Bar üsbrten tee Dart aan jeheinbehst ehbehete lerne Y A 5 H | RN) Se (ar { Be 4 a GR a ’ y RAS Se STEH, AR, ARENA DIE BETEILIGUNG DEUTSCHLANDS AN DER INTERNATIONALEN MEERESFORSCHUNG ——— I. JAHRESBERICHT. DIE BETEILIGUNG DEUTSCHLANDS AN DER INTERNATIONALEN MEERESFORSCAUNG m I. BERICHT BIS ZUM SCHLUSS DES ETATSJAHRES 1902 ERSTATTET VON DEM VORSITZENDEN DER WISSENSCHAFTLICHEN KOMMISSION Dr. W. HERWIG WIRKL. GEH. OBER-REGIERUNGSRAT. — MIT DREI ANLAGEN: BERICHTE DER ABTEILUNGEN: KIEL (2) UND HELGOLAND (1). Reichsforschungsdampfer „Poseidon“. BERLIN VERLAG VON OTTO SALLE 1905. . \ D rn [3 ne & FR Einleitung. m Ende des vergangenen Jahrhunderts wurde in mehreren nord- europäischen Staaten das Bedürfnis lebhafter, gewisse Probleme aus dem Gebiete der Seefischerei wissenschaftlich zu klären. Der Gedanke, hierfür eine internationale Basis zu suchen, lag nahe. Gestalt gewann er aber erst, als im Jahre 1899 die Schwedische Hydrographische Kommission unter Leitung von Prof. Pettersson in Stockholm eine geschickt begründete Anregung gab, zur Beratung der wichtigsten Pro- bleme der Meeresforschung im Interesse der Seefischerei eine Konferenz zu berufen. Die schwedische Regierung nahm die Sache in die Hand. Ihrer Einladung folgte die Zustimmung der nordeuropäischen Staaten Däne- mark, Deutschland, Großbritannien, die Niederlande, Norwegen, Rußland mit Finnland und Schweden. In Deutschland traf der Antrag dadurch auf einen wohl vorbereiteten Boden, daß der Deutsche Seefischerei-Verein für eine ähnliche Internationale Organisation bereits früher bestimmte Vor- schläge entworfen hatte“). Die erste Konferenz fand im Juni 1899 in Stockholm statt. Das allgemeine Programm wurde entworfen und den Staaten als Grundlage für weitere Beratungen vorgelegt. Diese führten zu der zweiten Konferenz im Mai 1900 in Christiania. Hier wurde das Arbeitsprogramm in allen seinen Einzelheiten festgestellt. Es besagt im Wesentlichen: 1. Ziel der internationalen Meeresforschung ist die Vor- bereitung einer rationellen Bewirtschaftung des Meeres auf wissenschaftlicher Grundlage. 2. Zur Klärung der hydrographischen Verhältnisse der Nordsee, des Kanals, des nördlichen atlantischen Ozeans und des Eismeeres, sowie der Ostsee sollen jährlich 4 Terminfahrten (im Februar, Mai, August, No- vember) ausgeführt werden, für die jedem Staate gewisse Fahrtrouten vorgeschrieben sind. Die Untersuchungen auf diesen und anderen Fahrten werden nach gleichen Gesichtspunkten und mit gleichen Methoden ausgeführt. *), Man vergleiche hierzu die Mitt, des Deutsch, Seefischerei-Vereins Bd. XX. 1904, Seite 112 ff. 3. Die biologischen Forschungen sollen sich in der Hauptsache mit den Nutztieren des Meeres beschäftigen. Ziele und Methoden regeln sich nach den vereinbarten Grundsätzen. 4. Die Statistik, namentlich die Fangstatistik, ist in einer den inter- nationalen Zielen entsprechenden Weise auszugestalten. Sämtliche obengenannten Staaten nahmen das Christiania-Programm unverändert an. Später trat noch Belgien bei. Zur Beaufsichtigung der auszuführenden Arbeiten wurden seitens der Regierungen Vertreter ernannt, die einen besonderen „Zentral-Ausschuß* bilden. Dieser Ausschuß konstituierte sich im Juli 1902, mit Kopenhagen als Domizil. Als sein Präsident wurde Dr. W. Herwig (Hannover), Wirkl. Geh. Ober.-Reg.-Rat, Präsident des Deutschen Seefischerei-Vereins, und als Vizepräsident Professor Dr. Pettersson (Stockholm) gewählt. Ein Bürean des Zentral-Ausschusses unter Leitung des Generalsekretärs Dr. Hoek wurde in Kopenhagen, ein Zentral-Laboratorium unter Leitung von Prof. Fridtjof Nansen in Christiania gegründet, Die zur Bewältigung der deutschen Arbeiten bewilligten Mittel sind recht erheblich. Zunächst wurde mit einem Kostenaufwande von mehr als 300000 Mk. der „Reichsforschungsdampfer Poseidon“ unter ständiger Mitwirkung der Wissenschaftlichen Kommission (siehe unten) gebaut und damit ein ausgezeichnetes Spezialschiff in den Dienst der Sache gestellt. Ausgerüstet mit den besten wissenschaftlichen und praktischen Geräten hat er sich sowohl bei den rein wissenschaftlichen Fragen, wie auch bei den praktischen Fischereiversuchen vorzüglich bewährt. Dann wurden für die laufenden Ausgaben jährlich rund 120 000 Mk. aus Reichsfonds bewilligt. Auch Preußen beteiligt sich mit 30000 Mk. an den von Deutschland übernommenen Arbeiten. Die Beschlußfassung über die Verwendung der dem Reichsamt des Innern überwiesenen Mittel ist einer sog. „Verwaltungs-Kommission“ übertragen, in der die in Frage kommenden Reichs- und Staatsbehörden vertreten sind. Ihr gehört auch der Präsident Dr. Herwig an, dem im Übrigen die äußere Verwaltung des Forschungsdampfers und der sonst zu verwendenden Mittel übertragen ist. Für diese Arbeiten steht ihm das Büreau des Deutschen Seefischerei- Vereins zur Verfügung. Die Deutsche Wissenschaftliche Kommission für die Internationale Meeresforschung setzt sich zur Zeit zusammen aus: Dr. W. Herwig, Wirkl. Geh. Ober.-Regierungsrat, als Vorsitzendem Prof. Dr. K. Brandt, Kiel F. Heincke, Helgoland | H. Henking, Hannover als Mitgliedern ; 0. Krümmel, Kiel Die von ihr geleiteten Arbeiten werden ausgeführt: A. durch das zu diesem Zweck im Jahre 1902 begründete Laboratorium der Kgl. Preußischen Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel mit je einer Abteilung für die hydro- graphischen und für die biologischen Arbeiten, ” durch die Kgl. Preußische Biologische Anstalt auf Helgoland. ©. durch das Laboratorium des Deutschen Seefischerei-Vereins in Hannover. Der Vorsitzende der Deutschen Wissenschaftlichen Kommission Dr. W. Herwig, Wirkl. Geh. Ober.-Reg.-Rat. Inhaltsverzeichnis. Dr. Herwig, I. Bericht bis zum Schluß des Etatsjahres 1902 Dr. Brandt, Bericht über allgemeine biologische Meeresunter- suchungen Die Fahrten und ie Tätigkeit der Kieler Een an Ban Die Tätigkeit der Kieler Biologen im Laboratorium an Land > Dr. Krümmel, Bericht über die hydrographischen Daten suchungen (Mit 4 Fig, im Text und I Karte) . Personal . Terminfahrten Laboratorium . FE a EN Ser Dr. Heincke, Bepaeie hs die Tätigkeit der Biologischen Anstalt auf Helgoland im Etatsjahre 1902 . Dr. Herwig, II. Bericht bis zum Schluß des er 1903 Anhang zum II. Bericht von Dr. W. Herwig . E24 erpi Dr. Apstein, Bericht über den Reichsforschungsdampfer „Poseidon“ Dr. Krümmel, Bericht über die Terminfahrt in der Nordsee an Bord des Dampfers „Poseidon“ vom 3, bis 12. August 1903 Vorbemerkung Verlauf der Fahrt im en Der wissenschaftliche Betrieb während der Derminfahrt Das Schiff e Pre Dr. Brandt, Bericht über lleoneite BTeche Meerasuntär- suchungen 2 . Die Fahrten und die Tätigkeit der Kieler Biulkesen: an Bord Die Tätigkeit der Kieler Biologen im Laboratorium an Land. , nr Dr. Krümmel, Bericht über die hydrographischen Unter- suchungen Die Arbeiten an Bord Die Arbeiten im Laboratorium Einige allgemeine Ergebnisse . Dr. Heincke, Die Arbeiten der Koniel. else Resta auf Helgoland im Interesse der internationalen Meeresforschung in der Zeit vom 1. April 1903 bis 31. März 1904. (Mit 7 Abbil- dungen, 3 Tabellen und ı Karte) Seite LER 29 43 69 Methode der Arbeit auf Se . . . 2... er 70 Orte und Zahl der mit dem großen Trawl angestellfen Fischzüge En =2 73 Die wissenschaftliche Analyse der Trawlfänge . . . . 2 2.2 2 2. . 74 Die: Bestimmungides, Alters.der SRischese- 2. Er er 76 Die Bestimmung des Geschlechts der Fische... . . 2. 2 22... 81 Die Bestimmung des Reifegrades der Fische . . . 2. 2. 2. 2 2 0 2 0. 81 Die Bestimmung der Nahrung der Fische . . . . a £2 Die Ordnung des in den Trawlzügen gewonnenen Materials ee: 82 Die Fänge mit dem Helgoländer Jungfischtrawl und dem Obertrawl . . . 83 Die Untersuchungen über die Eier und Larven der Nutzfische . . .. . 84 Das Zeichnen (Marken) von Fischen und das Aussetzen gezeichneter Fische 86 Zusammenstellung aller von der Biologischen Anstalt a und wiedergefangenen Schollen . . . SE 88 Sind durch unsere Arbeiten schon jetzt asia Be Bee "die für die Lösung der praktisch -wissenschaftlichen ae von Be- deutung sind? . . 90 Dr. Henking, Bericht os ar Tätigkeit = BeRenen So fischerei-Vereins bis zum Schub des Etatsjahres 1903. (Mit mehreren Tabellen und Figuren im Text, 2 Karten und I Tafel) . ... 93 Methode der statistischen er a rare ae 93 Die Fanglisten . . ee N ee re 94 Prüfung der Dnnalheren TEE Ne ee ee RR 94 Der Fangort . . EEE a am ar > 97 Prüfung der aaa. PR EN Ne nn 98 Die Beobachtung von anne : See Br: . 98 Monatskarten über die Fischereibetriebe in der Nordsee und den nen Gewässern. . . A ER Ve re Br Sa TE ET BE Umfang der eben en AS Et er NE Die in Geestemünde 1902 von een enadeien Mengen frischer Fische, nach Fangorten verteilt 2 re Unterscheidung von Größen-Sortierungen der Nutzfiche . . . ....... 104 Zahl und Reisedauer der Fischerfahrzeuge . . . -. ». 2.2.2.2... 110 Beachtung der hydrographischen Verhältnisse . . ». 2 2 2... 0. 41 Erweiterung: der „Beobachtungen? Fr En en er ie 2. Konferenz für die internationale Meeresforschung 1901 (Christiania- Konferenz) sprach den Wunsch aus, die beteiligten Staaten möchten mit der ersten Terminfahrt sobald als möglich und jedenfalls noch im Jahre 1901 beginnen. Anfangs erschien es aussichtslos, dass Deutschland diesen Wunsch erfülle und vor dem 1. Mai 1902 fahren könne, denn da- mals war der Bau des Forschungsdampfers „Poseidon“ eben erst in Angriff genommen. Auch standen andere Hindernisse im Wege. Es traf sich des- halb glücklich, daß der deutsche Seefischerei-Verein beschloß, eine schon lange geplante Expedition zur Erforschung der Fischereiverhältnisse der Ostsee nicht länger zu verschieben. Eine Anzahl von Segel-Fischerfahr- zeugen sollte entfernt von der Küste, auf (Gebieten der hohen See, in denen die deutschen Fischer kaum jemals ihre Fanggeräte versucht hatten, probeweise Fischfang betreiben. Zu ihrer Unterstützung und zur Ausübung der modernen Grundschleppnetzfischerei sollte sie ein Dampfer begleiten. Die Kieler „Holsatia* wurde zu diesem Zweck gechartert und sachgemäß ausgerüstet. Es lag nahe, diese von den programmmatischen Arbeiten der inter- nationalen Meeresforschung zunächst ganz unabhängige Expedition neben- her als eine erste „vorbereitende Terminfahrt‘“ in der Ostsee auszugestalten. Der Deutsche Seefischerei-Verein fand hierbei bereitwilligst die Unter- stützung der Deutschen wissenschaftlichen Kommission. Insbesondere nahmen außer dem vom Deutschen Seetischerei-Verein an Bord der Holsatia entsandten Zoologen zwei jüngere Gelehrte der Kieler Geschäftsstelle an der Fahrt teil. Auch Professor Pettersson in Stockholm beteiligte sich zum Zweck gewisser Spezialuntersuchungen mit einem jungen schwedischen Gelehrten. Über die Ergebnisse der Fahrt hat der Deutsche Seefischerei-Verein einen eingehenden Bericht erstattet.*) Vom Mai 1902 ab trat der Forschungsdampfer „Poseidon“ in seinen bestimmungsmässigen Dienst. Am 15. Mai 1902 machte er unter den Augen o- o- o- *, In Band VII der Abhandlungen des Deutschen Seefischerei - Vereins. Berlin 1902. Internat. Meeresforschung I, 1 Beginn der Termin=- fahrten. Der Deutsche Seefischerei- Verein entsendet eine vorbereitende Terminfahrt. Die Probefahrt des „Poseidon“. Erste Terminfahrt des „Poseidon“ Mai 1902. Ausführung der Termin= fahrten im August 1902 durch den Dampfer „Holsatia‘‘. Biologische Probefahrt des „Poseidon‘‘ Okt. Nov. 1902. Beheimatung. D Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. des Herrn Staatssekretärs des Innern, Graf von Posadowsky, seine voll be- friedigende Probefahrt. Am 23. Mai trat der „Poseidon“ die erste Terminfahrt in der Nordsee an. Mit Eintritt des „Poseidon“ in den ihm bestimmten Dienst war ein erstes mühsames Stück der Tätigkeit der wissenschaftlichen Kommission beendet. Es war reich an Arbeit und Verantwortung von dem Tage ab, wo der beste Plan eines Fahrzeuges für zum größten Teil neue eigen- artige Zwecke gefunden werden mußte, bis zu dem Tage, an welchem die Herstellung als fertig bezeichnet werden durfte und dem noch freudigeren, an welchem die Erprobung das Schiff als ein ausgezeichnet gelungenes Werk hinstellte. Die erste Terminfahrt (im Mai 1902) wurde glatt erledigt. Da je- doch die eine Schraube des „Poseidon“ infolge mangelhaften Materials bei der ersten Fahrt defekt wurde und seitens der Werft dem Fabrikanten zu- rückgegeben werden mußte, so konnte „Poseidon“, dessen Kapitän außerdem schwer erkrankt war, die Augustfahrt nicht ausführen. Es wurde zu senmem Ersatz die „Holsatia“ gechartert. Die Zeit bis zur November-Terminfahrt wurde dazu benutzt, den „Poseidon“ für die biologischen Zwecke mit der anfangs noch fehlenden hinteren Dampf-Winde und mit den vielfachen Apparaten für die praktisch wissenschaftliche Fischerei auszurüsten. Es erfolgte dann im Oktober die biologische Probefahrt der Königlich Biologischen Anstalt auf Helgoland, welche, durch ungünstiges Wetter in den Erfolgen beeinträchtigt, Ende No- vember noch eine kurze Fortsetzung erfuhr. Zwischen die beiden Teile der biologischen Probefahrt schob sich die November-Terminfahrt ein, auf welcher der „Poseidon“ nach einander die Kreuzfahrt in der Ostsee und in der Nordsee ausführte. Die Mängel und Lücken, die bei diesen ersten Fahrten an dem seiner Zweckbestimmung nach für Deutschland völlig neuen Schiff und seiner Ausstattung hervortraten, waren über Erwarten geringfügig und nur solche, die erst aus dem praktischen Grebrauche des Fahrzeuges erkannt werden konnten. Sie wurden zwischen den einzelnen Fahrten rasch beseitigt. Beheimatet wurde „Poseidon“ in Geestemünde. Die Rücksichten, die die Wahl dieses Hafens herbeiführten, haben sich bis jetzt als richtig herausgestellt. Die vorbereitenden Verhandlungen über den Bau einer für den „Poseidon“ bestimmten Schiffskammer in Geestemünde geben Aussicht auf einen baldigen günstigen Abschluß. Die Schiffskammer soll auch für die Inventarstücke anderer Reichs-Expeditionen, z. B. der Südpolar-Expedition, nutzbar gemacht werden. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Hauptbericht. 3 Am 15. Februar 1903 lief die Garantiezeit des „Poseidon“ ab. Von Kiel und von Helgoland aus war das Schiff mehrfach auf seine Brauchbarkeit durch praktische Benutzung geprüft. Es war nun noch die dritte Stelle, die zu ihrer Tätigkeit den „Poseidon“ öfter nötig haben wird, nämlich der Deutsche Seefischerei-Verein, mit einem Versuch im Rück- stande. Ihm lag es ob, den „Poseidon“ auf seine Verwertbarkeit bei praktischen Fischereiversuchen zu prüfen. Auch war es erwünscht, daß das Schiff vor Ablauf der Garantiezeit noch eine Probe auf seine Eigen- schaften in der stürmischsten Winterzeit mache. Beide Proben hat „Poseidon“ glänzend bestanden. Auch hier hatten Pessimisten ihre Stimme erhoben und behauptet, Heringsfang könne der „Poseidon“ sicher nicht betreiben, am wenigsten zur Winterzeit. Der Deutsche Seefischerei- Verein hat ihn dahen Seite an Seite mit gewerbs- mäßigen Heringsfischerfahrzeugen arbeiten lassen. Daß der „Poseidon“ hierbei schließlich mehr gefangen hatte, als die eigentlichen Heringsfischer, mag ein Zufall sein; ein schlechtes Zeichen ist das jedenfalls nicht. Manchen Sturm hat der „Poseidon“ im Dezember und Januar des vergangenen stürmischen Winters auf dieser seiner Fahrt vor der norwegischen Küste bis zur Breite von Aalesund ohne Schaden abgewettert. Er hat dabei das völlige Vertrauen seiner Besatzung gewonnen. Auch daß er zur Winterzeit nicht nur gefischt hat, sondern auch eine Reihe hydro- graphischer Stationen zwischen dem norwegischen Kap Stadt und den Shet- lands-Inseln legte, war auf diesen in jener Jahreszeit selten besuchten un- ruhigen Gewässern eine gute Leistung. Unsere Kenntniß von der Wasser- zuströmung in die Nordsee zur Winterzeit hat dadurch eine wertvolle Bereicherung erfahren. Somit hat das Schiff seine Leistungsfähigkeit im praktischen und wissenschaftlichen Gebiet in jeder Jahreszeit endgültig bewiesen und wir dürfen getrost sagen, daß kein Forschungsdampfer anderer Länder seine Brauchbarkeit übertrifft, viele aber hinter ihm zurückbleiben. Nach Beendigung der norwegischen Reise schloß sich im Februar die Terminfahrt in der Nordsee und in der Ostsee an. Sie füllte fast den ganzen Februar, nachdem der Bremer Vulkan in entgegenkommendster Weise sich einverstanden erklärt hatte, die unter Garantie fallenden Nach- arbeiten nach dem kontraktmäßigen Termin (15. Februar) noch ausführen zu wollen. Fast der ganze März ging mit einer Untersuchung über die Laich- verhältnisse der Nordseefische hin. Sie führte die Biologische Anstalt Helgoland unter Benutzung des „Poseidon“ aus. Im April wurde mit den Garantiearbeiten auf der Werft des Bremer Vulkan begonnen, ı* Expedition des Deutschen Seefischerei- Vereins in das Norwegische Meer mit „Poseidon‘ und Herings=- fischerfahr= zeugen, Dezember 1902 Januar 1903. Terminfahrt Februar 1903 durch „Poseidon‘‘. Eierfahrt März 1903 durch „Poseidon‘‘. Die Tätigkeit der wissen= schaftlichen Kommission am Lande. 4 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Die wissenschaftliche Kommission, die bekanntlich 1. aus dem unterzeichneten Präsidenten Dr. W. Herwig, Wirklichem Geheimen Ober-Regierungs-Rat in Hannover, als Vorsitzendem und den Mitgliedern: 2. Prof. Dr.K. Brandt in Kiel, Leiter der Kieler biologischen Arbeiten, 3. Professor Dr. F. Heincke, Helgoland, Leiter der Helgoländer biologischen Arbeiten, 4. Professor Dr. H. Henking in Hannover, Generalsekretär des Deutschen Seetischerei-Vereins, Leiter der statistischen Arbeiten, 5. Professor Dr. Ö. Krümmel in Kiel, Leiter der hydrographischen Arbeiten, besteht, hat abgesehen von ihren Beratungen bei besonderen Gelegenheiten, z. B. bei den internationalen Kongressen, sich je nach Bedarf zu Sitzungen zu- sammengefunden. Die Zahl der Sitzungen betrug im Jahre 1901 sechs, im Jahre 1902 sieben. Wiederholt sind zu ihnen Vertreter des Bremer Vulkan und Vertreter aus Fischereikreisen zugezogen. Die sonstige Tätigkeit der wissenschaftlichen Kommission läßt sich in folgende Gruppen einteilen: 1. Es ist darüber beraten, wie der „Poseidon“ für seine praktisch wissenschaftliche Tätigkeit am zweckmäßigsten in seinen Einzelheiten ein- zurichten sei, und wie er 2. mit wissenschaftlichen Geräten, Netzen und dergleichen Inventar- stücken auszurüsten und die Ausrüstung dauernd im Stande zu halten sei. 3. Es wurden die Fahrten des „Poseidon“ vorbereitet. 4. Das wissenschaftliche Personal für die Untersuchungen wurde herangezogen und seine Tätigkeit organisiert. In naturgemäßer Anpassung an diese Tätigkeit entstanden die drei Geschäftsstellen in Kiel, Helgoland und Hannover. Über die an diesen Stellen von den Mitgliedern der wissenschaftlichen Kommission geleistete Arbeit sind gesonderte Berichte*) beigefügt. Nur bei der Statistik haben wir z. Zt. noch auf die Beifügung eines Sonderberichtes verzichtet, weil die mit Nachdruck in Angriff genommenen Arbeiten sich noch in dem ersten organisatorischen Stadium befinden, dann aber auch, weil sie — soweit die internationale Meeresforschung in Betracht kommt — nur einen kleinen Teil der großen Unternehmung bilden, die der Deutsche Seefischerei- Verein in der Form einer allgemeinen deutschen Seefischereistatistik ins Leben zu rufen hofft. Hierüber wird er an anderer Stelle eingehend berichten. Der Mittelpunkt der äusseren Verwaltungstätigkeit der wissen- schaftlichen Kommission lag seit deren Beginn in den Händen des Unter- *) Siehe die Anlagen. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Hauptbericht. 5 zeichneten in Hannover. Er wurde hierin unterstützt von dem General- sekretär des Deutschen Seefischerei-Vereins, Prof. Henking, und von dem Bureaupersonal des Deutschen Seefischerei-Vereins.. Die gesamten Ver- handlungen mit den oberen Behörden, mit der Werft, mit der wissenschaft- lichen Kommission, mit den amtlichen Stellen des Heimathafens des Dampfers, mit den Instanzen des Auslandes und mit allen sonst noch in Betracht kommenden Personen und Behörden wurden von Hannover aus- geführt. Die Kasse des Deutschen Seefischerei-Vereins hat sämtliche laufende Zahlungen, soweit solche aus Reichsmitteln zu leisten waren, bewirkt. Hierin gehört die erste Ausrüstung des „Poseidon“ mit wissen- schaftlichen Apparaten, Netzen und dergl., die Besoldung der Besatzung des „Poseidon“ einschließlich Verpflegung, Beiträge zu den Kassen und dergl.. Deckung der Kosten der Fahrten des „Poseidon“, der Reparaturen, Ergänzung der wissenschaftlichen Apparate, der Netze, des Dampferinven- tars, ferner die Kosten der Teilnahme der Gelehrten an den Fahrten des „Poseidon.“ Die Remunerierung eines Teiles der Kieler Gelehrten ist von der Kasse des Deutschen Seefischerei-Vereins zeitweilig aushülfsweise geleistet. Die Inangriffnahme des deutschen Teiles der internationalen Meeres- forschung hat naturgemäß dazu geführt, daß wir mit den Vertretern der be- teiligten Staaten in engere Beziehungen getreten sind, als früher. So war unter Anderen die oben erwähnte Expedition des Deutschen Seefischerei-Vereins in der Ostsee im Nachsommer 1901 nicht nur Veranlassung, daß ein schwedischer Gelehrter unsere „Holsatia* zeitweilig begleitete, sondern daß auf Grund getroffener Verabredungen von Bord des schwedischen Kanonen- bootes Svensksund zu gleicher Zeit korrespondierende Untersuchungen in anderen Teilen der Ostsee ausgeführt wurden. Am 22. Juli 1902 fand die konstituierende Sitzung des Zentralaus- schusses für die internationale Meeresforschung in Kopenhagen statt. Von Deutschland wurden zur Teilnahme entsandt Dr. W. Herwig, Wirklicher Geheimer Ober-Regierungsrat und Professor Dr. Krümmel, Kiel. Die Konferenz beschäftigte sich namentlich mit der allgemeinen Organisation des Unternehmens. Sie setzte verschiedene Kommissionen ein, nämlich: a. eine Kommission für die Fischwanderungen, Kommission A. b. eine Kommission für die Überfischung, Kommission B. e. eine Kommission für die Ostsee, Kommission Ü. Da es als erwünscht bezeichnet war, daß die Kommissionen A u. B sich über die zu lösenden Fragen tunlichst bald verständigen sollten, so vereinigten sich ihre Mitglieder in den Tagen vom 4. bis 9. September 1902 auf einer Konferenz in Edinburg, an der von Deutschland Professor Heincke (Helgoland) als Mitglied der Kommission A und Professor Henking Beziehungen der wissen- schaftlichen Kommission zum Auslande. Teilnahme der Mitglieder der wissenschaft- lichen Kommission an inter= nationalen Konferenzen. Besuch von Ausländern in Deutschland. Gesamturteil. 6 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. (Hannover) als Mitglied der Kommission B teilnahmen. Leider konnte die Kommission © (Ostsee) in 1902 noch nicht in Tätigkeit treten, weil der Geschäftsführer Dr. Nordquist (Helsingfors) seitens der russischen Regierung seines Amtes enthoben wurde. Die deutsche wissenschaftliche Kommission hatte im Dezember 1902 das Vergnügen, Professor Pettersson aus Stockholm, Hafendirektor Drechsel aus Kopenhagen und Generalsekretär Dr. Hoek (Kopenhagen) in Hamburg begrüssen zu dürfen. Nach Schluss der dort gepflogenen Verhandlungen führten wir die Herren (mit Ausnahme des Herım Drechsel) auf ihren Wunsch nach Geestemünde und Kiel, um ihnen den Fischereihafen resp. das internationale Laboratorium zu zeigen. Faßt man das Gesamturteil über die Tätigkeit der wissenschaft- lichen Kommission zusammen, so darf ihr das ehrende Zeugnis gegeben werden, daß sie die großen Anfangsschwierigkeiten einer eigenartigen neuen Sache glücklich überstand, daß ihre fortlaufende Tätigkeit in der angebahnten Organisation eine energische, fruchtbringende und reiche Aussichten eröff- nende war und daß dieser schöne Erfolg dem verständnisvollen Zusammen- wirken arbeitsgewohnter Männer in erster Reihe zu verdanken ist. I. Abteilung: Kiel. I Bericht über allgemeine biologische Meeresuntersuchungen. Von Prof. Dr. K. Brandt (Kiel). eine Tätigkeit begann mit Begründung der wissenschaftlichen Kom- mission für internationale Meeresforschung Anfang Februar 1901. In dem ersten Jahre war ein Programm für möglichst eindringende biologische Erforschung der nordischen Meere zu entwerfen, methodisch zu entwickeln und auf der internationalen Konferenz in Christiania (Mai 1901) zu vertreten. Ferner waren die erforderlichen wissenschaftlichen Kräfte zur Ausführung des biologischen Programms zu beschaffen und die Pläne für Ausgestaltung eines Meereslaboratoriums in Kiel zum Zwecke von hydrographischen und allgemein biologischen Meeresunter- suchungen zu entwerfen und geeignete Räume dafür zu suchen und zu mieten. Endlich handelte es sich darum, bei der Ausarbeitung des Planes für den Forschungsdampfer den Bedürfnissen der biologischen Meeres- untersuchungen Rechnung zu tragen. In dem zweiten Jahre erfolgte zunächst die Anstellung von 3 bio- logischen Assistenten, deren erste Tätigkeit in der Einrichtung des neuen Meereslaboratoriums bestand. Ende Mai 1902 begannen die Terminfahrten und damit auch die wissenschaftliche Arbeit der 3 Angestellten. Innerhalb der wissenschaftlichen Kommission mußte gleich anfangs eine Arbeitsteilung zwischen den zoologischen Mitgliedern Professor Heincke in Helgoland und mir erfolgen. Dieselbe fand im Mai und Juni 1901 im wesentlichen so statt, daß Professor Heincke die gründliche Untersuchung der Fische, be- sonders der Nutzfische, übernahm, während mir die übrige Biologie zutfiel: die Erforschung der Beziehungen der gesamten Tier- und Pflanzenwelt des Meeres (mit Ausschluß der Nutzfische) zu einander und zu dem umge- Ss Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. benden Medium. Vor allem kam es mir darauf an, den Kreislauf des Stoffes im Meere, die Ertragsfähigkeit der verschiedenen Meeresgebiete und weiterhin die gesetzmässigen Beziehungen zwischen der Erzeugung organischer Substanz im Meere und den allgemeinen Produktionsbedin- gungen näher zu ermitteln. Mir ist kein anderes Problem der Meeresbiologie bekannt, das so, wie die Erforschung des Kreislaufes des Stoffes, das Ge- schehen im Meere in seinem Kern erfaßte. Aber auch für die mehr prak- tischen und volkswirtschaftlichen Endziele der internationalen Meeresunter- suchungen ist es von großer Bedeutung, wenn die für das Land ermittelten Erfahrungen und Untersuchungsresultate auch auf die Wasserwirtschaft übertragen werden unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse, denen die im Wasser lebenden Organismen im Gegensatze zu den von Luft umgebenen Lebewesen unterworfen sind. Für die Ausführung des allgemein biologischen Programms waren mindestens 6 wissenschaftliche Kräfte für eine längere Reihe von Jahren erforderlich: 2 Biologen für das Plankton, 2 andere Biologen für Boden- tiere, Bodenpflanzen und gewisse Fischuntersuchungen, sowie ein Bakterio- log oder ein Chemiker für Untersuchung von Wasser und Meeresgrund auf die unentbehrlichen Nährstoffe der Pflanzen und für weitergehende Untersuchungen über den Stoffwechsel im Meere. Meine Bemühungen, die erforderlichen Kräfte zu erhaltenz waren leider nicht von Erfolg. Es konnten nur 3 Stellen besetzt werden, 2 durch Zoologen und eine durch einen Chemiker. Unter diesen Umständen mußte ein großer Teil der Unter- suchungen ganz fortfallen. Als Zoologen wurden zwei Privatdozenten der Kieler Universität gewonnen, die sich schon seit Jahren mit ausgezeichnetem Erfolge der Meeresbiologie gewidmet haben, Dr. Karl Apstein und Dr. J. Reibisch. Dr. Apstein fielen die Untersuchungen über das Plankton zu und außer- dem die Leitung der Terminfahrten. Dr. Reibisch wurde vor die Auf- gabe gestellt, über den Boden und seine Besiedelung mit Pflanzen und Tieren Untersuchungen auszuführen und daneben seine Untersuchungen über die Altersbestimmung von Fischen fortzusetzen. Als dritte Kraft für die in Betracht kommenden biologischen Untersuchungen wurde der Che- miker Dr. Raben, ein erfahrener und gewissenhafter Analytiker, angestellt. Er hat in dem verflossenen Jahre sich ausschließlich mit dem quantitativen Nachweis der nur spurenweise im Meerwasser vertretenen Pflanzennährstoffe (Ammoniak, salpetrige Säure, Salpetersäure, Phosphorsäure und Kieselsäure) beschäftigt. Weiterhin kommen für den Chemiker die Untersuchungen der Bodenproben nach neuen Gesichtspunkten und Methoden in Betracht. Endlich ist auch eine Bereicherung unserer Kenntnis von dem Stoffwechsel und der chemischen Zusammensetzung der pflanzlichen und tierischen Organismen des Meeres dringend erforderlich. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. I: Kiel 1. $) Auf Grund von Berichten, welche die 3 Forscher über ihre Tätig- keit im ersten Jahre der wissenschaftlichen Kommission erstattet haben, gebe ich eine kurze Zusammenfassung über die allgemein biologischen Arbeiten I. auf den Fahrten, II. im Laboratorium an Land. | Lu I. Die Fahrten und die Tätigkeit der Kieler Biologen an Bord. \ 1. Die erste Untersuchungsfahrt des „Poseidon“ durch die Nord- see fand in der Zeit vom 23. Mai bis 2. Juni statt. Außer den 3 an- gestellten Biologen nahm der cand. med. Karrer als Gehülfe teil. Wegen starker Dünung mußten die Untersuchungen an Station S ausfallen. Eine Östseefahrt wurde nicht ausgeführt. 2. Für die Augustfahrt in Ost- und Nordsee wurde die „Holsatia“ benutzt. Die Ostseefahrt fand vom 3. bis 14. August statt. Am 6. August mußte in Saßnitz die Winde repariert werden. Außerdem wurde die „Holsatia* durch Weststurm vom 9. bis 11. August in Memel festgehalten. Die Nordsee- fahrt verlief in der Zeit vom 15. bis 25. August vollkommen programmmäßig. Die biologischen Teilnehmer der Ostseefahrt waren Dr. Apstein als Leiter, Dr. Reibisch und cand. med. Karrer. An der Nordseefahrt nahm statt des Letztgenannten der cand. med. Meyer als Gehülfe teil. 3. Die beiden Terminfahrten im November wurden wieder vom „Poseidon“ ausgeführt. An beiden Fahrten nahmen Dr. Apstein (Leiter der Fahrt) und Dr. Reibisch teil, an der Ostseefahrt außerdem Dr. Raben, an der Nordseefahrt Dr. Immermann. Der „Poseidon“ verließ am 29. Ok- tober Kiel und mußte wegen Südweststurmes vom 1. bis 3. November in Stolpmünde verweilen. Die Beobachtungen an den einzelnen Stationen konnten jedoch ausgeführt werden. Die Terminfahrt durch die Nordsee, die am 9. November von Kiel aus begann, wurde wiederholt durch stür- ınisches Wetter beeinträchtigt, doch brauchte nur die letzte Station (15) wegen ÖOststurmes ausgelassen zu werden. Am 20. November traf der „Poseidon“ wieder in Kiel ein. 4. Die Februar-Terminfahrten des „Poseidon“ fanden wiederum unter der bewährten Leitung von Dr. Apstein statt. Es wurde zuerst die Nordsee untersucht; doch konnten von den 15 Stationen nur die 3 ersten erledigt werden, alle übrigen mußten wegen stürmischen Wetters ausfallen. Der „Poseidon“ verweilte vom 3. bis 4. Februar in Cuxhaven, vom 7. bis 9. in Egersund und vom 9. bis 12. Februar in Mandal. Am 14. traf er wieder in Kiel ein. Am 16. Februar früh begann die Ostsee-Terminfahrt, die bis auf die zwei letzten Stationen (12, 13) glücklich durchgeführt werden konnte. Während der Nacht vom 19. zum 20. mußte der Dampfer hinter 10 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. der Halbinsel Hela unter Schutz gehen und wegen des anhaltenden West- sturmes vom 20. bis 24. Februar in Pillau bleiben. Auf der Rückfahrt sollten einem vom Herrn Präsidenten Herwig übermittelten Wunsche des Professors Pettersson-Stockholm entsprechend 3 Kurrenzüge zwischen Trelleborg und Bornholm ausgeführt werden, doch wurde gleich bei dem ersten Versuche das Fischnetz auf dem steinigen Grunde zerrissen und unbrauchbar. Der „Poseidon“ traf am 27. Februar wieder in Kiel ein. Außer dem Leiter der Fahrt beteiligte sich an beiden Fahrten Dr. Raben, an der Nordseefahrt außerdem der stud. Popofsky, an der Östseefahrt der stud. Conrad. 5. Dr. Reibisch hat endlich an der ersten größeren Fischereifahrt, die vom 5. bis 26. März 1903 stattfand, teilgenommen. Ihm wurde zur Unterstützung bei den notwendigen Arbeiten der erste Assistent des zoologischen Instituts Dr. Immermann mitgegeben. Während der Termin- fahrten hatte nur mit kleinen Schleppnetzen (Dredgen) und ganz nebenher Material über die Besiedelung des Meeresbodens gewonnen werden können, weil jeder Zeitverlust im Interesse der hydrographischen Untersuchungen vermieden werden sollte. Es mußte daher die erste sich darbietende Gelegen- heit zur Förderung dieses wichtigen Zweiges der Meeresforschung unbedingt benutzt werden. — Die biologischen Arbeiten auf den Terminfahrten mit Einschluß des Fangens von Fischeiern und Larven für die biologische Anstalt in Helgoland haben überhaupt so gut wie gar keinen Zeitverlust herbeigeführt. Die hydrographischen Arbeiten nahmen soviel Zeit in Anspruch, daß daneben fast sämtliche biologische Arbeiten erledigt werden konnten. Nur wenn die Dredge angewandt wurde, entstand jedesmal ein Zeitverlust von durch- schnittlich höchstens einer Viertelstunde Daß auf einer 10-12 tägigen Terminfahrt auch insgesamt einige Stunden für ausschließlich biologische Tätigkeit aufgewandt werden, erscheint im Interesse der gründlicheren wissenschaftlichen Ausnutzung der Fahrten geboten. Es wird daher im bevorstehenden Jahre noch etwas mehr gedredgt und auch möglichst auf jeder Fahrt in der Nord- und Ostsee ein Zug mit einem größeren Fischerei- gerät gemacht werden. Es hätte sich nicht rechtfertigen lassen, wenn nicht auch in dem abgelaufenen Jahre die kostspieligen Fahrten so ausgiebig, wie es irgend möglich war, für wissenschaftliche Zwecke ausgenutzt worden wären. So ist für specielle zoologische und chemische Untersuchungen gelegentlich Material auf den Terminfahrten gesammelt worden, das von anderen Forschern als den 3 angestellten Biologen bearbeitet wurde. Ferner wurden Bodenproben für geologische und physikalische Untersuchungen durch sach- kundige Bearbeiter gewonnen. Endlich wurden im Interesse der wichtigen Untersuchungen über die Bedeutung der Stickstoffbakterien für den Haus- Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt T: Kiel. nl halt des Meeres wiederholt die vorbereiteten sterilisierten Nährlösungen mit bestiramten Quantitäten von einwandfrei entnommenen Boden- oder Meerwasserproben an Bord von Dr. Apstein geimpft, um nach Beendigung der Fahrt im zoologischen Universitätsinstitut weiter untersucht zu werden. Die Tätigkeit an Bord regelte sich in folgender Weise. Dr. Apstein übernahm die verantwortliche Leitung der Terminfahrten, führte an jeder hydrographischen Station in Nord- und Ostsee (zusammen 28) verschiedene Züge mit Planktonnetzen aus, untersuchte während der Fahrt von einer zur nächsten Station die frischen Planktonfänge mit dem Mikroskop und stellte Versuche mit lebenden Planktonorganismen an. Dr. Reibisch entnahm an jeder der 28 Stationen Bodenproben und außerdem bestimmte Quantitäten von Meerwasser für chemische Untersuchungen im Interesse der biologischen Meeresforschung und bereitete sie für die Untersuchung an Land vor; er machte außerdem die Züge mit dem Schleppnetz, sorgte für das Absieben und Sichten des Fanges und stellte mikroskopische Unter- suchungen über die am Meeresgrunde lebenden kleinen Organismen an. Auf den Februarfahrten wurde er nach Möglichkeit durch Dr. Raben vertreten, damit er selbst an der Fischereifahrt des „Poseidon“ im nächsten Monat teilnehmen konnte. Dem als Gehülfen mitgegebenen dritten Biologen lag die Unterstützung beim Planktonfischen und beim Aussuchen und Konservieren des Dredgematerials ob, ferner das Vorbereiten und spätere Verstauen der verschiedenen Geräte, Netze sowie der gesammelten Fänge. Aus verschiedenen Gründen wird auch in Zukunft ein dritter Biolog den Terminfahrten mitgegeben werden müssen. Die Stationen folgen oft so nahe aufeinander, daß die Arbeit sich sehr drängt und Tag und Nacht gearbeitet werden muß. Die nachstehende Uebersicht über den Verlauf der Östsee- Terminfahrt im Februar 1903 giebt eine Vorstellung davon. Ostsee Februar 1903. Vormittag Nachmittag Uhrzeit 1903 Febr. Zeus Fahrzeiten, 13 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Bei der großen Mannigfaltigkeit der Untersuchungen ist eine gegenseitige Ergänzung und gelegentliche Vertretung notwendig, und zwar um so mehr, als es sich an Bord nicht blos um sorgfältige Ausführung von zahlreichon Fängen und um Sammeln von Material handelt, sondern auch um Untersuchungen an lebenden Organismen. Es kommt außerdem darauf an, geeignete Kräfte für die freiwillige Mitarbeit an den Unter- suchungen an Land zu gewinnen und für die gelegentliche Vertretung von Dr. Apstein und namentlich auch von Dr. Reibisch auszubilden. Der letztere wird in dem bevorstehenden Jahre möglichst an allen Fischerei- fahrten teilnehmen müssen, weil diese für die Bodenorganismen unvergleich- lich viel reichere Ergebnisse liefern, als die vorzugsweise hydrographischen Zwecken dienenden Terminfahrten. Jetzt ist die Organisation so, daß die beiden ersten Biologen etwa 4 Monate des ‚Jahres durch die Fahrten (mit Einschluß der Vorbereitungen) in Anspruch genommen sind, so daß nach Abzug eines Ferienmonats nur ‘ Monate für die Tätigkeit ım Laboratorium übrig bleiben. In dem verflossenen Jahre kamen für die wissenschaftlichen Arbeiten von Dr. Apstein und Dr. Reibisch sogar nur 6 Monate an Land in Betracht, weil erst nach Beendigung der ersten Fahrt (Anfang Juni) überhaupt Material vorlag. Es ist zu wünschen, daß durch geeignete Vertretung an Bord die Labora- toriumstätigkeit der wichtigsten Kräfte verlängert wird. ll. Die Tätigkeit der Kieler Biologen im Laboratorium an Land. 1. Dr. Apstein’s Planktonuntersuchungen. Das Material für die Untersuchungen wurde ausschliesslich auf den Terminfahrten im Mai, August und November 1902 sowie im Februar 1903 gewonnen. An jeder hydrographischen Station wurde ein quantitativer Vertikalfang vom Grunde bis zur Oberfläche mit dem mittleren Apstein- Netz oder mit Hensen’s grossem Plankton-Netz gemacht. Wenn die hydrographischen Verhältnisse es notwendig erscheinen ließen, wurden außerdem Vertikalzüge mit einem Schließnetz ausgeführt, um den Plankton- gehalt der verschiedenen Wasserschichten kennen zu lernen. Endlich wurde möglichst auch Oberflächenmaterial mit kleinen Netzen gewonnen. Daß Dr. Apstein von 128 quantitativen Fängen bis jetzt erst 49 hat untersuchen können, liest daran, daß die Untersuchung hier sehr viel gründlicher als anderswo geschieht, und daß auch die recht zeitraubenden, aber ganz unent- behrlichen Zählungen ausgeführt werden. Zur Unterstützung bei der Fest- stellung der Individuenzahl der einzelnen Plankton-Komponenten war vom Dezember 1902 an ein Gehülfe diätarisch beschäftigt. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. I: Kiel 1. 13 Ostsee. Die 3 Terminfahrten durch die Ostsee im August, November und Februar zeigten neben interessanten jahreszeitlichen Unterschieden eine durchgreifende Verschiedenheit der beiden in Bezug auf den Salz- gehalt stark von einander abweichenden Gebiete westlich und östlich von Rügen. Die Grenze zwischen östlicher und westlicher Ostsee verschiebt sich dem Salzgehalt entsprechend; sie liegt im November und Februar weiter östlich als im August. Die beiden Gebiete unterscheiden sich sowohl in Bezug auf die Gesamtmenge an Plankton, als auch bezüglich der Zusammensetzung des Planktons an Tieren und Pflanzen. Sehr bemerkens- wert war die mittels Schließnetzen festgestellte vertikale Verteilung des Planktons. Bei fast allen Fängen der Ostsee im August 1902 war die Hauptmenge des Planktons in den oberen Wasserschichten ()—6 m) ver- treten, und da in dieser Schicht fast alle Pflanzen ihr Maximum haben, so ist augenscheinlich ihr Lichtbedürfnis für diese Art der Verteilung maß- gebend. Ganz anders waren die Verhältnisse im Februar 1903. In allen näher untersuchten Fällen war in der östlichen Ostsee die Hauptmenge der Plankton-Organismen, bemerkenswerter Weise auch der pflanzlichen, in den tiefen Schichten nahe dem Boden vertreten, während die oberen Schichten von 0—33 bezw. 0—50 m verhältnismäßig weniger Plankton enthielten. Den Grund für diese sonderbare Erscheinung sucht Dr. Apstein (wie ich glaube mit Recht) darin, daß die an das salzigere Wasser der west- lichen Ostsee angepaßten Plankton-Organismen in der östlichen Ostsee nur in den unteren, salzreicheren Schichten noch leben können. Nordsee. Während Dr. Apstein mit dem Plankton der Ostsee und den für dieses Gebiet in Betracht kommenden Problemen auf Grund von mehr als 15-jährigen Studien wohl bekannt war, musste er sich in die mannigfaltigere Fauna und Flora des Planktons der Nordsee erst ein- arbeiten und mit den in diesem Meeresabschnitt vorliegenden hydrographischen Verhältnissen erst näher bekannt machen. Er konnte nach dem Material, das er auf den 3 wohlgelungenen Terminfahrten des Jahres 1902 gesammelt hat, 3 Gebiete unterscheiden. Diese Gebiete (‚Jütlandbank, Norwegische Rinne nebst Skagerak und mittlere Nordsee) sind durch besondere dominierende Planktonformen charakterisiert; ihre Grenzen verschieben sich etwas in den ‚Jahreszeiten. 2. Untersuchungen über den Gehalt des Meerwassers an Ammoniak, salpetriger Säure, Kieselsäure und Phosphorsäure von Dr. Raben. a. Es kam zunächst die Frage in Betracht, ob im Meerwasser der Öst- und Nordsee wirklich, wie ich auf Grund allgemeiner Erwägungen wahrscheinlich gemacht hatte, mehr anorganische Stickstoff- verbindungen sich finden, als in dem Wasser wärmerer Meeresgebiete. Zum Vergleiche kommt nur das östliche Mittelmeer und das Rote Meer in 14 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Betracht. Natterer hatte dort mit den besten vorliegenden Methoden die verschiedenen Stickstoffverbindungen gleich nach der Probeentnahme an Bord quantitativ bestimmt. In allen übrigen Fällen ist, soweit mir bekannt, die Bestimmung erst nach mehr oder weniger langer Zeit am Lande aus- geführt worden. Solche Untersuchungen müssen aber unrichtige Werte ergeben, weil die Stickstoffverbindungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht dem Einflusse von Bakterien (nitrificierenden und denitrificierenden) unterliegen. Auf Grund meiner Voruntersuchungen habe ich daher zunächst auf der „Holsatia*-Expedition des Deutschen Seefischereivereins 1901, dann aber auch bei allen Terminfahrten des verflossenen Jahres die zur Unter- suchung auf Stickstoffverbindungen bestimmten Wasserproben sofort nach der Entnahme mit Quecksilberchlorid vergiften lassen, um sämtliche Bakterien zu töten und die Fäulnis der Planktonorganismen zu verhindern. Vergleicht man die von Natterer für das Mittelmeer und das Rote Meer erhaltenen Werte mit denjenigen, die Dr. Raben für Nord- und Ostsee gewonnen hat, so tritt mit voller Klarheit hervor, dass die stets äußerst geringe Menge von Stickstoffverbindungen in den heimischen Meeren immerhin größer ist als in dem wärmeren Mittelmeere. Ein zweites Ergebnis besteht darin, daß nicht bloß in verschiedenen Wasserschichten, sondern auch zu verschiedener Zeit an derselben Stelle und in derselben Schicht verschieden grosse Mengen von Stickstoff- verbindungen nachgewiesen werden. In der Nordsee war der Ammoniak- gehalt des freien Wassers während der Maifahrt im allgemeinen grösser als während der August- und Novemberfahrt. In der Ostsee waren die Werte im August höher als im November (im Mai hatte keine Fahrt stattgefunden.) Leider sind die besten z. Z. vorliegenden Methoden noch nicht genau genug, um kleine Differenzen, die biologisch von hoher Bedeutung sind, mit der nötigen Sicherheit festzustellen. Dr. Raben ist daher jetzt damit beschäftigt, unter Leitung von Professor H. Rodewald im hiesigen land- wirtschaftlichen Universitätsinstitut die vorliegenden Methoden nach Möglich- keit zu verbessern oder durch andere Verfahren zu ersetzen. b. Um genaue Werte bezüglich der anderen nur spurenweise im Wasser vertretenen Pflanzennährstoffe, Kieselsäure und Phosphorsäure, zu erhalten, ließ ich von der Augustfahrt an gut filtriertes (von Plankton- organismen befreites) Meerwasser in Zinkblechkästen bis zur Untersuchung im Laboratorium aufbewahren. Das Meerwasser wurde dann von Dr. Raben sowohl auf gelöste Kieselsäure, als auch auf den Gehalt an gelöster Phosphorsäure untersucht. Die von Dr. Raben für die gelöste Kieselsäure gewonnenen Zahlen ordne ich nachstehend für die beiden Gebiete unter Zufügung des Monats, in dem die untersuchten Proben entnommen sind, nach ihrer Größe. a nn Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. I: Kiel 1. 15 Nordsee Ostsee Monat Monat RI 0:57 VII 20/973 XI. 0,763 | 5 Proben. lage oh XI. 093 , Mittel (Kiel 15 altonl) RT 103 0,90. VITSEONZ wine, 2 (Kiel VII. 1,03) 11 Proben. (Kiel I. 1,10) ® Mittel Nano a 1,16. IE, al RX 136 IE Az IE 11000) Mittel überhaupt: 1 Teil gelöste Kieselsäure in 1 Million Teilen Meerwasser. In der freien Ostsee (von den 3 Proben der Kieler Föhrde abgesehen) findet nach den bis jetzt vorliegenden — allerdings wenig zahlreichen — Untersuchungen eine deutliche Zunahme des Gehaltes an gelöster Kieselsäure vom August nach dem November, und von November bis Februar statt. Die örtlichen und zeitlichen Verschiedenheiten sowie die (Gesamt- menge des Kieselsäuregehaltes sind nach diesen neuen Untersuchungen viel geringer als es nach früheren Untersuchungen der Fall sein sollte. Wahrscheinlich ist in vielen Fällen das (an Kieselsäure reiche) Plankton nicht gleich nach der Probeentnahme durch Filtration beseitigt worden und vor allem wird die Anreicherung des Wassers an Kieselsäure durch Aufbewahrung in Glasgefäßen nicht vermieden worden sein. Bestätigen die weiteren Untersuchungen die bis jetzt gewonnenen Ergebnisse der Analysen Dr. Rabens, so ist die Kieselsäure für eine sehr wichtige Gruppe von Nahrungsproduzenten im Meere, die kieselschaligen Diatomeen, zu gewissen Zeiten und in manchen Gebieten in der Tat im Minimum vertreten. Wie ich vor einigen Jahren nachgewiesen habe, kommt bei stärkster Wucherung der Diatomeen in der Kieler Föhrde (im Frühjahr) etwa 1 Teil feste Kieselsäure in (restalt von Diatomeenschalen auf eine Million Teile Meerwasser. Wenn aber die gelöste Kieselsäure im Mittel auch nur in demselben Verhältnis (1:1 Million) im Meerwasser vertreten ist, dann wird auch bei den wuchernden Diatomeen für die Neubildung von Schalen das Rohmaterial nicht ausreichen. Dem Kreislauf der Kieselsäure im Meere wird daher eine ähnlich eingehende Würdigung zu teil werden müssen wie dem Kreislauf des Stickstoffs. 16 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. e. Die Untersuchung der Wasserproben auf Phosphorsäure ergab niedrige und ziemlich schwankende Werte, die in der nachstehenden Ueber- sicht zusammengestellt sind. Nordsee Ostsee 0,142 ] 0,203 0,272 0,36 0,403 0,445 9 Proben 0,556 Mittel 5 Proben Be 02 | 0% ur 1,109 1,18 1,148 ] 1,27 1,363 1,39 Mittel überhaupt: 0,75 Teile Phosphorsäure (Ps O;) in 1 Million Teilen Meerwasser. Es bedarf noch näherer Untersuchungen, um sowohl die Differenz gegenüber den schon vorliegenden Untersuchungen von Schmidt (1878), als auch die grosse Verschiedenheit der von Raben gefundenen Werte zu erklären. Außerdem ist bei sehr geringem Gehalt an Phosphorsäure zu prüfen, ob in solchen Fällen nicht doch die Phosphorsäure im Minimum vertreten ist. Auch auf Grund der zahlreichen und sorgfältigen Analysen Raben’s ist der Satz aufrecht zu erhalten, daß die Stärke der Produktion im Meere inerster Linieabhängt von der Mengeder anorganischen Stickstoffverbindungen. 3. Untersuchungen über die Besiedelung des Meeresbodens in der Nordsee durch Dr. J. Reibisch. Dr. Reibisch mußte während des ersten Untersuchungsjahres vor allem in das große Gebiet, das ihm zugefallen war, sich einarbeiten und systematische Vorarbeiten erledigen. Ueber die Beziehungen zwischen der Besiedlung des Meeresbodens mit Tieren und Pflanzen einerseits und den lıydrographischen Verhältnissen, der Bodenbeschaffenheit und der Verteilung der Nutzfische andrerseits kann genaueres erst ausgesagt werden, wenn nicht bloss zahlreiche Bodenproben physikalisch und chemisch untersucht sind, sondern auch die etwa 1000 Arten von Tieren, die am Boden der Nordsee leben, im Kieler Laboratorium leicht und sicher bestimmt werden können. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. I: Kiel 1. 7 Um zunächst Material zu gewinnen, hat Dr. Reibisch auf den Terminfahrten 22 Dredge-Züge in der Nordsee und 5 in der Ostsee gemacht. Er hat dann die erbeuteten Organismen nach Tiergruppen sortiert und in einer vorläufigen tabellarischen Uebersicht die Beziehungen der einzelnen Tiergruppen zur Bodenbeschaffenheit und Tiefe dargestellt. Die Flohkrebse oder Amphipoden, die in den nordischen Meeren eine große Bedeutung als Fischnahrung besitzen, hat er nach Arten bestimmt. In einer Tabelle am Schlusse seines Berichts werden 75 Amphipoden-Arten nach Ort und Zeit des Vorkommens aufgeführt. Die meisten anderen Tiergruppen werden zum Zwecke der genaueren Bestimmung Spezialforschern zugeschickt werden. Die Ostsee konnte in dem Berichte nicht berücksichtigt werden, weil bisher nur vereinzelte Fänge haben gemacht werden können. Dr. Reibisch hat außerdem an der im März ausgeführten Fischerei- fahrt durch die Nordsee zusammen mit Dr. Immermann teilgenommen. Diese eine Fahrt hat mehr Material gebracht, als alle Terminfahrten zusammen hatten ergeben können. Die Durcharbeitung dieser Fänge vom März kommt erst für den nächsten Jahresbericht in Betracht, ebenso die gleichfalls von Dr. Reibisch auf der Märzfahrt begonnenen Alters- bestimmungen von Nordseefischen nach den Otolithen. Internat. Meeresforschung I, 2 i € nn; EEE EN IETRIANEIIIEN I. Abteilung: Kiel. 2: Bericht über die hydrographischen Untersuchungen. Von Prof. Dr. OÖ. Krümmel (Kiel). eine Tätigkeit im Bereiche der wissenschaftlichen Kommission bezog sich in der Hauptsache auf die Organisation und Überwachung der eigentlich ozeanographischen Arbeiten, wie sie in dem Programm von Christiania als Resolution A (Hydrographie) vorgeschrieben sind. Außerdem wandte ich mein besonderes Interesse der Einrichtung des Forschungsdampfers in den Laboratorien- und Wohnräumen zu, deren allgemeine Anordnung in ihrer endgültigen Ausführung wesentlich nach meinen Anträgen erfolgt ist. Ferner bin ich durch Telegramm des Herrn Staatssekretärs des Innern vom 21. Juli 1902 zum zweiten deutschen Mitgliede des internationalen Zentral-Ausschusses ernannt worden und habe als solches an den Sitzungen vom 23. bis 27. Juli 1902 und 23. bis 26. Februar 1903 in Kopenhagen teilgenommen. Hierbei war ich nicht nur durch die Verhandlungen im Plenum und in der hydrographischen Sektion in Anspruch genommen, sondern es war mir überdies beidemal für die Plenarsitzungen die Führung des deutschen Protokolls und die Herstellung desselben für den Druck übertragen. Die deutschen hydrographischen Arbeiten sind sowohl an Bord wie an Land auszuführen und für beide Zwecke mußten das erforderliche Personal und die Einrichtungen beschafft werden. Personal. Es schien zweckmäßig, als wissenschaftliche Kraft für diese Arbeiten einen tüchtigen jüngeren Chemiker zu gewinnen, da die zu lösenden Aufgaben, soweit sie physikalischer Art sind, als verhältnismäßig einfach 2*+ 20 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. gelten dürfen, während die chemischen Analysen des Seewassers, wie namentlich der absorbierten Gase, eine große Gewandtheit und Sicherheit in chemischen Arbeiten zur Voraussetzuug haben, wenn sie brauchbare Ergebnisse liefern sollen. Nachdem Verhandlungen mit dem Chemiker der deutschen Tiefsee- Expedition, Herrn Dr. P. Schmidt in Leipzig, ergebnislos verlaufen waren, gelang es in Herrn Dr. Ernst Ruppin, einem geprüften Nahrungsmittel- Chemiker, damals am bakteriologischen Staatslaboratorium in Bremen angestellt, uns eine in jeder Hinsicht gut ausgebildete und, wie die Erfahrung gezeigt hat, an Bord wie an Land gleich leistungsfähige Kraft zu sichern. In Anbetracht des großen Umfanges der vorliegenden Arbeiten wurde von vornherein ins Auge gefaßt, dem Ohemiker einerseits für die Terminfahrten an Bord, andererseits für eine Reihe von einfacheren Laboratoriumsarbeiten, jedesmal einen älteren Studierenden gegen besondere Honorierung zur Seite zu stellen. Herr Dr. Ruppin hat seinen Dienst durch das dankenswerte Entgegen- kommen der bremischen Staatsbehörde bereits am 4. März 1902 antreten können. Zu seiner Einführung in den neuesten Stand der hydrographisch- chemischen Untersuchungsmethoden verweilte er vom 13. bis 21. März im Laboratorium des Herrn Dr. Martin Knudsen in Kopenhagen, und wandte sich alsdann der Ausrüstung seines Laboratoriums in Kiel zu. Er hat seitdem als erster Hydrograph an sämtlichen Terminfahrten des Berichts- jahres teilgenommen. Leider bewährt sich der Plan, ihn durch jüngere Hilfskräfte in gewissen Laboratoriumsarbeiten zu entlasten, nicht im erwünschten Maße. In erster Linie handelt es sich hierbei um die Untersuchung von etwa 250 Wasserproben, deren Salz- bezw. Chlorgehalt unmittelbar nach jeder Terminfahrt durch Titeranalyse festzustellen ist. Da diese Arbeit nur in den hellen Tagesstunden ausführbar ist, ergibt sich für einen Studierenden der Chemie, der sie übernimmt, im Juni und Dezember die Schwierigkeit, daß er dann auf den Besuch des chemischen Laboratoriums der Universität verzichten müßte; nur im März und September, wo die Universität Ferien hat, ist er leichter zu haben. So gelang es leider verschiedentlich nicht, den betreffenden Studierenden an seine Arbeit festzuhalten, und infolge dessen hat Herr Dr. Ruppin einen Teil dieser eintönigen Analysen noch selbst übernehmen müssen. Hierfür, wie für das Luftleermachen der für die Gasanalysen bestimmten Glasröhren, wird künftig die Einstellung eines ständigen jüngeren Hilfsarbeiters kaum zu umgehen sein, da sonst eine pünktliche Mitteilung der Ergebnisse unserer deutschen Terminfahrten an die Zentralstelle in Kopenhagen nicht gewährleistet werden kann. Überdies wurde Herr Dr. Ruppin durch solche Zwischenfälle bisher daran verhindert, sich der weiteren Verbesserung der noch ziemlich na ing Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. I: Kiel 2. 21 unvollkommenen Methoden der Gasanalysen in der Weise zuzuwenden, wie das seiner Neigung und Befähigung entsprechend von ihm zu erhoffen wäre. Doch hat er Versuche, eine genauere Methode zur Bestimmung der im Seewasser vorhandenen Kohlensäure auszuarbeiten, immerhin soweit gefördert, daß sie demnächst veröffentlicht werden können. Terminfahrten. Den Schwerpunkt meiner Tätigkeit im Berichtsjahr bildete ohne Zweifel die Organisation der Terminfahrten, wie sie wesentlich zu hydro- graphischen Zwecken viermal im Jahr, im Februar, Mai, August und November stattzufinden haben. Das deutsche Untersuchungsgebiet, das sich über einen großen Teil der Nordsee (mit 15 Stationen) und die ganze südliche Ostsee (mit 13 Stationen) erstreckt, wie aus den auf einem Separat- blatt beigefügten Kartenskizzen ersichtlich, bietet die mannigfaltigsten ozeanographischen Probleme dar, und dementsprechend mußte die instru- mentelle Ausrüstung sehr vielseitig und reichhaltig bemessen werden. Die aus Reiehsmitteln für die deutsche Tiefsee-Expedition beschaffte, von Leblane nach den Angaben des Fürsten von Monaco konstruierte Dampflotmaschine, die seit Mai 1899 in den Speichern der Hamburg-Amerika- Linie in Hamburg lagerte, wurde auf dem Forschungsdampfer „Poseidon“ im Maschinenhause auf Deck steuerbords eingebaut. Die Maschine hat sich, nach einigen notwendigen Reparaturen, als sehr brauchbar erwiesen, indem ihr starker Dampfmotor sie nicht nur zu Lotungen, sondern auch zum Fieren und Hieven der Instrumente geeignet macht. Die Arbeitstrommel wurde zu diesem Zwecke mit einem Stahlseil von 1500 m Länge versehen, das aus 19 verzinkten Drähten besteht und einen Durchmesser von 2 mm, sowie eine rechnungsmäßige Bruchfestigkeit von 475 kg besitzt (geliefert von Felten & Guilleaume in Mülheim am Rhein). Die aus den vor- geschriebenen Tiefen auf jeder Station aufzuholenden Wasserproben wurden teils mit dem von Pettersson und Nansen konstruierten, wärmeisolirenden Wasserschöpfer aus Hartgummi gewonnen, teils mit einem nach meinen Angaben hergestellten metallenen Apparat, der zugleich eine Vorrichtung für Umkippthermometer trägt und vor dem Pettersson-Nansen’schen den Vorzug hat, trotz beträchtlich geringeren Eigengewichts mehr als doppelt soviel Wasser zu liefern. Die erforderlichen Tiefseethermometer wurden von der Firma C©. Richter in Berlin geliefert. Die Prüfung der Thermometer hat bisher die Kaiserl. Physikalisch-Technische Reichsanstalt in Charlottenburg übernommen; demnächst aber wird diese Arbeit, den internationalen Abmachungen entsprechend, im Zentrallaboratorium in Chris- tiania erfolgen können. 22 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Die zur ersten Feststellung des Salzgehalts an Bord benutzten Aräometer sind durchweg aus Jenaer Glas gearbeitet und konnten zum Teil aus Beständen der kgl. preußischen Kommission zur wissenschaft- lichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel zur Verfügung gestellt werden. Von jeder aufgeholten Wasserprobe ist ein Teil in numerierte Seltersflaschen von !/s Liter Inhalt mit Patentverschluß zu füllen und für die nachträgliche genauere Untersuchung des Salzgehalts durch Titeranalyse an das Kieler Laboratorium abzuliefern. Ebenso werden auf jeder Station noch einzelne Seewasserproben zur späteren Analyse der darin enthaltenen Gase (Sauerstoff, Stickstoff, Kohlensäure) aus bestimmten Tiefen in luft- leer gemachten Röhren von etwa 300 cbem Inhalt gesammelt, die unmittel- bar nach der Füllung vor der Gebläselampe an Bord wieder zugeschmolzen werden. Soweit die Stationen bei Tageslicht bearbeitet werden, wird auch die Durchsichtigkeit des Seewassers bestimmt, indem eine 45 cm breite weisslackierte Scheibe langsam versenkt wird, bis sie dem Auge ent- schwindet, wobei die verschiedenen Sichttiefen der Durchsichtigkeit des See- wassers proportional sind. Endlich werden auf jeder Station auch die vorgeschriebenen meteoro- logischen Beobachtungen ausgeführt: so wird der Luftdruck, die Temperatur des trocknen und des feuchten Thermometers (mit Aßmanns Aspirationspsychro- meter), die Windstärke mit einem kleinen Schalenkreuzanemometer bestimmt. Während der ganzen Dauer der Terminfahrt wird ein meteorologisches Tagebuch (nach dem Muster der deutschen Seewarte) geführt, wobei meistens die Instrumente alle zwei Stunden abgelesen werden; hieran beteilist sich auch das Schiffspersonal. Ein guter Barograph (von Fuess) registriert ausserdem kontinuierlich die Luftdruckkurve. Die für alle diese Zwecke erforderlichen Apparate, Instrumente, Flaschen, Transportkisten u. s. w. wurden mit einem Aufwande von fast 5000 Mark beschafft. Vorläufig verzichtet wurde auf die Ausführung von feineren Messungen der Meeresströme. Es geschah das einerseits deshalb, weil die sonst hierfür üblichen, in der Wasserbautechnik benutzten Apparate an Bord nicht einwandfrei arbeiten und andere Konstruktionen zur Zeit noch auf ihre Leistungsfähigkeit durch das Zentrallaboratorium in Christiania geprüft werden; andererseits aber ist das Ankergeschirr des Forschungs- dampfers bisher nicht geeignet gewesen, das Schiff in den grösseren Tiefen der norwegischen Rinne und des westlichen Skagerak (300 bis 500 m) sicher zu verankern. Jedes freitreibende Schiff lest sich in kurzer Zeit so auf die See, daß es den Wellen die Breitseite darbietet, und ein so „steif“ gebautes Fahrzeug wie „Poseidon“, gerät dann bei höherer See (von Stärke 4 und mehr) alsbald in so heftige Schlingerbewegung, daß alle Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. I: Kiel 2. 23 Arbeiten abgebrochen werden müssen, wenn nicht in kurzer Zeit die meisten Instrumente beschädigt oder verloren werden sollen. Es wurden im Berichtsjahr folgende Terminfahrten ausgeführt: 1. in die Nordsee an Bord des „Poseidon“ vom 23. Mai bis 2. Juni 1902. Diese Fahrt war als Versuch gedacht und diente zur ersten Erprobung von Schiff, Instrumenten und Personal. Hydrographische Beobachter waren Dr. Ruppiu und cand. Perlewitz. 2. in die Ostsee an Bord des Kieler Dampfers „Holsatia“ vom 3. bis 14. August 1902; Beobachter waren Dr. Ruppin und Dr. Perle- witz. Gleichzeitig war der Meteorologe der deutschen Seewarte Prof. Dr. W. Köppen, eingeschifft, um Versuche mit Drachen in See auszuführen; in die Nordsee, ebenfalls an Bord der „Holsatia“ vom 15. bis 25. August. Beobachter waren Dr. Ruppin und cand. Cornelius. 3. in die Ostsee an Bord des „Poseidon“ vom 29. Oktober bis S. November 1902 und: . in die Nordsee vom 9. bis 19. November. Beobachter waren Dr. Ruppin und cand. Castens. 4. in die Nordsee an Bord des „Poseidon“ vom 2. bis 14. Februar 1903. Beobachter wie vorher ad 3. Hier gelang es nur die ersten drei Stationen vorschriftsmäßig zu erledigen; an den übrigen konnte wegen anhaltend stürmischen Wetters überhaupt nicht gearbeitet werden; in die Ostsee vom 16. bis 27. Februar 1903; Beobachter wie ad 3. Auch hier gestattete das Wetter die wissenschaftlichen Arbeiten auf den letzten Stationen 12 und 13 sowie auf den von uns aushilfsweise über- nommenen beiden schwedischen Stationen östlich von Bornholm leider nicht. Auch die Einrichtung, unserm ersten Hydrographen Dr. Ruppin für seine Tag und Nacht fortlaufenden Arbeiten einen Studierenden als Gehilfen mitzugeben, hat sich nicht so bewährt, wie gehofft wurde. Ab- gesehen davon, daß jeder neu eingestellte Beobachter sich erst an den Aufenthalt und das Arbeiten an Bord gewöhnen muß, sind die Studierenden genötigt, außer im August, ihre Vorlesungen zu versäumen oder, wenn sie schon im Examen stehen, ihre Prüfungsarbeiten zu vernachlässigen: leider hat beides bereits unerwünschte Folgen gehabt. Auch aus diesem Grunde “ ist die Einstellung eines fest besoldeten zweiten Hydrographen als Hilfs- arbeiter erwünscht, der dann alle Arbeiten an Land wie an Bord neben dem ersten Hydrographen auszuführen hätte. Laboratorium. Das hydrographische Laboratorium ist mit dem biologischen zu- sammen in einem, nahe der Universität gelegenen und vom Universitäts- 24 Deutsche Wissenschaft]. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. fiskus gemieteten Privathause in Kiel, Brunswiekerstraße 12 untergebracht. Hier sind im zweiten Stockwerk zwei kleine Zimmer für hydrographisch- chemische Arbeiten ausschließlich bestimmt, ein drittes kleines Zimmer ent- hält die analytischen Waagen und wird von beiden Abteilungen gemeinsam benutzt. Die Ausstattung ist in der für kleinere chemische Laboratorien üblichen Art gehalten, sie umfaßt Experimentiertische, reichliche Wasser- und Gaszuführung, einen Abzug, zwei Trockenschränke, die erforderlichen Glas- und Platingeräte, Apparate für Bestimmung von Sauerstoff, Stick- stoff und Kohlensäure im Seewasser, die erforderlichen feinen Waagen, eine einfache Quecksilberluftpumpe zum Evakuieren der Glasröhren, und einen reichlichen Vorrat der für die Spezialzwecke des Arbeitenden erforder- lichen chemischen Reagentien. Ausschließlich gewisser baulicher Änderungen hat diese Einrichtung einen Aufwand von rund 4500 Mark erfordert. Es al im Berichtsjahre an die internationale Zentralstelle in Kopenhagen mitgeteilt die Ergebnisse von: 702 Analysen des Salz- bezw. Chlorgehalts des Seewassers, 674 Analysen des Gasgehalts; ferner sind rund 90 Bestimmungen der Kohlensäure in Seewasser und künst- lichen Lösungen ausgeführt, 600 Glasröhren sind luftleer gemacht und dann zugeschmolzen worden, um auf den Terminfahrten verwendet zu werden; für die erste Fahrt im Mai 1902 verfügten wir über einen Vorrat von Röhren, die der Fabrikant ©. Richter in Berlin evakuiert und sterilisiert geliefert hatte. Die Anforderungen, welche die Organisation und Beaufsichtigung der hydrographischen Arbeiten an Bord wie an Land in Gestalt von Korrespondenzen und Berichten, Werkzeichnungen, Anschlägen, Zahlungs- anweisungen und mündlichen Verhandlungen im Berichtsjahr an mich gestellt haben, waren unvermutet groß. Meine gewohnte wissenschaftlich- produktive Tätigkeit ist dadurch, wie ich nicht verschweigen mag, in empfindlicher Weise gestört worden. Die Beobachtungen während der vier deutschen Terminfahrten ergeben, für sich allein betrachtet, natürlich kein abgeschlossenes Bild: sie sind nur im Rahmen der gesamten internationalen Organisation voll verständlich. Vom Zentralbureau in Kopenhagen sind bisher allein die Beobachtungen für August 1902 veröffentlicht; der Bericht für November ist im Druck. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902, Abt. I: Kiel 2. 35 Über einen Teil der ozeanographischen Resultate habe ich in zwei öffentlichen Vorträgen im Institut für Meereskunde am 5. und 6. März d. J. in Berlin bereits berichten können. Daß die Zustände in dem von uns bearbeiteten Teil der heimischen Meere außerordentlich wechselvoll sind, war schon aus früheren gelegent- lichen Beobachtungen zu schließen. Immerhin bleibt es doch eine erstaun- liche Sache, solche gewaltigen Unterschiede festzustellen, wie das in der beigegebenen graphischen Darstellung in den Profilen Fig. 1 und 2 für die Nordsee, 3 und 4 für die westliche Ostsee auf den ersten Blick hervor- tritt. Die Darstellungen geben senkrechte Schnitte, wobei der horizontale Maßstab gegenüber dem vertikalen sehr beträchtlich verkürzt ist; die Profile 1 und 2 erstrecken sich über einen horizontalen Abstand von 315 Kilometer (170 Seemeilen), die Profile 3 und 4 über 75 Kilometer 41 Seemeilen). Die senkrechten Linien zeigen die Beobachtungsstationen, die darüber stehenden Ziffern die Nummern derselben (vgl. auch die bei- gegebene Karte). Die Kurven sind Isohalinen, d. h. Linien gleichen Salz- gehalts in Promille, also Gramm Salz im Kilogramm Seewasser. 1. Mai 1902. 2. November 1902. Fig. 1 und 2: Salzgehalt und Temperatur in der nördlichen Nordsee, im Querschnitt durch die Große Fischerbank und die norwegische Rinne für Mai und November 1902. — Die ausgezogenen Linien sind Isohalinen und geben den Salzgehalt in Promille; die Lage der Stationen ist aus der Karte für die Terminfahrten in der Nordsee ersichtlich; längs den Lotlinien sind die beobachteten Temperaturen eingetragen. 26 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Salzgehalt Juli 1877 Salzgehalt August 1902 Meter Fig. 3: Profile für den Salzgehalt und die Temperatur in der Arkonatiefe zwischen Trelleborg und Arkona. Die Zahlen über den senkrechten Linien sind die Nummern der Stationen, auf den beiden Figuren vom Juli 1877 nach F. L. Ekman (1877), auf den beiden andern nach den deutschen Terminfahrten (s. die Karte). — Die Salzgehalte sind durch die ausgezogenen Isohalinen in Promille angegeben. - Februar 1903. Meter BA = Meter 10 10: 20 0 40 En} Fig. 4: Profil für den Salzgehalt in der Arkonatiefe Febr. 1903. Die Stationen sind dieselben wie in Figur 3. In Profil 1 erkennt man, wie das großenteils dem Kattegat ent- stammende und entlang der norwegischen Küste aus dem Skagerak abfließende Wasser von weniger als 30 Promille Salzgehalt sich im Mai 1902 als eine dünne oberflächliche Decke von 15 bis 20 m von Ekersund her bis mitten auf die Große Fischerbank erstreckte, in einer Breite von Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. I: Kiel 2. DS -] 220 Kilometer: Der Mai ist in der Tat die Zeit, wo dieser sogenannte baltische Strom seine größte Entwicklung auch sonst erreicht. Im August 1902, der hier nicht dargestellt ist, war das Bild im wesentlichen unverändert; dagegen im November (Profil 2) fand sich das baltische Wasser, und zwar nunmehr mit 31 bis 32 Promille, hart an die Küste zurückgedrängt und die Schichten in größere Tiefen zusammengeschoben. Am auffälligsten aber ist das Verhalten der tieferen Lager. Im Mai ist das sogenannte Nordseewasser von 34 bis 35 Promille Salzgehalt hauptsächlich in der tiefen Rinne zu finden, wo es nahe am Lande bis zum Boden in mehr als 300 m Tiefe herrscht; seine niedrige Temperatur von 4,7° bis 4,5° und der dieser genau entsprechende Luftgehalt zeigt, daß es sich um Wasser handelt, welches im Winter über der Großen Fischerbank gelegen hat und dann vom Rande der Nordseebank her durch den herrschenden Meeresstrom in die Tiefe hinabgedrängt ist. Das ozeanische Wasser von mehr als 35 Promille Salzgehalt herrscht auf der Großen Fischerbank von 20 m bis zum Grunde und ist auch an der Südwestseite der Rinne in die Tiefe hinabgestiegen. Im November 1902 aber liest das Nordseewasser normal über der Großen Fischerbank von der Oberfläche bis 60 m hinab; nur dicht am Boden findet sich das ozeanische Wasser. Dieses erfüllt dann aber die tiefe Rinne unterhalb von 150 m gänzlich. Dabei waren hier die Temperaturen bis zu 2° höher als im Mai; an der Oberfläche dagegen in beiden Monaten ungefähr gleich (8° bis 99). Daß beide Schnitte demselben Meeresteil angehören, ließe sich aus der Anordnung der Isohalinen nicht schließen. Klar ist auch, daß mit solchen Verschiebungen der Wasserschichten auch große Änderungen in der Verbreitung der Organismen Hand in Hand gehen müssen, indem zunächst das Plankton, in seiner Funktion als Fischnahrung, und damit die Verbreitung der Speisefische selbst notwendig davon beeinflußt werden wird. Noch bemerkenswerter sind die Unterschiede in der Salzgehalts- schiehtung der westlichen Ostsee zwischen Rügen und Schonen (Fig. 3 u. 4). Im August 1902 entspricht das Bild ungefähr dem nach früheren gelegentlichen Beobachtungen (z. B. Juli 1877) zu erwartenden Zustande: an der Oberfläche findet sich die nach Westen ausfließende sogenannte Deck- schicht, mit 7,5 bis 8 Promille Salzgehalt, an der schwedischen Seite bis 25 m, an der Rügenschen bis 10 m hinab; in der Tiefe das aus der Beltsee _ ostwärts einströmende salzigere Wasser, das sich normaler Weise rechts an die deutsche Seite drängt und in Station 8 seinen größten Salzgehalt mit 14,40 Promille besitzt. Am 31. Oktober 1902 aber ist die Deckschicht sonderbarer Weise bei Station 8 mit 8,28 Promille etwas salziger als normal, im Übrigen aber wie sonst (zwischen 7,7 und 7,8 Promille); das Bodenwasser zeigt seinen größten Salzgehalt in der nördlichen Station 7, und die hier gefundenen 28 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. 15,97 Promille sind wahrscheinlich ausnahmsweise über die nur 7 m tiefe Drogdenschwelle aus dem Sund herübergekommen, während der normale Weg über die 15 m tiefe und sehr viel breitere Darsser Schwelle, zwischen Möen und dem Darß, hinüber führt. Besonders auffällig war der Zustand im Februar 1903 (Fig. #). Die Deckschicht hat 8,2 bis 9,0 Promille Salzgehalt, ist also um 1 Promille salziger als gewöhnlich. Außerdem aber war auch der Unterstrom unerhört salzreich und am Boden in Station 8 mit 23,50 Promille so salzig, wie sonst wohl im Großen Belt. Dieses unzweifelhaft aus der Beltsee stammende, dabei recht kalte Wasser (2°) ist offenbar durch die starken und anhaltenden Weststürme über die Darsser Schwelle hinübergedrängt worden und erfüllte die Arkonatiefe, von wo es entsprechend der Bodengestaltung seinen Weg auch in die 100 m messende Bornholmtiefe östlich von der gleichnamigen Insel gefunden haben dürfte. Nach älteren schwedischen Untersuchungen pflegen aber mit dem salzigen Unterstrom auch wertvollere Speisefische in die westliche Ostsee einzuwandern, und um so mehr ist zu bedauern, daß das vom 19. Februar ab wieder stürmisch gewordene Wetter nicht gestattete, die Bornholmtiefe, wie beabsichtigt war, näher zu untersuchen, namentlich dort auch mit Dredge und Kurre zu arbeiten. Dies wird voraussichtlich in diesem Frühling von schwedischer Seite nachgeholt werden, zumal die Bornholmtiefe in den Bereich der schwedischen Termin- und Fischerei- fahrten fällt. 10 6. Grw. Stat. der Termin- fahrten. 40mL. —-S0mL. 2906. Grw. Ostsee-Terminfahrten. S.G. = Stoller Grund. F.B.— Fehmarn Belt. K.B.— Kleiner Belt. G.B.— Großer Belt. N.B.— Neustädter Bucht. O.R.= Cadet-Rinne A.— Arkona. T.—= Trelleborg. A.G. Adler-Grund. O.B.— Oderbank. St.B.— Stolper Bank. D.B.— Danziger Bucht. H. = Hela. N. — Neufahrwasser. D —= Danzig. P.— Pillau. B.— Brüsterort. M.—= Memel. M.B.—= Mittel-Bank. S.4— Schwed. Terminstation 4. 20 w.Grw. 2 ; 80 6, Grw. m N ol—15 Stationen N der Terminfahrten. 40,m Linie. —---—.. SO m Linie, 20 w.Grw. 60 Nordsee-Terminfahrten. H.— Helgoland. D.B.— Doggerbank. C.— Cemetery (= Fladengrund). G.F.B.— Große Fischerbank. M.= Mandal. H.— Hanstholm. K.F.B.— Kleine Fischerbank. J.B.— Jütlandbank. H= Hornsriff. PH ” i . . i ’ i u er II. Abteilung: Helgoland. Bericht über die Tätigkeit ım Etatsjahre 1902. Von Prof. Dr. F.Heincke (Helgoland). ie Biologische Anstalt, von dem vorgesetzten Herrn Minister mit der Teilnahme an den internationalen Meeresuntersuchungen beauftragt, erfüllt damit nur einen Teil desjenigen Arbeitsprogramms, das_ihr bei ihrer Begründung im Jahre 1892 von der hohen Staatsregierung vorgeschrieben worden ist. Denn einer der wesentlichsten Teile dieses Programms ist die Erforschung der Nordsee nach der praktisch-wissenschaftlichen Seite hin, d.h. mit anderen Worten: Die Erforschung der Naturgeschichte und der Lebensbedingungen der nutzbaren Tiere dieses Meeres nach allen Richtungen. Auf eben diesem Gebiet der praktisch -wissenschaftlichen Meeresunter- suchungen liegen die vornehmsten Arbeiten, die von den Mitgliedern und den Mitarbeitern der Biologischen Anstalt seit ihrem Bestehen veröffentlicht sind, so die Untersuchungen über die Naturgeschichte des Herings und anderer Nutzfische, über die Eier und Larven derselben, über die Fisch- gründe der Nordsee, die Überfischungsfrage und Andere. In Übereinstimmung hiermit sind der Biologischen Anstalt bei der notwendigen Teilung der internationalen Arbeit zwischen ihr, der Kommission zur Untersuchung der deutschen Meere in Kiel und dem deutschen See- fischerei-Verein vorwiegend jene Untersuchungen zugewiesen worden, .die in den $$ 2 bis 11 des biologischen Teils des Christiania-Programms vom Mai 1901 näher bezeichnet sind und die den Kern der im unmittelbaren Interesse der Seefischereien auszuführenden biologischen Forschungen bilden. Die Anstalt hat hiernach die Aufgabe, die Naturgeschichte der wichtigsten Nutzfische vom Ei an bis zur ausgebildeten Form zu bearbeiten, die Lage und natürliche Beschaffenheit der Fischgründe, namentlich der Jungfisch- gründe, zu studieren und zur Erreichung dieses Zweckes biologische Unter- 30 Deutsche Wissenschaftl, Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. suchungsfahrten und Versuchsfischereien mit dem Reichsforschungsdampfer und anderen Fahrzeugen anzustellen. Für diese internationalen Arbeiten sind im verflossenen Etatsjahre sowohl die sächlichen Fonds der Anstalt als auch ihr wissenschaftliches Personal bedeutend verstärkt worden. Einmalige Fonds von 2500 und 1800 Mark und eine laufende Summe von 4600 Mark sind verwendet worden, um durch Mietung eines Hauses Raum für das vermehrte Personal zu schaffen, neue Laboratoriums- räume einzurichten und den wissenschaftlichen Apparat der Anstalt zu vergrössern, ferner, und dies in erster Linie, um eine ganze Reihe neuer auf den Untersuchungsfahrten zur Verwendung kommender wissenschaft- licher und praktischer Apparate, wie hydrographische Instrumente und Fanggeräte jeder Art, Netze, Angeln u. A. zu beschaffen und zu erneuern, endlich, um die Einrichtungen der Motorbarkasse der Anstalt für wissen- schaftliche Fischerei zu vervollständigen. Ein äusserst wichtiges und für die internationalen Arbeiten der Anstalt schon jetzt unentbehrlich gewordenes Hilfsmittel wurde der Anstalt zu Teil durch ihr neues Aquarium, das mit einem Kostenaufwand von S6000 (darunter 22000 Mark als Geschenk eines Freundes der Anstalt und der wissenschaftlichen Meeresforschung) erbaut und im Juli 1902 eröffnet wurde. Das wissenschaftliche Personal — bisher aus dem Direktor und drei Custoden bestehend — ist um drei Zoologen und zwar zwei Hilfsarbeiter und einen Assistenten vermehrt, die je 3000, beziehungsweise 2400 Mk. Remune- ration erhalten. Sie sind speziell für die internationalen Arbeiten verpflichtet worden. Der erste wissenschaftliche Hilfsarbeiter ist Dr. S. Strodtmann, Oberlehrer am Dom-Gymnasium zu Schleswig, beurlaubt an die Biologische Anstalt auf Helgoland. Ihm ist die Bearbeitung des Planktons übertragen, soweit es in den Arbeitsbereich der Anstalt fällt, also entweder die Eier und Larven von Fischen oder ihre planktonische Nahrung umfaßt. Der zweite Hilfsarbeiter ist Dr. H. Bolau aus Hamburg, speziell beauftragt mit der praktisch - wissenschaftlichen Fischereiarbeit, der Analyse der Fisch- fänge, dem Marken und Aussetzen von Fischen, der Untersuchung der Fisch- nahrung u. A. Der Assistent ist Dr. H. Maier aus Stuttgart als Gehilfe des Direktors bei dessen internationalen Arbeiten und im besonderen beschäftigt, die Geschlechts-, Reife- und Altersverhältnisse der Nutzfische zu studieren und auf den Untersuchungsfahrten die hydrographischen Be- obachtungen zu machen. Von den älteren wissenschaftlichen Beamten der Anstalt widmen der Direktor und der Custos Prof. Ehrenbaum ihre ganze freie Arbeits- kraft den internationalen Untersuchungen. Der erstere hat außer der Leitung der gesamten Arbeiten die Untersuchung der Fischgründe und die Frage nach den Wanderungen und den Lokalformen der Nutzfische über- Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. II: Helgoland. 31 nommen, der letztere die Erforschung ihrer Eier und Larven. An der Bearbeitung der Bodenfauna der nordischen Meere und gewisser Teile des Planktons beteiligen sich alle wissenschaftlichen Mitglieder der Anstalt. Im besonderen bearbeiten in dem von Prof. Brandt herausgegebenen für die Zwecke der internationalen Untersuchungen bestimmten Werke „das nordische Plankton“, der Custos Professor Dr. Hartlaub die Quallen, Prof. Ehrenbaum die Fischeier und Larven. Um den hydrographischen Teil des internationalen Programms zu fördern, hat die Anstalt im Einvernehmen mit Prof. Krümmel in Kiel vom 1. Januar ds. J. ab eine ständige Beobachtungsstation in Helgoland errichtet, an der regelmäßig hydrographische Beobachtungen nach den internationalen Vorschriften ausgeführt werden. Die Leitung dieser Station hat der Custos der Anstalt Dr. Kuckuck. Die zielbewußte internationale Arbeit hat auf der Biologischen Anstalt in dem Augenblick begonnen, wo der Plan der internationalen Meeresforschung nach der Stockholmer Konferenz vom Juni 1899 der Ver- wirklichung entgegen ging. Um einen der wichtigsten Teile des inter- nationalen biologischen Programms, der Untersuchung über die Mengen und die Verbreitung der schwimmenden Fischeier in der Nordsee, eine exakte Grundlage zu geben, haben Heincke und Ehrenbaum im Jahre 1900 eine größere Arbeit über die Bestimmung der schwimmenden Fischeier ver- öffentlicht. Im Zusammenhang damit sind in Helgoland umfassende Ver- suche mit der künstlichen Erbrütung und Aufzucht von Nutzfischen gemacht und durch ausgedehnte Messungen und Wägungen von Nutzfischen auf dem Fischmarkt in Geestemünde Untersuchungen angestellt über das wichtige Mengenverhältnis von reifen und unreifen Fischen in unseren Trawl- dampferfängen. Ferner sind eingehende Studien über die Ernährung unserer Nutzfische gemacht und die Untersuchungen über die Lokalformen derselben, namentlich von Scholle und Hering, energisch aufgenommen worden. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sind größtenteils noch nicht veröffentlicht. Nach dem Eintritt der wissenschaftlichen Hilfsarbeiter in die Anstalt und der Fertigstellung des Reichsdampfers „Poseidon“ konnte auch die Arbeit der Anstalt auf See beginnen. An den hydrographischen Terminfahrten im Mai und August nahmen als Vertreter der Anstalt Dr. Kuckuck, im Februar Dr. Strodtmann teil, beide mit der besonderen Aufgabe Fischeier und Fischlarven zu fangen. Ihre erste selbständige Fahrt unternahm die Biologische Anstalt unter Leitung des Direktors vom 13. bis 24. Oktober 1902 mit einer kurzen Ergänzungsfahrt vom 24. bis 27. November. Aufgabe dieser im östlichen Teile der deutschen Nordsee unternommenen biologischen Probefahrt, an der sich das ganze wissenschaftliche Personal der Anstalt ıit einer Ausnahme beteiligte, war, die verschiedenen praktischen und wissenschaftlichen Fanggeräte auf dem neuen Dampfer zu probieren und die 32 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d, Intern. Meeresforschung. biologischen Arbeitsmethoden an Bord zu prüfen. Die sehr befriedigenden Ergebnisse dieser Probefahrt zeigten namentlich, daß der neue Dampfer und seine Einrichtungen bis auf unwesentliche Einzelheiten vorzüglich für die praktische wissenschaftliche Arbeit auf See geeignet ist. Eine zweite größere Untersuchungsfahrt mit dem „Poseidon“ unter- nahm die Anstalt unter der Leitung von Prof. Dr. Ehrenbaum und Dr. Strodtmann und der Beteiligung von Dr. Bolau und Dr. Maier aus Helgoland, und Dr. Reibisch und Dr. Immermann aus Kiel vom 5. bis 26. März in die deutsche Nordsee, westlich bis zur Doggerbank und nördlich bis zum Skagerak. Aufgabe dieser Fahrt war in erster Linie, die Ver- breitung der schwimmenden Fischeier während der Hauptlaichzeit der wichtigsten Nutzfische, wie Kabeljau, Schellfisch, Wittling, Scholle, Flunder u. a. zu untersuchen und zugleich zur möglichen Feststellung der Laich- plätze mit Grundnetzen und Angeln die laichenden Fische selbst zu fangen. Die Ergebnisse dieser Fahrt waren gute, zum Teil sehr gute, namentlich in der ersten vom Wetter außerordentlich begünstigten Hälfte. Auf allen ihren bisherigen Untersuchungsfahrten hat die Anstalt zur notwendigen Ergänzung der Mannschaften des „Poseidon“ einen Teil ihres eigenen in den Methoden der praktisch-wissenschaftlichen Fischerei geschulten und bewährten Personals mitgenommen, vor allem ihren Fisch- meister Lornsen und einen ihrer Fischer. Das große auf den bisherigen Fahrten und in der Zwischenzeit auf den kleinen Exkursionen der Anstalt mit ihrer Motorbarkasse gesammelte Material konnte natürlich noch nicht vollständig verarbeitet werden. Immer- hin lassen sich schon jetzt einige beachtenswerte Ergebnisse der Unter- suchungen angeben. Eins der wichtigsten Hülfsmittel zur Erforschung der Fischgründe und der Bewegungen der Nutzfische in der Nordsee ist die Anstellung wissenschaftlicher Fischerei-Versuche mit Grundnetzen, Treibnetzen und Angeln und die genaue wissenschaftliche Analyse jedes einzelnen Fanges nach Art, Zahl, Grösse, Gewicht, Alter, Geschlecht und geschlechtlicher Reife und Mageninhalt der Fische. Obwohl wir bis jetzt erst aus etwa 30 Fängen mit dem großen Trawl und einigen wenigen Versuchen mit Angeln und anderen Geräten nur etwa 12000 Fische in der genannten genauen Weise untersucht haben, bekundet sich doch schon die Vortrefflich- keit dieser Methode für die Lösung vieler hier vorliegenden Probleme. Es hat sich schon jetzt deutlich gezeigt, daß die verschiedenen Alters- und Größenklassen mancher Nutzfische sich auf nach Ort und Bodenbeschaffen- heit verschiedenen Gründen aufhalten und daß die Jungfischgründe meistens, wenn auch nicht immer, der Küste näher liegen als die Reviere der älteren Fische, ferner daß die Fischschwärme nach der Jahreszeit ihren Standort nicht unwesentlich verändern. Bei weiterer Fortsetzung solcher Fischfänge U Die Tätigkeit im Etatsjahre 1902. Abt. II: Helgoland. 33 und genauer Analyse derselben, namentlich aber bei gleichzeitiger aus- gedehnter Anwendung engmaschiger Netze zum Fange der jüngsten auf dem Boden lebenden Stadien der Nutzfische, wird man in nicht allzulanger Zeit ziemlich genau orientiert sein über die Bewegungen der Fischschwärme im Laufe ihres Heranwachsens von jugendlichen bis zu älteren Stufen. Schollen und Kabeljaue haben wir schon jetzt auf allen Stufen vom Ei bis zum laichreifen Alter zahlreich gefangen und eine große Zahl von Daten über das Vorkommen der einzelnen Altersstufen gesammelt. Ein weiteres Hülfsmittel zur Erforschung der jährlichen Wanderungen der Nutzfische, das Marken (Zeichnen) und das Wiederaussetzen solcher gemarkten Fische, hat die Anstalt ebenfalls in Übereinstimmung mit dem internationalen Programme angewendet. Seit September v. Js. sind von uns etwa 700 gezeichnete Fische, meist Schollen, ausgesetzt worden. Wenn bis jetzt nur sehr wenige davon wieder gefangen sind, rührt dies sehr wahrscheinlich daher, daß in dem Gebiet, wo sie ausgesetzt wurden — der deutschen Nordsee — im Winter nur wenig Grundnetzfischerei betrieben wird, namentlich in einem so stürmischen Winter wie dem verflossenen. Ihre besondere Aufmerksamkeit hat die Biologische Anstalt einer exakten Be- stimmung des geschlechtlichen Reifegrades der Fische zugewandt. Die Möglichkeit, bei der Analyse der Trawlfänge diesen Reifegrad schnell und hinreichend genau zu bestimmen, zusammen mit einer genauen Messung aller Fische und anderer Arten der Altersbestimmung, wird uns sicher sehr bald befähigen anzugeben, wie schnell die Nutzfische wachsen und sich der Reife nähern, in welchem Alter sie sich zuerst fortpflanzen und in welchem Zahlenverhältnis beide Geschlechter zu einander stehen. Das werden grund- legende Kenntnisse sein für alle Betrachtungen über die Produktion des Meeres an Nutzfischen, eine mögliche Überfischung und viele andere Fragen. Die zahlreichen Fänge schwimmender Fischeier haben, obwohl noch lange nicht genügend durchgearbeitet, doch schon einige sehr beachtens- werte Ergebnisse gebracht. Jetzt zum erstenmal ist die vielfach behauptete und theoretisch zu weitgehenden Schlüssen verwertete Abwesenheit von Scholleneiern in der östlichen Ostsee durch unsere Beobachtungen bestimmt und endgültig widerlegt; ihr Vorkommen bis mindestens 151/2% ö. L. ist sicher nachgewiesen. Ähnliches gilt von den Eiern des Dorsches in der östlichen Ostsee. In der deutschen Nordsee ist die interessante Tatsache festgestellt, daß die Scholle hier ein deutliches, ziemlich eng und scharf umgrenztes Laichrevier NW. von Helgoland besitzt, denn hier allein wurden schwimmende Eier in größerer Dichte nachgewiesen und gleichzeitig laichende Fische gefangen. Für den Schellfisch wurde gefunden, daß in der südlichen Nordsee an der deutschen Küste nennenswerte Mengen von Eiern sehr selten und nur jenseits der 40 Meterkante auftraten, während Kabeljaueier fast überall mit Ausnahme der unmittelbaren Küstennähe gefunden wurden. Internat. Meeresforschung 1, 34 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Als sehr wichtig wurde ferner festgestellt, daß die Eier der Flunder sich immer nur in mäßiger Entfernung von der Küste finden, aber auf der eigent- lichen hohen Nordsee nicht vorkommen. Die weitere Entwickelung der aus den Eiern der Nutzfische schlüpfenden Larven ist auf der Biologischen Anstalt auch im letzten Jahre eingehend studiert worden, wobei das neue Aquarium gute Dienste geleistet hat. Viele Fische haben in unserem Aquarium gelaicht und ihre Brut ist dort zu oft bedeutender Größe aufgezogen worden; es sind dabei Erfahrungen über das Wachstum und die Ernährung der Fischbrut gemacht worden. Das Vorkommen und die Verbreitung der Fischlarven in der deutschen Nordsee konnten noch nicht genügend erforscht werden, weil unsere bisherigen Unter- suchungsfahrten in die Herbst- und Wintermonate fielen. Die für den dies- jährigen Frühjahr und Sommer geplanten Fahrten werden über diesen wich- tigen Gegenstand bald den erwünschten Aufschluß bringen. Von besonderer Bedeutung wird es sein, Ort und Zeit zu bestimmen, wann und wo die junge Brut der Nutzfische, wie Kabeljau, Schelltisch, Scholle u. a. das Leben im Plankton aufgibt und zum Leben auf dem Meeresboden übergeht. Die Anstalt hat verschiedene neue große Netze konstruiert, um solche junge Brut von 20 bis 60 mm Länge in größerer Menge zu fangen. Die geplanten Sommerfahrten sollen auch eine genaue Untersuchung derjenigen Fischgründe ausführen, auf denen untermaßige Schollen in größeren Mengen vorkommen. DIE BETEILIGUNG DEUTSCHLANDS AN DER INTERNATIONALEN MEERESFORSCHUNG eo II. JAHRESBERICHT. DIE BETEILIGUNG DEUTSCHLANDS AN DER INTERNATIONALEN MEERESFORSCHUNG Il. BERICHT BIS ZUM SCHLUSS DES ETATSJAHRES 1903 ERSTATTET VON DEM VORSITZENDEN DER WISSENSCHAFTLICHEN KOMMISSION Dr. W. HERWIG WIRKLICHER GEHEIMER OBER-REGIERUNGSRAT. MIT VIER ANLAGEN: BERICHTE DER ABTEILUNGEN: KIEL (2), HELGOLAND (1), HANNOVER (1). ie Arbeiten auf dem Gebiete der internationalen Meeresforschung haben sich in den Bahnen weiter bewegt, welche in dem vorjährigen Berichte (Seite 1 ff.) bereits skizziert sind. Sie setzen sich zusammen aus der Tätigkeit auf See unter Benutzung des Forschungsdampfers „Poseidon“, aus der Tätigkeit am Lande in den Laboratorien, sowie aus der Erledigung der Geschäfte der allgemeinen Verwaltung. Mit Genugtuung darf festgestellt werden, daß alle diese Arbeiten einen nach jeder Richtung befriedigenden Verlauf genommen haben. Störungen oder Zwischenfälle sind nicht vor- gekommen. In harmonischer Zusammenarbeit ist das Jahr verlaufen. Vorweg verdient hervorgehoben zu werden, dal der „Poseidon“ sich nach jeder Richtung bewährt hat. Die Stimmen, welche anfangs an dem Schiff recht viel auszusetzen hatten, sind völlig verstummt. Die durch die Winterfahrt 1902/03 des Deutschen Seefischerei-Vereins erprobte beste Belastung des „Poseidon“ ist durch Einnahme eines entsprechenden Steinballastes dem Schiff dauernd gegeben. Welches Urteil diejenigen Beobachter über den „Poseidon“ haben, welche ihn länger zu beobachten in der Lage sind, geht am besten aus den beigefügten Berichten“*) des Dr. Apstein vom 21. Februar 1904 und des Professors Krümmel vom 15. August 1903 hervor. Füge ich noch das Telegramm**) des Dr. Apstein aus Egersund bei, so dürfte über diesen Punkt weiter Nichts angeführt zu werden brauchen. Die Terminfahrten sind im Berichtsjahr glücklich von statten gegangen. Dasselbe gilt von den sonstigen Fahrten. Unter diesen stehen diejenigen der Königlichen Biologischen Anstalt zu Helgoland der Zahl nach obenan. Sie fanden statt in den Monaten Juli und September 1903, sowie Januar und März 1904. In den anliegenden Berichten aus Kiel und Helgoland sind eingehendere Mitteilungen über diese beiden Kategorien von Fahrten gemacht. Ausserdem machte „Poseidon“ zur Vollendung der Garantiearbeiten noch eine Fahrt im Mai (bis Anfang Juni) nach Vegesack und kehrte auch im Oktober und im Dezember zur Aufnahme von Inventarstücken nochmals nach dort zurück. *, Siehe Seite 43, 44. (Anhang.) *) Das Telegramm lautete: Egersund 1. Februar 1904 Vormittags 10.35 Min, Schwerer Sturm. Poseidon grossartig. Egersund, Apstein. Erprobung des „Poseidon“. Die Termin= fahrten. Sonstige Fahrten des „Poseidon*‘. Die Schiffs- kammer des „Poseidon‘‘. Vertrauens= mann für „Poseidon‘‘, 40 Deutsche Wissenschaft]. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Von besonderer Bedeutung war eine Fahrt, welche in den Tagen vom 3. bis 7. September in der Nordsee stattfand. An ihr beteiligten sich die Mitglieder der Verwaltungskommission, um ein eigenes Urteil über die Arbeiten mit dem „Poseidon“ zu gewinnen. Bemerkenswert hierbei war, daß Gelegenheit gegeben wurde, auch den englischen Forschungsdampfer „Huxley“ zu sehen und mit ihm zusammen zu fischen. Im Anschluß an diese Septemberfahrt veranstaltete der Deutsche Seefischerei-Verein auf Anregung des Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten mit dem für diese Zwecke zur Verfügung gestellten „Poseidon“ eine Fahrt zum Greifswalder Bodden, um hier gewisse Streit- fragen bezüglich der Seefischerei zu prüfen. Ueber die Ergebnisse der Untersuchungen ist ausführlich berichtet. Hier interessiert nur noch, daß der „Poseidon“ bei diesen im Küstengebiet stattfindenden Arbeiten sich ebenfalls ausgezeichnet bewährt hat: nicht nur konnten alle auszuführenden Arbeiten mit ihm, bei verhältnismässig sehr geringem Zeitaufwande, spielend bewältigt werden, sondern er bot auch Gelegenheit, daß die interessierten Behörden den Prüfungen folgen und zu einem eignen Urteil kommen konnten. So wurde es möglich, die aufgeworfenen Fragen rasch und glatt zur Erledigung zu bringen. Die Fahrt nach Vegesack diente dazu, die Inventarien des „Poseidon“ nach Geestemünde zu holen, da sie der Zollverhältnisse wegen dort nicht länger lagern konnten. Glücklicherweise war der Bau der am Nordufer des Fischereihafens zu Geestemünde gelegenen Schiffskammer schon soweit vorgeschritten, daß sie dort untergebracht werden konnten. Er war im Sommer unter der Bauleitung des Herrn Baninspektors Schubert in Geeste- münde begonnen. Völlig fertiggestellt ist die Kammer augenblicklich ‘*) noch nicht, weil im Frühjahr d. Js. durch einen lange dauernden allgemeinen Streik der Bauarbeiter an der Unterweser ein Stillstand in den Arbeiten eingetreten ist. Die Schiffskammer enthält ausser Lagerräumen auch Arbeitsräume und die Wohnung des Materialverwalterss.. Wegen der mit der Verwaltung des gesamten Schiffsinventars an Bord und Land verbundenen vielen schriftlichen Arbeiten erwies es sich als richtig, eine in solchen Arbeiten erfahrene Kraft zu gewinnen an Stelle des Anfangs in Aussicht genommenen Netzmachers. Ein solcher wird nach Bedarf herangezogen werden können, soweit die Besatzung des Schiffes nicht ausreicht. Als Vertrauensmann in allen örtlichen Angelegenheiten des „Poseidon“ hat auch im abgelaufenden Jahre der Königliche Hafenmeister Duge wertvolle Dienste geleistet. Mit ihm ist die örtliche Korrespondenz geführt, namentlich dann, wenn der „Poseidon“ nicht im Hafen war. Auch die *, Es bezieht sich dieses auf die Zeit der Niederschrift dieses Berichtes, im Mai 1904. Anm. d. Red. ee een Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Hauptbericht. 41 Verhandlungen mit den Lieferanten für den Schiffsbedarf gehen durch seine Hände. Schließlich war er besonders nützlich, als „Poseidon“ im Geestemünder Hafen von anderen Schiffen angerannt und beschädigt wurde. Der Schaden ist stets zu Lasten der anderen Partei gegangen. Nur bei einer Havarie im Kieler Hafen wurde Poseidon schadenersatzpflichtig. Die wissenschaftliche Kommission besteht noch aus den früheren Mitgliedern (Präsident Dr. Herwig als Vorsitzendem und den Professoren Brandt, Heincke, Henking, Krümmel als Mitgliedern). Sie vereinigte sich zu Sitzungen im Mai und November 1903, sowie im Januar und Februar 1904. Von ihr wurden, wie bisher, alle Arbeiten für die Internationale Meeresforschung in Deutschland geleitet und dauernd beaufsichtigt. Zur Ausführung der Detailarbeit sind bekanntlich eingesetzt A) das zu diesem Zweck im Jahre 1902 begründete Laboratorium der Königlichen Preußischen Kommission zur wissenschaftlichen Unter- suchung der deutschen Meere in Kiel. In der hydrographischen Abteilung sind beschäftigt die Drs. Ruppin und Kemnitz, in der biologischen Abteilung Privatdozent Dr. Apstein als Leiter der Terminfahrten, Privatdocent Dr. Reibisch, Dr. Raben, Dr. Süßbach, und Dr. Rauschenplat. Die Königliche Preußische Biologische Anstalt auf Helgoland. Hier sind speziell die Gelehrten Dr. Strodtmann, als Königlich Preußischer Öberlehrer zu diesem Zweck beurlaubt, ferner Dr. Bolau und Dr. Immermann auf Kosten der Internationalen Meeresforschung an- B — gestellt. C) Gewisse Fragen des gleichen Gebietes bearbeitet außerdem der Deutsche Seefischereiverein, soweit die Ostsee in Betrachtkommt. ZurHilfeleistung hierbei ist Dr. E. Fischer angenommen. Seitens der deutschen wissenschaftlichen Kommission sind bisher zwei Veröffentlichungen erschienen und in den von der Kieler Kommission und der biologischen Anstalt auf Helgoland gemeinschaftlich heraus- gegebenen „Wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen“ Bd. VI resp. VIL abgedruckt. Sie haben den Titel: (A. Kiel. Hydrographische Abteilung Nr. 1) Dr. E. Ruppin, Beitrag zur Bestimmung der im Meerwasser gelösten Gase, 1903, ferner (B. Helgoland Nr. 1) E. Ehrenbaum und S. Strodtmann, Eier und Jugendformen der Ostseefische. 1904. Es wird beabsichtigt, außer diesen in Quartformat erscheinenden Aufsätzen spezieller Natur auch noch Aufsätze allgemeineren Inhalts zu veröffentlichen uud diese in dem handlicheren Oktavformat erscheinen zu lassen. In solcher Weise würden z. B. die. Jahresberichte behandelt zu werden verdienen. Die deutsche wissenschaft= liche Kommission. Veröffent= lichungen. Internationale Kommissionen. Tagung des Zentral- Ausschusses in Deutschland. Die Verwaltung. 42 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Seitens des Internationalen Zentral-Ausschusses wurden bekanntlich drei Kommissionen eingesetzt, nämlich A) die Kommission für die Fischwanderungen B) die Kommission für die sog. Überfischung C) die Kommission für die Ostsee. Diese ist seit dem letzten Jahres- bericht in zwei Sektionen geteilt, für die 1. östliche und 2. westliche Ostsee, mit den Geschäftsführern Dr. Trybom (Stockholm) und Dr. Petersen (Kopenhagen). Im abgelaufenen Jahre hat eine Sitzung der Kommission C im Juli in Stralsund stattgefunden. Von Deutschland nahmen hieran die Herren Präsident Dr. Herwig und die Mitglieder dieser Kommission Professor Brandt und Henking teil. Ferner fand eine Sitzung der Kommission B im Dezember v. Js. in Amsterdam statt. Als deutscher Teilnehmer war Professor Heincke zugegen. Bedeutungsvoll war das abgelaufene Jahr für uns jedoch besonders dadurch, daß der Zentral-Ausschuß zum ersten Mal in Deutschland tagte, Von den obersten Reichs- und Staatsbehörden mit besonderem Wohlwollen aufgenommen, hielt er in Hamburg in den Tagen vom 23. bis zum 26. Februar d. Js. seine Sitzungen. Die gesamte Verwaltung des im Wirkungskreise der wissenschaft- lichen Kommission liegenden Teiles der Internationalen Meeresforschung wurde von dem unterzeichneten Präsidenten Dr. Herwig, welcher hier- bei von dem Professor Henking unterstützt wurde, wie bisher ausgeführt. Die Registratur- und Kassengeschäfte besorgte wie bisher das Bureau des Deutschen Seefischereivereins. Von welchem Umfange die erforderlichen Arbeiten sind, geht aus der einen Tatsache hervor, daß der Umsatz erheblich mehr als 100,000 Mk. im abgelaufenen Etatsjahr betragen hat. Von allen beteiligten Regierungen wird, wie ich glaube, die Tätigkeit des Zentralausschusses mit Vertrauen betrachtet. Unter Anderm erhellt dies aus der Vorlage gewisser Spezialfragen an den Ausschuß, so seitens der Norweger über die Schonzeit der Robben, seitens der Dänen über das Islandkabel, seitens der Engländer über die Frage der Vernichtung untermaßiger Fische. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Hauptbericht (Anhang). 43 Anhang zum 1I. Bericht von Dr. W. Herwig, Wirkl. Geh. Ober-Reg.-Rat. Bericht über den Reichsforschungsdampfer „Poseidon“ von Dr. ©. Apstein (Kiel). Kiel, den 21. Februar 1904. enn ich auch nach den bisherigen Fahrten den „Poseidon“ für ein durchaus seetüchtiges und allen Anforderungen entsprechendes Fahrzeug gehalten habe, so hat die Februar-Terminfahrt mit ihrem stürmischen Wetter meine Ansicht nur befestigt. Als Beispiele für den Gang des „Poseidon“ führe ich folgende Fälle an: Im Februar 1903 lief „‚Poseidon‘‘ von Mandal bis Helgoland vor dem Winde. Trotzdem wir Windstärke 10, zeitweise 11, hatten, ging Poseidon‘ recht ruhig und nahm gar kein Wasser über, außer ganz wenigen minimalen Spritzern. Im Februar 1904 hatte ich Gelegenheit, einen harten Sturm auf „Poseidon“ mitzumachen. Auf der Doggerbank begann der Wind schon hart zu wehen (SSW-Stärke 7-) und nahm stetig zu, dabei über S nach SO drehend, so daß wir, als wir über die Große Fischerbank direkt nach Egersund hielten (Kurs NÖ '/; O) den Sturm recht von der Seite hatten. Trotzdem am 31. Januar Nachts der Sturm bis Windstärke 10 erreichte, konnten wir voll fahrend unseren Kurs halten. Erst 4 Uhr Morgens mitten in der norwegischen Rinne, als die See sehr hoch ging, drehten wir bei und lagen trotz Windstärke 10 und sogar 11 verhältnismäßig ruhig Nach Aussage des Kapitäns ist dieses der schwerste Sturm, den wir auf See gehabt haben. Auch sagte derselbe, daß er noch kein so tüchtiges Schiff gehabt hätte, mit dem er es hätte wagen können bei schwerem Sturm von der Seite Volldampf zu fahren. Selbstverständlich schlingerte „Poseidon‘“ während der Fahrt im Sturm stark, nahm dafür aber kaum Wasser über, abgesehen von Spritzern. Es ist durch seine Beweglichkeit die Gefahr, daß durch überbrechende See an Bord viel zerschlagen wird, sehr sering. o- o- 44 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung, Wenn „Poseidon“ direkt gegen Sturm anarbeiten muß, wie im November 1903 bei der Fahrt von Rügen nach Kiel, stampft er nicht sehr stark, wird aber durch die hohen Deckaufbauten in seiner Schnelligkeit sehr behindert, wie das bei allen Schiffen ähnlicher Maschinenstärke der Fall ist. Nach meinen Erfahrungen muß ich sagen, daß „Poseidon“ in jeder Lage allen billigen Anforderungen gewachsen ist, und daß ich vollstes Vertrauen zu ihm und zu seiner vorzüglichen Leitung durch Herrn Kapitän Heinen habe. ll. Bericht über die Terminfahrt in der Nordsee an Bord des Dampfers „Poseidon“ vom 3. bis 12. August 1903, von Professor Dr. ©. Krümmel (Kiel). Vorbemerkung. nm den gesamten Betrieb während der Terminfahrten kennen zu lernen, die Beobachtungsmethoden, namentlich auf dem Gebiete der Hydro- graphie, persönlich zu kontrollieren, und ein selbständiges Urteil über die Seeeigenschaften des Dampfers „Poseidon“ nach den kürzlich ge- troffenen Veränderungen zu gewinnen, hatte ich mich entschlossen, an der Terminfahrt in die Nordsee vom 3. bis 12. August d. J. teilzunehmen. Ich habe hierbei mit vollem Bedacht auf den mir zustehenden Anspruch verzichtet, selbst die Leitung der Fahrt zu übernehmen, habe vielmehr Herrn Dr. Apstein ersucht, seine bisherigen Funktionen genau so zu versehen, als wenn ich nicht an Bord wäre. Ich kann dieses Verfahren durchaus nicht bedauern, denn ich fand, daß die wissenschaftliche Leitung der Termin- fahrt gar nicht besser sein konnte, als wie sie von Herrn Dr. Apstein gehandhabt wurde. I. Verlauf der Fahrt im Allgemeinen. Der Dampfer „Poseidon“ war Sonntag den 2. August vormittags im Kieler Hafen angelangt und wiederum an den Dallen gegenüber dem Eisenbahndamm festgemacht worden, da auch diesmal das Königliche Hafenamt keine Kajenstrecke für das Reichsfahrzeug frei hatte. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Hauptbericht. (Anhang) 45 Montag den 3. August vormittags wurden die Ausrüstungsgegen- stände mit dem großen Schiffsboot an Bord geschafft und alsdann der weitere Verkehr mit dem kleinen Klappboot Moses durch fast ununter- brochene Hin- und Herfahrten aufrecht erhalten. Es zeigt sich, daß es ohne dieses erstaunlich leicht von einem Manne zu handhabende und abei in ruhigem Hafenwasser 6 Mann tragende Boot nicht möglich wäre, den nunmehr ständig gewordenen, sehr unbequemen Liegeplatz an den Kieler Dallen beizubehalten. Sollen Kohlen übergenommen werden, so ist es allerdings geboten, an den Kajen zu verholen, und zwar hat die Firma Sartori und Berger, die die Kohlen liefert, alsdann dem Kapitän für die Zeit von 12 Uhr bis 7 Uhr nachmittags den Liegeplatz ihrer Postdampfer zur Verfügung gestellt. Montag nachmittag 5 Uhr wurde bei strömendem Regen die Fahrt angetreten. In den Schleusen von Holtenau gab es, da ein außerordent- lich starker Verkehr herrschte, einen Aufenthalt von fast 2 Stunden. In der Nacht wurde der Kanal passiert, mit dem Morgengrauen die Elbe und um S Uhr vormittags Helgoland erreicht. Hier kamen in dem Boot der biologischen Station Herr Professor Ehrenbaum mit mehreren anderen Jüngeren Herren längsseit; ein junger Präparator der Station schiffte sich ein, um im Auftrage von Herrn Professor Heincke mit dem Scheerbrut- netz Fänge auszuführen. Bei wolkigem Wetter und auffrischenden westlichen Winden wurde nachmittags 6'/» Station 1 erreicht und der Dampfer verankert. Es gelang, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten, trotz des hohen Seegangs die Ar- beiten zu erledigen. Nachts wuchs die Windstärke stetig an und erreichte in den Morgen- und Vormittagsstunden des 5. August Stärke 8 Beaufort. Wir hatten also Gelegenheit, unsern Dampfer in sturmbewegter See zu beob- achten. Wissenschaftliches Arbeiten war freilich unmöglich und so mußte sich Herr Dr. Apstein entschließen, Station 2 ausfallen zu lassen. Im Verlaufe des Tages ließ jedoch der Wind bei langsam steigendem Baro- meter nach und auch die See mäßigte sich soweit, daß Station 3 erledigt werden konnte. Als der Dampfer verankert war, kam der Wind aus West mit &,3 Meter pro Sek.; doch ließ eine starke Dünung aus Norden das Schiff periodisch heftig rollen; die Stampfbewegung war, wie immer bei „Poseidon“, ganz minimal. 3 In der Nacht zum 6. August ging der Wind nach Nordwesten her- um, ohne wesentlich abzuflauen, doch wurde das Wetter sonnig und Station 4 konnte so gut erledigt werden, als es die noch immer laufende, das Schiff beim Ankern von der Seite fassende nördliche Dünung zuließ. Um zu prüfen, ob künftighin die Station 4 nicht vielleicht weiter nach Nordwesten in den Fladengrund hinauf zu verschieben sei, wurde 46 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. versuchsweise eine neue Station 4a in 57° 2’ N. Br., 10 37° O. Lg., 97 m bearbeitet, jedoch mit dem Ergebnisse, daß wesentliche Unterschiede gegen- über Station 4 nicht erkennbar wurden und die letztere deshalb beizu- behalten ist. Freitag den 7. August wurde von 2 bis 5 Uhr früh Station 5, von 9 bis12 h.a. Station 6, und 4 bis 10 h.p.m. Station 7 bei ganz flauer Brise erledigt. Für Station 7 war es bei 270 m Wassertiefe zum ersten Mal notwendig, die Tief-Anker-Vorrichtung zu verwenden. Der Nordwestwind ging hierbei bis auf 4,7 m. p.s. herunter; doch war nun eine lange Dünung aus Südwest ebenso wie der herrschende Meeresstrom nach Nordwesten den Arbeiten insofern hinderlich, als der Dampfer stetig gierte und schwaite; wir lagen mit 800 m Hanftrosse vor dem großen Warpanker. Nachmittags 4 Uhr wurde nach schöner Fahrt entlang der hohen norwegischen Küste der kleine Hafen von Kleven-Mandal angelaufen und der Dampfer vorn mit einem Anker und achteraus mit 2 Stahltrossen an Ringen in der nahen Felswand festgemacht. Wir begaben uns über den Berg- rücken nach dem Städtchen Mandal und genossen später einen angenehmen Vollmondabend an Deck unseres Dampfers. Nachts hatten wir starken Regen. Sonntag den 9. August früh 4 Uhr wurde Kleven verlassen und vormittags 6 Uhr Station 9 mit 468 m angelotet; es ist dieses die tiefste Station des deutschen Arbeitsgebietes und eine der wichtigsten von allen. Der Kapitän ließ vor dem großen Warpanker noch einen kleinen anschäkeln und gab fast 1500 m Hanftrosse aus. Das Schiff lag nun fest. Aber während der fünfstündigen Arbeit nahm einerseits der Westwind wieder zu (auf 8,5 m.p.s.), ebenso wuchs eine neue Dünung aus Südwesten an, während der Meeresstrom aus Südosten stark auf das Schiff drückte, so daß die See immer häufiger über die Reeling zu spritzen und schließlich die an Deck Arbeitenden mit Wassergarben zu überschütten begann. Nach- dem gegen Mittag wieder eine recht unangenehme See steuerbords über die Reeling übergekommen war und auch der Wind weiter aufzufrischen begann, beschloß Dr. Apstein, die Arbeiten abzubrechen, was durchaus richtig gehandelt war, und der Kapitän ließ sofort die Ankertrosse ein- hieven. Dies ging anfangs leicht von statten, verlangsamte sich aber zu- sehends, je mehr Trosse eingeholt war. Eine Rolle brach und mußte ersetzt werden. Die große Winde auf dem Vorderdeck vermochte zuletzt nur sehr langsam zu arbeiten, und als noch 50 m Trosse aus waren, brach bei einer heftigeren Schlingerbewegung das armdicke Tau, während gleichzeitig eine See über die Reeling des Achterdecks schlug. Das zurückschlagende Tau- ende traf den ersten Steuermann am Bein, glücklicherweise jedoch ohne ihn ernstlich zu verletzen. Die beiden Warpanker mit 50 m Trosse gingen verloren; wahrscheinlich hatten sie hinter Wrackteile gehakt und diese mit aufgenommen. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Hauptbericht (Anhang). 47 Es wurde nunmehr Kurs auf Station 11 genommen, da wir auf Station 10 mit einer Wassertiefe von 230 m nicht mehr ankern konnten, während für alle folgenden die Ankerkette ausreichte.e Am Nachmittag und in der Nacht wurden Station 11 und 12 vorschriftsmäßig bearbeitet. Am Montag dem 10. August vormittags folgte Station 13, am Abend auch Station 14 bei sehr schönem Wetter. Dienstag den 11. August früh wurde trotz Westwind von 12,2 m. p. s. auch Station 15 gut erledigt, da die See regelmäßig lief, und bei abnehmendem Winde und schönstem Sonnen- schein nachmittags 1 Uhr Helgoland erreicht. Hier schiffte sich Herr Dr. Strodtmann zur Teilnahme an der Östseefahrt ein. Mit Herrn Professor Heincke stattete der Professor der Botanik in Straßburg Graf Solms-Laubach, dem „Poseidon“ einen Besuch ab und besichtigte das Schiff, namentlich das Laboratorium und die frischen Planktonfänge Dr. Apsteins mit Interesse. Die Heimreise nach Kiel vollzog sich in der folgenden Nacht ohne Zwischenfall und wesentlichen Aufenthalt im Kaiser- Wilhelm-Kanal, und am Mittwoch dem 12. August vormittags 9 Uhr machten wir bei strömendem Regen wieder an unsern Dallen im Kieler Hafen fest. 2. Der wissenschaftliche Betrieb während der Terminfahrt. Die Arbeiten auf jeder Station vollzogen sich nach einem bestimmten, von Herrn Dr. Apstein durchaus zweckmäßig ausgearbeiteten Programm. Sobald der Kapitän die Station erreicht zu haben glaubte, wurde gestoppt und mit der Leblane’schen Maschine gelotet, was sich auch bei bewegter See noch sicher ausführen läßt. Zeigte sich, daß die nach der Karte zu erwartende Wassertiefe nicht vorhanden war, so wurde einige Seemeilen weiter der Versuch erneuert und dann meist auch die genügende Tiefe gefunden. Sobald der Anker lag, begannen die Arbeiten, indem die hydro- graphischen Schöpfzüge mitschiffs an der Steuerbordseite, die biologischen Netzzüge backbords mehr achter aus ausgeführt wurden. Gegenseitige Störungen durch die gleichzeitig ausgegebenen Seile oder Apparate sind bisher nicht vorgekommen. Nach Erledigung dieser Arbeiten wird, wenn der Anker auf ist, an einzelnen Stationen die Dredge herabgelassen und dann bei ganz langsam vorwärts gehender Maschine einige Minuten nachgeschleppt. Gekurrt wurde auf unserer Nordseefahrt nicht, da Herr Dr. Apstein keine entsprechende Weisung von Herrn Professor Heincke erhalten hatte. Während der Ankerzeit, und zwar zu Beginn der Arbeiten auf jeder Station, haben die beiden Hydrographen auch die international vor- geschriebenen meteorologischen Beobachtungen auszuführen, die ihnen in beschränktem Umfange auch während der Fahrt von 6 Uhr vormittags bis 10 Uhr abends zufallen, während nachts 12 und 4 Uhr die Schiffsoffiziere für sie eintreten, falls nicht eine Station in diese Zeit fällt. 48 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f, d. Intern. Meeresforschung. Der Dienst während der Terminfahrten ist keineswegs bequem für die eingeschifften Herren. Namentlich sind die dicht aufeinander folgenden Stationen 6, 7, S, sowie 9, 10, 11, 12 mit teilweise sehr großen Wasser- tiefen eine recht anstrengende Aufgabe. Auch in der Ostseefahrt sind die ersten 9 Stationen durch kurze Fahrstrecken von einander getrennt und folgen die Stationen 6, 7, 8, 9 zwischen T’relleborg und Arkona fast unmittel- bar auf einander. Ein Teil der Stationen ist immer nachts zu erledigen; auf unserer Nordseefahrt waren es 4, 5 und 8. Die Gelehrten müssen dann lernen, wie die Seeleute zu jederzeit den verlorenen Schlaf wieder zu gewinnen. — Aus meinen Wahrnehmungen geht hervor, daß die Besetzung mit wissenschaftlichen Kräften, wie sie auf den letzten Terminfahrten üblich geworden ist, als durchaus zweckmäßig gelten darf. Bei einer so um- sichtigen Leitung, wie sie Herr Dr. Apstein handhabt, und durch sein auch etwa seekranke, jüngere Herren fortreißendes persönliches Beispiel, ist jede Garantie gewährt, daß alle Kräfte an Bord nützlich angespannt werden. Es war mir eine besondere Genugtuung, dies auf der Nordseefahrt mehrfach feststellen zu können. 3. Das Schiff. Nach der ersten Fahrt im Mai 1902 in der Nordsee war unser Dampfer „Poseidon“ in den Ruf gekommen, als sei er wegen zu starker Schlingerbewegungen für wissenschaftliche Arbeiten in See ungeeignet, ja sogar nicht ungefährlich. Schon damals mußte darauf hingewiesen werden, daß erstens das Urteil der jüngeren Gelehrten, denen zumeist alle See- erfahrung abging (leider erkrankte Dr. Apstein damals) nicht maßgebend sein könne, und zweitens die Ausrüstung des „Poseidon“ damals noch un- vollständig, und fester Ballast überhaupt nicht an Bord war. Freilich war das Schiff den speziellen Anforderungen des Reichsmarineamts zufolge sehr „steif“ konstruiert und mußte daher in der Tat bei ungenügender Belastung in seitlichem Seegang heftig stoßende Rollbewegungen ausführen. Durch die inzwischen schrittweise getroffenen Veränderungen (Aufstellung der zweiten Winde, Verlängerung der Masten, Gaffeltakelung), insbesondere aber durch Einbau von 33 Tons Steinballast im Proviantraum (unter dem Fischlaboratorium) sind diese Mängel in einem solchen Grade gehoben, daß ich nicht anstehe, nunmehr unsern „Poseidon“ für ein ausgezeichnetes See- schiff zu erklären. Das ist auch die Meinung des Kapitäns wie Dr. Ap- steins. Auch die jüngeren gelehrten Herren gaben mir während der Fahrt zu, daß ihr erstes Urteil voreilig und nach Lage der Dinge unbedacht gewesen sei. Ich kann nur hervorheben, daß bei dem stürmischen Wetter r am 5. August, wo zeitweilig Windstärke 8 Bf. überschritten wurde, der Dampfer in der hohen See trotz seines jetzt grösseren Tiefgangs nur Spritz- Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Hauptbericht (Anhang). 49 wasser erhielt, wobei die Rollbewegungen zwar stark (zeitweilig 30% nach jeder Seite), aber durchaus sanft und gleichmäßig in allen Teilen der Schlingerkurve waren. Es ist doch nicht vorgekommen, daß Jemand aus seiner Koje geworfen wurde, wie es bei ähnlichem Wetter Herrn Dr. Apstein 1898 auf der „Valdivia,“ mir selbst 1889 auf dem Dampfer „National“ der Plankton-Expedition begegnet ist. Das geschah also auf erheblich grösseren Schiffen, als unser „Poseidon.“ Natürlich muß jeder Neuling erst lernen, sich überhaupt an Bord zu bewegen. Wer Seeerfahrung mitbringt, wird jetzt unserm „Poseidon“ absolut nichts mehr vorwerfen können. Ich nahm öfter Gelegenheit, wo wir in See einem größeren Dampfer begegneten (einigemal wurden wir während der Arbeiten auf Station auch angesprochen), die jüngeren Herren zu Vergleichen aufzufordern und sie darauf aufmerksam zu machen, daß sich daneben die Bewegungen unseres „Poseidon“ keineswegs unvorteilhaft ausnähmen. Jedenfalls aber sind wir gegenüber dem norwegischen Spezialschiff „Michael Sars“, dem dänischen „Lhor“, dem englischen „Huxley“ (einem früheren Fischdampfer) entschieden und in jeder Hinsicht im Vorteil. Ich bezweifle, daß die Insassen dieser Fahrzeuge den Dienst an Deck in dem leichten Schuhwerk ausführen können, wie das bei „Poseidon“ in der Regel möglich war, ganz abgesehen von der Größe unserer Laboratorien und der Wohnräume. Die Geschwindigkeit des „Poseidon“ wird durch Rollbewegungen nicht vermindert. Die Schrauben kamen zwar am 5. August ein paar Mal aus dem Wasser, doch geschieht das bekantlich auch bei sehr viel größeren Schiffen. Nach den Mitteilungen Dr. Apsteins war das früher bei „Poseidon“ häufiger der Fall und ist es nach der jetzigen Ballastverteilung unzweifelhaft besser geworden. Die Maschinen arbeiteten während der Fahrt durchaus zur Zufriedenheit. Bei seitlichem Winde lief der Dampfer auch in hoher See gut 9 Knoten; nur gegen stärkeren Wind tritt ein Verlust ein, sodaß die Fahrt auf 6 Knoten vermindert werden mußte, um nicht unökonomisch Kohlen zu verbrennen. Nach Aussage des Kapitäns ist der Kohlenverbrauch jetzt vorteilhafter als anfangs, wo die Maschinen noch nicht eingelaufen waren. Immerhin wäre es für den laufenden Betrieb billiger geworden, wenn man statt der veralteten Zweizylinder-Maschinen die ökonomischer arbeitenden modernen Dreifach-Expansions-Maschinen ein- gebaut hätte. Sachkundigen Besuchern des „Poseidon“ fällt das gleich auf. Meinen früheren Anträgen entsprechend hatte sich der Kapitän für diese Fahrt mit einer provisorischen Tiefanker-Vorrichtung versehen, wozu er eine dem Seefischerei-Verein gehörende 1800 m lange Hanftrosse und die beiden Warpanker benutzte. Die wissenschaftlichen Arbeiten lassen sich in der norwegischen Rinne nicht vorschriftsmäßig erledigen, sobald das Schiff frei treibt, da dann die Instrumente nicht senkrecht in die Tiefe geführt werden können. Für die Wassertiefen bis 100 m genügt Internat. Meeresforschung 1. 1 50 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. einer der großen Schiffsanker mit Kette, um den Dampfer fest zu legen. Aber in Station 7 mit 270 m, S mit 360 m, 9 mit 470 m und 10 mit 230 m Tiefe genügen die vorhandenen Ketten nicht mehr, da für jede Wassertiefe die doppelte bis dreifache Länge erforderlich ist. Der Kapitän gab auf Station 7 die Hanftrosse über die Rolle eines am Bug eingesetzten Davit aus. Dieser erwies sich aber als zu schwach und verbog sich beim Einhieven. Auf Station 8 und 9 verfuhr der Kapitän so, daß er die Hanf- trosse zunächst über die Rolle des vorderen Kurrgalgens führte. Der Dampfer lag dann aber nicht mit dem Bug gegen den Wind und begann in störender Weise zu rollen. Die Trosse wurde darauf aussenbords an dem Eisraum vorüber auf eine Länge von 9 m an den Bug herangeholt und dort festgemacht. Der Erfolg war insofern günstig, als der Dampfer nun besser lag, aber es trat eine neue Gefahr auf, da der auf- und ab- schwingende Bug die Trosse durchzuscheuern drohte. Durch entsprechende Bewickelung und stetige Überwachung durch den ersten Steuermann wurde dies verhindert. Es erscheint unbedingt geboten und technisch leicht aus- führbar, eine besondere starke Rolle am Backbordbug für das Abfieren der Ankertrosse neu einzubauen. Es wird dann gut möglich sein auf den genannten vier Nordseestationen 7 bis 10 bei handigem Wetter wissen- schaftlich zu arbeiten. Ich kann nicht schließen, ohne auch einige Worte über das Schiffs- personal hinzuzufügen; es können nur Worte voller Anerkennung sein. Kapitän, Schiffsoffiziere, Maschinisten und Leute wetteiferten darin, den Gelehrten die Arbeit zu erleichtern. Die Maschinisten hatten in der dienst- freien Zeit oder auf den Stationen nicht selten Gelegenheit zu kleineren oder grösseren Reparaturen an Instrumenten und Netzen, die sie immer eben so flink wie zweckmäßig auszuführen verstanden. Die Verteilung der einzelnen Leute an die Winden und anderen Arbeitsstellen ist wohl geregelt, und die Ablösungen beim Wechsel der Wache vollzogen sich ganz unmerk- lich. Der Koch ist auch weitgehenden Anforderungen gewachsen, die Verpflegung war reichlich und sehr gut, die Bedienung ließ nichts zu wünschen übrig. Kurz, wir können mit unseren gesamten Einrichtungen für die Terminfahrten jetzt sehr zufrieden sein. DREI TE u I. Abteilung: Kiel. Bericht über allgemeine biologische Meeres- untersuchungen. Von Prof. K. Brandt (Kiel). m ersten Jahre (1902) hatten nur 3 Kieler Biologen die sehr mannig- faltigen und zeitraubenden Untersuchungen über allgemeine Meeres- biologie im Interesse der internationalen Meeresforschung betrieben, und zwar hatte der Privatdozent Dr. Apstein die wirbellosen Tiere und die Pflanzen des freien Wassers (das Plankton), der Privatdozent Dr. Reibisch die wirbellosen Tiere und die Pflanzen des Meeresgrundes, und der Chemiker Dr. Raben die Untersuchung des Meerwassers auf die nur spurenweise vertretenen Pflanzennährstoffe übernommen. In meinem Berichte über das erste Arbeitsjahr habe ich hervorgehoben, daß es dringend erwünscht sei, sowohl dem Planktologen Dr. Apstein, als auch dem Untersucher der Bodenorganismen Dr. Reibisch noch je eine Kraft zur Seite zu stellen. Eine vierte Stelle, die schon im Dezember 1901 bewilligt worden war, konnte am 15. August 1903 zum ersten Male besetzt werden. Außerdem wurde im Laufe des Etatsjahres noch eine fünfte Stelle bewilligt, die am 1. Dezember 1903 besetzt wurde. Die vierte Assistentenstelle wurde zunächst Dr. E. Zander über- tragen, der in der Zeit vom 15. August bis zum 31. Oktober 1903 Plankton- Untersuchungen ausführte. Als derselbe aus Gesundheitsrücksichten die Stelle leider aufgeben mußte, trat Dr. S. Süßbach ein, der vom 1. November an die Tätigkeit von Dr. Reibisch durch Bearbeitung eines Teiles der Bodenorganismen ergänzte. Die neubegründete fünfte Stelle wurde Dr. Rauschenplat übertragen, der schon früher mit Plankton-Untersuchungen sich viel beschäftigt hatte und aus diesem Grunde ganz besonders zur Ergänzung der Tätigkeit von Dr. Apstein geeignet war. Für die Zeit von Anfang März bis Anfang Mai 1904 mußte Dr. Rauschenplat wegen einer militärischen Dienstleistung Urlaub erteilt werden. 59 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. ı. Die Fahrten und die Tätigkeit der Kieler Biologen an Bord. Bei allen vier Terminfahrten des abgelaufenen Rechnungsjahres wurde zuerst die Nordsee und dann die Ostsee untersucht. Stets nahmen 3 Kieler Biologen teil. 1) Die Mai-Terminfahrt begann am 26. April. In der Nordsee konnten alle 15 Stationen programmmässig untersucht werden. Dreimal wurde auch (an den Stationen 4, 6 und zwischen 13 und 14) die Kurre angewandt. Es nahmen als Biologen teil: Dr. Apstein, Dr. Reibisch und stud. Konrad. Am 6. Mai traf der „Poseidon“ wieder in Kiel ein. Am nächsten Tage begann die ÖOstseefahrt, die bis zum 15. Mai dauerte. Die Besetzung war dieselbe. Alle Stationen konnten untersucht werden. Überhaupt war die Mai-Terminfahrt so vom Wetter begünstigt, daß zum ersten Male die ganze Fahrt in 20 Tagen ausgeführt werden konnte. 2) Die August-Terminfahrt durch die Nordsee fand in der Zeit vom 8. bis 12. August statt. An derselben nahm Professor Dr. Krümmel als Mitglied der wissenschaftlichen Kommission teil. Die Stationen 2 und 10 konnten wegen starken Windes und Seeganges nicht untersucht werden, dagegen wurde versuchsweise noch eine weiter seewärts gelegene Station 4a einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Da sich nichts Besonderes ergab, soll diese neue Station in Zukunft nicht aufrecht erhalten werden. Als Biologen nahmen an der Nordseefahrt teil: Dr. Apstein, Dr. Reibisch und Dr. Zander. Die Östseefahrt wurde in der Zeit vom 13.—22. August fast programmmäßig ausgeführt. Nur die östlichste Station (13) mußte wegen hoher See ausfallen. Dagegen wurde auf dem Rückwege in der Bornholm- tiefe die Kurre mit Erfolg angewendet. Die biologischen Teilnehmer waren Dr. Apstein, Dr. Immermann und Dr. Zander. 3) Die November-Terminfahrt durch die Nordsee dauerte vom 2. bis 13. November. Bis zur Station 8 einschließlich konnte bei gutem Wetter alles erledigt werden, dann aber mußten auf dem Rückwege die Stationen 9—14 wegen stürmischen Wetters und starken Seeganges ganz ausfallen. Nur auf Station 15 konnten noch die vorgeschriebenen Termin- arbeiten gemacht werden. Die biologischen Teilnehmer waren Dr. Apstein, Dr. Süßbach und Dr. Feitel. Die Ostseefahrt, die vom 14. bis 24. November stattfand, verlief günstiger. Es konnten alle 13 Stationen untersucht werden, nur die Untersuchungen in der Bornholmtiefe auf der Rückfahrt mußten wegen Südweststurmes unterbleiben. Als Biologen nahmen Dr. Apstein, Dr. Reibisch und Dr. Rauschenplat teil. 4) Die Terminfahrt im Februar 1904 fing am 28. Januar an. In der Nordsee konten nur die erste und die beiden letzten Stationen Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt.I: Kiel 1. 53 erledigt werden; die Arbeit an den anderen 12 Stellen mußte wegen starken Sturmes ganz unterbleiben. Auf der Jütlandbank bei Station 14 und 15 hatte sich das Wetter so gebessert, daß auch die Kurre angewandt werden konnte. Der „Poseidon“ traf am 8. Februar in Kiel wieder ein. Die biologischen Teilnehmer waren Dr. Apstein, Dr. Rauschenplat und Dr. Feitel. Die Fahrt durch die Ostsee, die vom 9. bis 20. Februar stattfand, wurde anfangs durch schlechtes Wetter so gestört, daß bei Saßnitz Schutz gesucht werden mußte. Dann aber konnten nicht blos alle 13 Stationen er- ledigt, sondern auch noch die Bornholmtiefe untersucht werden. Es nahmen teil die Biologen Dr. Apstein, Dr. Rauschenplat und Dr. Süßbach. Die Terminfahrten wurden wie im Vorjahre von Dr. Apstein geleitet. Die Verteilung der Arbeiten auf die drei Biologen und die Tätigkeit an Bord war im wesentlichen dieselbe wie im ersten Jahre. Von den Kieler Biologen nahm ausserdem Dr. Reibisch an zwei Fischereifahrten teil, die unter Leitung der biologischen Anstalt in Helgoland in der Zeit vom 8.—27. Juli 1903 und vom 10.— 26. März 1904 stattfanden. Derselbe wurde außerdem zu den allgemein biologischen Untersuchungen im Greifswalder Bodden herangezogen auf der Fahrt, die der „Poseidon“ unter Leitung des Deutschen Seefischerei-Vereins in der Zeit vom 9.—16. September 1903 unternahm. — Außer dem Material, das von den im Laboratorium angestellten 5 Biologen bearbeitet wird, sind auf den Terminfahrten noch nach drei Richtungen hin Materialien für ergänzende Untersuchungen durch andere Kräfte gesammelt worden. Erstens sind zahlreiche Bodenproben aus der Nord- und Ostsee vorläufig aufgehoben worden, die im Laufe des Rechnungs- jahres 1904 oder 1905 einer eingehenden mineralogischen, physikalischen und chemischen Untersuchung, z. T. nach neuen Methoden, unterworfen werden sollen. Ferner sind auf allen Terminfahrten Wasser- und Boden- proben in sterilisierte Nährlösungen gebracht zur Feststellung der horizontalen und vertikalen Verbreitung der denitrifizierenden Bakterien in den heimischen Meeren. Diese an Bord geimpften Nährlösungen sind im Zoologischen Institut von mir und dem Assistenten des Zoologischen Instituts Dr. Feitel bearbeitet worden. Eine kurze vorläufige Mitteilung darüber habe ich Yereits gegeben (K. Brandt, über die Bedeutung der Stiekstoffverbindungen für die Produktion im Meere, Beihefte zum botanischen Oentralblatt Bd. XVI. Februar 1904); die ausführliche Abhandlung wird in den wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen (Abteilung Kiel) veröffentlicht werden. Endlich sind Planktonfänge und grössere Mengen von verschiedenen Meeresorganismen, die z. T. auf den Terminfahrten in Alkohol aufgehoben sind, im Anschluß an eine frühere Arbeit von mir (Beiträge zur Kenntnis 54 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. der chemischen Zusammensetzung des Planktons, 1898) der chemischen Analyse unterworfen worden. Zu diesem Zwecke war während einiger Monate des vergangenen Jahres der Chemiker Dr. Stiehr als Hülfsarbeiter der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere engagiert worden. Im nächsten Jahre werden diese Untersuchungen in ähnlicher Weise fortgesetzt. 2. Die Tätigkeit der Kieler Biologen im Laboratorium an Land. 1. Plankton-Untersuchungen von Dr. Apstein, Dr. Zander und Dr. Rauschenplat. Die quantitativen Planktonfänge, die auf den Terminfahrten des abgelaufenen Rechnungsjahres gewonnen worden sind, konnten fast alle gründlich nach dem Zählverfahren bearbeitet werden. Es wurden 103 Fänge aus der Nordsee, sämtlich von Dr. Apstein, und 104 Fänge aus der Ostsee von Dr. Apstein, Dr. Zander und Dr. Rauschenplat gezählt. Ausser diesen 207 quantitativen Fängen sind noch zahlreiche Plankton- Proben nach der Schätzungsmethode untersucht worden, namentlich von solchen Stationen, an denen schlechten Wetters wegen nicht quantitativ gearbeitet werden konnte. Tabellarische Übersichten der Untersuchungs- ergebnisse sind an das Zentralbureau in Kopenhagen gesandt und in den Bulletins veröffentlicht worden. Im Winter 1904/5 wird Dr. Apstein eine grössere Abhandlung über seine Untersuchungen in Nord- und Ostsee in Druck geben. Ferner gedenkt er eine Bearbeitung der Mysideen und Euphausiden im kommenden Jahre abzuschließen und die Bearbeitung der Decapodenlarven, die schon in Angriff genommen ist, weiter zu fördern. Über die aus den Fängen herausgesuchten Appendikularien, darunter tropische Arten in den kalten Tiefen der norwegischen Rinne, wird Dr. Lohmann berichten. Über die Fangergebnisse berichtet Dr. Apstein folgendes: In der Nordsee waren im Mai Peridineen und Diatomeen fast über- all sehr spärlich; nur die deutsche Bucht machte eine Ausnahme insofern, als dort.einige Diatomeen, z. B. Guinardia, stärker wucherten. Von pflanzlichen Organismen fanden sich in der nördlichen Nordsee namentlich Halosphaera und Dinobryon. — Im August fanden sich nur verhältnismäßig wenig Diatomeen, reicher waren nur die Jütlandbank und die deutsche Bucht, dagegen war die Zahl der Peridineen überall grösser, namentlich von Öeratium macroceros. — Im November fanden sich Peridineen überall häufig, von Diatomeen im Norden vorzugsweise Ühaetoceros, in der deutschen Bucht bis nach Norwegen hin Biddulphia. rn Brenn ame on ee a a Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt.I: Kiel 1. 55 Überhaupt war im November der nördliche Teil der Nordsee reich. Die Hauptmasse des Planktons befand sich in den obersten Wasser- schichten; der Unterschied den tieferen Schichten gegenüber war viel stärker als im Mai und August. Copepoden fanden sich in allen drei Monaten ziemlich allgemein; nur die grossen Tiefen im Norden lieferten besondere Arten. In der Ostsee war das Volumen an Plankton durchschnittlich geringer als in der Nordsee; nur im Mai wurden in der westlichen Ostsee sehr große Mengen von Plankton erhalten, weil Chaetoceros sich dort in voller Vegetation befand. Entweder lag bei den Termin- fahrten die Grenze zwischen westlicher und östlicher Ostsee zwischen Station 4 und 5, oder in dem Schnitt Schweden-Rügen. Die Plankton- Organismen der westlichen Ostsee verbreiteten sich aber in der Tiefe bis weit nach Osten; so fanden sich in der Danziger Tiefe noch Oithona und Sagitta, die von Station 5 an in den oberen und mittleren Schichten fehlte. Die Februarfahrt lieferte für die Nordsee des schlechten Wetters wegen wenig Material, so daß keine allgemeineren Resultate abzuleiten sind; für die Ostsee hat das Material bis zur Abfassung des Berichtes noch nicht vollständig untersucht werden können. 2. Untersuchungen von Dr. Raben über den Gehalt des Meer- wassers an spurenweis vertretenen Pflanzennährstoffen. Während des Jahres 1903 war der Chemiker Dr. Raben bemüht, mit gütiger Unterstützung des Herrn Prof. Rodewald, Direktor des land- wirtschaftlichen Instituts zu Kiel, die Methoden des Nachweises von Stick- stoffverbindungen in vergiftetem Seewasser zu verbessern. Das ist bis Anfang Januar 1904 soweit gelungen, daß der mittlere Fehler des anzuwendenden Schätzungsverfahrens erheblich verkleinert ist. Um zunächst das zu erreichen, hat es mehr als 300 sorgfältig ausgeführter Vorversuche bedurft, ehe die Zuverlässigkeit der verbesserten Methoden durch weitere S0 Einzelbestimmungen an Kontrollflüssigkeiten geprüft werden konnte. In den Monaten Januar bis März 1904 sind alsdann die auf den 4 Terminfahrten des Jahres 1903 gesammelten Wasserproben durch etwa 150 Einzelbestimmungen untersucht worden. Nebenher hat Dr. Raben eine Abhandlung über die Methoden der Bestimmung von Ammoniak, Nitrit und Nitrat in Seewasser und die im letzten Vierteljahr damit erreichten Resultate für die Veröffentlichung abgeschlossen. Diese Arbeit soll im September nach Zufügung einiger Ergänzungen in Druck gegeben werden. 56 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Über den Zweck dieser chemischen Untersuchungen habe ich in dem vorigen Berichte ausführliche Mitteilungen gemacht. Ich habe auch bereits angeführt, daß von den bis jetzt veröffentlichten Untersuchungen nur diejenigen Natterer’s über den Ammoniakgehalt des Meerwassers im östlichen Mittelmeer und im Roten Meere mit den neuen quantitativen Bestimmungen von Raben in Parallele gebracht werden können. Der Vergleich ergibt, daß, wie erwartet, in der Tat mehr Ammoniak und höchst wahrscheinlich auch mehr Nitrit und Nitrat in den kühleren heimischen Meeren als in warmen Meeren (Mittelmeer, Rotes Meer) vorhanden ist. In 1 Liter Oberflächenwasser . 0,0063 |0,051— 10,083 — [0,125— |0,21— 0,26 mgr von 41 Proben aus dem Mittelmeere u. dem Roten 50, DE Meere (Natterer) von 19 Proben aus Nord- und Ostsee (Raben) Sue, [o | 21% Während nach Natterer’s Angaben 1 Liter Oberflächenwasser des Mittelmeeres usw. im Mittel etwa 0,05 mgr N (in Form von Ammoniak) enthält, finden sich nach den Bestimmungen von Raben in 1 Liter Ober- flächenwasser der Nord- und Ostsee im Mittel 0,1 mgr N (in Form von Ammoniak). Während ferner nach Natterer im Mittelmeerwasser die Nitrite in sehr geringer, kaum meßbarer, die Nitrate in überhaupt nicht nachweisbarer Menge vorhanden sind, sind nach Raben’s Untersuchungen Nitrate und Nitrite zusammen im allgemeinen in größerer Menge vertreten als Ammoniak. Das Mittel beträgt 0,175 N (in Form von Na O3; und Na O;). Der durch- schnittliche Gesamtgehalt an gebundenem Stickstoff beträgt mithin in den heimischen Meeren 0,275 Teile N in einer Million Teilen Meerwasser. In den meisten Fällen gibt sich der größere Reichtum der westlichen Ostsee gegenüber der östlichen auch in dem höheren Gehalt an Stickstoff- verbindungen kund. Auch ist in der Nordsee der Gesamtgehalt an Stick- stoffverbindungen meist deutlich geringer als in der westlichen Ostsee. Nicht verständlich ist mir die geringe Verschiedenheit des Gehaltes an Stickstoffverbindungen in den verschiedenen Jahreszeiten und vor allem der Umstand, daß nach den bis jetzt vorliegenden Untersuchungen über die Terminfahrten des Jahres 1903 im Februar die Stiekstoffverbindungen in geringerer Quantität als im August und November vertreten sind. Auf Grund allgemeiner Überlegungen hätte ich diese beiden Ergebnisse nicht m Ba LP Eee Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. I: Kiel 1. [SL —j erwartet. In 97 Proben von Oberflächenwasser aus Nord- und Ostsee hat Dr. Raben folgende Werte für den gebundenen Stickstoff überhaupt (in Form von Ammoniak und Nitrit und Nitrat) gefunden: 1903 Nordsee Ostsee Februar 0,183 0,105 Teile N in einer [ Mai 0,136 0,137 Million Teilen fr! August 0,194 0,222 Meerwasser. z November 0,246 0,178 N Da, Neben den Untersuchungen über die Stickstoffverbindungen hat Dr. Raben in 26 verschiedenen Proben von filtriertem Meerwasser aus der Nord- und Ostsee die Menge der gelösten Kieselsäure bestimmt. Die neuen Bestimmungen haben diejenigen des Vorjahres durchaus bestätigt, so daß auch dieser Gegenstand in der jetzt abgeschlossenen ersten Abhandlung von Dr. Raben der Öffentlichkeit übergeben wird. Bei den Phosphorsäure-Bestimmungen haben sich Fehler in der Methodik herausgestellt, die zuerst bei der Terminfahrt im Februar 1904 haben gänzlich vermieden werden können. Für diese Fahrt und die folgenden werden nun einwandfreie Ergebnisse zu erwarten sein. Für das bevorstehende Jahr sind dem Uhemiker zwei Aufgaben gestellt: 1. durch vergleichende Untersuchungen von Wasser der Nord- und Ostsee einerseits und andrerseits von Wasserproben, die ich jetzt aus dem Mittelmeer und aus dem Tropengebiet erhalte, festzustellen, ob in der Tat in warmen Meeren die Menge der gelösten Stickstoffverbindungen geringer ist, als in den kühleren Meeren, 2. durch gründliche Untersuchung von reichen und armen Wasser- gebieten beizutragen zur Aufdeckung der Ursachen für Armut oder Reichtum der betreffenden Gebiete. Durch Kombination von verschiedenen chemischen, bakteriologischen und biologischen Untersuchungen hoffe ich die Gunst oder Ungunst der Produktionsbedingungen in verschiedenen Wassergebieten verständlich machen zu können. 3. Untersuchungen über die Besiedelung des Meeresbodens von Dr. Reibisch und Dr. Süssbach. } Dr. Reibisch, der bis November 1903 die zeitraubenden Vorarbeiten des Sortierens usw. allein hat besorgen müssen, ist nun nach dieser Richtung durch Dr. Süßbach entlastet worden. Er hat daher die Untersuchung der in großer Zahl am Meeresgrunde vorkommenden und daher auch recht wichtigen Amphipoden (Flohkrebse) zu einem vorläufigen Abschluß bringen können und wird im Laufe des Winters 1904/05 eine Abhandlung über 58 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. diese Tiergruppe und ihre Verbreitung veröffentlichen. Für die freie Nordsee finden sich nur vereinzelte Angaben über das Vorkommen von Amphipoden, während durch die Fänge der deutschen Fahrten mit dem „Poseidon“ bereits gegen 120 Arten in diesem Gebiete festgestellt werden konnten. Da viele Arten der Amphipoden ihre Hauptverbreitung im hohen Norden haben, andere dagegen hauptsächlich in wärmeren Meeresgebieten vorkommen, so ist es von Interesse, die Durchmischung der beiden Faunen näher zu verfolgen und die Abhängigkeit der verschiedenen Arten von den Existenzbedingungen festzustellen. Die norwegische Küste ist als ein Gebiet anzusehen, in welchem der herrschenden Strömungen wegen am ersten Vertreter beider Faunen neben einander zu erwarten sind. Tatsächlich ist auch die Zahl der in diesem Gebiete aufgefundenen Formen eine sehr große, wobei allerdings die Länge der norwegischen Küste mit zu berück- sichtigen ist. Im allgemeinen finden sich hier südliche Formen selten weiter nördlich als bis Bergen, während nördliche Formen nicht selten bis zur Südspitze Norwegens und, durch das Skagerak hindurch, bis ins nördliche Kattegat angetroffen werden. Zu den letzteren gehören besondere Arten, die nur in größeren Tiefen (von ungefähr 200 m an) vorkommen. Die Untersuchung der mittleren Nordsee wird nun Schlüsse darüber zu ziehen gestatten, auf welchem Wege die Besiedelung durch die verschiedenen Arten vor sich gegangen ist. Südliche Formen können entweder durch die Nordsee hindurch oder mittels des Golfstromes von Norden her das Gebiet von der Südspitze Norwegens bis nach Bergen hin erreicht haben. Die ersteren Formen werden in größerer Ausdehnung im (Grebiete der mittleren Nordsee zu erwarten sein, während die letzteren in ihrem Vor- kommen beispielsweise zwischen der britischen und holländischen Küste einerseits und der norwegischen andererseits eine Lücke aufweisen werden. Daß beide Arten der Einwanderung tatsächlich vorkommen, geht aus den Befunden von Dr. Reibisch klar hervor. Wie Dr. Reibisch in den ersten zwei Jahren eingehende systematisch- faunistische Studien über Amphipoden zum Abschluß gebracht hat, wird er nun ähnliche Untersuchungen über die Species der Würmer, zunächst der Chätopoden, und ihre Verbreitung in der Nord- und Ostsee machen. Daneben wird auch die Untersuchung der Fänge im ganzen und der Abhängigkeit des Vorkommens der Organismen von der Bodenbeschaffenheit usw. fortgesetzt werden. Über diese allgemeineren Untersuchungen können zuverlässige Resultate erst auf Grund zahlreicher Fänge mit verschiedenen Schleppgeräten erreicht werden. Aber schon jetzt haben die vergleichenden Untersuchungen ergeben, daß die Menge der kleinen Tiere diejenige der großen ganz bedeutend überwiegt, auch an solchen Stellen, an denen die engmaschige zoologische Dredge (Sacknetz) anscheinend nur eine sehr geringe Anzahl von kleinen Tieren liefert, während bei langem Schleppen Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt.I: Kiel 1. 59 von großen, weitmaschigen Fischschleppnetzen (Trawl, Kurre) neben Fischen ein reicher Beifang von vorwiegend großen Tieren erhalten wird. Zur Ergänzung der Tätigkeit von Dr. Reibisch hat Dr. Süßbach zunächst die Echinodermen der Nord- und Ostsee bearbeitet. Er beginnt jetzt auch die Bestimmung der Mollusken. Über die Art des Vorkommens der Echinodermen in der Nordsee wird Dr. Süßbach eine Mitteilung im bevorstehenden Winter veröffentlichen können. Das bis Ende März 1904 fertig bearbeitete Material der Terminfahrten in den Jahren 1902 und 1903 enthält 13 Arten von Schlangensternen in 535 Exemplaren. Die Seesterne mit 6 Arten (61 Exemplare) und die Seeigel mit S Arten (185 Individuen) treten den Schlangensternen gegenüber erheblich zurück. Außerdem machen sich beide Zoologen mit den häufigeren Arten der übrigen Tiergruppen soweit bekannt, daß sie an die allgemeinen Aufgaben herantreten können. br I. Abteilung: Kiel. 9 Bericht über die hydrographischen Untersuchungen. Von Prof. Dr. Ö. Krümmel (Kiel). ie im vorigen Jahre, so bezog sich auch in diesem meine Tätigkeit in erster Linie auf die Leitung und Überwachung der hydro- graphischen Arbeiten sowohl an Bord des Forschungsdampfers „Poseidon“, wie auch im Laboratorium in Kiel. Außerdem war ich regel- mäßig an den Sitzungen der Kommission und Ende Februar d. J. als zweites deutsches Mitglied des Zentral-Ausschusses an der Tagung dieser internationalen Behörde in Hamburg beteiligt; über die letztere ist an anderer Stelle ausführlich berichtet. ı. Die Arbeiten an Bord. Entsprechend dem sehr ins Einzelne gehenden Programm von Christiania und der inzwischen erreichten technischen Schulung des Personals vollziehen sich jetzt die hydrographischen Arbeiten während der Termin- fahrten an Bord des „Poseidon“ in routinemäßiger Gleichförmigkeit.. Nur wo das Wetter störend eingreift, kann dem Programm nicht vollständig genügt werden. So wurden leider die in die Nordsee gerichteten Terminfahrten vielfach durch anhaltend stürmisches Wetter und rauhe See behindert; vollständig gelang nur die Fahrt im Mai 1903, während im August die Stationen 2 und 10 (in der norwegischen Rinne, vergleiche die kleine Karte im vorjährigen Bericht) und im November die Stationen 9 bis 13 ausfallen mußten. Im Februar 1904 war leider, ganz wie im Vorjahre, die Terminfahrt fast er- folglos, da nur die Stationen 1, 14 und 15 gelangen. In der Östsee hatten die Terminfahrten ungleich besseren Erfolg. Nur einmal, im August, mußte die Station 13 (auf der Höhe von Memel) ausfallen, während dafür auf der Rückfahrt nach Kiel im Mai, August und Februar auf einer Extrastation in der großen Tiefe östlich von Bornholm mit gutem Erfolg hydrographisch und biologisch gearbeitet werden konnte, 62 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung, Leiter der Terminfahrten war regelmäßigHerrDr. Apstein. Die hydro- graphische Arbeit lag an erster Stelle in Herrn Dr. Ruppins Händen; ihm assistierten darin im Mai auf der Nordseefahrt Herr Kandidat Pichert, auf der Ostseefahrt Herr Privatdozent Dr. Meinardus aus Berlin; im August auf der Nordseefahrt wieder Herr Dr. W. Meinardus, auf der Östseefahrt Herr O0. Baschin, Kustos am geographischen Institut der Universität Berlin. Im November und Februar war für die ganze Dauer der Fahrten als zweiter Hydrograph der im Laboratorium seit 1. Oktober angestellte Chemiker Dr. P. Kemnitz eingeschifft. Im August 1903 nahm ich an der Fahrt in die Nordsee selbst teil und habe über die gewonnenen Eindrücke, wie über den gesamten Betrieb der Termin- fahrten ausführlich unter dem 18. August v. J. berichtet (Vergl. S. 44—50). Die auf den Terminfahrten besuchten Stationen blieben in der Nordsee die anfänglich festgesetzten (vgl. die Karte im vorjährigen Bericht). In der Ostsee mußte seit dem August 1903 auf der Strecke zwischen Arkona und Trelleborg eine kleine Verschiebung der Stationen 6, 7, 8 um einige See- meilen nach Westen eintreten, da der Kapitän Heinen mit Recht die Besorgnis äußerte, daß die nahe bei den genannten Stationen verlegten Telegraphenkabel Arkona-Trelleborg und Möen-Bornholm von den Ankern des „Poseidon“ leicht einmal erfaßt und beschädigt werden könnten. Die Ausrüstung des „Poseidon“ für die hydrographische Arbeit ist die im Vorjahre beschriebene. Neu hinzugekommen ist inzwischen eine Tiefankervorrichtung, die sich von wesentlichem Vorteil erweist. Bei mäßig bewegter See gelingt es jetzt, auch in der tiefen norwegischen Rinne (bei fast 500 m Tiefe) das Schiff zu verankern; dadurch sind die unkontrollierbaren Fehler, die früher, als das Schiff auf den Stationen 7, 8, 9, 10 im dort herrschenden Meeresstrom frei treiben mußte, in der Tiefenbestimmung der zu untersuchenden Wasserschichten unvermeidlich waren, jetzt ausgeschlossen. Die im vorigen Bericht erwähnten, von der Firma ©. Richter in Berlin in verbesserter Ausführung gelieferten Umkippthermometer haben sich nach längerem Gebrauch leider nicht nach Wunsch bewährt: auf das Abreissen des Quecksilberfadens an der dazu bestimmten Stelle ist auf die Dauer nicht mit Sicherheit zu rechnen und nur ganz neue Instrumente arbeiten einige Zeit gut. Wir haben deshalb seit dem August 1903 den Nansen’schen Wasserschöpfapparat mit den dazu gehörigen Tiefseethermo- metern ausschließlich in Gebrauch genommen; mit dem Nachteil, daß damit nur ein kleines Quantum Tiefenwasser aufgeholt werden kann, mul man sich in der einen oder anderen Weise abfinden. Seit dem November wurde auch mit einem vom Zentral-Laboratorium in Christiania bezogenen, nach Nansens Angaben konstruierten Strommesser versucht, dieStrömungen in den Tiefenschichten zumessen. Die Beobachtungen er ET aan Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt.I: Kiel 2. 63 versprechen guten Erfolg und werden nach Möglichkeit fortgesetzt. Da sie nur bei gutem Wetter ausführbar sind, liegen erst wenige Messungen aus der westlichen Ostsee vor. Seit dem August v. J. ist es auch gelungen, einer im Programm von Christiania (A $ 17) vorgesehenen Bestimmung Folge zu geben und Beobachtungen über Oberflächentemperatur und Salzgehalt aus der Nordsee auch außerhalb des ein für allemal festgelegten Kurses der Terminfahrten durch deutsche Schiffe zu erhalten. Durch die dankenswerte Vermittlung des Königl. Hafenmeisters Duge in Geestemünde beteiligten sich an diesen Arbeiten die Fischdampfer „Rüstringen“, „Dora“, „Präsident Herwig“, „Prangenhof“ und „Paul“, im Februar auch „Nordstern“. Jeder Dampfer erhielt einen für Postversand geeigneten Sammelkasten mit gutem Thermometer und je 15 Glasfläschehen von 200 cc Inhalt; auf mit Vordruck versehenen kleinen Anhängezetteln werden Ort und Zeit der Beobachtung vermerkt. Die Wasserproben werden an das Laboratorium in Kiel eingeliefert, wo dann der Salzgehalt durch Chlortitrierung leicht zu bestimmen ist. Eine weitere Ausdehnung dieser privaten Mitarbeit ist insofern eingeleitet, als es durch das freundliche Entgegenkommen der die Erzausfuhr von Narvik (an der Ofotenbahn) betreibenden Reederei L. Possehl & Comp. in Lübeck möglich geworden ist, den Kapitän Stieg des Dampfers „Lübeck“ auf seinen regelmäßigen Fahrten zwischen Narvik und Rotterdam für ähnliche Beobachtungen zu gewinnen, die aber erst im Mai d. J. beginnen werden. So kann wenigstens von deutscher Seite einem bisher erfolglos gebliebenen Beschlusse des Zentral-Ausschusses in Kopenhagen (Juli 1902, Protokoll Seite 21, Ziffer 10) Folge gegeben werden. 2. Die Arbeiten im Laboratorium. Auch der Dienst im Laboratorium vollzieht sich weiter in der im vorigen Bericht erwähnten Weise. Neben dem ersten Hydrographen Dr. E. Ruppin ist seit dem 1. Oktober 1903 als zweiter Hydrograph der Chemiker Dr. P. Kemnitz eingestellt. Der erstgenannte führt die Gasanalysen (Bestimmung des Volums von Sauerstoff, Stickstoff und Kohlensäure) an den auf der Terminfahrt in evakuirten Röhren gesammelten Wasser- proben aus und hat dabei die Bestimmung des Salzgehaltes durch seinen Gehilfen zu überwachen. Als solcher war gegen stundenweise Honorierung im Sommer Herr Kandidat Edlefsen tätig, vom Herbst an fielen diese Arbeiten Dr. Kemnitz zu. Die Reduktion der Bestimmungen nach Knudsens Tabellen und die Zusammenstellung der Ergebnisse in Rein- schriften zur Weitergabe an das Zentralbureau besorgte im Sommer 1903 Herr Kandidat Kohlmann, seit Oktober ebenfalls Herr Dr. Kemnitz. 64 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern, Meeresforschung. An das Zentralbureau in Kopenhagen sind mitgeteilt: 1056 Bestimmungen des Salzgehaltes durch Chlortitrierung; 307 Bestimmungen des Gasgehalts (91 für Sauerstoff, 90 für Stickstoff, 126 für Kohlensäure). Zu Versuchszwecken wurden außerdem noch sehr zahlreiche Gasanalysen ausgeführt und über die dabei gewonnenen Erfahrungen, die zu einer Verbesserung der Untersuchungsmethoden geführt haben, hat Herr Dr. Ruppin in einer kleinen Abhandlung berichtet, die unter dem Titel: „Beitrag zur Bestimmung der im Meerwasser gelösten Gase“, als erste der Arbeiten der Deutschen Wissenschaftlichen Kommission für die Internationale Meeresforschung in den Wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen, Band 7, Kiel 1903, S. 139—145 veröffentlicht ist. Ferner beschäftigte sich Herr Dr. Ruppin mit Versuchen, eine bessere Sterilisierung der für die Gasanalyse bestimmten Seewasserproben zu erzielen. Im Programm von Christiania (A, $ 19) war Sterilisierung vorgeschrieben, und Professor Pettersson hatte für diesen Zweck in erster Linie Sublimat empfohlen. Die Praxis zeigte aber, daß alsdann bei den Analysen Störungen durch sich bildendes Kalomel auftraten. Infolgedessen beschloß die hydrographische Sektion des Zentral-Ausschusses in Kopen- hagen (Juli 1902, Prot. S. 22, Ziffer 12), vorerst die Sterilisierung nicht mehr als obligatorisch zu betrachten und weitere Erfahrungen abzuwarten. Eine Vergiftung der mit dem Seewasser in der Vakuumröhre eingeschmolzenen kleinen Organismen ist aber doch unabweisbar, da Assimilations- und Atmungsprozesse die ursprüngliche Menge des freien Sauerstoffs und der Kohlensäure verändern. Es liegen in dieser Hinsicht ganz eklatante Bei- spiele von Parallelproben aus den tieferen Wasserschichten vor. Herr Dr. Ruppin hat nun ein sehr einfaches Verfahren gefunden, um die Ver- giftung des Wassers in dem Augenblicke zu vollziehen, wo die Probe aus dem Schöpfapparat in die Vakuuinröhre übergeht. Im Laboratorium mit Bor- säure ausgeführte Versuche versprachen soweit Erfolg, daß auf der Termin- fahrt im Mai d. J. nach dieser Methode vorgegangen werden wird. Endlich begann Herr Dr. Ruppin eine Reihe von Versuchen, um den Gehalt des Seewassers an organischer Substanz während der Fahrten selbst an Bord zu bestimmen, wobei in erster Linie das Reduktionsvermögen gegen Kaliumpermanganat in Betracht kommt. 3. Einige allgemeine Ergebnisse. Die Bedeutung der auf unsern Terminfahrten ausgeführten Messungen der Temperaturen und des Salzgehalts für die Verbreitung der Organismen ist aus den inzwischen erschienenen Spezialarbeiten der Bio- logen in Helgoland und Kiel ohne weiteres erkennbar, Unser seit dem RENATE EEE ern en rn ee ee ee bes en ee SEER ZZ 5 Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. I: Kiel 2. & ot Mai 1902 geübtes, dem internationalen Programm von Christiania (A, $ 6) entsprechendes Verfahren, während der Terminfahrten an Bord selbst das spezifische Gewicht der Wasserschichten sofort an den aufgeholten Wasser- proben wenigstens angenähert mit einem Aräometer zu bestimmen und den Salzgehalt auszurechnen, hat sich sehr bewährt: die Biologen sind so- gleich über die auf der Station vorhandene Lagerung der Wasserschichten orientiert und können darnach ihre Arbeiten, wie die Plankton- oder Fisch- eierfänge, einrichten. In dieser Hinsicht darf also auf die Berichte der beteiligten Biologen verwiesen werden. Von rein hydrographischem Standpunkte aus betrachtet, ergeben, wie schon im vorigen Bericht ausgesprochen werden mußte, unsre deutschen Messungen allein nur ein sehr lückenhaftes Bild; um zu einem Überblick zu gelangen, muß man auf alles übrige, aus gleicher Zeit vorliegende Material zurückgreifen. Von einer Terminfahrt zur andern zeigt sich dann eine mehr oder weniger erhebliche Veränderung in den Eigenschaften des Seewassers, und es ist zur Zeit noch nicht zu übersehen, ob etwa für diese Veränderungen irgend ein regelmäßiger Oyklus bestehe. Daß die meteoro- logischen Verhältnisse, das Auftreten und die Dauer westlicher oder östlicher Winde, diese Wasserverschiebungen und -Mischungen in erster Linie beherrschen, bestätigt sich mannigfach, ist aber keineswegs eine neue Tatsache. Um zu verstehen, wie die atmosphärischen und ozeanischen Bewegungen von Fall zu Fall auf einander wirken, bedarf es allem Anscheine nach viel längerer Reihen von Beobachtungen, als sie die internationale Meeresforschung seit dem August 1902 liefern konnte. Bei dieser Gelegenheit mag daher, ähnlich wie im Vorjahr, kurz auf Erscheinungen in den Tiefengewässern der südlichen Ostsee hingewiesen werden, die sich in der Hauptsache aus unsern deutschen Beobachtungen allein verstehen lassen. Die im vorigen Bericht erwähnte Einströmung von verhältniß- mäßig recht salzigem Wasser in die Ostee bei Rügen im Februar 1903 (Temperatur — 2,20, Salzgehalt — 23,5 Promille) hat sich, wie damals vermutet, in der Tat weithin in die Ostsee nach Osten geltend gemacht. Die auf unsrer Extrastation in der tiefen Mulde östlich von Bornholm erhaltenen Beobachtungen hatten vor dieser Einströmung eine Temperatur von 4,580 und einen Salzgehalt von 16,42 Promille am Boden in 95 m ergeben. Als Folge der erwähnten Einströmung zeigt sich eine Abkühlung der Temperatur und eine Steigerung des Salzgehalts; beides hat sich dann im Laufe des Jahres wieder abgeschwächt durch fortdauernde Vermischung mit den darüber liegenden Schichten, wobei die Temperatur auch wohl zum Teil durch die innere Erdwärme, vom Boden aus, ein wenig gesteigert wird (hierfür liegen auch sonst Anzeichen vor). Folgende kleine Tabelle zeigt, wie dieser Prozeß sich bis zum Februar d. J. ungestört weiter vollzog. Internat. Meeresforschung I. 5 66 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Bornholmtiefe (95 m) Temperatur: Salzgehalt: im Mas? 1903, a ee ne 3,16 17,81 Promille im este 9032 3,28 17,63 e imeBlebruar 1904 Tr ee 3,47 16,94 2 Dieser Einzug kalten und salzigen Wassers aus der Beltsee in die südliche Ostsee im Februar 1903 hat sich anscheinend auch in die Danziger Bucht erstreckt. Hier ist im Bodenwasser ebenfalls eine Abkühlung und Versalzung festzustellen, die freilich nicht sehr stark waren und seitdem ebenfalls wieder langsam gewissermaßen in der Rückbildung in den alten Stand vor Februar 1903 begriffen sind: Danziger Bucht (105 m) Temp.: Salzgeh.: im@NoyvenberslY0 2er Er 558 11,95 Promille im May EINS et Br 13,10 > im A:uenstelo) Sri 12,94 = ImeNoyzemberzel. Ur regt 11,96 A im»; Rebruar 1904 ES 032,7 37 2522 27,02: 11,82 5 Auch die Gasanalysen zeigen sehr deutlich, wie hier neues, an Sauerstoff relativ reicheres Wasser damals seinen Einzug gehalten hat. Der Anteil des Sauerstoffs an der dem Tiefenwasser beigemengten Luft war nämlich: im November 1902 — 6,2 Prozent im Mai IN BB Der Sauerstoffgehalt hat aber seitdem ebenfalls wieder abgenommen; er betrug im November 1903 — 14,9 Prozent im Februar 1904 = 9,0 n Hieraus ist sofort zu erkennen, daß seit dem Februar 1903 das Tiefenwasser nicht erneuert ist. Die Abnahme des Sauerstoffs ist wesent- lich dem Atmungsprozeß der Seetiere zuzuschreiben. Dem entspricht auch die auffallend große Menge der Kohlensäure im Februar d. J., die mit 41 ce (im Liter Seewasser) um 6 cc größer als normal war. Für die großen Mulden der östlichen Ostsee ist hiernach, wie bereits aus älteren unvollständigeren Beobachtungsreihen geschlossen wurde, in der Tat anzunehmen, daß ihre tieferen Bodenschichten nur in längeren, unregel- mäßigen Zwischenräumen stoßweise vom Unterstrom aus der Beltsee erreicht und aufgefrischt werden. Je weiter nach Westen aber, desto häufiger und intensiver finden diese Einströmungen statt. Am Boden der nur 50 m tiefen Mulde nördlich von Rügen bewirken sie einen so ausgiebigen Wechsel, daß bei unsrer dort gelegenen Station 8 der Lauf der Jahreszeiten noch Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt.I: Kiel 2. {op} Zeil deutlich hervortritt. Aus der nachstehenden Zahlenreihe dürfte dies wenigstens für die Beobachtungsperiode 1903/04 erkennbar sein. Boden der Station 8: Temp.: Salzgeh.: Hebmmarzel90au 2 2 02 02.2.2200 23,50 Promille Mai N N ee 13,84 n Auoust 413030 2 was 7.1488 16,94 n Novembeel903r. 02 20.20272°.22.803 15,73 r BEBrUHEAPIIOR 8 2 5 ne nV 10,41 = Der auffallend geringe Salzgehalt im Februar 1904 zeigt dabei, daß auf Zustrom aus der Beltsee nicht etwa regelmäßig in jedem Winter zu rechnen ist. Der hohe Salzgehalt von rund 17 Promille im August 1903 zusammen mit der hohen Temperatur von fast 15° zeigen vielmehr, daß das gelegentlich auch im Sommer sehr ergiebig eintreten kann: Wasser von der gleichen Temperatur und Salinität lag im August 1903 im Fehmarn- belt in 10 m Tiefe und nach dänischen Beobachtungen bei Samsö an der Oberfläche; jener Einschub stammte also aus dem südlichen Kattegat. II. Abteilung: Helgoland. Die Arbeiten der Königl. Biologischen Anstalt auf Helgoland ım Interesse der Internationalen Meeresforschung in der Zeit vom 1. April 1903 bis 31. März 1904. Von Prof. Dr. Fr. Heincke (Helgoland). Mit 7 Abbildungen, 3 Tabellen und ı Karte. er Anteil der Biologischen Anstalt an der internationalen Meeresforschung umfaßt die Untersuchungen über die Naturgeschichte der Nutzfische auf allen Stufen ihres Lebens vom Ei bis zum ausgewachsenen Fisch. Sie hat diese Untersuchungen auf breiter Basis in Angriff genommen und im Jahre 1903/04 recht erfolgreich fortgesetzt, immer mit besonderer Rücksicht auf die praktisch-wissenschaftlichen Probleme. Die Forschungen betrafen vorzugsweise die drei besonders wichtigen Nutzfische: Scholle, Schellfisch und Kabeljau oder Dorsch. Die Arbeiten wurden ausgeführt von dem Direktor der Anstalt, Prof. Dr. Heincke, dem Kustos Prof. Ehrenbaum, den wissenschaftlichen Hilfsarbeitern Dr. Strodtmann und Dr. Bolau und dem Assistenten Dr. Maier. Alle beteiligten sich sowohl an der Arbeit auf See, wie an der Landarbeit im Laboratorium. Ehrenbaum und Strodtmann bearbeiteten die Eier und Larven der Nutzfische; der letztere führte zugleich die physikalischen Beobachtungen und die Salzgehaltsbestimmungen der ge- sammelten Wasserproben aus. Heincke, Bolau und Maier bearbeiteten ‚die ausgebildeten Fische vom ersten Bodenstadium an bis zur Geschlechts- reife. Hierbei untersuchten Heincke und Maier im besonderen das Alter und die Reifestadien der Fische, Bolau die Nahrung derselben. Von dem Letzteren wurde auch das Marken lebender Fische und das Aussetzen der gemarkten (gezeichneten) Fische besorgt. Die Arbeit auf See wurde in der unmittelbaren Umgebung von Helgoland und in der Nähe der deutschen Küste meistens mit der Barkasse 70 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. der Anstalt, in der offenen Nordsee mit dem Forschungsdampfer „Poseidon“ ausgeführt. Dieser wurde der Anstalt in der Zeit vom 1. April 1903 bis zum 31. März 1904 für ihre Untersuchungsfahrten in der Nordsee im ganzen 51 Tage lang zur Verfügung gestellt; zu den Kosten dieser Fahrten zahlte die Anstalt aus ihren Spezialfonds einen Beitrag von 1200 Mark (für S Tage a 150 Mark). Die Fahrten des „Poseidon“ wurden ausgeführt in den Zeiten vom 6. bis 25. Juli 1903, vom 24. bis 30. Sep- tember 1903, vom 9. bis 17. Januar 1904 und vom 10. bis 26. März 1904. Dazu kam noch eine dreitägige Fahrt vom 4. bis 6. September 1903 mit den Mitgliedern der Verwaltungskommission in die Nordsee, an der sich auch die Anstalt beteiligte. Von den insgesamt 54 Tagen, in denen somit der „Poseidon“ der Anstalt zur Verfügung stand, konnten indessen nur 43 volle Tage zur Arbeit auf See benutzt werden; 11 Tage gingen ab durch das Hin- und Herfahren des „Poseidon“ zwischen Geestemünde und Helgoland, das Einnehmen von neuen Kohlen in Geestemünde und ausländischen Häfen, das Liegen im Hafen wegen Sturmes u. a. Vom Beginn der Anstaltsfahrten an, dem 13. Oktober 1902 bis zum 31. März 1903, stand uns der „Poseidon“ 34 Tage zur Verfügung, von denen 24 Arbeitstage auf See waren. Also hatte die Anstalt vom Beginn ihrer Arbeiten im Oktober 1902 bis jetzt den Dampfer „Poseidon“ im ganzen 88 Tage zur Verfügung, von denen 67, d.h. 77°/u Arbeitstage waren. Außer auf ihren eigenen biologischen Fischereifahrten war die Anstalt auch auf den hydrographischen Terminfahrten an der internationalen Arbeit beteiligt. Einer ihrer Gelehrten, meist Dr. Strodtmann, nahm fast an allen Terminfahrten sowohl in der Nordsee wie auch in der Östsee teil, hauptsächlich um Eier und Larven von Nutzfischen zu fangen. Für die ordentliche Ausführung der mannigfaltigen Arbeiten an Bord des „Poseidon“ war die Anstalt auch in diesem Jahre wie im vorigen genötigt, regelmäßig einen ihrer Fischer sowie einen Hilfspräparator als Laboratoriumsdiener mitzunehmen, einige Male auch den Fischmeister der Anstalt Lornsen, der sich durch Konstruktion neuer wissenschaftlicher Fanggeräte verdient machte. Die Kosten, die hieraus erwuchsen, übernahm die Anstalt auf ihre Fonds. Methode der Arbeit auf See. Die Hauptarbeit auf unseren biologischen Fischereifahrten in der Nordsee bestand in der Ausführung von Fischereiversuchen mit dem Grundschleppnetz. Wir benutzten dazu nur das sogenannte Scher- bretternetz oder Ottertrawl und zwar in zwei Größen, meistens das auf den Fischdampfern gebräuchliche Gerät (commercial trawl) von 90 Fuß Kopftau, seltner ein kleineres, der Anstalt gehöriges, von 50 Fuß Kopftau (Hjortsches *zJ9UINIGAIUYIS A9puUrJoZjoH 1. (E06 EyPuaH IUPLIAT UZ) EEE GETEETETETEETER = - a RE 28 : . Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland. Al Trawl). Diese Trawlzüge brachten uns das Hauptmaterial für die programm- mäßige Erforschung der Verbreitung der grundbewohnenden Nutzfische der Nordsee. Besonderes Gewicht wurde dabei auf den Fang von Schollen gelegt, und ganz besonders auf den Fang von jungen, untermaßigen Schollen auf den sogenannten Jungfischgründen an der deutschen Küste. An diese Züge mit dem großen Trawl schlossen sich fast immer solehe mit kleineren Grundnetzen ähnlicher Konstruktion an, aber mit engeren Maschen, um damit möglichst alle jene kleinen Jugendstadien der Nutzfische zu fangen, die schon am Boden leben, aber durch die Maschen des eroßen Trawls hindurchgehen. Nach Angaben des Fischmeisters Lornsen hat die Anstalt ein neues dem sogenannten Petersen-Trawl ähnliches Gerät, aber mit anderen und kürzeren Flügeln und mit anderem Untersimm und Steertmaschen von nur 4 Millimeter Weite konstruiert. Dieses neue Helgoländer Jungfischtrawl (4 Millimeter-Trawl) hat sich ausgezeichnet bewährt, so daß wir jetzt im stande sind, mit ihm auch die kleinsten Bodenstadien der Nutzfische von 20 Millimeter an auf allen Tiefen mit Sicherheit zu fangen. Es hat uns viele Tausende solcher Nutzfische gebracht und dazu noch viele andere mit anderen Geräten kaum oder selten fangbare Bodentiere der verschiedensten Art. Um die Tierwelt des Meeresgrundes auf den Fansplätzen der Fische genauer kennen zu lernen, wurden neben dem Trawl stets auch Dredgen verschiedener Art angewendet. Wir konnten so die Fauna des Bodens mit dem Mageninhalt der auf ihm gefangenen Fische vergleichen. Von allgemeinen Gesichtspunkten aus, d. h. zur Bestimmung der Bodenfauna überhaupt, wurden die Dredgefänge von einem der Kieler Gelehrten, Dr. Reibisch, bearbeitet, der an fast allen Fahrten der Anstalt teilnahm. An fast allen Stationen, an denen mit Grundnetzen gearbeitet wurde, gelangten auch Geräte zum Fange der im freien Wasser über dem Boden lebenden Tiere zur Anwendung. Da die Erforschung des Planktons im allgemeinen eine Aufgabe der Abteilung Kiel ist, beschränkten wir uns ’ auf den Fang der freischwimmenden Eier, Larven und größeren Alters- stadien der Fische. Hierzu wurden teils das alte Helgoländer Brutnetz und die Hensen’schen quantitativen Eiernetze gebraucht, teils und mit Erfolg zwei neue von der Anstalt nach den Angaben des Fischmeisters Lornsen konstruierte Geräte, bei denen das Prinzip der Scherbretter zur Anwendung kommt. Das eine dieser Netze ist das sogenannte Scher- Brutnetz (Fig.1), das zum Fange von Eiern und Larven in bestimmten Tiefen unter der Ober- fläche dient. Dieses in der Abhandlung von Ehrenbaum und Strodtmann über die Eier und Jugendformen der Östseefische bereits beschriebene und abgebildete Netz besitzt an seiner Öffnung ein schräg nach unten geneigtes, feststehendes sogenanntes Scherbrett; dieses Brett verhindert durch den Widerstand, den es beim Zuge durch das Wasser diesem entgegensetzt, 793 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern Meeresforschung. unter Erzeugung eines schräg nach unten wirkenden Gegendrucks den fast unvermeidlichen Auftrieb des Netzes aus der Tiefe an die Oberfläche. Das Netz fischt auf diese Weise sehr gut in einer konstanten, nahezu durch die Länge der ausgegebenen Leine bestimmten Tiefe und ermöglicht es, bestimmte Tiefen-Regionen nach Eiern und Larven abzufischen. Dieses Scherbrutnetz hat uns bereits wichtige Aufschlüsse über die vertikale Verteilung der Eier und Larven im Meere gegeben. Es ist jetzt auch von anderen Staaten für die internationale Meeresforschung eingeführt. Das zweite neue Gerät, das neue Helgoländer Obertrawl oder Dreischerbretternetz (Fig.2—4), dient zum Fange von größeren Larven und kleinen Jungfischen im freien Wasser. Es ist ein 34 Meter langer konisch zulaufender Netzbeutel von Hanfgarn, mit vorderer dreieckiger Mündung, jede Dreiecksseite 15 Meter lang mit einer Gesamteingangsfläche von rund 100 Quadratmetern. Die Maschen sind vorne am Eingang 80 mm weit und verkleinern sich ganz allmählich bis auf 5 mm im Steert des Netzes. Das Offenhalten des Netzbeutels geschieht durch die starken, eisenbeschla- genen Scherbretter nach Art der Scherbretter der Grundnetze, zwei davon sind ganz gleich, eins aber etwas abweichend gestaltet und befestigt und stärker beschwert (Fig. 4). Dieses dritte Scherbrett befindet sich, wenn das Netz fischt, seiner größeren Schwere wegen stets unten, an ihm ist also dann die nach unten gerichtete Spitze der dreieckigen Netzmündung befestigt, während die beiden anderen Scherbretter an den Enden der nach oben ge- wendeten Dreiecksseite befestigt sind. An jedem Scherbrett ist eine 50 Faden lange, starke Stahltrosse befestigt und alle drei Trossen (Sprinken) sind vorne durch Schäckel an die große Kurrtrosse angeschlossen. Die drei Sprinken sind derartig an den drei Scherbrettern befestigt, daß diese beim Zuge des ganzen Geräts durch den Gegendruck des Wassers selbsttätig, soweit wie es möglich ist, auseinander scheren, das schwere nach unten, die beiden anderen nach den Seiten. So wird das ganze Netz offen und zugleich unter Wasser gehalten; wie tief, hängt von der Länge der aus- gegebenen Trosse und der Schnelligkeit der Fahrt ab. Die Vorzüge dieses neuen Geräts gegenüber den vielen anderen bisher für den Fang von frei- schwimmenden Jungfischen konstruierten, z. B. dem Öberflächentrawl von Monaco, dem Hjort’schen Bügelnetz u. a., liegen wesentlich darin, daß es mit sehr bedeutender Größe sehr leichte Handhabung vereinigt. Es wird vorne auf Deck von einem Baume des Vordermastes aus heruntergelassen, wobei die drei Scherbretter zusammenliegen; sobald diese aber ins Wasser gelangen und durchs Wasser gezogen werden, scheren sie auch schon von selbst auseinander und das Netz öffnet sich. Ein weiterer Vorzug ist die Möglichkeit einer ziemlich schnellen Fahrt mit diesem Netz; man kann ohne Bedenken mit ihm 3, 4 und mehr Seemeilen in der Stunde Fahrt machen ohne Schädigung des Netzes. Obwohl die Versuche mit diesem Q "WIONOIqIENOS UOPIOg UALOgO op uw JyoISs UNO] ueIago uUap uvy 'No1gsofeq J991q S1ISOj9T Anz ueosue‘y 7 ol ueur [DS S1ayıın ) IST SY99TDAL SOP [ONUTAM usasyun wep uy "Juuedsas IB IST OUOPIFSSUHUF]K dogeungeupend) 001 punt pun oSurfuosmag oje CI ol uoA Junge) a P 9P.1OA Old (£O6OI Be me . u ’ rer De ? DEN ER AUR a N ee S a TEN ee x > . wer { * \ @ Ä 62 er ü g ö y 5 = » “ i | | ' nn na en nn m een an r 4% (Zu Bericht Heincke 1903) Fig.4. Das Helgoländer Dreischerbretternetz oder Obertrawl. Die drei Scherbretter, die beiden seitlichen oberen und das mittlere untere, oo S U 2 2e, - . e » = - Es Et * - - « e 7.5 x u Fi D VS A F Fi - | u... . E} PR DEE # ES - —_# e « 2: “ ar Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland. 73 neuen Gerät noch nicht abgeschlossen sind — wir haben es bis jetzt erst etwa 20 mal gebraucht — und es sicher noch verbessert werden kann, darf es doch als ein wesentlicher Fortschritt bezeichnet werden. Wir haben mit ihm freischwimmende Jungfische verschiedener Größe, von größeren Larven bis zu ausgebildeten Fischen von ca. 15 cm und mehr Länge zahl- reich gefangen, namentlich des Nachts. Am 9. Januar d. Js. fischten wir damit mehrere Male an der Elbmündung und fingen in je einer Stunde außer anderen kleinen Fischen und zahlreichen Heringslarven einmal ca. 5400 Heringe und Sprotten von 60 bis 150 mm Länge, ein zweites Mal ca. 2300 ebensolche. An allen wichtigeren Stationen, an denen mit Grundnetzen und den anderen oben genannten Geräten gefischt wurde, machten wir auch hydrographische Beobachtungen, in erster Linie Wasserbestimmungen in verschiedenen Tiefen mit dem Krümmel’schen Apparat. Diese Unter- suchungen erwiesen sich als sehr nötig und nützlich; sie gaben uns Aufschluß namentlich über den Salzgehalt und die Temperatur des Wassers am Boden an solchen Stellen, wo wir Fische fingen und gestatteten uns damit wert- volle Einblicke in den Zusammenhang zwischen dem Vorkommen der ver- schiedenen Fischarten und der verschiedenen Altersstufen einer und derselben Art, z. B. der Scholle, mit den physischen Verhältnissen des Wassers an ihren Standorten. Versuche mit Treibnetzen haben wir leider so gut wie gar keine und solche mit Angelleinen nur sehr wenige ausführen können. Diese Versuche nehmen sehr viel Zeit in Anspruch, sehr viel mehr als die übrigen Fischerei-Versuche, und es zeigt sich bald, daß zu ihrer ordentlichen Ausführung besondere Spezialfahrten gemacht werden müssen. Dafür reichten aber die wenigen Tage, die uns der „Poseidon* zur Ver- fügung stand, entfernt nicht aus. Orte und Zahl der mit dem grossen Trawl angestellten Fischzüge. Solche, den Hauptteil unserer Arbeit auf See bildenden Züge mit dem großen und mittleren Scherbretternetz haben wir im Jahre 1903/4 auf unseren Poseidonfahrten im ganzen 72 gemacht; vorher vom Oktober 1902 bis Ende März 1903 30, zusammen seit Beginn unserer Arbeiten 102 Züge in 67 Arbeitstagen auf See, also per Tag durchschnittlich 1,5 Zug. Die Zahl dieser Züge ist gering, sehr gering sogar und jedenfalls zu klein, um die uns zugewiesenen Probleme der Verbreitung der Nutzfische zu lösen. Die Engländer haben in derselben Zeit etwa die dreifache Zahl wissen- schaftlicher Trawlzüge gemacht, die Schotten etwa die doppelte. Wir sollten es — glaube ich — auf etwa 150 Züge im Jahre bringen, um einigermaßen hinreichendes Material an Fischen zu bekommen. Übrigens ist bei dem 74 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung, Vergleich unserer Trawlzüge mit denen der Engländer und Schotten zu beachten, daß diese auf ihren wissenschaftlichen Fahrten nur wenig Gewicht auf jene zahlreichen Versuche mit anderen Geräten legen, die wir regel- mäßig anstellen, daß sie also vorwiegend nur trawlen, daß sie ferner ihren Dampfer längere Zeit zur Verfügung haben, als wir und endlich, daß sie die Trawlfänge nicht so genau und nach so vielen verschiedenen Richtungen hin analysieren, wie wir. Die Engländer begnügen sich meistens damit, die gefangenen Fische nur zu messen-und auch nur bei einem Teil des Fanges; wir messen von den wichtigeren Nutzfischen alle durch und machen außerdem sofort an Bord Bestimmungen des Geschlechts, des Reifegrads und des Alters; Arbeiten, die bei größeren Fängen viele Stunden in Anspruch nehmen. Die Orte, an denen unsere 102 Trawlzüge angestellt wurden, liegen mit Ausnahme von zweien (auf der braunen Bank in der südlichen Nordsee) alle in demjenigen Gebiet der Nordsee, das sich vom 53° bis 58° n. Br. und vom 2°6.L. bis zur deutschen und jütischen Küste erstreckt. Sie sind alle auf der Karte am Schluß des Berichts verzeichnet.*) Man sieht, daß wir uns genau an dasjenige Forschungsgebiet gehalten haben, das im Christiania- Programm B.1 $1 (S. 10) Deutschland zugewiesen worden ist. Man sieht ferner, daß unsere Fangplätze über alle wichtigen Fischgründe der östlichen Nordsee verteilt sind, die von deutschen Fischdampfern besucht werden, und endlich, daß die in der Nähe der deutschen Küste liegenden Plätze besonders häufig von uns untersucht sind. Das Letztere geschah, weil hier die wichtigsten Jungfischgründe liegen, namentlich der Scholle, und die gründliche wissenschaftliche Erforschung gerade dieser Fischgründe in der Überfischungsfrage die vornehmste Rolle spielt. Die wissenschaftliche Analyse der Trawliänge im Sinne des Christiania-Programms B. II $2 (S. 11) liefert die ersten und wichtigsten Grundlagen für die Erforschung der Verbreitung, der Lebens- weise und Lebensbedingungen unserer Nutzfische. Die hier von der inter- nationalen Meeresforschung gestellten Aufgaben sind nur zu lösen, wenn wir wissen, welche Größen, Altersstufen (Jahrgänge) und Reifestadien der Nutzfische auf den verschiedenen Fischgründen zu den verschiedenen Jahres- zeiten vorkommen. Nur auf Grund solcher Kenntnisse können wir schließlich ein Urteil darüber gewinnen, was uns die Fischerei-Statistik, besonders die sogenannte Fangstatistik, lehren kann, welche berechtigten Schlüsse sie uns *) Auf dieser Karte fehlen die Stationen 47 und 48 (Braune Bank in der süd- lichen Nordsee) und 28 (NO Hirshals im Skagerrak), weil sie über den Rahmen der Karte hinausliegen. en. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland, 75 gestattet über das, was der Mensch dem Meere an Fischen entnimmt, an jungen und alten, an reifen und unreifen; ob mehr junge oder mehr alte Fische weggefangen werden, als die Erhaltung eines hinreichenden Bestandes erlaubt, ob dieses oder jenes Gerät stärker oder schwächer, zerstörender oder schonender fischt und vieles andere mehr. Die Biologische Anstalt ist im verflossenen Jahre bemüht gewesen, diese Analyse der Trawlfänge — und überhaupt aller Fänge — wirklich wissenschaftlich zu gestalten. Ihre Methode ist jedenfalls exakter als die bisher gebräuchlichen und verspricht auch für die Arbeit der anderen Länder vorbildlich zu werden. Ideal durchgeführt besteht diese Methode darin, von allen Fischen eines Fanges die systematische Art, die Größe, das Gewicht, das Alter, das Geschlecht und den Grad der Reife der Geschlechtsprodukte zu bestimmen. Praktisch ist dies freilich zur Zeit noch undurchführbar; wir müssen uns vorläufig begnügen, diese Bestimmungen bei einigen wenigen besonders wichtigen Fischarten, wie Scholle, Steinbutt, Seezunge, Schellfisch und Kabeljau und auch bei diesen noch in beschränkter Ausdehnung auszuführen. Die nachstehende Zusammenstellung gibt für die Zeit vom Oktober 1902 bis Ende März 1904 eine Übersicht über die Zahl aller in unseren . wissenschaftlichen Trawlzügen gefangenen Fische und über die Zahlen derjenigen unter ihnen, die einzeln gemessen oder an denen genaue Bestimmungen des Geschlechts, des Alters und der Reife der Geschlechts- produkte gemacht wurden. An Arten sind nur Schollen und Schellfische in dieser Übersicht von allen anderen getrennt aufgeführt. Alle Zahlen sind abgerundete. Wissenschaftliche Trawlfänge der Biologischen Anstalt Oktober 1902 bis 1. April 1904. Trawlzüge Scholl Schell- andere alle Fische: ee fische Fische zusammen Gef £ er 31000 16000 44000 91.000 Davon: Gemessen: 31000 16 000 12000 59 000 Davon: Gemessen und nach dem 2 9. Geschlecht bestimmt, zu a uw =. Gemessen u.nach Geschlecht und Reife bestimmt, 1.400 2400 1700 5500 Gemessen und nach dem A Alter bestimmt, 3000 100 800 3900 76 Deutsche Wissenschaftl, Kommission f. d. Intern. Meeresforschung, Nicht gemessene Fische sind jedoch immer nach ihrer systematischen Art bestimmt, gezählt und außerdem die Länge des kleinsten und größten Fisches jeder Art gemessen, endlich bei jeder Art das Gesamtgewicht aller gefangenen Individuen bestimmt. Die Bestimmung des Alters der Fische. Die Messung der Fische nach ihrer Länge ist der erste Anfang zur Altersbestimmung. Mißt man z. B. alle Schollen eines großen Trawl- fanges und trägt die einzelnen Längen von Zentimeter zu Zentimeter als Abscissen, die Häufigkeitszahlen jeder Länge als Ordinaten auf, so erhält man fast immer eime Kurve (geknickte Linie) mit mehreren Einsenkungen und Gipfeln. Vergl. die Rückseite der anliegenden Tabelle1 von 889 im Sept. bei Helgoland gefangenen Schollen. Man nimmt an, daß die Einsenkungen in solchen Maßkurven ungefähr die Grenzen der verschiedenen Jahrgänge der betr. Fischart andeuten; in dem Beispiel hier würde es sich um drei Jahr- gänge handeln, nämlich zweijährige, dreijährige und vierjährige Schollen, von denen die ersteren weitaus am häufigsten auftreten. Diese sogenannte Petersen’sche Methode der Altersbestimmung ist aber sehr elementar und unsicher, namentlich für die Trennung der älteren Jahrgänge von einander, die mit ihren Körperlängen oft so stark übereinandergreifen, daß kaum noch wahrnehmbare Einsenkungen der Altersmaßkurve eintreten. Außerdem gibt diese Methode höchstens die Grenzen der einzelnen Jahrgänge an, aber nicht, wie alt jede Gruppe absolut ist. Endlich bezeichnet gleiche Größe zweier Gruppen nicht immer gleiches Alter; die Ostseeschollen sind z. B. bei gleicher Größe entschieden älter als die Nordseeschollen und in der Nordsee selbst gilt dasselbe von den Schollen der südlichen Nordsee (Süd- schollen) verglichen mit denen der nördlichen und östlichen Nordsee (Nord- schollen). Weibliche Schollen sind bei gleicher Größe jünger als männliche. Zu einer genauen Altersbestimmung genügt kein Körpermaß, hierzu bedarf man eines anatomisch unzweideutig ausgeprägten Charakters irgend eines Organes, in dem sich die Zahl der Jahre, die ein Fisch seit seiner Geburt zurückgelegt hat, deutlich ausprägt. Es ist ein großes Verdienst von Dr. Reibisch in Kiel, in den Gehörsteinen oder Otolithen der Fische ein solches Organ nachgewiesen zu haben, an dem man das Alter unmittelbar bestimmen kann. Jeder Ötolith enthält einen wahrscheinlich auf dem Embryonal- und Larvenstadium des Fisches ge- bildeten, mehr oder weniger undurchsichtigen Kern, um den sich dann abwechselnd in sehr regelmäßiger Folge durchsichtige und undurchsichtige Schichten ablagern, erstere reicher an Kalk als die letzteren, die relativ mehr organische Substanz enthalten. Die durchsichtigen Schichten erscheinen auf schwarzer Unterlage dunkel, die undurchsichtigen weiß. Es zeigt sich Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland. 77 weiter, daß in jedem Jahre zwei solche Schichten abgelagert werden, nämlich eine durchsichtige im Sommer und Herbst und eine undurchsichtige im Winter und Frühjahr. Zwischen jeder durchsichtigen Schicht und der folgenden undurchsichtigen ist meist eine scharfe Grenzlinie ausgebildet, die auf ein zeitweiliges Stillstehen des Wachstums im Winter schließen läßt. Gerade diese scharfen Grenzlinien ermöglichen es, die Zahl der Lebensjahre eines Fisches aus der Schichtung seiner Otolithen zu bestimmen, am bequemsten durch einfache Zählung der undurchsichtigen, bei auffallendem Licht weißen Schichten. Wir haben in Helgoland diese exakte Methode der Altersbestimmung nach Jahresringen durch sehr eingehende Untersuchungen weiter ausgebildet und auf eine breitere Grundlage gestellt. Zunächst hat Dr. Maier mehrere Tausend Otolithen von mehr als 20 verschiedenen Arten von Nutzfischen sehr genau untersucht, in erster Linie von der Scholle und anderen Platt- fischarten, ferner von dorschartigen Fischen (Gadiden), von Heringen, Knurrhähnen u. a. Nicht bei allen Fischarten lassen sich die Jahresringe der Otolithen gleich gut erkennen. Am leichtesten sind sie bei den platten, sehr regelmäßig gebildeten Otolithen der Scholle zu erkennen, ein sehr willkommener Glücksfall, da die Scholle unser wichtigster Nutzfisch ist, an dem eine sichere Altersbestimmung von größtem Wert ist. Schwieriger und umständlicher ist die Bestimmung bei den Otolithen der dorschartigen Fische (Gadiden), z. B. beim Kabeljau und Schellfisch; hier müssen zur deutlichen Erkennung der Schichten erst Längs- und Querschliffe der Otolithen angefertigt werden. Bei allen Fischarten sind die Otolithen- Jahresschichten am deutlichsten, weil am breitesten, in den ersten 5 bis 6 Lebensjahren, später werden sie, weil das Längen-Wachstum des Fisches überhaupt immer langsamer wird, schmäler und schmäler und sind bei höheren Lebensjahren, über 10, meistens undeutlich und unsicher zu be- stimmen. Praktisch kommen glücklicherweise diese älteren Jahrgänge wenig in Betracht, weil sie im Meere im Vergleich zu den jüngeren sehr viel spärlicher vertreten sind, namentlich bei der Scholle. Bei der Bestimmung des Alters der Fische eines Trawlfanges ist es meistens praktisch unmöglich, weil zu zeitraubend, alle Fische durch Herauspräparieren der Otolithen auf ihr Alter zu untersuchen, obwohl nicht nur wir Gelehrte, sondern auch unsere Fischer und Präparatoren eine sehr große Gewandtheit in dem Herausnehmen der Otolithen erworben haben. Die Untersuchung aller Otolithen bei jedem Fange ist aber auch ganz unnötig, da eine Verbindung der Messung aller Fische mit der Untersuchung der Ötolithen bei einem recht kleinen Prozentsatz, etwa 5°/,, aller Fische völlig genügt, sobald man nur einzelne Fische aller vorhandenen Größenstufen auf die Otolithen untersucht. Auf umstehender Figur 5 hat Dr. Maier die 889 bei Helgoland am 6. Sept. 1903 in einem Trawlzuge gefangenen Schollen 75 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung, der Tab.1 (vgl.S.76) in eine (schwarz ausgezogene) Maßkurve vereinigt. Diese Kurve zeigt drei Gipfel, die drei Jahrgängen zu entsprechen scheinen, deren mittlere Länge etwa bei 17, 22 bis 23 und 31 cm liegen. Von diesen 889 \ Schollen sind 50 Stück (aller Größen) auf die Zahl der Otolithen-Ringe | untersucht und, wenn man auch aus diesen eine Kurve zeichnet, so zeigt sich, daß die drei Teile der Maßkurve, von kleinen Überschneidungen abgesehen, aus Schollen mit 2, 3 und 4 Jahresringen der Otolithen bestehen, also 2, 3 und 4 volle Jahre alt sind. Zur Prüfung der sicheren Anwend- barkeit dieser Methode hat Dr. Maier bei einem anderen Schollenfang von 1024 Stück die Otolithen sämtlicher Individuen, also 2048 ÖOtolithen, genau untersucht, wobei gleichzeitig jede einzelne Scholle | gemessen und ihr Geschlecht bestimmt wurde. Diese anscheinend große Arbeit wurde an Bord, unmittelbar nach dem Heraufbringen und Sortieren des Trawlfanges von 5 Personen in drei Stunden erledigt. An Land im Laboratorium wurden dann die Messungen dieser 1024 Schollen in eine Maßkurve gebracht und ebenso die Zahl der Ringe der 1024 Otolithen- Paare in eine Otolithen-Jahreskurve. Die Übereinstimmung der Erhöhungen und Vertiefungen der beiden Kurven war eine fast vollständige. Fig. 5. Graphische Darstellung des Zusammenhangs zwischen Größe und Alter bei 889 Schollen (gef. Sept. 1903 bei: Helgoland). a der iere 120 1 IN 1 + j 4 110 (> \ BEE ji a Az A / \ Es EHEN EFEeE 70 ’ H 60 i Bü r \ 50 i 4 BE. 40 F en Ei ae Fran BB. Ka le N | BE 10 # Be N et IS Bi ua} SUR 0 ==) ER L - 12 BU > 15.7 81990 2 2 3 ASS ıNB3 9 oO 3 2 88 8 Länge nem 8 > Längen-Maßkurve PRRERETEN O. mit 2 weißen Schichten MT — O. mit 3 weißen Schichten —0—-0— 0. mit4 weißen Schichten Otolithenkurven \ Ie In IB q ö IYOS | "uay9ouy pun U9YF1J09Q Uap yaeu ayasıq Jap Zunwwrgsagsisgyy aId Re an En Sasse A ei ernennen rer unter meer seen er diem bee leer re nee Fens-hunere re ve re . . a a Eu AZ Do 2 Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland. 79 Da die Otolithen-Methode bei der Altersbestimmung nicht durchweg gleich gut anwendbar ist, bei den dorschartigen Fischen z. B. und den höheren Jahrgängen der Fische umständlich ist und unsichere Resultate ergibt, war es erwünscht, wenn möglich noch andere Organe des Fisch- körpers aufzufinden, an denen eine ebenso sichere Altersbestimmung möglich wäre, und überhaupt der ganzen Methode der Altersbestimmung eine noch breitere und sichere Grundlage zu geben. Dies ist den ein- gehenden Untersuchungen von Heincke gelungen. Es zeigt sich, daß das Wachstum aller knöchernen Teile des Fischskelettes ohne Ausnahme ein stufenweises, von Jahr zu Jahr in regelmäßigen Absätzen fortschreitendes ist. Einmal im Jahre, meistens im Winter und wahrscheinlich zur Zeit der niedrigsten Temperatur des umgebenden Seewassers, tritt eine starke Ver- langsamung, vermutlich sogar ein vollständiger Stillstand im Wachstum der Knochen ein. Beginnt dann das Wachstum im neuen Jahr wieder, so wird die neugebildete, an Knochenzellen reichere und an Kalksalzen ärmere Knochenschicht durch eine scharfe Grenze von der älteren Schicht des vorigen Jahres getrennt. Das Wachstum der Knochen erfolgt also in ganz ähnlicher Weise, wie das intermittierende Wachstum des Holzes unserer Bäume, und wie hier, so entstehen auch dort Jahres- schichten oder Jahresringe, die aus je einer Frühjahrs- und Sommer- schicht bestehen. Diese Jahresschichten, Jahresringe oder Jahreslinien sind an allen Knochen vorhanden, aber nicht an allen gleich scharf ausgeprägt, gleich gut sichtbar und darstellbar. Am deutlichsten treten sie in der Regel an den Wirbelknochen, an der Innenfläche der kegelförmig ausgehöhlten Wirbelkörper zu Tage und zwar als geschlossene Ringe. Ferner an den dünnen Knochenplatten des Kiemendeckel-Apparats und des Palato-Quadrat- Teils des Kieferskeletts, an den platten Knochen des Schultergürtels, namentlich dem Coracoid und der Scapula, an den Knochen des Becken- gürtels. Bei manchen, aber nicht sehr vielen Arten zeigen auch die Schuppen deutliche Jahreslinien. Daß es sich hier überall wirklich um Jahreslinien handelt, ergibt einmal die Prüfung verschiedener Altersserien von Fischen des ersten Lebensjahres an, und dann die Vergleichung mit den Jahresschichten der Otolithen. Diese letzteren stimmen in der Tat stets mit den Jahreslinien der Knochen desselben Fisches überein, was ja not- wendig der Fall sein muß. So kontrollieren sich Otolithen und Skelett- knochen gegenseitig. (S. Fig. 6.) Von höchstem Wert für eine genaue Altersbestimmung ist nun die Tatsache, daß meistens da, wo die Otolithen das Alter undeutlich angeben, dies ein bestimmter Skelett-Teil sehr deutlich tut, bei der einen Spezies dieser, bei der andern jener. Bei der Scholle erkennt man die jüngsten Jahrgänge, von 1 bis 5, am bequemsten und sichersten an den Ötolithen, die älteren viel besser an den Kiemendeckelknochen. Ähnlich ist es mit 80 Deutsche Wissenschaft. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. anderen Plattfischen. Beim Schellfisch leisten für die Erkennung aller Jahrgänge die besten Dienste nicht die Otolithen, sondern die Schulter- knochen und die Wirbel; beim Kabeljau die Schulterknochen, beim Hering die Wirbel. Über die Methoden und Ergebnisse unserer Untersuchungen über das Alter der Fische sind zwei größere Publikationen von Maier und Heineke in Vorbereitung. Einige wichtige Ergebnisse verdienen auch hier mitgeteilt zu werden. 1. Es ist möglich, an fast jedem einzelnen Nutzfisch das Alter genau zu bestimmen, oft so genau, daß nicht nur die vollen Jahre seines Alters, sondern auch Bruchteile eines Jahres angegeben werden können. 9. Die Fische wachsen am stärksten in die Länge in den ersten 3 bis 5 Lebensjahren bis zum Eintritt der geschlechtlichen Reife (Fort- pflanzungsfähigkeit). Von da an wird das Längenwachstum von Jahr zu Jahr langsamer, kann aber noch viele Jahre lang anhalten, sodaß viele Fische ein relativ hohes Alter erreichen. 3. Die Scholle der östlichen und nördlichen Nordsee, die sogenannte Nordscholle, wächst am stärksten in Länge und Höhe in den ersten vier Lebensjahren, namentlich im zweiten und dritten. Die Weibchen sind größer und werden sehr wahrscheinlich später geschlechtsreif als die kleineren Männchen; jene nach Vollendung des vierten Lebensjahres, diese wohl schon nach Vollendung des dritten. Die Männchen messen dann etwa 30 bis 35 cm in der Länge, die Weibchen 35 bis 40 em. Das spätere jähr- liche Längen-Wachstum ist von da an ein langsameres. Die Scholle kann ein relativ sehr hohes Alter erreichen; eine von 66 cm Länge aus der öst- lichen Nordsee war sicher mindestens 20 Jahre alt. Die überwiegende Mehrzahl aller Schollen, die von den Segelfischern und Fischdampfern in der Nordsee gefangen werden, d.h. fast alle sogenannten kleinen Schollen und Mittel- schollen sind 2- bis 4-jährige Fische. Die allermeisten von ihnen — wenigstens die Weibchen — sind unreife d.h. zur Fortpflanzung noch nicht fähige Fische, die für die Erhaltung des Bestandes durch Produktion von Eiern noch nichts geleistet haben. 4. Ein Kabeljau-Weibchen von 85 em Länge ist mindestens 7 Jahre alt, ein solches von 100 cm Länge mindestens 11 Jahre, ein Schell- fisch von 65 cm Länge mindestens 8 Jahre. Ein Steinbutt von 19 Pfund Gewicht ist sicher 10 bis 11 Jahre alt; norwegische Frühjahrsheringe von 300 mm und noch mehr Länge sind 6 bis 8 Jahre alt. 5. Der Nachweis, wie alt die Nutzfische der See überhaupt werden können, ist für die Beurteilung der Produktion des Meeres an Fischen und der Überfischungsfrage ebenso wichtig, wie die Kenntnis davon, in welchem Lebensalter die verschiedenen Arten der Nutzfische fort- a Au Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903, Abt. II: Helgoland, s1 pflanzungsfähig werden. Mit Hilfe unserer Altersbestimmungen wird es jetzt möglich sein, in jedem einzelnen Trawlfang das Verhältnis zu bestimmen, in dem die einzelnen Jahrgänge der Nutzfischarten neben ein- ander vorkommen. Die Bestimmung des Geschlechts der Fische ist natürlich sehr leicht, wenigstens bei älteren fortpflanzungsfähigen Fischen. Sie ist aber trotzdem sehr wichtig, weil sie zur Feststellung des Größen- und Zahlenverhältnisses der Geschlechter führt. Kennt man z.B. das Zahlenverhältnis der Geschlechter bei der Scholle und berechnet nach Hensen’s Methode aus der Zahl der in einer Laichperiode in einem gewissen Teil der Nordsee oder Ostsee wahrscheinlich abgelegten befruchteten Scholleneier die Zahl der Weibchen, die zur Ablage dieser Eier nötig war, so kann man annähernd die Zahl aller laichenden Schollen in jedem Meeres- abschnitt schätzen. Wir hoffen bei weiterer Fortsetzung unserer Geschlechts- bestimmung sehr bald das Geschlechtsverhältnis bei den wichtigsten Nutz- fischen mit genügender Genauigkeit feststellen zu können. Die Bestimmung des Reifegrades der Fische ist weit schwieriger, als die des Geschlechts und noch viel wichtiger und notwendiger. Nach dem Muster der bezüslichen Bestimmungen Heincke’s beim Hering haben Heincke und Maier acht verschiedene Stufen in der Reife der Geschlechtsprodukte der Nutzfische unterschieden (I bis VIII) und für jede einzelne Stufe bei jeder Fischart gewisse charakteristische Merk- male der Hoden und Övarien festgestellt, die verhältnismäßig leicht mit bloßem Auge oder mit Hilfe einer Lupe zu erkennen sind. Stufe I bezeichnet den Zustand der absoluten Unreife der Geschlechtsorgane, d.h. ihren Zustand bei solchen jungen Fischen, die niemals gelaicht haben (bei Weibchen den sog. jungfräulichen Zustand). Stufe II bis V bezeichnen die allmähliche Heranreifung der Geschlechtsprodukte im Laufe jeden Jahres, VI ist die Stufe der völlig reifen, fliessenden Geschlechtsprodukte und Stufe VH und VIII bezeichnen die halb- und ganz ausgelaichten (entleerten) Organe. Solche Reifegrads-Bestimmungen, an einer grösseren Zahl von Fischen jedes Trawlfanges ausgeführt, sind das einzige exakte Mittel, um zu erfahren, in welchem Alter und bei welcher Größe die verschiedenen Nutzfischarten zum ersten Male geschlechtsreif werden, ob ein und derselbe Fisch nur ein- mal oder mehrere Male im Jahre laicht, wie lange die Laichperiode jeder Art in jedem Jahre dauert, wo sich die unreifen, die halbreifen und die Internat. Meeresforschung I. 6 52 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. ganz laichfreien Individuen aufhalten, ob während des Heranreifens der Geschlechtsprodukte und nach der Ablage derselben Wanderungen statt- finden (nach und von den Laichplätzen). Alles dies zu wissen, ist nicht nur wünschenswert, sondern notwendig für die Lösung der praktisch-wissen- schaftlichen Probleme, die die internationale Meeresforschung beschäftigen. Die Bestimmung der Nahrung der Fische. Sowohl auf den „Poseidon“-Fahrten, wie auf denen unserer Anstalts- barkasse in der Nähe von Helgoland wurden von den meisten Trawlfängen von einer bestimmten Individuenzahl jeder Nutzfischart Magen und Darm konserviert und im Laboratorium am Land auf ihren Nahrungsgehalt unter- sucht. Das Ergebnis dieser Untersuchung konnte dann mit der durch Dredge-Fänge festgestellten Fauna derjenigen Stellen verglichen werden, an denen die betreffenden Fische gefangen waren. Die Untersuchung, die von Dr. Bolau ausgeführt wurde, umfaßt über 100 Nummern und mit Ausnahme der Rochen und Haie fast alle unsere Nutzfische der Nordsee, in erster Linie die Plattfische und die dorschartigen Fische und unter diesen wieder Scholle und Schellfisch. Von den Ergeb- nissen, die bald veröffentlicht werden, sei hier nur erwähnt, daß nahe ver- wandte Arten, die zusammen an einer Stelle vorkommen, z. B. Scholle und Kliesche, keineswegs dieselbe Nahrung nehmen, sondern daß jede eine spezifische Vorliebe für gewisse Tierarten zeigt — die Scholle frißt z. B. vorwiegend schalentragende Mollusken, die Kliesche dagegen mehr Stachel- häuter und Krebse. Für die richtige Beurteilung der Ernährungsverhältuisse unserer Nutzfische ist dies von grosser Bedeutung. Die Ordnung des in den Trawlzügen gewonnenen Materials. Es ist von der allergrößten Wichtigkeit, die wissenschaftlichen Analysen der einzelnen Trawlfänge in einer möglichst klaren und über- sichtlichen Form darzustellen und zwar so, daß später alle im Laufe mehrerer Jahre gemachten und analysierten Fänge leicht und bequem mit einander verglichen werden können, sowohl als ganze Fänge nach ihrer Zusammensetzung aus verschiedenen Fischarten, wie auch als Fänge einzelner Fischarten nach ihrer Zusammensetzung, nach Größe, Alter, Geschlecht und Reife. Auf der Christiana-Konferenz wurde laut Programm B. II $2 (S. 12) als Beispiel eines so dargestellten Trawlfanges ein von Dr. ©.G. Joh. Petersen angelegtes Schema empfohlen. Wir haben uns in Helgoland nicht für das Petersen’sche Ver- fahren entschieden, sondern eine andere Art der Darstellung der Fang-Analysen gewählt, die aus den beiden anliegenden Tabellen 2 und 2a Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland. s3 (vgl.auch Tab.1) ersichtlich ist. Alle Fang-Analysen werden in bewegliche Tabellen eingetragen (nach der Art eines Zettelkataloges), die jederzeit nach Belieben geordnet und umgeordnet werden können. Die Tabellen sind zwei- erlei: Fangtabellen, in denen die Analyse eines Fanges nach Arten, Ge- wicht der Fische usw. eingetragen ist und Arttabellen, von denen jede die in einem Fange erbeuteten Fische einer und derselben Art enthält. Zu jeder Fangtabelle gehören demnach mehrere Arttabellen; die Zugehörigkeit be- stimmter Arttabellen zu einer bestimmten Fangtabelle ist sofort kenntlich an gewissen gleichen Bezeichnungen am Kopf der Tabellen, an den gleichen Ortsangaben u.a. Jede Art von Tabellen enthält das gleiche vorgedruckte Schema. Die Fangtabellen (2) sind nur auf einer Seite, die Arttabellen (2a) auf beiden Seiten bedruckt. Wie die genauere Betrachtung der Tabellen zeigt, kann man aus den Fangtabellen sehr schnell und bequem die ganze Zusammensetzung eines Fanges mit Einschluss des sogenannten Beifanges und mit allen Umständen des Fanges (Gerät, Dauer, Ort, Tiefe, Grund, Temperatur und Salzgehalt) ersehen. Aus den Arttabellen ersieht man ebenso leicht und schnell die Zusammensetzung einer gefangenen Fischart nach Größe, Geschlecht, Reife, Alter, und zugleich zeigt eine prozentuale Maßkurve auf der Rückseite eine übersichtliche graphische Darstellung des Fanges. Wir haben bereits mehrere Hundert solcher Tabellen ausgefüllt. Diese Tabellen wurden in der Sitzung der Kommission B in Amsterdam (Dezember 1903) vorgelegt und haben großen Beifall gefunden. Es wäre sehr erwünscht, wenn die anderen Staaten diese Methode der Darstellung der Fang-Analysen annehmen würden. Es ist wahrscheinlich, daß dies geschieht. Die Fänge mit dem Helgoländer Jungfischtrawl und dem Obertrawl. Die wichtige Frage, zu welchen Zeiten und an welchen Orten die Brut unserer Nutzfische die planktonische Lebensweise des Larvenstadiums aufgibt und endgültig zum Leben am Boden übergeht, kann nur durch zahl- reiche Fänge mit den beiden eben genannten, oben schon etwas näher beschriebenen Netzen gelöst werden. Die Zahl unserer Fänge dieser Art ist leider noch recht gering, etwa 80 seit Beginn unserer Arbeiten, auch konnten wir nicht immer zu den richtigen Zeiten fischen. Immerhin haben wir eine ziemlich große Zahl dieser jüngsten Bodenstadien gefangen, und einige Ergebnisse dieser Fischerei sind von besonderem Interesse. Von Plattfischen haben wir junge Klieschen (Pleuronectes limanda) überall über dem Boden des von uns befischten Gebietes der Nordsee gefangen, fast immer aber nur in etwas größerer Tiefe, selten auf ganz flachem, 5 bis 1ım tiefem Wasser in unmittelbarer Küstennähe. Umgekehrt fingen wir die ersten Bodenstadien der Scholle mit ganz vereinzelten Aus- 6* 84 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. nahmen nur in Küstennähe innerhalb der 20 m Linie und in nennenswerter Menge stets nur in unmittelbarer Nähe des Landes in sehr flachem (10 bis 1 m) und sehr warmem Wasser. Ein ähn- licher auffallender Gegensatz besteht auch zwischen dem Schellfisch einerseits und Kabeljau und Wittling (Gadus merlangus) andererseits. Ganz junge Bodenstadien des Schellfisches haben wir nur im nördlicheren Teile der Nordsee, nördlich von der Doggerbank, gefunden, auf tieferem Wasser. Kabeljaue und Wittlinge finden sich dagegen als junge Boden- stadien über das ganze Gebiet unserer Fahrten zerstreut, mit dem auf- fallenden Unterschiede allerdings, daß wir junge Kabeljaue bisher nur sehr spärlich, junge Wittlinge dagegen in sehr großen Mengen, namentlich in Küstennähe, gefunden haben. Solche Gegensätze zwischen verschiedenen Fischarten sind um so auffallender, als die schwimmenden Eier derselben in der Regel über weite Strecken der offenen Nordsee gemischt vorkommen, z. B. in sehr bezeichnender Weise die Eier der Kliesche und Scholle. Die Untersuchungen über die Eier und Larven der Nutzfische. Auf diesem Gebiet hat die Biologische Anstalt seit dem Beginn ihrer Untersuchungen, namentlich aber im letzten Jahre, sehr intensiv gearbeitet. Es sind nicht nur auf den Untersuchungsfahrten der Anstalt in der Nordsee, sondern namentlich auch auf den hydrographischen Termin- fahrten in der Nord- und Östsee sehr zahlreiche Fänge von Eiern und Larven gemacht worden: qualitative mit dem Helgoländer Brutnetz, Helgoländer Scherbrutnetz und Nansen’schen Schließnetz; quantitative nach Hensen’s Methode mit dem Hensen’schen Eiernetz und dem großen Hensen’schen Vertikalnetz. Die Fänge wurden meistens von Strodtmann gemacht, die Verarbeitung derselben von Ehrenbaum und Strodtmann. Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchungen sind, soweit sie die Ostsee betreffen, bereits veröffentlicht in einer ausführlicheren Abhandlung von Ehrenbaum und Strodtmann, die unter dem Titel: „Eier und Jugendformen der Ostseefische“ als erster Beitrag der Biologischen Anstalt zu den Arbeiten der deutschen wissenschaftlichen Kommission in diesem Februar im VI. Bande der „Wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen, Abteilung Helgoland“ erschienen ist. Diese Arbeit bezeichnet einen wesent- lichen Fortschritt in unserer Kenntnis von dem Vorkommen und den Fort- pflanzungsverhältnissen der Nutzfische in der Ostsee. Einige der wichtigsten Ergebnisse sind folgende: 1. In der Ostsee finden sich in erheblichen Mengen die schwimmenden Eier folgender Nutzfische: Scholle, Flunder, Kliesche, Dorsch und Sprott. PN Te Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt.II: Helgoland. s5 2. Das Vorkommen dieser schwimmenden Eier ist in hohem Grade abhängig von dem spezifischen Gewicht des Seewassers (Salzgehalt). Sie finden sich allgemein nur in stärker salzhaltigem Wasser; in Wasser- schichten unter 10 Promille Salzgehalt kommen durchweg keine Eier mehr vor. Dementsprechend nimmt die Zahl der schwimmenden Fischeier von der salzreichen westlichen Ostsee nach der salzärmeren östlichen Ostsee beständig ab; in der letzteren finden sich die Eier nur noch an wenigen tiefen Stellen in den dort angehäuften salzreichen Wasser- schichten über dem Boden. Diese wenigen tiefen Stellen, z. B. die Bornholm-Tiefe, scheinen die Hauptlaichplätze der Bodenfische der östlichen Ostsee zu sein, die zur Laichzeit dorthin wandern. 3. Die schwimmenden Eier der Östseefische sind mit wenigen Aus- nahmen größer als bei den Artgenossen der Nordsee und in der westlichen Ostsee wiederum größer, als in der östlichen salzarmen Ostsee. 4. Die Scholle (Goldbutt) der Ostsee ist ein diesem Meere eingeborener Fisch, der dort seinen ganzen Entwickelungsgang vom Ei bis zum geschlechtsreifen Tier durchmacht. Eine Ein- wanderung aus anderen Meeren ist zur Erhaltung des Schollenbestandes in der Ostsee nicht notwendig. Es ist wahrscheinlich und zum Teil beweisbar, daß die Östseescholle eine andere Lokalform ist, als die Scholle des nördlichen Kattegats und der Nordsee, Das Material an Eiern und Larven von Nutzfischen, das in der Nordsee gesammelt wurde, ist viel grösser als das aus der Ostsee, aber noch nicht vollkommen gesichtet und verarbeitet. Einige vorläufige Ergebnisse sind die folgenden: 1. Die Hensen’sche Theorie von der gleichmäßigen Verteilung der schwimmenden Fischeier im Meere bestätigt sich für engere Bezirke des Meeres durchaus. Sie erlaubt aus quantitativen Eierfängen Schlüsse auf die Gesamtmenge der Eier in solchen kleineren Bezirken. 2. In gewissen Bezirken finden sich besonders große Mengen von schwimmenden Fischeiern. Dies sind aber anscheinend nicht die eigent- lichen flachen Bänke, z. B. die Doggerbank und die Jütlandbank, sondern mehr die Ränder dieser Bänke, z. B. der Südrand der Doggerbank, die Gegend zwischen Jütlandbank und der sog. südlichen Schliekbank. 3. Vertikal sind die Eier in allen Schichten verbreitet, besonders aber in den oberflächlichen. 4. Was die Verbreitung der Eier nach Fischarten betrifft, so findet man die Eier der Kliesche (Pleuronectes limanda) überall in der Nordsee. Ebenso sind auch Wittlings- und Kabeljau-Eier fast überall verbreitet, erstere am zahlreichsten über den geringeren Tiefen (bis 40 m), letztere mehr über den größeren Tiefen. Die Eier von Sprott und Flunder gehören S6 Deutsche Wissensschaftl, Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. den flacheren Küstenzonen an und gehen selten über die 40 m-Kante hinaus, während umgekehrt Schellfisch und Drepanopsetta ihre Eier fast ausschließlich jenseits der 40 m-Kante ablegen. Die Laichplätze der Scholle liegen zerstreut über verschiedenen Tiefen sowohl jenseits wie diesseits der genannten Grenze. 5. Von den wichtigeren im Winter laichenden Nutzfischen laicht am frühesten die Scholle (von Ende Januar ab), dann kommt der Kabeljau, etwas später, im Februar, der Schellfisch, erst im März beginnt die Kliesche zu laichen und noch etwas später der Sprott. Der Abschluß des Laichens erfolgt ziemlich in gleicher Reihenfolge, am längsten scheint die Laich- periode bei der Kliesche zu sein, von der wir noch im September auf der Großen Fischerbank zahlreiche Eier erhielten. Das Zeichnen (Marken) von Fischen und das Aussetzen gezeichneter Fische. Diesem Teile des internationalen Arbeitsprogramms hat die Anstalt besondere Aufmerksamkeit zugewendet. In erster Linie handelte es sich für uns um die Auffindung einer zweckmäßigen Marke für Schollen (und andere Plattfische). An eine solche Marke sind unseres Erachtens folgende wesentliche Anforderungen zu stellen. 1. Die Marke muß möglichst schnell am lebenden Fisch befestigt werden können, damit derselbe nicht zu viel leidet und an Lebenskraft einbüßt. 2. Die Marke muß aus einem Material hergestellt sein, das möglichst wenig vom Seewasser angegriffen wird und auf die unvermeidliche Wunde des Fisches nicht schädigend (vergiftend) einwirkt. 3. Die Marke muß leicht sein, wenn möglich spezifisch nicht schwerer als der Fisch selbst. 4. Die Marke muß möglichst billig sein. Da uns die bisher für Schollen gebräuchlichen Marken der Dänen und Engländer diese Bedingungen nicht hinreichend zu erfüllen schienen, haben Heincke und Bolau besondere neue Marken konstruiert. Zuerst bestanden diese neuen Marken aus Aluminium-Ringen nach Art der Alters-Fußringe für Hühner. Diese Ringe, an der Innenfläche mit dem Zeichen D. H. (Deutschland, Helgoland) 02 (Jahreszahl) und fortlaufenden Nummern versehen, wurden durch ein Loch am oberen Flossenträgerteil des Schwanzes hindurchgezogen und mit einer Zange zusammengeklemmt; das Loch wurde mit einem scharfen Locheisen vorher durchgestoßen (Fig.7a). Die Befestigung dieser Marke geht sehr schnell vor sich, sie ist nach genügenden Erfahrungen im Aquarium und an wiedergefangenen Schollen hinreichend widerstandsfähig gegen Seewasser, sie ist ferner leicht und sehr billig. Mit dieser Marke gezeichnete Schollen haben in unserm Aquarium gut und lange gelebt. Die Übelstände der Marke sind ihre zu freie Beweglichkeit am Schwanze des Fisches, die möglicherweise dem freien Schwimmen Zu Bericht Heincke 1% Fig. 7. Gemarkte Schollen. a mit Aluminiumring-Marke; b mit Hartgummiknopf- Marke; c wie b, untere Ansicht. ee EEE EEE WE RERSEEE2ZELE BOB ER, v ee Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland. 57 hinderlich ist, das beständige Offenbleiben des Loches am Schwanze und vielleicht auch der Umstand, daß die anfangs wenigstens metallisch glänzende Marke für Raubfische wie ein Köder wirken kann und das Leben des gezeichneten Fisches gefährdet. Wir haben aus den letzteren Gründen jetzt diese Aluminium-Ringe durch eine andere, wie uns dünkt, bessere Marke ersetzt (Fig.7b u. c). Diese neue Marke ist aus schwarzem Hartgummi gefertigt und hat die Ge- stalt eines Vorhemden-Knopfes mit unterer Platte, dünnem Mittelstück (Stiel) und kegelförmigem, ziemlich spitzem Oberstück (Kopf). Auf der unteren Platte sind die Erkennungszeichen der Marke eingraviert (siehe Fig. 7e: D. H. 1234. 03). Diese Marke wird sehr schnell und sehr bequem in der Weise in der Scholle befestigt, daß man sie von der unteren (blinden) Seite her mit dem spitzen, hinreichend scharfen Kopfe voran mit einem einzigen Griff durch den Flossenträgerteil des Schwanzes drückt. Des besseren Sitzens wegen wird dann noch oben über den Kopf des Knopfes eine dünne Platte aus biegsamem schwarzen Gummi übergestreift. Diese Hart- gummi-Marke hat fast nur Vorzüge; sie ist sehr leicht und absolut indifferent sowohl gegenüber den Einwirkungen des Seewassers als auch gegenüber den Wundrändern. Letztere schließen sich nach geschehener Befestigung der Marke fest um den Hals des Knopfes; die Marke sitzt ganz fest. Die Marke ist für den Fischer fühlbar und sichtbar zu gleicher Zeit. Wegen der großen Härte des Hartgummis werden die auf der Unterseite der Kopfplatte eingravierten Zeichen nicht leicht undeutlich oder ganz verwischt. Die Marke ist endlich billig; das Stück kostet etwa 10 Pfg. Wir hatten die Absicht, mindestens 5000 Schollen jährlich in unserm deutschen Untersuchungsgebiet zu zeichnen und auszusetzen. Leider haben wir dies bei weitem nicht durchführen können. Der Grund lag daran, daß wir, um größere Mengen genügend lebenskräftiger Schollen zum Zeichnen zu erhalten, unsere gewöhnlichen, zum Zweck der Fanganalysen gemachten Trawlzüge meistens nicht benutzen konnten, sondern besondere, vor allen Dingen kürzere Trawlzüge mit schonender fischendem Gerät (50 Fuß-Trawl) machen mußten. Um viele solcher besonderen Trawlzüge zu machen, dazu reichte aber die Zeit nicht aus, während welcher uns der „Poseidon“ zur Verfügung stand. Es zeigte sich hier, wie anderwärts, daß wir in der kurzen Zeit von jährlich etwa 40 Arbeitstagen auf See unmöglich alle Aufgaben, die uns gestellt waren, gründlich lösen konnten. [0 #) n Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Zusammenstellung aller von der Biologischen Anstalt gezeichneten und wiedergefangenen Schollen. Vom 25. September 1902 bis 31. März 1904. Gezeichnete Schollen. | Prozent Ausgesetzte Zahl Wiedergefangene Zahl | “er Aus- | gesetzten 1. Vom 25. Sept. 1902 bis Vom 25. September 1902 31. März 1903. Marke: | bis 31. März 1903 6; 0,8% Nur Aluminium-Ringe | 762| Vom 1. Juni 1903 bis 31. März 1904 20| 2,600 2. Vom 1. April 1903 bis 31. März 1904 a) Aluminium-Ringe 1004| Vom 1. April 1903 bis 31. März 1904 106 | 10,5%, b) Hartgummi-Knöpfe s85| Vom 1. April 1903 bis 31. März 1904 s| 0,9% Im Ganzen ausgesetzt . |2651| Davon im Ganzen wieder- gefangen Im, UN. 140) 5,3 %/o Die 46 verschiedenen Stellen, an denen gezeichnete Schollen aus- gesetzt wurden, verteilen sich über das ganze durch unsere Trawlfänge (s. Karte am Schluss dieses Berichts) gegebene Gebiet der Nordsee. Die Zahl der wiedergefangenen Schollen im Verhältnis zu den ausgesetzten erscheint in der obigen Zusammenstellung sehr klein; im Ganzen wurden nur 5,3°/, aller ausgesetzten Schollen wiedergefangen. Dieses Resultat ist jedoch nur ein scheinbares, da reichlich !/ aller ausgesetzten Schollen, nämlich fast 700 Stück und zwar alle die mit Hartgummi- Marken, erst im letzten Monat, d. h. im März 1904 ausgesetzt worden sind. Von den 1766 mit Aluminium-Marken ausgesetzten Schollen, die allein für einen richtigen Schluß in Betracht kommen können, wurden 132 Stück, d. h. rund 7,5 °/ wiedergefangen. Wahrscheinlich werden wir schließlich S bis 10°, der ausgesetzten Schollen wiederbekommen. Die Dänen und Engländer haben einen viel höheren Prozentsatz aufzuweisen; sie erhielten 10°, bis 300, ihrer ausgesetzten Schollen zurück. Wir halten das für ein Zeichen dafür, daß die Gebiete des Kattegats und der Nordsee, in denen die Dänen und Engländer ihre gezeichneten Schollen aussetzten, stärker befischt werden, als unser Untersuchungsgebiet. Von den 140 wiedergefangenen Schollen wurden etwa die Hälfte bereits im Laufe des ersten Monats nach dem Aussetzen wiedergefangen und nahe der Stelle des Aussetzens, ein weiteres Viertel im zweiten und Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland, 89 dritten Monat, das letzte Viertel 4 bis 12 Monate nach dem Aussetzen. Von den letzteren wurde ein Individuum 353 Tage nach dem Aussetzen wiedergefangen; dasselbe, am 20. Oktober 1902 auf der nördlichen Schlick- bank ausgesetzt, wurde 353 Tage später von einem englischen Trawler auf 55037°N. und 5032’ O. wiedergefangen, d. h. 52 Seemeilen in grader Linie vom Ausgangspunkte; es hatte während dieser Zeit um zirka 5 cm, von 37 auf 42 cm Länge, zugenommen. Betrachtet man die Ausgangs- und Endpunkte der Wanderungen unserer wiedergefangenen Schollen, ihre Entfernungen von einander und ihre Lage zu einander, so ergeben sich einige merkwürdige Tatsachen. Von den bei Helgoland ausgesetzten Schollen wurde der größere Teil etwa an derselben Stelle wiedergefangen und von ihnen wieder die meisten sehr kurze Zeit nach dem Aussetzen, einige aber auch erst recht lange Zeit nachher, z. B. 150 bis 272 Tage später; bei diesen bleibt es ungewiß, ob sie während dieser ganzen Zeit in der Nähe von Helgoland geblieben oder hin- und hergewandert waren. Andere der bei Helgoland ausgesetzten Schollen lesten umgekehrt recht weite Strecken von ihrem Ausgangspunkte zurück; sie wurden 50, 100, 120, 180, ja bis 190 Seemeilen in gerader Linie von letzterem entfernt gefangen. Hierbei zeigten sich hauptsächlich zwei wesentlich divergierende Wander-Richtungen, die eine in N.W.-Richtung von Helgoland nach der südlichen Schlickbank und dem Ostrand der Dogger- bank zu, die andere längs dem Südrande der Nordsee an den ostfriesischen Inseln entlang. Von den Schollen, die die letztere Straße wählten, wanderte eine in 126 Tagen von Helgoland auf die Höhe von Scheveningen, eine andere in 253 Tagen bis zum Maas-Feuerschiff. Andere bemerkenswerte Wanderungen machten folgende Schollen. Eine, am 26. September auf 4°%ö. L. und nahezu 57° n. Br. auf der Großen Fischerbank ausgesetzt, war bis zum 10. Februar des nächsten Jahres in südlieher Richtung 190 Seemeilen über den Östteil der Doggerbank weg bis nahe an die holländische Küste (53° 45° und 497°6. L.) gewandert. Zwei andere, am 28. September auf der großen Fischerbank ausgesetzt, waren bis zum 10., bezw. 30. Januar des folgenden Jahres in südöstlicher Richtung 120, bez. 103 Seemeilen weit nach der nördlichen Schlickbank und kleinen Fischerbank gezogen. Diese letzteren Fälle beweisen, daß die Schollen auch in den Wintermonaten weitere Wanderungen machen. Es unterliegt nach den bisherigen Ergebnissen unserer Schollen- aussetzungen und auch nach denen der englischen Aussetzungen, die auf der Tagung der Kommission B in Amsterdam im Dezember v. Js. vorgeführt wurden, keinem Zweifel, daß das Zeichnen und das Aussetzen gezeichneter Schollen uns sehr wichtige Aufschlüsse über die Bewegungen der Schollen- schwärme über den Boden. der Nordsee geben werden und daß diese Auf- schlüsse von großer Bedeutung für die Lösung der uns vorliegenden 90 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Probleme der Fischerei sein werden. Einstweilen ist aber die Zahl der ausgesetzten Schollen noch viel zu klein, um zu sicheren Schlüssen zu gelangen. Diese Versuche müssen in möglichst großem Maßstab fortgesetzt werden; für uns ist dies nur möglich, wenn wir in der Lage sind, bedeutend mehr Trawlzüge im Jahre zu machen als bisher, d. h. auch mehr Untersuchungsfahrten. Die Versuche mit dem Zeichnen und Aussetzen von Fischen werden speziell von Bolau ausgeführt; er wird die bisherigen Ergebnisse in einer ausführlichen Abhandlung veröffentlichen, sobald zwei Jahre seit dem Beginn dieser Arbeiten verflossen sein werden, d. h. im September d. Js. Sind durch unsere Arbeiten schon jetzt positive Resultate erzielt, die für die Lösung der praktisch-wissenschaftlichen Fischereifragen von Bedeutung sind? Obwohl unsere bis Ende März d. Js. gemachten wissenschaftlichen Fänge, namentlich die Fänge mit den verschiedenen Arten des Trawls, noch nicht vollständig bearbeitet sind, können wir jene Frage doch schon jetzt bejahen, wenigstens was unsern wichtigsten Nutzfisch, die Scholle, und unser spezielles Untersuchungsgebiet, die deutsche Bucht der Nordsee, betrifft. Wir können jetzt beweisen, daß die Scholle in unserer deutschen Nordsee ein eingeborener Fisch ist, der an verschiedenen Stellen dieses Gebietes laicht und dessen schwimmende Eier über weite Strecken desselben bis nahe an Helgoland heran angetroffen werden. Wir wissen ferner, daß alle aus diesen schwimmenden Eiern ent- schlüpften jungen Schollen schon als Larven nach und nach in der Richtung auf die deutsche Küste zu sich bewegen und hier, sobald sie das Larvenstadium hinter sich haben und endgültig zum Leben auf dem Boden übergehen, in weit überwiegender Zahl nur auf den ganz flachen und in den Sommermonaten stark durchwärmten Gründen in unmittelbarer Land- nähe sich aufhalten. Hier verbringen sie das erste Jahr ihres Lebens, um dann vom zweiten Jahre an allmälich weiter von der Küste weg in die See hinauszuwandern, in tieferes, kühleres und salzhaltigeres Wasser. Zwei volle Jahre alt noch nahe der Küste innerhalb und an der Grenze der 20 m Linie finden sie sich in der durchschnittlichen Länge von 17 bis 18 cm auf sandigen und sandigschlieckigen Gründen in ungeheurer Menge und bilden jene typischen Jungfischschwärme, sogenannte unter- maßige Schollen, über deren schonungslose Vernichtung von verschie- denen Fischereien mit Recht geklagt wird. Im vierten und fünften Lebens- jahre gehen die Schollen noch weiter in die See hinaus. Bei staffelartigen Fängen an der Küste, in gerader Linie nach der Mitte der Nordsee zu, findet man im allgemeinen eine immer mehr zunehmende Mittelgröße der gefangenen Schollen und gleichzeitig, je weiter man in See hinauskommt, eine stärkere Mischung verschiedener Größen. Während in unmittelbarer Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. II: Helgoland. 91 Küstennähe meist nur der erste, zweite und dritte Jahrgang der Scholle so gut wie ungemischt gefunden werden, kommen weiter hinaus die älteren Jahrgänge, vom vierten an, immer mehr durcheinander gemischt vor; zum Teil hängt dies sicher damit zusammen, daß von diesen Altersstufen bereits größere Wanderungen ausgeführt werden, während die ersten drei Jahrgänge anscheinend stationär sind. Wenn die männlichen Schollen das dritte, die weiblichen das vierte Lebensjahr vollendet haben, laichen sie zum erstenmal bei Längen von 30 bis 40 cm. Die Laichplätze liegen in der deutschen Bucht sowohl dies- seits wie jenseits der 40 m Linie, aber stets außerhalb der 20 m Linie. Das Laichen findet statt vom Januar bis April, und vom Juni an trifft man die ersten Bodenstadien der Scholle (von 14 mm an) in flachem Küsten- wasser. Das Laichen der Scholle wiederholt sich alljährlich und kann nach dem ersten Male noch 15 und mehr Male stattfinden, d. h. eine Scholle der deutschen Nordsee kann reichlich zwanzig Jahre alt werden und erreicht dann eine Länge von 60 bis 70 cm. So große und alte Schollen sind aber im Gebiet überhaupt selten und scheinen in einigermaßen größerer Zahl nur weiter hinaus in See und mehr nördlich — auf der kleinen und großen Fischerbank u. a. — vorzukommen. Unsere Untersuchungen der sogenannten Jungfischgründe in unmittelbarer Nähe der deutschen Küste haben gelehrt, daß die Durch- schnittsgröße der diese Gründe bevölkernden jungen Schollen, dem Alter nach des dritten und vierten Jahrganges, etwa 17 bis 18 cm beträgt. Es ist sofort klar, daß unser gesetzliches Minimalmaß für Schollen von 15 cm zu einem wirksamen Schutz dieser jungen meist 2- bis jährigen Schollen nicht ausreicht. Es muß vielmehr auf 21 bis 22cm erhöht werden, wenn jeder Anreiz für den Trawler wegfallen soll, auf diesen Jung- fischgründen noch einen Zug zum Fange marktfähiger Schollen zu wagen. Um die Untersuchungen über das Vorkommen der srundbewohnenden Nutzfische in der Nordsee noch exakter zu machen, hat die Kommission B im Dezember v. Js. in Amsterdam empfohlen, daß von jedem Staate eine Anzahl fester Stationen in einem Untersuchungsgebiet angenommen würden, auf dem künftig in jedem Jahre viermal zu bestimmter Zeit mit etwa dreimonatlichen Intervallen wissenschaftliche Fischerei-Versuche, namentlich mit dem großen Trawl, vorgenommen werden sollten. Ich habe 17 solcher fester Stationen ausgewählt,.die auf der anliegenden Karte ver- zeichnet sind. Sie sind zum ersten Male im März d. Js. sämtlich befischt worden. Diese Stationen sind natürlich keine absolut scharf festgelegten Punkte, sondern größere Bezirke von etwa 10 Sm. Durchmesser. 92 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Zum Schluß ist noch zu berichten, daß die Abteilung Helgoland im verflossenen Jahre auch noch dadurch an den internationalen Arbeiten beteiligt war, daß der Direktor der Biologischen Anstalt auch in den beiden Kommissionen A und B (Wanderungs-Kommission und Überfischungs- kommission) tätig war. Der ersteren gehörte er schon länger als Mitglied an; in die Kommission B wurde er in der diesjährigen Sitzung des Zentral- Ausschusses gewählt. Zu den Sitzungen des letzteren in Hamburg wurde er als Sachverständiger hinzugezogen. Zahl: 889 II. Arttabelle. 38’ 1540 6,5°| 38° 6. IX. 03 Hlgand_ Zahl: 8 er _Pleuronectes platessa Mittel: 17 cm Sontamlar cm Gewicht: 78 kg € _ Grenzen: 1241 cm 190 2. | 2| ale 5| ol a] 819 ou |ı NWı.W von | | | | | | | | ; Helgoland 41 | 42 | 43 | 44 | 45| 4647 las | 49 50 | 5l ol w Jo| : Re | 79 I540 14,5°| zo || sı | 82 189 | 90 | 91 | 90 | 93 99 101102] 103] 104105 100107 108] 109/110) lualı 13 Danelnl: 17) l 18 119 120 1 | Alter (Otol.-Ringe) [0] I 2a 3 4 1130 am—235 pm Tiefe 40) m Grund Sand mit Schlick 36-40 36-40 Temperatur 41-45 41-45 E „ 11,60 © 46-50 5 ll my i 51-55 51-55 | Salzgehalt 56-60 | In. ve 30,24 9/00 61-65 | 66-70 ig j| m nn 11-75 Gr. Kurre 76-80 | Ei 90° 81-85 Geschwindgkt. | 79 | 86-90 86-90 il s Sm. in 3 St. am | | 91-95 91-95 - gear 81 | 96-100 96-100 g Ben 82 101-105 101-105 | Sn | 83) 106-110 a ur a u 84 111-115 111-115 z : 85 116-120 116-120 Mageninhalt: Vorwiegend Öultellus pellueidus und Solen ensis; Röhren von Thelepus, wenig S. |503|362)865 Elan | I 10\ 18|24| 8. Tab.1. Venus gallina, viel Anneliden-Reste, wenig Cycelichna sp., einzelne Nucula nucleus, einzelne Röhren- reste von Peetinaria sp., wenig Mactra solida u. Cardium edule, ganze junge Buecinum. (50 Tiere | untersucht.) Wissenschaftliche Analyse eines Schollenfanges bei Helgoland. Vorderseite. Helgoland Zahl: 889 Pleuronectes platessa Mittel: 17 im September Ge Grenzen: 12-41 cm 19038 -_; DEEEEEESezEgee | -SSEHEEER: | 9% Ferro Genen | (Ude Absolute Werte 30 % 20 0/5 15 0/, 10 %% EA 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Bl 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 Tab.1a. Wissenschaftliche Analyse eines Schollenfanges bei Helgoland. Rückseite mit Maßkurve des Fanges nach Gesamtzahl ( ), Männchen (—-—-.— ) und Weibchen (-——). R Borkumriff I. Fangtabelle. Zahl: 5947 Grosse Kurre kg _ Gewicht: 415 Ort Kante (0 INFEN2O Bork um-R it Gewicht Grenzen cm Arten Zahl Solea vulgaris 10,5 _Gadus aeglefinus Beifang: 12 Fische: 6'/g Körbe ER Zahl Mittel cm (Gewicht kg Grenzen em feiner Sand mit Schlick Temperatur 16,20 Q ‚_Salzgehalt — 33,10 Ugg® Beraeran _ Gr, Kurre Drepanopsetta limandoides Arnoglossus laterna .60 153% 50° | 60 Rhombus maximus | se er 9 morrhua 42’ 1530 45151” _laevis „ merlangus | » _ pollachius Zeit [ z ER. a yirens u »3. VII. 03 || Pleuronectes platessa 20862] A | = 2 1h—3h pm Hesus 22 Bien. | Lota molva 3 Tiefe limanda ans ne | Merluccius vulgaris _ dm _mierocephalus 1 | = —— > — „»_ _____Cynoglossus # Grund Hippoglossus vulgaris u Trigla zurmardus „ hirundo _ Scomber scomber _ Caranx ‚trachurus Acanthias vulgaris Galeus canis Raja clavata er opt 90° 7 Sm. in 2 Std 3,5 Sm. in I Std Geschwindgkt Mullus barbatus z Anarrhichas lupus N Lophius piscatorius Trachinus draco Clupea harengus In sprattus Tab. 2. Wissenschaftliche Analyse eines Trawlianges Gewicht kg Edelfische Andere Plattfische_ 4885 967 Rundfische _Rochen u. Haie bei Borkum-Riff nach dem Muster der Helgoländer Biologischen Anstalt. 1. Fangtabelle. Borkumriff Zahl: 3351 II. Arttabelle. Pleuronectes platessa Tab. 2a. Wissenschaftliche Analyse eines Trawlianges bei Borkum-Riff nach dem Muster der Helgoländer Biologischen Anstalt. Mageninhalt: Vorwiegend Mollusken: solida, © ultellus pellueidus; ferner O phiocoma filiformis, Bruchstücke von Ee hinocardium; - = Sn = Mittel: 17 cm J : = S e . ulı em Gewicht: 208,5 k %: ; 7 k& Grenzen: 11—32 cm 1903 | | | | | | | ] ] 1 ] ] T ] T T Ort ı| 2 | al 5| 6| 81 9 | o\ ı3! ıal 15! 16) ı7| ı8| ıe | BREI Nele seele Gans a ke .5\ 61: 7| | ki 11 | 12 | “a 14) a 16 171 il 19) 20] >| 22 23] 24| 25| 26| 27| 28| 29) 30] 31] 32| 33| 34) 35| 36, 37) 38) 39| 40 er | | T fr | et t —, ..- DE Er Borkum-Riff- ale | | 31 19 11441340 504, 1317 \5841513) 322168, 821 43) 32| 3112| | ıı 2 2 2 1 ı BE a N ir 1 = > | | Te | = = | 2 1 —n | | Kante 41/42 143 |4 5 } | | 53| 541 55| 56| 57| 58 | al - = | \ m Kar (#2 | | 14 | 45. | 46. | 47 | 849] E [51 |: 53 54| 55| 56| 5758| 50| 60| 01] 62] 63] 64] 65| 66] 67] 68| 69] 70] zu) 72] 73| 74] 75] 76, 77) 78| 70, @0 o| N ol ı | | | | | | | | £ Malz 37 Paso (ms; Domina 1 Fans Immo ir = | mm Ss ee - 1 | = ı zei] | | | | | | L si ei! us —h 1 mt — el 1 | 1 [Sl } 6% |53% 50] so | sı | s2 | 83 | 84 | 85 | 86 | 87 | | 89 | ) 31. 94| o5| c 97| 98 | Bra len - jmeTEssil et = eye IE je BD LROIESSI US 1a | Se 30,122 1.22.1793] 215951261197 1,28 1792 LEHRT ED 23 102) 108] 106] 107) 108] 109) 110, ıılır2 113118 115116 117] 118 19 120 42 [530 45°| 51° | | | | al | + ea Geschlecht: 1681 5 +16%0 9 = 3351 S. = ; —— r | n IE A ua us, Alter FE n— Zeit 1 | & 7 r Ir ve Ai I ET ET ES CC CI CH LESS DEENESEBENE 23. VIL 03 2 | m | T 13h pm | 3 | | u 6- 10 I | 6-10 z T r | 15 —— — — — Tiefe | 4| Ib Be 11-15 | | 11-15 Das 25 m 5 | 16-20 0 | E = a > ji 6-2 1 [el || | a 6 Pl: 1 - 1} ie Fe, Grund I A | ll 26-30 | 56-30 feiner Sand I 8| | a T Ban I. 2 | 31-3: Sal pP» | mit S Schliek >| I | 36-40 | 36-40 7 Temperatur 10 | | 41-45 Er 41-45 Ins2il Ze — 2 & nl N 3| | | 46-50 [u 46-50 203 12 | 20 9 | 51-55 El m, = AA an Salzgehalt = 9) 54144 56-60 | 56-60 r | iv 33,10.0/gp 14 [208] 12 340 61-65 | 61-65 | — 4 - 15 279\225 504 66-70 | 66-70 F = x — en | & Gerät 16 ee 71-75 | 71-75 AT u Gr. Kurre || 17 Se 684 n sr —t— 90° 18 234| 379; 513 08| B1-855 S1-85 = Geschwindgkt, |146 176) 322 09) | 86-90 BT me See 7 Sm. in 2 St. 20 65103 168 91-95 91-95 96-100 96-100 = 101-105 101-105 106-110 106-110 | 1 5 £ LI1-115 111-115 i ii 116-120 116-120 | S. 2 Jıo| 2 einzelne Mactra Tellina fabula, 1 junge Natiea pulchella, ziemlich viel Sand. (50 Tiere.) II. Arttabelle (Vorderseite). Borkumriff Zahl: 3551 3 _ Pleuronectes platessa \ Mittel: 17 cm Juli Gewicht: 208,5 kg, Grenzen: 11--32 cm 1903 10%, Be i s% / FEEBRFER EHE ME 1 E 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 al 22 23 24 25 27 28 29 30 31 325733) 34 35 36 37 38 39 40 4 Tab.2a. Wissenschaftliche Analyse eines Trawlfanges bei Borkum-Riff nach dem Muster der Helgoländer Biologischen Anstalt. Il. Arttabelle. Rückseite mit Maßkurve des Fanges nach Gesamtzahl ( ), Männchen (—-—--) und Weihehen (—-——). 2° w. Grw. 8° 6.Grw. D { ‘ ’ ‘ ‘ {1 \ Zeichenerklärung: 40 m Linie 80 m Linie © Stationen für die Terminfahrten. 1—102 Trawlstationen des Poseidon 13. X. 1902— 26. III. 1904. 1—9: Okt. 1902; 10—15: Nov. 1902; £ lärz 19 : Juli 1903; 57—71: Sept. 1903; 7 Jan. 1904; 74—102: März 1904. © Feste Traw]stationen, an '’enen vier- mal jährlich gefischt wird. 2° w. Grw. (Zu Bericht Heincke 1903) . A Die Trawlstationen des Poseidon in der Nordsee. 4 "ns III. Abteilung: Hannover. Bericht über die Tätigkeit des Deutschen Seefischerei-Vereins bis zum Schluß des Etatsjahres 1903 im Auftrage des Präsidenten Dr. W. Herwig erstattet von Professor Dr. Henking (Hannover). Mit mehreren Tabellen und Figuren, 2 Karten und ı Tafel. ls in dem Programm der Internationalen Meeresforschung von Christi- ania auch die Bearbeitung gewisser Fragen der Seefischerei-Statistik aufgenommen wurde, kam die Deutsche Wissenschaftliche Kommission zu der Überzeugung, daß dieser Teil unserer internationalen Mitarbeit am besten vom Deutschen Seefischerei-Verein ausgeführt werden könne. Fielen diese Arbeiten doch völlig in den Rahmen einer allgemeinen Seefischerei- Statistik. Eine solche in das Leben zu rufen, war bereits bei Gründung des Vereins in Aussicht genommen. Es dürfte jedoch hier zu weit führen, auf die Fortentwickelung dieses alten Planes einzugehen. Vielmehr wird es genügen, zu betonen, daß die von der Christiania-Konferenz erhobene Forderung, gewisse Fragen der Statistik durch gemeimschaftliche Arbeit der Lösung näher zu bringen, den Deutschen Seefischerei-Verein keineswegs unvorbereitet traf. ı. Methode der statistischen Anschreibungen. Bereits seit einer Reihe von Jahren sammelt dieser nämlich ein spezielleres statistisches Material, welches die Fänge der in Geestemünde an den Markt kommenden Seefischerfahrzeuge behandelt. Es.ist hier durch die Bemühungen des Kgl. Hafenmeisters Duge ein System der Anschrei- bungen eingeführt, welches den Ausgangspunkt sehr wertvoller weiterer Bestrebungen bilden konnte, und es ist ein dauerndes Verdienst des Herrn Duge, damit in der Praxis einen gangbaren Weg erprobt zu haben. Auch bei allen weiteren Arbeiten auf diesem Gebiete haben wir durch ihn stets die verständnisvollste Unterstützung erfahren. 94 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Zwar werden auf allen deutschen Fisch-Auktionsmärkten Fangzettel ausgehängt, welche nach den Schätzungen der betr. Kapitäne die Mengen der einzelnen Fischsorten des vom Fang kommenden Fischdampfers sogleich den Interessenten melden; indessen enthalten die besonderen Fangzettel, welche auf dem Hafenamte in Geestemünde abzugeben sind, außerdem noch die äußerst wichtigen Angaben über Abfahrts- und Ankunftstag des Schiffes, sowie namentlich über den Fangplatz. Auf Seite 95 ist eine Probe der dem Hafenamte zu erstattenden „Anmeldung' gegeben, in welcher nur die in der letzten Kolumne enthaltenen Angaben nachträglich eingetragen sind. Dieses Material war die Basis, von der ausgegangen werden konnte. Es wurde daher der Berichterstatter beauftragt, in eine Bearbeitung des Stoffes einzutreten und eventl. weitergehende Anträge zu stellen. Das bisherige Ergebnis ist folgendes: Die Fanglisten. Die übliche Form der Geestemünder Anmeldung wurde beibehalten. Sie enthält also Angaben über a) das Fahrzeug, b) Reisedauer, c) Fangort und d) Fangmengen. Die Fangmengen sind gesondert nach den einzelnen Handels- sortierungen der Fischarten aufgeführt. Prüfung der Fanglisten. a) Unter den Notierungen konnte kein Zweifel sein über die Zu- verlässigkeit der angegebenen Reisedauer. Abfahrt und Ankunft der Schiffe unterliegen der allgemeinen Kontrolle. An der Richtigkeit brauchte nicht gezweifelt zu werden. b) Die Fangmengen wurden nach Schätzungen der Kapitäne an- gegeben. Damit war in vielen Fällen bereits eine überraschende Genauigkeit gegeben; denn die Besoldung der Schiffsführer erfolgt zum Teil nach Pro- zenten des Fangerlöses. Es erwerben infolgedessen die Schiffsführer eine große Sicherheit in ihren Taxierungen. Aber es war eine größere Genauigkeit zu erreichen. Die gelandeten Fischmengen werden für die Auktionen bis auf das Pfund genau abgewogen. Es wurde daher von uns veranlaßt, daß wir neben den Schätzungen der Kapitäne auch die genauen Gewichtsmengen aus den Auktionswägungen erhielten. In dem Probeblatt (Seite 95) sind die Schätzungen des Kapitäns und die ermittelten Auktionsgewichte neben einander gestellt. Dabei ergab sich die interessante Tatsache, daß zwar die geschätzte und die gewogene Menge einer Fischart, z. B. Rothzungen oder Schellfisch, gut übereinstimmte, daß aber zwischen den geschätzten und gewogenen Anmeldung des Fifhdampfers Makrele beim Königlichen Hafenamt. Abgegangen am ...31 ten Oktober 1902 Angefommen am gIten November 1902 Fangort: Skagerrack 1902 Die 2 ste Sl N | Bemerkungen Su Yadung bejteht Bi Bund || /Nachträglich eingetragen] Seezung:n I Schätzungen | Genaue Gewichts- Do, Tu des K apitains | bestimmungen bei vo. m \ r || der Auktion. Steinbutt I Bar Toren BT Tr BEIFE DL] Tarbutt 3 ] a Scollen I m . 50 emarz I63N ö u R ım Scheifiic I 300 7 78 do, 1 [ DT Tr do, m j io 2200 re 954 = Rabiaul es \ Fo fı 596 vo. u N 460 Roden Se Fer BE : Knurrhahn und | Petermann | Seenedht 2 ] Seilbutt. ar P3 = \ Sauger T 00.0 | Far: TEE: Nothzungen IR a Ep 7:77} Scharben | Katiih . | I 2engfiich £ . | % )O ze VE SHE. 2 Eign I 326 . Stör \ [ Las } Z 3 ER masarın } .” PET Whitling Zr = 6200 6816 Makreien = F 3 Brenn eV Waknnzr|azn 10 Summer a Er Zafhentrebie 3 Aufern I Geeftemünde, den... Yten __Novbr... 1902, (Unterfchrift des Kapitäns): ............ gez. Fr. Tielz. u a re u ie 96 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. Mengen der Größensortierungen, z. B. Schellfisch I, II oder III erhebliche Unterschiede vorhanden sein können. Die Differenz erklärt sich zumeist daraus, daß der Dampferkapitän im Ganzen die Größensortierungen an Bord nach dem Durchschnitt seines Fanges vornimmt, während bei der Auktion die Sortierung nach dem Durchschnitt der gesammten Anfuhr erfolgt. Man sieht hieraus, daß im Fischhandel Schwankungen in der Sortierung vorkommen müssen. Will man daher irgend welche Schlüsse aus den Zahlen ziehen, so wird man den Schwankungen nachzugehen haben. Es ist das möglich durch Messungen und Zählungen. Hierüber wird weiter unten Näheres mitgeteilt. Noch eine andere Reihe von Problemen ergab sich aus der Materie. Eine große Rubrik Schellfisch IV, schlechtweg auch „Vierte Sorte* genannt, — jene kleinen früher weniger beachteten Fische, welche heute in den Marinieranstalten gern verwertet werden, — sind keineswegs nur kleine Schellfische, sondern vielmehr ein Gemisch kleiner Schellfische, Wittlinge zuweilen auch Kabliau. Vielfach wird daher diese „Vierte Sorte“ auch unter der Rubrik „Whitling“ aufgeführt, wie z. B. in dem Muster Seite 95. Das dort angegebene Quantum von 6816 Pfund aus einer Reise läßt bereits ermessen, um welche Mengen es sich handelt. Ähnliche Gemische bilden die „Rotzungen“, und auch sonst kommen Gemische verschiedener Plattfischsorten vor. Eine letzte. Abteilung von Fischen erscheint in den Auktions- protokollen unter der Bezeichnung „Verschiedenes” und umfaßt eine große Mannigfaltigkeit, nämlich die in kleineren Mengen angebrachten Fischarten, sowie Reste verschiedener Art. Wenn wir aber sehen, daß selbst ein so bedeutender Posten, wie auf der „Anmeldung” (Seite 95) die Rochen mit 1056 Pfund hierin gelegentlich aufgenommen werden kann, so, ist der Wunsch gerechtfertigt, auch diese Abteilung noch näher zu analysieren, als bisher möglich war. Im Jahre 1902 belief sie sich auf fast 1 Million Pfund (9339891 */ıo Pfund). Schließlich sei noch auf die Einsendungen durch Handelsdampfer und Eisenbahnen, auf die neuen Fischarten von den südeuropäischen Dampferfangplätzen hingewiesen, welche noch einer genaueren Betrachtung bedürfen, um zu einem vollen Verständnis der statistischen Angaben zu kommen. Indessen darf doch gesagt werden, daß für die wichtigsten See- fische, wenn wir von der „Vierten Sorte“ und den Plattfischgemischen ab- sehen, jetzt bereits durch unsere Anschreibungen eine Statistik von großer Genauigkeit gegeben ist. Da es vorkommt, daß Sachen doppelt ver- auktioniert werden, ein Fehler, der bei unserer Statistik vermieden wird, so gibt die neue Anschreibung mit großer Genauigkeit die wirklichen von den Fischern an Land gebrachten Fangmengen der einzelnen Fischsorten an. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. III: Hannover. 97 2. Der Fangort. Die Kenntnis der Fangorte in Verbindung mit Beschaffenheit und Menge des Fanges ist für die Benutzbarkeit der gesamten Statistik von allergrößter Bedeutung. Dabei bildet aber die Ermittelung einer zuverlässigen Angabe hierüber ganz bedeutende Schwierigkeiten; denn der Fangplatz entzieht sich der allgemeinen Kontrolle. Während alle sonstigen von der Statistik gewünschten und in dem Fangzettel enthaltenen Angaben ohne Schwierigkeiten am Materiale selbst nachgeprüft werden können, ist das bei der Angabe über den Fangplatz nicht der Fall. Hier ist man völlig auf den guten Willen des Schiffskapitäns angewiesen. Es sei daher nochmals hervorgehoben, daß es ein großes Verdienst des Herrn Hafenmeisters Duge ist, eine Form gefunden zu haben, in welcher die Kapitäne zu einer Angabe über den Fangplatz bewogen werden können. Denn an sich sind die Schiffsführer keineswegs geneigt, das preiszugeben, was sie oft als ihr Geheimnis betrachten. Es ist das ihnen auch keineswegs zu verdenken, hängt doch nicht nur ihr Verdienst, sondern oft auch ihre Existenz davon | ab, wie ihnen das Fischen gelingt. Die Rückkehr mit einem geringen Fang mag dem Dampferkapitän wohl einige Male hingehen, wird das aber chronisch, so verliert er sehr bald seine Stellung. Daher ist es für ihn unter Umständen keineswegs gleichgültig, einen guten Fangplatz bekannt zu geben. Es tat daher Herr Duge einen glücklichen Griff, als er eine Angabe erzielte, welche die Privatgeheimnisse der Fischer schonte und doch der Wahrheit im ganzen entspricht. Allerdings begegnete die Richtigksit der Angabe auf den Fang- zetteln lebhaften Zweifeln. Selbst aus Fischerkreisen kam die Meinung, „es sei ja alles falsch. Die Kapitäne machten die Ortsangabe nur, weil sie müßten. Sie schrieben irgend etwas in die Rubrik, da eine Kontrolle doch nicht möglich sei“. In der Tat erschien es geboten, die Angaben über die Fangplätze nicht auf Treu und Glauben anzunehmen, sondern bei ihrer Wichtigkeit eingehend auf die Zuverlässigkeit zu prüfen. Eine solche Erwägung hatte mich bereits veranlaßt, die ausführliche Bearbeitung des in einer früheren Arbeit*) vorläufig besprochenen Materials aufzuschieben, bis die weitere Prüfung erfolgt sei. *, Dr. Henking, Die Befischung der Nordsee durch deutsche Fischdampfer. (Mitt. des Deutschen Seefischerei-Vereins Nr. I, 1901.) Internat. Meeresforschung I, 7 98 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f, d. Intern. Meeresforschung. 3. Prüfung der Fangorte. Es handelt sich hierbei um die Frage, ob es denn wirklich kein Mittel gebe, Bestätigungen der Fangortsangaben zu erhalten. Bei näherer Betrachtung erschien das doch möglich. Zunächst deutet die Zusammen- setzung des Fanges, die Beschaffenheit der Fische darauf hin. Der Fang aus dem Atlantischen Ozean und Südeuropa kann nicht mit der Islandbeute und beide nicht mit den Nordseefischen von Kennern verwechselt werden. Weiter kann das Schiffsjournal zur Kontrolle dienen. Hierbei aber ist die Zugänglichmachung durch die Reeder erforderlich. Besonders nützlich erwies sich ferner, daß in Geestemünde von einer Zahl von Fisch- dampfern noch besondere Fischjournale geführt werden, welche die Orte der Aussetzung des Netzes und den Fang an den einzelnen Stellen enthalten. Es gelang, eine Reihe solcher Fangjournale zur Benutzung zu erhalten und damit ein äußerst wichtiges Vergleichsmaterial zur Prüfung der von den Kapitänen ausgefüllten Fangzettel zu gewinnen. Es zeigte sich bei diesen Bemühungen, daß nicht nur eine Reihe von Schiffsführern ein recht großes Interesse für eine solche Journalführung haben, sondern daß eine solche stellenweise bereits in einer außerordentlichen Genauigkeit erfolgt. Namentlich ein Dampferkapitän konnte ein mit ver- blüffender Sorgfalt geführtes Journal vorlegen, welches in seiner Weise als geradezu ideal angelegt und durchgeführt bezeichnet werden mußte. Solche Wahrnehmungen bestärken uns nur noch in unserem Bestreben, die Fischer zur Mitarbeit heranzuziehen. Gelingt dieses, so verfügen wir nicht mehr über den einen Forschungsdampfer „Poseidon“, sondern wir haben plötzlich eine ganze Flotte solcher zu unserer Unterstützung erworben, welche die eingehendere Tätigkeit des „Poseidon“ auf das glücklichste ergänzen. 4. Die Beobachtung von Fischerfahrzeugen auf See. Als ein letztes und sehr wertvolles Mittel, Auskunft über die Fang- plätze zu erhalten, erschien die Beobachtung der Fischerfahrzeuge auf See. Bereits seit einer Reihe von Jahren führen die deutschen Fischereikreuzer auf derzeitigen Antrag des Deutschen Seefischerei - Vereins solche Beob- achtungen aus. Wir haben diese Tätigkeit der Kriegsschiffe unausgesetzt mit lebhaftem Interesse verfolgt. Wir gingen nunmehr dazu über, auch Fischerfahrzeuge für solche Beobachtungen zu gewinnen. Es gelang das bei einer Reihe von Fischdampfern. Auch unsere Motorkutter notieren die Fischerfahrzeuge und ebenfalls der Forschungsdampfer „Poseidon“. Zur Ein- tragung dient dabei ein Formular, dessen Inhalt nebenstehend bezeichnet ist. Schließlich benutzten wir noch die Beobachtungen der deutschen und holländischen Fischereikreuzer, welch’ letztere in den „Mededeelingen over Vissherij* veröffentlicht werden, Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. III: Hannover. 99 Jahr 199... Siffe anf der Beife beobadjteten Fifrhyerfahrzenge. Geführt von Abgegangen von am Angefommen in am Monat Ort, Bezeichnung der Fifcherfahrzenge Sifchend, Monat| .. Sr = t 52 Rs R id Kange und Breite a) Name, Heichen und | b) Sciffsart Sifch gerät im Sahrt Bemer- Ö < aerd H ES und Yummer (Dampfer, 7 oder wie | Fungen ame der Banf | event. Nationalität | Kutter ac.) bejchäftigt I==SE (Verkleinert.) Abgesehen von den Aufzeichnungen der deutschen und holländischen Fischereikreuzer sind uns bis zum Schluß des Berichtsjahres 125 ausgefüllte Beobachtungslisten zugegangen. Die Beobachtungslisten sind in folgender Weise verwertet: a) Es ist verglichen, ob die Fischdampfer, welche z. B. beim Fangen an einem bestimmten Orte beobachtet wurden, auf dem von ihnen aus- gefüllten und im Hafenamte Geestemünde abgelieferten Fangzettel eine übereinstimmende Angabe gemacht hatten. Dabei ergab sich folgendes: Im allgemeinen waren die Ortsangaben auf den Fangzetteln recht zuverlässig. Hatten die Kapitäne aber an mehreren Plätzen gefischt, so waren sie oft in Verlegenheit, was sie angeben sollten und führten entweder nur einen Ort auf oder machten eine allgemeinere Angabe. Erst durch die Beobachtungslisten wurde eine richtige Beurteilung der Ortsangaben möglich gemacht. Es gelang dadurch, gewisse Territorien zunächst für 1902 abzugrenzen, auf welche die Angaben der Fangzettel mit großer Sicherheit bezogen werden konnten. Es sind das die folgenden (siehe die Statistische Uebersicht Seite 102). I. Südliche Nordsee (bis einschließlich kleine Fischerbank). III. Skagerak. IV. Kattegat. V. Nördliche Nordsee (von großer Fischerbank einschl. nordwärts). 100 Deutsche Wissenschaftl, Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. V1/VII. Island, einschl. Färöer. VIII. Hebriden. IX. Atlantischer Ozean (vor Spanisch-Portugiesischer Küste), In diese Rubriken wurden jene Fahrzeuge aufgenommen, deren Fang weitaus überwiegend auf dem betreffenden Gebiete gemacht ist. Ferner sind noch folgende gemischte Fangplätze angenommen: II. Südliche Nordsee und Skagerak, für Fahrzeuge, welche etwa gleichmäßig in beiden Gebieten fischten. X. Gemischte Fangplätze, für Fahrzeuge, welche mehrere der genannten Fanggebiete auf der gleichen Reise besucht haben. Die statistischen Berechnungen aus den Fangzetteln für die gewählten Territorien wurden weiterhin verglichen mit den statistischen Angaben in den speziellen Fischjournalen. Hierdurch war eine weitere Kontrolle gegeben. 5. Monatskarten über die Fischereibetriebe in der Nordsee und den angrenzenden Gewässern. b) Für jeden Monat des Jahres wurde Zahl und Ort der auf See beobachteten Fischerfahrzeuge in eine Karte eingetragen. Die Dampfer als Kreise, die Segelfahrzeuge als Dreiecke. Die einzelnen Nationen wurden durch besondere Farben unterschieden. In der Anlage Karte I ist die Karte vom Mai 1903 beigefügt. Wir erhalten somit, abgesehen von der oben besprochenen Ermittelung der Aufenthaltsorte der einzelnen Fahrzeuge, durch die Karten einen Über- blick über den Umfang der Fischerei in der Nordsee und den angrenzenden Meeren. Sie zeigen das Auftreten der Fischerflotten der beteiligten Nationen auf den verschiedenen Fangplätzen und die Häufigkeit der Fahrzeuge. Naturgemäß ist mit den Karten nur ein erster Schritt auf einem bisher unbekannten Gebiete getan. Die Tatsachen sind noch zu lückenhaft, um ein völlig korrektes Bild von der Befischung der Nordsee zu geben. Große Gebiete sind von den Beobachtungsfahrzeugen nicht besucht, nament- lich an der Seite der englischen Küste. Auch ist es noch keine einwandfreie Methode, alle gemeldeten Fahrzeuge ohne Weiteres neben dem Beobach- tungsorte einzutragen, wie hier geschehen ist. Ich habe im Anschluß an meinen Vortrag bei der Tagung des Zentral-Ausschusses in Hamburg in Anregung gebracht,*) die Anstellung solcher Beobachtungen tunlichst international zu regeln, um die Lücken- haftigkeit des m. E. sehr wertvollen Materiales zu bekämpfen. *) Seite 17 des Hamburger Protokolls [Proces-verbal de la Reunion du Conseil Hambourg. Fevrier 1904. — (Copenhague 1904)]. A 5 2 Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. III: Hannover. 101 Eine interessante Tatsache scheint aber jetzt schon aus den Karten hervorzugehen, nämlich die starke Befischung der Randgebiete der östlichen und südlichen Nordsee. Arm dagegen ist das eigentliche Becken der Nordsee und nur vereinzelt die Zahl der hier angetroffenen Fischerfahrzeuge (siehe Karte I). Sollte sich diese sehr auffällige Wahrnehmung bewahrheiten und als Regel herausstellen, so wäre damit eine Tatsache von allergrößter Bedeutung ermittelt, welche bei allen weiteren Maßnahmen sowohl auf gesetzgeberischem wie wissenschaftlichem (Gebiete berücksichtigt werden müßte. 6. Umfang der statistischen Ermittelungen, Für das Jahr 1902 sind die statistischen Gesamtzahlen für Geeste- münde zusammengestellt. Eine Übersicht hierüber ist umstehend auf Seite 102 ff. gegeben. Es ergibt sich daraus, welche Fischmengen aus den einzelnen befischten Gebieten angebracht sind. Wir erhalten also einen Überblick über die Ergiebigkeit der Fischgründe, deren Umgrenzung Seite 99 und 100 besprochen ist. Das Zahlenmaterial kann auf ziemliche Genauigkeit Anspruch machen, denn es ist darin eine Fischmenge von über 40 Millionen Pfund seiner Herkunft nach analysiert. Auch beschränkt sich die ausgeführte Analyse nicht auf die Gesamtzahlen eines ganzen Jahres wie sie auf Seite 102 ange- geben sind, sondern sie zeigt die angeführten Mengen jedes einzelnen Monats, und läßt somit die Schwankungen in den einzelnen Jahreszeiten erkennen. Die Gründe der Schwankungen sind damit freilich noch nicht ermittelt. Es erhellt hieraus, wie wichtig es ist, die Ergebnisse der Fischer- fahrzeuge in enge Verbindung zu bringen mit der Tätigkeit der Forschungs- dampfer. Das Material, welches diese beibringen, ist naturgemäß ver- schwindend klein gegenüber demjenigen, was die Gesamtheit der Fischer- fahrzeuge dem Meere entnimmt. Aber die Forschungsdampfer sind un- entbehrlich in der weiteren Verfolgung spezieller Fragen und, soweit die Fische in Betracht kommen, namentlich in Bezug auf die Klärung aller Fragen, welche die Fischbrut und die Jungfische betreffen, und alle sonstigen Spezialia der Lebensgeschichte der Nutztiere, zu deren ein- gehenderer Beachtung an Bord der Fischerfahrzeuge keine Zeit und kein Platz ist. Somit sind die Forschungsdampfer auch für das Verständnis einer Marktstatistik nach vieler Richtung geradezu unentbehrlich. Die in Geestemünde 1902 von Fischer- frischer I 2 Er | | Südliche | Südliche I | Nordsee || Nordsee und II. | IV. Aichnoren | Oinnschl. | AEemak | Sagen. | Ba | bank) | Fänge) || epra a te: ee | TR Schellsschl m 0 1083355 | 11886 481614 | 17947 “| BIER 76760 | 11991 639391 | 10535 75..\ | | k 1 | dia | 47298 3001025 69646 2133 | 3 Tv: 08 91959707 > 237030 2276060 | 24672 | ser | 108205 | 6398090 "122800 Witinee sea eessilsg 1777774 | 65449 1059 | 1582834 | Ken ee 757146 34856 1200088 | 68822 215 | | SE N RE Ela IrRr 1480641 30998 878437 136058 513 | | 223855 | 65854 2078525 | 204880 enge ee 65688 6466 | 270686 || 2426 or | | Köhler. ee 91459 25705 53 6366 Knurrhahn und | | Petermann „tn en el 347 695 | 3630 40120 | 95974 10212 | 357907 | Sechecht . .... .|| 190081 444 | ass | 2742 156 | | 190337 | | 39154 | 882 89616 1840 Seezungen I. . . .|| 45144 947 3743 | 31851 | 17.208 | x ve 17208 | 525 1330 | 27116 | | 5 Tan | 62 || = 36 | — | 249 | | | 89529 12 | 5100 58967 Anmerkung: Die gewöhnlichen Ziffern sind Fangergebnisse der Fischdampfer N fahrzeugen angelandeten Mengen Fische. V. Tr Wr | Nördliche | VI/VII | || Atlant. | X. | Nordsee I 1: 1 VII. Ozean | Ge- | | (von Gr. Er He- ||, (vor || mischte | Gesamt- | _. Fischerbank einschl. Spanisch- F | en Fisehsorten einschl. Faeoer Beer Portug. es z | nordwärts) | | Küste) plätze | | Pfa. Pfd. Pfad. Pfd. Pfd. || Pia. | 97902 || 2797122 | 822 | — || 33843 | 4524555 | Schellfisch I | | | | | 176455 | 534553 || 1822 | — | | II } | I| | | | | | | | | 439958 | 533822 | 2473 — || 18254 | 5829345 | i III | | | | 346775 |) 64669 |) 4018867 | IV 1061090 3930 166 5594 || 74830 16528485 | 295816 4177 | 1069 | — || 13648 | 3814556 Wittling | | | | | | | 92447 4151480 | 18113 | — || 33739 | 6356906 | Kabliau I = | | | | | 148755 | KASSE 27492 || 6137595 108427869405 ee | | | | | 241202 4328978 | 20862 | _ 448 | 926314 | 28177 188906 | 4083 497 | 566979 | Leng || N | | | | | | | | | | | || 32247 597272 1377 | — | 2674 | 1749033 || Köhler 38222 | 2082 225 || 35100 | 1575 || 574835 | Knurrhahn u. | | | || Petermann | | | | | | || | || 17426 | 1522 17046 | 36 110 835 | 698199 Seehecht || | | | I | | | | 7416 253367 _ — | 1403 || 393678 |) Katfisch 554 | 260 u 161 560 | 100428 | Seezungen I | | | | | | 123 _ || BO 48 | 302 || 54369 | 5 II | | Il | | | | | _ | — | rl | —_— | 2597 5 III 677 5 | — | =@o | se | 157394 und die Kursiv-Ziffern (liegend) sind Fangergebnisse der Segelfahrzeuge. 104 er Fischsorten Steinbutt L/II ” nut. Tarbutt . (Glattbutt) Schollen I/II . .. A Heilbutt . Rotzungen . Scharben Rochen . Seeteufel Rot-(See-)Barsch . Großaugen . Brassen . Lachs Seeaal Hering II. 1. | Südl. Nordsee III. IV. ‚Südl. Nordsee | u, Skagerak Skagerak Kattegat | wi | pr Pia. Pfa. 129688 1097 17542 4654 10.263 | 119948 | 658 6557 5089 4097 | 263996 1755 24099 9743 49162 1634 — 49977 8871 58033 276486 3779 43705 16928 26470 1946 177 23836 242692 182662 132725 2381858 | 27615 236397 199590 6028 | 480 18987 575 3 6031 „| 41076 19210 1368 248 18644 15 41091 66335 869 182 749 2533 12377 78712 279862 15.298 427777 22725 15993 295855 579 _ 11209 300 49 628 en = 9913 = _ — 3504 = | = s4 = 12000 — 1727 — 2935 = : 2300 — 17350 - 1030 100 | | 1032400 | Anmerkung: Die gewöhnlichen Ziffern sind Fangergebnisse der Fischdampfer A Ken N a Dr ee ee a nnd. 2 v. VI/VIL. IX: | x | ördli VII. Gesamt- Nördliche | Island und ee Atlant, | Gem, Ku Rischsorlen Nordsee || Faeroer | ebriden! Ozean | Fangpl. summe Pfad. | Pfad. (BB Pfd. Te a Em | | | 2439 94 | 17 4) 299 166097 || Steinbutt I/II || 1045 20) || | 300 137734 = III | | | | | | 3484 | 134 | 1 rl 4| 599 || 303831 1037 | Se 892 | 112484 || Tarbutt | (Glattbutt) | 10369 48758 2144| — | 2650 | 429359 || Schollen I/II I | | 26916 | 19160 | — | — 5211 | 2751849 „00 75 | Moss | zul — 7861 | 3181208 3530 70495 120. I 376 | 100594 || Heilbutt | I 109710 | aıossı 1 3071 — 1084 || 1667255 Rotzungen | | | 8598 || 48877 | 1146 _ 362 323846 Scharben 28470 | 99006 | 4620 | 10820 1362 905933 || Rochen 1645 || 2532 | 500 = — || 16814 Seeteufel | | _ 169231 | — 13 703 — | 192847 Rot-(See-)Barsch _ _ —_ _ _ 3604 Großaugen — | = = 48719 _ 48719 Brassen — | = | u 71068 = 83152 Lachs = — | 450 1190 35 6337 Seeaal = — _ _ _ 1049 750 Hering und die Kursiv-Ziffern (liegend) sind Fangergebnisse der Segelfahrzeuge. /= 106 10% Fischsorten it N | Südl. Nordsee| _ IH. IV. | Südl. Be u. Skagerak | Skagerak Kattegat | Pfad. | Pfd. Pfd. Pfd. | | | | Haifisch . | 34509 | — | 3125 | 209 4 | 361 | | 34870 | Seegranat | 200 || 150 14225 _ Stint . | 13350 \ = = | =: Butt | 1800 — _ | _ Sprotten | 23700 | — = == Seekarpfen . | = = — | — Diverse . | = — = | — | 2224 \ ol 550 |) = Stör I) 2 | | \ 2246 | | | 1349 >= 3761 700 Hummer IE 219 | 1568 Fangergebnis der Dampfer in Pfd. - 12399 229 316908 14454239 || 866531 der Segler in Pfd. .| 1338262 | = = | = Gesamtsumme. 13737482 | 316908 | 14454239 | 866531 | | —— 2.060 = 230 | Makrelen . Stück J | 394 | 2454 | 6030 — 50 — Taschenkrebse . Stück 12057 | | 18087 | | 14960 — 100 — Austen . . . . Stück N 9618 | BEE | | Zahl der Dampfer-Reisen | 869 23 725 | 66 „ . „» Dampfer. | 83 | 20 62 21 Zahl der Segler-Reisen . 408 | _ —_ — Segelfahrzeuge . | 156 _ _ = Anmerkung: Die gewöhnlichen Ziffern sind Fangergebnisse der Fischdampfe “x VI/VIL IX. X. Nördliche Island und | VI. Atlant. Gem. (Gesamt- Fischsont Nordsee Faeroer |Hebriden| Ozean | Fangp!. Samen | ee Pfd. Pfd. Bram FPfdl Pfd. Pfd. | | 100 14230 1400 18378 | 2800 || 75103 Haifisch 1500 | 377 700 | _ —_ | 17152 Seegranat = | _ | — | = N) 13380 || Stint _ -- -— | u _ 18020 | Butt = & 7 I = 23700 | Sprotten | | _ | _ _ 1200 | — | 12040 | Seekarpfen - 385 = 216 — | 601 || Diverse = ie lee | 2866 || Stör | | | | | 250 _ - - = 6279 || Hummer || 247557 1917882 10099516 75780 159193 40 536 826 | — — I — — 1338262 || 1917882 10099516 | 75780 | 247557 | 159193 41875088 I | I | | | | | 85 Fr En | = = 2769 \ Makrelen || | I} 1} | | | | 1} | | — _ _ | _ - | 18137 Taschenkrebse | | | | _ _ | _ -- — | 24678 Austern H || I} | I | | 137 163 | 6 | 7 05 2005 |Dampfer-Reisen 49 36 2 4 9 | 286 | Dampfer ar — zu le Dir | 408 \ Segler-Reisen t I} | | t > Fan | ST a || 156 | Segelfahrzeuge und die Kursiv-Ziffern (liegend) sind Fangergebnisse der Segelfahrzeuge. *- N I} I] M Il und II/III. (Erklärung Seite 109). ember 1903 vom Fischdampfer „Makrele“. / / Schollen, Sorte I Gefangen 55015’ N.B., 5°-— Ö.L. Es wurden j Sorte I/II hell gehaltene Fische 24. Nov am — 75 Pfd., 20 Stück } ausgenomme II/III Fische mit dunklem Überdruck ” ” \ Jeder Punkt (» = Sorte I/IL, gemessen: Sorte II/III) bedeutet ein Stück der betreffenden Größe. Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. III: Hannover. 109 7. Unterscheidung von Grössen-Sortierungen der Nutzfische, In der Berechnung der Geestemünder Marktstatistik für 1902 sind die Größensortierungen getrennt gehalten, welche der Handel unterscheidet. Man kann also ersehen, auf welchen Fanggebieten sich die großen und die kleinen Fische aufhalten, resp. wie sie in den einzelnen Monaten dort auf- treten. Überhaupt sind von manchen Fischarten, wie bereits erwähnt, lebhafte Schwankungen in den einzelnen Monaten zu beobachten, deren Deutung als Wanderungen in einigen Fällen jedenfalls das Richtige treffen dürfte. Was bedeuten nun aber die einzelnen Handelssortierungen? Hierüber mußten Messungen am Markt Aufklärung geben. Soleher Messungen haben im Berichtsjahre an rund 4500 Fischen in Geestemünde und Altona stattgefunden. Diese Zahl ist indessen viel zu gering, um schon ein zutreffendes Bild von dem Fischbestande auf den einzelnen Bänken der Nordsee zu geben. Aber es wird doch eine erste deutliche Vorstellung davon geweckt, was in dem betr. Spezialfalle unter den Handelssortierungen zu verstehen sei. In Fig.1 (Seite 108) sind zwei Größensortierungen von Schollen gegeben. Die Messungen einer Probe der betr. Sorte finden statt in Zenti- metern vom Ende der Schwanzspitze bis zum Ende des Kopfes. Die beiden in heller Ausführung gezeichneten Schollen geben in etwa ein Drittel natürlicher Größe ein Bild der größten und kleinsten Scholle dieser Sorte I/LI, und ebenda in dunklem Überdruck in ein Drittel Naturgröße der Sorte II/III. Die schwarzen resp. hellen Punkte bedeuten jedesmal eine Scholle der durch den Punkt angegebenen Länge, von der Basislinie angerechnet, und geben somit die Zusammensetzung (Zahl und Größe) des angegebenen Gewichtssatzes. — Ähnlich sind die in Fig. 3 (am Schluß des Berichtes) gezeichneten Umrisse von Schellfischen der Größensortierungen I, II und III dieses Beispiels zu verstehen. Man ersieht aus den Beispielen, welche größten und welche kleinsten Fische an dem betr. Fangorte und Fangdatum erbeutet wurden und in welcher Weise sie am Markte gruppiert und verwertet wurden. Es ist wenig wahrscheinlich, daß dort noch größere Fische vorhanden gewesen seien, jedenfalls nicht in erheblicher Zahl; denn sonst würden sie gefangen und an den Markt gebracht sein. Kleinere Fische, als in Fig. 1 (Seite 108) und Fig.3 dargestellt sind, können recht wohl vorhanden gewesen sein, wenn sie auch nicht an den Markt kamen, sei es, daß sie nicht gefangen wurden, oder zu wertlos waren, oder daß (bei der Scholle) das Minimalmaß im Wege stand. Und doch sind die Kleinen als Nachwuchs der Großen auch für die Statistik wichtig. Ihnen nachzuspüren sind die Forschungsdampfer geeigneter als die Fischfahrzeuge, und können in bester Weise ergänzend eintreten, om T I In Pfund| | | | | A + || | soo | | | 1} | En | 8 [3 2 5 | 580 | je! jgmı + Imas kom] I} 560 ln I = i | 6 f | | Sl | | >40 a u _- 520 ll Alu, 1 \ >00 IE | | N l ri | 480) | | I I I | | 460 14 relalleilshlen 6 | 440 ER RLEN. 3% 19 De BENEEe 420 | Ulb a ro im | | A h | 3 400 ! - | = ‘ ı A e 380 | | IN 8 je I JE) EN = ER W] h | Ar Ime|r: |ı | © 360 ‚I ii Bin j ti | © 340 | | a | 820 | N | —z l ‘ \ | Sp 300 K 2 je | S Era: Nie = I Ilmeeı 280 al re De o | = 2, 260 IE Al) 1 >n Zu za 210 £ ie _ 930 | . 200 \ Tr fi r 150 " En 160| | | / ‘ 40 120 _ 23 4 Monate: 56 _ sS9 W112 1 = Januar u.s.w. Fig. 2. Fangergebnisse an Schollen in der Südlichen Nordsee. —— Große Schollen — —. Kleine Schollen Was indessen die Marktware und ihre Sortierung anbetrifft, so wird sie durch die im Vorstehenden geschilderte Methode dem Verständnis ihrer Herkunft, Ver- breitung und Menge erheblich näher ge- bracht. Es trägt hierzu wesentlich bei der folgende Punkt: 8. Zahl und Reisedauer der Fischerfahrzeuge. Welche Zahl von Fischerfahrzeugen auf den einzelnen Fangplätzen gefischt haben, wieviel Reisen sie gemacht haben und welche Zeit sie für jede einzelne Reise gebraucht haben, ergibt unsere Statistik. Weiterhin aber läßt sich berechnen, welcher Fang jeder einzelnen Fisch- art und Fischsorte auf den Reisetag entfällt. Dadurch, daß die Ergiebigkeit des Fanges sich in einer Zeiteinheit dar- stellen läßt, bekommt man erst den richtigen Maßstab für die Zahl der auf den einzelnen Fangplätzen erbeuteten Fische. Das gesamte statistische Material ist in dieser Weise berechnet. In Fig. 2 ist ein Beispiel hierfür gegeben. Man ersieht aus der graphischen Dar- stellung, wieviel große Schollen (ausge- zogene Linie) und wieviel kleine Schollen (unterbrochene Linie) im Tagesdurch- schnitt gefangen wurden. Überraschend ist dabei die Schwankung in der Zahl der letzteren. Der Januar (1) und Dezember (12) stehen mit geringstem Fange gegen- über den hohen Erträgen von Juni bis August (6—8). Da die Reisedauer nach den nahen oder fernen Fischbänken recht verschieden ist und schlechtes Wetter und dergleichen die eigentliche Fangzeit erheblich ver- Die Tätigkeit im Etatsjahre 1903. Abt. III: Hannover. 111 kürzen können, so mag die Methode bei geringeren Schwankungen der Fänge nicht völlig einwandsfrei erscheinen. Bei einigen der oben erwähnten genaueren Fangjournale war es jedoch möglich, noch einen Schritt weiter zu gehen. Es wird nämlich für gewöhnlich von den Fischerfahrzeugen nur der Ankunftstag im Hafen resp. der Abfahrtstag (bei den Segelfahrzeugen auch dieser nicht einmal immer), also die Summe der Zeit des Fahrens und des Fischens angegeben (siehe die „Anmeldung” auf Seite 95). In den erwähnten Journalen war dagegen die Zeit des Fischens genau notiert, sodaß es möglich wurde, nicht nur die Zusammensetzung der Arbeitszeiten des Fischdampfers zu ermitteln, sondern auch genau zu berechnen, welcher Fang auf eine Stunde Fischzeit entfällt. 9. Beachtung der hydrographischen Verhältnisse. Die Forschungsdampfer ermitteln in 4 Terminfahrten auf vorgeschrie- bener Bahn die Beschaffenheit der Wasserschichten von der Oberfläche bis zum Meeresboden. Es wird dadurch ein höchst wertvolles Material gewonnen, welches auch für die Seefischerei auszunutzen, das Ziel der Internationalen Meeresforschung ist. Auch wir wenden dieser Frage unsere ständige Auf- merksamkeit zu. In der anhängenden Karte II, welche eine Übersicht über die Aus- übung der großen Herinsstischerei nach den Beobachtungen der deutschen und holländischen Fischereischutzschiffe im Jahre 1903 gibt, ist ein Versuch gemacht, solche Beziehungen zwischen Seefischerei und Wasserbeschaffenheit aufzufinden. Die Lage der 35 Promille Salzgehaltskurve des Meerwassers in der Höhe der Fanggeräte unserer Heringsfischer ist durch eine schwarze (im August) resp. grüne (im November) gestrichelte Linie eingezeichnet. Es weichen im August die (schwarzen) Heringsfischer vor dieser Kurve anscheinend zurück und mit ihnen wohl die Heringe. Im November aber liegt die (grüne) Kurve im Heringsfanggebiet. Hier im Süden im November haben wir es aber mit einer anderen Heringsrasse zu tun, als weiter im Norden. Ob durch eine Kombinierung der hydrographischen mit den fischerei- lichen Beobachtungen sich praktische Resultate erzielen lassen, verdient nach allem Bisherigen sorgfältige Aufmerksamkeit. ı0. Erweiterung der Beobachtungen. Das statistische Material hat der Deutsche Seefischerei-Verein im abgelaufenen Berichtsjahre von Geestemünde und Bremerhaven erhalten, an letzterem Orte durch die freundliche Vermittelung des Herrn Stadt- 112 Deutsche Wissenschaftl. Kommission f. d. Intern. Meeresforschung. direktors Hagemann. Bearbeitet ist indessen vollständig erst das Jahr 1902, während die Ziffern für 1903 noch in Arbeit sind.*) Eine raschere Erledigung ist unser Bestreben, indessen ist dies mit unseren bisherigen Arbeitskräften nicht durchzuführen. Die geistige Verarbeitung des eingegangenen Materiales und die Art der Disponierung ist bisher ausschließlich von dem Berichterstatter ausgeführt, der hierbei nur für die mechanische Arbeit geeignete Hilfskräfte zur Ver- fügung hatte. Inzwischen wird der Ausbau der Statistik nach verschiedenen Seiten betrieben. In den Sitzungen des Zentral- Ausschusses der Internat. Meeres- forschung in Hamburg im Februar 1904 wurde der Antrag angenommen, derartige Messungen von Fischen, wie sie oben unter Abschnitt 7 (Seite 109) besprochen sind, an den wichtigsten Fischereihäfen international auszuführen, namentlich im Hinblick auf die Frage der Vernichtung untermaßiger Plattfische. Die entsprechenden vom Deutschen Seefischerei-Verein schon vor den Hamburger Verhandlungen eingeleiteten Arbeiten sind seitdem in größerem Umfange weitergeführt. Eine Reihe anderer in Angriff genommener statistischer Arbeiten werden erst in dem nächsten Jahresberichte zu erwähnen sein, soweit die internationale Meeresforschung davon berührt wird. ") Inzwischen beendet. \ 11-715 : 1 65,5—70 : 1 Ikyer a: 61-65 : 2 Drei Sortierungen von Schellfisch. Geestemünde. Oktober 1903. 56—60 cm Stück gen nu ih ul Hi) oe, ale hl | B E N ii IN A ZW. ‚lau! Au una" (Zu Bericht Henking 1903) Schellfisch, 1. Sorte. Schellfisch, 2. Sorte. 2), der natürlichen Größe. Schellfisch, 3. Sorte. 2/, der natürlichen Größe, 21 Sm. Hanstholm SzW. am 20. Oktober 1993 vom Dampfer 15 Sın, Hanstholm S, am 29. Oktober 1903 durch Dampfer 2/- der natürlichen Größe. 2i Sm. Hanstholm SzW. am 20. Oktober 1903 vom Dampfer „Georg” gefangen. „Neptun” gefangen. „Georg” gefangen. 90 Pfund 39 Stück (ausgenommen). 120 Pfund 97 Stück (ausgenommen), 60 Pfund — 69 Stück (ausgenommen). } ! Bbreß aruna9 nn 0000021:4 Snungmaneruy: voran Sunpoag Sara 19 pur n anuy u) Aoad p ham puogehsbenmen Tun rer Rn arR 103 Perg are Bram gr "FOngP810)59209 UDIRUONENIONU] Jap tw RPuvIosITOcT Iunättaragt alcr ormumeıe „0 UA ua = -Faunpdauk ap waugatozag uauann 0987039 sıQ DJ Sırs oz 'SWS-Z HUNPsAngSNWAPSLT] WayDsInacT 10P pvgoag pas @O) e “uogı mpa3snr uoFumqargoag woydwrpyostg ap woyspm uw "ur no wop ıqı9 stary aasaıı O) N "uaFaadurs asıanpa) mu 1ap plig ma urapuo: oz adnazıyuprayasıg usogpugoRg ang juv Eo6r ray. ap puis aymy zop u] “Zunseilg ee z = : 112 EN 7 MIT “2 fpnemnpe Te Narnia en, puuduassuy ILS "ImegragDSTA = ayon yuswion "punsSuswug AS "Pariodfan -umzrogg sıq Lammpion “BUrpaypszoL sıq wnyiog] Keiseweordis OPUNLÄHOSLT ZOp STuyoTazuaı Trans: Ei ne EL s* ER amamans Ale ee & ar: wmwsze 25 ano 2 [72 & ” u So vr Buuye “ un 2) a 2 FR SER DES) r ku s ALIVN- UMMHO "EOGI sOsge[spng SOP SNINIS nz sıq SWIAMDA-WIMSHOIS uAgasInagT sap NOrdHyL IP aqU pLog "Zupfuog nz } 985 ne uadunJysegoag yoeu ledayasızzyouddajyospunan asp Iy9Isasqf) EEE ou u cOoer EN | F ei . — MR SE Er as on 1 Aheb nung ma 0B00021. 4 arpmangeng vet Sag Say 174 3puung m muy va Akad p aharıy wuogabobrrunun TUMOR Wuna ap Zr vn ep Dungeon par _ ypmmmmeaE) „Q WOA umtprmM unoqun “9 Sasysgzuwg erpos) sun] 5; GEN] »aono oaudes "syeuow pun sänszayezoysstg Jop anap ap anıyıdäunndnup ap aau OWN mo8J018 D1cı „uopjöhog® rap ee) (agıd) aqumaon em BEL E EELTEESLENN oyun w OR—g] 'omausFunap] 30p »Jor] zp ur ugadzus 9/,op uoa srassey sap Aunugeny (zmmyps) aanäny mn E, etz ma o_ 7 = \ ; yusmiog S md, ER - E & = m n z = 7 . = IE 5 r #77 A % 2 "umgzog sıq ION fr > 2 wre ® dso 0 , P7 Farpanpszo] sıq mnyrog » r M weh Was i j A: ; "HPUNAsTOSIT Ep NIUNOTOZIOA ja, am - BIUNENICH © we ayn Erw EM h ee; D) EB m r ana, > ” “NG P3 “er "gingen fürn » bu 9IMUON punsaaggdl al & Summen I ey 14 be) 04 | z % Be 0 5 me? > = PRRETULEN DEUTSCHLANDS AN DER INTERNATIONALEN MEERESFORSCHUNG _ — I. UND II. JAHRESBERICHT ERSTATTET VON DEM | El VORSITZENDEN DER WISSENSCHAFTLICHEN KOMMISSION Dr. W. HERWIG WIRKL. GEH. OBER-REGIERUNGSRAT. Reichsforschungsdampfer „Poseidon“. BERLIN VERLAG VON OTTO SALLE 1905. Zr ar vr en ee 3 a BL WHOI Library - Serlals Heels, ee je 2 un. teren ei - ter een: EEE teen an ieinelngeie nes een an teren gem ereteh as ep ne on re een nee een ge ame here ehe et : Tele nt nelereie singen erento ine‘ leere tee ee ee tenheheint Sing rgermiugn ahegeinieganejer - 4 Arsen een ehe i i u IH #5 u +73 : } 281 ji #8 # ; ii r : ers schenge arena nu tee ep Ionen dehiie an ae Greene .. 1» ea niatetetet, a ehe ekernkcheichepeteheh GehtaeD Dnehed nern et ar3# 27 ii Hi I Hi fi AH He jr || IHiH + Hr Hi i ji Ri In) Huhn IE Hi 13 +3 I e er en - oe ee Tg an Lean en ne ephane An a ennerckepre Samen ETEREHEISEEN Y ne ee ER en? “ hen ishncatepegeseimnpeleh mn pegenn neun el - nz P ) . ven laser men tahager. -\ Faker Se eneinirtepeieihesttrinen a ü Henn r ware 5 enter Nrtesmmhesesn, a en . Lauen a EL Eee EEE Eu y u In 22 ee + eu