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Band VI

Die

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Krahmer

Ivouigl. Treussischer Generalmajor z. D,

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Verla^- von Zuckschwerdt & Co.

UNIVERSITY OF CALIFORNIA AT LOS ANGELES

Russland in Asien

RUSSLAND IN ASIEN

Band VI

Die

Beziehungen Russlands

zu

Von

Krahmer

Konigl. Preussischer Generalmajor z. D.

LEIPZIG

Verlag von Zuckschwerdt & Co. 1903

Alle Rechte aus dem Gesetze vom 19. Juni 1901 sowie das tjbersetzungsrecht sind vorbehalten.

Setzmaschincnsatz und Druck dcr Spanierschcn Buchdruckcrei in Leipzig.

V to

Vorwort.

^ Veranlapt durch eine Besprechung meiner friiheren Arbeiten

iiber „Rupland in Asien" in dem „Rigaer Tageblatt", iibergebe ich

diesen Band jener Serie „die Beziehungen Rupiands zu Persien",

der Offentlichkeit.

Von einer topographischen und etnographischen Beschrei-

bung Persiens habe ich Abstand genommen, da die Gestaltung

und die Bevolkerungsverhaltnisse geniigsam bekannt sind. Die ►A '^ wirtschaftlichen und Handelsverhaltnisse Persiens glaubte ich aber

^ nicht iibergehen zu diirfen; eine Besprechung derselben diirfte notwendig sein, um den wirtschaftlichen Kampf, der auf diesem Gebiete entbrannt ist, zu erlautern. -. Wenn auch Deutschland, Frankreich und andere Staaten in

\ wirtschaftlicher und Handelsbeziehung ihre Interessen in Persien ^ zu vertreten haben, so sind es doch hauptsachlich Rutland und England, welche um die Vorherrschaft in Persien in Wettbewerb getreten sind und noch treten. Bei der Besprechung der Beziehun- gen Rupiands zu Persien konnen die Beziehungen Englands zu Persien nicht auper acht gelassen werden. Sowohl in wirtschaft- licher wie in politischer Hinsicht sind die Interessen beider Staaten entgegengesetzte. Es war infolgedessen angezeigt, auch auf die Bestrebungen Englands in Persien einzugehen.

Die Beigabe einer Karte diirfte nicht erforderlich sein. Zur Orientierung reicht jeder gute Handatlas aus. Besonders zu empfehlen ist ,,Andrees Allgemeiner Handatlas, 4. vollig neu

bearbeitete und vermehrte Auflage, herausgegeben von A. Scobel 1899; Blatt 129 und 130.

Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Werke sind:

1. P. A. Rittich: Politische statistische Ubersicht Persiens. 1896 (in russischer Sprache).

2. P. A. Rittich: Die Eisenbahn durch Persien. 1900 (in russischer Sprache).

3. Lacoin de Vilmorin: La politique etrangere de Perse. 1894.

4. Curzon: Persia and the Persian question. 1892. Auperdem sind die beziiglichen Aufsatze und Nachrichten

russischer und deut-scher Zeitungen benutzt.

Wernigerode, im Februar 1903.

Krahmer,

Konigl. Preuss. Generalmajor z. D.

Die politischen Beziehungen Rupiands zu Persien begannen sich im XV. Jahrhundert zu entwickeln. In den Jahren 1474 bis 1477 wurde die Gesandtschaft Mark Ruf s von Johann III. zura Schah von Persien, Ussun-Hassan, entsendet. Wenn auch die Instruktionen, die dieser Gesandtschaft erteilt wurden, wie iiber- haupt ihre Bestimmung nicht genau bekannt sind, so kann man doch nach den politischen Umstanden jener Zeit annehmen, dap man dem Chan der goldenen Horde Achmat Furcht vor dem drohenden Nachbar einfloPen wollte. Die auf diese Weise im XV. Jahrhundert angekniipf ten Beziehungen horten aber von selbst auf, da wesentliche Interessen zwischen Rutland und Persien nicht bestanden. Nur nach der Eroberung von Astrachan, wo viele persische Untertanen als Handelsleute ansassig waren, durch Johann den Schrecklichen begannen Handelsbeziehungen, die iibri- gens nichts mit der Politik zu tun hatten. Im Jahre 1561 wurde von Johann IV. und der englischen Konigin Elisabeth der Eng- lander Anton Djarkinson, ein reicher Kaufmann, der in Moskau einen ausgedehnten Handel betrieb und mit England bestandige Beziehungen unterhielt, nach Persien geschickt, da er durch seine Handelstatigkeit bekannt geworden war. Er wurde von dem Zar und der Konigin beauftragt, dem Schah zu eroffnen, daP sie ihm wohlwollten, und ihn zu bitten, ihm zu gestatten, Persien zu bereisen, um den Grund fiir Beziehungen zu legen, welche sich nach und nach zum gegenseitigen Vorteil entwickeln konnten. Djarkinson wurde in Persien sehr freundlich aufgenommen und ihm die Bereisung erlaubt. Da er aber mit den Sitten und dem Wesen des Volks vollkommen unbekannt war, konnte er seinen Auftrag nicht erfiillen, so dap er nach Moskau zuriickkehrte, ohne einen Handelsvorteil fiir Rupland und England zu erzielen,

Boris Godunow, ein Mann von weitem politischen Blick, war besonders darauf bedacht, die unter Johann dem Schrecklichen

Die Beziehungen RuMands zu Persien. 1

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angekniipften Beziehungen zum Schah aufrecht zu erhalten. Er ernannte infolgedessen Gregor Borissowitsch Wassiltschikow, einen sehr verstandigen und geachteten Mann, zum Gesandten, und schickte ihn nach Persien. Der AnlaP zu dieser Gesandtschaft war der Umstand, dap nicht lange vorher der Schah Chudabendjei seinen Vertrauten Andi-bjei mit einem Schreiben geschickt hatte, in welchem Feodor Johannowitsch vorgeschlagen wurde, „in Freundschaft und Liebe zu verharren, wie ihr Vater und Gross- vater, die groPen Herrscher, in Liebe und Zuneigung gelebt hatten". Andi-bjei wurde gnadig aufgenommen, die Verlesung des Schreibens angehort, und es erregte eine grope Freude, dap die vom Schah genommenen Stadte Derbent und Baku Rupiand iiber- geben werden sollten. Alles das veranlapte Boris Godunow, daraus Nutzen zu Ziehen, und die Absendung der Gesandtschaft zu be- schleunigen. Als letztere Astrachan erreicht hatte, wurde in Er- fahrung gebracht, daP der Prinz Abbas seinen Vater vom Throne gestoPen und sich selbst zum Schah gemacht habe. Das hinderte aber Boris Gudonow nicht, Wassiltschikow zu beauftragen, die Unerfahrenheit des jungen Monarchen zu beniitzen, ihn des gropten Wohlwollens Feodors Johannowitsch zu versichern und zu be- tonen, dap Rupiand bereit sei, die Perser gegen ihren schlimmsten Feind, die Tiirken, zu unterstiitzen. Die mit vielen Geschenken versehene Gesandtschaft erreichte nach einer sehr langen Reise ihr Ziel; um nur das Kaspische Meer zu durchfahren, gebrauchte sie infolge widriger Westwinde 7 Wochen.

Nach der Landung in Gilan wurde der Gesandte von der Be- volkerung mit Ehrerbietung aufgenommen, was durch den schon regen Handel mit Rupiand erklarlich ist. Der Schah Abbas war um diese Zeit mit Buchara im Kriege begriffen, das Chorassan eingenommen hatte. Nach seiner Riickkehr wurde ihm der rus- sische Gesandte vorgestellt. Die Verhandlungen nahmen einen giinstigen Verlauf und der Schah versprach, Rupiand zu unter- stiitzen, sich in Derbent und Baku f estzusetzen, sof ern diese Stadte der Tiirkei genommen waren. Die Verhandlungen fiihrten haupt- sachlich dazu, daP das Versprechen gegeben wurde, bei einem ZusammenstoP mit den tiirkisch-tatarischen Truppen „fest und standhaft fiir ewige Zeiten fiir einander einzustehen".

Im Jahre 1590 entsandte Persien als Erwiderung eine Gesandt- schaft an Feodor Johannowitsch, welcher damals sich zur Bekrie- gung des ungehorsamen Jagan, des Swjeiskischen Konigs, an-

schickte. Infolgedessen wurde der persische Gesandte nichtgleich von dem Zaren empfangen; er befahl jedoch, ihn in Nishni- Nowgorod aufzuhalten und ihn dort mit alien Ehren zu behandeln. Es sollte ihm alles Mogliche iiber die russische Kraft und Macht erzahlt werden, urn ihn in Erstaunen, Angst und Schrecken zu setzen. Spater erfolgte sein Empfang in dem Kreml zu Moskau, wo die Perser mehrere Tage blieben. Godunow befragte sie iiber die Lage ihres Staates, iiber das MiPgeschick, welches das Land erlitten habe, und versprach ihnen, dap Rupland sie unterstiitzen werde.

Die Reise eines franzosischen Gesandten nach Persien, die Miperfolge, welche die Chiwesen, die Verbiindeten der Perser, davongetragen hatten, als sie das von den Bucharen genommene Chorassan wiedererobern wollten, und andere politische Mipstande veranlapten Godunow im Jahre 1594, eine zweite, 63 Mann starke Gesandtschaft nach Persien zu entsenden, an deren Spitze Andreas Dmitri jewitsch Swenigorodski, ein energischer, erfahrener und als unbeugsam bekannter Mann, stand. Die Gesandtschaft er- reichte gliicklich Kaswin und wurde iiberall mit groPer Ehrfurcht aufgenommen. Der Schah Abbas empfing Swenigorodski sehr feierlich. Letzterer hatte verschiedene Unterredungen mit dem Schah, in denen er die politischen Beziehungen Persiens zu den Nachbarstaaten, die Macht Rupiands, die jenseits der Wolga woh- nenden Nogairen und Sibirien, mit welchem sich Handelsbezieh- ungen entwickelt hatten, die es Turkestan ermoglichten, wert- volles Pelzwerk zu erhalten, beriihrte. Swenigorodski fiihrte iiberhaupt die diplomatischen Verhandlungen sehr geschickt durch, so dass er leicht seinen Zweck erreichte, die Perser immer mehr von der Macht Rupiands zu iiberzeugen.

Nach drei Jahren, 1597, wurde eine dritte Gesandtschaft unter dem arsamaskischen Wojewoden Fiirsten Tjufjakin mit einer Be- gleitung von 75 Mann nach Persien ausgeriistet. Die Reise verlief sehr ungllicklich: Bei der Ankunft war nur die Halfte der Mann- schaft noch iibrig und der Fiirst selbst starb schon wahrend der Fahrt auf dem Kaspischen Meere, so daP der Schriftfiihrer Jemel- janow die Fiihrung der Gesandtschaft iibernahm. Aber auch er starb in Gilan am Fieber. Der Dolmetscher Jessen Aljei Derby- schew trat an seine Stelle, der bei dem feierlichen Einzug in Kaswin so schwach war, daP er sich nicht auf dem Pferde halten konnte und fast im bewuptlosen Zustande von einigen Bauern

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unterstiitzt werden mupte. Das sich auPernde Mitleiden, die gute Pflege und hauptsachlich die Anderung des Klimas hatten einen wohltatigen Einflup auf die Oberreste der Gesandtschaft. Nach- dem die Gesandten sich etwas erholt hatten, befapten sie sich mit ihren Geschaften und lernten die Verhaltnisse der politischen Lage Persiens in alien Einzelheiten kennen.

Im Laufe der kurzen Regierung Boris Godunows (1598 1605) wurde nur eine Gesandtschaft nach Persien ausgeriistet, deren Fiihrer der Fiirst Alexander Feodorowitsch Shirow-Sassjekin war. Es war ihm von Godunow eine sehr eingehende Weisung gegeben, wie mit dem Schah Abbas und seiner Umgebung zu reden sei, wie er sich zu verhalten habe, um die Wiirde des Zaren zu wahren, ohne die Perser zu beleidigen. Der Zweck der Ge- sandtschaft war, dem Schah zu versichern, daP trotz des Regie- rungswechsels Boris Feodorowitsch von denselben Gefiihlen zum Schah beseelt sei, und dap er mit ihm „in Liebe und Eintracht leben und gegen alle Feinde gemeinschaftlich mit ihm auftreten wolle".

Wenn dem Schah nahestehende Leute den tiii'kischen Sultan den tatarischen Zaren als ihre Feinde bezeichnen und unverweilt Hilfe verlangen soUten, so sei solche nicht abzulehnen, aber nur unter der Bedingung, daP die briiderliche Liebe und Eintracht der Herrscher durch Vertragsurkunde gesichert wiirden. Einge- denk des Wortes „runion fait la force", wies Boris Godunow den Gesandten an. Abbas den GroPen zu einem Biindnis mit Rudolf Zessar zu bewegen, der damals mit groPem Erfolge gegen die Tiirken focht und unlangst seine Gesandten nach Rupiand geschickt hatte, um mit ihm gute Beziehungen aufrecht zu erhalten und durch dessen Vermittelung Beziehungen zu Persien anzukniipfen.

Die Gesandtschaft schlug den gewohnlichen Weg iiber Nishni- Nowgorod, Kasan, Astrachan ein. Mancherlei Ungliicksfalle zwan- gen sie aber, in Saratow Halt zu machen. Man beabsichtigte nun, erst im Friihjahr die Raise nach Astrachan anzutreten, um dann iiber das Kaspische Meer nach Persien zu gelangen. In den Urkunden iiber die diplomatischen und Handelsbeziehungen des Moskauer Reichs mit Persien findet sich nichts iiber das weitere Schicksal der Gesandtschaft, noch iiber die erzielten Erfolge.

Im Jahre 1603 erwiderte der Schah den Besuch der russischen Gesandtschaft, indem er eine solche nach Rupiand sandte, die keinen anderen Zweck hatte, als Liebenswiirdigkeiten auszu-

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tauschen und die guten Beziehungen zum Zaren aufrecht zu er- halten. Als Beweis, wie sehr Boris Godunow vom Schah verehrt wurde, iiberbrachte die Gesandtschaft ihm sehr wertvolle Ge- schenke.

Diese Gesandtschaften zeigen, wie schon Boris Godunow die Wichtigkeit der zukiinftigen Beziehungen Persiens zu Rupland voraussah, zu einer Zeit, wo Grusien eine Barriere zwischen den beiden Reichen bildete und so von einer unmittelbaren Nach- barschaft noch keine Rede sein konnte.

Unter Wassili Iwanowitsch Schuiskoi (1606 1618) wurde die Gesandtschaft des Fiirsten Iwan Petrowitsch Romodanowski nach Persien entsendet, der augenscheinlich die Instruktion hatte, die guten Beziehungen zu Persien zu wahren und „alle die guten Angelegenheiten zu befestigen, welche den beiden Staaten zu jeglichem Guten obliegen". Nach der Thronentsagung Schuiskois horten die Beziehungen Rupiands zu Persien auf. Es entstand eine unruhige Zeit, wahrend der man nicht daran denken konnte, die bestebenden Beziehungen zu Persien aufrecht zu erhalten. Rupiand selbst hatte schwere Zeiten durchzumachen und musste fiir seine eigene Rettung besorgt sein.

Der Schah Abbas fuhr aber fort, seine Gesandten zu schicken, und in den Urkunden der diplomatischen Beziehungen zu Persien finden sich fiinf Schreiben desselben. In dem einen Schreiben benachrichtigt der Schah den russischen Zaren, daP er die Tiirken besiegt habe, und fordert ihn zu gemeinschaftlichen Operationen gegen sie auf. In dem anderen Schreiben macht er denselben Vorschlag. Die drei letzten Schreiben handeln hauptsachlich auch von der Lage Persiens in dem Kriege mit der Tiirkei; in einem derselben teilt der Schah dem Moskauer Zaren mit, daP Schemacha mit den Vorstadten von ihm genommen sei; „und werdet Ihr, schreibt der Schah, diese Stadte notig haben, so werden wir nicht auf sie bestehen: alle sind Dein, weil wir Freunde von Euch sind, und fiir die Freundschaft handelt man so."

Im Jahre 1613 erhielt Rupiand einen gesetzmapigen Herr- scher, Michael Feodorowitsch (1613 1645), der das Land be- friedete und es sowohl in wirtschaftlicher wie in politischer Beziehung hob. Das Verhaltnis Rupiands zu Persien war sehr wichtig. Abbas hatte in Transkaukasien und Grusien Siege er- fochten und war ein Mann des Schreckens fiir seine Nachbarn geworden. Die bestehenden Beziehungen dieses Herrschers zum

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Zaren mupten ausgenutzt werden, um nicht nur wichtige Handels- rechte fiii* Rupiand, sondern auch bei moglichen ZusammenstoPen mit anderen Reichen Hilfe von Persien zu erlangen.

Zu diesem Zweck schickte der Kaiser Michael Feodorowitsch im Jahre 1613 Michael Nikititsch Tichonow zu dem Schah, um ihm gleichzeitig seine Thronbesteigung anzuzeigen. Als der Ge- sandte wohlbehalten in Kaswin eingetroffen war, traf er dort den Schah nicht an, der zu dieser Zeit mit Grusien im Kampfe stand. Nachdem der Schah erfahren hatte, daP ein russischer Gesandter angekommen sei, befahl er, dap derselbe ihm nach dem Dorfe Kisyl-Agatsch auf der Gilanschen StraPe entgegenkommen sollte. Der Schah empfing Tichonow sehr liebenswiirdig und horte mit sichtbarer Genugtuung das Verlesen des iiberbrachten Schreibens an. Er erwiderte darauf, daP er den Wunsch habe, mit dem Kaiser Michael Feodorowitsch in briiderlicher Liebe und Freund- schaft zu leben. Dessen Freunde seien auch seine Freunde. Der Schah Abbas bat ferner dem „gropen Bruder" Michael Feo- dorowitsch auszusprechen, „wenn, wo vordem im Kumyzkischen Lande Stadte bestanden haben, mein Bruder auf diesen Stellen wieder Stadte errichten wird, so werden unsere beiden Reiche verbunden sein, damit bei uns und bis zur Krym keine Feinde mehr vorhanden sind und wir gegen unsere Feinde gemeinsam auftreten konnen". Die Gesandtschaft hielt aber wahrend ihres Aufent- halts in Persien ihre Wiirde nicht gehorig aufrecht, so daP die Umgebung des Schahs ihr einfaches Auftreten mipbrauchte und bei jeder Gelegenheit die Bedeutung des russischen Ge- sandten herabsetzte, der bei seiner geringen Energie es nicht verstand, seine Rechte zu wahren. Der Schah selbst war Rupiand sehr zugetan, er kannte dessen Macht, schatzte einen solchen Nachbar und leistete ihm in der fiir Rupiand schweren Zeit be- deutende Dienste.

Mit dem russischen Gesandten zusammen reiste auch der persische Gesandte Bulat-Bek zu dem Kaiser Michael Feodoro- witsch, und wurde in Moskau mit groPen Ehren aufgenommen. In den offiziellen Verhandlungen kamen aufs neue die freundlichen Beziehungen der beiden Reiche zum Ausdruck.

Der Feldzug Sigismunds, des Konigs von Polen, gegen Rup- iand und gleichzeitig damit die Bitte Grusiens und Kachetiens die von Persien erobert waren, sie gegen letzteres zu schiitzen, veranlapten Michael Feodorowitsch, im Jahre 1618 eine grope

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Gesandtschaft nach Persien zu schicken, an deren Spitze der Furst Michael Petrowitsch Barjatinski gestellt wurde. Es wurde ihm genau der einzuschlagende Weg angegeben, sowie er auch Vorschriften erhielt, wie er sich auf dem Wege und bei dem Empfange am Hofe des Schah zu verhalten habe, um nicht das eigene Reich den Persern gegeniiber herabzusetzen, sondern sie zu veranlassen, es noch mehr zu achten.

Barjatinski war beauftragt, dem Schah Abbas Geschenke und ein Schreiben zu iiberbringen, in welchem die briiderliche Freund- schaft und Liebe, die Rupland zu Persien hege, versichert wurde. Er sollte ferner die grope materielle Zerriittung, die Rupland in der unruhigen Zeit erlitten habe, erwahnen und Abbas um Unter- stiitzung gegen Sigismund durch Obersendung von Geld bitten. Michael Feodorowitsch verpflichte sich, dem Schah mit Kost- barkeiten aus dem Reich, die ihm genehm waren, Zahlung zu leisten.

Wenn der Schah einwillige, Rupland mit Geld zur Hilfe zu kommen, solle Barjatinski ihm eine Urkunde mit der Versicherung aushandigen, dap die Gelder abgezahlt wiirden. Barjatinski wurde auch das Recht bewilligt, auperstenfalls Astrachan Persien als Pfand zu iiberlassen. Die Hohe der Summe, welche von Persien erbeten wurde, war nicht genau bestimmt. Es wurde nur er- wahnt, dap der Jahresunterhalt der gegen Sigismund aufgestellten Truppen 400000 Rubel betrage. Ob der Gesandte Geld erhalten hat, in welcher Hohe und unter welcher Sicherung, ist nicht bekannt. Nur das weip man, daP die Gesandtschaft sehr freund- schaftlich aufgenommen wurde und er den Russen erlaubte, Handel zu treiben, und sogar den Wunsch auPerte, daP sein Reich un- mittelbar an Rupiand grenzen mochte und keinerlei Lander zwi- schen den beiden Staaten lagen.

Was Grusien und Kachetien betrifft, die, wie erwahnt, Rup- land um Hilfe gegen die Perser gebeten hatten, so befapte sich der Gesandte nicht mit dieser Angelegenheit, und beschrankte sich nur darauf, Nachrichten iiber diese wie iiber die anderen, Persien benachbarten Lander einzuziehen.

Der Vorschlag des Schahs Abbas, dap die Grenze Rupiands und Persians eine gemeinsame werden mochte, hatte keine Folge, weil das einen neuen Krieg veranlapt haben wiirde, der damals fiir Rupland bei seinem geschwachten Zustande nicht wiinschens- wert war.

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Zwei Jahre nach der Riickreise Barjatinskis entsendete der Schah aufs neue eine auperordentliche Gesandtschaft nach RuP- land, die grope Geschenke f iir Michael Feodorowitsch iiberbrachte und auf der ganzen Reise iiber das Kaspische Meer und weiter auf der Wolga festlich empfangen wurde.

Alle diese gegenseitigen Gesandtschaften befestigten die freundschaftlichen Beziehungen Ruplands zu Persien. Nur zur Zeit der Regierung Alexeis Michailowitsch (1645 1676) zerstorte Stenka Rasin das gute Verhaltnis der beiden Reiche- zueinander. Nachdem Rasin Astrachan genommen hatte, iiberfuhr er das Ka- spische Meer und drang in Persien ein. Schnell bemachtigte er sich eines bedeutenden Teils des Landes, gelangte bis zur Residenz des Schahs, raubte dessen Tochter, fiihrte sie mit sich und er- trankte sie auf der Riickkehr nach Moskau in der Wolga. Der Schah stellte an die russische Regierung als Entgelt fiir die Taten Rasins grope Forderungen, die auch bewilligt wurden. Rasin wurde in Moskau hingerichtet und samtliche in Moskau wohnenden Perser mupten dabei zugegen sein, um dem Schah Genugtuung zu verschaffen.

Die guten Beziehungen zwischen den beiden Reichen wurden aber durch die Entsendung weiterer Gesandtschaften wiederher- gestellt, und schon 1664 erhielten die russischen Kaufleute die Erlaubnis, in Persien Handel zu treiben, ohne daP sie Abgaben zu zahlen hatten oder sonst beschrankt wurden.

Durch den Tod des Schahs Abbas im Jahre 1627 verlor Persien einen Herrscher, der es verstanden hatte, bei der EJr- weiterung der Grenzen seines Reichs fiir die Befriedung des- selben und die Ordnung der inneren Angelegenheiten zu sorgen, und deshalb nicht nur von den Nachbarn, sondern auch von den eigenen Untertanen sehr gefiirchtet war. Die Nachfolger des Schahs Abbas besaPen diese Eigenschaften nicht, und schon zu Ende des XVII. Jahrhunderts traten Unruhen in Persien ein, die zu einer inneren Zerriittung fiihrten. Die Unruhen wurden immer gropei" und hatten sich endlich im Jahre 1712 zu einem offenen Aufstande des Dagestaners Daud-Bek entwickelt, der Schemacha beraubte und viel Volk, darunter auch russische Kaufleute, die sich dort niedergelassen hatten, niedermachte.

Der Schah Hussein war iiber dieses Ereignis im hohen MaPe in Schrecken gesetzt, besonders weil der Ruhm und die Erzah- lungen iiber Peter den Gropen sich verbreitet hatten, Infolge-

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dessen schickte der Schah eine Gesandtschaft nach Rupiand, die das Vorkommnis entschuldigen, reiche Geschenke iiberbringen und Vorschlage iiber die AbschliePung eines liandelsvertrags machen sollte. Peter, der damals schon beschlossen hatte, das siidliche Ufer des Kaspischen Meeres in seine Gewalt zu bringen, um da- durch den Weg nach Indien seinem Reich zu erschliepen, nahm die Vorschlage gern an, schloP aber noch keinen offiziellen Ver- trag ab; er wollte zuvor den inneren Zustand Persiens kennen lernen. Um dies zu erreichen, schickte er im Jahre 1715 Artemii Wolynski, der damals ein junger Oberstleutnant war und auf den man grope Hoffnungen setzte, nach Persien. Wolynski erhielt eine weitgehende Vollmacht, um einen Handelsvertrag abzu- schlie[3en, der auch vom Schah Hussein am 30. Juli 1717 (a. St.) bestatigt wurde. Auf Grund dieses Vertrags wurden die Zolle, die Handelsgegenstande festgestellt, und Rupiand erhielt das Recht, einen standigen Konsul in Gilan zu haben, um etwaige Streitigkeiten zwischen den Handlern zu schlichten. Von der politischen Lage Persiens entwarf Wolynski ein trostloses Bild, und sprach unter anderem die Befiirchtung aus, daP die Afghanen das siidliche Kiistenland des Kaspischen Meeres besetzen wiirden. Die Befiirchtung bestatigte sich: aber nicht nur Afghanen, sondern auch Usbeken, Kurden und sogar Araber drangen in Per- sien ein. Die Afghanen unter Mir Mahmud nahmen die Haupt- stadt Isfahan, entsetzten den Schah Hussein des Thrones und erklai'ten Mir Mahmud als Herrscher Persiens. In dieser ver- zweifelten Lage wandte sich der Sohn Husseins, Tahmasp, an Peter den GroPen mit der Bitte, ihm zu helfen, das Land vom Feinde zu befreien und ein gesetzmapiges Reich herzustellen, unter dem Versprechen, ihm die am Kaspischen Meere gelegenen Gebiete abzutreten. Bald bereute aber Tahmasp die von ihm gemachten Vorschlage, so dap er den Befehl an Ismail-Bek, der als Gesandter entsendet war, schickte, zuriickzukehren. Dieser hatte aber schon Astrachan erreicht, und ihn zuriickzurufen war unmoglich. Peter der Grope hatte schon langst die Ereignisse in Persien verfolgt und sich zu einer Expedition vorbereitet, welche er im Jahre 1722 zur Ausfiihrung brachte. In kurzer Zeit hatte Peter Derbent, und der Generalmajor Matuschkin Baku erobert. Am 12. September 1723 (a. St.) kam ein Vertrag zwischen Rup- land und Persien zustande, auf Grund dessen sich Rupiand ver- pflichtete, ,,gute und bestandige Freundschaft und Hilfe gegen

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alle Aufstandischen Persien zu erweisen. Zur Befriedung des Landes und urn den Schah aui dem Thron zu erhalten, lapt der Kaiser sobald als moglich die erforderliche Anzahl von Truppen, Reiterei und Infanterie, in das persische Reich einriicken, um die Aufstandischen niederzuwerfen und dem Schah die ruhige Herr- schaft iiber das persische Reich zu sichern". Dafiir tritt der Schah dem russischen Kaiser „die Stadte Derbent, Baku mit dem ganzen zu ihnen gehorigen und am Kaspischen Meere gelegenen Territorium und Orten, sowie die Provinzen Gilan, Masanderan und Astrabad zu ewigem Besitz ab". Dann folgen Versicherungen der „ewigen Freundschaft" und die Erlaubnis, „daP die beider- seitigen Untertanen in beiden Reichen reisen, dort auch leben, Handel treiben, je nach ihrem Ermessen das Land verlassen konnen; niemand soil aufgehalten und gekrankt werden, und wenn jemand es wagt, sie zu beleidigen, so soil er dafiir von seinem Herrscher hart bestraft werden", Schliepiich ist in dem Vertrage versprochen, ,,gegen die Feinde sich einander zu unter- stiitzen". Der AbschluP dieses Vertrages war aber mit Umstanden verbunden, welche die Erfiillung unmoglich machten. Die nach dem Vertrage an Rupland abzutretenden Lander mupten mit Ge- walt genommen werden, und die Bundesgenossen, die Truppen Tahmasps, leisteten Widerstand.

Bald starb Mir Mahmud und der Sultan Eschref bestieg den isfahanschen Thron, der den Kampf seines Vorgangers fortsetzte und nicht zugab, daP die am Kaspischen Meere gelegenen Lander an Rupland abgetreten wiirden. Als er sich dann gegen den nordlichen Feind, Rupland, wandte, wurde er von diesem in Gilan geschlagen und gezwungen, alle Forderungen Rupiands an- zunehmen.

Nach dem Tode Peters des GroPen am 8. Februar 1726 kamen seine Nachfolger zu anderen Ansichten und verwarfen die weit- sichtigen Plane Peters. In dem Vertrage zu Rescht am 13. Februar 1729, der nach dem Siege in Gilan zum Abschlup kam, wurden die am Meere gelegenen Provinzen Astrabad und Masanderan an Persien zuriickgegeben, um die alte Freundschaft aufrecht zu halten. Daran war aber die Bedingung gekniipft, daP diese Pro- vinzen an eine andere Macht unter keinen Umstanden abgetreten werden diirften; sie soUten wieder an Rupiand fallen und die geschlossenen Vertrage fiir nichtig erklart werden, wenn diese Bedingung nicht geachtet werden sollte.

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Der Vertrag enthalt eine eingehende Beschreibung der Grenze zwischen Persien und Rupiand: Derbent, der untere Lauf der Kura bis zur Einmiindung des Aras, Talisch und Gilan bis zur Grenz- scheide Tenikabunskoje fielen an Rupiand. Der 4. Artikel des Reschter Vertrags handelte ,,von den internationalen Bezieh- ungen mittels der Gesandten, Sendlinge und Grenzbeamten, welche mit wiirdevoller Ehrfurcht, wohlgefallig und ohne Gefahrdung geleitet, aufgenommen, gehalten und nach Erledigung ihrer Auf- trage abgesandt werden sollten". Der 5. Artikel betrifft den diplomatischen Briefwechsel, der 6. Artikel das Verhaltnis der Grenzbewohner zueinander, der 7. Artikel die Auslieferung der Oberlaufer; der 8. Artikel gibt den russischen Untertanen das Recht, unter Zahlung der gewohnlichen Abgaben nach den friiheren Festsetzungen in dem ganzen Reich und den Landschaf ten Persiens mit jeglichen Waren Handel zu treiben, Hauser, Karawansereien, Vorratshauser, Laden zu bauen und durch das persische Reich nach Indien und anderen Staaten und Landern als Handler mit Karawanen frei und gefahrlos zu reisen. Ebenso haben auch die persischen Untertanen das Recht, sich zu Handelszwecken in Rupiand aufzuhalten. Es wird auch noch die Frage iiber das Gut der Reisenden, Gestorbenen entschieden. In diesem Falle sollen die zuriickgelassenen Hauser, Karawansereien, Vorrats- hauser, Laden, Waren und Lebensmittel den gesetzlichen Nach- kommen oder den Magistraten ohne irgend eine Beschadigung und in gutem Zustande iibergeben werden."

Nach der Beendigung des Krieges mit Rupiand mupte Eschref sich gegen Tahmasp wenden, welch letzterer aber, von dem Turk- menen Nadir unterstiitzt, so gliicklich operierte, daP die Armee Eschrefs vernichtet wurde und er selbst 1729 den Thron Persiens bestieg.

Urn diese Zeit war Anna Iwanowna (1730 1740) Kaiserin von Rupiand geworden, deren politische Auffassung inbetreff des Kaspischen Kiistenlandes nicht den Planen Peters des GroPen entsprach. Die groPen materiellen Ausgaben und die groPe Sterb- lichkeit der in Gilan stehenden Armee infolge des Sumpfklimas trugen dazu bei, dap Biron nur eine giinstige Gelegenheit ab- wartete, um die erworbenen Provinzen wieder aufzugeben. Tah- masp wurde als Schah von Persien bestatigt und am 21. Januar 1732 ein Vertrag mit ihm abgeschlossen, worin es hieP: „Ihre Kaiserliche Majestat tritt als ein unveranderliches Zeichen ihrer

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gropen freundschaitlichen Gesinnung zu Sr. Majestat dem Schah sowie ihrer Hochherzigkeit, ohne die vielen Millionen, die fiir die Truppen ausgegeben sind und ohne den Verlust ihrer Truppen seit dem Beginn des Einriickens in Persien in Anschlag zu bringen, alle Landschaften der am Flusse Kura liegenden Provinzen ab, aber sie geruht nicht, die iibrigen Landschaften von der Kura ab hinzuzufiigen, verspricht jedoch, sie der Herrschaft des Schahs zuriickzugeben, sobald es fiir gefahrlos erachtet wird, namlich wenn der Schah seine Feinde vertreibt und seinem Reich die Ruhe wiedergiebt."

Dabei blieb aber die russische Regierung nicht stehen; sie stellte auch Grusien unter die Protektion des Schahs, trotzdem dap die Bevolkerung so oft um Hilfe gegen die Perser gebeten hatte. In dem Artikel 3 dieses Vertrages wurde der Handel in alien Landschaften und Orten mit den aus Rupiand eingefiihrten wie auch umgekehrt mit persischen Waren ohne Abgaben zu zahlen gestattet.

Sehr wichtig ist auch der 6. Artikel, wonach die ersten Konsuln und Agenten eingesetzt wurden, die erforderlichenfalls fiir die Kaufleute sorgen, etwaige Streitigkeiten schlichten und Mittel ausfindig machen konnten, um den Handel zu fordern. Zu diesem Zweck wurden Konsulate in der Residenz beider Reiche und in anderen Stadten nach dem Ermessen der Monarchen er- richtet.

Dem Schah Tahmasp gelang es aber nicht, seinem Reiche die Ruhe zu geben. Der Turkmene Nadir, welcher ihm geholfen hatte, den Thron zu besteigen, war sehr machtig geworden, und er zogerte nicht, seine Macht zu beniitzen, um Tahmasp wieder zu entthronen. Der Versuch gelang, und Nadir wurde der Be- herrscher Persiens. Er forderte von der Tiirkei die Riickgabe der von ihnen eroberten persischen Landschaften, was aber ver- weigert wurde. Sie erklarte Persien den Krieg; der Krymsche Chan sollte von Norden durch Dagestan in Persien eindringen, welch ersteres von Rupiand besetzt war. Dieser Umstand fiihrte zu einem ZusammenstoP mit den Bewohnern der Krym und gleich- zeitig zu einem Kriege mit der Tiirkei.

Nadir-Schah benutzte die politischen Verwickelungen, und da er das Wohlwollen Ruplands Persien gegeniiber kannte, schickte er gegen Ende des Jahres 1734 seinen Gesandten Hussein-Chan nach Rupiand, um die Regierung der gropten freundschaftlichen

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Zuneigung des Schahs und des Reichs zu der Kaiserin zu ver- sichern, und um dann eine Abtretung von noch mehr Land zu erlangen, AuPer dieser offiziellen Mission hatte Hussein noch den geheimen Auftrag, der Tochter des gropen Kaisers, Elisabeth Petrowna, den Vorschlag zu machen, sich mit dem Schah Nadir zu vermahlen. Diese Vermahlung hatte eine nur politische Be- deutung und zeigt, wie sehr Nadir iiber den Zustand des russischen Reichs unterrichtet war, wenn er daran denken konnte, durch eine Heirat mit Elisabeth Petrowna das russische Reich als Mit- gift zu erhalten, indem Anna Iwanowna entthront werden und Elisabeth an deren Stelle treten sollte.

Der Vorschlag wurde abgelehnt. Nadir hatte aber alien Grund gehabt, auf das Wohlwollen der Kaiserin zu rechnen. Schon am 10. Marz 1735 schloP Rupiand mit Persien in Gandj einen neuen Vertrag, kraft dessen Rupiand in seinem unveranderlichen Wohlwollen zum Iranschen Reich und in der Absicht, den besten Weg vorzubereiten, „um es in seinen friiheren Zustand zu bringen und alien, sowohl den Nahen wie auch den Fernen, zu zeigen, dap von seiten Rupiands nicht beabsichtigt werde, etwas von Persien zuriickzubehalten, und nur infolge der Hochherzigkeit und der gropen Gnade der Monarchin gestatte, die Stadte Baku und Derbent mit den zngehorigen Landschaften und Dorfern ab- zutreten und zuriickzugeben und Dagestan und die iibrigen zu Schamchala und Jemega gehorigen Orte sollten wie friiher Persien zufallen". In dem 1. Artikel des Vertrages wird „die ewige Bundesfreundschaft mit dem russischen Reich" und die gegen- seitige Unterstiitzung und die Eroffnung von kriegerischen Tatig- keiten gegen jeden, „der gegen diese beiden Hofe einen Krieg beginne", aufgenommen. Die abgetretenen Stadte wie die Gebiete, die in den friiheren Vertragen erwahnt waren, sollten in keiner Weise und unter keinem Vorwande in die Hande anderer Machte, besonders der gemeinsamen Feinde, kommen, sondern es miisse angestrebt werden, dap sie der Macht des Iranschen Reiches erhalten wiirden. Von dem Wohlwollen der Perser gegen Rupiand war man nicht so iiberzeugt, dap man es hatte unterlassen konnen, die Bedingung zu stellen, dap „das in Derbent vorhandene christ- liche Kloster nicht zerstort wiirde; nicht bloP die Abhaltung des Gottesdienstes, sondern auch die Diener sollten nicht gefahrdet werden". Ferner wurde von dem russischen Bevollmachtigten Golizyn die Bedingung von Persien gefordert, „dap es keinen

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Frieden schliePe, bis die von der Tiirkei entrissenen und eroberten Provinzen dem Iranschen Reich zuriickgegeben sein wiirden". In den Friedensabschlup, der nach der Riickgabe aller Land- schaften an Persien erfolge, solle Rutland eingeschlossen werden, das sich Persien gegeniiber verpflichtete, daP ,,die Feinde des letzteren auch seine Feinde sein sollten". Durch den 4. Artikel dieses Vertrages wurden die friiher Rupiand zuerkannten Rechte inbetreff des Handels bestatigt, und durch den Artikel 5 erhielt die russische Kaufmannschaft das Recht, „mit ihren Schiffen anzulegen und ihre Waren an den Ausladepunkten zu lagern, sie nach anderen Orten zu schaffen und frei Handel zu treiben". Nach diesem Artikel wurde in Rescht ein Konsul eingesetzt, „damit die russischen Kaufleute in Zukunft mit Nutzen handeln konnten".

So hatte im Jahre 1735 Rupiand die von Peter dem GroPen eroberten Gebiete verloren und eine schwere Verpflichtung iiber- nommen, die es so bedriickte, dap alle moglichen Anlasse und Vorwande gesucht wurden, um sich von ihr zu befreien. Alles, was Peter der GroPe getan hatte, war vernichtet. Alle Siege, die Rupiand so viel Blut gekostet hatten, waren umsonst gewesen. Die russische Diplomatie fand das aber ganz angemessen, als ein Zeichen „der unvergleichlichen Freundschaft zum Schah und des unveranderlichen Wohlwollens zum Iranischen Reich", das alle diplomatischen Erwagungen aufhob.

Der Vertrag zu Gandj hatte zur Folge, daP die russischen Beziehungen zu Persien auf lange Zeit unterbrochen waren. Unter der Regierung Katharinas der GroPen mupte Rupiand im Jahre 1781 tatsachlich „die schwere Verpflichtung" auf sich nehmen und die politischen Beziehungen mit Persien erneuern, welche aber reine Handelsbeziehungen waren und sich hauptsachlich in Astra- chan, in beschranktem MaPe in Enseli, Baku und Derbent konzen- trierten. Mit der Entwickelung des russischen Handels auf dem Kaspischen Meere wurden bestandig Klagen iiber die Raubereien der Turkmenen laut. Letztere schadigten die Schiffahrt und be- sonders den Fischfang. Die russische Regierung sah sich infolge- dessen im Jahre 1781 gezwungen, den Grafen Woinowitsch nach Persien zu entsenden, um von der persischen Regierung die Er- laubnis zur Errichtung einer Beobachtungsstation am Siidufer des Kaspischen Meeres zu erlangen.

Am 30. Juni 1781 langte der Graf Woinowitsch mit vier Schiffen in der Astrabadschen Bucht an. Es begannen Verhand-

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lungen iiber die Anlage einer Station in Aschref. Aga- Mo- hammed-Chan sah ein, daP eine Ablehnung der Bitte widersinnig sei, da iiber eine Flotte nicht verfiigt werden konnte, Infolge- dessen nahm er die Gaste sehr freundlich auf und erlaubte Woino- witsch, die Station in der Grenzscheide Gorodowin, 80 km von Astrabad, zu errichten. Woinowitsch baute dort eine Batterie, um sich gegen die Turkmenen zu sichern, ein Hospital, einen Bazar, einen Anlegeplatz und andere Gebaude und wartete dann die Entscheidung iiber die AbschliePung eines Vertrages inbetreff der neuen Ansiedelung ab.

Aga-Mohammed-Chan, der Begriinder der jetzt noch in Persien herrschenden Dynastie, lud die russischen Offiziere zu sich ein, lieP sie gefangen nehmen und die von den Russen angelegten Befestigungen zerstoren. Woinowitsch wurde gefesselt nach der Stadt Sari gebracht, wo schon tags vorher Aga-Mohammed-Chan eingetroffen war. Er setzte sofort Woinowitsch in Freiheit, ent- schuldigte die harten Ma^regeln, die durch unwahre Meldungen seiner Untergebenen und durch die Mitteilung des Chans von Buchara, als ob Rupiand nur in feindlicher Absicht nach der An- legung einer Station in der Bucht von Astrabad trachtete, hervor- gerufen waren. Die russische Regierung war durch diese Er- klarung vollstandig befriedigt und befahl dem Grafen Woino- witsch, sogleich zuriickzukehren.

Im Jahre 1782 wandte sich Grusien von neuem an Rupiand mit der Bitte, es vor den Persern und Tiirken zu schiitzen. Katharina dieGroPe, die vollstandig die Politik Peters des GroPen verfolgte und augenscheinlich die Griindung eines armenisch-grusischen Zar- tums plante, ging auf die Bitte der grusinischen Zarin, Iraklija, ein und schlop mit ihr im Juli 1783 einen Vertrag, auf Grund dessen letzterer die innere Verwaltung Grusiens iibertragen wurde, wahrend Rupiand die Sorge fiir die auPeren Angelegenheiten des Zartums iibernahm und sogar nicht nur fiir die Landschaften, die um diese Zeit Iraklija gehorten, sondern auch fiir alles Land, das in der Folge in den Besitz Grusiens kommen konnte, die Garantie iibernahm.

Aga-Mohammed-Chan, unzufrieden mit diesem Verhaltnis Rup- lands zu Grusien, riickte im Jahre 1793 mit drei Kolonnen in Grusien ein, verwiistete es schrecklich und zerstorte Tiflis, dessen Bewohner auf grausame Weise niedergemacht und die Kinder lebend in die Kura geworfen wurden. Die Kaiserin entsetzte sich

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iiber die Nachricht von der barbarischen Bestrafung, die von dem persischen Schah iiber das Volk und die Zarin verhangt war, deren ganze Schuld darin bestand, dap sie zu Rupiand ihre Zuflucht nahm und sich den ihr drohenden Gefahren in der Hoffnung auf die ihr versprochene Hilfe aussetzte. Die Kaiserin lieP unverweilt Gulowitsch mit 8000 Mann in Grusien einriicken. Da aber letzterer keine entscheidenden Erfolge erreichte, wurden im Friihjahr 1796 noch weitere 35000 Mann unter dem Befehl Subows nachgeschickt. Letzterer ging sehr energisch vor und nahm in kurzer Zeit die Festungen Derbent, Baku und Ganj. Gegen Ende des Herbstes war das ganze Kiistenland des Kaspischen Meeres von der Miin- dung des Terek bis zur Kura in den Handen der Russen. Der Graf Subow ging eilends iiber den Aras, um in dem niuganischen Tale zu iiberwinlern. Er beabsichtigte, im Friihjahr das Gebiet Aser- beidjan zu befrieden und auf Teheran vorzugehen.

Am 17. November 1796 starb die Kaiserin Katharina. Ihr Nachfolger, der Kaiser Paul, verabschiedete sofort den Feld- marschall Subow und lieP die Truppen in ihre Standorte zuriick- kehren. Ein Vertrag mit Persien war nicht abgeschlossen; RuP- land hatte seine Siege nicht ausgenutzt.

Nachdem im Jahre 1797 Aga-Mohammed ermordet war, wurde sein Neffe Fath-Ali sein Nachfolger auf dem Throne Persiens. Er verlegte seine Residenz von Isfahan nach Teheran, um bei politischen Verwickelungen an der Nordgrenze sich rechtzeitig dorthin begeben zu konnen.

Das Ende des XVIII. und der Anfang des XIX. Jahrhunderts war fiir Persien sowohl infolge der Ereignisse wie auch infolge seiner Stellung, welche es unter den europaischen Machten ein- nahm, eine sehr wichtige Zeit.

Zu Anfang des XIX. Jahrhunderts war es England, das auf die politischen Angelegenheiten Persiens einen groPen EinfluP ge- wann. Bis dahin hatte es nur groPe Handelsinteressen in den Hafen des Persischen Golfs, obgleich es einen beziiglichen Ver- trag mit Persien nicht abgeschlossen hatte. Erst im Jahre 1800, als es den EinfluP Frankreichs auf Persien beobachtete und um sich gegen einen Einfall der Afghanen in Indien zu sichern, schickte es den Kapitan Malkom nach Persien, um einen Vertrag zu ver- einbaren.

Der Schah Fath-Ali liep sich durch die gropen Versprechungen Malcoms bewegen, im Jahre 1801 einen Vertrag mit England ab-

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zuschliepen, zumal er wiinschte, gute Beziehungen zu diesem Reiche herzustellen. In diesem Vertrage wurde hauptsachlich das beriick&ichtigt, was Gropbritannien bei einem Einfalle der Af- ghanen in Indien vorteilhaft sein konnte. Unter diesen Umstanden verpflichtete sich Fath-Ali, „unverweilt die afghanische Grenze zu verwiisten und das afghanische Volk zu befrieden". Dann nahm Malcom einen Artikel in den Vertrag auf, in dem es heipt, „dap, wenn der afghanische Herrscher oder die franzosische Nation einen Krieg mit Persien beginnen wiirde, der Konig von England so viel Kriegsvorrate Persien senden werde, wie es raoglich sei. Wenn eine franzosische Armee versuchen sollte, sich auf einem der Ufer des Persischen Golfs festzusetzen, wiirden die englischen und persischen Truppen mit vereinten Kraften bestrebt sein, sie zu vertreiben, und keinem bedeutenden Franzosen sollte gestattet werden, seinen Aufenthalt auf den Kiisten und Inseln Persiens zu nehmen."

Dieser Artikel erklart sich nur durch die Angst, welche die „aufgeklarten Seefahrer" vor den Planen Napoleons, Indien zu erobern, batten. Es liegt auf der Hand, dap dieser Vertrag nur Englands Vorteile im Auge hatte. Der Schah Fath-Ali sah sehr wohl ein, dap er ihn nicht gegen den machtigen Nachbar, Rupland, sichere, der alle seine friiheren diplomatischen Fehler erkannt und im Jahre 1801 Grusien sich untertanig gemacht hatte.

Aus diesen Griinden war es natiirlich, daP der Schah sogar nach dem Abschlup des Vertrages mit England fortfuhr, einen zuverlassigen Bundesgenossen zu suchen. DaP nach der Eroberung von Grusien Rupland sich auch Imeretien, Mingrelien und Gurien einverleibt und dann Persien den Krieg erklart hatte, bestatigte die Befiirchtungen Fath-Alis, dap England ein sehr unzuverlassiger Bundesgenosse ware. Letzteres versagte Persien die Hilfe nicht, aber es stellte als Entgelt die unerhorten Forderungen, „das ganze Kiistenland abzutreten, das Recht, Bender-Buschir zu befes- tigen, enorme Kontributionen, die Abtretung der Inseln und das Oberkommando iiber die persischen Truppen". Der dariiber auf- gebrachte Schah verwarf alle diese Bedingungen Englands und wandte sich im Jahre 1802 brieflich an Napoleon, dessen Person- lichkfcit und Eroberungen in Italien und Agypten ihn hoffen liePen, aus dieser gefahrlichen Lage zu kommen.

Napoleon war sehr erfreut, einen solchen Bundesgenossen im Osten zu gewinnen, und sandte unverweilt Jaubert mit einer

Die Beziehungen Rufilands zu Persien. 2

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offiziellen Mission an den Sultan Selim und mit einer geheimen an den Schah von Persien. Fast gleichzeitig mit Jaubert wurde Raumier entsendet, der unter dem Vorwande, eine auPerordent- liche Mission nach China zu haben, durch Syrien, Suleimanien nach Persien gelangte und dann sich schnell nach Teheran begab, in- dem er Ranke von den Englandern befiirchtete, die aufmerksam waren und den wahren Zweck der Gesandtschaft errieten. Fath- Ali nahm den Gesandten sehr freundlich auf, weil dieser die Instruktion hatte, den Schah zu benachrichtigen, daP Napoleon mit dem Biindnis vorlaufig einverstanden sei und ein offizieller Gesandter eintreffen wiirde. Vor allem kam es Napoleon darauf an, den Zustand des Landes und seine Truppenmenge kennen zu lernen. Einige Tage nach seiner Ankunft starb Raumier. In der Hauptstadt ging das Geriicht, daP er ein Opfer politischer Intriguen geworden sei. Der Schah Fath-Ali war iiber dessen Tod sehr traurig, beerdigte ihn mit groPer Pracht und errichtete ihm sogar ein Denkmal. Der Bevollmachtigte Napoleons, Jaubert, war indessen sehr vorsichtig, und erst in Erzerum erklarte er sich als Gesandter. Die Englander verfolgten seine Reise mit groPer Aufmerksamkeit, und bei seiner Ankunft in Bajasid ergriffen sie ihn und nahmen ihn gefangen. Nach kurzer Zeit wurde er aber wieder in Freiheit gesetzt und traf in Teheran ein, wo man ihn mit groper Ungeduld erwartet hatte. Er wurde auPerordentlich freundlich empfangen. Infolge der langen Reise und der Gefangen- schaf t sehr erschopf t, erkrankte Jaubert und reiste krank mit einem Antwortschreiben des Schahs nach Paris zuriick. Fath-Ali war iiber das Ungliick, das die Gesandten Napoleons betroff en hatte, sehr be- kiimmert. Er gab Jaubert den besten Arzt mit, der mit seinem Kopf fiir das Leben des Gesandten haften sollte. Gliicklicher- weise erholte sich Jaubert auf der Reise, kehrte wohlbehalten nach Paris zuriick und iiberreichte Napoleon das Schreiben des Schahs. Bevor ersterer sich entschlop, ein Biindnis mit Per- sien zu schliepen, entsandte er noch wiederholentlich Ge- sandte dorthin, um sich iiber die Fahigkeit Persiens, ihn bei seinen Eroberungsplanen inbezug auf Indien zu unterstiitzen, klar zu werden.

Um diese Zeit begann Rupiand den Krieg mit Persien. Die Siege des Fiirsten Zizianow iiber Abbas-Mirsa, die Einnahme der Festung Ganj (Jelissawetpol) im Jahre 1804 und die im Jahre 1805 genommenen Chanate Karabagh, Scheka und Schirwan bis

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dicht an den Aras brachten den Schah nicht zur Vernunft; auf Anraten der Englander dachte er nicht an den Frieden, so daP er Rutland zwang, auf seiner siegreichen Bahn weiter fortzu- schreiten. Der Krieg Persiens mit Rupiand war den Englandern notwendig, weil er Napoleon hinderte, seine Plane inbetreff Indians zur Ausfiihrung zu bringen.

Die Einnahme Bakus durch den General Bulgakow und Der- bents durch Glasenap im Jahre 1806 veranlapte Fath-Ali, seinen Bevollmachtigten Mirsa-Risa-Chan nach Frankreich zu schicken, um moglichst schnell einen Vertrag mit Napoleon abzuschliePen. Der Vertrag wurde am 4. Mai 1807 in Finkenstein unterzeichnet, kraft dessen sich Fath-Ali verpflichtete, nach der Ratifikation des Vertrages alle politischen und Handelsbeziehungen mit Eng- land abzubrechen und ihm sofort den Krieg zu erklaren, ohne seinen Vorschlagen zuzustimmen (Art. 8). Wenn Ruf31and und England ein Biindnis gegen Frankreich und Persien schlie^en sollten, waren beide Nationen verpflichtet, gemeinsam gegen die beiden obengenannten Machte zu operieren (Art. 9). Der Schah ver- pflichtete sich ferner, seinen ganzen Einflup zu benutzen, um die Afghanen und andere Volkerschaften Kandahars zu einem Kriege gegen England zu bewegen und nach Vereinigung dieser Truppen mit den eigenen tief in Indien einzudringen (Art. 10). In dem Falle, dap Napoleon seine Armee auf dem Landwege nach Indien vorgehen liepe, so lite der Schah sie durch sein Territorium riicken lassen, sie auf dem Marsche mit Verpflegung unterstiitzen und endlich seine Armee mit der franzosischen vereinigen (Art. 12), Alle Hafen des Persischen Golfs sollten dem franzosischen Ge- schwader geoffnet werden (Art. 11). Napoleon garantierte seiner- seits Persien den vollen Besitzstand seines Reichs (Art. 2), erkannte Grusien als zu Persien gehorig an (Art. 9). Er versprach, alles aufzubieten, Rupiand zur Zuriickgabe Grusiens und der anderen Gebiete zu bewegen (Art. 4). Ferner verpflichtete sich Napoleon, einen Bevollmachtigten dem Teheranschen Hofe beizugeben und Persien zu helfen, die Truppen und die Bewaffnung nach fran- zosischem Muster zu reorganisieren, und war mit der Gestellung von Instruktionsoffizieren einverstanden (Art. 7). Auch wollte er so viel Waffen liefern, wie es der Schah fiir notig halte.

So versprach Napoleon allerdings, Persien in spaterer Zeit zu helfen; nur Instruktoren und Waffen wollte er schicken. Persien sollte dagegen gezwungen werden, trotz seiner Leistungsunfahig-

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keit und dem mehrjahrigen Kriege mit Rutland sofort England den Krieg zu erklaren und nach Indien vorzugehen.

Trotzdem dap der Vertrag auPerordentlich unvorteilhaft fiir Persien war, wurde dennoch der standige Gesandte Frankreichs von der Bevolkerung mit unbeschreiblichem Enthusiasmus aufge- nommen. Der Schah unterzeichnete, ohne zu zogern, den Vertrag und auch den Erganzungsvertrag, auf Grund dessen den fran- zosischen Untertanen groPe Vorteile inbetreff des Handels und den Konsuln eine weitgehende Machtbefugnis eingeraumt wurden.

Die franzosischen Instruktoren und die franzosischen Waffen half en Persien nicht; die Russen gingen im Kaukasus weiter vor und nahmen im Jahre 1808 Nachitschewan. Aus Furcht vor solchen schnellen Erfolgen schlug Fath-Ali dem russischen Ober- befehlshaber Gudowitsch vor, einen Waffenstillstand auf ein Jahr abzuschliepen, welcher Vorschlag dem Kaiser von Rupiand unter- breitet wurde. Gleichzeitig schickte Fath-Ali seinen Gesandten Asker-Chan nach Paris mit der Vollmacht, unter Mitwirkung Na- poleons mit dem Grafen Tolstoi, dem damaligen russischen Ge- sandten an dem franzosischen Hofe, einen Friedensvertrag abzu- schliepen. Asker-Chan war aber noch nicht nach Paris gelangt, als der Kaiser von Rupiand an Gudowitsch den Befehl erlieP, keinen Waffenstillstand zu gewahren und vorzugehen. Napoleon hatte Asker-Chan nicht unterstiitzt; er wollte sich mit Rupiand nach dem Tilsiter Frieden nicht entzweien, wies auf die zu weite Entfernung Frankreichs von Persien hin, und lehnte das Gesuch ab.

Infolge dieser abschlagigen Antwort horte der EinfluP Frank- reichs auf Persien auf. Der Plan Napoleons, sich Indiens mit Hilfe Persiens zu bemachtigen, konnte nicht zur Ausfiihrung kommen.

Die Englander hatten ihre voile Aufmerksamkeit auf die Ereignisse in Persien gerichtet und zogerten nicht, aus den Um- standen Nutzen zu ziehen, indem sie mit einem Geschwader in den persischen Golf unter dem Vorwande einliefen, Verhandlungen anzukniipfen. Der franzosische Gesandte verlangte von Fath-Ali, sich jeglicher Verhandlungen mit den Englandern zu enthalten, unter der Drohung, dap er andernfalls Persien verlassen wiirde. Der Kommandierende des englischen Geschwaders machte den Vorschlag, daP England den Schah mit Geld unterstiitzen werde, um den Krieg mit Rupiand fortsetzen zu konnen. Wenn er dies ablehnen sollte, wiirde England Persien den Krieg erklaren und

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die jetzt herrschende Dynastie stiirzen und einen Nachkommen des friiheren Herrscherhauses, welcher sich auf dem Geschwader befinde, den Thron besteigen lassen.

Fath-Ali fand keinen anderen Ausweg aus dieser mipiichen Lage, als mit England in Unterhandlungen zu treten, wodurch allerdings der Vertrag mit Napoleon verletzt wurde. Am 12. Fe- bruar 1809 verliep der franzosische Gesandte Teheran, und einige Tage spater zog der englische Gesandte feierlich hier ein. In demselben Jahre schloP Persien mit England einen neuen Vertrag; es erhielt eine bedeutende Geldunterstiitzung und fiir seine Truppen englische Instruktionsoffiziere, welche aber schon 1812 zuriick- gerufen wurden.

Um diese Zeit traf Rupiand seine Vorbereitungen fiir den Krieg mit Frankreich. An den General Kotljarewski erging der Befehl, die Operationen gegen Persien zu beschleunigen. In den Jahren 1812 1813 gewann letzterer die glanzende Schlacht bei Aslandusa, nahm Lenkoran und bemachtigte sich 1813 des Ta- lynischen Chanats. Der Riickzug Napoleons im Jahre 1812 aus Rupiand und seine im Jahre 1813 erfolgten Niederlagen zerstorten die Hoffnung des Schahs, dap er ihm zu Hilfe kommen wiirde. Er sah sich infolgedessen genotigt, am 12. Oktober 1813 in Gulistan mit Rupiand Frieden zu schliepen.

In den Friedensverhandlungen kam man iiberein, daP der Frieden auf Grund des status quo ad prasentem abgeschlossen werden sollte, also dap jeder Gegner in den Landschaften, Cha- naten und Besitzungen bliebe, welche zur Zeit in seinen Handen seien (Art, 2); infolgedessen wurden Rupiand die Chanate Kara- bagh und Ganj, das jetzt zur Provinz Jelissawetpol geworden ist, ferner auch die Chanate Scheka, Schirwan, Derbent, Kuba, Baku und Talysch abgetreten. AuPerdem fielen an Rupiand das ganze Dagestan, Grusien, die Schuragasche Provinz, Imeretien, Gu- rien, Mingrelien und Abchasien, ebenso alle Besitzungen und Land- schaften zwischen der festgesetzten Grenze und der kaukasischen Linie mit den an letzterer und dem Kaspischen Meere anliegenden Landschaften und Volkern (Art. 3). Auf Grund des Artikels 4 erhielt Alexander I. fiir sich und seine Nachfolger das Recht, in Persien „die Selbstherrschaft und die herrschende Macht auf den festen Grundlagen" zu erhalten und deshalb „verspricht er dem Sohne des Schahs von Persien, welcher von diesem als Nach- folger auf dem persischen Throne bestimmt sein wird, notigen-

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falls Hilfe zu gewahren, damit keinerlei auPere Feinde sich in die Angelegenheiten des persischen Reichs einmischen konnten und damit durch die Hilfe des Allerhochsten Russischen Hofes der Persische Hof befestigt ware. Wenn iibrigens unter den Sohnen des Schahs Streitigkeiten iiber die Angelegenheiten des persischen Reichs entstanden, so wiirde das russische Reich nicht eingreifen, bis der herrschende Schah darum bitten wiirde". Nach dem 5. Artikel sicherte sich Russland das ausschliepiiche Recht der Herrschaft der „Kriegsflagge" auf dem Kaspischen Meere, wahrend die persischen Handelsschiffe nach dem friiheren Ge- brauch „das Recht behielten, das Kaspische Meer zu befahren und an den russischen Ufern anzulegen", unter der Bedingung, „daP sie bei Schiffbriichen freundschaftliche Hilfe leisteten". Die Gesandten soUten „ihrem Range und der Wichtigkeit ihrer Auf- trage entsprechend aufgenommen werden, wahrend die zum Schutz des Handels bestimmten Agenten oder Konsuln, welche von hochstens 10 Mann begleitet waren, die ihnen als Vertrauens- personen gebiihrenden Ehren geniePen wiirden" (Art. 7). Im 8. Artikel wurden die Rechte zum freien Handel sowohl fiir die russischen wie fiir die persischen Untertanen innerhalb des frem- den Reichs bestatigt. Die Zolle fiir die Waren sollten 5 Prozent betragen; hohere Abgaben diirften unter keinem Vorwande er- hoben werden.

Die von Rupland in dem Gulistanschen Vertrage erlangten Vorteile veranlapten England, eilends wieder einen Gesandten nach Persien zu schicken, der so geschickt die Verhandlungen zu leiten wupte, daP im Dezember 1814 ein neuer Vertrag zustande kam, nach welchem alle Biindnisse mit Reichen, die GroP- britannien feindlich gesinnt seien, fiir nichtig erklart wurden. Der Schah wurde verpflichtet, einem Vorgehen irgend eines euro- paischen Staates nach Indien durch Buchara oder Chiwa entgegen- zutreten. Der Vertrag wurde nur als ein Verteidigungsvertrag angesehen. Die Unterstiitzung mit Truppen oder eine Subvention in der Hohe von 200000 Pfund Sterling sollte Persien jahrlich von England gewahrt werden, wenn ein Eroberer in dasselbe eindringen wiirde, aber nur dann, wenn Persien nicht dazu die Veranlassung gegeben habe. Persien wurde das Recht zuge- standen, europaische Offiziere zur Ausbildung seiner Truppen zu verwenden, aber nur unter der Bedingung, daP diese nicht einer England feindlichen Macht angehorten. Wenn irgend ein

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europaischer Staat, der sich mit England im Frieden befande, Persien den Krieg erklaren sollte, wiirde England mit Truppen oder Subsidieu Persien unterstiitzen. Letztere wiirden moglichst recht- zeitig abgesendet werden. Persien habe mit seiner Armee gegen den Feind vorzugehen, die auf Kosten Englands unterhalten werden wiirde. Wenn aber zwischen Persien und Afghanistan ein Krieg ausbrechen sollte, wiirde England sich nicht einmischen, es sei denn, dap es urn seine Vermittelung gebeten wiirde.

Dap dieser Vertrag gegen Rupiand abgeschlossen wurde, liegt auf der Hand, zumal sich auch der Schah verpf lichten mupte, seine Armee mit englischen Instruktoren und Waffen zu versehen und eino GuPstahlfabrik in Tabris zu errichten. Die englischen Offiziere blieben jedoch nur ein Jahr in Persien. Damals hatte der Prinz Abbas-Mirsa das Kommando iiber die persische Armee. Er war ein sehr verstandiger, talentvoller Mann mit europaischen Anschauungen, so dap er sich iiber die politischen Intriguen klar war. Infolgedessen war er den englischen Instruktoren nicht freundlich gesinnt und beobachtete sie sehr aufmerksam. Als diese die Anderung ihrer Stellung bemerkt hatten, zogerte er nicht, offen gegen sie vorzugehen, so dap sie veranlapt wurden, aus eigenem Antriebe Persien zu verlassen.

Nach AbschluP des Gulistanschen Vertrags schickte die per- sische Regierung den Gesandten Mirsa-Abdul-Hasan nach Peters- burg mit dem Auftrage, die Riickgabe mehrerer nach dem Ver- trage an Rupiand abgetretenen Provinzen zu verlangen. Der Kaiser Alexander I. befand sich damals auf dem Kriegsschauplatz im Auslande. Nach seiner Riickkehr empfing er den Gesandten sehi- gnadig. Anstatt aber dem Gesandten auf dessen Bitte zu antworten ,teilte er ihm mit, daP er als Beweis der herzlichen Freundschaft zum Schah den General Jermolow zum Gesandten ernennen werde. Letzterer erhielt eine sehr weitgehende Vollmacht: er solle zuerst in Grusien sich aufhalten und mehrere Grenzorte bereisen, um sich zu iiberzeugen, ob es, ohne Rupiand zu scha- digen, moglich sei, etwas den Persern abzutreten und eine Grenz- anderung zuzulassen, ohne es zu schwachen.

In der von dem Kaiser erlassenen Instruktion wurde Jermolow vorgeschrieben:

1. Sich zu iiberzeugen, ob es nicht moglich sei, in dem Taly- schen und Karabaghschen Chanaten ein Mittel zu finden, um das Ansuchen Persiens, ihm gewisse Landschaften, „die durch den

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Gulistanschen Vertrag an Rupland gefallen waren, zuriickzugeben, indem eine neue Grenzlinie gezogen und als Entgelt dafiir andere Vorteile erlangt wiirden.

2. Handelskontore in Enseli, aber besonders in Astrabad zu eroffnen.

3. In der Frage iiber die Anerkennung Abbas-Mirsas als Thron- folger sich nach der Politik Englands zu richten, das ihm wohl den Titel als Thronfolger gebe, aber keine Biirgschaft dafiir iiber- nehme.

4. Mit Persien eine solche Abmachung zu treffen, in welcher es seinerseits sich verpflichte, die strengste Neutralitat zu be- obachten, wahrend Rupiand die Verpflichtung iibernehme, bei alien Kriegen, die Persien mit den Grenz- und anderen Reichen fiihre, unbeteiligt zu bleiben.

5. Den iiberwiegenden englischen Einflup iiber Persien zu hemmen, ihn in unmerklicher Weise zu schwachen und endiich ihn ganz unwirksam zu machen.

6. Persien in seinem eigenen Interesse zum Frieden mit Rup- land zu bewegen.

7. Eingehende Nachrichten iiber die Regierung des Landes, seine Mittel, seine Statistik, seine Topographie, den Zustand und die Starke seiner Truppen einzuziehen.

8. Nach der Abreise von Teheran dort eine standige Mission einzurichten.

Jermolow verweilte bei seiner Reise nach Persien eine ziem- lich lange Zeit in Kaukasien, um die Lage des Landes kennen zu lernen und Mittel zu finden, um das Ansuchen Persiens zu be- friedigen. Nachdem er einen Monat in Transkaukasien zugebracht hatte, reiste er mit einer Suite von etwa 200 Mann auf dem Landwege iiber Eriwan und Tabris nach Teheran. Uberall wurde er auf die schmeichelhafteste Weise, mit grower Aufmerksamkeit und Wertschatzung aufgenommen. Aber nichtsdestoweniger suchten die Perser, wenn sich die Gelegenheit bot, den russischen Gesandten in den Augen des Volks herabzusetzen, indem sie auf der genauen Befolgung der Gebrauche und Zeremonien, die bei dem persischen Hofe iiblich waren, bestanden, Aber alle diese Versuche scheiterten an der eisernen Festigkeit und dem Stolz Jermolows, der sich darauf berief, „daP er nicht als ein Spion Napoleons, noch als ein Ilandelsagent komme". Er hielt sich an die russische Etikette und sprach offen seine Unzufriedenheit

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iiber die Taktlosigkeit des persischen Hofes aus. Der Empfang Jermolows fand in Sultanie statt und vollzog sich in glanzendster Weise. Fath-Ali sprach bei seinen Unterredungen mit ihm aus: „daP es sowohl fiir den russischen Monarchen wie auch fiir ihn selber wiinschenswert sei, einen gegenseitigen Besuch zu ermog- lichen, wie dies zwischen den europaischen Hofen der Fall sei". Zum SchluP drohte Fath-Ali „mit dem himmlischen Zorn zur Bestrafung dessen, der sich erkiihne, den Frieden und das Ein- verstandnis, das zwischen den beiden Herrschern bestehe, zu storen". Die Verhandlungen des Generals Jermolow mit den per- sischen Beamten iiber die Zuriickgabe der Landschaften, die nach dem Frieden zu Gulistan Rupiand zugefallen waren, zogen sich ziemlich lange hin. Jermolow war zu der Uberzeugung gekommen, dap es Rupiand unmoglich sei, die eroberten Landschaften zuriick- zugeben, so dap alle Gesuche und Bitten der persischen Beamten kategorisch abgelehnt wurden. Einer solchen Hartnackigkeit gegeniiber drohte Mirsa-Abdul-Wahab, der Bevollmachtigte des Schah, mit einem Kriege gegen Rupiand, indem er sagte, dap „ohne die Zuriickgabe der Gebiete er an der Aufrechterhaltung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Rupiand und dem Schah zweifle". Jermolow erwiderte darauf, dap ,,der Kaiser es sehr bedauern wiirde, wenn ein Bruch erfolge, und obwohl er auch sehr wiinsche, sich die Freundschaft des Schahs zu er- halten, er die Wohlfahrt seiner Untertanen schiitzen miisse. Wenn der Schah in seiner Freundschaft fiir Rupiand erkaltet und nicht nachgiebt, setzte Jermolow hinzu, erklare ich selbst den Krieg und fordere den Aras als Grenze, um die Wiirde Ruplands zu wahren". Daraufhin gaben die Perser nach, welche die Freund- schaft des Kaisers von Rupiand dem Nutzen vorzogen, den ihnen der Gewinn der Landschaften bringen wiirde.

Im Laufe von sieben Jahren hatte Abbas-Mirsa seine Truppen nach europaischem Muster reorganisiert und die Disziplin, den Geist und iiberhaupt die Kriegstiichtigkeit so gehoben, daP er es fiir moglich hielt, der Tiirkei den Krieg zu erklaren. Der Feld- zug war fiir die Perser verhaltnismapig giinstig, was aber die Tiirkei nicht hinderte, bei dem Friedensschlup in Erzerum im Jahre 1823 grope Vorteile auszubedingen. Persien mupte alle von ihm eroberten tiirkischen Landschaften zuriickgeben und sich ver- pflichten, sich weder direkt noch indirekt in die Angelegenheiten Kurdistans und Bagdads einzumischen. Dafiii* sollte die Tiii-kei

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die Pilger schiitzen, die aus Persien nach Mekka zogen. Die Handelsabgaben wurden auf 4 Prozent des Wertes der Waren festgesetzt

Trotz des sehr bedingten Sieges der Perser iiber die Tiirken war doch der egoistische und hochmiitige Abbas-Mirsa von seiner Starke iiberzeugt. Als Thronfolger und Verwalter des an Rupland grenzenden Aserbeidjans fiihrte er die Bestimmungen des Ver- trages von Gulistan sehr nachlassig aus und veranlapte dadurch politische Miphelligkeiten, wodurch die Beziehungen der beiden Reiche, Rupiand und Persien, sehr gespannte wurden,

Der Schah Fath-Ali, von Natur ein sehr friedliebender Mann, hatte sich mit der Sachlage ausgesohnt; andererseits aber ver- traute er auf die Starke seines Sohnes, vergotterte ihn und hin- derte ihn nicht in seinem Verfahren, was die Gefahr nur noch vergroperte. Die russische Regierung ergriff energischere MaP- regeln und schickte sogar den Fiirsten Menschikow nach Teheran, der es aber nicht verstand, die friiheren Beziehungen wieder herzustellen.

Im Jahre 1825 starb der Kaiser Alexander I. Abbas-Mirsa, der die Ereignisse in Rupiand sehr aufmerksam verfolgt hatte, hielt den Augenblick fiir sehr giinstig, um in das russische Gebiet einzubrechen. Am 2. September 1826 iiberschritt er schon die russische Grenze, ohne dap eine Kriegserklarung erfolgt war, und gelangte ungehindert bis Jelissawetpol. Die sechswochige Be- lagerung der Festung Schuscha durch Abbas-Mirsa ermoglichte es dem General Paskewitsch, seine Truppen zusammenzuziehen. Am 13. September schlug er die Avantgarde der Armee Abbas- Mirsas bei Jelissawetpol. Die Hauptkrafte der persischen Armee erlitten am 5. Juli 1827 bei Djewan Bulak eine Niederlage und wurden gezwungen, iiber den Aras zuriickzugehen.

Nach diesen Miperfolgen wandte sich Fath-Ali an England und verlangte auf Grund des im Jahre 1814 abgeschlossenen Ver- trages die versprochene Unterstiitzung durch Truppen und Sub- sidien in der Hohe von 5 Millionen. Der Schah erhielt aber auf seine Bitte gar nicht einmal eine Antwort. Mittlerweile hatte Paskewitsch am 1. Oktober Eriwan, am 19. Oktober Tabris ge- nommen und war bereit, auf Teheran vorzugehen. Der durch diese Ereignisse in Furcht gesetzte Schah bat um Frieden, der auch am 10. Februar 1828 in Turkmantschai geschlossen wurde.

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nachdem Paskewitsch im Januar Maragh, Ardebil und Urmia genommen hatte.

Nach dem Vertrage von Turkmantschai trat Persien das Chanat Eriwan diesseits und jenseits des Aras und das Chanat Nachitschewan an Rupland ab (Art. 3). Es verpflichtete sich, fiir die Verluste und den Schaden, die die russischen Untertanen erlitten batten, 20 Millionen Silberrubel zu zahlen (Art. 6). Im 7, Artikel verpflichtete sich der Kaiser von Rupland, den Prinzen Abbas-Mirsa als Thronfolger anzuerkennen und, wenn er den Thron bestiegen habe, ihn als gesetzlichen Herrscher Persiens anzusehen. Durch den Artikel 8 wurde der 5. Artikel des Ver- trages von Gulistan betreffs des Befahrens des Kaspischen Meeres bestatigt. Die Artikel 9 und 10 betrafen die erweiterten Rechte der Gesandten, Konsuln und Agenten.

Durch einen besonderen Vertrag, der unter demselben Datum in Turkmantschai abgeschlossen wurde, wurden die gegenseitigen Rechte liber den Handel bestatigt und erweitert. So wurde durch den Artikel 2 bestimmt, dap die „von den beiderseitigen Unter- tanen vollzogenen Kontrakte, Wechsel, Biirgschaften und andere schriftliche Akte in Handelsangelegenheiten bei dem russischen Konsul und dem Hakim (biirgerlichen Richter), und wo kein Konsul vorhanden ware, nur bei dem Hakim allein unterschrieben werden sollten. Wenn die eine der beiden Parteien nicht mit solchen schriftlichen Dokumenten und Bescheinigungen versehen sein sollte und sie die gerichtliche Forderung gegen die andere einleitet, indem sie nur Zeugen beibringt, so soil eine solche For- derung nicht zugelassen werden, es sei denn, daP der Verklagte selbst sie als gesetzlich anerkennt. Die Akte, die auf Grund der obigen Vorschriften abgeschlossen sind, sollen von den beider- seitigen Untertanen als heilig angesehen werden, und wenn durch eine Ablehnung, sie zu erfiillen, fiir irgend einen Verluste ent- stehen, so werden sie in entsprechender Weise nicht nur innerhalb Persiens, sondern auch auperhalb desselben vergiitet. Diese Fest- setzungen erstrecken sich auch auf die persischen Untertanen, die in Rupland Handel treiben."

Durch den 3. Artikel wird die Sprozentige Abgabe von dem Werte der ein- und ausgefiihrten Waren bestatigt, „ohne sie spater mit irgend einem Zolle zu belegen", mit dem Vorbehalt, daP, „wenn es Rupiand fiir notwendig halt, irgend welche An- ordnungen betreffs des Zolles zu treffen und Tarife festzusetzen,

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es sich verpflichtet, den Zoll von 5 Prozent ohne irgend einen Zuschlag aufrecht zu erhalten". In dem 5. Artikel wird es „den russischen Untertanen in Persien erlaubt, dort Hauser fiir ihre Wohnung, wie Platze und Niederlagen fiir ihre Waren nicht nur zu mieten, sondern auch als Eigentum zu erwerben".

In dem Artikel 7 heipt es: „Alle Rechtsstreite und Streit- sachen zwischen den russischen Untertanen werden durch die Ge- sandtschaft und die Konsuln des russischen Reichs nach den russischen Gesetzen entschieden; aber wenn Streitigkeiten und Rechtsstreite zwischen russischen und persischen Untertanen ent- stehen, gelangen sie an den Hakim oder Administrator und sind nur im Beisein des Dragomans der Gesandtschaft oder des Kon- sulats zu entscheiden. Wenn ein russischer Untertan mit Aus- landern in Kriminalsachen verwickelt wird, kann er nicht ohne den Beweis, daf3 er an dem Verbrechen teilgenommen hat, verfolgt oder beunruhigt werden. 1st er aber daran beteiligt, soil er im Beisein des Konsuls oder eines von der russischen Gesandtschaft abgeordneten Beamten verurteilt werden". Nachdem dem Ange- klagten das Urteil eroffnet ist, soil der Verbrecher dem Repra- sentanten des russischen Kaisers iibergeben werden, um ihn nach Rupiand zu schicken und ihn dort nach den bestehenden Gesetzen zu bestrafen (Art. 8).

Einige Monate spater nach dem AbschluP des Vertrages zu Turkmantschai wurde als bevollmachtigter Minister bei dem Hofe des Schahs von Persien Alexander Sergijewitsch Gribojedow er- nannt, der unlangst in Persien gewesen und der persischen Sprache kundig war. Er wurde an der Grenze mit gro[3er Ehrfurcht era- pfangen, blieb etwa einen Monat in Tabris und begab sich dann nach Teheran, wo er dem Schah vorgestellt wurde. Gribojedow war unterwegs am Fieber erkrankt und sehr nervos geworden. Da er sich der am Hofe des Schahs bestehenden Etikette, die Stiefel auszuziehen und sich mehreremal vor dem Schah zu ver- beugen, nicht unterwarf, erregte er durch diese Mipachtung des „Zaren aller Zaren" die anwesenden Wiirdentrager und zog sich den Hap des Volkes zu. Der Schah selbst beachtete das Verhalten des russischen Gesandten nicht und fuhr fort, mit ihm seiner Wiirde gemaP zu verhandeln.

Indem Gribojedow auf der genauen AusfUhrung des Vertrages bestand, verlangte er unter anderem auch die Zuriickgabe aller in dem letzten Kriege oder friiher gemachten Gefangenen, ein-

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schliepiich auch der, welche sich schon verheiratet, Kinder hatten, Mohammedaner geworden waren und nicht wieder zum Christen- tum iibergehen wollten. Von diesen letzteren befanden sich zwei Grusinerinnen in dem Harem von Dawle-Allah-Jar-Oran-Chan-Kad- shar, welche seine Lieblingsfrauen waren. Beide liep Gribojedow zu sich rufen und schlug ihnen vor, wieder zur rechtglaubigen Kirche zuriickzukehren. Sie hatten aber mehrere Kinder von dem Chan, waren an das Leben im Harem gewohnt und weigerten sich, die Forderung des russischen Gesandten zu erfiillen. Da noch mehrere andere zuin Mohammedanismus iibergetretene ehemalige Christen aufgefordert wurden, vor dem Gesandten zu erscheinen, so be- klagten sich die in ihrem religiosen Gefiihl beleidigten Mohamme- daner der Hauptstadt iiber ein solches Verfahren des „Giaurs" und die Schwache der Regierung bei dem Muschtahid, dem Glau- bensvertreter ganz Persiens. Letzterer sandte zwei Mollas zu Gribojedow mit der Forderung, daP er nicht wagen soUe, die Rechte der Christen, die zum Mohammedanismus iibergetreten waren, zu schiitzen. Gribojedow gab diesem Verlangen nicht nach und schickte die Mollas zuriick. Als der Muschtahid erfuhr, wie der russische Gesandte mit seinen Boten verfahren habe, berief er alle Obermollas und die Dejids nach der Moschee Djami zur Be- ratung iiber die verwegenen Schritte des Kafiren. Nach langer Beratung beschlossen diese Fanatiker iiber die russische Gesandt- schaft herzufallen und alle ihre Mitglieder zu toten. Der BeschluP der Geistlichkeit wurde so schnell ausgefiihrt, daP, als die drei Kompagnien Sarbassen, die zur Beruhigung des Volks abgeschickt waren, an dem Ort der Katastrophe ankamen, sie nichts mehr als die Leichen und die Ruinen der Gebaude vorfanden.

Der durch dies barbarische Verfahren sehr erschreckte Schah lieP alle daran beteiligten Leute hinrichten, beabsichtigte aber auch den Prinzen Abbas-Mirsa nach Rupiand zu senden, um den Kaiser von Rupiand zu iiberzeugen, daP die persische Regierung die Ermordung der Mitglieder der Gesandtschaft nicht veran- lapt habe.

Dem Prinzen Abbas-Mirsa war es sehr schwer, das Reich in einer solchen schwierigen Zeit zu verlassen; es ware fiir ihn ein Opfer gewesen, was auch von dem hochherzigen Kaiser Nikolaus Pawlowitsch eingesehen wurde. Er schrieb an den Prinzen einen eigenhandigen Brief, aus dem hervorgeht, daP das ungliickliche Geschehnis den Kaiser im hochsten Grade gekrankt und ihn zu

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dem EntschluP gebracht habe, alle Mittel anzuwenden, um das unschuldig und gegen jedes Volkerrecht vergossene Blut zu rachen.

Der Oberkommandierende in Grusien, Graf Paskewitsch Eri- wanski, iiberzeugte aber den Kaiser, daP die persische Regierung keinen Teil an der Freveltat habe und iiber das ungliickliche Er- eignis sehr bekiimmert sei, so dap der Kaiser von seinem Ent- schlusse Abstand nahm; er bedauerte nur, daP die Perser noch einen solchen gropen Mangel an Bildung batten, dap dergleichen Verbrechen vorkommen konnten. Um alien Schaden abzuwenden und die persische Regierung bei alien Gelegenheiten zu unter- stiitzen, liep Nikolaus I. seinen Brief durch den Generalmajor Dolgoruki iiberbringen, der den Befehl erhielt, so lange in Persien zu bleiben, wie er es fiir notwendig halte, nachdem er das Schreiben dem Prinzen Abbas-Mirsa eingehandigt habe.

Der Kaiser sah den verderblichen Einflup der hinterlistigen Absichten, welche die Ruhe Persiens ins Schwanken bringen konn- ten, ein, und da er die Wohlfahrt der verbiindeten Macht stets im Auge hatte, hielt er die Anwesenheit des Prinzen Abbas-Mirsa in Tabris fiir notwendig, so dap er dessen Ankunft in Petersburg ablehnte und sich dahin auperte, daP er es fiir eine geniigende Vergeltung fiir die beleidigte Wiirde des russischen Reiches er- achte, wenn der Schah nach der Hinrichtung der Verbrecher sich durch einen seiner Sohne oder durch einen Sohn Abbas-Mirsas in Begleitung eines bevoUmachtigten Wiirdentragers in Petersburg entschuldigen liepe.

Im August 1829 erfolgte der feierliche Einzug von Chosrew- Mirsa, dem Sohn Abbas-Mirsas, in Petersburg. Die Gesandtschaft war mit reichen Geschenken versehen und iiberbrachte ein Ent- schuldigungsschreiben des Schahs Fath-Ali, in welchem er ent- schieden aussprach, dap er an jenem Geschehnis nicht beteiligt gewesen ware und diese barbarische Tat der „Feindseligkeit des Schicksals" zuschrieb. Chosrew-Mirsa verstand es, sich das Wohl- wollen des Kaisers zu erwerben, indem er sich durch lobenswerte Eigenschaften auszeichnete und trotz seiner Jugend sehr taktvoll auftrat. Durch das groPe Verdienst des jungen Prinzen und die herzlicheu Beziehungen zwischen der persischen Regierung und Rupiand wurde nicht nur ein Einverstandnis zwischen den beiden Herrschern erzielt, sondern auch auf die Bitte des Schahs ein Teil

ai- der KoDtribution (2 Millionen) erlassen und die Zahlung des an- deren aul 5 Jahre aufgeschoben.

Dieses Verfahren findet nur darin eine Erklarung, daP der russische Einflup in Persien merklich den EinfluP Englands ver- minderte, dessen Politik allerdings nur dank der 3 Millionen Pfund Sterling, welche seit der Gesandtschaft Malcoms verausgabt waren, das Ubergewicht hatte. Gribojedow weist in seinem Brief e vom 30. November 1828 an den Grafen Nesselrode darauf bin, „dap die persische Politik sich Rupiand zuwende". „Irgend eine Drohung oder der ErlaP einer Anordnung im Namen des Kaisers, schreibt Gribojedow, werden schon nicht mehr bestandig mit der Meinung der Englander in die Wagschale gelegt, die jetzt dem Prinzen eindringlich raten, nicht ohne Vorsicht sich in die Arme Rupiands zu werfen, sondern sich eigene Volkstruppen zu bilden zu suchen, mit denen er zu geeigneter Zeit gegen die Briider vor- gehen konnte, die ihm das Recht auf den Thron streitig machen wiirden." Dieser politische Rat entsprach nicht vollstandig dem Charakter des Thronfolgers, der bei seinem Verstande, seinem Scharfsinn und seiner richtigen Beurteilung der Leute und Dinge in dem gewohnlichen Leben sich bei starken moralischen Erschiit- terungen ganz veranderte, indem er es vorzog, sich fremdem Einflup hinzugeben und von auPen Hilf e zu erwarten, anstatt selbst seine Geschicke zu lenken. Damals traumte er nur von der Unter- stiitzung und dem Schutz des Kaisers bei seiner zukiinftigen Thronbesteigung, so daP er sich bei diesem einschmeichelte und den Russen innig ergeben war.

Nach der Beendigung des Krieges mit Rupiand konnte Abbas- Mirsa seine ausschliepiiche Aufmerksamkeit seinen westlichen und ostlichen Nachbarn zuwenden; seine Truppen waren denen jener iiberlegen und versprachen neue Siege und Eroberungen.

Die dann folgende Expedition gegen Chorassan setzte die Englander in Schrecken, die um die Zukunft Herats besorgt waren, unter dessen Mauern bereits Mohammed-Mirsa stand. Die Be- lagerung dieser Stadt hatte keinen entscheidenden Erfolg. Abbas- Mirsa starb plotzlich im Jahre 1834 in Meschhed, was die Sach- lage vollstandig anderte. Mit dem Verlust des beliebten Feldherrn verloren die Perser auch die Initiative; sie verliepen die Haupt- stadt Chorassans, ohne die vorhergehenden Siege zu benutzen.

In demselben Jahre starb auch der Schah Fath-Ali und Meh- med-Schah, ein Sohn Abbas-Mirsas, bestieg den Thron dank der

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Unterstiitzung seitens Englands, das von neuem maPgebend in Persien geworden war. Urn ihren EinfluP hier aufrecht zu halten, versahen sie Persien mit 2 Millionen Gewehren und sehr vieler Munition. Aber bei einer so wesentlichen Unterstiitzung zogen die Englander die Personlichkeit des Schahs gar nicht in Rech- nung und erkannten nicht dessen Bestrebungen, Herat in Besitz zu nehmen. Die Bevolkerung Herats hapte die Afghanen und war ihren Stammesgenossen, den Persern, sehr geneigt. Unter diesen Umstanden konnte eine Obereinstimmung der beiden Machte nicht lange bestehen bleiben, bald entstanden Miphelligkeiten, die damit endigten, daP die englischen Offiziere Persien verliePen.

Der Beherrscher Afghanistans schickte einen Bevollmach- tigten an Mehmed-Schah, um mit ihm iiber die Auswechselung der Gefangenen, die Beendigung der Feindseligkeiten und sogar iiber den Abschlup eines Biindnisses gegen die Turkmenen, die beide Reiche beunruhigten, zu verhandeln. Persien sollte Ka- vallerie und Infanterie stellen, um zum Angriff vorzugehen, aber nicht das Recht haben, sich in die inneren Angelegenheiten Af- ghanistans einzumischen. Da der Schah Mehmed wupte, daP seine Truppen den afghanischen iiberlegen waren, lehnte er diese Vor- schlage nicht ab, stellte aber die Bedingung, dap Herat die Ober- hoheit Persiens anerkenne und forderte, dap Geld mit dem Stempel „Zar der Zaren" gepragt wiirde.

England war mit diesen Forderungen sehr unzufrieden, weil es nicht wiinschte, dap Persien in seinen Beziehungen nach aupen vollstandig selbstandig wiirde. Es zogerte nicht, sich einzu- mischen und Mehmed-Schah und Kamran-Mirsa, den Beherrscher von Herat, durch diplomatische Intriguen zu hintergehen, indem sie letzterem Hilfe versprachen. Der Beherrscher Herats verliep sich auf diese Versprechungen, beachtete die Forderungen Persiens nicht und erlaubte sich sogar, in Chorassan einzufallen und Ge- fangene fortzufiihren. Auf diese Nachricht hin zog Mehmed eine grope Armee zusammen, um gegen Herat vorzugehen, indem er sich aber vorher mit der Bitte an Rupiand wandte, ihn zu unter- stiitzen. Letzteres war gar nicht abgeneigt, Mehmed zu helfen; es bewog ihn sogar, unverweilt zum Angriff vorzugehen, indem es ihm russische Offiziere als Fiihrer der Truppen und Soldaten zusagte, Anfangs wandte sich der Schah gegen die turkmenischen Stamme Goklan und Jomed, und schlug sie an dem Husse Gjurgen. Nach dieserglanzenden Beendigung der Expedition kehrte er zuriick,

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und schon im Jahre 1837 ging er auf Herat vor, trotz des un- befriedigenden Zustandes der Armee und des Rates des russischen Bevollmachtigten, zu warten, um seine Finanzlage zu bessern.

Da es der englischen Regierung nicht moglich war, die Ex- pedition zu verhindern, rief sie ihre Offiziere aus der persischen Armee zuriick. Nur der Oberstleutnant Stoddart blieb auf dem Kriegsschauplatze unter einem Vorwande zuriick; er war dazu bestimmt, die Interessen Persiens zu schadigen und den englischen Bevollmachtigten bei dem Hofe in Teheran iiber die Lage der Dinge zu benachrichtigen. Da er sehr wenig gehindert wurde, schickte Stoddart nicht nur genaue Berichte ein, sondern er ver- stand es auch, sich mit dem englischen Offizier Pottinger, der die Belagerung von Herat leitete, in Verbindung zu setzen. Die Perser wurden bald auf seine geheimen Beziehungen zu Herat aufmerksam, schopften Verdacht und hielten den Boten auf, der eine Meldung dem englischen Gesandten Mac-Neal iiberbringen sollte. Obgleich der Bote wieder freigelassen und ihm die Mel- dung unaufgebrochen zuriickgegeben wurde, forderte doch Mac- Neal Genugtuung. Ohne diese abzuwarten, begab sich letzterer nach Herat, wo er von dem Schah ziemlich kalt empfangen wurde. Das hielt ihn aber nicht ab, den Schah um die Erlaubnis zu bitten, sich nach der belagerten Stadt zu begeben und Kamran- Mirsa aufzufordern, die Stadt zu iibergeben. Er erhielt dazu die Erlaubnis; aber der listige Englander veranlapte den Beherrscher Herats, gerade das Gegenteil zu tun, nachdem er ihm mehrere tausend Goldstiicke eingehandigt hatte. Infolgedessen zog sich die Belagerung hin, und nur dem Geschick des Grafen Simonitsch und der russischen Offiziere gelang es, Herat in eine solche Lage zu bringen, dap die Obergabe der Stadt jeden Tag erwartet werden konnte. Da die Englander dies voraussahen, traf der Oberst- leutnant Stoddart am 9. April 1838 ein, um im Namen Mac-Neals zu eroffnen, daP die Expedition gegen Herat einer Demonstration gegen die indischen Besitzungen Englands gleichkame, und for- derte den Schah auf, die Belagerung der Stadt sofort aufzugeben und nach seinem Reich abzuziehen; wenn er dies nicht tue, so habe er das englische Geschwader, das schon auf der Insel Charak gelandet sei, zu fiirchten. Diese Drohung wirkte, die Truppen wurden zuriickgerufen, und schon im folgenden Jahre, 1839, herrschte der englische Offizier Toll in Herat. Mac-Neal zogerte nicht, diese giinstige Wendung zu benutzen, und schloP im Jahre

Die Beziehungen Rufilauds zu Persian. 3

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1841 eineri neuen Handelsvertrag mit Persien ab, auf Grund dessen die Einfuhr- und Ausfuhrzolle bei dem Handel der Englander in Persien denen der meistbegiinstigten Nationen gleichgestellt wer- den sollten; auper diesen Abgaben seien keine weiteren innerhalb der beiden Reiche zu erheben.

In demselben Jahre wandte sich der Schah Mohammed durch den russischen Bevollmachtigten in Teheran an die russische Regierung mit der Bitte, Kriegsschiffe zu entsenden, um die turk- menischen Piraten zu verfolgen, die an den Kiisten des Kaspischen Meeres Raubereien ausfiihrten. Rupiand lehnte diese Bitte nicht ab und machte dem Schah den Vorschlag, die Insel Aschur Ade in dem Busen von Astrabad abzutreten und hier einen standigen Militarposten zu errichten, der gegen die Piraten ein Schutz sein und den russischen und persischen Handel unterstiitzen wiirde. Der Vorschlag wurde angenommen und so die schon vor 60 Jahren gefapte Absicht Katharinas II. verwirklicht.

Am 13. Oktober 1848 starb der Schah Mohammed; sein Nach- folger wurde sein Sohn Nasr-Eddin, der sehr schwierige Verhalt- nisse vorfand. Er mupte alles umgestalten, gro^e Harte zeigen, in der steten Furcht vor Unruhen oder off enen Aufstanden seitens der feindlichen Parteien. Nur die Unterstiitzung Ruplands und Englands ermoglichten es Nasr-Eddin, diese schwierigen Verhalt- nisse zu iiberwinden. England zogerte nicht, als Entgelt fiir seine Hilfe im Jahre 1853 eine Konvention abzuschliePen, in der sich die persische Regierung verpflichtete, nur dann Truppen gegen Herat vorgehen zu lassen, wenn fremde Truppen in diese Stadt eindrangen; aber auch im letzteren Falle diirfe die persische Armee nicht in Herat einriicken. Die persische Regierung diirfe sich nicht in die inneren Angelegenheiten Herats einmischen und soUe Seid - Mohammed - Chan , den Regenten von Herat, davon schriftlich in Kenntnis setzen. Persien diirfe fiir Herat keine Miinzen pragen oder andere Zeichen anfertigen, die darauf hin- wiesen, dap Herat Persien untertan sei. Es verpf lichte sich, keinen standigen Agenten in Herat zu halten. Die persische Regierung habe alle Heratschen Chane in Freiheit zu setzen, die sich jetzt in Meschhed oder Teheran befanden. Diese Verpf lichtungen sollten in Kraft bleiben, bis die britische Regierung dazwischentrete; dann verloren sie ihre Bedeutung.

Die persische Regierung hielt sich aber nicht an diese Kon- vention gebunden. Im Jahre 1856 ging Nasr-Eddin mit seiner

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Armee gegen Herat vor, weil die Afghanen diese Stadt fiir sich beanspruchten, deren Bewohner infolge der verschiedenen Re- ligion, wie schon erwahnt, sie hapten und eine gropere Zuneigung zu den Persern hatten. Nach der Eroffnung des Krieges zwischen Persien und Herat beeilten sich die Englander, mit ihrem Ge- schwader in den Persischen Golf einzulaufen, und landeten, ohne Widerstand zu finden, auf der Kiiste, besetzten Bender-Buschir, die Insel Charak und die Hafenstadte Mohammer und Awaz am Karun. Ein weiteres Vorgehen fand nicht statt. Es erging aber an Persien das Ultimatum, Herat sofort den Afghanen zu iibergeben, wenn nicht, wiirden die Englander auf Teheran vorriicken. Mittler- weile ward die Belagerung Herats unter der Leitung eines fran- zosischen Offiziers weiter fortgesetzt, und nach 5 Monaten mupte die Stadt sich ergeben. Die Erfolge der Englander beunruhigten aber den Schah im hohen Mape, der ihnen nicht entgegentreten konnte, da er in dem Persischen Golfe keine Flotte hatte. Da ihm auch Rupland nicht helfen konnte, das sich nach dem Krym- kriege kaum erholt hatte, so blieb dem Schah nichts anderes ubrig, als entwiirdigende Bedingungen anzunehmen, die in Paris am 16. Marz 1857 unterzeichnet wurden.

„Der Schah verpflichtet sich", so heipt es in dem Vertrage, „den persischen Untertanen, die mit den englischen Truppen Be- ziehungen unterhalten haben, voile Amnestie zu erteilen. Er zieht die persischen Truppen von Herat und iiberhaupt von dem afghanischen Territorium zuriick. Er verpflichtet sich, von jeg- licher Bewerbung um die Herrschaft in Herat abzustehen, niemals von den Heratschen Regenten oder den Landschaften, die zu Afghanistan gehoren, irgend welche Zeichen des Gehorsams oder der Abhangigkeit, wie Tribut oder Miinzen mit dem persischen Wappen, zu verlangen. Der Schah darf sich nicht in die inneren Angelegenheiten Herats einmengen und verspricht, dessen Un- abhangigkeit anzuerkennen. Sollte ein Zwist zwischen Persien und Afghanistan eintreten, so stimmt der Schah zu, seine Zuf lucht zur freundschaftlichen Vermittelung Englands zu nehmen. In dem Falle einer Verletzung der territorialen Rechte Persiens durch einen der obengenannten St^^ten ist der Schah befugt, seine Truppen einriicken zu lassen, wenn keine Genugtuung er- folgt; er hat aber sofort seine Truppen zuriickzuziehen, sobald der Zweck der Expedition erreicht ist. Die persische Regierung ist verpflichtet, alle im Laufe des Krieges mit Afghanistan gemachten

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Gefangenen freizugeben. Die englischen Kaufleute werden in dem Reiche des Schahs denen der meist begiinstigten Nationen gleichgestellt werden. Nach der Ratifikation dieses Vertrages wird die britische Gesandtschaft nach Teheran znriickkehren, wo sie mit den Ehrenbezeugungen und den Zeremonien empfangen werden wird, die in einer besonderen von den Bevollmachtigten unterschriebenen Note angegeben sind. Nach Verlauf von drei Monaten nach der Riickkehr der britischen Gesandtschaft hat die persische Regierung einen Kommissar zu ernennen, der gemein- schaftlich mit einem britischen Kommissar alle Klagen der briti- schen Untertanen gegen die Regierung Persiens zu entscheiden hat. Die englische Regierung verzichtet auf das Recht, irgend einen persischen Untertanen, der sich jetzt nicht in dem Dienste der britischen Regierung befindet, in Schutz zu nehmen, sofern auch keine andere Macht dieses Recht benutzt. Die hohen Ver- tragsschlieper erneuern die Bedingung des Jahres 1851*) inbezug auf die Vernichtung des Handels durch Rauber in dem persischen Golf, und kommen iiberein, daP sie noch auf 10 Jahre vom August 1862 ab oder so lange von da ab, wie es beide Staaten wiinschen, Kraft behalt."

Die Beziehungen Rupiands zu Persien waren in den Jahren 1853 1854 wahrend des Bruchs mit der Tiirkei sehr gespannt, und nur durch das Geschick und das Verstandnis des russischen Residenten N. A. Anitschkow gelang es Rupiand, der bedenklichen Lage zu entgehen, die sehr unangenehme Folgen zu haben drohte. Die Umstande, die diesen diplomatischen Sieg begleiteten, ver- dienen ihres Interesses wegen eine eingehende Auseinander- setzung.

Im Mai 1853 wurde der Fiirst Dolgoruki von dem Fiirsten Mentschikow aus Konstantinopel benachrichtigt, dap die diplo- matischen Beziehungen mit der Tiirkei abgebrochen waren. Dieser Nachricht waren zwei Depeschen an das Ministerium des Aupern vom 2. und 5. August 1853 mit der Meldung beigefiigt, „dap die Vorschlage eines Biindnisses, die friiher indirekt seitens der per-

*) Persien veri>flichtete sich durch die Konventionen der Jahre 1848 und 1854, den Kleinhandel von Merw aus zu unterlassen und ihn auf gewisse Zeit von der Landesgrenze aus zu betreiben. Durch die Konvention vom Jahre 1851 bestatigten die Englander die Versprechungen des Jahres 1848, indem sie sich das Recht zusprachen, wahrend 11 .Jahren iiber die genaue Ausftihrung zu wachen^ indem sie die persischen Schiffe unvermutet untersuchten.

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sischen Regierung gemacht waren, jetzt durch Sadi-A'asam direkt und f est Wort f iir Wort eroffnet wiirden, indem der Schah, dessen eingedenk, daP der Kaiser ihn einst als Kind auf seinen Knieen habe sitzen lassen und in der folgenden Zeit, als er zur Regierung gekommen sei, ihn seinen Bruder genannt habe und ihm imraer zugetan gewesen sei, wiinsche unter den jetzigen Umstanden dem Kaiser den Beweis seiner Erkenntlichkeit und Ergebenheit zu geben und sich mit ihm zu verbinden."

Nach 2 Monaten iibermittelte Sadi-A'asam dem Fiirsten Dol- goruki den Inhalt des vorgeschlagenen Biindnisses: „a) Rupiand moge in Beriicksichtigung der Diirftigkeit der Staatskasse des Schahs die Zahlung des Restes der ihm von Persien geschuldeten Gelder erlassen; b) Rutland solle eine geringe Menge von Kriegs- vorraten nach MaPgabe des Bedarfs an Persien ablassen; c) Persien werde, mit Rupiand im Krieg und Frieden verbunden, fortfahren, die Tiirkei zu bekriegen, solange Rupiand gegen sie Krieg fuhre; beide Reiche sollten gemeinsam den Frieden abschliePen; d) alle Landschaften, die von Persien besetzt werden konnten, sollten nicht zuriickgegeben werden; sollte die Pforte darauf bestehen, so sollten sie nur nach Bezahlung der Kriegskosten geraumt werden," „Unter diesen Bedingungen verpflichtete sich die per- sische Regierung, 60000 Mann Infanterie, Kavallerie und Artillerie bis zum Schlup des iPriedens zu stellen; wenn aber Rupiand wiinsche, zur groperen Sicherheit russische Offiziere als Fiihrer der Truppen des Schahs zu stellen, so sei das anzunehmen."

Bei einer Audienz sprach der Schah dem Fiirsten Dolgoruki aus, dap alles, was ihm Sadi-A'asam unterbreitet hatte, und be- sonders der geheime Plan das Ergebnis seines Befehls sei, „denn, fiigte er hinzu, ich habe lange eine Gelegenheit gesucht, dem Kaiser irgend einen Beweis meiner Ergebenheit zu geben. Die Gelegenheit bietet sich jetzt, und wenn auch der Kaiser meiner Dienste nicht bedarf, so wiinsche ich doch, daP ein enges Biindnis zwischen den beiden Reichen bestehen moge, und ich hoffe, dap Sie mit alien Kraften dazu beitragen werden. Das ist der innigste Wunsch meines Herzens."

Die russische Regierung nahm den Vorschlag des Schahs mit groper Zuriickhaltung auf und beauftragte den Fiirsten Dol- goruki, dem Schah im Namen des Kaisers fiir die freundschaft- lichen Vorschlage zu danken, iibrigens jede bestimmte Erklarung iiber die geauPerten Bedingungen zu vermeiden, damit seine Ant-

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wort nicht als eine Versprechung, die Rupiand binde, und nicht als eine beleidigende Ablehnung aufgefapt wiirde, die den Scliah zu einem Gegner Rupiands machen konnte. Da aber bei dem Aus- bruch des Krieges vorausgesetzt werden miipte, daP die Tiirkei gegen die asiatische Grenze vorgehen werde und eine Unter- stiitzung seitens Persiens vorteilhaft sei, wurde Dolgoruki auf Befehl des Kaisers beauftragt, die Verhandlungen wieder aufzu- nehmen, einen Vertrag vorzulegen, auf Grund dessen Rutland fiir eine Diversion, welche Persien unternehmen wiirde, die ihm zukommende Schuld erlassen werde, unter dem Versprechen, dap bei dem FriedensschluP auch die Sicherung der Interessen Persiens beriicksichtigt werden sollte; Persien miisse fiihlen, daP Rupiand dessen Vorteile in der vorliegenden Angelegenheit einsehe, es aber hoffen miisse, dap dieser Vorschlag angenommen wiirde und es von Persien unterstiitzt werde, ohne sich durch einen Angriffs- und Verteidigungsvertrag zu binden. Ferner sollte dem Schah eroffnet werden, dap die fiir diesen Krieg bestimmten 60000 Mann bereit sein, aber nicht vorgehen sollten, bis die Operationen zwischen den russischen und tiirkischen Truppen begonnen sein wiirden.

Nassr-Eddin nahm alle Vorschlage des Fiirsten Dolgoruki mit auPerordentlicher Freude auf, und letzterem blieb nur noch iibrig, Sadi-A'asam zur Annahme zu bewegen, der sich diesen Vorschlagen gegeniiber sehr miptrauisch verhielt und dui"ch Be- sprechungen mit dem Schah, mochten sie nun auf Wahrheit oder Unwahrheit beruhen, die Angelegenheit auf jede Weise hemmte.

Die dem Fiirsten Dolgoruki vom Schah gewahrten Audienzen brachten anscheinend die Sache vorwarts, aber die geheimen Ranke Englands und der Tiirkei liePen sie zum Stocken kommen.

In der Depesche vom 10. Dezember benachrichtigte Dolgoruki den Grafen Woronzow, daP die persische Regierung den aserbeid- janschen Behorden befohlen habe, darauf zu halten, daP weder tiirkische noch russische Truppen einriickten, damit sie auf eine gute Ordnung und Sicherheit an der Grenze bedacht sein konnten; dap die persische Regierung sich plotzlich entschlossen habe, den Verkehr mit dem englischen Bevollmachtigten zu andern und ihm einige Zugestandnisse zu machen.

Im Dezember erhielt der Fiirst Dolgoruki vom Grafen Nessel- rode eine offizielle Depesche, welche ihn anwies, der persischen Regierung zu eroffnen, daP, wenn der Schah vorgeschlagen habe,

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mit Rupiand ein Biindnis zu schliepen, ohne bei seiner Jugend und Unerfahrenheit die Folgen dieses wichtigen Schrittes zu bedenken und dem Rate seiner Minister folgen miisse, so ware es mit seiner Wiirde mehr vereinbar, dies dem Kaiser zu gestehen, und letzterer werde, wegen seiner herzlichen Freundschaft und Wohlgeneigtheit zu ihm, ihn von dem gegebenen Worte entbinden; aber die Heu- chelei, die das persische Kabinett in diesem Falle gezeigt habe, habe den Kaiser sehr gekrankt und auf ihn einen solchen Eindruck gemacht, dap man sich besser nicht daran erinnere ; Rutland konne seine Hilfe auch entbehren und bediirfe keine fremde Unter- stiitzung in seinen Angelegenheiten. In den Unterredungen mit den persischen Ministern sollte Dolgoruki ihnen eroffnen: die persische Regierung habe, wie jetzt die Dinge lagen, die voile Freiheit, entweder strong neutral zu bleiben oder ihre Truppen mit den russischen zu vereinigen; Persien habe der Tiirkei gegeniiber alte und viele Forderungen und Klagen, welche es mit Ungeduld beglichen zu sehen wiinsche; solange aber die Tiirkei in fried- lichen Beziehungen zu den anderen Machten bleibe, konne sie iiber alle ihre Truppen verfiigen, um den Angriff der Perser ab- zuweisen, so dap es unvorteilhaft ware, einen solchen Krieg zu veranlassen. Das sei der Grund, der den persischen Hof ver- anlasse, seine kriegerischen Bestrebungen auf eine giinstige Zeit zu verschieben. Diese Zeit sei aber, so ungeduldig erwartet, jetzt endlich gekommen.

Die Tiirkei beschloP, den Krieg gegen Rupiand zu eroffnen und verwandte alle seine Truppen dazu. Persien wollte diese Gelegenheit benutzen und der Tiirkei den Krieg erklaren, in der Oberzeugung, dap letztere ihm nicht einen ausreichenden Wider- stand entgegensetzen konnte. Andererseits fiirchtete aber Per- sien, dap die Tiirkei nach dem FriedensschluP mit Rupiand mit starken Truppen seine Armee angreifen wiirde, was ihm teuer zu stehen kommen konnte. Die persische Regierung beabsichtigte, um sich dieser Gefahr zu entziehen, sich die russische Unter- stiitzung bei dem FriedensschluP zu sichern und zu diesem Zweck sich mit Rupiand zu verbinden. Obgleich Rupiand sich keinen Augenblick iiber die wirklichen Absichten, welche die Politik Persiens leitete, tauschte, so nahm sie doch die Mitwirkung der persischen Armee an, die vorteilhaft sein konnte.

Die russische Regierung kam aber bald zu der Oberzeugung, dap bei dem Abschlup eines Biindnisses, das den beiden Machten

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Vorteile bringen sollte, Persien den Wunsch habe, nur seine eigenen Interessen wahrzunehmen, indem es seine Truppen zur Eroberung tiirkischer Gebiete vorgehen lieP, die ohne groPe Miihe und Opfer erfolgen konnte, solange die Tiirkei noch mit Rupiand Krieg fiihrte. Da die persische Regierung bei den Verhandlungen mit der russischen Gesandtschaft erkannt hatte, daP die russische Regierung iiber die Absichten Persiens klar war, so beschloP sie, unter alien moglichen Yorwanden sich von ihren Verpflichtungen freizumachen. Rupiand verlangte nicht ihre Erfiillung, nahm die moralische Hilfe, die von Sadi-A'asam anstatt der militarischen Unterstiitzung gewahrt wurde, nicht an, und zog die Neutralitat Persiens einem zweifelhaften und unaufrichtigen Biindnisse vor.

Dolgoruki erhielt noch folgende geheime Instruktion: „er solle dahin wirken, daP Persien streng neutral bleibe und die Absichten und Versuche der Gegner, die diese Macht in feindselige Handlungen verwickeln konnen, zu vereiteln suchen".

In Riicksicht auf den Krieg zwischen Rupiand und der Tiirkei hielt es die persische Regierung fiir angezeigt, am 18. Januar in dem offiziellen teheranschen Organ ihre Neutralitat zu er- klaren. Aber kaum war ein Monat vergangen, als infolge der schnellen russischen Erfolge in Asien es die persische Regierung bereute, dap sie das Biindnis mit Rupiand abgelehnt hatte. Das persische Ministerium suchte durch seinen Bevollmachtigten seine Ergebenheit zu Rupiand aufs neue zu versichern, und indem es verschiedene Entschuldigungen inbezug auf die erfolglosen Ver- handlungen betreffs des Biindnisses vorbrachte, schlug es vor, einen Bevollmachtigten nach Petersburg oder Tabris zu schicken, um einen Vertrag abzuschliepen. Die russische Regierung erklarte sich damit einverstanden, nicht well sie Vertrauen zu Persien hatte, sondern well sie ihm nicht Gelegenheit geben wollte, sich mit den Feinden Rupiands zu verbinden, wenn letzteres seinen Vorschlag zuriickgewiesen hatte.

Das Verhaltnis des Fiirsten Dolgoruki zu dem ersten Minister Persiens war immer gespannter geworden. In einem Schreiben an den Grafen Nesselrode wies er auf seine schlechten Beziehungen zu dem ersten Minister hin, die zu bestandigen Vorwiirfen und einer offenbaren Geringschatzung fiihrten, welche von letzterem bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zum Ausdruck gebracht wiirde. Daraufhin wies das ]\Iinisterium des Aupern den Fiirsten Dolgoruki an, „die Beziehungen zu Persien, wie vor-

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dem, wieder herzustellen". Es wurde dies, soweit moglich, zur Ausfiihrung gebracht, und die persische Regierung wurde nach- giebiger, Dolgoruki bat iibrigens, infolge der Krankheit seiner Frau, das Ministerium um seine Abberufung. Letzteres erfiillte seine Bitte und war froh, den Gesandten Familienverhaltnisse halber abberufen zu konnen, um nicht den Schein zu erwecken, als ob die Regierung die Geschaftsfiihrung Dolgorukis nicht ge- billigt habe. An die Stelle Dolgorukis trat nun Anitschkow, ein erfahrener und energischer Mann, der als Generalkonsul in Tabris bei dem persischen Volk sehr beliebt war. Die persische Regie- rung hielt es aber in Riicksicht auf die Neutralitat Persiens fiir unstatthaft, einen Bevollmachtigten nach Tiflis zu schicken, um ein Biindnis mit Rupiand zu beraten. Infolgedessen hielt es die russische Regierung fiir notig, an Anitschkow, der Geschaftstrager in Teheran geworden war, eine allgemeine beziigliche Instruktion zu erlassen, in welcher er angewiesen wurde, „sich aufmerksam mit der Sachlage und dem ganzen Gauge der anfanglichen Ver- handlungen iiber das Biindnis bekannt zn machen und sich iiber die wirklichen Absichten der persischen Regierung inbezug auf das Biindnis wie auf die Entsendung eines Bevollmachtigten nach Tiflis Gewipheit zu verschaffen.

Im Juni erhielt Anitschkow eine neue offizielle Vollmacht und eine geheime Instruktion, die ihn berechtigte, in den Vertrag die Verpflichtung RuP lands aufzunehmen, keinen Frieden zu schliePen, die Interessen Persiens nicht zu beschranken, wenn es in den Krieg verwickelt wiirde. Ein unerfahrener Diplomat hatte durch die Aufnahme dieser Verpflichtung die Hande Rupiands gebunden, was aber Anitschkow nicht tat; er zeigte die Instruktion auch niemandem, damit die Beamten nicht dariiber in Teheran sprachen.

Das Ergebnis der Verhandlungen war, dap am 11. Oktober 1854 eine Konvention vom Schah unterzeichnet wurde. Diese Konvention iiber die Neutralitat war nach vielen Schwierigkeiten und unter sichtlichem Widerwillen der persischen Regierung „in- bezug auf Rupiand durch irgend einen Akt sich zu verpflichten, der Persien verhindern wiirde, sich in der Folge mit den Feinden Rupiands zu verbinden", abgeschlossen. Die persische Regierung bestand auf der Geheimhaltung der Konvention, und der Schah fiigte hinzu, dap er sich nicht an die Ausfiihrung dieses Vertrages gebunden erachte, wenn irgend jemand etwas davon erfahre.

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Der Neutralitatsvertrag lautete:

„1. Persien verpflichtet sich, die Feinde Ru(31ands wahrend des ganzen Krieges mit der Tiirkei und den Verbiindeten nicht mit Truppen zu unterstiitzen und ihnen anf keinerlei Weise zu helfen, die mit der Neutralitat unvereinbar ist, die Ausfuhr von Lebensmitteln fiir die Truppen, die Rutland bekampfen, nicht zu gestatten, diesen Truppen den Durchzug durch Persien nicht zu erlauben, um gegen die Grenzen Rupiands vorzugehen, und nicht zuzugeben, dap die ihm unterstehenden Kurdenstamme rauberische Einfalle aui' die Grenzen Rupiands ausfiihren.

2. Persien verpflichtet sich, die Ausfuhr von Kriegsmaterial fiir die gegen Rupiand kampfenden Machte nicht zu gestatten.

3. Rupiand verzichtet als Entgelt fiir die strenge Neutralitat auf die Zahlung des Restes der Schuld Persiens, wenn die oben- genannten Bedingungen wahrend des ganzen Krieges mit seinen Feinden beobachtet werden und wenn nicht in Erfahrung gebracht wird, dap diese Bedingungen verletzt sind.

4. Dieser Vertrag andert in keiner Weise die zwischen beiden Reichen bestehenden Vertrage."

Bevor wir nun die Beziehungen Rupiands zu Persien, wie sie sich seit dem Jahre 1856 bis auf die neueste Zeit gestaltet haben, besprechen, diirfte es angezeigt sein, die wirtschaftliche Ent- wickelung des jetzigen Persiens kurz zu beriihren.

Die Bevolkerung Persiens beschaftigt sich hauptsachlich mit Ackerbau und Viehzucht. Ersterer umfapt etwa 40 Prozent, letz- tere etwa 30 Prozent aller sonstigen Betriebe. Das zur Kultur geeignete Land ist bei dem gropen Flachenraum Persiens von 29965 Quadratmeilen auPerst gering, nur i/r,Q des Territoriums ist ertragsfahig. Trotz dieses kleinen kultivierbaren Territoriums, dessen Bebauung durch den Mangel an Wasser und durch die groPe Hitze sehr beeintrachtigt wird, werden doch die verschie- denartigsten Produkte in groPer Menge gewonnen. Die guten Ergebnisse der Landwirtschaft beruhen auf der kiinstlichen Be- wasserung der Felder, welche sowohl von der Regierung, wie von der Bevolkerung gefordert wird.

Das meiste zur Bebauung geeignete Land ist Eigentum der Krone, das von Bauern beackert wird, die Leibeigenen gleichzu- achten sind. Diese Landereien sind durch Eroberungen und haupt-

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sachlich durch Konfiskationen gewonnen. Sie werden verdienten Staatsmannern oder iiberhaupt den Lieblingen des Schahs und eine nicht geringe Menge den Nomadenstammen als Lohn iibergeben, welche letztere dafiir zur Gestellung eines gewissen Kontingents an Reiterei verpflichtet sind. Auslander besitzen kein Land, von den Landstiicken abgesehen, die von den europaischen Ge- sandtschaften oder von Leuten, die zu verschiedenen Unterneh- mungen Konzessionen erhalten haben, angekauft sind. Es bedarf dies aber immer einer besonderen Erlaubnis. Auch die Geistlichkeit hat sich auf mannigfache Weise einen gro(3en Landbesitz (Wakuf) verschafft.

Da viele Perser es vorziehen, ohne Arbeit grope Einnahmen zu erzielen, verpachten sie ihr Land. Sie treten ihr Recht, die kiinstliche Bewasserung zu benutzen, die Aussaat, die Ackerbau- gerate und das Vieli an den Pachter ab und erhalten dafiir -/o Vd seiner ganzen Einnahme, was fiir den letzteren sehr ungiinstig ist, zumal das Verhaltnis des Pachters zu dem Eigen- tiimer nicht gesetzlich geregelt ist. Eine Folge davon ist, dap der Pachter sich oft veranlapt sieht, seine Wirtschaft aufzugeben, um sich anderweitig einen Verdienst zu suchen.

Die fill' das Landeigentum stets zu zahlende x'^.bgabe betragt 1/5 des Ertrages, die schon an und fiir sich eine hohe ist. Tat- sachlich sind die Abgaben noch grSPer: 1/5 des Ertrags fordert der Staat, wahrend die Steuererheber und die hochgestellten Beamten einen gleichen Betrag verlangen. Der Verlust durch Heu- schrecken oder durch ungiinstige klimatische Verhaltnisse wird bei der Einziehung der Abgaben nicht beriicksichtigt. Diesen Abgaben ist es auch zuzuschreiben, daP in den Hungerjahren 1860—1861, 1869—1872, 1879, 1880 die Halfte der Bevolkerung starb, da keine Vorrate an Lebensmitteln mehi* vorhanden waren. Die Regierung sorgt nicht fiii" Getreidevorrate, und die Bauern sparen ihren UberschuP nicht auf, da sie die Steuereintreiber und die Soldaten fiirchten, die sich nicht scheuen, fremdes Gut zu rauben.

Die Ackergeratschaften sind ganz veraltet. Der Pf lug besteht aus einem Holzstiick mit einem eisernen Ende; die Egge wird durch ein Biindel Stangen oder durch eine Reihe von Brettern, die mit spitzen Steinen versehen sind, ersetzt. Der Spaten ist fiir den Perser das wichtigste Gerat fiir den Garten- und Gemiise- bau. Gedroschen wird in freiem Felde auf einem mit einer Holz-

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pritsche geebneten Platze. Die Ahren werden handhoch darauf- gelegt, dann fahren Schlitten, die mit Ochsen oder Eseln bespannt sind, dariiber. Auf dem Vorderteil der Schlitten sitzen zwei Leute, an den hinteren Schleifen sind zwei Pritschen angebracht, in die eiserne Zylinder hineingesteckt werden. Durch die Hufe der Ochsen oder Esel, durch die Schleifen der Schlitten werden die Ahren ausgekornt und durch die Pritschen das Stroh zer- kleinert. Die so gewonnenen Korner werden in tiefe Gruben ge- worfen und als Schutz gegen die Feuchtigkeit mit Stroh bedeckt.

Getreide wird vorzugsweise in Aserbeidjan und Kurdistan ge- baut, wo der Boden und das Klima dazu geeignet sind. Vorzugs- weise wird Weizen und Gerste gesat, welch letztere zur Speise der Leute wie zum Futter der Pferde und Maultiere dient. Der Ertrag an Weizen und Gerste reicht vollstandig fiir den Bedarf des Landes, und eine Ausfuhr ist eigentlich nicht notig. Da es aber an Wegen fehlt und keine Nachrichten iiber den Ausfall der Ernte im Innern des Landes vorhanden sind, so sind die Bewohner der Grenzbezirke genotigt, Getreide auszufiihren, was die Veranlas- sung zu Hungersnoten ist, die oft Aufstande hervorrufen.

Tomara beziffert in seinem Werk „Der wirtschaftliche Zu-

stand Persiens, 1895" die Ausfuhr von Getreide wie folgt:

Aus Buschir (von den anliegenden Gegenden) 1891 720000 Pud*)

Ti A M.U , Tz- A /1891 40000

aus Bender-Abbas (von Kirman) Meq9 mo 000

aus Aserbeidjan nach Rupland 1891 170000

Aus Buschir und Bender-Abbas wird Getreide nach dem

Kiistenlande des Persischen Golfs, sogar nach Indien ausgefiihrt:

rl891 250000 Pud ausMohammer [^^^^ ^^6000

n891 46000 ausChorassan | ^g^^ 6000

Rittich macht in seinem Werke „Die Eisenbahn durch Persien, 1900" folgende Angaben iiber die Ausfuhr von Getreide nach Rupland:

im Jahre 1894 im Werte von 230789 Rubel 1895 105718 1896 163329 .. 1897 222504

n 1 Pud = 16,38 kg.

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Hafer, den man in Persien iiberhaupt nicht kennt, wird gar nicht gebaut. Roggenbau findet in den hohen, Weizenbau in den niedrigen Gebirgsgegenden statt. Da der Reis eine heipe Tem- peratur und eine reichliche Bewasserung bedarf, wird er haupt- sachlich in Gilan und Masanderan, die diesen Bedingungen ent- sprechen, aber auch an anderen Stellen gebaut. Den besten Reis findet man in Fars. Er wird in groper Menge im Innem ver- braucht, bildet aber jetzt einen Hauptausfuhrartikel aus Gilan und Masanderan nach Rupiand:

nach Tomara: 1891 2549000, 1892 2464000 Pud, nach Rittich 1897 fiir 3288828 Rubel.

Die Aussaat erfolgt zu verschiedenen Zeiten, meistens im Herbst, aber nicht spater als im Oktober. Die Ernte findet nordlich von Teheran im Juni, siidlich davon schon im Mai statt. Die abgeernteten Felder werden dann mit 10 12 Sorten vorziig- licher Melonen oder mit Kartoffeln bestellt, welche noch unlangst nach Persien eingefiihrt wurden, sich aber jetzt immer mehr, be- sonders in Aserbeidjan, verbreiten. Von Gemiisen kommen in Persien alle europaischen Arten fort, welche bei guter Bearbeitung des Bodens sehr ertragreich und gut sind. Besonders sind Lauch und Gurken verbreitet und wegen ihrer Giite beriihmt.

Persien ist auch an verschiedenen und sehr guten Friichten reich. Die Arbusen (Wassermelonen) und Melonen sind vorziiglich. Von ersteren sind die „Chinduane", die masaderansche Sorte, die besten und beliebtesten; von den Melonen sind besonders her- vorzuheben die Ananas- und turkestanischen Melonen und eine besondere Sorte von Sommermelonen (germek), welche im Juni reifen, eine wachsgelbe Farbe haben und sehr slip sind, ferner die Sorte „Tohmesk - Schemsk", d. i. Samen der Sonne, welche sich durch einen eigentiimlichen Geschmack und Geruch auszeich- nen. Es gibt sehr viele Kiirbissorten, deren Rinde zu Wasser- gefaPen benutzt wird. Die Weintrauben werden nicht nur zur Herstellung von Wein benutzt, sondern man trocknet sie auch; sie werden als Rosinen ohne Kerne auf den Weltmarkt und be- sonders nach Rupiand versendet. Kirschen, Apfel, Birnen und Pflaumen werden wohl geerntet, sind aber nicht so gut wie die europaischen, well das Klima zu help ist; nur in einigen, vor- zugsweise Gebirgsgegenden reifen sie langsam und geben eine gute Ernte; aber fiir alle diese Friichte ist das Klima nicht ge-

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eignet. Sehr gut sind hier die Apf elsinen, Zitronen, Quitten, Niisse, Mandeln und auch Pfirsiche, welche sehr groP werden und ihres Geschmackes wegen beriihmt sind.

Nach den Daten Tomaras betrug die Einfuhr nach Rupiand iiber die kaukasisch-persische Grenze iiber Astrachan aus den Bezirken Kaswin und Karadagh und nach Transkaspien aus Cho- rassan im Jahi'e 1892:

von frischen Friichten, ausser Apf elsinen u. a. 14065 Pud

,, Apf elsinen, Zitronen und Pomeranzen 31945

getrockneten Friichten und Rosinen 402343

Niissen, und Pfirsich-, Aprikosenkernen 38502

Mandeln und Pist^azien 48325

Ober die russisch-persische Grenze aus Kurdistan und Aser- beidjan im Jahre 1892:

von frischen Friichten jeglicher Art 10493 Pud

,, getrockneten Friichten und Rosinen 967134 ,

Niissen und Fruchtkernen 8785

,, Mandeln und Pistazien 50982

Ober die transkaspische Grenze und Chorassan:

von frischen Friichten jeglicher Art 1932 Pud

getrockneten Friichten und Rosinen etwa 170000

Niissen und Kernen 7860

Mandeln und Pistazien 8670

Rittich beziffert die Einfuhr von Gemiisen und Friichten nach Rupiand im Jahre 1897 auf 2040653 Pud.

Sehr viele Industrie- und Handelspflanzen werden in Persien gezogen. Unweit Rescht wii'd Tabak fiir Papyros, bei Schiras, Isfahan, Kaschan, Tebbes, Kum, Nichawend, Weramin, Semnan und Schahrud eine besondere Sorte fiir die Wasserpfeifen gebaut.

Im Jahre 1890 erteilte der Schah der Gesellschaft „Imperial Tobacco Corporation of Persia" eine Konzession auf 50 Jahre zu dem Monopol, alle Sorten Tabak anzukaufen, herzustellen und zu verkaufen. Wenn auch die Gesellschaft ein Grundkapital von 650000 Pfund Sterling hatte, so war das Unternehmen doch so miPgliickt, daP sie das ganze Volk gegen sich aufbrachte; an- dererseits sorgte sie nicht dafiir, die Geistlichkeit fiir sich zu ge- winnen, die einen groPen EinfluP auf das Volk hat, und es bewog, die Tabakladen zu zerstoren und die Gesellschaft iiberhaupt sehr

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schadigte. Das Ergebnis war, daP der Schah die Gesellschaft aufheben mupte, indem er allerdings die gehabten Verluste er- setzte. Durch die Beseitigung des Tabaksmonopols wurde der Handel mit Tabak schwankend. Die Ausfuhr war folgende:

r 1889 80000 Pud I 1890 95000

aus Buschir

Bender-Abbas

1889 1890

Aserbeidjan nach Trapezunt { 1891

' 1892 1893

Aserbeidjan nach Transkaspien

den Hafen des Kaspischen Meeres

1889 1890 1891 1892 etwa bis zu

1889 1890 1891 1892 1889 1890 1891 1892

10000

10000

6500

14000

80000

65000

70000

30000

8500

358

456

436

203

3003

4291

4126

1672

Jedenfalls betragt die Ausfuhr des Tabaks in das Ausland nur 1/12 des Tabaks, der in Persien verbraucht wird. Nach den Angaben von Curzon beziff ert sich der jahrliche Verbrauch durch- schnittlich auf 1800000 und die Ausfuhr auf 1600000 Batman.*)

Neben dem Tabakbau vermehrt sich auch mit jedem Jahre der Mohnbau zur Gewinnung von Opium, das ausgefiihrt wird und einen der wichtigsten Artikel der Staatseinnahme bildet. So betrug die Ausfuhr iiber den persischen Golf im Jahre 1871 870 Kasten im Werte von 1522000 Franken, und nach 10 Jahren, im Jahre 1881, fast zehnmal mehr: 7700 Kasten im Werte von 21175000 Franken. Seit 1881 wachst die Ausfuhr von Opium unausgesetzt, so dap in vielen Gegenden ausschlieplich Mohn auf Kosten anderer Gewachse gebaut wird. So vermehrt sich der Bau von Mohn in den Provinzen des siidlichen Persiens in einem solchen Mape, dap man aufhort, Weizen und Reis zu kul-

*) Batman = 2,6 kg-.

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tivieren; da Getreide nicht zugefiihrt wird, tritt haufig eine Hungersnot ein. Das Opium wird nur in geringer Menge im Lande verbraucht und hauptsachlich nach China versendet, wo es mit vielem Erfolg in den Wettbewerb mit dem ostindischen tritt und so diese Einnahmequelle Gropbritanniens zu zerstoren droht. Opium wurde ausgefiihrt:

aus Buschir

1889

3386 Kasten*)

1890

4817

1891

4795

1892

5417

1889

1800

1890

1383V2

1891

1388

1892

746

aus Bender-Abbas

AuPerdem iiber Bagdad im Jahre 1893 675 Pud.

Die Herstellung von Zucker nimmt mit jedem Jahre mehr ab; er reicht sogar fiir den Bedarf der Bevolkerung nicht aus, so dap solcher eingefiihrt werden mup. Rupiand (Astrachan) und Frankreich (Marseille) liefern Runkelriibenzucker; friiher fiihrten Indien, Java und die Insel St. Maurice aus Zuckerrohr hergestellten Zucker ein.

Rupiand bezieht eine geringe Menge masanderanschen Zucker aus Persien, im Jahre 1892 948 Pud, im Jahre 1897 nach Rittich fiir 22726 Rubel. Die giinstigen Boden- und klimatischen Ver- haltnisse fiir die Kultur von Zuckerrohr ermoglichten es jedoch, dap schon im 7. Jahrhundert solche musterhaft war; man verstand es sogar, raffinierten Zucker herzustellen. Dap dies jetzt anders geworden ist, erklart sich dadurch, daP die Bereitung des Zuckers sehr nachlassig betrieben wird und auf demselben Standpunkte geblieben ist wie in alter Zeit.

Die Kultur von Maulbeerbaumen ist sehr entwickelt, damit Seidenraupen geziichtet werden konnen. Es bestehen in Teheran, Kaschan und Jesd Seidenfabriken, wo aus den Kokons Seide her- gestellt wird. Da in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine Krankheit unter den Seidenraupen herrschte und 2/3 starben, so wurde dieser Industriezweig, der schon sehr lange in Persien bliihte, auf viele Jahre geschadigt. Erst seit dem Jahre 1891 hat die Seidenfabrikation wieder merklich zugenommen, aus der dem

*) 1 Kasten wiegt 4V2 T*ud.

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Staate eine auPerordentliche Einnahme erwachst. DaP sich diese so entwickelt hat, verdankt Persien der griechischen Gesellschaft Paschalidi, die im Jahre 1889 ihren Vertreter Besanow nach Rescht schickte. Letzterer brachte Pasteursche Grains mit, ver- teilte sie an die einheimischen Seidenraupenziichter und verpflich- tete diese, 1/3 aller erhaltenen Kokons abzugeben. Die Ergebnisse waren anfangs nicht glanzend, aber schon 1893 erhielt er iiber 3 kg Seide oder 1 Batman Seide von 8 Batman Kokons; eine Erkrankung wurde nicht bemerkt. Durch diesen Erfolg wurde Besanow unter der Bevolkerung beriihmt, die jetzt pasteursche Grains verlangt.

Nach Rupland wurden ausgefiihrt:

1891 786 Pud

1892 1018

Flockseide, Florettseide und Kokons I

^ , . , r 1891 251

Rohseide { ^g^^ 136

Nach Europa als Transitware iiber Rutland:

t:.! 1 -J ^ T^ , i 1891 12686 Pud

Flockseide und Kokons

Rohseide Nach Europa iiber Trapezunt:

Kokons

!

892 6990

1891 263

1892 87

1891 480 Pud

1892 75

1893 700 Aus Schiras und Isfahan iiber Buschir:

1891 920 Pud

. 1892 550 Aus Jesd iiber Bender- Abbas:

1891 40

Rohseide |

Rohseide ^ ^gg^ ^^ _^

In Gilan und Masanderan sammelt man die Seide Ende Mai und verkauft sie im August und September, wahrend in Chorassan und den anderen nordlichen Provinzen man sie im Juli sammelt. Oberhaupt ist es mit der Seidenproduktion gut bestellt, und allein nach Rupiand wurden im Jahre 1893 281 Pud Rohseide und 15 Pud Zwirnseide ausgefiihrt; nach Rittich fiir 13290 Rubel. Da die Moskauer Seidenindustrie Mangel an Rohseide hat, wird die rus- sische Seidenindustrie von sachverstandiger Seite neuerdings auf

Die Beziehungen Rufilands zu Persien. 4

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die Entwickelung des Seidenbaues am persischen Siidufer des Kaspischen Meeres aufmerksam gemacht, um ihren Bedarf von dort zu decken. Man verspricht sich grope Vorteile fiir die russische Seidenindustrie aus der Zunahme des Seidenbaues in Persien.

Baumwolle (grossypium herbaceum) wird in dem ganzen west- lichen Persien, Masanderan und Chorassan gebaut, die ihrer Be- schaffenheit nach allerdings besser als die tiirkische ist, aber mit der amerikanischen den Wettbewerb nicht aushalt. An ein- zelnen Stellen sind mit der Kultur amerikanischer Baumwolle Versuche angestellt, die ausgezeichnete Ergebnisse gehabt haben. Es ist anzunehmen, dap sie in Persien eingefiihrt wird und sie mit der Verbesserung der Kultur ein wiclitiger Zweig des inter- nationalen Handels werden wird. Wenn russische Unternehmer die Perser mit dem Samen der amerikanischen Baumwolle ver- sehen, ihnen die Ernte abkaufen und sie auf ihren Maschinen verarbeiten wiirden, so wiirde diese Baumwolle mit der amerika- nischen und agyptischen, die jetzt in Rupland eingefiihrt wird, in Wettbewerb treten konnen. Der Preis fiir die Baumwolle ist nicht hoch: im Jahre 1893 kostete das Pud in Masanderan 3 Rubel 50 Kopeken bis 4 Rubel 50 Kopeken.

Baumwolle wird in Masanderan, Chorassan, Simnan, Kum, Kaschan, Isfahan und in der Umgegend von Choi und Urmia kultiviert.

Die Ausfuhr nach Rupland betrug: Aus Chorassan iiber Transkaspien 1890

,, Masanderan, Astrabad und den Be- zirken von Kaswin und Hamadan Aserbeidjan iiber den Kaukasus

Chorassan u. s. w. 1891

Masanderan u. s. w. Aserbeidjan u. s. w.

Chorassan u. s. w. 1892

Masanderan u. s. w. Aserbeidjan u. s. w.

155609 Pud

334335 41642

561586 Pud

166515 Pud

313057

17901

497473 Pud

258151 Pud

401253

90786

680190 Pud.

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Von dem Olbaum wird das Leuchtol gewonnen, das in Persien allgemein verwendet wird. In der Provinz Gilan, unweit Mendjil, sind auJ; einer gro^en Strecke Olivenbaume gepflanzt, aus deren Friichten 01 gewonnen wird, das zur Bereitung verschiedener Arzneimittel, aber hauptsachlich zu technischen Zwecken (Seife) verwendet wird. Der Olbaum wachst unter dem Namen „01eander" wild, wird dann aber nicht hoher als 4 m. Wenn der Baum aus Pf lanzreisern oder Samen in gut bearbeitetem Boden gezogen wird, erreicht er eine Hohe von iiber 18 m. Der Samen hat eine schmutzig-graue, das Blatt und die Bliite eine weip-gelbe Farbe. Mit der Zucht dieser Baume beschaftigen sich 43 Dorfer, denen 100000 Baume gehoren. Von jedem Baum werden jahrlich 2 bis 4 kg 01 gewonnen; die Abgabe an den Staat betragt fiir jeden Baum 5 Schai (25 Centimes).

Die Ausfuhr von Olivenol erreichte im Jahre 1892 nicht 400 Pud.

Heilkrauter und zum Farben dienende Gewachse sind reich- lich vorhanden; Iran kann als ihr Vaterland betrachtet werden. Von den Farbemitteln ist „Chenna" hervorzuheben, das aus den Blattern der Lavsonia inermis, welche Pflanze in der Umgegend von Kirman und Jesd kultiviert wird, hergestellt wird. Es ist ein sehi- wichtiger Ausfuhrartikel nach alien mohammedanischen Landern und dient zum Farben der Nagel, sowie auch der Mahnen und Schwanze der Pferde.

Indigo kommt in Laristan und am Karun (Schuster und Disful) vor, aber in einer solchen geringen Menge, dap er den inneren Bedarf nicht deckt.

Von den iibrigen Gewachsen sind noch Siipholz, das iiberall angetroffen wird, Gallapfel in Kurdistan und verschiedene Arten von Gummi zu erwahnen. Das Gummi-Dragant wird aus dem Strauch Astragalis gewonnen und wird in dem westlichen Persien angetroffen; das Gummi arabicum gewinnt man aus der Rinde vom Acaciabaum bei Schiras und in Kurdistan.

Die nordlichen Hange des Elbrus sind mit dichtem jungfrau- lichen Wald bedeckt, der aus alien moglichen Baumarten besteht, von welchen die Eichen, Nupbaume und Buchen zur Verwendung kommen. Letztere werden meistens im Lande verbraucht und nur verhaltnismapig wenig ausgefiihrt. Nach NuPbaumen ist eine groPe Nachfrage; oft finden sich hier vorzugsweise franzo- sische Agenten ein, die die entsprechende Ware ausfindig zu

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machen und Vertrage abzuschliepen haben. Wenn auch der Preis fiir einen Nupbaum nicht hoch ist, so ist doch sein Transport infolge der schlechten Wege sehr teuer. Der Enselihafen am Kaspischen Meere ist der Hauptpunkt, wo Holzvertrage abge- schlossen werden. Seit dem Jahre 1870 hat auch eine grope Nachfrage nach Palmenbaumen (Buxus sempervirens) begonnen, die auPerordentlich wertvoll sind und in Masanderan und Gilan im UberfluP wachsen. Die Pachter haben aber so viele schlagen lassen, dap sie im Laufe von 7 Jahren (1886 1893) fast end- giiltig ausgerottet sind. Die von den Konzessionaren daraus gewonnenen Summen sind sehr erheblich: ein einziger Transit fiir 7 Jahre betragt 312002 Rubel bei einer durchschnittlichen Pacht von 10000 Tuman fiir ein Jahr.

Die Ausfuhr von einfachen Baumen aus Persien nach RuP- land erreichte im Jahre 1891 die Summe von 22000, 1892 von 13000 Rubeln; an wertvollen Baumen, einschlieplich der Pahnen und Nupbaume, im Jahre 1891 die Summe von 91000 und im Jahre 1892 die Summe von 30000 Rubel. Von Holzkohlen wurden im Jahre 1890 etwa 280000, im Jahre 1891 etwa 330000 und im Jahre 1892 285000 Pud ausgefiihrt.

Die Viehzucht befindet sich in einem besseren Zustande als der Ackerbau. Die nomadisierende Bevolkerung lapt es sich angelegen sein, dap die Rasse der Pferde, Kamele, Schafe, Ziegen und sonstige Zweige der Viehzucht erhalten und verbessert wer- den. Es gibt Vollblutpferde, die nach ihrer Schonheit und Aus- dauer mit alien in der Welt bekannten Rassen in Wettbewerb treten konnen; es sind die arabische, turkmenische, karabaghische und schirassche Rasse hervorzuheben. Durch ihre Ausdauer zeichnen sich die turkmenischen Pferde aus, fiir deren Verbesse- rung die persischen Monarchen sehr viel getan haben. Die GroPe und der Knochenbau des turkmenischen Pferdes riihrt von den einheimischen, das Blut und die Form aber von den arabischen Pferden her, von welchen die besten verschrieben wurden. Aus der Kreuzung ging ein sehr knochiges Pferd hervor, das der Hohe (oft hoher als 17 Hande) gegeniiber aber unproportioniert ist; der Kopf ist dick und grop, die Ohren und der Hals lang, die Brust schmal, der Leib abgemagert; die langen Beine sind an- scheinend ungeniigend muskulos. Das turkmenische Pferd ist iiberhaupt nicht schon, aber bei der Arbeit unersetzlich. Das

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karabaghsche Pferd, ein Grauschimmel mit schwarzen Apfeln, ist dem englischen Jagdpferde sehr ahnlich, wird aber wenig in Persieu gebraucht und meistens nach Indien ausgefiihrt. Von den iibrigen Rassen ist das in der Wiiste geziichtete Pferd zu erwahnen, das klein ist, kurze Peine hat und auperordentlich stark ist.

Die Kamele sind fiir den gropten Teil der dortigen Bevolke- rung, besonders fiir die Nomaden, wichtiger als die Pferde. Es gibt4Arten: das zweihockrige (bughur), das einhockrige (schutur) und 2 Arten, die aus der Kreuzung der beiden ersteren entstanden sind. Die einhockrigen Kamele sind sehr stark, aber nicht so beweglich und schnell wie die zweihockrigen. Von den ersteren werden die Kamele Chorassans und Schirans besonders geschatzt, da sie die starksten sind: sie konnen 250 kg tragen, ohne dap sie dadurch geschadigt werden. Von den Mischlingen sind die Rassen „Ner und Lojeks" hervorzuheben. Letztere ist sehr ge- lehrig, geduldig, stark und kann 450 kg tragen. Da sie aber teuer ist, benutzt man die Rasse Ner, die allerdings nicht so stark und ausdauernd ist, aber das Stiick nur 55 Rubel kostet.

Das persische Rindvieh ist fast dasselbe, wie es in Rupiand vorkommt. Ochsen, Kiihe und Hammel sind reichlich vorhanden. Bei den Ackerarbeitern kommen auch Biiffel zur Verwendung. Schaf e mit dickem Fettschwanz sind weit verbreitet. Ihre Wolle dient zur Herstellung von grobem Gewebe; aus ihrem Schwanz wird Fett, ca. 1,2 1,6 kg, gewonnen. In Kirman gibt es eine Art Ziegen, aus deren Wollhaar Schale verfertigt werden. Esel werden als Reit- und Packtiere gebraucht. Zu ersterem Zweck werden groPe, zu letzterem kleinere aber ausdauernde Esel ver- wendet. Auch die Isfahanschen Maulesel sind erwahnenswert, die eine Kreuzung von Eseln und Isfahanschen Stuten sind. Diese Maultiere haben einen gropen Kopf, eine gemusterte Mahne, einen entsprechenden Korperbau und ein entsprechendes Gewicht. Sie wurden in die englische Armee wahrend des afghanischen und abessynischen Krieges in groper Menge eingestellt und leisteten gute Dienste.

Die Nomaden besitzen grope Herden von Schafen, nach wel- chen in dem Lande selbst grope Nachfrage ist. Rindvieh ist wenig vorhanden und wird mehr zum Arbeiten als zum Schlachten ge- braucht. Die Perser lieben kein Fleisch und konnen es leicht

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entbehren. Aus den Kamelhaaren werden Woilachs in groPer Menge angefertigt; im Friihjahr wahrend des Haarens wird das Kamelhaar in Biischeln gesammelt.

Lebendes Vieh wird nach Rutland, Indien und den arabischen Hafen ausgefiihrt. Im Jahre 1892 betrug die Ausfuhr:

nach Rupland 666332 Pud,

nach Indien 15000 Stiick Vieh, 737 Pferde.

Die Ausfuhr aus Persien von Produkten der Viehzucht im Jahre 1892:

nach Rupiand aus Aserbeidjan und Kurdistan; Kase, Butter und Talg ungegerbte Haute und Felle gegerbte wilde Tiere Wolle und wolliges Ziegenhaar

nach Rupland aus Karadagh, Hamadan, Schiras

und den am Kaspischen Meere gelegenen Provinzen:

ungegerbte Haute und Felle

gegerbte

wilde Tiere

Wolle und wolliges Ziegenhaar

nach Rupiand aus Chorassan und Jesd: Kase und Butter ungegerbte Haute und Felle Wolle und wolliges Ziegenhaar gegerbte Haute und Felle

Jahrlich werden an Wolle 328125 Pud gewonnen.

Die Frauen der Nomaden beschaftigen sich auPer mit den Wirtschaftsarbeiten mit dem Weben von Matten, Lagerdecken und Teppichen. Obwohl die Arbeiten grob sind, haben sie dennoch einen guten Absatz in den Stadten.

Eine wichtige Einnahmequelle ist die Perlenfischerei im per- sischen Golf, die jahrlich 21 24 Millionen Rubel einbringt. Sie findet in den Sommermonaten an der Kiiste der Bahreininseln, die sich im Besitz der Englander befinden, bis zur Insel Ras-el-Kuh statt. Viele persische Kiistenbewohner beschaftigen sich mit

5500 Pud

11000

>>

15500

}>

2080

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6500

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zen: 8000 Pud

5500

>j

8200

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1200

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2500 Pud

30000

>>

12000

7500

»»

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diesem Erwerbszweige; sie arbeiten vom Aufgange bis zum Unter- gange der Sonne und tauchen oft bis zu einer Tiefe von 30 m. Sie bleiben durchschnittlich 3, manche auch 5 Minuten unter Wasser, indem sie die Ohren verkleben und in die Nase eine Rohre aus Horn stecken. Haben sie einige Jahre so gearbeitet, verlieren sie das Gehor, kommen von Kraften und der Korper bedeckt sich mit Geschwiiren. Die Perlenfischer werden oft durch Seerauber gefahrdet, die sich nicht nur damit begniigen, ihnen die Perlen abzunehmen, sondern auch sie haufig ermorden. Um den Raubereien ein Ende zu machen, schickt der Scheich der Bahreininseln zum Schutze der Perlenfischer armierte Schiffe ab, und als Entgelt erhalt er von jedem Fang 1 10 Perlen- muscheln. Gro^e Perlen werden selten gefunden, und nur an den tiefsten Stellen. Die Perlen werden, bevor sie auf den Markt kommen, nach ihrer GroPe, Form und Farbe sortiert und auf- gereiht. Die Europaer ziehen die weipen den gelben Perlen vor, wahrend die Inder die letzteren mehr schatzen, so dap diese fast allein nach Indien gehen. Die persischen Perlen gelten als besser als die bei Ceylon gefundenen, die nicht sehr fest sind, sich schalen und ihre Farbe schnell verlieren.

An Mineralien ist Persien sehr reich: es kommen hier aus- gedehnte Kupfer-, Steinkohlen-, Blei- und Eisenlager vor. Stein- kohlen sind erst spat gefunden; man fangt aber schon an, sie auszubeuten. Die Arbeiten stehen unter der Leitung des Finanz- ministeriums, das aber sie wenig gefordert hat. Sie wurden in ganz primitiver Weise, ohne jede neuere technische Vervoll- kommnung ausgefiihrt. Die Schachte und alle Vorrichtungen zur Ausbeute waren so schlecht angelegt, daP bestandig Brande und Einstiirze vorkamen, so daP die. Arbeiter, welche iiberhaupt zu dieser Arbeit geringe Neigung haben, sie aufgaben. Diese Um- stande veranlapten den Schah, Anderungen eintreten zu lassen und im Jahre 1889 den Bergbau der Kaiserlichen Bank zu unter- stellen. Letztere war in demselben Jahre vom Baron Reuter errichtet, welcher nunmehr das Monopol erhielt, die Mineral- reichtiimer, deren Bearbeitung bis dahin nicht in Angriff ge- nommen war, wo also noch keine Gruben bestanden, auszubeuten. Nach einem Jahre wurde aber von der Kaiserlichen Bank der Gesellschaft „Bank Mining Rights Corporation Society" die be- ziigliche Konzession iiberlassen.

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Die Gesellschait hatte grope Plane: sie begann die Arbeiten gleichzeitig an verschiedenen Stellen, ohne ihre vorhandenen Mittel, die weniger als eine Million Pfund Sterling betrugen, in Rechnung zu ziehen und ohne die Verhaltnisse des Landes genau zu kennen. Schon im Jahre 1893 war die Gesellschaft dem Bank- rott nahe und hielt es fiir das beste, die angefangenen Arbeiten in Teilen zu verkaufen. Trotz dieses Miperfolgs waren die von der Gesellschaft erzielten Ergebnisse sehr wichtig, da dadurch der Beweis geliefert war, daP auPerordentliche Mineralreichtiimer in Persien vorhanden sind.

Kupferlager werden iiberall angetroffen, besonders im Nord- osten Persiens. In Aserbeidjan sind die Bezirke Karadagh, wo jetzt die Russen Gruben angelegt haben, und Hamse die reichsten. In Chorassan: die Grube Hurkan, jetzt nicht im Betriebe; die Gruppe der Kupfergruben siidlich von Sebsewar (bei den Dorfern Gand, Homai, Nehru); die Gruppe der Gruben bei Baschau und Dahane-Siah ist die kupferreichste; die Gruben bei Turschin (Sul- tanabad), bei Turbete-isa-Chan; Pagale nordlich von Sebsewar; im Bezirk Biardjumande (zwischen Schahrud und Turschis). Im Siid- osten Persiens sind andere Lager von Kupfer gefunden: in Kale- Siri und Teng-i-Mu-i-Asan ; auPerdem im Gebirge Kohrud und zwischen Isfahan und Jesd.

Eisenlager befinden sich: im Bezirk Karadagh des Gebiets Masanderan (bei Naidj (unweit Amul desselben Gebiets). Das Erz enthalt 50 60 Prozent Eisen; unweit der Stadt Damgan in der Provinz Astrabad; am See Niris in Farsistan; in der Provinz Kirman; in Hunsar zwischen Teheran und Isfahan, wo das Erz 60 Prozent Eisen enthalt; in dem Bezirk Feridan mit Erzen mit 69 Prozent Eisen. Sumpfeisen ist in groper Menge siidwestlich von der Enselibucht gefunden.

Blei kommt vor: in dem Chalchalschen Bezirk, 100 km von Tabris; im Chamcheher Bezirk und in Masanderan. In Cho- rassan liegen 7 Bleigruben, welche bis jetzt betrieben werden. Wenn auch in der Provinz Kirman viel Blei vorkommt, so wird doch wegen des teuren Transports wenig gefordert. Die be- kanntesten Erzlager befinden sich in Kuhbenan, Djewarun, Magun, Teng-i-Mu-i-Aspan und Kale-Siri.

Von den iibrigen Metallen findet man Quecksilber in dem Bezirk Hamse, bei Ak-Dere, Gis-Kaman, sowie in dem Gebirge

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Sardi-Kuh. Nickel und Kobalt sind 1891 in dem Nasuschen Bezirk, Zink auch in dem Riicken Schah-Kuh und unweit Jesd entdeckt.

Manganerz ist 130 km von Kirman bei dem Dorfe Herusen sowie in dem Naimschen Bezirk gefunden. Letzterer ist auch an Schwefel und Asbest reich. Asbest kommt auch 140 km nord- lich von Kirman, Graphit 10 km nordlich von Mendjil an dem Wege nach Rustem-abada vor.

Inbezug auf die Kohlen und das Naphtha kann Persien in einen nordlichen Kohlen- und einen siidlichen Naphthabezirk ge- teilt werden. Auper in dem Viereck zwischen Kaswin-Talisch- rucken und Schahrud-Astrabad, das ein zusammenhangendes Stein- kohlenrayon sein soil, wird auch dieses Mineral in Chorassan bei Firuse und Abokasch gefunden und ausgebeutet. In den be- kanntesten Gruben Persiens wurden, wie Curzon in seinem Werke „Persia and the Persian question 1892" angibt, im Jahre 1888 15000 Tonnen Steinkohlen gefordert, davon in der Umgegend von Teheran 11000 und in den nordostlichen Gruben 4000 Tonnen. In letzter Zeit hat sich die Menge der geforderten Kohlen nicht vermehrt, was sich durch die primitivste und nicht zweckent- sprechende Bearbeitung erklart, dazu kommt noch der Mangel an Wegen, wodurch der Transport verteuert wird.

Naphthaquellen sind auf dem ganzen Kiistenlande des Per- sischen Golfs vorhanden. Von Daliki ab ziehen sie sich nach Nordwesten nach Ram-Hermus bis zum Karun hin. Die zwei bei Daliki gefundenen Naphthaquellen veranlapten die Gesellschaften „Goz & Sohn" und in der Folge „Minig-Rights", weitere Unter- suchungen anzustellen, was aber keine wesentlichen Ergebnisse hatte. Bei Ram-Hermus befinden sich 12 Quellen, von denen 3 22 Gallonen dunkles und 1 Gallone helles Naphtha taglich geben. Siidostlich von Schuster gibt es 6 Quellen, von denen eine ein tagliches Ergebnis von 34 Gallonen 01 hat. Nordlich von Schuster, in einer Entfernung von 113 km, geben die Quellen bei Goft-Scheid t-aglich 30 Gallonen Naphtha.

Nach einer Nachricht des „Journal des Debats" traf im April 1902 in Teheran ein englischer Kapitalist ein, um eine Konzession zur Ausbeutung der reichen Naphthafundorte, die in dem west- lichen Persien, in der Provinz Ardilan, nicht weit von der tiir- kischen Grenze, vorhanden sind, zu erhalten. Er zahlte der Re- gierung des Schahs eine halbe Million Franken, wofiir ihm die

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Konzession erteilt wurde. Er bildete eine Aktiengesellschaft, um die Naphthaquellen in Ardilan nutzbar zu raachen. Die Ge- sellschaft beabsichtigt, ein System von Kanalen zu bauen, in welchen das Naphtha zur Miindung des Karun geschafft werden soil, von wo aus man es dann auf Schiffen nach den Markten des persischen Golfs transportieren will. Wenn die Unternehmung von den Englandern verwirklicht wird, werden sie, wie die Zeitung meint, daraus einen groPen Gewinn erzielen und ihren EinfluP an den Ufern des persischen Golfs verstarken. Ein Hindernis fiir die Ausfiihrung des Unternehmens sieht das Blatt in der Feind- schaft der kriegerischen Stamme, welche zwischen Ardilan und dem persischen Golf wohnen, gegen die Europaer, so dap ein Erfolg zu bezweifeln sei.

Die Gewerbe haben sich in Persien noch wenig entwickelt. Es bestehen nur Kleinbetriebe, deren Arbeiter lediglich Familien- mitglieder sind. Selten sind es ganze Korporationen von Hand- werkern, welche die Arbeiten ausfiihren. Ein groPer Teil der Bevolkerung beschaftigt sich mit der Anfertigung von seidenen und baumwollenen Gegenstanden, mit dem Gerben von Hauten, mit dem Weben von Teppichen und der Bearbeitung von Gold- und Silbersachen. Trotz der primitiven Werkzeuge und auch der nicht einfachen Arbeit sind die Seiden- und Baumwollgegen- stande wegen ihrer Starke und Giite weltbekannt. Die von den Persern hergestellten Gewebe sind meistens mit sehr hellen und schonen Farben vortrefflich gefarbt, und in dieser Beziehung ist das Verstandnis, die verschiedenartigen Farben herzustellen und zu mischen, ihnen als besonderes Verdienst anzurechnen, wenn man bedenkt, dap chemische Mittel ihnen nicht zu Gebote stehen. Dazu kommt, daP die meisten Gegenstande sehr billig sind und infolgedessen in groper Menge in Iran selbst und auch jenseits seiner Grenze verbreitet sind. So wurden nach Rupiand liber den Kaukasus im Jahre 1892 14500 Pud von Baumwollgeweben aus- gefiihrt.

Noch hoher steht die Anfertigung von Teppichen, die be- sonders ihrer Farben wegen sehr wertvoll sind, zumal diese selbst bei heipem Sonnenschein nicht ausbleichen. Die Teppiche werden in den Bezirken hergestellt, in denen die Viehzucht vorherrscht. Die Stickerei wird hauptsachlich von den Frauen ausgefiihrt. Am bekanntesten sind die Teppiche, die in Isfahan, Kirman und Jesd angefertigt werden.

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Nach Rupiand wurden Teppiche ausgefiihrt: im Jahre

1891 im Werte von 400000 Rubel

1892 250000

1893 232000

1894 271000

Auf die Teppiche entfallen annahernd 25 Prozent der ganzen Ausfuhr aus Persien. Bei der kunstvollen Arbeit, der Sorgfalt und Akkuratesse der Stickerei ist auch in Zukunft fiir die Teppiche kein Wettbewerb zu befiirchten.

Die Lage der Weber ist aber nicht beneidenswert: sie miissen in Schuppen, Kellern und iiberhaupt in den schlechtesten Raumen arbeiten, wo sie sich vor der Sonne schiitzen und ein Wasser- bassin anlegen konnen, damit das Material biegsam und elastisch bleibt. Diese ungiinstigen Verhaltnisse schadigen die Gesundheit von hunderten von Arbeitern, und dennoch ist der Arbeitslohn nur gering. Fiir das Weben eines Schals im Werte von 1000 Franken betragt die reine Einnahme nicht iiber 400 Franken. Drei Weber arbeiten zusammen ein Jahr daran und erhalten dafiir hochstens 35 Centimes fiir den Tag.

Sehr viele Leute sind auch Schuhmacher und haben als solche eine auPerordentliche Fertigkeit erlangt. Ihre Arbeiten, besonders die Pantoffeln, sind mit Stickereien versehen. Das zu der Anfertigung der Fupbekleidung verwendete Leder ist besser als das tiirkische. Fiir die Pantoffeln und leichten Schuhe nimmt man Chagrinleder. Die daraus angefertigten Arbeiten sind billig und werden gern von den Stadtbewohnern gekauft.

Die Herstellung von Papier aus Baumwolle ist seit lange bekannt. Der Hauptbestandteil des Papiers ist Baumwolle, der man, je nachdem das Papier mehr oder weniger grob sein soil, Reisstroh, Hanfsamen, Nesseln zusetzt; bei besonders gutem Papier besteht die obere Lage aus Seidenkokons. Der letztere Umstand hat dazu gefiihrt, dap die Europaer annehmen, dap das persische und auch das chinesische Papier aus Seide gemacht wiirde. Das persische Papier ist weip und auPerordentlichglatt; damit die Tinte nicht durchdringt, wird es mit einer dicken Lage von Beize versehen.

Besonders hervorzuheben ist auch die Kunst der Perser, Sabelklingen, Metall- und andere Arbeiten mit Gold oder Silber auszulegen, Besonders beriihmt sind in dieser Beziehung die chorassanschen Klingen, welche, wenn auch nicht ihrer Giite,

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so doch dem Preise nach hoher stehen als die in Damaskus her- gestellten.

In letzter Zeit haben die Europaer die Perser auch in der Anfertigung von Feuerwaffen unterwiesen, mit deren Fabrizierung nach und nach in den einheimischen Arsenalen der Anfang ge- macht wird.

Die Gold- und Silberarbeiter fassen Edelsteine in sehr kunst- voller Weise. Die Bewohner von Isfahan und Schiras verstehen es besonders, die Nargilehs mit getriebenem Gold und Silber, das mit Edelsteinen ausgelegt ist, zu verzieren.

Tischlereien und Glasarbeiten sind wohl vorhanden, aber die Perser leisten in dieser Beziehung nichts Hervorragendes, was zu beachten sein diirfte.

In der Herstellung von wohlriechenden Essenzen iibertreffen die Perser alle Asiaten. Sie wenden alle moglichen Mischungen an, um deren Eigenschaften zu vervielfaltigen, so daP es auper- ordentlich viel Sorten gibt. Am meisten wird Rosenwasser ge- macht, das fiir das beste in der Welt gilt. Es wird in groper Menge verkauft und steht hoch im Preise, so dap grope Einnahmen erzielt werden. Ganze Felder sind mit Rosen bepflanzt. Das Rosenol wird destilliert, indem eine gewisse Menge Rosen- blatter mit li/gmal mehr Wasser begossen wird. In diese Masse giept man dann noch destilliertes Wasser, schiittet es in flache GefaPe und setzt diese der Luft aus. Nach einiger Zeit bildet sich auf der Oberflache Rosenol, das dann sehr vorsichtig abge- schopft wird.

Trotz all dieser verschiedenartigen Zweige der Erwerbs- tatigkeit ist sie im allgemeinen im Niedergange begriffen und ist nicht imstande, mit den europaischen Fabrikaten in Wett- bewerb zu treten. In den letzten Jahren wurden Versuche ge- macht, die persische Industrie zu heben; es wurden Fabriken in derUmgegend von Teheran und in anderenStadtenangelegt; ihre schlechte Organisation aber, die Tragheit der Bevolkerung, die Teuerung des Brennmaterials und endlich die hohen Abgaben und die driickende Einwirkung der Verwaltung fiihrten dazu, daP die Fabrikate teuer und schlecht wurden, was die Nachfrage ver- minderte, so daP das Unternehmen miPgliickte. Unter solchen Um- standen iiberfluteten auslandische Fabrikate Persien, und trotz ihrer bisweilen schlechten Beschaffenheit wurden sie in alien Stadten gekauft.

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Wir gehen nun zur Besprechung der Handelsverhaltnisse Persiens iiber, die von besonderer Wichtigkeit fur die Beziehungen Ruplands zu Persien sind. Es ist England, das in erster Linie in Wettbewerb mit Rupland tritt, wenn auch Deutschland, Frank- reich und andere Staaten hier Interessen zu vertreten haben. Dap der Handel Persiens nach aupen schon sehr entwickelt ist, diirfte kaum zu behaupten sein. Dieser sowohl wie der Handel im Innern werden hauptsachlich durch die schlechten Kommuni- kationen gehemmt. Nur Karawanen vermitteln vorerst den Aus- tausch der Waren. Diese bestehen oft aus mehreren Hunderten von mit Waren beladenen Kamelen oder Maultieren. Erstere werden in den ebenen Gegenden, besonders bei Durchschreitung von Wiisten, letztere in den gebirgigen Gegenden im Westen Per- siens benutzt, wo keine breiten Wege, sondern nur Saumpfade vorhanden sind. Die Marsche werden oft in der Nacht ausgefiihrt, um die niederdriickende Hitze am Tage zu vermeiden. Die Kara- wanen legen in einem Marsch durchschnittlich 27 35 km zuriick, um gegen Morgen zu den Brunnen zu gelangen, wo gerastet wird, Es bestehen 16 Strapen, die „schahsche" genannt werden, besser gebaut sind und an welchen in gewissen Entfernungen Stationen fiir den Postdienst sich befinden. Bei diesen Stationen sind Kara- wansereien gebaut, in welchen Leute und Tiere Unterkunft und Ruhe finden. Sie sind durch den Schah Abbas angelegt, waren bequem eingerichtet, sahen hiibsch aus und waren geraumig. Im Laufe der Zeit sind sie aber niemals ausgebessert und sind zu vollstandigen Ruinen geworden. So hatte z. B. die friiher be- riihmte Karawanserei in Sebsewar, in der Provinz Chorassan, 700 Zimmer und konnte mehrere Tausend Leute und Tiere unter- bringen, jetzt ist sie vollstandig verfallen. In demselben Zu- stande befinden sich auch die von Abbas gebauten Briicken, die so gefahrlich sind, daP man sich scheut, nicht nur hiniiber zu fahren, sondern auch sie zu FuP zu iiberschreiten.

Die HaupthandelsstraPen Persiens, die dem internationalen Handel dienen, lassen sich in 3 Gruppen teilen:

In der 1., nordwestlichen Gruppe haben die Wege Tiflis- Djulfa-Tabris und Trapezunt-Erzerum-Choi-Tabris eine wichtige Bedeutung. Die erstere StraPe kann als eine russische bezeichnet werden, da sie nur fiir Rupiand von Wichtigkeit ist; letztere ist eine englische, da sie hauptsachlich den Handel Englands ver- mittelt. Die Entfernung von der an der persischen Grenze ge-

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legenen Stadt Djulfa bis Tabris betragt etwa 150 km. Auf einer Strecke von 35 km ist der Weg sehr beschwerlich; er steigt zwischen zwei hohen Bergen in dem Bette eines Gebirgsf lusses, der zeitweise fast ausgetrocknet ist, aufwarts. Nach dem Austritt aus dieser Schlucht folgt man einer vorziiglichen Fahrstra^e iiber das Ort- chen Tschirtschir nach Marand; die Karawanen und Reiter nehmen aber den Weg, der iiber Arsandebil nach Marand fiihrt. Bei letzterem Orte verzweigt sich der Weg: der Fahrweg fiihrt iiber das Dorf Jasch nach Sofian, wahrend die KarawanenstraPe auf einem abschiissigen schmalen Karnis durch die Schlucht Schardere nach Sofian sich hinzieht. Zwischen Sofian und Tabris liegt eine vorziigliche Ebene, die vollstandig fiir Wagen geeignet ist. Die Waren werden auf Kamelen und Pferden transportiert; erstere legen die Strecke in 6 10, letztere in 2 3 Tagen zuriick.

Curzon gibt den Warenumschlag der Stadt Tabris im Werte von 1200350 Rubel als Einfuhr nach Rupiand, und von 222200 Rubel als Ausfuhr an.

Die andere Strape besteht schon seit langer Zeit. Die ganze Strecke betragt 960 km, davon auf persischem Territorium 360 km. Bis Erzerum ist der Weg in gutem Zustande; die Waren konnen sogar in Wagen transportiert werden. Von Erzerum bis Tabris miissen sie auf Tragtieren, hauptsachlich auf Kamelen, fortge- schafft werden. Ihre Last darf nicht 200 250 kg iibersteigen. Die Zeit fiir den Marsch von Trabezunt nach Tabris wird ver- schieden angegeben: Curzon berechnet sie mit 172 Stunden, wah- rend Tomara 60 70 Tage im Sommer und 35 40 Tage im Winter angibt. Curzons Angabe kann aber nicht als Norm gelten, da es besonders auf dem persischen Territorium an Kamelen fehlt und ein so schneller Transport sehr teuer ist. Die Kosten fiir einen Packen von 230 kg schwanken zwischen 5 Tuman (10 Rubel) und 25 Tuman (50 Rubel).

Die Handelsumschlage auf diesem Wage betrugen nach Curzon im Jahre 1889:

in Tabris: Einfuhr im Werte von 8538910 Rubel

Ausfuhr 3894560

12433470 Rubel

in Trapezunt: Einfuhr aus England i. W. von 5740400 Rubel Ausfuhr nach 361000

6101400 Rubel

r- 63

Folglich fallen 68 Prozent der Einfuhr und fast 10 Prozent der Ausfuhi- England zu.

Von den weniger bedeutenden HandelsstraPen dieser Gruppe ist der Weg von der Schatinskischen Haltestelle (bei dem Einflu(3 der Aktschai in den Aras) nach Choi und Urmia hervorzuheben. Die Waren miissen mit Kamelen transportiert werden, die die StraPe bis Choi in 4 7, bis Urmia in 10 13 Tagen zuriicklegen. Die Kosten fiir den Transport eines Packens betragen bis Choi 3, bis Urmia 4 Rubel.

Der Weg von Astara (am Kaspischen Meere) iiber Ardebil nach Tabris ist der wichtigste von alien Strecken des nordlichen Rayons, und ware er in einem etwas besseren Zustande, wiirde er wahrscheinlich zum Transport aller Waren, die iiber die kauk- kasische Grenze gehen, dienen.

Der aupere Handel Astaras bezifferte sich in den Jahren 1886—1891 auf folgenden Wert:

1886 Ausfuhr 371452, Einfuhr aus Rupiand 1309809 Rubel

1887

437536,

1281159

1888

469519,

1599318

1889

524041,

1987162

1890

649262,

1682717

1891

791324,

1095117

3243094

8955282 Rubel.

Die Einfuhr iiberstieg die Ausfuhr in diesen 6 Jahren um 5712188 Rubel.*)

Der Seehandel Astaras in demselben Zeitraum stellt sich in folgenden Werten dar:

1886 Ausfuhr 132426, Einfuhr Rubel

1887 58614,

1888

96210,

1889

37258,

1890

18764,

1891

32327,

3643

Vergleicht man diese Tabellen, so ergibt sich, daP der See- handel Astaras sich um 100000 Rubel vermindert hat und im Vergleich zu dem gesamten auperen Handel dieser Gegend un-

*) Im Jahre 1892 stieg die Ausfuhr auf 124 268 Rubel, wahrend die Ein- fuhr 1092 388 Rubel betrug; 1893 erreichte die Ausfuhr 380 716 Rubel, wahrend die Einfuhr auf 1 958 091 Rubel wuchs.

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wichtig ist. Es ist das durch die Unbequemlichkeit des Hafens und durch die hohen Frachten begriindet, so daP die Kaufleute den Landweg vorziehen. Der Transport der Waren von Astara bis Nun-Keran erfolgt nur auf Pferden, von Nun-Keran bis Ardebil auf Kamelen. Infolgedessen werden der Transport der Waren und die Karawanen durch das Umladen aufgehalten, so dap die 60 km lange Strecke bisweilen in einem Monat zuriick- gelegt werden kann. Der Transport auf der 200 km langen Strecke von Ardebil bis Tabris dauert 7 10 Tage. Die Transportkosten fiir einen Packen betragen bis zu 15 Kran (15 Franken).

Die grope Wichtigkeit der Strecke Astara-Tabris fiir den Handel Ruplands mit dem westlichen Persien Hep oft den Ge- danken entstehen, dap es wiinschenswert sei, hier einen Fahrweg Oder wenigstens einen gefahrlosen Karawanenweg anzulegen. Im Jahre 1888 gab der Schah dem Prinzen Nasred-el-Doule eine Kon- zession auf 5 Jahre, um diesen anzulegen und in Betrieb zu setzen. An dem Unternehmen sollten sich die Kaufleute beteiligen und zwar sogar die Halfte der Ausgaben tragen; letztere aber fiirch- teten die Bedriickungen der Behorden, so dap bis znm Jahre 1893 noch nicht dazu geschritten war, den Weg anzulegen. Die Kon- zession ist verlangert worden, aber mit dem Vorbehalt, dap nur „persische Untertanen sich an dem Bau beteiligen diirfen".

In der 2. oder nordlichen und nordostlichen Gruppe, die als russische Gruppe bezeichnet werden kann, sind die wichtigsten Wege 1. Enseli-Kaswin-Teheran und 2. Meschhed-Teheran.

Von Enseli aus, einem Hafen an einer schmalen Landzunge, die das Kaspische Meer von der seichten Bucht Murdab trennt, werden die Waren auf einer Dampfbarkasse befordert. Der Fahr- weg beginnt erst bei dem Dorfe Nir-i-Basar an der Miindung des Schah-Rudbar und fiihrt nach Rescht und Sefid-Ketle. Von hier ab bis Kaswin ist der Weg sehr beschwerlich und nur auf der Strecke Mendjil - Paitschinar ertraglich. Bei der Charsanschen Hohe ist der Aufstieg schwierig und im Winter gefahrlich; dann aber ist der Weg bis Teheran eben und schon jetzt fiir Wagen benutzbar.

Das beschwerliche Fortkommen auf dieser fiir Rupiand so wichtigen Handelsstrape veranlapte L. S. Poljakow, den Schah um die Konzession zu bitten, eine Chaussee zwischen Kaswin und Enseli bauen zu diirfen. Von Regierungsingenieuren und dem Stabskapitan Glinojezki wurden beziigliche Untersuchungen an-

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gestellt: die Chaussee soil fast an alien Punkten des genannten Wege.g vorbeifiihren.

Die Transportkosten fiir einen Warenballen betragen von Per- basas bis Rescht einen Kran (einen Franken), fiir eine Tonne Zucker 6 Kran; von Rescht bis Teheran 1 Kran 3 Schahstiicke (1 Franken 15 Cent.) bis 3 Kran fiir 6 kg.

Die Strecke von Rescht bis Teheran wird im Herbst in 8 9, im Winter in 15 20, im Friihjahr in 11 12, im Sommer in 9 bis 10 Tagen znriickgelegt.

Eiu Kamel tragt 12 14, ein Maultier oder Pferd 10, ein Esel 5—6 Pud.

Zu Pferde kann man in 3 4 Tagen von Rescht nach Teheran gelangen.

Der Warenuraschlag auf diesem Wege betrug im Jahre 1883:

Einfiihr im Werte von 3764430 Rubel Ausfuhr im Werte von 2592500

6356930 Rubel.

Von Meschhed nach Teheran (958 km) fiihrt ein guter Post- trakt, der fiir Wagen vollstandig geeignet ist. Die 24 Stationen liegen je 25 45 km voneinander entfernt. Die Karawanen brau- chen 24 36 Tage, um von Meschhed nach Teheran zu gelangen.

Der Warenumschlag auf diesem Wege hatte einen Wert von:

1797460 Rubel fiir die Einfuhr, 1357100 fiir die Ausfuhr 3154560 Rubel.

Von den anderen wichtigen Wegen dieses Rayons sind die Wege von Teheran nach Meschedisser (am Kaspischen Meere) zu beachten. Der eine derselben, der bequemste, fiihrt an De- mawend vorbei nach Amol, Barferusch und Meschedisser (269 km). Die Karawanen legen diesen Weg in 5 9 Tagen zuriick. Die Transportkosten betragen je nach der Jahreszeit 12 20 Rubel fiir I81/0 Pud.

Bevor der Verkehr auf der Transkaspischen Eisenbahn er- offnet war, diente Gjaur- (bei Kisil-Arwat) -Schahrud-Bastam als wichtige HandelsstraPe, deren Warenumschlag sich auf einen Wert von 3 739 200 Rubel belief, wahrend er im Jahre 1889 den Wert von 719000 Rubel (519000 fiir die Einfuhr und 200000 fiir die Ausfuhr) erreichte.

Die Beziehungen RuMands zu Persien. 5

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Die Warenumschlage auf dem Wege Aschabad-Meschhed haben sich dagegen bedeutend vermehrt; die Einfuhr aus Rupland hatte 1889 einen Wert von 1 104000 und aus England einen solchen von 843000 Rubel (234290 Rubel aus Trapezunt und 608710 Rubel aus Bender-Abbas).

Die 3. Gruppe der siidlichen oder siidwestlichen Handels- strapen befindet sich in der Sphare des Einflusses Englands. Als Ausgangspunkte am Persischen Golf dienen die Hafen Buschir, Bender-Abbas, Mohammer und Bassora. Der Weg von Buschir fiihrt iiber Schiras, Isfahan nach Teheran. Der Weg Buschir- Schiras verzweigt sich: ein Zweig fiihrt nach Kaserun, der andere nach Firusabad. Wenn auch der letztere abschiissiger ist, so ist er doch dem ersteren vorzuziehen, indem er fast 60 km kiirzer ist. Auf dem Wege Buschir-Schiras liegen 10 Stationen, die durchschnittlich 20 46 km voneinander entfernt sind. Zur Be- forderung der Waren dienen Maultiere und Esel; Kamele werden wegen der Aufstiege nicht verwendet. Fiir die Zuriicklegung der 320 314 km langen StraPe gebrauchen die Karawanen 10 bis 14, im Friihjahr 20 Tage. Die Transportkosten schwanken je nach der Jahreszeit, der Art der Waren, dem Gewicht der Ballen und je nach der Richtung von Buschir nach Schiras oder umge- kehrt. Die auPersten Grenzen der Transportkosten sind 1 Rubel 60 Kopeken bis 2 und 10 Rubel.

Die Englander wollen von Buschir nach Schiras einen Fahr- weg oder sogar eine Eisenbahn bauen. Aber Tomara bezweif elt sehr die Moglichkeit: der Weg ist seiner Meinung nach einer der schwierigsten in Persien.

Von Schiras nach Isfahan transportieren Kamele die Waren. Auf der Strecke von Schiras bis Sirgan, auf der 117 km langen Strecke von Kumabadom bis Chan-i-Chore ist der Weg beschwer- lich; auf den anderen 383 km ist er gangbar und zur Anlage eines Fahrwegs geeignet. Der Weg von Isfahan nach Teheran (473 km) ist vorziiglich und nur iiber das Kohrudgebirge verhaltnismapig schwierig.

Von Kum bis Teheran sind 3 Wege vorhanden: die alte Ka- rawanenstrape, der Fahrweg, der in den Jahren 1883 1884 fiir die Reise der wohlhabenden Pilger gebaut ist, und die Chaussee, welche von einer englischen Gesellschaft in Riicksicht auf die Karunfrage angelegt ist. Die Dauer des Transports der Waren betragt 16 30 Tage; die Kosten stellen sich auf 6 16 Rubel.

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Von Bender- Abbas nach Jesd gibt es 2 Wege: Kirman-Jesd und Seidabad-Jesd, von wo die StraPen nach Meschhed, Isfahan, Kaschan-Teheran ausgehen. Sie sind verhaltnismapig nicht be- schwerlich: bis Kirman und Seidabad ist ein Gebirge, weiter eine Wiiste vorhanden. Die 907 km lange Strecke zwischen Bender- Abbas und Jesd durchschreiten die Karawanen in 30 Tagen; die Transportkosten fiir 226 kg stellen sich auf 30 40 Rubel, Dieser Weg ist als Verbindung zwischen Chorassan und den Hafen des persischen Golfs wichtig, hat aber fur Zentralpersien wegen seiner Lange und der Gefahrdung durch die Stamme Balutschistans eine geringe Bedeutung.

Der Handelsweg von Mohammer beschaftigte im Jahre 1858 die Englander in hohem Mape, da er als ein Weg dienen soUte, um den russischen Handel vollstandig zu vernichten. Die kaiser- lich persische Bank baute aber nur die StraPe von Teheran bis Sultanabad (160 km), hielt einen Weiterbau fiir unvorteilhaft und benutzt nur die Strecke Teheran-Kum.

Die Warenumschlage des Hafens Mohammer bezifferten sich im Jahre 1893 auf folgende Werte:

Einfuhr 1120980 Rubel

Ausfuhr 874720

1995700 Rubel. Es gibt noch den Weg von Bassora nach Zentralpersien. Die Waren werden zuerst auf englischen Dampfschiff en oder von einer einheimischen Gesellschaft (Oman Ottoman Co.) auf dem Tigris bis Bagdad geschafft, von wo nur Karawanen den Transport nach der Grenzstadt Hanikin und weiter nach Kermanschah, Hamadan und Teheran iibernehmen. Der Weg ist 875 km lang und mit Ausnahme der 213 km langen Strecke von Hanikin bis Kerman- schah bequem, groptenteils eben und gut. Die Kosten fiir den Transport eines Ballens betragen 8 10 Tuman (80 100 Franken). Die Raubereien der Nomaden, die zweifachen Zollabgaben und die Handelsucht der tiirkischen Behorden hindern aber die Ent- wickelung des Handels in hohem MaPe.

Der Wert der Handelsumschlage auf diesem Wege betragt jahrlich:

Einfuhr nach Persien 2700000 Rubel Ausfuhr 952000

3652000 Rubel.

5*

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Noch vor fiinfzig Jahren war fast der ganze Handel Persiens in den Handen Englands, das bis zur letzten Zeit keinen ihm gleichen Wettbewerber hier hatte. Die Ausfuhr Rupiands nach Persien betrug etwas iiber 1 Million Kreditrubel, wahrend die Einfuhr sich auf etwa S^/o Millionen bezifferte, so da(3 der Export fast dreimal geringer war als der Import. U-nter diesen Umstanden wandte die russische Regiernng dieser anormalen Lage des rus- sischen Handels mit Persien eine ernste Aufmerksamkeit zu und erreichte durch fortwahrende MaPnahmen, daP der Wert der Ein- fuhr jenem der Ausfuhr gleichkam. Zu diesen MaPnahmen gehorte die Gewahrung einer Pramie auf Baumwolle und hauptsachlich die Abstellung eines zollfreien Imports uber die kaukasische Grenze, was im Jahre 1883 erfolgte. Von dieser Zeit ab stieg der Handel schnell und wurde allmahlig zu einem russischen Monopol in dem ganzen Norden und Osten Persiens. So stieg in den Jahren 1887 bis 1897 die Ausfuhr nach Persien von 8 Millionen auf 16 Millionen und die Einfuhr nach Rupiand von 9 Millionen auf I81/9 Millionen an. Somit vermehrten sich in diesen 10 Jahren die Einfuhr und die Ausfuhr um das Doppelte und es wurde ein ziemlich leidliches Verhaltnis zwischen der einen und der anderen hergestellt, so dap der Import den Export im ganzen um 2V2 Millionen iiber- steigt.

Trotz eines so schnellen Wachsens der russischen Warenum- schlage Persien gegeniiber hat England dessenungeachtet vorerst noch den Vorrang, das Waren im Werte von iiber 24 Millionen nach Persien einfiihrt. Folglich sind die Erfolge Ruplands noch nicht geniigend, erst durch den Bau einer Eisenbahn (s. u.) ist zu erreichen, dap der russische Handel Persien beherrscht, „wozu", wie Rittich sagt, „RuPland als nachster Nachbar berechtigt ist".

Die Gesamtsumme des Aupenhandels Persiens betrug im Jahre 1898 60768850 Rubel, wovon 39789840 Rubel auf die Einfuhr und 21009010 Rubel auf die Ausfuhr entf alien. Diese ganze Summe verteilt sich nach den Berichten der englischen Konsuln in Buschir, Rescht, Bagdad, Trapezunt und Meschhed folgendermapen:

A. von Siiden:

1. aus Buschir bis Schiras, Isfahan und Teheran: Einfuhr 1897 11453290 Rubel Ausfuhr 1897 3925320

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2. Aus Bender-Abbas bis Kirman und iiber Jesd bis Meschhed und Zentralasien:

Einfuhr 1897 3815620 Rubel Ausfuhr 1897 2307810

3. Lingeh (am persischen Golf); die Einfuhr verteilt sich hauptsachlich auf die Umgegend oder die Waren werden von hier in entgegengesetzter Richtung ausgefiihrt:

Einfuhr 1897 4424720 Rubel Ausfuhr 1897 3847140

4. Aus Mohammer nach Schuster, Disful und weiter:

Einfulir 1897 1214070 Rubel

Ausfuhr 1897 874730

5. Aus Bagdad nach Hanikin, Kirmanschah, Hamadan und Teheran. 1/3 1/4 der Einfuhr geht als Transitware nach Persien:

Einfuhr aus Indien und Europa 1897 11826450 Rubel Ausfuhr nach Europa und Amerika 5229600

B. von Norden:

Was die russischen Warenumschlage mit Persien betrifft, so sind sie in den Berichten der englischen Konsuln zu niedrig an- gegeben, so dap sie auf Grund der offiziellen Akten des Zoll- departements sich wie folgt beziffern:

1. der russisch-persische Abschnitt der kaukasischen Grenze:

Einfuhr nach Persien 1897 1781507 Rubel Ausfuhr nach Rupland 1897 4944086

2. Der kaukasisch-kaspische Abschnitt:

Einfuhr nach Persien 1897 9691123 Rubel Ausfuhr nach Rutland 1897 6525077

3. In dem transkaspischen Zollbezirk:

a) zur See: Einfuhr nach Persien 1897 1145467 Rubel Ausfuhr nach Rupland 1897 251394

b) auf der Landgrenze: Einfuhr nach Persien 1897 2552023 Rubel Ausfuhr nach Rupiand 1897 3694063

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4. Nach Meschhed:

a) Einfuhr aus Afghanistan 1897—98 121780 Rubel Ausfuhr nach Afghanistan 1897—98 158570

b) iiber Trapezunt, Tabris und Teheran:

Einfuhr 1897—98 266730 Rubel

c) aus Indien iiber Bender- Abbas:

Einfuhr 1897—98 1302820 Rubel Ausfuhr 1897—98 400830

Aus dieser Obersicht ist ersichtlich, daP der Wert der Einfuhr von Siiden 31 Millionen Rubel, von Norden aber nur 16 Millionen betragt. Die Ausfuhi* von Siiden beziffert sich auf 16 Millionen Rubel, von Norden dagegen auf 18 Millionen Rubel. Folglich bef inden sich alle europaischen Staaten in den vorteilhaf testen Ver- haltnissen, denn ihre Ausfuhr ist zweimal so grop wie ihre Einfuhr, wahrend Rupiand 2 Millionen Rubel und mehr Persien jahrlich auszuzahlen hat. Besonders ungiinstig ist dieser Umstand inbezug auf den Warenaustausch an der kaukasischen Grenze, wo die Aus- fuhr nach Rupiand dreimal so groP ist wie die Einfuhr nach Persien. Nur der Bau einer Eisenbahn nach Tabris (s. u.) kann hier Wandel schaffen; dann wird die Nachfrage und das Angebot regelrechter werden, so dap diese unliebsame Erscheinung nicht nur verschwin- det, sondern auch iiberhaupt ein Umschwung bewirkt wird.

Vergleicht man jetzt den russischen Handel mit Persien in- bezug auf den Welthandel Ruplands, so ergibt sich nach den Daten der Obersicht des Aupenhandels fiir das Jahr 1896, dap dieses Land ausschliepiich Reis einfiihrt; 98 Prozent der ganzen Einfuhr aus dem Auslande entfallen auf Persien.

Apfelsinen, Zitronen und Pomeranzen aus Persien bilden 2 Pro- zent der ganzen Einfuhr;

gegerbte Haute 20, ungegerbte 3, weiches Pelzwerk 17 Proz.;

auf rohe Baurawolle entfallen 7 Proz. der gesamten Einfuhr; mehr als Persien liefern die Vereinigten Staaten (50 Proz.) und Agypten (20 Proz.).

Inbezug auf die Einfuhr von Wolle steht Persien nach Deutsch- land (50 Proz.) an zweiter Stelle (14 Proz.), fast gleich mit China;

Rohseide 2 Proz.,

Baumwollgewebe 11 Proz.,

Woll- und Halbwollgegenstande 13 Proz.,

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Seiden- und Halbseidengegenstiinde 19 Proz.; Persien nimmt nach China (51 Proz.) die zweite Stelle ein.

Strick- und Posamentierarbeiten 14 Proz.

Von den Staaten, die vorzugsweise Waren nach Rupland ein- fiihren, nimmt Persien die dritte Stelle ein und steht nur den Vereinigten Staaten und China nach.

Nach dieser Obersicht iiber die wirtschaftlichen und Handels- verhaltnisse Persiens gehen wir nun zu den Beziehungen Rupiands zu Persien iiber, wie sie sich seit dem Jahre 1856 bis auf die neueste Zeit gestaltet haben.

Das Verhaltnis Rupiands zu Persien war von dem Jahre 1856 ab ein friedliches. So unterstiitzte der Schah Nasr-Eddin die wissenschaftliche Expedition, die in den Jahren 1857 1859 von der russischen Regierung zur Erforschung Chorassans entsendet wurde. Im Jahre 1861 fand die Grenzregulierung zwischen Per- sien und der Tiirkei statt. Wahrend der Englander Williams in jeder Weise die Interessen Persiens der Tiirkei gegeniiber zu scha- digen suchte, war es der russische Offizier Tschirow, der Persien vertrat und dem es gelang, eine regelrechte Abgrenzung herbei- zufiihren.

Rupiands Politik war Persien gegeniiber so uneigenniitzig, dap es dessen Gebiet erweiterte, indem es den Flup Atrek als russisch-persische Grenze annahm. Als dann die russische Re- gierung beabsichtigte, Krassnowodsk an der Kiiste des Kaspischen Meeres anzulegen, wurde dem russischen Gesandten am Hofe des Schahs aufgegeben, der persischen Regierung zu eroffnen, daP die Griindung dieses Kiistenpunktes den ausschliepiichen Zweck habe, die Turkmenen zu befrieden, die beiden Reichen gefahrlich waren.

England verfolgte vom Jahre 1857 ab nur wirtschaftliche Interessen in Persien und lehnte alles ab, was ihm nicht zum eigenen Nutzen diente. Als sich der Schah Nasr-Eddin im Jahre 1860 mit der Bitte an England wandte, ihm fiir seine Armee Instruktoren zu senden, wurde ihm nicht einmal eine Antwort zu teil. England, eingedenk der in friiheren Jahren gemachten Erfahrung, war in dem vorliegenden Falle der Ansicht, dap die Gewahrung der Bitte des Schahs ihm keinen Vorteil bringen wiirde. Dafiir suchte es aber Persien in jeder Weise wirtschaftlich auszubeuten. Der Baron Renter beabsichtigte ein ausgedehntes Eisenbahnnetz (s. u.)

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in Persien anzulegen, dessen Ausfiihrung das Land mit englischen Fabrikaten iiberschwemmt und alle Erzeugnisse anderer Lander ausgeschlossen haben wiirde. Die Gefahr wurde aber von der russischen Regierung rechtzeitig erkannt und trotz aller An- strengungen des englischen Bevollmachtigten die Ausfiihrung vereitelt.

Die Anlegung von Telegraphenleitungen verlief giinstiger.

Nach der Konvention vom 18. Februar 1863 wurde eine Tele- graphenleitung von Bagdad nach Hanikin (an der persischen Grenze), Teheran, Isfahan, Schiras und Buschir eingerichtet. Die Materialien fiir den Bau waren ausschliepiich englische und fiir deren Ankauf verausgabte die persische Regierung eine gewisse Summe. Die Englander konnen den Telegraphen benutzen, wofiir sie eine jahrliche Zahlung leisten. Zur Beaufsichtigung der Linie wurden englische Ingenieure angestellt, die das Gehalt von der persischen Regierung erhalten. Auf Grund der Konvention 1865 wurde eine neue Leitung angelegt, die den Zweck hat, inter- nationale Depeschen zu vermitteln; von Hanikin bis Buschir kosten 20 Worte 14 Schilling. Die Einnahmen der persischen Regierung von der Telegraphenleitung wurden auf hochstens 30000 Toman*) festgesetzt; der Oberschup sollte den englischen Beamten zu- kommen. In der Praxis befriedigte aber die Depeschenbeforderung nicht, was die Firma Siemens 1872 veranlapte, eine beziigliche Konzession bei England, Deutschland, Rupiand und Persien nach- zusuchen. Die dreifache Leitung mit eisernen Stangen fiihrt von London iiber Emden, Thorn, Warschau, Odessa, Kertsch, Tiflis, Djulfa nach Tabris und weiter nach Teheran, wo sie sich mit dem indischen Telegraphennetz vereinigt.

Die Verpflichtungen, welche die persische Regierung nach den Konventionen der Jahre 1863 und 1865 iibernommen hatte, verursachten eine seiche grope Schuld, dap sie sich erst unlangst davon befreien konnte, wie weiter unten gezeigt werden wird.

Das Telegraphennetz bringt iibrigens der persischen Bevol- kerung keinen Nutzen, da persische Telegramme, welche dem inneren Verkehr dienen, nach den Vorschriften nicht aufgenommen werden diirfen; nur die europaischen Missionen und Kaufleute, die sich in Persien befinden, konnen daraus Nutzen ziehen.

Von den 70er Jahren ab begann nun England sich immer groperen EinfluP iiber Persien zu verschaffen. ,,Es verkiindet

*) 1 Toman ^10 Franken.

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immer", sagt Vilmorin*), „das Gegenteil von dem, was es wiinscht; es schmeichelt ,scharwenzelt, indem es mit fieberhafter Ungeduld den Augenblick erwartet, wo es ihm moglich wird, seine Krallen zu zeigen, und macht die Volker botmapig, welche es durch eine scheinbare Ruhe einschlafert. Dieses System ist vollstandig der offenen, redlichen Politik des russischen Reichs entgegengesetzt, und unter dem Schein der Politik „Sainte nitouche" verbirgt Eng- land seine boshaftesten Versuche, die nicht nur die Unterwerfung Persiens, sondern auch eine grope Schadigung der Interessen Rupiands bezwecken."

So schickte England bei Gelegenheit der Tekefrage mehrere Agenten nach Chorassan, um die Turkmenen gegen Rupiand auf- sassig zu machen und wenn moglich sie zu veranlassen, wenn auch nur nominell die Abhangigkeit von Persien anzuerkennen. Ein solches Verfahren blieb nicht ohne Folgen, und im Jahre 1875 unternahm der Schah allerdings nicht die Unterwerfung Merws, aber es gelang dem Kapitan Napier im Jahre 1876, 40 Tekinzen nach Teheran zu schicken, um im Namen ihres Volkes sich dem Schah zu unterwerfen, was freilich keine weiteren Folgen hatte. Die Politik Napiers, Indien mit Hilfe der Turkmenenstamme, die gut bewaffnet waren und von englischen Offizieren gefiihrt wur- den, zu verteidigen, zwang aber die russische Regierung, die Unter- werfung der Teke zu beschleunigen; im Jahre 1881 waren sie bot- mapig gemacht.

Die in den 70er Jahren friedlichen Beziehungen Rupiands zu Persien wurden durch die Reisen des Schahs in den Jahren 1873 und 1878 nach Europa, bei welcher Gelegenheit auch dem Kaiser Alexander 11. ein Besuch abgestattet wurde, noch mehr bef estigt, und wahrend des letzten russisch-tiirkischen Krieges 1877 78 wurden sogar seitens Persiens 2 Truppendetachements an der tiirkischen Grenze aufgestellt, die zu Operationen bereit waren.

Nach diesem Kriege verstarkte sich der russische Einflup in Persien so, dap der Schah sich an den Kaiser von Rupiand mit der Bitte wandte, die Ordnung in der Kara-Kumwiiste wieder herzu- stellen und die Turkmenen niederzuwerfen, die nicht nur die benachbarten Gebiete verodeten, sondern auch alle, welche ihnen in die Hande fielen, zu Sklaven machten.

Die ersten Miperfolge der russischen Expedition gaben dem britischen Gesandten am persischen Hofe Anlap, dem Schah Nasr-

*) Vilmorin, „La politique etrangere en Perse." 1894.

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Eddin einen Vertrag mit England vorzuschlagen, auf Grund dessen das Gebiet von Herat an Persien abgetreten und ihm eine einmalige groPe Geldsumme gezahlt werden sollte; als Entgelt dafiir ver- langte England das Recht, eine Eisenbahn von Kandahar nach Herat und Fahrwege von Buschir nach Herat, Mohammer und Zentralpersien zu bauen. Dieser Vorschlag wax sehr verlockend, und der Schah hatte ihn aller Wahrscheinlichkeit nach ange- nommen, vi^enn ihn die Vorstellungen Rupiands nicht abgehalten hatten, einen so verhangnisvollen Schritt zu tun.

Die Einnahme der Achal-Teke-Oase seitens Rupiands fiihrte zu dem Vertrage, welcher am 21. Dezember 1881 zwischen RuP- land und Persien in Teheran abgeschlossen vi^urde. Rupiands Be- vollmachtigter war der Gesandte am persischen Hofe, Sinojew, wahrend der Minister Mirsa-Seid-Chan Persien vertrat.

Der 1. Punkt des Vertrages setzt die Grenze ostlich des Kaspi- schen Meeres fest; der 2. Punkt enthalt die Gesamtangabe der Spezialkommissare, die zur Abgrenzung bestimmt waren; der 3. Punkt betrifft die Raumung des Forts Germab und Kulkulab; in dem 4. Punkte verpflichtet sich Persien, das Wasser aus dem Flusse Firjuse und anderen kleinen Fliissen, die auf dem persischen Territorium entspringen, nicht abzuleiten und keine neuen An- siedelungen an den obengenannten Fliissen anzulegen; der 5. Punkt betrifft die Durchfiihrung neuer Fahrwege; der 7. Punkt setzt Grenzagenten ein, welche die Aufgabe haben, die Tatigkeit der Turkmenen zu beobachten und auf die Ordnung und Ruhe in den Landern, die den beiden Reichen benachbart sind, zu achten, sowie notigenfalls als Vermittler aufzutreten, um die Interessen Rupiands und Persiens zu schiitzen.

Der Bau der transkaspischen Eisenbahn bewirkte, dap die Beziehungen Rupiands zu Persien sich noch mehr entwickelten; diese Bahn ermoglichte es, den Handel Englands aus Chorassan zu verdrangen und das Prestige Rupiands in diesem Gebiete zu erhohen, das fiir die Befreiung von den Teke-Turkmenen, die jahrhundertelang Chorassan bedrohten, Rupiand sehr dank- bar war.

England dagegen fahrt fort, Rupiand entgegenzuarbeiten, und strebt in heimlicher und egoistischer Weise danach, den ganzen Siiden Persiens unter seinen alleinigen Einflup zu bringen. Die Beamten der indisch-europaischen Telegraphenleitung und die Mis- sionare sind die besten Vertreter der Politik des britischen Ka-

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binetts; sie beschranken sich nicht auf ihre direkten Obliegen- heiten, sondern dienen rein politischen Zwecken und erreichen in dieser Beziehung sehr wichtige Erfolge.

In seinem Werke „Persia and the Persian question" trat Curzon fiir eine Eisenbahn von der Station Chaman (britisch Ba- lutschistan), iiber Kandahar, das Tal des Hilmend, Seistan und weiter iiber Kirman, Jesd, Jsfahan, Burudjird, Hamadan und Kir- manschah ein, Dieser Gedanke ist nicht neu, und Sir Curzon bringt hier nur die geheimen Wiinsche des britischen Kabinetts zum Ausdruck. Letzteres macht alle moglichen Anstrengungen, um die Frage betreffs Seistans, das England gegen ein Vorgehen Rupiands nach Indien schiitzt, zum AbschluP zu bringen. Nimmt England von Seistan Besitz, so werden die strategischen Schliissel- punkte Tarah und Sebsawar in seinen Handen sein und Rutland wird eine neue Barriere bei einem russisch-englisch-indischen Zu- sammenstoP finden. ,,Man kann", sagt Curzon, „die wirtschaftliche Wichtigkeit der geplanten Seistanschen Bahn, welche die Be- ziehungen zwischen Indien und Chorassan vermittelt, nicht in Abrede stellen. Die strategischen Vorteile dieser Linie sind nicht weniger wichtig. Sie gestattet England eine Flankenstellung zur Verteidigung Afghanistans zu nehmen, das es unter seinen Schutz genommen hat, und zu verhindern, daP Rupiand sich eines unermepiichen Territoriums bemachtigt, was eine ernste Gefahr fiir die guten Beziehungen zwischen den beiden Reichen sein wiirde."

Curzon fiihrt weiter aus, dap diese Flankenstellung auch benutzt werden konnte, wenn eine indische Armee vorgehen sollte.

Abgesehen von der Einnahme Seistans seitens Englands, die jetzt nur geplant, aber durch den Bau einer Eisenbahn nach Nuschki (s. u.) nicht unwahrscheinlich ist, sind auch die eng- lischen Erfolge auf dem Flusse Karun sehr zu beachten. Schon im Jahre 1857 strebte England danach, sich in den Besitz des Karun, des schiffbarsten Flusses Persiens, zu setzen, in der Hoff- nung, daraus wichtige Handels- und politische Vorteile ziehen zu konnen, Der Versuch, im Jahre 1875 den Hafen Mohammer, der auf der Landzunge zwischen dem Karun und dem Schatt-el- Arab, einem Arme des Euphrat, liegt, zu kaufen, gelang infolge des Widerstandes Rupiands nicht. Dieser Hafen ist fiir Persien sehr wichtig, da er den Zugang zu dem Flusse versperrt; andererseits ist der Kanal Chalfar, der ihn mit dem Schatt-el-Arab verbindet,

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so tief, dap bei der Ebbe Schiffe mit einem Tiefgang bis zu 3m ihn befahren konnen.

Trotz dieser Vorziige hat Mohammer inbezug auf den Handel eine geringe Bedeutung, und sein Wirkungskreis beschrankte sich nur auf den kleinen anliegenden Rayon, well dieser Hafen, der unvergleichlich besser als die Hafen Buschir, Bender-Abbas und Bassora ist, gar keine guten Verbindungswege hat.

Die Vorziige des Hafens Mohammer und des Flusses Karun veranlapten England, in sehr entschiedener Weise beim Schah die Erlaubnis nachzusuchen, den Karun mit Schiffen befahren zu diirfen. Die damit verbundene Gefahr wurde aber von Rupland erkannt, so dap es den Schah zu bewegen suchte, in seinem eigenen Interesse die von England verlangte Erlaubnis nicht zu erteilen. Nichtsdestoweniger taten das Gold und die Politik des britischen Gesandten Wolf das ihrige: im Oktober 1888 wurde der Karun fiir die internationale Schiffahrt freigegeben. Dieser Erfolg der eng- lischen Diplomatie beunruhigte damals Rupland in hohem MaPe, da es fiirchtete, daP der Handel aller iibrigen Lander, besonders aber Rupiands, vernichtet werden wiirde. Bald eroffnete eine englische Gesellschaft die Dampfschiffahrt auf dem Karun von Mohammer bis Ahwaz (300 km). Da sich bei letzterem Orte Stromschnellen befinden, die eine Schiffahrt verhindern, so wurde, um diese zu umgehen, eine Pferdeeisenbahn angelegt. Von Ahwaz bis Schuster besteht wieder eine Dampf schif f verbindung. Es wurde von Schuster ab der Bau einer Chaussee nach Disful, Burudjird, Sultanabad, Kum, Teheran mit einem Zweige von Burudjird nach Isfahan geplant. Die kaiserliche Bank erhielt dazu vom Schah eine Konzession; sie baute aber, wie erwahnt, von der Strape Te- heran-Sultanabad nur eine Strecke von 260 km. Weiter wollte sie nicht bau en, da dies eine zu grope Ausgabe verlangt, die sich nicht bezahlL machen wiirde, wie die in Betrieb gesetzte Strecke Te^ heran-Kum (160 km) dies gezeigt habe. Einen gleichen Miperfolg hatte auch die Dampf schif fahrtsgesellschaft auf dem Karun; ihre Einnahmen befriedigten nicht und auPerdem litt sie unter dem Druck der persischen Beamten, so daP sie liquidieren mupte.

Somit fiihrte der Sieg der englischen Diplomatie in der Praxis nur zu groPen Verlusten.

England versteht es aber, den Boden fiir weitere Unter- nehmungen vorzubereiten und benutzt dazu seine Telegraphen- beamten. So wird der russischen Zeitung „Sakaspiiskoje Obos-

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rienije" aus Siidpersien geschrieben: „An jedem Orte von einiger Bedeutung in Siidpersien, wo sich eine englische Telegraphen- station befindet, gibt es auch einen starken Stab von Beamten. Diese englischen Telegraphisten ziehen in „ihrem Bezirk" umher und reichen ihren Vorgesetzten in bestimmten Fristen Berichte iiber die Zustande ein. Unter der Begriindung, die Stationen sichern zu miissen, halten sie an einigen Punkten des inneren Per- siens und in fast alien Stadten am Persischen Golf Abteilungen bengalischer Lanzenreiter, die so ein Netz von Militarposten in einem fremden Lande bilden. In dem Stadtchen Tschahbar, einem Ort von 2 3000 meist ackerbautreibenden Einwohnern, die keine Beziehungen zu Handels- und Industrieorten besitzen, glanzt in- mitten des halbverfallenen Gemauers der Eingeborenen das Ge- baude des englischen Telegraphen mit geraumigen Kasernen, Vor- ratshausern u. s. w. Der fremde Reisende staunt iiber diese recht stattlichen Bauwerke in dem elenden Stadtchen. Tschahbar mit seiner sehr geeigneten Bucht desselben Namens gefallt den Eng- landern seit langem. Im allgemeinen fallt es auf, dap die Eng- lander sich in Siidpersien wie bei sich zu Hause einrichten. Aus verschiedenen ratselhaften Griinden konnen die ortlichen persi- schen Behorden den Inglis-Sahibs keine Hindernisse bereiten. Der tatkraftigste der englischen Agenten, Mr. Syles, der im Laufe langer Jahre die Gegenden vorziiglich kennen gelernt hat, wohnt in Kirman. Bei ihm befindet sich eine starke Abteilung indischer Truppen. Die Anwesenheit dieser starken Schutztruppe wird durch den Hinweis erklart, das Konsulat und die Telegraphenstation sichern zu miissen."

Die englische Regierung legt diesen Agenten eine gro^e Wichtigkeit bei, beachtet ihre Berichte aufs sorgfaltigste, bezahlt ihre Dienste sehr reichlich und sucht, sehr gebildete, ihrem Vater- lande ergebene und politisch geschulte Leute in diese Stellen einzusetzen.

„Die Telegraphenagenten", sagt Curzon, „befrieden die Einge- borenen, pflegen die Kranken und erlangen auf diese Weise eine grope Sympathie. Man miipte diese Agenten noch mehr benutzen, die sehr haufig die Stelle von Raten der Prinzen und Gouverneure einnehmen und deshalb sie dem gropbritannischen Gesandten in Teheran unterstellen."

AuPer den Telegraphenbeamten befinden sich auch sehr viele englische Missionare in Persien, die sich in den siidlichen und nord-

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lichen Stadten (Urmia) niedergelassen haben. Sie werden von ihrer Regierung durch Geld unterstiitzt; sie errichten Schulen, worin sie Hunderte von Eingeborenen erziehen; die iibrigbleibenden Gelder verwenden sie zu wohltatigen Zwecken und zur Propa- ganda, so dap sie auf diese Weise sich treue und zuverlassige Anhanger erwerben.

Die den Englandern inbezng auf die Schiffahrt auf dem Karun zugebilligten Vorrechte erregten in Rupiand eine gro^e Unzu- friedenheit, so daP die russische Regierung an die persische Re- gierung eine Note richtete, in der gleichvi^iegende Rechte ver- langt wurden. Die iiberreichte Note wurde gebilligt und fiihrte durch die Vermittelung Frankreichs zu einem Vertrage, in dem folgendes festgesetzt wurde:

1. Freie Schiffahrt auf der Bucht von Enseli und auf alien in das Kaspische Meer sich ergiePenden Fliissen.

2. Die Erlaubnis, Anlegeplatze und Vorratshauser zu bauen.

3. Die Erlaubnis, einen Fahrweg von Piribasar nach Teheran zu bauen.

4. Die Erlaubnis zur Anlage eines Weges von Aschabad nach Kotschan.

5. Im Laufe von 15 Jahren sollte ohne die Erlaubnis Rupiands keine Konzession zum Bau von Eisenbahnen und Fahrwegen in Persien erteilt werden.

Die beiden letzten Punkte sind besonders zu beachten und fiir Rupland auPerordentlich wichtig.

Der 4. Punkt ist jetzt erledigt, indem die StraPe von Aschabad nach Kotschan fertig ist. Was den 5. Punkt betrifft, so soil er nur verhindern, daP England sich nicht des Eisenbahnbaus be- machtigt, und beriihrt Persien nicht, dessen Vorteile von diesem Vertrage in keiner Weise geschadigt werden. Als Beweis dafiir kann die Anlage der 10 km langen Eisenbahn von Teheran zum Dorf e Schah-Abdul-Asim und des Eisenbahnzweiges nach den Stein- briichen unweit der Ruinen der alten Stadt Rai angefiihrt werden.

Im Jahre 1889 wurde von England versucht, einen Fahrweg von Trapezunt nach Erzerum, Tabris und Teheran durchzufiihren, um gleichzeitig im Westen, Siiden und Osten einen EinfluP auf Persien zu gewinnen, um dadurch Rupiand entgegenzutreten, dessen Machtsphare sich schon immer mehr liber das Reich des Schahs erstreckte. Viele englische und franzosische Ingenieure trafen in Tabris ein, um den Weg zu erforschen, und warteten nur

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auf die Riickkehr des Schahs von seiner Reise nach Europa, um dann die Arbeiten beginnen zu konnen. Ihre Erwartungen wurden aber nichl erfiillt: der Schah lehnte auf das entschiedenste alle ihre Vorschlage ab, indem er den eigentlichen Zweck der ge- planten StraPe begriff und den mit Rutland geschlossenen Vertrag aufrechterhielt.

Wenden wir uns nun zu der neuesten Zeit, so tritt der Jahr- hunderte andauernde Kampf zwischen Rutland und England um die Beeinflussung Persiens in politischer und kommerzieller Be- ziehung noch scharfer hervor.

Nachdem Rupiand die Turkmenen niedergeworfen und das turkestanische Gebiet vom Kaspischen Meere bis zur afghanischen Grenze in Besitz genommen hat, ist es ein unmittelbarer Grenz- nachbar des persischen Reichs geworden, so dap sein EinfluP iiber Nordpersien gesichert ist. Auch England gibt dies zu, be- ansprucht dafiir aber, dap Siidpersien seiner alleinigen Macht- sphare angehore. Mit dieser Teilung ist aber Rupiand nicht ein- verstanden; es strebt vielmehr danach, iiber ganz Persien einen Einflup zu gewinnen, um so ein „warmes Meer" zu erreichen.

So erwidert das russische Blatt „Nowoje Wremja" in einem Artikel vom 9. April 1902 der „Times", die ausfiihrt, dap Rup- lands Einflup nur auf Chorassan (ohne Seistan), die am Kaspischen Meere gelegenen Provinzen (Astrabad, Masanderan, Gilan und Aserbeidjan) sich erstrecken solle, das ganze iibrige Persien aber England zuf alien miisse, folgendes:

. . . Wir konnen die ausschlieplichen Rechte Englands auf Siidpersien nicht anerkennen; wir bediirfen aber einer Sicherung unseres Einflusses auf Nordpersien nicht, da er auch ohnedem fest begriindet ist. Die Bedeutung, die Mesopotamien durch den Bau der Bagdadeisenbahn erlangt, zwingt uns, besonders aufmerk- sam auf die Ereignisse im Siidwesten Persiens zu sein. Uns von diesen Gebieten fernzuhalten, haben wir kein Recht. Wozu niitzt uns Nordpersien, wenn es nur unsere kaukasischen und mittelasiatischen Besitzungen in etwas erweitert, ohne daP wir eine auch nur entfernte Moglichkeit haben, an den Ozean zu ge- langen und wir nicht imstande sind, an dem Leben in Siidpersien teilzunehmen?

Wir bediirfen einer solchen Teilung nicht. Kann aber England vorerst, wenn auch nur im Prinzip, dies Recht RuP- lands, sich in die Angelegenheiten Siidpersiens und des Per-

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sischen Golfs einzumischen, nicht anerkennen, so muP in der Folge der Gedanke an eine gemeinsame Ubereinstimmung inbezug auf eine Begrenzung der EinfluPsphare innerhalb des Reichs des Schahs verworfen werden."

In diesen Satzen kommt die ganze Politik Ruplands, die es jetzt verfolgt, zum Ausdruck.

Will aber Rupland seinen Einflup auf ganz Persien ausdehnen, um die verba Itnismapig wertvollen Erzeugnisse des Landes aus- fiihren, andererseits sich einen Markt fiir die eigenen Waren schaffen, um schlieplich einen Zugang zum Persischen Golf er- langen zu konnen, so ist der Bau von Kommunikationen, deren Zahl so gering und deren Zustand so mangelhaft ist, wie wir gesehen haben, unerlapiich. Es miissen, abgesehen von der Durchfiihrung von guten Fahrstrapen, Eisenbahnen gebaut werden.

Schon friiher wurden verschiedene Versuche gemacht, Per- sien mil; Eisenbahnen zu versehen. So erhielt der Baron Renter im August 1872 eine Konzession zum Bau einer Eisenbahn vom Kaspischen Meere bis zum Persischen Golf. In der Konzession wurde festgesetzt:

a) das Vorrecht, wahrend 70 Jahren alle Minerallager in Persien (auPer den Lagern von Edelmetallen und -steinen), sowohl auf den Staats- wie Privatlandereien auszubeuten, wenn die Besitzer der letzteren die ihnen gehorigen Lager im Laufe von 5 Jahren vor der Erteilung der Eisenbahnkonzession nicht bearbeitet hatten. Dabei wurde der Gesellschaft das Recht verliehen, von den aus- zubeutenden Lagern Wege zu der Eisenbahn und den Fahrstrapen unter Expropriierung der dazu erforderlichen Staatslandereien anzulegen. Bei der Ausbeutung der Minerallager wurde die Ge- sellschaft von der Zahlung von Zoll- und anderen Abgaben befreit; die persische Regierung erhielt von dem Reingewinn nur 15 Proz.

b) Das ausschliepiiche Recht, alle Staatswalder in Persien im Laufe von 70 Jahren auszubeuten unter Zahlung von 15 Proz. des Reingewinns an die persische Regierung.

c) Das ausschliepiiche Recht zur Ausfiihrung aller neuen Bewasserungsanlagen in Persien, zum Verkauf des Wassers nach einer von der persischen Regierung festgesetzten Taxe, zur un- entgeltlichen Benutzung des der Gesellschaft abgetretenen Od- landes. Die Regierung erhiilt von dem Reingewinn 15 Proz.

d) Das Vorrecht zur Eroffnung von Banken, zur Anlage einer Gasbeleuchtung, Wegen, Telegraphen, Miihlen, Manufaktur-,

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Eisenbahnfabriken u. s. w., sowie zu Arbeiten zur Verbesserung und Erweiterung der Residenz und zur Errichtung von Postan- stalten.

Im Jahre 1874 nahm die russische Regierung einen groPen Anteil an dem Projekte einer Konzession des Generalmajors Folkenhagen. Es gelang ihm, die persische Regierung zur Er- teilung einer Konzession zum Bau einer Eisenbahn von Djulfa (Zollstelle am Flusse Aras) nach Tabris zu bewegen. Nach der Instruktion, die ihm von der russischen Regierung im Jahre 1874 vor der Nachsuchung dieser Konzession gegeben war, wurde Folkenhagen beauftragt, bei der persischen Regierung fiir die zukiinftige Eisenbahngesellschaft das Recht auszuwirken, die Steinkohlenlager auszubeuten, wenn solche in der Folge bei der Eisenbahn in einer Entfernung von hochstens 50 englischen Meilen entdeckt wiirden. Nach dem in Persien beifallig aufgenommenen Projekt der Konzession zu schliepen, gelang es Folkenhagen, die persische Regierung zu bewegen, der Gesellschaft das erwahnte Recht zu erteilen, aber unter der Bedingung, daP die Rechte der Privatbesitzer an den Feldern nicht geschadigt wiirden. Sollten letztere der Ausbeutung der Lager Hindernisse entgegensetzen, verpflichtete sich die persische Regierung, die Gesellschaft, ebenso wie bei der Expropriierung des Landes zum Bau der Eisenbahn, zu unterstiitzen, d. i. die Regierung verpflichtete sich, irgend welche ZwangsmaPregeln nach ihrem Ermessen zu ergreifen, um die Landereien den Besitzern gegen eine mapige Vergiitung zu entziehen. Dieses Projekt Folkenhagens wurde im Einverstandnis der russischen Regierung entworfen und ist deshalb sehr zu beachten.

Im Jahre 1878 wurde dem Bankhause Alleon eine Konzession zum Bau einer Eisenbahn Rescht-Teheran bewilligt. Sie enthielt aber keine besonderen Vorrechte fiir den Unternehmer, die nicht lediglich mit dem Bau zusammenhingen. Nur wurde da>s Recht gewahrt, iiberall in Persien den Staatslandereien Baumaterialien und Steinkohlen zu entnehmen, sowie unentgeltlich die Staats- walder so auszuniitzen, wie es fiir den Bau und den Betrieb der Eisenbahn erforderlich sein wiirde.

Anstatt dieser Konzession wurde im Januar 1882 eine neue an Buatal fiir den Bau und den Betrieb einer Eisenbahn zwischen Rescht und Teheran mit einem Zweige von Jenschimam bis Fe- schend, wo sich Steinkohlenlager befinden, verliehen.

Die Beziehungen Rufilands zu Persien. 6

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Diese Konzession, die ohne Garantie der Einnahmen seitens der Regierung erlassen wurde, wurde so gefapt, dap die der Krone gehorigen Steinkohlenlager bei Feschend an Buatal abgetreten und auf eine Frist von 60 Jahren an ihn verpachtet wurden, um sie ausznbeuten; der Ban und der Betrieb der Eisenbahn wurde ihm iiberlassen unter dem Vorwande, daP es notwendig sei, die geforderten Steinkohlen nach Teheran zu schaff en. Die Konzession enthalt keinerlei Rechte und Privilegien, abgesehen von dem Vorrechte, iiberall in Persien unentgeltlich von den Staatslande- reien Materialien zu entnehmen und die Staatswalder auszunutzen, aber nur fiir die Erfordernisse des Baus und des Betriebs der Eisenbahn.

Alle diese Konzessionen wurden nicht verwirklicht und ver- loren ihre Kraft.

Die letzten russischen Konzessionare waren Chomjadow, Tret- janow, Korf und der Ingenieur Palaschkowski. Diese suchten mit Allerhochstem Einverstandnis eine Konzession fiir den Bau einer Eisenbahn von Rescht nach der Bucht Tschahbar am In- dischen Ozean nach. Sie hielten sich von jeder materiellen Be- teiligung an dem Unternehmen fern und verpflichteten sich, nach ihrer Organisation es der Regierung zu iiberlassen, sobald diese es verlangen wiirde. Nach einem Vertrag iibernahm die „Banque d'Escompte", die damals ein Grundkapital von 65 Millionen Fran- ken hatte, die Realisation von Obligationen fiir 300 Millionen Franken. So war die Sache in finanzieller Beziehung vollstandig gesichert. Die persische Regierung kam mit Bereitwilligkeit Rup- land entgegen. Es hatten schon Unterhandlungen mit dem Schah Nasr-Eddin stattgefunden, die zu einem vollstandigen Einverstand- nis gefiihrt hatten. Bei seiner Reise nach Petersburg im Jahre 1889 hielt man die Sache fiir vollstandig zum Abschlup gekommen und schritt zu der Erforschung der Trace. Aber da trat un- erwartet eine Verzogerung von seiten des Ministers Girs und Si- nowjew ein. Sie nahmen indessen dem Schah das kategorische Versprechen ab, dap er keine Konzession ohne die vorherige Er- laubnis der russischen Regierung erteile.

Der zwischen Rupiand und Persien abgeschlossene, bereite obenerwahnte Vertrag setzt fest, dap im Laufe von 15 Jahren keine Konzession zur Anlegung von Eisenbahnen und FahrstraPen in Persien anderen Machten erteilt werden darf. Dieser Vertrag ist somit jetzt abgelaufen, ohne dap die russische Regierung das.

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ihr zugestandene Monopol, Eisenbahnen zu bauen, benutzt hat. Der Vertrag ist aber bis 1915 verlangert, und nachdem von russischen Ingenieuren die beziiglichen Untersuchungen beendet sind, be- ginnt die russische Regierung den Bau von Eisenbahnen nach Persien. Die Hauptaufgabe ist, die projektierten persischen Bahnen an das russische Eisenbahnnetz anzuschliePen.

Es kommen in dieser Beziehung die Linien Poti bezw. Batum- Tiflis-Baku mit der Zweigbahn Tiflis-Kars in Transkaukasien und die Transkaspische Bahn, die jetzige „Mittelasiatische Bahn", in Betracht. Letztere erstreckt sich von Krassnowodsk am Kaspi- schen Meere iiber Aschabad nach Duschan langs der persischen Grenze, fiihrt dann in nordostlicher Richtung nach Merw, verzweigt sich hier nach der russischen Festung Kuschk an der afghanischen Grenze und nach Buchara, Samarkand, Chodjent, Kokan, wo sie einen Zweig nach Margelan bezw. Andidshan sendet. Von Chod- jent aus fiihrt eine Bahn nach Taschkent, das durch die im Bau begriffene Taschkent-Orenburg-Bahn an das Eisenbahnnetz des europaischen Ruplands angeschlossen wird. Die mittelasiatische Eisenbahn, urspriinglich auf der ersten Strecke bis Kysyl-Arwat als reine Militarbahn zum Transport des Armeematerials der Expedition des Generals Skobelew gegen die Achal-Teke gebaut, hat schon an und fiir sich die Handelsbeziehungen Rupiands zu Persien sehr begiinstigt und auperordentlich den EinfluP des ersteren iiber letzteres verstarkt.

Nach dem Voranschlag des russischen Kommunikations-Mi- nisteriums fiir das Jahr 1903 soil eine Bahn von Alexandropol, einer Station der Bahn Tiflis-Kars, bis zur russischen Grenze als Fortsetzung der bereits fertig gestellten Bahn nach Eriwan gebaut werden. Damit ist der erste Schritt, Rupiand mit Persien mittels einer Eisenbahn zu verbinden, getan.

Es wird diese Bahn von Eriwan oder genauer von Ulukanda bei Eriwan aus, Kiwrach in der Nahe des Schacht^tyschen Postens an der persischen Grenze erreichen. Man beabsichtigt dann, wie die „Nowoje Wremja" im Juni 1902 berichtet, die Strecke von Schachtaty iiber Choi, Urmia nach Tabris, anstatt iiber Djulfa, wie urspriinglich beabsichtigt war, weiterzufiihren.

Tabris ist eins der gropen Zentren Persiens, die erste Stadt des Reichs nach Teheran, mit einer Einwohnerzahl von etwa 180000 Seelen. Die europaischen Waren, welche jetzt iiber Tra- pezunt nach Persien kommen, werden auf dieser Bahn transportiert

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und nicht mehr in Trapezunt, sondem in Poti und in Batum aus- geladen werden. Tabris wird somit mit den Hafen des Schwarzen Meeres verbunden sein.

Ein weiteres Projekt ist, Teheran und Baku durch eine Balm von der Enselibucht, am Kaspischen Meere, iiber Rescht und Kaswin zu verbinden. Die Waren werden dann von Baku nach der Enselibucht zu Wasser geschafft werden und von hier aus die Bahn benutzen.

Von ganz auperordentlicher Wichtigkeit sowohl in politischer wie in kommerzieller Beziehung ist der von Rittich in seiner Broschiire „Die Eisenbahn durch Persien" vorgeschlagene Plan, eine Bahn von Kuschk, dem Endpunkte der mittelasiatischen Eisenbahn an der afghanischen Grenze, iiber Meschhed, Teheran nach Tabris zu bauen, so dap dann nach dem obenerwahnten Projekt Kuschk mit Alexandropol verbunden wird. Diese Linie Kuschk -Meschhed -Teheran- Tabris -Djulf a- Eriwan -Alexandropol - Tiflis wird in keiner Weise England Nutzen bringen konnen; sie wird im Gegenteil nur dem russischen Handel dienen und infolge des billigen Transports den englischen Handel unterbinden.

Wie schon oben erwahnt, ist der Bau der Bahn Alexandropol- Tabris fest beschlossen und die Linie Kuschk-Meschhed wird in „naher Zukunft" fertiggestellt sein. Um einen Zugang zu einem „warmen Meere" zu schaffen, mup, wie Rittich vorschlagt, die Bahn Teheran-Bender-Abbas gebaut werden.

Die politischen Vorteile, die diese Bahnprojekte haben, kenn- zeichnet Rittich folgendermaPen:

„RuPland verbindet sich fester mit den Teilen Persiens, die nach dem Traktate vom Jahre 1723 ihm gehoren. Durch die folgenden Vertrage gibt Rupland diese Gebiete nicht endgiltig auf, sondern nur zeitweise aus Freundschaft und Liebe zu Persien.

Die Eisenbahn wird das Prestige Ruplands noch mehr heben konnen. Seine Macht wird alien klar werden, und es wird keine Frage sein, wer wichtiger ist, Rupiand oder England. Diese Frage ist endgiiltig zu gunsten Ruplands entschieden.

Mit diesem Wege bereitet Rupiand unmerklich die Vereini- gung beider Reiche zu einem Ganzen vor. Die gegenseitigen In- teressen werden vollstandig gemeinsame werden. Die Perser werden sich daran gewohnen, Rupiand als ihren Wohltater zu betrachten. Die Eisenbahn wird unbedingt das Land heben; aus einem armen Lande wird es zu einem reichen werden. Auf den

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bis jetzt oden Stellen werden bliihende Ansiedelungen entstehen. Mit einem Worte: Rupland hat eine wohltatige Kultur- oder richtiger zivilisatorische Aufgabe vor sich."

Schon aus der oben gegebenen Handelsiibersicht geht die hohe kommerzielle Wichtigkeit dieser Eisenbahn hervor. Es diirfte aber noch etwas naher darauf einzugehen sein.

Die geplante Eisenbahn Djulfa-Tabris wird die reichste Pro- vinz Persiens, Aserbeidjan, durchschneiden. Die Wichtigkeit dieser Provinz fiii- Rupland ergibt sich schon aus ihrer geographischen Lage, indem sie an die siidlichen kaukasischen Gouvernements grenzt. Bis zu den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts spielte diese Provinz nicht eine solche Rolle wie jetzt. Tabris ist der Hauptmarkt, von wo sich die Waren auf das ganze Gebiet ver- breiten. Es waren dies hauptsachlich europaische Waren, die iiber Trapezunt-Erzerum dorthin kamen. Seitdem hat nun die russische Industrie den wirtschaftlichen Kampf begonnen; die westeuropaischen Waren sollten ihr den Vorrang abtreten; mit der Durchfiihrung der Eisenbahn wird der Aserbeidjansche Markt Rupland verbleiben und der Handel mit dem Westen in hohem Mape verringert werden. Die russischen Waren schlagen zwei Wege ein: iiber die Landgrenze und auf dem Kaspischen Meer iiber die russische und persische Stadt Astara. Den Wasserweg benutzen zwei-, bisweilen di'ei- und sogar viermal mehr Waren, als den Landweg. So wurden im Jahre 1896 Waren im Werte von 1204269 Rubel 78 Kopeken iiber die Landgrenze geschafft. Der russische Ausfuhrhandel iiber das russische Ast^ara stellte einen Wert von 633762 Rubel 50 Kopeken, iiber das persische Astara einen solchen von 1971062 Rubel dar.

Eine zweite wichtigeHandelsstadt in Aserbeidjan istArdebil, wo- hin fast die ganze Astarasche Einfuhr gelangt; sie verteilt sich auf die Stadte Sontschbulak, Serab, Semgab, Hamadan u. a. Die Wege befin- den sich in einem elenden Zustande, so dap die Bedeutung von Astara bis zur Durchfiihrung der Eisenbahn iiber Tabris nur eine bedingte ist. Ist die Bahn Djulfa-Tabris gebaut, so ist darauf zu rechnen, dap sie 80 Prozent der zu Wasser transportierten Waren auf- nehraen wird, denn die Frachten der Waren iiber das Kaspische Meer sind hoch, die Fahrten sind selten und dauern lange, der Hafen ist unbequem und die Umladung kostet viel. Endlich ist die Entfernung von Tabris bis Maraghe, Serab, Semgab und Hamadan kiirzer als von Ardebil aus.

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Von den nach Aserbeidjan eingefiihrten russischen Waren nimmt der Zucker die erste Stelle ein. Es wnrde eingefuhrt: im Jahre 1892 fiir 862700 Rubel 1893 1558565 1894 1524261 1895 1701516 1896 1445465

Wenn diese Ziff ern mit der Einfuhr des Zuckers aus Marseille nach Aserbeidjan (im Jahre 1892 37956, 1896 10456 Kasten) verglichen werden, so ist ersichtlich, inwieweit die Einfuhr des letzteren zu gunsten des russischen sich verringert hat. Es ist anzunehmen, daP die Einfuhr des Zuckers aus Marseille voll- standig verdrangt werden und die Einfuhr des russischen Zuckers den ganzen Wert von 10000 Kasten des auslandischen Zuckers er- reichen wird. Die mangelhafte Verpackung hemmt jetzt die Ver- treibung des russischen Zuckers; das fallt aber mit dem Transport der Waren auf der Eisenbahn fort.

Von den russischen Manufakturwaren wurden nach Aser- beidjan eingefiihrt:

im Jahre 1892 fiir 870278 Rubel

1893 1558565

1894 1524261

1895 1141044

1896 1131836

Da im Jahre 1889 der Wert der Einfuhr nur 212684 Rubel betrug, so hat sich dieselbe bedeutend gesteigert. Man kann iiberzeugt sein, dap, wenn Persien den russischen Kaufleuten mehr zuganglich sein wird, so werden sie dem Geschmack und den Wiinschen der Perser mehr entsprechen, was jetzt das einzige Hindernis ist, und die Billigkeit des Tarifs wird den Preis be- deutend verringern konnen; alles das wird dazu beitragen, dap der Markt mit russischen Waren gefiillt wird, wie die Englander das Monopol vorerst noch im Siiden haben.

Verschiedene Geschirre und Glas wurden eingefuhrt:

im Jahre 1892 fiir 176936 Rubel

1893 156996

1894 134370

1895 214488

1896 167547

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In diesem Artikel tritt Rupland mit Osterreich, Deutschland und Belgien in Wettbewerb, aber die Zerbrechlichkeit der Gegen- stande wird leicht das Monopol in die Hande Ruplands bringen. Naphtha und Kerosen wurden eingefiihrt:

im Jahre 1892 fiir 121280 Rubel 1893 134435 1894 164537 1895 152433 1896 124164 Dieses Produkt hat sich fast die Markte von ganz Persien erobert. Wird es billiger, so wird es zweifelsohne zu einer groperen Verwendung kommen.

Verschiedene Metalle und Metallarbeiten wurden eingefiihrt: im Jahre 1892 fiir 304123 Rubel 1893 291578 1894 187494 1895 330804 1896 278824 Mit der Ausbeutung der ortlichen Reichtiimer wird dieser Einfuhrartikel sich verringern, aber dafiir wird die Bahn den Austausch der Waren mit den umliegenden Gebieten vermitteln. Schon jetzt werden Kupfererze in Karadagh durch Russen aus- gebeutet.

Tee wurde eingefiihrt:

im Jahre 1892 fiir 2120 Rubel 1893 7887 1894 14522 1895 37794 1896 36393 Die bedeutende Steigerung der Einfuhr in den Jahren 1895 und 1896 ist eine Folge der von dem russischen Finanzminister getroffenen Mapnahmen, wonach den Exporteuren der Zoll zuriick- erstattet ward. Die erfolgreiche Kultivierung des Tees in Batum wird die Teeausfuhr nach Persien noch steigern, was die englischen Konsuln zu befiirchten anfangen.

Die Gesamtsumme der Ausfuhr von persischen Erzeugnissen aus Aserbeidjan nach Rupland erreichte:

im Jahre 1895 3802686 Rubel 1896 4523048

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Da von gingen im Jahre 1895 Waren im Werte von 2454770 Rubel iiber die Landgrenze und solche im Werte von 1247918 Rubel iiber die Astarasche Zollstelle; im Jahre 1896 fiir 2272645 bezw. 2121384 Rubel. Das persische Astara hat nur geringe Umschlage inbezug auf die Einfuhr nach Rupiand: 1895 im ganzen 99990 Rubel, 1896 129018 Rubel. Betrachtet man die Ausfuhr aus Aserbeidjan, so ergibt sich, daP die Ausfuhrgegenstande der Kultur des Landes entsprechen und vorzugsweise aus Erzeugnissen des Ackerbaues und der Viehzucht bestehen.

Folgende Tabelle gibt den Wert der Einfuhr aus Rupiand und der Ausfuhr aus Aserbeidjan an:

Einfuhr aus Russland Ausfuhr aus Aserbeidjan

1892 2692444 Rubel 2635019 Rubel

1893 3783822 5389565

1894 3318884 4373701

1895 4118233 3802680

1896 3809094 4523048

Die Gesamtsumme der Einfuhr von Waren nach Rupiand aus Persien iiber die russisch-persische kaukasische Grenze betrug im Durchschnitt pro Jahr in dem Zeitraum der Jahre 1894 1897 etwa 2900000 Pud.

Die Haupteinfuhrgegenstande sind Getreide, getrocknete Friichte, Fruchtsaft und Rohbaumwolle. Alle diese Artikel kom- men aus den Bezirken Choi, Schahu, Urmia und Sontschbulak. Die Eisenbahn wird nicht weniger als 300000 Pud Waren auf- nehmen, denn ^/^ der Giiter werden auf einem naheren Wege, billiger und schneller nach Tabris gelangen, als auf den schlechten und teueren StraPen direkt nach dem schururskischen Zoll. Diese 300000 Pud werden eine Strecke von 385 Werst bis Alexandropol zuriicklegen. Wird ein durchschnittlicher Tarif von 1/50 Kopeken fiir das Pud und die Werst angenommen, so ergibt sich im ganzen eine Einnahme von 23000 Rubeln. Die folgende grope Zollstelle ist Djulfa, iiber welche die Waren aus Tabris und ausschliepiich nach Tabris gehen. Die Gesamtsumme der nach Rupiand einge- fiihrten Waren betragt 229000 Pud jahrlich; sie haben bis Ale- xandiopol 450 Werst zuriickzulegen, mit einem Zuschlag von nur 65 Werst fiir die Waren, welche von Sendjan und Miane nach Tabris transportiert werden, denn diese Stadt dient als Markt, von wo aus die Waren verteilt und wo die Erzeugnisse der ganzen Umgegend gesammelt werden, deren Grenze nicht auf 70 Werst,

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sondern bedeutend weiter, mindestens auf 200 Werst, sich hin- zieht. Werden zu den 229000 Pud noch 44500 Pud der Kara- tschugschen Zollstelle hinzugefiigt, deren Waren unzweifelhaft von der Eisenbahn aufgenommen werden, so ergeben sich 273500 Pud Waren, welche eine Gesamteinnahme von 25000 Rubeln geben.

Die Ordubadsche Zollstelle, 25 Werst ostlich von Djulfa, wird alle ihre Giiter der neuen Bahn iibergeben, Im Durchschnitt sind es 73250 Pud, die iiber sie geschafft werden. Die meisten Waren kommen aus der Umgegend von Ordubad; folglich durch- lauf en sie auf dem persischen Territorium nicht iiber 80 Werst und 260 Werst vonDjulfa bisAlexandropol, im ganzen also 340 Werst. Es ist anzunehmen, daP von diesen Waren hochstens 13000 Pud in den Grenzbezirken verausgabt werden; folglich kann auf 60000 Pud Giiter gerechnet werden, welche mit einer Entfernung von 340 Werst nach einem Tarif von 1/5Q Kopeke von dem Pud und der Werst etwa 4100 Rubel bringen. Die Einfuhr der Waren iiber den Bagram-Tapinskischen Obergangspunkt, Djebrailskischen Zoll, Beljasuwerskischen Zoll und die Schaturlinskische Ubergangsstelle ergibt eine Summe von etwa einer Million Pud. Verbleiben etwa 420000 Pud in den Grenzbezirken, so wird die Bahn weit mehr als 6000 Pud aufnehmen, denn bei der Betrachtung der Einfuhr inbezug auf die Artikel ist ersichtlich, dap die Gegenstande weiter verbreitet werden, als an Ort und Stelle, und nimmt man folglich die zu durchlaufende Strecke auf 260 Werst an, so wird man bei dem bereits erwahnten Tarif eine Gesamteinnahme von 31200 Rubel erzielen. Endlich gehen 869750 Pud iiber die Astarasche Zollstelle nach Rupiand. Das sind aber Waren, die von Ardebil und seinem Markte kommen, von dem schon oben die Rede war. Deshalb ist darauf zu rechnen, dap 700000 Pud der Astaraschen Waren auf der projektierten Bahn transportiert werden. Die zu durchlaufende Entfernung wird 385 Werst betragen und die Ge- samteinnahme wird bei einem Tarif von 1/30 Kopeke von dem Pud, da fast die ganze Einfuhr iiber Astara aus Friichten und Beerensaft besteht, 89000 Rubel sein. Die ganze Einfuhr nach Rupiand auf der Eisenbahn betragt 1933500 Pud und wird min- destens eine Gesamteinnahme von 172300 Rubel ergeben.

Die Ausfuhr aus Rupiand nach Persien iiber alle Grenzen ist nur um 2 Millionen Rubel geringer als die Einfuhr in umge- kehrter Richtung, aber die Ausfuhr aus Rupiand iiber den russisch-

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persischen Abschnitt der kaukasischen Grenze ist mindestens zwei- und auch dreimal geringer als die Einfuhr. Die durchschnitt- liche Summe der ausgefiihrten Waren betragt im ganzen 450200 Pud im Werte von 1761000 Rubel. Geht man von denselben Erwagungen aus wie bei der Einfuhr, so ergibt sich, dap iiber die Schaturlinskische Zollstelle 25000 Pud, iiber die Karatschagsche 3000 Pud, iiber die Djulfasche 49000 Pud Waren gehen, zusammen also 77000 Pud, welche nicht weniger als 500 Werst zu durch- laufen haben, indem sie weiter siidlich nach Miane und Send- jan gehen; die Gesamteinnahme der Bahn wird 7700 Rubel betragen. Uber die Ordubadsche Zollstelle gehen 700 Pud; die Djebrailskische 2500 Pud; die Bagram-Tapinskische 100000 Pud und iiber die Schaturlinskische 20000 Pud; alles das betragt eine Summe von 129000 Pud, die bei einem 400 Werst langen Trans- port und einem Tarif von 1/50 Kopeken pro Pud eine Gesamt- einnahme von 10400 Rubel ergeben werden. Endlich von den 326250 Pud der Astaraschen Zollstelle en tf alien auf die Eisenbahn 250000 Pud Waren, die nicht weniger als 500 Werst zu durch- laufen haben und nach jenem Tarif eine Gesamteinnahme von 25000 Rubel geben. Somit betragen alle Waren, die aus Rupland nach Persien gehen, 456000 Pud mit einer Gesamtsumme von 43100 Rubel.

Zu alien diesen Berechnungen ist noch die Einfuhr und Aus- fuhr der Waren des Hafens des persischen Astara zuzufiigen. Nach den Berichten des russischen Konsuls hatten die russischen in diesen Hafen eingefiihrten Waren im Jahre 1896 einen Wert von 1971062 Rubel, die ausgefiihrten einen solchen von 129018 Rubel. Da die Puds, die jenen Wert reprasentieren, nicht ange- geben sind, muP man auf die Gesamtsumme der aus dem kauka- sisch-kaspischen Abschnitt eingefiihrten und ausgefiihrten Waren zuriickgreifen. Hier wurden im Jahre 1896 fur 8899472 Rubel 3384000 Pud nach Persien aus Rupland ausgefiihrt, wahrend die Einfuhr nach Rupland aus Persien auf demselben Abschnitt 4576000 Pud im Werte von 5148571 Rubel betrug. Stellt man diese Zahlen mit den Daten der Einfuhr und Ausfuhr des Hafens des persischen Astara zusammen, so ergeben sich im Verhaltnis 752000 Pud fiir die Einfuhr und 114400 Pud fur die Ausfuhr. Bedenktman, dap die Frachten fiir die Waren 1., 2., 3. Klasse von Baku bis Astara 15, 12 und 9 Kopeken betragen, aber auf der Eisen- bahn von Baku bis Tabris 33 20 Kopeken nach dem Tarif zu 1/30

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und 1/50 Kopeken, so ist anzunehmen, daP mindestens die Halfte der Waren auf der Eisenbahn transportiert werden wird. Von Astara gehen mehr als die Halfte der Waren nach Tabris und die iibrigen von Ardebil in die Bezirke, die mit ihnen versehen werden. Gibt man zu, daP Ardebil sich mit den iiber See transportierten Giitern versieht, obgleich auch das noch sehr willkiirlich ist, da die doppelte Umladung in Baku und Astara und auch die Lange des See- und Landtransports von Astara bis Ardebil und endlich die hohen Transportkosten auf der Ardebilschen Strape die Arde- bilschen Waren abziehen und veranlassen konnen, daP sie den Umweg, aber viel billigeren Weg nehmen. So nimmt die Bahn von den 752000 Pud 400000 Pud der Seegiiter auf und wird bei der zu durchlaufenden Strecke von 385 Werst von Alexandropol bis Tabris und dem Tarif von 1/50 Kopeken fiir das Pud eine Ge- samteinnahme von 30800 Rubel geben. So stellt sich die Ge- samteinnahme auf der Bahn Tabris-Alexandropol wie folgt:

fur die Einfuhr nach Rupland 172300 Rubel Ausfuhr nach Persien 43100 Astaraschen Seegiiter 30800

zusammen 346200 Rubel.

Von den Aserbeidjanschen gehen wir zu den Teheranschen Waren iiber. Bis jetzt erhielt der Teherankische Markt die russischen Waren ausschliepiich auf dem Seewege, und die rus- sische Regierung trug auf jede Weise zur Verbilligung dieser Waren bei. Sie zahlte der Dampfschiffgesellschaft „Kawkas und Merkurii" Subsidien, welche sehr bedeutend waren, aber einen geringen Nutzen brachten. Die Gesellschaft unterhielt nur die pflichtmapigen Fahrten, und die Frachten waren so hohe, daP die Eisenbahn ohne Zweifel alle Waren und auch einen Teil der Erzeugnisse Gilans und Astrabads aufnehmen wird. Zum Beispiel betragen die Frachten von Baku bis Enseli fiir die Waren 1., 2. und 3. Klasse 20, 15 und 11 Kopeken fiir das Pud; Zuckerraffinade und Baumwolle auch 15 Kopeken fiir das Pud. Zu diesen Fracht- kosten sind auch fiir die Teheranschen Waren die Kosten fiir das Aufladen in Baku und das Abladen in Enseli zu rechnen. Dazu kommt noch, daP die Waren auf Barkassen iiber die Enselische Bucht geschafft werden miissen. Fiir die russischen Waren be- tragen die Ausgaben fiir den Transport von Enseli nach Piribasar, der Anfangsstation der Chausse, 2 Kopeken fiir das Pud Zucker

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und annahernd ebenso viel fiir alle Waren. Auperdem stellt sich die Kommissionsgebiihr in Enseli auf 1 Kopeke fiir das Pud, zusammen 3 Kopeken. In Baku werden fiir das Aufladen mindestens 2 Ko- peken fiir das Pud erhoben. Fiir den Transport von Piribasar nach Kaswin kostet das Lasttier 80 Kopeken, Wenn man an- nimmt, daP ein Pferd durchschnittlich 8 Pud fortschafft, so kommt der Transport eines Puds auf 10 Kopeken zu stehen. Der Transport eines Puds von Baku bis Kaswin kostet im ganzen 35, 30 und 26 Kopeken fiir die Waren 1., 2. und 3. Klasse. Dagegen betragt der Transport eines Puds mit der Eisenbahn von Baku bis Kaswin (1375 Werst) nur 22V2 Kopeken bei einem Tarif von 1/5^ Kopeken fiir das Pud.

AuPerdem ist bei den Kosten fiir die Seegiiter noch nicht die Bezahlung des Transports der Waren nach Baku gerechnet. Baku liefert nur Naphtha und dessen Produkte, wahrend alle iibrigen Waren, die aus Transkaukasien kommen, noch auf der Transkaspischen Bahn transportiert werden miissen; somit sind durchschnittlich noch mehrere Kopeken auf das Pud zuzuschlagen, wahrend andererseits von den Giitern, die die Eisenbahn nach Teheran benutzen werden, diese Kopeken abzuziehen sind. Alles das spricht dafiir, daP die Eisenbahn die voile Moglichkeit haben wird, inbezug auf Billigkeit den Wettbewerb mit den Seegiitern auizunehmen, um so mehr, als sie einen bedeutenden Zeitgewinn herbeifiihren wird. So legt ein Dampfschiff die Strecke von Baku nach Enseli in 2 und mehr Tagen zuriick. AuPerdem brauchen die Waren, um von Rescht bis Kaswin zu gelangen, mindestens eine Woche; somit betragt die Zeit, die bei der Benutzung des Meeres fiir den Transport nach Teheran erfcrderlich ist, etwa 2 Wochen. Die Eisenbahn wird dieselben Waren von Baku nach Teheran in etwa 5 G Tagen schaffen. Endlich ist das letzte und wichtigste, dap die Anzahl der Fahrten nach den persischen Hafen zu gering ist; auf eine Vermehrung der Dampfschiffe ist nicht zu rechnen. Im Gegenteil, ihre Zahl wird sich wahrscheinlich verringern, da bei deni Wettbewerb mit der Eisenbahn die Frachtkosten herab- gesetzt werden miissen, was ihnen unvorteilhaft ist. Sie halten nur die Fahrten aufrecht, damit die Regierung sie mit Subsidien unterstiitzt. Fallen diese fort, so wird die Bahn keine Wettbe- werber mehr haben.

Die auf den kaukasisch-kaspischen Abschnitt entfallenden Giiter beziffern sich in dem Zeitraum 1894 1897 im Durchschnitt

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jahrlich auf 3145250 Pud im Werte von 9209769 Rubel. Davon entf alien auf die Ausfuhr aus Baku 3047750 Pud, so dap nur 100000 Pud den ubrigen Hafen des Kaukasus verbleiben. Astra- chan fiihrt all jahrlich 500000 Pud nach Persien aus. Mit diesen Werten zusammen, die zur See aus dem Transkaspischen Zollbezirk kommen, stellt sich die Ausfuhr aus Rupland nach Persien auf dem Seewege auf etwa 3860000 Pud, wo von etwa 3 Millionen Pud nach den siidlichen kaspischen Hafen Persiens gehen. Die iibrigen werden hauptsachlich nach dem Hafen Persisch-Astara trans- portiert, nach welchem nach der obigen Berechnung etwa 800000 Pud kommen. Aus den Berichten der russischen Konsuln in Gilan und Astrabad ist ersichtlich, dap im Jahre 1893 aus Rupland nach Persien iiber die Hafen Enseli und Lengerud 1542525 Pud ausgefiihrt wurden. Im Jahre 1890 wurden aus Rupland nach Persien iiber die Reeden von Gjas und Meschedisser 384402 Pud im Werte von 2272829 Rubel geschafft. Die Daten der beiden Konsuln beziehen sich auf die Jahre 1890 1893 und beziffern sich auf 2 Millionen. In den letzten Jahren ist die Einfuhr in die siidlichen persischen Hafen am Kaspischen Meere gewachsen. Die 3 Millionen Pud, die jetzt nach diesen Hafen kommen, teilen sich folgendermapen: 2^/2 Millionen Pud gehen nach Enseli und Lengerud und nur 500000 Pud nach Gjas und Meschedisser. Die letzten 500000 Pud werden nicht bei den Giitern dieses Abschnitts gerechnet, weil fast die Halfte zur See aus den Hafen des Trans- kaspischen ZoUbezirks kommt und die andere den Seeschiffen verbleibt. Von den 2^/2 Millionen Pud, die nach Enseli gehen, kann die geplante Eisenbahn vollstandig auf 2 Millionen Pud rechnen, um so mehr, da die Enselischen Giiter nicht nur nach Teheran, sondern auch nach Kaswin und Sendjan gehen, was sie bei dem Transport auf der Eisenbahn noch mehr verbilligt. Durchlaufen diese 2 Millionen Pud die 902 Werst lange Strecke von Alexan- dropol nach Teheran, so ergibt das bei einem Tarif von V50 Ko- peken fiir das Pud und die Werst eine Gesamteinnahme von 300800 Rubel. Was den Transport aus Persien nach Rupland betrifft, so werden auf dem Kaukasisch-Kaspischen Abschnitt im Durchschnitt fiir den Zeitraum 1894 1897 5 Millionen Pud jahrlich eingefiihrt, davon entf alien 4840000 Pud auf die Ein- fuhr nach Baku. Nach Astrachan werden aus Persien jahrlich 1185000 Pud ausgefiihrt. Kommen dazu noch 60000 Pud, die iiber das Meer in den Transkaspischen Abschnitt eingefiihrt wer-

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den, so ergibt das eine jahrliche See-Einfuhr von 6245000 Pud persischer Waren. Bleiben die Astrachanschen und Transkaspi- schen Waren auper Rechnung, so bleiben nur 5 Millionen Pud iibrig, die hauptsachlich nach Baku gehen, von welchen min- destens 4 Millionen auf die Eisenbahn iibergehen werden, die bei einem Transport von 902 Werst und jenem Tarif eine Gesamt- einnahme von 721600 Rubel bringen werden.

Im ganzen beziffert sich die Einnahme fiir die Ausfuhr aus Rutland nach Persien auf den Teheranschen Abschnitt der geplan- ten Bahn auf 360800 Rubel, fiir die Einfuhr aus Persien nach Rupland 721600 Rubel, zusammen 1082400 Rubel.

Dem ist noch die Halfte aller Waren zuzufiigen, die nach Schahrud und zuriick gehen, d. i. 21/0 Millionen Pud auf einer Entf ernung von 390 Werst, was bei einem durchschnittlichen Tarif von 1/.-0 Kopeken fiir das Pud und die Werst eine Gesamteinnahme von 200000 Rubeln geben wird. Mit den friiheren 1082400 Ru- beln zusammen erzielt die Bahn unter Aufnahme der zur See beforderten Waren eine Gesamteinnahme von 1282400 Rubeln.

Was den Abschnitt Teheran-Meschhed-Kuschk betrifft, so kann der Bericht des russischen Generalkonsuls in Meschhed fiir das Jahr 1895 vorzugsweise zugrunde gelegt werden. Am 13. Januar 1895 erfolgte die regelma^ige Zollkontrolle auf der Trans- kaspischen Grenze. Danach betrug die Handelsbilanz Chorassans inbezug auf die Einfuhr, die Ausfuhr und den Transit 8236000 Kreditrubel: auf die Einfuhr entfieien 3328000, auf die Ausfuhr 2073000 Rubel, wahrend die iibrigen 2835000 Rubel auf den Transit der indisch-britischen Waren, die durch Chorassan nach dem transkaspischen Gebiet geschafft wurden, und auf den Trans- port der russischen Waren nach Afghanistan kamen. Von der Gesamtsumme der Einfuhr der auslandischen Waren nach Cho- rassan entf alien auf Rupland 1950000, auf Indien und Europa 1175000 und auf Afghanistan 203000 Rubel.

Von den nach Chorassan eingefiihrten russischen Waren bleiben die meisten in diesem Gebiet; nach Afghanistan werden Waren im Werte von 163000 Rubeln geschafft. Die Hauptartikel der russischen Ausfuhr sind raffinierter und Rohzucker; ersterer im Jahre 1895 in einer Menge von 100000 Pud, im Jahre 1897 von 176000 Pud; letzterer 1895 32000, 1897 66000 Pud. Der zweite Hauptausfuhrgegenstand sind Baumwollgewebe unci iind<?re

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Baumwollarbeiten, deren Gesamtmenge im Jahre 1895 einen Wert von 737000 Rubeln erreichte.

Die indischen Waren kommen uber Bombay, Bender-Abbas iind Kirman, die europaischen iiber Trapezunt nach Tabris und Teheran.

Die Ausfuhr von persischen Waren aus Chorassan nach Rup- land betrug 1895 511000 Pud im Werte von 2073000 Rubel. Die indisch-britischen Waren, die nach Rutland iiber Meschhed kamen. hatten einen Wert von 2327000 Rubel. Die Gesamtsumme der Einfuhr aus Persien auf der Transkaspischen Landstrecke betrug im Jahre 1895 4400000 Rubel. Nach der Ubersicht iiber den Aupenhandel betrug diese Einfuhr im Jahre 1895 4567641 Rubel Oder 1845000 Pud. Die indisch-europaischen Transitwaren betrugen 1300000 Pud. Endlich sind noch die Transitwaren zu berechnen, die von Trapezunt nach Tabris-Teheran und Meschhed gehen. Sie werden von Trapezunt nach Tabris geschafft, wo persische Kaufleute schon Waren kaufen und sie nach Meschhed schicken. Nach dem Bericht des englischen Konsuls fiir das Handelsjahr 1895 1896 wurden auf diesem Wege Waren im Werte von 241660 Rubel oder 25000 Pud geschafft. Es ergibt sich also eine Gesamteinnahme: von der Einfuhr der Waren aus Chorassan nach Rupiand nach dem Durchschnitt fiir die Jahre 1895—1897 1021000 Pud, einschliepiich der Transitwaren aus Indien und Europa und der ortlichen persischen. Auf diese ganze Menge Waren kann der Abschnitt von Meschhed nach Kuschk rechnen, weil bis jetzt die Halfte dieser Waren nach Aschabad ging, wo sie auf der Transkaspischen Eisenbahn weitertranspor- tiert wurden. Wenn man bedenkt, dap es sogar fiir die Waren, welche nach Aschabad gehen, vorteilhafter sein wird, den Um- weg nach Kuschk und Merw einzuschlagen, als direkt nach Ku- tschan und Aschabad transportiert zu werden, so ist es klar, dap alle iibrigen Waren um so mehr auf der Eisenbahn fortge- schafft werden, indem man die Billigkeit und Schnelligkeit, mit welcher die groPen Entfernungen zuriickgelegt werden, den gros- seren Kosten mit der kiirzesten Entfernung vorzieht. Folglich erhalt die Bahn von der Million Pud bei der 300 Werst langen Strecke von Meschhed nach Kuschk und bei dem Tarif von ^/gg Kopeken pro Pud und Werst eine Gesamteinnahme von 60000 Rubel. In umgekehrter Richtung von Kuschk nach Meschhed und weiter nach Westen nimmt die Bahn im ganzen 40 000. Pud

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auf, wenn auch tatsachlich schon im Jahre 1897 458000 Pud nach Chorassan ausgefiihrt wurden; wenn jetzt schon ^/^ der Waren direkt nach Meschhed gehen und dort unter den Bezirken verteilt werden, so werden um so mehr Waren nach Meschhed auf der Eisenbahn transportiert werden. Die von diesen Waren zuriick- zulegende Strecke betragt mindestens 600 Werst, da auch jetzt ein bedeutender Teil von ihnen in der Richtung auf Schahrud geht. Die Gesamteinnahme wird bei jenem Tarif 48000 Rubel betragen. Auper dieser Gesamteinnahme konnen auch die Transit- giiter, die iiber Trapezunt nach Tabris und Meschhed geschafft werden, in Rechnung gestellt werden. Nach der obigen Be- rechnung betragt die Menge der europaischen Giiter, die diesen Weg einschlagen, jetzt 25000 Pud. Diese 25000 Pud miissen 519 Werst von Tabris bis Teheran und 840 Werst von Teheran bis Meschhed zuriicklegen. Somit werden die europaischen Transit- giiter 6800 Rubel einbringen, indem sie 1360 Werst zu durch- laufen haben. Auch der Handel Chorassans mit Afghanistan kann berechnet werden. So wurden im Jahre 1892 aus Herat nach Chorassan 12000 Pud im Werte von 938556 Kran eingefiihrt. In den letzten Jahren hat sich die Einfuhr auPer nach der einen auch nach der anderen Seite verandert. Wird diese Menge mit in Rechnung gestellt, so wii'd die Gesamteinnahme bei der 300 Werst langen Strecke von Kuschk nach Meschhed 1920 Rubel betragen. Aus Chorassan nach Afghanistan wurden im Jahre 1893 63000 Pud ausgefiihrt; davon sind aber 25000 Pud russischer Waren auszuscheiden, die aus Rupiand iiber Chorassan nach Af- ghanistan transportiert werden. Ein solcher Transport ist anormal; mit der Herstellung regelmapiger Handelsbeziehungen mit Af- ghanistan wird sich das aber andern, denn die Waren werden direkt von Merv^ nach Kuschk und Herat gehen. Nach Abzug von 25000 Pud russischer Waren von jenen 63000 Pud bleiben 18000 Pud, welche unzweifelhaft mit in Rechnung gestellt wer- den konnen und bei einer zu durchlaufenden Strecke von 300 Werst und jenem Tarif eine Gesamteinnahme von 2280 Rubel geben werden.

Summiert man die ganze Gesamteinnahme der geplanten Bahn von den transportierten Giitern aus Chorassan nach Rupiand und umgekehrt einschlieplich der afghanischen und der indisch-euro- paischen Transitgiiter, sowie von den aus Trapezunt kommenden, so betragt sie 120000 Rubel.

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Die Gesamteinnahme der ganzen Linie wird betragen:

auf den 1. Abschnitt, dem Tabrisschen 250000 Rubel

,. 2. Teheranschen 1282400 .,

., 3. Meschhedschen 120000 .,

zusammen 1652400 Rubel.

Wir wenden uns nun von den Giitern, die ausgetauscht wer- den, zu den Transitgiitern. Es werden dabei die Daten aus der Statistik der Transporte auf der Transkaspischen Eisenbahn be- nutzt, welche ein vollstandig sicheres Material geben. Diese Daten sind aber als ein Minimum anzusehen, da in dem Bericht fiir das Jahr 1898, der hier als Grundlage angenommen wird, keine Angaben fiir die Andishansche, Murgabsche und Tasch- kenter Bahn vorhanden sind. AuPerdem ist die Transkaspische Eisenbahn nicht die einzige Verbindung zwischen Mittelasien und dem Zentralrupiand. Bis jetzt transportieren die Karawanen noch Hunderttausende von Lasten.

Es warden auf der Transkaspischen Eisenbahn Giiter trans- portiert:

1. Inbezug auf die Absendung von den Stationen der Bahn:

im Jahre 1894 10344046 Pud ., 1895 12834162 ., 1896 12600297

2. Inbezug auf die Ankunft auf den Stationen der Bahn:

im Jahre 1894 11502760 Pud 1895 8502147 1896 10390557

Beriicksichtigt man die Transitsendungen der Stadtstationen Buchara, Taschkent, Samarkand u. a. nach Rupland und umge- kehrt aus Rupland nach diesen Stationen und auch die Transporte von Station zu Station, so ergeben sich, nach den Daten des Jahres 1896, 14216000 Pud Giiter, die den festgesetzten Tarif zu zahlen haben. Im dreijahrigen Durchschnitt betragen sie 13900000 Pud.

Bei der Berechnung der Transitgiiter, welche die Eisenbahn aufnimmt, ist auch die wahrscheinliche Bewegung der Giiter auf der Taschkent-Orenburgbahn zu beriicksichtigen, welche noch im Bau l)egriffen ist.

Die Beziehungen Ru&lauds zu Persieu. 7

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Aus der statistischen Tabelle der Einfuhr, der Ausfuhr und des Transits der Giiter, die im Jahre 1896 auf der Bahn trans- portiert wurden, ist ersichtlich, daP auf der Transkaspischen Eisenbahu aus Eupiand und Kaukasien nach den Stationen Buchara und Taschkent 2793000 Pud versandt wurden, da von: Weizenmehl und Weizen 43000 Pud Manufakturwaren 742000

Raffinierter Zucker 178000

Rohzucker 191000

Bauholz 216000

Kerosen 276000

Eisen und Eisenarbeiten 211000 Tee 108000

Die gesamte Einfuhr aus Rutland und Kaukasien betrug im Jahre 1896 41/2 Millionen Pud Giiter; davon werden aber nur die Transitgiiter nach Buchara und Turkestan zu beriicksichtigen sein, fiir welche es vorteilhafter sein wird, die geplante Eisenbahn zu benutzen; auch auf die kaukasischen und siidlichen Giiter ist zu rechnen, die schneller und billiger durch Persien als nach Orenburg und Taschkent transportiert werden.

Die Einfuhrwaren aus Rupiand und Kaukasien wurden wie folgt transportiert:

1. Getreide (98 Proz.) geht aus dem nordlichen Kaukasien iiber Petrowsk. Die Menge des Transitgetreides ist unbedeutend (43000 Pud), und auPerdem wird die Bahn dieses Gut wahr- scheinlich nicht aufnehmen, weil trotz der hohen Fracht von Petrowsk nach Krassnowodsk von 10 12—14 Kopeken pro Pud, der Seetransport bedeutend kiirzer ist, so daP der Transport von Getreide auf diesem Wege billiger sein wird.

2. Die Manufakturwaren kommen hauptsachlich aus dem Mos- kauer Rayon; aus dem Weichselgebiet nicht iiber 25 Proz.; folg- lich kann von den oben angegebenen 742000 Pud auf 200000 Pud gerechnet werden, die nach Odessa-Batum geschafft werden und als Transitgiiter iiber Persien nach den Markten Buchara und Turkestan gehen.

3. Zucker liefern fast ausschliepiich der Kiewer und Charkower Rayon; Moskau nur 15000 6000 Pud. Bis jetzt wurde der Zucker iiber Zarizyn-Astrachan transportiert und nur 20 Proz. ging als Transitgut durch Kaukasien. Mit der Durchfiihrung der neuen

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Bahn wird es fiir den ganzen Bucharaschen und teilweise fiii- den Turkestanschen Zucker, besonders i'iir den aus dem Kiewschen Rayon kommenden vorteilhafter sein, nach Odessa-Batum und durch Persien geschafft zu werden; man kann auf 70 Proz, Zucker, also auf 300000 Pud rechnen.

4. Bauholz geht von der Wolga iiber Astrachan. Die geplante Bahn kann auf seinen Transport nicht rechnen. Am wahrschein- lichsten ist es, daP Nordpersien Turkestan reichlich mit Holz versorgen wird; jedenfalls wird das die ortliche Ausfuhr erhohen.

5. Kerosen und Naphthaprodukte kommen aus Baku und konnen von der neuen Bahn aufgenommen werden. Es besteht fiir den Transport ein besonderer Tarif, und bei solchen weiten Entfernungen (iiber 2000 Werst) werden 30 Proz. abgezogen wer- den; werden die Transportkosten noch verringert, wird der Trans- port dieser Produkte nicht teurer werden, als jetzt auf dem Kaspischen Meere und der Transkaspischen Bahn. 300000 Pud werden der Bahn zufallen.

6. Eisen und Eisenarbeiten liefern der Ural, die siidlichen und Weichselgouvernements. Vom Ural kommen 42 Proz., wah- rend die iibrigen 58 Proz. auf den Siiden und das Weichselgebiet entfallen. Verbleiben 42 Proz. der Orenburg-Taschkentbahn, kann auf 58 Proz., auf 120000 Pud dieser Giiter, gewip gerechnet werden.

Somit sind allein von den HauptgUtern bei einer strengen Bewertung etwa eine Million Pud Transiteinfuhrgiiter berechnet. Von den iibrigen Artikeln kann man noch auf 5 Millionen Pud, also im Ganzen auf 1500000 Pud oder nur auf die Halfte aller der Giiter rechnen, welche jetzt aus Rupiand und Kaukasien nach der Station Buchara und Turkestan transportiert werden.

Diese Zahl ist weit niedriger, als die tatsachliche Transit- Einfuhr sein wird. Der Bedarf Turkestans an russischen Waren ist bedeutend groper, als das bis jetzt der Fall war. Auperdem wird durch Persien der ganze afghanische Transit gehen. Der russische Handel mit diesem Lande befindet sich in anormalen Verhaltnissen. Tatsachlich mup Rupiand es ganz mit seinen Waren versorgen, und ein solcher Umschwung wiirde sehr bald erfolgen.

Die Ausfuhr aus Buchara und Turkestan nach Persien und Kaukasien erreichte im Jahre 1896 nach dem Bericht der Trans- kaspischen Eisenbahn 4470000 Pud. Da von:

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Baumwolle 3449000 Pud

Wolle 382000

Rosinen u. getrockn. Friichte 210000 ., Ungegerbte Schaffelle 119000

Haute und ungegerbte Felle 84000 ,,

Alle diese Giiter gehen in folgender Weise nach Rupiand:

1. Die Baumwolle wird iiber Astrachan und Nishnij-Nowgorod in den Moskauer Manufakturbezirk transportiert; iiber Baku und Batum nach Odessa und nach den Fabriken des Weichselgebiets Oder auch nach Moskau. Es ist unzweifelhaft, daP die ganze Baumwolle des Weichselgebiets als Transitgut durch Persien gehen wird, so daP mindestens 2 Millionen Pud der neuen Bahn zufallen werden.

2. Die Wolle geht auf demselben Wege wie die Baumwolle, so dap man auf 15000 Pud rechnen kann.

3. Die Haute, Felle, Schaffelle gehen bald iiber Astrachan nach den Zentralgouvernements (55 Proz.), bald iiber Kaukasien, also iiber Baku-Batum-Odessa (45 Proz.). Folglich sind aut 100000 Pud dieser Giiter zu rechnen.

4. Die Bewegung der Rosinen und getrockneten Friichte ist genau schwer zu verfolgen. Sie werden auf alien Wegen trans- portiert. Jedenfalls aber wird die Bahn mindestens 100000 Pud dieser Waren aufnehmen.

Im ganzen sind das 2350000 Pud ausgefiihrte Giiter. Werden noch 650000 Pud der iibrigen Giiter hinzugefiigt, so konnen 3 Millionen Pud der Ausfuhr angenommen werden. Im ganzen betragen die Transitgiiter:

als Einfuhr 1500000 Pud

als Ausfuhr 3000000

4500000 Pud.

Werden noch mindestens 500000 Pud hinzugefiigt, welche der Handel mit Afghanistan geben wird, so ergeben sich rund 5 Millionen Pud Transitgiiter, die bei der 2042 Werst langen zu- riickzulegenden Strecke von Kuschk nach Alexandropol und bei dem Tarif von 1/50 Kopeke pro Pud und Werst 2042000 Rubel als Gesamteinnahme geben werden.

Die Gesamteinnahme der ganzen geplanten Linie wird be- tragen:

- lUl ~

Von dem Handelsaustausch zwischen Rupland und Persien 1652000 Rubel, von den 5 Millionen Pud Transitgiitern 2042000 Rubel, zusammen 3694000 Rubel oder rund 3700000 Rubel.

Aus dem Vorstehenden wird zur Geniige die hohe Bedeutung der geplanten Bahn Alexandropol-Eriwan-Tabris-Teheran-Mesch- hed-Kuschk in wirtschaftlicher und Handelsbeziehung sowie ihre Rentabilitat bewiesen sein. Allerdings wird der Bau dieser iiber 2000 Werst langen Bahn auf 116500000 Rubel veranschlagt, eine Summe, die denen des Baus der Gropen Sibirischen Bahn gegen- iiber als gering zu erachten ist, indem letztere bei einer Lange von 4865 Werst 3553771911 Rubel gekostet hat.

Von nicht geringerer Bedeutung in politischer und Handels- beziehung ist der Plan, eine Eisenbahn von dem Norden Persiens bis zum Persischen Golf zu bauen, um so vor allem ein ,,warmes" Meer zu erreichen, was ja fiir Rutland bei seinen sonstigen Hafenverhaltnissen von ganz auperordentlicher Wichtigkeit ist. Es sind auch fiir diese Bahn verschiedene Projekte in Frage ge- kommen. Rittich tritt in seiner Broschiii-e „Die Eisenbahn durch Persien'* fiir die Linie Teheran-Kum-Kaschan-Isfahan-Kumische- Schiras langs des Laufes des Flusses Karaagatsch nach Lar und Bender-Abbas ein. Sie wird eine Lange von 890 und in Verbindung mit der geplanten Bahn Alexandropol-Teheran eine solche von 2110 Werst haben. Diese Linie ist die kiirzeste, in technischer Beziehung die bequemste, beansprucht die geringsten Kosten und umfasst die wichtigsten Gebiete Persiens. Der Seehandel Eng- lands wird durch diese Bahn gro^e Nachteile haben, denn die Dauer des Transports der Giiter auf derselben wird wenigstens um das Doppelte kiirzer sein. So braucht ein Dampfschiff, um die Strecke von Liverpool nach Bender-Abbas zuriickzulegen, 23 Tage, wJihrend die Transitgiiter von Calais in 8 Tagen Tiflis, nach weiteren 2 Tagen Teheran und nach noch einmal 2 Tagen Bender-Abbas, also zusammen in 12 Tagen, erreichen wiirden, was fast die Halfte der Zeitdauer der Fahrt von Liverpool nach Bender- Abbas betragt. Passagierziige konnen schon in 6 Tagen in Bender- Abbas ankommen. Im Innern des Landes werden die Giiter un- bedingt die Eisenbahn benutzen, denn durch die Umladung fallt der Vorteil der Seefracht fort.

Rittich weist darauf hin, dap es fiir Rupland unbedingt not- wendig sei, nicht nur in Bender-Abbas sich festzusetzen, spndern

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auch die Inseln Kischm, Hormus, Larak und Hendjam zu erwerben. Durch einen mit der persischen Regierung auf 25 Jahre abge- schlossenen Pachtvertrag sei dies ebenso zu erreichen, wie es im fernen Osten mit Port-Arthur und Taliwan (Dalnyi) der Fail sei. Von seiten der persischen Regierung seien keine Schwierig- keiten zu erwarten, da sie immer Geld notig habe. Die einmalige Zahlung einer groPen Summe und jahrliche Subsidien wiirden wohl den Erfolg sicherstellen.

In der englischen Presse ist auch unlangst von einem zAvi- schen Rupiand und Persien abgeschlossenen geheimen beziiglichen Vertrage die Rede gewesen. Russischerseits ist das allerdings abgeleugnet, wenn auch in sehr zweideutiger Weise. Es liegt auf der Hand, daP die Erwerbung jener Inseln auPerordentlich wichtig fill" Rupiand ware, da dann seine Macht im Persischen Golf England gegeniiber gesichert sein wiirde.

Die Insel Kischm ist die gropte im Persischen Golf, hat eine Lange von 113, eine Breite von 36 km. Sie ist steinig, ode und von Hiigeln durchzogen. Ihre 12000 Bewohner verteilen sich auf 70 Dorfer. Die Englander hatten auf der Insel den Hafen Basiluh besetzt, welcher den Eingang in die StraPe, welche die Insel von dem Festlande trennt, beherrscht; sie haben ihn aber bald wieder verlassen, weil sie die Besetzung von Maskat fiir vor- teilhafter hielten.

Die Insel Hendjam liegt 2 km siidlich von der Insel Kischm und wurde einst von den Englandern als Ankerplatz fiir ihre Flotte ausersehen. Aber jetzt ist dieser Plan wegen Mangel an Wasser und infolge der hier herrschenden Hitze aufgegeben. Das hindert iibrigens die Englander nicht, dort eine Telegraphenstation fiir das Kabel der indischen Telegraphenleitung anzulegen. Die Ober- reste der zahlreichen Ruinen, Zisternen und Acker auf der Insel weisen darauf hin, dap sie einst sehr bevolkert war, so dap man daran denken konnte, sie von neuem zur Bliite zu bringen. Jetzt ist sie nur von 450 Arabern bewohnt.

Die wichtigsten Inseln im Persischen Golf sind Hormus, G km lang und breit, und Larak mit einer Breite von 6, einer Lange von 10 km. Erstere liegt 20 km ostlich, letztere 30 km siidlich von Bender- Abbas; sie sind 20 km voneinander entfemt. Die Insel Hor- mus gehorte im 16. Jahrhundert den Portugiesen, und noch jetzt ist an dem nord lichen Ende des Kaps ein von ihnen erbautes Fort sichtbar, das 13 m iiber dem Meere liegt. Am besten haben sich

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das ostliche Fort unci die siidostliche Bastion erhalten, die einen astronomischen Punkt der englischen Karten bildet (56" 27' 20" der Lange von Greenwich und 27" 5' 51" der n. Breite). Siidlich von diesem Fort bestehen noch Ansiedelungen zu 100 Hofen. Der Ankerplatz bei Hormus gilt fiir besser als der bei Bender- Abbas; er ist gegen alle Winde geschiitzt. Eine halbe Meile westlich vom Fort betragt die Meerestiefe 7 9 m, so daP grope Schiffe hier ankern konnen.

Wenn diese Inseln besetzt und befestigt werden, bilden sie ein gropes Hindernis, um in den Persischen Golf einzufahren.

Bender-Abbas selbst war einst der beriihmteste und wichtigste Hafen, in dem sich der ganze Aupenhandel Persiens mit Europa, Arabien und Mittelasien konzentrierte. Da aber das Land nicht kultiviert ist und andere ortliche Verhaltnisse den Hafen be- einflupt haben, so hat er jetzt nicht mehr die friihere Bedeutung. Die Stadt liegt auf der sandigen Meereskiiste. Die Schiffe ankern 1^/2 englische Meilen siidostlich von der Kiiste. Die Reede gilt fiir sehr giinstig, sowohl inbezug auf den Ankergrund, wie auch inbezug auf den Schutz gegen die Winde, den Siidostwind aus- genommen. Die Waren werden in groPe einheimische Kahne um- geladen; um diese mit Tauen befestigen zu konnen, ist ein massiver Kai angelegt.

Die Englander haben das Geriicht verbreitet, daP das Klima von Bender-Abbas so unertraglich ware, daP die Russen bei seiner Besetzung Gefahr liefen, zu verbrennen. Es ist leicht einzusehen, zu welchem Zweck die Englander solche Undinge geauPert haben. Viele Russen sind dort gewesen und haben eine ganz andere An- sicht. Ein Korrespondent der ,,Petersburgski Wiedomosti", der in Bender-Abbas war, schreibt, dap letzteres in keiner Weise schlechter ware als Aden und jede andere Stadt, die unter der- selben Breite und Lange liegt. Man konne auf dem Berge in Minab wohnen, wo das Klima sehr angenehm und gesund sei. Die Einwohnerzahl von Abbas zu bestimmen ist sehr schwer. Curzon setzt sie auf 5000 Menschen im Winter fest; im Sommer vermindert sich die Bevolkerung.

Der Gesamtumschlag des Hafens erreichte im Jahre 1893 633031 Pfund Sterling.

Bis jetzt war kein englischer politischer Agent in Bender- Abbas und Lingah, und mit den Angelegenheiten der englischen Untertanen befapten sich Agenten von persischer Herkunft. In

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der Folge sollen aber die einheimischen diirch spezielle Agenten ersetzt werden. AuPerdem verlangt auch die englische Presse, dap der Lord Curzon sich in den Besitz der Inseln Kischm und Hormus setzen raiisse, da dadurch Bender-Abbas seine Bedeutung verlieren wiirde.

Die Interessen Rupiands und Englands sind also auch hier direkt entgegengesetzte. Wenn aber die von Rupiand geplante Bahn ganz Persien durchschnitten und Bender-Abbas und somit den Persischen Golf erreicht haben wird, was ja allerdings nocli eine Frage der Zukunft ist, so wird es nicht England, sondern Rup- iand sein, das ganz Persien und den Persischen Golf unter seinen Einflup bringt, Wie Rupiand durch die chinesische Ostbahn die Mandschurei tatsachlich, wenn auch nicht nominell, sich untertan gemacht hat, so wird ein gleiches auch inbezug auf Persien durch die geplanten Bahnen bewirkt werden, und zwar auf eine wirk- samere Weise, als dies in der Mandschurei der Fall ist, Eine Teilung Persiens in eine nordliche russische und eine siidliche englische Sphare wird dann ausgeschlossen sein.

Es eriibrigt noch, diese geplanten Bahnen in strategischer Beziehung zu bewerten. Die Bahn Alexandropol-Eriwan-Djulfa und weiter nach Tabris zu bauen, ist notwendig, da dadurch die groPen Zentren unmittelbar miteinander verbunden werden und Rupiand infolgedessen erforderlichenfalls die zweite Hauptstadt des Reiches, Tabris, in kiirzester Zeit mit Truppen besetzen kann. Ein Widerstand von persischer Seite ist nicht zu erwarten oder wenigstens leicht zu iiberwinden. Auper der kurdischen und sonstigen Reiterei konnen die persischen Truppen den russischen keinen Widerstand leisten. Die letzten Kriege Rupiands mit Persien haben dafiir den Beweis geliefert, und seitdem sind die Truppen des letzteren noch schlechter geworden. Infolgedessen spielen die „Stadte als Stiitzpunkte" eine weit wichtigere Rolle als die Truppen. Sind die Stadte genommen, so ist auch der Feld- zug gewonnen. Deshalb ist vor allem notig, Tabris, die zweite Hauptstadt Persiens, mit dem kaukasischen Eisenbahnnetz zu verbinden, um russische Truppen dorthin transportieren zu konnen. Diese Linie entspricht auch den politischen und wirtschaftlichen Forderungen, wie schon oben naher ausgefuhrt ist. Gefahr droht diesem Bahnabschnitt nur langs der Grenze des Chanats Maku. Im Kriege ist der Chan oder Emir von Maku verpflichtet, 25000

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Mann Reiterei, welche ausschlieplich aus Kurden besteht, zu stellen. Im Frieden sind die Kurden nur nominell Untertanen des Schahs und fast vollstandig unabhangig. Dieses kriegerische Volk erkennt nur das Recht des Starkeren an, so daf3 dieser Ab- schnitt mehr geschiitzt werden mufi als die anderen. Die weitere Strecke bis Tabris ist nicht gefahrdet, da sie durch Gegenden fiihrt, die von der friedlichen tiirkisch-tatarischen Bevolkerung Aserbeidjans bewohnt werden.

Will man die Balin westlicher nach Choi und Urmia bauen, so setzt man sich groperen Oberfiillen und bedeutenden Schwie- rigkeiten aus, welche eine zu grope und teuere Sicherung er- fordern. Nach Curzon erreicht hier die kurdische Bevolkerung 250000 Kopfe. Infolgedessen ist die von Rittich vorgeschlagene Linie vorteilhafter als die westlichere.

Die ganze Strecke bis Tabris wird auch eine vorziigliche Basis fiir die russischen Operationen gegen die Tiirkei sein. Dank dieser Linie kann Rupland sie im Riicken fassen, indem die Truppen von Tabris auf Choi und Wan vorgehen.

Die Bahn geht dann weiter in der Richtung auf Teheran iiber Miane, das^ein Knotenpunkt der Wege nach Maragh, Tabris, Ai-- debil, Teheran ist. Auf der ganzen Strecke bis Teheran ist die Gegend bevolkert und gut kultiviert. Die Bevolkerung ist fried- lich und ruhig, so dap besondere Gefahren fiir die Bahn nicht vorhanden sind. Die erforderliche Sicherung ist unbedeutend. Die folgenden wichtigen Punkte sind Sendjau und Kaswin. Von ersterem gehen keine gropen Wege nach Siiden, sondern nur Karawanenwege nach Hamadan und Sihna. Kaswin ist auPer- ordentlich wichtig; von hier geht die russische Chaussee nach dem Hafen Enseli, von wo eine grope FahrstraPe nach Teheran fiihrt. Nach Siiden, nach Hamadan, gibt es ein ganzes Netz von Saumpfaden.

Teheran ist das Zentrum des ganzen Reichs; von hier gehen AVege nach alien Richtungen. Es gibt 7 grope Karawanenstrapen und auperdem mehrere Saumpfade.

Von Teheran nach Meschhed sind solche Knotenpunkte wie Semnan. Damgan und Schahrud zu iiberschreiten; letztere Stadt ist sehr wichtig; von ihr gehen grope Trakte nach Astrabad, Aschabad, Meschhed und Turschis aus. In militarischer Beziehung ist Schahrud das nachste Ziel der bei Astrabad gelandeten Truppen. Die Strecke Schahrud-Meschhed umfapt auch viele Knotenpunkte:

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Sebsewar, Nischapur. Diese Strecke ist um so mehr wichtig, a Is hier viele Saumpfade aus Seistan miinden, so daP zu erwarten ist, da(3 die Englander versuchen werden, die Eisenbahn auf dieser Strecke zu zerstoren.

Endlich konzentrieren sich in Meschhed 5 grope Trakte. Diese Stadt ist das Hauptobjekt der russischen und englischen Operationen. Die strategische Bedeutung von Meschhed ist um so wichtiger, v/enn man bedenkt, daP sie fiir die Perser eine heilige Stadt und in dieser Beziehung eine groPere Bedeutung a Is Teheran hat. Alle Mohammedaner sind Fanatiker, und die Ein- nahme dieser Stadt durch russische Truppen wird Rupiand noch ein groperes Ansehen beilegen.

Was nun die Verbindung Meschheds mit der Transkaspischen Eisenbahn betrifft, so kann eine solche in Aschabad, Duschak, Tschemen-i-Bel und Kuschk erfolgen. In technischer Beziehung wird die Richtung nach Aschabad eine sehr schwierige sein, da die Bahn durch die Schluchten des Elbrusriicken gefiihrt werden muP, was grope Ausgaben verursachen wird, um so mehr, als die Gesamtlange 250 Werst betragt, d. i. etwas geringer als in der Richtung nach Kuschk. Ebensolche Schwierigkeiten und kaum geringere Ausgaben entstehen, wenn Meschhed mit Du- schak verbunden werden soli. Folglich rauP man sich fiir Tsche- men-i-Bel Oder Kuschk entscheiden. In technischer Beziehung ist die erstere Richtung vorteilhafter, in strategischer Beziehung ist aber die auf Kuschk vorzuziehen, wie auch von den End- punkten Aschabad und Duschak keine Rede sein kann. Das geht schon daraus hervor, daP die ganze geplante Linie eine Ver- wickelung mit England oder richtiger mit seinem vorliegenden Pufferstaat, Afghanistan, im Auge hat. Deshalb ist es not- wendig, die Eisenbahn moglichst tief in das Innere zu fiihren, damit die Truppen nach dem auPersten Endpunkt transportiert werden konnen, und eine solche Station ist nur Kuschk. In dieser Beziehung ist sie sogar der Station Tschemen-i-Bel vorzuziehen.

Vergleicht man die geplante Bahn mit der im Bau begriffenen Bahn Orenburg-Taschkent, so ist ersichtlich, daP beide Bahnen eine hervorragende strategische Bedeutung haben, indem sie beide in den Dienst der russischen Truppen gestellt werden konnen. Wahrend die letztere die Marschstrape fiir die Truppen des zen- tralen und ostlichen europaischen Rupiands bildet, wird erstere ausschliepiich den Truppen des Kaukasischen und wenn notig des

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Odessaer Bezirkes dienen. Die Orenburg-Taschkenter Bahn ist nicht gefahrdet, da sie nur russisches Territorium durchschneidet.

Jedenfalls ist die Gefahrdung der geplanten Linie auf frem- dem Territorium zehnmal geringer als bei der Mandschurischen Bahn. Wenn RiifMand sich entschlossen hatte, die Mandschurische Bahn zu baiien, so ist um so mehr Grund vorhanden, den Bau der Persischen Eisenbahn auszufiihren, wenn man bedenkt, da(3 die politischen und wirtschaftlichen Interessen hier wichtiger sind als bei der Mandschurischen Bahn.

Die geplante Bahn nach Bender-Abbas entspricht den mili- tarischen Forderungen nicht vollstandig. In strategischer Be- ziehung ware es wichtiger, die Bahn von Kuschk oder Meschhed nach Siiden an die Grenze Seistans und Balutschistans zu fiihren. Bei einer solchen Richtung wiirden die Russen in den Riicken der Englander kommen konnen und waren unmittelbar am Ziele der Operationen.

Aber im vorliegenden Falle miissen die strategischen den kommerziellen Forderungen den Vorrang lassen, um so mehr, als es in der Folge gelingen kann, einen Eisenbahnzweig von Bender- Abbas langs der Landschaft Mekran zur Verbindung mit dem indischen Eisenbahnnetz zu bauen.

Was die Durchfiihrung der Eisenbahn nach der Bucht bei Tschahbar am Indischen Ozean betrifft, so ist diese Bucht in stra- tegischer Beziehung giinstiger, da sie der Grenze Balutschistans bedeutend naher liegt. Der Ingenieur Palaschkowski bezeichnete sie als den Endpunkt in seinem Projekt vom Jahre 1889. Aber er sah, dap diese Bucht unbefriedigend sei, denn er erwahnte, dap die endgiiltige Wahl des Endpunktes nur nach sorgfaltigen Unter- suchungen derselben erfolgen konnte. Eine eigentliche Unter- suchung und Ausmessung dieser Bucht land nicht statt. Man nahm die englischen Karten als Grundlage fiir die Schlupfolge- rungen. Auch die Englander iibergehen diese Bucht mit Still- schweigen, und ihre Nachrichten sind sehr mangelhaft.

Jedenfalls ist die Umgegend der Bucht Tschahbar so wenig bevolkert und ode, daP sie mit dem Hafen Bender-Abbas nicht ver- glichen werden kann, welcher friiher der erste Hafen an dem ganzen Indischen Ozean war. Wahrend die Bahn von Isfahan nach der Bucht Tschahbar eine Wiiste durchschneidet, fiihrt die geplante Linie die ganze Zeit iiber die reichsten Stadte und durch eine ver- haltnismapig fruchtbare Gegend.

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Bevor nun Rutland die Nord-Siidbahn fertiggestellt hat, wird England im Persischen Golf noch das Obergewicht behalten. DaP aber auch jetzt schon Rupiand bestrebt ist, diesen Golf England nicht allein zu iiberlassen, geht daraus hervor, dap es die russische Kriegsflagge hier gezeigt hat, indem neuerdings das Kanonenboot „Giljak" Bender-Buschir angelaufen hat, ein Beweis, dap Rupiand auch in dem Persischen Golf seine Anspriiche England gegeniiber zur Geltung zu bringen versucht. In diesem Sinne hat auch das russische Marineministerium verfiigt, daP der Kreuzer ,,Asskold" auf seiner Fahrt nach dem fernen Osten den persischen Golf und dort mehrere Hafen besuchen soil. Diese MaPregel ist ganz im Sinne der „Nowoje Wremja", die schreibt: „Wenn der Besuch der Hafen des Persischen Golfs in den Fahrplan unserer Schiffe aufgenommen wird, wenn die Kiistenbevolkerung sieht, daP Rup- iand nicht nur iiber verhaltnismapig kleine Kanonenboote, sondern auch iiber groPe Kreuzer und Geschwaderpanzerschiffe verfiigt, und wenn endlich ein russischer Stationar im Persischen Golf dauernd bleibt, so wird sehr bald die englische Flagge ihre Herr- schaft hier verlieren. Gleichzeitig mit der Entsendung unserer Schiffe in den Persischen Golf ist anzuordnen, daP politische Agenten an den wichtigsten Punkten des Golfs ernannt werden. Wenn wir einen Generalkonsul in Buschir, einen Konsul in Bender- Abbas, Vizekonsuln in Lingah und Djask sowie an der siidlichen Kiiste haben werden, so wird ein Kampf mit dem englischen Einf lup nicht besonders schwierig werden. Rupiand hat in dem Osten ein solches Prestige, dap keine zu groPe Miihe erforderlich ist, um es auch, soweit notig, aufrecht zu erhalten. England hat unbedingt keine ausschlieplichen Rechte auf den persischen Golf, der ebenso neutral ist wie jedes andere offene Meer."

Auch Handelsbeziehungen sind seitens Ruplands in dem per- sischen Golf in die Wege geleitet. Die russische „Dampfschiff- und Handels-Gesellschaft" beteiligt sich an dem direkten russisch- persischen Verkehr, der vorerst so eingerichtet ist, daP die Waren von den Stationen der russischen Eisenbahnen nach den Hafen des Persischen Golfs abgesendet werden. So ist am 25. August 1902 das Dampfschiff ,,Trupor" dieser Gesellschaft mit Waren nach den Hafen Maikat, Djask, Bender-Abbas, Buschir und Bassra dirigiert; es soUte Konstantinopel, Smyrna, Jaffa, Port-Said, Suez, Djesda, Djibuti und Aden anlaufen, sowie in Bassra fiir die weitere Fahrt aul dem Tigris nach Bagdad umladen. Damit ist der erste

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Schritt Ruplands, seinen Handel auch im Siiden Persiens auszu- dehnen, getan.

Was nun England betrifft, so hat es seine Herrschaft weit nach Westen vorgeschoben und sucht seine indischen Besitzungen mit dem Persischen Golf zu verbinden. Es geht langsam, aber sicher aui" dieses Ziel los. Nachdem es sich zu Ende der siebziger Jahre wahrend des zweiten afghanischen Krieges in Quetta fest- gesetzt hat, begann es von hier aus seinen EinfluP auf Balu- tschistan auszudehnen, und hatte dabei einen solchen Erfolg, dap jetzt der Kelatskische Chan schon ein gehorsamer Vasall In- diens ist.

Ein solches Vasallenverhaltnis erschien aber den Englandern fiir nicht ausreichend , sie begannen MaPregeln zu ergreifen, um ihrem EinfluP auf Balutschistan einen tatsachlichen Aus- druck zu geben. Zu diesem Zwecke legten sie im Nor- den des Landes eine KarawanenstraPe an, die das britische Balutschistan rait dem persischen Seistan und die Wege, die nach Meschhed, Teheran und zur Kiiste des Persischen Golfs fiihren, miteinander verbinden sollte, Diese StraPe ist wie eine MilitarstraPe in einem feindlichen Land gebaut; es sind Etappen- punkte, die mit kleinen Truppenabteilungen besetzt und mit Ver- pflegung versehen sind, angelegt; hier und da befinden sich Be- festigungen; ein Kommandeur des Weges ist ernannt, der den offiziellen Rang eines ,,politischen Agenten" hat, obgleich auf einer Strecke von mehreren Hundert Kilometern von Nuschki bis Seistan die Gegend nur eine zusammenhangende Wiiste ist.

Die Anlage dieser KarawanenstraPe ist durch den Umstand veranlapt, daP Rupiand sowohl von Kaukasien wie namentlich von der Transkaspischen Bahn aus einen offenen Zutritt nach Nordpersien gewonnen hat und seine Waren dort ohne Umladung absetzen kann. Infolgedessen haben die Vorkampfer der eng- lischen Herrschaft iiber Persien auf wirtschaftlichem Gebiet, Mac- gregor, Mark Bell,LordCurzonu.a., daraufgedrangt, einegesicherte KarawanenstraPe unabhangig von dem afghanischen Gebiet durch Balutschistan nach Persien zu fiihren und fiir den englischen Handel nutzbar zu machen. Das Ergebnis war der Bau der oben- erwahnten StraPe, welche von Quetta iiber Nuschki-Dalbandin nach Hurnuk fiihrt. Der Weg lauft durch kahle Hochsteppen langs des Nordrandes des Hochlandes von Balutschistan. Von Hurnuk wendet sich die StraPe nordwarts und erreicht, immer auf per-

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sischen Gebiet, hart langs der afghanischen Grenze bleibend iiber die Hauptstadt Seistans, Nasratabad, Birdjand, eine Stadt von 30000 Einwohnern, die den Knot-enpunkt der Wege bildet, die vom Persischen Golf (Bender- Abbas) iiber Seidabad-Kirman-Naibend nach Nordostpersien fiihren.

Englischerseits hat man nun alles aufgeboten, damit die Karawanen diesen neuen Weg benutzen. Ein englischer Bevoll- machtigter begab sich zu dem Ende nach Kirman, dessen Kauflente auch dem Plane zustimmten, urn so mehr, als Hindus, die eng- lische Untertanen sind, sich unter ihnen befanden. Der Konsul versprach ihnen, daP alle Verluste der Karawanen, die etwa von rauberischen Balutschen diesen zugefiigt werden konnten, von der englischen Regierung ersetzt werden wiii'den. Jeder Karawane wurde eine starke Begleitmannschaft englischer Lanzenreiter zu- gesichert. Um die voile Gefahrlosigkeit des neuen Weges zu beweisen, riistete er selbst die erste Karawane auf seine eigenen Kosten aus und schickte mehrere Ballen Teppiche nach Schikapur. Den Kaufleuten, die diesen Weg einschlagen wiirden, sollte vor- zugsweise ein Kredit von der neuen in Kirman zu errichtenden Filiale der englischen Bank gewahrt werden. Tatsachlich ver- weilte auch der Verwalter der englischen Bank, die sich in Jesd befindet, einige Zeit in Kirman, um an Ort und Stelle dieses Unternehmen mit den Kaufleuten zu beraten, die den Wunsch hatten, diesen neuen Weg zu benutzen, da die Strapen iiber Jesd und von Bender-Abbas sehr gefahrdet sind und stets Nachrichten von Beraubung der Karawanen einlaufen.

Um in Balutschistan festen FuP zu fassen, suchen die Eng- lander jetzt eine Telegraphenleitung hier anzulegen, deren Beamte Agenten der britischen Regierung in gleicher Weise sind, wie dies an der indischen Telegraphenleitung der Fall ist. Von seiten der persischen Regierung sind diesem Unternehmen gegeniiber kaum Schwierigkeiten zu erwarten, da eine solche telegraphische Ver- bindung auch ihren eigenen Interessen dient. Jetzt ist diese Provinz nur dem Namen nach Persien untertan, was hauptsachlich an den schlechten Kommunikationen liegt, Wenn auch offiziell jahrlich 120000 Toman von den Einwohnern gezahlt werden sollen, so sind sie doch nur mit groper Miihe zu erheben. Die meisten, wenigstens 2/3 der Balutschen, haben seit ihrer Unterwerfung durch die Kadscharen niemals ihre Abgaben gezahlt, indem sie die Unzuganglichkeit ihres Landes sich zu nutze machen. Ge-

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wohnlich riickt der Gouverneur von Kirman alljahrlich mit Truppen aus, um die Abgaben einzutreiben, aber nicht immer mit Erfolg. Es kommen Falle vor, wo die Truppen niedergemaoht werden, ohne daP die Regierung Nachrichten iiber den Ausgang der Ex- pedition erhalt. 1st eine Telegraphenleitung vorhanden, so wird dies nicht mehr moglich sein.

England hat es dabei nicht bewenden lassen, sondern be- schlossen, hier eine Eisenbahn zu bauen, deren eine Strecke zwi- schen Quetta und Nuschki schon fertig ist. Durch diese MaP- regel ist das persische Balutschistan mit dem britischen in eine enge Verbindung gebracht und die Grenzen des indischen Reichs sind in dieser Richtung bis zum persischen Seistan vorgeschoben.

In Seistan treffen die Grenzen Persiens, Afghanistans und Balutschistas zusammen, und als Knotenpunkt der Wege, die zum Persischen Golf, nach Indien und zur russischen Grenze fiihren, ist diese Provinz zu wichtig, als daP die Englander sie unbeachtet lassen sollten, und hier beginnt der hartnackige Kampf, welcher in den letzten Jahren zwischen Rupiand und England gefiihrt wird.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daP das persische Seistan den Englandern als neue Etappe auf ihrem Wege zum Persischen Golf dient. Wenn man das unlangst stattgefundene Verfahren Englands an der Omanschen Kiiste in dem Sultanat Maskat, seine im Jahre 1901 erfolgte Einmischung in die Kueitfrage und seine im vorigen Jahre stattgefundene Besetzung der Insel Kischm in der StraPe von Hormus beachtet, so liegt es auf der Hand, dap England sich des Persischen Golfs bemachtigen und ihn in einen von den Golfs des Indischen Ozeans verwandeln will.

Somit wird von zwei Seiten gearbeitet, um Siidpersien unter englischen Einflup zu bringen und Rupiand von dem „warmen Gewasser" des indischen Ozeans abzuschneiden. Seistan hat als Land an und fiir sich wegen seines Wiistencharakters wie auch der Armut seiner Bevolkerung keine ernstliche Bedeutung fiir die beiden Reiche, ist aber in militarischer politischer Beziehung sehr wichtig.

Haben sich die Englander in Seistan festgesetzt, so sind sie ihrem Ziele, Rupiand den Ausgang zu dem warmen Ozean zu ver- legen, nahergekommen und nehmen eine giinstige Stellung auf der Flanke der russischen Bewegung nach der Kiiste Siidpersiens ein. Das Gravitieren RuP lands zu einem warmen Meere ist die

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Folge sehr efnster Staatserwagungen, und die Verwirklichung seines ewigen Traumes, zum Ozean zu gelangen, fiihrt so wichtige Folgen fiir seine Lage in Asien herbei, dap es die Versuche Eng- lands, es an der Erreichung seines Zieles zu verhindern, nicht unbeachtet lassen kann und darf.

Fiihren wir noch an, was die „Nowoje Wremja" iiber die Folgen der Eisenbahn Quetta-Nuschki sagt. Sie ist auch der Ansicht, daP es England bei der Eisenbahn nach Seistan nicht bewenden lassen werde, sondern welter nach Westen vordringen wolle, um iiber Kirman in Persien eine Verbindung mit der Bagdadbahn zu gewinnen. Wenn schon die wirtschaftliche Be- deutung in die Augen springe, seien die politischen Vorteile noch erheblicher, denn eine in deutschen und englischen Handen be- findliche Eisenbahn von Indien nach Balutschistan und Siidpersien nach Mesopotamien wiirde Rupiand jeden Ausweg nach dem in- dischen Ozean versperren und seine Bestrebungen, nach Zentral- asien in siidlicher Richtung vorzugehen, zwecklos machen. Des- halb fordert das Blatt mit allem Nachdruck, daP die Eisenbahn- plane Rupiands in Persien nun mehr gefordert werden miipten als dies bis dahin der Fall sei. Persien sei das einzige Land, das Rupland auf seinem Wege zum Indischen Ozean friedlich seiner Machtsphare einverleiben konne, und wenn es sich dort „vor" seinen Mitbewerbern festsetze, wiirde es in der Lage sein, die Deutschen in Mesopotamien und die Briten in Balutschistan zu bedrohen.

Welche Wichtigkeit England dem Besitz von Seistan beilegt, diirfte auch daraus hervorgehen, dap Curzon in seinem erwahnten Werke ein ganzes Kapitel der Seistanschen Frage widmet. Er nennt Seistan den Vorposten Chorassans, dieses Mittellandes, das auf dem Wege Rupiands liege, wenn letzteres von Meschhed nach Siiden vorgehen sollte, um an den Indischen Ozean zu gelangen, aber auch auf dem Wege Englands sich befinde, wenn letzteres nach Norden, den Russen entgegen, vorriicken wolle. Finer der wichtigsten Wege fiir das Vorgehen der Russen nach Indien, das Curzon immer im Auge hat, sei die StraPe Herat-Kandahar. Aber infolge der ortlichen Verhaltnisse konne die direkte Linie von Herat: nach Kandahar nicht benutzt werden, man miisse viel- mehr den Weg iiber Sabsawar nach Farah einschlagen, also einen nach Persien gewandten Bogen machen. Seistan liege dann in der Flanke, das fiir ein erfolgreiches Vorgehen nach Indien ge- nommen werden miisse. Wenn Rupiand sich in Seistan festsetze,

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wiirde es in hohem Mape England schadigen. Rupland werde sich dann auf 300 Meilen Indien nahern, nehme eine drohende Haltung gegen Afghanistan an, und der Bau der Eisenbahn von Quetta nach Nuschki und Seistan ware auperdem unmoglich. Diese Bahn habe aber, abgesehen von ihrer strategischen Bedeutung, eine groPe Wichtigkeit in dem wirtschaftlichen Kampfe zwischen Rup- land und England in den ostlichen Provinzen Persiens.

Wie wir gesehen haben, haben die Erwagungen Curzons zum Bau der Eisenbahn und der Anlegung einer Karawanenstrape ge- fiihrt. Es wird noch eine kurze Zeit vergehen und England hat auch in Seistan festen Fup gefapt, wenn Rupland keine Gegen- mapregeln trifft. Im Jahre 1902 hatten die Englander schon im siidlichen Seistan zwei Punkte besetzt, die unzweifelhaft auf per- sischem Territorium liegen. Die Proteste Rupiands gegen die Verletzung der Rechte Persiens veranlapte allerdings England, sie wieder aufzugeben und sich zuriickzuziehen.

Dap die Interessen Rupiands und Englands sich im Siiden Persiens entgegenstehen, geht aus einer Nachricht der „Nowoje Wrenaja'' vom 4. Januar 1903 hervor. Danach hat die indisch- britische Regierung eine aus einer Eskadron, einer gropen Ab- teilung Infanterie, einem Maximgeschiitz, 6 Offizieren, einem To- pographen und mehreren Beamten bestehende fliegende Kolonne unter dem Befehl des Majors Mac-Mahon nach dem Hilmend ge- schickt, um den zwischen Afghanistan und Persien ausgebrochenen Grenzstreit zu schlichten, der durch die Veranderung des Bettes dieses Flusses entstanden ist.

England begriindet sein Einmischungsrecht mit dem Pariser Vertrag vom Jahre 1857 (s. S. 35), worin ihm das Recht zuge- standen wird, im Falle von Grenzstreitigkeiten zwischen Afgha- nistan und Persien den Parteien seine guten Dienste zur Beilegung solcher Streitigkeiten anzubieten. Als im Sommer 1902 unter der persisch-afghanischen Bevolkerung ernste Unruhen wegen des Hilmend und der Benutzung seiner Wassermassen ausbrachen, bot England, das jede Gelegenheit benutzt, seinen EinfluP in Per- sien zu befestigen, dem Schah an, die Entscheidung der Frage ihm als Schiedsrichter iibertragen zu wollen. Infolge der im Vertrage vom Jahre 1857 iibernommenen Verpflichtungen hielt die per- sische Regierung sich nicht fiir berechtigt, den englischen Vor- schlag abzulehnen, worauf der Major Mac-Mahon mit der Durch- fiihrung des Schiedsspruchs an Ort und Stelle beauftragt wurde.

Die Beziehungen Rufilands zu Persien. 8

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Die „Nowoje Wremja" beleuchtet sodann die Griinde, die den ehrgeizigen Curzon veranlapten, zu genanntem Zweck ganz un- notigerweise so groPartige Militarexpeditionen an den Hilmend zu entsenden. Ein Berufungsfall wiirde dadurch ebensowenig wie durch den Zug Goldsmiths nach Seistan 1870 geschaffen. In der Hauptstadt Seistans befanden sich ein russischer und ein englischer Konsul; eine Begleitung von zehn Mann sei zur Losung der Aufgabe fiir Mac-Mahon vollkommen geniigend. Zum Ungliick fiir die Englander sei inzwischen der Vorwand fiir Streitigkeiten zwischen der afghanisch-persischen Grenzbevolkerung beseitigt, eine eng- lische Expedition werde nun wohl nicht mehr nach Seistan ge- schickt. Das Blatt bemerkt schliepiich wortlich: „Es ist zweifel- los, dap nunmehr von russischer Seite Schritte folgen werden, die eine Anderung in den Ansichten der Regierung des Schahs iiber den Pariser Vertrag vom Jahre 1857 herbeizufiihren geeignet sind. Seit der Unterzeichnung dieses Vertrags ist ein halbes Jahrhundert verflossen, in welchem Zeitpunkt die politische Lage Vorderasiens sich derartig verschoben hat, dap von einer ernst- lichen Anwendung des Pariser Vertrags keine Rede mehr sein kann. Rupiand hat den Vertrag vom Jahre 1873, betreffend die Regelung der beiderseitigen Interessengebiete im westlichen Asien, den es mit England abgeschlossen hatte, gekiindigt, und dies hat die Regierung des Schahs nunmehr fiir geniigend zu erachten, ihrer- seits England den Vertrag vom Jahre 1857 zu kiindigen; jedenfalls mup England wissen, daP die Bedeutung Seistans fiir Rupiand es Rupiand nicht erlaubt, sich irgendwelchen angreifenden Schrit- ten Englands gegeniiber kaltbliitig zu verhalten, und daP auf jeden von der englischen Regierung mit Beziehung auf Seistan unter- nommenen Schritt Rupiand mit einem ahnlichen Schritt antworten wird."

Sollte es wirklich zu kriegerischen Verwickelungen zwischen Rupiand und England kommen, was indessen nach der ganzen bis- herigen Haltung Englands Rupiand gegeniiber in Mittelasien nicht wahrscheinlich ist, so hangt von Afghanistan mehr oder weniger der Ausgang des Krieges ab. Gelingt es Rupiand, den Emir von Afghanistan zu einem Biindnis zu bewegen, so diirfte es kaum zweifelhaft sein, dap England unterliegen wiirde. RuP- land hat seit langem alles aufgeboten, sich einen zwingenden Einflup auf Afghanistan zu verschaffen, ohne jedoch vorerst einen tatsachlichen Erfolg zu erzielen. Tritt Afghanistan auf die Seite

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Englands, so wird der Kampf fiir Rupiand ein schwieriger sein. Was Persien betrifft, so ist seine Kriegsmacht nur gering und fallt wenig ins Gewicht. DaP es aber Rutland unterstiitzen wiirde, ist wohl zu erwarten, da es diesem machtigen Reich mehr zu Dank verpflichtet ist, als dies England gegeniiber der Fall ist.

Das fiihrt uns zu den neuerdings stattgefundenen Finanz- Operationen zwischen Rupiand und Persien.

Es waren bis vor kurzem eine englische und zwei russische Banken in Persien vorhanden, welch letztere ihre Existenz L. S. Poljakow verdankte. Die erstere Bank, die „kaiserlich persische Bank", mit einem Grundkapital von 4 Millionen Pfund Sterling, eroffnete ihre Tatigkeit im Jahre 1889. Die beziigliche Kon- zession wurde dem Baron Julius Reuter auf 60 Jahre erteilt. Er erhielt das Recht, „sich mit jeglicher Art von Operationen, die zu den gewohnlichen Bankgeschaften gehoren, sowie mit jeg- lichen Erw^erbszweigen, Finanz- und Handelsunternehmungen, zu befassen, mit Ausnahme der Erteilung von Vorschiissen auf ver- pfandetes Land, des Ankaufs von unbeweglichen Giitern und der Diskontierung der Regierungsobligationen, wenn solche nicht auf den Namen der Bank eingetragen sind". Die Bank hat das Monopol zur Herausgabe von Banknoten, deren Wert auf 800000 Pfund Sterling beschrankt ist und die durch ^/g der Metallreserve sicher- gestellt sind. Die Bank hat das Monopol zur Ausbeutung der Mineralreichtiimer Persiens, aber nicht personlich, sondern durch Verkauf oder Abtretung an andere Gesellschaften unter der Be- dingung, dap sie von der persischen Regierung bestatigt sind. Die Bank iibernimmt die Garantie fiir die genaue Berechnung und die Bezahlung der der Regierung zukommenden Summe (16 Proz.) von der Gesellschaft, welche den Betrieb der Bergwerke iiber- nimmt. Zur Kontrollierung der Tatigkeit der Bank sind Regie- rungskommissare ernannt. Die Bank ist verpflichtet, dem Schah 6 Prozent der reinen Einnahme, aber nicht weniger als 4000 Pfund Sterling jahrlich, zu zahlen.

Das mangelnde Vertrauen der Bevolkerung zu der Bank, die Miperfolge der „Mining Rights Corporation" bei der Ausbeutung der Mineralreichtiimer und bei dem Bau von Chausseen, das enorme Sinken des Silbers und eine Reihe von anderen Griinden vermin- derten das Grundkapital fast um die Halfte und veranlapten eine

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solche Panik unter den Aktionaren, dap Geriichte uber die Liip,i- dation der Bank verlauten.

Einc von den Bedingungen fiir die Grundung der Bank war -,,die Unterstiitzung der Regierung in ihren finanziellen Maf3naJi- men". Daraufnin erhob die persische Regierung bei der Erteilmig der beziiglichen Konzession einen VorschuP von 40000 Pfrnid Sterling zu 6 Prozent, der in 6 Jahren getilgt werden sollte. Die giinstigen Resultate der Anleihe veranlapten den. Schah, im Jahre 1892 eine zweite Gprozentige Anleihe zu 500000 Pfmid Sterling aufzunehmen, die in jahr lichen Raten in 40 Jahren znriick- gezahlt werden sollte. Ein Hauptartikel der Tatigkeit der Kaiser- lichen Bank ist „der Verkauf und der Ankauf sowohl von inmeren wie auslandischen Rimessen". Die Diskonto- und Vorschupope- ration hat nur einen geringen Umfang, da die Zahler nicht sicher sind. Es ist auch der Umstand zu beachten, dap die Kaiserliche Bank, die auf englischem Geld beruht, ausschliepiich Perser und Russen zu Klienten hat und danach strebt, so viel wie moglich Beziehungen mit Rupiand, den russischen Handelshausern und Fabriken anzukniipfen, sowie die Entwickelung des Wohlstandes Nordpersiens, das nach Rupiand gravitiert, zu unterstiitzen.

Die beiden russischen Banken wurden in Teheran eroffnet. Die eine, eine Abteilung der Moskauer internationalen Handels- bank, hatte den Zweck, den Bankgeschaften der „persischen Un- ternehmungen L. S. Poljakows (Handels- und Industriegesellschaft, Versicherungs- und Transportgesellschaft)" zu dienen.

Fiir die Errichtung der anderen Bank erhielt L. S. Poljakow im Jahre 1890 die Konzession vom Schah. Sie gab auf Prozent- papiere, Wechsel, Waren und andere Wertsachen sowie auf Gegen- stande zur Einrichtung von Warenmagazinen unter Ausstellung von Quittungen Vorschiisse, Nach einigen Jahren iiberlieP Poljakow die Rechte der Konzession, die 1895 ablief, der russischen Regie- rung. Anfangs war die Tatigkeit der Bank sehr beschrankt und befapte sich wie bisher nur mit Zahlungen von Vorschiissen. Da aber die Unterbringung von Kapitalien und Prozentpapieren unter den Persern fast keinen Erfolg hat, so mupte man aus- schliepiich Vorschiisse auf Wertgegenstande geben, so daP die Bank zu einer einfachen Lombardbank wurde. Da sie vorerst keine Filialen in anderen Stadten hatte, so konnte sie sich nicht mit Diskontogeschaften befassen. Das Vertreiben russischer Wa- ren in Persien war schon einige Jahre vorher angeregt, so daP

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in den Gescliaftsbereich der Bank die Verschreibung solcher nach den hier befindlichen Mustern aufgenommen wurde, was aber in der ersten Zeit nur einen geringen Erfolg hatte.

Jetzt ist die Tatigkeit der Bank, die neuerdings den Namen „Diskonto-Vorschussbank Persiens" erhalten hat, bedeutend er- weitert, und sie ist tatsachlich ein Organ des russischen Finanz- ministeriums geworden. Der Schutz des russischen Handels in Persien ist offiziell als ihre Hauptaufgabe hingestellt. Auper der in Teheran bestehenden Hauptbank sind Filialen in Tabris und Rescht errichtet, und eine solche ist auch fiir Meschhed in Aus- sicht genommen. Inbezug auf die Befestigung des russischen Einflusses in wirtschaftlicher Beziehung iiber Nordpersien ist durch die Errichtung dieser Banken ein wesentlicher Schritt nach vorwarts gemacht, wodurch natiirlich auch der politische EinfluP sich steigern wird.

Die „Nowoje Wremja" aupert sich iiber die bisherigen Ver- haltnisse folgendermaPen: ,,Wenn man die russische Politik in Persien in den letzten zehn Jahren betrachtet, so ist ersichtlich, dap Rupland nicht aktiv verfuhr und nur danach strebte, Persien soweit wie moglich vor dem Einflup einer anderen fremden Macht zu bewahren. Als unmittelbarer Grenznachbar Persiens in Trans- kaukasien und Mittelasien baute Rupiand zur Entwickelung seiner Beziehungen zu dem Nachbarreiche nur zwei Chausseen, die eine von Aschabad nach Meschhed, die andere von Rescht in der Rich- tung auf Teheran bis Kaswin. Mit diesem Bau hatte aber der Transport organisiert werden miissen. Leider befand sich aber die Konzession zur Versicherung und zum Transport der Waren in Persien in den Handen Poljakows, welcher in all den Jahren nichts tat, Nach Meschhed konnte, trotz der bequemen Verbin- dung mit Aschabad, nichts aus Rupland verschrieben werden. Die Waren wurden bei Gelegenheit abgesandt und blieben bisweilen infolge von Zollmipverstandnissen und anderen Ursachen ganze Monate liegen. Zwischen Aschabad und Meschhed war bei dem Bau der FahrstraPe sogar keine Postverbindung eingerichtet und keine Telegraphenleitung angelegt. Das Handelsiibergewicht Rup- lands in Persien war bis dahin nur die Folge der unmittelbaren Nachbarschaft. Von der Entwickelung des Netzes von Filialen der „Diskonto-Vorschupbank Persiens" und der Erweiterung ihrer Geschaf te ist zu erwarten, daP auch der russische Handel in Persien immer mehr zunimmt."

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Von auPerordentlicher Wichtigkeit fiir das Wachsen des rus- sischen Einflusses ist der Umstand, daP Rupland gestattet hat, dem Schah eine Anleihe zu gewahren.

Unter dem 21. Januar 1902 wurde in dem „Prawitelswennyi Wiestnik", dem offiziellen Regierungsblatte, veroffentlicht, daP die russische Regierung der Diskonto-Vorschupbank gestattet habe, der persischen Regierung ein Darlehen von 22i/o Millionen Rubel unter dem Namen „Persische Sprozentige Anleihe 1900" zu zahlen. Das russische Blatt gibt weiter die Bedingungen an, auf Grund deren die Bank den Vertrag mit Persien abgeschlossen hat. Die Anleihe ist zu verzinsen und nach 75 Jahren zu tilgen. Die Ab- zahlung wird durch alle persischen Zolleinnahmen, mit AusschluP der Zolle von Fars und der Hafen des Persischen Golfs, sicher- gestellt. Die Einnahmen der Zollamter an der Landgrenze und am Kaspischen Meere werden, so heipt es in dem „Regierungsboten", die Hohe der Zahlungen bedeutend iibersteigen. Im Falle einer Ver- zogerung der Zahlungen kann die Bank iiber die Zollamter, deren Einnahmen die Anleihe garantieren, eine Kontrolle ausiiben.

Die Bereitwilligkeit der russischen Regierung, Persien diese Anleihe zu gewahren, darf nicht als reines Finanzgeschaft auf- gefapt werden, Sie hat vielmehr eine auPerordentliche politische Bedeutung und zeigt aufs neue, mit welchem diplomatischen Geschick Rupiand es versteht, ruhig sein Ziel zu verfolgen, um den indischen Ozean zu erreichen.

Das jetzige Darlehn hat eine langere Geschichte: Zunachst hoffte die persische Regierung, das Geld, dessen sie dringend bedurfte, von England zu erlangen. Die englischen Kapitalisten hatten aber mehr ihre Geldinteressen, als die politischen Jnter- essen ihres Landes im Auge. Sie verlangten so hohe Biirgschaf- ten und Sicherheiten, dap die persische Regierung nicht im stande war, sie zu bewilligen und beschloP, die Verhandlungen abzu- brechen. Sie wandte sich nun nach Paris und Briissel, Aber be- vor hier die Verhandlungen das Stadium der Vorbereitung iiber- schritten hatten, wurden sie durch einen deutlichen Wink aus Petersburg im Keime erstickt. Dann kam es zu neuen Verhand- lungen mit Rupiand und England gemeinsam, und wahrend man in England darauf vertraute, bei der Anleihe beteiligt zu sein, hatte Rupiand in aller Stille die Dinge soweit gefordert, daP es fiir sich allein den Darlehnsvertrag mit Persien zum Abschlup brachte, und mit der vollzogenen Tatsache die englischen be-

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teiligten Kreise vollstandig iiberraschte. Dazu kam noch, daP sehr bald die geheime Klausel bekannt wurde, zu deren Bewil- ligung die persische Regierung sich hatte entschliePen miissen. Letztere hat sich namlich Rutland gegeniiber verpflichtet, wahrend der nachsten 75 Jahre keine weitere Anleihe aufzunehmen und iiberhaupt mit keinem anderen Staate in Anleiheverhandlungen zu treten. Da sich nun auch Persien verpflichtet hat, keinerlei Konzessionen fiir Eisenbahnbauten zu vergeben, so liegt auf der Hand, daP die ganze weitere wirtschaftliche Erschliepung Persiens und damit auch der ausschliepiiche politische EinfluP iiber Persien fortan Rupiand zufallt. Die russische Diplomatie hat sich aber gehiitet, den Bogen zu iiberspannen. Sie lapt zur Zeit keine wesentlichen Veranderungen eintreten; sie gibt also nie- mandem AnlaP zu tatsachlichen Klagen. Aber sie hat es ver- standen, den Weg zu bahnen und vorzubereiten, damit sie bei jeder giinstigen Gelegenheit einen weiteren Schritt nach dem persischen Golf und dem Indischen Ozean machen kann, ohne befiirchten zu miissen, auf einen ernsten Widerstand zu stoPen.

Wie oben erwahnt, sind nach dem Anleihevertrage die Zoll- einkiinfte von Ears und der Stadte am Persischen Golf nicht als Garantie fiir die Abzahlung der Anleihe in Aussicht genommen. Es ist aber sofort dafiir gesorgt, dap die Verpfandung dieser Zoll- einnahmen an England durch voile Riickzahlung der alteren An- leihe, die Persien in England aufgenommen hat, aufgehoben wurde. Schon unter dem 22. Februar 1903 lief aus Petersburg die Nach- richt ein, daP, dem Wunsche der persischen Regierung ent^ sprechend, Rupiand 6 Millionen Rubel nach London abgesandt habe, um damit die alte Gprozentige Goldanleihe von 1892 fiir Persien zuriickzuzahlen. Dadurch wurden die reichste persische Provinz Ears und die bisher an England verpfandeten Zollein- nahmen der Hafen des Persischen Golfes wieder frei. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daP der EinfluP Englands iiber Persien, fiir den in den friiheren Jahrzehnten so viele weitblickende Manner ihre besten Krafte eingesetzt haben, in hohem MaPe geschadigt ist.

Die Ausfiihrungen des russischen Blattes „Birshewij Wiedo- dowosti (Borsenzeitung)" iiber die Folgen der persischen Anleihe diirften nicht ohne Interesse sein. Das Blatt sagt: „Die An- naherung zwischen Rupiand und Persien, die in den beiden An- leihen zum Ausdruck gekommen ist, welche das wirtschaftliche Leben West-Irans von der englischen Vormundschaft befreit

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haben, ist von unseren Diplomaten durch allmahliche und be- harrliche Arbeit erzielt worden, die sehr viel Zeit gekostet hat. In einem Lande, wo nicht erst seit gestern zwischen Rupiand und England ein Kampf nm die Vorherrschaft vor sich geht, ist der Boden fiir den russischen Unternehmungsgeist in Handel, Industrie und Eisenbahnwesen bereitet worden. Die Anleihe von 100 Millionen, welche China bald nach dem Vertrage von Schi- monoseki bei uns aufnahm, war der Vorbote der Griindung der Russischen Ostasiatischen Eisenbahngesellschaft, deren Tatigkeit die Pachtung von Port Arthur und Dalnyi am Stillen Ozean zur natiirlichen Folge hatte. Die beiden Anleihen, welche Persien binnen sehi* kurzer Zeit auf dem russischen Markte untergebracht hat, miissen die Griindung einer russischen Gesellschaft der per- sischen Eisenbahnen zur Folge haben; eine solche Gesellschaft wiirde bei uns mit dem Gefiihle lebhafter Freude begriipt werden. Bei den Beziehungen, die seit dem Besuche des Schahs in Peters- burg zwischen Rupiand und Persien zu stande gekommen sind, und bei dem. Vertrauen, das die Bevolkerung allem Russischen entgegenbringt, lapt sich nicht bezweifeln, daP uns der russische Eisenbahnbau in Persien einen freien Ausgang zum Indischen Ozean geben wird, ebenso wie der Eisenbahnbau in China uns die Moglichkeit gegeben hat, am Stillen Ozean festen FuP zu fassen. Dap die Magistrallinie vom Kaspischen Meere durch Per- sien bis Teheran und weiter bis Bender-Abbas unseren Handel mit Asien beleben wird, ist jedem klar, der es verfolgt hat, wie sich seit den 90 er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Dinge in diesem Erdteile entwickelt haben. Auf unsere Industrie, die bereits eine kurze Zeit des Stillstandes durchgemacht hat, wiirde die Belebung des Eisenbahnbaues in Persien gerade im jetzigen Augenblick eine auperordentlich wohltatige Wirkung ausiiben. Es ist notwendig, dap die russischen Bahnen in Persien noch friiher dem Verkehr iibergeben werden, als die Bagdadbahn aus ihrem ersten Ent- wickelungsstadium gelangt. Nur in diesem Falle verliert sie fiir uns ihren gefahrlichen Charakter. Ebenso gibt es auch gegen die Versuche, Persien in eine nordliche und siidliche EinfluP- sphare zu teilen, nur ein sicheres Mittel, die moglichst schleunige Herstellung einer Eisenbahnverbindung zwischen unseren trans- kaspischen und transkaukasischen Bahnen und den Haupthafen Persiens. Im westlichen Iran wird der englische EinfluP in dem Mape dem russischen Platz machen, in dem sich die russischen

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Kapitalien, das russische Wissen und die russische Arbeit dort einen weiten Spielraum verschaffen. Die auswartigen politischen Verhaltnisse haben sich in dieser Beziehung auPerst giinstig fiir uns gestaltet. Hier wie im ostlichen Teile des iranischen Hoch- plateaus, in Afghanistan, ist das britische Ansehen durch den ungliicklichen Krieg Englands im schwarzen Erdteil stark er- schiittert worden. Wichtig ist es, daP aus dieser Sache nicht andere Nutzen ziehen, dap jene Unternehmer, die auf dem Um- wege iiber Syrien und Kleinasien zum Persischen Golf streben, nicht friiher dorthin gelangen, als der russische Unternehmungs- geist sich aufrafft. Wir haben schon mehrfach darauf hin- gewiesen, daP in dem Kampfe um die Vorherrschaft in Asien, der schon seit einem Jahrhundert zwischen Rupiand und England gefiihrt wird, dem westlichen und ostlichen Iran eine Haupt- rolle bestimmt ist. Die Erkenntnis dieser geschichtlichen Wahr- heit kann man aus der ganzen asiatischen Politik Rupiands schopfen, wenn man die Mitte der 80 er Jahre des vorigen Jahr- hunderts zum Ausgangspunkt nimmt. Die neue persische An- leihe in Rupiand ist eine der natiirlichen Auperungen dieser Politik, welche die russischen Kapitalien zu schopferischer und energischer Arbeit im Lande des Schahs aufruft ..."

Von ganz auperordentlicher Wichtigkeit ist in dieser Be- ziehung das russisch-persische Zollabkommen vom 8. November 1901, das, wie die „russische Telegraphen-Agentur" aus sicherer Quelle erfahrt, jetzt unterzeichnet wurde. Die Grundsatze sind folgende:

1. Waren, die von russischen Untertanen nach Persien ein- gefiihrt und aus Persien ausgefiihrt werden, sowie persische Er- zeugnisse, die von Persien iiber das Kaspische Meer oder die Landesgrenze beider Staaten nach Rupiand eingefiihrt werden, ferner russische Waren, die von Persien auf demselben Wege aus Rupiand ausgefiihrt werden, unterliegen fortan einer Zoll- gebiihr gemap dem beigefiigten Tarif.

2. Aus Rupiand ausgefiihrte Waren unterliegen der Zollgebiihr ein fill' allemal bei der Einfuhr in Persien und unterliegen weiter- hin keiner anderen Zollgebiihr oder anderen Steuern mit Aus- nahme der besonders bezeichneten. Persische Erzeugnisse unter- liegen bei der Einfuhr in Rupiand den Zollgebiihren und keinen anderen Ausfuhrgebiihren oder Steuern bei ihrer Ausfuhr aus

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Persien mit Ausnahme der im Abkommen der Deklaration be- zeichneten. Alle in dem Tarif nicht genannten persischen Waren und Erzeugnisse unterliegen in Rutland einem Einfuhrzoll nach den Tarifen, die bei Herkiinften aus meistbegiinstigten Landern an- gewandt werden. Eine Ausnahme hiervon bilden die bereits fest- gesetzten oder noch festzusetzenden Tarife fiir die Ausfuhr aus China und anderen asiatischen Nachbarlandern.

3. Der bisher in Persien erhobene Ausfuhrzoll von 5 Prozent wird vollig abgeschafft, mit Ausnahme der im Tarif aufgefiihr- ten Ausfuhrzolle. Russische und persische Waren konnen nun- mehr frei aus einem in den anderen Staat ausgefiihrt werden mit Beobachtung natiirlich der Einschrankungen, die bereits fest- gesetzt oder noch festzusetzen sind.

4. Die persische Regierung iibernimmt die Verpflichtung, alle Wegesteuern aufzuheben und nicht andere Wege- und Schlag- baumsteuern zuzulassen, mit Ausnahme der Steuern auf kiinst- lich hergestellten FahrstraPen, fiir welche eine Konzession be- reits gegeben ist oder gegeben wird. Die Steuern sollen aber nicht hoher sein als die fiir die Strapen von Rescht nach Teheran erhobenen Steuern. Die Verpachtung der Zollerhebung in Per- sien wird abgeschafft und durch die Errichtung von Regierungs- zoUamtern an den Grenzen ersetzt. Die persische Regierung er- greift MaPregeln zur Sicherheit der in den Zollamtern lagernden Waren und iibernimmt die Biirgschaft fiir sie. Die Regierung verpflichtet sich ferner, bei gewissen Zollamtern geniigende Warenhauser zu bauen. Die Einzelheiten werden vor Inkraft- treten dieses Abkommens in einem allgemeinen Reglement nieder- gelegt, das von den Zollamtern mit russischen Vertretern in Teheran ausgearbeitet wird. Persische Untertanen unterstehen bei der Einfuhr von Waren in Rupiand oder bei der Ausfuhr aus Rupland den jetzigen und kiinftigen russischen Gesetzen, wobei sie den Vorzug der meistbegiinstigten Lander geniepen."

Dap dies Zollabkommen in allererster Linie gegen England gerichtet ist, liegt auf der Hand. Sein Handel, der nach einer An- gabe des „Comite de Tasie francaise. Bulletin mensuel, Novembre 1901" nur 24 Prozent des Gesamthandels in Persien gegen 56 Pro- zent des russischen Handels ausmacht, wird durch dieses Ab- kommen sehr geschadigt. Da ferner die Zinsen der seitens RuP- lands Persien gewahrten Anleihen durch die Einnahme aus den Zollen sicher gestellt werden, so mupte ersteres darauf bedacht

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sein, dap eine gesetzliche Regelung derselben erfolgte, damit sie auch wirklich den notigen Ertrag brachten. Dazu tragt noch wesentlich das Verbot der Verpachtung der Zollamter bei. Wichtig sind die Aufhebung der Binnenzolle und der Strapen- gebiihren, welch letztere nur fiir kiinstlich angelegte Wege zu erheben sind, wodurch sich Rupiand fiir die seinerseits aus- gefiihrten und auszufiihrenden Bauten schadlos halt. Von der Selbstandigkeit Persiens ist wieder ein groper Teil verloren ge- gangen, wahrend die Machtsphare Ruplands gewachsen ist.

Auch die russischen Unternehmer, Kaufleute, Kapitalisten rasten nicht, um sich den Markt Persiens mehr zu erschliepen. So haben mehrere grope Fabrikanten von Manufakturwaren und grope Handelshauser eine gemeinsame Agentur in Teheran er- offnet, um russische Waren zu verkaufen und persische zu kaufen. Veranlapt wurde diese Agentur durch den Umstand, dap alle moglichen Kommissionare und Handelsreisende die Vermittelung zwischen den russischen und persischen Kaufleuten nur wenig gewissenhaft betrieben, was besonders den persischen Kaufleuten nachteilig war, so daP die Gefahr drohte, dap den russischen Kaufleuten der Markt verloren ging.

Zur Erleichterung des Warenaustausches zwischen den russi- schen Markten und den persischen Hafen Lenkoran und Enseli ist eine direkte Verbindung von den Stationen des russischen Eisenbahnnetzes mittels der Schiffe der Schwarzemeer-Dampf- schiffgesellschaft hergestellt, welche die Giiter von oder nach Odessa, Nikolajew, Sewastopol, von oder nach Noworossiisk, Poti oder Batum schaffen, um sie dann weiter nach der Wladikawkas- oder Transkaspischen Eisenbahn bis Petrowsk und Baku oder zu- riick zu transportieren. Auf dem Kaspischen Meere wird die Verbindung mit Lenkoran und Enseli durch die ,,Ost-Warentrans- port-Gesellschaft" aufrecht erhalten.

Die „Gesellschaft der Kunde des Ostens" in Petersburg, die Zweiggesellschaften in Astrachan, Aschabad, Buchara, Reni, Taschkent, Tiflis und Eriwan hat, hat im Jahre 1901 eine Handels- schule in Teheran errichtet, die unter anderem bezweckt, die russische Sprache in Persien zu verbreiten. DaP die russische Sprache immer mehr in Persien an Boden gewinnt, geht femer daraus hervor, dap in den beiden in Tabris bestehenden moham-

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medanischen Schulen gleichzeitig mit der persischen auch die russische Sprache gelehrt wird. Es ist allerdings kein von dem Ministerium festgesetztes Programm fiir den russischen Sprach- unterricht vorhanden, well in Persien kein Knltusministerium be- steht. Die Griinder dieser Schulen haben aber eingesehen, da[3 die russische Sprache fiir den Verkehr notig ist und haben ihn infolgedessen in den Lehrplan aufgenommen. Dasselbe gilt auch von den armenischen Schulen nicht nur in Tabris, sondern auch in Choi, Sulmasan und Astrabad, wo auch russisch getrieben wird. Ebenso ist in den Schulen der amerikanischen protestan- tischen Missionen und der katholischen Schule in Tabris die russische Sprache ein Lehrgegenstand.

Es liegt auf der Hand, dap die Verbreitung der russischen Sprache in Persien seine Beziehungen zu Rutland immer mehr befestigen wird. Noch mehr tragt aber dazu die Annahme des orthodoxen Glaubens bei.

So berichtet das russische Blatt ,,Kawkas" iiber die erfreu- liche Sachlage in der Provinz Urmia, wo die russische Trans- portgesellschaften ,,Nadeshda" eine Agentur errichtet hat. In kurzer Zeit wird hier auch ein russisches Vizekonsulat eingesetzt werden, was nicht nur allein durch wirtschaftliche Interessen veranlapt ist.

Vor einigen Jahren sprachen namlich viele Einwohner von Urmia den Wunsch aus, zur orthodoxen Kirche iiberzutreten, zu welchem Zwecke sie ihre Delegierten nach Petersburg sandten. Die russische Regierung genehmigte ihre Bitte und schickte nach Urmia einen Geistlichen, um sie in die orthodoxe Kirche aufzu- nehmen In kurzer Zeit bildete sich eine grope Gemeinde von orthodoxen Christen, die jetzt zu 1500 Seelen angewachsen ist, so dap es die russische Regierung fiir notig hielt, eine standige geistliche Mission in Urmia zu errichten, an deren Spitze jetzt der Archimandrit Kirill getreten ist. Diese Mission traf aber oft auf Schwierigkeiten, um ihre Aufgabe mit Erfolg zu losen, und mupte deshalb zur Unterstiitzung des Konsuls in Tabris ihre Zu- flucht nehmen. Die Errichtung eines Vizekonsulates in Urmia wird die Aufgabe der Mission erleichtern.

Dap der Schah Musaffer-Eddin personlich Rupiand sehr ge- neigt ist, beweist der Umstand, daP er unlangst den Gouverneur von Teheran, Prinzen Ein ed Daulen, der vollstandig unter eng-

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lichem Einflup steht, und eine Staatsumwalzung unter seiner Fiihrung und anderen englischfreundlichen Mannern zu befiirchten war, seines Postens entsetzt hat und gleichzeitig ihn zum Statt- halter einer Provinz ernannte. Der Prinz erbat sich die Ver- waltung der persischen Provinz Arabistan, die zu dem von Eng- land beanspruchten EinfluPgebiet gehort. Obgleich der bisherige Generalgouverneur von Arabistan, Prinz Tath Salar ed Dauleh. mit dem Schah nahe verwandt ist und dieser sich auf seine Treue verlassen kann, ist es der englischen Diplomatie dennoch gelungen, seine Abberufung zu erwirken und ihn durch den Prin- zen Ein ersetzen zu lassen. Auch sollen jetzt in Teheran Un- ruhen entstanden sein, die zur Verhaftung von vielen Geistlichen gefiihrt haben. Ferner sollen andere einer starken Hinneigung zu England verdachtige Beamten laut eines Erlasses des Schahs aus Teheran entfernt und in die Provinzen versetzt werden.

Die einzige brauchbare Truppe des Schahs, die Kasaken- Brigade, ist von russischen Offizieren gebildet und geschult wor- den und untersteht dem russischen General Kosakowski, der nicht vom persischen Kriegsminister abhangt, wie die friiheren aus- landischen Instruktoren, sondern seine Weisungen aus Peters- burg erhalt. Da der Schah sich nur auf diese Regimenter stiitzen kann, wenn er innere Unruhen bekampfen muP, so ist die Be- deutung, vi^elche General Kosakowski in Teheran hat, leicht zu verstehen.

Bemerkt mag noch werden, daP zur weiteren Starkung des russischen Einflusses in Nordpersien als Beilage zur „Sakas- piiskoje Obosrienije" mit Beginn des Jahres 1903 in Aschabad eine Zeitschrift in persischer Sprache erscheinen soil. Ihre Auf- gabe ist, die Entwickelung der Handelsbeziehungen zwischen RuP- land und Persien und die Annaherung beider Lander als Grenz- nachbarn gegen den Einflup Englands zu sichem.

Die groPen und wichtigen Erfolge, die Rupiand in seinen Beziehungen zu Persien in den letzten Jahren erreicht hat, ver- dankt es dem weiten Blick seiner zielbewupten Politik, die ja in alien asiatischen Fragen, sowohl im f ernen Osten wie in Mittel- asien, so auch in Persien klar zu Tage tritt. Trotz des Wider- standes Englands wird es sein Ziel erreichen, nicht nur iiber Nordpersien, sondern auch iiber Siidpersien seine Machtsphare

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auszudehnen, besonders wenn die Eisenbahnplane erst verwirk- licht sind. Vorerst wird allerdings der Persische Golf noch unter dem Einflup Englands bleiben. Wenn aber Rnpland das Hinterland in politischer und wirtschaftlicher Beziehung unter seinen zwingen- den Einflup gebracht hat, so wird es sich auch den Ausgang zum „Warmen Meere", zum Indischen Ozean, erschliePen. RuP- lands lang gehegter Wunsch, das Endziel seiner unentwegten Bestrebungen, wird erreicht sein. Wie England das Vorgehen Rupiands in Mittelasien bis zur afghanischen Grenze nicht hat hin- dern konnen, so wird es auch in Persien dem machtigen Reiche der Zaren kaum Widerstand leisten konnen.

Auhang'.

1 Toman = 10 Frank.

1 Kran = 1 Frank.

5 Schahstiicke = 25 Centimes.

1 Pud = 16,38 Kgr.

1 Werst = 1,067 Km.

Verlag von Zuckscli^verdt & Co. in Leipzig

Russland in Asien

Band I

Transkaspien und seine Eisenbahn

Nach Akten des Erbauers Generalleutnants M. Annenkow

bearbeitet von

Dr. O. Heyfelder

Staatsrat in St. Petersburg, ehemals Chefarzt der Skobelew-Achal-Teke- Expedition.

Zv^eite, unverMnderte Auf lage.

Mit vielen Karten, Planen, Holzschnitten und Vollbildern. Preis 4 Mark.

Inhalt: Literatur. Vorwort. I. Topographie von Transkaspien. 11. Voi-geschichte des trans- kaspischen Eisenbahnbaues: a) Militarische Vorgescliichte. 6) Diplomatische Vorgesctiichte. c) Das Eisenbahnwesen in Russland. III. Stimmen der Presse tiber die kaspische Eisenbahn. rv. Stimmen des Auslandes iiber den Bahnbau ; Der Bau der strategischen Bahn in Transkaspien. V. Die Geschichte des Bahnbaues. VI. Die Griindung des Hafens in Usun-Ada. VII. Der Weiterbau der Balin: A) Allgemeine Besprechung der Bahn. B) Die Organisation des Dienstes. C) Die AibeitseinteUung. D) Ueberwindung aussergewohnlicher Hindernisse: a) Der Flugsand. 6) Die Wasserversorgung. c) Die Versorgung mit Heiz- und Leuchtmaterial. E) Die Ausrtistung der Eisenbahn. F) Das roUende Material. G) Wohlfeilheit der Bahn. R) Das Klima und die Gesundheitsverhaltnisse. Biographie des Erbauers der Kaspibahn.

Band II

Russland in Mittel-Asien

Von

Uit 9 Autotypien. Krahinei* P'^^^ * Mark 50 Pfg.

Konigl. Preuss. Generalmajor z. D.

Inhalt: I. Das Vordringen Russlands in Mittel-Asien. XL Topographische Uebersicht tiber das russische Turkestan. III. Die Bevolkerung. IV. Ackerbau, Viehzucht, Fischfang. V. Mineral- reichthum, Industrie, Handel. ■^^. Die Beziehungen Russlands und Englands in Mittelasien.

Baud III

Sibirien und die grosse Sibirische Eisenbahn

Von

Kraliiuei*

Konigl. Preuss. Generalnia.ior z. D. Zwelte vollstMndlg verbcsserte und umgearbeltete Auflage.

Mit zwei kolorierten Karten. Preis 7 Mark.

Inhalt: I. Aus der Geschichte der Erworbung Sibiriens durch Russland. II. Charakteristik Sibiriens in topogiajjliischer, geologisdur und klimatischer Beziehung, sowie in Bezug auf die Flora und Fauna. III. Die Bevolkerung und die Besiedelung Sibiriens. IV. Die haupt- sttchlichsten Erwerbszweige der Bevolkerung: Ackerbau, Viehzucht, Jagd, Fischfang, Aus- nutzung des Waldes. V. Die MineralreiclitUmer und ihre Verwertung. VI. Industrie, Handel und Verkehrswege. VII. Die gi-osse sibirische Eisenbahn mit ihren Zweigen.

Verlag von ZuckscliMrepdt & Co. in Leipzig

Band IV

Russland in Ost-Asien

(mit besonderer BerUcksiclitigung der Mandschurel)

You Mit einer Skizze. KrRlliner Preis G fAnrk.

K6nigl. Preuss. Generalmajor z. D.

Inhalt: I. Goschichtlicher Ueberblick. 11. Geographische Uebersicht der Mandschurel. III. Die Bevolkerung und die wichtigsten bewohnten Oi-te der Mandschurei. IV. Ackerbau, Viehzucht, Waldreichtum , Jagd, Mineralreichthum der Mandschurei. V. Industrie und Handel der Mandschurei. VI. Die Machtstellung Russlands in Ost-Asien uach seiner Festsetzung in der Mandschurei.

Band V

Das nordostliche Kiistengebiet

(der Ochotskische, GisMginskisclie, PetropaMrlowskische und Anadyr-Bezirk)

Mit 2 koloriert. Karten. ^^ , e^c:J Preis 8 Mark. "t:J^

Krabiuer

Konigl. Preuss. Generalmajor z. D.

Inhalt: VoiTvort. I. Geschichtliche Uebersicht. 11. Geographische Uebersicht: A) Von dem Flusse Uda bis zur Penshina. B) Die Halbinsel Kamtschatka. C) Der Anadyr-Bezirk. D) Das Klima. lU. Die Bevolkerung. IV. Verwaltung, Wegeverhaltnisse und Transportmittel. V. Fisch- t'ang, Jagd, Viehzucht, Ackerbau, Hausgewerbe. vl. Der Handel. Schlussbemerkungen.

Ueber obige bis Ende des Jahres 1901 erschienenen Bande I V liegen seitens der Presse die giinstigsten Besprechungen vor. Wir erlauben uns, in Nachstehendem einen Teil eines Aufsatzes des „Eigaer Tageblattes" zu veroffentlichen, welches unterm 19./20. April (2./3. Mai) 1902 folgendermassen schreibt:

„. . . Mit grosser Spannung und Aufmerksamkeit verfolgt Europa die Schritte Russ- lands im fernen Osten und im Sliden des asiatischen Festlandes, nach China wie nach Persian bin, und vor alien anderen ist es Deutschland, der getreue Freund und gate Nachbar, der mit besonderem Interesse auf Russlands Unternehmungen und Erfolge blickt, sind diese doch zugleich auch ftir ihn Erfolge." . . . Unter der deutschen Literatur, die dieses Thema behandelt, sind in erster Linie als das Beste in ihrer Art die von der Verlagsbuchhandlung von Zuck- schwerdt & Co. in Leipzig unter dem Titel: ,,Rassland in Asien" herausgegebenen Schriften zu nennen, von denen bis jetzt fiinf Bande vorliegen. Den ersten Band der Serie bildet die Schrift Heyfelders: „Transkaspien und seine Eisenbahn", nach den Akten des Erbauers Generalleutnants M. Annenkow. In diesem Werke erhalten wir zum ersten Male von einem griindlichen Kenner des Gebietes, der alle Ereignisse miterlebt hat, auf Grund offiziellen Materials authentische Mitteilungen tiber Transkaspien und die Transkaspische Eisenbahn. Letztere bildet den Schwerpunkt der Schrift, denn Heyfelder hat die Entstehung der Bahn vom ersten Anfange an zu beobachten Gelegenheit gehabt, wie den gewaltigen Um- schwung, den sie in den dortigen Verhaltnissen hervorgebracht hat. Durch Heyfelder wird uns die Bedeutung des Unternehmens erst klar, dessen vollen Wert erst die kommenden Ge- schlechter ganz erkennen und preisen werden.

Einen mehr akademischen Standpunkt als die Schrift Heyfelders nimmt die Arbeit des konigl. preuss. Geueralmajors z. D. Krahmer ein: „Russland in Mittelasien". Mit 9 Auto- typien, den zweiten Band der ganzen Reihe: „Russland in Asien" bildend. Krahmer berichtet nicht aus eigener Anschauung, seine Darstellung beruht vorzugsweise auf russischen Quellen. Ein griindlicher Kenner der russischen Literatur iiber Asien, ist sein Blick ein weiterer und umfassenderer als der Heyfelders. Er hat das russische Asien schou seit einer langen Reihe von Jahren zum Vorwurfe seiner Spezialstudien gemacht, so dass er als Autoritat auf diesem Gebiete angesehen werden kann. Sein Urteil, auf reichen Kenntnissen eines zu-

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vftrlassigen Materials beruhend, ist durchaus objektiv, wozu nur die grosste Vertrautheit mit dem Stoffe und dessen unumschrarikte Bebierrschung befahigen.

Von einer weiteren Schinft des konigl. preuss. Generalmajors z. D. Krahmer: „Sibirien und die grosse Siblrische Eisenbahn", das den drltten Band des Werkes nRusslandinAsien" bildet, ist bereits eine zweite verbesserte und vollstandig umgearbeitete Auflage erschienen. Wie noch zu keiner Zeit ist dasInteresseEuropasund zunachstDeutschlands heute auf Sibirien gelenktworden. Veranlassung dazt hat das grossartige Unternehmen, die Transsibirische Eisenbahn, gegeben. Sie ist aber nur das ausserliche Motiv , ein schwerwiegender Kern erhebt sie zu einem Er- eignis von emrnenter Bedeutung, das in kultureller, industrieller, kommerzieller und strate- gischer Beziehung fur Russland obenan steht und zwei Erdteile in seinen Wirkungskreis zieht. Krahmer ist es zu danken, in Deuischland zuerst die Aufmerksamkeit auf das Riesenwerk gelenkt, die grosse Kulturarbeit Russiands In Sibirien beleuchtet und sie nach ilirem Werte fiir das Wirlschafts- leben wie der Ziviiisation gewiirdigt zu haben. Die russische Sprache beherrschend, hat er aus den ersten und besten Quellen schopfen konnen, deren umfassendes Material er in deutscher Beurteilung wiedergiebt, die zu beachten auch fiir Russland nicht belanglos ist. Wenn der Titel des Buches von einer zweiten Auflage spricht, so ist das Werk doch ein ganz neues geworden, nachdem die Bahn, mit Ausnahnie der kurzen Unterbrechung durch den BaLkalsee, fertig gestellt worden ist und nun bereits wichtige Erfahrungen und ein reiches Material an Tatsachen vorliegen, die von Krahmer fleissig benutzt worden sind. Da die Bahn nur Mittel zum Zweck ist, so ist fiir Krahmer auch das Ziel, das mit ihr verfolgt wird, die Hauptsache, so dass er sich mit einer blossen Schilderung des Schienenstranges nicht begniigen kann und seine Betrach- tungen, wie sie in die Vergangenheit Sibiriens zuruckgehen, so auch iiber das ganze Land schweifen lasst. . . . Krahmers Buch ersetzt eine ganze Bibliothek iiber den Gegenstand und vermittelt dem deutschen Leser dessen Verstandnis. . . . Die Bedeutung dieser Bahn fasst Krahmer in die Worte zusammen: „Sie wird durch die Verbindung des Westens mit dem Osten die Kultur, die Industrie, den Handel Sibiriens heben, zum wirtschaftUchen Emporbliihen Russiands durch die SchafEung neuer Markte in den asiatischen Reichtn beitragen, Russiands Macht im fernen Osten starken und befestigen und den Handel der westeuropaischen Staaten mehr oder weniger in neue Bahnen leiten", wobei Deutschland vor alien anderen interessiert ist und mit Russland Hand in Hand gehen soUte. . . . Zur Erlangung der Fiihrerschaft tlber die mongo- loiden Volker ist die sibirische Bahn ein wertvolles politisches Werkzeug von grosser mili- tarisch-stiategischer Bedeutung, durch das Russland das Uebergewicht iiber alle anderen im Osten interessierten Machte erhalt. Aber die Linie Tscheljabinsk-Wladiwostok geniigt noch nicht, um die Stellung Russiands vor alien Zwischenfailen zu sichern; es bedarf dazu noch, dass die chinesische Ost-Eisenbahn einen integrierenden Teil der Gi'ossen Sibirischen Eisen- bahn bildet und dass Russland festen Fuss in der Mandschurei fasst. Dieses Thema behandelt nun Krahmer in einem weiteren Bande, dem vlerten Bande der Serie Russland in Asien" „Russland in Ost-Asien mit besonderer Berijcksichtigung der Mandschurei". Durch seine zielbewusste, Schritt fiir Schritt vorgehende, meisterhafte Politik hat es Russland verstanden, die Verhalt- nisse auszunutzen und eine Machtstellung im fernen Osten zu erringen, die auch in wirt- schaftlicher Beziehung nicht nur dem Mutterlande, sondern auch den neugewonnenen Gebieten die reich an Naturprodukten und entwickelungsfahig sind, zu gute kommen wird. Was in dieser Beziehung die Mandschurei Russland bieten kann, an Naturprodukten, wie durch Industrie und Handel, wild von Krahmer gleichfalls erortert. . . . Seine wertvollen Arbeiten uber Russ- land in Asien" beschliesst Krahmer mit einem jiingst erschienenen fUnften Bande: „Das nordbstliche Kijstengeblet. Der Ochotskische, Gishiginskische, Petropawlowskische und Anadyr-Bezirk". Wenn auch diese Arbeit mehr einen wissenschaftlichen Wert, denn eine praktische Bedeutung hat, so ist sie doch sehr verdienstvoU und willkommen, da dadurch die Kenntnis dieses Ge- bietes, und namentlich die neuesten Forschungen Uber dieses dem deutschen Leser vermittelt werden. . . . Der interessante Stoff des Buches ist wie in den fitlher erwahnten Banden ge- gliedert. Nach einer geschichtlichen Uebersicht erhalten wir eine Schilderung der geo- graphischen Verhaltnisae, worauf die hier in Betracht kommenden Volkerschaften, Tungusen, Korjaken, Kamtschadalen, Jakuten und Tschuktschen, behandelt werden.

Von militilrischen Zeitschriften schreibt das Militar-Wochenblatt No. 12 vom Jahrgang 1900 iiber die zweite vollstandig umgearbeitete und verbesserte Auflage des dritten Bandes:

Krahmers Arbeit ist ein Quellenwerk, das mit seinem reichen Material fiir die mili- tarische Beurteilung der russischcn Machtstellung in Asien und im Besonderen der gegen- wartigen Vorgange in China ebenso unentbehrlich, wie fiir den Politiker, den in Sibirien und Ostasien interessierten Kaufmann und den Gcographen.

Uber Band IV berichtet dieselbe Zeitschrift in No. 9 vom Jahrg. 1900:

Krahmers Arbeit ist nicht nur besonders zeitgcmass und auch fiir die weitesten Kreise intercssant, sondern mit Rlichsicht auf das reiche und tibersichtlich zusammengestellte Material von bleibcndem Werte.

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