowie der stärkeren Exposition der Gipfelblüte zuzuschreiben. Diese Form der Ährenzerstörung ist keineswegs ausnahmslos; an manchen Ähren finden sich die mittleren Blüten, an anderen die Blüten an der ganzen Längsachse der Ähre einseitig nach der exponierten Seite hin affiziert oder sind auch ganz verschwunden. Derartige Beobachtungen haben wir viel- fach machen können und wir werden hierauf im einzelnen später bei der Besprechung besonderer praktischer Fälle noch eingehen. Von ganz besonderer Wichtigkeit wird bei der Beurteilung von Rauch- schäden die Unterscheidung der Säureflecken von anderen Flecken sein, die durch irgend welche äusseren Einflüsse erzeugt werden. Wir übergehen hier diese Frage und werden sie im folgenden Kapitel ausführlich behandeln. Man wird bisweilen, namentlich wenn es sich darum handelt, Säure- lecken und andere Flecken zu unterscheiden, auf die Resistenz der ein- zelnen Pflanzen achten müssen. Auch für die Unterscheidung der Art der Säure ist die Resistenzreihe von Bedeutung. Obwohl hierauf im ') v. Schroeder u. Reuss, 107. ?) v, Schroeder u. Reuss, 107. b he. ] f b speziellen Teil von allgemeineren Gesichtspunkten aus eingegangen wird, so erscheint es doch nicht überflüssig, die Resistenzreihen für schweflige Säure und Salzsäure auch an dieser Stelle kurz zu besprechen. Kommission für Salzsäure die folgenden C. Reuss ermittelte für den Harz für schweflige Säure, eine belgische lichsten Pflanzen beginnen machen. vewwH ee a 10. Schweflige Säure. Picea excelsa. Pinus silvestris. Prunus avium. Fagus silvatica. Carpinus betulus. Tilia grandifolia. Betula alba. Alnus glutinosa. Sorbus aucuparia. Tilia parvifolia. Pirus malus. Aesculus hippocastanum. Robinia pseudacacia. Salix caprea. Salix alba. Fraxinus excelsior. Ulmus effusa. Populus tremula. .. Populus nigra. Populus balsamifera. Acer campestre. Acer pseudoplatanus. Quercus-Arten. Acer platanoides. teihen, bei denen die empfind- und die widerstandsfähigsten den Salzsäure. Carpinus betulus. Carpinus incisa. Corylus avellana. Quercus robur. Fagus silvatica. Betula alba. Acer pseudoplatanus. Acer campestre. Salix cinerea. Crataegus oxyacantha. Evonymus europaea. Ulmus campestris. Tilia platyphylla. Prunus spinosa. Larix europaea. Rubus fruticosus. Fraxinus excelsior. Populus alba. Populus fastigiata. Populus tremula. Thuja orientalis. Vitis vinifera. Prunus domestica. Malus communis. Pirus communis. Prunus cerasus. Ribes-Arten. Rosa-Arten. Syringa vulgaris. Philadelphus coronarius. Rubus idaeus. Spiraea ulmaria. Humulus lupulus. Alnus-Arten. 3eschluss BI Es mag aber gleich hier darauf hingewiesen werden, dass diese Reihe nicht in jedem Falle unabänderlich ist. Im allgemeinen wird die Reihen- folge zutreffen, aber die Widerstandsfähigkeit wechselt doch sehr nach den Boden-, Klima- und Kulturverhältnissen. Vielleicht noch grösseren Schwierigkeiten begegnet aber die Feststellung an Ort und Stelle, ob ein Baum mehr leidet als ein anderer, und selbst die Gleichheit der Boden- und Wuchsverhältnisse vorausgesetzt wird es doch nicht leicht sein, hier eine sichere Entscheidung zu treffen. Man ist von äusseren Kriterien abhängig, wie die Zahl der geschädigten oder gänzlich abgestorbenen Blätter, Fleckengrösse auf den Blättern u. s. w. Die Gesamtheit aller Pflanzen einer Gegend bestimmt den allgeme Charakter einer Vegetation; mit diesem als dem auffälligsten Merkmal bei Rauchschäden müssen wir uns jetzt noch genauer beschäftigen. Während der geübte Phytopathologe eine Insekten- oder Pilzerkrankung in der Regel schon von weitem am Habitus der Gewächse oder am Habitus des von ihnen gebildeten Bestandes zu erkennen vermag, so ist dies bei Rauch- schäden kaum der Fall; hier kommen, . wie später noch näher erörtert werden wird, viele äussere Merkmale, die in anderen Wachstumsstörungen begründet sein können, vor, so dass es wohl nur bei ausserordentlich starken Beschädigungen möglich sein wird, aus dem Befund an Ort und Stelle ein einigermassen sicheres Urteil zu fällen. Die Rauchexpertise muss stets von den Veränderungen ausgehen, welche in jedem besonderen Falle die umgebende Pflanzenwelt erlitten hat. Zwischen der völligen Vernichtung der Pflanzenwelt und ihrem völlig normalen Verhalten giebt es eine ganze Reihe von Abstufungen, die durch bestimmte Merkmale charakterisiert werden können. Auf diese Verhältnisse haben J. v. Schroeder und Ü. Reuss zum ersten Male hingewiesen und es möge daher ihre Darlegung hier eingehender gewürdigt werden. Die beiden Autoren!) betrachten den Wald als ganzes und suchen nun die einzelnen Phasen der Beschädigungen zu charakterisieren. Für das Ver- ständnis des ganzen Prinzipes stellen sie folgende, hier wörtlich zitierte Leitsätze auf: »Bei schwacher Beschädigung werden die Blätter der Laubhölzer fahl, bleichen aus und bleiben oft kümmerlich und klein. Bei verstärkter Einwirkung erhalten sie rotbraune Flecken und Spitzen und welken ab. Ähnlich verhalten sich die Nadelhölzer. Bei schwacher Beschädigung werden die Nadeln, zumal die älteren fahl, weissfarbig, schmutzig-grün und zwar zunächst auf der Oberseite, die dem Rauch ausgesetzt war. Schaut man an solchem Zweige den Nadelstrich entlang, so hat er ein ganz fahles verschossenes Aussehen, blickt man jedoch gegen den Strich, so erscheint ') v, Schroeder u. Reuss, 159. BE EU ORTTS I er vollkommen saftig grün. Nach und nach werden die ganzen Nadeln krank und fallen ab und zwar zuerst die älteren Jahrgänge. Bei zuneh- mender Beschädigung sterben auch die jüngeren bis zu dem jüngsten ab, und es zeigen sich einzelne trockene Zweige und Gipfel. Endlich sterben einzelne Bäume ab, erzeugen zuerst Lücken im Bestande, die, sich allmählich erweiternd, zusammenhängende Blössen bilden. Damit ist aber der zer- ‘ störende Einfluss der Hüttendämpfe noch nicht beendet, auch der Boden- zustand wird in nicht unerheblicher Weise durch sie beeinflusst. Schon bei den lückigen Beständen stellt sich zunächst Graswuchs ein, dem häufig die Heide folgt, bis auch diese bei fortschreitender Rauchwirkung ver- schwindet und der Boden vollständig seiner Vegetation beraubt ist. Es werden darauf hin folgende Beschädigungsgrade aufgestellt: 0. Ohne Beschädigung. Schwache Beschädigung. Bestände mit beschädigten Blattorganen. 2. Mittlere Beschädigung. Bestände mit beschädigten Blattorganen und einzelnen vom Rauche getöteten er Zweigen oder Baumspitzen. 3. Starke Beschädigung. Bestände, welche einzelne Individuen eingebüsst haben und lückig geworden sind. 4. Rauchblössen. Flächen ohne jeden Holzwuchs, höch- stens mit einzelnen verkrüppelten, vom Bestande übrig gebliebenen Bäumchen. Später ist ©. Reuss weiter gegangen und hat die vier sehr gut getrennten und bestimmbaren Schädigungsgrade noch weiter eingeteilt'), wobei er hauptsächlich die Fichte als Leitbaum im Auge hat. 0. Nadeln und Stämme gesund. 1. Nadeln, namentlich die älteren fahl, schmutzig grün, kränklich. 2. Nadeln älterer Jahrgänge getötet und abgefallen; dünne Be- nadelung. Zweige vereinzelt entnadelt und abgestorben. Zweige in grösserer Zahl trocken, Baum im Absterben. Bäume vereinzelt abgestorben. Bäume in grösserer Zahl abgestorben, Bestand lückig. Bestand mehr oder weniger ganz getötet. Bildung von Rauch- blössen. a e 02 Bodenvegetation teilweise getötet. 9. Bodenvegetation völlig tot. 10. Bodenkrume der Blösse abgewaschen oder verweht. ') Rauchbesch. in dem v. Tiele-Winckl. Forstrev. Myslowitz-Kattowitz, 21. 2. ee Bei dieser neuen Einteilung würden Grad 1 und 2 als schwache, 3 und 4 als mittlere, 5 und 6 als starke Beschädigung, 7 bis 10 als Rauchblössen im Sinne der ersten Einteilung zu verstehen sein. Es fragt sich, ob man in jedem Falle die Bestimmung des Schädi- gungsgrades so genau ausführen kann, wie die Reuss’sche Teilung vor- sieht. So wird z. B. die Trennung von 1 und 2 sehr schwierig, bei Laub- hölzern unmöglich sein, dasselbe ist mit 3 und 4, 5 und 6 der Fall. Auch J. v. Schroeder!) und B. Borggreve?) haben sich gegen diese zu weit gchende Klassifizierung ausgesprochen, indem sie auf die Schwierigkeit der Unterscheidung hinweisen. /weifellos wird eine solche eingehende Einteilung, wie C. Reuss sie gegeben hat, nur demjenigen möglich sein, welcher sich jahrelang mit derartigen Untersuchungen befasst hat und auch für ihn nur dann, wenn er das Untersuchungsobjekt wiederholt beobachtet hat. Jedenfalls dürfte es gewagt sein, in allen Fällen eine Einteilung nach den von C. Reuss vorgeschlagenen 10 Schädigungsgraden zu versuchen, denn sie wird zumeist misslingen; ausserdem aber dürfte es für die Abschätzung eines Schadens vollauf genügen, wenn die von J. v. Schroeder und Ü. Reuss vorge- schlagenen vier Schädigungsklassen unterschieden werden. Trotzdem aber müssen die Beobachtungen, welche C. Reuss zu seiner Abgrenzung der Schädigungsgrade geführt haben, zu weiteren Forschungen nach dieser Richtung hin anspornen, denn dadurch wird der Einblick in die Ausdehnung und Verbreitung von Rauchschäden ganz wesentlich erleichtert. Man könnte vielleicht geneigt sein, die Einteilung in Schadenzonen mit dem Gehalt an Schwefelsäure bezw. dem schädlich wirkenden wauchbestandteil in Verbindung zu bringen; aber auch das ist nicht angängig, weil ja der Gehalt hieran bereits in der normalen Pflanze innerhalb weiter Grenzen schwankt. Als einen nach dieser Richtung hin zielenden Versuch müssen wir eine Arbeit von Portele*) auffassen. Im Ridnauer Thal liegt die Röstofenanlage Aal, in deren Umgebung die Fichten durch die Dämpfe der schwefligen Säure beschädigt werden. Um die Anlage herum liegt ein Gürtel von schwer geschädigtem Bestand, der bereits Lücken aufweist; der Schwefelsäuregehalt der Nadeln betrug hier 1,43°o. In der zweiten Zone, die sich durch Trockenästigkeit und Nadelfall charakterisiert, betrug der Schwefelsäuregehalt 1,29—1,45 0. In noch weiterem Umkreise waren die Beschädigungen fast unmerklich, es waren noch die letzten 4 Jahrgänge von Nadeln vorhanden und der Schwefelsäuregehalt betrug nur noch 0,95—1,29°/,. Darüber hinaus war ') Ueber die Beschädigung der Vegetation durch Rauch etc. Vortrag im sächs. Forstver. 1895, 27. °) Waldschäden im oberschl. Industriebez., 73. °») Österr. Landw. Centralbl. 1891, 1, 27 efr. Just's Jahresber. XIX, 2 p. 228. a 1, kein wahrnehmbarer Schaden mehr vorhanden. Es wäre aber ganz falsch, wollte man nach dieser vereinzelten Erfahrung an die weitere Ausdehnung dieses Einteilungsprinzipes glauben. Es ist hier auch der Ort, mit einigen Worten auf die Schädigungs- zone oder den Schadenrayon einzugehen. Es dürfte wohl ohne weiteres klar sein, dass der Wind der hauptsächlichste Faktor für die Verbreitung der Abgase ist. Seine Wirksamkeit muss daher für eine Konstruktion der Schädigungszone ganz besonders in Anrechnung gebracht werden, Der erste, der einen Vorschlag nach dieser Richtung hin machte, war D’Arcet'\. Er meinte, dass eine Kreislinie, die um die Industrieanlage geschlagen wird, je nach den für den Ort häufigen Windrichtungen bald über die Schädi- gungszone hinaus, bald in dieselbe hineinfallen muss. Deshalb schlug er vor, ein System von radialen Linien zu entwerfen mit der Industrieanlage als Mittelpunkt. Nach den vorliegenden Windbeobachtungen nimmt man dann die Längen der Linien so, dass sie sich umgekehrt verhalten wie die Häufigkeit der durch sie angezeigten Windrichtungen für den Mittelpunkt. Wenn dann alle so ermittelten Punkte auf den Radien verbunden werden, so erhält man eine Kurve, welche den Schadenrayon umgrenzt. Die Ein- wendungen, die von A. Stöckhardt und später von J. v. Schroeder und Ü. Reuss gegen diesen Vorschlag gemacht sind, lassen denselben zwar unter gewissen Umständen zur vorläufigen Orientierung gelten, aber die Kon- figuratiön des Terrains, die den Wind begleitenden Witterungserscheinungen, die Verschiedenheit der Vegetation und andere Umstände müssten doch viele Abweichungen von der angenommenen Proportionalität bringen. So hat denn dieser Vorschlag lediglich historische Bedeutung. Ein etwas klareres Bild von der Verteilung des Rauches auf cine Fläche kann man sich nach dem Vorschlage von C. Reuss”) machen. Er teilt die Windrose mit der Rauchquelle im Mittelpunkt in 8 Kreisaus- schnitte. Davon umfasst der Ausschnitt Nord den Raum zwischen NNW und NNO, der Ausschnitt Nordost den Raum zwischen NNO und ONO u. s. w. Es würden also südliche Winde den Ausschnitt Nord, südwest- liche den Ausschnitt Nordost im wesentlichen bestreichen. Wenn man einen Kreis mit 7000 m Radius (Fläche 1924 ha) um die Rauchquelle schlägt, so würde sich also der Rauch bis 1000 m Entfernung auf eine Kreissektorenfläche von 39 ha, von 1000 bis 2000 m auf eine solche von 118 und von 1000 zu 1000 m weiter gehend auf 196, 275, 353, 432 und 511 ha verteilen. Nehmen wir nun noch die Häufigkeit der einzelnen Windrichtungen im Jahre hinzu, so kann man sich ein ziemlich genaues Bild davon machen, wieviel Tonnen schwefliger Säure ete. während eines Jahres ') Ann. d’Hygiene 30, 320 nach v. Schroeder u. Reuss, 283. °) Rauchbeschädigung ete. Myslowitz-Kattowitz, 66. =. BR auf eine bestimmte Fläche abgelagert werden. Man wird natürlich auch hier Abweichungen finden. Die Terrainverhältnisse und die Witterung werden die Verteilung des Giftes kaum regelmässig erfolgen lassen, vor allen Dingen ist die Wirkung der hohen Essen in Anrechnung zu bringen, die die Rauchschlange sich oft erst in bedeutender Entfernung und mit noch hochkonzentriertem Rauche ablagern lassen. Einen weiteren Vorschlag, der aber bereits von J. v. Schroeder') scharf zurückgewiesen wurde, hat B. Borggreve*) gemacht. Er meint, dass der Schadenrayon ungefähr einen Kreis umfasse, in dessen westlicher Peripherie die Rauchquelle liege. Gegenüber den Westwinden, die ja in unserer (Gegend am häufigsten wehen, vernachlässigt er die Wirkung der östlichen Winde ganz, ein Verfahren, das natürlich nicht zur richtigen Schätzung des Schadenrayons führen kann. In neuester Zeit hat H. Wislicenus’) diesem Gegenstande Beachtung geschenkt. Er bezeichnet die Ausdehnung der Schäden als »Fangfläche«. »Ihre Gestalt würde natürlich nur in der Ebene und bei einheitlichen Pflanzenbeständen normal ausgebildet, als Ellipse, deren Brennpunkt die Rauchquelle bildet, erscheinen. Sie wird andererseits durch die topo- graphischen Verhältnisse der Örtlichkeit (Exposition der Gewächse) und durch die Art der. Pflanzen (resistente und empfindliche) bestimmt.« J. v. Schroeder hatte den Schadenrayon dadurch ermittelt, dass er die Analysenresultate unmittelbar in eine Karte eintrug, wodurch sich bestimmte Zonen von gleichem Schwefelsäuregehalt ergaben. Gegen diese graphische Methode äussert H. Wislicenus Bedenken, aber bis nichts besseres an ihre Stelle gesetzt ist, gewährt sie noch immer den leichtesten und besten Überblick. III. Kapitel. Die verschiedenen Ursachen der Flecken- bildung bei den Pflanzen. Wenn nur der Rauch allein imstande wäre, Verfärbungen oder Ver- letzungen an den Blattorganen der Pflanzen hervorzurufen, so würde die Feststellung der Rauchbeschädigung keine besondere Schwierigkeit be- reiten. Das Vorhandensein von Flecken oder Ränderungen an den Blättern würde auf Rauchbeschädigung schliessen lassen und die charakteristische Form der Flecken würde uns Anhaltspunkte für die Feststellung der Natur der Rauchbestandteile geben; dadurch würden wir der chemischen Analyse ') Uber die Beschädigung der Vegetation durch Rauch. Freiburg i. $S. 1895, 30. °) Waldschäden ete. 118. ») Zeitschr. angew. Chem. 1901, 14, 694. i i 4 | und aller anderen oft sehr schwierigen Untersuchungen überhoben. Aber das ist leider nicht der Fall. Ebenso wenig wie es ein anatomisches Merkmal giebt, das als Reagens auf Rauch gelten kann, ebenso wenig sind auch die Blattfleecken und anderen Veränderungen des Blattes einheitlicher Natur. Auf die meisten schädlichen Einflüsse von aussen reagiert: die Pflanze durch teilweises Absterben oder Funktionsloswerden der Blattorgane. Da- durch entstehen eben die Flecken, in denen das Gewebe teils ganz abge- storben ist, teils durch Umbildung von Inhaltsstoffen, namentlich des Chlorophylis, seine normalen Funktionen nicht erfüllt. Wir beschränken uns hier auf die Besprechung der hauptsächlichsten schädlichen Einflüsse und werden die Fleckenbildung im Herbst (Herbst- färbung), die als Folge normaler Vorgänge entsteht, im nächsten Abschnitt betrachten. Fleckenbildungen können auftreten 1. durch ungünstige atmo- sphärische Einflüsse (darunter also der Rauch), 2. durch ungünstige Boden- einflüsse (mangelhafte Ernährung ete.), 3. durch parasitische Thiere oder Pflanzen. Zu den ungünstigen atmosphärischen Einflüssen rechnen wir: anormale Beschattung oder Besonnung, Exposition gegen Wind und Regen, Mangel an Wärme (Frostschäden), anhaltende Dürre u. s. w. Am beachtenswertesten sind die Frostschäden. Bei den Coniferen zeigen sich Frostverletzungen durch Spitzenverfärbung oder vollständige Entfärbung der Nadeln an. Während die völlige Abtötung der Nadel eine Verwechslung mit Rauchschäden kaum zulässt, so ist bei blosser Spitzen- verfärbung äusserlich kein Unterschied zwischen beiden Ursachen wahr- nehmbar. J. v. Schroeder und C. Reuss erklären daher eine makroskopische Unterscheidung beider Verletzungen für unmöglich. J. v. Schroeder’) be- obachtete in den Wintern 1879—81 mehrfach im Tharander Forstgarten Spitzenrötungen der Nadeln von Tannen, Eiben und andern Nadelhölzern, Fr. Nobbe?) hat dieselben Wahrnehmungen bei der Eibe gemacht. Um das Bild der Frostverletzung dem bei Rauchschäden noch ähnlicher zu machen, finden sich an demselben Baume neben den nur an den Spitzen geröteten Nadeln auch ganz abgetötete und völlig gesunde. Auch bei Laubhölzern kommen durch Frost bisweilen Fleckenbildungen vor, die den Rauch- flecken äusserlich völlig _ gleichen. Namentlich treten solche Fälle ein, wenn im Frühjahr die schon ziemlich ausgewachsenen Blätter von Spät- frösten getroffen und nur an bestimmten Stellen verletzt werden. Wenn die erfrorenen Blattstellen vertrocknet sind, so zeigen sich Flecken, die in der Farbe den Rauchflecken genau gleichen. Besonders bei Rotbuchen lassen sich solche Frostflecken häufiger beobachten. Auf diese Überein- ) v. Schroeder und Reuss, 111. ®) Tharand. forstl. Jahrb. 1877, 27, 1. 20 stimmung hat bereits Hasenclever hingewiesen, der auf Fig. 6 der Farben- drucktafel seiner Arbeit über saure Gase ein solches frostgeschädigtes Rot- buchenblatt abbildet. Eine eigentümliche Art der Frostbeschädigung beob- achteten J. v. Schroeder') und F. Nobbe?). Es zeigten sich an den Blättern Ränderungen, die mit den durch Salzsäure hervorgerufenen grosse Ähnlich- keit haben. So besass der Wein genau dieselbe rotbraune Randzone wie bei Schäden durch Salzsäure. Findet bei Laubblättern ein Erfrieren in der Knospe statt, so bleiben natürlich diejenigen Teile der Blätter dauernd beschädigt, die am meisten nach aussen liegen. Da die Faltung und Ein- rollung der Blätter stets nach der gleichen Regel bei den einzelnen Arten erfolgt, so lassen sich häufig solche Flecken an ihrer Konfiguration auf der Blattfläche erkennen. Ist die Knospenlage eine gefaltete, so bekommen die Blätter auf den erhabenen Falten zwischen den Rippen braune und trockene Flecken, die in einer Reihe liegen; diese können auch zu läng- lichen Löchern oder zusammenhängenden Rissen zusammentreten. Solche Verletzungen finden sich bei der Rosskastanie und bei Ahorn-Arten. Wenn die Knospenlage gerollt ist, so werden durch den Frost nur die gerade auswendig befindlichen Teile der Blattrollen beschädigt, es erscheint dann auf dem entfalteten Blatte bei beiden Blatthälften in gleicher Entfernung von der Mittelrippe je ein bis zur Spitze laufender Streifen von braunen Flecken oder Löchern. Dies findet sich z. B. bei Polygonum orien- tale®). Bei Beachtung solcher scheinbar nebensächlicher Dinge können häufig bereits makroskopisch Frost- und Rauchflecken auf Blättern unter- schieden werden. In solchen Fällen, wo die Möglichkeit einer Frost- beschädigung vorliegt, ist eine öftere Beobachtung geboten, eventuell während zwei oder mehr Vegetationsperioden; in dieser Weise wird man leicht feststellen können, ob die Wachstumsstörungen auf Frost oder andere Ursache zurückzuführen sind. In vielen Fällen aber wird die chemische Untersuchung eine Entscheidung herbeiführen. Bei lang anhaltender Verdunkelung oder sehr scharfer Besonnung können Schädigungen des Chlorophyllapparates eintreten, die zu einer Verfärbung der Blätter führen können. Da aber nach Aufhören der Ur- sache die normale Färbung bald wieder eintritt, so sind solche vorüber- gehenden Störungen leicht zu erkennen. Dass auch durch Wärme Verletzungen hervorgerufen werden können, dlie den Rauchflecken ähnlich sehen, dafür soll noch ein Beispiel angeführt werden. Hartig*) beobachtete an älteren Fichten und Tannen, auch an Jüngeren Kiefern eine als Schütte bezeichnete Erscheinung. Wenn nämlich ') v. Schroeder und Reuss, 94. *) Tharand. Forstl. Jahrb. 1877, 27, 7. ‘) Frank, Pflanzenkrankheiten. 2. Aufl. 1, 201. ) Untersuch. a. d. Forstbot. Inst. München 1. 133. die Bäume an nach Süden exponierten Böschungen oder Waldränderr stehen, so können im Frühjahr die Sonnenwärme und der warme Süd- wind die Nadeln zur Transspiration anregen, während der Boden noch ge- froren ist. Da die Wurzeln das notwendige Wasser nicht zu schaffen ver- mögen, so vertrocknen die Nadeln schnell. Sie werden braun oder rotbraun, fallen ab und haben überhaupt die grösste Ähnlichkeit mit rauchgeschädigten Nadeln. Dieselbe Ursache, dass nämlich durch Niechtfunktionieren der Wurzeln die Nadeln vertrocknen, haben auch die Spitzenfärbungen und das Nadelvertrocknen bei umgepflanzten Coniferen. Durch anhaltende Dürre können Verfärbungen und Vertrocknungen der Blattorgane erzeugt werden, die leicht erkennbar sind. Namentlich sind Blattränderungen beschrieben, welche auftreten, wenn infolge grosser Trockenheit die Blätter frühzeitig im Herbst absterben. Diese Erscheinung wird noch begünstigt, wenn viel Staub auf den Blättern sich ablagert. Auch durch Wind können Flecken und Löcher in den Blättern hervorgebracht werden, die in ihren Ursachen aber unschwer zu erkennen sind. Wenden wir uns jetzt den Bodeneinflüssen zu, welche Blattschäden erzeugen, so wäre dabei an Überfluss oder Mangel an Nährstoffen oder Wasser in erster Linie zu denken, ferner an ungünstige physikalische Be- schaffenkeit der Bodenkrume, des Untergrundes u. s. w. Die Wurzeln der Pflanzen bedürfen zu ihrem Gredeihen eines be- stimmten Luft- und Wassergehaltes im Boden. Wenn der Boden nicht imstande ist, den durch die Wurzeln verbrauchten Sauerstoff zu ersetzen, so ersticken die Wurzeln schliesslich. Etwas ähnliches tritt ein, wenn der Boden von Feuchtigkeit übersättigt wird, ohne dass der Überschuss auf natürlichem Wege durch Verdunstung oder Versickern in den Untergrund abgeführt werden kann. In allen diesen Fällen werden die oberirdischen Organe in Mitleidenschaft gezogen; es tritt Blatttrocknen und Abfall ein, welche Erscheinungen man, wenn sie bei grösseren Strecken Feld oder Wald in der Nähe industrieller Anlagen auftreten, auf Rauchschaden zurückführen könnte. Die Untersuchung des Bodens auf seine physikalischen Eigen- schaften wird häufig zum Ziele führen, wenn Zweifel über die Ursache solcher Blatterkrankungen auftreten. Hartig') hat auf eine Wurzelfäule der Kiefern hingewiesen, die in der norddeutschen Tiefebene besonders häufig auftritt. Die Krankheit äussert sich durch kürzere Triebbildung, kürzere Nadeln, Kränkeln der Krone u. s. w. Ihre Ursache hat sie im Abfaulen der Pfahlwurzel, das in einer bestimmten Tiefe vor sich geht. Hier hängt das Absterben der Wurzel damit zusammen, dass durch die Bildung des sogenannten Örtsteines die Durchlüftung und Durch- feuchtung des Bodens dem Baume nicht mehr zuträglich ist. Auch zu- — ') Zersetzungserscheinungen des Holzes 1878, 75. nehmende Versumpfung des Bodens bringt oft gänze Waldstrecken zum Kränkeln und zu Blattschäden. Wassermangel im Boden kann ebenfalls Blatterkrankungen zur Folge haben und zwar brauchen sich dieselben nicht bloss auf einen Sommer zu erstrecken, sondern sie können mehrere Jahre hinter einander auftreten, wenn etwa allmählich der Standort durch Entziehung von Wasser trockener wird. In geschlossenen Beständen können durch Entfernung der Streu, durch Ziehen von Gräben häufig Bodenaustrocknungen verursacht werden, die sich in Blattfall und Wıpfeldürre der in Mitleidenschaft gezogenen Bäume äussern. Bei Buchen kann die Erscheinung der Wipfeldürre nach Entfernung des Laubes eintreten, bei Erlen nach Trockenlegung des Sumpfbodens, bei im Bestande erwachsenen Eichen nach Freistellung u. s. w. Die Nährstoffe können im Boden äusserst mannigfach verteilt sein. Wenn alle oder nur einer der zum Leben der Pflanze notwendigen Nähr- stoffe im Boden fehlen, so treten Krankheitserscheinungen ein, die zum Tode führen, wenn nicht für rechtzeitige und zweckentsprechende Zu- führung des oder der betreffenden Stoffe gesorgt wird. Über den Ein- fluss des Nährstoffmangels auf das Aussehen der Pflanzen äussert sich H. Wilfarth') auf Grund der an der Versuchsstation in Bernburg ausge- führten Untersuchungen über »die Wirkung des Kaliums auf das Pflanzen- leben« in folgender Weise. Die Erscheinungen des Kalimangels haben ge- meinsam, dass derselbe immer mit gelblich-bräunlicher Färbung des ganzen Blattes beginnt und dass dann jedesmal zwischen den Blattnerven sich intensiv gelbbraun gefärbte Flecken oder Streifen einstellen. Diese gehen dann, je nach der Pflanze, mehr oder weniger in weisse Flecken über. Dabei bleiben die Blattstiele, namentlich auch die Blattrippen, dunkelgrün gefärbt. Kennzeichnend für den Kalimangel ist auch die bei alten Pflanzen auftretende Krümmung der Blätter. Zu beachten ist, dass die Flecken immer im Mesophyll des Blattes auftreten und offenbar auf einer Erkran- kung der chlorophyllführenden Zellen beruhen. Ferner hat der Kalimangel die Eigentümlichkeit, dass bei allen Pflanzen eine gewisse Zerrüttung des ganzen Organismus auftritt, die sich durch mangelhafte Widerstandsfähig- keit gegen alle möglichen Einflüsse geltend macht. Im Gegensatz zu diesen Erscheinungen zeichnet sich der Stickstoffmangel durch gelbliche Blatt- färbung aus, während beim Phosphorsäuremangel die Farbe der Blätter dunkelgrün zu sein pflegt. Der Mangel an Eisen lässt das Blatt fahl er- scheinen und man sagt in solchen Fällen, die Pflanze ist bleichsüchtig. Doch nicht bloss der Mangel, auch der Überfluss schadet. Wenn Nähr- stoffe in zu konzentrierter Form geboten werden, tritt Übersättigung und damit Kränkeln ein. Schlecht gedüngte und zu gut gedüngte Felder ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1902. Heft 68, 96. a a ae 1. Eulen bringen keine besonders günstigen Ernten hervor. Alle Blatterkrankungen, welche sich auf Bodeneinflüsse zurückführen lassen, werden sich mit Hilfe der chemischen Analyse in den meisten Fällen sicher aufklären lassen. Es bleibt nun noch eine Kategorie von Einflüssen übrig, die viel- leicht am ehesten Anlass zu Täuschungen geben können, wenn auch ihre Aufklärung noch leichter ist, nämlich die durch Pilze und Insekten ver- ursachten Blattflecken und -schäden. Wie zahlreich früher, als die Kriterien der Ursachen von Blattflecken noch nicht so gut bekannt waren, die Verwechslungen mit Rauchschäden gewesen sein müssen, geht aus dem Bericht der belgischen Kommission hervor‘). Leon Peetres, der sich litterarisch mit der Rauchfrage be- schäftigt hat, sandte dieser Kommission ein Herbarium ein, das 85 Objekte enthielt, die alle durch Rauch beschädigt sein sollten. Von diesen wurden 79 als beschädigt durch Pilze oder Insekten erkannt und nur 6 blieben in ihrer Ursache zweifelhaft. Man kann aus dieser auf den ersten Blick sehr auffälligen Thatsache den erfreulichen Schluss ziehen, dass man durch genaue Untersuchung den Schädiger fast immer festzustellen vermag. Es giebt eine ganze Reihe von parasitischen Pilzen, die im Innern der Blätter oder Nadeln leben und namentlich in ihren Jugendstadien gelbe oder rötliche Flecken erzeugen. Dahin gehören Uredineen, Chytridiaceen, Conidienformen von Ascomyceten (Fungi imperfecti) und andere. Nament- lich kommen die Äcidienformen der Uredineen in Betracht (Äcidien, Peridermien, Cäomen, Röstelien), welche vor dem Aufbrechen der Frucht- körper gelbliche oder rötliche Flecken erzeugen. Eine Verwechslung mit Rauchflecken ist aber absolut ausgeschlossen, wenn man durch einen solehen Flecken feine Querschnitte macht und sie unter dem Mikroskop betrachtet. Stets findet man dann in den durch Pilzen verursachten Flecken Mycel- fäden in oder zwischen den Zellen. Wenn es vielleicht auch einiger Übung bedarf, um sie in allen Fällen deutlich zu sehen, so sind sie doch stets nachzuweisen. In Rauchflecken finden sich primär niemals Pilzhyphen. Nur bei nachträglicher Ansiedlung saprophytischer Pilze wäre das Vor- handensein eines Mycels denkbar. Dass solche Fälle vorkommen können, haben wir an Kiefern im Harz beobachtet, wo Lophodermium nachträglich an rauchbeschädigten Nadeln aufgetreten war. Man nimmt in Rauchgegenden vielfach an, dass parasitische Pilze rauchbeschädigte Pflanzen leichter und reichlicher befallen als ungeschädigte. Obwohl man geneigt sein könnte, eine grössere Prädisposition der rauch- beschädigten Pflanzen vorauszusetzen, da ja ihre Widerstandsfähigkeit durch die Blattverletzungen herabgesetzt ist, so lässt sich doch dafür keinerlei ) v. Schroeder und Reuss, 110. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. IS ee Beweis bringen. M. Freytag hat in seinem Freiberger Gutachten nach- gewiesen, dass dieses Vorurteil für den Rost nicht zutrifit. Von besonderer Bedeutung sind die Insektenschäden. Raupenfrass vermag sehr gut das äussere Bild eines rauchgeschädigten Waldes hervor- zubringen und die Abschätzung der Schäden wird zur Unmöglichkeit, wenn zum Rauche auch noch die gefrässigen Larven von Schmetterlingen und anderen Insekten hinzukommen. Ein Wald, in dem Nonnenraupen ge- haust haben, bietet von weitem denselben traurigen Anblick, wie ein rauch- geschädigter Bestand. Die trockenen Wipfel und dürren Äste, die dünne Benadelung erinnern lebhaft an Rauch. Aber eine Untersuchung der Zweige wird sofort die richtige Ursache zeigen. Angefressene Nadeln, Kotreste, trockene Raupenhäute und andere Merkmale werden wohl selten fehlen, um den rechten Schädiger zu charakterisieren. Larven und Insekten aus allen Gruppen beteiligen sich daran, Blattflecken zu erzeugen. Ausser von Schmetterlings- und Käferlarven kommen solche von Wespen in Betracht, ebenso von Blattläusen, Käfern u. s. f. Manchmal wird man auch an Wurzel- beschädigungen durch Nematoden (Würmer) denken müssen. Bei einiger Übung ist es nun nicht schwer, einen Insektenschaden von einem Rauch- schaden zu unterscheiden; aber man hüte sich wohl, eine Charakterisierung von Schäden aus der Entfernung vorzunehmen. Man muss die Zweige selbst in der Hand haben, um die Schäden: mit blossem Auge oder der Lupe betrachten zu können. Bei diesen Schädigungen durch Parasiten kann nun wohl kaum ver- langt werden, dass der Gutachter in jedem Falle bis auf den Schädiger selbst zurückzugehen imstande ist. Es ist gewiss sehr schön, wenn längere Übung ihn in den Stand setzt, den Namen des jeweiligen Schädlings zu nennen, aber dieses Spezialstudium füllt die volle Zeit des Phytopathologen aus und man kann deshalb füglich davon absehen, dass auch der Rauch- experte sich mit diesen Dingen mehr als notwendig abgiebt. Unter allen Umständen aber erscheint notwendig, dass er Pilzschäden und Insekten- schäden als solche sofort erkennt. Dazu gehört weder langes Studium noch jahrelange Beobachtung, sondern nur einige Übung im Mikroskopieren und Lupieren. Es dürfte hier der Ort sein, auf eine Kontroverse einzugehen, die sich an das Reuss’sche Gutachten über die oberschlesischen Wälder an- geknüpft hat. C. Reuss hatte in einwandfreier und streng wissenschaftlicher Weise nachgewiesen, dass die Schäden in den erwähnten Wäldern aus- schliesslich durch den Rauch erzeugt sind. Zu den bekannten chemischen Methoden und der makroskopischen botanischen Methodik hatte er als Hilfsmittel noch die Hemmung des Jahreszuwachses hinzugenommen, so dass eine lückenlose Beweiskette entstand. Hiergegen hat nun B. Borggreve') !) Waldschäden im Oberschlesischen Industriebezirk 1895. — 19 — Einwendungen gemacht. Was er gegen die chemische und botanische Methode vorgebracht hat, ist längst von anderer Seite hinreichend widerlegt worden. Hier möge noch folgendes kurz berührt werden. B. Borggreve schreibt weitaus den grössten Teil der Schäden in den Waldungen bei Kattowitz-Myslowitz den Insekten und nicht dem Rauche zu und beruft sich zum Beweise dafür auf das Aussehen des Waldes und auf die Insektenbefunde, die er selbst gemacht hat. B. Borggreve geht aber viel zu weit, wenn er die Insekten allein für den Zustand des Waldes verantwortlich macht. Man muss vielmehr, und das geht aus den Zuwachsuntersuchungen von Ü. Reuss hervor, annehmen, dass der Wald bereits seit langer Zeit rauchbeschädigt war und die Insekten erst nachträglich hineingeraten sind. Manche Beobachter scheinen geneigt anzunehmen, dass ein solcher rauchbeschädigter Wald besondere Anziehungs- kraft auf die Insekten ausübe, andere dagegen bestreiten, dass Insekten überhaupt in solchen Wäldern noch Schaden stiften könnten. Das Beispiel des Kattowitzer Waldes wirft auch auf diese Kontroverse ein helles Licht, weil sein Zustand klar beweist, dass der Insektenschaden sehr wohl zum Rauchschaden hinzukommen kann. Freilich verursacht es bei solchen Mischbeschädigungen ausserordentlich grosse Schwierigkeiten, den Anteil, den jeder einzelne Schädling am Gesamtschaden hat, auseinanderzuhalten; in vielen Fällen wird dies überhaupt nicht möglich sein. Nachdem wir vorstehend näher auf alle Ursachen eingegangen sind, welche unter Umständen den Säureschäden ähnliche Flecken und Ver- letzungen an den Blättern hervorbringen können, erscheint es nicht über- flüssig, an einem in der Litteratur durchgeführten Beispiel noch einmal darauf hinzuweisen, welche Vorsicht beim Ausdeuten von Fleckenbildungen angewandt werden muss. ©. Wehmer') hat sich eingehend mit der Blatt- fleckenbildung bei Rosen beschäftigt und versucht die verschiedenen _ Ursachen klar zu legen, welche Flecken hervorzubringen vermögen. Wir wollen an der Hand seiner Abhandlung kurz darauf eingehen. Bei den Pilzflecken kommen hauptsächlich die durch Asteroma radiosum (Actinonema rosae) erzeugten in Betracht, da sie Anlass zu Verwechselungen mit Asphaltflecken geben können. Wenn auch im all- gemeinen die Flecken schwarz sind und strahlig sich ausbreiten, so giebt es doch Fälle, wo die Farbe russ- bis rotbraun ist. In der Jugend be- sitzen sie meist eine noch hellere Farbe. Die auf den Flecken alsbald er- scheinenden schwarzen kleinen Sporenbehälter (Pykniden) geben natürlich den Pilz leicht zu erkennen. Ebenso zeigt eine mikroskopische Unter- suchung des Fleckens stets die Anwesenheit von Mycelfäden auf der Ober- fläche des Blattes. Die Pallisadenzellen färben sich aber unter dem Ein- ') Gartenflora 1900, 226, 262; vergl. dort auch die übrige Litteratur, vor allem Ost und Wehmer in „Die chemische Industrie“ 1899, 22, 233. 28 ui Roses fluss des Pilzes violettrot (Anthocyan). Das Absterben greift auch in der Tiefe des Blattgewebes um sich. Die Entstehung des Anthocyans bedingt die ursprünglich rote Färbung der Flecken, die dann durch das ziemlich dunkle Mycel fast in Schwarz übergeht. Durch physikalisch-atmosphärische Einflüsse, wozu namentlich die Besonnungsverhältnisse gegen den Herbst zu rechnen sind, treten häufig Rötungen an den Blättern auf. Entweder färbt sich die ganze Blattfläche oder nur fleckenartige Partieen derselben. Bei normaler Stellung der Blätter tritt die Färbung oberseits auf, doch kann sie in selteneren Fällen, wenn die Unterseite dem Lichte zugekehrt ist, auch an dieser auftreten. Die Ursache dieser Erscheinung ist das Entstehen von Anthocyan in den Epidermis-, seltener auch in den Pallisadenzellen. Diese Anthocyanbildung ist im Pflanzenreich ungemein häufig und kann aus allen möglichen Ursachen eintreten, die bekannten Rotfärbungen der Blätter im Herbst leiten z. T. ihre Ursache auch daher. Das Anthocyan geht beim normalen Absterben des Blattes verloren, indem sich die Farbe in rötliches Braun umwandelt, wie wir es noch bei trockenen Blättern sehen. Wird dagegen ein solches Blatt gepflückt und schnell getrocknet, so erhält sich der Anthocyanfarbstoff unverändert. Im allgemeinen kann man als Er- kennungszeichen gegenüber den Säureflecken angeben, dass die Rötung allmählich in das noch grüne Blattgewebe verläuft, die Färbung des Fleckens (resp. des Randes) ist also nicht an der äusseren Umrandung, sondern nach der Mitte zu am intensivsten. Die chemisch-atmosphärischen Einflüsse umschliessen Säure- und 'Asphaltdämpfe. Erstere erzeugen, wenn sie in sehr kleinen Dosen wiederholt wirken, kleinere oder grössere, häufig den Rand einnehmende matte Flecken, die allmählich sich zu scharf umschriebenen, unansehnlich braunen, dürren Partieen entwickeln. Am Rande gehen sie mit einer schmalen dunklen Zone in das grüne Gewebe unvermittelt über. Bisweilen ist um einen solchen Säureflecken noch eine Zone von anthocyanhaltigen Zellen zu be- obachten; doch ist das nur eine Folge von Nebenwirkungen. Asphalt erzeugt die braunen Niederschläge von Gerbstoff in den Epidermiszellen, wodurch eine braune bis broncefarbene Färbung der Oberhaut entsteht. Actinonema- flecken können ein ähnliches Aussehen haben. Als Herbstverfärbungen beobachtet man an Rosen häufig Flecken, die vom Rande aus nach dem Innern vorschreiten. Sie besitzen unansehnliche braune Färbung bisweilen mit schwach rötlichen oder gelben Tönen und eine ganz verwischte Berandung. Dadurch unterscheiden sie sich sofort von den Säureflecken, mit denen sie sonst Ähnlichkeit haben können. Auf andere Fleckenbildungen, die meist ganz bestimmte äussere Ursachen haben, soll hier nicht näher eingegangen werden, weil sie wohl kaum Ursache zur Verwechslung mit Säureschäden geben werden. ET NE IE a u TU = ZU 4 al y | N IV. Kapitel. Die Vergleichung der Rauchbeschädigungen mit normalen Vorgängen in der Pflanze. Wir haben im vorigen Abschnitt gesehen, dass die verschiedensten Ursachen mitwirken können, um Verfärbungen und Fleekenbildungen an Blättern hervorzurufen und haben auch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass nicht nur feindliche Ursachen, sondern auch der normale Vorgang des herbstlichen Blattfalles in der Pflanze Veränderungen hervorbringen können, die an Rauchschäden erinnern. Wir wollen jetzt den Vergleich mit der Herbstfärbung der Blätter etwas genauer durchführen. Der erste, der auf diese Analogieen hingewiesen hat, ist M. Freytag gewesen. Derselbe sagt, ohne sich auf weitere Ausführung des Vergleiches einzulassen, darüber folgendes’): »Es kann daher keinem Zweifel unter- liegen, dass die sauren Dämpfe des Hüttenrauches bei hinreichender Kon- zentration nur einen sichtbaren Schaden der Vegetation in der Weise zu- fügen, dass sie die befallenen Organe korrodieren und genau in den Zustand versetzen, in welchen sie beim Erlöschen der Vegetation von selbst kommen. Was insbesondere die Blätter betrifft, so wird das Chlorophyll degeneriert und insbesondere der Farbstoff derart zerstört, dass von Stoffassimilation nicht mehr die Rede ist. Das Blatt stirbt allmählich ab, indem der Saft und die wesentlichsten Pflanzennährstoffe, ähnlich wie im Herbst, in die Stammteile zurücktreten. « In ihrem Buche sind J. v. Schroeder und (Ü. Reuss?) nicht näher darauf eingegangen, ob zwischen Rauchbeschädigungen und Herbstfärbungen eine physiologische Analogie besteht, sondern sie haben nur die äusseren Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten der Blattfarbe betont. Bevor wir auf eine Kritik der Freytag’schen Meinung eingehen, ist es notwendig, die Vorgänge im Blatte klar zu legen, die im Herbste vor sich gehen. Zu diesem Zwecke wollen wir kurz auf den Inhalt einer Arbeit von J. Sachs eingehen, der zuerst auf diese Verhältnisse aufmerksam gemacht hat. Nach ihm?) findet die Entleerung der Blätter im Herbst im wesentlichen nach folgendem Schema statt. Es verschwindet zuerst das Chloro- phyll und die Stärke aus den Assimilationszellen, nur in den Spaltöffnungs- zellen bleibt die Stärke darin®). Die Lösungsprodukte davon werden durch das Gefässsystem nach dem Blattstiel und durch diesen hindurch nach dem Stamm geleitet, wo sie im Holzparenchym als Reservestoffe auf- 1) Jahrb. f. d. Berg- und Hüttenwesen im Königr. Sachsen a. d. Jahr 1875, Abh. 34. ?) v. Schroeder und Reuss, 112. s) Flora 1863, 200 und Vorlesungen 384. I Verek. Oliver'2. Ber. 17. a Se gespeichert werden. Während dieser Auswanderung bleiben die Blattzellen prall und mit farbloser Flüssigkeit gefüllt. Nach der Resorption des Chlorophylis und der Stärke bleiben in den Zellen einige gelb gefärbte, fettglänzende Körnchen übrig, die den 40.—50. Teil von der Masse aus- machen, die Chlorophyll und Stärke früher besessen haben. Ihre Substanz ist von der der letzteren Stoffe wesentlich verschieden. Der gelbe Farbstoff ist in Alkohol leicht löslich, Schwefelsäure greift die Körnchen nur langsam an, kochende Kalilauge verwandelt sie in eine braune, schmierige Masse. Die Körnchen bestehen wohl sicher aus Gerbstoff. Die Zerstörung der Chlorophyllikörner geht nicht immer in gleicher Weise vor sich. Sie werden häufig in ihrem Umriss undeutlich und zer- fliessen oder lösen sich in einzelne Körnchen auf, die noch lose zusammen- hängen, oder endlich sie werden formlos und verlieren sich allmählich. Dabei kann die grüne Färbung bald verschwinden oder noch eine Zeit lang erhalten bleiben. Wir wollen uns bei unserem Vergleich im wesentlichen auf drei Punkte beschränken, nämlich 1. Auflösen der Inhaltsstoffe der Zellen, 2. Ableitung der Auflösungsprodukte in den Stamm und 3. Auftreten des (erbstoffes oder seiner Derivate. Die Auflösung der Chlorophylikörner zeigt gewisse Ähnlichkeiten. Wie sie in den herbstlichen Blättern nicht immer in gleicher Weise zerstört werden, so bietet auch bei den rauchbeschädigten Zellen die Auf- lösung nicht immer dasselbe Bild. Das Auftreten von ölartigen Tropfen bei oder nach der Auflösung der Inhaltsstoffe findet bei Rauchbeschädigungen häufig statt. Wahrscheinlich haben wir es in ihnen mit dem Beginn der Gerbstoffabscheidung zu thun, auf die später noch einzugehen ist. Den Vergleich weiter auszuführen, dürfte nach dem heutigen Stand unserer Kenntnisse kaum möglich sein. Soviel aber dürfte klar sein, dass die Auflösung der Inhaltsstoffe gewisse Analogieen zeigt. Anders ist dies bei der Ableitung der Auflösungsprodukte. Im Herbst findet eine ganz regel- mässige und allmähliche Ableitung in die Stammorgane statt, alle Auf- lösungsprodukte finden also ihre Verwendung für das nächstjährige Wachs- tum der Pflanze. Das ist nun bei Rauchbeschädigungen nicht der Fall und die Meinung M. Freytag's, dass die wesentlichen Nährstoffe und der Saft in den Stamm zurücktreten, erscheint unbewiesen. Das Wasser nämlich wird nicht zurückgeleitet, sondern in die Intercellularen gepresst, von wo es schnell verdunstet oder sogar als Tröpfehen auf die Oberfläche der Blätter gepresst wird (z. B. bei der Nervaturzeichnung durch schweflige Säure). Noch grösser sind die Unterschiede beim Rücktransport der plasti- schen Stoffe. Dieser wird unter dem Einfluss der Säure ausserordentlich verzögert und es ist daher mit Sicherheit anzunehmen, dass von den Auf- lösungsprodukten der Chloroplasten, der Stärke ete. überhaupt nichts zurük- >37 = tu u a ae dh rYı geleitet wird, sondern alles für die Pflanze verloren geht. Das erscheint um so wahrscheinlicher, als die Zelle bereits in ihren Lebenstunktionen schwer geschädigt ist, wenn die Chlorophylikörner zu desorganisieren beginnen. Wir kommen endlich zum dritten Punkte, dem Gerbstoff, der in herbstlichen und in rauchgeschädigten Zellen auftritt. Die Pflanzen ent- halten im normalen Zustande bereits Gerbstoff in grösseren oder kleineren Mengen; manche sogar enthalten ihn in den Blattorganen in grösseren Mengen z. B. Eiche, Rose, Rosskastanie etc. Der Gerbstoff ist ein wichtiges Stoffwechselprodukt, denn nach den Versuchen von G. Kraus!) wird eine bestimmte Menge des täglich im Blatte produzierten Gerbstoffes in den Stamm abgeleitet. Dadurch wird erreicht, dass der Gerbstoffgehalt im Blatte während der ganzen Vegetationsperiode ungefähr gleich bleibt. Häufig aber findet eine allmähliche, wenn auch geringe Zunahme im Laufe des Sommers statt. Da also der Gerbstoff zu denjenigen Produkten der Assimilationsthätigkeit gehört, die für das Leben der Pflanze wertvoll sind und deshalb aus dem Blatte abgeleitet werden, um an anderen Teilen der Pflanze Verwendung zu finden, so lag es nahe zu prüfen, ob im Herbst, wenn eine Rückleitung wertvoller Inhaltstoffe aus dem Blatte in den Stamm und eine Aufspeicherung derselben für die nächste Vegetationsperiode stattfindet, auch der Gerbstoft zu diesen gehört. Das ist nun nicht der Fall, der Gerbstoff bleibt im Blatte und zeigt sogar noch eine Zunahme gegenüber dem Gehalte im Sommer. G. Kraus*) sagt darüber: »Aber ich glaube, es ist ganz gleichgiltig, ob der Gerbstoff im abgefallenen Blatt grösser oder kleiner geworden ist — entscheidend ist offenbar, dass in allen Fällen im abgetrennten Blatte noch so viel Gerb- stoff ist, wie zur besten Vegetationszeit. Das beweist, dass die Pflanze auf den Blattgerbstoff keinen Wert mehr legt, er ist ihr gleichgiltig geworden. « Trotzdem also der Gerbstoff herbstlicher Blätter belanglos für den Haushalt der Pflanze zu sein scheint, so steht er doch in irgend einer Beziehung zu der Herbstfärbung. Der braune Farbstoff, der sich in ab- sterbenden Zellen, in rot, gelb oder braun gefärbten Blättern findet, ist irgend ein Derivat des sonst farblosen Gerbstoffes. G. Kraus’) sagt: »Herbstlich rot werdende Blätter nehmen nicht an Gerbstoff ab, sondern beträchtlich. zu«. Damit kommen wir an den Vergleichspunkt. Die braunen Massen, die sich in den Zellen von rauchgeschädigten Blättern finden, sind eben- falls Gerbstoffe oder Derivate davon. A. Wieler hat dies für die Spalt- ) G. Kraus, Grundlinien zu einer Physiologie des Gerbstoffes. Leipzig 1898. 27 E06; 94.129, rKreausil.c. p. 31. a öffnungszellen der Fichte, die sich zuerst röten,. direkt nachgewiesen ?). Auch sonst finden sich in den Epidermis-, den Assimilations- und den Holzparenchymzellen der Coniferen braune Massen, die zu derselben Kategorie gehören. Blätter, die durch Asphalt, Ammoniak, Chlor und Säuredämpfe beschädigt sind, zeigen ebenfalls gebräunte Zellen. Wenn man einen Blattquerschnitt, in dessen Zellen sich durch Eisenchlorid Gerb- stoff in bräunlichen Massen niedergeschlagen hat, in Chloralhydrat legt, so löst sich der Gerbstoff in ganz charakteristischer Weise auf. Die bräun- lichen Massen werden heller, nehmen einen grünlichen Ton an und ver- schwinden schliesslich, indem sie die Zelle ganz farblos zurücklassen. Da genau dieselben Lösungserscheinungen auch bei den durch die Gase ge- bräunten Zellen eintreten, so liegt der Schluss nahe, dass wir es in allen diesen Fällen bestimmt mit Gerbstoff zu thun haben. Die Rot- und Braunfärbung der herbstlichen und rauchgeschädigten Blätter beruhen also auf einer Niederschlagung des Gerbstoffes in den Zellen. Wenn auch für die rauchgeschädigten Blätter vorläufig noch genauere Angaben über den zahlenmässigen Gehalt an Gerbstoff ausstehen, so mögen hier für herbstliche Blätter nach den Analysen von G. Kraus noch einige Zahlen Platz finden?). Es enthielten: Blätter in Vegetation Herbstliche Blätter 30. Juni| 31. Juli | 30. Aug. | 25. Sept. | 19. Sept. 29. Okt. Cornus alba . . .| 0,248 | 0,260 | 0,272 0,336 0,336 0,336 (Bl. rot) | (Bl. grün) (Bl. rot) Quereuspyramidalis | 0,056 | 0,056 0,060 — — 0,060 (Bl. grün) Corylus. . . . .| 0,120 | 0,120 | 0,120 0,192 0,184 0,132 | (Bl. gelbgrün)) (Bl. stark gelbgrün) Platane . . . .| 0,081 | 0,184 | 0,134 | 0,149 0,120 0,091 | (Bl. grün) (Bl. gelb) Alnus 2.0, 351702107 — 0,295 0,260 0,165 (Bl. grün) (Bl. grün, ab- . fallend) Die Zahlen der vorstehenden Tabelle geben die absoluten Mengen von Gerbstoff an. Noch deutlicher aber geht die Erhöhung des Gerbstoff- gehaltes aus den nachstehenden Angaben hervor, die sich auf Blätter be- ziehen, die rein grün und rein herbstlich gefärbt waren und an demselben Tage im Oktober gepflückt wurden. ') Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwesen. 1897, 513. ". Kraus li. 0.9.1202, “en Z Gewicht Gerbstoff Castanea vesca (Blattfläche 120 gem) . Bran . u |gelb 1,816 0,198 serün 0,920 0,082 } S £ A , , (l - Cornus alba (Blattfläche 160 gem |gelb 0,888 0,092 a aaachs 180.0, 61 Jarpinus betulus (Blattfläche 150 qem) | EN En 0.1294 . j u grün _— VOTES Kirschblätter (Blattfläche 125 qem) . Kr, En 0444 Hier fällt die beträchtliche Erhöhung des Gerbstoffgehaltes ohne weiteres in die Augen. Es handelt sich nun um die weitere Frage, wie es denn kommt, dass in rauchbeschädigten Blättern der Gerbstoff ausgefällt wird. Wenn sich auch mangels jeder speziellen Untersuchung darüber vorläufig nur Ver- mutungen äussern lassen, so wäre vielleicht daran zu denken, dass ja den Zellen durch die Wirkung des Rauches Wasser entzogen wird. Wir haben es also mit einem Trocknungsprozess zu thun. Dass die Herbstfärbung, die Fleckenbildung bei Blättern im Sommer ebenfalls Trocknungserschei- nungen, wenn auch vielleicht erst sekundärer Natur, sind, daran kann wohl nicht gezweifelt werden. Demnach scheint also die Entfernung des Wassers aus den Zellen so zu wirken, dass der Gerbstoff sich aus der ur- sprünglich verdünnten Lösung niederschlägt. Das müsste für die Epider- miszellen zutreffend sein, bei denen ja der Niederschlag der gefärbten Substanzen aus dem ursprünglich ganz klaren Inhalt erfolgt. Indessen erschöpft sich mit dieser wahrscheinlich richtigen Vermutung der Thatbestand noch nicht. Es werden ja bei den assimilierenden grünen Zellen die Inhaltsbestandteile, also Chlorophyllkörner, Stärke u. a. korro- diert und gelöst. Auch aus der Zerstörung dieser Bestandteile wird sich ein Teil des niedergeschlagenen Gerbstoffes herleiten. ‚Jedenfalls bedarf die Frage genauerer Bearbeitung, in welcher Art die Gase zersetzend auf den Zellinhalt einwirken. Dass die Lösung der Chlorophylikörner bei Rauchwirkung auch seine Analogie bei den herbstlichen Blättern findet, geht aus den Untersuchungen von J. Sachs') unzweifelhaft hervor. Es treten nämlich nach dem Verschwinden des Chlorophylis in herbstlichen Blättern gelb oder braun gefärbte Öltropfen auf. Das ist auch bei Rauch- beschädigungen eine weitverbreitete Erscheinung. In dem speziellen Teile, in dem die Wirkung der Gase auf die Pflanzen ihre eingehendere Berück- sichtigung finden wird, soll dafür eine ganze Anzahl von Beispielen ge- bracht werden. Wie weit die Färbung dieser Öltropfen durch Gerbstoff ) Flora 1863. — 26 .— bedingt wird, ist vorläufig noch nicht klar und bedarf der näheren Unter- suchung. Fassen wir jetzt noch einmal zusammen, was für eine Vergleichung von herbstlichen und rauchgeschädigten Blättern spricht. Das Auftreten des Gerbstoffes und seiner Derivate in den gefärbten Teilen des Blattes, der Verlust von Wasser und die ähnliche Zersetzung der Chlorophyllkörner sind das Gemeinsame, das die Subsumierung beider auf den ersten Blick so grundverschieden erscheinenden Vorgänge unter eine gemeinsame Kategorie zu gestatten erlaubt. Daneben natürlich fallen auch die Verschiedenheiten sofort ins Auge. Während bei den Blättern im Herbst die Lösung der Chlorophylikörner und der Assimilationsprodukte allmählich vor sich geht und die daraus resultierenden Lösungsprodukte in den Stamm zurückge- leitet werden, findet dies bei der Rauchbeschädigung nicht statt. Die Inhaltsstoffe werden vielmehr schnell zerstört und gehen dem Stoffwechsel der Pflanze verloren. Was also in dem einen Falle die Pflanze mit den normalen, ihr zur Verfügung stehenden Mittetn erreicht, bewirken Gase in naturwidriger Weise in kürzester Frist. Vielleicht ist es später einmal möglich, die genannten Vorgänge und noch eine ganze Anzahl anderer, wodurch Abtrocknungserscheinungen der assimilierenden Organe bewirkt werden, unter gemeinsamen Gresichts- punkten, als Trocknungserscheinungen, zu betrachten. Vor der Hand sind wir nicht imstande, eingehendere Vergleichungen anzustellen, weil gerade dieses Gebiet von der Physiologie bisher stiefmütterlich behandelt worden ist. Das hat seinen Grund einmal in der grossen Schwierigket, Experimente anzu- stellen, bei denen immer nur der Einfluss einer ganz bestimmten Vorbe- dingung mit Ausschluss aller anderen hervortreten soll. Wer es versucht hat, auf lebende Pflanzen oder Pflanzenteile Gase einwirken zu lassen, weiss, wie schwierig Nebenbedingungen, wie z. B. genügende Wasser- und Lichtzufuhr, so inne zu halten sind, dass sie das Resultat nicht beeinflussen. Zweitens aber gestattet der heutige Stand der Mikrochemie noch nicht mit voller Sicherheit, unter allen Umständen der Wanderung der Inhalts- bestandteile zu folgen. V. Kapitel. Nachweis der Rauchgase bei Vegetationsschäden. Die Unzulänglichkeit der Beurteilung etwaiger Rauchbeschädigungen nach äusseren Kennzeichen der Pflanzen ist nach den bisherigen Aus- führungen offenbar. Ein anderer Weg, die Einwirkung saurer Rauchgase auf die Pflanzen nachzuweisen, ist der Nachweis der Rauchgase bezw. der schädigend wirkenden Bestandteile derselben in der Luft an dem fraglichen Ei Orte der Pflanzenbeschädigung. Auch dieser Weg ist schon beschritten und es mögen daher die bisher bekannt gewordenen Versuche nach dieser Richtung hin angegeben werden. Die ersten Versuche dieser Art sind wohl von H. Braconnot und F. Simonin') in der Umgegend von Dieuze bei Nancy im Jahre 1848 ausgeführt. Es handelte sich dabei um eine chemische Fabrik, welche mit einer Saline verbunden war; dieselbe produzierte jährlich 280000 Ctr. Salz, 37000 Ctr. Schwefelsäure, 8000 Ctr. Chlorkalk, 30000 Ctr. Salzsäure, 2000 Ctr. Salpetersäure, 400 Otr. Zinnsalz, 300 Otr. Leim und 65000 Ctr. Soda. In der Windrichtung konnte man sehon in halbstündiger Entfernung durch den Geruch schweflige Säure, Salzsäure und Steinkohlenrauch feststellen. Auf die benachbarte Vegetation hatten die Abgase der Fabrik geradezu verheerend gewirkt. Feld- und Garten- pflanzen zeigten eine nur kümmerliche Entwickelung oder kamen überhaupt nicht fort. Wenngleich die Fabrik die nachteiligen Einwirkungen der Rauchgase anerkannte und dafür entschädigte, so suchten H. Braconnot und F. Simonin doch noch besondere Grundlagen für den Nachweis der Rauchbeschädigungen zu. schaffen und verfuhren dabei in folgender Weise: »Es wurden in Entfernungen von 200, 500 und 1000 m um die Fabrik herum Streifen von blauem Lackmuspapier ausgelegt und Glastafeln auf- gestellt, welche mit Kalkmilch befeuchtet waren. Nach ein oder zwei Nächten waren alle Probierpapiere gerötet, welche sich unter dem von der Fabrik herkommenden Winde befanden, nicht aber die nach den anderen Rich- tungen hin ausgelegten. Die Kalilösung auf den Glastafeln war nur zum Teil neutralisiert, doch konnte kein Chlor darin aufgefunden werden. Der von den Pflanzen abgeschüttelte (!) Thau zeigte eine neutrale Reaktion und einen deutlichen Chlorgehalt, in dem Thau fanden sich ausserdem Schwefelsäure, Kalk, Alkalien und organische Substanz. Der Thau, welcher an solchen Stellen gesammelt wurde, die dem über die Fabrik streichenden Winde ausgesetzt waren, zeigte nur Spuren von Gips und Kochsalz, nicht aber von Chlorcaleium (?) und Salmiak. Das nach 14tägigem trockenen Wetter in einer Entfernung von !/ı Stunde (also etwa 1000 m) von der Fabrik gesammelten Regenwasser enthielt Gips, Kochsalz und organische Substanzen; Regenwasser von Nancy zeigte nur Spuren von Gips, dagegen reichliche Mengen organischer Substanz. In Krusten, welche sich an eisernen Fenstergittern eines in der Nähe befindlichen Gebäudes gebildet hatten, wurde Schwefelsäure, Chlor, Kalk und Ammoniak nachgewiesen. Diese Untersuchungen von H. Braconnot und F. Simonin haben heute mehr historisches Interesse, sie zeigen aber, wie sehr man schon vor Jahrzehnten bemüht gewesen ist, den Nachweis für die Beschädigung der Vegetation durch Rauchgase zu erbringen. ) v. Schroeder u. Reuss, 282. 2 AO Einen weiteren Vorschlag zum Nachweise der schwefligen Säure im Steinkohlenrauch machte G. Witz"). In Rouen setzte er Druckpapier, das mit Bleioxyd gefärbt war, der atmosphärischen Luft aus und stellte fest, dass das Papier sich allmählich vollständig entfärbte. Häufiger in Anwendung ist eine Methode von H. Ost?) gekommen, der den Nachweis der Rauchgase durch Auffangen der fraglichen Säuren zu führen suchte. Es handelte sich dabei hauptsächlich um die Abgase folgender Fabriken: 1 Schwefelsäurefabrik, 1 Düngerfabrik, 2 Ultramarin- fabriken, 3 chemische Fabriken, 2 Salinen, 2 Ringofenziegeleien und 4 andere Fabriken, die in der Nachbarschaft durch ihre Rauchgase manche Unzuträglichkeiten verursacht haben. H. Ost verwendete zum Aufsaugen der sauren Rauchgase reinen, lockeren Baumwollsstoff, »Molleton«, der 0,07°/, Asche enthielt und frei von Schwefelsäure und Fluor war; derselbe wurde in vier- und dreieckige Stücke von 250 qem zerschnitten, die ersteren Stücke mit Barytwasser, die letzteren mit Kalkwasser getränkt. Nach dem Trocknen waren die Basen als Karbonate hinreichend in den Zeugproben fixiert. Diese präparierten Zeugstücke wurden im Rauchgebiete in Bäumen aufgehängt und nach 5—7monatlichem Hängen die mit Barytwasser ge- tränkten Stücke auf Schwefelsäure und die mit Kalkwasser getränkten Stücke auf Fluor untersucht; hierbei wurde 0,054—0,190 g Schwefelsäure und 0,4—2,2 mg Fluor gefunden. Die einzelnen Ergebnisse der Unter- suchungen interessieren hier weniger; dagegen müssen noch einige für die Ausführung derartiger Versuche beachtenswerte Beobachtungen Ost’s erwähnt werden. Hiernach ist es notwendig, dass die Zeuge dauernd straff ausgespannt bleiben und dass die Basen darin im Überschuss vor- handen sind; letzteres dürfte durch Zusammenlegen mehrerer Zeugschichten und stärkeres Imprägnieren zu erreichen sein. H. Ost glaubt, dass diese Methode unter Berücksichtigung aller dieser Momente bei genügend grosser Anzahl ausgehängter Zeugstreifen ein sehr vollkommenes Bild von der Verteilung des Schwefels und des Fluors in der Atmosphäre geben wird. Einige Jahre später hat dann H. Ost?) weitere Mitteilungen über seine Methode und die damit erhaltenen Resultaten gemacht, die deshalb um so interessanter sind, weil aus ihnen hervorgeht, dass selbst in Gegenden, die fernab von Rauchquellen liegen, Spuren von Schwefelsäure stets vor- handen sind. An verschiedenen Stellen des dicht bewaldeten Süntelgebirges, in möglichster Entfernung von den Gebirgsdörfern, wurden 12 auf vor- stehende Weise behandelte Zeugproben aufgehängt. Nach einem halben Jahre wurden 7 Proben aufgenommen und analysiert. In allen Proben fanden sich ziemliche Mengen Schwefelsäure (von 0,180 bis 0,055 g). Der ') Compt. rend. 1885, 100, 1384. ?) Chem. Zeit. 1896, 20, 165. ”) Die Chem. Industr. 1900, 23, 292. geringste Gehalt (0,055 und 0,075 g) wurde in einem diehten, kaum zu- gänglichen Fichtenbestand festgestellt, während auf dem Kamme in lichterem Fichtenwald, etwas tiefer im lichten Buchenwald und am Waldsaum beim Dorf und am Acker von. 0,180 bis 0,130 & sich nach- weisen liessen. Da weder Industrie, noch Rauch aus den Wohnungen für diesen Gehalt verantwortlich gemacht werden kann, so nimmt H. Ost an, dass die gefundenen Mengen den normalen Gehalt einer reinen deutschen Gebirgsluft an Schwefelsäure darstellen. In der nördlich von Hannover frei von jeder Rauchquelle gelegenen Heide wurden ähnliche Resultate erzielt, aber der Gehalt an Schwefelsäure war beträchtlich höher. Während im Walde der Gehalt von 0,118 bis 0,171 g schwankt, erhöhen sich, je freier die Lage der ausgehängten Proben sind, die Zahlen beträchtlich. So wurden auf einzelstehenden Bäumen, an trigonometrischen Signalen 0,244 bis 0,523 g Schwefelsäure gefunden. Endlich wurden auch in verschiedener Entfernung von der Stadt Hannover Proben aufgehängt. Es lieferte die am nächsten der Stadt befindliche Probe 0,790 g, eine andere, die 500 m weiter nach NW aufgehängt war, 0,606 g, eine weitere im Berggarten 1500 m von der ersten entfernt in ganz rauchschadenloser Gegend 0,534 bis 0,644 g Schwefelsäure u. s. w. Aus diesen Untersuchungen geht ohne weiteres die Brauchbarkeit der Methode hervor, wenn es sich um den Nachweis von schwefliger Säure handelt. In ähnlicher Weise wie H. Ost hat auch H. Wislicenus') Versuche durchgeführt, indem 'er von 325 im Laboratorium präparierten Probelappen durchweg je 3 Exemplare an alle sächsischen Revierverwaltungen mit dem Ersuchen geschickt hat, diese 3 Probelappen gleichzeitig an einem allseitig der Luft zugänglichen Orte in der Mitte des Waldkomplexes je 1 bezw. 2 und 3 Monate lang der über die Bäume hinstreichenden Luft auszusetzen. Neben der chemischen Untersuchung des ausgehängten Probelappens wurde später auch der Grad der Berussung in der Weise festgestellt, dass von den in Glasbüchsen aufgerollten berussten Lappen jede Serie im hellen Mittags- sonnenlichte im Freien in einer Reihe vom stärkstberussten bis zum saubersten Lappen aufgestellt und dieses von 3—4 Personen wiederholt bezw. ergänzt wurde; dann wurden 6 Berussungsgrade unterschieden. Die Schlussfolgerungen seiner Untersuchungen im Jahre 1897 fasst H. Wisli- cenus dahin zusammen, dass: 1. die Waldluft selbst in der grossen Entfernung bis zu vielen Kilo- metern Säuren des Schwefels in nachweisbarer Menge enthält, 2. das der Luft dargebotene Baryumkarbonat im Verlaufe von 5 Vs Monaten sehr weit abgesättigt worden war, ) Über eine Waldluftuntersuchung i. d. sächs. Staatsforstrevieren u. d. Rauch- gefahr im allgemeinen. Vortrag bei der 46. Versammlung des Sächs. Forstvereins. Freiburg 1901. SE ae 3. die höheren Absättigungsgrade (im Mittel 94°, vom ursprüng- lichen Baryumkarbonat) wie auch die stärkeren Berussungsgrade in Kor- respondenz mit der stärkeren Exposition, anderseits die niedrigeren Ab- sättigungsgrade (im Mittel 76°/,) und geringsten Berussungen in Beziehung zu den geschützten Plätzen standen, 4. demnach die schweflige Säure in das Innere dichter Fichten- bestände wohl eindringt, aber wesentlich weniger absorbiert wird und wahrscheinlich überdies an Wirksamkeit durch Lichtmangel verliert, 5. der Russ nicht weit in dichte Fichtenbestände eindringt. H. Wislicenus sieht in dem Berussungs- und Absättigungsgrad und der Parallele mit der lokalen Situation die wichtigsten Beurteilungs- und Vergleichsmomente dieser Methode. Eine Übereinstimmung mit den durch die chemische Untersuchung erhaltenen Ergebnissen ist besonders bei akuten Rauchschäden kaum zu erwarten, dagegen kann die Methode bei chroni- schen Schäden nicht unwichtige Anhaltspunkte geben. Bei früheren Untersuchungen hat man vielfach die Zusammensetzung von Schnee- und Regenwasser für das Vorhandensein schädlicher saurer Rauchgase herangezogen; jedoch sind in dieser Weise nur in besonderen Fällen brauchbare und einwandsfreie Resultate zu verwerten'). Ein Bei- spiel dafür, wie durch planmässig durchgeführte Regenwasseranalysen unter Umständen recht scharfe Resultate erhalten werden können, giebt ein gut- achtlicher Bericht in einer Klagesache von Ludwig Dartevelle zu Hau- mont gegen die Gesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb der Sambre etc. Meuse?). Die chemische Fabrik zu Haumont erzeugte im wesentlichen Schwefelsäure, Salzsäure und Soda und zersetzte im Jahre 1873 5800000 kg Seesalz; die klägerische Besitzung liegt westsüdwestlich in gerader Linie 1500 m vom Kamin der chemischen Fabrik entfernt. Von der chemischen Fabrik wurde thalabwärts bis auf 1550 m Entfernung an 5 Stellen in der Zeit vom 30. Juni bis 25. Oktober das Regenwasser durch gläserne Trichter von 50 em Durchmesser, welche in enghalsige, 50 Liter fassende Flaschen eingesetzt wurden, aufgefangen; das gesammelte Wasser wurde während der Beobachtungszeit dreimal ausgefüllt und untersucht. Von zwei weiteren Stationen befand sich die eine bei Douai, bei der das Regenwasser aufge- fangen wurde, einmal wenn der Wind vom flachen Lande nach der Stadt wehte und dann, wenn der Wind über die Stadt mit all ihren Kaminen (Raffinerien, Gasanstalten, Ölfabriken, Brauereien etc.) hinweggestrichen war. Die zweite Station war zu Dorignies bei Douai, an einem Orte, wo sich viele Kohlen konsumierende technische Betriebe (Kalköfen, Glas- hütten ete.), aber keine chemische Fabriken vorfinden. Vorweg mag noch 1) Man vergleiche dazu die in dem Abschnitt über die Einwirkung schwefliger Säure auf den Boden gegebenen Mitteilungen. ”) v. Schroeder u. Reuss, 285. u TR bemerkt werden, dass an jeder Station Zinkplatten und eiserne Stäbe, zur Hälfte blank gemacht, zur Hälfte angestrichen, ausgelegt waren, dass sich aber nach Ablauf der Beobachtungszeit bei denselben keine Einwirkung saurer Gase nachweisen liess; die eisernen blanken Stäbe waren an allen 7 Stationen gleichmässig gerostet, das angestrichene Eisen und ebenso die Zinkplatten waren nicht angegriffen. Das untersuchte Regenwasser reagierte nicht sauer; es enthielt pro 1 Liter in g: Entfernung vom Ee... PN Salzsäure (HC) Schwefelsäure (SO,) m 1 2 | 3 | Mittel | 2 3 Mittel 530 0,0225 | 0,0298 | 0,0389 | 0,0304 | 0,0275 | 0,0229 | 0,0246 | 0,0250 730 0,0165 | 0,0257 | 0,6219 | 0,0213 | 0,0249 | 0,0092 | 0,0194 | 0,0178 1015 0,0122 | 0,0205 | 0,0193 | 0,0173 | 0,0180 | 0,0217 | 0,0200 | 0,0199 4. 1220 0,0122 | 0,0226 | 0,0196 | 0,0181 | 0,0180 | 0,0183 0,0190 | 0,0184 5. 1539 0,0121 | 0,0185 0,0172 | 0,0159 0,0180 | 0,0206 | 0,0190 0,0192 6. Stadt Douai: nee, a. Wind vom flachen Lande: 0,0101 0,000 b. Wind von der Stadt: 0,0092 0,0191 7. Dorignies bei Douai: 0,0084 0,0564 Salzsäure sowohl wie Schwefelsäure nehmen bis zu einer gewissen Entfernung von der Fabrik ab und bleiben dann ziemlich konstant. Bei Salzsäure ist dieses vom 8., bei Schwefelsäure vom 2. Punkte an der Fall und darf man daher annehmen, dass von der 3. Station ab, also bei 1015 m Entfernung von der Fabrik eine schädigende Einwirkung der Fabrikgase auf die Vegetaton im allgemeinen nicht mehr zu befürchten ist. Hiermit stimmt auch das Resultat der örtlichen Besichtigung bezw. Untersuchung der Vegetation überein. Der Chlorgehalt des Regenwassers in grösserer Entfernung von der Fabrik, also bei 1015—1550 m Entfernung, wird auf das nahe Meer zurückgeführt. Ein näheres Eingehen auf diesen speziellen Fall ist an dieser Stelle nicht nötig; wir sehen jedenfalls, dass unter Um- ständen auch durch die Untersuchung des Regenwassers Aufklärung ge- geben werden kann, ob eine Belästigung durch saure Rauchgase anzunehmen ist, zugleich aber müssen wir erkennen, dass dieser Weg, die letzteren nachzuweisen, sehr umständlich und zeitraubend ist, sodass derselbe wohl nur in wenigen Fällen beschritten werden wird. Neuerdings ‘schlägt P. Sorauer!) bei Beurteilung von Säureschäden bei Baumpflanzungen vor, einen »Fangpflanzenbau« einzurichten; es werden schnellwachsende, besonders empfindliche einjährige Gewächse, z. B. die Buschbohne Phaseolus vulgaris, im Umkreise eines der Beschädigung be- ') Jahresber. f. Agrikulturchemie 1900, 456. Y te‘ schuldigten industriellen Betriebes angebaut und diese der chemischen und botanischen Analyse unterworfen. Der Hauptvorteil dieser Methode des Fangpflanzen-Anbaues liegt darin, dass dadurch meist die bei langlebigen Gewächsen sich oft geltend machenden Neben- und Folgeerscheinungen ausgeschlossen werden. Alle diese Vorschläge werden unter Berücksichtigung der oben ge- machten Einschränkungen wohl in einzelnen Fällen so ausführbar sein, dass dabei sichere Resultate zu erwarten sind; ob aber die vorgeschlagenen Methoden allgemein durchführbar sind, dürfte wohl noch eingehender Prüfung bedürfen. Insbesondere ist letztere wohl da erforderlich, wo es sich um Feld- und Gartengewächse handelt. Zunächst werden wir deshalb auch jetzt noch den bisher zumeist mit Erfolg eingeschlagenen Weg der chemischen und botanischen Untersuchung der einzelnen beschädigten Pflanzenteile verfolgen müssen, wobei die übrigen Wege in gegebenen Fällen zur Schaffung weiteren Beweismaterials nicht ausser Acht zu lassen sind. Denn es soll durchaus nicht verkannt werden, dass die chemische und botanische Untersuchung versagen können und es mag auch darauf hin- gewiesen sein, dass gegen dieselben, besonders gegen die Sicherheit eines Urteils auf Grund der chemischen Untersuchung beschädigter Pflanzenteile, mancherlei Einwände erhoben worden sind. Bevor wir jedoch darüber urteilen, ob es möglich sein wird, auf Grund der chemischen und bota- nischen Untersuchung zu einem richtigen Urteile über die Beschädigung der Pflanzen durch saure Rauchgase zu kommen, bezw. welche Punkte be- sonders zu berücksichtigen sind, um hierbei ein einwandsfreies Urteil möglich zu machen, müssen wir uns zunächst über die Art und Weise der Ein- wirkung der festen und gasförmigen Bestandteile des Rauches auf Boden und Pflanzen klar werden; deshalb sollen neben den wissenschaftlichen Unter- suchungen auf diesem Gebiete zur Bestätigung derselben auch die uns bekannt gewordenen meistens auf eigenen Beobachtungen beruhenden Fälle aus der Praxis herangezogen werden. Bevor wir uns aber diesem speziellen Teile zuwenden, sei hier noch ein Versuch, die einzelnen technischen Betriebe je nach dem Grade der Schädlichkeit der Rauchgase in fünf Rauchgefahrklassen zu teilen, er- wähnt, weil ganz abgesehen von dem praktischen Werte einer solchen Ein- teilung dieselbe uns einen Überblick über die hauptsächlichsten Betriebs- arten, welche in Frage kommen, giebt. H. Wislicenus!) geht dabei von dem Holzrauch, der abgesehen von geringfügigen Kreosotnebeln keine schädlichen Stoffe enthält aus; der Holzrauch bildet daher die Klasse —= (0. Die übrigen Raucharten sind dann in vier weiteren Gefahrklassen ') Über eine Waldluftuntersuchung in den sächs. Staatsforstvereinen ete. Vor- trag in 46. Vers. d. Sächs. Forstvereins 1901 und Zeitschrift f. angew. Chemie 1901, 694. A nalen untergebracht und zwar bilden für akute Schäden die Betriebe mit fAuor haltigen Abgasen, für chronische Schäden die Betriebe mit abnormen Hengen schwefliger Säure die Klasse 4. H. Wislicenus giebt nachfolgende _ Zusammenstellung hierüber. a) für akute Schäden. Holzrauch Rauch mit Fhöernebeln, er Typus (Kaiköfen, Schweelereien), geringster Umkreis. Rauch mit abnorm viel eeiger Säure. Steinkohlenranch aus nächster Nähe und die Betriebe der Klasse e 4 | Rauch mit wenig Schwefelsäure, H. ‚So, (Lokomotiv., Lokomobilrauch) Rauch mit reichlich starken EEE Nebeln, Stickstoffsäuren, viel Schwefelsäure, Salzsäure, Chlor, vor allem aber mit Fluorsänren (Si Fl, HF, H,SiFl,. (Abgase grösserer Glasfabriken, Superphosphat- fabriken, Emaillefabriken, Ringziegelöfen). ec) für chronische Schäden (fast ausschliesslich durch verdünnte schweflige Säure). Holzrauch 5 t rn — Rauch der Betriebe, welche nur zeitweise oder überhaupt wenig Stein- kohlen verfeuern. Dahin gehören auch alle Ortschaften, in welchen nicht gefährlichere Industriebetriebe gehäuft sind. Diese Ortschaften brennen Kohlen vorzugsweise im Winter bei ruhender Assimilation und führen durch die vielfach geklüfteten Häuserkomplexe sowie durch die gut verteilten Schornsteine selbstthätig eine vorzügliche Verdünnung herbei. Auch scheint der über den Ortschaften auf- steigende Luftstrom einigen schützenden Einfluss zu haben (höch- stens 1 km). Grössere Ortschaften mit Industrie. Gewöhnliche Belsikinbeieing ‚auch einzelne kleinere Industriebetriebe (selten über 1 km Umkreis in meist frequentierter rien ca Kr ” Hervorragend starke eesstre mit fortgesetzt starker Rauclı- entwickelung (mehrere km). NE Br 3 u Rauch mit abnormen Mengen von EN liger Säure ( (Hüttenwerke, Glas- fabriken mit Sulfatbetrieb, Sulfitcellulosefabriken, RR u. 8. w.). ae geben und ist deshalb gewiss zu beachten, jedoch weiter ist vorläufig damit kaum etwas zu wollen, denn hier finden ebenso wenig, wie bei der Klassi- fizierung der Pflanzen nach der Widerstandsfähigkeit gegen saure Rauch- gase die örtlichen Verhältnisse Berücksichtigung, welche doch schliesslich in der Beurteilung praktischer Fälle ausschlaggebend sind. Dieses muss bei aller Würdigung dieser Vorschläge, deren allgemeine Gültigkeit H. Wislicenus vorläufig selbst einschränkt, indem er sie mehr als »private« ') bezeichnet, hier besonders hervorgehoben werden, damit durch diese Skala diejenigen, welche auf diesem Gebiete weniger erfahren sind, nicht irre geführt werden. ') Zeitschr. angew. Chem. 1901, 14, 701. Spezieller Teil. I. Kapitel. Schweflige Säure und Schwefelsäure. 1. Vorkommen der schweflizen Säure. Zur Bildung der schwefligen Säuren geben die verschiedensten indu- striellen Betriebe Veranlassung. Überall da, wo Schwefel bezw. schwefel- haltige Substanzen verbrannt oder einer höheren Temperatur ausgesetzt werden, entsteht schweflige Säure. An der Spitze stehen diejenigen Be- triebe, in denen Schwefelmetalle, wie Pyrit (Schwefeleisen), Zinkblende, Kupferkies, Bleiglanz u. s. w. zur Entfernung des Schwefels geröstet werden. Gewiss ist in den letzten Jahrzehnten in derartigen Betrieben, nachdem einmal die Benachteiligung der benachbarten Vegetation durch die bei diesen Röstprozessen entweichende schweflige Säure erkannt worden war und vor allem sich auch eine nutzbringende Verwertung der kondensierten Säure ergeben hatte, vieles geschehen, um die Belästigungen der Nachbar- schaft durch die schwefligsauren Rauchgase zu verhindern. In Deutschland hat die Produktion an Schwefelsäure im Jahre 1897 im ganzen 845582 t 60° Säure gegenüber 358149 t im Jahre 1882 betragen; davon sind 136868 t aus Blenden, 651061 t aus Pyrit und der Rest aus anderen schwefelhaltigen Materialien gewonnen. Wenn man auch berücksichtigt, dass die Produktion an sich gewachsen ist, so wird man doch einen ge- wissen Anteil an der Mehrproduktion der besseren Kondensation der bei den Röstprozessen frei werdenden schwefligen Säure zuschreiben müssen; diese Zahlen lassen aber auch erkennen, welche immense Mengen schwefliger Säure beim Fehlen jeglicher Kondensationsanlage in die Luft gegangen sind und geben eine Erklärung dafür, dass an solchen Orten jede Vegetation aufgehört hat. Auch die Thatsache, dass die Freiberger Hütten im Jahre 1864 noch über 55000 Mark, dagegen im Jahre 1870 nach Einführung besserer Kondensationsanlagen nur noch 4783 Mark an Entschädigung ge- zahlt haben, lässt eine Besserung erkennen. R. Hasenclever!) giebt an, dass vor 1855 sämtliche in den grossen Stolberger Hütten verwendete ') @. Lunge, Handbuch der Sodaindustrie. z* =. Sb Wer Blende in gewöhnlichen Flammöfen durch direkte Kohlenfeuerung ab- geröstet wurde, wobei die (Grase etwa 0,75 Volumprozent Schwefelsäure enthielten und einfach in die Luft entwichen; im Jahre 1855 wurde der erste Ofen gebaut, durch den die schweflige Säure gewonnen werden sollte, aber trotz mancher Verbesserungen gingen immer noch 40°, des vor- handenen Schwefels als schweflige Säure in die Luft. Nach M. Freytag') wurden in einer westfälischen Zinkhütte 50 °/, des in den Erzen vorhandenen Schwefels kondensiert, 8°/, blieben in dem Röstgut an Kalk gebunden als Caleiumsulfat zurück und der Rest von 42°/, des vorhandenen Schwefels eing mit den Feuerungsgasen als schweflige Säure oder Schwefelsäure in die Luft. In Freiberg wurden im Jahre 1880 nur die Hälfte der Erze und zwar nur die schwefelreicheren Erze unter Gewinnung von Schwefel- säure abgeröstet; der Rest ging ungehindert in die Luft. Beim Mansfelder Kupferhüttenprozess wurden im Jahre 1830 rund 33°, des im Rohstein enthaltenen Schwefels als Schwefelsäure kondensiert, 30 °/, des vorhandenen Schwefels blieben in den Schlacken oder entwichen als schweflige Säure und Schwefelsäure in die Luft; der Rest von 37°/, verblieb in den Spur- steinen. Heute haben sich diese Verhältnisse zum Teil infolge technischer Betriebsverbesserungen wohl günstiger gestaltet. Ein interessantes Beispiel dafür, wie durch Betriebsänderungen günstigere Resultate zu erzielen sind, bietet nach einem Gutachten von J. von Schroeder?) auch die Zinkhütte bei Dortmund. Nach den Angaben J. v. Schroeder’s waren hier im Jahre 1886 zur Abröstung des Schwefels der Zinkblende Öfen von dreierlei Konstruktion vorhanden, nämlich sogenannte Freiberger. Fortschaufelungs- öfen oder Planröstöfen, Hasenclever'sche Rutschöfen und Rhenania-Muffel- öfen. Die aus den Planröstöfen entweichenden sauren Gase gingen durch die Fabrikesse ohne jede Kondensation in die Luft, nach den Berechnungen J. v.Schroeder's im Jahr 120888 Ctr. schweflige Säure. Die Hasenclever- öfen und die Rhenania-Muffelöfen standen mit Bleikammern in Ver- bindung, sodass ein Teil der schwefligen Säure in Schwefelsäure um- gewandelt wurde. In den Haseneleveröfen wurde die Blende nur zum Teil so abgeröstet, dass die entstehende schweflige Säure in die Bleikammern geleitet werden konnte; der Rest — nach Angaben von G. Lunge bei der Zinkblenderöstung in Letmathe und Stolberg etwa "/; bis '/;, nach anderen praktischen Erfahrungen Y, des im Erze überhaupt vorhandenen Schwefels - muss bei direkter Feuerung entfernt werden; die hier beim sogenannten Totrösten gebildete schweflige Säure geht mit den Feuerungsgasen in die Luft und zwar sind dieses im Jahre 23214 Ctr. schweflige Säure. Bei ') Landw. Jahrb. 1882, 11, 315. ) Grutachten über Rauchschäden im Umkreise der Zinkhütte bei Dortmund. a Mk den Rhenania-Muffelöfen müsste, da hier die Zinkblende in einer ge- schlossenen Muffel durch eine von aussen wirkende Feuerung “abgeröstet wird, die freiwerdende schweflige Säure ohne nennenswerten Verlust in die Bleikammer gehen. Wir sehen also hier, dass mit der technischen Betriebsverbesserung auch eine Abnahme der in die Luft entweichenden schwefligen Säure eintritt. In Wirklichkeit hat sich bis heute, sei es aus technischen Gründen, sei es aus Unachtsamkeit der Betriebsleitung, ein ausreichender Erfolg in der Kondensation der schwefligen Säure noch nicht überall erzielen lassen. Es muss daher bei allen Röstprozessen schwefelhaltiger Substanzen, wie beim Abrösten von Schwefelkies zur Schwefelsäuregewinnung, beim Ab- rösten von Zinkblende, Kupferkies, Bleiglanz u. s. w. mit dem Entweichen von schwefliger Säure gerechnet werden. Wenn die schweflige Säure durch den Bleikammerprozess in Schwefelsäure übergeführt werden soll, so ist auch hierbei die Möglichkeit des Entweichens von schwefliger Säure gegeben. Abgesehen davon, «dass bis zum Eintritt der Gase in die Bleikammern infolge unvollkommener Betriebseinrichtungen schweflige Säure entweichen kann, enthalten die aus den Schwefelsäurefabriken abgehenden Gase stets noch mehr oder weniger grosse Mengen schwefliger Säure. In England ist gesetzlich bestimmt, | dass die Menge der entweichenden Säuren des Schwefels 4 grains pro Kubikfuss, d. i. 9,2 g pro cbm, berechnet als Schwefelsäureanhydrid nicht übersteigen darf. In Wirklichkeit wird dieses Maximum aber nicht erreicht. Nach dem Berichte der Regierungsinspektoren hat der wirkliche Säure- verlust durch die Austrittsgase aus Schwefelsäurefabriken im Durchschnitte aller Werke in den Jahren 1887—1891: 1,32—1,50 grains pro Kubikfuss betragen. In Deutschland kennen wir derartige gesetzlich festgelegte Normen für den zulässigen Gehalt an schwefliger Säure nicht; hier wird vielmehr die zulässige Grenze von Fall zu Fall festgesetzt, was auch bei der ver- schiedenen Beurteilung je nach der Lage des betreffenden Betriebes durchaus gerechtfertigt ist. Nur bei der Verarbeitung von Natriumsulfat ist durch einen Erlass des preussischen Ministers für Handel und Gewerbe, die Ge- nehmigung gewerblicher Anlagen betreffend, vom 15. Mai 1895 ') festgesetzt, dass die auftretende schweflige Säure in hohe Essen zu leiten und so zu verdünnen ist, dass der Gehalt der Essengase an schwefliger Säure bei Anlagen in der Nähe menschlicher Wohnungen 0,01, im übrigen aber 0,02 Volumprozent nicht überschreitet. Neben dem Bleikammerprozess findet neuerdings das schon in den siebenziger Jahren von Cl. Winkler vorgeschlagene Kontaktverfahren zur Umwandlung der schwefligen Säure in Schwefelsäure besondere Be- — Li ) Zeitschr. f. augew. Chemie 1895, 682, 712. I Su achtung. Auch bei diesem Verfahren geht noch ein geringer Teil der. schwefligen Säure ungenutzt in die Luft, wie die Ausführungen von G. Lunge!) auf dem 4. internationalen Kongress für angewandte Chemie im Jahre 1900 ergeben. In vielen Fällen entweicht die schweflige Säure in so geringer Konzentration, dass eine Gewinnung derselben technisch schwer durchführ- bar ist und deshalb auch keinen klingenden Lohn verspricht; dann wird die schweflige Säure zumeist ohne jede Vorkehrung zur Unschädlich- machung in die Luft gesandt. Dieses kommt vor bei: chemischen Fabriken, Superphosphatfabriken, Ultramarinfabriken, Sodafabriken, Glashütten, Sulfitcellulosefabriken, Gipsbrennereien, Coaksbrennereien, Ziegeleien, Schlackenhalden von Eisensteinzechen, Steinkohlenzechen, Alaunwerken u. s. w.; es wird die Aufgabe der folgenden Kapitel sein, hierfür im einzelnen Beispiele anzuführen. Hierher gehört aber noch ein Fall, der eingehender erörtert werden muss, weil derselbe sehr oft bei Beurteilung von Rauchschäden kaum in Erwägung gezogen wird; es ist die bei der Verbrennung von Steinkohlen oder Braunkohlen frei werdende schweflige Säure. Diese Brennmaterlalien enthalten stets grössere oder geringere Mengen Schwefelkies, dessen Schwefel- gehalt bei der Verbrennung zum Teil als schwefelige Säure ungehindert in die Luft geht; im Durchschnitt kann man diesen Gehalt an flüchtigem Schwefel in den Steinkohlen zu 1°/,, in den Braunkohlen zu 0,5%, an- nehmen, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen sei, dass in Steinkohlen bis mehr als 5°/, und ebenso in Braunkohlen auch weit höhere Zahlen hierfür gefunden sind. In Deutschland ist die Gewinnung von Steinkohlen von 15,8 Millionen Tonnen im Jahre 1862 auf 67,3 Millionen Tonnen im Jahre 1889 und auf 109 Millionen Tonnen im Jahre 1900 gestiegen; die (rewinnung von Braunkohlen hat von 5,1 Millionen Tonnen im Jahre 1862 auf 17,5 Millionen Tonnen im Jahre 1889, und 34,2 Millionen Tonnen im Jahre 1899 zugenommen. Die Gesamtmenge der in der ganzen Welt ge- förderten Kohlen hat im Jahre 1862 135 Millionen Tonnen und im Jahre 1900 650 Millionen Tonnen betragen. Diese Zahlen geben ein Bild davon, welche Mengen schwefliger Säure durch den Verbrauch dieser Brenn- materlalien in die Luft geführt werden, und die Untersuchungsergebnisse der Luft an Orten mit verschiedenem Verbrauch von Steinkohlen lassen diesen Einfluss deutlich erkennen. Nach Angus Smith?) sind in einer Million Kubikmeter Luft gefunden worden: in London 1670 g Schwefel- säure, in Manchester, wo neben Hausfeuerungen im Verhältnis noch mehr industrielle Feuerungen vorhanden sind, als in London, 2518 g Schwefel- ') Zeitschr. f. angew. Chemie 1900, 881. ”) G. Lunge, Handbuch der Sodaindustrie, 2; 146. LE _ RP Wr a: säure, in kleineren Orten, wo Schwefelsäure fabriziert wird, selbst 2668 g Schwefelsäure, dagegen in Orten, wo keine Steinkohlen verbranni werden, nur 474 g Schwefelsäure, deren Ursprung in der Zersetzung schwefelhaltiger organischer Substanzen zu suchen ist. H. Ost!) findet nach seinem schon früher angegebenen Verfahren), dass Tücher von 20 x 30 em Fläche in nächster Nähe von Hannover in der Zeit vom 18. März bis 9. September 1899 0,534—0,790 g Schwefelsäure aufgenommen haben, während die auf- genommene Menge weiter ab von Hannover in der Gegend zwischen Fuhr berg und Celle in der Zeit vom 29. März bis 8. Oktober 1899 0,118—0,323 g Schwefelsäure und im Süntelgebirge, wo in Gebirgsdörfern keine Industrie vorhanden und auch kaum Steinkohlen gebrannt werden, in der Zeit vom 5. Mai bis 5. Oktober -1899 0,055 bis 0,180 g Schwefelsäure betragen haben. M. Freytag?) giebt an, dass im Jahre 1876 in Hannover und Linden per Jahr 140 Millionen kg Steinkohlen verbrannt und dabei 2100000 kg schweflige Säure in die Luft gesandt wurden. In dem engen Thale bei Letmathe an der Lenne wurden im Jahre 1879 allein 846 000 kg Schwefel aus den Steinkohlen als schweflige Säure in die Luft geschickt. Diese Zahlen mögen genügen, um zu zeigen, dass bei Untersuchungen über Rauchschäden die aus den Brennmaterialien entweichende schwefelige Säure immer besonders zu beachten ist. Gewiss hat hiernach H. Ost*) nicht Unrecht, wenn er sagt, dass für manche industrielle Betriebe kaum aus- führbare Bestimmungen über den Gehalt der Rauchgase an schwefliger Säure aufgestellt werden, während unbeanstandet in jeder Feuerungsanlage Kohlen mit 8%), ja mit 17°%0 Schwefel gebrannt werden dürfen, deren Rauchgase 0,18 Volumprozent und mehr schwefelige Säure enthalten. Es erscheint hiernach auch durchaus erklärlich, dass in Industrie- centren der auf die Verbrennung von Kohlen entfallende Prozentsatz von schwefliger Säure grösser sein kann, als die aus dem eigentlichen Fabrik- betriebe entweichende Menge schwetliger Säure. Gewiss wird aus den Brennmaterialen die schweflige Säure in sehr geringer Konzentration in die Luft gesandt und in stärkerem Masse aus Hausfeuerungen zumeist zur Winterszeit, wo die Vegetation ruht und Schäden, wie spätere Versuche zeigen werden, weniger eintreten; aber trotz der geringeren Konzentration sind Schäden auch hier nicht ausgeschlossen. Folgende Angabe von Angus Smith?) illustriert das Verhältnis der aus der Verbrennung von Steinkohlen und der in technischen Betrieben verwendeten schwefligen Säure; aus den jährlich in Grossbritannien verbrauchten Kohlen werden ') Chem. Centr.-Bl. 1900. II. 733. ?) Seite 28. ®», Landw. Jahrb. 1882, 11, 315. *% Chem. Zeit. 1896, 20, 171. 5) Minutes of Evidence n. 212. 5° A 1100000 Tonnen Schwefel als schweflige Säure in die Luft geführt, während der Schwefelverbrauch in den englischen Alkaliwerken nur 166000 Tonnen und in den Düngerfabriken (zur Schwefelsäurefabrikation) nur 1000000 Tonnen ausmachte. In einem Falle konnten wir feststellen, dass aus einem Zinkhüttenbetriebe bei der Blendröstung pro Arbeitstag in drei aufeinanderfolgenden Jahren: 1577,2 kg, 2005,7 kg und 583,7 kg schweflige Säure nicht kondensiert wurde, dass demgegenüber aber die bei der Ver- brennung der Steinkohlen aus diesem Betriebe entweichende schweflige Säure in denselben Jahren pro Arbeitstag: 3977,2 kg, 4405,7 kg und 29853,7 kg betragen hat. Nach R. Hasenclever!) schickten im Jahre 1879 zu Stolberg bei Aachen 220 Kamine auf einer Grundfläche von 650 ha täglich 34500 kg schweflige Säure durch Verbrennen von Steinkohlen in die Luft, daneben noch 51 000 kg schwefeliger Säure aus Zinkhütten und Glashütten und 480 kg schweflige Säure nebst 780 kg Salzsäure aus chemischen Fabriken. Ferner giebt R. Hasenclever an, dass in St. Helens aus den verschiedenen Rauchquellen pro Jahr 72 Millionen kg saure Gase in die Luft gehen und davon die schweflige Säure, welche bei der Verbrennung der Steinkohlen entsteht, 58°/, ausmacht. Fletcher”) berechnet neuerdings für St. Helens an Säuregasen, welche in die Luft entweichen (auf ihr Aequivalent an Schwefel berechnet): kg Schwefel im Jahr Aus Kupfer und .Bleihütten „... 2... „. 14200 s. Atlashürten.\ 2, er es 7500000 ... Palerpulvertabrıken rs er 333 000 ‚.. ‚Steinkohlen .:,' SS Or „..dem Chance-Claus-Verfahren .. .7.7, ... 620000 „.:: Schwetelsäurefabrikan 7 So 173000 5... Sulfat: und -Bodafabrikenı re er 402000 also im ganzen 36,108 Millionen kg Schwefel oder 72,216 Millionen kg schweflige Säure, von der der grösste Teil auf die Steinkohlen entfällt. Diese Säuremenge wird in St. Helens auf einer Fläche von drei englischen (Juadratmeilen entwickelt; es kommen also in St. Helens auf die Quadrat- meile 24,072 Millionen kg schweflige Säure, während in London im Sommer 22000 kg, im Winter 88000 kg schweflige Säure per engl. Quadratmeile zu rechnen sind. 2. Vorkommen der Schwefelsäure. Fast stets entsteht in den vorher angegebenen Fällen neben der schwefligen Säure auch mehr oder weniger Schwefelsäureanhydrid und bei (regenwart von Wasser oder Wasserdampf auch Schwefelsäurehydrat. ') Die chem. Industr. 1879, 2, 12 (des Sep.) und v. Schroeder u. Reuss, 11. ’) G@. Lunge, Handbuch der Sodaindustrie. a EEE a Auch die wässerige Lösung der schwefligen Säure geht bei Einwirkung der Luft bald in Schwefelsäure über. Hierfür sprechen Beobachtungen von M. Freytag!), wonach es demselben nicht gelang, in Regenwasser, welches in der Nähe von Rösthütten in der herrschenden Windrichtung gefallen war, ‚nach kurzer Zeit noch schweflige Säure nachzuweisen, während die Untersuchung an Ort und Stelle noch Spuren dieser Säure ergeben hatte; ebenso enthielten auch Schneeproben nur Spuren von schwefliger Säure. W. Thörner?) findet in den Auspuffgasen der Lokomotiven nur Schwefelsäure und keine schweflige Säure; es ist aber anzunehmen, dass zunächst letztere Säure gebildet worden ist, welehe sich aber alsbald unter Mitwirkung des vorhandenen Wasserdampfes in Schwefelsäure umgesetzt hat. In ähnlicher Weise ist auch bei den Abgasen von Ziegeleien die baldige Oxydation der schwefligen Säure in Schwefel- säure zu erklären. Wir haben also überall da, wo schweflige Säure entsteht, auch mit dem Vorhandensein von Schwefelsäure zu rechnen und es erscheint uns deshalb richtig, diese beiden Verbindungen bezüglich ihrer Schädlichkeit zusammen zu besprechen. 3. Einwirkung von schwefliger Säure und Schwefelsäure auf Boden, Es ist schon vorhin darauf hingewiesen worden, dass die schweftlige Säure ein starkes Bestreben, sich in Schwefelsäure umzuwandeln, besitzt. Daraus erklärt sich auch, dass es wohl noch niemals gelungen ist, in einem Boden, welcher von Rauchgasen getroffen wurde, schweflige Säure nach- zuweisen; entweder ist also die schweflige Säure bereits auf dem Wege bis zum Acker oxydiert oder aber sie ist bald nach dem Eindringen ın den Boden in Schwefelsäure umgewandelt worden. Wie schnell diese Überführung der schwefligen Säure in Schwefelsäure vor sich geht, zeigt nachfolgender Versuch von M. Freytag?): 50 g Ackererde wurden mit 500 cem einer Lösung geschüttelt, welche in einem Kubikcentimeter 0,00082 g schweflige Säure enthielt; nach 5 Minuten waren bereits 35% der vorhanden gewesenen schwefligen Säure verschwunden, nach einer Stunde 70%, und nach drei Stunden war die schweflige Säure vollständig in Schwefelsäure übergeführt. Wir werden es daher bei der Einwirkung der Rauchgase auf Boden, soweit es sich um den Gehalt derselben an schwefliger Säure und Schwefelsäure handelt, eigentlich nur mit Schwefelsäure zu thun haben. Es liegt nahe, daran zu denken, dass sich in dem Boden, welcher der . ı) Landw. Jahrb. 1882, 11, 315. ?) Chem. Zeit. Repert. 1899, 280. ») Mitt. d. Landw. Akad. Poppelsdorf 1869, 2, 34 u. Thar. forstl. Jahrb. 1872, 22, 185. EEE. 1... \0<. Einwirkung schwefelsaurer Rauchgase ausgesetzt ist, freie Schwefelsäure finden könne. Dieses ist aber nicht der Fall. Die Erklärung hierfür liegt darin, dass die schweflige oder Schwefelsäure sich sehr bald mit den Carbonaten des Bodens, vor allem mit Calcium-, Magnesium- und Ammoniumcarbonat, umsetzen. Sind die mit der schwefligen Säure bezw. Schwefelsäure um- setzungsfähigen Bodenbestandteile in der oberen Ackerkrume verbraucht, so finden die Umsetzungen in den tieferen Schichten des Bodens statt, wo- hin die Schwefelsäure durch das Bodenwasser geführt wird. Mit den Rauch- gasen können sehr grosse Mengen schwefliger Säure bezw. Schwefelsäure in einen Boden gelangen. Dafür sprechen die schon früher angegebenen Zahlen für den höheren Schwefelsäuregehalt in der Luft rauchreicherer Gegenden. Hieraus ergiebt sich der weitere Schluss, dass der in solchen Gegenden fallende Regen oder Schnee im Vergleich zu diesen Niederschlägen in Gegenden mit geringeren Rauchmengen mehr Schwefelsäure enthalten muss. Nach den vorliegenden Untersuchungen ist aber der Gehalt dieser Niederschläge an freier Schwefelsäure im allgemeinen unerheblich. M. Freytag!) fand in den an verschiedenen Punkten in Stolberg bei Aachen im Jahre 1876 gesammelten Regenwässern im Mittel in einem Liter neben 0,0026—0,0069 g Salzsäure 0,0051—0,0194 g Schwefelsäure; davon waren als Schwefelsäure berechnet 0,0038 — 0,0069 als freie Säure vorhanden. Bei der Eckardthütte bei Hettstadt fand M. Freytag 0,318 g Schwefelsäure und in Borbeck bei Essen 0,085 g Schwefelsäure in einem Liter Regenwasser; in dem ersteren Falle war freie Säure kaum nachweis- bar, im letzteren Falle betrug sie 0,006 g in einem Liter Wasser. Zu Haumont?) wurde in einem Liter Regenwasser im Jahre 1874 bei Ent- fernungen von 5350—1550 m von dem Kamine der chemischen Fabrik 0,0250—0,0192 g Schwefelsäure und 0,0804—0,0159 g Salzsäure nachge- wiesen. R. Sendtner?) stellte den Schwefelsäuregehalt des Schnees nach verschieden langem Liegen fest. Er ermittelte, dass am Tage des Fallens (6. Februar 1886) der Schnee an verschiedenen Punkten der Stadt München, und 7,5 km westlich von München bei Forstenried im Gehalt an Schwefel- säure sich beinahe gleich verhielt, nämlich rund 7—8 mg pro 1 kg; nach 16 Tagen, innerhalb welcher Zeit kein Schnee mehr gefallen war, enthielt l kg Schnee aus dem Hofe des hygienischen Instituts 91,5 mg Schwefel- säure, also rund 12 mal so viel, als der Schnee am ersten Tage ent- halten hatte. Um die Zusammensetzung des Schnees festzustellen, wenn Hütten- rauch darüber hingestrichen ist, hat M. Freytag!) spezielle Untersuchungen ') v. Schroeder u. Reuss, 60. ”) Ebenda. °) Forstl. naturw. Zeitschr. 1896, 253. ‘*) Jahrb. f. d. Berg- u. Hüttenw. im Königr. Sachsen auf d. Jahr 1873, Abh. 74. a Zu a LI DE ii DZ eu 2 Tu int ul bei Freiberg angestellt. Die erste Probe wurde an der Muldener Hütte genommen. Der Schnee lagerte einen Tag und der Rauch war aurch den Süd- und Südwestwind über die Entnahmestelle getrieben worden. Die- selbe lag auf dem Plateau des Hammerberges und war 230 Quadratfuss gross. Die Schneelage wurde auf dieser ganzen Fläche etwa '/s Zoll tief entfernt. Das nach dem Tauen des Schnees gewonnene Wasser zeigte keine saure Reaktion und enthielt 171,2 mg schwarzen, mit organischen Stoffen vermengten Rückstand. Derselbe enthielt: 25,1 mg Eisenoxyd 8,0 „ Zinkoxyd 2,1 „ Bleioxyd 18,1 „ Arsenik 21,2 „ Schwefelsäure 7,4 „ Kalkerde 83,5 „ in Säure unlöslichen schwarzen Rückstand 165,4 mg Der Rückstand verlor beim Glühen 51 mg oder 61”/, an Gewicht (Russ u. organische Bestandteile). Der Rest bestand aus Kieselerde, etwas Thonerde, Kalkerde und Spuren von Eisenoxyd und Schwefelsäure. Das Wasser enthielt: 14,6 mg arsenige Säure 24,7 „ Schwefelsäure 8,0 „ Eisenoxyd 14,0 „ Zinkoxyd sowie Spuren von Kalkerde und Bleioxyd. Eine ganz ähnliche Probeentnahme wurde auch bei der Halsbrückener Hütte gemacht. Die Entnahmestelle lag auf der rechten Muldeseite gegen- über der Hütte auf dem Plateau und war 2 Tage lang vom Südwind_ be- strichen worden. Es wurde auf 100 Quadratfuss eine Schicht von etwa 3/, Zoll Dieke abgehoben. Der geschmolzene Schnee hatte 69 mg Rückstand. Die Analyse desselben ergab: 12,0 mg Eisenoxyd 1,85 „ Zinkoxyd 0.57: Arsenik 1,8 „ Schwefelsäure 3,0 „ Kalkerde 46,0 „ in Säure unlöslichen schwarzen Rückstand. 65,1 mg Dazu kommen Spuren von Blei. Beim Glühen verlor der Rückstand 19 mg oder 41,3 %/, (Russ und organische Bestandteile). Im Rest fanden sich Kieselerde, Spuren von Eisenoxyd, Kalkerde und Schwefelsäure zn 1 A Im Schmelzwasser wurden gefunden: 1,4 mg arsenige Säure 4,8 „ Schwefelsäure 10,0 „ Eisenoxyd 1.5 Zinkoxyd. „ Man ersieht aus diesen Analysen, dass die Menge der Schwefelsäure nicht besonders hoch ist. Aber ebenso wie im Wasser gelöste kleine Mengen Schaden stiften können, wenn durch allmähliche Verdunstung des Lösungsmittels konzentriertere Lösungen entstehen, so dürfte dasselbe auch mit dem Schnee der Fall sein. Es ist ganz gut denkbar, dass nach dem allmählichen Wegtauen des Schnees in der Nähe von Säure produzierenden Betrieben die Nadeln der Coniferen akute Schädigungen zeigen können. Sehr gut würde damit eine in Grevenbrück!) gemachte Wahrnehmung stimmen. Nach längerem Lagern des Schnees zeigten sich die Fichten- nadeln nach dem Wegtauen gerötet und zwar genau so intensiv, als wenn konzentriertere Dämpfe eingewirkt hätten. Wahrscheinlich wird bei sehr schnellem Schmelzen der Schaden geringer sein, da das angesäuerte Schmelz- wasser natürlich schneller abfliessen wird, als wenn ganz allmähliches Auftauen eintritt. Es wäre interessant, wenn über diesen Punkt noch weitere Beobachtungen gemacht würden. Ebenso wie im Boden, so lässt sich auch im Schnee die schweflige Säure nicht mehr nachweisen. Schon A. Stöckhardt?) hat sie nur spuren- weise Im Schnee der Muldenerhütte gefunden. Seine Versuche, die er unternahm, indem er schweflige Säure von Schnee absorbieren liess, be- stätigten seine Ansicht, dass im Schnee eine schnelle Oxydation zu Schwefel- säure stattfindet. Schon nach 6stündigem Stehen in der Kälte zeigte der Schnee keine Spur der aufgenommenen schwefligen Säure mehr, wohl aber liess sich Schwefelsäure nachweisen. Diese Beobachtungen zeigen, dass dem Boden durch die Luft und die atmosphärischen Niederschläge die Schwefelsäure bezw. ihre Ver- bindungen zugetragen werden. Man kann deshalb leicht zu der Ansicht kommen, «dass hierdurch bei den jahrelang wiederkehrenden Vorgängen dieser Art eine Anhäufung der Sulfate im Boden eintreten könne An sich würde hierin ja keine Gefahr für das Pflanzenwachstum liegen, da die Sulfate, um welche es sich hier handelt, insbesondere Calciumsulfat nicht nur nicht pflanzenschädlich sind, sondern eher das Wachstum be- günstigen. Thatsächlich aber findet keine Anreicherung des Bodens mit Sulfaten statt; da der Boden für diese wasserlöslichen Sulfate kein Ab- sorptionsvermögen besitzt, so werden dieselben durch das Bodenwasser in ') Nach mündlichen und briefliehen Mitteilungen von Herrn Hüttenhein. ”) Thar. Forstl. Jahrb. 1871, 21, 229. a u Dt en Be BE die tieferen Bodenschichten geführt, in denen sie für die Pflanzenwurzeln nicht mehr erreichbar sind; damit scheiden sie für die Pflanzenernährung aus. Hierfür könnten viele Beispiele angeführt werden; doch wollen wir nur folgende, die besonders charakteristisch sind, herausgreifen. J. v. Schroeder und C. Reuss!) fanden im Umkreise der Altenauer Hütte im Oberharz: (Gehalt an Schwefelsäure ß Probenahmeort im Boden Fichtennadeln]| die Fichten sind: % % 1. | Dietrichsberg (Blössenrand) 0,069 0,690 sehr stark beschädigt 2,| Schwarzenberg ( Ft ) 0,082 0,879 sehr stark beschädigt 3.| Dietrichsberg (Kuppe) 0,068 0,209 sehr schwach oder gar nicht beschädigt 4.|Schwarzenberg ( „ ) 0,064 0,084 vollkommen gesund Aus dem Befunde der Fichten an Ort und Stelle und dem hohen Schwefelsäuregehalte der erkrankten Nadeln gegenüber demjenigen der ge- sunden Nadeln müssen wir auf eine sehr intensive Einwirkung der schwetlig- sauren Rauchgase schliessen; trotzdem ist der Schwefelsäuregehalt des Bodens aber kaum verändert. Bei Versuchen, welche von J.v. Schroeder und W.Schmitz-Dumont‘?) mit dreijährigen Fichten ausführten, zeigte der Boden der Versuchspflanzen nach 109 Räucherungen mit '/160000 schwefliger Säure an 21 Tagen auch eine geringe Zunahme an Schwefelsäure; es wurde nämlich in der Trocken- substanz des Bodens der gesunden Kontrollfichten 0,0336 °/,, der kranken Versuchsfichten 0,0449 °/, Schwefelsäure gefunden; der Schwefelsäure- gehalt in den Fichtennadeln betrug auf Trockensubstanz berechnet in den gesunden Nadeln 0,351°%/,, in den kranken Nadeln 0,894 °/,. Es ist ja nicht unmöglich, dass der letztere erhöhte Gehalt an Schwefelsäure zu einem geringen Teil mit auf den erhöhten Schwefelsäuregehalt des Bodens zurückzuführen ist; es besteht aber kein Zweifel darüber, dass hierin ein schädigendes Moment nicht zu erblicken ist, der grössere Anteil der Schwefelsäure ist jedenfalls direkt aus der Luft aufgenommen worden. Wir fanden in einem mit Weizen bestandenen Boden, welcher durch die schwefligsauren Rauchgase einer Schlackenhalde zu leiden katte, im Obergrunde 0,038—0,048°/, Schwefelsäure, im Untergrunde 0,030—0,033° o Schwefelsäure, dagegen in gesundem d. h. schwefligsauren Rauchgasen nicht ausgesetztem Boden im Obergrunde 0,038", und im Untergrunde 0,024 /, Schwefelsäure, obwohl die Weizenpflanzen auf dem ersteren Boden ) v. Schroeder u. Reuss, 57. ?®) Thar. Forstl. Jahrb. 1896, 46, 1. ee eine Zunahme an Schwefelsäure bis zu rund 38°/, zeigten. Man könnte vielleicht einwenden, dass diese minimalen Differenzen darauf zurückzuführen seien, dass die Pflanzen den Boden vor stärkerer Einwirkung der schweflig- sauren Rauchgase geschützt haben. In einem Falle wurde zwei Böden, welche durch die Rauchgase einer Zinkhütte zu leiden hatten, im Herbste brachliegend untersucht und dann auch im folgenden Mai, als sie mit Hafer bestanden waren, sie enthielten im ersteren Falle 0,082 — 0,093 %o, im zweiten Falle 0,066—0,072°/, Schwefelsäure, also nur unwesentlich grössere Mengen dieser Säure, während in einem von der Zinkhütte etwa 2'/s km entfernten entsprechenden Boden 0,073 °/, Schwefelsäure gefunden wurden; die Zunahme an Schwefelsäure in den Pflanzen aus der Nähe der Zinkhütte gegenüber den weiter entfernt gewachsenen Pflanzen betrug im Durchschnitt rund 65 %/o. Diese Beispiele zeigen deutlich, dass trotz der starken und wiederholten Einwirkung der schwefligsauren oder schwefel- sauren Rauchgase, sei es direkt, sei es durch Vermittelung der atmosphärischen Niederschläge, eine wesentliche Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes im Boden nicht stattfindet. Hieraus dürfte der Schluss abzuleiten sein, dass, abgesehen von den Umsetzungen im Boden die schwefelsauren Rauchgase keine Veränderungen im Boden hervorbringen und dass somit von einer Beschädigung des Bodens durch diese Rauchgase kaum die Rede sein kann. - Man könnte dieselbe höchstens darin finden, dass durch die Umsetzung der Schwefelsäure mit den Bodenbestandteilen diese letzteren in leichter lösliche Verbindungen übergeführt werden, welche dann durch Versickern in den Untergrund gehen und somit für die Pflanzenernährung verloren sind. Diese Nährstoffverluste können aber nicht gross sein. Jedenfalls sind die so hervorgerufenen Umsetzungen im Boden bedeutungslos gegen- über denjenigen, welche durch die mit den künstlichen Düngemitteln in den Boden gebrachten Schwefelsäuremengen hervorgebracht werden; letztere - betragen z. B. bei einer Düngung mit 125 kg schwefelsaurem Ammoniak, 250 kg Superphosphat und 300 kg Kainit für 1 Hektar rund 240 kg, welche grösstenteils im Boden verbleiben; diese Mengen werden mit einem Male aufgebracht, wodurch jedenfalls die Wirkung sich intensiver gestalten wird, als wenn minimale Mengen längere Zeit einwirken. Gerade hinsichtlich. der Einwirkung der sauren Rauchgase auf den Boden begegnet man in der Praxis falschen Anschauungen. Der Landwirt ist sehr oft ge- neigt, die schlechtere Vegetation auf Grundstücken, welche von sauren Rauchgasen getroffen werden, in dem beschädigten Boden begründet zu sehen und macht daraufhin Klageansprüche geltend, mit denen er in den meisten Fällen nicht durchdringen wird. Es liegt die Annahme einer ae A Beschädigung des Bodens ja nahe, wenn man sieht, wie schwer es hält, auf solchem Boden irgend eine Vegetation hoch zu bringen; aber stets wird in erster Linie die Pflanze, nicht der Boden durch die Rauchgase vergiftet. 4. Einwirkung von schwefliger Säure und Schwefelsäure auf die Vegetation. A. Beeinflussung der unterirdischen Organe. Wenn es nach den bisherigen Ausführungen als ausgeschlossen gelten muss, dass bei Rauchbeschädigungen das schlechtere Wachstum der Pflanzen als eine Folge einer Vergiftung des Bodens durch die Rauchgase anzusehen ist, so kann nur eine direkte Einwirkung der Rauchgase auf die Pflanzen selbst bezw. einzelner Pflanzenorgane das Misswachstum hervorgerufen haben. Eine solche Einwirkung könnte man sich zunächst in der Weise denken, dass die schweflige Säure oder die Schwefelsäure mit den Wurzeln der Pflanzen in Berührung kommen. Es ist schon früher gesagt worden, dass die schweflige Säure sehr bald, sei es auf dem Wege bis zum Boden oder im Boden selbst, zu Schwefelsäure oxydiert wird, und es deshalb auch bei Rauchbeschädigungen noch niemals gelungen ist, in dem von den Rauchgasen getroffenen Boden schweflige Säure nachzu- weisen. Es dürfte daher die Annahme einer Einwirkung der schwefligen Säure auf die Pflanzenwurzeln von vornherein ausgeschlossen sein. Man könnte noch geneigt sein, anzunehmen, dass die schweflige Säure mit den atmosphärischen Niederschlägen auf und in den Boden und an die Wurzeln der Pflanzen gelangen könne; aber auch gegen diese Annahme spricht die Thatsache der schnellen Oxydation _der schwefligen Säure zu Schwefelsäure. Hiernach kann also für eine schädigende Wirkung auf die Pflanzen- wurzeln nur die Schwefelsäure in Frage kommen. Die Mengen, welche hierbei zu berücksichtigen sind, sind aber nicht sehr bedeutend, wie die bereits angeführten Regenuntersuchungen zeigen. Wie schon oben ange- geben worden ist, findet durch im Boden vorhandene Basen eine Bindung der freien Schwefelsäure statt, sodass wir es in. solchen Fällen stets mit ge- bundener Schwefelsäure zu thun haben. Nun könnte allerdings ein Boden so arm an mit Schwefelsäure umsetzungsfähigen Basen sein, dass trotz der geringen Menge freier Schwefelsäure eine Umsetzung derselben in Sulfate nicht möglich ist; in solchen Fällen wäre ja die Möglichkeit, dass die freie Schwefelsäure mit den Pflanzenwurzeln in Berührung kommen und auf dieselben schädigend einwirken könne, gegeben. Diese Möglich- keit wird aber noch weiter dadurch verringert, dass die Schwefelsäure durch weiteres Eindringen in den Boden alsbald aus dem Bereich der Pflanzenwurzeln entschwinden wird. Man wird daher praktisch einer a | 0: solchen Möglichkeit gar keine Bedeutung beizumessen brauchen und es ist in Wirklichkeit auch bisher wohl kaum gelungen, freie Schwefelsäure im Boden nachzuweisen. Nach den früheren Ausführungen über die Einwirkung der schweflig- bezw. schwefelsauren Rauchgase auf den Boden ist nicht anzunehmen, dass hierdurch der Boden mit Sulfaten angereichert wird. Aber selbst wenn dieses der Fall wäre, so zeigen uns Untersuchungen von G. Heuer- mann!), dass das Pflanzenwachstum hierdurch bei normalen Bodenver- hältnissen nicht gestört wird. Angeregt durch die Äusserung A. Stutzers?) gelegentlich eines Vortrages auf der ersten Wanderversammlung der Deut- schen Landwirtschafts-Gesellschaft zu Dresden im Jahre 1856 über Chili- salpeter, dass die bedeutenden Schwefelsäuremengen, welche mit den künst- lichen Düngemitteln, besonders mit dem schwefelsauren Ammoniak in den Boden gebracht werden, nachteilig auf die Vegetation wirken könnten, führte G. Heuermann an der Versuchsstation Münster Versuche in der Weise aus, dass er einerseits die Säure nebst der zugehörigen Base steigerte, andererseits unter Anwendung saurer schwefelsaurer Salze nur die Säure steigerte, um etwaige günstige Wirkungen der Base, die ungünstige Wirkungen der Säure aufheben könnten, auszu- schliessen. Die Versuche wurden teils als Wasserkulturversuche, teils in reinem, weissem, feinkörnigem Quarzsand, teils in Lehmboden ausgeführt. Diese verschiedenen Versuchsmethoden gewähren uns ein deutliches Bild der Wirkung überschüssiger Säuren auf die Pflanzenentwickelung. Die Wasserkulturversuche wurden mit Hafer, die Versuche im Sand mit zwei- zeiliger Gerste und die Versuche im Lehmboden mit Hafer und Wicken ausgeführt. Die Wasserkulturversuche lassen keinen Zweifel darüber, dass Lösungen, welche saures schwefelsaures Kali oder saures schwefelsaures Ammoniak enthalten, sehr nachteilig für das Pflanzenwachstum wirken, lass aber bei Vorhandensein neutraler Salze in den Lösungen sich derartige nachteilige Einwirkungen nicht zeigen. In Übereinstimmung mit diesen Resultaten stehen die Ergebnisse der Sandkulturversuche. Dagegen ist bei den Versuchen im Lehmboden in keinem Falle durch eine gesteigerte Schwefelsäuregabe, selbst wenn sie in Form eines saures Salzes gegeben würde, das Pflanzenwachstum beeinträchtigt worden; es ist dieses darauf zurückzuführen, dass die Schwefelsäure im Boden durch die Basen des Bodens gebunden wird, wie dieses schon früher hervorgehoben worden ist. Diese Versuche bestätigen demnach die Schädlichkeit der Schwefelsäure an sich für die Pflanzen bezw. Pflanzenwurzeln, sie beweisen aber zugleich, lass die Schwefelsäure diese Eigenschaft durch Bindung mit Basen, mit ') Dissertation, (Giessen 1888 und d. landw. Versuchsst. Münster, Denkschrift. Münster 1896, 135. ”) Deutsche landw. Presse 1886, Nr. 53. der wir bei der Einwirkung schwefelsaurer Rauchgase auf den Boden im allgemeinen stets zu rechnen haben, verliert; dieselben ergeben senliesslich, dass, wenn durch die schwefelsauren Rauchgase dem Boden auch für solche Fälle ungewöhnlich hohe Mengen Schwefelsäure zugeführt werden, eine Beeinträchtigung der Vegetation durch die Einwirkung der entstehen- den Sulfate auf die Pflanzenwurzeln nicht zu befürchten ist. Auch Versuche von M. Freytag!) lassen sich dahin deuten, dass die auf und in den Boden gelangenden schwefligsauren und schwefelsauren Rauchgase für die Vegetation nicht schädlich wirken müssen. M. Freytag besprühte Sommerweizen, Hafer und Erbsen, welche auf Beeten wuchsen und zu Beginn des Versuches kräftig entwickelt waren, täglich morgens und abends mit 20 Liter Wasser, welches in einem Falle 4 g = 0,02), schweflige Säure, in einem anderen Falle 5 &g = 0,025 /, Schwefelsäure enthielt. Der Versuch dauerte während des ganzen Monats Mai bis zum 15. Juni. Dann wurde die Säure auf 6 g schweflige Säure und 7,5 g Schwefelsäure gesteigert, ohne dass sich eine schädliche Einwirkung gezeigt hätte. Vom 1.—14. Juli trat eine weitere Steigerung auf 8 g schwefliger Säure und 10 g Schwefelsäure ein, ohne dass sich hierbei eine Störung in dem normalen Entwickelungsgang der Pflanzen herausgestellt hätte. Am 15. Juni wurden Hafer und Erbsen, am 31. Juli Weizen geerntet; auch im Ernteertrage. zeigten sich keine erheblichen Unterschiede, wie folgende Zahlen über die Erträge gleicher Flächen ergeben: i Mit schwefliger Säure Mit Schwefelsäure Nicht begossen begossen begossen Körner | Stroh | Hülsen | Körner| Stroh | Hülsen |Körner | Stroh | Hülsen ER g a a N ER BF. g | | | Ei Hafer... | 326 591 — 345 623 | _ 372 | 628 | — Weizen . 185 606 _— 168 | 566 | —_ 171 7.008 10 — Erbsen . | 225 250 73 283 259 | di 328 | 267: | 192 Es hat also den Pflanzen nicht geschadet, wenn dieselben täglich zweimal während der ganzen Vegetationsperiode mit einem Wasser besprüht wurden, welches 0,04 °/, schweflige Säure bezw. 0,05°/, Schwefelsäure ent- hielt. Bei weiteren Versuchen mit Sommerweizen, Hafer und Erbsen wurden die Säuren von 0,04°, schwefliger Säure bezw. 0,05%, Schwefelsäure ausgehend von Woche zu Woche um 0,01°/, bis auf 0,08°%/, schwefliger Säure und 0,10 °/, Schwefelsäure gesteigert, ohne dass sich zunächst Krankheitserscheinungen gezeigt hätten; letztere stellten sich ein, als bald nach dem Besprühen der Pflanzen mit dem säurehaltigen Wasser ein starker ') Mitt. d. Königl. landw. Akad. Poppelsdorf 1869, 2. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 4 2 gen heisser Wind eintrat, der offenbar das Wasser schnell zum Verdunsten ge- bracht und die Säure so stark konzentriert hatte, dass dadurch die schäd- liche Einwirkung erzeugt wurde. Für die vorliegende Frage ist letzteres bedeutungslos; es ist dieses hier nur angeführt worden, um einen Über- blick über den Verlauf des ganzen Versuches zu geben. Hier ist zunächst von Wichtigkeit, dass das säurehaltige Wasser bei der Art der Versuchs- ausführung den Boden treffen musste und trotz der grossen Konzentration, in der es schliesslich verwendet wurde, für die auf dem Boden vorhandene Vegetation nicht schädlich wirkte; dabei mag ganz ausser acht bleiben, (lass die Pflanzen direkt mit dem säurehaltigen Wasser besprüht wurden. Berücksichtigt man nun, dass in der grossen Praxis kaum Regenwasser oder Schnee mit solchen Mengen freier Säure dem Boden zugeführt werden, so muss man eine Beschädigung der Pflanzen in der hier angenommenen Weise als thatsächlich nicht wahrscheinlich ansehen. In den grossen englischen Industriebezirken ist der höchste Gehalt des Regenwassers an freier Säure, auf Schwefelsäure berechnet, 0,0015, gewesen; M. Freytag hat bei seinen oben angegebenen Versuchen schliesslich mit 0,10 %/, Schwefel- säuse, also mit rund der 66fachen Konzentration des höchsten beobachteten (tehaltes an freier Schwefelsäure im Regenwasser industriereicher Gegend operiert, ohne dass eine Beschädigung der Pflanzen bezw. eine Benach- teiligung des Wachstums derselben eingetreten ist. C. Reuss!) hat nachfolgenden Versuch ausgeführt, welcher hier eben- falls zum Beweise der bisher mitgeteilten Resultate dienen kann. Im Anhalt. Forstreviere Gernrode am Südabhange der Vietorshöhe bei 250 m Höhe über dem Meeresspiegel wurden in freier, ebener Lage 6 fünfzehn- jährige tief beastete Fichten von annähernd gleicher Höhe und Blattmasse zu den Versuchen ausgewählt. Von diesen Fichten wurden Nadelproben zur Untersuchung entnommen. Darauf wurde die unter dem Schirm der Fichten befindliche, aus trockenem Gras und Moos bestehende Bodendecke entfernt und der Wurzelraum ohne Berührung der Nadeln mit der Flüssig- keit am 16. Juli morgens 10 Uhr bei noch völliger Weichheit der dies- jährigen Triebe in folgender Weise begossen: Fichte Nr. 1 mit 2g Schwefelsäure in 10 Liter Wasser verdünnt a Ei „ „ „ „ „ „ - „ „ 4 „ 65 „ I ”„ „ „ „ „ rR „ „ 2) „ 38 „ „ „ „ „ „ an. -r “ 5 wurde als Vergleichsfichte nicht begossen. Die täglich vorgenommenen Besichtigungen haben keinerlei Ver- änderungen an den Nadeln und Trieben, namentlich kein Erschlaffen der- ') Rauchbesch. ete. Myslowitz-Kattowitz, Entgegn. 23. | PER, *, Val selben ergeben. Am 10. September wurden von jeder Fichte Nadelproben entnommen. Die Untersuchung der bei Beginn und am Schluss des Ver- suchs entnommenen Nadelproben hat an Schwefelsäure ergeben: Proben vom 16. Juli Proben vom 10. September : alte |junge alte | junge Fichte Nr. he | im Durchschnitt Be im Durchschnitt Yo | Y% | Y% y/ %o Yo 1 0,23 | 0,09 0,16 | 0,26 0,10 0,18 2 0,20 | 0,10 0,15 . 0,22 | 0,12 0,17 3 0,17 | 0,13 0,15 0,16 | 0,16 | 0,16 4 0,16 | 0,10 | 0,13 0,15 | 0,14 0,15 5 0,08 | 0,08 0,08 0,12 | 0,12 | 0,12 6 0,13 | 0,09 0,11 0,16 | 0,14 | 0,15 | Diese Zahlen ergeben zunächst, dass die Schwefelsäure ohne Einfluss auf das Pflanzenwachstum geblieben ist, dass weiter eine Aufnahme der auf den Wurzelraum gegossenen verdünnten Schwefelsäure nicht statt- gefunden hat. Wir kommen deshalb zu dem Schlusse, dass die schweflige Säure und die Schwefelsäure der Rauchgase, sei es, dass diese Säuren direkt oder durch die meteorischen Niederschläge auf und in den Boden gelangen, durch eine Einwirkung auf die Pflanzenwurzeln das Wachstum der Pflanzen nicht beein- trächtigen. B. Beeinflussung der oberirdischen Organe. a) Chemische Veränderungen. Wenn hiernach eine Beschädigung der Pflanzen durch schweflige Säure oder Schwefelsäure durch eine Einwirkung dieser Säure auf die Pflanzenwurzeln nicht wahrscheinlich ist, so kann diese Beschädigung im wesentlichen nur dadurch zu stande kommen, dass diese Säuren bezw. die mit denselben behafteten Rauchgase mit den Blattorganen der Pflanzen in Berührung kommen. Hierüber lassen die nachfolgenden Versuche von J. v. Schroeder und W. Schmitz-Dumont!) keinen Zweifel. Diese Ver- suche wurden in der Weise angeordnet, dass a) nur der oberirdische Teil der Pflanzen von der schwefligen Säure getroffen wurde, oder b) die schweflige Säure den oberirdischen Teil der Pflanze und den Boden traf, oder E: c) dieselbe Menge schwefliger Säure wie unter 1 und 2 dem Wurzel- _ raum in verdünnter wässeriger Lösung zugeführt wurde oder ) Thar. Forstl. Jahrb. 1896, 46, 1. 4* ae d) bei den Kontrollpflanzen die schweflige Säure von Boden und Pflanze abgeschlossen war. Die Versuche wurden mit Fichten, Kiefern, Linden und Spitzahorn ausgeführt. Die zu den Versuchen mit Fichten benutzten Pflanzen waren 4—5jährig. Dieselben wurden Mitte Mai mit Erde ihres Standortes in Töpfe von 4 Liter Wurzelraum umgepflanzt; sie waren selbstredend voll- kommen gesund, nur etwas kleinnadelig, etwa 50 cm hoch und hatten beim Beginne des Versuches am 3. Juni Triebe von etwa 2—6 cm Länge. Die angewendeten Konzentrationen der schwefligen Säuren waren am 3. Juni '/20000, am 4. Juni "/ıoooo, am 5., 6. und 7. Juni je "/sooo. Eine Veränderung der Pflanzen wurde zuerst am 6. Juni bemerkt, indem da in den Versuchsreihen a und b einige Triebe mehr oder weniger fahl und welk aussahen. Bis zum Abend hatten diese Krankheitserscheinungen be- sonders in der Versuchsreihe a stark zugenommen; viele Triebe hingen wie welk herab, die Nadeln waren fahl, gelblich und weissgrau, auch die über- jährigen Nadeln hatten zum Teil den Glanz verloren und sahen mattgrün aus. In der Versuchsreihe b waren die Pflanzen zwar ebenfalls krank, jedoch traten die angegebenen Krankheitssymptome hier doch nicht so stark hervor, wie in der Versuchsreihe a. Die Pflanze in der Versuchs- reihe c, in welcher die schweflige Säure in verdünnter wässeriger Lösung dem Wurzelraume zugeführt worden war, war vollkommen gesund. Am 7. Juni, also am 5. Versuchstage, hatte die Zahl der beschädigten Nadeln in den Versuchsreihen a und b noch zugenommen; in den 5 folgenden Tagen fiel noch ein Teil der toten Nadeln ab, der Rest blieb sitzen, veränderte aber die ursprüngliche Missfärbung mehr und mehr, indem zuerst rötliche Farbentöne auftraten, die zuletzt in ein ausgesprochenes Rot übergingen. Am stärksten waren die diesjährigen Nadeln beschädigt. Die chemische Untersuchung der Nadeln und des Bodens ergab, auf Trockensubstanz be- rechnet: In den Nadeln Im Boden Schwefel- : . Sch wefel- ä Versuchsreihe säure auf > Asche Schwefelsäure säure 100 Asche - berechnet 0), | 9%, % % a) Nur die Pflanze mit schwefl. Säure 0,581 5,72 10,16 0,0199 in Berührung EN b) Boden und Pflanze mit schwefl. 0,488 | 5,47 8,01 0,0186 Säure in Berührung . . . .M .» | ce) Nur der Boden mit schwefl. Säure 0,487: 1 5,67 7,71 0,0242 in Berührung | VE \ | dj -Kontrollpflanze.. = ...n runs 0,407 | 5,60 LE 0,0184 ee EEE Weitere Versuche mit dreijährigen Fichten, bei denen die schweflige Säure in Konzentrationen von "/ı0000, "/s20000 und "/40000 angewendet wurde, bestätigten die hier beschriebenen Beobachtungen, Zu den Versuchen mit Kiefern dienten dreijährige Pflanzen, welche zum Teil anfangs Mai in Töpfe von 4 Liter Wurzelraum eingepflanzt, zum Teil auf ein besonderes Beet in Abständen von 0,5 m versetzt wurden; letztere Pflanzen dienten für die Versuche in den Reihen a, b, und erstere Topfpflanze in der Reihe c. Die Kiefern waren alle kräftig und gesund, sie hatten ausser den diesjährigen Nadeln nur noch vorjährige Nadeln; die Höhe der Pflanzen betrug 53 bis 64 em, die Länge des Endtriebes 21 bis 29 cm. In den Versuchsreihen a und b wurde eine Konzentration der schwefligen Säure von "/3o000 verwendet, in der Reihe ce aber die doppelte Menge schwefliger Säure, wie in den Reihen a und b. Die Räucherung bezw. das Begiessen von Pflanzen und Boden wurde im ganzen sechs Mal ausgeführt. Nach der drittmaligen Anwendung der schwefligen Säure traten in der Versuchsreihe a an einigen der unteren Triebe ziemlich stark fahle, gelbliche Verfärbungen der Nadeln auf, die übrigen Triebe zeigten nur geringe Spitzenverletzungen. Nach der fünften Räucherung zeigten sich an einem der oberen Triebe der Versuchspflanze der Reihe b eine Verfärbung der Nadelspitzen. Nach der sechsten Räucherung färbten sich in der Versuchsreihe a die zuerst beschädigten Nadeln rötlich. Nach Einstellung der Räucherung traten in den folgenden Tagen die Krankheitserscheinungen immer schärfer hervor; die fahle gelbliche Färbung der Nadeln ging in rot über. In der Versuchsreihe a ging diese Rot- färbung bei den diesjährigen Nadeln fast bis zur Nadelbasis, bei den vor- jährigen Nadeln von der Spitze bis zur Mitte aus herab. In der Reihe b zeigte sich die Beschädigung hauptsächlich nur an den Trieben; dieselbe äusserte sich bei den alten Nadeln nur durch geringe Rotfärbung der Spitzen, welche nur ganz ausnahmsweise sich bis zur Mitte der Nadeln ausdehnte. Die Pflanze in der Versuchsreihe ce blieb, obwohl der Boden, in dem sie wuchs, mit der doppelt so grossen Menge schwefliger Säure, wie in den Reihen a und b verwendet, begossen worden war, vollkommen gesund und unterschied sich in keiner Weise von der Kontrollptlanze in der Reihe d. Die Untersuchung der Nadeln ergab in der Trockensubstanz: Schwefelsäure Sch wefel- auf 100 Teile Versuchsreihe Südire Asche Asche be- rechnet Y% Yo y a) Nur d. Pflanze mit schwefl. Säure in Berührung 1 tiesiährıge Nadeln . .".... . 0,372 3,33 11,17 2. vorjährige er Re 3,98 8,87 3. gesamte Benadelung . . . . . 0,366 3,05 10,31 Schwefelsäure Schwefel- A er. 18 tr a a ode t AS c e- Versuchsreihe säure Da % Ya ı b) Boden und Pflanzen mit schwefliger Säure in Berührung 1. diesjährige Nadeln. . . . . .. 0,244 3,05 8,00 2. vorjährige a EEE U EN 0238 3,82 6,23 3. gesamte Benadelung . . . . . 0,242 3,38 1,22 c) Nur d. Boden mit schwef]. Säure in Berührung gesamte Benadelunsr; 7.27 ir, 0,314 —_ — d) Kontrollpflanze 1. diesjährige "Nadeln! 42 27, 0,229 3,39 6,76 2. vorjährige LTE 7 UNE 3,92 7,56 3. gesamte Benadelung . . . . . 0,238 3,44 6,92 desgl. im Mittel unter Berück- \ sichtigung von 2 weiteren Kon- } 0,231 3,25 718 trollpflanzen J Bei den Versuchen mit Linden wurden dreijährige Pflanzen in Töpfe mit 2 Liter Wurzelraum umgepflanzt. Die Pflanzen waren gesund und kräftig entwickelt, 41—47 cm hoch, mit 28—108 Blättern. Die schwef- lige Säure wurde in einer Konzentration von "ıoooo angewendet. Die Blätter der Pflanze in der Versuchsreihe a zeigten schon nach der ersten Räucherung älle mehr oder weniger starke Verfärbungen; teils waren sie ganz fahl, teils fleckig. In der Versuchsreihe b zeigten nur 7 Blätter der Linde meist kleine rückständige Flecken. Nach einiger Zeit hatten die fahlen Verfärbungen sich in ein helles bis dunkles Rotbraun umgewandelt und die Pflanzen zeigten nun dasselbe Bild, wie räuchbeschädigte Linden in der Natur. Die Pflanze in der Versuchsreihe ce hatte ihr grünes Aus- sehen unverändert beibehalten, ebenso wie die Kontrollpflanze in der Reihe d. Bei den Ahornbäumchen, welche 45—57 cm hoch waren und je 50—435 Blätter hatten, betrug die Konzentration der schwefligen Säure '/soooo. Nach der ersten Räucherung trat anfänglich keine Veränderung ein; am zweiten Tage nachher zeigten sich auf einigen Blättern rand- ständige fahle Flecken. Nach der dritten Räucherung nahmen diese Flecken in der Versuchsreihe a stark zu und wurden zum Teil gelblich; in der Versuchsreihe b traten diese Erscheinungen weniger stark hervor; die allerjüngsten zarten Blättern begannen in beiden Versuchsreihen welk zu werden. Nach der fünften Räucherung zeigten in der Reihe a alle Blätter eine starke Beschädigung; in der Reihe b war dieselbe nicht so gross; die ursprünglich fahle, helle und dann schmutziggelbe Färbung der Flecken ging im Laufe der folgenden Woche nach und nach in rotbraun über, sodass nun die Pflanzen dasselbe Krankheitsbild boten, wie in der |, Natur durch saure Rauchgase beschädigte Pflanzen. Auch hier wieder waren die Pflanzen in der Versuchsreihe ec unverändert gesund geblieben und von der Pflanze in der Versuchsreihe d durch nichts zu unterscheiden. Übereinstimmend folgt also aus diesen Versuchen, dass durch das Begiessen des Bodens mit wässeriger schwefliger Säure das Wachstum der Pflanzen in keiner Weise beeinträchtigt wird und sie bestätigen demnach die frühere Behauptung, dass eine Beschädigung der Pflanzen durch saure Rauchgase durch Vermittelung des Bodens nicht wahr- scheinlich ist. Alle Versuche ergeben gleichmässig, dass in der Ver- suchsreihe a, in welcher nur die oberirdischen Teile der Pflanze von der schwefligen Säure getroffen wurden, die Beschädigungen am stärksten waren, auch gegenüber den Pflanzen in der Reihe b, in welcher Boden und Pflanzen von der schwefligen Säure getroffen wurden. Letzteres findet eine einfache Erklärung darin, dass in der Reihe b ein Teil der schwef- ligen Säure durch die Absorption des Bodens unschädlich gemacht worden ist. Diese Versuche bestätigen deshalb die Ansicht, dass eine Beschädigung der Pflanzen durch schwefligsaure bezw. schwefelsaure Rauchgase nur durch eine Einwirkung dieser Säuren auf die Blattorgane zustande kommen kann. In der Reihe a zeigen die Nadeln der Fichten und Kiefern die stärkste Zunahme an Schwefelsäure und diese kann bei der ganzen Versuchs- anwendung nur durch ‚Aufnahme der Säure aus der Luft erklärt werden. Auch in der Reihe b zeigen die Pflanzen eine geringe Zunahme an Schwefelsäure in den Nadeln; diese geringe Zunahme erklärt sich ebenfalls daraus, dass ein Teil der verwendeten schwefligen Säure den Boden und die Pflanze getroffen, auf die letztere also hier die schweflige Säure in weniger konzentrierter Form eingewirkt hat. Diese Erscheinung könnte ebenfalls dahin gedeutet werden, dass die Blattorgane schweflige Säure bezw. Schwefelsäure aus der Luft aufnehmen. Ganz allgemein kann man aus diesen Versuchen schliessen, dass eine Beschädigung der Pflanzen durch schwefligsaure oder schwefelsaure Rauchgase stets von einer Zunahme des Schwefelsäuregehaltes der Blatt- organe begleitet sein wird. Aus den oben mitgeteilten Untersuchungsergebnissen folgt, dass auch in der Versuchsreihe ce, in welcher der Boden mit wässeriger schwefliger Säure begossen wurde, die Nadeln der Fichten und Kiefern an Schwefel- säure zugenommen haben; dieses kann nicht weiter auffallen, da auch der Boden reicher an Schwefelsäure geworden ist. Nun sind aber die Pflanzen in dieser Reihe e durchweg gesund geblieben und daraus müssen wir für die obige Schlussfolgerung, dass mit der Beschädigung der Pflanze durch ‚schweflige Säure bezw. Schwefelsäure eine Zunahme an Schwefelsäure in den Blattorganen parallel geht, eine Einschränkung ableiten, nämlich die, _ dass die zum Vergleiche herangezogenen Pflanzen unter den- =‘ Bin selben Bedingungen (Boden, Düngung) gewachsen und in gleichem Entwickelungszustande sind. Thatsächlich wird es, wie auch früher mitgeteilte Versuchsergebnisse zeigen, ja nur höchst selten vorkommen, dass die Schwefelsäure der Rauchgase eine wesentliche Er- höhung des Gehaltes an Schwefelsäure im Boden bewirkt. Immerhin ist aber eine Berücksichtigung der besonderen Standortsverhältnisse ‚notwendig, da die nachfolgenden Untersuchungen von J. v. Schroeder und W. Schmitz-Dumont?) zeigen, welchen Einfluss unschädliche Sulfat- verbindungen im Boden oder bei direkter Berührung auf die Blattorgane auf den Schwefelsäuregehalt der Blattorgane haben können, ohne dass das Wachstum der Pflanzen in irgend einer Weise beeinträchtigt wird. Diese Versuche sind mit dreijährigen, vollkommen gesunden Kiefern, welche in Töpfe .von etwa 4 Liter Wurzelraum umgepflanzt worden waren, ausgeführt worden. Vom 7. Mai bis 10. Juni wurden die Töpfe fünfzehn Mal mit gesättigter Gipslösung begossen und zwar insgesamt mit 4050 cem pro Topf. Nach einer Pause von 12 Tagen wurde das Begiessen der Pflanzen in derselben Weise wiederholt. Bis zum 12. bezw. 21. August — an diesen Tagen wurden Proben entnommen — war keine schädigende Wirkung des Begiessens mit Gipswasser an den Pflanzen wahrzunehmen. Die Nadeln der Pflanzen enthielten in der Trockensubstanz: Schwefelsäure Asche 1. Gipspflanzen; a) am 12. August % "Yo diesjährige Nadeln. 277.0 3 0,454 3,41 vorjährige u EEE SOMER 0,327 3,77 ganze Benadelung . . .». . . 0,410 3,08 b) am 21. August diesjährige Nadeln . . . . . 0,420 2,77 vorjährige „ TI PREEN 0,391 3,32 ganze Benadelung . . . . . 0,410 2,93 2. Kontrollpflanzen diesjährige Nadeln . . . . . 0,220 2,58 vorjährige u Ft 0,242 3,36 ganze Benadelung . . . . . 0,226 2,82 Diese Steigerung des Schwefelsäuregehaltes der Nadeln durch Be- giessen der Pflanzen mit gesättigter Gipslösung ist also bedeutend, auch im Verhältnis zu der früher mitgeteilten Erhöhung des Schwefelsäure- gehaltes, welche durch Begiessen des Bodens mit schwefliger Säure (0,514 ,) oder durch Räucherung der Pflanzen mit schwefliger Säure (0,3566 bezw. 0,242°/0), in welch letzterem Falle eine Erkrankung der Pflanzen eintrat, errreicht wurde. Da hier die Mehraufnahme der Schwefel- säure nicht von einer Beschädigung der Pflanzen begleitet ist, so spricht VAL EAR auch dieser Versuch für die Notwendigkeit, bei Untersuchungen über Be- schädigungen der Vegetation durch saure Rauchgase die besonderen Stand- ortsverhältnisse zu berücksichtigen. Aus den bisherigen Untersuchungen lassen sich die nach- folgenden Schlussfolgerungen ableiten: 1. Eine direkte Einwirkung der freien d.h. ungebundenen schwefligen Säure oder Schwefelsäure der Rauchgase auf die Wurzeln der Pflanzen ist unter normalen land- und forst- wirtschaftlichen Verhältnissen unwahrscheinlich. 2. Eine Vermehrung des Sulfatgehaltes des Bodens infolge der Einwirkung schwefligsaurer oder schwefelsaurer Rauchgase auf den Boden ist ohne Einfluss auf das Wachstum der Pflanzen und daher die Beschädigung der Pflanzen durch’ saure Rauch- gase durch Vermittelung des Bodens so gut wie ausgeschlossen. 3. Eine schädliche Einwirkung der sauren Rauchgase auf das Wachstum der Pflanzen kann nur dann eintreten, wenn die schweflige Säure oder die Schwefelsäure direkt mit den Blatt- organen der Pflanzen in Berührung kommt. Parallel mit der Beschädigung der Pflanzen geht stets eine Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes derselben. Letztere zeigt sich aber auch in den auf sulfatreicherem Boden gewachsenen unbeschädigten Pflanzen und ein erhöhter Schwefelsäuregehalt kann daher nicht immer als Nachweis einer Rauchbeschädigung angesehen werden; es sind hierbei vielmehr stets die besonderen Stand- ortsverhältnisse zu berücksichtigen. ‚Die Versuche über die Schädlichkeit der schwefligen Säure für die Pflanzen reichen weit zurück. E. Turner und R. Christison') haben Versuche ausgeführt, bei denen eine Resedapflanze einer Luft ausgesetzt war, welche in 509 ccm 0,5 cem schweflige Säure enthielt. Nach drei Stunden verlor die Pflanze ihre Farbe und verwelkte; auch wenn die Menge der schwefligen Säure nur den 9000. Teil der Luft ausmachte, trat die schädliche Wirkung noch ein. Die Versuchsansteller schildern die Ver- suchsergebnisse in folgender Weise: »Die Wirkung dieses Giftes ist dem gewöhnlichen Absterben der Blätter im Herbste sehr ähnlich. Das Gas betrug in mehreren Versuchen nur den 10000. Teil der Luft und doch waren alle entfalteten Blätter in 48 Stunden fast zerstört. Wir bemerkten, dass das Verwelken und Kräuseln der Blätter immer eine oder zwei Stunden 4 lang, nachdem die Pflanzen in die freie Luft gebracht worden waren, zu- nahm, sodass einige Blätter, welche anscheinend unter der Glocke nur PS | ') Pogg. Annal. 14, 259 u. E. Wolff: Die chemischen Forschungen auf dem ” Gebiete der Agrikultur u. Pflanzenphysiologie. Leipzig, 1847, 475. 2 Eee wenig gelitten hatten, hernach in der Luft schnell und gänzlich abstarben. Bei diesen geringen Anteilen vom Gase wurde indes die ganze Pflanze niemals getötet. Nahe an den Stielen blieben, besonders bei den oberen Blättern, einzelne Segmente grün und saftig, und die Knospen trieben frische, doch gewöhnlich welke Blätter. Selbst wenn das Verhältnis des Gases grösser war, wurden die Pflanzen nicht gänzlich getötet; der Stamm wurde nur angegriffen, wenn man die Gasmenge beträchtlich vermehrte, und selbst dann litt nur der obere Teil desselben.« Diese Versuchsergebnisse sind hier so ausführlich wiedergegeben, um zu zeigen, dass bei diesen offenbar ältesten Versuchen über die Wirkung der schwefligen Säure die Art der Beschädigung genau so geschildert wird, wie sie nachher durch die neueren eingehenden Versuche ermittelt wurde. Pappenheim!) hat gelegentlich der Untersuchungen über die Rauch- beschädigungen der Zinkhütten zu Borbeck und Eppinghoven Versuche über die Wirkung der schwefligen Säure auf die Vegetation ausgeführt. Derselbe setzte in Töpfen stehende Weizen-, Erbsen und Bohnenpflanzen und eine blühende Cuphea unter einer Glasglocke einer schweflige Säure enthaltenden Luft aus. Da die Menge der durch Verbrennen von Schwefel oder durch Aufgiessen einer reinen Lösung von schwefliger Säure auf heissen Sand innerhalb der Glocke erzeugten schwefligen Säure nicht fest- gestellt worden ist, so können diese Untersuchungen nur einen sehr be- schränkten Wert haben; dieselben lassen aber die Schädlichkeit der schwef- ligen Säure ausser Zweifel. In anderen Fällen wurden Blätter von Sedum purpurascens und Mimulus mit schwefligsauren Lösungen befeuchtet; auch hier erkrankten die Blätter. Nach diesen Versuchen schien es, dass die schweflige Säure nur dann schädlich wirke, wenn sich dieselbe mit Wasserdampf in Tröpfchen auf den Pflanzen niederschlug; hierzu war in der Natur im Tau und Regen hinreichend Gelegenheit vorhanden. Dieser letztere Versuch entspricht zu wenig natürlichen Verhältnissen, als dass daraus irgend welche Schlussfolgerungen für die Praxis abgeleitet werden könnten. Durch die grossen Schäden, welche die Rauchgase der fiskalischen Werke im Königreich Sachsen verursachten, wurde A. Stöckhardt zu einem eingehenden Studium der Wirkung der Rauchgase, insbesondere der schwef- ligen Säure, auf die Vegetation veranlasst. Diese Versuche sind grundlegend für die später folgenden Versuche von J. v. Schroeder und seinen Mit- arbeitern gewesen und wir müssen dieselben daher ausführlicher besprechen. A. Stöckhardt?) schreibt über die Ausführung der Versuche wie folgt: Bei diesen Versuchen wurde von der Erwägung ausgegangen, dass dieselben ') Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des (rewerbefleisses in Preussen. 1865, 69. ”) Thar. forstl. Jahrb, 1871, 21, 230. einerseits mit schon etwas grösseren Pflanzen, unter Belassung derselben an ihren Standorten vorzunehmen, andererseits aber so einzurienten seien, dass selbst bei längerer Zeit fortgesetzten Versuchsoperationen eine störende Abänderung der natürlichen Wachstumsbedingungen nicht zu befürchten ist. Diesen Anforderungen ist in der Weise entsprochen worden, dass die Versuchspflanzen mit einem durchsichtigen geräumigen Gehäuse umgeben wurden, welches für gewöhnlich dem Durchzuge der Luft kein Hemmnis entgegenstellte, zu den Versuchszeiten aber oben verschlossen werden konnte. Die zu dem Ende aus Holzrahmen und Glas konstruierten 4 Ge- häuse hatten je 1 Elle 6 Zoll im Durchmesser und eine Höhe von 2 Ellen 6 Zoll; unten waren dieselben mit 8 Zoll hohen Füssen und oben mit einer abnehmbaren, in Holzrahmen eingefassten Glasdecke versehen. Beim Beginn des Versuches wurde ein solches Gehäuse bis über die betreffende Pflanze emporgehoben und dann hernieder gelassen; die Pflanze blieb von ihm umschlossen, bis der Versuch mit derselben — je nach wenigen Tagen oder Wochen resp. mehreren Monaten — sein Ende erreicht hatte. An der einen Seite der Hülle war nach Wegräumung der Bodendecke ein bewegliches Vorgelege von Blech angebracht, in welchem die betreffenden Gase oder Dämpfe — hier schweflige Säure — erzeugt und von unten in dieselbe eingeführt wurden, wo sie sich bei geschlossener Decke mit der eingeschlossenen Luft mischten. Nach jeder Behandlung oder Räucherung blieb das Gehäuse zwei Stunden lang geschlossen, nach dieser Zeit wurden die Deckel abgenommen, sodass die Pflanzen in den Zwischenzeiten auch nach oben zu frei mit der Atmosphäre kommunizieren konnten und unter dem Einflusse der herrschenden Witterungsverhältnisse standen. Zu den Versuchen wurden 8—12jährige Fichten von annähernd gleicher Grösse ausgewählt. Die schweflige Säure wurde beim ersten Ver- suche durch Verbrennen von Schwefel, bei den späteren Versuchen durch Verbrennen von Schwefelkohlenstoff, dem das gleiche Gewicht Alkohol zu- gesetzt wurde, erzeugt. Bei dem ersten Versuche hätte der Gehalt des Versuchsgehäuses an schwefliger Säure nach der Menge des verbrannten Schwefels "/guoo des Volumens ausmachen müssen; da jedoch ein beträcht- licher Teil des Schwefels unverbrannt zurückgeblieben war, so war der Gehalt an schwetliger Säure in dem Versuchsgehäuse in Wirklichkeit ge- ringer. Trotzdem hatte nach Verlauf von zwei Stunden das Grün an den Spitzen der Fichtennadeln sich. in gelbbraun umgewandelt. Bei noch vier- maliger Räucherung waren alle Nadeln nach und nach braun gefärbt und fielen schliesslich ab. In den Nadeln war zuerst schweflige Säure nach- zuweisen; nach kurzer Zeit aber war dieselbe verschwunden und nur Schwefelsäure vorhanden. Die Untersuchung der gelbbraunen Nadeln er- gab in der Trockensubstanz 0,405°%, Schwefelsäure gegenüber 0,212°%/, in grünen Nadeln benachbarter gesunder Fichten desselben Wachstumsstadiums. Ge Die erkrankte, entnadelte und wie vertrocknet aussehende Fichte erholte sich im Laufe des Sommers soweit, dass einige neue Seitentriebe an den unteren Zweigen erschienen, die auch noch im folgenden Jahre, obwohl dürftig, weiter wuchsen. Die obersten vier Jahrestriebe blieben dürr und starben bald vollends ab. Bei dem zweiten Versuche machte der Gehalt des Versuchsgehäuses an schwefliger Säure Yjsooo von der Luft des Ver- suchsgehäuses aus. Die Räucherungen wurden früh, während die Pflanzen noch feucht waren, vorgenommen. Nach fünfmaliger Behandlung erschien auch hier die Fichte braun und vertrocknet; später sich selbst überlassen bildete die Pflanze neue, aber dürftige Seitentriebe an den unteren Zweigen, während die obere Hälfte des Stammes und seiner Zweige sich nicht wieder belebte. Beim dritten Versuche mit "/goooo schwefliger Säure in der Luft des Versuchsgehäuses trat anfänglich, wahrscheinlich infolge der trockenen Witterung, keine nachteilige Veränderung in dem Aussehen der Pflanze ein; erst nach 42maliger Behandlung färbten sich die Nadelspitzen schwach gelb. ‘Bei Eintritt feuchter Witterung trat die Gelbfärbung stärker auf und verbreitete sich nach weiteren 14maligen Räucherungen mit schwefliger Säure über die obere Hälfte des Bäumchens; die Nadeln fielen ab, an dem sich selbst überlassenen Bäumchen erschienen im folgenden Frühjahr an den unteren Zweigen kräftige Triebe, an den oberen schwächere, an dem Gipfelende keine Triebe; letzteres vertrocknete vielmehr nach und nach und war nach einigen Monaten ganz abgestorben. Bei einem weiteren Versuche, bei dem die Luft des Versuchsgehäuses /soooo an schwefliger Säure enthielt, zeigten sich an der Fichte selbst bei 20 maliger Behandlung und bei Anfeuchtung in der zweiten Versuchshälfte keine sichtbaren Ver- änderungen. Gegen die Verwendung dieser Versuchsergebnisse bei der Beurteilung wirklicher Beschädigungen durch schwefligsaure Rauchgase ist Einspruch erhoben worden, indem darauf hingewiesen wurde, dass derartige Konzen- trationen, wie A. Stöckhardt sie angewendet hat, in Wirklichkeit nicht vor- kommen, da die Rauchgase sich in der Luft stark verdünnen. Nach den Mitteilungen von F. Reich!) enthielt auf den Freiberger Hüttenwerken in den Jahren 1565—1865 der aus den Röstflammöfen unmittelbar austretende Rauch !/ıss (0,44—0,73 Volumprozent) an schwefliger Säure, der Rauch der Röststädeln "/se5o (oder 0,4 Volumprozent), der aus den Schmelzflamm- öfen entweichende Rauch "/ss;s (oder 0,16 Volumprozent) an schwefliger Säure. In dem Rauche am Fusse der hohen Esse wurden beim Betriebe der Flammöfen bei Untersuchungen zu verschiedenen Zeiten Yaszs — Vı300 (oder 0,106—0,077 Volumprozent) schwefliger Säure gefunden. Unter- suchungen des Rauches einer Esse, in welche der Rauch von 21 Röststädeln \ v. Schroeder u, Reuss, 63. > Pa te ging, ergaben in einer Entfernung von der Esse von 10 Schritt "/zs00» (oder 0,00178 Volumprozent), von 60 Schritt "/130000 (oder 0,00077 Volumprozent und bei einem anderen Versuche bei 60 Schritt Entfernung "/so000 (oder 0,0011 Volumprozent) schwefliger Säure. Diese Resultate lassen die ge- machten Einwände berechtigt erscheinen. A. Stöckhardt wiederholte de*s- halb seine Versuche, indem er nun eine Luft mit nur "/,000000 schwefliger Säure auf die Pflanze einwirken liess. Die Versuche wurden mit in Kübeln ein- gepflanzten vierjährigen Fichten ausgeführt; die oberirdischen Teile dieser Pflanzen wurden während des Versuches teils feucht, teils trocken gehalten. Die Räucherungen mit schwefliger Säure wurden in einem einfensterigen gegen Südost gelegenen Zimmer der Tharander Forstakademie ausgeführt; die Menge des zu verbrennenden Schwefelkohlenstoffs wurde entsprechend der Grösse des Zimmers so gewählt, dass die entstehende schweflige Säure 1/10ooooo der Luft des Raumes ausmachte. Die Entwickelung der schwef- ligen Säure wurde in Zwischenräumen von 1—3 Stunden wiederholt; solche Einzelräucherungen wurden ausgeführt: im Mai 53 Räucherungen an 9 Tagen Sun 127 a re De „ Juli 121 “ ER 1 27 „ August 34 ® PURE : DRAIP® im ganzen also 335 Räucherungen an 60 Tagen in der Zeit vom 11. Mai bis 11. August. Durch den Geruch liess sich die schweflige Säure nicht in dem Zimmer erkennen. Gegen Ende Juni fingen Nadelspitzen und Knospen der feucht gehaltenen Pflanzen, gegen Mitte Juli die Spitzen der Nadeln der trocken gehaltenen Pflanzen an, sich zu bräunen; diese Bräunung verbreitete sich nach und nach über die ganzen Organe. In diesem Zeitpunkte wurden die Versuche abgeschlossen. Die Pflanzen wurden bis Ende Oktober an die freie Luft, aber vor Regen geschützt, gestellt, erholten sich jedoch nicht, sondern waren vielmehr zu dieser Zeit völlig abgestorben. Vergleichspflanzen, selbst solehe in einem Nebenraume des Versuchszimmers aufgestellte Pflanzen, waren vollkommen gesund. Die Untersuchung der Nadeln ergab in der Trockensubstanz bei den erkrankten Fichten 0,721°/,, bei den gesunden Fichten 0,240 °/, Schwefelsäure. Diese Versuche lassen keinen Zweifel darüber mehr zu, dass die schweflige Säure selbst in sehr grossen Verdünnungen, welche bei kürzerer Einwirkungszeit nicht sichtlich schadet, doch dann beizend und schädigend einzuwirken vermag, wenn die Einwirkungszeit bedeutend verlängert wird. Mit diesen Versuchen hat A. Stöckhardt auch die oben erwähnten Einwände zu nichte gemacht, denn in Wirklichkeit wiederholt sich, wie es bei diesem Versuche der Fall gewesen ist, die Ein- wirkung geringer Mengen ständig. Weitere Versuche A. Stöckhardts erstreckten sich auf Laubhölzer und landwirtschaftliche Pflanzen. Von Laubhölzern wurden Rotbuche und Spitz- A un Aa Tu wir AA 0 0 | u A ae ahorn in den oben beschriebenen Glasgehäusen nach vorheriger Anfeuchtung einige Wochen einer Luft mit circa V/z0000 an schwefliger Säure ausgesetzt; jedoch trat keine Veränderung in dem Aussehen der Pflanzen ‘ein. Dasselbe Resultat wurde bei acht- bezw. fünfzehnmaliger Einwirkung einer Luft mit /30000 bezw. "/e0000 schwefliger Säure erhalten. Bei einem Gehalt der Luft des Versuchsgehäuses von !/ıoooo schwefliger Säure trat bei Rotbuche nach zweimaliger, bei Spitzahorn nach sechsmaliger Behandlung eine Gelbfärbung und ein Absterben der Blätter ein. Hieraus würde sich auf eine geringere Empfindlichkeit der Laubhölzer schliessen lassen. Von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen mit kürzerer Lebensdauer wurden Kartoffel, Hafer, Gras und Klee der Einwirkung schwefliger Säure ausgesetzt. Diese Pflanzen wurden an ihren natürlichen Standorten in kleinen Kästen eingeschlossen bezw. mit ihnen bedeckt und angefeuchtet jedes Mal zwei Stunden mit der schwefligsauren Luft in Berührung gelassen. Hier- bei trat bei der Einwirkung einer Luft mit "/4o0o00 schwefliger Säure schon nach der ersten bis zweiten Behandlung ein Welken, dann eine sichtliche Bräunung der Blattspitzen ein, welche sich nach fünf- bis achtmaliger Wiederholung über die ganze Pflanze verbreitete. Bei 60000 facher Ver- dünnung führte eine 15 20malige Behandlung nur zur Bräunung und Vertroeknung der Blattspitzen und einzelner Blätter bezw. Blattteile, ohne ein Eingehen der Pflanzen herbeizuführen. Nach diesen Versuchsergeb- nissen würden die angegebenen Pflanzen in ihrer Empfindlichkeit gegen schwefligsaure Rauchgase die Mitte zwischen Nadelhölzern und Laubhölzern halten. Trotzdem also durch A. Stöckhardt in überzeugender Weise dargethan war, dass selbst kleinste Mengen schwefliger Säure bei häufiger Einwirkung der Vegetation schaden können, zog M. Freytag!) auf Grund seiner Versuche diese Thatsache in Zweifel. Diese Zweifel wurden jedoch durch die Ver- suche von J. v. Schroeder und W. Schmitz-Dumont?, welche die Versuche A. Stöckhardts wieder aufnahmen, behoben. Sie gingen dabei in ganz ähnlicher Weise wie dieser Autor vor. Als Versuchsraum diente ein im Souterrain des Laboratoriums ge- legenes zweifenstriges Zimmer. Die schweflige Säure wurde durch Ver- brennen von mit Alkohol verdünntem Schwefelkohlenstoff dargestellt. Versuchspflanzen waren vier junge dreijährige Fichten von 40—50 em Höhe, welche mit Erde ihres Standortes in Töpfe von je 2 Liter Wurzel- raum umgesetzt waren; die Kontrollpflanzen, ebenfalls Fichten desselben Standortes, standen in Töpfen umgepflanzt im Garten. Sämtliche Pflanzen ') Man vergleiche die Schilderung derselben im späteren Kapitel „Die Wirkung der Feuchtigkeit und Trockenheit“. °) Thar. Forstl. Jahrb. 1896, 46, 1. N waren vollkommen gesund, kräftig und gut entwickelt. Die zu den Ver- suchen angewendete Konzentration der schwefligen Säure betrug "700000. Es wurden täglich drei bis zehn Räucherungen in Zwischenräumen von 1—3 Stunden, während des Versuches im ganzen 109 Räucherungen in 21 Tagen vorgenommen; nach jeder Einzelräucherung konnte der Geruch nach schwefliger Säure in dem Zimmer deutlich wahrgenommen werden. Die Versuchsfichten wurden täglich mit Wasser besprengt. Die Beschädi- gung der Pflanzen am Ende des Versuches erstreckte sich vorherrschend auf die empfindlicheren Nadeln der Triebe, doch waren auch an allen Fichten ältere Nadeln missfarbig und an den Spitzen mehr oder weniger gebräunt. Neben den erkrankten Nadeln der Triebe fanden sich dabei auch solche, welche rein grün und anscheinend unyerletzt erschienen. Nach Beendigung des Versuches wurden von einer erkrankten Fichte und ebenso von einer gesunden Kontrollfichte die Nadeln zur Untersuchung entnommen. Die übrigen Fichten blieben im Freien mehrere Tage stehen. Hierbei fiel ein Teil der beschädigten Nadeln noch weiter ab, bei den anderen Nadeln, welche an den Trieben sitzen blieben, ging die fahle, weisslichgraue Färbung nach und nach in rot über, oder aber die Nadeln wurden rotspitzig und blieben an der Basis grün; andere Nadeln wieder waren grün und anscheinend unverletzt. Die überjährigen Nadeln hatten ihre grüne Farbe im ganzen besser erhalten, doch zeigten sich auch bei diesen Nadeln durch das teilweise missfarbige, braunspitzige Aussehen die Einwirkung der schwefligen Säure an. Nach den Beobachtungen bei diesen Versuchen und anderen Untersuchungen ist anzunehmen, dass das Rotwerden der jüngeren Fichtennadeln sich nicht unmittelbar nach einer Rauchein- wirkung zeigt; hier vergingen 6—10 Tage nach dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen. Die Untersuchung der Fichtennadeln ergab in der Trockensubstanz: Schweielz? ) che säure ” 2 1. Nadeln sogleich nach Beendigung des Versuches entnommen: a) von einer erkrankten Fichte . . . - 2 2° 2.2...0,883 3,77 Ba. .y; „ gesunden Kontrollfichte . . . EN 8 3,69 2. Nadeln 7 Tage nach Beendigung des Versuches EEE a) diesjährige Nadeln a) von den beschädigten Fichten Nr. 2—4. . . . . 0,98 3,60 By iu: gesunden Kontrollichten. . » 2. ..0.. =: 0,287 3,46 b) vierjährige Nadeln a) von den beschädigten Fichten Nr. 2—4. . . . . 0,839 _ gesunden Kontrollichten -. -... u „ui. OQAlb 3,69 Zu weiteren Versuchen dienten dreijährige Kiefern, welche ebenfalls einer Luft mit Y/ıoo00o Schwefliger Säure ausgesetzt wurden. Die Versuchs- pflanzen wurden Anfang Mai mit Erde ihres Standortes in Töpfe von je ee 4 Liter Wurzelraum umgepflanzt; dieselben entwickelten sich hierin gut. Bei Beginn des Versuches am 5. Juli hatten die kräftig entwickelten Kiefern a, b und ce eine Höhe von 45—54 cm; der Endtrieb zeigte eine Länge von 22—27,5 em. Die Versuchspflanzen hatten nur diesjährige und vorjährige Nadeln, welche vollkommen gesund waren; die diesjährigen Nadeln waren etwa 2,5—4,5 cm lang. Nach 20 Räucherungen an 4 Tagen zeigten die diesjährigen Nadeln besonders der Versuchspflanzen b und ce, weniger a deutliche Verfärbungen und der Versuch wurde deshalb abge- brochen. Die Verfärbung ging von den Spitzen der Nadeln aus und setzte sich mehr oder weniger weit nach der Basis fort; die geschädigten Nadel- spitzen sahen fahlgrün, wie trocken geworden aus und hatten ihre Farbe zum Teil in ein stumpfes Graubraun umgeändert. Nach Beendigung des Versuches wurden die Bäumchen ins Freie gesetzt. Am Tage darauf zeigten sich auch an den Spitzen der vierjährigen Nadeln bei der Versuchs- pflanze b Beschädigungen, welche in den nächsten Tagen mehr und mehr zunahmen; die verletzten älteren Nadeln wurden mehr oder weniger rot- spitzig, während sich bei den diesjährigen Nadeln erst jetzt das anfängliche Graubraun in rot umänderte. Nach Verlauf von 9 Tagen nach Beendigung des Versuches zeigten alle drei Versuchspflanzen das charakteristische Krankheitsbild stark von Rauch beschädigter Kiefern, die Pflanzen b und e mehr, als die Pflanze a. In Übereinstimmung mit dem vorhergehenden Versuche mit Fichten trat uns auch hier eine Beschädigung der gesamten Benadelung entgegen; in beiden Fällen zeigten sich die überjährigen Nadeln widerstandsfähiger gegen die Einwirkung der schwefligen Säure. Der Gehalt an Schwefelsäure und Asche der diesjährigen und vorjährigen Nadeln und daraus unter Berücksichtigung des Gewichtes der beiderseitigen Nadel- jahrgänge der ganzen Benadelung berechnet waren in der Trockensubstanz: fel- % [ 1. Diesjährige Nadeln: o) der kranken Kiefern bunde . . . . 2... 0501 3,47 ß) der gesunden Kontrollkiefern. . : . » 2»... 921 3,15 2. Vorjährige Nadeln: o) der kranken Kiefern bunde . . . . 2.2.2... 0,464 —_ ß) der gesunden Kontrollkiefern. . . 2 ........0,257 4,06 3. Gesamte Benadelung: «) der kranken Kiefern bunde . . . 2 2 02... 0,487 _ 8) der gesunden Kontrollkiefern. . . 2 2... 0,229 3,46 Die Einwirkung der schwefligen Säure ist hiernach unverkennbar, Bei dem folgenden Versuche wurde eine noch geringere Konzentration der schwefligen Säure, nämlich "/ıo00000, wie bei A. Stöckhardts letztem Ver- suche verwendet. Die fünfjährigen Versuchsfichten wurden Mitte Mai mit Ende ihres Standortes in Töpfe mit 4 Liter Wurzelraum umgesetzt; sie waren beim Beginne des Versuches vollkommen gesund, etwa 50 em hoch und hatten Triebe von 2—6 em Länge. Die Pflanzen wurden während des Versuches hin und wieder mit Wasser besprengt. Der Versuch begann am 31. Mai und von diesem Tage ab wurden 583 Räucherungen an 72 Tagen ausgeführt. Am 29. Juli zeigte sich in dem Aussehen der Pflanzen zuerst die Einwirkung der schwefligen Säure; die Pflanzen verloren ihr frisches Aussehen, einzelne Nadeln vertrockneten. Vom 5. August ab fing bei allen Versuchspflanzen der Nadelabfall an; derselbe zeigte sich besonders stark bei der Fichte 1. Ausser der Schrumpfung und der mattgrünen Färbung der Nadeln liess sich nichts Auffälliges bemerken. Vom 6. August ab trat bei einigen dem Lichte zugewendeten Zweigen eine Umwandlung der grau- grünen Färbung der beschädigten Nadeln in ein fahles Gelb ein und ver- mehrte sich von Tag zu Tag. Auch die überjährigen Nadeln zeigten eine fahle, zum Teil gebräunte Verfärbung. Unter dem Einflusse der Aussen- lüft nahm die Verfärbung noch mehr zu. Auf der Lichtseite waren, namentlich in den unteren Partieen der Bäume, fast alle Nadeln des Triebes gelb bis gelbbraun, die überjährigen Nadeln braun gefärbt; auf der Schattenseite fand sich die Misfärbung zwar ebenfalls, doch waren hier mehr grün gebliebene Zweige. Die Kontrollpflanzen hatten während der Versuchsdauer im Freien gestanden und waren vollkommen gesund ge- blieben. Die Beschädigung der Pflanzen durch die minimale Menge von Y/1000000 schwefliger Säure, wie sie uns in der äusseren Erscheinung der Versuchspflanzen entgegentritt, wird durch die Zunahme der Nadeln an Schwefelsäure bestätigt; die Untersuchung der Nadeln ergab in der Trockensubstanz: Schwefel- Sch wefelsäure a Asche in LER In y? y/ 1. Abgefallene Nadeln von Fichte Nr. 1. . . . 0,578 5,87 9,85 2. Kranke Nadeln von Fichte Nr. 4 -. . . . 0,509 5,54 9,19 8. Pr „ den Fichten Nr. 2 und 3. ...0519 4,72 11,00 4. Mittel zur-die kranken Nadeln”. ... . =. ...0585 5,38 9,94 5. Gesunde Nadeln der Kontrollpflanzen . . . . 0,276 4,91 5,62 Ein Vergleich der Untersuchungsergebnisse der diesjährigen und überjährigen Nadeln der Ver- suchsfichten Nr. 2 und 3 ergab: 1. diesjährige Nadeln N N A a er u a a a A EA ER": >: 3,97 13,30 ann RR 4,52 6,11 2. überjährige Nadeln a ee er ein een inte, OR 5,40 9,48 2 Rn a a SEE | 5,28 5,15 H aselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 5 Alles in allem bestätigen demnach diese Versuche das von A. Stöck- hardt erhaltene Resultat, dass schon geringe Mengen schwefliger Säure imstande sind, bei längerer Einwirkung das Wachstum der Pflanzen zu stören. Diejenige Menge, welche unter allen Umständen schädlich wirken muss, wird sich kaum feststellen lassen, da in jedem Einzelfalle die ört- lichen Verhältnisse eine grosse Rolle spielen werden. Die Pflanzenart, die Entwicklung der Pflanzen und andere Umstände mehr, welche wir später noch im einzelnen besprechen werden, werden bei der grösseren oder ge- ringeren Schädlichkeit der schwefligen Säure von mehr oder minder grossem Einflusse sein. War bisher nur von schwefliger Säure die Rede, so sollen zum Schlusse noch einige Untersuchungen besprochen werden, die sich auf die Wirkung der Schwefelsäure, verglichen mit derjenigen der schwetligen Säure, beziehen. Die schweflige Säure oxydiert in der Pflanze sehr schnell zu Schwefelsäure. Ein Teil der schwefligen Säure wird aber auch bereits auf dem Wege von dem Entstehungsort bis zu den Pflanzen in Schwefelsäure umge- wandelt sein, besonders bei feuchter Witterung, und in dieser Form auf die Pflanzen einwirken. Zur Lösung der Frage, welcher von diesen beiden Sauerstoffverbindungen des Schwefels die eigentliche oder die grössere Giftwirkung zukommt, wurden von J. v. Schroeder einige Versuche ausge- führt, welche um so wichtiger sind, da sie zu anderen Resultaten führen, als wie M. Freytag bei seinen Versuchen erhalten hatte. Ausserdem ist aber diese Frage auch deshalb von Bedeutung, weil bei manchen Betrieben neben der schwefligen Säure auch Schwefelsäure direkt entweicht und deshalb auch die grössere Schädlichkeit der einen oder anderen Säure für die Beurteilung der Gefährlichkeit einer Rauchquelle für die benachbarte Vegetation in Betracht zu ziehen ist. Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, dass verschiedene Pflanzenzweige unter einem Glasgehäuse der Einwirkung äquivalenter Mengen schwefliger Säure und Sehwefelsäure aus- gesetzt wurden. Das Resultat der Versuche zeigt uns die nachfolgende Übersicht: a Verhalten der Pflanzen | Verhalten der Pflanzen Versuchspflanze | der schwefligen ; n | hy; gegen schweflige Säure gegen Schwefelsäure Säure l. Buchenzweige ar: Dauernd erkrankt. Normal 2, I Äusserlich wahrnehm- | Ro bare Erkraukungs- erscheinungen;; Depression der Ver- dunstung 3. ." ad Äusserlich wahrnehmbare Krankheits- erscheinungen +4. Tannenzweige Mose desgl. er ER, pin Die Untersuchung der Versuchspflanzen des 3. und 4. Versuches er- gab in der Trockensubstanz an Schwefelsäure: ——|———— — - _ en nn — Nach Einwirkung von Normal schwefligeer | _ | Säure Schwefelsäure % y Ye Buchenzweige 0,2376 1,0475 1,0418 Bmanzweige . . ... .. 0,1905 0,2791 0,2739 Im allgemeinen haben wir hier eine geringere Schädlichkeit der Schwefelsäure zu konstatieren, im (Gregensatze zu den Versuchsergebnissen M. Freytags. Die Wirkung der Schwefelsäure an sich ist derjenigen der schwefligen Säure ähnlich. Nach allen vorliegenden Untersuchungen ist nicht daran zu zweifeln, dass die Einwirkung der schwefligsauren bezw. schwefelsauren Rauchgase auf die Pflanzenorgane stets eine Zunahme des Schwefelsäuregehaltes dieser Pflanzen zur Folge hat. Deshalb haben wir in der Bestimmung der Schwefelsäure in den Pflanzenorganen ein wesentliches Beweis- mittel für die Beeinflussung des Pflanzenwachstums durch schweflige Säure bezw. Schwefelsäure. Um aber eine Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes feststellen zu können, ist ein einwandsfreies Vergleichsmaterial notwendig. Es ist früher durch Versuche von J. v. Schroeder nachgewiesen, dass ein höherer Schwefelsäuregehalt im Boden auch einen erhöhten Schwefelsäuregehalt der Pflanzenorgane bewirkt; daher muss das Vergleichsmaterial von einem Boden derselben Art und desselben Kulturzustandes stammen, wie die beschädigten Pflanzen. Auch der Entwicklungszustand der Pflanzen muss derselbe sein. Bei Nadelhölzern ist die Benadelung desselben Jahres zu berücksichtigen, da der Schwefelsäuregehalt der älteren Nadeln durchschnittlich höher ist, als derjenige der jüngeren Nadeln. Es ist wiederholt beobachtet worden, dass von Bäumen derselben Art einzelne durch schwefligsaure Rauchgase stärker beschädigt werden, als andere, und daher auch Unterschiede im Schwefelsäuregehalte zeigen, ja bei denselben Pflanzen haben die Blattorgane bisweilen einen verschiedenen Schwefelsäuregehalt gezeigt. Hieraus folgt, dass allgemeine Mittelwerte für unbeschädigte Pflanzen in keiner Weise Verwendung finden können, wenn der Nach- weis einer Rauchbeschädigung geführt werden soli. Alle diese Punkte müssen später noch eingehender erörtert werden; hier soll nur hervorgehoben werden, dass der Schwefelsäuregehalt der Pflanzenorgane Schwankungen unterworfen ist, welche bei Begutachtungen _ von Rauchschäden auf Grund der Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes _ zur Vorsicht mahnen, Hierzu kommt noch ein Umstand, der hier 5* Be erörtert werden muss. Es fragt sich nämlich, ob aus den absterbenden oder abgestorbenen Organen der rauchgeschädigten Pflanzenorgane die Schwefelsäure durch Regen oder andere Niederschläge nicht wieder herausgelöst werden kann. Mit dieser für die Praxis sehr wichtigen Frage hat sich Fr. Nobbe beschäftigt. Er hat Bohnenpflanzen stark mit schwefliger Säure geräuchert und nachher mit Wasser übergossen; bei der späteren Untersuchung zeigten diese Pflanzen gegenüber gesunden, d. h. nicht mit schwefliger Säure geräucherten Pflanzen keine Zunahme an Schwefelsäure; es war demnach der ursprünglich in den mit schwefliger Säure geräucherten Pflanzen zweifellos vorhandene Mehrgehalt von Schwefel- säure durch das Begiessen mit Wasser wieder ausgewaschen worden. J.v. Schroeder!) hat zu ähnlichen Versuchen Kartoffelstauden benutzt. Diese Pflanzen wurden zunächst eine Stunde lang einer Luft mit Y/ıooo schwef- liger Säure ausgesetzt. Nach drei Stunden hatten die ursprünglich frisch- grünen Blätter eine mattgraue Farbe angenommen und hingen welk her- ab; am nächsten Tage waren die Blätter stark zusammengeschrumpft und das Abwelken hatte sich auch auf die Stengel ausgedehnt. Weitere Ver- suche ergaben dasselbe Resultat. Einige mit schwefliger Säure geräucherte Pflanzen wurden, nachdem eine Braunfärbung der Blätter eingetreten war, täglich mehrere Male mit je 3 Liter Wasser überbraust, im ganzen mit 30 Liter Wasser. Zur chemischen Untersuchung dienten die Fiederblättchen und es wurden in der Trockensubstanz gefunden: Nach dem Ohne UÜberbrausen mit Überbea Wasser Wasser Asche Schwefelsäure Schwefelsäure 7 Yn 4 Versuchspflanzen . . ..,.= ‘= - 14,88 3,103 1,646 Köntröllpfllanzen: ‚2 7,35% 14,78 1,628 1,650 Die Einwirkung der schwetligen Säure auf die Blätter tritt in der Erhöhung des Schwefelsäuregehalts in den nicht mit Wasser überbrausten Pflanzen scharf hervor; durch das Überbrausen mit Wasser ist aber die aufgenommene schweflige Säure bezw. Schwefelsäure wieder ausgelaugt worden. Bei einem weiteren Versuche war nur ein Teil der Blätter der Kartoffelstaude durch die Einwirkung der schwefligen Säure zum Absterben gebracht, während die übrigen Blätter nur braune Flecken zeigten; in diesem Falle wurden nach dem Überbrausen mit Wasser 2,313°/, Schwefel säure gefunden, also eine Zunahme an Schwefelsäure gegenüber gesunden Kontrollpflanzen und den mit Wasser überbrausten geräucherten Pflanzen, ') Thar. Forstl. Jahrb. 1896, 46, 1. die aber geringer ist, als bei den nicht mit Wasser überbrausten geräucherten Pflanzen. Es lag deshalb die Vermutung nahe, dass die auslaugende Wirkung des Wassers nur bei den abgestorbenen Pflanzenteilen sich geltend mache. Um dieses aufzuklären, wurden bei einem weiteren Versuche nach dem Überbrausen mit Wasser die abgestorbenen und die grünen Blätter je für sich untersucht und hierbei in der Trockensubstanz an Schwefelsäure gefunden: in den abgestorbenen Blättern 1,590”, „..- „grünen u 3,304 „, Hierdurch wird also die Vermutung bestätigt, dass durch anhal- tende Einwirkung von Wasser bezw. Regen auf abgestorbene Blätter die aus der Luft aufgenommene schweflige Säure oder Schwefelsäure wieder entfernt werden kann. Dieser Schluss gilt aber nicht für alle Pflanzen, insbesondere nicht für die Kiefern, da der Harzgehalt der Nadeln der auslaugenden Wirkung des Wassers einen grösseren Widerstand entgegensetzen wird. Bei einem Versuche mit drei- jährigen Kiefern, bei dem !/ıoooo schwefliger Säure angewendet wurde, zeigten die alten und jungen Nadeln eine starke Rotfärbung. Eine der ge- räucherten Kiefern blieb ohne weitere Behandlung, eine andere dieser ‘ Kiefern wurde nach und nach mit 36 Litern Wasser, eine dritte mit 270 Litern Wasser überbraust; in dem letzteren Falle waren die anfangs rotbraun gefärbten Nadelteile abgebleicht und zeigten ein fahles, braun- stichiges Gelb. Die unbeschädigten Nadeln hatten während der ganzen Versuchsdauer ihr normales, frisches Grün bewahrt. Der (Gehalt der Trockensubstanz der Kiefernadeln war: zw 1. bei den gesunden Kontrollpflanzen . . . 20.020 le bei den geräucherten Pflanzen (aber ohne nern mit w al: . 0,459 „ re “ N nach Überbrausen mit 36 Litern Wasser 0,477 „ 4. „ „ „ ” ” „ „ 270 „ „ EEE in Aa re a a anne ent ORT „m b) unbeschädigte ‚, a BE Ta re Fr ED Bei weiteren Versuchen derselben Art blieb die eine der geräucherten Kiefern (Nr. 1) unberührt, während die andere Kiefer (Nr. 2) mit 126 Litern Wasser in Portionen von 6 Litern überbraust wurde. Darauf wurden beide Kiefern entnadelt und die Nadeln in zwei Teile, a und b, geteilt. Die beiden Teile la und 2a wurden direkt analysiert. Die Teile 1b und 2b wurden noch weiter mit Wasser behandelt und zwar wurden die Nadeln 1b mit 5 Liter Wasser in bedeckter geräumiger Flasche bei Zimmer- temperatur 72 Stunden unter öfterem Umschütteln stehen gelassen, die Nadeln 2b auf ein Sieb gelegt und fünfmal mit Wasser und zwar inner- halb einer Stunde mit je 20 Litern, also im ganzen mit 100 Litern 2 kontinuierlich überbraust. In der Trockensubstanz der Nadeln wurden . Asche Schwefel. säure Yo % 1. Gesunde Kontrollpfllanze . . . . . . 3,50 0,229 2. Geräucherte Pflanze 1a (ohne folgende Bchkmdlrı mit ee 3,91 0,550 3. n e 1b (Schütteln mit 5 Liter Wasser) . . . 3,31 0,529 4. 2 „ 2a (nach dem Überbrausen mit 126 Litern | aa Dir Wasser unberührt). 3 ss ge 5. f „ 2b (nach dem-Überbrausen mit 126 Litern Wasser noch weiter mit 100 ae 3,08 0,534 auf einem Siebe ausgewaschen) Es zeigt sich hier also trotz einer so starken Einwirkung des Wassers, wie sie in der Natur bei den Kiefernnadeln, solange sie auf den Bäumen sitzen, wohl niemals vorkommt, keine nennenswerte Abnahme des Schwefel- säuregehaltes der Nadeln. Wir dürfen deshalb aus diesen Versuchen schliessen, dass bei Koniferen und wahrscheinlich auch bei anderen Pflanzen, deren Blattorgane harz- oder wachshaltig sind, die aus Rauchgasen aufgenommene schweflige Säure bezw. Schwefelsäure durch Regen nicht in dem Masse ausgelaugt wird, dass dadurch die Erkennung einer Rauchbeschädigung unmöglich wird. b) Morphologische Veränderungen. Bei der vorhergehenden Schilderung des Einflusses, den die schweflige Säure auf die chemische Zusammensetzung der assimilierenden Blattorgane ausübt, musste bereits mehrfach Rücksicht auf das äussere Aussehen der Versuchspflanzen genommen werden. Wir wollen jetzt versuchen, einen Überblick über die äusseren und inneren Veränderungen zu geben, die unter dem Einfluss des Giftes in den oberirdischen Organen vor sich gehen. Da die Blätter diejenigen Organe sind, mit denen hauptsächlich die Pflanze die gasigen Bestandteile aus der Luft aufnimmt, so werden sich auch an ihnen zuerst Veränderungen geltend machen. Durch das Eindringen des Gases in das Blattinnere entstehen be- stimmte Schädigungen der Zellen, die nach aussen als Fleckenbildung, wänderung, Kräuselung u. s. w. in die Erscheinung treten. Trotzdem also die äusseren Veränderungen eine Funktion der inneren sind, wollen wir sie doch der Einfachheit halber zuerst und gesondert von den letzteren behandeln. _ Vorher seien aber noch die Methoden und Apparate be- sprochen, die zur künstlichen Hervorrufung von Rauchschäden in An- wendung gebracht worden sind. « E I. Die experimentelle Hervorrufung von Rauchschäden. Als sich die Erkenntnis Bahn gebrochen hatte, dass die Vegetations- schäden’ bei Hüttenwerken meist nur den Säuredämpfen zuzuschreiben sind, die sich im Hüttenrauch befinden, da begann man sofort, die Verhältnisse in der Natur im Laboratorium nachzuahmen. Namentlich A. Stoeckhardt, M. Freytag, J. v. Schroeder, H. Wislicenus, E. Ramann u. a. haben sich besondere Verdienste um Versuche nach dieser Richtung hin erworben. Die einfachste Art der Versuchsanstellung wurde von A. Stoeekhardt angewendet. Er stellte seine Pflanzen in ein Zimmer, das verschlossen werden konnte und erzeugte dann eine so grosse Menge von schwefliger Säure, bis er die gewünschte Konzentration erreicht hatte. Gleichzeitig aber bediente er sich auch einfacher Räucherkästen, die über die Pflanzen gestülpt wurden. Dieselben bestanden aus einem festen Holzgestell, in das oben und an den vier Seiten Glasscheiben eingelassen waren. Der Kasten hatte entweder keine Thüröffnung oder eine kleine Thür, durch die man die Chemikalien hineinbringen konnte. Wir bedienten uns eines Kastens, der etwa die Gestalt des in Fig. 1A abgebildeten besass, aber keine Thür, sondern eine hochschiebbare Glasscheibe enthielt. Sein Innen- raum war etwa 75 cm hoch und 48 cm breit und tief. Einige Modifikationen solcher einfachen Kästen zeigt Fig. 1. Der in A abgebildete ruht auf einem Bretterboden, der auseinander geschoben werden kann. Die Vorrichtung dient zum Räuchern von Bäumen, ohne dass die Erde des Topfes vom Rauche getroffen werden kann. Die Figur zeigt den Apparat mit einer darunter stehenden Fichte. Fig. 1B zeigt eine bequeme Konstruktion, wenn es sich darum handelt, den Rauch durch Erhitzen zu entwickeln, ohne den Versuchspflanzen durch Erzeugung einer höheren Kastentemperatur zu schaden. In eine Öffnung des Kastens kann ein kleines Behältnis (Fig. 1C) eingeschoben werden, in dem die Spirituslampe steht und in dessen oberem Brettchen sich eine Öffnung befindet, die den Tiegel aufnimmt. Die Temperaturerhöhung im Innern des Kastens ist nur gering und die Entwickelung der Dämpfe lässt sich leicht regulieren. In neuerer Zeit hat man grössere Versuchshäuser gebaut, die zwar sehr kostspielig sind, aber dafür viele Vorteile bieten. So bediente sich H. Wislicenus') zu seinen Versuchen des in Fig. 2 abgebildeten umfang- reichen Apparates. Derselbe gestattet, die Räucherungen so viel wie möglich den natürlichen Verhältnissen anzupassen, indem jede Temperaturerhöhung durch das Verbrennen des in Alkohol gelösten Schwefelkohlenstoffes ver- _ mieden und indem gleichzeitig durch eine fortwährend thätige Ventilations- aa 1) Tharander Forstl. Jahrb. 1898, 48, 155. vorriehtung für eine Durchmischung der Luft und des Gases und für eine dauernde Erneuerung des Gasgemenges gesorgt wird. Die Einrichtung ist folgende. In freier überall dem Lichte zugäng- licher Lage wurde das aus Glas und Eisen erbaute, etwa 6800 Liter Fig. 1. A I ee — 7 Sn ELTA TS ; TH a) / / 4 ! AR > 1 17% A. Einfacher Räucherungskasten, der auf einem auseinandernehmbaren Boden steht, um die Gase von der Erde der Töpfe abzuhalten. B. Längsschnitt durch einen einfachen Räucherungs- kasten mit aussen befindlicher Wärmequelle, C, Einschiebbares Behältnis mit Lampe. J. v. Sehroeder und W. Schmitz-Dumont.) (Nach \N FA N I IN, SS SU ia I EG B © ® 0) RR ß SET, s. h r Fig. 2. A. Im Freien aufzustellendes Vegetationshaus nach Wislicenus (e. "/y). B. Lampe im Durehschnitt (e. ',). €. Gestell mit Lampe und Ventilationsrädern (e. a). D. Schema, Ei = um die Aufstellung der Töpfe und der Lampe zu zeigen. (Nach H. W'slicenus) ar Innenraum fassende Gebäude aufgestellt. Der Boden bestand aus einem mit Linoleum bedeckten Ziegelpflaster, dem die Wände sich dicht an- schmiegten. Alle Ritzen waren gut verkittet und Thür und Fensterchen abgedichtet. Unter der Thür befand sich ein regulierbares Luftzuführungs- rohr, am gegenüberliegenden First ein Abzugsrohr. Dadurch war es möglich, einen konstanten und roh messbaren Luftzug durch das Haus zu senden. Durch Rahmen, die mit lichtdichtem Stoff überzogen waren, war man imstande, das grelle Sonnenlicht zu dämpfen oder das ganze Haus voll- ständig zu verfinstern. Es- war nun notwendig zu bestimmen, innerhalb welcher Zeit sich das Haus, wenn die Ventilationsröhren geöffnet waren, vom Rauch reinigen würde Die Versuche, die hier nicht weiter zu be- rühren sind, ergaben eine Zeit von 5—6 Stunden. Um also einen konstanten Gehalt an schwefliger Säure herzustellen, war notwendig, die Luft des (rehäuses zuerst auf den gewünschten Gehalt zu bringen und dann, bei geöffneten Ventilationsklappen, eine bestimmte Menge von Gas der Zugluft beizugeben. Dieses Nachräuchern d. h. Beimischen der Säuredämpfe zur Zugluft wurde mittels einer besonders konstruierten Lampe vorgenommen (Fig. 2B), deren Docht sich nicht abnutzte und dadurch garantierte, dass bei gleichem Verbrauch auch gleiche Mengen schwefliger Säure produziert wurden. Zu diesem Behuf wurde ein Packet feiner Glaskapillaren als Docht benutzt. Es entstand dadurch eine Flamme von etwa 5 cm Höhe. Als Bassin der Lampe diente eine flache Krystallisierschale, so dass beim Sinken des Niveaus die Saugkraft des Dochtes nur unbedeutend verändert wurde. Diese Lampe trieb gleichzeitig noch ein doppeltes Flügelrad (Fig. 2C), welches die Durch- mischung der Luft und des Gases bewirkt. Die Pflanzen stehen an be- stimmten, nummerierten Plätzen, wie Fig. 2D mit dem Grundriss des Räucherhauses zeigt. Um die Luft mit "/ioooood? Gehalt an SO, zu versehen, waren bei 6800 Liter Inhalt notwendig 0,0068 Liter SO, (bei 15°) oder 0,01844 & SO, oder gleich 0,01124 g CS». Wenn also 5,6 g Schwefelkohlenstoff in 5 Liter Alkohol gelöst und hiervon 10 cem verbrannt wurden, so ergab sich die gewünschte Konzentration von 1:10®. Es war nun notwendig, diesen Gehalt auch bei Luftzug konstant zu halten. Die Menge des zu verbrennenden Schwefelkohlenstoffes ergiebt sich dann aus folgenden Daten. Die Lampe verbrannte in einer Stunde durchschnittlich 23,7 g Alkohol, in 5 Stunden also 118,5 g, die beim Verbrennen etwa 218 g CO, und 85,3 g Wasserdampf geben. Es waren also 0,01124 & CS» in 118,5 g Alkohol zu lösen oder in 10 Liter Alkohol etwa 1g CS». Selbst wenn beim Verbrennen einzelne kleine Abweichungen vorkommen, so wird doch immerhin der Gehalt der Luft an schwefliger Säure höchstens zwischen 1/,00000 und s000 000 schwanken. 1 or Während der mehrmonatlichen Versuchsdauer brannte stets die kleine Spirituslampe im Innern des Hauses. Dadurch und durch den Abschluss eines bestimmten Luftraumes war natürlich eine Temperaturerhöhung gegen die Aussenluft veranlasst. Während im Winter im Mittel die Ab- weichungen nur 0,1° (Dezember) und 0,3° (Januar) betrugen, stiegen sie im Sommer auf 6,1° (Juli) und 7,4° (August). Trotzdem aber die Haus- temperatur eine höhere war, übte dies auf die Versuchspflanzen keinen wesentlichen Einfluss aus. Man kann daher wohl sagen, dass die von H. Wislicenus ersonnene Einrichtung für langedauernde Versuche, bei denen die Verhältnisse in der freien Natur möglichst Nachahmung finden sollen, grosse Vorzüge hat. Von anderer Seite sind allerdings derartige kostspielige Versuchsanstellungen noch nicht wiederholt worden. Für bestimmte Zwecke müssen natürlich Modifikationen an den Rauchkästen angebracht werden. Wenn also die Transpiration oder die Assimilation gemessen werden soll, so sind eine Reihe von Adnexapparaten erforderlich, auf die hier im allgemeinen nicht näher eingegangen werden kann. Einige solcher Apparate sollen in späteren Abschnitten bei der schwefligen Säure und Salzsäure näher beschrieben werden, Wie schon oben angedeutet wurde, verfolgten die Versuche von vorne- herein den Zweck, die Verhältnisse in der Natur möglichst nachzuahmen und damit den Beweis zu liefern, dass die Säuredämpfe wirklich sehr schäd- lieh sind. Man begnügte sich zuerst damit, dieselben äusseren Beschädi- gungen zu erzeugen, die man an den Nadeln und Blättern in Rauchgegenden fand. Als durch die Versuche A. Stoeckhardts und J. v. Schroeders dieses Problem endgiltig gelöst war, begann man sich den Fragen der sogenannten unsichtbaren Schäden zuzuwenden. Man räucherte nur so ‘wenig, dass äussere Schäden überhaupt nicht entstanden, und versuchte nun festzustellen, wie die Pflanze in ihrer physiologischen Leistung be- einflusst wird. Diese Untersuchungen wurden namentlich von E. Ramann und A. Wieler vorgenommen. Endlich schliesst sich noch eine dritte Reihe von Versuchen an, die hauptsächlich physiologische Zwecke verfolgt. Bereits J. v. Schroeder hatte eine Reihe dahin zielender Untersuchungen angestellt, H. Wislicenus, A. Wieler u. a. folgten ihm auf diesen Bahnen. Gegenüber diesen Versuchen, die sich immer möglichst an die Ver hältnisse in der Natur halten, stehen nun die, welche es nur auf eine Vergiftung der Pflanzen absehen. Sie dienen einmal dazu, das Minimum festzustellen, durch das überhaupt eine äusserlich wahrnehmbare Schädigung erzeugt wird und sollen im andern Falle den Pflanzen typische Schädi- gungen beibringen, bei denen jede Verwechselung mit Schäden anderen Ursprungs ausgeschlossen ist. Man wird diese Versuchsanstellung in allen Fällen wählen, wenn es darauf ankommt, möglichst bald ausgiebiges Material _ zur anatomischen Untersuchung zu erlangen. Auch unsere Versuche gingen + _ zum grössten Teil von diesem Gesichtspunkte aus. Pen. Be. 5. II. Aussere Veränderungen der Blattorgane. Werden die Blätter durch geringe Dosen von schwefliger Säure, wie sie im Rauche vorkommen oder beim Experiment der Luft beigemischt werden, geschädigt, so treten Fleckenbildungen auf. Ganz allgemein ge- sprochen sind bei den Laubblättern die Flecken scharf begrenzt, bisweilen dunkler berandet,. auf der ganzen Fläche regellos zerstreut und gelblich bis rot oder braun gefärbt. Bei den Nadeln färben sich die Spitzen der Nadeln gelb oder rötlich; diese Färbung ergreift schliesslich die ganze Nadel. Bei den Getreideblättern tritt Parallelstreifung ein. Betrachten wir zuerst die Getreide- und Feldpflanzen. Am empfind- lichsten sind die jungen Pflanzen gegen die Wirkung der schwefligen Säure. Wenn das Getreide vor der Blütezeit vom Rauch getroffen wird, so färben sich die Spitzen rötlich, dann gelb und endlich weiss. Am meisten leiden immer diejenigen Teile der Pflanze, die am höchsten in die Luft ragen. Bei aufrechten Blättern sind es also stets die Spitzen, bei herabhängenden die Biegestelle des Blattes, während die hängende Spitze intakt bleibt. Durch diese Art der Einwirkung erklärt es sich auch, dass ein beschädigtes Feld wie von einem gelblichen Schein bedeckt erscheint. Je dichter die Pflanzen stehen, um so weniger werden die unteren Blätter geschädigt, je lockerer dagegen, um so mehr kann der Rauch seine Wirkung auch auf diese ausdehnen. An Haferblättern beobachteten wir bei der Dort- munder Zinkhütte eine Streifung, indem zu beiden Seiten der parallelen Längsrippen gelbe Verfärbungen auftraten. Natürlich bleiben, wenn die Blätter nicht ganz abgetötet sind, die beschädigten Pflanzen am Leben und suchen namentlich durch Wurzelausschlag die geschädigten Triebe zu ersetzen. Indessen bleiben sie doch so deutlich in ihrem Wachstum zurück, dass zwischen ihnen und den unbeschädigten Teilen des Feldes in Bezug auf Blüte- und Fruchtzeit grosse Differenzen auftreten. Das bringt natürlich für den Landwirt viele Unannehmlichkeiten und Verluste mit sich. Viel intensiver wird der Körnerertrag geschädigt, wenn der Rauch in die Blüte fällt. Die zarten Narben und Staubgefässe fallen dem Gifte sofort zum Opfer und vertrocknen sehr schnell. Dadurch wird aber der Fruchtansatz vollkommen verhindert. Auf die Ähren, wenn sie bereits ausgebildet sind, wirkt der Rauch so ein, dass Spelzen und Grannen sich bräunen, ver- trocknen und schliesslich mit den zugehörigen Körnern abfallen. Dabei kräuseln sich die Grannen und bisweilen krümmt sich auch die Ähre und rollt sich spiralig zusammen. Meistens finden sich an den Ähren die Gipfelkörner ausgefallen, so dass oben die kahle Spindel stehen bleibt, aber bisweilen sind es auch die Mittelblüten oder die an der exponierten Längsseite stehenden Blüten, welche abfallen. Wie das Getreide, so ‚verhalten sich auch die Wiesengräser. Bei ihnen werden die Blätter weisslich oder gelblich und fallen schlaff herab. Ried- und Wollgräser (Carex und Eriophorum) sollen nach Fr. Nobbe rostrote Färbung zeigen. Bei Kraut, Rüben, Kohlrüben und Kohlrabi werden die Blätter nicht allzusehr beschädigt. Kartoffelkraut leidet etwas mehr unter der Wirkung des Rauches. Teils können die Spitzen und jungen Blätter welk und schwarz werden, teils bleiben die Fiederblätter klein und es sieht fast «o aus, als wenn das Kraut mehrmals frisch ausgeschlagen sei. Klee und Luzerne zeigen weissspitzige und später ganz weisse Blätter. Von Gartenpflanzen sind Bohnen und Erbsen sehr empfindlich. Bei ersteren zeigen die Blätter grosse durchsichtige Flecken, in denen die Blatt- substanz auf ein dünnes Häutchen zusammengeschrumpft ist. Die Ver- färbung ist nicht besonders stark, nur nach dem Abtrocknen werden die Flecken bleich gelblich. Die Verteilung der Flecken ist ganz regellos. Während sie sich in dem einen Falle auf die Interkostalfelder mit Aus- lassung des Randes beschränken, beginnen sie in anderen Fällen am Rande und gehen weit ins Blatt hinein. Durch das Eintrocknen entstehen dann Verkrümmungen und Einrollungen der Blattsabstanz. Meistens leiden die jüngeren Blätter mehr von der Säure, aber es kommt bisweilen vor, dass die älteren Blätter schlaff herabhängen, während die jüngeren noch frisch sind. Auch die Erbse ist sehr empfindlich. Bei schneller Vergiftung welken die ganzen jungen Triebe und fallen schlaff herab. Die Blätter werden wie bei der Bohne durchsichtig und sehr dünn. Die Verfärbung nimmt mit dem beginnenden Eintrocknen zu. Besonders zart sind die Ranken, sie leiden zuerst und vertrocknen vollständig. Salat und andere Gemüsepflanzen leiden ebenfalls, weniger empfindlich scheinen die Umbelliferengemüse zu sein. Besonders charakteristische ‘Flecken entstehen auf den Blättern der Polygonaceen, z. B. Rhabarber, Polygonum sacchalinense u. s. w. (Fig. 3). Auf den grossen Blatt- flächen der ersteren Pflanze treten grosse, scharf berandete Flecken auf, die durch ihre rote Farbe sehr auffällig sind. Ganz ähnliche Färbung be- sitzen sie auch bei der letztgenannten Pflanze, nur können hier auch unmittelbar am Rande Flecken .auftreten. Die Fig. 3 zeigt drei Blätter, die von einem Garten bei Juliushütte im Harz stammen. Um Rauch- beschädigungen durch schweflige Säure leicht zu konstatieren, kann man in der Nähe der Rauchquelle sogenannte Fangpflanzen anbauen. Nach Sorauers Vorschlag eignen sich dazu Bohnen gut, wir möchten nach unseren Erfahrungen auch die Polygonaceen empfehlen. Mag auch vielleicht bei ersterer Pflanze die Empfindlichkeit grösser sein, so ist die Reaktion im zweiten Falle eine leichter erkennbare und schärfer ausgeprägte. Ähnliche gefärbte Flecken zeigt der Adlerfarn. Seine Blattspitzchen werden intensiv rot und sind scharf gegen das Grün abgegrenzt. Auch ‚Johanniskraut en . &. Br’; De i 4 er v I (Hypericum) besitzt ähnliche Fleckenbildung. Schwarze Flecken sollen milchsaftreiche Gewächse wie z.B. Taraxacum offiecinale bekommen. Unter den Zierpflanzen verdienen Rose und Georgine hervorgehoben zu werden. Rosenblätter zeigen teils Fleckenbildung mit der üblichen Fig. 3. Polygonum sachalinense mit Säureflecken. Von der Juliushütte c. %,.nat. Gr. bei Goslar. rötlichen Verfärbung und scharfen Berandung, teils schrumpfen sie bei stärkeren Dosen vom Rande her vollständig ein. Für Georgine giebt zwar A. Stöckhardt') an, dass das Gas ihr nicht besonders schade, aber bei An- ') Tharander Forstl. Jahrb. 1871, 21, 220. wendung stärkerer Dosen im Rauchkasten treten ausserordentlich tief gehende Veränderungen auf. Während gewöhnlich nur die Spitzen schwärzlich werden und trocknen und auf den Blättern kleine hyaline Fleckehen entstehen, kommen bisweilen völlige Schwärzungen der Blätter und Stengel vor. Namentlich tritt die Dunkelfärbung zuerst an den Rippen ein, auf der Blattlamina entstehen grosse durchsichtige Flecken mit ganz dünner Blattsubstanz. Alle verfärbten Organe trocknen in kürzester Frist ein. An den Obstbäumen machen sich zuerst ebenfalls rötliche Flecken bemerkbar, bei fortdauernder Einwirkung aber welken die Blätter völlig und fallen ab, so dass die Bäume mitten im Sommer kahl stehen können. An den Kirschbäumen wurde diese Rotfärbung häufig beobachtet. An den Birnblättern traten bei unseren Experimenten keine roten Flecken auf, sondern nur dunklere, graubräunliche mit scharfer dunkler Randlinie; S sie erstreckten sich meist vom Rande aus ins Blatt. Vielleicht hängt diese | Abweichung damit zusammen, dass sehr grosse Dosen von Gift zur An- Ei wendung kamen. Trifft der Rauch beim Obst in die Blüte, so wird der \ Fruchtansatz vollständig verhindert'). Derartige Fälle können sich auch in Hausgärten ereignen, wenn der Rauch der Hausessen durch besondere Umstände sich eine Zeit lang an den Bäumen festsetzen kann. Von ganz besonderer Wichtigkeit sind die Beschädigungen an den Laubbäumen. Namentlich der Forstmann hat ein grosses Interesse daran, möglichst schnell und sicher die für schweflige Säure charakteristische — Fleekenbildung kennen zu lernen. Im allgemeinen haben alle diese Ver- letzungen das Gemeinsame, dass nur Teile des Blattes absterben und der Rest des Gewebes weiter assimiliert. Erst bei stärkerer Einwirkung stirbt das ganze Blatt ab. Auf diese Weise kann es kommen, dass ein Baum alle seine Blätter verliert und mitten im Sommer völlig kahl dasteht (vgl. die Bilder bei der Schilderung der Silberhütte im Selkethal). In den meisten Fällen findet dann ein zweites Austreiben der Blätter statt, die wiederum vom Rauche geschädigt werden können. Wie weit dieser häufige Blattfall auf die Gesundheit des Baumes einen Einfluss übt, werden wir weiter unten sehen. Bei den Eichen treten bei sehr schwacher Schädigung nur leicht ver- färbte Flecken auf der Blattfläche hervor. Sie fallen durch ihr fahlgrünes Aussehen ins Auge. Nach stärkerer Einwirkung treten diese Flecken viel auffälliger hervor. Sie sind dann nicht bloss gelblich oder rötlich ver- färbt, sondern ihr Rand zeigt auch etwas dunklere bräunliche Färbung. Endlich nehmen die inneren Partieen der Flecken eine hellbräunliche D» ') Einen solchen Fall führt P. Sorauer von der Halsbrückener Hütte an in Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1895, Heft 19, p. 95. Re Färbung an. Im allgemeinen treten die Flecken ganz unregelmässig auf der Fläche auf und greifen nicht etwa vom Rande des Blattes aus allmählich erst ins Blatt hinein. Letztere Fleckenbildung kommt wohl bisweilen vor, aber das sind Ausnahmefälle und ausserdem nimmt ein solcher am Rande entstehender Flecken nie einen grösseren Raum des Blattrandes ein. Die grüne Farbe hält sich am längsten an den Rippen entlang, die Interkostalfelder werden also am ehesten geschädigt. Hält man die Blätter gegen das Licht, so sieht man bisweilen eine helle Zone um die Flecken herumlaufen. Da die Substanz der Flecken bald abstirbt und trocknet, so brechen häufig Teile aus und das Blatt sieht eigentümlich angefressen aus, namentlich wenn Randpartieen abgebröckelt sind. In den meisten Fällen finden sich sehr grosse neben sehr kleinen Flecken auf demselben Blatte vor; es können aber auch sehr zahlreiche kleine Flecken auftreten, durch die dann das Blatt wie braun punktiert erscheint. Die Buche zeigt ähnliche Fleckenbildungen. Meist treten die Flecken auf den Interkostalfeldern auf und vergrössern sich nach innen und aussen parallel den Seitennerven. Die Substanz färbt sich mehr oder weniger rotbraun und fällt nach dem Abtrocknen aus. Auch hier zeigen die Flecken einen hellgelblichen grün durchscheinenden Rand, wenn man sie gegen das Licht hält. Manchmal entsteht neben der Fleckenbildung eine völlige Verfärbung des Blattes. Das freudige Grün wandelt sich in licht oder gelblich grün oder seltener in bräunlich grau um. Solche Blätter zeigen einen chlorotischen Habitus. Ähnliche Fleckenbildung zeigt die Birke. Hier fliessen aber die Flecken der Interkostalfelder nicht zu einer grossen Fläche zusammen, sondern die einzelnen Flecken bleiben kleiner und stehen reihenweise nebeneinander. Ihre Färbung ist rötlich braun, eine Ränderung fehlt. War die Beschädigung nur schwach, so finden sich die Flecken nur durch leichte Verfärbung angedeutet. Die Ahornarten (Acer platanoides, A. pseudoplatanus und A. campestre) zeigen eine dunkle Berandung der Flecken und ausserdem noch eine helle Randlinie. Die Flecken, welche meist braun, aber auch bisweilen hell gefärbt sind, entstehen meist in der Nähe der Spitzen und Ränder. Ihre Substanz bricht leicht aus. Im allgemeinen treten sie nicht besonders scharf hervor, da das Grün des ganzen Blattes hellgelblich fahl wird. Viel auffälliger sind die Flecken auf den Lindenblättern. Sie ordnen sich ebenfalls stets zwischen den Rippen an und zeigen bräunliche Färbung mit deutlicher dunklerer Umrandung. Die transparente lichte Zone fehlt. Da die Eberesche im Gebirge sich häufig als Chausseebaum findet (z. B. ım Harz), so trifft man nicht selten Verletzungen der Blätter an. Die Flecken sind tief braun und befinden sich sowohl am Rand wie auf PEN et der Blattfläche. Bisweilen umzieht die grösseren Flecken eine breite hell- gelbe Zone. Erwähnt seien noch Rosskastanie, Erle, Haselnuss und Weissdorn. Bei ihnen sind die Flecken ebenfalls rotbraun bis braun und ohne Rand; dadurch heben sie sich scharf von dem grünen Teil des Blattes ab. Die Blätter der Weissbuche (Hainbuche) und Esche lassen die Flecken meist am Rande entstehen und sehen dann, wenn die trockene Substanz ausgefallen ist, wie angefressen aus. Bei ersterem Baume kommen aber auch Interkostalflecken vor. Die Farbe ist stets dunkelbraun, seltener finden sich hellbraune Flecken mit dunklerem Rande. Häufig tritt auch Verfärbung des gesamten Blattgrüns ein. Bei der Esche dagegen entstehen nur selten Flecken auf der Blattfläche, sondern fast immer nehmen sie den Rand ein und brechen mit ihrer dunkelbraunen Substanz leicht aus. Eine Verfärbung des Blattgrüns kommt seltener vor. Ganz weisse Randflecken besitzt das Blatt des Hollunders (Sambucus nigra). Hier wird der grössere Teil oder der ganze Rand von den weissen, bald eintrocknenden Flecken eingenommen. Bei den Laubblättern kommt es häufig vor, dass die im Rauche er- wachsenen jungen Triebe zuerst kleinere Blätter ausbilden, als man sonst nach der stets vorhandenen Variation in der Blattgrösse erwarten sollte. Wenn natürlich diese Grössenverminderung auch kein absolut sicheres Kennzeichen für Rauch ist, da sie auch sonst unter mancherlei Voraus- setzungen auftritt, so macht sie doch aber häufig die beschädigten Bäume in auffallender Weise kenntlich. So beobachteten wir an der Kunigunden- hütte bei Kattowitz bei einer Rosskastanie eine auffällige Verkleinerung der Blätter. Da bisher nur wenige Beobachtungen über diesen Punkt vorliegen, so müsste darauf weiter geachtet werden. Alle diese geschilderten Blattschädigungen kommen nur zustande, wenn die schweflige Säure in längeren Zeiträumen und in kleinen Dosen einwirken kann. Wir sehen daher so gefärbte Blätter hauptsächlich in der Nähe von Hüttenanlagen, Schwefelsäurefabriken ete., dagegen treten beim Experiment, wenn grosse Mengen sehr schnell wirken, meist andere Erscheinungen auf. Gewöhnlich kommt es dann überhaupt nicht zu einer so charakteristischen Fleckenbildung und Rotfärbung. Entweder kann die Nervaturzeichnung auftreten, über die am Schluss des Kapitels über physiologische Wirkungen der schwefligen Säure das Notwendige zu sagen ist, oder aber es sterben die Blätter so schnell ab, dass es zu äusseren Reaktionen kaum kommt. Man findet dann zwar Missfärbung, niemals aber Fleckenbildung mit Rötung der Blattsubstanz. Für die Nadelhölzer lässt sich eine ähnliche Färbung der Nadeln nachweisen, wie wir sie bei den Laubblättern gesehen haben. Gemeinsam ist allen diesen Beschädigungen, dass sie von der Spitze der Nadel aus- Hasclhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 6 er Be gehend allmählich nach der Basis zu fortschreiten. Die Färbung ist weisslich oder rötlich und der gesunde Teil der Nadel schliesst sich durch scharfe Umrandung ab. Unter ganz besonderen Umständen kann man auch beobachten, dass die Verfärbung der Nadeln von unten beginnt. Wenn nämlich nach der Schneeschmelze sich längere Zeit schwefelsäure- haltiges Wasser an der Nadelbasis befindet und langsam verdunstet, so findet natürlich die erste Reaktion der Nadel an dieser Stelle statt. Bei der Seltenheit dieses Vorkommnisses brauchen wir nicht näher darauf einzugehen. Der wichtigste Waldbaum unserer Berggegenden ist die Fichte (Picea excelsa). Sie bildet im Harz und in den Industriegegenden im Sauerland, Oberschlesien und Sachsen ausgedehnte Bestände und hat daher am ehesten unter der Wirkung des Rauches zu leiden. Die Nadeln werden zuerst rotspitzig und bald vollständig rot. Sie trocknen schnell ein und fallen dann zu Boden. Diesem Absterben sind nicht etwa alle Nadeln gleichmässig ausgesetzt, sondern immer finden sich selbst an stark be- schädigten Zweigen einzelne, die ganz oder zum Teil ihre grüne Färbung be- wahrt haben. Diese merkwürdige Ungleichheit mag auch den Grund bilden, dass trotz ihrer Empfindlichkeit die Fichte doch lange standhält, ehe- sie der Rauchwirkung erliegt. Im allgemeinen ist die Benadelung eines gesunden Fichtenzweiges sehr dicht. Es halten nicht bloss die letzten Jahrgänge am Zweige aus, sondern man trifft häufig noch die Nadeln von fünf oder sechs Jahren vorher vollzählig an. Das ändert sich unter dem Einflusse des Rauches voll- ständig. Zuerst fallen die älteren Jahrgänge der Nadeln ab und es ver- bleiben bei schwächerer Einwirkung die zwei oder drei letzten Jahrgänge mehr oder weniger vollständig zurück. Mit zunehmender Rauchexposition fallen immer mehr Nadeln ab, bis schliesslich nur noch diejenigen des letzten Jahrganges, die also eben ausgetrieben sind, am Baume sich vorfinden. Wenn ihm seine Assimilationsquellen so weit entzogen sind, ist bis zum Absterben des Baumes keine lange Zeit mehr. Nebenbei sei hier noch bemerkt, wie auch viele an anderen Stellen mitgeteilte Analysen belegen, dass der Schwefelsäuregehalt von älteren Nadeljahrgängen höher ist, als der von jüngeren. Der zum Teil hohe Säuregehalt ist wohl auch der Grund, weshalb die Nadeln nach ihrem Abfallen unverändert am Boden liegen und nicht faulen. Man kann in solchen geschädigten Wäldern tief in die Walddecke eingraben und findet doch unten noch sehr gut erhaltene rot- braun gefärbte Nadeln. Das geschilderte Verhalten der Nadeln, namentlich aber die Rot- färbung, finden wir typisch ausgeprägt nur an Orten, wo grössere Mengen schwefliger Säure wirken können, z. B. in nächster Nähe der Hüttenwerke. In weiterer Entfernung von den Rauchquellen aber verliert sich das typi- 7 a a > ’ 2 ] ß } h — 3 — sche Bild und es treten allerlei Übergänge zum normalen Verhalten auf, die die Erkennung der Rauchbeschädigungen erheblich erschweren und den Gutachter zu grösster Vorsicht mahnen. Während bei den zuerst geschilderten Beschädigungen der rote durch die Färbung der Nadeln be- dingte Ton schon bei der Betrachtung des Baumes aus der Ferne deutlich hervortritt, kann hier die Totalfärbung der Benadelung bei Betrachtung von weitem vom schmutzigen Dunkelgrün bis zum helleren Gelbgrün wechseln, häufig erscheint die ganze Krone in blaugrauem Ton. Diese Farbenüanecierung rührt natürlich im wesentlichen von der verschiedenen Färbung der Nadelspitzen her. Neben rotspitzigen finden sich auch gelb- spitzige, trockenspitzige und missgefärbte, fahl aussehende Nadeln, dazu noch rein grün gefärbte. Je nachdem nun diese oder jene Nüance der Färbung vorherrscht, kommt das verschiedene Aussehen der Krone zustande. Nicht immer ist der kranke von dem gesunden Teil der Nadel durch eine scharfe Grenzlinie getrennt, häufig greift ein gelblicher Ton unmerklich von der Spitze her auf die Nadel über; dadurch wird das Bild der Rauch- beschädigung natürlich sehr verwischt. Je leichter die Beschädigung ist, um so geringer fallen die sichtbaren Merkmale ins Auge. Bei erst beginnendem Schaden ist die Nadeloberseite oder die äusserste Spitze meist nur leicht verfärbt, das zeigt sich besonders bei den älteren Jahrgängen. Die hier besprochenen Veränderungen der Nadeln lassen eine Rauchbeschädigung der Fichte noch nicht mit Sicherheit erkennen, aber die später zu be- sprechenden Veränderungen an Zweigen und Stamm geben noch eine Anzahl von Merkmalen ab, bei deren Berücksichtigung die Beurteilung sicherer wird. Neben der Fichte kommt bei unseren Waldbeständen die gewöhnliche Kiefer (Pinus silvestris) vorzugsweise in Frage. Bei starker Beschädi- gung werden die Nadeln rotspitzig und eine scharfe Grenzlinie trennt den oben abgestorbenen Teil von dem gesunden und weiter assimilierenden Basalteil. Der Umfang der Rötung und ihre Intensität sind je nach der Entfernung von der Rauchquelle und der individuellen Anlage der Bäume ganz ver- schieden. Bald finden sich Nadeln, die nur an der Spitze gerötet sind, bald erweisen sie sich bis zur Basis gerötet und abgestorben. Im allge- meinen erscheint die Beschädigung an den Nadeln der Kiefer viel gleich- mässiger als bei der Fichte. Man findet daher die gesamte Benadelung ganz oder halb abgestorben oder nur schwach beschädigt. Da. im Gegen- satz zur Fichte zwei oder höchstens einmal drei Jahrgänge von Nadeln an den Zweigen vorhanden sind, so würde eine gleichmässig starke Be- schädigung der Nadeln dem Baume höchst verderblich werden. Das scheint aber eben dadurch vermieden zu werden, dass die Nadeln nicht wie bei der Fichte abfallen. Die halb oder noch mehr beschädigten Nadeln des vorigen Jahrganges funktionieren also noch mit dem gesunden Teil und 6* = Eu unterstützen die Thätigkeit der diesjährigen Blattorgane. Bei schwächeren Einwirkungen des Rauches wandelt sich die rote Färbung in gelb um, dessen Nüance je nach der Stärke der schädlichen Einwirkung von hell grünlich gelb bis zu dunkel citronengelb variieren kann. Diese Färbungen treten von den Spitzen her auf und können sich über geringere oder grössere Teile erstrecken. Selten finden sich statt der gelblichen Spitzen trockene braune. Alle diese schwächeren Symptome treten ebenfalls sehr gleich- mässig an den einzelnen Bäumen auf. Ähnlich im Aussehen, aber etwas verschieden in ihrer Widerstands- fähigkeit sind andere Kiefernarten z. B. Pinus nigra (Schwarzkiefer), P. montana (Bergkiefer), P. strobus (Weymouthskiefer) etc. Von diesen Arten kommt hauptsächlich die Bergkiefer in Betracht, weil man häufig versucht hat, sie in Rauchgegenden statt der Fichten aufzuforsten. Wenn- gleich auch diese Kulturen bei weitem nicht den gehegten Erwartungen entsprochen haben, so wurde doch durch sie bewiesen, dass die Bergkiefer resistenter ist als unsere gewöhnliche Kiefer. Die bei Wildeman im Harz in rauchexponierter Gegend gepflanzten Exemplare zeigten nur geringe Beschädigungen, die sich weniger an den Nadeln bemerkbar machten, als im niedrigen, kümmerlicheren Wuchs. Empfindlicher als die bisher genannten Nadelhölzer ist die Tanne (Abies alba). Wenn sie starken Rauchdosen ausgesetzt ist, so färben sich die Nadelspitzen intensiv rot mit scharfer Grenzlinie gegen das gesunde Gewebe. Die verletzten Nadeln fallen bald ab und die Tannen zeigen daher ähnlich der Fichte einen sehr grossen Abgang an Nadeln früherer Jahrgänge. Im allgemeinen beträgt die Lebensdauer der Tannennadel acht Jahre, aber bei Rauchexposition finden sich oft nur noch die beiden letzten Jahrgänge und auch sie nur lückenhaft vor. Unter schwächeren Rauchwirkungen nimmt die Rotspitzigkeit in ihrer Ausdehnung und Intensität ab und die scharfe Grenze zwischen gesundem und abgestorbenem Gewebe verwischt sich. Manchmal gehen die Verfärbungen nicht von der Spitze aus, sondern es treten auch in der Mitte oder an der Basis der Nadeln gelbe oder rötliche Flecken auf. R. Hartig') bezweifelt auf Grund seiner Versuche, dass die Tanne empfindlicher sei als die Fichte und giebt an, dass Mengen von schwefliger Säure, welche bei Fichtennadeln deutliche Verfärbungen verursachten, bei Tannennadeln nicht die geringste Veränderung hervorgebracht hätten, ausser an Knickstellen, wo die Nadeln verletzt waren. Wie weit diese An- schauung richtig ist, konnte von uns nicht nachgeprüft werden, da uns zu unseren Versuchen keine Weisstannenzweige zur Verfügung standen. Abies brachyphylla, mit der wir experimentierten, war sehr widerstands- ') Forstl. naturw. Zeitschr. 1896, 5, 277. u a 2-1 a2 5 u FR fähig; ihre Nadeln behielten ihr normal grünes Aussehen, wenn Pinus montana schon zu leiden begann. Jedenfalls also verdient das Verhalten der Tanne eine nochmalige nähere Prüfung. Bisweilen ist in Rauchgegenden auch die Lärche (Larix europaea) zu finden. Sie würde, weil ihre Nadeln sich jedes Jahr erneuern, etwa in dem Falle der Laubbäume sein, die den Verlust ihrer einjährigen Blätter auch leichter verschmerzen als die Nadelhölzer den ihrer langlebigen Nadeln. Die Lärchennadeln zeigen bei intensiver Einwirkung des Rauches dunkelrot- braune Spitzen; nach der Basis zu geht diese Färbung allmählich in gelb und dann in das normale Grün der Nadel über. Eine scharfe Grenzlinie existiert also nicht. Andererseits finden sich aber auch Nadeln, die nicht an der Spitze verletzt sind, sondern einen gleichmässigen gelben oder hellen Farbenton besitzen. Bei unseren Versuchen trat meist Gelbfärbung der ganzen Nadeln oder der Spitzen ein, selten wurden die äussersten Spitzen braun. III. Innere Veränderungen der Blattorgane. Wie schon gesagt wurde, ist die äussere Veränderung der Blätter eine Funktion der inneren; erst wenn diese eine gewisse Grösse erreicht hat, macht sie sich nach aussen durch Fleckenbildung, Vertrocknung u. s. w. geltend. Die Veränderungen im Zellgewebe der Blätter erstrecken sich sowohl auf die Membranen wie die Inhaltsstoffe. Diese namentlich zeigen sehr tief gehende Beschädigungen, die zu ihrer vollständigen Auflösung und Vernichtung führen. Durch seine Versuche hat J. v. Schroeder (vgl. das Kapitel über die physiologischen Veränderungen) bewiesen, dass die schweflige Säure nicht bloss durch die Spaltöffnungen eindringt, sondern die Membranen an jeder beliebigen Stelle durchsetzt. Die Zone der Beschädigung beschränkt sich daher nie auf die nächste Umgebung der Spaltöffnungen, sondern greift viel weiter um sich und zieht in erster Linie die assimilierenden chlorophyllhaltigen Parenchymgewebe in Mitleidenschaft, später wird auch das leitende Ge- webe in den Gefässbündeln angegriffen. Trotz der ausgedehnten Untersuchungen über Rauchschäden finden sich bisher nur wenige Angaben über die anatomische Struktur getöteter Blätter, so dass es notwendig war, die Lücken durch umfassende eigene Untersuchungen zu schliessen. Unser Untersuchungsmaterial stammte teils aus Rauchgegenden, teils aus besonderen Versuchen. Letztere wurden im Rauchkasten vorgenommen, in den eine Porzellan- schale mit in Wasser gelöster schwefliger Säure gestellt wurde. Durch freiwillige Abdunstung ging eine starke Dosis schwefliger Säure in die Luft. Die Pflanzen blieben deshalb nur kurze Zeit im Kasten und 25, ee kamen dann ins Zimmer. Auf diese Weise gelingt es stets, ein einwands- freies Material zu bekommen, aber anderseits ist nicht zu leugnen, dass die äusseren Beschädigungen von denen in der Natur recht verschieden aussehen. Die schnelle Wirkung grosser Dosen lässt den Zellen gleichsam nicht Zeit, in typischer Weise zu reagieren; der Tod tritt schneller ein als diese Reaktion. Die beschädigten Blätter wurden teils frisch untersucht, teils in 90°/, Alkohol gesteckt. Wir konnten uns überzeugen, dass diese Art der Konservierung keine nennenswerten nachträglichen Veränderungen verursachte; das ist auch erklärlich, da ja die Zellen, auf die es ankommt, schon vorher abgestorben sind, ehe sie konserviert werden. Selbst die plasmolytischen Erscheinungen und die Färbungen der Chlorophylikörner sind noch mit der grössten Sicherheit an Alkoholmaterial zu beurteilen. Roggenblätter (Ver- suchsmaterial) zeigten sich nach dem Versuche sehr welk und hinfällig. Das lässt immer auf ein Nachlassen des Turgors in den Zellen schliessen. Man überzeugt sich da- von leicht auf Quer- schnitten (Fig. 4 B). Die Epidermiszellen sind nicht mehr prall, wie bei gesunden Blättern, sondern welk und schlaff und zeigen verbogene Membranen. Noch mehr zusammengefallen ist das zarte chlorophyll- führende Parenchym- gewebe. Hier sind die Zellen bisweilen bis zur Unkenntlichkeit verbo- gen und der Inhalt erscheint nur noch schwach angedeutet. Auch die Gefässbündel- Fig. 4. Querschnitte durch Roggenblätter. A. Normal. B. durch schweflige Säure getötet &. Vago- zellen und Scheiden- zellen sind nicht immer mehr intakt, sondern zeigen auch schon Schrumpfungen. Durch das fast völlige Schwinden des Inhaltes sehen die Schnitte sehr durchsichtig aus und wir erhalten damit auch eine Er- u klärung, dass stark geschädigte Blätter auf dem Felde weiss werden. Die Fig. 4 A zeigt zum Vergleich einen entsprechenden Querschnitt durch ein gesundes Roggenblatt. Bei Haferblättern von der Zinkhütte bei Dortmund waren ent- sprechend der geringeren Beschädigung feine gelbe Längsstreifen auf dem grünen Blatte zu sehen. Dieselben beginnen sich in der Nähe eines Längsnerven zu beiden Seiten zuerst zu zeigen. Dort liegt auch je eine Längsreihe Spaltöffnungen, an denen jedoch nichts Besonderes zu sehen ist. Die Verfärbung ist nicht bis ins Innere des Blattes zu verfolgen, wenn man Querschnitte macht. Während die Parenchymzellen völlig intakt und die Chlorophylikörner in ihnen unbeschädigt sind, zeigen sich nur in der Nähe der gelben Streifen bei letzteren geringe Veränderungen, die der Wirkung des Rauches zuzuschreiben sind. So erscheinen die Körner nicht mehr ganz scharf konturiert und am Rande etwas angefressen; ein geringes Verbleichen ihres Farbstoffes hat die Gelbfärbung zur Ursache. Andere Veränderungen wurden nicht beobachtet. Ungleich tiefer gehende Schädigungen zeigten unsere Versuchsbohnen. Bei Schnitten durch das gesund aussehende Blattgewebe bemerkt man keine Veränderungen, dagegen um so grössere, wenn man durch einen der transparenten Flecken schneidet. Das ganze Gewebe ist etwa auf die Hälfte der ursprünglichen Dicke zusammengefallen. Die Epidermiszellen fallen dadurch stark ein, dass die Seitenmembranen sich einfalten und zusammensinken; auf diese Weise entstehen auf den Schnitten ganz merk- würdige Bilder. Noch stärker ist das innere Parenchymgewebe eingefallen. Die Membranen zeigen sich geschrumpft und gefaltet, bisweilen können sogar Zerreissungen eintreten, wenn infolge der starken Verzerrung der einseitige Zug sehr gross wird. An manchen Stellen sind die Membranen auch zerstört durch andere Einflüsse, vielleicht durch Ätzwirkungen. Der Zellinhalt ist durchgängig ganz eingeschrumpft und überzieht nur noch als dünne grünliche Schicht die Innenseite der Membranen. Plasma, Kern, Chlorophyll- und Stärkekörner sind völlig verquollen und undeutlich und bilden eben diese Schicht. Nähert man sich vom gesunden Gewebe her dem Rande eines Fleckens, so kann man sehen, wie die Inhaltsbestandteile zuerst zusammenfliessen und dann einschrumpfen; ebenso lässt sich das Zusammenfallen und Reissen der Membranen Schritt für Schritt verfolgen. Ganz ähnliche Befunde wurden an den Erbsen gemacht (Versuchs- pflanzen. Wenn auch äusserlich die Veränderung nicht besonders tief- gehend zu sein schien, so zeigten sich doch die Zellwände schlaff und zusammengefaltet. Der Inhalt war stark zusammengezogen. Georginenblätter (Versuchspflanzen) waren an den Flecken einge- sunken, wenn auch nicht so stark wie bei der Bohne. Im allgemeinen 4 zeichnen sich die Zellen innerhalb der Flecken durch dunkleren Inhalt a E aus. Dieser erscheint etwas von der Wandung abgehoben und wechselt in der Färbung von bräunlich bis fast schwarz. Die Chlorophyllkörner sind ge- quollen und zeigen ziemlich undeutlichen Umriss. Die Membranen sind noch intakt, weswegen auch das Gewebe nicht so stark eingesunken ist. Um die Fleckenbildung auch auf andere Art zu erzielen, wurde ein Weinrebenblatt in sehr verdünnte wässrige schweflige Säure getaucht. Sofort nach dem Trocknen des Blattes zeigten sich rötliche, durchscheinende Flecken in der Mitte der Interkostalfelder, die zuerst klein waren und sich allmählich vergrösserten und zusammenflossen. Auf Schnitten durch die Flecken sieht man, dass die Chlorophylikörner stark aufgequollen sind und zuletzt mit dem übrigen Inhalt eine homogene Masse bilden, die sich allmählich bräunt. Solche Versuche verdienten auch mit anderen Pflanzen wiederholt zu werden, da man dadurch auf die bequemste Weise die Einwirkung der Säure studieren kann, ohne zu langwierigen Experi- menten mit der gasförmigen Säure greifen zu müssen. Die Wirkung der gasförmigen und der wassergelösten Säure müsste natürlich erst vorher genau verglichen werden. Bei den Blattflecken der Rose (Versuchspflanzen) besitzen die Zellen einen dunkelgefärbten Inhalt. Die Membranen zeigen eine gelbliche Tönung. Von Inhaltsteilen ist nichts Sicheres mehr zu unterscheiden, sondern alle Inhaltsstoffe sind zu einer kompakten dunkelbraunen Masse zusammen- geflossen. Die erste Wirkung zeigt sich beim Pallisadenparenchym, dann greift die Bräunung auch auf das Schwammparenchym über. Die braunen Flecken, die auf Kirschblättern (aus Eving stammend) von uns beobachtet wurden, rührten von umfangreichen Verfärbungen im Gewebe her. Der Umriss der Epidermiszellen ist völlig intakt, aber der Inhalt hat sich ganz zusammengezogen und stark gebräunt. Im Pallisaden- parenchym hat sich der gesamte Inhalt dunkel gefärbt, dabei aber sind die Inhaltsbestandteile, wie z. B. die Chlorophylikörner, noch deutlich zu erkennen. Weniger stark ist die Färbung in den Zellen des Schwamm- parenchyms. Die kleinen Gefässstränge, die das Blatt durchziehen, haben sich ebenfalls völlig braun gefärbt. | Ein ähnliches Bild bieten auch Birnblätter (Versuchspflanzen). Auch hier bräunt sich der Inhalt stark und wird zuletzt undurchsichtig schwarz, nur die Epidermiszellen bleiben farblos. Die Inhaltsbestandteile der Zellen sind stark gebräunt und etwas undeutlich. Diese wenigen Beobachtungen lassen nur sehr schwer gemeinsame Züge erkennen. Plasmolyse findet nicht immer oder wenigstens nicht immer deutlich erkennbar in den Zellen statt. Dass aber Wasser aus den Zellen aus- und in die Intercellularräume eintritt, ist sicher und macht sich äusserlich durch die Transparenz der Flecken bemerkbar. Eine Zer- störung der Chlorophylikörner findet meistens statt. Wenn gerade bei den - a Ju AZ ee Du A CS N N N et BET durch die Versuche getöteten Blättern dies nicht immer mit wünschens- werter Deutlichkeit hervortritt, so liegt der Grund hierfür wohl haupt- sächlich darin, dass die Zelle zu schnell abgetötet wurde, ehe es zur Reaktion kam. Etwas besser sind wir über die Verhältnisse bei den Nadelhölzern unterrichtet, von denen namentlich die Fichte vielfach untersucht worden ist. Macht man bei Kie- fernnadeln (Juliushütte) Schnitte durch die braunen abgetöteten Spitzen (Fig. 5 B), so fällt zuerst die fast durchgängige Bräunung der Membranen auf. Nur die Epidermiszellen und alle sklerenchymatischen Par- tieen bleiben ungefärbt. Der Inhalt ist aus den Assimilationszellen bis auf geringe bräunliche Reste vollständig verschwunden. Das ganze Parenchymge- webe ist stark zusammen- gefallen und die Mem- branen, deren Einstülpun-. gen nicht mehr zu er- kennen sind, erscheinen vollständig verbogen und zerknittert. Manchmal hat das starke Eintrocknen auch Zerreissen einzelner Zellwände zur Folge. We- sentlich mit diesem Be- funde an zweijährigen Na- deln stimmt auch das Un- tersuchungsergebniss bei einer sehr jungen vom Rauch geschädigten Kiefer gie, 5. Quersehnitte durch Kiefernnadeln von der Herzog bei Silberhütte überein. Juliushütte. A. Gesund; Zellinhalt ausgelassen. B. Getötet und stark kontrahirt. c. "/jso- Ihre diesjährigen Nadeln waren nur an der Spitze abgestorben und zeigten zwischen dem grünen Basalteil und der hellbraunen Spitze eine scharfe dunkle Randlinie. Das Gewebe war auch hier stark zusammengefallen, aber der Inhalt war noch deutlich zu sehen. Auch die Epidermiszellen besassen dunkelbraunen Inhalt, dagegen war ihre Membran weiss geblieben, während die der Parenchym- zellen sich tief gebräunt hatte. Chlorophyllkörner liessen sich nicht mehr unterscheiden. Einen Schnitt durch eine normale Kiefernnadel zum Ver- gleich zeigt Fig. 5 A. Während es bei der gemeinen Kiefer nicht möglich war, die einzelnen Stadien der Veränderung zu verfolgen, gelang dies bis zu einem gewissen Grade bei der Bergkiefer (Versuchspflanzen). Bräunungen der Membranen waren noch nicht aufgetreten und alle härteren Zellgruppen (Epidermis, Holz- zellen etc.) waren intakt. Die hauptsächlichsten Veränderungen betrafen das Assimilationsgewebe. Die Membranen verquellen etwas und die Aus- und Einstülpungen, die dem Parenchymgewebe der Kiefer ein so eigentümliches (repräge geben, ‘gleichen sich völlig aus. Dadurch wird aber eine be- deutende Verzerrung des ganzen Gewebes erzielt. Die Chlorophyllikörner quellen auf und nehmen einen grüngelben Ton an; sie fliessen zusammen und kleiden die Innenseiten der Zellbrembranen mit einer grünlichgelben Masse aus. Gleichzeitig treten auch Öltropfen auf, die ebenfalls eine grün- gelbliche Färbung besitzen. Man dürfte wohl kaum fehlgehen, wenn man annimmt, dass das Öl infolge der Zersetzung des Chlorophylis entsteht. Von Plasmolyse ist nichts zu sehen. Das Fortschreiten der Erscheinungen bis zur völligen Bräunung des Gewebes konnte nicht verfolgt werden; es ist aber wahrscheinlich, dass auch hier schliesslich Zusammenfallen der Membranen und Eintrocknen unter gleichzeitiger Bräunung erfolgt. - Ein ganz analoges Bild bieten die Nadeln der Lärche. Entsprechend der grösseren Zartheit des Assimilationsparenchyms gehen aber hier die Quellungen viel weiter (Fig. 6B). Man ist zuletzt kaum imstande, noch die Grenzen der einzelnen Zellen zu sehen und der Inhalt bildet, wie bei Pinus, eine unkenntliche gelbgrüne Masse. Die Fig. 6 A zeigt zum Ver- gleich einen Schnitt durch eine gesunde Lärchennadel. Da wahrscheinlich im Blatte die schweflige Säure schnell zu Schwefel- säure umgesetzt wird und in Verbindung mit dem Zellsaft also eine sehr verdünnte Lösung von Schwefelsäure auf die Zellen einwirken würde, so versuchten wir diese Verhältnisse künstlich nachzuahmen, um sie zum Ver- gleich heranziehen zu können. Es wurden Schnitte durch normale Nadeln der Bergkiefer in sehr verdünnte rauchende Schwefelsäure gelegt. Fast sofort trat eine gelbliche Färbung aller der Teile der Zellmembranen ein, die verholzt oder verkorkt sind (also Cuticula, Cuticularteile der (refäss- bündelscheide, Mittellamellen des Transfusionsgewebes, Holzzellen). Gleich- zeitig verquellen auch die Sklerenchym- und Epidermiszellen stark und die Membranen der Parenchymzellen werden undeutlich und verlieren ihre Aus- und Einstülpungen. Da der Inhalt plasmolysiert wird, fallen natür- lich die gequollenen Membrane etwas zusammen und man erhält zuletzt a - 4 j > f = “ eine ganz undeutliche Masse von verquollener Cellulose und dazwischen liegenden Inhaltsteilen. Mit der Plasmolysierung des Plasmaschlauches geht eine Verquellung der Chlorophylikörner Hand in Hand. Die vorher gekörnelt erscheinenden Kerne werden homogen und schliesslich bildet der Fig. 6. Querschnitte durch Lärchennadeln. A. Gesund, bei 2 Zellen des Assimilationssystems sind die Chlorophylikörner eingezeichnet, bei den übrigen nicht. B. durch schweflige Säure getötet und stark kontrahirt. &. "je; 125° Inhalt eine klumpige undeutliche Masse. Vielleicht würde das soeben ge- schilderte Bild dem der Rauchschädigung noch ähnlicher werden, wenn man die Konzentration der Schwefelsäurelösung so nehmen könnte, wie sie in den Blättern sich vorfindet. Es soll hier auf diese ähnlichen Vorgänge nicht u weiter eingegangen werden, sondern es möge dieser Hinweis genügen, um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Die Fichte, der wichtigste Waldbaum der Rauchgegenden unseres Vaterlandes, ist am genauesten in ihren anatomischen Veränderungen untersucht worden. Auf die Untersuchungen R. Hartigs soll weiter unten ausführlich eingegangen werden, da sie für die botanische Beurteilung der Rauchschäden von grosser Bedeutung sind. Die ersten Veränderungen, die sich in den Nadeln geltend machen, sind von P. Sorauer!) genauer studiert worden. Äusserlich zeigten die Nadeln keine Beschädigung, höchstens war die Spitze einzelner etwas grau gefärbt; aber trotzdem waren im Innern vieler Zellen bereits Veränderungen eingetreten, die sich schrittweise verfolgen liessen. Die erste Einwirkung zeigt sich an den Chlorophyllikörnern. Die- selben beginnen ihre scharfe Umgrenzung zu verlieren und quellen ein wenig auf. Dadurch vermindern sich die Zwischenräume zwischen den einzelnen Körnern. Gewöhnlich erfolgt dann ein Zusammenfliessen der wolkig erscheinenden Ränder der Körner entweder im Wandbeleg oder im Zellinnern. Die Substanz verschmilzt darauf mit dem übrigen plasmatischen Inhalt zu einer homogenen Masse, die sich durch den Chlorophyllfarbstoft grünlich färbt. Die Färbung ist nicht ganz gleichmässig. Meist legt sich die ganze Masse hautartig der Membran an, schrumpft immer mehr ein und zerteilt sich in unregelmässige Flocken und Fetzen, die allmählich dahin schwinden. Schliesslich sind die Zellen fast vollständig leer. Ein anderer Modus ist der, dass die Chlorophylikörner. bereits vor dem Zu- sammenfliessen ausbleichen und der ganze Inhalt dann bald schwindet. Geht die Auflösung der Chlorophylikörner mit der entsprechenden Langsamkeit vor sich, so treten bei dem Prozess Tröpfchen von ölartiger oder anderer Beschaffenheit auf. Ausserdem scheiden sich, namentlich in der Umgebung des Gefässbündels, reichlich Krystalle von Kalkoxalat ab, die um so grösser zu sein scheinen, je langsamer der Erkrankungsprozess der Nadel fortschreitet. Manche von den Tröpfehen sehen grünlich aus, viel- leicht durch aufgenommenen Chlorophylifarbstoff, und ändern ihre Färbung später in gelb und braun um, andere wieder bleiben farblos. Der Zellkern verändert häufig auch seine Struktur, was mit Abnahme seines Jod- speicherungsvermögens verbunden sein kann. Alle diese Veränderungen vollziehen sich, während die Nadel äusserlich völlig gesund erscheint. Erst wenn die Chlorophylikörner zerstört sind und sich hautartige Inhaltsmassen in den Zellen gebildet haben, treten nach den Beobachtungen P. Sorauers rote Schliesszellen auf. Dann aber macht sich auch äusserlich ') Bot. Centralbl. 1899, 80, 50. Die in dieser Arbeit mitgeteilten Versuche werden bei Gelegenheit der Hartigschen Probe besprochen werden (siehe S. 97). en FE Ze | Pre? eine Verfärbung der Nadel ins gelb- oder graugrüne, bisweilen auch ins braune bemerkbar. Die Rötung der Schliesszellen ist also erst ein Symptom der fortgeschritteneren Erkrankung. Wenn dann im Endstadium der Krank- heit die Nadel rotbraun oder fahlgrau geworden ist, färbt sich ganz allge- mein der Rest des Inhaltes, der noch in einzelnen Fetzen sichtbar ist, mehr oder weniger braunrot. Die Tröpfehen sind dann meist schon ver- schwunden. Neben dieser Braunfärbung des Inhaltes aller Zellen treten auch in mehr oder weniger ausgedehntem Masse Bräunungen der Zell- membranen auf. Unsere Untersuchungen, die an abgestorbenen und absterbenden Nadeln von Silberhütte vorgenommen wurden, decken sich mit denen Sorauers. Bei der grösseren Intensität der Rauchwirkung aber war das Absterben sehr schnell vor sich gegangen. Bei vielen Nadeln trat nicht bloss die Bräunung von der Spitze her auf, sondern vielmehr zuerst in zwei Streifen, die beiderseits an der Mittellinie der Nadel sich hinziehen. Die Ent- stehung der rotbraunen Plasmaklumpen fand zuerst in den Assimilations- und Epidermiszellen statt und griff dann erst auf die Gegend des Gefäss- bündels über. An keiner Stelle konnte eine ausschliessliche Rötung der Spaltöffnungszellen gesehen werden, sondern stets waren daneben die anderen Gewebe gebräunt. Im letzten Stadium färben sich auch die Membranen und zwar hauptsächlich die der Epidermis, des Assimilations- gewebes und der parenchymatischen Teile des Gefässbündels. Bei anderen Nadeln fand sich im Anfangsstadium schwache Plasmolyse und leichte Quellung der Chlorophylikörner. Fassen wir also für die Fichte noch einmal kurz die Ergebnisse, die bisher bekannt sind, zusammen. Die Säure wirkt in erster Linie auf den Chlorophyllapparat. Die Chlorophyllkörner zerfliessen und bilden mit dem Plasma eine homogene Masse, die sich zuletzt braun färbt. Daneben treten häufig ölartige Tropfen auf, die sich ebenfalls braun färben; zuletzt tritt auch Bräunung der Zellmembranen ein. Aus dem Gesagten geht hervor, dass nur eine sehr genaue mikro- skopische Untersuchung die Merkmale der Rauchbeschädigung feststellen kann. Ein wirklich einheitliches Merkmal, das schon bei flüchtiger Untersuchung zu sehen und das stets vorhanden ist, existiert also nicht. Dass man indessen bei der grossen Wichtigkeit des Rauchnachweises gerade für die Fichte versucht hat, ein solches Kennzeichen zu finden, ist natür- lich. Darauf soll jetzt an der Hand der einschlägigen Arbeiten noch ge- nauer eingegangen werden. Von der Überlegung ausgehend, dass die Einwirkung der schwetligen Säure irgend ein bestimmtes äusseres Kennzeichen erzeugen müsste, durch das unabhängig von der chemischen Analyse die Diagnose auf Rauchbe- Me ee * schädigung gestellt werden kann, stellte R. Hartig') den Satz auf, dass die Rötung der Schliesszellen an den Spaltöffnungen der Fichtennadeln das sicherste Kennzeichen für Rauchschäden sei. R. Hartig hat an seine Ent- deckungen grosse Hoffnungen geknüpft und glaubte schon eine neue Ära hereinbrechen zu sehen, in der nicht mehr der Chemiker, sondern der Pflanzenphysiologe das letzte Wort bei Rauchbeschädigungsgutachten zu sprechen habe. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt, von mehreren Seiten ist der Wert dieses Merkmales auf das richtige Mass zurückgeführt worden und wir sind heute noch nicht viel weiter als vor R. Hartig. Gleichwohl kommt der Arbeit R. Hartigs deswegen eine grosse Be- deutung zu, weil in ihr zum ersten Male der Wert der botanischen Unter- suchung ins rechte Licht gesetzt wurde. An sie knüpfen verschiedene andere, weiter unten zu besprechende Untersuchungen an und die Dis- kussion über Wert oder Unwert der anatomischen Methodik wird nicht eher zur Ruhe kommen, bis entweder positive Merkmale für Rauch- beschädigung gefunden sind oder sich die Unmöglichkeit ergeben hat, mit dem Mikroskope solche zu sehen. Die Untersuchungen R. Hartigs erstrecken sich auf zahlreiche Äste von Fichte, Weisstanne und Kiefer, die aus Industriegegenden stammten. Namentlich aus Oberschlesien lieferten ihm die Wälder bei Kattowitz-Myslo- witz gutes Untersuchungsmaterial, dessen Wert noch dadurch eine Erhöhung erfuhr, dass Ü. Reuss kurz vorher von denselben Orten Proben für die chemische Analyse entnommen hatte. Auch aus dem Harz aus der Gegend von Grund lagen Proben vor. Wichtiger als diese aus der Natur stammenden Objekte sind aber diejenigen, die sich R. Hartig durch Räucherung mit schwefliger Säure selbst verschafft hat. Auf diese Befunde soll jetzt, ihrer Wichtigkeit für die Klärung der Rauchfrage entsprechend, näher ein- gegangen werden. R. Hartig schloss Zweige von Lärche, Fichte, Weisstanne, Douglasfichte (Pseudotsuga Douglasii) und Weymouthskiefer in grosse verschliessbare Glascylinder ein und goss einige Tropfen in Wasser gelöster schwefliger Säure hinein. Das Gefäss war dem Sonnenlicht zugänglich. Dann waren nach 24 Stunden bei der Lärche alle Nadeln gelb; die Fichte (kleinnadlige Varietät) zeigte von den 1—4jährigen Nadeln etwa die Hälfte braun; und zwar waren nur die Mitte oder die untere Nadelhälfte grün, der übrige Teil braun. Bei den 1—2 jährigen Nadeln waren nur die Schliesszellen rot und das Assimilationsgewebe zeigte Plasmolyse. Bei 3—4 jährigen Nadeln waren ausser den Schliesszellen auch die Gefässbündel rotbraun verfärbt. Die Tanne besass fast nur gesunde Nadeln, nur an Verletzungs- stellen war Bräunung eingetreten; die Spaltöffnungen waren normal. Bei ') Forstl. Naturwiss. Zeitschr. 1896, 5, 245 (auch als Sonderabdruck erschienen). | | — » — der Douglasfichte erwies sich °/, aller Nadeln gefleckt oder vollständig ge- bräunt; nur an Verletzungsstellen waren Gefässbündel und Seuliesszellen rot, sonst grüne; Plasmolyse war vorhanden. Die Nadeln der Weymouths- kiefer waren bleichgrün. Nach längerem Verweilen in den Gefässen zeigten sich entsprechend intensivere Schäden. Wurden die Gefässe im Halbdunkel oder ganz im Dunkeln gehalten, so blieben die Schäden viel geringer als im Licht. Auch Schwefelsäure in gelöstem Zustande bewirkt ähnliche Schäden ; die Nadeln der Fichte und Douglasfichte bekamen rote Spaltöffnungszellen. Aus diesen Versuchen folgert R. Hartig, dass die Rötung der Schliess- zellen bei der Fichte eine sichere und gute Reaktion auf schweflige Säure sei. Salzsäure hatte keine Rötung verursacht. Ausser diesem mikroskopischen Merkmale giebt R. Hartig noch ein makroskopisches an, an dessen Wert von P. Sorauer, E. Ramann und A. Wieler mit vollem Recht gezweifelt worden ist. Wenn man nämlich ab- geschnittene Fichtenzweige aus Rauchgegenden wenige Tage der freien Luft und Sonne aussetzt, so tritt eine graugrüne Färbung der Nadeln ein, die gegen die freudiggrüne der gesunden deutlich absticht. Dann beginnen die Nadeln einzuschrumpfen und zu trocknen und fallen bald nachher ab. Gegen den Wert dieser letzteren Probe wendete sich zuerst E. Ramann!'). Er führt aus, dass das von R. Hartig angegebene Verhalten ganz normal bei jedem Fichtenzweige vorkäme. Versuche, die er mit Zweigen aus völlig rauch- freien Gegenden angestellt hat, ergaben Zahlen, die sich ganz gut für die Hartigsche Probe verwerten lassen. Gleichzeitig aber tritt auch deutlich der grosse Unterschied im Nadelabfall hervor, wenn der Ast im Schatten oder im Licht erwachsen ist. E. Ramann meint daher, dass es auf der ganzen Erde keine Fichte gäbe, die nicht nach der Hartigschen Probe rauchbeschädigt sei. R. Hartig”) hat auf diesen Angriff selbst erwidert, doch können seine neuen Untersuchungen, die er anführt, ebenso wenig als strenger Beweis für seine Anschauungen gelten wie die in seiner ersten Arbeit veröffentlichten. Jedenfalls liegt hier, wie oft, die Wahrheit in der Mitte. Dass Rauchbeschädigung Nadelfall verursacht, ist ohne weiteres zuzugeben, nicht aber dass von dem Nadelfall auf Rauchbeschädigung zu schliessen ist. Es giebt doch zu viele andere Ursachen, die einen ganz ähnlichen Verlust der Nadeln herbeiführen können und es muss deshalb dringend gewarnt werden, nur einseitig dieses Merkmal in Betracht zu ziehen. Nur ein ganzer Komplex von Symptomen giebt Sicherheit, auf Rauchschäden zu schliessen, nicht aber eine einzelne Erscheinung. ') Zeitschr. f. Forst- und Jagdwesen 1896, 238, 551. ?) Ebenda 680. Auch darin stimmt E. Ramann mit R. Hartig nicht überein, dass die chemische Analyse vor der mikroskopischen zurückstehen soll. Es gilt auch heute noch, was er zur Kritik der Hartigschen Anschauungen über den Wert der chemischen Analyse bei der Untersuchung von Rauchschäden sagt!): »Sachgemäss durchgeführt, bietet die chemische Analyse eine sichere und bisher unerreichte Methode, Raucheinwirkungen festzustellen und vorhandene Beschädigungen auf ihre Ursache zurückzuführen.« Auch B. Borggreve?) wendet sich gegen R. Hartig, indem er den Ramannschen Einwendungen betreffs des makroskopischen Merkmales beipflichtet und gleichzeitig mitteilt, dass nach seinen Erfahrungen Rot- färbungen der Spaltöffnungszellen nicht regelmässig auftreten. (segen den wichtigsten Punkt der Hartigschen Schrift, die Bedeu- tung der Rotfärbung der Schliesszellen bei der Fichte, hat sich A. Wieler°) gewendet. Während E. Ramann diesem Merkmal noch eine hohe Bedeutung zuerkennt, führt A. Wieler den Nachweis, dass die Rotfärbung der Spaltöffnungszellen eine allgemein verbreitete Erscheinung beim Ab- sterben der Fichtennadeln ist. Aus dem Rauchschadengebiet von Stolberg bei Aachen entnahm A. Wieler eine ganze Reihe von Proben sowohl von beschädigten wie unbe- schädigten Fichten. Die Untersuchung der Nadeln ergab, dass die Rot- färbung nur in seltenen Fällen auftrat und dann meist nur an den Nadeln älterer Jahrgänge zu sehen war. Dabei liess sich die Erscheinung nicht etwa in erhöhterem Grade bei den mehr geschädigten Bäumen feststellen, sondern die weniger beschädigten und gesunden Bäume zeigten die Färbung häufiger. Daraus schliesst A. Wieler, dass man es bei der Rotfärbung nicht mit einer Reaktion auf Säuredämpfe zu thun hat, sondern mit einer Erscheinung, die bei absterbenden Nadeln sich allgemein einstellt. Seine daraufhin gerichteten Untersuchungen an Nadeln älterer Jahrgänge bei gesunden Bäumen waren von Erfolg gekrönt, indem die Rotfärbung hier überall gefunden wurde. Die abgeschnittenen Zweige, die der Sonne ausgesetzt wurden, zeigten sehr bald die charakteristische Färbung an den abfallenden Nadeln. Auch die Versuche, die A. Wieler mit schwefliger Säure und Salzsäure anstellte, ergaben, dass Rotfärbung eintreten kann, aber dass «dies nicht immer regelmässig der Fall zu sein braucht. R. Hartig hatte den in den Schliesszellen auftretenden rotbraunen Farbstoff nicht weiter chemisch untersucht; dagegen weist A. Wieler nach, dass Gerbstoff vorliegt. Werden die Nadeln in Kaliumbichromat gelegt, bis sie völlig damit durchzogen sind, so treten die für Gerbstoff charakte- ') Zeitschr. für Forst- und Jagdwesen 1896, 28, 555. ”) Ebenda 1897, 29, 158. ®) Ebenda 1897, 29, 513. — 1 — ristischen braunen Niederschläge in den Schliesszellen auf. Ausserdem findet sich auch Gerbstoff in den Parenchymen des Gefässbündels und in der Gefässbündelscheide.e Damit stimmen vorzüglich die Erfahrungen R. Hartigs überein, der die Rotfärbung zuerst in den Schliesszellen, dann erst im Innern und im Gefässbündel auftreten sah. Der Grund, weshalb R. Hartig nur bei der Fichte, nicht aber bei den anderen Coniferen Rotfärbung beobachtete, liegt nun nach A. Wieler darin, dass diese letzteren keinen Gerbstoff in den Schliesszellen enthalten, während andere Gewebe daran zum Teil reich sind. Die Reaktion bleibt daher aus. Zu den Hartig’schen Untersuchungen über die Rötung der Schliess- zellen bei der Fichte nehmen auch P. Sorauer und E. Ramann') Stellung, indem sie mehrere Versuchsreihen anstellten, die den Einfluss von Säure- dämpfen auf Fichten zum Gegenstand hatten. Um die Verhältnisse mög- lichst denen ähnlich zu gestalten, die in der Natur herrschen, wurden die Pflanzen täglich höchstens eine Stunde den Säuredämpfen ausgesetzt und die Behandlung ohne Unterbrechung mehrere Monate lang fortgesetzt. Zur Ver- wendung gelangten 6—8 jährige Fichten, die bereits mehrere Jahre in Töpfen gezogen waren. Sie standen im Freien und wurden zu den Ver- suchen jedesmal in das Glashaus gebracht, in dem die Räucherung vor- genommen wurde. Das Haus hatte einen Kubikinhalt von 126 cbm. Zu jeder Räuche- rung wurden 5 ccm Alkohol, in dem 0,5 g Schwefelkohlenstoff gelöst war, verbrannt; demnach entwickelten sich 0,842 g schwefliger Säure oder es kamen bei gleichmässiger Mischung mit der Luft des Raumes auf 1940 Teile Luft 1 Teil schwefliger Säure oder 0,0051 Gewichts- oder 0,0022 Volum- prozent. Die Räucherungen wurden früh von 7—8 Uhr vorgenommen und die Bäumchen nur in ganz abgetrocknetem Zustande verwendet, um jede Absorption der schwefligen Säure durch die auf den Nadeln befindlichen Wassertröpfchen auszuschliessen. Geräuchert wurde vom 1. Juni bis zum 15. November. Benutzt wurden 8 Fichten, von denen Nr. 1 und 5 täglich, Nr. 2 und 6 alle zwei Tage, Nr. 3 und 7 alle drei Tage, Nr. 4 und 3 alle vier Tage geräuchert wurden, Nr. 9 und 10 blieben als Kontroll- pflanzen im Freien. Es betrugen dann die Gehalte an Schwefelsäure in den Nadeln und die Zunahme: ') Botan. Centralbl. 1899, 80, 50 ff. Haselhoff und Lindau, Rauchbesehädigung. SI u "Bee Gehalt an Schwefelsäure in °/, Zunahme an Schwefelsäure in °/, Fichte : N . © > 1. Juni 15. August 1. Juni 15. August 15. November bis 15. Aug. |bis 15. Nov. | Summa Nr. 0,1060 0,1790 0,3090 0,0730 0,1300 0,203 Wi - 0,1054 0,1557 0,2520 0,0503 0,0960 0,149 Sr 0,0931 0,1321 0,1680 0,0390 | 0,0360 0,075 | 0,0560 0,0710 7]. 0,1498 0,0050 | 0,0788 0,083 Rad: 0,1161 0,1490 0,2730 0,0330 0,1240 0,157 a; 0,1598 0,2060 0,2095 0,0400 0,0035 0,075 BR | 0,1644 0,1720 0,1784 0,0180 0,0064 0,082 :. 0,0860 0,0930 0,1074 0,0070 0,0054 0,061 ER a ae 0,1305 Br Zi n ul — — 0,0807. - — | — Im Mittel hatten die täglich geräucherten Fichten eine Zunahme an Schwefelsäure aufzuweisen um 0,180%,, die alle zwei Tage geräucherten um 0,112°%,, die alle drei Tage geräucherten um 0,079°, und die alle vier Tage geräucherten um 0,072°,. Aus diesen Zahlen geht hervor, dass der Gehalt an Schwefelsäure steigt, wenn die Räucherungen häufiger vorgenommen werden. Äusserlich zeigte keine der behandelten Pflanzen irgend welche Ab- weichung vom normalen Verhalten. Dagegen waren im Innern der Nadeln eine ganze Reihe von Veränderungen aufgetreten, die zu einem Absterben der Zellen führten. Zuerst machten sich Umänderungen bei den Chloro- phylikörnern bemerkbar. P. Sorauer sagt darüber');: »Die ersten Anfänge äussern sich darin, dass die Chlorophylikörner ihre scharfen Grenzen zu verlieren beginnen, sich anscheinend durch Quellung etwas vergrössern und dadurch einander näher rücken. Die weiteren Vorgänge treten in mannigfachen Formen auf. Entweder unter Beibehaltung ihrer Lagerung oder durch Zusammentreten im Zellinnern erfolgt eine Ver- schmelzung der wolkig erscheinenden Ränder und schliesslich ein Ver- fliessen der ganzen Substanz der Chlorophylikörner mit dem übrigen protoplasmatischen Inhalt, der dann in seiner Gesamtheit unregelmässig grün sich färbt und sich hautartig den Wandungen anzulegen pflegt. Später sieht man den hautartigen Belag mannigfach zerteilt oder flockig zerrissen und an Substanz immer mehr verlieren, bis die Zellen gänzlich verarmt erscheinen. In anderen Fällen tritt eine Bleichung der Chloro- phylikörner vorher ein und es wird ein schneller Substanzschwund be- merkbar. | »Wenn sich die Vorgänge der Auflösung der Chlorophylikörner lang- sam vollziehen, treten meistens dabei Tröpfchen ölartiger und anderer Be- ') Bot. Centralbl. 1899, 80, 114. 5 . . Re TE #2 er U an a 0 m schaffenheit auf und es scheiden sich, namentlich um das ÜCefässbündel herum, reichliche Oxalatkrystalle ab, die um so grösser zu sein scheinen, je langsamer die Nadel im Erkrankungsprozess fortschreitet. »Einige der beobachteten Tröpfchen sehen bisweilen grün aus, wohl durch Aufnahme des Chlorophyllfarbstoffes und ändern dann allmählich ihre Färbung in’s Gelbe und Braune, während andere Tröpfehen von vorn herein farblos bleiben. Der Zellkern geht dabei nicht selten auch Ver- änderungen ein, die mit Abnahme seines Jodspeicherungsvermögens ver- bunden sein können. »Meist erst in den vorgeschrittenen Stadien der Erkrankung, nämlich bei dem Auftreten hautartig grüner Inhaltsmassen, niemals in den ersten Anfängen der Chlorophylikörner-Veränderungen, können rote Schliesszellen auftreten. Deren Erscheinen deutet also .bereits ein mittleres Krankheits- stadium an. Dabei ist äusserlich eine Verfärbung der Nadeln in’s Gelb- grüne oder Graugrüne, in anderen Fällen auch in’s Braune bemerkbar, während die ersten Störungen des Chlorophylikörpers sich in dem unbe- waffneten Auge vollkommen gesund erscheinenden Nadeln zu vollziehen pflegen. »In den Endstadien der Erkrankung, wo die Nadel rotbraun oder fahlbraun wird, pflegen auch die Tropfen meist zu verschwinden und der Rest des plasmatischen Inhalts zeigt sich als schwacher farbloser, braun- roter oder brauner Wandbelag. Letzteren Farbenton nimmt auch der Inhalt der Schliesszellen an. Neben diesen Inhaltsveränderungen treten schliesslich mehr oder weniger schnell und in verschiedener Intensität und Regelmässigkeit Bräunungserscheinungen der Zellwände auf.« Es liess sich nicht nachweisen, dass mit der Zunahme der Räuche- rungen auch eine Vermehrung der erkrankten Nadeln parallel ging. Es scheint also die individuelle Veranlagung der einzelnen Bäume ein stark in's Gewicht fallender Faktor bei dem Auftreten und Fortschreiten der Schädigung zu sein. Jedenfalls also muss man alle Schädigungen, die unter den oben angegebenen Bedingungen entstehen, in das Gebiet der unsichtbaren Schäden rechnen. Wie weit sich der Schaden in der Ab- nahme des Zuwachses widerspiegelt, lässt sich nicht ohne weiteres fest- stellen, da es sehr schwer sein wird, Vergleichsobjekte zu bekommen. Die geschilderten Zerstörungen in der Nadel waren also nicht immer von der Menge der zugeführten Säure abhängig. Es liess sich nun leicht zeigen, dass an den untersuchten Zweigen der geräucherten Pflanzen nach längerem Stehen im Zimmer sich Veränderungen zeigten, die sich ganz nach Richtung der Säurewirkungen bewegten. So waren es namentlich die vertrockneten Nadeln, welche mehr oder weniger ausgeprägt den Zer- fall des Chlorophyllapparates und die Rötung der Schliesszellen zeigten. Auch wenn grüne Nadeln in Wasser gelegt wurden, so trat die Zersetzung 7* — 10 — der Chlorophylikörner ein und die Spaltöffnungen röteten sich auffallend schnell. Der Vertrocknungsprozess vermehrt also die durch die Säuredämpfe bedingten Störungen. Während bei den angewandten Mengen von schwefliger Säure die Vergiftung nur äusserst langsam vor sich ging und sich nur durch die im Innern der Nadel vorgehenden Veränderungen kundgab, tritt natürlich bei Anwendung grosser Mengen von Säure das Absterben schnell ein. Es fragt sich nun, ob unter solchen Umständen die Fichte ebenso reagiert wie bei Einwirkung minimaler Mengen. Das ist nun nicht der Fall, sondern durch das plötzliche Abtöten der Zellen wird diesen die Möglichkeit entzogen, noch in ihrem Innern chemische Umsetzungen vorzunehmen. Der Chloro- phylifarbstoff wird ‚vollständig zerstört, dabei aber häufig der Umriss der Chlorophylikörner noch erhalten. Vielfach ist der Inhalt stark kontrahiert und gebräunt. Die Spaltöffnungszellen sind nicht gerötet, häufig ist aber ihre Membran gebräunt. Auch sonst zeigen sich vielfach Membranbräu- nungen. So fallen also hier die langsamen Veränderungen, wie sie bei minimalen Mengen von Säuredämpfen sich in dem Zerfliessen der Chloro- phylikörner, Auftreten von Öltropfen und Bräunung des Schliesszellinhaltes zeigten, vollständig weg. Der schnelle Tod der Zellen hindert die charakte- ristische Reaktion. Gleichzeitig erweist sich aber der durch eine grosse Säuremenge einmalig geschädigte Baum doch dem allmählich be- schädigten überlegen. Es starben zwar ganze Nadeln oder Teile (Spitzen) derselben vollständig ab, aber alle überlebenden Nadeln oder die noch ge- sunden Teile derselben können nach Aufhören der Säurewirkung ihre volle Thätigkeit wieder aufnehmen. Es wird also, falls die Einwirkung mit nicht allzu starkem Nadelabsterben verbunden war, der Baum nur unwesentlich ge- schädigt werden, was sich jedenfalls durch verminderten Zuwachs auf ein oder zwei Jahre zu erkennen geben dürfte. Schon vor der soeben genauer besprochenen Arbeit war P. Sorauer!') zu ganz ähnlichen Resultaten bei seinen Untersuchungen gelangt. Er studierte die Säurebeschädigungen bei Fichten und fand gerötete Schliesszellen nur in einem mittleren Stadium der Erkrankung, wenn die Nadel Zeit zum langsamen Aus- leben hat. Dieses scheint der wichtigste Punkt zu sein, da bei schneller Ver- giftung eine solche Verfärbung des Zellinhaltes nieht wahrzunehmen ist. P. Sorauer dehnte seine Versuche noch weiter aus, indem er die Einwirkung von Bromdämpfen, Salzsäure, Teer, heissen Wasserdämpfen, Feuer, Sonnen- brand, Bodennässe und Bodentrockenheit, Gallenbildungen, Frassstellen ete. untersuchte. Eine Rötung der Schliesszellen wurde nicht bloss bei der Fichte, sondern auch bei Picea Engelmanni, pungens, Tsuga canadensis, Taxodiumdistichum, Öryptomeria japonica,Araucariabrasiliensis ') Notizbl. d. Kgl. bot. Garten u. Mus. zu Berlin 1898, 2 Nr. 16, 239. - > — 101 — beobachtet. Die Wielersche Beobachtung, wonach nicht bloss die schwef- lige Säure, sondern auch andere Faktoren die Färbung der Schliesszellen verursachen können, wurde vollständig bestätigt gefunden. Seiner Auf- fassung verleiht er in den Worten Ausdruck: »Doch vermag ich die- selbe nicht als Zeichen des Todes, sondern nur eines allmäh- lichen Niederganges der Assimilationsarbeit der Nadel zu be- trachten, das erst bei bedeutender Störung des Chlorophyll- apparates und zwar nur dann auftritt, wenn die Nadel Zeit hat, langsam am Baum auszuleben').« Aus diesen Untersuchungen geht also hervor, dass die Rötung der Schliesszellen durchaus nicht spezifisch für Rauchbeschädigung ist, sondern dass- sie nur anzeigt, dass die Nadel bis zu einem gewissen Grade erkrankt ist. Ebenso giebt auch die Zerstörung des Chlorophyllapparates noch keine Sicherheit, auf Säureschäden zu schliessen. Zahlreiche andere Einflüsse, vor allem das Vertrocknen, können ganz ähnliche Veränderungen hervor- rufen und es bedarf daher stets der sorgfältigsten Prüfung, welche Ein- flüsse man vor sich hat. Jedenfalls folgt aber auch aus dieser Arbeit, dass die mikroskopische Untersuchung für sich keine Sicherheit giebt, Säurebeschädigung anzunehmen, wenn bestimmte Zellveränderungen vor- liegen. Spätere umfassendere Untersuchungen müssen erst noch weiteres Material liefern, um die botanische Analyse weiter auszubauen. IV. Die Veränderung der Stammorgane. Akute und chronische Schädigung. Die vorigen Abschnitte haben uns die Veränderungen gezeigt, welche durch schweflige Säure resp. durch Rauch, der sie enthält, an den Blatt- organen hervorgebracht werden. Dass sich auch an allen übrigen Organen, die Chlorophyll enthalten und daher der Assimilation dienen, ähnliche Schädigungen ergeben, braucht nicht weiter bemerkt zu werden. Dahin gehören also Blattstiele, Ranken, Nebenblätter und die Stengel bei Kräutern; für die Bäume aber kommen nur die einjährigen Äste ausser den Blatt- stielen in Betracht. Alle anderen oberirdischen Organe der mehrjährigen Gewächse sind der direkten Beschädigung durch schweflige Säure nicht zugänglich, weil sie durch verkorkte Oberhäute oder dicke Peridermlagen geschützt werden. Wenn also auf diese, hier kurz als Stammorgane zusammengefassten Teile eine Wirkung überhaupt ausgeübt werden soll, so muss sie von den Blättern ausgehen. Das ist auch sehr erklärlich, denn die in den Blättern produzierten Nährstoffe wandern in die Stamm- organe hinab; wenn also, wie es bei der Schädigung der Chlorophyllkörner der Fall ist, zu wenig Nährstoffe hervorgebracht werden, so ist natürlich 1) Notizbl. d. Kgl. bot. Garten u. Mus. zu Berlin 1898, 2 Nr. 16, 24. — 102 — die Ernährung der Stammorgane ungenügend und das Wachstum nur ein spärliches. Ausserdem muss natürlich: infolge der Rückleitung der Stoffe aus den Blättern in den Stamm der Schwefelsäuregehalt des Holzes zunehmen. So fand J. v. Schroeder!) bei seinen Versuchen, auf deren Ausführung hier nicht weiter einzugehen ist, folgende Zahlen für Schwefelsäure auf 100 Teile Trockensubstanz: Ohne SO, Mit SO, behandelt Buche, Holz, Rinde, Blattstiele 0,0365 0,0474 Tanne, .Holg, Biaade, 2,7225777°7.00552 0,0638 In dem Kapitel über die chemischen Veränderungen sind noch einige Zahlen für Nadeln mitgeteilt worden (S. 65), es soll daher hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Wir sind noch nicht darüber unterrichtet, ob die älteren Zweige einen höheren Schwefelsäuregehalt be- sitzen als die jüngeren; nach Analogie der ein- und mehrjährigen Nadeln sollte man ein solches Verhalten fast vermuten. Bei Betrachtung der äusserlich sichtbaren Veränderungen an den Stammorganen treffen wir die allen von Rauchschäden betroffenen Bäumen und Sträuchern gemeinsame Eigenschaft, dass die diesjährigen Triebe meist absterben; auch die zwei und mehr Jahre alten Äste werden trocken, wenn der Schaden sich alljährlich wiederholt. Tritt bei vielen Ästen ein solches Absterben ein, so stirbt schliesslich der ganze Baum ab. Durch diesen Vertrocknungsprozess der Äste wird natürlich‘ der Habitus des Baumes gründlich geändert und es soll deshalb unsere Aufgabe sein, für die wichtigeren Waldbäume diese Änderungen im Aussehen kurz zu be- schreiben. Wir hatten gesehen, dass bei der Fichte die Nadeln soweit abfallen, dass nur noch die der letzten Jahrgänge am Zweige bleiben. Schon allein dadurch sieht natürlich der Baum eigentümlich kahl und licht aus gegen- über voll benadelten Exemplaren rauchfreier Gegenden. An den expo- nierten Stellen, also namentlich an der Krone oder bei frei stehenden Bäumen an der der Rauchquelle zugekehrten Seite, beginnen die jüngeren Äste zu trocknen und fallen schliesslich zu Boden. Diese viel reichlicher als von normalen Bäumen abfallenden Ästehen, in Verbindung mit dem reichen Nadelfall, bilden auf dem Boden eine ziemlich dicke Schicht, die nur sehr wenig der Zersetzung unterworfen ist. Dieses »Geniste« ist charakteristisch für rauchgeschädigte Fichtenwälder und gestattet in Verbindung mit den anderen Merkmalen einen Schluss auf Rauch- schaden. Je nach der Menge der im Rauche befindlichen schwefligen Säure ') Thar. Forstl. Jahrb. 1872, 22, 235. — 13 — und dem Grade der Exposition gegen die Rauchquelle geht das Vertrocknen der Äste weiter. Der Baum gilt für verloren, wenn nach Abfall der älteren Nadeln auch die diesjährigen beschädigt werden. Eine Reproduktion der entnadelten diesjährigen Zweige findet bei den Coniferen nicht statt und das Absterben erfolgt daher sehr schnell. Äusserlich unterscheidet sich die Rinde der rauchgeschädigten Fichten durch die dunklere Farbe meist sehr auffällig von der gesunder Bäume. Die Färbung wird durch den sich auflagernden Russ veranlasst; daher wird auch die Intensität der Färbung je nach dem Gehalte des Rauches an letzterem wechseln. In Hüttenbezirken lagern sich auch feinste metallische Stäubehen ab, die wohl fast ausschliesslich aus Blei bestehen. Sie sind mit einer guten Lupe als schimmernde Blättchen sichtbar und haben die Veranlassung gegeben, dass man lange Zeit an der Annahme festgehalten hat, dass der Rauch haupt- sächlich durch seine metallischen Bestandteile schädigend wirkt. Während im Harz die Dunkelfärbung der Rinde meist nur bei jüngeren Exemplaren zu beobachten ist, erstreckt sie sich zum Beispiel bei Kattowitz über den gesamten Bestand, auch die anderen Baumarten einbegriffen. Streicht man über die Rinde oder die Nadeln, so färbt sich die Hand von dem Russ schwarz. Die Erklärung liegt darin, dass in Oberschlesien fast nur Stein- kohle, im Harz fast ausschliesslich Holz’ verbrannt wird. Einige Figuren im Kapitel über »Beispiele aus der Praxis« zeigen mehrere Stadien der Verletzung von Fichten. Während die bei Grevenbrück gemachten Aufnahmen (Fig. 24) nur ein geringes Zurückgehen der Kronen der Fichten zeigen, sind dagegen die bei Silberhütte beobachteten Bäume (Fig. 17) intensiv beschädigt. Die Kiefer gewährt im Rauch einen ähnlichen Habitus wie die Fichte. Ein nur wenig, noch nicht bis zur Nadelrötung geschädigter Bestand hat bei Betrachtung aus der Ferne einen gewissen bleichgrünen Ton wie die Fichtenwälder mit demselben Schädigungsgrad. Für das Absterben der Äste gilt dasselbe wie für die Fichte, nur erfolgt der Tod des Baumes im allgemeinen später als bei letzterer. Bei der eigenartigen Kronenbildung der Kiefer fällt trockenes Holz ausserordentlich in’s Auge, man sieht daher auf den Bildern Fig. 18—21 sehr deutlich, dass die Bäume geschädigt sind, denn überall ragen trockene Äste hervor. Viel günstiger als die Nadelhölzer sind die Laubbäume daran. Während bei den ersteren zwar die Nadeln nicht so leicht von Rauch be- schädigt werden, dafür aber die Reproduktionsfähigkeit nur eine sehr be- schränkte ist, haben die Laubbäume ungleich weniger widerstandsfähige Blätter, aber dafür eine unbegrenzte Reproduktion. Wenn bei einer Conifere der diesjährige Trieb abgestorben ist, so wird im allgemeinen kein neuer in derselben Vegetationsperiode gebildet; ist der Stamm abge- storben, so stirbt die Wurzel auch ab und eine Verjüngung durch Seitensprusse — 104 — ist ausgeschlossen. Die Laubhölzer dagegen können, wenn der erste Blatt- trieb eines Jahres durch Rauch getötet wurde, neue Blätter treiben, wo- durch der Verlust für den Baum bis zu einem gewissen Grade sich aus- gleichen lässt. Wenn aber der Baum abstirbt, so besitzen die meisten Laubhölzer die Fähigkeit, aus der Wurzel auszuschlagen. Dieser sogenannte Stockausschlag ersetzt zwar nicht den Baum, aber die Fläche wird doch wenigstens nicht kahl. Kahlgeräucherte Bäume zeigen die Bilder Fig. 15 und 16, welche eine Eiche und eine Birke von Silberhütte zur Darstellung bringen. Beide gegen Ende August aufgenommene Bäume besitzen nur noch wenige Blattreste. Stockausschlag bei einer Eiche zeigt Fig. 7 in besonders charakteristischer Form. Die ursprünglich vorhanden gewesenen hohen Fig. 7. Eichenstumpf mit Stockausschlag, der bereits starke Rauchbeschädigung zeigt, von der Höhe des Burgberges bei Letmathe. Bäume auf dem Burgberg bei Letmathe sind sämtlich abgestorben und aus den Stümpfen ist durch Stockausschlag ein Eichengebüsch entstanden, das den Kampf mit dem Rauche weiter fortführt. Mit welchem Erfolge dies geschieht, das zeigen die kahlen Astspitzen und die dünnere Be- blätterung der Triebe. Gehen wir jetzt von den äusserlich sichtbaren Veränderungen über auf die inneren, so fällt sofort ein grosser Unterschied gegenüber den Zell- veränderungen in den Blättern auf. Wir finden nämlich nirgends plasmoly- sierte oder in ihren Inhaltsstoffen veränderte Zellen, sondern alle scheinen normal. Aber dafür ist das Dickenwachstum empfindlich geschädigt worden. Das erscheint nieht weiter verwunderlich, denn wenn die Assi- — 15 — milationsorgane eines Baumes geschädigt werden und nicht mehr die not- wendige Menge von Baustoffen zu liefern vermögen, so muss natürlich die Produktion an neuem Zellmaterial im Innern des Stammes herabgesetzt werden. Äusserlich macht sich dieses Zurückgehen des Zuwachses in einer Verschmälerung der Jahrringe und damit verbunden in einer nur sehr geringen Zunahme des Durchmessers (des Stammes geltend. Gerade dieser Umstand fällt für den Forstmann am schwersten ins Gewicht. Jede Abnahme des Dickenwachstums bringt eine Verminderung des Holzes und des Ertrages; das kann so weit gehen, dass die Forstwirtschaft überhaupt nicht mehr lohnt, weil der Wald keine Rente aus dem Holzverkauf mehr abwirft. Am einfachsten lassen sich diese Verhältnisse an Querscheiben unter- suchen, die in bestimmter Höhe aus dem Baume herausgeschnitten werden. Wenn die Oberfläche eines solchen Schnittes geglättet oder poliert ist, so kann die Breite der einzelnen Jahrringe mit grösster Deutlichkeit gesehen und gemessen werden. Es wird allerdings nicht immer möglich sein, den Stamm zu fällen, den man messen will. Deshalb müssen wir uns eines Bohrers bedienen, der einen Bohrkern liefert, an dem die Breite der Jahr- ringe studiert werden kann. Am empfehlenswertesten ist der von Pressler konstruierte Zuwachsbohrer, der bereits 1877 von B. Borggreve!) diesen Zweck empfohlen wurde. €. Reuss hat ihn später bei seinen Untersuchungen häufig angewendet und spricht sich ebenfalls für seine Vortrefflichkeit aus. (Genaueres über die Handhabung des Press- lerschen Zuwachsbohrers findet man in Schwappach, Leitfaden der Holzmesskunde p. 11 und in den grösseren forstlichen Lehrbüchern dieser Disziplin. für Es ist das Verdienst von C. Reuss?), auf die Verminderung des Dicken- zuwachses durch den Rauch in eindringlicher Weise hingewiesen und durch exakte Untersuchung zahlenmässig gezeigt zu haben, wie gross der dadurch entstehende Schaden ist. C. Reuss ging von der Erwägung aus, dass jede Beeinflussung der Blätter auch das Diekenwachstum positiv oder negativ beeinflussen müsse. Werden dem Baume während einer Vegetationsperiode günstigere Be- dingungen geboten als in anderen, so wird sich das durch einen breiteren Jahrring kundgeben. Wenn aber durch ungünstige Momente, z. B. durch Trockenheit, Raupenfrass, Pilze u. s. f. die Blätter geschädigt werden, so muss natürlich der Jahrring schmaler ausfallen. Man kann also genau ) Forstl. Blätter 1877, N. F. 6, 49. ?) Rauchbeschädigung in dem von Tiele-Wincklerschen Forstreviere ete. 1893 und Gutachten über Rauchbeschädigungen in dem von Tiele- Wincklerschen Forstreviere ete. 1893. Be ; r «2 — 106 — nachweisen, wenn man die Breite der Jahrringe abmisst, in welchem Jahre der Baum unter ungünstigen Bedingungen vegetiert hat. Da der Rauch besonders intensiv auf die Blätter und Nadeln einwirkt, so entstehen unter seinem Einflusse auch besonders schmale Jahrringe. C. Reuss hat bei mehreren hundert Stämmen der Fichte und Kiefer die Breite der einzelnen Zu — I Fig. 8. Stücke von Hirnschnitten der Fichte von Grevenbrück; gefällt im Herbst 1901. A. Rauchgeschädigter, ce. 33 Jahre alter Baum, dessen Jahrringe sich von 1885 ab verengern. B. Gesunder Baum, ce. 26 Jahre alt. Nat. Gr. Jahrringe gemessen und. bei allen mit grösster Sicherheit nachgewiesen, dass, so lange der Rauch wirkt, die Breite der Jahrringe geringer ist, als zur rauchfreien Zeit. Bevor wir einzelne Beispiele der von C. Reuss untersuchten Bäume betrachten, möchten wir an der Hand einiger Abbildungen etwas genauer auf diese Verhältnisse eingehen. In der Figur 8 stellt A einen Kreisausschnitt vom Hirnschnitt eines Fur ZA}, ng rauchgeschädigten Fichtenstammes dar, B ein entsprechend grosses Stück von einer gesunden Fichte. Beide Hirnschnitte stammen von Grevenbrück und zwar A aus der dem Rauche der Schwefelsäurefabrik exponierten Zone, B aus einer völlig rauchfreien Gegend etwa eine Stunde davon entfernt. An dem gesunden Stamme B sehen wir, dass die Breite der Jahrringe sich ungefähr gleich bleibt, nach aussen hin nimmt sie mit dem sich ver- grössernden Umfange etwas ab, aber die Abnahme ist eine ganz allmähliche. Im Jahrgang 19 ist der Jahrring auffällig schmal; vielleicht müssen wir uns diese Erscheinungen durch Trockenheit oder Raupenfrass erklären. Der kranke Stamm A hat bei einem um 7 Jahre höheren Alter einen beträchtlich geringeren Durchmesser. Bis zum 16. Jahre ist die Breite der Jahrringe konstant und der des gesunden Stammes entsprechend, nur Jahrring 11 zeigt, wohl aus ähnlichen Gründen wie Jahrring 19 bei B, eine geringere Breite als der Durchschnitt. Vom 17. Jahrringe an macht sich aber eine ganz auffällige Verringerung der Breite der einzelnen Ringe be- merkbar. Die Grenzen, die durch das Herbstholz markiert werden, ver- laufen ganz dicht bei einander, so dass sie an einzelnen Stellen des Hirn- schnittes nur mit der Lupe zu unterscheiden sind. Rechnen wir jetzt zurück, so fällt das erste Auftreten der Jahrringverschmälerung in das Jahr 1885. Um diese Zeit sind auch die ersten äusseren Beschädigungen an den Bäumen bemerkt worden. Die Graf v. Landsbergsche Schwefelsäure- fabrik wurde 1875 begründet; es ist ganz natürlich, dass die Schädigungen erst später sichtbar wurden, da der Betrieb nur allmählich vergrössert worden ist. Die beiden Figuren 9 und 10 geben uns ähnliche Bilder von der Kiefer. Der kranke Baum (Fig. 9) stammt aus der Hopei bei Letmathe, (gefällt Herbst 1901), der gesunde wurde in grösserer Entfernung von diesem Orte in rauchfreier Gegend gefällt (Fig. 10). Das letztere Bild zeigt, dass die ersten 25 Jahrgänge sich ganz gleichmässig entwickelt haben, ihre Breite schwankt nur unwesentlich, im 17. Jahrringe hat eine sogenannte Verdoppelung stattgefunden, das heisst es ist aus irgend einer Ursache zweimal Herbstholz gebildet worden. Ein ganz anderes Bild zeigt der kranke etwa 77jährige Stamm. Wir sehen zuerst, dass der Radius des Stammes sehr wechselt. Dies rührt daher, dass die Jahrringe nicht überall! gleich breit sind, sondern sich bald verbreitern, bald ausserordentlich verschmälern. Bis zum 21. Jahrring ist der Zuwachs ganz normal erfolgt, von da ab aber werden die Jahreszuwachse immer schmaler und an den verschiedenen Teilen des Stammes von ungleicher Breite. Stellenweise treten die Ringe des Herbstholzes so eng an einander, dass ihre Trennung nur mittels der Lupe möglich ist. Die letzten 3—4 Jahrringe liegen end- lich so dicht an einander, dass sie kaum noch als gesondert zu erkennen sind. Der Baum war im Absterben, als er gefällt wurde. —-108 73 Die ersten Schädigungen beim Jahreszuwachs gehen bis zum Jahre 1845 zurück. Was vorstehend an der Hand einiger F iguren erläutert wurde, soll nun noch mit Zahlen belegt werden, die C. Reuss festgestellt hat. Stück eines Querschnittes durch einen rauchgetöteten, 77 Jahre alten Kiefernstamm Fig. 9. von Letmathe. Nat. Gr. C. Reuss hat von einer sehr grossen Zahl von Stämmen aus Öber- schlesien die Breite der einzelnen Jahrringe gemessen und hat auf diese Weise leicht feststellen können, dass der Jahreszuwachs vermindert ist, seitdem der Rauch auf die Wälder einwirkt. Gleichzeitig hat er auch — 109 — diesen verminderten Zuwachs verglichen mit dem durch die lange Er- fahrung der Forstwirtschaft festgestellten Idealjahreszuwachs. Die Differenz beider ergiebt dann die Verminderung des Zuwachses. Man ist auf diese Weise imstande, die Zuwachsverminderung zahlenmässig auszudrücken, so Fig. 10. Stück eines Querschnittes durch einen normalen Kiefernstamm aus der Gegend von Letmathe. Jahrring 17 ist verdoppelt. Nat. Gr. dass jederzeit danach der Geldwert des nicht produzierten Holzes und damit die Grösse der Schadensumme festgestellt werden kann. Es seien die folgenden Beispiele angeführt (weitere vergl. bei der Schil- derung des Kattowitzer Revieres in dem Kapitel über Beispiele aus der Praxis). 110 Probestamm Probestamm | 1871 1872 | 1873 | 1874 | 1875 | 1876 | 1877 | 1878 | 1879 | 1880 41)) 54 | -5,6 | 70 | 60) 60 | 50 | 30 | 30 | 5,4 | 2,0 789) 90 /100 [120 | 80 | 80 | 40 1100 | 50 | 20 | 30 239) 100 4 80°) 76 | 22 10607 70 |. 40 |: 30 Va 15°) > 8:0 1 -80.1 .70. lien. 100 |: 80-| 60 jew | 7,0 Probestamm | 1881 | 1882 | 1883 | 1884 | 1885 | 1886 | 1887 2. | 1880 | 1800. 1889 | 1890 41") 8 RER 06 | 1010 | 0,6 | 04° 783) 0 | 204 80 | al 26 | 36 | 18 | 16 | 22 | 08- 233) 36 | 40-| 30 | 581.32| 20 | 40 | 20| 2320| 20 15°) | 5650| 60|60| 650 | 54 | 56 | a8 | 50 | 28 | 3,4 Diese vier angeführten Fichten stammen aus vier verschiedenen Jagen. angebohrt und untersucht worden; aus diesen Zahlen wurde der für die durchschnittliche Jahrringbreite beim ganzen Jagen ermittelt. erhalten dann folgende Tabellen). In jedem Jagen sind fünf Stämme mittels des Zuwachsbohrers Mittelwert Wir Javen l1ef(Probestamm 41). 48 jährige Fichten II/IH Bonität, 0,8 Vollbestand. Mittlerer Durchmesser ohne Rinde 25,2 cm. Fünf Bohrungen, zwei an vorwüchsigen, drei an mitwüchsigen Stämmen. Zuwachsstufe IV. Beginn der Schädigungen Anfang der 80er Jahre. Bestan- er Bi a H Zuwachs desalter | jm Laufe sm ni > Relativer % Zuwachs- Jahr |am Ende| des vor- Pa pe rel | Durch- u = verlust- des |stehenden = ‚ahren | messer | & © = prozent Jahres in |desJahres| in cm ° 5 = Jahres E © = mm In cm 0 | 1891 25,2 1890 48 2,71 1889 47 2,9 | 0,88 28,5 3,1 6,4 42 1888 46 3,2 24,32 1887 45 3,4 1886 44 3,7 | 1,07 22,7 4,5 1,2 1855| 43 3,6 23,25 1884 42 4,2 1883 41 5,7 1,42 16,4 6,3 8,1 1882 40 4,3 21,83 1881 39 4,7 1880 38 6,0 1,80 12,1 8,7 9,3 1879 37 1.3 20,03 1878 36 7,2 1877 35 9,4 2,46 8,1 13,0 | 10,6 1876 34 8,0 ) 1875 85 1,2 | ') Reuss, Gutachten über „. . Miechowitz-Rokittnitz, 73. ?), Ebenda, 74. ®) Ebenda, 75. % Ebenda, 76. Ebenda, 77, 78, 80. 21877 — 11 — Jagen 9ae (Probestamm 78). 37 jährige Fichten. II/III. Bonität, 0,9 Voll- bestand. Mittlerer Durchmesser ohne Rinde 10,4cm. Drei Bohrungen an vor- wüchsigen Stämmen. Höhenzuwachs nachlassend. Zuwachsstufe III/IV. Beginn der Schädigungen Ende der 70er Jahre. Stärke- Durch- Zuwachs Bestan- zuwachs ‚ac | desalter |; f so nn eng Relativer "m Zuwachs- ee ur ım in drei = Jahr |am Ende| des vor- Anfan Durch- 5 = verlust- des stehenden & Haken messer |& 2 | 5 prozent Jahres in |desJahres| in cm s8| 8 Jahres } “ii 9 mm In cm mi... j 1891 10,4 1890 37 1,3 1859 36 1:7 0,43 24,2 4,0 12,2 67 1888 35 1,3 9,97 1887 34 14 1886 33 3,1 losr 11,5 85 |14,2 1885 32 3,9 9,10 1884 al 3,3 1883 30 5,5 131 6,9 14,5 | 16,9 1832 29 4,3 7,79 1881 28 4,3 | 1880 27 3,7 11,30 6,0 16,9 | 20,5 1879 26 5,0 6,49 | 1878 25 Te 1877 24 7,0 2,10 3,1 33,3 | 27,00) 1876 23 6,3 | 1875 22 8,0 w i Jagen 14a (Probestamm 23). 65 jährige Fichten III. Bonität, 0,5 Vollbestand. Mittlerer Durchmesser ohne Rinde 30,2 cm. Fünf Bohrungen, drei an vorwüchsigen, zwei an mitwüchsigen Stämmen. Zuwachsstufe III. Stämme sämtlich freistehend. Lichtungszuwachs. Bestan- a Durch- Zuwachs zuwachs messer | Zuwach ; 0 desalter | im Laufe im Be "| Relativer [ Zuwachs- in drei Jahr |am Ende | des vor- Akne nr Durch- 5 | - verlust- des stehenden S ‚ahren | messer | & = = prozent Jahres in |desJahres| in cm Se: = Jahres j ® = mm In mm En 1890 1889 1888 1887 .. 1886 1885 1884 1883 1882 1881 . 1880 1879 1878 1,36 19,6 4,7 ei w [os] 1 13,6 6,7 1876 1875 1874 1873 pP je e) > 12,4 1,3 — — — — — u. un, u! — —_— jr “ di I. _— ne) - —_— - - —1 — 112 — Jagen 17b und 16a (Probestamm 15). 40jährige Fichten I/II. Bonität, 1,0 Vollbestand. Mittlerer Durchmesser ohne Rinde 16,1 cm. Fünf Bohrungen, vier an mitwüchsigen, eine an vorwüchsigen Stänmen. Zuwachsstufe IV. Beginn der Schädigungen 1880. FE Stärken) Dar Bestan- Stärke ei r Zuwachs zuwachs esse "ac desalter | jm Laufe = Ei 5 FR Relativer % Zuwachs- Jahr [am Ende | des vor- ER h Durch- M- verlust- des stehenden 5 Ja ren | messer |&$| 8 prozent Jahres in |desJahres | in cm Re: = Jahres } ml mm in mm 5 1891 16,1 1890 40 2,8 1889 39 1,8 0,78 20,6 5,0 8,2 39 1888 38 3,2 15,32 1887 37 3,2 1886 36 4,5 1,18 13,0 8,0 9,5 1885 | 35 4,1 14,14 | 1884 34 4,6 1883 33 4,0 1,26 11,2 93 | 110 1882 32 4,0 12,88 1881 al 4,2 1880 30 4,2 | 1,45 8,9 11,7 728 1879 29 6,1 11,43 1878 98 3,0 | 1877 27 6,5 la51 4,6 17,5. 1 162 1876| 2% 6,7 | 1875 25 6,9 Die angeführten Beispiele zeigen zur Genüge, dass der Zuwachsver- lust im Jahre sehr beträchtlich sein kann. Und dabei handelt es sich um Schäden, die Jahr für Jahr wiederkehren und die Rente eines Waldes um einen bestimmten Betrag vermindern. Geringere Verluste dieser Art können bereits eintreten, wenn äusserlich am Baume kaum Veränderungen zu sehen sind. Für die Laubhölzer findet gewiss auch Herabsetzung des Jahreszuwachses statt, aber der Nachweis ist viel schwerer als bei den Coniferen zu führen und wahrscheinlich kann der Schaden auch niemals eine solche Höhe erreichen, weil ja die Blätter leichter wieder neu- gebildet werden. Diese Verhältnisse sind aber noch nicht genügend be- kannt, so dass wir uns bei den folgenden Erörterungen nur auf die Nadel- hölzer beziehen können, die besser studiert sind. C. Reuss!) unterscheidet zwei Formen von Schädigungen, eine akute, die bei Pflanzen jeder Art beobachtet werden kann, und eine ehronische, deren schädigender Einfluss sich mehr oder weniger nur bei Gewächsen von längerer Lebensdauer geltend macht. Die erstere Form be- ') Rauchbeschädigungen in Myslowitz-Kattowitz, 19. — 13 — wirkt eine rasche. bei starker Einwirkung schädlicher Rauchgase fast plötz- liche Tötung der befallenen Vegetation, die andere wird durch fortdauernde Beräucherung mit sehr verdünnten Gasen hervorgerufen und erzeugt erst nach längerer Krankheit den Tod. Folgt man streng dieser Definition, so wird man akute Schäden nur recht selten zu Gesicht bekommen, denn es wird wohl (einjährige Kräuter ausgenommen) der Tod bei Verlust der Blätter nicht immer eintreten. Unserer Ansicht nach liegt auch der ganzen Reussschen Definition hauptsächlich der Gedanke zu Grunde, kurz auszu- drücken, ob ein Rauchschaden plötzlich mit starken Gasmengen oder ganz allmählich mit sehr verdünnten Gemengen wirkt. Man kann also, trotzdem B. Borggreve!) gegen diese Umgrenzung der Schäden Einspruch erhoben hat und näher ausführt, dass eine chronische Schädigung auch durch eine oftmals hinter einander erfolgende akute Schädigung zustande kommen kann, sich wohl damit einverstanden erklären, obwohl man anderseits nicht leugnen kann, dass das Auseinanderhalten von akuten und chronischen Schäden nicht immer leicht sein wird. Es dürfte deshalb vielleicht angebracht sein, wenn der Begriff des Akuten etwas weiter gefasst und auch auf Fälle aus- gedehnt würde, wo nur eine intensive einmalige Schädigung, aber keine Tötung erfolgt. Dann würden unter diesen Begriff auch einmalige Beschädigungen fallen, die dem Baume keineswegs dauerndes Siechtum bringen. Ausser von akuten und chronischen Schäden ist auch noch von sicht- baren und unsichtbaren gesprochen worden. Wenn über den Ausdruck »sicht- bar« nicht zu streiten ist, so ist dagegen die Bezeichnung »unsichtbar« um so zweifelhafter; denn was man nicht sehen kann, nehmen wir als nicht vor- handen an. Aber so ist auch der Ausdruck nicht aufzufassen. Sogenannte unsichtbare Rauchschäden kann man wohl sehen. Dem blossen Auge verrät sich ein solcher Schaden durch eine fast unmerkliche Verfärbung der Nadeln ins Graugrüne; unter dem Mikroskop fällt die Veränderung im Chlorophyll- apparat sofort ins Auge. Solche unsichtbaren Schäden sind also nichts weiter als chronische Schädigungen, die noch nicht soweit vorgeschritten sind, dass äusserlich als Flecken wahrnehmbare Veränderungen auftreten. Man kann also den Ausdruck »unsichtbar« als technische Bezeichnung recht gut entbehren und wird mit der Bezeichnung »akuter« und »chroni- scher« Schaden vollkommen ausreichen. In die Kategorie der chronischen Schäden würde auch die Jahreszuwachsverminderung fallen und sie ist es gerade, die uns den Begriff der »chronischen«, schleichenden Krankheit am ‚besten vor Augen führt. Deshalb möchten wir zur festeren Um- grenzung des Begriffes »chronisch« die folgende Definition vorschlagen: Als chronische Rauchschäden sind alle diejenigen zu 1) Waldschäden etc. p. 100 und an anderen Stellen. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. s — 114 — bezeichnen, welche eine dauernde Herabsetzung des Jahres- zuwachses verursachen. Von dieser festen Umschreibung des Begriffes ist es dann nicht schwer, auch »akut« einwandfrei zu definieren. Wir würden dies in folgender Weise vorschlagen: Akute Rauchschäden sind solche, welche bei ein- oder mehr- maliger Einwirkung in derselben Vegetationsperiode eine Be- schädigung oder Tötung einer Pflanze verursachen können. Hier ist »Beschädigung« im weitesten Sinne zu verstehen, denn der Ausdruck bezieht sich nicht bloss auf Blattschäden, sondern auch auf die Herabsetzung eines Jahreszuwachses, wie er denkbar ist, wenn plötzlich starke Nadelbeschädigung eintritt. In jedem Falle wird es für den Gutachter das richtigste sein, wenn er sich, bevor er seine Meinung abgiebt, darüber klar wird, welche Art von Schäden vorliegt. In vielen Fällen, wie bei Hüttenwerken, Schwefel- säurefabriken etc. wird man nicht zweifelhaft sein, womit man es zu thun hat, aber bei manchen Betrieben z. B. Ziegeleien wird man sorgfältig er- wägen müssen, welcher Art der Schaden ist. V. Die Resistenz der Pflanzen gegen Rauch. Wenn wir jetzt dazu übergehen, die Resistenz der verschiedenen Gewächse gegenüber dem Rauche zu betrachten, so müssen wir streng die Resistenz des Individuums und der Art unterscheiden. Die Resistenz der Art ist ein mittlerer Durchschnitt von den verschiedenen Resistenzen der Individuen. Überall, wo viele Individuen derselben Art dem Rauche ausgesetzt sind, werden sich einzelne finden, die aus nicht weiter sichtbaren Gründen eine grössere Widerstandsfähigkeit gegen das Gift zeigen als die anderen. Wir können die Gründe für dieses Verhalten nicht angeben und müssen uns damit begnügen, es als individuelle Resistenz zu bezeichnen. Wir befassen uns hier nicht weiter damit, sondern wollen uns auf die Widerstandsfähigkeit der Art beschränken, die besser bekannt und wissenschaftlicher Beobachtung zugänglich ist. Am ehesten wurde man auf die schädliche Wirkung des Rauches durch die Rauchblössen aufmerksam, die in der Nähe von rauchproduzierenden Betrieben entstanden und sich allmählich ausdehnten. Auf die Stufenfolge dieser Ausdehnung ist bereits S. 9 hingewiesen worden, wir können uns deshalb mit einzelnen Beispielen begnügen. Auf die Rauchblössen im Harz, die sich an den hauptsächlichsten Hütten finden, sei hier nur hingewiesen, genaueres darüber findet sich im Kapitel der »Beispiele aus der Praxis«. In Oberschlesien lässt sich die Entstehung der Blössen sehr schön bei Kattowitz verfolgen. Alles dem Walde entrissene Land verödet teils zu Heide, teils wird es zu Acker- — 11 — land gemacht. Weitere ausgezeichnete Beispiele bieten die Hüttendistrikte von Belgien und England. Über beide berichtet F. Reich!) in ausführlicher Weise. Am verderblichsten hat wohl der Rauch in England gewütet und dort bereits zeitig gesetzliche Massregeln zur Verhütung des Schadens her- vorgerufen. Ausser der Londoner Gegend haben namentlich die Graf- schaften Lancashire und Chester in England, wo die grossen Fabrikstädte wie Manchester und Liverpool liegen, vom Rauche zu leiden. So findet sich in der Stadt Manchester kein Baum in den Strassen und als Ersatz für das fehlende Grün stellt man im Sommer auf den Platz um die Town Hall in der Mitte der Stadt Pappeln in grossen Kübeln auf. In den Vor- orten Manchesters, in denen sich keine Fabriken mehr befinden, gedeihen aber bereits Bäume. Die Schädigung des Baumwuchses in Lancashire ist ganz enorm?) und ganze Wälder von Laubhölzern sind der Industrie dort zum Opfer gefallen. Die gleichen Erscheinungen sollen sich auch in den Hütten- bezirken Pennsylvaniens in Nordamerika wiederfinden, doch existieren dar- über in der Litteratur bisher keine ausführlicheren Berichte. Wenn wir so den Endeffekt der Rauchwirkungen überall deutlich sehen, fragen wir uns sofort, ob alle Gewächse in gleich rapider Weise absterben und ob es nicht möglich ist, einige wider- standsfähigere Arten wieder anzupflanzen. Namentlich die letztere Frage ist für den Forstmann, dem durch das Absterben der Wälder viele Erträge verloren gehen, eine sehr wichtige. Es ist kein Zweifel, dass die Bäume empfindlicher sind als die ein- jährigen Feldgewächse und dass unter den Bäumen wieder die Coniferen geringere Widerstandsfähigkeit als die Laubhölzer besitzen. Diese auf viel- fache Beobachtungen gestützten Thatsachen sind unumstösslich richtig. Die grössere Empfindlichkeit der Nadelhölzer findet in der gestörten Wasserzirkulation ihre Erklärung nicht, vielmehr würden die Versuche darüber gerade das Gegenteil vermuten lassen, denn die Depression der Wasserverdunstung ist hier durch schweflige Säure weniger geschädigt, als beim Laubholz. Die Ursache für die grössere Empfindlichkeit des Nadel- holzes liegt vielmehr darin, dass diese Holzart, welche ihre Blattorgane mehrere Jahre hindurch behält, der Einwirkung der schwefligen Säure in einer durch saure Rauchgase gefährdeten Gegend viel stärker ausgesetzt ist, als ein Laubholz, welches seine Blätter jährlich wechselt. Bei dem Nadel- holz summiert sich die das ganze Jahr hindurch hervorgebrachte Schädigung und das kranke Blatt wird dadurch untauglich, in der kommenden Vege- tationsperiode seinen normalen Funktionen zu genügen; von der Schädi- gung, welche ein Laubholz in der einen Vegetationsperiode erleidet, kommt ') Jahrb: f. d. Berg- und Hüttenmann 1867, 129. ”) Vergl. dazu Garden. Chron. 1874, 2 ser. 1, 180, 274; 1875, 3. 651. * S — 116 — als Nachwirkung für das nächste Jahr nur ein Bruchteil in Betracht. Ausserdem muss, worauf bereits früher hingewiesen wurde, die erhöhte Reproduktionsfähigkeit der Laubhölzer berücksichtigt werden, wodurch ein schneller Ersatz für die abgetöteten Blätter geschaffen werden kann. Für die Coniferen gilt ebenfalls als absolut sichere Thatsache, dass die Tanne am empfindlichsten und die Fichte empfindlicher als die Kiefer ist. Die Lärche nimmt wahrscheinlich die vierte Stelle in der Skala ein, was auch durch ihr Nadelabwerfen nach jeder Vegetationsperiode erklärlich wäre; sie würde sich also dadurch den Laubhölzern nähern. Man hat deshalb versucht, statt der Fichten in Rauchgegenden Kiefern aufzuforsten, namentlich hat man im Gebirge die Bergkiefer (Pinus montana) bevor- zugt. Das Gelingen solcher Versuche wird durch viele äussere Faktoren bedingt. Vor allen Dingen muss der Boden zusagend sein; davon hängt, wie wir nachher noch sehen werden, sehr viel ab. Meist aber werden die Versuche daran scheitern, dass in solchen Rauchgegenden die Menge des Rauches immer noch zu gross ist, um auch den Kiefern das Gedeihen zu ermöglichen. Sie gedeihen eine Zeit lang und gehen dann an chronischer Vergiftung allmählich ein. Die Wissenschaft ist leider noch nicht imstande, für jede Baumart das Maximum des Gehaltes an schwefliger Säure im Rauche angeben zu können, bei der sie noch gerade gedeiht, wahrscheinlich wird dies auch kaum möglich sein, da noch eine ganze Anzahl von anderen Faktoren, wie Bodenbeschaffenheit, Regenmenge, Wind u. s. w. ihre Resistenz beeinflussen. Aus den bereits angegebenen Gründen zeigen sich die Laubhölzer stets widerstandsfähiger als die Nadelhölzer. Am ausdauerndsten erscheint die Eiche. Sie erträgt nicht bloss als Baum die Einwirkung des Rauches am längsten, sondern schlägt nach dem Absterben des Hochstammes aus der Wurzel frisch aus und bildet Stock- holz. Zwar geht auch diese Vegetation allmählich zu Grunde, aber sie hält doch in unmittelbarster Nähe der Rauchquelle am längsten aus. Ein vortreffliches Beispiel dafür bieten die Eichenstöcke auf dem Burgberge bei Letmathe (Fig. 7), die in nächster Nähe der Rauchquelle zwar kümmer- lich, aber doch seit Jahren aushalten. Auch die Eichenstockpflanzungen, die bei der Clausthaler Silberhütte gemacht sind, halten sich gut und sind von allen anderen Versuchspflanzen am besten gediehen. Im Widerspruch damit steht scheinbar die Beobachtung, dass in Lancashire die alten Eichen unter der Wirkung des Rauches sehr bald absterben'), Dabei ist aber zu be- denken, dass alte Bäume, die ohnehin viel trockenes Holz aufweisen, nicht mehr eine so grosse Reproduktionsfähigkeit der Blätter besitzen, wie jüngere kräftige Stämme; ausserdem nimmt die Fähigkeit, Stockauschlag ') Garden. Chron. 2 ser. 1, 1874, 180. Br VE SPORE | — 117 — zu erzeugen, mit zunehmendem Alter ab. Die geringere Resistenz ist also lediglich ein Zeichen der Altersschwäche. Den Eichen kommen an Widerstandsfähigkeit die Ahornarten und die Esche nahe, empfindlicher sind Ulme, Erle, Pappel, Eberesche und Linde, an letzter Stelle stehen endlich Birke, Weiss- und Rotbuche. Die einzelnen Beobachter weichen in der Reihenfolge der Bäume etwas ab. So stellt A. Stöckhardt') nach seinen Beobachtungen bei Zwickau folgende Reihe auf: Weissdorn, Weissbuche, Birke, Obstbäume sind am empfindlichsten, Hasel- nuss, Rosskastanie, Eiche, Rotbuche, Esche, Linde und Ahornarten sind widerstandsfähiger, Pappel, Erle, Eberesche halten am besten aus. Solche Abweichungen in der Reihenfolge erklären sich auf ganz natürliche Weise. Die Natur des Rauches, speziell sein Gehalt an Säure, trägt wohl in erster Linie dazu bei, die Bäume in ihrer Resistenz zur Variation zu veranlassen. Ferner sind aber die Standortsverhältnisse ganz besonders in Rücksicht zu ziehen. Die Bodenbeschaffenheit spielt für den Baum eine ausserordentlich wichtige Rolle; findet er die zusagende Zusammensetzung des Erdreiches, so geht nicht bloss sein Wachstum am schnellsten vorwärts, sondern er bleibt auch am längsten gesund. Diese letztere Thatsache erklärt sich daraus, dass er den Krankheiten keine Prädisposition bietet. Es ist eine bekannte und durch viele Beobachtungen erprobte Erfahrung, dass eine Pflanze um so weniger durch äussere Einflüsse erkrankt (Kälte, Pilze, Insekten etec.), je kräftiger sie wächst und je zusagender für sie alle äusseren Bedingungen sind. Das gilt auch für den Rauch. Stehen die Bäume an günstigen Standorten, so zeigen sie sich besonders befähigt, dem Rauche zu wider- stehen, weil ihre Reproduktionskraft unverwüstlich ist. Die Ausbildung einer zweiten Generation von Blättern in einem Sommer erfolgt viel schneller, wenn dem Baume die nötigen Nährstoffe und Feuchtigkeit im Boden zu Gebote stehen, als wenn der Boden bereits ausgesaugt und trocken ist. Was man unter zusagenden Verhältnissen bei den einzelnen Pflanzen ver- stehen soll, lässt sich allgemein nicht umgrenzen. Jede Art verhält sich darin verschieden und unsere Kenntnisse sind davon noch lange nicht er- schöpfend. Für die Waldbäume erscheint ja durch die Erfahrungen der Forstleute ein ansehnliches Material zusammengebracht, aber das reicht natürlich für andere, nicht Bestand bildende Arten nicht aus. Aus dem Gesagten geht deutlich hervor, dass die Resistenz der Bäume und Sträucher nicht für jede Gegend die gleiche zu sein braucht; sie wird vielmehr je nach dem örtlichen Charakter der betreffenden Rauch- gegend etwas variieren, was sogar soweit gehen kann, dass sich Verschie- bungen innerhalb der Resistenzreihe bemerkbar machen. Abweichungen in den Angaben einzelner Forscher über Widerstandsfähigkeit beruhen also ') Jahresber. f. Agrikulturchem. 1870-72, 13—15, 2, p. 229. — 183 — durchaus nicht immer auf unvollständigen oder fehlerhaften Beobachtungen. Wenn also z. B. Fr. Nobbe und A. Stöckhardt einige Angaben machen, die von. denen von J. v. Schroeder und Ü. Reuss abweichen, so muss man zur Erklärung zuerst an die Verschiedenheit der Tharander Gegend und des Öberharzes denken. Es sei hier noch die Reihe mitgeteilt, die J. v. Schroeder und €. Reuss') als Durchschnittsreihe der Resistenz für den Harz aus ihren Beobachtungen bei den Harzer Hütten gewonnen haben. Den Anfang macht die am wenigsten, den Beschluss die am meisten widerstandsfähige Baumart. 1. Picea excelsa. 14. Salix caprea. 2. Pinus silvestris. 15. Salix alba. 3. Prunus avium. 16. Fraxinus excelsior. 4. Fagus silvatica. 17. Ulmus effusa. 5. Carpinus betulus. 18. Populus tremula. 6. Tilia grandifolia. 19. Populus nigra. 7. Betula alba. 20. Populus balsamifera. 85. Alnus glutinosa. 21. Acer campestre. 9. Sorbus aucuparla. 22. Acer pseudoplatanus. 10. Tilia parvifolia. 23. Quercus robur L., pedunculata 11. Pirus malus. und rubra L. 12. Aesculus hippocastanum. 24. Acer platanoides. 13. Robinia pseudacacia. Die nach den Erfahrungen von J. v. Schroeder und C. Reuss?) ge- machten Angaben über die Resistenz einzelner Bäume müssen noch nach einigen Richtungen hin ergänzt werden. Im allgemeinen steht es fest, dass Birken, Rot- und Weissbuchen auch bei zusagenden äusseren Bedin- gungen dem Rauche am wenigsten widerstehen. Vielleicht kommen ihnen hierin bloss die Obstbäume gleich, die ebenfalls wenig aushalten können. Unter diesen ist die Plaume am empfindlichsten; Kirschen zeigen sich etwas härter. Veredelte Kirschen sind empfindlicher als wilde und Süsskirschen empfindlicher als Sauerkirschen. Der Apfelbaum soll nach Fr. Nobbe empfindlicher als der Birnbaum sein, nach M. Freytag verhält es sich um- gekehrt. Nussbäume sind wenig, Maulbeerbäume sehr widerstandsfähig. Von hervorragender Resistenz ist die Ulme®), die sich namentlich vorzüglich im Steinkohlenrauch hält. Sie empfiehlt sich deshalb in rauch- reichen Städten als Strassenbaum, wozu sie durch ihr schnelles Wachstum ohnehin befähigt ist. Unter den strauchartigen Pflanzen ist der Weissdorn am empfindlichsten, ') v. Schroeder u. Reuss, 303; vergl. auch S. 7. ”) v. Schroeder u. Reuss, 114. ") Hess in Forstl. Blätter 1874, N. F. 8, 31. u ce Dun — 119 — ihm kommen die Rosen- und Johannisbeersträucher, sowie der Weinstock nahe, Stachelbeer- und Himbeersträucher leiden weniger, ebenso Maulbeer- hecken, Haselnusssträucher, Quitte, Liguster und Hollunder. Auch bei diesen Pflanzen wird sich schwerlich eine endgiltige Reihenfolge aufstellen lassen. Weit weniger empfindlich als die ausdauernden Gewächse sind die ein- und zweijährigen Pflanzen. Dahin würden also die gesamten Feld- und Gemüsepflanzen gehören. Auch bei diesen sind in der Reihenfolge ihrer Empfindlichkeit einige Abweichungen bei den Beobachtern zu treffen. J.v. Schroeder und C. Reuss!') fassen die Beobachtungen A. Stöckhardts, Fr. Nobbes, M. Freytags und ihre eigenen dahin zusammen, dass sie die Kartoffeln und Hackfrüchte für die widerstandsfähigsten Pflanzen erklären; dann folgen mit mittlerer Empfindlichkeit die Halmfrüchte, von denen das Wintergetreide am meisten auszuhalten vermag, und endlich mit geringster Resistenz die Futtergewächse, Klee und Gräser im Jugendzustand. Fr. Nobbe hält den Anbau von Kartoffeln nach seinen Erfahrungen bei Freiberg für sehr gut möglich und Erfolg versprechend, Kohlrüben sind weniger empfindlich als Runkelrüben, Roggen und Hafer härter als Weizen und Gerste, ebenso ist der Raps resistent. Auch M. Freytag empfiehlt den Anbau von Wintergetreide, Kartoffeln, Rüben und anderen Hackfrüchten, da sie am wenigsten in Rauchgegenden zu leiden haben. Stets empfind- lich erweisen sich nach allen Beobachtungen Klee und Futtergräser. Auch die Empfindlichkeit der wildwachsenden Pflanzen, die keinen Nutzwert besitzen, ist eine durchaus ungleichartige. Während viele äusserst empfindlich sind, widerstehen andere den stärksten Dosen. So bilden das Heidekraut (Calluna vulgaris) und einige für die Heideformation charakteristische Begleitpflanzen die letzten Pioniere des Pflanzenwachstums in Rauchgegenden. Wenn auch sie nicht mehr widerstehen können, kommt die vegetationsleere Rauchblösse zum Vorschein. Als besonders empfind- lich werden dagegen Ranunculus repens und Anagallis arvensis ange- geben; sie zeigen bereits Schäden, wenn die ringsum stehenden Kräuter noch keine Spur von Blattverletzung besitzen. Fr. Nobbe zählt nach seinen Beobachtungen die folgenden Pflanzen auf. Besonders hart zeigen sich Holeus, Agropyrum repens (Quecke), Phleum pratense (Timotheegras), Poa, Agrostis, Briza media. Gleich- wohl können auch an diesen Pflanzen Blattschädigungen wie beim Getreide eintreten. Widerstandsfähig sind Viola trieolor, Rumex acetosa, Hederich, Johanniskraut, Geissblatt, Ackerdistel und wilde Möhre. Empfindlich sind ausser den Kleearten die Wicke, besonders Vogelwicke, Kürbis, Atriplexarten, Chenopodium, Linaria, Spi- ') v. Schroeder u. Reuss, 116. — 120 — raea ulmaria, Silene inflata, Agrostemma githago, Campanula, Carum carvi, Jasione montana, Uhrysanthemum leucanthemum, Plantago lanceolata, Leontodon autumnalis. Dieser Reihe wären hinzuzufügen Rhabarber und die als Futterkräuter gebauten Polygonum sieboldi und sacchalinense. Es ist nun schon häufig die Ansicht ausgesprochen und von P. Sorauer bereits in die Wirklichkeit übertragen worden, dass in Gegenden mit zweifelhaften Rauchschäden das Auspflanzen besonders empfindlicher Pflanzen Gelegenheit zum leichteren Erkennen geben müsste, ob man es mit Rauchschäden zu thun hat. (Vgl. S. 31.) Nach P. Sorauer sind die Bohnen besonders geeignet, wegen ihrer Empfindlichkeit als Fangpflanzen zu dienen, nach unseren Erfahrungen könnte man dazu auch Polygonum oder Rheum benutzen. Jedenfalls müsste es eine Pflanze sein, die leicht und charakteristisch auf Rauch reagiert. Von den äusseren Verhältnissen wird es zum Teil abhängig sein, welche Wahl man beim Anbau von Fangpflanzen trifft, jedenfalls dürfte für den Gutachter dadurch ein be- quemes Mittel gegeben sein, um mit absoluter Sicherheit die Wirkung des Rauches unter bestimmten Verhältnissen demonstrieren zu können. Dass man bisher so wenig von Erfolgen nach dieser Richtung hin gehört hat, liegt wohl hauptsächlich daran, dass die Methode der Fangpflanzen neu und auf dem Gebiete der Rauchschadenexpertise überhaupt nur vereinzelt ‘angewendet worden ist. Zum Schlusse sei noch auf ein sehr interessantes Verhalten hinge- wiesen, das die Flechten zeigen. Es ist gewiss schon häufig aufgefallen, dass die Bäume in den Parkanlagen grösserer Städte niemals einen Behang von Flechten zeigen. Auch die in und auf der Rinde lebenden Krustenflechten fehlen gänzlich. Nicht ohne triftigen Grund ist als Ursache für das Ver- schwinden dieser sonst so häufigen Gewächse der Steinkohlenrauch ange- geben worden. Wenn es nun auch nicht absolut feststeht, ob nur der Russ oder die schweflige Säure hemmend auf die Flechtenvegetation ein- wirken, so erscheint es doch wahrscheinlicher, die letztere dafür verant- wortlich zu machen, denn sonst müssten ja an russgeschützten Stellen die Flechten trotzdem ihr Fortkommen finden. So wachsen im Thiergarten von Berlin und in den grossen Parkanlagen, wie Friedrichshain, Humboldt- hain und im grössten Teil der Hasenheide keine Flechten mehr, obwohl vor 100 Jahren noch G. Floerke im Thiergarten und in der Hasenheide zahl- reiche Arten sammeln konnte. Mit der zunehmenden Grösse der Stadt und ihrem wachsenden Verbrauch an Steinkohlen verschwinden die Flechten allmählich. Ein anderes Beispiel ist vielleicht noch beweisender. Vor 15 Jahren (1887) wuchsen an den Pappeln eines Feldweges an der Kadetten- anstalt in Grosslichterfelde zahllose Flechten, die die Rinde von oben bis unten bedeckten. Jetzt sind, wie fortlaufende Beobachtungen zeigten, die ET TEE = #41 4 Flechten dort bis auf wenige Spuren verschwunden. Der Weg war intakt geblieben, aber ringsum waren Häuser und Fabriken gebaut worden, die aus den Essen Steinkohlenrauch entliessen. Auch im bötanischen Garten in Berlin existieren an den Bäumen keine Flechten, wohl aber kommt auf Sandsteinplatten an den Gewächshäusern Placodium saxicola vor. Diese Flechte scheint besonders widerstandsfähig zu sein, weil sie auch sonst sich gern auf Dachziegeln, in unmittelbarster Nähe der Essen, an- siedelt. F. Arnold!) teilt für München mit, dass in der Stadt sich fast gar keine Flechten befinden und die wenigen vorhandenen in verkümmertem Zustande sind. Nach ihm ist sterile Physcia decipiens nicht selten, ferner Gyalolechia aurella und Lithoicia nigrescens, daneben noch eine Reihe von anderen Arten, auf die hier nicht weiter einzugehen ist. Auch er schreibt das Verschwinden der Flechten der Wirkung des Rauches zu, denn vor 50 Jahren waren noch zahlreiche Arten mitten in der Stadt vorhanden. | Vielleicht lässt sich diese grosse Empfindlichkeit der Flechten zur schnellen Erkenntniss von Rauchschäden verwerten. Allerdings müssten zunächst noch mehr Beobachtungen darüber gesammelt und namentlich ihr Verhalten in Rauchgegenden näher studiert werden. Um zu Beobachtungen nach dieser Richtung hin anzuregen, musste etwas näher auf die Flechten eingegangen werden. c) Physiologische Veränderungen. Bisher war von dem Einfluss die Rede gewesen, den die schweflige Säure auf die chemische Zusammensetzung, das äussere Aussehen und die innere anatomische Beschaffenheit der Blattorgane ausübt. Diesen chemi- schen und morphologischen Veränderungen stehen Änderungen im physio- logischen Verhalten gegenüber, die am genauesten bei der Transpiration untersucht worden sind. Ebenso wichtig wie die Aufnahme von Wasser ist auch die Abgabe des überflüssigen Wassers durch die Blattorgane. Jede gesunde Pflanze einer Art wird in gleicher Zeit die gleiche Menge Wasser verdunsten, wenn wir voraussetzen, dass alle äusseren Verhältnisse sich gleich bleiben. Diese letztere Forderung ist niemals erfüllt, fortwährend ändern sich Lutft- temperatur, Luftfeuchtigkeit, Wassergehalt des Bodens, Zufuhr der Nähr- stoffe u. s. w. Und von allen diesen Faktoren, wozu noch eine Menge anderer kommt, deren Wirkung sich nicht in einfacher Weise übersehen lässt, ist die Transpiration eine Funktion. Jede Änderung einer äusseren ') Zur Lichenenflora von München in Ber. d. Bayr. Bot. Ges. 1892, 25 und 1897, 40. — 12 — Bedingung ändert, wenn auch vielleicht nur wenig, ihre Grösse. Es kann daher nicht Wunder nehmen, dass auch die schweflige Säure, wenn sie in der Atmosphäre vorhanden ist, einen tiefgehenden Einfluss auf die Wasser- verdunstung der Pflanzen ausübt. Die einzigen Untersuchungen, die über die Einwirkung der schwef- ligen Säure auf die Grösse der Transpiration angestellt sind, rühren von J. v. Schroeder her"). Sie haben zur Voraussetzung, dass die Art und Weise bekannt ist, wie die Blätter das Gas aufnehmen. Auch für diese Fragen hat sich J. v. Schroeder erst die Grundlagen schaffen müssen. Aus jeder chemischen Analyse rauchgeschädigter Blätter geht hervor, dass die Assimilationsorgane die Fähigkeit haben, die geringen Mengen schwefliger Säure, die sich in der mit Rauch erfüllten Atmosphäre vor- finden, aufzunehmen und aufzuspeichern. Daher erklärt sich der abnorm hohe Gehalt an Schwefelsäure in solchen Pflanzen. Um die Quantität der aufgenommenen Säure zu ermitteln, experimentierte J. v. Schroeder mit Zweigen von Tannen und Erlen, von denen die erstere Pflanze das empfindlichste Nadelholz, die letztere ein ziemlich widerstandsfähiges Laub- holz ist. Frisch abgeschnittene Zweige dieser Pflanzen wurden unter ein allseitig dicht schliessendes Glasgehäuse gebracht, dessen Inhalt sich zu 16200 ccm berechnete. In diesem Gehäuse blieben die Zweige 36 Stunden. Die schweflige Säure, welche durch Verbrennen von mit Alkohol ver- dünntem Schwefelkohlenstoff erhalten wurde, machte Yıooo des Volumens der Luft in dem Versuchsgehäuse aus. Schon nach wenigen Stunden er- schienen die Nadeln und Erlenblätter mattgrün und stellenweise ganz fahl; von den Tannennadeln zeigten sich besonders die jüngeren, letztjährigen Nadeln verändert. Die Untersuchung der Versuchszweige ergab im Ver- gleiche mit solchen Zweigen, welche nicht der schwefligen Säure aus- gesetzt waren, in der Trockensubstanz an Schwefelsäure: I II Ohne Beband- Nach Behand. Verhälluis Yan Pflanzenteile lung mit schwef-| lung mit schwef- 2 i ; k I: II = 100 liger Säure liger Säure 0 0 Ti h > e lo NEE 7 I. Nadeln der diesjährigen Triebe 0,1755 0,2355 134 2. Ältere Tannennadeln . . . . 0,2960 0,3395 114 3. Holz und Rinde der Tannen- 0,0426 zweige.’. ii. am SE Fe 0,1075 252 4. Erienblättef: unsre ee 0,1310 0,5574 426 5. Holz, Rinde und Blattstiele der 0,0568 0,0841 148 Erlenzweige ') Tharand. forstl. Jahrb. 1872, 22, 185. Es hat demnach allgemein in allen Pflanzenteilen eine Zunahme an Schwefelsäure stattgefunden. Die Steigerung in dem Holze und in der Rinde der Zweige lässt darauf schliessen, dass gewisse Mengen der schwefligen Säure nach der Aufnahme durch die Blattorgane entweder als solche oder, was wahrscheinlicher ist, nachdem sie zu Schwefelsäure oxydiert waren, durch die Blattstiele in das Holz und die Rinde übergehen und so zur Infizierung der ganzen Pflanze beitragen können. Um die Zahlen für die Aufnahme der schwefligen Säure besser ver- gleichen zu können, ist es am einfachsten, das Quantum der schwefligen Säure zu berechnen, das von einer Blattfläche von bestimmter Grösse auf- genommen wird. Es entsprechen 1 g Trockensubstanz bei der Erle 150,41 gem Blattfläche, 1 g bei der Tanne 92,64 gem, auf 1000 qem Erlenblätter kommen also 6,65 g Trockensubstanz und auf 1000 qem Tannennadeln 10,78 g. Mit Hilfe der oben mitgeteilten Zahlen für die Schwefelsäure berechnet sich dann die Aufnahme von 1000 qem jüngerer Tannennadeln auf 1,8, älterer Tannennadeln auf 1,4 und der Erlenblätter auf 7,9 ccm schwefliger Säure. Die Erle nimmt also etwa fünfmal mehr schweflige Säure auf als die Tanne. Aus diesem gegensätzlichen Verhalten der beiden Pflanzen, wonach die im Vergleich mit der Erle gegen Rauch- gase leichter empfindliche Tanne eine geringere Menge schwefliger Säure aus der Luft absorbiert, zieht J. v. Schroeder folgenden für die Beurteilung von Rauchbeschädigungen wichtigen Schluss: Die von der gleichen Blattoberfläche (oder der gleichen Menge Blatttrockensubstanz) unter fast gleichen Verhältnissen in derselben Zeit von zwei verschiedenen Pflanzen aufgenommenen Mengen von schwef- liger Säure geben für sich allein kein Mass für die Schädigung, welche der Gesamtorganismus der betreffenden Pflanzen dabei erleidet, es müssen im Gegenteil hier die spezifischen Eigen- tümlichkeiten in der Organisation der einzelnen Pflanzen mit in Rechnung gezogen und einer Prüfung unterworfen werden. Die Ursache für die ungleiche Aufnahme der schwefligen Säure von der gleichen Blattoberfläche liess sich in der verschieden grossen Anzahl der Spaltöffnungen suchen, da die Tanne bedeutend weniger Spaltöffnungen hat als die Erle, vorausgesetzt, dass die Aufnahme der schwefligen Säure überhaupt durch die Spaltöffnungen der Blätter erfolg. Um hierüber Aufschluss zu erlangen, wurde der vorhergehende Versuch mit 4 Laub- hölzern wiederholt, deren Spaltöffnungszahl auf derselben Oberfläche eine möglichst grosse Verschiedenheit darboten, nämlich mit Spitzahorn, Eiche, Birke und Birnbaum; die Zahl der Spaltöffnungen, die auf 1 qmm bei den angegebenen Pflanzen kommen, zeigt folgende Tabelle: 124 Blattoberseite Blattunterseite Spitzahorn 0 550 Eiche . 0 346 Birke . 0 237 Birnbaum 0 91 Die schweflige Säure wurde in einer Porzellanschale in konzentrierter wässeriger Lösung unter das Gehäuse gebracht und verdunstete hier in der Luft; die Menge war so bemessen, dass sie bei sofortiger Verteilung der- selben in der Luft des Gehäuses '/;ooo ausgemacht hätte. Die Untersuchung der Pflanzenteile ergab, auf Trockensubstanz berechnet, an Schwefelsäure: I II Ohne Behand- | Nach Behand- Verhältnis Pflanzenteile lung mit schwef- | lung mit sch wef- von liger Säure liger Säure 1: 166 % Ye 1. Spitzahorn, Blätter den 0,3279 0,7579 231 5 ‚ Holz, Rinde und Blattstiele 0,0628 0,1290 205 2. Eiche, Blätter a 0,3390 0,8850 261 „ , Holz, Rinde und Blatt- stiele . 0,0385 0,1415 368 3. Birke, Blätter EEE, 0,1751 0,7875 450 » ,» Holz, Rinde und Blatt- stiele . u 0,0260 0,0853 328 4. Birnbaum, Blätter . es 0,3390 0,8266 244 7 ‚ Holz, Rinde und Blattstiele 0,0734 0,2436 332 Ferner wurde das Verhältnis zwischen den Blättern einerseits und dem Holz, der Rinde und den Blattstielen andererseits zur Trocken- substanz festgelegt und die Oberflächen wurden berechnet, die auf 1g Trockensubstanz entfallen. Daraus ergiebt sich dann die 1000 gem Blatt- fläche entsprechende Trockensubstanz der Blätter und der übrigen Teile. Wir bekommen dabei folgende Zahlen: Zu dieser bei- 1000 gem 100 Teile Trocken- 1 g Trocken- BR = 2 Dilanentena substanz bestehen aus |Substanz ent- entsprechen a [spricht gem | an Blatt- gehört an Holz Blattfläche trocken- Rinde Blättern substanz Rinde etc. Holz etc. Spitzahorn . | 61,68 38,32 158,48 6,31 3,93 Eiche Du 42,40 7,60 169,25 5,91 8,03 Birke . . . | 38,67 61,33 209,46 4,77 7,57 Birnbaum . 88;75 66,27 146,79 6,81 13,38 — 125 — Wenn nun der Gehalt an Schwefelsäure für die 1000 qem ent- sprechende Menge Trockensubstanz berechnet wird, so erhalten wir als Resultat die nachfolgende Tabelle: Durch 1000 gem Fläche wurden aufgenommen cem schwefl. Säure Pflanzenteile " ETERTTETER fe In den Blättern | In die Achsen # Br, | ” Dumma d fixiert | übergetreten en 2:0 ne 7,6 | 0,7 8,3 20 Se ME 9,0 2,3 11,3 ee 20 8,2 1,3 9,5 2 A BR rd 9,3 6,4(?) 15,7.) Aus dieser Tabelle geht hervor, dass die 4 Laubhölzer in ganz un- gleicher Weise die schweflige Säure absorbiert haben. Während man nach der Zahl der Spaltöffnungen beim Spitzahorn die grösste Zahl erwarten sollte, hat er gerade das Wenigste aufgenommen, während der Birnbaum mit 6 mal weniger Spaltöffnungen beinahe das Doppelte absorbiert hat. Daraus folgt also, dass die Menge des aufgenommenen Gases und die Zahl der Spaltöffnungen nicht proportional sind, sondern dass die Aufnahme von anderen Faktoren, wohl hauptsächlich von der Spezifität der betreffenden Pflanze, abhängig ist. Bei einem im Jahre 1879 ausgeführten Versuche!) wurde neben den obigen 4 Laubhölzern noch die Tanne als Versuchsobjekt herangezogen. Die Zweige dieser Bäume wurden 4!/;s bis 5 Stunden unter dem Glas- gehäuse schwefliger Säure, welche durch Verbrennen von Schwefelkohlen- stoff während der Versuchsdauer dreimal erzeugt wurde und annähernd 1/00 der Luft ausmachte, ausgesetzt. Die äusserlich an den Pflanzen er- kennbare Einwirkung der schwefligen Säure wurde durch die chemische Untersuchung bestätigt;- die Blattorgane enthielten in der Trockensubstanz an Schwefelsäure: I II Ohne Behand- | Nach Behand- Verhältnis Pflanzenteile lung mit schwef- | lung mit schwef- von | liger Säure liger Säure I:II= 100: gi Y% Tanne One? 2 0,2661 0,4470 168 a 0,5480 1,1255 205 rn un 0,2050 0,7348 358 rel Re Fee EEE 0,3209 1,0573 330 376 es, Fa Er 0,2163 0,8142 ') v. Schroeder u. Reuss, 70. — 126 — Der Unterschied zwischen Nadelholz und Laubholz tritt auch hier wieder deutlich hervor. H. Wislicenus') hat bei Versuchen mit Fichten bei Einwirkung schwefliger Säure für Tag- und Nachtzeit eine gleichmässige Zunahme an Schwefelsäure gefunden; wenn die Spaltöffnungen wirklich für die Auf- nahme der schwefligen Säure von Bedeutung wären, dann hätte bei den Nachtpflanzen eine geringere Zunahme an Schwefelsäure statthaben müssen, da ja hier die verschlossenen Spaltöffnungen den Zugang zum Pflanzeninnern ver- sperrten. Wir können deshalb dem Schlusse J. v. Schroeders nur zustimmen, welcher dahin lautet, dass die Spaltöffnungen bei der Aufnahme der schwefligen Säure keine Rolle spielen, dass das Gas überhaupt nicht durch diese, sondern von der ganzen Blattoberfläche auf- genommen wird und deshalb die verschiedenen in das Blatt ein- dringenden Mengen schwefliger Säure nicht durch die Anzahl der Spaltöffnungen, sondern durch andere in der eigentümlichen Organisation der einzelnen Pflanzen vorhandenen Bedingungen zu erklären sind. Den Beweis dieses Satzes, dass das Gas nicht zu den Spaltöffnungen, sondern an der Blattfläche an jeder beliebigen Stelle eindringen kann, hat J. v. Schroeder ebenfalls durch eine Reihe von Versuchen geführt. Wenn ein Blatt der Einwirkung der schwefligen Säure mit der Ober- seite ausgesetzt wurde, so musste sich der ganz gleiche Gehalt an Schwefel- ‚säure ergeben, wie wenn die Unterseite exponiert wurde. Dass unter sonst gleichen Verhältnissen die Mengen der aufgenommenen Säure völlig gleich sind, wurde durch eine grosse Zahl von Versuchen bewiesen, bei denen der schwefligen Säure Gelegenheit gegeben wurde, entweder durch die Ober- oder die Unterseite ins Blatt einzudringen. Zur Anstellung des Ver- suches wurde ein Cylinderglas mit breitem Rande genommen und ein runder passender Holzdeckel aufgesetzt, der zwei grössere kreisrunde Löcher trug. Darüber wurde ein zweiter Holzdeckel mit correspondierenden Lochausschnitten gelegt und beide durch Klemmen auf dem Rande des Gefässes befestigt. Das zu untersuchende Blatt wurde nun auf den unteren Holzdeckel über ein Loch gelegt und noch ein Stück sehr kurz- haarigen Samtzeuges darüber zur Erzielung der besseren Abdichtung. Auf das zweite Loch kam das zweite Blatt mit der anderen Seite nach unten. Dann wurde der zweite Deckel aufgelegt und festgeklemmt. Wenn in das Glas in Wasser gelöste schweflige Säure gegeben wurde, so hatte das Gas Gelegenheit, auf die Blätter einzuwirken. Zahlreiche mit den verschiedensten Laubblättern angestellte Ver- suche gaben immer das gleiche Resultat, dass das Gas nicht der Vermitte- ) Thar. Forstl. Jahrb. 1898, 48, 169. — N ee a lung der Spaltöffnungen zum Eindringen ins Blattinnere bedarf; es diffun- diert also durch die gesamte Oberfläche'). Dabei machte J. v. Schroeder eine interessante Beobachtung, die der Angelpunkt der ganzen hier zur Diskussion stehenden Frage wurde. Es zeigten nämlich diejenigen Blätter, welche mit der spaltöffnungstragenden Unterseite exponiert worden waren, eine fahle Verfärbung gegenüber den übrigen. Das konnte nur seinen Grund in der ungleichen Wasserabgabe haben, die bei den beiden Ver- suchsreihen stattfand. Genaue Wägungen zeigten, dass das von der Unter- seite behandelte Blatt in der ersten Zeit nach dem Versuch mehr Wasser abgab, als das mit der Oberseite exponierte Blatt. Später glichen sich die Verschiedenheit wieder aus, so dass schliesslich die Wasserabgabe etwa gleich war. Damit stimmte auch “überein, dass beim Abtrocknen des Blattes die ursprünglich vorhanden gewesenen Farbenunterschiede sich wieder ausge- glichen hatten. ® Es galt nun noch durch Versuche nachzuweisen, wie die schweflige Säure auf die Transpiration einwirkt. Dabei genügte nicht, die Grösse der Transpiration als solche zu ermitteln, sondern es musste die Menge des in bestimmter Zeit aufgenommenen Wassers und die in derselben Zeit wieder abgegebene Menge bestimmt werden. Erst dadurch liess sich ein er- schöpfendes Bild gewinnen, wie das Gift auf den Wasserhaushalt der Pflanze wirkt; durch die blosse, die Transpiration ausdrückende Zahl wäre das nicht möglich gewesen. Zu den Versuchen wurden zwei möglichst gleich aussehende und gleich viel wiegende Zweige ausgesucht und nach Ermittelung ihres Ge- wichtes in die eine Öffnung eines doppelt durchbohrten Kautschukkorkes gesteckt. Die Korke wurden dann auf zwei ganz gleiche mit destilliertem Wasser gefüllte Gefässe gepasst. In die zweite Korköffnung wurde ein U-förmiges Chlorcaleiumrohr eingeführt und an dieses ein gerades Chlor- caleiumrohr angesetzt. Zuerst wurde das Glas mit Zweig und dem U-förmigen, während der Wägung verschlossenem Rohr gewogen. Dann wurde an Stelle des Verschlusses das gerade Chlorcaleiumrohr an- gesetzt und der Zweig sich selbst überlassen. Wenn jetzt der Zweig Wasser aufnahm, so konnte Luft von aussen nachdringen, die in der ge- raden Chlorcaleciumröhre getrocknet wurde. Andererseits verhinderte das U-förmige Rohr die Abdunstung des Wassers im Gefäss in die Luft. ') F. Oliver hat diesen Satz nach seinen Untersuchungen (vgl. beim Kapitel Nebel) bestritten und aus der anatomischen Untersuchung gefolgert, dass die Säure nur zu den Spaltöffnungen eindringt. Diese Folgerung allein aus dem Umstande zu ziehen, dass die Zellen in der Nähe der Spaltöffnungen mehr geschädigt sind als an anderen Stellen, ist wohl nicht statthaft. Auch wir haben bei unseren Untersuchungen mehrfach solche Stellen gesehen, ohne dass wir die J. v. Schroederschen Folgerungen verwerfen können. — 128 — Wenn nach Beendigung des Versuches der Apparat wie zuerst gewogen wurde, so musste die Differenz der beiden Wägungen die Menge des durch den Zweig verdunsteten Wassers anzeigen. Der eine Zweig diente zur Kontrolle, der zweite wurde in den Räucherungsapparat gestellt. Endlich wurde nach dem Versuche das Gewicht der beiden Zweige nochmals be- stimmt, damit dadurch beurteilt werden konnte, wieviel Wasser sie zu Anfang des Versuches aus ihrer eigenen Substanz verdunstet hatten oder wieviel nachher aufgenommen, aber nicht mehr verdunstet war, Ferner wurde auch die Blattoberfläche bestimmt. Ein Versuch mit Spitzahornzweigen ist besonders instruktiv und soll deshalb einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Der Kontrollzweig A wog 38,05 g vor dem Versuch, der der Säure auszusetzende B 34,85 g. Nach dem Versuche wog A 31,00, B 39,30 g, es hatte also A um 7,05 g abgenommen, B dagegen um 4,45 g zugenommen. Die anderen Zahlen sind folgende: A. B. Wasser in Summa verdunstet . . °. . .... 88,05 8,15 Wasser, welches in der Substanz vorhanden wat und -serdunstet; ist... 2. WE a Sn 71,05 0,00 Wasser, während des Versuches aufgenommen und wendunstek:" u... 4 TE ae 8,15 Auf 1000 gem Blattfläche verdunstet . . . 26,10 6,87 Der Zweig B war 5!/;s Stunden in dem Räucherkasten. Mit dem Moment, wo die Blätter sich zu verfärben begannen, trat auch eine be- deutende Herabsetzung der Menge des transpirierten Wassers ein, sie be- trug nur noch !/; des Kontrollzweiges. Diese Differenz in der Verdunstung steigerte sich bis zum Abend, während sie sich in der Nacht, in der auch der Kontrollzweig am wenigsten transpirierte, fast völlig ausglich. Am andern Morgen wurden die Zweige in die Sonne gestellt und sofort steigerte sich die Verdunstungsdifferenz auf ein Maximum; gleichzeitig fand im Räucherzweige eine Ausscheidung feinster Tröpfchen längs der Nerven statt. Wurden beide Zweige am Tage in den Keller gestellt, so glich sich wie in der Nacht die Differenz ganz aus, sogar ergab der Räucherzweig noch einen kleinen Überschuss der Verdunstung. Aus den Endzahlen geht hervor, dass der Kontrollzweig aus seinem ursprünglichen Wasservorrat noch 7,05 g zugesetzt hat, während Zweig B mehr Wasser aufgenommen, als verdunstet hat und daher eine Gewichts- zunahme um 4,45 g zeigt. Es tritt ferner an dem geräucherten Zweig noch eine bemerkenswerte Erscheinung auf. Die den. Nerven benachbarten Blattpartieen werden heller und transparenter und das ganze Blatt zeigt eine höchst regelmässige Nervaturzeichnung. Die hellgrünen durchscheinenden Teile sind wasser- reicher als die übrigen Teile der Blattspreite. u a un — 129 — Aus den angegebenen Thatsachen kann nun ein Schluss auf die Bilanz an Wasser gezogen werden. Das aufgenommene Wasser wird im Räucherzweig nicht fortgeleitet, sondern dringt nur in die den Nerven be- nachbarten Blattteile ein. Bei Wasserüberschuss treten hier sogar, wie wir sahen, feinste Wassertröpfchen aus. Im ganzen zeigt das Blatt geringere Wasserverdunstung als ein gesundes. Es macht zwar die Veränderungen in der Transpirationsgrösse, die durch äussere Einflüsse (Licht, Tempera- tur etc.) erzeugt werden, mit, aber die Schwankungen sind kleiner als bei gesunden Pflanzen. Da das Absterben bald beginnt, so lässt sich der Ver- lauf der Transpiration überhaupt nicht lange verfolgen; die abgegebenen Wassermengen steigen scheinbar, da der Abtrocknungsprozess eintritt. Ebenso wie dieser Versuch verliefen auch solche mit Eiche, Rotbuche, Edelkastanie und Tanne. Man ist daher berechtigt, J. v. Schroeder beizu- stimmen, wenn er das Resultat folgendermassen zusammenfasst: »Die schweflige Säure bewirkt, durch eine auf die Unter- fläche der Blätter vorherrschend schädliche Einwirkung, Stö- rungen in der gesamten Wasserzirkulation der von ihr be- troffenen Pflanzen, infolge deren eine Depression der normalen Verdunstung und eine Herabsetzung der ganzen durch den Orga- nismus durchgeleiteten Wassermengen stattfindet.« Es ist hier der Ort, mit einigen Worten noch der oben erwähnten Nervaturzeichnung zu gedenken, die J. v. Schroeder bei seinen Ver- suchen mit in Wasser stehenden Zweigen beobachtet hat. Bei Ver- suchen im Freilande traten derartige Zeichnungen an den Blättern niemals auf; es kann also nur in der Versuchsanordnung liegen, wenn solche wasserreichere, durchsichtigere Partieen sich zeigen. Mit Recht erklärt J. v. Schroeder sie durch den Überschuss an Wasser, der seinen Pflanzen geboten wurde. Zum Beweis diente folgender Versuch. Zwei im freien Lande stehende Spitzahornbäumchen wurden geräuchert und nach der Räucherung der eine im Boden belassen, der andere hart über der Wurzel abgeschnitten und in Wasser gestellt. Dann trat an dem ersteren Bäumchen keine solche Zeichnung auf, während das letztere schon am folgenden Tage den Anfang der Nervaturzeichnung zeigte. An den folgenden Tagen bildete sich dieselbe immer deutlicher und schöner auf allen Blättern aus. Dieser Versuch zeigte aufs schlagendste, dass Überschuss an Wasser allein der Pflanze soviel Feuchtigkeit zuzuführen vermag, dass Blattrippen und benachbarte Partieen davon prall erfüllt werden. Aus den vorstehend geschilderten Versuchen geht zur Genüge hervor, in wie tief eingreifender Weise die normale Wasserabgabe durch die schwetlige Säure beeinflusst wird. Ebenso wie der Wasseraustausch wird auch der Gasaustausch total Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. N) — 130 — verändert. Wenn auch zum Beweise dafür keine Versuche angestellt worden sind, so lässt doch allein schon die Thatsache, dass die Chloro- phylikörner mehr oder weniger schnell deformiert und abgetötet werden, eine solche Veränderung mit Sicherheit vermuten. Die experimentelle Konstatierung dieser Thatsache dürfte schwerlich in exakter Weise möglich sein, ausserdem wäre auch für das Absterben der Blätter kaum daraus ein neues Moment zu entnehmen. Wir begnügen uns deshalb an dieser Stelle nur mit einem Hinweise und müssen es späteren Forschungen überlassen, die Veränderungen im Gasaustausch mit zahlenmässigen Nachweisen zu verfolgen. Von besonderem Interesse ist aber eine von A. Wieler') ermittelte Thatsache, in der die schweflige Säure mit der Salzsäure übereinstimmt. Ebenso nämlich wie die Rückleitung des Wassers in die Zweige gestört und herabgemindert wird, so wird auch die Rückleitung der plastischen Stoffe in den Stamm ausserordentlich verlangsamt. A. Wieler teilt vorläufig noch keine genaueren Zahlen mit, so dass wir auf das bei der Salzsäure Gesagte verweisen müssen. Auch auf die Assimilation selbst hat die schweflige Säure einen ganz analogen Einfluss. C. Die Beeinflussung der Wirkung der schwefligen Säure durch verschiedene Faktoren. a) Die Wirkung des Lichtes. Die bisher geschilderten Wirkungen der schwefligen Säure können nun je nach den äusseren Umständen schwächer oder stärker hervortreten. Von diesen äusseren Faktoren, welche die Wirksamkeit des Gases zu be- einflussen vermögen, soll uns jetzt das Licht beschäftigen. Bekanntlich hat die Pflanze Licht notwendig, um den Assimilations- prozess zu ermöglichen. Ohne Mitwirkung des Lichtes ist die Pflanze nicht imstande, die Kohlensäure zu zersetzen und Stärke zu bilden. Wenn uns auch die näheren Einzelheiten dieses chemischen Prozesses noch nicht vollständig klar sind, so steht doch soviel unbedingt fest, dass bei dem ganzen Vorgange die Chlorophyllkörner eine wichtige Rolle spielen. Die Frage, die wir hier behandeln wollen, spitzt sich also darauf zu, ob ein im Lichte und in Thätigkeit befindliches Chlorophylikorn durch schweflige Säure leichter und stärker beschädigt wird, als ein in der Dunkelheit be- findliches, von dem Assimilationsprozesse ausruhendes Chlorophylikorn. Die ersten Versuche, um diese Einwirkung festzustellen, hat J. v. Schroeder ausgeführt”). Zwei Tannenzweige wurden zwei Stunden lang 1) Ber. d. deutsch. bot. Ges. 1900, 18, 352. ?) v. Schroeder und Reuss, 76. a 4 » s 4 . £ Be * 3 J Er — 131 — unter zwei gleiche Glasglocken gestellt, unter denen der Gehalt der Luft U/400o an schwefliger Säure betrug. Die Glocke mit dem Zweige B befand sich während des Versuches im Keller des Laboratoriums an einem dunkeln Orte, die Glocke mit dem Zweige C stand in der direkten Mittagssonne. Nach dem Versuche wurden sie mit einem dritten Zweige A, der die normale Verdunstung zeigen sollte, unter gleiche äussere Verhältnisse gebracht und nach einer gewissen Beobachtungszeit zur Schwefelsäurebestimmung benutzt. Äusserlich zeigte nach etwa 93 Stunden B keine Verletzung, Ü hatte da- gegen schon gebräunte und fahle Nadelspitzen, als er aus der Glocke herauskam; dies steigerte sich noch bis zum Beginne von Nadelfall bei Be- endigung des Versuches. Dann ergaben sich folgende Zahlen: A B Ü Frischgewicht der Zweige vor dem Versuche . 76,75 73,85 74,35 g Gewicht beim Schlusse des Versuches . . . . 76,70 74,20 58,25 8 Amstrocknen . . . Ben 2 ul 085 = 16,10€ Wasser in Summa ee a Pe A 29,10 45,00 g Davon zugesetzt durch Austrocknen. . » .„ . 0,05 0,00 16,10 g Aufgenommenes Wasser verdunstet . . Pa 41,55 29,10 28,90 g Aufgenommenes Wasser pro 1000 gem Blattfläche erdunstet. -. .. . : ar m 14,47 14,19 g Schwefelsäuregehalt in 100 Teilen N le lkrdekan. substanz am Ende des Versuches . . . . 0,124 0,171 0,200 & Hieraus ergiebt sich, dass der in der Sonne gestandene Zweig den grössten Gewichtsverlust zeigt. Dass auch der dunkel gehaltene Zweig trotz seines normalen Aussehens sich wesentlich von dem normalen Zweige A unterscheidet, lehrt ein Blick auf die angeführten Zahlen. Wenn gegen diese Versuche noch eingewendet werden kann, dass die Temperaturverhältnisse nicht gleich waren, so wurden auch einige ausge- führt, bei denen dieser Einwand fortfällt. Fichten- und Ahornbäumchen in Töpfen wurden z. T. in diffuses Licht ans Fenster, z. T. unter ver- dunkelte Kammern gebracht. Die Temperatur war annähernd gleich. Die angewendete Gasmenge betrug Yıoooo bis "/aoooo der Luft der Glocken. Die dunkel gehaltenen Exemplare zeigten erst nach wiederholten Versuchen Verletzungen der Nadeln, während die im Licht stehenden nach viel weniger Expositionen bereits Nadelschäden aufweisen. Diese Resultate werden auch durch spätere Versuche bestätigt, die J. v. Schroeder!) in Gemeinschaft mit W. Schmitz-Dumont unternommen hat. Auch R. Hartig?) hat dahin zielende Versuche ausgeführt und stellt eben- falls die schädigende Wirkung des Lichtes in Verbindung mit den Dämpfen der schwefligen Säure fest. ') Tharander forstl. Jahrb. 1896, 46, 6. ®) Forstl. naturwiss. Zeitschr. 1896, 5, 251. 9° — 132 — F. W. Oliver!) fand bei seinen Untersuchungen über die Wirkung der Stadtnebel auf die Vegetation, dass der Lichtmangel als Folge des Nebels die Vegetation für Beschädigungen empfänglicher mache, wobei sich aber die sogenannten Licht- und Schattenpflanzen verschieden verhalten. Die umfassendsten Versuche stellte H. Wislicen us?) mit der Fichte an. Um die natürlichen Verhältnisse der chronischen Vergiftung möglichst genau nachzuahmen, baute er sich ein eigenes Vegetationshaus, das mit einer Ventilationseinrichtung versehen war, so dass eine fortwährende Erneuerung des Gemisches von Luft und schwefliger Säure erfolgen konnte. Die nähere Beschreibung und die Abbildungen vergleiche man S. 71. Zur Anstellung der Versuche wurden 16 etwa 7jährige, gleich gut entwickelte Fichten aus dem Pflanzgarten in Töpfe verpflanzt und mehrere Wochen akklimatisiert. Davon blieben 4 als Kontrollpflanzen im Freien, 6 wurden für die Tag-, 6 für die Nachtversuche reserviert. Die Aufstellung der Pflanzen im Hause geschah stets nach demselben Schema (Fig. 2D). Die Tagespflanzen kamen früh 7 Uhr ins Vegetationshaus und blieben der Räucherung und der darauf folgenden Nachräucherung bis Abends 7 Uhr ausgesetzt. Abends 7 Uhr wurden diese Pflanzen ins Freie geschafft und die sechs Nachtpflanzen traten an ihre Stelle. Die Verdunkelungs- rahmen hielten diese Pflanzen bis zum nächsten Morgen im Dunkeln. Die Versuche begannen am 12. Juli und dauerten bis zum 24. August. Die Konzentration der schwefligen Säure betrug "/ıo00000, welche Menge bei den Nachtpflanzen auf /500000, '/250000, "/100000 und schliesslich I/s0000 gesteigert wurde. Erst nach nahezu 2 Wochen traten bei Tageslicht geringfügige Anzeichen einer Einwirkung auf; nach 4 Wochen starben die Tagespflanzen ab. Die Nachtpflanzen zeigten trotz der Steigerung in der Menge der schwefligen Säure während der Versuchsdauer keine Veränderung. Die Krankheitserscheinungen traten bei den Tagespflanzen auffallend regel- los auf; direkt neben den kranken Nadeln fanden sich gesunde Nadeln, bald waren die jungen Triebe, bald die alten Nadeln zuerst erkrankt; ferner waren die Nadeln teils von der Spitze aus, teils von der Basis aus, teils schliesslich über die ganze Oberfläche verfärbt. Anscheinend zeigen sich demnach an derselben Pflanze Verschiedenheiten in der Widerstands- fähigkeit gegen saure Gase. Eine weitere Versuchsreihe mit 13 siebenjährigen Fichten begann am 29. November und dauerte bis zum 29. Januar; dieselbe wurde in der- selben Weise wie der vorhergehende Versuch, jedoch nur in den Tages- stunden durchgeführt, zuletzt ebenfalls mit einer Steigerung der ver- wendeten Menge schwefliger Säure. Während und am Schluss des Ver- ') Journ. Roy. Hort. Soc. Londön 1893, 16. ”) Tharander forstl. Jahrb. 1898, 48, 152. E — j suches zeigte sich zwischen den beräucherten und den Kontroilpflanzen kein Unterschied; in beiden Reihen behielten die Pflanzen ihr dunkel- grünes, winterlich-frisches Aussehen, sodass eine Störung des Wachstums der Winterpflanzen ausgeschlossen ist. Bei der mikroskopischen Unter- suchung zeigten sowohl die Pallisadenzellen als das Schwammparenchym und die Schliesszellen fast ausnahmslos keine Veränderungen. Die che- mische Untersuchung der Versuchsobjekte ergab in der Trockensubstanz im Mittel: Tagespflanzen Kontrollpflanzen Nachtpflanzen Gesamt- |Schwefel- Gesamt- |Schwefel-| Gesamt- |Schwefel- asche säure asche säure asche säure 7 0 % 0 Me 7 0 / p y o Ze: Zi a — ee BEE PBE Eine l. Sommerpflanzen . 3,43 0,421 5,04 0,420 4,24 0,245 2. Winterpflanzen. . 4,42 0,483 — | — 4,66 | 0,405 Die Nachtpflanzen, welche während des ganzen Versuches unverändert grün geblieben waren, zeigen hiernach ebenso wie die erkrankten Topf- pflanzen gegenüber den Kontrollpflanzen eine Zunahme an Schwefelsäure, ein Beweis dafür, dass während der langen Versuchsdauer die Funktion der Schliesszellen die Nachtpflanzen nicht vor der Aufnahme der schwef- ligen Säure bewahrt hat. Auffallend ist der hohe Schwefelsäuregehalt der Kontrollpflanze des Winterversuches; vielleicht ist derselbe darin begründet, dass für die Untersuchung beim Fehlen junger Triebe die an sich schwefel- säurereicheren älteren Nadeln verwendet wurden, während bei dem Sommer- versuche alte und junge Nadeln gemischt zur Untersuchung dienten. Aus diesen Versuchen folgt allgemein, dass die Pflanzen gegen schweflige Säure im Sommer und bei Tageslicht empfindlicher sind, als bei Nacht oder im Winter. Die vorstehend geschilderten Versuche sind für das Verständnis der Wirkung der schwefligen Säure von grosser Wichtigkeit. Während man in allen den Fällen, wo mit befeuchteten Pflanzen operiert wurde, wohl mit Sicherheit die Wirkung auf die sich bildende Schwefelsäure setzen muss, die das Blatt von aussen ätzt und ins Innere eindringt, kommt hier nur die Wirkung des Gases in Betracht. Dasselbe findet durch die Ober- haut seinen Weg in das Innere des Blattes und wirkt auf die Chloro- phylikörner ein. Solange dieselben sich in Ruhe befinden, kann ihnen die Säure nichts anhaben; sobald sie aber assimilieren, beginnt die zer- störende Wirkung. Die Ursache dafür ist in der Thätigkeit der Chlorophylikörner selbst zu suchen, worüber in Abschnitt D näheres mitgeteilt werden soll. Die Erkenntnis, dass schweflige Säure im Verein mit dem Licht — 134 — schnellere und grössere Schäden verursacht, erklärt auch die allbekannte Thatsache, dass bei den dem Rauch exponierten Bäumen die Wipfel und Zweigspitzen am ehesten leiden. Sie sind natürlich dem Lichte am meisten ausgesetzt und werden deshalb viel eher beschädigt, als die im Lichtschutze befindlichen Teile des Baumes. b) Die Wirkung von Feuchtigkeit und Trockenheit. Es ist eine bekannte und allen Beobachtern längst vertraute That- sache, dass Hüttenrauch bei feuchtem nebligem Wetter am verderblichsten wirkt, während selbst deutlich wahrnehmbare Mengen von schwefliger Säure bei trockener Luft viel geringeren Schaden verursachen. Daraus schloss man, dass Pflanzen mit feuchter Oberfläche der Gefahr der Rauch- vergiftung in höherem Grade ausgesetzt seien, als solche mit trockener. Bereits A. Stöckhardt hatte durch seine Versuche nachgewiesen, dass bei häufiger Einwirkung sehr geringer Mengen von schwefliger Säure die benetzten Pflanzen eher beschädigt wurden als die trockenen. Umfassender sind die Versuche M. Freytags'), der das Verhalten der landwirtschaftlichen Pflanzen gegen schwefligsaure Rauchgase in verschie- dener Weise prüfte. Um den Einfluss der Feuchtigkeit bei der Einwirkung der schwef- ligen Säure auf die Pflanzen festzustellen, hat M. Freytag auf Klee-, Weizen-, Hafer- und Bohnenpflanzen, welche unter einer Glasglocke standen, schwef- lige Säure einwirken lassen; die in die Versuchsglocke eintretende Luft und ebenso die schweflige Säure waren vorher durch Chlorcaleium ge- trocknet. Bei diesen Versuchen zeigte sich nach "/,stündiger Einwirkung einer '/ı°/, schweflige Säure enthaltenden Luft keine nachteilige Verän- derung der Pflanzen und M. Freytag glaubt infolgedessen zu dem Schlusse berechtigt zu sein, dass die in den Hüttendämpfen bezw. den Verbrennungs- gasen enthaltene schweflige Säure bei heiterem trockenem Wetter auf die Vegetation benachbarter Grundstücke nicht schädigend einwirke. Diese Schlussfolgerung dürfte aber mit Rücksicht auf die Art der Versuchs- anstellung zu weit gehen, denn in der wirklichen Praxis wird man als »trockenes Wetter« niemals eine Luft bezeichnen, wie sie M. Freytag in der Glasglocke durch Trocknen über Chlorcalcium hergestellt hat; in Wirklich- keit enthält selbst die im landläufigen Sinne als trocken bezeichnete Luft einen gewissen Feuchtigkeitsgehalt, welcher nach anderweitigen Versuchen zur Herbeiführung der schädlichen Einwirkung der schwefligen Säure genügt. Auch die Versuche M. Freytags über die Unschädlichkeit der schweflig- sauren bezw. schwefelsauren Rauchgase bei Regenwetter sind wenig beweis- führend für praktische Verhältnisse, da die Versuchsanordnung zu wenig ') Mitt. d. Königl. landw. Akademie Poppelsdorf 1869, 2, 34. — 15 ° — der Wirklichkeit angepasst ist. Diese Versuche, bei denen Weizen, Hafer und Erbsen mit schwefligsaurem bezw. schwefelsaurem Wasser verschie- dener Konzentration besprüht wurden, sind bereits früher beschrieben, nach der dort angegebenen Versuchsanordnung müsste man annehmen, dass die schweflige Säure der Rauchgase bei Regenwetter vollständig aus der Luft ausgefällt würde, wenn man zu der von M. Freytag gezogenen Schluss- folgerung kommen wollte; da dieses aber nicht der Fall ist, so kann man die Versuche nicht in dieser Weise deuten. Dagegen zeigen die Versuche, dass schwefligsaures bezw. schwefelsaures Wasser bis zu der geprüften Konzentration von 0,10°/, den Pflanzen nicht schädlich wirkt. Für die Praxis ist hiermit aber nicht viel gewonnen, denn bis jetzt ist ein Regen- wasser mit einem solchen Gehalt an freier Säure noch nicht konstatiert worden; das Maximum an freier Säure in rauchenden Industriegegenden beträgt etwa '/z. der oben geprüften und als unschädlich erwiesenen Menge Schwefelsäure. Wenngleich daher eine Benachteiligung der oberirdischen Pflanzenteile durch schwefligsaures oder schwefelsaures Wasser an sich nicht von der Hand zu weisen ist, so kann dieselbe hiernach doch im all- gemeinen bei Rauchschäden als für die Praxis bedeutungslos ausgeschaltet werden, sie könnte nur bei besonders ungünstigen Verhältnissen, wie das folgende Vorkommnis bei M. Freytags Versuch lehrt, in Frage kommen. Während des ganzen Sommers nämlich litten seine Pflanzen nicht, bis plötzlich im August nach dem Begiessen sich ein sehr heisser trockener Wind vor einem Gewitter erhob. Am nächsten Tage zeigten die Pflanzen deutliche Schäden. M. Freytag schliesst daraus, dass die im Wasser gelöste Säure durch die schnelle Verdunstung der Tropfen in kurzer Zeit so kon- zentriert worden sei, dass die Blätter dadurch angeätzt wurden. Während es sich bei diesen Versuchen um die Einwirkung schwetlig- bezw. schwefelsauren Wassers auf die Pflanzen handelt, stellte M. Freytag die Einwirkung der schwefligen Säure auf die Pflanzen fest, wenn diese Säure in feuchte Luft tritt oder wenn schweflige Säure Pflanzen trifft, welche schwach benetzt z. B. betaut sind. Bei diesen Versuchen wurde in der Weise verfahren, dass die Pflanzen möglichst normal, wie im freien Felde wuchsen und dass nur als neuer Faktor die schweflige Säure in wechseln- der Menge hinzutrat. Die Versuchsfläche wurde zur Hälfte stark, zur Hälfte nur notdürftig mit Kompost gedüngt. Die Fläche wurde derartig in Beete von 2 m Länge und 3,2 m Breite geteilt, dass jedes Beet auf der einen Hälfte stark, auf der anderen Hälfte schwach gedüngt war. Versuchsfrüchte waren Sommerweizen, Hafer und Erbsen. In die Mitte der drei ersten Beete wurde ein 20 mm weites Bleirohr gelegt, von dem sich zwischen je zwei Saatreihen ein 10 mm weites Bleirohr auf beiden Seiten bis an das Ende der Beete abzweigt, in welchem alle 5 cm Löcher von 1 mm Durchmesser eingestossen waren. Das weitere Bleirohr war an — 136 — dem einen Ende geschlossen und an dem anderen offenen Ende mit einer 15 Liter fassenden Woulff’schen Flasche verbunden, in der sich eine ver- dünnte wässerige Lösung schwefliger Säure befand; durch diese wurde ein konstanter Luftstrom hindurchgeleitet, welcher je nach der Konzen- tration des schwefligsauren Wassers beim Durchstreichen durch dasselbe mehr oder weniger schweflige Säure und Wasserdampf mit fortriss. Diese mit schwefliger Säure und Wasserdampf geschwängerte Luft konnte nur durch die Öffnungen der engeren Bleiröhre entweichen, mischte sich dann mit der zwischen den Pflanzen befindlichen Luft und wirkte weiter auf die Pflanzen ein. Aus diesen Versuchen ergab sich, dass eine Lutft, welche mehr als 0,004 Gewichts- oder mehr als 0,0018 Volum -Prozente schwefliger Säure enthält, die Chlorophylikörner der feuchten, grünen Blätter von Weizen, Hafer und Erbsen derartig zerstörte, dass man schon nach wenigen Stunden diese Einwirkung wahrnehmen konnte. Die schäd- liche Einwirkung der schwefligen Säure trat nicht bei allen Blättern gleich stark auf; besonders die saftigen jungen Blätter mit noch sehr zarten Zellenwandungen und ganz geringem wachsartigem Tegument wurden am kräftigsten davon ergriffen; alles andere gleich angenommen litten die blatt- reichsten Gewächse am meisten. Bei einem Gehalte von 0,003 Gewichts- oder 0,00135 Volum-Prozent schwefliger Säure in der Luft wurde den Pflanzen selbst bei ununterbrochener Einwirkung unter den ungünstigsten ‘Wärme- und Feuchtigkeitsverhältnissen nicht der geringste Schaden zuge- fügt. Um dieses letztere Versuchsergebnis noch näher zu prüfen, wurde die Einwirkung einer 0,003 Gewichts- oder 0,00135 Volum-Prozent schwef- liger Säure enthaltenden Luft auf die Pflanzen längere Zeit beobachtet; jedoch liess sich eine ungünstige Beeinflussung des Wachstums nicht fest- stellen, wie auch nachfolgendes Ernteergebnis noch besonders ergiebt. Auf gleich grossen Parzellen wurde geerntet: Weizen Hafer Erbsen Kör- Kör- Kör- Hül- RER Stroh Kär Stroh ner | sen | Stroh g 8 8 g 8 g 8 1. Parzellen stark gedüngt: | a) mit schwefliger Säure. . . | 638 | 1978 | 824,5 2981,5] 152 92 | 266 b) ohne schweflige Säure . „| 478 | 1458 | 535,0 |2432,0| 140 78 | 233 2. Parzellen schwach gedüngt: | | | a) mit schwefliger Säure. . .| 465 | 1519 | 610 | 2418 | 185 | 61 | 209 b) ohne schweflige Säure . .| 380 | 1305 | 460 | 1866 | 127 55 | 180 Diese Versuche bestätigen also die Richtigkeit der zuerst ermittelten Grenzzahlen, sodass also hiernach feuchte nebelige Luft mit einem Gehalte von 0,003 Gewichts- oder 0,00135 Volum-Prozent schwefliger Säure für die u sie Aue. } Vegetation als nicht schädlich anzusehen sein würde, die Schädiichkeits- grenze aber für schweflige Säuren zwischen 0,003 und 0,004 Gewichts- prozent zu suchen ist. Mögen nun auch M. Freytags Versuche nicht überall einwandsfrei und nicht ohne weiteres auf die Praxis übertragbar sein, so lehren sie doch so manches, was mit Erfahrungen in der Natur übereinstimmt. In gewissem Sinne sind seine Deutungen jedenfalls richtig. Wenn durch starken Regen die schweflige Säure aus der Luft herabgerissen wird, so wird natürlich bei den in Betracht kommenden starken Verdünnungen kaum ein Schaden eintreten, da das Wasser ja sofort wieder von den Blättern abfliesst. Bei feinem Spritzregen und bei Nebel stellt sich aber die Sache ganz anders. Die aus der Luft stammende Säure hat dann Zeit, auf die Blättern einzuwirken, namentlich wenn durch äussere Verhältnisse eine schnellere Verdunstung der Wassertröpfehen eintritt. In den ersten Morgenstunden sind derartige Umstände gegeben, wenn Tau oder Nebel durch die zunehmende Sonnenwärme verdunstet werden. Bei langsamer Schneeschmelze finden wir dasselbe, wie auf S. 44 näher ausgeführt ist. Streng genommen müsste man derartige Wirkungen auf die Pflanzen von denen des Gases absondern. Während das Gas im allgemeinen seine Wirkungen im Inneren des pflanzlichen Organs äussert, ätzt natürlich das im Wasser gelöste Gas das Blatt von aussen und wird erst nach langsamem Eindringen durch die Oberhaut auch im Innern schädlich werden. Es wird indessen in den meisten Fällen schwer werden, die Wirkung des trockenen und des in Wasser gelösten Gases auseinander zu halten. Setzen wir den Fall, dass die schweflige Säure als Gas in das Intercellularsystem eindringt, so findet sie hier stets eine mit Wasserdampf gesättigte Luft vor, in der eine Lösung und mehr oder weniger vollständige Oxydierung zu Schwefelsäure stattfinden kann. Besser als die M. Freytagschen Versuche zeigen den Einfluss der Feuchtigkeit diejenigen, die J. v. Schroeder!) unternommen hat. Er nahm für jede Versuchsreihe zwei im Topf stehende Fichtenbäumchen, von denen das eine vor der Räucherung trocken gehalten wurde, während das andere stark begossen und besprengt wurde, so dass das Wasser wie Tau auf den Nadeln hing. Nach dem Versuch wurden beide Pflanzen ins Fenster gestellt. Bei '/go000 schwefliger Säure zeigte sich nach der sechsten Räucherung \ ” u » . der Unterschied. Das trockene Bäumchen war fast normal, das feucht gehaltene sah mehr oder- weniger fahlgrün aus. Eine weitere Räucherung verklärkte den Unterschied noch mehr und nach 2 Tagen war das letztere Bäumchen fast ganz abgestorben, während ersteres nur eine geringe Schädi- gung aufwies. ') Thar. Forstl. Jahrb. 1873, 28, 227. — 13 — r Bei "/zo000 schwefliger Säure war bereits nach der dritten Räucherung der Unterschied deutlich und das begossene Bäumchen starb schnell ab. Bei noch stärkeren Konzentrationen von !/g0000 — "/30000 schwefliger Säure trat der Unterschied zwischen beiden Bäumchen meist schon nach der ersten Räucherung auf. Aus diesen Versuchen folgert J. v. Schroeder mit Recht, dass die Trockenheit die Bäume bis zu einem gewissen Grade zu schützen vermag, während die Feuchtigkeit ihre Widerstandsfähigkeit herabsetzt. Dieses Resultat stimmt mit der praktischen Er- fahrung überein, dass bei Nebel- und Taubildung der Schaden grösser ist als bei trockenem Wetter. Wir sahen nun bereits, dass auch das Licht die Wirksamkeit des Giftes zu unterstützen vermag, wahrscheinlich auch die Wärme, obgleich über die letztere noch keine speziellen Versuche vorliegen. Es müsste also die Wirkung der schwefligen Säure am stärksten sein, wenn Licht, Feuchtigkeit und Wärme als fördernde Faktoren hinzu- kommen. Das wird z. B. eintreten können nach Regenfällen an heissen, sonnigen Tagen, ferner nach Nebel in den Morgenstunden, während bei Nacht die Wirkung unter allen Umständen gering ausfallen müsste. Der Einfluss ‚des Lichtes ist ein grösserer als der der Feuchtigkeit. Das erscheint auch leicht verständlich, da ja das Licht die Assimilations- thätigkeit der Chlorophyllkörner auslöst und sie damit empfindlicher gegen die Säurewirkung macht, während natürlich das Wasser solche Wirkung nicht besitzt. ec) Die Wirkung des Standortes. Während wir bisher gesehen haben, dass die Wirkung der schwefligen Säure durch Feuchtigkeit, Licht und auch Wärme begünstigt wird, so soll uns jetzt die Frage beschäftigen, ob auch noch andere Verhältnisse einen solchen Einfluss, entweder nach der positiven oder nach der negativen Seite hin ausüben können. Dass dies der Fall ist, haben wir bereits aus verschiedenen, in den vorstehenden Kapiteln geschilderten Versuchen kennen gelernt, ausserdem wurden bei der Besprechung der Resistenz der Waldbäume bereits die wichtigsten Punkte gestreift. Es handelt sich also hier um die Erörterung des Einflusses derjenigen Faktoren, die am besten. als Standortsverhältnisse zusammengefasst werden. Dazu gehören also nicht bloss klimatische Verhältnisse, wie Regen, Schnee, Wind, sondern namentlich die Beschaffenheit des Untergrundes, Boden- feuchtigkeit, Durchlässigkeit, Nährstoffgehalt u. a. m. Jeder Organismus versucht äusseren schädlichen Einflüssen, die auf ihn eindringen, mit aller Kraft zu widerstehen. Dieser Widerstand ist aber grösser oder kleiner je nach der Kraft, die der Organismus in sich birgt. Eine — 139 — gewisse durchsehnittliche Resistenz besitzt jede Art und jedes Individuum, aber dieselbe kann weit über das gewöhnliche Maass gesteigert werden, wenn günstige äussere Bedingungen den Organismus hinreichend gekräftigt haben. Andererseits setzen ungünstige äussere Verhältnisse die Widerstandskraft unter den Durchschnitt herab. Diese Dinge gelten ganz allgemein für Thier und Pflanze, nur sind bei beiden die Momente verschieden, welche die Erhöhung oder Erniedrigung der durchschnittlichen Resistenz bedingen. Immer also sind für die Schnelligkeit der Erkrankung oder bisweilen auch für einen Beginn der Erkrankung äussere Verhältnisse verantwortlich zu machen, die wir in ihrer Gesamtheit als Prädisposition bezeichnen. Die Abhängigkeit, in welcher die Pflanze vom Boden, in dem sie wurzelt, steht, bringt es mit sich, dass in der Beschaffenheit desselben am ehesten die prädisponierenden Momente zu suchen sind. Obgleich die Ansprüche, welche die einzelnen Pflanzen an den Boden stellen, äusserst verschieden sind, so ist doch ein gewisses Minimum erforderlich, um noch einen Ertrag zu gewähren; auch für die Nutzpflanzen, deren Verhältnisse näher bekannt sind, müssen gewisse Anforderungen an den Boden voraus- gesetzt werden, wenn noch ein Ertrag erzielt werden soll. Im allgemeinen kommen drei Bedingungen in Betracht, welche jede Pflanze an den Boden stellt: Durchlüftung, Durchfeuchtung und Nährstoffgehalt. Je nach der Pflanzenart aber werden die Ansprüche höchst verschieden sein, viele Pflanzen verlangen Feuchtigkeit und gedeihen bei geringstem Nährstoffgehalt, wieder andere verlangen lockeren, trockenen Boden und bestimmte Nährstoffe, kurz, wir begegnen hier den grössten Verschiedenheiten. Wir können aber trotzdem behaupten, dass wir in Bezug auf unsere Getreide-, Garten- und Forstpflanzen genau unterrichtet sind, um von vornherein sagen zu können, ob diese oder jene Bodenbeschaffenheit ihnen zuträglich ist und sie resistent gegen äussere Einflüsse macht. | In zweiter Linie ist die Pflanze von klimatischen Einflüssen abhängig. Diese kommen hier weniger in Betracht, weil man z. B. regenliebende Pflanzen nicht in regenlosen Gegenden anbauen wird und umgekehrt. Wir lassen diese Faktoren deshalb hier ausser Acht. Aus den M. Freytagschen') Versuchen geht hervor, dass die stärker gedüngten Pflanzen sich schneller von den Wirkungen der schwefligen Säure erholten, als die schwächer gedüngten. Diese Erfahrungen stimmen mit denen aus der Praxis völlig überein. Überall, wo dem Getreide oder den Waldbäumen nicht die genügenden Bodennährstoffe zur Verfügung stehen, greift der Rauch um so leichter an und zerstört um so schneller. Hierbei schadet ein Übermass von Nährstoffen kaum. Stark gedüngte Felder entwickeln kräftigere Getreidepflanzen, die bei weitem widerstandsfähiger sein 1) 8, 185. — 140 °— werden, als kümmerlich ausgebildete Pflanzen schlecht bestellter Parzellen. Guter Waldboden mit vielen Nährstoffen macht die Bäume ebenfalls viel widerstandsfähiger und wirkt der schwefligen Säure entgegen. Man sieht das vor allem an Laubbäumen, bei denen die Neubildung der Blätter und der Stockausschlag aus den Wurzeln durch genügende Nährstoffmengen ausserordentlich unterstützt wird. Auch die Nadelhölzer können der Säure länger widerstehen, wenn der Boden, auf dem sie wurzeln, günstig ist. Höchst wahrscheinlich muss die grössere Resistenz gegen Rauch, welche viele Gemüsepflanzen besitzen, zum guten Teil der ausreichenden Düngung und Bewässerung zugeschrieben werden, mit denen man diese Pflanzen bedenkt, während andererseits für die auffallende Widerstands- losigkeit der Obstbäume vielleicht die fast allgemein übliche Vernach- lässigung dieser Bäume verantwortlich zu machen ist. Bei der Neubepflanzung einer dem Rauche ausgesetzten Gegend ist nach dem Gesagten in allererster Linie auf die Bodenbeschaffenheit Rück- sicht zu nehmen. Die Auswahl der anzupflanzenden Gehölze muss daher stets so getroffen werden, dass der Boden für sie um einige Grade zu gut ist, als sonst für sie im Forstbetriebe ausgewählt zu werden pflegt. Je besser der Boden, um so eher ist auch Hoffnung, dass die Anpflanzungen gedeihen und Widerstand leisten. Dafür führt C. Reuss') mehrere Beispiele an, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Zusammenhängende Beobachtungen über die für den Rauch prädis- ponierenden Momente fehlen noch ganz, obwohl sie für die Praxis von der weittragendsten Bedeutung wären. Es wäre deshalb von grösstem Inter- esse, wenn alle diejenigen, welche Gelegenheit haben, diese Dinge in der Praxis zu beobachten, ihre Erfahrungen der Öffentlichkeit mitteilten; nur auf solche Weise ist es möglich, eine breitere Basis zur Beurteilung der den Pflanzen in ihrem Kampfe gegen den Rauch Schaden oder Nutzen bringenden Faktoren zu gewinnen. D. Die Einwirkung der schwefligen Säure auf die Zelle. Schon mehrmals ist in den früheren Ausführungen die Frage gestreift worden, wie wir uns die Wirkung der schwefligen Säure auf die Zellen der Pflanzen vorzustellen haben. Die herabgesetzte Wasserverdunstung, die Fleckenbildung und das Absterben der Blätter sind nur äussere Kenn- zeichen der Wirkung, aber sie gestatten noch keinen Schluss darauf, welche Teile des Zellleibes durch das Gift affiziert werden. Auch die inneren Veränderungen in den Zellen, Plasmolyse, Chlorophylizerstörung und Gerb- stoffabscheidung, sind eben nur äusserlich in die Erscheinung tretende Wirkungen. ') v. Schroeder u. Reuss, Anhang. Tabelle II u. III. R) 2 4 y R b 4 4 | | 2 ) — 141 — Legen wir uns zuerst die Frage vor, ob die schweflige Säure als solche wirkt, so treffen wir bereits auf die erste Schwierigkeit. Wie wir sahen, geht nämlich die schweflige Säure sehr schnell durch Oxydation in Schwefelsäure über, sobald die nötige Menge Sauerstoff zur Verfügung steht. Im Boden, im Schnee und im Regenwasser lässt sich im allgemeinen nur Schwefelsäure nachweisen, da die schweflige Säure bereits innerhalb kürzester Zeit oxydiert wird. Wir müssten deshalb streng genommen die Wirkung der im Regenwasser und Schnee gelösten und zu Schwefelsäure oxydierten schwefligen Säure von der des in der Luft sus- pendierten Gases unterscheiden. Das ist indessen nicht möglich und auch unnötig, da schliesslich die Schädigung dieselbe ist, einerlei ob sie in der einen oder anderen Weise hervorgerufen wurde. Verfolgen wir jetzt das Schicksal der schwefligen Säure, so sehen wir, dass sie durch die Oberhaut in das Blattinnere eindringt und in ein System von Intercellularräumen gelangt, die mit Wasserdampf gefüllt sind. Ist das Blatt belichtet, so findet Assimilation in den Chlorophylikörnern statt und der aus der Kohlensäure abgespaltene Sauerstoff nimmt seinen Weg durch das Intercellularsystem und die Spaltöffnungen ins Freie. Nun ist weiter zu berücksichtigen, dass der Sauerstoff in den Zellen sich in statu nascendi befindet, also besonders befähigt ist, chemische Umsetzungen zu veranlassen. Es unterliegt unter diesen Umständen wohl kaum einem Zweifel, dass die schweflige Säure sofort zu Schwefelsäure oxydiert. Alle Schädigungen müssten also der Schwefelsäure zugeschoben werden. Dafür würden mehrere Erfahrungen sprechen. Wenn nämlich den Pflanzen durch Nebelbildung oder sonstige Luftfeuchtigkeit genug Wasser zur Verfügung steht oder die Assimilation am Tageslicht stattfindet, so treten die grössten Schädigungen ein und gleich- zeitig sind auch die günstigsten Bedingungen zur Oxydierung in Schwefel- säure vorhanden. Indessen sprechen andere Erfahrungen wieder dagegen. Wenn ganz trockene Pflanzen im trockenen, halbhellen Zimmer im Rauch- kasten stark geräuchert werden, so tritt schon nach 10 Minuten eine deutliche Beschädigung der Blätter ein. Man wird hier weniger an schnelle Oxydierung denken und in solchen Fällen geneigt sein, eine Beschädigung durch die gasförmige schweflige Säure anzunehmen. Unseres Erachtens ist es auf Grund der bisher vorliegenden Unter- suchungen nicht möglich, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die schweflige Säure als solche oder als Schwefelsäure wirkt. Möglicherweise wird nur ein Teil des Gases oxydiert und man wird deshalb in vielen Fällen eine gleichzeitige Wirkung von schwefliger Säure und Schwefelsäure annehmen müssen, wenn man von besonders günstigen Umständen für die schnelle und vollständige Oxydation absieht. M. Freytag neigt sich der Meinung zu, dass wir es nur mit Schwefelsäurewirkungen zu thun haben, — 1422 — J. v. Schroeder!) dagegen scheint mehr die schweflige Säure verantwortlich zu machen. Vielleicht lässt sich die Frage durch Experimente mit Wasser- algen zur Entscheidung bringen. C. v. Nägeli?) war der erste, der sich die Frage vorlegte, wie die schweflige Säure das Leben der Zelle beeinflusst. Er sagt darüber folgendes. » .... So hat man von der Schwefelsäure, dem Alkohol und anderen Substanzen behauptet, dass sie durch Wasserentziehung wirken. Auch die schweflige Säure soll dies thun, weil Pflanzenblätter in einer Atmosphäre mit geringen Mengen von schwefliger Säure vertrocknen. Es ist nun sicher, dass das schwefligsaure Anhydrid der Pflanzensubstanz nicht bloss Sauerstoff, sondern auch Wasser entzieht. Allein dieses Gift verursacht in so geringen Mengen das Verderben der Pflanzen, dass die entsprechende minimale Wassermenge keine Schuld an dem Vertrocknen der Blätter haben kann, welche in warmer, trockner Luft viel mehr Wasser durch Verdunsten ohne Nachteil verlieren. Übrigens übt die schweflige Säure in den nämlichen geringen Quantitäten auf die im Wasser lebenden Pflanzen, wo die Wasserentziehung ohne Bedeutung ist, einen eben so schädlichen Einfluss aus. »Dass dieses Gift durch Kontakt wirkt, geht, wie ich glaube, mit grosser Wahrscheinlichkeit aus dem Verhalten der damit behandelten Hefenzellen hervor. Schweflige Säure in solcher Menge dem roten Wein- most zugesetzt, dass sie denselben eben zu entfärben vermag, verhindert die Entwickelung der Hefenkeime, tötet dieselben aber nicht. Man kann somit nicht wohl annehmen, dass sie eine Zersetzung verursache, sondern bloss, dass sie durch ihre Anwesenheit einen schädlichen Einfluss auf das lebende Plasma und dessen normale Bewegungen ausübe. Sowie man nach kürzerer oder längerer Zeit Sauerstoff zu dem geschwefelten Wein- most zutreten lässt, so geht die schweflige Säure in Schwefelsäure über, der rote Farbstoff wird wieder hergestellt und bald beginnt auch, indem die Hefenkeime sich entwickeln und vermehren, Alkoholgärung. In gleicher Weise muss die schweflige Säure, die in der Nähe von Fabrikgebäuden in der Atmosphäre enthalten ist, auf die Blätter. der höheren Pflanzen ein- wirken. Sie unterdrückt die Lebensthätigkeit des Plasmas, und das Ver- trocknen ist eine sekundäre Erscheinung, welche immer auftritt, wenn in dem Gewebe der Blätter durch irgend eine schädliche Ursache die normalen Prozesse gestört werden.« 2 C. v. Nägeli stellt sich also die Sache so vor, dass die schweflige Säure die normale Bewegung im Plasma stört. Die Wasser- und Sauer- stoffentziehung und später das Vertrocknen würden daher bloss sekundäre ') v. Schroeder und Reuss, 81. ”) Theorie der Gärung. München 1879, 86. ie ee — 143 — Erscheinungen sein. Die molekularen Veränderungen, die er annimmt, sind natürlich nicht sichtbar, sondern können eben nur durch sekundäre Erscheinungen sichtbar werden. Dazu würden also Entmischung des Plasmas, Abscheidung von Gerbstoff, Korrosion der Chlorophylikörner u. a. gehören. Wenn auch durch diesen Erklärungsversuch die Bedeutung der äusserlich sichtbaren Veränderungen ins richtige Licht gesetzt worden ist, so bleiben wir über die innere Mechanik der Einwirkung nach wie vor im Unklaren. Für unser Verständnis ist wenig gewonnen, wenn wir die Wirkung der schwefligen Säure als eine Hemmung der Plasmabewegung auffassen, denn es würde sich daran sofort eine ganze Reihe von Fragen knüpfen, zu deren Lösung heute noch nicht einmal ein Anlauf genommen ist. So bleibt es unklar, ob wir uns die Bewegungshemmung so vorzustellen haben, dass die Moleküle rein mechanisch oder durch chemische Bindung in ihrer Bewegung gehindert werden. Und selbst wenn wir das wüssten, so könnten wir uns wieder keine Vorstellung davon machen, wie denn durch die Bewegung des Plasmas die vielfachen Lebensäusserungen der Zelle erzeugt werden. Vor der Hand also müssen wir uns damit begnügen, statt mit einer wirklichen Erklärung mit dem Schlagwort » Bewegungshemmung« zufrieden zu sein, alles übrige müssen wir den Forschungen der Zukunft über- lassen. 9. Zusammenfassung der Resultate mit Bezug auf die Beurteilung von Rauchschäden. Bei der grossen Wichtigkeit, welche gerade die schweflige Säure im Hinblick auf die gewöhnlich vorkommenden Rauchschäden besitzt, erscheint es uns angebracht, wenn wir jetzt kurz die in den vorhergehenden Kapiteln erörterten Thatsachen noch einmal zusammenstellen, damit das, was als gesichertes Resultat der bisherigen Forschungen erscheint, um so schärfer hervortritt. 1. Selbst bei starker und wiederholter Einwirkung von schwefligsauren oder schwefelsauren Rauchgasen auf den Boden, sei es direkt oder sei es durch Vermittelung der atmosphärischen Niederschläge, findet eine wesentliche Erhöhung des Schwefel- säuregehaltes im Boden nicht statt. Abgesehen von den Um- setzungen der Bodenbestandteile findet keine Veränderung der Bodenzusammensetzung statt und daher kann im allgemeinen von einer Benachteiligung des Bodens durch die schweftlig- sauren bezw. schwefelsauren Rauchgase kaum die Rede sein. 2. Eine direkte Einwirkung der freien d. h. ungebundenen schwefligen Säure oder Schwefelsäure der Rauchgase auf die Wurzeln der Pflanzen ist unter normalen land- und forstwirt- — 14 — schaftlichen Verhältnissen unwahrscheinlich; sollte durch die Einwirkung schwefligsaurer oder schwefelsaurer Rauchgase im Boden eine Vermehrung des Sulfatgehaltes eintreten, so ist dies ohne Einfluss auf das Wachstum der Pflanzen und daher eine Beschädigung der Pflanzen durch saure Rauchgase durch Vermittelung des Bodens so gut wie ausgeschlossen. Se 3. Eine schädliche Einwirkung der sauren Rauchgase auf das Wachstum der Pflanzen kann nur dann eintreten, wenn die schweflige Säure oder die Schwefelsäure direkt mit den Blatt- organen der Pflanzen in Berührung kommt. Mit der Beschädigung der Pflanzen durch diese Säuren geht stets eine Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes parallel. Letztere zeigt sich aber auch in den auf. sulfatreicheren Böden ge- wachsenen unbeschädigten Pflanzen und es kann daher ein er- höhter Schwefelsäuregehalt der Pflanzen nicht immer als ein Beweis für Rauchbeschädigung gelten; vielmehr sind hierbei stets die besonderen Standortsverhältnisse zu berücksichtigen. 4. Die Empfindlichkeit der Pflanzen gegen schweflige Säure und Schwefelsäure ist verschieden; selbst Pflanzen der- selben Art sind je nach ihrer ındiv iduellen Anlage verschieden empfindlich. 5. Bei länger fortdauernder Einwirkung haben sich selbst so geringe Mengen wie V/ıoooooo Schwefliger Säure als nachteilig für ‚ das Pflanzenwachstum erwiesen. Schwefelsäure hat sich bei den Versuchen M. Freytags als schädlicher, bei den Versuchen von J.v. Schroeder als weniger schädlich als schweflige Säure er- | wiesen. 6. Die von der gleichen Blattoberfläche (oder der gleichen Menge Blatttrockensubstanz) unter fast gleichen Verhältnissen in derselben Zeit von zwei verschiedenen Pflanzen aufge- nommenen Mengen an schwefliger Säure geben für sich allein kein Mass für die Schädigung, welche der Gesamtorganismus der betreffenden Pflanzen dabei erleidet; es müssen im Gegen- teil hier die spezifischen Eigentümlichkeiten in der Organisation der einzelnen Pflanzen mit in Rechnung gezogen und einer Prüfung unterworfen werden. 7. Die Spaltöffnungen der Blattorgane spielen bei der Auf- nahme der schwefligen Säure keine Rolle; das Gas wird über- haupt nicht durch die Spaltöffnungen, sondern von der ganzen Blattoberfläche aufgenommen; deshalb ist die Verschiedenheit der Menge der in das Blatt eindringenden schwefligen Säure nicht durch die Anzahl der Spaltöffnungen, sondern durch andere 3 1 . Bi — 15 — in der eigentümlichen Organisation der einzelnen Pflanzen be- gründete Bedingungen zu erklären. 8. Durch die Einwirkung der schwefligen Säure findet eine Störung der Wasserzirkulation statt, welche sich in verstärkter Wasserabgabe äussert und zum Vertrocknen der Blätter führt. 9. Die Aufnahme der schwefligen Säure und demgemäss auch die Störung der Wasserzirkulation ist bei Einwirkung der- selben Menge schwefliger Säure in derselben Zeit bei Licht, hoher Temperatur und trockener Luft grösser, als im Dunkeln bei niederer Temperatur und feuchter Luft, mithin sind die schweflige Säure und die sauren Rauchgase überhaupt im all- gemeinen bei Tage schädlicher als bei Nacht. 10. Morphologisch äussert sich die Wirkung der schwefligen Säure durch Fleckenbildung auf den Blättern, Absterben der Blätter und Zweige, Zurückbleiben des jährlichen Dickenwachs- tums und zuletzt Eingehen der Pflanze. 11. Im Innern der Pflanzenzellen wird Plasmolyse erzeugt, die Chlorophyllkörner werden zum Absterben gebracht und bilden mit dem Plasma und den übrigen Inhaltsstoffen eine zu- letzt braune amorphe Masse. Gleichzeitig scheidet sich auch in den meisten Fällen, namentlich bei sehr allmählich wirkenden Schädigungen Gerbstoff aus, der sich durch braune oder schwarze Zusammenballungen in den Zellen zu erkennen giebt. 12. Die Wirkungsweise der schwefligen Säure haben wir uns als eine Störung des Lebens des Plasmas in der Zelle vor- zustellen. Wahrscheinlich wirkt sie als Schwefelsäure, die durch Oxydation der schwefligen Säure mit dem Sauerstoff der assi- milierenden Chlorophyllkörner bei Gegenwart des aus dem Zell- saft stammenden Wassers entsteht. 13. Durch anhaltende Einwirkung von Wasser bezw. Regenkann in abgestorbenen Blattorganen die aus der Luft aufgenommene schweflige Säure oder Schwefelsäure wieder entfernt werden. Bei Coniferen und wahrscheinlich auch bei anderen Pflanzen, deren Blattorgane harz- oder wachshaltig sind, wird die aus den Rauchgasen aufgenommene schweflige Säure oder Schwefelsäure durch Regen nicht in dem Masse wieder ausgelaugt, dass da- durch die Erkennung einer Rauchbeschädigung unmöglich wird. 14. Ein botanisches, absolut sicheres Erkennungsmittel für Schäden durch schweflige Säure giebt es nicht, sondern es ist nur möglich, durch den Komplex der äusseren und inneren Beschädigungen auf ihre Gegenwart zu schliessen. Der sicherste Nachweis ist die chemische Analyse auf Schwefelsäure. Hascelhoff und Lindau, Rauchbeschödigung. 10 — 146 — 6. Beispiele aus der Praxis für Beschädigungen dureh schweflige Säure. Herzog Juliushütte bei Goslar. Von den Unterharzer Hütten, nämlich denen zu Oker, der Sophien- und der Herzog Juliushütte bei Goslar, ist die letztere die zweitgrösste. Nach J. v. Schroeder und C. Reuss'), deren Schilderung im folgenden zu Grunde gelegt ist, ohne dass wir mit Sicherheit anzugeben vermögen, ob heute noch genau dieselben Voraussetzungen zutreffend sind, verarbeitete sie im Jahre 1879 11500 t Bleierz aus dem Rammelsberg bei Goslar. Da diese Erze einen sehr hohen Gehalt an Zinkblende (32—36°/,) und Schwerspath (32—38”/,) besitzen, so setzen sie der Verhüttung ganz be- sondere Schwierigkeiten entgegen. Die Verarbeitung muss deshalb wegen des geringen Wertes der Erze (10—12"/, Blei) auf möglichst billige Weise geschehen. Die Schwefelmetalle müssen durch die Röstung möglichst voll- ständig in Oxyde und Sulfate übergeführt und das Zink möglichst voll- ständig entfernt werden, da es als Metall nicht gewonnen werden kann. Man erreicht diesen Zweck durch das Röstreduktionsverfahren. Die erste, etwa 5 Monate dauernde Röstung geschieht an freier Luft. Die Erze werden sorgfältig auf Holzbetten aufgeschichtet und geröstet. Dabei bilden sich dort, wo der Sauerstoff zutritt, schwefelsaures Zink, Eisen, Mangan und schweflige Säure, die entweicht. In den oberen, be- reits des Sauerstoffes beraubten Teilen der Rösthaufen sublimiert aus den kiesigen Beimengungen der Erze der Schwefel aus. Er sammelt sich in Vertiefungen, die oben auf den Haufen angebracht sind, in flüssigem Zu- stande an und wird durch Ausschöpfen gewonnen. Auf diese Weise wurden 11,25 t Rohschwefel jährlich gewonnen. Auf die erste Röstung folgen zwei Nachröstungen von drei und zwei Monaten Dauer. Da der Gehalt an Schwefel schon bedeutend geringer ist, so nimmt man sie in überdachten Räumen vor. Das Erzklein der Röst- haufen wird dann vor dem Schmelzen zur Gewinnung von Zinkvitriol ausgelaugt. Der ziemlich hohe, im Durchschnitt etwa 17°, betragende Schwefel- gehalt der ursprünglichen Erze wird durch die angegebenen Prozesse all- mählich verringert. Bei dem ersten Rösten entweicht sehr viel schweflige Säure, gleichzeitig wird aber auch noch eine grosse Menge als Rohschwefel gewonnen und als regulinischer Schwefel in nächster Nähe der Hütte niedergeschlagen. Die Nachröstungen und die Zinkvitriolgewinnung nehmen wieder einen Teil des Schwefels fort, so dass nur noch rund 2%, Schwefel in den Schlacken, die auf die Halde kommen, vorhanden sind. Die Menge ) v. Schroeder u. Reuss, 234. der schwefligen Säure, die in die Luft entweicht, übertrifft aber den übrigen unschädlich gemachten Schwefel beinahe um das Zweieinhalbfache. Es enthalten nämlich die 11500 t Erz bei Annahme eines Gehaltes von 17°/. 1955 t Schwefel. Davon entweichen in Form von schwefliger Säure 1376,75 t d. h. 70,4°/,, während nur 29,6°, als nutzbarer Schwefel ge- wonnen werden oder als unschädlich gemachter verloren gehen. Die 70,4°/, Schwefel würden einer Menge von 2753,5 t schwefliger Säure ent- sprechen, die alljährlich ihre Wirkung auf die Vegetation ausüben kann. Durch noch grössere Vorsicht beim Röstprozess soll jetzt ein etwas grösserer Gewinn an nutzbarem Schwefel erzielt werden. Wahrscheinlich nun ergänzen sich die Zahlen des in die Luft entlassenen Schwefels und der seit 1879 gesteigerten Erzverarbeitung so, dass auch heute noch die Atmosphäre mit einer ähnlichen Menge von schwefliger Säure belastet wird wie früher. Nach der offiziellen Statistik') verarbeitete die Herzog Juliushütte an Rammelsberger Erzen im Jahre 1880 12896 t, 1881 12609 t, 1882 14129 t. Vom folgenden Jahre ab ist in der Statistik leider nicht mehr angegeben, welche Tonnenzahl auf die einzelnen Unterharzer Hütten entfällt, sondern es ist nur die Gesamtsumme der verhütteten Erze angegeben. Dieselbe betrug in den folgenden Jahren: 1883 50912 t 1892 58297 t 1884 51839 t 1893 59599 t 1885 83430 t 1894 39473 t 1886 53990 t 1895 36818 t 1887 54870 t 1896 58893 t 1888 51502 t 1897 59972 t 1889 54856 t 1898 60815 t 18590 54006 t 1899 62995 t 1891 54732 t Nach den Zahlen früherer Jahre beträgt die Erzverarbeitung in der Herzog Juliushütte etwa ein Drittel der Gesamtsumme aller Unterharzer Hütten. Nehmen wir an, dass dieses Verhältnis noch heute zutreffend ist, so würde sich die Erzverhüttung von 11500 t im Jahre 1879 auf über 20000 t im Jahre 1899 gehoben haben. Denselben Schwefelgehalt der Erze und die gleiche Behandlungsart wie im Jahre 1879 vorausgesetzt, würden gegen 5000 t schwefliger Säure in die Luft gehen. Nun mag durch bessere Einrichtungen jetzt eine grössere Menge von Schwefel abge- fangen werden, aber es kann wohl als wahrscheinlich hingestellt werden, dass die Menge der entweichenden schwefligen Säure keineswegs geringer als vor 20 Jahren ist. ') Zeitschr. f. das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preuss. Staate 1880 — 1900. Die vor 1880 verarbeiteten Mengen sind bereits bei J. v. Schroeder und C. Reuss angegeben worden und sollen hier wie auch in den späteren Fällen nicht wiederholt werden. 10* — 148 — Die Herzog Juliushütte liegt nordwestlich von Goslar am Nordabhange des Nordberges, gerade vor einem dreieckigen Thalausschnitt, der vom Granethal zwischen Nordberg und Todberg gebildet wird. Der Rauch der Hütte wird also durch alle nördlichen und nordwestlichen Winde gerade auf die mit Fichtenhochwald bestandenen Hänge des Nordberges zugetrieben. Nordostwinde bringen den Rauch dem völlig kahlen Todberge zu, wo er erst in dem entfernter liegenden Walde wieder schädlich wird, wenn auch in geringerem Masse als an dem näher liegenden Nordberg. Die geringeren Schäden am Todberg erklären sich aber nicht bloss aus den verhältnis- mässig seltenerem Auftreten der Nordostwinde, sondern auch durch den aus dem Granethal kommenden Thalzug, der den Rauch über die Ebene hin nach Norden verteilt. Die Rauchblösse, welche die Hütte umgiebt, erstreckt sich demnach auf die unteren Hänge des Nordberges und die ganze Nordost- und Nordseite des Todberges. Nördlich der Hütte greift die Blösse auch über die Eisenbahn hinüber. Der nach Langelsheim sich hinziehende, das Grane- thal begrenzende Hügelrücken, die Haardt genannt, ist völlig kahl und zeigt vielfach auch schon abgestorbene Grasnarbe. Tiefe Regenrinnen durchziehen an solchen Stellen den jedes Pflanzenwuchses beraubten Boden. Nach Norden hin, wo Ackerland an die Hütte grenzt, werden nur verhältnismässig geringe Schäden beobachtet. Dies hat augenscheinlich nicht bloss darin seinen Grund, dass die Beschädigungen an Feldfrüchten geringer und weniger auffällig sind als an Bäumen, sondern hauptsächlich erklären wohl klimatische Verhältnisse diese Erscheinung. Im Frühjahr, wo hauptsächlich die Südwinde den Rauch den Feldern zuführen werden, giebt es noch nicht viel zu beschädigen und in der eigentlichen Vegetationsperiode treten die Südwinde gegenüber den nördlichen und westlichen Luft- ströomungen zurück. Auch die nächste Umgebung der Hütte, die an- liegenden Äcker und Gärten, leiden nur unter besonderen Umständen. So waren im Mai 1901 einige Nebeltage gewesen und hatten den Rauch in der Nähe der Häuser festgehalten. Das hatte sofort zu einer Beschädigung der Pflanzen geführt. Die in den Gärten stehenden Rhabarber, Polygonum sacchalinense, Hollunder (Sambucus), Flieder (Syringa), Ahorn, Weissdorn u. a. zeigten die charakteristischen Blattverletzungen. Besonders auffällig treten die rot ge- färbten Blattflecken bei den Polygonaceen hervor. Sie sind ganz besonders dadurch bemerkbar, dass sie fast ausschliesslich auf der Fläche der Blätter auftreten, nur selten gehen sie bis zum Rande. Dagegen stechen die weiss gefärbten Biattränder vom Hollunder sehr auffällig ab. Die an die Gärten angrenzenden Felder zeigten nur ganz leichte Beschädigung der Blattspitzen des Roggens. In anderen Jahren sind bisweilen ziemlich umfangreiche Schäden an Gartenpflanzen beobachtet worden. Wenn auch die Obstbäume sich nicht — 149 — als besonders empfindlich zeigten, da sie wiederholter Räucherung bedurften, um Blattflecken zu zeigen, so wiesen doch Strauchobst, wie Stachel-, Jo- hannis- und Himbeeren tiefgehende Blattzerstörungen auf. Erdbeeren, Kohlarten, Bohnen, Zwiebeln u. a. waren widerstandsfähiger, während Spinat und Erbsen dem Rauche bald erlagen. Wenn der Rauch zur Blütezeit in die Gärten einfällt, so vernichtet er fast immer die Obsternte. Ungleich interessanter und ausgedehnter sind die Beschädigungen in den Forsten am Nordberg. Von der Hütte aus gesehen zieht sich die Blösse ein Stück den Berghang hinan, dann folgt eine Strecke mit kleinen krüppelhaften Kiefern und Fichten, dazwischen zerstreut finden sich kleine, Laubholzanpflanzungen, endlich tritt der geschlossene Hochwald auf, dessen Rand sich ganz allmählich unter der Einwirkung der Säure lichtet. Nach Östen zu zieht sich die Blösse am Berge hin, bis sie wieder von lückigem und geschlossenem Bestande abgelöst wird. Im Westen geht die Blösse in die des Todberges über. Betritt man das Gebiet des Nordberges von Goslar her, so trifft man zuerst am Osthange auf einen alten prächtigen Fichtenbestand, der keinerlei Schädigung aufweist. Sobald aber der Weg nach dem Nordhange herum- biegt, ändert sich allmählich das Bild. Da der Rauch diese Flächen des Berges bestreicht, so treffen wir hier auf die ersten Spuren der Beschädi- gung, die mit abnehmender Entfernung von der Hütte zunehmen. Die hohen 40 —50 jährigen Fichten zeigen mehr dürres Holz, als man sonst im frischen Harzwalde zu sehen gewöhnt ist. Je näher der Hütte, um so mehr treten auch dürre Äste in der Gipfelregion auf. Die Nadeln sind bis auf die letzten zwei oder drei Jahrgänge abgefallen und bedecken mit hoher Schicht den Boden, der wenig Kräuter aufweist. Um jeden Baum herum hat sich ein kleiner Wall von trockenen Ästehen und Nadeln an- gehäuft; das »Geniste«, wie der Forstmann diese Erscheinung nennt, hat hier gegenüber dem im normalen Walde befindlichen bedeutend zugenommen. Von akuten Schädigungen war in Anbetracht der frühen Jahreszeit noch nichts zu sehen (Ende Mai). Während anfangs noch voll geschlossener Bestand herrscht, treten bald die ersten Baumleichen auf. Die Lückigkeit des Bestandes nimmt mehr zu, die Bäume werden krüppelhafter und bald ist der Übergang zur Rauchblösse erreicht. Wenn diese auch in der nächsten Nähe der Hütte nur Heidekraut und. Gras aufweist, so beginnt doch mit der Erhebung des Hanges ein spärlicher Baumwuchs. Meist sind es verkrüppelte, niedrige Kiefern (Fig. 11), die hier die Rolle der Vorposten des Waldes übernehmen. Dazwischen stehen auch einige kleine kränkelnde Fichten. In Mulden, über die der Rauch wegzieht, sehen die Bäume besser aus, aber starke Beschädigungen der Äste und Nadeln treten noch deutlich hervor. Die vorjährigen Kiefernnadeln waren von der Spitze bis zur Mitte gelb gefärbt. — :150 — Um sich vor weiterem Schadenersatz wegen Waldbeschädigung zu schützen, hat die Hütte einen grossen Waldbezirk am Nordberg, der sich am Nord- und Westhange bis etwa zur Mitte hinaufzieht, von der Stadt Goslar angekauft. An einzelnen Stellen ist versucht worden, im lückigen Fichtenwald Anpflanzungen zu machen. Man hat Akazien, Eichen, Buchen und andere Laubhölzer gewählt, weil diese erfahrungsgemäss akute Schäden leichter überwinden als Nadelhölzer. Die Erfahrungen, die man aber da- mit gemacht hat, sprechen nicht sehr für ein Gedeihen der jungen Bestände. Die Akazien sahen schon recht dürftig aus, Eichenstummelpflanzen hatten zwar ein besseres Aussehen, aber eine lange Dauer werden auch sie nicht haben, wie die Beobachtungen bei Letmathe zeigen. So wird denn auch hier, wenn der Betrieb der Hütte nicht geändert wird, die Zerstörung des Baumwuchses fort- schreiten und mit der Zeit wird sich eine ebenso ausgedehnte Blösse bilden wie an der Haardt und am Todberg. Schliesslich seien nach J. v.Schroe- der und C. Reuss') noch einige Ana- lysen von Fichtennadeln angeführt. Am SO Hange des Nordberges ent- hielten die Nadeln der ungeschädigten Fichten 3,54°/, Asche und 0,210°%% Schwefelsäure oder wenn die Schwefel- säure auf Aschengehalt von 100 be- rechnet wird, 5,94. Am NOKopfe des Nordberges, wo mittel geschädigte Fig. 11. Absterbende Kiefer südlich ® . f} der. Tulinsimiis Bar Geier Bestände vorhanden sind, war 3,94% Asche und 0,307 "/o. Schwefelsäure oder 7,79 auf Aschengehalt von 100. Am Rande der Rauchblösse am Nordhang des Nordberges lauten die entsprechenden Zahlen 4,80°/,, 0,740°/, und 17,51. Endlich für den Todberg am Rande der Rauchblösse im Süden der Hütte wurden entsprechend gefunden 4,58 °/u, 0,497°/u und 10,84. Man sieht an diesen Zahlen deutlich, wie der Schwefelsäuregehalt nach der Hütte zu ganz allmählich zunimmt. Silberhütte bei Clausthal. Von Langelsheim, der Station östlich von Juliushütte, zweigt sich nach Süden die Eisenbahn nach Clausthal ab. Sie führt durch das Innerste- thal und vermittelt den Verkehr mit dem Hüttenbezirk von Clausthal. ') v. Schroeder und Reuss, 8. X. hr Be ap ne 9 “= } - a. h > — 151 — Der hier seit Jahrhunderten blühende Bergbau hat dem Walde schwere Schädigungen zugefügt und auch in heutiger Zeit hat der Wald noch zu leiden, obwohl sich mit zunehmender Erkenntnis der Schäden und ihrer Verhütung die Verhältnisse sehr zum Besseren gewendet haben. Durch seinen landschaftlichen Reiz, der in erster Linie auf der dichten Bewaldung der Abhänge und dem Wasserreichtum beruht, reiht sich das Innerstethal würdig den schönsten Thälern des Oberharzes an. Die beiden Hauptorte des Thales, Lautenthal und Wildemann, werden deshalb auch gern von Fremden aufgesucht. In diesem von der Eisenbahn noch nicht allzu lange erschlossenen Gebiete finden sich die beiden Hüttenwerke von Lautenthal und Clausthal, das erstere in der Mitte des Innerstethales, das letztere an seinem Südende gelegen. In alter Zeit waren noch andere Hütten vorhanden, deren Wirksamkeit sich nur noch durch das Vorhandensein der Rauchblössen ahnen lässt. Die Lautenthaler Hütte, die infolge ihres eigenartigen Betriebes nur wenig schädliche Gase entwickelt, ist in unserem Falle ohne Interesse, da die durch sie verursachten Schädigungen nur sehr gering sein können. Ausserdem aber lässt es sich schwer entscheiden, ob die unterhalb von Lautenthal auftretenden Waldschäden nicht noch durch die Clausthaler Hütte erzeugt werden. Bevor wir an die Schilderung der Vegetation gehen, mögen noch an der Hand des Buches von J. v. Schroeder u. C. Reuss einige Angaben über die Produktionsverhältnisse der Ulausthaler Hütte Platz finden. In den Jahren 1851—64 wurden durchschnittlich 4050 t Erz auf der Clausthaler Hütte verhüttet, 1864—67 wurden bereits 4780 t verarbeitet. Von 1868 —70 stieg dann die Leistung auf 5300, 6500 und 7000 t. 1871—73 wurden 9250 t verarbeitet, bis sich dann von 1874—79 durch- schnittlich im Jahre 10150 t ergaben. Die hier verhütteten Erze bestanden aus Bleiglanz (71,86 °/,), Kupferkies (1,45 %,), Zinkblende (5,26 "/o), Schwer- spath und Gips (2,05 %/0), Kieselerde (11,20 °/,) und 8—9/, unwesentlichen Bestandteilen. In dieser Menge befinden sich insgesamt 12,64 °/, Schwefel. Unter Berücksichtigung der in der Hütte geübten Methoden werden etwa 8,5%, des Gesamtschwefels der Erze auf der Schlackenhalde unschädlich gemacht, während 91,5°/0 als schweflige Säure in die Luft gehen. Während demnach von 1851—61 durchschnittlich 935 t schweflige Säure in die Luft entwichen, steigerte sich mit zunehmender Produktion die Menge ganz gewaltig, bis sie auf über 2500 t im Jahre 1879 angewachsen war. Seit dieser Zeit ist im Betriebe der Hütte ein Rückgang eingetreten. Es wurden verhüttet in Tonnen während der Jahre!) ') Nach der Zeitschr. für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preuss. Staate. 1880 — 1900. — 152 — 1879 10 890 1890 9 000 1880 10 200 1891 9.000 1881 10 572,5 1892 6 830 1882 11 277,5 1893 7300 1883 10 400 1894 17 665 1884 I 850 1895 8255 1885 I 050 1896 8 250 1886 I 050 1897 9410 1887 9 750 1898 9190 1888 9 300 1899 7 990 1889 9500 Trotz des Rückganges der Erzverhüttung bis um ein Fünftel der Menge von 1879 betragen doch die Mengen der schwefligen Säure, die in die Luft gehen, immer noch über 2000 t im Jahre. Diese ungeheure Masse von schwefliger Säure, die jahraus jahrein in die Luft entweicht, hat denn auch erreicht, dass um die Claus- thaler Hütte herum sich eine weitausgedehnte Rauchblösse befindet und die Beschädigungen des Waldes bis hinter Lautenthal noch mehr oder weniger deutlich hervortreten. | Die Hütte liegt an der Vereinigung des Zellbaches mit der Innerste. Letzterer Bach kommt von Süden her und wendet sich noch im Hütten- bezirke scharf nach Westen. Da der Zellbach ebenfalls im letzten Teil seines Laufes direkt nach Westen fliesst, so geht der Abschnitt des Thales, der die Hütte beherbergt, fast genau von Osten nach Westen. Der Rauch be- streicht also die im Norden und. Süden der Hütte gelegenen Hänge und geht auch noch ein Stück nach Süden in das obere Innerstethal hinein. Nachdem die Innerste sich unterhalb der Hütte nach Nordwesten gewandt hat, folgt das Thal bis vor Wildemann am Spitzigeberg dem Zuge von Süd- osten nach Nordwesten, dann erst wendet es sich mit dem Bache scharf nach Ostnordosten. Bis zu dieser Wende kann man die Rauchblösse verfolgen. Dieselbe umfasst an der Hütte die Hänge bis zum Scheitel und erst hinter dem Kamme beginnt der Wald wieder. Weiter unterhalb bleibt die Blösse mehr im Thal und zieht sich nur eine Strecke weit den Abhang hinauf. Da das Thal ziemlich breit ist und die Innerste die Thalsohle in mannig- fachen Biegungen durchzieht, wobei denn gelegentlich auch flache Berg- nasen ins Thal hineinragen, so ist es sehr interessant zu sehen, wie die Rauchblösse einen fast geraden Streifen bildet, der beinahe genau von Süd- osten nach Nordwesten zieht. Die Innerste fliesst zuerst in der Mitte dieses waldlosen Striches, dann tritt sie auf der linken Seite heraus und die Rauchblösse zieht sich rechts am Thalhange in gerader Linie nach Nordwesten über die niedrigen Vorhügel hinweg. In weitem Bogen tritt der Bach — 13 — dann wieder in die Blösse ein und fliesst in ihr bis zum Spitzigeberg | weiter. Hier endet dann das zusammenhängende waldlose Gebiet. | Wohl an fast keiner durch Rauch geschädigten Stelle lässt sich so deutlich der Übergang von der intensivsten bis zur schwächsten Beschädi- gung sehen wie an der Clausthaler Hütte. Deshalb kann jedem, der den Typus einer rauchbeschädigten Gegend sehen will, der Besuch des Innerste- thals nicht genug empfohlen werden. Die Hänge in unmittelbarer Nähe der Hütte bieten die grösste Schädigung, den Grad 10 nach der Reuss’schen Skala dar. Sie sind voll- kommen vegetationslos, an 'einzelnen, etwas geschützteren Stellen wächst etwas Gras, das aber auch meist gelb und kränklich aussieht. Auf dem von der Grasnarbe entblössten Boden treiben Wind und Regen ihr Spiel. An den meisten Stellen ist der Humus bereits heruntergespült und un- fruchtbares Geröll oder nackter Fels treten zu Tage. Da die Hänge grösstenteils mit tiefem Geröll bekleidet sind, so sieht man mächtige Regen- furchen vom Kamme bis zur Thalsohle hinunterziehen. Die Abschlämmung des Bodens macht natürlich mit jedem Jahre grössere Fortschritte. Man wird kaum ein schöneres Beispiel für den alten Satz finden, dass die Ve- getation ganz allein es ist, die den Humus an den Hängen festhält und das Wasser verhindert, sich allzu schnell ins Thal zu stürzen. Alle diese Ab- hänge sind natürlich für immer der Kultur verloren. Wenn der Ab- spülungsprozess noch weiter geht, so werden schliesslich auf allen Seiten kahle Felswände die Hütte umgeben. Nach allen Seiten hin finden sich nun Übergänge von dem kahlen vegetationslosen Boden zu dem mit niedriger Vegetation bewachsenen. Namentlich tritt dies deutlich hervor, wenn man von der Hütte aus nach Wildemann hinunter geht. Man trifft zuerst auf spärliche Heidesträucher (Calluna vulgaris), allmählich schliessen sie sich zu dichterem Wuchs, da- zwischen tauchen auch Gramineen auf und zuletzt überzieht wieder eine zusammenhängende Vegetationsdecke den Boden. An feuchteren Stellen, so in der Nähe der Innerste, treten dann kleine Baumkrüppel auf. Meist sind es Birken, die sich selbst ausgesäet haben oder auch einzelne kümmerliche kleine Fichten und Kiefern, die Überreste einstiger ‘An- pflanzungen aus der Zeit, wo man noch mit Hochdruck die Wieder- bewaldung der Blössen erzielen wollte. Eine Rauchblösse in diesem Stadium : macht den Eindruck einer echten Heide. Es ist also in der ganzen nord- | deutschen Tiefebene überall dieselbe Erscheinung zu beobachten: wenn der Wald verschwindet, tritt die Heide seine Erbschaft an. An. den Rändern der Blösse treten dann allmählich wieder grössere Bäumchen auf. Fichten und Kiefern, dazwischen auch Unterholz bilden die ersen Vorstufen des Waldes. An den unteren Hängen treffen wir noch lückigen Bestand in allen Übergängen zur Heide. Weiter hinauf schliesst — 154 — sich der Bestand dichter zusammen und mit dem Kamme hören im all- gemeinen die Schäden auf. An der äussersten Schadengrenze bezeugen nur noch gelbliche Nadeln und trockene Äste einiger Bäume, dass bis auf die Höhe hinauf die Wirkung des Rauches sich geltend macht. Man darf nun nicht glauben, dass die Grenze der Rauchblösse und der weiteren Schädigungsgrenzen wie mit einem Lineal gezogen sei. Ganz im Gegenteil, jede Krümmung der Thalhänge, jede Einsenkung des Bodens verschiebt die Grenzen etwas. Hauptsächlich natürlich spielt bei der Ver- breitung des Rauches der Wind und der sogenannte Thalzug eine Rolle. Diese beiden Faktoren sind es auch, die die Verbreitung des Schadens im Thale bei und unterhalb Wildemann veranlassen. Im allgemeinen werden den Rauch nur südliche Winde ins Thal hinabbefördern. Ausser diesen in Clausthal nicht seltenen Winden dürfte wohl der Thalzug die meiste Schuld an der Beförderung des Rauches tragen. Der Thalzug, der in jedem Gebirgsthal zu beobachten ist, befördert nachts die kältere Luft aus dem oberen Teil des Thales in den unteren hinab, wo erwärmte Luft aufsteigt. Je grösser also die Unterschiede zwischen der Lufttemperatur am Tage und in der Nacht sind, um so stärker wird sich das Herabfliessen der Luft nach dem Ausgange des Thales zu bemerkbar machen. Da der von oben herabkommende Luftzug niedrigere Temperatur besitzt, so wird er auch eine Nebelbildung veranlassen. Und gerade dieser Faktor ist es, der die Wirkung des Rauches so verderblich macht. Seine Wirkung er- streckt sich etwa bis zur halben Höhe der Thalwände. Solange die Stärke des Windes unbeträchtlich ist, folgt die Luft natürlich jeder Biegung des Thales. Wird aber die Geschwindigkeit grösser, so werden die ins Thal einspringenden Bergnasen vom Winde überstrichen ; er geht also gleichsam an solchen Stellen aus dem Thale heraus. Diese meist mit Wald bestandenen Vorsprünge erscheinen nun der Wirkung des Rauches ganz vornehmlich ausgesetzt. Einige spezielle Erscheinungen bei der Einwirkung des Rauches auf die Thalwände hat C. Reuss ausführlicher beschrieben !); darauf kann hier nicht näher eingegangen werden. Vom Endpunkt der Rauchblösse am Spitzigeberg zeigen sich die Punkte der grössten Schädigung an den vorspringenden Bergnasen, ein zusammenhängendes Gebiet grösster Schädigung existiert nicht mehr. Vom Spitzigeberg nach dem Gallenberg hinüber zieht sich ein Strich mit starkem Schaden. Der Bestand ist an einzelnen Stellen lückig, an anderen treten nur Nadelschäden hervor. Oberhalb Wildemann hat man begonnen, Pflanzungen von Nadelholz und Laubholz anzulegen. Fichten und Kiefern sind z. T. wieder totgeräuchert, nur die Bergkiefer (Pinus montana) hält sich länger und zeigt keine Nadelbeschädigung. Das Laubholz (Eichen, ') v. Schroeder u. Reuss, 140. \ h h — 15 — Buchen u. a.) zeigt keine bedeutenden Schäden. Auch weiter oberhalb hat man an einer Stelle eine ganz gute Erfahrung mit Laubholz gemacht. Links von der Einmündung der von Grund kommenden Chaussee in die von Wildemann nach Clausthal führende hat man am Abhang eine Eichen- stockpflanzung angelegt. Diese Pflanzen sind durchweg in gutem Zustande, obwohl sie etwa 20 Jahre alt sind. Allerdings liegt die Stelle bereits ausserhalb der Zone der Rauchblösse, wenn auch noch innerhalb der Zone des lückigen Bestandes. Die Innerste macht am Gallenberg eine scharfe Biegung nach Osten, fliesst dann in einem grossen, nach Westen offenen Bogen an Wildemann und dem Hüttenberg vorbei auf den Decherberg zu. Hier ist nun ein ganz merk- würdiges Vorkommen von Rauchschäden zu konstatieren. Der Gallenberg füllt den weiten Bogen der Innerste mit flacheren, teils von Wiese, teils von Feld eingenommenen Hängen aus. Wenn also der Wind von Süden kommend den Gallenberg passiert hat, so weht er über die Hänge hinüber und trifft am Nordende des Flussbogens gerade auf die Hänge des Hüttenberges, prallt von da ab und trifft gegenüber auf die vom Decherberg her ins Thal vorspringende Wand. Diese beiden Stellen am Hütten- wie am Decherberge zeigen nun lückigen Bestand. Weiter unterhalb dieser noch ziemlich stark beschädigten und nur schwer wieder nachzuforstenden Punkte liegen nur noch wenige, die stärker hervortretende Rauchwirkung zeigen. Dagegen begleitet die Zone der schwächeren Beschädigung beide Seiten des Thales in breitem Bande bis aufs Gebirge hinauf. Auch in kleinere Nebenthälchen dringt diese Zone ein. Sie zieht sich bis gegen Langelsheim hin, wo die Innerste aus dem Gebirge heraustritt. Wer sich über die Schäden genauer orientieren will, der vergleiche die vortreffliche, von Karten begleitete Beschreibung bei J. v. Schroeder und ©. Reuss. Es erübrigt nun noch, einige Zahlen über den Gehalt an Schwefel- säure, die bei den Analysen gefunden wurden, anzugeben '). Gehalt der bei 100° trockenen Fichtennadeln Le. BEN säure, Asche Schwefel- | wenn Asche säure 0 = 100 /o v0 Hüttenberg bei Clausthal, Südrand der grossen Blösse. Auf der Höhe des Bermmes’. »2>-,;%". ET a N 0,693 22,44 Einersberg. N-Rand En grossen "löse. NO von BSilberhütte . . . . 3,00 0,632 21,07 Einersberg. N-Rand der ion Blösse. N von Silberhütte . . . k 8,52 0,642 18,23 ) v. Schroeder u. Reuss, S. XVIff. — 156 — Gehalt der bei 100° trockenen Fichtennadeln Schwefel- — säure, Asche | Schwefel- | wenn Asche 5 | säure — 100 ’o | ar Einersberg. N-Rand der grossen Blösse. NW von Sülberhütie >. raw 4,78 0,705 14,75 Paulwasser, am Innerstethal, S von Silber- hütte Ba RE TE 4,99 0,685 13,72 Paulwasser, im Thale des gleichnamigen Baches. 45:5 320 35 ee 2,72 0,449 16,51 Eichelnberg. W-Rand der grossen Blösse bei Hammerhiitie: ER 5,19 0,925 16,10 Eichelnberg. W-Rand der grossen Blösse über Bilbernal 2 Gi ar a 2,50 1,332 24,01 Eichelnberg. Kopf über den Kreuzbach . 3,16 0,311 9,85 Chaussee nach Grund unter der Höhe des Tareraplatass a Fr 2,13 0,243 ‚11,39 Spitzigeberg, oben . . . . 3,05 0,341 11,19 Gallenberg. S-Hang oberhalb Wildemann bei der scharfen Biegung des Innerste- then 2 DR 3,93 0,702 17,87 Hüttenberg bei Wildemann. S-Hang nach der Innerste . ET 4,10 0,624 15,22 Decherberg unten, SO-Hang gegen die Innerste ee i 3,70 0,608 16,42 Decherberg; Kopf Sr ae 2,57 0,241 9,38 Silberhütte bei Altenau. Ausserordentliche Enge des Thales, steile Wände, prächtiger Fichten- wald und die über gewaltige Blöcke hintosende Oker geben dem Oker- thal im Oberharz Anziehungspunkte, die von Fremden und Einheimischen immer mehr geschätzt werden. In zahlreichen Windungen, bald zur rechten, bald zur linken Seite der Oker, führt die Strasse hinauf nach Altenau, zum Endpunkte des Thales, wo von allen Seiten kleine Bäche herabkommen, um sich mit der Oker zu vereinigen. Etwas unterhalb Altenaus, am Einfluss des. Schwarze-Wassers in die Oker, liegt die Altenauer Silberhütte. Sie gehört mit der Clausthaler und Lautenthaler Hütte eng zu- sammen, hat sich aber in ihrem Betriebe etwas spezialisiert. Ausser Ober- harzer Bleierzen verhüttet sie die sämtlichen Kupferkiese des Oberharzer Bergbaues und noch eine grosse Menge von fremden Erzen, die auf- gekauft werden. Der Hüttenbetrieb war anfänglich derselbe wie bei den beiden anderen Hütten; indessen änderte er sich etwas, als etwa von 1870 ab grössere ad — 157 — Massen fremder Erze zur Verhüttung gelangten. Indessen macht diese Änderung für die Schwefelbilanz nichts aus. vor ihrer Verhüttung abgeröstet. Die Gasprodukte dieser Röstung werden in der Schwefelsäurefabrik die seit 1868 besteht, verarbeitet. Seit dem Bestehen dieser Fabrik hat sich die Menge der in die Luft Die Kupferkiese werden gelassenen schwefligen Säure bedeutend vermindert. So wurden von 1851—68 von dem Schwefel der Erze 6,5°/, durch Schlackenabsatz un- schädlich gemacht, während 93,5°/, in die Luft gingen. Von 1868—79 ab wurden 8,2°, durch die Schlacken und 18,8°/, durch die Schwefel- | säurefabrikation unschädlich gemacht, so dass nur 73 °/, in die Luft gingen. Da die Betriebssteigerung nicht so intensiv war wie in Clausthal und die | Menge des unschädlich gemachten Schwefels sich wesentlich vergrössert hat, so musste die schweflige Säure, die durch den Schornstein entwich, | auch nur eine unwesentliche Steigerung erfahren. Von 1851—59 gingen | in Altenau 645—750 t schweflige Säure jährlich in die Luft, 1859 —69 etwa 1000 t und 1869—76 nur noch 600 t. 1878—79 stieg die Menge wieder auf 840 t. Von dem Jahre 1880 ab betrug die jährliche Verarbeitung in Altenau') in Tonnen: len Er Kupfererze ee Gekrätz Summa | Bleierze Erze 1879 2101,7 534,4 840,9 r£ 3477 | 1880 2118 708,2 437.4 44,6 3308,2 | 1881 1952,5 255,8 479,3 131,1 2818,7 1882 2207,7 403,3 401,1 55,4 3067,5 | 1883 1940,21 404,12 531,43 45,36 2921,12 | 1884 1599,49 418,45 644,03 51,07 2713,04 | 1885 2119,31 387,65 719,17 117,26 3343,39 1886 1327,7 306,1 1508,11 20,84 3162,75 | 1887 984,3 244,0 2045,57 34,84 3308,71 | 1888 750,6 417,75 1731,79 16,30 2916,44 | 1889 864 531 1129 8 2532 1890 1017 936 1403 1 "3357 1891 914 762 1297 4 2977 1892 681 448 1826 2 2957 1893 664 492 1426 50 2632 1894 934 1030 ai 1964 1895 1507 . 1313 u 2820 1896 1206 — 1051 - 2257 1897 884 _ 1364 _ 2248 1898 940 —_ 1322 2262 1899 1030 = 740 _ 1770 ') Zeitschr. f. das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preuss. Staate. 1850— 1900. — 158 — Ganz genau lässt sich nun leider der Schwefelgehalt der verhütteten Erze nicht berechnen, da die Zusammensetzung, namentlich bei den über- seeischen Erzen, schwankt, es ist deshalb nur eine annähernd richtige Schätzung der entweichenden schwefligen Säure möglich. Nehmen wir an, dass der Schwefelgehalt der Erze ungefähr gleich ist und sich seit 1879 nicht geändert hat, so beträgt die Verarbeitung von 1899 nur wenig über die Hälfte von 1879. Es würde demnach auch nur etwa die Hälfte der schwefligen Säure in die Atmosphäre kommen, wie vor 20 Jahren, d. h. etwa 420 t. In der ganzen Zwischenzeit war allerdings der Erzverbrauch ein erheblich grösserer und damit auch die Menge der schwefligen Säure be- deutender. Mit dieser beträchtlichen Abnahme steht auch ein Nachlassen der Beschädigung im Zusammenhang. (Gregenüber dem Innerstethal hat also die Gegend von Altenau mehrere günstige Umstände voraus. Die geringe Erhöhung, welche die Summe der verhütteten Erze im Laufe der Jahre erfahren hat, ist zum grossen Teil durch bessere Ausnutzung in der Schwefelsäurefabrik wieder wett ge- macht worden. Es hat also die Menge der schwefligen Säure, die auch heute noch in die Luft geht, nur eine unwesentliche Steigerung erfahren. Dazu kommt nun noch ein Umstand, der ganz besonders dazu beiträgt, den Schaden von den entfernteren Thalwänden abzuwenden. Um nämlich den Rauch in höhere Luftschichten zu führen und ihm durch die schnelle Verdünnung, die er dort erfährt, den grössten Teil seiner schädlichen Wirkung zu nehmen, hat man am Anfang der achtziger Jahre einen 90 m hohen Schornstein erbaut. Die Mündung desselben liegt fast in gleicher Höhe mit dem Kamme des Rothenberges. Der Rauch wird also jetzt in Kammhöhe ausgestossen und von den herrschenden Winden fortgeführt. Wie dies für die Verbreitung des Schadens wirkt, werden wir sofort sehen. Die Altenauer Silberhütte liegt nördlich von Altenau am Fusse des Rothenberges, dicht vor dem Einfluss des Schwarze-Wassers in die Oker. Rings um die Hütte befindet sich Rauchblösse. Dieselbe reicht thal- abwärts weiter als thalaufwärts nach Altenau zu und greift noch über das Kellwasser hinaus bis auf fast zwei Kilometer nach Norden. Die Blösse hat etwa die Gestalt einer langgezogenen Ellipse, deren Längsachse die Oker, deren südlich gelegenen Brennpunkt die Hütte einnimmt. Dabei zieht sie sich zu beiden Seiten des Flusses bis zur Kammhöhe hinan. Wenn wir von Norden her die Blösse betreten, so zeigt sich auf der linken Seite der Oker die bemerkenswerte Erscheinung, dass die Hänge teils ganz kahl, teils mit wenigen krüppeligen Fichten oder Kiefern besetzt sind, während die Bachschluchten einen zwar geschädigten, aber doch noch ansehnlichen Waldbestand aufweisen. Durchweg besitzt aber der Boden auf den Hängen noch eine zusammenhängende Grasnarbe und stellenweise — 159 — Heide. Allerdings findet sich an denjenigen Stellen, auf die der Rauch direkt auftreffen kann, also an den nach Süden gelegenen Köpfen und Wänden, eine Schädigung des Graswuchses. Die Narbe wird lückig und zeigt den Übergang zur vegetationslosen Blösse. Je näher man der Hütte kommt, um so mehr schwindet die Grasnarbe, Heide tritt zum Teil an die Stelle und zuletzt bleiben nur noch wenige Grasbülten und vereinzelte kümmerliche Heidesträucher, deren äusserste Spitzen bereits Trocknis zeigen, als letzte Überbleibsel einer einst reicheren Vegetation stehen. Dann folgt in unmittelbarer Nähe der Hütte die pflanzenleere Blösse. Fast gegenüber dem Kellwasser auf der linken Seite der Oker zeigt sich eine Bach- Fig. 12. Rauchblösse an der Altenauer Hütte, vom Dietrichsberg aus aufgenommen. Rechts und links kahle Hänge. Im Mittelgrunde befinden sich Hüttengebäude mit der wenig beschädigten Laubholzpflanzung, im Hintergrund an dem Rothenberg die Hütte. Links der Schwarzenberg. schlucht, deren Südhang in charakteristischer Weise die Sand- und Stein- wüste zeigt. Das Regenwasser hat hier tiefe Furchen in den Boden ein- geschnitten, jeder Regenguss befördert Steine und Sand in grossen Massen ins Thal. Der Humus ist vollständig verschwunden, erst unten am Bachufer beginnt wieder in geschützter Lage die Gras- und Baum- vegetation. Auch die gegenüberliegenden Hänge des ÖOkerthales am Schwarzenberg zeigen völlige Vegetationsleere. Da hier der Fels flacher ansteht, so ist er an vielen Stellen bereits blossgelegt und steile Klippen starren jetzt ins Thal, wo früher dunkle Fichtenwälder grünten (Fig. 12). Wenn wir dicht vor der Hütte auf dem Wege am Schwarze-Wasser rechts abbiegen, so haben wir zur linken Seite wieder öde Schutt- und Sand- — 160 — halden, die zum Teil mit spärlichem Graswuchs und Heide bestanden sind. Bald aber beginnt in diesem Seitenthal der Oker der Fichtenbestand, der aus alten, keinerlei Schädigungen aufweisenden Bäumen besteht. Wenn man jetzt das Schwarze-Wasser überschreitet und den Hang des Rothenberges hinaufgeht, so ändert sich allmählich das Bild. Der Bestand wird nach der Höhe lichter und die einzelnen Bäume zeigen ein mehr oder weniger kränkliches Aussehen. Endlich schwindet der Wald und man steht auf einer freien Fläche, die dicht mit Heidekraut und Gras bewachsen ist. Unmittelbar im Thal zu Füssen liegt die Hütte, von der der Schornstein noch eben mit der Spitze sichtbar ist. Bei östlichen Winden wird der Rauch gerade auf den Waldrand zugetrieben. Hier zeigt sich denn auch deutlich, dass der Schaden in den Wald hinein- frisst. Während C. Reuss noch im Jahre 1878 den Hang fast bis zum Rande hin, von wo man die Hütte erblickt, bewaldet gefunden hat, so hat sich die Blösse seit dieser Zeit ganz bedeutend nach oben hin vergrössert. Man kann diese Erscheinung nur darauf zurückführen, dass durch den hohen Schornstein der Rauch jetzt höher den Hang hinaufgetrieben wird. Früher strich er im Thal entlang und haftete nur an den unteren Hängen, jetzt wird er an dem hinter der Hütte liegenden Rothenberg durch die Esse hinaufgeführt und hat dadurch Gelegenheit, an Stellen schädigend zu wirken, die früher vollständig rauchgeschützt waren. Es ist interessant, dass C. Reuss beim Bau des Schornsteins diese Wirkung bereits vorausgesagt hatte. Seine Prophezeihung, dass der Schaden sich nicht weiter im Thale, sondern oben auf dem Gebirge verbreiten werde, ist buchstäblich eingetroffen. Vergleichen wir die Wirkungsweise dieser Esse mit der bei Silberhütte im Selkethal, so fällt dieser Vergleich sehr zu Gunsten der letzteren aus. Während bei Altenau die Spitze des Schornsteins etwa Kammhöhe hat, überragt bei Silberhütte die Aus- mündung der Esse fast um 100 m die Kammhöhe der Berge. Hätte man also in Altenau den Rauch auch in einem Kanale den Hang hinaufgeführt und ihn oben in einen auf der Höhe erbauten Schornstein entlassen, so würde wahrscheinlich von weiterer Schädigung kaum die Rede gewesen sein. Da indessen die Ostwinde doch verhältnismässig selten sind, so wird im allgemeinen wohl auch der Rauch des Schornsteins thalabwärts gehen. Der Thalzug wird auch hier seine Schuldigkeit thun. Ehe dann aber der Rauch wieder auf bewachsene Hänge trifft, hat er doch den grössten Teil seiner schädlichen Wirkung durch die grosse Verdünnung, die er erleidet, verloren. So erklärt sich denn, dass die Rauchblösse sich nach keiner Richtung, mit der einen genannten Ausnahme, vergrössert hat. Rings um die Rauchblösse zieht sich ein breiter Streifen, in dem der Wald bedeutendere Schädigungen aufweist. Vom krüppelhaften und stark lückigen Bestand finden wir alle Übergänge bis zum geschlossenen Bestande, ur. v — 161 — bei dem nur noch einzelne Nadelschäden besonders exponierter Bäume auf Rauchwirkung schliessen lassen. An einzelnen Stellen hat man Neu- aufforstungen versucht, aber ohne rechten Erfolg. Die jungen Kiefern und Fichten sehen recht kümmerlich aus und werden binnen kurzem das Schicksal aller Nadelholzpflänzungen in Rauchgebieten teilen. Während in der Nähe der Hütte kein Baumwuchs fortkommt, findet sich etwa zehn Minuten weiter unterhalb im Thale eine Pflanzung von Laubhölzern, die vortrefflich gedeiht. Es sind hier zum Versuch allerlei Ahornarten, Eichen, Linden, Buchen, Weissdorn, Platanen, Kastanien u. a. angepflanzt worden. Man kann sich kaum einen grösseren Kontrast denken, als den zwischen dem üppigen grünen Wäldchen und, den dicht daneben befindlichen pflanzenlosen Berghängen. Und doch kann man, wie es von mancher Seite geschehen ist, das Gedeihen dieser Bäume durchaus nicht dazu verwerten, um die Schädlichkeit des Hüttenrauches zu bestreiten. Es liegen hier nur eigentümliche lokale Verhältnisse vor, die wieder ein- mal die grosse Schwierigkeit der Rauchexpertise illustrieren. Gerade ın der Zeit, wo die Beschädigung der Blätter stattfinden kann, werden die Dämpfe nur äusserst selten durch Nebel im Thale niedergehalten. Der Rauch hat fast immer Gelegenheit, sich an den Hängen festzusetzen und die Thalsohle freizulassen. Dieser klimatische Faktor wird noch durch den hohen Schornstein unterstützt. Je höher die Esse ist, in um so höhere Luftschichten wird auch unter günstigen Umständen der Rauch fortgetragen. In diesem Falle wird er über die Laubholzpflanzung hinweggeführt. Das Ge- deihen der Bäume hat daher nichts besonders Verwunderliches; dass auch sie gelegentlich einmal Schaden erleiden können, zeigten die charakteristischen roten Säureflecken an mehreren empfindlicheren Blättern. Immerhin ist aber die Erscheinung, dass in so unmittelbarer Nähe der Hütte so üppiger Baumwuchs sich findet, bemerkenswert und verdiente deshalb hier ausführlichere Erwähnung. Wie wir bereits beim Innerstethal gesehen haben, waren die vor- springenden Bergnasen, an die der Rauch in erster Linie bei seinem Hinabziehen ins Thal anstösst, am meisten gefährdet. Im Okerthal treffen wir analoge Verhältnisse. Etwas unterhalb der grossen Blösse auf der linken Seite fast gegenüber dem kleinen Ahrensberg findet sich am Diet- richsberg, an den der Rauch gerade auistösst, eine kleine kahle Stelle, an die sich ein lückiger Bestand anschliesst. Bis etwa nach Rhomkerhalle hin- unter sind die Schädigungen an exponierten Stellen auch äusserlich noch deutlich zu beobachten, ganz abgesehen von dem erhöhten Gehalt an Schwefelsäure, den die chemische Analyse zeigt. Blössen finden sich allerdings nicht mehr. Nur oberhalb Rhomkerhalle ist ein kahler Hang (Eichberg), der vielleicht durch den Rauch seiner Vegetation beraubt wurde. Wahrscheinlicher ist aber, dass nicht die Altenauer Hütte die Übel- Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 11 —— — 162 — thäterin war, sondern eine, alte eingegangene Hütte am Ausgange des Rhomkerthales der Blösse gegenüber; dieselbe wird im 16. Jahrhundert er- wähnt und Rabenhütte genannt. Der durch das Verschwinden der Vege- tation verarmte Boden wäre demnach bis heute noch nicht imstande ge- wesen, wieder eine Humusschicht zu bilden, die den Baumwuchs er- möglicht. Am Ausgange der Oker in die Ebene finden sich wieder einige unbe- trächtliche Schädigungen, die aber auf die in Oker liegenden Hütten zurück- zuführen sind. Der Schaden, den diese Werke früher nach der Ebene hin- aus angerichtet haben, muss ziemlich bedeutend gewesen sein, denn noch jetzt erstrecken sich nördlich davon ausgedehnte Sandwüsten, auf denen kein Baum gedeiht. Der Eingang des Okerthales hat wenig vom Rauche zu leiden, da der Luftzug in den Morgenstunden, wo erfahrungsgemäss der meiste Schaden angerichtet wird, den Rauch in die Ebene treibt. Ein näheres Eingehen auf diese Verhältnisse ist deshalb überflüssig, zumal auch C. Reuss die in Oker liegenden Hütten ausführlich behandelt hat. Es seien noch einige Zahlen über den Schwefelsäuregehalt der Umgebung der Altenauer Hütte angeführt. Gehalt der bei 100°, trockenen Fichtennadeln an VIREN säure, Asche Schwefel- | wenn Asche säure Le je Dietrichsberg, Rand der kleinen Blösse . 3,50 0,500 14,01 Dietrichsberg, N-Rand der grossen Blösse 3,88 0,654 16,85 Dietrichsberg, NW-Rand der grossen Blösse 3,78 0,690 18,24 Rothenberg, W-Rand der grossen Blösse, gerade über der Hütte. . . . , 4,23 0,798 18,86 Rothenberg, S-Rand der grossen Blösse N 3,93 0,668 16,99 Schwarzenberg, O-Rand der grossen Blösse im NO:von, der Hütte 2, Tr Ze 3,95 0,914 23,15 Schwarzenberg, Einhang Kellwasser in ge- schützter Lage . . . Tas 4,49 0,452 10,06 Eichberg, Blösse über ho karte ei 3,32 0,323 9,72 Silberhütte im Selkethal. Ein ganz ausgezeichnetes Beispiel einer Beschädigung bietet die Um- gebung der im Selkethal gelegenen Silberhütte. Auf kleinstem Raume findet sich hier alles, was zur Beurteilung eines Rauchschadens notwendig ist. Da die Besichtigung im August, also während der vollsten Vegetations- periode stattfand, so traten die akuten Schäden mit ganz besonderer Deut- lichkeit hervor. ie ee Di? — 165 — Das Hüttenwerk selbst liegt mit seinem weitausgedehnten Gebäude- komplex auf dem linken Ufer der Selke und zieht sich an dem Hange des im Westen das Thal begrenzenden Berges hinauf (Fig. 13). Der ge- samte Rauch der Hütte wird aufgefangen und durch einen weiten Kanal geleitet, der den Berghang bis zu seiner höchsten Spitze hinaufzieht. An dem Ausgange des Rauchkanals erhebt sich ein gewaltiger Schornstein, der um 100 m die Bergkuppe überragt und nach allen Seiten . weithin sichtbar ist. Der Rauch, der dem Schornstein entweicht, wird dadurch von vornherein in höhere Luftschichten entlassen und durch den oben stets herrschenden Luftzug so verdünnt und so weit hinweg geführt, dass Fig. 13. Silberhütte vom Selkethal aus. Rechts wenig bewachsener Hang (siehe Fig. 14) mit der hohen Esse. Links beginnt zwischen den beiden Schorn- steinen der Rauchkanal, der sich am stark beschädigten Waldrand zur Höhe hinauf- zieht. In der Mitte des Kanals sieht man Rauch, der die undichte Stelle anzeigt. er bei seinem Auftreffen auf den Wald für gewöhnlich kaum noch Schaden anrichten wird. Die genauere Untersuchung der in der Nähe liegenden Reviere hat denn auch ergeben, dass Schädigungen irgend welcher Art nicht mehr nachzuweisen sind, seitdem der Schornstein gebaut ist. In früheren Jahren, als mangels genügender Ableitung der Rauch noch Gelegenheit hatte, sich oftmals im Thale zu lagern und im Thale zu ziehen, waren die Schädi- gungen in der Nähe der Hütte weit intensiver. Die Klagen der Forst- verwaltung über Waldschäden gaben den Anlass zum Bau des Schornsteins. Während, wie wir sahen, in Altenau der Schornstein den Wirkungskreis des Rauches am Kamme der Berge erweitert hatte, liegen die Verhältnisse bei Silberhütte von vornherein günstiger. Da der Berghang, der den Karal mit dem Schornstein trägt, im Westen des Thales liegt, so führen die im 11* — 164 — allgemeinen herrschenden westlichen Winde den Rauch über das hier gerade ziemlich breite Thal und über den gegenüberliegenden östlichen Kamm hinweg; die Ostwinde dagegen tragen den Rauch über den Wald des Kammes weiter ins Gebirge hinein. Auf diese günstigen örtlichen Ver- hältnisse sind die derzeitigen geringfügigen Schäden besonders zurück- zuführen. Es sei bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, dass auch bei Rübeland der Rauch in ähnlichen Kanälen den Berghang emporgeleitet wird. Allerdings sind, der grösseren Höhe des Kammes entsprechend, die Schornsteine viel niedriger. Dass diese Einrichtung auch hier ihre Schuldigkeit thut, zeigt das völlige Fehlen von Rauchschäden im Thale. Fig. 14. Silberhütte im Selkethal.e. Kahler Hang mit nur wenigen kleinen Kiefern und Laubsträuchern. Links die hohe Esse. Während also bei Silberhütte Rauchschäden in den nahe gelegenen Wäldern vollständig fehlen, finden sich doch in nächster Nähe des Rauch- leitungskanales, sowie des Schornsteins intensive Schädigungen. Der Hang, an dem die Hütte gebaut ist, war früher völlig kahl geräuchert, nur auf dem Kamme war der Hochwald, der hauptsächlich aus Fichten besteht, intakt geblieben. Seither hat man dann begonnen, den Hang wieder aufzuforsten. Namentlich ist dies auf dem thalabwärts gelegenen Teile geschehen (Fig. 14). Hier sind Birken, Fichten und Kiefern angepflanzt worden, während sich dazwischen Weissdorn, Hollunder und anderes Strauch- werk angesiedelt haben. Der südliche, thalaufwärts gelegene Teil des Berges zeigt noch, unmittelbar hinter der Hütte beginnend, Laubwald und Nadelwald. Hier stehen hohe Eichen, Birken, mächtige Weissdornbüsche, Kiefern und weiter oben im Anschluss an den Hochwald auch Fichten. Hollunder und Brombeeren bilden stellenweise ein dichtes Gestrüpp; der Boden ist dicht mit Gräsern bedeckt, namentlich oben auf der Höhe, wo Pr — 165 — zwischen dem Schornstein und dem Walde eine ziemlich breite Strecke frei gehauen ist. Der Rauchkanal geht am Rande des Waldes entlang. Solange er sorgfältig gedichtet war und keinen Rauch ins Freie liess, war natürlich jeder Schaden ausgeschlossen; seitdem aber an mehreren Stellen grosse Öffnungen entstanden sind, aus denen mächtige Rauchwolken entweichen, Fig. 15. Schwer geschädigte, blattlose Eiche Fig. 16. Stark beschädigte, fast blattlose Birke bei Silberhütte im Selkethal. bei Silberhütte im Selkethal. Hinter der Birke zieht sich der Rauchkanal nach links hin. hat die Beschädigung der Vegetation aufs neue begonnen. Vor allem haben die Eichen und Birken gelitten (Fig. 15 und 16). Viele von ihnen hatten kaum noch ein gesundes Blatt, viele Äste waren bereits dürr und der krüppelige Wuchs liess erkennen, dass der Rauch bereits seit mehreren Jahren wirksam war. Besonders charakteristisch waren die roten Flecken auf den Blättern des Weissdorns und die weissstreifigen, z. T. auch schon völlig vertrockneten Blätter des Hollunders. Die dieht mit Gras bestandene Lichtung sah wie versengt aus. Die Blätter und Halme der Gräser (meist Holeus mollis) waren weiss gefärbt und völlig vertrocknet. —. be An den Nadelhölzern waren nicht überall Beschädigungen zu sehen. Am meisten hatten die Randbäume des Hochwaldes auf der Kammhöhe gelitten. An den Fichten zeigten sich die bekannten Erscheinungen des Nadelfalles, der zunehmenden Dürre und bei den diesjährigen Nadeln (1901) auch die Rotfärbung. An einer Stelle hatte sich der Rauch gleich- sam ein Loch in den Wald gefressen. Hier waren in einem grossen vom Waldrand ausgehenden Halbkreis viele Fichten bereits abgestorben und andere befanden sich in den letzten Zügen. Durch Wind war eine Anzahl von Stämmen umgeworfen worden, trockene Äste bildeten grosse Holzhaufen und die unverwesten Nadeln bedeckten in dicker Schicht den Boden. Dazu kommt noch eine eigentümliche Weissfärbung der Rinde, wodurch die Bäume ein ganz fremdartiges Aussehen erhalten. Alles in allem bietet Fig. 17. Tote und absterbende Fichten oberhalb der hohen Esse bei Silberhütte im Selkethal. sich hier auf einer ganz kleinen Fläche ein Bild von kaum glaublicher Verwüstung. Eine kleine Partie dieser Schädigungszone zeigt unsere Fig. 17. Im Norden des Schornsteins stehen noch einzelne halbtote und tote Kiefern, an die sich dann der aufgeforstete niedrige Wald anschliesst. Auf der ziemlich ausgedehnten flachen Bergkuppe zieht sich nach Norden zu das Schädigungsgebiet noch eine Strecke weit hin. Steigt man den Ab- hang hinunter, so lässt der Schaden allmählich nach. Die Beschädigung erstreckt sich nicht gleichmässig auf alle Sträucher und Bäume, sondern es sind ganz unregelmässig zerstreute Inseln, welche intensiver beschädigt sind, als die Umgebung. Mitten im Gehölz finden wir denn auch kahle Stellen, auf denen noch die Reste von Sträuchern emporragen. = Hr — Da der grösste Teil des geschilderten Gebietes abgewandt von den undichten Stellen des Rauchkanales liegt, so kann dieser auch nicht für die Schäden verantwortlich gemacht werden. Der Übelthäter kann hier nur der hohe Schornstein sein. Unter gewissen, nicht gerade häufigen Verhältnissen wird bei windstillem nebligem Wetter der Rauch nieder- gedrückt und lagert sich in der Nähe des Schornsteines auf dem Walde. Da der Rauch in solchen Fällen mit voller Konzentration und noch dazu auf feuchte Blätter und Nadeln trifft, so entfaltet er binnen kurzer Zeit eine vernichtende Thätigkeit. Besonders instruktiv sind die einzelnen kahlen Flecken im Gehölz, denn ihre Entstehung lässt sich nur so erklären, dass eine Rauchwolke sich auf dieser Stelle abgelagert hatte. Dass der Rauch sich nicht gleichmässig, sondern an einzelnen Flecken niederschlägt, zeigt auch das später zu erörternde Beispiel des Haferfeldes bei der Dort- munder Zinkhütte. Im Vergleich zu den Schädigungen bei anderen Hütten sind die vor- stehend geschilderten in ihrer Ausdehnung äusserst gering, aber gerade durch ihre Intensität und eigentümliche Art ihres Auftretens stellen sie ein ganz hervorragendes Studienobjekt dar, das besondere Beachtung ver- dient. Aus den entnommenen Proben (August 1901) ergab die chemische Analyse die folgenden Werte in Prozenten der sandfreien Trockensubstanz: Rein- | Schwefel- asche säure Fichtennadeln von Silberhütte in der Nähe des Schornsteins einjährige Nadeln (Durchschnitt von 2 Analysen). . . . 5,05 0,671 zweijährige Nadeln ( u U | r Berl, 5,68 1,038 drei- und mehrjährige Nadeln 5,72 1,030 Zum Vergleich seien noch einige Analysen angeführt, die von gesunden Fichten bei Braunlage entnommen wurden (Juni 1901). | Reinasche | Schwefelsäure einjährige Nadeln . 4,25 0,291 zweijährige Nadeln . . . .. 3,12 0,226 drei- und mehrjährige Nadeln 2,72 0,231 Dieser Gehalt an Schwefelsäure ist etwas höher, als Ü. Reuss als Durch- schnitt von unbeschädigten Bäumen bei Goslar angiebt. Nach den von Schumacher in Goslar angestellten Untersuchungen beträgt der Gehalt nur 0,19 bis 0,20°/,. Indessen kann der höhere Gehalt der Fichten bei Braun- lage nicht auf Rauchwirkung zurückgeführt werden, da die Probestelle im Walde liegt (Beginn des Waldes auf dem Wege nach dem Oderhaus) und weit und breit davon keine Rauchquelle sich befindet. — 168 — Kattowitz-Myslowitz. Während die im vorstehenden geschilderten Beschädigungen der Vege- tation immer auf einen mehr oder minder engen Bezirk beschränkt waren, sei es, weil die Bodenbeschaffenheit und klimatische Faktoren die Aus- dehnung des Schadengebietes einengten, sei es, weil der schädigende Be- trieb nur an der nächsten Umgebung einen Schaden zu stiften imstande war, so soll jetzt ein Gebiet von Rauchbeschädigungen betrachtet werden, das sowohl hinsichtlich seiner Ausdehnung, wie auch hinsichtlich der wissenschaftlichen Diskussionen, die sich an seine Untersuchung knüpften, als einzig dastehend betrachtet werden muss. | Die im Harze bestehenden Hütten sind mit ihren Schäden auf eng begrenzte Streifen beschränkt, die sich nach der Thalbreite und der Höhe der Berglehnen richten. Über den Thalbezirk hinaus liessen sich nur an wenigen Stellen noch Schäden nachweisen; auch im Sauerland liegen die Verhältnisse ähnlich, da die Waldschäden ebenfalls im wesentlichen auf die Berglehnen beschränkt bleiben. Ganz andere Verhältnisse treffen wir in Oberschlesien bei Kattowitz, denn wohl nirgends stehen unmittelbar bei den grössten Gruben- und Hüttenwerken so ausgedehnte Wälder, wie hier an der Grenze dreier Kaiserreiche. Südlich von Kattowitz be- ginnt der zusammenhängende Wald, der von der Linie Kattowitz-Myslowitz sich nach Süden erstreckt. An diesen 3311 ha grossen Komplex schliessen sich nach Süden die Fürstlich Plessschen Waldungen, die noch ausge- dehnter sind, aber keine oder stellenweise nur sehr geringe Schädigung aufweisen. Hier interessiert uns nur der erstere Waldteil, der dem Grafen von Tiele-Winckler gehört. Es soll versucht werden, in kurzen Strichen das heutige Aussehen des Waldes (Juni 1901) mit Berücksichtigung der Reuss- schen Beobachtungen vom Jahre 1892") zu schildern. Kattowitz liegt in einem weiten muldenförmigen Thale, das fast genau von Westen nach Osten streicht und von der Rawa durchflossen wird. Zu beiden Seiten der Thalmulde erhebt sich das Terrain ganz allmählich zu geringer Höhe. Irgend welche bedeutendere und steilere Erhebungen existieren nicht, sondern die Rücken sind ganz flach und breit und senken sich allmählich nach den tieferen Thalpartieen hin. Am Südrücken dieses Thales beginnt der Wald und zieht sich über die Höhe nach Süden zu. Der Nordrand dieses Waldes liegt den Nord-, Nordost- und Nordwest- winden ganz offen, von West- und Ostwinden wird er zum Teil erfasst. Die Hütten, Gruben und Fabrikanlagen befinden sich alle in dem Katto- ') Man vergleiche zu dieser Schilderung die Schriften von ©. Reuss „Rauchbe- schädigung ete.“ und B. Borggreve „Waldschäden ete.“ sowie die Erwiderung von C.Reuss auf die letztere Schrift. — 169 — witzer ‚Thale und ziehen ‚sich durch die ganze Thalmulde bis nach Myslo- witz zum Grenzflüsschen Brinitza hin. ‚Jenseits der Grenze findet man dann russische Werke, die indessen schon zu entfernt liegen, als dass ihnen grosse Schädigungen zugeschrieben werden können. Im allgemeinen herrschen nun in jener Gegend die nördlichen Winde vor"), welche den gesamten Rauch des Industriebezirkes dem Walde zuführen. Ausser den im Thale liegenden Werken sind auch noch einige Gruben mitten im Walde gelegen. Auf diese soll hier nicht näher einge- gangen werden, aber es darf nicht verwunderlich erscheinen, wenn die Umgebung derselben sich durch grössere Beschädigungen an den Bäumen auszeichnet; namentlich steigt der Schwefelsäuregehalt der Nadeln ganz beträchtlich gegenüber demjenigen von Nadeln der weiteren Umgebung. Unser Besuch in Kattowitz fiel Ende Juni 1901, von akuten Be- schädigungen war daher noch nicht viel zu sehen, wohl aber traten, da die frischen Triebe noch nicht alles verdeckten, die dürren Äste und halb- abgestorbenen Wipfel um so deutlicher in die Erscheinung. Die Fahrt ging zum Südthor von Kattowitz hinaus und führte uns zuerst nach dem Südpark. Das ist ein ziemlich grosser Komplex, der meist Kiefern enthält, daneben allerdings auch Fichten und Laubholz, und von der Stadt park- artig umgestaltet ist. Schon von weitem fällt das kränkliche Aussehen der Bäume auf, die Kronen erscheinen fast nadellos und dürre Äste recken sich überall heraus. In nächster Nähe nach Osten zu liegt die Emma- hütte. Sie dürfte am ehesten für die Schäden verantwortlich zu machen sein, die sich im Südpark und an dem Waldrande in der Nähe der Försterei geltend machen. Verfolgt man vom Südpark den direkt südwärts in den Hauptwald führenden Weg, so überschreitet man ein kahles Terrain, das noch nicht zu Feld gemacht ist. Es besitzt noch Grasnarbe und zeigt einzelne Kiefern als Überreste eines Bestandes, den ©. Reuss noch vorgefunden hat. Die Figur 18 giebt eine Anschauung davon, wie die Bäume dort aussehen. Die meisten sind dem Absterben nahe und nur noch wenige Äste besitzen scheinbar gesunde Nadeln. Beim Betreten des Waldes hört der Schaden scheinbar auf und je weiter man in den Wald hineinkommt, um so gesunder erscheinen die Bäume. Fichten und Kiefern wechseln ab, auch grosse Flächen frisch auf- geforsteten Laubholzes trifft man an. Trotzdem hat der Wald ausserordent- lichen Schaden dadurch erlitten, dass der jährliche Zuwachs nur ein ') In den Jahren 1885 — 1890 wurden auf der meteorologischen Station des be- nachbarten Beuthen die durchschnittlichen Windrichtungen wie folgt gefunden. Es wehte im Jahre 41 Tage Nordwind, 32 Nordostwind, 38 Nordwestwind, 44 Ostwind, 44 Westwind. -Auf Südwind kommen 31, auf Südostwind 38, auf Südwestwind 94, endlich auf Windstille 3 Tage. Es wehen also etwa 200 Tage.im Jahre die schädlichen und 160 Tage die nicht schädlichen Winde. äusserst winziger ist. Die Erträgnisse der Waldung stehen also zu ihrer Ausdehnung und ihrem reichen Holzbestand auf gutem Boden in keinem Verhältnis. Der Zuwachsverlust beträgt an den Rändern der dem Südpark zugekehrten Waldecke meist 70°/o, weiter nach innen immer noch 62—65 /.. Der Weg führte uns dann an der Försterei vorbei am Rande des Waldes entlang nach der Amandagrube hin. Der Wald sieht überall jämmerlich aus. Die Kiefern zeigen fast alle mehr oder weniger trockene Wipfel, der Nadelverlust ist ein ganz bedeutender. C. Reuss fand hier Zuwachsverluste bis zu S0°%o. Da bereits eine grosse Anzahl von Stämmen abgestor- ben sind und entfernt werden mussten, so zeigt der Wald an diesen Stellen die typischen Merkmale des lückigen Bestan- des. Allerdings war die Rauch- wirkung nicht mehr in ihrer ganzen Reinheit zu sehen. In den letzten Jahren waren aller- hand schädliche Forstinsekten, darunter auch die Nonne, so zahlreich aufgetreten, dass der Fig. 18. Trockene und absterbende Kiefern am e i Südpark bei Kattowitz (Jagen 9 e). Schaden sich noch bedeutend vergrössert hatte. Das Aussehen des Waldrandes, kurz bevor man an der Kunigundehütte ins freie Feld kommt, führt das Bild in Fig. 19 vor. Kurz vor der genannten Hütte führte die Chaussee an einem Roggen- feld vorbei. Schon von weitem fiel die ungleichmässige Ausbildung der Pflanzen auf. Nicht bloss die Länge der Halme wechselte ausserordentlich, auch die Länge der Ähren war sehr verschieden; Unterschiede von 1:4 waren nicht selten. Dazu war der Kornansatz sehr ungleichmässig. Wahr- scheinlich haben wir es hier auch mit einer Wirkung des Rauches zu thun, obgleich eine Verfärbung der Blätter nicht beobachtet wurde. Un- mittelbar an der Hütte standen einige Laubbäume, darunter Kastanien. Sie sahen nicht besonders gesund aus, zeigten aber nur wenig trockenes Holz. Ganz besonders auffällig war aber an den Kastanien die Ausbildung der Blätter an den jüngeren Zweigen. Dieselben waren gegenüber denen — 171 am älteren Holz nur halb so gross oder noch kleiner und zwar am ganzen Baum an allen jüngeren Zweigen gleichmässig. Es ist bekannt, dass die Blätter der Laubbäume durch die Rauchwirkung etwas in ihrer Grösse zurückbleiben, doch dürfte wohl die Wirkung selten in so auffälliger Weise zu Tage treten, wie sie sich hier zeigte. Vielleicht mögen auch noch andere Ursachen mitgewirkt haben, um eine so augenfällige Wirkung zu erzeugen. » - u A PR % J Du Fig. 19. Stark beschädigte Kiefern am Waldrande in der Nähe der Agnes-Amanda-Grube (Jagen 414). Von der Kunigundehütte zur Amandagrube führt der Weg durch offenes Terrain. Nach dem Thale zu ist der Wald völlig verschwunden, nach der Höhe hin weicht er immer mehr zurück. Beide Seiten des Weges fasst ein breiter Streifen von Heideland ein. Man sieht zwischen Gras und Heidekraut noch die Reste des früheren Waldes. An einem kleinen Wall erheben sieh noch einige kümmerliche Kiefern von Manns- höhe und wenig darüber, deren Tage gezählt sind. Diesen ganzen Kom- plex hat C. Reuss noch mit Wald bestanden gesehen. Er hatte Zuwachs- verluste von 79—97°/, konstatiert, woraus auf das baldige Absterben der Bäume zu schliessen war. Die Fig. 20 zeigt einen Waldrand eines jüngeren Kiefernbestandes kurz vor der Amandagrube. Die Bäume besitzen alle die geringe Benadelung, trockene Wipfel und kümmerliches Wachstum, die für die vom Rauche beschädigten Kiefern charakteristisch sind. Von der Amandagrube aus nach Janow fährt man meist durch ehe- malige Waldstrecken. Die grossen Bäume sind verschwunden, nur niedrige Büsche sind noch vorhanden. Das Nadelholz, das sich gerettet hat, steht durchweg kümmerlich, eine rationelle Aufforstung scheint nicht mehr — 172 — stattzufinden. Auch diesen Bezirk hatte ©. Reuss noch mit Bäumen bestanden gesehen, allerdings waren auch sie bereits im Absterben begriffen. Der Bezirk von Kunigundehütte bis Janow bildet so recht das Zentrum der Schädigung. Von hier zieht sich eine breite Zone in den Wald hinein, die die grössten Zuwachsverluste aufweist. Um den Prozessen wegen Schadenersatz ein Ende zu machen, hat sich die Verwaltung der vereinigten Gruben ent- schlossen, den Waldkomplex zu kaufen, der sich von hier in einem breiten Streifen nach der Südgrenze des Waldes erstreckt. Da jetzt natürlich nur noch ein geringes Interesse für eine rationelle Waldpflege vorhanden ist, Fig. 20. Kiefern am Waldrande bei der Agnes-Amanda-Grube bei Kattowitz (Jagen 34 b). so wird es nicht lange mehr dauern, bis der Rauch immer weitere Lücken in die einst so prächtigen Bestände gefressen hat. Hinter Janow betraten wir den Wald wieder. Mitten im Kiefernwalde lagen einst zwei Gruben, die Agathe- und Eisenbahngrube, die jetzt beide aufgegeben sind. Während früher die in ihrer Nähe gelegenen Wald- parzellen von Kiefern grosse Schäden aufwiesen, hat sich jetzt der Wald wieder erholt und sieht besser aus. Allerdings hatte Raupenfrass in den letzten Jahren neue Beschädigungen angerichtet. Die weitere Fahrt nach Myslowitz zu brachte uns zuerst durch Fichtenbestände, die normales Aussehen besassen und endlich nach einem Gehöft am Waldrande, von dem aus sich die Thalmulde mit Myslowitz im Hintergrunde übersehen liess. Der Waldrand bestand hier aus niederen Kiefern, die zum Teil sehr schwere Beschädigungen aufwiesen. Der Urheber davon ist aber nicht die Hüttenindustrie, sondern einige dicht am Walde belegenen primitiven Ziegeleien, die ihre Steine nicht im Ringofen, sondern in Meilern brennen (Feldbrennereibetrieb). Die Schäden waren ganz ähnlich denen, die in der Nähe der Gruben zu finden waren, Starker Nadelverlust und vorzeitiges Dürrwerden der Äste stellen die äusseren Merkmale dar. Dazu kommen die Schädigung im Zuwachs und damit zusammenhängend der kümmerliche, krüppelige Wuchs der Bäume. Die Fig. 21 zeigt einige Bäume, die dicht an der Lehmgrube der Ziegelei standen. Die weiter südöstlich gelegenen Waldteile zeigen keinerlei grössere Schädigungen mehr. » Fig. 21. Stark beschädigte Kiefern am Waldrande bei der Ziegelei bei Myslowitz (Jagen 55). Nachdem wir vorstehend die allgemeinen Verhältnisse, wie sie zur Zeit herrschen, kennen gelernt haben, soll jetzt an der Hand der Reussschen Untersuchungen noch einiges über den Säuregehalt der Nadeln, den Zuwachsverlust einzelner Bäume und die Produktion an schwefliger Säure durch die benachbarten Werke gesagt werden. Der durchschnittliche Schwefelsäuregehalt von Fichtennadeln, wie er aus Analysen von älteren und jüngeren Nadeln berechnet wurde, beträgt nach C. Reuss!) am Südpark (in der Nähe, wo Fig. 18 aufgenommen ist) 0,57°/,, weiter hinein in südlicher Richtung im Walde 0,44°/,, in der Nähe der Försterei 0,60°%,, bei der Kunigundehütte 0,77°/,, zwischen Amandagrube und Janow 0,78°,, im Walde südlich der Amandagrube 0,66°/,, endlich am Waldende bei Myslowitz kurz vor den Ziegeleien 0,53 %/o. Da weit und breit keine normalen, völlig unbeschädigten Bäume sich finden, so nimmt C. Reuss an, dass der normale durchsehnittliche Gehalt ') C. Reuss, Rauchbeschädigung ete., 2. 1853| 54\55 56 57 |58 59160 6116263 6465 66 67 2. Südpark bei Fig. 18 . ee een Heli] 3. Zwischen Försterei und | Kunigundehütte in den | = Beständen am Rande . | — — — | - | — —| - |-|—-|-|-|1—|1-|-— 4. In der Nähe der Fig. 19 jenseits der Wiese am | Waldrand . . . 2. | — |—|— |7,0/6,0 5,0/4,0|3,0/5,0 3,0|6,0|7,5/4,0/3,5 4,0'5,513,3 5. Derselbe Ort, aber Kie- fer! . . 2 2 2.2.1 1—|-|—|— | — |6,0/5,0/5,5 4,5/4.5/4,7|2,8/5,0 4,5]3,; 6. Amandagrube, Nähe | von Fig.20 Kiefer! . | — |-|-|-|- | - 1-1 | - =-|—-|-|-|—| 7. Zwischen Amandagrube | und Janow am jetzigen | Waldrand . . ...1- |-[1—-|—-[|—|-|—|- |—-5,5)5,5/5,8/4,7|4,2 3,5/3,5/1,8 8. Wald hinter der Aman- dagrube . . 2.2.2.1 |-\1—|—|—|— | — | — | — 9,5)6,06,0|6,0'6,5,5,0,5,5,4,5 9. An der alten Agathe- grube . e 1. Südpark am Südrand . | — |-|- - — | - | - | - | -|- ||) - |- ||| — 3,0 13,0/3,513,512,0/1,611,51,8/1,811,7 11,4 a a0 1,01,5 L1 an Schwefelsäure etwa so hoch ist wie in gesunden Bezirken des Harzes, nämlich etwa 0,20°/o. Eine in einer Entfernung von 30 Kilometern bei Pallowitz genommene Probe, die höchstens durch Lokomotivrauch etwas geschädigt sein konnte, gab den Durchschnittswert von 0,19°/,, was also der Normalzahl aus dem Harz ungefähr entsprechen würde. Das höchste Interesse verdienen nun die Berechnungen, welche C. Reuss über den Zuwachsverlust in den einzelnen Bezirken des Waldes angestellt hat. Vorher ist zwar darauf ausführlicher eingegangen worden (S. 108), aber es seien hier noch einige Zahlen gegeben von Bäumen, die zum Teil aus den Jagen entstammen, aus denen die oben angeführten Proben für die Untersuchung auf Schwefelsäure entnommen sind. Dabei ist namentlich auf vorwüchsige Stämme Rücksicht genommen worden. Der Zuwachsverlust (Zv.) ist angegeben, wie er von C. Reuss für die be- treffende Abteilung des Jagens aus mehreren Bestimmungen im Durch- schnitt ermittelt worden ist. Es ist nach den hier gegebenen Beispielen, die aus den von C. Reuss gemessenen Stämmen beliebig herausgegriffen sind, nicht recht deutlich zu sehen, wann die Schädigung aufgetreten ist; bei einigen Stämmen hat sie in den siebziger Jahren, bei anderen später oder auch früher angefangen. Es unterliegt natürlich keinem Zweifel, dass hier örtliche Verhältnisse mit- sprechen. Jeder Punkt des Waldes wird in erster Linie von einem ganz be- stimmten Betriebe zu leiden haben, daneben aber wirken auch die benachbarten N N et re rn kun —1 u) | z in mm (Rb. = Rindenbreite in mm, Zv. = Zuwachsverlust des Jagens in ®,,, u/" 7980181 8283 8418586 87/8889 90 91 Be- | past merkungen | I aaa 4042 Wan Baaa auge, 2.75 5,0140,4,513,5.4,0.47.4,42,61,9:2,81,93,211,0 Rb. 8, Zv. 7: > 3,020 382,7453,5,4,5.3,5)4.0,,0,2,03,0.4.03.05,02,12,63333 2353 72,2 Rb. 8, Zv. 77 2,8 4,0 2,42,1/2,0 2,413,3 2,7|2,011,7 2,8 2,3,1,4 1,8 2,0.1,6|1,3 0,8.0,8.0,8.0,6.0,6 Rb. 9, Zv. 77 | | | 3,0 4,012,813,7|3,0 3,0/3,5 3,5/2,5/2,5[1,5/2,0/2,41,912,9]2,312,2 1,8.1,211,41,3 1,1 Zv. 77 Wa 1333.23.025181913 Zw. 78 | | | 2,5 2,0 3,413,6 3,0 3,5 3,0 4,013,0 3,312,7 2,512,32,4 3,1/2,6/2,011,91,8'1,3.0,8)0,8 Rb. 8, Zv. 70 — 14,0/4,514,9[5,1 3,513, a 2,9 .2,912,312,7 a a ac | | | a UA I BE 0 IE U 8, Zv. 72 0,9 1,2 1,9|1,9]1,9|2,0 Be 1,311,5|1,72,2 ne 2,011,8|1,72,0/1,411,9 1,2|1,0,Rb. 14, Zv. 50 Rauchquellen ein. Eine scharfe Bezeichnung des Übelthäters lässt sich in keinem Falle vornehmen. Ebenso unmöglich ist es, mit genauen Zahlen die jährliche Produktion an schwefliger Säure auszudrücken. Die einzelnen Betriebe haben sich zu verschiedenen Zeiten vergrössert, von manchen lässt sich der Kohlenverbrauch überhaupt nicht genau feststellen. Nach den mühevollen Berechnungen von C. Reuss ist aber doch so viel klar, dass in den siebziger Jahren eine merkliche Steigerung der Produktion an schwefliger Säure stattgefunden hat. Aus dem Kohlen- und Erz- verbrauch der in Betracht kommenden 54 Werke ergiebt sich, dass in den fünfziger Jahren 3166, in den sechziger 5783, in den siebziger 19299 Ctr. schwefliger Säure über den Wald gegangen sind. Das bedeutet also eine ganz wesentliche Steigerung der Schädigungen in den siebziger ‚Jahren. In dem darauf folgenden Jahrzehnte wurde eine ganze Anzahl neuer Werke eröffnet, die den Schaden von Jahr zu Jahr vergrössern halfen. Gerade der Umstand, dass hier eine grosse Anzahl von Rauchquellen den Schaden erzeugt, lässt eine so durchsichtige und klare Beziehung zwischen Schaden und Rauchvermehrung, wie wir sie im Harze nachweisen konnten, nicht erkennen. Trotzdem aber sei noch einer Beobachtung gedacht, die in klarer und einleuchtender Weise erkennen lässt, dass der jährliche Zuwachs in ganz bestimmter Beziehung zu den schädigenden Faktoren steht. In dem südöstlichen Zipfel des Myslowitzer Waldteiles, genau südlich von dem Punkte, wo unsere Begehung des Revieres abschloss, wurde eine — 1716 — ca. 70jährige Fichte gemessen und es wurden dabei folgende Zuwachs- stärken in je fünfjährigen Zwischenräumen gefunden: 1821—25 28 mm 1856 — 60 8 mm 1826—30 25 mm 1861—65 7 mm 1831—35 ° 22 mm 1866 — 70 6 mm 1836—40 25 mm 1871—75 9 mm 1841—45 25 mm 1876— 80 10 mm 1846—50 23 mm 1881—85 15 mm 1851—55 19 mm 1886—90 12 mm Der Zuwachs ist also bis 1850 etwa konstant, dann beginnt er schnell abzunehmen und später von 1871 an wieder allmählich anzusteigen. Es lässt sich nun dieses Schwanken in den Breiten des Jahreszuwachses genau in Beziehung setzen mit zwei jetzt eingegangenen Hütten, die in der Nähe des betreffenden Waldkomplexes gelegen waren. Gegen Ende der zwanziger Jahre wurden die beiden Zinkhütten, Justina- und Stanislaus- hütte begründet. Diese verarbeiteten ausschliesslich Galmei, so dass die schweflige Säure nur aus der Brennkohle kommen konnte. Von 1866—70 wurden durchschnittlich im Jahre 476,600 Ctr. Kohlen verbrannt, was einer jährlichen Produktion von 7600 Ütr. schwefliger Säure gleich kommen würde. Im Jahre 1870 nun. wurden die Hütten plötzlich geschlossen, nachdem schon im Jahre vorher eine wesentliche Betriebseinschränkung stattgefunden hatte. Dadurch, dass die Menge von 7600 Ctr. schwefliger Säure im Jahre in Fortfall kam, wurden die Bäume zu erhöhtem Wachs- tum angeregt. Die Verbreiterung der Jahresringe kommt zuerst langsam, dann schneller zur Wahrnehmung. Im Anschluss an diese Schilderung sei noch einer Beobachtung von Pfützner'!) gedacht, der einen durch Hüttenrauch verwüsteten Wald in Oberschlesien beschreibt. Der Wald bestand hauptsächlich aus Kiefern und Fichten, dazwischen eingestreut finden sich Tannen, Buchen, Eichen und Erlen. Wie immer zeigte das Laubholz zwar starke akute Schäden, aber sein Wuchs und Aussehen waren im Vergleich zu den Nadelhölzern bedeutend besser. Kiefern und Fichten zeigten die bekannten starken chronischen Beschädigungen. Der Jahreszuwachs war fast ganz sistiert und die Jahrringe waren so eng, dass sie selbst mit der Lupe nicht zu zählen waren. Bäume, die ein höheres Alter als 40 Jahre hatten, wuchsen über- haupt nicht mehr, sondern gingen allmählich ein. ') Jahrb. d. Schles. Forstvereins f. 1881. Breslau 1882, 33. Freiberg in Sachsen. Der Freiberger Hüttenbezirk im Königreich Sachsen wurde von uns nicht selbst besucht, soll aber hier kurz behandelt werden, weil er recht eigentlich den Anstoss zur Aufrollung der Rauchfrage gegeben hat. Natürlich kann es hier nicht unsere Aufgabe sein, die Geschichte dieser Hütten und die ausführlichen Zahlen der verarbeiteten Erze und der in die Luft gelassenen schwefligen Säure zu rekapitulieren. Es sei in dieser Be- ziehung auf die vortrefflichen Arbeiten von A. Stöckhardt'), M. Freytag?) und J. v. Schroeder?) verwiesen, die sich in ausführlichster Weise über dieses Thema verbreiten. In der Nähe der sächsischen Bergwerkstadt Freiberg liegen mehrere fiskalische Hütten, fast genau im Osten der Stadt die Muldener Hütte, im Norden die Halsbrucker Hütte. Beide liegen am Ufer der Freiberger Mulde, die letztgenannte unterhalb. In der näheren Umgebung befinden sich Wälder und Wiesen, in der weiteren im Osten der Tharander Wald, der sich bis nach Tharand hin erstreckt, im Nordwesten der Zellaer Wald. Noch bevor die Schädlichkeit des Hüttenrauches auf die Vegetation von der Wissenschaft richtig erkannt wurde, hatten bereits die Landwirte Klagen erhoben, dass ihre Felder vom Rauche beschädigt würden und ihr Vieh von Krankheiten heimgesucht sei, deren Grund ebenfalls im Rauche zu suchen sein müsse. Es wurde deshalb bereits in der Mitte des vorigen Jahrhunderts eine genauere chemische Untersuchung des Rauches und der Vegetation vorgenommen. Auch die Viehkrankheiten wurden von sach- verständigen Thierärzten genauer untersucht (vergl. das Kapitel Flug- staub). So lange man noch die metallischen Bestandteile des Rauches ausschliesslich für seine schädigende Wirkung verantwortlich machte und dabei namentlich auf Blei und Arsen sein Augenmerk richtete, kamen die Untersuchungen nicht recht vorwärts. Erst als A. Stöckhardt erkannt hatte, dass die schweflige Säure das schädliche Agens sei und durch zahlreiche Experimente an Pflanzen allen Einwendungen gegenüber bewies, dass selbst minimale Spuren dieses Gases chronische Er- krankungen der Vegetation, namentlich der Forstgewächse, zu erzeugen imstande wären, da erst konnten die Untersuchungen von praktischen Erfolgen gekrönt sein. In erster Linie musste es darauf ankommen, die schweflige Säure aus dem Rauche zu eliminieren. So entstanden die Schwefelsäure- fabriken der Freiberger Hütten, die bereits seit 40 Jahren in Thätigkeit sind und einen grossen Teil der schwefligen Säure nutzbringend umgestalten. ') Thar. Forstl. Jahrb. 1871, daselbst auch die frühere Litteratur. ®) Jahrb. f. d. Berg- u. Hüttenwes. im Königr. Sachsen a. d. Jahr. 1873 w. 1875. ») Jahrb. f. d. Berg- u. Hüttenwes. im Königr. Sachsen a. d. Jahre 1884 und Thar. Forstl. Jahrb. 1872, 1873. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 12 — 1798 — Von Jahr zu Jahr verringerte sich der Schaden und als schliesslich nur noch der den Hütten am nächsten liegende Bezirk für die Schädigung in Betracht kam, kaufte der Staat in den achtziger Jahren diese Landstrecken an. Dadurch sind die Klagen der Bauern und Viehzüchter im wesent- lichen verstummt und es bleibt nur noch der Schaden übrig, der dem Walde zugefügt wird. Mit Hinblick auf diese Forstschäden ist es ganz erklärlich, wenn gerade die Dozenten der Forstakademie Tharand schon frühzeitig ihr Augenmerk auf die Schädigungen im Tharander Walde richteten. Eine ganze Anzahl von Arbeiten, die sowohl praktisch als theoretisch wichtige Beiträge zur Rauchfrage lieferten, ging von Tharand aus. Auch in der neuesten Zeit sind die Untersuchungen nicht aufgegeben worden und H. Wislicenus hat in mehreren Arbeiten dargethan, dass wir noch lange nicht alle einschlägigen Fragen beherrschen. J. v. Schroeder!) hat im Verein mit A. Schertel in den Jahren 1878—80 die Umgebungen von Freiberg genauer untersucht und den Schwefelsäuregehalt der Vegetation festgestellt. Diese Untersuchungen bieten deswegen so grosses Interesse, weil sie ganz in derselben Weise ausgeführt worden sind, wie es von J. v. Schroeder und C. Reuss in ihrem Buche über die Harzer Hüttenrauchschäden angegeben wird. Die Muldener und Halsbrucker Hütte liegen zum Tharander Walde so, dass westliche Winde den Rauch über den Wald hintreiben. Nach Östen hin greift deshalb der Schädigungsbezirk am weitesten in den Wald hinein. Wenn der Bezirk, in dem in den Nadeln der Fichten ete. mehr als 0,25°/, Schwefelsäure gefunden wurden, umrandet wird, so ergiebt sich dafür eine langgestreckte Ellipse, in der ganz im Süden die Muldener Hütte und fast im Mittelpunkt die Halsbrucker Hütte liegt. Im Osten befindet sich nach dem Tharander Walde zu eine Aussackung an der Ellipse, die mit zwei riesigen rundlichen Lappen weit in das Waldgebiet hineinreicht. Um die Verteilung des Schwefelsäuregehaltes der Nadeln zu zeigen, seien einzelne Zahlen angeführt: A. Innerhalb des Bezirkes der grössten Schädigung. 1.. Südlich von der Muldener Hütte 0,592?) und nach Süden gehend 0,590; 0511; 0,318. Westlich der Halsbrucker Hütte 0,575. 3. Im Norden der letzteren Hütte bei Burkersdorf 0,397; 0,298; 0,278. 4. Im Tharander Walde nördlicher Lappen 0,354—0,296; süd- licher Lappen 0,346—0,254. DD ') Jahrb. f. d. Berg- u. Hüttenwesen etc. 1884 Abh. 93, °) Der Schwefelsäuregehalt ist für 100 Teile Trockensubstanz angegeben. ! | F F { a B. Ausserhalb des Bezirkes der grössten Schädigung. 1. Südlich von der Muldener Hütte bei Berthelsdorf 0,238. 2. Westlich von der Halsbrucker Hütte 0,237—0,180. 3. Im Zellaer Wald im Nordwesten der Hütten 0,368—0,132'). 4. Tharander Wald dicht an der Grenzlinie des Bezirkes der grössten Schädigung 0,207—0,204, nach Osten zu allmählich abnehmend. In der Nähe der Eisenbahn steigt wieder der Gehalt an Schwefelsäure auf 0,295 —0,498 ®/o. Aus diesen wenigen Zahlen geht schon mit Deutlichkeit hervor, dass der Schwefelsäuregehalt mit wachsender Entfernung vom Hüttenbezirk abnimmt. Es ist aber zu beachten, dass natürlich Schwefelsäuregehalt und Entfernung von der Hütte nicht proportionale Zahlen sind. Die Be- schaffenheit des Terrains, die herrschenden Winde, Güte des Bodens und manches andere bilden ebenso viele Faktoren, um die Einwirkung auf die Nadeln mannigfach zu modifizieren. Nachweislich sind seit den früheren Untersuchungen die Schäden immer mehr zurückgegangen, so dass von den beiden Autoren die Hoffnung ausgesprochen wird, dass der heutige Schädi- gungsbezirk sich niemals weiter ausdehnen wird. Bemerkenswert erscheint noch der hohe Schwefelsäuregehalt in der Nähe der Eisenbahnlinien. Von A. Stöckhardt wurde zum ersten Male darauf hingewiesen, dass auch der Steinkohlenrauch der Lokomotiven schweflige Säure enthält und deshalb Beschädigungen der Vegetation be- wirken kann. Der Tharander Wald hat für diese Untersuchung reichliche Beispiele geliefert und J. v. Schroeder und A. Schertel haben durch ihre Untersuchungen die älteren von neuem bestätigt. Noch in Tharand wurde an der Bahn 0,498°/, Schwefelsäure gefunden, weiter entfernt von der Stadt 0,407°j,, dann 0,295°/,, dann wieder 0,440°/0, 0,307 %/,, 0,352%. Im Zellaer Wald, wo der Gehalt nur bis höchstens 0,2°/, beträgt, befinden sich längs der Eisenbahn auch höhere Zahlen z. B. 0,234% und 0,368°,. Zınkhütte bei Dortmund. Die Zinkhütte bei Dortmund hat schon seit vielen Jahren Anlass zu Klagen der anliegenden Grundbesitzer gegeben, indessen haben mit der Vervollkommnung des Betriebes diese Klagen im Laufe der Jahre ab- genommen. Im Jahre 1886 hat J. v. Schroeder?) umfangreiche Unter- suchungen über die Einwirkung der Rauchgase der Zinkhütte ausgeführt, die nach dem damals bekannt gegebenen Gutachten zu folgenden, uns hier interessierenden Resultaten geführt haben. J. v. Schroeder giebt an, dass ') Die Punkte mit hohen Zahlen liegen hier an der Eisenbahn und sind wohl zum Teil durch Lokomotivenrauch beschädigt. °®) Gutachten über Rauchschäden im Umkreise der Zinkhütte bei Dortmund. 12° — 180 — auf der Zinkhütte Zinkblende und Galmei verarbeitet werden, dass ferner aus einem Teile der bei der Zinkblenderöstung erhaltenen Röstgase Schwefelsäure gewonnen wird. Das Gelände um die Zinkhütte herum ist im wesentlichen vollkommen eben. Die Grundstücke, deren Besitzer sich durch den Betrieb der Zinkhütte geschädigt glauben, liegen meist in östlicher und nordöstlicher, weniger in westlicher Richtung von der Hütte. Nach den Berech- nungen J. v. Schroeders, welche schon oben erwähnt worden sind, gingen aus dem Zinkhüttenbetrieb im Jahre 1856 rund 7000 t schweflige Säure im Jahre in die Luft, nach Ansicht der Betriebsleitung sollen diese durch eine 70 m hohe Fabrikesse abgeleiteten sauren Rauchgase in der Luft aber eine solche Verdünnung finden, dass sie der Vege- tation nicht mehr gefährlich werden können. J. v. Schroeder kann aus eigener Beobachtung berichten, dass sich in Entfernungen bis zu rund 1375 m in dem von der Zinkhütte abziehenden Rauche die schweflige Säure durch den Geruch feststellen lässt, ein Beweis dafür, dass bis zu dieser Grenze Rauchniederschläge stattfinden. Über seine Beobach- tungen an den Pflanzen bemerkt J. v. Schroeder folgendes: Die Rauchwirkung lässt sich an den Blättern der Bäume und Sträucher nur schwer nachweisen, da Nachfröste stattgefunden haben und Frostschäden im Äusseren den Rauchschäden ähneln. Wirkliche Beschädigungen kommen nur in besonders exponierten Lagen sowie in der nächsten Nähe der Hütte vor. Bei Wiesengräsern zeigte sich eine Gelbspitzigkeit, die jedenfalls zum Teil auf Rechnung des Hüttenrauches zu setzen ist. Zwischen den Gräsern stehende Pflanzen verschiedener Art wie Rotklee, Weissklee, Wicken u. s. w. zeigten bei einer Besichtigung im Mai keine Symptome, welche auf Rauch- einfluss schliessen liessen; Ende Juni zeigten die Pflanzen braune Flecke und Ränderungen auf den Blättern oder Bräunung der Blattspitzen. Auf Kleefeldern zeigte der Klee dieselbe Erscheinung, wie hier von vereinzelt stehenden Kleepflanzen gesagt ist. Bei keiner Feldfrucht trat der Einfluss des Hüttenrauches so deutlich zu Tage, wie beim Roggen; der Pflanzenstand war in solchen Fällen ein dünner, die Blätter sind bleich, die Spitzen der Blätter zum Teil, namentlich der obersten jüngsten Blätter vertrocknet, und abgestorben; die Spitzen der Grannen sind gebleicht, die Spitzen der Ähren selbst mehrfach vertrocknet und unregelmässig verkrümmt. Junge Weizen- und Gerstenpflanzen zeigten an den Blättern gelbe Spitzen. Das Aussehen der Haferpflanzen lässt den Einfluss des Hüttenrauches nicht sicher erkennen. Die oben erwähnten Krankheitserscheinungen bei den Pflanzen traten immer in der Nähe der Zinkhütte auf. Die chemische Untersuchung entnommener Pflanzenproben hat im Mittel ergeben: In der Trockensubstanz Schwefelsäure Schwefel- auf 100 Teile Asche 2 u Pr Asche 0, 0 NEREN BER NEE EREERRREEN 1. Kranke Roggenblätter . . 11,71 0,947 8,09 (Gesunde 2 ER 10,34 | 0,704 6,81 2. Kranke Roggenpflanzen . . . 7,60 | 0,624 8,21 Gesunde 3. PR. 6,48 | 0,430 6,64 Der höhere Schwefelsäuregehalt der Blätter wie der ganzen Pflanzen spricht für die Beschädigung durch die schweflig- bezw. schwefelsauren Rauchgase der Zinkhütte. Bei Wiesen- und Weidegras lässt sich dieser Nach- weis nicht erbringen, da die einzelnen Proben ungleichartige Gemenge ver- schiedener Pflanzen und Pflanzenteile darstellen; infolgedessen hat ein Ver- gleich der Analysenergebnisse hier immer etwas missliches und daher lassen nur grössere Analysenunterschiede sichere Schlüsse zu. Auch die Unter- suchung der Haferblätter lässt die Einwirkung schwefligsaurer Rauchgase nicht erkennen; der Gehalt an Schwefelsäure schwankt bei den Pflanzen aus der Nähe der Zinkhütte von 0,520—0,769°/,, aus grösserer Entfernung von 0,565—0,778°o. Die Untersuchung von Wiesenheu und Haferblättern ergab folgendes: Schwefel- Er Richtung In der Trockensubstanz T fernung säure Pflanzenart Schwefel- | in der von der Hütte Asche 2 | Zinkoxyd| Asche m | er | «# a : f) | l Wiesenheu 1975 OÖ bis NÖ 7,72 | 0,633 | 0,018 8,20 A 600 ‚ONO bis OSO| 9,08 | 0,607 | 0,054 6,69 Haferblätter 690 N und NÖ 10,15 | 0,67 | 0,044 6,57 “ 6955 | NWbisNO | 1130 | 0,689 | 0,038 6,10 F 1440 NNO 1133 | 0,615 | 0,022 5,43 m 800 O bis NO 11,30 | 0,618 | 0,041 5,47 £ 1200 | NO bis OSO | 10,37 | 0,620 | 0,024 5,98 ; | 1795 SSO bisSO | 10,35 | 0,674 0,006 6,51 n 2300 SO bis O 10,01 | 0,654 | 0,006 6,53 Diese Untersuchungen ergaben in allen Pflanzen einen Zinkgehalt, für den allein die Zinkhütte verantwortlich zu machen ist; derselbe nimmt mit der Entfernung von der Zinkhütte ab. Nach den Bodenuntersuchungen und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass mit dem höheren Zink- gehalt nicht auch der Schwefelsäuregehalt der Pflanzen steigt, ist anzu- nehmen, dass dieser Zinkgehalt der Pflanzen aus dem Boden herrührt. Wir haben Gelegenheit gehabt, die Vegetation in der Nähe der Dortmunder — 182 — Zinkhütte wiederholt zu besichtigen und können das Resultat J. v. Schroe- ders, dass eine Einwirkung der sauren Rauchgase dieser Zinkhütte auf die benachbarte Vegetation nicht zu leugnen ist, dass eine Beschädigung derselben in dem Masse, wie die anliegenden Grundbesitzer vielfach annehmen, aber nicht vorliegt, nur bestätigen. Für die Beurteilung des letzteren Schlusses ist aber zu berücksichtigen, dass das Abrösten jetzt nur in geschlossenen Muffelöfen erfolgt. Dass aber trotz dieser Betriebsverbesserung noch saure Rauchgase entweichen, zeigen uns die zu verschiedenen Jahren ausgeführten nachfolgenden Untersuchungen von Pflanzen aus der Umgegend der Zink- hütte. Im Jahre 1896 wurden zwei mit Hafer bestellte Grundstücke, welche 600 m von der Zinkhütte entfernt liegen, besichtigt; die Hafer- pflanzen zeigten in beiden Fällen gelblichbraune Spitzen. Der Stand des Hafers war lückenhaft. Das eine Grundstück (A) erstreckt sich von Norden nach Süden, das andere (B) von Westen nach Osten; die Zinkhütte liegt im Norden bezw. Westen von diesen Grundstücken. Nach Süden bezw. Osten trat die Missfärbung an den Spitzen der Haferpflanzen zurück. Die Untersuchung der entnommenen ganzen Haferpflanzen hat auf sand- freie Trockensubstanz berechnet ergeben: Rein- Schwefelsäure Zink- Haferpflanzen von: asche | In der oxyd Asche en y "N To Grundstück A 1. westliche der Hütte zunächst gelegene Hälfte . . . 14,644 3,122 21,319 0,056 2. östliche von der Hütte a: ferntere Hälfte . . ... 16,685 2,946 17,669 0,054 Grundstück DB 1. nördliche der Hütte zunächst gelegene Hälfte . . . 14,895 3,495 23,464 0,045 2. südliche von der Hütte er ferntore Hälfte "an 15,256 2,681 | 17,573 0,045 Gesunde Gegenprobe . . . . 2, 17,663 2,021 11,442 a — Die Untersuchung der betreffenden Böden ergab in der humusfreien Trockensubstanz: Öbergrund Untergrund Schwefel- | Schwefel- | une Zinkoxyd stur Zinkoxyd 0, 0 0/ 0 ra to lv ’o ’o Grundstürk A: :., " „u wi el ur ee 0,066 0,027 0,053 0,011 Irundstück:B:v. . 270, Weeze 0,072 0,033 0,049 0,015 Gesunde Gegenprobe . . . x... 0,073 0,016 0,035 —— DRAN AM a ta ‘ > ’ f — 13 — Bei einer Besichtigung im Jahre 1897 zeigte ein nordöstlich von der Zinkhütte gelegenes Roggenfeld einen teilweise lückenhaften Stand; Gras auf Wiesen südöstlich von der Zinkhütte hatte gelbliche Spitzen. Ferner wurde auch über Beschädigung der Obstbäume der in südöstlicher Richtung etwa 1200 m von der Zinkhütte entfernten Schulte’schen Be- sitzung geklagt. Die Untersuchung der Proben ergab in der sandfreien Trockensubstanz: Schwefelsäure Reinasche EA Y ER r . teinasche h 7 A 0 enousen, beschädtet cn ar. u. 6,94 0,764 11,77 > = N 5,07 0,471 | 8,46 R unheschkamhu in. 7:77," 5,89 0,430 7,30 Botran, beschädigt, ©. Hi SE 3er ni. 10,00 1,203 12,030 R BHbeschiBen. een 6,78 0,786 | 11,592 3. Birnbaumblätter, beschädigt . . . . 6,46 0,496 7,68 Pi unbeschädigt . . . 7,08 0,479 | 6,76 Die Untersuchung der zu diesen Pflanzenproben gehörigen Böden hat in der Trockensubstanz an Schwefelsäure ergeben: Obergrund Untergrund % ef 1. Roggen, beschädigt . 0,066 0,053 5 * - 0,062 0,042 gi; unbeschädigt 0,056 0,041 2. Gras, beschädigt . . 0,374 0,169 in unbeschädigt. . 0,207 0,038 Zuletzt ist noch im Jahre 1901 die Vegetation in der Umgegend der Zinkhütte besichtigt worden. Von besonderem Interesse war ein Haferfeld, das unmittelbar an der Hütte liegt; nur der Eisenbahndamm trennt beide. Bei Südsüdwestwind wird der Rauch über die Eisenbahn hinweg auf dieses Feld geweht. Wahr- scheinlich hatte er sich im Frühjahr, jedenfalls kurz vor der Besichtigung Ende Mai, bei nebligem Wetter strichweise abgelagert und hatte auf dem Felde höchst eigentümlich aussehende Schadenzonen erzeugt. Schon von weitem fiel auf, dass sich in dem grünen Felde lange, scharf begrenzte Zonen, an diese anschliessend grosse kreisrunde Flecken, endlich auch isolierte Stellen fanden, wo die Pflanzen ein gelbes Aussehen hatten. Bei näherer Untersuchung war dann leicht zu sehen, dass Rauchschaden vorlag. Die sämtlichen Blätter waren gelb gefärbt, nur die parallelen Rippen traten — 1834 — noch als grüne Linien hervor. Ausserdem waren viele Blätter bereits völlig abgestorben und dem entsprechend weiss gefärbt. Die Zeichnung auf dem Felde war so scharf, dass man geneigt sein konnte, auf die Form der Rauchwolken zu schliessen, die auf den Pflanzen gelagert hatten. Die Abbildung (Fig. 22) zeigt das Feld, indessen lassen sich die Zonen auf dem Bilde nicht besonders deutlich erkennen. Fig. 22. Haferfeld an der Zinkhütte bei Dortmund, im Hintergrund jenseits des Eisenbahndammes Gebäude der Zinkhütte. Das Feld zeigt in streifen- kreisförmigen scharf begrenzten Flecken Gelbfärbung der Haferpflanzen. Auf der anderen Seite des Eisenbahndammes, genau östlich von der Hütte, befand sich ein Gerstenfeld, in dem grosse kahle Flecken sehr auf- fielen, an denen entweder keine oder nur noch etwa handhohe Gersten- pflänzchen standen. Die niedrigen, normal grün aussehenden Pflanzen stachen von den gesunden, vielleicht fünfmal höheren sehr scharf ab. Die Untersuchung der entnommenen Pflanzenprobe ergab auf sand- freie Trockensubstanz berechnet: 1 Schwefelsäure Reinasche in der Asche 0/ 0 ’o 0 % l. Hafer, beschädiet ; 16,66 3,764 | 19,14 e unbeschädigt 18,12 3,039 16,67 2. Gerste, beschädigt . 10,82 0,806 7,45 2 unbeschädigt 9,68 0,500 5,16 ° — 185 — Die Untersuchung des mit Gerste bestandenen Bodens ergab an Schwefelsäure in der Trockensubstanz: Ofen Anker pr / A ee beschädigt 0,055 0,045 „ unbeschädigt 0,051 0,041 Zinkhütte bei Letmathe. Die Versuchsstation Münster i. W. ist in der Lage gewesen, die Ein- wirkung der schwefligsauren Rauchgase der Zinkhütte in Letmathe auf die benachbarte Vegetation lange Jahre hindurch zu verfolgen. Die ersten Untersuchungen in den Jahren 1877 und 1878 erstreckten sich auf west- lich und südöstlich von der Fabrik stehende Bäume. Die Untersuchung der entnommenen Proben ergab auf sandfreie Trockensubstanz berechnet an Schwefelsäure: 2 2 ee ce A che 3 Del, he DEE Dr Te ee ED a rn Fa ie ul Blätter bezw. Nadeln Junge Zweige Rein- | Schwefelsäure | Rein- | | Schwefelsäure Te —— | asche | in der | asche | in der % Io Asche Mel Asche 1. Rottanne, beschädigt. . . . | 5,567 | 0,656 | 11,78 | 3,068 | 0,185 | 6,03 " 5 7887 1,087 133,60: 13,566 | 0,811 | 8,72 e unbeschädigt . . | 4,559 | 0,512 | 11,23 | 3,079 | 0,144 | 4,67 2. Lärche, beschädigt . . . . | 5,502 | 1,258 | 22,84 | 3,555 | 0,255 | 7,17 e . 2.0. | 5,671 | 1,057 | 18,13 | 3,851 | 0,551 } 6,51 5 er ER u 5 1,364 | 21,55 | 4,795 | 0,326 | 7,77 ® unbeschädigt. . . . | 4,934 | 1,063 | 21,54 | 2,813 | 0,128 „DD 4£ 3. en beschädigt | 3,479 | 0,559 | 16,06 | 3,116 | 0,314 | 10,08 unbeschädigt | 3,381 | 0,504 | 14,91 | 2,776 | 0,210 7,56 4. iefer, beschadist.. . 2.2.1 3382 | 0,411 | 123,15 | 2,439 | 0,2382 | 13,11 5 unbeschädigt . .. . . | 8,995 | 0,110 | 2,75 | 1,667 | 0,202 | 9,30 5. Eiche, beschädigt. . . . . | 5,374 | 0,728 E 13 = 3,086 | 0,276 | 8,9 by unbeschädigt . . . . | 4,622 | 0,558 1 2,538 | 0,216 sl 6. Buche, beschädigt. . . . . | 4,904 | 0,552 | a 2,594 | 0,272 | 10,48 ® unbeschädigt. . . . | 3,937 | 0,453 | 11,51 | 3,236 | 0,197 | 881 Eine weitere Untersuchung wurde im Sommer 1880 vorgenommen; sie erstreckte sich vorwiegend auf Bäume in einem in nordwestlicher Richtung etwa 5 Minuten von der Fabrik entfernt liegenden Garten in Fleme bei Letmathe. Die Untersuchung der kranken und der am »Schalk« entnommenen gesunden Pflanzenproben ergab ın der sandfreien Trocken- substanz: — 186 — z | Blätter bezw. Nadeln Junge Zweige | Rein- | Schwefelsäure | Rein- , Schwefelsäure asche in der | asche | in der 0 0 / Io 0 Asche lo ° | Asche 1. Rottanne, beschädigt . . . 9,98 0,912 1:17,11 4,85 0,475 9,79 = unbeschädigt . . | 443 | 0,472 | 10,88 | 23,81 | 0,207 | 7,37 2. Birnbaum, beschädigt . . . | 7,88 | 0,673 | 8,54 | 6,56 | 0,159 | 2,42 = unbeschädigt . . 6,90 0,276 4,00 4,51 0,117.) 23,59 3. Apfelbaum, beschädigt . . . | 8,09 0,731 9,03 5,54 | 0,131 | 2,36 er unbeschädigt . . | 831 | 0,246 | 2,96 | 5,02 | 0,113 | 23,25 Weitere Proben wurden in nordöstlicher Richtung von der Zinkhütte etwa 10 Minuten entfernt im Pfarrei-Garten in Oestrich (Nr. 1—4) und im Küstereiwäldehen in Schlette (Nr. 5) entnommen; die gesunden Vergleichs- proben stammten von Haus Rasch am Schönberg, etwa 30 Minuten von der Fabrik in derselben Richtung entfernt. Die Proben enthielten in der sandfreien Trockensubstanz: Blätter bezw. Nadeln Junge Zweige Rein- | Schwefelsäure | Rein- | Schwefelsäure asche E | in der | asche } in der L oo |Asche| % | Io | Asche 1. Rottanne, beschädigt . | 3,68 | 0,695 | 1233 | 2,88 | 0,186 | 6,46 | r unbeschädigt 4,50 | 0,501 11,13 2,72 0,170 | 6,25 2. Birnbaum, beschädigt . | 6,73 | 0,404 | 6,00 | 7,17 | 0,131 | 16,87 > unbeschädigt | 7,73 | 0,300 | 3,88 | 6,83 | 0,116 | 16,98 3. Apfelbaum, beschädigt . | 8,13 | 0,603 7,41 | 5,91 | 0,188 | 3,18 N unbeschädigt | 7,34 | 0,354 | 482 | 4,74 | 0,102 | 3,15 4. Pflaumenbaum, beschädigt . | 11,14 | 0,523 4,69 4,76 | 0,171 3,59 e unbeschädigt | 11,73 | 0,420 | 3,59 | 470 | 0,104 | 2,21 5. Eiche, beschädigt . | 5,90 | 0,606 | 10,27 | 5,97 | 0,168 | 2,73 B unbeschädigt | 7,75 | 0,563 | 7,26 | 3,66 | 0,123 | 3,36 In den folgenden Jahren ergaben die Besichtigungen, dass die Blätter und Nadeln der Bäume in südwestlicher, westlicher und nordwestlicher Richtung gelbbraune Flecken und Ränder und Spitzen hatten und dass die Rinde der Bäume russgesehwärzt war. Die Untersuchung der entnommenen Proben ergab in der sandfreien Trockensubstanz an Schwefelsäure: — 187° — Entfernung | Richtung] Blätter Junge Pflanzenart von der Fabrik bezw. Zweige { £ Nadeln | Minuten 07, I 1. Pflaumenbaum, beschädigt . 25 SW 0,606 0,137 | R unbeschädigt 60 sw 0,517 0,114 | 2. Apfelbaum, beschädigt . . . 5—20 SW 0,549 0,228 } fe r Pa 25 | sw 0,542 0,197 5 unbeschädigt . . 60 SW 0,441 0,113 3. Eiche, beschädigt EEE 15—20 SW 0,584 0,284 i 2 unbeschädigt 45 SW 0,498 0,115 | 4. Pflaumenbaum, beschädigt . 20 | W 0,673 0,155 2 v 45 DE 0,632 0,152 5; unbeschädigt 90 W 0,589 _ 5. Apfelbaum, beschädigt . : 45 W 0,505 0,146 % unbeschädigt . . Bor. W 0,359 0,128 6. Eiche, beschädigt. Ruz) 25 WW 0,826 0,244 | en A Er ne 45 EB W 0,560 0,285 | unbeschädigt . 90 W 0,492 0,248 7. Weymouthskiefer, beschädigt > W 0,696 0,242 | ” 44 : 45 W 0,546 0,248 | 2, unbeschädigt 75 W 0,389 0,194 | 8. Pflaumenbaum, beschädigt 20 WW 0,661 0,295 n unbeschädigt 90 W 0,589 — 9. Apfelbaum, beschädigt . 20 W 0,547 0,228 & unbeschädigt . 90 | W 0,359 0,128 10. Kirschbaum, beschädigt 20 FW 0,641 - k- unbeschädigt . 90 W 0,555 = 11. Kiefer, beschädigt . : . . . 15 | NW 0,524 0,210 P unbeschädigt . . . . ‘40 Be, EW. 0,481 0,213 22 Fichte, beschädiet\..,. ... .... 15 | NW 0,631 0,348 » unbeschädiet . . . . 40 | NW 0,4 0,274 a5 Bärche, beschädigt. - ... . 15 I NW 0,621 0,298 h unbeschädiet. . . . 40 | NW 0,548 0,251 14. Apfelbaum, beschädigt . . . 20 | NW 0,464 0,163 E ex Bun 2e} 20 | NW 0,535 0,175 e unbeschädigt . . 45 | NW 0,373 0,162 15. Pflaumenbaum, beschädigt . 20 | NW 0,644 0,127 3 u 20 | NW 0,591 0,206 5 “ 20 | NW 0,632 0,216 = unbeschädigt 45 | NW 0,466 0,094 Die Untersuchung der Böden von dem Standorte dieser Bäume ergab für die wasser- und humusfreie (geglühte) Substanz: l. in südwestlicher Richtung von der Fabrik a) Boden mit beschädigten Pflanzen bestanden 0,093 %, Schwefelsäure Dys%,; „ unbeschädigten > Mr 0,012 „ „ — 18 — 2. in westlicher Richtung von der Fabrik a) Boden mit beschädigten Pflanzen bestanden 0,056 °/, Schwefelsäure b) ) „ 3’, DI B>) 0,091 „ „ RR „ tunbeschädigten 5 ie 0,064 „, u 3. in nordwestlicher Richtung von der Fabiik a) Boden mit beschädigten Pflanzen bestanden 0,101 ‚, r Mrs „ unbeschädigten * e 0,068 ‚, “7 Hiernach kann die Zunahme an Schwefelsäure in den untersuchten Pflanzenteilen nicht auf den Boden, sondern muss auf direkte Zu- führungen durch die Luft zurückgeführt werden. Wir wollen uns auf die Mitteilung dieser Untersuchungsergebnisse beschränken und nur noch kurz eine Beschreibung des Zustandes der Um- gebung der Letmather Zinkhütte, wie wir sie Ende Mai 1901 fanden, geben. Nördlich von der Hütte erhebt sich der abgerundete Rücken des Burgberges, der im Westen von dem engen Thale begrenzt wird, in dem Letmathe liegt. Im Norden befindet sich das Thal von Östrich, im Osten trennt ein flaches Thal den Burgberg von den sich nach Iserlohn hin- ziehenden Höhen. Im Süden also befindet sich das Lennethal. Auf diesem ganzen von den genannten vier Thälern begrenzten Bergbezirk standen früher in dichtem Bestande hochstämmige Eichen. Einige Überbleibsel dieses einstigen, nach den Aussagen der Bewohner prächtigen Bestandes befinden sich auf der nördlichen und der östlichen Seite des Burgberges. Es sind hohe, etwa 40—60 cm im Durchmesser haltende Bäume, die einzeln oder in kleinen Gruppen an geschützten Stellen sich befinden. Aber auch diese Bäume machen schon aus der Entfernung einen kränk- lichen Eindruck. Wenn auch bei unserem Besuche Ende Mai noch keine rotfleckigen Blätter zu sehen waren, so zeigten doch die trockenen Ast- spitzen und die grösstenteils dürren Wipfel an, dass die Bäume in den vorher- gehenden Jahren schweren Schäden ausgesetzt gewesen waren. Von der Höhe des Burgberges sieht man gerade in die Zinkhütte hinein. Wenn man sie nicht sähe, so würde allein schon der Geruchsinn die Nähe einer Fabrikanlage ankündigen, die schweflige Säure entlässt. Wenn gerade ein Windstoss eine Rauchwolke den Abhang hinauftreibt, so macht sich der beissende Qualm der Nase und den Augen recht lästig. Von dem früheren, den Hang dicht bekleidenden Laubwald ist keine Spur mehr geblieben, die Stämme mussten allmählich, da sie abstarben, ent- fernt werden und nur einige Stümpfe erinnern noch an die einstige Herr- lichkeit. Auf der nach der Zinkhütte hin liegenden Seite hat sich eine andere Formation entwickelt, die als Abkömmling des Waldes anzusehen ist. Aus den in der Erde geblieben Stümpfen hat sich durch Stockausschlag ein niedriges Eichengestrüpp gebildet, das von weitem einen ganz guten . u ki Di Zu Dale,” Eindruck macht. Bei näherer Besichtigung gewahrt man aber auch hier die tief gehenden Spuren des Rauchschadens. Nicht nur dass alte dicke Äste vollständig dürr und tot sind, auch die frischen jungen Triebe haben ein kränkliches Aussehen, das sich durch die fleckigen und kümmerlichen Blätter zu erkennen giebt. Langsam aber unaufhaltsam schreitet die Tot- räucherung der Vegetation vorwärts. Bald wird auch der Stockausschlag abgetötet sein und dann wird Gras und Heide den Boden bedecken. An dem sich nach der Hütte hinabsenkenden Hang ist es bereits zur Gras- haldenbildung gekommen; ja noch mehr, an einzelnen Stellen ist auch die Grasnarbe bereits tot. Schreitet die Abtötung weiter fort, so wäscht mit zunehmender Kahlheit des Hanges der Regen allmählich den Humus hinab. Die unliebsamen Folgen der Erdabspülung werden sich dann bald bemerkbar machen, da sich am Fusse des Hanges Steinbrüche be- finden und die Chaussee sich dicht daran hinzieht. Es würde allerdings, wenn die spärliche Vegetation noch erhalten werden soll, die höchste Zeit sein, dass der Betrieb der Zinkhütte so eingerichtet wird, dass möglichst keine schweflige Säure mehr entweicht. Besonders bemerkenswert sind auf der Höhe des Burgberges als Überbleibsel der einstmaligen Waldflora die Maiblumen. Auch sie zeigen gewaltige Schädigungen. Blüten wurden nicht bemerkt und die Blätter besassen braune breite Längsstreifen, in denen die Blattsubstanz trocken und abgestorben war. Den nach Östrich zu gelegenen Abhang des Burgberges, der sich viel allmählicher abflacht, hat man in Felder umgewandelt. Soweit unsere Kenntnisse reichen, sind hier nennenswerte Schädigungen an den Feld- früchten noch nicht vorgekommen. Die grosse Nähe der Zinkhütte erklärt nur zum Teil den verderblichen Einfluss auf die Vegetation des Burgberges. Es ist wohl hauptsächlich der Umstand, dass gerade in der Vegetationszeit südliche Winde häufig sind, der die verderbliche Wirkung des Rauches verständlich macht. Jeder Wind- stoss, der aus einer Richtung der Windrose bläst, die von Südost bis Süd- west und noch einige Striche nach beiden Seiten darüber hinaus reicht, treibt die Rauchwolken unfehlbar den Hang hinan. Gerade im Frühjahr, wenn häufig feuchtes und nebeliges Wetter herrscht, hat dann der Rauch Gelegenheit sich breit am Berge anzulagern. Namentlich soll es nach unseren Erkundigungen in den frühen Morgenstunden recht häufig sein, dass Rauchwolken den Burgberg umhüllen. Doch mit diesen in nächster Nähe zu beobachtenden Schäden ist das Sündenregister dieser Zinkhütte noch nicht erschöpft. Fast genau im Norden des Burgberges liegt ein niedriger Bergrücken, der das Thal, in dem Östrich liegt, nach Norden hin abschliesst. Dieser »Hopei« genannte Bezirk trägt einen 75jährigen Kiefernwald. Schon von weitem sehen die Kronen dieser — 19 — Kiefern eigentümlich grau und wie angefressen aus. Bei genauerer Untersuchung sieht man dann, dass die Gipfel zum Teil dürr, zum Teil der Nadeln der früheren Jahrgänge beraubt sind. Raupenfrass herrschte hier nicht, es konnte also die Ursache des Schadens nur in dem Rauche zu suchen sein, der bei starken Südwinden über Letmathe hinweg leicht bis hierher getrieben wird. Nach Mitteilungen des Forstbeamten des betreffenden Revieres müssen seit geraumer Zeit alljährlich eine grosse Anzahl von ab- gestorbenen Stämmen entfernt werden. Der jährliche Holzzuwachs ist ein so geringer, dass sich die weitere Pflege des Reviers kaum lohnt. Man hat daher den vollständigen Abtrieb des ganzen Komplexes ins Auge gefasst. Ein Abschnitt eines kranken Stammes zeigte, dass die Jahrringe der letzten 20 Jahre ausserordentlich schmal waren, während ein Stamm, der in weiter Entfernung von Letmathe, wo von Rauchschaden keine Rede mehr sein konnte, einen normalen Zuwachs mit ansehnlich breiten Jahrringen besass (vgl. Fig. 9 und 10 auf Seite 108 und 109). Doch nicht bloss nach den im Norden der Zinkhütte belegenen Wäldern, sondern auch nach den westlichen Distrikten hin erstreckt sich der Schädigungskreis des Rauches. Etwa ein Kilometer westlich von Let- mathe liegt das »Ahmer Holz«, ein Waldkomplex, der aus Fichten, Kiefern und nach dem Thale zu auch aus Laubhölzern zusammengesetzt ist. Wenngleich nun die grosse Entfernung und die immerhin seltenen Östwinde allzu intensive Schäden nicht entstehen lassen, so zeigt doch der Rand des Gehölzes auffallende Veränderungen der Bäume. Kiefern und Fichten besitzen dürre Gipfeläste und geringe Benadelung in der Krone, Laubbäume zeigen ebenfalls Trockenästigkeit und lichtere Belaubung. Hier müssten noch genauere Untersuchungen, namentlich solche über den Jahres- zuwachs stattfinden, um ein Urteil über die Grösse der Schädigung zu er- möglichen. Wie uns gesagt wurde, wir aber leider dureh eigenen Augenschein nicht zu prüfen vermochten, sollen die Waldschädigungen, die auf den Rauch der Letmather Zinkhütte zurückzuführen sind, bis in die Gegend von Hohenlimburg, also fast 5 Kilometer weit, zu bemerken sein. Diese Angaben sind durchaus nicht unwahrscheinlich, bedürfen aber noch ge- nauerer fachmännischer Prüfung (vergl. die Analysen S. 192). Im Osten und Süden der Zinkhütte vermag der Rauch keinen nennenswerten Schaden anzurichten. Im Osten ist der nächste Wald sehr weit entfernt und im Süden sind nur flache, zum grössten Teil mit Feldern besetzte Abhänge vorhanden, bei denen der Rauch natürlich nur unter selteneren Umständen Schaden stiftet. Auf unsere Veranlassung und nach unserer Vorschrift hat Herr Liesenhoff in Ostrich zahlreiche Blatt- und Nadelproben entnommen, “ h; < | | — 11 — deren Untersuchung folgendes Resultat ergeben hat; in der sandfreien Trockensubstanz sind enthalten: Rein- _ Schwefelsäure asche in der [m Ye Asc he # ähen a) vom Burgberge, der Zinkhütte gegenüber 6,55 0,702 er 10,71 b) von der Burg. . . KL 6,26 0,6455 | 10,30 c) zwischen Burgberg er RABEN ur 6,00 0,75 | 12341 d) aus Sonderhorst, südöstlich vom Burgberg 4,93 0558 | 11,32 Bean Ahmerhöe 27, a re. 3,60 0,738 20,50 Brom Piitörsuer#r IHR. ee 4,43 0,630 | 14,22 g) aus dem Pfarrwald. . . .. 4,21 0,547 13,00 h) aus Overwegs und Heymanns Wald, Be Beh won Osiris ER, 4,80 0,525 10,94 i) vom Bührenbruch . . . . 4,09 0,336 8,21 k) vom Kochsberg, ner wektiteh von möskich anscheinend nicht beschädigt . . . . . 4,22 0,350 8,29 2. Fichten | Bas Bonderhatst tun N ern. 4,72 2 ae a a 7. 7 aus Ahmerhole. wur, 6,21 BB Ba Pılteraufer 1:9, 8 ee 3,19 0,467 | 14,64 Besseren, Biaswald 12°, . 21, 4,21 0,549 113,04 e) vom Bührenbruch . . . . 4,10 0,440 | 10,73 f) aus Overwegs Waldungen am "Pitteräufer 3,86 0,407 | 10,55 3. Buchen | a) vom Burgberg . . . ae 6,50 Eis; ı. 197.19 b) gegen die Dämpfe der Hütte N ge- | N oe] 3,88 | 0,616 15,87 Aber nicht nur in der nächsten Umgebung der Zinkhütte, sondern auch in weiterer Entfernung von derselben wird über Beschädigungen der Vegetation durch saure Rauchgase der Zinkhütte geklagt. So wurden uns von der Fürstlichen Oberförsterei und Renteiverwaltung Hohenlimburg ver- schiedene Blatt- und Nadelproben übersandt, über deren Probenahme nach- folgendes mitgeteilt wird: Die mit a bezeichneten Proben sind 3500 m südwestlich, die mit b und ce bezeichneten Proben 3250 m bezw. 3750 m westnordwestlich von der Zinkhütte entnommen. Den Proben unter a wurden die Dämpfe durch den Nordostwind direkt zugeführt, dagegen sind die Waldparzellen, von denen die mit b und c bezeichneten Proben stammen, einigermassen durch vorstehende Waldungen geschützt. Die Untersuchung der betreffenden Blatt- und Nadelproben ergab für die sandfreie Trockensubstanz: — 12 — Reinasche Schwefelsäure Y T in der Asche 1. Bichan Bm % 4,16 0,709 17,04 > BRTITR 4,32 0,439 10,16 2 ARE a 4,69 0,601 12,86 2. Kichtien, ar. Te 4,46 0,678 15,20 = Diane 3,55 0,468 14,00 34 KIstern, a st 4,59 0,475 10,34 Rt RE ra 3,60 0,260 | 7,22 4,- Buchen, arg. 4,69 0,927 19,76 Mr BER 3,88 0,616 15,87 Diese Untersuchungsergebnisse lassen auf eine Einwirkung schweflig- bezw. schwefelsaurer Rauchgase auf die Bäume schliessen. Weitere Beobachtungen an Zinkhütten. Mitte der neunziger Jahre klagten einige Grundbesitzer in der Nach- barschaft der Zinkhütte von Grillo zu Neumühl-Hamborn über die Beschädigung der etwa 400—500 m von der Hütte stehenden Bäume durch die Rauchgase der Hütte. Die Blätter der Bäume waren im Juli 1895 schwarzbraun gefleckt und ebenso oder braun gerändert; zum Teil waren die Blätter auch gelblich braun gefärbt. Vielfach waren auch die Blätter schon abgefallen. Die Untersuchung der Blattproben ergab für die sand- freie Trockensubstanz: Schwefelsäure Pflanzenart Reinasche in der Reinasche 5 A | 2 1. Pflaumen; Beschauiet 77772 er z 6,086 0,398 6,55 F EN Se 5,492 0,371 6,76 2 j; ER FEN A 6,916 0,419 6,06 . unbeschädist.. . "5 7,459 0,300 4,02 2. Kirsche, beschädigt Re 7,059 0,309 4,37 4 ee RS Re 8,809 1,323 15,02 A er 6 SEE 5,054 0,333 6,59 5 ’ a ee 6,507 0,361 5,55 . unbeschädigt ir CE EL FEE 6,689 0,274 4,09 8. Apfel,. beschädigt")... 7 HP TE 5,097 0,256 5,02 r > Pr RE 6,853 0,526 7,67 r k ne 1 a 8,870 0,411 4,81 .; © er 5,367 0,336 6,26 ” N 5,986 0,424 7,08 PR unbeschädigt > 3.5.1: FReze 5,171 0,199 3,85 4. Eiche, beschädigt... 4 Fr ZIsrre 5,298 0,415 7,08 R unbeschädigt. zT. ren 5,191 0,284 5,47 — 193 — Der Boden enthält in der Trockensubstanz an Schwefelsäure: 5 eV EEE Re En N \ A * Be, ; 0,049 ,, 0, 0 al a ar OO In der Nähe der Zinkhütte und Schwefelsäurefabrik bei Ober- hausen wird über das Absterben von Obstbäumen geklagt und die Ursache in den Gasen und Dämpfen, welche aus dieser Fabrik entweichen, gesucht. Die Untersuchung von Blattproben der geschädigten und ferner von weiter abstehenden Bäumen hat ergeben: In der sandfreien Trockensubstanz Reinasche | Schwefel | yunkoxyd säure - Yo % | % 1. Birnbaumblätter, gesund . . . . .. 1,175 | 0,561 | 0,031 0 Krane 1,4 8,988 | 1,188 | 0,061 2. Kirschbaumblätter, gesund . . . . . 9538 | 0,558 0,041 > Ir Me 9,467 | 0,7211 | 004 Der Zinkoxydgehalt der angeblich gesunden Kontrollproben deutet darauf hin, dass auch diese Blätter durch die Abgänge der Zinkhütte ge- litten haben; immerhin zeigen diese Untersuchungen eine deutliche Ein- wirkung der Abgänge der benachbarten Fabriken auf die näher gelegenen Obstbäume. Eine vermehrte Aufnahme der Schwefelsäure aus dem Boden ist nicht wahrscheinlich; es liegt allerdings nur die Untersuchung des Bodens von dem Standorte der als krank bezeichneten Bäume vor, jedoch ist der Gehalt dieses Bodens im Obergrunde und Untergrunde ein durch- aus normaler, nämlich: In der Trockensubstanz Schwefel- i hen Zinkoxyd Ben rue 0,049 0,023 BB a Sark , 0R 0,023 Von den überaus zahlreichen Untersuchungen über die Einwirkung der beim Rösten der Zinkblende entweichenden schwefligen Säure sollen nur noch folgende hier Erwähnung finden. Während heute die schweflige Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 13 — 14 — Säure nur in Ausnahmefällen keine Verwendung findet, sondern zumeist zur Gewinnung von Schwefelsäure dient, fand früher die schwetlige Säure meistens keine solche Verwendung und es mussten daher in diesem Falle . Mittel und Wege gesucht werden, um die Schädlichkeit der sauren Rauch- gase zu hemmen oder doch zu vermindern. Ein solches Mittel bestand darin, dass die Röstgase durch eine Schicht von Kalksteinen mit entgegen- strömendem Wasser geführt wurden; dadurch fand eine Umsetzung der schwefligen Säure mit dem Kalk zu saurem schwefligsaurem Kalk statt, der dann mit dem Abwasser fortgeführt wurde, jedoch traf diese Umbildung nur einen Teil der schwefligen Säure der Röstgase, ein grosser Teil der schwefligen Säure ging noch in die Luft und beeinträchtigte das Wachstum der benachbarten Vegetation, wie folgende Untersuchungsergeb- nisse beweisen; die beschädigten Proben sind 6—7 Minuten, die unbe- schädigten Proben 25—830 Minuten südöstlich vom Schornstein entnommen. Es enthielten an Schwefelsäure auf die sandfreie Trockensubstanz berechnet: Blätter bezw. | Junge Zweige und Nadeln Triebe % % 1. Pflaumenbäume, beschädigt .. :.. . 0,589 0,103 3 unbeschädigt . . . . 0,382 0,068 2. Apfelbäume, beschädigt - ir. 0% 0,478 0,134 f unbeschädigt . . . . 0,476 0,091 3. Stachelbeeren, : beschädigt : . . ..» 0,728 0,292 ae unbeschädigt . .... . 0,439 0,128 4. Fichten, beschädigt.) Kran 0,585 0,285 Ei unbeschädiet +: 77147 293 0,415 0,208 Dita Schwefelsäure in der a: ” Asche 5. Roggen, beschädigt. 2: Zr 4,066 0,475 11,68 x e 2 ann 4,274 0,472 11,04 m unbeschädigt: “4% Zi 2 en 3,754 0,386 10,23 Der Boden von den Stellen mit gesunden Bäumen enthielt 0,048°%,, von den Stellen mit kranken Bäumen 0,063°/, Schwefelsäure in der Trockensubstanz; das ist ein so geringer Unterschied, dass hierin die Ursache für die Schwefelsäurezunahme in den erkrankten Pflanzen nicht liegen kann. v Die nachfolgenden Fälle mögen als Beispiele für die Beschädigung von Feld- und Gartenfrüchten neben Obst- und Waldbäumen durch die Rauchgase von Zinkhütten dienen. In dem einen Falle liegen die beschädigten Grundstücke nordöstlich a Wer As I Da — 19% — von der Zinkhütte etwa 5 Minuten entfernt, sodass dieselben bei den vor- herrschenden Südwest- und Westwinden von den Rauchgasen der Hütte getroffen werden. Bei der Besichtigung stellte sich zunächst heraus, dass auf dem zwischen der Zinkhütte und den in Frage stehenden Grundstücken liegenden Terrain mehrere Bäume abgestorben waren oder doch nur eine kümmerliche Blattentwickelung zeigten. Auf den beschädigten Grund- stücken waren von den Pflaumenbäumen viele ganz abgestorben oder im Absterben begriffen; Apfel- und Kirschbäume zeigten unter Dürrwerden besonders der Kronen fast sämtlich ein krankhaftes Wachstum, indem die Blätter.gelbbraune Randungen und gelbbraune Flecken aufwiesen, während Früchte darauf gar nicht oder nur äusserst spärlich vorhanden waren. Der Roggen war ganz auffallend lückenhaft, die vorhandenen Halme waren sehr kümmerlich und hatten nur sehr kleine Ähren entwickelt; die Haferpflanzen waren stark gelbbraun gefärbt. Die Untersuchung der von Blättern und Feldfrüchten entnommenen Proben hat für die sandfreie Trockensubstanz ergeben: Rein- Schwefelsäure asche in ee % % a Asche °), 1. Pflaumenbäume, beschädigt . . . . . 9,94 | 0,503 To 50 5,06 de 5 I 7,16 0,543 7,98 = unbeschädiet. .; .. . .. 9,95 0,404 | 4,06 weeirschbäume, beschädigt. -. . . ..... 8,27 0,566 | 6,84 “ BR ER 7,61 0,543 | 7,13 ar anbeschikliet. . =... 7; 9,28 0,469 5,05 3. Apfelbäume, beschädigt . . . . . . 7,32 0.415 5,671 = ran I as 6,09 0,364 5,99 «2 unbeschädigt . . . . . 6,44 0,324 5,03 4. Roggen, BESCHEh 8. 30 ra 4,36 0,461 10,57 5 4 BE 4,20 0356 | 919 Bm. ünbeschägiet /.. « ....:, 4,06 0,347 8,54 5. Hafer, DESeHBdEBE 10. nn 7,34 1,124 |. 15,31 2 unbeschädigt . . : » | 11,84 0,712 | 601 ezmelderbsen, beschädigt . . . ... 6,09 1,44 |. 3,71 unbeschädigt . . .: . . 8,39 0,9458 | 11,30 Der Boden von dem Standorte dieser Pflanzen bezw. Pflanzenteile enthielt in der Trockensubstanz an den beschädigten Stellen 0,087 —0,155%o, an den unbeschädigten Stellen 0,247 °/, Schwefelsäure. In einem anderen Falle lagen die beschädigten Grundstücke 5—15 Minuten östlich von der Fabrik, so dass denselben von dem meist vorherrschenden Westwinde die sauren Rauchgase der Zinkhütte zugetragen wurden. Bei einer Besichtigung im Anfang Juli zeigte sich, dass viele 13* — 1% — Bäume vollständig abgestorben waren, bei anderen Bäumen ist die der Fabrik zugewendete Rindenseite schwarz, die Blätter sind grünlich gelb, mit Flecken behaftet und an den Rändern braun. Die Obst- bäume hatten eine nur spärliche Belaubung, die Blätter waren runzelig, braun gefleckt und gerändert. An den Bohnen zeigten sich gelbe, an dem Weisskohl weissgelbgefleckte Blätter; zum Teil waren die Blätter durch- löcher. An dem Roggen und Weizen waren infolge der vorgeschrittenen Vegetationszeit äussere Merkmale einer Beschädigung durch saure Rauch- gase nicht festzustellen; beide standen zwar in Frucht, hatten aber schwache Halme, so dass sie an manchen Stellen durchgeknickt waren, und trugen nur kurze Ähren. Am Hafer sind die Spitzen und Ränder der Blätter meistens abgestorben. Die Blätter der Kartoffeln waren runzelig und schwarz gefleckt. Die Grasnarbe der Weideflächen war sehr schwach, das Gras selbst gelblich und schwärzlich. Die Untersuchung der entnommenen Proben ergab in der sandfreien Trockensubstanz an Schwefelsäure: beschädigt | unbeschädigt o % 155 Boggen/s-N ya. Aue in. ee BAISD, TAT 0,368 2%: Halant ; Ton al END ARE 0,293 3- Wegen . am älr r 1er. ED D285 0,213 4. Buchweizen . . . : 2... 1 0,570 - 0,606 0,518 5... Balkien'. I: SuM ee 0,656 0,612 6. Karkaftel '. mu ET 02 1,500 7: Weisskohl. AU 37 Deren 3,087 2,729 8 EN N er DAN 0,711 9. Apfelbaumblätter . . . . .. | 0,348—0,478 0,296 10. Birnbaumblätter . . :.. . .. } 0,263—0,345 0,223 11. Kirschbaumblätter . .. . ..1 09470—0,544 0,327 12. Pflaumenbaumblätter. . . . | 0,359 —0,486 0,314 13. Bucheablätter WA AN 0,544 0,356 14. Eichenblätter - . -. . . .. .} 0,444—0,518 0,366 Die Untersuchung der in Frage stehenden Böden ergab in der humus- freien Trockensubstanz an Schwefelsäure: Boden beschädigt | unbeschädigt n 0 - I) Io | lo 0,040 Obergrund 0,032 — 0,040 Untergrund .ı "u 2 0. en. 2 0,034—-0,037 it re Die Untersuchung weiterer Pflanzenproben aus der Nachbarschaft dieser Zinkhütte ergab für die sandfreie Trockensubstanz: Rein- Schwefelsäure in der Asche ’/, 1. Kirsche a) Blätter Beschädiet °. °. . . . « 9,19 0,606 6,59 ei unbeschädigt . . '. . . 8,14 0,250 | 3,07 b) Zweige, beschädigt . . . . . . 4,57 0,235 | 5,14 5 unbeschädigt 5,42 0,117 | 4,16 2. Pflaume | a) Blätter, beschädigt 4 a a unbeschädigt — 0,350 | — b) Zweige, beschädigt _ 0,412 | —_ . unbeschädigt —_ 0,330 — 3. Apfel a) Blätter, beschädigt 7,70 0,410 5,32 Bu unbeschädigt 6,52 0,184 | 2,82 b) Zweige, beschädigt 6,14 0,227 | 3,69 & unbeschädigt 5,28 0,305 | 5,77 4. Kiefer | a) Nadeln, beschädiet 4,39 0,595 | 13,55 2 Ds r 3,06 0,420 | 11,79 “ unbeschädigt 3,96 0,427 | 10,79 2 2 Me 3,57 0,249 | 6,98 b) Zweige, beschädigt . . . . . . 3,26 0,384 11,79 5 Er er 5,90 0,510 8,64 ee ünbeschädiet, . . . . . 3,35 0,240 7,16 gi x Be ER, 2,68 0,272 10,15 Der Boden enthielt auf geglühte Substanz berechnet an Schwefelsäure: 0,058—0,065 °/o 0,045 %0. In dem folgenden Falle lag der Zinkblenderöstofen an einem Berg- abhange und unterhalb desselben im Südosten 6—7 Minuten vom Schorn- steine entfernt die beschädigte Besitzung. Die dort wachsenden Bäume und Sträucher boten sämtlich ein krankhaftes Aussehen; die Blätter zeigten entweder gelbrote Ränder und Flecken oder waren sehr kümmerlich ent- wickelt; die ältere Rinde der jungen Zweige und Äste war mehr oder weniger tief geschwärzt. Die zum Vergleich zu den geschädigten Pflanzen ent- nommenen Proben stammten aus weiterer Entfernung von dem Röstofen und aus einer vor den Rauchgasen geschützten Lage. von beschädigten Stellen „ unbeschädigten ‚, — 1% — Die entnommenen Blätter und Zweige enthielten in der sandfreien Trockensubstanz an Schwefelsäure: Blätter Zweige % % 1...Pflaumen, : beschädigt 2 Zn 0,362 0,174 5, | unbeschädigt . . . . 0,263 0,132 2. Äpfel, beschädigt - . sr... . 0,436 0,175 ba unbeschädiet .. ; . 0,203 0,113 3. Himbeeren, beschädigt . . . . . 0,409 0,191 e unbeschädigt... . . 0,270 0,125 4. Stachelbeeren, beschädigt. . . . 0,567 0,283 h unbeschädigt . . . 0,317 0,178 5. Mamas... Deschadiet a eg 0,594 — v; anbeschältet. 2 2 Wl.2% „- 0,532 — Der zu den aufgeführten Pflanzen gehörige Boden enthielt in der geglühten Substanz: j . 1 Schwefel- Zinkoxyd| Kalk |Magnesia s säure % Ye I Ir l. Boden zu Pflanzen 1—4 beschädigt. . 0,402 2,963 0,807 0,056 FE B > 1—4 unbeschädigt. 0,135 0,397 0,379 0,058 2. 5 ri 5 beschädigt. . . 0,359 1,060 0.603 0,077 4 e B 5 unbeschädigt . . 0,107 0,372 0,325 0,048 Die nachteilige Einwirkung der Abgase der Zinkhütte auf die benachbarte Vegetation ist hiernach zweifellos. Steffeck'!) schildert die Beschädigung von Futterrüben durch die Abgase einer Rösthütte in folgender Weise: »Der Anblick, welchen das betreffende Rübenfeld bot, war ein äusserst trauriger; die Rüben, schon ziemlich stark entwickelt, mussten nach ihrer Grösse zu urteilen bis zu dem Zeitpunkte, in welchem sie durch die sauren Dämpfe der Hütte getroffen wurden, gut und üppig gestanden haben. Es hatte das Rüben- feld nicht gleichmässig in seiner ganzen Ausdehnung gelitten, im Gegen- teil war die Richtung, welche die Dämpfe über die Rüben genommen hatten, deutlich erkennbar, auch waren in dem von Dämpfen bezeichneten Streifen nicht alle Rüben gleichmässig von der schwefligen Säure betroffen ' Arbeiten d. Deutsch. Landw. Ges. 1896, Heft 14, S. 27. — 19 worden, sondern es fanden sich viele Rüben vor, in denen die Herzblätter 2. B. noch gesund erschienen. Die beschädigten Blätter zeigten gelbe bis grau- und braungelbe Flecken, die zum Teil schon aus den Blättern aus- gefallen waren und auf diese Weise eine Durchlöcherung verursacht hatten; bei vielen Blättern sah man nur noch ihre Haupt- und Seitenrippen, an denen kleine Reste beschädigter braungelber Blattteilchen hingen.« In der Nähe stehender Mais, sowie Obst- und andere Bäume zeigten denselben Schaden in kleinerer oder grösserer Ausdehnung. Steffeck hatte weiter Gelegenheit, die durch eine andere Hütte verursachte Beschädigung eines Feldes während mehrerer Jahre zu beobachten. Das Feld war zunächst mit Zuckerrüben, zwei Jahre später mit Bohnen bestellt; beide Pflanzen zeigten die charakteristischen Merkmale der Einwirkung schwefliger Säure. Bezüglich der Bohnen sagt Steffeck: »Nur diejenigen Pflanzen, welche am weitesten von der Hütte entfernt standen, hatten es bis zur Blüte ge- bracht, doch wurde auch diese noch, da die Winde gerade ungünstig waren, vernichtet.« Ahnliche Beobachtungen wie hier hat Steffeck bei Bohnen in der Nähe eines Kaliwerkes gemacht. Hier wird die Entstehung schädigend wirkender schwefliger Säure auf das Brennmaterial zurückgeführt. Über die Beschädigung von Fichten- und Erlenkulturen durch die sauren Abgase eines Hüttenwerkes im Mansfelder Seekreise sagt Steffeck: »Die 6—8 Jahre alten Fichtenbestände umgeben diese Hütte fast auf der ganzen östlichen Seite, wobei die örtliche Beschaffenheit des Geländes den Einfluss dieser Gase in der Weise begünstigte, dass durch die vielen kleinen Thalsenkungen und Bergrücken den Rauchgasen Ge- legenheit gegeben wurde, sich in den auf diesem welligen Boden stehenden Kulturen abzulagern. Die tägliche Ablagerung solcher Gase vernichtete nicht nur die jungen Triebe dieser Fichten Jahr für Jahr derart, dass das Wachstum derselben unterbrochen wurde, sondern sie griffen auch die älteren Zweige der Fichten in einer Weise an, dass man schon vielfach eingegangene Pflanzen sehen konnte.« Die Nadeln der geschädigten Fichten waren bis zur Hälfte gelbbraun bis braun gefärbt; auch die Erlen- blätter zeigten die charakteristischen Kennzeichen der Schädigung durch schweflige Säure. Schliesslich mögen hier noch einige von Steffeck angeführten Er- gebnisse der chemischen Untersuchung der entnommenen Pflanzenproben folgen. — 200 — In der Trockensubstanz war an Schwefelsäure enthalten: Zeit der E. “le Pl rme beschädigt |unbeschädigt a I YA 1. Fntterübenbläßler. ... wine August | 1,875 1,096 2; Zutekerrübenblätter, :. us zal mare Juli 2,15— 2,51 0,67 — 0,84 3. Samenrüben-Pflanzenblätter. . . . . August 1,28— 1,87 0,85 4... Bohnenlaker'n". 1. Dein Juni-Juli 0,94— 1,63 0,61— 0,80 5. Weizenpflanzen (in der Ährenbildung Juni 1,24—1,83 1,12 begriffen) : 6.. ‚Gries Sentnllänzen.. en he Juni 4,12 2,63 7. Alte Ficktennadeln. 7 53, Ze HE Juni 0,85 — 1.29 0,42 8. Junge Fichtennadeln . . en Juni 0,47—0,61 0,25 9: VETISHDIE et oe ae August 1,03 0,64 Die Untersuchung von Erdproben aus den Fichtenbeständen ergab in der Trockensubstanz 0,017—0,047"/, Schwefelsäure, woraus zu schliessen ist, dass die Zunahme an Schwefelsäure in den beschädigten Nadeln nicht in der Zusammensetzung des Bodens begründet sein kann. Überhaupt bietet die Hütten- und Industriegegend von Mansfeld und Aschersleben viele Beispiele für Beschädigungen durch saure Abgase. So berichtet P. Sorauer') über eine weit ausgedehnte Schädigung bei Aschers- leben. Es handelte sich hauptsächlich um Beschädigung von Weizen, Gerste und Bohneh. Im Jahre 1900 verursachten die Hütten bei Mans- feld grössere Schäden an Roggen, Hafer, Kartoffeln, Bohnen, Erbsen, Grün- futterpflanzen und wilden Ackerunkräutern, worüber Steffeck°) einige kurze Notizen giebt. In den Jahresberichten des Sonderausschusses für Pflanzenschutz finden sich mehrere Bemerkungen über Schäden durch Hütten und Fabrikanlagen aus der Rheinprovinz, Stassfurt, Oberschlesien, Sachsen und anderen (Gegenden, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, weil meistens nur die Thatsachen ohne nähere Einzelheiten mitgeteilt werden. Mit wenigen Worten sei hier noch auf die Schäden hingewiesen, die in den englischen Hüttenbezirken aufgetreten sind. Hier sind infolge der gewaltigen Ausdehnung der Industrie die Schäden sehr bedeutend, wie man aus den Mitteilungen ersehen kann, die sich mit den Berichten der englischen »Commission on noxious vapours« beschäftigen®). Bei Widness werden aus einer Entfernung von 5—6 engl. Meilen von den Fabriken noch schwere Schäden an Gartengewächsen berichtet. Eichen, Birken, Buchen, Eschen und Nadelhölzer sind sehr zurückgegangen und die Tannen sterben ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1898, Heft 29, S. 38, 79. ”) Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1901, Heft 60, S. 51, 128, 162. ») Chemie. News 1878, 181. —- 01 — ganz ab. Ein alter Park zwischen Widness und Runcorn ist vollständig verwüstet worden. Auch dem Vieh soll durch den Genuss des durch den Rauch vergifteten Futters Schaden zugefügt sein. So musste ein Farmer in der nächsten Nähe von Widness alljährlich 10 oder 12 von seinen Milchkühen töten lassen, weil Leber und Lunge der Thiere von dem Futter affiziert waren. Auch Pferden soll der Genuss dieses Futters geschadet haben. Früher, bevor die Alcali-Act in England in Kraft getreten war, waren die Schäden noch ungleich grösser, da alle sauren Dämpfe in die Luft ent- h lassen wurden. Am schlimmsten sind die Schäden bei Swansea und St. Helens gewesen!). Im Thale von Swansea liegen sehr viele und be- deutende Kupferhütten zusammen, die früher die Dämpfe fast unkondensiert in die Luft entsendeten. Infolge dessen ist im Thale östlich alle Vege- tation abgestorben, mit Ausnahme kleiner Flecken von Gras, die sich in geschützter Lage befinden. Erst in weiterer Entfernung stellen sich ein- zelne Bäume ein. Im Westen der Hütten dagegen ist der Baumwuchs gut und die Schäden sind gering. Der Grund dafür liegt in dem Vorherrschen der feuchten Westwinde, während die selteneren Ostwinde von heiterem Wetter begleitet sind. Nach Le Play?) sollen täglich 1880 Centner Schwefel als schweflige Säure bei Swansea in die Luft gehen. Bei St. Helens sind es acht grosse chemische Fabriken, die durch ihre Abgase die umgebende Vegetation verwüstet haben. Auf grosse Entfernungen ist im Südosten kein Baum unbeschädigt. Seit dem Bestehen der Alcali:Act haben sich auch hier die Verhältnisse bedeutend gebessert. Brennende Schlackenhalden. Der Schaden, der an der Vegetation in der Nähe von brennenden Schlackenhalden sich findet, muss ebenfalls der Wirkung der schwefligen Säure zugeschrieben werden. Ein Beispiel dieser Art bot uns die Halde an der Zeche Schleswig bei Brackel. Die hohe, in der Nähe der Zeche befindliche Schlackenhalde ist erst vor wenigen Jahren in Brand geraten, als man begann, brennende Schlacken von der Hörder Hütte hier zur Ablagerung zu bringen. An wenigen Stellen steigen bläuliche Wölkchen aus kleinen Öffnungen empor, die, wenn der Wind gerade günstig steht, ohne weiteres an dem scharfen stechenden Geruch als schweflige Säure zu erkennen sind. Durch den Wind wird der Rauch natürlich bald hier-, bald dorthin getrieben, wo er dann unter günstigen äusseren Umständen mannigfachen Schaden anrichtet. Die Getreidefelder gehen bis dicht an die Halde heran. Es zeigten nun die nach Norden gelegenen Felder grosse kahle Stellen. Nicht bloss F. Reich in Jahrb. f. d. Berg- u. Hüttenwes. a. d. Jahr. 1867, 133. ?) Kupferhüttenprozess in Wallis, 15. — 202 — die Getreidepflänzchen, sondern auch das Unkraut war totgeräuchert worden. Die in der Umgebung der kahlen Flecken befindlichen Pflanzen waren klein geblieben und sahen kränklich aus. Diese Schädigungen, die mit zunehmender Entfernung von der Rauchquelle sich verringerten, konnte man eine weite Strecke nach Asseln zu (nordöstlich) verfolgen. | An der Westseite der Halde, wo der Fahrweg vorbei in das Zechen- terrain hineinführt, sind auf dem hohen Abhange Birken angepflanzt worden. Die Bäume waren gut gediehen und hatten bereits eine ansehn- Fig. 23. Abgestorbener Birkenbestand an der brennenden Halde der Grube Schleswig bei Brackel. liche Stärke erreicht. Seit Jahresfrist sind auch sie dem Rauche zum Opfer gefallen. Kahl und dürr starrten Ende Mai ihre trockenen Äste in die Luft. Die Photographie in Fig. 23 zeigt den Bestand, wie er sich Ende Mai 1901 uns darbot. Auch von hier wurde Material von geschädigten Getreidefeldern ent- nommen und die Analysen zeigten folgende Zahlen: Schwefelsäure Reinasche I———. | 'in der Asche er Ya Roggen beschädigt NW der Halde . . . 8,2: 0,829 10,07 Roggen gesuhd +... 02 m 5,68 0,446 1,85 Die gasförmigen Abgänge der Zeche »Fröhliche Morgensonne« bei Wattenscheid, von der brennenden Schlackenhalde und aus den dieser Zeche gehörigen Koksöfen und Feldziegelbränden haben Beschädigungen — 203 — der südöstlich bis östlich von der Zeche gelegenen Äcker, Wiesen, Weiden, ÖObstgärten und Holzungen hervorgerufen. Die Grundstücke beginnen direkt an dem Zechenterrain und erstrecken sich in der angegebenen Richtung bis auf 7 bis 10 Minuten Entfernung von der Zeche. Gras und Weizen zeigten bei der Besichtigung am 8. August Missfärbungen, welche aber ebenso gut in der vorgeschrittenen Vegetationszeit, wie in einer Be- schädigung durch saure Rauchgase begründet sein konnten. Die Blätter der Eichen, Hainbuchen und Buchen sind braun gefleckt und braun ge- rändert, in vielen Fällen ganz abgestorben; die Blätter der Esche zeigen diese Krankheitserscheinungen in geringerem Grade. Diese Verfärbungen der Blätter treten besonders an der der Zeche zugekehrten Baumseite her- vor, an der entgegengesetzten Seite konnte vielfach ein ganz gesundes Blattgrün beobachtet werden. An der der Zeche zugekehrten Seite war die Rinde der Bäume stets mit Russ überzogen, in einzelnen Fällen auch rotbraun gefärbt, während die Rinde an der der Zeche abgewendeten Baum- seite ganz normal war. Bei der ausgedehnten Industrie in der fraglichen Gegend war es schwer, eine gesunde Gegenprobe zu erhalten; die Ver- gleichsproben wurden etwa 20 Minuten von der Zeche entfernt an einer Stelle entnommen, wo sie durch Bäume und Häuser gegen die Dämpfe der Zeche geschützt waren; das Aussehen dieser Proben war gesund. Die Untersuchung der entnommenen Proben lässt keinen Zweifel dar- über, dass schwefligsaure Abgase der Zeche »Fröhliche Morgensonne« auf die benachbarte Vegetation eingewirkt haben; die Untersuchung der zuge- hörigen Bodenproben ergiebt, dass der erhöhte Schwefelsäuregehalt der Pflanzen nicht auf den Boden zurückgeführt werden kann. Die Unter- ‚suchungen haben für die sandfreie Trockensubstanz berechnet ergeben: Schwefel- Reinasche nmel: säure in der BEN) Reinasche ls Ya y A = Hainhbuche,-.a) beschädigt . . . . 6,72 1,066 15,86 | ei EN 4e,) 5,80 0,931 16,05 | b) unbeschädigt. . . . 6,37 0,759 11,91 2. Eiche, arbesehädiet . . . « 6,17 0,783 12,69 | b) unbeschädigt. . . . 6,03 0,678 11,24 3. Buche, &) Deschädigt: -. ... «x.» 6,25 1,232 19,71 b) unbeschädigt. . . - 7,35 1,063 14,46 4. Esche, Zeche . 2%. 8,53 1,282 15,03 b) unbeschädigt. . . -» 8,83 1,251 14,14 6. Gras, Brbeschadigt ", . : « 8,95 2,779 31,05 BE N, 9,26 2,127 22,97 b) unbeschädigt. . . .» 9,99 1,125 11,26 6. Weizen, a) beschädigt . . . -» 5,52 0,963 17,41 b) unbeschädigt. . . . 5,05 0,515 10,19 — 204 — Der Boden enthielt an Schwefelsäure auf wasser- und humusfreie Substanz berechnet: beschädigt 1. 2 sie ler; 0,134, e na aa ae De ee . .‘; 0,090 ‚, unbeschädigt. +7 „u, a2) za Me 0,097 ,, Die brennende Schlackenhalde der Zeche »Zollverein» verursachte im Jahre 1897 in den nahegelegenen Waldungen Schaden. Südöstlich von der Schlackenhalde, nur wenige Meter davon entfernt, standen Eichen, hieran anschliessend Buchen. Eichen sowohl wie Buchen hatten ihre Blätter grösstenteils verloren; die noch vorhandenen Blätter zeigten in beiden Fällen braune Flecken oder braune Flecken und braune Ränderung oder waren verwelkt. In ostsüdöstlicher Richtung standen hinter diesen Eichen jüngere Eichen, deren Blätter ebenfalls braun gefleckt und gerändert waren. Nordöstlich, etwa 250 m von der Schlackenhalde, standen zweijährige Birken, deren Blätter teils braun gefleckt waren, teils gelbbraune Spitzen hatten. In gleicher Richtung, etwa 270 m von der Schlackenhalde standen neunjährige Eichen, die in ihrer äusseren Erschei- nung den oben erwähnten Eichen glichen. In allen Fällen zeigten solche Bäume, welche durch andere Bäume vor der Einwirkung der sauren Rauch- gase der Schlackenhalde geschützt waren, nicht die erwähnten Verände- rungen, sondern ihre Blätter hatten fast durchweg eine gesunde grüne Farbe. Die Untersuchung der entnommenen Blattproben ergab in der sand- freien Trockensubstanz: Schwefelsäure Reinasche —— in der Rein- %, %. asche '/, l. Eichen, älterer Bestand. | a) beschädigt 2. He rm 4,52 0,993 | 21,97 b) unbeschädigt . 7,35 0,692 9,41 2. Eichen, jüngerer Bestand. | a) beschädigt, ostsüdöstlich von | der Schlackenhalde . . . . 7,00 1,128 16,11 beschädigt, nordöstlich von der Schlackenhalde . . . .. 5,46 1,029 .18,84 b) unbeschädigt. . . Te 5,00 0,689 13,72 8 Buchen,' a) beschädigt. See 5,21 0,959 | 18,40 b) unbeschädigt 7; „7. = 6,23 0,870 13,96 4. Birken, 'a) beschldiet 2 ar 4,90 1,123 22,91 b) unbeschädigt - . . . . 4,89 1,029 21,04 u — 20 — Die Untersuchung des Bodens ergab, dass der Schwefelsäuregehalt desselben für den erhöhten Schwefelsäuregehalt der Pflanzen nicht in Frage kommt; auf humusfreie Trockensubstanz berechnet wurde an Schwefel- säure gefunden: 1. im beschädigten Boden, ÖObergrund 0,100 ®,, » de Untergrund 0,054 ‚, 2. „ unbeschädigten ‚„ , ÖObergrund 0,099 ,, Untergrund 0,048 „, „ „ » In einem anderen Falle lag ein mit Hafer bestelltes Grundstück nördlich von der Schlackenhalde und der Koksbrennerei einer Zeche, sodass bei Süd- bezw. Südostwind die Dämpfe der Halde und der Kokerei über das Haferfeld streichen mussten. Die Folge davon war, dass der Hafer in der Nähe und auf der der Halde zugekehrten Seite des Feldes einen schlechteren Stand und vielfach taube Ähren zeigte, während er weiter entfernt ein viel besseres und vollkörnigeres Aussehen hatte. Die Untersuchung der .entnommenen Proben hatte nachfolgendes, auf sandfreie Trockensubstanz berechnetes Ergebnis, welches die Einwirkung der aus dem Zechenbetriebe entweichenden schwefligsauren Rauchgase unzweifelhaft erscheinen lässt. Schwefelsäure Reinasche nn | in der Asche % y/ Yo eiesHaferstroh, beschädigt. . . . . 7,36 2,155 29,28 x = unbeschädigt .. . .... 8,10 0,976 12,05 2 Haferkörner, beschädigt. . . . .. 3,73 0,494 13,24 a ‚ unbeschädiet - . ... 2,82 0,186 | 6,59 Die Qualitätsbestimmung der Haferkörner ergab als Gewicht von: 1000 Körner 1 Hektoliter Haferkörner, beschädigt . . 14,793 g 33,49 kg P ‚ unbeschädigt . 25,298 „, GLRB- Der Boden enthielt auf geglühte Substanz berechnet an den be- schädigten Stellen 0,048°,, an den unbeschädigten Stellen 0,083 /o Schwefelsäure. Die Halde des Baroper Walzwerkes, welche zur Aufnahme der glühenden Schlacken dient, war im Jahre 1891 von seinem Nachbargrund- stücke durch eine 3—4 m hohe Mauer und einen etwa 4 m breiten Weg ge- trennt; die Verbrennungsgase der Schlackenhalde gehen teils über die Mauer weg, teis dringen sie durch dieselbe und rufen Klagen der benachbarten Grund- — 206 — besitzer über die Beschädigung der Vegetation hervor. In dem fraglichen Falle handelte es sich um Kartoffel und Hafer, denen durch die West- winde die Rauchgase zugeführt wurden. Das Kartoffellaub war teils bräun- lich gefleckt, teils erschien es stark weisslich gefärbt; mit der weiteren Entfernung von dem Walzwerke stellte sich immer mehr wieder die ge- sunde grüne Farbe des Kartoffellaubes ein. Der Hafer war in der Nähe des Walzwerkes, etwa bis auf 40 m Entfernung davon, weiss, nahm aber mit der Entfernung von dem Walzwerk nach und nach wieder seine gesunde grüne Farbe an. Nördlich von dem fraglichen Grundstücke liegt die Schlackenhalde der Zeche Louise Tiefbau, auf die das Walzwerk eine Beschädigung der Kartoffeln und des Hafers zurückführt; diese Schlackenhalde wurde durch beständig überrieselndes Wasser gelöscht. An sich war die Behauptung des Walzwerkes möglich, wenngleich bei der Lage des Grundstückes zur Zechenhalde, die eine Zuführung der Rauchgase durch die in dieser Gegend selten wehenden Südwinde bedingt, auch wenig wahrscheinlich ist. Die chemische Untersuchung der entnommenen Pflanzenproben lässt keinen Zweifel darüber, dass die Beschädigung der Früchte durch die schwefligsauren Rauchgase des Walzwerkes herbeigeführt ist. Die Untersuchung der zu den Pflanzen gehörigen Bodenproben ergiebt zwar eine geringe Zunahme an Schwefelsäure in den von den Rauchgasen getroffenen Böden, jedoch ist diese Zunahme nicht so gross, als dass die- selbe für die Schwefelsäurezunahme in den Pflanzen massgebend sein könnte, vielmehr muss letztere auf die direkte Aufnahme von Seiten der Pflanzen aus der mit den Rauchgasen des Walzwerkes verunreinigten Luft zurückgeführt werden. Der Gehalt der Trockensubstanz an Schwefelsäure war: bis auf 90 m vom |in östlicher Richtung 1 Walzwerk und 25 m | 20—30 Minuten von Bis auf 40 m vom | yon der Halde der den Halden des Walzwerk entfernt | Zeche Louise Tief- | Walzwerkes und der bau entfernt Halde entfernt N N Kartoffellaub . . 3,12 2,37 L;7% Hater „Ir. ra 1,67 0,89 0,56 Boden’. sera 0,093 0,064 0,054 Schwefelsäurefabrik zu Grevenbrück. Am Bahnhofe Grevenbrück in dem hier ziemlich breiten Lennethale liegt eine dem Grafen v. Landsberg gehörige Schwefelsäurefabrik, durch deren Rauchgase sich die benachbarten Grund- und insbesondere Waldbesitzer benachteiligt glauben. Eine Besichtigung im Jahre 1897 hatte vornehmlich den Zweck festzustellen, inwieweit die Vegetation der — 207 — Besitzung von W. Hüttenhein von den Rauchgasen der Schwefelsäure zu leiden hatte. Etwa 400 m in östlicher Richtung von der Fabrik entfernt stehen Pflaumenbäume, östlich davon befinden sich Wiesen. Die Blätter der Plaumen- bäume waren gelb und braun gefleckt, teils auch durchlocht; an dem Grase liess sich mit Sicherheit in dem Aussehen keine Einwirkung saurer Rauchgase erkennen; das Untergras hatte zwar gelbbraune Spitzen, jedoch können hier- für auch andere Ursachen, als die Einwirkung saurer Rauchgase vor- liegen. Nördlich von der Hüttenheinschen Besitzung zieht sich ein Höhenzug hin, welcher bis auf 150 m an die chemische Fabrik herantritt; die Waldungen dieses Höhenzuges leiden besonders durch die Abgase der Fabrik. An dem der Fabrik zunächst gelegenen und derselben zugekehrten Abhange, Wilhelmshöhe genannt, stehen Eichen, deren Blätter gelbliche Flecken, hin und wieder auch eine braune Farbe haben. Den Eichen schliessen sich auf demselben Höhenzuge Fichten an, deren Nadeln viel- fach braune Spitzen hatten; beim leichten Anstossen fielen viele Nadeln ab. In manchen Fällen liess sich der Übergang der Farbe der Nadeln von grün in grünlichgelb und braun bei demselben Baume nachweisen. In weiterer Entfernung (300—400 m) von der Fabrik in ostnordöstlicher Richtung von der Fabrik auf dem Ellenberge zeigen die Fichtennadeln ebenfalls Missfärbungen, wenn auch nicht in dem Grade, wie dies bei den vorher genannten Fichten beobachtet werden konnte. Die Untersuchung der Proben, welche von den einzelnen Pflanzen entnommen wurden, und ferner von solchen Proben, die noch 1000 bis 3000 m weiter von der Fabrik entfernt waren, hat in der sandfreien Trockensubstanz ergeben: Schwefelsäure Reinasche in der Chlor | Asche YA /A | YA 0 k 1. Blätter von Pflaumenbäumen, beschädigt - - . - -...| 8081 0,382 | 4,74 0,039 ünbeschädißt'.ı 2 > 2. 2a 6,841 0,230 | 3,36 0,031 2. Blätter von Eichen, | beschädiet. --. 2... ..17.5021 0,614. | 10,92 0,024 unbeschädigt . . . . . . 4,044 0,346 | 8,55 0,020 3. Nadeln von Fichten, beschädigt von Wilhelmshöhe 5,111 0,725 -|° 14,18 0,019 Y '„. Ellenberge. . | 3,777 0,421 | 11,15 0,018 Babeschüdubt... u. 4,819 0,446 9,22 0,019 Berge, beschädist.. .» - : 2. .- 4,593 0,546 11,88 0,025 anbeschädist. .. x. . 4,615 0553 | 11,9 0,024 — 208 — Um festzustellen, ob etwa ein erhöhter Schwefelsäuregehalt des Bodens die Zunahme an Schwefelsäure in den untersuchten kranken Pflanzen- organen herbeigeführt habe, wurde der Boden auf Schwefelsäure untersucht und im Obergrund 0,129—0,191°/o, im Untergrund 0,090—0,200 %/,, in den Gegenproben 0,090—0,095°/, im Obergrund und 0,087—0,090°%, im Unter- grund, auf humusfreie Trockensubstanz berechnet, gefunden; diese Unter- schiede im Schwefelsäuregehalt des Bodens genügen nicht, um den Unterschied im Schwefelsäuregehalt der Pflanzen aufzuklären, vielmehr muss hierzu wieder auf die Zuführung durch schweflig- bezw. schwefelsaure Rauchgase zurück- gegriffen werden. Wie wenig der höhere Schwefelsäuregehalt des Bodens durch einen erhöhten Schwefelsäuregehalt der Pflanzen zum Ausdruck ge- langen kann, zeigt folgende Gegenüberstellung bei diesen Untersuchungen erhaltener Ergebnisse an Schwefelsäure: in Gras im zugehörigen Boden Obergrund Untergrund angeblich beschädigt . . . . . 0,546% 0,175 °, 0,135 %, unbeschädiet . =" -n... sr „ 0558;, 0,095 , 0,087 „ Ende Mai 1901 haben wir die Vegetation in der Umgegend der . Grevenbrücker Schwefelsäurefabrik wieder besichtigt; zu dieser Zeit waren an den Nadelholzbäumen der Wilhelmshöhe akute Schäden noch nicht zu sehen, wohl aber zeigten Birken und Weiden bereits die charakteristischen roten Blattflecken. Indessen war diese Schädigung, die nur an der Thal- sohle in nächster Entfernung von der Fabrik zu sehen war, nur gering- fügiger Natur und schien auf das Wachstum der Bäumchen keinen Einfluss weiter auszuüben. Dagegen zeigten die Fichten deutliche chronische Schäden. Nicht überall, sondern nur stellenweise waren die Wipfel dürr, die Be- nadelung beschränkte sich auf die letzten Jahrgänge und die kleinen Ästchen bedeckten zusammen mit den abgefallenen Nadeln den Boden. Auch der Holzzuwachs war, wie langjährige Beobachtungen gezeigt haben, äusserst spärlich. Seit 16 Jahren etwa hat sich die Breite der Jahrringe bedeutend verringert, während sie an anderen, dem Rauch nicht ausgesetzten Stellen normal geblieben ist. Der Schaden trat nicht unmittelbar nach der Gründung der v. Lands- bergschen Schwefelsäurefabrik im Jahre 1875 auf, sondern erst seit den Jahren 1883 — 85, wo der Betrieb vergrössert wurde'). Besonders zeigt sich der Schaden seit dieser Zeit im Nachlassen des Holzzuwachses und im Verkrüppeln der Fichtenwipfel. Von besonderem Interesse ist wieder, dass nur bestimmte Wald- parzellen eine sofort in die Augen fallende Schädigung zeigen. Da der ') Vergleiche dazu die Querschnitte von einer gesunden und einer rauch- geschädigten Fichte auf Seite 100. rs ns te AN IMPORTANT California oil field, in the orthern part of Santa Barbara county, as practically passed under the control of he Standard Oil Company, which has eontracted with nearly all the principal producers to take their output for long eriods at a fixed price. In the case of one company--the Western Union, which is the largest operator in the field—the contract is for IOoo months, covering the € ire output of the wells at 30 cents a barrel. e. Tue OLD CONTROVERSY with regard to damage done by sulphuric fumes from smelting plants to vegetation in the ad- _ joining country has reached an acute stage in California. The United States Circuit - Court has issued an injunction against the operation of the smelting plant of the Mountain Copper Company, at Keswick, ‘in Shasta county. Proceedings in the case ‚have extended over several years, the con- phurous fumes were ruining vegetation and destroying land values in the vicinity R of the works. The United States was one of the parties in this suit, as it owns lands in the neighborhood of the smelter. The “ Mountain Copper Company, as we have R _ heretofore noted, anticipated some such _ action, and some time ago began to build _ a new plant near Martinez, on the shores ‚of San Francisco bay, where it proposed to smelt the sulphurous ores, saving the _ fumes and utilizing them in the manufac- _ture of acid. Only one furnace has been running at Keswick for some time. This does not end the trouble, however. No suit has been begun against the com- pany’s new plant, but proceedings have IM been started against the Selby Smelting & Lead Company, which also has a plant near Martinez, on the bay shore. This acti on has been begun by neighboring farm- _ tention of the plaintiff being that the sul-" vr the use of electricity in coal mines. These has come out of her troubles, not with dignity, but at least with a measure of good luck; for the present Governor is worthy of representing her manifold min- ing activities. TELLURIDE OF GOLD is said to have been found in Rhodesia. Ten years ago this would have been sufficient for some pseudomorph of a professor to expatiate on the fact as evidence of persistence of ore in depth. We have changed all that. The mining world has learned that the tellurides are no evidence of anything of the kind, save a refractory metallurgical character; and even this has been over- come by the technical skill expended on the output of Cripple Creek and Kal- goorlie. WE GIVE CONSIDERABLE space elsewhere in this issue to new regulations adopted by the Home Office in Great Britain for regulations have been adopted by a com- mittee of experts after careful study of the subject, and after consultation with a large number of mine-owners. They constitute a body of rules which, while they apply, of course, especially to British conditions, deserve thoughtful study wherever electric wire is used to transmit power in a coal mine, We think that they will be found worthy of careful reading. _ THE RECENT FATALITY in Sonora, result- ing in the killing of Mr, Mackenzie and his companions by some Yaqui Indians, has given the impression that northwest- ern Mexico is dangerous to industry; but we are informed that conditions have been exaggerated. The Yaqui country forms only a small part of Sonora; prospecting camps and mining villages in that State have never been molested, the only trouble 209 Abhang im Norden der Fabrik liegt, so wird im allgemeinen jeder aus südlicher Richtung wehende Wind den Rauch dem Walde zutreiben. Dieser bleibt, namentlich wenn nebliges Wetter herrscht, in Wolken am Walde hängen und schädigt die davon betroffenen Bäume. Fast auf der Höhe des Hanges befinden sich einige Terrassenabsätze, so z. B. an einem kleinen Friedhof (Fig. 24), am Beginn des sogenannten Liebespfades und an mehreren anderen Stellen; gerade hier, wo der Rauch am ehesten Ge- legenheit hat, sich festzusetzen und auszubreiten, finden sich auch die Zentren der ärgsten Schädigung. Auch der untere Waldrand an der Thalsohle, so- wie der Rand oben auf der Höhe, wo sich Felder anschliessen, zeigt deutliche Schäden. Da im Thale auch die Westwinde nicht selten sind, so finden sich auch in der öst- lich von der Fabrik gelegenen Hüttenheinschen Besitzung Schä- den an den Pflanzen. Wieder sind es Nadelhölzer, die trockene Äste und Nadelfall zeigten, daneben aber besass auch Poly- gonum sieboldi die bekannten, Fig. 24. Wenig beschädigte Fichtengipfel vom Berg- hang bei Grevenbrück (Begräbnisplatz). prächtig roten Flecken. Im Mai 1901 entnommene Fichtennadeln enthielten in der sandfreien Trockensubstanz: Sc hw efelsäure Reis- I — : in der asche Asche BBLErR 22: a 2 k ’ m b_ . % ” Fichten von das: Hördt Ag N ee 3,12 0,445 14,26 Fichten von der Hardt abgew andt von der Fabrik 4,29 0,426 9,93 Fichten von Wilhelmshöhe" N a a 3,22 0,462 14,35 Fichten vom Ellenberg . . 4,00 0,439 10,97 Gesunde Fichten in grösserer Entfernung von der 1122) Are NEED, 3,01 0,266 1,98 Haselhoff und Lindau, Nee 14 Es zeigt sich also, dass die gesunden Fichten fast nur halb so viel Schwefelsäure enthalten wie die beschädigten des waldigen Hanges. Alaunwerk bei Godesberg. Über die Beschädigung von Kiefern durch die Röstgase der Halden des Alaunwerkes bei Godesberg berichtet J. v. Schroeder!) nach den Angaben R. Hasenclevers; die Untersuchung ergab: Rohasche | Schwefelsäure in der in der Trocken- Trocken- substanz Rohasche | „upstanz i Y, 1: RE 1. In der Nähe der Halden stehende, stark verletzte, rotspitzige Kiefern eines jungen Bestandes a)’einjahrige Nadeln. "nn... 2. 4,03 11,40 0,460 b) abgestorbene Triebe . . . . . . 5,82 8,88 | 0,517 2. Von den Halden '/, Stunde entfernt stehende, völlig gesunde Kiefern desselben Bestandes a) einjährige Nadeln . „ „2... 2,63 3,834 | 0,101 b) zweijährige RER Nail 3,39 | 0,069 c) dreijährige er 2,12 3,58 0,076 Neben den unter 1. genannten rotspitzigen Kiefern fanden sich ver- einzelte Bäume, die an ihren Nadeln die Einwirkung saurer Rauchgase nicht oder nur wenig erkennen liessen, woraus auf eine verschiedene Re- sistenz von Pflanzen derselben Art zu schliessen ist. Cellulosefabriken. E. Mach?) berichtet über eine Beschädigung von Gras durch die Abgase einer benachbarten Gellulosefabrik. Die Untersuchung von Heu ergab: Schwefelsäure in der Reinasche | Trocken- Rei substanz einasche Heu stark beschädigt . 0,960 11,59 „ wenig „ 0,818 8,64 » aleht Bi 0,560 5,82 ') Landw. Versuchsst. 1880, 26, 392. >) Landw. Versuchsst. 1888, 35, 25. — 211 — Wir hatten früher Gelegenheit, folgende Beschädigung der Vege- tation durch die Abgase einer Cellulosefabrik festzustellen. Das Gras einer südwestlich von der Fabrik gelegenen Wiese hatte an einzelnen Stellen gelblichbraune Spitzen; nordöstlich von der Fabrik wachsende Kleepflanzen waren stark braun und gelb gefleckt und gerändert; die Nadeln ebenfalls nordöstlich von der Fabrik stehender Kiefern hatten an der der Fabrik zugewendeten Seite braune Spitzen, während die Nadeln derselben Pflanze an der von der Fabrik abgewendeten Seite eine gesunde grüne Farbe zeigten. Die Untersuchung von Pflanzenproben ergab für die sandfreie Trocken- substanz an Schwefelsäure: beschädigt unbeschädigt Mitean nur len 1,85 % 1,37% Be ee 2.7 0,79 „ 3. Kiefernnadeln . . . . 1,06 ‚, 0,60 „ Der Boden enthielt in der geglühten Substanz an Schwefelsäure: 1. Wiese 2. Kleefeld 3. unbeschädigt 0,119 7, 0,100 %, 0, 102% Nach diesen Untersuchungen ist die Einwirkung der schwefligsauren Rauchgase der Cellulosefabrik auf die Kleepflanzen und die Kiefern stärker 'als auf Gras gewesen; dieses erklärt sich leicht daraus, dass den ersteren ‘Pflanzen die Rauchgase durch die vorherrschenden Südwestwinde zugetragen werden. Kokereien und Kohlendestillation. Südlich von der Kokerei der Zeche Preussen bei Derne sind ältere Eichen und Kiefernbestände, deren Wachstum in den letzten Jahren nicht nur zurückgeblieben ist, sondern bei den am Rande des Waldes in der Nähe der Kokerei stehenden Bäumen so gut wie aufgehört hat. Die Blätter bezw. Nadeln und die Rinde dieser letzteren Bäume sind rauchgeschwärzt; die Blätter und Nadeln tragen alle Merkmale der Beschädigung durch saure Rauchgase. Je mehr man in den Wald hinein-, also von der Kokerei fortgeht, desto gesunder ist das Aussehen der Bäume. Hierfür liefert die Untersuchung der am Rande und etwa 30 m davon im Innern des Bestandes entnommenen Blatt- und Nadelproben den besten Beweis; zugleich findet die Vermutung einer Beschädigung der der Kokerei nahe- stehenden Bäume durch schwefligsaure Rauchgase durch diese Unter- suchungsergebnisse Bestätigung. Es wurden in der sandfreien Trocken- substanz gefunden: 14* / Schwefelsäure Reinasche | in der JA a, ı Reinasche 1. Kiefern, beschädigt . . 3,42 0,649 | 19,00 » » unbeschädigt . 2,93 0468 | 15,80 2. Eichen, beschädigt . . 3,60 0,654 ..| 1816 » „ unbeschädigt . 3,35 0,525 =) 15,67 In der Nähe einer Kohlendestillation bei Bochum treten in neuerer Zeit vielfach Klagen über Beschädigung der Früchte auf, welche auf die Einwirkung der Abgase dieser Fabrik zurückgeführt werden. Der Fabrik lag selbst daran, dass festgestellt werde, inwieweit diese Vermutung zutreffe, und es fand deshalb am 16. September eine Besichtigung der Runkelrüben- und der Kartoffelfelder statt. Aus dem Äussern der Pflanzen konnte kein Schluss auf eine Beschädigung durch saure Rauchgase gezogen werden, denn die beobachteten Verfärbungen der Blätter konnten ebenso gut von Rauchschäden wie von der herbstlichen Zeit herrühren. In südsüdwestlicher Richtung von der Kokerei und Teerdestillation, etwa 300 m davon entfernt, und durch die Bochum-Wanner Eisenbahn davon getrennt liegen Kartoffelfelder, welche auf dem dem Bahndamme naheliegenden und der Fabrik zugekehrten Teile fast ertraglos sind, während der von der Fabrik abgekehrte, südliche Teil einen fast lückenlosen Stand der Kartoffeln zeigt. Anscheinend sind die Grundstücke in dem südlichen Teile gegen die Rauchgase der Fabrik durch ein am Bahndamme stehendes Haus ge- schützt. Möglicherweise ist auch der Rauch der vorbeifahrenden und in der Nähe der Grundstücke öfters haltenden Eisenbahnlokomotiven nicht ganz unbeteiligt an der Beschädigung der Früchte, denn eine solche liegt unzweifelhaft vor, wie die Untersuchung des Kartoffelackers ergiebt; die Proben enthielten in der sandfreien Trockensubstanz: Schwefelsäure Zunahme gegenüber unbeschädigt beschädigt . . 1,66 %, 64,35 %, 1 NR: 1,96 ; 94,06 ‚, unbeschädigt . 1025 _ Östlich von der Fabrik, von dem Terrain derselben durch die Eisen- bahn und einen schmalen Fussweg getrennt, von den Fabrikgebäuden etwa 250 m entfernt, standen Runkelrüben und noch etwas weiter östlich Kar- totfeln, welche angeblich durch die Rauchgase der Fabrik beschädigt sein OL 3} SER sollten. Für die äusseren Erscheinungen an den Blättern gilt das vorher- gesagte. Die chemische Untersuchung der Blattproben ergab für die sand- freie Trockensubstanz: Schwefel- Zunahme an Schwefelsäure Blätter von säure gegenüber den unbeschädigten % Pflanzen in °/, 1. Kartoffeln, beschädigt . 2,82 179,21 ” i unbeschädigt . 1,01 2. Runkelrüben, beschädigt . . 2,01 11,95 * ‚ unbeschädigt . 2,21 _ Nach diesen Untersuchungsergebnissen ist die Einwirkung schweflig- saurer Rauchgase wenigstens bei den Kartoffeln ganz unzweifelhaft. Dass der Boden nicht für den erhöhten Schwefelsäuregehalt der Pflanzen ver- antwortlich gemacht werden kann, lehren folgende Untersuchungsergebnisse. In dem humusfreien trockenen Boden ist an Schwefelsäure enthalten: 1. Boden von den mit Kartoffeln bestellten Feldern I a) beschädigt südsüdwestlich von der Fabrik 0,068— 0,131 a östlich EIER: 7 0,050 b) unbeschädigt 0,052 2. Boden von dem mit Runkelrüben bestellten Felde a) beschädigt 0,043 b) unbeschädigt 0,059 Kombinierte Rauchwirkung mehrerer Betriebe. (regen Ende der achtziger Jahre hatte die Versuchsstation Münster Gelegenheit, die Einwirkung der Rauchgase verschiedenen Ur- sprunges auf die Vegetation in einer Obstgärtnerei zu untersuchen. Die Obstgärtnerei liegt in nordwestlicher Richtung von einer etwa 30000 Ein- wohner zählenden Stadt, in nördlicher Richtung von einer Präserven- fabrik (S30 m entfernt), in nordnordwestlicher Richtung von einer che- mischen Fabrik (780 m entfernt) und in nordöstlicher Richtung von einer Zuckerraffinerie (670 m entfernt). Die Obstbäume und sonstigen Bäume, ferner Vitsbohnen zeigten deutliche Erkrankungen, indem die Blätter gelbe und braune Ränder und Flecken erhalten. Die gesunden Vergleichs- proben wurden ungefähr in derselben Richtung von den Fabriken und der Stadt und in fast doppelter Entfernung von denselben entnommen. Die Untersuchung der entnommenen Blattproben ergab auf sandfreie Trocken- substanz berechnet: — 214 — Schwefel- E Chlor säure % % 1. Birnen, beschädigt .. . . 0,27 0,013 fe unbeschädiet . . 0,20 0,017 9. Pflaumen, ‚beschädie® 7 . 0,38 0,009 & ‚ unbeschädigt . . 0,35 0,017 3. Äpfel, beschädigt . . . 0,32 0,016 BE unbeschädigt . . 0,24 0,011 4. Kirschen, beschädigt . . . 0,27 —_ x ‚ unbeschädigt . . 0,22 — 5. Ahorn, beschädigt‘. *. ... 0,52 - UEEN unbeschädigt . . 0,49 _ 6. Vitsbohnen, beschädigt . . . 0,68 _ b; ‚ unbeschädigt . . 0,52 _ Der Boden enthielt auf geglühte Substanz berechnet an Schwefelsäure: Untergrund | Obergrund Yo Yo von beschädigten Stellen | 0,042 | 0,042 „ unbeschädigten en 0,032 0,033 Nach diesen Untersuchungen ist die Einwirkung von Chlor bezw. Salzsäure ausgeschlossen und nur diejenige der schwefligen bezw. Schwefel- säure anzunehmen. Als Quelle dieser letzteren Säuren scheidet der Boden aus und es kann nur die Zuführung saurer Rauchgase in Frage kommen. Es ist möglich, dass die schweflige Säure allein aus dem Steinkohlenrauch herrührt. Die Untersuchung der in der Zuckerraffinerie verbrauchten Stein- kohlen ergiebt solche Mengen von flüchtigem Schwefel, dass sie mehr als ausreichend sind, um Erkrankungen der oben beschriebenen Art hervor- zurufen; es wurde nämlich gefunden: Flüchtiger Schwefel Gesamtschwefel Flüchtiger Schwefel in Prozenten des Gesamtschwefels % h > % Ft 1. 1,278 0,766 59,94 2. 2,384 2,091 87,71 B. 2,672 2,176 81,44 4. 1,437 1,109 77,07 Ob aber der Steinkohlenrauch der Zuckerraffinerie allein die Schuld an der Beschädigung trägt, kann nach den vorliegenden Untersuchungen u) ET a rt nicht mit Sicherheit gesagt werden; nach der Lage der Raffinerie zu der geschädigten Obstgärtnerei müssen die Rauchgase derselben in erster Linie als die Ursache der Vegetationsschäden angesehen werden, denn die Raffi- nerie wird bei den in der fraglichen Gegend vorherrschenden Südwest- winden ihre Rauchgase in der Richtung der Gärtnerei entsenden. Dass von der Präservenfabrik oder von der chemischen Fabrik ausgehende Rauchgase sich in der Richtung der Obstgärtnerei niederschlagen, steht zwar nicht ausser Frage, jedoch ist eine so starke Einwirkung wie bei der Raffinerie nicht wahrscheinlich. Da, wo mehrere Rauchquelien in Frage stehen, ist die Feststellung der schädigenden Quelle mitunter nicht leicht, besonders dann nicht, wenn es sich um denselben schädigenden Faktor handelt. H. Ost!) berichtet über einen Fall, in dem mehrere verschiedenartige Fabriken (Schwefel- säurefabrik, Düngerfabrik, 2 Ultramarinfabriken, 3 chemische Fabriken, 2 Salinen, 2 grosse Ziegeleien mit Ringofenbetrieb), ferner die zahlreichen Haushaltungen einer grossen Fabrikstadt grosse Rauchmengen in die Luft entsenden. In den Fabriken und Haushaltungen wird meist eine asche- und schwefelreiche Steinkohle (2—8°/, Schwefel, davon im Mittel 3,5 %o flüchtiger Schwefel) gebrannt; es berechnen sich allein 15,5 Millionen kg schwefliger Säure, welche aus den Kohlen im Jahr in die Luft entsandt werden; dazu kommen noch 1,3 Millionen kg schwefliger Säure aus den Ultramarinbetrieben (wenn auf 100 Ultramarin 33 1/3 %/u Schwefel weg- brennen) und 0,3 Millionen kg schwefliger Säure aus dem Schwefelsäure- betriebe (wenn von 100 verbranntem Schwefel 5 als schweflige Säure ent- weichen). Hiernach stammt die grösste Menge der schwefligen Säure aus den Steinkohlen und die Ultramarinfabriken und Schwefelsäurebetriebe würden nur wenig in Frage kommen, wenn es sich nur um die absolute Menge handelte; thatsächlich ist aber die Konzentration der schwefligen Säure für das Zu- standekommen von Rauchschäden viel wichtiger als die absolute Menge. Die aus den Schwefelsäurebetrieben entweichende schweflige Säure ist durch die Luft der Kammergase und durch die Kohlengase so verdünnt, dass ihre Konzentration die der Kohlengase nicht wesentlich überschreiten dürfte; hierfür ergaben Untersuchungen in zwei verschiedenen Betrieben, welche schwefelreiche Steinkohlen verbrauchten 0,024—0,15 Volumprozent schweflige Säure. Anders ist es mit den Abgasen der Ultramarinöfen. F. Fischer‘) fand in den Tiegelofengasen in den ersten Stunden des Brennens 2,3—3,8 Volumprozent schwefliger Säure; die Muffelgase enthielten meist weniger als 0,5 Volumprozent schwefliger Säure, da der Schwefel aus den Muffeln * ') Chem. Zeit. 1896, 20, 165. ?) Wagners Jahresbericht 1876, 555; vergl. vorhergehende Anmerkung. — 216 — langsam abbrennt und infolge des Mehrverbrauches an Kohlen beim Muffel- brand die Muffelgase durch Kohlengase stärker verdünnt sind. H. Ost fand bei seinen Untersuchungen: Zeit nach Zeit nach Tiegelöfen Zeit nach Tiegelöfen dem Muffelöfen dem (Koks- dem (Steinkohlen- Anzünden Anzünden feuerung) Anzünden feuerung) Vol.-Proz Vol.-Proz Vol -Proz. Stunden schwefl. Säure Stunden \ schwefl. Säure Stunden schwefl. Säure 5 | 0,15 rl 0,26 18 1,62 15 0,90 26 0,41 19 1,45 16 | 0,83 34 0,62 25 0,27 17 0,86 0 0,45 42 0,74) 19 0,91 70 0,50 48 0,26 20 | 0,91 2a 1 ee Die Rauchgase wurden aus den Rauchkanälen nach dem Eintritt in die 40 m hohen Essen entnommen, von wo aus sie unverdünnt in die Atmosphäre gelangten. Hiernach enthielten die Rauchgase der Ultramarin- fabriken die schweflige Säure in reichlich zehnmal konzentrierterer Form, als die Abgase der Kohlenrauchessen. Ultramarinfabriken. Cl. Winkler?) berichtet über Beschädigungen durch die Rauchgase der Schneeberger Ultramarinfabrik zu Schindlers Werk bei Bockau in Sachsen. Dieses Werk liegt in einem ziemlich engen Thale, welches sich, dem Laufe der Zwickauer Mulde folgend, in der Richtung von Süden nach Norden bis Aue erstreckt. Zu beiden Seiten desselben steigen die Bergabhänge steil und hoch an, sodass der Wind im allgemeinen der Richtung des Flusslaufes folgt. Namentlich schiebt sich die Luft- strömung und mit ihr der Hüttenrauch an dem westlichen Gehänge hin, welches zu dem Rittergute Albernau gehört. Das auf dem anderen Ufer der Mulde gelegene den östlichen Bergabhang bildende Terrain ist der Windströmung ungleich weniger ausgesetzt. Beide Berglehnen sind mit Fichtenwaldungen bestanden, die bis dahin vollkommen ge- sund waren und nur auf der westlichen Seite infolge mangelhafter Boden- beschaffenheit oder ungenügender Kultur ein etwas dürftiges Aussehen zeigten. Letzteres war namentlich der Fall bei einer unterhalb des Werkes gelegenen jungen Kultur und an dieser, sowie an mehreren in ihrer Nähe stehenden hocehstämmigen Lärchenbäumen machte sich dann auch der ver- derbliche Einfluss des Hüttenrauches zunächst bemerkbar. Aber nachdem er ') Nach 24 Stunden wurden 2 neue Öfen angezündet. >) Jahrb. f. Berg- u. Hüttenw. im Königreich Sachsen a. d. Jahre 1880. Abh. 50. — 217 — einmal begonnen, frass dieser Rauchschaden in rapider Weise um sich und in kurzem hatte er auch den Albernauer Hochwald ergriffen, sodass dessen dem Werke zunächst gelegener Teil allmählich zum vollkommenen Absterben gelangte und nur noch nackte, ihrer Rinde und ihrer Nadeln gänzlich be- raubte Stämme aufwies. Widerstandsfähiger erwies sich die oben er- wähnte jüngere Anpflanzung, deren früherer Nadelwuchs zwar vom Stamme aus längs der Äste abdorrte, die aber doch immer frische Maien ansetzte, welche allerdings von Jahr zu Jahr dürftiger wurden. Auch die genannten alten Lärchenbäume vermochte der Rauch nicht ganz zu töten; obwohl mit weittragenden, kahlen, dürren Ästen dastehend, trieben sie alljährlich einige spärliche, kaum bemerkbare Nadelbüsche. Dieses Verhalten mag deshalb besonders Erwähnung finden, weil diese alten Bäume später, nach Beseitigung der schwefligen Säure, ihre volle Triebkraft zurückerhielten. Es handelt sich bei dieser Fabrik um sehr russige Verbrennungs- produkte, denen eine bedeutende Menge schwefliger Säure beigemischt ist. Der Durchschnittsgehalt des Gases an schwefliger Säure beträgt 0,3 '/,, jedoch sinkt derselbe auch und steigt bis auf 2°, und darüber je nach dem Gange der Fabrikation; in gleichem Masse wächst dann natür- lich auch die vegetationsschädliche Wirkung des Rauches, woraus sich die lokalen Verwüstungen erklären, die der Rauch namentlich bei ungünstiger Windrichtung zuweilen binnen weniger Stunden an Gärten und Obstbäumen anzurichten vermochte. Nachdem für eine Entfernung der schwefligen Säure bezw. für die Unschädlichmachung derselben gesorgt worden war, trat bald ein Wieder- erwachen der das Werk umgebenden Vegetation ein. Der dürre, vergilbte Graswuchs des Bergabhanges verwandelte sich wieder in saftiges Grün und gestattete eine regelmässige Heuernte; die braunen, halbverdorrten Fichten- bestände setzten frische, kräftige Triebe an, deren Wachstum sich mit jedem Jahre vermehrte und nur soweit die Waldung vollständig abgestorben war, musste sie abgetrieben und durch eine neue Anpflanzung ersetzt werden, die nun im gedeihlichen, ungestörten Heranwachsen begriffen ist. J. v. Schroeder und C. Reuss!) berichten über die Beschädigung der Vegetation (Tannen, Fichten und Rotbuchen) in der Umgebung einer Ultramarinfabrik durch schweflige Säure, welche teils aus dem Steinkohlen- rauch, teils aus den Betriebsabgasen durch Abrösten des grünen Ultra- marins zu blauem Ultramarin entstehen. Die Fabrik liegt in einem engen Flussthale; letzteres zeigt bei der Fabrik eine sanfte Steigung in der Rich- tung von Südosten nach Südwesten, macht dann oberhalb eine Biegung nach Nordosten und eine zweite Biegung wieder nach Nordwesten. Die ') v. Schroeder und Reuss, 258. — 218 — herrschende Windrichtung führte den Rauch in der Regel in nördlicher Richtung thalaufwärts. Die Vegetationsschäden machten sich zuerst im Anfange der sechziger Jahre durch auffallendes Vertrocknen und Eingehen vieler Bäume bemerkbar; in diese Zeit fiel auch der Beginn der Verwen- dung grösserer Mengen Steinkohlen und der Benutznng des Schwefels zum Abrösten. Wir wollen uns hier darauf beschränken, die Durchschnitts- ergebnisse der chemischen Untersuchung von Buchenblättern, Tannen- und Fichtennadeln mitzuteilen; dieselben sind folgende: Schwefelsäure Ortsbefund in der Trockensubstanz % 1. Rotbuchenblätter beschädigt 0,983 P gesund 0,285 2. Tannennadeln beschädigt 0,545 . " fraglich 0,233 - H gesund 0,149 3. Fichtennadeln beschädigt 0,545 ; 2 fraglich 0,275 hi gesund 0,189 In Übereinstimmung mit den Befunden an Ort und Stelle ergaben die Untersuchungen, dass der Rauch in der Regel thalaufwärts zieht. Mit der Entfernung von der Fabrik nahm der Schwefelsäuregehalt in den Pflanzen ab. Dasselbe war der Fall, wenn man sich von den Thal- sohlen an den Hängen aufwärts bewegte. Der Einfluss der schwefligsauren Rauchgase zeigte sich auch in dem Rückgange des Zuwachses der Tannen und Fichten, welcher in den allermeisten Fällen ganz plötzlich eingetreten war. Dieses Nachlassen des Stärkezuwachses erfolgte aber nicht bei allen Stämmen zu gleicher Zeit und auch nicht unmittelbar nach Einführung der Steinkohlenfeuerung; nach den ausgeführten Messungen ist der Zuwachs- abfall 7 9 Jahre nach der Einwirkung der schwefligen Säure eingetreten. Kalköfen. H.Ost') beobachtete im Frühjahr 1894 Rauchbeschädigungen durch schweflige Säure bei einer Kalkofenanlage. Es standen dort 16 sogen. Kasseler Öfen für periodischen und Einzelbetrieb neben einander. In der Decke der Öfen befanden sich Luftlöcher, welche nach Beendigung des Brandes die Gase ins Freie führten; während des Brennens sollten diese Luftlöcher mit einem Stein bedeckt und die Gase durch einen an der Decke liegenden Sammelkanal der Esse zugeführt werden. Da aber für ') Chem. Zeit. 1896, 20, 165. — 219 — die 16 Öfen nur 2 Essen von mässiger Höhe und Querschnitt vorhanden waren, so traten schon während des Brennens viele Rauchgase aus den mangelhaft verschlossenen Zuglöchern direkt aus, etwa 4 m über dem Erd- boden. Als Brennmaterial diente eine geringwertige Meuselwitzer Braun- kohle, welche viel Rauch und eine grössere Menge schwefliger Säure ent- wickelte; hierfür giebt die Untersuchung dieser Braunkohle einen Anhalt, nach der die Kohle 31,4°/, Asche und 17,5°/, Gesamtschwefel, davon 15,8 °/, flüchtigen Schwefel enthält. 20—50 m südlich der im freien Felde liegenden Kalköfen erstreckte sich von Osten nach Westen ein nach Süden abfallender Hang, welcher mit Zwetschenbäumen bepflanzt ist. Die Blätter dieser Bäume waren braun gefleckt und gerändert, viele junge Triebe (8. Mai) versengt und abgestorben. Die Schäden nahmen mit der Ent- fernung von den Öfen ab und verschwanden im Osten und Westen 100 —150 m von den Öfen ganz. Nach Süden erstrecken sich die Schäden in etwa 100 m Entfernung noch eine kurze Strecke in ein Luzernefeld hinein; die Blätter der Luzerne zeigten einen weissen Anflug, ein Merkmal der Säurewirkung. In der Nähe eines andern Kalkofens derselben Konstruktion in dieser Gegend, der rationeller betrieben und mit schwefelärmerer Meuselwitzer Braunkohle (mit nur 0,9°, flüchtigem Schwefel) gefeuert wurde, traten ebenfalls Rauchbeschädigungen aber nur in unbedeutendem Masse auf. # Verbrennungsgase der Stein- und Braunkohlen. Aus diesen und anderen sogleich noch zu erwähnenden Beobachtungen geht hervor, dass die Verbrennungsgase der Kohlen mehr oder weniger geeignet sind, der Vegetation Schaden zuzufügen; bei den Verbrennungs- gasen des Holzes ist dies für gewöhnlich nicht der Fall. Es sind uns keine Beobachtungen darüber bekannt geworden, dass der bei der Verbrennung von Holz entstehende Rauch den Pflanzen Schaden zugefügt hat. Es erklärt sich dies daraus, dass der Rauch des Holzes frei von schwefliger Säure ist; er könnte deshalb höchstens durch Bestandteile teeriger Art schädlich wirken oder seine hohe Temperatur könnte der nahen Vegetation nach- teilig sein). In welchem Masse die vermehrte Anwendung der Steinkohlen als Brennmaterial zugleich eine Ausdehnung der Beschädigungen durch schwef- lige Säure zur Folge gehabt hat, dafür sprechen folgende Beobachtungen von A. Stöckhardt?). Darnach hat mit der Einführung der Steinkohlen- feuerung an Stelle der Koksfeuerung für die Eisenbahnlokomotiven eine Vernichtung der Nadelhölzer in der Umgebung des Bahnhofes in ') Vergl. v. Schroeder und Reuss, 24. ®) Thar. forstl. Jahrb. 1871, 21, 218. — 220 — Tharand begonnen. Dass thatsächlich das geringere Wachstum und das Absterben der Bäume durch schweflige Säure, welche nach den örtlichen Verhältnissen nur aus der Steinkohle stammen kann, verursacht worden ist, dafür sprechen die nachfolgenden Schwefelsäurebefunde in den ent- nommenen Proben. In der Trockensubstanz war an Schwefelsäure ent- halten: Nadein durch Rauch getöteter Fichten aus der Nähe des Bahnhofes Toaranı 2008 . 0,332 — 0,460 °/, Nadeln gesunder Fichten aus de varlach zu aus Das tiefen Ghändd 0,127—0,240 °), Nadeln freiwillig abgestorbener Fichten . . . . . 2.2.2.2... 0,129—0,145 %, Nadeln stark berusster Fichten . . . . 0,140 —0,155 °/, Zweigspitzen einer ziemlich ehren Fichte in der Nähe des Bahnhofs Tharand .. . .. . . 0,188 %, Zweigspitzen einer Fichte nahe der Wartestelle Hililokomeiirök 0,268 °/, Zweigspitzen einer gesunden Fichte aus dem ae a » Nadeln von gesunden Taunen . . . . 0,268—0,445 °/, Nadeln von durch Rauch getöteten RE aus a "Nähe ER Bohn! hofes - Tharana tr =: a Nadeln von freiwillig abgestorben RR a near 12 SÜD Weitere Beobachtungen über die Einwirkung des Lokomotivrauches auf die Vegetation in der Tharander Umgegend lassen darauf schliessen, dass die Schädigung eine andauernde gewesen ist!). J. v. Schroeder und C. Reuss?) berichten über Untersuchungen der Bäume an den Bahnstrecken Tharand-Klingenberg, auf der zu der Beobachtungszeit innerhalb 24 Stunden ungefähr 60 Lokomotiven inkl. Schlepplokomotiven, die den aufwärts fahrenden Zügen beigegeben werden und dann wieder nach Tharand zurückfahren, verkehren. In der Trockensubstanz von Fichtennadeln war an Schwefelsäure enthalten im Mittel: an der Eisenbahn. . . 0,385 % in rauchfreier Gegend . 0,200 ‚, Ähnliche Resultate ergaben Proben aus der Nähe der Freiberg-Chemnitzer und der Nossener Eisenbahn, nämlich 0,305 %/o Schwefelsäure gegen- über 0,169°/, Schwefelsäure in Fichtennadeln aus rauchfreier Gegend. Die Einwirkung der schwefligen Säure giebt sich auch in den Zuwachs- verhältnissen zu erkennen. An der Eisenbahnstrecke Oppenheim-Mainz im Grossherzogtum Hessen wurden, wie Fuhr”) angiebt, die Obstpflanzungen, die in der nächsten Nähe des Bahngeleises sich befinden, durch Rauchgase stark beschädigt. ) Vergl.-S. 179. °) v. Schroeder und Reuss, 267. ”) Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1902, Heft 71, S. 230. — 21 — An dieser Stelle möge auch eine Beobachtung von W. Thörner') Platz finden, wenngleich sie streng genommen nicht hierher gehört. Thörner fand bei Untersuchungen des eisernen Oberbaues in Tunnels eine starke Oxydation derselben; ausserdem fand sich in allen unter- suchten Tunnelrostproben Schwefelsäure oder richtiger eine Schwefeloxy- verbindung in Mengen von 0,3—0,4°/, Schwefelsäureanhydrid. Letzteres stammte zweifellos aus den Verbrennungsgasen der Steinkohlen. Zur näheren Aufklärung dieser Beobachtung untersuchte Thörner auf der fahrenden Lokomotive selbst die Auspuffgase und fand dabei, dass die Lokomotive während einer Fahrstunde in den Auspuffigasen rund 2» kg freie Schwefelsäure in die Luft entsandte; die Ursache der Bildung dieser Schwefelsäure konnte nicht festgestellt werden, es wurde aber konstatiert, dass in den Verbrennungsprodukten der Steinkohle Schwefelsäure direkt nicht enthalten war. Westlich von der Zeche Gneisenau im Kreise Dortmund, etwa 100 m von der Zechenanlage entfernt, waren im Jahre 1901 auf einem Hatfer- felde die Pflanzen mit Steinkohlenasche bestäubt; sie waren missfarbig und im Wachstum so sehr zurückgeblieben, dass ein starker Minderertrag zu erwarten stand. Von dem mit der Beurteilung des letzteren beauftragten Sachverständigen -sind uns Proben dieses beschädigten Hafers und nicht beschädigte Vergleichsproben eingesandt worden; die Untersuchung dieser Proben hat auf sandfreie Trockensubstanz berechnet, ergeben: k Sch wefelsäure Reinasche > EBENE in der Rein- Y% % | asche %, Hafer beschädigt 6,96 0,780 11,20 „ nicht beschädigt . 4,54 0,348 7,40 Da nach den örtlichen Verhältnissen es ausgeschlossen sein soll, dass Abgase der Kokerei die Pflanzen auf dem fraglichen Grundstücke treffen, so kann der Mehrgehalt der beschädigten Pflanzen an Schwefel- säure nur auf die aus den in dem Betriebe verwendeten Steinkohlen herrührende schweflige Säure zurückgeführt werden. J.v. Schroeder und C. Reuss?) berichten über die Beschädigungen durch schweflige Säure, welche beim Verbrennen von Braunkohlen ent- ') Chem. Zeitschr. Repert. 1899, 23, 290; ref. n. Stahl und Eisen 1899, Nr. 10, 2) v. Schroeder u. Reuss 263, — 222 — standen ist; Braunkohlen enthalten Schwefelkies, der bei Verwendung der Kohlen als Brennmaterial abgeröstet wird. In dem einen Falle handelt es sich um die Verbrennungsgase des Dresdener städtischen Wasser- werkes, welche Ende der 70er Jahre das Absterben eines älteren Kiefern- bestandes auf dem Fischhäuser Revier bei Dresden verursachten. Das Wasserwerk liegt unten an der Elbe, so dass der aus der erhöhten Esse ausströmende Rauch beim Bestreichen der Hänge die dort befindlichen Bestände direkt treffen konnte. Die Zweige der erkrankten Kiefern zeigten kurze krankhafte Triebe; die Nadeln waren zum grössten Teile vertrocknet, viele Nadeln ganz abgestorben. Die Untersuchung dieser Nadeln ergab im Vergleich zu etwa 20 Minuten weiter ab entnommenen Kiefernnadeln in der Trockensubstanz: Schwefel- Schwefel- Nadeln | ge säure säure, wenn. ,, %, Asche = 100 Kranken. ar NE NEN ES 3,02 0,349 11,56 Gesund A TR 2,65 0,204 7,70 In einem anderen Falle wurden Tannen eines Staatsforstrevieres im Elbthale in der sächsischen Schweiz hauptsächlich durch den Braun- kohlenrauch einer Cellulosefabrik beschädigt; in geringerem Masse mag auch der Steinkohlenrauch der Eisenbahn, der Dampfschiffe und Kettendampfer das Hervortreten der Erkrankungen begünstigt haben. Die Cellulosefabrik verfeuerte täglich circa 400 Ctr. Braunkohlen; dieselbe lag auf der Sohle des Thales, in der Nähe des Flusses, so dass die Tannen am linken Elbufer auf der Höhe des Hanges vom Rauche der Esse direkt bestrichen werden konnten. Die Entfernung der Lisiere des 65— 70 jährigen Bestandes von der Fabrik betrug 300 m. Schon im 5. Jahre nach Inbe- triebsetzung der Fabrik blieben die Tannen im Verhältnis zu den benach- barten Fichten und Kiefern in der Entwickelung zurück. Im Jahre darauf zeigten sich viele kränkelnde und abgestorbene Bäume; bezeichnend hier- bei war ein Absterben und Abfallen der Nadeln bis zum vorjährigen Triebe, an dem letzteren selbst aber zeigten die Nadeln rötliche Spitzen und häufig ein vollständiges Verfärben. Da äussere Verletzungen oder Beschädi- gungen durch Insekten oder Pilze ausgeschlossen waren, so lag eine Beschädigung durch die Rauchgase der nahegelegenen Fabrik nahe, wofür der Beweis durch die Untersuchung der entnommenen Proben erbracht wurde, Ent- In der Trocken- Schwefel- fernung substanz säure, ‘on der P=2 wenn ade 0 Asche säure h Br 07, 07, — 100 Nadeln des beschädigten Bestandes a) aus der Mitte. . . . . 450 0,217 4,31 5,03 b) vom Rande Be te 320 0,273 3,22 8,48 Nadeln einzelner beschädigter Tannen unten bei der Fabrik :.. . .:; 150 0,285 3,55 8,03 Gesunde Nadeln aus drei verschiedenen Abteilungen des Reviers, Mittel . = 0,160 4,01 3,99 In unmittelbarer Nähe einer Broncegiesserei zeigten die Bäume alle äusseren Erscheinungen der Einwirkung saurer Rauchgase. Die Blätter waren entweder äusserst mangelhaft entwickelt oder zeigten rostbraune Ränder und Flecken; die Nadeln der Fichten waren zum Teil an den Spitzen gelb und verwelkt; die Rinde war geschwärzt. Die Broncegiesserei verwendete Schwefelsäure und entsandte aus einem sehr niedrigen Schornsteine zeitweise einen dichten schwarzen Steinkohlen- rauch in die Luft; letzterer schlug sich fast immer auf die unmittelbar nebenan stehenden Bäume nieder. Die Untersuchung von Blatt- und Nadelproben dieser Bäume ergab im Vergleich zu gesunden Gegenproben in der sandfreien Trockensubstanz an Schwefelsäure: Blätter Junge bezw. Nadeln Zweige en ne; % RER, KL 1. Apfelbäume, beschaiten. : , 4,01 2,32 % unbeschädigt ii ra, 3,85 1,79 Ba erschbaume, beschädigt. ae Is, 2,55 1,21 u Dübeschäliet.% . . . ...10.5 1,93 1,15 3. Fichten, er A a a 5,38 — 2 UNDORCHädIOE.. Ye nn 3,60 — Der Boden von dem Standorte dieser Bäume enthielt an Schwefel- säure: DESchBiBh. N 0,074°/, SbBsehkctet 3: re ei 0,074 „, Hiernach kann eine Einwirkung schwefligsaurer Abgase der Bronce- giesserei auf die benachbarte Vegetation nicht zweifelhaft erscheinen. — 224 — Durch die Abgase von Giessereien bei Mannheim wurden wahr- scheinlich auch Schäden an Reben verursacht, die Göthe'!) erwähnt. Die Blätter bekamen braune Flecken und starben vom Rande her ab. Aus Braunschweig teilt P. Sorauer?) einige ähnliche Beobachtungen an Apri- kosen, Pflaumen und Reben mit. Die Dämpfe der Giesserei treffen den Garten direkt und die Folge davon ist, dass sich bereits nach dem Johannistriebe die Aprikosen und Pflaumen zu entlauben beginnen. Die Betriebsanlage der Eisenhütte bei Schwerte war im Jahre 1892 nach Süden von den anliegenden Grundstücken durch einen Bretterzaun getrennt; derselbe ist natürlich nicht geeignet, die Früchte auf den benach- barten Grundstücken gegen die beim Verbrennen der Steinkohlen ent- stehende schweflige Säure zu schützen. Letzteres wird durch die Ableitung durch 40 m hohe Schornsteine versucht, jedoch klagen trotzdem die Nachbarn über Vegetationsbeschädigungen. Um zunächst einen Anhalt dafür zu gewinnen, inwieweit der Schwefel der auf dem Werke verbrannten Steinkohlen bei der Entwickelung der schwefligen Säure beteiligt ist, wurde in den verwendeten Steinkohlen der Gehalt an Gesamtschwefel und an flüchtigem Schwefel bestimmt und gefunden: Flüchtiger Schwefel (sesamt- BONES. schwefel In Prozenten des Gesamt- ol. 0% ' schwefels Gastlammkohle 7% 9a, "Er a 1,391 0,980 70,45 Fettköhle :-. "14.7.7: RHEIN 1,877 1,555 32,84 Kohle Nr. 2.- HU RM er 1,754 1,384 82,82 Die Einwirkung der schwefligsauren Rauchgase auf die Vegetation folgt aus nachstehenden Untersuchungsergebnissen der entnommenen Proben. Die Bodenuntersuchung lässt nur den Schluss zu, dass die Erhöhung des Schwefelsäuregehaltes der Pflanzen nicht auf den Boden, sondern nur auf die Zuführung schwefligsaurer Rauchgase zurückgeführt werden kann. Die Untersuchungsresultate beziehen sich für den Boden auf die humusfreie, für die Pflanzen auf die sandfreie Trockensubstanz; es wurde an Schwefelsäure gefunden: ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1894, Heft 5, S. 98. °) Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1897, Heft 26, S. 120. * — 2235 ° — Südwestlich | Südwestlich Östlich unmittelbar |2'/), bis 3 km | 2'/, bis 3 km an die Fabrik | von der Fa- | von der Fa- angrenzend |brik entfernt | brik entfernt Y ER ae 0,078 0,066 0,062 Biokelland. .: ame. 3,51 2,63 1,44 enenhläiter.. „ST 2er. 8,57 2,89 2,07 Diese Untersuchungsergebnisse der Blattproben zeigen in südwest- licher Richtung mit der Entfernung eine Abnahme an Schwefelsäure; im Vergleich mit den in östlicher Richtung entnommenen Proben müsste man aber selbst bei den südwestlich 2!/s bis 3 km entfernten Pflanzen noch eine Beschädigung annehmen. Diese Annahme ist bei den örtlichen Verhältnissen durchaus nicht unwahrscheinlich. Durch die aus dem Betriebe der Hörder Hütte entweichenden Gase und Flugasche wird die Vegetation auf dem nahegelegenen Friedhofe be- schädigt und die Grabsteine werden mit Flugasche überschüttet. Der Friedhof wird von der sich von Westen durch den Norden nach Osten ausbreitenden Hütte im Norden begrenzt, so dass bei West-, Nord- und Nordostwinden die Abgänge der Hütte das Terrain des Friedhofes treffen können. Dass dieses thatsächlich der Fall war, lehrte eine Besichtigung des Friedhofes am 16. August 1898. Die Baumrinde der auf dem Fried- hofe stehenden Bäume, die Blätter dieser Bäume, die die Gräber schmücken- den Blattpflanzen (Epheu) und schliesslich auch die Grabsteine waren durch den Flugstaub mit einer dicken schwarzen Schicht überzogen; auf den Wegen und besonders deutlich auf frisch aufgeworfener Erde zeichneten sich die schwarzen Flugstaubmassen ab. Die Blätter der Bäume (Eschen, Kastanien, Buchen, Eichen, Pappeln) sind teils braun gefleckt, teils ganz braun gefärbt, teils durchlöchert; viele Bäume sind ihres Laubes ganz be- raubt. Es wurden nur von Eschen und Kastanien Blattproben entnommen; die Gegenproben stammten aus der gleichen Richtung, aber in 30 Minuten Entfernung von der Fabrik. Auf sandfreie Trockensubstanz berechnet wurde gefunden: R Schwefelsäure Reinasche u in der „ iR Reinasche , 1. Esche, et, 2 5,48 3,68 | 67,15 $ mubeschädist” . 4... 9,06 1,89 34,00 2. Kastanie, beschädigt . . . .» .. 5,04 2,01 39,88 a whbeschältiet- a, 5,39 0,92 17,07 Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 15 — 226 — Dass die Zunahme an Schwefelsäure in den Pflanzen auf eine direkte Zuführung aus der Luft in die Pflanzenorgane zu suchen und nicht in der Bodenzusammensetzung begründet ist, ergiebt der Schwefelsäure- gehalt des Bodens; derselbe beträgt in der humusfreien Trockensubstanz: 1. Beschädigter Boden, Odertamd? 7..." . 200 5 AR eraind FE... 20 2. Unbeschädigter Boden, Obergrund . . . . .......0,060 , Untersrund..- . 2... ze Der Steinkohlenrauch ist auch im wesentlichen für die Beschädigung von Gartengewächsen in einer in Eving bei Dortmund gelegenen Gärtnerei verantwortlich zu machen. Dieselbe liegt auf einem niedrigen Hügel, der sich nach Süden hin abflacht; gerade gegenüber im Süden liegt die grosse Eisenhütte von Hösch. Unaufhörlich wälzt sich der schwarze Qualm aus den Essen und bei Südwinden wird er natürlich über die Niederung direkt in die Gärtnerei hineingetrieben. Die Schäden, die hier durch die schweflige Säure des Steinkohlenrauches hervorgerufen werden, betreffen ebenso die Freilandpflanzen wie die Gewächs- hausbewohner. Chronische Schäden wiesen Ende Mai Pflaumenbäume und niedrige Kirschensträucher auf, während Erdbeeren, Gemüsearten u. s. w. akute Beschädigungen zeigten, die den Bau dieser Nutzpflanzen nicht mehr rentabel erscheinen lassen. Einen zwar nur indirekten, aber nicht minder empfindlichen Schaden erlitten die Gewächshauspflanzen. Die Kalthäuser sind wie üblich mit einem abgeschrägten Glasdach versehen. Auf den Glasscheiben hatte sich eine dichte schwarze Kruste gebildet, die aus Russ und Fettsubstanzen besteht). Nur mit äusserster Anstrengung gelingt es, die Scheiben zu reinigen, aber schon kurze Zeit nachher schlägt sich derselbe Ansatz wieder nieder. Natürlich wird dem Glashause, wenn die Scheiben derartig berusst sind, das Licht entzogen und die im Hause kultivierten Pflanzen beginnen zu kränkeln und abzusterben. Die Gewächshäuser waren deshalb fast ganz von Pflanzen geräumt worden. Die Schäden, die an den Pflanzen durch die Absperrung des Lichtes entstehen, sind wahrscheinlich noch grösser, als die nachteilige Wirkung der schwefligen Säure in der Gewächshausluft, wenn sie mit dem russigen Rauche geschwängert wird. Einige Analysen von kranken und gesunden Blättern sollen auch hier das Anwachsen der Schwefelsäure, berechnet auf sandfreie Trocken- substanz, zeigen. ') Man vergleiche die ähnlichen Schäden, die durch den Nebel in England an- gerichtet werden im Kapitel „Nebel“. Behssche Schwefel- . eure L Kirschblätter krank (vom Besitzer eingeschickt) . . 10,28 0,809 ! (von uns von demselben Kirschblätter krank | Baume an gegen Rauch nicht 8,21 0,713 I. Blätter von vollständig abgestorbenen Krug- | bohnen (Heinrichs Riesen mit weissen Bohnen, Ertrag = 0) 25,16 0,757 II. Blätter von noch nicht ganz störbiehen Pflanzen von Krugbohnen (Heinrichs Riesen mit bunten Bohnen, Ertrag — 0) 25,08 1,100 II. Blätter verschiedener Apfelbäume aus Eving 8,72 0,886 IV. Blätter verschiedener Pflaumenbäume aus Eving . KL RE TE 11,29 1,085 V. Gegenprobe zu I und II von gesunden Bohnenblättern aus einem Garten in Horstmar bei Lünen 16,40 0,710 VI. Gegenprobe zu IT von Gelanden Apfelblättern von Horstmar . . . 6,72 0,280 VII. Gegenprobe zu IV von ieh Finde blättern von Horstmar . . 2, 12,33 0,669 VIII. Beschädigte Georginenblätter von Bring en: 13,70 0,900 IX. Gegenprobe zu VIII von gesunden Georginen- BRRtaEn var Horeiinar” - 2... 1... 7. 14,34 0,766 Aus diesen Analysen geht mit grösster Deutlichkeit hervor, dass der (rehalt an Reinasche und Schwefelsäure unter dem Einfluss der schädlichen Dämpfe in Eving ganz bedeutend höher ist, als der von gesunden Pflanzen in Horstmar. | Wahrscheinlich muss auch eine Beschädigung der Rebenblätter, die Schulz!) beobachtet hat, auf Rechnung der Rauchgase gesetzt werden. Die Rebenblätter zeigten bei Neustadt in der Pfalz mehr oder weniger zahlreiche rotgelbe Flecken und vielfach vertrocknete Stellen; häufig war der Blattrand in breiten Streifen dürr. Auch an anderen Pflanzen traten ähnliche Schäden auf; die Blätter fielen frühzeitig ab. Am stärksten war die Beschädigung in der Nähe einer Eisengiesserei und einer Thon- plattenfabrik, die benachbart liegen. Mit zunehmender Entfernung von diesen Fabriken nimmt der Schaden ab. Eine eigenartige Art der Säurebeschädigung der Vegetation hatten wir Gelegenheit bei der Zeche »Freie Vogel und Unverhofft« an einem ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1902, Heft 71, S. 283. 15* — 2233 — Luzernefeld kennen zu lernen. Das Luzernefeld lag unmittelbar an einer Kondensationsanlage, von der neben dem Steinkohlenrauch auch grössere Mengen Wasserdampf aus der Betriebsanlage ausgestossen wurden. Unmittel- bar an dem Betriebsgebäude war die Luzerne ganz verschwunden, etwas weiter ab bis auf 50 m Entfernung waren die Blätter fast sämtlich weiss, der Blütenansatz war nur gering, dagegen war bei weiterer Entfernung von der Zeche in derselben Richtung der Stand und das Aussehen der Luzerne durchaus normal und gesund. Die geringe Ausdehnung der Missfärbungen an den Luzerneblättern lässt darauf schliessen, dass der dieselben ver- ursachende Rauch sich bald niederschlägt; der Grund für das schnelle Ablagern desselben kann bei der ebenen Lage nur in der Wasserdampf- beimischung gesucht werden. Dass eine Beschädigung der Pflanzen durch saure, speziell schwefligsaure Rauchgase vorliegt, wird durch die chemische Untersuchung der in 50 m und 100 m von den Zechengebäuden ent- nommenen Luzerneproben bestätigt; es wurde nämlich auf sandfreie Trockensubstanz berechnet gefunden: Rein- Schwefelsäure asche | ma % %, | Asche, Luzerne beschädigt 13,20 1,140 8,63 “ unbeschädigt 11,70 0,397 3,39 Schon früher ist gesagt worden, dass man oft geneigt ist, etwaiges Misswachstum auf die benachbarte Industrie zurückzuführen, weil kein anderer Grund ersichtlich ist. So hatten wir noch im letzten Jahre (Gelegenheit Hafer- und Weizenfelder in der Nähe einer Brikettfabrik zu besichtigen, deren Stand sehr lückenhaft war. Die Fehlstellen waren vielfach von Unkraut in Besitz genommen. Da die Besichtigung erst Mitte Juli stattfand, so konnten irgend welche Beschädigungen in dem Äusseren der Pflanzen nicht festgestellt werden. Auch die Untersuchung der Hafer- und Weizenpflanzen ergab keinen Anhalt für eine Beschädigung durch Rauchgase; z. B. ergab die Bestimmung der Schwefelsäure auf sand- freie Trockensubstanz berechnet: e Hafer Weizen Pflanzen entnommen: nn) } % yA in der Nähe der Fabrik . . . x. ..1 0843 0,284 weiter ab von der Fabrik . . ...x 0,327 0,319 a h« 2 —_— 229 — Die Untersuchung des Bodens ergab aber einen auffallend niedrigen Kalkgehalt, nämlich an in 10°/, heisser Salzsäure löslichem Kalk im Ober- grund 0,031 °/,, im Untergrund 0,020°/,, jedenfalls Mengen, die ein sicheres gedeihliches Wachstum der Pflanzen nicht gewährleisten können. Dass aber unter Umständen auch bei Brikettfabriken die Rauchgase schädlich wirken können, dafür führt P. Sorauer!) eine Beobachtung an, wonach bei Senftenberg der Rauch der Brikettfabriken an den Obstbäumen, Weinreben, Gehölzen, ferner an Gräsern und Kräutern Beschädigungen "angerichtet hat. ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1896, Heft 19, S. 95. II. Kapitel. Chlor und Salzsäure. 4.3: Vorkommen. Chlor und Salzsäure treten in vielen Fällen nebeneinander auf, was bei dem leichten Übergange des Chlors in Salzsäure leicht verständlich ist. Es ist bekannt, dass Chlor sich leicht in Wasser löst; hierzu ist bei dem steten Vorhandensein von Feuchtigkeit in der Luft für das in den Rauch- gasen enthaltene freie Chlor immer Gelegenheit gegeben; dieses Chlor- wasser zersetzt sich aber leicht unter der Einwirkung des Lichtes, indem sich unter Freiwerden von Sauerstoff Salzsäure bildet. Wir haben es daher bei derartigen Rauchgasen in den meisten Fällen mit der Ein- wirkung von mehr oder weniger konzentrierter Salzsäure zu thun und es ist deshalb für den vorliegenden Zweck wohl zulässig, diese beiden Bestand- teile der Rauchgase zusammen zu behandeln. Dieselben sind oftmals Be- gleiter der schwefligen Säure und der Schwefelsäure und es hält daher bisweilen schwer, nachzuweisen, welche dieser Säuren in den Rauchgasen die Veranlassung zu Klagen giebt. Im allgemeinen haben wir es sowohl hinsichtlich der Häufigkeit des Auftretens wie auch der Menge bei Be- lästigungen durch saure Rauchgase mit Salzsäure und Chlor nicht so oft zu thun, wie mit schwefliger Säure. Auch die Salzsäure bezw. das Chlor in geringer Menge können bei der Verbrennung von Steinkohlen auftreten. Cl. Winkler!) giebt in einem Falle den Gehalt der Steinkohlen an schädlichem Chlor zu 0,14%,, H. Wislicenus’) für Steinkohlenverbrennung 0,004 Volumprozent Salzäure an. Die Rauchgase von Ziegeleien und Thonwaren- fabriken können Chlor und Salzsäure enthalten, welche teils auf das Heizmaterial (Kohlen), teils auf den Thon zurückzuführen sind. Hierfür sprechen neben anderen Untersuchungen, welche wir später noch er- örtern wollen, solche von F. Fischer?) über die Zusammensetzung des ') Zeitschr. f. angew. Chem. 1896, 9, 372. ») H Wislicenus, Über eine Waldluftuntersuchung ete. 1901, S. 12, 13. », F. Fischer, Handbuch der Technologie 1893, S. 783. | . ' F ! 5) je ee 2 ee —_— 231 — aus den Feuergasen der Porzellanöfen der Berliner Porzellanmanufaktur niedergeschlagenen Wassers; nach denselben enthält 1 Liter dieses Wassers bei Gutbrand im Holzofen 39 mg Salzsäure 7 „ Gasofen 114 „, 7 „Verglühbrand '„ , 1ia-,, ea 133; ,, u Cl. Winkler’) findet bei Ringziegelöfen in den Gasen der Dampt- kesselfeuerung 0,05, der Ringöfen 0,023 und des Schornsteins 0,017 Volum- prozent Salzsäure. Wird beim Glasieren von Porzellan oder überhaupt von Töpfer- waaren Kochsalz verwendet, so liegt ebenfalls die Möglichkeit des Ent- weichens der Salzsäure vor. Ferner ist bei der Verhüttung von Nickel- und Kobalterzen, bei der Reinigung von Platinerzen, in Glas- hütten und Düngerfabriken das Entweichen von Salzsäuredämpfen beobachtet worden. Die meisten Klagen über Belästigungen durch salz- säure- oder chlorhaltige Rauchgase findet man in der Nähe von chemischen Fabriken, insbesondere bei der Chlorkalkfabrikation und bei. der Herstellung von Natriumsulfat für die Sodabereitung. In früheren Zeiten, als man die Salzsäure mehr als lästiges Nebenprodukt der Sulfatbereitung ansah, da es an einer Verwendung für dieselbe fehlte, kon- densierte man das bei der Sulfatfabrikation entstehende Salzsäuregas ent- weder gar nicht, sondern liess es entweichen oder aber die Konden- sation war so unvollkommen, dass sie sich nur wenig wirksam erwies. Fletcher?) berechnet, dass trotz des Versuches der Kondensation in 10 Sodafabriken in Lancashire allein wöchentlich 255 Tonnen trockener Salzsäure, in allen englischen Fabriken zusammen mindestens 1000 Tonnen wöchentlich oder über 800000 cbm unkondensiert in die Luft entsandt wurden. Nach Angus Smith betrug der gewöhnliche Verlust an Salz- säure bei der Sulfatfabrikation im Jahre 1862 16°/,, stieg aber in einigen Fällen auf 40°). In Belgien berichtete eine von der Regierung ein- gesetzte Kommission aus dem Jahre 1855, dass damals bis 56,9°/. des überhaupt entwickelten Salzsäuregases verloren ging. Für Frankreich berechnete Freycinet im Jahre 1866, dass damals die Hälfte aller dort erzeugten Salzsäure in die Luft ging. Bei der zunehmenden Ausdehnung der Sodafabrikation kann es bei solchen Verlusten nicht auffallen, dass trotz der versuchten Kondensation der Salzsäure die Belästigungen der Nachbarschaft dieser Fabriken grösser waren als zu der Zeit, wo noch gar keine Kondensation der Salzsäure stattfand. Man hat versucht, dem Übel durch die Gesetzgebung zu steuern. In Belgien wurden statt der Flammöfen zur Calcinierung des Sulfates Muffelöfen vorgeschlagen, ohne ') Zeitschr. f. angew. Chem. 1896, 9, 372. ®) @. Lunge, Handbuch der Sodaindustrie 2, 248. — 232 — dass das Ziel vollständig erreicht wurde; ein Fortschritt ergiebt sich aber doch aus folgenden Untersuchungsresultaten Chandelon’s aus dem Jahre 1871; in vier Fabriken wurden auf 100 kg berechnet folgende Mengen Salzsäure kondensiert: 1855 1870 Also 1870 mehr I 108,8 174,7 63,8 II 74,5 146,57 12,07 III 58,7 117,0 58,3 IV 74,5 113,0 38,5 Da aber im Jahre 1870 mehr als doppelt soviel Salz zersetzt wurde als im Jahre 1855, so waren die absoluten Verluste doch noch recht erheb- lich. In England bestimmte die Lord Derby’s Alkali Act im Jahre 1863, dass höchstens 5°/, des ganzen entwickelten Salzsäuregases in die Atmosphäre entweichen dürften; im Jahre 1874 wurde auch die bei dem nassen Kupfer-Extraktionsverfahren erzeugte Salzsäure mit in dieses Gesetz hineingezogen und dabei als Grenze für alle Fälle festgesetzt, dass in einem Kubikfuss der aus der Fabrik in die Atmosphäre entweichenden Gase nicht über 0,2 engl. Gramm Salzsäure enthalten sein sollen; diese Menge entspricht 0,464 g Salzsäure in 1 cbm oder etwa !/ıooooooo dem Volumen nach. Die Erfahrung lehrte bald, dass diese Bestimmungen in der Praxis leicht einzuhalten sind. Nach den Berechnungen von Angus Smith entwich kurz vor Erlass dieser Bestimmungen beinahe '/s aller entstehenden Salzsäure in die Luft; im ersten Jahre nach dem Erlass des Gesetzes betrug der Verlust nur noch 1,28 %,, im zweiten Jahre 0,89 %/, und im dritten Jahre nachher 0,73 0. Nach den neuesten Veröffent- lichungen ') sind im Jahre 1900 aus 1181 Fabriken Grossbritanniens durch- schnittlich aus den Kamingasen der Alkaliwerke 0,205 g Salzsäure, aus den Kamingasen der Salzwerke 0,126 g Salzsäure für 1 cbm entwichen. Von der in sämtlichen Alkaliwerken erzeugten Salzsäure wurden 98,55 °/o kondensiert, der Verlust betrug also nur 1,45 %,, während nach dem Gesetze 5 °/ Verlust zulässig sind. Dieser Erfolg dürfte aber kaum allein als eine Wirkung der gesetzlichen Vorschriften anzusehen sein. Es kommt hinzu, dass es heute an Verwendungszwecken für die Salzsäure nicht mehr fehlt, und die Gewinnung der Salzsäure allein noch den Leblanc-Sodaprozess lohnend erscheinen lässt; das eigenste Interesse zwingt die Fabriken zur Kondensation der Salzsäure. 2. Einwirkung auf den Boden. Es ist schon oben darauf hingewiesen, dass Chlor bei Zusammen- treffen mit Feuchtigkeit unter der Einwirkung des Lichtes leicht in Salz- ') Chem. Zeit. 1901, 25, 693. m f “ ’ } f ü 2 ck. Ze ee ee ee —_— 23 — säure übergeht, und es erscheint deshalb ausgeschlossen, dass wir es jemals mit der Einwirkung des freien Chlors auf den Boden zu thun haben werden. Sollte aber in Wirklichkeit freies Chlor den Boden treffen, so wird die Überführung in Salzsäure bald erfolgen. Wir können uns daher hier auf die Einwirkung der Salzsäure auf den Boden beschränken. Wenn die freie Salzsäure auf und in den Boden gelangt, so wird sie sich sehr bald mit den Bodenbestandteilen zu Chloriden umsetzen, welche in Wasser leicht löslich sind und daher mit der Bodenfeuchtigkeit in den Untergrund geführt werden können. Die Bodenbestandteile, mit denen sich die Salzsäure in erster Linie umsetzen wird, werden die Erdalkalien und Alkalien sein, sodass es nicht ausgeschlossen ist, dass durch die Ein- wirkung der Salzsäure diese Bodenbestandteile gelöst in den Untergrund versinken und damit für die Pflanzenernährung verloren gehen. Bei den geringen Mengen Salzsäure, welche durchweg in Frage kommen, kann es im allgemeinen als ausgeschlossen gelten, dass die durch die Einwirkung der Salzsäure bewirkte Veränderung in der Bodenzusammensetzung eine wesentliche Störung des Pflanzenwachstums hervorrufen wird. Wir wollen deshalb auch hier auf die Umsetzungen, welche durch die Chloride im Boden veranlasst und durch die eine Verarmung des Bodens an Pflanzen- nährstoffen herbeigeführt werden kann, nicht näher eingehen, sondern nur auf die betreffende Litteratur verweisen !). 3. Einwirkung auf die Vegetation. Wenn sich bei dem Vorhandensein salzsaurer Rauchgase eine Be- schädigung der Vegetation herausstellt, so kann dieselbe nur durch die Einwirkung dieser Rauchgase auf die Pflanzen bewirkt werden, sei es, dass die durch die Einwirkung der Salzsäure auf die Bodenbestandteile ent- standenen Chloride auf die Wurzeln, sei es, dass die salzsauren Rauchgase auf die oberirdischen Teile der Pflanzen einwirken. A. Beeinflussung der unterirdischen Organe. Bei der Einwirkung auf die Pflanzenwurzeln würden in erster Linie Chlorealeium und Chlornatrium in Frage kommen. Diese Chloride sind in ihrer Wirksamkeit auf die Vegetation durch die sogenannten Wasserkuitur- versuche geprüft worden, bei denen neben den Pflanzennährstoffen die zu prüfenden Stoffe gelöst und in diesen Lösungen Pflanzen gezogen werden. Versuche an der landwirthschaftlichen Versuchsstation in Münster haben hierbei ergeben, dass 2 g Chlorcaleium in 1 Liter Wasser bei Gräsern keine Erkrankung herbeigeführt haben. Rich. Hindorf?) hat den Einfluss ') Landw. Jahrb. 1983, 12, 804; 1893, 22, 845. ?) 6. Ber. d. landw. Instit. Halle, 1886, 125. —_— 234 — chlorcaleiumhaltiger Lösungen auf die Keimung der Samen geprüft und festgestellt, dass solche Lösungen mit bis zu 2 g Chlorcalcium in einem Liter Wasser die Keimfähigkeit der Samen förderten, dass bei mehr als 5 g Chlorcaleium in 1 Liter Wasser die Keimung aber geschädigt wird. Über den Einfluss chlornatriumhaltigen Wassers auf die Pflanzen liegen zahlreiche Untersuchungen vor. Diese Pflanzen wuchsen zum Teil in einem Boden, welcher mit kochsalzhaltigem Wasser begossen wurde, teils wurde auch hier nach der Methode der Wasserkulturversuche ver- fahren. H. Bardeleben!) hat festgestellt, dass durch das Begiessen des Bodens mit Lösungen, welche 5 g Kochsalz enthielten, die in dem Boden wachsenden Pflanzen zu Grunde gerichtet wurden, dass in einzelnen Fällen bei zarteren Sträuchern aber auch 1 g Chlornatrium in einem Liter Wasser bereits für das Wachstum der Pflanzen schädlich sein kann. F. Storp’) stellte mit. 3—4jährigen Eichen und 1—3jährigen Fichten in der Weise Versuche an, dass der Boden, in dem diese Bäumchen wuchsen, mit Lösungen von 0,1—0,6 g Kochsalz in einem Liter Wasser begossen wurde, von der Lösung aber nichts abfliessen konnte und so der Boden immer mehr mit Kochsalz angereichert wurde. In den Reihen, bei denen Lösungen mit 0,2 g und mehr Kochsalz in einem Liter zum Begiessen des Bodens verwendet wurden und in denen dem Boden 1,26 g Kochsalz und mehr im ganzen zugeführt worden war, traten bei den Fichten je nach der Konzentration der verwendeten Lösungen in kürzerer oder längerer Zeit Krankheitserscheinungen auf, da wo Lösungen von nur 0,1 g Kochsalz in einem Liter Wasser zum PBegiessen des Bodens verwendet wurden, blieben die Fichten im ersten Versuchsjahre gesund, zeigten aber im zweiten Versuchsjahre ebenfalls krankhafte Erscheinungen. Die Eichen besassen eine grössere Widerstandskraft gegen die Einwirkung der Chlor- natriumlösungen. F. Wohltmann’°) hat Grasflächen mit Lösungen, welche 0,5 bis 1 g Kochsalz in einem Liter Wasser enthielten, begossen und ebenfalls den schädlichen Einfluss der Kochsalzlösungen auf die Vegetation festgestellt. F. Storp (l. e.) hat weiter noch Wasserkulturversuche mit Gerste und Gräsern durchgeführt; der Kochsalzgehalt betrug 0,2 bis 0,6 g in einem Liter, teils bei einem gleichbleibenden Nährstoffgehalt, teils bei Abnahme des Nährstoffgehaltes und Zunahme des Chlornatriums in der Versuchs- flüssigkeit. Bei gleichbleibendem Nährstoffgehalt schien der höhere Chlor- natriumgehalt keinen wesentlichen schädlichen Einfluss auf die Entwicke- lung der Pflanzen auszuüben, dagegen trat bei der Abnahme der Nährstoffe in den Lösungen die schädliche Wirkung des Kochsalzes deutlich hervor. ') Ber. d. Kgl. Prov.-Gewerbeschule Bochum 1868. ”) Landw. Jahrb. 1883, 12, 804. ») Der Landwirt, Schles. landw. Zeit. 1895, 81, 481. _- 3 — Bei der Prüfung des Einflusses chlornatriumhaltiger Lösungen auf die Keimung der Pflanzen stellen Tautphöus') und J. Nessler?) fest, dass eine 0,5°/,ige Lösung im allgemeinen schädlich wirkt; M. Fleischer’) hat allerdings mit einer 11°/, Chlornatriumlösung bei einzelnen Pflanzen ebenso gute Erfolge erzielt, wie mit destilliertem Wasser, indessen liess hier bei anderen Pflanzen der Erfolg zu wünschen übrig. F. Storp (l. c.) fand, dass eine 0,1°/oige Chlornatriumlösung die Keimung bei Gerste an- scheinend förderte, dagegen trat mit der Erhöhung des Kochsalzgehaltes eine Verlangsamung der Keimung ein. M. Jarius‘) liess Erbsen, Wicken, Mais, Gerste, Hafer, Roggen, Weizen, Raps, Rübsen und Rotklee in destil- liertem Wasser und salzhaltigem Wasser (Chlornatrium, Chlorcalium, Calium- nitrat, Ammoniumsulfat von je 0,2 bis 2,0%. Gehalt) keimen. Dabei ergab sich eine Begünstigung bezw. Beschleunigung der Keimung da, wo 0,2 bis 0,4 %/, genannter Salze zugesetzt waren, beim Vorhandensein von 1°/o und mehr noch bei 2°, dieser Salze in den Versuchslösungen wurde die Keimung verlangsamt oder auch ganz vereitelt. Die Salze wirkten um so schädlicher, je beschränkter der Sauerstoffzutritt war. Nach diesen Versuchen ist der schädliche Einfluss von Chloriden auf die Vegetation durch Einwirkung auf die Samen und Wurzeln zweifellos. Die Mengen, welche hierdurch als schädlich nachgewiesen sind, sind aber so gross, wie sie bei der Einwirkung chlor- oder salzsäurehaltiger Rauch- gase auf den Boden wohl noch niemals im Boden festgestellt worden sind. Es liegen zahlreiche Versuche vor, bei denen Boden mit chlorna- triumhaltigem Wasser berieselt wurde, also eine weit intensivere Einwirkung derartigen Wassers auf den Boden stattfand, als dieses durch die Rauch- gase der Fall sein kann, ohne dass dadurch eine solche Salzmenge im Boden angesammelt wurde, als wie sie in den obigen Versuchen zur Ver- wendung gekommen ist. In Fällen, welche wir später noch im einzelnen ‚erörtern werden, bei denen aber eine Benachteiligung der Vegetation durch salz- säurehaltige Rauchgase zweifellos vorlag, konnte im Boden selbst kaum eine Erhöhung des Chlorgehaltes nachgewiesen werden; es konnte daher eine schädliche Einwirkung von Chloriden auf die Wurzeln gar nicht in Frage kommen. Wir dürfen auf Grund dieser Ausführungen daher schliessen, dass eine Beschädigung der Vegetation durch salz- säure- oder chlorhaltige Rauchgase durch Einwirkung derselben auf den Boden oder durch Einwirkung der durch dieselben im Boden erzeugten Umsetzungsprodukte ausgeschlossen ist. ') Über Keimung der Samen. Inaug. Dissert. München 1876. - 2). Baden. landw. Wochenbl. 1877, No. 6. ») F. Nobbe, Samenkunde 1876, 269. *) Landw. Versuchsst. 1885, 32, 149. — 236 — B. Beeinflussung der oberirdischen Organe. a) Chemische Veränderungen. Ebenso wie bei der schwefligen Säure und Schwefelsäure führen auch hier die Erwägungen zu dem Schluss, dass eine Beschädigung oder nach- teilige Beeinflussung der Vegetation durch chlor- oder salzsäurehaltige Rauch- gase nur durch die direkte Einwirkung dieser Rauchgase auf die ober- irdischen Organe zu Stande kommen kann. Hierfür spricht auch eine Reihe von Versuchen, auf welche kurz eingegangen werden soll. E. Turner und R. Christison!) sind auch hier wohl die ersten gewesen, welche experimentell den Nachweis der schädlichen Einwirkung von Salzsäure auf die Vegetation geprüft haben. Bei diesen Versuchen färbte eine Luft, welche auf 2 ccm Salzsäure 400 mal soviel Luft beigemischt enthielt, die Blätter einer Resedapflanze innerhalb 10 Minuten gräulichgelb; die Pflanzen ° welkten danach und waren nach 5 Stunden tot. Selbst Y; cem des salz- sauren Gases mit 10000 Teilen Luft verdünnt tötete einen 5 Zoll hohen Goldregen und einen kleinen Lärchenbaum in weniger als 2 Tagen. Weitere Versuche zeigten bei '/ıo ccm des salzsauren Gases in 20000 Raumteilen Luft fast dieselbe Wirkung. In 24 Stunden waren die Blätter eines (Goldregens sämtlich an den Rändern aufgerollt, vertrocknet und entfärbt und schrumpften, obgleich die Pflanze darauf in die frische Luft gebracht wurde, zusammen und starben ab. Das Chlorgas zeigte eine nicht so energische Wirkung auf das Leben der Pflanzen; 2 ccm dieses Gases mit 200 Teilen Luft vermischt fingen erst nach 3 Stunden an auf eine Resedapflanze zu wirken und bei Ya ccm in 1000 Teilen Luft trat die Verletzung einer anderen Pflanze erst nach 24 Stunden ein. Wenn aber die Pflanzen angegriffen worden waren, zeigte sich ein gleiches Ver- welken, Bleichen und Austrocknen wie bei der Einwirkung des salzsauren (rases. H. Lambotte?) hat Versuche über die Wirkung der Salzsäure auf die Vegetation in der Weise angestellt, dass er eine bestimmte Menge des salzsauren Gases in eine Glasglocke leitete, unter welcher sich die Pflanzen befanden. Dabei ergaben sich aber keine übereinstimmenden Resultate und die Ursache liegt hierfür wahrscheinlich darin, dass sich je nach dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft und der Temperatur in der Glocke das trocken eintretende Salzsäuregas als tropfbar flüssige Säure condensiert und an den Wänden der Glocke niedergeschlagen hat, sodass wechselnde Mengen des Salzsäuregases auf die Pflanzen einwirkten. Dieser Übelstand wurde später ') E. Wolff: Die chemischen Forschungen auf dem Gebiete d. Agrik. u. Pflanzen- physiolog. Leipzig 1847, 475. ”) v. Schroeder u. Reuss, 86. ale A a ne Pe er u et — 237 — dadurch aufgehoben, dass die Wände der Versuchsglocke mit Salzsäure bestimmter Konzentration befeuchtet wurden und unter die Glocke ein Gefäss mit derselben Salzsäure gesetzt wurde. Aus dem Überschusse der wässerigen Salzsäure entweicht bei derselben Temperatur im geschlossenen Raume eine stets gleichbleibende Menge des Salzsäuregases in die Luft, welche für die verschiedenen Konzentrationen der wässerigen Säure im Einzelnen genau bestimmt ist. Die Pflanzen wurden Dämpfen ausgesetzt, welche wässerige Lösungen von Salzsäure vom spezifischen Gewichte von 1,09 bis 1,005 in der Luft verbreiteten. Dabei konnte bei den Dämpfen der Säure bis zum spezifischem Gewichte von 1,03 eine mit der Abnahme der Konzentration der Säure abnehmende Stärke der Krankheitserscheinungen wahrgenommen werden; bei den stärkeren Säuren zeigte sich die Einwirkung auf die Pflanzen schon nach wenigen Stunden, bei der schwächeren Säure bei einigen Pflanzen erst nach 24 und selbst erst nach 48 Stunden. In einer Luft, welche die Dämpfe von Salzsäure von spezifischem Gewichte 1,02 bis 1,005 enthielt, konnten manche Pflanzen tagelang ohne wesentliche Veränderung bleiben. In den Dämpfen einer Salzsäure von 1,01 spezi- fiischem Gewichte zeigten speziell: Antirrhinum majus, Lychnis glutinosa, Linaria officinalis und Reseda lutea selbst nach mehrwöchentlichem Auf- enthalte keine Veränderung. Aus den Versuchen ergiebt sich, dass bei 0.000066 g Salzsäure in der Luft = !/ı5o0oo dem Volumen nach eine Be- schädigung der Pflanzen nicht stattfindet. Ganz besonders empfindlich sind nach diesen Versuchen die blauen Blütenfarbstoffe, namentlich die rein blauen wie bei Cichorie und Kornblume; bei den Blüten der Cichorie zeigten sich in einer Luft, die "/ıoooo Salzsäure dem Volumen nach ent- hielt, bei 20° C innerhalb 12—15 Stunden noch eine merkbare Farben- veränderung. Allgemein ergab sich bei diesem Versuche als äusseres Merkmal der Salzsäurebeschädigung eine gelbliche Ränderung und Fleckung der Blätter. G. Christel!) führte die Versuche in der Weise aus, dass er Salz- säuredämpfe auf frei im Garten stehende Bäume und Sträucher einwirken liess; dabei zeigten die Blätter von Prunus armeniaca L. weisse Flecken und weisse Ränder, die Blätter von Syringa vulgaris L. schwarzbräunliche Ränder. Roggenpflanzen, welche in Töpfen gezogen 5—6 Wochen alt waren, wurden unter Glasglocken gesetzt und hier der Einwirkung verschiedener Mengen salzsaurer Dämpfe ausgesetzt; in einer Luft mit bis zu Yıo Yo Salzsäure (dem Gewichte nach) zeigten die Blätter schon nach einigen Stunden Verletzungen, dagegen behielten die Pflanzen bei der halben Menge dieser Salzsäure noch nach 3 Tagen ihr frisches grünes Aussehen, mit Ausnahme eines Blattes, welches einzelne weisse Fleckchen zeigte. B. W. ') Arch. d. Pharm. 1871, 197, 252. — Sa Richardson!) findet bei seinen Versuchen mit Fichten, Kiefern, Kakteen, Myrthe und Reseda, dass Chlor sehr schädlich wirkt, indem die Blätter vertrocknen und zusammenschrumpfen, sich gelblich verfärben und schliess- lich absterben. Die Wirkung des Chlor ist eine plötzliche und schneller und stärker als diejenige des salzsauren Gases. Die nachteilige Einwirkung stellte sich bei den meisten Pflanzen bei '/;ooo Chlorgas in der Luft nach zwölfstündigem Aufenthalte ein; durch Trockenheit der Luft wurde beim Chlor wie bei der Salzsäure die schädliche Wirkung eingeschränkt. Auch hier sind es wieder ausführliche Versuche von J. v. Schroeder und C. Reuss”), welche über die Einwirkung des salzsauren Gases auf die Pflanzen näheren Aufschluss geben. Es wurden wiederholt abgeschnittene Zweige in eine Salzsäureatmosphäre von wechselnder Konzentration gebracht; dabei zeigten die Blätter nach einem Aufenthalt von einer Stunde in einer Luft mit '/ıooo Volumen Salzsäure eine mehr oder weniger scharfe Rände- rung, während die Blätter in der Mitte grün blieben oder nur vereinzelte Flecken zeigten. Bei weiteren Versuchen wurden Tannen, Rotbuchen und Eichen in Töpfen stehend einer Luft mit "/soo0oo Volumen Salzsäure aus- gesetzt; nach 5 Expositionen von 1—2 Stunden innerhalb 6 Tagen blieben die Bäumchen gesund. Bei einer Verstärkung der Säure auf "/ıoooo Vo- lumen zeigten nach einstündiger Einwirkung die Blätter der Rotbuche weissfarbige Ränder. Nach weiterer einstündiger Einwirkung der salzsäure- haltigen Luft blieben die Bäumchen 24 Stunden stehen; bei der nun folgenden Beobachtung zeigt sich die Tanne anscheinend nicht verletzt, die Buche hat weissfarbige Blattränder, die Eichenblätter haben an den Rändern nur einige Flecken; nach einigen Wochen zeigen die Buchen- blätter rotbraune Ränderungen, die Eichenblätter am Rande einige mehr oder weniger braungefärbte Flecken und die Tannennadeln vereinzelt an den Spitzen bräunliche Flecken. Bei einem anderen Versuche mit einer kleinen Topftanne zeigte sich bei einstündiger Einwirkung mit "/ıooo Volumen Salzsäure zunächst keine Veränderung; infolgedessen wurde am folgenden Tage das Bäumchen noch zwei Mal der gleichen Salzsäuremenge ausgesetzt. Nach der ersten Einwirkung erscheinen einige Nadeln an der äussersten Spitze etwas getroffen, nach der zweiten Einwirkung trat die Beschädigung besonders bei den heurigen Nadeln ein, welche zum Teil von der Spitze aus bis auf 5 mm fahl geworden sind, die älteren Nadeln zeigten die Beschädigung nur bis auf 1 mm von der Spitze. Drei Wochen später waren die Nadeln rotspitzig mit scharfer Abgrenzung gegen die grüne Basis. Weiter wurden Tannen, Fichten, Weymouthskiefern, Rotbuchen, Weiss- buchen, Spitzahorn, Birken und Eichen, die in Töpfen standen, innerhalb ') Minutes of evidence n. 2923— 2927. ”), v. Schroeder u. Reuss, 90. Ir ee Eee Kuchihe: — 2339 — 11 Tagen 5 mal einer "/ıoooo Volumen Salzsäure enthaltenden Luft aus- gesetzt; dabei zeigten nur die Blätter der Rotbuchen und Weissbuchen eine kaum merkbare Ränderung; bei der fortgesetzten Einwirkung einer Luft mit !/sooo Salzsäure traten bei diesen Blättern die Ränderungen stärker hervor; ebensolche Ränderungen zeigten sich jetzt auch bei den Birken; an den Blattspitzen des Spitzahorns erschienen Flecken. Die Eiche erwies sich von den Laubhölzern am widerstandsfähigsten; hierbei wurden die Blattflächen und namentlich auch.der Rand der Blätter fleckig. Bei den Nadelhölzern zeigte sich die schädliche Einwirkung erst bei weiterer Verstärkung der Salzsäure auf '/ıooo und zwar zuerst bei der Weymouths- kiefer, dann bei der Fichte und Tanne. Nach längerem Stehen der Bäume waren die Laubblätter mehr oder weniger stark rotbraun gefleckt oder ge- rändert, die Nadeln der Nadelhölzer rotspitzig. Um die Art und Weise der Einwirkung der Salzsäuredämpfe auf die Vegetation festzustellen, wurden Zweige von Acer pseudoplatanus (Bergahorn), Eiche, Birke und Birnbaum salzsäurehaltiger Luft ausgesetzt. Dieselben standen unter einem Glasgehäuse; in dasselbe wurde inner- halb einer Zeit von 4'/s bis 5 Stunden dreimal soviel Salzsäure eingeleitet, dass die Luft zu "/ıooo davon hätte enthalten müssen, wenn die gesamte Säure in der Luft verblieben wäre; die Zuführung der Salzsäure geschah durch Verdampfen einer wässerigen Salzsäure bestimmter Konzentration. Die Einwirkung der Salzsäure äusserte sich beim Ahorn in der Weise, dass die Blätter teils gerändert, teils gefleckt waren, die Birken- und Birnbaum- blätter waren nur stark gerändert, die Eichenblätter an den Spitzen der Zacken verletzt und gerändert. Durch die Untersuchung wurde für 100 Teile Blatttrockensubstanz an Chlor festgestellt: Nach Behandlung Steigerung des Chlor- Normal mit Salzsäure gehaltes von 100 auf: Acer pseudoplatanus . 0,4843 1,0133 209 ea ROSA 0,4416 529 ee tlaensi OBEO 0,4174 810 Birnbaum EN NT AN 7° 0,5911 1030 Die Zahlen sprechen für sich selbst und ergeben deutlich die Ab- sorption der Salzsäure durch die Blattsubstanz. Aus einem Vergleich dieser Ergebnisse mit den früher mitgeteilten Resultaten ähnlicher Versuche mit schwefeliger Säure ergiebt sich, dass unter denselben äusseren Verhält- nissen dasselbe Blattgewicht etwas mehr schwefelige Säure als Salzsäure auf- nimmt; bei diesen Versuchen nahmen nämlich 100 g Blatttrockensubstanz auf: Schwefelige Säure Salzsäure RU: ER 0,424 0,369 RE ER 0,589 0,366 Birubaum nid 0,478 0,549 — 240 °— Die neuesten Versuche, welche die Anreicherung der Pflanzen an Chlor bei Beräucherung mit sehr schwachen Salzsäuredämpfen zeigen, rühren von E. Ramann!) her. Derselbe experimentierte ausschliesslich mit Fichten und wollte die Einwirkung zeigen, die sehr geringe Mengen von Salzsäure bei häufigen Räucherungen hervorbringen. Um es gleich vorauszunehmen, fanden sich nach P. Sorauer’s Untersuchungen keinerlei äusserliche oder innere Schäden an den Nadeln, ein Zeichen also, dass die Pflanzen nicht sichtbar auf das Gas reagirt hatten. Es wurden 8—9jährige Fichten, die schon seit 2 Jahren in Töpfen standen, verwendet, die Bäume 1—6 wurden bei den Versuchen in ein Vegetationshaus gebracht, dort eine Stunde dem Salzsäuredampf ausgesetzt und dann wieder ins Freie gebracht. No. 7 und 8 dienten als Kontroll- pflanzen, die stets im Freien neben den Versuchspflanzen standen”). Von diesen Bäumen wurden 1, 2, 3 stets trocken, 4, 5, 6 mit einem Zer- stäuber besprengt dem Versuche ausgesetzt. 1 und 4 wurden täglich, 2 und 5 alle zwei, 3 und 6 alle vier Tage beräuchert. Um den Salzsäure- dampf zu erzeugen, wurde Amylchlorid mit dem Sfachen Volumen Alkohol vermischt und verbrannt. 24,5 g Amylchlorid wurde mit Alkohol auf 100 cem verdünnt und davon 10 ccm verbrannt. Diese Menge enthält 2,45 g Amylchlorid mit 0,8207 g Chlor. Es entwickelten sich 0,84 g Salzsäure oder für den Raum des Vegetationshauses 1 Teil auf 1940 Teile Luft. Dies würde einer Verdünnung von ca. 0,00510 Gewichts- oder 0,00386 Volumprozent entsprechen. Die Versuche begannen am 11. August und dauerten bis zum 31. Oktober. Zur Bestimmung des Chlors wurden 15 g lufttrockene Nadeln mit einer Lösung von 4 g krystallisierter Soda eingedampft und dann verbrannt. Die Kohle wurde mit Wasser ausgezogen und dann völlig verascht. Die Veraschung muss vollständig sein, weil sonst die Bestimmung unsicher wird. Die Chlorbestimmung wurde ohne vorhergehende Abscheidung der Kieselsäure ausgeführt oder es wurde durch Schmelzen von pulverisiertem Bergerystall mit Natriumcarbonat ein Silicat hergestellt. Bei beiden Methoden ist es notwendig, die Lösungen erst einige Zeit stehen zu lassen und dann den etwa entstehenden Niederschlag zu filtrieren. Es betrug dann der Chlorgehalt der Nadeln der 8 Bäume in % 11. August 31. Oktober Anfang der Versuche 22. September Schluss der Versuche 1) 0,0260 0,0440 0,0500 2 0,0477 0,0718 0,0996 3) 0,0392 0,0357 0,0764 4) 0,0355 0,0401 0,0661 5) 0,0419 0,0597 0,0528 6) 0,0450 0,0583 0,0698 7) 0,0322 aa 0,0375 8) 0,0437 _ 0,0397 '!) P. Sorauer u. E. Ramann in Botan. Ctrbl. 1899, 80, 211 ff. °”) Vgl. auch die Versuchsanstellung mit schwefliger Säure S. 97. | | | | an — 21411 — Aus dieser Tabelle folgt, dass bei den Versuchsfichten 1—6 eine Zunahme des Chlorgehaltes stattgefunden hat, die allerdings in keinem Verhältnis zu der Zahl der Räucherungen steht. So hat z. B. No. 3 nur sehr wenig in der Zeit vom 11. August bis 22. September zugenommen, ebenso No. 1 und 5 in der zweiten Hälfte der Versuchsdauer. Doch ist man wohl gezwungen, diese Abweichungen auf individuelle Anlage zurück- zuführen. Aus diesen Versuchen kann man folgende Schlüsse ziehen: Eine einstündige jeden Tag oder jeden dritten Tag wiederkehrende Räucherung mit Salzsäuredämpfen (1:1940) hat bei etwa 80tägiger Dauer äusserlich bemerkbare Beschädigungen an Fichten nicht verursacht. Auch die Nadelfarbe ist unverändert geblieben. — In allen Fällen ist eine, wenn auch geringe, so doch sicher nachweisbare Steigerung des Chlorgehaltes in den Fichtennadeln eingetreten. — Die Steigerung im Chlorgehalt steht nicht im Verhältnis zur Häufigkeit der Räucherungen. — Die mit Wasser besprengten Fichten haben durchschnittlich weniger Chlor absorbiert, als die trocken den Salzsäuredämpfen ausgesetzten. — Die absolut höchste Steigerung des Chlorgehaltes zeigten die in längeren Zwischenräumen, alle 2—3 Tage be- räucherten Fichten. Der Vollständigkeit wegen seien hier noch die Bestimmungen der Roh- asche angeführt, die allerdings für die vorliegenden Versuche wenig posi- tive Resultate ergeben haben. Vielleicht sind aber, wie E. Ramann bemerkt, solche Bestimmungen im Gelände von grösserem Wert. Rohasche in °/, d. Trockensubstanz Chlorgehalt der Rohasche Ernie 11. August 1. November 11. August 1. November DIUrmE 1) 3,068 3,136 1,25 1,59 +0,34 2) 3,506 4,556 1,36 2,188 + 0,83 3) 5,040 4,68 0,777 1,632 + 0,86 4) 5,35 4,92 0,664 1,3543 + 0,68 5) 6,77 6,40 0,619 0,825 + 0,20 6) 4,68 4,904 0,961 1,425 + 0,46 17 4,17 4,67 0,772 0,803 + 0,03 8) 4,19 5,00 1,043 0,594 — 0,43 b) Morphologische Veränderungen. Bereits im vorigen Kapitel war an verschiedenen Stellen auf die Veränderungen hingewiesen worden, die an den Blättern durch die Ein- wirkung der Salzsäure vor sich gehen. Es sollen jetzt die äusseren Blattverletzungen im Zusammenhange besprochen werden. Wenn es nicht ausdrücklich bemerkt ist, so handelt es sich nur um die durch Salz- säure hervorgebrachten Schäden. Wir hatten gesehen, dass die schweflige Säure auf den Blättern Flecken hervorrief, die meist mitten in den Interkostalfeldern entstanden und sich centrifugal ausbreiteten: die Gegend der Blattrippen widerstand Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 16 Bee am längsten. Im Gegensatze zu dieser Art der Fleckenbildung beginnt bei der Salzsäurewirkung das Absterben vom Rande her, so dass Blatt- ränderungen entstehen. Wenn auch natürlich Abweichungen von diesem allgemeinen Verhalten vorkommen, so legt doch diese Art der Blattschädigung wenigstens den Verdacht nahe, dass Salzsäure der schuldige Teil ist. Um die Schäden aus eigener Anschauung in typischer Form kennen zu lernen, sind von uns mehrere Versuche im Rauchkasten gemacht worden. Durch Abdunsten roher Salzsäure oder durch Einwirkung von Schwefelsäure auf Chlornatrium wurden Salzsäuredämpfe, ferner durch Erhitzen von Chlorwasser Chlor erzeugt. Wenn Getreide in jugendlichem Zustande oder Wiesengräser von Salzsäuredämpfen getroffen werden, so werden die Spitzen der Blätter miss- farbig und zuletzt bräunlich, seltener weiss. Ähnliche Färbung zeigen auch die Blattränder. Bei Einwirkung stärkerer Dosen wird das ganze Blatt bräunlich und hängt schlaff herab. Unter Einwirkung von Chlor tritt nicht eine Bräunung, sondern eine Bleichung ein, das Grüne geht in Weiss oder Gelb über. Wenn bereits die Ähren zur Ausbildung gelangt sind, so sehen sie wie rot überlaufen aus. Dieselbe Färbung vermochte J. v. Schröder!) auch experimentell hervorzurufen. Wiesenklee zeigte sehr schöne Ränderung der Blätter. Erbsen- und Bohnenblätter vertrocknen ebenfalls vom Rande her. Erbsenranken sind gegen Salzsäure ebenso empfindlich wie gegen schweflige Säure. Bei den Bohnen entstehen auch mitten in der Blattfläche durch- scheinende Flecken, in denen die Blattsubstanz vollständig zusammen- gefallen ist. Auf der Durchsicht sieht man in diesen Flecken und auch häufig in der Randzone schwarze kleine Punkte, die von dunklen Gerbstoff- ausscheidungen in der Zelle herrühren. Auch die Blattstiele werden welk und schwarzfleckig. Weinblätter zeigen rote Ränderung, Georginen bekommen schwarze, schnell eintrocknende Ränder. Besonders empfindlich sind Obst- bäume und unter ihnen wieder Pflaumenbäume. Die Ränder sind gelbbräun- lich (Apfelbaum), bräunlich (Kirschbaum) bis fast schwarz (Birnbaum). Bei der Birne wird bisweilen das ganze Blatt gleichmässig dunkel. Häufig finden sich bei den Obstbäumen doppelte Ränderungen, die äussere Zone ist dann viel heller als die innere. Ganz ähnliche Beschädigungen zeigen auch Rosen und Ribes aureum. Während bei der ersteren die Randzone braun ist, bleibt sie bei letzterem Strauch gelbweisslich. Da sich häufig bei beiden noch dunkelbraune innere Ränder finden, so entstehen sehr schöne Farbeneffekte. Beim Rauchversuch erhält man solche Doppel- ränder nicht, wahrscheinlich wohl deswegen, weil die Reaktion von Seiten ') v. Schroeder u. Reuss, 94. PT ee ee ee ee ee ee ze | u eo a u —_— 23 — der Pflanze nicht langsam genug erfolgen kann. Einfache braune Ränder zeigt der Flieder (Syringa). Für eine ganze Reihe von wildwachsenden Bäumen sind verschieden- farbige Blattränderungen bekannt geworden. Eichen, Weiss- und Rot- buchen, Birken, Ahorn bekommen eine braune Ränderung, die sich bei den Blättern mit geringer Auszackung gleichmässig herumzieht. Wenn grössere Buchten und Zacken vorhanden sind, wie bei Eichen und Ahorn, so werden die Blattauszackungen in erster Linie beschädigt; in den Buchten tritt die Ränderung später ein. Bisweilen treten bei der Eiche mitten auf den Blättern Fleckenbildungen auf. Bei den Kiefern treten Verfärbungen der Nadelspitzen ein und zwar erwies sich bei unseren Versuchen Abies brachyphylla empfindlicher als Pinus montana und Larix decidua. Diese Verfärbungen unterscheiden sich von den Schwetligsäureflecken nicht, vielleicht sehen sie in der Natur etwas verschieden aus. Wahrscheinlich sind solche Beschädigungen an Nadelhölzern recht selten zu finden, denn J. v. Schroeder und C. Reuss haben trotz ihrer reichen Erfahrung keine gesehen. Die inneren Veränderungen in den geschädigten Blättern wurden bisher fast garnicht genauer studiert; ausser wenigen gelegentlichen Bemerkungen bei Untersuchungen über Beschädigungen durch schweflige Säure existieren keine speziellen Arbeiten über dieses wichtige Gebiet. Es wurden deshalb von uns einige Untersuchungen angestellt, die aber nicht den Anspruch auf Vollständigkeit machen können. Die durch die Salzsäureeinwirkung fast weissen, schlaffen Blätter des Roggens zeigen bei näherer Untersuchung, dass sich an den Gefässbündeln noch einige wenige grüne Stellen finden, die Streifen oder isolierte Punkte darstellen. Auf Querschnitten erscheint der Zellinhalt sehr stark gebleicht und geschrumpft und in der Nähe der Gefässbündel finden sich in einzelnen Zellen braune oder schwarze Niederschläge, die aus Gerbstoff bestehen, wie ihr Verhalten gegen Chloralhydrat zeigt. Die Querschnitte durch die kranken Stellen der Erbsenblätter sind nur schwer herzustellen, da das Gewebe ausserordentlich zusammengefallen ist. Zwischen dem gesunden und kranken Teil des Blattgewebes lässt sich kaum ein Unterschied feststellen. Die Chlorophylikörner scheinen ein wenig gequollen zu sein; ausserdem füllen Gerbstoffniederschläge einige Zellen fast ganz aus und färben sie fast schwarz. Die Bohnenblätter zeigen durchscheinende Flecken auf der Fläche und am Rande, die dadurch zustande kommen, dass der Inhalt aus den Zellen schwindet. Zwar erscheinen die Chlorophylikörner des Assimilations- gewebes noch scharf begrenzt, aber der übrige Inhalt ist fast ganz ver- schwunden. An einzelnen Stellen sind nur noch wenige Reste vorhanden. Manchmal, namentlich wenn reines Chlor gewirkt hat, bleicht sich der 16* — 244 — Inhalt ganz gleichmässig aus und zieht sich zusammen. Häufig beobachtet man auch leichte Bräunungen des Inhaltes von Zellen in der Nähe der Rippen; zu stärkeren Gerbstoffablagerungen kommt es aber scheinbar nicht. Die Georginenblätter sind an den Flecken sehr zusammengesunken, Messungen ergaben, dass die Blattsubstanz nur etwa noch halb so dick war wie vorher. In den meisten Zellen finden sich mehr oder weniger starke Bräunungen, die Chlorophyllkörner sind meist etwas gequollen. Rosen zeigen noch stärkere Gerbstoffniederschläge. Meist sind die gesamten Assimilationszellen, soweit sie sich innerhalb der Fleckenzone befinden, mit dunklem Inhalt erfüllt, der bei manchen Zellen völlig schwarz ist. Entsprechend dem hohen Gerbstoffgehalt der Rosenblätter erscheint dies Verhalten erklärlich. Auch bei der Birne treten ausgedehnte (Grerbstoffniederschläge auf, die sich zuerst auf die Zone der Pallisadenzellen erstrecken und dann auch nach dem Schwammparenchym hinübergreifen. Soweit die übrigen Inhaltsstoffe noch sichtbar sind, scheinen sie kaum verändert zu sein. Auch in den Gefässbündeln tritt bisweilen Bräunung der Tracheen ein. An den Nadeln von Abies brachyphylla treten bei Einwirkung von Chlor ganz merkwürdige lokale Veränderungen auf. Es werden nämlich nur die Schliesszellen der Spaltöffnungen und einige benachbarte Hypoderm- zellen verändert, indem Inhalt und Membran sich braun färben (Fig. 25). Da diese Verfär- ars DARF I bung auf grosse Strecken NY a = an der Nadel sich findet, ar‘ RS SE REP AT De n% Ep E y\ a 4 2) "GB so sind, da die Spalt- öffnungen in Längs- Fig. 25. Stück eines Nadelquerschnittes von Abies brachy- se : - phylla durch Chlor beschädigt. Membranbräunung an den reihen liegen, Eee: der Spaltöffnungen c. Yu Lupefeine braune Längs- striche auf der Unter- seite der Nadel zu sehen. Andere Verfärbungen traten nicht auf, auch die an den Spaltöffnungen liegenden Epidermiszellen blieben normal. Pinus montana zeigt fahle Verfärbung der Nadeln mit von der Spitze aus fortschreitender Bräunung und Abtrocknung, In den Assimilations- zellen sind die Chlorophylikörner ausgebleicht und häufig ihrem Umriss nach nicht mehr deutlich zu erkennen. Der Zellinhalt ist häufig zu- sammengeballt, wird bei fortschreitender Abtrocknung braun und ver- schwindet schliesslich bis auf geringe Reste. In den ersten Stadien ist häufig nur die Cuticula gebräunt, dann aber greift die Braunfärbung der Membran nach innen und zuletzt erscheint an den trockenen Partieen der allergrösste Teil der Membranen gebräunt. Durch den Trocknungsprozess — 215 ° — entstehen Zerrungen und Zerreissungen der Membran, so dass zuletzt ein Bild entsteht, wie es Fig. 26 etwas schematisch wiedergiebt. Bei der Lärche sind nur die ersten Stadien der Schädigung zur Beob- achtung gekommen. Die Chlorophylikörner entfärben sich und quellen auf, der Inhalt beginnt sich leicht zu bräunen oder zu entmischen, so dass sich gelbe Öltropfen in den Zellen vorfinden. Dabei zieht sich der Plasma- schlauch nur wenig zusammen. Die Cuticula färbt sich manchmal etwas gelblich. Nehmen wir nun noch die Beobachtung A. Wieler’s!) hinzu, dass Rotfärbung der Schliesszellen bei der Fichte auch durch Salzsäuredampf ein- treten kann, so ist im wesentlichen alles erschöpft, was wir von den anatomischen Verhältnissen salzsäuregeschädigter Pflanzen kennen. 00 > p A KABEI- Fig. 26. Nadelquerschnitt von Pinus montana, durch die von Salzsäure gebräunte Spitze geschnitten. c. "/io- Als verschieden von der Wirkung der schwefligen Säure muss das häufigere Auftreten des Gerbstoffes erwähnt werden; auch die schnelle Entfärbung der Chlorophylikörner erscheint beachtenswert gegenüber der sich lange haltenden Färbung bei schwefliger Säure. Aber recht greifbare und scharf begrenzte Unterschiede sind das nicht; daher bleiben für die spätere Forschung auch hier noch grosse Lücken auszufüllen. c) Physiologische Veränderungen und Art der Wirkung. Von A. Wieler und R. Hartleb?) ist die Einwirkung der Salzsäure auf die Assimilation der Pflanzen genauer studiert worden. Die beiden ') Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwesen, 1897, 29, 524. ?) Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1900,18, 348; Zeitschr. f. angew. Chemie 1900, 13, 1035. — 246 — Autoren vermuteten, dass die Salzsäure die Chlorophylikörner inaktiviere, etwa in der Weise, wie man dies durch Narkotika (Äther, Chloroform) erreichen kann. Alle übrigen, äusserlich sichtbaren Erscheinungen würden dann nur Sekundärerscheinungen sein. Zum Beweise wurde eine Anzahl von Pflanzen zu den Versuchen herangezogen, welche wegen ihrer Wichtig- keit näher besprochen zu werden verdienen. Es wurde zuerst mit der Wasserpest, Elodea canadensis, experi- mentiert. Um die Grösse der Assimilation festzustellen, wurden die Gas- blasen gezählt, die innerhalb einer bestimmten Zeit im Wasser aufstiegen. Bei den Versuchen enthielt das Wasser die gleiche Menge Kohlensäure; Temperatur und Belichtung waren konstant. Als Lichtquelle diente eine elektrische Lampe. Es wurde auf doppelte Weise experimentiert: 1. Der Spross wurde in kohlensäurehaltigem Wasser auf seine Assimilationsthätig- keit geprüft, darauf in Wasser mit Salzsäure und Kohlensäure gebracht und ebenfalls auf Sauerstoffausscheidung geprüft. Dann wurde er in kohlen- säurehaltiges Wasser zurückgebracht und nochmals die Sauerstoffabgabe mittelst der Zählung der Gasblasen festgestellt. 2. Der Versuch wurde dadurch modifiziert, dass das salzsäurehaltige Wasser keine Kohlensäure enthielt. Nach beiden Methoden fielen die Ergebnisse übereinstimmend aus, indem in der Salzsäurelösung stets eine Verminderung der Blasenzahl stattfand. Auch die Grösse der Gasblasen war geringer. Es seien die Resultate eines nach der zweiten Methode angestellten Versuches hier an- geführt: Bei Aufenthalt in CO, haltigem Wasser . . . 138 Blasen Aufenthalt von 20 Minuten in 0,08°/, HCl, ohne COs, nach diesem Zeitraum in CO, haltigem Wasser. geprült 2, EI 7 >. Zurückgebracht in CO3 haltigem Wasser, nach drei Stunden geprüft. 2,5. a er Nach weiteren vier Stunden geprüft . .-. . . 17 EA Nach weiteren acht Stunden geprüft also zusammen nach 15 Stunden) Km es Y Die Blasen wurden bei jeder Bestimmung während mehrerer Minuten gezählt und aus diesen Zahlen das Mittel genommen. Es zeigt sich deutlich, dass eine ganz bedeutende Herabsetzung der Assimilation stattfindet. Die Versuche wurden dann auch auf Landpflanzen ausgedehnt und zwar auf Bohnen, Eichen und Rotbuchen. Die ersten Versuche wurden so angestellt, dass die Pflanzen mit Glasglocken überdeckt wurden, in denen eine bestimmte Menge von Salzsäure hineingegeben wurde. Die Pflanzen wurden durch vorheriges Stehen im Dunkeln entstärkt; zur Assimilation im Licht wurde auch Kohlensäure in die Glocken geleitet. Die Untersuchung der Pflanzen nach dem Versuch wurde mit Hilfe der 4 % + at Ben A un A — 2417 — Sachs’schen Jodprobe vorgenommen, mittelst der sich zeigen lässt, ob und wieviel Stärke gebildet ist. Leider liess sich damit nicht die Quanti- tät der gebildeten Stärke in ausreichender Weise bestimmen. Zur Er- langung von einwandsfreien Resultaten war vielmehr notwendig, die kohlen- säure- und salzsäurehaltige Luft in konstantem Strom an den Pflanzen vorbeizuführen und aus der Menge der zerlegten Kohlensäure die Grösse der Assimilation zu berechnen. Indessen waren aber doch auch die ersten rohen Versuche geeignet, eine bemerkenswerte Thatsache zu zeigen. Um nämlich normale Pflanzen im Dunkelzimmer zur Entstärkung, d. h. zur Ableitung der Stärke aus den chlorophyliführenden Zellen zu bringen, genügen 12 Stunden voll- ständig. Wenn aber Eichen und Buchen der Wirkung der Salzsäure aus- gesetzt gewesen waren, so waren 60 Stunden notwendig, um die Entstärkung herbeizuführen. Die Salzsäure verzögerte mithin die Ableitung der Stärke um volle 48 Stunden, sie übte also noch eine nachträgliche Wirkung aus. Auch die schweflige Säure bringt denselben Effekt hervor, wie A. Wieler und R. Hartleb nebenbei angeben. Zur exakten quantitativen Ermittelung des Assimilationsausfalles ver- fahren A. Wieler und R. Hartleb') folgendermassen: »Die ganze Blattmasse einer Topfpflanze (Eiche, Buche) oder der Gipfel einer solchen bei grösseren Exemplaren wurde luftdicht in tubulierte Glaskugeln eingeschlossen. Durch sie wurde mittelst der Wasserstrahlluftpumpe ein konstanter Luftstrom mit der Geschwindigkeit von durchschnittlich 100 Litern in der Stunde durch- gesogen. Vordem die Luft in die Glasglocke eintrat, wurde sie zunächst in bekannter Weise ihrer Kohlensäure und ihres Wassers beraubt und dann ‚wieder mit einer bestimmten Menge Kohlensäure beladen. Hierzu strich die Luft durch Schwefelsäure, in welche aus einer Capillaren mit bekannter Geschwindigkeit titrierte Sodalösung tropfte. Die sich entwickelnde Kohlen- säure wurde von der Luft mit fortgerissen und teilte dieser einen Gehalt von etwa 1 Vol.-”/o mit. Beim Verlassen der Glaskugel wurde Luft durch Vorlagen mit titrierter Barytlösung geleitet. Bei der angewandten Luft- geschwindigkeit und der grossen Menge Kohlensäure, welche zu absorbieren war, genügten die üblichen Absorptionsröhren des Pettenkofer-Pfeffer’schen Apparates nicht. Nach längerem Probieren haben wir schlangenförmig gewundene Röhren von ca. 2,9 em Durchmesser und 1000 eem Inhalt benutzt, und zwar wurden bei den 2—3 Stunden dauernden Assimilations- versuchen zwei derartige Vorlagen verwendet. Ausserdem wurden noch zwei mit je 200 cem Barytlösung gefüllte Waschflaschen vorgelegt. Die Titrierung geschah wie üblich mit Oxalsäure. Natürlich beeinträchtigt die grosse Menge Flüssigkeit die Genauigkeit dieser Methode; dech können nur ') Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1900, 18, 353. — 2148 — Fehler von wenigen Milligramm vorkommen, so dass sie nichts desto weniger für unsere Zwecke genau genug blieb. Die Temperatur war in den einzelnen Versuchen vollständig oder sehr annähernd konstant. Als konstante Licht- quelle diente ein kleiner elektrischer Scheinwerfer. Sollte die Assimilation unter Einwirkung der Salzsäure erfolgen, so wurde zwischen das Kohlen- säure produzierende Gefäss und die Pflanze ein durch eine kleine Gasflamme erhitzter Kolben eingeschaltet, in welchen durch eine sehr feine Kapillare sehr verdünnte Salzsäure von bekanntem Gehalt und mit bekannter Ge- schwindigkeit tropfte. Durch die Wärme verdampft die Säure und teilt sich dem Lufitstrom mit. Zur schnelleren Verdünnung der Säure durch die Luft musste sie vor Eintreten in die die Pflanze umschliessende Glas- kugel eine Glaskugel von ca. 5 Liter Inhalt durchströmen. Durch Variation der Kapillarenweite oder der Konzentration der flüssigen Salzsäure kann man jede gewünschte Konzentration der Säure in der Luft hervorrufen.« Da bei allen diesen Untersuchungen auch die Atmung in Rechnung gezogen werden musste, die ja durch die Absonderung von Kohlensäure die für die Assimilation erlangten Zahlen verringern würde, so war es notwendig vor Anstellung der Versuche zu prüfen, ob die Atmung durch die Säure beeinflusst wird. Zu diesem Behufe wurde die Atmungsgrösse des normalen Exemplares bestimmt und entgegen der bisherigen Annahme gefunden, dass sie nicht zu allen Tageszeiten konstant ist. So lässt sich bei der Rotbuche eine Periodizität erkennen, welche während der ersten Nachtstunden ein bedeutendes Maximum zeigt, das dann allmählich abfällt. Das Maximum liegt in den Tagesstunden, wo in den einzelnen Stunden annähernd dieselbe Atmungsgrösse herrscht. Für die Eiche schwankt die Atmung in kurzen Zwischenräumen auf und ab, ohne eine solche Periodizität zu erreichen. Für die Buche wurde gefunden, dass bei Konzentration von 1: 100000 die Atmungsgrösse nahezu auf das Doppelte steigt, dasselbe findet noch statt bei 1:300000 und 1:400000. Ähnliche Zahlenverhältnisse zeigt auch die Eiche. Nachdem also die Atmungsgrösse bestimmt war, konnten die Assimi- lationsgrössen ermittelt werden. Wenn die Versuche bei 1:500000 Kon- zentration ausgeführt wurden, so konnten bei der Buche 55—60°/,, bei der Eiche ca. 42°/, Assimilationsausfall festgestellt werden. Das sind ganz erhebliche Einbussen an plastischem Material, die die Pflanze durch die Wirkung der Salzsäure erleidet. A. Wieler und R. Hartleb sind der Ansicht, dass die Assimilations- veränderung durch eine Inaktivierung der Chloroplasten hervorgerufen wird und nicht etwa auf eine Verminderung der Kohlensäurezufuhr durch Schluss der Spaltöffnungen zurückzuführen ist. Eine spezifische Wirkung der Salz- säure auf die Spaltöffnungen ist schon deswegen nicht denkbar, weil ja bei Verschluss derselben bei den Atmungsversuchen keine Kohlensäure hätte . -. HN entweichen können. Es hätte sich also eine Verminderung der Kohlensäure- ausscheidung im Laufe des Versuches geltend machen müssen, was aber nicht der Fall ist. Obwohl von den beiden Autoren die Transpiration nicht besonders verfolgt worden ist, so glauben sie doch, dass dieselbe kaum vermindert wird. Wir sind also im Verständnis der Wirkung der Salzsäure auf die Zelle genau ebenso weit wie bei der schwefligen Säure. Wie dort können wir auch hier sagen, dass die Säure hemmend auf die Plasmabewegung wirkt. Das Wie? bleibt uns in beiden Fällen noch dunkel. Ein bedeutender Unterschied ist aber bei der Wirkung beider Säuren zu beachten. Die schweflige Säure bewirkt eine bedeutende Depression der Trans- spiration, die Salzsäure eine solche der Assimilation; in phy- siologischer Hinsicht sind also beide in ihrer Wirkung auf das lebende Plasma recht verschieden. 4. Beispiele aus der Praxis. Das Salzsäuregas, welches mit den Rauchgasen in die Luft geführt wird, ist farblos, hat aber eine grosse chemische Verwandtschaft zum Wasser und bildet daher bereits mit dem Wasserdampfe der Atmosphäre sichtbare weisse Nebel. Diese Nebel, welche je nach der Feuchtigkeit der Luft in geringerem oder stärkerem Masse beim Eintritt salzsäurehaltiger Luft in die Atmosphäre auftreten, werden vielfach als Merkmale für das Entweichen von salzsäurehaltigen Rauchgasen angesprochen; jedoch dürfte dieses doch wohl nur für ein geübteres Auge der Fall sein und daher als Anhaltepunkt, nicht als Beweismittel gelten dürfen. Es ist wohl zu be- achten, dass auch andersartige Nebel von gleichem Aussehen vorkommen, welche durchaus nicht nachteilig für die Vegetation sind. So bildet z. B. Wasserdampf derartige weisse Nebel. Letztere zerteilen sich aber zum ‚ Unterschiede von den Salzsäurenebeln sehr bald. Die Salzsäurenebel halten sich lange zusammen und bilden besonders bei sehr feuchter Witterung dieke, schwere Schleier, welche sich schliesslich ohne grössere Verdünnung zu Boden senken und hier auf die Vegetation verheerend wirken. In diesem längeren Zusammenhalten der Salzsäurenebel liegt auch der Grund, dass hohe Schornsteine als Hilfsmittel zur Unschädlichmachung der salz- säurehaltigen Rauchgase wenig wirksam sind; der Zweck der hohen Schorn- steine, eine grössere Verdünnung der Rauchgase herbeizuführen, wird durch die angegebene besondere Eigenschaft der salzsäurehaltigen Rauchgase und der Salzsäurenebel vereitelt. | Es ist schon früher darauf hingewiesen worden, dass bei der Be- schädigung durch salzsaure Rauchgase die Sodafabriken in erster Linie in Frage kommen; dieselben haben auch wohl die erste Veranlassung dazu gegeben, dass man sich eingehender mit der Untersuchung der Schädlich- — 250 ° — keit salzsaurer Rauchgase auf die Vegetation befasst hat. In den Jahren 1854 und 1855 hatte die belgische Regierung eine besondere Kommission eingesetzt, um die wiederholten Klagen über die Belästigungen durch die Rauchgase der Sodafabriken zu untersuchen. Dass hierbei im wesentlichen die Salzsäure als Übelthäterin im Spiele ist, ergeben die schon oben an- gegebenen Zahlen für Salzsäureverlust. Nach dem Berichte der belgi- schen Kommission sind Bäume und Sträucher weniger widerstandsfähig gcgen die sauren Rauchgase, als die Feldpflanzen und der Grund hierfür wird darin gesucht, dass bei den Holzpflanzen sich die Einwirkung der sauren Rauchgase in jedem Jahre wiederholt und sich so summiert. Als äussere Merkmale für die Einwirkung der sauren Rauchgase auf die Blatt- substanz ergaben die Untersuchungen der belgischen Kommission ‘das Auf- treten von gelben oder braunen Flecken an den Rändern der Blätter; diese Flecken, deren Färbung und Auftreten naturgemäss mit der Stärke der Einwirkung der Rauchgase wechselte, schlossen sich mehr oder weniger eng aneinander und bildeten so einen Saum um das Blatt. Die Oberfläche dles Blattes zeigte derartige Flecken weniger und jedenfalls unregelmässiger. Wenn die Einwirkung sehr intensiv war, dann vertrockneten die Blätter der Bäume, wurden schwarzgrau und rollten sich ein; die Rinde verdickte sich, haftete fester am Stamm und wirkte dadurch störend auf die Säfte- zirkulation. Diese äusseren Merkmale traten erklärlicherweise am stärksten in der Richtung von der betreffenden Anlage auf, wohin die Dämpfe haupt- sächlich vom Winde geführt wurden, und fanden sich bei den Pflanzen immer am meisten auf der der Fabrik zugekehrten Seite. Bei den vier untersuchten Fabriken in Risle, Floretfe, Moustier und Auvelais schien die Beschädigung in der Richtung der herrschenden Winde bei einer Entfernung von 600 m zu beginnen und nicht über 2000 m von der Fabrik hinaus- zugehen. Von der belgischen Regierungskommission sind die Pflanzen nach ihrer Widerstandsfähigkeit gegen die sauren Rauchgase zusammengestellt worden; die dadurch ermittelte Resistenzreihe ist bereits früher (S. 7) mit- geteilt worden. Wie schon dort auseinandergesetzt wurde, hat eine solche Feststellung der Resistenz der Pflanzen gegen die Einwirkung saurer Rauch- gase nur einen sehr bedirigten Wert, der jedenfalls unter Berücksichtigung (der besonderen lokalen Verhältnisse stets geprüft werden muss. Nach der von J. v. Schroeder und ©. Reuss ausgesprochenen Ansicht hängt die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen saure Rauchgase wesentlich von der wproduktionsfähigkeit der Pflanzen ab und daher muss bei der Beurteilung praktischer Fälle hierauf ganz besonders Rücksicht genommen werden. Es mögen hier noch Berechnungen von H. Lambotte!) ange- führt werden, nach denen beim Austritt aus der Esse einer der grössten ) v. Schroeder u. Reuss, 86. — 2531 — Sodafabriken die Luft nicht mehr als "/ıooo Volumen Salzsäuregas enthält. Nach theoretischen Erwägungen, welche durch Untersuchungen an Ort und Stelle bestätigt wurden, sinkt diese Menge bei einigermassen ruhiger Witterung durch Mischung mit der Luft in einer Entfernung von 100 bis 200 m von der Esse auf °/ıo0000. Dass solche Resultate bei guter Kondensation zu erreichen sind, kann nicht bezweifelt werden; die Erfahrung lehrt aber, dass im praktischen Betriebe auch ungünstigere Verhältnisse vorkommen. So berichtet G. Christel!) über Beschädigungen der Vegetation in 1000 m Entfernung von einer Sodafabrik. Eichen, Buchen und Obst- bäume, welche 200 m von der Fabrik standen, waren stark angegriffen; die Blätter der Obstbäume waren braun gefleckt und braun gerändert. Auf 500 m Entfernung von der Fabrik waren die Beschädigungen durch die sauren Rauchgase bei Linden, Eichen, Kastanien, Eschen, Himbeeren, Johannisbeeren unverkennbar; die Blätter waren vielfach schon anfangs Juli abgefallen und waren zum Teil braun gerändert. In der Nähe der Fabrik, etwa 100—150 m davon entfernt, stand Roggen, welcher im Juni gut und normal entwickelt war; dabei waren fast alle Ähren, insbesondere die Grannen nach der der Fabrik zugewendeten Seite rot überlaufen. Die Blätter des Roggens waren an der Basis braun gerändert oder ganz braun und abgestorben. Die Roggenähren wurden frühzeitig strohgelb und blieben ohne Körnerbildung. Auch die Blütenähren von Lolium perenne waren fast alle rot überlaufen. Bei Weizen, Hafer und Gerste waren die Blätter im Juni vor der Blüte teils braun gefleckt, teils korkzieherartig gewunden und abgestorben. Lein, Saubohnen und Zuckererbsen hatten gefleckte oder ganz schwarze und trockene Blätter. Allein an der Kartoffelstaude fanden sich keine äusseren Merkmale der Einwirkung salzsaurer Rauchgase. In vielen Fällen iwirkten neben Salzsäuregas auch schweflige Säure und Schwefelsäure mit und daher sollen hier einige ‘derartige Fälle, in welchen das Salzsäuregas den wesentlichsten Anteil hat, angeführt werden. So berichtet Sonnenschein?) über folgende Beobachtung. Auf der östlich von der Schwefelsäure- und Sodafabrik in Köpenick bei Berlin belegenen Feldmark waren im Juni 1870 die Roggenpflanzen zum grössten Teil an ihren oberen Stengelgliedern und an der Ähre grau gefärbt, späterhin unter- blieb die Blüte und damit der Körneransatz; das Kraut der Kartotfeln war stellenweise angefressen und zerstört. Elsen waren zum grössten Teil, Winden teilweise abgestorben. Die weiter nach Osten angepflanzten Obst- bäume waren krankhaft affiıziert; die Blätter einer am äÄussersten östlichen Punkte in der Nähe eines Waldeinschnittes stehenden Linde zeigten sich an der der Fabrik zugekehrten Seite teilweise zerstört, teilweise mit roten ) v. Schroeder u. Reuss, 89. ?®) Jahresber. f. Agrikulturchemie 1870/72, 13—15, 228. — 252 — Flecken bedeckt, während an der entgegengesetzten Seite keine Krankheits- symptome bemerkbar wurden. Die mikroskopische Untersuchung ergab keine Parasiten. Die chemische Untersuchung der Luft ergab bei West- wind das Vorhandensein von Salzsäure neben Spuren von schwefliger Säure; der von den Pflanzen in den Frühstunden gesammelte Tau reagierte deutlich auf Chlor. Da an 32 Tagen unter 100 Tagen Südwestwind und an 24 Tagen Westwind weht, so müssen die beschriebenen Krankheitserscheinungen auf die sauren, besonders salzsauren Rauchgase der Schwefelsäure- und Sodafabrik zurückgeführt werden. C. Baumann!) teilt uns eine Beobachtung über Beschädigung von Waldungen durch die chemische Fabrik in Hönningen mit, bei welcher ebenfalls Chlor bezw. Salzsäure und schweflige Säure zusammenwirken. Die Bäume auf dem in der Nähe der chemischen Fabrik liegenden Kirch- hofe sind durchaus krank; die Blätter derselben haben alle einen braunen and und sind braun gefleckt. Es wurden Blattproben von Linden zur Untersuchung entnommen; als Vergleichsproben dienten Blätter aus der Nähe des Schlosses Ahrenfels, etwa 800 m von dem Kirchhofe entfernt. Die Untersuchung dieser Blattproben ergab: in der sandfreien Trocken-| . j in der sandfreien Asche substanz 1. Be- 2. Un- 1. Be- 2. Un- schädigt beschädigt schädigt beschädigt YA Yo Yo % Asche 2:5, u ee 11,00 9,58 _ _ (Gresamtschwefelsäure . . . 0,672 0,543 6,14 5,57 Wasserlösliche Schwefelsäure 0,435 0,287 3,98 2,99 Uhlor. 377... Era 1,440 0,553 13,23 5,77 Herfeld?) hat in der Nähe derselben Fabrik Beschädigungen von Bohnen festgestellt. Ebenso hat A. Y. Grevillius?) im Jahre 1901 dort eschädigungen von Rüben beobachtet, die so stark waren, dass die Rüben vom Vieh nicht genommen wurden. Die Blätter trockneten teils vom tande her, teils besassen sie auf der Fläche dürr werdende Flecken; beim Trockenwerden waren sie heller und dunkler braun marmoriert. Die nachfolgenden Fälle sind von der Versuchsstation in Münster 1. W. zumeist auf Veranlassung der Gerichte untersucht worden; dieselben sind bereits in der von der D. L. G. veranlassten Zusammenstellung über Flur- beschädigung durch gewerbliche Einwirkungen ®) mitgeteilt worden. In allen ') Nach brieflichen Mitteilungen. ”) Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1901. Heft 60, S. 141. *) Ebenda. 1902, Heft 71, S. 113, 180. *) Ebenda. 1896, Heft 14. Baszingen, beschädigt, . . . .;«.. 7,809 —_— 23 — diesen Fällen ist der Grundsatz festgehalten worden, durch Untersuchung des Bodens den Nachweis zu führen, dass die Ursache für die Vermehrung des Chlors und der Schwefelsäure in den Pflanzen nicht in dem Boden, sondern in der direkten Zuführung dieser Stoffe aus der Luft zu suchen ist; wir haben demnach in allen diesen Untersuchungen weitere Beweise für die oben ausgesprochene Behauptung, dass der Boden bei einer Beschädigung der Pflanzen durch saure Rauchgase nicht in Frage kommt. In dem ersten Falle handelt es sich um eine Beschädigung durch eine chemische Fabrik in Oeynhausen, welche Schwefelsäure, Salzsäure, Chlorkalk und caleiniertes Glaubersalz herstellt. In der Nähe der Fabrik und zwar vorwiegend in östlicher Richtung von derselben zeigten die Blätter fast sämtlicher Bäume, Sträucher und Kräuter in auffallender Weise die charakteristischen Symptome einer Säurevergiftung, während mit der Entfernung von der Fabrik in derselben Richtung die Vegetation stetig besser und normaler wurde. Die kranken Blätter wurden einige 100 Schritt, die gesunden in einer Entfernung von 25—30 Minuten von der Fabrik aus Gärten entnommen, welche vor den Fabrikdämpfen geschützt waren. Die Untersuchung der entnommenen Blattproben ergab: Gresamtasche na (kohle- und ER Chlor sandfrei) a % y 0,866 0,434 0,432 99,54 1,571 0,619 0,952 153,79 4 unbeschädigt: 2... 9,927 Beschädigt mehr als unbeschädigt . . _ oder prozentische Zunahme . ... _ 2. Weinstock, beschädigt AT EN E 11,732 N ünbeschädiet . ." ..- .... 9,336 1,075 0,477 0,827 0,192 oder prozentische Zunahme . . .. _ 125,16 330,73 8. Weiden, beschaäiet ;. 2. Ws 10,168 bi unbeschädiet 1... 2.2: 1; 8,887 2.202 _—_ y— 0,998 1,303 Beschädigt mehr als unbeschädigt . . -_ Beschädigt mehr als unbeschädigt . . — 0,598 | 0,635 0,899 5 oder prozentische Zunahme . . .. _ 68,99 123,77 4. Salatbohnen, beschädigt . . . . . 17,067 0,939 1,567 e unbeschädigt . . . . 13,763 0,336 0,558 Beschädigt mehr als unbeschädigt . . — 0, 603 1,009 oder prozentische Zunahme — 179,46 198,75 —_— 234 — i Der Boden von der Oberfläche enthielt im Mittel mehrerer Proben folgende (unter 1—3 in Salzsäure lösliche) Bestandteile, auf geglühten Boden berechnet: Beschädigt Unbeschädigt % % Eisenoxyd und Thonerde . . . 3,561 3,342 Kan REITER 0,463 0,553 SchwWefelsäure:- . 1. las 0,032 0,062 Ohldr = 2 2, "BE 0,008 0,015 Diese Mittelzahlen ergaben zwar eine Abnahme an Schwefelsäure und Chlor, in einzelnen Fällen enthielt aber der Boden mit kranker Vegetation mehr Säure als der mit gesunder Vegetation, jedoch stand, wo ersterer mehr enthielt, dieser Mehrgehalt nicht im Verhältnis zu dem Mehr- gehalt der kranken Blätter gegenüber den gesunden Blättern. Bei den Bäumen würde überdies eine Zunahme der Säuren in den obersten Boden- schichten gleichgiltig sein, weil sie ja ihre Nahrung aus den tieferen Schichten des Bodens herholen. Die nachfolgenden Untersuchungen betreffen Beschädigungen durch die Rauchgase einer chemischen Fabrik und sonstiger industrieller Anlagen insbesondere von Kohlenzechen und Kokereien. Die Untersuchungen sind zu verschiedenen Zeiten wiederholt worden. Der beschädigte Waldbestand liegt westlich bis südwestlich von den Rauchquellen. In den denselben zunächst gelegenen Beständen, etwa 15 bis 25 Minuten entfernt, hatten Buchen am meisten gelitten; aber auch junge Eichen waren deutlich er- krankt. In den weiter abgelegenen Beständen hatten dagegen die Nadel- hölzer stärker gelitten als die Laubbäume. Unter den Nadelhölzern waren die Fichten grösstenteils abgestorben; bei denjenigen, welche neue Triebe gebildet hatten, waren die jungen Nadeln entweder bereits abgefallen oder doch so klein geblieben, dass es nicht möglich war, Proben davon zu entnehmen. Nach den Fichten hatten anscheinend Lärchen und darnach Kiefern am meisten gelitten. Die Blätter und Nadeln der erkrankten Bäume hatten rostbraune Ränder und Flecken, die Spitzen der Nadeln waren gelb. Zum Vergleiche wurden etwa °/, Stunden weiter entfernt Blatt- und Nadelproben von Bäumen entnommen, welche anscheinend ge- sund waren; jedoch muss dahingestellt bleiben, ob diese Bestände wirklich noch als völlig unversehrt bezeichnet werden können. Die Untersuchung der entnommenen Blattproben hat ergeben, auf sandfreie Trockensubstanz berechnet: nn ut „ir A von A “ - - — 25 — x Zunahme Zunahme Schwefel- 7 an Schwefel- Chlor an her säure Chlor y; 0 y 0 1 y a / 1. Eichen, beschädigt ; 0,867 4,58 0,191 135,80 5, beschädigt . . 1,000 20,62 0,180 122,22 “ unbeschädigt . 0,829 = 0,081 _ 2. Buchen, beschädigt . . 0,745 | - 0,329 63,68 & beschädigt . . 0,786 _— 0,344 71,14 = unbeschädigt . 0,822 — 0,201 _ Der Boden enthielt in der Trockensubstanz: Schwefelsäure Chlor Hu «f Beschädigbi 32... 20.42. 0,007 0,006 Unbesehädiget: .„-..- +++... 0,025 0,022 Bei einer zweiten Probeentnahme handelte es sich um Beschädi- gungen in nordwestlicher Richtung von der chemischen Fabrik; die Kontroll- proben wurden 1 Stunde von der Fabrik entfernt entnommen. Die Untersuchung der entnommenen Blatt- und Nadelproben hat er- geben, berechnet auf: a) sandfreie Trockensubstanz | b) sandfreie Asche ISlaheefel: Schwefel. | Asche ande Chlor ER Chlor i % % % Tan de 1. Eichen, beschädigt . . . 4,85 0,620 0,173 10,258 3,067 L, beschädigt . . . 4,68 | 0,589 0,092 12,784 | 1,966 » unbeschädigt . . 3,90 0,400 0,058 12,585 | 1,487 2. Buchen, beschädigt . . . 5,77 0,727 0,332 5,470 | 5,754 R beschädigt . . . 5,16 0,713 0,314 13,119 | 6,085 jr beschädigt . . .| 6,46 | 0,829 0,188 13,818 | 2,910 $ unbeschädigt . . 8,08 0,42 0,069 12,833 | 0,854 3. Lärchen, beschädigt . . . 4,34 | 1,199 0,767 27,627 | 17,673 N unbeschädigt . . — 0,569 0,279 _ — 4. Fichten, beschädigt . . . 4,64 | 0,527 0,132 | 11,359 | 10,358 b; unbeschädigt . . 4,27 | 0,432 | 0,101 10,117 | 10,117 Die untersuchten Bodenproben enthielten in der Trockensubstanz: Schwefelsäure Chlor Mo y Benchäil. 76: on 0,012-—- 0,036 0,033 — 0,044 Unbeschädigt . . . . . 0,36 0,035 — 256 — Ein dem vorigen benachbarter Waldbestand wurde 6 Jahre später untersucht. Die dabei entnommenen Proben von Zweigen und Blättern ergaben in der sandfreien Trockensubstanz an: Sch wefel- ie Chlor % % 1. Eichen, a) Zweige, beschädigt Be ls 0,318 0,090 = ” beschädigt Se 0,332 _ z a beschädigt ERBE 0,421 0,094 a hi unbeschädigt . . . . 0,237 0,026 a b) Blätter, beschädigt a 0,666 0,133 n % beschädigt LEERE: 0,552 0,233 % beschädigt . . . . 0,498 0,293 B 2 unbeschädigt . . . . 0,442 0,028 2. Hainbuche, a) Zweige, beschädigt REN 0,400 0,056 > 7 unbeschädigt . . . . 0,258 0,010 = b) Blätter, beschädigt A 0,678 0,212 . 2 unbeschädigt . -..... ‘. 0,630 0,105 3. Haselnuss, a) Zweige, beschädigt na 0,339 _ ei * unbeschädigt . . . . 0,192 = pr b) Blätter, beschädigt vo. VER 0,854 0,516 E = unbeschädigt . . . . 0,739 0,178 Die entnommenen Bodenproben enthielten in der Trockensubstanz: Schwefelsäure Chlor % He Beschädigt . . . » . 2... 0,027—0,047 0,004—0,014 Unbeschädiet -. ATi 0,014 0,004 In den zuletzt angeführten drei Fällen ergiebt sich aus der chemi- schen Untersuchung der Pflanzenteile, dass die Zunahme an Chlor durchweg weit stärker ist als diejenige an Schwefelsäure, und es dürfte daraus folgen, dass in erster Linie die chemische Fabrik als die schädigende Rauchquelle in Frage kommt. Bei Bernburg schädigte nach einer Mitteilung von P. Sorauer!) im Jahre 1900 eine Salzsäurefabrik einen in der Nähe befindlichen grossen Gerstenschlag. Die Ähren waren nicht taub, aber schmal und die Körner klein und schmächtig. An den mittleren und oberen Blattscheiden zeigte sich eine tiefe Braunfärbung, die Blätter waren braun gerändert. Steffeck®) führt eine ähnliche Beobachtung an für Rotklee und Luzerne bei Öster- nienburg. Nach seinen Angaben lag eine kombinierte Schädigung durch schweflige Säure und Chlordämpfe vor. ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1901, Heft 60, S. 52. ®) Ebenda. III. Kapitel. Fluorwasserstoffsäure. 1. Vorkommen. Die Fluorwasserstoffsäure findet sich in den Abgasen verschiedener industrieller Betriebe, so namentlich in denjenigen der Düngerfabriken (Superphosphatfabriken), Glasfabriken, chemischen Fabriken, Ziegeleien, Thonwaarenfabriken, Kupferhütten u. a. m. Dieselbe rührt von den bei diesen Fabrikationen verwendeten Rohmaterialien her und es folgt daraus, dass die Fluorwasserstoffsäure nicht bei jeder Anlage der genannten Betriebe stets oder auch nur in demselben Masse auftreten muss. Bei den Superphosphatfabriken ist das Auftreten der Fluorwasserstoffsäure be- sonders seit der Zeit beobachtet worden, wo statt Knochenkohle, Knochen- asche etc. mineralische Rohphosphate, welche mehr oder weniger grosse Mengen Fluorverbindungen enthalten, als Ausgangsmaterial verwendet werden. So berichtet C. Ullmann), dass in Fluorapatit 7,69 so, Lahnphosphorit 1,8 bis 3,2°,, Logrosanphosphorit 0,98 bis 1,52 Yo, ‚Karolinaphosphat 3,43 °/, Fluorcaleium gefunden sind. Nach H. Heine®) 20/ verarbeitete eine Fabrik sog. Estramaduraphosphat, welches rund 3°o Fluor enthielt; infolge der Klagen der Nachbarschaft musste der Betrieb dieser Fabrik geändert werden. In anderen Fällen ist in den Genehmigungsbedingungen von Superphosphatfabriken die Unschädlich- machung der fluorhaltigen Abgase ausdrücklich vorgeschrieben worden. Auf das Vorkommen der Fluorwasserstoffsäure in den Abgängen der Ziegeleien muss hier deshalb besonders hingewiesen werden, weil man früher geneigt war anzunehmen, dass die in der Nähe von Ringofenziegeleien beobachteten Beschädigungen der Vegetation durch Kondensation von mit Säuren beladenen Wasserdämpfen verursacht seien. Insbesondere hat Cl. Winkler?) diese Ansicht vertreten, im Gegensatz zu E. Cramer‘), welcher darauf hingewiesen hat, dass die Rauchgase der Ringofenziegeleien einen weit geringeren Wassergehalt haben, als wie Cl. Winkler für seine ') Landw. Beil. d. Nordd. Allg. Zeit. 1896, No. 17. ?) Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1896, Heft 16, S. 42. ») Vergl. S. 266. Haselhoff und Lindan, Rauchbeschädigung. 17 — 258 — Schlussfolgerungen angenommen hat. Letzteres wird neuerdings von E.Ramann!) bestätigt und man kann nach der Mitteilung von H. Wislicenus') in der Hauptversammlung des Deutschen Vereins für Thon-, Cement- und Kalkindustrie wohl annehmen, dass Cl. Winkler von der früher von von ihm aufgestellten Theorie abgegangen ist. E. Ramann führt die in der Nachbarschaft von Ringöfen thatsächlich vorhandenen Beschädigungen der Vegetation auf die aus diesen Betrieben entweichenden Fluorverbindun- gen zurück, welche aus den zur Ziegelfabrikation verwendeten Thonen stammen. 2. Schädlichkeit für die Vegetation. Um über die Natur der durch Fluorwasserstoffsäure hervorgerufenen Pflanzenbeschädigungen ins Klare zu kommen, hat H. Ost?) Versuche in der Weise ausgeführt, dass er Maiblumen unter einen innen mit Papier beklebten Glaskasten von 0,5 cbm Inhalt stellte und nun Fluorwasser- stoffsäure darauf einwirken liess; hierbei wurden gewogene Mengen einer wässerigen 39 °/sigen Flusssäure verdampft; ferner wurden bestimmte Mengen Fluorsilicium durch Verdampfen gewogener Mengen Flusssäure über überschüssiger gefällter Kieselsäure entwickelt. Dabei stellten sich immer einzelne kleine scharf begrenzte Ätzflecken ein, welche nach einigen Tagen braun wurden und sich mit einer gelben Zone umgaben; in der Regel vergilbte schliesslich das ganze Blatt und starb ab. Bei den Ver- suchen gaben 0,25 g Fluorwasserstoffgas nach dreistündiger Behandlung mit und ohne Wassernebel stets reichliche Fleckenbildung, während 0,05 g Fluorwasserstoffgas ohne Wasser in einigen Fällen keine, mit Wasser meist eine geringe Verletzung hervorbrachten. Hiernach liegt unter den ge- wählten Bedingungen bei 2—3stündigem Verweilen in dem Gasgemisch die Grenze für Schädigung an Maiblumenblättern bei etwa 0,05 g Fluor- wasserstoff in 0,5 cbm Luft, also bei 0,01 Volumprozent Fluorwasserstoff; ferner zieht H. Ost aus diesen Versuchen den Schluss, dass das Fluor- wasserstoffgas unmittelbar auf die Blätter einwirkt, dass Wassernebel die Schädigung wohl etwas verstärken können, dass es aber nicht die mit den sauren Gasen beladenen Wassertröpfchen sind, welche die Blattflecken erzeugen. Weitaus ausführlichere Versuche mit Fluorwasserstoff wurden von W.Schmitz-Dumont angestellt’). Dieselben wurden so ausgeführt, dass eine ganz bestimmte Menge von Fluorwasserstoff in die Luft des Kastens eingeführt wurde. Dieses liess sich am leichtesten erreichen, wenn eine ent- ') Chem. Zeitschr. 1902, 1, 423. °) Chem. Zeitung 1896, 20, 166. ») Tharander Forstl. Jahrb. 1896, 46, 50. | — 259 — sprechende Menge des schwerlöslichen sauren Fluornatriums erhitzt wurde. Es zerfällt dadurch in Fluornatrium und Fluorwasserstoff. Zur Erhitzung des Salzes diente ein Platintiegel, der in einer Asbestplatte mit kreisförmigem Ausschnitte ruhte; letzterer wiederum bildete die obere Deckplatte eines vorn offenen viereckigen Holzkästchens, in das eine Spirituslampe hinein- geschoben wurde (Fig. 1, B, C auf S. 72). Die ganze Vorrichtung wurde zur Öffnung des Räucherkastens, die dadurch gut verschlossen wurde, hinein- geschoben. Wenn der Fluorwasserstoff vollständig ausgetrieben war, wurde das Holzkästchen in den Räucherkasten geschoben und die Thür geschlossen. Um die Glaswände vor Anätzung zu schützen, waren sie mit einem doppelten Überzug von Dammaralack überstrichen worden. Die Räucherungen wurden zuerst mit "/ıoooo Volum Fluorwasserstoff vorgenommen, wozu 17,49 cem (= 0,015 g) des Gases benötigt waren. Dieser Menge entspricht 0,046 g des sauren Fluornatriums, aus depen durch höchstens 2 Minuten andauerndes Erhitzen das Gas vollständig aus- getrieben wurde. Die Pflanzen blieben bei jedem Versuch 1 Stunde im Kasten und der Versuch wurde täglich einmal ausgeführt. Eine dreijährige, im Topfe stehende Fichte zeigte bereits einen Tag nach der ersten Räucherung an einzelnen Trieben weisslichgraue matte Verfärbung, einige Triebe welkten sogar. Nach der zweiten Räucherung hatte sich die Verfärbung auf weitere Nadeln ausgedehnt. Das Bäumchen wurde nun ins Freie gestellt und hier ging der anfangs weisslich- bis gelblichgraue fahle Ton der Nadeln durch alle Abstufungen von Gelb, Gelblichrot in das charakteristische Rot der Säurebeschädigung über. Die Pflanze bot zuletzt ein Bild, das sich in nichts von den Beschädigungen durch schweflige Säure unterschied. Derselbe Versuch wurde mit einer dreijährigen Eiche, die im Topfe stand, ausgeführt; sie zeigte nach mehrmaligem Räuchern an einigen Blättern eine schmale, gelbbraune, scharf begrenzte Randverfärbung. Die Räuche- rungen wurden fortgesetzt, aber die Flecken breiteten sich nur sehr langsam aus und nahmen eine dunkelbraune Farbe an. Als nach l4tägiger Be- handlung die Pflanze ins Freie kam, trat keine Vergrösserung des Schadens auf und die Pflanze wuchs normal weiter. Ausserdem wurde noch ein dreijähriger Spitzahorn geprüft. Derselbe zeigte auch zuerst eine schmale gelbe Ränderung an den Blättern. Diese Zone färbte sich braun und nahm nur unwesentlich in der Breite zu. Nach etwa 1l4tägiger Behandlung traten aber plötzlich braune, scharf abgesetzte Blattflecken auf, die sich schnell vergrösserten und alle Blätter ergriften. Der Spitzahorn erwies sich also als viel weniger resistent als die Eiche. Da es sich bereits durch diese Versuche zeigte, dass Räucherungen mit !/\o000 Volumen Fluorwasserstoff nach kurzer Zeit mehr oder weniger starke Beschädigungen hervorzurufen imstande sind, so wurde auch durch Ver- 1 Ye BE wendung einer noch geringeren Menge zur Räucherung die grosse Schädlich- keit für die Vegetation bewiesen. Um !/soo000 Volum zu erzeugen, wurden 1,5 mg des sauren Fluornatriums erhitzt. Die Räucherung wurde stündlich 5—6 mal am Tage vorgenommen. Zum Versuche dienten wieder dreijährige Fichten, Eichen und Spitzahorne. Die Pflanzen wurden nachts und Sonntags ins Freie gebracht und gut gepflegt. Nach 26 Tagen zeigte die Fichte die ersten Spuren der Säurewirkung durch fahle Verfärbung der Nadeln an diesjährigen Trieben. In den nächsten Tagen ging das fahle Grün bei den diesjährigen Nadeln in mattes Gelb, bei vorjährigen Nadeln in missfarbiges Braungrün über. Als dann eines Tages die Pflanze im Freien in scharfer Sonnenbeleuchtung gestanden hatte, zeigte sich am nächsten Tage die charakteristische Rotfärbung der Säurever- letzung. Spitzahorn und Eiche erwiesen sich als viel weniger empfindlich. Zwar trat bei beiden eine Ränderung der Blätter auf, als aber nach etwa Swöchentlicher Dauer der Versuch abgebrochen wurde, war eine merkliche Schädigung für die Eiche nicht vorhanden, während allerdings der Spitz- ahorn charakteristische Flecken zeigte. Daraus geht also hervor, dass selbst so geringe Dosen die Vegetation schädlich beeinflussen können. Wir haben die Prüfung der Schädlichkeit der Fluorwasserstoffsäure für die Vegetation in der Weise ausgeführt, dass Dämpfe von Fluorwasser- stoffsäure unter einer Gruppe von im freien Lande wachsenden jungen Bäumen verschiedener Art (Pflaumen, Kirschen, Tannen, Eichen, Kastanien) entwickelt und die dadurch an den Pflanzen herbeigeführten Veränderungen beobachtet wurden. Sämtliche Blätter zeigten schwarzbraune Flecken, die Nadeln gelbe Spitzen. Die Blätter der Eiche und der Kastanie wurden näher untersucht und ergaben folgendes Resultat. Die Blätter der Eiche bekamen nach der Räucherung scharf um- randete bräunliche Flecken, die vom Rande ausgehend sich in die einzelnen Interkostalfelder erstreckten. Fast der ganze Raum zwischen zwei starken Rippen war von dem Flecken eingenommen, nur ein schmaler grüner Streifen zieht sich an den beiden Rippen und an der Mittelrippe entlang. Die Umrandung des Fleckens ist sehr scharf und etwas dunkler gefärbt, dabei nur wenig unregelmässig gekrümmt. Im Innern treten die feinsten Äderchen als braune Linien scharf hervor. Bei der Kastanie sind diese Fleckenbildungen nicht so deutlich, Das ganze Blatt hat einen leichten bräunlichen Ton angenommen und die Flecken sind nur durch dunklere, zackig verlaufende Linien angedeutet, welche zu beiden Seiten der Mittelrippe und der starken Seitenrippen verlaufen. Nur durch diese Umgrenzungslinien fallen sie ins Auge. Bei der Eiche zeigte die anatomische Untersuchung nur geringe innere Veränderungen. Die beiden Epidermisschichten waren intakt, im Mesophylil zeigte sich eine bräunliche Färbung in den Zellen; dieselbe ist indessen nicht Be ve | ER besonders stark. Im Innern der Zellen sind die einzelnen Chlorophyll- körner noch unterscheidbar, aber der übrige Inhalt hat ein öliges Aus- sehen erhalten. In den Gefässbündeln finden sich häufig Bräunungen der Zellen. Auch die Membran wird zuweilen bräunlich gefärbt. Bei der Kastanie, die weniger widerstandsfähig als die Eiche ist, treten viel stärkere Veränderungen in die Erscheinung. Sämtliche Zellen zeigen einen braungefärbten Inhalt, nur die Partieen an den grossen Rippen erweisen sich noch als intakt. Im allgemeinen treten die Bräunungen zuerst im Inhalt der Mesophyllzellen auf, darauf werden auch Epidermis- und Gefässbündel- zellen ergriffen. Die Humifizierung der Membranen findet sich hier weit häufiger als bei der Eiche, besonders schön sind die Anfänge der Bräunung bei den Collenchymzellen in den grossen Rippen zu sehen. Der Inhalt wird sehr bald völlig gebräunt und alle Inhaltsstoffe werden undeutlich, doch findet keine allzu starke Plasmolyse statt. Die chemische Unter- suchung der Blätter hat in den Kastanienblättern 0,299 °/, Fluor, in den Eichenblättern 0,189 °/, Fluor in der Trockensubstanz ergeben. 3. Beispiele aus der Praxis. Wie schon früher gesagt worden ist, geben Superphosphatfabriken besonders häufig Anlass zu Klagen über Pflanzenbeschädigungen durch Flusssäure. Einen solchen Fall teilt L. Mayrhofer!) mit. An der Fabrik lagen Jungpflanzungen von Nadel- und Laubhölzern. In der hauptsächlich herrschenden Windrichtung zeigten sich starke Beschädigungen an den Assimilationsorganen und grossenteils Abtötung derselben. Der Schädigungs- strich erstreckte sich bis auf 500-600 m weit von der Fabrik. Die in der Fabrik verarbeiteten Phosphate enthielten 1,95 und 5,5°/, Fluorealeium. Die chemische Analyse zeigte einen auffallend hohen Fluorgehalt in den beschädigten Blättern und machte es daher sicher, dass die Flusssäure die Ursache der Schädigung ist. Eine Beobachtung über Schäden auf Roggenfeldern teilt A. Rhode?) mit. In der Nähe einer Superphosphatfabrik in Niedergirmes im Kreis Wetzlar hatten die meisten Roggenpflanzen keinen oder nur ungenügenden Körneransatz, während sie auf einigen benachbarten Parzellen gut entwickelte Ähren zeigten. Man war in Zweifel, ob die Flusssäure oder eine andere Ursache die Unregelmässigkeit im Körneransatz an so dicht neben einander liegenden Feldern bewirkt habe. Es liess sich aber nachweisen, dass der Südwest- wind die Flusssäuredämpfe während der Blütezeit über die Felder getrieben hatte und dass die gesunden Parzellen damals noch nicht in Blüte ge- standen hatten. Der Einfluss der Flusssäure auf den Körneransatz ent- ') Freie Vereinigung der bayr. Vertreter für angew. Chemie 1892, 10, 127. ?) Zeitschr. f. Pflanzenkrankh. 1895, 5, 135. — 262 — spricht also den Erfahrungen, die früher über den Hüttenrauch mitgeteilt worden sind. B. Frank!) berichtet über einen Fall von Vegetationsbeschädigung bei einer Glasfabrik im sächsischen Erzgebirge; hier zeigte ein in der Nähe befindlicher Fichtenbestand an einzelnen Bäumen charakteristische Säure- beschädigungen. Da keine Analysen der Nadeln vorliegen, so bleibt es zweifelhaft, ob schwefelige Säure oder Fluorwasserstoffsäure für den Schaden verantwortlich zu machen ist. Eine ausgedehnte Beschädigung eines in der Nähe einer Glasfabrik gelegenen Obstgartens bei Rauscha erwähnt P. Sorauer‘). Da der Schaden in ganz kurzer Zeit entstand und sehr in- tensiv auftrat, so ist es wahrscheinlich, dass hier Fluorwasserstoffsäure im Spiel war. Schulz?) giebt an, dass bei Maikammer und Kirrweiler in Bayern durch die Gase von Emaillierwerken grosse Flächen der Weinberge beschädigt würden. Die Blätter vertrocknen vollständig. Ebenso werden Aprikosen, Ebereschen, Epheu, Ahorn, Buche, Ampelopsis, Gingko und Bohnen schwer beschädigt. Es muss auch in diesem Falle dahingestellt sein, ob der Schaden wirklich durch Fluorwasserstoff erzeugt wurde. H. Ost") berichtet über eine sehr umfangreiche Fluorbeschädigung in folgender Weise: »In der Nähe einer kleinen Fabrikstadt liegen eine grosse Glashütte, eine grosse Düngerfabrik und eine Sulfatfabrik dicht zu- sammen. 100—150 m nordöstlich davon zieht sich längs der Dünger- und Sulfatfabrik ein Wäldchen hin, welches, schon lange kränkelnd, in den letzten zwei Jahren in den der Düngerfabrik zunächst liegenden Partieen fast vernichtet ist. Die etwa 15 jährigen Kiefern sind fast ab- gestorben, zwischendurch stehen einzelne noch halb lebende Birken. 150 m weiter nach Nordosten befindet sich ein anderer im Absterben befindlicher Kiefernbestand und in ca. 400 m Entfernung nordöstlich von der Dünger- fabrik sind in einem ausgedehnten Kiefernwalde bis auf eine Entfernung von 800 m sämtliche Nadeln stark gebräunt; weiterhin verliert sich der Schaden allmählich. Zu einer näheren Untersuchung dieser zweifellosen, sehr intensiven Rauchschäden fand sich keine Gelegenheit, doch wurde auf Grund der ört- lichen Besichtigung allseitig anerkannt, dass die hohen Fluorgehalte der neueren in der Düngerfabrik verarbeiteten Phosphate schuld daran seien. Die Fabrik liess aus den Kellern, in welchen die mit Schwefelsäure ange- rührten Phosphate zwecks Aufschliessung lagern, vor dem Entleeren der Ventilatoren die fluorreichen Gase zu ebener Erde ausblasen, sodass hier rings alles mit Kieselsäurestaub bedeckt war und schwere Flusssäurenebel mit dem herrschenden Südwest jenen Kiefernwäldern zuströmten.«e In ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1897, Heft 26, S. 130. ®) Ebenda 1899, Heft 38, S. 145. ») Ebenda 1901, Heft 60, S. 268. ') Chem. Zeit. 1896, 20, S. 166. — 263 — einem anderen Falle verarbeitete eine Düngerfabrik jährlich 10 Mill. kg Phosphorite, welche unter der Annahme, dass der Fluorgehalt derselben 21/s°/, beträgt, und dass ferner '/,; des Fluors beim Superphosphat zurück- bleibt, jährlich 170000 kg Fluor als Fluorwasserstoff und Fluorsilicium an die Atmosphäre abgeben. Ausser dieser Düngerfabrik kamen für ver- ursachte Schäden noch zwei chemische Fabriken, welche wässerige Fluss- säure herstellen, in Frage; bei der einen dieser beiden Fabriken waren schon wiederholt kleinere Rauchschäden, vermutlich Fluorschäden beobachtet. Ferner konnten auch zwei Ziegeleien an der Entwickelung von Fluor be- teiligt sein. Als Untersuchungsobjekt wurde die Rose gewählt, welche überall im Rauchgebiete zu finden ist; weiter wurden auch noch einige Wein- laubproben zur Untersuchung entnommen. Es mögen hier nun die Be- funde an Fluor mitgeteilt werden; die Gehalte der Rosenblätter an Fluor liegen ausserhalb des Rauchgebietes zwischen 0,003—0,009°/,, im Rauch- gebiete zwischen 0,006—0,060°/,; das Maximum findet sich dicht neben der Düngerfabrik, von wo das Fluor in östlicher Richtung in 800 m, in südlicher Richtung schon in 200 m Entfernung auf eine minimale, dem natürlichen Gehalte nahestehende Zahl gesunken ist. Aus folgenden Untersuchungen von Kartoffellaub glaubt H. Ost feststellen zu können, wieviel Fluor zu einer akuten Beschädigung von Kartoffelkraut erforderlich ist; derselbe sagt: »Dicht an der Düngerfabrik, und zwar von den ‚Kellern‘ derselben nur durch einen Fahrweg getrennt, lag ein Kartoftelfeld, welches im Juni durch Ausströmen von Fluor aus diesen Kellern stark versengt wurde; die Beschädigung war eine intensiv akute, sie wiederholte sich nicht im Laufe des Sommers und die Ursache ergab sich aus dem Augen- scheine ganz zweifellos. In dem versengten Kraut fand ich 0,102 und 0,100°/, Fluor. Jedenfalls reichen zu einer akuten Beschädigung noch kleinere Mengen hin. Andererseits mussten aber 0,036 °/o Fluor im Wein- laub als unschädlich bezeichnet werden.« Aus diesen Untersuchungen scheint H. Ost schliessen zu sollen, dass viele Pflanzen ebenso wie schweflige Säure auch fluorhaltige Gase in sehr verdünnter Form ohne Schädigung vertragen, sodass schliesslich beträchtliche Mengen ohne sicht- baren Nachteil aufgenommen werden können. Endlich seien noch die Beobachtungen angeführt, die über die Schädlichkeit der Abgase von Ziegeleien vorliegen. Die Streitfrage, ob schweflige Säure in Verbindung mit Wasserdampf oder Fluorwasserstofi- säure das schädigende Moment abgiebt, dürfte vor der Hand für letztere entschieden sein. Zur Orientierung über die Streitfrage mussten wir aber doch ausführlicher auf die einschlägige Litteratur eingehen. — 264 — J. v. Schroeder und C. Reuss') beobachteten Beschädigungen durch den Rauch einer Ziegelei an Weymouthskiefern, die in einem Garten unmittelbar an der Ziegelei (50 Schritte davon entfernt) standen. Der Rauch der Ziegelei zog verhältnismässig niedrig über den Erdboden hin, sodass derselbe beim Durchstreichen durch den Garten direkt in die Kronen der Weymouthskiefern fuhr; hier waren die Nadeln intensiv rot- spitzig, während in den tieferen Partieen, wohin der Rauch nicht kam, derartige Merkmale der Rauchbeschädigung nicht bemerkbar waren. Vielleicht hat neben den sauren Rauchgasen auch die Wärme des Rauches mitgewirkt. Die Untersuchung der Kiefernnadeln ergab in der Trocken- substanz 0,387 °/, Schwefelsäure im Vergleich zu unbeschädigten Nadeln mit 0,153°, Schwefelsäure. In anderen Fällen ist eine Beschädigung durch die Rauchgase benachbarter Ziegeleien unverkennbar, jedoch spricht der Schwefelsäuregehalt der Pflanzenteile nicht für eine solche durch schweflige Säure; die eigentliche Ursache konnte nicht festgestellt werden. Auch E. Prevost?) berichtete über Säurebeschädigungen in der Nähe einer Ziegelei; derselbe bestätigte die Empfindlichkeit der einzelnen Bäume gegenüber der Einwirkung schwefliger Säure, wie sie von C. Reuss fest- gestellt worden ist. Dagegen lieferte die chemische Untersuchung der Blattproben keine Stütze für die Anschauung, dass schweflige Säure die Ursache des Schadens sei; vielmehr war eine wesentliche Zunahme des Schwefelsäuregehaltes nicht nachweisbar Einen, wenn auch nicht direkt auf die schädlichen Gase, so doch auf den Dampf eines Ziegelofens überhaupt zurückführbaren Schaden hat L. Danger”) beobachtet. Wahrscheinlich war es die hohe Temperatur, welche Nadeln und Früchte der Bäume in der Nähe des Ofens zum Ab- fallen gebracht hatte. Der Schaden war so intensiv, dass sogar ganze Äste eintrockneten; trotzdem trieben die Bäume bald wieder aus. Einige weitere Fälle für Beschädigungen durch Ziegelöfen mögen aus dem Jahresbericht des Sonderausschusses für Pflanzenschutz hier an- geführt werden. So beschädigten nach Goethe‘) die Gase einer Feld- ziegelei bei Geisenheim im Sommer 1893 beinahe 10 a Rebengelände. Die Blätter verdorrten und die Trauben wurden nur mühsam reif. Über Absterben von Birnbäumen in Luxnitz berichtet P. Sorauer?); etwa SO m von dem beschädigten Grundstück befanden sich zwei Ziegelbrennereien. ) v. Schroeder u. Reuss, 271. ?) Landw. Versuchsst. 1888, 35, S. 25. ») Hannoversche Land- und Forstwirthsch. Zeit. 1887 nr. 22 (efr. Just’s bot. Jahresber. XV, 2, S. 339). ‘ Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1894, Heft 5, S. 98. 5) Ebenda 1896, Heft 19, S. 95. h 4 ü F — 265 ° — Bei Feldbach!) in Steiermark bekamen im Juli die jungen Apfel- und Birnbäume eines Gartens braunrandiges Laub. Die Bäumchen waren bereits dreimal -nachgepflanzt worden. In der Nähe befindet sich ein Zäegelofen. Bei Eberstadt?) in Hessen zeigte sich der Pflanzenwuchs von dem Zeitpunkte an geschädigt, als eine Backsteinbrennerei in der Nähe eröffnet war. Die in nächster Nähe stehenden Obstbäume starben bald ab und der angrenzende Kiefernwald zeigte absterbende und nadelbeschädigte Bäume. ‘Über die Rauchgase der Ringofenziegeleien sagt Cl. Winkler), dass dieselben vielfach als harmlos bezeichnet werden, dieses aber durch- aus nicht immer in Bezug auf Vegetationsschädlichkeit sind. Meist in nächster Nähe der Ziegeleien, bisweilen aber auch entsprechend der vor- herrschenden Windrichtung sich weiter fortziehend, treten nicht selten Rauchschäden mit auffallender Intensität auf. Cl. Winkler berichtet über solche Beschädigungen durch eine Ziegelei, welche in der Nähe eines industriereichen, von bewaldeten Bergen umschlossenen Ortes in einem Seitenthale nahe am Walde lag. Der Verbrauch an Steinkohlen in der Ringofenziegelei war gering, nämlich im ganzen täglich 2600 kg, wovon 1700 kg auf den Ringofen und 900 kg auf den Betrieb der die Ziegelpresse treibenden Dampfmaschinen fallen. Der Gehalt der Kohle an schädlichem Schwefel beträgt 1,44°/o, derjenige an schädlichem Chlor 0,14°/,. Es wurden täglich 7500 Stück Ziegel gebrannt, von denen jeder im luft- trockenen Zustande 3,88 kg, im gebrannten Zustande 3,50 kg wog. Der Schwefelgehalt des lufttrockenen Lehms betrug 0,09°/,, der der gebrannten Ziegel 0,07 °/,; der Chlorgehalt des Lehms von 0,03 °/, geht beim Brennen vollständig als Chlorwasserstoff in die Luft. Die Rauchgase der Dampf- kesselfeuerung und des Ringofens vereinigten sich und zogen durch einen Schornstein ab; nimmt man an, dass beide Feuerungen mit dem Doppelten des theoretisch erforderlichen Luftvolumens arbeiteten, so betrug die täg- liche Rauchmenge bei 0°t und 760 mm B Aus der Dampf- Aus dem 1 EN kesselanlage Ringofen 14421 cbm 30617 cbm 45038 cbm Die Rauchgase enthielten in Volumprozenten: Dampfkessel- fenerung Ringofen Schornstein Wasserdampf . . . 3,656, 14,731), 11,185°/, Schweflige Säure. . 0,063 „, 0,074 „, 0,070 „ Chlorwasserstofl . . 0,005 „, 0,023 „, 0,017 „ Wenn man berücksichtigt, dass in den der Ziegelei benachbarten industriellen Betrieben bedeutend mehr Steinkohlen verbraucht werden, als ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1897, Heft 26, 8. 107. ?) Ebenda 1901, Heft 60, S. 217. ®) Zeitschr. f. angew. Chemie 1896, 9, 370. — 266 — in der Ringofenziegelei, dass dementsprechend auch die Menge des entwickelten Rauches viel grösser ist und doch trotzdem sich höchstens unwesentliche Wald- und Flurschäden bemerkbar machen, so möchte man zu der An- sicht neigen, dass der Steinkohlenrauch der Ringofenziegelei in dem frag- lichen Falle nicht der hauptsächliche schädigende Faktor ist; diese Ansicht wird wesentlich dadurch gestützt, dass der Gehalt der Steinkohlen- feuerung der Dampfkessel an schwefliger Säure und Chlorwasserstoff nur wenig von demjenigen der abziehenden Schornsteingase abweicht. Dagegen tritt ein auffallender Unterschied in dem Gehalt an Wasserdampf bei diesen beiden Rauchgasen hervor und es liegt daher nahe, hierin die Ursache der verschiedenen Wirkung zu suchen. Die Ringofengase haben an sich eine Temperatur von kaum 100°; dieselben werden beim Austritt in die freie Luft daher bald kondensiert und werden sich dann die sauren Gase mit- führend als saure Nebel niederschlagen. Die Vegetationsschädlichkeit dieser saurerı Nebel ist zweifellos. Für diese Bildung saurer Nebel sprechen auch schon oben erwähnte Versuchsergebnisse Segers, welcher bei Ab- kühlung der beim Heizen eines Porzellanofens mit Holz erhaltenen Feuer- gase, deren Gehalt an Wasserdampf 15,4 bis 17,9 Vol.-Proz. betrug, ein saures Wasser erhielt, welches in einem Liter 0,153 bis 0,408 g Schwefel- säure und 0,059 bis 0,174 g Chlorwasserstoff enthielt. An sich auch ist die Nebel- oder Taubildung nach Austritt der Ringofengase in die Luft erklärlich, wenn man erwägt, dass der Wasserdampf der Luft im Jahres- mittel nur 3,28 Vol.-Proz. und selbst im heissen Juli nur 5,11 Vol.-Proz. beträgt, also nur etwa '/; des Gehaltes der Schornsteingase der Ringofen- anlage ausmacht. Diese Erklärung der Schädlichkeit der Ringofengase durch Cl. Winkler ist indessen nicht unwidersprochen geblieben. Besonders ist E. Cramer') derselben entgegengetreten, indem er darauf hinweist, dass Cl. Winkler seinen Berechnungen die doppelte der theoretisch erforderlichen Luftmenge zum Verbrennen der Kohle zu Grunde gelegt hat, während nach seiner Ansicht dlas Siebenfache dieser Menge beim Ringofen in Betracht zu ziehen sei. E. Cramer fand bei seinen Untersuchungen nur einen Gehalt von 0,0198 Vol.- Proz. schwefliger Säure, während Cl. Winkler durch Berechnungen auf 0,07 Vol.-Proz. gekommen war; dementsprechend glaubt E. Cramer auch eine grössere Verdünnung der Rauchgase, und zwar um das 3,535 fache annehmen zu sollen. Hiernach würde sich dann auch der Gehalt an Wasserdampf, den Cl. Winkler zu 14,737 Vol.-Proz. für die Ringofengase berechnet hatte, auf 3,16 Vol.-Proz. reduzieren und damit unter die von Cl. Winkler angegebene Schädlichkeitsgrenze fallen. Weitere Untersuchungen !) Chem. Zeit. 1899, 28, 211. — 2167 — E. Cramers!) ergaben 1,97 bis 11,68 Vol.-Proz. Wassergehalt der Ringofen- gase, also ziemlich weite Schwankungen. E. Cramer führt die hohen Ge- haltszahlen auf lokale Verhältnisse (Grundwasser u. s. w.) zurück; immer- hin bestätigen diese Untersuchungen die eine Behauptung Cl. Winklers über den hohen Wasserdampfgehalt der Ringofengase. Letzteres giebt auch OÖ. Huppser?) an, dessen Ausführungen im übrigen die Berichtigung von Zahlenangaben Cl. Winklers und E. Cramers betreffen. Wie oben schon erwähnt, scheint Cl. Winkler von seiner Ansicht über den Einfluss des Wasser- dampfes zurückgekommen zu sein und den Anschauungen von H. Wislicenus und E. Ramann zuzustimmen. Aus diesem Grunde haben wir die Arbeit von Cl. Winkler im vorliegenden Kapitel besprochen und nicht bereits bei der schwefligen Säure. ') Chem. Zeit. 1900, 24, 265. ?) Ebenda 1900, 24, 36. IV. Kapitel. Stickstoffsäuren. 1. Vorkommen. Die Stickstoffsäuren finden sich in den industriellen Abgasen in weit geringerem Masse, als dies bei den bisher besprochenen schädlichen Abgängen der Fall ist. Bei der Darstellung von Oxalsäure durch Oxydation organischer Stoffe mit Salpetersäure, bei der Gewinnung von flüssigem Leim mit Salpetersäure, bei der Darstellung von arsenigsaurem Kali aus Salpeter und arseniger Säure, bei der Darstellung des zur Verarbeitung von Haaren zu Filzen verwendeten salpetersauren Quecksilberoxyduls durch Auflösen von Quecksilber in Salpetersäure, bei Verwendung von Salpetersäure zum Bleichen und Härten des Talges tritt salpetrige Säure auf. Bei Ver- wendung von Salpetersäure als Oxydationsmittel oder als Beizmittel von Metallen wie beim Vergolden von Kupfer, Messing oder Bronze, beim Nitrieren verschiedener Substanzen, bei der Darstellung der Schwefelsäure kann Stickoxyd und Untersalpetersäure entweichen. 2. Schädlichkeit für die Vegetation. Die ersten Untersuchungen über Einwirkung von Stickstoffsäuren auf die Pflanzen haben J. König und E. Haselhoff') angestellt. Die Versuche erstreckten sich auf Bäumchen, die im Garten standen und unter denen aus arseniger Säure und Salpetersäure Dämpfe von salpetriger Säure entwickelt wurden. Um die Menge der schädlichen Säure berechnen zu können, wurden junge Bäumchen in Töpfen unter Glasglocken gesetzt, die mittels Glycerin luftdicht abgesperrt waren. Es wurde dann mittels eines Aspıi- rators eine Luft durchgesogen, die verschiedene Mengen von salpetriger Säure enthielt, welche aus salpetrigsaurem Kali und Schwefelsäure ent- wickelt wurde. Sobald die Pflanzen Krankheitserscheinungen zeigten, wurden 20—30 | Luft aus der Glocke durch 10—20 cem titrierter Natron- lauge gesogen und die Menge der aufgenommenen Säure durch Zurück- titrieren mit titrierter Schwefelsäure unter Zusatz von Phenolphthalein als Indikator bestimmt. Über die Fehlerquellen dieser Bestimmung äussern sich die Autoren folgendermassen °): ') Landwirtsch. Jahrb. 1894, 23, 1031. >) Ebenda 1032. Lv — 1909 -— »Selbstverständlich können diese Zahlen nur als annähernde gelten; sie geben uns keinen Ausdruck für die Schädlichkeit irgend einer be- stimmten Stickstoffsäure; denn einerseits geht die salpetrige Säure in feuchter Luft alsbald in Untersalpetersäure bezw. in Salpetersäure und Stickstoffoxyd über, andererseits ist ohne Zweifel ein Teil der eingeleiteten Stickstoffsäuren ausser von den Blättern der Bäume von den feuchten Gefäss- und Glaswandungen aufgenommen und in der angesaugten Luft nicht zum Vorschein gekommen. »Nichtsdestoweniger gewähren diese Zahlen auch mit diesen Fehler- quellen einen gewissen Anhaltspunkt, in welcher annähernden Menge die Stickstoffsäuren, die als Untersalpetersäure berechnet wurden, schädlich für Pflanzen wirken.« Die erhaltenen Resultate sind in vieler Beziehung interessant und mögen deshalb hier ausführlicher in der Form angegeben werden, wie sie die angezogene Arbeit enthält. Dauer der | Gehalt der Einwirkung | Luft nach Baumart |————-| dem Versuch Erscheinungen Stun- |Minu-| N,O,pro1l den | ten | Luft in mg Pflaume .. _ 10 0,873 Nach 5 Minuten treten Flecken, nach 10 Minuten braune Ränder auf. Pflaume .. 1 48 0,396 Bräunung der Blattränder, höher sitzende Blätter schwarz werdend. Pflaume .. 7 — 0,0791 Keine Veränderung. Pflaume .. fs — 0,0525 Desgl.; nach Absaugen der Luft treten an einigen Blättern braune Flecken auf. Anfel , .... — 15 0,2131 Bräunung der Blätter und schwarzbraune ABIDE : .... 1 41 0,1320 Schwache Bräunung der Blattränder; etwa eine Stunde nach Öffnen der Glocke Bräunung aller Blätter. APIel ii. 6 _ 0,0658 Einzelne Blätter schwach braunfleckig, sonst nichts. 223: 2) BOB 1 20 0,0525 Erst eine Stunde nach Öffnen der Glocke bräunen sich alle Blätter stark. Bishei.ia. 1. 1l 1,113 Nach 8 Minuten beginnt die Einwirkung, nach 11 Minuten alles braun. Eiche....| — 43 0,826 Schwache Gelbfärbung einzelner Blätter, eine Stunde nach Öffnen der Glocke voll- ständige Schwärzung. Eiche .... 6 Eiche .... 20 25 Keine Einwirkung. — 0,0525 Desgl.; bei Einleiten der Luft werden aber einzelne Blätter schwach braun gefärbt. — 0,0791 Desgl ; bei Einleiten der Luft werden die Nadelspitzen zelb, Fleckung derselben. Kiefer... . 16 | — 270 — Wie bei der schwefligen Säure, so war auch hier zu vermuten, dass die Pflanzen einen höheren Gehalt an Asche und, entsprechend der Er- höhung des Gehaltes an Schwefelsäure, auch eine solche an Stickstoff auf- weisen würden. Mit einer Ausnahme (Kirschblätter in Bezug auf Stick- stoffgehalt) wurde dies auch bestätigt. Die Autoren erhielten folgende Zahlen auf wasserfreie Substanz berechnet: Stickstoff Asche Blätter von | vor der |nach der | vor der |nach der Räucherung in %, | Räucherung in °/, Kirsche ... 2,69 2,47 8,85 10,58 Rosskastanie 2,26 3,03 7,07 7,75 Kirche... 2,77 3,25 7,16 7,36 Kiehte‘ 5... 1,31 | 1,92 4,12 8,93 Aus den Versuchen geht hervor, dass 5 Gewichtsteile Stickstoffsäuren (auf Untersalpetersäure Na O, berechnet) auf 100000 1 Luft oder 1 auf 20000, oder 0,05 g NO, auf 1 cbm Luft eine schädigende Wirkung auf Bäume äussert. Da die Luft im allgemeinen nur 0,00003 g Salpetersäure pro 1 cbm enthält, so wird also ein Gehalt, der etwa 2000 mal mehr be- trägt als in gewöhnlicher Luft, schädlich auf Pflanzen wirken. Bei unseren Versuchen wurde in den Räucherkasten ein kleines Ab- dampfschälchen mit rauchender Salpetersäure eingeführt und die Pflanzen blieben dann den Wirkungen der Dämpfe so lange ausgesetzt, wie der Versuch dauern sollte. Die Wirkung der Dämpfe ist, wie zu erwarten war, eine ausserordentlich schnelle und perniziöse. Selbst bei der geringen Menge, die jedesmal zu einem Versuche benutzt wurde, traten die Wirkungen schon nach einer Viertelstunde deutlich hervor, noch längere Versuchs- dauer hatte meistens eine baldige Abtötung der Blätter der meisten Ver- suchspflanzen zur Folge. Blätter von Roggen und Weizen werden schon bei kürzester Ver- suchsdauer welk und hängen schlaff herab. Von der Spitze her werden sie bleich oder weisslich und trocknen nach einem Tage völlig ab. Bei den Erbsen sind die Ranken am empfindlichsten; schon die kürzeste Einwirkung der Dämpfe bringt sie zum Welken und schnellen Vertrocknen. Bei kürzerer Versuchsdauer bewahren die Blätter äusserlich ihr normales Ansehen, aber nach wenigen Stunden Aufenthalt in der freien Luft fangen sie an zu welken und trocknen dann schnell unter Schrumpfung ein. Bei länger dauernden Versuchen sind Blätter und Ranken nach Beendigung gelblich und völlig schlaff; das Eintrocknen erfolgt nach ganz kurzer Zeit. Bei Bohnenblättern treten Flecken auf, die sich nach Be- endigung des Versuches vergrössern. Dieselben sind weisslich und durch- — 271 — scheinend. Die Blattränder schrumpfen meist ein; ausserdem welken Blätter und Blattstiele sehr schnell und trocknen ein. Die jüngsten Blätter hängen stets bereits nach Beendigung der Räucherung schlaff herab und zeigen häufig oberseits einen bronzefarbenen Anflug, der sich über das ganze Blatt oder nur auf den Rand erstreckt. Bei der Georgine treten ähnliche bronzefarbenen Anflüge auf. Die Lamina wird braunfleckig, dabei etwas durchscheinend und trocknet zuletzt völlig aus. Die Fleckenbildung und Vertrocknung schreitet von der Mitte der Interkostalfelder zu den Rippen vor. Die jüngeren Blätter sind noch empfindlicher und welken schon gleich nach der Räucherung vollständig. Die Rose reagiert auf schwächere Einwirkung durch Bildung weisslicher Flecken auf den Blättern. Das Austrocknen der Blätter erfolgt vom Rande her; nur bei stärkeren Dosen treten bräunliche Flecken oder Ränderungen auf. Es scheint, als ob die bräunliche Farbe der Flecken nicht die zuerst auftretende sei. Bei einem Versuche nämlich wurde beobachtet, dass die Blätter nach Herausnahme aus dem Räucherkasten blaugrün gefleckt waren; auf der Durchsicht erschienen sie blaufleckig. Nach einem Tage war aber die Farbe in bräunlich übergegangen. Möglicherweise also bezeichnete die bläuliche Färbung das erste Stadium der Braunfleckigkeit. Die Birne zeigt teils braune Ränderung, teils Fleckenbildung auf der Fläche der Blätter. Die Flecken vergrössern sich schnell, verschmelzen und färben schliesslich das ganze Blatt bräunlich. Das Abtrocknen der Blattsubstanz geht schnell vor sich. Die Eiche zeigt sich wieder her- vorragend widerstandsfähig.. Nach kürzeren Einwirkungen sehen die Blätter normal aus und zeigen am Tage darauf erst an der Blattspitze oder an den Spitzen der Zacken weissliche Fleckenbildung. Bei starker Einwirkung wird das Blatt von der Spitze her bräunlich und auch auf der Fläche treten isolierte bräunliche Flecken auf. Unter den Nadelhölzern ist die Lärche am empfindlichsten. Sie bekommt stets gelbe Blattspitzen; bei längerer Versuchsdauer werden die Nadeln im ganzen gelblich und trocknen bald ein. Abies brachyphylla bekommt meist gelbe Nadelspitzen, nach einem Tage ist die Nadel bis zur Hälfte gelb gefärbt und zuletzt trocknet sie völlig ein. Pinus montana zeigte auch nach der stärksten Einwirkung keine äusserlich wahrnehmbare Schädigung. Die anatomische Untersuchung der geschädigten Blätter hat beim Roggen ausser einer sehr starken Zusammenziehung des Inhaltes, die ja mehr oder weniger für alle Gaseinwirkungen gilt, keine besondere Ver- änderung ergeben. Schnitte durch die erkrankten Teile des Bohnenblattes zeigen in erster Linie, dass die Blattsubstanz ausserordentlich zusammengefallen ist; daher erscheint die Lamina nur ungefähr halb so dick wie an den ge- — 272 — sunden Stellen. Die Pallisadenzellen sind fast sämtlich mit braunem Inhalt versehen, ähnliche Verhältnisse finden sich bei den Schwammparenchym- zellen. Es braucht nicht immer der gesamte Inhalt dunkel gefärbt zu sein, sondern bisweilen erstreckt sich die Bräunung nur über einen Teil des Zellinhaltes. Im äusserlich gesunden Blattgewebe finden sich nur einzelne Zellen mit gebräuntem Inhalt und zwar trifft man sie fast immer nur auf der Grenze zwischen Pallisaden- und Schwammparenchym an. Andere Veränderungen im Gewebe sind nicht zu sehen. Bei den Georginenblättern beobachtet man dieselben Erscheinungen. Innerhalb der dunklen Blattflecken ist der Zellinhalt aller Assimilations- und Leitungszellen gebräunt, während im gesunden Teil des Blattgewebes nur selten Bräunungen des Inhaltes sich vorfinden. Chloralhydrat löste den braunen Inhalt unter den bekannten Farbenerscheinungen auf; die Ausscheidungen bestehen demnach zum Teil aus Gerbstoff. Stärker beschädigte Rosenblätter zeigen keine Fleckenbildung mitten auf der Fläche, sondern eine Bräunung und Abtrocknung der Randpartieen. Die Blattrippen schwärzen sich und zwar zuerst die Mittelrippe von der Blattspitze her und von ihr aus die Seitenrippen. Von den Rippen aus geht dann die Schwärzung auf das Parenchymgewebe über. Der Inhalt sämtlicher Assimilationszellen, sowie der Holzteil der Gefässbündel ist ge- bräunt und zugleich ist auch das Blattgewebe etwas zusammengefallen. Die Schnitte sind des dunklen Inhaltes wegen fast undurchsichtig. In beschädigten Blattteilen färben sich erst wenige Zellen, bis schliesslich alle einen braunen Inhalt zeigen. Es mag vielleicht auffällig sein, dass die Be- schreibung der äusseren Merkmale der beschädigten Blätter nicht genau mit der hier gegebenen Darstellung des anatomischen Befundes harmoniert. Es wurde dort von Fleckenbildung gesprochen, während hier die Färbung der Rippen als das primäre und das Übergreifen der Bräunung in die Interkostalfelder als das sekundäre dargestellt wird. Dieser Widerspruch ist aber nur scheinbar, denn in frischem Zustande konnte die Bräunung der Rippen nicht gesehen werden, vielmehr scheinen dieselben unbeschädigt und gesund zu sein. Auch die Färbung und die Umgrenzung von Flecken sahen im frischen Zustande ganz anders aus, wie an Blättern, die getrocknet oder in Alkohol konserviert waren. Da im allgemeinen die schnelle Be- schädigung der Gefässbündel recht selten ist, so mag auch eine kleine Unregelmässigkeit bei den untersuchten Blättern vorliegen, die sich erst durch längere Untersuchungsreihen ausmerzen lässt. Bei der Birne, deren Blätter insgesamt braun gefärbt erscheinen, hat der Zellinhalt sich tief dunkel gebräunt, so dass in der Zelle in dem etwas zusammengezogenen braunen Klumpen nichts zu unterscheiden ist. Die (Gefässbündel sind im Gegensatz zur Rose ungeschädigt. Die sehr wider- standsfähige Eiche hat in den bräunlichen, an den Rippen liegenden Flecken nur wenige Zellen mit dunkel gefärbtem Inhalt. Dieselben finden sich meistens wieder an der Grenze des Pallisaden- und Schwamm- parenchyms. Die Gefässbündel sind ungefärbt. Die Nadeln von Abies brachyphylla wiesen braune Flecken und Streifen auf, namentlich sind die seitlichen Flügel der Nadeln gebräunt. Auf Schnitten fällt zuerst das häufige Vorkommen von Bräunungen des Inhaltes der Epidermiszellen auf; die Farbe ist zuerst ein glänzendes Gelb oder Gelbbraun und geht dann in dunklere braune Töne über. Im Hypo- derm sind namentlich die dünneren Durchlasszellen, die Zellen um die Harzkanäle, weiter im Inneren die Zellen der Gefässscheide, das Leptom und oft auch Hadrompartieen zuerst gebräunt. Am spätesten kommen die chlorophyllführenden Zellen zur Bräunung. An den seitlichen Flügeln der Nadeln fallen die getöteten Zellen beim Eintrocknen zusammen, so dass hier zuerst Schrumpfungen und Biegungen eintreten können. Die Bräunung ergreift aber nicht bloss den Zellinhalt, sondern erstreckt sich auch auf die Membranen, die einen mehr oder weniger braunen Farbenton annehmen. Diese humifizierten Membranen werden durch Chloralhydrat nicht entfärbt. Bisweilen treten die ersten Bräunungen in der Nähe der Atemhöhle der Spaltöffnungen auf und erstrecken sich von hier aus weiter, meist lässt sich das aber nicht mit voller Sicherheit nachweisen. In den getöteten Parenchymzellen findet man nur noch einen wenig gebräunten Inhalt, während im lebenden Zustande die Zelle mit Chlorophyll- und Stärkekörnern an- gefüllt ist und den grossen Kern zeigt. Stärke- und Chlorophylikörner schwellen unter der Wirkung der Säuredämpfe auf und verschwinden voll- ständig. Die Beschädigung durch Stickstoffsäuren tritt also, um noch einmal kurz zu wiederholen, in erster Linie durch Fleckenbildung in die Er- scheinung. Dieselben treten bald vom Rande her auf, bald bilden sie sich in der Mitte der Lamina, bald gehen sie von der Umgebung der Rippen aus. Stets ist mit der Fleckenbildung eine mehr oder weniger intensive Bräunung der Blattsubstanz verbunden. In den Zellen findet neben der Plasmolyse eine weit gehende Zerstörung der Inhaltsstoffe statt; Chlorophyll- und Stärkekörner verschwinden spurlos. Zugleich wird durch sich ab- scheidenden Gerbstoff der übrig bleibende Inhalt braun bis fast schwarz gefärbt. Auch die Mernbranen färben sich häufig durch Huminsäuren gelb bis dunkelbraun. Es soll hier noch auf die Untersuchungen P. Klemms!) hingewiesen werden, der allerdings nicht mit Dämpfen, sondern mit verdünnten Lösungen arbeitete. Wenn Haare von Trianea, die im normalen Zustande lebhafte Plasmabewegung zeigen, in Wasser mit Y/s°/oo Salpetersäure gelegt werden, ') Pringsh. Jahrb. 1895, 28, 659. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 18 — 274 — so wird die Plasmaströmung gestört. Sie verlangsamt sich an manchen Stellen, an anderen beschleunigt sie sich. Dann finden Plasmaansammlungen statt, die sich zu gekröseartigen Bildungen über einander schieben. Die Strömung hört endlich ganz auf, das Plasma wird trübe und scheidet Körnchen aus, die die Gestaltung der Plasmapartieen bewahren. So bilden sich z. B. in langen Plasmafäden reihenweise angeordnete Körnchen. An jüngeren Haaren tritt auch ein Platzen des Scheitels ein und zwar bei 1/,°/oo wie auch bei höherer Konzentration. Aus dem Loche quellen Plasmamassen heraus, dıe sich zu traubigen Konkretionen verdichten. An- fangs strömt im Innern des Haares das Plasma noch weiter, so dass immer neue Massen zum Scheitel geführt werden, dann hört die Bewegung auf und das Plasma stirbt unter Körnchenbildung ab. Ganz ähnliche Erscheinungen wurden auch mit anderen sehr ver- dünnten anorganischen und organischen Säuren erzielt. 20 2 ee ee u re + Ach ee WI , "VE WE‘ | Un V. Kapitel. Essigsäure. Bei der Bleiweissfabrikation können Essigsäuredämpfe entweichen; jedoch kann von einer Beschädigung der Vegetation naturgemäss nur in der nächsten Umgebung der Fabrik die Rede sein. Um die Einwirkung der Essigsäuredämpfe auf oberirdische Pflanzen- organe zu studieren, wurden von G. Fassbender und A. Y. Grevillius?) Versuche mit Keimpflanzen von Bohne, Erbse und Hafer ausgeführt. Die Ver- suchsanstellung geschah folgendermassen. Die in Töpfen gezogenen Pflanzen wurden unter eine Glasglocke gestellt, durch welche täglich etwa 4 Stunden lang essigsäurehaltige Luft geleitet wurde. Zu den anderen Tageszeiten wurde entweder essigsäurefreie Luft durchgeleitet oder die Glocke wurde nachts abgehoben, sodass die Pflanzen frei standen. Gleichzeitig wurden andere Pflanzen zur Kontrolle unter einer zweiten Glocke gehalten, durch die essigsäurefreie Luft geleitet wurde. Auch diese wurden nachts offen hingestellt. Die Herstellung der essigsäurehaltigen Atmosphäre und die Be- stimmung des Säuregehaltes geschah nach der Schilderung der beiden Autoren folgendermassen’): »Mittels Aspirators wurde langsam Luft durch einen mit Essigsäure beschickten Will-Varrentrapp’schen Apparat in die zur Aufnahme der Versuchspflanzen bestimmte Glasglocke geleitet. Die mit Essigsäure- dämpfen beladene Luft trat durch ein Rohr am Boden der Glasglocke aus. Durch ein oben an der Glocke mündendes Rohr wurde die Luft nach dem Aspirator gesaugt. Nachdem so ca. 6 Liter Luft durchgesaugt waren, wurden die Versuchspflanzen rasch unter die möglichst wenig ge- lüftete Glocke gebracht. Das Absaugerohr wurde nun so tief durch den durchbohrten Stopfen hinabgestossen, dass seine Mündung sich in der Höhe der Pflänzchen befand, und zwischen Glocke und Aspirator wurden hintereinander 2 Gefässe mit einem abgemessenen Quantum Barytlauge (je 100 ccm) eingeschaltet, worauf der Aspirator wieder in Thätigkeit r) Landwirt. Versuchsst. 1899, 52, 195. ”) Ebenda 196. 18° — 16 — trat. Der Luftstrom wurde so reguliert, dass in 4 Stunden 5—7 Liter Luft Glocke und Barytlauge passierten. Hierbei trübte sich die Lauge im zweiten Gefässe nur ganz schwach, ein Zeichen, dass die Absorption schon im ersten Gefäss fast vollständig war. Nach Beendigung des Durchleitens wurde die Barytlauge auf ein gewisses Volumen (250 ccm) gebracht, rasch filtriert und durch Titrieren eines aliquoten Teiles (50 ccm) die gesamte absorbierte Säure (Essigsäure und Kohlensäure) ermittelt. Andererseits wurde aus dem abfiltrierten kohlensauren Baryt der Kohlen- säuregehalt der durchgeleiteten Luft bestimmt und von der Gesamtsäure in Abzug gebracht. »In dieser Weise wurde bei Vorlage 20 prozentiger Säure ein Essigsäure- ochalt der durchgeleiteten Luft von 0,42—0,53°/, gefunden. Wurde 10 prozentige Säure vorgelegt, so bewegte sich der Essigsäuregehalt zwischen 0,33 und 0,40°/,. 5prozentige Säure in der Vorlage erzeugte eine Atmos- phäre mit 0,17—0,20°/, Essigsäure. « 7-15 em hohe Erbsenpflänzchen gingen bei der Einwirkung von 0,42—0,53 prozentigen Essigsäuredämpfen nach 3 Tagen, also nach 12stündiger Einwirkung, zu Grunde. Aus den Säuredämpfen hatten sich an den Pflanzen, und zwar meist an dem Stämmchen und in den Blatt- achseln Tröpfchen niedergeschlagen, die blasenartige Auftreibungen erzeugt hatten. Wenn der Tropfen verdunstet war, so schrumpfte die Blase ein und hinterliess eine bräunliche Vertiefung. Die unter diesen braunen Flecken liegenden Epidermiszellen, das Assimilationsparenchym, ja häufig auch noch Teile des Gefässbündels waren abgetötet, indem die Zellen sich plasmolysiert und das Protoplasma sich mehr oder weniger gebräunt zeigten. Die Flecken waren häufig von einer solchen Ausdehnung, dass der Stengel einknickte und die Wasserzufuhr nach den oberen Pflanzenteilen gehemmt wurde. Wenn die Erbsen nur einer 0,33 —0,40 prozentigen Essigsäureatmosphäre ausgesetzt wurden, so traten zwar dieselben Schädigungen auf, aber weniger intensiv. Zwar ging eine Anzahl an ganz Ähnlichen Krankheitserscheinungen wie bei der ersten Versuchsreihe ein, aber andere blieben trotz der braunen Flecken am Stamm gesund und wuchsen weiter. Als viel weniger empfindlich erwiesen sich Bohnenpflänzchen von 3—8cmHöhe. Während des S tägigen Versuches in 0,5 prozentigen Essigsäure- dämpfen wuchs das hypokotyle Glied der Pflanzen weiter. Nur an wenigen Stellen zeigten sich einzelne bräunliche Flecken. Dagegen hatten die Primordialblätter an der Spitze etwas gelitten und waren gebräunt. In Dämpfen von 0,33—0,40°%, Gehalt trat nur leichte Fleckenbildung am hypokotylen Glied auf. Nach den Versuchen erholten sich alle Pflanzen sehr schnell. Die beiden Autoren führen die geringere Beschädigung der Bohnen- [3 a a 1 2 ee ee 3 pflanzen darauf zurück, dass sich bei ihnen die Epidermis vom Wasser leicht benetzen lässt, während dies bei der Erbse nicht der Fall ist. Während also im ersteren Falle der niedergeschlagene Wassertropfen sich schnell zu einer dünnen Schicht ausbreitet und in kürzester Zeit aus- trocknet, bleibt er auf der Epidermis der Erbse stehen und trocknet nur sehr allmählich ab. Dadurch konzentriert sich natürlich die Säure all- mählich und gewinnt Zeit, ihre Wirksamkeit zu entfalten. Haferkeimpflanzen sind noch empfindlicher als Erbsen. Schon nach 2 Tagen waren in Luft mit 0,33—0,40°/, Essigsäure die Blätter an der Spitze gebräunt und welkten schnell nach der Basis hin. Streng genommen kann man bei diesen Versuchen nicht von einer Wirkung der Essigsäuredämpfe allein sprechen, da nicht der Dampf als solcher, sondern der in den niedergeschlagenen Wassertröpfchen gelöste Essigsäure- dampf wirkt; mithin muss also die Wirkung derjenigen von verdünnter Essig- säure gleichkommen, die auf die Pflanzen gespritzt wird. Dass dies der Fall ist, beweisen Versuche derselben Verfasser, bei denen die Pflanzen mit verdünnten Essigsäurelösungen bespritzt wurden. Es traten dieselben Fleckenbildungen auf wie bei den Versuchen unter der Glasglocke. Die Erbsen ertrugen eine Lösung von 0,05°/, Essigsäure nicht, die Bohnen er- forderten dagegen 0,5°/o, ehe sie nach mehrmaligem Begiessen eingingen. Auf den Keimungsprozess wirken Essigsäurelösungen von sehr ge- ringer Konzentration förderlich. So keimten Bohnen und Erbsen bei 0,001—0,01°/, Säuregehalt besser als ohne Gegenwart von Säure. Sobald aber die Konzentration stieg, wurde der Keimungsprozess verzögert. Lein- samen keimten schlecht bei 0,1°/,, Erbsen, Bohnen und Roggen bei 0,2 °/, Essigsäure. Wenn die Konzentration auf 0,5%, stieg, so keimte kein einziger Same mehr aus. Geringe Widerstandsfähigkeit zeigten die Wurzelspitzen der Keim- pflanzen. Sie rollten sich schneckenförmig oder spiralig ein und gingen in stärkeren Lösungen schnell zu Grunde. Wenn demnach auch für eine wirkliche Dampfwirkung der Essigsäure noch keine Erfahrungen durch Versuche vorliegen, so lässt sich aus den An- gaben der genannten beiden Autoren wenigstens so viel entnehmen, dass die Absterbungserscheinungen der Zellen ähnliche wie bei Einwirkung anderer Gase sind. -Es tritt Plasmolyse ein und danach Bräunung des Zellinhaltes. Inwieweit wir es bei der Bräunung des Inhaltes auch mit einer Ausfällung von Gerbstoff zu thun haben, ist noch nicht festgestellt worden. Die von uns bisher angestellten Versuche tragen nur wenig zur Lösung der angedeuteten Frage bei. Wurden Rosenblätter mit verdünnter Essig- säure ober- oder unterseits bestrichen, so traten nach einigen Tagen Veränderungen im Aussehen der Blätter ein. Die bestrichenen Stellen der Oberseite waren glanzlos, wie man sie bei gewissen Insektenschäden — 278 — findet, wenn die Cuticula verletzt ist. Gegen das Licht gehalten erschienen die Blätter mit dunklen kleinen Fleckchen versehen. Auf der Unterseite dagegen nahmen die bestrichenen Stellen einen rötlichen Ton an und auch auf der Durchsicht erschien das Blatt nicht dunkelfleckig, sondern. im ganzen rötlich. Bei der anatomischen Untersuchung ergab sich, dass die obere Epi- dermis etwas eingesunken ist, wodurch sich die Glanzlosigkeit der Flecken erklärt. Der Inhalt der Epidermiszellen ist stark gekörnt und etwas dunkel gefärbt, aber nicht gebräunt. Der Plasmainhalt wird schliesslich zersetzt und es treten grosse gelbliche Tropfen (Öl?) in den Zellen auf. Die Zellen der unteren Epidermis zeigen rötlich gefärbten Inhalt, sind aber sonst völlig normal. Desgleichen zeigen auch die Mesophylizellen keinerlei Veränderungen in ihrem Inhalt. 4 2 VlL Kapitel. Ammoniak. 1. Vorkommen. Das Ammoniak ist ein ständiger Bestandteil der Luft; indes ist diese Menge so gering, dass von einer schädlichen Einwirkung derselben auf das Pflanzenwachstum keine Rede sein kann, im Gegenteil ist das in der Luft vorhandene Ammoniak für die Pflanzen nützlich, da es durch die Blätter aufgenommen wird und zur teilweisen Versorgung derselben mit Stickstoff dienen kann. Nach den Untersuchungen von A. Levy') sind in 100 cbm Luft 1, 4—4, 1 mg Ammoniak, nach den Untersuchungen von F. v. Fodor?) 2,5—5,6 mg Ammoniak enthalten; im Mittel wird der Gehalt an Ammoniak in 100 cbm Luft 4, 61—4, 75 mg betragen. Die Entstehung des Ammoniaks oder seiner Verbindungen können wir überall da konstatieren, wo stickstoffhaltige Substanzen zersetzt werden; indessen kommt es auch hier im allgemeinen kaum zu einer solchen An- häufung dieser Produkte, dass sie zu einer Gefahr für die benachbarte Vege- tation werden können. Die Bildung grösserer Mengen flüchtiger Ammoniak- verbindungen kann bei nicht genügend desinfizierten Abortanlagen, in Vieh- ställen oder Lagerräumen von tierischem Dünger und von bestimmten Sorten künstlichen Düngers stattfinden. Auch in den Betrieben, wo Urin verwendet wird, wie in Tuchfabriken, wird man stets mit dem Auftreten von Ammoniak oder seiner Verbindungen zu rechnen haben. Aber in allen diesen Fällen wird nur selten eine Beschädigung der Vegetation in Frage kommen. Anders ist es, wenn aus technischen Betrieben Ammoniakgase entweichen, wie dieses bei Sodafabriken beobachtet worden ist; hier ist es nicht aus- geschlossen, dass die benachbarte Vegetation beschädigt wird. 2. Schädlichkeit für die Vegetation. Nach diesen Angaben über das Vorkommen des Ammoniaks und seiner Verbindungen ist es erklärlich, wenn Vegetationsbeschädigungen und etwa hierdurch veranlasste Untersuchungen über die Art der Wirkung des Ammoniaks auf die Pflanzen nur in geringer Zahl vorliegen. ‘) Forschungen a. d. Geb. d. Agrikulturphysik 6, 152. ”) Jahresber. f. Agrikulturchemie 25, 68. SEO E. Turner und R. Christisen‘) finden, dass 2 ccm Ammoniakgas mit 230 Volumen Luft gemischt, schon nach 10 Stunden schädlich wirken; die allmähliche Erschlaffung der Blätter, das Biegen derselben da, wo sie am Stiele sitzen, das darauffolgende Beugen des Stammes selbst und die gleichsam fortschreitende Erschlaffung und Erschöpfung von Blatt zu Blatt und dann den Stamm herab sind nach diesen Versuchen sehr auffallende Erscheinungen bei der Einwirkung von Ammoniakgas auf Pflanzen. O. Kirchner?) hat eine Beschädigung von Obstbäumen bei Aalen beobachtet, die durch Ammoniakdämpfe aus einer Eismaschine verursacht worden waren. Die Blätter waren dürr und gebräunt. Um zu beweisen, dass wirklich Ammoniakdämpfe die Ursache der Blattschäden sind, setzte OÖ. Kirchner Zweige von Apfel- und Birnbäumen !, Stunde lang Ammoniakdämpfen aus; die Blätter zeigten dann dieselben Beschädigungen, wie die bei Aalen beobachteten. Einen interessanten, nicht gerade häufigen Fall von Massenvergiftung durch kohlensaures Ammoniak hat P. Sorauer?) beobachtet. Man sieht daraus gleichzeitig, mit welcher Vorsicht beim Bau von Vegetationshäusern verfahren werden muss, namentlich wenn es sich nicht um einen Neubau, sondern um einen Umbau bereits vorhandener Baulichkeiten handelt. Aus einem Pferdestall war durch Umbau ein Glashaus hergestellt worden, bei dem ein Teil der alten Mauern stehen geblieben war. Als nun im Herbst das Heizen begann, entwickelte sich aus dem Mauerwerk kohlensaures Ammoniak in gasförmigem Zustande. Die sämtlichen im Hause kultivierten Pflanzen z. B. Aucuba, Viburnum tinus, Prunus laurocerasus, Dracaena u. a. er- krankten sehr stark. Ihre Blätter waren vom Rande oder von der Spitze her entweder gänzlich geschwärzt oder trugen unregelmässige schwarze Flecken auf der Oberfläche zerstreut. An den Hauptrippen war die Blattfläche stets noch grün. Über den Einfluss von kohlensaurem Ammoniak auf Pflanzen hat A. Mayer?) Versuche ausgeführt, aus denen hervorgeht, dass zwar die Pflanzen beim Fehlen anderer Stickstoffquellen das kohlensaure Ammoniak zu einer Mehrproduktion von organischer Substanz verwenden können, dass aber doch die grünen Gewächse an allen ihren Organen für kohlensaures Ammoniak in wechselndem Grade empfindlich sind. Eine allzu starke Einwirkung führte regelmässig das Absterben des betreffenden Pflanzenteiles herbei. Über die Grenzen, bei denen diese Stoffe fördernd oder schädlich auf das Pflanzenwachstum wirken, hat A. Mayer nichts angegeben. ) E. Wolff, Die chem. Forschungen a. d. Gebiete der Agrikultur und Pflanzen- physiologie. 1847, 475. ?) Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1902, Heft 71, S. 230. °») Landwirtschaftl. Jahrb. 1876, 6, Suppl. II, 213. *) Landwirtsch. Versuchsstat. 1874, 17, 329. — 231 — Wenn nach diesen Versuchen die schädliche Wirkung des kohlen- sauren Ammoniaks auf das Pflanzenwachstum bei einer bestimmten Kon- zentration ausser Frage steht, so kann dasselbe ohne weiteres auch von dem freien Ammoniakgas angenommen werden. Hierüber lagen aber keine früheren Untersuchungen vor; sie wurden aber notwendig, als es sich um Beschädigungen der Vegetation durch Ammoniakgase einer Ammoniak- sodafabrik handelte. Diese Versuche wurden von M. Bömer, E. Hasel- hoff und J. König!) ausgeführt. Dieselben brachten die Versuchspflanzen unter Glasglocken von 125 em Höhe und je 25 cm Seitenlänge im Quadrat. Eine Wasserstrahlpumpe saugte Luft ein, die vor dem Eintritt in die Glocke eine Ammoniaklösung von verschiedener Konzentration passierte. Auf diese Weise wurden Ammoniakdämpfe unter die Glocke gebracht. Sobald sich an den Ver- suchspflanzen nachteilige Wirkungen zeigten, oder wenn keine Schäden zu sehen waren, nach einer bestimmten Zeit, wurde zwischen Glocke und Wasserstrahlpumpe eine Peligotsche Röhre mit titrierter Schwefelsäure eingeschaltet und eine bestimmte Menge Luft durchgesaugt. Je nach dem Gehalt an Ammoniak wurden 10—15 1 Luft durchgeleitet und dann die quantitative Bestimmung des Ammoniaks ausgeführt. Die Versuchsergebnisse s. S. 282. Die Versuche ergaben also, dass bei einstündiger Versuchsdauer 243 mg Ammoniak in 1 cbm Luft der Eiche nicht schaden. Höhere Konzentrationen riefen dagegen Blattfleckenbildung und Blattabfall hervor. Unter denselben Verhältnissen aber schädigten bereits 70—86 mg Ammoniak im Kubikmeter Luft die Blätter von Kirsch- und Pflaumenbäumen schon in deutlicher Weise, 32—36 mg brachten keine Wirkung mehr hervor. Beim Weizen riefen schon Mengen von 69 mg auf 1cbm Luft bei ein- stündiger Einwirkung Erkrankung der Blätter hervor. Roggen, Gerste, Pferdebohne sind ebenfalls empfindlich, doch konnten die unteren Schädi- gungsgrenzen nicht mit Genauigkeit festgelegt werden. Jedenfalls geht das eine aus den Versuchen hervor, dass, wenn wir den Normalgehalt der Luft an Ammoniak zum höchsten Werte von 5,6 mg pro 100 cbm oder zu 0,056 mg pro 1 cbm annehmen, die über 1000fache Menge notwendig ist, um an Getreidepflanzen, und eine noch grössere, um an Bäumen sichtbare Schädigungen hervorzurufen. Dass solche grosse Mengen nur in höchst seltenen Fällen in die Atmosphäre übergehen, ist ohne weiteres verständlich. Unsere weiteren Versuche galten nicht der Bestimmung der Minimal- dosis, sondern sollten nur Material von typisch geschädigten Blättern für die anatomische Untersuchung liefern. Da bisher keine ausführlicheren 1) Landwirtsch. Jahrb. 1892, 21, 421. 282 Die Versuchsergebnisse sind folgende: nn mL m 1 cbm Luft enthält Pflanze ER u nn SE Stickstoff | Ammoniak si ee Be .\ 70 re g Eiche Tr Tea Riche =... . 29,2 35,5 Be 1.79 2,19 REN 0,759 0,921 EEE 0,614 0,745 en SR 0,290 0,352 „ 0,200 0,243 „ 0,088 0,107 „ 0,087 0,106 » 0,078 0,095 „ 0,035 0,042 13: Eirschs 0,087 0,106 „ 0,073 0,089 „ 0,106 0,129 $ 0,058 0,070 BR 0,030 0,036 III. a 0,306 0,371 „ 0,130 0,158 „ 0,071 0,086 „ 0,026 0,032 IV. Pisniehbgnn 0,310 0,370 V. Gerste 0,076 0,094 VI. Roggen . . 0,076 0,094 VO. Weizen . . 0,057 0,069 unde Freak m Beobachtungen Die Blätter sind schwarz geworden, nach etwa 8 Tagen fallen dieselben ab. Die Eiche treibt von neuem, Die Eichen zeigten am folgenden Tage braune Flecken und Ränder, die sich später wenig veränderten. Das Wachs- tum schien von da ab still zu stehen. Die Blätter sind vollkommen schwarz geworden. Der grösste Teil der Blätter ist schwarz geworden. Einzelne Blätter zeigten dunkle Flecken, welche später schwarz und dann gelb wurden. Die Eiche ist nicht erkrankt. Wie vorher. Wie vorher. Wie vorher. Wie vorher. Die Blätter wurden braun und fielen nach 8 Tagen ab. Die Kirsche trieb neue Blätter. Der grösste Teil der Blätter hat einen dunkelbraunen Anflug auf der Oberfläche. Die Blätter sind fast vollständig schwarz bezw. dunkelgrau geworden. Der grösste Teil der Blätter ist sehr bald abgefallen. Einige Blätter zeigten an der Blattoberfläche einen schwach-bräunlichen Schimmer. Die Kirsche ist nicht erkrankt. Die Blätter sind rotbraun geworden. Die meisten Blätter haben an der Blatt- oberfläche einen etwas stärkeren rot- braunen Anflug bekommen. Einige Blätter zeigten an der Blattober- fläche einen rotbraunen Anflug. Die Pflaume ist nicht erkrankt. Die Blätter färbten sich nach einiger Zeit schwarz und fielen nach etwa 8 Tagen ab. Die Blüten wurden weniger ange- griffen und setzten Früchtean. Die Bohne trieb später an der Spitze neue Blätter. Die Blätter und Halme waren nach kurzer Zeit an der der Sonne zugewendeten Seite weissgeworden. Die Gerste wächst weiter. Der Roggen bekam namentlich an den unteren Blättern rostfarbige Flecken und Ränder. Der Roggen wächst weiter. Die unteren Blätter zeigten rostfarbige Flecken und Randungen. Der Weizen wächst weiter. — 23 — Beschreibungen von Pflanzen existieren, die durch Ammoniak beschädigt sind, so dürfte es nicht überflüssig sein, wenn wir das äussere Aussehen der von uns untersuchten Arten mit einigen Worten skizzieren. Die Versuche wurden so angestellt, dass in den Räucherkasten eine kleine Schale mit konzentriertem Ammoniak (c. 30 ccm) gesetzt wurde. Wenn die Pflanzen eine Einwirkung von !/ı, Ys oder °/,s Stunde erfahren hatten, wurden sie ins helle Zimmer gestellt. Die Aufnahme ihres Aus- sehens geschah einige Stunden nach Beendigung der Räucherung und 24 oder 48 Stunden später. Auf diese Weise konnte das Fortschreiten der Erkrankung ganz deutlich verfolgt werden. Roggen und Weizen wurden vom Ammoniak intensiv geschädigt. Die Blätter hingen nach Beendigung des Versuches schlaff herab und wurden gelblich. Dabei zeigten sie keine Flecken- oder Streifenbildung, nur einmal beobachteten wir beim Weizen durchsichtige Streifen, die zwischen den parallelen Nerven entstanden waren. Nach 24 Stunden waren alle Blätter fast trocken und ausnahmslos abgestorben. Schon eine Einwirkung von einer Viertelstunde genügte, um die Blätter ın dieser Weise zu töten. Erbsenpflanzen wurden auch schwer beschädigt, nur traten die Schäden meist nicht sofort nach dem Versuche hervor. Bisweilen schienen die Pflanzen nach der Räucherung ganz normal zu sein, aber schon am Tage darauf zeigte sich, dass alle Blätter welk geworden waren und eintrock- neten. Bei längerer Versuchsdauer traten diese Verwelkungserscheinungen entsprechend früher auf. Ranken und junge Blätter vertrockneten ebenfalls sehr bald. Die Farbe der Blätter veränderte sich dabei wenig, das Grün bleichte nur unwesentlich aus, Fleckenbildung trat nicht auf. Bei den Bohnenblättern traten meistens zwischen den Rippen durch- sichtige Flecken auf, in denen die Blattsubstanz völlig zusammengesunken und fast gänzlich entfärbt war. Daneben fand aber auch Abtrocknung und Verkrümmung vom Rande her statt. Je länger die Einwirkung an- dauerte, um so schneller ging natürlich auch der Eintrocknungsprozess vor sich; häufig hingen schon nach Beendigung des Versuches die Blätter und Blattstiele welk und abgestorben herab. Farbenänderungen traten ausser in den etwas bleicher werdenden Flecken kaum auf. Die jüngeren Blätter waren meist ganz verkrümmt. Bei der Georgine zeigten die Blätter nach kurzer Einwirkung (4 Stunde) dunkle bis schwarze Flecken, die sich allmählich vergrösserten und zuletzt das ganze Blatt ergriffen, das dadurch völlig abstarb und ein- trocknete. Geringere Beschädigungen zeigten die jüngsten Blättchen; sie waren nur mit feinen schwarzen Sprenkeln versehen und starben während der Beobachtungszeit nicht ab. Dauerte der Versuch eine halbe Stnnde und darüber, so waren die Blätter sämtlich abgestorben und braun bis —_— 2834 — schwarz gefärbt. Sie hingen mit den Blattstielen, die auch schwarze Flecken zeigten, schlaff herab. Die Schwärzung der Blattsubstanz ging gewöhnlich von’ den Rippen aus, nicht vom Blattrande und griff dann auf die ganze Fläche der Interkostalfelder über. Auch die Blütenhüllblätter färbten sich schwarz. Rosenblätter verhielten sich je nach der Einwirkungsdauer verschieden. Bei viertelstündiger Räucherung zeigten sich hellgrüne Flecken, bis das ganze Blatt oberseits weisslich grün war, auch die Unterseite zeigte ähnliche Färbung. 24 Stunden später hatten die Blätter einen rötlichen Ton an- _ genommen und trockneten allmählich ein. Bei längerer Versuchsdauer trat die Weissfleckigkeit intensiv auf und verschwand bald, um einer bräun- lichen Färbung, die namentlich auf der Durchsicht deutlich hervortrat, Platz zu machen. Bei ®%4stündiger Räucherung erschien das Blatt . bräunlich-bronzefarben und rollte sich vom Rande her ein. Birnenblätter sind ausserordentlich empfindlich. Schon bei kurzer Einwirkung bekamen sie grosse dunkle Flecken, die sich bald über die ganze Fläche ausdehnten; dabei nahm das Blatt eine bronzene Färbung an. Bei längerer Räucherung wurde das ganze Blatt braunfarbig und trocknete bald ein. Dasselbe war auch bei den Stielen der Fall. Wie fast immer gegen Gase, so Zeigte auch gegen Ammoniak die Eiche eine ziemliche Widerstandsfähigkeit.e. Erst bei halbstündiger Räucherung traten von der Spitze her graubräunliche Flecken auf, ebenso auch mitten in der Blattfläche. Weitere Veränderungen zeigten sich nicht. Erst bei °/ı stündiger Einwirkung wurden die Blätter braun gefärbt und getötet. Die untersuchten Nadelhölzer zeigten bei Einwirkungen bis zu einer halben Stunde keine äusserlich merkbaren Veränderungen, nur bei der Tanne und der Lärche traten bisweilen Bräunung oder Vergilbung der Nadelspitzen ein. Pinus montana war auch hier wieder ausserordentlich resistent. Erst bei ®/ıstündiger Einwirkung bräunten sich alle Nadeln der drei untersuchten Arten; die Nadeln der Tanne fielen ab. Die anatomischen Veränderungen im Roggenblatt charakterisierten sich durch ausserordentliche Kontraktion und Verringerung des Inhaltes der Zellen. In den einzelnen Zellen fanden sich nur noch kleine Plasma- klumpen, in denen weder Chlorophyllkörner noch andere Inhaltsstoffe zu unterscheiden waren. Zum Zeichen, dass eine weitgehende Entmischung und Zersetzung der Plasmabestandteile erfolgt waren, fanden sich in sehr vielen Zellen Öltropfen vor. Infolge der Zusammenziehung des Inhaltes erschienen die Blätter bei durchfallendem Licht durchscheinend und hell und unter dem Mikroskop waren die weit von einander getrennten Inhaltsklumpen sichtbar. Die Epidermiszellen waren leer, die Membranen aller Gewebe zeigten sich unverändert. u 7: 1 Bei der Erbse zeigte sich in erster Linie eine weitgehende Plasmolyse der Zellen, wodurch auch die bedeutende Schlaffheit der Blätter sich er- klärt. Von der Unterseite aus waren im Blatt feine schwarze Punkte zu sehen, die sich unter dem Mikroskop als vereinzelt liegende Zellen ent- puppten, deren Inhalt schwarz gefärbt war. Die Bohnen zeigten durch- sichtige Flecken, die am Rande oder in den Interkostalfeldern ihre Ent- stehung nahmen. Die Blattsubstanz in diesen Flecken war auffällig zusammengesunken, der Querschnitt zeigte nur etwa die Hälfte der Dicke vom normalen Teil. Die Zellen der Flecken besassen einen sehr stark kon- trahierten Inhalt, der dunkelgelb aussah, bisweilen aber auch hell- bräunlich war; Öltropfen wurden nicht abgesondert. Bei dem normal aussehenden Teil war gleichzeitig Plasmolyse eingetreten. Bei der Georgine wurden ganz ähnliche Veränderungen im Blattge- webe beobachtet. In den zusammenhängenden Flecken war das Gewebe stark zusammengesunken, der Zellinhalt zeigte gelbe bis dunkelbraune Färbung. An den isolierten schwarzen Punkten im Blatte fand sich bei der Unter- suchung, dass sie aus einzelnen oder mehreren mitten im gesunden Gewebe befindlichen Zellen bestanden, deren Inhalt stark gebräunt war. Bei der Rose zeigten sich schon bei Betrachtung mit blossem Auge, deutlicher mit der Lupe sehr feine, schwarze, isolierte Punkte, die unter Um- ständen auch etwas grössere Ausdehnung angenommen hatten. Auf Quer- schnitten sah man, dass einzelne ganz von einander isolierte Zellen des Assimilationsgewebes ihren Inhalt gebräunt oder geschwärzt hatten; dabei war er nicht allzu stark kontrahiert und stellenweise waren sogar noch die Chloro- phylikörner zu unterscheiden. Die Färbung des Zellinhaltes begann ge- wöhnlich damit, dass auf einer Seite der Zelle eine leichte Bräunung eintrat. Dieselbe verbreitete sich dann über den ganzen Inhalt und endete mit der gleichmässigen Tingierung desselben. Wenn die schwarzen Flecken grössere Ausdehnung besassen, so waren mehrere benachbarte Zellen mit ge- schwärztem Inhalte versehen. Die Verteilung der so gefärbten Zellen zeigte nicht die geringste Regelmässigkeit. Ihre Lagerung im Blattgewebe liess durchaus nicht erkennen, ob das Gas zu den Spaltöffnungen eingedrungen war und dann seinen Weg durch das Intercellularsystem genommen hatte. Wenn man Chloralhydrat zusetzte, so verschwand allmählich die dunklere Färbung und es erfolgte Lösung mit dunkelgrünem Farbenton, der all- mählich heller wurde und dann verschwand. Es ist aus diesem Verhalten auf die Ausscheidung von Gerbstoff zu schliessen. Bei der Eiche fanden wir ähnliche Verhältnisse. Nur waren die gefärbten Zellen noch seltener und noch mehr isoliert. Auch bei ihnen löste sich der Farbstoff in Chloral- hydrat genau wie bei der Rose. Bei der Lärche traten in der Epidermis, sowie im hypodermalen Assimilationsgewebe der Nadeln Zellen mit dunkel gefärbtem Inhalte auf. — 286 — Die Färbung ging aber meist nur bis zum Braun, noch dunklere Zellen waren sehr selten. Zusatz von Chloralhydrat liess auch diese Tingierung wie bei der Rose verschwinden. Bei Abies brachyphylla sahen die geschädigten Nadeln von aussen dunkelfleckig aus. Diesem Befunde ent- sprechend fanden sich denn auch im Innern einzelne Zellen oder zusammen- hängende Gruppen vor, die gebräunten Inhalt besassen. Diese Zellen traten abeı nicht, wie bei der Lärche, in den äusseren Zellschichten der Nadeln auf, sondern sie fanden sich vielmehr in den tieferen Lagen des Assimilationsgewebes und ım Transfusionsgewebe oder der Gefässbündel- scheide. Chloralhydrat löste auch hier. Entsprechend der langen Einwirkung, durch die bei Pinus montana erst eine äusserlich sichtbare Schädigung erzeugt wurde, waren in den Nadeln fast sämtliche Assimilationszellen mit stark zusammengezogenem, gebräuntem Inhalt versehen. Die Chlorophylikörner waren ganz undeutlich, während sie bei den anderen beiden Koniferen sich noch unterscheiden liessen. Chloralhydrat führte nicht zu völliger Entfärbung des Inhaltes, sondern nur zu Aufhellung. Der Niederschlag in den Zellen bestand also wohl nicht ausschliesslich aus Gerbstoff, sondern wahrscheinlich auch aus Harzen. Fassen wir noch einmal die Merkmale der Ammoniakvergiftung zu- sammen, so charakterisiert sie sich äusserlich durch das rasche Verwelken der Blätter und Blattstiele und durch die Bildung von dunklen, kleinen oder grossen Flecken im Blatte. Die Flecken treten meist zuerst in den Interkostalfeldern auf und schreiten nach den Rippen zu fort, seltener be- ginnen sie vom Rande oder an der Spitze. Im Innern des, Blattes zeigen die Zellen meist sehr starke Plasmolyse, die Inhaltsstoffe werden undeut- lich und bisweilen werden Öltropfen ausgeschieden. Dabei wird ein brauner bis schwarzer Farbstoff ausgeschieden, der den ganzen kontrahierten Inhalt gleichmässig tingiert. Derselbe erweist sich als Gerbstoff. Eigentümlich ist, dass bei vielen Pflanzen die Zellen mit Gerbstoffabscheidung ganz un- regelmässig im Blattinnern gelagert sind. Dadurch sehen die Blätter äusserlich wie schwarz punktiert aus, wenn man sie gegen das Licht hält. Über die Wirkungsweise des Ammoniaks auf die lebenden Zellen findet sich in der Litteratur') eine Vermutung ausgesprochen, die noch näherer Prüfung bedarf. Diese Vermutung geht dahin, dass bei der Ein- wirkung des Ammoniaks auf die Pflanzenorgane das eingedrungene Ammoniak zunächst die Säuren des Zellsaftes neutralisiert und dem letzteren, welcher in normalem Zustande durchweg sauer oder neutral oder seltener schwach alkalisch reagiert, eine mehr oder weniger starke alkalische Beschaffenheit erteilt; letztere bewirkt dann weiter nach den Untersuchungen von A. Mayer ) Landw. Jahrb. 1892, 21, 424. — 2837 — eine Störung d. h. Aufhebung der Protoplasma-Bewegung. Hieraus dürfte aber nicht der Schluss zu ziehen sein, dass die sauersten Pflanzenteile gegen die Einwirkung des Ammoniaks am widerstandsfähigsten sind, denn nach A. Mayer spielen hierbei die Durchgängigkeit der Zellmembranen und der Protoplasmahüllen für Ammoniak, die Regenerationsfähigkeit von Säuren durch stark athmende jugendliche Pflanzenteile, ferner die spezifische maximale Alkalescenz eines Zellinhaltes eine wesentliche Rolle. A. Mayer suchte auch zu ermitteln, ob Ammoniak den Sauerstoffverbrauch d.h. die Atmungsintensität beeinträchtigt. Bei seinen Versuchen brachte er die Pflanzen in den von ihm und Wolkoff konstruierten Respirationsapparat und bestimmte den Sauerstoffverbrauch im Dunkeln mit einer ammoniak- freien und mit einer ammoniakhaltigen Luft; dabei ergab sich, dass, wenn Ammoniak in solcher Menge in abgeschlossener Luft vorhanden ist, dass Kurkumapapier sofort gebräunt wird, die Atmung auch bei sehr empfindlichen Pflanzen nicht beeinträchtigt wird. VII. Kapitel. Schwefelwasserstoff. 1. Vorkommen. Die Bildung des Schwefelwasserstoffes findet überall da statt, wo schwefelhaltige organische Substanzen in Fäulnis bezw. Zersetzung über- gehen; jedoch kommt in solchen Fällen eine Beschädigung der Vegetation weniger in Frage. Letzteres könnte der Fall sein, wenn stehende Gewässer viele organische Substanzen enthalten, durch deren Zersetzung dann Schwefelwasserstoff frei wird. Bei technischen Betrieben ist ein Entweichen von Schwefelwasserstoff nur wenig beobachtet worden; dieses kann bei der Verarbeitung von Sodarückständen, bei der Leuchtgasfabrikation, bei Theerschwelereien und Koksbereitungsanstalten der Fall sein. 2. Schädlichkeit für die Vegetation. Die ersten Untersuchungen über die Einwirkung von Schwefelwasser- stoff auf das Pflanzenleben sind, soweit wir haben feststellen können, von E. Turner und R. Christisen!) ausgeführt worden. Bei den Versuchen der- selben hatten 2 eem Schwefelwasserstoff mit 460 ccm Luft gemischt (= 0,43 Volumprozent) innerhalb 24 Stunden keine Wirkung, 4'/s cem Schwefel- wasserstoff in 80 Volumen Luft oder 5,558 Volumprozent Schwefelwasserstoff in 12 Stunden keine Verletzung zu Wege gebracht, aber nach 24 Stunden hingen mehrere Blätter ohne Farbenveränderung senkrecht und völlig erschlafft an den Stielen herab. Obgleich die Pflanze darauf in freie Luft gebracht wurde, fing auch der Stamm an zu welken und sich zu krümmen; die ganze Pflanze fiel bald darauf um und starb. Als die Wirkung einer grossen Quantität Gas z. B. von 6 ccm in dem 60fachen Volumen Luft oder 9,09 Volumprozent Schwefelwasserstoff sorgfältig beobachtet wurde, fand sich, dass das Verwelken nach 10 Stunden auf einmal an den Blatt- stielen anfing, während dagegen die Blätter, abgerechnet ihre Schlaffheit, ganz gesund erschienen. Nicht eine Pflanze genas, deren Blätter, bevor sie in freie Luft gebracht wurden, verwelkt waren. Nach diesen Versuchen haben 0,43 Volumprozent oder "/s3ı der Luft an Schwefelwasserstoff in 24 Stunden das Pflanzenwachstum nicht beeinträchtigt, ein Beweis dafür, dass das Schwefelwasserstoffgas für die Pflanzenwelt weniger gefährlich ist, wenn es die oberirdischen Pflanzenorgane trifft; wird es aber als solches oder in Wasser gelöst den Pflanzenwurzeln zugeführt oder wird eine ab- geschnittene Pflanze mit der Schnittfläche in Schwefelwasserstoffwasser gesetzt, so stirbt die Pflanze bald ab?) ') E. Wolff, Die chemischen Forschungen a. d. Geb. d. Agrikultur u. Pflanzen- physiologie, 1847, 475. °) H. Eulenburg, Handb. d. Gewerbehygiene. Berlin 1876, 145. he A u — 21839 — Steffeck') beobachtete die Beschädigung von Gartenpflanzen durch die Abgase einer Theerschwelerei und Koksbereitungsanstalt und zwar suchte er die Ursache der schädigenden Wirkung in dem entweichenden Schwefelwasserstoff und in dem Koksstaub, welche durch den West- wind unmittelbar über das Gartengrundstück geführt wurden. Der Schwefelwasserstoff war durch den Geruchssinn deutlich wahrzunehmen; mit Koksstaub waren die Pflanzen so stark überschüttet, dass man denselben von den fast schwarz gewordenen Blättern leicht abnehmen konnte. Der Koksstaub wurde nachher durch Überbauung des Koks-Ausschüttungsbassins aufgefangen, dagegen blieb auch jetzt noch der Schwefelwasserstoff in den Abgasen.. Letzterer war in solcher Menge vorhanden, dass das in dem Garten ausgelegte Bleipapier schon nach wenigen Minuten durch Einwirkung der gasgeschwängerten Luft sich zu bräunen anfıng und nach wenigen Stunden vollständig geschwärzt war. Die Fenster der Gebäude, welche mit Bleifarbe gestrichen waren, hatten infolgedessen ein ganz schwarzes Aus- sehen. Topf- und Mistbeetkulturen, welche versuchsweise in der herrschenden Windrichtung angelegt wurden, wurden vernichtet; dabei liessen Melonen, Gurken, Bohnen die Blätter welk herabhängen. Bei anderen Versuchen mit grösseren Erbsen, Bohnen, Frühkartoffeln, Erdbeeren, Himbeeren, Pfirsichbäumen, ferner mit härteren Sommerblumen, wie weissblühenden Astern konnten die Pflanzen wegen des Einflusses der schwefelwasserstoff- haltigen Luft nicht zur Entwickelung gelangen. Hieran anschliessend möge auch kurz das Cyangas Erwähnung finden, da dasselbe vielfach als Begleiter des Schwefelwasserstoffgases auf- tritt, so bei der Zersetzung stickstoffhaltiger Substanzen, bei der Leuchtgas- fabrikation, Verkokung u. s. w. Über die Einwirkung des Cyangases auf Pflanzen liegen nur Unter- suchungen von E. Turner und R. Christisen?) vor. Nach diesen Ver- suchen wirkt das Cyangas anscheinend wie Schwefelwasserstoff und Ammoniak, jedoch kräftiger als diese Gase, auf die Pflanzen. 2 ccm Cyangas mit 280mal soviel Luft verdünnt, griffen eine Resedapflanze in 5 Stunden an; !/s cem Cyangas in 700 Volumen Luft griff eine andere Resedapflanze in 12 Stunden an und '/; cem Cyangas in 1700 Volumen Luft wirkte in 24 Stunden. Die Blätter verwelkten an dem Stamm, ohne die Farbe zu verlieren, und als nach angefangener Verwelkung die Pflanze in freie Luft gebracht wurde, genas sie nicht wieder. ') Arbeiten d. Deutsch. Landw. Ges., 1896, Heft 24, S. 27. ”) E. Wolff, Die chem. Forschung. a. d. Geb. d. Agrik. u. Pflanzenphys. 1847, 45. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 19 VII. Kapitel. Brom. Wenngleich Beschädigungen der Vegetation durch Bromdämpfe in der Praxis recht selten vorkommen werden und daher die Beantwortung der Frage nach der Schädlichkeit der Bromdämpfe für das Pflanzenwachs- tum nur von untergeordneter Bedeutung ist, so mögen hier doch kurz die wenigen Untersuchungen, welche vorliegen, mitgeteilt werden. Gelegentlich seiner Untersuchungen über die Wirkung von Säuredämpfen experimentierte P. Sorauer') auch mit Brom. An drei Tagen wurde eine junge Topf-Fichte etwa je 12 Stunden den Bromdämpfen ausgesetzt. Einzelne Zweige wurden ganz braunnadelig, andere zeigten zwischen den gesunden Nadeln nur einige gebräunte Nadeln. Der anfangs rotbraune Farbenton ging später in ein fahles Graubraun über. Nach zwei Wochen begannen die Nadeln abzu- fallen. Die Einwirkung des Broms zeigt sich dadurch, dass die Wandungen einzelner peripher oder dicht unter der Epidermis liegender Zellen fahlgelb bis rotgelb werden und quellen; der Inhalt wird farblos und wird fast gänzlich zerstört oder hängt als schaumiger Rückstand der Wandung an. Die Schliesszellen sind nicht gerötet oder wenn es der Fall ist, so zeigen die Wandungen gelbbraune Färbung. Die Chlorophyllkörner beginnen sich haut- oder klumpenförmig zu vereinigen. Die Epidermiszellen sind nur selten gebräunt, alle übrigen Zellen sind normal. Wenn aber die Be- schädigung intensiver wird, so greift die Bräunung weiter um sich. Die Zellen sind gelbbraun, seltener rötlich braun und der Inhalt ist fast völlig verschwunden, dabei greift die Bräunung bis in das Gefässbündel hinüber. Wir haben die Versuche mit Bromdämpfen in der Weise ausgeführt, dass in den Rauchkasten eine Schale mit Bromwasser gesetzt und mit kleiner Flamme erhitzt wurde, um die Entwickelung der Bromdämpfe zu be- schleunigen. Nachdem die Dämpfe eine gewisse Zeit eingewirkt hatten, wurden die Pflanzen herausgenommen. Je nach der Konzentration der Bromdämpfe, also auch je nachdem mehr oder weniger stark erwärmt wurde, trat die schädigende Wirkung früher oder später auf. Roggen und Weizen zeigten gelbliche Blattspitzen, die allmählich eintrockneten. Bisweilen waren auch an anderen Stellen der Blätter gelbliche Flecken zu sehen, viele Blätter hingen wie bei Säurewirkung schlaff herab. ') Bot. Centralbl., 1899, SO, p. 165. Er A En ar — 291 — Auf Erbsen übte das Brom eine besonders verderbliche Wirkung aus. Nicht bloss die jungen Blätter und Ranken vertrockneten schnell, sondern auch an den älteren Blättern trat baldiges Abtrocknen ein. Die Ein- trocknung erfolgte gewöhnlich vom Rande her, nur manchmal. waren die Interkostalfelder völlig trocken und durchscheinend, während die Rippen erst allmählich abstarben. Bei Bohnenblättern konnten ganz ähnliche, aber bei weitem nicht so schwere Schädigungen beobachtet werden. Meist traten nur Verkrümmungen der Ränder und Abtrocknung in schmalem Saume ein, seltener waren auf der Blattfläche kleine durchscheinende Fleckchen zu sehen. Dabei wurde ein Verwelken des ganzen Blattes nie beobachtet. Ausserordentlich charakteristisch ist das Bild beschädigter Georginen- blätter. Sie trocknen vom Rande her ein und zeigen auf der Fläche eine grosse Zahl von kleinen hyalinen Flecken. Gegen das Licht gehalten sahen sie aus, als ob sie mit groben durchsichtigen Punkten übersäet wären. Stärkere Einwirkung trocknet und bräunt die Blätter schnell. Die Rosenblätter erschienen meist normal, nur die jüngeren wiesen dunkle Flecken auf; stärkere Einwirkung bewirkte auch bei älteren Blättern schnelles Vertrocknen. Birnenblätter wiesen gewöhnlich einzelne schwarze Flecken auf. Bei stärkerer Räucherung bräunten sie sich vollständig, und zwar die Blatt- substanz zuerst, und trockneten und schrumpften dann bald ein. Eiche und Nadelhölzer zeigten keine äusseren Spuren des Brom- dampfes.. Nur an den Nadeln waren bisweilen an den Spitzen kleine gelbe oder weissliche Verfärbungen zu sehen. Die Lärche ist empfindlicher als die Kiefer und die Tanne. Die anatomische Untersuchung zeigte bei den Getreideblättern eine ausserordentlich starke Plasmolysierung der einzelnen Zellen. Der gesamte Inhalt der Zellen hat sich auf einen kleinen Klumpen in der Zellmitte zusammengezogen und ist dunkel gefärbt (Fig. 27). Bohnen und Erbsen besitzen im Blattinnern (bei der Erbse auch in der Epidermis) einzelne Zellen mit geschwärztem Inhalt. Die Plasmolyse ist in allen ziemlich stark, während die Schwärzung nur wenige ergreift. Zwischen der Lage der Spaltöffnungen und geschwärzten Zellen ist kein Zu- sammenhang zu konstatieren. Die Flecken der Georginenblätter weisen ganz unregelmässig gelagerte Zellen mit geschwärztem Inhalte auf. Bis- weilen sind nur kleine Partieen des Inhalts bereits schwarz, während der andere Teil noch fast normal aussieht. Meistens findet auch Entmischung des Plasmas statt und man sieht die sehr kleinen Öltropfen im Zellinnern liegen. Häufig ist bei den Rosenblättern äusserlich kaum eine Einwirkung zu sehen, trotzdem zeigen sich bei der anatomischen Untersuchung 19* Er Bräunungen des Zellinhaltes in der ausgedehntesten Weise. Die Chloro- phylikörner sind im Inhalte nicht mehr unterscheidbar. Bei der Birne treten zuerst kleinere gebräunte Partieen auf, die all- mählich, wie die Untersuchung auf Schnitten zeigt, zu grösseren zusammen- hängenden Flocken zusammenfliessen. Die Schwärzungen kamen zuerst in den Assimilationszellen vor und trotz geringer Plasmolyse wurden die Chlorophylikörner ganz undeutlich. Das Verhalten gegen Chloralhydrat lässt die berechtigte Vermutung zu, dass die Schwärzung auf Ausscheidung von Gerbstoff beruht. Von besonderem Interesse ist es, dass die gebräunten Zellen zuerst in der Nähe einer Spaltöffnung auftreten. Daraus geht hervor, dass das Brom zu den Spaltöffnungen eindringt. DO = ILS Y# ? ° Fi rn L# en Fig. 27. Querschnitt durch Weizenblätter durch Brom beschädigt. Imhalt stark kontrahiert. s Spaltöffnungen. €. "gso- Bei Lärche und Bergkiefer sieht man stets, auch an äusserlich normal erscheinenden Nadeln tief gehende Schädigungen der Assimilations- zellen. Das Plasma ist in allen chlorophyllführenden Zellen entmischt und die Zelle enthält zahlreiche grosse gelbe Öltropfen. Die Chlorophyllkörper schwellen stark auf und verschwinden vollständig. Während bei Pinus montana keine Bräunungen beobachtet wurden, waren in den Lärchennadeln an der äusseren Peripherie des Assimilationsgewebes, namentlich an den Ecken der Nadel und zu beiden Seiten des Gefässbündels leichte Bräunungen des Inhalte und bisweilen auch der Membran nicht selten. Es scheint also, dass auch hier bei zunehmender Schädigung eine Ausfällung von (rerbstoff stattfindet. Charakteristisch für Bromschädigungen ist also, um noch einmal kurz zu rekapitulieren, die in mehr oder weniger ausgedehntem Masse auf- tretenden dunklen Flecken auf den Blättern und das Vertrocknen des = ie ek ee —_— 293 — Blattgewebes. Die Plasmolyse war nicht immer gleich stark, dagegen fand häufig eine Auflösung der Inhaltsstoffe und Entmischung des Plasmas statt. Besonders bemerkenswert ist das Auftreten des Gerbstoffes in den Zellen. Der Vollständigkeit halber möge hier noch eine kurze Notiz von H. Eulenburg!') über die Einwirkung von Jod auf die Pflanzen Platz finden; dieselbe lautet: „Alle Pflanzen werden durch freies Jod getötet, während die Jodalkalien von denselben ohne Nachteil aufgenommen werden. Die Pflanzen häufen die Jodalkalien während ihres Lebensprozesses an; so sind bekanntlich die Meeresstrandgewächse reich an Jodverbindungen.“ ') Handbuch der Gewerbehygiene, 1876, 60. IX. Kapitel. Theer und andere organische Stoffe. 1. Theer. Theerdämpfe sind der Vegetation äusserst schädlich. Das Absterben der Blätter erfolgt fast noch schneller als unter der Einwirkung saurer Gase. Wenn man nun von Schäden, die sich über grössere Flächen er- strecken oder das gewöhnliche Mass übersteigen, bisher noch nicht gehört hat, so liegt dies an der beschränkten Anwendung des Steinkohlentheers. Da nur die beim Erhitzen abziehenden Dämpfe schädlich wirken, so kommen natürlich nur wenige Verwendungsarten des Theers in Betracht. Hauptsächlich handelt es sich um die Theerkessel, die in der Nähe von Gewächsen aufgestellt werden und um Anstriche mit Theer, die vielleicht gelegentlich einer Erwärmung ausgesetzt sind. Die erstere Schädigungsart wird sich recht häufig finden. Überall wo in den Gehöften Dächer oder Wände mit Theeranstrich zu versehen sind, werden die Kessel im Hof oder Garten aufgestellt und entsenden ihre Dämpfe auf die etwa in der Nähe stehenden Pflanzen. Wenn ein solcher Apparat eine Zeit lang in Thätigkeit war, so findet man häufig an den unteren Ästen der Bäume, die dem Dampfe am meisten ausgesetzt waren, trockene und gebräunte Blätter. Der Schaden ist aber stets lokalisiert und hat wohl bisher nur dann zu Klagen Anlass gegeben, wenn wertvolle Gartenpflanzen, wie Rosen oder Obstbäume, davon betroffen wurden. Der Theerdampf kann in geschlossenen Räumen schon nachteiliger wirken, wenn der Theeranstrich der Wände noch nicht recht trocken ist und durch nahe liegende Heizröhren erwärmt wird. Solche Fälle werden bei Gewächshäusern nicht selten sein, wo der Anstrich die Erd-Feuchtigkeit von den Wänden abhalten soll. Aus England sind mehrere!) solcher Schädigungen berichtet worden, bei denen anfangs die Ursache unklar war und erst die nähere Untersuchung den Grund des Übels aufdeckte. So zeigten sich im Sommer, wenn durch fortwährende Lüftung der Häuser die schäd- lichen Verdunstungsprodukte der Anstriche entfernt wurden, keine Schäden, dagegen trat im Winter, wenn geheizt wurde und die Lüftung naturgemäss geringer war, starker Blattfall ein. Junge Pflänzchen, Stecklinge (z. B. von ') Vergl. Garden. Chron. 1876, 2 ser. 5, 532. UN —_— 29 ° — Erica) zeigen sich ganz besonders empfindlich. Im allgemeinen wird es ja genügen, wenn Gewächshäuser, in denen ein Theeranstrich angebracht ist, erst dann in Benutzung genommen werden, wenn der Geruch ver- schwunden ist). L. Just?) hat über die Schädlichkeit von Theer im Boden Versuche angestellt und gefunden, dass er selbst bei starker Imprägnierung des Bodens den Pflanzen nicht den geringsten Schaden zufügt. Gemüse und Kartoffeln zeigten in einer so präparierten Erde keinen theerigen Geschmack. Daraus folgt also auch, dass nur die Dämpfe das schädigende Moment für die Vegetation bilden. Über theerhaltige Anstriche liegen nur geringe Erfahrungen vor. Das Karbolineum (Avenarius) wird häufig zur Imprägnierung von Holz ver- wendet?). Dasselbe ist in geschlossenen Gewächshäusern äusserst gefährlich, noch nach zwei bis drei-Jahren können Schädigungen auftreten. Auch im freien Lande ist seine Anwendung beim Beizen der Pfähle nur mit grosser Vorsicht gestattet, da die Wurzeln der in der Nähe des bestrichenen Holzes befindlichen Pflanzen zum Absterben gebracht werden. P. Sorauer*) berichtet über eine Beschädigung von Kartoffeln durch die Dämpfe einer Holzimprägnierungsanstalt, welche mit Karbolineum arbeitet. Nachdem 5 Tage lang der Wind die Dämpfe der Holzimprägnierungsanstalt über den Acker getrieben hatte, zeigten die sehr kräftig ausgebildeten Blätter ein gelbliches, bronzefarbig marmoriertes Aussehen, welches da- durch zustande gekommen ist, dass viele sehr kleine punktförmige Stellen oberseits lederbraun geworden sind. Besonders hatten die Vorwölbungen der leicht runzeligen Blätter gelitten. Die am meisten ausgesetzten Blätter zeigten durch Zusammenfliessen der kleinen Flecken eine fast zusammen- hängende, gelb und braun marmorierte Fläche, welche, solange das Blatt frisch war, glänzend erschien, während der gesunde Teil stumpf war. Soweit die braunen Brandflecken auftreten, vergilbte das zwischen ihnen gelegene Gewebe. Die Blattunterseite zeigte die Zeichnung der Oberseite nur in geringem Masse. In einem anderen Falle handelte es sich um die Beschädigung von Rosen und Erdbeeren durch die Dämpfe einer Holz- imprägnierungsanstalt. Die ausgewachsenen Blätter der grossfrüchtigen Erdbeeren erschienen oberseits stellenweise violettbraun-glänzend; bei durch- fallendem Lichte erkannte man viele braune Tupfen zerstreut in der Blatt- fläche. An den glänzenden Stellen war die Oberhaut zusammengesunken und dem Pallisadenparenchym aufgetrocknet. ') Revue hortic. 1884, 244. ?) 1. Ber. über die Thätigkeit der Grossh. Bad. Pflanzenphys. Versuchsanstalt zu Karlsruhe im Jahre 1884. Karlsruhe 1885. ®») Praktisch. Ratgeb. f. Obst- u. Gartenbau 1889, 174, 611. %) Arbeiten d. Deutsch. Landw. Ges. 1900, Heft 50, S. 110, 189. N ab Eine andere Beobachtung P. Sorauers, welche ebenfalls hierher gehört, ist folgende. In einem einer Gasanstalt anliegenden Garten zeigten die an einer Bretterwand angepflanzten Himbeeren eine Gelb- bis Braunfärbung der Blattflächen, die sich bis zum Dürrwerden steigerte und ein teilweises Absterben der Zweigspitzen zur Folge hatte. Die Schädigungsursache ist in Theerdämpfen, welche aus der Gasanstalt stammen, zu suchen. R. Jungner') berichtet über die Beschädigung von Kartoffelstauden an einem Zaun entlang, der kurz zuvor mit Karbolineum gestrichen war; die Blätter hatten eine graugrüne, metallglänzende Farbe angenommen. Um ein Urteil über die Intensität der Beschädigung zu gewinnen, wurde in der früher angegebenen Weise von uns eine Anzahl von Versuchen angestellt, und zwar mit unentöltem und raffiniertem Theer. Da sich ab- gesehen von einzelnen individuellen Verschiedenheiten bei den Versuchs- pflanzen die gleichen Resultate ergeben haben, so braucht hier zwischen den beiden Versuchsreihen nicht näher unterschieden zu werden. Zur Entwickelung der Theerdämpfe wurde in den Rauchkasten ein Dreifuss mit einem Blechgefäss gestellt, das durch eine darunter gestellte Spirituslampe erhitzt werden konnte. Wenn der Theer bei ganz kleiner Flamme eine bestimmte Zeit gekocht hatte, sodass der Kasten mit un- durchsichtigen bräunlichen Dämpfen erfüllt war, so wurde schnell die Verschlussscheibe etwas hochgehoben und mit einem Glasrohr die Flamme ausgeblasen. Nach Herablassen der Scheibe blieben dann die Pflanzen noch so lange im Kasten, bis der Versuch die gewünschte Zeitdauer er- reicht hatte, wurden dann herausgenommen und ins offene Fenster oder später ins helle Zimmer gestellt. Die Dauer der Versuche betrug '/ı und !/s Stunde. Aber schon bei der kürzesten Dauer der Versuche wurde eine sehr intensive Beschädigung der Pflanzen erzielt. Aufzeichnungen über die Wirkung wurden etwa zwei Stunden und 24 Stunden nach Beendigung des Versuches gemacht. Roggen und Weizen zeigten bei der Beendigung des Versuches schlaff herabfallende, an der Basis oder im basalen Drittel scharf nach abwärts geknickte Blätter. Die Farbe war ein fahles Grün, das nach der Spitze zu in ein mattes Gelb überging. Häufig war auch das ganze Blatt gelblich angehaucht. Die Lamina war etwas geschrumpft und die Rippen traten dadurch etwas stärker hervor. Am nächsten Tage waren die meisten Blätter gelblich gefärbt und schon mehr oder weniger trocken. Bei der Erbse zeigten sich die Blätter vollständig welk und schlaff, aber sie blieben grün und wurden nur späterhin etwas fahl. Zuerst welkten die älteren Blätter und Ranken, erst zuletzt die jüngeren. An einigen Pflanzen überstanden die letzteren die Einwirkung und zeigten dieselbe ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1901, Heft 60, S. 128, Frische wie bei Beginn des Versuches. Am nächsten Tage waren auch die Stengel geschädigt. Sie waren zum Teil welk, so dass sie umknickten, zum Teil standen sie noch aufrecht, zeigten aber durch Längsfurchen die beginnende Vertrocknung. Die allermeisten Pflanzen waren schon am Versuchstage tot. In ähnlicher Weise litten auch Bohnen. Mehr als bei der Erbse tritt hier der glänzende Überzug auf der Oberseite der Blätter hervor, der sie wie lackiert erscheinen lässt. Allerdings ist derselbe nicht haltbar, denn bereits nach 24 Stunden zeigten sich einzelne stumpfe Flecken und zuletzt verlor er sich fast vollständig. Meist hingen schon gleich nach der Räucherung die Blätter schlaff herab, auch die jüngeren Blättchen waren welk. Häufig zeigen sie einen bräunlichen Ton, wenn man sie gegen das Licht hält, oft auch finden sich mitten in der Fläche durch- scheinende Flecken, in denen die Blattsubstanz ganz dünn und zusammen- gefallen ist. Auch die Blattstiele hängen meist welk herab oder sind bis zum nächsten Tage trocken. Die Stengel schrumpfen ünd fallen entweder um oder trocknen allmählich ein. Das Abtrocknen der Blätter schritt sehr schnell vorwärts. Namentlich trat häufig vom Rande her ein Aufrollen ein. Die Pflanzen starben stets ab. Georginenzweige verhielten sich wie Bohnen; nur trat das Verfärben der Blätter und Stiele noch deutlicher in die Erscheinung. Die vorher grünen Teile waren fast bronzefarben geworden und zeigten eine glänzende Oberfläche. Das Verwelken trat sofort nach der Räucherung ein und griff schnell um sich, so dass am Tage darauf ausnahmslos alles abgestorben war. Rosenblätter zeigten etwas grössere Widerstandsfähigkeit. Die Dunkel- färbung der Blätter trat stets aufs deutlichste ein; hielt man sie gegen das Licht, so waren häufig dunkle Flecken zu sehen. Bisweilen trat vom Rande her eine Bräunung auf, auch Rollung am Rande kam vor. Wenn auch nach 24 Stunden die Blätter noch nicht völlig abgestorben waren, so begann doch das Vertrocknen der bronzefarbenen Blätter und Stiele, die ebenfalls wie lackiert aussahen. Birnenblätter sind sehr empfindlich. Sie bekommen sofort braune oder schwarze Ränder; die Dunkelfärbung schreitet schnell vorwärts und am folgenden Tage sind die Blätter meist abgestorben. Auch die jungen Blätter und die noch grünen Zweige schwärzen sich. Etwas widerstands- fähiger ist eine Varietät mit behaarten Blättern, mit der einmal experi- mentiert wurde. Nach Beendigung des Versuches waren sie noch normal, erst am Tage darauf zeigten sich an einigen dunkelfleckige Ränder. Die Eiche hatte meistens keinen Schaden erlitten, wenn der Versuch beendet war; höchstens zeigten sich durchscheinende Flecken, aber auch das war nicht häufig. Am folgenden Tage waren die Ränder häufig leicht gebräunt oder die ganze Fläche hatte einen bronzefarbenen Ton angenommen. — 293 — Seltener waren die Blätter auf der Durchsicht bräunlich und etwas welkend. Auch Blattstiele und Mittelrippe waren in einem Falle braun gefärbt. Im ganzen zeigten sich die tötlichen Wirkungen des Theers bei der Eiche nicht, denn die meisten Blätter überdauerten die Räucherung. Pinus montana war absolut widerstandsfähig, Abies brachyphylla zeigte entweder keine Schädigung oder nur leichte gelbliche Färbung der Nadelspitzen am folgenden Tage. Dagegen ist die Lärche empfindlich. Schon nach Beendigung der Räucherung färben sich die meisten Nadeln gelblich. Bei einigen ist nur die Spitze gelb, andere sind bereits ganz verfärbt. Am Tage darauf sind sie schon trocken und fallen leicht ab. Aus dem Gesagten geht hervor, dass nur die Tanne und die Berg- kiefer sich als resistent erwiesen haben, dass dagegen alle anderen unter- suchten Pflanzen mehr oder weniger empfindlich gegenüber den Theer- dämpfen sind. Wenn man die Eiche ausnimmt, so wirken die Dämpfe auf alle tödlich ein, die einjährigen Pflanzen sterben schnell ab, die Holz- gewächse verlieren’ vollständig ihre Blätter. Man kann sich danach ein ungefähres Bild von den schweren Schäden machen, die der Vegetation durch Theerdämpfe zugefügt werden. Als charakteristisch für das Erkennen der Theerbeschädigungen nach äusserlichen Merkmalen kämen hauptsächlich die Lackierung der Blätter und ihre Dunkelfärbung in Betracht. Namentlich das erstere Merkmal ist bei frischen Schäden stets deutlich. Auch das schnelle Vertrocknen der Blätter in Verbindung mit der Braun- oder Schwarzfärbung erlaubt schon einen Schluss auf die Art des Schadens. Aber trotz der leichten Erkenn- barkeit sollte man nicht eher die Diagnose auf Theerdampf stellen, bis wirklich festgestellt ist, ob die Pflanzen solchen Dämpfen ausgesetzt waren. Namentlich bei Aufbewahrung in Spiritus verschwindet durch Auflösung des Überzuges die charakteristische Lackierung des Blattes. Die anatomische Untersuchung der geschädigten Blätter ergab, wie dieses auch beim äusseren Bilde der Fall war, kleine Schwankungen, die durch irgend welche äussere Dinge veranlasst sein mögen. Das zeigte sich besonders in der Schwärzung des Zellinhaltes durch abgeschiedenen Gerb- stoff. Bald war die Färbung nur gering, bald sehr intensiv, ohne dass man einen Grund für das mehr oder weniger reichliche Auftreten des Gerbstoffes anführen könnte. Beim Roggen war der Inhalt aller Zellen stark plasmolysiert, ohne dass die Begrenzung der Chlorophylikörner undeutlich geworden wäre. (eschwärzte Zellen waren nur spärlich. Weizen zeigte ähnliches, nur war die Wirkung stärker. Die Chlorophylikörner waren viel undeutlicher, so dass der stark zusammengezogene Inhalt fast gleichmässig tingiert war. Die Epidermiszellen sind ganz hyalin und zeigen keinerlei Niederschläge. Dagegen sind viele Mesophyllzellen mit braunem oder schwarzem Zellinhalt Pe — 299 — versehen. Die Ursache der Färbung wird durch die Ausfällung des Gerb- stoffes gegeben. Bohnen besassen stark plasmolysierte Zellen), in denen die Chloro- phylikörner noch zu unterscheiden waren. Gerbstoffabscheidungen (Schwär- zungen) fehlten entweder ganz oder traten in kleinen, schon mit blossem Auge als dunkle Pünktchen sichtbaren Flecken am Rande auf. Genau dieselben anatomischen Befunde gewährte die Erbse. Trotz des seltenen Auftretens der Schwärzungen gelang es hier, ganz bestimmt bezeichnete Regionen nachzuweisen, in denen sie auftraten. Auf Flächenschnitten von der Unter- seite des Blattes sieht man nämlich an einzelnen Stellen ganz deutlich, dass die ersten Zellen, in denen Gerbstoffausfällungen auftreten, in der unmittelbarsten Nähe der Spaltöffnungszellen zu suchen sind. Von der Atemhöhle des Stomas erstrecken sich in das Gewebe Ausläufer hinein, die aus geschwärzten Zellen bestehen. Diese Ausläufer sind natürlich nicht lang, aber sie erstrecken sich durch das ganze Mesophyll bis zur oberen Epidermis; Epidermiszellen zeigen niemals Schwärzungen. In den Rosenblättern zeigen sich Schwärzungen von bedeutenderem Umfange. Zwar ist die Plasmolysierung des Inhaltes nicht besonders stark, aber die Chlorophylikörner sind undeutlich. Das Pallisadenparenchym ist in mehr oder weniger ausgedehntem Masse geschwärzt oder zuerst gebräunt, die Schwammparenchymzellen dagegen zeigen nur vereinzelt Gerbstoff- abscheidung. Äusserlich treten die gebräunten Stellen des Assimilations- gewebes als dunkle Flecken hervor. Auch bei der Birne bezeichnen äusserlich die dunkleren Flecken die Ausdehnung des Gewebes, in dem Gerbstoffausscheidung stattgefunden hat. Hier ist es möglich, den Vorgang der Plasmaentmischung genauer zu ver- folgen. Zugleich mit der Plasmolysierung werden die Umrisse der Chloro- phylikörner undeutlich, sie verschwinden allmählich in der Plasmamasse und es treten zugleich gelbliche Öltropfen auf. Wahrscheinlich entstehen diese nicht bloss aus den Auflösungsprodukten des Chlorophylls, sondern auch als Produkt der Zerstörung oder Entmischung des Plasmas. Darauf erst tritt Bräunung des kontrahierten Plasmas ein, so dass dann nicht mehr irgend welche Einzelbestandteile unterschieden werden können. Setzt man nun zu den Schnitten Chloralhydrat, so verschwindet die dunkle Färbung allmählich, macht einer grünlichen Platz, die immer heller wird, bis schliesslich eine völlige Entfärbung des Zellinhaltes und eine vollkommene Aufhellung des Gewebes erfolgt. Bei der Eiche sind nur geringe Veränderungen an den Zellen zu sehen. Die Plasmolysierung ist nur schwach und Gerbstoffausscheidung findet sich nur bei wenigen Zellen. !) Die Untersuchung geschah an konserviertem Material und an Blättern un- mittelbar nach Beendigung der Räucherung. — 300 — Die Nadeln der Lärche zeigen nicht immer denselben Beschädigungs- grad. Häufig findet sich nur Entmischung des Plasmas und Auftreten grosser gelber Öltropfen; die Chlorophyllikörner sind meistens noch intakt. Bei schwer beschädigten Nadeln weisen die meisten chlorophyllführenden Zellen starke Bräunung des Inhaltes auf. Dabei erfolgt eine vollständige Auflösung der Chlorophylikörner, ohne dass aber Öltropfen auftreten. Die Epidermiszellen sind stets unversehrt. Bei Abies brachyphylla erweisen sich die Nadeln nur wenig be- schädigt. Plasmolyse findet nicht statt, ebenso wenig Auflösung des Chloro- phylis. Trotzdem sind aber doch hier und da Zellen zerstreut im Gewebe, bei denen Bräunung und Zusammenziehung des Inhalts und der Membran stattgefunden hat. Sie besitzen keinen Zusammenhang mit einander und es ist deshalb noch nicht ganz sicher, ob der Theer an ihrem Tode schuld ist. Epidermis und Spaltöffnungen sind stets unversehrt. Aus diesen wenigen angeführten Thatsachen geht hervor, dass für die Theervergiftungen mehrere charakteristische Merkmale existieren. Äusserlich sind die Blätter vielfach bräunlich glänzend, später oft stumpf werdend, sie bekommen dann braune Flecken, in denen das Gewebe ab- stirbt. Durch die starke Plasmolyse, die stattfindet, wird der Turgor der Zellen vernichtet und Blätter und Stengel sinken schlaff herab. In den Zellen findet häufig eine Auflösung der Chlorophylikörner und Entmischung des Plasmas unter Auftreten von gelblichen oder bräunlichen Öltropfen statt. Der kontrahierte Zellinhalt wird infolge der Ausscheidung von Gerbstoff braun bis schwarzbraun gefärbt. 2. Pyridin und verwandte Stoffe. F. Oliver!) dehnte seine Untersuchungen, die er zum Zwecke der Auf- klärung der Wirkungsweise des Städtenebels unternahm, auch auf Pyridin und demselben nahestehenden Verbindungen aus. Je nach der Grösse der Glasglocke wurden ein oder mehrere Tropfen Pyridin auf Löschpapier ge- träufelt und zusammen mit den zu untersuchenden Pflanzenteilen unter die Glocke gebracht. Nach Beendigung des Versuches wurde eine makro- und mikroskopische Untersuchung der Pflanzen vorgenommen. Wenn ein Zweig von Bouvardia in der angegebenen Weise behandelt wird, so beobachtet man, dass die Blätter von Stunde zu Stunde durch- sichtiger werden. Zuerst werden die Ränder und die Blattspitzen durch- scheinend, dann entstehen mitten auf der Spreite durchscheinende Flecken. Das Grün des Blattes wird gleichzeitig ein wenig dunkler. In allen Zellen tritt Plasmolyse ein, in den Epidermiszellen scheidet sich Gerbstoff mit leichter Bräunung des Protoplasmas aus. Die Chlorophylikörner sind nicht ') Journ. of the Hortic. Soc. 1898, 16, 28. 73 Bi 2 ae a ee ei re ee se re he A — 301 — wesentlich alteriert, nur durch das Zusammenziehen des Plasmaschlauches wird ihre Gestalt leicht verändert, ihre Farbe bleibt aber erhalten. Die spektroskopische Untersuchung des alkoholischen Chlorophyllfarbstoffex- traktes zeigte gegenüber dem normalen Verhalten kaum eine Änderung. Bei Bouvardia verhielt sich das Extrakt, welches unmittelbar nach dem Experiment angefertigt wurde, ganz normal, während grössere Verschieden- heiten auftraten, wenn der Farbstoff erst 24 Stunden nach Beendigung des Experimentes ausgezogen wurde. Rhododendron und Hydrangea hor- tensis zeigten leichte Gelbfärbung der Chloroplasten. F. Oliver sucht dieses Verhalten damit zu erklären, dass er annimmt, die Säure der durch das Pyridin abgetöteten Zellen hätte auf die Chlorophyllikörner eingewirkt. Die spektroskopische Untersuchung dieser gelb gefärbten Körner zeigte einige Unterschiede gegenüber dem normalen Chlorophyll. Ganz ähnliche Resultate wie Bouvardia zeigten auch andere Ge- wächshauspflanzen wie z. B. Justicia carnea, Öentropogon lucianus, Dendrobium nobile, Conoclinium ianthinum, Hydrangea horten- sis, Begonia u. a. Das Auftreten der braunen Gerbstofffärbung hängt von dem Gehalte der Zellen an Gerbstoff ab; je grösser dieser ist, um so stärker ist die Bräunung. Wenn die Pyridindämpfe zuerst auf die spaltöffnungsreiche Unterseite des Blattes einwirkten, so trat eine grössere Schädigung des Zellgewebes ein, als wenn die spaltöffnungsfreie Oberseite zuerst der Wirkung ausge- setzt wurde. Daraus ist zu schliessen, dass die Pyridindämpfe hauptsächlich an den Spaltöffnungen in das Blattinnere eindringen. In gleicher Weise wie mit Pyridin wurde experimentiert mit Luti- din, Picolin, Piperidin, Chinolin, Thiophen und Nicotin. Diese Körper wurden ebenso in Dampfform zur Anwendung gebracht; der letzt- genannte Stoff wurde unter die Glocke gebracht, indem Dämpfe von ver- brennendem Tabak durch eine Röhre eingeleitet wurden. Die Wirkung aller dieser Stoffe ist der des Pyridins gleich. Nur Thiophen wirkt etwas stärker. Bei allen diesen Stoffen zeigte sich als Hauptunterschied von der Wirkung der schwefligen Säure, dass sie die Chlorophyllkörner nicht wesentlich angriffen. 3. Phenol und verwandte Stoffe. Wenn Phenolkrystalle auf Blätter gelegt und mit Wasser besprengt werden, so entstehen auf den Blättern braune Flecken‘). Wird Phenol in Dampfform zur Anwendung gebracht, so tritt eine vollständige Bräunung der Blätter ein. Weichere und zarte Blätter bräunen sich bald, dieke und ı) F. Oliver a. a. O., 82. — 302 — stark kutikularisierte Blätter dagegen brauchen eine längere Einwirkung, bis sich Bräunungen zeigen. In allen Zellen des Blattes wird eine feine, körnige, braune Masse ım Plasma niedergeschlagen, nachdem starke Plasmolysierung vorausge- gangen ist. Die Chloroplasten werden in ihrer Form sehr verändert und es schlagen sich in ihnen kleine braune Körnchen nieder, die aber nicht immer den grünen Farbstoff vollständig zu verdecken vermögen. Nicht alle Pflanzen reagieren in gleich bedeutender Weise auf Phenol. Im allgemeinen geben die Dikotyledonen die vollkommenere Braunfärbung, Monokotyledonen dagegen färben sich nur unvollkommen. F. Oliver meint, dass die Wirkung des Phenols durch die gleiche chemische Reaktion be- dingt sei, die E. Schunck und G. Brebner für das Anilin nachgewiesen haben. Wenn nämlich das Anilin in den Zellen mit aktivem Sauerstoff zu- sammenkommt, so soll die Braunfärbung auftreten. Diese Wirkung er- scheint plausibel, da ja aktiver Sauerstoff in den Zellen infolge des Assi- milationsprozesses vorhanden ist. Auf totes Gewebe und auf Pflanzen, die in einer Atmosphäre von reinem Wasserstoff zu assimilieren aufgehört haben, wirkt Phenol nicht. Es muss also festgehalten werden, dass das Phenol nicht ganz allgemein gesprochen auf den Chlorophyllfarbstoff einwirkt, sondern dass eine Reaktion im Chloroplasten nur an den Stellen auftritt, wo sich gerade aktiver Sauerstoff zu bilden beginnt. P. Klemm!) arbeitete mit sehr verdünnten Lösungen von Phenol und beobachtete hauptsächlich die Wirkung auf die Haare von Momordica. Er sagt darüber folgendes: »Fäden und Wandbeleg erhalten Knötchen und in diesen entstehen ziemlich zahlreiche kleine Vakuolen. Die Strömung dauert trotzdem noch lange fort. Schliesslich beginnen die Umrisse des Plasmas zu verblassen, zugleich ordnen sich die Mikrosomen zu kleinen Kränzen um die Vakuolen. Damit sind die Veränderungen, welche sich in der Zelle vollziehen, aber noch nicht erschöpft, doch sind die Zellen schon in diesem Zustande nicht mehr des Wiederauflebens fähig. Schliess- lich bilden sich nach dem Platzen der Vakuolen Ketten von Körnchen, die zu dendritischen Gebilden zusammenstossen, manchmal auch mehr Knäuel darstellen. Ausserdem waren zahlreiche wimmelnde, stark licht- brechende Körnchen im Zellraum vorhanden. Vom protoplasmatischen Wandbeleg ist kaum etwas zu sehen, es scheint, als ob ausser den eben beschriebenen Körnchen alles gelöst sei. Der Kern, stark angeschwollen, erscheint granulös, die Leukoplasten sind unverändert und erscheinen meist als Ansatzstellen der Körnchenketten zu dienen. Kontraktion des Proto- plasmas tritt nicht ein.« ') Pringsh. Jahrb. 1895, 28, 671. Ze) re ee > — 300 — Die Versuche mit Naphthalin, Benzin und Nitrobenzin zeigten, dass diese Stoffe auf lebende Gewebe in ganz ähnlicher Weise wie Phenol wirkten, nur blieb bei Naphthalin infolge seiner viel geringeren Flüchtig- keit die Wirkung eine entsprechend schwächere. Zur Vervollständigung des hier gegebenen Überblickes über die bisher angestellten Versuche sei noch der Untersuchungen von E. Schunck und G. Brebner!) gedacht, die mit Anilin gearbeitet haben. Diese Versuche sind deshalb wichtig, weil gleichzeitig, wie schon oben angedeutet, eine Erklärung der Wirkungsweise des Anilins gegeben worden ist. Wenn auch die beiden Versuchsansteller das Anilin in flüssiger Form auf die Blätter brachten, so unterscheidet sich diese Art der Applizierung nur durch die schnellere Wirkungsweise. So wirkt ja auch jede Säure ungleich schneller, wenn sie in wässriger Lösung auf das Blatt gebracht wird, als wenn sie nur als Gas der Atmosphäre beigemischt ist. Nach der Ein- wirkung des Anilins lassen sich drei Gruppen von Pflanzen unterscheiden. Bei der ersten Gruppe wirkt das aufgestrichene Anilin fast momentan, spätestens aber nach 5 Minuten ist die Blattsubstanz völlig gebräunt. Hierhin gehören Esche, Birke, Ilex aquifolium, Taraxacum offici- nale, Mentha viridis u. a. Die zweite Gruppe reagiert ebenfalls noch ziemlich schnell mit Färbung. Hierher gehören viele Monokotyledonen, z. B. Tradescantia. Die dritte Gruppe umfasst endlich diejenigen Pflanzen, bei denen nur eine leichte oder nicht vollständige Bräunung ein- tritt. Beispiele bieten Monokotyledonen, ferner Ribes, Rumex u. a. Succulente Pflanzen reagieren ebenfalls schlecht. Durch das Anilin wird die Blattsubstanz vollständig gebräunt. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass gewöhnlich eine leichte Plasmolyse in den Zellen herrscht. Plasma und Zellsaft sind bräunlich, die Chlorophyllkörner sind tief braun gefärbt. Man kann die verschiedenen Stadien der Reaktion verfolgen; zuerst beginnen die Chlorophyllkörner sich zu lösen und zusammenzu- fliessen, die so entstehenden zähen grünen Tröpfchen färben sich braun und endlich werden hier Krystalle von Anilophyll?) gebildet, die von der etwas hellbrauner werdenden Masse ausstrahlen. Eine grosse Reihe von Versuchen ergab nun den beiden Beob- achtern das Resultat, dass die Bildung von Anilophyll nur erfolgt, wenn aktiver Sauerstoff vorhanden ist. Dass derselbe in assimilierenden Zellen | ‘) Annals of Botany 1892, 6, 167. °) Anilophyll entsteht durch Einwirkung von Anilin auf Chlorophyll als kry- stallisierbarer Körper. Die sorgfältig gereinigte Substanz hat bei 200° ihren Schmelz- punkt und besitzt die Zusammensetzung C,H,N,0. Die prozentualische Zusammen- setzung betrug im Mittel 078,63, H5,59, N 11,70, 04,08%. Die weiteren Eigenschaften, auf die hier nicht Rücksicht genommen werden kann, vergleiche man in der ange- gebenen Arbeit S. 168. — 304 — und auch sonst im Plasma vorhanden ist, unterliegt keinem Zweifel; wir haben also in der Wirkung des Anilins einen Fall vor uns, der sich bis zu einer gewissen Grenze auf seine Ursache zurückführen lässt. Die Analogie mit der Wirkung von Phenol, Benzin etc. springt in die Augen und lässt die Zusammengehörigkeit dieser Gruppe von Pflanzengiften deut- lich hervortreten. Hier ist der Ort, um eine Beobachtung zu erwähnen, die ©. Husson') für die Beschädigung eines Weinberges durch die Dämpfe eines Kalkofens anführt. Die Dämpfe eines Kalkofens strichen regelmässig über einen Weinberg hin und richteten zwar an den Pflanzen keinen Schaden an, aber der Wein zeigte einen eigentümlichen, empyreumatischen Geschmack. Die Gärung ging schlecht vor sich und der fertige Wein zeigte 1"/, '/, Alkohol weniger, als guter Wein derselben Gegend besass.. Auf den Blättern zeigten sich Ablagerungen, die denselben Geschmack und Geruch besassen wie der Wein. Um nachzuweisen, dass der Kalkofen und nicht etwa die in der Nähe des Weinberges vorbeiführende Eisenbahn mit ihrem Steinkohlenrauch der schuldige Teil ist, wurden Experimente mit frisch angeheizten Lokomotiven gemacht. Nachdem diese resultatlos verlaufen waren, wurde der Kalkofen gelöscht. Nachdem gleichzeitig auch ein starker Regen die Blätter von dem abgelagerten Staube gereinigt hatte, war von dem früheren schlechten Geschmack nur noch eine schwache Spur zu ent- decken. Dagegen traten nach frischer Anmachung des Ofens der charak- teristische Geruch und Geschmack wieder auf. Der Rauch selbst roch ebenso und zwar von dem Moment an, wo der Kalk zu caleinieren begann. Die chemischen Untersuchungen des Rauches deuteten auf das Vorhanden- sein von Phenol und Anilin, denen man also hier die Schädigung zuzu- schreiben hätte. Anhang: Nebel. Wir haben gesehen, dass auch der Steinkohlenrauch, wie er den Essen entströmt, vermöge seines Gehaltes an schwefliger Säure schädlich wirken kann. Es hat daher nichts Verwunderliches, wenn wir hören, dass auch der Nebel den Pflanzen verderblich wird. Der reine feuchte Nebel, der nur aus Wasserdampf besteht, ist natürlich nicht im Stande, der Vegetation irgend welchen Schaden zuzu- fügen. Im Gegenteil fördert er durch die Feuchtigkeit das Wachstum. Ganz anders aber wirken die dicken, schwarzen, „fettigen‘‘ Nebel, die bisher nur in Fabrikgegenden beobachtet wurden. Auf dem Kontinent sind diese ') Compt. rend. 1876, 82, 1218. — 305 — Nebel recht seltene Erscheinungen, aber in England treten sie in London, Manchester und anderen Fabriksmetropolen während der kälteren Jahres- zeit häufiger auf. Aus diesen Nebeln setzt sich sehr reichlich ein fettiger, schwarzer Schmutz . ab, der alle Gegenstände überzieht. Ihre Dauer ist sehr verschieden, sie können wenige Stunden, aber auch wochenlang andauern und haben dann natürlich viele Unbequemlichkeiten im Gefolge. Ihr häufiges Auftreten in Industriestädten und ihr Fehlen auf dem platten Lande legt die Vermutung nahe, dass die durch den Essenrauch und den Staub in die Luft geführten Partikelchen die Entstehung des Nebels ver- ursachen oder wenigstens begünstigen. Man hat die Erfahrung gemacht, dass die feinsten Wassertröpfchen, aus denen der Nebel besteht, sich am ehesten an den feinen, in der Luft suspendierten Stäubchen niederschlagen. Je mehr Partikelchen in der Luft schweben, um so dichter werden die Wassertröpfchen sich ansetzen und um so dichter wird natürlich der Nebel werden. Da die Bedingungen für die Nebelbildung nur in der kälteren Jahres- zeit gegeben sind, also zu einer Zeit, wo die Vegetation sich in Winter- ruhe befindet, so kann natürlich eine Beschädigung von Promenadenbäumen, Gartenpflanzen etc. nicht stattfinden. Wohl aber haben die Gewächshäuser darunter schwer zu leiden. Als in London und Manchester in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nach Nebelperioden tief gehende Erkrankungen und auch Absterben der wertvollen Treibhauspflanzen beobachtet wurden, da lag die Vermutung nahe, dass allein der Nebel die Schuld daran trug. Um dies zu untersuchen, wurde Frank Oliver von der Horticultural Society in London beauftragt, sich eingehend mit dieser Frage zu beschäftigen. Der genannte Forscher hat seine Experimente und Beobachtungen in zwei Be- richten!) niedergelegt, die vieles Interessante bieten und nachfolgender Darstellung zu Grunde gelegt werden sollen. Man hat zwischen zwei Wirkungen des Nebels zu unterscheiden. Einmal schädigt die tagelange Absperrung des Lichtes die Assimilation der Pflanzen. Sie werden, wie bei Dunkelkulturen, chlorotisch und empfind- liche Gewächse sterben ab oder werden so beschädigt, dass ihr Wert be- deutend herabgesetzt wird. Gegen diese Verfinsterung hilft nur künstliche Beleuchtung und F. Oliver schlägt deshalb vor, an solchen Nebeltagen elektrisches Licht in Anwendung zu bringen. Bekanntlich assimilieren die Pflanzen bei elektrischer Beleuchtung ebenso gut wie bei Sonnenlicht. Die Kosten dürften dabei kaum eine Rolle spielen, da natürlich für die Er- haltung wertvoller Treibhauspflanzen, wie Orchideen, Palmen u. s. w. kein Preis zu hoch ist. ') Journal of Royal Horticultural Society, London 1891, 13, 139 u. 1893, 16, 1. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 20 — 306 — Die andere Wirkung des Nebels ist eine giftige. Die Nebelluft, die in die Gewächshäuser eindringt, trägt den Giftstoff direkt den Pflanzen zu und veranlasst entweder tiefgehende Blattschäden oder Eingehen der Pflanzen. Dass nicht alle Treibhausgewächse von gleicher Empfindlichkeit sind, ist leicht verständlich und wird durch diese Untersuchungen bestätigt. Es handelte sich nun darum, durch die chemische Analyse den „Gift- stoff‘ des Nebels nachzuweisen und gleichzeitig durch Experimente zu zeigen, dass durch die Einwirkung des betreffenden Stoffes auch wirklich Schäden hervorgebracht werden. Vor über 30 Jahren sind von Hutton!') einige Analysen veröffentlicht worden über die Zusammensetzung von Russ in London und Glasgow. Die beiden Analysen, welche die grosse Verschiedenheit in der Zusammen- setzung darthun, seien hier wiederholt. London Glasgow EIREEnaE u rel 35,7 Theer und ölige Stoffe. . . . 18,00 15,0 AIBMONBBK ae a 5 1.43 2,8 Pottasche Er I BL TEN, 0,20 0,3 SE EEE ER 0,34 0,3 DE N N 1,00 0,8 BISPHEBIAS Ye mas ante ir nn Ya 0,30 Spuren Phosphorsaur. Kalk u. Thonerde 2,08 3,2 Taerar en 3 0,40 0,7 Schwefelsäure 7% 2 4,60 7,9 Ohler. IE en DE 0,4 Schwelgleran 57 Fr rn, 0,25 0,0 Kohlensure. Fe ie 0,70 Spuren Band. 3 ee 25,7 Wasser en ee le 2,80 7,2 100,00 100,0 Der schwarze fettige Niederschlag”), der sich auf den Glasfenstern von Gewächshäusern in Kew und Chelsea abgesetzt hatte, wurde einer Analyse unterzogen und ergab die nachfolgenden Resultate: Chelsea Kew Kohlenstoff . 752° Srrsain ER a 42,50 Kohlenwasserstofle .: 1. m are Ps Organisehe Basen . & . = m er u ErreE u; Schwefelsäure ... 02 mm 4,00 Chlorwasserstoffsäure‘ » ». 2 „1 10 a 0,83 Ammoniak. 2 222 7 u 1,37 1,14 Metall. Eisen u. metall. Oxyde . .% 2. 2... 2368 415 Mineralstoffe, besonders Kieselsäure u. Eisenoxyde 31,24 } Wasser nicht bestimmt :;* 72 FI EEE — — ') Chemical News, 20, 307. ”) In Betreff dieses Niederschlages, der unter Umständen den Pflanzen ebenfalls das Licht rauben kann und wegen seiner fettigen Beschaffenheit nur schwer vom Glase zu entlernen ist, möge man unsere Beobachtungen bei Eving S. 226 vergleichen, wo eine ähnliche Erscheinung nicht durch Nebel, sondern durch Rauch hervorgerufen wird. ’ | f 5 5 L — 307 — Die 14,3°/, an organischen Stoffen, welche in den Ablageruugen des Nebels zu Chelsea sich finden, bestehen zu 12,3°/, aus Kohlenwasserstoffen und ihren Derivaten und zu 2°/, aus organischen Basen. Unter den nicht weiter bestimmten Kohlenstoffverbindungen sind zweifellos mehrere weniger flüchtige theerartige Substanzen wie Anthracene, Naphthalene und Phenole; die organischen Basen schliessen Körper der Pyridinreihe ein. Wie aus den obigen Analysen hervorgeht, finden sich ausser den ge- nannten organischen Substanzen auch Schwefel- und Chlorwasserstoffsäure. Es lässt sich aus den Analysen der Ablagerungen kein rechter Schluss ziehen, in welchen Mengen alle diese Stoffe in der nebeligen Luft selber vorhanden sind. Aber wir wissen ja, dass schweflige Säure auch in sehr verdünnter Form akute Erkrankungen hervorrufen kann, sobald sie durch Wasserdampf auf den Pflanzen niedergeschlagen wird. Man könnte also beim Nebel an ähnliche Verhältnisse denken. F. Oliver indessen möchte das Gift nicht in diesen Säuren, sondern in den theerartigen Sub- stanzen suchen. Die Beschädigungen, welche die Pflanzen bei nebligem Wetter er- leiden, sind folgende. Im ersten Falle zeigen die Blätter nur eng begrenzte, verfärbte Stellen, besonders am Rand und an der Spitze. Bei langer Dauer des Nebels werden die Blattflecken grösser, Blattabfall tritt aber nicht ein. Nur bei sehr starker Ausdehnung der Flecken stirbt natürlich das Blatt allmählich ab. Diese leichteren Beschädigungen treten bei sehr vielen Farnen (Pteris, Gymnogramme schizophylla) ein, ferner bei Monokotyledonen (Orchideen und Palmen) und vielen Dikotyledonen. Die zweite Klasse umfasst schwerere Schäden. Die Blätter fallen stets ab. Häufig treten an ihnen keine sichtbaren Verfärbungen auf, sondern sie sehen noch frisch grün aus. In anderen Fällen bekommen sie vor dem Abfallen mehr oder weniger ausgedehnte, wenige oder zahlreiche braune oder gelbe Flecken, bisweilen färben sie sich auch vollständig braun oder gelb. Dieser Blattfall tritt bei zahlreichen Gewächshauspflanzen nach Nebel ein, doch hängt es von besonderen Umständen ab, ob die Blätter sich vor der Ab- gliederung verfärben oder nicht. Äusserst selten ist der Fall, dass die Blätter sich ganz verfärben und doch nicht abfallen (Bouvardia, Uentro- pogon lucianus). % Die mikroskopische Untersuchung einiger Blätter von Dalechampia roezliana und Pavonia wiotii ergab, dass die Schäden ausschliesslich an Stellen des Blattes auftraten, wo der vom Nebel sich absetzende Schmutz auflagerte. Die Zellen der oberen Blattepidermis werden zuerst affiziert und zeigen deutliche Plasmolyse. Darauf färbt sich das Plasma braun, indem ein dunkler Niederschlag in ihm auftritt. Dieselben Vor- gänge greifen dann auch auf die darunter liegenden Assımilationszellen 20* — 808 — über, bis schliesslich die Wirkung des Giftes sich auf die ganze Dicke des Blattes erstreckt hat. Um zu erweisen, welche Bestandteile des auf den Blättern lagernden Absatzes schädlich wirken, wurden von F. Oliver Versuche unternommen. Er bestrich Blätter mit einem Gemisch von gepulvertem metallischem Eisen und Oxyden, das in Wasser aufgeschwemmt war und konstatierte keinerlei Schäden. Wenn dagegen Schwefelsäure in verschiedener Kon- zentration aufgetragen wurde, traten stets Erscheinungen auf, die mit dem mikroskopischen Befund bei Nebelbeschädigung übereinstimmten. Während eine Lösung von 5°/o Schwefelsäure in Wasser den Schaden sofort hervor- rief, dauerte es bei geringerer Konzentration entsprechend länger, bis die Wirkung hervortrat. Noch eine Lösung von 0,05°, rief nach 4 oder 5 Tagen deutlich die geschilderten Erscheinungen hervor. Während es also nahe lag, die Schäden, die nicht mit dem Abfallen des Blattes abschliessen, auf Säurewirkung zurückzuführen, trat bei den abfallenden Blättern doch noch ein Umstand hinzu, der die alleinige Wirkung der Säure auszuschliessen scheint. Bei den abfallenden Blättern nämlich, von denen eine grosse Zahl untersucht wurde, trat stets Plasmolyse auf, Braunfärbung und Zerstörung des Chlorophylls dagegen nicht immer in gleich starkem Masse. Be- merkenswert erscheint es, dass aus den abgefallenen Blättern die Stärke verschwunden ist. Nur die Spaltöffnungszellen besitzen sie noch. Ob die Pflanze, ähnlich wie vor dem Laubfall im Herbst, erst noch die für ihren Aufbau so notwendige Stärke löst und in den Stamm zurückzieht, bleibt noch näher zu untersuchen. Bei der Untersuchung über den Ausgangs- punkt der Beschädigung fand sich als höchst bemerkenswerther Unterschied von den Schäden der ersten Kategorie, dass derselbe im Schwammparenchym liegt. Es dringt also der Giftstoff durch die Spaltöffnungen in das Gewebe ein und die Wirkung tritt demnach zuerst am Schwammparenchym in die Erscheinung. F. Oliver experimentierte in erster Linie mit schwefliger Säure, die in der Luft von London in ziemlicher Menge vorhanden ist. Allerdings wechselt der Gehalt ausserordentlich, je nachdem das Wetter nur trübe oder sehr stark nebelig ist. Um einen Begriff von dem Anwachsen des Gehaltes an schwefliger Säure bei Nebelwetter zu geben, seien hier einige Zahlen mitgetheilt. Die schweflige Säure wurde als Schwefelsäure bestimmt, nachdem eine abgemessene Menge Luft in kontinuierlichem Strom durch Wasserstoff- superoxyd passiert ist. So fanden sich auf 100 Kubikfuss Luft berechnet am 6. November bei trübem Wetter 5,40 Milligramm Schwefelsäure, am 17. November bei leichtem Nebel 8,16, am 30. November bei sehr starkem Nebel 17,10, am 21. Dezember bei gelbem Nebel 20,52 und endlich am — 309 °— 22. Dezember bei diekem schwarzem Nebel 39,06 mg Schwefelsäure. Im letzteren Falle ist also über sieben Mal mehr schweflige Säure in der Luft als im ersten. Die Wirkung der schwefligen Säure giebt F. Oliver ebenso an, wie sie in dem Kapitel I des speziellen Teiles geschildert wird. Von Bedeutung ist aber, dass er nachweisen zu können glaubt, dass das Eindringen des Gases nicht durch die Cuticula, sondern durch die Spaltöffnungen statt- findet. Daher finden auch die ersten Zerstörungen allermeist im Schwamm- parenchym in der Nähe der Spaltöffnungen statt. Diese im Gegensatz zu J. v. Schroeders Resultaten stehenden Versuche bedürfen noch weiterer Aufklärung (vgl. S. 127). Von besonderer Bedeutung sind die Versuche mit Pyridin und ver- wandten Körpern, wie Lutidin, Picolin, Piperidin, Chinolin, Thiophen und Nikotin. Näheres über diese Versuche ist in dem Abschnitte über Theerstoffe mitgeteilt worden. Hier mag bloss hervorgehoben werden, dass die Zellen plasmolysiert werden. Der Inhalt der Epidermiszellen färbt sich braun durch Gerbstoff. Das Chlorophyll bleibt unverändert. Die Blätter selbst werden am Rande oder an einzelnen Stellen der Fläche durchsichtig und das Grün wird etwas dunkler. Bei der Einwirkung von Dämpfen von Phenol, Naphthalin, Benzin und Nitrobenzin entsteht ebenfalls starke Plasmolyse. Gleichzeitig wird das Chlorophyll völlig zerstört und in allen Zellen ein brauner Niederschlag aus- gefällt. Doch geht die Ausfällung von Gerbstoff nicht mit absoluter Regelmässigkeit vor sich, sondern es finden sich alle Übergänge von fast normalem Grün bis zum dunkelsten Braun. Wenn nun auch durch alle diese Versuche die Verfärbung der Blätter sich erklären lässt, so bleibt der Blattabfall doch noch unverständlich. Da hat nun F. Oliver gefunden, dass nach vorhergehender Verfinsterung der Pflanze das Abfallen der Blätter durch schweflige Säure bewirkt wird. Die Frage nach dem wirkenden Agens im Nebel steht also so, dass der schwefligen Säure auf alle Fälle ein Hauptanteil an den Schäden zukommt, dass da- neben aber auch durch organische Substanzen gewisse Beschädigungen entstehen, die von denen der schwefligen Säure allerdings schwer ab- grenzbar sind. Die nächste Untersuchung müsste da ansetzen, wo F. Oliver abbricht, nämlich bei der genaueren Analyse des Nebels. Es müsste in erster Linie festgestellt werden, welche Stoffe in den nachgewiesenen „Lheersubstanzen‘“ enthalten sind, damit man ihre Wirkung mit der ver- gleichen kann, die F. Oliver bei den angegebenen organischen Stoffen gefunden hat. Es sei nun noch kurz angegeben, dass F. Oliver sich auch mit Ver- hütungsmassregeln beschäftigt hat. Da der Träger der schädlichen Stoffe die atmosphärische Luft ist, so muss dieselbe von den Gewächshäusern — 5310 — abgehalten werden. Dies geschieht am besten und billigsten, wenn sie vorher filtriert wird. Lässt man nämlich, wie Toope angiebt, die Luft, bevor sie in die (Gewächshäuser eintritt, durch Röhren streichen, die mit Holzkohlenstückchen gefüllt sind, so setzen sich alle suspendierten Bestand- teile ab!) und die gasförmigen Beimischungen werden resorbiert. Auf diese Eigenschaft der Holzkohle hat bereits Stenhouse’) aufmerksam gemacht. F. Oliver selbst kat mit Holzkohle eine ganze Anzahl von Versuchen angestellt. Wenn durch eine Kaliumpermanganatlösung (25 ccm), die beim Durchleiten von 2,5—3 Kubikfuss gewöhnlicher oder von 1,5—2 Kubik- fuss sehr dicker Nebelluft entfärbt wurde, Nebelluft geleitet wurde, die erst eine mit Holzkohle gefüllte Röhre passierte, so trat höchstens eine ganz leichte Verfärbung, niemals aber völlige Entfärbung ein, selbst wenn 25 Kubikfuss die Lösung passiert hatten. Ebenso wurde auch schweflige Säure, die der Luft künstlich beigemischt wurde, durch die Holzkohle zurückgehalten. Allerdings trat nach einer gewissen Zeit eine Sättigung der Holzkohle ein und machte sie unfähig zu weiterer Absorption. Wenn aber die Röhre mit diesen Holzkohlen 8 bis 10 Wochen ruhig liegen ge- lassen wurde, so waren die Kohlen wieder aufnahmefähig geworden und die Absorption ging eben so gut vor sich wie mit ungebrauchten Kohlen. Damit erscheint für die Gewächshäuser im allgemeinen die Frage gelöst, wie die schädliche Nebelluft abzuhalten ist. Die Anbringung von elektrischen Lampen und die Filtrierung der eindringenden Luft ermöglichen es, jeden Schaden von den Pflanzen abzuhalten, durch den sie früher bei jeder Nebelperiode im Winter gefährdet waren. ') Vergleiche dazu Gardeners Chronicle, 1892, 3. ser. 12, 648. °) Annalen der Chem. u. Pharm., 1854, 90, 186 und Journ. Chemie. Soc. 1856, 8, 105. X. Kapitel. Asphalt. Das Studium der Einwirkung von Asphaltdämpfen auf die Vege- tation ist noch jungen Datums und die bisher erlangten Resultate tragen deshalb noch manche Unklarheit in sich. Asphaltschäden entstehen in Gärten, überhaupt an Freilandpflanzen, in ganz ähnlicher Weise wie beim Theer. Die Asphaltkessel werden eben- falls häufig in der Nähe von Bäumen aufgestellt und der Rauch richtet deshalb nicht selten Blattschäden an. Auch hier ist der Umfang der Schäden niemals bedeutend. Die ersten Nachrichten über Asphaltschäden verdanken wir H. Alten und W.Jännicke'). Die Autoren beobachteten, dass Rosen, in deren Nähe Asphaltkessel zur Aufstellung gelangt waren, dunkle Blattflecken zeigten. Die anatomische Untersuchung erwies alle Gewebe ausser der Epidermis als vollkommen gesund. In den Epidermiszellen dagegen waren starke Schrumpfungen des Inhaltes aufgetreten und die klumpigen Konkretionen hatten sich tief braun gefärbt. Zur Erklärung dieses eigentümlichen Be- fundes zogen die beiden Autoren das Verhalten von Blättern gegenüber löslichen Eisensalzen oder metallischem Eisen (Chlorür, Chlorid, Oxydul und Oxyd) heran. Werden Blätter mit einem dieser Stoffe bestrichen, so treten ähnliche Zusammenziehungen und Färbungen des Inhaltes ein, wie die Rosenblätter nach Eindringen von Asphaltdämpfen zeigen. Und zwar waren die Niederschläge um so deutlicher, je grösser der Gerbstoffgehalt der geprüften Blätter war. Da nun bekanntlich die Eisensalze den im Zellinhalte gelösten Gerbstoff zur Ausfällung bringen?) und in Form dunkel- ') Botan. Zeitung 1891, 49, 195 und 649, *) Diese Experimente mit Eisensalzen sind von uns für Chlorid nachgeprüft worden. Es wurden Blätter von Platanen, Eichen, Taxus und Rosen mit verdünntem Eisenchlorid bestrichen und zwar Ober- und Unterseite der Blätter resp. Nadeln. Schon nach einem Tage waren auf alien Blättern (ausser Taxus) dunkle Flecken an den be- strichenen Stellen zu sehen. In den Epidermiszellen fanden sich starke Gerbstoffnieder- schläge, ebenso aber auch in den übrigen Blattgeweben. Diese stärkere Wirkung ist wohl der höheren Konzentration des Eisenchlorids zuzuschreiben. Zur oberen Epidermis dringt das Eisen langsamer ein, als zur unteren, was wohl auf der erheblicheren Dicke der Cuticula und dem Mangel an Spaltöffnungen oberseits beruht. Bei Taxus fanden nur unbedeutende Bräunungen der Membran und des Inhaltes statt. — Das Verhalten — 312 — brauner Massen niederschlagen, so lag es nahe, auch in den braunen Niederschlägen der Rosenblattepidermis Gerbstoff zu vermuten. Das be- stätigte sich durch Prüfung mit Reagentien und es steht somit fest, dass Asphaltdämpfe Gerbstoff in der Epidermis niederschlagen. Soweit sind also die Autoren in vollem Recht und man kann an ihren Beobachtungen nichts aussetzen. Sie gehen aber nun einen Schritt weiter und versuchen eine Erklärung der Wirkung der Asphaltdämpfe auf Grund ihrer Versuche mit den Eisensalzen. Sie nehmen nämlich an, dass der Asphaltdampf irgend welche Eisensalze in löslicher Form enthielte, die also an den Rosenblättern in ähnlicher Weise wirken würden, wie die in Wasser gelösten Eisensalze, wenn sie auf die Blätter aufgetragen werden. Woher der Eisengehalt im Dampfe des Asphaltes kommt, darüber sind von den Autoren keinerlei Vermutungen geäussert worden. In Betracht könnten ja nur drei Quellen kommen; entweder enthält der Asphalt selbst Eisen oder es stammt von den eisernen Kochkesseln oder endlich von eisen- oxydhaltigem Sand, der häufig beim Kochen beigemischt wird. Die beiden letztgenannten Möglichkeiten kommen kaum in Frage, da die gewöhnlichen, in Betracht kommenden Eisenverbindungen nicht in solchem Grade flüchtig sind, dass sie mit dem Dainpfe entweichen könnten. In reinem Asphalt selbst sind keine Eisenverbindungen enthalten'), so dass auch die erste Möglichkeit wegfällt. Damit ist aber dem Erklärungsversuch der beiden Autoren der Boden entzogen und die Wirkung der Asphaltdämpfe muss also wohl in ganz anderen Faktoren gesucht werden. Untersuchungen über denselben Gegenstand verdanken wir P. Sorauer?). Anschliessend an einige in der Praxis beobachteten Fälle, in denen sein Urteil als Sachverständiger gefordert wurde, unternahm er eine Reihe von Versuchen mit Asphaltdämpfen. In ein leeres Gewächshaus wurden Töpfe mit eingewurzelten Pflanzen gestellt, sowie etwa 70 em lange Zweige von Bäumen, die in nassem Sande standen. Um den Tau nachzuahmen, wurden die Pflanzen bespritzt und dann das gut verschlossene Haus mit Asphaltdämpfen erfüllt. Verschiedene Sorten Asphalt, wie sie zur Strassen- der gefärbten Konkretionen war gegenüber Chloralhydrat genau dasselbe, wie es für Säuren, Ammoniak ete. beschrieben wurde. Es wurde zuerst der dunkle Kiumpen etwas aufgehellt, dann trat in seiner Umgebung ein dunkelgrüner Farbstoff auf, der sich all- mählich in dem Verhältnis aufhellte wie der Klumpen verblasste. Endlich zeigte nur ein zarter hellgrüner Ton die ehemalige Färbung an. Zuletzt tritt völlige Farblosigkeit und Auflösung des Zellinhaltes ein. ') Nach gütiger Mitteilung der Aktiengesellschaft für Asphaltierung und Dach- bedeekung (vorm. J. Jeserich) in Berlin. Derselben Firma verdanken wir auch das reine Material von Asphalt und Theer für unsere Versuche, wofür wir auch an dieser Stelle unsern Dank aussprechen. °) Zeitsehr. f. Pflanzenkrankh. 1897, 7, 10, 84 und 1898, 8, 223, ebenso Arbeit d. Deutsch. Landw. Ges., 1897, Heft 26, S. 120, 129. — 313 — pflasterung in Berlin dienen, wurden zur Anwendung gebracht, indem kleine Stücke auf einem Eisenblech erhitzt wurden. Die Einwirkung dauerte 11/»—3 Stunden, doch ergab sich im letzteren Falle erst eine wirklich deutliche Beschädigung. Allerdings traten die charakteristischen Er- scheinungen nicht sofort ein, sondern erst wenn die Pflanzen etwa 2 Tage an einem schattigen Ort im Freien gestanden hatten. Die anatomische Unter- suchung erfolgte erst, mehrere Wochen später, um den Pflanzen Zeit zur Reaktion auf den Rauch zu lassen. Die zu den Versuchen benutzten Pflanzen ergaben nun die folgenden Krankheitsbilder. Bei Rosen (Remontanthybriden) war die Blattoberseite entweder gänzlich oder stellenweise von stumpfer schwarzer Färbung. Im letzteren Falle waren meist die Interkostalfelder zusammenhängend oder unter- brochen geschwärzt, so dass an den Rippen meist schmale grüne Säume blieben. Die Kelchlätter der Knospe schienen auch geschwärzt, und die so geschädigten Blüten kamen nicht zur Weiterentwickelung. Waren die Schädigungen nicht sehr bedeutend, so traten keine Schwarzfärbungen ein, sondern die Oberfläche erschien schiefergrau, ein äusserst charakteristisches Kennzeichen, das sonst bei anderen Rauchwirkungen nicht vorkommt. Im Innern der Blätter fanden sich wieder nur Schwärzungen und Kontraktionen in der oberen Epidermis, seltener auch in der unteren. Die Cutieula und das Mesophyll waren unverändert. Bisweilen bräunte sich auch die Wandung. Der Inhalt erstarrte nicht immer bloss zu zentral in den Zellen liegenden Klumpen, sondern es kam auch vor, dass er als dunkler Beleg die Wandung überzog. Da bei den hier in Betracht kommenden Fleckenbildungen Verwechselungen mit Herbstfärbungen und Flecken, die anderen Ursprung haben, nicht ausgeschlossen sind, so ist eine sorgfältige Untersuchung notwendig, um über die Veranlassung des Schadens ins Klare zu kommen !), Besonders eigentümlich waren die Beschädigungen an Kastanien- blättern. Die noch nicht vollständig entfalteten Teilblättchen waren manchmal nur zur Hälfte oder in einzelnen Streifen gebräunt, je nachdem sie vom Rauche getroffen worden waren. Die Blattfläche war dabei wellig geworden, indem die Rippen Wellenberge, die Interkostalfelder Wellenthäler bildeten. Letztere wurden bei geringer Beschädigung schwärzlich bis rotbraun, bei stärkerer aber dürr und zerbröckelnd. Ältere Blätter besassen an den Interkostal- feldern etwas hellere, schorfige Oberhaut. Wie bei den Rosen, so war auch hier der Inhalt der oberen Epidermiszellen klumpig und gebräunt, während die Membranen farblos blieben, aber allmählich spröde wurden. All- mählich starb das Blattgewebe in seiner ganzen Dicke ab und es ent- standen in. der toten Blattsubstanz Risse senkrecht zu den Seitenrippen. ') Vergleiche S. 19. — 314 — Der Wind zerbröckelte dann schliesslich die von einander getrennten Blatt- partieen. Ähnliches zeigte auch der wilde Wein (Ampelopsis quinquefolia). Jedes Teilblatt erhielt schliesslich durch die Abwechselung der dürren Inter- kostalfelder mit den grün gebliebenen Rippen eine ganz regelmässige Zeichnung. Wenn dann durch das Aneinanderschlagen der Blätter im Winde die trockenen Interkostalpartieen herausbröckelten, so entstanden ganz regelmässige gitterartige Durchbrechungen. Die jungen Stengel wurden in ganzen Flächen oder einzelnen Flecken korkfarbig und an diesen Stellen feinrissig. Die Haftwurzeln schrumpften ein. Im allgemeinen umfassten die Schäden auch hier die Epidermis. Die Zellen derselben fielen ganz zusammen und trockneten dem Pallisadenparenchym vollständig auf. Bei stärkerer Einwirkung aber griff der Absterbeprozess auch auf die Pallisadenzellen über. Das Blatt suchte sich gegen den Schaden zu schützen, indem es die angeätzten Partieen durch eine aus dem Mesophyll- gewebe gebildete Korklage isolierte. Man sieht dann zuweilen auf den Blättern neben der gesunden Epidermis die neugebildete Korklage, auf der sich noch Schülfer des Pallisadenparenchyms befinden. Weiter auf diese Heilungsvorgänge einzugehen, ist hier nicht am Platze, es sei deshalb auf die Arbeit von P. Sorauer!) verwiesen. Weinblätter (Vitis vinifera) waren lederbraun verfärbt und faltig. Junge Blätter waren braun und abgestorben. Vielfach liess sich nach- weisen, dass die ersten Schäden an den Schliesszellen der Spaltöffnungen auftraten und sich von hier aus ins Parenchym und auf die Epidermis ausbreiteten. Epheu zeigte die eigentümliche Erscheinung, dass die während der Periode der Rauchbeschädigung entstandenen Blätter bedeutend kleiner waren als die normalen. Die nachher an denselben Trieben entstandenen Blätter waren wieder von normaler Grösse. Paeonia herbacea (ähnlich auch P. arborea) wurde von den Dämpfen ausserordentlich mitgenommen. Die meisten Blattabschnitte waren völlig braun, dürr und kraus, weniger beschädigte waren zwar noch saftig, aber von der Spitze nach der Basis oder vom Rande nach der Mittelrippe zu stark gebräunt. Gewöhnlich umfasste die Bräunung nur die Oberseite, die Rippen und ihre Umgebung waren meist grün geblieben. In den ersten Stadien (ler Verfärbung zeigten sich einzelne Pallisadenzellen gebräunt, darauf folgten die Epidermiszellen, die meist schnell zusammenfielen und als glänzender Streifen der Pallisadenreihe auflagen. Auch die Membran war gebräunt. Die Gerbstoffausscheidungen erstreckten sich auch auf die übrigen Mesophyll- zellen. ') Zeitschr. f. Pflanzenkr. 1897, 7, 15. s { | — 3° — Bei einem Birnbaum zeigten sich höchst eigentümliche streifenartige Fleckenbildungen. In der Knospenlage sitzen nämlich die jungen Blättchen so, dass sie nach innen gerollt sind und nur die Mittelrippe und den nächstgelegenen Raum nach aussen freilassen. Die Einwirkung des Dampfes erfolgte vor der Knospenentfaltung und infolge dessen zeigten die Blätter nach ihrer vollständigen Entwickelung unterseits zwei feine rotbraune Streifen parallel der Mittelrippe. In diesen befanden sich tief braun ge- färbte, punktförmige, bisweilen ausbrechende Flecken. Auch hier war im Innern der Zellen Gerbstoffabscheidung erfolgt, teils nur in den beiden äussersten Zellschichten, teils in der ganzen Dicke des Blattes. Hydrangea paniculata zeigte oberseits geschwärzte Interkostal- felder und helllederfarbige Blumenblätter. Bei Phlox decussata traten erst einige Wochen nach Beendigung des Versuches die Schäden hervor. Die zur Zeit der Räucherung jung gewesenen Pflanzenteile waren meist verfärbt und die Blattflächen waren durch Hebung der Blattränder nach oben kahnförmig geworden. Diese Gestaltsveränderung ist dauernd, denn die im jungen Zustande abgetöteten Epidermiszellen haften den Pallisadenzellen fest auf, während die Streckung der an der Unterseite liegenden Zellen noch nicht vollständig beendet war. An den Blatträndern war das Gewebe tot und weiss. Die Stengelinter- nodien waren einseitig braungelb angelaufen und durch feine Längsrisse gestreift. Da die Tötung der Zellen nur etwa drei bis vier Lagen tief ging, so hatten sich an den durch Abtötung der oberen Schichten gebildeten Rissen stellenweise Korkgewebe gebildet, das die Lücken ver- schloss. Über Schädigungen an Gartenpflanzen teilt P. Sorauer noch eine ganze Reihe von Beobachtungen mit, welche die soeben genauer geschilderten Befunde zu ergänzen vermögen. Lonicera xylosteum zeigte im August auf den Interkostalfeldern der Blätter eine weissgraue, schorfartig marmorierte Oberseite. Die Beschädigung hatte im Frühjahr stattgefunden und war sehr intensiv gewesen. Die Epidermis war auch hier völlig vernichtet und es waren in den Pallisadenzellen Korklagen ausgebildet, die nach aussen sich abschülferten. — Deutzia gracilis und scabra hatten dürre Ränder und Spitzen an den Blättern, ebenso Symphoricarpus racemosa. — Forsythia suspensa war fast entlaubt und die noch ansitzenden Blätter besassen bräunliche Interkostalfelder. — Spiraea salieifolia hatte tief bronzefarbene Blattoberfläche. — Fragaria chilensis zeigte Dürrwerden von Blattteilen z. B. an den Zähnen, Schwärzung der Oberseite u. s. w. — Rubus idaeus besass eine leichte bräunliche Verfärbung der noch gefalteten Blätter. — Dicentra spectabilis hatte stark vertrocknete Blätter. — Trades- cantia zebrina zeigte rostrot marmorierte Blattoberfläche. — Colnutea arborescens besass gelbe, später abfallende Blattfiederchen. — Liriodendron — 316 — tulipifera hatte braune Flecken auf den jungen Blättchen. — Chelidonium majus zeigte fahle bis ledergelbe Blattflächen. Weisse oder gelblichweisse Blattflecken zeigten folgende Pflanzen: Brassica oleracea (Blumenkohl und Kohlrabi), Papaver somniferum, Stellaria media, Amygdalus nana, Acer pseudoplatanus und A. negundo. Hier fand im Innern der Zellen keine Bräunung des Inhaltes statt, sondern die Lumina der leeren Zellen und die Intercellularen waren mit Luft erfüllt. Wir sehen also, dass die Schädigung der Blätter in verschiedener Weise erfolgt. Entweder — und das ist der seltenere Fall — treten weisse Flecken auf und in den Zellen findet kein Gerbstoffniederschlag statt oder es bilden sich ausgedehnte braune bis schwarze Flecken, die meist mitten in den Interkostalfeldern beginnen, seltener vom Rande her ihren Anfang nehmen. Die Substanz der Flecken stirbt ab und das ganze Blatt verdorrt meistens. Äusserst charakteristisch ist, dass zuerst die obere Epidermis leidet. Bei langsam wirkendem Dampf findet Zusammenklumpung des Inhaltes und Braunfärbung durch Gerbstoff statt, bei intensiver plötzlicher Einwirkung aber fallen die Zellen ohne Inhaltsfärbung völlig zusammen und kleben als Schicht den Pallisadenzellen auf. Es handelt sich also um eine Anätzung der Oberhaut durch die Asphaltdämpfe. Auf Grund seiner Beobachtungen weist P. Sorauer die Eisentheorie von H. Alten und W. Jännicke zurück. Es kann sich nur um Ätzwirkungen handeln, die vom Asphalt selbst ausgehen. Er hält es für wahrscheinlich, dass gerade die beim Kochen sich zuerst entwickelnden Destillationsprodukte die schädlichsten Wirkungen verursachen. Dieser Frage sind wir durch Versuche näher getreten, die im Räucher- kasten gemacht wurden. Dabei wurden in einem kleinen Blechgefäss Stücke von Trinidad- (Stampf-) Asphalt oder von Asphaltmastix (Gussas- phalt) erhitzt, wobei Sorge getragen wurde, dass mehrmals frische kleine Stücke nachgelegt wurden. Diese Versuche sind resultatlos ausgefallen. /war haben sich manchmal trockene Blattspitzen oder leichte Rand- bräunungen ergeben, aber diese Veränderungen könnten auch auf andere Ursachen zurückzuführen sein. Bei längerer Versuchsdauer sehen die Blätter schiefrig-glänzend überzogen aus, doch verliert sich dieser Überzug meist wieder. Die anatomische Untersuchung zeigte nun, dass, trotzdem äusser- lich kaum Schäden wahrzunehmen waren, im Blattinnern doch die Zellen sehr gelitten hatten. . Der Inhalt war stark plasmolysiert, bisweilen (Lärche) fand Entmischung des Inhaltes und damit Öltropfenbildung statt. Bei Bohne und Erbse waren leichte Bräunungen des Zellinhaltes im Mesophyll aufgetreten, ohne dass aber von aussen eine Fleckenbildung zu sehen ge- wesen wäre. Bei Rosen, Rubus, Sambucus ergaben die mit äusserster Vorsicht angestellten Versuche keinerlei Bräunungen. DE lie 14 ruhe 3 De aa m ld al rn A Ka ee ee IEW — 317 — Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, dass trotz dieser negativen Befunde unsererseits, die Hauptwirksamkeit der Asphaltdämpfe darin besteht, Gerbstoff in den Zellen niederzuschlagen. Je gerbstoffreicher ein Blatt ist, um so deutlicher wird auch die Reaktion ins Auge fallen. Gerade Rosen und Kastanien, die einen hohen Gerbstoffgehalt besitzen, werden deshalb besonders geeignet sein, Dämpfe von Asphalt anzuzeigen. Sie können gleichsam als Fangpflanzen dienen. Wenn deshalb eine Schädigung von Asphaltdämpfen zu vermuten steht, so hat der Gutachter in erster Linie sein Augenmerk auf die gerbstoffreichen Blätter zu richten. Gerbstoff- niederschläge in den Epidermiszellen oder völliger Verfall derselben, Ab- schülfern der zum Schutze des blossliegenden Mesophylls gebildeten Wund- korklagen, das sind die leicht erkennbaren und mit keiner anderen Rauch- beschädigung zu verwechselnden botanischen Symptome der Asphaltver- giftung. Da der Chemiker bisher durch Analysen den Asphaltbeschädigungen nicht beikommen kann, so behält für die Beurteilung derselben der Bo- taniker das Feld. Angeführt sei noch ein Fall von Beschädigungen bei einer Asphalt- fabrik bei Schkeuditz, über den Steffeck!) berichtet. Es wurden Kar- toffeln und Stangenbohnen beschädigt; leider fehlen aber nähere Angaben über die Art der Blattschädigung. ) Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1901, Heft 60, S. 128, 141. XI. Kapitel. Leuchtgas. Bei der Einwirkung des Leuchtgases auf die Vegetation kommen die oberirdischen Organe weniger in Betracht, als die Wurzeln, die durch un- dicht gewordene Gasleitungen ausserordentlich geschädigt werden. Wenn daher auch streng genommen das Leuchtgas nicht in den Rahmen unserer Arbeit fällt, so sollen doch die in der Litteratur vorhandenen Beobachtungen und Versuche kurz angeführt werden. Schädigungen durch Leuchtgas können nur in der Nähe von Gas- leitungsröhren auftreten, die undicht sind. Da die Abdichtung der Röhren nie eine vollkommene sein kann und allerhand Zufälligkeiten ein Aus- strömen des Gases veranlassen können, so nimmt man auf diesen Umstand bei Verlegung der Röhren in Strassen, die mit Bäumen bepflanzt sind, in (Garten- und Parkanlagen von vorn herein schon Rücksicht. Aus Furcht vor Baumvergiftungen haben deshalb viele öffentlichen Parks bis heute nur an den Hauptwegen Gasbeleuchtung erhalten. J. Böhm empfiehlt zur Beseitigung dieses Übelstandes das Verlegen der Gasröhren in weite glasierte Thon- oder Eisenröhren, die Abzug in die Laternenpfähle haben müssten. Durch diese allerdings kostspielige Einbettung der Gasröhren in eine be- sondere Hülle würde einem Ausströmen ‘des Leuchtgases in den Erdboden gewiss besser vorgebeugt werden. | Es seien zuerst einige Beobachtungen angeführt. C. Wehmer!) berichtet über die Einwirkung von Leuchtgas auf Ulmen. In Hannover zeigte sich an einer mit Ulmen bepflanzten Strasse bei mehreren Bäumen ein auffälliges Absterben der unteren Stammrinde. Dieses Absterben trat Ende des Winters auf und er- streckte sich bis auf Mannshöhe an den Stämmen hinauf. Im Frühjahr trieben die Knospen aus, aber das Austreiben erfolgte ziemlich ungleich- mässig. Schliesslich waren Ende Mai 5 Exemplare abgestorben. Die ge- nauere Untersuchung führte zu der Feststellung, dass zuerst das Wurzel- system anfing abzusterben und von da aus die Schädigung auf den Stamm übergriff. Die Lage der getöteten und stark beschädigten Bäume war nun so, dass sie nebeneinander und gegenüber standen. Zwischen ihnen hin- ‘durch lief ein Gasrohr, an dem sich ein starker Defekt nachweisen liess. ') Zeitschr. f. Pflanzenkr. 1900, 11, 267. a er en ae | | — 319 — Danach ist die Ursache des Baumsterbens klar; das ausströmende Gas hatte trotz der Winterruhe das Wurzelsystem zum Absterben gebracht und damit auch den Baum getötet. Im Gegensatz zu anderen Beobachtern fand C. Wehmer, dass die Wurzeln nicht immer dunkel gefärbt sind, wenn sie durch Leuchtgas getötet werden. Girardin') hat schon viel früher ähnliche Erfahrungen mit italieni- schen Pappeln, die als Chausseebäume Verwendung gefunden hatten, gemacht. Auch hier trat ein schnelles Absterben der Bäume ein. Von demselben Autor wurde die in der Nähe der Gasleitungsröhren be- findliche Erde chemisch untersucht. Er fand noch in 1 m Entfernung von den Röhren im Boden brenzliche Öle, Schwefel- und Ammoniakver- bindungen. Auch R. Virchow) hat sich in einem Gutachten dahin ausgesprochen, dass das Steinkohlengas für die Vegetation äusserst schädlich sei. Um die Schädlichkeit experimentell darzuthun, unternahmen mehrere Autoren dahin zielende Versuche. Als erster berichtet L. Kny?) über den Erfolg seiner Experimente. Im botanischen Garten zu Berlin wurden drei gesunde, ca. 20 jährige Bäumchen, ein Ahorn und zwei Linden, dem Versuche unterworfen. Die Gasleitung wurde in 84 cm Tiefe angelegt und das Gas von Schwefel- wasserstoff gereinigt. Die Leitung wurde um einen Ahorn ganz herum- gelegt und es wurden vier Brenner an den Röhren in Entfernung von 118 cm vom Stamme angebracht. Die beiden Linden erhielten nur zwei gabelförmige Leitungsröhren, an deren Enden sich zwei Brenner befanden, die 110 cm von den Stämmen entfernt waren. Es wurde nun Gas zugeleitet ‘und die täglich aus den Brennern strömende Menge gemessen. Der Ahorn erhielt täglich 12,9, die eine Linde 11,7, die andere 1,6 cbm Gas. Der Versuch begann am 7. Juli und dauerte für den Ahorn und die erste Linde ein halbes, für die zweite Linde ein volles Jahr. Zuerst starb eine in der Nähe des Ahorns stehende Evonymus euro- paea ab, dann verlor der Ahorn seine Blätter (am 1. September) und gleich- zeitig erkrankte auch eine benachbarte Ulme. Ende September erkrankten auch die Linden. Im nächsten Frühjahr waren die erstgenannten Bäum- chen abgestorben, die Linden belaubten sich zwar, aber die Blätter waren blass und kleiner als die normalen. Ausserdem vertrocknete allmählich das Cambium und die Bäumchen zeigten an den trockenen Stellen Pilz- rasen. ') Jahresber. f. Agrikulturchem. 1864, 7, 199. ?) Centralbl. f. Agrikulturchem. 1872, 2, 173 efr. Jahresber. f. Agrikulturchem. 1870—72, XIII—XV, II, 237. °») Botan. Zeitung 1871, 29, 852, 867. — 320 — Ganz ähnliche Versuche wurden von Späth und Meyer') angestellt. Die Zuleitung des Gases im Boden geschah durch undichte Röhren. Während des Winters wurden die Wurzeln abgetötet und das Austreiben der Knospen wurde gänzlich verhindert. Noch perniziöser wirkt das Gas, wenn es während der Austreibungsperiode an die Wurzeln herantritt. Als Versuchs- fläche diente ein mit Platanen, Silberpappeln, Ailanthus (Götterbaum), Akazien, Ahorn und Kastanien bestandenes Stück von 14,19 qm Grösse. Obwohl nur ein Gasquantum von 0,0185 cbm pro Tag in den Boden strömte, traten doch die geschilderten Schäden ein. Dabei ist das zugeführte Quantum so gering, dass sein Ausströmen aus den Röhren von den Be- amten der Gasanstalt nicht wahrgenommen werden kann. Die Gefährlich- keit von Gasröhren, die mit Bäumen bestandene Strecken kreuzen, geht daraus ohne weiteres hervor, denn es ist kaum möglich, die Röhren an den Verkittungsstellen auf die Dauer so dicht zu halten, dass das Aus- | strömen des Gases. vermieden wird. Weiter folgt aus den Versuchen, dass die Wurzeln im Winter empfindlicher sind als in der Vegetations- periode, wenn sie den verderblichen Einflüssen durch die Lebensthätigkeit stärkeren Widerstand leisten können. H. Eulenburg?) berichtet über Versuche, nach denen schon eine Menge von 25 Kubikfuss Leuchtgas, täglich auf 576 Kubikfuss Boden verteilt, die Wurzelspitzen der Bäume, welche mit ihm in Berührung kamen, tötete; je fester der Boden war, desto früher trat die Wirkung ein. Grössere Bäume liessen die nachteilige Einwirkung durch Abblättern und allmähliches Absterben erkennen; niemals tötete das Leuchtgas in erster Linie die Blumen und Blätter der Pflanzen. Bei den Versuchen zeigten sich die Kugelakazie und der Götterbaum viel empfindlicher, als die Birke und der Ahorn. J. Böhm?) stellte ebenfalls eine Anzahl von Versuchen an, deren Re- sultate sich mit den bereits angeführten decken. Wenn Stecklinge von sruehweiden in Wasser gesetzt wurden, in das Leuchtgas einströmte, so wurden nur kurze Wurzeln getrieben, die ebenso wie die Knospen bald abstarben. Die Zweige selbst blieben etwa drei Monate bis zum völligen Verbrauch der Reservestoffe am Leben. Wenn in die Erde von Topf- pflanzen Leuchtgas eingeleitet wurde (25 bis 30 Gasblasen in der Minute), so starben Fuchsia fulgens und Salvia splendens nach etwa vier Monaten ab. Die durch das Einleiten von Gas imprägnierte Erde war für Pflanzen ausserordentlich giftig, denn verschiedene Samen, die darin zum Keimen ') Landwirtsch. Versuchsstat. 1873, 16, 336. °) Handb. d. Gewerbe-Hygiene 1876, 601. ") Sitzungsber. der Wiener Akad. Math. Naturw. Kl. 16. Okt. 1873; Botan. Zeit. 18574, 32, 74, gebracht wurden, trieben zwar aus, aber die Wurzeln starben bald ab. Ebenso ging auch eine in solche Erde verpflanzte Dracaena nach zehn Tagen ein. Selbst wenn täglich 28—29 Liter Luft durch die Erde gesogen wurden, so gingen die Pflanzen doch zu Grunde. Wenn das Gas der Atemluft beigemischt wurde, erreichte die Schädigung der Pflanzen niemals eine derartige Intensität wie bei der Wirkung auf die Wurzeln. Letztere scheinen deshalb die empfindlichsten Teile der Pflanze gegen Leuchtgas zu sein. Im allgemeinen werden Vergiftungen der oberirdischen Teile durch der Luft beigemengtes Gas recht selten sein, da sie nur in geschlossenen Räumen auftreten können, in denen sich Leitungsröhren befinden. Das ist bei Gewächshäusern wohl niemals der Fall, während in Wohnräumen der Wert der kultivierten Pflanzen nicht über gewisse Grenzen hinausgeht. Dagegen sind die im Zimmer kultivierten Pflanzen den Schädigungen durch die Verbrennungsprodukte des Leuchtgases ausgesetzt. Welche Stoffe hierbei in Betracht kommen, ist nicht ganz klar, vielleicht handelt es sich um schweflige Säure oder Kohlenwasserstoffe und um diejenigen Verbindungen, welche un- verbrannt bleiben. C. Lackner') hat seine Erfahrungen über die Beschädi- gungen von Zimmerpflanzen mitgeteilt und hat bei Palmen, Dracaenen, Aucuba japonica und anderen keine merkbaren Schäden gefunden, während dagegen Kamelien, Azaleen, Kakteen und namentlich Epheu sich empfindlich zeigten. Die ganze Frage verdiente erneute Prüfung, da es notwendig ist, den Ein- fluss der Zimmerluft, die an und für sich nicht für jede Pflanze taugt, vollständig auszuschliessen. Die näher bei Leuchtgasvergiftungen studierten Veränderungen des Pflanzenkörpers erstrecken sich auf die Wurzeln. Die getöteten Wurzeln sind im Innern bläulich gefärbt. Da die Intensität der Färbung von der Mitte nach der Peripherie hin abnimmt, so schliesst L. Kny daraus, dass das Gas in gelöstem Zustand mit dem Bodenwasser von den Wurzelspitzen aufgenommen wird. Doch scheint diese Färbung nicht konstant aufzu- treten, da C. Wehmer auch unverfärbte Wurzeln fand. Die Frage der Auf- nahme des Gases bedarf deshalb noch näherer Untersuchung. ') Monatsschrift des Ver. f. Bef. des Gartenbaus in den Kgl. Preuss. Staaten 1873, 16, 22. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 21 XII. Kapitel. Vergleich der Schädlichkeit der sauren Gase. Die vorhergehenden Beobachtungen zeigen uns, dass es öfters vor- kommt, dass nicht ein einzelnes, sondern mehrere Gase zugleich auf die Vegetation nachteilig einwirken. Insbesondere sind es schweflige Säure und Schwefelsäure, welche, wie dieses schon früher näher erörtert ist, zu- sammen auftreten; dazu kommen Chlor oder Chlorwasserstoffsäure und in einzelnen Fällen auch noch Fluorwasserstoffsäure. Es wird nicht immer leicht sein, festzustellen, welchem Rauchbestandteile in erster Linie die schädliche Einwirkung auf die Vegetation zuzuschreiben ist, denn die Menge dieser schädlichen Bestandteile wechselt je nach der Betriebsart und selbst für die gleiche Betriebsart sehr, wie nachfolgende Unter- suchungen von Angus Smith') zeigen; hiernach betrugen für 40 Alkali- werke die aus den Schornsteinen entweichenden sauren Gase im Durch- schnitt per cbm in g: | Saldsanme Schwefel- Schweflige säure Säure Minimum: ers ar 0,022 0,175 0,002 Maximimt - „NS m 16,550 2,789 3,205 Dürehbschnitt" . „ee... » 0,372 0,870 1,098 Bei diesen Untersuchungen blieben 24 Werke bei Salzsäure, 24 Werke bei schwefliger Säure und 29 Werke bei Schwefelsäure unter dem Durch- schnitt; in je fünf Fällen entwich keine schweflige Säure und keine Schwefelsäure. Die Untersuchung anderer Betriebe ergab an Schwefelsäure bezw. schwefliger Säure per cbm in g: Anzahl der Unter dem Maximum Minimum Durchschnitt untersuchten ara ei Verke Werke Bleikammern . . . . . 118,587 0,144 19,103 93 36 Hüttenwerke (meist Kupfer- Bitten... 2 GER 45,248 1,479 9,458 12 9 '\ v. Schroeder und Reuss, 277. — 323 — Für andere Betriebe wurden gefunden per cbm in g: Schwefel- Schweflige | Fluorwasser- Salzsäure E säure Säure stoffsäure Farbenfabriken ( Ultramarin- Be 5 es 0—0,173 10,397 —54,335]1,817 — 54,726 — Tafelglashütte (nach beende- tem Schmelzen fast nur =ohlenrauch) ;..° ..,... - 0,810 0,167 _ Dieselbe wenn sehr viel Säure entwickelt wurde . . . . |0,463— 0,595 | 7,138— 8,888 | 3,272—3,392 gi Spiegelglashütte, wenn viele Säuren entwichen.. . . .]0,087—0,141 | 1,114 — 7,197 | 0,641 — 2,195 _ Dieselbe bei geringer Säure- entwickelung . . . . .]0,108—0,119 | 2,979— 3,374 | 0,119 — 0,909 — 2 SE En 0,119 0,509 = _ Zissserfabriken 1...» un. 0,049 2,641 — 3,194 0—1,363 10,478—-0,700 Bei der Beurteilung des Grades der schädlichen Einwirkung dieser Gase auf die Vegetation kommt es aber nicht allein auf die Menge dieser Gase an, sondern es bleibt auch noch zu erwägen, ob nicht dem einen oder anderen Gase eine spezifisch giftigere Wirkung zukommt, und ob sich die Wirkung derselben Gasart immer auf alle Pflanzen gleichartig äussert. Die Ansichten hierüber sind geteilt. E. Turner und R. Christison') sprechen sich auf Grund ihrer Versuche, welche bereits oben erwähnt worden sind, dahin aus, dass das salzsaure Gas schädlicher wirke, als die schweflige Säure. W. B. Richardson schliesst aus seinen bereits angeführten Ver- suchen, dass Chlor am intensivsten auf die Pflanzenorgane einwirkt, darauf schweflige Säure folgt und Salzsäure an letzter Stelle steht. Angus Smith lässt auf Wasserpflanzen sehr verdünnte, aber gleich starke wässrige Lösungen von schwefliger Säure, Schwefelsäure und Salzsäure einwirken und findet, dass die Schwefelsäure am schädlichsten, die schweflige Säure am schwächsten wirkt. Zu demselben Schlusse kommt M. Freytag; derselbe sagt sogar, dass die schweflige Säure hauptsächlich die Pflanze nur deshalb beschädigt, weil sie von feuchten chlorophyligrünen Blättern absorbiert unter Einwirkung von Licht und Wärme sich rasch mit dem von den Blättern ausgeschiedenen Sauerstoff zu Schwefelsäure ver- bindet, durch Verdunsten des Wassers konzentriert wird und danach die Korrosion als Schwefelsäure bewirkt. Diesen Ansichten stehen die Versuchs- ergebnisse J. v. Schroeders entgegen; hiernach kann bei der Einwirkung gleicher Mengen der genannten sauren Gase nicht daran gezweifelt werden, dass die schweflige Säure als die schädlichste Säure anzusehen ist; Schwetel- säure und Salzsäure wirkten weniger intensiv. Mit Recht weisen J. von Schroeder und C. Reuss in ihrem Werke darauf hin, dass die Verhält- N Vergl. S. 236. 21* — 324 — nisse ganz anders liegen, wenn gleiche Menge der genannten sauren Gase aus dem Schornsteine ins Freie treten. Dann werden Schwefelsäure und Salzsäure schneller kondensiert, während die schweflige Säure sich weiter verteilt; die ersten beiden Säuren werden in grösserer Menge auf die den Schornsteinen zunächst gelegene Vegetation wirken, so dass ihre Wirkung hier schärfer hervortreten kann, als diejenige der schwefligen Säure. Die geringere Löslichkeit der schwefligen Säure in Wasser und ihre dem- zufolge langsamere Kondensation hat ihr längeres Verweilen in der Luft und ihre grössere Verteilung zur Folge, Umstände, welche bei dem Vor- handensein selbst sehr geringer Mengen schwefliger Säure die Gefährlichkeit der schwefligsauren Rauchgase noch grösser erscheinen lassen. H. Ost') ist der Ansicht, dass die Fluorschäden in der Praxis die- jenigen der schwefligen Säure an Intensität weit übertreffen und führt dieses darauf zurück, dass die Flusssäure rascher zur Erde niedersinkt, indem sie mit der Feuchtigkeit der Luft schwere Nebel bildet und auf weitere Strecken hin in konzentrierter Form zusammenbleibt. ') Chem. Zeit. 1896, 20, 166. 0 We EEE XIII. Kapitel. Flugstaub. 1. Vorkommen. Die festen Bestandteile des Rauches oder der Flugstaub entstammen teils den Brennmaterialien, teils den in den betreffenden Betrieben zur Verarbeitung gelangenden Erzen; im ersteren Falle sind es feinverteilter Kohlenstaub, der sich bei unvollkommener Verbrennung abscheidet (Russ), oder Ascheteilchen, im letzteren Falle können hierzu noch Erzteilchen, welche durch die Verbrennungsgase mechanisch mit fortgeführt werden, und in Gas- oder Dampfform aus dem Betriebe entweichende Substanzen treten, welche sich bei der Kondensation niederschlagen; der Verlust dieser letzteren Bestandteile ist immer eine Verringerung des Gewinnes und es ist daher begreiflich, wenn das Bestreben der Techniker darauf gerichtet ist, diese Verluste durch wirksame Flugstaubkondensation zu vermeiden. Über die Grösse derartiger Verluste durch den Flugstaub macht C. A. Hering!) folgende Angaben: In Oberschlesien liefern die Eisenhochöfen über 6000 t Zinkrauch, die Blenderöstöfen sollen einen etwa 200 t betragenden Flug- staubfall haben; auf den fiskalischen Hütten bei Freiberg umfassen die gesamten Flugstaubkondensationsanlagen 26000 cbm mit einem Flugstaub- ausbringen von 4250 t bei 35000 t Erzverarbeitung. Nach Freudenberg‘) kostet die gesamte Anlage für Flugstaubgewinnung auf Emser Hütte rund 26000 Mk., während der Wert des jährlich ausgebrachten Flugstaubes rund 100000 Mk. und die Bleiproduktion 6250 t beträgt. Die Verluste, welche durch den Flugstaub entstehen können, kann man auch aus der Zu-. sammensetzung des Flugstaubes ermessen; zugleich giebt diese Zusammen- setzung des Flugstaubes einen Anhalt für die Beurteilung der Wirkung des Flugstaubes auf Boden und Pflanzen, welche damit überschüttet werden. Flugstaub von Hochöfen enthielt?): Tarnowitzer | Friedr. Wil- helmshütte Gleiwitzer Hütte Cleveland " la Kali E73 28 —_ 17,05 — re en aaa. 12,58 _ 9,53 4,70 ee a nr 6,15 nn 25,95 12,30 NE ER 5,87 | _ 2,31 5,03 ') C. A. Hering, Die Verdichtung des Hüttenrauches. Stuttgart 1888, 30. ”) F. Fischer, Handbuch der chemischen Technologie 1893, 201. _' 36 Gleiwitzer | Tarnowitzer | Friedr. Wil- N Hütte Hütte | helmshütte | Cleveland Yo Te Mi % Eisenoxyd 9,50 = 0,91 14,22 Manganoxydul . 0,31 —_ 0,37 — Zinkoxyd 25,01 35,65 1:30 10,48 Bleioxyd . 13,73 10,64 —_ — Kieselsäure . 17,72 15,55 24,05 22,60 Thonerde 3,94 4,21 10,90 8,20 Schwefel . 0,24 — 78 0,17 Schwefelziuk® 3.1. year is _ E n_ 13,70 M. Freytag!) findet bei seinen Untersuchungen über die Einwirkung der Abgänge der Muldener und Halsbrucker Hütte auf die Vegetation die Zusammensetzung des Flugstaubes wie folgt: Muldener Hütte a Verschmel- Von der Röstung der |zung der Fr der Ent- Röstung Blei- und ierze und blei-) zinkungs- R k k der Zinkerze ‚haltigen Pro- arbeit Ben dukte | Rh g* | Te % Bleioxyd . . 23,06 1,35 26,23 17,53 Zinkoxyd 2,64 6,60 45,85 0,56 Eisenoxyd 4,36 1,57 0,96 1,63 Kalk 0,61 1,01 0,44 0,43 Magnesia 0,25 0,25 — 0,15 Schwefelsäure . 8,23 3,88 13,59 1,95 Schwefel . 1,34 _ E 0,60 Arsenige Säure 50,51 38,66 5,39 61,38 Schwefelbiei! ,:. z.1/11 1.43% _ 38,71 — _ Kadmiumoxyd u. Kupferoxyd > 1,30 + 0,02 Kohle . EN: 3,40 1,17 — 3,75 In Säure unlösliche Bestand- teile, Quarz, Ziegelbröckchen 4,81 6,19 6,12 2,53 In dem wässerigen Auszuge dieser Proben sind enthalten: Yo Yo % u Zinkoxyd 1,10 1,12 2,37 0,43 Eisenoxyd . 0,11 0,71 0,03 0,35 Schwefelsäure 2,02 0,71 2,51 1,90 Arsenige Säure _ _ 0,06 — ') Jahrb. f. Berg- und Hüttenwesen im Königr. Sachsen a. d. Jahr 1873, Abh. 3. — 327 — M. Freytag') findet an unlöslichen Bestandteilen in dem Flugstaube: l. der Kupferhammer- 2. einer westfälischen hütte bei Hettstedt a) aus einer dem!b) aus einer dem a) | b) Röstofen | Schornsteine | zunächst liegenden Kammer RR RE,‘ : . en 5 2,325 2,263 — = Magnesia ee Sri! 5 0,072 0,069 — more. Nele an 0,521 0,714 _ —_ Bd . Bis ae 1,682 1,835 _ _ Beerdul. 02 a. — — 0,61 1,93 Eumoxyd |. 30440. 3,490 3,512 _ —_ Zinkoxyd a en 16,985 20,820 22,50 27,17 Kobaltoxyd und Nickeloxyd 0,962 1,028 _ — Schwefelsäure .... . = ... 28,372 32,427 19,08 29,35 Schweflige Säure. . . . . = | —_ 2,16 | 2,23 Ferner hat M. Freytag?) Schnee, über welchen der Rauch der Muldener bezw. Halsbrucker Hütte seinen Weg genommen hatte, unter- sucht; derselbe war bei der Muldener Hütte auf einer Fläche von 320 Quadratfuss in '/s Zoll Tiefe, bei der Halsbrucker Hütte auf 100 Quadrat- fuss in °/ı Zoll Tiefe entnommen. Der Schnee wurde aufgetaut und Rück- . stand und Lösung untersucht; es waren enthalten in: / Schnee von der Muldener Schnee von der Hals- Hütte brucker Hütte Rückstand Lösung Rückstand Lösung g S g g BIEnGEyd, WS. eis. 0,0251 0,0080 0,0120 | 0,0100 a A re ge 0,0080 0,0140 0,0018 | 0,0015 1317 1,00 2 a0 Baar EEE EEE 0,0021 — _ — er Fe ve 0,0181 ..—_ 0,0005 | _ Schwefelsäure . . . ... 0,0212 0,0247 0,0018 0,0048 a u DE, 000 _ 0,0080 | _ In Säure unlöslicher Rückstand 0,0835 | —_ 0,0460 _ (darin Glühverlust—Russete.) 61,0% | 41,3%): | Arsenige Säüre .; „ .w _ 0,0146 = | 0,0015 M. Freytag?) untersuchte im Winter 1870/71 den in 36 bezw. 40 Stunden gefallenen Schnee in verschiedenen Entfernungen von den Mans- felder Hüttenwerken und fand auf 2,5 qm Bodenfläche: Landw. Jahrb. 1882, 11, 315. ®) Jahrb. f. Berg- und Hüttenwesen im Königr. Sachsen a. d. Jahr 1873, Abh. 3. ®) Wissensch. Gutachten über den Einfluss, welchen die Hüttenwerke der Mans- felder Kupferschief. bauend. Gewerksch. ete.; vergl. v. Schroeder u. Reuss, 52. —. 321383 — In Wasser In Wasser OT = Entfernung | unlösliche lösliche |[oxyd im lös- Freie Säure Stoffe Stoffe lichen Teil m 8 8 5 8 A. In nördlicher Richtung vom Rösthaus 75 39,87 3,13 0,23 0,28 150 21,95 4,92 0,90 1,04 225 15,24 4,78 1,00 1,10 300 24,85 2,75 0,22 0,16 375 11,77 2,37 0,19 0,09 450 6,07 3,30 0,31 0,60 525 6,40 2,26 0,25 0,30 600 10,03 2,20 0,30 0,13 B. In südöstlicher Richtung von den Spuressen 110 87,10 4,18 0,43 0,08 170 66,58 3,00 0,32 — 260 17,12 3,25 0,32 0,22 320 10,81 3,10 0,20 0,12 375 9,81 3,19 0,38 0,05 430 11,81 2,95 0,32 0,21 490 4,98 2,92 0,37 0,20 565 4,77 2,58 0,29 0,08 640 2,04 2,62 0,22 0,62 695 2,16 3,63 0,26 0,96 Angus Smith!) findet für Flugstaub bei Blenderöstung nachfolgende Zusammensetzung: I II Y% Yo Zinkoxyd unlöslich seh, Are 8,40 8,20 5 in lösliehen Verbindungen . . 17,80 12,00 Eisenoxydul löslich‘ ». 23... 3. Zean, 2,16 2,52 Eisenoxyd - aa 6 DR E 2,40 4,20 Bleioxzyd:'u35.: 8.5 VEsa 2 N Er E 3,38 4,26 Schwefelsäure unlöslich . . !. . 2.2. 6,46 8,04 & lößlich ‚==. # Drasu 20,43 18,84 Wasser » 1 ee N ee 6,59 9,00 Rückstand (wesentlich Eisenoxyd) . . . 31,80 32,42 Nach diesen Untersuchungen haben wir es bei den in Wasser lös- lichen und unlöslichen Substanzen im Flugstaube hauptsächlich mit den schwefelsauren Verbindungen des Bleies, Zinkes, Eisens und Kupfers und mit Arsenverbindungen zu thun; es würde daher das Verhalten dieser Verbindungen auf Boden und Pflanzen zu prüfen sein. ') @. Lunge, Handbuch der Sodaindustrie 1898, 1, 270. ne; 2. Einwirkung auf den Boden. Die Bestandteile des Flugstaubes entstammen, soweit sie aus dem verarbeiteten Erz herrühren, dem Mineralreiche, welches auch die Grund- lage für die Bildung unseres Kulturbodens abgiebt. Es liegt deshalb die Annahme nahe, dass sich einzelne Bestandteile des Flugstaubes auch in dem Kulturboden finden werden; zahlreiche Untersuchungen bestätigten diese Annahme. Forchhammer, Stein, Risse, Gorup-Besanez u.a.m. haben in dem bodenbildenden Gestein oder in dem fertigen Boden Blei, Kupfer, Zink, Nickel, Kobalt, Silber, Arsen u. s. w. nachgewiesen. Es ist damit für diese Substanzen die Möglichkeit gegeben, in ähnlicher Weise auf das Pflanzenwachstum einzuwirken, wie wenn sie durch den Flugstaub in den Boden gelangen. Bis jetzt ist aber nichts darüber bekannt geworden, was auf eine nachteilige Beeinflussung der Vegetation durch diese Substanzen in der Form und in der Menge, wie sie natürlich im Boden vorkommen, schliessen lässt. Dagegen wird die Unschädlichkeit dieser Substanzen, wenn sie dem Boden durch den Flugstaub des Rauches zugetragen werden, bestritten; die Ursache ihrer Schädlichkeit müsste also in der Form und in der Menge, in der sie im Flugstaube enthalten sind, zu suchen sein. Naturgemäss und auch durch zahlreiche Untersuchungen von A. Stöck- hardt, M. Freytag, J. v. Schroeder u. a. m. erwiesen finden sich in der Nähe von Hüttenwerken, je nach der Art derselben, im Boden Blei, Zink, Kupfer, Arsen u. s. w., welche nur durch den Flugstaub der Hütten- werke dorthin gelangt sein können. Hierfür spricht, dass nach den vor- liegenden Untersuchungen der Metallgehalt des Bodens mit der Entfernung von der Hütte im allgemeinen abnimmt und ferner auch im Obergrunde höher ist, als im Untergrunde. Es hat aber bisher noch nicht nach- gewiesen werden können, dass diese Substanzen für das Wachstum schädlich gewesen sind; wo eine solche schädliche Einwirkung behauptet worden ist, da kommen meistens noch andere Ursachen in Frage, sodass der eigentliche Schädling nicht mit Sicherheit festgestellt worden ist. Wenn ein derartiger Boden aus der Nähe von Hüttenwerken den Rauchwirkungen entzogen wurde, so stellte sich entweder ein normales Wachstum in ihm ein oder aber es ergab sich, dass das Misswachstum nicht in dem Metall- gehalt des Bodens, sondern in anderen Ursachen (Kulturzustand) begründet war. A. Stöckhardt!) fand in der Umgebung der Halsbrucker Hütten- werke in Wiesen- oder Feldboden, die so gut wie keine Vegetation trugen, 0,38—1,05°/, Blei, in einem Boden, der mit Kiefern und Fichten bestanden war, 0,110°% Blei; in letzterem Falle waren die Fichten und Kiefern erkrankt; jedoch ist nach den vorliegenden Untersuchungen die ') Jahrb. d. Kgl. sächs. Akad. f. Forst- u. Landwirte 1853, 169. — 30 — Erkrankung nicht in dem Bleigehalte des Bodens, sondern in anderen, später zu besprechenden Umständen zu suchen. M. Freytag!) fand im Boden aus der Umgegend der Hettstedter Hüttenwerke im Obergrunde 0,009—0,092°/, Kupferoxyd und 0,019—0,073°/, Zinkoxyd — die Metalle waren in beiden Fällen im Boden in in Wasser unlöslichen Verbindungen vorhanden —, ohne dass dadurch die Vegetation gestört worden wäre. J. v. Schroeder und A. Schertel?) hatten die Beschädigungen, welche der Rauch der fiskalischen Hüttenwerke bei Freiberg in den Waldungen der Umgegend verursachte, nach Stärke und Ausdehnung festzustellen; der Boden enthielt 0,048—0,440°/, Blei und zwar nahm der Bleigehalt mit der Entfernung von den Hüttenwerken ab. Als Ursache für die Beschädigung konnte jedoch nicht dieser Bleigehalt festgestellt werden, sondern sie musste vielmehr in der Einwirkung von Rauchgasen, welche schweflige Säure ent- hielten, gesucht werden. Sieben verschiedene Bodenproben aus dem Ober- harz?) enthielten 0,509 — 2,849 °/o Blei und geringe Mengen Arsen; die Vegetation war auf diesem Boden entweder ganz erstorben oder doch sehr kümmerlich. J. v. Schroeder?) untersuchte Bodenproben aus der Nähe der Zinkhütte bei Dortmund, teils an Stellen mit normalem Wachstum, teils an solchen Stellen, welche deutlich als Fehlstellen charakterisiert waren; er fand in dem Boden eines | 1. Gerstenfeldes mit guter Vegetation . . . . 0,037°%, Zinkoxyd x mit schlechter Vegetation . . 0,022%% e 2. Roggenfeldes mit guter Vegetation . . . . 0,043% £ $ mit sehr schlechter Vegetation . 0,019°% M Deutlicher können keine Zahlen gegen die Schädlichkeit des Zink- gehaltes im Boden sprechen. Dass der Zinkgehalt des Bodens auf die Zinkhütte zurückzuführen ist, ergiebt sich daraus, dass derselbe mit der Entfernung abnimmt, nämlich von rund 0,08%, bei 475 m auf 0,03% Zinkoxyd bei 800 m Entfernung; ferner wurde in einem Falle im Ober- erunde 0,199°/o, in grösserer Tiefe 0,012°, Zinkoxyd gefunden. Wir fanden in einem ähnlichen Falle in einer Entfernung von 600 m von der Hütte im Obergrunde 0,027—0,038°%o, im Untergrunde 0,011—0,015% Zinkoxyd, in einer Entfernung von 2500 m von der Hütte im Obergrunde 0,016°/, und im Untergrunde kein Zinkoxyd. Das Vorhandensein dieser Metalle im Boden muss ihre Aufnahme durch die Pflanzen zur Folge haben, indem die Bodensäure oder die Wurzel- ausscheidungen diese Aufnahme vermitteln; die Erfahrungen bestätigen dies ') Wiss. Gutachten über den Einfluss, welcher die Hüttenw. der Mansf. Kupfer- schiefer bauenden Gewerksch. ete., vergl. bei v. Schroeder u. Reuss, 52. ?) Jahrb. f. Berg- u. Hüttenwesen i. Königr. Sachsen a. d. Jahre 1894, Abh. 93. ») v. Schroeder u. Reuss, 55. %) Grutacliten über Rauchschäden im Umkreise der Zinkhütte bei Dortmund, 1886, - Mi i | h 4 — 31 — auch. E. W. Davy') konnte in Pflanzen, die in einem mit arsenhaltigem Superphosphate gedüngten Boden gewachsen waren, Arsen nachweisen. F. Reich?) fand in Fichtenreisig Arsen und Blei. Ähnliche Beobachtungen liegen von A. Schertel?) vor. Forchhammer?) fand in verschiedenen Holzarten Kupfer, Blei, Zink, Zinn, Kobalt. J. v. Schroeder untersuchte Haferblätter und Gras aus der Nähe der obengenannten Zinkhütte und fand 0,006—0,044°/, bezw. 0,018—0,054°/, Zinkoxyd. Bei unseren Unter- suchungen enthielten Haferblätter 0,044—0,056°/, Zinkoxyd. Es ist allgemein bekannt, dass das sogenannte Galmei- oder Zink- veilchen, welches nur auf zinkhaltigem Boden gedeiht, grössere Mengen Zink enthält. J. König?) fand in dem Galmeiveilchen, welches auf einem Boden gewachsen war, der 1,206°/, Zinkoxyd enthielt, 2,683°/, Zinkoxyd. Nach Risse®) enthielten an Zinkoxyd: Thlaspi alpestre Viola tricolor Armeria vulgaris Silene inflata var. calaminare var. calaminaria Yo % "ho "o Wurzel 0,167 0,085 0,17 0,02 Stengel 0,385 0,055 0,02 | Blätter 1,500 0,110 0,11 0,22 Blüten 0,275 0,075 0,09 Nach E. Jensch?) stellte sich auf den Halden des metallarmen, lettigen, sogenannten weissen Galmeis in Oberschlesien innerhalb weniger Jahre eine Flora (bestehend aus Taraxacum officinale, Capsella bursa pastoris, Plantago lanceolata, Tussilago farfara, Polygonum aviculare) ein, welche in Prozenten der Asche 11,13—14,96°/, Zinkoxyd enthielt; der Boden der .Halden, auf dem die Pflanzen gewachsen waren, enthielt 15,25—17,73”, Zinkoxyd. Diese Untersuchungen lassen erkennen, dass durchaus nicht immer ein Boden, welcher Zink oder ein anderes Metall enthält, vergiftet, also für die Vegetation verloren sein muss; von vornherein ist anzunehmen, dass die Verbindungsform des Metalles und auch die Bodenart selbst von entscheidender Bedeutung sind. Versuche, bei denen dem Boden Metall- verbindungen zugesetzt worden sind, bestätigen dieses. Pappenheim®) vermischte mit einem Boden Zinkweiss (auf 10 Teile Erde 1 Teil Zinkweiss) und zog darin Erbsen, Bohnen und Roggen; die Pflanzen gediehen ganz normal und zeigten auch keine Veränderung, als sie später in einen Boden verpflanzt wurden, der auf 12 Teile Erde 1 Teil Zinkweiss enthielt. ') Journ. prakt. Chemie 1860, 79, 22. ?) v. Schroeder u. Reuss, 48. ») J. König, Die Verunreinigung der Gewässer 1899, 2, 432. *) v. Schroeder u. Reuss, 49. °) Zeitschr. f. angew. Chem. 1894, 7, 14. %) Verhandlungen d. Ver. z. Förder. d. Gewerbefl. i. Preussen 1865, 44, 67. — 8332 — In einem Boden, welcher aus der Nähe einer sehr alten oberschlesischen Zinkhütte stammte, konnte Pappenheim Roggen und Erbsen, in dem Boden eines stark beschädigten Feldes aus der Umgebung der Eppinghover Hütte Roggen und Weizen mit Erfolg ziehen. J. Nessler') hat Untersuchungen mit Messingstaub ausgeführt, welche auf eine schädliche Wirkung unlöslicher Zinkverbindungen schliessen lassen. Knop?) setzte zu einem Boden kohlensaures Zink, konnte aber eine Aufnahme des Zinkes durch die in dem Boden gewachsenen Klee- pflanzen nicht nachweisen. Auch M. Freytag?) prüfte das Verhalten von Pflanzen (Mais, Hafer, Weizen, Roggen) gegen Boden, dem 0,2°, kohlen- saures Zink beigemischt war; er fand keinen Unterschied in dem Wachstum der Pflanzen in dem zinkhaltigen Boden gegenüber dem Wachstum im zinkfreien Boden. Ferner zog M. Freytag Sommerweizen, Hafer und Erbsen in Boden, welchem 1, 2 und 5°/, Zinkweiss zugemischt waren; auch hier war das Wachstum der Pflanzen durchaus normal. Im Gegensatz zu v. Gorup-Besanez und Knop fand aber M. Freytag in den Pflanzen von den zinkhaltigen Böden Zink. Holdefleiss®) hat in einem Boden, welcher durch Abfälle und Schlamm von Zinkhütten verunreinigt war und 2°/, Zink enthielt, keinen nachteiliger Einfluss dieses Zinks auf die Vege- tation (Klee und Gras) feststellen können. Bei Versuchen an der Versuchs- station Münster i. W.°) wurde Boden mit verschiedenen Mengen Zinksulfat in wässeriger Lösung behandelt; die in diesen Böden gezogenen Pflanzen wurden in ihrem Wachstum durch den Zinkgehalt des Bodens gestört; in allen Fällen liess sich in den Pflanzen Zink nachweisen. Die ver- schiedenen Resultate sind also nicht eindeutig und die Ursache hierfür, wie wir sogleich sehen werden, liegt in den verschiedenen Bodenverhältnissen. Versuche mit verschiedenen Kupferverbindungen haben zu ent- sprechenden Resultaten geführt. M. Freytag) hat bei Anwesenheit von Kupferoxyd, Schwefelkupfer und anderen unlöslichen Kupferverbindungen im Boden keine Störung des Wachstums feststellen können; in allen Fällen hatten die Pflanzen Kupfer aufgenommen. J. v. Schroeder’) hat zu einem Boden, gemischt aus Sand, Thon und Humus, teils Kupferoxyd in Mengen von 0,01—5,0°/o, teils Kupfervitriol in solchen Mengen, dass bei vollständiger Absorption dieselben Kupferoxydgehalte hätten vorhanden sein müssen wie bei Kupferoxydzusatz, zugesetzt; die Versuchspflanze war ') J. König, Die Verunreinigung der Gewässer 1899, 2, 434. ”) Landw. Versuchsst. 1858, % 9. ») Mitt. d. Königl. Landw. Akad. Poppelsdorf 1868, 1, 85. ") Landw. Versuchsst. 1885, 28, 472. 6%) Landw. Jahrb. 1883, 12, 837. ‘) Jahrb. f. Berg- u. Hüttenw. i. Königr. Sachsen a. d. Jahre 1873, 86. ’) v. Schroeder u. Reuss, #2. EEE TURN EB | — 33 0 — Gerste. Die Böden, auf welche ein Überschuss von Kupfervitriol ein- gewirkt hatte, die aber sicher nicht mehr als 0,5", Kupferoxyd enthielten, zeigten kaum eine Vegetation, die Pflanzen sind krank und verkrüppelt; dagegen ist in den mit derselben Menge (0,5°/,) Kupferoxyd versetzten Böden das Wachstum der Gerste gut und normal. Die Einwirkung des absorbierten Kupfers zeigt sich bei 0,05°/, bereits sehr deutlich und ist schon bei 0,01°/, bemerkbar, bei dem mechanisch beigemengten Kupferoxyd beginnt die schädliche Wirkung bei 1°. A. Tschirch') hat eine schädliche Wirkung des Kupfers im Boden nicht wahrnehmen können; es. hat zwar in allen Fällen eine Aufnahme des Kupfers durch die Pflanzen nachge- wiesen werden können, sie ist jedoch selbst bei starker Einwirkung von Kupfersalzen auf den Boden (4 g Kupfersulfat auf 2 qm Boden) gering. Fr. Philipps®) will dagegen wieder eine schädliche Wirkung des Kupfers im Boden auf die Vegetation nachgewiesen haben. Pappenheim?) vermischte Boden mit Bleiweiss oder Bleioxyd und zog in demselben Erbsen und Weizen, ohne dass sich dabei abnorme Er- scheinungen gezeigt hätten; Bohnen gingen nicht auf. J. v. Schroeder') mischte zu einem Boden, der aus Thon, Sand und Humus hergestellt war, 5 und 10°, Bleioxyd als feingepulverte Glätte und säete in diesen Boden Gerste. Die Gerste in dem bleihaltigen Boden sah während der ganzen Vegetation nicht krank aus, nur zeigte sie hin und wieder an einigen Blättern trockene Spitzen; sie blieb aber schon in der ersten Jugend hinter der normalen Vegetation zurück und zwar um so mehr, je grösser der Blei- gehalt des Bodens war. Dieser Verlauf der Vegetation kam auch in der Ernte zam Ausdruck, indem 4 Gerstenpflanzen bei normaler Vegetation 6,798 g, bei 5°/o Bleioxyd 4,325 g und bei 10%, Bleioxyd im Boden 3,245 g Trockensubstanz als Ertrag ergaben. J. v. Schroeder fasst seine Ansicht über die Wirkung des Kupferoxydes, Bleioxydes, wie überhaupt des geringen und dann anwachsenden Metallgehaltes im Boden in folgender Weise zu- sammen: Zuerst gar keine schädliche Wirkung, dann Hemmung in der Massen- entwickelung ohne sichtbare Krankheitssymptome und endlich schwache Produktion mit sichtbaren Krankheitserscheinungen. G. Klien°) beobachtete bei einer Fichte, welche längere Zeit in einem Boden vegetierte, dem 0,1% Bleioxyd zugesetzt war, keine Vegetationsstörungen. Ähnliche Versuche machte G. Klien mit einer Fichte, welche in einem. Boden mit 0,1% arseniger Säure vegetierte; hier traten aber Vegetationsstörungen ein, indem ') A. Tsehirch, Das Kupfer vom Standpunkt der gerichtlichen Chemie, Toxi- kologie u. Hygiene, Stuttgart 1893. ”) Chem. News 1882, 44, 224. °») Verh. d. Ver. z. Förder. d. Gewerbefl. in Preussen 1865, 44, 67. % v. Schroeder u. Reuss, 36. °) Chem. Ackersmann 1875, 248; v. Schroeder u. Reuss, 37. — 3354 — zunächst der Wipfeltrieb vertrocknete, dann zwar ein Seitentrieb an dessen Stelle trat, der aber nach einigen Jahren wieder vertrocknete; von nun ging das Wachstum immer mehr zurück. v. Gorup-Besanez') mischte auf 30,7 cbm Erde je 30 g arsenige Säure, Kupfer-, Blei-, Zinkkarbonat und Quecksilberoxydul und zog in diesem Boden Hirse, Buchweizen, Erbsen und Roggen; eine Benachteiligung der Pflanzen liess sich nicht nachweisen. Fr. Nobbe?) prüfte das Verhalten des Arseniks, des Schwefel- arsens und einiger Bleiverbindungen zur Vegetation von Gerste und Wicke im Boden, von denen jedoch nur die Versuche mit Gerste ungestört ver- liefen. Auf 1000 g Boden wurden 0,006—0,400 g Arsen als arsenige Säure und als Auripigment und 0,020—2,00 g Blei als Bleioxyd, Bleinitrat und Bleisulfat zugesetzt. Eine krankhafte Entwickelung der Pflanzen hat sich nur in einigen Töpfen insofern gezeigt, als die Pflanzen mit dem Maximum an arseniger Säure von Anfang an konstant zurückblieben, die Pflanzen in dem mit 0,4°/, Arsen als Schwefelarsen versetzten Boden sofort nach dem Einpflanzen abstarben. Im übrigen zeigten die zugesetzten Arsen- und Bleiverbindungen keinen Einfluss auf die Gesammtentwickelung der Pflanzen; anscheinend sind die lösliche arsenige Säure und das lösliche Bleinitrat im Boden in unlösliche und daher unwirksame Verbindungen übergegangen. J. König?) hat zu Kalk-, Lehm- und Sandboden 0,025, 0,05 und 0,1°/, arsenige Säure gemischt und das Wachstum von Gras- samen (engl. Raygras) in diesen Böden beobachtet. Während in den Töpfen ohne Zusatz von arseniger Säure sich die Pflanzen normal und mit ge- sundem Aussehen entwickelten, machten sich in den Reihen mit arseniger Säure die Wirkungen gleich im Anfange bemerkbar, jedoch war die Ein- wirkung bei den einzelnen Bodenarten verschieden. In dem Sandboden und Kalkboden war bei einem Zusatz von 0,025°/, arseniger Säure ein nachteiliger Einfluss kaum bemerkbar; derselbe trat bei 0,05°/, arseniger Säure im Boden deutlicher hervor und war bei 0,1°/, arseniger Säure im Boden unverkennbar, die Pflanzen waren rotspitzig und zeigten eine kümmerliche Entwickelung. In dem Lehmboden war äusserlich bei Zusatz von 0,025 und 0,05°/o arseniger Säure eine Einwirkung derselben auf das Wachstum nicht zu erkennen, dagegen trat sie bei 0,1°/, arseniger Säure im Boden deutlich, wenn auch nicht so stark wie in Sand- und Kalkboden hervor. Dieses Resultat wird durch die Ernte bestätigt; es wurde für je 2 Töpfe an wasser- und sandfreier Pflanzenmasse geerntet: Zusatz an arseniger Säure 0 0,025", 0,05% 0,1% Sandboden . 2. 2... 6,838 5,986 & 5,052 & 3,312 g Kalkboden . . . . . 16565, 16,092, 14,017, 0,703", Lehmboden . . .„ . x 15,259, 13,730 „ 14,786 „ 11,269 „ ) Ann. d. Chem. u. Pharm. 127, 243. >) v. Schroeder u. Reuss, 32. ») J. König, Die Verunreinigung der Gewässer 1899, 2, 340. J. König vermutet, dass die verschiedene Wirkung in den einzelnen Bodenarten in dem verschiedenen Humusgehalte der Böden (Sandboden 1,55°/, Lehmboden 3,02°/,, Kalkboden 3,42°/,) begründet sei, indem der Humus des Bodens eine Reduktion der arsenigen Säure zu Arsenwasserstoff bewirkt und letzterer sich verflüchtigt. Hiermit würde aber die äusserst schädliche Wirkung im Kalkboden nicht übereinstimmen und J. König sucht den Grund für dieses abweichende Verhalten darin, dass hier die arsenige Säure an die Stelle der Kohlensäure im Kalkkarbonat getreten ist und sich als arsenigsaures Calcium längere Zeit wirksam, d. h. giftig erhalten hat. J. Stoklasa') hat bei seinen Untersuchungen über die physiologische Bedeutung des Arsens im Pflanzenorganismus die Einwirkung des Arsens im Boden auf das Pflanzenwachstum im Sandboden bei Mais geprüft, um festzustellen, ob die Anwendung arsenighaltiger Superphosphate zulässig seı. Das verwendete Superphosphat wurde durch Aufschliessen von Phosphorit mit reiner Schwefelsäure hergestellt, dem Phosphorit wurde teils Arsen- säure, teils arsenige Säure zugesetzt und zwar in solcher Menge, dass in 100 g Superphosphat 0,46 g Arsen in Form von Arsensäure oder arseniger Säure vorhanden waren. Die schädliche Wirkung ergiebt sich deutlich aus dem Erntegewicht; es wurde an Trockensubstanz ohne Arsen 54,19 g, bei Einwirkung von Arsensäure 38,52 g und von arseniger Säure 11,57 g geerntet. Der Einfluss der durch den Flugstaub dem Boden zugetragenen Metalle auf den Boden lässt sich am deutlichsten nachweisen, wenn man den Boden den Einwirkungen des Rauches entzieht und dann in ihm Vegetationsversuche ausführt. Einen solchen Versuch hat Ü. Reuss°) mit bleihaltigem Boden gemacht. Es wurde Erde von der Blösse des Eichelnberges bei der Clausthaler Silberhütte mit 0,715°/o Bleioxyd (in der Feinerde) nach Goslar gebracht und in diesem Boden wurden dort junge Kiefern, Fichten und Laubhölzer eingesetzt; nach Ablauf eines Jahres enthielt der Boden noch dieselbe Menge Bleioxyd (0,703°%). Während auf demselben Boden im Hüttenrauchgebiete Kiefern und Fichten nicht aufkommen konnten, sind sie hier nächst der Eiche am besten ge- diehen, dagegen wuchsen die anspruchsvolleren Laubhölzer und nament- lich die Esche, welche im Rauchgebiete die grösste Widerstandsfähig- keit zeigte, sehr viel schlechter. Der Unterschied in diesem verschiedenen Verhalten der Nadelhölzer und Laubhölzer dürfte darin begründet sein, dass für die ersteren die geringe Bodenkraft des verödeten Blössenbodens noch ausreicht, um gutes Wachstum zu erzielen. ‚Jedenfalls kann das ') Zeitschr. f. landw. Versuchsw. Österreichs 1898, 1, 154. ?) v. Schroeder u. Reuss, 56. Misswachstum nach diesem Versuche nicht auf den Boden zurückgeführt werden. Ein noch instruktiveres Beispiel giebt uns ein Versuch von J. v. Schroeder'!). Derselbe entnahm aus dem Umkreise der Zinkhütte bei Dortmund von Stellen, welche Jahr aus Jahr ein Misswachstum zeigten, das auf die Zuführung zinkhaltigen Flugstaubes zurückzuführen sein sollte, und auch von Stellen mit ganz normalem Wachsthum Bodenproben und führte in diesem Boden in Tharand folgende Versuche aus, In Boden, der an Stellen mit normalem Wachsthum 0,037 °/,, an Fehlstellen 0,022°/, Zinkoxyd enthielt, wurde am 3. Juni 1886 Sommergerste gesät. Die Versuchsgefässe waren teils Töpfe, teils kleinere, teils grössere Holzkästen ; die Zahl der Pflanzen in diesen Gefässen war 8, bezw. 24 bezw. 60. Am 12. Juni waren die Pflanzen etwa 10 cm hoch, das zweite Blatt in der Entwickelung, in Farbe und Aussehen vollkommen normal. Im einzelnen zeigte sich kein Unterschied in den Grössenverhältnissen für die Pflanzen in dem Boden der Fehlstellen und der guten Stellen. Bis zum 19. Juni entwickelten sich die Pflanzen normal; an diesem Tage trat bei den Pflanzen in dem Boden der Fehlstellen zuerst eine leichte Gelbfärbung an den Spitzen der Blätter auf, einige Tage später in derselben Weise bei den Pflanzen in dem Boden von den guten Stellen. Diese Krankheits- erscheinungen nahmen später zu, aber gleichmässig bei allen Pflanzen. Die gelbe Missfärbung begann an der Spitze des ältesten Blattes, und setzte sich dann auf diesem Blatte weiter nach unten fort; diese Gelb- färbung zeigte sich an den jüngeren Blättern sehr selten, erst beim Fort- schreiten der Vegetation wurde sie häufiger. Am 13. Juli wurden die Pflanzen aus den kleineren Holzkästen geerntet. Die Durchschnittslänge der Pflanzen war in dem Boden von Fehlstellen 28,2 cm, in dem Boden von guten Stellen 28,5 em; an Trockensubstanz von 24 Pflanzen wurden im. ersteren Falle 2,667 g, im zweiten Falle 2,440 g geerntet. In den grösseren Holzkästen wurde der Verlauf der Vegetation weiter verfolgt; lie Bestockung unterblieb in beiden Böden fast vollständig; die Pflanzen sahen mehr dürftig als krank aus und zeigten eine Ährenbildung, welche kaum nennenswert war. Am 5. Oktober war die Durchschnittslänge noch nicht 50 cm und von 60 Pflanzen wurde auf den Fehlstellen 27,14 g, auf den guten Stellen 17,72 g Trockensubstanz geerntet. Weder in dem Boden von guten Stellen noch von Fehlstellen wurde hier ausserhalb des Ein- flusses des Hüttenrauches ein gesundes Wachstum erzielt; die Ursache musste in dem Boden zu suchen sein; aber schon die bisherigen Versuche ergaben keinen Anhalt für den Einfluss des Hüttenrauches auf das Miss- wachstum der Fehlstellen. Beobachtungen und Vergleiche mit anderen ') J.v.Schroeder, Gutachten über Rauchschäden im Umkreise der Zinkhütte bei Dortmund 1886, 95. Ed a u en rn a u‘ — 37 — Versuchsresultaten legten die Vermutung nahe, dass sich die beobachteten Krankheitserscheinungen vielleicht auf Nährstoffmangel zurückführen lassen. Die nach dieser Richtung hin ausgeführten Versuche sind folgende. In den oben angegebenen Böden aus der Umgegend der Zinkhütte wurde am 3. Juni Hafer gesät; der Hafer sah am 15. Juli missfarbig und kränklich aus. Von da ab wurde der eine Topf (I) weiter fort mit Wasser, der andere (II) dagegen mit derselben Menge einer Lösung begossen, welche Stickstoff, Phosphorsäure und Kali (5 g 20°/, Superphosphat + 5 g Kali- salpeter auf 5 Liter Wasser) enthielt. Am 24. Juli zeigte II eine deutlich gesundere Farbe und den Eintritt der Bestockung, I war krank wie vor- her und ohne jede Bestockung. Am 20. August war die Gesammtlänge der kranken Pflanzen I im Mittel 39,5 em, ohne jede Sprossbildung und mit einer dürftigen Rispe, die untersten Blätter waren dabei total rotbraun und das Maximum der Blattbreite betrug bei den noch vegetierenden 7 mm; von jetzt aber schien das Wachstum aufzuhören und Notreife ein- zutreten. Die nachgedüngten Pflanzen II hatten am 20. August ein ge- sundes grünes Aussehen, zeigten 5—8 Sprosse und kräftige Blätter, im Maximum von 49 cm Länge und 13 mm Breite; die Rispenbildung trat erst später ein und gab zuletzt 5 Rispen mit einer Länge von 55,7 cm per Pflanze. Das Erntegewicht der kranken Pflanzen war am 7. Oktober 1,23 g, der nachgedüngten Pflanzen 5,71 g Trockensubstanz. Ein ähnlicher Versuch wurde mit Erbsen als Versuchspflanzen ausgeführt; die un- gedüngten Pflanzen zeigten keine besonderen Krankheitserscheinungen, waren jedoch in ihrer Gesammtentwickelung dürftiger, wie auch das Ernte- resultat ergab. Bei einem letzten Versuche mit Sommergerste wurden die ‚einzelnen Nährstoffe für sich und in verschiedenen Kombinationen geprüft, um den fehlenden Nährstoff zu ermitteln. Die Nährstoffe wurden in Lösungen. zugesetzt. Krankheitserscheinungen zeigten sich auch bei den dürftigen, ungenügend ernährten Pflanzen im Jugendzustande nicht. An- fänglich trat die Wirkung der Salpeterdüngung durch die kräftigere und schönere Blattbildung ganz besonders in die Erscheinung; im weiteren Ver- laufe der Vegetation zeigte sich aber eine geringere Wirkung der einseitigen Düngung mit Stickstoff, Phosphorsäure oder Kali, als der kombinierten Nährstoffe. Die Versuchsanlage und die Versuchsresultate siehe S. 338. Diese Zahlen beweisen, dass es dem Boden an Stickstoff, Phosphor- säure und Kali fehlt und dass in diesem Nährstoffmangel das Misswachstum begründet liegt und nicht in der Vergiftung des Bodens durch zinkhaltigen Flugstaub. Im allgemeinen dürfen wir demnach die in Wasser unlöslichen Ver- bindungen des Flugstaubes als unschädlich für den Boden ansprechen. Anders ist es mit den löslichen Bestandteilen des Flugstaubes, welche hauptsächlich als Sulfate, Chloride oder Arsenverbindungen vorkommen. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 22 — 338 — Erntegewicht- Anzahl Maximum trocken- £ der DRUR der substanz be- A ÜBTADRREUNE Seiten- schnittshöhe Blattbreite zogen auf Ungedüngt sprossen — 100 mm mm 1. Ungedüngt ! 0 452 10 100 2. BucksloB . (en ne 4 590 17 208 3. Kall. k 0 637 12 207 4. Phosphorsäure . 1 460 11 112 5. Stickstoff + Phodphör: Bäure.ttciick ? 11 570 12 376 6. Stickstoff + Phöschon- säure. 4 Kal 277.,..,.22 19 587 14 377 7. +Hiurans 0 05: 1 583 13 215 8. Humus + Stickstoff Er Phosphorsäure + Kali . 11 663 14 438 Es ist zwar anzunehmen, dass durch den Flugstaub keine grossen Mengen dieser Substanzen in den Boden gelangen, sodass im Boden sehr bald eine Umsetzung in unwirksame Verbindungen erfolgen kann; immerhin aber wird man denselben Beachtung schenken müssen, da von diesen wasserlöslichen Flugstaubbestandteilen eher eine schädliche Wirkung zu erwarten ist als von denjenigen unlöslichen Flugstaubbestandteilen, welche nach und nach in lösliche Verbindungen übergeführt werden. Über die Einwirkung löslicher Metallsalze auf den Boden hat v. Gorup-Besanez') bereits im Jahre 1863 Untersuchungen ausgeführt; dieselben haben ergeben, dass Gartenerde oder Ackerboden beim Durchfiltrieren von Lösungen, welche in 1 cem je 1 mg Kupfer-, Zink-, Eisen- und Mangansulfat, Bleinitrat, Quecksilberchlorid und arsenige Säure enthielten, diese Metalle aus ihren Lösungen vollständig absorbierten; in den Filtraten fehlten die letzteren, dagegen hatten Schwefel- säure, Chloride und Salpetersäure zugenommen. W.Freytag‘”) fand, dass beim Durchfiltrieren einer Zinksulfatlösung durch einen Boden die durchfiltrierte Lösung frei von Zink war, aber die gesamte an Zink gebundene Schwefel- säure, ferner Kalk, Thonerde, Magnesia, Natron und Kali enthielt. J. v. Schroeder?) behandelte 1 kg eines aus Sand, Thon und Humus ge- mischten Bodens mit 500 ecem einer Lösung, welche 0,2, 1,0 und 2,0 8 Kupferoxyd in Form von Kupfervitriol in 11 enthielt. In den beiden ersten Fällen war schon nach wenigen Minuten in der ablaufenden Flüssig- keit kein a RUPIER, im letzten Falle nur eine geringe Menge Kupfer nach- ') Ann. d. Chem. u. Pharm., 127, 263. °») Mitteil. d. Königl. Akad. Poppelsdorf 1868, 1, 97 °) v. Schroeder und Reuss, 31. N ee zuweisen; der Boden hatte also das Kupfer absorbiert. Ähnliche Ver- suche sind in ausgedehntem Masse an der Versuchsstation Münster") mit Zink- und Kupfersalzen ausgeführt, wobei die obigen Resultate überall bestätigt wurden. Es sind durch je 25 kg eines lehmigsandigen Bodens 15 mal je 25 Liter Wasser durchfiltriert worden, denen folgende Mengen Kupfersalze (3 Teile Kupfersulfat auf 1 Teil Kupfernitrat) zugesetzt waren, nämlich auf 11: 1 2 3 4 Kupfersalze. .. ....v. 0 40 mg 106 mg 200 mg In dem rückständigen Boden waren in verdünnter Salzsäure löslich: Kupferoxyd way El. —_ 0,131, 0,054 "/, 0,103, Kal ON 0 00 Magnesis *.). 1.) 2;,.., 0,181, 0,180 „, 0,172 „ 0,178 „ Kal: Son a 1000 .80.081..::,00,050 gr’, "0.048, Dieser Versuch zeigt deutlich die Einwirkung der Kupfersalze auf den Boden. Dieselben Resultate wurden bei Zinksulfat erzielt. Hierbei stellte F. Storp insbesondere die auch schon früher von Mohnheim und Bischof beobachtete leichte Umsetzung des Zinksulfates mit Calcium- carbonat fest, ebenso die Einwirkung des Zinksalzes auf Caleiumphosphat und auf krystallinische Silikate. Alle diese Versuche lassen deutlich die Lösung von Kalk, Magnesia und Kali und die Absorption von Zinkoxyd erkennen. F. Storp hat ferner nachgewiesen, dass zwischen freier Humus- säure und schwefelsaurem Zinkoxyd eine Umsetzung unter Bildung von humussaurem Zink und freier Schwefelsäure stattfindet. Hierin dürfen wir auch wohl die Erklärung dafür suchen, dass in den unter dem Ein- flusse von Flugstaub benachbarter Hüttenwerke stehenden Waldungen die Zersetzung organischer Reste gehemmt wird. So berichtet A. Stöckhardt’), dass unter dem Einflusse von bleihaltigem Flugstaube die Zersetzung der humosen Bestandteile verhindert wird. C. Reuss?) sagt hierüber: »In nicht allzu grosser Entfernung von der Hütte tritt in der Bodendecke älterer Bestände eine charakteristische Erscheinung auf; die abfallenden Nadeln verwesen nicht, sondern liegen oft fusshoch ohne Spur von Zersetzung auf dem Boden, mit welchem sie nicht durch eine Humusschicht verbunden sind.« M. Freytag‘) fand im Jahre 1869 in dem nordwestlichen Teile des Lindenholzes, welcher unmittelbar an die bei Hettstedt befindliche Kupferhammerhütte stösst, den Boden mit einer niedrigen, wie versengt erscheinenden und mit dunklem Staube vermischten Schicht bedeckt, welche von einem mangelhaften Verwesungsprozesse des Laubholzes her- ') Landw. Jahrb. 1883, 12, 823, 827; 1892, 21, 263; 1893, ®, 848. >) Tharand. Forstl. Jahrb. 1853, 9, 169. °) Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwesen 1884, 13, 65. *) Landw. Jahrb. 1882, 11, 315. LE) [69] * — 340 — rührte und sich bei der chemischen Unterstützung reich an löslichen Metallvitriolen erwies. A. Baumann!) hat Sand- und Kalkboden mit verschiedenen Gräsern bepflanzt und den Boden dann mit reinem oder mit einem Wasser, das ver- schiedene Mengen Zinksulfat enthielt, begossen. In Sandboden trat beim Be- giessen mit Zinksulfat anfänglich eine kräftige Entwickelung der Pflanzen ein, später kündigte sich die schädliche Wirkung des Zinksulfats durch eine Verfärbung des Blattgrüns an; im Kalkboden wurde das Wachstum der Pflanzen durch das Begiessen des Bodens mit Zinksulfatlösung gefördert. Nach diesen Versuchen ist anzunehmen, dass in einem Boden, welcher reich an Humus und kohlensaurem Kalk ist, das lösliche Zinksalz durch Umsetzung in unlösliches humussaures und kohlensaures Zink unschädlich gemacht wird, dass aber in einem an Humus und kohlensaurem Kalk armen Boden das lösliche Zinksalz mehr oder weniger sofort seine giftigen Wirkungen auf die Pflanzen äussert; es kann auch keinem Zweifel unter- liegen, dass das von Zeolithen absorbierte oder gebundene Zink bei der leichteren Löslichkeit der Zeolithverbindungen schädlich wirken muss. Diese Resultate geben uns die Erklärung für die Abweichungen der Er- gebnisse der verschiedenen Versuche; sie erklären auch, warum beim Be- giessen des Bodens mit Zink- oder anderen Salzen keine Beschädigung der Vegetation eingetreten ist. Da Schwefelzink sich unter dem Einfluss von Luft und Wasser sehr leicht in schwefelsaures Zink umsetzt, so gilt von Schwefelzink (Zink- blende) dasselbe, wie von dem fertiggebildeten Zinksulfat. Aus den bisherigen Erörterungen geht hervor, dass im allgemeinen die Vergiftung eines Bodens durch die Flugstaubbestandteile des Rauches ausgeschlossen erscheint; wenn in der Umgegend eines Hüttenwerkes Be- schädigungen der Pflanzen vorkommen, so wird man in dem Boden nur selten die Ursache dieser Beschädigungen finden. Auch da, wo wie im Harze durch die Einwirkung des Hüttenrauches sogenannte Rauchblössen entstanden sind und der Boden für jede Kultur verloren scheint, sind nicht die metallischen Flugstaubbestandteile im Boden die wirklichen Übelthäter, sondern wir haben dieselben in der fortgesetzten direkten Einwirkung des Hüttenrauches zu suchen. C. Reuss?) sagt hierüber: »Selbst der Bodenzustand wird in nicht unerheblicher Weise durch den Hüttenrauch beeinflusst. Schon bei den lückigen Beständen stellt sich zunächst Graswuchs ein, dem häufig die Haide folgt, bis auch endlich diese bei fortschreitender Rauchwirkung verschwindet und der Boden vollständig seiner Vegetation beraubt ist. Es beginnt nun jene unheimliche ') Landw. Versuchsst. 1885, 31, 1, 33. °) Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwesen 1881, 13, 65. | | | - | Thätigkeit der Regengüsse, deren Resultat sich in scharfen Zügen in der Nähe der Hütten in dem vormals guten Waldboden eingerissen findet.« Diese unheimliche Thätigkeit der Regengüsse besteht in dem Fortspülen der feinen Bodenteilchen, sodass schliesslich sich das nackte Gestein ‘den Augen darbietet; der Harz bietet uns hierfür traurige Beispiele. Die Resultate, welche J. v. Schroeder und Ü. Reuss') aus ihren Untersuchungen über die Einwirkung des Flugstaubes des Hüttenrauches auf den Boden ziehen, gelten auch nach den obigen Ausführungen heute noch und sie mögen daher hier angeführt werden: 1. »Die unlöslichen Verbindungen des Bleies, Kupfers und Zinks sind als mechanische Beimengungen des Bodens im allgemeinen nicht zu fürchten, sofern ihr Gehalt nicht sehr hoch steigt. Grenzen lassen sich schwer angeben. (Gehalte von Zehntelprozenten, wie sie in der Regel in Hüttenrauchböden vorkommen, sind aber sicher ganz indifferent. Auch ein Zurückhalten der Entwickelung der Vegetation, eine geringere Massen- produktion ohne sichtbare Krankheitserscheinungen können so geringe Mengen nicht verursachen. 2. Die löslichen Verbindungen der unter 1 genannten Metalle gehen im. Boden sofort durch Absorption in unlösliche Formen über. Eine direkt schädliche Wirkung solcher Lösungen auf die Pflanzenwurzeln ist daher meist ganz ausgeschlossen. Die Absorption ist in dieser Beziehung als ein günstiger Vorgang zu betrachten, durch welchen die Metallsalze unschädlich werden. Es ist auch im allgemeinen nicht zu fürchten, dass durch Absorption der Metallbasen im Boden eine Verarmung an dis- poniblen Pfianzennährstoffen zustande kommt, oder dass der Boden hier- durch allerorts gleichmässig vergiftet werde. Solche Wirkungen, wie sie Abflusswässer hervorbringen können, sind bei Hütten in irgend grösserer Entfernung von den Rauchquellen nicht denkbar, einerseits weil die zu- geführte Menge der Metallsalze nur sehr gering ist, andererseits weil der ganze Vorgang sich äusserst langsam abwickelt, sodass die fortschreitende Verwitterung im Boden ihm ausreichend entgegenwirken kann. 3. Finden sich aber dennoch solche Böden, die an Wasser schwere Metalle abgeben oder die bei angestellter Untersuchung gar kein oder ein zu geringes Absorptionsvermögen für die letzteren aufweisen, dann hat man es mit den ungünstigsten Bedingungen zu thun, unter denen selbst minimale Gehalte als vegetationsfeindlich gelten müssen. Solche Böden kommen aber erfahrungsgemäss nur zuweilen in grösster Nähe der Hütten vor und nur ein von Hause aus armer Boden könnte durch die löslichen Salze des Rauches so abnorm verändert werden. 4. Am meisten zu fürchten ist ein Arsenikgehalt des Bodens. Die Bedingungen für die Absorption des Arsens liegen am ungünstigsten und N v. Schroeder u. Reuss, 4. — 342 — Versuche weisen beim Arsenik die Schädlichkeit schon bei Gehalten des Bodens von weniger als '/ıo°/o nach. Ganz kleine Arsengehalte im Boden sind aber auch ohne Nachteil. 5. Geringe Mengen von Zink, Blei, Kupfer und Spuren von Arsen können aus dem metallhaltigen Boden in die Pflanzen übergehen, ohne dass dadurch das normale Wachstum gestört zu werden braucht. 6. Da namentlich Arsenik in Flugstaubkanälen nicht schwer zu kondensieren ist und auch die löslichen Metallsalze des Rauches bis auf geringe Reste zurückgehalten werden können, so hat bei gut geleiteten Hütten die Frage nach der Schädigung des Ackerlandes, des Wiesen- und Waldbodens so gut wie gar keine praktische Bedeutung. « 3. Einwirkung auf die Vegetation. Die bisherigen Erörterungen lassen keinen Zweifel darüber, dass durch den Flugstaub Metallverbindungen in den Boden gelangen und hier gelöst werden können, sodass eine Einwirkung auf die Pflanzenwurzel möglich erscheint; wir müssen daher auch hierauf kurz eingehen. Ueber die Ein- wirkung löslicher Substanzen auf die Pflanzenwurzel und auf das Pflanzen- wachstum überhaupt geben uns die sogenannten Wasserkulturversuche sicheren Aufschluss. Sobald die Pflanzen in einer Nährlösung zu einem gesunden und hinreichend kräftigen Wachstum gelangt sind, werden sie in eine Lösung gebracht, welche ausser den Nährstoffen auch noch die auf ihre Schädlichkeit zu prüfende Substanz enthält. Fr. Nobbe, welcher die Methode der Wasserkulturversuche besonders ausgebildet hat, hat in dieser Weise die Wirkung von Bleinitrat und vor allem von arseniger Säure auf die Pflanzen geprüft. Bei den Versuchen mit Bleinitrat ') wurden 0,00353—1,0 g Blei in Form von Bleinitrat auf 1 1 Nährlösung zugesetzt; dabei wurde bei den stärkeren Zusätzen ein grosser Teil des Bleies durch die Schwefelsäure und Phosphor- säure der Nährlösung ausgeschieden, sodass in der Nährlösung in Wirklich- keit eine geringere Menge Blei in Lösung vorhanden war, als zugesetzt worden war, nämlich statt 0,5333 g und 1,0 g Blei nur 0,0143 und 0,143 g Blei. Als Versuchspflanzen dienten Gerste und Wicke; der Versuch dauerte durch die ganze Vegetationsperiode. Die Wirkung des Blei auf das Wachstum der Pflanzen ist hiernach zweifellos; sie kommt sowohl in der ganzen Entwickelung der Pflanzen, wie auch schliess- lich in der Ernte zum Ausdruck. Das Studium der Einwirkung von Arsenik auf die Pflanzen ist nicht mehr neueren Datums. Schon A. v. Humboldt hatte 1796 die Wirkungen von Arseniklösungen auf Samen studiert und nach ihm wurden noch zahl- ') v. Schroeder u. Reuss, 28. reiche Arbeiten über dasselbe oder ein ähnliches Thema publiziert. Wir können diese nur für die physiologische Wissenschaft Interesse bietenden Arbeiten hier um so eher übergehen, als die gesamte ältere Litteratur von G. v. Jäger') in seinem Buche. über die Wirkungen des Arseniks auf Pflanzen angegeben worden ist. Die zahlreichen neuen Versuche dieses Autors bieten für uns nur teilweises Interesse. Ganz allgemein ergiebt sich daraus, dass Arsenik (und in noch höherem Grade Arseniksäure und Arsenwasserstoff) giftig auf die Pflanzen wirkt, mag das Gift nun in wässriger Lösung dem Boden bei- gefügt oder dem Blatte appliziert werden. Die Wurzeln nehmen das Gift aus dem Boden auf und leiten es bis in die oberirdischen Teile der Pflanze. Die Einwirkung giebt sich durch welkes, ‚mattes Aussehen der assimilierenden Organe kund. Die grüne Farbe geht in Braun über, von manchen Pflanzen werden die Blätter auch weiss. Blütenblätter verfärben sich und fallen ab. Dabei lässt sich das Fortschreiten der Wirkung häufig an. den Nerven entlang verfolgen. Dieselben Wirkungen zeigten sich, wenn abgeschnittene Pflanzenteile in Arseniklösungen gestellt wurden. Wenn Arseniklösungen auf Blätter oder Stengel gestrichen wurden, so traten bei den meisten Versuchspflanzen Vertrocknungserscheinungen auf. Das Gift wurde von dem Applikations- ort nach rückwärts geleitet und es trat ein Fortschreiten der Wirkung nach dem Stengel zu auf, wenn nicht äussere Gründe die Fort- leitung des Giftes in den Stamm verhinderten. Unterstützt wird diese pernieiöse Wirkung noch durch Verwundungen der Blätter. Während 2. B. bei einer Alo& das Aufstreichen von Arseniklösung auf ein Blatt nichts schadete, trat bald eine Schädigung desselben ein, wenn das Gift zu einer durch einen Nadelstich verursachten Wunde einzudringen ver- mochte; nach kurzer Zeit starb das Blatt völlig ab. Streng genommen dürften die mit Arseniklösungen gemachten Ver- suche hier keine Berücksichtigung finden, indessen bieten doch gerade die Experimente, bei denen die Blätter bestrichen wurden, manche Analogie mit Verhältnissen im Freien. Wenn Arsenik in pulveriger Form durch Tau oder Nebel auf die Blätter niedergeschlagen wird, so wirken eben- falls nach Verdunsten des Wassers konzentriertere Lösungen und es ergeben sich ganz ähnliche Schädigungsbilder wie bei Versuchen mit Lösungen. Schneller und verderblicher als Arsenik in wässrigen Lösungen wirkt der gasförmige Arsenwasserstoff. Mit atmosphärischer Luft gemischt tötet er Pflanzenteile schneller ab, als dass es möglich wäre, das Fortschreiten der Erkrankung zu verfolgen. ') Stuttgart 1864. — 34 — Fr. Nobbe') hat seine ersten Wasserkulturversuche über den Einfluss der arsenigen Säure mit Gerste und Wicke ausgeführt; die Arsenmenge betrug auf 11 Nährlösung 0,0053— 0,3338 g Arsen. Später hat Fr. Nobbe gemein- sam mit P. Baessler und H. Will diese Versuche mit arseniger Säure wieder- holt und hierbei als Versuchspflanzen Erbsen, Hafer, Pferdezahnmais, Erlen und Ahorn benutzt. Die Versuchsergebnisse, welche für die Be- urteilung des Einflusses des Arsens auf die Pflanzenvegetation entscheidend sein dürften, sind folgende: : 1. »Das Arsen ist ein äusserst heftig wirkendes Gift für die Pflanze; schon eine Beigabe von "/ı000000 zur Nährlösung bringt messbare Wachstums- störungen hervor. 2. Das Element tritt nur in sehr geringer Menge in die Pflanze ein; es ist nicht möglich, in die letzteren irgend erhebliche Mengen ein- zuführen. 3. Die Wirkung des Arsens geht von den Wurzeln aus, deren Proto- plasma desorganisiert und in seinen osmotischen Aktionen gehindert wird; die Wurzel stirbt schliesslich ohne Zuwachs ab. 4. Die oberirdischen Organe erfahren die Wirkung des Arsens zunächst durch intensives, von Erholungsperioden unterbrochenes Welken, dem der Tod folgt. 5. Durch Verhinderung der Transpiration (Verdunkelung, Einstellung in feuchte Räume etc.) wird es möglich, Pflanzen in Arsenlösung eine Zeit lang turgescent zu erhalten, ohne dass hierdurch die spätere Giftwirkung aufgehoben würde. 6. Wird die Pflanze nur kurze Zeit (länger als 10 Minuten) der Ein- wirkung des Arsens auf die Wurzeln ausgesetzt und hierauf in normale Ernährungsverhältnisse zurückgeführt, so lässt sich die Wirkung des Giftes etwas verzögern; späterhin tritt gleichwohl Wachstumsverzögerung oder gänzliches Absterben ein.« Später hat auch J. Stoklasa?) bei seinen Untersuchungen über die physiologische Bedeutung des Arsens im Pflanzenorganismus Wasserkultur- versuche mit Mais, Gerste, Hafer, Weizen, Erbsen, Bohnen, Senf, Buch- weizen in arsenhaltiger Lösung ausgeführt und kommt dabei zu folgenden Schlussfolgerungen: »Die Giftigkeit des Arsentrioxydes ist sehr ausgiebig; schon "/ıoo0o00o des Molekulargewichtes in 1000 cem Nährstofflösung ver- ursacht eine deutliche Störung des Pflanzenorganismus. Die Giftigkeit des Arsenpentoxydes tritt mit geringerer Stärke auf, da erst "/iooo des Mole- kulargewichtes eine bemerkenswerte Vergiftung herbeiführt. Die giftige Wirkung des Arsentrioyxdes und Arsenpentoxydes zeigt sich besonders bei den Phanerogamen durch Störung der Chlorephylithätigkeit. Die Zer- ') Landw. Versuchsst. 1884, 30, 382. °) Zeitschr. f, lJandw. Versuchsw. in Oesterreich 1898, 1, 154. störung lebender Moleküle ist im Chlorophyllapparat eine viel raschere als im Protoplasma der Pflanzenzelle.« M. Freytag!) hatte bereits früher auf dem Wege des Wasserkultur- versuches die Schädlichkeit der arsenigen Säure, des Zink-, Kupfer-, Kobalt-, Nickel- und Eisensulfates für die Pflanzen nachgewiesen. F. Storp?) hat bei seinen an der Versuchsstation Münster aus- geführten Versuchen gefunden, dass Zinksulfat selbst in geringen Mengen auf die Keimung der Samen schädlich wirkt, wenn die Keime dem Lichte ausgesetzt werden, dagegen wirkte zinksulfathaltiges Wasser als Quell- wasser mit bis zu 0,4 g Zinkoxyd in 11 Wasser nur wenig schädlich auf den Keimungsvorgang, wenn derselbe im Dunkeln verlief. Bei den Wasser- kulturversuchen mit Gräsern (Timotheegras, englisches und französisches Raygras), Gerste und Weiden zeigte sich eine Menge von 50 mg Zinksulfat in 11 Wasser als überaus schädlich für die Vegetation; schon nach kurzer Zeit kamen die Pflanzen in diesen Lösungen zum Absterben. A. Baumann?) giebt die Grenze der ausnahmslosen Schädlichkeit zu 5 mg Zink in Form von Zinksulfat oder 22 mg Zinksulfat in 1 1 Flüssigkeit an, während sich die verschiedenen Pflanzen bezüglich der Schnelligkeit der Wirkung verschieden verhalten und 1 mg Zink oder 4,4 mg Zinksulfat in 11 Flüssigkeit für alle Pflanzen unschädlich sind. Für die Kupfersalze haben wir*) die schädliche Wirkung bei 10 mg Kupferoxyd in Form eines löslichen Kupfersalzes in 1 1 Flüssigkeit festgestellt; bei 5 mg Kupferoxyd liess sich nicht bei allen Pflanzen eine durchgreifende schädliche Wirkung nachweisen. R. Otto?) beobachtete die schädliche Grenze bei 7 mg Kupferoxyd in Form von Kupfersulfat in 1 1 Flüssigkeit; die Wurzeln sowie die oberirdischen Teile zeigten eine abnorme Entwickelung. Für nickel- und kobalthaltige Lösungen fanden wir®) bei Wasserkultur- versuchen mit Mais und Pferdebohnen die schädliche Wirkung auf die Pflanzen bei 2,5 mg Nickeloxydul und 2,0 mg Kobaltoxydul in beiden Fällen in Form von Sulfat verwendet. | Die Schädlichkeit dieser Metallverbindungen für die Pflanzen, sobald dieselben in gelöster Form mit den Pflanzenwurzeln in Berührung kommen, ist nach diesen Versuchen selbst bei sehr geringer Menge zweifellos. An sich mag ja dieser Fall einer schädlichen Einwirkung auf das Wachs- tum der Pflanzen durch Rauch nicht oft vorkommen, da die löslichen Flugstaubbestandteile durch den Boden selbst sehr bald in unlösliche Ver- bindungen übergeführt werden; immerhin wird es notwendig sein, bei der ') Jahrb. f. Berg- u. Hüttenwesen im Königr. Sachsen a. d. Jahr 1873, Abh. 26. ”) Landw. Jahrb. 1883, 12, 823. ») Landw. Versuchsst. 1884, 31, 1. *) Landw. Jahrb. 1892, 39, 263. 5) Zeitschr. f. Pflanzenkrankheiten 1893, 3, 322. °) Landw. Jahrb. 1893, 40, 862 u. 1895, 42, 959. — 346 — Beurteilung von Rauchschäden hierauf Rücksicht zu nehmen und sich von dem Vorhandensein oder der Abwesenheit löslicher Metallverbindungen im Boden zu überzeugen. Von vornherein erscheint eine schädliche Wirkung der in Wasser unlöslichen Bestandteile des Flugstaubes auf die Blattorgane der Pflanzen nicht sehr wahrscheinlich, denn ebenso wie hier müssten. überall staubförmige Substanzen, welche durch die Luft auf die Pflanzen getragen werden, denselben schaden, so z. B, auch da, wo von den Landstrassen aus die Felder mit mineralischem Staube überschüttet werden; die Wirkung kann hier wie auch bei dem Flugstaube nur eine mechanische sein. Es kann auch an- genommen werden, dass hierin gewiss keine Begünstigung des Wachstums liegt; wie wenig aber thatsächlich die Entwicklung der Pflanzen dadurch beeinträchtigt wird, werden wir später bei den Untersuchungen über die Wirkung von Russ auf die Vegetation sehen. In Hüttengegenden konsta- tierte man schon frühzeitig, dass sich auf der Rinde von Nadelhölzern die metallischen Stäubchen des Rauches in Form von feinen Metallplättchen nachweisen liessen. Mit der Lupe sind diese zarten, silbrig glänzenden Schüppchen ähnlichen Ablagerungen namentlich in den Rissen der Rinden deutlich zu sehen. Auf den Vegetationsorganen sind sie allerdings noch nicht nachgewiesen worden. Mit einigen im Flugstaube vorkommenden, in Wasser. unlöslichen Verbindungen sind Versuche ausgeführt worden, welche die Unwirksamkeit dieser Verbindungen auf die Vegetation darthun. A. Stöckhardt') hat bei seinen Versuchen mit 8—12jährigen Fichten von ungefähr gleicher (‚rösse operiert; diese Pflanzen standen .in einem durchsichtigen, geräumigen Gehäuse, an dessen oberer Öffnung ein mit feinstem kohlensaurem Blei- oxyd gefüllter Puderbeutel mehrere Male geschüttelt wurde; um das Ab- lagern des der Luft hierdurch beigemengten metallischen Staubes auf den Pflanzen zu begünstigen, wurde nach jedem Verstäuben die obere Öffnung 2 Stunden lang verschlossen. Bei den im Laufe des Jahres 86mal wieder- holten Bestäubungen blieb der Gesundheitszustand der Fichte, obwohl sich auf den oberen Zweigen und Nadeln das Bleioxyd in solchen Mengen ab- gelagert hatte, dass es mit unbewaffnetem Auge deutlich zu erkennen war, unverändert; nur hielt sich die Farbe der Benadelung etwas heller grün und es bildeten sich im Versuchsjahre keine neuen Triebe. Inwieweit letzteres dem kohlensauren Bleioxyd zuzuschreiben ist, wird durch diese Versuche nicht entschieden. Im folgenden Jahre zeigte die Fichte kräftige Triebe und wuchs ganz normal weiter. M. Freytag”) hat Pflanzen mit Bleioxyd und schwefelsaurem Blei- oxyd bestäubt, bei trockenem Wetter unter Anfeuchten der Blätter mit ') Tharand. forstl. Jahrb. 1871, 21, 218. °) Jahrb. f. Berg- u. Hüttenwesen i. Königr. Sachsen a. d. Jahr 1875, Abh. 3. FEN Nu w 4 - 5 > — 347 ° — Wasser, damit die bleihaltigen Substanzen besser an den Pflanzen hafteten; eine schädliche Einwirkung des Bleies auf das Wachstum war nicht zu erkennen. Ebenso zeigten Pflanzen in der Nähe des Bergwerks- und Hüttenbetriebes bei Commern in der Eifel, welche mit weissbleierzhaltigem Flugstaube so überschüttet wurden, dass dieselben für die Fütterung un- brauchbar waren, keinerlei Krankheitserscheinungen. Weiter hat M. Freytag') auch Weizen-, Erbsen-, Hafer-, Klee und Kartoffelpflanzen mit Zinkweiss in ähnlicher Weise, wie es mit den Bleiverbindungen geschehen ist, bestäubt. Auch hier zeigte sich keine schädliche Einwirkung auf das Wachstum der Pflanzen. Zu demselben Schluss kommt Pappenheim ) auf Grund seiner Versuche mit Zinkweiss. Bei diesen Versuchen wurde das Zinkweiss mit den Fingern auf beide Seiten der Blätter der Versuchs- pflanzen (Erdbeeren, Cinerarien, Roggen- und Weizenpflanzen, Blüten des Weissdorns, Kohlrabi, Stachelbeer- und Wegebreitblätter) aufgerieben, sodass also die Möglichkeit zu einer Einwirkung, wie wir sie so intensiv in der Praxis nicht finden werden, gegeben war. Dieser Versuch spricht auch gegen die Ansicht H. Eulenbergs®), dass bleihaltige Dämpfe in der Weise schädlich wirken, dass sie die Oberfläche der Pflanzen überziehen und die Verdunstung mechanisch hemmen. Petry‘) hat ebenfalls keine schädliche Einwirkung von dem auf die Pflanzen ausgestreuten Zinkoxyd feststellen können. Auch der Schwefel, welcher bisweilen beim Rösten in Haufen in dem Hüttenrauch fortgeführt wird und sich auf die Pflanzen lagert, wirkt nicht schädlich, wird doch ein Bestreuen mit Schwefel beim Weinstock direkt als Kulturmittel verwendet. Nach diesen Versuchsergebnissen müssen wir eine schädliche Einwirkung der festen, in Wasser unlöslichen oder schwer löslichen Bestandteile des Rauches auf die Pflanzen von der Hand weisen. Selbst wenn diese Substanzen im Laufe der Zeit in geringer Menge durch die Einwirkungen der Luft und der Feuchtigkeit in lösliche Verbindungen übergeführt werden sollten, so ist doch nach den vorliegenden Versuchen, welche zum Teil lange Zeit hindurch ausgeführt worden sind, keine schäd- liche Beeinflussung des Wachstums zu erwarten. Dieses Resultat kann nicht überraschen, wenn man sich die geringe Löslichkeit der betreffenden Substanzen vergegenwärtigt. Pappenheim°) konnte weder durch Regen- wasser allein, noch durch Zusatz von 1 g kohlensaurem Ammon auf 1 Liter Wasser aus Zinkweiss Zink lösen. Ebenso gaben die Versuche M. ') Jahrb. f. Berg- u. Hüttenwesen i. Königr. Sachsen a. d. Jahr 1873, Abh.3. ”) Verh. d. Ver. z. Förd. d. Gewerbefl. in Preussen 1865, 44, 67. °) H. Eulenberg, Handbuch der Gewerbehygiene, 1876, 707. ) Petry, Notice sur les &manations des fours A zine ete.; vergl. v. Schroeder u. Reuss, 14. °, Verh. d. Ver. z. Förd. d. Gewerbefl. i. Preussen. 1865, 44, 67. — 348 — Freytags'), aus Zinkweiss durch Einwirkung von Regenwasser Zink oder aus Zinkoxyd und Kupferoxyd durch Regenwasser, welches 1 g kohlensaures Ammoniak, salpetersaures Ammoniak und salpetrigsaures Ammoniak enthielt, Zink oder Kupfer zu lösen, ein negatives Resultat. Anders ist es mit den in Wasser löslichen Bestandteilen des Flug- staubes; hier ist es neben den Sulfaten und Chloriden der Metalle die arsenige Säure, deren Schädlichkeit für das Pflanzenwachstum zu prüfen ist. A. Stöckhardt?) wurde durch seine Beobachtungen über die Einwirkung des Rauches der Freiberger Hütte auf die benachbarte Vegetation darauf hingewiesen, die Wirkung der arsenigen Säure auf die Pflanzen festzustellen. Zu diesem Zwecke wurde eine 8—12jährige Fichte in ein Glasgehäuse gebracht, in welches die durch Erhitzen von 0,2 g Arsenmetall entstehende arsenige Säure geleitet wurde. Nach 86maliger Wiederholung dieser Ope- ration liessen sich an der Versuchsfichte irgendwelche durch das Auge wahrnehmbare Veränderungen nicht feststellen, obwohl die während des Versuches verbrauchte Arsenmenge reichlich 22 g arsenige Säure erzeugt hatte, von der ein grosser Teil auf den Nadeln und Zweigen zur Ver- dichtung gekommen war; die Fichte wuchs auch im folgenden Jahre un- gestört weiter und unterschied sich gar nicht von den: normal, d. h. ohne Beeinflussung arsenhaltigen Rauches gewachsenen Fichten. A. Stöckhardt findet in diesem Versuchsergebnis eine Bestätigung des auf Grund viel- facher Besichtigungen der sächsischen Gifthütten, Bleifarbenwerke, Zinn- hütten u. s. w. schon früher abgegebenen Urteils, dass nämlich ‚die in der Luft verteilten und auf den Pflanzen niedergeschlagenen arsenikalischen Dämpfe ungleich milder auf den pflanzlichen Organismus wirken, als wenn der Arsenik als Lösung durch die Wurzeln (oder die verwundete Rinde) in die Pflanzen gelangt und dass dieselbe insbesondere an den durch den Hüttenrauch hervorgerufenen Schädigungen der Waldungen, Feld- und Wiesen- pflanzen keinen oder doch nur einen untergeordneten, gegen die Wirkungen der schwefligen Säure zurücktretenden Anteil haben“. Zu etwas anderen tesultaten wie A. Stöckhardt kamen M. Freytag und J. v. Schroeder’); jedoch sind die Versuchsergebnisse der letzteren beiden Forscher mehr als eine Erweiterung und nicht als eine Verneinung der oben mitgeteilten vesultate A. Stöckhardts anzusehen. M. Freytag verstäubte auf im Freien stehende Pflanzen (Weizen-, Erbsen-, Hafer-, Klee- und Luzernepflanzen) wiederholt arsenige Säure und konnte bei trockenen Pflanzen keine Wirkung feststellen. Wurden die Blätter aber vor dem Bestäuben mit Wasser be- sprengt, so zeigten sich etwa 24 Stunden nach dem Bestäuben der Pflanzen mit arseniger Säure auf den Blättern zerstreute gelblichbraune Flecke; '\ Jahrb. f. Berg- u. Hüttenwesen i. Königreich Sachsen a. d. Jahr 1875, Abh. 3. ”) 'Thar. forstl. Jahrb. 1871, 21, 218. ») v. Schroeder u. Reuss, 18. \ ei HHRD: mu später krümmten sich die Blätter, wurden welk und vertrockneten. In, einem Falle wurden Kleepflanzen, welche schwach betaut waren, morgens 6 Uhr mit arseniger Säure bestäubt; nachdem die Tautropfen infolge intensiven Sonnenscheins verschwunden waren, zeigten sich gelblichbraune Flecken auf den Blättern. J. v. Schroeder fand die Unwirksamkeit der arsenigen Säure auf trockene Pflanzenteile durch seine Versuche bestätigt; nur wenn die Pflanzen betaut waren, zeigten Laubblätter geringe Ver- letzungen, während Nadelhölzer, besonders Fichten und Kiefern, noch weniger empfindlich gegen die trockene Bestäubung waren. Wurden Blätter vor dem Bestäuben mit Arsenik mit Wasser benetzt, so zeigten sich nachher Korrosionen und zwar schneller und zahlreicher, wenn die Pflanzen dem direkten Sonnenlicht oder einer mehrstündigen Beleuchtung ausgesetzt waren, als wenn sie beschattet blieben. Durch Regen wurde der Arsenik- staub abgewaschen und dadurch, einerlei, ob die Pflanzen vor dem Be- stäuben benetzt waren oder nicht, eine Verletzung verhindert. Bei ver- gleichenden Versuchen mit einer kleinen Tanne, einer Eiche und einer Buche zeigten sich die Eiche und die Buche am empfindlichsten gegen Bestäuben mit Arsenik; bei der Tanne litten nur die Triebe, die älteren Nadeln verhielten sich ganz indifferent. Bei Bestäubung von vorher be- netzten Blättern verschiedener im Freien wachsender Laubhölzer litten immer die Esche und Rosskastanie zuerst, weniger regelmässig folgten Birke, Eiche, Linde und Ahornarten. Äusserlich war die Einwirkung der arsenigen Säure auf die Blattorgane dadurch charakterisiert, dass bei der Tanne einzelne Nadeln der Triebe und bisweilen ein ganzer Trieb schlaff herabhingen und vertrockneten; die Nadeln der Kiefern und Fichten zeigten braune und rotbraune unregelmässig zerstreute Flecken. Auf den Blättern der Laubhölzer zeigten sich nach der Einwirkung der schwefligen Säure meist rundliche, mehr oder weniger rotbraune Flecken über die Blattfläche und an den Rand unregelmässig verteilt, mit Ausnahme einer kleinen Rot- buche, welche nur am Rande Korrosionen zeigte, sodass hierbei eine regel- mässige rotbraune Ränderung der Blätter zu Stande kam. Um den Einfluss des Zinkvitriols auf das Pflanzenwachstum festzu- stellen, hat Pappenheim') Weizenpflanzen 12 Tage nach dem Aussäen mit einer Lösung von 2 g Zinkvitriol in 11 Wasser begossen; da keine Veränderung an den Blättern auftrat, so wurde vom 6. Tage nach Beginn des Versuches an eine Lösung von 10 g Zinkvitriol in 11 Wasser zum Begiessen verwendet. Weder jetzt noch später bei stärkerer Konzentration zeigte sich irgend welche Beschädigung. Wurde geglühtes, also wasserfreies Zinkvitriol auf eine Gersten pflanze gestreut, ohne dass die Blätter vorher mit Wasser besprengt waren, so zeigten die Pflanzen keine Veränderung, ') Verh. d. Ver. z. Förder. d. Gewerbefl. i. Preussen, 1865, 44, 73. — 350 — dagegen trat ein Verwelken der Blätter ein, wenn die Blätter vorher benetzt worden waren. M. Freytag‘) konnte selbst nach dem vorhergehenden Besprengen mit Wasser beim Bestäuben mit geglühtem Zink- und Kupfer- vitriol keine Einwirkung auf die Blattsubstanz feststellen; nur beim Klee, welcher schwach betaut, mit wasserfreiem Zink- und Kupfervitriol bestäubt worden war, traten, nachdem durch die Einwirkung der Sonnenstrahlen die Tautropfen verschwunden waren, gelblichbraune Flecken auf den Blättern auf. J. v. Schroeder führte ähnlich wie mit arseniger Säure auch Versuche mit wasserfreiem Kupfervitriol aus, welche diese Resultate bestätigen. Man kann hiernach annehmen, dass die in Wasser löslichen Metallverbindungen den Pflanzen nur dann gefährlich werden können, wenn sie in staubförmigem Zustande auf die betauten oder benetzten Blätter gelangen. Wenngleich also eine Beschädigung durch metallhaltigen Flugstaub nicht ausgeschlossen ist, so ist dieselbe doch von keiner grossen praktischen Bedeutung, da die Be- dingungen für eine schädliche Einwirkung, wie sie aus den obigen Ver- suchen sich ergeben, nur selten gegeben sind. Wie Kupfer- und Zink- vitriol werden sich ‘auch andere Metallsulfate verhalten. So ist durch die Versuchsstation in Münster?) in einem Falle, wo Gartenfrüchte durch den Flugstaub einer Nickelfabrik beschädigt sein sollten, in den erkrankten Pflanzen neben erhöhten Mengen von Kupfer und Zink auch Nickel nach- gewiesen, ein Beweis dafür, dass hier auch Nickelverbindungen mitgewirkt haben. Die Untersuchung der Pflanzenteile ergab für die wasser- und sand- freie Substanz folgende Zahlen; dabei sei bemerkt, dass die gesunden (segenproben in derselben Richtung von der Nickelfabrik wie die erkrankten Pflanzen, aber von diesen durch einen Berghang getrennt standen. Kupfer- rd Nickel- oxyd oxyd % %h % l. Kartoffel a) Knollen gesund 0,0041 0 0 erkrankt 0,0043 0 0 b) Laub gesund 0,0198 0,0169 0 erkrankt 0,0713 0,1712 0,0251 IX Vietsbohnen gesund 0,0124 0,0194 0 erkrankt 0,0377 0,1989 0,0098 3. Pferdebohnen gesund 0,0056 0,0419 0 erkrankt 0,0371 0,1098 0,0095 1) v. Schroeder u. Reuss, 20. °) Die landw. Versuchsstation in Münster i. W., eine Denkschrift, 1896, 204. et Ze — 351 — Die von den Standorten dieser Pflanzen entnommenen Proben von Boden und Gestein ergaben bei der Untersuchung in der wasser- und humusfreien Substanz: Kupfer- Nickel- Schwefel- oxyd Zinkoxyd oxyd säure / 0 Yo r 0 ho 1. Boden: a) nicht beschädigt 0,0093 0,0073 0 0,0920 b) beschädigt 0,0184—0,0308 | 0,0082 — 0,0154 0 0,0680— 0,0705 2. Gestein: a) nicht beschädigt Spur 0,0221 0 0,0240 b) beschädigt Spur 0,0112 —0,0122 0 0,0180—0,0220 Der Gehalt der gesunden Pflanzen an Zink und Kupfer erklärt sich hiernach aus dem Gehalt des Bodens an diesen Bestandteilen; dagegen lässt sich der erhöhte Gehalt an Kupfer und Zink in den erkrankten Pflanzen nicht aus der Bodenzusammensetzung erklären, ebensowenig auch das Vorhandensein von Nickel. Dafür, dass eine Zuführung dieser Metalle von aussen durch Dämpfe oder Staub stattgefunden hat, spricht auch das Untersuchungsergebnis der Kartoffelknollen; die letzteren enthalten bei den erkrankten Pflanzen nicht mehr Kupfer als bei den gesunden Pflanzen; Zink und Nickel fehlen sowohl in den Knollen der kranken wie in denen der gesunden Pflanzen. In dem Laube derselben Kartoffelpflanzen aber sehen wir eine erhebliche Zunahme aller drei Metalle. Wenn der Boden nicht in demselben Masse diese Metalle aufweist, so erklärt sich das leicht daraus, dass, während derselbe mit Pflanzen bestanden ist, diese die Dämpfe und den Staub auffangen, dass aber im Winter, wenn keine Vegetation vorhanden ist, die metallischen Bestandteile von dem steilen Bergabhange durch Regen und Schnee abgewaschen werden. Hier möge auch noch ein Bestandteil des Rauches Erwähnung finden, welchem man gern einen grossen Anteil an Rauchbeschädigungen der Pflanzen zuschreibt; dieses ist der Russ, welcher sich aus den unverbrannten Kohlen- stoffpartikelchen zusammensetzt. Man nimmt vielfach an, dass durch die Russteilchen die Spaltöffnungen der Blätter und Nadeln verstopft werden, dieselben also rein mechanisch wirken. So sagt Eulenberg'!): „Für die Pflanzen kann der Russ mechanisch nachteilig werden, da er die feineren Poren der Blätter verstopft, dadurch die Verdunstung hemmt und somit die Zirkulation beeinträchtigt“. Gegen diese Ansicht spricht die allgemein anerkannte Thatsache, dass sich bei der Holzverkohlung in Kohlenmeilern bisher noch niemals Beschädigungen der Vegetation herausgestellt haben, ) Handb. d. Gewerbe-Hygiene 1876, 320. — 352 — obwohl hierbei grosse Mengen Russ entwickelt werden und es in der Regel auch nicht an Objekten fehlt, welche der Wirkung der Russteilchen unter- worfen sind. Für die Unschädlichkeit des Holzrauches spricht auch die Thatsache, dass man zum Schutze der Reben gegen Nachtfröste Holzrauch entwickelt, um hierdurch eine zu starke Abkühlung der Pflanzen durch Wärmestrahlung zu verhindern. Um die Einwirkung von Russ auf Pflanzen festzustellen, führte A. Stöckhardt') nachfolgenden Versuch aus. In einem Glasgehäuse wurde eine ö&—12jährige Fichte durch Verbrennen von Benzin berusst; es wurden solche Russmengen entwickelt, dass der innere Raum des Glas- gehäuses ganz dunkel wurde und in der wallenden Russluft die Umrisse der Versuchsfichte eine kurze Zeit lang nicht mehr deutlich zu erkennen waren. Die Fichte erlangte bald ein dunkleres Aussehen und nach S6bmaliger Räucherung eine fast kohlschwarze Farbe, ohne jedoch dadurch eine Störung des Wachstums weder im Versuchsjahre, noch später zu erleiden. Der Russüberzug nahm bald eine solche Stärke an, dass er in der zweiten Hälfte der Versuchszeit flockige Absätze und Gehänge von Russ an vielen Stellen bildete. Dieser Versuch spricht also gegen eine Be- schädigung durch Russ. Wenn aber wirklich bei Auflagerung von. Russ auf die Blattorgane Beschädigung im Wachstum oder Verletzungen der Blätter vorgekommen sind, so werden diese Vorkommnisse nicht den eigentlichen Russteilchen, d. h. den unverbrannten Kohlenstoffpartikelchen zuzuschreiben, sondern auf die Wirkung sonstiger Bestandteile, ins- besondere der schwefligen Säure, Schwefelsäure oder deren Verbindungen, theerigen Produkten u. s. w., zurückzuführen sein. Die Zusammensetzung des Russes, wie er bei der Verbrennung von Steinkohlen entwickelt wird, zeigen folgende Untersuchungen zweier Russarten ?): Steinkohlenruss aus London Glasgow Kohle... 2.2.5 0027 Rica ee ee 35,7% Theer und 01... mern ee 150% Ammomak- "PB N EEE Reihe Alkalien, Kalk, Magnesia, Eisen . . 2,08, 2,1; Phosphorsaurer Kalk und Thonerde 2,24 ,, 324 Schwefelsäure‘; ", .., Sf u nn A Chlof .., 2.32%. 7% Ma Da 0,4, Schweleleyah . 7," 02 > „il EEE 0% Kohlensäure 7". SMprSeET SEREEarEE Er Spur sand.’ „N TER NE ERBE 25,1 » Wasser 25H u /B) ap RE E 1,2» Die Verschiedenheit in der Zusammensetzung dieser beiden Russarten tritt sehr deutlich hervor, und es ist auch anzunehmen, dass die Zusammen- ') Thar. forstl. Jahrb. 1871, 21, 218. ”) v. Schroeder u. Reuss, 242, | | setzung des Russes je nach der Art und der Zusammensetzung des Brenn- materials sich ändert. Daraus würde aber von selbst weiter folgen, dass auch die verschiedenen Russarten auf die Pflanzen verschieden wirken müssten. Wir haben oben bereits gesehen, dass der Holzrauch ganz in- different gegen das Pflanzenwachstum ist, nicht so ist es mit dem bei der Verbrennung von Steinkohlen und Braunkohlen entstehenden Russ. A. Stöckhardt') teilt hierfür zwei Beispiele mit, welche äusserst charakte- ristisch sind und hier angeführt werden mögen, weil sie auf den Haupt- übelthäter in dem Rauche, auf die schweflige Säure hinweisen. A. Stöckhardt giebt an, dass sich auf dem Rittergute Eythra in der Nähe des Schornsteins einer Kesselfeuerung zwei alte Rosskastanienbäume befanden, welche sich solange, als zur Kesselfeuerung Eichenholz verwendet wurde, gut ent- wickelten. Nach Einführung der Steinkohlenfeuerung wurden aber die Blätter fahlscheinig und im zweiten Jahre gingen die Bäume ein, nachdem das mehrmals von neuem ausgeschlagene Laub immer wieder von dem Steinkohlenrauch zum Absterben gebracht worden war. In dem zweiten Falle handelte es sich um die Feuerung eines Ziegel- ofens auf dem Rittergute Kotschbar, zu der statt Holz Steinkohlen ver- wendet wurden. Der entwickelte Rauch traf den etwa 60—80 Schritt entfernten Obst- und Gemüsegarten; am andern Tage erschien das Laub der Obstbäume vollständig verdorrt, der Boden darunter mit abgefallenen jungen grünen Früchten, insbesondere Pflaumen bedeckt, die Zier- und Gemüsepflanzen waren geknickt und verwelkt, die Weinreben braunrot gefärbt, die Trauben welk. In beiden Fällen hatte also der Holzrauch nicht, der Steinkohlenrauch stark geschadet; es konnte diese Schädi- gung daher dem beiden Raucharten gemeinsamen Russ (im engeren Sinne des Wortes d. h. dem unverbrannten Kohlenstoff) nicht zugeschrieben werden, sondern die Ursache musste in den dem Holzrauche fremden Bestandteilen gesucht werden; diese sind zweifellos schweflige Säure oder Schwefelsäure. Diesen beiden Säuren und in geringerem Masse vielleicht auch noch der Salzsäure wird man hauptsächlich nachzuforschen haben, wenn sich bei Steinkohlenrauch Beschädigungen der Vegetation herausstellen; der eigent- liche Russ des Rauches unserer Verbrennungsmaterialien ist für das Pflanzenwachstum im allgemeinen ungefährlich. Bisher haben wir als Flugstaub nur diejenigen Substanzen betrachtet, welche mit dem Rauche aus dem Betriebe fortgeführt werden; es kommt aber auch vor, dass direkt aus dem Betriebe Substanzen entweichen, welche auf die benachbarte Vegetation schädlich wirken können. Von diesen Substanzen mögen hier zwei erwähnt werden, nämlich Quecksilber und Soda. ') Thar. forstl. Jahrb. 1871, 21, 218. Hascelhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 23 — 354 — Quecksilberdämpfe sind von Bellingrodt') beim Rösten von Blende beobachtet worden. Dieselben entstehen auch bei der Sublimation von Zinnober. Man wird in der Nähe von Spiegelfabriken immer Rücksicht darauf nehmen müssen. Im allgemeinen werden sich die aus den Betrieben entweichenden Quecksilberdämpfe wegen ihrer spezifischen Schwere nur in einem kleinen Umkreis verbreiten. Dafür sprechen Untersuchungen, welche Hilger und v. Raumer in Spiegelfabriken selbst ausgeführt haben; dieselben fanden an den Belegtischen 0,95 mg, in den nicht ge- lüfteten Räumen 0,6 mg und in den gelüfteten Räumen 0,25 mg dampf- förmiges Quecksilber in 1 cbm Luft. Zugleich spricht die letztere Zahl dafür, dass Quecksilber aus dem Betriebe fortgeführt wird. Nach allen vorliegenden Untersuchungen kann aber nicht daran gezweifelt werden, dass da, wo diese metallischen Dämpfe die Vegetation treffen, der Einfluss derselben verderblich ist. Schon Priestley”?) hat hierauf aufmerksam gemacht. Nach Boussingault?) bekamen Blätter unter einer Glasglocke, in welcher sich etwas Quecksilber in einer Schale befand, bereits nach 24 Stunden schwarze Flecken und die Pflanze fing an zu welken; nach längerer Zeit wurden die Blätter ganz schwarz und die Pflanze starb ab. Diese schädliche Einwirkung der @Quecksilberdünste (bei gewöhnlicher Temperatur der Luft) auf das vegeiabilische Leben beobachteten auch Deimann, Paats van Trostwyk und Lauwerenburgh‘), als sie Bohnen- pflanzen (Viecia faba) unter eine Glocke brachten, worin sich auch ein offenes Gefäss mit Quecksilber befand. Treviranus, Saussure und andere!) bestätigten diese Schädlichkeit der Quecksilberdämpfe für die Vegetation. Neuere Untersuchungen über die grosse Schädlichkeit der Queck- silberdämpfe stellten J. v. Schroeder und C. Reuss’) an. Hierbei stand eine Eiche von 53 cm Höhe mit 22 Blättern, in einem Topfe wurzelnd, 3 Tage lang unter einer Glasglocke von 25,5 1 Inhalt; neben dem Topfe befand sich ein Schälchen mit Quecksilber und zur Absorption des Wasser- dampfes ein Gefäss mit Schwefelsäure. Als nach 3 Tagen die Eiche frei aufgestellt wurde, machte sich auf den Blättern die Entstehung zum Teil dunkler Flecken bemerkbar; 8 Tage später hatten diese Flecken zugenommen, sie wären über die Oberfläche zerstreut und befanden sich zum Teil am ande der Blätter; sie waren von hellgelbbrauner Farbe und ziemlich scharf gegen die grün gebliebenen Teile des Blattes abgegrenzt. Derselbe ') G. Lunge, Handbuch der Sodaindustrie 1893, 1, 270. °) Chem. Zeit. 1891, 15, 1055; *) H. Eulenberg, Handb. d. Gewerbehygiene, 1876, 731. ‘) E. Wolff, Die chemischen Forsch. a. d. Gebiete d. Agrikultur u. Pflanzen- physiologie. Leipzig, 1847, 449. 5) v. Schroeder u. Reuss, 22. 1 4 4 \ ? ii: 355 Versuch wurde mit 20 cm hohen Erbsen- und Haferpflanzen ausgeführt. Nach 24stündiger Einwirkung zeigten die Pflanzen am Rande und an den Spitzen der Blätter einige gelbliche Flecken, die nachher noch zunahmen; schon nach 12 Stunden begannen die Blätter der Erbsen sich am Rande einzurollen und der Hafer stark gelb zu werden; nach 24 Stunden ver- trockneten die Blätter der Erbse und der Hafer wurde ganz missfarbig. F. W. Dafert!) stellte ebenfalls die grosse Empfindlichkeit grüner Gewächse selbst gegen geringe Mengen Quecksilberdämpfe fest; am meisten litten Senf und Gerste und weiter waren ältere Pflanzen widerstandsfähiger als jüngere Pflanzen. Starker Feuchtigkeitsgehalt der Luft schien das Auf- treten von Vergiftungserscheinungen namentlich dort zu begünstigen, wo es sich um feuchtigkeitsempfindliche Pflanzen wie z. B. Gräser handelte. Nach F. W. Daferts Beobachtungen äusserte sich die Vergiftung in einem Absterben der chlorophyllhaltigen Pflanzenteile, namentlich der jüngeren Blätter, ohne dass dabei besonders charakteristische Krankheitssymptome auftraten. Das Wurzelsystem hatte an der Erkrankung nicht unmittelbar Anteil, was aus der Thatsache zu schliessen ist, dass die Versuchspflanzen die Anhäufung selbst grosser Mengen von metallischem Quecksilber im Boden ohne Schaden vertrugen, wenn nur den oberirdischen Pflanzenteilen quecksilberfreie Luft zugeführt wurde. Die mildeste Form der Quecksilber- vergiftung äusserte sich im Wachstumsstillstand. Über eine Verstaubung von Soda hat zuerst Ebermayer?) berichtet. Bei der Gewinnung von Holzcellulose lässt man Natronlauge unter erhöhtem Druck auf zerkleinertes Holz (Kiefernholz) einwirken. Um das Natron wenigstens teilweise wieder zu gewinnen, wird die benutzte Lauge zur Trockne verdampft und der Rückstand, welcher Harz, Lignin und sonstige organische Stoffe enthält, verbrannt und geglüht. Die hierbei aufsteigenden Dämpfe führen Sodateilchen in solcher Menge mit sich fort, dass die Dämpfe alkalisch reagieren und beim Abkühlen Natriumkarbonat als weisses Pulver absetzen. Werden diese Dämpfe nicht durch entsprechende Kamine in die höheren Luftschichten geleitet, sondern unmittelbar aus dem Fabriklokale der Atmosphäre zugeführt, so wirken sie bei wiederholter Einwirkung auf die Vegetation schädlich. Ebermayer beobachtete, dass die mit Sodastaub befallenen Blätter von Obstbäumen eine rötlichbraune bis schwarze Farbe annahmen und in kurzer Zeit abstarben. Steffeck’°) beobachtete, dass die in nächster Nähe liegenden Dächer einer Sodafabrik vollständig weiss überzogen und Alleebäume und Roggenfelder selbst in weiterer Umgebung durch den feinen Sodastaub bestäubt waren. Das 1) Zeitschr. f. landw. Versuchsw. Österreichs 1901, 4, 1. ”) Landw. Versuchsst. 1877, 20, 392. °®) Arbeiten d. Deutsch. Landw. Ges. 1896, Heft 14, 8. 29. — 356 — Fehlen der Fenster in den Dächern der Sodafabrik erklärte leicht das Ent- weichen des Sodastaubes.. Wurden die Äste und andere Teile der be- stäubten Pflanzen mit destilliertem Wasser angefeuchtet, so zeigten die betreffenden Pflanzenteile eine alkalische Reaktion, was auf die Anwesenheit von Soda hinwies. Auf den Roggenpflanzen war der Sodastaub mittels Lupe noch sehr gut zu sehen und zwar waren diejenigen Seiten der Roggen- halme durch die alkalische Einwirkung der Soda intensiv gefärbt, welche nach der Fabrik hin lagen, wohingegen die anderen Seiten noch ein grünes Aussehen hatten. J. König, M. Bömer und E. Haselhoff') hatten Gelegenheit, die Vegetation, die durch die Sodaverstäubung aus einer grösseren Fabrik geschädigt war, zu untersuchen. Diese Fabrik be- reitete caleinierte Soda, bei deren Bearbeitung bedeutende Mengen Soda- staub infolge starker Ventilation der Räume ins Freie gelangten und in der Umgebung der Fabrik Bäume, vorwiegend Obstbäume (Kastanien, Sauer- kirschen und Pflaumenbäume) und weiter Feldpflanzen zum Absterben brachten. Die Bäume boten ein um so krankhafteres Aussehen, je näher sie der Fabrik standen und je mehr sie von dem Sodastaube befallen waren. Es liess sich deutlich erkennen, wie die der Fabrik zugekehrten Seiten der Bäume am stärksten und mehr gelitten hatten, als die abge- kehrten, geschützteren Seiten der Bäume. Vereinzelt lag auf den Zweigen und abgestorbenen Blättern ein weisser Anflug, welcher eine alkalische Reaktion zeigte. Von den Feldfrüchten hatte der Roggen besonders ge- litten; das Stroh desselben war hochgelb und brüchig, die durchweg tauben Ähren kurz; die vorhandenen Körner waren klein, runzelig und an der aus der Ähre hervorragenden Spitze geschwärzt. Die Untersuchung der unteren Proben von Blättern und Zweigen der erkrankten Bäume hatte folgendes Ergebnis: Blätter Junge Zweige | krank krank | IM 'entfernter 'entfernter - gesund nahe dBET Hs gesund RE der R | von.dek Sodafabrik SR %/o % %/o %o % a. 0 l. Sauerkirsche | Asche 2... 2. u OT sl 7a | 7 Darın Kalk. 0, 2708 3,34 3,53 | 4,18 2,83 2,48 | 2,94 Magnesia . . . 0,77 »1...:.0,86, Ge 0 0,26 0,191. Ua Kai 2.0... 1 BO TE 0,53 0,28 | 0,29 Natron... en 0,18 | 147,1 0,62 0,10 1,05 | 0,86 Schwefelsäure . 031 190., 1 1,30 0,14 0,28 0,43 Phosphorsäure . 0,31 | 0,43 | 0,42 0,21 0,20 0,19 Ohlar’ 7er 0,12 | 0,28 0,32 0,03 0,16 0,15 Kieselsäure . . 0,32 1,16 0,56 0,09 0,32 0,22 Landw. Jahrb. 1892, 21, 407. — 357 — Blätter Junge Zweige krank krank gesund |nahe der ‚entfernter gesund | nahe der Entfernter : von der von der Sodafabrik Sodafabrik 0%, %, % 0 A 0, 2. Pflaume Asche — 11,81 6,63 8,68 8,40 Darin Kalk es 4,23 3,48 2,75 4,19 Magnesia . — | 0,97 0,34 0,30 0,39 Kali. ee nF ,7 0,43 0,25 0,43 Natron . = A RE ‚6... 0,22 1,65 0,32 Schwefelsäure . 0,54 — 1.21,0,78 0,75 0,76 0,23 Phosphorsäure . 0,48 _ | 0,39 0,80 0,33 0,39 BNHor7 Diane 0:19 -- BES 0,04 | 0,23 0,07 Kieselsäure . . 0,51 == | 0,29 0,10 0,39 0,12 3. Kastanie | 2 2 8,89 13:19: -:1. 14,79 1,71.) 1,96 9,17 BereKalk"; 0... ; 2,35 3,47 3,38 2,48 | 2,92 3,80 Magnesia . . . 0,40 0,59 0,01 0,31 035 | 02 Kali a N 2,48 0,33 1,49 2,13 1,48 1,60 Dakron 22,274, 0,11 1,30 1,08 0,06 | 0,14 0,14 Schwefelsäure . 0,26 1,08 0,89 0,11 | 0,26 0,22 Phosphorsäure . 0,57 0,64 0,30 0,64 | 0,70 0,51 Brilon 0,61 04 | 072 023 | 012 0,31 Kieselsäure . . 1,60 2,64 2,21 0,09 0,09 0,10 4. Roggen Ann 5,86 4,35 | 4,77 Een Kalk .-. ... 0,32 0,36 0,75 Magnesia . . . 0,18 0,23 0,17 1.2 1 Aa FE Be 31, 0,49 | 0,40 Natıın #7; 0,23 0386 | 0,45 Schwefelsäure . 0,13 0,04 1.7912 Phosphorsäure . 0,20 030 | 0,7 la u 032 | .0,33 Kieselsäure . . 3,80 2,09 | 2,13 Der Boden der betreffenden Roggenfelder enthielt in der wasser- und humusfreien Substanz: nicht beschädigt beschädigt Obergrund Untergrund Obergrund Untergrund Yo % I y Kalzäturörc..; 0,85 9,59 0,96 1,45 Mamesie iu... 0,51 1,82 0,62 1,36 Kalle Arie. 0,32 0,19 - 0,26 0,20 NEON en. sa 0,05 0,03 0,05 v,09 Chibemesl3.r. 0,01 0,01 0,01 0,01 Schwefelsäure . . 0,03 0,02 0,02 0,02 — 9358 — Die Blätter und Zweige der erkrankten Bäume enthalten in der Asche erheblich mehr Natron, als die Blätter und jungen Zweige der ge- sunden Pflanzen und zwar ist dieser Mehrgehalt an Natron um so höher, je näher die kranken Bäume der Sodafabrik stehen. In den Blättern und Zweigen der Bäume nimmt mit dem Natrongehalt auch der Gehalt an anorganischer Säure zu, woraus zu schliessen ist, dass durch die Ein- wirkung der Soda auf die Blattsubstanz tiefgehende Veränderungen in der- selben hervorgerufen werden. Im @Gegensatze zu den Untersuchungs- ergebnissen bei den Blättern und Zweigen wurde bei dem erkrankten Roggen bei einem höheren Gehalt an Natron weniger Asche im ganzen und darin besonders weniger Kieselsäure festgestellt als beim Roggen. Es hat hiernach den Anschein, als ob der Sodastaub hier in der Weise schädlich gewirkt hat, dass er die Kieselsäure des Halmes gelöst und ausgewaschen hat, wodurch dann der Halm seine Steifigkeit verlieren würde. Die Untersuchungsergebnisse des Bodens zeigen, dass die Ver- änderung der Zusammensetzung der Pflanzensubstanz nicht in der Boden- zusammensetzung gesucht werden darf. Die Einwirkung von Soda auf Pflanzen ist von Ebermayer') in der Weise festgestellt worden, dass grüne Obstbaumblätter entweder nur kurze Zeit oder einen Tag oder auch mehrere Tage in eine verdünnte Sodalösung von 1,01 spez. Gew. getaucht wurden. Beim Herausnehmen aus der Flüssigkeit reagierten die Blätter stark alkalisch; nach dem Ab- trocknen der Blätter an der Luft war aber diese alkalische Reaktion verschwunden, nur an den Rippen wurde Curcumapapier zuweilen noch schwach gebräunt. Hieraus hat Ebermayer den Schluss gezogen, dass die Soda beim Trocknen in die Blätter eindringt und dass das Natron nicht nur durch die in demselben vorhandenen organischen Säuren, sondern auch durch Humussäuren vollständig gebunden wird, welche letzteren sich infolge der Zersetzung der Blattsubstanz unter Einwirkung des Sauerstoffs der Luft bilden und die dunkle Farbe der Blätter bedingen. Thatsächlich vollziehen sich aber durch die Einwirkung der Soda in den Blättern noch tiefer gehende Umsetzungen, wie die an der Versuchsstation in Münster ®) ausgeführten Untersuchungen zeigen. Zu diesen Versuchen wurden wachsende Pflanzen benutzt und zwar Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Klee, Kartoffeln, ferner Eichen, Kastanien, Fichten, Kirschen und Pflaumen. Die Sodaverstäubung in der Natur wurde nachgeahmt, indem Sodastaub durch Schütteln von caleinierter Soda in leinenen Beutelchen erzeugt und auf die Pflanzen aufgetragen wurde. Die Bestäubung erfolgte durchweg einmal oder zweimal am Tage; mitunter musste bei starker Be- ') Landw. Versuchsstat. 1877, 20, 392. ) Landw. Jahrb. 1892, 21, 407. 7 — 359 — schädigung die Verstäubung unterbrochen werden, damit sich die Pflanzen wieder erholten. Damit der Sodastaub auf den Blättern und Halmen haften blieb, wurde die Bestäubung entweder im betauten oder beregneten Zustande der Pflanzen vorgenommen; bei mehrtägiger Trockenheit wurden sie vorher mit Wasser besprengt. Bei Ver- dunsten des Wassers haftete die Soda durchweg als weisser Anflug auf der Oberfläche der Blätter, Halme oder Zweige. Während der Versuche zeigten die mit Soda bestäubten Blätter der Getreidepflanzen rostartige Flecken und Ränder, die Blätter von Klee, Kartoffeln und Laubbäumen schwarz- braune Flecken und Ränder, die Tannennadeln gelbrote Spitzen. Die Halme (wie auch Ähren) der Getreidearten nahmen unter dem Einflusse des Sodastaubes eine goldgelbe Färbung an, wurden leicht brüchig und knickten bei einigermassen heftiger Windbewegung leicht und mehr um, als es bei normal gewachsenen Pflanzen der Fall war. Bei diesen Ver- suchen erwiesen sich von den Feldpflanzen Kartoffel und Klee am empfind- lichsten gegen Sodastaub, ferner waren Weizen, Hafer und Roggen empfind- licher als Gerste. Von den Baumarten waren’ die Obstbäume am empfindlichsten, dabei junge Blätter empfindlicher als ältere Blätter. Um den Einfluss des Sodastaubes festzustellen, wurde die Ernte bei den Feldpflanzen ermittelt. Setzt man die von den unbestäubten Pflanzen geerntete Trockensubstanz — 100, so ergeben sich für die Trockensubstanz einer gleichen Anzahl bestäubter Pflanzen folgende Zahlen. Spez. 1000- I hl Körner | Ähren | Halıme |Gew. der | Körner- | Körner Körner [Gewicht g] wiegt kg Roggen unbestäubt . 100 100 100 1,354 27,57 76,06 x bestäubt . . | 21,07 65,16 74,05 1,241 17,28 70,10 Weizen unbestäubt . 100 100 100 | 1,349 36,33 82,11 = bestäubt ... "18:19 30,16 58,59 1,111 10,78 55,21 Gerste unbestäubt . 100 100 100 1,265 34,08 63,61 " bestäubt . . | 26,92 40,85 69,75 1,111 14,22 44,15 Hafer unbestäubt . 100 100 100 0,694 16,64 37,35 4 bestäubt . . | 22,22 25,15 51,03 0,498 9,35 22,88 Blätter u. Blüten Stengel Klee unbestäubt . . 100 100 :ıbestlerbt ix... 3% 83,88 48,13 Blätter Stengel Knollen Kartoffel unbestäubt . 100 100 100 & bestäubt. . 49,29 9,85 3,42 Weiterhin wurde die Asche der bestäubten und nicht bestäubten Pflanzen untersucht, um den Einfluss des Sodastaubes auf die Zusammen- setzung der Asche festzustellen. 360 Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind auf wasser- und sandfreie Substanz berechnet, folgende: 1. Körner Ähren Halme Wurzeln unbe- | be- |unbe- | be- |unbe- | be- |unbe- be- stäubt |stäubt |stäubt | stäubt |stäubt stäubt|stäubt | stäubt 7 0 9 0 / o 7 0 2; 0 gi 0 g: o | T Roggen: | Reinasche 2,33 | 2,68 | 1,84 | 8,98 | 5,75 | 7,49 | 7,69 | 9,37 Kalk 0,15 | 0,15 | 0,16 | 0,76 | 0,60 | 0,79 | 0,13 | 1,18 Magnesia 0,25 | 0,28 | 0,16 | 0,29 | 0,18 | 0,19 | 0,34 | 0,38 Kali 0,62 | 0,59 | 042 | 0,28 | 0,87 | 1,15 | 0,56 | 0,81 Natron 0,07 | 0,35 | 0,10 | 0,18 0,04 | 0,63 | 0,20 | 0,68 Schwefelsäure . 0,01 | 0,01 0,18 | 0,23 | 0,23 | 0,41 | 0,331 0,43 | Phosphorsäure 1,13 | 1,28 0,52 | 0,91 | 0,36 | 0,75 | 0,68 | 0,88 | Chlor . 0,01 | 0,01 | 0,02 | 0,02 | 0,17 | 0,21 | 0,11 | 0,14 Kieselsäure . 0,01 | 9,01 | 0,81 | 6,22 | 3,10 | 3,31 | 3,92 | 4,60 . Weizen: | - Reinasche 2,12 | 2,73 |14,05 \ 11,67 | 5374 | na | 773 11,0 | Kalk 0,09 | 0,20 | 033 , 0,52 | 0,42 | 0,61 | 1,%6 | 1,40 Magnesia 0,17 | 0,26 | 0,07 | 0,20 | 0,11 | 0,18 | 0,14 | 0,37 Kali 0,44 | 0,48 | 0,49 | 0,31 | 0,62 | 0,76 | 0,60 | 0,40 | Natron 0,06 | 0,24 | 0,23 | 0,55 | 0,28 | 1,20 | 0,49 | 1,06 Schwefelsäure 0,01 | 0,01 0,11 | 0,45 1.027 | 0,39 1 7257 050 Phosphorsäure 1,14 | 1,40 | 0,55 | 0,57.| 0,29 | 0,56 | 0,86 | 0,74 Chlor . 0,01 | 0,01 | 0,13 | 0,17 | 0,35 | 0,22 020 0,26 Kieselsäure . 0,01 |; 0,04 |13,01 | 8,80 | 3,36 | 3,79 | 3,59 | 6,46 . Gerste: | | Reinasche 3,57 | 5,72 |13,37 |15,48 | 8,32 | 12,44 | 1147 ‚12,10 Kalk 0,21 | 0,14 | 0,97 | 1,96 | 0,89 | 0,67 | 1,68 | 1,45 Magnesia 0,27 031 | 0,15 | 0,37 | 0,36 | 0,33 | 0,32 | 0,27 Kali 0,81 | 0,63 | 1,24 | 0,92 | 1,25 | 0,92 | 0,95 | 0,52 Natron 0,20 | 1,39 | 0,54 | 247 | 0,85 | 4,05 | 1,59 | 1,95 Schwefelsäure 0,06 | 0,22 0,45 | 0,99 | 0,57 | 0,56 | 0,93 | 0,98 Phosphorsäure . 1,32 | 1,43 | 0,59 | 0,72 | 0,69 | 0,83 | 1,01 | 0,75 Chlor 0,03 | 0,12 | 0,45 | 0,32 | 1,09 | 1,05 | 0,65 | 0,47 Kieselsäure . 0,52 | 1,37 | 8,86 | 7,88. | 2,79 | 419 | 4,47 | 5,39 . Hafer: | | Reinasche 4,89 | 6,35 |13,83 | 17,40 | 9,32 10,10 | 9,34 10,31 Kalk 0,24 | 0,18 | 126 | 1,21 | 0,75 | 058 | 0,897 | 115 Magnesia 0,29 | 0,26 0,33 | 0,53 | 0,39 | 0,38 | 0,19 ; 0,26 Kali 0,83 0,58 | 1,02 | 1,26 | 1,50 | 0,73 | 0,72 0,57 Natron 0,20 | 1,33 | 0,81 | 3,52 | 0,89 | 1,71 | 0,97 | 1,18 Schwefelsäure 0,08 | 0,33 0,49 | 1,71 | 0,37 | 0,42 | 0,32 ; 0,39 Phosphorsäure . 1,21 | 0,15 | 1,84 | 1,54 | 1,19 | 0,97 | 0,97 | 0,93 Chlor 0,03 | 0,15 | 0,19 | 0,21 | 0,64 | 0,52 | 0,30 | 0,32 Kieselsäure . 1,94 | 2,29 8,73 | 8,22 | 3,79 | 0,80 | 4,92 | 2,43 Blätter und Blüten Stengel Wurzeln b | bestäubt De bestäubt Bei bestäubt % Ye 0 Ya “le ho 5. Klee: | | Reinasche . 10,44 | 16,24 8,69 | 13,05 8,05 | 11,64 Kalk 5,19 | 2,09 3,94 3,07 1,53 1,80 Magnesia 0,78 | 0,55 1,15 0,73 0,91 0,61 Kali. 1,97 | 1,10 0,97 1,30 0,64 0,55 Natron . 532. | 6,81 0,51 4,14 0,93 2,43 Schwefelsäure 0,43 0,66 0,34 0,59 0,85 1,30 Phosphorsäure 1,08 | 0,95 0,91 0,80 1,30 1,12 Chlor 0,45 0,64 0,39 0,79 0,09 0,21 Kieselsäure 0,62 | 2,86 0,78 1,54 1,82 2,38 Blätter und Blüten Stengel Knollen | bestäube | bestäubt | yostanne | Destäubt | yostänpı | bestäubt Yo w | Yo Ye Fe 6. Kartoffel: | | Reinasche . 11,56 | 20,50 17 14,64 3,69 6,43 Kalk 4,67 5,16 | 3,25 6,40 0,13 0,34 Magnesia 1,68 1.08° 1,12 0,76 0,18 0,33 Kali . 1,56 1,56 | 0,78 2,00 1,97 4,41 Zweige Blätter oder Nadeln ac | bestäubt ne bestäubt Yo | Y ho ho 7. Eiche: Reinasche 3,99 4,61 6,56 11,22 Kalk . 1,68 1,60 2,25 1,48 Magnesia 0,30 | 0,32 0,37 0,22 Kali 0,386 | 0,22 0,58 0,47 Natron 052 | 0,87 0,40 4,40 Schwefelsäure 0,33 0,56 0,70 1,03 Phosphorsäure 0,66 0,55 1,02 1,77 Chlor 0,17 0,25 0,30 0,48 Kieselsäure 0,06 | 0,27 0,65 1,30 8. Rosskastanie: | Reinasche 4,48 | 6,00 9,98 10,82 Kalk. 2:05 +1 2,61 5,09 3,83 Magnesia 0,85 + 0,39 1,27 1,33 Kali 0,39 | 0,48 0,30 0,30 Natron 0,13 ° | 0,30 0,25 1,99 — 3562 — Zweige Blätter oder Nadeln Bine | bestäubt Be | bestäubt An | To la =. Schwefelsäure . . . . 024 | 0,42 0,40 0,66 Phosphorsäure . . . .. 0,69 | 1,07 0,60 1,79 IT A BA EI 0,33 0,25 060 | 08 Kieselsäure ... ee, 0,09 | 0,09 0,78 1,19 9. Edeltanne: | Reinasche! „aLLH. 2X 3,85 4,12 3.32 9,09 Kalt 7 Eu 0,89 087 1,84 1,55 Magnesia N 3 0,40 0,24 0,68. 1,39 Kalt ra EHRE 0,30 0,31 0,19 . VE Malone Er ae 2, 0,32 1,01 0,16 1,07 Schwefelsäure . . . . 0,44 0,45 0,38 0,67 Phosphorsäure „IF? 0,61 0,70 0,60 1,98 Uhlomsseree 2 Teen Ene 0,65 0,58 0,55 0,51 Kiesplsäure ı "TE: hr 0.05 0,07 0,88 1,63 10. Kirschbäumchen: Romaschet': Sea % 3,69 4,19 6,74 10,01 Kalk WM Rs 1,85 1,49 3,70 3,63 Meagnasi2 ı as 0,34 0,77 0,59 0,76 Kalıı 4.5 205 2 en 0,43 0,42 0,28 0,75 Natzon :z. „mar 0,01 0,26 0,09 1,78 Schwefelsäure . . . .- 0,36 0,40 0,53 | 1,24 Phosphorsäure . . . . 1,03 0,65 0,97 | 0,99 Ohlor nt Re es: 0,10 0,11 0,23 0,24 Kieselsäure ©... . : | 004 | 0,07 0,07 | 0,82 1l. Pflaumenbäumchen: | Beiniasehe:,........ ass 3,66 4,60 6,62 9,04 Kalk. de 1,69 2,03 3,18 2,35 Maghebin ES RE 0,24 0,19 0,74 0,60 Ka. N Eu 0,50 0,54 0,57 1,15 Natren 22. 0,20 0,78 0,12 2,18 Schwefelsäure . . . . 0,23 0,27 0,84 0,60 Phosphorsäure . . . » 0,43 0,31 0,54 0,56 Chlor. 7 73: B7 2 Ma 0,07 0,06 0,11 0,09 Kioselesdure: 20:0 == 0,03. 0,22 1,28 Durchweg ist eine Zunahme des Natrongehaltes in den bestäubten Pflanzen gegenüber den unbestäubten Pflanzen zu konstatieren. Gewiss besteht die Einwirkung des Sodastaubes zunächst in einer Störung der Blatttätigkeit, welche zuletzt mit dem Absterben des Blattes endigt und dadurch auch das ganze Wachstum der Pflanze hemmt; weiter aber dringt die Soda durch die Blätter in die Pflanze, wandert durch eh. — den ganzen Organismus bis zur Wurzel hinab und führt so eine Ver- mehrung des Natrongehaltes herbei. Für die Wurzeln kann der Mehr- gehalt an Natron auch zum Teil von dem auf den Boden gefallenen Soda- staub herrühren; die Untersuchung des Bodens nach der Ernte ergab in dem lufttrockenen Boden durch verdünnte Salzsäure (1:2) gelöst an Natron unbestäubt bestänbt 1. Stelle 2. Stelle Oberkrume 0,0281°, 0,0917%, 0,0747°, Natron Uhterkrume 0,0292 „ 0,0223 „ — „ Die Oberkrume enthält also unter den bestäubten Pflanzen mehr Natron, jedoch hat sich dieser Mehrgehalt an Natron nicht den unteren Bodenschichten mitgeteilt. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein Teil des höheren Natrongehaltes der Wurzeln bei den Cerealien aus dem auf den Boden verstäubten Sodastaub herrührt. Für ein direktes Ein- dringen der Soda in die Blattsubstanz sprechen auch die äusseren Ver- letzungen an den Blättern; die eingedrungene Soda bleibt aber nicht als solche bestehen, sondern ruft anderweitige Veränderungen in dem Ver- hältnis der Mineralstoffe zu einander ‘hervor. Denn mit dem Gehalt an Natron nimmt in den bestäubten Pflanzenteilen auch der Gehalt an Säuren zu, während die Menge der anderen Basen im allgemeinen dieselbe bleibt, wie in den nicht bestäubten Pflanzen. Vorwiegend sind es Kieselsäure und Schwefelsäure, vielfach auch Phosphorsäure und Chlor, welche mit dem Natrongehalt steigen. Eine Ausnahme hiervon bilden nur die Ähren der Getreidearten, indem hier die Kieselsäure in den bestäubten Ähren abnimmt; dazu hat bei Roggen und Weizen der Natrongehalt in den be- stäubten Ähren nur unwesentlich zugenommen und der Gesamtaschen- gehalt in denselben ist vermindert. Daraus ist zu schliessen, dass Mineral- stoffe, besonders Kieselsäure, an Natron gebunden, während des Reifens aus den Ähren in die Körner und Stengel gewandert sind. Bei den Ähren von Gerste und Hafer ist die Kieselsäure in den bestäubten Pflanzen ebenfalls geringer als in den unbestäubten Pflanzen, aber bei weitem nicht soviel geringer geworden, als bei Roggen und Weizen; die Zunahme an Natron in den bestäubten Ähren von Gerste und Hafer ist dagegen viel grösser als bei Roggen und Weizen und dementsprechend auch die Zu- nahme an Schwefelsäure und Phosphorsäure. Dieser Unterschied im Ver- halten der Ähren von Sommer- und Wintergetreide dürfte vielleicht darauf zurückzuführen sein, dass das erstere schneller wächst und reift als letz- teres, dass also der Wanderungsprozess der Mineralstoffe von den Ähren in die Körner und Halme sich bei dem Sommergetreide nicht in dem Masse geltend machen konnte, wie beim Wintergetreide. Im allgemeinen finden wir bei diesen Versuchen dieselben Beziehungen — 5604 — wieder, wie in dem oben erwähnten Falle aus der Natur, wo durch den Sodastaub einer Fabrik die benachbarte Vegetation beschädigt worden war. Einige interessante Fälle von Beschädigung der Pflanzen durch Flug- asche führt P. Sorauer!) an. Buschbohnen in der Nähe eines grossen Fabrikbetriebes in Aschersleben kümmerten, wurden gelb, die älteren Blätter wurden braun, marmoriert und fielen schliesslich verwelkt ab. Das marmo- rierte Aussehen der Blätter entstand durch Auftreten einzelner Brandflecken, die später mit einander verschmolzen. Kartoffeln und Rüben hatten in denselben Lagen nicht gelitten. P. Sorauer vermutet aus dem Aussehen der Flecken, dass Flugasche die Ursache sei. Bei ähnlichen Flecken auf Bohnenblättern lässt P. Sorauer die Entstehungsursache dahingestellt. Jeden- falls ist bisher der strikte Beweis für Schädigung durch Flugasche nicht geführt. Eine etwas anders aussehende Schädigung durch Flugasche beob- achtete P. Sorauer?) bei Bruckdorf in der Provinz Sachsen. Östlich einer Braunkohlengrube und Brikettfabrik vermochten die Feldbesitzer ausser Weisskohl keine anderen Arten Kohl mehr zu bauen. Bei den anderen Kohlarten, wie Blumenkohl, Wirsing- und Rosenkohl setzte sich soviel Flugasche zwischen die Kräuselungen der Blätter und in die Furchen des Blumenkohlkopfes, dass die Ware auf dem Markt zurückgewiesen wurde. Eine Ätzung der Blattsubstanz war aber nicht wahrzunehmen. Mit wenigen Worten sei noch der Wirkung des Staubes gedacht. Derselbe braucht nicht bloss durch Aufwirbeln von den Wegen und Feldern zu entstehen, sondern hat seinen Ursprung auch häufig in Fabrik- anlagen. Cement- und Gipsfabriken, Kalkwerke, Steinbrüche und ähnliche Betriebe produzieren eine grosse Menge von staubförmiger Substanz, die zum grössten Teile aus Kalk besteht. Die Pflanzen in der Nähe solcher Betriebe sind oft mit einer dichten weissen Staubschicht bedeckt. Das Grün der Blätter erscheint fahl und die Pflanzen machen von weitem einen nicht gerade gesunden Eindruck. Und doch schädigt die auf den Assimtlationsorganen liegende Staubdecke kaum direkt. Ganz abgesehen davon, dass jeder gründliche Regenguss, jeder stärkere Windstoss den Staub zweifellos zum Teil entfernt, ist ja die Decke doch nicht so stark, dass das Licht nicht mehr durchdringen könnte. Die Verminderung der Licht- wirkung auf den Chlorophyllapparat und die Herabsetzung des Luftaus- tausches durch Verstopfen der Spaltöffnungen könnten die einzigen schädi- genden Faktoren sein, die der an und für sich chemisch ganz unschädliche ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1898, Heft 29, S. 79. ?) Ebenda 1902, Heft 71, S. 180. — 365 ° — Staub dieser Art im Gefolge haben könnte. Es ist nicht zu leugnen, dass bei Cementfabriken Schaden entstehen kann, aber er wird dann durch den Steinkohlenrauch des Betriebes und nicht durch den Staub hervorgerufen. So berichtet Steffeck') über einen Fall, wo bei Tassendorf in der Provinz Sachsen grosse Flächen von Rübensamenfeldern durch Dämpfe und Cement- staub einer Cementfahrik beschädigt wurden. Wie wenig die Herabsetzung der Lichtintensität zu fürchten ist, dafür kann man ein allbekanntes Beispiel in dem sogenannten Russtau der Bäume anführen. Oft überziehen die denselben verursachenden Pilze die Blätter der Eichen, Linden, Weiden ete. mit so dichter Schicht, dass man es kaum für möglich halten sollte, dass noch Licht durch sie hindurchdringt. Und doch muss es der Fall sein, denn nach Abhebung der schwarzen Decke zeigt sich das Blatt stets freudig grün und völlig unbeschädigt. Die Verstopfung der Spaltöffnungen kommt noch weniger in Betracht. Erstens befinden sie sich fast ausschliesslich auf der Blattunterseite und sind durch ihre Lage- allein also schon genügend gegen Eindringen von Fremdkörpern geschützt, zweitens sind sie gegenüber den Staubkörnchen sehr klein, so dass wohl nur ganz wenige Partikelchen überhaupt in der Lage sein könnten, die enge Spalte zu passieren oder zu verstopfen. Wenn man die Eisenbahnstrecke von Walkenried nach Nordhausen passiert, so sieht man zu beiden Seiten der Bahn Bestaubung der Vege- tation in grossartigstem Massstabe. Die zahlreichen Gipsbrüche und Gips- fabriken, die hier am Südabhange des Harzes liegen, erzeugen eine derartige Menge von Staub, dass sich gewiss schon einmal Schädigungen gezeigt haben würden, wenn überhaupt diese Art von Staub eine schädigende Wirkung ausüben könnte. 4. Einwirkung auf das Vieh. Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob durch Flugstaubauflagerun- gen der Wert der Pflanzen, z. B. bei Futterpflanzen für die Fütterung beein- trächtigt wird; diese Frage muss bedingungslos bejaht werden, da Staub- teilchen der angegebenen Art keinen Futterwert besitzen, ja durch scharfe Kanten und Ecken im Tierkörper Verletzungen herbeizuführen vermögen, welche gesundheitliche Nachteile zur Folge haben können. Hier mag daher kurz noch eine mit dem vorhergehenden eng zusammenhängende Frage erörtert werden, welche bei Klagesachen vielfach aufgeworfen wird, nämlich die nach der Schädlichkeit des Hüttenrauches für das Vieh. Sehr eingehende Untersuchungen nach dieser Richtung rühren von Haubner?) her und zwar stützen sich dieselben auf Beobachtungen in der ') Arb. d. Deutsch. Landw. Ges. 1902, Heft 71, S. 113. 2) Archiv f. wissensch. u. prakt. Tierheilkunde 1878, 4, 97, 241. — 566 — Nähe der Freiberger Hütten. Hier verfiel Rindvieh auf allen den Gehöften, deren Fluren vom Hüttenrauch getroffen wurden, einer Siechkrankheit, die früher oder später zum Tode führte; da, wo von Hüttenrauch ge- troffenes Futter verfüttert wurde, war eine Erhaltung der Selbstaufzucht nicht möglich; die Milchkühe gaben nach dem Futter wenig und fettarme Milch und auch nach dem Kalben dauerte die Milchabsonderung nur eine kürzere Zeit an. Nach Haubner ist diese sogenannte Siechkrankheit zu den chronischen Vergiftungen zu zählen und man kann bei derselben folgende Krankheitsarten unterscheiden: a) sogen. Säurekrankheit, eine Art Knochenkrankheit (oder Mark- flüssigkeit), die durch die Einwirkung der Säuren (schweflige oder Schwefel- säure) auf die Futterpflanzen hervorgerufen wird; b) Lungentuberkulose mit ihren Vorläufern, dem Trachial- und Bronchialkatarrh und der käsigen Pneumonie; c) Entzündungszustände und Quetschungen im Magen und die Perforation des Labmagens. Letztere beiden Krankheiten sollen durch den Flugstaub hervor- gerufen werden. Die Symptome, unter denen die Säurekrankheit auftritt, giebt Haubner in folgender Weise an: »Unter häufigen Durchfällen (mit saurer Reaktion) tritt zunächst die Bleichsucht und die Harthäutigkeit auf, die sichtbaren Schleimhäute und Conjunctiva werden auffällig blass; die Haut wird trocken, hart und sitzt fest auf, besonders am Rippengewölbe, ist dabei staubig, unrein; das Haar glanzlos, struppig, verwirrt; dazu kommt später Minderung der Fresslust, Nachlassen in der Milch und all- mähliche Abmagerung; der Urin ist auffallend blass, klar, wasserhell, ohne Bodensatz und von saurer Reaktion. Hierzu gesellt sich eine eigentümliche Stellung und Körperhaltung der Tiere; sie stehen mit gesenktem Kopf und Halse, können diese nicht mehr gehörig aufrichten, der Rücken ist gekrümmt, das Becken ist gesenkt; die Hinterschenkel nehmen in allen Gelenken eine mehr gerade, steile Stellung an, die sich zuerst im Fessel- gelenke als eine steile köthenschüssige Stellung ausspricht; dann folgt auch das Sprung- und Hinterkniegelenk, so dass die Winkelung sich immer mehr mindert; später treten Erscheinungen hinzu, die ein Knochen- leiden bekunden; z. B. zeitweilige Schmerzen in den Gelenken, die sich durch Steifheit und Schwerbeweglichkeit aussprechen; Auftreibung der (Gelenke, insbesondere des Sprungknie- und Fesselgelenkes und zuletzt Auftreten der Markflüssigkeit und Knocherbauchigkeit. Abmagerung und Hinfälligkeit nehmen immer mehr zu, die Tiere liegen viel, können kaum von dem Lager sich erheben und verfallen schliesslich dem Tode. Auch treten die Erscheinungen deutlicher bei Jungvieh als bei erwachsenem Vieh auf.« — 3567 — Ähnliche Beobachtungen hat J. König') in der Umgegend der Zink- hütte bei Dortmund, welche Zinkblende verarbeitet, gemacht. Es ist erklärlich, dass das Urteil Haubners grosse Beunruhigung hervorgerufen und weitere Untersuchungen veranlasst hat; letztere sind von M. Freytag?) ausgeführt worden und zwar betreffen dieselben eben- falls die Umgegend der Freiberger Hütten. Die Schlussfolgerungen aus diesen Untersuchungen, soweit dieselben uns hier interessieren, sind folgende: »Weiter haben meine vielen Analysen mit Sicherheit ergeben, dass auch die von Hüttenrauch stark befallenen Futtergewächse, wenn sie nicht absterben, in ihrer Zusammensetzung sich nicht von den in der Nähe ge- wachsenen und weniger oder garnicht befallenen unterscheiden. Es ist daher nach meiner vollen Überzeugung die Annahme eines verminderten Ausnutzungswertes der noch gewonnenen Futtergewächse irrig, und entbehrt der darauf basierte Viehkapitalverlust seine Unterlage... Ein Ausfall in der Quantität der Futtergewächse durch Hüttenrauchbeschädigung muss voll entschädigt werden, während für den noch gewonnenen Teil eine Entschädi- - gung in keiner Form sich empfiehlt. »Dagegen können Futtergewächse, selbst wenn sie sichtbar nicht be- schädigt sind, den Tieren beim Genuss verderblich werden, wenn auf den Blättern grössere Mengen von Metallverbindungen haften, welche Ent- zündungen und Anätzungen der Schleimhäute der Verdauungsorgane be- wirken und unter ungünstigen Umständen den Tod veranlassen können. »Gegen diese Wirkung schützt eine blosse Lokalinspektion nicht aus- reichend; denn wenn es im allgemeinen richtig ist, dass die durch saure Dämpfe und Vitriole sichtbar beschädigten Pflanzen gewöhnlich auf ihren Blättern die grösste Menge Flugstaub enthalten, und dass bei abnormem Schwefelsäuregehalt auch die Menge der Metallverbindungen wächst, so gilt dies doch nicht für alle Fälle, wie ebenfalls die untersuchten Heu- und Klee-Proben beweisen. Es ist sogar möglich, dass die Pflanzen ganz un- beschädigt bleiben, und das Rindvieh durch den Genuss der an den Blättern haftenden Metallverbindungen zu Grunde geht, wie ich wiederholt in der Nähe des Bergwerks- und Hüttenbetriebes bei Commern in der Eifel zu konstatieren Gelegenheit hatte, wo der weissbleierzhaltige Flugstaub den Pflanzen ganz unschädlich ist, dem Rindvieh aber die meist tötdliche Heu- krankheit bringt. »Die Nachweisung der Erkrankung oder des Todes von Tieren infolge Genusses flugstaubhaltiger Futtermittel lässt sich durch die Ergebnisse der Sektion und die Besichtigung der inneren Organe allein nicht führen. ') J. König, Verunreinigung der Gewässer 1899, 2, 441. °) Jahrb. f. d. Berg- u. Hüttenw. i. Kgr. Sachsen a. d. Jahr 1873, Abh. 3 u. 1875, Abh. 3. — 368 — Wenn auch Entzündungen der Schleimhäute, des Magens und der Därme, und in noch höherem Grade Anätzungen oder gar Geschwüre es wahr- scheinlich machen, dass Flugstaub die Erkrankung verursacht hat, so ist ein Beweis dafür noch nicht erbracht, indem diese Erkrankungen einmal auch auf andere Ursachen zurückgeführt werden können, und andererseits die korrodierenden Metallverbindungen den Tieren beigebracht werden können, ohne dass dieselben in Form von Flugstaub mit den Futter- gewächsen in den Körper gelangt sind. »Ich erkläre deshalb neben der Sektion die chemische Untersuchung a) des Magen- und Darm-Inhaltes, und b) des Futters, womit das Vieh zur Zeit der Erkrankung ernährt worden ist, für absolut erforderlich. »Meine fortgesetzten Untersuchungen und Beobachtungen haben die schon in meinem ersten Bericht ausgesprochene Ansicht bestätigt, dass die Bestandteile des Hüttenrauchs der Freiberger Hütten in keiner Weise als die ursächlichen Momente zur Erzeugung der Knochenbrüchigkeit angesehen werden können, und dass der Hypothese über die Erzeugung der so- genannten Säurekrankheit durch dieselben jede reelle Unterlage fehlt. »In gleicher Weise ist bisher noch kein brauchbarer Anhaltspunkt für die Zurückführung der Tuberkulose des Rindviehs auf die Wirkung des Hüttenrauchs erbracht worden. »Diese Krankheit, welche in neuerer Zeit stärker im sächsischen Erz- gebirge herrscht, während die sogenannte Säurekrankheit fast ganz ver- schwunden ist, zeigt sich in ihrem Verlaufe ganz analog wie an anderen Orten. Lungentuberkulose wie Knochenbrüchigkeit sind von dem Hütten- rauch ganz unabhängige Krankheiten. Kommen Tiere mit dem Keim dazu in die dortige rauhe Gegend, so werden dieselben bei dürftiger Pflege und Ernährung viel rascher erkranken und durch den auf dem Futter erventuell haftenden Flugstaub stärker leiden. »Erregt das Krankheitsbild und der Sektionsbefund Verdacht einer Beschädigung durch den Hüttenrauch, so müssen die Kontente des Magens und der Därme, ausserdem Proben des Futters, womit das Vieh zur Zeit der Erkrankung ernährt worden ist, einer chemischen Untersuchung auf Metallverbindungen unterworfen werden. Ergiebt diese Analyse mehr als Spuren der fraglichen giftigen Metallverbindungen, so ist der Beweis der Erkrankung durch den Hüttenrauch erbracht und muss volle Entschädigung für den Verlust gewährt werden«. Im allgemeinen kann diesen Schlussfolgerungen M. Freytags nur bei- gepflichtet werden; sicherlich. sind die Ansichten, wie sie auf Grund der Ausführungen Haubners zu Tage getreten sind, in vielen Fällen zu weit- gehend und besonders wird der Einfluss der sauren Rauchgase auf die Zusammensetzung des Grases und der übrigen Futtergewächse zu sehr überschätzt. Zweifellos leiden die Tiere, wenn sie öfters oder, wie in MW: "3: 2 wu x? | x L; { | — 369 — Westfalen vielfach, Tag und Nacht den ganzen Sommer hindurch auf Weiden sich aufhalten müssen, welche dem Hüttenrauche ausgesetzt sind; dadurch können gewiss gesundheitliche Nachteile herbeigeführt werden. Für gewöhnlich wird man aber zunächst die Ursache für die nachteilige Wirkung auf die Tiere weniger in der direkten Einwirkung der Rauch- gase auf die Tiere suchen müssen, als vielmehr in der Verunreinigung der Futtergewächse durch Auflagerung der Flugstaubbestandteile, die bei der Verfütterung nachteilig wirken. Als Beispiel dafür mag noch folgender von P. Sorauer'!) angegebene Fall dienen. Bei Bruckdorf in der Provinz Sachsen wurden die Rübenfelder derartig durch Flugasche einer Brikettfabrik überschüttet, dass die Blätter an ihrem Grunde durch Anhäufung der Asche in der Blattstielrinne schwarze Krusten bekamen. Die Landwirte weigerten sich, derartige Blätter zu verfüttern und wiesen darauf hin, dass einige Jahre vorher Rindvieh eingegangen ist, in dessen Magen sich litergrosse Ansammlungen von Asche befunden haben. 1) Arb. d. Deutsch. Landw. Ges., 1902, Heft 71, 8. 113. Haselhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 24 Allgemeine Bemerkungen über Rauchexpertise. I. Kapitel. Der Wert der chemischen Pflanzen- und Bodenuntersuchung. Nach den bisherigen Ausführungen kann es kaum einem Zweifel unterliegen, dass wir auch heute noch in der chemischen Untersuchung der Pflanzen das wesentlichste Hilfsmittel für den Nachweis einer Beschädigung der Vegetation durch Rauch haben. Es sind früher andere Wege, welche zu diesem Ziele führen sollten, angegeben worden"), wie z. B. die Unter- suchung des Regenwassers, das Auffangen der Rauchgase durch mit chemischen Agentien getränkte Zeuglappen, Anbau von sogenannten Fang- pflanzen; dabei ist bereits erörtert worden, inwieweit diese Vorschläge Berücksichtigung verdienen. Neben der chemischen Untersuchung ist die botanische bezw. mikroskopische Untersuchung der Pflanzen oder Pflanzen- teile von grossem Werte; wir haben schon früher erwähnt, dass bei Be- schädigungen durch Asphaltdämpfe bisher die chemische Untersuchung kaum Positives ergeben hat, dagegen die mikroskopische Untersuchung den Nachweis der Beschädigung erbringen kann. Es ist unzweifelhaft das grosse Verdienst von R. Hartig, dass er auf die Notwendigkeit einer stärkeren Berücksichtigung der Botanik bei den Untersuchungen über Rauchschäden hingewiesen hat, aber die Schlussfolgerung aus seinen Untersuchungen, dass für Nadelholzpflanzen bei Beschädigungen durch Rauchgase eine jede chemische Untersuchung unnötig sei, ist zu weitgehend und hat sich bei anderweitigen Versuchen auch als nicht stichhaltig erwiesen. Man darf aber den Wert der chemischen Analyse nicht überschätzen; derselbe. liegt einzig und allein darin, den Nach- weis der Rauchbeschädigung zu führen, nicht aber soll durch die chemische Untersuchung auch der Grad der Beschädigung festgestellt werden. Wie wenig berechtigt die Ansicht R. Hartigs ist, dass die Frage des Wertes der 1): 8.26. -_ u Schwefelsäurebestimmung nur noch eine historische Bedeutung habe, ergeben wohl am besten die zahlreichen Beispiele des Nachweises einer Beschädigung durch schweflige Säure in den vorhergehenden Kapiteln durch eben diese Schwefelsäurebestimmungen. Auch B. Borggreve') hält von der Beweiskraft der Schwefelsäurebestimmung bei Rauchschäden nicht viel und kommt zu dem Schluss, dass heute »mit den ewig wiederholten banalen Schwefelsäurebestimmungen« nicht mehr zu beweisen ist, als was wir nicht schon längst wüssten. Diesen Einwand B. Borggreves hat J. v. Schroeder mit Recht scharf zurückgewiesen; hier ist volle Klarheit um so mehr am Platze, als besonders in Streitsachen mit Berufung auf die von B. Borggreve aufgestellte Behauptung nur Verwirrung und Irre- führung verursacht werden kann. Daher soll hier die Zurückweisung, welche J. v. Schroeder?) der Behauptung B. Borggreves hat angedeihen lassen, wörtlich wiedergegeben werden; J. v. Schroeder sagt: „Wenn mir nun bei einem gerichtlichen Falle in Zukunft gegen Schlüsse, die ich aus Schwefelsäurebestimmungen ziehe, die Borggreveschen Einwände vorgehalten werden, so würde ich mich einfach darauf beziehen, dass Borggreve an verschiedenen Stellen seines Buches von sich selbst sagt, dass er nicht genügend Chemiker ist, dass er chemische Methoden nicht beurteilen kann und dass er von Chemie überhaupt nichts oder doch so gut wie nichts versteht“. Es kann und soll auch durchaus nicht verhehlt werden, dass be- sonders in denjenigen Kreisen, welche durch die Rauchgase industrieller Betriebe zu leiden haben, über die Bedeutung der Schwefelsäurebestimmung vielfach eine falsche Anschauung herrscht, indem man geneigt ist, jede den normalen Schwefelsäuregehalt der betreffenden Pflanzen übersteigende Menge auf eine Beschädigung durch schwefligsaure oder schwefelsaure Rauchgase zurückzuführen. Man geht hierbei von der unrichtigen An- nahme eines allgemein feststehenden Gehaltes der Pflanzen an Schwefel- säure aus. B. Borggreve hat durchaus recht und kann auch der all- gemeinen Zustimmung sicher sein, wenn er sich gegen die Einführung eines solchen Normalgehalts an Schwefelsäure oder anderer Rauchbestandteile ausspricht. Nicht die absolute Menge des betreffenden Rauchbestandteiles — hier der Schwefelsäure —, sondern die Erhöhung desselben in den Pflanzen in der Nähe der Rauchquelle im Verhältnis zu dem Gehalte der in grösserer Entfernung von der Rauchquelle gewachsenen Pflanzen muss für die Beurteilung einer etwaigen Rauchbeschädigung massgebend sein. Es ist schon früher darauf hingewiesen worden, wie sehr die Menge der einzelnen Pflanzenbestandteile von dem Boden, Klima u. s. w. abhängig ') Waldschäden im oberschl. Industriebezirk ete., Frankfurt 1895. ”) Beschädigung der Vegetation durch Rauch, Vortrag 1895. 24* ist, so dass bei Beurteilung der Untersuchungsergebnisse die örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen; geschieht dieses, so wird die chemische Untersuchung der Pflanzen und Pflanzenteile zu einem richtigen Urteile führen und ein übernormaler Gehalt der Pflanzen an Schwefelsäure oder anderen in Frage kommenden Rauchbestandteilen nicht zu der irrtüm- lichen Annahme einer Rauchbeschädigung Veranlassung geben. Daraus folgt aber weiter, wie notwendig es für die Beurteilung eines Rauchschadens ist, dass der Gutachter die rauchbeschädigten Pflanzen selbst an Ort und Stelle gesehen und dabei die örtlichen Verhältnisse eingehend studiert hat; dazu ist sehr oft eine wiederholte Besichtigung und Probenentnahme von Boden und Pflanzen notwendig. Nicht selten werden dem Chemiker Proben von angeblich rauchbeschädigten Pflanzen zur Untersuchung oder zur Feststellung einer schädlichen Einwirkung saurer Rauchgase übersandt; auf Grund einer solchen Untersuchung kann aber niemals ein abschliessendes Urteil gefällt werden, sondern es kann sich hierbei stets nur um eine vorläufige Orientierung handeln, was nach den bisherigen Auseinander- setzungen erklärlich erscheinen dürfte. Wir haben bereits früher eingehend die Untersuchungen über die Einwirkung der Rauchgase auf den Boden mitgeteilt’); hiernach muss die vielfach in praktischen Kreisen herrschende Ansicht, dass die Ursache der Erkrankung der Pflanzen bei Rauchbeschädigungen in dem Boden zu suchen sei, als irrig bezeichnet werden. Und doch werden wir bei der Fest- stellung von Rauchschäden die Bodenuntersuchung nicht ausser Acht lassen dürfen, denn die Zusammensetzung des Bodens ist für die Zusammensetzung der Pflanzen bestimmend; deshalb wird sich ein Mehrgehalt des Bodens z. B. an Schwefelsäure auch in einer grösseren Schwefelsäuremenge in den Pflanzen bemerkbar machen. Würde man nun die gesunden Gegenproben zu den erkrankten Pflanzen von einem Boden entnehmen, der weniger von dem fraglichen Rauchbestandteille oder — um bei dem Beispiele zu bleiben — Schwefelsäure enthält, als der Boden des Standortes der er- krankten Pflanzen, so wäre nicht ausgeschlossen, dass ein Mehrgehalt der erkrankten Pflanzen an Schwefelsäure gegenüber den gesunden Pflanzen in der Bodenzusammensetzung und nicht in einer Beschädigung durch schwefligsaure oder schwefelsaure Rauchgase zu suchen ist. Wenn aber in dem Schwefelsäuregehalte des Bodens in der Nähe und in grösserer Entfernung von der Rauchquelle kein wesentlicher Unterschied besteht, dagegen die Pflanzen auf diesen Böden im Schwefelsäuregehalte von ein- ander abweichen und zwar in der Nähe der Rauchquelle mehr Schwefel- säure enthalten, dann liegt ein begründeter Verdacht vor, dass dieser Mehr- gehalt an Schwefelsäure in den Pflanzen auf die nahegelegene Rauchquelle ) 8,11, 41, 232, 329. u A De 2 . zurückzuführen sei. Die Zusammensetzung des Bodens wird selten einen Schluss auf eine Einwirkung von sauren Rauchgasen erkennen lassen; es kann auf die früheren Mitteilungen hierüber verwiesen werden. Aber selbst eine solche Einwirkung angenommen, so kann sie sich wohl kaum anders als in einem brachliegenden Boden bei längerer Dauer in der Zusammensetzung zu erkennen geben; da es sich zumeist um lösliche Sulfate oder Chloride handelt, so wird man damit rechnen müssen, dass diese Salze durch atmosphärische Niederschläge oder auch durch die Bodenfeuchtigkeit in den Untergrund gespült werden. Es ist deshalb von Wert, dass die Ent- nahme von Bodenproben nicht auf den Öbergrund beschränkt bleibt, sondern auch der Untergrund hierbei herangezogen wird und zwar so weit, wie die Wurzeln reichen, um in jedem Falle sicher zu sein, dass ein Mehrgehalt der Pflanzen an dem fraglichen Rauchbestandteil nicht etwa auf die Bodenzusammensetzung zurückzuführen ist. Alles in allem läuft also die Bodenuntersuchung bei der Feststellung von Rauchschäden darauf hinaus, nachzuweisen, inwieweit die Bodenzusammensetzung bei einer abnormalen, d. h. im Gegensatz zu unter gleichen Vegetationsbedingungen gewachsenen Pflanzen verschiedenen Zusammensetzung kranker Pflanzen mit- gewirkt hat. Daraus ergiebt sich von selbst, dass dieser Zweck der Boden- untersuchung nur erreicht werden kann, wenn die Bodenproben an den- selben Stellen entnommen werden, von denen die Pflanzenproben stammen. II. Kapitel. Der Wert der botanischen Untersuchung. Wenn es auch keinem Zweifel unterliegt, dass bei dem heutigen Stande der Rauchexpertise der Chemiker das gewichtigste und in den meisten Fällen auch das entscheidende Wort bei der Feststellung der Be- schädigungsart zu sprechen hat, so ist doch andererseits auch der botanische Teil der Forschung nicht zu vernachlässigen und muss deshalb mehr als es bis heute der Fall gewesen ist, berücksichtigt werden. R. Hartig hat neuerdings darauf hingewiesen, dass die Mitarbeit der Botaniker bei der Rauchexpertise notwendig sei. Wenn er aber die Ansicht aussprach, dass die botanische Untersuchung die chemische vollständig zu ersetzen imstande sei, so hat er die Unvollkommenheit und Unsicherheit der bisherigen botanischen Methodik doch nicht gehörig in Rücksicht gezogen. Dieser Ansicht ist denn auch von E. Ramann, P. Sorauer und A. Wieler widersprochen worden. Aber trotzdem dürfte eines doch aus den Ausführungen des speziellen Teiles zur Genüge hervorgehen, dass die botanische Analyse ungleich ein- facher und weniger zeitraubend ist, als die chemische. Wenn sich in Zukunft die botanische Forschung mehr als bisher für die Frage der m — — 3714 — Rauchbeschädigungen interessieren wird, so ist zu hoffen, dass dadurch neue Gesichtspunkte für die Beurteilung der Rauchschäden unserer Pflanzen gewonnen werden, wobei sich dann sicherlich ergeben wird, dass in vielen Fällen die Botanik als gleichwertige Disziplin neben der Chemie steht, in manchen Fällen sogar sicherere Aufschlüsse giebt als die chemische Unter- suchung; letzteres ist dann zu erwarten, wenn es sich um die Untersuchung der Inhaltsveränderungen der Zellen handelt. Die botanische Untersuchung lehrt uns nicht ein einheitliches Merkmal für die Rauchbeschädigung kennen, weder ein makro- noch ein mikro- skopisches, sondern sie giebt uns nur einen Komplex von Merkmalen an, die bei Rauchschäden meist aufzutreten pflegen. Alle diese müssen wir berücksichtigen, ehe wir die Diagnose auf Rauchschaden stellen. Für eine orientierende Besichtigung sind natürlich augenfällige Merkmale in erster Linie in Betracht zu ziehen. Fleckenbildung und Missfärbung der Blätter, Zweigdürre, Absterben etc. werden genau zu beobachten sein. Dabei haben || wir uns aber stets vor Augen zu halten, dass alle diese Merkmale fast in | derselben typischen Weise auch durch andere Ursachen erzeugt werden). Das äussere Bild der erkrankten Pflanze gewährt uns also keineswegs die volle Sicherheit, dass gerade Rauch die Ursache der Krankheit ist. Genau eben so verhält es sich wahrscheinlich mit den mikroskopischen Merk- malen, nur sind wir hier in der ungleich glücklicheren Lage, eine grosse Zahl von Schadenursachen ohne weiteres erkennen und daher ausschliessen zu können. Alle Insekten- und Pilzschäden können wir von vornherein als stets erkennbar bei mikroskopischer Untersuchung ansehen. Es würden also nur die durch unbelebte Ursachen erzeugten Krankheiten übrig bleiben. Eine weitere Frage ist, ob es mit Hilfe botanischer Untersuchungs- methoden möglich ist, nachzuweisen, welche Rauchart den Schaden verursacht hat. Wir haben im speziellen Teile häufig auf Unterschiede hinweisen können, die sich in der Form und Anordnung der Blattflecken je nach der Ursache , zeigten. Aber wir sahen auch gleichzeitig, dass die Merkmale, welche die ' Wirkung einer bestimmten Rauchart charakterisieren, nicht immer gleich sind; sie schwanken innerhalb weiter Grenzen und die scharfe Definition der für eine Rauchart typischen Verletzungen ist deshalb ausserordentlich schwer, oft beinahe unmöglich. Da gilt es denn, allerhand Nebenumstände in Betracht zu ziehen, die glücklicherweise bei eingehender Besichtigung sich meist von selber zu ergeben pflegen. Gerade bei Nadelhölzern wird es ohne Berücksichtigung von Nebenerscheinungen kaum möglich sein, auf die Rauchart zu schliessen, weil ja jede Säurebeschädigung sich in den mehr oder weniger gleichartigen Nadelrötungen kund giebt. Bei Laubhölzern ist nach Form und Farbe der Flecken die Unterscheidung schon leichter, ') Vergl. dazu S. 12. aber dafür sind für viele wildwachsende Arten die Verletzungen noch nicht eingehend studiert worden. Ausserdem kommt noch als erschwerendes Moment die individuelle Resistenz hinzu, deren Ursachen wir so wenig zu durchschauen vermögen. Man sollte eigentlich nach dieser Darlegung über den Wert der botanischen Methodik recht pessimistisch denken. Dazu liegt aber unseres Erachtens um so weniger Grund vor, als bisher die Botanik zur Rauch- expertise noch zu wenig herangezogen worden ist, um ihre Vorteile zeigen zu können. Wenn erst die Fragen, welche die botanische Forschung zu lösen hat, schärfer formuliert sein werden, werden der Fortschritt und der Wert der mikroskopischen Untersuchung sich bald geltend machen. Gute Aussıchten für die Rauchexpertise scheint die Methode der Fangpflanzen zu haben, aber auch sie müsste erst weiter herausgebildet werden. Vor allen Dingen müssten diejenigen Arten, welche sich zu Rauch- fangpflanzen eignen, festgestellt und weiter untersucht werden, in welcher Weise sie auf Rauch reagieren und wie die verschiedenen Raucharten wirken. Das kann nur auf dem Wege langwieriger Experimente geschehen, bei denen die grösste Vorsicht und die sorgfältigste Anordnung geboten sind. II. Kapitel. Die Ortsbesichtigung und die Probenahme. Die örtliche Besichtigung hat bei Beschädigungen der Vegetation durch Rauchgase einen grösseren Wert als vielfach angenommen wird, 'selbstredend aber nur dann, wenn der richtige Zeitpunkt dafür aus- gewählt wird. So selbstverständlich es scheinen mag, dass für die Orts- besichtigung diejenige Zeit gewählt wird, zu der Rauchbeschädigungen an Pflanzen durch äussere Merkmale besonders erkennbar sind, so muss hierauf doch ausdrücklich hingewiesen werden, weil sehr oft hiergegen gefehlt wird; es ist schon oft vorgekommen, dass Ortsbesichtigungen zur Feststellung von Rauchschäden zu einer Zeit angesetzt wurden, wo die Vegetation ruhte. Die Erfahrung hat gelehrt, dass sich bei Forst- und Obstpflanzen für die Probenahme die Zeit nach Mitte Juli am besten eignet. Bei Feldpflanzen oder Halmgewächsen würde man zu dieser Zeit an den Pflanzen selbst äussere Merkmale der Einwirkung saurer Rauch- gase nicht feststellen können, da dann bereits eine Verfärbung der Pflanzen infolge der vorgeschrittenen Vegetationszeit eingetreten ist; daher wird man hier bereits im Monat Juni zur Ortsbesichtigung schreiten müssen und zwar bei Winterfrüchten im Anfange, bei Sommerfrüchten gegen Mitte bis Ende dieses Monats. Bei Hackfrüchten (Kartoffeln, Rüben) und Futterpflanzen wird die Ortsbesichtigung am besten in der Zeit von Mitte Juni bis Mitte oder Ende August ausgeführt. Natürlich können diese Zeitpunkte nur allgemein als Anhaltspunkte dienen; je nachdem die Frühjahrswitterung für eine zeitige Entwickelung der Pflanzen günstig gewesen ist, und je nach der Höhen- lage wird eine Verschiebung der obigen Zeitangaben stattfinden müssen; man wird dabei zweckmässig die Besichtigungen beginnen, sobald die Pflanzen in voller Vegetation stehen. Wiederholte Besichtigungen sind dann unerlässlich, wenn dem Gutachter die örtlichen Verhältnisse nicht schon bekannt sind. Bei solchen wiederholten Besichtigungen wird es leicht sein, die äusseren Merkmale, welche durch die Einwirkungen der Rauchgase verursacht sind, von denjenigen, die auf andere Ursachen zurückzuführen sind, zu unterscheiden. Ist eine wiederholte Unter- suchung an Ort und Stelle nicht möglich, so sollten um so mehr alle Aufzeichnungen über Witterungsverhältnisse (Nachtfröste, anhaltende Dürre, übergrosse Regenfälle u. s. w.) und andere das normale Wachstum der Pflanzen beeinflussende Faktoren berücksichtigt werden. Weiter ist bei der Ortsbesichtigung und der Verwertung der dabei gemachten Beobach- tungen für die Beurteilung der Schadensursache zu beachten, dass die schädliche Wirkung der sauren Rauchgase nicht bei allen Gewächsen gleich stark auftritt; die früher mitgeteilten Resistenzreihen') geben hierfür Anhaltspunkte. Ausserdem ist zu berücksichtigen, in welchem Masse die Pflanzen befähigt sind, den durch Rauchgase erlittenen Schaden durch Reproduktion wieder auszugleichen. J. v. Schroeder kommt zu dem Schluss, dass die Pflanzen, welche mit der geringsten Empfindlichkeit der Blattorgane das grösste Reproduktionsvermögen vereinigen, im ganzen ausdauernder und restistenter sein werden, als solche, deren Blätter empfind- licher sind und deren Reproduktionsvermögen gleichzeitig ein geringes ist. Es ist früher ausführlich erörtert worden”), durch welche sonstigen Ursachen ähnliche äussere Merkmale an den Pflanzenorganen hervorgerufen werden können, wie wir dieselben als Kennzeichen für Rauchbeschädigungen be- schrieben haben; Täuschungen sind hier sehr leicht möglich und so oft schon vorgekommen, dass man den Wert der Feststellung äusserer Zeichen bei Beurteilung von Rauchschäden vielfach gleich Null setzt. Wir können dem nicht beipflichten, sondern glauben vielmehr, dass die äusseren Merk- male bei voller Berücksichtigung der örtlichen Wachstumsfaktoren ganz wesentliche Stützpunkte der sich aus der nachfolgenden Untersuchung der Proben ergebenden Schlussfolgerrngen abgeben können. Dabei mag aber ausdrücklich hervorgehoben werden, dass aus den äusseren Merkmalen allein, d. h. ohne nachfolgende Untersuchung der Pflanzen im Laboratorium auch der erfahrendste Rauchsachverständige nur selten imstande sein wird, g 3 En eine Rauchbeschädigung an den Pflanzen festzustellen, letzteres wohl nur dann, wenn die Beschädigungen wiederholt beobachtet und seit längerer Zeit verfolgt sind. Wir haben viele Beispiele dafür, dass die Beurteilung von Vegetationsschäden allein nach äusseren Merkmalen zu Täuschungen Veranlassung gegeben hat und wissen aus Erfahrung, wie leicht der Praktiker geneigt ist, in der Nähe von industriellen Anlagen auftretende Verfärbungen der Pflanzenorgane auf die Einwirkung der Rauchgase der, industriellen Nachbarn zurückzuführen. Ein besonders eklatantes Beispiel einer solchen Täuschung liefert der Bericht der belgischen Regierungs- kommission, die in den Jahren 1854—1855 die Vegetation in der Nähe von Sodafabriken untersuchte; gelegentlich dieser Besichtigung wurden 85 Exemplare gefleckter Pflanzen als durch Salzsäure beschädigt hingestellt, während spätere Untersuchungen ergaben, dass bei 72 Exemplaren dieser Pflanzen die Flecken nicht durch Rauch, sondern durch andere Ursachen bewirkt worden sind, während bei den restierenden 6 Exemplaren die Ursache nicht festgestellt werden konnte. Solche Täuschungen sind nicht selten und es ist daher bei Schlussfolgerungen aus den äusseren Merk- malen allein besondere Vorsicht notwendig. Vor solehen Täuschungen bleibt man wohl meistens bewahrt, wenn man die Besichtigung nicht allein auf die fragliche Parzelle beschränkt, sondern dieselbe auf den weiteren Umkreis der Rauchquelle ausdehnt. Dabei wird sich leicht feststellen lassen, ob die Verfärbungen, Fleckungen und sonstigen Veränderungen der Blattorgane, welche sich im nächsten Um- kreise der Rauchquelle finden, auch in weiterer Entfernung von der Rauch- quelle vorhanden sind und wenn dieses der Fall ist, ob dieselben in gleichem Masse auftreten oder mit der Entfernung von der Rauchquelle abnehmen. Letzteres würde für eine Beschädigung der Pflanzen durch die Abgase der industriellen Anlage sprechen, während eine gleichmässige Verteilung der Krankheitssymptome an den Pflanzen in weiterem Umkreise der Rauchquelle auf eine andere Ursache hindeuten würde. Naturgemäss wird sich die Beschädigung der Vegetation durch die sauren Rauchgase in der hauptsächlichsten Windrichtung am weitesten bemerkbar machen; es ist deshalb auch von Wert, die Ortsbesichtigung nach den verschiedensten Richtungen von der Rauchquelle aus auszudehnen. Wenn es sich um die Beschädigung einjähriger Pflanzen handelt, so kann der Fall eintreten, dass sich dieselbe nur in der hauptsächlich vor- herrschenden Windrichtung geltend macht, bei mehrjährigen Pflanzen wird man in dieser Richtung die ausgedehntesten Schäden beobachten können. In Deutschland herrschen Süd-, Südwest- und Westwinde vor, infolgedessen sind Beschädigungen durch Rauchgase am meisten in östlicher bis nörd- licher Richtung von der Rauchquelle zu befürchten, sofern die letztere in der Ebene liegt. Findet sich die Rauchquelle in einem engen Thale — 878. — zwischen Bergen eingeschlossen, so folgt der Rauch nicht immer dem herrschenden Winde, sondern er zieht meistens thalabwärts und schädigt hier besonders da, wo das Thal Biegungen macht und er hier gegen be- ‚ wachsene Bergrücken stösst. Thalaufwärts lassen sich sichtbare Rauch- A RE . schäden selten nachweisen. Der Harz giebt uns hierfür interessante Beispiele. Bei dumpfer, nebeliger Luft wird der Rauch selten aufsteigen, sondern sich bald nach dem Verlassen des Schornsteins niedersenken und in der Windrichtung hinziehen; hierbei wird meistens die der Rauchquelle nahegelegene Vegetation durch die sauren Rauchgase angegriffen werden. ' Ähnlich liegen die Verhältnisse bei regnerischem Wetter. Bei den Schäden, bei denen die vorherrschende Windrichtung von grosser Bedeutung ist, handelt es sich fast durchweg um chronische Schäden, die bei anhaltender Einwirkung verdünnter saurer Rauchgase entstehen. Bei akuten Schäden, die oft schon nach einer einzigen Ein- wirkung entstehen können, spricht die vorherrschende Windrichtung wenig mit; dieselben finden sich rings um die Rauchquelle, entsprechend der Ent- stehungsweise nicht weit davon entfernt. Als einfaches und sicheres Merkmal zur Feststellung der vorherrschenden Windströmung giebt H. Wislicenus') die Russablagerung am Essenkopf auf der windgeschützten Seite, wo der Rauch durch das Vacuum herabgezogen wird, an. Da wo der Wind den Essen- kopf trifft, wird die Russablagerung gering, an der entgegengesetzten Seite grösser sein und dementsprechend auch das Äussere des Essenkopfes an diesen Stellen ein mehr oder minder sauberes sein. Da nun, wie schon erwähnt worden ist, in Deutschland die Süd-, Südwest- und Westwinde vorherrschen, so wird dementsprechend die Ost- bis Nordseite des Essen- kopfes am meisten durch Russablagerung gekennzeichnet sein, mit Aus- nahme solcher Anlagen, welche sich in engen Thälern befinden, denn hier folgt, wie bereits gesagt wurde, der Rauch meistens der Thalrichtung und. dementsprechend wird auch die Russablagerung zumeist nach dieser Richtung zu beobachten sein. Mit der Ortsbesichtigung muss zugleich die Entnahme von Boden- und Pflanzenproben verbunden werden, da sonst die Beobachtungen gelegentlich der ersteren bei den Schlussfolgerungen aus den Resultaten der Untersuchung der Proben im allgemeinen nicht berücksichtigt werden können. Es könnte überflüssig erscheinen, dass wir noch besonders darauf hinweisen, dass die zu den beschädigten Proben entnommenen gesunden Vergleichsproben den ersteren genau entsprechen müssen, sowohl hinsichtlich der Wachstumsentwickelung, wie auch sämtlicher Wachstumsfaktoren, also Boden, Düngung, Saatstärke etc. Und doch haben wir gerade darin, dass diese einzelnen Punkte nicht genügend berücksichtigt werden, in vielen ') Zeitschr. angew. Chemie 1901, 694. Dr DT | : i | | i | — 379 — Fällen die Fehler in der Beurteilung von Rauchschäden zu suchen. Man geht bei der Entnahme von Pflanzenproben am zweckmässigsten in der Weise vor, dass man zunächst in unmittelbarer Nähe der Rauchquelle oder da, wo es sich um ein bestimmtes Grundstück mit beschädigten Pflanzen handelt, an der der Rauchquelle zunächst gelegenen Stelle Proben von Pflanzenteilen entnimmt; sollten sich auffallende Unterschiede in dem Aus- sehen der Pflanzen zeigen oder besondere Unterschiede in den Wachstums- verhältnissen vorhanden sein, z. B. in den Bodenverhältnissen (Düngung, Drainierung u. s. w.), so wird man am besten je nach den verschiedenen Verhältnissen mehrere Einzelproben entnehmen. Wenn es möglich ist, so wiederholt man diese Probenentnahmen auf demselben beschädigten Grund- stücke nochmals, in grösserer Entfernung, aber in derselben Richtung von der Rauchquelle, um den eventuellen Einfluss der Rauchquelle auf das Wachstum der Pflanzen sicher zu stellen. Schliesslich entnimmt man die gesunden Vergleichsproben in derselben Richtung von der Rauchquelle, aber in solcher Entfernung von derselben, dass eine Beschädigung der Pflanzen durch die Rauchgase ausgeschlossen ist. Genaue Angaben über die Grösse dieser Entfernung lassen sich nicht machen, da hier die Ge- ländegestaltung — ob Ebene, Thal ete. —, Höhe der Esse u. a. ausschlag- gebend ist; durch aufmerksame Beobachtung bei der Besichtigung der Vege- tation wird man aber mit der Entfernung von der Rauchquelle aus der Veränderung des Aussehens der Pflanzen leicht den Punkt feststellen können, wo Vegetationsstörungen durch die Rauchgase der in Frage stehenden Rauchquelle ausgeschlossen zu sein scheinen. Sollte man aber thatsächlich diesen Punkt für die Probenentnahme der gesunden Vergleichs- proben nicht richtig, d.h. nicht hinreichend weit von der Rauchquelle entfernt gewählt haben, so wird man doch aus der Abnahme Jer hier ent- nommenen Pflanzenteile an dem durch die Art der Rauchquelle gegebenen Bestandteil gegenüber den näher an der Rauchquelle entnommenen Pflanzen- teilen einen Schluss auf die Beeinflussung der Zusammensetzung der letzteren ziehen können. Letzteres ist besonders da von Bedeutung, wo es gar nicht möglich ist, durchaus gesunde Pflanzen, deren Wachstum also nicht durch saure Rauchgase beeinflusst ist, zu erhalten; dieses trifft nicht selten in Industriezentren ein. Auch da, wo vielleicht mehrere Rauch- quellen in Frage stehen, wird man sich auf die Feststellung der Abnahme des schädigenden Bestandteiles mit der Entfernung von der Rauchquelle in derselben Richtung von der Rauchquelle, in der die beschädigten Pflanzen zu der letzteren stehen, beschränken müssen. Um den Einfluss einer Rauchquelle auf die benachbarte Vegetation überhaupt festzustellen, wie dieses bei akuten Schäden nötig werden kann, wenn es sich um so kurze, bald vorübergehende Einwirkungen der Rauch- gase auf die benachbarte Vegetation handelt, dass der Nachweis durch die — 3580 — chemische Untersuchung nicht mit voller Sicherheit zu erbringen ist, wird man sich nicht auf die Untersuchung der Vegetation in der einen Richtung von der Rauchquelle beschränken dürfen, sondern auf die Vegetation rings um die Rauchpunkte, besonders auf der östlichen bis nordöstlichen Seite als der Richtung der grössten Gefahr ausdehnen müssen. Eine solche Er- weiterung giebt in allen Fällen die beste Sicherheit für die Richtigkeit des Resultates. Man soll sich dabei auch nicht allein auf die Kulturpflanzen beschränken, vielmehr können auch die Sträucher und Kräuter an Weg- rändern, Gräben u. s. w. uns Beweismaterial dafür liefern, in welcher Weise die Abgase benachbarter Anlagen auf das Wachstum der Vegetation ein- wirken. Bei der Entnahme von Vergleichsproben ist, wie schon erwähnt, stets darauf zu achten, dass dieselben von derselben Bodenart, wie die be- schädigten Proben stammen, dass weiter der Kulturzustand der Böden der- selbe ist und auch die klimatischen Verhältnisse in beiden Fällen gleich sind. Daraus folgt schon von selbst, dass zum Vergleich nicht Proben verschiedener Standortsverhältnisse herangezogen werden dürfen, also z. B. allgemein ermittelte Mittelzahlen für einzelne Bestandteile der Pflanzenteile nicht verwendet werden dürfen. Auch das Alter der Pflanzen ist zu beachten, da nach verschiedenen Beobachtungen in den einzelnen Vegetationsperioden Schwankungen hervor- treten und beispielsweise die älteren Pflanzen stets mehr Schwefelsäure enthalten, als die jüngeren. Wir brauchen hierauf nicht näher einzugehen. und können auf die diesbezüglichen Ausführungen von J. von Schroeder und Ü©. Reuss!) verweisen. Von besonderer Wichtigkeit ist diese That- sache bei den Nadelhölzern, denn wir müssen daraus die Notwendigkeit entnehmen, stets nur Nadeln desselben Jahrganges zum Vergleiche heran- zuziehen, oder doch jedenfalls dafür Sorge zu tragen, dass die Untersuchungs- objekte gleiche Mengen aus den verschiedenen Jahrgängen enthalten. Im letzteren Falle ist aber auch zu berücksichtigen, dass viele der erkrankten Nadeln im Frühjahre abfallen und dieser Nadelfall gerade für den Ausfall der Untersuchung von Bedeutung sein kann. Auf die Notwendigkeit der Entnahme von Bodenproben von dem Standorte der Pflanzenproben ist schon früher hingewiesen worden. Wenn wir noch einmal die hauptsächlichsten Punkte, welche bei der Probenent- nahme zu berücksichtigen sind, zusammenfassen, so sind es folgende: 1. Örtliche Verhältnisse, insbesondere Aussehen der Pflanzen in der Nähe der Rauchquelle und in grösserer Ent- fernung von derselben, Lage der Rauchquelle zu dem Standorte der beschädigten Pflanzen, hauptsächlichste Windrichtung, Witterungsverhältnisse — Nachtfröste, Dürre, anhaltender Regen etc. — ') v. Schroeder und Reuss, 197. ie > ee ee ee DE _ ERPRBRE 2. Zeit der Probenahme. 3. Entnahme von Pflanzen- und Bodenproben in genügender Ausdehnung sowohl in der Nähe der Rauchquelle, wie auch in grösserer Entfernung von derselben. 4. Feststellung der Boden- und allgemeinen Kulturver- hältnisse. 5. Alter und Entwickelungszustand der Pflanzen. IV. Kapitel. Die chemische Untersuchung der Pflanzen- und Bodenproben. Die chemische Untersuchung der entnommenen Pflanzen- und Boden- proben richtet sich ganz nach der Art des Betriebes, aus dem der Rauch entweicht. Die Quantität des Rauches in den einzelnen Betrieben derselben Art, ja selbst in denselben Betrieben zu verschiedenen Zeiten ıst selbst- redend nicht immer dieselbe; dagegen ist dieses hinsichtlich der Qualität des Rauches im allgemeinen der Falle Wenn es sich daher um Vegetationsbe- schädigungen oder -störungen infolge der Einwirkung von Rauchgasen handelt, so werden wir meist schon aus der Art des betreffenden Betriebes, aus der der Rauch stammt, auf den in Frage kommenden schädigenden Be- standteil schliessen können. Die bisherigen Versuche lassen keine Zweifel darüber, dass die Pflanze durch die Einwirkung des fraglichen Rauch- bestandteils daran zunehmen wird, sodass die Feststellung dieses Rauchbestandteiles einen Schluss auf die Einwirkung des Rauches auf die Pflanze zulässt. Die Betriebsart, aus der der Rauch stammt, giebt uns also einen Anhalt dafür, nach welcher Richtung die Untersuchung geleitet werden muss, ob Schwefelsäure, Chlor, Fluor u. s. w. zu bestimmen ist. Unter Umständen kann auch die Bestimmung der Gesamtasche und der Kohlensäure, worauf J. König!) zuerst hingewiesen hat, zu Anhalte- punkten dafür führen, ob .eine Säurebeschädigung vorliegt; derselbe sagt hierüber: »Wenn die Säuren (schweflige Säure, Schwefelsäure, Salzsäure etc.) von aussen in die Blattsubstanz dringen, werden sie sich als die stärksten Säuren die vorhandenen Basen, mögen diese in Form von kohlensauren oder organischen Verbindungen vorhanden sein, aneignen, um das normale, für das Wachstum günstigste Verhältnis wieder herzustellen. Die Folge davon ist, dass die Asche solcher Pflanzen, ganz abgesehen davon, dass durchweg das Eindringen der Säuren von aussen auch ein Nachwandern von Basen aus dem Innern der Pflanzen zur Folge hat, und deshalb mit ') 3. Bericht d. Versuchsst. Münster i. W. 40. RE dem höheren Säuregehalt auch häufig ein höherer Aschegehalt überhaupt verbunden ist, fort und fort an Basizität ab- und an Azidität zunehmen muss. Als Massstab für die Basizität einer Pflanzenasche dient der Gehalt derselben an Kohlensäure; denn je höher dieser ist, desto grösser ist die Basizität d. h. desto grösser war der natürliche Gehalt an kohlensauren Salzen oder an Salzen mit organischen Säuren, die beim Einäschern in kohlensaure Salze übergeführt werden.« Da bei den früher mitgeteilten Untersuchungsergebnissen auf diese . Verhältnisse keine Rücksicht genommen ist, so mögen nachfolgende Beispiele hier zur Erläuterung dienen. Es handelt sich um die Beschädigung durch die Abgase einer chemischen Fabrik, welche Schwefelsäure, Salzsäure, Chlorkalk und caleiniertes Glaubersalz fabriziert, sodass also an Säuren neben schwefliger Säure auch Salzsäure bezw. Chlorgas und unterchlorige Säure in Betracht kommen. Die Untersuchung der entnommenen Pflanzen- proben ergab: Kohlensäure Gesant- [gchwefel- In der Asche asche (kohle- ae: y Chlor von In Prozenten | säure ee und sandfrei) 100 Trocken: | jer Asche substanz yi ) K ) Ya y 0 7 N) 1. Syringen krank. 7,81 0,866 1,5741 0,175 2,24 F gesund 9,93 0,434 0,619 1,776 17,88 2. Weinstock krank. 11,78 1,075 0,827 0,818 6,97 ? gesund 9,34 0,477 0,192 1,304 13,97 3. Weiden krank. 10,17 2.202 0,998 0,364 3,58 5: gesund 8,89 1,303 0,446 1,271 14,30 4. Salatbohnen krank . 17,07 0,939 1,567 0,612 3,58 F- gesund 13,76 0,336 0,558 1,339 9,66 Es enthalten also entsprechend dem höheren Gehalte an Schwefel- säure und Chlor die kranken Pflanzen weniger Kohlensäure, d. h. sie be- sitzen eine geringere Basizität als die gesunden Pflanzen. Andere Unter- suchungen bei Blättern und Nadeln von Bäumen haben J. König eine Bestätigung dieser Untersuchungsergebnisse geliefert. Dagegen konnte E. Fricke"), welcher auf Veranlassung von J. König seine Untersuchungen von durch saure Rauchgase beschädigten Pflanzen nach dieser Richtung ausdehnte, diese Beziehungen nicht in allen Fällen bestätigen; diese Unter- suchungen ergaben: ') Landw. Versuchsst. 1887, 34, 277. aa 0 ee Zur Nenutrali- Asche. sation ver- Blätter von sandfrei braucht SO, %)o = 1. Hafer a A 7,11 4,134 5 Besund. .-..-.. 6,30 4,092 2. Weizen N ee 6,23 3,614 3 gommnd. rin ; 5;13 3,110 3. Kartoltein krank,” .. 15,44 5,794 Pr gesund . . . 15,40 6,970 4. Äpfel BIaNE 22.024, 6,30 1,515 ‚= SER 6,30 2,505 5. Birnen krank. 408% 4,85 3,810 = seamnd- Hi, .. 6,61 4,300 6.- Kirschen. krank. + «=... . 7,07 3,760 er gend ı .r. 7,54 4,648 4. EBaumen x krank. 2... 9,21 4,880 7 gesund... 8,37 5,190 8. Buchen krauk 227 5,48 1,590 ee gesund un 6,13 2,300 Diese Zahlen geben kein einheitliches Bild, weder hinsichtlich der Erhöhung des Aschegehaltes noch der Abnahme der Basizität der Asche bei Einwirkung saurer Rauchgase auf die Entwickelung der Pflanzen. Die Ursache des verschiedenen Verhaltens in den einzelnen Fällen ist bisher nicht festgestellt; vielleicht liegt die Erklärung hierfür darin, dass in Fällen, wo die Beschädigung schon tief eingegriffen hat und das Wachstum des Baumes oder des Krautes längere Zeit stark gestört worden ist, die Pflanze nicht mehr imstande ist, das Missverhältnis zwischen Basen und Säuren in den Blättern oder Nadeln auszugleichen. Mag dem nun sein, wie es will, vorläufig können wir bei den einander widersprechenden Ergebnissen noch nicht sagen, inwieweit die Beobachtungen von J. König als direkt beweis- führendes Moment bei Beurteilung von Vegetationsstörungen durch saure Rauchgase herangezogen werden können; sie können aber unter Umständen Anhaltepunkte hierbei liefern und sind deshalb beachtenswert. Die Fest- stellung des Aschegehaltes empfiehlt sich aber in jedem Falle, weil in vielen Fällen der Mehrgehalt an Säure in den kranken Pflanzen gegenüber den gesunden Vergleichsproben in Prozenten der Asche ausgedrückt die schädliche Einwirkung saurer Rauchgase auf die Pflanzen deutlicher hervor- treten lässt. Für die chemische Untersuchung der entnommenen Pflanzen- und Bodenproben kommen die allgemein geltenden Untersuchungsmethoden in Betracht; wir beschränken uns deshalb hier auf die Mitteilung einiger — 384 — derjenigen besonderen Massnahmen, welche für rauchbeschädigte Pflanzen besonders zu beachten sind. Bei der Vorbereitung der Proben für die Untersuchung im Laboratorium ist eine sorgfältige Reinigung derselben‘ von Sandteilchen durch Schütteln und nachfolgendes Abwischen mit einem feinen Pinsel oder Abspülen mit Wasser unerlässlich; dabei ist selbstredend darauf Bedacht zu nehmen, dass keine Teilchen der Pflanzensubstanz verloren gehen. Sehr wasserreiche Pflanzenteile werden zunächst im Trockenschrank bei 50—60° getrocknet. Nach einer guten Durchmischung der Gesammt- probe wird die Substanz durch eine Excelsiormühle möglichst fein zer- kleinert; wird letzteres nicht in genügender Weise erreicht, dann kann in einem Mörser nachgeholfen werden. Die Veraschung der getrockneten Pflanzenmasse begegnet sehr oft insofern Schwierigkeiten, als die letzten Reste Kohle nur schwer zu verbrennen :sind. Man erreicht dieses fast stets in der Weise, dass man die verkohlte Substanz in der Platinschale mit dem Pistill zerdrückt, letzteres mit Wasser abspült und die mit Wasser angefeuchtete kohlige Masse im Wasserbade eintrocknet und weiter glüht. Man erreicht aber dasselbe Ziel leichter, wenn man die Pflanzenmasse unter Anwendung geringer Mengen Ammoniumnitrat, Platinschwamm oder anderer Sauerstoffüberträger ver- brennt. Neuerdings hat Wasserstoffsuperoxyd als Oxydationsmittel mit gutem Erfolge Anwendung gefunden. J. König!) bereitet aus Wasserstoff- superoxyd unter Zusatz von Ammoniak und allmählichem Zufluss von Kaliumpermanganatlösung (auf 100 cem eines 30° ,igen Wasserstoffsuper- oxydes ca. 30 ccm einer 2,3 g Kaliumpermanganat im Liter enthaltenden Permanganatlösung) Sauerstoffgas, welches aus einem kleinen Gasometer mittels eines Gummischlauches und einer in eine Spitze ausgezogenen Glas- röhre in sehr schwachem Strom auf die schwach geglühte kohlehaltige Masse geleitet wird, indem man die Glasröhrenspitze in der Schale herum- führt. H. Wislicenus?) durchfeuchtet nach möglichst weitgehender Ver- brennung der Kohle die zurückbleibende Substanz mit geringen Mengen einer 3°/„igen Wasserstoffsuperoxydlösung, lässt damit ein wenig quellen, giebt von neuem Wasserstoffsuperoxydlösung zu und trocknet langsam auf dem Sandbade ein; die getrocknete Masse wird vorsichtig weiter erhitzt. Falls sich auch jetzt noch Reste von Kohle finden, muss diese Operation wiederholt werden. jei allen diesen Verfahren ist die Anwendung mehr oder weniger hoher Wärmegrade notwendig.- sodass hierbei stets die Gefahr einer Ver- staubung oder auch Verflüchtigung einiger Bestandteile besteht. Diesem ') J. König: Untersuchung landw. und gewerbl. wichtiger Stoffe. Berlin 1898, 187. °) Zeitschr. anal. Chem. 40, 441. ne ee Beier . —_— 385 — Übelstande hat man durch die Verwendung besonders konstruierter Ver- aschungsschalen zu begegnen gesucht. Es können hier die einzelnen Vor- richtungen nicht näher beschrieben werden; derartige Apparate sind nach den Angaben von H. Wislicenus, von v. Hlasiwetz'), Reese?), B. Tollens und Shuttleworth?), Tucker‘) konstruiert worden. H. Wislicenus hat ebenfalls eine besondere Veraschungsvorrichtung hergestellt, die sich auf die Konstruktion besonderer Veraschungsdeckel für gewöhnliche Platinschalen und Platintiegel beschränkt. Wenn man die Pflanzenstoffe für sich allein verascht, dann besteht für einige Bestandteile die Gefahr, dass Teile davon verflüchtigt werden und sich so der Bestimmung entziehen; dieses kann bei Schwefel, Chlor ete. vorkommen, wodurch dann bei Beschädigungen durch die diese Bestandteile enthaltenden Rauchgase kein klares und sicheres Bild hierüber erhalten. Derartige Verluste werden vermieden, wenn die Substanz, welche untersucht werden soll, mit Natriumcarbonatlösung (50 g wasserfreies Natriumcarbonat auf 1 Liter) durchfeuchtet und dann auf dem Wasser- bade eingetrocknet wird; nun erst beginnt man mit dem Veraschen. Auf 10 g Pflanzenmasse verwendet man zweckmässig 50 ccm obiger Natrium- carbonatlösung. Zu dem Veraschen verwendet man, besonders wenn es sich um Beschädigungen durch schweflige Säure oder Schwefelsäure handelt, nicht Leuchtgas, sondern reinen (nicht denaturierten) Spiritus, und zwar deshalb, weil Leuchtgas häufig nicht unwesentliche Mengen Schwefelver- bindungen enthält, die möglicherweise als Verbrennungsprodukte (schweflige Säure und Schwefelsäure) in den Schaleninhalt gelangen können. Die ver- kohlte Masse wird in der Platinschale mit einem Pistill verrieben, die Masse mit Wasser durchfeuchtet und ausgelaugt, die Flüssigkeit durch ein tunlichst aschefreies Filter filtriert und letzteres mit dem kohligen Rück- stand vollständig verbrannt. Die zurückbleibende Asche wird in salpeter- säurehaltigem Wasser gelöst, die Lösung filtriert und das Filtrat mit dem zuerst erhaltenen wässerigen Filtrate vereinigt; in dieser salpetersauren Lösung wird das Chlor in der gewohnten Weise mit Silbernitrat gefällt. Da beim Einäschern der Substanz unter Zusatz von Natriumcarbonat sich wechselnde Mengen von Schwefelnatrium bilden, welche sich bei direkter Auflösung der Asche oder der aus der Asche ausgelaugten Flüssig- keit in Salzsäure der Bestimmung beim Ausfällen mit Chlorbaryum ent- ziehen, und also nicht die Gesammtmenge der vorhandenen Schwefelver- bindungen erhalten wird, so muss zunächst dafür Sorge getragen werden, ') Ann. Chem. Pharm. 97, 244. ?) Zeitsch. anal. Chem. 27, 133. ®) Journ. f. Landw. 1899. 199. *) Ber. chem. Gesellschaft. 32, 2583. Hasclhoff und Lindau, Rauchbeschädigung. 95 — 386 — dass das gebildete Schwefelnatrium in Sulfat übergeführt wird. Dieses geschieht in der Weise, dass die anfängliche wässerige Lösung der Gesamt- asche, nach einem Vorschlage von W.Schmitz-Dumont!) mit soviel Kalium- permanganat vermischt, dass die Flüssigkeit dauernd gefärbt bleibt, erhitzt wird. Sodann wird unter Zusatz von Salzsäure im Wasserbade zur Trockne verdampft, um die Kieselsäure abzuscheiden, der Rückstand mit salzsäure- haltigem Wasser aufgenommen, filtriert und in dem Filtrat die Schwefel- säure mit Chlorbaryum in üblicher Weise gefällt. Es ist zuerst von M. Freytag darauf hingewiesen worden, dass der in solcher Weise ermittelte Schwefelsäuregehalt die Gesamtmenge an Schwefel in der betreffenden Substanz umfasse, also sowohl den organisch gebundenen Schwefel, wie auch den fertig gebildeten Sulfatschwefel, dass aber bei Rauchbeschädigungen nur der Mehrgehalt an letzterem in den erkrankten Pflanzen zu Schlussfolgerungen hinsichtlich der Einwirkung schwefligsaurer Rauchgase berechtige; M. Freytag will daher nur den Gehalt an in Wasser löslicher Schwefelsäure bestimmen. Auch von anderer Seite sind ähnliche Bedenken laut geworden. In Wirklichkeit sind aber diese Einwände nicht berechtigt, denn ist der Gehalt an organischem Schwefel in den kranken Pflanzen und den zugehörigen gesunden Vergleichs- proben gleich, so ist es für die Feststellung der Einwirkung schwefliger Säure gleichgiltig, ob der Gesamtschwefel oder nur der wasserlösliche Schwefel ermittelt wird; kommen aber Schwankungen vor, so sind dieselben meistens durch verschiedene Entwickelungsstadien und verschiedene Stand- ortsverhältnisse begründet, die aber nicht nur den Gehalt an organischem Schwefel, sondern auch den Gehalt an fertig gebildetem Sulfatschwefel beeinflussen. Diese Erwägungen führten J. von Schroeder und €. Reuss zu dem Schluss, dass sowohl die Bestimmung des Gesamtschwefels wie des Sulfatschwefels brauchbare Resultate geben könne, wenn die Vergleichs- objekte unter möglichst gleichen äusseren Bedingungen erwuchsen und in demselben Entwickelungsstadium waren. Ferner kann man der Bestimmung der wasserlöslichen Schwefelsäure doch nur dann das Wort reden, wenn man annimmt, dass die durch die Blattorgane aufgenommene schweflige Säure oder Schwefelsäure als solche bestehen bleibt und die letztere nicht ebenso wie die durch die Wurzeln aufgenommene Schwefelsäure zu orga- nischen Verbindungen reduziert wird, eine Annahme, für welche bisher ein Beweis noch in keiner Weise erbracht ist. Trotzdem hat J. König?) bei rauchbeschädigten Pflanzen zur Ermittelung des Schwefels verschiedene Wege eingeschlagen, nämlich einmal das oben erwähnte Einäschern mit Soda, ferner die Extraktion mit Wasser und schliesslich auch noch ') Thar. forstl. Jahrb. 1896, 46, 1. *) 3. Bericht der Versuchsst. Münster i. W. 1883, 43. „un. We. ie en db a u — 3837 — die Extraktion mit Salpeter-Salzsäure. Die erhaltenen Resultate sind folgende: Gehalt an Schwefelsäure nach r , s Extraktion Nadeln bezw. Blätter von Einäschern Extraktion | mit Salpeter- mit Soda ‚ mit Wasser ER ae 9, %, %, 1. Fichte ne Be RE 0,695 0,664 0,664 5 A Re 0,501 0,282 0,401 2. Desgl. ee ; 0,744 _ 0,734 ar RER ne En 0,695 —_ : 0,635 3. Birnbaum a 0,404 0,389 — e A ar AR 0,300 0,14% _ 42 Pfaumenbaum krank ..:.°... 27... 0,523 0,507 0,482 ” 7 EEE FE 0,420 | 0,223 0,281 Es liegen also die nach den drei verschiedenen Verfahren erhaltenen Zahlen in demselben Sinne und zwar ergeben sie in den als krank bezeichneten Blattorganen stets mehr Schwefelsäure bezw. Schwefelverbin- dungen, als in den gesunden Bäumen. Wenn man nun berücksichtigt, dass es für den Nachweis der Einwirkung von schwefligsauren oder schwefelsauren Rauchgasen auf die Blattorgane nicht darauf ankommt, in den letzteren einen möglichst hohen Schwefelsäuregehalt festzustellen, sondern den Beweis zu liefern, dass in diesen Pflanzen im Vergleich zu anderen unter gleichen Standorts- und Kulturverhältnissen gewachsenen Pflanzen mehr Schwefel oder Schwefelsäure vorhanden ist, so müssen wir zu dem Schluss kommen, dass es einerlei sein muss, welches der oben erwähnten Verfahren man anwenden will. Unter diesen Umständen wird man dem einfacheren und am leichtesten ausführbaren Verfahren den Vorzug geben und dieses ist zweifellos die Einäscherung mit Soda, wie wir sie oben ausführlicher angegeben haben. Die Bestimmung des Fluors in Pflanzenaschen gehört wohl zu den schwierigsten analytischen Operationen. Wir wollen nachstehend die- jenigen Methoden, welche bei der Untersuchung rauchgeschädigter Pflanzen Anwendung gefunden haben, anführen. H. Ost!) scheidet zunächst nach dem Verfahren von Berzelius-Rose aus der Pflanzenasche die Kieselsäure vollständig ab, bringt den kieselsäurefreien, aus Fluorcaleium, Caleium- phosphat und anderen Beimengungen bestehenden Rückstand in einen Platintiegel, der mit einem gewogenen Glasplättchen bedeckt wird, und übergiesst den Rückstand mit Schwefelsäure. Das Glasplättchen wird '!) Ber. d. deutsch. Chem. Gesellsch. 26, 151. 25* — 388 — durch die entweichende Flusssäure angegriffen; die ursachte Gewichtsabnahme des Glasplättchens ist nach I annähernd proportional dem vorhandenen Fluorcaleium. hat für diese Glasätzmethode der Fluorbestimmung b aus Jenaer Borosilikatglas 59 III, welches der Schwefelsäu steht und von Fluorwasserstoff allein angegriffen wird, diese Apparate können durch Schwefelsäure dicht veı sodass kein Fluor unbenutzt verloren geht. Die konstante des Glases erlaubt eine vorausgehende »Normal-Einstel verlust« durch reinen Flussspat. H. Wislicenus hält auch die Hempelsche g stimmung des Fluors®) neben Kohlensäure als Fluorsi führbar, wenn aus der mit Kalk eingeäscherten Subst und Chloride durch verdünnte Essigsäure vorher entfern Zur Feststellung der in durch Fluorwasserstoff bes vorhandenen Menge Fluor hat W. Schmitz-Dumont eingeschlagen: 20 g Pflanzentrockensubstanz (Eichenblätter) wurde schale mit 5 g Natriumkarbonat versetzt und mit 50 ec feuchtet; nach Verdampfung des letzteren wurde v Die Asche wurde in der Platinschale mit Wasser Salzsäure der Überschuss an Natriumkarbonat so 2 Flüssigkeit schwach alkalisch blieb, die Flüssigkeit v. Rückstand bei 150° getrocknet. Die Entfernung der K forderlich, weil ein erster Versuch zeigte, dass bei Destillation mit Schwefelsäure durch die entweichend Masse in starkes Schäumen geriet und in die Vorlage 150° völlig von Wasser befreite Masse wurde noch he geglühtem, aufs feinste pulverisiertem, heissem Quarz ir noch heiss in einen Kolben gegeben. Der Kolben star und trug im durchbohrten Korken ein Trichterrohr m Glasröhren, von denen die eine bis auf den Boden d. und mit zwei Waschflaschen in Verbindung stand, w unter dem Korken endende ın eine Vorlaoe überoine. — 389 0 — Kolben gegeben. Man erhitzte darauf das Ölbad, während e Luftstrom durch den Kolben geleitet wurde, 6 Stunden la Dadurch wird das in der Asche vorhandene Fluor als Fluo flüchtigt und in die Vorlage getrieben. Hier scheidet sich Kies ab und Kieselfluorwasserstoffsäure geht in Lösung. Das erst filtriert, geglüht gewogen und aus dem Gewicht der erhal säure nach der Gleichung 3SiFıu + 4H;0 = 2H;SiFl;, + SiO,H, das Fluor berechnet (SiO; X 5,494 = Fluor). Nach sechsst hitzen wurde die Vorlage durch eine frische ersetzt und die P mals sechs Stunden fortgesetzt. Es fand dann aber keine scheidung von Kieselsäurehydrat statt. Es wurden aus den 20 g Trockensubstanz im ganzen O,( säure oder 0,0351 g Fluor erhalten, was 0,125 °/, Fluor entspr Dieselbe Menge von gesunden Eichenblättern desselben Staı bei derselben Behandlung das absolute Fehlen von Fluor. Es ist früher schon mehrfach darauf aufmerksam gen dass nicht nur aus den Betrieben als solchen, sondern auch aı materialien, soweit es sich hierbei um Steinkohlen oder handelt, mehr oder weniger grosse Mengen schwefliger Säur: entweichen; daher kann es in besonderen Fällen wohl ang diese Mengen analytisch festzulegen. Hierbei kommt es da die Menge des Gesamtschwefels der Kohlen an, da der in Fo vorhandene Schwefel kaum zur Bildung schwefliger Säure geben wird, vielmehr dürfte hierfür fast nur der Schwefel des Schwefelkieses eine Rolle spielen. Aber auch die letztere nur insofern flüchtige schweflige Säure und Schwefelsäure, al: nicht durch die alkalischen Erden der Asche gebunden sind. daher in den Kohlen als die Menge des Schwefels, welche d schädliche Säure giebt, die Differenz vom Gesamtschwefel u der vollständigen Veraschung der Kohle in Form von Schwet Asche zurückbleibenden Schwefel, dem sogenannten indifferer 4 en , De u u ent y® 4 2 Zu vu — 390 — Asche mit salzsäurehaltigem Wasser aufgenommen, die Lösung filtriert und in dem Filtrat die Schwefelsäure mit Chlorbaryum gefällt wird. A. Sauer') bestimmt die Menge des flüchtigen schädlichen Schwefels direkt, indem er die Kohle in einem Platinschiffehen in ein Verbrennungs- rohr bringt, welches an der hinteren Seite mit einem mit Sauerstoff ge- füllten Gasometer verbunden ist, während am vorderen Ende eine U-Röhre mit stark gefärbtem Bromwasser vorgelegt ist. Unter Durchleiten eines schwachen Sauerstoffstroms wird zunächst das Schiffehen ins Glühen gebracht und schliesslich das Rohr in seiner ganzen Länge erhitzt; dann wird ein starker Luftstrom durchgesaugt, welcher die gesamte nicht ge- bundene Schwefelsäure bezw. schweflige Säure in das vorgelegte Brom- wasser führt. Nach dem Erkalten wird das Verbrennungsrohr mit Wasser ausgespült, das Waschwasser mit dem Inhalt der U-Röhre vereinigt, die (Gresamtflüssigkeit mit wenigen Tropfen Salzsäure gekocht und filtriert; in dem Filtrat wird schliesslich die Schwefelsäure mit Chlorbaryum gefällt. Auf die Untersuchung der Rauchgase selbst kann hier nicht ein- gegangen werden; dieselbe wird bei der Feststellung von Vegetationsschäden durch Rauchgase nur in den seltensten Fällen in Frage kommen. V. Kapitel. Die botanische Untersuchung der Pflanzenproben. Schon bei der Entnahme der Proben im Freien ist es zweckmässig, auf die äussere Gestalt der Flecken, ihre Färbung, auf Frassstellen, Pilz- fruktifikationen und Insektenreste zu achten und genaue Notizen zu machen. Ein Teil des gesammelten Materials wird in einer Blechkapsel oder zwischen Papier eingelegt mitgenommen, ein anderer Teil aber wird zweckmässig bereits an Ort und Stelle in Alkohol gesteckt. Der Alkohol ‚kann bis etwa zu einem Drittel in Wasser verdünnt sein. Wie uns ver- gleichende Untersuchungen gezeigt haben, wird die innere Struktur des Gewebes durch die Konservierung in Alkohol nicht verändert; selbst die Plasmolysierung der Zellen ist nicht wesentlich verschieden von der der frischen Exemplare. Wenn also nicht besondere Zwecke verfolgt werden, bei denen eine Untersuchung von frischem Material geboten erscheint, genügt die Bearbeitung der konservierten Blätter für unsere Zwecke. Im Laboratorium wird zweckmässig zuerst das äussere Aussehen der Blätter mit blossem Auge und der Lupe geprüft. Dabei kommen Pilz- und Insektenschäden gewöhnlich schon zur Wahrnehmung. Vielfach ver- ') Zeitschr. anal. Ühemie 1873, 32 u. 178. | — 391 — ändert sich an den trockenen Blättern die Färbung der Flecken, beim Alkoholmaterial ist dies natürlich in noch höherem Masse der Fall. Aus diesem Grunde ist ein sorgfältiger Vergleich zwischen den im Freien und im Laboratorium gemachten Beobachtungen notwendig. Die mikroskopische Untersuchung kann man am einfachsten an dem in Alkohol konservierten Material vornehmen, obwohl auch das halbtrockene Blatt sich zum Schneiden noch vortrefflich eignet. Auf @Querschnitten durch die Blattflecken oder Nadelspitzen sieht man dann leicht, wie die Inhaltsstoffe der Zellen sich verändert haben. Man achte dabei in erster Linie auf die Chlorophyllikörner und ihre Auflösungsprodukte und auf die braunen Massen des Gerbstoffes in den Zellen. Der Nachweis der letzteren ist durch Eisensalze, Kaliumbichromat oder Chloralhydrat leicht zu führen und wird bei einiger Übung stets gelingen. Dass den Veränderungen in den Zellwandungen sowohl in Bezug auf ihre Gestalt wie auf ihre Färbung Beachtung zu schenken ist, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Im allgemeinen werden diese Verhältnisse an Querschnitten studiert werden können, nur selten, etwa bei Niederschlägen in den Epidermiszellen, wird es notwendig sein, auch Flächenschnitte zum Vergleich heranzuziehen. Von Vorteil ist es, sich neben den Notizen noch Zeichnungen anzu- fertigen. Eine, wenn auch noch so rohe Skizze ersetzt oft seitenlange Notizen und unterstützt das Gedächtnis besser als die genaueste Be- schreibung. Ausserordentlich bequem und in manchen Fällen unent- behrlich ist eine Sammlung von Präparaten und gesunden Blättern der häufiger für Rauchgutachten in Betracht kommenden Pflanzen. Namentlich bei der Prüfung der ungeschädigten Gegenproben wird man sich häufig in der Lage sehen, einen Vergleich mit Blättern aus rauchfreier Gegend anstellen zu müssen, denn nicht immer ist man bei Entnahme einer Gegen- probe in der Lage, eine völlig ungeschädigte Pflanze zu finden. Ob man es vorzieht, zum Vergleiche mit gesunden Blättern Präparate zur Hand zu haben oder sich einen Schnitt zu diesem Zwecke anzufertigen, wird von der Gewöhnung und von äusseren Umständen abhängen. Die An- fertigung eines frischen Schnittes bietet im allgemeinen grössere Vorteile, weil man dadurch vom Erhaltungszustand der Präparate unabhängig wird. Genauere Vorschriften und Anleitungen zur mikroskopischen Unter- suchung der Proben lassen sich kaum geben, da die Struktur der zu untersuchenden Pflanzen nicht gleich ist. Bei einiger Übung wird der Rauch- experte die etwa auftretenden Schwierigkeiten leicht überwinden. Im allgemeinen wird es ja wohl kaum notwendig sein, neben der chemisch-botanischen Untersuchung der Proben auch noch Experimente zu machen, welche den Nachweis führen sollen, dass die fraglichen Ver- letzungen wirklich vom Rauche herrühren. Wenn es aber die Umstände erfordern, so richte man sich nach den im speziellen Teil dafür gegebenen — 32 — Anleitungen und früheren Versuchen ähnlicher Art. Die grosse Schwierig- keit dieser Experimente lässt es als ganz ausgeschlossen erscheinen, ihre Anstellung in jedem Falle zu empfehlen. VI Kapitel. Die Abschätzung und Verhütung von Rauchschäden. Die bisherigen Ausführungen lassen keinen Zweifel darüber, dass wir die chemische und botanische Untersuchung rauchgeschädigter Pflanzen zunächst nur als Mittel zum Nachweis der Einwirkung bestimmter Rauch- bestandteile auf diese Pflanzen ansehen, dass also diese Untersuchungen uns Aufschluss über die Schadensursache geben, nicht aber auch den Schädigungsgrad festlegen sollen. Dass zwischen den Ergebnissen dieser Untersuchungen und der Schadensgrösse Beziehungen bestehen können, soll nicht in Abrede gestellt werden, jedoch dürften dieselben im allgemeinen kaum so regelmässige sein, dass sich daraus bestimmte Grundsätze für die Abschätzung des Schadens ableiten lassen. Für gewöhnlich ist der Chemiker oder Botaniker nicht berufen, die Grösse des Schadens fest- zustellen, denn wohl nur in den seltensten Fällen werden sich dieselben die hierzu nötige Sachkenntnis haben aneignen können; hierzu müssen stets erfahrene Land- und Forstwirte herangezogen werden. Bei der Feststellung einer Beschädigung der Vegetation durch Rauch werden zweckmässig alle Sachverständige zu derselben Zeit herangezogen, sowohl diejenigen, welche die Ursache der Beschädigung, wie auch diejenigen, welche die Grösse des Schadens ermitteln sollen; dieses ist besonders da nötig, wo es sich um akute Schäden handelt. Leider wird nicht immer in dieser Weise verfahren. Es ist uns schon verschiedentlich vorgekommen, dass bei Beschädigungen von Feldpflanzen die Grösse des Schadens festgestellt worden war, nicht aber die Ursache des Schadens. Wenn nun auch über die letztere nach den örtlichen Verhältnissen kein Zweifel bestehen konnte, so sollte doch bei späterer gerichtlicher Klage der Nachweis dafür geführt werden, dass die Beschädigung, welche oft schon Jahre zurück lag, von einer bestimmten Rauchquelle herrührte. Dieses konnte naturgemäss nur in der Weise versucht werden, dass zur späteren Zeit die Pflanzen, welche auf demselben Boden gewachsen waren, wie früher die beschädigten Pflanzen, untersucht und unter Berücksichtigung etwaiger Verän- derungen des fraglichen Betriebes aus diesen Untersuchungsergebnissen Rückschlüsse auf die Vorkommnisse früherer Zeit gezogen wurden. Letzteres ist aber stets misslich und immer mit Unsicherheiten verknüpft, welche vermieden werden, wenn alle Sachverständige zu derselben Zeit heran- gezogen werden. 1 | | | ü | Eine besondere Schwierigkeit bietet die Feststellung des Schaden- anteiles, wenn mehrere Rauchquellen in Frage kommen. Da hierbei in erster Linie die örtlichen Verhältnisse massgebend sind, so lassen sich keine allgemein gültigen Regeln nierfür aufstellen. Die Gesichtspunkte, welche hierbei zu beachten sind, haben wir im wesentlichen oben bei unseren Ausführungen über die Punkte, welche bei der Ortsbesichtigung und Probenahme zu berücksichtigen sind, hervorgehoben. Ein wertvolles Beispiel dafür, wie eine derartige Verteilung des Rauchschadens auf die einzelnen Schädiger auszuführen ist, hat uns C. Reuss in seinem Gutachten über die Rauchbeschädigung in dem von Tiele-Wincklerschen Forstreviere Myslowitz- Kattowitz gegeben. Die Faktoren, welche C. Reuss für die Schadenver- teilung als massgebend zu Grunde gelegt hat, sind: »1. Die Entfernung der Rauchquelle von dem Schadenobjekt; 2. die Menge der einer Rauch- quelle entströmenden sauren Gase; 3. die erfahrungsmässige Niederschlags- skala; 4. die Dauer und Richtung der Luftströmungen, welche den Rauch auf den beschädigten Wald führen.« Es bedarf eigentlich keines besonderen Hinweises darauf, dass eine derartige Anteilsberechnung nur annähernd richtige Resultate geben kann, doch soll hier, um Missdeutungen vorzu- beugen, noch besonders hervorgehoben werden, dass Ü. Reuss hierauf ebenfalls aufmerksam macht. Auch H. Wislicenus') schliesst sich dieser Ansicht an. Derselbe hat eine Formel für die Berechnung des Schaden- anteils aufgestellt, welche hier mitgeteilt werden mag; dieselbe lautet: Gk wid Ss und zwar bedeutet: »S = Schadenanteil, ce = Säuregehalt der Rauchgase in Volumprozent, k = jährlicher Kohlenverbrauch, w = zugehörige prozen- tische Windfrequenz, d — kleinste Entfernung, € = Konstante der schäd- lichen Gasart (Rauchgefahrklasse), x = Faktor zur Reduktion der Entfernung bei akuten Wirkungen saurer Nebel (x etwa = 10).«e Wir beschränken uns auf die Wiedergabe der Formel, ohne ein Urteil über die Zuverlässig- keit und Sicherheit der durch dieselbe berechneten Resultate abgeben zu können, da uns über die Anwendung derselben bisher nichts bekannt geworden ist. Wir haben schen früher auf die gesetzlichen Massnahmen hin- gewiesen, welche ergriffen worden sind, um die Übelstände, welche durch Rauchgase hervorgerufen wurden, zu verhindern oder doch zu mildern. Durch die Rauchverhütung an sich kann eine Fabrik nur gewinnen, ebenso wird auch dem Entweichen saurer Rauchgase seitens industrieller Betriebe meistens schon in eigenem Interesse entgegengewirkt. Trotzdem kommen Belästigungen durch Rauchgase vor und dies wird auch in Zukunft nicht ') Zeitschr. angew. Chemie 1901. 692. — 394 — anders werden, da es selbst bei dem besten Willen nicht immer möglich sein wird, das Entweichen von schädlichen Substanzen zu verhindern. Wollte man letzteres verlangen, so würde man dadurch in sehr vielen Fällen die betreffende Industrie unmöglich machen. In einzelnen Ländern hat man bestimmte Vorschriften erlassen, durch welche der zulässige Gehalt der Rauchgase an Säure ein für alle Male festgelegt ist, ohne Rücksicht darauf, dass die örtlichen Verhältnisse mitbestimmend sind für die Inten- sität der einzelnen Rauchbestandteile. In Deutschland ist man nicht in dieser unseres Erachtens unrichtigen Weise verfahren, sondern hier werden in jedem Einzelfalle die Bedingungen, unter denen die Fabrik errichtet werden darf, besonders festgelegt. Aber auch bei uns findet man vielfach, dass bei der Konzessionserteilung bezw. den hierfür festgesetzten Bedin- gungen die örtlichen Verhältnisse viel zu wenig berücksichtigt werden. Da wir in Deutschland vorwiegend West- bis Südwinde haben, so besteht in östlicher bis nördlicher Richtung die grösste Gefahr für die Vegetation. Deshalb sollte man die Anlage solcher Betriebe, die saure Rauchgase in die Luft senden, im Westen bis Süden von grösseren Waldflächen oder gutem Kulturlande nur in möglichst weiter Entfernung hiervon genehmigen. Besondere Vorsicht ist im hügeligen Gelände geboten; hier ist die Wind- richtung noch mehr zu beachten als in der Ebene und einer solchen An- lage in südlicher bis westlicher Richtung von den Bodenerhebungen soilte die Genehmigung immer versagt werden. Die Genehmigung der Anlage derartiger Fabriksbetriebe in engen Thälern gehört hoffentlich der Ge- schichte an. Wenn man also bei der Anlage einer Fabrik oder bei der Auswahl des Platzes für diejenigen Betriebe, aus denen erfahrungsgemäss die meisten schädlichen Bestandteile entweichen, nur auf die vorherrschende Wind- richtung und ‘auf die Formation des Geländes mehr Rücksicht nehmen wollte als wie es leider heute häufig der Fall ist, dann wäre sehr viel in der sogenannten Rauchfrage gewonnen und viele Klagen über Rauchbeschädi- gungen würden verstummen. PRETTY „ Aueh sie Säure 308. —, Schädlichkeit für die Vegetation 304. —, Verhütung der Wirkung 309. Nervaturzeichnung 128. Nickel, Einwirkung auf die Pflanzen 345. Nicotin, Schädlichkeit für die Vegetation 301. Nitrobenzin, Schädlickeit für die Vegeta- tion 303. 0. Obstbäume, Beschädigung durch eine Sodafabrik 251. —, — durch Lokomotivrauch 220. —, — durch Sodastaub 355. Obstgärtnerei durch Rauch beschädigt 213. Orchideen, Beschädigung durch Nebel 307. Ortsbesichtigung bei Rauchschäden 375. P. Paeonia herbacea, Verhalten zu Asphalt 314. Palmen, Beschädigung durch Nebel 307. —, Verhalten zu Leuchtgas 321. Papaver somniferum, Verhalten zu As- phalt 316. Pappel, Beschädigung durch Leuchtgas 318, wahr Du — 409 — Pavonia wiotii, innere Beschädigungen durch Nebel 307. Pferdebohne, Nickelgehalt bei Nickelfabrik 350. —, Verhalten zu Ammoniak 281, 282. Pflanzenbeschädigungen durch Boden- einflüsse 15. —, durch Insekten 18. —, durch physikalische Einflüsse 14. —, durch Pilze 17. Pflanzenproben, Methode der botanischen Untersuchung 390. Pflanzenteile oberirdische, Verhalten zu Salzsäure 236. —, — zu schwefliger Säure 51. Pflaume, äussere Beschädigungen durch Salzsäure 242. —, Aschegehalt bei Rauchbeschädigung 383. —, Beschädigung bei Giessereien 224. —, — durch Sodastaub 357, 362. —, Schwefelsäuregehalt bei derZinkhütte bei Letmathe 186. —, — bei der Zinkhütte von Grillo 192. einer —, — bei Grevenbrück 207. —, — bei Rauchbeschädigung 214, 227. —, — bei Zinkhütten 194, 195, 196, 197, 198. —, — nach verschiedenen Methoden be- stimmt 387. —, Verhalten zu Ammoniak 281, 282. —, — zu Fluorwasserstoffsäure 260. —, — zu Stickstoffsäuren 269. Phenol, Schädlichkeit für die Vegetation 301. Phlox decussata, Verhalten zu Asphalt 315. Picolin, Schädlichkeit für die Vegetation | ; Resistenz gegen Rauch 114. 201. Pinus montana, äussere Beschädigungen durch Salpetersäure 243. —, — — durch schweflige Säure 84. —, innere Beschädigungen durch Am- moniak 286. —, — — durch Brom 292. —, — — durch Salzsäure 244. —, — — durch schweflige Säure 90. —, Verhalten zu Ammoniak 284. —, — zu Stickstoffsäuren 271. —, — zu Theer 298. Piperidin, Schädlichkeit für die Vegetation 301. Plantago lanceolata, Zinkgehalt 331. Platane, Verhalten zu Leuchtgas 320. Polygonaceen als Fangpflanzen für schwef- lige Säure 77. Polygonum aviculare, Zinkgehalt 331. — sieboldi, äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 77. Probenahme bei Rauchschäden 378. ' Prunus armeniaca, Verhalten zu Salzsäure 237. Pteris, Beschädigung durch Nebel 307. Pyridin, Schädlichkeit für die Vegetation 300. V. Quecksilber, Einwirkung auf die Vegeta- tion 354. R. Räucherungshaus 71. Rauch, Entstehung 1. Rauchgase, Kondensation 3. —, Nachweis durch Bleioxydpapier 28. —, — durch Fangptlanzen 31. —, — durch Lackmuspapier 27. —, — durch Regenwasseranalysen 30. —, — nach Ost 28. Rauchgefahrklassen 32. Rauchkästen 71. Rauchschäden der Pflanzen, äussere Merk- male 5. —, Feststellung 392. —, Verhütung durch gesetzliche Mass- nahnıen 393, Regenwasser, Gehalt an Schwefelsäure 42. Reseda lutea, Verhalten zu Cyangas 289. —, — zu Salzsäure 236, 237, 238. —, — zu schwefliger Säure 57. — , Beeinflussung durch äussere Gründe 117. ' Resistenzreihe. für Salzsäure 7. —, für schweflige Säure 7, 118. Rhabarber, äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 77. Rhododendron, Verhalten zu Pyridin 301. Ribes aureum, äussere Beschädigungen durch Salzsäure 242. —, Verhalten zu Anilin 303. Roggen, beschädigung bei einer Super- phosphatfabrik 261. —, — durch eine Sodafabrik 251. Roggen, Beschädigung durch Sodastaub 355, 8357, 359. ‚ Innere Beschädigungen moniak 284. durch Am- —, — — durch Brom 291. —, — — durch Salzsäure 243. —, — — durch schweflige Säure 86. ‚ — — durch Stickstoffsäuren 271. ‚„ — — durch Theer 298. — , Schwefelsäuregehalt bei der Zeche Schleswig 202. ‚ — bei der Zinkhütte bei Dortmund 181, 183. ‚„ — bei Zinkhütten 194, 195, 196. —, Verhalten zu Ammoniak 281, 282, 283. —, — zu Brom 29. —, — zu Salzsäure 237. —, — zu Stickstoffsäuren 270. —, — zu Theer 296. —, — zu Zinkweiss 347. Rose, äussere Beschädigungen durch Salz- säure 242, ‚ — — durch schweflige Säure 78. ‚ Beschädigung bei einer Düngerfabrik 263. ‚ — durch Karbolineum 29. —, innere Beschädigungen durch Am- moniak 285. —, — -— durch Brom 291. —, — — durch Salzsäure 244. —, — — durch schweflige Säure 88. —, — — durch Stickstoffsäuren 272. —, — — durch Theer 299. ‚ Ursache von Blattfleckenbildung i9. ‚ Verhalten zu Ammoniak 284. Asphalt 311, 313. Brom 291. Essigsäure 277. -—,. —_— zu —, — zu —, — zu “ Stickstoffsäuren 271. Theer 297. Rosskastanie, „oo zau _—, — zu äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 81. Beschädigung durch eine Sodafabrik >51. ‚ — durch Sodastaub 357, 361. - ‚ Schwefelsäuregehalt bei der Hörder Hütte 225. ‚ Stickstoflgehalt 270. —, Veränderungen durch stoflsäure 260, 261. Fluorwasser- ‚ Verhalten zu arseniger Säure 349, 410 Rosskastanie, Verhalten zu Asphalt 313, —, — zu Leuchtgas 320. Rotbuche siehe Buche. Rotklee, Beschädigung durch eine Salz- säurefabrik 256. Rübe, äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 77. —, Beschädigung durch eine chemische Fabrik 252. Rückleitung plastischer Stoffe, Verlang- samung durch schweflige Säure 130. Rumex, Verhalten zu Anilin 303. Runkelrüben, Schwefelsäuregehalt bei Bochum 213. Russ, chemische Analysen 306. --, Einwirkung auf die Vegetation 351. —, Zusammensetzung 352. S. Salat, äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 77. Salzsäure, Einwirkung auf den Boden 232. —, Vorkommen 230. Sambucus nigra, äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 81. Saubohne, Beschädigung durch eine Soda- fabrik 251. Schadenanteil, Bestimmung 393. Schadenrayon 11. Schäden, akute 112. ‚ ehronische 112. —, unsichtbare 113. Schlackenhalde der Morgensonne 202. der Zeche Schleswig 201. der Zeche Zollverein 204. des Baroper Walzwerkes 205. Schnee bei Hüttenwerken, Gehalt an festen Stoffen 327. —, Gehalt an Schwefelsäure 42. Schwarzkiefer, äussere Beschädigungen durch schweflige Säure S4. Schwefelsäure, Auswaschen aus den Blät- tern 67. —, Entstehung 40. —, Methoden der Bestimmung 385. — , Zunahme in den Blattorganen 52, 67. Schwefelsäurefabrik zu Grevenbrück 206. Schweflige Säure, äussere Beschädigungen der Pflanzen 76. —, Eindringen in das Blatt 126. Entstehung 35. Zeche Fröhliche — 41 — Schweflige Säure, Menge in der Luft 38. —, Wirkung auf die einzelne Zelle 140. —, Zusammenfassunr ihrer Wirkung 143. Schwefelwasserstoff, Vorkommen 288. —, Wirkung auf die Pflanzen 288. | Sedum purpurascens, Verhalten zu schwef- | liger Säure 58. Senf, Schwefelsäuregehalt im Mansfelder | Kreise 200, —, Verhalten zu Quecksilberdämpfen 355. Silberhütte bei Altenau 156. -— bei Clausthal 150. — im Selkethal 162. Silberpappel, Verhalten zu Leuchtgas 320. Silene inflata, Zinkgehalt 331. Soda, Einwirkung auf die Vegetation 355. Sodafabriken, Schädlichkeit 249, Spiraea salicifolia, Verhalten zu Asphalt 315. Spitzahorn, Aufnahme der schwefligen Säure 124. —, Transpiration bei Einfluss der schwef- ligen Säure 128. —, Verhalten zu Fluorwasserstoflsäure 259. —, — zu Salzsäure 238. —, — zu schwefliger Säure 62. Stachelbeere, Schwefelsäuregehalt bei Zinkhütten 194, 198. -, ‘Verhalten zu Zinkweiss 347. Standort, Wirkung in Verbindung mit schwefliger Säure 138. Staub, Einwirkung auf die Vegetation 364, Stellaria media, Verhalten zu Asphalt 316. Stickstoffsäuren, Vorkommen 268. Superphosphatfabriken, Fluorschäden 261. Symphoricarpus racemosa, Verhalten zu Asphalt 315. Syringa, äussere Veränderungen durch Salzsäure 243. —, Aschegehalt bei Rauchbeschädigung 382. —, Chlorgehalt bei einer chemischen Fa- brik 253. — vulgaris, Verhalten zu Salzsäure 237. T. Tanne, äussere FPeschädigungen durch | schweflige Säure 84. —, Aufnahme der schwefligen Säure 122. — , Beschädigung durch Sodastaub 362. | Tanne, Schwefelsäuregehalt bei Braun- kohlenrauchschäden 223. —, — bei der Zinkhütte bei Letmathe 185. —, — bei einer Ultramarinfabrik 218. —, — bei Lokomotivrauchbeschädigung 220. —, — der Stammorgane 102. —, Verhalten zu arseniger Säure 349. —, — zu Fluorwasserstoffsäure 260, —, — zu Salzsäure 238. —, — zu Schwefelsäure 66. —, — zu schwefliger Säure mit und ohne Belichtung 130. ı Taraxacum officinale, äussere Beschädi- gungen durch schweflige Säure 78. — , Verhalten zu Anilin 303, — , Zinkgehalt 331. Theer, Schädlichkeit für die Vegetation 294. —, — in Gewächshäusern 2%, —, Unschädlichkeit im Boden 29. Thiophen, Schädlichkeit für die Vegeta- tion 301. Thlaspi alpestre var. calaminare, Zink- gehalt 331. Tradescantia, Verhalten zu Anilin 303. — zebrina, Verhalten zu Asphalt 315. Transpiration, Änderung durch schweflige Säure 122. Trianea, Verhalten zu Salpetersäure 273. Tunnelrost, Schwefelsäuregehalt 221. Tussilago farfara, Zinkgehalt 331. U. 'Ulme, Beschädigung durch Leuchtgas 318. Ultramarinfabriken 216. Ultramarinöfen, Zusammensetzung der Abgase 215. Untersuchung botanische, Wert bei Rauchschäden 373. — chemische, Wert bei Rauchschäden 370. Wi Veraschung, Methodik 384. Vieh, Schädigung durch Flugstaub 365. Vietsbohne, Nickelgehalt bei einer Nickel- fabrik 350. —, Schwefelsäuregehalt bei schädigung 214. Viola tricolor var. calaminaria, Zinkgehalt 331. Ravıchbe- — 412 — Wasserwerk zu Dresden, Braunkohlen- rauch 222. W. Wegebreit, Verhalten zu Zinkweiss 347, Weide, Aschegehalt bei Rauchbeschädi- digung 382. —, Chlorgehalt bei einer chemischen Fa- brik 253. Weinrebe, äussere ru durch Salzsäure 242. _ Ben ge bei Rauchbeschädigung 382. _ Beschädigungen bei einer Ziegelei 264. —, — bei Giessereien 224. —, — durch Rauch 227. —, Chlorgehalt bei- einer chemischen * Fabrik 253. — , innere Beschädigungen durch sch wef- lige Säure 88. —, Verhalten zu Asphalt. 314. Weinbipke äussere "Beschädigungen durch Salzsäure 243. —, — — durch schweflige Säure 81. —, Chlorgehalt bei einer chemischen Fabrik 256. —, Schwefelsäuregehalt bei der Zeche Fröhliche Morgensonne 203. —, Verhalten zu Salzsäure 238. Weissdorn, äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 81. —, Verhalten zu Zinkweiss 347. Weisskohl, Schwefelsäuregehalt bei Zink- hütten 196. Weizen, Aschegehalt bei Rauchbeschädi- gung 383. —, Beschädigung durch eine Sodafabrik 251. —, — durch Sodastaub 359. —, innere Beschädigungen durch Brom 291. —, — — durch Theer 298. —, Schwefelsäurerehalt bei der Zeche Fröhliche Morgensonne 203. —, — bei Zinkhütten 196. "Wiesengräser, Weizen, Schwefelsäuregehalt im Mans- felder Kreise 200. —, Verhalten zu Ammoniak 281,282, 283. —, — zu arseniger Säure 348. —, — zu Brom 29%. —, — zu schwefliger Säure 58. —, — zu schwefliger Säure bei wech- selndem Feuchtigkeitsgehalt 134. —, — zu Stickstoffsäuren 270. —, — zu Theer 296. —, -- zu Zinkvitriol 349. -, — zu Zinkweiss 347. Weymouthskiefer, äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 84. —, Beschädigung bei einer Ziegelei 264. —, Schwefelsäuregehalt bei der Zink- hütte bei Letmathe 185. —, Verhalten zu Salzsäure 238. äussere Beschädigungen durch schweflige Säure 76. Wiesenheu, Schwefelsäuregehalt bei der Zinkhütte bei Dortmund 181. Winde, Beschädigung durch eine Soda- fabrik 251. Wurzeln der Pflanzen, Verhalten zu Chlo- ‚riden 233. —, -— zu Schwefelsäure im Boden 47. 2. Zeche Freie Vogel und Unverhofft 227. Ziegeleien, Vegetationsbeschädigungen 263. Zink, Aufnahme durch die Pflanzen 331. Zinkhütte bei Dortmund 179, — bei Letmathe 185. — bei Oberhausen 19. — von Grillo 192. Zinkhütten, Beschädigung der Te 193. Zinksulfat, Wirkung auf die Keimung der Samen 345. Zuckererbse, Beschädigung durch eine Sodafabrik 251. Zuckerrüben, Schwefelsäuregehalt im Mansfelder Kreise 200. Zuwachsverlust 108. EN A a F be A E + R LIBRARY -FACULTY OF FORESTRY UNIVERSITY OF TORONTO | SB Haselhoff, Emil 745 Die Beschädigung der Vegetation durch Rauch 6 10 zo © Ss 01 6€ 9 W3ll SOd J1HS AVdg 3ONVU4 Q M3IASNMOG Lv ln Bye: