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QUELLEN UND FORSCHUNGEN

ZUR

ÖSTEREEICHS

UND SEINER KRONLÄNDER.

DURCH DIE LEO-GESELLSCHAFT

HERAUSGEGEBEN VON

Dh J.HIRN u Du J.E.WACKERNELL

O. Ö. PROFESSOREN AN DER I'NIVERSITÄT INNSMRl'CK.

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DIE DEÜTSOHE SPRACHINSP]L G0TT8CHEE.

GRAZ.

l. K. UNIYERSITÄTS-BUCHDRÜCKEREI UND VERLAGS-BUCHHANDLUNG .STYRIA'.

1895.

GESCHICHTE UND MUNDART, LEHENSVERHÄLTNISSE, SITTEN UND GEBRÄUCHE,

SAGEN, MÄRCHEN UND LIEDER.

VON

ÜK ADOLF HAÜFFEK

DOCENTEN AN DER DEUTSCHEN UNIVERSITÄT PRAG.

MIT VIER ABBILDUNGEN UND EINER SPRACHKARTE.

GRAZ.

K. K. UNIVERSITÄTS-BÜCHDRÜCKEREI UND VERLAGS-BUCHHANDLUNG ,STYRIA'.

1895.

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SEINER DURCHLAUCHT

DEM

FÜRSTEN KARL AI ER8PEKG

HERZOG VON (lOTTSCHEE,

GEFÜRSTETEN GRAFEN VON WELS,

OBERSTEKBLANDKÄMMERER UND OBERSTERBLANDMARSCHALL

IN KRAIN UND DER WINDISCHEN MARK, K. U. K. KÄMMERER UND

ÖBERLIEUTENANT DES NICH 1' ACTIVEN STANDES IM

LANDWEHR-DRAGONER-REGIMEN'I'E NR. 1

u. s. w.

EHEFURCHTSVOLL

G-EWIDMET.

VORWORT.

Am 27. September 1893 feierten Stadt und Land Gottschee in jubelnder Stimmung ein Fest von weittragen- der Bedeutung: die Eröffnung der Bahnstrecke, Ein wich- tiger Einschnitt in der Greschichte der SiDrachinsel; denn nun ist die Zeit ihrer Abgeschlossenheit vorüber, nun wird sie in den allgemeinen Weltverkehr mit einbezogen, der neben reichlichem Segen wohl auch manche Gefahr in sich birgt. Die Gottscheer, die sich über ein halbes Jahrtausend unter schwierigen Verhältnissen Sprache und Sitte der Väter bewahrt haben, werden jetzt stärker denn je fremden Ein- flüssen ausgesetzt. In diesem Zeitpunkte erscheint es darum wohl geboten, in verweilender Rückschau die Vergangen- heit zu prüfen, alle AuBerungen des Volkscharakters und der Volkspoesie, die Sitten und Lebensverhältnisse zu sammeln luid darzustellen. Ne pereant! Möge das heran- wachsende Geschlecht auch aus dem Anblicke ihres alten volksthümhchen Gutes die Kraft schöpfen, das von den Vätern überkommene deutsche Erbe dauernd zu erhalten.

Eine zweite wichtige Veränderung in den wirtschaft- lichen Verhältnissen der Sprachinsel verursacht das all- mähliche Versiegen des Hausierhandels, der auch jetzt durch neue Gesetze noch stärker eingeschränkt werden soll. Vielen einzelnen und der Gesammtheit bringt diese Ver- änderung Schaden und sie wird darum vielfach beklagt. Doch auch aus dem Aufhören des Hausierhandels, dem die heutige Zeitrichtung aus guten Gründen abgeneigt ist, erwächst dem Ländchen mannigfacher Vortheil, Die Gott- scheer werden sich jetzt bemüssigt sehen, der heimatlichen

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Erdscholle, der treuesten Ernährerin, liebevollere Aufmerk- samkeit und anstrengendere Arbeit zu widmen; sie werden sich mehr und mehr dem Gewerbe und auch dem Studium zuwenden, um sich für den Kampf um ihre Erhaltung auch geistige Waffen zu schmieden. So wird aus dem schein- baren Unheil immer greifbarer der Segen zu Tage treten und wir können darum der Zukunft der aufstrebenden Sprachinsel mit Zuversicht entgegensehen.

Für ein Buch, das nicht am Schreibtisch allein fertig- gestellt werden kann, das vielmehr aus dem lebenden Schatze der Volkspoesie schöpft, bedarf es zahlreicher freundlicher Helfer, die dem zu schildernden Volksstamme selbst an- gehören. Auch mir fehlten sie nicht und ich muss hier mit aufrichtigem Danke vor allem der Herren Josef Perz. Lehrer in Lichtenbach, und Hans Tscliinkel, derzeit stud. phil. in Prag, gedenken. Perz hat etwa die Hälfte der unten mitgetheilten Lieder und die meisten Melodien nach dem Volksmunde für mich aufgezeichnet und auch für das siebente Capitel reichlich beigesteuert. Tscliinkel hat nebst einigen Liedern die Lücken meiner eigenen An- schauungen und Kenntnisse für das 5. und 6. Capitel er- gänzt. Bei der Schreibung der Gottscheer Texte war er mir durch seine innige Vertrautheit mit der Mundart ein unentbehrlicher Mitarbeiter. Mehrere Lieder wurden mir durch die Herren Max To mit seh, jetzt Oberlehrer in Lichtenwald (Steiermark), und Matthias P e t s c h a u e r, Lehrer in Göttenitz, mitgetheilt. Ich selbst habe die Mehrzahl der hier veröffentlicht« -n Lieder in Gottschee singen ge- hört; doch nur dann Lied und Melodie selbst aufgezeichnet, wenn mir die Vermittlung durch heimische Kräfte nicht möglich war. Die Namen der Aufzeichner sind bei jedem Liede vermerkt.

Bei meinem dreimaligen Aufenthalte in Gottschee wurde ich durch die liebenswürdigsten Auskünfte seitens privater und amtlicher Personen, insbesondere des Herrn k. k. Bezirkshauptmannes Br. Ludwig Thomann Edlen von

IX

Montalmar, fies Herrn Pfarrers Anton Kr einer auK Ebenthal, und der Herren Gj^mnasial-Professoren erfreut. Durch den freundlichen Zufall, dass mein Bruder Josef Hauffen seit zwei Jahren als k. k. Bezirksrichter in Gott- schee weilt, hat meine Arbeit auch vielseitige Förderung erfahren.

Die älteren Aufsätze und Schriften über Gottschee habe ich sorgsam benützt. Vor allem kamen mir für das 2. Capitel die unten näher bezeichneten trefflichen histo- rischen Arbeiten der Herren Professor Josef ObergföU und Gynmasial-Director Peter AVolse gg er sehr zu statten. Für das 1. und 4. Capitel habe ich amtliche Berichte und die zahlreichen Aufsätze, Notizen und statistischen Zu- sammenstellungen in den „Gottscheer Mittheilungen", dem .,Deutschen Kalender für Krain" u. a. eingesehen. Viele dieser Aufsätze rühren von den Herren Landes - Schulinspector Wilhelm L i n h a r t und Landtags-Abgeordneter Robert Braune, die meisten von Professor Obergföll her, der ein geborener Oberösterreicher seit zwanzig Jahren in seiner neuen Heimat Gottschee als Lehrer und Schrift- steller mit reichem, tief greifendem Erfolge wirkt.

In diesem Jahre wurden von zwei Seiten Schriften über Gottschee vorbereitet, doch mit freundlicher Eücksicht- nahme auf mein Buch nicht veröffentlicht.

Die bisher umfangreichste Arbeit über unseren Gegen- stand, das „Wörterbuch der Mundart von Gottschee" von Karl Julius Schröer (in den Wiener Sitzungsberichten 1868 und 1870) hat mir gute Dienste geleistet. Ich verweise hier ein für allemal darauf, weil ich eine Wiederholung der von Dim beigebrachten Worterklärungen vermeide. Die von Schröer, sowie die von Elze mitgetheilten Lieder aber habe ich der Vollständigkeit wegen (übrigens rat^ist mit neuen Varianten) aufgenommen, zumal sie nur einen kleinen Theil meiner Sammlung ausmachen. Eine neue Darstellung der Mundart versuche ich im 3. Capitel unabhängig von ihm. Eine Sprachkarte von Gottsched hat Fi'eiherr von C zornig in der Zeitschrift des deutschen Alpenvereines

X

1876 veröffentlicht. Weil sie Unrichtigkeiten enthält, habe ich am Schkisse des Bandes eine neue beigegeben. Die Zeichnungen im Texte hat nach meinen Skizzen Herr Dr. Georg Gindely freundlichst angefertigt. Zu herzlichem Danke hat mich der Mitherausgeber dieser Sammlung, Herr Prof. Dr. Wa c k e r n e 1 1, durch seine fruchtbaren Kathschläge während der Drucklegung verpflichtet.

Ursprünglich hatte ich nur eine Ausgabe von Gott- scheer Volksliedern geplant; nach und nach aber, als mir immer mehr Stoff zukam, entschloss ich mich zu einer abgerundeten Schilderung der Sprachinsel. Doch stehen noch jetzt die Volkslieder und die Abhandlungen darüber im Mittelpunkt meiner Darstellung und nehmen den breitesten Raum ein. Ich habe für das 8. Oapitel und die Anmerkungen nicht zwecklos Parallelen aus nah und fern gesammelt : ich musste eben alle deutschen Volksliedersammlungen und, soweit sie mir zugänglich waren, auch die südslawischen heranziehen, um für jedes Gottscheer Lied das woher und wann der Abstammung zu untersuchen und womöglich fest- zustellen. Ferner musste icli in den Anmerkungen die Schwierigkeiten einzelne!- Lieder, die ohneweiters kaum verständlich wären, erläutern. Unwillkürlich richtete ich an mehreren Stellen von den Gottscheern weg meine Blicke auf das deutsche Volkslied überhaupt und konnte der Verlockung nicht widerstehen, in gelegentlichen Excursen und Unter- suchungen einzelne Gebiete der deiitschen Volkslyrik und der Stoffgeschichte im allgemeinen zu behandeln.

Ich zweifle nicht daran, dass der Fischzug reicher geworden wäre, wenn ich meine Netze noch tiefer gesenkt und weiter gezogen hätte. Doch wer vermag die Volksseele ganz auszuschöpfen und zu sagen: Jetzt bin ich fertig? Was an volksthündichen Übeilieferungen in Gottschee etwa noch vorhanden sein mag, das wird, so hoffe ich, gerade durch meine Sanmilung gelockt aus der Verborgenheit treten; denn nach dem A^olksglauben rücken vergrabene Schätze nur allmählich an das Tageslicht. Hoffentlich bietet sich mir einmal die Gelegenheit, auch die Nachzügler zu

XI

verwerten, [nzwisclien Hetze ich (lie volkskundlichen Ar- beiten, die ich auf dem kleinen Gottscheer G-ebiete lieb- gewonnen habe, auf dem größeren Gebiete von Deutsch- Böhmen (im Auftrage der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen) fort.

Dass ich mich bemüht habe, in meiner Schilderung der Sprachinsel (die in unseren Tagen der nationalen Kämpfe auch zu einem politischen Streitgebiet geworden ist) vor- urtheilsfrei und sachlich vorzugehen, brauche ich jenen nicht zu versichern, die mit den Aufgaben und Pflichten des ernsten wissenschaftlichen Betriebes vertraut sind. Doch verschweige ich nicht das persönliche Bekenntnis, dass ich mit innerem Antheil an meinem Gegenstande die Arbeit begonnen und vollendet habe. Möge von meiner warmen und freudigen Arbeitsstimmung ein Fünkchen auf die Leser übergehen, damit es meinen Mittheilungen eine freundliche und wohlwollende Aufnahme erwecke!

Prag, November 1894.

A. H.

INHALT.

Seite N'orwort VIT

1. La,2;e und B e s rli ;i ft'eiih ei t der Sp ra cliins ol .... 1

11. Über die Herkunft der CTütt.seheer und die G e-

s 0 li i c ]i t e d e r S p r a c h i n s e 1 S

III. Die Gottsclieer Mundart 19

(Die Yocale der Stammsilben '2(). Der Xebensilben 22. Die Cousonanten 23. Flexionsformen und Wortbildung 25. Wortschatz 25. Erscheinungen, die vom BavTisch-öster- reichischen abweichen 20. Eintluss des Slowenischen 29.. l^nterabtheilungen der ^Mundart Hl. Ergebnisse P»3. i

I\'. Lebensverhältnisse, Erwerb squel 1 (mi und öf 1 cu t-

li eil e Zustände Ü;)

(ÄuiJere Erscheimmg 33. Sanitäre Verliältnisse 34. Cliarakter 34. Geistige Begabimg 35. Nahrung 35. Vielizuclit3G. Laud- wii'tschaft 36. Hausierhandel 38. Auswanderung nacli Amerika 40. Eorstwirtschaft 40. Die fürstlich Auerspergische HeiTschaft 40. Gewerbliclie Tliätigkeit 41. Eisenbahn 43. Schule 43. Behörden 44. A'erschiebung der Sprachgrenze 45. Vereinswesen 45. Heimatsliebc 45. Johann Stampf] 46.)

\. Traclit und Hausliau 4()

('Die alte Tracht der Männer 4(>, der Hirten 4!). der Frauen 50. Die Bauernjiäusei' im allgemeinen 52. Das Äußere des Hauses 55. Kiudie 56. Die große Stube 57. Keller, Stall, Dachboden, Getreidekasteu 5.S. Wirtscliafts- gebäude 5ij. Hof 59. Wirtshäuser 60. Dortanlage 60. Kirche 60. Friedhof 61. Dorfh'nde mit Tisch (!!. Tabor 62.)

VI. Sitten und Hiiiuche, Aberglaube \ind Mythen . . 62 (Bedeutung d^r Volksbräuche 62. Weihnachtsabend 64. Mette 65. Erforschung der Zukunft in der Weihnachtszeit 66. Tag der Unsclnddigeu Kinder 67. Silvester 67. .Tohannis- segen 68. Weiluia<'btslied 68. Neujahrstag ()9. Dreikönigs-

xni

Seite tag 7(1 Fascliiug 70. Ascliermittwocli 72. Palinsonntc'g TS. Chai-woclie 7B. Soiiiiweudteier 7-4. .lohaaiueslieder 75. Martin, Nikolaus, Kirchweihfeste 76, Erntebräuche77. Taut'bräuche77. Tautnamen78. Hochzeit 78. LeicheiifeierlichkeiteiiöB. Hexen- wahn SU. Wahltrauen. Riesen 92. Bilchniännchen 93. Teufel 98. Rechtshräuche 94.)

VU. Märchen, Sagen iin d Volkse. r z ählungen 90

(DerSiedelstt:'in97. Schlangenmärchen 98. Schlaugenstein 102. Schloss-Sage 103. Geschichtliche Sagen 106. Ortssagen 106. Legenden von Jesus mid Petrus 108. Schildbürgerschwänke 111. Eäthsel 128. Bauex-nregeln 129.)

Vm. Volkslieder 130

(Allgemeine Charakteristik 131. Alter 132. Verschiedene Gruppen von Liedern 134. Inhalt, Anschauungsweise, Art der alten Lieder 135. Negative Charakteristik 138. Local- colorit 139. Stil 141. Eingangsverse 142. Beiwöi-ter 146. Wiederholungen 148. Bilder 150. Motive und Eedewen- dimgen 151. Metrik 154. Kehrreim 156. Eeimlosigkeit 157. Melodien 158. Lieder aus dem Südslawischen 159. Jüngere Lieder 162. Vorirag der Lieder 164. Die Gottscheer Hj^mne 166.

Excurse 168

1. Die Vertretung von Niemals im Volksliede 168

2. Du bist mein, ich bin dein 175

3. Blumen auf Gräbern 178

Texte.

I. Geistliche Lieder und Legenden Nr. 1 43 185

Vorbemerkiuigen zu dem Text der Lieder 186

s,.ite 6. Die Voglern im Bosen-

1. Vom zerrissenen Stall . 187 garten 195

2. Jesus und Maria .... 188 7. Lied beim Hirsejäten . 196 2b. Jesus \md Maria . . . 189 8. Marienrirf 197

3. Maria unter dem Kreuze 189 9. Pilgerlieder 197

3a. Maria unter dem Kreuze 191 10. Marias Tod 198

4. Maria und Johannes . . 192 11. Maria vor dem Himmels-

5. Maria im Eosengai-teu . 193 thore 199

5a. Maria im Eosengarten . 194 12. Der kleine Maurer . . . 200

XIV

13. Maria \iutl <ler Müllfr .

14. Mai'iaund die vpvkrüppel- ten Kinder

1'). Die Gebellen

]0. Maria imd der stprhendf

Oberst

10a. Der Sclmeeberger . . .

17. Maria und der Bräutigam

18. St. Martin

18b. Martin

19. Vom heiligen Martin . .

■20. St. (!reg(n-

21. Herr Ambrosins .... '22. St. Leonliard

23. St. Paulus

24. Der heilige Stephan . .

25. Der Freier

26. Der große Sünder . . .

27. Regina U7id .Fesus . . .

Seite 201

28

28.

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40.

219

221

41.

222

42.

224

43.

Regine

.. üegine

Vom Türkenkriego. . . .

St. Barbara

Das schöiH' Töchterlein .

Katharina

Die .sündige Seeh- . .

Der Sonntag

Sonnenwende

Ein Sterbelied

Vom Sterben

Von den armen Seelen . Die abgeschiedene Seele

singt

Die Abgeschipdenen

singen

Der reiche Schultheiß . Die heiligen drei Könige Das Osteilifd

Seite 225 220 227 229 229 261 232 233 234 235 230 237

238

238 239 239 240

IL Balladen und Liebeslieder Nr. 44-101

44. Die Frau am Meere . ,

45. Die schöne Maria . . . 40. Von der schönenMeererin

47. Die Meererin

48. Vonder schönenMeererin

49. Von der schönenMeererin

50. Das schöne Mädchen . .

51. Von der schönenMeererin

52. Kathai-ina

53. Von zwei Königstöchtern

54. Der todte Bräutigam . .

55. Treue Liebe

55a. Treue Liebe

56. Der Bettler

57. Auf der zweiten Hochzt'it

58. Herr Alexi\is

59. Der junge Bub ....

00. Ein Schneiderliedchen .

01. Vor dem vSchlat'kämmer- lein

■leite

245

02. 03.

247

03a

249

04.

253

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255

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7L

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75.

70.

273

77.

Schön Gertrud

Jung Hänschen ....

Der einzige Sohn . . . Der schöne Hans . . . Hans und die Schhmge Von der Liebsten . . . Die zwei einzigen Söhne Die verkaiafte Müllerin . Vom jungen Töchterlein Der Ritter.sniann ....

Der Ricliter

. Vom ßittersmann . . .

Margarethe

. Das schöne Gretchen .

Ein Tanz

Von d. türkischen Kaiser Zekulo

Der Edelmannssohn . . Der kleine Krämer . . .

Rath Stephan

Von der Königstochter .

243

274 270

278 279 280 281 282 283 285 287 289 292 293 295 290 298 299 ;302 303 304 305

XV

Seite

78. Das Mädclien und der Edelsni.'iunssoliii .... 307

79. Die Kindesniöideiin . . 308

80. Die schöne Minna . . . 309 80a. Von der grünen J^indc 811

81. Die kohlschwarze Anisrl 3] 3

82. Ein Jägerhedfhen . . . 313 SB. O mein Schatzl .... 314 vS4— 87. Liehesliedohen . . . 315

88. Jungbrunnen 317

SO. Eeorutenhed 319

iK). Von dem grünen ^fajijran 3'20 91. Die zwei Lieben im

Krainerland 3-21

91a. Die zwei Liehen im

Krainerland 3'22

92. Wer wird dich trösten? 322

93. Die schwarze Amsel nnd

der bunte Specht . . . 323

94.

Der Kuckuck ....

324

95.

Der junge Hans . . .

325

95a

. JungHänschen . . .

. 328

96.

Vom Geigerlein . . .

328

97.

Der jnnge Priester .

. 329

98.

Die schöne Maiia . .

. 330

99.

Das wandernde Kind

. 332

100.

Söhnchen Marens . .

. 333

101.

Die Meieiin ....

. 333

m. Lieder zu Sitte und Brauch. Scherz- und Kinder- lieder Xr. 102-168 . . .' 335

Seito

102. Neujahrs wünsch ... 837

103. Sonnwendlied 337

104. Am Sonnwendahend . 338

105. Lied beim Kranzhinden 339

106. Abschied der Braut . . 340

107. Geigerlied beim Schmause 342

108. Bei Überreich img der Hochzeitsgeschenke . . 343

109. Hochzeitslied 344

110. Kurzes Hochzeitslied . 345

111. Der Werber 346

112. Vaters Töchterleiu . . 348

113. Die Werbung . . . . . 349

114. Agnes 350

115. Die zwei Gespielen . . 351

116. Ein Heiratsliedchen . . 352

117. Um die hl. Easchingszeit 358

118. Die Sch^viegertochter . 353

119. Schön Andres 354

120. Streit mit der Lieben . 357

121. Eür die .JüngHnge und Mädchen 359

122. Die Pfarrersköchin . . 360

123. Die schöne Maria . . . 361

124. Das schöne Gretchen . 362

125. Das nichtsnutze Weib . 364

126. Die brave Stiefmutter 365

127. Ich will alles haben . . 366

128. Mein Kittelchen . . . 367

129. Der Birnbaum .... 368

130. Vom Dienen 369

131. Die Bewirtung .... '571

132. Sehnsucht nach dem Liebchen 372

133. Vom bunten Schifilein 372

134. Necklied auf die Reif- nitzer 374

135. TrinkHed 374

136. Der Eebensaft .... 375

137. Wein imd Wasser . . 375

138. Die faule Gretel . . . 376

139. Wecklieder 377

140. Fuhi-manns-Liedchen 377

141. Drei Mädchen .... 378 142-168. Kinderlieder . . . 378

XVI

Seite Fi iläut eiiiugen und Auiuerkiiugen zu den eiuzelueu

Liedern, nebst gelegentlichen Untersuchun- gen zur .Stoffgeschichte 385

I. Geistliche Lieder und Legenden, Nr. 1 io 387

n. Balladen imd Liebeslieder. Nr. 44—101 403

in. Lieder zu Sitte \ind Brauch, Scherz- und Kinderlieder Nr. 102

bis 168 442

Berichtigungen und Nachträge 452

Verzeichnis der Litteratur über CTottschee 455

^'erzeichuis der für die Anmerkungen benützten volkskundlichen

Schnften 456

Sachregister 461

Si)i-achkarte 467

I.

Lage und Beschaffenheit der Sprachinsel.

Die deutsche Sprachinsel Gottschee steht unter der politischen Verwaltung des vorwiegend von Slowenen be- wolmten österreichischen Kronlandes Krain, in dessen süd- •"isthchem Theile sie gelegen ist. Von der Landeshau})tstadt Laibach gelangt man in einer etwa achtstündigen Wagen- oder dreistündigen Bahnfahrt nach Gottschee.

Die Straße führt zuerst am Rande des tiefgrünen Laibacher Moores an Torfstichen, Mais- und Buchweizen- feldern vorbei und steigt dann in steilen Windungen durch Laubwälder den Auersperg hinan. An der Lehne des Berges erblickt man das Schloss Auersperg, das Stammhaus des gleichnamigen uralten krainischen Geschlechtes. Im Jahre 1067 erbaut, wurde es wiederholt von feindlichen Nachbarn zerstört und in der heutigen Gestalt im Jahre 1570 von den Grundmauern aus neu aufgerichtet. Das Schloss, das sich jetzt im Besitze der gräflichen J^inie der Auersperge Vjefindet, erweckt mit seinen gewaltigen Mauern und Eck- thürmen den Eindruck unerschütterlicher, alterworbener Kraft. Von der Höhe, des Berges hat man einen herrlichen Ausblick über das weitausgedehnte, von breiten Wasser- gräben und pappelumsäumten DammstraJien durchzogene, von Gehöften und Fruchtfeldern oft unterbrochene Moor. .Jenseits der Ebene das „weiße", vielthürmige, um den Schlossberg gelagerte Laibach. In weitem Umkreise dunkle Hügelketten, im Hintergrunde die schneebedeckten Felsen der -lulischen Alpen und der Karawanken. Der neue Schienenstrang geht links um den Auersperg herum, docli bei Großlaschitz, dem höchsten Punkt des Weges (580 in),

Hirn n. ^^'!l (• 1: (■ r IL o 1 1 . (Quollen n. l"'iiiS(laiiijioii. 111. \

trift't er die alte Po8tstrai3e und von da ab laufen beide bis Gottschee fast immer, als gute Gefährten, knapp neben- einander. Erst geht es rasch abwärts in einen von Fichten- hochwald umschlossenen Thalgrund, der an der engsten Stelle den Namen „Hölle" führt. Rechts von der StraUe auf dem höchsten Gipfel erhebt sich Schloss Ortenegg. Es wurde von den Grafen von Ortenburg erbaut, die im drei- zehnten und vierzehnten Jahrhunderte das Land weit und breit bis über Gottschee hinaus beherrschten. Im fünfzehnten Jahrhundert kam es an die Grafen von Cilli. Von dem jetzigen Besitzer wird es leider dem Verfalle preisgegeben. Am Ausgange der Waldschlucht tritt die Stralie in ein welliges, steinreiches Gebiet ein, das bereits den auch Gottschee eigenthümlichen Karstcharakter an sich trägt. In der Mitte dieser weiten, von hohen Waldbergen um- schlossenen Ebene liegt Reifnitz. Aus der Häusergruppe dieses schönen Marktfleckens ragt neben der großen, zwei- thürmigen Kirche das massige epheuumrankte Schloss her- vor, das bis zum Jahre 12'27 im Besitze der Auersperge war, sj)äter vorübergehend den Ortenburger und Cillier Grafen und den Herzogen von Teck gehörte. Zur Zeit der Besiedlung Gottschees übte über dieses Gebiet der Schloss- herr von Reifnitz die weltliche, der Pfarrer die geistliche Gewalt aus. Die Reifnitzer zeichnen sich vor den übrigen Slowenen Krains durch eine absonderliche Mundart und durch die große Geschicklichkeit aus, mit der sie seit Jahrhunderten Siebreifen, Schaufeln, Rechen, Schneeschuhe und andere Holzwaren verfertigen. Ihre Nachbarn jedoch verspotten sie weidlich und erzählen von ihnen die altbekannten, überall verbreiteten Schildbürgergeschichten. Die Strai3e führt hinter Reifnitz noch an einigen freundlichen Ortschaften vorüber, an Ober- und Niedergereuth, Deutschdorf, Niederdorf, Büchels- dorf, die einst alle deutsch waren, und erreicht am Schwein- berg den Grenzstein des Herzogthums, beziehungsweise des Gerichtsbezirkes Gottschee. Der heimkehrende Gottscheer begrüßt dieses Grenzmal mit Jubelrufen und wirft dann einen Stein auf die gegenüberliegende Erderhebung, die als

das Grab französischer Offioiere aus dem Jahre 1809 be- zeichnet wird.

Hier beginnt auch das deutsche Sprachgebiet. Die nächsten Dörfer zu beiden Seiten der Straße: Loschin, Kofiern, Windischdorf, Mitterdorf sind bereits deutsch. Nach einer halbstündigen ebenen Fahrt durch schüttern Wald und an mageren Feldern vorbei, ist die weite Thalmulde der Stadt Gottschee erreicht. Die Stadt selbst liegt (460 m hoch) am FuBe eines langen, steilen, dichtbewaldeten Höhen- zuges mit mehreren, bis 1020 wi hohen Gipfeln; darunter der Friediichstein, gekrönt mit der Burgruine gleichen Namens. Die Stadt Gottschee, die 1200 Einwohner zählt, hat mit den freundlichen großen Neubauten, den Garten- anlagen und Landhäusern, der sehr belebten Hauptstraße, ein nettes und stattliches Aussehen. In der Mitte des Ortes steht das umfangreiche fürstlich Auersp ergische Stadtschloss. Nur die Kirche ist unzureichend und baufällig und soll demnächst durch eine neue ersetzt werden. Auf drei Seiten wird die Stadt umgeben von der fischreichen Rinshe (mhd. runse = Rinnsal, Flussbett), die, ein echter Karst- fluss, eine Stunde nördlich von Gottschee aus einer trichter- artigen Vertiefung hervorquillt, zwischen malerischen Ufern träge dahinzieht und knapp hinter Gottschee, bei hohem Wasserstande erst eine Stunde südlich, in mehreren Spalten und Sauglöchern gurgelnd versinkt, um unterirdisch zur weitentfernten Kulpa abzufließen. Die Rinshe hat in Kriegs- zeiten die Verfcheidigung der Stadt wesentlich erleichtert.

Dieser Hauptort wird im Volksmunde einfach als die „Stadt" bezeichnet, während man unter „Gottschee" f's Gofscheah oder 's Gotschcabarhnt) die ganze Sprachinsel, das Herzogthum Gottschee versteht. Die Bezeichnung „die Gottschee" ist erst von Fremden ins Land gebracht worden. Es ist ein Gebiet von etwa 15 Geviertmeilen, 177 Ansied- lungen und 25.000 fast ausschließhch deutschen Bewohnern, die sich selbst als „Gottscheer" (Gofscheaharo), zum Unter- schiede von den „Krainern", ihren slowenischen Nachbarn, bezeichnen. Denn sie rechnen sich nicht zu Krain, obwohl

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sie der Verwaltung nach dazu gehören, ähnlicli wie sich z. B. die deutschen Egerländer niclit zu Böliraen rechnen. Die Spracliinsel hat keine politischen Grenzen. Sie reicht im Osten noch in die Bezirkshauptmannschaften Rudolfs- werth und l^schernembl hinein, sie grenzt im Süden und Westen im allgemeinen an Kroatien, im Norden an die Gerichtsbezirke Reifnitz und Seisenberg. Das ganze (rebiet ist rings von hohen Bergen eingeschlossen und von vier (von Nordwest nadi Südost streichenden) Bergrücken durch- zogen, die wieder von Hügelreihen durch([uert werden, so dass es in mehrere Thalsolden und Kessel zerfällt bei stark wechselnden Höhenunterschieden von 200 ^1300 ni See- liöhe. Das weiteste Thal ist das ringförmig eingeschlossene Becken im Norden der Sprachinsel, in dem auch die Stadt liegt. Es ist drei Gehstunden lang und dreiviertel Stunden breit, das schlechtweg als „das Land" (hnit) bezeichnet wird. Südwestlich davon jenseits des Burgernock liegt die vielfach gegipfelte Hochebene von Bieg, „das Hinterland" (liDitrloiif)^ um 2<)0 ni liöher als das Land. Westlich von Bieg, durch einen neuen Bergzug getrennt, liegt die s/ihjcJi.i (d. h. Furche, ahd. suohä). Das nordöstliche Gebiet ist das Waldviertel {haii<ln, Waiden) und (durch den Hornwald davon getrennt) liegt die niosrli,) (d. i. der Sack, slowenisch mosnja). Gebräuchlich ist auch die Bezeichnung „Unterland" (da/ iiiitr sliaitd) für das südöstliche Gebiet. Die Bewohner dieser Thäler heilien die Joiifiiar,), li'nitrlonhiar,), hau(hiar,), inoscJi))l.iar,i u. s. w. Der ganze südwestliche Tlieil ist reich an romantischen landschaftlichen Schönheiten und wird darum auch die Gottscheer Schweiz genannt. Der höchste Punkt ist die Schneewitzspitze mit 129] in. Mit außerordentlich schroöen Wänden stürzen diese Höhenzüge zu den engen, wilden Thälern der (Jzubranka und der Kulpa (den Grenzflüssen zwischen Krain und Kroatien) hinunter. Die östlichsten Thäler der Sprachinsel hingegen nähern sich ganz der an- spruchslosen Weinberg- und Hügellandschatt Unterkrains. Gottschee gehört fast seinem ganzen Umfange nach dem Karst an, einem Kalksteinplateau, das sich über Tuner-

krain, Istrieii, das westliche Kroatien bis tief nach Dal- inatien hinein erstreckt und sich durch Felswände und Trümmergestein, trichterförmige Einsenkungen und groß- artige Hölilenbildungen, Mangel an Quellen und unter- irdische Flussläufe auszeichnet. Die Bergzüge Gottschees sind Triasforniationen, denen im Norden Kreideschichten übergelagert sind. Das Gottscheer Land unterscheidet sich jedoch von den übrigen, meist baumlosen Karstgegenden dadurch vortheilhaft, dass alle Berghänge mit dichten, gut gehaltenen Waldständen der verschiedensten Laub- und Nadelbäume, meist Fichten, Tannen und Buchen, zum Theil mit Urwald bedeckt sind. Tannen von zwei Metern im Durchmesser sind keine Seltenheit. Undurchdringliches Ge- strüpp, wuchernde Waldreben, riesige Schwämme auf den umgestürzten vermorschenden Stämmen vervollständigen das typische Waldbild. Die Thalsohlen sind meist waldfrei, doch auch sie entbehren nicht des grünen Schmuckes, denn zwischen den groJien abenteuerlicli geformten und zernagten Steinblöcken, mit denen fast das ganze Gebiet besäet ist, wächst das Farnkraut in Mannshöhe, gedeihen die mannig- faltigsten Beerensträucher, in reichstem Mai3e die Hasel- nusstaude und der Wacholder. Kleine Gruppen von Birken und Lärchen ragen ab und zu über das Strauchwerk empor. Weite Strecken können des mageren steinigen Bodens wegen nur als Hutweide für Hornvieh und Schafe ver- wendet werden. An anderen Stellen wieder ermöglicht eine dünne Schichte von Lehmerde den Anbau anspruchsloser Feldfrüchte. Der beste Ackerboden ist in den trichter- förmigen Vertiefungen, die in verschiedenen GröiBen im ganzen Lande dem Thalboden ein wellenförmiges Aus- sehen geben. Solch ein Trichter, der in den slawischen Karst- gegenden „Doline" genannt wird, heilet in Gottschee (jriohr}, wenn er klein ist grohlc, wenn er, was selten vorkommt, länglich ist shnjch,) (Furche). Der Gottscheer Bauer umgibt die Grube mit einem Ruthenzaun und baut auf ihrem Grunde Mais, Bohnen, Hanf, Flachs, Rüben u. a. In einzelnen tiefen Gruben wachsen auch stattliche Fichten und Tannen. Nur

ein Fünftel des ganzen Gebietes ist Ackerboden, mehr als die Hälfte Waldland.

Mit dem Karstcharakter hängen auch die merkwürdigen hydrographischen Verhältnisse Gottsohees zusammen. Die allenthalben zerklüfteten Kalkfelsen lassen das Quellwasser rasch versickern und können hingegen "Wassermengen, die sich anderwärts angesammelt Jiaben, rasch ausspeien. So entsteht ein greller Wechsel zwischen Überschwemmung und Wassermangel. Wie die Rinshe, so kommen auch andere Bäche des Landes in ansehnlicher Breite aus dem Boden hervor und versinken nach kurzem Laufe wieder in der Erde. Bei anhaltendem Eegen aber verlängern sie ihren Lauf oder wandeln enge Thalbecken zum gröliten Schaden des Landmannes in periodische Seen um. Nach längerer Dürre hingegen versiegen Bäche und Quellen und viele Dörfer sind dann auf Lehmlachen und faulendes Cistemen- wasser angewiesen. Gegen beide Seiten des Übels hat man jetzt l^egonnen, erfolgreich anzukämpfen. Vor allem wurden die vielfach verstojjften Sauglöcher gereinigt und erweitert, wodurch das Wasser bei drohender Überschwemmung reich- liche Abflussbahnen gewami. Auch für das rationelle Sam- meln und Aufbewahren der Regenwässer werden neue Ar- beiten geplant.

Wie das ganze Karstgebiet, so ist auch Gottschee überaus reich an Grotten, Höhlen und Berglöchern von den verschiedensten Formen und GröÜen. Zu den alten, be- kannten treten durch fortgesetzte Entdeckungen immer neue hinzu. Hier gibt es Tropfsteingrotten, Windröhren, natürliche tiefe Schachte und Eishöhlen, von denen das Friedrichsteiner Eisloch den bedeutenderen Naturwundern zugezählt werden muss : Mitten im Urwald eine 85 ni tiefe schauerliche Schlucht, die am Grunde auch im Hochsommer eine weite Eisfläche als scheinbaren Boden über einem zweiten wassererfüllten Abgrimd bildet, während an den zerklüfteten Wänden groiie Eiszapfen und Gletscherzungen hangen. Viele Höhlen dienten in der Türkenzeit als Zu- fluchtsorte.

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In den endlosen Wäldern, die sich fast ohne Unter- brechung bis nach Bosnien hinein erstrecken, hausen noch Wildkatzen, Dachse und Bären. Meister Petz wird nicht arg bedrängt, denn er ist ein verhältnismäÜig harmloser Geselle. Er flieht den Menschen, reilit selten Hausthiere, sondern begnügt sich mit Maiskolben und Mostbirnen. Die Wölfe aber, die früher rudelweise in die Hürden einbrachen, hat man mit Kugeln und Gift verfolgt, bis sie, seit etwa zwanzig Jahren, ausgestorben sind. Geier und Adler ziehen noch ihre Kreise, dem jungen Rehwild und Hasen nach- stellend. Singvögel sind des Wassermangels wegen in den Wäldern selten. Nur der Ruf des Kuckucks, das Gurren der Turteltaube und das Balzen des Auerhahnes tönt im Lenz vom Walde herüber. Haselhühner und Schnepfen, Elstern und Raben fehlen im Thalgrunde nicht. Die Nacht aber wird belebt durch den Klageruf der Eule und durch das närrische Treiben des Bilches (Myoxus glis), eines Mittel- dinges zwischen Maus und Eichhörnchen, der nebst den mannigfaltigen blinden Höhlenthierchen zu der charakte- ristischen Fauna Krains gehört.

Jetzt führen durch die ganze Sprachinsel zahlreiche Poststraßen, die von Thal zu Thal meist hohe Pässe über- schreiten müssen. So hat man von der Straße aus oft den schönsten Ausblick auf das vielgestaltige Gottscheer Berg- land mit seinem Wechsel von dunklen Wäldern und hell- grünen Weiden, mit den schmalen, umzäunten Saatfeldern, den freundlichen, weii3en, von Obstbäumen umgebenen Ort- schaften und den kirchengekrönten Anhöhen. Darüber hin- aus aber schweift das Auge über ein Meer von Berges- gipfeln von den fernen blauen Höhen Dalmatiens bis zur felsigen Alpenkette an Kärntens Grenze.

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II.

Über die Herkunft der Gottsclieer und die Geschichte der Sprachinsel.

Das Gebiet, das die Gottscheer bewohnen, war, che Wege gebahnt und Wälder gerodet wurden, fast unzugäng- lich und gewährt zum Theil noch heute den Eindruck des weltabgelegenen und unwegsamen. Im frühen Mittelalter war es eine unbewohnte, theil weise unbewohnbare Wildnis, denn es ist sicher, dass die Becken von Gottschee, Nessel- thal und andere Kessel des Landes in fernen Zeiten stärker und dauernder, als in unseren Tagen, Überschwemmungen ausgesetzt waren und (dem benachbarten Zirknitzcv See ähnliche) Wässer mit periodischem Zu- und Abflüsse um- schlossen. Auch der schlechte Boden konnte die Nachbarn nicht verlocken, über die hohen Bergwälder mühselig vor- zurücken. So blieb das Gebiet bis ins dreizehnte Jahr- hundert herein abseits der grolien HeeresstraJ3en von den verschiedenen Volksstännnen, die Krain besiedelten, un- beachtet und unbetreten.

Die geschichtliche Forschung hat diese Annahme durch- wegs bestätigt.^ Während sonst allüberall in Krain, auch im Alpengebiet und ganz nahe an der Grenze der Sprach- insel vorhistorische und römische Alterthümer in reichstem Mai3e gefunden wurden, Pfahlbauten, Keltengräber, Reste rfhnischer Stadtanlagen und Lager, konnte man im ganzen Gebiete von Gottschee nicht eine Münze, nicht eine Spur einer römischen Straße oder Verschanzung entdecken. Auch der verhältnismäi3ig junge Ortsname Römergrund in Gott- schee ist nur die volksetymologische Umdeutung von rciiir-

' Für dieses Gapitel habe ich /um Theil l)eiiüt/t die Aiheiten von J. ObcrgföU: „t^ber die Herkunft der Gottscheer", Deutsclier Kalender für Krain 1888, 1-24, und „Gottscheer Ortsnamen", ebenda IHilO, 10—19; von Peter Wolse gger: „Zur Geschichte dci' Stadt Gottschee bis zum Jahre 1493", ebenda 1889, 58— f)4, inid „Zur Ge- schichte von Gottschee", ebenda 1892, 6 22; ferner Elze, 3 10.

f/runt -^ Kaheugmiul (guLtscheerisch roni =^ Rahe), Die ver- schiedenen germanischen Stämme aber, die nach dem Zusammenbruche des Römerreiches sich hintereinander in Krain zeitweilig festsetzten, fanden auf ihrem Wege ein- ladende und fruchtbare Strecken Landes unbewohnt und waren nicht genöthigt, erst Wildnisse urbar zu machen. Sollten sich auch unbedeutende germanische Volkssplitter irgendwo ins Gebirge zurückgezogen haben, so sinrl sie von den nachrückenden Avaren und Slawen bald aufgesaugt worden.

Die oft geäußerten romantischen Vermuthungen, dass die Gottscheer von Goten oder Vandalen abstammen, müssen also zurückgewiesen werden. Wolfgang Lazius hielt sie für Sueven, der krainische Historiogra^jh Valvasor hat im siebzehnten Jahrhundert, Karl Lechner in neuester Zeit, gestützt auf den Namen Gottschee und ähnliche Schein- gründe die Gotentheorie vertreten, während Kaspar Zeuii und jüngst Mupperg die Gottscheer für Reste der Van- dalen erklärten.' Diese Annahmen, für die nicht der ge- ringste wissenschaftliche Beweis erbracht wurde, konnten von Schröer und Obergföll leicht erfolgreich bekämpft werden. Sie können mit den bestehenden historischen That- sachen nicht vereinbart werden und widerstreiten auch völlig der Sprache der Gottscheer, die fwie später gezeigt werden soll) keinerlei gotische oder vandalische Über- bleibsel enthält, sondern als eine bayrische Mundart mit allen neuen Spracherscheinungen des ausgehenden Mittel- alters sich darstellt.

In den sj^äteren Jahrhunderten, in den Zeiten der Karolinger, der Ottonen, der Hohenstaufen ist in den Ur- kunden, die sich auf Krain beziehen, von Gottschee mit keinem Wörtchen die Rede. Li der zweiten Hälfte des dreizehnten und im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts beginnen erst die Urkunden Gegenden und Ortschaften an

1 Lazius, De gentium aliquot migi-atiouibus, p. 363; Valvasor, 3, 1U4; Zeuß, Die Deutschen luid die Nachbarstämme, 589 ff.; die neuere Literatur bei 0 b e r g t'ö 1 1, Über die Herkunft der Gottscheer, 3 ff.

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der Grenze des Gottscheer Gebietes zu erwähnen : IVclier- neinbl, Pölland, ßeifnitz, Kostel, die Gatscheu bei Tsulier- moschnitz u. a. Das eigentliche Gebiet von Gottschee aber wird noch als namenlose "Wildnis im Anhange der Herr- schaft von Reifnitz erwähnt. Denn in einem Theilungs- vertrage der Ortenburger von 1263 heii3t es : „Das Schloss Reivenz mit Leuten, Gütern und allen Zuge hörun gen bis zum Wasser, welches man insgemein Chulp heiUt/'

Mehrere Ortschaften am Rande und in einzelnen Thal- sohlen des Gottscheer Gebietes haben slowenische Namen, so Malgern (mala gora = kleiner Berg), Tappelwerch (Topli vrh =Warmberg), Pölland (poljana = Ebene), Göttenitz (kot- nica = die Gegend im Winkel), Morobitz (borovec = Föhren- wald), Rieg (reka = Fluss), Ribnik (= Teich) u. a., ein Beweis, dass Slowenen vor der Ankunft der deutschen Ansiedler einzelne Ortschaften gegründet und auch (denn die meisten Bezeichnungen sind deutlich Gegendnamen) die Thäler, die sie von ihren Sitzen aus nur als Jäger oder Hirten durch- streiften mit slowenischen Namen, die später erhalten blieben, versehen haben. Auch der nordwestliche Rand des Gebietes war, wie die Namen Loschin, Windischdorf u. s. w. erweisen, ursprünglich slowenisch. Dass einzelne slawische Einwohner in den deutschen Ankömmlingen aufgegangen sind, ergibt sich auch aus Gottscheer Familiennamen, wie Jaklitsch, Tomitsch u. ä. Die Slowenen also hatten im dreizehnten Jahrhundert bereits an einzelnen wenigen, bequem zu er- reichenden und besonders fruchtbaren Stellen des Gott- scheer Landes Fuß gefasst; sollte aber das ganze wilde Gebiet urbar gemacht und bevölkert werden, so musste zu dieser mühevollen Arbeit das eigentliche und beste Colo- nistenvolk, die Deutschen, herbeigerufen werden. Das gleiche Ereignis trat ja unter ähnlichen Verhältnissen im zwölften Jahrhundert mit den Siebenbürger Sachsen, später mit den Deutschen im nordungarischen Bergland ein.

Auch in Krain waren deutsche Ansiedler schon lange keine neue Erscheinung mehr. Die Landesstrecken, die jetzt zu Krain vereinigt sind, waren in den Jahrhunderten vor

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der Besiedlung Gottschees verschiedenen geistlichen uufi weltlichen Herren iinterthan. Große Güter besaJien die Bischöfe von Freising, seit 974 um Lack in ()berkrain, später noch an der Gurk und der Kulpa in Unterkrain. Da die Gegenden schwach bevölkert waren, so versetzten sie schon um das Jahr 1000 zahlreiche Colonisten aus Bayern, Tirol und Kärnten dahin. Auch der deutsche ßitterorden in Tscher- nembl und Möttling und weltliche Grundbesitzer beriefen deutsche Ansiedler. Das Gebiet des zukünftigen Gottschee gehörte nebst anderen weiten Liegenschaften Krains seit alters den Patriarchen von Aquileja, deren Diöcesangewalt sich außerdem bis zur Drau erstreckte. Die Lehensträger der Patriarchen auf den Herrschaften Ortenegg, Pölland und ßeifnitz (wozu auch das Gottscheer Land gehörte) sind schon im zwölften und dreizehnten Jahrhundert die mäch- tigen Grafen von Ortenburg. Am Beginne des vierzehnten Jahrhunderts fallen ihnen auch die Herrschaften Grafen- wart (Kostel an der Kulj^a) und Laas zu, so dass alle Ge- biete ringsum Gottschee diesem reichen Geschlechte ge- hörten. Es ist darum begreiflich, dass Graf Otto von Ortenburg, der diese Güter von 1336 1370 wohl zumeist von Reifnitz aus verwaltete, bemüht war, seine unbewohnten Gebiete zu bevölkern und hiefür dem Beispiele der Frei- singer folgend, deutsche Ansiedler herbeizurufen. Diese Be- siedlung muss vorerst in schwächerem Mai3e schon vor 1336 begonnen haben. Denn 1339 bereits gestattet der Patriarch von Aquileja dem Grafen Otto von Ortenburg, dass er an der (von dem Grafen errichteten) Bartholomäuskapelle bei Mooswald (in der nächsten Nähe der S23äteren Stadt Gott- schee) einen Kaplan halte, weil die Bewohner des gräf- lichen Meierhofes (villa) von Mooswald zu weit zur Pfarr- kirche hätten.^ Diese Kapelle bildet nun die erste Seelsorg- station auf Gottscheer Boden. Bis dahin oblag die Seelsorge bis zur Kulpa der Pfarre Reifnitz, was eben nur deshalb

1 Über diese Urkunde vgl. Wo Is egg er, Ziu" Geschichte der Stadt Gottschee, 54 f.

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iiiöglicli erscht;int, weil dieses weite (Jebiet uubewolmt war. Mit den ersten Ankönnnlingen stellt sich sofort das Be- dürfnis nach neuen Kirchen ein. Die Besiedlung schreitet in den folgenden Jahren rasch vorwärts. Sie mag viel Kosten verursacht haben und Graf Otto sah sich walir- scheinlich aus diesem Grunde genöthigt, 1358 und 1864 von Laibacher Juden bedeutende Geldsummen zu erborgen. ' Um 1350 muss ein großer Zuzug stattgefunden haben. Niemand erzählt uns davon, doch wissen wir, dass im Jahre 1363 viele neue Ansiedler bereits im Lande sind, dass mehrere Thäler des Gebietes bewohnt werden und dass eines davon Gottschee heißt. Diese wichtigen Nachrichten bringt uns eine Urkunde - des Patriarchen Ludwig IL della Torre von Aquileja vom 1. Mai 1363. Der Patriarch theilt hier mit, er habe erfahren, dass in einigen Hainen und Wäldern innerhalb des Pfarrsprengels Reifnitz, die bisher unbewohnbar und unbebaut waren, viele menschliche Woh- nungen entstanden seien, dass das Land urbar gemacht und eine nicht geringe Menge Volkes dahin gekommen sei (in quibusdam nemoribus seu silvis . . . (|uae inhabitabiles erant et incultae, multae hominum habitationes factae sint et ne- mora huiusmodi ac silvae ad agriculturam reducta et non modici populi congregatio ad habitandum convenitj. Diese Ansiedler hätten nun unter der Mitwirkung ihres Herrn, des Grafen Otto von Ortenburg, neue Kirchen gebaut und zwar (videlicet) inGotsche, Pölan, C ostel, Ossiwniz et Goten iz und er gestatte dem Grafen und seinen Erben, in diesen Kirchen geeignete Priester einzusetzen und sie dem Reifnitzer Pfarrer zur Bestätigung zu präsentieren.

Der Name Gottschee, der hier zum erstenmale auf- taucht, so wie die übrigen (außer Goteniz) schon altbe- kannten Benennungen sind Gegendnamen; sie bezeichnen nicht einzelne Ortschaften, sondern die Thäler, in denen neue Kirchen errichtet wurden. In den Siebziger Jahren

i Elze, 8. 7 f.

^ Die betreffende Urkuiulc ist abgednickt l>oi Sc, lirö er, S. 177 f.

werden im Gottsclieer Thale und im Hinteiiande schon größere (Jrtschaften und die Namen deutscher Priester ge- nannt. Die Besiedlung schreitet auch nach dem Südosten vor: um das Jahr 1400 ist Nesselthal bereits ein Pfarrort.

"Woher die Ansiedler kamen, erfahren wir nicht. Wir müssen annehmen, dass sie von verschiedenen Seiten und nicht völlig gleichzeitig, sondern in mehreren Schüben nach- rückten. Abgesehen von den Gebieten Pöllandel, Tscher- moschnitz und Warmberg, die schon im dreizehnten Jahr- hundert von Slowenen und Deutschen aus Unterkrain dünn bewohnt waren, ist der Südwesten des Landes wahrschein- lich zuerst und zwar von unten herauf über Pölland und Kostel besiedelt worden. Nachkommen der in Unterkrain ansässigen Colonisten der Freisinger und des deutschen Ritterordens waren hier die Einwanderer, also Deutsche bayrischen Stammes. Noch heute aber herrscht die Yolks- anschauung, dass die Gregend um Rieg länger bewohnt ist, als die von Gottschee. Unter den neuen Ankömmlingen befanden sich jedenfalls auch Schwaben. Um 1370 lebt in Rieg der Pfarrer Zeng (Zink), gebürtig aus Memmingen in Schwaben, einer Besitzung der Herzoge von Teck. Er war als Schreiber mit Margaretha von Teck, als diese den Grafen Friedrich von Ortenburg (Ottos Sohn) heiratete, nach Reif- nitz gekommen und Pfarrer in der neuen Colonie geworden. Die Vermuthung liegt nahe, dass mit der Herzogin und dem Pfarrer auch schwäbische Ansiedler ins Land kamen, zumal einzelne Erscheinungen der Gottscheer Mundart und mehrere Gottscheer Familiennamen deutlichen alemanni- schen Charakter zeigen.

Der Hauptstock der Einwanderer aber, der von Norden aus über Reifnitz das Gottscheer Land zwischen 1850 IBSO bezog, war bayerischen Stammes. Das beweist überzeugend die Mundart der Gottscheer und die überwiegende Mehrheit ihrer Familien- namen. Ob sie nur aus einer bestimmten deutschen Land- schaft bayrischer Mundart gekommen sind, ob sie Freisinger Colonisten aus Oberki'ain, durch das sie ihr Weg fülirie,

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mitgenommen haben, liisst sich nicht cntsclieiden. Jeden- falls war ein starker Procentsatz ans Kärnten nnd dem mittleren Tirol (vgl. S. 26) gekommen, denn in der Sjjrache der Gottscheer haben sich dentliche kärntische Kennzeichen erhalten. Da ein Bruder des Otto von Ortenburg, Albrecht, in jener Zeit (1363 1390) Bischof von Trient nnd ein zweiter Bruder, Friedrich, um 1350 Vicedom des Hoch- stiftes Bamberg in Oberkärnten war, so bot sich günstige Ge- legenheit dar, aus Tirol und aus Kärnten Ansiedler zu beziehen.

Nun erzählt aber Valvasor (3, 194), der Laibacher Bischof Thomas Chrön habe im Jahre 1590 sich aus dem Lacker Archiv eine Aufzeichnung abgeschrieben, wonach Kaiser Karl IV. dem Grafen Friedrich von Ortenburg auf seine Bitten dreihundert Familien besiegter Franken und Thüringer zur Besiedelung Gottschees geschenkt habe, da sie wegen Aufruhres anderweitig hätten bestraft werden müssen. Diese Nachricht kommt uns aus dritter Hand zu und ist darum wohl nicht in allen Einzelheiten glaubwürdig. Es ist richtig, dass Gottschee zur Regierungszeit Karl IV. be- siedelt wurde, und es ist möghch, dass der Ortenburger von ihm durch Vermittlung des kaiserlichen Schwiegersohnes, Herzogs Rudolf (der oft in Krain war), Ansiedler erhielt. Wenn Franken und Thüringer nach Gottschee kamen, so war ihre Zahl gewiss verhältnismäßig gering, denn auÜer wenigen mitteldeutschen Familiennamen und Ausdrücken haben sie in der bayrischen Mundart der Ansiedler keine Spuren hinterlassen. Es sei erwähnt, dass unter den sloweni- schen Nachbarn der Gottscheer noch heute die Ansicht herrscht, die fremden Einwanderer seien zur Strafe in diese unwirtbaren Gegenden gesandt worden. So mag die schrift- liche Notiz und das mündhche Gerücht für einen kleinen Bruchtheil der Ansiedler immerhin seine Gütigkeit haben.

Doch welcher Art auch immer die Einzelheiten der Besiedlung gewesen sein mögen, das ist sicher, dass die eingewanderten deutschen Bauern, mehrere Tausende an der Zahl, alsbald mit Eifer und Erfolg an die Arbeit giengen, um derentwillen man sie gerufen hatte. Sie lichteten die

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Waldungen, sie führten ihr Vieh auf die Weiden, sie pflügten die schmale Krume fruchtfähiger Erde, sie gründeten Ort- schaften nnd bauten Kirchen. Die Namen der neuen Dörfer, die jetzt allenthalben erstanden, geben ein sprechendes Bild von der Art der Besiedelung, Dass die baumfällende Axt das wichtigste Werkzeug der Ankömmlinge war, zeigen Namen wie Gereuth, Brunngereuth, Neugereuth, Suchenreut her. Tiefenreu th er, Merleinsrauth, Stockendorf u. a. Auch im Walde oder am Waldesrande lieiSen sie sich nieder : M i 1 1 e n w a 1 d, B u c h b e r g, G e h a g, Langenthon (für Tann), Feichtbüchel (Fichte). Andere Gru2)pen siedelten sich an, wo ein Quell oder ein Bach Erquickung spendete (Brunnsee, Kaltenbrunn, Scheerenbrunn, Lichtenbach, Schwarzenbach etc.), auf sonniger Bergeshöhe (zahlreiche Namen mit -Berg, -Büchel und -Riegel), bei ragenden Felswänden (Stein- wand, Oberstein, We iJBenstein), an Feldern und Rainen, beim Moos (für Moor) und im Thale, wie die verschiedenen Verbindungen mit diesen Grundwörtern an- deuten. Hätten wir keine anderen Zeugnisse, als diese durch- wegs oberdeutschen Ortsnamen, sie würden genügen, um die späte Besiedelung des Landes zu erweisen und alles Reden von Goten und Vandalen als Fabeln zu kenn- zeichnen.

Und nun der Name Gottschee (Gotscheah) ! Er be- zeichnet von Anfang an das nördliche Becken, später (wie noch heute im Volksmund) die ganze Sprachinsel. Man hat den Namen von Gotisch, Gottes See, guter See, Gottes Segen, von slowenisch Goscevje (Waldung) abzuleiten ver- sucht. Wiederholt vorgebracht und wieder bekämpft wurde die Ableitung vom slowenischen koca, die Hütte. Die Sprach- insel heißt bei den Slowenen Kocevje, älter Hocevje, also eine Ansammlung von Hütten, der Gottscheer Kocevar und Hocevar, beides auch sehr verbreitete Familiennamen in Krain. Der Wechsel von /.■ und h im Anlaut (an dem sich Schröer gestoßen hat) ist im Slowenischen etwas ganz Gewöhnliches. Der Name der Sprachinsel wird in den

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Urkunden verscliierlen geschrieben: 1363 Gotsche, 1425 Hotschee, 1471 Kotschew, später Gotsee und Gotschee. Der Anlaut schwankt also. Später setzt sich in der Schrift die gutturale Media fest. Gesprochen wird das Wort (iotuclirdJt^ theils durch die Schrift beeinflusst mit der Media, meist aber mit einer nicht aspirierten Tenuis (die ich c schreibe, zum Unterschied von /r, der aspirierten Tenuis der Gott- scheer Mundart). Auch das bekräftigt die Annahme, dass Gottschee von koca abstamme, weil in unserer Mundart immer c dem slowenischen /,: entspricht. (Vgl. darüber unten S. 23 f.) Auch die Betonung auf der zweiten Silbe Gotscli('ab stimmt zu Kocevje. Deutsche, die den Namen nicht von Einheimischen gehört haben, setzen die Betonung Gott- schee voraus. Die Gottscheer geben begreiflicherweise niclit gerne die slowenische Abstammung ihres Namens zu. Doch es liegt ja in der Natur der Verhältnisse, dass man vom Nachbar den Namen erhält. Auch der Name Germanen, der die „Stammesechten" bedeutet, ist nicht germanisch, sondern keltisch.' Die Ansiedler der krainischen Sprachinsel hatten, da sie von verschiedenen Seiten herankamen, keinen Ge- sammtnamen und brauchten ihn auch nicht. Die ansässigen Slowenen aber hatten natürlich das Bestreben, die Ankömm- linge zu benennen und welche Namen waren hiefür passen- der, als „Ansiedlung" und „Ansiedler" ? ^

Unter den zahlreichen Dörfern der neuen Colonie entwickelte sich die Ansiedelung um 'die Bartholomäus- kirche an der Rinshe rasch zum Vorort. Im Jahre 1377 wird sie bereits als „Markt zu Gottschee" bezeichnet, um 1400 ist sie selbständiger Pfarrort. Im Jahre 1420 starben die Ortenburger mit Friedrich, dem Sohn Ottos, aus und die Sprachinsel fiel mit den übrigen Ortenburgischen Gütern an den Grafen Hermann II. von Cilli. Hermanns Sohn Friedrich erbaute sich um 1424 auf dem Bergrücken bei Gottschee die Burg Friedrichstein, auf der er oft mit seiner

1 Miicli, Dcutsclic Stuimnsitzc. 172 t'.

2 Verwamltc Oitsnaincn in ICraiii siml TTorcvjc, Korc Höre und (iO(;e.

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Geliebten, Veronica von Desnitz, weilte. Von diesem Schlosse aus wurde zwei Jahrhunderte lang die Herrschaft Gottschee verwaltet, in der Stadt befand sich nur ein Amthaus. Im siel)zehnten Jahrhundert zerfiel der Friedrichstein zur Kuine, von der heilte nur wenige Trümmer sich erhalten haben. Im Volksmunde wurde die Burg früh zum verwunschenen Schlosse, von dem manche Sage umlief.

Im Jahre 1456 nach dem Aussterben der Cillier Grafen kamen die ehemals ortenburgischen Güter an die Habs- burger. Kaiser Friedrich IV. theilte diese Besitzungen, ver- schenkte oder verpfändete sie : so kam Reifnitz an die Lam- berge, Gottschee aber wurde eine landesfürstliche Herrschaft. Kaiser Friedrich ließ den Markt an der Rinshe wegen der Türkeneinfälle befestigen, erhob ihn mittelst Urkunde von 1471 zur Stadt, gab dieser den amtlichen Namen Gottschee und verlieh ihr nebst wichtigen Hechten und Privilegien, Siegel und Wappen. Das Wappen zeigt auf blauem Schilde hinter einem Zaun ein befestigtes Haus und den heiligen Bartholomäus (den Schutzpatron der Stadtpfarrkirche) mit einem Schwert und einem Buch. Blauweiß sind die städti- schen Farben.

Stadt und Land Gottschee giengen jetzt schweren Zeiten entgegen. Vom Jahre 1469 an bis gegen das Ende des Jahrhunderts brachen fast alljährlich türkische Horden in Krain ein und nahmen mit Raub, Mord und Brand ihren Weg meist über Gottschee. Zum Schutze der Bewohner baute man außer der Stadtfestung auf Bergen und in den größeren Dörfern sogenannte Tabore, mit Wall und Graben versehene feste Plätze, meist um die Kirche herum, in denen schon bei Friedenszeit Waffen und Mundvorräthe aufge- speichert wurden, außerdem richtete man einen regelmäßigen Botendienst und auf den Anhöhen Wachposten mit Feuer- zeichen ein. Wiederholt war Kaiser Friedrich genöthigt, seinen verarmten Unterthanen die Steuern nachzulassen und sie noch überdies zu unterstützen ; um dem aus- gesaugten Lande neue Erwerbsquellen zu eröffnen, ge- stattete er den Gottscheern 1492 den Hausierhandel, den

Hirn n. Waok e rnel 1 , Quellen n. Korsohungon. 111. 2

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sie von da ab bis in unsere Tage herein schwunghaft zu betreiben verstanden. Die von ihnen angefertigten Holz- geräthe und ihre Hausleinwand bildeten die ältesten Handels- waren.

Die ärgste Zeit brach für die Grottscheer unter der Re- gierung Maximilians I. an. Neben der steten Feindesgefahr wurden sie von Misswachs und Erdbeben, Feuersbrünsten und Seuchen heimgesucht. Dazu kam, dass Graf Jörg von Thurn, der die Herrschaft Gottschee 1507 vom Kaiser ge- pachtet hatte, seine Unterthanen mit ungerechten Abgaben und nie gehörten Gewaltthaten bedrückte. Die Gottscheer erhoben sich zu Beginn des Jahres 1515, erschlugen den Grafen und dessen Pfleger Stersen. Mit diesem Ereignisse brach der furchtbare Aufstand aus, der sich von da rasch über ganz Krain, über Kärnten und Steiermark ausbreitete und erst im August 1515 niedergeschlagen wurde.' Doch züngelte die Flamme der Empörung noch wiederholt bis 1662 auf. Von späteren Begebenheiten im Gottscheer Lande meldet die Geschichte noch sieben große Türkeneinfälle im sechzehnten Jahrhunderte, die Auswanderung einiger Gott- scheer Familien 1685 und den blutigen Aufstand gegen die französische Besatzung im Jahre 1809.

Die Herrschaft Gottschee kam 1547 2)fandweise an die Grafen Blaga}-, wurde 1619 von diesen an die Freiherren von Khysel verkauft und in deren Besitz 1623 zur Graf- schaft erhoben. Graf Bartholomäus Khysel verkaufte Gott- schee mit Pölland 1641 an den Grafen Wolf Engelbrecht von Auersperg. Seitdem verblieb Gottschee im Besitze dieses erlauchten Geschlechtes, das seit dem elften Jahrhunderte in Krain ansässig, in der Nähe der Sprachinsel begütert und mit ihr und deren früheren Besitzern wiederholt in nahe Berührung getreten war. Wolf erbaute 1650 als Ersatz für die zerfallende Burg Friedrichstein das mächtige Stadt- schloss. Im Jahre 1667 wurde auch die Stadt Gottschee,

' Auf diesen Aufstand bezieht sich das Ix^kanntc Volksh'ed von den krainischen Bauern (U hl and, Nr. 186).

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die bis dahin landesfürstlich gewesen war, mit Vorbehalt ihrer Privilegien, dem Grafen Auersperg übergeben. Nach dem Tode Wolfs 1673 kam die Grafschaft an dessen Bruder Johann Weiekhard (seit 1653 Reichsfürsten) von Auersperg. Dieser machte Gottschee nebst einigen benachbarten Gütern zum Fideicommiss und erbaute unter anderem den Fürsten- hof in Laibach. Am 11. November 1791 wurde die Graf- schaft Gottschee durch Kaiser Leoj^old II. zum Herzog- tliume erhoben und dem jeweiligen Haupte der fürst- lichen Familie Auersperg der Titel „Herzog von Gottschee" beigelegt.

III.

Die Gottscheer Mundart.

Eine eingehende vergleichende Untersuchung der Gott- scheer Mundart muss das Urtheil bestätigen, das Wo in hold schon nach der Kenntnis weniger Proben über sie gefallt hat: „bayrisch mit windischen Einflüssen".^ Nur muss gleich von vornherein betont werden, dass der Einfluss des Slo- wenischen nicht bedeutend ist und den ausgesprochen ober- deutschen Grundcharakter der Mundart nicht zu beirren vermocht hat. Einzelne alemannische Eigenthümlichkeiten

1 Weinhold, Bayrische Gramniatik, 9. Anmerkung. Schröer nncl Obergföll weichen von diesem Ergebnisse mehr oder minder ab, ich liingegen suche es im einzehien zu erweisen. Schröer hat für den Wortschatz Grundlegendes geleistet, die Aufzeichnung des Dialectes bei ihm kann aber nicht genügen, da er wichtige Laut- unterscliiede nicht vermerkt hat. Er scheidet z. B. nicht z^^^.schen o für mhd. a, und o föi* mhd. o, nicht zwischen n füi- mhd. n, und ii oder lo für mhd. ä u. s. w. Eine grammatische Darstellung hat er nicht rmternommen. Meine nachstehenden Ausführungen sind also der erste Versuch auf diesem Gebiete. Doch beabsichtige ich nicht, den Gegen- stand zu erschöpfen. Ich gebe niu- das Wichtigste im HüibHcke darauf, dass stud. phil. Hans Tschinkel an einem umfassenden „Gottscheer Wörterbuch" arbeitet.

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können behauptet werden, doch wäre es verfehlt, die Mundart als schwäbisch-alemannisch zu bezeichnen. Die Stammvocale und die Mehrzahl der Consonanten verhalten sich wie im Baj'risch-östen'eichischen. Und einzelne noch zu erörternde Ausnahmen zugestanden, ist die Tonbewegung der Stimme, die Exspirationsdauer und Articulation der Laute in der Gottscheer Mundart im wesentlichen dieselbe, wie in den bayiisch-österreichischen Mundarten.

Die Vo c a 1 e d e i- S t a m m s i 1 b e n in der Gottscheer Mundart sind :

A. Kurze Vocale.

€1 (rein) tritl. ein 1. für mittelhochdeutsch r (Um- laut von (/), »arJifr^ (Nächte), haßrlc (Wässerchen), jxinfh- (Bändchen) ;

2. für mhd. c in geschlossener Silbe, Jutr.-:,! (Herz), /rnltirhni (verderben), trausrjifr (Fenster), (/auf (Geld), schpaJc (Speck), krah.'^ (Krebs), ^)rt>7.- (Berg), har (her) ;

3. für a in geschlossener Silbe bei Fremdwörtern, fiatau, sacrament, catsclt,) (slow, kaea, Schlange), harpf.) (harpa, Schutzbau für Feldfrüchte).

e (geschlossen) tritt ein 1. für mhd. e in geschlossener Silbe, <n(jl (Engel), prcii.j)i (brennen), cudr}i (ändern) ; auch als unechter Umlaut, r^;// (Apfel), lieshl (Hasel), nicht vor;-;

2. für mhd. ö (Umlaut des o), pcl;i (Böcke), Icclir (Löcher), r<'k,> (Röcke), pr<irJiJ,) (Sträui5chen , mhd. bosche. böschelin).

i 1. für mhd. / in geschlossener Silbe, llnf (Kind), /n»// (Himmel) ;

2. für mhd. ii in geschlossener Silbe, jinf/ar (jünger), hltd (Hütte), auch Ijisr/i (uns), /»shr (unser) für altober- deutsches uns und unser. 1. und 2. gilt nicht vor r.

o (offen) für mhd. a in geschlossener Silbe, Jio)it (Hand). hoßy (Wasser), moclni (machen), l.oz,! (Katze), hoU. daneben hant (Wald), auch joDir (Jammer, Yohd. jänwr).

ö (ein zwischen nhd. <> und ö liegender Laut) für mhd. 0 in geschlossener Silbe, köpf (Kopf), Joch (Loch), rok (Rock). Nicht vor r, mit Ausnahme von dort (dort).

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ti (ein zwischen nlid. ii und ü liegender Laut) für mild. /^, JtHiif (Hund), hiif (und), jni//,- (jung), wäuk,) (Funke), ■s/uoiir (Sommer).

B. Lange Vocale.

d tritt ein 1. für mhd. r^', bar (wäre), dnudni (verkünden, mild. m?eren), hhit (leeren) ;

2. für mhd. c in offenen Silben, (fahm (geben), lähm (leben), rähj (Rebe), Mirr (Käfer);

3. für mhd. oii^ päm (Baum), kafnt (kaufen), rafni (raufen), auch für den Umlaut im Plural öa^ pämr (Bäume) ;

4. für mhd. a in contrahierten Silben, häch (Habicht) ;

5. für fremdwörtliches a in offenen Silben, shäya (Save), sdhJ (Säbel).

e (geschlossen) für mhd. e in offener Silbe, ecU (edel), Jcßii (legen), chni (eben), cgi (Egel), und immer vor r, her (Heer, agmen), nier (Meer), heran (kehren, fegen), per9 (Beere).

i 1. für mhd. / in offener Silbe, Ugn (liegen), rlgJ (Riegel), )ü(/r (nieder), sJiibm (sieben), und vor nicht auslavitendem r, JiircJo (Kirche), hirt (Wirt);

2. für mhd. /( in offener Silbe, zigl (Zügel), ihr (über), und vor r, kirzar (kürzer), wir (für).

ö für mhd. o in offener Silbe, köne (Trauung), obm (oben), löbm (loben).

ü (offen) 1. für mhd. ä, shnnid (Same), mägo (Mohn, mhd. mäge) ;

2. für mhd. a in offener Silbe, mlim (Name), shügu (sagen). 1. und 2. gilt nicht vor /, n, r, s und Dentalen.

C. Die D i 23 h t h o n g e.

ai (reines, halblanges a, l kurz, wie in Kaiser) 1. für mhd. i^ lai}) (Leib), baip (Weib), inah (mein) ;

2. für mhd. in, laitd (Leute), haishr (Häuser), laib (heute), tvaidr (Feuer) ;

3. für Contractionen aus cgc und eck, gahiit (gelegt), ßjrait (geredet).

(reines halblanges a, a kurz, dem ü sich nähernd) für mhd. u, haäsch (Haus), maüsch (Maus).

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all (reines halblanges a, kurzes offenes «) 1. für mhd. cd, gleichwertig neben oh huusch (Hals), haut (Wald) ;

2. für mhd. iil, ganf (aus (/(df, Geld), laiidr (Keller).

ea (langes geschlossenes c, kurzes reines a) 1. für mhd. e, klea (Klee), sheah (See), gmn (gehen), hear (Herr), pcar (Eber), hcam (kehren, wenden) ;

2. für mhd. oe, sichcan (schön), hrcan,»i. (krönen) ;

3. zuweilen für mhd. c vor r, cardo (Erde), Icarti (lernen), Jirart (Herd), hcarn (Kern), stcarn (Stern), hcar (wer).

i9 (langes /. überkurzes r) 1. für mhd. Ic, Ji.q) (Heb), dt,)}) (Dieb), mljscli (Moos, mhd. mies) ;

2. für mhd. üe, hijtd (Hüte), grüßn (grüßen) ;

3. für mhd. / vor auslautendem /•, inl)r (mir), diir (dir), [vgl. Weinhold, § 90].

oa (langes offenes o, kurzes a) 1. für mhd. 6, hau (Lohn), proat (Brot) ;

2. für mhd. o vor r, Jcoant (Korn), nioargn (morgen), doarf (Dorf), ausgenommen ist dort. [Weinhold § 13.]

oi (halblanges offenes o, kurzes /, daneben auch oai) 1. für mhd. ci, Joip (Laib), srlitoiii (Stein), proit (breit), hoiß neben haß und höfi (weiß, scio) ; Ausnahme liailil- (heilig) ;

2. für Contractionen aus agc, g,)shoit (gesagt).

119 (langes offenes u, überkurzes S) 1. für mhd. d vor l, 11, r, s und Dentalen, judr (Jahr), gnuddd (Gnade), mmmi) (Mond, mhd. mäne), muü (Mahl) ;

2. für mhd. a vor l, )i, r, s und Dentalen, g/urf,) (Garten;, tviiJHj (Fahne), whudi) (Fladen), Inosli,) (Hase).

Ü9 (langes ü, überkurzes .i) für mhd. iio^ lii(,)t (Hut), gd,if (gut), tiidii (thun), )na,)ß (mussj.

Die Vo cale der Nebensilben,

Der häufigste Vocal der Nebensilben ist das überkurze ,). Ein indifferenter Vocal, den die Ruhelage der Zunge ergibt. (Gleich dem c in nhd. Knabe, Bote.) Diesen Vocal liabeu immer die Vorsilben he und tjc und die meisten Flexions- silben. In den Nebensilben auf r, /. ui, n fällt der Vocal meist aus. Die mhd. Ableitung otv wird zu -(ir, maiirar, ga.trtnar. Der Vocal der Nebensilbe im Conjunctiv Präteriti

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ist ö im gröJJten Tlieile vuii Gottschee, al im Unterlande, also : ich sagte, Ich slnifiöt oder s/iihfait. Im Ausgange der Frauennamen erscheint nebeneinander ./, a und o, Great^, Mitia, Lrano.

Der Gottscheer Vocalismus zeigt also, wie aus der gegebenen Übersicht leicht zu ersehen ist, alle die wich- tigsten Erscheinungen der bayrischen Mundarten (nebst den Neuerungen, die hier im zwölften und dreizehnten Jahr- hunderte bei den alten Längen /", n und tu platzgegriffen haben). Auch die nhd. Stammsilbendehnung hat er im wesent- lichen mitgemacht. Mit dem Kärntischen insbesonders berührt sich die Gottscheer Mundart durch die Laute a und ä für mhd. e, ä für re, ou und oü, fi für ä und a (in offener Silbe), durch die Diphthonge ea für mhd. e und oc, oa für 6 und 0 (vor y), abgesehen von den allgemein bayrischen Erscheinungen.^ Auch im Consonantismus berühren sich die beiden Mundarten in zahlreichen Einzelheiten.

Die Consonanten der Gottscheer Mund- art theilen auch mit Ausnahme der noch unten zu be- sprechenden Laute IC, f, 1, s die wesentlichen Erscheinungen des Bayrischen. In Gottschee wird also mittelhochdeutsches h im Anlaut und im Auslaut, g und d im Auslaut als Tenuis gesprochen, päm (Baum), Ihp (lieb), parT^ (Berg), lto}tt (Hand) und andere. Mittelhochdeutsches /.■ wird in Gottschee an allen Stellen aspiriert (also /.• -\- Ji, ich schreibe /.').

Zwischen />• und g (mhd. g) hat die Gottscheer Mund- art einen Zwischenlaut, die nicht aspirierte Tenuis, die ich c schreibe. Sie ist auch in den übrigen oberdeutschen Mund- arten vorhanden ^ und wird meist gg geschrieben. Sie tritt überall ein für die alte Gemination, mhd. ck, das mit gg wechselt (vgl. Paul, Mittelhochdeutsche Grammatik, § 36), also mhd, brügge, gottsch. />r//(:v ; mhd. egge, gottsch. cc9 ; mhd. rügge, gottsch. rucj ; mhd. hägge, gottsch. hucä ; mhd; schnegge, gottsch. shnaCr» u. s. w. Das Bayrische hat diesen

^ L e X e r , Kärntisches Wörterbiirli, VUI XIV. ^ Vgl. Deutsches Wörterbuch, IV, 1, a, Sp. 1110, 9.

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Laut sehr häufig, meist in den gleichen Wörtern, wie in Gottschee.' c tritt in Gottschee ferner ein in einer groJien Zahl von lautmalenden Ausdrücken, z. B. cocazn, gackern, ähnlich tiacazit, placazu u. a.,- paio, Pauke u. s. w. ; für das h in Fremdwörtern (romanischen oder slawischen) z. B. cöJar (Halskragen, französisch collier), cdltr (Bettdecke, italienisch coltre), iidcar (Erkor, mittellateinisch arcora), caschlc (Körbchen, slow, kos), cnoß (Johannisfeuer, slow, kres, kroatisch kries), cätsclo (Schlange, slow, kaca), crfatsclin (Wollkratzer, slow, krtaca), secir (Hacke, slow, sekira), pmicj (Holzschuhe, slow, opanka) u. s. w.'^

Vor die Vocale tritt zuweilen h als starker gehauchter Einsatz, Hanaparh (Annaberg), heantr (eher), h vertritt auch bei Jid (so) und hrnt fsind) anlautendes .s, d wird hinter 11 auch inlautend zur Tenuis. Alle diese Erscheinungen finden wir auch in bayrischen Mundarten.^

In den nachfolgenden allgemein bayrischen Erschei- nungen des Consonantismus kommt das Gottscheerische auch in Einzelheiten dem Kärntischen nahe ^ : ni wird aus- lautend zu n, n tritt an den Anlaut unorganisch hinzu : gottsch. uäcar (Erker), kämt, nast (Ast). Umgekehrt wird an- lautendes n abgeworfen: gottsch. ascltt (Nest), oßj (Nessel), kämt, est (Nest), eßl (Nessel). Anlautendes d kann bei der Conjunction da>ts (ut) und beim Artikel abfallen ; in beiden Mundarten aß, 's, 'n, 'ui, u. s. w. hingegen wird d der Vor-

1 Lex er schreibt diesen Laut auch als (/^r, prugge, egge, rugge u. s. w. aber auch sonst, kämt, sclilanggl, gottsch. schland (SchhugeF), kärntn. puggl, gottsch. imd (Buckel), kärntii. püiiggl, gottsch. ^;e/(c/ (slow, bunka, Geschwulst) und viele andere.

2 Avich diese Endung im Kärntischen, z. B. schlearggazn, schart' aussprechen.

3 Andere oberdeutsche Mundarten setzen für frenidwörtliches k in der Regel /y ein, vgl. Deutsches Wörterbuch, IV, 1 a, Sp. 11 Oi), bb. Vgl. auch kärntn. gollar u. s. w. In Steiermark durchwegs (j tVir slow. /.-. Im Böhmerwald hrlrte ich gaschn für tschechisch kasna, Brunnen. In Wien gawlir fiu' italienisch cavaliere u. a.

■* Wein hold, Bayrische Grannnatik, § 190 und 141.

5 Lexer, XII— XIV. Weinhold, § IGU^ 165, 145, 148, 177, 187 f.

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silbe er- vorgeschoben, d wird hinter / und >i eingeschoben, gottsch. heldr (welcher), haidr (Keller), scheandr (schöner), ttKUidr (Männer), mahid,) (meine) ; kämt, seindr, alldr, inandr, niandl u. s. w. Als silbentrennender Laut wird gern (j eingeschoben, gottsch. schdfpi (schauen), wrdgd (Frau), hägj (Haue), kämt, schaugn, fögern (feuern) u. s. w. Mhd. ch ist abgefallen im Auslaute in beiden Mundarten, bei ylal (gleich), l (ich), ä (auch), shi (sich) u. s, w. Mhd. // wird in- und auslautend zur gutturalen Spirans : gottsch. /irac/i-> (Höhe), zeacJto (Zehe), schmch (Schuh), kämt, heache, zeache, schuech u. s. w.

Auch in den Flexionsformen und der Wortbildung zeigt die Gottscheer Mundart die bayrischen Eigen thümlichkeiten. Im Verb geht die dritte Person des Plurals auf -}it aus, s/uhpit (sagen), ralfiit (reiten) [vgl. Weinhold §285]. Das n des Infinitivs fallt hinter /, m, n des Stammes ab, wird hinter b und / zu m: hudl (bellen), tschel (sich gesellen), ivin (finden), gdhm (geben), hafm (kaufen) [vgl. Weinhold § 280]. Das Verbum substantivum lautet in der dritten Person Pluralis hent (sind), der Stammvocal zu e geschwächt, im Anlaut h für .9, beides im Bayrischen allgemein und in Kärnten üblich (Weinhold §§ 296 und 190), im Particip Präteriti gdbdn (für bayrisch geben und gwen, gwön). Der Indicativ Präteriti, ist wie im Bayrischen ausgestorben, der Conjunctiv wird auch bei den starken Verben nach Ana- logie der schwachen mit -et gebildet, näniöt oder ndmaü (nähme) [vgl. Wein hold § 323]. Im Particip Präteriti Mischformen gjnwehn (gemacht), ivrliäfm (verkauft), aber auch ivrhart (verloren). Die contrahierten Formen Idt und Idn sind als lud und ludn erhalten. In der Dechnation finden wir in Gottschee das starke Übergreifen des Pluralsuffixes -er bei Masculinum, also pdmr (Bäume), schtoindr (Steine).

Der Wortschatz zeigt zum größten Theile bayrisches Gut. Das beweist Schröers Wörterbuch auf jeder Seite. Auch die als bayrische Merkmale geltenden Ausdrücke ertok (Dienstag), gjtunc (links) und shiimitn (Sonnenwende) sind in Gottschee erhalten. Das meiste berührt sich wieder

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insbesonders mit eigenthümlich kärntisclien Ausdrücken. Zwei der häufigst gebrcuichten Wörter sind in Güttscliee und Kärnten gleich und darüber hinaus nur wenig ver- breitet, so die Füllpartikel lai (aus gleich), eben, gleichsam, das österreichische „halt" vertretend * und et (aus ////; für nicht. (Lexer, 175 und 147.) Beiden Mundarten gemeinsam sind ferner die zahlreichen Verba auf -azai, gottsch. plaruzn (blitzen), (lelniazii (schreien), nopfazu (schlummern), licschazn und scJninpfazn (schluchzen) u. s. w. (vgl. Lexer, 32, 112, 196, 139, 221). Diminutiva auf -izl und -izlc: Mbizh, hini- pizJe und besonders bei weiblichen Taufnamen, Neasliizic (Agnes), Moleanschizle (Magdalena) u. s. w. (vgl. Lexer, 153, 171, Weinhold, i? 208), bestimmte Formen bayrischer Wörter, wie toixß (dengeln), aiiasc/it (jetzt), </J)ioat,> (kaum), und viele andere.-

Neben diesen Erscheinungen hat die Gottscheer Mund- art allerdings noch andere, die über den Rahmen des Bayrisch - österreichischen hinausfallen. Den bayrischen Grundcharakter der Mundart beirren sie nicht, sie sind als äui3ere Zusätze und spätere Veränderungen erkennbar. Aus der Geschichte der Einwanderung ist ersichtlich, dass das Alemannisch -schwäbische einwirken konnte. Doch es sind nur ganz geringe sichere Kennzeichen alemannischen Ein- flusses nachweisbar.'^ Die Gottscheer Familiennamen, die uns in der ursprünglichen Gestalt aus dem alten Urbarium der Herrschaft Gottschee vom Jahre 1574'* bekannt sind, zeigen (wie alle Ortsnamen) zum gröiSten Theile bayrischen

1 lai tiiidet sich, außer in Zarz. auch im Pusterthale, Etschthale vuid Vintschgau, Tiroler Thälern, clie sich auch sonst in Einzelheiten dem Kärntischen nähern (Weinhold, i? 188, 0. 28). Aus dem Puster- thale kamen die Zarzer nach Oberkrain. Eine Zuwanderung einzelner von dort nach Gottschee ist wahrscheinli(;h.

^ Vgl. die betreftenden Ausdrücke in .Schröers Wörterbuch.

^ Schröer meint, das Alemannische bilde einen starken Zusatz, Obergföll (Über die Herkunft der Gottscheer, 17—21') sagt, der Gesammteindruck der Mundart sei schwäbisch.

•• Herausgegeben von Wol segger in den „Mittheilungen des Museal Vereines für Kraiu", 1890 f.

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Charakter,' und uur wenige (wie Khoseli, Göseli, Haberli, Rankeli, Singeli, Werle u. a.) sind alemannisch.

Man hat ferner die in Gottschee so beliebte Ver- kleinerungssilbe /(' als schwäbisch deuten wollen. Doch ist dieses Je als Verkürzung des älteren lein (das in Gottschee anch gern gebraucht wird) in Kärnten und in Tirol ebenso häufig (vgl. auch Weinh o Id, §244). Der Kärntner sagt wie der Gottscheer: dierndle, pieble, kiele u. a., und wählt wie dieser für die Eigennamen gerne diese Ver- kleinerung: Tonele, Hänsele, "Wiltschele (Wilhelmine) u. s. w. Auch a für mhd. (' ist nicht alemannisch allein, sondern auch kämtisch. Als schwäbisch bezeichnete man ferner die Gott- scheer Aussprache oi für mhd. e<'. Der Gottscheer spricht es theils oi mit offenem o (in Rieg, Mitterdorf), als Triphthong oai (in Nesselthal, Lichtenbach), als oa (in Tschermoschnitz, Pöllandel). Es sind also verschiedene Färbungen, wie ja auch in den bayrisch-österreichischen Mundarten das alte ei ver- schieden ausgesprochen wird ; in Kärnten oa, in Ober- und Niederösterreich ai, in den österreichischen Städten a/, und anders (Weinhold, § 64 und 98). Auch in dieser Hinsicht also kann die Mundart nicht als unbayrisch bezeichnet werden.

Einige Gottscheer Wörter finden allerdings nur in dem heutigen Alemannischen ihre Entsprechung, so z. B. aino (Mutter), pol (werfen), paitn (borgen); doch sind sie alle im Alt- oder Mittelhochdeutschen nachweisbar und können zur Zeit, als die Gottscheer einwanderten noch ganz gut im Bayrischen lebendig gewesen sein. Überhaupt dürfen wir wohl eine Reihe von Erscheinungen, durch die die Gottscheer Mundart vom heutigen Bayrischen abweicht, damit erklären, dass die Gottscheer seit der Mitte des vier- zehnten Jahrhunderts losgetrennt vom verwandten Bruder- stamme leben und in der Abgeschlossenheit manches anders entwickelt und viel Alterthümliches sich bewahrt haben.

1 Fuxl,- Gastl, Krikel, Kliüenzl, Lampl, Rücklil, Stamptl, Rößl, Püchinger, Pramb erger, Grueber, Hueber, Jäger, Jagerpacher, Kofier, Leitgöb, Mueß, Schuester, Wächter u. s. w.

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Die Gottscheer gebrauchen für die zweite Person des Plurals i,>r (ihr) und at (euch), nicht wie die Bayern sonst überall die alten Dualformen es (ös) und enk. Das Verb suffigiert darum auch nicht die Form, also: br s/itUpf, i,)r häbdt, hingegen im Bayrischen: es sagts, es habts. Die Ver- wendung des Duals für den Plural und die Anhängung des .V sind erst für das vierzehnte Jahrhundert belegt, die Gott- scheer haben also den älteren Stand bewahrt. Ebenso haben sie noch den Genitiv auf -.s erhalten: luiutrstcli Jiu'isr/i (Vaters Haus), daneben auch die bayrische Wendung mit dem Dativ: in (dem) ivujtr sJiatn haiisch ; ferner den alten Nominativ der schwachen Feminina ohne Anfügung des v : roashs (Rose), tvnUp (Frau), im Bayrischen seit 1315 belegbar: die Stuben, die Rosen, die Gassen u. s. w. ^ Endlich leben in Gottschee noch eine Menge altdeutscher Ausdrücke, die in der Schrift- sprache und in den bayrischen Mundarten längst ausge- storben sind.^

Eine überaus auffällige Erscheinung der Gottscheer Mundart ist es, dass sie das tonlose ,) der Nebensilben nicht synkopiert. Der Bayer spricht phent, pfiet, gmocht. der Gottscheer p.ilioü, pj/njf, f/jnioc/uf. Man hat dies mittel- deutschem Einflüsse zugeschrieben. Doch ist dieses j nicht das mitteldeutsche c, sondern ein überkurzer, irrationaler, dem ö ähnlicher Laut. Vielleicht auch nur eine Alterthüm- lichkeit, die den Übergang von den althochdeutschen Formen mit vollem Vocal zu den neueren Formen mit gänzlichem Ausfalle des Vocales darstellen würde. Übrigens wird auch in einigen Tiroler Thälern der Vocal des iVugmentes aus- gesprochen, (Weinhold, § 14.) Mittel- oder niederdeutsch sehen Diminutiva und Familiennamen aus, wie shaiicc (Sau), Jonke, Hanske, Laske. Doch sind solche Bildungen, wenn

1 Die Gottsclieer Mundart bestätigt also auch die von Wein- hold für diese Ersoliciniuigen urkundlich für das vierzehnte Jahr- hundert berechnete Kntstelnuigszeit. (Wein hold, §358, 284, iM'J.)

- Den Beweis erl)ringt Schröers Vv'^örterbuch auf jeder Seite und no(;h mehr das vorUlulig handschriftliche Wörterverzeichnis von Hans Tschinkel.

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aiuh selten, für das Bayrische der älteren Zeit nicht ganz ausgeschlossen, (Vgl. We i n h o 1 d , § 245.)

Hat man darauf hingewiesen, dass das ganze riehaben des (irottscheers mehr dem ireundlichen Schliti' der Franken, als dem derben Wesen des Bayern ähnelt, so darf man auch nicht vergessen, dass der Gottscheer im Gegensatze zu der überwiegenden Mehrheit des bayrisch-österreichischen Stammes nicht Alpenbewohner ist und dass seine auch im übrigen ganz eigenartigen Lebensverhältnisse auch ein be- sonderes Auftreten zur Folge haben müssen.

Kein Zweifel, der Gesammtein druck der Gott- scheer Mund art ist bayrisch-österreichisch, doch merkt man ihr schon bei oberflächlichem Zuhorchen deutlich einen fremden, nicht nur unbayrischen, sondern undeutschen Einschlag an. Er wird erzeugt durch die Verschiebungen, denen die Laute /, tv, 1 und .s- ausgesetzt sind und die wohl slowenischem Einflüsse zugeschrieben werden müssen. Der stimmlose Spirant / (germ. /) wird in Gottschee immer stimmhaft gesprochen, also tvll (viel), ivraitof (Friedhof), wrüm (fromm). Während der stimmhafte Spirant (mhd. iv) immer zum Verschlusslaut h wird, hfigd (Wage), haislid (Weise), hudß (was), zhoi (zwei), sJibujrz (schwarz), br (wir), hrt (wird).^

Der Gottscheer spricht das normale deutsche /, doch nach den Vocalen a, o und ,9 wandelt er es in das dunkle (sogenannte polnische) / um, also gstrof (gefallen), hliiuf

1 Schröer (Wörterbuch, 184 ff.") will hier slowenischen Ein- riuss allerdings nicht zugeben. Der Slowene macht zwar bei der Auf- nahme deutscher Wörter in seine Sprache diese Verändermigen nicht mit; er sagt britof (Friedhof), waga (Wage), wiza (Weise) u. s. w. ; doch wenn er deutsch spricht, setzt er b tür ?/>. Der ungebildete, deutsch sprechende Laibacher sagt : ich br, du brst, er bit (ich werde u. s. w. ), boß (was), bißn (wissen) u. s w. Die Deutschen m der Sprachinsel Zarz in Oberkrain (vgl. Alpenvereins-Zeitschrift, 7, 163 176) und die im ungarischen Berglande, die slowakischem Einflüsse unterliegen, setzen b für w und das gleiche kann man in der niedern Prager Um- gangssprache beobachten (bh'schte für Würste u.s.w.). Auch die Cimbern in Oberitalien, die w für /und b für setzen, können doch mittelbar von slawischer Einwirkung betroffen sein.

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(Himmel), aber huul mit. Synkope. Zwischen Vocal und / wird / zu ?<, wobei das gottscli. o wieder den liellen Klang des a gewinnt. Neben hoU (Wald), ko^t (kalt), olt (alt) spricht der Gottscheer ganz gleichwertig haut, laut, aut. Ferner lauttr (Keller), (/aut (Geld). In Ebenthal auch im Auslaute, .zau (zahl*), (jju'au (gefallen)^ und in der Diminutivsilbe wexiHd (Vögle), pichue (Büchle). Während der harte dentale Spirant mhd. .z (nhd. /»') in Gottschee / bleibt, wird der stimm- lose Spirant 5 (mhd. .s^) durchwegs zum tönenden Eeibege- räusch i (franz. ,/', ich schreibe sh). Es bleibt tönend vor /, m, n, h und wird im Auslaute und vor t, p stimmlos, fallt also dann zusammen mit mittel- und neuhochdeutsch .syV/, das in Gottschee unverändert bleibt. Gottscheerisch ist: shüf/)t (sagen), shali) (sein), roas]i.) (Rose), sJitufu/ (schlafen), sJnt'trti) (Schwiegertochter), i^lihuDrz (schwarz), aber J/aüfich (Haus), i>ichf (ist), >ichtoin (Stein), scJipak (Speck) u. s. w. Das .s^ der Fremdwörter wird in Gottschee stimmlos ge- sprochen, also sah! (Säbel), sacrameiü, satan, Ausnahme ist >ic]iahi für sanctus. Die ganze Erscheinung ist höchst wahr- scheinlich slawisch. Abgesehen davon, dass die Furlaner, die unmittelbaren romanischen Nachbarn der Slowenen in Görz und im Küstenlande, dass ferner die von Slowenen stark durchsetzte niedere Bevölkerung Triests im Italienischen und der Zarzer in Oberkrain im Deutschen s// für .s' sprechen, zeigen die Slowenen bei der Aufnahme deutscher Wörter dieselben Lautverschiebungen.^ Und während in den heutigen bayrisch-österreichischen Mundarten das anlautende s immer stimmlos gesprochen wird, sjjricht der deutsche Laibacher unter slowenischer Einwirkung das deutsche s im Anlaute

^ Der Slowene setzt t'iir deutsclies l nacli Vocal innuer v. ,<2;aiii;'e (Gralgen\ zauba (Salbe), fauta (Falte). In vielen Gegenden Krains. und zwar auch in der Nachbarschaft der Gottscheer, wdrd auch slawi- sches l zu V. biu, seu, sua für bil, sei, sla u. s. w. Auch die Deutschen im ungarischen Bergland setzen u für /.

2 Mhd. z und romanisches s bleibt im Slowenischen stinnulos, also los (Loos), soudat, sabla (Säbel), aber mhd. s wird z, zaga (Säge). zida (Seide), roza (Rose), viza (Weise), znabl (Schnabel), aber x vor / und ;>, sjDeh (Speck), .strafati (strafen).

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stimmhaft, das romanisclie .s' stimmlos. Er scheidet also scharf zwischen: Sorge, sagen, sein u. a. einerseits, und Uoldat ßäbel, ßacrament u. a. anderseits.

Die deutsche Verbindung chs wird gottscheerisch zu /.•.s7/. Der Laut tseli (<'■) erscheint gottscheerisch in tscliorh.) (Korb aus corba, ital. corbello), f>ichol (aus Gesell), ivifscfKi (Wicke), citsrliar (eine Bohnenart, lat. cicer, ahd. chicherä) u. a. Durch slowenischen Einfluss lässt sich vielleicht auch das gottscheerische h (für mhd. u) erklären, denn die benach- barten Reifnitzer und Tschernembler unterscheiden sich von den übrigen Slowenen durch die dem ü ähnliche Aus- sprache des ii. Endlich sind eine ganze Reihe slowenischer Ausdrücke in den Gottscheer Wortschatz eingedrungen, so edtscli,) (Schlange, kaca), cai^clilc (Korb, kos), rricß (Johannis- feuer, kres), cn casli e (Fürtit^ knez), jöcen (weinen, jokati), yä.zlc (Ente, raca), mwlc (Ahorn, javor),^ und besonders viele slo- wenische Formen der Taufnamen, Nrashc (Agnes, slow. Neza), Jiirc (Georg, slow. Jurij) u. a.

Die Mundart ist nicht auf dem ganzen Gebiete völlig gleich. Die einzelnen Thäler sind voneinander durch Bergzüge geschieden, der Verkehr untereinander war bis ins nemizehnte Jahrhundert herein aus Mangel an Fahr- straßen sehr gering; begreiflich also, dass sich Verschieden- heiten ausbildeten, zumal wir verschiedene Schübe der Be- siedlung annehmen müssen. Im allgemeinen kann man fünf

1 Im Gegensatze hiezu hat der slowenische Wortschatz viele alte deutsche Ausdrücke, die in unserer Sclniftsprache und in der Umgangssprache der Deutschen in Laibach fehlen und darum wahr- scheinlich durch die alten Freisinger Colonisten und die Gottscheer ins Slowenische kamen, so lina (mhd. line), likof (mhd. litkouf), raj- tiinga (mhd. reitunge, Rechnung^ .sapel (mhd. schapel), ski-at ischrate), zlahta (ahd. slahta), sarkelj (^Gugelhupf, ahd. scarta), spilja (^mlid. spüle. Spindel), fletn (mhd. vlsetec, hübsch), frzmagat (mhd. versmähen), faj- mo.str (Pfarrmeister). Der Slowene versteht unter roza, sowie der Laibacher. Gottscheer und die meisten Bayern (vgl. Zeitschrift für deutsche Philologie, 24. 281 f. ; Wa ck e r n e 1 1, Hugo von Montfort, 224), unter Rose schlechtweg Blume. Fiu- die besondere Gattung gebraucht er den Ausdrvick o-artroza. Garteiu'ose.

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Untermund arten, nach den fünf Hauptgebieten, Land, Hinter- land, Unterland, Waldviertel und Mosche unterscheiden. Meine grammatische Darstellung richtet sich im wesentlichen nach der Mundart des Unterlandes, in der auch die Melir- zahl der Lieder aufgezeichnet sind. (Nur die bereits früher gedruckten Lieder folgen, soweit aus der ungenauen Schrei- bung zu schliefen ist, der Mundart des „Landes"). Die Unter- schiede sind am größten in der Wortwahl. Im „Land" ist der schriftdeutsche, in der Mosche der slowenische Einfluss am stärksten. Im Vocalismus wurden schon die mannigfaclien Vertretungen für mhd. ri angegeben. Im Land oi, in der Mosche 0«, im Hinterland ?<a, im Unterland oai (ich schreibe der Kürze wegen ol). Die Nebensilbe im Conjunctiv Präteriti ist im Unterland «/', sonst ö. In der Mosche wird aus- lautendes r zu r/, ata (Vater), ebenso in den Frauennamen und im Diminutiv h( für Je. Im Wald viertel wird das / auch im Auslaute und im Diminutiv zu u. Im Hinterland wird / vor )t zu geschlossenem r, etirpfcndllch , o vor it zu ii, z. B. h'inD (für hon,))] ca (für mhd. or) zu lu (also srli'uni u. s. w.). Hier sagt man auch gjmdchn für gohdn (gewesen), und be- vorzugt überhaupt starke Endung beim Participium Präteriti. z. B. drzchn, cphe)h)ii. Statt ca für mhd. e vor ;• wird viel- fach auch offenes f gesprochen. Im übrigen gibt es kein offenes c in der Gottscheer Mundart. Auch einzelne Ort- schaften weichen in bestimmten Lauten besonders ab, so haben die Nieder - Tiefenbacher mhd. ou erhalten und sprechen: schougn, rouchn u. s. w. Die Tschermoschnitzer setzen an den Infinitiv ein f, (jcanf, ti(,iiit.

Die Sprache der Lieder ist alterthümlicher, sie ge- braucht vollere Formen (so im bestimmten und unbe- stimmten Artikel, dos für s, dem für m oder iii, oiu für a der Umgangssprache) und sie hat alte Ausdrücke, die heute unbekannt sind. Durch die hochdeutschen Schulen und Predigten, durch die Wanderlust der Männer wird der Ein- fluss der Schriftsprache immer wirksamer, er ist natürlich am stärksten in der Hauptstadt der Sprachinsel und deren Umgebung, wo sehr viel hochdeutsche -ungottscheerische

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Ausdrücke gebraucht und meist, namentlich vor Consonanten, /' und nicht mehr /r gesprochen wird (ßoisc/i, fraßn u. s. w.). Die Betrachtung der Mundart bestätigt also durch- wegs die Ergebnisse der historischen Forschung für die Geschichte der Besiedlung. Die Mundart ist ihrem Grmid- wesen nach bayrisch-österreichisch. Sie kommt dem Kärnti- schen am nächsten, zeigt bereits alle neueren Erscheinungen, die der bayrische Vocalismus im zwölften und dreizehnten Jahrhunderte durchgemacht hatte, erweist aber zugleich durch einige Besonderheiten der Wortbildung und durch die Bewahrung alter Ausdrücke, dass die Gottsclieer seit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts fern vom bayrischen Stamme lebten. Schwache Spuren eines alemannischen, viel- leicht auch eines mitteldeutschen Einschlages kann man aufdecken. Die Einwirkung des neuen slowenischen Nach- bars im Consonantismus und im Wortschatz lässt sich nicht verkennen, sie erklärt uns die auffälligsten Abweichungen der Gottsclieer Mundart vom Oberdeutschen.

Lebensverhältnisse, Erwerbsquellen und öffentliche Zustände.

Die Gottsclieer sind im allgemeinen von mittlerer Größe und Stärke. Doch findet man häufiger lange, seh- nige Gestalten, als kleine wohlbeleibte. Die Männer haben zumeist braunes, gewelltes oder leicht gelocktes Haar, graue Augen, ein längliches, schmales Gesicht, starken Schnurr- bart, häufig auch Vollbart, wodurch sie sich deutlich von den rundlichen, glatt rasierten Gesichtern der Slowenen unterscheiden. Das Profil ist scharf, Hakennasen sind nicht selten. Die Frauen sind schlank, braun oder blond, sie haben meist blaugraue Augen und zeichnen sich durch ein gesittetes, amiiutliiges Betragen aus. Die Mädchen sind hübsch, altern aber als Frauen in der Regel sehr rasch,

Hirn u. W;i ck c rn el 1 , Quellen u. Forschungen. 111. b

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schon nach dem ersten Kinde. Die ärmliche Lebensführung der meisten, die schwere Arbeit, die sie auch in Vertretung des wandernden Mannes verrichten müssen, die allzu frühen Heiraten, die jetzt allerdings nicht mehr so häufig sind, tragen schuld daran. Die Zahl der Frauen überwiegt die der Männer (im Gerichtsbezirke Gottschee kommen auf 8116 Männer 12.216 Frauen). Die Kinder sind meist hell- blond und wohlgebildet. Die Untersuchung der Schulkinder ergab 45*8 Procent blondhaarige, 25-U Procent brünette, 7'6 schwarze, der Rest entfällt auf Mischformen. Der rein blonde T^'pus ist etwa um 1 Procent stärker vertreten, als bei den Deutschen in Kärnten; der rein schwarze Typus aber sogar um B'/j Procent stärker, als bei den Slowenen in Krain, was nur durch eine kleine Zuwanderung von Kroaten nach Gottschee erklärt werden kann.'

Die Stellungsergebnisse sind günstig (nach dem Durch- schnitte der Jahre 1889 und 1890 31 Procent, in ganz Krain 26 Procent). Fast alle Gottscheer werden Unterofficiere.

Kröpfige oder Cretins sind sehr selten. Dass sie über- haupt vorkommen, dürfte wohl eine Art Atavismus sein. Eine Vererbung aus der ursprünglichen alpinen Heimat. Specifische Volkskrankheiten gibt es nicht. Nach dem Durch- schnitte des letzten Jahrzehntes starben im politischen Be- zirke Gottschee jährlich 28'95 von tausend Einwohnern (in ganz Krain 29*86). Den Ärzten bringen die Landleute ein großes Vertrauen entgegen. Curpfuschende Weiber gibt es nicht mehr. Nahezu jede Gottscheerin nährt ihre Kinder selbst, meist über ein Jahr lang. In den seltenen Fällen der Unfähigkeit übergibt sie ihr Kind einer anderen stillenden Frau ; künstliche Ernährung der Säuglinge ist unbekannt.

Der Gottscheer ist überaus arbeitsam, ernst, nüchtern und ruhig. Trinker und Raufer gibt es wenige unter ihnen. Ausbrüche der Roheit sind selten, unredliche und schlechte

1 Nicht, durch eine Eigeiithünüichkeit, die die Gottscheer aus der ursprüngUclien Heimat luitg-ebracht hätten, wie Zuckerkandl vermuthet. Vgl. die „Österreicliisch-ungarisclie Monarchie", Kärnten und Ki-am, !)(J.

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Handlungen ganz ausgeschlossen. Der Gofctscheer ist stolz auf seine Ehrlichkeit und Treue. AuJierste Sparsamkeit und einen berechnenden Geschäftsgeist erzeugten die eigenartigen Leliens Verhältnisse. Allgemein wird die Bravheit und Tüch- tigkeit der Frauen gerühmt. Die Sittlichkeit ist größer als anderwärts. Früher waren in den Dörfern barbarische Strafen, Abschneiden der Haare, Schleifung durch die Dorflache für gefallene Mädchen üblich und bis vor fünfzig Jahren etwa waren uneheliche Kinder ganz unerhört. Heute heiratet in der Regel der Bursch (wie in den Alpenländern) das Mädchen, das ihm ein Kind geboren hat. Wie in ganz Krain, so gibt es auch in Gottschee sehr viele Kirchen und Kapellen auf Bergesspitzen, Kreuze oder Mariensäulen an den Straßen, von der Frömmigkeit der Bewohner zeugend.

In der geistigen Begabung bieten die Gottscheer einen guten Mittelschlag dar. Auf rauhem Boden unter widrigen Verhältnissen hatten viele Geschlechter hindurch einen harten Kampf ums Dasein zu führen: das musste auch den geistigen Eigenschaften ein besonderes Gepräge leihen. So fehlen ihnen Talente von bestechender Flottheit luid von begeister- tem Schwung. Sie sind etwas schwer und unbeholfen. Doch der einfache Mann, wie der gebildete ist in seinem Berufs- kreise verlässlich, umsichtig, klug, von fachmännischer Tüch- tigkeit und strebsam. Schon im siebzehnten Jahrhundert sind einige Gottscheer außerhalb der Heimat zu Ehren und Würden aufgestiegen,^ heute nehmen viele in der Fremde eine angesehene Stellung ein.

Die Lebensweise der Gottscheer ist überaus einfach. Auch wenn sie reich geworden sind, haben sie kein Be- dürfnis nach Luxus und höheren Genüssen. Die tägliche Nahrung des Landmannes ist eingelegtes Sauerkraut oder eingelegte saure Rüben mit Kartoffeln, und Milch mit

1 So mehrere Gelehrte und Staatsmänner aus den später ge- adelten Gottscheer Familien Erber g, Schweiger und Ziglfest. Hier sei erwähnt, dass auch Reichskanzler Capri vi der Nachkomme eines Gottscheers Andreas Kopriva aus Nesselthal ist, der sich 1653 den Reichsadel erwarb.

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Maissterz. Bohnen, Knödel, gedörrtes Obst kommen hänfig auf den Tisch. Etwa zweimal in der Woche Fleisch, und zwar geräncliertes Schweinefleisch oder Würste, Bei fest- lichen Gelegenheiten wird ein Ka])aun , Schöpsen- oder Kalbfleisch gebraten nnd mit ivil» (Fülle, einer Eiermehl- speise) versehen. Ihr gewöhnliches Brot ist Schwarzbrot, aus grobem heimischen Weizenmehl oder Maisbrot (tirri.^ich hoizain proat) oder Brol ans Mais und Hirse (/urshcmi proaf)^ für die Festtage backen sie Weißbrot aus feinem eingeführten Weizenmehl. Bessere Melils])eisen sind der Strudel aus Buch- weizen (hoidaiti poho^iz,))^ und der Gugelhupf, scharf! (ahd. scarta). Seit der heimische Weinbau durch die Reblaus so geschädiget wurde, trinkt man meist Obstmost, der zu Hause gepresst wird, oder Laibacher Bier, kroatischen Wein und Selbstgebrannten Pflaumen- und Wacholderbrantwein (proni- pain). Schweine sind immer beim Haus, Gänse und Enten hingegen fast unbekannt. Die Schaf- und Geflügelzucht ist gering. Bessere Bauern haben in der Regel zwei Pferde und viel Hornvieh. Jedes Dorf hat große Weideplätze und ein Hirt fülirt die Rinder aller Insassen gemeinsam ins Freie, wo sie in der besseren Jahreszeit in einzelnen Ge- genden den ganzen Tag verweilen. Im Sommer wird das Vieh während der Mittagshitze in einen eingefriedeten Wald- platz geführt, den pr(h)>sr}>f<)l fBremsenstall), wo es im Baum- schatten ausruht.

Des Bauers Hauptbeschäftigung, die Landwirtschaft, hat in Gottschee immer nur eine Nebenrolle gespielt. Nur ein Fünftel des ganzen Gebietes ist Ackerland, das erst mühselig urbar gemacht werden musste. Der Boden ist be- säet von Steinen und nirgends tiefgründig, zuweüen führt er nur wenige Zoll Erde über dem Kalkgestein. Darum werden vielfach noch die alten, schmalen, spitzigen, soge- nannten Gottscheerpflüge verwendet, während der heute all- gemein übliche Pflug mit der breiten Schar in Gottschee der deutsche Pflug genannt wird. Dazu kommt das rauhe

1 Vgl. Schröer, 222 f.

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Klima. Der Winter beginnt schon Anfang October und noch im Mai gibt es zuweilen Schneefälle und Spätfröste, daiiim wurde in früheren Zeiten bis in unser Jahrhundert herein überhaupt keine Wintersaat gebaut. Die gewöhn- lichsten Feldfrüchte waren Rothweizen und Hirse, die das Volkslied ganz typisch verwendet. Auch gilt noch heute die Redensart: „Er hat viel Hirse" = Geld. Daneben wurde viel Flachs gebaut, weil sich die Gottscheerinnen (was zum Theil noch üblich ist) die ganze Hausleinwand und die wichtigsten Bekleidungsstücke selbst gesponnen haben. Der Weinbau in der Gegend von Maierle, Altlaag und Verdreng begann erst im siebzehnten Jahrhundert und ist seit einigen Jahren durch die Reblaus arg gefährdet.

Heute gedeihen die verschiedenartigsten Sommer- und Winterfeldfrüchte. Nach Heu und Klee am meisten Kar- toffeln 120.000 q, weiße Rüben 50.000 r/, Mais 14.000 q, dann in absteigender Linie Kraut, Hafer, Hirse, Möhren, Sommerweizen, Roggen, Gerste, Winterweizen, Buchweizen, Hülsenfrüchte, Hanf und Flachs. An Obst werden 12.000 q erzielt, wovon die Hälfte für Most verwendet wird. Das Hinterland ist besonders reich an Obst. Der Erlös an Wein beträgt 22*7 hJ^ Im ganzen ist die Fechsung im Verhältnisse zur Zahl der Bewohner zu gering. Die an und für sich mageren Gründe werden schlecht gedüngt und zu stark benützt. Dreifelderwirtschaft ist die Regel, Brache wird selten gelassen. Auch die Wiesen werden überweidet. Heu wird auch auf den Berglehnen, den sogenannten Heutheilen (liaitoildr) gewonnen.

Für die Anbahnung eines rationellen und nachdrück- lichen landwirtschaftlichen Betriebes geschieht wenig. Die Landleute sind darum mit Ausnahme jener, die in der Fremde durch den Handel wohlhabend geworden sind, alle sehr arm. Im sechzehnten Jahrhunderte gab es, wie wir aus dem Urbarium der Herrschaft Gottschee vom

1 Die Zahlen nach dem Ausweise der krainischen Landwirt- schaftsgesellschaf't für das Jahr 1892 und den G-erichtsbezirk Gottschee, der im allgemeinen mit der Spracliinsel zusammentrifft.

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Jahre 1574 ersehen, nur wenige Besitzer ganzer Hüben. Die meisten waren Halbhübler, viele besaJien noch weniger. Heute kommt auf etwa ein Dutzend Bauern {paiur heißt in Gottschee jeder Landmann, der Grundstücke besitzt) nur ein Besitzer einer ganzen Hube {htuh) = 60 Joch). Die anderen haben eine halbe, viertel oder achtel Hube. Die meisten sind verschuldet. Daneben gibt es Landleute, die nur ein Häuschen mit geringem oder ohne Grund besitzen, die haischlard (Häusler), ferner Bebauer der Ge- meindegründe, die imtrs1taß,)n und Besitzlose, die inhoanar.) (Einwohner) und tanbachtar,) (Tagwerker). Natürlich gibt es auch Knechte und Mägde {hnachtd und didrn,i, zugleich die Bezeichnung für Jünglinge und Mädchen).

Bei der geringen Ergiebigkeit der Landwirtschaft mussten die Gottscheer schon früh auf einen Nebenerwerb zur Fristung ihres Lebens bedacht sein. Wir wissen auch, dass sie schon im fünfzehnten Jahrhundert fleiliig Lein- wand und Holzgeräthe aller Art anfertigten und ihre Er- zeugnisse auf Saumrossen verführten, km. 23. October 1492 verlieh ihnen Kaiser Friedrich IV. ausdrücklich das Recht des Hausierhandels, das in den Jahren 1571, 1596, 1774 und 1780 durch neue Begünstigungen bestätigt und er- weitert wurde. Seit vier Jahrhimderten also betreiben die Gottscheer einen ganz eigenartigen Hausierhandel, der sie durch fast ganz Österreich-Ungarn und Deutschland führte, der viele zu groüem Wohlstand brachte, die meisten gut ernährte und erst in den letzten Jahren durch größere Ver- änderungen im internationalen Handelsverkehr und gesetz- liche Beschränkungen immer mehr unterbunden wird und in nicht allzufemer Zeit ganz aufhören dürfte. Der Gott- scheer zog und zieht im Herbst (meist im October) von der Heimat weg, lässt Weib und Kind zurück und wandert nach liaibach, Triest oder nach Deutschland (so nennt der Gott- scheer alles Land nördhch von Krain), in eiiie der größeren Städte, nach Graz, Linz, Wien, Brimn, Prag, Pest, nach Nordböhmen, Sachsen oder Süddeutschland. Den Winter über hausiert er, um im Sommer mit seinen Ersparnissen

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lieimziikehren unrl das Feld zu bestellen. Zur Summer- sonnenwende kommen die ersten an (früher im bekränzten Postwagen). Die Frauen eilen ihrem Manne oft meilenweit entgegen und begrüßen ihn mit lauten Jubelrufen, sie be- handeln ihn wie ihren Herrn und halten ihm die gemauerte Stube des Hauses bereit, die den Winter über verschlossen bleibt. Ihre Waren bildeten zuerst heimische Erzeugnisse und Bilchhäute, bald Südfrüchte und Golonialwaren, die sie sich selbst aus dem nahen Hafen Finme holten. Jetzt be- ziehen sie ihre Sachen meist aus Triest oder von einem Landsmanne, der in ihrem Aufenthaltsorte ein ständiges Geschäft hat. Pomeranzen, Citronen, Datteln, Sardinen- büchsen, verzuckerte Früchte, auch Galanterie- und Schnitt- waren, die sie in einem an Tragriemen befestigten Korb in den Städten von Gasthaus zu Gasthaus tragen, verkaufen oder durch das bekannte Hoch- oder Nieder-, Grad- oder Ungradspiel verlosen. Unter dem Namen Kraner (Krainer) sind sie allgemein bekannt. In den größeren Städten hausen mehrere zusammen in einer Wohnung, in regelmäßigem Wechsel bleibt immer einer von ihnen zu Hause und be- sorgt den Haushalt. Söhne, die der Schulpflicht entwachsen sind, werden auf die Wanderschaft mitgenommen. Ist einem die Gelegenheit günstig, so lässt er sich in der Fremde nieder, eröffnet ein Geschäft (meist mit Südfrüchten) und wird ein wohlhabender Mann. In allen den früher genannten Städten gibt es reiche und angesehene Kaufleute, die ent- weder selbst als Gottscheer Hausierer angefangen haben, oder von solchen abstammen. Jetzt geht der Hausierhandel stark zurück. Seit der Zoll auf die italienischen Früchte aufgehoben ist, vertreten die Waren, die der Hausierer mühselig herumschlepj)en muss, einen viel geringeren Wert, neu eingeführte Handelsartikel, z. B. Strohhüte, werfen nur einen spärlichen Gewinn ab. Hausierpässe werden jetzt in der Regel nur mehr den älteren Händlern neu ausgestellt; so sind sie förmlich auf den Aussterbe-Etat gesetzt. Trotzdem fließen noch jährlich der Heimat durch diesen Handel erkleckliche Summen zu und wird die Zahl

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der zeitweilig abwesenden Gottscheer auf vier Tausend geschätzt.

Als Ersatz für diese allinählicli versiegende Einnalinis- quelle trat seit der Mitte der achtziger -lahre die Aus- wanderung nach Amerika. Sie wuchs rasch und bedrohlich an , geht aber nun wieder glücklicherweise zurück. Im ganzen halten sich jetzt gegen 2000 Gottscheer in den Vereinigten Staaten auf. Die stärkste Niederlassung ist Cleveland (700), dann Brooklyn, Kansas City, Chicago, S. Francisco. Sie sind meist Handwerker oder Arbeiter, Tischler, Hufschmiede, Lackierer, Schlächter, aber auch Kaufleute und Gastwirte. Auch in Amerika gedenken sie in Treue ihrer alten Heimat und machen oft mehrmals den weiten Weg, um sie zu besuchen.

Doch auch im Lande selbst gibt es neben der Land- wirtschaft noch verschiedene Erwerbsquellen, die aus der Jagd (besonders dem Bilchfang), aus der Fisch- imd Krebsen- zucht, vor allem aber aus der Forstwirtschaft und der In- dustrie flieiBen. Die Hälfte des ganzen Gebietes ist Wald- grund. Einzelne Strecken davon gehören den Gemeinden, die aber mit Ausnahme der Stadt ihren Waldbesitz un- zweckmäßig bewirtschaften und geringen Erlös davon be- ziehen. Der größte Theil gehört dem Fürsten Auersperg. Von seinen ausgedehnten Wäldern in Krain entfallen auf die Herrschaft Gottschee 19.274 lia mit 8 Revieren und 25 Sohutzorganen, die dem Forstmeister in der Stadt unter- stehen. 'Dieser außerordentliche Waldbesitz warf vor etwa hundert Jahren noch sehr unbedeutende Erträgnisse ab. Er war von Servituten belastet, auch wurde früher ohne ziel- bewussten Wirtschaftsplan ausgeschlagen und das Nutzholz konnte nicht in die Ferne versendet werden. Anfangs dieses Jahrhunderts kamen zuerst Pottasche , Buchenschwämme und Holzgeschirr aus den Gottscheer Wäldern auf den Weltmarkt. Seit den Fünfzigerjahren wird die Forstwirt- schaft immer geregelter, planvoller und nachdrücklicher betrieben und erzielt immer reicheren Gewinn. .letzt be- stehen fünf Dampf brettsägen und mehrere Meilerköhlereien,

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die natürlich nebst den übrigen Waldarbeiten den Gutt- sclieern fortwährend die Möglichkeit zu Nebenverdiensten eröffnen.

Da die ganze Herrschaft von Anfang an ungetheilt in einer Hand verblieb, so finden wir außer dem Stadt- schloss in der Sprachinsel keinen einzigen adeligen Land- sitz, an denen sonst Krain so reich ist. Bis zum Jahre 18-4:8, bis zum Fall des Unterthanenverbands und der Patrimonial- Gerichtsbarkeit, war der Herzog von Gottschee der unum- schränkte Herr über Stadt und Land. Einige alte Vorrechte, so das der besonderen Rechtssprechung durch den Bürger- meister, den „Stadtrichter", hatte sich die Stadt daneben bewahrt. Die Vorsteher der Dorfgemeinden hießen shiipon (slovenisch zupan, Schultheiß) oder Ortsrichter und hatten germge Macht. Auch hevite ist noch die Stellung des Her- zogs und sein Einfluss in jeder nicht nur in wirtschaft- licher Beziehung sehr bedeutend. Der frühere Herzog, Fürst Carlos Auersperg (geboren 1814), war bekanntlich der Führer des verfassungstreuen Adels in Österreich, 1868 Präsident des sogenannten Bürgerministeriums, lange Jahre Oberst- landmarschall in Böhmen und Präsident des Herrenhauses, ein gesinnungstüchtiger, vornehmer, lauterer Charakter. Wie er überhaupt ein Freund des deutschen Volkes war, so sorgte er auch reichlich für seine Gottscheer, schuf ihnen durch die gesteigerte Bewirtschaftung seiner Besitzungen zahlreiche Vortheile, öffnete seine mildthätige Hand für jeden Kirchenbau, jede Schule, jede gemeinnützige Unter- nehmung und begleitete seine ansehnlichen Gaben mit herzerfreuenden Wünschen. Als er 1890 allgemein betrauert starb, folgte ihm, da er kinderlos war, sein Nefte Karl Auersperg (geboren 1859) im Besitze der reichen Güter in Böhmen, Mähren, Niederösterreich und Krain. Herzog Karl führt alle Pläne seines Vorgängers in dessen Sinne aus, geht verständnisvoll in die Bedürfnisse des Landes ein, das er freigebig fördert, und hat sich rasch die allgemeine Zu- neigung erworben.

Die gewerbliche Thätigkeit ist in Gottschee in raschem

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Aufschwung begritfeii und wird wohl mit der Zeit die wirt- schaftlichen Wunden heilen können, die der Rückgang des Hausierhandels dem Wohlstande des Landes geschlagen hat. Die Hausindustrie ist uralt, schon im sechzehnten und sieb- zehnten Jahrhundert erzeugten die Grottscheer Linnen und Holzwaren aller Art, doch schlief sie allmählich infolge der Wanderlust bis auf wenige Gegenden ein und fasste mehr in der Nachbarschaft der Gottscheer, bei den Reifhitzern und GroiSlaschitzern festen Fuß. Die Holzindustrieschule, die 1882 in der Stadt durch die gemeinsame Bemühung des Deutschen Schulvereines und des Gottscheers Johann Stamj)fl errichtet wurde, sollte zur Wiege des neubelebten häuslichen Gewerbes werden. Von Fachlehrern wird hier die kunstmäJJige Herstellung von Holzwaren, das Drechseln, Schnitzeln und Korbilechten gelehrt. Die Zahl der Er- zeugnisse und der Kundenkreis werden immer gröÜer. Die Schule setzt jährlich etwa tausend Stöcke und ebensoviel künstlichere Erzeugnisse, Schreibzeuge, Handtuchhalter, Kleiderrechen, Teller u. s. w. ab. Daneben werden im ganzen Ländchen jährlich Tausende von Fässchen, Kübeln, Mulden, Schäffern (80.000), Schaufeln, Hammerstielen (5000), Wiegen, Spinnrädern, Sesseln, Pfeifen u. s. w. erzeugt und in alle Nachbarländer von Krain bis nach Wien hinauf, vor allem aber nach Kroatien und dem Balkan versendet. Auch das Spinnen von Hausleinwand kommt in einzelnen Orten wieder mehr auf. Grober Loden wird besonders in Lichtenbach, Mosel und Kummerdorf erzeugt. An größeren industriellen LTnternehmungen gibt es neben den schon er- wähnten Dampfsägen auch Ziegeleien, Mühlen und eine Bierbrauerei. Glashütten wurden 1835 (in Karlshütte) und in den Vierzigerjahren auf dem Tratten bei Gottschee er- richtet, die beide nicht mehr bestehen. Die letzte stand auf dem umfassenden Braunkohlenflötz, das im Jahre 1886 von der Trifailer Kohlenwerks- Gesellschaft erstanden wurde. Man fand hiei- eine gute, reine Kohlenablagtnung mit einer Durchschnittsmächtigkeit von über 20 in und eröffnete darum den Bau in großem Maßstab. Da die Gesellschaft sich auch

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einer zu errichtenden Bahn gegenüber zu überaus günstigen Zugeständnissen verpflichtete, so wurde sie zum neuen An- sporn für den seit den Seeliziger jähren erwogenen Plan einer Unterkrainer Bahn mit einem Zweige nach Gottschee. Nach vielen mühsamen Vorbereitungen und durch die opfervolle Mitwirkung des Herzogs und der Bürger von Gottschee, der Krainischen Sparcasse und des Krainischen Landesausschusses wurde der Bau endlich ermöglicht und im Herbste 1893 wurde die Bahnstrecke nach Gottschee er- öflftiet, die nun die Verwertung aller gewerblichen und forst- wirtschaftlichen Erzeugnisse des Ländchens erleichtern und deren Erlös bedeutend erhöhen wird.

Den "Wert der Schule hat der Gotischeer früh er- kannt und für die Ausbildung seiner Jugend mit allmählich sich steigernden Mitteln und wachsenden Erfolgen Sorge getragen. Die Gottscheer verstanden es, sich schon früher unter den unerquicklichsten Verhältnissen die Anfangs- gründe des "Wissens anzueignen. In den entlegensten Berg- dörfern gab es sogenannte Nothschulen, von denen uns der Abgeordnete Braune einen ergötzlichen Bericht ge- liefert hat : wie irgendein bresthafter Flickschuster oder Schneider einige wackelige Tische und Stühle sich aus- bettelte und in einer schlechten Stube (die ihm von der Gemeinde überlassen wurde und die er zugleich als Schlaf- kammer und "Werkstätte benützte) aufstellte, um zu unter- richten. Ein mit Schuhwichs angestrichenes Brett galt als Tafel. "Während die Kleinsten buchstabierten, las der Lehrer den Alteren aus der Bibel oder einem vom Pfarrer ausge- liehenen Büchlein vor. Das Schulgeld wurde in Lebens- mitteln abgeliefert. Heute ist das Volksschulwesen in der Sprachinsel, nachdem es sich besonders in dem letzten Jahr- zehnt sehr gehoben hatte, in den geordnetsten und erfreu- lichsten Verhältnissen. Es würde sich noch blühender ge- stalten, wenn der Staat und das Land es ausgiebiger unter- stützten. Die Gottscheer thun sehr viel ; einzelne haben Schulen mit Stiftungen versehen oder aus eigenen Mitteln gegründet. Die Landleute schätzen die Lehrer und sorgen

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für den regelmäJJigen Schulbesuch. Im Schuljahre 1892/93 entzogen sich zehn Procent der schul])ilichtigen Kinder dem Unterricht, elf Procent besuchten ihn nachlässig, alle übrigen sehr fleiiJig. Die Kinder sind befähigt, eifrig und reinlich. Die Lehrer (fast durchwegs geborne Gottscheer) sind tüchtig, für ihren wichtigen Beruf begeistert. Die Schulgebäude sind meist zweckentsprechend und nett. Die Sprachinsel besitzt jetzt, abgesehen von einzelnen Noth- und Excurrendoschulen, 27 ordentliche öffentliche Volksschulen, von denen 2 vier- classig, 2 dreiclassig, 19 nur einclassig sind. Groi3e Ver- dienste um Gottschee hat sich der Deutsche Schulverein erworben. Neben seiner kräftigen Mitwirkung an der Holz- industrieschule hat er eine Reihe von Schulen an der Sprach- grenze gegründet oder erweitert, fast alle übrigen Lehr- anstalten mit Spenden versehen und im ganzen bis jetzt über hunderttausend Gulden für die Sprachinsel ausgegeben. Auch der Verein Südmark (Graz) und der Allgemeine Deutsche Schulverein (Berlin) sandten manche willkom- mene Gabe.

Wichtig für das Gedeihen des ganzen Schulwesens ist das Untergymnasium zu Gottschee, das 1872 gegründet, seit 1889 mit einer gewerblichen Fortbildungsschule ver- sehen ist, vom Staate mit Hilfe der Stadt unterhalten, von mehr als hundert Schülern besucht und von ausgezeichneten Lehrkräften geleitet wird, die sich auch um die wissen- schaftliche Erforschung des Ländchens mit Erfolg bemüht haben. Seitdem Johann Stamjjfl durch seine großen Stiftun- gen vom Jahre 1881 den Gottscheern auch den Besuch der Hochschulen ermöglicht hat, ist der Bildungskreis ge- schlossen und Jahr um Jahr wächst die Zahl der jungen Leute, die berufen sind, auch in akademischen Stellungen ihrer Heimat zu dienen.

Die Sprachinsel, deren Bevölkerung durchwegs dem römisch-katholischen Bekenntnis angehört, ist in sechzehn Pfarrsprengel getheilt, an deren S[)itze in der Stadt ein Dechant steht.

Die Beamten, Ärzte und Professoren, die unter den

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Gottscheern wirken, sind jetzt zumeist Deutsche. Freilich erstreckt sich der Wirkungskreis der Beamten in Gottschee nicht über das ganze (rebiet der Sprachinsel, denn als die neue Eintheilung der Yerwaltungs- und Gerichtsbezirke in den Jahren 1850 und 1867 vorgenommen wurde, hat man sie drei Bezirkshauptmannschaften und sechs Gerichts- bezirken, die meist der Mehrheit nach slowenisch sind, zu- getheilt. So können die Gottscheer auch nur mit Mühe einen Landtagsabgeordneten durchsetzen. *

In früheren Jahrhunderten war die Sprachinsel im Norden und im Süd^n gröUer als jetzt. Die nun slowenischen Orte Deutschdorf, Bücheisdorf, Niederdorf, Pöllaud, Grafen- wart (Kostel), Ossiuniz waren früher, wie es sich aus den Orts- namen oder den Familiennamen ergibt, ganz oder theilweise deutsch. In neuerer Zeit verschiebt sich die Sprachgrenze nicht mehr zu Ungunsten der Gottscheer, zumal diese Ehen mit Slawiinien grundsätzlich vermeiden. Die früher be- drohten Grenzorte der Gemeinden Obergras, Suchen und das Dorf Maierle zeigen nach der Zählung von 1890 ein erstarktes Deutschthum.

In der Stadt selbst herrscht ein reges nationales und wirtschaftliches Leben. Zahlreiche Vereine fördern Kunst und "Wissenschaft, die Schulen, das Turnen und gemein- nützige Unternehmen. Die 1882 gegründete Sparcasse hat bereits einen Jahresverkehr von einer Million erreicht. Seit 1891 besteht auch ein Verein der Deutschen aus Gottschee mit dem Sitze in Wien und eigenen Vereinsmitth eilungen. Die vielen zugewanderten Deutschen (il9 inaJcamard , die Hereingekommenen) beleben und kräftigen die nationalen Bestrebungen der wurzelechten Gottscheer.

Die beste Stütze der Sprachinsel aber ist die große Heimatsliebe der Gottscheer. Aus der fernsten Gegend kehren die wa.udernden Männer alljährlich wieder heim. Viele, die in der Fremde ansässig sind, bringen mit Familie den Sommer in ihrem Geburtsdorfe zu. Wer reich geworden und nicht mehr ans Geschäft gebunden ist, verlebt sein Alter vollends in der Heimat. In vielen Gottscheer Dörfern

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sieht man neben den einfachsten Hütten ein stattliches Gebände, das sich ein gUicklicli Heimgekehrter erbaut hat. üb fern oder nah, viele senden zu den heimischen Unter- nehmungen reichliche, oft sehr bedeutende Gaben. Ein leuchtendes Beispiel ist Johann Stampfl, der 1803, in dem Gottscheer Dorfe Eben geboren, 1890 in Prag verstarb, wo er ein halbes Jahrhundert lang ein großes Südfrüchten- geschäft besah. Nicht nur die GröiBe, sondern besonders die Zweckmähigkeit und daher die fruchtbare AVirkung seiner wohlüberlegten Spenden sind über alles Lob erhaben. Er hat 47 Stiftungen für Gottscheer Mittel- und Hochschiiler geschaffen, Gebäude für die Holzindustrie-Anstalt und an- dere Schulen errichtet und so seine Landsleute vom ein- seitigen handelsmännischen Sinn zu höheren Bildungsbe- strebungen hingelenkt.

Da jeder Gottscheer von dem heiÜen Wunsche be- seelt ist, für seine Heimat Tüchtiges zu leisten, so geht die Sprachinsel in wirtschaftlicher, geistiger und nationaler Be- ziehung einem erfreulichen Aufschwung entgegen.

V.

Tracht und Hausbau.

Der alles ebnende Zug unserer Zeit, der die bunten, wechselvollen A-^olkstrachten immer mehr zu verdrängen droht, hat auch die Gottscheer bereits ereilt. Die Männer führte der Handel viel in die Fremde, wo sie nicht auf- fallen mochten und Gelegenheit fanden, sich billige, bürger- liche Kleider anzuschaften. Darum legten die Hausierer schon Anfang dieses Jahrhunderts ihre heimische Tracht ab. Eine volksthümliche Tracht ferner, die doch in ihren feiertäglichen Bestandtheilen kostspielig ist, erhält sich am besten in Gegenden mit einem stolzen , wohlhabenden Bauernstande. Dieser war bei den liandeltreibenden Gott-

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scheem kaum vorhanden, und so begann die Volkstracht der Männer auch in der Heimat schon in den Dreißiger- jahren zu schwinden. Als die ersten Hausierer in den frem- den Kleidern heimkehrten, erregten sie in der Heimat aller- dings das groJJte Aufsehen. Die Leute daheim, welche sich mit der gewohnten Tracht förmlich verwachsen fühlten, nahmen an, ihre Landsleute hätten Fremde erschlagen und deren Kleider angezogen , anders konnten sie sich diese räthselhafte Erscheinung nicht erklären. Das Beispiel aber wirkte rasch und seit den Fünfzigerjahren ist die uralte Tracht der Männer mit allen ihren Resten völlig ver- schwunden.

Die alte Männertracht bestand aus folgenden Stücken: Aus weiten Pumphosen (pnntprhösh))^ die für Werktage aus grober, für Feiertage aus feiner, rein weii3er Leinwand (Moni,) laimöt) verfertigt und quer gefaltet (cidl^rischp.it) waren. Im Winter staken die Hosen in hohen Stiefeln, im Sommer hiengen sie mit ihren erweiterten Enden lose über die Bund- schuhe hinab. Die Stiefel waren diknataita, d. h. mit starken, am Sohlenrande umgebogenen Nägeln beschlagen. (Auch hölzerne Schneereifen (shuearuifin) wurden früher an den Schuhen getragen.) Dazu kam eine Weste, im Sommer aus bläulich-weißem Tuch oder Leinen, im Winter aus weißem Loden, mit Haften geschlossen. Aus den gleichen Stoffen bestand die Joppe (jöpd). Sie war weit, ärmellos, bis an die Knie reichend, an der Brust mit einigen Haften geschlossen, an den Nähten und an den Taschen mit grünen Verschnü- rungen versehen. Das grobleinene Hemd war am Halse offen, oder mit einer Schnur lose gebunden und hatte einen breiten Kragen, der meist über die Joppe gelegt wurde. Das Hemd wurde in die Hosen und in den Ledergürtel so gesteckt, dass der untere Theil in einem Bausche darüber hinaus- hieng. Im Winter wurde statt der Joppe der Rock getragen. Er bestand aus weißem Loden, aus bläulichem oder grünem Tuche, war der Joppe ähnlich geformt, doch hatte er Ärmel mit breiten grünen oder rothen Aufschlägen und einen umgelegten oder Stehkragen von der Farbe der Aufschläge.

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Am Rücken fiel der Rock glatt und geschlossen abwärts, an den Seiten hatte er kleine Schlitze. Zu Hause und bei der Arbeit trug man einen kurzen Leinenrock. Bis in den An- fang des Jahrhunderts war es bei den Männern üblich, die Haare in einem bis an den Gürtel reichenden Zopf zu tragen. Einige Jahrzehnte später lieiJ man noch die Haare lang stehen. Der Hut war aus grobem brauneu Filze, hoch,

Ein Gottscheer in der alten Tracht.

mit breiten Krampen. Der „hohe Hut" und die ,.weii3en Hosen" werden ja im Liede tyjjisch verwendet.

In den DreiiJigerjahren kam die Mode auf, an Feier- tagen zu den Leinenhosen schwarzen Frack und Cylinder zu tragen. Wurden die Sachen schlecht, so verwendete man sie auch zur Arbeit. So kam es thatsächlich oft vor, was den Gottscheern noch heute im Scherze vorgehalten wird, dass die Landleute in Frack und Cylinder hinter dem Pfluge einhergiengen. Seit den Fünfziger] ahren ist jede Simr einer

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besonderen Tracht der Männer geschwunden, sie gehen in einfachen bürgerlichen Kleidern und man kann sie heute gelegentlich in schwarzem Schlussrocke und hartem Hute bei der Feldarbeit sehen.

Nur die Hirten haben sich noch einen besonderen Anzug bewahrt. Sie tragen lange Leinenhosen, einen Rock aus schwerem grauen Hausloden in der bekannten Form

J^

\i^\

Eine Gottscheerin.

der Alpenlodenröcke mit einer Doppelreihe von Hirschhorn- knöpfen, mit oder ohne grünen VorstoiB, einen kleinen, runden, dunklen Loden- oder Filzhut, Schuhe aus Kirsch- baumrinde geflochten mit dicken Holzsohlen (hiöshpö). In der Hand hält der Hirt einen dicken Knotenstock mit runderii Griffe oder eine Schleuder (Möb^J und ein großes Bocks- horn. Das eigenartigste Kleidungsstück ist sein -Regen- mantel, ein weiter, bis über die Hüften reichender Kragen aus schmalen (früher in Wasser erweichten) Lindenbast-

Hii'n u. Wa ck ern e 11 , Quellen ii. Forsclmngen. TU. 4

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streifen, die dreifach übereinander liegen nnd den Regen nicht durchlassen.

Die alte Tracht der Frauen war vor etwa 40 Jahren noch ganz allgemein üblich, auch in der Stadt. Dann ist sie im Norden und (Jsten des Gebietes allmählich zurück- gegangen und ist heute nur mehr im Westen, dem abge- schlossenen „Hinterland", erhalten. Die billigen und schlech- ten Fabrikserzeugnisse verdrängen sie Stück um Stück, so dass man häufig älteren Weibern begegnet, die Theile der volksthümlichen Tracht neben neueingeführten Schürzen. Kopftüchern oder Röcken tragen, was gar geschmacklos aus- sieht. Eine Gottscheerin von echtem Schlage trägt am Leibe das Hemd aus grobem Linnen (ünirpfoifj^ darüber einen Leinenunterrock (dar könikain,) kitl). In diesem einfachen Anzug verrichtet sie die häuslichen und die Feldarbeiten. Für den Ausgang und an Sonntagen legt sie darüber ein langes, gefälteltes Leinenhemd (d.) (/rwofdröf,> j)foif, /rohirjtfo/f oder dj (i^ngut,) pfoit) an. Es ist am Halse geschlossen, reicht bis an die Knöchel und ist von den Hüften abwärts und an den Ärmeln in Falten gelegt. Das Fälteln besorgt in jedem Dorfe eine eigene irohlrariii, darum ist auch der Hausname pai /rofdrarsrh sehr häufig. Bei festlichen Gelegen- heiten muss das Hemd in acht Zwickel (Stöi3e) ausgehen {ocJif- xchfcaßatl^)^ vorne querüber gefältelt ((p)krlsr1ipdtj^ mit einem zahnförmig ausgeschnittenen Rand versehen sein (gdza)idJf) und aus feiner weißer Leinwand bestehen. Dieses Hemd wird immer durch einen Wollgürtel (s';i'ni,)lc) festgebunden. Er ist handbreit, roth, \on grünen oder gelben Fäden durch- zogen; rothe Wollschnüre in einer Länge von drei Meter hangen daran, die vielmals um die Hüften gewunden und rückwärts so zugebunden werden, dass rlie Enden (di) setri) bis zu den Knöcheln reichen. Der Gürtel vertritt die Stelle des Mieders. Tiber dem Hemd Mard eine weii3e. hellgrüne oder hellblaue ärmellose Tuchjacke (]('))><>) ge- tragen. Sie ist am Halse durch Haften festgelialten, steht im übrigen weit offen und reicht bis an die Knie. Die un- teren Ecken werden etwas zurückgeschlagen, so dass das

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bunte Futter sichtbar wird. An den Rändern, den beiden Seitentaschen und den Nähten ist die Joppe mit grünen Schnüren geziert. Sie gleicht fast ganz der alten Männer- joppe. Um den Hals kommt ein breiter, umgelegter, weißer Kragen (dr cdJar), der zuweilen gestickt ((pUclot) ist. Über den Busen hängen schmälere oder breitere, bunte und geblümte Seidenbänder (dd pinfjXfntlahi) herab. Das Haar wird an Wochentagen mit einem einfachen, farbigen Tuch (hidrlc), an Sonntagen mit einem weii3en Tuch (tidchle) be- deckt. Dieses wird hinten gebunden, ein Zipfel fällt nach vorne, der andere nach rückwärts ; das breite Dreieck fällt über den Rücken und ist mit Stickereien versehen. Ein Ohr bleibt frei, damit man einen der Ohrringe sehen kann. Kleinere Lasten werden auf dem Kopf getragen, wobei ein Tuchring (ridl) zur Erleichterung dient. Rothe Strümpfe, die auch zuweilen gefältelt sind, und offene schwarze Niederschuhe oder Schnürschuhe (pimtsclmdchn)^ heute meist hohe Stiefel vollenden den x4nzug. Im "Winter wird noch ein ärmelloser, verschnürter Schafpelz, mit der Wolle nach innen, unter der Joppe angelegt. Mädchen und Frauen unterscheiden sich nicht, alle tragen die Zöpfe auf- gesteckt unter dem Tuche.

Während in anderen Gegenden, z. B. in Bayern und Salzburg, die Bauerntracht im Laufe der Zeiten öfter wechselte, tragen sich die Gottscheerinnen im Hinterland heute im wesentlichen ebenso, wie sie Valvasor^ im siebzehnten und Hacquet^ im achtzehnten Jahrhundert beschrieben haben. Nur war der Gürtel früher auch braun, blau oder schwarz, und die Frauen trugen zuweilen im Winter Röcke mit Ärmeln, wie die Männer. Bis in die Fünfzigerjahre erhielt sich auch ein Unterschied in der Haartracht zwischen Frauen und Mädchen. Die Mädchen hatten immer zwei mit Scharlachfäden durchflochtene Zöpfe. Nach der Trauung wurden die Zöpfe aufgesteckt zur-einem roidl (mhd. reide, Drehung, Wendung). Um diesen Haar-

1 2, 300.

2 Abbildung und Beschi-eibung, 90 f.

4*

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knoten wurde ein Band (womöglich in der Farbe der Haare) gebunden, darauf kam ein kleines weil5es Häubchen, das bei den Frauen nie fehlen durfte. Erst darüber legten sie beim Ausgang das Kopftuch. Die ältere Sitte versagte den Mädchen auch das Tragen eines Pelzes.

In mehreren Liedern werden Theile der Frauenklei- (hmg erwähnt (so Nr. 60, 72, lOG, 119).

Die Gottscheer Frauen- und Männertracht hat keine Ähnlichkeit mit deutschen Volkstrachten. Es ist kein Zweifel, dass die Gottscheer sie erst in ihrer neuen Heimat von den slawischen Nachbarn übernommen und theilweise selbst- ständig abgeändert haben. Die Nachbarn im Osten, die sogenannten weißen Krainer (Slowenen) und im Süden die Kroaten haben vielfach die gleichen oder ähnliche Klei- dungsstücke : die Männer Leinenhemd und Leinenhosen oder den weiiien Rock; die Frauen den Leinenkittel, den farbigen Gürtel, die ärmellose, mit Verschnürungen ver- sehene weiUe Tuchjoppe.

Die Gottscheer Bauernhäuser gehören der ober- deutschen Bauart an, die sich über ganz Mittel- und Süddeutschland, die Schweiz und den Westen Österreichs erstreckt (zum Theil auch von Slawen, Romanen und Ma- gyaren übernommen wurde) und in den mannigfachen, durch die wechselnden Landschaften und Lebensverhält- nisse bedingten Spielarten immer den gleichen gemein- samen Zug aufweist,^ Das ist die eigenartige Ausgestaltung des Wohntractes, der aus dem zugleich als Herdraum dienen- den Flur und den daneben ein- oder zweiseitig angeglieder- ten Stuben oder Kammern bestellt und organisch von den Wirtschafts- und Stallräumen getrennt ist. Auch der bei den alten Gottscheer Häusern zu l^eobachtende Typus zeigt besondere Eigenthümlichkeiten. Doch ist er nicht auf die Sprachinsel allein beschränkt, sondern beginnt schon all- mählich südöstlich von Laibacli unrl ist über einen groÜen

1 Vgl. Henning, Da.s deutsche Hau.s, 8 ff. Bancalari in der „Zeitschrift de.s deutscheu und österreichischen Alpenvereins", 1B7 f.

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Theil von Unterkrain ausgebreitet, ohne dass scharfe Gren- zen gezogen werden könnten. Die Gottscheer liaben also bei der Einwanderung den ihnen aus ihrer Heimat be- kannten oberdeutschen Haustypus auch bei den Slowenen vorgefunden, hier aber die von Klima und Bodengestaltung abhängigen besonderen Abweichungen nach dem Muster der neuen Nachbarn angewendet. Ob sie schon die ersten Häuser so errichteten, lässt sich nicht entscheiden, weil die ältesten noch bestehenden Gebäude (wenigstens so weit

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Ein Gottscheer Bauernhaus.

ich sie kenne) ^ nicht über den Anfang des siebzehnten Jahrhunderts zurückreichen. Gleich den Kärntnern und den Slowenen hat der Gottscheer keine durch Mauern und Ge- bäude geschlossenen Hofanlagen, wie man sie etwa in Ober- österreich, Böhmen u. a. ganz allgemein findet.

Natürlich sind nicht alle Bauernhäuser einander völlig gleich. Große Besitzer haben schon früh nach städtischem Vorbild gebaut, und die neuen Bauten sind ganz mannig-

1 Das älteste (in Obex'uiöselj trug die Jahreszahl 1615 über dem Hausthor.

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faltig. Doch die alten und kleineren Häuser zeigen fast durchwegs einen gemeinsamen Tyj)us, Innner ist die Giebel- seite der Straiie zugekehrt und liat drei Fenster (seltener vier) nebeneinander. Der Eingang ist in der Mitte der (von der Straße abgekehrten) Langseite und führt unmittelbar in den Herdraum. Das Dach ist steil, mit Stroh (seltener mit Holzschindeln) gedeckt. Die Wände sind zum Thoil aus Steinen aufgebaut, zum Theil (und zwar in der Regel der Raum der eigentlichen Wohnstube) Blockbau. Da diese Balken oft mit Lehm verschmiert und wie der übrige Bau weiÜ übertüncht sind, so ist trotzdem der äui3ere Eindruck einheitlich. Der Boden des Wohnraumes ist etwa um einen Meter höher als die Strai3e. Unter ihm, halb unter der Erde, sind die Keller und der Stall. Da die Häuser gerne auf abschüssiger Fläche erbaut werden, so kann man häufig ohne Treppen unmittelbar ins obere und ins untere Geschoss gelangen.

Ich gebe nun die Beschreibung eines typischen Gott- scheer Bauernhauses nebst den häufigeren Abweichungen. Die Giebelseite steht an der aufsteigenden StraJ3e, im unteren Geschosse sind zwei Thore, das eine führt in den Stall, das andere in den Erdäpfel- oder Weinkeller. Darüber sind drei Fenster. Zwei davon sind in den Blockbau eingefügt, der um die Ecke geht, soweit eben die Stube reicht, die immer auf der Straßenseite gebaut ist; der übrige Theil des Hauses ist Steinbau. Die Fenster waren früher sehr klein (etwa ein Quadratfuß groß) und mit einem srliüptvansrlitr, einer verschiebbaren Glasscheibe, versehen. Darüber kam bei Nacht noch eiwplcclilc (Holzfenster). Jetzt sind die meisten Fenster vergrößert und mit einem Fensterkreuz und Scheiben ausgestattet worden. Im Sommer gibt es noch Holzläden {pauhi, Balken), im Winter dafür Doppelfenster (h'nitr- ivanschtr). Der oberste Theil des Giebels ist mit Brettern verschlagen und heißt der hiht. Die oberste Dachkante (First) heißt schiiß. Zuweilen ist der ganze Giebel verschalt. An den Brettern sind Haken angebracht, an denen Fcld- früchte, besonders die Maiskolben zum Trocknen aufgeliängt

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werden. Die kleine (leere) Öffnung im Griebel lieilit Hu,) (mild. line). Meist sind ihrer zwei oder drei nebeneinander oder zu beiden Seiten der Giebelfenster angebracht. Die Line kann kreisrund, oval oder halbrund, drei-, vier- und mehreckig sein. Durch die Line hat man vom Hause aus den weitesten Ausblick. Hier erwartet das Mädchen ihren "Werber, die Braut den Hochzeitszug, hier weilt die ver- bannte Meererin Tag und Nacht und schaut sehnsuchtsvoll in die Richtung ihrer Heimat. Hier lauscht das Mädchen dem verführerischen Gesänge des Brautmörders. (Vgl. die Lieder Nr. 48, 55, 62, 70 a.)

Auch das „mittlere Fenster" der Giebelseite erwähnen die Lieder öfter. Hat jemand guten Grund, sich möglichst rasch aus dem Staube zu machen, dann springt er durch das mltr wanscJity auf die StraÜe. So machen es die Mörder des jungen Töchterleins. Durch dieses Fenster entführt der Teufel die Kindsmörderin, hier hinaus fliegen die von der Mutter verzauberten Söhne (vgl. die Lieder Nr. 69, 79, 67, auch 111). Die ganze StraiSenseite ist mit Weinreben um- sponnen. Auch kleine Yorgärtchen sieht man öfter.

In der Mitte der Langseite, gewöhnlich zwischen je zwei Fenstern ist die Hausthür, in Mannshöhe, mit einem Holzflügel, mit bogenförmigem Sturz und Thürpfosten aus grünem Sandstein. Ist der Boden vor der Thür (er heiÜt an.) oder anai) nicht an und für sich erhöht, so führen einige steinerne Stufen oder auch eine doppelte Freitreppe, oder eine mit Geländer versehene Holzstiege zur Schwelle. Zuweilen schlielJt sich ein hölzerner Gang daran, der um das halbe Haus führt. Auf dem Schlussteine des Thürbogens ist die Jahreszahl der Erbauung oder der Name des Er- bauers angebracht. Neben der Thüre fehlt selten die Bank,. meist nur ein langes Brett, das von zwei großen Steinen getragen wird. Durch die Hausthür sie ist immer mit einem hölzernen Riegel ( Idachl) verschlossen, der von außen durch ein zweitheihges Eisenstäbchen (sldißl) geöffnet wird gelangt man in den Flur, der zugleich die Küche darstellt, die ganze Tiefe des Hauses einnimmt und als das Haus

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im engeren Sinne (JtaüscJt) bezeichnet wird fwas in vielen deutschen Landschaften der Fall ist;. ' An der rechten oder linken Innenwand ist der Herd angebracht. Er ist etwa ein Meter hoch und ein Quadratmeter breit. Das Holz wird auf die obere Fläche geschichtet und entzündet, die Töpfe (heivm) mit verschiedenen Speisen daneben gestellt. Von der gewölbten Decke hängt eine Kette mit einer Eisen- stange und zwei Haken herab, darauf wird beim Kochen der große Kessel (kcßl) mittelst eines Bogenhälters befestigt. Für Braten bedient man sich eines irdenen Topfes auf einem Dreifuß oder einer Pfanne. Im rückwärtigen Theile des Herdes ist ein großer Kessel zum Kochen des Schweine- futters eingemauert. Neben diesem Herde oder an der gegenüberstehenden Wand ist das Ofenloch, denn der in der Stube befindliche Ofen wird vom Flur aus o^eheizt. Hier wird auch das Brot gebacken. Zur Feuerung be- dient man sich eines einfachen Feuerrostes (tvaidrreschlr)^ auf das die Scheite schräg gelegt werden. In dieser Küche befinden sich der Speiseschrank {dromoarlc, vom lat. arma- rium), worin Milch, Butter, Mehl und andere Vorräthe für den täglichen Bedarf aufbewahrt sind, der Schüssel- und Tellerhalter (schißhvoß) und der große Wasserbottich (hoßr- schafle). Rechts von der Hausthüre, an der Außenwand, sind übereinander ein blindes Fenster (hoßrliua)^ in dem ein Wasserschafi' steht, und ein Guckloch (cücarlc). Die Wände und die gewölbte Decke der Küche sind ganz von Ruß geschwärzt. Durch mehrere Ofthungen zieht der Rauch in die darüber befindliche Selchkammer (der,)) und dann durch die Line oder durch eine Ikh) (ein Loch im Strohdach) ins Freie. Schornsteine besitzen nur größere und neuere Häuser. An der linken Seite der Küche führt eine Holzstiege zum Dachboden, eine zweite zum Kraut- und Rübenkeller (sliadir- kaiidr):

Rechts oder links vom Eingange, doch immer der Straßenseite zu, führt eine niedrige Thür in die große

1 Vgl. Deutsches Wcirterbnch, 4, 2, Sp. 644, 3.

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fimmer weiJJgetünchte) eigentliche Wohnstube fdi sclitfih.)). In der linken Ecke an der Küchenwand steht der groiie, von schmalen Bänken umgebene Kachelofen (öivmj. Er hat ein oder zwei Absätze (mabrle, Mäuerchen), worauf der- jenige, der auf dem Ofen sitzt, seine Füße stützt. Über dem Ofen sind Stangen und Haken, worauf die Wäsche zum Trocknen, die Maiskolben zum Dörren aufgehängt werden. In den Hohlraum (aschjheb) unter dem Ofen werden allerlei Werkzeuge, die man zuhanden braucht, aufbewahrt.

In der gegenüberliegenden Ecke steht der Ahorntisch, an dem alle Mahlzeiten gemeinsam mit dem Gesinde ein- genommen werden. Die Speise kommt in einer großen Schüssel auf den Tisch, aus der alle zugleich mit Löffeln essen. Über dem Tisch in der Ecke ist der sogenannte Hausaltar (autar) : ein Crucifix, zu beiden Seiten Heiligen- bilder, darunter ein dreieckiges, in die Wand gepasstes Brett, auf dem zur Weihnachtszeit die Krippe aufgestellt wird. Von dem Brett hängt das auiarthchle, gewöhnlich mit dem Namenszug Jesu geziert. Hier vor dem Tisch, das Antlitz zum Altar gewendet, verrichten die Insassen ihr Gebet und küssen am Schlüsse den Tisch; denn dieser wird, da er das tägliche Brot trägt, heilig gehalten, vor jeder Verunehrung bewahrt und bei Feuersbrünsten zuerst ge- rettet. Die Zimmerdecke wird von einem Querbalken (risclipam) getragen. Über dem Tisch oder an der Wand hängt eine einfache Petroleumlampe. Ärmere Leute be- dienen sich noch des alten laicidar, eines hölzernen Ständers mit einem Kloben (lakhtarlmii oder spraldinl; ) ^ in den die Kienspäne gesteckt und angezündet werden. In der Stube befinden sich außerdem die Backmulde (iwchtriigr))^ der Gläser- kasten (gleslrrlxOschUj^ der Spiegel mit dem Kamm und dem Bauernkalender {pratwup, mittellat. practica), eine Schwarz- wälderuhr, ein Weihbrunnkessel und ein Bett für die Mägde. Hinter der Wohnstube ist die Kammer (schühle)^ in der die Familie des Besitzers schläft. Außer einem Kleiderschrank, einfachen Holzstühlen mit ßücklehnen, einem Tisch, stehen hier das große Ehebett, eine hölzerne Wiege und kleinere

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Betten für die Kinder. Die Bettstätten haben gewöhnlich eine Lage Stroh, daranf einen mit Haferliülsen (nuiöl ) ge- füllten Sack, ein Leintuch und als Decke nicht ein Ober- bett, sondern eine rothe Steppdecke. Das kleine Kopfkissen ist mit Hühnerflaum gefüllt.

Auf der linken Seite des Herdraumes sind noch zwei Kammern, d.> Jiinfrschtiib,) und s'lihdrscht'ibJc. Einen dieser Räume bewohnt gewöhnlich der iVusgedingler (anszif/Jar), den anderen erwachsene Töchter des Hauses. Natürlich können auch beide leer stehen. Unter diesem Wohntract be- finden sich, wie schon erwähnt, die Keller und der Stall (höfjj ' der den ganzen rückwärtigen Theil des Hauses einnimmt und die darüber befindlichen Kammern so wärmt, dass sie keines Ofens bedürfen. Größere Bauern haben daneben noch ein eigenes Stallgebäude (schtolj. Aus dem Herdraum fülirt eine Thür an der rückwärtigen Langseite des Hauses auf den hölzernen Gang hinaus und zum ujfrit, unter dem der Schweinestall angebracht ist. Auf dem Dachboden (dU.)) werden landwirtschaftliche Geräthe und Futtervorräthe auf- bewahrt. Am StraÜengiebel befindet sich gewöhnlich noch eine Dachkannner (doch seid ihlc). welche mit Kleidertruhen fschraln) u. s. w. angefüllt ist. Truhen und Schränke sind mit einfachen Malereien oder eingeritzten Zeichnungen versehen. Wenn der Getreidekasten (koschti) nicht mit dem Weinkeller oder dem Stalle ein besonderes Gebäude bildet, so steht er gewöhnlich auf dem Dachboden. Der Kasten ist ein ab- geschlossener Raum mit mehreren hölzernen Behältern (pu,)rnt, Barn) für die Feldfrüchte. Die vorgebauten Dach- fenster heißen uaear (Erker), die hölzernen Dachrinnen )ii(.)sch (ahd. nuosk), die von den herabfallenden Tropfen am Erdboden gebildete Rinne, der tn'q)f, der bei Besitz- streitigkeiten die Grenze des Hauses bezeichnet. Jedes Haus hat seinen alten Hausnamen, der im täglichen Gebrauche

1 In den bayrisclien Alijeulnittcu lieißt der Stall, in Kärnten der Fiitterraum des Stalle.s: Hof (vgl. Deutsches Würterbuch. 4. 2. 1(558. 1 1 1. Wie auch die ültrigen Gottsoheer Bezeichnungen meist mit den all- gemein bayrischen überein.stimnien.

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als Viilgärnaiiie aiuh auf den Besitzer übergeht. Nach den statistischen ZusanimensteUungen bewohnen in Gottschee ein Bauernhaus durchschnittlich fünf Personen. ' Bei gröiJeren Bauern sind mit dem Ausgedingler und dem Gesinde etwa ein Dutzend Personen unter einem Dache beisammen. Höchst selten wohnen zwei Familien in einem Hause, denn die sogenannte Hauscommunion der Kroaten und Serben ist hier unbekannt. Die Zahl und Gröiie der Wirtschaftsgebäude, die hinter dem Hause in zwangloser Anordnung stehen, ist natürlich verschieden. Neben Kasten, Stall, Wagenschupfen u. s. w. fehlt nie der schtujcll (Stadel, Scheune) mit der Dresch- tenne (schtuddUenJ, dem HolzstoBe (äshn)^ den Heu- und Kleevorräthen. Auf dem Hofe, der immer begrast ist, be- findet sich ferner die Dnngerstätte (mischtgrndhdj^ die Cisterne (schtearn)^ die des Quellenmangels wegen nothwendig ist und ein runder Tisch mit Bänken. Der Hof ist gewöhnlich ganz oifen, nie von einer Mauer, zuweilen von einem lotnsaim oder sJihiortnzaün (^Schwarten, Ruthen) umschlossen. Ein Gatter (co&J öffnet dem Vieh den Zugang. Auch der an den Hof sich anschließende Obstbaumgarten und die niemals umfangreichen Felder sind manchmal von einem Zaune um- geben. Die Feldfrüchte werden auf den Ackern selbst ge- trocknet und zu diesem Zwecke auf verschiedenförmige, mit Asten versehene Gestelle gelegt, das Getreide srnf driscJitn (kärntisch driste), der Klee auf roJd (mhd. rocke). Die bei den Slowenen allgemein üblichen Harpfen (Holz- oder Stein- säulen mit Querstangen verbunden und mit einem schmalen Dache bedeckt) werden nur an den Grenzen der Sprachinsel und da seltener angewendet. Sie werden Jiarpfd oder Jcoasl" genannt.

Von der geschilderten Bauweise weichen die Wirts-

1 In den 24 Clottscheer CTemeinclen zählt man 4080 Häuser, 20.000 anwesende und 4000 5000 zeitweilig abwesende Bewohner.

- Kärntisch: harpfe und kose. Das letzte Wort bringt das Deutsche Wörterbuch mit nordisch kos in Verbindung (5, Sp. 1842). Der Gottscheer hat es jedenfalls vom slovenischen kozelc oder kozolec übernommen : denn sonst niüsste es Jcoashel lauten.

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häuser ab. Sie sind mit der Längsseite der Straiie zuge- kehrt, denn der Eingang soll jedem Vorübergehenden mög- lichst bequem und einladend liegen, sie verwenden den Flur als Schenkraum und haben eine eigene Küche. Wenn ein älteres Bauernhaus später zum "Wirtshaus umgestaltet wurde, so brach man an der Giebelseite eine Thür aus. Über dem Eingang hängt ein bleclierner Fichtenzweig oder eine Weintraube herab zum Zeichen des Weinausschankes, Hobelsj^äne, um lagerndes Bier anzudeuten. Auch die neueren Wohnhäuser haben den Eingang von der StraJie aus. (Man sieht, der conservative Grundsatz der Abgeschlossenheit ge- hört vergangenen Tagen an.) Sie haben besondere Küchen, Ziergärten mit modernem Holzgitter u. s. w.

Die Anlage der Dörfer ist mannigfaltig. Die Gebirgs- weiler sind meist ganz regellos auf dem unebenen Boden angeordnet und haben dann mit den vielen Blockbauten ganz alpinen Charakter. Die gröi3eren Qrte im Thalgrunde sind häufig sogenannte Straßendörfer. Zu beiden Seiten der Landstraße zieht sich die lange Häuserzeile fort, Giebel an Giebel ziemlich nah beisammen. Der Zwischenraum zwischen je zwei Häusern (dr cotlj gehört gewöhnlich zu gleichen Theilen den beiden Nachbarn. Da die Dörfer gerne an Straßenkreuzungen angelegt wurden, so bestehen sie auch oft aus zwei einander schneidenden Straßen. Einzelne Ortschaften sind kreisförmig um den Kirchplatz gelagert, die meisten ringsum von Dbstbaumgärten umgeben. In der Dorfstraße stehen gewöhnlich mehrere schattige Nussbäume, die nicht so sehr zum Schmuck angepflanzt wurden, als um Feuersbrünste einzudämmen.

In der Mitte des Dorfes, seltener an dessen Eingang, auf erhöhtem Platze steht die Kirche. Sie ist in der Regel stattlich, im romanischen Stile erbaut, mit einem hohen Thurme an der Vorderseite. Das Thurmdach ist hoch, schlank und glatt, frei von den barocken Verschnörkelungen der übrigen krainischen IMnirmdächer. Alte, kleine Filial- kirchen in den Bergen haben zuweilen statt des Thurmes nur ein einfaches, hölzernes, bedachtes Glockengestell auf

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dem First. Hinter der Kirche liegt der von einer niederen Steinmauer umgebene Friedhof (dos halß.i hiirliia'ni, dar f/rl,»!,) irniitliöf ist eme typische Verbindung des Volksliedes). Aul' dem Friedhof steht auch eine besondere Todtenkapelle und das Beinhaus (}>()iiisclitid)j)^ neben oder vor der Kirche immer eine oder mehrere herrliche, alte Linden, die schon bei der Erbauung der Kirchen, also im vierzehnten und fünf-

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Corpus Domini, die älteste Kirche in Gottscliee.

zehnten Jahrhunderte gepflanzt wurden. Unter einer Linde steht dann der scliaihlaimh Tisch, den die Volkslieder so oft erwähnen, ein runder, steinerner Tisch auf einem steinernen Sockel, wie ein Eiesenpilz geformt, herum stei- nerne Bänke. Hier sitzen nach der sonntäglichen Messe die Ältesten des Dorfes, hier finden sich an lauen Sommer- abenden verliebte Paare ein, oder mehrere Burschen und Mädchen zu fröhlichem Beisammensein (vgl. die Lieder Nr. 15, 121, 55 u. a.).

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In den Zeiten der Türkennoth wurden in Gottschee und Unterkrain überhaupt, sowie in Siebenbürgen, vom Landvolk befestigte Orte, sogenannte Tabore, gewölinlicli um die Dorfkirche herum errichtet. Reste der Mauern, Wälle und Vorrathskeller sind noch vielfach erhalten. Theile des Festungsgrabens werden jetzt gelegentlich als Dorfteiche verwendet. Kam der Erbfeind heran, so Hohen die Land- leute von fem und nah mit Vieh und Lebensmitteln in die Kirchenfestung, Der Pfarrer leitete als Festungscommandant die Vertheidigung. Gelang es, den unstäten und ungedul- digen Gegnei" ein i)aar Tage abzuwehren, so zog er wieder weiter und die Bevölkerung war gerettet.

VI.

Sitten und Bräuche, Aberglaube und Mythen.

Ein Volksstamm, der abseits von der Heeresstraiie haust, wird sich am ehesten seine alte Volksjjoesie rein und ungemindert bewahren und in Sprachinseln, wo Sprache und Sitte der Väter unter Drangsal und Kämpfen erhalten werden, finden wir gerade ein gesteigertes nationales Leben, das zäheste Festhalten an dem altererbten volksthümlichen Schatze. So bei den Siebenbürger Sachsen, so bei den Gottscheem, die reich an Volksliedern und Sagen sind. Zur Volkspoesie gehören auch die festlichen Gebräuche. Der poetische Sinn hat sie in uralten Zeiten geschaffen und sie sind mit dem inneren Wesen des Volkes verwachsen und alle die Jahrhunderte hindurch nicht aufgegeben worden, weil sie, für den Landmann insbesonders, die einzigen Blumenkränze der Freude sind, mit denen er sein mühseliges und schwerbeladenes Erdendasein umflicht. Sie dienen ihm zur vorübergehenden Befreiung von der grauen Alltagssorge und dort, wo sie mit kirchlichen Handlungen vereinigt sind, zur feierlichen Erbauung. Der Ackerbauer, dessen AVohl uml Wehe so innig mit den Erscheinungen der Natur vorknüi)i't

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ist, hat aucli seine Bräuche an diese gebunden. Den meisten Sitten, die noch aus altheidnischer Zeit stammen, lag ur- sprünglich eine tiefe sinnbildliche Bedeutung zugrunde. Doch sie ist oft vergessen worden, die Haiidlung ist allein geblieben und rh\nn zu leerem Aberglauben herabgesunken. Das Wanderleben der Gottscheer Männer musste natür- lich in den starken Wall der volksthümlichen Überliefe- rungen früh Bresche legen. Die Männer kamen mit neuen Anschauungen aus der Fremde heim, sie schämten sich ihrer als altvaterisch betrachteten Bräuche und vergalten ihre alten Lieder und Sagen. Ihnen stehen die conservativer denkenden Frauen gegenüber, die den Volksschatz als besten Tröster in den bangen Stunden der Einsamkeit sich bewahrt haben. Lieder und Sagen nun können lange fort- leben, wenn sie nur von einzelneu Frauen im stillen Herzen festgehalten werden. Festliche Bräuche aber verlangen eine gemeinsame Theilnahm^ des ganzen Dorfes, auch der Männer; sie müssen geräuschvoll nach außen treten, um nicht vergessen zu werden. Begreiflich ist es darum, dass sich gerade in Gottschee die Sitten und Bräuche nicht in dem reichen MaBe und so eigenartig, erhalten haben, wie die Volkslieder, und dass sie sich auch vielfach mit den ebenfalls äulSerlich auffallenden Bräuchen der Slowenen (die ihrerseits viel von den deutschen Steirern und Kärntnern überkommen haben) berühren. In dem nördlichen, dem Verkehre stärker ausgesetzten Theile der Sprachinsel sind die Bräuche fast ganz vergessen worden, besser wurden sie (in Einzellieiten von einander abweichend) im Hinter- land und im Unterland bewahrt. Die meisten schließen sich an die kirchlichen Feste an und sind in den allge- meinen Grundzügen den überall in Deutschland verbreiteten Bräuchen gleich.^ Nicht immer giengen heidnischer Brauch

1 Was ich in diesem Capitel bringe, verdanke ich mündhchen Mittheüimgen der Herreu Tschinkel, Perz. Pfarrer Krainer in Ältlaag, meines Bruders Josef Hauffen u. a., ferner eiuzehieu ge- druckten Berichten von Obergföll und Perz in den „G-ottscheer Mittheilungen" und eigener Erkundigung und Anschauung im Lande

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und cliristliclie Anschauung eine so schöne Verbindung ein, wie bei unserem A¥eihn achtsfest, oft ist die Mischung nur äuJJerlich oder eine Art Ausgleich, oft recht seltsam und ungereimt. Und noch heute (wie in den ersten .jahrhmiderten der Bekehrung) sieht sich die Geistlichkeit auch in Gott- schee genöthigt, den Ausschreitungen der Lustbarkeit, be- sonders in den Faschingstagen, kräftig entgegenzutreten. Die schöne Sitte des Christbaumes kennt der Gott- scheer, wie der Krainer überhaupt, nicht, Sie ist nur langsam nach dem Süden vorgedrungen und z. B. bei den deutschen Bürgern Laibachs erst vor etwa fünfundzwanzig Jahren ein- geführt worden. Im übrigen aber übt der Gottscheer Land- mann gerade in der Weihnachtszeit die meisten alten fest- lichen oder abergläubischen Bräuche. Das alte heidnische Fest der Wintersonnenwende währte zwölf Nächte. In dieser heiligsten Zeit des Jahres hielten die Götter ihren Umzug über die Erde, sie ^vurdeft in der christlichen Zeit zu Geistern und Unholden, die gerade von Weihnachten bis Dreikönig ((h liaiJifiv zhelf iiarJihJ sich gefahrdrohend den menschlichen Ansiedlungen nähern und darum durch mannigfaltige besondere Schutzmaiiregeln fern gehalten und unschädlich gemacht werden müssen. An den heiligen drei hainocJitnachtn (Weihnachtsabend, Silvester und Vorabend des Dreikönigsfestes) wird in Gottschee der Tisch vor dem mit der Krippe gezierten Hausaltar mit einem weißen Tuche bedeckt. Darauf werden drei oder mehrere feine WeiÜbrote gelegt. Die kleineren heiJien Wächter (hoelitr,)) und Nach- barn (nochparn), das größte shlpJhik (wohl von Sippe, Schröer vermuthet von mhd. sip, also ein siebgrol3es Brot). Der s/iijiJink ist mit allerlei aus Teig gebackenen Figuren,

selbst. Bei Valvasor, Elze und Scliröer finden sicli einige Einzel- heiten, besonders über das Hochzeitsfest. In den Vergleichen mit deutschen und slowenischen Bräuchen beschränke icli mich (um niciit zu weitschweifig zu werden) auf das Hervorstechendste. Die Grund- ziige der Gottscheer Bräuche finden in einem gi-oßen Theile von Deutsch- land ihre Parallelen, das wird jeder, der deutsche Volksbräuche aus dem Leben oder aus Büchern kennt, alsbald herausfinden.

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dem Christkind in der Wiege, Tauben, Hühnern, Eindern, Schweinen und einem gefloclitenen Rande versehen. Am Dreikönigstage wird er erst angeschnitten und an die Haus- genossen vertheilt, auch die Thiere erhalten Stückchen davon ins Futter gemengt, damit sie vor Behexung gefeit bleiben.^ "Wer auf Reisen geht, nimmt zum Schutze ein Schiplinktäubchen mit. Zugleich mit dem shiplwli werden auch größere Tcäubchen aus Teig gebacken, zur Freude der Kinder, die sie jubelnd den Nachbarn zeigen und dabei Sprüchlein aufsagen, wie : „Taube, Taube, flieg hinaus und bring viel Glück ins Haus!" oder „Taube, Taube, flieg, in mein milgd'''' (Magen). Neben die Brote werden an den drei heiligen Abenden auf den gedeckten Tisch Kleider, Schmucksachen, Rosenkränze, Gebetbücher, geweihte Kerzen? Messer, Hacken, Sicheln, Kupfermünzen, Schweinsborsten (dunkle Erinnerung an den goldborstigen Eber Freyrs),^ und unter den Tisch ein Milcheimer, ein Pflug, ein Ochsen- joch, Sensen u. s. w. gelegt. Alle diese Gegenstände werden dadurch geweiht und wer später etwas davon bei sich trägt, über den haben die Hexen keine Macht. Um Haus und Hof vor den Unholden zu schützen, werden an den drei Abenden auch alle Kammern und Ställe, Acker und Wiesen mit Weihwasser besprengt. An die Weihnachts- mette schließen sich eine Reihe von abergläubischen An- schauungen an. Wenn der Messner sein Kleid verkehrt an- zieht, so sieht er die Hexen, wie sie aus der Kirche fliehen und gegen den Altar Gesichter schneiden. Der Priester er- kennt während der Mette beim Erheben der Monstranze durch sie hindurch die Hexen und der Ministrant erblickt sie, wenn er gegen den Kirchthurm hinaufschaut. Wer genau um Mitternacht sich auf einem aus dreizehnerlei heimischen Holzarten (auch Eibenholz muss dabei sein) gezimmerten

1 Bei den Slowenen in Krain ist die gleiche Sitte vorhanden, vgl. Julius Schmidt, Der Perchtenglaube bei den Slowenen in Veckenstedts Zeitschrift für Volkskunde, 1889, 418, und Österreichisch-ungarische Monarchie, 354 ff.

2 Vgl. Grimm, Mythologie, * 176.

Hirn u. Wackerneil, Quellen u. Forschungen. III. 5

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Scliemel stellt, der erkennt alle Hexen. Er muss aber vor dem Ende des Gottesdienstes den Scliemel znr Kirche hinauswerfen, dreimal um diese hemm und wieder hinein- laufen, sonst wird er von ihnen zerrissen.^ Nach der Mette versammeln sich alle Verstorbenen der betreftenden Pfarre in der Kirche zu einem Armenseelen -Gottesdienst, wobei ein verstorbener Priester die Messe liest. Dieser kann erlöst werden, wenn man das Messbuch zuschlägt. ^

Sieht man in der Christnacht (oder in der Thomas- nacht) um zwölf Uhr im Freien ein Feuer brennen, so liegt darunter ein Schatz. Um ihn zu heben, muss man, ein Vater- unser betend, nach rückwärts hinken, um das Feuer einen Kreis ziehen, einen Rosenkranz hineinwerfen und die ganze Stelle mit Weihwasser besprengen. "Wer am Christtag auf die Jagd geht, dem begegnet, wie den Heiligen Eustachius und Hubert, ein Hirsch mit einem Kreuz in dem Gehörne und er muss eiligst heimkehren. Oder es kommt die wilde Jagd (g9Jaj), die man in Gottschee, wie anderwärts in deutschen Landschaften, zur Weihnachtszeit am häufigsten zu vernehmen meint. Wer sich vor der wilden Jagd retten will, der muss sich platt auf die Erde legen, das Gesicht gegen den Boden gekehrt, Hände und Füße übers Kreuz legen, sonst dreht ihm der Teufel den Hals um.

Die Zwölfnächte sind auch die eigentliche Zeit, um die Zukunft zu erforschen. In Nesselthal und einzelnen anderen Orten wird von den jungen Leuten Blei gegossen, während die älteren aus den merkwürdigen Formen des Bleies Schlüsse auf das künftige Schicksal ziehen. Vor und während der Mette geht man an Zäune, Kreuzwege u. s. w. horchen (lUlm) : hört man Singen oder Musik, so gibts bald Hochzeit im Hause, vernimmt man Weinen oder Klagen, so stirbt ein Verwandter. Dabei muss sich der Horcher mäuschenstill verhalten und darf kein Metall bei sicli

1 Fast ebenso bei den Slowenen, vgl. Julius S c h m i d t a. a. O., 423 ; Navratil, Letopis, 1885, 109; Krauß, Südslawisclie Hexensagen, 38 f.

2 Alle diese Anschauungen finden wir auch in Tirol, vgl. Zingerle, Nr. 5(56— 568, 1578— 1581, 1555 f. Vgl. auch Müll enh off, 170.

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haben. Am Weihnachts- oder Silvesterabend bläst man eine brennende geweihte Kerze aus und bestimmt die Lebenszeit aus der Dauer des Gliramens, oder man wirft einen Schuh über den Kopf: fällt er auf die Sohle, so ist's ein gutes, fällt er umgekehrt, so ist's ein schlechtes Anzeichen, zeigt er mit der Spitze zur Thür, so deutet dies auf eine Hochzeit, nach anderen Auslegungen auf eine Reise oder einen Todesfall.^ In der Mitternacht auf den Stephanitag bespricht sich das Vieh im Stalle über sein bevorstehendes Schicksal; wer, ohne es zu wissen, Farnkrautsamen in den Schuhen trägt, hört es sprechen. Am Tage der Unschuldigen Kinder ziehen mit zierlich geflochtenen Ruthen die Kinder von Haus zu Haus und 2)lsJin^, d. h. schlagen die Erwachsenen damit, wo- bei sie verschiedene Sprüchlein aufsagen:

Pishn di, pishn di W7'isch iint gasimnt 's lamjjle ischt Jcronk, Marsch üntr d^ponh.

oder:

Luschka, laschka (auch Leaschfi, leaschti)^ Wrisch imt gdshünt, Ins Jior lim dai zait Taüshnt giddn raichnr hart.

(Dass ilar aufs Jalir in der Zeit Um tausend Gulden reicher wäret.)

Und ähnliche Reime, wofür sie Nüsse, Äpfel oder Geld erhalten."^ An diesem Tage und zu Silvester gehen die Kinder (in Lichtenbach) nachmittags von der Kirche durchs Dorf

1 Zingerle, Nr. 1538, 1521.

^ Kärntisch plisnan, pisnen (Lexer, 82 und Österreich.- ungarische Monarchie, 101.

3 Lautmalend, für das Geräusch beim Schlagen.

^ Vgl. Schröer, 218. Der Brauch ist auch in Krain und Kärnten allgemein übhch. In Laibach rufen die Kinder dabei: „Frisch und g'sund, ein langes Leben und den Kindern Putizen geben." Putize ist die krainische Weihnachts- und Ostermehlspeise. In Kärnten: „Frisch und g'sund, freudenreich, Long löbm, G'sund bleiben, Mir a wos göbm." (Carinthia, I, 81, 24).

5*

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auf die Felder bis zu einer Kapelle. Ein Kind trägt, das Kreuz, ein anderes den Weihbrunnkessel, alle beten laut und besprengen Häuser und Äcker mit Weihwasser.

Am Tage Johannis des Evangelisten (27. December) trinkt man am Abende den Johannessegen oder Johannes- wein (Hanaischslicgn) und wünscht sich gegenseitig GHick. Der Rest des "Weines wird aufbewahrt als Heilmittel gegen Krankheiten, besonders gegen Leibschmerzen. Der Gott- scheer trinkt auch sonst vor einer Reise, nach der Trauung, vor dem Sterben, nach fröhlichem Beisammensein zum Ab- schiede „den Johannessegen", das letzte Glas Wein. Dieser Brauch ist ja auch in Deutschland bekannt in dem Sinne, dass der von Johannes geweihte Trunk Gefahren abwehre, da der Evangelist . selbst vergifteten Wein ohne Schaden getrunken habe,' Am Silvesterabende wird den Kindern ge- sagt, es komme dar autd mon und nun öffnet die Mutter oder eine ältere Magd die Thür der Kinderstube, ohne sich zu zeigen, mit dem Rufe : Kindrlain, rindrlain, lüzlain, JanipJain, Jcaublain (Kälbchen), pißatai (bunte) laifj, göt dr hear ans gabait guot zd gcrudtn (dass Gott alles gut gerathen lasse, nämlich im neuen Jahre). Dabei wirft sie in die Stube Nüsse und Äpfel, um die sich die Kinder balgen.

In der Weihnachtszeit werden im Hause kirchliche hochdeutsche Weihnachtslieder gesungen. Früher waren auch besondere volksthümliche Weihnachtslieder in der Gott- scheer Mundart verbreitet, von denen sich eines erhalten hat (unser Nr. 1). In rührender Einfachheit ertönt hier die Theilnahme am Christkindlein im „zerrissenen" Stalle, die Sorge, dass es nicht erfriere. Maria wäscht ihr Kind, Josef, der alte Mann, wiegt es, Ochs und Esel beschnauben es, um es zu erwärmen. Diese kindliche Treuherzigkeit finden wir auch in vielen anderen deutschen Weihnachtsliedern, in denen Hirten zur Krippe treten, des Christkind leins ärm-

1 G r i 111 in , Mythologie, •*, 49 f. Z i ii g e r 1 e in den Wiener Sitzungsberichten (1862), 40, 177—229, zeigt, dass tlieser Brauch noch heute in Süddeutschland und Deutsch-Österreich üblich und uralt ist. Ein heidnischer Brauch, der christlich umgedeutet wurde.

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liehe Verhältnisse bedauern, ihm fürsorglich Winkeln und Decken, seinen Eltern warme Speisen bringen und es dann mit Gesang und Hirtenpfeifen preisen und als Erlöser an- beten. Besonders einige Kämtnerlieder* kommen unserem "Weihnachtsliede sehr nahe. Auf die Weilmachtszeit beziehen sich ferner verschiedene Sprüchlein, z. B, :

Zun hailign drai bainochtiiachtn Kirnt dr bintr viit ol shain hnachtn.

oder mit Beziehung auf den Schneefall: dar haißd jalon (ein Ochsenname) gcat auf ünt n'idr an doarfo unt iiölt (wirft) in Jedr cötl (Winkel) a lioani.

Am Neujahrs tage enthalten die Quellen nach der Volksmeinung Wein, Blut und Gold. Rührt man im Wasser mit einem Stocke herum, so bleibt das Gold daran haften. Aus diesem Wasser kann man auch Sauerteig (urliop, mhd. lU'hap) aufbacken, ohne dazu eines Gährungsstoifes zu be- dürfen. Das Vieh wird schon vor Tagesanbruch zur Tränke getrieben, damit es vor Hexen und Raubthieren sicher bleibe. An diesem. Tage wird das am Weihnachtsabende geweihte ritschoch (slow, ricet), ein Gemenge verschiedener Getreidekörner und Hülsenfrüchte, gekocht. Im FrüliHnge säet man diese Kömer in die Felder, damit alles gat ge- rathe. Die Mägde holen zu Neujahr zeitlich das Holz arm- voll ein, ohne die Scheiter zu zählen. Ist deren Zahl gerade, so heiratet das Mädchen in dem angebrochenen Jahre. In einem kurzen, gereimten Neujahrswunsche (vgl. unten Lied Nr. 102) wird dem Angeredeten der Getreidekasten voll Korn, der Stall voll Rinder, die Stube voll Kinder, ein Beutel voll Geld und eine steinreiche Braut gewünscht.

1 Weinliold, Weihnaclitspiele und Lieder, 430 f. Lex er, Kärntisches Wörterbuch, Sp. 325 f. Vgl. auch Ditfurth 1, 4. Die Bezeichnixng „zerrissener Stall" findet sich auch in einem oberbaj^ri- schen Weihnachtsliede (Hart mann, Weüiuachtlied und Weümacht- spiel in Oberbayern , 83). Die Schlusswendung unseres Liedes ist häufig, so Hart mann, ebenda, 74; Pailler, Weümachtlieder und Krippenspiele aixs Oberösterreich und Tirol, 141 und 33 („Ochs und Esel pfaausen ihren Schöpfer an, dass er sollt erwarmen dann").

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Ähnliclie Neujahrssprüclie sind allgemein üblich, bei den Siebenbürger Sachsen gar mit wörtlichen Anklängen. ^ Zu Neujahr ist der Tag um ein Jiion<lr(jroitl (Hühnerschritt) länger, zu Dreikönig um einen hirischprünli (Hirschsprung). '-^

Am Dreikönigstage werden auf die Tliüren das Kreuzzeichen und die Anfangsbuchstaben der drei Könige C M B mit Kreide geschrieben. Das an diesem Tage ge- weihte Wasser feit gegen Schlangenbiss. Knaben mit Papier- kronen u. s. w. angethan, ziehen als die drei Könige mit dem Sterne herum und singen das auch anderwärts bekannte Stemsingerlied (vgl, unten Nr. 42) '^ in etwas verkürzter Gestalt.

NatürHch sind die in Gottschee während der Zwölf- nächte üblichen Bräuche und abergläubischen Anschauungen auch in anderen deutschen Gegenden mit kleineren oder größeren Unterschieden bekannt.^

Im Fasching (icosclionh oder wishigilroj wird öfters, besonders an Sonntagen Nachmittag, öffentlich getanzt. Doch werden auch zu anderen (kirchlich erlaubten) Zeiten im Sommer und Winter Tanzunterhaltungen veranstaltet ; früher auf einer Dreschtenne, jetzt meist im Wirtshause oder einem gröi3eren Privathause, niemals im Freien. Während der ganzen Faschingszeit findet allabendlich (auJier an Donners-

1 Vgl. z.B. Ditfurth, 2, Nr. 379 ff. Schuster, 94, A C. Auch, hier: 'en kaszte föl Idi-eu, en stal fol räuijt, en stuf lol käinjt.' Hruschka und Toischer, 44 ff. Pailler, 1, 303.

2 ÄhnUch in Tirol, Schwaben ixnd Böhmen, vgl. Zingerle, Nr. 1159, Birlinger, 1,470, und Reinsberg-Düringsf eld Fest- kalender aus Böhmen, 20.

3 Vgl. Des Knaben Wunderhorn, 2, 440 f. Mittler, Nr. 407 f. 425 f. Böhme, Nr. 536, steirisch in Schnorrs Archiv, 9, 371 f. Pailler, 1, 324. Zingerle, 125. Hartmann, Nr. 124, 129 u. a. Schröer, Deutsche Weihnachtsspiele aus Ungarn, 155 ff. Wein- hold, 410 f. Tobler, XCII u. 79. Hruschka und Toischer, 47 f. Simrock, Kinderbuch, Nr. 980. Parodistisch gewendet in Goethes Epiphanias und viele andere.

4 Vgl. besonders Weinhold, 25 ff. Zingerle, 184—202, 124. Nork, Fe.stkalender, 743—782, 45 ff. Wuttke, 61—03. Montanus, 10 f. u. a.

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tagen und Sonntagen) die 2)raj.), d. i. die E-ockenstube statt. Nach dem Abendbrote kommt die junge Dorfwelt in der Stube eines grüJ3eren Bauern zusammen, und nun wirrl bis elf Uhr gesponnen, dazu gesungen und erzählt, hernach wird gdtioraint (genarrt), bis nach Mitternacht gespielt und getanzt. Am Faschingssonntage (woistigj shünfokj werden diese Zusammenkünfte abgeschlossen mit einem Picknick (praj(jcschtj) . Den ganzen Fasching über wird auch der Donnerstag Abend durch eine gcschtd, ein Abendbrot mit Fleisch und Wein, gefeiert. Die Reste werden bis zum Sonntage aufbewahrt. In den letzten Faschingstagen ziehen die jungen Leute in verschiedenen Vermummungen von Haus zu Haus, überall wird ihnen Wein vorgesetzt und in der Stube ein Tänzchen nach den Klängen der Mund- harmonika veranstaltet. Auch der letzte Donnerstag hat den Beinamen feist und man sagt : dar ivoistigd finstoh ^ ischt ivoscliongdsch priiddr. Der Faschingmontag heii3t ivraßmantok.^ Am Faschingsdienstage (scliaißartok) werden die Um- züge wohl auch zu Pferde in die benachbarten Dörfer ausgedehnt: Männer verkleiden sich als Mädchen und um- gekehrt. Larven und komische Kleidungsstücke werden ange- than und allerlei Spaße ausgeführt. Dabei wird folgendes Faschingslied gesungen.

Wingrlongr woschonk, Fingerlanger Fascliing,

Ar loinat aiign an owm Er lehnet oben am Ofen,

Mit shain dan ladrain höslin,^ Mit seinen ledernen Hosen,

Ar geat uiign an trelain. Er gellt liinauf am Viehweg,

Ar iwlt in Icindr zelain. Er wirft auf die Kinder Koth. Wishigüro ! Fascliing !

Woschonlctolc, loosclionldoch , hinwt Faschingtag, kommt bald wieder,

pokh bidr, Im vorigen Jahre bin ich übrig

We7-tn pin i ibrik pUbm, gebheben,

Hair schon bidr. Heuer schon wieder.

1 D. h. der fünfte Tag, so allgemein im Bayrischen.

2 Ebenfalls in Kärnten (Lex er, 50).

3 Dazu die Variante: Er flickt die ledernen Hosen. Vgl. den kärntischen Spruch: „Unter der stadelbrugge sitzt a mandel, flickt die Housen", Zeitschrift für Mythologie, 3, 33. Birlinger, 1, 12, erzählt von einem räthselhaften Geiste: Hosenflecker.

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Am Aschermittwoch (pranclmitöch , lirancl =^ fasten) findet das Blockziehen und -werfen (plechle jwJ) statt. Gegen Abend ziehen Bursche Bretter an Stricken mit groiiem Lärm durchs Dorf und werfen sie unbeliebten im Fasching sitzengebliebenen Mädchen aufs Haus. ' Zuweilen werden diesen Mädchen auch ausgestopfte Männerpuppen vor die Thürschwelle gelegt. Am gleichen Tage wird der „Fasching begraben". Gegen Abend versammelt sich die Dorfjugend mit Kuhglocken, Pferdeschellen, Topfdeckeln u. s. w. Einer ist als Geistlicher angethan mit einem langen Frauenhemde, andere als Ministranten. Sie schwingen ein Rauchfass mit verschiedenem Zeuge, das möglichst übel- riechend brennt und besprengen die Leute aus ihrem Weih- brunnkessel mit einer schmutzigen Flüssigkeit. Ein Stroh- mann, mit alten Kleidern und einem Cylinder angethan (der Fasching), wird von Burschen auf einer Bahre ge- tragen. Am Dorfplatze hält der Geistliche die Leichenrede. Ein Bursche, der ein mit einem weiüen Tuche verkleidetes Schaff auf dem Kopfe hat, stellt die Kanzel vor, dahinter steht der Geistliche auf einem Schemel und predigt über die Verworfenheit der Menschen mit derben Witzen und lebhaften Geberden, hochdeutsch oder in der Mundart. Dann zieht die ganze Gesellschaft ins Feld hinaus. Auf dem Wege werden Kirchengesänge parodiert, lateinische Brocken ein- gemengt u. s. w. Dabei singt man sehr häufig im Tonfalle ritueller Kirchengesänge ein Sjjottlied auf Martin Luther. Der Pseudo-Geistliche stimmt es an:

„Martin lAither geht mit seiner Gattin Vesper singen." Cliorkuaben : „l!!r greifet ihr an die Zechelain" (Zehen). Chor: „Zechelain, Vesper singen."

Und so weiter auf Waden, Knie, Mund, Augen, Stirne. Auf dem Felde wird ein Scheiterhaufen errichtet und der Fasching unter Nachahmung der Begräbnis - Ceremonien daraufgelegt, dann mit Pistolen erschossen und verbrannt.-

1 Dieser Brauch ist aiicli in Kärnten und Krain vcrl)reitet

(Österr.-ungari seile Monarcliie, Kärnten und Krain, 104 und o70 f.).

- Auch anderwärts übHch , vgl . ßeiusberg-Düringsfeld,

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Am Palmsonntage (polshimtoh) werden an dem kirch- lichen Umzüge von den Kindern Zweige der frühen Weide (Salix praecox) getragen, sie sind mit den blühenden Kätzchen (müjnjlainj versehen, mit Epheu, seidenen ^)/u^- pantlain und einer Papierrose (die von einer Hochzeit auf- bewahrt wurde) geschmückt. Diese Palmenzweige werden das Jahr über daheim hinter den Heiligenbildern aufge- hoben. Am Charfreitage schneidet man Theilchen davon in Kreuzform und befestigt sie auf die Stall- und Kellerthüren zum Schutz gegen die Hexen. Da die alten Kreuzchen nicht weggenommen werden, so ist manche Thür wie besäet damit. Bei herannahenden Gewitterwolken werden einzelne dieser "Weidenruthen in die Felder gesteckt, damit der Hagel ihnen nicht schaden könne. Diese Zweige gelten für heilig, darum müssen ihre Reste verbrannt werden.^ In einigen Gegenden Gottschees werden gegen das Hagelwetter am Charsamstage neben einer KajDelle drei von einer schwarzen Henne gelegte Eier vergraben.^

In der Cliarwo che (dai groaßd höclij) werden alle kirch- lichen Feierlichkeiten mitgemacht. Am Charsamstag Nach- mittag vor der Auferstehungsprocession fährt der Pfarrer in die Dörfer seines Sprengeis und weiht in der Filialkirche oder in einer Kapelle die Esswaren, die die Leute in Körben dahinbringen : Weißbrot, urliohaind pohölizd (ein stark mit Hefe versetztes gewundenes Brot), Schinken, Würste, Kren- wurzeln, Jdcli (eine Art Lauch), gefärbte Eier u. a. Am Ostersonntage wird zum Frühstück eine Suppe aus irosclionh- rinttain, den Speiseresten des Faschingdienstags, gegessen. Am Ostermontag Nachmittag kommen die Kinder (Mädchen und Knaben gesondert) in einer Stube mit ihren Oster- speisen zusammen und feiern ein Verbrüderungsfest ('s tsclicl). Jedes Kind wählt sich einen Gesellen (tschel) und theilt mit ihm sein Essen, trinkt mit ihm Wein, spielt mit ihm

Das festliche Jahr, 67. Birlinger, 2, 44 u. a. Im Unterinnthal wird Martin Luther am Johannistag verbrannt, Zingerle, Nr. 1353 u. 1355.

1 Vgl. Wuttke, 134 f.

2 Vgl. Birlinger, 2, 78.

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Eierstoi3en (olorhuhi)^ wozu die geweihten Eier nicht ver- wendet werden dürfen, u. a. mehr.

Vor den Plingsfcfeiertagen ist in allen Häusern, sowie vor Weihnachten und Ostern groBe Reininigung. Das eigent- liche Sommerfest wird am Vorabende des Tages Johannis des Täufers gefeiert, ein Rest der altheidnischen Sonn- wendfeier. Die erhöhte Stimmung des Festes wird noch dadurch gesteigert, dass um diese Zeit die hausierenden Männer heimkommen. Am Nachmittage vor den shnmihi (Sonnenwende) wird ein Maibaum (moilc, eine junge Fichte oder Tanne) im Dorfe aufgerichtet, mit Bändern, Fähnchen und Kränzen geschmückt, um den ganzen Sommer über stehen zu bleiben. Am Abende findet die Johannisfeier (cri.)ß, slow, kres, kroat. kries) statt. Die Jugend mehrerer benach- barter Dörfer begibt sich in der Dämmerung mit Musik auf eine Anhöhe, wo eine Pyramide von Holzscheitern und Reisig entzündet wird. Die Burschen springen um und über das Feuer und besorgen das sdiaihnisclilhi, d.h. sie werfen kreis- runde, mit Harz bestrichene Holzscheiben (shiimitnrädlc, schaiho oder cörurJe), nachdem sie glühend gemacht wurden, in hohem Schwünge zu Thal. Da ringsum auf allen Höhen Johannisfeuer brennen und Hunderte von Scheiben ge- schleudert werden, so gibt das ein prächtiges Bild. Eine ge- meinsame Mahlzeit mit "Wein und Lammsbraten beschliei5t die frohe Feier. Mehr als zu anderen Zeiten wird beim crußn die Sangeslust rege und besonders die Mädchen singen neben allerlei alten Volksliedern auch besondere shumitnlhdJa'ni.

Am Johannistage werden Sträui3e aus Johanniskraut (hypericum perforatum, shiunifiiroash,))^ Pappelweiden und Wucherblumen an Fenster und Thüren gesteckt. Der StraulJ enthält so viel Blüten, als das Haus Bewohner zählt. Wessen Blüte zuerst welkt, der stirbt zuerst.

Alle diese Sonnwendbräuche vom Maibaume bis zum Johannisstraul3e sind über ganz Deutschland und andere germanische, romanische und slawische Länder verbreitet.^

1 Vgl. besonders Grimm, Mytliologie, ■*, 513 521; Nork, Fest- kalender , 406—438 ; Mannhardt, Baumcultus , 508 tf. ; L i p p e r t,

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Auch Johannislieder geistlichen und weltlichen Inhaltes wurden und werden anderwärts gesungen, ' doch haben die drei Gottscheer sliiDnitnli.xUuhi (Nr. 35 u, 103 f.) einen eigen- artigen von den übrigen abweichenden Inhalt. Sie zeichnen die allgemeine Stimmung und schildern das Treiben der einzelnen an diesem beliebten Volksfeste. Das erste betont die kirchliche Bedeutung des Tages als das Fest Johannis, der Christus im Jordan getauft hat. Es enthält freudige Ausrufe, doch zugleich den schmerzlichen Ausblick auf den Abschied, der dem eben heimgekehrten Mann für den Herbst wieder bevorsteht. Das zweite Lied besingt ein Liebes- ereignis. Ein junges Paar verbleibt die Nacht über beim Johannisfeuer. "Wie sie ihn am Morgen weckt „Nun auf, die Vöglein singen schon" und er erwidert „So mögen sie singen, wie sie wollen", das erinnert sehr an das weit ver- breitete Motiv der vielen volksthümlichen Tagelieder. Er- greifend ist das Bild am Schlüsse : „Mögen die Blumen blühen, meine und deine (zu ergänzen: Blume) ist heute verblühet." Nähere Beziehungen der Liebespaare zum Sonn- wendfeuer sind auch in den Alpen und anderwärts nach- weisbar. Der Bursch legt (wie hier) zugleich mit seinem Mädchen das Feuer an den Holzstoi3, springt mit ihr dar- über u. s. w.^ Das dritte Lied schildert die Vorbereitungen zum Feste. Die jungen Leute ersuchen den shüpon (slow. zupan, Schultheiß) um seinen Sohn und seine Töchter, um eine Hacke, um seine Ochsen und um Feuer, damit sie den crioß be- gehen können. ]\üt ziemlich nichtssagenden Ausreden versagt ilmen der Schulze aUe Bitten, ja sogar das Feuer (Brände oder Scheiter), was als ärgste UngefälKgkeit gilt. Er übt

157 ff.; Vogt m der Zeitschrift des Vereines für Volkskunde, 3, 349 369; KranJß, Sitte und Brauch der Südslawen, 17(3 f

1 Johannislieder erwähnen: Uhlaud, Sclu'iften, 3, 401 ; Reins- berg-Düringsfeld, Das festliche Jahr, 185 ff.; Montanus, 33 f.; Hruschka und Toischer, 61 ix. a. ; in Siebenbürgen Schuster, 92. Slowenische Lieder, vgl. Österr.-ungarische Monarchie, 360; Scheinigg, Nr. 93 f.; ein Liebeslied bei A. Grün, 36. ein geistüches bei Blasnik, 1, 10 (Kresnice).

2 Mannhardt, Baumcultus, 464—470.

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irgendeine abergläubische Vorsicht (deren am Johannistage so viele nötliig sind),' weil seine Kühe verhext sind und keine Milch geben. Von dem Feste heil3t der ganze Monat shimiitiimiundt. Aul3er am 23. Juni werden in einzelnen Thälern auch an den Vorabenden des Vitustages und des Petrustages, also am 14. und 28. Juni, öffentliche Feuer ent- zündet: das sind die drei crijßiiac/it,).'^ Auch am Martins- abende loderten früher die Flammen (um die Gegend vor Wetterschaden zu behüten) und Schmausereien währten die ganze Nacht durch. Jetzt gilt nur der Brauch, den man J\[rrfJai)i lölnii (loben) nennt, den Vorabend durch eine bessere Mahlzeit, ein fettes gefülltes Brathuhn (Gänse sind in Gott- schee fast unbekannt) und reichlicheren Weingenuss zu feiern. Mehrere Lieder (Nr. 18 f.) beweisen es, dass man noch heute lebhaft des heiligen Martins gedenkt. Eine Schmauserei wird ferner im Herbste beim Abstechen des ersten Schweines veranstaltet, das Schweinefest, shaütonz (Sautanz) genannt.

Am Abende des 5. Decembers erscheint den Kindern der heilige Nikolaus {Mikla slow. Miklavz), doch nicht als Bischof und von einem Teufel und einem Engel begleitet, wie es sonst in Krain üblich ist, sondern als einzelne Person in schreckhafter Vermummung, also mehr als Knecht Ruprecht.^ Er lässt die Kinder beten, beschenkt die braven und steckt die schlechten in seinen Sack. Vor dem Schlafen- gehen stellt jedes Kind seinen Schuh ans Fenster und findet am Morgen Obst und Geldstücke darin.

Kirchweihfeste werden in Gottschee am Tage der Kirchenpatrone feierlich begangen. Sie sind Volksfeste der ganzen Pfarre. Da geht es meist hoch her mit Essen und Trinken, zuweilen auch mit Raufen. AVallfahrtsorte gibt es viele in der Sprachinsel. Auch zu den Gnadenorten der Nachbarschaft pilgern die Gottscheer, doch muss dies früher

1 Wuttke, 70 f.

2 In Kärnten am 23., 28. Juni und B.Juli (vor Ulricli), Zeit- schrift für Mytliologie, 3, 31.

■^ Grimm, Mythologie *, 417, 425 f., 781 u. a.

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mehr üblich gewesen sein als heute, wie es die Wallfahrts- lieder (Nr. 9, 20 u. a.) erweisen.

Erntebräucho gibt es in Gottschee nicht, die wenig ergiebige Landwirtschaft konnte sie nicht fördern oder er- zeugen. Auf diesem Gebiete finden wir nur zahlreiche aber- gläubische SchutzmaJ3regeln gegen Wetterschäden. Mehrere wurden schon gelegentlich erwähnt. Im Frühling wird noch sonst manches zu dem Zwecke unternommen. Außer den Palmweiden werden auch andere Stöcke mit Blumen in die Felder gestellt, damit diese nicht ivnnoint (vermeint, beschrien)^ werden. Gegen Gewitter werden auch Kreuz- feuer (h'aizwaior) an Kreuzwegen, gewöhnlich in der Mitte des Dorfes angezündet. Das Feuer sucht man durch Reiben eines Vorscheites unter einem Thürflügel zu gewinnen, fängt es mit einem Schwämme auf und zündet nun Wacholder- reisig, Weidenzweige, Attich, Schuhilecke, Schweinemist und anderes damit an. Je übler das Feuer riecht, eine umso bessere Wirkung verspricht man sich davon. Soll dieses Kreuzfeuer auch gegen die Cholera helfen, so müssen die Weiber darüber springen (so geschah es noch im Cholera- jahre 1855).

Taufbräuche. Der Vater des neugebornen Kindes geht selbst aus, um den Pathen und die Pathin zu bitten. Er nimmt den Hut in die Hand und spricht: tcölgn tst a halc, dal main isht intr (h ponk g,nvöl. („Folgt ein wenig, die Meine ist unter die Bank gefallen", d. h. niedergekom- men.) Die Taufpathen holen das Kind am bezeichneten Tage ab und fahren mit ihm zur Kirche. Dem ersten, dem sie begegnen, geben sie Brot, damit auch das Kind frei- gebig werde. Nach der Taufe findet ein kleines Frühstück statt und erst ein bis zwei Wochen später, sobald die Wöch- nerin theilnehmen kann, der Taufschmaus (pfotrschoft). Der Vater gibt den Schmaus, die Gäste beschenken die Wöch- nerin und das Kind. Die Taufpathen insbesondere schenken

1 Das „Vermeinen" fürchtet man auch in Tii-ol, vgl. Zingerle, Nr. 1622, und in Kärnten, Zeitschrift für Mythologie, 4, 408 f.

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Hemdchen. Die Kinder werden, so heißt es, aus der Dorf- lache oder einem Brunnen geholt. Den Storch und seine gewichtiij^e Bestimmung kennt man in Gottschee nicht.

Die beliebtesten Taufnamen für Männer sind : HansJie, Matl (Matthias), daneben Andrlr, Töne (Anton), Barfl (Bar- tholomäus), Göre (Gregor), Jacl, JöhIip, Jure (Georg, slow. Jurij), Lire (Lukas), Mdrt (Martin), Mrosch (Ambrosius), Miclil, Pale (Paul), Peatr, Sfcfon ; für Frauen : Mine (Maria), so heiBt vielleicht jede dritte Gottscheerin, d&nn Elshe, Gearr (Gertrud), Grcafe, Cafe, Leane (Helene), Neashe (Agnes, slow. Neza), ]*iir(/a (Nothburga), Ursehe, Bararo (Barbara). Neben diesen häufigsten Formen gibt es auch längere Bildungen wie: Gerate, Catiza, MoUanschizle (Magdalena) u. s. w. Des Namens- und Geburtstages gedenkt man im Kreise der Familie. Der Gefeierte wird mit einem Band oder einer Schnur gebunden und so lange gebunden gehalten, bis der Glückwunsch der Angehörigen beendigt ist.

Die höchste Feier im Leben des Einzelnen ist die Hochzeit, die in Gottschee überaus reich an poetischen Bräuchen, Liedern und Sprüchen ist. Im siebzehnten Jahr- hundert hat bereits Valvasor eine kurze Darstellung der Gottscheer Hochzeit entworfen.^ Am Anfange dieses Jahr- hunderts spielte sich noch der ganze unten geschilderte Vorgang ab,^ auch heute haben sich, besonders in abge- legenen Thälern, viele dieser Bräuche und alle Hochzeits- lieder erhalten. Früher heiratete man in sehr jungen Jahren: die Mädchen mit dreizehn, vierzehn, die Burschen schon mit achtzehn Jahren, zum Theil auch deshalb, um so vom Militärdienste loszukommen. Jetzt heiratet man selten vor dem zwanzigsten, beziehungsweise vierundzwanzigsten Le- bensjahre. In den besitzlosen Kreisen werden meist Liebes- heiraten geschlossen. Der Bursche heiratet, sobald er kann, das Mädchen, mit dem er schon länger in einem innigen Verhältnis lebt. Bei den vermögenden Bauern aber, und das

1 Valvasor, 2, 301. - Hacquet, 89.

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ist überall so, vereinbaren gewöhnlich die Eltern nach Er- wägung der beiderseitigen Vermögens Verhältnisse die Ver- bindung ihrer Kinder. Hat der Vater eines volljährigen Burschen ein tüchtiges Mädchen aus einer gleichgestellten Familie kennen gelernt, so sendet er zur ersten Anfrage irgendeine ältere Frau, auch eine Bettlerin oder einen Bettler, hin. Dann erst geht der Vater mit dem Sohne werben. Ist die Zusage gegeben, so erfolgt die eigent- liche feierUche Werbimg durch fünf Männer (barivan, har- warlain). Die Braut erwartet die Werber gewöhnlich an der Line, versteckt sich hernach am Boden und muss ge- sucht werden. Dann wird alles genau wegen der Mitgift ausgemacht. Ziun Zeichen der Verlobung geben sich die Brautleute Handschlag und Kuss, und als Darangabe: er ihr einen Thaler, sie ihm ein Mdrle (Halstuch). Einer, der AVerber verkündet durch einen Jauchzer zum Fenster hinaus der Nachbarschaft die stattgehabte Verlobung.

Wenige Wochen danach erfolgt gewöhnlich schon die Hochzeit. Im Sommer, wo die meisten Männer daheim sind, werden auch in der Regel die Hochzeiten (hoaclizait, die kirch- liche Trauung insbesondere heißt Jmis) gefeiert, gewöhnlich an einem Sonntag, Montag oder Dienstag. Am Donnerstag vorher oder am Vorabend erscheinen die Freundinnen bei der Braut und helfen ihr beim hranslain pintn. Auch der Bräutigam mit seinen Freunden kommt (ehemals stets zu Pferde) dazu. Nun werden für die Brautleute Kränze und für die anwesenden beiderseitigen Gespielen Sträui3chen fpcschJain) gebunden, die zugleich als Einladung zur Hoch- zeit gelten. Dazu wird nun das Lied beim Kranzbinden gesungen (Nr. 105), worin neckisch und wehmüthig zugleich der Verlust der Jungfrauschaft beklagt wird. „Es ist heut eine Jungfrau fröhlich gewesen, fröhlich wird sie nimmermehr. Fröhlich kann sie wohl noch werden, aber Jungfrau nimmer- mehr u. s. w." Solche Lieder, in denen die Freundinnen das Ende der schönen Mädchentage betrauern, kennt man überall. ^

1 Nork, Sitten und Gebräuche, 168. De.s Knaben Wunder- horn, 2, 56. Schuster, 76 f.

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Am Hochizeitsmorgen erscheint der Bräutigam mit seinen Freunden vor dem Hause der Braut. Er hatte in früheren Zeiten die alte Tracht an, später neben den in hohen Stiefehi steckenden Leinenhosen einen schwarzen Frack und einen CyHnder mit einem rothen Band, jetzt einen dunklen städtischen Anzug und natürlich ein Sträuß- chen im Knopfloch. Die Hauptperson neben ihm ist der staraschiiiar (slowenisch starasina, Ältester),^ der Hochzeits- bitter. Er hat die Gäste (am Donnerstag vorher) zu laden, alle Vorbereitungen zu treffen, beim Mahl auszutheilen u. s. w. Gewöhnlich ist es ein in den besten Jahren stehender naher Verwandter oder Freund des Bräutigams. Sein Abzeichen ist eine schwarze Sammtmütze. An dem Hause der Braut finden die Männer die Thür verschlossen. Der Staraschinar ruft nun : .,gabdt ln>;c]i aüßar inshr dal sc/ieana pniid'' (gebt uns heraus unsere schöne Braut). Der Brautvater ruft: „Hier ist sie" und sendet die Brautführerin (wi.rrarin) hinaus. Mit dieser muss der Bräutigam dreimal auf dem Straßenplatz vor dem Hause tanzen. Nach erneuerten Bitten sendet der Braut- vater eine Kranzeljungfrau hinaus. Sie hat einen Teigring (toigain päg^i) auf dem Kopf. Mit ihr muss ein Bruder oder Freund des Bräutigams tanzen. Endlich erscheint die Braut und überreicht dem Bräutigam einen Krug Wein, er trinkt davon, lässt sie trinken, wirft dann den Krug zu Boden, so dass er zerbricht ; danach tanzen sie miteinander. Die Braut hat die heimische Tracht an, doch von feinem, weißem Linnen, reich gestickt und eine Joppe von schwarzer Farbe, die nur bei der Trauung getragen wird. Nur reichere Frauen besitzen eine solche Joppe, die ärmeren leihen sie sich aus. Auf dem Haupte trägt die Braut einen Kranz, reicli mit Perlen, Gold und Bändern gestickt, mit falschen rotlien Zöpfen (räglj und einem weißen Schleier versehen. Das Tragen des Kranzes ist natürlich nur Jung-

1 Auch in Schlesien und im nordungarischen Berglande hat der Lustigmaclier hei deutschen Hochzeiten einen slawischen Namen (druschmann, truschhe, vgl. Schröer, 271)), in Österreichisch-Schlesien Druschma (Peter, 2, 216) vom slawischen druzba.

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frauen gestattet. In der Tasche hat die Braut einen Zwim- faden und Geld, damit es ihr nie an Flachs und Geld fehlen möge, ferner Getreidekömer, damit die Feldfrüchte gut ge- ratlien.

Nim bewegt sich der Zug zur Kirche. Die Musikanten gehen voran, zwei Lustigmaclier {pojazJ, Bajazzo) in bunten Kleidern mit rotlien Fahnen tummeln sich zu Pferd oder zu Fuß um den Zug herum und führen allerlei Spässe aus. Ist die Braut unbeliebt, so hängen Burschen auf dem Wege zur Kirche an einen Baum ein Strohweib auf. Zuweilen wird die Braut zum Scherz geraubt und der Bräutigam muss sie erst den kecken Burschen abgewinnen. Von einem ernsten Brautraub aus Göttenitz erzählen uns Valvasor und eine noch heute lebende Sage.^ Bei der Trauung in der Kirche lässt die Braut unvermerkt einen Apfel fallen und nach rückwärts rollen, damit sie leicht gebäre (otr codi dos ü gearn, hues uoclilximjt) . Nach der Trauung schwang sich die Braut ehedem zum Bräutigam aufs Pferd und trank mit ihm einen Krug Wein, den sie danach über den Kopf zu Boden warf. Jetzt fährt man in Wagen zum Hause des Bräutigams. Auf dem Wege dahin wird der Zug, falls fremde Dörfer zu passieren sind, durch rasch errichtete Mauth- schranken aufgehalten und erst nach Austheilung von Geld oder Brot weitergelassen. Außerdem werden verschiedene Scherze getrieben, z. B. eine weibliche Strohpuppe auf den Yordertheil eines Wagens gesetzt und in eihgem Lauf fort- geführt, die Musikanten müssen nachrennen und das Stroh- weib (habj) zu zerreißen trachten. Vor dem Haus des Bräutigams werden längere scherzhafte Verhandlungen ge- pflogen und die Braut wird erst eingelassen, sobald sie auf alle gestellten Bedingungen eingegangen ist. Zur Begrüßung reichte ihr ehedem die Schwieger einen Krug Wein, nach- dem sie einen Ducaten hineingeworfen hatte. Im Hause des Bräutigams oder der Brauteltern, öfter im Gasthause findet der Hochzeitsschmaus statt. Der staraschinar ordnet

1 Valvasor, 2, 79, setzt das Ereignis in das siebzehnte Jahr- hundert, die Sage in das sechzehnte Jahrhundert, vgl. das VII. Capitel. Hirn u. Wackerneil, Quellen u. Porsclinngen. III. 6

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alles an, die Musikanten sorgen für die Unterhaltung. Unter anderem singen sie das Geigerlied (Nr. 107), worin sie den Hochzeitbitter auffordern, auch ihnen Speisen zu reichen, Hühnerkragen und Hühnerbrast, ein Stück vom Schöpsen, Fülle u. s, w. Im Liede werden die Namen ehi- zelner Geiger und im Reim darauf bestimmte Speisen ge- nannt. Die Geiger drohen, wenn sie nichts bekommen sollten, der Braut einen StoB zu versetzen oder sie auf den Dach- boden zu führen. Nach der Absingung dieses Liedes kommt ein Geiger mit zwei umgekehrten Gläsern zum Staraschinar und sagt: „Bidr Jiähiii gjhcart, i.tr nlsch mcar haiu Itot (dass ihr keinen Wein mehr habt), aidr kiiclil ischt aksg.iprioi (aus- gebrannt), air waßle (Fässchen) iscJd aNsf/crim. JBür hähm ohr noch a piur tahslnit cmjjr (Eimer), ivrJaicht luifat iar uisch hos uh (vielleicht kauft ihr uns was ab)." Und nun fangen sie an, im Scherze miteinander zu handeln, bis sich der Staraschinar bereit erklärt, für die Musikanten zu sammeln. Hernach kommt das harfm (werfen) oder sclifrln an die Reihe, d.h. der Staraschinar nimmt ein ausgehöhltes Brot oder einen Kuchen und steckt einen Blumenstrauß hinein. Nun sagt er zu den Versammelten, er wolle einen Baum pflanzen und brauche dazu Erde, Dünger, einen Pfahl u. s. w. An Stelle dieser Gegenstände geben nun alle Gäste für das Brautpaar Geld- geschenke, die sie in das Brot „stecken" oder auf den Teller „werfen". Dazu wird das Lied Nr. 108 gesungen: „Herbei, herbei Bräutigams Vater ! Er wird sich nicht grämen, einen Thaler dran zu wenden. Je mehr er geben wird , desto lieber werden wir es sehen." Dann werden die Schwieger, die Schwägerinnen, die Freunde u. s. w. im Liede herbei- gerufen. Gibt jemand zu wenig, so singen alle: „Er hat noch einen gekrümmten Finger (er hält noch etwas in der Hand), gebt ihm zu trinken." Nach der Gabe wird vom jungen Paare eine Dankstrophe gesungen: „Bis die Zeit kommt, werden wir es Euch erstatten". Die gleiche Sitte und ganz ähnliche Lieder dazu haben auch die Slowenen.*

1 Blasnik 1, 3. „Le sem, le sem liisni oce, Ino tudi hisna mati, Le sem se pomikajte, V jabelko potikajte. Le sem, le sem brat in

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Die kleinen Kinder des Hauses kriechen unter den Tisch und streicheln die Füße der Brautleute, um Lecker- bissen zu erhalten. Beim Mahle singen die Gäste das Lied Nr. 110: „Küss' mich, schöne weiße Taube, du bist mein und ich bin dein", wobei sich die Brautleute unter allge- gemeinem zustimmenden Lachen küssen. Zum Schlüsse der Mahlzeit wird der Braut Kranz und Sclileier abgenommen unter Absingung des Abschiedsliedes Nr. 109: Die Biene (d. i. die Braut) fliegt auf den hohen Berg, um in des Vaters Land zu sehen. „Um den Vater traure ich. Vater, steht meine Rose noch? Die Rose steht noch, das Blümchen ist umgefallen, dein Bräutigam hat sie gefället." Das Lied wird wiederholt und für Vater auch Mutter, Bruder, Schwester, Freundschaft eingesetzt. ^ Die Braut aber muss dabei, wenn sie nicht Tadel treffen soll, in heftiges Schluchzen verfallen. Auch hochdeutsche Lieder werden bei der Trauung ge- sungen, z.B. das auch sonst bekannte (vgl. Erk, Nr. 543) Lied:

1.

Es blühen Roseyi, es blühen Nelken,

Es blüht ein Blünuiein, Vergissmeinnicht.

Ich sag'' es noch einmal : Schön ist die Jugendzeit,

Schön ist die Jugend, sie kommt niclit mehr.

Sie komm.t, sie kommt nicht mehr,

Sie ist beim Militär,

Schön ist die Jugend, sie kommt nicht mehr. 2. Ich lieb'' ein Mädchen zum Zeitvertreibe, Zum Zeitvertreibe liebt das Mädchen mich. Drum sag'' ich noch einmal: Schön ist die Jugendzeit u. S. w.

3. Es wächst ein Weinstock, ein Stock mit Rebelein, Aus d'iesen Rebelein, da wächst ein guter Wein, Drum sag'' ich noch einmal: Schön ist die Jugendzeit u. S. W.

sestra, K zivljenju pomagajte, Ino tudi radi dajte," etc. . . luid 3, 57 u. a. „Sdaj pa oce starasina, dajte vsacemu kozarc viua" etc. . . „Kaj se boste pogledvali, Ki bi rad nee ne dali . . ."

1 Über slawische Parallelen zu diesem Liede vgl. Krauß, Sitte und Brauch, 445. Häufig kehrt das Motiv wieder: „Senkt euch, Berge, dass ich ms Land meiner Sehnsucht sehen kann", vgl. Wen zig, 26; Kap per, Slawische Melodien, 20.

6*

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Vou der Decke herab hieug früher über den Braut- leuten ein Teigring, der die Unauflöslichkeit, der Ehe an- deuten sollte. Sah die Braut zu klein und zu jung aus, so gab man ihr einige Decken auf den Stuhl. In einem Neben- zimmer tafelt das Gesinde und die Lustigmacher.

Findet das Mahl im Hause der Brauteltem statt, so nimmt die Braut erst danach in einem ergreifenden Liede Abschied (Nr. 106): „So behüt' Euch Gott, Mutter, liebe mein, ich seh' Euch heut und nimmermehr." Sie will noch einmal in den Schrank der Mutter, um sich einzelne Kleidungsstücke zu holen, doch die Mutter hindert sie daran. Dadurch wird angedeutet, dass sie jetzt ihren eigenen Schrank, ihr eigenes Heim habe. In ähnlichen Liedern verabschiedet sie sich von dem Vater und den Geschwistern, \vobei reichliche Thränen vergossen werden. Auch diese Scheidelieder kennt man anderwärts.*

Dann wird noch zum Abschied der Johannissegen ge- trunken. Sobald die Braut im Wagen sitzt (früher auf dem Pferde) so singen aUe:

Shi ischt aüfgdshaßn, shi hol gdshnüpfazdt, (geweint) Shi ischt ahingdritn, shi hot gajücazdt (gejauclizt).

In manchen Gegenden, so in Altlaag, ist es üblich, inmitten der lauten Hochzeitsfreuden innezuhalten und der verstorbenen Verwandten zu gedenken. Im Chore werden dann die wehmüthigen Lieder Nr. 38 bis 40 gesungen, in denen die abgeschiedenen Seelen von ihren Leiden erzählen, ihre Verlassenheit beklagen und um erlösende Gebete flehen. Alles ist zu Thränen gerührt. Diese schöne Sitte ist in anderen Formen auch bei den Siebenbürger Sachsen- und bei den Ungarn gebräuchlich, und die Bayern lassen am Hochzeitstage Seelenmessen für die verstorbenen Ver- wandten lesen, besuchen deren Gräber u. ä.'' Auch in Ober- österreich werden abgeschiedenen Seelen Lieder in den

i Mittler, Nr. 337. Schuster, 74 flP. Meinert, 128. 2 Vgl. Scliröer, 282.

^Bavaria, 1, 39ß. Rein.sberg-Düring.sfeld, Hochzeits- buch, 123.

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Mund gelegt, worin sie von der Welt und den Menschen Abschied nelinien und um Gebet und Theilnahrae bitten. '

Nach dem Hochzeitschmaus folgt der Tanz des jungen Volkes bis in die späte Nacht hinein. In der Brautkammer zieht der Bräutigam der Braut Schuhe und Strümpfe aus und von ihrem Haar löst jedwedes einen zusammengeflochtenen Zopf auf. Wenn er früher fertig ist, steht ein Sohn zu erwarten, wenn sie, ein Mädchen. Der Bräutigam wirft die Schuhe über den Kopf: stehen sie mit der Spitze der Thüre zu, so stirbt er vor der Frau, stehen sie dem Bette zu, so stirbt sie früher.''*

Am nächsten Morgen kommen wieder die Verwandten und Freunde in das Haus des jungen Paares. Doch bringt jetzt jeder Gast selbst Speisen mit und in dieser Form des Picknicks geht nun die Schmauserei noch mehrere Tage, zuweilen eine Woche lang fort. Am Tage nach der Hoch- zeit führte man ehedem die Braut mit Spielleuten früh morgens zu einem Wasser, reichte ihr einen Krug Wein und drei Stücke Brot. Sie that einen Trunk und in jedes Stück einen Biss und warf das übrige in das Wasser.

Diese Hochzeitsbräuche stehen natürlich nicht in Gott- schee allein da. Sie sind nur besondere Entwickelungen allgemein üblicher Formen. In manchen Einzelheiten sind sie den Bräuchen der Slowenen gleich. Auch bei diesen ist der Starasina der Veranstalter der ganzen Feierlichkeit. Statt der Braut werden am Hochzeitsmorgen zuerst im Scherz andere Frauen dem Bräutigam entgegengeschickt. Eine rothe Fahne wird (wie bei allen Südslawen) entrollt. Unter komischen Liedern wird beim Mahle für die Musiker und für die Brautleute gesammelt, die Hochzeit dauert mehrere Tage und wie ehemals in Gottschee findet eine Nachfeier beim Wasser statt. ^ Doch die hervorstechendsten

^ 29. Linzer Museumsbericht, 144 und 146.

2 Ähnliches bei den Südslawen, vgl. Krauß in der Zeitschrift des Vereines für Volkskunde, 2, 183.

3 Vgl. A. Grün, 150 ff.; Reinsberg-Düringsfeld, Hochzeits- buch, 86-93; Österreichisch-ungarische Monarchie, 364 366; Slowenische Hochzeitslieder bei Blasnik, 1, 1 5, 3, 56 89.

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Theile des Hochzeitsfestes sind dem bayrischen Stamme gemeinsam, ja wohl auch allgemein arisch. Immer kommen die Gespielen der Braut, um ihr den Kranz zu winden und feierlich Abschied zu nehmen, überall gibt es einen Hochzeitsmeister und Lustigmacher, rothe oder bunte Bänder auf den Hüten, einen "Wettlauf nach der Trauung,' Mautschranken gegen den Hochzeitszug, eine scheinbare Entführung der Braut, das Einsammeln der Geschenke für die Brautleute unter scherzhaft verhüllenden Formen und das Trinken des Johannisweins.^ Doch die innige Ver- bindung dieser Bräuche mit den stimmungsvollen Hoch- zeitsliedem hat sich in dieser Vollkommenheit neben den Gottscheern und den Siebenbürger Sachsen wohl keine andere deutsche Landschaft bewahrt.

Manche alte Eeste zeigen auch noch die Leichen- feierlichkeiten der Gottscheer. Ist ein Kranker dem Tode nahe, so wird ihm eine Sterbekerze entgegenge- halten. Dadurch soll ihm das Sterben erleichtert werden; ein alter, überall bekannter Brauch.^ Zwei Lieder (Nr. 36 und 37) berichten vom Sterben: „"Wenn sie mir die Kerze werden halten, o Jesus, sei bei mir." Die weiteren Hand- lungen ergeben sich aus diesem Liede Nr. 36. Der Todte wird angezogen und auf eine Lade gelegt, dann in die Truhe verschlossen, ins Grab gesenkt und zü,)gdridrdt, d. h. mit Erde verschüttet. Im Liede Nr. 37 spricht der Sterbende : „Vater, haltet mir die Sterbekerze, denn ich muss scheiden." Auch von allen übrigen Angehörigen nimmt er Abschied mit den typischen Worten: „Im grünen Garten will ich Euch warten".'^ Es gibt viele volksthümliche deutsche Sterbe-

' Weinhold in der Zeitschrift des Vereines für Volks- kunde, 3, 13—16.

2 Bavaria, 1,390 407. Vgl. auch die übrigenBände derBavaria und der Österr.-ungari sehen Monarchie und das Hochzeitshuch vonReinsberg-Düringsfeld; Zingerle,13 26; Birlinger, 2, 377 f. Für die Siebenbürger Sachsen vgl. Schuster, 68 90, 444 447.

3 Wuttke, 428.

■* Vgl. näheres im VIII. Capitel.

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lieder^ und besonders häufig wird wie hier Jesus um Hilfe in der Sterbesstunde angerufen.^

Ferner ist es üblich, dass der Sterbende, nachdem er versehen wurde, das ganze Haus zusammenruft, allen gute Lehren gibt und als Johannissegen ein Glas Wein trinkt. Oft ist es vorgekommen, so noch im Jahre 1894 bei einem 93jährigeu Greise in Lienfeld, dass der Kranke unmittelbar nach dem Johannissegen starb. Bei der Beerdigung tragen in Gottscliee alle Männer brennende Kerzen. Die Leichen Unverheirateter werden mit Kränzen von Zwergbuchs ge- schmückt.

Nach dem Begräbnisse findet im Hause des Verstor- benen oder im Gasthause auf Kosten der Hinterbliebenen das Leichenmahl (dd shihutj) statt. Die Angehörigen und befreundeten Leidtragenden versammeln sich an einer langen Tafel. Der Messner vertheilt erst an die vor der Thür harrenden Armen und Kinder Brote, dann kehrt er in die Stube zui^ück und ruft: „(h shibmtj pjgint". Nun sagt er einige Gebete her, zunächst für die Seele des Verstorbenen, dann für alle armen Seelen im Fegefeuer, für die Seele, die zunächst sterben wird, und für die ganze Freundschaft. Dann geht es ans Essen und Trinken. Auf dem Tisch be- finden sich sieben Gattungen verschiedener Speisen, sieben große Brote (vier Weizen- und drei Hirsebrote) und eine entsprechende Menge Rothwein. Die Güte und Reichhaltig- keit der Gerichte hängt natürlich von den Verhältnissen der Hinterbliebenen ab, doch essen und trinken gewöhnlich die Gäste einige Stunden lang.

Die Leichenschmäuse, zweifellos ein Nachklang der alten Todtenopfer, waren im deutschen Mittelalter unter dem Namen „sibende" allgemein bekannt, Sie wurden meist eine Woche nach dem Begräbnis gefeiert. Heute sind in Bayern, Salzburg, Kärnten u. s.w^ reichliche Todtenschmäuse, verbunden mit Gebeten für den Verstorbenen, allgemein

1 Z.B. Schlossar, Nr. 8 f.

2 Ditfurth, 1, 14. Bölime, Nr. 659. Besonders am Schlüsse der WeihnacMslieder, z. B. Lexer, 326; Weinhold, 431 ; Ditfurth, 1,93.

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üblich. In Bayern findet der Schmaus am siebenten, dreiijig- sten und am Jahrestage nach dem Tode statt, in Kärnten, Tirol und bei den Slowenen (wo der Brauch „sedmina" heiJJt) gewöhnlich wie in Gottschee gleich nach dem Begräbnisse. ' Der Name kommt wohl vom siebenten Tag, wenn auch heute diese Frist nicht mehr eingehalten wird.

Ebenso alt wie die Leichenschmäuse sind die Todten- klagen : improvisierte Trauergesänge an der Bahre des ver- storbenen Verwandten oder Freundes. Bei den Völkern des Alterthums waren sie allgemein üblich, auch für die alt- hochdeutsche Zeit sind sie nachgewiesen.'^ Sie erhielten sich bis heute bei Naturvölkern und in Landstrichen, die von der modernen Cultur etwas abliegen. Bei den Finnen,^ den Corsen,^ den Bocchesen,^ den Deutschen in Nordungarn,''' den Siebenbürger Sachsen^ werden von bestellten Klage- weibeiTi oder von Frauen der Verwandtschaft in halb ge- gesungenen, freien rhythmischen Versen der Lebensgang, das "Wesen, die Todesart des eben Verstorbenen in blumen- reicher Sprache, oft mit ergreifender, tragischer L'onie vor oder während des Begräbnisses geschildert. Auch in Gott- schee kommt ähnliches (freilich nur selten) noch vor. Ein geistHcher Herr erzählte mir, dass er vor einigen Jahren in Hornberg die Leiche eines Kindes zum Kirchhof ge- leitete. Nachdem das Kind ins Grab gesenkt worden war, warf sich dessen Mutter auf den Boden, und das Antlitz ins Grab senkend begann sie eine freie Recitation. Jeden Vers mit Jau, jau (dem "Wehrufe der Gottscheer) eröffnend, sang sie von dem holden, freundlichen "Wesen des Kindes,

1 Wuttke, 437. Bavaria, 1,413; 2,324. Österr.-uiigari.sche Monarchie, 131, 377.

2 Kelle, Literatui'geschichte, 87.

^ G. Meyer, Essays und Studien, 1, 160. * Gregorovius, Corsica, 2, 34—88. 5 Kapp er, 2, 405.

^ Scliröer, Versuch einer Dar.'^tellung der deutsclien Mundarten des ungarischen Berglandcs, 1, 157 und 180. 7 Schuster, 457 if.

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von ihrer großen Liebe zu ihm, von dessen scliwerer Krank- heit, von dem Begräbnisse, und immer wieder „Jau, jau, nun liegst du im Grabe jau, jau, und ich bleibe trauernd zurück".

Die meisten abergläubischen Bräuche und Vorstellun- gen flieiSen aus dem Hexenwahn, an dem die Gottscheer überaus hartnäckig festhalten. Weihnachten ist, wie schon früher ausgeführt wurde, die hohe Zeit dieser Unheil- stifterinnen. Da treten sie den Menschen am nächsten, be- reiten den ärgsten Schaden, können aber auch am leich- testen erkannt werden. Die Inwin (Jtexj bedeutet Irrlicht) gilt auch in Gottschee als Urheberin der Gewitter und be- sonders der Hagelschauer. Schon Valvasor erzählt, dass die Gottscheer im Unwetter nicht allein beten, sondern auch bewaffnet gegen das Hexengeschmeiß losgehen.^ Heute schießen sie mit zerstoßenen Kupfermünzen oder Schweins- borsten aus Mörsern, Gewehren und Pistolen gegen die Wetterwolke und vermeinen, getroffene Hexen herabfallen zu sehen. ^ Von den Streifschüssen behalten diese dann die Triefaugen. Auch den Rauch von Attich können sie nicht vertragen und fliehen davor. Als Schutzmittel gegen die Hexen gilt auch ein hit (mhd. wit, Flechtreis), ausnahms- weise nach links gedreht und in der Westentasche aufbe- wahrt. Alte, triefäugige, einsam lebende Weiber werden gerne als Hexen betrachtet und jagen den Kindern heil- losen Schrecken ein. Befinden sich aber die Kinder inner- halb des Hofzaunes, dann dürfen sie die vorübergehenden Hexen verspotten, hier kann ihnen nichts geschehen. Im

1 Valvasor, 2, 300: „Denn weil sie gleich anderen Krainern den Walni gefasst haben, dass die Gewitter, zvimal die schweren, von dem Hexengeschmeiße angerichtet werden, kommen ihrer etliche mit alten Kehrbesen, Mistgabeln und dergleichen Dorf- oder Hausarma- turen herausgelofFen, stoßen damit in die Luft dem Teufel und seinem Anhange zu Trutz, der Einbildung, er werde sammt seinen Hexen damit vertrieben."

2 Ebenso bei den Südslawen: Krauß, Südslawische Hexen- sagen, Mittheilungen der anthropolog. Gesellschaft, 14, 46.

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Walde ist die Gefahr hingegen sehr groß. In Göttenitz, so erzählte man niir, wurde vor etwa vierzig Jahren ein Kind gesucht, das man im Walde schreien hörte. Sechs Tage lang forschten viele Personen danach, und obwohl es immer ganz nahe zu hören war, konnte man's nicht finden. Endlich erblickte man es todt. Die Hexen hatten es so lange behalten und den Blicken der Leute entzogen. Diese Weiber können auch Kühe verhexen, dass sie pjsJiaiclind (mhd. besihen) d. h. keine Milch geben. Die Hexe milkt dann ihre eigene Kuh und zwar an der Kette und erhält so die Milch der fremden. Der Brocken der Südslawen ist der Berg Kiek bei Ogulin in Kroatien, ganz nahe der Sprachinsel. In Gottschee gelten mehrere freie Plätze als Hexentanzplätze. Bei einem solchen Platze in der Nähe von Altlaag gieng eines nachts ein junger Bursche vorbei und erkannte seine Mutter unter den Tanzenden: „Amo, seid Ihr auch dabei?" ruft er ent- setzt. „Das wird dein und mein Unglück sein", gibt sie zur Antwort.' Am nächsten Morgen fand man sie auf einer Linde erhängt und zwar so kunstvoll, dass der Henker aus Laibach geholt werden musste, um die Schlinge zu lösen. Der Sohn aber ward immer kränker und als er gestorben war, sah man, dass ihm das Herz fehlte. Es fand sich später im Heu.

Es ist ja bekannt, dass ähnliche Anschauungen von den Hexen allgemein in Deutschland verbreitet sind. ' Auch bei den Slowenen haben sie sich noch erhalten. Valvasor, der selbst an die Hexen glaubte, erzählt mehrere krainische Hexengeschichten und betont, dass zu seiner Zeit besonders am Schnee berg, in Laas und Zirknitz, also in den Berg- wildnissen um Gottschee, Hexen gehaust hätten, aber von den Ortsrichtern mit Feuer und Schwert vertilgt worden wären. ^ Heute sind bei den Südslawen Hexensagen und Lieder in groiier Zahl bekannt.'^ Ein Gottscheer Hexenlied

1 Vgl. Grimm, Mythologie, *, 873—912 ; Wu ttk e, Register, 475 f. ; Zingerle, 59—68.

2 Valvasor, 2, -477; 1, 359 f. u. a.

3 Krauß, Hexensagen, 14, 13 48 und besonders 28.

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geht unmittelbar auf südslawische Vorlagen zurück. Es ist das Lied (Nr. 100) vom Sinik (slow, sinek = Söhnchen) Marko. Der Taufname Marcus ist in Krain sehr verbreitet. Es kann aber auch der Königssohn Marko, der Hanptheld des serbischen Volksgesanges damit gemeint sein. Marcus erzählt in diesem Liede, dass ihm in der Nacht auf einem hohen Berge wilde Weiber (Hexen) das Herz herausgerissen und gebraten haben. Es seien seine Mutter und seine Schwester gewesen, weswegen er ihnen die Hölle wünsche. Seine Schwägerin habe ihn dabei vertheidigt, darum wünsche er ihr die ewigen Freuden. So häufig kehrt es in Hexen- sagen wieder, dass dem Menschen gerade die nächsten Verwandten (besonders die Mutter) Schaden stiften. Dem Gottscheer Hexenliede kommen mehrere kroatische und slowenische Lieder ^ ganz nahe. Der Sohn fühlt sich am Morgen unwohl, von der Mutter oder der Schwester befragt, was ihm begegnet sei, erwidert er, in der Nacht hätten ihm die Hexen das Herz herausgerissen : die Mutter, die Muhme und die Schwester oder das Liebchen. Nach an- deren Fassungen hat die Schwester nur dazu geleuchtet, oder stand weinend abseits. Zur Strafe wünscht der Jüng- ling den Hexen einen peinvollen Tod, der Schwester, die ihn geschont, aber reichen Lohn.

Verwandt den Hexen ist die Teadin , eine Unheil- bringerin, die auch die Kärntner und Deutschimgarn kennen.^

Huldvoller sind die Waldfrauen'^ gesinnt, die sich aber wegen der Schlechtigkeit der Menschen immer mehr

1 Sie sind nebeneinander abgedruckt beiKrauß, Südslawische Hexensagen, 33 85. Das Lied von den drei Hexen kennen auch die Slowaken in Ungarn, vgl. die Ethnolog. Mittheilungen aus Ungarn, 1, 90 f. Der Schluss unseres Grottscheer Liedes ist im Deutschen häufig ähnlich, vgl. z. B. das Lied von der Stiefmutter in Erks Liederhort, Nr. 2: „Kind, was wünscht du deinem Vater? Einen Stulil im Himmel! Was deiner Mutter? Einen Stuhl in der Hölle!"

2 Vgl. Schröer, 234; Lexer, 65; Zeitschrift für Mytho- logie, 4, 409.

3 Vgl. Grimm, Mythologie, S 358 ff.

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zurückziehen. Raucht es auf den Bergen, so sagt man in Gottschee, die Waldfrau (ivräj kocht. In verschiedenen Orten halfen sie den Menschen in Noth und Bedrängnis, wurden aber um den Lolm betrogen und verschwanden. So gab man einer Waldfrau in Maierle statt des verlangten Weizen- brotes schlechtes Hirsebrot. In Rodine heilte eine Waldfrau viele Kranke und verlangte dafür saure Milch. Einmal wollte man sie hintergehen und reichte ihr sauren Wein. Sie merkte es natürlich und sprach: „Laitlain, hain ischt olr norhaif ivn,itr, milich ischt oh tngnt mü.Ar." (Leute, AVein ist aller Narrheit Vater, Milch ist aller Tugend Mutter.) Sie verschwand und ward nicht mehr gesehen. Einzelne hihi) wnicpi wohnen in den Grotten, die darum wräcjulrcJir heißen. In PöUandl kommt zuweilen nach dem Schnitt die haiße icrd mit zwei Gespielen singend ins Thal und holt sich ein paar Garben, mit denen sie wieder ins Gebirge verschwindet. Ihr Erscheinen erweckt Freude, denn es weissagt Frucht- barkeit und Segen. ^ Als haißo ivrd wird auch die Jungfrau Maria bezeichnet (vgl. Lied Nr. 68).

Von Riesen erzählt man ebenfalls in Gottschee. Die letzten lebten in Nesselthal, wo noch ein Brunnen steht, den sie erbaut haben. Als nun die Menschen auch dahin vordrangen und das Feld bebauten, da fragte ein Riesen- mädchen: „Was thun diese Ameisen?" Ein altes Riesen- weib aber antwortete: „Diese Ameisen werden ims alle noch vertreiben.'' -

Mythische Wesen in Gottschee sind ferner der neckende aber auch Geld verleiliende Berggeist sclikraÜ (alid. scrato),^

^ Scliröer, 493. Über die weiße Frau in Kärnten und Tirol vgl. Zeitschrift für Mythologie, 4, 299; Zingerle, Sagen, 210.

2 Schröer, 462. Eine ganz ähnliche Geschichte erzählt Grimm (Mythologie *, 447): „Als der Grüngrund und die Umgebung noch von Rie.sen bewohnt waren, stießen ihrer zwei auf einen gewöhnlichen Menschen. .Was ist das für ein Erdwurm ■*' fragte der eine, doch der andere erwiderte: ,Diese Erdwürmer werden uns noch auffressen!' vgl. auch Müllenhoff (279) für Schleswig.

■5 Grimm, Mythologie, *, 396—399.

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aucli in Kärnten' mul bei den Slowenen (skrat) namentlich im Triglavgebiete noch heute lebendig im Volksglauben, dann ein kleiner Hausgeist, pßn>>tokmau(Ue (Donnerstags- männchen). Dieses ist winzig klein und hat einen großen Hut (a hüdtats hintschigjs mandlc). Spinnt jemand an dem als heilig gehaltenen Donnerstag über 9 Uhr abends, so kommt es und z.>rh].)t d) hihJain (verwirrt den Wickel). Ferner glaubt man an die tri'dj'^ (Trude), die das Alpdrücken verursacht und das pilichmandU, ein sehr gefürchtetes Gespenst. Das Bilchmännchen schreckt nachts die Bilchfänger. In Inner- krain tritt der Bilch namenthch in buchelreichen Jahren viel stärker auf, als irgend anderwärts. In den Herbstnächten fängt der Gottscheer, wie sein slowenischer Nachbar, in Holzfallen, die auf den Buchen hangen, Massen von Buchen, deren Fell gut verkauft werden kann.-^ Im flackernden Fackel- schein, beim Schreien der Eule und Knarren der Zweige werden leicht Spukgestalten gesehen und gehört. Oft er- scheint das inHchnandle, stößt und schlägt die Fänger, äfft sie, indem es die Holzfallen zuklappt u. a. Werden zu viele Bilche gefangen, so erzürnt es, knallt dreimal mit der Peitsche und kein Thierchen wird mehr gesehen. Die Slowenen schreiben all diesen Schabernack dem Teufel zu, und Val- v a s o r hat sogar den Teufel gezeichnet, wie er die Bilche nachts auf die Weide treibt.* Das Bilchmännchen der Gott- scheer, das einen grünen Rock und eine rothe Feder auf dem Hut hat, ist natürHch mit dem Teufel verwandt.-'' Auch der Teufel hat in Gottschee, dem wilden Jäger gleich, eine

1 Zeitschrift für Mythologie, 4, 298.

2 Auch in Kärnten vgl. Lex er, 73.

3 Eine Beschreibung des Bilchfanges in der Österr.-ungari- schen Monarchie, 370 ff.

4 Valvasor, 1, 438.

•5 Als grüner Jäger mit einer rothen Feder auf dem Hute er- scheint der Teufel in Kärnten und in Tirol (vgl. Neue Carinthia, 1890, 130; Zingerle, 58). Im grünen Rocke mit einem Pferdefuße er- scheint der Teufel im Märchen vom Bärenhäuter (G-rimm, 101). In Schwaben gelegentlich als kleines gi-ünes Männlein (Birlinger, 1, 844 f.). Vgl. auch Mannhardt, Baumcultu.s, 111, 117 f.

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grüne Kleidung und wird als der grüne Herr ((/ri.m,) hear, grimrökato licar) bezeichnet. In dieser Tracht holt er den bösen Müller, der sein gesegnetes Weib den Räubern ver- kaufen wollte (Lied Nr. 68) ; als grüner Herr steht er war- tend am Bett des sterbenden Obristen (Nr. 16). Als krummer Schmied bedroht er in der Hölle die sündhafte Pfarrers- köchin (Nr. 122), als grausamer Engel mit rauhen Füllen und brennendem Rachen erscheint er der sündigen Seele (Nr. 33). Ein Mädchen gieng mit dem grünen Herrn ein sündhaftes Verhältnis ein. Eines Tages war sie spurlos verschwunden. Auf dem Fui3boden ihres Zimmers aber stand mit ihrem Blute geschrieben: Aier tbclitr isclit in dr heh am pödn.'^ Dem Teufel werden auch feurige Lufterscheinungen {aup, Alp genaimt) zugeschrieben.- An Orten, wo ein Unglück ge- schehen ist, errichtet man einen Schutthaufen {grim)(öd</, slow, grmada), damit der böse Dämon nicht herausfahren und neues Unheil anstiften könne.

SchlieJihch wäre noch ein Wort über die Rechts- bräuche zu sagen, wenn auch die Nachforschungen hier nur ein negatives Ergebnis darbieten. Es haben sich weder mündUche noch schriftliche Reste eines alten volksthüm- lichen Gewohnheitsrechtes der Gottscheer erhalten, aus dem man für ihre Abstammung Schlüsse ziehen könnte, wie es etwa Ficker für die Siebenbürger Sachsen gemacht hat.**^ Der Stadtrichter, die herrschaftlichen und die Ortsrichter richteten sich nach den staatlichen Vorschriften, also nach der Gerichtsordnung vom Jahre 1782, dem bürgerlichen Gesetzbuch von 18 il und dem Straf[jrocess vom Jahre 1803. Aber auch in den früheren Jahrhunderten erschienen viele kaiserliche Erlässe und Gewährsbriefe, die früh jede Spur jenes alten Volksrechtes verdrängten, das die Gottscheer

1 Radics, 220.

'^ Schröer, 201.

•^ Ficker in seinen Untersucliuni^cn zur Erbenfolge der ostgerniauischen Rechte, 2, § 51B, und in den Mittlieilungen des Institutes für österreicliisclie Gescliiclitsforschung, 14. 481—487.

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bei der Einwanderung etwa mitgebracht haben. Von den Slowenen unterscheiden sich die Gottscheer dadurch, dass zwisclien den Ehegatten durchwegs schon bei der Trauung die Gütergemeinschaft eingesetzt wird. Die Frau ist die „Mitwirtin", die Mitbesitzerin des ganzen gemein- samen Gutes. Dieses Verhältnis dürfte in dem Hausierhandel seine Begründung finden. Da der Mann ein halbes Jahr abwesend ist, wird es der Frau nur durch den Mitbesitz möglich, überhaupt in seiner Abwesenheit selbständig zu wirtschaften. Nur die den Gottscheern unmittelbar benach- barten Slowenen haben, so weit sie auch den Hausierhandel betreiben, diese Gütergemeinschaft angenommen. Sie ist sonst in ganz Krain uftbekannt. Nach dem Miteigenthume des Weibes richtet sich auch zum Theil die Erbfolge. Die Regel ist in Gottschee, dass der überlebende Gatte schon nach dem Inhalte des gleichzeitig mit dem Ehevertrage er- richteten Erbvertrages unter Wahrung der gesetzlichen Erb- rechte der Kinder das Recht erhält, die ganze Verlassen- schaft in natura zu übernehmen und den Kindern die ent- sprechenden Erbtheile auszuzahlen. Wo kein Testament vorliegt, strebt der überlebende Gatte immer mit den Kin- dern ein ähnliches Übereinkommen an. Dies ist auch sonst in Krain größtentheils üblich, weil die Bauerngüter sehr klein sind und aus wirtschaftlichen Gründen eine weitere Zerstückelung unter mehrere Kinder nicht zulässig erscheint. In der Regel geht die ganze Wirtschaft auf den ältesten Sohn über. Sterben die Eltern nicht früher, so übergeben sie ihm Haus und Hof und Felder, sobald er heiratet, mit Vorbehalt entsprechender Auszahlungen der übrigen Kinder und eines Ausgedinges an die Eltern. Doch das ist ja auch anderwärts üblich.

Auffallend aber ist es , dass im Gegensatz zu den Slowenen, wo häufig Verschwender unter Curatel gestellt werden müssen, sich jetzt kein einziger Gottscheer gericht- lich als Verschwender unter Curatel befindet. Bemerkens- wert ist ferner, dass die Gottscheer im gewöhnlichen Leben drei Zeugen zur Beglaubigung ihrer Aussage anrufen und

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dass sie bei neuen Grenzregelungen ihre Kinder zur Grenze mitnehmen und diese dort weidlich durchbläuen, damit sie sich die Grenze für alle Zeiten merken.'

VII. Märchen, Sagen und Volkserzählungen.

Die Zahl der eigentlichen Märchen und Sagen ist geringer als die der scherzhaften Volkserzählungen.- Für das freie, glänzende Spiel der phantastischen Märchenwelt fehlt dem (im Grunde nüchternen) 'Gottscheer die nöthige Zuneigung. Die geschichtlichen Sagen konnten sich aus Mangel an groJien Ereignissen nicht voller entfalten. Was an romantischen SagenstofFen noch im Volke lebt, hat sich in der gebundenen Form der Lieder reicher und besser bewahrt. Auch die poesievolleren Legenden werden im Liede festgehalten, jene, die sich dem Gebiete des Niedrigkomi- schen und des Lehrhaften nähern, werden in Prosa erzählt. Am beliebtesten sind die komischen und satirischen Volks- erzählungen, die auf gegenseitiger Neckerei beruhen. Sie werden noch heute tagtäglich in einfacher, ungebundener Form erzählt, täglich abgeändert und erweitert ; ihre Zahl ist thatsächlich unbegrenzt.

Die Märchen schließen sich an mythische und aber- gläubische Vorstellungen an und sind also innerlich ver- wandt mit den bereits erzählten Hexen- und Waldfrauen- geschichten. Die Gottscheer Märchen berichten zumeist

1 Ein uralter deutscher Brauch (Grimm, Rechtsalterthümer, 143 f., 545). Heute noch vielfach üblich (vgl. Zingerle, Nr. lG7t). Birlinger, 2, 197 u. a)

2 Einzelne Schlangenmüi'chen und die Schlossage, die ich hier bringe, sind bereits gedruckt, alles übrige ist bisher luibekannt. Ich verüftentliche die Sagen und Schwanke nach den Erzählungen der Frau Gei-trude Tschinkel und der HeiTen Perz, Tomitsch und Tschinkel.

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von Schlangen. Bekannte Motive werden hier anf ürt- Hche Verhältnisse übertragen. Nach dem Gottscheer Volks- glauhen gibt es Schlangen, die Kronen tragen. Die ge- krönte Schlange ist immer weiJ3, wohnt an einem Baume, verbrennt alles, wenn sie durch den Wald streicht. Naht sich ihr jemand, so thut sie einen Pfiff, worauf von allen Seiten Schlangen zu ihrer Hilfe herbeieilen. Märchen von gekrönten Schlangen sind ja überall verbreitet. ^

In der Schlangenkrone der Gottscheer Märchen be- findet sich ein Edelstein^ der sliidhcldoin. Er ist sehr schwer zu en'ingen, macht den Besitzer reich und gesund, löscht ihm Hunger und Durst und verleiht ihm beständiges Glück. Nach der Gottscheer Volksetymologie heißt der Siedel- stein so, weil alles Glück sich bei ihm angesiedelt hat. Es ist aber der alte sigestein, der zauberkräftige, sieg- verleihende Stein der germanischen Mythe. In der alten Thidreksage kommt er ebensogut vor, wie in den heutigen Märchen der Faröer-Inseln und ausführlich beschreibt ihn der österreichische Erzäliler des Mittelalters, der Stricker.^ Das Gottscheer Wort sliidlsclitoin ist aus der jüngeren (in Anlehnung an Siegel gebildeten) Form sigelstein infolge der volksthümlichen Umdeutung entstanden. Man glaubt noch heute an diesen Stein. Wenn jemand rasch reich ge- worden ist, so sagt man, er hat den ^hidlscJdom, oder er hat einen ><chl-rafl (vgl. oben S. 92 f.). Den Stein kann man auch dem Erben hinterlassen oder der Tochter als Mitgift schenken.

1 Vgl. Grimm. Anmerkimgeu zu den Märchen, 17 u. 105. Hier erfahren wdi- von Schlangenkronenmärchen aus Österreich, Tirol, Vorarlberg, Hessen. Niederlausitz. Vgl. auch Grimm, Sagen, Nr. 221 und 459, Mythologie, *, 571 ff. ; Birlinger, 1, 145; Rochholz, Ale- mannische Sagen, 2, 5 f. ; Müllenhoff, 355; Grohmann, Aberglauben und Gebräuche aus Böhmen, 79. Alniliche Märchen hörte ich in Eisen- stein (Bölunerwald). Für die Kramer Slowenen vgl. Österreichisch- ungarische Monarchie, 383.

2 Vgl. Sehr ö er. 475; Mittelhochdeutsches Wörterbuch, 2, 61G. Fiü' die Faröer-Liseln vgl. die Zeitschrift des Vereines für Volkskunde, 2, 14.

Hirn ii. Wackernell, Quellen n. For.srlumgen. III. 7

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Von einem vor einigen Jalu'en verstorbenen Grund- besitzer der Pfarre Mosel erzählt man sich folgendes Ge- schehnis: Dieser Mann sah einmal in einer (irube einen Haufen Schlangen beisammen. Kr ritt nach Hause, holte sich ein Rad, machte es glüheml und warf es in die Grube. Da stoben die Schlangen auseinander, er nahm rasch den Siedelstein und sprengte, von den Schlangen verfolgt, eiligst heim. Zu Hause angelangt, streichelte er sein Pferd über den Schweif und sagte : „Du hast mich heute gerettet." Da fuhr eine Sclilange hervor, die im Schweif verborgen war, und stach ihn in die Brust, so dass er starb. Seine Kinder aber behielten den Stein und wurden reich.'

Ein zweites Märchen berichtet: Ein Wanderer ver- irrte sich im Walde und fiel in eine tiefe Grube, deren es in dem Gottscheer Steinboden so viele gibt. Er hatte sich nicht verletzt, denn er fiel weich auf: eine gewaltige Menge von Schlangen deckte den Boden. Unter ihnen erhob sich die groJ3e, weüie Schlange mit dem sjiidlsclitoiii auf dem K()])fe und befahl den übrigen, des Wanderers zu schonen. Die Schlangen leckten viel an dem ^liidlsditoin. Da er luingrig und durstig war, wagte er es auch, daran zu lecken und stillte damit Hunger und Durst. Und der Wanderer blieb viele Jah]-e bei den Schlangen. Da versprach ihm die große, weiÜe Scldange ihn wieder an das Tageslicht zu bringen, wenn er über seinen Aufenthalt bei den Schlangen sehw<Mgen wolle. Dies versprach er. Sie nahm ihn nun auf den Rücken und trug ilui aus Grube und Wald und durch die Lülte bis vor eine Stadt, wo er wieder zu Menschen kam. Man erzählt ferner, in der Grube seien auch Buche gewesen, denen er rotlie Fäden um (km Hals band, und man habe später viele so gezeichnete Thiere gefangen. -

Ein drittes. Vor Zeiten gab es Schlangen im Walde, die thaten viel Schaden. Da spra(;h ein Mann vm den an- deren: „So ihr mein Weib und meine Kinth'r versorgen

1 Ähnliclie Märchen lici I'cter, '2, :!1. mi.l Birl in -ci-. 1. Kö; doch in beiden: „Krone". iii(;ht „Stein". - Scliröer, 475.

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wollt, wenn ich' umkomme, so will ich alle Schlangen ver- tilgen." Die anderen versprachen dies und er gieng in den Wald. Da machte er einen Kreis nnd ein Feuer in der Mitte und stieg auf einen Baum. Da kamen alle Schlangen zum Feuer und verbrannten. Doch zuletzt kam eine große weil3e Schlange, die schlug mit ihrem ungeheuren Schweif so um sich, dass sie alle Bäume niederwarf, auch den, worauf der Mann sai3. Und er üel herab und schlug sich todt. So kann man die Schlangen vertreiben, aber einer muss sich opfern.^

Andere Schlangen gelten für verzauberte Mädchen oder Jünglinge. Vor vielen Jahren kam ein Bursche in die Stadt Gottschee und begegnete einem Mädchen, das war die große weiße Schlange. Die sagte ihm, er könne sie mit Hilfe einer einjährigen Ha'selruthe erlösen. Die solle er im "Walde holen, da werde sie ihm als weiße Schlange be- gegnen mit Schlüsseln in der kau) (Maul). Die sollte er ihr mit der Haselruthe herausschlagen, da werde alles vom Himmel fallen, Hagel und Regen, Bhtz und Donner, er dürfe sich aber nicht fürchten. Der Bursche gieng nun, ihrem Wunsche folgend, in den Wald um die Haselruthe. Auf dem Rückwege überfiel ihn ein schreckliches Un- gewitter und neben einer kleinen fa>tcJij (Tanne) traf er die weiße Schlange. Er aber fürchtete sich und wagte es nicht, ihr die Schlüssel aus dem Maule zu schlagen ; denn er war noch sehr jung. Als nun die Schlange an ihm vorüber war, sagte sie: „Du hättest mich erlösen und dich selbst glück- lich machen können. Nun muss ich Schlange bleiben. Wenn aber aus diesem Tannenbäumchen einst ein großer Baum geworden und daraus eine Wiege gemacht ist, so kann mich das Kind erlösen, das darin gewiegt wird." Mit diesen Worten verschwand die Schlange. Der Erzähler fügte noch hinzu: „Und das ist wahr, das hat mein cii.'i (Großvater)

1 Elze, Bl f. Eine ähnliche Sage in Tirol (Zingerle, Sagen, Ni-. 21 Ij und bei den Slowenen, Österreichisch-ungarische Monarchie, 383, und Krek, 71 f.

7*

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erzählt, der lange auf dem Friedrichstein oben gewolnit hat." 1

Ein fünftes. Ein paar Eheleute waren reich an Gütern, aber kinderlos. Da beteten sie um ein Kind und sollte es auch nur ein Hündchen sein; umsonst! Sie beteten um ein Kätzchen, auch vergeblich. Da beteten sie um eine Schlang«' und Dire Bitte ward erfüllt. Als nun der Schlangensohn zwanzig Jahre alt wurde, wählten ihm die Eltern das schönste Mädchen zum Weibe. Da sich das Mädchen weigerte, sollte sie einen Balken, besteckt mit scliHcrshoolni (Schermessern), emporklettern. Sie versuchte es, aber der Schmerz war so groß, dass sie lieber nachgab und das "Weib der Schlange wurde. Als sie in der Brautnacht weinte, sagte die Schlange : „Du wirst mich erlösen." Da ließ sie ab zu weinen und redete freundlich mit der Schlange. Am Morgen aber krachte das Haus und es barst die Schlangenhaut (lücli,) oder Jafsrlu)" und ein schöner Jüngling stand vor dem Mädchen und sie küssten sich. Er aber sagte: „Die Haut bewahre wohl, es ist zu unserem Glücke." Sie aber hasste diesen Schlangen- balg und als er einst aus war, verbrannte sie ihn. Sobald er heimkehrte und dieses vernahm, verließ er sie. Sie aber war guter Hoffiiung und konnte nun nicht gebären sieben Jahre lang. Da zog sie aus nach ihrem Mann. Auf dem Wege begegnete ihr eine weiße Frau. Die sagte ihr: „Dein Mann lebt mit einer Zauberin in ihrem Schlosse, da nimm drei Spielzeuge!" Sie nahm die Spielzeuge und gab zwei der Zauberin, damit sie mit ihrem Manne reden könne. Als sie aber zu ihm kam, schlief er noch von einem Zaubertrank ;

^ Elze, 32 f. Eine tlieilweise ähnliche Sage erzählen die Brüder Grimm (Deutsche Sagen, Nr. 13) von einer verzauberten Schlangen- jungfi-au, bei der auch ein junger Barsch aus Angst die Erlösung unter- lässt. Die oben erwähnte Fi^st für die Erlösung, bis aus dem Baume eine Wiege wü-d u. s. w. kommt öfter vor. Vgl. Knoop, Alh^rliand Scherz, 4; Birlinger, 1, 7. Schlangen mit Schlüsseln im Munde; vgl. bei Vernaleken, 125: Birlinger, 1, 86: Zingcrle. Sagen, Nr. 209, 403 f. u. a.

2 Mhd. lasche, der Lappen, Fetzen.

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da gab sie das letzte S])ielzeug hin. Nun vermied er den Zaiibertrank, sprach mit dem Weibe und sie gebar einen Sühn. Die Zauberin aber ward vertrieben und sie lebten noch lange glücklich miteinander.^

Einen sehr ähnlichen Inhalt zeigt das Gottscheer Lied von der schönen Marie (Nr. 98). Marie findet jeden Morgen den Thau von der Feldfrucht, die sie zu jäten hat, abgekehrt. vSie wünscht, dass der geheimnisvolle Thäter ihr Geliebter würde. Da erscheint die lange Schlange und sagt: „Das soll geschehen, heirate mich. Noch ehe du deine Braut- kleider ausziehst, werde ich meinen Schlangenbalg ablegen und ein schöner Jüngling sein. Meine Mutter gieng im ersten Paare hinter dem Kreuz (d. h. sie war aus sehr guter Familie, da in den meisten Gottscheer Dörfern nur den angesehensten Mädchen das Recht zukommt, bei Pro- cessionen das erste Paar zu bilden). Sie hat mich bei einer hohlen Buche geboren und weggelegt (vgl. die Lieder Nr. 79 ff.), im Walde bin ich herangewachsen. Die wilden Reben haben mich gefatscht, der kühle Wind hat mich ge- wiegt." Da antwortet das Mädchen: „Ehe ich die Schlange heirate, klettere ich lieber den Sägebaum (shaglpchn) hinauf, der mit lauter Messern besteckt ist."^ Der Sägebaum wächst empor, da erschrickt sie und heiratet doch die Schlange. Vor der Kirche gibt das Mädchen die Schlange in ein Körbchen. Nach der Trauung schlägt sie auf Anrathen der Schlange diese dreimal mit einer Haselruthe um die Mitte. Da fällt der Schlangenbalg ab und ein schöner Jüngling steht vor ihr. Am nächsten Morgen begeben sie sich zu den Eltern des Mädchens und feiern die Hochzeit.

Dieses Lied hat einen slowenischen Kehrreim : „Mare, Bog pomagaj !" (Maria, Gott helf uns) und erweist schon dadurch seinen fremden Ursprung. Das slowenische Lied

1 Erzählt vom Herrn Pfarrer Jaklitsch, veröffentlicht von Schröer, 475 f. Vgl. Zingerle, Sagen, Nr. 400 f.

" Ein alter Zug aus der geistlichen Literatur, Lucifer wünscht auf einer mit Messern besetzten Säule zum Himmel klettern zu dürfen. Vgl. Creizenach, Geschichte des neueren Dramas, 1, 204.

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des gleichen Inhaltes: „Die schöne Vida" ' ist etwas kürzer, es erwähnt nichts vom Leben der jimgen Schlange im "Walde, nichts vom Sägebaum. Anderseits hat die Schlange hier neun Schweife mit neun Schlüsseln und ist ein ver- zauberter Königssohn. Die Verwandlung mit dn-i drei- jährigen Ruthen wird genauer geschildert:

Da kaco vujdre z pervoj sibo, Wie sie schlug mit erster Riitlie.

Ona je od glave clovek. Ward die Schlange Mensch vom

Haupte. Da jo vujdre z di-ugoj .siboj, Wie sie schlug mit zweiter Kuthe,

Grata do pojasa clovek. Ward die Schlange Mensch zu

Hüften. Da jo vujdre z tretjoj .siboj, Wie .sie scidug mit dritter Kuthe.

Te ze grata do pet clovek. Ward die Schlange Mensch zu

Fersen.

In allen diesen Berichten geschieht die Entzauberung durch eine Haselruthe. Die Haselstaude, die den Göttern geweiht war, hatte von je Zauberkraft: sie schützte vor Unheil und Krankheiten, sie führte zur Erschlieiiung vun Schätzen und zur Erforschung der Zukunft. Die wciUe, ge- krönte Schlange wohnt an ihrer Wurzel und heiiit darum auch Haselwurm; mittelst eines Haselstockes kaini man sie' fangen. Die Haselstaude schützt vor Schlangen, das hat ihr Maria verliehen. Eine ganz besondere Kraft aber haben die Hiebe der Haselruthe.^

Eine verdunkelte, allegürische Bedeutung kommt der Schlange im Liede Nr. 65 zu. AVie es hier geschieht, so ist noch heute die allgemeine Meinung, dass man Schlan- gen, die einen Menschen bedrohen, durch Milch anlocken könne. Zur Heilung von Schlangenbissen bedient man sich eigener Schlangensteine {cqfsrlnisc/tfohi, slow.kaca = Schlange). Legt man solch einen Stein auf die "Wunde, so soll er sich vollsaugen vom Gift und anschwellen. "Wenn man ihn dann

1 Bei Stanko Vraz, -47 f., breiter 48 f. Dieses übersetzt von A. Grün. (üJ ff". Vgl. Krek. 74 f. Ein entfernter verwandtes schlesisches Märchen bei Peter, 2, 174 ff.

2 Grimm,Märchen(Anhang.LegendenNr. 10); Perger, PHanzen- sagen, 245; Rosenkranz, 181.

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nicht rascli in die Milch wirft, so zerspringt er. Sok'lie Steine vererben sich noch heute von Mutter auf Tochter und werden sehr wert gehalten. Die schädlichen Folgen des Schlangenbisses kann man auch durch Beschwörungen weg- bannen. In der Pfarre Nesselthal lebt ein Hufschmied, der als Schlangenbanner bekannt ist. Von weit her kommen die Landleute mit gebissenen Rindern oder Pferden zu ihm. Er spricht nun mit groiier Feierlichkeit seine Beschwörungs- formel und das Schlangengift hat alle Kraft verloren. Die Zauberformel wollte uns der Mann nicht nennen, die sei sein Geheimnis; tlocli versicherte er, dass alles im Namen Gottes geschehe.

An Gottscheer Sagen gibt es nur einige wenige, die sich an bestimmte Baulichkeiten oder Orte anschlieiien. Erinnerungen an die Tiirkeneinfälle im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert sind noch im Volke lebendig; doch die Ereignisse jener Zeit waren zu entsetzlich und trostlos, als dass sie die sagenbildende Schaffenskraft geweckt hätten. Erinnerungen bewahrt man ferner an die Besetzung Gott- schees durch die Franzosen (1809) und an das Räuber- unwesen späterer Zeiten. Wie in ganz Krain, so gab es in Gottschee noch bis in die Vierzigerjahre unseres Jahr- hunderts richtige Räuberbanden. Besonders bekannt im Volksmund ist der RäuberhauptmannMichor (vulgo Roschar), der in PöUand gehaust hat. In Lichtenbach zeigt man noch an einem Hause die Schießscharten, woraus man auf die belagernden Räuber geschossen hat. Der herumziehende (im Jahre 1799 geborne) Bettler Brausse erzählt noch viel von seinem Verkehr mit den Räubern.

Eine aus dem vorigen Jahrhundert stammende Gott- scheer Sage erzählen auch die Brüder Grimm. ^ Sie lautet:

„In der unterkrainischen Stadt Gottschee wohnen Deutsche, die sich in Sprache, Tracht und Sitten sehr von den anderen Kraineni unterscheiden. Nahe dabei liegt eine

1 Deutsche Sagen, Nr. 147 (Gottscliee). Sie stammt aus der anonymen Sammhmg Volkssagen, Eisenach 1795, 173 188.

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alte, denselben Namen traf^ende und dem Fürsten Auersperg zugeliörende Burg, von der die umwohnenden Leute mancher- lei Dinge erzählen. Noch jetzt wohnt ein Jägersmann mit «einen Hausleuten in dem bewohnbaren Theil der verfallenen Burg und dessen Vorfahren einem soll einmal ganz besonders mit den da hausenden Geistern Folgendes begegnet sein.

„Die Frau dieses Jägers war in die Stadt hinunter- gegangen, er selbst, von Schläfrigkeit befallen, hatte sich unter eine Eiche vor dem Schlosse gestreckt. Plötzlich so sah er den ältesten seiner beiden Knaben, die er schlafend im Hause verlassen, auf sich zukommen, wie als wenn er geführt würde. Zwar keinen Führer erblickte er, aber das fünfjähiige Kind hielt die Linke stets in der Richtung, als ob es von jemandem daran gefasst wäre. Mit schnellen Schritten eilte es vorbei und einem jähen Abgrunde zu. Er- schrocken sj^rang der Vater auf, sein Kind zu retten willens, fasste es rasch und mühte sich, die linke Hand von dem unsichtbaren Führer loszumachen. Mit nicht geringer An- strengung bewerkstelligte er das zuletzt und riss die Hand des Kindes los aus einer anderen, die der Jäger nicht sah, aber eiskalt zu sein fühlte. Das Kind war übrigens uner- schrocken und erzählte, wie dass ein alter Mann gekommen sei, mit langem Barte, rothen Augen, in schwarze Kleider angethan und ein ledernes Käppchen auf, habe sich freund- lich angestellt und ihm viele schöne Sachen versprochen, wenn es mit ihm gehen wolle, darauf sei es ihm an der Hand gefolgt.

„Abends desselben Tages hörte der Jäger sich bei seinem Namen rufen; als er die Thüre aufmachte, stand der nämliche Alte drauÜen und winkte. Der Jäger folgte und wurde an eben denselben Abgrund geleitet. Der Felsen that sich auf, sie stiegen eine Steintrej^pe ab. Unterwegs begegnete ihnen eine Schlange, nachher gelangten sie in eine immer heller werdende Gruft. Sieben Greise mit kahlen Häuptern, in tiefem Schweigen saßen in einem länglichen Räume. Weiter gieng der Jäger durch einen engen Gang in ein kleines Gewölbe, wo er einen kleinen Sarg stehen

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sali, dann in ein gröiJeros, wo ilim rler Greis aehtuii<lzwanzig groJJu Särge zeigte, in den Särgen lagen Leichname beiderlei Geschlechtes. Unter den Verblichenen fand er einige be- kannte Gesichter, wovon er sich jedoch nicht zu erinnern wusste, wo sie ihm vorgekommen waren. Nach diesem wurde der Jäger in einen liellerleucliteton Saal geführt, worin achtunddreiJiig Menschen saÜen, worunter vier sehr junge Frauen, und ein Fest begiengen. Allein alle waren todten- blass und keiner sprach ein Wort. Durch eine rothe Thür führte der Alte den Jäger zu einer Reihe altfränkisch ge- kleideter Leute, deren verschiedene der Jäger auch zu er- kennen meinte, der Greis küsste den ersten und den letzten. Nunmehr beschwor der Jäger den Führer, ihm zu sagen, wer diese alle seien und ob ein Lebendiger ihnen die noch entbehrte Ruhe wiedergeben könne ? ,Lauter Bewohner dieses Sclilosses sind es,' versetzte hohlstimmig der Alte, ,die weitere Bewandnis kannst du aber jetzt noch nicht er- fahren, sondern will es demnächst einmal.' Nach diesen Worten wurde der Jäger sauft hinausgeschoben und merkte, dass er in einem nassfeuchten Gewölbe war. Er fand eine alte, verfallene Treppe und diese in die Höhe steigend ge- langte er in einen etwas weiteren Raum, von wo aus er durch ein kleines Loch vergnügt den Himmel und die Sterne erblickte. Ein starkes Seil, woran er stieii, und das Rauschen von Wasser lieii ihn muthmai3en, er befinde sich auf dem Grunde einer hinter dem Schlosse befind- lichen Cisterne, von wo aus man das Wasser mittelst eines Rades hinaufwand. Allein unglücklicherweise kam niemand in drei ganzen Tagen zum Brunnen, erst am Abende des vierten gieng des Jägers Frau hin, die sehr staunte, als sie in dem schweren Eimer ihren todtgeglaubten Mann herauszog.

„Die Verheißung des alten AVegweisers blieb indessen unerfüllt, doch erfuhr der Jäger, dass er ihn in dem Vor- geben, diese Geister seien die alten Schlossbewohner, nicht belogen hätte. Denn als er einige Zeit darauf in dem fürst- lichen Saale die Bilder der Ahnen betrachtete, erkannte er

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in ihren Gesichtszügen die in fk-r Hölilc gesehenen Leute lind Leichen wieder."

Aiicli die Lebensgeschichte der Veronika \'un Desinze, die Valvasor^ nach der Cillier Clironik ausführlieh er- zählt, dürfte viel Sagenhaftes enthalten. Graf Friedricli von Cilli soll seine erste Gattin im Bette erstickt haben, hei- ratete nach deren Tode seine Geliebte, Veronika, 1424 und lebte mit ihr auf dem von ihm neu erbauten Schlosse Friedrichstein bei Gottschee. Doch sein Vater Hermann, der wegen dieses Bundes mit einem armen Edelfräulein zürnte, liei) den Sohn gefangen nehmen, seine Burg nieder- reiiJen, die flüchtig herumirreiifle Veronika festsetzen und der Zauberei anklagen. Das Gericht sprach sie frei, doch Graf Hermann lieii sie in einer Wanne ertränken, verzieh darauf seinem Sohne und stellte das Schloss Friedrichstein wieder her.

Von dem Orte Graf linden erzählt man, Graf Friedrich habe dort auf einer seiner Reisen unter einer Linde geruht und so dem Orte den Namen gegeben.

Unweit Röniergrund liegt auf einer Anhöhe die kleine Ortschaft Thiirn mit geringen Überresten eines runden tlmrm- artigen Gebäudes. Von diesem erzählt die Sage Folgendes : Vor langer Zeit, als die jetzige Sjjrachinsel noch unbewohnt und von Urwald bedeckt war, stand dieser Thiirm als ein- ziges Gebäude auf der weiten Strecke von Reifnitz bis Möttling. Hier wt^hnte ein habsüchtiges Ehepaar, das zwei allerliebste Kinder, einen Sohn und eine Tochter, hatte. Das ]\Iädelien heiratete nach Ileifnitz, der Sohn aber zog in fremde Lande und trat in den Dienst eines Grafen, der viele Kriege führte. Die Eltern errichteten hierauf im Thurme eine Herberge, die für viele verderblich werden sollte. Ein Saum2)fad führte an dem Thurme vorüber, weit und breit der einzige Weg, so musste er von vielen Reisenden be- nützt werden. Es traf sich (hiher oft, dass einer oder der andere in dem Thurme nächtigte. Im Schlafe wurden dann

3, 200 ff., danach Elze. 14 ff.

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die (raste vuu den AVirtsl eilten, denen ein i)aar baiunsiarke Hausknechte Beistand leisteten, ermordet und beraubt. Der Leichnam wurde in ein nahes Erdh_K'h geworfen. Dieses traurige Los traf vieh" ^\' anderer, Ijis der Himmel über die Mörder eine furchtbare Strafe verhängte. Der Sohn dieser Leute hatte nach langem Aufenthalte in der Fremde, von Heimweh getrieben, die Reise zu den Eltern an- getreten. Nachdem er einige Tage bei der Schwester in Reifnitz geweilt hatte, langte er des Abends spät im Elternhause an, wo er die erste Nacht unerkannt zubringen wollte. Im Schlafe aber ermordeten ihn die Eltern, die ihn für einen durchreisenden Grafen hielten und warfen den Leichntim in den Abgrund zu den übrigen (Jpfern. Des andern Tages kam, von bangen Ahnungen geciuält, auch die Tochter aus Reifnitz daheim an. wo sie aus dem Munde der Eltern erfahren musste, dass diese ihr eigenes Kind, den einzigen Sohn, aus Geldgier ermordet hatten.

Diese Sage, die heute in Gottschee als wirkliche Be- gebenheit berichtet wird, gehört zu den weitverbreiteten Er- zählungen von verdächtigen Herbergen,^ die oft genug der AVirklichkeit entsprachen. Auch in der Nähe von Gottschee gab es au den Handelsstraßen nach Kroatien noch im An- lange unseres Jahrhunderts genug berüchtigter Gasthäuser. Das deutsche Volkslied gleichen Inhalts von den Mord- eltern ist überall bekannt.

An eine wunderschöne Monstranze in Göttenitz, über deren Herkunft niemand etwas Genaueres weil], knüpft sieh nachfolgende Ortssage. In dem Hause Nr. 25, das jetzt den Namen Zlnjalsch führt und vor Zeiten zu einem Herrschafts-

1 Als wahre Begebenheit wird diese Mordthat der Eltern bei icht et l'ür das Jahr 1618 ans Leipzig, für 164i) aus Böhmen, hi neuerer Zeit von Clregorovius ans Gorsica (2,27). Zacliarias Werner hat den Stoff dramatisch behandelt in seinem „24. Februar". Das deutsche Volks- lied dieses Inhaltes ist aus dem achtzehnten Jahrhunderte belegt und heute bekannt in Schlesien. Hessen, Böhmen, Bayern, Brandenburg. Schleswig-Holstein u. s. w. Vgl. Erks Deutscher Liederhort, Nr. 50« bis 50c, besonders 1, 177; Böckel, 108; Mülleuhoff, 534 f.

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besitz gehört haben soll, lebte zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts ein sehr scliönes und tugendhaftes Mädchen, die Tochter schlichter Leute. Die Kunde von der Schön- heit dieses Mädchens verbreitete sich im ganzen Lande und bis an die Ufer der blauen Adria hin. Von verschiedenen Gegenden kamen die Jünglinge herbei, um die Hand der holden -Jungfrau zu werben. Auch ein Jüngling aus einer vornehmen Laibacher Familie befand sich unter den Werbern. Diesem beschloss das Mädchen FJslir (Elisabeth) soll es geheiJJen haben als Gattin zu folgen, und es wurde be- stimmt, dass die Yerlolning im nahen Bieg bei Verwandten der Braut gefeiert werden sollte. Im Walde vor E-ieg nun war es, wo die ahnungslose Braut von einem vorher ab- gewiesenen Werber, welcher weit herauf von der Adria gekommen war. mit Hilfe seiner zahlreichen Begleitung dem erwälilten Bräutigam und ihren Angehörigen entführt wurde. Der Entfülirer brachte die schöne Elshr nach Fiume und segelte mit ihr ohne Aufenthalt von dort seiner fernen Heimat zu. Einige Jahre darauf, an einem Sonntage, als der Priester sich gerade zum Altare begafi, um das heilige Messopfer darzubringen, fand er das Tabernakel halb ge- öffnet und als er näher trat, entdeckte er die von un- bekannter Hand gewidmete prachtvolle Monstranze, deren Metall wert allein auf 700 Gulden geschätzt wird. Die Mon- stranze zeigt die Jahreszahl 1517, und es ist allgemein der Glaube, dass die entführte Elshc die Spenderin derselben gewesen sei.'

Also eine Entführung über die Adria hin, wie in unserem Gottscheer Liede Xr. 45 und der slowenischen Ballade „Lepa Vida".

Eine Reihe Gottscheer Erzählungen berichten von Wanderungen des Herren mit Petrus unter den Menschen. Jakob Grimm (Mythologie 1, XXIX— XXXIV) hat schon gezeigt, dass dieses Motiv von der Wanderung Gottes oder melirerer Götter auf Erden fast allen Mythologien gemeinsam

' Mitgetheilt vom Lehrer Petschauer in Göttenitz.

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ist lind (lass die alten Germanen insbesonders viele solcher Wandermythen erdichtet haben. Im Mittelalter wurden sie im Anschliis.se an die Wanderungen Jesu und seiner Jünger in Judäa allmählich in christliche, zum Theil in moralisierende Erzählungen umgewandelt. Im sechzehnten Jahrhunderte haben vor allem Hans Sachs, Burkard Waldis und A g r i c o 1 a, aus volksthümlicher Quelle schupfend, ähnliche Legenden bearbeitet. Heute sind sie im Volksmunde überall verbreitet.

In Gottschee haben diese Yolkslegenden den gemein- samen Titel Jeshtsch ünt göt shaiu Prafr (Jesus und Gottes Peter). Die erste lautet :

1. Jesus und Petrus treffen einen Knecht am Feldrande liegend. Sie fragen ihn nacli dem W^ege ins nächste Dorf. Zu faul aufzustehen, zeigt der Knecht nur mit dem Fuße hin und sagt: „Dort, hu hr iveartn rüdhm linhni ydliot" (wo wir im vergangenen Jahre Eüben gehabt haben). Mit diesem ungenügenden Bescheide ziehen sie weiter und fragen ein Mädchen, das sie am Felde arbeiten sehen, nochmals nach dem Wege. Das Mädchen läuft gleich mit und zeigt ihnen den rechten Weg. Da sagte der Herr zu Petrus: .,I)ii, Prafr, (U.) po'tdal h^hr (werden wir) wrhairotn." Petrus erwiderte: „Lai dos et, 's bar ju schuddQ (schade), um dos ivlaisigd dhrndle^ hon shi dan ivahhyi hiacht pdlxämöt/' Jesus aber meint: ..Grof df'schhdgn : hios heivöt dar u-ai'dd IniacJit udnin a udaisigis haip ton ? (Gerade deswegen, was würde der faule Knecht ohne ein fleißiges Weib anheben.) Ar nri?söf ju. icrl-ani.'- (Er müsste ja verkommen,)^

2. Einmal übernachteten sie bei einem Bauer, der ihnen das gdpidnt (Raum über der Dreschtenne) als Schlaf- stätte anwies. Als in der Früh die Drescher kamen und die beiden schlafend fanden, weckten sie sie und als diese nicht aufstehen wollten, schlugen sie auf Petrus ein, der ihnen zunächst lag. Da sprach Jesus zu Petrus : .. Vmar (herüber)

1 Vgl. Hans Sachs, i, 143; Birlinger, 1, 360 f.; Peter, 2, 134 f.; Simrock, Legenden. 40: Krauß, Südslawische Märchen, 2, 137.

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//// (hl. iniKir. P((ilr. sliishtu s/ihif/n/ s/ial hidr <li (sonst schlagen sie wieder dich), hcn shai Läuunt." Als die Drescher nach einer Stunde wieder erschienen, schlugen sie diesmal auf den ein, den sie ihrer Meinung nach früher verschont hatten. Und so bekam Petrus zum zweitenmale Schläge.

3. Jesus und Petrus kamen einst in der Zeit des Feld- baues zu einem Bauer, der gerade seinen Acker umpflügte. ,,Lot slii's paihni, lot s/ii's?'- (Lässt sicli"s [)ilügen, lässt sich'sV) fragten sie den Bauer. ..'>S' /(;/ slti loihar, lai J/rrf (hart) ift, /ini'-, erhielten sie zur Antwort; .,\s Ort iihr 2^ohl,> (bald) nh/u (regnen), 's aflc (der Frosch) liot g^quacit !^- „T)n Ini's aße rt'u/n (/ahm'', sagte Jesus und sie giengen weiter. Beim nächsten Bauer erhielten sie eine ähnliche Auskunft; es werde bald regnen, denn „dr Jmonj Jiot nac/itii (fjJcrdnt" (der Hahn hat gestern abends gekräht). Da sagte Jesus wieder zu Petrus : „Damou (dem) hrt dr Itmrij rdyn ffdl»»'- und zog weiter. Als sie beim dritten Bauer dieselbe Frage stellten, gab dieser zur Antwort: „Herf is wrailich, nhr (/öf hrt irrJaicld poJdd nh/u (/(djiii ; heu ar Jal jiohl.) ydifti lujsöf, (ließe).'' Da lachte Jesus und sagte zu Petrus: ,.Dört hrt's ujic mit dr ]iN,>)i.> rd(/i> (/ahm. da» hjhiii lihr hur rag n hi,)sn!" (dem aber werden wir regnen lassen.)

4. Jesus und Petrus übernachten bei einem Bauer, der sie sehr freundlich aufgenommen hat. Der Bauer hat einen Stadel voll Weizen. Um ihm Arl)eit zu ersparen, zündet Jesus die eingebrachte Fcddfrucht an. Die S])rou verbrennt, der Weizen aber bleibt übrig. Ein missgünstiger Naciibar denkt, dass könne er auch so machen, und zündet seinen Weizen an. Ihm aber brennt Haus und Hof ab.'

5. Jesus und Petrus lassen ein Ross beschlagen. Um es dem Schmiede becpiemer zu machen, schneidet Jesus den Fuji ab, lässt das Hufeisen draufschlagen und heilt den Fui) wieder an. Ein Bauer, der es mit angesehen hat, ver-

^ Vgl. Grimm, Anmcrkuii^-eii /.um Mürclicn Nr. 87. Die 2. und 4. Legende werden /.usammeidiiingend er/.äldt im Odenwald, im El- sa'^s, Ijei Eonn u. .s. w. Vgl. Ze itseli i-i ft liir M ytli ol ogi e, 1, 41 und 474; 2, 13 ff.

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sucht ein nächstesmal das gleiche. Ihm aber geUngt natür- lich das Wiederansetzen des Beines nicht.'

Zu der humoristischen Volkspoesie der Gottscheer gehören vor allem die zahlreichen Schildbürger- Schwanke, die heute noch immer wieder erzählt werden. Ähnhche Geschichten sind ja uralt und überall verbreitet. Schon die Griechen des Alterthums hatten ihr Abdera. Jede deutsche Landschaft besitzt ihr Städtchen oder ihr Dorf, an dem meist seit dem frühen Mittelalter mit oder ohne Grund der Fluch der Lächerlichkeit haftet und sich in sagenhaften Schwänken forterbt. In Deutschland be- sonders bewirkt es die vorherrschende Neigung zu kräftiger individueller Entwicklung leichter, dass die Meinungen und Thaten Andersdenkender ins Lächerliche gezogen werden. Die Nebenbuhlerschaft wetteifernder Nachbardörfer weckt die volkstliümliche Necklust. In allen deutschen Landschaften singen Nachbarorte aufeinander Neckreime, deuten die Orts- namen boshaft und satirisch um. Schärfer gefasst werden diese Schwanke zu köstlichen Satiren auf die Kleinstädterei und den Aberwitz kurzsichtiger Gemeindeverwaltungen. Weltbekannt ist in diesem Sinne das Städtchen Schiida in Sachsen. Es ist sprichwörtlich geworden und hat allen diesen Geschichten den Namen gegeben. Einen ähnlichen Ruf genossen oder genießen noch in Niedersachsen : Kräh- winkel, Schöppenstedt und Buxtehude; in Mecklenburg: Teterow; in Pommern: Darsikow und Zanow; in Schlesien: Polkwitz ; in Thüringen und Franken : Friedrichrode, AVa- sungen , Blankenburg , LTmmerstadt, Karlstadt ; im Vogt- lande : Triptis, Auma und Bodelwitz; im Rhöngebirg: Ditges ; in Bayern : Fünsingen und Schrobenhausen ; in Schleswig -Holstein: Büsum, Kisdorf u.a.; in Schwaben: Tripstrill, Ganslosen, Bopfingen, Obernau, Winterhansen und Reutlingen; in der Pfalz: Ladenburg und Hirschau; in Hessen : Sclnvarzenborn ; im Elsaß : Garburg - ; bei den

1 Nr. 5 ist ein bekannter Sclnvarzkünstler-Schwank.

2 CToedeke, Grundviss , 2, 560. Bobertag, Volksbücher des sechzehnten Jahrhunderts. 300 f.

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Siebenbürger Sachsen: Beleschclorf n. a.'; bei cloii Tschechen: Pfelonc; bei den pohlischen Juden: Chmel ^ nnd in der Provence: Tarascon. Doch selbst hervorragende Städte, z. B. Köhi, Bonn, Ulm werden komischer Thatcn wogen verspottet und mit Scheltnamen versehen,'^ auch ganze Volksstämme müssen sich die Stichelreden der Nachbarn gefallen lassen (man denke an die Schwabenstreiche), weil einzelne auffallende an sich harmlose Eigenschaften durch die Spottlust zur Caricatur verzerrt werden.

Manche dieser Geschichten sind uralt, viele wurden in Schwankbüchern des sechzehnten Jahrhunderts zum Tlieile nach dem Volksmunde aufgezeichnet und wanderten wieder ins Volk zurück. Von größter Nachwirkung war das Schildbürgerbuch, das 1597 von einem ungenannten Ver- fasser veröifentlicht, bis in unsere Zeit immer wieder neu bearbeitet herausgegeben wurde. Die einzelnen SL-liwänke daraus sind jetzt überall im Volke verbreitet.

Diese Geschichten kennt man nun auch in Krain. Tu Oberkrain gibt es einzelne Dörfer mit sehr empfindlichen Einwohnern : die einen darf man nicht fragen, wie viel es auf der Uhr ist, die andern, wo ihre Kirchenglocke ist u. s. w., es steckt ein verborgener Hohn in solchen Fragen.

Als eigentlicher Laien ort Krains gilt im Volksmun(k> der Markt Reifnitz. Gewiss ohne Schuld. Die betriebsamen Eeifnitzer kommen mit ihren Sieben und Holzfässchen weit herum und sind daher überall bekannt. Sie fallen auf durch ihre merkwürdig gezwängt klingende slowenische Mundart (mit ganz geschlossenen u- und o- Lauten) und ihre spitz- findigen Gesichter. Die Slowenen erzählen von den Reif- nitzern allerlei Schildbürgergeschichten und auch die Gott-

1 Haltvicli, Zur Volkskunde der ."^-iebeubürger Sachsen, l'iS— 14(3.

2 Am Urquell, 3, 28f. Viertelj ahrssclirift für JJteratur- ges eh i eilte, 5, 46().

■^ Alwin S(;hultz, Deutsches Leben im vierzehnten und l'ünf- zehnten Jahrhunderte, 1 ff.: Vgl. Bechstein. Mythe, Sage, Märehcn und Fabel, 2, 141 ft'.. und die zu den einzelnen Schwanken angegebene Literatur.

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scheer haben darum ihre alten Volksschwänke auf Reifnitz, das ihr nächster größerer Nachbarort ist, übertragen. Sie singen auch ein kurzes Spottlied auf die Reifnitzer (Nr. 134), worin sie deren Holzwaren, die auf Eseln in die Fremde befördert werden, erwähnen. Die Gottsclieer haben aber außerdem in ihrer Sprachinsel ein Schiida; das ist das kleine, 132 Ein- wohner zählende Hornberg. Auch hier wird wie anderwärts nur ein Zufall die Wahl dieses Ortes bewirkt haben. Zwar behaupten viele Gottsclieer, man erkenne von weitem jeden Hornberger an den Gesichtszügen, an der Redeweise und am ganzen Gehaben luid bezeichnend ist auch die Geschichte, die ein Pfarrer in Hornberg erlebt und mir erzählt hat:

In diesem Orte stand neben der Kirche (wie überall in Gottschee) eine prächtige Linde, Eines Tages kam der Pfarrer dahin und merkte, dass der blühende Baum gefällt war. Als er nach dem Grunde fragte, meinte ein Hornberger, sie hätten befürchtet, dass ein Windstoß die Linde auf die Kirche werfen und so diese beschädigen könnte, „Einen solchen starken Wind gibt es gar nicht", meinte der Geist- liche, ,,Ja, was thun wir aber," versetzte der Hornberger, „wenn ein noch stärkerer Wind kommt?" Dieser Logik gegenüber verstummte der Pfarrer.

Natürlich haben die Hornberger all die Streiche, die die Gottsclieer von ihnen erzählen, nicht ausgeführt. Denn fast alle die Schwanke sind fremden Ursprungs, die meisten sehr alt. Einige stehen schon im Schildbürgerbuch des 16. Jahrhunderts (1—4, zum Theil 5 7, 26), andere werden auch von den sieben Schwaben (10) oder von Münchhausen (9) erzählt. Die meisten sind über das ganze deutsche Ge- biet hin bis nach Schwaben, Schleswig-Holstein, Pommern und Siebenbürgen nachweisbar. ^

1 Die Parallelen, die ich zu den einzelnen Schildbürgergeschichten gebe, ließen sich natüilich bedeutend erweitern. Doch^genügt es, wenn mehrere weit entfernte deutsche Landschaften genannt werden, um das Alter, die weite Verbreitung und den deutschen Ursprung dieser von den Gottscheern (zum Theil auch von den Slowenen) erzählten Schwanke nachzuweisen.

Hirn u. Wackernell, Quellen u. Forschungen. III. 8

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Ist nun auili die Mehrzahl der nnn folgenden Schwanke ihrem Inhalt nacli schon bekannt, so ist docli, meiner An- sicht nach, ihre wr>rtliche AViedergabe in (\vv schlichtt'ii Form, in (U'r sie in der Gottscheer Sprarliinstd t-rzählt wer- den, nicht ohne Wert. Sie weichen alle von den bereits bekannten Fassungen in mehr oder minder wichtigen Punkten ab, sie sind auf heimische Verhältnisse übertragen, zum Theil wohl auch durch wirkliche Ereignisse abgeändert oder angeregt, und darum durchwegs mit (irt lieber Färbung versehen unil durch volksthümliche Anschaulichkeit aus- gezeichnet. Statt Reifnitz und Hornberg setze ich, um nie- manden zu verletzen, Schikla ein.

1.^ In Schiida lieU man einst ein sclichies, neues Haus aufbauen. Leider hatte man vergessen, daran auch Fenster anzubringen. Als nun das Haus fertig war und der Eigen- thümer die Wohnung beziehen wollte, war es darin stock- finster. Sogleich wurde der Ortsshupon (Scliultheil3) gebeten, die Dorfinsassen zu veranlassen, dass sie in das neue Ge- bäude, das die Zierde der ganzen Ortschaft sein sollte, das Tageslicht hineintrügen. Bereitwilligst kamen nun diese her- bei, die einen mit Schauteln, die andern mit Säcken. Einer liielt immer den Sack, der andere schaufelte aus Leibeskräften Licht hinein. Wenn man glaubte, der Sack sei schon voll l^ageslicht, wurde er schnell zugeschnürt, damit es nicht ent- weiche. Als man abei- in der finsteren Wohnung die Säcke entleerte, blieben die Zimmer, zum Erstaunen aller, so finster wie zuvor. Nun erst kam man darauf, Fenster anzubringen und der Eigenthümer konute sein Haus beziehen.

2.- Eine Magd in Schiida schöj)fte einst mit einem

' Dasselbe Motiv im Scliildliiivgcrljiicli liii Hobcrta.i'-s Ausgabe) Xr. r>. 10 uikI 12. Natürlicli in .ganz anderor, viel hroiterer Austuliniiii;-. Audi die Kisdorfer trui;-eu den Tai;- in Säcken in ilu- neues Kathliaiis. (Eech.stein, 14;}.; Ähnliches geschah in Uarsikow in l\)nniiern (Jahn. Volkssagen, 518 11'.), Zanow in Ponunern i^Knoop, Nr. VM\ vgl. auch Müllenhoff, !)G, Birlinger, 1, 111.

- Schildbürger, 11. Hier wird der Jüngling erst nach dem Zu- schneiden um Tlath gefragt. Er weiß nichts über den Krebs zu sagen. Da dieser einen Schildbürtrer zwickt, wird er i>leich zum Wassertode

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Schaff Wasser ans dem Bache. Zn ihrem Erstaunen sali sie am Boden des Schaffes ein Thier, das sie nicht kannte. Es war ein Krebs. Sie trug ihn in die Stube und legte ihn auf den Tisch. Bald erfuhren sämmtliche Schildbürger von flem sonderbaren Ding mit den zwei Scheren. Niemand aber wusste, was für ein Wunderding das sei. Nun erinnerte man sich eines siebzehnjährigen Jünglings, der als der klügste unter allen Schildbürgern galt. Zu ihm Avurde sc-hnell geschickt, damit er komme und das Ding besehe. „Ei, das ist ja ein Schneider mit zwei Scheren," sagte er, „solche habe ich schon oft gesehen, bin ja ein weltprobierter Mann, in Altfriesach hütete ich drei Jahre hindurch Böcke und auch bei der Kulpa war ich schon dreimal. Dort sah ich viele solcher Schneider, wie sie badeten." So sprach der kluge Jüngling. Nun wollte sich der Ortsshupon eine neue Hose machen lassen und breitete seinen Stoff auf dem Tische aus. Auf den Stoff wurde der Krebs als Schneider gelegt. Neugierig schauten die Umstehenden zu. Doch dieser Schneider schnitt nicht, sondern kroch nur nach rückwärts auf dem Stoffe umher. „Er zeigt- nur an, wie man zuschneiden soll", sj)racli der erfahrene Jüngling. „Zu- schneiden muss ein anderer." Schnell suchte man eine Schere und nun schnitt man, wohin der Krebs kroch, bis zuletzt der ganze Stoff in kleine Flecke zerschnitten war. Als nun der Ortsvorsteher sah, dass aus dem so arg zugerichteten Stoffe unmöglich mehr eine Hose verfertigt werden könne, gerieth er in Zorn und sprach : „Dieser Schneider hat noch nicht ausgelernt, er versteht sein Hand- werk noch nicht. Was hat er bei uns zu schaffen?" Zu- gleich gab er den Befehl, den Kerl zu verijreunen. „Nein," sagte seine Frau, „wenn wir ihn verbrennen, ist er zu schnell hin. Wir werfen ihn lieber in die Rinshe, wo er er- saufen muss, das Ersaufen ist ein bitterer Tod." Ihr Eatli

verurtheilt. Ähnliches erzählt man von den Darsikowern (Knoop, Nr. 228). von den Büsuniern iMüllenhoff, 95 t'.V von den Wolkendortern (Haltrich, 188). Ein Aal wird zum Wassertode venu'theilt in Fockbeck (^Bechstein, 143, Müllenhoff, 90 f.) mid in Zanow (^Knoop. Nr. 203j.

8*

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wurde befolgt. Der Krebs wurde in einem Korbe nach Gottschee gebracht und bei der steinernen Brücke in die Rinshe geworfen.

3.^ Die Schildbürger - Kirche ist schon sehr alt, so dass ihr Dach mit Moos und Gras bewachsen ist. Ein geiziger Insasse hätte nun gern seinem Stiere dieses Gras vergönnt. Er tliat ihm darum einen Strick um den Hals, warf den Strick über das Kirchendach und zog nun aus allen Kräften daran und hob den Stier in die Höhe. Dieser hatte noch nicht das Dach erreicht, als er schon seine Zunge weit aus dem Maul herausstreckte, denn der Hals war ihm zu fest zusammengeschnürt. Der Schildbürger und seine zusehenden Landsleute aber meinten, der Stier sei schon sehr hungrig und habe ein großes Verlangen nach dem Grase. Als er endlich auf das Dach gebracht wurde, konnte er nicht mehr fressen, denn er war verendet. Nun bereute der geizige Schildbürger seine thörichte That.

4.- Die Schildbürger ließen einst einen tiefen Brunnen graben. Als er nun fertig war, wollte man den Brunnengräber wieder an das Tageslicht befördern. Aber wie es anstellen '? Eine Leiter wollte man nicht hinunterlassen, weil man fürch- tete, sie zerdrücke den Arbeiter in der finsteren Tiefe. End- lich hatte einer einen guten Einfall: Quer über die Öffnung des Brunnens wurde eine dicke Holzstange gelegt. Nun hielt sich der stärkste Schildbürger mit beiden Händen fest daran und ließ den Körper frei in den Brunnen hangen. „Nun" sprach er, „komme einer her und klettere an mir hinab, bis er sich an meinen Füßen festlialte." Es ffescliah. „Nun

1 Im Schiklbürgerbuche, Nr. 32. Hier tlmt es die ganze Geuieintle und zieht zuerst des Schultheißen Kuh auf eine Mauer liinauf. Dasselbe geschah in Obernau (Birlinger, 1, 442), in Fockbeck (Müllenhoff, 97), in Dai\sikow(Knoop, Nr.283), inSchöppenstedt(Kuhn, 152), in "Wolken- dorf (Haltrich, 138), in Tirol und anderwärts mündlich verbreitet.

2 Sclüldbürgerbuch. In der „Vorrede an den Leser", S. 310. Hier thuu sie den Streich, um zu erproben, wie tief der Bnumen werden würde. Dasselbe wird von den Belesclidörfern in Siebenbürgen (Halt- rich, 132), von den Teterowern in Mecklenburg (Bartsch, 1, 249) und von den Bopfingern in Schwaben iBiilinger, 1, 434) erzählt.

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komme ein zweiter her und thue desgleichen", sprach er weiter. Es geschah ebenfalls. So kletterte auch ein dritter hinab, bis er sich an den Füiien des zweiten festhielt. Auf diese Art sollte ein vierter, fünfter und sechster hinab- steigen, bis diese Menschenleiter an den Boden des Brunnens reichte. An dieser sollte dann der Brunnengräber empor- klettern und die einzelnen Schildbürger wieder zurück- kehren. Der Einfall war also ganz gut. Doch was geschah? Kaum kletterte der dritte Schildbürger hinab, als schon dem obersten, der die Stange hielt, das Körpergewicht der frei Hangenden zu schwer wurde. „Mandr (Männer)," rief er, „wartet ein bisschen, ich muss mir in die Hände spucken, um fester anpacken zu können." Aber o weh, als er die Hände losließ, um darauf zu spucken, konnte er die Quer- stange nicht mehr erreichen. Alle drei Bauern fielen in die finstere Tiefe und giengen, wie der Brunnengräber, jämmer- lich zugrunde.

5.^ Einst wurde in Schiida eine Ortsshuponwahl ab- gehalten. Aber es kam zu keinem Ergebnisse, denn jeder Insasse wäre gern Schultheiß geworden. Endlich einigte man sich dahin, dass derjenige als gewählt erscheinen sollte, der sein AVeib in der Finsternis von hinten erkennen würde. Das gab viel Kopfzerbrechen. Nur einer fand ein Mittel : er rieb den Leib seines Weibes tüchtig mit Knoblauch ein. In der Nacht wurden nun sämmtliche Schildbürger Weiber auf eine Wiese geführt, wo jede ihren Koj^f in einen Heu- schober stecken musste. Keinem gelang es, sein Weib zu erkennen, außer dem Findigen, der dem Knoblauchgeruch nachgieng. Der wurde nun Ortsvorsteher.

1 Auch im Schildbüi-gerbuche, 17, wird eine komisclie Schultheißen- wahl erzählt. Wer den besten Reim vorbringt., soll Scliultheiß werden. Das Bestreichen des Körpers mit Knoblauch üben die Südslawen als Schutz gegen die Hexen aus. (Krauß, Südslawische Hexensagen, 37.) In Zanow in Pommern mussten die Weiber den Kopf in das Heu stecken. Von hinten sollten sie von den Männern erkannt werden. Der Nachtwächter erkannte seine Frau an den rothen Haaren. (Knoop, Allerhand Scherze, 97; ähnlich bei Kuhn, 38 f.)

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6.^ Die Schildbürger hätten sicli im Winter gerne vor Wind und Kälte geschützt. Da spannten sie im Spätherbst lim das ganze Dorf ein Netz und glaubten, Wind und Kälte werde nicht hindurchdringen. Den ganzen Winter lebten sie nun der Einbildung, es sei in Scliilda viel wärmer als sonst. Niemand aber durfte das Dorf verlassen, damit nicht beim Durchbrechen des Netzes ein kalter Wind hereinwehe. Im Frühjahre giengen sie täghch zum Netze und steckten den Zeigefinger hindurcli, um zu fühlen, ob es drauÜen noch kalt sei. Als sie endlich eines Tages keine Kälte mehr zu verspüren glaubten, entfernten sie das Netz. Nun erst giengen sie an ihre Feldarbeiten, die sie schon längst hätten verrichten sollen.

7.^ Einem Fuhrmann, der ein überaus schönes, präch- tiges Füllen besaß, begegnete einst ein Schildbürger. Dieser wollte dem Fuhrmanne das Füllen abkaufen, denn es gefiel ihm sehr. Der Fuhrmann aber wollte es um keinen Preis hergeben, worüber der Schildbürger sehr traurig wurde. Auf seinem Wagen hatte der Fuhrmann einen großen Kürbis. So etwas hatte der einfältige Schildbürger noch nicht gesehen und fragte, was es sei. „Das ist ein Pferde- Ei," versetzte der Fuhrmann, „daraus kann man ein schönes Füllen ausbrüten." Der Schildbürger war darüber sehr er- freut und kaufte den Kürbis um eine hübsche Summe. Zu Hause angelangt, legte er ihn auf den warmen Ofen und setzte sich darauf, um es auszubrüten. Tag und Nacht saß

^ Die Schildbürger (Nr. lo) liiengeu vor die Ofenthür ihres im Freien stehenden llatlisofeiis ein Hiisengarn, damit die Hitze nicht entweiche. Die Eopfinger (Eirlingor, 1, 440) s])anuti'n ein Seil nm die Stadt, dass die Winterkälte nicht hineindringe.

2 Die gleiche Geschichte wird von den Zigennein und den Zendrischern in Siebenbürgen erzählt. (Halt rieh, 115, lob); vom Rottweiler Bürgermeister (Bechstein, 142), von Zanow (Knoop, Allerhand Scherze, 97), von Darsikow (Knoop, Nr. 235»), aus der Uckermark (Knlm, 330 t'.). Mehrfach aus Schwaben, vgl. Birlinger, 1, 436 f., 443. Einen älmlichen Streich (ans Käse Kälber ausbrüten) erwähnt das Schildbürgerbuch, 321, und hat Hans Sachs zu einem Schwank verwendet.

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er auf (\oui N-cniiciiitliclKMi Pferde-Ei imd wartete mit Un- geduld auf das Auskrieelien des Füllens. Zur Zeit der Heumahd nahm er es emmal m seinen Heuantheil und legte es an die Sonne. ..Dies große Ei braucht viel Wärme," sprach er, ., vielleicht wird es die Sonne leichter ausbrüten, als ich." Nach Sonnenuntergang nahm er es, um es wieder mit seinem Leibe zu wärmen. Plötzlich fiel es ihm aus der Hand und rollte in eine tiefe Grube, wo durch das ent- standene Geräusch ein Hase aus seinem Schlafe aufgeschreckt wurde und dann davon eilte. Der Schildbürger hielt den Hasen für sein junges Füllen und lockte es, um es zur Rückkehr zu bewegen, doch es hatte längst das Weite ge- sucht. Der Schildbürger war sehr traurig darüber, tröstete sich jedoch bald, als er in der Grube neben dem zer- brochenen Kürbis eine Menge kleiner Kürbiskörner fand, die er für junge Pferde-Eier hielt.

8.^ Einmal giengen sämmtliche Schildaer Bauern in den Wald, um die Bären, die ihnen auf ihren Feldern sehr viel Schaden anrichteten, zu verscheuchen. Als sie am Abend wieder in ihr Dorf zurückkamen, stellten sich alle im Kreise auf dem Dorfplatze auf, um sich zu zählen. „Denn", sagten sie, „vielleicht ist einer abgängig, vielleicht ist jemandem ein Unglück zugestoßen." Und richtig, als man zählte, fehlte einer. Man zählte öfter und immer noch fehlte einer, da der Zählende jedesmal vergaß, sich selbst mitzuzählen. Alle riefen: „Wer mag es sein? Ich bin hier, ich fehle nicht."

Als man sich nun nicht mehr zurechtfinden konnte, stellte der Klügste unter ihnen den Antrag: „Gehen wir hinaus zu unserem Bach und stecken wir unsere Nasen in den Sand, so viele Tüpfel im Sande zu sehen sind, eben- soviel sind unser." Dieser Antrag wurde einstimmig an-

1 Dasselbe berichtet der Volksmund von den Büsumern, nach- dem sie im Meer geliadet hatten, und ähnliches von den Sclüld- bürgern (sie steckten die Finger in den steifen Brei); vgl. Sechst ein, 143, Müllenhoff, 94 f. ; von den Zanowern (Knoop, Nr. 199), von den Bopfingern (Birlinger, 1, ^38).

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genommen. Man gieng hinaus und nun wurde erst recht gezählt. Es gab soviele Nasentüpfel, als am Morgen Schild- bürger in den Wald gezogen waren. Lärmend vor Freude kehrten sie in das Dorf zurück.

9. ' Schiida hatte in früheren Zeiten viel von den Bären zu leiden. Diese waren schon so zudringlich ge- worden, dass sie im Dorfe herumliefen, wie heutzutage die Hunde. Aber fangen konnte man sie nicht und auf sie zu schießen, wagte auch niemand. Endlich hatte ein dortiger Bienenzüchter einen guten Einfall. Er stellte seinen Wagen auf den Dorfplatz und bestrich die Deichsel mit Honig. Bald kam ein Bär in das Dorf, roch den süiBen Honig und lief schnell hinzu. Gierig fraß er davon und steckte auch die Wagendeichsel in seinen Rachen, als ob er sie ver- schlingen wollte. Da sprang der Eigenthümer des Wagens heran und schob diesen rasch vorwärts, damit die Deichsel noch tiefer in den Rachen des Bären dringe. Der Bär ließ es geschehen, denn er dachte nur an den süßen Honig. Der kluge Schildbürger aber schob so lange, bis die Deichsel durch den Körper des Bären gedrungen war und hinten herauskam. Schnell steckte er den Setznagel in die Deichsel, der Bär konnte nun nicht mehr zurück und war gefangen. Der Bauer schlug darauf tüchtig mit einem Dreschflegel auf den Bären los, bis dieser verendete.

10.^ Die Schildbürger hätten gerne die Kunst des Schwimmens erlernt, aber sie wagten sich nicht in das Wasser, weil sie sich vor dem Ersaufen fürchteten. Sie wollten daher diese Kunst auf trockenem Lande erlernen. Auf Anrathen ihres Bürgermeisters giengen sämmtliche Bauern auf das Feld, wo das Heidekorn (Buchweizen) in vollster Blüte stand. „Hier", sagten sie, „ertrinken wir ge-

1 Wird bekanntlich auch in Münchhausens Abenteuern erzählt.

- Die sieben Schwaben sahen bekanntlich ein Flachsfeld l'iir einen See an und schwammen durch. Die Wolkendorfer in Sieben- bürgen sahen ein Haritschfeld für das rothe Meer an. (Haltrich, 138.) Ähnlich schwammen die Darsikower durch das blaue Meer. (Knoop. Nr. 231.)

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wiss nicht, hier köinion wir das Schwinimeu erlernen." Auf ein gegebenes Zeichen legten sich nun alle auf rhis Hoide- korn und schickten sich zum Schwimmen an. Alle aber fielen infolge ihres Körpergewichtes sogleich zu Boden. „Gut, dass wir nicht in das Wasser gegangen sind," sprachen sie, „wir wären alle ertrunken."

Nach einem anderen Berichte kamen sie einmal zufallig zu einem Bohnenacker, hielten ihn für einen Teich und schwammen durch.

11.^ In Schiida wurde einst Kirchweih abgehalten. Viele Leute aus den benachbarten Pfarren hatten sich zu dem Feste eingefunden. Da aber die Kirche in Schiida sehr klein ist, so mussten viele Andächtige während der Messe außerhalb der Kirche stehen. Dazu kam noch ein furchtbares Gewitter, das die frommen Beter in die um- liegenden Häuser verscheuchte. Dies verdross die Schild- bürger. Damit nun beim nächsten Kirchweihfeste alle Theil- nehmer in der Kirche Platz hätten, wollten sie diese er- weitern. Eines Morgens machten sich sämmtliche Bauern auf, giengen in die Kirche und versuchten mit ihren Rücken die Kirchenmauern auseinander zu schieben. Vor Anstren- gung stand ihnen der SchweiÜ auf der Stirne. Da zogen sie die ßöcke aus und breiteten diese um die Mauern der Kirche (eine Klafter entfernt) aus, damit sie später sehen könnten, um wde viel die Kirche größer geworden sei. Dann schoben sie wieder von innen aus allen Kräften bis

1 Die Romöer (Müll enli oft, 94) wollten ilire Kirclie um zwei Ellen verschieben und setzten eine rothe Jacke als Ziel. Da sie ihnen von einem Schelm gestohlen wurde, dachten sie, ihr Plan Aväre voll- führt. Das gleiche unternahmen die Bopfinger mit ihrem Rathhause, die Buchheimer mit ihrer Kirche (Birlinger, 1, 434 und ^49). Die Marienburger (in Siebenbürgen) wollten ihre Kirche vom Berge in das Dorf tragen. Ein Fremder war bereit, sie zu tragen, wenn sie sie ihm auf den Rücken höben. Die Marienbiu-ger schoben nun den ganzen Tag lang aus allen Kräften die Rückwand der Kii-che. Der Fremde war unterdessen verschwunden. (Haltrich, 135.) Die Win- ninger in Pommern wollten ihre Kirche aiif eine Anhöhe hinauf schieben. (Knoop, Allerhand Scherze, 86.)

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zum späten Abend und glaubten mit Bestimmtheit, die Kirche sei größer geworden. Während nun die Schildbürger in der Kirche mit groi3er Anstrengung arbeiteten, kamen Zigeuner in das Dorf, eigneten sich die ausgebreiteten B,(>cke an und machten sich aus dem Staube. Als am Abend die khigen Schildbürger die Röcke nicht mehr fanden, S2)rachen sie: .^Wir haben zu fest geschoben, die Röcke sind schon unter die Kirchenmauern gekommen, doch das schadet nichts, wenn nur die Kirche größer geworden ist." Und sie waren alle froh.

12.^ In Schiida wurde einmal Messe gelesen. Die Frau, die die Messe gezahlt hatte, wollte dem Geistlichen, wie es Brauch ist, auch ein Frühstück verabreichen. Sie kochte Kaffee, doch ohne ihn zu mahlen. Sie schüttete die ganzen Kaffeebohnen in das siedende Wasser luid gab, um ihn wohlschmeckender zu machen, ein Stück Speck in den Topf. Der Geistliche hatte schon lange in der Stube auf das Frühstück gewartet. Endlich erschien die Frau mit einer großen Schüssel und sprach zum Geistlichen: „Ich koche den Kaffee schon so lange, ich weiß nicht, wie es kommt, dass die Bohnen nicht weich werden wollen. Doch hoffe ich, dass er Euch gut schmecken wird, denn ich habe einen großen Trumen ^ (Stück) Speck hineingegeben." Der Geistliche lachte und dachte sich seinen Theil. Ob er mit Appetit gegessen, erzählte er nicht weiter.

13. Eine andere Frau wollte dem Geistlichen ein nobles Frühstück vorsetzen. Sie kaufte Krebse und schlachtete jeden mit der Hacke. Doch zu ihrem Erstaunen blutete keiner. Sie kochte sie nun und alle wurden roth. Da sprach sie zum Geistlichen: .,Als ich sie geschlachtet hatte, blutete keiner, das ganze Blut blieb in ihrem Leibe. Die Hitze hat es ihnen nun zur harten Haut herausgetrieben, das ist doch wunderbar."

' Im Schildbürgcrlmclic, '21. \viM<l(3n ilciii Kaiser aiu'li koniisrlie Gerichte vorgesetzt. Ganze Kaffeelioluieii setzte aiicli eine Krau in Gieseliitz (Pommern) ihrem Mann vor. Dieser meinte, die Bohjien wären nicht ordentlich gar geworden. (Knoop, Allerhand Scherze, 27.)

- Mhd. drnm. alljiemein bavri'sch trum.

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14. In der Franzosenzeit anno 1809 waren die Schild- bürger in gToi3er Angst. Sie fürchteten, Napoleon werde in ihre Ortschaft kommen und diese plündern. Damit er nicht hin fände, nahmen sie den Wegweiser „Nach Schiida" weg, trugen ihn in eine tiefe Grube und bedeckten ihn mit Laub. Und richtig, kein Franzose hat Schiida gesehen. Erst nach Beendigung des Krieges holten sie den Wegweiser wieder aus der Grube hervor und stellten ihn auf seinen Bestimmungsort.

15. Die Schildbürger wollten wissen, wie die Seele des Menschen aussehe. Sie steckten darum einen Sterbenden in einen Sack, um dessen Seele zu fangen. Nachdem er verschieden war, durchsuchten sie den Sack genau und fanden am Boden versteckt einen Schwabenkäfer, der sich zufällig in die Ecke verkrochen hatte. Diesen Käfer hielten sie nun für die Seele des Verstorbenen.

16. Die Buche galten den Schildbürgern stets als Leckerbissen. Einst hatten sie ein junges Exem])lar ge- fangen und sieben Jahre gemästet. Als er fett genug war, und sie ihm den Garaus machen wollten, gieng er ihnen durch in den Wald. Die Schildbürger eilten ihm nach, bis er sich in eine hohle Buche versteckte. „Wir werden ihn schon herauskriegen", sagten sie. Doch der Eingang in das Bilchloch war hoch oben, nahe den Asten. Da die Buche sehr dick war, konnten sie nicht hinaufklettern. Eine Leiter war nicht zur Hand, so mussten sie sich auf eine andere Art helfen: Der stärkste unter ihnen stellte sich an den Buchenstamm ; auf dessen Schultern trat ein zweiter, auf diesen ein dritter, bis endlich der vierte mit der Hand in das Baumloch greifen konnte. „Mandr, ich hab' ihn schon", rief er voll Freude. Da glitt der unterste aus, der zweite und dritte fielen herab, während der vierte hoch oben mit der rechten Hand in dem Loche hangen blieb. „Wie sollte man nun den Mann wieder herunterkriegen?" dachten die drei Schildbürger und hielten Eath miteinander. EiHgst wurde in das Dorf um eine Leiter geschickt, doch sie war zu kurz, um dem Armen zu helfen. Da führte der

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Zufall dessen Bruder, einen Holzknecht, herbei. Der wusste ßatl). Kr «tieg auf die letzte Sprosse der Leiter und hieb mit seiner Hacke dem Bruder die in der Höhle steckende Hand ab. Der so Befreite fiel zu Boden und sprach : „Eine Hand mehr oder weniger. Mein Bruder hat mir geholfen, über einen Bruder steht nichts auf."

17. Ein Schildbürger fuhr einst in die Heuantheile, um ein Fuder Heu aufzuladen. Auf der Hinfahrt blieb der Wiesbaum in einer Dornenhecke hangen. Da der Bauer ihn nicht mehr losmachen konnte, hackte er ein Stück ab und fuhr mit dem halben Wiesbaume weiter. Nachdem das Heu aufgeladen war und man das Fuder binden wollte, war der Wiesbaum zu kurz. Da legte sich der Schildbürger auf Anrathen seines Weibes auf das Fuder, um den Wies- baum zu ergänzen. Nun band man das Fuder und das Bindseil kam so fest um den Hals des Mannes, dass er nicht mehr reden konnte. Er machte den Mund auf, als ob er lachen wollte und streckte die Zunge heraus. Seine Kinder, die hinter dem Wagen einherliefen, sprachen: „Vater, Ihr habt leicht lachen, Ihr fahrt, wir aber müssen laufen." Der Vater konnte nicht antworten; zu Hause an gekommen, war er bereits todt. Das Bindseil hatte ihm die Kehle zugeschnürt.

18.1 ^[^ Bettler kam einst nach Schiida. Es war ge- rade AVeihnachtszeit. Auf dem Wege fiel ihm eine in Stalzern erbettelte Bhitwurst aus dem Sacke, ohne dass er es merkte. Es dauerte nicht lange und ein Schildbürger gieng vorüber. Er hatte noch nie etwas von einer Blut- wurst gehört, eine solche weder gesehen, noch gegessen. Er blieb stehen, betrachtete sie neugierig und dachte: „Was ist denn das für ein Thier? Es hat ja hinten und vorne Hörner, vielleicht bringt es noch manches Unheil über

' Die Kisdorler hielten eine Sense l'nr ein u'cfjilirlirlies Thier. (Müllenhoff, 96.) In P^irlielau verlor ein Lmnpensaminler seinen Sack. Diesen hielten die Eiclielauer für einmi Bären, hielien nnd stachen darauf los. iBirlinger, 1, 415.)

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Schilda." Eiligst lief er heim und erzählte, was er gesehen. Bald giengen mehrere Männer, unter ihnen der Ortsshupon, mit Doppelgewehren versehen hinaus, um das Thier zu er- legen. Langsam schlichen sie heran, damit es sie nicht be- merke, davoneile oder gar sie angreife, mid feuerten dann aus ihren Flinten tüchtig auf das vermeintliche Thier. Nach- dem es ganz zerschmettert und unschädHch gemacht war, besahen sie es näher und sprachen: „Ei, wie viele Eier hat dieses Thier in sich gehabt!" (Nämlich die Reiskörner in der Blutwurst.) „Was hätte das Junge gegeben! Gut, dass wir dieses Thier erlegt haben." Jubelnd kehrten sie in ihr Dorf zurück und erzählten von ihrer That.

19. Einst fiel in Schilda so hoher Schnee, dass von der Kirche nur mehr das Dach zu sehen war. Die Insassen wollten nun, dass die Kirche wieder wachse. Da gab der Ortsshupon den Befehl, jeder Bauer müsse eine Fuhre Dünger zur Kirche führen. Bereitwilligst vollzogen sie den Befehl. Die Kirche wurde nun tüchtig gedüngt, indem rings herum auf den hohen Schnee der Mist geworfen wurde. In- folge der Wärme schmolz natürlich der Schnee, bald waren die Mauern der Kirche wieder zu sehen und die Schildbüro^er meinten, ihre Kirche sei infolge des reichlichen Düngers wieder gewachsen.

20. In ihre Glockenstube konnten die Schildbürger nicht gelangen, da keine Treppen hinaufführten. Eine Leiter wollten sie nicht anbringen; dazu waren sie zu gescheit. „Denn", sagten sie, „ein Wind könnte sie umwerfen und einen von uns erschlagen." Nun rissen einmal die Glocken- seile, da sie schon sehr alt waren. Wenn die Leute nun noch läuten wollten, so mussten sie die hohe Linde neben der Kirche emporklettern und von dort in den Thurm steigen. Da aber die Schildbürger fürchteten, ein starker Wind könnte die Linde auf die Kirche schleudern und diese be- schädigen, so hieben sie den alten, ehrwürdigen Baum um. Um jetzt noch läuten zu können, nehmen sie mehrere lange Feuerhaken und schlagen mit diesen vom Boden aus fest auf die Glocken los.

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21.' Mit einem Holzapfel fütterte einst ein Schild- bürger eine Sau zwei Jahre lang nnd hoffte, dass sie sehr fett würde. Aber wie fütterte er sie? Den Holzapfel band er an eine Sclninr und lieii ihn in den Stall hinunter. Wollte nun die San den Apfel erwischen, so zog er ihn sclmell empor in der Meinung, die Sau werde durch den bloßen Anblick gesättigt werden. Natürlich wurde die Sau täglich elender, endlich so zaundürr, dass sie bei einer kleinen Spalte aus dem Stalle entweichen konnte. Der Schildbürger hatte das arme (Teschöpf, das zu seinem Erstaunen vor Hunger und Schwäche schon nach einigen Schritten zu- sammengebrochen war, bald eingeholt, schlaclitete es und hieng es an die Wand. Plötzlich kam ein Windstoß, das Schwem fiel herab in das Netz einer Spinne und blieb dort hangen. Das war gewiss eine fette Sau für eine Spinne. Der Schildbürger suchte die Sau, fand sie aber nicht mehr, die Spinne hatte sie bereits gefressen.

22. Ein Schildbürger gieng einst in den Wald, um eine Buche, die am Rande einer tiefen Grube stand, zu lallen. Da er fürchtete, der hohe Baum könnte in die «Irube fallen, aus der er dann nicht mehr herauszubringen wäre, nahm er ein langes Seil, kletterte auf den Baum und band es um den Wipfel. Das andere Ende des Seiles aber band er um den Hals seines Pferdes, damit dieses die Buche beim Fallen von der Grube wegziehe. Doch was geschah? Der Schildbürger hatte so dumm in die Buche gehackt, dass sie in die Grube fallen musste iind dem Pferde, das in entgegengesetzter Kichtung zog, den Ko])f V(^m liumpfe riss. Der Schildbürger weinte über dieses Unglück. Bald aber tröstete er sich wieder und sprach: „Ziehen wird das Pferd freilich nicht mehr, da ihm das Ding fehlt, wo man das Kummet hinauf thut (er wnsste nicht, dass dieses Ding Kopf heißt), aber T(")pfe auf den Markt tragen wird es doch noch können.'*

' Zu vergleiclif'ii wlliv etwa der bekannte Selnvank von dem Schneider, der seinem Pferde das Essen abgewöhnen wollte.

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23. Li der Xaclit ritt einst ein Scliildbürger auf seinem dürren (laul dnrc-li einen Hohlweg. Nur mit kna])[)er Noth k(»nute sidi das Pferd zwischen den Felsen durchwinden, während Sattel und Reiter stecken blieben. Der Schild- bürger glaubte, er befinde sich noch immer auf seinem Pferde und trieb es mit Schlägen und Schimpfworten weiter, doch es bewegte sich nicht. Erst am Morgen sah er, dass er auf dem bloßen Sattel sitze, während das Pferd schon längst das Weite gesucht hatte.

24. Ein Schildbürger ritt einst auf seinem Schimmel bei einem Zaune vorbei. Da wollte er was besorgen, ohne absteigen zu müssen. Er hielt das Pferd an, stellte sich mit dem linken Fuße auf den Sattel, mit dem rechten auf den Zaun. Wälirend er nun das Seinige besorgte, dachte er sich: „Wenn jetzt jemand käme und ,hü, Schimmel!' riefe, das wäre eine nette Bescherung." Die Worte „hü, Schimmel!" aber sprach er ohne zu wollen laut aus. Der Schimmel folgte sofort dem Befehle seines Herrn und der Reiter fiel in den D .

25. Die Schildbürger wollten einst ihren Dorfteich räumen, d. h. den angesetzten Sand und Schlamm entfernen. Sämmtliche Ortsinsassen giengen in die Lache und wühlten mit ihren Füßen den Boden auf in der Meinung, der Schlamm werde sich im Wasser auflösen. Dann ließen sie das Wasser abrinnen und hofiten damit auch den Schlamm zu entfernen. Zu ihrem Erstaunen blieb der Boden des Teiches wie vorher mit Schlamm unrl Sand bedeckt.

26.' Die Schildbürger säeten Salz in der Hoffnung, ein Salzkraut zu gewinnen. Es wuchsen aber nur Brenn- nesseln. Der Bürgermeister kannte dieses Kraut nicht und berührte es. Als ihn nun die Nesseln brannten, meinte er, eine Schlange steche ilin und lief laut schreiend in das Dorf zurück.

1 Im Schildbürgerlniclio. 14 luid Iß. Viel breiter. Die Schlange ist liier nicht erwähnt. Salz .•^äeten auch die Dar.sikower (Knoop, Nr. 232). die Zanower (^Jahn, ^'olk.ssagen Nr. 642 1, die Bopfinger (^Birlinger, 1. 438) u.a.

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27. Die Schildbürger haben auf ihrer Kirche den Thurm nur angeschraubt. Ahnen sie, dass ein starker Wind kommt, so schrauben sie ihn ab und bewahren ihn in einer Scheune.

28.^ Ein Schildaer Mädchen wurde von seiner Mutter in den Wald geschickt mit der Mahnung: aJilii )ii)i(l)i rf 11.1)1 (nii'gend an). Das Mädchen aber verstand : a1ii)i iiiii inif ihn 11.»), stieÜ an einen Baum und erschlug sich.

Daneben gibt es noch andere Schildbürger-Schwanke, von denen ich nur Andeutungen erfahren habe. Dass die Schildbürger eine Zeitlang alle fünf Tage den Bürger- meister wechselten, dass ein Bock ihnen die Bassgeige zer- trümmerte, dass ein Schildbürger die Welt probieren wollte, nach Karlstadt kam, einen Spiegel zerschlug, eingesperrt wurde und befriedigt wieder heimkehrte. Und ähnliches mehr.

Die Vo Iksräth s el der Gottscheer sind meist in der Art jener Räthsel, die im alten Scliildbürgerbuche (Nr. 25) dem Kaiser vorgelegt werden. Sie klingen nämlich absicht- lich sehr zweideutig, haben aber eine ganz harmlose Lösung. Beispiele sind mir wohl erlassen. Außerdem werden aber auch Räthsel aus dem Naturleben aufgegeben. Z. B.

A baisr ohr, Ein weißer Acker

shhidrz gdshündt, Schwarz besäet,

a haishr mon, Ein weiser Mann,

dar (/Ü9t shi'inan hon. Der gut silen kann.

Lösung: Papier, Schrift, Scln-oJber.

Auch sonst ähnlich bekannt, vgl. Roch h o 1 z, 266 f. : Zingerle, 279, 91).

Ä din-iii müatr, Eine dürre Mutter,

a (/rtdudr wudtr, Ein grüner Vater,

hügalaia ländr. Runde Kinder.

Lösung: Die Weinrebe.

A püelair looir, Ein buckliger Vater,

a liöldi laüatr, Eine lioble Mutter,

(l3srJitrainnit(ii l.'indr. GoKcliülte Kinder.

Lüsunt>:: Eine Tretniüblo f.ir das Getreide.

1 Radios, 227. Dit' olnge Formel ist bei Hexouaustabrten üblich, vgl. Grimm, Mythologie, •*, 906; Kuhn, (J8 und 478.

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Ähnliche Räthsel bei Simrock, Das Deutsche E-äthsel- biicli, 3. 74 f.

Unat n'idr, Iloth nieder.

grion aüf^ Grün auf,

plnh dr'ibr, Blau drüber.

giil (h-iiüf. Gelb drauf.

Lüsun^i,': Fluchs.

Vgl. Zingevle, 273, 31.

Sehr alt ist das nachfolgende Räthsel. Es ist schon vor dem 10. Jahrhundert in lateinischer Sprache belegt und heute noch in der Schweiz bekannt. Vgl. ßochholz, 237. Es lautet:

Shtch Vs, Seh ich's

.S7iö nim Vs et. So nehm ich's nicht.

Hlucli Vs et, Seh ich's nicht,

Shö nim i's. So nehm ich's.

Lösung: Eine hohle Xuss.

Betheuerungsformeln der Grottscheer sind z. B. taiislnif li'ifiDos nicarJahi (Kaufmaß Möhren) ; taüslnit )iok'nit:) (nackte) Diandr; taüslmt helwo (Wölfe) u. ä. 'S /srJif a srJiO)>t^ (Schande) in ol shihui pfor,in u. a.

Scherzhafte Antworten sind z. B. auf die Frage: Biihin pischtü gdhäu? (Wo-bist du gewesen?) Hin af dd h'ar,). (Bis zur "Wendung.) Bue.-^ tnu/jscJitii? (Was trägst du?) BuD!^ et in Hg gean. (Was nicht gehen kann.)

Nun noch einige Bauern- und Wetterregeln:

Srhmoarönsch roat, Morgens roth,

SrJmhönsch Jcoat. Abends Koth.

Schnhönsch roat, Abends roth,

Foclidt d-i haihchiorn shirltr proat. Bäckt die Hausfrau sicher Brot.

Das heil3t, da wird es schön und sie muss für die fleißigen Feldarbeiter Brot backen.

Ist zu Gregori (12. März) Sonnenschein, so zeigt das ein warmes Jahr, viel Hirse und Wein an.

Wenn sich die Katze putzt, muss man achten, nach welcher Richtung sie sich wendet. Wendet sie sich dem Süden zu, so kommt der Joitk (Südwind, slow, jug) u. s. w.

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Beim Wiegen singen die C-Tüttselieer Mütter: Prntai ti/)i((i, priifiil luiiiai, oder .viin prutai, zun tscliüfschai ! Priitc (ein Wort unbekannter Abstammung) heißt gottscheerisch die Wiege, tsclnitsrhu lieißt in der Kindersprache schlafen.

VITT. Volkslieder.

Unter den verschiedenen Gattungen der Volkspoesie ist die des Volksliedes in der Sprachinsel Gottschee am reichsten vertreten. Unsere Volksliedersammlung bildet darum auch den Mittelpunkt der ganzen Darstellung und erheischt eine besondere Aufmerksamkeit der Untersuchung. Unter den vielen neueren Sammlungen noch lebender Volks- lieder der einzelnen deutschen Landschaften nimmt sie eine eigenartige Stellung ein. An Zahl der Nummern bleibt sie freilich liinter den meisten Sammlungen zurück. Sie erstreckt sich ja nur auf ein kleines Gebiet. Viele Lieder dürften gerade in den letzten Jahrzehnten, da der Einfluss der Fremde stärker als ehedem fühlbar ward, verloren geg^ano-en sein. Manches harrt noch verborgen des Finders. Doch ^\e,Y moderne Volksliederschatz anderer deutscher Landschaften gewährt nicht diesen Eindruck des Aherthümlichen und Eigenartigen. Keiner weicht in der Form so von allen übrigen ab, nur wenige bieten in den Einzelheiten so viel des Neuen dar, als der Gottscheer Liederschatz.

Das deutsche Volkslied blühte bekanntlich im 15. und 16. Jahrhundert von neuem auf in erstaunlicher Fülle, in unvergleiclilichem lieichthume. Die gelungensten und be- liebtesten Erzeugnisse wuirden schon in jener wanderfrohen Zeit von Ort zu Ort getragen, setzten sich überall fest, so dass wir noch heute viele alte Balladen und Liebeslieder in jedem Strich deutscher Lande nachweisen können. Wer also in neuerer Zeit in Gegenden mit reichem Verkehr, etwa in Mitteldeutschland, sammelt, fördert meist schon bekannte

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Lieder, höchstens mit neuen Varianten, zutage, selten ein Lied, das ohne Parallele dasteht. In Gegenden aber, die vom Verkehre weiter abliegen, wo die landschaftliche Um- gebung, die Lebens- und Erwerbsverhältnisse auch be- sondere Zustände erzeugen, also etwa in der Schweiz, in den innerösterreichischen Alpenländern, da bietet auch der Volksliederschatz, das dichterische Spiegelbild dieser Zu- stände, einen eigenartigen (Charakter dar.

Li erhöhtem Grade ist dies in den Sprachinseln der Fall. Hier wird einerseits alles reiner und ungeminderter bewahrt, als in den der Ausgleichung stärker ausgesetzten Gegenden, anderseits wird hier die alte volksthümliche Poesie theilweise unter fremdnachbarlicher Einwirkung zu einer eigenthiimlichen Entwicklung geführt.

Gerade auf dem Gebiete des Volksliedes finden wir bei den Siebenbürger Sachsen ganz ähnliche Verhältnisse, wie bei den Gottscheern. In beiden Sjjrachinseln werden die Lieder völlig in der Mundart gesungen (das Volkslied abgelegener Gegenden ist überhaupt in der Regel mund- artlich),' in beiden wird die Ballade bevorzugt, in beiden gewähren die Lieder durch die Form (meist dreizeilige . Strophe), durch Auffassung und Darstellung einen alter- thümlicheren Eindruck, als die entsprechenden deutschen Parallelen, in beiden erscheint der überlieferte Stoff auf heimische Orte und Zustände übertragen. Hier wie dort können wir mehrere Altersschichten der eingewanderten, so- wie der im Lande selbst entstandenen Lieder unterscheiden. Die siebenbürgisch-sächsischen Lieder einerseits, wie die Gottscheer Lieder anderseits haben sich untereinander in Form und Inhalt immer mehr angeglichen und zeigen eine Reihe poetischer Redewendungen zu immer wiederkehren- den, auch gedankenlos an unpassenden Stellen verwendeten Formeln erstarrt.

Der erste Eindruck des Gottscheer Liedergutes ist dem der Mundart entsprechend. Ein fremdartiges Bild,

1 Vgl. Häuften, Das östeiTeicliisclie Volkslied, 2 fit'., 17 ff.

9*

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in der reiinlosen Form insbesondere von allem abweichend, was wir sonst in der deutschen Volkspoesie kennen. Bei näherem Zusehen aber ergibt sich der Hauptstock als gut deutsch. Für den Inhalt der Lieder, für die Motive, die Auffassung, für die typischen stilistischen Erscheinungen lassen sicli meist sehr nahe, oft wörtlich übereinstimmende Parallelen aus anderen deutschen Landschaften beibringen. Viele der bekanntesten deutschen Volksballaden und Liebes- lieder, so von der Liebesprobe, vom wiederkehrenden Gatten, von der verkauften Müllerin, vom Brautra Order, von der Wirtin Töchterlein, der Kindesmörderin, den zwei Gespielen, dem Jungbrunnen, dem treulosen Liebchen, dem alten AVeib u. s. w. werden auch in Gottschee gesungen. Aber manches hat sich hier alterthümlicher erhalten, als im Mutterlande, viele Lieder sind unter den neuen ört- lichen Verhältnissen in Form und Lihalt anders ausgebildet worden. In Stil, S^^itax, Metrum und Melodie haben sie ihre ganz besonderen deutlich hervortretenden Merkmale. Endlich ist ein geringer slawischer Einschlag erkennbar. Nicht alle Gottscheer Lieder sind untereinander gleich- artig. Die Verschiedenheit des Alters äuJJert sich schon in der Form. So müssen der Abstammung nach mehrere Gruppen unterschieden werden. Die gröÜte Gruppe bilden jene Lieder, die schon lange, schon seit Jahrhunderten in der Sprachinsel gesungen werden. Etwa hundert Nummern, also zwei Drittel unserer Sammlung, müssen dazu gerechnet werden.^ Einige der ältesten haben die Gottscheer sicher schon bei der Einwanderung in der Mitte des 14. Jahr- hunderts mitgebracht. Möglich ist diese Annahme für die Lieder, die sich an die Kudrundichtung anschließen : Xr. 44, 46 50, bei den Resten der Heimkehrlieder Nr. 56 bis 58, beim Lied von den zwei Königstöchtern Nr. 53, von der treuen Liebe Nr. 55; denn diese Stoffe waren in Deutschland nachweislich schon im 14. Jahrhundert be-

1 Nr. 1-19, 23—25, 28, :-51— 33, 41, 44. 4G-5i», 61-63, 67-73, 7S f., 115, lli), 12() uml die jiieishcu der S. 134 ii-cuanntcii, in (iottscliee entstaiulenen Lieder.

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kaunt, ' Deutsrlicr Eiiilluss reichte auch in der Folgezeit un- uiiterbroclieii bis nach Gottschee. Oberki'aiii und Untcrkniin waren ja erfüllt von deutschen Niederlassungen. Die J^andcs- liauptstadt Laibach, mit der die Gottscheer in Handels- beziehungen standen, war im 16. Jahrhundert so gut wie eine deutsche Stadt. Im ganzen Lande waren die adeligen Grundbesitzer und ihre Gefolgschaften, vielfach waren Kauf- leute und Söldner Deutsche. So konnte also deutsches Liedergut immer von neuem nach Gottschee dringen. Ferner verlieh Kaiser Friedrich III. im Jahre 1492 den Gottscheern das Recht, mit ihren Erzeugnissen in fremden Gegenden Handel zu treiben. Von da ab begann der lebhafte Hausier- handel der Gottscheer.- Sie zogen nun vorerst iii die Nachbarländer, nach Kroatien, Kärnten und Steiermark, doch bald auch weiter dem Norden zu. Gerade in dem sangesfrohen 16. Jahrhundert waren sie also schon viel auf deutschem Gebiete und konnten alle die neuen Lieder kennen lernen und in ihre Heimat bringen. Die meisten Volkslieder dürften auch im 16. Jahrhundert nach Gott- schee gekommen sein. Viele sind ja erst in dieser Zeit entstanden, oder doch für eine ältere Zeit nicht zu be- legen. Dass aber die meisten schon lange in der Sprachinsel sind, ergibt sich daraus, dass sie die noch später zu erörternden Gottscheer Eigenthümlichkeiten zeigen. Oft lassen sie sich als eine ältere Fassung der in Deutschland für das 16. oder erst für das 19. Jahrhundert belegten Parallelen erweisen. Sie haben die alte dreizeilige Strophe, sie haben alte Motive oder die Angabe des Grundes be- wahrt, was in den entsj^rechenden deutschen Liedern schon ausgefallen ist. (Z. B. Nr. 68 70.) Oder es vereinigt ein Gottscheer Lied alle alten Züge, die in den verschiedenen deutschen Parallelen nur vereinzelt vorkommen (z. B. Nr. 11). Aus welcher deutschen Landschaft die Gottscheer sich jedes einzelne Lied geholt haben, lässt sich natürlich nicht nachAveisen, weil die meisten Lieder nahezu gleichlautend

1 Den näheren Nachweis sieh unten in den Anmerkungen.

2 Vgl. oben S. 38 f.

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überall zu tiiideu sind. Jii den Verhältnissen lag es, dass sie manclies durch Vermittlung der Nachbarländer erhielten, und so stehen auch einzelne Gottscheer Lieder noch heute den kärntnischen, steirischen oder allgemein österreichischen Fassungen näher, als denen im Eeiche (z. B. Nr. 70, 79). In vielen Fällen kann man dies aber nicht aufdecken, weil die Alpenländer, besonders Kärnten und Steiermark, nur noch wenig alte Balladen bewahrt haben.

Dieser Gruppe von alten allgemein verbreiteten deut- schen Volksliedern, die in Gottschee gleichmäßig einer eigenthümlichen Umbildung unterzogen wurden, schlieft sich eine kleinere zweite Gruppe von Liedern an, die wahr- scheinlich in der Sprachinsel selbst entstanden sind. Mit größerer oder geringerer Sicherheit sind hielier zu rechnen die Lieder Nr. 20—22, 29, 34—40, 60, 64, 76, 93, 103 f., 107, 109—113, 118, 120, 122, 124, 133 f. Der Umstand, dass sie in der deutschen und in der südslawischen Volkspoesie keine Parallelen haben, ist natürlich nicht allein beweisend; denn die Parallelen könnten ja verloren gegangen sein. Aber sie beziehen sich auch auf bestimmte Bräuche und Verhält- nisse der Sprachinsel, oder sie geben sich deutlich als Schilderungen örtlicher Ereignisse, oder als Erzeugnisse der augenblicklichen Laune. Die jimgeren enthalten auch Reime, die nur in der Gottscheer Mundart als solche empfunden werden (Nr. 107, 120). Diese Lieder nebst der später zu besprechenden dritten Gruppe der aus dem Slowenischen oder Kroatischen stammenden Lieder ver- mehren thatsächlich das bisher bekannte deutsche Volks- liedergut. Eine vierte Gruppe bilden die jüngeren Lieder, die erst in neuerer Zeit (in unserem Jahrhundert) aus deut- schen Ländern in die Sprachinsel gekommen sind und hier nur wenig oder gar nicht in den Gottscheer Stil umgesetzt wurden und ganz oder halb Schriftdeutsch gesungen werden. Die Lieder der ersten drei Gruppen werden völlig in der Mundart gesungen. Die Mundart der Lieder ist etwas alterthümlicher, als die heute noch lebende Um- gangssprache. Die Nebensilben werden vielfach (aus metri-

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sehen Gründen) voll ausgesprochen. Im Artikel, Pronomen, bei den Präpositionen werden die heute üblichen Abkür- zungen vermieden. Der Wortschatz enthält vieles, was der Sprache des täglichen Lebens bereits verloren gegangen ist. Die Lieder der ersten drei Gruppen (auch die südslawischen Urs])runges) sind in der Auffassung, im Sti], in der Syntax, in der metrischen Form untereinander ganz gleich gestaltet unrl geben gemeinsam das von den allgemein deutschen V(dksliedern in einzelnen Zügen so merkwürdig abweichende Bild des eigentlichen Gottscheer Liedes.

Das alte Volkslied der Gottscheer ist durchwegs feiertägliche Poesie. Die Legenden, Balladen und e]iisch-lyrischen Liebeslieder höheren Stils bilden eine groiie Mehrheit und stehen noch heute im Vordergrunde des lebenden Volksgesanges. Schon der typiscbe Eingang der meisten Lieder ist überaus feierlich. Der Held oder die Heldin steht früh morgens auf, betet, Aväscht sich, nimmt ein Frühstück, lässt sich ein Pferd satteln (die Heldin kleidet sich schön an) und zieht so wohlgerüstet aus, um ein ungewöhnliches Ereignis zu erleben oder eine außer- ordentliche That zu vollziehen. Wie eine höchst ehrwür- dige Sache werden die Lieder gesungen, mit festlicher Erhebung, mit sichtbarer innerer Ergriffenheit. Außer- dem hat das entsagungsvolle, harte, von Leiden aller Art bedrängte Leben, das die Gottscheer Landleute ehedem führen mussten, ihren Liedern einen nicht gerade trau- rigen, aber einen entschieden gedämpften Ton verliehen. Das geängstigte Herz wagt nicht, im Liede frei aufzu- jubeln. So fehlt jeder lose Scherz, jede schalkhafte Wen- dung, jeder Freudenausbruch. Zumeist werden ernste Er- eignisse besungen: Abschied, Entführung, Todesfälle, Mord, die Wiederkehr des todten Freiers. Fremden Liedern wird in Gottschee gerne ein tragischer Ausgang angefügt oder doch der scherzhafte Schluss genommen (z. B. Nr. 80, 81, 123 und 129).

Vertrauensvolle Frömmigkeit ist ein weiteres Merk- mal der Gottscheer Lieder. „Was Gott will haben, ist leicht

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gethan" (Nr. 18 21), oder „In (ilottes Ncimeii, in Jesu Namen" (Nr. 18, 21, 22, 32): das ist ihr AVahlsprucli. Die leg-eiidenhafto weiÜe Taube, die Leim Tode der Mäi'tyrer znm Himmel schwebt, ersclieint auch in weltlichen Liedern (Nr. 66, 70). * Selbst Trinklieder werden mit frümmen Sprüchen eröffnet (Nr. 135). Groli ist die Zahl der geist- lichen Lieder und Legenden und unter ihnen befinden sich die schönsten der Sprachinsel eigenthümlichen Volksdich- tungen. Neben allgemein verbreiteten Marienlegenden, die Scenen aus dem Evangelium oder spätere Erdonwande- rungen Marias schildern, haben die Gottscheer auch noch besondere Marienlieder. Sie rufen ihren Namen bei der Ernte an (Nr. 8). Maria versieht dem betrübten Bräutigam auf der Hochzeit die Stelle der verstorbenen Eltern CNr. 17), sie ertheilt der tanzenden Jugend eine ernste Ermahnung (Nr. 15). Sie wird überhaupt sehr streng geschildert: sie verzeiht dem Frevler nicht (Nr. 12 f.), oder sie verzeiht zwar, aber will es nicht vergessen (Nr. 15).-

Wunderschön sind die Legenden vom heiligen Georg und vom heiligen Leonhard, zu denen ich keine Parallele finden konnte (Nr. 20 und Nr. 22). Wie hier, so wurden auch in anderen Legenden (Nr. 21, 23 f.) volksthümliche Motive auf beliebte Heilige übertragen, ohne dass in deren Leben ein bestimmtes Ereignis dazu veranlasst hätte. Die Legende vermengt sich auch mit historischen (Nr. 29) und mit Märchenmotiven (Nr. 18), sie greift in das Gebiet der Ballade über (vgl. Nr. 31 und Nr. 62).

Auch in den weltlichen Liedern werden die Dinge gewöhnlich vom Standpunkte des Frommen aus angesehen. Verlust der Unschuld nehmen auch Jünglinge sehr ernst

1 Vgl. Grimm, Mythologie, ■*, 690 f. Nachträge, 240.

2 In Marie von Ebn er-Eschenbachs Erzählung „Glauljrns- los?" sagt eine Bäuerin : „Verzeihen ja, vergessen nein." Darauf der Geistliche : „Verzeihen, nicht vergessen, die Lieblosigkeit hat diesen Ausspruch erfunden, die Gedankenlosigkeit plappert ihn nach." Und die Gottscheer legen diesen Ausspruch Maria in den Muiul. wie ver- schieden doch die Ansichten sind!

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(Xr. lOH, J21i uml scHisl t\r\- Kiukiu-k ist im GuUscheer Lierlo nicht ein leiclitsinniger Eliohreclier (wie in deutsclicn Liedern), yondorn ein betrogener Liebhaber, der sich zu Tode betrübt ^Nr. 9-i). Verwandtschaftliche Liebe wirrl all- gemein innig nnd wahr eini^funden und selbst die Stief- mutter nimmt, sich der fremden Kinder warm an (Nr. 126), Selbstverständlich wird, wie im allgemeinen deutschen Volksliede, so auch hier die Liebe als .bedeutsamste An- gelegenheit des Lebens aufgefasst und in unwandelbarer Treue bis über den Tod hinaus bewahrt.

Ln Gegensatze zu den übrigen deutschen Volksliedern vermeiden die Gottscheer Lieder jedes derbe Wort, jede unschickliche Situation. Die anstößigen Wörter in Nr. 95 und 120 stehen ganz vereinzelt da. Die Sittsamkeit der Eede erklärt sich daraus, dass in Gottschee ausschlieJilich Frauen das alte Volkslied singen. Nur neuere Lieder, wie gerade Nr. 120 und die schriftdeutschen Nummern, werden von Burschen gesungen.

Ein weiteres bezeichnendes Merkmal der Gottscheer Lieder ist die Schlichtheit der Darstellung und die Nüchternheit der Auffassung. In den Balladen ist zwar auch hier zuweilen von Königen und E-ittern, von Prin- zessinnen und Grälinnen, von Schlössern und Edelsteinen die Rede, doch meist Avird alles glänzende Beiwerk ver- mieden. Wie die Gottscheer im Leben einfache, sparsame Leute sind, so ereben sie auch in ihren Liedern nur das einfache Gerippe der Fabel ohne weitere Ausschmückung der Einzelheiten. So wird die Darstellung verständlich, aber auch zuweilen nüchtern und prosaisch. Das Lied vom heim- kehrenden Gatten (Nr. 56) ist gleichsam nur ein dürftiger Auszug der deutschen Möringer Ballade. Die singenden Frauen kommen oder kamen doch in früheren Zeiten aus ihrem armseligen Bergdorfe nicht heraus, so blieb ihr Ge- sichtskreis sehr beschränkt und was ihnen nicht verständlich war, das blieb auch aus dem Liede weg. So verwandeln sie den Ritter (ein ihnen unbekannter Stand) in einen Eichter (Nr. 70a), oder in einen Eecruten oder modernen Soldaten

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(Nr. 65, 59). Der Ritter der rlcutsclioii Parallele, der sith als Pilger \-erklei(letr, winl im Gottscheer Lie»! zum HcH 1er (Nr. 56), fler geigende König in der slowenischen Quelle wird bei den Gottscheern zum schlichten Geiger (Nr. 96j. Das Edelfräulein oder die Königstochter, die in den deut- schen Liedern von der Zinne ihrer Burg dem Sänge des Ver- führers lauscht, wird zum Bauernmädchen am Dachfenster (Nr. 70). Auch das Haus des Sultans wird geschildert als wäre es eine Gottscheer Banernhütte mit einer Line, einem höf (Stall im Hause) und einem Getrei'lekasten (Nr. 74a). Die typische Fignr aber ist ein alter Mann, der an Stelle verschiedener Persönlichkeiten in den deutschen Parallelen im Gottscheer Lied die Handlung eröffnet oder fortführt (Nr. 58, 79).

Mit dem Gesagten sind wir schon zum Theile in eine negative Charakteristik hineingerathen. Sie muss fortgesetzt werden. Denn nicht nur das, was einer Volks- poesie eigenthümlich zukommt, sondern anch das, was ihr fehlt, ist für sie bezeichnend. Die Gottscheer, die nicht in den Alpen, sondern in einem waldigen Mittelgebirge wohnen, weichen darum im Charakter, in der Lebensführung und in den Liedern von den übrigen bayrisch-österreichischen Stammesgenossen vielfach ab. Sie haben keine Alm- nnd Schützenlieder, nnd was sehr bemerkenswert ist, keine Schnaderhüpfcln, die doch sonst in ganz Deutsch-Gsterreich und darüber hinaus verbreitet sind. Die kecke Lebenslust und die jauchzende Stimmung der Schnaderhüpfeln sagt ihrem herben Wesen nicht zu und so erschallen auch keine Jodler auf den Berghängen der Sprachinsel. Auch die über- müthige sinnliche Art, mit der alle Seiten des Liebeslebens in den Liedern der Al])ler in Erscheinung treten,' fehlt hier ganz. Wir hören nichts vom Fensterin, vom heim- lichen Liebesgenuss, nichts vom Schmollen und Trutzen, von den Ränken und Neckereien, von der gegenseitigen stürmischen Hingabe der Liebenden. Aber auch von dem

1 Hanffeii, Das österreichische Volkslied, 8 17.

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alten allgemein 'K>utschen VolkslieHo fehlen in (Tottscliec mehrere Gruppen, so die leichtsinnigen Schlemmer- inul Bnhllieder, die Mainngen und die Tagelieder, die mannig- faltigc^n Ehebruchslieder. Es fehlen die Lieder von Nonnen und Mönchen, von Bergleuten, Schiffern u. s. w., rienn in der Sprachinsel gibt es kein Kloster, keine Schiffahrt und erst seit der neuesten Zeit ein Bergwerk.

Die Gottscheer Lieder versetzen alle fremden, außer- gewöhnlichen Ereignisse ganz in die Heimat, sie haben daher ein sehr starkes Localcolorit. Sprachinseln sind auch im Cultmieben sehr abgeschlossen. Und wie sich in den Liedern der Charakter des Stammes widerspiegelt, so auch dessen äui3ere Verhältnisse. Darum könnte man aus den Liedern förmlich ein Culturbild des alten Gottschee aus- lösen. Die Lieder begleiten, wie im 6. Capitel gezeigt wurde, alle kirchlichen und weltlichen Volksfeste und geben Ge- legenheit, einzelne der verschwundenen Bräuche (z. B. bei der Hochzeit) noch jetzt zu erkennen. Die mythischen Erscheinungen des Volksglaubens, die Hexen, die lange Schlange u. s. w. erscheinen auch im Liede. Einzelheiten des Gottscheer Hauses (besonders die Line und das mittlere Fenster) und die heimische Tracht werden im Liede oft und jedesmal als selbstverständliche, allein denkbare Zu- stände erwähnt.^

Der Name Gottschee wird als selbstverständlicher Ort der Handlung gar nicht erwähnt : nur der Sultan zieht aus der Türkei ins „Gottscheer Land" (Nr. 73). Dagegen werden einzelne Gottscheer Orte häufig angegeben, so der Nessel- thaler Boden (Nr. 76), die alte Kirche, d. h. Mitterdorf (Nr. 73), Kukendorf und Mückendorf (Nr. 119). Die Vortheile und Nachtheile einzelner Gegenden werden gegen einander ab- gewogen, so das unfruchtbare Eodine und das gesegnete Maierle und Schemitscli (Nr. 112 f.). Die nächste Nachbar- schaft, besonders Reifnitz, spielt mit hinein (Nr. 67). Das den Liebsten erwartende Mädchen schaut über den Reifnitzer

1 Vgl. S. 55.

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Boden aus (Nr. 55). Ans Kroatien werden die Orte Ogulin (Nr. '20, 67) niid KarlstuHt (Nr. (;4, i»4, 11!)) erwidmt. aus Krain neben Reifiiitz die neue Stadt (d. h. lludolfswertli Nr. 69), Möttling (Nr. 67), Oberkrain (Nr. 95) und wieder- holt Laibach (Nr. 28, 71, 95, 119). Laibach hat den Bei- namen weii3. Auch in iler slowenischeji Volks})oesie heiilt es bela Ljubljana und wird allgemein im Volksmunde als das weiße Laibach l)ezeichnet. Den Städten wird gerne, namentlich bei den Südslawen, dieses Beiwort gegeben. Die Nähe der Türkei kommt natürlich auch in den Liedern der Gottscheer, wie in jenen der Südslawen zur Geltung. Türken entführen Gottscheer Mädchen (Nr. 73, vgl. auch Nr. 71), die Christen nehmen dafür Vergeltung (Nr. 74 f.). Kämpfe mit Türken erwähnen zwei Lieder (Nr. 29, 76).

Ohne historischen Hintergrund schildern die Soldaten- lieder aus einer späteren Zeit den Abschied der Recruten, die ins „große Heer" müssen (Nr. 90 91a, ygl. auch Nr. 89 und 77). Kirchtage (das zugleich Jahrmarkt bedeutet) wer- den wiederholt in den Städten abgehalten: mit Pferd und Maulthier reitet man dahin (Nr. 64, 119, 69). Ein „Kauf- maß" gilt als Getreidemaß (Nr. lli), für die Bezahhmg gibt es auch noch allgemeinere Bewertung: ein „Hut" oder eine „Kappe voll Geld" (Nr. 68, 73). Hirse und Weizen sind die häufigsten Getreidegattungen (Nr. 64, 93, vgl. auch Nr. 133). Feldarbeit wird wiederholt geschildert (Nr.20f u. a.). Von der wichtigsten Beschäftigung, dem Hausierhandel, schweigen die Lieder (der Gegenstand ist wohl nicht poe- tisch genug!, nur die Freude der wandernden Männer über die Heimkehr ertönt in einem Sonnwendliede (Nr. 35). Das Bier kommt gar nicht vor, die Gottscheer Lieder kennen nur den Wein, wie ihnen ja auch der Biergenuss bis in unser Jahrhundert herein ganz fremd war. Auch im älteren deutschen Volksliede ist, nebenbei bemerkt, das Bier ein seltener Gast, während der Wein in der poesievollsten Weise immer wieder verherrlicht wird. Die Volkslieder entstanden eben im Süden und Westen deutschen Gebietes, im 15. und 16. Jahrhundert ausschließlich Weingegenden.

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Die eigentliclieii rleutscheu Bierländer der älteren Zeiteji lagen im Norden und Osten, wo nur wenige Volkslieder geschaffen wurden.

Ancli der Stil der Gottsclieer I^ieder hat eine ganze Reiiie stark hervorstechender Kennzeichen. Freilich sind alle t}' p i s c h e n F o r m e 1 n fler Gottsclieer Lieder im all- gemeinen deutschen Volksliede ebenfalls nachweisbar. Sie sind also alle deutsch und echt volksthümlich. Doch die außerordentliche Häufigkeit ihres Auftretens in einer ver- hältnismäßig geringen Anzahl von Liedern, die Art ihrer Verwendung und bestimmte Abweichungen des "Wortlautes unterscheiden sie deutlich von den Formeln der übrigen deutschen Volkslieder. Ln deutschen Volksliede hat sich bekanntlich ein ganz besonderer Stil entwickelt. Die ein- zelnen Dichter sangen eben im Sinne und Greschmack des ganzen Volkes und bedienten sich hiebei der allen gemein- samen Mittel der poetischen Technik und erzielten da- durch die unmittelbarste Wirkung. Hatte ein volksthüm- liches Lied von Haus aus auch eine individuelle Ausdrucks- weise, so wurde diese (sie gieng ja durch den Mund von Tausenden) allmählich verwischt ; die altbekannten typi- schen Formeln traten bald an die Stelle der neuen, auf- fälligen Redewendungen. Die jüngeren Volkslieder richten sich immer nach älteren, beliebten, wirksamen Mustern. So finden wir in all den Tausenden von Volksliedern auf dem ganzen deutschen Gebiete in den gleichen poetischen Situa- tionen immer die gleichen glücklich geprägten Formeln, die gleichen ßeimbindungen, Bilder und typischen Wen- dungen. Die Volkslieder pflanzen sich ja nur auf dem Wege der gedächtnismäßigen, mündlichen Überlieferung fort und so ist es begreiflich, dass die Sänger auch beim Vortrage neuerer Lieder geläufige Verse und ganze Strophen aus altbekamiten Liedern herübernehmen.

Dieser Zwaug der Analogie muss natürlich auf dem beschränkten Raum einer Sprachinsel viel stärker wirken. Hier werden immer die gleichen wenigen Lieder gesungen, die sich daher nacheinander richten und einander immer

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älinlicher werden müssen. Kommt nun ab nnd zu ein neues Lied in das Land (wie es ja bei den Gottscheern der Fall war) so wird es, und mag es noch so originell sein, von der Mehrheit der im Lande bereits ansässigen Lieder be- einflnsst; es muss ihren Stil, ilire metrische Form annehmen, sowie ein neuer Ansiedler sich im eigenen Literesse der Selbsterhaltung nach den Sitten und Bräuchen des Landes ri(diten muss. Noch viel conseciuenter als bei den sieben- bürgisch-sächsischen Liedern ist dieser Zwang bei den GotL- scheer Liedern durchgeführt worden.

Dies merken wir gleich in der aufliilligsten Weise am Eingangsvers. Es gibt im deutschen Volksliede eine Reihe von typischen Eingangsversen, von denen mehrere auch in Gottschee vertreten sind. Mehr als zwei Drittel aller alten Gottscheer Lieder beginnen mit den Versen: „Wie früh ist auf (nun folgt der Name des Hehlen und danach): „Er (sie; steht des Morgens gar früh auf". Einen ähnlichen Anfang zeigen eine Reihe deutscher Volkslieder. „Es wollt' (oder sollt') ein Mädchen früh aufstehen.'"' Sie geht früh in den Wald. Dort wird sie von der Haselstaude gewarnt, oder sie verfällt der Verführung, oder sie findet ihren todtwunden Geliebten.^ Ahidiche Eing;änß;e sind: „Wenn ich des Morgens früh aufsteh'" ^ „Es wollt* ein junger Geselle (Jäger, Bauer, Müller u. s. w.) des Morgeus früh aufsteh'n"'' ^^I^h wollt' einmal recht früh auf- steh'n'^ u. ä."*

Diese Formeln stehen also vor Liedern verschiedenen Lihalts. In der Regel erscheint es durch die erzählte Hand- lung begründet, dass der Held früh aufstellt. Auch die Siebenbürger Sachsen haben diesen Eingang oft.-'' Bei den

1 Erks Liederliort, Nr. 9r,a-9ni: Böhme, Nr. 42; Hruschka und Toisclier, S. 117 und 119; Simrock, Nr. ÜJ-'j; Tobler, I. llS; Sc hl ossär, Nr. 305 u. a.

2 Mittler, Nr. 683, 1529.

3 Böhme, Nr. 98; Schlossar, Sv.2Jl.

* Erks Liederhort,, Nr. 9f;d, 9»;e. 4(;(;: Mittler. Nr. 442. ^ Schuster, 46 f., 69, 138 u. a.

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Gottsclieeni aber steht er als erstarrte Formel am Ein- gang fast aller alten Lieder, unbeliintlert ob er durch den f'olgt^uden Inhalt berechtigt erscheint oder nicht. Auch am Eingang der Legenden i „AVie früh ist auf Maria") und allegorischen (Jedichte („Wie früh ist auf der Sonntag" Nr. 34). Sicherlich hat ein einziges Gottsched" Lied alle übrigen zur Nacliahmung verlockt. Vei-muthlich die Ballade von der schönen Meererin. Sie gehört zu den ältesten Gott- scheer Liedern, sie ist noch heute in vielen Fassungen (Nr, 44 50) verbreitet, das beliebteste und häufigst ge- sungene Lied in der Sprachinsel; hier hat auch der t\'- pische Eingang seine sachliche Berechligung, denn in der Kudrundichtung wird schon berichtet, dass die schöne Wäscherin am frühen Morgen zum Meeresufer geht, um zu waschen. Auch die Ballade von der verkauften Müllerin (Nr. 68) hat schon in einzelnen deutschen Parallelen einen ähnlichen Eingang.'' Von da e;ieng er allmählich auf die anderen Lieder über.

Auch die weiteren Zeilen nach den erwähnten zwei Eingangsversen sind in vielen Gottscheer Liedern einander gleich. Ist es eine Heldin, so heißt es hernach gewöhnlich, dass sie sich bekreuzigt, wäscht, schön anzieht und dann ins Freie geht (Nr. 18 f , 25, 5, 28, 32, 62, 71 f , 98, 123 u. a.). Auch von Männern wird dies zuweilen berichtet (Nr. 19, 22, 57, 68). Doch gewöhnlich werden Balhxden von jungen Männern damit eröffnet, dass der Held früh aufstellt, die Mutter weckt, sich von ihr ein Frühstück und das Mittag- essen kochen lässt. Dann weckt er die Knechte, dass sie ihm das Pferd satteln und reitet von dannen (Nr. 64 f., 95, 119, 18, 61 u. a.). Diese Stellen sind auch im einzelnen fast wörtlich gleich. Die Aufforderung geschieht immer mit dem Worte: Geht, kocht mir, oder sattelt mir. Die Aus- führung mit den Worten : Behend geschah es. Dabei ist die Analogie Wirkung so stark, dass der Held in Nr. 64, obwohl er verheiratet ist, nicht seine Frau (wie in Nr. 21),

■^ Vü-l. Erks Liedevhort. Nr. 58b.

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sondern seine Mutter wegen des Frühstücks weckt, und dass in Nr. 94 auch dem Kuckuck die Mutter Frühstück und Mittagessen kocht. Leise Anregung zu dieser weiteren typischen Ausführung des Eingangs m()gen vielleicht süd- slawische Lieder gegeben haben. Ein kroatisches Lied z. li. beginnt damit, dass ein Mädchen am frühen Morgen auf- steht, sich die Haare schön kämmt und dann ins Freie zieht;' ein slowenisches andererseits beginnt: St. Ulrich stand früh morgens auf und weckte seine Mutter.- Einen ziemlich verwandten Eingang hat auch ein rumänisches Lied.--^

Die wenigen alten Gottscheer Lieder, die in diesem Punkte ihre eigenen Wege gehen, haben auch typische Eingänge, die aus den deutschen Volksliedern bekannt sind. 80 mit dem unpersönlichen Pronomen: „Es waren zwei Liebe" (Nr. 54). „Es waren zwei Gespielen" (Nr. 115). „Es reitet ein Ritter auf und nieder" (Nr. 70bl „Es zieht eine Mutter ihr Töchterchen auf" (Nr. 69) und viele ähn- liche; dann die ebenfalls häufige AVendung: „Dort steht." „Dort steht ein ebener Boden" (Nr. 81). „Dort steht ein zerissener Stall" (Nr. 1). „Dort steht eine grüne Linde" (Nr. 55, 121, 15) u. a.-*

Nach diesen Eingängen wird nun gewöhnlich auch noch der Beginn der eigentlichen Handlung in ty^iischen Zeilen berichtet. Ist der Held zum Ausgang wohlgerüstet, so heißt es dann: „Er (sie) zieht dahin am Wege breit",

1 Krauß, Sitte und Brauch. I(i0.

■^ Janezic, 42, Grün. lo(J.

^ In den Ethnologiscli en Mittheilungen aus Ungarn. 1, 395. Grünes Blatt vom Ahornbauin Muttersöhnclien ist Valjau Sonntag früli erlieht er sich Wuscht die schwarzen Augen sich Vor dem Heiligenbild sich neigt Geht zum Stalle unver- weilt Seinen Braunen er besteigt.

•* Dieser Eingang ist in deutschen Volksliedern sehr hüulig. vgl. Böhme, Nr. lH4b, 3i>, IGiu 117, 17G. Aber auch die siidslaw-ischen Lieder beginnen gerne mit Stoji, Stoji lepo polje (Ks steht ein schönes Feld), Stanko Vraz. 95. !)7, 105. li'l u.a.; Stoji /ch'iiu liiiica (eine grüne Linde), S ch e i 11 i gg. Nr. 02.

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oder „Kr reitet dahin am Wege breit." Hat er nicht ein bestimmtes Ziel, so besteht das Ereignis in einer Begegnung. Darum folgt dem eben erwähnten Vers in der Regel : „Und ihm (ihr) begegnet der alte Mann (der liebe Gott u. s. w.)" (Nr. 18, 26, 33 f., 41, 68 f., 75 u. v. a.). Der eine von beiden eröffnet das Gespräch: „Also spricht da der (alte Mann)", ein Vers, der fast in allen alten Liedern steht. Da die Be- gegnung immer am frühen Morgen stattfindet, so ist die Eröffnung des Gespräches häufig ein Morgengruß mit fol- gendem Zwiegespräch, A : „Guten Morgen, guten Morgen du (alter Mann" u. a.). B: „Schönen Dank, schönen Dank Ihr (Herren u. a. i. x4ch, guten Morgen hab' ich gar wenig." Ä: „Wie so, wie so, du . . .?" und B gibt den Grund seiner Trauer an. Dieses Gespräch steht auch in den Balladen von der schönen Meererin, Da in der Kudrundichtung schon diese Formel angedeutet ist (vgl. unten die Anmerkungen zu Nr. 44 ff.), so stand sie wahrscheinhch zuerst in diesen Balladen und ist von da, wie der Eingangsvers, allmählich auf andere Gottscheer Lieder übergegangen (Nr. 52, 56 f., 61, 68, 34).^ Ist der Held bei seinem Ziel angelangt, so muss er sich bemerkbar machen. Ist er feindlicher Ge- sinnung oder bringt er traurige Botschaft, „So klopfet er so greulich an". In anderen Fällen klopft er „schön" oder „freundlich" (Nr. 2 und 2 a, 11, 68 f., 95). ^ Häufig erfolgt darauf die Frage: „Wer ist heute noch so spät davor" (Nr. 11, 68, 95).

Haben also viele Lieder einen typischen Eingang, der oft tief in die eigentliche Handlung hineingreift, so gibt es auch typische Schlussformeln. Die häufigsten sind die zwei (noch unten in den Excursen zu besprechenden)

1 Eine Zurückweisung des Morgengrußes, allerdings in anderer Form, finden \vti- z. B. bei Mündel Nr. 3. „Ich wünsch dir einen guten Morgen und auch einen guten Tag." „Du brauchst mir ja keinen guten Morgen zu wünschen und auch keinen guten Tag."

2 Vgl. ähnlich in einer holsteinischen Parallele zu Nr. 11 bei MüUenhoff, 496. An der Himmelsthür „Da klopften sie ganz leise an", hingegen an der Hülleuthür „Da klopfte sie ganz grausam au".

Hirn u. Wa okerii p 11 , Qnelloii n. Forsclinngon. 111. 10

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Schlüsse: Bei glücklichem Ausgange die Liebesbethenerung „Du bist mein und ich bin dein", bei unglücklichem Aus- gange die Erwähnung der Blumen, die auf die (rräber der Liebenden gepflanzt werden.'

Es hat natürlicli nicht jedes Lied alle diese Formeln, doch meistens eine ganze Eeilie davon, so dass für den besonderen Lihalt oft nur wenig Raum übrig bleibt. Die meisten alten Lieder sind zum vierten oder dritten Theile aus typischen Versen zusammengesetzt, wodurch sie ein- ander 80 gleichartig werden.

Auch die verhältnismäBig geringe Zahl von Bei- wörtern wird typisch verwendet. Das häufigste Beiwort ist schön, das fast vor jedem weiblichen Namen steht. Aber auch Jünglingen wird zuweilen dieses Beiwort ver- liehen (Nr. 65, 72) statt des sonst üblichen jung.- Schön werden ferner Dinge, die man ehren will, zubenannt: die Schule, die Ehre, der Gottesweg, inid erfreuliche Dinge : das Frühstück, das Mittagessen, der .lahrmarkt, aber merk- würdigerweise auch die Todesbotschaft (Nr. 59). Selir häufig ist auch das Beiwort wei|l3. WeiiJ sind natürlich immer die Hände, aber auch andere Körpertheile, dann die Leiche, die Kirche, die Mühle, Haus und Schloss, die Wäsche, das Bett, die Frau, der Engel, Städte wie Laibach und Karlstadt. Als Gegensätze stehen nebeneinander: Die weiBe Kirche und der grüne Friedhof (Nr. 89, 117). Die weiiie Hirse und der rothe Weizen (Nr. 41, 64, 93, 133). Die Steigerung schneeweiß wird beigelegt der Hand, dem Hals, der Wäsche, dem Kleid, der Haube, dem Brief u. a. Merkwürdig ist es, dass gerade die Titelhelden der Lieder so oft als klein be- zeichnet werden. Nicht nur Mädchen, Kinder. Vögel, der Schneider (Nr. 60) werden klein genannt, sondern auch der Geiger in Nr. 96, der eigentlich König Matthias ist, und der Kaufmann in Nr. 75, der sich die Sultanstochter er-

^ Die im alten deutsclien V'olksliede .so bekannte Sclilusswendung: Wer hat dieses Liedlein gesungen, Ein Reiter oder zwei Haucrs- knaben u. s. w. fehlt in (Tottscbee vollständig.

'^ Sogar: sie hat geboren einen jjungcn" Sohn. Nr. !>H.

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werben will.' Grün sind natürlich der Baum, die Linde (und andere Bäume), der Majoran, der Grarten, die Alm, das Gras, der Wald (daneben häufiger finster) u. a. Roth, der Weizen, die Ochsen, der Sand, Der Wein ist roth oder kühl. Kühl sind ferner der Brunnen, Wasser, Wind, Erde, Schatten. Grau sind Wolf und Stein, Schwarz sind die Augen und der Pfarrer, Kohlschwarz die Augen, die Erde, der Mantel, die Amsel, Der Hut, der Berg und das Ross sind immer hoch, das Meer und der Weg immer breit, die Rosen und der Tag licht, der Steig schmal, das Heer groJi, Heii3 wird geweint, süß oder schön gesungen. Die Messe, die Predigt, das Kreuz sind heilig. Dieses Beiwort wird auch tautologisch den mit Sanct verbundenen Namen vorgesetzt. Dar Jiail>g<> srJia/H Martin, dar liaiJlgd srJiaivfe Goria u.a. Bemerkenswert ist die Verwendung von edel. Der Mond scheint edel (Nr. 54), die einzelnen Kleidungsstücke sind edel, d. h. fein, in Nr. 72.^ Besondere Gottscheer Bei- wörter sind jnsat (bunt, slow, pisan) ; bunt ist das Schiff (Nr. 49 und 133), die Decke (Nr. 67), das Pferd (Nr. 111); ferner schaihlain (rund); so wird immer der Tisch unter der Linde bezeichnet (Nr. 15, 55 a, 71, 121). Ein sonst nicht belegtes Wort ist roth silbern für die Weiz;enähre (der Halm rothgolden Nr. 8).

Zwei mit verschiedenen Beiwörtern versehene Begriffe werden gerne innerhalb eines Verses zueinander in Gegen-

1 Damit hängen zvisammen die auffälligen Diminutive, z. B. enc/ischtle, Hengstclien.

2 Im allgemeinen finden die Beiwörter in den deutschen Volks- liedern eine ähnliche Verwendung. Schön, grün, finster, weil.) und .schneeweiß, grau, schwarz, kühl wie oben. Ebenso schönes, süßes tSingen und heißes Weinen. Der hohe Hut zuweilen (z. B. Süß, 81; Hruschka und Toischer, 87 ; Meier, 334). „Heilig" vor Sanct ist auch im Deutschen volksthümüch : Heiliger St. Märten (vgl. Pfannen- schmiedt, 219). Heiliger St. Veit (Zingerle, 157), Hilge sunte Anna, hilge sunte Veit (Grimm, Anmerkungen zu den Märchen, 221). Die Gottscheer setzen zu den Heihgennamen auch Herr, z. B. iHrliahd Lb-nnrt hear (Nr. 22). Auch das ist deutsch-volkstliümlich, z. B. Hen-e Sanct Johann (U hl and, Schriften, 3, 401).

10*

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satz gebracht. Am häutigsten ist der Vers: „Am breiten Weg, am sehmalen Steig" (Nr. 6 f., 32, 71, 64 u. a.). ' Ähn- lich „Am breiten Weg, am engen B.ain" (Nr. 71), „Auf dem langen Acker, auf dem sehmalen Ackerstreif" (Nr. 21, 52). „0 du lange Ewigkeit, du kurze Welt" (Nr. 122) und ohne Gegensatz: „Zum breiten Meer, zmn tiefen See" (Nr. 44 50).

Zweigliedriger Bindungen gibt es genug in den Gott- scheer Liedern, doch treten die meisten nur je einmal auf. Öfters finden wir: Zeit und Weile (Nr. 99, 118), Knechte und Mägde (das zugleich Burschen und Mädchen bedeutet Nr. 21, 77, vgl. auch Nr. 121), Himmelreich und Paradies (Nr. ö, 9, 43), immer und ewig (Nr. 68, 96). halsen und küssen (Nr. 63, 95), essen und trinken iNr. 25, 56, 71), geht und steht- (Nr. 28, 77). Eine dreigliedrige Form ist außer der Dreifaltigkeit (z. B. Nr. 9) noch Vater, Mutter und die ganze Freundschaft (Nr. 80, 81).=^

Mehrere zweigliedrige Bindungen entstehen dadurch, dass die zweite Hälfte eines Verses im nächsten wieder- holt und ein verwandter Begrift' hinzugefügt wird. Beispiele hiefür finden sich fast in jedem älteren Gottscheer Lied. Also Nr, 53 :

Sie werden Euch geben ein Gläschen Wein. Ein Gläschen Wein, ein Stückchen Bi-ot.

Oder Nr. 21, 95 u. a. :

Geht, kochet mir das Frühstück schön, Das Frühstück schön, die Mahlzeit dazu.

Nr. 22

Aus mir werden sie machen einen Altartisch, Einen Altartisch, einen Predijrtstuhl.'*

^ Den gleichen Vers hahen z.B. Hoffmann Nr. 6, Simrock Nr. 44 u. a.

2 Vgh Mittler, Nr. 1099.

^ Die gleiche Formel in deutschen Volksliedern, z. B. Mündel, Nr. 129, 16fj; Mittler, Nr. 1432, 14.5."}.

■* Ahnlich, nur viel seltener in deutschen Liedern: z. B. Mittler. Nr. 799: „Dass mir mein Schatz hat Urlaub gegeben FTat Urlaub mir gegeben und meiner nicht gedacht." „Darunter will icli tragen

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Die WicdcrlKjluiJg eiues Ixaibcii V^ursus wild zuweilen mehrere Zeilen liinrlurth fortgesetzt, wobei die neu liinzu- koniinende Hälfte gewöhnlich eine Steigerung bedeutet. Z. B. Nr. 1U3.

So feieru .sie das Johanuisfest eine kleine Weile, Eine Ideine Weile bis Mitternacht, Bis Mitternacht, bis zum lichten Tag.

Es gibt auch noch andere Formen, einen Theil des Verses in der nachfolgenden Zeile zu wiederholen. Z. B.

Nr. 121 :

Den jungen Wein, den schenket Hu-. Den jungen Wein, den trinket Ihr.

Oder in Nr. 77:

Er muss gehen ins große Heer. Ins große Heer mag er nicht gehen.

Befehle, GrüBe, Wünsche, Anrufungen werden gewöhn- lich wiederholt: „Nun gib mir, nun gib mir!" „Geh heim, geh heim!" „Mach auf, mach auf!" „Frisch auf, frischauf, mein Hengst!" „Schweig stille, schweig stiUe, du Turtel- taube!" „GrüJi Gott, grüJi Gott!" „Hoi Schwesterl, Schwesterl liebes mein!" u. v. a.

Wiederholungen ganzer x'lbsätze entstehen endlich da- durch, dass innerhalb eines Liedes zwei gleiche oder ähn- liche Situationen mit den gleichen oder ähnlichen Worten wiedergegeben werden. Die Frage und die Antwort, der Befehl oder der Wunsch und die Ausführung werden mit denselben AVorten erzählt. Also z.B. in Nr. 75 die Frage: „Führst du mich noch lang als Mädchen oder fülirst du mich zu dir?" und die Antwort: „Ich führ' dich nicht mehr lang als Mädchen, Ich führ' dich auch nicht zu mir." Und in Nr. 98 zuerst der Auftrag: „Und wenn wir gehen ins

gi-oß Herzeleid Groß Herzeleid und ein getreuen Muth." Nr. 982: „Ich hab' einen Schatz und der ist weit Und der ist weit, er ist nicht hier." Auch in südslawischen Liedern, vgl. Krauß, Sitte und Brauch, IGO und 186 : „Ein jugendfrisch Mägdlein früh am Morgen aufstand Früh am Morgen autstand, glatt das Haar sich kämmte."

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wp-iUe Bett, Su schlag du dreimal mir um dif Mitte, Und ieli werde sein ein schöner Junker." Und ebenso die Ausführung. Oft wird das gleiche Gespräch mit mehreren Personen hintereinander wiederholt (Nr. 24, 37 u. a.). Oder mehren; Personen kommen mit ähnlichen Wünschen, die sie fast gleichlautend vorbringen (Nr. 69). Oder der zweite l^heil der Lieder ist die Ausführung der Andeutungen des ersten Tlieiles (Nr. 114). Oder wird die ßückfahrt mit den gleichen Versen (natürlich in umgekehrter Reihenfolge), als wie die Hinfahrt geschildert (Nr. 46) u. a.

Solche Wiederholungen finden sich ja überall in der Volkspoesie, in den homerischen Epen ebenso gut, wie in den Balladen der Serben, sparsamer angebracht auch in den deutschen Volksliedern, am reichlichsten in den Gottscheer Liedern. Man bedenke: Eingang und Schluss sind, wie oben gezeigt wurde, meist aus typischen Zeilen zusammengesetzt. Innerhalb eines Verses sind häufig einzelne Wörter wieder- holt; innerhalb eines Liedes folgen ganze Verse und Ab- sätze einander zwei- und mehrmals. Dazu kommt, dass beim Singen in der Regel fast jeder Vers wiederholt wird und da- nach der Refrain kommt. So ist es möglich, dass sich lange Lieder aus nur wenigen verschiedenen Versen zusammen- setzen. Dieser Umstand fördert natürlich die gedächtnis- mäßige Überlieferung oder ist, besser gesagt, wohl durch sie erzeugt worden. Bei manchen Gottscheer Liedern, wie z. B. Nr. 72, 78, 111 u. a., braucht man nur wenige Zeilen und den Inhalt in großen Zügen sich zu merken und kann das ganze umfangreiche Stück singen.

Die Bilder und Vergleiche werden in den Gott- scheer Liedern in einer verneinenden Form vorgeführt. Zuerst das Bild, dann die Berichtigung. Z. B. Nr. 62 :

Von dort her zieht ein Nebel,

Es ist nicht ein Nebel, es sind deine Brautleute.

(Ähnlich Nr. 10 und 74.) Oder in Nr. 5 und Nr. 9 :

Vom Himmel fällt ein kühler Thau,

Es ist nicht ein kühler Thau, es sind Marias Thränen u. a.

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Diese Form des Vergleiches ist der südslawischen Volkspoesie besonders eigenthümlich, sie fehlt aber auch im deutschen Volksliede nicht ganz.'

Es erübrigt nun noch eine Keilie von Motiven, Kede- wendungen und sachlichen Bezeichnungen zu besprechen, die in Gottscheer Liedern ab und zu vorkommen, ihnen aber nicht eigenthümlich zugehören. Es sind Typen der allgemeinen deutschen Volkspoesie. Auch auf diesem Ge- biete zeigt sich die enge Verwandtschaft des Gottscheer Liederschatzes mit den allgemein deutschen Liedern und gelegentlich ein kleiner südslawischer Einschlag. Vor allem gehören hieher solche Redewendungen, die an bestimmte Situationen und Motive gebunden sind. So an alle Stadien der Entführung. Kommt der Geliebte in der Nacht an, so fragt er: „Schläfst du oder wachst du?" und sie antwortet: „Ich schlafe nicht, ich wache" (Nr. 54 und 85).- Ist das Mädchen bereit mit ihm zu gehen, so nimmt sie der Ent- führer bei der „schneeweiiSen" Hand und schwingt sie auf sein Ross (Nr. 51, 70, 70a, 71, 73) oder er nimmt sie um die Mitte (Nr. 75, 82); Räuber nehmen sie bei der

1 Im Slowenischen, z. B. bei Grün, 93: („Woher kommt der dichte Nebel'?") „Es ist füi-wahr kein Nebelrauch, das ist nur türki- scher Rosse Hauch." Vgl. Stank o Vraz, 12, 51; Janezic, Nr. 1 ii. a. Viel häufiger im Serbischen, z. B. der Anfang des Klaggesanges von' der edlen Frauen des Asan Aga, nach einem längerem Bilde: „Ist kein Schnee nicht, es sind keine Schwäne, 's ist der Glanz der Zelten Asan Agas" u. a. In deutscheu Volksliedern seltener, z. B. Uhland, Nr. 21 A: (Drei vöglein wolgestalt) „So sind es nit drei vöglein, es sind di-ei frewlin fein", oder bei H offmann, 187: „Es gehet ein Storch auf jener Wiesen, Es ist kein Storch, es ist mein Lieb."

- Von den deutschen Parallelen gebe ich auf den nachstehen- den Seiten natürhch nur wenige Beispiele. Gerade bei dem oben er- wähnten typischen Zwiegespräch wüi-de der Nachweis aller Parallelen ganze Blätter füllen. Es steht in einigen deutschen Liedern vom todten Freier (Erks Liederhort, Nr. 197 f.), in den Liedern vom geschwätzigen Gesellen (Simrock. Nr. 47; Uhland, Nr. 107; Böhme, Nr. 75 f.); in den Liedern vom unrechten Liebhaber (Simrock, Nr. 183; Uhland, Nr. 85; Hoff mann. Nr. 57V vgl. auch Simrock, Nr. 134; Grimms Märchen. Nr. 38 u. a.

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weiUeii Hand und t'ilhrrii sie in den fiiistcru Widd (Nr. ()S).' Am Ziele angelangt, breitet der Entführer «einen Mantel aus und setzt das Mädchen drauf (Nr. 70, 70 a).- Häulig ist auch die Redewendung: „Er hat das Wort kaum aus- geredet, da u. s. w. (Nr. 63, 79, 98, 124 u. a.)'^ Der Sterbende im Liede Nr. 37 sagt: „Dort im grünen Garten, will ich euch alle warten." Diese ßeimbindung ist so typisch, dass sie mitten in dem nicht gereimten, mundartlichen Liede mit dem hochdeutschen Vocal rt, statt des Gottscheerischen ?u, gesungen wird. Der grüne Garten bedeutet hier: Fried- hof. Der Rosengarten erscheint in der Bedeutung : Himmel in Nr. 5 7, 9, 43, als gewöhnlicher Hausgarten Nr. 55 und 62.'^ Typisch ist endlich die Wendung: Wer ihn will haben, der wird ihn versorgen (Nr. 28, 41, 45, 47).

1 So und älmlich iu vielen deutscheu Ent.liUu'iings])alladen. Böhm e, Nr. 436 ; H r u s c li k a und T o i s c h e r, Nr. 1 19 ; hi nielu'eren Fassimgen der Nummern 41, 4'2 and 70b in Erks Liederliort; bei Uhland, Nr. 88, 252A, 330 u. a. ; Mittler, Nr. 6, 220, 1012, 14(i2 n. a.. vgl. Zeitschrift für deutsches Alterthum 29, 139. Die letzt- erwähnte Formel meist bei Entführmigen mit böser Absicht.

^ In den meisten Enttührungsballaden, so fast in allen Fassungen der Nummern 41,42 und 71, auJBerdem in Nr. 34 in Erks Liederhort. Der Mantel gilt als so selbstverständlich bei der Verfährimg im Freien, dass in einem alten Liede (Uhland, Nr. 106) ein Jüngling nur des- halb seine Absicht nicht erreicht, weil er zu sparsam ist, um seinen neuen, theuren Mantel auf das Grras zu legen. Seiner S})arsandveit verdankt die Jungfrau die Erhaltung ihrer Ehre.

3 Vgl. Erks Liederhort, Nr. 42 c; Hoff mann, Nr. 25; Peter. 209. Auch siebenbürgisch, so im Sieb enbürgischen Correspon- denzblatt, 9, 64, bei Witstock, Sagen imd Lieder aus dem Nösner Gelände, 13. Slowenisch bei Stanko Vraz, 23.

* Eine der häufigsten volksthümlichen Grabscluiften ist: Hier lieg ich im Rosengarten, Und thu auf Vater und Mutter warten (Hör mann. Grabinschriften und Marterln, 1, 4 f., 10, 14; 2, 22 f. ; Wilibald Müller, 426; Hruschka mid Toischer, 94). tjber Rosengarten = Friedhof, vgl. ekel, XVIIL Ähnliche Rehni)aare. wobei aber Rosengarten nur einen Ort der Freude bedeutet, finden wir oft in Volksliedern, so Mittler. Nr. 903; Peter, 237; Lewalter, 1. 17; Simrock, Nr. 166; Seidl, Almer, 3, 81; bei den Deutscluuigarn, W i e n e r S i t z u n g s b e r i c h t e, 27, 197 ; U h 1 a n d, Nr. 154, auch Nr. 52

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St'.lir utl wird in den Guttsclifcr liicilcru di<' Frisl- liostininiiing von sieben Jahren g-ewöhnlicli nocli mit. einer kurzen Nrichlrist angegeben. Das Volkslied liebt ungerade Zahlen, ilie als glückbringend betrachtet werden. Neben der Zahl 3 ist es besonders die Zahl 7, die auch nach biblischem Vorbilde sehr beliebt ist. Sieben Jahre und drei Tage bleibt die Meererin in der Fremde (Nr. 47 f., nur sieben Jahre in Nr. 46). Sieben -Jahre und drei Tage bleibt der Bräutigam aus (Nr. 55, drei Jahre in Nr. 55 a) und ebensolang braucht das Liebchen des todten Freiers, um vom Friedhofe heimzuhnden (Nr. 54). Sieben Jahre und sieben Tage spielt der Geiger vor dem Höllenthor (Nr. 96), die gleiche Zeit bleibt der heilige Alexius dem Vaterhause fern (Nr. 25. der Legende nach 17 Jalire), sieben Jahre und sieben Tage bleiben Soldaten im Heere (Nr. 52, 58, sieben Jahre in Nr. 50 f., 57 und 77). Die ältere militärische Dienstzeit betrug 12 Jahre, doch die typische Zahl sieben fordert im Volksliede ihr Recht. (Vgl. noch Nr. 19 und 99.) Sieben Jahre vergehen der Verbannten so rasch wie sieben Tage (Nr. 46). '

Wie die alten deutschen Volksheder, so haben auch Gottscheer Lieder häufig ein scheinbar überflüssiges e s ein- geschoben. Z.B. f (/cau ,)s ali'ni^ Ich gehe dahin; ds ischt .)S et dr präcli ashö^ Es ist nicht der Brauch so ; i timi o.s, l'ühr, bocJw, ich thue. Lieber, wachen u. a. Im Deutschen

u. a. Rosengarten für Himmel häufig, so Simrock. Nr. 66; Peter, 349. Vgl. noch das Deutsche Wo ]-terbucli, 8. 1197; Perger, Pflanzen- sagen, 233; TJhland, Schriften, 3, 439; Germania, 26, 70 fF.

1 Jakob Grimm, Rechtsalterthümer, 213 f.; Buckel, CL. In emigen Fassungen des Lenorenliedes bleibt der todte Freier 7'/2 Jahre weg. Viele deutsche Volkslieder erzählen von siebenjährigen Wer- bungen (Böhme, Nr. .50; Mittler, Nr. 133, 170, 190. 212. sieben Jahre imd drei Tage, Böhme, Nr. 92 a; Herr mann mid Pogatschnigg Salonausgabe, 49; sieben .Jahre imd drei Wochen, Hoffmann. Nr. 2: also wie Jakob um Rachel). Sieben .Jahre luid einen Tag dauert die Liebe. Böhme, Nr. 433. Siebenjähriger Dienst bei Hoff mann, Nr. 109 (ebenda, wie oben: Die sieben Jahre dünkten ihm Avie sieben Tage^ u. V. a. Slowenisch, 7'/!.jährige Frist bei Stanko Vra/.. 159, 169: J a n e z i c, Nr. 51 .

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Wörtcrbuelic, '6^ lÜibl'., liiuicii wir luelircro älmUclic Stellen aus deutsulien Vulksliedern beigebracht und die aniielmi- bare Vermuthung ausgesprochen, dass dieses e s für älteres sich eingetreten sei.

Über die Metrik der (jrottscheer Lieder sei nur das Wichtigste erwähnt. Die neueren Lieder haben den metri- schen Bau, wie er aus der Fremde kam, unverändert bei- behalten ; die alten Lieder haben auch in diesem Punkte ihre Eigenthümlichkeiten. Der Vers der alten Lieder hat immer vier Hebungen. Die Senkung ist frei, sie kann ein- bis dreisilbig sein oder (allerdings sehr selten) ganz felilen. Der Rhythmus ist fast ausnahmslos jambisch, fast jeder Vers hat einen einsilbigen (seltener zweisilbigen) Auftakt. Die Zahl der Silben in den einzelnen Versen kann also sehr verschieden sein. Es ergeben sich wiederholt bedeutende metrische Unebenheiten, die aber nur eine akademische Bedeutung haben, da die Lieder niemals gesprochen, son- dern nur gesungen werden und die Melodie alle Uneben- heiten des Textes ausgleicht. Der musikalische Rhythmus bleibt sich im ganzen Liede gleich und ihm müssen sich die Worte unterordnen. Ob nun die Melodien einen geraden oder einen ungeraden Takt haben, in der liegel kommt auf einen Takt eine Hebung -j- Senkung. Also ein ^/4, ^/4 oder =^/8 Takt entspricht einem VersfuÜ. Hat die Melodie -^ji Takte (also '^ii -\- 2/4) oder "/s Takt (gleich =^8 -j- ^/s), so kommen natürlich zwei Hebungen auf einen Takt, das ist ja nur eine äußerliche Verschiedenheit der Bezeichnung. Dem me- trischen Auftakt des Verses entspricht auch in der Regel ein Auftakt in der Melodie. Da zwei Silben auf eine Note oder umgekehrt eine Silbe auf zwei Noten gesungen wer- den, da auch silbenbildendes 1, m, r u. s. w. ohne Vocal einer Note ents])rechen, so können natürUch Verse von verschieden viel Silben die gleiche Melodie haben, wenn nur die Zahl der Hebungen dieselbe bleibt. Der Ausgang ist verschieden, stumpf also mit der Heilung auf der letzten Silbe, oder klingend mit der Hebung auf der vorletzten Silbe.

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Die, ( lottsclietT luiNeii ferner ciiK' llcihe von Hilfs- inittcln, Ulli A'^erse mit zu wenig Hebungen der Melodie an- zupassen. Silben, die in der Unigangsjirache abgestoiien werden, singt man mit vollem Vocal ; unorganisches r wird angefügt, wenn es die Melodie erfordert, z. B. sliim,)^ nioar.i, für >iln'(>i, nioar (in Nr. 45); ilf/i oder (/c/io wird in die Wörter eingeschoben oder ihnen angefügt, namentlich dann, wenn der gleiche Vers wiederholt wird, der zweite Tlieil der Melodie aber mehr Noten enthält, als der erste (z.B. Marthic- dclio in Nr. 18, vgl. auch Nr. 64). Den gleichen Zweck er- füllen Flickwörter, wie >?«, nar, lai, hol und wohl auch das oben erwähnte ds.

Die Strophen sind in der Regel zwei- oder dreizeilig, entsprechend den zwei- oder dreitheiligen Melodien. Alle Strophen eines Liedes sind einander gleich gebaut und werden nach der gleichen Melodie gesungen. Das Durch- componieren der Texte ist ja dem Volksgesange immer fremd gewesen. Die zweizeilige Strophe besteht entweder aus der Wiederholung des einen Verses oder aus einem Vers und dem gleichlangen Refrain oder (seltener) aus zwei verschiedenen Versen. Die dreizeilige Strophe besteht aus der Wiederholung des einen Verses und dem Kehrreim, oder aus zwei verschiedenen Versen und dem Kehrreim, oder (seltener) aus dem einen Vers und aus dem zweimal ge- sungenen Kehrreim, immer vorausgesetzt, dass der Kehr- reim einen ganzen Vers füllt. Keines der älteren Lieder hat mehr als dreizeilige Strophen. Wenn sich in einzelnen Liedern der Text wegen der regelmäiiigen Wiederkehr be- stimmter Wendungen zu Strophen von vier und mehr Zeilen gliedern lässt, so ist diese Eintheilung ganz unabhängig von der eigentlichen auf der Melodie beruhenden zwei- oder dreitheiligen Strophe (z.B. 6, 118, 120, 133). Der Text bekümmert sich wenig um die Strophengliederung. Es ist also nicht mit der Strophe zugleich der Gedanke abge- schlossen; auch der Satz kann von Strophe zu Strophe weiter gehen. Da in jeder Strophe der Inhalt ja meist nur um einen Vers weiterkommt, so ist es nicht gut anders

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möglicli. Lii LJoflcrn, für die uns die Melinlie uirJit üliei'- liefert ist, köimen wir die Stropliengliederun^!^ aus dein Texte allein gar nicht erkennen. Wenn ein Tlieil eines Verses im nachfolgenden Verse wiederholt wird, dann ver- meidet es der Sänger an solchen Stellen, jenen Vers zwei- mal zu setzen und geht gleich zum nächsten Vers über iz. B. Nr. 29, 45, 5«, V>5, 119 u. a.)'

Der Kehrreim steht bei sehr vielen (lottscheer Liedern. Er ist ja von jeher ein Kennzeichen des Volksgesanges, Ursprünglich und zum Theile noch heute ist der Kehrreim für den Chor berechnet, der dadurch den Vortrag des Vor- sängers unterbricht. Wie anderwärts, so ist er auch in Gott- schee sehr mannigfaltig. Er besteht zuweilen nur aus wenigen Lauten der Empfindung : Jo. J<>, o(\ev Anbr. Aithe, und wird jedem oder jedem zweiten Vers angefügt und hat dann keine Bedeutung für den Str()])lienbau. Meist aber füllt er einen ganzen Vers und einen ganzen Abschnitt der Melodie und beschlieÜt jede Strophe. Auch dann besteht er zuweilen nur aus sinnlosen Rufen: Hdi didl dal a (Nr. 56) und kann in verschiedenen Fassungen des gleichen Liedes oft sehr verschieden sein. Z.B. im Liede Nr. 120 entweder: Tntlhidi mdi nilla/a, oder 7%/V h'inrpa, tünipa, tunip (ähnlich Nr. 108j. In den Legenden und geistlichen lÄedern besteht der Kehr- reim gewöhnlich aus einer Anrufung Jesu oder Maria oder des betreffenden Heihgen. Auch im Kehrreim der welt- lichen Lieder wird gerne dei- Name des Helden genannt. .,T)ai srJicdii.). (Uli jiiHfi.) iticrariii" (Nr. 46 50) oder .,«/, ai, Xmshlzlr" (Nr. 114). Knger hängt er mit dem Text zu- sammen, wenn er aus einer immer wiederkehrenden Frage besteht (Nr. 118) oder aus einigen Worten, die die Stimmung des ganzen Liedes bezeichnen. Z. B. Ar schpringdt wif tonzi)l ind hischplt s/iö scheaii (Nr. 119) oder: (> du Jo)if/ai rohilof, da kiirnai harlt (Nr. 122).

1 Ähiiliche.s auch im deutschen X'olkslicde. /. B. Hoffinauu, Nr. 5. Der zweite Vers jetler Strophe wird wiederliolt. In Stroplie 10 und 11 nicht, weil der dritte Vers ohueliin schon einen Tlieil des zweiten wiederholt.

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W;is Insher aus der Metrik der Uottsclieer erörtert würfle, findet sich in der Hauptsache ebenso in den all- gemein deutschen Volksliedern,' so die Freiheit der Sen- kungen, der jambische Bhythmus, der Kehrreim. Auch ähn- liche Nachhilfen, um Melodie und Worte einander anzu- passen, finden wir z. B. bei den schlesischen und deutsch- böhmischen Liedern.^ Von der zwei- und drei/eiligen Strophenform allerdings macht der heutige Volksgesang nur selten Gebrauch und das nur in sehr alten Liedern. Die Siebenbürger Sachsen haben in ihren alten Liedern auch zumeist zwei- oder dreizeilige Strophen, Was aber das (xottscheer Lied von allen übrigen auf das auffälligste unterscheidet, das ist seine völlige Reiml o si gkei t. Die deutschen Volkslieder haben zu allen Zeiten den Endreim. Freilich wird er nicht immer rein und consequent ange- wendet. Vielfach sind es nur Assonanzen oder nur eine Übereinstimmung der Oonsonanten ihin:geh'n, grün : schön, tmg : tag u. s. w.), vielfach Eeime, die nur in der ursprüng- lichen Mundart des betreffenden Liedes rein waren. Ge- paarte und gekreuzte Reimbindungen stehen regellos neben- einander, vielfach sind Verse, ja ganze Strophen ohne Reim. Im ganzen aber sind alle deutschen Volkslieder gereimt. Die alten Gottscheer Volkslieder hingegen haben weder Reim noch Assonanz, noch überhaupt den geringsten Ansatz dazu. Eine Ausnahme bildet nur in einzelnen Liedern die Schlussformel :

Ich bin dein, du bist mein,

Das kann und mag niclit anders sein.

Aber auch hier wird der Reim nicht als nothwendig oder erwünscht empfunden, denn eine Variante zu Nr. 110 weicht ohneweiters davon ab und setzt als zweiten Vers:

1 Vgl. Paul, im Grundriss der germanischen Philologie. 2, 1. 1H4 ff.; Böhme, XXVI f.; Stolte, Metrische Studien über das deutsche Volkslied. Creteld 1882. Eine Metrik des deutschen Volksliedes fehlt uns noch.

- Triebsen, dusen für trieb, du u. s.w. ( H r u s c li k a und T o i s c li e r. I2i); Hoffmann. ?»1 : Peter. 2801.

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„Das andre helt' uns (Ic^tt." Und aucli in .sdirittdeutsclien gereimten Liedern, die s])äter in Gottschee aufgenommen wurden, wird der Reim nach und nach olme ersichtlichen Grund fallen gelassen (z. B. Nr. 42). Nur in wenigen jüngeren Liedern (Nr. 107, 120) finden wir numdartliche Reime.

Wie mag nun die Reimlosigkeit der Gottscheer Lieder erklärt werden? Wir dürfen nicht annehmen, dass sie ein alterthümlicher Zug sei und (Uiss die Gottscheer in der Mitte des 14, Jahrhunderts einige alte reimlose Lieder mitgebracht hätten. Denn das deutsche Volkslied zeigt, soweit wir es zu- rück verfolgen können, also schon im 12. Jahrhundert den Endreim, und auch die Siebenbürger Sachsen, die schon in der Mitte des 12. .lahrhunderts ausgewandert sind, haben nur gereimte Volkslieder. Von den südlawischen Nachbarn können die Gottscheer diese Ligenthümlichkeit auch nicht angenommen haben, denn die Lieder der Südslawen sind ebenfalls gereimt. Auch die besonderen Lieder der öster- reichischen iMjienwelt haben durchwegs den Reim, der ja z. B. im Schnaderhüpfel ganz unentbehrlich ist, weil hier die Pointe oft gerade im Reimwort liegt. Zwei andere Gründe aber dürfen für die Reimlosigkeit der Gottscheer Lieder an- genommen werden. fJer erste liegt darin, dass die Vocale in der Gottscheer Mundart einer starken Veränderung gegen- über dem übrigen (oberdeutschen ausgesetzt sind. Viele Reime der deutschen Lieder wurden in der Gottscheer Mundart alsbald nicht mehr als Reime em])funden, und so wurden mit diesen auch die übrigen dui'ch die Mundart nicht beirrten vereinzelten Reime fallen gelassen. Der zweite Grund dürfte in der Vortragsweise liegen. In den meisten Liedern wird jeder Vers wiederholt, dann folgt der Kehr- reim und erst danach der nächste Vers. Bei dem langsamen Vortrage vergeht so von einem Reimwort bis zum anderen eine so lange Zeit, dass der Reim nicht inehr gefühlt wird. Es fehlte also vollständig das Bedürfnis danach und so wnvde der Reim allmählich fallen gelassen.

über die Melodien der Gottscheer Lieder wnrde schon einiges erwähnt. Sie haben |.i oder '74 Takt nwd lic-

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stehen aus zwei oder drei Absätzen. J)ie eine kurze Melodie bleibt für alle Strophen glei(;h, höchstens dass ein Viertel in zwei Achtel umgeändert wird, wenn es der Text fordert. Die Lieder werden oft von einem Sänger allein, so wie die meisten unten mitgetlieilt sintl, gesungen. Sobald zwei Sänger die Fjieder vortragen, singen sie nicht ein-, sondern zweistimmig. Die zweite Stimme, die von jedem leicht ge- troffen wird, bildet gewöhnlich die Terz zur ersten Stimme, beim Abschluss die Sext, seltener die Quint. Als Beispiel zweistimmigen Gesanges sind Nr. 4, 11, 44, 59, 111, 115 u. a. mitgetheüt worden. Ebenso werden anderwärts zweistimmige Volkslieder gesungen.' Nur die jüngeren Gottscheer Lieder haben die gleichen oder ähnliche Melodien, wie ihre deut- schen Parallelen (Nr. 4 entspricht Ditfurth 1, 52 ; Nr. 55 a ist gleich Hoffmann, Nr.22; Nr. 79 gleich Hoffmann, Nr.Si; Nr. 125 gleich Tschischka und Schottky, 60).

Die Melodien geistlicher Lieder sind durch liturgische G-esänge beeinflusst (z. B. Nr. 36, 43 u. a.). Die alten Lieder haben andere Melodien, als die deutschen Parallelen und, wie mir scheint, auch alterthümlichere ; doch muss das Ur- theil darüber Faclilenten überlassen werden. Das Zeitmaü des Vortrages ist immer langsam. Feierlich und gleichförmig- ruhig werden die "Weisen gesungen. Nur scherzhafte Lieder, wie z.B. Nr. 114 werden in rascherem Tempo vorgetragen.

Wie bereits erwähnt wurde, stammen mehrere Gott- scheer Balladen und Ijieder, etwa zwanzig, also wohl ein Zehntel des gesammten Liedergutes, aus dem Südslawi- schen. Es sind die Nummern : 26, 45, 63, 65, 74, 75, 77, 80 f., 90, 92, 96—101, 121, 123 (66, 94. 108). Die meisten davon sind aus dem Slowenischen frei übertragen, andere sind in einzelnen Motiven mit kroatischen oder serbischen Volksliedern näher verwandt.^ Haben Slowenen und Gottscheer ein Lied gemeinsam, so ist der slawische

^ Vgl. z. B. die zAveistiinniigeii Melodien zu den friinkischen Volksliedern bei Ditfurth.

- Den besonderen Nachweis liefere ich in den Annicikimgen bei den einzelnen Liedern.

löO

Ursprung nur dnnn erwiesen, wenn rlas betreff ende Ijied in Deutscliland unbekannt ist und seiner äußeren und inneren Form nach einen südslawischen (Charakter zeigt. Denn es kommt ja auch das Umgekehrte vor, dass ein aus- gesprochen deutsches Lied der Gottscheer v(^n den Slo- wenen übernommen wurde. Bei dem starken Verkehr der (xottscheer mit ihren sie rings umlagernden südslawischen Nachbarn ist es sehr begreiflich, dass sie auch Lieder und Sagen von ihnen erlernt haben. Die Volkspoesie wandert an den Grenzen von Ländern und Stämmen unansgesetzt hin- über und herüber. Die Wenden und die Czechen singen viele deutsche Balladen, die Siebenbürger Sachsen erzählen wal- lachische Märchen, die Volkspoesie der Magyaren ist ganz durchwoben von slawischen Fäden. Man bedenke die beson- deren Verhältnisse der Gottscheer. Der Mann kam nach langer Abwesenheit von seiner Wanderschaft heim und sang den Seinen die Lieder vor, die er in der Fremde gehört hatte. Da musste es die zu Hause verbliebene Frau auch verlocken, ihm mit neu erlernten Liedern zu antworten. Wo anders sollte sie diese hernehmen, als von den slowenischen und kroatischen Nachbarn. Die Südslawen sind bekanntlich überaus reich an Volksliedern und es ist eher erstaunlich, dass die Gottscheer nur so wenig davon aufgenommen haben. Ein Beweis mehr, dass sie schon früh eine Fülle deutscher Volkslieder besessen liaben, die fremdes Gut nicht recht aufkommen ließen.

Die Gottscheer haben die slowenischen Lieder nicht einfach übersetzt, sondern völlig überarbeitet. Schon in der äußeren Form. Die slowenischen Lieder haben im Gegen- satze zu den deutschen in der Regel trochäischen Rhythmus oder das Versmaß :

Ferner meist Endreim oder Assonanz, und zwar ])aar- weise. Ein Kehrreim ist selten. Die Gottscheer haben nun auch die slowenischen Lieder in ihre oben geschilderte äußere Form gekleidet, erzählen den Inhalt mit den typi- schen Gottscheer Formeln, eröffnen iiud schließen diese

lei

Lieder mit ihren auch sonst üblichen Eingangs- und Schluss- versen. Auch im Inhalte wird manches anders gewendet imd zuweilen ein frommer oder tragischer Abschluss den weltlich und heiter sclilieiJenden Liedern der Slowenen angefügt (z. B. Nr. 63, 81).

Ein aus dem Slowenischen stammendes Gottscheer Lied, Nr. 98, hat auch den slowenischen Kehrreim bei- behalten: Marc, bog pomagaj! „Mare, Gott helf uns!" So seltsam dies sein mag, es steht nicht ohne Beispiel da. Auch ein bekanntes deutsches historisches Lied, das „von den krainerischen Bauern" (Uhland, Nr. 186; Liliencron, Die historischen Volkslieder der Deutschen, 3, 188), hat einen slowenischen Kehrreim: stara pravda, „Das alte Recht", und: le vkuj), le vkup vboga gmaina, „Nur zusammen, nur zusammen, arme Gemeinde."^ Das Lied erzählt ein Ereignis aus dem Aufstande der windischen Bauern vom Jahre 1515.^ Der deutsche Sänger benützt die slowenischen Kriegsrufe der Bauern als Kehrreim. Ge- mischt Deutsch und Slowenisch ist ferner unser Lied Nr. 140, dann eine Reihe von kärntischen Vierzeilern (Scheinigg, Nr. 17, 573 und S. 115) und ein Laibacher Kinderreim, bei dem die deutschen Wörter eine Übersetzung der sloweni- schen geben.

Miza, Tisch,

Riba, Fiscli,

Kasa, Brein (Bi-ei),

Lustig sein.'^

Fremdsprachige Verse oder Kehrreime in deutschen Volksliedern sind auch sonst keine seltene Erscheinung. Lateinisch-deutsch sind viele Nummern der Carmina burana, alte geistKche Volkslieder und Trinklieder. In modernen

1 Nicht: „insFeuer, Gemeinde", wie Liliencron falsch übersetzt.

2 Liliencron setzt das Ereignis in das Jahr 1516, was schon von Franz Martin Mayer im Archiv für österreichische Geschichte, G5, 101, berichtigt wurde.

3 Mit dem Schlussvers „Milch muss sein", „Mein muss sein" oder „Lass mi sein" wird dieser Eanderreim auch in Kärnten ge- sungen (Pogatschnigg und Herrmann, 2, 7; Scheinigg, Nr 669).

Hirn u. Wackornell, Quollen u. Forsclumgon. 111. H

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Volksliedern finden wir wiederholt französischen Kehrreim, so natürlich im Elsass (Mündel, Nr. 169), aber auch ander- wärts (Ditfurth, 2, Nr. 56). OstpreiijBische Kinderreime zeigen oft polnische Zeilen n. s. w.^

Es sei nebenbei bemerkt, dass die Slowenen in ihren Volksliederschatz auch manches von deutschem Gut auf- genommen haben. Sie singen die deutschen Balladen vom ausgesetzten Kinde (vgl. die Anmerkungen zu Nr. 79), von der Liebesprobe (vgl. zu Nr. 55), vom schwatzhaften Ge- sellen (Stanko Vraz, 121; Simrock, Nr. 47), von der Warnung der Jungfrau (unten zu Nr. 121), vom Grafen Friedrich (Janezic, Nr. 1), sie singen femer vierzeilige Vize, die in Inhalt und Form ganz den deutschen Schnader- hüpfeln gleichen,^ endlich sind ihre Lieder ganz durchsetzt von deutschen Wörtern und Redewendungen.

Eine vierte Gruppe der Gottscheer Lieder bilden jene, die erst in letzter Zeit aus Deutschland in die Sprachinsel gekommen sind. Dazu gehören die Nummern 42 f., 82-85,87-89, 102, 116f., 125, 127—129, 132, 136-138. Sie sind daran zu erkennen, dass sie alle die besonderen Eigenthümlichkeiten der alten Gottscheer Lieder in Metrum und Stil nicht theilen. Sie sind ganz oder zum Theil Schriftdeutsch, sie haben schriftdeutsche Reime, verschiedene längere Strophenformen, und es fehlen ihnen die tj^pischen Formeln. Je später die Lieder ins Land kamen, desto leichter haben sie sich dem Einflüsse der älteren Lieder und dem Zwange der typischen Formulierung entzogen. Einige von den jüngsten stimmen wörtlich mit den deut- schen Parallelen überein (so z. B. Nr. 127, 138). Sie werden zumeist von dem männlichen Theile der Bevölkerung in der Form gesungen, in der sie aus der Fremde gekommen sind. Gelegentlich findet man auch in älteren Liedern Ausdrücke

1 Vgl. Frischbier, Preußische Volksreirae mid Volksspiele, Nachlese, Königsberg 1892. - Auch in englischen Weihnachtsliedern kommen französische Verse und der Ruf Noi'l vor. Vgl. Weinhold. Weihnachtsspiele und Lieder, 398.

2 A. Grün, XV f., 140 f.

die uiigottsclieeriscli sind, so in Nr. 47 .z.iftih (zurück) für hintrshkh, oder ringle (Ring) für whigrle. Die Sängerinnen bemühen sich nämlich gerade, wenn sie einem Aufzeichner vorsingen, hochdeutsche Wörter anzubringen, um sich so verständlicher zu machen.^

Zu den jüngeren Liedern gehören auch die Ketten- sprüche Nr. 127—132. Sie sind (vielleicht außer Nr. 130) deutschen Ursprunges, zum Theil in die Mundart übertragen, sonst aber ihren deutschen Parallelen fast wörtlich gleich geblieben. Auch das oben (S. 72) erwähnte Spottlied auf Martin Luther ist den Kettenspröchen beizuzählen. Viel gesungen werden auch die Kinderlieder, die Lieder zum Auszählen (aüstenBn) bei Kinderspielen u. ä. ; die einen in der Mundart, die andern Schriftdeutsch, weil sie ja zum Theil durch die Schule den Kindern beigebracht werden. Die meisten Nummern sind gereimt und den in andern deutschen Gegenden gesungenen Kinderreimen fast wört- lich gleich, dürften also noch nicht lange im Lande sein. Wahrscheinlich sind durch diese jüngeren Kinderlieder ältere verdrängt worden.

Die Kenntnis und der Gesang alter Lieder scheint in Gottschee im allgemeinen zurückzugehen. Wenigstens sind in der Stadt und in den nördlichen Orten, die dem Verkehre stärker ausgesetzt sind, so in Mitterdorf, wenig alte Lieder mehr bekannt. Sie erhielten sich am besten im Unter- land (Nesselthal, Lichtenbach, Kummersdorf) und im Hinter- land (ßieg u. s. w.). Die Frauen sind viel liederkundiger als die Männer, besonders die alten Frauen. Nicht als ob die jungen Mädchen die Lieder nicht wüssten, aber es fehlt ihnen die Ruhe und Geduld, sich beim Gesänge auf das ganze Lied zu besinnen. (Wie kurz ist z. B. Nr. 49, die Fassung der Meererinballade, die von einem jungen Mäd- chen herrührt.) Sobald sie alt geworden sind, taucht in

1) Im Jahre 1884 sangen niii* in ßieg zwei Mädchen das Lied Nr. 70 vor. Den Vers 55 sang die eine : / boin as lai um diselhigo tomh. Da schlug sie die andere kräftig auf den Rücken und rief : „diselbigg ist nicht gottscheerisch, dai lia,ig9 muss man sagen."

11*

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Stunden ruliiger Beschaulichkeit der ganze Schatz alter Erinnerungen auf und sie singen, theilweise durch eigene Phantasie dem Gedächtnisse nachhelfend, die Lieder, wie sie sie von ihren Müttern ehedem gehört hatten. Wenn nur die ältesten Frauen liederkundig wären, dann müssteu die deutschen Volkslieder schon vor hundert Jahren r\\s- gestorben sein, denn schon die ersten Sammler haben nur von den ältesten Mütterchen Lieder singen geliört. In ßieg in Obermösel, in Lichtenbach habe ich Frauen und Mäd- chen in mittleren Jahren kennen gelernt, die fünfzig Lieder und mehr singen konnten. In den Sechziger Jahren lebte noch in Rieg ein Dienstmädchen, das sich der Kenntnis von zweihundert Liedern rühmte. Von den Sängerinnen der unten mitgetheilten Lieder sind zwei im Alter von achtzig und sechzig Jahren vor kurzem gestorben; mit ihnen wäre manches alte Lied verloren gegangen, hätte es nicht Herr Lehrer Perz au.fgezeichnet. Mehrere der Lichtenbacher Lieder rühren von den Frauen Gertrud Tschin kel, Ger- trud Wetz, Magdalena Vogrin her und von dem blinden Mädchen Margarete Kump, die ich alle selbst singen hörte. Auch wenn mehrere miteinander singen, bleibt die Weise in der Regel zweistimmig, nur beim Abschluss ist ein Drei- oder Vierklang üblich. Singen Männer mit, so pflegen sie im Brummbass eine tiefere Octave anzuschlagen. Mit merk- würdiger Sicherheit wird immer der richtige Ton getroffen, die Harmonie und Reinheit niemals verletzt. Der AVohl- klang, die feierlich vorgetragene ernste Melodie, die von allen Schöpfungen der Kunstmusik völlig abweicht, erzielen einen erhebenden Eindruck. Diese Fertigkeit ist den Leuten förmlich angeboren, ihre Gesänge gleichen Naturerzeug- nissen. Auch in Bezug auf den Text. Wie oft versichert eine Sängerin, dass sie das Lied gar nicht kenne, dass sie nicht wisse, wie der Inhalt sei. Sobald sie aber zu singen anfängt, löst sich das ganze Lied ohne Stocken und Zaudern von ihren Lippen los. Sie singt scheinbar ganz unbewusst; ihr persönlicher Wille zu singen und Worte aneinander zu fügen, ist gar nicht zu bemerken. Es ist, als ob das Lied von

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selbst ertönen würde. Weichen beim Zusammensingen die Worte der Einzelnen untereinander ab, so entsteht über die Varianten ein heftiger Streit. Dass mehrere Fassungen nebeneinander iln"e Berechtigung haben können, wird ge- leugnet, jede Abweichung gilt als Fehler und niemand gibt nach. Die Varianten sind auch im allgemeinen nicht be- deutend. Weichen zwei Fassungen wesentlich voneinander ab, so stammen sie gewiss aus ganz verschiedenen Gegen- den (z. B. Nr. 28, 44—50, 55, 70, 71). Bei mangelndem Ge- dächtnisse wird ein Lied in Prosa aufgelöst zur Sage, ein Beispiel hiefür ist Nr. 25.^

Gemeinsamer Gesang lindet statt im Winter bei länd- lichen Arbeiten, beim RübenstoÜen, beim Spinnen, beim Lesen von Erbsen und Linsen, beim Auslösen der Mais- kömer u. s. w. Im Sommer und Herbst bei der Feldarbeit, des Abends in der DorfstraJie. Am bekanntesten sind noch heute in allen Theilen der Sprachinsel die verschiedenen Fassungen der Meererinballade. Sehr beliebt ist das Neck- lied Nr. 120, das auch in der Stadt vielfach gesungen wird. Die Behauptung einzelner Rieger Burschen, sie hätten es vor mehreren Jahren gemeinsam gedichtet, enthält insoweit ein Fünkchen Wahrheit, als das Lied seiner mundartlichen Reime wegen gewiss in neuerer Zeit in der Sprachinsel entstanden ist. Durch die Gottscheer Hausierer und durch fremde Arbeiter wurden in den letzten Jahren viele be- kannte Kärntner und Steirer Lieder, sowie Erzeugnisse der Wiener „Volkssänger" ins Land gebracht, wo sie eifrige Pflege finden.

Localpatriotismus war den Gottscheern vor wenigen Jahrzehnten noch ganz fremd; das Landvolk war sich früher auch seiner Zusammengehörigkeit mit dem deutschen Volke kaum bewusst. Das ist jetzt alles glücklicherweise anders ge- worden, und nach dem Erwachen des freudigen Stolzes über ihre Heimat und ihre deutsche Abstammung bedurften sie auch eines besonderen vaterländischen Liedes. In ihrem alten

1 Das gieiclie berichtet Müllenlioff von Schleswig-Holstein, XXX f.

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Volksliederschatze fehlt jeder localpatriotische Zug, aber ein Lied, das Professor Obergföll nach der Weise des deut- schen "Weiheliedes verfasst hat, füllte diese Lücke voll- ständig aus. Die „Gottscheer Hymne" ist thatsächlich zum Volkslied geworden. Auch der einfachste Mann kennt sie; überall wo Gottscheer fröhlichen Herzens oder in ge- hobener Stimmung beisammen sitzen, in der Heimat oder in der Fremde, wird sie angestimmt. Die Hymne lautet:

Wahlspruch: Tief unten :ius dei- Wendenmark. Da schallt, uns frohe Kunde : Ein deutscher Volksstainm, kühn und stark, Reicht euch die Hand zum Bundu I

1. Vom Rinnsequell zum Kulpastraud Soll unser Lied ertönen;

Hoch lebe das Gottsclieerland, Hoch seinen deutschen Söhnen!

2. Uralt ist unsres Stammes Ruhm, Wie unsrer Wälder Eichen ;

Gott scliirm dich, deutsches Herzogthum, Steh fest, magst nimmer weichen!

3. Osmanenblut, Franzosenblut Hat unser Land gefärbet,

Den unverdross'nen deutschen Muth, Den haben wir ererbet.

4. Ob auch manch feiger Feindeswicht Uns lästern mag und hassen,

Wh' werden deutsche Sitte nicht Und deutsche Art nicht lassen.

5. Drum, Brüder, schUeßet fest den Bund Für unsre deutsche Sache !

Wir schwören es mit Hand und Mund, Zu halten treue Wache!

6. Erhebet euch in voller Schar, Ruft, dass es wiederhalle: „Hoch lebe Ostreichs Doppelaar, Hoch Habsburg!" es erschalle.

7. Drum, Brüder, reicht die Hand zum Bund, Die Gläser füllt zum Rande,

Lasst schallen es von Mund zu Mund: „Hoch dem Gottscheerlande !"

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SjJäter wurde dem großen Gottscheer "Wohltliäier Juhaun S t a m p f 1 (vgl. oben S. 46) zu Ehren eine Strophe hinzu- gefügt :

Und uochmals schenkt die Gläser voll !

„Heil Stampfl!'' lasst uns singen.

Dem Besten der Gottscheer soll

Ein donnernd Hoch erklingen!

Und die in Amerika lebenden Gottscheer singen das Lied mit der neuen Schlusstrophe :

Wir wollen ja nicht bleiben hier, Wir wollen heim noch kehren, Wir lieben das Gottscheerland, Wir halten's hoch in Elu-en.

Ja, die dritte Strophe des Liedes wurde sogar von den Siebenbürger Sachsen nachgeahmt. Im Festsaale des Schützenhauses bei Kronstadt lautet einer der "Wandsprüche :

Osmanenblut, Magyarenblut

Hat unser Land gefärbet,

Den echten, treuen, deutschen Muth,

Den haben wir ererbet.

Ich erwähne dies als ein ganz junges Beispiel dafür, dass neue volksthümliche Lieder ähnliche Schicksale haben können, wie alte Volkslieder.

EXCURSE.

1. Die Vertretung von Nieraals im Volksliede.

Es ist bekannt, dass die mittelhochdeutschen Dichter das blolBe niht vermieden haben. Sie setzten, um es zu verstärken, ein Bild, einen sinnfälligen Ausdruck hinzu. Sie sagten: niht ein blat, niht ein bast, niht ein strö, ähnlich mit Spreu, Wicke, Tropfen, Ei u. a. Auch in posi- tiver "Wendung: für „nichts" sagten sie „ein Wind, ein Rosenblatt, ein Röselein" (in Italien iiore).^ Wie wir heute noch sagen: „Nicht um Haaresbreite, nicht einen Zoll, der Teufel (für niemand) weiii es" u. a.

Im Volksliede taucht der Gedanke Niemals in ent- scheidenden, gesteigerten Höhepunkten der Handlung auf: beim Abschied, bei der Zurückweisung, der Verfluchung Da erscheint das bloße Wörtchen niemals dem dichten- den und singenden Volke zu schlicht, zu eindruckslos, zu prosaisch und es umschreibt die Negation in poesievoller Weise, bald im Scherz, bald im Ernst, jetzt heiter neckend, dann ergreifend, vernichtend. Statt „das wird niemals ge- schehen", sagt das Volkslied „das wird nicht geschehen, bis . . ." und nun wird ein unmöglicher Vorgang, eine Ver- kehrung des Naturlaufes angesagt, meist aus der Welt der Bäume mid Blumen. In einer deutschböhmischen Ballade klagt ein Jüngling, dem die Geliebte gestorben ist:

Bis der Birnbaum wii'd Aj)fel tragen, Dann soll mein Trauern ein Ende haben.^

1 Jakob Grimm, Deutsche Grammatik, 3, 728 ft'. ; Uhland, Schriften, 3, 320; J. Zingerle, in den Wiener Sitzungsberichten, 39, 414 flf.

^ Hruschka und Toisclier, 91.

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Ein ähnliches Bild in einem schwäbischen Liede :

So weenig as e Bierebaum Eu Apfele kriegt, So weenig haut mai Schetzle Mi aufrichti gliebt.'

Westfälisch: „Bis dass der Birnbaum Kirschen tliät tragen",- Kiihländisch: „Wenn alle Weiden voll Kirschen stehen."^ Zuweilen wird im Liede das verhüllende Bild vom Sprecher selbst erbarmungslos enthüllt und gedeutet.

Mein Schätzlein, mein Kätzlein. DieWeiden tragen kein Kirschen,

0, warte nur ein Jahr, Die Königskerz ist kein Licht,

Und wann die Weiden Kirschen Also kannst du gedenken,

tragen, Dass ich dich nehme nicht.'* So nehm ich dich fürwahr.

In den zahlreichen Abschiedsliedern der Siebenbürger Sachsen ertönt immer wieder die Frage : „Wann werde ich wiederkehren, wann werde ich euch wiedersehen?" und darauf regelmäßig die Antwort: „Bis der Birnbaum rothe Rosen bringt, bis die schwarzen Raben weiße Federn tragen. Ach, rothe Rosen, die bringt er nicht, ach, weiße Federn, die tragen sie nicht." ^ Wie das erste, so ist auch das zweite Bild der Siebenbürger weit verbreitet. In mehreren nordi- schen Balladen wird als Frist der Wiederkehr angegeben: „Bis die Raben weiß werden,"'^ und ähnHch in neugriechischen Liedern: „Bis die Raben zu Tauben werden."'^ Daneben werden auch noch andere unerhörte Dinge vorgebracht, so in einem kuhländischen Abschiedsliede :

Wenn das Feuer den Schnee entzündt, Wenn der Ka-ebs BaumwoU spinnt, Wenn alles Wasser wii'd zu Wein

1 Mittler, Nr. 1129.

- Reiff erscheid, 115, 173.

■* Meinert, 11.

^ Des Knaben Wunderhorn, 2, 789.

5 Schuster, 23, 25 ff., 30, 76 f., 544.

6 U hl and, Schi-iften, 3, 217.

■^ Schmidt, Neugriechische Märchen, 155; Lelekas, 35. Vgl. auch B ö c k e 1, CL.

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Und Berg und Thal zu Edelstein Und ich darüber Herr wex'd' sein. Wii'St du, fem's Mädle, mein eigen sein.'

Am Schluss eines mundartlichen siebenbürgisch-sächsi- schen Liedes stehen zwei schriftdentsche Strophen:

Ach Trauern, ach Träuem, wann wii-st ein Ende haben? Wenn alle Berge sich zusammen werden schlagen.

Uie Berge schlagen sich zusammen nicht, Mei:i Trauern hat ein Ende nicht.-

Oder ähnlich „Bis alle Wasser zusammen gehen" oder „Bis alle Wasser sich verlaufen."^ In dem Gottscheer Liede Nr. 29 sagt der Soldat, er werde heimkommen, bis die Äste einer Lmde in Ogulin und einer Ulme in Reifnitz (zwei weit entfernte Orte) zueinander reichen.

Zueinander reichen werden sie nimmermehr Und zurück komme ich nimmermehr.^

Ahnlich sagt in dem Gottscheer Liede Nr. 86 der Liebende, er werde wiederkommen, bis alle Aste einer Linde zueinander reichen werden. Oder in einer schottischen Ballade: ..Wann Sonn' und Mond auf dem Grün tanzen und das wird nimmer sein",^ oder die bekannte Zeitbestim- mung: „Zu Pfingsten auf dem Eise" und viele andere."

Nun sucht aber in volksthümlichen Liebesliedern der abgewiesene oder abweisende Theil das Bild ins Leben umzusetzen, das Unmögliche möglich zu machen. Das ver-

1 Meinert, 2i<.

^ Schuster, 51.

3 Erks Liederhort, 9H fF.

* Vgl. etwa in P ergers Ptianzensagen, '2H7. Bis der Schatten der Linde von Limm im Argau bis auf die Habsburg reicht, wu-d die Welt untergehen.

5 Uhland, ebenda, 217.

•^ Natürlich kommen ähnüche Umsclu'eibungen auch in anderen Literaturen vor, etwa in Vergils Eklogen, 1, 59 ff. Vergil ahmt ja hier die Volksspraclie nach.

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liülllu Niemals eut^juppt sich claim als Neckerei. So kündigt in einem westfälischen Liede ein Bursche dem Mädchen an, er werde erst wieder kommen,

Wenn's schneiet rotlie Roseu Und regnet kühlen Wein, So lang sollst du mein harren, Herzallerliebste mein.

Nach längerer Abwesenheit kehrt der Jüngling wieder, in den Händen einen Kranz von Rosen und einen Becher Wein, er stolpert und lässt beides fallen,

Da schneiet's rothe Rosen, Da regnet's kühlen Wein.

Das gleiche Bild imd die gleiche Lösung ist im deut- schen Volksliederschatz sehr verbreitet.^ Verwandt ist das ebenfalls weit verbreitete Lied von den „Winterrosen". Ein Mädchen will die Liebe ihres Werbers nicht erwidern, bis er ihr nicht drei Rosen bringt, die zwischen Weihnachten und Ostern erblüht sind. Der Werber lässt sich nun im Winter von einer Malerin kunstvoll drei Rosen malen und gewinnt das Mädchen.-

Durch einen Scherz wird so der angesagte unmögliche Vorgang scheinbar durchgeführt. Doch die Volkslieder be- richten auch, dass das unerwartete Wunder wirklich ge- schieht und das angedrohte Niemals vollends seine Kraft verliert. Das ist der Fall, wenn trockene Stäbe, wenn dürre Bäume wieder grünen. Am bekanntesten ist dieses Wunder in der von vielen Volksliedern erzählten Tannhäuser-Sage. ^ Papst Urban IV. spricht zu Tannhäuser: So wenig der Stab in meiner Hand grünen wii'd, oder: so wenig dieser

1 Reif f er scheid, Nr. 11. Parallelen dazu, ebenda S. 149 f Erks Liederhort, Nr. 454—455, 546, 585 u. a.

'- Hoff mann, Nr. 112. Erks Liederhort, Nr. 151 ff. Das wird nachgeahmt von Baumbach in einem Liede vom Pflaumenbaum, der Äpfel trägt. Mit tragischem Schluss in Heinrich Stillings „Linde". Mittler, Nr. 127.

a Erks Liederhort, 1, ot)-51.

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Stock Rüseu trägt, können deine Sünden vergeben werden. Tannhäuser zielit in den Venusberg zurück. Nach drei Tagen aber beginnt der Stab zu grünen. Das Motiv ist in Legende und Sage uralt. Der alttestamentliche Aaronstab trug Kno- spen und Mandeln, der Stab des heiligen Josef erblühte über Nacht, um ihn vor anderen Jünglingen als Gemahl der heiligen Jungfrau zu bezeichnen.* Die Stäbe der Heiligen Christophorus, Fhigal, Pantaleon, Johannes von Tondern und vieler anderer ergrünten ebenfalls. In der Karl-Sage er- grünen die Lanzen fränkischer Jungfrauen.^ In der Legende „Die drei grünen Zweige" ergrünt das Holz eines Sünders, um die göttliche Verzeihung zu erweisen. '^ Zu PfifPlinglieim bei Ulm erwuchs ein Stab zu einer Ulme, um Luthers Lehre zu bekräftigen.-* In einer schwedischen Sage erlangt ein Nix durch einen grünenden Stab die Versicherung seiner Erlösung.^ Scherzhaft ist das Motiv in einem kärntnischen Schnaderhüpfel verwendet :

I werd di sclion liab'u. Wann die Zaunstecken blüh'n, Wann die Drau aufwärts rinnt, Nacher Hab i di g'schwind.*'

Häutiger wird in Volksliedern das Erblühen dürrer Bäume berichtet. In einer Fassung der Ballade von der schönen Meererin (Nr, 47) zeigt deren Entführer auf einen dürren Kirschbaum und sagt zu ihr: So wenig dieser Baum Laub wird tragen, kehrst du wieder heim zu deinem jungen Sohn. Am nächsten Morgen aber ist der dürre Baum blütenweiJi, da muss er die Meererin heimführen. In Nr. 48 ist es ein alter Baumstamm, der plötzlich Laub trägt; in dem Liede Nr. 67 verflucht eine Mutter ihre vSölme. Sie

1 Erich Schmidt, in Nord und Süd, 1893, 183.

2 Perger, 284.

^ Grimm, Märchen, Anhang: Jünderlegenden Nr. G.

■1 P erger, 317.

^ Grimm, Mythologie •*, 781.

'' Pogatschnigg und Herr mann, ^, 1, 95.

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sollen erst erlöst werden, „bis der dürre Kirschbaum Früchte tragen wird, das aber wird nimmer sein".'

Endlich erscheinen in vielen deutschen Sagen dürre Bäume, die unerwartet in großen Zeiten, um wichtiges Zeugnis abzulegen, wieder ergrünen. -

Eine andere Art der Umschreibung des Niemals tritt ein, wenn die Größe eines Hochgefühles, die Schönheit eines Ortes geschildert werden soll und der Volksdichter außer- stande ist, es zu thun. Moderne Schriftsteller lieben in solchen Fällen das Wörtchen „unbeschreiblich". Die Volks- lieder sagen hingegen: Die Freuden der Liebe z.B. können niemals geschildert werden, und nun folgt eine tyjjische Wendung, die mit mannigfachen Varianten in zahlreichen Liedern wiederkehrt.

Ich wollt, der Himmel war' Papier

Und alle Sternlein schrieben liier,

Sie schrieben wohl mit siebzig Hand', (oder: die liebe lange Nacht),

Und schrieben doch der Lieb' kein End'.

Diese Formel ist uralt und unvergleichlich verbreitet. Sie steht schon im Talmud und im Koran, in späteren jüdischen und in mittellateinischen Schriften, meist für die Größe und Weisheit Gottes, in altfranzösischen und mittel- hochdeutschen Dichtungen zu geistlichen und weltlichen Zwecken verwertet, gewöhnlich in der Fassung: Wenn der Himmel Papier, das Meer Tinte, die Gräser Federn und alle

1 In einem slowenischen Hochzeitsliede nehmen die Eltern von der Tochter Abschied: Wann \virst dn wiederkehren?

K'suha hruska razcvete (Wenn ein dürrer Birnbaum erblüht.

Ondaj nazaj pride. Dann kehrt sie wieder.)

Koritko, 3, 59.

2 So der Birnbaum im Walserfeld, der wieder ergrünen wii'd, wenn Karl der Große aus dem Untersberg kommt, Perger, 272 f., ähnliches ebenda, 276, 287, 294. Dürre Bäume erblühten auch, wenn die Leichnaine Heiliger vorbeigetragen wurden, ebenda, 317 f. Ferner ergrünen Bäume, um für Unschuldige Zeugnis abzulegen, vgl. Bir- linger, 1,819; Vernaleken, 119; Müllenhoff. 140f.; Kuhn, 107; Grimm, Sagen Nr. 204 u. a.

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Menschen Schreiber wären. Wie die deutschen Volks- lieder, so verwenden diese Formel auch neugriechische, südslawische, rumänische, ungarische Volkslieder für die Schilderung der Liebe, des Schmerzes, des Glückes, des Rachegefühles u. s.w., meist mit der Schlusswendung: wenn alle Sterne Schreiber wären. ^ In einer Grottscheer Marien- legende (Nr. 10) nun werden die Freuden des Himmels so angedeutet: Und wenn alle Vögel Schreiber, alle Blätter Papier, alle Gräser Federn und das ganze Meer Tinte wäre, man könnte sie nie zu Ende schildern. Merkwürdigerweise werden nur hier die Vögel als Schreiber bezeichnet.

Die keckste und witzigste Ausmalung des Niemals finden wir in den zahlreichen deutschen Lügenliedern und Lügenmärchen, in den Liedern von den unmöglichen Dingen. Wenn sich z. B. Liebende untereinander necken:

oder: Und soll ich dir von Haberstroh Und soll ich dir die Brücke

Spinnen die feine Seide, schlagen

So musst du mir von Linden- Von einem kleinen Reise,

laub So musst du mii-die Sterne zählen,

Ein neu Paar Kleider schneiden. Die an dem Himmel scheinen.

Damit hängen zusammen die schier unerschwinglichen Aufgaben, die die launenhaften Frauen des Mittelalters von ihren ritterlichen Verehrern verlangten, damit die Märchen von Nirgendheim; denn auch das Schlaraffenland ist in seinem Kerne nur die phantasievolle Ausmalung der Ne- gation Nirgends.-

Es ist nun interessant zu beobachten, wie sich unsere Kunstdichter, vor allem unsere Classiker an Stellen ver- halten, die ein stark betontes Niemals verlangen. Hier

1 Vgl. Reinhold Köhler hi der Zeitschritt: Orient und Occi- dent, 2, 546 und 559; Anton Herr mann in den ethnologischen Mit- theilungen aus Ungarn, 1, 12 1!); Köhler und Herrmann, ebenda, 1, 211—213 und 312—323; Reifferscheid, 174 ff.; C4ustav Meyer, Gö; Krauss, Sitte und Brauch, 130; Alemania, 11, 57; Tobler, 2, 175; Erks Liederhort, Nr. 586, 589.

2 Über die Lügendichtungen des Volkes handelt ausführlich : Uhland, Schriften, 3, 213-240.

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wird eine verstärkte Wirkung nicht durch Umschreibungen, sondern gewöhnlich durch mehrfache Wiederhohmg der Negation erstrebt. Wenige Beispiele dürften ja genügen. Also Gretchens bekanntes Lied in Goethes „Fausf- :

Meine Ruh' ist hin, mein Herz ist schwer, Ich finde sie nimmer und nimmermehr.

Der Tempelherr in Lessings „Nathan", 111,9, versichert:

Allein sie wiedersehen das werd' ich nie ! Nie, nie!

In Schillers „Jungfrau von Orleans" fragt Lionel : „Werd" ich dich wiedersehen?" Johanna erwiedert: „Nie, niemals!" Li der „Braut von Messina", II, 3: „Zu ihr mich bringen? Nimmer, Nimmermehr!" Und gar fünfmalige Wiederholung im „König Lear", V, 3, wo der König zur todten Cordelia spricht :

O, du kehrst nimmer wieder,

Niemals, niemals, niemals, niemals, niemals.

2. Du bist mein, ich bin dein.

Nicht um eine poetische Umschreibung, sondern um eine schHchte, aber ganz fest geprägte Formel handelt es sich bei diesem zweiten Beispiele. Es ist ja bekannt, dass schon Wernher von Tegernsee um 1170 ein Liebeslied niedergeschrieben hat mit dem Eingange: Du bist min, ich bin din. Diese Formel kehrt nun, das ist schon von anderen nachgewiesen worden,' unendlich häufig in der deutschen Volkspoesie wieder. Meist am Schlüsse einer Liebesversicherung als letzter stärkster Ausdruck. Und diese Formel hängt so innig mit dem deutschen Volksleben zu- sammen, dass auch Kunstdichter die enge Gemeinschaft Liebender und das Bewusstsein ihres sicheren Glückes am besten mit dieser volksthümlichen Formel wiedergeben. Und

' Bolte, in der Zeitschrift tur deutsches Alterthum, 34, Ißi ft'. und im Anzeiger, 17, 343; E.M.Meyer, ebenda, 29, 133; Strauch, im Anzeiger, 19, 94; vgl. auch Hauffen, 13.

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so linden wir sie denn vom 12. bis 19. Jahrhundert immer wieder bei den Minnesängern und in der höfischen Epik, bei Hans Sachs und in den Dramen enghscher Komödianten, bei Schiller und Heyse. Endlich in der geistlichen Poesie deutsch und lateinisch für die innige Versenkung in Gott. Aus einer Andeutung in Luthers Tractat von Ehesachen 1530 hat Bolte die Ansicht gewonnen, diese Worte seien eine alte deutsche Rechtsformel bei Verlobimgen gewesen. Ähnlich also wie etwa „das Treten auf den FuH", das in so vielen deutschen Volksliedern erwähnt wird,^ ein alt- deutscher, zum Theile noch heute erhaltener Brauch bei Trauungen ist. Die Ansicht Boltes kann ich bekräftigen durch mehrere Belege aus deutschen Volksliedern, die uns zeigen, dass die "Worte „du bist mein, ich bin dein", von einem oder dem anderen Theil der Liebenden gesprochen als ein Heiratsversprechen galten und bindende Kraft hatten. Mit dieser Formel wird die Unabänderlichkeit und die Unzer- trennbarkeit des geschlossenen Bündnisses ausgedrückt. So lautet der Schluss eines steirischen Liebesgespräches:

Du bist mein. Ich bin dein, Hochzeit soll sein.

Der Schluss eines hessischen Volksliedes :

Du bist mein und ich bin dein, Morgen soll die Hochzeit sein.

Ein oft angewendeter Spruch auf gemalten Ostereiern in Iglau :

Ich bin dein, du bist mein. Alle Tag kann Hochzeit sein.

In dem oben erwähnten Liede von den Winterrosen weist das Mädchen den Bewerber zuerst zurück mit den Worten :

Ich bin nicht dein, du bist nicht mein.

Bis du mir brino;st drei Rosen.

» Uhland, Nr. 29; Erks Liederhort, Nr. 42L); Simrock, Nr. 111 : Mittler, Nr. 78G— 788; Böhme, Nr. 1.83; Des Knaben Wunder- horn, 2, 88 f., mit weiteren Literaturangaben.

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Nachdem der Jüngling ihren Wunsch erfüllt hat, be- schlieiit sie das Lied mit den Worten:

Jetzt bist du mein uiid ich bin dein. Beisammen wollen wir bleiben, Bis uns der Tod wird scheiden.

In der Ballade von der schönen Bernauerin weist diese die Männer zurück, die sie vom Herzog, ihrem Ge- mahl, trennen wollen. Sie spricht zweimal die Formel, um anzuzeigen, dass sie mit dem Gatten rechtmäi3ig ver- bunden ist:

Der Herzog i.st mein und ich bin sein, Der Herzog ist mein und ich bin sein. Sind wir gar treu versprochen, ja versprochen.

Ein siebenbürgisch-sächsisches Tanzliedchen lautet:

Ech bün deinj. Ich bin dein,

Teä büßt meinj, Du bist mein

Und esi säl et Und so soll es

Ainjde seinj. Immer sein.^

In Gottschee wird während des Hochzeitmahles von den Brautleuten das kurze Lied (Nr. 110) gesungen mit dem Schlüsse:

Ich bin dein und du bist mein,

Das kann und mag nicht anders sein.

Den gleichen Schluss finden wir bei den Gottscheer Balladen Nr. 63, 71b, 95. Es sprechen ihn Liebende, die sich für immer verbinden unter Umarmungen und Küssen.^ In dem Märchen von den zwölf Jägern erkennt der König am Ring seine erste echte Braut, küsst sie und spricht: „Du bist mein und ich bin dein, und kein Mensch auf der Welt kann das ändern." Im Märchen von der klugen

1 Schlossar, Nr. 175; Mittler, Nr. 832; Wilibald Müller, 404; Hoffmann, Nr. 112; Simrock, Nr. 322; Schuster, 109.

"2 Ähnlich ist der Schluss in Nr. 55: „Es kann und mag nicht anders sein, Wii" beide müssen beinander sein." (Kann und mag, vgl. U hl and, Nr. 76 d.)

Hiru u. Wackernell, QiTellen ii. For.scliiingeii. HI. 12

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Bauerntochter sagt der König zu seiner Frau, als er sich zum zweitenmal mit ihr vermählen lässt : „Liebe Frau, du sollst mein sein und ich dein."^ Und Faust spricht zu Helena in einem Augenblicke hoher Liebeserregung :

Ich bin dein und du bist mein. Und so stehen wir verbunden, Diu'ft-' es doch nicht anders sein.^

Um einen Blick auch auf die südslawische Volkspoesie zu werfen: Der Schluss eines slowenischen Liedes beim Fensterin lautet:

Ti si nioja, jes sim tvoj, Du bist mein, ich bin dein,

Se zarocil bom s teboj. Verbinden werd' ich mich mit dh*.'^

Bei kroatischen Trauungen wird der Satz gesprochen : Od vjencanja do groba ja tvoj a ti moja, (Von der Trauung bis zum Grabe bin ich dein und du mein.) "*

3. Blumen auf Gräbern.

Fünf Gottscheer Lieder verschiedenen Lihaltes (Nr. 59, 60, 62, 63 und 80a) haben den gleichen Schluss: Zwei Liebende, die gleichzeitig verstorben sind, werden zu beiden Seiten einer Kirche begraben ; aus seinem Grabe wächst eine Rebe, aus ihrem eine Rose. (Li 80b ist es eine rothe und eine gelbe Rose.) Die beiden Pflanzen wachsen über die Kirche empor und umarmen sich, wie zwei Liebende. Das ist ein alter und weitverbreiteter Zug der Volkspoesie, die hier die liebenden Seelen der Verstorbenen in den

1 Gr r i m m, Märchen, Nr. 67 imd 94.

2 Faust, 2. Theil, 3. Act, V. nOi)2 ff.

3 Koritko, 3, «».

■* Eine Parallele zu dieser Formel findet sich auch in einer alten antijesuitischen Schrift „Wundergeburt" et(;. (vgl. En giert, in der Alemannia, 20, 104). Hier sagt Beizebub zum F^a})st: „Denn ich bin dein und du bist mein, Ewig wh- ungeschieden seni." Noch größer wäre die Zahl jener Stellen, an denen diese Fonnel mit Änderimgen verwendet wird, z.B. in Marie von Ebn er- Paschen b ach s „Nach dem Tode" : „So gehörst du mir ... So bin ich dein" u. a.

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Pflanzen weiter leben lässt. Am bekanntesten ist dieses Motiv ans dem Schlnsse der Tristan-Sage. Tristan und Isolde starben auch gleichzeitig. König Marke lässt nun, so er- zählen alle deutschen Fassungen der Sage, auf Tristans Grab eine Weinrebe, auf Isoldens Grab einen Rosenstock pflanzen; beide wachsen auf und umschlingen sich, wie in inniger Liebe. Von der Gottscheer Darstellung weicht die Tristan- Sage insoferne ab, als hier die Pflanzen nicht von selbst aufwachsen, sondern erst daraufgesetzt wurden, was jeden- faDs eine spätere Änderung ist, ^ und dass die Gräber nicht an Kirchenmauern Hegen Die französischen Fassungen der Sage lassen nur eine ßebe oder zwei Epheuranken von selbst emporschießen; nach der altnordischen Fassung ruhen die Liebenden zu beiden Seiten einer Kirche, eine Eiche und eine Linde wachsen aus den Gräbern und umarmen sich über dem Kirchendache.

Die gleiche oder eine ähnliche Situation findet sich sehr häufig am Schlüsse slawischer Liebeslieder. In serbi- schen Liedern umarmen sich eine Kiefer und eine Rose, oder eine Föhre und eine Rebe am Grabe der Liebenden,^ in einem bosnischen und in einem bulgarischen Liede Rebe und Rose,'^ in einem wendischen Liede zwei Reben.* In zwei slowenischen Balladen, die Parallelen zu unseren Gott- scheer Nummern 69 und 97 bilden, umarmen sich Rose und Rebe, oder Rose und Lilie über dem Kirchendache.'' Ahnlich in einem schottischen Liede Rose und Linde, in einem schwedischen Rose und Lilie. "^ Weiter ab stehen ein neu-

1 So meint Grimm, Mythologie, 4, 690. Ulrich von Tür heim und Heinrich von Freiberg haben in ihren Tristan-Dichtungen ii-rthüm- Hch die Rose auf Tristans Grab, die Rebe auf Isoldens Grab pflanzen lassen.

2 TIalvj, l,r68; Kapp er, 2, 334.

3 Krauß, Sitte und Brauch, 330; Krauß, Sagen und Märchen. 2, LI.

* Haupt und Schmaler, 2, 50.

ö Koritko, 4, 73; Stanko Vraz, 123; Janezic, Nr. 12 mid 75,

Vgl. Koberstein, 86 f.

12*

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griechisches, ein ungarisches, ein schwedisches und ein Bretagner Volkslied. '

Im deutscheu A'olksliede ist dieser Schluss der Tristan-Sage und der slawischen Liebeslieder unbekannt. Die Gottscheer bilden also liieriu eine Ausnahme. Wohl aber ist dieses Motiv von den Blumen, die auf Gräbern Liebender erblühen, in anderer Form im deutschen Volks- liederschatz sehr häutig. K oberstein hat in einem schönen Aufsätze^ von dem Fortleben abgeschiedener menschhcher Seelen in der Pflanzenwelt gezeigt, wie in der deutschen Volkspoesie die Verstorbeneu durch Blumen auf Gräbern ihre Wünsche und Bitten, Drohungen und Anklagen kund- tluui, ihre Unschuld erweisen, den Mörder bezeichnen u. a. Besonders auf dem Grabe von Liebenden, die durch frühen gewaltsamen Tod dahingerafft wurden, erblühen Rosen, Lilien und andere Blumen mit und ohne Schrift auf den Blättern (Erks Liederhort, Nr. 107, 110, Hoffmann, Nr. 11 u. a.). Nach volksthümlichen Legenden spriejjen Blumen auch aus den Gräbern Heiliger und Sehger, aus den Leibern er- schlagener Christen, um sie vor den Heiden auszuzeichnen. Die Sage von der Verwandlung der Menschen in Blumen, von der Lilie, als Sinnbild menschlicher Lebenskraft, ire- hören auch hieher, und da ähnliche Sagen bei allen indo- germanischen Völkern nachzuweisen sind, so müssen sie

1 Vgl. Kind, Neugriechische Volkslieder. 17. Hier: C'vpresse und Schilfrohr. Carneri, Ungarische Volkslieder und Balladen, 29, „Die zwei Königskinder" (Hero und Leander an der DonauV Hier umschUngen sich eine weiß gestreifte und eine rothe Tulpe, „Die Seelen der Verliebten". Arwidson, Svcnska, Fernsänger, 2. 23. Eine Linde auf dem Grabe der Liebenden wächst über das Kirchen- dach, das eine Blatt nimmt das andere in den Arm. Keller und Seckendorff, Volkslieder aus der Bretagne, Nr. 2. Zwei Eichen wachsen aus dem Grabe; auf ilui'n Zweigen schnäbeln sich zwei Tauben.

^ hl dem Weimarischen Jahrbuche, 1, 73—100. Ergänzt wurde dieser Aufsatz durch Reinhold Köhler, ebenda, 479—483, und durch Perger, Ptianzensagen, besonders 12—17, 80. 230 f Die damit zu- sammenhängende Anschauung von der Baumseele behandelt Mann- bar dt, Der Baumcultus, 5 f, Ott'., 25, 34 ff., 40 ff., 65, 69, 603.

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wolü auf eine uralte gemeinsame arische Anschauung von der Seelenwanderung zurückgeführt werden.

Auf dem Gebiete der Yolkspoesie könnten die Aus- führungen K ob erste ins und seiner Nachfolger noch er- gänzt werden. Dass Blumen auf Gräbern ge])flanzt werden oder von selbst lierx'orsprieUen, kommt, wie in Wirklichkeit, so aucli im Liede natüi'lit-li überaus häuüg vor. Aber bei Liebenden hat es damit immer eine besondere Bewandtnis. Der eine Theil verlangt von dem anderen, dem überleben- den Theil, dass er bestimmte Blumen aufs Grab setze. Am liebsten Rosmarin oder Rosen, oder beides zugleich,^ Ver- gissmeimiicht und Veilchen.^ Also etwa:

Sollt' icli aber unterdessen

Auf dem Todsbett schlafen ein,

So sollst du auf mein Grabstein setzen

Eine Blum' Vergissniclitmein.^

Ein dürres Reis auf das Grab von Liebenden gepflanzt, beginnt sich wieder zu lauben,^ eine Linde Rosen zu tragen.-'* Die Grabesblumen können den verstorbenen Liebsten ver- treten, sie bezeichnen ja seine Seele:

Auf meinem Grabe wächst das Gras.

Scbätzlein brich Röslein,

Blich sie ab und trag' sie heim

Und leg' sie in die Schlafkammer 'nein,

Da schläfst du nicht allein.'^

Die Blumen auf dem Grabe der Geliebten sind für den Liebsten bestimmt und niemand anderer soll sie ab-

1 Peter, Nr. 307; Mündel, Nr. 30; Hruschka imdToischer, 94, auch 92 und 98; Mittler, Nr. 762, auch Nr. 813; Erks Lieder- hort, Nr. 601, 727, 731, 731 f., 788 f.: Perger, Pflanzensagen, 143. Das gleiche Motiv auch vielfach bei Kunstdichtern, vgl. Deutsches Wörter- buch, 8, 1169 f.

-' Levvalter, 2, 14; Mündel, Nr. 29, 30, 42, 95; Mittler, Nr. 883.

3 Mündel, Nr. 94.

* Hruschka und Toischer, Nr. 112,

5 Mittler, Nr. 309.

ß Mündel, Nr. 71.

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brechen. Sie sind ein Theil der Verstorbenen selbst.' Die drei Lilien vom Grabe des Jünglings allerdings bricht sich ein eben vorbeiziehender Bauer, steckt sie auf seinen Hut und ist frischen, freien Muthes.''* Die Versicherung treuer Liebe über das Grab hinaus, die durch das Umschlingen zweier Blumen oder durch eine Schrift auf den Blättern an- gedeutet wird, kann auch auf dem Grabsteine zu lesen sein :

Auf mein Grabstein steht geschrieben, Dass ich dir bin treu geblieben Und hab' dich so treu geliebt, Lebe wohl, vergiss mein nicht.-^

Ebenso in unserem Gottscheer Liede Nr. 85. Den meisten der oben erwähnten Lieder liegt die Anschauung zugiiinde, dass die Blumen aus den Herzen der Begrabenen liervorsprieBen. Dieses Bild wird in kärnt- nischen Schnaderhüpfeln auch für den lebenden Geliebten verwendet.

Ba mein Herzl di-in, Wachst a Zweig Rosmarin, Brich es ab, so g'hört's dein Aber treu muesst mer sein.'*

In einem tirolischen Schnaderhüpfel pflanzt der Gärtner seinem Schätzchen „a Rösl in"s Herzel hinein".''

Auch aus den deutschen Märchen wäre manclies heran- zuziehen. Das Reis, das Aschenputtel (Grimm, Nr. 21) auf das Grab der Mutter pflanzt, wächst zu einem Baum heran. Wenn der Baum und die Vogel darauf dem Aschenputtel schöne Kleider spenden und ihr Glück bringen, ihre Peiniger aber anklagen und bestrafen, so ist das rlie Seele der Mutter, die nach dem Tode noch für ihr Kind sorgt. Auch die

1 Z. B. Hoffmann, Nr. 171 u. a.

=^ Erks Liederhort, Nr. 96a.

3 Hruscha und Toischer, Nr. 163; vgl. Mündel, Nr. 112; Mittler, Nr. 1191.

* Pogatschnigg undHerrinann, l,r)9,mit mehreren Varianten. Ähnlich slowenisch, Janezic, Nr. 74.

5 Zeitschrift des Vereines für Volkskunde, 4, 198.

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wuhlthätige Ziege (Grimm, Nr. 130) verhilft noch nach ihrem Tode durch den Baum, der aus ihren Eingeweiden erwächst, dem Zweiäuglein zum Glück. Das wallachische Märchen, das Koberstein, 91 ii'. mittheilt, hat seine Parallele in einem siebenbürgisch-sächsischen Märchen, wo aus den begrabenen zwei Goldkindern goldene Tannen- bäumehen erwachsen.' Dass Blumen die Seele oder die Lebenski'aft des Menschen bezeichnen (Koberstein, 96 f.), wird in den deutschen Märchen (Grimm, Nr. 85, 96 und die Anmerkungen) oft erzählt.

1 Hai tri eh. 22(; und 525.

GEISTLICHE LIEDER

UND

LEGENDEN.

Nr. 1— 4B.

Vorbemerkungen zu dem Text der Lieder.

Eine streng plionetische .Schreibung luibe ich in dem nach- stellenden niundartliclien Text absiclithch vermieden. Erstens haben wir noch kein allgemein anerkanntes und allseits befriedigendes System der Lautschrift und zweitens wollte ich die Lieder nicht vollends unlesbar für Laien machen. Doch um besondere Laute der Gottscheer Mimdart genau wiederzugeben, sah ich mich veranlasst, einzelne eigene Zeichen zu verwenden und zwar a für den Vocal. den die Ruhelage der Zunge ergibt, o für den zwischen ö und o liegenden Laut: V für den zwischen ü und u liegenden Laut; t für guttiu-ales (sogenanntes ])olnisches) 1 ; sh für stimmhaftes seh (slavisch z), seh für stimmloses seh (^slavisch s\ Unser s ist in- und auslautend stimmlos ; /,: ist die gewöhnliche oberdeutsche Ati'ricate (kh); <■ ist die nicht aspi- rierte gutturale Tenuis. Die langen Vocale bezeichne ich mit ^ , alle übrigen sind kiu-z. Die Bezeichnungen der neuhochdeutschen Recht- sclu-eibung (Delmungs-h. Gemmination u. s. w.) unterlasse ich. Alle übrigen Buchstaben halben den Lautwert der bayrisch-österi'eichischen Mundart. Die bereits von Elze, Klun, Schröer und Rudescli mitge- theilten Lieder musste ich in meine Schreibung umsetzen, weil von den älteren Herausgebern wichtige Lautiuiterschiede nicht beachtet worden sind. Die (Überschriften der einzelnen Lieder gebe" ich nin- dann in der Minidart. wenn sie aus dem Volksmnnde stammen.

1. Vom zerrissenen Stall.

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Dort do schteat a sa - ri - sans schto- te, A - t'tn do pri - nat

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dos luii -li - ga luvltt. Dort do schient a zd - ri - Sans schto -iä.

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pri - iiat

dos

lud

ga Vidcht.

1. j: Dorf (lo sclitcat a Züvis.ms scldO'td,

Atin (darin) do pruud dos hailiy.) Jljcht. ;/

2. j: Lai, hear (mm, wer) 'seid, atui dem zjrison schto'l',),

Äs ds rf (/,)(vr/,)sJn> (frieren) fild? :j

S. l: Atin iscJif Maria, 'sl-'mdlaiii hasch, d shi, 'sliindJam Jesliisrli ha seh. d sjii. .-j

4. /; Atin iscld dor Joshe, dar aidd (alte) nion,

A scheatidn, a haisn piorto (Bart) hof ar. :•

5. j: In ivüjs (den Firß) pohegof ar, 's kindlain hijgrd ar,

's Mndlain Jeshiscli bwc/dt (wiegt) ar. :'

6. j: Dar ökscha pludshdt, dar eshl scltmekdt,

das

P e r z in Liclitenbach.

Die letzte Strophe bedeutet: Der Ochs bläst, der Esel schnaubt Kind an, damit sie es erwärmen.

188

3. Jesus und Maria.

m^mi

dv. Ddr

seht du.

1 Ujr fok IscJ/t tr'/r (vorüber), dj iioc/it isc/tt dt'i,

Um iia'mal (hr vocJ/t Idöh-.d (klopft) JcsJnsch sclicun a,)ii :

,,]\I()r]i,)t (u'if, iHorJijf ai'if. nn'i./fr ^[(irla!"

Uiit (los (Irlicarjf iin'i,)tr ]\Iari(t. 5 S]r( liipt p,)li(iit zr scldbgn, zun loar.

Mit (),itaticr (linker) hont moch,)t shi iiiioii sclicdii <(fif\

Mit (prarhtr honf cnipfnclut shi '// srhccüi:

.,Gri,>s f/öt, (frijs f/nf, (li'i li.ih.ts iiKiiit hiiit,

Bu lioschfü (li shö hnKj.) a/'(f)h(i/ifu '^" 10 ,,I hon }iii fif(/.>h(i/itii jxiiu zhclf jiiKjdrii iiiaiii.

De) tisch im d,) pvnhj hon i aff/JclcL/iii,

's hailigj sacrariicnt hon i aiinjjsjict.it.

Dos leschtd nhndnuul {Ahei\(\Y[\.dM) hon i ntit in i/j/nndn."

.,Bai hübdschtü di shö toidigr, 15 Shö loidiyr, shö traüriyr?''

.,Bi,) hrt i et loidik et franrih shain,

Ben i ans hrt frinln dan pitrn l'cJirli,

Nm mnar, nt'ij i'iniar dai tvraitoijain,) (Freitag) noch ff''

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Toinitsch in Mosel.

Eine zweite Fassung 2", von Perz in Uclitenbacli uufgezeichnet, liat V. () für 3Iit ffatancr ] Mit dar linkii, V. 7 für Mit yaracldr \ Mit dr raclitii, V. 10 für jingarn main \ jingrluin, V. 11 für afijadekn | iigabaschät (abgewaschen». Für V. 14 16: Bai scläeant daina üglain slw %mla 'cächr- lain? i Shcti brnt mim earsclit noch tvölr srhtean.

189

2i\ Jesus und Murin.

I).)r toi: isc/if tcir. d.i iiochl ischf häni, 1

Main Jrs/i/sc/i isclil rf (nicht) /.■<hii.

Utiiar fheruni) ixchl Läni i/tdind in dir iioclif.

Ih(iy (Wer) h'löl-.d n.ni sjiö (iidilaiii (gTeiilicJi) r"

,,MorJi ai'if, t)n'i,)ti\ li.ihai tuaiu !" '"'

Mit fptanrr hont iiiorh,)t sJi 'imou auf,

]\[it gjrarhfr hont nnpfnchd sJi 'in:

„Lif)br)S ntain kint, l)i'i pisclitn (/:)tjnn (gewesen).^

Ich i'inf dain wiidtr shi'oclidnt dich mit sch}nar.z,)n

Bi,)rhiihnt glühet, di jüdnliont di ^chön (pu^Ulin (o-efaiigen)." 10

„Ich pin jo gehdn pai dn jingarn nntin,

Shai hont aüsg^shczdt di penl:.) nnt schti.il.)

Unt dofi hailig,) sacranicnt.''

., Z).> .'^Jii'in nnt d.n- nuun;) irrli,)fih,)]it (verlieren) dn s'cJiain.

Main /:int J/ot l:oin roscJit i'int h'oin n'i,> 15

Di f/Jncn ficlitcljnt dofi taitn in."'

Gedruckt bei 8 c h r ö e r, 43<) f.

3. Maria unter dem Kreuze.

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1. 3Iaria zidchdt hol ihrs tont.

Bot ittrs t(nit gegn Bi'n^alain (Jerusalem).

2. lio>t tnh/jt s]/i in ir dr hont?

In ir dr hont a .^Jrncalniisv pri:>f.

190

.9. Bos srhfeaf <pfichnhm hnJ in flau ))ri,if? 's sr/ifmt (/jsr/ir/biii a <ishn iiuir so);

4. ^ Maria 't (hat) ivr/oani ir li.ih.ts Lijif, ])• li.ib.is ki}it, ini,)ir Jrslii'i Krischt."

'). Shi zidch.it ahin (/r<fu liümlaiii, Gegn liiisalani hol ain in di srhtot,

Ü. Böl ai» in (h seh tot af mitn ploz,

Af niitii ploz, ivoar ricldarsrh sliain hai'isrji ('vor des

Ricliters Haus). 7. Ahant du schtoat dos ]iaiH<i,i hraiz.),

Atöhtn do hong.ü ir lioh.is /•■int,

.S'. Ir Udh.js Jciiit, wu;dr Jcshü Krischt.

Ashö do schprichdt icui)tr Jeshü Krischt:

!K „SJiö iviorDt nmr beJc dos wrcnij haip (fremde Weib), / wini slh) et Hjnschdfpi, hij .shi hoiß.) hoin.'it.''

10. Ashö do scliprichdt mt'otr Maria: y,Bi') )icn,)sc]ttt'{ mi wir a /crrnDs haip?

11. I pin ,)S jo de) mudtr dain.''

„hr tn,it mi^r jo noch wihnear hca,

12. Ai(SfJt (Als) bis dd (jonzn nnorfrn niain, Ben icr nii,)r do shö hois,) boirot."

IP). Ar luDSjt wo't (fallen) a miliclitrcpßc,

„Bi) i.jr brt hinziochn ihm cbni pndn (Ebene),

14. Shö hos.d iVO'f' dos niilichtrcpfic,

Daraus brt g,)rnct)t (geratlien)a ^o<>r?rÄr/e (Weizenähre)

1'). As Icoin /lailffj mesch,) gdleshdt kon shain, As drahrloje ddpai midsnt shain."

Kl. Ar Iif,)s,tt nfic wo't a ph'otstrcpflc :

„Lai bij icr brt zijchn in schtikln rovn (steilen Plad),

191

17. Sho ]it,)s.)f /ro'f' <h)S phhtsfrepßc,

Ihudi'ix hrf i/.)ni(in a halurnhJc ("Weinrebe).

18. Äs koin hailgj mescJu gdesh.tf koti s/udit, As (hvdjyJojr (l)pai )iiljs)if sIhiIh.

]!K Dos Immin.) prcat, dar kbb haiii,

J)((r hi,)l) })(ii)i, (l) hoJcsc/ui/Hhr.rJaitt(d\eWRchakeY'/,en).''

Perz in Lichtenbach.

3^. Maria unter dem Kreuze.

Maria hol pÄrtiii a .zedrlc (Zettelclien), \

Darauf hcM g.isdvr'ihm Ir oithz'nir sln'in.

Slii liot ivrloarn ir Udbni shi'oi,

SJii zidchit gen JeriishaIei)L

Böl in dr schtot af mitn plos, 5

Do schteat oin yroafids hraizd,

Draüf ischt goshlügn ir gi'idt^s linf.

Slii hoinat au sho piirJich,

SJio sehpricld dr hear: „Bai hoinJscJifü,

Bai boinoscJitü shö p)itrUchP" 10

„Bi9 shöl ich et hoindu pitrlich,

Bo ich shich wlidsn Jeshisch plüet?"

Ben Jeshisch ischt gdzögn ihr schtildn roin

Ar hat ludn (lassen) WO'I' oin plüdtstrepfle,

Draüs ischt gdholischn oin hainrdble. 15

Ben Jeshisch ischt gozögn Ihr ebms ivaut (Feld),

Ar hot ludn wo'f' oin miJchtrepfle,

tlnt draüs ischt gabokschn oin boizstamlain (Weizenhalm).

tlnt koin meschi kon goleshdt sliain,

Ddpai mios shain dos bolzaino ^yroat (Weizenbrot). 20

Dos boizaüici proat ünt dar kidh bain.

(Nach Schröer, 436 mit mehrfachen Berichtigungen.)

192

4. Maria und Johauiies.

/>oZ f/()/'/ nf (/rla-nr aii - Iini (jcut dr 'iioar-f/n - srlifeani aiif, hi'd

.~\-

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dort af (/ria - nr an.

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S— «^

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Zi»i <7ef/< dr mo(i7--gn- sclifenru <n'if.

1. !: Bö/ dort <if (/rlji/r (inhni (Alm),

(IcHf <lr ni()(ir(/nsr/if('(in/ di'if. .7

2. ,/.• Afi'ndii shiz9t Maria,

])(')l iiisli.n;) Ji,)h) ivrd (Fran). ;/

.'?. /; /S7// zi.)c]i.)t a hcai/l/,' ir'irhin, Ulli H'lHnii W/r dos hat) seh. ;/

4. /.• JöliancscJi schagdt

Paiii iransrJdr Jirrai'if!.

'). /.• .,J(')han('sc]i, Joliavcsch, Dil haUifir nxm. ;/

(). j: Hosc/d/ü et f/.ishdcJni , Jr.shi'ini mahl sJiihi?" :!

7. /; „1 lioii.ni (habe ihn) hol fpsJidrJni, Hcarn JrsJii'iiii dam shi'tn.'' ;/

(W. '; Wo}i rlparh fOlberg) kcld, ar p,)f/ran:ni. Mit xld)iz ihit mit slihois. ;,

.9. /; Di judn hont in f/9nn,rr,)t,

Mit srhtri/ai hont shai 'n ifipi'int». .7

10. j: i\Iif i/oishtii hont shai ')i i/ji/oisJi.dt,

Mit dcarn (Dornen) hont shai 'n (pkrcan.d.

193

Tl. j: Uni nhar (herab) ischt <idrün;>n, Shain roasJuitriurbos ph'i,)t. :]

12. j: Sho US kolu meniiich fi'Xlenhn lion,

BIj </roas sJia'nh) In'intii ( Wunden i hct/f ."' .-j

!•■>. j: Lai brar dos Vhidle slrhuiri ko)i, SJihiff ,)S o/,; foJ: cutiol. ./

14. ': Dor liiml hrt mon (ihm) ößi srhtean, Ünt ))ii)rnnrar tvrsrhlosn. ./

Perz in Liclitenbach.

Eine zweite Fassung bei S chrö er, 431 f. Hier fehlen Strophe 8 f. Für V. 10, 2 12, 2 heißt es hier: Shai hont in loagdshlnyn an's hailiga hraiz \ Zbean nac/lain in ch henta, oins iiX da wigs. Für 14, 2 : Dem hil ich guhm dos eabik lahm (Leben).

5. Maria im Rosengarten.

1. Maria schmoaröusch (des Morgens) ivrh ai'ifsrJitcat,

Maria, Maria, o Maria, kcmgin.

2. Shi leipt sJii gior scheanai i(,m,

Maria, Maria, o 3Iaria, lieniyin.

S. SJii geat hinaüsch in roasliainguort (Rosengarten), Maria n, s. w.

4. Bos hebt (was will) shi tÜQn in roashaingudrt ? Maria u. s. w.

ö. Di reashlain g9lidclitai (lichte) heht shi praclin (brechen). Maria u. s. w.

G. Bu (wo) heldt shi liin mit (Jan reashlain gdUdcld? Maria u. s. w.

7. A Jcrande gdlidchtas heht shi wlachtdn (flechten). Maria u. s. w.

Hirn ii. Wac, kern eil, Quellen n. Forsohitngen. ITT. J^3

194

8. Bit bciii sJii hin tiiif (lau krauzlc (i,)]i.)cht? Maria u. s. w.

.9. Aüf>; hai/if/.i l,r<iiz,) hellt s/ii 's hci/f/ii. Maria u. s. w.

10. Bit htlit slii hin mit (hm hiiilifpi /.rai.r? Maria u. s. av.

11. Ins liimlraich. i}ifi }iii.)raih)isrJi. Maria n. s. w.

12. Got hilf ivsch ohi i)i-^ hiiiilrairh. Maria u. s. w.

1P>. In^ hiniJraicli. ins puoradaisrh ! Maria, Maria, o Maria, kniigin.

Gedruckt bei Elze, f., bei Schröer, iPö.

Das gleicbo Lied liat, Toniit.scb in Mosel aufgczeicbnot. ]\uv bat. er für 4 liian | nuirlnt und iiir 4, 6, 8 und 10 hebt | ////.

5^. Maria im Rosen?:arten.

1. In f/oiizr harlt (Welt) ischt koiii hrJkJr i Wölkclieii) rf,

Won hihd wollt t fällt) a ki.ihtr td (Tliau),

's hdröt (war) et a kiMr td,

'.V,' isrhf jMaria ir.) zdchrlaiii (Zähreni.

2. Maria schtcanöt schinoaröiisch irri.i ai'if, Shi Irf/.it s//i f/ii.ir sr/ic(ni<lr ii.in,

Shi .zi.)ch.)t ai'ißii an proitn fiak (Weg), Won proit)/ hak ai\f dan shnni.iln schfaik.

■■>. In f/on.-.r Ixirlt ischt koin hclkli' et, Won n. s. w. (wie Strophe 1).

4. Dar schtaik ivi.ir.it sh.i auf dan hoachn ))(irL\ Shi ziachdt in dan roashaingndrt,

195

Slii pi(trli,)t Hilf (nur) dl reashlaiti (/. >/>.)(■//(, S/ii irlacht.tl ihir di /,rcH.:,) (/.ill.irhi.

'). Hh bil s/ii li'm Hilf dun kroizn f/.di.irlif?

S/ii hoKj.d sh.) af dos /laild/j hraiz.

Bu hil shi hiv mit dan liaUifpi krai.-:?

Ins hlndraich, ins pudradaiscli ,

As hr ot) sliälik Jmraifn !

(Dass wir alle selig würden.)

Schrüer, 485.

0. Die Vöglein im Rosengarten.

-•_

-0

h ', ^ •-

^^t^=

we - yd - lain shi - Z3nt af grid-n3nzbaig-lain,sh(t

tJ=; ti_

M4

arhrai - ant o - h : Ma - rl - a hilf!

1. 1)9 wegdlain shizdiü af gridndn zhaüjlaki, Shai schraidnf oh: ,, Maria hilf!"

Shai schraidnf oh: „Maria hilf in seh (uns)/ Maria hrf insch za hüfa kam/' Bos helt (will) shai tüondn in roashnguorfn ? Shai schraidnf oh: „Maria hilf!''

2. Dd ivegdlain shizsnt af gridndn zhaighiiu, Shai schraidnf oh: ., Maria hilf!'-

Shai schraidnf oh: „Maria hilf insch ! Maria hrf insch Zd hilfd kam." Beashlain gdlidchfai helt shai prachn, Shai schraidnf oh: „Maria hilf!"

Und so fort noch aclit Strophen. V. 1 4 und 6 bleiben immer gleich, als V. 5 tritt immer eine Zeile nach der an- dern aus dem Liede Nr. 5 hinzu. Je zwei Verse werden nach der obigen Melodie gesungen.

Perz in Lichtenbach. 13*

196

7. Lied beim Hirsejäteii.

Chor:

1. Ds hochÜ (AVac'litel) shJüyjt Jiaidr in inslnin ir<ui(i) (Felde). Got gib insch hahr a (/i'i.)t9s ju^r (Jahn,

Jii hahipary,) iWeinberge) t'oit ht liirschpödti (Hirsefekl).

Vo r s ä n g e r : Shi fr/f höJ (ii'ililii iwolil hinauf ) af jiroifn Ixtl: (Weg), Af })r(>if)/ ha/,', af slimiidln srhfa//,-.

Chor:

2. I)i hor/ifl slihhpf liai.tr in inshrtti irandi in. s. \v. wie oben).

Vo r s ä n g e r : Af sJiDtUQhi fichtail-, (ff JiooeJin pnylc. Af hourJni pari', nt roasJi(t/)i(//i.)rf)i.

Chor: .9. D,i horlifl u, s. w.

Vorsänger: Jio.s holt (will) fihal ti'i.m in roa^lituin.trfii. SJiai hell pracin) (/.iJi.>r//f,> rcaslihiiti.

Chor: 4. Dj hochÜ n. s. w.

Vorsängpr: Gdlidditai roasliu prarltjf sJiai G:)Uorhfai Inni.ilain irlarld,)f sJiai.

Chor: .'■». I),t hochtl n. s. w.

Vorsänger: Zbai (Wozu) liciit ir (sind ihr) <(i /,rai/:Jai)/ <i.tli.)rlit ? Zi'ini haiJiyii iTaiz.) hclf sliai s/t.i //ciifiii.

Chor: 6. Dd hoclitl u. s. w.

Vorsänger: Bu bell shai hin mittn hailign hraiz Zihii (joffirlthak (Gottesweg) ftrhcan. ins liimlraich.

Schröer, 274f.

197

S. Marieiiruf.

J)jr hoizn hol (/jsc/tös», Mario! Mit shahi.m roatgüldahi scJitcDigjhtiii, Mario, Iloufi/i'ildalii IscJif (los srJifn)ig,ilaiH, Mario! Boatshiihraiit ischt ih nrhr (Ähre), Mario!

S c h r ö e r , 436.

\). Pilgerlieder.

1.

k:iL=i=i^^E^iEi=ä-l=i^S=iEl

liiar shai bms hat ~ ta

r - lain, an yd - tasch bu-

Bi.ir sliaihiiix (siiicl) liaitj rnmarJaiii (Pilger), i

.4;/ (/öt.iscJi Jidij,) (Gotteswege) zidchavn bidr

Uni f/of,)se/i (/mi.xl.) (Gnade) shüecJiani hi<)r.

Fai göt (lau licarit irinani (finden) l)i.)r,

Lai gHN.xl.j lütt pnjrniliur.^iliait, 5

Auf Jioachn parL- (Berg) in r(jaslidiigu.)rf (Rosengarten).

Bos hdlt iar tiun in roasJurigiort?

G-jU,)chtai reashlain bei hr X)raclin.

Zhai (wozu) lamt ai (sind encli) (l<')ch di roashn golijcht?

Gdlidchtai l-ran.zlai)i bei br ivJachtn. 10

Zbai ]>ci)f ai (b'jcli di hrenz gdlidclü?

Zan haUign hraizj bei br sJid liengn.

Bh bell idr hin mitii liailign hraiz<)?

Ins Jiimlraich, ins pn.rrddaiscli !

In dain näm (Namen) drhear (erhör) insch (uns) göt, 15

Göt wudtr, g()t shmi, gtH Imiligr gaischt!

Von V. 6 ab werden nach jedem Vers die ersten fünf Zeilen wiederholt.

198

2.

Af hoachn parh, in roaslmyiurt, Do wo'tdt (fällt) Jiin a kidldr td (Thau), . Nöcli heant (ehe) do shün niitn toi- aüfycat. Es isclit js et (nicht) a khldr td Es Ju'iit Mariasch d<> mcharlam (Zäliren). Bos helt shai füon in roashngudrt? (^Nmi folgt wieder das erste Lied von V. 8 ab.)

3.

Hear JesJm Krischt an (jujrtn aüsgeat, Shain dj mudrtrn (Martern) aüsschteat, Ar hdrdt (war) sho güot, Ar mischst shain pliut,

B()I i'infr dan hain (Wein). (Nun folgt das erste Lied von V. 6 ab.)

4.

Bos iscJif dos J/<(l)if IV tr (für) a /vraidit/ai ttocJit':'

Ben 9S nar et (nur nicht) bdr (wäre) niaiu dai leseht.i (letzte) tiueht

Shölöts (sollte es) ähr shain dai lesehf,) noehf,

Shö hailigr schüsengl plaih pai niidr,

ünt Jeshisch ünt Maria gea mit mi,)r!

(Nun das erste Lied von V. 6 ab.)

Perz in Lichtenbach.

10. Marias Tod.

Jlid inrid isr/tt iiiif mild - fr M<i - ri - a. IVu

iticht <mt mÜ3 - tr Ma - ri - a.

199

Til> irrtj iscJif auf ninjfr Maria. 1

SIil .zijcli.if (III Im (Jiinauf) in (h linov (Giehelfenster) Jioac/i, S/ii sr/i<hf,)f (schaut) ai'is lai hait i'itit proif, L/ii hint i'nit jiroit ihr chni jx'kIii.

Won boitn (weitem) sli'u-]i,)t s/ii n iKih.ilc (Nebelj iinrn. 5

IjS isfJif .)s et (I lu'ihjJr, 's isr/it an n>(/.i/<'. S/ii l(\f'>t j>,ilicnt (hin (iH/fain cnff/ei/n.

,,Lai hos irr (was für) o iiidr (Nachricht) lioscidi'i nilrr pruclit':'" ;,A (fiotai et, a pcashai (böse) ä ncf,

Sc/ifihhin hrsrliti'i jünkirrd ruin ."• 10

,,L(ii schfdrhin hiJ i f/carn f/can,

Dan pmsliu waint (Feind) hil i s/idc/in (sehen) ct." .,Di'i hrscJif 'n et sliärhn nnd d ncf hearn, Di'i hr sollt f/.nii.isn di liiniliscini irraidri (Freuden) /'' „Bij (jroas licnt (sind) h('tl di hiinlisclin wruidn?" 15

..Hcn O'tj iV(}(f,iJain (Yöglein) seliruibrluln hdraitn (wären), Bell O'f'd IdpJain (Laub) poplrluiii hdraitii,, Ben o-l',! grashlain (Gräser) wi'drlain (Federn) bäraitn, Ben 's gonzj tner shhiurzdi tinfj hdr,

SJifii scliraibnt 's et i'inf Ji's/mt d riet, 20

Bi,) groas di ivraidn im liiinl licnt (sind)/"

(Jeder Vers wird wiederholt.)

P e r z in Lichteubach.

11. Maria vor dem Hinimelsthore.

31a - ri - II. hil hon - dm i - hrs ml - t9 ml - fd mir. Ma-

w S ^ %-\ s i ^-1

i - i ^T-g— ^— HH

hon-dru 1. - hrs ini - td mi - ta mir.

Maria hil bondrn (wandern) ibrs initd, mit,) msr. Unt hij slii isclit kdni afs niitd niitd iiu'r, I)o likvjnt dd glöcn Sd laitn scliean imi.

200

S/iai la'tt.nit Maria zjn himl hoach. 5 Ünt hid shi ischt him zan hindischn foar,

Shö hlökjt (klopft) Maria mit ir zhoin ivim/rlain u.m. Ünt dos do drhiarjt seliain (sanct) Petrus hcar: „Lai bear ischt haint noch shö schpiufj (spät) «f-^'öar (davor) ?" Äshö do schprichdt di muvtr mildr Maria:

10 „Moch auf, moch auf, schain Fetrus hcar,

I pin 9S hol do, aior lidhd tvrä (Frau). JBöl aidr lidbd wrd mit an uDrnt sheal (armen Seele)."' Äshö do schprichot schain Petrus hear: „Böl ins/ir dai lirdtd wrd shöl inar c/ean,

15 Dai ujrmj slieal shöl draüsn plaihm schtean,

Shöl draüsn plaihm schtean, ins loid,)n iniv gean!" Äshö do schprichot hol inshjr dai lidh.) wrd: Ünt heant (ehe) dai shecdd ins loid^n inin (ein) (jeat. Noch heantr hil i ivr (für) sltai ins loidon yean!"

20 Lai hujs hot didr dr) sheah shö (jüjt^s (jotudn ?"

,,Shi hot midr zd eard o/<^ shonstogain,) (Samstag) nacht,), Ä lidcldle wrprenjt, a liddlc (idshüncpn, Ä roasJinkronz gjschpröchn mi,)r zj lidh,) ünt eard." ,,Lai hu,)s hot di)r dos lidcldh shö güyttds (jjfu,m?''

25 ,,jDos li,)chtle hot do shcah ins kimlraich (jeprocht."

Ätohm hah,)r (werden wir) löhm yöt ivu,)tr ünt göt shüu, (röt ivujtr ünt fjöt shün, yöt haiJiyjn ya ischt. (Jeder Vers wird wiederholt.)

P e r z in Kuininerdorf.

Eine zweite von P. mitgetlieilte Fassung hat für Z. 1 Maria ziach9t böl ibrs vier für Z. 7 „Drmär»n tii9t shi (vernehmen lässt sich) dar Petrus hear für Z. 18 Und heant aiuoar jdaihdt dai U9rma sheah. Hier fehlen die Zeilen 9 f., 13, IG f., 24—27.

12. Kloiiis Maiirarle. (Der kleme Maurer.)

Bi.) ivri) ischt auf Idoins niaürarlc.

Es schtninDt .schn/otoönsch yu,>r tvri.) auf.

Es maü.irt auf a maidrlc (Mäuerchen),

201

Ünt (Vir (vorüber) do zuchot d,> iin'i,)(r Marin: „Dai scheauj H.trhait gowo'l'.it niior." Drzirn (Erzürnen) tii.H shi kloins ntaürarJc Unt shlüfpf Maria af ir;m h'tpf Ünf lihar 'seht fprün /r roas'hdnwuorh.t.s ph'i.)t. Won hind hcnt Mm .ihoi ("iif/jJaiu Mif ir (lau (lühlain Idicltlaiu.

Shai/ioiif aufyjwi'ichn (aufgefangen) ir roasJnuvdjrh.ts 2>h'icf. Wbrsclitcan ft'uf sJii Idoins maürarle: „Wrzaicliot ihit wdrgasdt's midr idr luüotr Maria!" Äshödre schprichdt da müdtr Maria: Wrzaichdn hil i's di,n' voch a ivifarf (einmal), Wrf/asn ilbr »inirniear. Gea paicJiti(j9}i, ti'fo di hin af Tiom, Äf Rom .z,m popst shain hailikaif, Dai shiiifj groas hrt didr et ivrzichdu!"

P e r z in Lichteubacli.

10

15

13. Maria und der Müller.

tar Ma-

i^-j— j=T— j-^— ^— *-F^^^— +— ■■üi rp-->^f=* '^ M

Hol Ma - rl

Hoi Ma - ri

1. Bie wrid ischi auf dai iiitlitr Maria. Hoi Mario, hoi Mario!

2. Lai hi.) shi schmoarönseh giur ivrio ai'ifschteat, Hol Mario, hol Mario!

3. Shi hraizigA shi, drbdgjt shi schcan d, Hoi Mario, n. s. w.

4. Shi .zi,>eh()t aJiitt am hdg^ (Wege) proit )ni, Hoi Mario, u, s. w.

'202

ö. Än( hcuf.) proif, zcüi proltn titcr.K Hui Mario, u. s. \v.

li. S/ii .:i.i(/i.>f (iliiii .tan iiiildr (Müller) Jihi/i na. Uoi Mario, ii. s. w.

7. ..(fi iniJar. Iioi ii/i/ar. ili'i //.ihr iiauii, Hiti Mario, u. s. w.

(S\ ^liö a-i.ir fführ'j uii ibrx proit.i iiierf" Hai Mario, u. s. w.

!K ..I n'i.tr ai 'x tf (eucli nicht) iOr.s j>roif.) inrr." Hoi Mario, ii. s. w.

1(1. Slii jiit.it in (lai oialr.i liairt (das zweitemal) na^ Hoi Mario, u. s. \v.

11. Dai oialr.i Ini.irt. ilai (Irit.i Inurt i/a : Hoi Mario, n. s. w.

12. ,,I hil ili.ir i/ähni a-il tai'ishiit (fiutai f/Ji/,;/." Hoi Mario, u. .s. w.

l-'l. ., Wil tafisliiit (ji'i.itai (jlih.i hon i shaiiltni (selbfst.i //.'// //,>/■. ' Hoi Mario, u. s. w.

14. S/ii .ii,ich.d allin .van proifn nur,), Hoi ]\[ario, u. s. ^^'.

lü. Ski nwcli.it '.s- krai.'..) i/^rs proit.t nirr na, Hoi Mario, n. s. w.

Ki. Dos ho-sr .scitoid.it .s/ii scIiixDi u'onanondr, Hoi Mario, w. s. \v.

Ii. Woar i.irdir i vor ilin aonond.ir, noch urd.ir .i.mondr Hoi Mario, u. s. w.

18. Uni hij slii i.^cht Lani ins mit.) inrr na. Hoi Mario, u. s. \v.

Hl.

20.

21.

22.

0}i

24.

203

l.ir noch <lo schraht dar ji'(n</) »li/ar: Hol Mario, u. s. w.

„S/tö /i(ar.)f (li li'nitrschi (lun), »ii'ufr Maria, Hoi Mario, u. s. w.

]\[ain liai'isc/i ischf ohs (ganz) in oi}i.nn /roijr (Feuer), Hoi ]\fario, u. s. w.

/ tvi9r ai ihrs proitö iiicr na!'' Hoi Mario, n. s. w.

„/ kear ml et hintrsrhi jüiiijr iiii/ar, Hoi Mario, u. s. w.

I)ü hoscht ,)s shaiihiii fciJ (viel) (jft.)tai <jUko !"

Hoi Mario, lioi Mario!

Perz in Lichtenbacli.

11. Maria und die verkrüppelten Kinder.

dBEI.$E:Ei

^ 1^5 ^d_I_^

:i - vi - a.

Bid irrid iscJit aiif nar iniie - tr Ma

Hoi Ma -

Hoi 3Ia - ri - o !

Bid wrid ischf auf nar nn'ufr Maria. ]

Hoi Mario, Hoi Mario! Shi scliteanöt .schmoarönsrh (pur ivrir? auf »ar, SM hraizigdt sJri >iflica}i, (lrhfig,)f i^lii srjiea», SJd Pgdt slii giiir siclicanai a,)ii

TJnt shi ziddiQt ahin avi hägj proit nar, f

Am bägs proit ins Iong9 doarf nar, Ins longa doarf ins earschfd haishle, Atln (drinnen) Art/ shi /nhi (gefunden) ,e7>o?' anfai (alte) laiti, Shö do schprichat müdfr Mario:

204

20

10 „S/w mcyjt Lir nii herhargaii odr d?^'

,,Bi9r liübms animj (drin) a sc/dt'ib ivölai (voll) hiiidrlaiii, Zbehvai (zwölf) ])Ii)ifai i'nif .zhcJn-ai l-nYuipai, Zhehvai, di in faif)t (den Leuten) ihH/IaicJi linit (sind)." ..Shö meydt l.ir nii /nr/xay.n/ ödr ct'f^''

15 „Shö ht(h\)t (1/ iiidr iiidiii 'ni a hinkoh!"

„Sliü trag,)t nii.iy iiKir a sc/iis.dc )iiilich,

A schisdle mUicIi, a srl/lsjlc. /;avr (Wasser) .'"

.S7// scJij)r(H(/.)/ (INS dai ivöJkjc (gtinzej schiub.i.

O't.) de) pliut,)ii hoiit iiuüi (fortan) schcaii (/,fsJnic/ni,

D.) Irumpm Jinit tnoi (/ntöf {gerade) g,}hdn,i)t (geworden)

7)t/ (tt/ihni ihclirai Iwiif d.i srheanischtj)) lait.i.

W)rscJitc(iii fi'f.H/f shai shi. shi Isrl/f (h nn'i.dr Maria:

.jSchcan doulc, sc/icaii doidi, iin'i.th- Mario!"

(Nach jedem Vers wird gesungen: Hai 2[arii>. J/ui Mario.'

Wo der Text für die Weise nicht ausreicht, wii'd ..lair"

eingefügt.)

Perz in Liclitenbach.

Eine zweite von Perz niitgetheilte Passung liat für Z. 7 dort schteat a gonz zarisdus hdishle. Füi' Z. 8 10 Maria zidchat in dos haishle. | Atin patat (bat) shi herbartjn, schean, | Sho bot vi! aniriiä herharyii jxti ni, \ Bir meffan ai barlain herbart/aii ete. Fi\v Z. 14 Shi pittat hldr d<ii ondra irudrt, I Dai ondra vmart, dai drita iviiart. Für Z. 19 f. Da plintaii hont geshächen hia ondrai laita De krinnjjau hont yayeuii bia oh di (jrnadn.

15. l)a Tschelen (Gesellen).

^=ä=iE^==ä^^i=?=f^5iEE=^

Hill dort du schteat

Hut - le

ijrtan.

.Ifi - shisrh hilf!

1=^

-f=^^-

Böl dort do scliteat a lint

'4—\—0 ä~-ä'

iii

ijrian, Je-shisch hilf!

Böl dort do schteat a titttlc gri.tn, Jeshisrh hilf!

Untr do scliteat a schaihlaindr (runder) tisch, Jeshisch hilj !

I),)pai do s]iiz>))tt di jinaj.)» tschehv, Jcschisch hilf!

205

Vui Mir (v(jriiher) do .:i,ir/i.)f nti'i.tlr Maria. Sho (h schprachimi (h) jihupn tschckni : >'>

..Shö f/casrhfü junkivra in insJuii foii.i'f'" ../ (/('(in ,)s et in ai.rrn tonz. L((i hcn i,n- hrsdit (vvüsstet), hcar i ))in^ lar ivohiit (fielet) mdr auf ai.ir (h kni.>. T.tr rclaif anf (h haismi licnt,), 10

J,rr ndniait op dem ItoacliDU liüot !•' Wbrschtemi tuet sJii dar jingificJif.t fsrJ/cJ. Shal W0'f'',mt nidr aiif ir do hrio, S/iai nünont op dan hoacliDn hüd:

..Groasai gnuddo, ivrzaich.d mfi.dr Maria!" 15

,; Wrzaiflon tuen i ai's noch a Jin^rt (einmal). J('!^hisrh hilf! Wrgas,in tüdn i ai's ninirmcar. JcshiscJi hilf!" (Jede Zeile wird nebst dem Ausruf „Jesus liilf" wiederholt.)

Perz in Liclitenbadi.

1(). Mari.a und der sterbende Oberst.

Es zid-chdnt nuin ro - - rsn i - hm e - delsch - 2}a'>'k.

Eszi,jrhonfnain rosdrn (Husaren) ihm ('dclschparl- (Edelsberg). 1

Drl-ronhof isrJif dar (')hrificldo :

„Sh(j hu^rtdt (wartet) i9r mi, idr /'sc/«/»?.?» (Kameraden) main :"

„Bidr hiMrtdn 's et, hiw gdteafni 's (dürfens) et!"

Ar legdt shi nidr ins schtarbpetle (Sterbebett), 5

Ar henddt (wendet) shain dd dg^n .san rvidsdn (Füßen) shain.

P((in (vliSdn scJiean schtcaf a grvsnröhr hear

„Bios huert,^sc]itii do du (jrionrökr hear (Grünrock) ?^'

„/ hudrtris do auf dain uormai sheah."

Ashödo schprichdt dar öhrischid : 10

Wrsear (verzehr) main laip, lai hear in biJ,

Wrluds du göt Diain sheah et!"

Ar henddt shain dd dgdn Zd gdrachtrr shaitdu,

Pai gdrachtr shaiton schteant zbean haisd engh.

206

Ifj ..Bhjs hi(.)rl,)/ i,>r (lo, /.))■ ciifi.ildhi ?"

..Bi,>r J>u.irt<nis do auf ddiii luniiai shcah.^'

Ar l)on(i)t shain d.) luj.nt auf (/.>fa)irai (linke) üliaiUi. -

Äi'if (j.dancr sjialf.iv sr/ifcaiif .ihcan fpäh.) hcJw.) (graue Wölfe)

„ßii,)s hiDii.d i.tr do. i.ir (/nd),iii hcliv.) r*" 20 ..Bin- l)ii,)rt.)iis do auf daiti ticnnai shrali."

Ar bctHlit shain il> äydn .zati köpf) s/iaiu,

Pai)i />öpf> sitaiii .schteaf Maria rain.

,,Bu,)p; hn.trt.tscidi) do Maria rain?^'

../ hi(,irt ,)s do auf dain iurnt<) slnah." ■l'i J)rhis<lh)v hil sIk) dar pcash.) wai)d (Feiiul),

Dr/dsrii.d liot sl/j Maria rain.

., Wräcar niain laip, lai hear in hil.

^VrJn,^.'^• dl) f/öf )n((in s//ra/,) cf!"

Perz hl Licliteiil)ac,li.

16*. Dar ShueaparjE^ar. (Der Schneebero-ev.)

Bi.) irri.) iscld auf dar Shneaparf/ar.

Ar ficlifeangait auf gu9r ivri^ filinioarönsrli.

Ar hclijf auf dd knachfa sliain :

„Gcat, filiotdlt ini,rr main JicngisrJdIr,

I lioii Jiaint nocli Laif / gcan,

Noch bait Zr) gean, afn Shneaparl,' f/r i. >)/.'•

Bif) ar ühr hin ischt kam,

Drkronkn ischt dar Shncapargar,

Ar proitd aus sJtain hanf,dc (Mäntelelien),

Ar Icji'd sJii liin «/' shain hanfjh',

Ar scln'ig.d (schaut) aJiin .:,> köpf) shain,

Atöhni Iti'id d.) rem,) di'ai (drei Raben).

„Bainon hu.)rt)t (wen wartet) iav do. i.>r rcui.i d)-ai'^'

.,Bi)r hu.irtn do af dain dgnschahi.'-

Bi) Joidih hör dar Hhncapargar,

Ar srhdg;)l ah in .:'.> u'/jsn shai)/.

Afidn (unten) hcid, d.> b.)ln\) di'ai (drei Wölfe).

Bainon bu<)rf.)t i,)r d.>, i,)r b.ilw,» drai ?"

„Bi.tr hujr/n do af dain.rn schföhu laip."

207

Bi.i loidih Jx'ir (1(1 r S/ntcajuirf/ar .'

Ar s(li('i(i,)t i'diiiii (if (l((i f(iHC.) s/i((lf./.

Af dar tauen slKÜin heut di pcdslm (jdisclilr.

,.B(())>on l)W>rf.d i.>r do, i.ir pcas/ii/ (fdisclilr':'"

..lVi.)r h((.iji)t ((/' ddiit dal K.nDi,) s/ical)."

Jii.) loidik här dar S/n/crqyarf/ar.'

Ar sclidf/jf ümhi af da/ (/,i)-((r//f,i sIkiH.).

Af dr (Israelit)} s//alt)i isclit ))iii(ir ^[(iria,

./Jl((ii/()ii hi(,)rf9t br do, mihitr ISLiria^"

„JJi,)r hiurtn do af dain dal wniiu sJtcal).''

Bh wraidik har dar Shticapan/ar,

Ash('> do schpricJidt niiidfr Maria:

,,Ai'isPr zidclirit dai lurnu shcab."

Maria vim.^i sli,) in ir ivirtirlilc (Sclittrze).

Hhi frH(/ef sJ/i all in .i.ni Jtinil hoarh,

Sl/n Uinf/Jinfai, sJn) shingintai.

Pe tschau er in Göttenitz.

17. Maria und der Bräutigam.

Bio wrid ischi auf insJir praitigom. l

Ar ziididt all in zr hmr) (Trauung) .^rJican,

Ar jsidclut allin sr niesclij schea/n.

Bid loidili (traurig) hdrdf (war) inslir praitigom !

„Et loidil-, et loidik inslir praitigoin!" 5

.,Bi^ shöl i et loidil;, et traurik sltain ?

O'f'9 niainf) ivraint,) lient ('sind) uniar iini nii,

Main irii.itr i'int nn'i.ifr lient la'th^r (doch) et do."

Thid hin ischi kdin uiü.dr Maria:

„Et loidik, et loidik niain praitigom, 10

Bidrheln (wir woWen) diir sliain sehtot (statt) dain ini.itr,

Bi,yr heln difir sliain seJitot dain mi'otr!'-

Tomitsch in Mosel.

208 18. 8t. Martin.

Bh wrid isclit auf scliain Mnr - f! - ne, hie vria ischt nt'if sclitnu

K K

::ti=i^i"=:tr-

Mar - li - ne da - ho, dar liai - li - (/änchaiiiMar - fi - ne.

1. Bla ivrb ischt auf scha'm Maytinc,

Bi.) nri,) ischt auf schain Martlnr daho, Dar hailiffc) srhain Martine.

2. Ar hcht auf dl liiacht.) sha'ni,

Ar hehlt auf di /macht,) sha'ni daho, Dar hailige srjiai)/ Martine.

.?. „Geat, shotdlt nmr main eru/ischtle (Hengsteheii), Geat shoi)U mi.n' mahi enf/ischtte.'- daho Dar haiJif/.i srhain Martlnr.

4. Ar raitdt ahln am l>dy,i (Wege) prolt, Ar raltM u. s. w.

:">. Unt inion p.xjqpd an autr (alter) mini, Uni iiHo)i u. s. w.

<l. „Shö tolht midr hos In f/6t,)srh nüni,

In gdtdsch nuni, in Jeshisch mhn!" daho Dar JialJlf/r srhain Martine.

7. Ash(')dre (also) sehprlrh^t srJialn Martlnr: Ashödre n. s. w.

5. „Bos shöl i didr toll in götdsh mhn,

In (jotdsch nüm, in Jrshlseh tnhn?" daho Dar halll(/e srhain Martine.

!K J hon (habe) :>s harJain (walirlicli) ondrsrJi nlsrh J hon u. s. w.

209

10. Dos enyischt mifr mhr, dos hanf.>Ir (Mäütelchen) Dos engischt etc. auf midr,

11. Ar patdt in dal ondra hmrt (das zweitemal), Dai ondrD hu.)rt, dal drit) Jnorf daho, Dar haüigj schain Martine.

12. S/iö fuibt midr hos in g(jf.)sch nuni,

In gotjsch nüm, in Jeshisch wihu daho, Dar liailigo schain Martine.

IS. Äshödrc schprichjt schain Martine, Äshödre u. s. w.

14. I hon 9S harlain ondrsch nisch, I hon 9S u. s. w.

15. Dos engischt üntr midr, dos hantdJe af midr. Dos u. s. w.

16. Ar shnaiddt mon wüdr (weg) won hontJ a schtük, Ar u. s. w.

17. Dos toil i dior in götdsch nüm. In götdsch nmn, in Jeshisch nihn Dos u. s. w.

18. Ar raitdt a beanik ivirhin pos Ar u. s. w.

19. Shain hantdlc ischt hidr gonz gobän (geworden), Shain u. s. w.

30. Ashödo schprichdt schain Martine, Ashödo u. s. w.

21. Dos göt hil hühm, ischt laichtd gdtudn.

Bos göt hil hühm, ischt laichtd gdtudn daho Dar hailigd schain Martine.

Perz in Licht enbach.

Eine zweite von Tomitsch in Maierle aufgezeichnete Fassung 18 a hat für Strophe 5 f. Faim bäga do shizat an udrmr mon^ \ A nokintr, Hirn u. Wackerneil, Quellen u. Forschungen. III. 14

210

« puarwaJir (barfuß) »«<•/* und vor Strophe 16 Ar z/achat ai'is s/min i/len- •antn suhl. Mit Strophe Ki schließt Nr. I8'i. Eine dritte viel kürzere Fassung 18'* hat den Kehrreim: J>((r hniliip sr/icnn (schön) Marlinf, für sclidhi, was wohl nur ein Irrthuni sein dürlte.

18b. Martine.

1. Bi) ivrh isrJif auf sc/iran Marfhic, Ar raitdt hin an hdy,> prolf (hihoif, T)nr JiniJ/f/.) srhrav Maii/nc.

2. Am häy<) do shiztf (in aitfr (alter) nio)i, A}t häg.) do sJii.z.d an an fr luon da/ton, 0 lai'difir >tcJaan Martine.

5. S/n) toihf niior hos in gotdscli mim,

Sin) toild min- hos i)i (jöidsrlt nihn daJinm, 0 hailif/r sclica)i ]\farfi>n-.'

4. Bos hiJ irli ai toll in f/ofjscl/ itihii,

Bos hil ich ai toil in fföf.>srh mhn dalnim. Shö sJiti(/.)f dar srJiran Martina'.

'). Ar slnniid.d da)i hoidl an dr mitii anzhoi,

Ar shnaidd dan banfl an dr niifii aii.zhoi dala>i. Dar hai/ii/j srhcaii Martini'.

6. Nim hin^ tiiin liin. da antr mon,

Nim hin, nim hin di'i antr iinm <talani,

0 hailif/r srhcan Marti)a\

7 . I pin 9S et (nicht) an antr nnni.

1 pin ds nar dar ti.dr) (/öt,

Du hailigr sehean Martine.

Schröer, 438.

211

10. Vom heilisjeii Martin.

Jiia irrid isvhtanfschainMar - ti - ne. JHn 'irria ixriit

:tizS3=i:^zi:^=i=:1=i

aüfschain Mar - ti - ne.

Bio wrid ischt auf schain Martine. 1

Ar schteanot scJinioarönsch (des Morgens) giur wrh (ii'if,

Ar kraizigdt sin, ar drhOy,it (wäscht; sJii schean,

Ar Ugdt slil yiidr scJieandr udu,

Ar (jcaHÖt pdshächn (versorgen) shain an sJihH.ir.^.m l-hJain 5

(Kühlein), Shain an shhuDrzdn hidlain Mcadetolatn (Klee). Ar pdsJnclidt in schön shibm gonzai ju9r, Ashödrc schprichjf schain Martine : .,1 p^shlcli ai schön shibm gonjsai ju^r, Ldi koind ivrichto (Früchte) pringot idr mior." 10

Ashödrc schprachdnt dd shhudrzdn hidlain: „0 nisch, 0 niscli schain Martine,

Und moarn in dai zait hrt idr ivrichtlain win (finden), A piur roatai ehschlain (Ochslein, Kälber) mit güldain

hearnlain (Hörner), Mit güldain hearnlain ünt shilhrain klealain (Klauen)." 15 Unt ümar ischt kam (gekommen) moarn dai zait, Ar geanöt pdshdchn an shhudrzdn kiolain^ Ar pdshichdt bidr kleadetolain.

Atind hot ar tvün (gefunden) da wrichtlain schean, A pudr roatai ekschlain mit güldain hearnlain, 20

Mit güldain hearnlain ün shilhrain klealain. Unt hin ischt kam dai schtrengj hearschoft, Dai schtrengd hearscJwft drhearjt dos. Ashödo schpricJidt dai schtrengd hearschoft: „Lai bilscht du insch gdbm dd roatn ekschlain 25

Odr Mischt du aüfpaüdn dos naid gdschlös (Schloss).^ Grudt moarn dai zait müds ds wertik shain."

14*

212

Bij Joidih ischt schain Martine.

Äshodo schprac]i.)}d ih shhiidrsu Li.ilaiti: ■50 ,,0 nisch, 0 tiiscli sc/iahi Martine,

Bios göt hühm, ischt laichto <pfi(.>n.''

Und wertik ischt polar dos nai) (pschlös.

Und h'idr isclii hihii dal schtreufp hcarscJioff.

Äslindo scJiprirli.tt d.i hcarschoft h'idr: 3^ .,Lai h'dscht du inscJi gnbni d.) roafn. ckschhiin,

Odr hilscht du afpaimi a naiai h'irch.) ?

Griut moarn dai mit müos shi wertik s/iain."

Bia loidik ischt hldr scJiain Martine.

Ar geanöt pjshdcJtn dan shhujrzn kidlain. '*0 Äshodo schprächdnt dd shhuQrsn kijJaiu:

„0 nisch, 0 nisch schain Martine,

BudS göt hil hühm, ischt laicht j gottion!''

Unt wertik ischt hldr dai naid hirchd.

Unt hldr kinidt dai schtrengs hcarschoft, 45 Äshodo schpriclt.it dai schtrengi) hcarschoft :

„Lai hilscht du in seh gahm do roatn eksihlain

Odr wi<) ratscht du in seh af Eliajiark?"

Bid loidik ischt hidr schain Martine.

Ar gcat hidr ]),ts]i(ic]in an slihu.trzn ki.jlain, 50 Ashödo schprach.nd d) shhu,)r2n ki.ilain :

„0 nisch, 0 niseJi scJiain Martine,

Shö nim du 's Jiakle üntr's girt.)le (Gürtel)

Ünt hen du hrseht gean in schtikhi roin (am engen Rain),

Shö gaiseliiü ('giV)st du) /// ritten (Jochring) an oiitigtt

f sehne (Stoß). 55 J),> hcarschoft hrt ivli.iehn f fliegen) iti gritnfschpödti d.ir

heb (Hölle).

Bu;)s göt hil h/dnn, isthf htieltf.) gjtU(tn."

Pei'z in Licbtenbacli.

213

'iO. (woria. (St. Gregor.

:t:

^^^Ij

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Jih irria Ischt aiifsrhalii - ta Go - ri - a. Bis wrid isclit auf

x

f^^^^^^i

-\ ir-t-g-

I

scliain-la (Jo - ri

0 du hat - li - (jsr si'hmn-t9 Go - ri - a.

6.

10.

11.

Bid tvrii) isclit auf schimdd Goria. Bio wrid isclit auf schämt,) Goria. 0 ih'i liailigr schaiuto Goria!

Ar scliteanöt sclniioaröuscli gaor ivrij auf Ar scideanöt schmoarön^ch giidr wrid auf, 0 du liailigr scliaird,) Goria!

j: Ar zidclidt ahin mit shaiii öh-sclun (Ochsen) ünt rösch, .7 0 dii u. s. w.

j: Mit shain öksclm i'iid rösrh, mit reu (Egge) ünt pßi'ol', ;/ 0 du u. s. w.

/.• Ar gcanöt paii.ni auf lougjn okr. ;/ 0 dii u. s. w.

'.• Und wir (vorüber) do zi.iclidnt d,j götsclüaitj (Pilger) ;/ 0 du u. s. w.

l: „Bullin, huhin idr gotscldaitd?" :■ 0 du n. s. w.

/.• „Bidr gcahn (gehen) ahin auf schaint Goriapark (Gre- 0 du u. s. w. gorsberg) .•/

/; Und dort hrt shain.m naiai mcsclid (neue Messe), .7 0 du u. s. w.

i: Naiai inesclu ünt predige." :j 0 du u. s. w.

/; Ar ludsdt ptlaihm shain d' ökschdn ünt rösch .•/ 0 du u. s. w.

214

12. j: ShaiH d' öI'scJdh mit rösch, shain ecn ihtf pjh'aih-, ;/

0 du u. s. w.

13. l: Ar zidchdt ahin auf schaint Goriapark. :l

0 du u. s. w.

14. /; Und hij d,i mescltj ischt aüsgebdn (ausgewesen), ;/

0 du u. s. w.

15. /; Shö sidcJut ar hidr hinfrshi (zurück) hoim. ;/

0 du u. s. w.

16. j: Ar kim-dt hin zj shain longavi okr. ;/

0 du u. s. w.

17. I: Und dort do paüont dd eng^Iain, :j

0 du u. s. w.

IS. :l Und got dor hcar, ar shänjt boi^j (säet Weizen) ;/ 0 dii u. s. w.

19. j: 3{aria sJniaid,)t srhöu hoiz,) )tovh. :!

0 du w. s. w.

20. !: Ashödo schpriclhif schainh) Goria ;/

0 du u. s. w.

21. „Bujs göt hil huhm, ischt laicht.) gota.m,

Buds göt hil huhm, ischt laicht j gjtmm !"

0 du hailigr schaintd Goria.

P e r z iii Kuminerdorf.

21. Dar Mroashe Hear. (Herr Ambrosius.)

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Bia irrid isclit aüi'ihir Mrod-she hear. liia irrh isriit attf dar

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Mroa - she liear. In (/ö - tasck iiüm^ in Je - sliisch nüm, in

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- täsch nnm, in Je - .ihisc/i iiuni.

1. Bio tvri) isclif td'if dar Mruashc Inar. Bit wri) ischl auf dar Mroas/w hcar. In götdficli nihil, in JrsJii.<;r]i }imu,

In f/dtftsrli mini, in JrsIiisrJi ml in!

2. i: Ar sr/ifciniöt sclnnuarönscli (/ii,/r ivrij auf, :j j: In (jöf.isvli nnm, in JesJii&ch nümf :j

3. j: Ar hckdt auf, d.i knuclit.) iint diorm. ;/

In götdscJi mm, ii. s, w.

4. ': Geat, p,)s]idcli:)t (versorget) ier in rösch ünt ökschdn ! :j

In götdsch ni'iin, n. s. w.

n. ': Bi.ir (/cahins (gehen) paiian auf lonyon okr, .-j In (/öfösr/i mini, u. s. w.

(). i: Äi/flün(/,ni (j/,i\ ai'if s/nniirdai leaL) (ein Strich Feld), .•/ 7;^ (/ötisrli mim, u. s. av.

7. j: Bi.jr (jcahnis slidn.ni (säen) roatdn hoizj." :',

In götiiscli mini, u. s. w.

8. I: Ar heljf ai'if d.i ivrdg<) (Frau) sliain : ij

In götascli nihn. u. s. w.

.9. /; „JSfio auf, nio auf, irrdgd lidhai main, ;/ In götoscJi mini, u. s. w.

10. j: Gea, koch du mior in icoarniais (Frühstück) schean, .'/

In götdsch nihn, u. s. w.

11. j: In icoarniais .scliean, do jaishni {Mitta,gsm.aM) dopai! .'j

In göt.iscli ni'im, n. s. w.

12. /; Biör gcahni pai'i.ni auf long.rn okr, :j ' In gotisch num, u. s. w.

216

13. /; Auf Ion(jjn okr, auf shmudlai Icakj, ;/

In götosch nüm, u. s. w.

14. j: Bior geahm sliämm roatdn hoiz.).^' :l

In götdsch )nhn, u. s. w.

15. I: Pdhcnt hdrötn (waren) auf d) hiiaclifj ihit diornj, ;/

In götdscli nüm, u. s. w.

16. j: Shai pdshächdnt (besorgen) imonsch (ihm) dj rösch iiiid

In götdSch mim, u. s. w. ökschdn .•/

17. j: Pdclient häröt auf dd tvrdgj shain, :/

In götoscJi mm, u. s. w.

18. j: SJii köchdt imon in woarmais schean, ;/

In götdscJi mhn, \\. s. w.

19. : In woarmais schean, d<) jaisliD chpai. :j

In götdsch mm, u. s. w.

30. j: Ben shai hent (sind) kam auf hng.m okr, ;/ In göfdsch nüm, u. s. w.

21. !: Aiif lonyDn okr, auf shmiolai Icakd, ;/

In götdsch nüm, u. s. w.

22. /.• Dar longa okr ischt schön gapamt, :

In götdscJi nüm, u. s. w.

23. /; Dar roab hoizj ischt schön gashändt, ;/

In göfjsch nüm, u, s. w.

24. : Ashödo schprichdt schaint Mroashe hear::.

In göt.)sch nüm, u. s. w.

25. „In gotisch nüm ischt aus (alles) gild z> tfi.n/. In götdsch nüm ischt aus' gÜ9t Z9 timi!"

In gotisch nüm, in Jeshisch nüm, Tn göt,isch nüm, in Jeshisch nüm!

Perz in Licht onbacli.

217 22. Lianart. (St. Leonhard.)

Bid irrid isr/d <iii f schdint Lianari liear, ßh lorh ischt auf schainl

^<it-

3

Lianart hear! Hol TAa - nart shö ga - denk <i,f iiiscli im hind huach!

1. Sh ivrk) ischt auf schawt Lijnart hear, Bij ■fvrb ischt avf schaint Tji,nuirt licar!

Hol Lijnart, shö gjdoih- af iiiscli (uns) im himl lioach!

2. j: Ar kraizifpt slii scheint, ttnd drhi'itjcd [wäscht) s/i i scJti'att , ;/

Hoi Lmtart shö (pdevk af inscli im html Jioach !

3. j: Ar slichjt ahiit am btkp (Wegej proit, :l

Hoi Lt.ntart u. s. w.

4. /; Ayn häip do schteat a Jintle (Linde) t/rictn, :l

Hoi Ligjtarf u. s. w.

5. j: Bid scheano shimpt dos litttJe grkm! :l

Hoi Limiart n, s. w.

6. 1: Ashö do schprich<)t schaiitt Li:mati h<'<ir::j

Hoi Liduart u. s. w.

7. /; „-Bai (warum) sltingdscht shö scheauj di't Jiittle r/ri.m?" ;/

Hoi Liduart u. s. w.

8. /; „Bio shöl i's midr et (nicht) schcartj shing? :'

Hoi lAonart u. s. w.

9. I: Ai'ts mior hnit shai (werden sie) »tocJiJU ait autartisch

Hoi Lienart u. s. w. (iiltartisch), ;'

10. /; An autartisch, a pix'digscltti'tjl. :l Hoi Lirnart u. s. w.

218

iL ,; Fai iii/ir iril (viel) hhscJi.hi y.tlcsh.it hnif sIküu, ;/ Hoi Liniart ii. s. w.

12. j: ^Vi/ //((ili(/(ti hoari (Worte) </j ml f (geredet) Onit shahi." :/ Hol Li.imui 11. s. w.

iö'. 1: Ar .il)ch,it (( hidtiil,- /rir/iiii )>os (wenig weiter);/ Hol L'uiKirt u. s. w.

14. ;; Vaiiii hdj/,) do sr//fcaf a j)Hr/<ihii poar.i) (krumme Buche), ;/

Hoi LinKiii u. s. w.

15. I: Bi.> sc/ifdii.) du sliiiuj.ii dai pi'i<latni poarzo! :l

Hoi LijiKirf u. s. w.

16. j: „Bai (warum) s]/iiHj.isr/if sliö svlnan.) di'i püdatai poarzo?" ;/

Hoi Li.niart u. s. w.

17. /." „Hi,i slinl >'s iin.tr cf scJirai/i s/iiii;/?:'

Hoi Li. muri u. s. w.

1<^. : Ai'is niiir hnd sliai mo<liu a pß/lif/s/iäh (PÜugsolile), ; Hoi Li.iiKirf 11. s. SV.

l.'K ': Shö off slitii hnd .:<> ixii'i.ni n.tidinnii lauhelien), ;/ Hoi Li<ni<irt u. s. w.

20. S/iai hnd itonhrtciii In ijötosrh tu'oii, 1)1 yöb.scli ni'rin. in Jcsliisc/i muii,"

Hoi Li.niiirt u. s. w.

21. j: Ar .iijr/nf a hvaiiil,- nir/iiii jjos. :

Hoi Li.nnirf u. s. w.

22. /.' Puini hd;/,! do schtcat du lui'.trh' i Ali(jrn) <iri,>n, .•/

Hoi Iji.oiiirl II. s. w.

2-'). : Hii lioisj (h) hoimf i weinet) (his i'iir.irh' (/ricii ! :; Hoi Li.nidrl ii. s. w.

24. ,: ..liui hoih.isc/d sin) hois.i di'i t'norh' (/ricii?" :' Hol Li.rnarf u. s. w.

219

2ö. /; ,,Bit sJiö/ i's niiir et hoisj boin?:! Hol Lhnart u. s, w.

26. /; Aus min- hnifs/nd tHor/i.ui (i laikoivahitisch(Leik?iiiitiHo]i). :\

Hol Lifuarf u. s. w.

27. j: W'/l scheUdnsch find ich'uch.itiscli pai nii,>r hrf (j.iraU (ge-

Hoi Lbnart u. s. w, redet), ;/

^.9. Wll uuyjmclits yaut (Geld) pal nujr hrt g.Xii'Ji, Wll uny.rnichfs yaid pai midr hrt yjze(t." Hot Lianart sJtd yjdenJi auf inscJi im liiml hoach !

Perz in Brunnsee.

23. St. Paulus.

JDsr haiJiyd Paulus bdröt (war) in yridnan haut (Wald). .,Bos hrt dain ds Jwschto (Kost) }iar (nur) sliain?" „Sclipaishd nar sliain dd hirBdJuin (Wurzeln), Trinhi nar d.tr rdyn (Regen) hrt sliain.

Boschn (zum Waschen) nar dar hn.wnu) (warme) räyn, 5

Trükn (zum Trocknen) nar shani hrt dal hiurnid sln'in (Sonne), Roschtd (Rast) nar shain hrtaüflai'itr welsJin (Felsen) mit sclitoindn, Schfarbm nar shain pai Jeshisch ihtt Maria,

Do hrt main srhtarhm nar shain. ^'

Scliröer, 437.

24. Der heilige Stephan.

Shai hont schtoindr gdpold (Steine geworfen) fa Sdifcfon, da)i 1

liohm main.

Ar riiliot (rückt) shi et, ar ridrd sJri et (nicht).

Shai hont mon (ihm) ujnyopölet, d.> schtoiiidr.

Ar hot ühr nisch yjscJip'lrjt dar Sehtefon lichr main.

Drkronkdt (erkrankt) ischt dar Schtefon, dar ScJifefon ji'inh\ 5

Zj imon 'seht Jcnm dr nni.dr (Vater), sd sliainjm li,)hm shün.

„Bamon (wem) srhofjsrJit (verschaffst) du d:) yi.dr, o Srhtrfon

main ?"

„Ich hil shd aich d (nicht) schofm, o wujtr main.

_ 220

lor )in((j,if (könnt) sh,> rt rcffbrit, ijr shait z.> aiit (alt) darzu,)!" 10 Sh<\ scJqjracli ZJ s/i((iii.iiii inidr dar Sc/itcfuii jütdc.

J)rln»il:>f lsr]if dur Srhirfoii, dar Schtcfoii ji'ink,

Z) inioii frii d.t nii'idr, (h niü.dr shaitt:

„Ohr dfi Sfliirfuii, dl) li.ihr imtiit.

I j)'nt dnili d(ii iin'i.tlr daiii. i^ S/iö hrscJifi'i (wirst diu iin.>r /rrschofiii d.> f/irfr didri,

Sliö hrsr//ffi tiii.ir trrscJiofii/ dt (ji.dr dniii!"

..Ich hd s/i,> (lieh (i sritofni, o inä.dr nui'ni,

Jjr )in«j.d sli.i et rcfiitni, i.ir shait z.) ant darzud!"

Drkronk.)! ischt dar Schfrfoii, dar Srhfefo» ji'mk, '20 Z,) imori irit <hir jtn'ndr, dar prfi.xlr .^haln :

„Banioii (wem) sc/ujj'.isrhh'i ih (/d-fr, o prü.idr niain

Bamon srJiofjschh'i d) (i'i-itr, o Srhfcfoidaiii »lai»?"

..Ich hiJ s]i.) di.ir et schafnt, o /in'i.jdr niain,

Dil lUHi/.isihf sh.i et ny'uirii, du pisclif z.i ji'nik!" '^^ Drkraiik.d ischt dar Schfcfon, dar Schtcfontairi.

Zi iiuoH trit dai litiu. dai li.ihischt,) shaiii:

.,() Schtcfoii liij.ischli'i in sJd)iir,iii (schweren) kroiikhait.ni,

0 Schti'foii lit/.ischtü in toadisrlipct.ni (am Todtenbett) ?

0 Schtcfon, lict.) tiiint.in (welclie Wunden) ti'i.inf di.ir nicar hca

(weh), 30 TJj <ioschtoch.ni.ni ödr d.i i/diok.d.ni ?'"

„Ben et de f/.ihok.d.ni liiirait.m (wären), u li.iliai niain

Um dl i/.ischtöch.in.jn In'irait iiii.irs et!

Banion hil ich (jähni d.i i/i.dr inain '^

Ich hil sh.) (/fittiii Miria i'int d.n- li.ilnn inain. 35 Olli toil ttil ich (lOlnn d.ir lidnn inain,

Dai hat et (/eicrnf/.it (gefragt) ihn di i/i.dr niain.

Dai ti.ili.i hot i/eicri'n/.it ihn di tinnt.m inain,

Um (i) f/./Jiok.d.ni iinl d.i f/.ischtöchjn.in.

Maria hil ich schofin oin schti.xjtain jiroit (breite Stiege), 40 Oin schtiMftain iron ijölt (Grold) find nianmilschtoin.

Und hear (wer) af dos schti.xjlain lirt trat. in,

Brt af nii f/.idenk.in. (iöt shöl nion /ni.irinharzik (barmherzig)

shai)!.'' Schröer, 4811'.

221_ 25. Dar wraiiiiou (Freier).

Vt'io ir7-id isvht mif

^esigi^-lülülig^il

schean. lih irrld isclit (ivf Lit - zai - ii scheati.

Bi.) ivrl) isclit auf Lüzaia (Luzia) scJicaii. 1

]j<ti (nun) hu sJti sclnnoarönscli ivrh ai'ifsr/itiaf,

Shi U'.y,)t shi (judr srhcauai lon,

Ski tüonait (thät) shi gram ivrJmirot)H.

Und hin ischt htm dar wraimon schran. 5

Shai ricJitdnt iun d;) hoacksait schcau,

Shai zidchdnt ah in zjn lirchlain bais,

Shai luosonf shich hhun (trauen) tvon pforar shJjHDrz.

Und JioiiH do si,)cJunt d) prai'itlait^.

Äshödo scliprichdt dar wraimon scltcan : 10

„Nü9 asrd und irinl;)f, main.i hoachzaitlaiU,

Sho ncatdt (nöthigt) /'.»■ niidr main scheanai praüt d!"

Ar zidchdt ans w a)i (in,)}i,) shain (seinen Garten),

Ar ivoht (fällt) nldr auf shain d,> Jniis:

„Och göt, ocJt göt ivon himl hoacli, 15

Shö luds du Jieani a schtindain Jdoin,

Shöl i's pJaibm pai niainjr praütd

Od,)r shöl. i's gean in ivreuHii (fremde) lont?"

In helkJain (Wölklein) hoach hcart ar a schtimlain hloin :

„I)ü shölscht .)s (/ran iu ivrrinai lont, 20

Shö luds du pkiihtn daiu scliraxai praüt !^'

Ar ischt ünid g,>raish/d shihtn gouzcü judr,

Shibni gouzai jujr, shdnn go)iz,) fugj.

Uud Jiintrshi (zurück) 'scJ/f Jcdui dar n:rainion schean.

Bei seiner Rückkunft gibt er sicli nicht zu erkennen, sondern bittet nur um einen Platz unter der Stiege. Dort lebt er viele Jahre. Nach seinem Tode lässt er einen Brief zurück, worin er seinen Namen nennt und für die gute

222

Behandlung im allgenieinen, für die Rüben, die ihm als Speise gereicht wurden, im besondern seinen Dank ausspricht. Die alte Sängerin konnte den Sehluss nur in freier Prosa erzählen.

(Beim Singen wird jeder Vers wiederholt.)

Perz iu Lioliti'iihacli.

2(). Dar shindar groas. (Der große Sünder.)

^iEÜi^^^iü^li^^lÜifil

liis

rid ischt ai'if dar

sliin

dar

f/roas.

^|==i=iülE?=i?il^=='l

^^^

:[:=::

Jus trria ischt

mif

^:

dar shin - dar groas, rit.

il^i^^li^il

Je, - shisch dn pCorm-lu

gr

1. Hl) u'fii Ischt auf d(tr sliindar ffnxis,

Hb ivrli) ischt auf dar shvnJar (/roas, 0 Jeshisch du puyrniJiarsigrf

2. !: Ar züchd ah in am häfp (Wege) jw-c/7, .•/

0 Jeshisch du pn,)rmharziyr !

.->. •: Unt iuion pMicgnt dar lifh) (/ot ;/ 0 Jcsh/srh du pu.)rmhar.zi(ir !

4. :: „Buhiu, huhin du shiudar ffnxis?" ;/ 0 Jrshisch u. s. w.

.'5. /.• „I f/raii .IS ((hin, i bois (weiJi) et hu (nicht wohin). ."/ 0 Jeshisch u. s. w.

6. j: Ä groasai shint,) (Sünde) lion -i gjtu.in, .•/ 0 Jeshisch u. s. w.

223

7. '; DruhJth/)! hon i niaiii ivfufr im/ iin'ufr, :' () '/rs/iistli n. s. w.

S. '; Jh shhcschtr fint pri'ixlr isc/if mi.ir /.iiiiior (kauni'i nihicau. ;/ () JrshlsrJi u. s. w.

!). j: Li ini.itr hon i p.xjn'thni hli/fr (l> hriHsJ/i/f/r. ;/ () JrshisrJi ii. s. vv.

10. '; Tb müjtr hon l pogrnhiii liiiifr d^ ^fhfiih]ufh-.'- ;/

0 Jefihisch u. s. w.

11. /; Ashodrc (also) ^cliprirh.if dar lid),i f/öf : ;/

0 Jcsliii^ch u. s. w.

1^. /; .,Sh6 zhch ds du af an hoarhn pari: (Berg),;/

0 Jrsit'isrh n. S. W.

1P>. ': Bort linidudscldü nalr ihdr an (''Jpdni ((jlbanm) <ir'r)n ;/ 0 Ji'slnscli u. s. w.

14. I: Uni hridnascht dort draiiii/draisil- jujr!'- :j 0 JeshiscJi u. s. w.

lö. I: Uni lihi isrhf Inrn dar Jl,)hf) (jot: :l 0 JesJiiscli n. s. w.

16. i: .,Schtea auf, scldea ai'if du sliindar groas, .*/

0 Jeshisch n. s. w.

17. : (Mr) daiuö shiidn licnt (sind) di.)r nocJapTiMSu!'-' :j

0 Jeshisch u. s. w.

18. !: ,,I nmg 3S harlaln (wahrlicli) cf nicar aüfschfean, :'

0 Jeshisch \\. s. w.

19. /; Ma'mj zeachla'm (Zehen) hmit hlrzlain (Wurzeln) g^rosät

0 Jeshisch u. s. w. (gefasstj schon, ;/

20. ': Maind negdlain fraihrint schisUnglain (Schößlein), ;/

0 Jeshisch u. s. w.

224

21. .: Main /lar.z/c ischf init slunit,) (Saud) /cjris/ni (bedeckt.) ;/

(> JcsJi/sc/i u. S. AV.

22. j: Mahl hapt/c (Hai'i[)t) fnifi.if f/ri.oi./x iiil.isr/i (Moos)." ;/

() JrsJiisrli u, s. W.

2-'». j: „Schfca auf, sclitca auf di'i s/iiiidar f/roas. :l 0 JOsliisch u. s. w.

24. j: O'f',) dain.i shintii hent dior mrziclin !^' :l 0 Jrsliis;rh \\. s. w.

2'). !: Ar wosot (fasst) in xlii)idar, pal hal.'^r Jtonf, :j () Jeshisch u. s. w.

20. Unt ividr.)t (führt) in ane/in (hinauf) /;/ Jrini/ hoacli,

Unt tvidr.d in aüchn in hinü hoacli,

O Jcsliisch dii pmrniharzigr !

Perz in Lichtenbach.

In einer zweiten von P e r z niitgetheilten Fassung fehlt Sti'0]ihe 18. Der Schluss für Sti'ophe 24 lautet:

,,Dain9 shintn hent didr uirzichn oi9." Unt auf nÜ9 schtent dar ,shindar ffmos, Shai zidckant ahin in hoac/ni liind 0 Jesldsch u. S. W.

27. Regina und Jesus.

1 Won dort do sc/draf oin garilr (Gärtcheu) niii yo<(s]i,)ii iseJds

ii.)n(/.>s/idn (augesäet),

JJurain svhpozirt oin jünka'ni mit oin shncahaison kloit.

Ski ii'i.d d.) roashon prachon i'int (/ri^nju niajoran.

„Güd moarn du jinglinh, di'i O'f'rscheanschtr main!" ^ Shi roirltrd inion oiv peschlc (Sträußchen) mit griimon majoran.

„ScJican donk, dn jünkwrä, du O't'rsrhcanscJd,) niain!''

„Bti pis<:lit di'i ingdkäm in main roashdngujrt?

Maind tir.in hent (siud) wrscldöfijn, main.) nmiurn li.nü z.) hoarhf"

Midr hent koin.) tirn wrschlösm, niijr hent koinj n/ai'i.>rn z.^ hoaoh !" ^^ „Bij hoisjt jimkivrä, dain ndnw, dain ndmd?"

225

„Main namo dar hoijJot Hegina. Bi9 hoißdt jinglink dain nanid, dain nam.) ?" „Main nani,) dar hoißdi: hear Jesus liolßctt main nam." „Ben dain nanidn holß.d hear Jesus, shö ^liscJit du gotisch shünf" Schröer, 459 f. Gemischt Schriftdeutsch und mundartlicli.

28. Kille, (ßegine.)

Bij wrid ischt auf dai scheand Ktne. 1

Lai bid sJii schmoarönsch ivrid aüfschteat,

Shi petdt auf ir peile hais,

Shi hewdt udn, shi shingdt schean:

„Bai (wozu) pet ich auf main petle hais, 5

Ben pai midr main hear (Gatte) et shlufm (schlafen) iiiDt?

Bai ondrn haihrn shlüfdt ar."

Unt dos drheardt ddr hear ir:

„Bai shingjscht asJiö du scheanai Ktne?"

„/ shing hid 's liddlain schteat ünt geat." 10

„Shö gean hidr poidai hol aüsn schpozirn,

Böl aüsn schpozirn Sdr poinschtühm (Beinhaus)/''

„Lai et, lai et (acli, nicht) main scheandr Jiear,

I gean et aüsn schpozirn."

Ar ivrügdt shd dai earschtd wuort (mal), 16

Ar wrügdt shd dai zhoitd wudrt:

„Sil 6 gean hidr poidai hol aüsn schpozirn!"

Shi legdt shi gudr scheanai udn,

Shai geangönt poidai aüsn schpozirn,

Böl aüsn schpozirn zdr poinschtühm. 20

Ar widrdt (führt) sliai hol in dd poinschtüho,

Ar schpeardt dd toard hol weschtd züd,

Ar zintdt dos liaüsch af o^ wior ekn uon:

„Shö prin (brenne), shö prin, scheanai Kine!

Nüd shing, mh shing, scheanai Kine!" 25

„0 hear, o hear, du lidhr main,

Vrpudrm (erbarm) di noch a wudrt ihr mi!

Ben du schön ihr mi hoin drpuorm et hoscJtt,

Shö drpudrm di doch ihr dain jüngdn shün!"

Hirn ti. Wackerneil, Quellen u. Forschungen. III. 15

226

30

.,1 //<))> ihr <// ho'ni (IrpK.n))! cf nudr,

Und Ix'dr (Ion/ ji'nKj.ni sliini Ini he/ (wird wollen i hnlnii,

Dar hrt n schon ivrshoarnti 1"

Ar shclut hldr sclivan /nnfrs/ii hoini,

S/id hid'iffjr, shö trai'iri(/ir. 35 Und hi,) ar lioini isrlif häni,

Ä/ioimj hoini (weint) s/iahi ji'inijjr s/nhi,

Shahi sin'in dar hoini dfich ('ritpr (immer ärger).

Ar nänui liar sliahi jihtfpm s/ii'oi,

Ar fnh/ji hi liin z\)r poinschitthm. 40 AJiant hui ar wün (gefunden) a koprlthihi,

Atin (darin) do ischi dai sehcauj Ktnr:

.,Shö tci (säuge I, sliö iei dal» jiinfpn shi'in,

Ben du schön ihr mi koin drpudrm et hascht,

Shö drpmrni di ihr dam jungen shün!" '15 ^^ 0 hear, o liear, o lidhr main,

I JiO)i ml et drpiurm ihr di,

Und a net ihr dain ji'ingjn shnn.

Bio hil i tetn dain jung. ni sln'm?

Maino prischtj heni nii.ir jvrpri'nt (verbrannt) /''

Toinitsch in Obermösel.

28*. Kine. (Regina.)

srhcd - ny Kt

1 Bio ivrio isehi ai'if dai schrano Kine,

Shi Iraizig.d shi sehean, shi drlii'ig.d fwäsclit.) shi sehean, Shi legot shi guor seheanai ti<ni, Shi pet,)t auf ir peile hais, 5 Shi shingot ühr Tai a shö (nur so) .•

„Bai pjet i auf main ptetle hais, Ben main hear ahoimo et shlnfot? Ar shlnfot aiöhn pai LoitjoeJi hais, Tai Loihoeh tjais, pai seheanon ivrngn (Frauen), 10 I*(ii seheanon irrägn, pai Mogreatiztain (Margrethen)."

227

Utid (los (h'hcar.if d.ir licar ir:

„Hai s/iirtgjsc/it as/iö <li'/ srhrauui Knie?'-

,,I sli'nifi .)S jo Jai a s/iö,

Lai hits i)t Judlaln sc/itrat i'iiif (jcdfr'

Asho (h) sclipriclut d,)r licar .ir: 15

„Dil sclieanai Kine, Ibhai ntain,

S/iü leg .).s lun dos shüntogaind gjhatdlc (SonntagsgeM'ancl),

Bidr wiorn (fahren) Iiaint ai'isn afn sclipoimr (Spaziergang) !"

„Böl et (wohl nicht), hol et, du hcar main.

Es ischt ds et dr präch (Brauch) asho, 20

^^9 ji'inga haibr geant scJipomm."

„Leg di udn, leg di udu, du scJieauai Knie!"

Shal shizdnt aücJm afn hügu (Wagen) scJiean,

Shai wudrdnt ahm zdn Imzowm (Heizofen).

Ar ludt (lässt) iidnhoizdn dan öwm groas, 25

Ar tüat in pöhn (hineinwerfen) sliain scheanai Khie.

Ihr a Idoin halb 'seid sin toat gshun Tgewesen)

Und aüsar 'seid gdivUcJm a slineahaisai tauh:>,

Ski wUf)cJi9t aücJin zan mitrn ivanschtr (Mittelfester).

Asho do schpriclidt dr z'nicliid (nichtsnutze) liear: 30

„Lai hear hrt mi3r fein (säugen) dan jüng,m sliiin?"

Ashö do schprichdt shneahaisai tauhd :

„Lai hear hrt 'n hcl (wer ihn wird wollen) liühni,

Lai dar hrt 'n tetn."

Perz iu Lichtenbacli.

29. Vom Türkenkriege.

t5— I *H— b * -P * * •H ^ ä r-*--\

In 0 - - li - na pöcln scJäeat a hau - die gridn. In

0 - - U - na pödn schient a hau - die grian.

1. I: In Ogülina pödn schteat a haudle (Wäldchen) grhn :l

2. /.• Und ivir (davor) do ligid a sJnnuolr schtailc. ;/

15*

228

.9. /; Drion <h hif.it a jutxjr söhlmt, :',

4. j: In mihi baudhihi sr/ifraf a /.o/xh/ain ;/

r>. Üiiil aüsar mihi (meldet) sliirh ilai iiaHii/.), T)(ä liaUig,) jütikwra schabi Barhani :

G. :i „BiiliiH, buh hl ih'i Ji'tng,)r si'>/i/n,)f '^" :!

7. /; „Ich müds ds gean ins groasd her,

Ins groasd lier, ws ürcischd."

8. •: „Nar hend (wann) Jciimschti'i hhitrshi (zurück) lioiiu?'' ;/ 0. ': „In Ogülina pödn sditeat a Hntle griw, :

10. j: In Beifnizar podn schtcat an ülmahiär sc/iföJc (Ulmen-

T-. , •*• X 11,-, bäum), ;/

11. Ben de) escht (Aste) zdnondr brtit yoidi.»!,

Denjr kini i bldr hmtrslii höhn.

12. Zonondr roich,w brnt shai mm.wnirar, Und liintrsJii Mm i d nmurmmr !"

IP). ,,Sh6 denk du Jai an dal haiUg.'),

Dai Jiailigj Ji'rnkwrd schäm Barbara.

14. Shi ischt pal O'f' dan kronkn,

Shi ischt pai O'f' dan schtarbintn ! "

15. ,; Ünt hintrshi kirn i dörJi nimirmiar. :j

16. 1:1h tirciscJni iiiiiitn (Flinten) brnt (werden) main.t kcr.~hiiii

s/iain. :j

17. /.' i).> tircischn hvntj brnt maind glcclain (Glöcklein) shuin. ;/

18. ': I)j tircischn rösch (Rosse) br)d main^ pegreb.irlain shal)i. :'

19. Dos oind hrt ml inin trdtn, Dos ondr^ brt mi ansar trdtn I"

T o ui i t s c li in Straßeiiberg.

Mit kleinen Abweichungen schon abgedruckt im deutschen Kalender für Krain 188!», 64. Eine zweite Fassimg von Perz in Lichtenbach hat eine andere Eeihenfblge. Nacli Stroplie 7 folgen 16 19, 13, 14, 8—12. Nach Strophe 4 steht: „Nnr bos m- a hailont ischt atina (drinnen) do?" für 9 lintle grhn \ steht olrhaindr schtölc, für 10 vlmiiindr sclitok ] aihaitidr pilm (Eibe), für 16 irlinfn \ nahh (Säbel). Strophe 15 fehlt.

229

;i(). St. «sirbara.

„SchratiDii Watvarle (Barbara), scheanjs teaclitrh,

S/iö tili di, Wüivarlo, wi-hairoton!"

Wr/iairof.in hil ich mich, mfutr, ulmrninar;

Hrar JcsJii'i Krisc/if Isrht itiaiii jtraitlgoni,

Miiotr Maria isrlif inai)/ iri.iruriii (FUhreriiij!"

Sin paiait slr.) dos shoit ün dritj wu,>rt (mal) :

Sliö ti'u di Waivarle tvrliairofn,

Bior hell/ (wollen) pai'cm oin turn (Thurm) tidf,

Bijr poLni (werfen) di in tarn hinain,

Bi.ir ht'hi paü.)!! oin inrn proit,

Zbdf lloftr proit ünt zhelf Idoftr ti.jf!"

S/iai pöhnt Waivarle in turn tidf,

Es hhvjt (hebt) u.w i'mt siringot scliean:

„Hear Jes/iii Krischt ischt inain xyraitigom

Miotr Maria ischt main ividrarin!"

S/iö pit,)t scliranjs Watcarle:

„S/io pafot niijr lin.in (Fensterj drai,

I)ai carscJtt.f lin.i, hu d.> sliün aüfgeat,

Dai jiboifo, hu sJii zd mitügD schteat,

Dai dritd, ha sJri göt wölgn (folgen) geat,

Dai dritd, hu sJii göt wölgn geat.''

Hinauf ischt gjivlöchn a shncahaisai taühd

Pis in dan hiinl lioach.

Scliröer, 495.

10

15

20

31. Scheans teaclitrle.

:1=d=t.-=:*-=^z=J-g=i=^=^_z=^=:

V—V--

bün - (Ir-scheans (euch - tr

jg^ll

le, lal - bes o - is mo - am shö schean hot ga

mg.

1. Es liiDt a )uüjtr a hündrsclicans teaclitrle,

Lai hes (welches) O'f'j nioarn shö scJiean hot gdshüng.

'230

2. 'Sischf amoant Nniark(ini( einMorgen Leraiigekommeii)

ünt '.<! hot et nicar (jdslii'oiy, Lai n'umont liot ,ts nicar ivriium.

S. Paim .s/ili(fkaiiirf((iii /ioii(/.nif (h s/ilis.ilaiit, T),> niü.tir isclit hant .z.ni sliJnfkanirlahi.

4. S/i i isc/i t yean wrüy,)n (fragen) dan hoch far (Wüchter) jniik, S/i6 schprichdt do itn'otr zjn hochtar ji'ink:

.'). „Hol hochtar, Ibhr main, Ibhr hochtar jünk, Lai hcmon (wen) liot ior dürclduQsn yean?"

0. Äshödo schprichjt ddr hochtar, hochtar ji'oik: ^Lai nidmont ischt et do dürchyayean."

7 . Shi ischt yraii tvriiy.m dan schißiimi jintk, Sho schjirichjt dj niilitr Z3n schifmun jihik:

8. .,Hol, schifiiion, li.thr niaiu, liohr schifmon jiiiil-, Lai hemo)/ hat i.n- ihryowi,w9t (übergeführt) do?''

9. Äshödo schprichot drtr schifivo)i, ^tohifitioti jünk: „Lai nidmont Jion i et Ihryetvidrt."

10. Shi ivrüy.d noch a hiurt (mal), dai ondr<) hiurl; „Lai hentoit hot ijr ihrydwidrdt do?"

11. Z,)r mudtr schprich'd dr scJiifmon jünk:

„I hon js ycwicirjt, lai hcar ischt kärn (gekommen).

13. Kam ischt a scheanDS tcachtrlc, Hairotn tü,)t es nimrmear.

l-'l. Lai ivudtr Jcshü Krischt ischt d.tr praitiyoni Bai müdtr Maria ischt do widrarin!"

Pcrz iu Liclitenbarh.

Eine zweite Fassung 31*^ hat Toniitsch in Mosel mit der l'ber- .schiift: „Die Klosterfi-au" aufgezeichnet. Hier steht nach StroplieB: „Dos petle ischt schenn arifr/opetal \ Schenn dhrndle liyat et dar auf. Hier fehlen Z. 2, 1; 3, 1; 7, 2 und die Strophen 4—6. Der Schhiss aber ist bei Toniitsch vollständiger, er lautet für Strophe 12 f.:

231

„Ihryju'tirt a hiindrscheans diarndle,

Mit scheanaii shbiiarzait ugalain (Äuglein),

Mit Bcheanan roatan hangahdn.

„Oi toclitr, oi tochtr liabai luain,

Shö gea du noch ti mort hintrshi hoiin (noch einmal zurück heim),

^Luf dttiiwr huartant (warten) da barii-drlo.hi (Werber)."

„Ich hon 98 schön a praitigovi,

Ilear Jeshisch isrht nuiin j)r(iitiguiii ,

Marin isrht viniu /riaj-arin!"

32. Katharina.

^ 0—

Bia wria ischt auf sehen - nai

:=^=r^

Ca - td - ri-

m

ischt auf schea-nai Ca - ta - ri - zc

Bid wrid ischt auf sei i aanal Gatdriza. i

Lai hid sJri schmoan'mscli gudr wrid aüfschteat,

S/ri kraizigdt slii ihtf clrbügdt (wäsclit) sJti schean,

S/ii Ugdt shi gior scheanai ton,

Shi zidclot ahin zan hirchlain hais, 5

Zar liailigdn niescJi9 mit predigd.

Lai hid dd mcsclid om peschtdn 'seid gdhdn (gewesen)^

Hin du hinidt dar earschtd pötd (Bote);

., Geat lioim, geat Itoim, scJieanai Caforiza,

hl aidr haitseh heut di rdharlain (Räuber)/" 10

„Sliö shaion sJiai, sJiö shaidn shai in götdsch mim,

In götdsch mim, in Jesliiscli mim.

I gean et beh (nicht weg) won dar hailign mcsc/io,

Won dar hailign mesch, won dar predigd."

Und hin du hinidt dar zhoitd pötd: 15

„Geat hoim, geat hoim, scheanai Gatdriza,

Aidr naids haüscli in ivaidr (Feuer) ischt!"

.,Sh6 shai ds nar in götdSch mim.

In götdscli nüm, in Jeshisch num.

232

20 I gean et heh won dar hailign mesch,

Won dar hailign mesch, won dar jpredigd." TJn hin do hinidt dar dritd pötd : „Geat hoim, geat hoini, scJicanai Catdriza, Aidr jüngr hear ischt zan scJitärhm Jcronlc!"

25 „Shö shai ar nar (nur) in götjsch mm,

In götjsch nüm, in Jesl tisch nüm," Ünt Md dai hailigo meschd ischt aüsgabän, Shi zidchdt hoim zan naidn haüshd. Afn hägj pdgegnt ir dar jüng^ hear,

30 Shi wrüg;)t in lai ashö,

Bu9s dos hait wor drai potn hent gobän.

„Dos Jient gdhdn drai peashd gaischtr (böse Geister)."

(Jede Zeile wird wiederholt.)

Tomitscli in Mosel.

In einer zweiten von Perz mitgetheilten Fassung stehen andere Nachrichten. Für Z. 10 ,Dain mon, dar ischt 9s ttmintlain (feindlich, sehr) kronh" ; für Z. 17 Dain mon, dar ischt 9S schon gdschtourbm für Z. 24 Dain haitsch ischt aus in oinem loaiar. Der SchluSS für Z. 30 32 lautet hier: „Dr man dar ischt gdshiint gabän | Dos haäsch ischt u ganz gahän \ Jo, gonz gebän, lai 6t9 zdwoar \ Bia loroa »uia baröt scheanai Catariza.

33. Dai shintiga sheale. (Die sündige Seele.)

shin - ti - ga

3=^l3=i=3ErifeE5fe^EEfeJ

shea-la. Bia vria ischt auf da shea- la, dai shin-ti-ga shea-la!

1. j: Bid wrid isclit auf dd sheah,

Dai shintigd shrah/.'l

2. /: Shi zidchdt ahin am hägo (Wege),

An oindm proitdn bäga .•/

.?. /.■ Und ir pogegrä an oujl, A graüshomdr engl. .•/

233

4. j: Mit kozatn widsn (zottigen Füßen),

Mit prinintn gridsl (Rachen). ;/

5. /; Shödo schprichot dr engl,

Dar gmnsliomd engl: :1

6. /: „Bidiiri, hnlnn du slieah

Du sliintigal sJieah? :l

7. j: „I zidch aliin in himd't

In oindn Jioachdn himdf!" ;/

8. j: „Du Jiosc/if OS et (nictit) ivrdimjt

In Innij'f' in 20 geanon. ;/

9. Dar ha'digd Michaele

Dar liot di et gdhügdt (gewogen), /; Ar müds di tvridr hügmi! ;/

10. !: Dar liaiUgd MicJiaele,

Dar hot di gdhügdt, :l

11. j: D) hüg.) Iiot gozochn

In dd lieh (Hölle) an pddnl" ;;

Perz in Liclitenbach.

34. Dar shüntok (Sonntag).

ßiä w)-h iscld auf dr shiin - tolc, dil lia - hr lud- U-

^=i=3=EJäi3=^i^=£^i^j^

-?5l-

gr shün - toJc, da?- shh - ss - md Je - sJnsch.

1. Bid ivrid ischt auf dr sln'üttolc, Dil lidhr hailigr shüntok,

Dar shidSB mim 9 JeshiscJi.

2. Ar sidchdi ahin am hdgd (Wege) proit Unt imon pogegnt a, prozesion.

Dar shidsd nümd Jeshiscli.

234

o. Dnniirn ' vernehmen) ffi.)i s/ii dr sin'iiituk, Ikir li.th.i, hailiff,) .s/n'oitol', Dar <!/uJSr )ii'iw.> ffrs/il.srJi.

4. .. Güjf moani, yiiot muaru i.ir lait.) .'"

'S Iiof nlunonf et ht-lt otnpartti (wollen antworten). Jkir u. s. w.

J. Ar zbchdt altin shö /rai'(rii/r, Unt imon pdgegnt dar liih.t yöt. Dar u. s. w.

(i. ..Dal /nihjsrlifi'f di (warum hast du dich) vAö fnoirif/r, Du lubr liailiyr .'^hüntok'r'" Dar u. s. w.

7 . ..D.j lait.i hont iiiijr j>>fj'yid. 'S IkjI HtJiHOnf et brit oiiiiiartih" Dar u. s. w.

ö\ .,Böl )ü.sc/i (wohl nichts), hol niscli di'i sln'itdok, Dil li.ihr hail'air ^limitol:. Dar u. s. w.

'J. Di aufii (Alten) »if()tit (können) tt tvoii dr cH,) (vor Alter), Di jihif/ri nmjnt et woii dr jü<jnt, Dar u. s. w.

10. Di mürn (Mittleren) niegnt et ivo)( dr hoafart, Du lijhr, hailifjr shi'iutoli!" Dar shidSd nünid Jes/risc/i.

Perz in Lichtenbach.

1^5. Da Shüiiiitdii. (Sonnenwenrle.)

J)u liar /teilt kam (sind gekommen) di s/nhiiit.iii,

Di li,)h)ii /tai/i/jju sJiihiiitjyi.

Jö/taitesc/i^ dii Ihhr ijüldaiudr iiioii,

Hosrlitü (j,)tdf,tt Jt'^liisclt, daii s/ii'iit!

() di li.)hni sclteait.iit ahfdititoit.

Jölianescli hot 'n gjtdfdt in Jördanßun,

235

Ar liot 'ii iun<i,)nthn (angenommen) wr s/itiin s' IkiU'ki.) hiiif,

Won dort har Iniit hi'oii dt .s/ii'iniit9n,

Dl liiihni liaUi(j)i slunntt.ni.

I hliisc/ialf iwihisi'lite) >iör/i a hii.irt imal) d.i s/i /'im if.it/,

Ben sl/ai ///t/f /rrsrhlöfin (vergangen) d.) s!i/iit//l,n/, 10

Di lijhni sci/canon sJ/ün/itm.

Nüd pdhiot ai fföt ior sl/fimitd)/,

Idr liohtti ^chcand)/ ftl/iimitdr/ !

Hab/t I/O}/ i do (/.)jdfjn (gejätet) dos koan/ ai'/s,

Moarn hrt ich et n/ear do shainon (sein)/

Di Hohn sclicafhvi sliüniiton!

S c h r ö e r, 487.

15

30. Ein Sterbelied.

ii;

-0 0-

Be7i shai viiar de kerz-lain hrnt

Xr---

Jiü - hm.

i^^^^Bm^s^:^^

Je-shisrh shai pulmidr, Main har ~ zd schenk i Je - shischdiar.

1. Ben sl/ai midr do Jci^rzlain hn/t l//\hii/ (halteu), 0 Jeshisch, sl/ai pal midr,

Main harzd schenk i, Jeshisch, dur !

2. Bc)/ shai mi /lon hrnt legjn (anzielien), 0 Jeshisch u. s. w.

3. Ben shai mi af ch ludch (Todtenbrett) hr//t Irfjjn, 0 Jeshisch u. s. w.

4. Ben shai midr ch tr/u/o hrnt inochdn^ 0 Jeshisch n. s. w.

:j. Ben shai iiii in dj tr/igj hrnt Ugj)/ 0 Jeshisch u. s. w.

6. Ben shai mi al/in hrnt ivijrjn, 0 Jeshisch u. s. w.

_ 236

7. Boi shai iiiirr 's (/roj) hnit »loclton, 0 Jcs/iiscli u. s. w.

8. Ben sliat »li his f/rop hnif h'g.rn, 0 Jesliisr/i u. s. w.

.9. Bot s/iai mi sü,i Unit rürjH (zuscliaufelu),

0 Jcshhcli u. 8. w.

Perz in Lichtenbacli.

37. VoDi Sterben.

main.

=i3=SElE$=g^=i=?^

ira - tat har r;a niiar, vno - tr Ih

1 Tratdt Jiar iv? Dtijr, icuotr (Vaterj liobr main,

Grat, linh.it (haltet i 'itii;)r d.) sfldarpherilahi ! I nu'r.is r)s srJinUl.ni woii tlishr curf, Won (l/s/ir cart, in hohlihiurzai carf. 5 Dort in yrionjn (jurton hil ich ai o-t.) barfjn, Tratdt har zd nihr, mfotr lidbai main, Geat, hi'ihif ini.ir dt sclitarpl'erzlain ! I nii'ios ,>s schaidn n-on dishr carf, Won dishr cart, in hötsht^iunui carf. 10 Dr'n't in (fri.nun (jarf.nt hil ich ai O'f'c harten.

Trif har z> niur priodr Uohr (shhcschtr Ji,-)hai) main u. s. ^y. Trit har .::> niihr li.ihr, lidhr main, Gc(( hnIt ih) mi.>r d,> schfarphcrzlain , J nii'fjs ,)s schaidn n'oit dishr cart, 15 Won dishr cart, in LöJshhn.rrzai eart.

JJört in iirlin,)n (jarfjn hil i ai O'f'c) hartan. (Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz in Kummevdort'. In V. 5 II. s. w. stellt (/(uian und bdrtan, statt yuartdn und Imartoii unter dem hochdeutschen Einflüsse dieser typischen Formel, sieh oben S. 152. Nach V. 11 folgt V. 2—5. In V. 13 steht für Vcjhr, Ihhr auch liaha Uabai oder tscliehn lidbai.

237

3S. Von den ariiien Seelen.

Oi s/iin-dar, ul shi)i-da}-, shö

F^.zzi^zz bzz«

riziJ:

i3~p:

\.—^

ije - a vnt niiar, Sliii

W"

mit

7)1191- af

den

^ 1 « IJ

1. Oi shmdar, oi sliindar, S/iö gca mit midr,

Shö gea mit midr,

Af dai tanci (linke) f^JiaitT) !

2. .•/; Dort hrscid (wirst) du si/inc/i)t (sehen)

Dj helischdn paindu. :j:

S. Koin menisch geldbdts, Gddeii'kdts gudv et, BL) 's cm udrnidn sheahn. In loiddn et (nicht) güjt iscld.

4. .•/.• SJiö haufdt, sJio lianfdt (helfet\ Tr Javtig^u (lebenden) Jaitd ! :l:

o. .* .' Mit an oinzigdn wudtdr inslidr, Mit an engdlisclidn grios. :>:

0. Oi sliindar, oi shindar, Shö gea mit miar, Shö gea mit midr Af dai rachtd shaitd!

7. .•/.• Dort hrscht du shdchn Dr) himlischdn tvraidn. ;//

'^. .•/; Dd himlischdn ivraiddn, Dd J/iinliscJidn englain. :•:

9, :j: Maria shi patait (bittet)

Wir (für) dd udrmdn shindard. :]:

Perz in Lichtenbach.

288

M). Dai utTT^schidna (abgeschiedene) sheala shingol.

1 Ic/i lioii (Inii (/.)//(. >sii iiKiiii tntjfr Hill iiii'iilr,

Ich Ikiii dort (/ihi.fsii iiuiiii slib.isclitr i'nif /)n'i,i(/r,

S/iai (f.Klr)ihnt et (nicht) an mi.

Ich hon dort (jAmsn maw,> jimJdsclicb» (Jugendire inuln) ij S/iai (/.)d('Hkmt et an ml. mit tficlidw.m,

Nr,»iiO)if hoi.s (weiü) 9s, ninuont dcnht,

Bus di luniiJii s/icaJjii laid.iii jiii.isjid.

Schröer, '282 f.

40. Bai ugesclitoarben shiiigeiit.

1 .]fain di dg,))) (Augen) ti'iant wrwinschtrn,

Ich hon et mcar d^ harlt (Welt) lunsrhdf/n.

Ben ich jünk pin imt gdshünt,

Hon ich wmint9 ihwo^ gatn'oJc. f^ Ben ich ant (alt) pin ödr Icronk,

Do hon ich koin.) ivraintd mcar.

Ben ich oinmol in lironhnipetd I/g',

Do hiiiut d.ir pridScMar .zu niainem pct.),

Do 2JJ rieh tat ar midi za d,m eahigjn gi.itrn (ewigen Güteni) 10 Ben ich oinmol gjschtoarhm pin,

Do mochdnt shai miar ein naias hau seh,

Do trngant diai mi sa dmi hirchle hais,

Do trngant shai mi za dam ivraithöf grlm.

Dnrt niochard shai miar a grüble tlif, 15 Drin tirt ich sclilnßn ahö (so) s/rias.

Ben ich oinmol in grnha lig,

Do l-imat dar ]}ria.schtar za mainem grfdü,

Dar sehmaist a schti/de eart af maina prn.'ieJit.

Beil ich oinmol pagruhin pin, OQ T)o lii'wat dar meshnar za laitan ii.m,

J)o g(((nt da laita O'f'.i won miar.

„Lni ri'i.i di'i in d.ir Lialan earda,

Bn (wo) (In hin g.idianat hosehtf"

Schröev, 281 > f.

239 41. Dar raiclio shupon (SchultheiiJ).

lih wria lacht ai'if na - vd dar rai - clo sliii - pon.

Bi) wrh isclii auf narj dar ralcliy sln'ipoii. 1

Äf scJiteanöf srlinioan'msc/i </a.>r u-ri.) auf )air,

Ar hnil.il(/,)f s/ri sclwaii, ar tlrbüf/jf slii sr/innt.

Ar lefpf sJii a giur srhcaialr lun tair,

Ar zidclut ahin atti hayo proit nar 5

Und immi pagegnt dar grimig.) toat.

„Bullin, buhin nard, du grimigr toat?"

„I gean ■c)s s/n'ocJm naro dan raicJion shüpon."

„Lai hamon (den) du sJii'oc/uscJit, lai dar piv irJi aar."

„Gea Jioini, gca holm narj, du »n'fscht js gean sc/i färb » i .'" 10

„BöJ et (wohl nicht), böl et nar9, du grimigr toat,

Lai bamon (wem) ivrlujs (lasse) ich main dd baisn sclrind,),

Main da baisn schimh, main dan baisn hvrshd?

Lai bamon wrhos ich main dj roatan ohschdn (Ochsen),

Main dd roaton öl'sclidn, main dan roatsn boizd (Weizen) ? 15

Lai bear brt wrsJioargan main dai scheand wrdgj (Frau),

Main dai schcano junga ivräga mit dan liJoindn hindrn ?"

„Lai bear slu bil liabm, ar brt s/ta wrshoarijn !"

Perz in Liclitenbach.

iwr und nara sind bedeutungslose Flickwörter.

42. Die heiligen drei Köuige.

1. Wir sind drei Herren mit unserem Stern,

/; Wir sucJien den Herrn, wir haben Um gern. .7

2. Ein Meiner Stern, ein großer Gott,

■: Der Himmel und Erde erschaffe)) hat. :j

3. Wir steigen auf den liohen Berg,

/; Und sehen den Stern gleieli stille steh'n. :j

4. „Ei, Stern, du sollst nicht stille steh'»,

/; Du sollst mit uns nach Befldehei)) f/cJni. :j

240

■'>. Narli Bethlehem ffch'n, wohl in der Nacht, /.- Wohl in (Irr Nacht zu einem Stall. :/

(). Wir hahot heut' noch 'hc weite Mein'

: Von vierzehn Ta;fcn, rierhnndcrt 3Ieilcu." :j

7. Wir l-amen zu Herodes hin,

j: Herodes sprach mit Schimpf und Spott: :l

8. „Der Schwarze ist mir wohlhekamit,

j: Er ist ein König aus Morgenland, ;/

D. Aus Morgenland, aus Asien,

/; GleicJnvo die Sonn' zum ersten anbricht." :/

KK Wir fallen nieder auf unsere Knie

;.• Und beten das liebe Christkindlein an. ;/

11. Gott gebe euch nocJi Fried und Freud, j: Von Anfang bis in Eivigkeit! ;/

T o m i t s c 1 1 in Mosel.

43. 's Oaschtrliedle.

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1. Kri'Schtaiscli {seht ar

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a - chh ' anseht shain A - le

sJuthi, Uli Kri'Sehtaisch brt in - shar

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2. Und bar (wäre) ar et arschtond.m,

Sho bar dj barlt (Welt) wrgodjhongju (vergangen). Shait dr hcar arschtondon ischt, Sho lobm bi,)r hi'arn Jeshi'i Krischt. Aleloja I

241

.?. Es pcaHail)» (giengeni ai'isw drai tvrär/.ni (Frauen) JJos hailiyj (/top p,)scJi(id,>liag.)ti (beschauen), Oh inslir hcar arschtovdjti isclit Unt shainar miiartr (Marter) Udiy isclit. Aleloja !

4. Oin CMjl shluft (schläft) in f/riib.) (Grabe); „Ni'/r iüliar, nur züliar, ir/r wrdg.Di drai!

Lai hantoH (den) ior shiochot, isclit et (nicht) nicar dn (da), Ar isclit won an toatdn arscidoddkonddn. Aleloja ! *

5. Won toadd isclit ar arscJitond.m,

Noch Kana Galileja g:)(ioddlionci.ni (gegangen), Kana Galileja ins liinilraieli, Ins liimlraich, ins pudredaiscii ." Aleloja !

0. Maria, du wil rainai,

J)ü lioscht gudr lioisd [pboidalioinot (geweintj tim inslirn lirarn Jesliü Krischt, Dar 0'f',)r harlt (Welt) a, treaschtar isclit. Aleloja I

7. 0 Maria, du wU zuartai (zarte),

Dil pisclit oin roasln/u (fmrddhudrtd (Rosengarten),

Dem got slii shauhni (selbst) gdBidrot liot

Mitshain dan iiaiHg.m hairochsclitom (Weihranchstamm)/

Aleloja!

8. Krisclitusch shlnfdt (schläft) in grvhe Pis af dan drit,m tuddlnup (Tage),

Wrbmuht (verwundet) an lientn und tvidsn (Füßen). 0 sliindar, du sliölsclit pidddhidSdn (büßen)/ Aleloja !

9. Asiiö (so) liot göt gasclipröclidn,

Böl in ddr uhloshöddlioclidn (Ablasswochen); „0 shindar, kear di liar zd mir)r, Oid daind shintan (Sünden) tvrgih i diar!" Aleloja !

Hirn n. W a ck erno 11 , Quellen ii. Forscliungen. 111. X6

242

:l(K 0 du Jiailiffiis hraizD,

S/iö hilf (In üisrli hi-i^rlit.Dihut.iii, Bh auch ivolsclum (falsclieii) o^.in, 0 hear, noch dain (jeivo'l'.ni ((Tefallen)/ Äleloja !

11. Aleloja shiiHpii hi.ir (wir),

(röf dan hearv, dan lohnt hbr,

Es shohn hhr 0/3 wroa (f'roli) shalti,

Krischtüsch hrt l}is/i.jr froadchoasrhl (Trost) shaiii !

Aleloja !

Perz in Liclitenbacli.

Bruclistücke dieses Liedes theilt uucli Kluii in Frommans Miindaiten, 4, B93 f., mit. dali ist als Füllsel in (■ini.ü;e Wörter ein- gescliobcn. V. 10, VI l)edentet: Und anch allen Fa1scli,<>:lrnihio-en.

11. BALLADEN

UND

LTEBESLIEDER

Nr. 44—101,

16*

44:. Da iiierariu. (Die Frau am Meere.)

Biä vn'ia isclit m'if da me - ra - rin. Dai

A>^-A

^ h V- r-f 1 ^—\—» 1 •-

scheu - 119, dal Jim - yg me. - ra - rin.

1. Bi) ivrid (wie früli) hcht auf ih mcrarln, Dai srheari,), dai jfnuj,^ ii/rran'n.

2. S/t i seh feaiiöt (steht) scJi uioaröiisch (d es Morgens) <jner wrb auf, S/ii gcanöt (geht) haselitt dai halsr) baseJid (Wäsche),

3. Zan proltju mer, san fijfiii sheah.) (^See). Ski hkvdt u.^n (liebt an), shi baseJwt sehean.

4. Äni meri) da shhiiHjf olu sehifJe Jdoin,

Ätim (drinnen) do shisjut zheaii (zwei) juufid hearn:

3. Güdtu uioarn, du selieanai tnerarlti, Dil seheauai, du jiingai merarin!"

6. „Sehean donA-, seheau donk idr ji'mgd hearn, Wil güdtd moargv hon ich a beank (wenig)/"

7. Wo}n negle (Finger) ar zldchdt oin wingdrle (Ring); „Nim hin du seheand merarin!"

8. „I pins et (nicht) dal seheand merarin,

I pin jo dai bintlbaschdrin (Windelwäscherin)."'

9. Draf sltezctnt shai sh.) afs sehifle Idoin Unt wudrdnt (fahren) ihr 's proitd mer.

246

10. „Du piscitt Jaihjr (doch) dai scJicanj mcrarin, Dai scheand, dai ji'ingd mörarin !"

11. S/u nanidt (nimmt) oni lildrJv (Tüchlein) in d.) lunit Ünt wuorBi (fährt) ibrs proitj mir.

12. Ünt hu shi ofr (danach) hin isclit hain (gekommen), Dort f/ricisont sliais s/rj ünt haushnt (halsen) s/iai ^h<)

18. ünt püslunt (küßen) .s7/ay' .s'A.7 dd merarin, Dai sch('af)9, dai jütn/,) merarin.

Scliröer, Germania, 14, 333 t'.

Die Melodie ist bei den folgenden Meererin-Balladen, also bei Nr. 46 49, dieselbe. Sie hat aber noch folgende Varianten in G-dur:

£E

:E-^St:

^

m

^=ü

Die Meererin-Balladen werden entweder so gesungen, wie Nr. 44 niedergeschrieben ist, dass also je zwei neue Verse eine Strophe bilden oder es folgt jedem neuen Verse der Kehrreim dai schcan,), dai jiinjfd merarin. Im Unterland singt man die Ballade nach der folgciidpu Melodie und setzt jedem Verse (\e.n Kehrreim /weimal nach, so dass dreizeilige Strophen gewonnen werden.

247

-—^^--■-.--

^=1^

1. Bid ivrid isc/if auf dd merarht. Dai scheini;), dui jung;) merarin, Dai schcan,), dal jihifp merarin.

2. S/ii sc/ifraiinf sr/inioaröiisc/i (jndr wrio auf, Dai schean.), dai jünyd merarin,

Dai sclieatid, dai jungd merarin.

Und so weiter.

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45. Dai scheaiiö Märe (Maria)

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»/»/•«a ischt auf nar dai schea, - na - re.

1. !: Biri tvri.) isclif auf iiar (nur) dai schean.) Mclre. ;/

2. /.• Lai, hir) s/ri schnwarönscli f/ifjr trri.) aüfschteat, ;/

8. S/ii yeanöt hasclni mn proiin merd, Zan proitn merj, mn tidfm sliedbd,

4. j: S/ri hasehrif scliean, .slii hoinot (weint) hoisö. :/

■~). j: ^Voll doli li(ir shbiiihif a <i.idradJaits i gerundetesj sc/iefle

(SchifF). ;/ (). Äfiiij (drinnen) da slii^gt a seJieandr liearc>, A sc/ieandr hearj, a shhtorzr nioarj (Mohr).

7. „Bai (warum) hoiu.isditü sliö liois.i di'i, scheauai Marc?" „Bid sJiöl i 's na/r et Jioisj hoinsn!

248

8. I IiOH a/ioinu (daheim) a ji'ingn sltiin, A jüngn s/nrn, an antn (alten) mon.

9. Ihr slii'in, dar In.d (lässt) mipai tüg' (Tag) e^(niclit) Udrhaitn. Djr »loii, dar huf ml pal dr norJit et sJdüfm."

10. i: Äsho do schpric/iift dar slihiurzo nioar9 : .-j

11. ': „Trlt liiar, trlt mar ln.<t sclicfk Zi) misr, :!

12. I hon In scheflf giur se/ieano kraltlaln,

Nim aüsar, nhn aüsar di sc/ieanan Iraitlalu (Kräuter).

13. j: Unt hasch (wasche), ünt hasch nar dain jüngn sliün,), ;/

14. Otr (dann) hrt (wird) ar dl pal tüg,) Juan (lassen) u.yrhaUn, Dain nion pal dr riochf luon shhißn."

15. Kdmdr (kaum) Ischt shl gjfrdtn Ins scheflc z,) Inion (ihm), Ar galt (gibt) h) schcfle hol olnlgon (einen) schtoas.

16. Shi denldt, shl Ischt not (noch nicht) cot niltn merd, Shi Ischt af dr ondrn shaltn g.ihdn (gewesen).

17. Bid holso do holn,)t (weint) dal schcand Märe:

18. ..Bear (wer) hrt ivrshoargn nialn jüngn shün?" „Bear 'n hrt heln (wollen), ar hrt 'n wrshoargn."

19. /.- „Bu tvbrt (führt) /->/• ml hin, ha klni i hin?" :/ .

20. !: „Lal niscli (ach nichts), lai nlsch du sclieanal Märe. :j

21. /; Dort shichdschtü a haisjs goshlos (Schloss), ;/

22. Dorf hrscht js shainan (sein) scheanal lelnarln, Scheanai kehmrln, schea)iai shllsUrügarln (Schlüssel- trägerin). "

28. ,'.• „0 helöt (wollte) göt, l Imröt (wäre) alr (eure) lurnuil

didrn !" ;/ 24. I: „Sho et (nicht), shö et, du sclieanal Marc!'' :'

2:"). Dort ischt shi g.fhän (gewesen) shihm gonz,) ju.ir (Jahr), Shihm gonz.) judr ünt dral tngd,

2(i. Shi schtaigi)t aüchn (hinauf) In d,i finj (Giehelfenstei-) lioach, Shl schdgdt (schaut) ümr halt ünt xrroit.

240

27. j: „IscJit (Irs cf o)if,> (ban^) iioc/i daiii,n)i loiif.)?" j:

28. /.• „'S ischt nir et ont,) noch mahum Jontd, :!

2f). 'S isr/if Dir J(ii onf.) noch i)i((i)i<)iii ,ji'ni(iH shirii,

Noch jiKiiii.iiii ji'rH(/ii s/ifiii, noch iinihuni uutn mon."

A. H. in Obermösel.

4(>. Von der schönen Meererin.

1. Bh wri) ischt auf ih merarln, Düi schcaNri, ddi jüngo wvrar/H.

2. L<n bii) shi scht)iu(irö)ixrh gadr wrid aNj'sr/itcdf, Dai schcauj, dal nhaj) iiicrariii,

ö'. Shi riclitdt u,»i (an) shncabaiso hnscJu,

Shneahalsj hasch.), dal Idoino Jaimöt (Leinwand).

4. Shi geanöt bascJui 2an proitn niera, Zcm proltv nicrd, zaii t/\)f)ii shcah.).

5. Shi htwd udii, shi haschet schcano, Shi bascJidt schecm, shi hoindt hoisd.

G. Won doli har sJihiniot apisats schefle (buntes SchifFlein), Du scheanai, du jimgai merarin.

7. Ätin do ivuDrot (fährt) scJiean Iivanc (Johann), Dar scheand, dar jiingd Iwane.

S. Giot moarn, gt'ot moarn, scheanai mcrarhi, Du scJieanai, du jimgai merarin!"

9. „Schecm donl:, scheau dank, scheandr Iwane, Du scheandr, du jüngr Iwane f

10. Lai güdtd moarn hon i a hecmik (wenig), Dil scheandr, du jüngr Iivanc!"

11. „Bio shi) (wie so), hid sJiö, scheanai merarln, Dil scheanai, du jimgai merarin?"

250

//?. Irli hon (i/ioiiH.) (I /»((slidi slib'ujr (l)öse Scliwiegerinutter), Jkti scJican,), chii jihi(/j du' rar in.

V>. SJii li(.tt (liisst) )tii pai fiiif et ii.irhaitri, Ihii sc/it(iii,> w. s. w.

14. Ich hau u/ioinij (daheim) a ji'ni</.ni s/iihi, J)(ti srJiniti.i u. s. w.

lö. JJjr s/ii'ni, dar hijf (lässt) iiii pal dir iioclit d ahlCifin." Dal srlicaii.) w. s. w.

16. Ashödn sr/iprir/ijf scIicaHdr Iwanc: Dal sclic(()h) u. s, w.

17. „Trlt htar, frlt hiar Ins schrßc z<> mirr, Dal xchcan,) ii. s. w.

15. In mahl sc/icfJahi licnf (sind) (jii.ir irll (viel) Mlal hiri-

laln CWurzelu», W'il rd/ai li'ir.tlaln. iril idlal hralflahi."

ll>. Ar jiafif (liittet) slil dal ondr.i ha.irt (zweitemal), Dal ondr.i Jin.irf. dal drlf.i Ini.irt.

:i(K S/il 'seilt Inln </.ifr(if.i)i Ins sclicjlc :.' linun (zu ihm). Dal srlican.i u. s. w.

.21. Slil Jiot f/.iinolnt. .^Iil 'sr/if ni'if iiioch luclib) Inln i/.ifräf.in, Dal seh Clin. I u. s. w.

22. Hill 'si'lil schön, I <i,ihmi (^<:;-ewesen) af ml f. in inerd, Dal srlican.i ii. s. w.

2^i. „Schaf/ {i>r,\vd\\) hin, schiaj hin af ins 2>aiy(c {auf jenen Dil schcan.i n. s. w. Berg),

24. Dorf shlc/i.ischfi'i (siehst du) a nal.is f/.ishlcsfc (Schlüss- J)i'i schcan.i u. s. w. chen).

2ö. Dort hrsrhtii ( wirst (\n)sliahi nialn schcanal /rnh/.i (Frau), Main schcctnal irraif,), inaln sh/ls/fria/arln."

2<). Shl hol i/.niioln/, shl 'seh/ nöl (noch iiiflit) af inlln incrc, Dai achcau,) u. s. w.

251

27. Shi lacht schön düii (if <iidr (jener) slidi/ii. Dai schcanj n. s. w.

28. Shi ischt gdtnUn i)is schcanj sh/csJc, Dal scheanj ii. s. w.

29. Shi hat (/3nioinf, 's ischt carsclit sh'thii t/'((/.> Dai scJican.) u. s. \v.

30. S' ischt scitouo y,)hün (gewesen) sliibni (jonzai ji<<n\ Dai scheand ii, s. ^^

31. Shi schtaigjt aüchn (hinauf) in iL) llu,) (Giebelfenster) hoach, Dai scheand u. s. w.

32. Shi schägdt (schaut) finur halt üut proit, Jo hait iwt 2>roif noch Im Jontd (Land).

33. „Ischt drs et ontd (bang) vocli daiuen lonto?" Du sclican,) \\. s. w.

34:. „S' ischt mr et ontd noch maindn lontj,

S' ischt mr lai ontd noch maindn ji'mg<ni shnn.

35. Ich mrcht ycan shüjchn inain dem jüng.ni shi'ni." Dai scheand u. s. w.

30. „Sita nini ds du a boisdn loihle (AVeizenlaib, Brot)/' Du schcan,! w. s. w.

37. Shi tritdt in shain pisats (buntes) schcße, Dai sclieand u. s. w.

38. Shai wudrant (fahren) nio bidr noch Irin lont.t. Dai scheand u. 8. w.

39. Ar gait (gibt) in schcßain a ticlitigdu schtoas, Dai scheand u. s. w.

40. Shi hot gdmoint, shi 'seht noch i)i mitn nierd, Dai scheand u. s. w.

41. Shi ischt gdhdn, schon an. rnddr (jener) shaitn. Dai .scheand u. s. w.

252

42. Paiii nicr.) do ]tht,»d shihni Idohiai huiJuin, Dai sclieaih) w. s. w.

-f.V. Slielischai (sechs) Inml lai hischpM (gepfiffen) iind (i,}shüvgdn Dai srJican,) w. s. w,

44. Dos sliihmtd hot shi (/out fnn'irik ii.iln'ib.d (geliabt). Dai sr/irav.) n. s. w.

4:'}. „Bai Jti'iüjsr/if du dich hii ffiur s/in Irai'irik?" Dai sclicaii,) u. s. \x.

40. „Lai bi.) sliül i tili rf sJiö traürilc hahiii, Du schcaiioi 11. s. w.

47. 'S isi-ht haiid sliihiii yoii^ai jii.ir ihd shihni tügd, Dil srhcauai ii. s. w.

4ß. As (dass) iiiaiii iin'i.dr 'srJd f/caii hasrhii zaii proihi iiifr,), Zaii proifii iiirrj, laii ti.ifiii sheah.i.

40. SJii ischl i'ibr et (aber nicht ihcar hinfrshirh (zurück) /.v/zn." Dai srhcaii.i n. s. w.

')(K „Trii iiiur, frit inar, ins srlicßc z,) itiijr, Dai srhrand u. s. w.

51. hl maiii scJicßaiii do heut (sind) /tv7 rdhii hii:-iaiii,

Wil edlai hlrzlain, wU hllai kraitlain!"

52. ,, Bo li(,)S (lass) / niaiii d^ ivadtrsch schafJain (Vaters Schafe) ?" Du schcauj u. s. w.

;7.V. „Lai bcar (wer) sh,> hil hiibni, da)' shöl s]i,> hidtim." Dai schcaiid u. s. w.

.')4. Ski ischt in'iQ ipträtrn hin Zi) iiiioii, Dai seh tan D u. s. w.

50. Shi hot iiiou (ihm) (/(Umi a hoizain zaatlv (Weizenbrot); Dai srhcaiiri u. s. w.

5(1. „Ich piii d) iiii'ijfr, dai ii,>b,t daiii. Dai acheana u. s. w.

253

.')/'. Ich pin <i<an (gegangen) hasclin .zax proita nirr^, Zaii proitii iitrr,», r.nii ti.tfni slicdh.i.

58. JJai Idoin,) launöt, dal bais.) hasch.), T)ai srlica)h), dai ji'inf/.) nirrarhi. '

Pei'z In l^iclitenl)acli.

Statt mer(trin wird von Leuten, die den Aiisdi'uck nidit kennen, auch hidiun-hi (^Wienerin) gesungen.

47, l)a merarin.

Anfang V. 1—12 stimmt wörtlicli überein mit Nr. 44, Strophe 1 (i.

riBia shd, hb shö du merarin, 13

Dil scheanai, du jimgai merarin?"

„Nar >tJiö (nur so), nar sJw schcan ^cliifwon ji'nil; 15

I Jion aJioimj a peasJm (bösen) nio^),

A peashn mon, a ji'mgdn slimt.

Pai täfß ludt midr main mon hoin rüd,

Tai dr nochf ludt mi main shnn et sldilfm."

„Lai uisch (o nichts), lai nisch, du mcrariv, 20

Du scheand, du jung,) merarin!"

Ar zidcliM a ringle woiu negl (Finger).*

„Nim Jiin, nim liin du merarin!"

„I pin ds et (nicht) dai merarin,

I pin ds jo lai dd hintlbascharin." 25

„Schtaig in, schtaig in ins schifte Main!

I hon ahoimo wihrlai (vielerlei) pfaiflain,

Aüsklaübm brscht du dain (deinem) jüug,)n shün,)!"

Ashö do shügdt dar schifmon jünk.

Shi schtaigdt in ins schifte hloin, ^

Shai shbimdnt aliin an merd proit.

Ar gait (gibt) in schiftain Tai a schtoas,

tlnt schon hent shai g<)bdn (gewesen) paiw roatn shont (Sand).

„Ai groasai gmodd (Gnade), du sclnfmon jünk,

Bear brt (wer wird) ivrshoargn main jüng.w shün?" 35

„Bear 'n brt beln (wollen), ar brt 'n schön wrshoargn !"

^54

„Bu icbrt (führt) i.ir )ni hin, hu Lim i liia?"

„Nur nisch (nur nichts), nur nisr/i, <li'i nicrarin,

Dort shichdschiü a haisjs fpshlös, 40 JMrt brschtü shain main lidnarin.

Mit (lain haisn Jicnfn shölsrJtfn dd pipi) (Fasshähiie) (ifdnhi,

Mit (Uiiti Litl niainj srJifi,)(j)i ulicani (auskehren).

Jh'ni shöJsc/itn shain cl,) shlistrügariu !"

„Äshö, ashö, idr liahr main, 45 BcJöt (wollte) got, i hdröt (wäre) ai.)r dai lorni,) di.nii .'"

Ar gdb,)t in schiflain a zhoitn schtoas,

Wnrt (sofort) hrnt shai (phdti paini hais.m fpshJö.f,

Dort (/rijs.rnt shai sh,) i'int Jtauslt.nd (halsen) sliai sh.t,

Unt pü>ich,wt (küssen) sliui dj mcrariii. 50 -l)cii scheand, dai jüngd merann.

Dort ischt shi gdhdn (gewesen) fth/hii/ gon.mi jicir,

Shibm gonmi jior im drai tdga.

„Ai du, ai du, du lidhr main,

^[ain harzle tii.d mi,)r guor fihö hca Cweh) 5.") Int main dan jüng.m s/n'in.'"

„Nar niscli, nar visch du nierarin,

Sehdg aiisn (schau hinaus), schdg ausn paim wanschfr bais,

Dort schteat a di.irdr larscJipdn (Kirschbaum);

Sltö gdbisch (gewiss) dr karschpdn Idp (Laub) brt tn'ign, (50 Sho gdbisch geaschtü zd dain ji'mgdn shihi."

Unt schmoarönsch (des Morgens) scJdeat sJti gudr ivrid auf,

Ski schdg 3t aüsn paim ivanschtr bais:

„Ai schdg', ai schdg, du liobr main,

Schdg ai'isn ptain ivanschtr afn karschpdn schean, 05 Dar karschpidn pliyndt (blüht), ar ischt pliDtnbais!"

Shai zidch.nit ahin ibrs proitd mer,

Ibrs proit) mer in ir haimatlont.

Ahant (zur Hand) umi^t (findet) shi drai hirtdlain,

Zboi bdrönt (waren) shö tvraidigai (freudig), 70 Dos drit) hot shi sho loidik (traurig) gdhübdt.

Ashö do schprich)t dai merarin:

„Ai hirtle, ai hirtle, lidbr main,

Bai (warum) pischti'i gudr shö loidik?'''

255

„Bh s/iöl / Uli et /olili/i li/'i/nii,

(rtiut Ini'nil Iniit i'nixir (sind uin) sliihiii jii.tr. 75

As (dass) niiiiii nn'utr isc/if (jra)i hdsclni

Zan proit,)n tner, zan tbfm sheab;

Z,)rü1x ischt ftJri nitiirntrar Mnt.

I //Ol) alio'nihi a pcnslni wiiofr (Vater),

A jtcdslni irn,)ir, a pcasliui fiehfi,\fi)iii,)fr!" !^0

Ashö (h sJni[pt (/,) mrrarin :

„Mahl Ihhjs Idoinds hlrtle ma'm,

Gca, foirlt midr Itar dos rbile (Stab) dtiin /"

S/tl tvos^t (fasst) 9S pai baisr honi:

„Trit in s^ mim- in's schefle Idoin, ^5

])ü h'jhr slii'nt, mäht scJicandr s/nht,

I pin 9S Jo dai)i (füdtai müdtr,

Dai sclteaiw, dai jüngd merarin!"

To mit seil in Mosel.

Eine Übersetzung dieses Liedes ist mitgetheilt in Roseggers „Heimgarten" 8, 864 f. Hier fehlen V. 41 f. und 86 f. Daselbst wird auch eine Variante des Liedes erwähnt, wonach am Schlüsse nicht die Mutter, sondern der Schiffiiianu den Hirtenknaben mit Pfeifen ins Schiff lockt.

48. Von der schönen Meererin.

Anfang wie Nr. 44, Strophe 1 6. Nur 4, 2 lautet: Ätino do shizdnt drai jung,) liearn, dann folgen :

7. Asho do scliprachd7it di hearn drai: ,jBid sho (wie so), bid sJiö, du merarin?"

8. I: „Äshö, ashö, i^r jvngd hearn! :j

9. Ähoinid hon i a peashn nioii, A peashn mon, a peashn shun.

10. Pai tügd ludnt (lassen) shai mich et (nicht) lorhaifn, Pai ddr nocht ludnt shai mich et shJüfm."

11. Ashö do schprachdnt di hearn drai: ,.Trit inar, trit inar, du merarin/

266

12. At'ni.t (drinnen) luid ohlrhunf hirs.tJaw (allerhand Würzlein), Ätiii.) Iiciit ()-i'(lr/i()n( l,rait.)hiiii.

Vi. Ih hrsi'hfi) nigahni (eingeben) da'ni.tm s/nhi,

0fr (hernach) hrf ar dich 1h.i><v K.irhaÜn .schon."

14. Käimr (kaum) isrht shi gdtrdt^n ins srhrfk proit, SJio (i(d),)ut shai daii srJnfJr an .<:chtoa.s.

1'). Shi denJot (denkt), .^hi Ischf d (nicht) afm mitn mh', Shi ischf an ondrdr shaifrm ydbän (gewesen).

lii. Bin hois.) do hoind (weint) da nicrari)/. J)ai schcan,), dai Jihif/-' nu'rari)!.

17. j: Ashö do srhpricli.d dar jüiKf.) liear : :!

18. „Du schcanai, du jüngai mh-arin, Shö shich9schtn muin baisos (j,ishlös?

1!). Dort hrschtü shain.ni (sein) )tiain scjtcau.) irrä (^Fran), Brschf shaino» niaiiu shlisUriuiarin."

20. „Dort hrt ich shainm dai .'^haüdidm (Schweinemagd) daiu. Dai shbain Z) wrasmdrihjarin (der Schweine Fra liträgerin).''

21. ..Shö ff, shö et fso nicht), du mPrarin, Dil .schcanai, du jth/f/ai nierarin !"

22. Dorf ischt shi g.dx'in (gewesen) shiltni gon.:.) jn.ir, Slidtni gonä') jiiJr ün drai tiig,).

2-^>. Ashö do schprichot de) nierarin, Dai .schcan,), dai jmup nierarin :

24. „Shö Jw)t (lasst) mich gcan an di gcschtd {^ex\?,e\\'\^e Wer) An di gesellt,} schcan, ihrs proitj nier." sehcan,

25. „Shö et, shö et, du merarin, Main scheanai wrä sldisUrü garin.

26. Shö shieh.isrhlü dort an aut.in schtöl,- falten Baumstamm)? Ar hol shilnn jii.ir hoin top (Laubj g.drüg.m,

257

,'?r. Ticn (J.)i- sHiföl' noch a Jiunrf Jap (nocli einmal Laiib) hrt Dcthir hmchiu, irrd, foi (J.) f/rsrJif.i (jcan.'' tri'nj.ni,

2<S. Asliü (lo ^ic/iprirJi.if d) iiirrarlii, Dal .<ir]na>i.). dai jfnit/j ntfrarii/:

2!). „Holt f/nf, as du trufpscht f/rionos läp,

As teil dcrjof (dürfte) gccüt an d,> (jcscld.) srlica)i!"

:U). S/ii lud )i()ch et 's hoart aiiS(/.)mU (das Wort ausgeredet), Jlir do\) sr/d(di lud inhi (fortan) Jap (/.drugw.

.-7/. All d,) (loscht (jenseits) isrht laim do merarin. Dort hi,)totd (hüten) shclcs Ith'tJain JiJoin,

P>2. Wi'uiivai (fünf) hamnt shö wraidigal,

Dos sJn'JiscJd.) hot slil shö traüril: (/.diilhd.

HS. „Du Ithile Idoin, du lidhos malv,

Bai (warum) hübcischtü dl (hast du dich) shn trai'irifijs?

■Vi. Hhö traürif/js, shö loidigds?" „Bio shöl i nii et traürik Judjui,

■■>.'). Es iscld haiut shihi)i jmr im dral tiUp,

As (dass) mahl dd miotr ischt et (nicht) l;am.

da. I hois (weii3) et, ischt shi gdwoi (gefallen) ins iiar, Odr liont shi goschtöhi dl schifaro."

d7. „Kirn har, liui har, du Ibhos malv lihd 1 2>in OS dal rächt.» mü<)tr dain!"

Schröer, „Germania", 14, 334 33G.

49. Von der schönen Meererin.

"* 1. Dal scheand, dal jmufd mcrarin, Dal scheand, dal jüngd merarin.

2. Shi schteangöt scknioarönsch gior trrio auf, Dal scheand, dai jihigd merarin.

Hirn u. Wackernell , Quellen u. Forschungen. III. 17

268

3. Ski richtet i(,J)i .fhvcahaifiai haftrho, Dal scJicanj u. s. w.

4. Shi yvaitöt hdsc/ni mu proitou iiier. Dal schrcüi.) u. s. w.

'). WöH hait.ni (weitem), do s/iirJi,)f s/d u pisafs (buntes) I)ai scJinüh) u. 8. w. schrflc,

6. Atind do shizd a jinti/r hcar : Dal sclwanj u. s. w.

7. „Gür)t moani, (juat nwarii, schranal merarin!" Dal scheand u. s. w.

<S'. ,,Gi(,)t nioarn, f/fi.tf nioani, di'i ji'iitf/r //rar! Dal iiclica)!,) u. s. w.

.7. (iä.)tn nioarn hon i's Jal a hcaiih (nur ein wenig). Dal scliean.) u. s. w.

10. I kons aholvi.) a peaslin man, Dal scheand u. s. w.

11. A pcashn mon, a peash-n shihi." Dal schean.) u. s. w.

12. „Schtalg Ittar, schtalg Inar hi iitaln plsafs .schrflc, Dal schraih) u. s. w.

i:i. Di'i hrscht ,)S shalii,fn sclwatial hrhiarln (Hausliälterin), J)al srhrarh) u. s. w.

1 i. SrJicaual krlnarln, srhra)ial shllsUn'iiiarhi !^' Dal schraii.) u. s. w.

ir). „0 hrh'd göt lal shaüdimi!" Dal schrank \\. s. w.

1(). Shi l.'^cht g,)han (gewesen) schranal krhiarln, Dal schran.) u. s. w.

17. Schcanal kclnarln, scliranal shllsUrügarin , Dal schcmn), dal jung,) nivrariri.

A. H. in Kicg.

259

50. ScUcans (liariulle.

/. lil.t irr/,) l.<r]if (ti'if .'^r/ir(i)i.s' (li.)r)i(lh\ J'ls h()//:.)f in (Voiclit ein) a hasch.) hals,

2. 7w (jranüt hosrli,») zau proifQ}) nicr,), Zan proitdn nicr,), zan tbfm shcah.}.

.-?. Wo» haifji/ shichofs a schofle schean, Ati)i du s]iLz.))it zhcan jnngD hcarn:

4. „Gi'i.4 uioarn, yüot nioant, sclicans dbnullc!'' „Schean doiil, schean donk, ior jioigon hearn.

f). Lai cji'r.dj nioarn hon i a heank." ,,Bh shf), h'ij shö, scheans didrndle?"

0. ,,GJaich haini, (jJaich ha'mt, hents (sind es) s]id)m j>ur, As (dass) mahl prirulr 'seht goritn ins groas,) her (Heer),

7. Dor pruBdr niain ünt ddr lidhd main." Asliödrd (so) schprichit dar priodr ir:

8. „Lai heJdd (welche) höshmi haschdscht du (wäscht du) haisr, Da pniddrsch dd shaln ödr Ihhensch dj shahi (die des Ge- liebten) ?''

9. „Bh hais, hid hais dan lidhm main,

Noch draimol haisr dan priodr main.

10. A priodr hon ich et (nicht) mcar Jivhin, A Jirihm hon ich doch noch J/tihml"

11. IXrr lidhd zidchot shain ydVocliUs shheart; Ar hil lüioJcmi ir shneahaisn hausch (Hals).

1,2. „HoH auf, hoH auf, shhügr (Schwager) Ikihr main, Aus (als) shhägrj shaihr (sind wir) ins hPr gjriln,

13. Aus shMgrd shaihr hintrshich (zurück) Mm,

Ünt shhägrd hahr (werden wir) eahik (ewig) shain.

14. D,) haihr (Weiber), did hont dos longo hudr (Haar), Dos longo huar ünt a kiirzon shin (Verstand).

17*

260

15. Dj mandr (Männer), dio hont dos Icürzj hiur, Dos lürzj JiMor ünt a longin shin."

Perz in Liclitenbach.

51. Von der schönen Meererin.

1. BL) ivri,) isclit auf d.) nierarhi, Dai schcan,), dal jtniyo mcrarni.

2. SJii scMcanot schmoarönsch yudr ivrl) auf, Slti (fcanot haschdn dai haiso hasch),

8. Zam proitm vier, zam tiifm sheab.t, Shi heiüdt imi, shi hasch.d schean.

4. Bij hois.) hohhd (weint) d,) nierarln, Bai sclicati,}, dai ji'iny.) nierar in !

5. Äni nier,) har shbinunt zhcan jihigj hiani : „Gmtn moarn, du scheanai merarin !

6. Bai (warum) hoindscht du sJin hoisUchai (heiß), scheanai, du jmigai merarin?"

7. ;'; „Bio shöl ich et hoinsn hoisUchai, .•/

<V. Lai ]iai)it ischt ds sli'ihm gonzai juf)r,

As niaiii prü.nlr ischt gongn ins groaso her?"

9. „BainoH (wem) hasch,)scht baisr di Jiöshn du, Dan li,)bni ödr dan priodr da in ?"

10. „Bi) bais, bi,) bais dan liobiii niain, Obr drainwl baisr dan priudr main.

11. Oin lijbischtm Icridg ich bldormn, Oi)i prü.xtr Iri.tg ieJi hini.)ruiear."

12. Ar bil u<)n pohn d.) merarin, De schean.i, d.i ji'nig,) nierar in.

IS. „HoH avf, hoH a,i)f, shbiigr liobischtr main, Hidt auf, hoH auf, shbügr li^bischfr main /'■

Schiöer, „Germania", 14, 334.

261 5'i. Kate. (Katliariua.)

}:te_4._^l—*z=:;;| P— f-y * ^^-TT—" ^ ¥—^ ':

nV/a ücht aüj dai sr.heu-na K<i-te. Wrid iscJit auf dni achea-ne

:?=

^

L^^^ii^iii

Kii - te, hi9s s/o aJiiii - 113)1.

1. Wrv) ischt ai'ff dai s-chcaii') Kate, Wrid ischt auf dai scheano Kate. Lkds sho sliaiir.m (lass sie sein).

2. Shi gcariot alriv a.f lopipm olr,

Af Io)ifp))i oJir, af slnmulai JiuJca (Rain). Lh.i.'^ sJi,) sJiai)).»K

H. j: Shi hctv.tt n,ni, slii jdf.tt scJ/caii. ; Li(,)s; sJid sJiain.tn.

4. Wir (vorüber) do ziocltjid zhvau Jona/,;/// (Ilelrlen), Zfjcan loriak.ru, zh('a)i, söldn^t.ni :

Lios sh(> shaition.

5. I: „Girat moani, gmt moarn, du scJicaimi Kate!" :' Luds shd shaifidn.

6. „ScheaH, donk, •^cJican donJc i)r shcan JoimJcan, Zhcan lonaTidn, zhean söldudten!"

Lu9s shd shaifidn.

7. I: „Scheanai Kate, ho hascht diYs oudrj gdshindd?" .-j LudS shd shaindn.

8. j: „Mains ondrd gdshindd ischt ans af dd udrhait. ;/ Litds she shaindn.

9. Main müctr poclidt loihlaiu (bäckt Brotlaibe), Pochdt loihlain moarn zr hoachzait.

Luds shd shaindn.

10. 3Iain ivudtr schenkdt hain tib (zieht Wein ab), Schenkdt bain üb moarn zr hoachzait. Luds shd shaindn.

262

11. Mala shbcsclitr wo-tärt pfoitlaiu. (fältelt Heindeii),

Wo'f'drt lifoltJam moarn zr köno (Trauung). Lu,)S sliJ sJtainjii.

12. 'S isclit OS Jiainl (/Idicli sliihiii Jiur, Shibm jaor mit shihni liuj.),

Lhjs sJij shain.yn.

18. Main dar pn'iddr ins her 'seht <j,frltjn, Main priudr mit main dar luho." Luos shd shaindn.

14. /; Ashö da schprichjt Katalsch (Kätbclieiis) dar UM): :'; Luds shd shabidn.

15. Um bd ischt dürj (dir) Kate pos (mehr) loidyohhi (ge wesoii) , Um dainan prüjdr odr daindn l'uhin?"

Lius shd shainon.

16. Bio loid ischt ndjr (jjljaii ihn inain dan li.jhin, Noch draunol loidiyjr ihn inauuii prü.nlr. Lius sho shainjn.

17. A Ibhm hon ich, noch i/jhin (gewinnen), Ä priudr hon ich ninurnuar vtc!" Lius sho shahun.

18. '; Zoarnik bäröt Katalsch dar luL), ;/ Lius sh.j shaiiuii.

19. j: Ar züchot ans shain, shbcarl ij.dlichl ;/ LiUs shj shain jn.

20. j: Ünt bclöt nhhoLjn (abliacken) Kalaisih hansch d^als). ;/ Lius- shj shain.) n.

21. /: Shö do schprichjt ICalaisrli prnodr: ;/ Lius slu shahun.

22. \: „Hüft auf, ho-f't ai'if, shbihjr lijbr inain! :! Ijius shj shainjn.

263

2-i. S/ihn</r> s/ia/hr (sind wir) ins her (/.triL/ii, Slihafir.) s/i(i/hr ai'ts'n her hhlr (wieder) kam. Lk.is sh.) s//((iii,>n.

24. D) ha ihr, di.) hont dos Joihj,) h>t<)r,

'S Joiifj.) JiK.tr, an kürz.»! shinf (Sinn)."' Li(,)fi sh.) shauian.

Perz in JJcIitL'iiIiucli.

StropliL' 4 iiud H linud-, verdorben aus slov. jiinak, Held.

53. Von zwei Königstöchtern.

Ddr Id - nik hat ga - kot zboi teacli - tr - Inin.

Dor kinik hot gjhof zhoi teachtrlain,

Shal hont (haben) O'tj poid.) hanvarlain (Werber).

Dai eltaro hot dd paürischdn (bäurischen),

Dai jingard hot dd hearischdn.

Bid soarnik hdröt dai dtard,

Shai richtdnt udn shneahaisai haschd,

Shai geanötdn haschdu zan proitsn merd,

Zan proitdn merd, zan tüfm sheahd.

Äshö do schprichdt dai eltarj :

,,Hoi shbeschtrle, shhcschtrle, du Vohds niain,

Trit har, trit har auf dd gri'ihni (grauen) schtoin.

I hrt didr tihaschn dd widslain (Füi3chen) hais,

Äs (dass) di daind hanvarlain noch lidhr hont."

Shi gähdt idv an oinigdu schtoas.

Shi ischt in gdivlöchdn (geflogen) ins tidfd iner.

Und hintrshi zidchdt dai eltard.

ÄsJiö do schprichdt dr ivudtr (Vater) Ir:

„Hoi, töchtr, ho 'seht (wo hast) dai jingard ?"

10

15

264

Wöii halUn dort isclit u schcjlc ff.islibntn (geschwümmeri), ^OAtiu heut gjbdii (darin sind gewesen) ir lU baricarJaui,

Shai liuiü slio gjnöni ah in iifif in (mitgenümmen)."

Uut wir do zijch.int d) <jai(jarJaiii.

Drmäron (melden) tüot shi's in an proit.ni mir,),

fn an proit.m mer.i, in an tidfni shcahj: ^^ ,,Hoi (laujarlain , gaigarlain, idv Hohn main,

Nanit ai'isn, nanit aüsn main shaidain /nur (Seidenliaar)

Wir aidr shaitlain (Seiten), as shai x)esr hrut sclipil.

Hüi (jaigarlain, gaigarJain, idr Vuhm main,

Kamt aüsn, namt aüsn. mainj ncg.daiu (Finger), '^ Gox)rdchjt 6V/<> (gebraucht sie) ior war dj schraifucgjiaiu (Wirbel j.

Shö geat idr gaign woar klnik shain tir:

Äs djT Icinili hot gjhot zboi teachtrlain.

Dal eltarj hot dal j in gar j ins mrr gjschfoasn .'"

Shai gaigötn dort tvor Idnik sltain tir. i55 Und dos drhcarjt dor länik jünJc,

Asho do schprichdt dor länih jünh:

,,Hoi ivraha, töchtr, hius (was) hoschlü g.jtii.jn."

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz in Liclitunbaili. V. 38 wmJiM, Teufelin, von slov. vrak.

54. Der todie Hräulijjain.

p^i3i"^l-3=|l

Ks hä-rö-lan zbul Ih-hai, Dar IhV ischl ins her i/^acliri-hin.

1. Es huröt.))i (waren) ^hoi li.thai. Dar li,)h,) isriit in's her goschrihm,

2. I)is her müos ar morsch im, Äshö do schjirichjt dai tioh):

ö'. „S/iö him niior liobr s,) shdgjn (Hagen), Shai Idnlik (lebendig) hodr (oder) loatr,

265

4. lii.i's (li.tr in bi.xf hrt dryran (ergehen)/"

AliiDrt (einmal) hlöh.d uon (klopft an) </ar fi./b.i:

ö. ,,S/in tfi.tsriit th'i, li.ilHli, cf (nicht) sIi/h/iii, Jiodr fi'/,).srJif (h't, liihai, hoc/uii (wachen)?"

ft. ,,I iü,ni ,)S, fi.ihr, d sliläfni, I fi'i.ni ,is, II, ihr, hoc/i <))(."

7. ,,Kim afisar, h'iiii di'tsar, uinin /i./hdi !" I^iif ai'isdr liint.)t (Uli Ji.)h,),

^'. Ar uim,)t sh.) pui s/nicahaisr Jiopf,

Ar liciv<>t shj af sliain lioacJios rösch (Ivossi.

0. j: SJiai ralt))if ahiii an hhj.) (Wege); .'/

10. „Slio tüdscht du, li,)hai, dicli et (vlrcldjtt Bödr tH,)Scht di'i, Hohni, dich tmrcJd^n .^"

11. ,,Bal (warum) hrt ich, H,)hr, iiiicli fcirc/dni, Ben dl), H,>hr, pischi pai nii.jr?"

12. Bio edjl do Hcliain.d dar )nn,>nj (Mund). Bio scJdät (still) do raitont di toat.jn !

Vj. SJiai raitont ahin za)i liircldc,

Jahöl allin afs griono ivraitöf (Friedhuf i.

14. /; Äsliö do schprichot dar Hoho : ./

16. ,,Rnk dl, ruh di, tnarlscldoin,

Kliob (spalte) di, llioh di, köhhhu.irzai card.i.

10. S/iö ivrsldik dii carth di toat.ni, Shö la,)S di Idntiyon plaihm!"

17. j: Ben ümar iscJit hlin dar scJnnoarönsrli (Morgen). .■

18. Koin scliprocho hot slii et icrsclitcanon, Köln, niciiiscfi liot sJii cf (j.dccn.jt,

lU. S/ii isclit liintrsliich ijxjean.jn (heim gegangeni slnhm

gonzai jtior, Shlhin (jonzai jiur ünt dral tüyo.

266

G. Jaklitöch nach <lein Gesang einer alten Frau in Mitter- dorf. Danach gedruckt bei Schröer, 285 fF. und Erich Schmidt. Cliarakteristiken '225 ff. Eine zweite Fassung zeichnete Toniitsch in Mosel auf; diese ist gedruckt bei Gehre 54 f. Sie weicht in fol- genden Einzelheiten von der obigen ab: V. 1, 2 für „(psc/inbin" ] trr- mliribm, V. 2, 1 für murschirn j niij (/ean. V. 5, 1 und 18, 2 fehlt et. V. 13, 2 lautet: Jahol <ifs tnruitöf grian. V. 18, 1 lautet: Koiu menigcli hat shi lurscldeandn

Eine dritte Fassung habe icli in Oberniösel nebst der Melodie aufgezeichnet; sie unterscheidet sicli von der ersten nur in der Strophe 12. Diese lautet:

Bi9 hei do urhdint dnr mu9)U, liid shnel do rdit-mt di toatan.

Die Ausdrücke edl nud xrldat, die ich dagegen vertheidigen wollte, erklärte mir die Sängerin mit großem Eifer für falsch.

55. Treue Liebe.

1 Dort In,) schtcat o'm liiitle hoach,

Drohn roi h'q^plain (Wipfeln) pli.)t (blüht) slil sclieav.

Üntu do sclitcat ohi schaihlahtdr (runder) fisvli;

Pal (laniou sJi/zjut zhol Ihha't. o Dos p'hihlv iiiochjf a rcchhhn/,} (Mittheilung):

„/ müjs ds zIjcIdi in dos groasj her."

Ashö do scliprichdt dos dimtdlc:

„Baue (wann) H,)hr hwischt du liiutrslii (zurück).^"

,,Ihr slnhni jtor i'n/f dral tihj,), 10 DciHÖr (dann) kiiti l hidar.

Demör zhcli di aüchn (hinauf) in dos link (Giebelfenster) hoach,

Schäg du hin ihr Baifnizar pödn:

Shö hrschtü shächn (sehen) a roatn unun (Fahne),

Do hrt i noch am lähm shaln; 15 Shö hrschtü shdchn a shhudrz,m (schwarze) iviun,

Do hrt i schön (jdschtoarhm sJialn."

tlmr hent Mm shlhm gonzal jtur,

Shthm gonzal jtur ünt drai tüyd.

Shi zidchot aüchn in dos linle hoach, 20 Shi schäydt (schaut) hin ihr in llaifnizar p^dn.

Shi hot (jdshächdn oin roatn wudn.

267

S/ii hol (jj(jl<'tht, \s isdit Olli sliba.jrzr icidii. SJii zucJiot hidr hintrshi, SJn zioch,)t aüsn in roashaiugudrb. Slil slic2.it shich nah- uf f/ruhm (grauen) sc/ifoiii, S/ii hohi.it, aü, (weint, au,) shö pityVirli. Wnii bdif.ni (weitem) sJncJut sJii an ralfar .ii.>c/ni. „Bai (warum) hoirioscJit du slio pifrlic/i ?" ,,Bij shöl i et pitrlich holiuii, Ben main dar lidbo (pscldoarhm iscJd?" „Lai gescldor pin i ivorpai gdriton, Bn daiii dar Ujho fj.ihoarhäaifjt hat. Bos ivor a g.ililj (Glück) hinschdseld di'i iiiiuii Oin peashos ödr oin yüdtds?" „I binsch imon koin peaslias gdlilc), I binsch imon taüshjnt gi'i,)f3S gjJi/,;i, Bos im mera shontschtoinlain (Sandkürneri ischl. Ar nämot aüsar oin hldrJe (Tucli); „Nim hin, du scheanas medlchJain^ Trikon aus dabo ägolaln, Es Icon nnt inog et ondrsch shain, Bijr poidai (wir beide) inijs.int painoiidr shain!"

Scliröer,

155

40

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55\ Treue Liebe.

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Böl dort do sehte - at a lint - le gri - an,

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proH itiit )'iii - tu id sJinnial, üut

is proit ünt im - in is slimiiel.

1. Böl dort do schtrat a lintle grian,

/; Ünt öbin i's proit ünt üntn is shmudl ;/

268

2. JJnt drimtr do ischt a schalblaindf tisch,

j: Unt droH do shis.mt zhoi Vuhai schtun. :j

3. Ulli shai red,)nf mit aiiiondr a.slio (so);

; ,,/ nu'os nach drai JH.tr bau dm (wandern) yeaii." ;/

/. J)i drai jii.tr liod i'niiar kam,

l'iit /r/r (vorüber) du rait./f (/ rilarsc/imoi/ i Ritter) :/

.->. Äsliö do scI/prirl/./t dr r/tarscini/oi/ :

,,Pii( (jcscl/tr di'ircl/ a schtatlc (Städtchen) (j.)rit.i)/, Hot daii/ l/arzli.)hiscl/tr hoacl/zuit (j,jI/ot."

li. ,,Hot maii/ l/arzJi)hisc]itr huacl/zait y.d/ot, I hi)iscli (wünsehj imon shö wil y.ililct,

Lai l}/i,)s (als; ii/ ii/rr,) .sJi(»/tschtoinlaii/ ///iit!"

7. Ui/d ar f/raifjt in sl/ai/i,) tose/t. n/,

/; Sl/ai)/ sl/n/'tpftijcliJc isci/t hais y.ihanci/.ru ;/

8. Und ar Ijarföt's (wirft es) //ii/ ii/ in/ ti./rm (Arm); ,,I)rilc mir, drilc mir. af d.» äy.daii/,

J)i'( sl/ölscht main sclioziniyr (inniger Schatz) al/ain.

9. Ui/t /ii.).scl/t a schelt, a ivli'ucl/ y.rmoci/jt,

bivön! P e r z in Lichtenbach.

/; Shö hdr (war) i schtölz yjritm djwön!" ;/

56. Der Bettler.

1. Dar patlar zi.)ch.)t it/s loriy.) doarf, Hai didl dai a.

2. Ii/s Joi/y.) doarf ai/ d.i hoarhza/t, Hai didl dai a.

•7. Ar shcz.it shi paim ötvm (Ofen) vldar. Äsl/ödo schprich.d dai scl/car/,) praüt: „Bior asH iü/t trit/Ljn vnt lähm y/'i.dr diuy^, Äfin patJar yodvnkot nijmout ct." Shi roicliA imon oin ylashle hain (Wein). ,,Schean donic, schcau donk, du achcanai praüt,

269

Main caracldai konj (Frau) piscld du (/.)h(hi (gewesen)/" Bij dos drhrar.it dar praititjöni, 10

Ar tü.it an schprünk hol ihm tisch: „JiüikJicar,) (als Junggesell) |)/« i hiar läm, JiüikJicar,) ycan i hidr ansn'" Hai didl dai a.

(Nach jeder Zeile: Hai didl dai a.)

Schröer, 210 f.

57. Auf der zweiten Hochzeit.

Dar antj (alte) man in shain hainparykiin (Weinberg), 1

Ar schtcanot sclimoarönscli gior irrid auf,

Ar kraiüiyot shi schcan mit drhügd (wäscht) ^hi srJiran,

Ar siDclot allin in shain haingartle.

Unt ivir (vorüber) do zischdt a jüngr söldudt: 5

„Güdt moarn, gmt moarn idr autr i)ion.'"

„Schean donJi, schean donk, du jüngr söldudt,

Lai güdtn moarn hon i a beank (wenig)."

,,Bi9 shö, hid shö, idr autr mon ?"

„Es ischt ds haint glai shihm jiur, 10

As (dass) hi^rr hiihm hoachzait gdhot ;

Otr (hernach) 'seht main sliün ins her garitm,

Unt hintrshi (zurück) ischt ar et mear kam.

Nü9 haint hilhm hidr (haben wir) ä schön hidr hoaehsait.

Hin zidchr)t in inshr hoachzaitshansch, 15

Shai hrnt ai (werden euch) gdhm a glaslde hain,

A glashle hain, a shnitle proat."

Ahm 'seht ar g,)zöchn in's hoaclizaitshaüscli,

Ar shez.it shi nldr afs oicmpanklc.

Shai trinkötn ofo dr prait) gjsh/'int, (der Braut (xesiindheit) '20

Bot i'ntiar ischt kam af'n jiing.m sölduat,

Ar trinkdt ä dr praitd gdshünt:

„Gdshünt, gashünt, main scheanai praüt!"

Ar Imsdt wO'f' (fallen) shain konringle (Ehering);

„Es ischt dS haint glai shibni ju,)r, '25

As (dass) hidr d shaihm (sind) painondr g.isliasn (gesessen).

270

Hahd shiz.)sehf cli'( sclimi pai au ondr nio))."

AsIu'hJo iichpriclt.it dal i^chrair,) pmfit:

„N((n)f ai'is)! (nehmt hinaus), 7K(iiif ((i'(si/ (Um jirai/it/oiii. :-10 Gäh.d ni'ur Inar an hcaiitk/jH (früheren) praUUioin !•'

Ashödo scliprichdt dar jung,) söldwd:

„Ho nain, ho nain, du srhranai praüi,

Hnuif, as (ehe, dass) / nKJch daiu ihunid.i (Uni'riede),

F.tliid dl yöt, mahl schicüial praüt, 535 / slnch dl ä liahd tod nininiicar!"

Perz in Kummerdorf.

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58. Dor Leze hear (Alexius)

i^l^^fe^i^^-^

Dos schrai-bm isrht ku - vwn nf Le - ~.e heor, <ia ihir

Le - ze henr nuhs gen - nsn ins her.

Dos schraihm ischt Mm af Leze hear,

j: Äs (dass) d^r Lcze hear mfus gcanon his her. ;/

Ar hot ds wrpotm ddr ivrägdn (Frau) shaiii, As shi et dearf hairotu shibm ju,)r, Shihm gonzai jrn^r ünt shihm tügd.

Otjr (hernach) hairof shi, hii.ts icr oiii (was für einen) shi />//, .• Lai da)i jüitg,))/ (/('JtsrJiii/if dearf shi et (darf sie nicht)/ .7

Ben i'iniar iseJd lehn a hanh./s (halbes) Jnjr, Gdhairotjt Jiot di) tvräg,) shain, Shi liot g,»iöin in goltsclnnit ji'in/:.

Ben i'iniar hod h(hn d.) shihm jmr, j: ]).) shihm jii.n- i'n/f d) shihm fng.^, .'/

Hintrshi zi.)cli',d dir Lcte hear Ünt inion p.igfgujf a)i aidr nion : :l

271

7. „Gü.d nioarn, gudt moani di\ autr nion,

Bii graf.<i, bio geats in dar groasn sclitot ä noch?" ,,I)t (1(1 r (iroasdn sclitot gcats harlain (wahrlich) giot."

8. ,,Bb grats, bi,> gcats i)i Lczaisch Jiai'isJi.) ü n('>cli ?" /: „/// Lczaisch Jiaush.) gcats harJain et giht. ;/

!). T).rr Lcze hcar hot mischt (gemusst) gcan ins her: i: Ar hat 9S tvrpotdn d?r ivrägan shain, ;/

10. As shi et dearf hairot)i shlhni jior, Shibm gonzai jiur ihit shibm ti'igj,

As shi et dearf näm in göUschmit ji'inJi.

11. Ben iimar ischt him a haubds jior, GjhalrotQt hot d,> wrägd shain,

Shi hot ganöni in g()ltschnnt jitnh."

12. ,,Bi,i geats, bi,) geats in boishlain (Waisen) kloin?" „Dd boishlain Idoin hent didnschtpdtgn!" ;/

13. Bio loidik bärait ddr Leze hear,

j: Ar zidchdt kintdrshi in's groasD her. ;/

Perz in Lichtenbach.

59. Dar junge pÜ9.

I *— I— * jr=# -^¥^f * I F— :^! 1-- - ' H

auf na dar jün - ga pu3 na.

Bid wri9 ischt auf na dar jün - gd püa na.

Bid wrid ischt auf na dar jüngd pÜ9 na. 1

Ar geanöt ahin na zar lidbni ins doarf na.

Und imon pdgegndt a pötschoft scheanai:

„Buhin, buhin na, du jüngr pio na?"

„I gean ds ahin na zar li^bm ins doarf na." 5

,,Böl et (wohl nicht), böl et na, dii jüngr pro na,

272

Shai huh.wt (halten) dar Ji.ihm d) Icrzla'm i^rhö)/.)."

„Böl et, hol et ua, du potachoft seheauai,

Pin nachtn pai dr noeJtt (gestern nachts) pai ir g.thfhi (ge- 10 Und hid ar iscJit kam zar U^hm ins doarf u<l wesen)."

Dai lijhj s/iain na ischt schonD toat va.

Ar isehf (/laieh W(hi lo'uh toat (j.thdii.

Shai Jient (f.)häH d)oa hals.) laichdn.

SJiai tnu/Jiit sh,> aüsjn zjn kirchJain hals na, l^ Sliai poyrühjnt an jedr shaitn lürcldahi olns na.

Aus imon 'seht gdhoksclmi a scheanai hainräh,) (Weinrebe),

Ans ir isrht tphokschon a scheanai gudrtnroashd.

Shai henf ai'if(/,>hokschdn in kirchlaln ans oart na,

Shai icosjnt shl umar (umfassen sich) oins in dos ondr.), 20 Qkil hl,} shl zhoi Vuhal golbh.mt hont na.

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Pei'z in Brunnsee.

Z. 18 wörtlich: Dem Kirchlein an das Ende. Varianten: In einer zweiten von Perz mitgetheilten Fassung, Z. 2, für yeaiint \ In int. Z. H für Jii>/ pf^ hiil pi \ et Ingn, et liiyn (nicht lügen!), lui ist nur Flick- wort.

(>(>. A simaidarliadl.aiii.

Bis

luria urlit aiif Iclolns slinai

—5» #

diir - Ip, fti'i-

1^

Je. Bis wrid ischt auf Idoins shnal-dar - le.

1 Bh icri) Iseht auf klohis sh)ialdarle, aühc, aühr. Es shnald.d z.niondr (näht ziisammen).s//«/^^ dar ll.djni a jijolf Sliahi dar II. »hm u s/tneal/alsal hat'di.i. (Hemd),

llid hin Ischt kam kJolns weg.de (Vöglein),

n Ashödo srhprleh.d klolns wegdle: ,,K/(>lns shnaldarJe, du Vbhis niain, Di'i shlngascht et, du hlscliphseht (pfeifst) ä net, ]>i it du hesnseht (wüsstest), l>u:)s (was) -/ hols."

27S

Äshodo fichprlcli^t kloins shnaidarJc:

„Bij fthö, bi.) .<f//ö, Jdoins ivciple?" 10

„T>ai Ji:)ho dmn 'seht a shirahaisai laichd, Wön dort har iyüfpnt >ihai sJi.i schrhi." Ünt hi,} s/iai heid kam (sind gekommen) sjn sJinaidarJe, Asho do scliprididt kloins shnaidarle:

„Ludt (lasst) nidr, luot nidr, shneahaisai laicivj!" 1^

Ar seardt (zerrt) 'ir hck an grbndn kronz, Ar sJu'Zdt ir anf di' shneahaisj haühd, Ar isclit tvön JokU ä würt (auch sofort) r/JaicJi foaf. Shai heut (phän shoa sh.neahaisa laicJin. SJtai trtuput slrj aüsn zdn kirchlain bais; 20

Shai pdgrübnt an jedr shaitn kirchlain oins. Ans ir ischt (jdbokschdn a gtidrtnroashd scliean; Aus imon isclit gobokschdn a bainrdhd ("Weinrebe) schcan. Shai hcnt aiifgabokscJidu in kirchlain ans oart; Shai ivosont shi iima/r (umfassen sich) oins in dos ondrd, 25 Unt haiisJtnt ünt pusclmt (küssen) shi g im' shn schcan, Glai bid shi zboi lidbai gdlidbdt hont. (Jede Zeile wird wiederholt und dazwischen „aube, aube" (auweh) gesungen.)

Perz in Lichtenbach.

Gl. Woarn (vor dem) Shlüfkaiiirlain.

hieb - lain shis - sn sJilüf.

Es hidt a kneblain shidsn shlüf (Schlaf);

Es trämdt imon lai ashö,

As shain dai lidbd drkronkdt ischt.

Ar beltdt auf dd knachtd shain:

„Geat, sliotdlt midr dos praünd rösch;

Hirn u. Wackern eil, Quellen u. Forschungen. III. 18

274

I raif o.f ahin zar Ibhni bau!"

Ar raitjt ahin am häg.t (Wege) pwit.

Paini hdgj do schteat a praihdis-liJc (Brauhaus),

Af dr tir do schteat ivrd haüsclthlrt'ni (AVirtiu); 10 „Güdt moarti, gmt moarn tvrä haiischhirtiii .'"

„Schean doiik, schean donk, du jüngdr piu,

Lai güdtd moarn yaits (gibt's) shear a hearih (sehr wenig)."

„^19 sho, bi.) s/iö, wrd hau schb hihi?"

,,Bail mahl töchtrr hahit drkro)il:it ischt.'' 15 „Shö gdhöt midr dd shlis.ilahi,

Dj shlisdain wön shJnfkamrlahi!"

Ski gdbdt hnon d.i sJdisälahi (Schlüssel),

Dd shlisalahi ivön fildufkamrlam.

Ar zidchdt lihi Zdn shlüfkamrlahi , 20 Zdn shlufkanirlahi, zar Ihbm shain.

Ar klöpfdt mn dos earschtdmot:

„Bid geats, bio geats, harzlwbischtai main?"

SM gdhöt imon koin ompoart (Antwort) rt.

Ar kloppt on dos zboitjmol, 25 Dos zboitdniol, dos dritdmol:

„Bid geats, bb geats, harzlidbisrhfai niaw ?''

SM ompoartjt imon lai a shö:

„Bear in Mml bil inin gean,

Müds af dr barlt (Welt) aüfrichtik shain!"

(Jeder Vers wird wiederholt.)

P e r z iii Lichtenbach.

62. Scheanai Geare (Gertrud).

-#-

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-ä-f-

-^-=±:

-•

i

^=i:

iDrtB Isclit auf

scheu - na Ge

=1=311:

m

Bis xoria ischt auf dai schea - «a Gea-re.

1 Bid wrid ischt auf dai schcand Geare.

SM kraizigot shi schean, shi drbügot (wäscht) shi schean,

275

Shl brl\)f at'if (h nn'ijfr tri

„Ntii) auf. ni'i^ auf, nin,)fr lijhai main,

Graf, schfräht (kämmt) nii, (jcat wJachUt (flechtet) mi!"^

Srhcmmi Gcare zhchot aiiclm in (h Iioarhn /in:

W('»i haitn do shichof sJii a vühdle (Nebel).

Äshödo schprichat scheanai Gcare:

..Mfi.itr, nn'otr, Ibhai main,

Dörthar do ddchdt a ndbole." 10

„Böl et (wohl nicht), hol et, du scheanai Geare;

Es ischt ds et a näbdle.

Es lient 9s daind praütJaitd (Brautleute),

Bainj praütlaitd, dain ivraimon (Freier) jünh."

„Böl et, hol et, mi'otr lidhai main, 15

Noch heant (ehe) i's hairot dan wraimon jmili.

Noch heant hil i shain a haisai (weiße) laiclio!"

SM sidchdt inin (hinein in) ir shlüfkamrle.

ün hin hent kam ds praütlaitd,

Dai praütlaitd, dar wraimon jünk. 20

Äshödo schprichdt dar ivraimon jünk:

„3Iüdtr, mÜ9tr, lidhai main,

Sho galt insch (gebt uns) aüsar dai scheand Geare,

Dai scheand Geare, main scheand prat'it!"

Äshödo schprichdt dd müdtr ir: 25

„Scheanai Geare ahoinid et (daheim nicht) ischt,

Shi ischt gean shüdchn kidlds hosr (Wasser),

Kidlds hosr zdn prinlain kidl."

Ar läfdt ])dhent zdn prinlain kidl.

Paim prinlain kidl scheanai Geare et ischt. 30

„Shi ischt ds nar (wohl) in roashaingiidrt.^'

Ar läfdt pdhent in roaslmingudrt.

In roashaingudrt scheanai Geare et ischt.

Ar läfdt nüd hidr hintrshi hoim.

Äshödo schprichdt dar ivraimon jünk: 35

„Müdtr, müdtr, lidhai main,

Shö gähdt idr midr dd shlisdlain,

Dd shlisdlain ivön shMf kam riain."

Shi gdböt imon dd shlisdlain,

18*

40

45

50

276

Da shlisolain tvön shlnfkamrlain.

Atin (drin) do windt (findet) ar dai fichran,) Gcarc

SM ischi 98 schön a baiaat laich j.

Ashödo schprlchot dar ■wrainion jihik:

„Fischt ds du hegn mainr toat,

Shö bil i ä hegn dainr toat shain!"

Ar ischt OS ä a haisai laichd.

Shai trügdnt sho aüsn z,m /drchlai)i bais;

An jedr shaitn Mrchlain pagrühdnt sliai oins.

Aus imon 'seht gohokschmi a bainräh,),

Ans ir ischt gdbokschdu a gnortnroash.i.

Shai hent 9S gdbokschdu iti klrcliJaiu ans oart (Ende);

Dort haushdnt (halsen) shai shi i'int jn'iseJtjnt shai shi.

Glai bid shi zboi li.ibai gdlidbdt hont.

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz hl Lichtenbacli.

63. Haushl jüiik.

iiyrh ischt

—0- dar

d^:=d=:-

;=^=

•_ 0—

Han - slil jürik.

Bid

lürid ischt auf dar Han - shi

jimh.

10

Jßid wrid isclit auf dar Hanshl junk.

Ar schteanöt schnioarönsch (des Morgens) gu^r ivri.) auf,

Ar legdt shicJi guor schcandr mm.

Ar geanöt ahin afs kirtogh (Jahrmarkt).

Dort shlchdt ar scJicans diorrdc.

„0 müdtr, lidbai müdtr niain,

Main harzte tüot mior grailain bca (weh)

Um ens (jenes) dos scheano didrnle,

Lai bels (welches) ich geschtr gdshdchon hon

Auf en dan scheanon kirtoyle!"

„Lai nisch (o nichts), lai nisch, shihi liabr inain,

277

lii.)r hahm (werden) aüfpuün a luib huis (Mühle weiß).

Bm o-f'.) (alle) laiü z,m mujln (mahlen) hrnt (werden) Mm,

Schcanjs dbrnlc hrt a liäm."

Otd laüj heut zjn miuln kam, 15

Schcams diarnle ischt laibjr et (doch nicht) keim.

„Lai nisch, lai nisch, shün lühr main,

BiDr habm aüfpaün a kirchle hais.

Ben O'f'j laitj zar meschd hdmdut,

Sdicands didrnle hrt d kam." 20

Oh laito hent zdr niescJif) kam,

Scheands didrnle ischt Jaibor et kam.

„Lai nisch, lai nisch, shün lidhr main,

Bidr hahm udn richtou (aufbahren) shneahaisai laich,).

Ben oid laitd Z9n schprengdn hrnt kam, 25

ScheandS diarnle hrt ä kam."

üfj laitd hent zdn schprengdn kam,

ScheandS didrnle ischt laihr ä (doch auch) kam.

„Bos Ischt dos wr a hündrlainai (wunderliche) laichd?

Dd ividslain hühdnt shi aüfn schprünk, ^^

Dd äglain hühdnt shi aüfn schproz

Dd hantlain huhdut shi aüfn drhisch."

Kämör (kaum) hot shi's hoart aüsgdrait (ausgeredet),

Shö schpringdt dd laichd schön auf;

Ar haushdt (halst) shd ünt püschdt shd : ^5

„Lai du pischt main ünt ich pin dain.

Es kon ünt mog et ondrsch (nicht anders) shain!"

Woar schrökn ischt shi ümdgdwoi^ (umgefallen),

ünt hent gdschtoarhm ol'd poidai.

„PiscJitü gdschtoarhm hegn mainr, ^^

Shö schtirh i hegn dainr."

Shai pdgrühdnt an jedr shaitn dr kirchn oins;

Liin (hinein) hout shai gdshezdt zhean lilgdnschtekd (Lüienstöcke).

Shai hent aüfgdhokschdn ihrs kirchle hoach.

Bid shai öbm zdnondr hent kam, ^^

Dort haiisJunt sJiai slii ünt püshdut shai shi.

Aus (als) hid zhoi hirklichd könlaitd (Eheleute).

Sehr ö er, 267-269.

278

V. 25 : AVeiin die Leute zum Besprengen der Leiche (mit dem Weihwasser) kommen werden. V. 30 32. Die Füße sind bereit zum Sprung, die Augen zum Aufschlag, die Hände zum Haschen. Für V. 43 f. wird auch gesungen:

Ans oivi ischt gdhoksclidn u bainräba (AVeinrebe), Aus oim ischt gabokschdii a guartroaslia (Rose\

Radics, 226 hat dieses Lied in Göttenitz gehört und theilt die eben genannten zwei Verse mit, dazu als Schluss:

Ibr ju9r ünt toh hent sliai öbm zanaiidr kam,

Shai hont shi gahatishat i'tnt gapiischdt.

Bid zboi könlaitd. Jedenfalls ist dieser Scliluss nicht ganz richtig aufgezeichnet, denn es sind .keine Verse.

63^. Dar oinziga shün (Sohn).

1 Bid ivrij ischt auf dar olnzigd shün.

Ar zidchdt ahm af an kirtok (Jahrmarkt) schean, Ar Mfdt 9S a roats pu9r ökschjn (ein Paar rother Ochsen), A roats pudr ökschdu ünt a praünos röscJi. 5 Ar shichst du a scheands didrndlt'.

Nüj hen ar ohr hoim ischt kam., Skugot ar zor müjtr shain: (Nun folgt V. 7—23 aus Nr. 63, hernach :) 25 A shö nüd schprichdt dd müdtr shain :

„Lai nisch, lai nisch, du lidhr main, Bhr geahm tO}tricht)i (aufbahren) a laich,) schean, O'tj lait) hrnt zr laiclin ffcau, Schcans didrndle hrt a har kam." Ashö schprichdt dos schcand dijrndJv :

„Bid hündrlain (wunderlich) kinidt nihr dai laich,) ivoar, Mit'n tvidsn afn schprünk, mit'n hcntn afn drhisch, Mit'n dgn afn schproz, mitn maüh af's lochn."

Ünt auf do schpring,)t dar oinzigd shün, Ar drhischdt jo schcans di.irndle.

Gdgümachtn (ohnmächtig) ischt schcans di.tntdlc,

Woar laütr schrökn ischt' s g,)schtoarhm,

Ünt ar ivoar laütr wraidn (Freuden).

Petschauer in Göttenitz.

30

35

279 64. Scheiiii Haiishe.

W 1

ßia wria ischt auf sckean-dr Han - she - da - hünk.

Jiid mnd ischt auf schean-dr Han - she Jünic.

Bij ivria weht auf scheandn Hanshc jünJc. 1

Lai bb ar sclimoarönsch ivrb aufsckteat,

Ar hekdt auf dd müdtr lidhd shain:

„Ni'o auf nüd auf, miotr lidhai main,

Geat, köchdt midr in ivoarmais (Frühstück) schcan". 5

Pjhent bar auf dd müdtr shain,

Shi höchdt imon in ivoarmais schean.

Ar bekdt auf dd hiachtd shain:

„Nüd auf, nüd auf, hiachtd lidbd main,

Geat, shotdlt midr main praün ünt main mür (Maulthier), 10

I müds ds gean in di Kudrlschtot (Karlstadt),

I gean ds shiidchdn an (den) roatdn boisd (Weizen),

An roatdn boizd, an baisn hirshd."

Pdhent härönt auf dd hiachtd shain;

Shai shotdlnt imon shain praün ünt shain mür. 15

Ar geanöt ahin in dd Kudrlschtot.

Ünt bid ar ischt kam Zd dr maütnarin:

„Hoi, maütnarin, dd tnaütd dain, dai midi i didr."

„Böl et (wohl nicht), böl et, scheandr Hanshe jünk,

Dd maütd dain dai schenk i didr. 20

Gea, shlüf böl haint dai nocht 2d midr!"

.,Böl et, böl et, du maütnarin,

Dd wrägd main mecht loidik (traurig) shain."

Bid zoarnik bäröt dd maütnarin;

Shi ludSdt ümpringdn schean Hanshain jünk. 25

Un hoim ischt kam shain praün ünt shain mür;

Schean Hanshe ischt laibör et (doch nicht) hoim kam.

Shai geanötdn shüdchn schean Hanshain jünk,

280

Shai x)r'uig.)Ht hoim schean Haushain toat. 30 D,) ivräyj shain iscJit a (jlüi toat.

(Jeder Vers wird wiederholt. Beim erstenmal wird in das Sclilusswort ein doli eingeschoben.)

Perz in Licliteiibach.

65. Hans und die Schlange.

li=3El^^=l=^i^l^=^£lE^=^

Bia loria (seht auf dar schea - ua Ilan - she. Bis

£|E5i^.3i^=j^l^l

dar schea - »la Han - she.

1 Bid ivrid ischt auf dar schcauj Hanshe.

Ar schteanöt sclimoarönsch (des Morgens) fnur wru auf;

Ar hekdt auf dj müdtr shain:

„Nüe auf nüe auf müdtr lidhai main, 5 Gmt, Mclidt mir in woarmais (Frühstück) schruH,

In ivoarmais schean, dj jaishdn (Mittagessen) dj^jai.

I gean ds aüchn (hinauf) in do hoacltm raitor (Rodung),

I gean lunzintn (anzünden) da gramödlain (Reisig)."

„Böl et (wohl nicht), hol et, du scheandr Hanshe, 10 Es ischt dS haint a hailigDr tok,

A hailig.)r toi:, gotamprshüntoh (Quatembersonntag) /"

Ar hat laibör nisch gdicroit (gefragt) dornöch ;

Ar geanöt auchn in dd lioacJun raitr.

'S earschtd gramödle, dos ar ujn hat gosint^t, 15 'S ischt mon harlain ivrdanldain (ganz) ivrprüniveYhx-dwwi).

'S shoitj gramödle, dos ar mm hot gezintot,

'S ischt jnon barlain ivrdanklain tvrprün.

'S drit> gramödle, dos ar u.in Itot gdzintdt,

Aüsar liut (lässt) slii dai long,) shlongj, 20 Ski luQSjt shi ümar in, Hanshaisclt hausch (Hals).

,,Sh6 liaufd (helfet), shö haufot, iviutr lidhor main!''

„I mog di,)r barlain (wahrlich) haufm et (nicht),

281

/ holt (Hj/s Hdus/ic z.xvoar (zuvor) (ps/ioit (gesagt);

Es isclit ,)S halnf a hailigor to/c,

Ä hailifpr tok, (ptainprs/nhitok." 25

„S/iö liunpi, shö hanfjt, nif/jtr Iwbai niain!"

.,/ nio(/ di)r barlain haufon et;

I hon dhrs Hanshe s^woar (joslioit :

Es ischt ,>s haint a haiUyjr tok,

A haiU(/,)r toJc, yjtamprshüntoh." 30

„Shö hilf du, lidhai, lidhisclttai inain!"

Shi )}äni,)t har a schisde miliclt ;

Wüdy (fort) lök.it shi dai longo shlongo.

Ar ivosjt (fasst) dai lidhj um im haiisch:

,,Hoi lidbai, lijhai, du lidhischtai niai)i, 35

Du pischt niain mit i pin dain,

Es Jcon ünt wog et niear (nicht mehr) oiidrseh shaiu!"

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz in Kunnnerdoi'f.

6(>. Won dar liebm. (Von der Liebsten.)

Dai li.jöj, dai geanöt in giurto (Grarten) i

Unt pintdt dan lidhm a peschh (SträuJichen) Dar tvir (vorüber) dort raitdf, dar lidhd, Dar wir dort raitdt, dar Jidbd.

„Bamon (wem) pinfjscht du, lijhai, dos pcschle?'' 5

„Icli pint dos, lidhar, didrs!" .fielt Jtoit schön an ondrai, an lidbai, Bclai pain hdpitschdn (Kopfkissen) shizd." .jJJoseJttü schön an ondrai, a Uobai,

B(Hj pain hdpitschdn shizot, 10

I biitschon didr taüshdnt gdlikd.

Das di'i jiur i'int toh kronkr ligöscht, fault),

Das ddr 's ivloisch wön poindr (Knochen) bcktvai'ilöt (weg- Dj sltcah ivön laib et mecht (kann nicht) schoidn!" Drkronkdt bdröt dar lidbd, 15

Das mon 's (es ihm) ivloisch (Fleisch) ivön poindr ischt gdwaüht •/ Ün dd sheah wön laib et mecht schoidon. ;/

282

Ar schili.ft nur {nwv) um dal JLih,) : 20 ,,Sh(') (jcu, sJiö (joa, du üjhai,

j: Dar litbj liot i'on dielt gitschil.d." :!

„Ar hat .schon an ondrai, a li.ibui,

Belai pain häpitscJidn shizdt." 25 Ar schickdt nar dai ondro hiurt (mal);

„Shö yva, shö gea, du lidhai,

; Bar Ibhd hot um dich gdscltilctt." :j 30 /; Ar schikot nar dai dritd hudrt: ;/

„Shö gca, sho gca, du lidhai,

Bar luhd hot um dich yoschikd."

Gdgeandn bäröt dai lidbd.

„Shö hilf, shö hilf, du lidhai, 35 / lig in shhdr,yr kronkhait!"

„I koH djr, i rnog dar et haufm (helfen),

Bai lidho dai hrt dor schön haufnt,

Belai pain hdpitschon shizjt."

G^scJdoarhm häröt dar Ibhj, 40 Aus ischt gdivlöchc>n u haisai taub,).

Schröer, -4221.

(>7. Zbeaii oiniga shina (Söhne).

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tar zhean oi - ni - g3

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tär zhean oi - ni - g^ sin - n'd.

w^m^^^^m^

i Es lii,)t a müjtr zbcan oinlg,) shinj.

Shi hot sho 2Üjy,)dck,tt mit u pisatn (bunten) drk.ni :

Shi 'seht allin gjgcan,»! zar hailig,)n mcsch.),

Zar hailig,m nieschQ^ zar hailigm predig,). 5 BIj shi ischt kam wön dar ]iaiHg.)n mcscju.

Shi hot sh,) anfg,>bek,it mit schrltn ünt H-lil>rhii.

Mit scJieltju ünt ivlü,)chdn, mit dan pri)ii)d,)ii prcntr (mit

brennenden Bränden).

28H

Slial holt y.inutii (geworden) zhean shhmrzj rnnor (Raben),

.s7/a/ hviit aün(j,)wlöc}i,m durch dos mitrj wünsch tr:

Shai hnif (f.rwiöchrin (/c</n Mö(flin(/ar pmbn. 10

Sho schprich.d dar oüi,> : „do bahw (werden) bin- iviii (finden),

Do bahn bior ivin iiishr kü.dai jaishon (Essen).

Do 'seilt ii,)riii,>n shauzarlain (dem armen Salzer) dos rcschJc (j.)-

wreliot (verreckt). In Möttlimjar pödn srhteat a durjr karschpon (Kirschbaum). Ben dar di'irj Icarsclipon yri)nal läblaln (Laub) brt trügon, 15 Denr babm bhr pead.) (werden wir beide) drlcaslidt (erlöset)

shaindn. " Sho schprichjt dar ondr: „dos brt nimrmear shaindn Üiit nimrmear bahn bior drleashdt shaindn!"

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz iii Licliteiibacli.

68. Die verkaufte Müllerin.

lar jünk.

Bid wrid ischt auf dar milar (Müller) jünh. 1

Lai bid ar schmoarönsch (des Morgens) tvrid aüfschteat,

Ar Icraizigdt shi, ar drbügdt (wäscht) shi scJiean,

Ar legdt shi gudr scheandr udn.

Ar zisehdt aliin am bdgd (Wege) proit, 5

Durch gridfidn baut (Wald), durch winschtrn baut.

Und imon pogegdnt dd räbarlain (Räuber).

„Güd moarn, gmt moarn, du milar jünh.''

„Schean donk, schean donk, idr räbarlain,

Lai, giutd moarn hon i gudr beank (wenig)." 10

„Bie shö, bie sJiö, du milar jünk?"

„Köln kraizar gaut (Geld) in main Jiaüshd et ischt."

„Shö shüg' du insch a shbongrs baip (schwangeres Weib),

284

Biir belli (Ir (jäbin a Jn'i.it wöl (fiiKt iHut voll Geld)." 15 „Ä s/ibo)i(jrs baip ischt d.) wräffc (Frau) iiniiii."

Sliai gdhint inion a hüd wöl (jaut.

Ar zijchdt niid bidr hintrshi lioini :

Un ar nio bidr ischt hintrshi liänt,

Ar Idöppt ahoinid shö grailain u.m. 20 „Nar bcar (wer) ischt haint sho schpnd.) (spät) do':"'

„Nar ich pins do dar milar ji'mk,

I ho)i dijr prncht (gebracht) a hi'ut wöl (jaut."

„Mit ivriimon (Frommen) ünt earn hoschts et pjkäHi !"

„Ja böl, ja böl, wrä milar in. 25 Dain wmtr (Vater) in sign lign tüA,

Nüd pin i's Mm wön dr utoilürtgj (Erbtheilung)."

Shi leg,H shi gudr scheanai lon;

Shi zi.}ch,)t ahin am bägd proit,

Durch gri.ni.ni baut, dürcJt ivinschtm baut. 30 Ünt ir X).)gegnt d,) räbarlain:

„Biihin, buhin, wrä milarin'^''^

„Main wudtr in sign lign tüdt."

Shai wosdnt (fassen) shi pai baisr hu)if:

Shai wiaront (führen) slii in grijti.Di baut. 35 Shai ividrsnt shi in tvinschtrn baut.

„0 rdbarlain, idr liabm main,

Wrläbjt (erlaubt) mijr nur drai schrai.) z,) tü,>n."

„Shö schrai, shö schrai, shö wil du bilscht!"

Dan carschtn schrai shi mochn tmt : 40 ^^0 hailigr schnzengl, kim mr z.) hilf!"

Dan zboitn schrai shi mochn tmt:

„0 hailigr wu,)tr, kirn mr zj hilf,

0 hailigr JesJiisch, kim mr z,) Jrilf!^'

Dan dritm schrai shi mochn tüdt: 45 „0 hailgai Maria, kim mr z,> hilf!"

Ünt hin ischt kam a bais^s baip (weiJies Weib).

Shi wosot (fasst) 67/* pai baisr hont;

Shi wi,)r,)t shi aus gri.nun baut,

Shi wijrot shi aus winschtrn baut: 50 „Slio scharet ai (scheert euch), i.ir rdbarlain!

286

Dai milarin qolicar:)t niain;

Dar nii/ar jihi/t (/,)/i('ur,)f ai,)r (euch)/'

67/7 wi.)r,)t yiJii hiilr sr/tran liinfrsJii lio'nn :

„Dil liosc/df/jhrlt dain haip iint dain kint ivrMfm\\ev\iAi\^e\i) ;

Dil Jiosclit ivrliäfrit dain aiyono sJieal." 5-^

Unt li'm ischt Mm a grionrökatr (im grünen Rock) hcar.

Ar drhischot (erwischt) hi; ar zjraisQt in;

Ar fnifpt in in dr hcJ an podn (in den Höllengrimcl).

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Tomitsch in Mosel.

V. 25 : Dein Vater liegt in den letzten Zügen. Eine zweite von P e r z mitgetheilte Fassung 68'' habe ich veröffentlicht im deutschen Kalender für Krain 1891, 12 £ Hier steht für V. 6 und V. 29 : An bdgd proit, in ivinsclärn baut. Für V. 20: Mocli aüj, moch auf, du lidbai main. Für V. 24 27 : Dar wudtr dain ischt zan schtarbm kronk, ds müdtr dain ischt Z9n schtarbm JcronJc. Für V. 31f. : ,,Güdtn moarn, güetn moarn, wru milarin.'^ \ „Schean donk, schean donJc idr räbarlain, | Lai güdtd moarn hon i gu3r beank." \ ,,Bid shö, big shö ivrä milarinV^ \ Dar louatr inain afn Jcronhipet ligst \ Dd tmhtr main deschglaichan a." | Der Schluss für V. 36 58 lautet:

Ashödre schprichdt wrä itiilarin:

,, Wrläbdf midr niir drai schrais zd tüan."

Drai schraia za tüan wrlähant shai ir.

Dan earschtn schrni zan iriotr ir,

Dan zhoitn schrai zdr mwatr ir,

Dan dritn schrai zar lidbm ir wrägn (Frau)

Dcvi Jungs milarin viochn tiidt.

Unt hin do kimat dai liaba ir uiräga :

Wia (hui) pokat ai, iar satonlain mit rdbarlain !

Dai sheala hat miar düirft traia gadianat."

Ähin do läfant da räbarlain.

Shi ziachat nua bidr Iiintrshi hoim,

Bia shi obr ischt hoima kam (gekommen), (Sagt sie zum Müller:)

„Dil hascht gabelt main sheala lorkufm,

Dil hascht dain aigana nua wrkäfat.

Auf inir iint eabik pren nua du !"

69. Wöm teachtrle jünk.

Es sidclidt a miidtr a teachtrle auf. Es hdidt auf dd müdtr shain:

286

„NiLy auf, nü,) auf, rm'i.)tr Ihhai niain,

Geat, ivlaclitdt (flechtet) mi, ffcaf s^ehirähf uii. ^ I sheh ahin an Idrtoh (Jahrmarkt) srliran ."'

P,)/i('vt bar auf ds müdtr shain,

S/ii tvlacliM's schean, shi sr/itrdJjf's nc/iran.

Ni'o legdt s/ii's guar scheanos lon

Ünt sidchdt ahin an kirtok schean. 10 Ünt ir paycgcmt di pakonton dral,

Di pakontdn drai wön dar )iaidn seh tot (Rudolfswerth).

Bu9S biJscht du, liobai, kirtok scheati (als Kirchtagsgeschenk) ?"

„Shö kdf (kauf), sho käf, lai bros du bihe/it."

Ar kdf dt ir a gi'ildain ringle. 15 GhköschtM Jiofs griMf (gerade) Jiündrf güldn;

An mitrn uegl (Finger) i.^eht tr's raclit gdbdn (gewesen),

Sia) schea)! ünt shö wain (fehl) ischt ir's ttongaschtcan (gestanden).

Ünt zühar do kimdt dar zboitd pdkontd:

„Bms bilscht du, lidbai, kirtok schean?" 20 ^, Sho kdf shö kdf lai bwxs du bilscht!"

Ar kdfjt ir a shilbrgirtl (Silbergürtel).

Ar köschtaf gruat zbeanliundrt güldn;

S/iö schean ünt shö wain iscJit ar ndngdseJitcan.

Ünt züliar do kinut dar dritd pdkonta : 25 „Buds bilscJif du, lidbai, kirtok schean?"

„Shö kdf, shö kdf, lai buds du bilscht!"

Ar kdfdt ir a shaidain kloiddr (Seidenkleid).

Es köschtdt grudt drailiündrt güldn;

Shö scJtean ünt shö tvain iscJit tr's udngdschtean. '^ Asltö do sliügont ds pdkontan drai:

„In niitöchn (Mittwoch) nocJit kdmam blar (wir),

In zbelwai dr nocht böl hin zd dior."

Shi zidchdt nüd bidr hintrshi lioim.

Ünt ümar iscJit kdm mitöelin nocht: '^5 Böl hin heut kam (sind gekommen) dl pakonton drai.

Ünt zühar do tritdt dar earschtg pdkontd;

Ar kUpfdt ds shö grailain udn:

„Moch auf, moch auf du lidbai main,

I hon didr gdkdfdt a ringle wem göilt.

_ 2^I_

F>! Iiof mi goMschidt (fn(,4 /u'iinini </ülJii; 40

Shö ivain mit .s7/ö scheau ischt dior's nrngoschtean!''

Ünt zühar do tritdt dar zhoitd pokoutd:

„Modi auf, ntoc/i auf, du Ibbai maiu,

I lion diar gdlidfdt a girtl wm sliilbr.

Ar liot nii (jdköschtdt zheanhünddrt güldn, 45

Sil 6 ivain mit shö sclican ischt ar dior umigjschtcau !'•

Ün zühar do tritd dar drit) pohmto :

„Moch auf, moch auf, du Ibhai niain,

I hon didr gdhlfd a Idoidr ivön sJiaidd.

Es hot mi goköschtdt draihündort güldn; ^

Shö wain ünt shö schean ischt's didr udngosclitean !"

Shai gäbdnt dr tlr lai an oinzigdn drük;

Shi ischt würt gsivlöchn (gleich geflogen) auf mitjs haüsch.

Ünt bi) shai (als siej Jient nüc) in dr) schtub.) kam,

Shö trügmt shai aüsar dai lidbd ir, 55

Dai lidbä Ir pain mitrn wanschtr (mittleren Fenster)

Ü)( zdraisdnt shd glaicli in schtäp (Staub) ünt dschd.

Perz in Lichtenbach.

70. Dar ritarschmon.

Bij wrid ischt auf ddr ritarschmon. 1

Ar hewdt (hebt) a naids liddle udn,

Ä liddle mit draiarloi schtimlain.

Dos drJieardt Moins medicMain (Mägdlein),

Kloins medichlain in shlüfkamrlain; ^

„Ben (wenn) i dan ritar kenöt (kannte),

Lai heldr (welcherj dos liddle shingdn tüdt,

Dos liddle mit draidrloi schtimlain^

Dar bdröt (wäre) ?nain dar lidbd."

Atüoar (draui3en) do mdrdt (meldet) shi dar ritar jünk: 10

„I pin ds dain dar lidhd,

I kon dos liddle güdt shingdn.

Shö kim zd midr prof (brav) medichlain.'-

Ünt auf do moclidt prof medicJilain.

Ar ninidt shi pai baisr hont; 1^

Ar shbingdt shi auf shain hengischtlain (Hengst).

288

Shai raif,»it ahin am hdfp (Wege).

Bid shai a sehtiklr heut gdritn, 20 Itait^nt shai wir ivoar (vorüber vor) a lirslthrhfaüd) (Hasel-

Lai hu do elf U'irtJtaiihm tÜDut shi.r.»!. staurle),

Shai shingont a "tmids liDille:

„Shö Ju,)>i (lieh, jmlmm'i, tvriüii)rim (verführen) et;

D.tr ritar fi'iot äi tvrwi,}rdn! 25 Bi.ir sJiaibm (sind) schon insJi.tr ein:),

Dai .zbfilftd dai brscht (wirst) du sJtain,wf"

„Shö ivlrcht dich et, du jünkwrd schcan.

7),9 türtitaüb.in shing,wt a hetain (solch ein) li.xUt',

Bio shai iti dau lonti (Lande) ti'ont shiugju." 30 Bio shai a scldikio goritu hoif,

Shai raitout wir woar a prun.) (Brunnen) schcan,

Bu do ph'ot im bosr (Wasser) tü.d riu<)ii,

Bu do plüot ün bosr tüot rimm.

Asho do schprichM dai jttnhrrd schcau : 36 „0 rifar jünk, du lidbar niaiu,

Bos rindt do wr a pri'm,),

Bu do plüdt im bosr tiot rinon ?"

„Shö ivircht di et, du jünkwrd schcan,

'S ischt in dan lontd a hetain (solch ein) prim,), 40 Lai, bu do pliot im bosr tiot rinon."

Ünt bid shai a schtiJdc gdvitn licnt,

Shai raitont in a winschfrn haut (Wald).

Ar proitdt aus a kölschbudr^Dn montl,

Ar shezdt dai scheano jimkwrd drauf. 45 Shi sehdgjt mon (schaut ihm) rvraintlich in d.» dg.>n,

Aus ir.m dglain wliosmtt zdcJurn (Zähreni.

„Shö boinoscht (weinst) du um dain wu.itrsch (Vaters) giiot,

Bödr hoinoscht du um dain schtohik niüjtr,

Bödr hoindscld du um dain ear,>, 50 Lai hes (die) in band,) (Walde) ti'ot plaibm ?"

„I boin OS et (nicht) iim niain wuotrsch giiot,

I boin OS et iim main schtolzik müotr,

I boin OS um dai haJigo (jene) tondo (Tanne),

Bu di elf jünkwrdgn tüont hongon."

289

„Jvv hougjut schön elf jimkivrägn draüf; 55

I)ai zhrJft), dal hrscht du shaindn (wirst du sein),

Es hon yüdr et ondrsch shainm!"

„Shö ivrldb midr ritar drai schraigj zd tÜDn!"

„Shö schrai, hiwll as (wieviel als) du hilscld,

'S ischt nidmont zj hearjn in baudo (Wald)." 60

Dan earschtjn schrai shi mocJidn tüdt;

Shi niochat in zon ivudtr (Vater) ir:

„Shö Mm midr zd hilfd, main wudtr,

Main lähm (Leben) dos plaihdt in haudd!"

Dan zhoiton schrai shi mochdn tüdt; 65

Shi tnochdt in Zdr mtotr ir:

„Shö Mm nidr zd Jiilfa, main müdtr,

Main lahm, dos plaihot in baudol''

Dan dritdu scJirai sJii mochdu tüjt;

Shi mochat in zdn prüddr ir: "^0

„Shö Mm mdr, priodr, zj JiiJfd,

Main Jäbm, dos plaibjt in baiida.''

Dar priodr, dar bäröt a jagrsclimon,

Ar lieardt dos liintlain Midhn (bellen),

Ar heardt shain shbeschtriain scJiraidn. '^5

„Haut (halt) auf, haut auf, du ritar jünk,

Shö schenli maindr sJtbeschtr dos läbm!"

Schröer, 463 f. in Mitterdorf. Für V. 77 auch : 7^» aJibesrhtr, dai gdliearA main.

70^. Dar richtarschiiion (Richter).

=iy=l=i='=f^^^

iuri9 ischt uiif kloins jünk - türä - lain. Bid

wnd ischt auf Tdoins jünk - lorä-lain. Lai bid shi schmoarönsch ivri9

:t=t:

i^^E=§^^^I^E!g=i

aüf-srlitent . Lai bis sJii schvioarönsch tivi'j anf-srhteat.

Hill! u. Wac- kern cl 1 . (^ifU.'ii u. Koiscliuncren. 111. 19

290

1. j: Bid wrid ischt auf hlohi.'i jihikwräJain. ;/

/; Lai bid shi schmoarmiscli (des Morgens) guor ivtitf aüf-

se/itcdf, ;/

2. j: S/ii sclitai(f,H uüvhn in (h lind (Giebelfensterj lioach. ./ Dort hearjt s/il a hi'mdrscheans liddlain

Mit zhoi ihU drai.)rlai sclitimlain.

S. !: Unt ivir (vorüber) äo riiit.d a rlrlifdrsrlniiou. : Ar sJmuj.d a hi'i>nlrscJica)is lijülc Mit zhoi unt drai.irJai scJttindaiv.

4. Äshödo sc/qyricJidt Idoins jiinhwralain :

„Hoi ricJitar, Itoi richtar, du lid)isclttr niain, S/i6 tu,) nii dos lisdle jo Jvarn Mit zhoi ünt drai.^rlai schtinionf"

5. ÄsJiödo scJipricIhit ddr ricJitarsr/iinon :

„Schtaig uliar (herab), scJtfaig n/iar Idoins jün/./i-rdlain.

I hil di dos liddle Icarn

Mit zhoi mit draidrlai schtimon!"

6. /; S]n sehtaigdt uJiur ivön dar Ihidu Jioac/i. :j Ar wosjt (fasst) sJo ohr pai baisr hont,

Ar slihingdt sh) aüchn af shain engiscJitlain (Hengst).

7. /; Shai raitdnt tvir (vorüber) ivoar a tonj (Tanne) hoarh. :j j: Atohni (droben) do sliizot a türtltaüh,). .7

8. j: Ashödre (also^ schpriclut d,) tiirtltaüh,>: „Schtaig nhar, schtaig nhar, Jdoins junktvrd/ain,

Lai shischtu (sonst) müjscht du schtarhtn in haud,>!"

9. j: „Shhaig schtih, shhaig schtilo du türtttaüh,i : :j

j: Shischtn schids i di glai z^nondr (zusammen)/" ;/

10. j: Unt hen shai hent (als sie sind) käni in. gri.tn.ni jiodn, :j Shai raitmt wir woar a pründ ;

Ar ischt oh- (ganz) mit plüdto w.irün (umflossen),

11. j: Ar zidclidt ans shain hontl (Mantel) schean ; :j j: Ar proitid in auf dos grian.) grosch (Gras) ; ;/

291

12. •: Ar shezdt li'ni kloius jünhvrälain: ;/

„Shö tu,) »ihr a hcank (weiitg) hiüsJin (lausen), I)o y<)ltwujrh)i (goldfarben) Imjr aüfhraüslin!

J.'>. :l Scliäff ai'fcJin (schau hinauf), schdg aüe/in, Ido'wR jünl'- Atdhni sIio Iiorif/jnt elf jünkivrälain ; wrnJahi, -.j

T)h hrsc/if (wirst) 9S sliahwn dal zhdftd!"

14. I: „Hoi richtar, hol rlclitar, du lidhiscldr uialn, ;/ S!iö hos (lass) ml döc/i moclidu drai scJiraij ;

'S Isclit nbmont im haudd, dar'» heardt!"

]~>. Dan carschtdn sclirai sJii inochdn tüdt; Shl niochjt 'n zd dan ivudtr ir: „Hol wudtr, hol wudtr, Imn poidr (bald), Shistchtn ims (sonst muss) i halnt scJitarlnn hu hand.)."

1(1. Dan zhoiton sclirai sJil nioclidn tüjf; SIil moclidt 'n Zd ddr miidtr ir: „Hoi müdtr, hol müdtr, hint ^wfdr, Shlschtn mos ich Itaint schtarhm im haudo."

17. Dan dritn schrai shi mochdn tiot; Shi mochdt 'n zj dan pri'odr ir: „Hoi pritddr, hoi pn'odr, kirn pofdr, Shischtn mds i haint schtarhm im hauda.'"'

15. I: Dar prüadr ir bar a jagdrschmon ; ;/ Ar heardt shain shbeschtrlain schraidn;

Ar holsot sJialn hintlain (Hunde) shhaüpn.

10. j: Dar prüodr zidchdt in schraidn (dem Schreien) zu,) :j Und hen ar obr hin iscJd keim, Do shichdt ar shain shbeschtrlain schtean (stehen).

30. /; Dos shbescJdrle schteat woarn richtar schmon. :!

Ar zidchdt auf in hmnd schean (er zieht seinen Hahn Ar schijsdt in richtar zdnondr. zurück);

21. j: „Du hoscht" gdsholt, du hoscht gdshoit (gesagt), .•/ Atöbm. (oben) do hongdnt elf jimkwrälain, Dil brscht ,is shain dai zbelfts!"

Perz in Liclitenbach. 19*

292

70b. Woiii ritarschinoii.

1. Es raitjt a rifar auf üut nUlr ; Ar tüdnöt a liddle schean shingim, /; A liddle mit draidrlai schtimdn :/

2. j: Ünt dos drhearot (vernimmt) dd jt'inlnnn rft/)i. : ,,Lai hear mi dos Ibdle tü.d Irani,

I hölöt (wollte) nwn gähm main eara!"

3. /; Ashödo schpriclidt dar ritarschmon : : ,,I tion di dos Ibdle learn,

IJÜ hrsclit midr gähm dain eard!''

4. /; Ar shezdt slu af shain lioaclus rnscJi. ;/ Shai raitjnt wir (vorüber) woar a prihi,), Bu jjli'ijf i'nif hosr ai'isar r'ni.it.

5. j: Hol, rifar, rifar, liihischfr main, :! Lai hujs (was) p,)daitjt dar prüuo do, Bu iilüdt ünt hosr aüsar rind ?"

6. ; AsJiödo schpricJot dar ritarsclimon: ;/ ,,Hoi, jt'cnJi-ivrd, liohai mainai,

Lai dos piddaitdt dain lähm (Leben)/"

7. j: S/iai raif.inf wir tvoar a hesrhlsc//fai'id.) (}ii\se]8tnn(]B), I: T),) scldaüd,), dai fi'ot s/ii sr/icun pi,>g,ni. ;/

8. j: Ashödo schpric/hd d.) junhirrä min : : ,,Hoi, rifar, du li.thisrJifr niaindr,

Lai bujs pddaitH dai sclifaüd.i?"^ :

9. j: Asliödo schprichof dar ritarschmon : ./ ,,Hoi, jünkwrä, li^bisclifai mainai,

Lai dos p.)daif,)t dain cart."

10. j: Shai raitant ivir woar a tonj hoach, :/

/; Bu elf jünhrrägn aföhm (oben) ho)ig,)nf. ;/

*

11. /; ,,Hoi rifar, rifar, lidhischtr main. ;/ Jjai hu<)s p,)daifr)f dai ton.) do,

Bu elf jthihvrägn atöbm hong.j)d'^''

20B

12. /.■ AsIk'hIo sclipriclu)f dar ritarschnioti : :j ,,Hol ji'oikivrd, lidhischtai rnainai,

Lai du brscht ds shain dal zhelff,».''

13. I: S/ial shczjnt shi nldr af grühd schtoui (graue Steine). /; ,,»s7/o fi'i.f mbr d.) grühni (graue) hmr aNslailshn." ;/

14. j: Ihr pn'udr ir bar a jagdrschmon, ;/ Dar di) ivegdlain o/rv gÜ3t schidsn kon. ;/

15. l: ,,Hül prüodr, hol prüddr, him jJO'l'dr (baldj, Shischtn mos (muss) i sclüarhm im, haudd." ;/

16. j: Und dos drhcardt ddr priudr ir; :j

: Ar hois.d sliain hintdlain shhaigdn; :j

17. \: Ar zbchd auf ddn Jm,m^ (Hahn) shain; Ar schhsot nidr ddn ritarschmon:

j: ,,Dn hrscJit ds nüd shain dai zhelfts." :!

Perz in Lichtenbach.

71. Margarethe.

^

1* 0 »

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greatiz - le.

ivria isrld

\j Mo - grea - ti

Bh

Biri ivri,} isrhf auf Wlogrcatisle. 1

Shi schteangöt schmoarönsch (des Morgens) giur wrid äff,

Shi legst shi gusr schcanai loii.

Shi zidchst akin am hägj (Wege) proit,

Am hägs proit in schtikdln (steilen) roin,, 5

In schtiksln roin, ins hcshloch (Haselgebüsch) kloin.

Shi she2i)t shi nidr auf grübs (graue) schtoin,

Shi heivst usn, shi shingdt schean:

„Jo mainds glaichn im lont et ischt,

Lai bid (als) dar jüngj Elschpargar !

Pai Loibochar prinlain (Brunnen) shizd ar,

10

294

Ihs shilbr ünt (jölt, dos seht ar,

Dos cdh tüdch, dos masot (misst) ar.''

S/n shingd hidr dai ondra wudrt (mal); 15 ^^Jo mainas glaichn im Jont et iscJit,

Lai hi) dar jung.) Elschpargar!"

S/il s]nHg.)t's hidr dal dritj tviurt.

•JJn dos drhearjt dar Elschpargar.

Ar helcd auf dd hiaclito shain: 20 „Sho shotM midr main hengischtle (Hengst)/"

Ar shezdt shi auf shain hengischtle,

Ar raitdt ahin in schtikihi (steilen) roin,

In schtihdln roin, i)i's hesJdoch Idoin.

Nüj do ischt Mm dar FJschpargar: '■^5 „Mogrcatide, du llibos main,

Shö roich mijr har dain baisj (weiJie) hont!''

„I roich 9S et main baisd hont,

Dd hearn hent (sind) pdtriagarisch,

Pjtridgarisch, wrwidrarisch." 30 ^y paid shi dai ondrd wuart:

„Shö roich midr har dain baisd hont" (u. s.w. wie V. 27— 29.)

Ar lidsöt wO'lf (ließ fallen) shain traihriMr (Treibruthe,

„Shö roich midr har dos traibridh!" Keitgerte).

Shi roichdt imon dos traibridtle. 35 Ar wosdt (fasst) shi pai baisr hont,

Ar pöldt (wirft) shi auf shain hengiscidlc,

Ar raitd bldr hintrshi,

Jo hintrshi in Tircadont.

Shai shesdnt shi nidr zam schaiblain (runden) tisch, ■^0 Shai asdnt ünt trinknd a hürzai zait,

Ar schiJcjt um dd schpillaitd: „Wrisch auf wrisch auf, idr schpillaitd !" Mogreatizle hot durch (immer) gdshüng: „Jo mainds glaichn im lont et ischt, 45 Lai bid dar jüngd ElscJipargar.'' Shi patdt hl dai earschtd wudrt:

„Hear auf, hcar auf, du Elschpargar., Schuhe).'"

Zdrpröscldn hent di schpizpudr schiid (das Paar sjjitzer

296

S/ii 2>at.>f in dal oiulr,> nuurt:

,,H(ar auf, hcar auf, du Elschpargar, 50

Zjrproschtn iscJd main girtolc!"

Slil ])at,)t in dai drit.j wu9rt:

„Hcar auf, hnir auf, du Ehclipargar,

Zcrpröschtn ischt main gdvigötd pfoit (Faltenhemd)/"

Un shi dos Jiot aüsgjrait (ausgesprochen), 55

Shi ivoht (fällt) nidr imt plaihdt toaf.

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Schröer, 430 f.

Die zweite von Perz mitgetheilte Fassmig 71'i hat nach V. 6 „Da gähn nüsaoi nüsndt shi | In baisn pi'iashn barfdt shi sh9. (Sie schält die gelben Haselnüsse vmd wirft sie in den weißen Busen.) Nach V. 13 schließt diese Fassung mit den Versen:

Hintrühs do schteat dar Belschpargar :

„Bid shingdscht dtl MogreatizhV

„I shing 9S ober lai a shö,

Lai bid 's in liadlain schteat ünt geat."

Ar iDOSdt shd pai baisr hont :

,, ünt i pin dain imt du pischt main,

Es kon ünt mog et onddrsch shain!"

71b. Dos sche«niia Greatle.

Bis tvri,) ischt auf dos scheand Greatle. 1

Sil i ziachdt aJtin in scJdikdln roin, ins heshloch (Haselgebüsch) kloiu,

Shi geangait nüsn da nüslain gal (die gelben Haselnüsse),

In shneabaisn püdshn (Busen) poldt (wirft) shi shd.

Asliö do shingdt dos scheand Greatle: 5

„Dil scheandr, du jüngr Elschpargar,

Dar anascht (jetzt) ahoinid (daheim) et ischt,

Jo shaindrsch glaichn (seinesgleichen) in Jonta et ischt,

Ar zidchdt ahin af Loiboch bais,

In Loiboch bais, do masdt (misst) ar, 10

Imön Zd rokd (sich für einen Rock), miar zar jöpa."

Dos drhearat dar Else! tpar gar :

„Dil scheanai Greatle, liabai main,

Lai bid hoschtü anascht gashüng?"

296

15 „/ lion js lai aliö (nur so) goshmuj,

Bifs in licidh geat ünt schteat."*

„0 schcanai Greatle, Ibbai main

Pridi nmr aüsar a sclndslmgd (Ruthe)/-'

SM roickdt mon auclin (hinauf) dos schijsUng,). 20 Pai shneabaisr hont drbischjt (erfasst) ar sJu.

„Shö Jos mi shain, da hearn heut wrwidrarisch,

Wrwidrarisch, p9trldgarisch."

Um aus (alles) hot ar lai nisch (nichts) gjwroit (gefragt),

Ar shhingdt shd aüclm afs hengisclitlc. 25 Ar raitdt ahin in shain hoimotle:

Dai earschtif nocht shain scheanai ivrdgj (Frau),

Dai zboitd nocht shain kelnarin,

Dai dritd nocld shain shaiididrn.

Ashö (so) lai shügat dai scheand Greatle: 30 „Hon i ai (euch) dos et heant (früher) gashoit (gesagt);

Da hearn hent ivrwidrarisch, patridgarisch,

Patrijgarisch, wrwidrarisch /''

Pettscliavi er in Götteiiitz.

72. Ein Tanz.

'n^fM^^E^^M=^=^^^=^i

Biä 7vrii iscJd auf dal scheu - na, e - dla

5=:^=:|i==ts=i^=|E:ts=^^d:=:z"d=:

fe^i— ±=

Lan - CO, dai schea - ?ia e - dh Lan - co.

1. Biä ivrij ischt auf dai schean,), edh Lancu (Lene), Dai scheanj, edb Lanco.

2. „In gonzn lonta ischt inaiu.>sc/iglaic/ni ete (nicht), Lai heldr nii utmizdt (müde tanzt)/"

5. Drmdrn (melden) tiut shi dar schean.t knesho Ji'irc (Fürst Dar scheand kneshd Jure: Georg;,

297

/. „/ lion (li /(ioHZH, (h'i scIicaiKii, ci/lai Luhco, J)i'i schciüiai, hllai Lanco!"

'). Aui ((irsclitn bdg' (das erstemal) s/tai sj srhaihni (im Kreise)

.9/// hont g,)kear,)t (gedreht), Z,) schaibm s/il liotd </,)/:<;arjf,

(j. Uhur woht (fällt) ir srhccüus, cdJjs h'nutzlc, Ir sdiranQS, edhs krandc.

7. „Wrschga {sqXvdqW), na tvrscliya, du scJicanai, cdlal Lanco, Dil schcanai, edlai Lanco!

8. ..Longsliom, nar longshom, du scJtca)idr kncslu Ji'irc, Du scheandr hnesha Jure!"

9. Am zhoitn bäg sJiai zs schaibm shi hont g.ikcar.it, Zd schaihn shi hont gdhearot.

10. Uliar woht ir schcands, edhs thchle, Ir scheands, edhs thchle.

11. Wrschga, na u. s. w.

12. Longshom, nar u. s. w.

Li'. Am drltn lag' shai z.) scJiaibm shi hont g,)]cc<ir,)t, Zd schaibm shi hoxt g,)kear,)t.

14. Uhar wo'f'dt ir scheanai, edlai jop,), Ir schcanai, edlai jöp,).

15. Wrschga u. s. w.

16. „Longsliom u. s. w.

17. Am ividrtn bäg u. s. w.

18. Shö iscJit shi schöiu guiiz drploich,)t (ganz erbleiehtj, Schönd gonz drploichd.

19. WrscJiga u. s. w.

20. „Longshom u. s. w.

21. An ivemftdn (fünften) bdg u. s. w.

298

^2. Shi isclil .IS sc/iÖH.i ij.Hiüinacliht lolinmächtig, todt),

Schön. > (/.l(/HIII(l(lt(rff.

2->. Wrsc/i(/(i, na, frt\srli(/a, du schcanai, edlai Lanco,

Dil sc/icimai, nl/iii Lanco!''

Perz iii Ijichteubaeli

73. Wöii (lau tirciscliii koislir (Kaiser).

i'i^p^^i-^iilügil

Iii9 irrid weht auf klo'ms im da - hat - lar - le. Bis

iprh isrht

auf

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|=?^t=i=fc

Höh IS

j)a - da

^1

hat - In

10

15

20

Bij ivris isclit auf kloins patlarle (Bettler).

Es patht hin, ds patht Jiar,

Es patht ahin in Tircailont,

In Tircailont zan ttrcischn koishr.

Shö da schprichdt kJoins patlarle:

„Bai (warum) geascht du cli koishr et (nicht) hairotn?"

„Bai hil i mi gean liairotn,

I ken, i hois (weiJ3) mainscli glaicJu ct.

Ben du nii,jr sjiugdschf (sagst) deschglaiclto niain,

Shö hil i di.?r gdbm a kop,) fKappe) wi'dai (vull) iiant (Geld)."

„Dcschglaichrj dain, dai hois i schön,

Bai dar antn (alten) kirchn hent zhoa tschclin.ni (Freundinnen).

An groasn schain ivräntok (Frauentag) iscJit kirtok dort.

In an ivoad,jrn (vordem) schtihb shiz^mt shai:

Dai oind, dai isclit Moleantschizle (Magdalena),

Dai ondrj, dai ischt Mogreatizlc (Margarethe).

Bl) scliean do ischt Moleantschizle,

Nöcli draimol scJieanar Mogreatizlc,

Shai shdchdut dan hain an Jiauslio ügnrin."

Ar shizdt af shain hoachos rösclt.

Ar raitot ahin. in^s Gotscheaharlont,

In's Gotscheaharlont, zar autn kirchn.

299

Jlcit (als) ar ohr hin isc/il Idiii.

Ar zi,)clut In (i) ktrc/h) h'niani.

In an ivoadm schtüdh sJiizjut s/mi, '■^•^

Molcantschizlc ünt Mogreatiilc.

Ar ivosd (fasst) 3Io<jr('utizlai)i pal Ixilsr hont:

„Dil (jcasclit mit mhr in's TlrcaUoiit!"

Ihr (/alscJit/lcJi af dr konzl ir prüjdr bar.

,,S/i6 hilf, f^lio hilf midr, priudr mal)), '50

As i et (dass ich nicht) müds gcan In's Tlrcailonf !"

„Lujs (lass) ai'{s, tuas aus dd sJibrschtr inain!"

Ashödo schprichät dar tircischa JcoisJir:

„Et plopr (nicht plappern), et pJopr, du (jütschcaljarsrhr pfof!"

„Et plaüdr, et plaüdr, dn tirciscliai sJian!" y>'y

Ar ludSdt shi laihör drsliüg.in (einreden) et.

Shai raitdnt ahin in's Tircailont.

Asliödo schprichdt dar tlrcischd Jcoishr:

„Wrisch auf, ivrisch auf, main engiscldle (Hengst),

Ben du Mmdscht in's Tireailont, 40

I hil didr gähn a höfmos htihr (Kaufmali Haber),

A hdfmos Jiübr ödr zhoi."

Ashödo schprichdt Mogreatide :

„Bölöts (wollte) göt, as du in hauscJi (den Hals) uprachöseld,

Heant (ehe) as du MmDScht in's Tircailont!" 45

(Jeder Vers wird wiederholt. In das Schlusswort wird d.jh

eingeschaltet.) -r, . t,

^ ^ Perz 111 briuinsee.

V. 19 bedeutet: Mau sielit ihnen den Wein im Halse abwärts rinnen. In einer zweiten von Tomitsch in Oberniösel aufge- zeichneten Fassung steht für V. 5: Ar shezdt shi nidr afs mvmjHinlcle (Ofen- bank'. V. 12 tschelindn ] shbeschtsrn. Die erstgenannte heißt Mojanschiza. Für V. 38: Ar shbingat (schwingt) sha auf shain engisclitlain. V. 40 45 fehlen.

74. Zekulo.

Bld tvrij ischt auf dar edlmonsch shün: „Shö tüdt mi 's wudtr (Vater) ivrhairotn ! " „Oi shün, oi shiw, dti liobor main, I ken, i bois (weiß) dain glaichd et!"

300

5 .,0/ irn,>tr, oi tVHjfr, itr Ji,)b,)r ))iain,

I koi, i hois (hü glaicho niain.

Dar tircisclij koishr Jiot drai teachtrlaiii :

Dal cltischt' et, dai jiuyiscld' a nef,

Dal niifr dai bdrait (wäre) dai glaich,) main!" 10 ,,(>i shtht, oi sJnhi, du lidhr warn,

Lai hear (wer; do hil gcan.in in Tlrrailcmt,

Lai dar m9S (mussi liühm wenfhündrt rösch,

Wcnfhündrt rösch, wenfhündrt mon.

Lai hvAainai (was für) rösch, lai hetainai (solche) kJoidr, i5 Lai baisai rösch, lai baisai Moidr,

Lai roatai rösch, lai roatai Jcloidr!"

.,0i ivustr, oi iviutr, idr liabr maiu,

Dos bois i schön, dos hon i schöjn/'

„Oi slnln. oi shün, du lidbr maiu, 20 Ben du et pdlänidscht dai glaichd dain,

Brt ugdholidt dain dar baiso hausch (Hals)/"

Shai raitdnt ahin in Tircailont.

Und ben (als) shai 'nt kam in Tircailont:

.,0i tviotr, oi wmtr, i)r liab^r niain, -^ Li ebm pödn 'seht a nabele (Nebel).''

„Oi töchtr, oi töchtr, du li)bai niain,

'S hent ,)S nar (es sind wohl) danid.) prai'itlait,i."

Shai klopf ont lun paiin tlrcisch.ni koishr:

.,Gait aüsar (gebt heraus), gait aüsur dai li,)h.> niain, 30 Gait aüsar, gait aiisar dai glaicli.) niain.

Dai cltischt' et, dai jingischt a net,

Dai niitr ischt dai glaichd niain.'"

„Shi kon et sliain dai glaich:) dain,

Shi hot wil (viel) ondn barwarlain (Werber)/" "'f' Shai proit^nt ans a roat,)s tüdch.

Drauf leg,mt shai drai ringlain kloin

Wön lauter gödt ünt eddlschtoin.

„Bes (welches) ischt dos rachtd ivöm (von) dan drain,

Shö boischt (weißt) du böl dai glaich j dain." 40 „Dos greaschischtr} et (nicht), dos bintschigscht.) et.

Dos mitr ischt dos glaich,) main!"

301

A luHicIuii schtoiifi.) richtj)it shul auf

Unt ti'ont a gdldaindai kügl draüf.

„SIio tnfjscht (triffst) du fih.) mit dan sfhtoln,

Shö wijrscltt (führst) du dain dal yJaich.) Iioinf!" 45

Ar mas.it (zielt) et yH,)r (nicht gar) Joiif/,>,

Unt pöl.d (wirft) auf dai schtonga.

Gjtröfn isclit dal hügl wain (fein).

W('m ivanschtr (Fenster) slncltsts dal gJairh) shaln,

S/il Idfjt aüsn, galt mon (gibt ihm) ffo hont: 50

,, Gea, ivior ml pjJtcnt In daln hoimotlont,

Dar raichj ZeAuIo nii et ludn (lassen),

Shain wetr (Vetter) et, JanJw, dar galzlgo num,

Ol jaü (weh), ol jaü, ar hrt (wird) liar Ldm

Unt ml dür tvön dor shaltdn ndm !" 55

Ifnt rlchtik Idmdt Zekulo,

Ar shügjt Imon (sagt ihm) tal asJiö :

„Blhcltt du sJiJ Itühm, als ghilcJial dain,

SJ/6 }ni(scht du Italnt noch a Jalcltd shaln !"

Shal 3uch,mt haltor wirhln pos (fürbaJi). 60

Ar sltezjt shl af a Jioachos rösch.

Shal shlüg9)it anondor (schlagen sich) af lahm unt foat;

Dj reashlain hent wt'm plüjt slio roat.

Alis rlndt Zekulo shain ph'ot:

Dar praltlgom ar trafot güjf. (»5

Oi luhal, ol lldhal, gJalchal mahn,

Nu,) Jionscht du wraldlk jxd mi.rr shaln I^-

„Ol Ibhr, ol lldhr, glalcJur maln,

Nüj hon l eahik daln glalcliai shain!"

Tschinkel hat V. 1 30 in Lichtenbach aufgezeichnet. Weiter koiinte die Sängerin nicht. Eine zweite Fassung hat Tomitsch aufgezeichnet. Der Anfang wie oben, dann für V. 10 27 steht hier „Shai risfgnt zanondr otd im-ainta (Freunde) | H'iai ridfant zdnondr da lioacli- zaitlaita \ Shai ziachant ahm zan tircischnn koishai-." V. 27 - 30 wieder gleich mit Tschinkel. V. 31 69 oben nach der Fassune; von Tomitsch.

302

74'. Dar edlmonsch sliüii.

1 Bi) tvri.) isclit auf dar edhnousch s/it'iiK

Ar hr/c,)t auf (hm wiutr sliahi :

„G(((f ■■^/ii'uclin, ivitjtr, (l> hanvarlain (Werber) niain.

Wntifliündrt mon, laüir roafhonfhdi (in rothen Mänteln)/" '1 /?/;> pohcnt här auf dr iiioff sJiain,

Grat mo)i (ihm) .s/iil>r/ni d.) harwarlain sliaJu,

Wcnifliihidrt »loit, lai'itr raitarlain :

„() shiw, 0 sliih), du lljhr niaiv,

DainDschiilaichn hoia (weiii) icJi et (nicht)/" 10 „Dar tircischd koishr Jiot drai teachtrlain,

Dal dtischtQ et, dai jingischtd et,

Dai mitr,>, dai ischt dai glaiclid mabi."

Slial rait.mt ahin .zaii trrclsclm koishr.

Dar firelselhj koishr iseht in Jlmm (Giebelfenster) /loach : 1^ ..Tochtr lir)bai mai)i, dort rait.H a Jiear,

Bius (waiS) mÜ9S dos ivr a liear shaiv ?"

„Lui irisch (o nichts), kii niseji, wiutr li.ihr luai)),

Dos iseht jo hol dar fdlmonsch shün;

Dd hanvarlain )nain, wemfliündrt mon, 20 Wenifhündrt mon, laütr raitarlain."

,,()i töcJitr, oi töehtr, di'i li,)hai main,

Bai (warumj hoscJit du dos nrnr et heant (früher) helt (wollen)

„Lai nisch, lai niseh, du wudtr lijhr main s/nU/n?'-

Dar öksch,) isclit i)i h6u\) (Stall;, dar hain iseht iii kai(dr '■^5 JJar hoisj (Weizen), dar ischt in koscht.)." (Kellen,

Shai krean.mt sJiQ hol O'f'tt drai (/laicJi

(Man krönt alle drei Töchter gleich);

„Nü9 klaiip, ni'ij klai'q), lai belai du hilseht"

(Nun suche dir aus, welche du willst).

Ar rekjt in hin shain shilbr ringle:

,,Ben et (wenn nicht) dai rächte dravf shöl (/raifiii BO Sho hol: ich ir uh shneabaisai hont.

Es hot laihr (doch; dai raehtd draüf g^grifiii,

Dai mitr,) shain, dai li<)hischf,) s/iain. tiseh,

Ar ivi.ir.it sh.i itiin (hinein) ^.(oi roalschaihlaiii (rotlien, rnmleiij

B()3

Ar trügjt tr auf z" trinkt) ihif z' asti.

Äshö do schpricltot s/iain sr/iratiai jirafif: B5

„Änasrlit (jetzt) hrtif rösch O'ta in schprinldotiz f/can.

Bni ich tiar nhar aliöl tvo^ (wenn ich herabfallen sollte),

N(iy et f/ea hew'n du mi auf {geh.'' nicht mich anfhebem."-

Unt nhar ischt gdwo-t sJiain scheanai praüt.

Ar schpri)ff/9t p^licnt ivön sliairt roscJi^ nhar; 40

Ar hot a mcsr in shaindr schoidn,

Es schpringot {irn.it (gerade) in ir harzJe inain,

Toat ischt (j.dxjn shain scheanai praüt.

P et tschau er iii Göttenitz.

V. 22 ft-. „Warum hast du mir das nicht früher gesagt?" Nämlich, damit die Vorbereitungen zur Hochzeit getroffen worden wären. Die Tocliter aber tröstet den Sultan, es sei ja alles bereit, der Ochs im Stall, der Wein im Keller, Weizen im Kasten.

75. Der kleine Kriimer.

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Irü-mar -le. Sa - ni, so, - iii dai, sa - ni dni

1. j: Bio wrid ischt auf Idoins hrümarh (Krämer). ;/ Sani, sani dai, sani dai.

2. Es si^clidt aJiin am bdgj jrroit u. s. w.

Unt imon pdgegndt dar growmarsJii'm (Grafensohn) ;

„Buhin, buhin, Moins hrümarle?"

„I zidch ahin, i bois et bu (weiß nicht wohin), 5

Dai glaichd main zd pdlidm (bekommen; et iscld.'-

„I bois, i bois dai glaichd dain.

Dar tircischd hoishr hot drai teacJitrlain,

Et dai eltischtd, et dai jingiscJdd,

Dai mitra ischt dai glaichd dain." 10

„I pin shd draimol gean barwm (wei'ben) scj/ön

304

Vnf s/ii Jtot nii et holt näm (nicht nehmen gewollt)."

„Lai, bu9S gaischt (was gibst) du mi,)r z.) loan.)?

I pr'tnfi dbr sJi.) hoim zd liansJi3. 15 Dil kon,)S€ht et shö wll wrh'my'."

„Sliö pis (male) du mirr main hägnle (Wägelchen)

Mit waijrroatr (feuerrother) krakp (Kreide) sclifan."

tlnt hen ar ohr hin isc/it kam:

„Nio aüsar kinigdsch (des Königs) d.i trac/itrlahi, 20 Et dai dtlsditd, et dai jingischt,),

Dai mitr, dai sJiol aüsar kam!"

Ar woscft (fasst) sJu ihr d,) mitj,

Ar tiunot sJia auf shain hdgnle.

Widrdsclit (führst) du mi noch lovg.) di,)r)i (als Mädchen) •Jf) Odr whroscht du mi diwd?"

„I wi.yr di et mcar long,) ditrn,

I widr di a net m'urd,

I tvi')r di lai kloin knlmarlain."

„Shai shdchdnt (sehen) olns dos ondr, ÜO SJial ti'ont a loch z,mondr (sie lachen miteinander),

„/ pin di draimol gean harivm (werben),

T)ü /loscht mich et holt (nicht wollen/) ndm,

Ni'o pjisclit du shauhni, (selbst) kam.

(Jeder Vers wird wiederholt. Danach: Sani sani dai, saai dai.)

Perz in Li(',]itenl)acli.

V. 25 bedeutet: Oder führst luicli zu dir, tiiiinlicli als Braut, heiiuV V. 28. Ir,li fiihr dich dem Krämer zu.

70. Ruat Schtefoil. (Eath Stei)han.)

1 J?w tvricf ischt auf rii.it Schtcfou hcar,

13 ij ivrid ischt auf rii,)t Schtefou.

Ar raitrjt ahin durch Nestolar p(kln :

„Nu,) paü.jt, nü,) paü.d main d.) Nestolar (meine Nesselthaler i/ 5 Anascht (jetzt) jniü.d i,)r mit drai pßi->g)i (Ptlügen),

Beu i ohr hintrshi (zurück) kini,

Denar hrt (dann wird) /,//• mit oiu.im rt iniclit) mrar."

306

Ar rait.it aliin tvoar (vor den) Ncstolar prüno, Ar pobt (wirft) Jos rincdle in Nestolar prüno: „Lai hrt dos rincdle shbimon, 10

S/iö ki))i i hulr hinfrshi (zurück).''

'S iscJit et nm'm, et i'imar (nicht hin, nicht her) cpshbümdu, 'S iscJit lai ZJ pödn gdgean (gesunken). Asltödo (so) schprichdt rmt Schtefon,

liiiBt Sclitefon zj s/iain ddr wrdgn (Frau).- 15

„Shö brscJit du g^pearn a Imebdlain, Shö täf (tauf) ds du noch mainen nüm. Sliö brscJit du gdpearn a mediclilain, Shö täf 9S du, lai bid di'i bilscld!"

Ar raitdi ahm ins Ogulin. 20

In Ogulin bmrtdt (wartet) dsr Tircd. Ar 'seht ingdschtobm (geweilt) intr an oichd (Eiche), Z)a oich9 hot in gdloichdt (gelockt). Ar 'seht ingdschtobm intr an eh (Ölbaum); Da eh hot shi gdheht (hohl gemacht), 25

Dar Schtefon hcar ischt laihr bek (doch weg). Shai schteJcnt shain höpf nar udn an a schtaJc, Shai trügnt 'n ahin durch Nestolar doarf: „Nü'd wrebdt (freut) ai, nud wrebot al main dd Nestolar, Ddr Schtefon hear ischt laibr belc!" 30

Tschin kel in Lichtenbach.

V. 25 f. : Der Ölbaum hat sich Schutz bietend über Herrn Stephan gewölbt, gleichwohl hat ihn der Türke erschlagen.

77. Von der Königstochter.

Bid ivrid ischt auf dar autd (alte) MniJc.

Bid loidih bäröt (traurig war) dar autd MniJc:

Ar misait (müste) geandn ins groasd her,

Ins groasd her mog ar et gean.

A shün und an oiddn (Eidam) hot ar et (nicht).

Ashö (so) do schprichdt dd töchtr shain:

„Oi wudtr, oi wudtr, idr lidbr ?nain,

Hirn u. Wackerneil, Quellen u. Forschungen. III. 20

306

Sho shügot mbr, bus (wie es) in her,i geat,

Bids in her9 geat, in hen) schteat. 10 Ünt mocJut i^r niirr sdldu,Hn/doidr,

1 hil tvr ai (für euch) ins her in gmn.'-

Ar moch9t Ir scheand söldudtnldoidr,

Ar learat sha, hias in hera geaf,

BidS in herd geat, in hera schteat: 15 „Oi töcJitr, oi töclitr, du li)hai main,

Ben du Irr seid (wirst) kniu ,svw rogjment (Regiment),

Ünt oh sokhutn in hiut enthfbont (abnehmen),

Entheb <)s du an dainm et (nicht).

Da roatdu zepfs tüd aüchn 'trn (hinauf unter) hüat. 20 Ben du brseht Mm in röschdScMoi ,

Ünt du da rösch brseht misn püzan,

Shö tm shingan schoana dazna.

Ben da ovdni asant in zbiwal peasch (bösen Zwiebel),

Shö is ds du in hiötvtoch boieh (weichen Knoblauch). 25 Ben da ondrn shi nldrUgant an ri'ica,

Sho lig du nidr afm paüch.

Ben da ondrn ligant auf dos peta,

Shö lig du nidr afm podu.

Ziaeli et aus da höshn dain, 30 Ben ondra sölduatn diar züaschägant.

Da roatan zepfa schträl et aus,

Ben ondra sölduatn diar züaschägant!

Ben shai di oirr wrugan (fragen) brnt,

Bai (warum) dn's ashödre mochan tüaseht, 35 Shö ompoart (antwort) in a jedan bdg (jedesmal).-

'S ischt as in main lonta dar prdch (Brauch).'"

Shi bäröt (war) in hera shibm juar.

Ünt ümar hent Mm da shibm juar,

Hintrshi (zurück) raitat shi in Ir lont; 40 Enthebat hol shi ir hoaehan hüat:

JJhar wohnt (herab fallen) da roatan zepfa.

Shi gait in (gibt dem) rösch mit'n schpoarn a cinh (Stich).

„Pfui iar und aiar rogament!

Pin shibm juara in hera gabän (gewesen)

307

Ün doch hot niomont et gdbescht (gewusst), 45

Pin i a baip ödr a mon,

Pin i a hiacht ödr a didrn!"

Perz in Lichtenbach.

Die Sängerin sagte, dass (nach V. 32) noch einige Belehrungen des Königs kämen, die sie vergessen habe.

78. Das Mädchen und der Edelmannssohn.

1—0- 0 i—\—0 0 ,^_q_s) ß—X—0 0 ^-

1 ^ _^_

henr mi aus - toid - rät aus loinsch-trn bau - da, Lai

'~mw=M^^^^^

:t:=l-t:- f.

hear mi m'ts - vna - rot aus winsch-trn hau - da, jo, jo.

1. /; „Lai hear (wer) mi aüswidröt (hinausfülirfce) aus ivinschtrn Jo, jo. haudd (Walde), ;/

2. I helöt (wollte) mon (ihm) gähm drai tügd Zd tonzdn, u. s. w. Drai tügd zd ionz^ri, drai nachtd zd shlüßn (schlafen), Drai nachtd 39 shMfm imt main scheand eara."

TJn dos drheardt scheandr edlmonsch shund: 5

„I Ml di aüswidrdn ai'is umschtrn haudd."

Ar widrdt shd aüsn aus ivinschtrn haudd :

„Nü9 gib midr, nüd gib midr, lai buds du 'seht (was du hast)

wrschpröchdn !" „Pol et (wohl nicht), hol et. scheandr edlmonsch sJiünd ! Awoar (davorn) do holzdnt maind wudtrsch dg hölzard (Vaters 10

Holzhauer), Shai mechtdn insch heardn, shai mechtdn insch shächdn (sehen). " Ar widrdt shd a beanik, a beanik wirhin pos (fürbaß weiter) ; „Nüd gib midr, nüd gib midr, lai buds du 'seht wrschpröchdn!" „Pol et, böl et, scheandr edlmonsch shündl Awoar do mdndnt (mähen) maind wudtrsch dd müdard (Mäher). 15 Shai mechtdn insch heardn, shai mechtdn insch shächdn." Die V. 12 16 wiederholen sich noch zweimal, fürV. 16 steht: „Awoar do racJidut (rechein) maind tvudtrscJi dd rachard." 20 „Awoar do paüdnt maind wudtrsch paürard (Bauern)." 25

20*

308

Hernach folgt:

27 Ar 7vm;)t t^li.) pis .?.> iVH,)frsr/i (fudrirm. Shi tüdnöf u srJi})n'nik hol ihm .mihi, Bö? ihm salin, a jucazn (.lauchzer) draiif: '^ „S/iö hol nmno)d U9n(/,jn''hrjf (iui geführt) sc/ ican ('(/fuionsr/i s/i/'in.), Lai (wie) / hon ii.ini/.nrijr.if sr/iran rilhiioiisch s/i/'iiki .'" Jo, ja.

(Nacli jedem |zu wiederholenden] Verse folgt: Jo, jo.)

Perz in Lichtenbacli.

79. Die Kindesmörderiii.

^läid^liÜ^üMl^^^Sil

Big inria iscJit auf dar an-ta man. Bis wrio isrid nnf dar an- fd man.

1 Bb wrid isrht ai'if dar aiii,) (alte) inon.

Ar sr/itranot sclimoar('msc]i (des Morgens) {iior irri.i ai'if,

Ar zidclid aliin am häg,) (Wege) proit,

Am häyd proit durch dan ivinschtrn haut (Wald). 5 T)rmdr,m (melden) tüdt sJiis (sich's) in dar höhn pu.ichim

„Ter aidr mon, wr lijhr main, (Buche);

Shö trügdt (tragt) mi ins lioacJtmitsJiaüscJi .

TJd prallt, dai shöl main müdtr sJiain!"

„Bi9 sliöl dd praüt dain müdtr shain, 10 Shi trügdt aindn grimdn hronz?"

„Böl drüntr üntr dan gridndn kränz,

Hot shi drai knShlain gjpoardn.

Lai zhoi hot shi ins hosr (Wasser) g,ipölit (geworfen);

Lai mi hot slii in a päm (Baum) tvrsehtcl.d, 15 Mit Idp (Laub) ünt eardd züdgddckdt."

Ar trügsts in dos hoachzaitshaüsch :

„Dd praüt dai shöl main müdtr sJtainf"

„Ben i pin dd müdtr dain,

Shö shöl ddr saton Zdn ivanschtr (Fenster) kam, 20 Ar shöl mi trügdn in ivinschtrn haut (Wald)."'

Shi hot's haart not aüsgdrait (noch nicht ausgeredet),

309

Dar saton ischt schön zdn tvanschtr kam, Ar fniffjt sh.y in (hinein) in ivinschtrn haut (Wald), (Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz in Brunnsee.

80. Dai scheaua Mme (Mimm).

wria ischt auf

dai schea - iw

Mi - ne.

ii^^t

^=J=?

toria ischt auf dai schea - na Mi - ne.

Bid ivrid isc/it auf dai sclteand Mine.

Ashödo (so) sckprichdt dai schean9 Mine:

„Müdtr, miidtr, ior lidhai main,

Main Jiarzlain tiidt midr yrailain hea (weh).^'*^

„Mine, Mine, du scJieauds main 3Iine,

Shö gea du in dd proatkomr (Brotkammer),

Atin brscht du tvin (finden) draidrlojd proat;

Shö köscht wön jedn lai a beank (wenig),

Es brt didr bidr pesar (besser) shain."

„Müdtr, miidtr, idr lidbai main.

Aus (alles) dos hon i schönd gdtudn."

Shi sckraidt bidr zd laütr schtim:

„0 groasai gmiddd (Gnade) wön himl hoach,

I brt 9S lai anaschtd (jetzt) toatf"

„Mine, Mine, du scheands main Mine,

Shö gea dti hin sdn öwm (Ofen) hin,

Atin.d brscht du win draidrloj tvIoiscJi (Fleisch),

Shö köscht tüön jedn lai a beank,

Es brt didr bidr pesar shain."

„3Iü9tr, müdtr, isr lidbai main,

Aus dos hon i schönd gdtudn."

Shi scJiraidt bidr sd laütr schtim:

„0 groasai gnuddd wön himl hoach,

I brt ds lai anaschtd toat!"

10

15

20

310

25 „Mine, Mine, du scheands main Mine,

Shö gea du in dan bainkaMr (Weinkeller). Äthh) hr seilt du win drabrJoj^) hain. Sftö koscht ivön jedn lai a heank, Es hrt dhr hidr pesar s/iain."

30 „Müdtr, tnmtr, idr lidbai main,

Aus dos hon i scliono (jdtudn.^' S/ri scliraiat hidr zj Icmtr schtim: „0 groasai gnuddd wön himl Iioac/i, I hrt 9S lai anaschtd toat!"

35 „Mine, Mine, du scheams main Mine,

Du kimscht midr woar, hid du shbongrai (schwanger) „Müdtr, müdtr, idr lidhai main, hdrsc/it (wärest)," I kini ai's woar feuch vor), i pin asJiö (so). / pin ds et dai earschtd ivujrt (mal),

40 I pin ds schön dai naintd wudrt."

„Mine, Mine, du scheands main Mine Bu hoscht du hin da kindrlain dain?" „Zhoi hon i in a pdm (Baum) wrschfekdt, Mit Idp ünt eardd züdgddekdt;

45 I)j ondrn hon i ins hosr g.tptoht (geworfen). ''

„Mine, Mine, du scheands main Mine, Shö klaüp du zdnondr dd kloidr dain, Heant (ehe) as ddr wmtr zd haüsha kinidt!" Bai scheand Mine zidchdt in mnschtrn haut (Wald).

50 Atin (darin) hot shi g^puarn a jüngdu shün.

ünt hin ischt kdmdn dar lidhd ir: „Hot lidhr, hoi lidhr, du lidhisclitr mäht, Shö pring du midr hosr ödr hain (Wein), Lai shischtn (sonst) pin i's loön drürschtd toat!"

55 Bar scheand lidhd zidcht ins hirtshaüsch hais,

Ar pringdt ir hin a pütschdle (Fässchen) hain.

Ben ar (als er) obr hin zd ir ischt kam,

Bai scheand Mine ischt schönd toat.

In ir schoas hot ar wün (gefunden) a jüngdn shun.

60 „Hoi tvtidtr, hoi wuotr, idr lidhr main,

Shö gäbdt tni hin an dd shdgd (Amme) hais,

311

An dd shdgd hais, in dd sc/iü,>h .sr/iaiH. I brt ds learn (lernen) a priosc/darle. Dai earschta) mesclu i leshdn brt, I brt sho Ushdn wrn (für den) wwdr (Vater) nia'm, Dai zboitd meschd i leshon brt, 65

T brt shd Ushon ivr dd müotr main. Bai drit,) meschd i Ushdn brt, I brt shd Ushdn wr dai gotizd wraintschoft. Lai (nur) ivr main udnd (GroiSmutter) koimvi d, Lai bail shi main müdtr ivön haüshd 't gdjoit {ge}a,gt)." 70 (Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz in Lichtenbach.

80^. Wöu dar grien lintn. (Von der grünen Linde.)

Bid wrid ischt auf dos scJieand didrndJe.

Shi sidchdt aüsn (hinaus) üntr dai gridtu lintn.

Hhi lionipjt (kämmt) shi, shi schtrdldt shi.

Atubm (droben) do shingjt a scheandr tvegl (Vogel);

„Xa^ Tiomp di, lai schträl di, scheands didrndlc,

Du brscht shaindn (wirst sein) a scheanai praüt,

A scheanai praüt, a toadisch praüt (eine todte Braut) .''^

Shi ^idchdt inin (hinein) sd dr müdtr:

., 0 müdtr, müdtr, lidbai müdtr,

Bid's midr lai waintlain hmrtd (sehr hart) ischt!''

„0 töchtr, 0 töchtr, du lidbai töchtr,

SJiö sidcli du aüsn in dd komrd,

Aivoar hent noch drai loibd proat (Laibe Brot),

Shö köscht wön jedn loib a beank (wenig),

Es brt didr, töchtr, pesr (besser) shain."

0 müdtr, o müdtr, lidbai müdtr,

'S bil (es will) midr nisch pesr shain."

„Töchtr, töchtr, du lidbai töchtr,

Shö zidch du aüsn in bainkaudr ("Weinkeller),

Awoar hent drai wasr bain (Fässer Wein).

Köschtü wön jedn wosd (Fasse) a beank,

Es brt didr, töchtr, pesr shain.''

312

„0 müdtr, 0 mmtr, lidbai mmtr,

'S midr nisch pesr shaiH."

„Töcldr, töcJitr, du lidhai töc/itr,

Shö zidch du aühin (hinauf) in dd hoaclio komrj,

Leg dl aühin auf dain petle hals (weißes Bett),

Sho zitit dijr non sJieksch (sechs) leeren golidclit,

Zd kapp zheanj (zwei), zj wijsn (Füi3en) zhean,),

An jedr sliaitn oinai d (auch eine)."

Hin ischt kam dar praitigom.

Schean gaignt d) scheansn gaiyarlain,

Bröhm do shingdt dar schearu ivegl (Vogel) ;

„Lai gaiyd, lai gaigdt, idr gaigarlain,

Idr hrt hübni (haben) a scJicanai praüt,

A scheanai praüt, a toadisc/i praüt!"

Drzirn (erzürnen) ti'ot shi dar praitigom,

Ar schidsdt uJiar (herab) dan sciteauan wegl:

„Dd wegh shöUn sJiingn ondro dingr."

Ar ivior^f (führt) sha inin zan roatschaihlain (rothen, runden)

Ar hudrtdt (wartet) lai a kloinai halb : tisch,) ;

,,Bu ischt hin main scheanai praüt?"

„Dain scheanai praüt ischt um kiahs hosr (Wasser)."

Ar hudrtdt bidr a kloinai baib.

„Dain scheanai praüt ischt in an hoachn komrj/'

Ar zidchdt aühin in dal hoaclia komro,

Shain scheanai praiU, dai ischt schön toat.

Ar woht (fällt) hin ibr shain scJieand praüt.

'S bärönt in oindr nüd (in einem Nu) zhoi laichv.

Shai pdgrübant (begraben) shd hin zan kirchlaln bais.

An jedr shaitn pjgnlbant shai oins.

Ai4,s imon (ihm) ischt gdbokschon a roatai roashj.

Aus ir ischt gobokschdn a gälai roasha (gelbe Rose).

Shai bokschsnt an kirchlain ans oart (Endej.

Bid shai an kirchlain ans oart hent,

Hont shai shi inanondr gjwosjt (umfasst),

Bid zboi scheanai lidbai tüdnt.

Dos hent (sind) im Jiiml zboi praütlaitd.

Petschauer in Gröttenitz.

313

81. Dai kolslibuarze ompschl (Amselj.

j=±-ri^^#

ßöl dort du schteat schean

0 0^ I P— F ^ ^-

^-#

Böl dort do schteat schean ebm

Böl dort do schteat schean ehrnddr pödn. 1

In dar mitn do schteat a heshlschtaüdd (Haselstaude), Shi ischt ds ebm wöh (voll) wegdlain. In dar mitn shizdt Icdlshhudrzai ompschl. Shi shingdt mit pfaifdt aus (alles) shö schemid. 5

Und ivir (vorüber) do zidchdt an aiitr (alter) mon : „Bai (warum) shingdscht mit pfaifd seht du aus shö schean ?" ,,Bai shöl i's nmr et (nicht) scheand shingdn, I hon ds hintr midr drai lantdr (Länder), In an, jedn lonta hon i a lidhai schean, 10

A jedrai lidhai hat a jungen shlin. Ünt hid dd shind (Söhne) aufbokschdn brnt, I brt shd gdbm in dd schüdh bais.

Shai brnt ds shaindn (sein) drai schüdlarlain (Schüler), Drai schüdlarlain, drai schtodentlain jünk. ^^

Dai earschtd meschd shai leshn brnt, Shai brnt shd leshn wrn wudtr (für den Vater) ir. Dai zboitd meschd shai leshn brnt, Shai brnt shd leshn wr dd müdtr ir.

Dai dritd meschd shai leshn brnt, '^^

Shai brnt shd leshn wr dai gonzd tvraintschoft." (Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz in Lichtenbacli.

82. A Jägrliadle.

Es geat a jdgr böl jngdn

Drai widrtlschtündn ivoarn tügd (vor Tage).

tJnt imon pdgegndt a didrndle.

Mit shonidt (Sammt) ünt tofdt (Tafft) is' udngdkloiddt.

314

5 Dar jdgr tüdt ds wrvgdn (fragen),

BiVs imon häufen (helfen) jiigan

Ä Inris ödr a reach

In winschtrn grwti?ti haut (Wald).

Dos diorndle tüjt nion (ihm) glai s/iüg.m: 10 ,,Hlris^ jügdti hon i's etc (nicht);

Dan hihschon jdgr wrshüg i's (versag' iuh's) etc."'

Ar ndmöt shd ihr dd mitd

Unt trügdt sha in shain shlüfhltj.

Shai sliMfdnt painondr dal gon^d nacht 15 Pis auf dan helgdlidcht.m tok.

Dos didrndle shügat ashö:

„Schtea auf, schtea auf du ivaüldr (fauler) jdgr,

Dd hirisj geant dar schön entgegn,

Unt jimkwrd pin i's noch." 20 Zirn (zürnen) tiht shi djr jdgr,

Ar hil dos diirndb' drscJibsn.

'S didrndle tüdfn sc/icun pdt.ni (bitten),

Ar shöl nion (ihm) dos lahm noch schenken

Böl in winscldrn gridwjn haiuh. 25 Dar jdgr, dar tüdt shi nochdcnkm,

Ar hil mon's lähm noch schenken.

Perz in Kiiuuueidorl'.

83. 0 maiu schozl.

1 Ben i schmoarönsch (des Morgens) ivrid avfschtean,

Trit i ansn af main tir (vor die Thür).

Wön baitn (weiten) shich i\s scJiozl schtcatt

Mit a gridndn pcschlain (Straui3). 5 „Scheanschtr schos^ wrluds ml et (verlass niicli nicht;,

Dos pit i di ivön harzn!

Schean pin i et, raich a net.

Dos müdseht du shauhdscht hcsn (selbst wissen).

Dj laitd hent wausch (falsch), sj/ai reddnt wil. 10 Ben du dos aus (alles) gldbdscht,

Shd kdm hr et Zduondr (kommen wir nicht zusammen).'*

Perz in Lichtenbach.

316

Liebesliedcheu.

84.

1. A liddle bil i shingjn,

Jcdrai didrn hrt shi (jrim (grämen). Lijbr main pÜ9, I hon koin rüd.

2. Kam (kaum) pin i ochzon jtijr,

Main püa galt mr (gibt mir) koin rüd.

Lidhr main püd,

BiidS (was) [laischt koin rÜ9 ?

3. Pihbm hent Inidrtd (sind hart) Zd lidhm, Bail shai lai didrnlain pdtrishmt (betrüben). Pis ins grop

Ischt koin rüd.

4. Dos earschtd bar (wäre) a rincjlain, Dos zboitd bar a hidrlam (Tuch). Püd lebe böl,

Wrgls mi et! Schröer, 424.

In Strophe 4, 1 f. sind die üblichen Hochzeitsgeschenke gemeint.

85.

,,Mainj bangdlain lient (sind) roas/wnroat,

Ich Hdb dich pis in dan toat.

Maind sanddlain hent bais bij poin (Bein),

Lidb ich dich gons aloin.

Maind ägdlain hent kölshbudrz,

Ich lidb dich main taüshntschoz.

Shlüfdscht du ödr bochdscht du?"

„Ich shlüf et (nicht), ich pin schön kronk,

Ich brt et läbm (leben) loyik.

Schik ds midr an pridschtar gdshbint,

Lai brt ich pesr shain.

Dos grop ischt schon aüsgdhaüt,

Hob schon hinain gdschaüt;

Drain llgdt oin groasr schtoin,

Drauf müds gdschribm. shain,

Das bidr zboi lidbai shain!"

_______ Schröer, 424f.

316

86. Dort schteanöt oiii sc/teanclr yajrf.t Mit roashn n9ngdshd)f (angesäet). Ätin9 sclipozlrt oin jünkwrä. Zj ir kämöf dar l'uha, Dar lidho, dar oiuzif/j. Shi roicJkd imon a peschlc (SträuiJclien) Wöu roinschtdn roshmarin. Ar tet's alai (nur) udnschdgn, In dd hent.) näniöt ar's; „I hon d a scheaiiai, a fubai, In haisar (weii3er) Karlstadt." „Ai lidhr, hen kmuscht du bidr Unt as (dass) du mi brsclit ndm (wirst nehmen) ?" „Atidn (unten) im WIettlingar pudn, Do schteanöt a lintlain gridn. Ünt hen Tai O't,) csehf^ (Aste) Zsnondr roichn hrrit, Dan do kim i bidr, Unt as i di brt näm. I hon ä a scheanai, a lidhai, Pai dar haisn Karlstadt. Dai ischt midr jo ivil Ihbr, Dan shilbr unt dos galt.''

Schröer, 425t'. Bruchstück.

87. Harzle kear di (änd're dich), Loit (Leid) zrprich di. Lidhai lai mär (melde) di, Bo du pischt. Ben i a wiirt (forti, S}iö longo lähait (lebte) Pis i schtdrhait. Bo gean i otr hin, Ben i toat pin?

Tomitsch in Maierle.

317

88. Jungbrnnuen.

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pam-lain gridn^ O - je - rfaÄo, do sehte ant drai pdm-lain grian.

1. In mahl dan wudtrscJi (Vaters) c/udjJiujrtjn (Garten), Do scliioant drai pämlain (Bäumchenj griau, Ojedüho, do ffcliieant drai pämlain gridu.

2. Do^ earscJdd pämle truddJiügdf (trägt), Dos trügdt möschhdtdlain (Muscaten), Ojeddho, dos trügdt möschJcdtdlain.

S. Lai hear dd möscMetlain hil hlaühm, Dar mn.is guor wrid (früh) auf shain, Ojpxhho, dar müos gior wri) auf sJumi.

4. Icli ünt main dar UodjJiwhj (Liebste) Bisr bahni (werden) ivrio auf shain, Ojeddho, Imr habm ivrid auf shaiti.

5. Dos zhoitd pdmle truddhügdt, Dos trügdt ndgdlain (Näglein), Ojeddho, dos trügdt nägdlain.

G. Lai hear dd nägdlain hil prachdn (brechen), Dar müds gudr wrid auf shain, Ojeddho, dar müds gudr lorid auf shain.

7. Ich ünt main dar lidddhidhd, Bidr habm wrid auf shain, Ojeddho, hidr habm wrid auf shain.

8. Dos dritd pdmle truddhügdt, Dos trügdt wrgisnichtniain, Ojeddho, dos trügdt wrgisnichtmain.

318

9. Lai hear (hs wrgismainyiicht hil prachdn, Dar (u. s. w. wie Strophe 3).

lif. Ich i'fiif niait) dar Ibdahi^hd, Bidr (u. s. w. wie Strophe 4).

11. In nmin dan wujtrsch guddhudrtan, Do schteat a hainkaudr (Weinkeller), Ojeddho, do sehfpat a Tiainkaudr.

12. Und in dan haudr scliteaddheanant,

Do schteant dral wasr hain (Fässer Wein), Ojeddlio, do schteant drai wasr hain.

IS. Lai hear dan hain hil trinkdn, Dar (u. 8. w. wie Strophe 3j.

14. Ich ünt nmin dar liddohidhd, Bidr (u. s. w. wie Strophe 4).

15. In main dan ivudtrsch guddhtidrtdn,

Do schteat a koschtd nai (Kasten neu), Ojeddho, do schfraf a koschtd nai.

16. ünt in dan naian koddhoscJitWj Do ischt a güldaindr schrain, Ojeddho, do ischt a güldaindr schrain.

17. Atin dan güldain schraiddhaind,

Do ischt shain harzle ünt dos main, Ojeddho, do ischt shain harde ünt dos main.

18. Lai hear dos harzle hil huddhnhm (haben), Dar (u. s. w. wie Strophe 3).

19. Ich ünt main dar Udddhidbd, Bidr (u. 8. w. wie Strophe 4).

30. In main dan wudtrsch guddhudrtdn, Do schmaist (fliei^t) a 2Jt'inle kidl, Ojeddho, do schmaist a prinle kidl.

319

21. Bmr aus dem prinlain iriddhinhdn (trinken), Brt (wird) jünk ütit nimor auf (alt),

OJr(hJio, brt jünk mit nitridr auf.

22. Ich mit main dar lidddhidhü, Bidr (u. s. w. wde Strophe 4).

23. Bahm (werden) aus dan prinlain triddhinkdn, Bahm Jünk mit mm,^y aut,

Ojcddlio, hahm jünk mit ninidr aut. ,24. An mdr shaitn Shnddhägdn (jenseits der Save), Do ivanlt (weht) a kidlr hint, Ojcddlio, do wanlt a kidlr hint.

25. Ar wanlt .zdnondr zhoi lidddhidhai,

Beld (welche) painondr hchi (wollen) shain, Ojcddho, heh painondr hcln shain.

26. Ich ünt main dar lidddhidhd, Bidr hcln painondr shain, Ojcddho, hidr hcln painondr shain.

Perz in Lichtenbach. Eine zweite Fassung von To mit seh in Obermösel enthält die Strophen 1 7 und darauf als Schluss - Strophe : Dar drits trügst icrid (Friede) ünt ainikait. Nar ich ünt mnin dar liabd, Biar hübm jo 7orid ünt ainikait. In das Schlusswort der ersten Zeile jeder Strophe wird dsh als Füllsel eingeschoben.

89. Recrütnliat.

1. Dd roashn, did plidndnt (blühen) in f/iidrtn (Garten), Söldudtdn morschidrdnt ins her.

Und hid shai ins waut (Feld) lient (sind) gdkonidn, Shai dcnkdnt glaich hidr zdrik.

2. Und hid shai jsdrik hcnt gdkonidn, Kloins nicdicJtle schteat af ddr tir : „Grids göt, grids göt, du wainai (feine), Wön harzdn gdicohscJit du midr!''

•■?. „Buds nüzdt mir dain gdWO'f^dn, Ich hon jo schön lengischt a mon, A hipschdn, a scJicandn, a präwdn, Dar mi ddrJiautdn (erhalten) kon."

S20

4. Buds ninidt ar aus shainur toschdn? Ä pechar mit rodton hain (Wein):'

„Dos bahnt (werden) hi9r poidai (beide) aüstrlii/,:>)i. Dos hrf iiis/i,))- ohsrJnd s/unn !"

5. ßujs nimdt ar aus shain<n- scJioidüv ? A mesr mit schudrfr schpiz;

Ar scldekdt irs mesr ins harzd. Dos pli'ot iscJit gegn himl gdschprizt.

6. „Ach göt, acJi göt, hb pitr, Bid pitr ischt doch dar toat!'

Ben a dbrndle zhean piohm iü.d Ihhn, Dos tüjf jo sheltdh a gü,)f. Dan oin mms shi tvrlndsn (verlassen), Shischtn (sonst) köschfdts ir aig^nds plüdt.

Perz in Lichtenbach. Ganz Schriftdeutsch bei Elze, 34.

90. Wön (lau grian mairuan (Majoran).

1 „Lidhai, lidhai, pint ntr a peschJe (SträuJichen),

A peschle wön mairudn !"

„Bk) hil i diar's pintn, hio hil i dhr's plntn,

Ben mr dd zdchrlain (Zähren) üwn (herab) gmnt? 5 Laibor (doch), laibör, bil i dior's pintn,

Mit shbudrzr shaidd brt's shain gdpüntn.

Af dain hüdt brfs shain gjschtelot

Mit a shilbrain schteknddjiain,

As (dass) di brnf shdrh,m, as di brnt slidchan (sehen), 10 Dd taitsclmi diorndlain shdchn brnt.

Shö nidr, slio nidr, hoachds parglain,

Heiv di, hew di, tidßts toi,

As i brt shächdn, as i brt shdckm,

Bo main harzlidbschtr morschiorn tüf)t!"

Tomitsch in Obermösel. Gedruckt bei Gehre, 56 f.

321 91. Die zwei Lieben im Kraiueilaiiil.

Es iHchl liaint oin schrai - han hu-

«T

^^"li^^§E^=s=li£=^l^-^l=l

man, As dl jinigon pÜ3 Lon ins her vihsnt gean.

1. Es iscJit lia'mt oin schraibon lamidn (gekommen), As dl jüngon pCohm in's her mhsnt gean.

2. Es Jiot oindr a scheanai, a lidhai, Mit iinon helöt (wollte) shi geandn.

3. /; ,,Shö plaih, äi\ lidhai, in KroinJont !" ./

4. ,,In Kroinlont plaih i ete (nicht), Mit dijr gean i laihör (doch)/"'

5. ,,Bn hrscltt du, lidhai, lai denör (dann) hingean, Ben i in's waiDr (Feuer) brt geandn ?"

6. ,,Ben du ins ivaidr hrscht geandn, Pai ddr shaitdn hrt i dirjr sehteandnf"

7. ,,Bn hrsclit du, lijhai, lai denör Jdngoan, Ben mich dai lugdl hrt trafm ?

8. ,,Ben dich, lidhdr, dai Jcügol hrt trafm, Main harde midr hrt nprascJddn (bersten)."

9. ,,Bu hrscht du, lidhai, lai denör hingean,

Ben i an dd shaitd (zur Seite) hrt wofyn (fallen)?"

10. ,,Ben du, lidhdr, an dd shaitd hrscht ivohn, Koin ondrdr hrt midr gdivoi (gefallen)/"

11. ,,Bu hrscht du, lidhai, lai denör hingean,

Ben dai trünidl mich aus hrt paicdn (trommeln)?"

12. ,,Ben dai trmndl dich aus hrt paicdn,

Dd glöcn mich hrnt anslaitdn !"

Schröer, 211 f.

Für „trümal" 11, 1 und 12, 1 steht auch paica (Pauke).

Hirn u. Wackerneil, Quellen u. Forschungen. III. 21

322

91*. Die zwei Lieben im Kraineiland.

1 In Kroinarlontd hent (sind) .zhol srhranai li,)hai,

Dld olns dos ondr shö gearn hont </,)/iot.

In's her ischt ar tvrschrihjn,

Ins her niüjs ar morsclibron. 5 „Li<)hr, lidhr, Ibhr main,

Luds mi d mit diir morschidrn !"

„Bio b lischt du mit midr gean?

I Jcrbg in tügd ivcnf liraisard gaut (Geld)."

„0 nisch, 0 nisch, di'i lidhr main, 10 In's htrtshaüsch bahr (werden wir) gcan.w,

Ä mäsle bain bahr trinkon,

Um a kraizar proat babr asn."

,,Lidbai, ILtbai, lubal niam,

Bii brscht du denör shain, 15 Ben mi dj Jcugl brt trafon?"

„Ben di do kugl brt trafon,

Do brt mr's harzle upraschtjn!"

,,Lidbai, liobai, liobai main,

Bh brscht du denör shain, 20 Ben i an do shaitj brt wohn (fallen) ?"

„Ben du an dd shaitj brscht wO'f'on,

Do brt mr a ondr.n- gjivo't (gefallen)/"

Tomitsch in Obermösel.

92. Bear brt di treaschtii?

„Bear (wer) brt di, liobai, d noch treasclitn (trösten),

Ben i shö bait (weit) wön didr brt shain,

Oin onddrs medichlain brt lidhm?"

„Mich brnt treaschtn O'l! do reashdlain (Blumen),

Lai heh im waudo (Felde) bokschon tttont.

I brt mior kafm a naios shangaishle (Sense),

/; Äs i dd rcasholain ushnaidon brt." :(

32B

2. ,,Tioar hrt dl, Jhhai, d uöcli trcaschtn, Ben i shö halt wön di,)r hrt sltain, Oln ondors medlchlaln hrt lldhm?" „Mich hrnt trcaschtn o-t do tvccplain,

Lal heb im haudo (Wald) ünu ivlldclin tiunt. I hrt nibr M/m a nabs plJcschdlaiu (Büchse), /; As l da ivcgdlaln drschldsjn hrt." ;/

3. ,,Bcar hrt dl, Vuhal, d noch trcaschtn, Ben l shö halt wön dbr hrt shain, Oln ondars medlchlaln hrt lidhm?"

„Mi hrnt trcaschtn ol do wischdlain (Fisclilein),

Lai heb im bosr ümo shbinidn tüdnt.

I hrt midr Mfm a nabs nezdlain,

/; As i dj tvlschJaln oh inwüchdn (einfangen) hrt." ;/

4. ,,Bear hrt dl, Ibhal, d noch trcaschtn, Ben i shö halt wön dbr hrt shaln, Oln onddrs medlchlain hrt liahm?"

!: ,,Mi hrt trcaschtn main Jeshlschlain, Dar hlnd mit cardd drschoßn hat!" ;,'

Perz in Liclitenbach.

93. Dai shbuarza onipsclil üiit dai x)isat9 schpachte (Specht).

„Buds hoscht du dr züdgdrlcJdn, du shhudrzai om/pschl, 1 Du shhudrzai ompschl, wr dan Jcautn (kalten) hintr?" ,,I hon mr ziogdrichtn dos roatj perle (rothe Beere), Dos roato perle ünt's shhudrzd."

„Dil hrscht wrdarhm pal dan roatn perlain, 5

Pal dan roatn perlain nnt pal dan shhmrzn." Nib schprichdt dal shhudrzd ompjschh: ,,Buds hoscht du züdgdrlchtn, du pisatai (bunter) schpachtd, Du pisatai schpachtd wr dan Jcautn hintr?" ,,I hon mr züdgdrichtn dan roatn holzd (Weizen), 10

Dan roatn holzd ünt dan halsn hirshd. I hon in pdhatitn (aufbewahrt) in dar laltd Jcoschto."

21*

324

„T)ü hrsclit et asn, hon du hrscht hclii (wollen).

Du brscht dcnör (dann) asn, hcn do Jaitd hrnt bcln." 15 ,,Bn hoscht du d'ur hingjpetdt du shhudrzai ompschh?"

,,Ilion mr hingjpetot (gebettet) mitra Mlai piDclt;) (Buche)."

,,Bn hoscJit du di>r Iii)i(/.)j)cf,jt du pisatul schparlitj?''

,,I Jio)i mr Jiingjpetjf ihifr a liölai sditoinhont (Steinwand)/'

Ni'iJ schpricltdt dai shhudrz3 ompschh: 20 „Ben hrt Mm dar hiisrnu (warme) loyigis (Lenz),

Kimdscht du mi gean zd hekn (wecken)."

Ümar ischt läm dar hu.irmd longis,

Aüsn nÜD lülidcli^t dal sJibiurzj ompsclih

Shi wlhchDt ahin Zd dar höhn sclitolnhont. 25 ,,Nü3 aüsar, niu ai'isar, du pisatai sclipacldd,

Bar hmrmj longis ischt schön düdo (da)/"

,,I pritsch (kämpfe) mi ampcschtn anino (herinnen) nilfn foad.t

I hon gjshoit (gesagt), du brscht tvrdarbm,

Bai dan roatn perlaifi ünt pal dem shbmrzn ; 30 Nüd pin ich ivrdoarbm paim roatn boizn,

Baim roatn bolzn ünt balsn h'irshd.''

Niu scliprichdt dal shbiurzD otnpschh

„Hon i dlor et heant (nicht vorher) gDshoit,

Äs eJü et brscht asn, ben du brscht beln, 35 As du brscht asn, ben da laltj brnt beln?"

Ünt u-rdoarbm ischt dal pisata sclipachti.

Petschauer in Göttenitz.

94. Dar Cüca.

Bid wrb ischt avf ddr cücd (Kuckuck),

Cücü.

Ar schteanöt schmoarönscJi gu)r ivrb auf,

Ar belat auf dai mü.Hr shain:

„Schteat auf schteat auf o mÜDtr maln,

Geat, liöchift midr dan tvoarwais (Frühstück).

I hon OS haitj bait (weit) zj gean,

Bait ZJ gean, in's Nidrlonf,

In's Nidrlont ünt zar Ibbrn maln !"

825

An/' isfhl (/.isi-/if((iii,iii da/ )iit'i,)/r sliaiit ;

S/ii b':(li,)t liiioii (((III iriH(iiit((is srlican, 10

Dati 'inxtriinils sc/ic((n, (h jatslij (Mittagnialiri (i.

Ar u-Ji,)ch<)t (ihiu in's XidrJoiif,

lii\s XidiJoiif zur l'uhii sJialii.

Ben (ir uhr hin ischt lalui,

Kl(')1ijt (klüpl'tj ar 2)aim wansc/itr tun : 15

,,IscJit main dal Jiüho ahuimj (daheim)?"

,,Dai lidbd dum ischt et ahoiruj.

Shi isciit in roushdngudrt.yn ,

Ski prichot ir do rcashJain (jjJioclit.''

„Zbai (wozu) heut ir do rmskJain (jjlijcJd?" 20

,,SJii hrt liaint dd hranzlain pintju,

Shi gcat didr moarn zd liönd (Trauung)

Mit ir dan neJcschtan, dan lidhm."

,,Bear ischt ir dar nekschtd, dar lijbjp"

,,Dar nänischtj gjnwinar (der näcliste Nachbar).'' 25

Bid loidik (traurig) hdröt ddr cücj!

Ar wlidclot hidr Jdntrshich.

Paim häga do ischt oin haischöbr;

Ar shizdt hin aüfn haischöbr.

Bid loidik bclröt dor cücj: 30

,,0 lijbai, liobai, liobai niain!"

Unt toat do bäröt dor cücj.

Cücü. (Nach jedem Vers wird cücü gesungen. Gewöhnlich wird dem Lied folgender gesprochener Satz hinzugefügt: Unt shait dar zait cücd Jcoin cücj mcar, hij ar an carschtjn haischöbr shlchdt."

Schröer, 414 f.

95. Der junge Haus.

^cliean-dr Hun - she jilnJc,

326

1. I: Bij ivrh ischf auf scheandr Hanslw ji'mk? :[

2. j: Lili hl) ar sclniioannisch ()n,)r ivr'u anfschtcat, ;/

3. l: Ar hclüH auf ih müjtr slia'm : :l

4. •: ,,Ni'(j auf, nio auf, müdtr Ibhai main, ;/

5. Geat, Jcöchjf nibr in woarmais (Frülistück) schean, In woarmais schean, dd jaishn (Mittagessen) dopai!

6. I gean sJu shiuchn mainj barwarlain (Werber), Maind harivarlain, wenfhünddrt mon.

7. j: Wenfhünddrt mon, aus (alles) raitard." ;/

8. SJn höchot imon in woarmais schean, In tvoarmais schean, dj jaishn ddpai.

9. /; Shai raitjnt alt in auf Loiboch bais. :j

10. Dj carscMn rösch (Rosse) heut grubai (graue) rösch, Lai, grubai rösch mit grübds Idoidr.

11. Dj gboitjn rösch hent shbiurzai rösch, Lai, shbudrzai rösch ünt shbujrzjs Idoidr.

12. Dj dritn rösch hent roatai rösch, Lai roatai röscJi mit roatjs Idoidr.

13. Dj Icschtm rösch hent baisai rösch, Lai baisai rösch ünt baisjs Idoidr.

14. j: Mit dan (denen) do raitjt dar Hanshe jünk. ;/

15. /.• Ünt bij shai obr hin hent Mm, .•/

16. In dar gonzdn schtot ischt koin lidchtle mear, Lai pai shain dar lijbm do prinjnt drai.

17. Ar Idöpfjt obr shö wraindUch uon,

Ünt aüsar schägdt (schaut) dai lidbo shain.

18. /; ,,Lai bear (wer) ischt haintnöch shö schpujt aivoar?" .

19. „Ünt ich pin do, ddr Hanshe jün Je, Dor Hanshe jünh, dar lijbd dain,

327

20. Jhir li>l)> ila'ni mit tvfnfhmidrt iikih, Wenfhioidrl iiioii, dahu Ixinntrlahi.

21. ,,Sli6 rclc ni'ur, lidhai, dain hais.) liout!" S/ii ri'hd iinon dos hozdntazlc (Katzentatze).

22. Drzirn tüot shi ddr Hanshe jünlc: „Shö h'k mi Ihhai präf in . . . .!"

23. „Gca JnutrsJii (zurück), (/ea lüntrshi, sclieandr Hanslie ji'mh, Bciind Jcinsclifj (Künste) ^)«? i schön longj shot (satt)."

24. I: ,, Wrisch auf, ivriscli auf, maind hanvarlain, ;/

25. Bhr gcahm's (gehen) ahin af Ohrhroin, Af ObrJü'oin zar lidhm maln.

26. j: Dort Jiot a kinik (König) drai teacJitrlain, ;/

27. Dai eltischtd et, dai jingiscMd et,

Dai mitr, dai ischt deschglaichd main."

28. Ünt hlj shai ohr hin hent kam, Ar klöpf3t ohr shö ivraindlich udn.

29. Ünt aüsar schägd dai lidhd shain:

30. „Lai hear ischt haint noch shö schpmt awoar?"

31. Und ich pin do, ehr Hanshe ji'ink, Bor Hanshe jünk, dar lijhj dain,

32. Dar lidhd dain mit 'wenfhimdrt mon, Mit tvenfhi'mdrt mon, daina barwarlain."

33. /; Shi mochot auf mit haisr hont. ;/

34. Ar wosdt shd ümar um haisdn hausch (Hals), Ar haushdt shd ünt püschdt (küsst) shd.

35. Ünt i pin dain imt du pischt main, Es kon ünt mog et mear ondrsch shain.

Perz in Lichtenbacli.

328

05^. Hanslil juiik.

1 Bi,j trr/j isc/if (ii'if d,)r Hmislil ji'nih\

Ar zijclut ah in uf Obrkroiu.

Lai hio ar aühln ischt käitt,

Klöjifjt ar lun ans uruisrJifrJc : 5 ,,Shö »weh nt'ur auf, du l'uhai luahi.'-'

„Lai hear ischt hai}d shO schpujt) awoar?''

„Z pin do djr Hanshl jünh,

Shd reli midr lidhai, dain haisai hont!"

Shi rclcdt imon a Icoznprazh (Katzenpfote). 10 Ar zidchdt ahin af Ohrloiboch,

Dort hat ar uöch a Uohai:

„Moch auf du luhai maiu /"

„I moch et auf, i luas et ain,

I hon haint schön zbeano pai midr.'' 15 JBia loidik (traurig) bar dor Hanshl jünh!

P e t s c h a u e r in Göttenitz.

90. Vom Geigerleiii.

1 Es bar a bintschigjs (winziges) gaigarle,

Es (jvanM aliin zjh lichtoarj (Höllenthor),

Dort (jaiyjt's sh'thni gonzai judr,

Shibm gonzai judr mit shibm tügj : 5 ,,Nüj amvar (herauf), nüd amvar, nüj ai'nvar,

Wudtr, müdtr ünt shbeschtr inain!"

Unt bio shai aüwar hcnt hdm,

Hont shai hintrshi gdschdg.it (zurückgeschaut);

,,Aii, bid ischt nüd a groasr ploz Idr (leer), 10 Bu bijT drai atin shaibm (sind) gjbdn (gewesen)."

Drzirn ti'ot shi dos gaigarle.

Ar gäböt ddr shbeschtr a schtoas,

As shi ischt gowlochn dor hei am p6dn.

„Nüd pru.it (hr'Aie) ünt prcn du imr ünt cabik, 15 Ben dr's loid ischt g,ibän um dan ploz."

Perz in Lichtenbach.

329

97. Der juuge Priester.

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/y/a loria ischt auf dar nui - 3 in-iasch - tar.

7j/<y ?r/7,j iAx7/< «/'_/" cZ((r ?^«^ - d ^^rwATÄ - /a?\

5w ?(^;-/c> ii'c/*^ aw/ £/ar naio prljsclitar. ^

Ar schteanöt sclimoarönsch gudr wrio auf, Ar hehdt auf shain ivudtr i'mt im'idtr: ,,NüD auf ni'o auf maiu iviutr ünf mnatr, Gcat, shüjclijt nti,)r ib zhcJf Icoplundr (Kapläne); ^

Drai tvoar maindr, drai noch maindr, Drai pai maindr rachtju sliaitari. Drai pai maindr tancn (linken) shaitdn, As (dass) shai mi widront (führen) .eaw hlrchlaln hals, Draimol ümar ums Idrclüe, ^^

Lal üms Icirchle ünt inin drin (hinein)/*' Pjhenf harn auf sJiain wiutr ünt müdtr. Shai gcant sliüdchn dd sheJf l'oplandr. Shai widrdnt in hin zan woadrn autar (Hauptaltar). Ar heivdt ton, ar Ushdt meschd. 15

An earsclitdn hdg (mal) ar shi hintrshi Iccarot, Auf mitr Idrchdri schteat shain dai UjJjj. An zboitjn hdg ar shi hintrshi hearst, Ünt shain dai lidhd ischt schön drploichdt (erbleicht). An dritn hdg ar shi hintrshi Jccardf, 20

Ünt shi ischt schönd gogümachidt (ohnmächtig). Ashödo schprichdt dar ji'mgd pridschfar : „Et gJähst (glaubt nichts et gJdbdt, idr jüngon dijrnd Hetain (solchen) piohm, heb schtodentn hent (sind). A mandrain harzo ischt hid aishnaindd pentn^i'&evib'iiwdeY), 25 A haihrain harzd ischt hid an aischplatle (Eisplatte). Psgnihdt midr shd glaich ivoar dd kirchtir, Lai hu i oid moarn ihr shai hrt gean, Bu i oh moarn an shai hrt gddenhi!" (Jede Zeile wird wiederholt.)

P e r z in Kunimerdorf.

330 98. l)ai schoiiue Märe.

Bia wrio ischt auf dal scJiea na Md - re. Mu - re, bog

f^==* *=*— '^^=§-

po - ma - gaj !

1. BLj wru ischt auf dal schcan.) Marc. Märe, bog pomagaj (Gott helf uns)/

2. Shi legot shi gudr scheanai U9n. Märe, bog pomagaj!

Shi gcanöt Jäüm auf ir oJa:

Shö do schprichdt scheanai Märe: 5 ,,S' ischt miar old moarn djr tob (Thaii) luplicrd (abgekehrt).

Bölt (wollte) göt, 9S här main dar lidhd,

Dar tnidr hot main tob ugdlicrdt."

Shi shezot shi nidr, ivrnopfaizdt (geschlummert) hot shi,

Ünt in schoasd do hraichd dai lo)ujj shlongd. 10 Drbochdt ischt dai scheand Märe,

Drldüpfdt (erschrocken) ischt dai scheand Märe.

Shö do schpriclidt dai longd shlotigd :

,,Bnds du 'seht (hast) gdbünschon, dos sholscht du häbni!

Du müdscht mi hairotn, du scheanai Märe. 15 Heant (ehe) du brscht aüsziochn daitiD jjraütnJdoidr,

Noch heant brt i aüszijclm main cätschnlatscho (Schlangen-

Unt i brt shainDu a scheandr jünkhear. halg),

Main müdtr 'seht gjgeanon dos ivoadr puor (im vordem Paar)

2)ain hraizo,

Aus ischt shi goträtdn zar höhn püdchn (Buche), 20 Ünt dort hot shi mi gopoarjn.

Shi hot mi gdpöbt (geworfen) in dai höh pÜDchd.

Dj bildet hrozräbni (Kratzreben) liont mi goiräschot (gefatscht),

Dar Jcidh bint hot tni gdbidgot (gewiegt),

Dai longd shlongd hot mi goshägdt (gesäugt). 25 Nüd hairot mi, hairot mi, du scheanai Märe!"

Ashödo (so) schprichat dai scheano Märe:

331

„Hcant i hairot dai lonyd shJonyj,

Lii)h,)r gean i an shaylpdmj (Sägebaum),

Dar mit laiäor mesrn ton ischt f/dschtclcot !"

Shi liot not nÜ2j (noch niclit recht) '5 hoart aüsy.jnüt (ausge- '^

'S ischt schön aüfgohokschdn ddr shdglpäm, redet),

Ar ischt ds wob (voll) mesrn udngdschteJcdt.

,,Sh6 gea nüo aüfn shäglpäm, du schcanai Märe!"

„Noch hcant i gcan aüfn shäglpäm,

Lidhdr hairot i dai Jongs shlongj." j^^

Shödo schprichdt dai longo sJdongo:

,,Bcn bidr bahn (werden) ^r Jcond (Trauung) gcan,

Du brscht dS gcan an schean ebdndr schtrudsdn (Strai3e),

I brt Ixraichon an schtraüsöchd (Grestrüpp).

Nim du a hontsischtlc (Handkorb), schcanai Märe; "^^

Pai ehr lürchdn tioscht du mich ins zischtU

Unt prich didr aüsar a heshlain schislinlc (Haselschössling).

Unt ben bidr geabm ins petd bais,

Shö shlüg du drai ivertd (mal) midr ibr eh mitj,

Unt i brt ds shain a schcandr jünhhear!" ^^

tlnt hol shai hent Mm in's petd bais,

Shi shlügdt drai tvertd do shlongj ibr ch mitd,

Shi ischt gdbdn a schcandr jünJchear.

Pai tr rücn (Rücken) ischt gdlägn ds cätschdnlatschd.

Lai bid shai schmoarönsch wrid aüfschteant, ^^

Ar geanöt shüdchn ir wudtr ünt mtotr.

In lindn hoach schteat ir ivudtr ünt müdtr,

Wön baitdn do shachdnt shai a ritar raitdn.

,,BöU göt, as dS bäröt inshr oidan (Eidam)/"

Ben (als) ar obr hin sd in ischt Mm: ^^

„Grids ai göt, main ivudtr ünt müdtr!"

Shai hont dS nüd earscht hoachsait gdhot.

Märe, bog pomagaj !

(Nach jedem Vers: Märe, bog pomagaj!)

Perz in Lichtenbach.

332

DJ). Das waiideriide Kind.

is's /(/d< rt Hi((<3 - tr nain teach - tr - lain. E^

* 'ry-\-ä —1- —wj- \-* f-^—a -

-o-

lädt a muo - fr iKtiii tench - tr - lain.

1 Es h'ut a nu'i,)fr nain tcacldrlain,

Zan zcntdn häröt shi shhon(jral (schwanger) f),)hän.

Ski pabt toJc ünt nocht, as js a pUhJc hur (wäre).

TBen ümar ischt hämon ih ,uiit i'int halb, 5 Shi hot gjpoarn a diornle,

Ski hot 's Jon tdfm Mogrcatizic (Margare tlie),

Shi hot 's aüfgjzdchjH shihni gonzai Jiur.

Won göt ischt känidn a zcihlc (Zettel),

As Mogrcatizic mi'os gcan d3 harlt (Welt) hol nh, 10 J)^ harlt hol üh, dd harlt hol aus.

Bio loidik häröt Mogrcatizic:

,,Hoi, miotr, miotr, ior lijhai main,

Shö pochdt (backt) i^r a zaiUle proat (Laib Brot),

A Zantic proat, a garschtain (Gersten) proat. 15 Shö z^toihts idr in zcchjn toil,

Wrlaicht hrts kam in Molantschizlaisch (Magclalenens) toil.

Shi pochdt schcan a garschtain proat,

Shi z.doihts schcan in zechon toil.

'S ischt hidr kam in Mogrcatizlaisch toil. 20 Ahin do zijchjt Mogrcatizic

Unt noch do schraidt Molantschizlc :

„Shö kear di, Greatle, a wiort (einmal) hintrshich,

Dj mndtr dain ischt gagümachtdt (ohnmächtig)/"

,,Sho shai shi gdgümachtd in gotisch nüm, 25 Lai hintrshich kcar i mi nimorntrar:

I mius 9S gcan dj harlt hol üh,

Dd harlt hol i'ih, d.) harlt hol aus!''

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz in Brunusce.

333

100. Siiiic Marko. (Söhnclien Marcus.)

,,Hoi, si)iic Mario, hn' seht (wo hast) (h'i haint (jJsliMfm?" 1

,,/ lioti gjshJnfni (tf ddii hoacJun parglain (Berg),

Af (hi)i lioach.^n part/lai)} pni drai inrnidn baibrn (fremden

AVeibern); S/iai hont js uti.tr nta'Dt ]iar.zJc ai'isar (jjitvm, Shai hont ds ni'tjr ntaiii harzte goprudtmi (gebraten). 5

Dai oind ischt gjhäu (gewesen) 7ai do müdtr main, Dai zhoitB ischt g.ihdn lai dd shbcschtr main, Dai drit) ischt gohdn lai dd shJ)egrin main.'' „Hoi, sinic Marko, btus wrschofdscM dit dain?r mtiotr?" „I wrschof mainr müdtr ünt mainr shbcschtr 10

Lai d'j heb an pödn, dd heh an pödn (der Hölle Abgrund)/" I wrschof mainr shbegrin ch cabigon ivraidn (Freuden'', Bail (weil) shi hof an mi afii parglain gdberot (vertlieidigt) /"

Perz in Lichtenbach.

101. Da moirariii (Meierin).

(Ein Wiegenlied.)

Bid ivrid iscJit auf dd moirarin. 1

Shi schteanöt schmoarönsch gtor ivrid auf,

Shi shingdt zd ir jüngdu shtin:

„Di grüwnsch (des Grafen) do gidtr brnt oh dain shain!"

Unt dos drheardt dd greivin jtlnJi, 5

Bid zoarnik bar shi drat'if,

Udn ridfdt shi dd loandidrn:

,,Pring ümd, pring ünid ddr moirarin sMin,

Ich bil didr gähn a shaidain rök,

Beldr mich höschtdt wenfhündrt gülddn!" lO

Unt bid dd didrn hin ischt kam,

Do schprichdt dd didrn: „hoi moirarin,

Geat, shi'idchdt midr kidlds primbosr.

Ich bil aich bidgdu (wiegen) aidr jüngdu shtht!"

Unt aüsar hot shi gdnöni ir mesrle 15

Unt schtekdt 's in in kinddsch harzte;

Unt 's bidgle (Wiege) ischt würt wölds (voll) plüdt.

334

Dj äbni, dal f/.KUitjöt p.^hcnt aus,

Unt inin ischt kam dd moirarin. 20 Jr ji'mgr shtm hdr schond toat,

Dor didnu mesrh schtaLit in sliahhim harzlc.

Bio Jtoisj boln,)t dal moirarin.

Un dos drhcardt dor yrmvo (Graf) jünh:

,,Hoi toarhartl (Thorwart), du Iwhr main, 25 (j-ca ühln (hinab) zor moirarin

tJn wrüg (frag), hnos ir wähn (fehlen) fiut:

Gcat ir üb dal ivöchizD (Kuchen)

Odr dar roafo haln ?"

,,Mldr gcat et üb dal ivöchlzo, 30 Midr gcat et üb dar roatj baln.

Main jüngr shtm, dar ischt schön toat,

Djr dbrnj mcsr im harzle schtaJcit!"

Üut aüliln Ischt Jidm djr toarbartl,

Äshödo schprichdt ddr toarbartl: 35 „Hol, grmvd (Graf), ' du lidbr maln,

Dor moirarin shtm, dar Ischt schön toat,

tfnt ümd hot in prücJd dd diorn dam!"

Unt hin ischt Mm ddr grmvd jünk:

,,Hoi dhrn, hoi didrnd, lidbal main, 40 JBai (warum) hoscht du ümo prücht dor moirarin shtm?"

„Hldt et (hätte es nicht), hldt et, hear llobr main,

Dai ivrägd (Frau) hot mljr ivrhoisjn a shaldaln rök."

„Hoi wrägd, hoi ivrdgo, du lidbal main,

Belai rdzd (welche Ente) drschidsdn bidr halnt?" 45 ^^Ho hear, ho hear, lal belal du bllscht!"

Drschöson hot ar shalnd balsj wrd,

Gdhairotdt hot ar dd moirarin. (Kehrreim ist: Prtital nlnai, pridai nlnal. Vgl. oben S. 130.) Nach Rüde seh gedruckt bei Schröer, 440 f.

III. LIEDER ZU SITTE UND BRAUCH.

SCHERZ- UND KINDERLIEDER.

Nr. 102—168.

102. NeujahrsAvimscli.

Bidr binschn a gU/dicJi9s fiaids judr, Dos autd (alte) ischt gu9r (zu Ende); Wil güdtd moarn (viel guten Morgen), Ä lioschtd wöl (Kasten voll) Jioarn, A schtot ivöl rindr, A schtubd tvölai hindr, A paitl ivöl gaut (Beutel voll Geld), A schtoinraichai praüt.

To mit seh in Obermösel.

103. A sliümitliedle (Sonnwendlied).

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Won dort da yri - nst a wai - ar - le g? - lischt.

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döi-t do pri - nat a ivai - ar - le gd - liacht.

Won dort do prindt a ivaidrU gdlidcht (lichtes Feuer),

Ddpai do cridsdt (unterhält das Feuer) dai scheaiid Marc.

Unt ivir (vorüber) do zidchdt a jüngr jünkhear :

„Shö luds mi, Märe, zd didr afm crids (Johannisfeuer) /"

Shö cridsdnt shai a Momai haih,

A Idoinai haih af mitai nocht (Mitternacht),

Af mitai nocht pis an gdlidchtdn tok.

Shö do schprichdt dai scheand Märe:

,,Nüd auf, ni'id auf, du jüngr jünkhear!

T)d wegdlain shingsnt oh schön shö schean."

,,Shö shingdn shai, lai hid shai behnt (wollen)."

„Nüj at(f, nüd auf, du jüngr jünkJiear,

Hirn u. Wackern eil, Quellen u. Forschungen. HI. 22

338

Dd reashlain plidmtü (blühen) O't,} sh) schean!" „Shö plmion sJiai, Jal hu sltai hclmt. BöJ (hin t'mt's main heut wrplidndt (verblüht) Böl liaint in oinr mitdrn criosnocht!"

(Jeder Vers wird wiederholt.)

Perz in Lichtenbacli.

104. Am Souiiweiidabend.

Hot, shü-pon, lid - hr in - shr, 3Ia - rl - o, Böl Jiaint an

-TT «•= #-

shü ' mit 0 - hnd, Ma - vi - o.

1. ,,Hoi, shüpon (Schultheiß), Vhhr inslir, Mario Böl Itaint an shümitobnt, Mario

2. Hoi, sliüpon, lidhr inshr, Mario

Shö galt (gebt) insch aror jimldicar, Mario

S. Bidr geabm a moile (Maibanm) sJdiocIiDn f" Mario „I gib' ai's et main jünhliear, Mario

4. Ar ischt 9S grailain (gräulich) mijch, Mario Ar iscJit parscJit ausn ho'f'd,) Jcd»),." Mario

o. ,,Shö ischt ar grailain näodd, Mario

Shö pdhidt ai'n (euch ihn) göt dar lidhd ! Mario

G. Hoi, shüpon, lidhr inshr, 3Iario

Shö gait irisch ai>r höh) (Hacke), Mario

7. Bidr geabm a moile hokonl" Mario ,,I gib ai's et main höh), Mario

8. Main hok9 ischt aüsgdweht (schartig)." Mario ,,Hoi, shüpon, lidhr inshor, Mario

f). Shö gait insrit airr <h (Yhschjn, Mario.

Bi.tr geabm a moile wi.ir.m (führen)." Mario

339

10. ,,I gib a'is et tuain dj ükschon, Mario Shai hent ds grailain miach." Mario

11. ,,Hent sliai (jrailain mijch, Mario

Sh& poltidt ai slij gut dar lidhd ! Mario

12. Hoi, shiipon lidbr inshdr, Mario

Shö gaif iiisch aidr ivaidr (Feuer), Mario

13. Bijr hdn a crids (Job annisf euer) .^mw mocJon !" Mario ,,I gib ai's et niain waidr, Mario

lA. Main do Jcid p3sJiaich9nt {versagen die Milch) /^aür." ,,Hoi, shüpon lidbr inshdr, Mario Mario

15. Shö gait insch aidr dd jünkwrägn, Mario Lai bid shai O'l'd hoisdnt: Mario

10. Dai scheand Mine, dai scheand Geare, Mario Bidr behn a Eddie gcan shingdn, Mario.

17. Böl haint an shümitobnt, Mario Böl haint an sliümitobnt!'' Mario.

IS. ,,I gib ai's et main dd jünkwrägn, Mario Shai hent dS grailain middd." Mario.

19. ,,Shö hent shai grailain middd,' Mario Sho pdhidt ai shd göt dar lidbd /" 3Iario

Perz in Lichtenbacli.

105. Lied beim Kranzbinden.

'S iscJd haint a JünJc- lorä wre - li ga - hän

gEE^EE^jElEj^El^^jE;;

Wre - li brt shi tiimr - ine

1. 'S iscJit haint ajünJavrä wreli (fröhlich) gdbdndu (gewesen), Wreli brt slii nimrmear!

22*

340

2. Wreli hon sJii hol noch shain.m (sein), Jünkwrä hrt shi nimrmear !

3. 'S hot haint a jünktvrd peschlain (Sträußchen) fproicJi.if, RoicJhw (dan-eichen) hrt shi nimrmear!

4. Roichdn hon sin hol noch a hndrtre (einmal), Jünhwrd hrt shi nimrmear!

5. 'S hot haint a jünhwrd reashlain gdprochon (gepflückt), PracJun hrt shi nimrmear!

6. Prachdn hon shi hol noch a hiurtre, Jünhwrd hrt shi nimrmear!

7. 'S hot haint a jünhwrd hranzlain gdpimtn, Pintn hrt shi nimrmear!

8. Pintn hon shi hol noch a hudrtre, Jünhwrd hrt sJii nimrmear!

Tomitsch in Obermösel.

Schröer, 277 hat das gleiche Lied, doch ohne Strophe 5 und 6.

106. Abschied der Braut.

Sho pd - Jiiat ai göt, mi'o - tr lid - hai main, Shö pa-

hiet ai gut, müa - tr IIa - bat main!

l „Shö pdhidt ai got, müdtr lijhai main!

I müds wön ai schean urlop ndm,

Unt idr wön midr ünt i wön ai!

Shö ludt mi, müdtr, in hoschtd gean, 3 I hon wrgasn maind piswudrhmschüdch (bunte Schuhe)."

„Shö höh wrgasn, lai huDS du hilscht,

In main dan hoschtn hrscht du nimrmear."

„Shö lu,)t mi, müiHr, in koschto gean,

341

1 /tun tcryusH nidiiij fichtrünipfpantlain. HaUr heut shai maiuj schtrümpfpantlaln, 10

Ins jiur hrnt shai maind hiD(jnpantlain (Wiegenbänder)", ,,Shö hob wrgasn, lai huos du hil.scht, In main da»i Jcoschtn hrschtü ninirmear!" Mit dem gleichen Liede miitatis mutandis nimmt die Braut aiicli vom Vater, den Geschwistern und den Freundinnen Abschied. Hernach singt sie: ,,/ niüds ds gean in a wrenids (fremdes) lont, In a wretnds lont, 's ischt midr ünpdJcont. 15

'S ischt hol gdldbdt (rathsam), et in (nicht hinein) sj gean, A ivremds lont, an ondrai hont." Sobald sie fort ist, singen die Zurückgebliebenen : Shi ischt aüfgdshasn, ski hot gdshnüpfazdt (geweint)/ Shi ischt ahin gdritn, shi hot gdji'icasdt (gejauchzt)/ (Jeder Vers wird wiederholt.)

Tschinkel in Licht enbacli.

Eine zweite Fassung steht bei Schröer, 278. Hier ist nach V. 1 eingeschoben: I sMch ai haint ünt nimmiear. Es fehlen aber V. 3, 6, 12, 14 17. Eine dritte Fassung von Perz hat für V. 3: Dd zait ischt kam, as i bondrn miids, \ Ins ivremds lont, ds ischt miar impdkont. In V. 5 steht für pisiuuarhm J sclip'apudr, für V. 9 f. schtrihiipfpantlain ] piiitjm^itlain. V. 14 17 fehlen. Eine dritte Fassung von Tomitsch aus Oberniösel hat für V. 14 17 : Fahist ai göt, müdtr lidbai main | Bisr shächn irisch haint ünt nimrmear \ Et hübat (nicht gehabt) ai micdtr shö loi- digai, \ Shö loidigai, shö traürigai. \ Eine vierte Fassung aus Schalken - dorf theilte Freih. v. C zornig (in der Zeitschrift des Alpen Vereines, 9, 287) mit; er hat nach V. 13 ein längeres neues Stück, das sicher nicht ganz richtig, weil unnretrisch aufgezeichnet ist. Es lautet: „Arno (Mutter), lürzaiclidt misr, bos ich et rächt hon ggtusn | Ben's midr uhudrt lai shlacht brt drgean, kivi i laibr bidr hintrshi (wieder zurück). | Lisbai amo, hu brt i denar hingean, ben mi main mon bi-t shlügn?" | ,,Gea hin bti du Mischt, Z9 miar derfascht du et kam, \ Kimdscht du denar ben du jjrdchscht (brauchst) koarn, uarbaisn (Bohnen), viäl (Mehl), shauz (Salz), denar konschtü kam. \ Ben di dain mon schlügst, denar derjsscht'u midr et kam. \ Ben di dain mon aüs- jügat, lidbai töchtr, bu geaschtü denar hin? \ Za midr derfdschtü et ingean, gea zürn gdmoinar (Nachbar) | As et dr mon af mi zoarnik ischt, as i di afhaut (behalte). | Otr müdschtd hoimgean, otr dan mon patn \ As ar didr lorzaichdt, bos du üngrachts hoscht gdtudJi."

342

107. Geigerlied beim Scliinause.

Dar scldru-schi-nar M-iodt 's mes^r uan Z3 bC'ZJHf Ar moint dar <jai-(jar lirt nisch be - noii, Hasch, hasch, hasch, (/u - tjar - daisch.

1. Dor schtrascfiinar (Hochzeitsbitter) lihvat 's mesr lun sj

hez,m (schärfen), Ar moint, d,)r gaigar hrt hj.sy;/^ (nichts) hesn (wissen). Hasch, hasch, hasch, gogrdatsch!

2. „Schtraschinar, ai huds shilgjn:

Gatt (geht) har in {dem) gaigar an- hi.mJaisch krügjit (Hühner- Hasch, u. s. w. kragen).

5. Schtraschinar, et shait giidr shö wausch (falsch), Galt har in gaigar an hmilaisch hausch (Hals).' Hasch, u. s. w.

d. Schtraschinar, et shait guor shö schtih,

Gait ins ch har d wön (auch von) djr wib (Fülle).' Hasch, u. s. w.

ö. Schtraschinar, ahr loild ischt gtur shö gdl (gelb). Aidr haip (Weib) hrt haior et wdl (nicht fehlen). Hasch, u. s. w.

<). ])ar oin,i gaigar hoisjt Jösrh (Josef),

Galt 'mon (ihm) har hlmlaisch rösch (Hühnerbrust).' Hasch, u. s. w.

7. ScJdrascliinar, galt inscJi har wön hidrlabi, (Widder) a hi'if

(Schenkel), Shischtn (sonst) pdldnut d,) praüt a pi'tf (Stoü). Ba, hü, hä, hu dl trtsch (Widder stoJi).'

8. Gatt insch har wön hidrlain dd ivih,

SJtischtn widrhr (führen wir) d.) praüt af dd dilo (Boden). Bä, u. s. w.

343

!K llc (jait itisc/i hur ivöii an liivtron as woadr (vom Hintern

das Vordere), 0//- (danach) bahr(\vev(\en wir; latclitar (joadrn (schnattern), Bä, u. s. w.

10. Dar ohij gaiyar hoisdt Mail (Matthias),

Ar niccJit noch cpos (etwas) ivön hidrJain patl (erbettehi). Bit, u. s. w.

11. Dar ondr galgar hoisjt Roch (Rochus), Ar grat niou a poi'dr (bald) noch.

Bä, u. s. w.

12. Schtraschinar, ahascJit (jetzt) ischt do hoachsait aus,

Nüj gccdjr (gehen wir) in, an ondrs haüsch."

Bä, hü, hü, hüdl trtsch !

Perz in Lichtenbach.

Bei Schröer, 279 f., fehlen die Strophen 5, 7—11. Ein Bruch- stück veröffentlichte Tschinkel im Kalender 1892, 69. Hier steht in 7, 2 für pakimat ds ] gabr dr (geben wir der), 8, 2 whrbr da ] geabr mit dr. Danach folgt als Strophe 9 : Gait insch har u-on bidrlain in Jiausch \ Shischtn shaibr (sind wir) dr prait9 loausch (falsch). u, s. w. 5, 2 be- deutet: Euer Weib wird heuer noch niederkommen.

108. Bei Überreicliuiig der Hoclizeitsgeschenke.

Znd - har, nar zi'o - har, J'rai - ti - gönsch wiid - tr,

i=i^:=^^^^^=i=p=l^liEi^

>S'« - ni sa - ni dai, bear nisch hot, dar ida.i.

1. Züdhar nar südhar, Praitigonsch tvudtr.

Sani sani dai, hcar (wer) nisch hot, dar ivlai (fliehe)/

2. Ar hrt shi et (er lässt sich's nicht) wrdridSdn, Ar hrt a tudlar (Thaler) schidSdn.

Sani u. s. w.

344

o. ßi) iurar ar brt (jdbni,

BtJ lubr b(thr (werden wir's) slalchn (sehen). Sa)ti u. s. w.

4. Ar hat jo noch a puclats näjcüe (gekrümmten Finger), Bidr gdbm man (ihm) zo trinkdn.

Sani u. s. w.

5. Scheanai götdonh al, Lidhr main atc (Vater) / Sani u. s. w.

6. Ziidhar praitigonsch müjnid (Muhme)/ Shi pringdt a scheanai plüdnid.

Sani n. s. w.

7. Züohar, lijhai taühd!

Shi pringdt ddr praiit a scheanai haüb.). Sani u. s. w.

8. Ben zait ihit bail (AVeile) brt lidm (kommen),

Bidr babm (werden) ai's bidr Jcearon (es euch erstatten). Sani, sani dai, hear nisch liot, dar ivlai !

Schröer, 281 f.

Strophe 5 ist eingefügt nach einer Fassung von P er z. Bei P e rz lautet 4, 1 Dürschtik ischt «?•, dürschtik. Der Kehrreim hat die bedeutungs- losen Wörtchen: Sani sani dai, sani sani dai. Tomitsch hat in Ober- niösel den Anfang des Liedes aufgeschrieben mit dem Kehrreim : Sani sani d<ti, links, lanks, vlai. In dem Bruchstück bei Tschinkel, Kalender 1892, 70, lautet der Kehrreim Sani sani dai, zinko Lanco wlai (blöde Lene, flieh), 5, 1 Schean donk, schean donk. 4, 1 bedeutet: Er hält noch etwas in der Hand. Nachtrag zu S. 82. Zur 2. Strophe vgl.: „Es möcht' den Hausherrn nicht verdi-ießen. | Er möcht' ein Paar Thaler herschießen." In einem Schwerttanzspiel des Böhmer- Avaldes. (Mittheilungen des Vereines für Gescliichte der Deutschen in Böhmen, 26, 39.)

109. Hochzeitslied.

Fai-dr, dai tolia-chät, Pai-dr, dai lolid-chdt I- hm hoa-chn park.

346

1. /; PuLir (Biene), dai wlüchjt :l Ihm lioachn park (Berg).

2. I: Je luac/iar s/ii wlidchot, :!

Bl^ (desto) scheanar s/ii shinyjt:

3. j: „Shai nidr, s/tal nidr, ;/ Du Iwachdr park,

4. j: Äs (dass) i inin (hinein) sliächait (sähe) ;/ In ivudtrsch lont.

5. /; Es ischt midr et loit ;/ Um tvudtrsch lont.

6. /; Es iscJit mijr Jai loit ;/

Um dan wmtr main.

7 . \: Wudtr, lidhr main, ;/ Schteat main roashd noch?"

8. /; „Dd roashd, dai schteat noch, ;/

Dos plidnle (Blümchen) ischt ünwgdivot (umge- fallen) "

9. /; „Bear hot ds nmogdzveht (gefällt) F" ;/ '

„Jo dain dar jüngd tschel (Gesell)."

Perz in Lichtenbacli.

Eine zweite Fassung von Tomitscli in Obermösel hat für Strophe 8 f. Müstr, lisbai main, schteat main roashd noch! | lioashd dain schteat noch, | '/S' plianle ischt ümdgawoi.

110. Kurzes Hochzeitslied.

Du schea-nai bai-sai tau- bd, Shö püsch dit mi paim maii-ld !

k* 1^ /

/ pin dain ünt du pischt main, '' S kon gu3r et mear ondrsch shain !

Tschinkel (Kalender 1892, 70).

346

])n srhciüiai buiml tai'ib.),

Sliö pü>ich (kilss) du Uli paiiii nuu'iL) (Muiul)/

I pin dain imt du pischt via in,

'S ondrj liilf insch (jöt!

Perz in Lichteubach.

i-

111. Der Werber.

ffi

:t=:

Ar ischt gean bartvin

hewm - pin-tarsch töch - tr.

Tü-mal di a tnol, kear di a mol ha-rüm, Dar cdl-mon liot a shiin.

1. Ar iscJtt gecoihanvui^werhen) Ji&wnipintarsch (Hafenbinders) /; Tüml di a niol, Icrar di a mol harüm töchtr

Ihr edlmon hol a shtm (Sohn). ;/

:i. D.n- licwmpintar 't (hat) shain töcldr et hclt (nicht gewollt) Tünil di u. s. w. (jdhni

3. Ar iacht gean harivm heslpintarseli töcldr. TümJ di n. s. w.

4. I)jr lieslpudar 't .s/iulii töcldr d iict bell (/(djiii. Tüml di u. 8. w,

5. Ar isclit gca)i,banvni plrscldiipiidarscli töcldr. Tüml di u, s. w.

({. Drr pirschtnpintar 't shain t<)clitr d nct bell gdbm. Tüml di II. s. w.

7. Ar ischt gean barwm päshnpintarsch (Besenbinders) töchtr. Tüml di u. s. w.

8. D,)r pdshfipintar 't shain tf)chtr laibr (wirklich) gcibm. Tüml di u. s. w.

347

9. S/iai ycaut slu ahiuc/in mit a s/ibi(,)i::it .scliiinl. Tüml di u. s. w.

10. Äf'if a shbiiorzn schhiil bil s/il ohr et raitn. JVini/ di u. s. w.

11. Shai (/cauf s/i,) sJn'fjrhx mit a haisn ivüksch,) (weiJJen Fuchs). Ti'nid di u. s. w.

12. Auf a haisn wnkschj hiJ shi d net. raitn. TüniJ di w. s. w.

IS. Sliai geaalt sJu shiuchn mit a pisatii, praindl (scheckigen Tüml di u. s. w. Braun).

14. Auf a iiimtn praindl bil s/ii laibr raitn. Tüml di u. s. w.

15. Bio shai shd hont ins shlcslc (Schlösschen) (jjprücht. Tiiml di u. s. w.

10. Shai shczdnt shd hin zan mitrn ^{/•a>^sc^^r (mittleren Fenster). Tüml di u. s. w.

17. Shai hont ir aüfgatrügn shibm häfmos pirlain (KaufmaiB Tüml di u. s. w. Birnen).

IS. Otr (dann) ischt do ponh af dor mitn ug^yröschtn (entzwei Tünü di u. s. w. gebrochen).

ly. Unfr hont shai ivün (gefunden) shÜ>m liäfmos plrlaisch- Tüml di u. s. w. cracn (Birnkörner).

20. Untr liont shai d wün shibm häfmos pirlaischtengjlain Tüml di u. s. w. (Birnstengel).

21. Shai geant mu poidai lign of dos boicliJ petd (weiche Bett). Tüml di u. s. w.

22. Shö shlüfdnt shai nainüntnainzig naohtd. Tüml di u. s. w.

23. Jiidr ünt toJc ischi böl iimarhdm; Tüml (?i.u..s:. w.

348

24. Ohr hos (aber etwas) Itont shal d hoch inU pjkdin: Tüml dl u. s. w.

25. A pidble ünt a di,)rnlc iscJit in et aüspUhiti!

j: Tüml di a mal, kcar di a mol liaruiii,

Ddr cdlmon hot a shün. ;/

Perz; iu PCuiuiuerdorf.

112. Wiiotrsch teachtrle. (Vaters Töchterlein.)

1. Es hidt a wiutdT a teacldrlc, Jo, jo a teachtrle.

2. Dos teachtrle hiot harwarlain (Werber), Jo, jo harwarlain.

3. Dj harwarlain in Mai^rlarpark (Maierlerberg), Jo, jo in 3Iaidrlarpark.

4. In Maidrlarpark, in RodinaparJc, Jo, jo in Bodinapark.

5. „Et galt (gebt) ini iviidtr in liodinapark! Jo, jo in Rodinapark.

6. Dort bokschdt shaüorddr hain (saurer Wein), Jo, jo shaüdrdsr hain.

7. Shaüdrddr hain ünt shhiurzr hoizd (schwarzer Weizen), Jo, jo shhudrsr hoizd.

S. Lai gait mi tviutr in Maijrlarpark ! Jo, jo in Maiarlarpark.

0. Lai dort do hpkschjt güdtr hain, Jo, jo giidtr hain.

10. Güdtr hain ünt roatr hoizj, Jo, jo roatr hoizd."

11. Ddr wiidtr hot sho laihör (doch) gdbm in Bodinapark, Jo, jo in Bodinapark.

Perz in Lichtenbach.

349

In einer zweiten von Toni it seh unvollständig überlieferten Fassung heißt es füi* Strophe 5 10: Rodinapark ischt shaürar bain Jo, jo u. S. \v. I Shaürar bain ünt shbuarzas proat u. s. w. | SbuarzdS proat ünt groasai nont u. s. W. | In Mairlarpark ischt shidsr bain u. S. W. | Shiasr bain ünt haisas proat \ Baisaa proat üni koinai noat.

113. Die Werbung.

Es sidcJidt a müdtr a teachtrlain,

Ums teacJttrIain wrahnt (freien) zbean barwaro.

„Shö gdhdt mi müdtr in Sdiidmitscharparh.

In Schidmitscharpargd gait's (gibt's) güdtdn hain,

Güdtjn hain ünt shlachtds proat.

Shö ludt (lasset) mi, müdtr, in RodinaparJc,

In Itodinapargd gait's baisds proat,

Baisds proat ünt shlachtdn hain.''

„Shö sidch du hin töchtr, hu du Mischt,

In Schidmitscharpark ödr RodinaparJc,

Bidr shächn insch haint ünt nimrmear !"

113^.

„/ gih di töchtr in RodinaparJc.

In RodinaparJc iscJit pitrsr hain,

IscJit pitrsr hain ünt shhudrzds proat!''

Ünt inar (herein) hent Jcäm zhean harwarlain.

„SJiö tüdt mi müdtr in ScJiidmitscJiarparJc.

In SchidtnitscJia?parJc ischt güdtr hain,

Güdtdr hain ünt haisds proat!"

SJiö hinscJi (wünsch) icJi dior in (den) SchidmitscharparJc. "

AsJiödre sJiügdt dd schtidf müdtr :

„In ocJit ttigdn, sJiö hinscJi ich didr,

Dil shölscht pdschtöjcdu ünt pdscJitoin (zu Holz und

Stein werden)/" PdschtöJcdt ünt pdschtoindt ischt dai scJieand töcJitr.

Schröer, 494.

350

114. Neaslie. (Agnes.)

Bia v)rio ischt aiif'dai schea-na Nea-she, ai, ni Nea-shiz-le.

1. Bid wrid ischt auf dai scJieand Neashe. Ai, ai Neashizle.

2. Schean Neashe hat ds barwarlain (Werber). Äi, ai, Neashizle.

3. Ja barwarlain in'.s harwischlont (des Werbers Land), In's harwischlont an (den) scheanm Jürain (Georg).

5 „Scheams Neashe him ini:

3Iaiuj dachr (Dächer) htnt oh mit sclipali godclidt,

Main.) 'inaujrn licnt O'f'j mit ])ohoiizjn (Kuchen) gjmaiort,

Main.) zaindr (Zäune) hcnt oh mit hirschtn (Würsten) <j,i-

I hons ahoim a poinain (beinern) tisch.'" zaindt,

10 Schean dr Jürd, di nim i,

A gi'iotai hirtin pin i:

Kon Jcöchn, hon pochn (backen), hon shlufm pai dior!"

„Nil,) zidch ohr hin ins harwischlont."

„Bu tujn i ]tin niaino haschtj (Schränke) ivöh (voll) Jcoarn, 15 Bi( tiun i hin 'n schloß wöl rindr,

Bu tü.m i hin do wasr (Fässer) wöh hain?"

Shi lök)t Zctnondr nochparsch d.) hlmdr (Hülmer),

Shi nämöt zjnondr dj nocli'parlait.i,

Shi hkudt lon (hebt an), shi ivrschenkH aus (alles). 20 Ni'o zidcJiont shai hin in's harwischlont.

„Bu hoscht du ni'iD dös sclipakaind doch?

Es ischt jo lai a pretrain doch (Bretterdach).'

Bu hoscht ;)S nüo dai pohoHzäind maü.yr (Kuchenmauer) .^

l'ls ischt jo laiä schtoinainai maüdr! 25 Bu hoscht 9S nto an hlrschtain zäun ?

Es ischt jo lai a rüdtaindr zäun (Ruthenzaun) .' ,.

Bu hoscht dS nüd a poinain tisch?"

Ar nimot do seh ist af dj hnid:

„Dos ischt öS jo a poinaindr tisch!"

351

Shi heivat udu mit jöcjt wesckt (weint heftig). 30

„Bu holt m'iä maind haschtd icöh koarn?

Bu iscld ds nüd main schtol ivol rindr?

Bu lient ds nüj maim wasr wob baiti?"

„S/iö kendsciit du dos pirchaind shmauz (Birken schm alz)?''

„I Jccn ds et dos ittrchaind shmauz." 35

Ar nirmt har a pirchainai n'idtd,

Ar hiksdt (prügelt) durch dos scheand Neashe.

„I lien dS schön dos pircJiaind slimmiz."

Ai ai NcashizU.

(Nach jedem Vers folgt: Ai, ai Neashizle.)

Perz in Bi-unnsee.

In einer zweiten von P e r z mitgetheilten Fassung steht für Z. 15 Bu tiian i hin maina rösch ünt kid (Kühe), für Z. 18 f. Shi lohst zanondr nochparsch dd ki^, \ Shi gäböt amz9trinkn da loasr hain, \ Shi türschenkst ahin bkschn imt rösch. Fiü' Z. 32: Bu hent 9s nÜ9 mains ökschn ünt rösch'? j Bn hent 9S mi9 mains scheansn kis?

115. Do zboa tscholinen (Gespielen).

JiJs - rötsn na - re zboa ische - ds - he - li - nsn, A

rai - chai ünt an nsr - inai.

1. Es huröton nare zboa tschelinon, A raichai mit an normai (Arme).

2. I: Es hont 9S peado (beide) a lijhm. ;/

5. As]iödo schprichdt dar lidho, Bar ligbd z? shaindr mudtr:

4. „Lai belai (welche) shöl i ndm (nehmen), Bai raicho odr dal udnio?"

3B'2

5. „Shö nun os du dal ndrms, Unt hos du plaibm dai raicli^:

G. Dai udrniQ, dai isclit gdhenat (gewohnt), Af hoisr shün (Sonne) 2a jätdn;

7. Dai raicho, dai ischt gohendf,

In Ixidhn schudtn (Schatten) Z3 roschtn (rasten).

8. Dai udrnid, dai ischt gdhendt,

Dos Mrshaind iiroat (Hirsebrot) 2^ asn ;

9. Dai raichd, dai ischt gdhendt, Dos hoizaind proat 29 asn.

10. Dai u^rmd, dai ischt gdhendt,

Dos bujrno hosr (warme Wasser) 29 trinkm;

11. Dai raich9, dai ischt g9hen9t, Dan hi9ldn hain 29 trinkdn."

12. Ar ndmöt nÜ9 dai U9rm9 Unt lu9S9t plaihni dai raichd.

13. Shai Idhdnt sh'ihm gon2ai ju9r. GdScJttoarbm ischt otr (danach) dai i(9rni9.

14. Ar ndmöt nt'o dai raichd,

Shi ivrprosdt aus (alles) in oin ju9r9.

Perz in Lichtenbach.

116. A hairotliadle.

1. Den i ans hairotn dcnli, Kim9t midr ddr graüshn U9n, Shöl trätdn in dan schtont.

Es hent giur shbärd (schwere) shorhdn, Dd onJcscht ünt hümr moch9nt.

2. Bid 's wüwertd (vielmals) geat: Hairot i a raichai,

Shö hid i's li9har hidt (hätte),

Shö tüdnöt (thät) sJti shicJi anfschtraichon,

Bu9s i wr a gaut drhaut (Geld erhalte).

353

H. Do liois,)t ,>f! tok i'oit nocht : „Hon dic/i sjh nion (/.»nocJit. Di'i Ji'oup ihif du prnjlar, Du lio>iclit ho'ni hauhm (halben) tudar Z:t iiihr in's haüscJi (pprüchtf"

Schröer, 2G3 f.

117. Um clai hailige woschonkzait (Fasching).

Ilniar um äai /lailigj wosclwnlizait , 1

Do gcangönt drai paüjm schpozisn} :

Dar oin? Jiot a prdivn hiacht,

Dar shoitd liot a schtöhai didrn,

Dar dritj hof a wafdds haip (faules Weib). 5

Bi9 shöl ar et sho travrili shain?

Ar sidcJidt hinibr in d) lürchd hais,

Ar tvoht (fällt) af sliaind hiid :

„Du raichr got won liiml dort,

Sho shent (sende) du main haihd in (den) toatf' 10

Unt hon (wann) ar ohr Jioim iscJit Mm,

Nü9 hdrot shain haip schön toat.

Ar zidchdt hinlhr Zdn nochparschmon,

Ar patöt in rächt scJiean :

„Gea ivi9r (führ) main haip afs ivraitöf {Friedhof) grii»/, 15

Dil pdhimscM a giotn loan.

Sho leg rr auf a groasn schtoin,

Sho himdt shi nimrmear hoim."

Tomitscli in Buchbero

118. Dos shnirle (Schwiegertochter).

Jh'üntn do läfat a schea-n9S iiar-mas shnir-le. AI dii srhea-nni main Hirn n. Wackernell, (Quellen u. Forscliimgen. III. 23

354

m^.

tnrli - tr hia geuts wr dl?

1. Din-cin) dürcli (lo>! handle (Wäldchen) Uyot a sr/itüi(fJc, Drüuin do Idßtf a schca^ros, nornias (armes) slm/rh'.

Äi, du seil canai mahl töclitr, hidgcats wrdi (wie geht's iMr)?

2. „Ä hidtain (was für einen) shhächr (Schwäher), töchtr, hoscJtt

du wünon (gefunden) ?" „Ä gfotn, (I gfi.dyi, hh aigdndn main (wie meinen eigenen)

Äi, du schcanai main töchtr, hid geats ivr di?

.'!. „Ä hidtainai shhigr (^Schwieger), töchtr, hoscht di'i /nhi.ni ?" .,Ä giotai, a gi'otai, hid aigoiuh main müjtr." Äi, du scheanai main töchtr, hid geats wr di?

4. „Ä hidtain shhtigr (Schwager), töchtr, hoscJit du in'in.»i?'' „Ä güdtn, a güdtn, hid aigdndn main prüddr.'' Äi, du scheanai main töchtr, hid geats wr di?

:'). „Ä hidtainai shhegrin, töchtr, hoschi du ivmidn?" „Ä güdtai, a gudtai, hid aigdndd main shhesehtr." Äi, du scheanai main töchtr, hid geats ivr di?

6. „Ä hidtainai Mnd (Ehe, Mann), töchtr, hosrht du iri'nun?" „Ä peasltai, a peashai, hid dai intr dr plotnf" Äi, du scheanai main töchtr, hid geats wr di?

A. H. in Rieg.

Die Verse dieses Liedes sind Doppelvevse, aus zwei viermal gehobenen Hälften bestehend. Der Schluss des Kehrreims licilit wöi-tlich: Wie geht's für dich? 6, 2 bedeutet: Eine böse (Ehe) wie jene unter der Steinplatte, nämlich wo die Schlangen hausen.

\\\). Schean Aiidrle (Andreas)

Bh inrid isrht auf schean An-dr-le. Bis zvria iscJit aufsrhean

::^

=:ts=T=q=ti:

l^E^^^^l^^^

An-dr-le. Es srhjn'ln-r/at nnt ton - zat init bisch-pgll shö sr-hetin.

355

1. Bis ivricf isclit auf sclican Ändrle. Big wrid ischt auf schean Andrle,

Es sclipringdt mit tonzdt mit hischxnlt (pfeift) shö schean.

2. : Lai hid ar sclimoarönsrh (des Morgens) gii.rr wrid Es schpringdt u. s. w. aüfscJdeat, :j

R. ; Ar hek^f auf ch mi'otr shain : :j Es schpringdt u. s. w.

4. /.* „Nüd aüf^i m'o auf, müMr lidhai main, :j Es schpringdt u. s. w.

.'>. Gcat, höchdt midr in woarmais (Frülastück) schean, In ivoarmais schean, äd jaishn (Mittagmahl) chpai!" Es sclipringdt u. s. w.

0. ;'.• Pdhent hdr auf tl) miotr shain, ;/ Es schpringdt ii, s. w.

7. SJii Jiöchdt itnon in woarmais scliean, In woarmais schean, dd jaishn ddpai. Es sclipringdt u. s. w.

8. Ar gdanöt ahin an Ixhioh (Jahrmarkt) schean, An Mrtoli schean, auf Loihoch hais.

Es schpringdt u. s. w.

9. j: Ünt inion pdgegndt dai lidhd shain: :l Es schpringdt u. s, w.

10. j: „Bullin, huhin, schean Andrle?" .•;' Es schpringdt u. s. w.

11. „I gean ahin an Mrtoli schean. An hirtoh schean, af Loihoch hais. Es schpringdt u. s. w.

12. Buds hilsclit du, lidhai, Mrtoli (vom Jahrmarkt) hnhm, Bilscht du, lidhai, dd wO'l'drpfoitlain (FaltenliemJen) ?'' Es schpringdt u. s. w.

23*

366

IH. „Ja, zhai (wozu) hoit mi,)y d.) wO't'dypfoitla'm, Lai, bot i .sV/r? tnupi et g.idcarf (nicht darf')P" Es schpringdt n. s. w.

14. j: „Ody huscht du, Ji.dxd, d^ p'nüpaiülaht (Bänder) ?'• ; Es sc/ipyhißrit 11. s. w.

1:'). „Jo, zhai hent nüdy dd pwtpanÜam, Lai, htm i shd trügn et (i,)dcarf?" Es schpring9t u. s. w.

IC). !: „Odr hiJscht dt), Vt,)ha't, a sr}ip'i,s])ioysr/ii'iyr/tv (spitze Es sc]ipyhtg;^t u. s. w. Schuhe) F'' ;/

17. „Jo, zhai hent midr dd schpizpm<iysrh i'i.irhti . Lai, heu i shD trügn, et gddearf?"

Es scJtpringot n. s. w.

18. „Odr hiJsclit di'i, Jidhai, <i hiagle (Wiege) hais,

A hhgle hals, a havtoJe (Mäntelchen, Wiegendecke) Es schpringdt n. s. w. draiif?"

19. j: „Dil Jioscht di, Andrle, giot wrschteej,)! !'• .-/ Es schpringdt u. s. w.

^(K /; „Bios hiJscht du, lidhai, noch l-'trto/,- htlhiit 'f" :! Es schpringdt u. s. w.

21. BilscJtt du, lidt/ai, a. caschle oidr (Körbclien Eier), A cascltle oidr wön Ktikndoayf?"

Es schpringdt u. s. w.

22. ;.■ „Di( hoscJtt di, Andrle, güdt n^rschtean /" .•/ Es schpringdt u. s. w.

2S. „Odr hilscht du, lidhai, an emprle shmaus (Eimer An emprle sltnumz timt Mühtdonyf?" Schmalz), Es schpringdt u. s. w.

24. /; „Dil hoscht di, Andrle, gi'i.d irrschtean f" :i Es schpringdt n. s. w.

25. „Odr hilscht dn, lidhai, an emprle hain fWeinl. An emprle hain won Tiodina/tarh':"'

Es schpringdt u. 8. w.

357

2(). ; ,,I)h horcht (li, Andrlv, (jü.it tvr seht van!" :' A'.y schpfhitj,)t u. s. w.

27. Ödrhilschtdü, linhai, ashÜDileboiz,) (Saumros« Weizen), A shämle boimd ivön djr Kiidrlschtot?"

Es scJipring,^ u. s. w.

28. ';: „Dil Itoscld dt, Andrle, ä (jü.)t ivrschtean!" :; Es schpring^t u. s. w.

29. j: Ohr bear{wei'< brt dos aus {-alles) z'jnofidr pring [her- Es schpringd u. s. w. beischafFenj /" :/

HO. j: „Lai hcar's brt bei (wollen) hübni, gea's (geh' es) shaubni Es schpringdt u. s. w. (selbst) shüdchn!" ;/

Hl. ünt ar geat aliin an kirtok schean, An kirtoh scJiean, ai'if Loiboch bais. Es schpringdt ünt tonsjt mit bischpdU sho scltean.

Perz in Lichtenbach.

In einer zweiten von Toniitscli als Bruclistück aufgezeichneten Fassung lautet die Antwort des Mädcliens in Strophe 13, 15, 17 : Dos kufdl miar main nn'tdtr böl. Wahrscheinlich sagt das Mädchen auch liier deshalb, sie dürfe die genannten Kleidungsstücke nicht tragen, weil sie ihr von einem jungen Mann und nicht von der Mutter an- geboten werden. V. 19, 22, 24, 26, 28 bedeutet: Andreas, du hast das ßichtige getroffen.

130. Streit mit der Liebeu.

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tra - la - la

la

la.

358

1. „Bu hosc/it <Ih hin (los rüt(j,)]c, Lai bes (das) i dhr hon (jdhm ?" Traladi radi raJala, tralalala Ja.

2. „Ins hosr hon i's gdpöht (geworfen), Ähin hot shi's gelobt (geschwommen)." Traladi radi raJala, tralalala la.

S. ,,Bu lioscht du hin dan cpß, Lai bei i didr hon gdbm?" Traladi u. s, w.

4. „In mischt hon i'n (ich ihn) gdpöht,

Dj krä (Krähe) hot 'n aüsgdhdld (ausgehöhlt)." Traladi u. s. w.

5. ,,Bn hoschi du hin dos zautle (Brotlaib), Lai bes i diar hon gdbm?"

Traladi u. s. w.

6. „Dos zautle hon i wrasn (gefressen), Äf di Jiou i tvrgasn."

Traladi u. s. w.

7. „Bn Itoscht du liin dos pantle, Lai bes i dior Jion gdbm?" Traladi u. s. w.

8. „Dos pantle hon i ivrscJicnlof, Af di hon i et mear godcnkjt." Traladi u. s. w.

9. „Bu hoscht du ]>in dos peschle (SträuÜchen), Lai bes i didr hon gdbm?-'

Traladi u. s. w.

10. „'S pescJde ischt drdorot (verdorrt), Dich haut (halt) *' wr a nord (Narren).'" Traladi u. s. w.

11. Shö trinkdt, trinJcot, laitd ;

D,ir birt gait (gibt) nöcli af paitd (Borg). Traladi u. s. w.

3B9

1:^. Bit incar (je mehr) as ar brf (jäbni, Bio lidhar babr's (werden wir's) sJtdcInt ! Traladl u. s. w.

Josef Hauft'en in der Stadt Gottscliee.

Eine zweite Fassung aus Rieg hat den Kehrreim : Holadi, ho- lado, lioladi. holado. Einer dritten vonPerz mitgetheilten Fassung- fehlen die Strophen 7 f. und 11 f. Dagegen stehen hiernach 6 folgende vier Strojjlien : Bu hoschtü hin dos pfoitle (^Hemdchen") | Lai hes \x. s. w. | Aiifn zäun hon i's ffaproitat | Unt uan Jion Vs gdshoichat. \ Bu hoschtü hin dos hidrle fTüchlein) | />««' u. s. w. | 'S hidrle hon i zarisn \ Af di hon i fj3schisn. Tomitsch hat aus Mosel die ersten 6 Strophen mit dem Kelirreim Ttirl Ivjhjki, tumpa, tnrl linnpu himp.

131. Wor da jiiiig piiebin imt (liarudlaiii.

Ahonire (dort) schteat a lintle gridn. 1

Untn is sJimudl und öbm is proit,

Un drüntr ischt a schaiblachr (runder) tiscli.

Dort trinknt do piobm mit didrndlain.

Wir (vorüber) do tvlidclut (fliegt) a ivegdlaüi (Vöglein) .-5

„Idr jüngjH pi'obm imt dhrndlain,

Dan roatn bain, dan schenkdt iar,

Dan roatn bain, dan frinkdt idr,

Aidrn ledign schtont ivrtrinlidt idr!"

„Kloins tvegdle, du lidbds main, 10

Ben bidT di pskcmidn niechtdn,

Bidr zearaitn (zerrten) aus daind ivädrlain (Federn),

Bidr zearaitn aus daino ivatöcJdain (Fittige)/"

,,Idr jüngdn püdbm ün didrndlain,

Tü,)t midr lai buds idr belt (wollt), 15

Main jüngas Idbm (Leben) schenkdt midr.

Ddr shünidr kinidt lürümdr (prangend) har,

Dd roashdn brnt bidr (wieder) O'i'd scliean plidn,

Maind wädrlain br)it bidr bockshn (wachsen),

Maind ivädrlain unt watöcJilain; 20

Äidr Udigr scJttont brt nimrmear !"

„Kloins wegdle, du lidbds main.

360

Dil s/niij.hsclif inscli rächt, du Uur.isclit iiisrli raclil, Bbr wölißi (folgen) di : hur (jcabiii /loini,!"

Tomitsch in Grodetz.

122. Da pforarkechiu (Pfarrerköchin).

1 „Mtslniar Vuhr luain, (jixl pluosli a Jiochtle (blas ein Licht an).

Sliö yea, pluosh a lidchtle, gea sc/iäg (schau) af dan })üdn :

Buds zümjjdt ünt peaht, blas a rösch pjshlüyait?"^

Ol du longai cabiköt (Ewigkeit), du hürzal barlt (Welt)/ o „Pforar lidbr »min, dai Jicchin daiuai,

Dai ischf pdshlügn (besclüagen) an lientn, an ivijsn (Fülien,)."

Oi du longai cabiköt, du Mrzai barlt!

Ashödo schprichdt ddr p)forar Z9r hcchiu :

,,Kechin, lidbai niainai, bear 7 (wer hat) di pjsJilügn 10 Bear 't di pashlügn an hentn, an widsn?"

Oi du longai eabiköt, du kürzai barlt!

Ashödo schprichdt dd keclän shainai:

„In dr hei (Höll') an pödn 'seht a krümpds shmidle (Schmied),

Es hat mi pjshlügn an hentn, an widsn." ^^ Ashödo schpricJidt ddr pforar zar kechin:

„Kechin, Vubai mainai, i bil js leshn,

I bil ds leshn a mescho wr daindr (für dich)."

Oi du longai eabiköt, du Mirzai barlt!

Ashödo schprichjt dd kecJiin shainai: 20 Böl et (wohl nicht), böl et, du pforar lijbr,

Shö lisch du naro (nur) wr an ondrai sheah.

Birj mear du leshoscht, bid tufar kirn i,

Bij tidfar kirn i in ddr hei an pödn!"

Oi du longai eabiköt, du kürzai barlt!

Tschinkel in Lichtenl)acli.

' Was lärmt da mit dumpfem und hellem Schall, als wenn man ein E.OSS beschlagen würde.

361

123. Dai scUeaue Miodo (Marie). ^ ^ * F— *- wzJ m * d ' 1

-# ^

Bia wrid lacht auf dai scheu - na Ma - do. Hai

*-d— H t •« -m d 1

Mia - do, Mh - do, Po - nie - ran - scho !

1. Bi) wrij iscld auf dai .scJtcanj Miodo. Hol 3Iijdo, Middo, PomeranscJio!

2. Shi scliteanöt scJimoan'mscJt ytor tvrid auf, Hoi Middo, Mbdo, Pü)nera)tscho .'

o. Shi kraiziydt shi schean imt drhügot (wäscht) shi schea». Hoi Middo u. s. w.

4. Ski geanöt IddtBii (hüten) Ir ivudtrsch d,) ökschjn, Hoi Middo u. s. w.

5. Auf dd ohn (Ahn) yridu, zj}i prinlain hi,)l. Hoi Middo u. s. w.

6. Bid shi iscld kam auf dd ohn gridu, Hoi Middo u. s. w.

7. Auf dd O'ifni gridii, zd}i prüdain kidl: Hoi Middo u. s. w.

8. „Nüd wrasdt mit trinkdt, main wudtrscJi d'ökschdu !" Hoi 3Iiddo Vi. s. w.

9. ünt nidr shizdt dai schcanj Middo, Hoi 3Iiddo u. s. w.

10. Wrshlüfm (einschlafen) tüdt dai schearid Middo. Hoi 3Iiddo u. s. w.

11. Dd pomeransclin, did hont sJiö schean gdplidndt (geblüht), Hoi 3Iiddo u. s. w.

12. Shai hent ugdrlshdt (herabgefallen) in ir dd schoasn Hoi Middo u. s. w. (Schoi3).

362

IS. „As (jöt p.iiidmaif (nähme) (i> poiiirranscln/ .' Hol Middo u. s. w.

14. Shai Jio)if »li (fjbcJot aus main slili(f.>.'' Hol Mi.)do, Mbclo Pomeranscho .'

Perz in Kiuiiiiirnlorf.

121. Dai scheaiia Greatle (Gretchen)

1=

=^===r^^}r=gr^^=

-0 -i 0-

i=i=äiEEs^

1^19 rcri9 ischt auf nur dai schea-na Great - le, Dai

-0

i£E^i^b^*^^3=^=^EjEl£Ei

scheu - 113 Great - le af hoa - cJwn purg - lain.

1. Bij ivrij iscJit auf nar dal schfanj Greatle,

Bai schcan,) Greatle af lioachdu parglain (Berge).

2. Af hoaclhm parglain in a uaisn Jials/dain (Haus);

,, O/c/ Jaitj hudjnt anondr (laden einander) «>/ d,>

lioachsait, .9. Lal an dj lioachzalt, hol an dj ivrakh (Freude), Lai mi hmbt bärlain (wahrlich) nimiont cte (nicht)."

4. tlnt shl hol dos hoart (Wort) not (noch nicht) aüs-

gjrait (ausgeredet), ilnt hin Ischt h%n> ir pri'i.idr Jure (Georg).

;'). „Bius hoscltt du inur prücht (gebracht) nmln prÜMlr

Jure?" „I pin dl hm Sd lujdn hol an dj hoachzait,

6. Böl an do hoachzait, hol an d.i ivraidd."

„Jjal hear hot sJil g,)halrotjt, inaln prüddr Jure?"

7. „Daln prtodr Jwanc (Johsmn), daln shbeschtr Wawro

(Barbara)." „Budrt mi (wart mich) a halb main prüddr Jure,

363

(9. Jinlisc/i i (jcav puc/i.»i (backen) a Jtoacltzaitsivöchi^,)

(Kuchen)/' „'Seht et ti'ön neafdu (vonnöthen) a hoachzaitswöcliiz.),

9. Slio nim dih (IrcatJe, Jai a liirsltaln Joihlc (Hirselaib), Dos du aus brscht toil (wirst austheilen) dan udrmdn Jait9n."

10. .,Sh() bajrt iiii a haib, niain prüodr Jure,

As l uju geati legon dos ivo'f'drpfoitle (Faltenhemd)/'

11. 'Seilt et wön neaten dos wo'tdrpfoitle,

Shö nim du, Greatle. dos hartogainB (Werktags) pfoitlc,

12. Du brseht skain in dr küchl pai dr mi'otr."

„Shö hudrt mi a baib, main prtiddr Jure,

13. As i uon gean pet3n (aufbetten) main's baisd bijgle (Wiege). „'Seht et ivön neaton dos baisd bisgle,

14. Shö nim du, Greatle, lai's bartogain9 bidgle." Den shai hent Jan kdni in ir ivudtrscli gujrtd:

15. „Buds zümpdt mit peabt (lärmt) in main iviidtrsch gujrtctn ?" „Lai bu (nun dort wo) shai zdnondr shlügdnt dd hoach-

zaitstischJain ."

16. Unt ben shai hent Mm in ir ivadtrsch haüsch:

„Bear boinot shö liois in main wuatrseh djr schtiibm?^'

17. „Dos licnt 9S, Greatle, lai inshr dj gaigarlain." Unt ben shai Jient häm in ir tvaotrsch schtubj,

18. Atinj hot shi wün (gefunden) sboa baisa laiehju, Jo, baisj laichen, ivudtr mit müdtr.

19. „Bai hoscht du 's niidr et Zdivoar (zuvor) bell shägon?" „I hon didr, Greatle, zs wrschtean jo gähn."

20. Gdgümochtdt (in Ohnmacht) isclit dai scheanj Greatle, 'S hent würt (nun) gjbdn drai baisa laichm.

P e r z in Liclitenbach.

364

IÜJ5. Dos xiiichto baip. (Das iiiL-htsiiutze Weib.

1* er

+^-J=i— - =P -K -=31

7. .jBaip, du shblsclü ho'mt gean, D<dn inon, dar ischt kroiikl''

,, [seilt ar liroiik, Xu9 yüt shaidonk! Lia-bär U ronr:, Xua noch a tonz,

._:ts_^_*^3z=j^r:__.-

:=^=:t5-

:fc^^^^Eii^=£l^^i^^^E=ia

No-char bll i hoi - via gean, No-char hil i hol - ma gean!"

2. „Baip, du sJiölscJit Jioim (jrau, Daui mon, dar geat schtarbni !" Geat ar schtarbm, I hrt et (werde nicht) ivrdarhni. Lidbr Wronz (Franz) u. s. w."

ö'. ,,Baip, di'i sitölscht liohu (jcan,

Dalti 1110)1, dar J'iijt bt zi(/.>i/ (in den [letzten] „Ligt ar in sigon, Zügen j/"

Lmst in Ugjn .' Lijhr Wrons u. s. w."

4. „Baip, du >>h<')lscltst lioliii grau, Da'm mon, dar ischt gosclito<irhni !" „Ischt ar gjscJitoarhni , Brt et mcar tvrdoarhni ! Liobr Wro)i^ u. s. w."

.0. „Bai}), diY sliölscht hoirn ;f<'(in, Daiih mon dar ligt af rardn !" „Llgt ar af cardii. I brt an ondrn worearn (verehren)/ Liabr Wrons u. s. w."

6. „Baip, du shölscht lioim gean, Daiu mon, dar brt pogrtüjm!"

366

„Brt ar pjffn'ihni,

I hrf (Ol o)idn> In'ihni !

Li.ibr Wro)/! u. s. w.''

Perz in Liclitenbacli.

12(J. l)jii prawa (brave) sclitiefmüotr.

Bio icrh isrlil auf kloin loandidrnle, 1

Es ziocIhU a/iiu z.rr Jiaüschbirtin (Hausfrau);

Oi liaüsclth'irtin, idr liohai niaii),

Bos n'y a hnndrJain träm (Traum) isclit midr iroarf/of/fari !

: Brar (wer) fnior dan träm aüsUgdn Icenait (könnte) ?;/ 5

Mior O'f'D nioarn drai slti'm (Sonnen) aüfgeaut,

Woar aidr tvavscidr isclii « ivmilc (Fahne) (i.isrlitcaii."

„Kloin loandiornJc, lidhos tnain,

Dan träm leg ich dior sJiauhrschf (selbst) aus: 10

Ich hrt dior grailain drlronkdri tudn,

Drhronlidn tmn i'mt schtarbm tudn.

Du hrscht os hairotn 7nain jüngon htrt (Mann).

/; Ich hrt wrluosn (verlassen) main cb hoisMain (Waislein) 15

Shö moc/i mit dan hoisJilain buds giotlich ischt, lloin. :!

Buos gidtlich mit hms menschlich iscJit.

Ben du an dain (den Deinen) hrscht gähm dos haisD proat,

Shö gib an main dos shbuDrzo proat.

Ben du an dain hrscht gähm dan roaton bain, 20

Shö gib an main dos hidld hosr (Wasser).

Ben du an dain brscJit peton 's ivedrpetlain (Federbett;,

Shö pet an main a,üf dan schtroabo (Stroh) oins!"

Drh-onkdt ischt dai Jianschbirtin,

Goschtoarbm ischt dai haüschhirtin. '25

/.• Ens (jenes) hot gdhairotdt dan jüngon luiüschblrt. :j

Es hot gotuon huds gidtlich ischt,

Bios gidtlich tint buos menscJdich ischt.

Dan hoishlain hot sJri gäbm dos baiso proat, 30

An ir (den Ihrigen) liot shi gähm dos shbuorz) proat.

Dan hoishlain hot shi gähm dan roaton bain,

An ir hot shi gähm dos hidh hosr.

366

Dan hoislilaln liot s]r( g,>pd.H dos wedrpetlain, 45.1)^ /■>• liot shi gopetot auf dan schtroaha ohis. Asltödo schprichdt 'ir scitcandr Jiai'i.^chhü'f : „Mai» /lai'ischhirfüi, du ll)hai ntaiti,

/; J5a/ (/(üschf ili'i (warum gibst du) (lau /,■/!/(/. >ni et oi.ni luicht

allen) gJaich ?" ;/ 40 „La/ asliö (nur so) ntaiu ji'ingor, niaiu liobr haüfschhlrf :

Dan) curscJifai irnl (Frau) Jiof mijr Z9Woar (zuvor; g.is/ioit

(gesagt), Irli sIiöJ auf; (allet) fü,»i hu,)fi gi.Hlicli iscJif, BuDs gbüich ischt, huos 'menschlich iscJit!"

Schrüer. 482t.

127. I bil aus hübiii. (Ich will alles haben.)

X-\=^-:^ ^^ j:^q=iz=q=J

©♦ 1 «— I \ ©♦ #— I 1 \—

-t

Ben i a im-9 inn, Mecht i a baip d hühm, Mecht igearnhesn,

]Vi3 ni(t'in baip Jioisat. Ki - ri - e - lei - son hoi - sei main halp.

2. Ben i a baip ä hon, MecJä i a kint ä linhm, Mecht i gearn hesn (wissen), Bid main Jcint hoisid. Wrischg,)sJihint hoist niain kint. K'tricleison J/oisot main baip.

.V. Ben i a kint u hon, Meclit i a dinrn ä hübm, Mecht i gearn besn, Bi) main di9rn lioisot. Pihnp^sdiirn hoisot maiu di.nii u. s. w.

4. Ben i a didrn ü hou, Mecht i a knacht d Jrubni, Mecht i gearn besn, Bi) main knacht hois.it. Holbrechts hoist )))ai)) kiuieht u. s. w.

367

.'*. Roftc/i (Ross) Groasr Sr/ilaino- (groJ.5er Steirer). <!. SrhM (Stall) Ihcwt (überall).

7. Hai (Heu) Ai'(S(/.')sr/ifralf (ausgestreut).

8. Ben i a liai a lion,

Mcr/if i a pn'tn (Brunnen) d In'ihni. 3Iec/it i gearn besn, JBie niain prün hoisdi. UmünWmi hoisH main prün. ÄHSf/JSchfraif Jtol>!<)f main hai. IbcrO't hois,it inain sclitO'f'. Holbrechts Itoisdt main liiachf. Groasr Schfairar hoisdt main rösch. Piimposdidm lioisdt main (Ihm. WriscJ/gdshbinf hois^f main lint. Kirieleison hoisi>f main baip.

Perz in Kummevdorf.

128. Main kitale (Kittelchen). :4s

ß ß ß^=~ß-

:1=.

i

Main Id - t3 - le zoott Z3 - so - vidn, Pin i's za ai - iwm

■9 1 W W W * * * ä 1

hen-lain yd - gon-gan: „Liab- stds hen - le hilf da - zuä,

r^ * * ^— #^#^-*-— ii—\—w—w 9 * *— * 9—\

As main ki - t9 - le rcer-tik bar!" IJenlainschpriclit: „Dos sliöl ga-scJta-chen;

^^-^-^-

-9 ä »—» * * » 9-

::ts:

D9-ZU9 hil i main zip/ böl gä-ban." Hen-laisch zipf, shö schte-at main

-^=^^^=^^

J:

^-fe^=*=^=j=§

M - ta - le noch shö hipsch.

2. Main kitzle tvoH zdsomdn (fällt zusammen) Pin i's sj oindm ivnkschd (Fuchs) gdyonydn .

368

„Lidhstdr wüksrh, shö liilf (bzi'i.h

An main kitdle ivertik här (fertig wüi'de)/"

Wüksch sdipricht : „Dos shö/ fjjschdch,»i (geschehen), T),^zi(,i hil ich mahl shhonz (Schwanz) JxM ffahm."

Wüliscliisch sliboiiz, hevlaiscli zip/, Shö schteat maw kif.)Jr itörh shö hipsrh !

S. Main kiUle ivoH zsso))idn,

Pin i's zd oinam hölwo (Wolf) (pgnn(/,ni :

,.LiDhst3r h()lf, shö hilf ddzüa,

As main kitüe ivertik bär!"

Bölf sch]yricht: „Dos shöJ (j,>schäch9n,

D,izÜ9 hil i maiu loch (Loch) hö)! gdhm."

Bölwisch loch, Wükschisch slihonz, JicnlaisrJi zi)>f.

Shö schteat main kitde nr'icli shö hipsrh!

4. Himio (Hahn). Komp.i (Kamm).

.'7. Hiushd (Hase). Tonz (Hmterfüße).

0. Fdr (Bär) Tozd (Tatze).

7. Patf»- Ki'if.f (Kutte).

(S'. Main kitjlr ivo'tt zasomcn,

Pin i's zj oinsr Mi'rno (Minna) fpffonfpn :

„Llihstai Muno, hilf chzüd,

As main kitdlc ivertik hör!"

Mthw schpricht: ,.Dos sh<)l f/jschächr))/,

Ddzüd hil ich maind tütdn f/dhm."

Mtinisrh tütn, Patarsch kiitn, pari seh tozj, hu.ishansch

t<mz, huDnisch komp,i, Bölwisch loch, wiikschisch shhotiz, henlaisch zipf, Shö scj/tcat main kitale nöich shö hipsch !

Pevz in Liclitenbacli.

129. Der Biriibaiiin.

1. Päm (Baum) in ihr amn (Ahn). In ehr anm schteat <( phiipdtn, Ar trüyjt Idp (Laubj.

369

2. Auf dan pänid

Schteat a hündrscheandr osr/if (Ast).

Osc/d qfm pdnu,

Päm in dar anm,

In ddr aum sc/itcat a plDipdiii,

Ar trüyjt Idp.

.9. Af dan osc/do

Schteat a hündrscheans nasch tle (Nest). Naschtle afm oscldd, Oscht afm pänid ii. s. w.

4. In dan naschtle

Schteat a hündrscheans oi (Ei). Oi in dan naschtle u. s. w.

5. In dan qjd

Schteat a hündrscheans tvegale (Vögelchen). Wegdle in dan oJ9 u. s. w.

0. In dan wegdle

Schteat a hündrscheans harz.

Harz in dan wegdle

Wegdle in dan ojd,

Oi in dan naschtle,

Naschtle afm oschtd,

Oscld afm pdmd,

Päm in dsr aum.

In ddr aum scldcat a pirnpäm,

Ar trüge t Idp.

Klun in den „Deutschen Mundarten", 4, 394.

130. Vom Dieuen.

1. Dos earschtd judr gddidndt, A henle (Henne) wrdidndt: Dos henle tvidrat (fülirt) hidnlain (Hühnchen).

Hirn u. Wa f. k ei-n eil . Quellen n. Forscliniigen. 111. 24

370

2. Dos zhoit.) ji(.>r (j.tdim.d, A razJc (Ente) wräimot: Dos rdzlc scliteat af proilm fazlairi (Fuß). Dos liniJc ivi.ir.if In.rxla'ni.

.->. Dos drii) ju.)r (/,/dbihtf,

A 2)urle (Truthahn) wrdmidt :

Dos parle shügd: longai oarn (Ohren).

4. Dos ivlrtj jujr (jadliiut, A lample wrdvmjt:

Dos lample sJiüg,>t : sehlr (schere) nitrJi .'

5. Goisle (Geiß) pliska. plasha!

6. Walle (Ferkel) pik mi!

7. Kidle (Kühlein) milch mil

8. RescJile rait ml!

9. Maudle lijh' ml!

10. Dos senta ju,)r gadmi^t,

A pidble wrdidndt:

Dos pidhle slmgot: hidg (wiege) mi !

Dos mandle sJiügjt: li)h' mi!

Dos resc/de shügot: rait' mi!

Dos kijle slmgdt : milch mi ! n. s. w.

Dos hevle ivi,)r,)t lii.mlam.

Schröer, 231 f.

Eine zweite Fassung- von Perz hat als erste Stro])lie: / hon gddianst dos earschta Jusr, \ J hon irrdiQnst a heule gudr. | '>S heide u. s. w. als zweite Stroplie : / dian viain hearn dos zboitd ju9r, | J hon wrdianat n lidnle (Hälmclien) gu3r. \ 'S hdnle shügat: hopa, hnpa. Die Woi-tstellung bleibt nun in den folgenden Strophen dieselbe. Die Thiere oder die Rufe sind in zum Theil anders als oben. 7. 'S Male shügat: tuca, tuen. 8. \S ekschle slifigat: muca, niuca. 10. Da tbrhtr shügaf : nieara, vieacn. 5, 3 lautet: 'S goisle hol a krnmjjas hearndle (Hörnchen).

371

VM. Do geseilte (Bewirtung).

1. Ulnar 'sclii /,<hii (herangekommen ist) il)r niunfok (Montag), Hofs haip hl man ati d) (jf'scht.) fpjwhrt (geladen).

A hidrle (AVidden hot shi (ppnotn (gebraten),

/;/ (L) Iwmr (Kammer) isdit shi gMfjn.

'S hldrle hot s/ii shauhm (selbst) giids (gegessen),

T)rj Jioarn (Homer) hot shi in mond (dem Manne) gaschpudrt

„Is, is, is, (hl Ihhr niahi mov, (gespart);

Wön damon (dem) hrscht du noch woist (feist) sJiain!"

„Och göt, dar hois (weiß),

Wön damo)i hrt i »iiiir ivoist.''

2. TJmar 'seht kam ddr ertok (Dienstag), Hofs haix) in mon an ds geschto gdwiort. Ä pürlc (Truthahn) liot shi goköcJot,

In dd komr ischt shi gdlöfdn.

'S pürle hot shi shaubm gu9S,

In shnubl (Schnabel) hot shi in monj gdschpudrt:

Is, is, is, du Jishr main mon u. s. w.

S. Umar 'seid kam ddr niitöch,

Hofs haip in mon an dd geschtd gdwidrt.

A razle (Ente) hot shi gdköchdt.

In dd komr ischt sJti gdlöfdn.

'S razle hot sJti shauhm guds,

'S prade (Pfote) hot shi in mond gdschpudrt:

„Is, is, is u. s. w.

4. Pßnstok (Donnerstag) prätle (Braten) prudtscJipis

(Bratspieß).

5. Wraitok pohoHzn (Strudel) rintlain (Rinde).

C). Shonstok {Savastsig) - knelain (Knödel) - shüpm (Suppe).

7. Umar 'seht kam ddr shüntok,

Hofs haip in mon an kirtok gdividrt. „Schdgdt (schauet), schdgdt, laitd,

Lai dos 'seht a mon, a haihdseh hart (eines Weibes wert) .*

24*

372

Ä pattch, hi.) (( prachl (Brechel),

Wijsd (Füße), hb hoschplschtapß.) (Haspel-Staffeln),

Negh (Finger), hu rachnzend,) (liechenzähne),

Heut), hl) ruclinpatiklain (Rechenbäuke),

A köpf, hi.) a shhd'mschof (SehweinscliafF).

; Lai dos 'sr/if <i moii d haih.isrh hart! ;,

Perz in Lichteubacli.

13:^. Sehnsucht nach dem Liebchen.

Gespräch zweier Personen.

A. ,,Hoi Hanshe." B. „Hol." A. „Main GreaÜain d //,>- sliäclm (nicht gesehen) ?''^ B, „Jo.'' A. „Beno (wann)?'' B. „In mantofpn (Montag)." Nun Gesang:

Ei^

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Ben lai pMr

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H— » Hg

man - tolc , hur, man - toi- hur,

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X-X

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As

i pai moin

Mo - ge

i(i hat

Darauf folgt Gespräch wie oben mit dem Schluss: in ertoffon (Dienstag) und Gesang: Ben lai pO'f'd)- (wenn nur bald) nunüok, ertok hdr (war), As i pai maiudr Mogcto (Mar- garethe) geto hdr!

Und so fort Gespräch und Gesang durch alle "Wochen- tage; zum Schluss:

Ben lai po^dr mantok, ertok, mitöcli, pßnstok, ivraitok, sJionstok, slmntok hdr, As i pai niaindr Mogeto hdr, geto hdr!

Perz in Kummerdort".

133. W6m pisatn (bunten) scheflain (Schifflein).

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pg^j=g^g|=

- 0-

& #-«

Dort - har slihi - mal

pi - sats schef - le, Bid

:3=?=

i=*:

i3ii=üi

biil, dii eil - hr roa - ir

böl.

373

/. Dnrlhar i von dorther) s/ihlnut a pimfs .silicßc Böl, hol, (h'i cdl,)r, ro(ifi\ hol. In (lau schcßahi inr/it ol.trlqj.) huarn, Böl u. s. \v.

ObrJoJ.t /:oant, roatr hoizj. Böl u. s. w.

Boatr hol.:j <jait (gibt) hoack) loih.i (Laibe), B<)1 u. s. w.

Hoaclij loihj yähjnt roatj hiacldj. Böl, böl, du edbr, roatr, hol.

2. In diui scheflain ischf ohrlojj loarn, Böl u. s. w.

Obrlojj Jcoarn, haisr hirsh,) (weiJier Hirsche).

Böl u. s. w.

Baisr liirshd galt hoachd loihj,

Böl u. s. w.

Hoachd loibd gäbant roatd hiachtd.

Böl, hol, du edbr, roatr, hol.

3. Platdlatai pird (flacher Spelz).

4. Draiecatai hoidj (dreieckiger Buchweizen).

5. Schpizr hühr (spitzer Hafer).

6. In dan scheflain ischt obrlojj koarn, Böl u. s. w.

Obrlojcf koarn, plolcJiai röcj (bleicher Roggen).

Böl u. s. w.

Ploic/iai röC9 galt hoachd loibd,

Böl u. s. w.

Hoachd loibd gäbduf roatd hiachtd,

Böl u. 8. w.

Roatd hiachtd gähdnt pdoichd didrnd.

Böl, hol, du edbr, roatr, du.

P e r z in Lichtenbach.

374

i;U. Neckliod auf di« Heifiiitzer.

1 Scheandr JSIatl (Matthias) llaiwiiizar,

Sc/ieanai pütschdain (Fässchen) moch.it ar, ScJieanai krägolabi (Stöpsel) (h-a/üsc/i.)/t ar, Scheanai csJukün (Esel) shotjlt (sattelt) ar, 5 Schcanai Miua'm (Minna) lühd ar.

(Diese Strophe wird öfter wiederholt mit Veränderung des weiblichen Namens.)

A. H. in der Stadt Gottschee.

135. Tiinkliodle.

a 7 insch ga - lua - dn in hi - ml ain za <jean, Mit

wrai-ihn, mit wrai-ihn in hi - ml ain za gean, Mit lorai - dan, mit wrai-dan in Jii - ml ain za gean.

2. In html bahr löbm (werden wir loben) got /ciufr ihit

(föt s/uhi, Göt tVHjfr, göt sJiiui, göf dan IiuIJUjjh gaisclit, Göt ivtidtr, got shthi, göt dan /lailigjn gaisrhf.

8. D,)r Mail schenkot 's Hanshain udn,

Shai trinlcdnt dan Ujhm gjslnint (Gesundheit). Shai trinhmt, shai trinkjnt Maria im nütn, Shai trinhont, sJiai trinhmt Maria im mhn.

Die dritte Strophe wird mit Veränderung der Tauf- namen auf jeden in der Gesellschaft gesungen. „Hanshc schenhd 's Andrlain imi" u. s. w. Während des „shai trinkjnt" muss der Angesungene sein Glas leeren.

Tschinkel in Lichtenbach.

Die Schluss-Strophc liat Toniitscli in Mosel in einer andern Fassung niedergeschrieben :

376

■lidA'' gi/tt'u/,jl8 Miit.tlniii iMuttliiiiiS) iidH Af sludii dai li,tbj t/js/diiifhidt. Tri)d,<ff, nur trinkA in im jioidn iiüui.

VM\. Der RebeiiSiift.

J)i'( scheandr ift'i.itr rahtttshoff, Bij gaiscid (gibst) du miij)iicli.jiii yiutai kroß.' Puhsc/d (wirfst) du mi nidr, Sita scJdean i hidr auf,

Begu dainr drzirn i mi laihr et (gleichwohl nicht)/

Schröer, 221 f.

Eine zweite Fassung von Toniitscli in Mosel hat türV. 2: iiiiunuhaDi ] m'ur. V. 3: pöbscht ] wehscht (fällst) für V. 5: laihr et ] niinrmear.

137. Wein und Wasser.

Der Weiu sagt zum Wasser: „Ich bin so fein!" Sie stritten immer mitsammen. Das Wasser sagt: „Ich bin noch mehr fein, Mich braucht man zu allen Sachen: Zum Kochen, zum Waschen, zu allerhand Sachen." Der Wein, der sprach: „Ich bin noch mehr fein, Denn mich trägt man in die Kirchen hinein." Das Wasser sprach: „Ich bin noch mehr fein, Denn war' ich nicht zu dir geronnen, So wärst du ja längst verdorret." Der Wein, der sprach : „Du hast recht, Das Wasser ist der Meister, der Wein ist der Knecht!"

Elze, 35.

To mit seh in Mosel hat den Schluss in der Mimdart aufge- zeichnet :

„Bärait (wäre) i et za diar garün,

Bäraischt du ivrjyrün.^^

Dar bain shügat: ,,Dii hascht rächt,

Du pischt dar hear, i piu dar hiacht."

376 138. Die faule Oretel.

\-\Pp- 4- 1 \ » |— # # *— t » ^ i»^-i

1. Wer ei - ne fau - le Clre-tel hat, Der kann nicht lu-stig

sein. Sie schla-fet al - le Mor - gen, Mor - gen, Bis

dass die Son - ne scheint, Bis dass die Son - ne scheint.

2. Der Vater aus dem Walde kam. Die Gretel, die schläft noch. „So schlaf zum Tausend Teixel, Teixel, Unser Hirt ist schon im AVald, üns're Kuh ist noch im Stall!"

3. Die Gretel aus dem Bette sprang, Den Rock in ihrer Hand. Sie geht das Kühlein melken, melken Mit der ungewasch'nen Hand. Ei, das ist 'ne rechte Schand !

4. Als sie die Kuh gemolken hat, Da gießt sie "Wasser zu; Dann geht sie hin zum Vater, Vater: „So viel Milch gibt unsre Kuh." Ei, das macht die lange Ruli.

5. Sie nimmt den Stock in ihre Hand Und treibt das Kühlein nach. Sie tliut das Kühlein treiben, j: Treiben in'n grünen Wald :!

6. „Guten Morgen, lieber Hirte mein. Was hab' ich dir Leid's gethan, Dass ich muss alle Morgen !: Treiben mein Kühlein nachV" :|

377

7. „Gibst tili mir alle Buttermilch, "Was and're Mädchen thun,

So will ich alle Morgen Blasen vor deiner Thür: Faule Gretel komm herfür!"

8. „Ich geb dir alle Buttermilch, Die saure auch dazu,

Dass du wirst alle Morgen

Blasen vor meiner Thür:

Schön Gretel komm herfür!"

Elze, 35f.

Bei Elze fehlt 2, 3 ; 3, 5, die ganze Strophe 4. In 7, 4 und 8, 4 steht „Pfeifen" für „Blasen". Diese Zusätze und Änderungen habe ich eingefügt nach einer im übrigen gleichlautenden Aufzeichnung von Julius Schmidt. Eine dritte Fassung von Perz weicht nur in einigen Wöriern ab und stimmt wörtlich überein mit Mittler, Nr. 1027.

139. Wecklieder. 1. Bic) scJieanj hrändnt (krähenj (h lihndr (Hübner), Bii) schcauj sIii)/(/c)nt sliai. „Jakl (Jakob) heh dain Mine!" Mine här scliön auf. „Beh dar ondr d dai shainj."

Schröer, 411 (aus Mitterdorf).

2. Böl auf, hol auf yjlidchtr toh! O'/'y da glecdlain laitant scliean, Ünt Moschnar didrndlain sldüfmt noch O'to scliean. Schröer, 447 (aus Tschermoschnitz).

140. Fulirmaimsliedcheii.

Tschlhi, tscJilhi, main praüne (Braun), Jiöda hö, Noch haint hrscht du ahoinid (daheim) shain,

378

Nach liatiil hrsc/if (In ((huhu.) slia'ui, (l(i/(('), P((i iiKiui dar Ji'ni(/)t Lrulnciriii, Tcnila, icrala, tcraJa, teh), T()(hn(J((, tcrala, tcraJa, tahö!

Tom it. seil in Mosel.

141. Drei Mädchen.

1.

Es blühon drei Ruseii im Garten,

Tri lepe rozice (Drei schöne Röschen)

Es sind ja keine Rosen,

So lepe deklice. (Es sind schöne Mädchen)

2. Die eine heiJJt Marianka, Ta druga Micinka. (Die zweite Mariechen) Die dritte hat keinen Namen, Je moja Ijubica. (Sie ist mein Liebchen)

A. H. in ßieg.

Kiuderlieder. 143.

Han- she, henc/ dain li'mt-le uan, An as mi et j>«t - s;t /iWi ; j

^ ^ » r T i~n "~i ~N ^ 1 "

^

Pai-s3Vs mi, Kloy i di, \ l^aü-shnt tua - la - rs K6scht-3ts di.

143.

-4 *>-P-j-H-* P— JH— j^-j^-j^-^H-* 0—0—0—

Glo - li - an, Glo - ri - an, Sie-ben Jali-re alt ge-we-sen.

i=:i:

i=5iäiEfli:^^&"i3^Pji^l

Sie-ben Jah-re Dunmüieit. Glori-an, 1 ülorian. 1 Mi-ne kehr di um.

879

144.

--N

:iN.

E3g-fJz::==^_z:i=:^z:^t:^=:^_-H=::^:t^^

F((y-^ -'• g-H-* * j-i— * *— * *^- *— ^ j—

Blaa-er, blau-er Fingerhut, Steht der Jungfrau gar so gut.

iii=i=5=i^^^?^^t=3=5=:

Jung-frau die muss tan-zen, ,Auf dem grü-nen Kau-zen.

::äz.

P^^ # m '0- * - '—• ^'~~J^'' ■— * * * t d * *— 1

Scliäf-lein, Schäf-lein | Nie-drig zu dei-nen - ßen, Ge-stern

s- ^^ -<^— f ^ s- s-T ^^ ' T N ^

.0 iTN 9— j—9 0 0 j 0 z[^ 0 :p^:ii 0 0

hast du Zeit 2:6 - habt Ei - ne Eos' zu küs - sen. Küs-se

-0—

-0—

:i!v

\^~t

wen du willst, j Küs - se wen du

willst!

Wo.

t^iäm^i^^^^i^^^^^^

Grü-nes Gras Frisst der Has' Un-ter mei-nen Fü-ßen,

Fy *— ^ ?^# T— * ä J—i—t^ ä * ^\—0 y—

Wel-che da die Schön-ste ist, Die - se werd' ich küs-sen.

-0-

::—:i=z=.:hi

WM

Küs-se wen du willst, j Küs - se wen du willst!

146.

Pica, paca, hamrle, D,)r milar geat in's hamrle. Hot a haisds hiotle auf, Wirüntshonzih scJiteant hol drauf.

So in Lichtenbach. In Mosel lautet die vierte Zeile : i'^ä a gälai wedr (gelbe Feder) draiif oder Sheksclnhitdraisik ivSgelain (^Vögelein) drauf.

380 147.

F^- -2- - ^ hj s— H^i I '- ^- 1^ K— -Nr— =+5^; 1— ^ 'A

f-Är -r P 1^ p --4 i -K nH '^ »^ 1^ ä--\ ' S K— 1

hW~^ * *— * '~i—* ^- j^H— * *— * 'H— r #~^

u-ga, rin-ga, Ro-sen, Die Bu- ben lia- ben Ho - sen Die

Mäd-cheii ha - beii Rö-cke Und fal-leii in die Dre-cke.

U8.

Ra(/n (Regen), ragii, trupfn, I)j (li,)ni.) hrnt (Irhlüpfn (erschrecken). I).) pi'i.ihni J'Kjitt in wedrpctn (Federbetten). B) di,)nid Jlgnt in shaudrehi.

149.

Poch a Zantic, poch a zuntJc (back ein Brotlaib),

Huz in dum (Ofen). (Man sj)richt diese Worte und spielt mit dem Kopf des Kindes, als wäre er ein Brotlaib, den man in den Ofen schieben will.)

150. 151.

Mine, Z'mc, Schpinar, Schxnnar, pmiarle,

Moch auf dain Urh. Sit ihm Jiur a wddnlc (Faden).

Bujs ischt atin,) (drinnen).^ TjO)ih,

Laütr hoizain koani. Bi) a ponk;

Gcschtr moarn (früh) Bik,

Hon i's ai'isar tvrloarn. Bio a schtrik :

Haiti) moarn Hoach, hid a hansch ;

Honi\shidrwi'(n{geiu.nden), Nidr, hij a niaüsch. Bi'yrt pai pnchl prün (Hügel- brunnen).

381

152.

Hinga, rin</a, rata,

Shain hidr inshr draia,

Shizn biiir af höldrpäm,

Scltägn huds (schauen was) di frff/Jaiit ti'i.mt.

WCylain tüdnt schca}i sJihupn,

Kirnt a jayr mit ehr pikfich,

Schidfit irisch oid nidr.

153.

Hansch, pansclt, pfershaichkrar)} (^Pfirsichkern), Asn, trinkrr tüot ar gearn, Shain dai lidh.r Iiot ar gearn.

154.

ShnaCrr, aüsar (Sohnecke heraus), shvard ! HaisJde print iib. Shnacd, shnacd, püs, Gib didr a naids haishle.

155.

N(d)l uüaicli (Nebel flieh)/ Wudtr vnt müdtr geant di.rr nocli Mit pikschn (Büchse) vnt saht.

156.

157.

1,

2,

Polizei,

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7,

3,

4,

Komm zu mir,

Hast du mir ein'n Brief ge-

5,

6,

Alte Hex,

schrieben?

7,

8,

Gute Nacht,

Wo denn hin?

9,

10,

Schlafen gehen,

Nach Berlin,

1,

12,

Junge Wolf.

Wo die schönsten Mädchen blüh'n.

382

158.

Leni, Leni, Tintenfass,

Geh in die Schul' und lerne was ;

Komm zu Haus und sag' mir was.

Was du heut' gelernet hast.

Eins, zwei, drei,

Du bist frei !

159.

Ente, Tante, Tintenfass,

Geh in die Schuf und lerne was

A, e, i, o, u,

Der größte Esel bist du!

Eins, zwei, drei.

Du bist frei !

160.

Engati, Bengati, Hopsa di go. Hopsa di gia, gia go. Eins, zwei, drei. Du bist frei !

161.

Engele, Bengele, lass mich leben, Will dir einen schönen Vogel geben. Vogel, Vogel, gibt mir Stroh, Stroh, Stroh frisst die Kuh, Kuh, Kuh gibt mir Milch, Milch, Milch frisst die Katz, Katz, Katz fangt die Maus, Maus, Maus, du bist aus !

383

162.

Adl, madl, Tomaisadl, Bitz, butz, ausgestutzt, bist du. Eins, zwei, drei, Du bist frei !

1(>3.

Hokus, pokus, Römisch, böhmisch, Holz, Knopf, Schauz, bauz Eins, zwei, drei, Du bist frei !

164.

Enze, tenze, tiche, tache, Na, a, pearle, puff.

165.

Earle, pearle,

Pumpa dis,

Iss den guten Thaler, iss.

Anton,

Pakaron,

Ich und du

In den Schwamm.

166.

Eke, Peke,

Zuckermehl,

Aber, Faber,

Domine.

Eins, zwei, drei,

Du bist frei !

384

167.

Lidbai sJn'cn,) scliaiti,

Af mitr prücn (Brücke) aclitcKf

a mäsle haiv (AVeiii), tlni a f/röscJni prodt : Bai» thif proat, Koi)iai }ioat.

168.

Engole, hengole Milk af di, BaisdS proai, InsJir fioat , Fini, fani, Tusch!

Die Kindei'lieder sind in Gottschee, Lichtenbach, Mitterdort, Mosel und Nesselthal vonPerz, Benno Seemann, Toniitsch und Tschinkel aufgezeichnet worden.

ERLÄUTERUNGEN und ANMERKUNGEN

ZU DEN

EINZELNEN LIEBERN.

NEBST GELEGENTLICHEN UNTERSUCHUNGEN ZUE STOFFGESCHICHTE.

irii \i. Wac körn f 11, (Jnclli'ii u. Forsflinngeii. III. 26

I.

Geistliche Lieder und Legenden.

1. Vom zerrissenen Stall.

(Vgl. oben S. 68f.)

2. Jesus lind Marin.

l^ieses Lied erzählt ein Ereignis aus dem Leben Jesu, und zwar im Widerspruch zu dem biblischen Berichte. Den Evangelien zufolge Marcu.s, 14, 26 und die andern) geht .Jesus nach der Einsetzung des heiligen Abendmahles geradenwegs axii den Ölberg, wo er gefangen wird. Der Volkssänger denkt sich nun, in diesem entscheidungsvollen AugenbUck werde Jesus nochmals zu Maria gehen, um von ihr Ab- schied zu nehmen. Und so berichtet denn unser Lied, wie Jesus spät am Abend heim kommt. Maria empfängt ihn iind fragt besorgt, wo er so lange geblieben sei. .,Ich war mit meinen zwölf Jüngern bei- sammen und habe das heilige Abendmahl eingesetzt." „Warum bist du so tram'ig?" „Wie soll ich nicht traurig sein, wenn ich den Kelch austrinken werde in der Nacht zum Freitag." V. 6 f. (Mit der linken Hand ötthet sie ihm, mit der Rechten empfängt sie ihn schönj linden wir auch in slowenischen Liedern, vgl. A. G-rün, 94; Stanko V"raz, 13.

Nr. 21^ f. weicht nur in Einzelheiten ab. Der Schluss, der nicht vollständig überliefert ist, weist deutlicher auf die Schrecken des (Jharfreitages hin. V. 16 nimmt Bezug auf den Brauch der katholisclien Ivirche. vom Gründonnerstag bis zum Charsamstag das Läuten der Glocken einzustellen.

3. Maria unter dem Kreuze.

Eine poesievolle Erfindung von der Einsetzung der heiligen Messe. Maria hat durch einen Brief den bevorstehenden Tod ihres Sohnes erfahren. Sie zieht nach Jerusalem auf den Eichtplatz, wo Christus am Kreuze hangt. Christus verweist seiner Mutter die Thränen, durch die sie seine Martern vergrößere. Dann lässt er ein

25*

388

Milch- und ein Blutströpflein fallen, Maria möge beides im Felde säen: aus jenem werde eme Weizenähre, aus diesem eine Weinrebe erblühen. Nun kann keine Messe gelesen werden, ohne dass Weizen- brot, Wein und Waehskei-zen dabei sind.

An den Schluss sind die Wachi^kerzen ganz unvennittelt hinzu- getreten. In 3% wo Jesus selbst die Tropfen auf das Feld fallen lässt, werden sie nicht erwähnt. Ich finde sie aber in einem südslawi- schen Märchen (Krauß, 2, Nr. 157, ebenso slowenisch bei Krek, 32 f.), das von der Entstehung der Biene handelt. Christus sagt da: „Sie A\drd allezeit Wachs bereiten, ohne den wird man keine heilige Messe lesen können." Vielleicht stammt der Zusatz aus dieser Quelle.

Christus verglich sich selbst dem Weizenkorn und dem Wein- stock (Ev. Johannis, 12, 24 und 15, 1) luid dieser Vergleich kehrt in volksthümlichen Dichtvmgen öfter wieder (Mannhardt, Baum- cultus, 230; Erk, Nr. 2028 f.). Ein tschechisches Lied (Wald au. 2, 229) erzählt, Maria habe Christi Blut in emem Garten versprengt, aus jedem Tropfen erwuchs ein Weinstock: und wer von diesem Weine trinkt, wird selig werden. Nach einem slowenischen Liede (Scheinigg, Nr. 105) fiel ein Blutstropfen Christi auf ein Weizenfeld, einer in einen Weingarten, einer auf die gläubige Menschenseele. Ein deutsch- böhmisches Lied (Hruschka vnid Toischer, 1, Nr. 98 ^^ und die Anmerkungen, 504) berichtet Ahnliches von der heihgen Katharina: wo ihr Blut hinfloss, da wuchsen Wein und Weizen. Daselbst auch der gleiche Schluss, vne in Nr. : ,,Und wann der AVein und der Weizen nicht war. So war keine Messe auf der Welt nimmermehr." Diese Schlusswendung steht nur in der deutsch - böhmischen Fassung des weitverbreiteten Katharinenliedes und ist wahrscheinlich von einem Marienliede übernommen worden. (Über den Anfang von Nr. 3 vgl. die Anmerkungen zu Nr. 4.)

4. M.aria und Johannes.

Maria fragt den Jünger Johannes, der zum Fenster heraus- schaut, ob er nicht iliren Sohn gesehen habe. Johannes bejaht es: „Die Juden haben Jesum auf dem Olberg gefangen, gegeißelt, mit Dornen gekrönt, so dass sein rosenfarbes Blut herabrann. Kein Mensch möchte es glauben, wie groß seine Wunden sind."

Dieses Zwiegespräch zwischen Maria und Johannes, sowie Maria Wanderung zum Kreuze imd ihr Gespräch mit Jesus (der An- fang von Nr. 3), sind Bestandtheile der vielen Marien klagen, die wir in Deutschland seit dem 12. Jahrhundert als selbständige Dichtungen, später als Einlagen in Passionsspielen finden (vgl. C reize nach, Geschichte des neueren Dramas, 241 f.). Dieser Stofi" ist seinem Ursprünge nach volksthümlich und noch heute ein überaus

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verbreitetes Volkslied. Den gleichen Inhalt wie Nr. 4, auch mit deni- selheii Eingang: .,Dort im Tliale geht der Morgenstei'n auf. darunter .sitzt Maria" und mit demselben Schlu.ss: „Wer dies Lied einmal im Tage sing-t. wird sich den Himmel erwerben" haben ein steirisches, ein fränkisches und em schwäbisches Lied (Schlossar, Nr. 4; Dit- furth, 1. 52; Meier, Nr. 200 u. a. vgl. Erk, Nr. 2062). Im Anschlüsse an die bekannte Stelle im Evangelium Johannis, 19, 26 f. lässt das Volkslied (sowie die Marienklagen) Maria die Fragen nach Jesus meist an Johannes stellen. Doch tritt häufig auch Petrus dafür ein (Ditfurth, 1, 51; Erk, Nr. 2058f. und 2061, Carinthia L, 81, 26; Hruschka und Toischer, 1, Nr. 29, wo auch Christi „rosenfarbiges Blut" erwähnt wird) ; oder es ist der Name des angespi'ochenen Jüngers gar nicht genannt („ein hübscher junger Mann" u. a., vgl. Mittler, Nr. 440 f.; Simrock. Nr. 72; Böckel, Nr. 122; Tobler, 2, 155: Erk, Nr. 2060 u. a.). Das inhalthch verwandte und mit der gleichen Schlusswendung versehene Volkslied „Jesus im Garten" (Böhme, Nr. 542) stammt wahrscheinlich schon aus dem 15. Jahr- hundert. Auch bei den Dänen und Esthen gibt es ein ähnliches Volks- lied (Grundtvig. gamle danske folkevisei', 2, 526 ixnd Neuss, Volks- lieder der Esthen, Nr. 33.)

5. Maria im Rosengarteu.

Maria ist im Rosengarten, sie flicht Ki-änze, um sie auf das heilige Kreuz zu hängen. Dieses Motiv: Maria im Eosengarten, d. h. im Himmel (vgl. darüber oben S. 152), ist sehr volksthümlich (z. B, Hruschka und. Toischer, 1, Nr. 19). Der Schluss von Nr. 5a,die Bitte au Maria, sie möge zur Seligkeit verhelfen, sowie der Kehr- reim „Maria, o Königin" sind in volksthümlichen Marienliedern über- aus häufig {z. B. Ditfurth, 1, 26 f. ; Erk, Nr. 2055). Nr. 5a weicht im Wortlaut zum Theil von 5 ab. Zur ersten Strophe vgl. oben S. 150 f.

6. Die Vöglein im Rosengarten.

Hier wird das vorhergehende Lied Nr. 5 den Voglern in den Mund gelegt und

7. Lied beim Hirsejäten,

das bei dieser Feldarbeit gesungen wird, überträgt die in Nr. 5 er- wähnten Handlungen des Kränzewindens u. s. w. auf die Wachtel. Der Eingang dieses Liedes mit der frommen Ausdeutung des Wachtel- schlages „Die Wachtel schlägt heuer in unserem Feld : Gott geh uns heuer ein gutes Jahr", findet sich ähnlich in einem weitver- breiteten Volksliede vom „WachtelscliJag" :

390

Hör" tlie Wachtel im Getreide dort schlagen:

„Walte Gott, walte Gott!"

Thut uns ganz fröhlich den Kriililiug ansagen:

„Danke Gott, danke Gott!" (Des Knaben Wunderhorn, 1, 230 und 282: ebenso Mittler. Nr. 605 f.; Kretschmar 1. Nr. 134; Schi ossär, Nr. 324: vgl. aiicli S im rock, Nr. 370).

5>. l*ilg:ei'liüder.

Vier Lieder, die noch lieute bei Wallfahrten gesmigen werden. Sie haben wieder den Inhalt von Nr. 5 und 5», mit Übertragung der Handlung auf die singenden Pilger selbst. V. 2 f. „Am Gotteswege ziehen A^dr. Und Gottes Gnade suchen wir" erinnei-t an den Anfang des weitverbreiteten, aus dem 12. Jahrlumdei-t stammenden Pilger- liedes (Erk, Nr. 201.>i: ,,In gottes namen varn wir. Siner genädeu gern vnv.'"

10. Marias ToA.

Maria sieht vom Giebelfenster aus einen Nebel heranwallen. Es ist nicht ein Nebel, es ist ein Engel. Dieser verkündet ihr den baldigen Tod. Maria ist gerne Ijereit zu sterben, nur den bösen Feind will sie nicht sehen. Der Engel versichert, dass sie in den Himmel eingehen werde, dessen Freuden unliesidireiblieh seien, Tber den Schluss vgl. ol)en S. 173 f.

11. 3Inria vor dem Himinelsthore.

Maria zieht unter (^lockengeläute mit einer armen Seele übers Meer zum Himmelsthore. Petrus öffnet der Klopfenden, will aber nur Maria einlassen. Die Mutter Gottes weigert sich, ohne die Sünderin in den Himmel zu ziehen, weil diese jeden Samstag ihr zu Ehren ein Licht gebrannt, ein Lied gesungen und einen Rosenkranz gebetet hat. Den gleichen Inhalt." auch mit dem Eingang ..Maria wollte wandern", zeigen ein fränkisches und ein schlesisches läed iDitfurth. 1, 52: Peter, 1,352); doch hat hier die Seele nur „ein Lichtlein gebrannt". In anderen Fassungen wurde diese That vergessen vnid Maria rettet die Sünderin eigentHch ohne ersichtlichen Grund. So in deutschen und tschechischen Liedern Böhmens und Mährens iHruschka und Toischer. 1, Nr.SOa u. 30'', Waldau. 2. Nr. 'JO: Erben, Pisne narodni v Cechäch, 504, 59; Susil, Moravske nnrodm' pisiie. Nr. 22V Da der sprin- gende Punkt vergessen war, wurde in einer anderen Gruppe von Liedern ein neues Motiv eingefügt: Petrus verweigert der Seele den Kintritt, weil sie alle Samstag Abend ein Tänzchen mitgemacht hatte. Maria verzeiht ihr diese Sünde und führt sie in den Himmel (vgl.

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De« Kuabeii W'mulcihoni, 1,356; Siuirock, Nr. 69 u. a.). Das Motiv: „Als Maria in der Mitte des Meeres war. liengeii alle Glocken zu läuten an" findet sieh auch bei Hruschka uud Toischer, 1, Nr. 3013; der Schluss mit dem Lobe der Dreifaltigkeit auch bei Mittler, Nr. 444 und 449 uud bei Tobler, 2, 156 f. Die Anschauung, da.ss Maria Sündern den Himmel verschafft, wenn diese ihre Sünden be- reut inid ihr eine besondere Verehrung erwiesen haben , wurde schon in deutschen Dichtungen des Mittelalters wiederholt ver- wertet (vgl. Pfeiffer. Marien-Legenden. Nr. VI, IX und X).

12. Der kleine Maurer.

Maria bewundert die x4.rbeit eines Maurers. Dieser wird zornig (erhältw^ohl den Beifall für Spott'?) und schlägt Maria auf den Kopf, dass sie blutet. Da kommen zwei Engel und taugen ihr rosenfarbes Blut in goldenen Kelchen auf. Der Maurer erkennt nun Maria und bittet sie um Verzeihung. Sie will's ihm verzeihen, aber nicht ver- gessen (vgl. darüber oben S. 136). Im Widerspruch zu dieser Äußerung fügt sie hinzu: „Geh nach Eom zum Papst beichten, die schwere Sünde wird dir nicht verziehen werden." Dieser Schluss muss später hinzugefügt worden sein.

13. Maria und der Müller.

Maria bittet einen Müller, er möge sie über das Meer fahren, und verspricht ihm dafür viel gutes Glück. Er aber verweigert die Bitte : Glück habe er schon genug. Da macht sie das Kreuzzeichen über das Meer, und die Wogen theüen sich vor ihr und schließen sich hinter ihr. Als sie in die Mitte des Meeres kommt, ruft ihi' der Müller nach: sein Haus brenne, sie möge umkehren, er sei bereit sie über- zuführen. Maria erwidert: „Du hast ja selbst viel gutes Glück." Ahnlich dieser Legende sind die verschiedenen Fassungen des Liedes : „Maria und der Schüfmann" (^Simrock, Nr. 70 f.; Erk, Nr. 2065). Der Schiffmann will sie nur überführen, wenn sie bereit wäre, seine Geliebte zu werden. Da zieht Maria zu Fuß durchs Meer. Dem Schiffmann springt das Herz entzwei. Ein Zwischenglied zwischen der deut- schen uud der Gottscheer Legende bildet ein slowenisches Volkslied aus Kärnten: Mornar (Scheinigg, Nr. 97; Janezic, Nr. 58). Der Schiffmann will Maria nicht mn Gottes Lohn, sondern nur um harte Thaler überführen. Maria theilt das Meer und zieht trockenen Fußes hin ; das Haus des Fischers aber fängt Feuer. Da schreit er ihr nach, dass er iliren Auftrag erfüllen wolle, sie möge sich seiner oder doch seines Kindes im Hause erbarmen. Da erbarmt sich Maria des schlum- mernden Kindes und löscht das Feuer. Im Gottscheer Lied ist der Müller vielleicht später erst aus Verwechslung von milar und merar

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(Schiffer) eiiigeti-eten oder absichtlich gewählt, wc-il das Volkslied gerne frevelhafte Handlungen auf Müller (vgl. unten zu Nr. 68) überträgt. Die oben erwähnten deutschen liegenden berichten überein- stinnnend: „Und als Maria in die Mitte dos Meeres kam, da tiengen die Glocken zu läuten an." Diese Wendung fehlt hier in Nr. 13, steht al)er oben in Nr. 11.

14. Marin und die verkrüppelten Kinder.

Maria herbergt in einem arniseligen Hause. Hier sind zwölf blmde, zwölf lahme inid zwölf luimenschlich hässliche Kinder. Nach- dem man ihr Milch und Wasser gereicht hat, besprengt sie die Stube und alle Kinder werden heil. Entfernte Ähnlichkeit zeigt eine tschechische Legende (^Waldau, 1, Nr. 229). Das Motiv im allgemeinen, dass Gott, Maria oder die Heiligen auf Erden wandern und den Kindern, Armen und Bescheidenen Gutes erweisen, ist ja in allen Volks-Literaturen mannig-fach verbreitet. Man denke nur an die uralte Sage von Philemon und Baucis (Ovid, Metamorphosen, 8, 6l7j und an das Märchen „Der Arme und der Reiche" (Grimm. Nr. 87 imd die Anmerkungen hiezu mit zahlreichen Parallelem.

15. Die Gesellen.

Junge Leute laden die vorüberziehende Maria zu ihrem Tanze unter der Linde ein. Sie erwidert: „Wenn Ihr mich kanntet, dann fielt Ihr auf die Knie, um zu beten." Da erkennt sie der Jüngste, sie fallen nieder, um ihre A'^erzeihung zu erflehen. Maria will es ihnen vergeben, doch nimmer vergessen (vgl. S. 136 und S. 121\

16. Maria und der sterbende 01>erst. 16a. Der Sclineeberger.

In Nr. 16 erblickt ein sterbender Husarenoberst zu seinen Füßen einen Grünrock, den Teufel, zur linken Seile seines Sterbebettes zwei graue Wölfe. Sie warten auf seine Seele. Da inift er aus: „V'erzehr' meinen Leib, wer immer will, vei'lasse Gott nur meine Seele nicht." Darauf erblickt er zur rechten Seite zwei weiße Engel, zu Häupten Maria. Nachdem er gestorben ist, will der böse Feind seine Seele erfassen ; doch Maria rettet sie.

In Nr. 16» zieht der Schneeberger hinauf zum grünen Schnee- berg. Er wird plötzlich sterbenskrank imd legt sich auf seinen Mantel. Da erblickt er zu Häupten drei Kaben, bei den FüÜen drei Wölfe, aut der linken Seite böse Geister; jene warten auf seinen Leib, diese auf seine Seele. Darüber wird er gar traurig, doch der Anblick der auf seine Seele wartenden Mutter Gottes zur rechten Seite tröstet

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iliM wieiltT. El stirbt. Maria iiiimiit seine Seele in die Schürze und trägt sie klingend und singend in den Himmel. Dei" Schneeberg liegt in der Sprachinsel, unweit (löttenitz. (Der in Nr. 10 erwähnte Edelsberg ist mir nicht bekannt, i

Maria mit den Engeln am Sterbebette einer Dienstniagd zeigt uns ein steirisches Lied (Schlossar, Nr. 310\ Dass Maria dem bösen Feind Seelen Ytn-storbener streitig macht, wird auch in deutschen Dichtungen des Mittehilters (vgl. Pfeiffer, Marien-Legenden X) und in einer modernen schlesischen Prosa-Legende (Petei*, 2,42) erzählt. Der Streit zwischen guten und bösen Geistern um eine Menschenseele ist ein sehr altes Motiv (vgl. Kelle, Literaturgeschichte, 145 und 360 f.).

17. Maria und der Bräutigam.

(Vgl. oben S. ISH.i

18. St. Martin.

Der Gedenktag des heiligen Martin wird, wie in ganz Deutsch- land, so auch in Gottschee gefeiei't. Er geliört ja zu den volksthüm- lichsten Heiligen überhaupt. Als Schimmelreiter wurde er in den Anschaiumgen des Volkes vielfach mit dunklen Erinnerungen an Wodan und mit alten Opferbräuchen in Zusammenhang gebracht. St. Martin gilt als Patron der Pferde, der Rinderherden, des Geflügels und. da sein Gedenktag auf den 11. November fällt, auch als Ernte- Heiliger: in ganz Europa werden ilim zu Elu-en Ernte-Festlichkeiten verau staltet ( vgl . P f a n u e n s c h m i d. Germanische Erntefeste, Hannover 1878, S. 19B— 243, 464—523). In Krain gibt es zahlreiche Kü-chen und Dörfer, die nach ihm benannt sind, auch in Gottschee sind ihm meh- rere Kirchen und Kapellen geweiht. In der Sprachinsel werden zwei Lieder vom heiügen Mai-tin gesungen. Nr. 18 preist ilm als Wohl- thäter in Erinnerung an das bekannteste Ereignis seines Lebens. Martin lag als junger römischer Beiter zu Amiens im Winterquartier. An einem überaus kalten Januarabend (354) traf er vor dem Stadtthor einen nackten Bettler, zerschnitt seinen Mantel und gab ilim die Hälfte davon. In der Nacht erschien ihm Christus mit dieser Mautelhälfte und dankte ihm für die Gabe; denn der Bettler sei er selbst gewesen. Martin ließ sich taufen, wurde Priester und starb (401) als wvmder- thätiger Bischof von Tours. Auf den Bildern wird er überall gleich dargestellt: auf einem Schimmel reitend, in der P echten das Schwert, in der Linken die Hälfte des Mantels, die er einem Bettler reicht. Die spätere Legende hat die Einzelheiten dieses Ereignisses mannig- fach abgeändert. Nr. 18 erzählt, der halbe Mantel Martins sei wieder ganz geworden, während in 18'j der Bettler gleich kundthut. dass er nicht ein Bettler, sondern Gott selbst sei.

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Eiu tromme.s St. Martiulied betiiitlet sich auch üi Corners Gesangbuch vom Jahre 1031 (Nr. 323 vgl. Erk. \r. 2101\ Die übrigen volksthümlichen Martinslieder weichen im Inluilt ganz ab: sie sind im wesentliclien SchlemmerUeder.

V.). Vom heilig-en Martin.

Dieses Lied hat einen durchweg niärchenhaiten. aus bekannten Zügen zusammengesetzten Inhalt, der wahrscheinlich spät und nur äußerlich mit dem heiligen Martin in Verbindung gebracht wurde. Das Lied erzählt: Der heilige Martin hütete im Dienste einer stren- gen Herrschaft sieben Jahre lang schwarze Kühe. Zmn Dank dafür warfen sie ihm ein Paar rother Kälber mit goldenen Hörnern und silbernen Klauen. Da verlangt die Herrschaft von ihm. dass er diese Kälber hergebe oder bis zum nächsten Morgen ehi neues Schloss baue. Die schwarzen Kühe trösten den heiligen Martin: „Was Gott will haben, ist leicht gethan", und mit einem Male ist das neue Schloss fertig. Die Herrschaft aber verlangt am nächsten Morgen wieder die Kälber oder eine neue Kirche. Mit Hilfe Gottes und der schwarzen Kühe ist auch die Kirche rechtzeitig fertig. Zum drittenmale ver- langt die Herrschaft die Kälber oder dass sie Martin zum Jiliajyark I Eliasberg, eiu Wallfahrtsort bei Unterlag in Gottschee) führe. Dort versinkt die Herrschaft in die Hölle, und der Heilige bleibt im Besitze seiner wunderbaren Thiere. Dieses Märchen selbst ist sonst nirgends belegt, doch Einzelheiten daraus kommen Inuidertfältig in unseren Märchen luid Sagen vor: dass grausame Gebieter \uimögliche Arbeiten in kürzester Frist verlangen, dass große Bauten plötzlich fertiggestellt werden und dass gutherzige Thiere dabei behilflich sind. So verlangt z. B. im Märchen von der wahren Braut i Grimm. Nr. 186) die böse Stiefnnitter. dass das Mädchen in einem Tage ein schönes Schloss auf- baue. Groß ist die Zahl germaiüscher Sagen, wonach Kirchen, Mühlen, Schlösser, Maviern, Brücken von Riesen oder vom Teufel in einer Nacht errichtet werden, meist infolge einer AVette mit christlichen Menschen, wobei jene um ihren Lohn betrogen werden. (Grimm. Mythologie, S. 442, 852—855, Grimm, Sagen, Nr. 184. 189 u.a.) Dem Aschenputtel helfen Tauben bei der schwierigen Aufgabe, dem Jüng- ling im Märchen „Von der weißen Schlange" (Grimm, Nr. 17) Fische. Ameisen und Raben, dem Jüngling eines süd.slawischeu Märchens iKrauß, 1, Nr. 80) ein Zauberpferd. Der bösen Heri-schaft in Nr. 10 gereicht der letzte Wmisch selbst zum Verderben, so ergeht es auch dem bösen König in einer Erzählung der „Gesta Romanorum" (Grimm, Märchen, Anmerkungen, 208). Dieser verlangt von einem seiner Ritter ein schwarzes Pferd, einen schwarzen Falken u. s w.. der Ritter bringt ihm die gewünschten Dinge. Der König setzt sich aufs Pferd imd wird von diesem in den Abgi-und geschleudert.

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Auf den lieiligeu Maitiii konnte das in Nr. 19 fizäliltc Märclicn von dem Kuhhirten leicht übertragen werden, da eben Martin als Patron der Hirten und Kinderherden gilt. Die goldenen Hörner der Kälber bieten auch kerne Schwierigkeit dar. Den Thieren, die Wodan (für den theilweise Martin im "\''olksbewusstsein trat) geo2:)fert wurden, vergoldeten die alten (rermanen die Hörner (Grimm, Mythologie, 14 f.; Simrock, Mythologie, § 1B4), und die.ser Vorgang hat sich bei \"olksbräuchen noch bis lieute erhalten ( Pf anne u s ch mid a.a.O. 216 ö".; Kork. Festkalender, i!J2; Krauß, Sitte und Brauch bei den Südslawen, 451). in Erinnerung an jene Opferthiere werden ja noch heute am 10. November „Martinshorn dh' in verschiedenen deutschen Landschaften gebacken. In Märchen und Liedern kehren öfter ähn- liche wunderbare Thiere wieder: ein weißer Ochs mit goldenen Hörnern, der einer bedi'ängten Stieftochter beisteht, im siebenbürgisch- sächsischen Märchen: ..Das Zauberhorn"( Hai trieb, 232 f.); ein weißer llehbock mit goldenen Hörnern in der von Baumbach bearbeiteten oberkrainischen Sage : „Zlatorog^' : ein Hirsch mit goldenem Geweih hl einem serbischen Volkslied (Talvj, 2, 79); eine weiße Kuh mit goldenen Hörnern in den „Gesta Romanorum". Cap. 111, u. v. a.

20. St. (iregor.

Der heilige Gregor unterbricht seine Feldarbeit, lässt Ochsen und Kühe. Egge und Pflug auf dem Acker zuräck und geht mit vor- überziehenden Wallfahrern auf den Gregorsberg, um einer neuen Messe (Primiz) beizuwohnen. Danach kehrt er wieder aufs Feld zu- rück, um seine Arbeit fortzusetzen. Da sieht er, wie die Engel bereits für ihn pflügen. wie'Gott der Herr Weizen säet und Maria die hinter dem Säemann alsbald aufschießenden Weizenhalme schneidet. „Was Gott will haben, ist leicht getlian."

Ahnliche Wunder werden in Legenden wiederholt erzählt. Nach einer mittelalterlichen Marienlegende (Pfeiffer. Nr. IV') wohnte ein junger Ritter in einem Frauenmünster Maria zu Ehren einer Messe bei rmd versäumte dadurch ehr Turnier. Maria kämpfte unterdessen in seiner Gestalt mit großer Tapferkeit. Während der castilische Kitter Pascal Vivas in einer Georgs-Kapelle in Andacht versimken den Lärm der Schlacht übei-hört. kämpft St. Georg für ihn und vernichtet die Sarazenen lUhland. St. GeorgsritterX

21. Herr Auibrosius.

Verwandt mit Nr. 20. Herr Ambrosius unternimmt alles in Gottes und Jesu Namen. Er weckt seine Leute und trifft alle Vorkehrungen, um zu pflügen und Weizen zu säen. Als sie aufs Feld konnnen, ist alle Arbeit bereits verrichtet. ,,Es ist gut, alles in Gottes Namen zu thun", mit diesen Worten beschließt Ambrosius das Lied.

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22. !St. Luouliard.

Der iieilige Leoiiliard trifft eine Linde, die vor Freude darüber singt, dass ihi" Holz für einen Altartisch und einen Predigtstidil be- stimmt sei. Da werden bei ilu- viel Messen gelesen und heilige Worte geredet wei'den. Eine Buche singt, weil sie als Pflugsohle verwendet werden soll. Mit ihr werde man in Gottes Namen an die Arbeit gehen. Der AJiorn aber trauert, weil n\au einen Wirtshaustisch aus ihm machen soll, wo viel Schelten und Fluchen zu hören sein wii-d.

Diese Hölzer werden in Gottschee und in Krain überhaupt wii'k- lich in der angegebenen Weise verwendet. Die Beseelung der Bäiune ist in Deutschland sehr volksthümlich. Bäume sprechen und \veinen und bluten, sie beherbergen Menschenseelen; ja förmliche Baumseelen werden angenommen (Mannhardt, Baumcultus, 6, 9 f., 34 f., 40 0".. HOS f.). Dass diese sinnige Fabel mit dem heil. Leonhai'd in Verbindung gebracht wiu'de, ist sehr begTeiflich. St. Leonhard von Limoges lebte der Legende nach im Walde, errichtete sich daselbst ein Bethaus und nähi-te sich von Kräutern und Waldfrüchten. Seine Kapellen sind gewöhnlich im Walde erbaut. Er ist auch ein Patron des Waldes und des Holzes. Am Leonhardstage führen sich die Oberbayern gegenseitig Holzklötze zu, und die später aufgefundenen alten heidnischen Mal- zeichen im Walde, plumpe Holzstücke, wurden in Leonhards-Kapellen aufgestellt und Leonhardsklötze zubenannt (P erger, Pflanzensagen, 282; Lippert, Deutsche Festbräuche, 105). In Gottschee selbst ist Leonhard ein angesehener Heiliger, dem im ganzen Gebiete vier Kirchen, mehrere Kapellen und Nebenaltäre geweiht wurden. Der Leonhardsberg bei Rieg ist der beliebteste Wallfahrtsort in der Sprachinsel. P^ine Parallele zu Nr. 22 ist mir nicht bekannt.

23. 8t. Paulus.

St. Paulus, der Einsiedler, ist in diesem Liede gemeint. Der Volkssänger fragt theilnahmsvoU, wie der Heilige im Walde leben könne. Dieser erwiedert: Meine Speise sind die Wm-zeln, mein Trank der Kegen. Zum Waschen hab ich den warmen Regen, zum Trocknen die warme Sonne. Mein Ruhebett sind Felsen und Steine. Mein Sterben wird bei Jesus imd Maria sein.

21. Der heilige Stephan.

Der Bericht von der Steinigung des Erzmärtyrers wird hier verknüpft mit dem sehr verbreiteten volkstliündichen Motiv von der verschiedenartigen Theilnahme der Angehörigen (vgl. darüber Nr. 65). Zu dem schwer verwundeten Stephan kommen dessen Eltern und dessen Bruder und fragen ihn, wem er seine Güter vermachen werde. Den Eltern will er sie nicht geben, weil sie zu alt sind, dem Bruder nicht, weil er zu jung ist. Nun kommt seine Braut und erkundigt

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sich, welche Wunden ihn nn-hr schmerzen, die gehackten oder die gestochenen. Wegen dieser Theihiahme vermacht Stephan ihr <lif Hälfte seines Besitzes, die andere Hälfte bestimmt er zur Erbauung einer Alarienstiege aus Gold und Marmor. Wer auf die Stiege treten wird, der wird seiner gedenken. Gott möge ihm l)armlierzig sein.

J^er Erzmärt^'rer ist hier augenscheinlich vermengt mit dem ungarischen König Stephan, dem Heiligen, der viele Jahre an einer schweren Krankheit litt, viele Güter zu vergeben hatte, Maria zu Ehren prachtvolle Kirchen erbaute und am Tage Maria Himmelfahrt mit dem Namen Maria auf den Lippen (1038^ verschied (vgl. Stadler. 5. 373 f.V

25. Der Freier.

Ein Bräutigam geht nach der Trauung während des Hochzeits- mahles in den Garten, fällt auf die Knie und erbittet sich vom Himmel Auskunft, was er thun solle. Eine Stimme aus den Wolken gibt ihm den Befehl, in fremde Lande zu ziehen. Er gehorcht und kehrt erst nach sieben (in der Legende nach siebzehn) Jahren heim.

Der Name des Heüigen ist in dem fi-agm entarisch überlieferten Liede nicht genannt. Doch ist es Alexius, dessen Leben in ver- scliiedenen Literatiu-en des Mittelalters wiederholt behandelt wurde (vgl. Maß mann, Sanct Alexius' Leben, Quedlinburg 1848). Li Kram sieht man häufig in Kü-chen und Kapellen das Büd dieses Heiligen, wie er unter der Treppe seines väterlichen Hauses, unerkannt einem Bettler gleich auf schlechtem Lager liegt. Der Inhalt von Nr. 25 be- rührt sich mit unseren Balladen Nr. 56 58.

26. Der große SÜuder.

Ein Sünder beichtet dem lieben Gott, dass er seine Eltern er- schlagen und hinter der Hausthür vergTaben habe ; seine Geschwister seien ihm kaum entgangen. Gott legt ihm als Buße auf, dass er auf einem Berge unter einem Ölbaum dreiunddreißig Jahre knien müsse. Der Sünder kniet nun, bis seine Zehen Wurzel gefasst, seine Finger Schösslein getrieben, sein Herz mit Sand ixnd sein Haupt mit Moos bedeckt ist. Da verzeiht ihm Gott alle Sünden und führt ihn an der Hand in den Himmel.

Den gleichen Inhalt finden wir in dem slowenischen Volkslied „Gresnik" (derSünder, beiJanezic, Nr. 27) mit einzelnen Abweichungen. Hier fährt Jesus mit seinen Jüngern übers Meer, da ruft ihn der Sünder an; aber erst beim dritten Rufe nimmt ihm Jesus die Beichte ab. Der Sünder muss unter einem dürren Baume knien. Bis der Baum neu ergrünt, sind seine Sünden verziehen. Nach sechs Jahren tritt dieses Wunder ein, der Sünder aber ist bereits mit dem Boden verwachsen. Da berührt ihn Jesus, der Büßer entschläft, eine weiße Taube ent- fliegt seinem Munde und setzt sich auf Jesn Schultern.

B98

Der Ritter .lulianus (in den „Gesta Romaiionnn'' , Cap. 18"^ erschlug seine Eltern unwissend und zog, um es zu büßen, ins Elend. Die Buße in Xr. 2G gleicht jener des heihgen Gregorius, der siebzehn Jahre mit gefesselten Füßen auf einem Felsen im See zu- brachte, um die Blutschande zu sühnen. Eine im Mittelalter wiederholt bearbeitete Legende (vgl. (xoedeke, Grundriss. 1, 91j. In einem serbischen Volkslied büßt ein Jünglüig, weil er seine Wahlschwestern verführt hat. Er liegt neun Jahre krank und unbeweglich, so dass Schlangen unter ihm brüten, dass ihm Gras durchs Gebein wächst, und Fliegen durchs Haupt fliegen (Rajko vi c. Srpske narodne pesnie, 251 Und Franz schrei1)t an Karl Moor i Schi 11 er, Räuber, 1,2), der Vater wolle ihn so lange gefangen halten: „bis deine Haare wachsen wie Adlersfedern und deine Nägel wie Vogelsklauen werden".

27. Regina und Jesus.

Ein weit verbreitetes deutsches Volkslied. Regina pflückt Rosen in einem verschlossenen Garten. Plötzlich .steht ein .lüngling vor ihr. „Wie bist du hereingekommen über die hohen Mauern?'' „Keine Mauern sind mir zu lioch, mein Name ist Jesus." „Und ist dein Name Jesus, so bist du Gottes Sohn." Damit bricht das Gottscheerlied ab. Die ihm am nächsten stehenden Fassimgen aus Steiermark (Schnorrs Archiv, 9, 370 f.), aus Hessen (Bö ekel, Nr. 1 und S. 107), aus der Schweiz in der Mundart (Tob 1er, 1. 88), aus Schwaben i Meier. Nr. 208, auch mit dem Namen Rosina, vgl. auch Nr. 129) und aus dem Elsass (Mündel, Nr. 22, „Chri,stina"'i erzählen außerdem noch, Regina sei mit dem Heiland in den Himmel gezogen und bitte .Tesmn. ei* möge ihre Eltern in einem Briefe davon benachrichtigen.

Diese Liedergruppe stellt uns wahrscheinlich nur die gekürzte Form eines älteren Liedes vor, das Uhland (Nr. 331) nach einer Hand- schrift des 16. Jahrhunderts mittheilt. In 17 achtzeiligen Strophen wird hier berichtet, wie Jesus, „der Blümelmacher" einer edlen Jungfrau (der Name ist nicht genannt) in einem Garten erscheint und sie daiui in ein Nonnenkloster führt. Bolte hat jetzt (Zeitschrift für deutsches Alterthum, 84, 18 31) eine ältere und noch breitere Fassung aus dem 15. Jahrhimdert veröffentlicht. Ebenda gibt Bolte genauen Bericht über die verschiedenen Fassungen dieses weit verbreiteten Liedes. Neben der besprochenen (:Jruppe gibt es noch eine zweite, in der die Heldin als Sultanstochter und eine dritte im Bänkelsängerton, worin sie als Tochter des Commandanten zu Großwardein erscheint. Das Lied drang auch nach Holland, Dänemark und Skandinavien und zu den Wenden. Zu B o 1 t e s Nachweisen füge ich noch eine der zweiten Gnij)]>e angehörende kürzere slowenische Fassung Ajdovskii deklica (Die Heidentochter, bei .lanez ic, Nr. 24). Kntstellt und zum

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Theil weltlich gewendet wii-tl das Lied von der Hegina in Steiermark gesungen (Sc hl ossär, Nr. 308); ein Lii-beslied wurde daraus beiden Siebenbürger Sachsen (Schuster, 15 f.). Mehrere bereits bekannte Fassungen des Kegma-Liedes sind jetzt nebeneinander abgednickt bei Erk, Nr. 2121— 2129.

Die ganze Situation des Regina-Liedes, Christi plötzlicbes Er- scheinen vor dem Mädchen im Garten erinnert zunächst an das im Evangelium Johannis, 20, 14 17, erzählte Erscheinen des aufei'stan- denen Heilands als Gärtner vor Maria Magdalena. Dieses Ereignis, das in alten deutschen Volksliedern des 15. Jahrhunderts (Uli 1 and, Nr. 322 f.) besungen wurde, mag wohl die Entstehung des Eegina- Liedes beeiuflusst haben. Es ist mir nicht bekannt, warum sich nnter den verschiedenen Fx-aiiennamen dieses Liedes gerade der Name Eegina festgesetzt hat.

28. und 28a. Regiiie.

Zwei Fassungen, die nur in Einzelheiten von emander ab- weichen. — Regine singt ein Lied von der Untreue ihres Gatten. Er kommt hei*zu, fiüirt sie zu einem Beinhaus (auf dem Gottesacker) oder' einem Heizofen und Verbrennt sie. (Eine weiße Taube fliegt zum Himmel.) Zu Hause angelangt, hört der Mann seinen kleinen Sohn weinen. Es ergi'eift ihn Mitleid, er führt Um zur Mutter und ruft: „Erbarme dich und nähre deinen Sohn." Regine ei'widert: „Wie soll ich ihn nähren, meine Brüste .sind mir verbrannt." Aus der Legende der Märtyrerin Regine, die Jungfrau und Hirtin war, passt nur das Eine für unser Lied, dass sie in siedendem AVasser verbrannt wurde.

Die Schlusswendiuig: Wer ihn will haben, der wird ihn vev- Morgen, kehrt häufig wieder (vgl. oben S. 152).

20. Vom Tilrkenkriege.

Ein Soldat, der in den Tüi'kenki'ieg zieht, geht bei einer St. Barbarakapelle vorüber. Die HeiUge ruft ihm zu, er solle ihrer gedenken, denn sie sei bei allen Kranken und Sterbenden. Der Soldat weiß, dass er sterben muss, er beklagt nur, dass er kein christ- liches Begräbnis werde halien kömien. Statt der Kerzen türkische Flinten (oder Säbel), statt der Glocken das Bellen türkischer Hunde, statt der Todtengi-äber Türkenpferde, die ihn in die Erde stampfen werden. Der Oguliner Boden liegt in Kroatien und ist von Reifnitz (das auch im Liede erwähnt wird) gerade durch das ganze Gottscheer Gebiet getrennt. Die Aste der Bäume in diesen zwei Thälern können also nie zueinandei'reichen (vgl. darüber S. 170). Eine ganz ähnliche Situation findet sich in dem Liebesliede Nr. 86. Die heilige Barbai'a gilt in der katholischen Kirche als Patronin der Sterbenden. Wer sie in der Todesgefahr anruft, scheidet nicht ohne Sterbesacramente von

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hinnen. Ihr Name steht auch in der Litanei der Sterhenden; darum spendet sie hier dem Soldaten Trost. Sie wird auch in anderen Volks- liedern angerufen, um den Leidenden, Kranken und Sterbenden bei- zustehen. So z. ß. bei Ditt'urth, 1, 1B7, „Und all' Kranke thu er- ([uieken | Wann (Um- Tod herbei wird schleichen, | Ach nicht wollest von uns weichen j Spring hei'bei in aller Eil." Ahnlich in Kärnten (Carinthia, I. 81, 26) und in Tirol (Zingerle, 234, Nr. 33 f.). In dem slowenischen Volksliede Sveta Barbara (Janezic, Nr. 18) triftt ein Soldat die heilige Barbara, die eben mit Kelch vmd Hostie zu Sterbenden eilt. Er verhöhnt sie und ihr TJuni. Niemals werde er sie herbeii-ufeu. Tags darauf erla-ankt er und liegt sieben Jahre lang, so dass das Fleisch von den Knochen sich loslöst. Erst nachdem er die Heilige angerufen hat und von ihr versehen wird, kann er sterben.

80. St. Barbara.

Dieses Lied einzahlt uns die bekannte Legende der Heiligen, Barbara weigert sich zu heiraten: Christus sei ihr Bräutigam, Maria ihre Pührerin. Da sperrt sie der Vater in einen Thurm, wo sich die Heilige drei Fenster bauen lässt, eines gegen Morgen, eines gegen Mittag, eines „wo die Sonne Gott folgen geht", also zu Gott unter- geht.i Die Erwähnung des Märt\'i'ertodes ist ausgefallen, denn un- vermittelt erscheint der Schluss : Hinaufgetlogen ist eine weiße Taube. (Über die weiße Taube als Bild für die luischuldige Seele vgl. die reichen Nachweise bei Zingerle, Sagen, 632.)

Die Barbaralegende ist in mehreren deutschen Volksliedern (vgl, Pröhle, Nr. 121 und S. 310), in deutschen Volksschauspielen (vgl. Schlossar, Deutsche Volksschauspiele. In Steiermark gesam- melt, 2, Nr. 3) und in einem slowenischen Liede (Janezic, Nr. 19; Scheinigg, Nr. 107) behandelt.

31. Bas schöne Töchterleiii. (3l>^ Die Klosterfrau.)

Ein Mädchen (dessen Name nicht genannt wird) flieht vor den Werbern aus dem Elternhause. Die Mutter fragt den Wächter, ob er niemand durchgelassen habe, den SchiflPmann, ob er niemand über- geführt habe. Der Schiffmaiui gesteht, dass er ein schönes Mildchen ans andere Ufer gebracht habe. Die Mutter rnl't ihr nach, sie möge heimkommen zu den Werbern : das Mädchen aber erwidert wie die heilige Barbara: „.Jesus ist mein Bräutigam, Maria meine Führerin." Dem Inhalt nach nähert sich dieses Lied dei- Ballade Nr. G2.

' In der entsj^i (.'clieiKlcn slowenisc;lii,^)i LegeiKlc (Janezic, Xr. !!•) Inntt't ilii'scr Veis : Kjor soliice k bozji^j g n .ad i grc, das ist das dentscho : „/a (inaden gtdi.-n."

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3'2. Kntliariiui.

Wiilufiid Katliaiiiia ilir Messe liciwohut. uiekleii ihr Boten, ihr Hans werde aiisgcrauht und brenne, ilir Mann liege im Sterben. Sie aV)er will die Messe /u ihule hören; dann geht sie lieini, findet alles heil inid sieht, dass nur biise Geister ihre Andacht stören wollten. Kinen Gegensatz hiezu liihb^t das Lied Nr. 125, wo die Frau vom Tanz nicht heimgelien will zum sterbenden Mann. Mit der bekannten Katharina -Legende und den Volksliedern dieses Inhalts (z.B. Erk, Nr. iM 1(5— 2119; Hruschka mid Toi seh er, 1, Nr. 98 a und b) hat Nr. B2 keine Berührungspunkte.

33. Die sfiiidige Seele.

Eine sündige Seele, die in den Himmel ziehen will, wird von einem feuerschnaubenden Racheeugel in die Hölle geführt, nachdem der Erzengel Michael ün-e Schuld gewogen und zu schwer befunden liat. Da der Erzengel Michael nach dem alten Testament die Seelen in den Himmel geleitet, so taucht früh die Vorstellung auf, dass er die Seelen wäge und der Satan dabei zusehe (vgl. Stadler, 4, 441; Nork, Festkalender. 563). Dieses Lied steht für sich allein da; doch gibt es genug deutsche Volkslieder, die arme Seelen vor dem Himmelsthore auftreten lassen: so Nr. 11 nebst Parallelen. Eine zweite Gruppe berichtet von einer sündigen Seele vor dem Himmelsthore. die doch avifgenonunen wh-d, weil sie ilxre Sünden bereut (^Mittler, Nr. 443— 451; Erk, Nr. 2031—2038 u. a.). Eine dritte Gruppe be- richtet von drei Schwestern, von denen nur der jüngsten der Himmel ilu-er Sünden wegen verschlossen bleibt iReifferscheid, 110; MüUen- hoff. 496 ; S im rock. Nr. 68, avo die Höllenstrafen der dritten Schwester ausgemalt werden; Bau mg arten, 148, wo dieses Lied mit dem Inhalte von Nr. 11 verbunden -wü'd: Maria erbarmt sich der zm-ückgewiesenen Schwester und führt sie in den Himmel, da sie ilir alle Samstag nachts ein Licht gebrannt hatte).

34. Der Sountag.

Der Sonntag, als Person gedacht, beschwert sich darüber, dass ihm die Menschen zu wenig Ehrerbietung entgegenbringen. Auch dieses Lied hat keine unmittelbaren Parallelen ; ein verwandtes Motiv enthält Nr. 65. Ein Volkslied aus dem Kuhländchen (Meinert, 21B) berichtet, wie schwer die Entweihung des Sonntags bestraft wird.

35. Die Soniiwendzeit.

(Vgl. oben S. 74.)

36. und 37. Sterbelieder.

(^Vgl. oben S. 86. i

Hirn n. Wack ernel 1 , Quellen w. Forsciiungen. III. 26

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38. Von den armen Seelen. 3J). und 40. Lieder der Verstorbenen.

(Vgl. oben S. 84 f.)

41. Der reiche Scliultlieiß.

Der Tod kommt um den reielien Schultheiß. Dieser weigei-t sich mitzugehen: „Wer wird meine Pferde und Ochsen, mein Getreide übernehmen, wer wii'd meine schöne Frau, meine kleinen Kinder ver- sorgen?" Der Tod gibt die in Gottscheer Liedern typische Antwort: „Wer sie Avill haben, wird sie versorgen" (S. 152). Am nächsten kommt diesem Lied ein tschechisches (Wald au, 2, Nr. 268). Ein reicher Landmann geht aufs Feld und freut sich seiner wogenden Saaten, da erscheint der Tod. Der Landmann fleht um Aufschul), er habe noch kleine Kinder, noch eine junge Gattin zu versorgen, er habe seine Sünden noch nicht gebeichtet. Der Tod aber kehrt sich nicht daran. Dieses Motiv ist ja weit verbreitet, in den Todtentanz- dichtungen und Bildern des Mittelalters viel verweiltet worden, aber es ertönt auch heute noch häufig in Volksliedern. Die Situation wirkt umso ergi-eifender, wenn der Tod einen Menschen hinwegrafft, der durch eine glänzende Machtstellung, durch große Geistesgaben, durch Reichthiun hervorragt, oder wegen seiner blühenden .Tugend noch innig am Leben hängt. Immer sucht der Gerufene einen Ausweg: er nennt dringende Pflichten, die seiner harren; er weist auf arme, kranke, alte Leute hin, die lieber sterben würden; er bittet um eine Gnaden- frist, aber der Tod bleibt unerbittlich. Im 16. Jahrhundei-t wurde z\i Augsburg ein Lied gedruckt von dem Tod und einem jmigen Manne (vgl. Vierteljahrsschrift, 4, 152 f.); im 17. .Jahrluuidert entstand das Lied vom Tod imd dem Mädchen im Blumengarten (Erk, Nr. 2153i In Schlesien wird eüi Lied gesungen von des Königs Töchterleiu und dem Tode (Erk, Nr. 2164); in Steiermark vom Tod und dem Jüng- ling, vom Tod und dem Mädchen (Schi ossär, Nr. 12; Ro segger, Nr. 21; vgl. auch Claudius, „Der Tod und das Mädchen"); in Öster- reich sind Gesprächslieder bekannt zwischen dem Tod und Prinz Eugen, Kaiser Karl VI., Maria Theresia (vgl. Hauff en, 25), bei den Slowenen: der Tod und der Müller, der Tod und der Jüngling (Ko- ritko. 4, 63 u. 105; 5, 68). Auch in der bildenden Kunst ulter und neuer Zeit finden wir das Motiv überaus häufig.

42. Die heiligen drei Könige.

(Vgl. oben S. 70.)

43. Das Osterlied.

Das Lied wurde spät eingeführt und nicht völlig in die Gott- scheer Mundart umgesetzt. Es ist der allgemein bekannte alte O.ster- gesang: „Christ ist erstanden", der in seinei' ersten Gestalt wahr-

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scheinlich schon aus der Mitte des 12. Jalirhuudeites staniint, in die Osterspiele und in die Liturgie der kirchlichen Osterfeier früh Auf- nahme gefunden hat und heute in den katholischen luid protestantischen Ländern gleich bekannt und beliebt ist (vgl. Böhme, Nr. 552; Erk. Nr. 1970: "simrock, Nr. 374: Uhland, 313 A u. B u. a). Die Gottscheer Fassung kommt der längeren bei Uhland am'näch.sten. Bei den Cimbem in Oberitalien ist dieses Lied seit 1519 nachweisbar (8 ch melier, Cimbnsches Wörterbuch, 66\

II.

Balladen und Liebeslieder.

44, 4<>— 49, 51. Von der scliöneu Meereriu. 46. Von der schönen Maria. 50. Vom schönen Mädchen. 52. Katharina.

Es sind neun Balladen von verscliiedener Abstammmig, seltsam durcheinander gemengt, zum Theil mit fremden Motiven äußerlich verknüpft. Aus einem Vergleich der verschiedenen Fassungen imter- einander und besonders aus Nr. 45. dem Fund, den ich in Obermösel gethan. ergibt es sich, dass die Ballade von der schönen Meererin und die Ballade von der schönen Maria lU'sprünglich nur getrennt nebeneinander bestanden haben, dass sie ganz verschiedenen Lieder- gruppen angehören, jene deutscher, diese slawischer Abkunft, dass sie aber dann miteinander verknüpft wurden, weil die Hauptscene in beiden Balladen, äußerlich betrachtet, die gleiche ist. In beiden weilt ein Weib am Meeresufer und wäscht, da kommt ein Schiff heran mit einem oder mehreren Männern, die die Wäscherin übers Meer entführen. Doch dieser äußeren Ähnlichkeit entsj)richt nicht die wirkhche Lage der W^äscherin. In der ersten Ballade (Nr. 44, von der Meererin) ist sie ein Mädchen, das am Meeresufer in der Fremde wäscht und von zwei bekannten Männern, dem Bruder und dem Greliebten, in die Heimat entführt wird. In der zweiten (Nr. 45, Maria) ist die Wäscherin eme Frau, die am Meeresufer der Heimat wäscht und von einem unbekannten Manne in die Fremde entführt wird. Also lauter Gegensätze. Dm-ch eine Ver- mengung dieser beiden Stoffe musste natürlich der Inhalt in sinn- ver^virrender Weise entstellt werden.

Die erste Fabel in ihrer Reinheit betrachtet, erinnert ohne- weiters, das wird wohl jedermann zugeben, an die Kudrun. Sie be-

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deutet uns zwai- nicht ein Fortleben ävv alten Kudnin-Siigu, doch sicher einen Nachklang des mittelhochdeutschen Kudi-un-Epos. Diese Üichtung ist ja um 1210 in Österreicli entstanden; auch die späteren Bearbei- tungen und Zusätze weisen auf Osterreich hin. War also die Dichtun;;- im dreizehnten Jahrhundeil in den österreichischen Alpenländern heimisch, so konnten die Vorfahren der (xottscheer, die Mitte des vier- zehnten Jahrlumderts von dort auswanderten, leicht Kenntnis von den Gestalten und Geschehnissen des Kudrun-Epos haben und es ist durch- aus nicht iinwahrscheinlich, dass sie sich in ihren J^iedern Erinne- rungen daran bewahrt haben. Der Name ist vergessen worden: die Heldin heißt in den Gottscheer Liedern Z>a merai-in, mit geschlosse- nem e. wie in mer (Meer), also: „die am Meere wohnt". Der Name ist in dieser Bedeutung heute noch allgemein in Gottschee bekannt. Das Meer, nämlich der Golf von Quarnei'o. ist ja der Spi*acliinsel sehr nahe und die Gottscheer unterlialten lebhaften Verkelu- mit der Hafen- stadt Fiume. Die kroatischen Bewohner dieser Meeresküste nennen sich selbst Primorci (d. h. die am Meere} und die Gottscheer des Unter- landes nennen diese ihre mimittelbaren Nachbarn da merara (im Sing. dar merar und da merarin). Der Name ist also ganz klar und darum kann auch Heinz eis Vermuthung, ,.Meererin" bezeichne vielleicht eine Bewohnerin des alten Landes Meran i'Über die ostgothische Heldensage, 21), nicht zu Eecht bestehen. (Prof. Heinz el selbst hat nun. wie er mir freundlichst mittheilt, diese Vermuthung aufgegeben, i

Die Ballade 44 Von der Meererin erzählt in überaus schlichter und knapper Form den Kern der Sage. Die schöne, junge Meererin geht am frühen Morgen zum Meeresstrande und wäscht weiße Wäsche. Da kommt ein Schiff lein heran mit zwei jungen Herren. Sie rufen ihr zu: „Guten Morgen, du schöne Meererin." Sie erwidert: „Schönen Dank, gute Morgen hab' ich nicht." Einer der Herren überreicht ihr einen Ring: „Nimm hin, du schöne Meererin." (Er muss also zu ihr in näheren Beziehmagen stehen, was in dieser Fassung verwischt ist. während in Nr. 50 und 51 ausdrücklich gesagt wird, dass die beiden Ankömmlinge Bruder und Geliebter der Meererin sind; vgl. S. 411.) Sie erwidert: „Ich bin nicht die schöne Meererin, ich bin nur eine Wäscherin." Das heißt: Sie schämt sich ihrer Lage luid will .sich nicht zu erkennen geben. Sie setzen sie ins Schifflein und sagen: „Du bist gleichwohl die schöne Meererin." Das heißt: Wir erkennen dich trotzdem. Sie nimmt ein Tüchlein in die Hand. (Das zeigt mis an. dass sie reisefertig ist; denn die Gottscheerinnen, wie die Kraincrinnen pflegen ein Taschentuch in die Hand zu nehmen, wenn sie sich zu einem längeren Ausgang rilsten. Schröers Conjectur, dass sie das Tüchlein ins Meer warf, ist unhaltbar.) Dann fährt sie übers Meer. Und wie sie endlich hinkommt, da grüßen sie und halsen sie und küssen sie die Meex-erin. Dieser Schluss zeii't deutlich: Sie ist den

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Jlirigt'ii wiedergegeben, sie wurde aus der Fremde heimgebracht. Zug um Zug stimmt somit diese Ballade mit der Erzählung im Kudrun- Epos, besonders niit der 25. Aventiure. Auch Kudrim geht mit ihrer Freundin am Tage des Wiedersehens .schon am frühen Morgen zum Meeresufer waschen (Strophe 1200 1204t. Da sehen sie auf dem Meer herankonnnen 'zwene in einer barken' (1207); Herwig 'in guoten morgen bot', aber auch hier passt der Gri'uß nicht für die traurige Ijage der Angerufenen: 'guoten morgen und guoten äbent was den mimiiclichen meiden tiure' (1220). Auch Kudrun schämt sich, so vor den Helden zu stehen, und gibt sich nicht zu erkennen, 'ir suochet K^üdrüueu, diu ist in arbeiten tot (1242); vgl. auch 'ich bin ein anniu wesche' (1294, 3). Herwig aber reicht ihr seineu Ring und sie erkennt nun deu Geliebten und den Bruder (1247 ff.). Die beiden bringen sie auch in die Heimat, wo Kudrun von der Mutter geküsst wird (1576).

Nach den Fassungen 46 48 und 51 bleibt die Meererin sieben Jahre von den Ikren getrennt: Kudrun zweimal sieben Jahre. Nach Fassiuig47 muss die Meererin im fremden Schloss die Stiege kehren und andere niedere Arbeiten mit ihren weißen Händen verrichten. Auch Kudrun muss in Gerlindens Stube eigenhändig den Boden aus- kehren und den Ofen heizen und mit ihrem Haar deu Staub abwischen (996, 1019 f.). Doch dies nur ganz nebenbei. Aber die oben erwähnten engen Beziehungen erweisen die Ballade gerade als einen Nachklang des mittelhochdeutschen Kudrim-Epos; sie ist nicht aus der lebendigen Volkssage hervorgegangen. ^

Ganz abweichend davon ist der Inhalt der Ballade 45 „Von der schönen Maria". Die Heldin heißt hier nicht Meererin, son- dern Mare, das ist Maria, ein in Gottschee überaus häufiger Tauf- uame. Auch die Melodie dieses Liedes weicht völlig von der Melodie der Ballade von der Meererin ab. Ein überzeugender Beweis, dass es von Haus aus anderer Herkunft ist: denn "Wort und Weise sind ja im Volkslied untrennbar miteinander verbunden. Es kann wohl ein neueres Volkslied nach einer beliebten Melodie gedichtet werden, es können also zwei und mehr Lieder nach einer Melodie gesungen werden, niemals aber wird, soviel mir bekannt ist. ein echtes Volkslied in

' Schröer hat in der „Grermania", 14, 327 B3H, die drei Fassungen 44, 48 und öl veröffentlicht und bereits die Bezielmngen der Ballade zum Kudrun-Epos und zum slowenischen Volkslied von der schönen Vida untersucht. Martin hat iu seiner Kudrun- Ausgabe, S. Lf., und in der „Germania", 17, 425 ff., jede Ver- wandtschaft zwischen der Gottscheer Ballade und der Kudrun-Dichtung ge- leugnet. Er meint, alle diese Lieder seien vejschiedene Fassungen eines Liedes, nicht Vermengungen verschiedener Stoffe und Nr. 44 sei nur „eine abgekürzte und verwirrte Version" von 48. Ich glaube durch mein neues Material, besonders durch die selbständigen Lieder 45 und 52 erweisen zu können, dass wir hier doch eine Verquickung verschiedener Stoffe vor uns haben und dass die reine Meererin- Ballade aus der Kiidrun stamme, und hoffe, dass dieses Ergebnis neuer Unter- suchungen Zustimmung finden wird.

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der gleichen Gegend ad libitum nach zwei verschiedenen Melodien gesungen. Nr. 4B i.'^t einfach die freie Übersetzung des ver- breiteten slowenischen Volksliedes: Von der schönen Vida (Koritko, 1, 116; 2, 19; Stanko Vraz, 149, übersetzt von A. Grün, 47 ff.). Dieses Lied hat folgenden Inhalt: Die schöne Vida steht am Meeres- ufer und wäscht, da kommt über das Meer gefahren eüi schwarzer Mohr (cern zamurec). Der Mohr liält den Nachen an und fragt Vida, warum sie nicht mehr blühend aussehe. Sie erwidert:

„Kak' bi bila ruileca in cveteca „Wie sollt' ich roth \ind blUheud sein,

Ker zadela mene je uesreca Da mich schwercsUnglück getroffen hatV

Doma imam stariga moza inbolno (lete, Zu Hause habe ich einen alten Mann Bolno dete cel dan prejokuje und ein krankes Kiml :

Celo dolgo noc mos prekasljuje." Das kranke Kind weint den ganzen Tag,

Tako je rekel cern zamurec: Die ganze lange Nacht hindurch hustet

„Le z mano, le z mano, lepa Vida." der Mann."

Also sprach der schwarze Mohr: „Nur mit mir, nur mit mir, schöneVida."

Du sollst Amme des spanischen Königssohnes werden, da wird es dir immer gut ergehen.

V barko lepa V'ida je stopila, lu das Scliitt' trat die schöne Vida,

AT ko sta od kraja odtegnila. Aber als sie vom Ufer abstieß,

Kl) je barka ze po morju tekla, Als das Schiff schon übers Meer lief,

Se zjokala Vida je in lekla: Fieng Vida an zu weinen und sprach:

.,Komu sim pustila starega moza, ..Wem hab' ich meinen alten Mann,

In bolno dete?" Und mein krankes Kind anvertrautV-

Nach drei Wochen kommen sie in Spanien an. Am frühen Morgen steht schon Vida auf,

Tarn pri oknu solnca je cakala Am Fenster wartet sie auf die Sonne,

Potola.sit zalost nesreceno. l'm sich über ihr Unglück zu trösten.

Sie fi'agt die Sonne nach iluem Kinde. In der Nacht fragt sie den Mond. Beide geben zur Antwort: Dein Kind ist gestorben luid dein Mann zieht in großem Gram vom Haus, um dich zu suchen. Der Königin gibt Vida als Grund ihres Jammers an, sie hätte einen schweren Goldbecher ins Meer fallen lassen. Die Königin spricht ihr Trost zu und kauft einen neuen Becher;

Vsak dan vender je pri oknu stala, Trotzdem stand sie (Vida) täglich am

Se po sinku, oeu, mos jokala. Fenster,

T'nd weinte um Sohn, Vater und Mann.

Wie groß ist nun die Ähnlichkeit zwischen diesem slowenischen Liede und der Gott-scheer Ballade von der schönen Maria! Vieles stimmt in allen Einzelheiten. Der Name Mare ist in Leben und Liedern der Gottscheer ebenso liäuüg wie Vida bei den Slowenen und ist darum dafür eingetreten, denn A'^ida ist in Gottschee nicht gebräuchlich. Maiia geht am frühen Morgen zum Meeresstrande. Sie wäscht und weint dabei. In einem Schiff kommt ein schwarzer Mohr herbei und fragt Maria, warum sie so weine. Sie erwidert: „Ich hab' daheim einen jungen So! in und einen alten Mann. Der Sohn lässt

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mich liei Tai;- nicht arbeiten, der Mann bei der Nacht nicht schlafen." Der Mohi- fordert sie auf. in sein Schiff zu treten. Dort" finde sie Kräuter, um Mann und Solni zu heilen. Kaum aber ist sie ins Schiff getreten, als er sie entfülu-t. Sie weint und klagt: „Wer wird meinen Solui versorgen? AVohin werde icb geführt?" Der Mola- entfülii-t sie zu einem weißen Schloss, wo sie Beschließerin wird. Sie bleibt daselbst sieben Jahre und drei Tage, und vom hohen Fenster aus klagt sie um ihren Sohn. Hieinit bricht das Lied nach dem Obermöseler Text (Nr. 45) ab. um in anderen Fassungen eine neue Fortsetzung zu er- halten. Die Unterschiede zwischen der slowenischen und der Gott- scheer Ballade sind gering. Hier verlässt die Heldin nicht freiwilhg Mann und Kind, sondern wii'd entfülu-t. Was auch viel natürlicher ist, da sie sich hernach zu beiden zurücksehnt. Hier wird sie nicht Amme, sondem Beschheßerin. In Gottschee war es eben nie übHch, dass sich jmige Mütter als Ammen in die Fremde verdingten. Der Name Spanien und das Gespräch Vidas mit Sonne, Mond und der Königin ist weggefallen. Bedenkt man, dass uns nur sehr wenige von den wirklich vorhandenen slowenischen Volksballaden aufgezeichnet sind, dass von der Gottscheer Ballade vorläufig auch nur diese eine Fassvmg ans Licht getreten ist, so dürfen wü.- wohl annehmen, dass in un- bekannten Fassungen die beiden Lieder sich noch mehr nähern. Sicher ist die Ballade slawischen Ursprungs und die Gottscheer Fassung eine Bearbeitung. Mohren sind, wenn ich mich recht erinnere, im deutschen Volksliede sehr seltene, im südslawischen Volksliede hingegen sehr häufige Gäste. Die Entführung junger Frauen und Mädchen durch Andersglävibige war bei den Südslawen an der türki- schen Grenze jahrhundertelang an der Tagesordnung und bildet daher auch den Gegenstand vieler Balladen (vgl. luiten die Anmerkimgen zu Nr. 73—75).

Die slowenische Ballade schließt unbefiiedigend, sie bricht ab. Es ist begreiflich, dass die Volksphantasie hier weiter arbeitete imd einem erfreulichen Schlüsse zudrängte. Und so erzählen die anderen Gottscheer Fassungen, dass die schöne Wäscherin wieder Gelegenheit findet, zu ihrem Sohn heimzukehren. Ob die Avismalung dieser Rück- kehr von den Gottscheern geschaffen wui-de, oder ob sie aus einer verloren gegangenen slowenischen Variante der Vida- Ballade ge- schöpft ist, lässt sich vorläufig nicht entscheiden. Wir finden sie in den Nummei'n 46 49, wo die schöne Maria bereits mit der merarin in eine Person verschmolzen ist. Ein Vorgang, der nicht im gering- sten auffällig oder unerklärlich ist. Die Balladen von der Mare und von der Meererin haben, wie oben gezeigt wurde, äuJSerhch ganz die gleiche Situation und den gleichen Eingang, sie konnten also leicht vermengt werden. Ferner ist die Meererin-Ballade das bekannteste mid beliebteste Gottscheer Volkslied. Sie wird noch heute in allen

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Theileri der 'Spracliiusel. auch in der Stiidt gesungen, was lici den übrigen \'olk.sliedern durcliaus nicht dei- Fall Ist. Beliebte volksthiun- liche Stott'e aber ziehen verwandte Motive mit gleichsam magnetischer Kraft an, sie eignen sich fremde Lieder völlig zu oder zerspi-engen sie, um sich das daraus zu nehmen, was ihi'er Eigenart zusagt. So wurden also auf die Meererin Krlebnis.se der Mare übertragen. Die Erscheinung der Meererin blieb als die kriiftigere liestelieii und ver- drängte den Namen Mare und allmillilich aiicli deren besondeie .Schick- sale, die zur ursprünglichen Lage der Me.ererin uiciit passteu. Schritt für Schritt können wir über Xr. 46, 49 und 47 diese Umwandlung ver- folgen. Gewiss wurde in die Mare-Ballade zuerst nur der Name der Meererin aufgenommen. Durch den Namen aber wurde sie zur Heldin, und die Motive der deutschen Meererin-Eallade beeintlussteu das ganze ursprünglich slowenische Marelied. So entstand die merkwürdige Ver- wiiTung der Begebenheiten.

Nr. 46 hat also noch einen Inlialt. ilei' mit 45 fast ganz über- einstimmt. Doch mit dem Namen Meererin kam auch sclion der Kehr- i'eim „Die schöne, die junge Meererin" ins Lied. Name der Heldin. Titel, Eingangsvers und Kehrreim sind also jetzt in Nr. 46 gleich der unverniengten Meererin-Ballade Nr. 44, darum wird auch dieses Lied mit der Meererin-Melodie gesimgen. Die Mare-Melodie haftet nui'an 4.'). Alle anderen Fassungen 44, 46, 47 49, 51 gelten iiacli dem .N'amen der Heldin, nacli Eingang und Kehrreim als Meererin-Balladen und haben die gleiche Melodie. In 46 ist der Mohr schon lallen gelassen. es tritt dafür der schöne Twan ein. Iwan ist die in (iottschee nicht übliclie slawische Bezeichnung für Johann. Der Entführer ist also noch immer ein Fremdling, wenn auch nicht mehr andersfarbig inid andersgläubig. In 49 ist der Entführer „ein junger Herr", der also nicht mehr als Fremdling bezeichnet wird; in 47 sind es bereits die zwei jungen Herren der eigentlichen Meererin-Ballade. Der sch('>ne Zug aus Nr. 45, dass die Wäscherin im Schitt' Kräuter linden soll, ihren Sohn zu heilen, ist in 4S erhalten, in 4G verwiscbt uml in 47 ganz vergessen; hier treten Pfeif lein als Spielzeug für den Solin ein. Der alte Mann luid der junge Sohn, über die die AVäscherin klagt, sind in 47, 48 und 49 geblieben, vereinzelt tritt in 46 für den alten Mann die böse Schwiegermutter ein. Die betreifende Sängex'in mag da wohl aus ihrem eigenen Leben geschöpft haben. In 46 ist sclnni, wie auch in 47 und 48 die Rückkehr der Wäscherin angefügt. Sie iindet ihren Sohn in der Heimat als Hii-tenknaben wiedei-.

Nr. 47 hat außer den schon erwähnten Motiven aus Nr. 45 auch noch den Zug übernommen, dass die Wäscherin am jenseitigen Meeies- ufer angelangt (von der neuen Herrschaft?) umai-mt und geküsst wird. 47 hat die breitesten Ausführungen, besonders über die Hückkehr. Der Schifl'mann sagt zur Wäscherin, was sie alles im weißen Schloss

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werde tliuii luüs.seii: mit ihren weißen Händen die Kasshäliue uffiien. mit Direm Rock die Stiegen kehren, Xacli sieben .laliren l)lickt die Wäscherin zum Fenster hinaus, nacli ihrem 8ohn sieh sehnend: das Wiedererblühen eines dürren Kirschbaums (vgl. darüber oben 8. 172) ist ihr ein Zeichen, dass sie heimkehren werde. Am heimatliclien Strand angelangt, findet sie drei Hirten. Einer davon ist traurig. Sie fragt nach dem Grund. Weil seine Mutter seit sieben Jaliren weg ist. erwidert er. T)a nimmt sie ilm /.u sicli ins Schiff und gibt sich zu erkennen.

Nr. 48 ist eine etwas kürzere N'ariante zu 47. Hier landen im Kahn gar drei Herren, was wohl eine spätere Änderung ist. Die Vor- liebe des Volksliedes für die Dreizahl mag sie verursacht haben. In der Meei-eiin - Ballade, die Radi es (226) in Göttenitz hörte, landen auch di'ei jiuige Herren. Es ist aber im Verlaufe des Liedes nur von dem einen jungen Herrn die Rede. Er verspricht der Wäscherin, sie zur Eraii zu machen. Sie glaubt es nicht und fürchtet, dass sie als Schweinemagd- werde dienen müssen.^ Nach ihrer Rückliehr findet sie unter sechs Hirtenknaben ihren Sohn. In 48 \rä'd nicht wie in 46 imd 47 ausdrücklich gesagt, dass der Knabe zur Mutter ins Schiff tritt, doch aus ihren Worten: „Komm her, liebes Kind", lässt es sich schließen. In keiner Fassung steigt die Wäscherin nach der Rückkehr ans Land der Heimat. Hat sie sich nur den Sohn geholt, um zu ihrem Entführer, der vielleicht ihr Mann geworden ist, wieder zurück- zufahren? Die uns vorliegenden Lieder geben keinen Aufschluss darüber.

Nr. 49 ist eine stark gekürzte Fassung der mit dem Mare-Motiv vermengten Meererin-Ballade. Es ist nicht immer richtig, in der Volks- poesie die kürzesten Formen für die ältesten zu halten. Wohl sind häufig ursprünglich einfache und kurze Lieder durch fremde Zusätze umgestaltet und erweitert worden. Doch es kann auch ein längeres Lied auf dem Wege der mündlichen T^berlieferung bei mangelndem Gedächtnis verderbt und geküi-zt werden. Ein Beispiel dafür ist eben 49, das ich im Jahre 1886 in Rieg nach dem Gesang eines jungen Mädchens aufgezeichnet habe.

' In Nr. sagt der Entführer zur Meererin: Du wirst sein meine Kellerin, meine Schlüsselträgeriu. Und sie erwidert: Ach, wollte Gott, nur eure Saudiru. Diese beiden Stellen stammen wohl auch aus slowenischen Liedern. In der slowenischen Ballade ,,Ribniska Alencica-' (Stanko Vraz. 33) ruft ein Mädchen, das der Türke entführt, einen Grafen um Hilfe an :

Ste hotli meti me gospo Ihr wolltet mich zur Gattin haben,

Naj bom za vaso kuharco Nehmet mich doch als Köchin

Za hisno dajte mene vzet Nehmet mich doch als Hausmädchen.

Ste hotli me gospo imet Ihr wolltet mich zur Gattin haben,

Za svinjarico prosim vzet. Bitte, nehmt mich als Schweinemagd.

Vgl. auch Nr. 71b.

410

Nr. 50 Das scliöne Mädclieu ist mm wieder ein ganz l'ür sicli stellendes Lied mit einem l)esonderen Erlebnis, einem besonderen Titel imd einer besonderen Melodie.^ Die Heldin heißt hier nur das schöne Mädchen. Sie wäscht am Meeresufer, da kommen in einem Kahn der Bruder und der Geliebte. Der Bruder tragt, welche Hosen wäschest du weiliery (Die Gottschter trugen ja früher weiße Leinen- hosen.) Das Mädchen erwidert: „Die des Bruders." Das heißt: sie bevorzugt überhaupt den Bruder. Denn einen Bruder kann sie nicht mehr bekommen (_wenn sie den einen verlöre), einen Geliebten noch leicht. Der Geliebte erzürnt und will sie tödten. der Bruder hindert ihn daran: „Wir wollen Schwäger bleiben." Den Ausspruch der Schwester entschuldigt er mit dem Gemeinplatz: Die Weiber haben langes Haar und kurzen Sinn. Dieses Motiv von der Gegenüber- stellung des Bruders und des Geliebten ist uralt. Es findet sich schon bei Herodot (3, 119). Im südslawischen Volksleben und in der süd- slawischen VoLkspoesie wird (im Gegensatz zu der germanischen An- schauung) inuner der Bruder dem Geliebten vorgezogen."^ Und zweifel- los ist auch Nr. 50 .slawischen Ursprungs.-'*

Wie die Mare-Ballade, so wurde auch „Das schone Mädchen" wegen der äußerlich ähnlichen Situation mit der Meererin-Ballade ver- knüpft. Schon Nr. 50 zeigt Wendungen, die wörtlich mit der „Meererin" übereinstimmen und ihr sicher entnommen wurden. In Nr. 51 aber sehen wir die Begebenheit von 50 ganz auf die Meererin übertragen.-' Auch das Lied 52 Katharina"' erzählt das gleiche Ereignis, das .sich aber hier nicht am Meeresufer abspielt. Katharina arbeitet auf dem Acker, da kommen nach siebenjähriger Abwesenheit ihr Bruder und ihr Geliebter heran. Hier kami natürlich nicht nach dem AVaschen der Hosen gefragt werden, sondern der (beliebte fragt : „Um wen war's dir (^während der Trennimgi mehr leid, um den Bruder oder um den Geliebten'?" Die Antw'oit und der Schluss sind wie in 50. Aus der viel poetischeren mid passenderen Frage in 52 ergibt sich, dass dieses Lied wahr- scheinlich das ältere ist luid 50 schon unter dem Einfluss der Meererin an das Meeresufer verlegt wurde. Hat das Mädchen einmal den Namen Katharina verloren und wurde sie zur Wäscherin, so konnte sie auch leicht mit der Meererin verschmolzen werden. Jedenfalls aber hätte

' Die Melodie habe ich leidei' nicht feststellen können, da ilie Frau, die Herrn Perz Nr. 50 vorgesungen hat, bald danach nach Amerika ausgewandert ist. Doch versichert mir Herr Perz, dass die Melodie des Liedes von der Meererin- Melodie vollständig abweicht.

- Vgl. auch Krauß, Sitte und Brauch, 221 f.

^ Leider gelang es mir nicht, eine Parallele zu linden.

■* Mit dem Seeräuberlied (Uhlaud, Nr. 117 und Vilmar, Handbiichleiii. 2UH). das Schrüer in der ,,Grermania". 14. 328 und 3.i51 heranzieht, hat es gar keine Ähnlichkeit.

^ Nr. 5'2 hat auch eine eigene Melodie, ob si(! gleich ist der verloren- gegangenen Melodie in Nr. 50, weiß ich nicht.

411

ilas ganze Motiv nicht auf die Meerei'iii überti-agen werden können, wenn nicht die beiden Männer im Kahn auch in der Meererin sclion von Haus aus als Bruder und Geliebter betrachtet worden wären. Es hätte ja sonst jeder Berührungspunkt gefehlt.

Aus der Vergleichung aller dieser Nummern ersehen wLr also, dass Nr. 44, das mit der Kudrim-Dichtung die gröBte Ähnlichkeit hat, die älteste Fassung aller (Tottscheer Balladen von der Meererin ist. Aus einer Vermengung von 44 mit 45 ( Mare-Ballade) entstanden 46 49 ; aus einer Vermengung von 44 mit 52 (Katharina-Ballade) über 51 ent- stand 50. Die Mare- und Katliarina-Ballade sind zwei besondere Lieder mit eigenen Heldinnen, Ereignissen und Melodien, beide (45 bestimmt) slawischen Ursprungs, beide hatten ursprünglich mit der Meererin- Ballade keine CTemeinschaft.

Von ganz anderem Inluilt ist die nachfolgende Gottscheer Ballade, die uns auch Mädchen am Meeresufer waschend darstellt.^

53. Von zwei Köuigstöcbterii.

Eüi König hatte zwei Töchter. Um die ältere bewerben sich geringere Freier, als mn die jüngere ; darum bewegt jene die Schw^ester, mit ihr ans Meeresufer waschen zu gehen, wo sie sie ins Meer stößt. Die ertx-unkene Schwester aber ruft aus dem Meeresgrund vorüber- ziehenden Geigern zu, sie mögen ihre Haare als Saiten, ihre Finger als Wirbel verwenden und vor des Königs Thür ihr Schicksal ver- künden. So kommt die Unthat ans Licht. Aus Schweden, Nor- wegen, Dänemark, Island, den Faröer-Liseln, England und Schottland keimen wk Volksballaden, die fast den gleichen Inhalt haben. Nur ist es hier überall eine Harfe, die aus den Körpertheilen der ertränkten Schwester gemacht ward. Am nächsten kommt die Gottscheer Fassung der auch von Uhland übersetzten schwedischen Ballade. (Nachweise und Texte bei Eeinhold Köhler, Aufsätze über Märchen und Volks- lieder, 79 99.) In Deutschland ist die Ballade nicht bekannt. Das ale- mannische Lied bei Erlach, 4. 397, ist nur eine spätere Übersetzung. Das Märchen vom singenden Knochen (Grimm, Nr. 28 und die An- merkungen) weicht in wesentlichen Punkten ab: hier tödtet ein Bruder den andern: aus den Körpertheilen des Ertränkten macht ein Hirte ein Hornmundstück. Umso auffälliger ist die Übereinstimmung zwischen Nr. 53 und den nordgermanischen Fassungen. Diese sind alle erst in jüngerer Zeit aufgezeichnet worden, das Gottscheer Lied aber muss schon sehr lange im Lande seüi. Es hat in Stil, Metrum, Mundart alle die Gottscheer Eigenthümlichkeiteu und viele besondere Züge: mehrere Werber, mehrere Spielleute, eine Geige statt der Harfe u. s. w.

' In eiuem rein lyrischen neugriecbisulien Volksliede (Gustav Meyer, 4Hj wäscht aucli ein Mädchen am Meeresufer. Ein Wind hebt den Saum ihres Kleides empor und von dem Widerschein erglänzt Ufer und Land und die ganze Welt.

412

Das Rätlisel kann wolil uiolit anders gelöst werden, als indem iiiaii auninnnt. dass auch in Deutschland vor Jaln-hunderten eine Volks- l)allade gleichen Inhalts bekannt war und später verloren gegangen ist.

54. Der todte Freier.

Diese Ballade gehört dem über ganz Europa verbreiteten Märchenkreise an, der von Bürgers „Lenore" (1773) den Namen Lenorenstoff erhalten hat. Es ist das Märchen vom todten Bräutigam, der sich nachts sein Liebchen holt und sie dem Grabe zvit'ührt. Häutig ist der Stoff in deutschen Volksliedern behandelt worden. Wir haben Lieder vom todten Freier aus Baden, Franken, Thüi'ingen, Schlesien, dem Kuhländchen, Böhmen, Tirol, .Steiermark, Kärnten (vgl. Erk, Nr. 197« 197g). Doch alle diese Lieder weichen von Bürgers „Lenore" luid von der (iottscheer Ballade Itedeutend ab. Sie erzählen nichts von dem gespenstischen Ritt und nichts vom Kriegsdienst des Bräutigams. Der Jüngling kommt in der Nacht zu seinem Liebchen. Er riecht nach Erde, weil er schon achthalb Jahre im G-rabe lag. Seiner Aufforderung folgend, rüstet sich die Braut zur Trauung. Während der Voi'bereitung stirbt sie. So ist beider Sehnsucht ge- stillt, friedlich vereinigt sie der Tod.

Viel näher steht die Clottscheer Ballade den in Norddeutschland (im Münsterland, in Schleswig -Holstein und Ostpreußen) und noch näher den in Ober- und Niederösterreich, Böhnien, Mähren, Tirol luid Kärnten^ verbreiteten Lenoreninärchen. In allen diesen Fassinagen heißt es Avährend des B.itte.s : Wie hell scheint der Mond, wie schnell reiten die Todten. Ferner die Frage desReitei-s: „Fürchtest du dich, Geliebte V" und ihre Antwort: „Warum soll ich mich fürchten, ich bin ja bei du-." Also wörtlich wie inGottscheeiNr. 54'', nm- wenig abweichend 54 und 54'^). Aber auch alle andern Züge unserer Ballade linderj sich in den oberösterreichischen Märchen. Auch doi-t ist der Jüngling in den Krieg gezogen und kommt zurück, weil er der Geliebten ver- sprochen hat, ob todt oder lebendig Kunde von sich zu geben. Er kommt in der Nacht, sie schwingt sich zu ihm aufs Pferd und nun reiten sie in Eile dem Friedhof zu. Er nur versinkt ins Grab (die Friedhofscene ist in Oberösterreich breiter ausgemalt als in Gottschee), sie rettet sich, findet aber am Morgen, dass sie in einem fi-emden Lande ist und braucht Jahre lang, um in die Heimat zu gelangen.

Diese österreichischen Fassungen sind sicherlich von den zahl- reichen, mannigfaltig ausgeführten, aber immer grausigen Lenoren- Märchen der verschiedenen slawischen Stämme beeinflusst. Die Gottscheer Ballade insbesonders zeigt nähere Verwandtschaft mit

' Zu den Angaben liei Ericli S chmid t. ('harakteristiken. 2'& f., 241 f. füge ich hinzu: Hauser, Sagen aiis dem Paznaun, Nr. "■) : ,,Carintbia-', tiS, -J-l If . ; Zeit- schrift ,, Riesengebirge", 10, Ut.

41B

einem slowiMiisclieii Märclieu (Ljubljauski Zvoii, 1892, 402 f.) und mit einer slowenischen Ballade. i>hue davon abhängig- sein /ii müssen. Die slowenisclie Ballade (niitgetheilt von Valjaver;, Narodne Pripo- vjesti-. Agram 1890, S. IV ff.i erzählt: Sie macht im Garten ans Rosmarin und iS'elken einen Strauß. Mit Thränen befeuchtet sie ihn, mit einem schwar/en Faden bindet sie ihn : „(^b du todt bist oder lebendig, Anzelj, um das Stränßchen wirst du kommen." Und nachts um 11 Uhr klopft Anzelj ans Fenster: ,,0b todt oder lebendig, icli komme um den Strauß." Sie uiacht sich bereit, er nimmt sie auf das Pferd imd nun reiten sie rasch dahin. Als sie schon weit auf das Feld gekommen sind, fragt er:

„Poglej, poglej deklesce ti „Schaii. schau, du Mädchen,

: In pa povej. al strah te ni. : : Und sag', fürchtest du dich nicht'?:

Luna in zvezde svetijo Der Mond und die Sterne leuchten,

: Mrlici hitro jezdijo" : : Die Todten reiten schnell." :

„Kaj bo me strah, kaj ho me strah'/ „Wie werd' ich mich fürchten'?

Sej s'ti pri inen, moj Anzelj mlad. Du bist ja bei mir, mein junger Anzelj.

AI pusti V miru mrtve spat. Doch lass die Todten im Frieden

schlafen . Luna in zvezde svetijo Der Mond und die Sterne leuchten,

: Da nania kraj cas delajo. : Damit sie uns die Zeit verkürzen."

Dieses Gespräch Aviederholt sich dreimal. Sie kommen auf einen „geweihten" Friedhof. Ein Grab steht offen, Anzelj legt sich hinein, sie haucht am Grabe ihre Seele ans.

Die Gottscheer Ballade ist also das einzige erhaltene deutsche Volkslied, das den gleichen Inhalt hat wie Bürgers verlorne volks- thümliche Vorlage. Alle übrigen damit übereinstimmenden nord- deutschen oder österreichischen Volksüberliefeiimgen werden in Prosa erzählt. Über Strophe 5 f. unseres Liedes vgl. oben S. 151 und Nr. 85.

Über die Bedeutung und weite Verzweigimg des Lenorenstoffes bei Geiinanen, Slawen und anderen Stämmen will ich mich hier nicht weiter ergehen, nm nicht oft Gesagtes zu wiederholen. Die beste mid eingehendste Übersicht hat Erich Schmidt, Charakteristiken, 219 bis 244 (mit einem Excurs von Alois B ran dl), geliefert,

55 1111(1 55«. Treue Liebe.

Eines der ältesten und verbreitetsten deutschen Volkslieder. Der älteste bekannte Text ist bei Uhland Nr. 116 nach einem Lieder- buch von 1592 gedruckt : doch muss das Lied schon aus dem 14. Jahr- hundert stammen, weil im 15. Jahrhundert eine geistliche Umdichtung nebst Melodie erhalten ist (vgl. Erk, 1, 237). Die bei Uhland abge- druckte ältere Fassimg ist heute im Volksmnnde nicht mehr lebendig. Doch eine davon theil weise abweichende Fassung (Simrock, Nr. 84: Erk, Nr. 67 1j) \vird noch in allen deutschen Landschaften gesungen.

414

nur in den Alpen ist das Lied unbekannt (Nachweis beiErk, 1.243). Alle iliese mite rein and er fast gleichlautenden Liederhaben den Anfang: Es steht (stand) eine Lind im tiefen Thal. Ist oben breit imd nuten schmal.

Die Liebenden trennen sich initer der Linde. Nach mehrjähriger Abwesenheit kehrt er zurück. Sie erkennt ihn nicht, und als er ihr niittheilt. ihr Liebster habe sich verheiratet, wünscht sie ihm trotz- dem so viel Glück als Sand im Meere ist. Da reicht er ihr sein weißes Tuch : „Trockne deine Thränen ; ich bin dein Geliebter. Hättest du einen Fluch gethan. so wäre ich wieder davon geritten." Den gleichen Lihalt, vielfach die gleichen Wendungen zeigt die Gottscheer Fassung Nr. 55«. Nur ist sie knapper und hat einzelne Züge ver- gessen: die Frage des Reiters, ob das Mädchen ihrer Eltern wegen traurig ist, die Überreichimg des Ringes, einzelne Vergleiche im Glück- wunsch des Mädchens u. s. w. Neu ist im Gottscheer Lied die Er- wähnung des runden Tisches unter der Linde (vgl. darüber S. 61).

Dieses Motiv der Liebesprobe wird außerdem noch in mehreren deutschen Yolk.sHedern erzählt, die von den zwei oben erwähnten Fassungen mannigfach abweichen. Bald ist der Eingang anders, bald weicht die äußere Erscheinung des Reiters, bald das Gespräch zwischen den Liebenden oder die Schluss-Strophe davon ab (Erk. Nr. 67''— 67^1 Auch bei den Romanen. Wenden. Czechen iRei ff erscheid, 154 158. Zeitschrift des Vereines für Volkskunde. 1. 418 ff i. bei den Slowenen (Stauko Vraz, 60. 61 f.. 94) finden sich vielfach variierte Lieder desselben Stoffes.

Unsere Gottscheer Ballade Nr. 55 hat im wesentlichen den gleichen Inhalt wie 55'\ nur breiter ausgeführt: sie stimmt also im allgemeinen mit der verbreitetsten deutschen Form (Erk, Nr. 67c) über- ein. Im Beginne die Erwähuimg der Linde auch hier mit dem rnnden Tische Der Jüngling nmss in den Krieg ziehen. Die Trenniuig wird auf sieben Jahre angesetzt, wie in den meisten Liedern ; nach Ablaui' der Frist erwartet das Mädchen den Geliebten in einem Garten. Dann erfolgt das Gespräch und die Erkennimgsscene wie überall. Diese Gottscheer Ballade 55 aber hat einen von allen übrigen Par- allelen abweichenden Schluss:

Es kann inid mag nicht ander.*« sein, Wir beide müssen beinander sein.

und außerdem ein uraltes Sagenmotiv, das all den vielen deutschen, romanischen und slawischen Liedern von der Liebesprobe fehlt. Der scheidende Soldat sagt hier zur Geliebten: „Wenn die Zeit um ist, dann steig ins Giebelfenster' und schau hin in die Reifnit/.er Gegend.

' V. 11 und IH lieitit cH richtig linle, iliminutiv zu lin), das kleine (iliobel- fVnster. und nicht lindl-', wie Schröcr sclireiKt. Sio wird dooh nicht in die F^indn

415

Siehst du dann eine lothe Faline, su hin ich uuch am Leben, siehst du eine schwarze Fahne, so bin ich todt." Nach sieben Jahren und drei Tagen schaut sie zum Giebelfenster hinaus, sieht eine rothe Fahne, glaubt aber, es sei eine schwarze Fahne. Sie zieht in den Gai-ten und weint, bis der ihr fremde Reiter heransprengt. Dieses Motiv: die Vereinbaning mit den verschiedenen Farben und der Irr- thum des Wartenden, finden wir wiederholt in der antiken und in der mittelaltei'lichen Sage. Tlieseus hatte bei der Rückkehr von Theben vergessen, das verabredete weiße Segel aufzuhissen, sein Vater Ägeus. der ein schwarzes zu sehen glaubte , stürzte sich ins Meer. Der schwerkranke Tiistan harrt lange aixf die heilkundige Isolde. Endlich naht sie, der Verabredung gemäß mit einem weißen Segel. Ti-istans eifernde Gattin aber sagt fälschlich, es sei ein schwarzes, und der Ki-anke stirbt vor Kvunmer. In einem sonderburgischeu Märchen (Müll enh off, 49) soll der Jüngling gemäß der Verabredung seiner Geliebten durch ein rothes Tuch seine Begnadigimg anzeigen. Er irrt sich und nimmt das weiße Tuch, worauf sie sich ersticht. Näher der Gottscheer Ballade ist der Gegenstand im deutschen Märchen von den zwölf Brüdern (Grimm, Nr. 9). Die Königin sagt zu den aus- ziehenden Söhnen: „Gebär ich ein Söhulein, so \^dll ich (auf dem Schlossthurm) eine weiße Fahne aufstecken, und dann düi-ft ihr wieder- kommen; gebär ich ein Töchterlein, so Avill ich eine rothe Fahne auf- stecken, und dann flieht fort und deV hebe Gott behüte eiich."

Dieser Zug ist also sehr alt und es ist möglich, dass er vom Anfang an in dem Liede von der treuen Liebe vorhanden war. dass ihn aber die jüngeren deutschen Fassungen verloren haben. Die heute in Deutschland gesungene Fassung (Erk, 67c) hat ja auch andere alte Züge, die noch in dem Liede aus dem 16. Jahrhundert (^Erk, 67 a) sich finden, fallenlassen. Unsere Ballade 55 ist in "Worten und Wendungen ganz gottscheeiisch gehalten. Da nun das Lied von der treuen Liebe in Deutschland schon im 14. Jahrhundert bekannt war. so haben die Gottscheer Nr. 55 sicherhch schon bei der Ein- wanderung mitgebracht. Doch die zweite Gottscheer Fassung 55 1 steht den deutschen Parallelen im Inhalt und Wortlaut viel näher und wird nach einer auch in Deutschland bekannten Melodie gesungen, ist also gewiss erst später m die Sprachinsel gebracht worden.

56. Der Bettler. 57. Auf der zweiten Hochzeit. 58. Der Herr Leze

(Alexiiis).

Drei Balladen von der Heimkehr des todtgeglaubten Gatten. In Nr. 56 kommt der Gatte als Bettler heim. Er findet seme Frau als Braut beim Hochzeitsmahl sitzend. Die Braut hat Erbarmen mit dem

hinauf klettern. Außerdem heifit es V. 2i: sie zieht „hinaus" in den Garten. Also aus dem Haus hinaus, nicht von der Linde hin.ius. was sinnlos wäre.

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Bettler Uli«] leiclit ilmi oiii (ilas Wein. J)a gibt sich der Gatte z\i er- kennen und der Bräutigam, der dies liöit, springt zum Hause hinaus. In diesem knappen Bericht ist alles poetische Beiwerk, doch auch mancher wichtige alte Zug der Sage fallen gelassen, so die Angabe der Trennungszeit und die Wiedererkennung durch ilen King. Diese beiden Motive sind in Nr. 57 bewahrt: Der nach sieben Jahren heim- kehrende Soldat erlalii-t durch einen alten Mann (seinen Vater), dass seine Frau eben Hochzeit hält. Er begibt sich ins Hochzeitshaus zur Tafel. Die Gäste trinken der Braut zu. Sobald die Reihe an den Sol- daten kommt, trinkt er auch und lässt dann seinen Ehering (in das Glas?) fallen. Da erkennt ihn die Braut inid will den zweiten Bräutigam verabschieden. Der Soldat aber will nicht Unfrieden machen und verlässt sie für innner: „Ich sehe dich heut und nimmermehr!" Verwandt damit ist Nr. 58. Als aber hier der Gatte nach der aus- Ijedungenen Frist von sieben Jahren luid sieben Tagen heimkehrt, ist die Frau bereits lange wieder verheiratet luid zwar gerade mit dem jmigen Goldschmied, den er ihr verboten hat, und seine Kinder sind Dienstboten. Sobald er dies erfährt, zieht er traurig wieder zurück ins Heer. Der Name Leze ist eine Abkürzung von Alexius. Da die verwandte Legende dieses Heiligen auch in Gottschee ge- sungen wird (vgl. Nr. 25), so ist die t^bertragung des Namens auf den vorliegenden weltlichen Stoff leicht möglich gewesen. Die Über- tragung ist nur äußerlich und Nr. 58 kann durchaus nicht als Legende betrachtet Averden.

Die Heimkehr-Sage wird er/iihlt in der bekannten deutschen Ballade vom edlen Moringer iL lila nd,. Nr. 298). Auch hier kehrt der Gatte nach siebenjähriger Trennung heim und fleht als Pilger un- erkannt in seiner Burg um eine Gabe. Sein Weib, das eben beim Hochzeitsmahl sitzt, reicht ihm, von Mitleid gerülu-t, einen Becher Wem. Der Moringer wirft seinen Ehering hinein mid wird daran von der Frau erkannt. Die Frau fällt auf die Knie, der Moringer ver- zeiht ihr und dem Bräutigam. Die Grundzüge sind also die gleichen wie in der Gottscheer Ballade 57 (und 56). Beide Lieder sind gleichen Ursprungs, haben sich aber von einander entfernt, indem die Moringer- Ballade den Stoff in einer unvolksthümlichen Versart und Behandlung bis zu vierzig Strophen erweitert luid ausgeschmückt zeigt, während die Gottscheer Balladen nur einen dürftigen, schmucklosen Auszug des Ereignisses geben und aus dem ritterhchen Abenteurer einen modernen Soldaten gemacht haben. Die Moringer-Ballade ist scdion für das 14. Jahrhundert belegt (vgl. Böhme, 36). Der Stoff' ist also sehr alt. Die Gottscheer müssen ihn schon bei ilirer Einwanderung mitgeb)-acht haben, denn in späteren Jahrhunderten winl er. soviel uns })ekannt ist, nirgends vom Volke gesungen imd fehlt auch unter den heute lebenden Volksliedern. Die Gottscheer Balladen 50 und 57

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erscheinen uns also umso wertvoller als die einzigen erhaltenen Eeste des alten Volksliedes vom heimkehrenden Gatten, das dem kunstmäßig dichtenden Bearbeiter der unvolksthümlichen Moringer-Ballade als Vorlage diente. Tn Gottschee hat sich aber der Gegenstand um so leichter erhalten, als hier bei der Wanderlust der Männer ähnliche Ereignisse (Wiederverniählung oder Untreue der jahrelang verlassenen Gattin) im v^'irklichen Leben thatsächlich vorgekommen sind.

Die Heimkehr-Sage im allgemeinen ohne nähere Beziehung zu unseren Balladen ist bei den Germanen und anderen Stämmen über- aus häutig poetisch behandelt worden (Nachweise bei Uhlaud, Schriften, 4, 295 ff. und Böhme, 31), vor allem aber kehi-t der schöne Zug aus Nr. 57, dass der unerkannte Gatte seinen King in den Wein mrtt, den ihm die Frau credenzt, immer wieder. So im jüngeren Hildebrands-Liede (Böhme, 3), iin Liede und in der Sage von Hein- rich dem Löwen (Böhme, 31; Grimm, Sagen, Nr. 526), im Märchen vom Bärenhäuter (Grimm, Märchen, Nr. 101), in der Sage vom Grafen Hubert von Calw (Grimm, Sagen, Nr. 530), die dem Moringer- Stoffe am nächsten kommt, in der Frithjofs-Sage u. s. w. Dass Liebende oder Gatten sich nach langer Trennung am Ringe erkennen, ist begreif- licherweise eines der häufigsten Sagenmotive und findet sich nuter anderem auch in der Kudrun und der eben behandelten Liedergruppe von der treuen Liebe.

Unsere Ballade 58, die ja von 56 und 57 in wesentlichen Punkten abweicht, hat mehrere Parallelen im heutigen deutschen Volkslieder- schatze. In Hessen, Schlesien, Deutsch-Böhmen werden Balladen von des Soldaten Heimkehr gesungen. Der Soldat, der lange in der Fremde war, findet seine Frau mit einem anderen Manne und mit kleinen Kindern wieder. Er nianmt sich den ältesten Sohn und zieht in den Krieg zurück (Mittler, Nr. 262; Hoffmann, Nr. 228; Hruschka imd T o i s c h e r, 228 ; S i m r o c k, Nr. 310 u. a.). Bei den Südslawen der Balkan-Halbinsel darf das Weib sich wieder verheiraten, wenn der Mann neun Jahre lang ausbleibt. Kehrt er dann zurück, so hat er nur in dem Falle ein Anrecht auf sie, wenn die Frau mit dem zweiten Mann keine Kinder erzielt hat. Das ist altes Gewohnheitsrecht und manche volksthümliche Erzählungen berichten davon (vgl. Krauß, Sitte und Brauch, 229 232j. Auch von modernen Dichtern wurde die Heimkehr des todtgeglaubten Gatten zu dem wieder verheirateten Weibe wiederholt erzählt, so in Tennj'sons „Enoch Arden", in Maupassants „Le retour" u. s.w.

Nr. 59. Der junge Bnl». Nr. 60. Ein Sclineiderliedchen.

Nr. 59 berichtet: Ein Jüngling erhält die Botschaft, sein Lieb- chen sei sterbenskrank. Er eilt zu ihr, findet sie aber bereits todt. Da stirbt auch er vor Schmerz. Man begräbt die beiden neben einander. Hirn u. Wackern eil, Quellen u. Forschungen. 111. 27

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Biesen Inhalt zeigen aucli eine größere Reilie deutscher, unter einander uahverwandter Volkslieder vom treuen Knaben, von der ster'benden Geliebten, vom treuen Husaren u.a. (Erk, IS'r. dS"^ 93^; Mündel, Nr. 27). Der Gottscheer Ballade am nächsten kommt darunter das Lied vom Edelknaben (Erk, Nr. 93e), das außer dem gleichen Stoffe auch eüien ähnhchen Schluss hat: aus dem Grabe der beiden erblülien Lilien, die die Liebe des Paares verkünden. Noch näher aber steht mi- serer Nr. 59 das slowenische Lied D va groba. Zwei Gräber (S t a n k o Vraz, 123). Ein Vogel verkündet dem Ivan, dass seine Geliebte schwer krank sei: er eilt zu ihr. findet sie todt und stirbt ^•or Schmerz. Man begräbt sie zu beiden Seiten der Kirche ; eine Rose und eine Lüie wachsen aus ihren Gräbern. Der Schluss von Nr. 59 kehi-t wört- lich wieder in Nr. 60 und 62 f. Vgl. über dieses alte Motiv oben S. 178 ff. Ein zweites slowenisches Lied (Koritko, 3, 67) ist auch verwandt. Das sterbende Mädchen spricht hitr den Wunsch aus, der Geliebte möge sich eine andere erwählen. In Nr. 60 begegnet das gleiche Schicksal einem Schneider. Der Stoff von 59 ist hier dahin variiert, dass der Schneider gerade an einem Faltenhemd und einem Häubchen für die Geliebte näht, als ihm ein Vöglein deren Tod meldet. Das Faltenhemd war offenbar für den Brautanzug bestimmt, das Häubchen aber in älteren Zeiten die Kopfbedeckimg, durch die sich die Gott- scheer Frauen von den Mädchen unterschieden, imd die sie gleich am Tage nach der Trauung aufsetzten (vgl. S. 52). Der Schneider nimmt seiner todten Bi-aut den jungi'räuüchen Kranz von der Stirne und setzt ihr das Häubchen auf, um sinnbildlich anzudeuten, dass er sich ihr im Tode vermähle. Der Vogel als Bote, vgl. Uhland, Schiiften, 3, 109 ff.; Erk, Nr. 412a— 417, 492, 562 u. a.

61. Vor dem Sclilafkämiiierleiii.

Ein Knabe träumt, seine Geliebte sei erkrankt; er weckt die Knechte, dass sie ilim das Pferd satteln und eilt zu ihrem Hause. Die Mutter, eine Wirtin, gibt ihm die Schlüssel zur Kammer der Tochter. Dreimal klopft er dort vergeblich an, bis sie ihm zuruft : „Wer in den Himmel will eingehen, muss auf Erden aufrichtig sein." Der Tod des Mädchens wird nicht ausdrücklich berichtet. Der Inhalt stimmt im allgemeinen überein mit dem zweiten Theil der in vielen Fassungen verbreiteten und noch heute in mehreren deutschen Landschaften gesungenen Ballade vom ßitter und der Magd (Erk, Nr. 110» 110«; Uhland, Nr. 97, Schiiften, 4, 99 108). Auch hier träumt es dem Ritter schwer, seine Geliebte sei gestorben. Er lässt die Pferde satteln, reitet zu üir und findet sie todt. Uhland hat schon darauf hingewiesen (a. a. 0. 99), dass dieser zweite Tlieil der Ballade älter sei, weil er in vielen Liedern und Sagen mit verschiedener Vor- geschichte erscheint, aber auch öfters (wie in Ni-. 61) für sich ullfiu

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.stellt. Meist, Avie in der erwilliiiteiL deiitschen JBaUade, liatte der Kitter das Mädchen verführt und dann verla.ssen. Auch in unserer Gottsclieer Ballade dürfte den Geliebten eine ähnliche Schuld treffen; denn das Mädchen wirft ihm durch die Schlussworte Unaufrichtigkeit, also wohl einen Woi-t- oder Treubruch vor.

62. Die schöne Gertrud.

Diese Ballade hat einen ähnlichen Inhalt wie die vorhergehenden Nr. 59 61, doch ist die Tragik hier dadurch erhöht, dass die Geliebte gerade am Hochzeitstage stirbt. Gertrud sieht vom weiten die Hoch- zeitsleute herankommen. Sie erklärt der Mutter, sie wolle lieber sterben, als den ihr bestimmten Freier heiraten. Darauf schließt sie sich in ihre Kammer ein. Der Bräutigam mit seinen Freunden kommt heran und sie verlangen nun mit typischen Worten (vgl. oben S. 80) die Braut. Der Freier muss sie suchen gehen. Das fällt ihm weiter nicht auf; denn es gehört zu den Gottscheer Hochzeitsbräuchen, dass sich die Braut versteckt (vgl. oben S. 79). Er sucht sie beim Brunnen, im Gai-ten, immer vergebUch. Nun gibt ihm die Mutter die Schlüssel zur Schlaf kammer; er geht dahin und findet die Braut als Leiche. „Bist du meinetwegen todt, so will ich deinetwegen todt sein" ruft er nun und stirbt. Der Grund, warum die Braut nicht heiraten vsdll, wird nicht angegeben. Man könnte an einen religiösen Grund denken, wie in den Gottscheer Balladen von der heiligen Barbara (Nr. 31) ; aber wahrscheinlicher ist es, dass die Braut gerade den von den Eltern gewählten Freier nicht liebt und aus Kummer stirbt. Vielleicht ist er ein Türke (des Sultans vSohn), wie in einem verwandten slowenischen Liede (Stanko Vraz, 50), wo auch die Braut am Hochzeitstage stirbt. In der deutschen Yolkspoesie ist der Tod der Braut am Hochzeitstage ein überaus häufiges Motiv. Die Yeranlassung kann verschieden sein. In einem, deutsch-böhmischen Liede verkündet ein schwarzer Mann der Braut, dass sie werde sterben müssen (in einem anderen vergiftet sie sich zufällig am Hochzeitsmorgen). Wie die Hochzeitsgäste heran- kommen, ist sie bereits todt. Dem fragenden Bräutigam gibt die Mutter zuerst eine ausweichende Antwort. Er sucht sie in ihrer Kammer und findet sie als Leiche (Hruschka und Toischer, 96 f.). Oder das Mädchen weigert sich zu heiraten, wird aber vom Bräutigam trotzdem in dessen Haus gefühi-t, wo sie alsbald erkrankt und stirbt (T o b 1 e r, 115 ff.). In anderen Liedern eiirinkt die Braut am Hochzeitstage, oder fallt dem Zauber einer bösen Schwiegermutter zum Opfer fHoffmann, Nr. 2 und die Anmerkungen; Peter, 1, 216). Am ver- breitetsten sind die vielfach variierenden Balladen vom Grafen Fried- rich, der seine Braut zufällig am Hochzeitstage durch sein Schwei-t zu Tode verwundet. Er ersticht sich darauf selbst, oder wird vom Schwiegervater erstochen. Aus seinem Grabe wächst eine Lilie, die

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seine Unschuld bezeugt (Erk, Nr. 107a— 107?; IThland, Nr. 122; Uhlaud, .Scliriffceu, 4, 134 ff. j.

Ein siebenbürgisch-sächsisjclies Lied, das jedoch nicht am Hoch- zeitstage spielt, kommt unserer Ballade nahe. Ein junger Mann fragt die Mutter seiner Braut: „Wo ist meine zarte Eose?" Die Mutter er- widert: „Ich habe sie ins Backhaus geschickt." Der Jüngling sucht sie dort vergebens. Ebenso im Keller. Endlich gesteht die Mutter: „Ich habe sie auf den Friedhof geschickt, dort thut sie einen tiefen Schlaft' (Schuster, 48 51). In der serbischen Ballade „Wie Mare den Herzog- Stefan los wird" (Kap per, 2, 289) stellt sich die Braut am Hochzeits- tage todt, rmi sich von dem imgeliebten Werber zu befreien. Die List gelingt. Verwandt mit Nr. 62 ist auch das Lied 80«.

Die Worte, die der Jüngling in der Gottscheer Ballade spricht (V. 44 f.), finden wir ebenso in Nr. 63, dann am Schlüsse der Tristan- Sage, imter anderen auch in einer wendischen Ballade vom Herrn imd der Maid (Haupt und Schmaler, 1, 159 102) und in sloweni- schen Balladen fremden Inhalts (Koritko, 4, 73; Janezic, Nr. 1). Über den Schluss unseres Liedes vgl. oben S. 178 f.

63. Jung Häuschen.

Diese Ballade fehlt sonst hn deutschen Volksliederschatze. Sie ist slawischen Ursprungs. Die Slowenen besitzen sie in zw'ei Ver- sionen: Cudna bolezen. Die merkwürdige Krankheit (Stanko Vraz, 93 f.; übersetzt in verkürzter Form von Anastasius Grün, 3() f.), und Zaljubljen grofic. Der verliebte Grafensohn (Koritko, 4, 43 f.). Die erste erzählt: Der Jüngling hat auf dem Jahrmarkt ein scliönes Mädchen gesehen und kann sie nachher nicht mehr finden. Die Mutter baut ihm nun eine neue Ivirche auf, damit das Mädchen mit den übrigen Betern zur Messe komme. Alles kommt, nur die Geliebte nicht. Da baut die Mutter einen Brunnen. Alles kommt Wasser holen, nur die Geliebte incht. Da stellt sich der Jüngling todt. Alles kommt zur Bahre beten und auch die Geliebte. „Was ist das für ein Todter?" fragt sie. „Mit den Augen blinzelt er, die Füße hat er bereit zum Tanzen, die Hände zum Umarmen, den Mund zum Küssen !" In dem zweiten Liede wird dieses Ereignis in erweiterter Gestalt von einem Grafensohne und einem Edelfräulein erzählt. Es schließt mit der Ver- mählung. Die Ungarn haben von den Slawen dieses sowie viele andere volksthümliche Motive übernommen. Das Lied vom schönen Anatol (Carneri, Ungarische Volkslieder und Balladen, 24) stimmt mit dem ersten slowenischen Liede überein. Nur wird hier statt der KJirche und dem Bnmnen eine Mühle imd eine eiserne Brücke erbaut. Auch unsere Gottscheer Ballade folgt dem slowenischen Liede. Hier wird eine Mühle, dann eine Kirche erbaut imd zuletzt die falsclie Leiche aufgebahrt. Das gibt eine gute Steigerung. Außerdem gehören

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der Eingangsvers und nielireve Wendungen in Nr. 63 dem eigenartigen Gottscheer Formelschatze au, und endlich ist der Ballade ein tragischer Schluss angefügt, der wahrscheinlich den frülier besprocheneu Gott- scheer Liedera (namentlich 62) entnommen ist. Der Jüngling sj^ringt von der Bahre auf und umarmt das Mädchen :

Ja, du bist mein und ich bin dein, Es kaini und mag nicht anders sein. Das war \volil der alte Schluss, denn diese Verse sind eine häufige Sehlussformel (vgl. Nr. 65 und oben S. 176 f.). Später wurde hinzugefügt: Das Mädchen starb vor Schreck. Der Jüngling i-uft : „Starbst du meinet- halben, so sterbe ich deinethalben", und stirbt üir aus Schmerz nach (also wie in Nr. 6'2). Danach werden beide begraben und aus den Gräbern wachsen Weinrebe und Gartrose (vgl. Nr. 62 imd oben S. 178 &.), also der Schluss der Tristan luid Isolde - Sage.

ö4. Der schöne Haus.

Der schöne Hans weckt am frühen Morgen seine Mutter auf, dass sie üim ein Frühstück koche, und seine Knechte, dass sie ilim Pferd imd Maulthier satteln. Er v^äll nach Karlstadt, Weizen und Hirse zu kaufen. Auf dem Wege dahin hält ihn die Mautnerin auf: nicht Geld verlaugt sie von ihm, sondern Liebe. Er aber verweigert ihren Wunsch, weil er seiner Gattin treii bleiben \\t.11. Da erzürnt die Mautnerin und lässt den schönen Hans umbringen. Allein kommen Pferd und Maulthier heim. Die Knechte gehen den Herrn suchen und bringen die Leiche heim ; da stirbt die Frali vor Schmerz.

Also Mord aus Eache für verschmähte Liebe. Ein Motiv, das namentlich in den Elfensagen häufig genug ist. In der dänischen Ballade „Erlkönigstochter''', die Herder in seine Volksliedersammlung aiifgenommen hat, weigert sich Oluf, mit der Elfe zu tanzen, weil er am nächstfolgenden Morgen Hochzeit hält. Da versetzt ihm die Fee einen tödtlichen Schlag aufs Herz. Bleich reitet er heim. Am Hoch- zeitsmorgen findet ihn die Braut todt. Die Nixe Fenette im Ehone- thale erhebt sich aus einer Wasserlilie, um einen vorüberziehenden Jiingling zu lunarmen. Er reißt sich aus ihren Armen los, kommt zu seiner Braut, ruft: „Fenette" und stirbt (Salvi-Lopez, Alpensagen, 162 f.). In einem bretagnischen VolksHed verdammt eine Fee den Junker Nann zum Tode, weil er seiner jungen Frau treu bleibt. (Keller imd Seckendorff, Volkslieder aus der Bretagne, Nr. 2.) Au.ch die rauhe Eise verfolgt Wolfdietrich mit ihren Liebesanträgen und straft ihn arg für die Ziirückweisung (Wolfdietrich B, Strophe 305 342) u. V. a. Die Gottscheer Ballade aber ist so verwachsen mit ört- lichen Zuständen, dass sie in der Sprachinsel selbst entstanden sein und einem heimischen Ereignis ihre Entstehung verdanken dürfte. Eine Parallele unter den deutschen Volksballaden kenne ich nicht.

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Dass der scliöue Hans, der verheiratet ist, seine Mutter und nicht seine Frau wegen des Frühstücks weckt, erklärt sich daraus, dass die Eingangsverse formelhaft sind.

()5. Hans und die Sclilauge.

Der Anfang wie in Xr. 64. Die Mutter Avill den Sohn nicht zur Arbeit ausziehen lassen, weil es heute ein heiliger Tag: Quatember- sonntag ist. Er geht trotzdem in das G-ereute und zündet Eeisig- bündel an. Da windet sich ihm die „lange Schlange" um den Hals. Er ruft Vater und Mutter um Hilfe. Beide verweigern es. Da ruft er sein Liebchen. Sie lockt durch ]\Iilch die Schlange weg und rettet den Liebsten.

Hier ist etwas ausgefallen, denn die Bedeutung der Schlange ist nicht mehr erkennbar. Wir erschließen sie aber aus einem slawo- nischen Liede desselben Inhaltes (vgl. Ethnologische Mittheilungeu, 1, 214). Hier geht der Held am Sonntag jagen und entweiht so den heiligen Tag. Plötzlich windet sich ihm eine Schlange \mi den Hals. AVeder die Miitter noch die Schwester wollen ihn davon befreien ; nur die Ehefrau beschwöi-t die Schlange. Da spricht diese: „Ich bin keine gewöhnliche Schlange, ich bin die heilige Nedjelica f kroatisch nedjela = Sonntag) und habe den Frevler, der den Tag des Herrn entweiht hat, gestraft." Darauf verschwindet sie. Sicher hat avich die Schlange im Gottscheer Liede die gleiche Bedeiitung. Eine Per- sonification des Sonntags, der sich über seine Nichtachtung grämt, finden wir ja auch in Nr, 34.

Das Motiv, dass die nächsten Verwandten die Hilfe verweigern, hingegen der oder die Geliebte kein Opfer scheut, Geld und Gut dran- setzt, ja sein Leben wagt, um das Liebchen zu retten, ist in deutschen (z. B. die Ballade vom Schiifniann, ü hl and, Nr. 11 7j und in fremden Volksliedern sehr häufig. (Vgl. eine reiche Zusammenstellung in den „Ethnologischen Mittheihuigen", 1, 34—49 und 213 215 von Herr- niann.) Auch ein slowenisches Lied Eodbina, Die Verwandtschaft (Stanko Vraz, 141), oder ein tschechisches (Waldau, 2, 81) gehören hieher und unsere Stephans-Legende (oben Nr. 24). Umgekehrt ist es bei den Serben, denen ja Blutsverwandtschaft höher steht als Wahl- verwandtschaft. Um die Wimden eines Helden zu heilen, gibt die Mutter gerne ihre rechte Hand, die Schwester ihr Öeidenhaar ; die Gattin aber setzt nicht einmal ihren Perlenhalsschmuck daran (Talvj, 1, 6ö).

()6. Von der Geliebten ((ilelöster Flncli).

Ein Mädchen vei-flucht ihren imtreiien Geliebten, dass er in schwere Kranklieit verfalle, ohne sterben zu können. Der Fluch er- füllt sich und in der Pflege der zweiten G-eliebten kann der Kranke weder genesen noch sterlicn. Dreimal schickt er nach der ersten Ge-

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liebten. Eiullicli koiuiut sie (löst den Flucli) und er stirbt. Das Lied erinnert, wohl nur zufällig, an den Sclikiss der Tristan-Sage. Der schwer verwundete Tristan, dem die zweite Geliebte nicht zu helfen weiß, sendet nach Isolden. Bei ihrem endlichen Nahen stirbt er (Vgl. Sehr ö er im Heimgai-ten, 749). Eine Parallele zu diesem Liede kenne ich nicht. Doch dürfte es südslawischen Ursprungs sein. In kroatischen und serbischen Volksliedern leisten die Mädchen Erstaunliches im Ver- fluchen treuloser Liebster (Krauß, Sitte und Brauch, 190).

67. Die zwei einzigen Sölme.

Eme Mutter kommt von der Kirche heim und verwünscht ihre zwei Söhne wahrscheinlich aus Zorn darüber, dass sie noch im Bette liegen iind die Messe versäumt haben. Sie fliegen als Raben weg auf Nimmerwiedersehen. Hier liegt uns nur der Eest eines Märchen- stofFes in der Art der sieben Eaben (Grimm. Märchen, Nr. 25) vor. In einem schlesischen Märchen (Peter, 2, 169) verwünscht eine Mutter ilire drei Söhne, dass sie zu Eaben werden. Vielleicht ist es eine Stiefmutter, die, wie so häufig in deutschen Märchen, die Stief- kinder durch bösen Zauber in Thiere verwandelt (ühland, Schriften, 3, 279 ff.)-

68 und 68 a. Die verkaufte Müllerin.

Zwei Fassungen eines sehr bekannten deutschen Volksliedes. Ein armer Müller verkavift Eäubern sein gesegnetes Weib um einen Hut voll Geld. Trotz seines Leugnens merkt die Frau, dass er das Geld nicht in Ehren ei'worben habe. Der Müller schickt das Weib fort zu ihren angeblich sterbenskranken Eltern. Im Walde erfassen sie die Eäuber. Sie bittet, drei Schreie thun zu dürfen. Und nun schreit sie zum Schutzengel, zu Jesus und zu Maria (in 68*^, das sonst fast wört- lich mit 68 übereinstimmt, zu Vater, Mutter und zu Maria). In beiden Fällen rettet Maria die Müllerin und übergibt den Müller der Hölle (dem Herrn Grünrock, vgl. oben S. 93 f.).

Das Lied ist noch heute in ganz Deutschland in verschiedenen Versionen verbreitet. Alle erzählen, dass der Müller das Weib dreien Eäubem verkauft hat, nachdem diese die angebotene Summe mehr- fach erhöht haben. Alle (mit einer einzigen Ausnahme), dass der Müller die Frau zu den kranken Eltern schickt und dass sie aus den Händen der Eäuber wieder errettet wird. In den meisten Fassungen (aus Sachsen, Altmark, Taunus, Niederhessen, vgl. Erk, Nr. 58«^ 58e; Lewalter, 2, 62) ruft die Müllerin ihren Bruder, einen Jägersmann, um Hilfe und wird von ihm gerettet. In dem oberhessischen Liede rettet sie der Vater (Bö ekel, Nr. 67), im fränkischen (Ditfurth, 2, Nr. 40) „ein großer Herr". Der Eetter erschießt auch in der Eegel den bösen Müller. Im Liede aus dem Kuhländchen (^Meinert, 111) soll

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die Müllerin dem Gatten drei Schweine eintreiben.^ Sie wird von den Eäubern getödtet. Der Mord kommt an das Licht und der Müller wird auf das Rad getiochten. Näher als die bezeichneten Lieder stehen die deutschböhmische (Hruschka und To isolier, 127) und die schwäbische Fassung (Meier, 403) unserer Ballade. In beiden thut die Müllerin drei Schreie : zu Mutter, Vater und Bruder. Der Bruder rettet sie.

Die Gottscheer Ballade weicht also von alk^n übrigen Versionen durch ihren legendenhaften Schluss ab. Nur hier rettet Maria die Mülleiin. Durch diesen Ausgang nähert sich die Ballade der mittel- alterlichen Marien-Legende: „Der Eitter und sein Weib" (Pfeiffer, Marien-Legende, XX), worin ein Eitter dem Teufel um reichen Sold sein Weib verkauft. Maria aber rettet ihre fromme Verehrerin aus den Krallen des Bösen. Die deutschen Volkslieder von der verkauften Müllerin sind erst für das 18. Jahrhundert belegt ; doch ist ein Bänkel- sängerlied älmlichen Inhalts schon im Jahre 1596 gedruckt worden, auch sind mehrere ähnliche Ereignisse aus dem 16. Jahrhundert bekannt (Nachweise bei Erk, 1, 199 ff.). Es müssen also schon im 16. Jahr- hundert Lieder dieses Inhaltes gesimgen und vielleicht früh mit der alten Marien-Legende verknüpft worden sein. Der jetzt übliche Schluss mit der Eettung durch den Bruder dürfte wohl von der älteren Blau- bartballade (vgl. unser Nr. 69) entlehnt worden sein. Die Gottscheer haben die Ballade sicher schon im 16. oder 17. Jahrhundert aufgenonnnen, weil sie ganz von echten Gottscheer Formeln erfüllt ist.

In keinena der erwähnten Lieder wird der Grund angegeben, weswegen die Eäuber gerade ein gesegnetes Weib kaufen. Es wurde eben als bekannt vorausgesetzt. Vom 15. Jahrhundert (soweit uns bekannt ist) bis in unsere Zeit herein war in einem großen Theil Europas der Aberglaube verbreitet, man könne mit den Händen noch ungetaufter, oder besser noch ungeborner, aus dem Mutterschoß ge- schnittener Kinder Zaubereien verrichten. Die Finger galten als Dietiiche, sie sollten auch den Besitzer unsichtbar machen und, nächt- licherweile angezündet, die Bewohner des zu beraubenden Hauses in tiefen Schlaf versenken. Darum gab es bis in dieses Jahrhundert Eäuber, die hochschwangere Frauen tödteten und ihrer Leibesfrucht die Hände abhieben. Nicht nur Märchen und Volkserzählungen, auch Gerichtsacten und Chroniken erzählen davon. Leichenschändmigen an Kindern zu ähnlichem Zwecke sind noch im Jahre 1887 in Meiningen vorgekommen. Den zahlreichen Nachweisen, die E r k, 1 , 199 ff, L e w al t e r, 2, 62 ft". (zum Theil auf älteren Arbeiten von Mannhardt und Köhler fußend) und besonders ekel, XXVII— XXXIII, vorbringen, füge

' Eino ähuliclio Koideruug fiiiilm wir in einem Lieile von uiuiiöfjliclicn Dingen (Mittler, Nr. 13ri2): Musst dn mir ilio wilden Schweine in den Wulil n'aus treiben.

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icli liiiizii, dass auch Eäuber in ganz Krain bis in die Vierziger-Jalire unseres Jahrhunderts ihr Unwesen mit Kinderhänden trieben und ihres Aberglaubens wegen Eolvovnjaci (von „roica" ■= Hand), aucli Kokovniki und Rokovmahi genannt wurden (vgl. Lubljanski Zvon, 1, 8).

Bemerkenswert ist es endlich, dass der schmähliche Verkauf des Weibes in allen den Volkshedern gerade einem Müller zugeschrieben wird. Nach der mittelalterlichen Volksanschauung, von der sich heute wohl kein Rest mehr ei-halten hat, galt das Müllerhandwerk als mi- ehrlich. Vielfach wurde den Müllern der Eintritt in die Zünfte ver- weigert (Nachweise bei ekel, XXVI). Der Volkssage nach ist der Kuckuck ein zur Strafe für seinen Mehlwucher verwandelter Müller (Grimm, M^i•hologie, 564). Noch im 16. Jahrhundei-t werden in Schwänken und Fastnachtspielen die Müller als Diebe, Betrüger und Wucherer, die Müllerinnen als Kupplerinnen oder Ehebrecherinnen hingestellt. Die Einödemüller galten gar als Straßenräuber. Allgemein verbreitet sind auch die Sagen von Teufelsmühlen. Und wie viel Böses wissen gerade die Volkslieder von Müllern und Müllerinnen zu erzählen (z. B. Simro ck, Nr. 283— 285; Böhme, Nr. 43 f. ; Mittler. Nr. 1539 1541). Auch in unserer Legende Nr. 13 wird der Frevel gegen Maria einem Müller zugeschrieben.

(>9. Vom jiiuge» Töcliterlein.

Ein junges Mädchen erhält von drei bekannten Jünglingen Kirchtagsgeschenke. Von dem einen ein goldenes Einglein, vom zweiten einen Silbergüi'tel, vom dritten ein Seidenkleid. Jeder knüpft Rechte daran mid kündigt seinen Besuch für Mittwoch Nacht an. Zu gleicher Zeit treffen sie bei ihrem Hause ein. Das Mädchen flieht in die Stube ; aber die Männer fangen sie, tragen sie zum Fenster hinaus und zer- reißen sie: da sie keiner für sich behalten kann, so wird sie zei-theilt.

Verwandt mit dieser Ballade ist die große Gruppe der deutschen Volkslieder von der Wirtin Töchterlein, die noch heute in allen deutschen Landschaften gesungen werden (Erk, Nr. 67^' 57^' und besonders S. 193). Diese Lieder weichen nur im Wortlaut von einander ab, haben aber den gleichen Inhalt: Drei Reiter, die sich als vor- nehme Herren ausgeben, kehren bei einer Wirtin ein. Sie geben ihr einen Schlaftrunk imd bleiben mit der Tochter auf. Der eine sagt: „Sie ist mein, ich gab ihr einen Ring." Der zweite sagt: „Ich gab ihr emen Edelstein." Der dritte meint, sie sei wert, mit dem Schwerte zertheilt zu werden. Dieser Vorschlag wird ausgeführt. Alle diese Lieder sind nur für unser Jahrhundert belegt. Schade („Weimar. Jahr- buch", 3, 276) meint, es sei ein uralter, aber bereits umgedichteter Stoff. In keiner Fassung wird der Grund des entsetzlichen Mordes angegeben. Doch ergibt sich aus den Worten der Mörder, dass sie das Mädchen schon früher gekannt haben. Wahrscheinlich hat sie es mit allen dreien

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gelialteii, also alle drei lietrogeii, und der Mord war eine Tlnit der Kaclie. Auch hier sclieint mir die Gottscheer Ballade eine ältere Version darzustellen; denn nur sie bringt die Vorgeschichte von den Geschenken, aus denen bestimmte Rechte abgeleitet werden. Aus dem Stil ergibt sich, dass Nr. 69 lange schon in Gottschee heimisch ist, es muss also auch das deutsche Volkslied, mit dem es sicher zusammenhängt, älter sein, als bisher erwiesen werden konnte. Bekannt ist auch, dass Uhland für seine schöne Ballade „Der Wirtin Töchterlein" Eingang imd Versform der besprochenen Mord-Ballade benutzt hat (vgl. Bolte, in der Viei-teljahrschrift für Literaturgeschichte, 5, 493 f.).

Ein ähnliches Lied mit friedlicher Lösung findet sich im Serbischen (Talvj, 2, 90). Von drei jungen Wanderern gibt der erste einem Mädchen einen Apfel, der zweite einen Strauß Basilicum, der dritte einen Goldring. Nun streiten sie sich um den Besitz des Mädchens. Der Richter aber entscheidet: Wer den Ring gab. dem gehört das Mädchen.

70, 70a 1111,1 70b. Der Braiitmörder.

Drei Fassungen vom Brautmörder, einer der verbreitetsten deutschen Volksballaden. Die erste Fassung. Nr. 70, ist die ausführ- lichste, 70-1 und 70b sind gekürzt, haben aber einige alte Züge be- wahrt, die in 70 fehlen. In 70'^ trat für den Ritter der richtarschmou, der Richter, ein, weil man sich in Gottschee von jenem Stande keine klare Vorstellung mehr machen koinite.

Nr. 70 erzählt: Ein Ritter singt ein Lied mit dreierlei Stimmen (in 70 1 mit zwei- und dreierlei Stimmen). Ein Mädchen hört es imd wünscht den Sänger zum Geliebten (sie wünscht, dass er sie das Lied lehre, 70** und 70l>. dann gäbe sie ihm ihre Ehre. 70b). Der Ritter schwingt sie auf sein Ross und eutfühi-t sie in den Wald. Elf Turtel- tauben auf einer Haselstaude ('eine Turteltaube auf einer Tanne. 70») warnen das vorüberreitende Mädchen. Der Ritter bringt eine Ausrede vor (ev will die Taube niederschießen, 70^). Sie reiten bei einem Bnuinen vorüber, woraus Blut und Wasser rinnen. Wieder Frage des Mädchens. Ausrede des Ritters. Sie kommen in den Wald, der Ritter breitet seinen Mantel aus und setzt die Jungfrau darauf (auf graue Steine, 70b. ^j^un verlangt ei-, dass sie ihm die goldenen Haare kämme 70* imd 70b). Sie weint. Der Ritter fragt, ob sie tun des Vaters Gut, um die Mutter oder um ihi-e Ehre weine (diese Frage fehlt in 70* und 70b). Sie weine um die Tanne, auf der elf Jungfrauen hangen. „Die zwölfte wirst du werden." Sie bittet mn drei Schreie und ruft nach Vater, Mutter mid Bruder. Der Bnider. ein Jägersmann, kommt herbei lind rettet die Schwester. (Er spannt den Hahn inul erschießt den Ritter, 70'v und 70b.)

Den gleichen Inhalt zeigen die vielen BallaiUn vuiii Braut-

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mörder. die iintev verschiedenen Titeln vom seclizehnten Jalivluuidert bis heilte in allen Theilen Deutschlands nachgewiesen wurden (Erk kannte 80 Versionen, vgl. Erk, 1, 120- Mittler, Nr. 7G bis 87 u. a.). Auch die Situation im einzelnen, die Gespräche, die formelhaften Schilderungen in diesen Liedern stimmen meist wörtlich mit den Gottscheer Balladen überein. In unwesentlichen Dingen weichen alle diese Lieder natürlich von einander ab.

Der Ritter singt ein Lied von (mit, durch, auf j dreierlei Stimmen. Dafür steht auch zweierlei Stimmen (Schlossar, Nr. 309), oder „drei Liedlein auf einer Stimme", d. i. nach einer Melodie (Erk, Nr. 41b), oder „Vogelsang" (Erk, Nr. 42^), oder nur: er sang schön, hell, mit heller Stimme u. a. Man hat den Ausdruck dreierlei Stimmen früh nicht mehr verstanden. Jedenfalls lag in dem Gesang des Ritters eine ganz besondere, wunderbare Kunstfei-tigkeit. Denn das Mädchen ist bereit, mit ihm zu ziehen, wenn er sie diese Kunst lehre. Entweder sang er ein Lied nach drei verschiedenen Melodien oder ein Lied, in dem drei Personen sich unterreden, und sang es die Stimmen nachahmend, tief, mittelhoch und mit Kopfstimme, also mit dreierlei Stimmen (zweierlei Stimmen würden ein Gesprächslied zwischen einem Jüng- ling und einem Mädchen bezeichnen), oder sollte mau annehmen, dass er allein ein dreistimmiges Volkslied (die ältesten Volkslieder waren ja dreistimmig) gesungen habe? Das wäre allerdings eine märchenhafte Fei-tigkeit ; eine solche aber ist hier augenscheinlich gemeint. In einer Version (Erk, Nr. 42*^) werden drei Reiter erwähnt, „che ein Liedlein mit dreierlei Stimmen" sangen, also dreistimmig. Im weiteren Verlauf ist nur von einem Ritter die Rede.

Die Jungfrau ist meist eine Königstochter oder ein Edelfräulein, in Gottschee ein einfaches Landmädchen, auch in der steilischen Fassung schon „eine Jungfrau vom Doii"". Der weitere Bericht ist im allgemeinen überall gleich. Im Walde angelangt breitet der Ritter seinen Mantel aufs Gras aus und setzt sich mit dem Mädchen darauf. Eine Situation, die ebenso auch in anderen Entführungs - Balladen immer wiederkehrt (vgl. oben S. 152). Dann muss sie ihm die Haare lausen. Hier hat sich in 70 i sogar der alte Reim erhalten : „So thut mich ein wenig lausen. Die goldfarben Haar aufkrausen." Ebenso in der .steirischen und kärntischen Fassung des Liedes (Erk. Nr. 41g). ^ Die ersten Schreie that das Mädchen in den älteren Versionen zu Jesus

' Auch diese Situation findet sich häufig. Im Volksbuch vom Siegfried hält Kriemhild den Kopf des Drachen in ihrem Schoß und laust ihn. Im Märchen ,Der König vom goldenen Berg" (Grimm, Xr. 92) laust die Königin den König, bis er einschläft. Der Teufel lässt sich von seiner Großmutter den Kopf lausen (Grimm, Märchen, Nr. 29). Ein geraubtes Mädchen muss einem großen Bären den Kopf lausen (Müllenhoff, 381. Ebenso Räubern, Kuhn, 160; Birlinger, 1, 368). Das „Laiiseu" darf man nicht immer -wörtlich nehmen. Auch ein lieb- kosendes Spieleu mit den Haaren wird darunter verstanden.

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und Maria (Erk, Nr. 41« 41'\ vgl. oben Nr. 68), in den jüngeren Versionen zu den Eltern; den dritten innirer zum Bruder. Der Bruder kommt herbei, entweder rechtzeitig: als Retter, oder zu spät: als Rächer.

In den Einzelheiten der Darstellung steht die Cxottscheer Bal- lade den modernen deutschen Fassungen näher als den längeren, aus dem 16. Jahrhimderte überliefeiien Aufzeichnungen. Sehr nahe kommt sie der steilischen Ballade vom falschen Rittersmann (Erk, Nr. 4lR; Schlossar Nr. H(.)9), wo auch die Kleider der Jnngfrau nicht mehr erwähnt werden, am nächsten aber der kärntischen vom Ritter im Walde (Pogats chnigg, Salonausgabe, 533). Nr. 70 hat einen Zug, der sich in keiner der vielen Parallelen findet: Auf einer Haselstaude sitzen elf Tui-teltauben, die das Mädclien warnen: „Lass dich nicht verführen, wir sind schon unser elf, die zwölfte wirst du werden." Die Tauben sprechen also hier als Vertreterinnen der elf ermordeten Jungfrauen, gleichsam als würden diese als Tauben weiterleben. Diese sinnreiche Auffassung ist sicherlich nicht alt, sondern erst später, vielleicht zufallig entstanden. In den meisten deutschen Par- allelen ist es eine warnende Taube oder Turteltaube ^^ das warnende Vöglein ist ja ein alter märchenhatter Zug in einigen spätem Liedern zwei oder drei Tauben. Nur in der kärntischen Ballade sind es auch elf Tui-teltauben, die das Mädchen warnen, ohne im eigenen Namen zu sprechen. Stand aber einmal die Zahl elf an dieser Stelle, die der Zahl der ermordeten Jungfrauen entspricht, so konnten die Tauben leicht als die verwandelten Mädchen oder als deren Seelen betrachtet werden. Diese Anschauung konnte gerade in Gottschee leicht sich herausbilden, weil in Gottscheer Liedern beim Tode hei- liger und unheiliger Menschen die Bemerkung typisch wiederkehrt: „Und herausgeflogen ist eine Taube" (vgl. Nr. 28, 66), also die Seele des Verstorbenen. Auch im übrigen stimmt die kärntner Ballade über- raschend mit den Gottscheer Versionen überein. Aus Kärnten haben also die Gottscheer ihre Brautmörder-Ballade erhalten. Ob schon bei ihrer Auswanderung (was in Anbetracht der alten Motive dieses Liedes ganz gut möglich wäre) oder erst im 16. Jahrhundert., das lässt sich nicht mit Sicherheit erweisen.

In 70'' sind die Tauben ganz vergessen. Eine Haselstaude steht am Wege und „biegt" sich (so wie es im kärntner Liede von den Tauben auf der Haselstaude heißt: „Die thäten sich biegen"). Die Jung- frau fragt, was das bedeute, und der Rittei- erwiedert: „Das bedeutet deine Ehre." Auch dieser Zug steht nur hier und ist wohl nur durch das Ausfallen der Tauben entstanden. Es mag aber darauf hinge- wiesen werden, dass auch in dem bekamiten Volkslied vom Mädchen und der Haselstaude dieser Strauch vor dem Verluste der jungfräu- lichen Ehre warnt. Erwähnt wird die Haselstaude in allen deutschen Parallelen: sie ist ja der Baum der Weissagung.

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Über Inhalt uml Bedfutung der Briiutiuörder-Ballade ist oft ausführlich gehandelt worden ; sie steht mit vielen volksthünilichen Stuften lind aucli mit alten Mythen in näherer oder weiterer Be- ziehung. Die Volkspoesie, die gerne die Macht des flesanges feiert, lässt auch häulig, wie hier, einen Jüngling durch zaubervollen Gesang ein Mädchen verlocken (schon Horand in der Hildasage, Nachweise bei ekel. CLXXIV f.). Zahlreiche deutsche und französische Sagen (Blaubart) berichten von aussätzigen Männern, die Jungfrauen raubten, um sich in deren Blut zu baden. Jungfrauenblut galt im Mittelalter als einziges Heilmittel gegen den Aussatz und das ist auch der eigentliche, später vergessene Grund der Greuelthaten und des Blutbrunnens in unserer Ballade (vgl. u. a. Erk, 1, 148 f.; Grimm, Märchen, Nr. 40 und 40 imd die Anmerkungen). Verwandt mit unserer Ballade sind zahlreiche deutsche Volkslieder (Erk, Nr. 42» 42»), viele Lieder mid Märchen germanischer, slawischer und romanischer Volks- stämme (vgl. ßeifferscheid, 161 170j.

71, 71a und 71''. Margaretlie. 72. Ein Tanz.

Margarethe ist auch eine Entfülirungs-Ballade mit schlimmem Ausgang. Margarethe singt laut, sie wünsche sich einen Geliebten und zwar einen Kaufmann in Laibach, den jungen Eisberger. Dieser hört es, kommt zu ihr, nimmt sie bei der weißen Hand, schwiiigt sie auf sein Ross und entfühi-t sie. In einem Wirtshaus essen und trinken sie. Dann tanzt der Eisberger mit dem Mädchen bis ilir die Schulie springen, der Gürtel birst, bis sie todt hinfällt. 71'^ ist viel kürzer. Der Anfang ist derselbe. Das Mädchen singt, der Eisberger kommt, fasst sie bei der Hand und spncht:

Und ich bin dein und du bist mein. Es kann und mag nicht anders sein.

Sicher ist hier die ganze Entführungsgeschichte vergessen worden, und damit das Bruchstück überhaupt einen Schluss habe, sind die letzten Verse von anderen Gottscheer Liebesliedern herübergenommen worden (vgl. S. 111). Denn sicher hat diese Entführungs-Ballade, wie die meisten anderen, von Haus aus einen tragischen Ausgang gehabt. Nr. 71'i ist auch eine kürzere Fassmig. Zvnn Schlüsse wird angedeutet, dass der Verführer das Mädchen immer schlechter hält, erst als Frau, dann als Kellerin, endlich als Saudirne. Also ähnlich wie in den Meererin-Balladen Nr. 48 f. Der Entführer kommt von Laibach (wo er Handel treibt, oder nach 70'» nur Einkäufe macht), also vom Norden. Es heißt aber darauf im Liede : Er reitet mit dem Mädchen „zurück" in die Türkei, die doch im Süden liegt. Hier steckt natürlich ein Fehler. Die Entführvmg in die Türkei ist eben ein späterer Zusatz nach Analogie anderer Lieder, in denen gerade Türken die Entführer

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sind (vgl. Nr. lÜ, wo aucli eine MargaretLe in diu 'J'üikei eutfülii-t wird). Frülier berichtete die Ballade (so Nr. 71'') nur von einer Ent- führung in seine Heimat oder in ein Wirtshaus, wie wir es so häutig in deutschen Entführungsliedern finden (S im rock, Nr. 54 5(5, Uhland. Nr. 256 f. l

Margarethe ruft am Beginne des Liedes laut den Geliebten herbei; das gleiche finden wii" in des Malers Töchterlein (Uhland. Nr. 254) und in einem serbischen Volksliede (T al vj, 2, 14). Margarethe geht durch einen wilden Tanz zugrunde. Dieses Motiv bildet den Inhalt von Nr. 72.

In Nr. 72 rühmt sich Leue, dass sie niemand müde tanzen könne. Da erscheint der Kneslo Jure (slow, knez Jiu-ij). d. i. Fürst Georg, vind tanzt mit ihr, bis ihr Kränzlein herabfallt, bis sie ihr Tuch und die Joppe verliert, bis sie erbleicht und stirbt.

Von todbringenden Tänzen hören wir oft in der Volkspoesie. In mehreren Alpensagen (Alpenburg, Deutsche Alpensagen, Nr. 17; Neue Carinthia, 1890, 130) tanzt mit der von sträflicher Tanzlust beseelten Sennerin der als Jäger verkleidete Teufel so toll, bis sie todt hinstürzt. Ähnlich in Schleswig (Müll enh off, 146 f.). Der grausame Bruder im deutschen Volkslied (E r k, Nr. 186*^ 18()f') führt seine gefallene Schwester, die er strafen will, in das Gasthaus luid tanzt mit ihr, bis ihr die Milch aus den Brüsten rinnt oder bis ilir die Schürze vom Leibe springt, sieben Stunden lang und tödtet sie daiui. In der untreuen Braut (S i m r o c k, Nr. 38) tanzt der betrogene Jüngling mit der Bravit imd tödtet sie nachher. Von der wilden Tanzlust älterer Zeiten haben wir viele Beispiele (Uhland, Schriften 3, 398 ff'., vgl. unten S. 434 f.j.

73. Von dein türkischen Kaiser.

Ein Bettler i'ühmt dem türkischen Kaiser die Schönheit des Gottscheer Mädchens Margarethe und sagt ihm an, wo sie zu finden sei. (Li Gottschee bedient man sich gerne der Bettler und Bettlerinnen zur ersten Einfädelung von Ehebündnissen, vgl. oben S. 79.) Der Kaiser macht sich auf nach Gottschee, ziu' alten Kirche, d. h. nach Mitterdorf, und zwar am Groß-Frauentag (15. August), ninnnt sie l)ei der weißen Hand und entführt, sie trotz des Einwandes, den ihr Bruder, der Geistliche, dagegen erhebt. Auf dem Wege spricht der Kaiser seinem Pferde freimdlich zu; Margarethe aber wünscht, dass es sich den Hals bräche, ehe es in die Türkei komme. Entführungen von Gottscheer Mädchen durch Türken kamen liei den zahlreichen Einfällen dieses Erbfeindes in Krain oft genug vor (vgl. oben S. 17). Ähnliche Ereignisse fanden ihi-en Wiederhall aurli in zahlreichen slowenischen Balladen, die mit Nr. 73 verwandt sind, ohne dass wir directe Beziehungen annehmen müssten (vgl. Stanku Vraz, 155;

481

Kuritko, ;■}, 75). li'ie t-iittiiluten MädcJn-a werden /uweileu audi wieder gerettet (Stan ko \'raz, HH; Koritlco. 2. Ib). In einer sloweni- schen Ballade (Koritko, B, 54) schirkt der türkische Kaiser seine Leute nach einein Laibaclier Mädclien. die er sich zur Fran nehmen will. Maria aber hüllt dns Mädchen in einen Nebel, die Engel nehmen sie mit, so müssen die Türken leer abziehen.

Die Schönheit der Gottscheer Mädchen wird hier durch den Ausspruch angedeutet, dass man ihnen den Wein im Halse abwäi-ts rinnen sieht. Dieser Zug gehört zimi Schönheits-Ideal des deutschen Mittelalters. Die Haut am Halse niusste so fein sein, dass man den Wein durchschimmern sah, den die Schöne trank (vgl. Weinhold, Die Deutschen Frauen in dem Mittelalter, 1, 227). Doch findet sich dieser Zug auch im Altfranzösischen (z. B. in dem Epos Jehan et Blonde von Philippe de E emi. Y, 360 ff.) und im Serbischen (Kapp er, 2, 135).

Die Thatsache, dass chiistliche Mädchen für den Harem des Sultans geraubt wurden, hat unsere Gottscheer Ballade mit poetischer Einbildungskraft in einen persönlichen ßaubritt des Sultans umge- wandelt. Das Volk nahm an, dass auch der Sultan nur eine Frau l)esitze.

74 und 74a. /ekiilo.

Poetische Einbildungskraft hat auch das umgekehrte Motiv ge- schaffen, dass junge Christen sich eine Tochter des türkischen Kaisers zur Frau holen, also eine Ai-t Vergeltung üben. Wiederholt kam es auch in Wirklichkeit vor, dass Serben luid Kroaten Rachezüge in türkisches Gebiet unternahmen und sich türkische Mädchen raubten. Ilire Volkslieder wissen davon zu erzählen. So raubt in einem serbi- schen Liede (Kapp er, 1, 60) der Held Stojan Janko witsch aus Cattaro die schöne Slatia, die Tochter eines türkischen Agas, lässt sie taufen und vermählt sich mit ihr.

Ähnliche Ereignisse liegen den Gottscheer Balladen Nr. 74 und 75 zugrunde. Die Zekulo-Ballade liegt mir in zwei Bruchstücken vor, die ich zusammengesetzt habe. (In den Anmerkungen habe ich die beiden Theile genauer bezeichnet.) Die Biiichstücke passen im Inhalt völlig zu einander, in der Form nicht ganz, weil das eine (Tomitsch) ganz, das andere (Tschink el) nur theilweise gereimt ist. Die Ballade erzählt: Ein Edelmannssohn zieht mit großem Gefolge in die Türkei, um die ixdttlere Tochter des Sultans zu erwerben. Sie hat viele Freier, und nur der erhält sie, der bestimmte Aufgaben löst. Verliert er, so wird er geköpft. Der Edelmannssohn erkennt den richtigen ßing, trifft die goldene Kugel auf einer Stange und gewinnt dadurch das Mäd- chen. Zekulo aber, der ältere Rechte hat, ^^äll sie nicht lassen. Der Edelmannssohn kämpft nun mit Zekulo, besiegt ihn und vermählt sich mit dem Mädchen. Das Lied ist serbischen ürsj)iimgs. Eine directe

432

Parallele konnte icli nicht finden. Docli der Name Zekulo nnd der Zweikampf der beiden Freier um das Mädcheii kehrt wieder in dem Liede „Die scliöne Dolmetscherin" in Herders Volkslieder-Sannulung. Herder kannte das Lied aus einer italienischen Übersetzung von Fortis, der es seinerseits von den Morlacken (den Serben der Inseln und Küsten des Quarnero undDalmatiens) bezogen hatte (vgl. Herders Werke, lievausgegeben von Suplian, 25, 449). Miklosich (Wiener Sitzungsberichte, 103, 459 f.) meint, es sei nicht unmittelbar ein serbi- sches Volkslied, sondern nach volksthümlichen Motiven von Andrija Kacic-Miosic bearbeitet. Im Gottscheer Liede fehlt dieVorgeschichte ; neu hinzugekommen ist das bekannte Märchenmotiv von der schwierigen Aufgabe. Die Variante 74* weicht im zweiten Theile von Nr. 74 bedeutend ab. Hier fehlt auch der Name Zekido, doch hat sie mit dem Liede bei Herder einen anderen Zug gemein. Bei Herder haut Zekulo der imtreuen Braut, während sie ihm die Goldgeschenke zurückgibt, die rechte Hand ab. In 74» reicht der Werber den drei Töchtern des Sultans seinen Silberring hin und droht, wenn die Falsche danach greife, so wolle er ilir die rechte Hand abhauen. Es langt aber die richtige Braut (nämlich die mittlere Tochter, um die er geworben) nach dem Einge. Vielleicht können wir hier eine Art salomonischer Prüfung annehmen : nur das Mädchen, das ihn wirklich liebt, lässt sich durch die Drohung nicht abschrecken. Bemerkensweii; ist der wahrscheinlich später hinzugekommene Schluss von 74'. Die Braut fällt auf dem Heimritt von dem feurigen Boss herab, der Bräutigam will ihr rasch Hilfe leisten, da fällt sein Schwert aus der Scheide, gerade in das Herz der Braut und tödtet sie. Das ist also ganz die gleiche Situation, wie in der weitverbreiteten deutschen Volks- Ballade vom Grafen Friedrich (Erk, Nr. 107).

75. Der kleine Krämer.

Nr. 75 schließt sich an die vorhergehenden Lieder an, scheint aber entstellt zu sein. Der kleine Krämer wünscht sich eine Frau. Der Grafensohn geht unter der Bedingung, dass ihm der Krämer den Wagen roth anstreiche, in die Türkei, wirbt luii die mittlere Tochter des Sultans und führt sie dem Krämer zu. Die Schlussworte V. ;U 33 .spricht der Krämer. Ich meine, dass ursprünglich der Krämer für den Grafensohn, der doch besser zrna Gatten einer Sultanstochter passt, werben gieng. Die beiden scheinen ihre Rollen getauscht zu haben.

70. Rath Stephan.

Rath Stephan reitet durch Nesselthal, kündig-t den Bauern schlimme Zeiten an, trägt seiner Frau auf, dem zu erwartenden Kinde (falls es ein Sohn wird) seinen Namen zu geben und zieht nacli Kroatien gegen Ogulin, wo er im Kampfe mit Türken fällt. Die

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Türken bringen seinen Kupf auf einer Stange nach Nesseltlial -- Vau nicht mehr bekanntes historisches Ereignis dürfte dieser Ballade zu- grunde liegen.

77. Von <lei' Köiiig:stocliter.

Ein alter König mnss ins Heer gehen, weil er weder Sohn noch Eidam hat, die ihn vertreten könnten. Da erklärt sich seine Tochter bereit, Soldatenkleider anzuziehen und statt des Vaters im Heere zu dienen. Der Vater gibt ihr eine Beihe von ßathschlägen, wie sie ihr Geschlecht verbergen solle, rmd lässt sie dann ziehen. Sieben Jahre bleibt sie Soldat. Dann reitet sie heim und verspottet üir Eegiment, weil sie niemand als Weib erkannt hat.

"Wiederholt wird, namentlich in südslawischen Liedern, erzählt, dass Mädchen oder Frauen als Soldaten verkleidet gegen den Feind (den Türken) ziehen, entweder um den Bruder zu rächen (Grün, 102; Stanko Vraz, 29; Koritko 2, 5) oder um den Mann zu retten (Kapp er, 1, 192; vgl. auch 2, 273). Auch ein schwäbisches Volkslied erzählt von einem Weibe, das im Kriege tapfere Thaten vollbracht hat (Meier, 330; Birlin ger, 29). Näher kommen unsei'er Nr. 77 drei nordslawische Lieder. In einem tschechischen Liede (Wald au, 1, Nr. 352) soll ein Bauer Soldat werden. Er bittet seine Töchter, an seiner statt in den Krieg zu ziehen. Die jüngste ist dazu bereit, reitet gegen die Türken und jagt alle in die Flucht (ähnlich bei Wenzig, 108 f.). In einem slowaldschen Liede (Kapp er. Slawische Melodien 34) wirbt der König ein Heer gegen die Türken. Alles muss sich stellen. Von einem Greise verlangt er einen Ersatzmann. Da dieser keinen Sohn hat, entsendet er seine jüngste Tochter.

In dem Gottscheerhed ist es auffällig, dass der alte König selbst für sich einen Ersatzmann stellen muss. Vielleicht stand eine ältere Fassung dem slowakischen Liede näher, und der König wurde irr- thümlich an die Stelle seines alten Unterthanen gesetzt, oder es dachte der Volkssänger an einen tributpflichtigen Fürsten, etwa an einen der serbischen Herrscher, die ja lange dem Sultan Tiibiit zahlen und Heeresfolge leisten mussten. Höchst walirscheinlich ist also Nr. 77 slawischen Ursprunges.

78. Das Mädclien und der Edelnianussolin.

Ein Mädchen, das sich im Walde verirrt hat, verspricht dem, der sie wieder hinausführt, ihre Ehre. Der Edelmanussohn kommt herbei, fülirt sie aus dem Wald und gemahnt sie dann an ihr Ver- sprechen. Doch am Waldessaum mag sie ihm nicht zu Willen sein, es könnten sie des Vaters Holzhauer sehen. Durch weitere ähn- liche Ausreden fülirt sie ihn allmählich bis zu ihres Vaters Garten, daselbst springt sie über den Zaun und jauchzt: „Ich hab' angeführt den schönen Edelmaunssohn !"

Hirn u. Wackernell, Qtiellen u. Forschungen. ITT. 28

434

Den gleichen Inhalt, wenn auch im einzelnen in anderer Aus- führung, hat ein schlesisches Lied: Junkernlust und Mädchenlist (Ho f f- mann Nr. 132). Der Junker will das Mädchen vei-führen; durch List weiß sie ihn fern zu halten, schwingt sich auf sein Pferd und reitet heim: „So führt man heutzutage die schlausten Junker an." "Über ähnliche Volkslieder vgl. man Hoffmann, 157 und Erk, Nr. 74a— 74«. In einem tschechischen Liede (Wald au 2, 47) betrügt das Mädchen einen lüsternen Herzog; viel Ähnliches findet sich auch in deutschen Schwänken und Sagen.

Der Anfang erinnert an lursere Brautmörder-Ballade Nr. 70. Die Verse 20 f. „Ein Sprung über den Zaun, ein Juchezer drauf", stehen ähnlich auch in Schnaderhüpfeln, z. B. „An Sprung übers Gassei, an Juchezer draul" (Hörmann, 199; Mittler, Nr. 1106; Neckheim, Kärtnerlieder, Nr. 66).

79. Die Kiiidesmörderin.

Am Hochzeitstage wird die Braut, die bereits zwei Kinder ermordet und eines ausgesetzt hat, vom Teufel geholt. Das Lied ist überall verbreitet und in fast allen österreichisclien Kronländern nahezu gleichlautend belegt (Schi ossär, Nr. 306; Peter, 1, 210; Meinert, 164; Baum gar tn er, 140; Hruschka und Toischer, 129 f.; Tobler, 2, 182 f. u. a.). Die Gottscheer Ballade weicht nur wenig davon ab. Immer sind es drei Kinder, von denen sie zwei ins Wasser geworfen, eines in einen hohlen Baum versteckt hat. Dieses Kmd hört in allen Versionen ein Hii-t schreien, in Steiermark: an olta Holda (Halter = Hirt), in Gottschee ein alter Mann (vgl. darüber S. 138). Immer heißt es zum Schlüsse, dass der Teufel mit der Braut tanzt und sie (zum Fenster hinaus) in die Hölle trägt. In dem Gottscheer Lied wird der Tanz nicht erwähnt. In einigen Liedern fragt der Hirt das ausgesetzte Kind: „Wer hat dich ernährt?" Es antwortet: Der heilige Geist, oder Christiis, oder Mutter Maria hat mich gewindelt vmd gebadet (Baum gartn er, 141). Diese Frage und Antwort fehlt in Nr. 79. Sie steht aber ähnlich in dem Liede Nr. 98, wo auch von einem in eine hohle Buche weggelegten Kinde die Rede ist : die Wald- reben haben es gefatscht, der Wind hat es gewiegt. Im übrigen stimmt Nr. 79 so genau, namentlich mit den österreichischen Fassungen über- ein, dass sogar einige Reime sich erhalten haben. Auch die Melodie des Liedes gleicht der ersten Hälfte der in Schlesien und Branden- burg zu diesem Liede belegten Weise. Nr. 79 muss also erst spät nach Gottschee gekommen sein.

Eine slowenische Ballade Kozarcik, Der Ziegenhirt (Koritko, 3, 35, kürzer Scheinigg, Nr. 59), erzählt die gleiche Begebenheit. In Einzelheiten weicht sie von der Gottscheer Ballade ab, steht aber ganz nahe zu der alten Version des Kuhländchens. Sie ist gewiss

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sclion früh uacli einem deutschen Liede entstanden, ja sie hat sogar einen alten Zug bewahrt, der im Kulililudchen nur zum Theil erhalten, in den übrigen deutsclien Fassungen aber verloren gegangen ist. Das kuhländische Lied sagt: Der Teufel tanzt mit der Braut.

Ar tanzt mit ihr den ersten Tanz,

Ar dreikt (drückt) ihrs Blut zun Nagle raus.

Das muss natürlich eine Fortsetzung finden. Bei Meinert fehlt

sie. Im slowenischen Liede aber ist sie erhalten.

Ko se prviö za1)rui, Da sie sich das erstemal (im Tanz mit Ji je iz zanohta kri kapala. dem Teufel) dreht,

Ko se drugic zabrni. Ist ihr aus den Nageln Blut getropft ;

Je prec vsa cma ratala, Da sie sich zum zweitenmal dreht,

K.O se tretjic zabrni, Ist sie ganz schwarz geworden;

Na tla pädia, omedli. Da sie sich zum drittenmal dreht,

Fällt sie zu Boden und ist todt.

Der todbringende Tanz mit dem Teufel ist ja ein altes Motiv (vgl. oben S. 430). Am ähnlichsten den Liedern von der Kindesmörderin ist es verwendet in einem westfälischen Liede (Reifferscheid, Nr. 3). wo der Teufel mit der Braut am Hochzeitsmorgen tanzt und sie durch das Fenster mit sich nimmt, weil sie dem ersten Liebsten untreu geworden war. Ebenso in einer sächsischen Sage (Grimm, Sagen, Nr. 209). Über ähnliche Berichte in Liedern imd Sagen vgl. ekel, LXTX, Zingerle, Sagen, 383. Es gibt noch viele andere deutsche Balladen von Kindsmörderinnen fso Erk, Nr. 56fi 56^); verwandt mit Nr. 79 ist die nachfolgende Ballade.

80. Die schöne Minua. 80^^. Von der grünen Linde. 81. Die kohlschwarze Amsel.

Nr. 80 ist gleichfalls eine Kindesmördeiin-Ballade. Die schöne Minna gesteht ihrer Mutter, dass sie sich todkrank fühle. Die Mutter will sie heilen durch dreiei"lei Brot, durch dreierlei Fleisch und dreier- lei Wein. Da kein Mittel hilft, merkt die Mutter, dass ihre Tochter gesegneten Leibes ist. Minna gesteht es und klagt sich an, dass sie schon acht Kinder getödtet habe. Die Mutter jagt sie aus dem Hause. Im Walde, in Gegenwart ihres Geliebten, gebiert sie einen Sohn und stirbt.

Eine unmittelbare Parallele zu diesem Liede kenne ich nicht. Es ist wohl eine selbständige Weiterbildung entfernt verwandter deutscher Volkslieder, in denen die Mutter den bedenHichen Zustand der Tochter erkennt (Erk, Nr. 110 u. a.).

Merkwürdig ist der Schluss. Der junge Sohn bittet, ihm eine Amme zu geben und ihn später in die Schule zu schicken, damit er Priester werde. Die erste Messe wolle er dann für den Vater lesen, die zweite für die Mutter, die dritte für die ganze Verwandtschaft (nusgenommen die Großmutter, die seine Mutter verstoßen hat). Das

28=ä=

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Jviud soll durch dieseu Schntt vvolü dio Süudeu seiner Eltern sühnen. Den gleichen Schluss finden wir in dem Gottscheer Liede Nr. 81: Auf einer Haselstaude sitzt eine Amsel und singt. Ein vorüherziehender alter Manu tragt, warum sie so schön singe. Die Amsel erwidert, sie hahe in drei Ländei-u je ein Liebchen und mit jedem Liebchen einen Sohn. Bis daher folgt es einem slowenischen Liede (^Stanko Vraz, 195), nur dass es den typischen alten Mann statt des überlieferten jungen Jägers einsetzt. Mit den Worten „Jeder Sohn hat drei Röcke" schließt das slowenische Lied, während Xr. 81 den gleiclien Schluss wie 80 zeigt: Die Söhne werden Priester und lesen die ersten Messen für die Eltern und dieA^erwandten. Im Gegensatz zu diesem frommen Schlüsse endigt eine zweite Version des slowenischen Amselliedes ganz leichtsinnig heiter mit der Hervoi-hebung des be.sten Liebeslagers (StankoVraz, 129 f ; A. Grün, 7 f). Auch eine dritte Version (Stank o Vraz, 195 f.; A. Grün, 6) ist keck und übermütliig gehalten. Die Gottscheer liaben wohl auch hier erst eine Sühne für den Leichtsinn des Jünglings (die Amsel tntt mir sinnbildlich dafür ein) hinzugefügt. In einem elsässi- schen Liede (Mündel, Nr. 64) tritt die Amsel als Liebchen auf. In den übrigen Parallelen dieses Liedes ist sie nur Zeugin eines Stelldich- eins (Simrock, Nr. 131; Ditfurth, 2, Nr. 167 .

Nr. 80^ sieht aus wie eine Zusammensetzimg aus zwei Gottscheer Liedern. Der erste Theil stimmt sachlich imd zum Tlieil wörtlich mit Nr. 80, der zweite mit Nr. 62 überein. Der Braut wird es am Hochzeits- tage unwohl, die Mittel der Mutter helfen nicht, sie stirbt. Der Bräuti- gam sucht sie lange und stirbt dann auch aus Schmerz. Der Gruud üires tödtlichen Unwohlseins wird nicht angegeben. Das Lied ist offenbar lückenhaft überliefert.

82. Ein Jägerliedcheii.

Nr. 82 ist ein bekanntes deutsches Volkslied, das augenscheinlich spät nach Gottschee gekommen ist; denn es enthält ganz hochdeutsche Worte und Wendungen, hat noch die meisten Reime bewahrt und inhaltlich keinen neuen Zug. Unter den vielen deutschen Fassungen (Hoffmann, Nr. 176 f.; Peter, 1, 285; Meinert, 203; Mittler, Nr. 204; Tobler, 2, 185 u. v. a.) kommt es dem deutsch-böhmischen Liede (Hruschka imd Toischer, 116, Nr. 23^) am nächsten.

Der Spott des Mädchens, dass sie die Nacht über Jungfrau ge- blieben sei, findet sich auch in Volksliedern anderen Inhalts iz. B. Meier, 394 f.), ebenso die Zeitbestimnuuig im Eingang: dreiviertel Stund vor Tag (in den Liedern von der Brombeerpflückeiin, Erk, Nr. 121a f.).

83. 0 mein Schätzt.

Es ist eine .stark gekürzte Fassung eines bekannten deutscluMi Liebesliedes (Mittler, Nr. 911; verwandt sind Erk, Nr. SSg'i, 580'

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und ^). Die Hauptzüge fiudoii sicli alle liier: Wenn icli morgen« früh aiifsteli, seh ich dich sohön angethaii. Verlass mich nicht, wenn auch die Leute, wie du selbst weißt, viel Schlimmes von uns reden.

84.-87. liiebeslledcheii.

Alle diese Liedchen sind spät eingeführt. In 84, 85 und 87 ist der Keim erhalten. 85 weicht noch wenig ab von dem deutscheu Liede gleichen Inhalts (vgl. Simro ck, Nr. 134; Mittler, Nr. 812 f. ; Erk, Nr. 728* 728c u. a.). Nr. 86 ist das älteste darvmter vmd zeigt engere Beziehungen zu anderen Gottscheer Liedern (vgl. oben S. 170).

88. Jungbrunnen.

Nr. 88 ist nahe verwandt mit einem aus dem sechzehnten Jahr- hundert in mehreren Fassungen belegten Liede (U hl and, Nr. BO und 29; Böhme. Nr. 135: Erk, Nr. 428 und 738). Es hat aber eine andere Anordnung und ist auch vollständiger. Denn wir finden hier auch die Erwähnung des Weinkellers, wie in einem theilweise ver- wandten deutschböhmischeu Liede (Hruschka undToischer, 165 f.) und einen schönen volksthümlichen Schluss, der ähnlich in anderen alten Liedern oft wiederkehrt. Der kühle Wind weht zueinander zwei Liebe, die bei emander sein wollen (vgl. Uhland, 31 A und B, „Schein ims, du liebe Sonne. . . schein ims zwei Lieb zusammen, ei, die gerne bei einander wollen sein!" ähnlich Schuster, 41). In ab- weichender und kürzerer Form wird das Lied vom Jungbrunnen heute auch noch in anderen Landschaften gesungen, z. B. in Schlesien (Hoff mann, Nr 151).

Da in Nr. 88 die Save erwähnt wird, die den Gottscheern doch etwas fem liegt, so dürfte das Lied wohl früher in Laibach oder in den ehemals so starken deutschen Colonien Oberkrains gesungen worden iind von da nach Gottschee gekommen sein.

89. Recrutenlied.

Dieses in Gottschee spät eingefühi-te , nur theilweise in die Mvmdart übertragene Eecrutenlied ist sehr verbreitet (Simro ck, Nr. 81 f. In Deutsch-Böhmen allein gibt es neun Fassimgen, Hruschka undToischer, 133 ff., 42a— 42i und vgl. die Parallelen ebenda S. 507 f.). Das Gottscheer Lied stimmt fast wöi-tlich mit einer deutschböhmischen Fassung (Nr. 42^) überein.

1>0. Von dem grünen M.ijoruu.

Ein Recrutenlied .slowenischen Ursprungs. Das Mädchen bindet ihrem ins Heer ziehenden Geliebten ein Sträußchen Majoran. Der Wmisch am Schlüsse: Der Berg möge sinken, das Thal sich heben, damit sie ihn marschieren sähe, steht auch in einem Gottscheer Hoch-

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zeitsliede (Nr. 109). Die slowenischen Lieder des gleichen Inhalts (Koritko, 3, 87; Stanko Vraz, 179 f.) stimmen fast wörtlich mit dem Gottscheer Liede überein. Das zweite hat auch den oben er- wähnten Wimsch, doch nicht am Schlüsse, denn beide slowenischen Lieder schließen mit dem Ausblick auf ein neues Liebesverhältnis des Mädchens.

91 lind 91«. Die zwei Lieben im Ki-ainerlan«l.

Der Jüngling soll ins Heer, die Geliebte will nicht „im Krain- land'' bleiben, sondern mit ihm ziehen. Sie will an seiner Seite stehen, wenn er ins Feuer geht, mit üim sterben, wenn ilm die Kugel trifft. Dieses unwandelbar treue Festhalten an dem Geliebten bis über den Tod hinaus kommt in diesem schlichten Liede in rührender AVeise zur Geltung. Um so merkwürdiger ist es, dass in Nr. yi» der gleiche Inhalt ins Scherzhafte gewendet erscheint. „Wie kannst du mit mir gehen, wenn ich täglich nur fünf Kreuzer beziehe", sagt der Soldat. Eine sehr praktische Erwägung, ein ganz modernes Einschiebsel. Und am Schlüsse thut das Mädchen die leichtsinnige Äußerung: „Wenn du sterben wirst, wird mir ein anderer gefallen." Diese Wendung ent- spricht dem Schlüsse der beiden zu Nr. 90 erwähnten slowenischen Eecrutenlieder, denen sie wohl auch entnommen ist. Li einem dritten slowenischen Recrutenliede (Koritko, 3, 127) wünscht das Liebchen mit dem Soldaten zu ziehen, um ihm Kleider und Wäsche immer in Ordnung zu halten,

92. Wer wird dicli trösten.

Nr. 92 ist die fast wörtliche Übersetzung eines slowenischen Liedes (Koritko, 3, 92 fl'.). Nur sagt darin das Mädchen vor der Schlusstrophe : ,,Mich werden trösten die jungen Burschen, die im Felde pfeifen; die werde ich abfangen." Ein seltsamer Trost für die trauernde Geliebte; darum wurde dies von den Gottscheeru auch weggelassen. Ein ähnliches slowenisches Lied ohne den fromnien Schluss steht bei A. Grün, 34 f.

93. Die schwarze Amsel nnd der bunte Specht.

Die Amsel hebt sich für den Winter Beeren auf Der Specht findet diese Nahrung ungenügend : er habe sich Weizen und Hirse in den Getreidekasten der Menschen aufbewahrt. „So wirst du nur dann essen können, wenn die Menschen es z\dassen", erwidert, die Amsel. Beim Erwachen des Frühlings findet die Amsel den Specht sterbend infolge des ausgestandenen Hungers. Eine Parallele zu dieser Fabel ist mir nicht bekannt. Dieses Lied dürfte in Gottschee entstanden sein. Es ist im Hinterlande heute noch sehr beliebt.

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1>4. Der Kuckuck.

Der Kuckuck eiiahrt, dass sein Liebclien einen andern heiraten wolle, da stirbt er vor Schmerz. Dieses Lied weicht in Inhalt und Auffassung von den deutschen Kiickucks-Liedem bedeutend ab. In diesen ist der Kuckuck ein Ehebrecher, untreuer Geliebter, oder Besitzer eines Harems. Ohne Trauer verlässt er seine Liebchen. Er gilt als fröhlicher Frühlingsbote, doch auch als Inbegriff mannig- facher Schlechtigkeit (Uhland, Schi-iften, 3, 24 f., 43 f., 88 f ; Grimm, Mythologie, 563 ff. ; Lieder bei Uhland, Nr. 11— 13, 259; Mittler, Nr. 563—580; Ditfurth, 1, Nr. 159; Erk, Nr. 667, 880 f. u. a.). Bei den Südslawen wird der Kuckuck nicht als ein kecker, heiterer, son- dern als ein klagender Vogel aufgefasst. Man sagt danim in serbischen Liedern: Klagen wie der J graue Kuckuck (Talvj, 2, 42, 279, 283; 1, 234). Nach serbischer Auffassung ist der Kuckuck ein "Weib, das um Sohn oder Bruder so lange gejammert hat, bis es in einen Kuckuck verwandelt wurde (Krauß in der „Zeitschrift des Vereines für Volks- kunde", 2, 181 f.).

In einem deutschen Kuckucks-Lied (Mittler, Nr. 576) wird wie in Nr. 94 das Niederland erwähnt. Diese Übereinstimmung ist wohl nur zufällig; denn unter Niederland ist in Nr. 94 wahrscheinlich der südöstliche Theil Gottschees gemeint (vgl. oben S. 4). Über den An- fang unseres Liedes vgl. oben S. 143 f.

95 und 95 a. Der juuge Hans.

Wie es scheint, eine modemisiei-te (parodistische) Fassung des Liedes Nr. 74 oder eine spätere Verbindung von Nr. 74 mit 95^. Der jrmge Hans zieht mit großem Gefolge nach Laibach; da er hier von seiner Geliebten abgefertigt wird, so zieht er weiter nach Oberkrain zur mittleren Tochter eines Königs. Sie öffnet ihm die Thür und umarmt ihn mit dem tjrpischen Gruß : „Und ich bin dein und du bist mein." Der zweite Theil und die kürzere Fassung, 95", ähneln einem slowenischen Liede (Koritko, 3, 89).

96. Vom (Jeigerleiu.

Ein Geiger geigt vor der Hölle sieben Jahre und sieben Tage, bis seine Eltern und die Schwester herausgelassen werden. Sie schauen sich aber nach der Hölle um und die Schwester meint, jetzt sei ein großer Platz daselbst leer. Da gibt der Geiger der Schwester einen Stoß, dass sie in die Hölle zurückfällt.

Also die Or-pheus-Sage, die in einem slowenischen Liede ' Stank o Vraz, 6 f.) auf den König Matthias übertragen wird. Von den Slowenen haben es die Gottscheer. Statt des geigenden Königs setzten sie nur einen Geiger ein, statt der Gattin, Eltern und Schwester. Dass es

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sich in Xr. UG urtjpiüuglicli aurli nur uiu eine weiblirlic^ J^crsuii geliandelt liat, ergibt sich daraus, dass der Geiger nur die Schwester (nicht auch die Eltern) hinabstößt und verflucht.

97. Der junge Priester.

Der junge Priester feiert die Primiz. Seine Geliebte stirbt während der Messe aus Schmerz, da er ihr nun für immer entrissen ist. Der Priester warnt öffentlich alle Mädchen vor den Liebesschwüren der Studenten imd wünscht, dass seine Geliebte vor der Kirchenthür begraben werde, damit er täglich ihrer gedenke. Dieses Lied ist die Übersetzimg eines slowenischen Liedes (Koritko, 1, 106 f.). Nur sagt hier der Priester tags vorher zur Liebsten, sie solle als Bi-aut ge- kleidet in die Kirche zur Traiiiuig kommen. Diese Grausamkeit haben die Gottscheer vermieden. Ein zweites slowenisches Lied gleichen Inhalts (Koritko, 4, 69 ff. ) erzählt zum Schluss, dass auch der Priester aus Schmerz gestorben sei. Beide werden neben der Kirche be- graben, Blumen wachsen aus den Gräbern (vgl. oben S. 179). Die große Assistenz von zwölf Kaplan en erklärt sich daraixs, dass die Begebenheit nach den slowenischen Liedern sich in einer Kapuziner- oder Francis- canerldrche zuträgt, wo zwölf Mönche den Primizianteu begleiten. Nur in der Gottscheer Fassung steht der Vergleich : Ein Männerherz ist wie Eisenbäuder. Dieser Vergleich ist in der deutschen Volkspoesie häufig. Der treue Heinrich (Grimm, Märchen, Nr. 1) legt sein Herz in eiserne Bande, dass es nicht vor Kummer breche (Parallelen dazu Grimm in den Anmerkungen, 5).

98. Die scliöne Maria (und die ScliLauge).

(Vgl. oben S. 101 f.)

99. Das ».ändernde Kind.

Ein in der südslawischen Poesie sehr verbreitetes Lied. Die längste Fassung ist das .slowenische Lied Desetnica, Die Zehnte (Stanko Vraz, 165 ff., dasselbe bei Koritko. 1, 82 ff.l Es erzählt: Ein Ehepaar hat neun Schlösser und neun Töchter; als zelmtes Kind wünschen sie .sich einen Knaben, es kommt aber wieder ein Mädchen. Ein Engel bringt diesem Ivinde einen goldenen Ring und der Mutter den Auftrag, sie soll dem Kinde auf die Wanderung ein Brot backen. Die Mxitter gibt den Hing ins Brot und vertheilt dieses in zehn Theik^n an alle Kinder in der Hoffnung, dass der Ring auf ein anderes Kind kommen werde. Doch das Zehnte erhält den Ring, zieht sich ärmlich an und wandei-t in die Fremde. Nach sieben .Tahren kommt es meder heim und bittet um Unterkunft. Die Eltern, die es nicht erkennen, weisen es ab, weil .sie den ganzen Raum brauchen, imi ihi-er ältesten

441

Toclitcr Hoclizeit zu feiern. Das Mädchen gibt sich zu erkennen und zieht weg. Die Mutter stirbt, die Geschwister rufen sie zurück; sie aber hört nicht daravif.

Eme zweite Fassung (Koritko, 2, 86) erzählt mehr vom Wander- leben des Kindes. Statt des Engels bi-ingt hier ein Vogel den Ring. In einer dritten Fassung (^Koritko. 4, 24) wandert das Kind in Pilger- tracht; der Schluss weicht th eilweise ab.

Das Gottscheer Lied gibt den gleichen Inhalt gekürzt wieder. Es erzählt nichts von der Wiedei-kehr der jüngsten und von der Ver- mählung der ältesten Tochter. Die Mutter stirbt gleich nach dem ersten Auszug des Kindes. Der V. 16 „Vielleicht wird's kommen in Magdalenens Theil" ist ein Wunsch der Mutter. Sie liebt augen- scheinlich Magdalena am wenigsten. Magdalena ist sicher die älteste Tochter, denn auch im slowenischen Liede heißt diese Lenchen und wird besonders erwähnt. Das zehnte Kind heißt hier, wie in dem dritten slowenischen Liede : Margarethe. (Diese beiden Namen neben- einander für zwei Schwestern finden sich auch in der Gottscheer Ballade Nr. 73.) Ein Grund, warum das Kind wandern muss, wird nicht angegeben. Sicher hat die Mutter das Mädchen verwünscht, als es statt des erhofften Knaben zur Welt kam. Und zur Strafe dafür muss die Mutter das Kind so früh verlieren. Vom Himmel kommt ja dieser Auftrag. Und die Mutter stirbt auch im Bewusstsein, dass das Kind durch ihre Schuld ins Elend getrieben wird. Devitlicher ergibt sich dieser Zusammenhang in einem verwandten serbischen Liede (KaJ)per, 2, 121). Eine Frau Avünscht sich als zehntes Kind endlich einen Knaben ; da aber wieder ein Mädchen zur Welt kommt, ruft sie : „Hol' der böse Geist sie !" Als nun das Mädchen herangewachsen ist, wird sie von einer WUa (bösen Fee) in den Bergwald entfülni:. Vergebens ruft sie die jammernde Mutter zurück.

In der Gottscheer Ballade imd in zwei slowenischen Liedern verlässt das Mädchen im siebenten Jahr das Elternhaus. Abgesehen von der tyj)ischen Siebenzahl ist zu erwägen, dass im siebenten Jahr das kindliche Unschuldsalter aufhört. Auch in einem mecklenburgischen Märchen muss ein Mädchen im siebenten Jahr das Elternhaus verlassen (Grimm, Anmerkungen zu den Märchen, 58; vgl. Halt rieh, 307).

100. 8öhiichen Marcus.

(Vgl. oben S. 91.)

101. Die Meieriu.

Auch diese Ballade ist slowenischen Ursprungs. Das Lied Majerca (bei Stanko Vraz, 160, in kürzeren Versionen 66, 67 und 68) erzählt die gleiche Begebenheit. Eine junge Gräfin lässt durch eine Magd das Kind ihrer Meierin erstechen, weil der Graf dessen Vater ist.

442

Zur Strafe dafür wirft, der Graf sein Wt'ib /um Feiistor liinaus oder tödtet sie mit dem Schwert. In dem Gottsclieer Liede erschießt er sie und lieiratet hernach seine Geliebte, die Meierin. Nr. 101 wurde schon im Jahre 1820 von Rüdes ch mit der Bemerkung: „Wiegen- lied nach dem Volksmund" aiifgezeichnet. Es hat ja auch als Kehrreim das Wiegenlied der Gottscheerinnen : pi-utai ninai, prutai ninai (vgl. S. 130 .

III.

Lieder zu Sitte und Brauch. Scherz- und Kinderlieder.

102. Neujalirswunscli.

i Vgl. S. 69 f.)

103 und 104. Soimwendlieder.

(Vgl. S. 75 f.)

105—110. Hochzeitslieder.

(Vgl. S. 79—85.)

111. Der Werber. 112. Des Vaters Töcliterleiii. 113. Die Werbiiiif;:.

Drei Werbelieder. In Nr. 111 wird scherzhaft die Schwierigkeit des Werbens dargestellt. Der Freier wirbt vergebens um ilie Töchter verschiedener Handwerker, erst die Besenbinderstochter nimmt ihn. Er kommt um sie auf verschiedenen, in Wirklichkeit unmöglichen Pferden, erst auf einem bunten Braun will sie reiten. Scherzhafte Werbelieder gibt es in deutschen Landen in großer Zahl. Nur ist es in diesen umgekehi-t: das Mädchen weiß nicht, aus welchem Stande sie sich den Mann wählen soll inid geht so im Liede alle Berufe durch. Das sind Necklieder, in welchen alle Vor- und Nachtheile der verschiedenen Handwerker abgeM'Ogen werden (Erk, Nr. H41 849? Mittler, Nr. 923— 92G ; H r u s c h k a luid T o i s c h e r . 204 W. ; H o f f- mann, Nr. 185; Tobler, 1, 1()2; Meier, 14S und 153; Schuster. 112 ff. ; Mündel, Nr. 20 u.a.; auch in der serbischen Literatur ganz ähnlicl) Talvj, 1, 17; und bei den Neugricchen, Gustav Meyer, 51).

443

Nr. ll"J erklärt sicli von si-lbst. lu Nr. IIH scheint ciuzelue.s im Text verderbt zu sein. Die in den Liedeni genannten Orte Meierle, Ilodine, Scheniitsch liegen alle in der Sprachinsel. Die Bezeichnung Berg bedeutet Weinberg oder schlechtweg Gegend mit Weinbau.

114. Agnes.

Georg wirbt um Agnes und schildert ihr sein Heim mit den bekannten Schlaraifenherrlichkeiten : Dächer aus Speck, Zäune aus Würsten, Mauern aus Kuchen, einen beinenien Tisch. Agnes glaubt ihm alles, verschenkt an die Nachbarn all ihr Hab und Gut und folgt dem Werber in dessen Heimat. Dort findet sie nichts von dem Ver- sprochenen : ein Bretterdach und kein Speckdach, eine Mauer aus Steinen und nicht aus Kuchen u. s. w. Georg sucht durch Scherze ihre Fragen zu beantwoi-ten ; als sie nicht nachlässt zu weinen, nimmt er eine Birkenruthe und schlägt sie. Dass der Freier dem Mädchen glänzende Versprechen gibt, die er dann nicht hält, das kommt in vielen Entführungs-Balladeu vor. Am ähnlichsten unserem Liede, dem allgemeinen Inhalt nach, in der Ballade vom stolzen Heinrich (Sim- rock, Nr. 9 ; R e i f f e r s c h e i d , Nr. 16 f.), der Margarethen, der Königs- tochter Wunderdinge von seinem Lande erzählt. Sie glaubt und folgt ihm und findet sich nun betrogen (vgl. auch Grimm, Märchen Nr. 84). Almliche Häuser, wie das in Nr. 114 geschildei-te, gibt es im Schla- raifenlande (Böhme, Nr. 278'*) : auch hier sind die Wände Kuchen, die Zäune Würste, das Dach mit Fladen gedeckt. Nach einer sieben- bürgischen Sage (Haltrich, 110) gibt es eine wallachische Kirche aus Speck, Fladen, Würsten und Käse. Das Zuckerhäusel im Märchen von Hansel und Grethel (Grimm, Nr. 15) und die vielen Schlösser, Häuser und Mühlen aus Edelsteinen, Gold und Blumen in deutschen Volks- liedern (Uhland, Schriften, 3, 239 ff.) seien nur nebenbei ei-wähnt. Aiich in den Schnaderhüpfeln gibt es Häuschen „mit Lebzelt gedeckt" (Hörmann, 38; Seidl, Almer, 1, 63).

Strophe 3: „Werberlein ins Werberland" heißt: das Mädelien hat Werber in das Land der Werber hinein, d. h. sie hat die Möglich- keit, in dieses Land zu kommen, wenn sie die Werbung annimmt.

115. Die zwei Gespielen.

Zwei Freundinnen, eine Reiche und eine Arme, haben den- selben Geliebten. Dieser fragt seine Mutter um Rath, welche von beiden er nehmen solle. Die Mutter räth ihm zur Armen, denn diese sei gewöhnt zu arbeiten und sparsam zu leben.

Unser Lied hat, wenn auch in anderer Ausführung, den gleichen Inhalt mit dem alten und verbreiteten deutschen Volkslied „Zwei Ge- spielen", das schon 1582 gedruckt wurde (Uhland, Nr. 115 A; Erk, Nr. 70'^ u. a.), aber jedenfalls illtor ist. Auch hier haben zwei Freim-

444

(liiiuou, eine Reiclie und eine Arme, denselben Geliebten. Dieser über- legt, welche von beiden er heiraten solle. „Und wenn die Eeiche das Gut verzehrt, so hat die Lieb ein Ende." Er will darum die Anne nehmen. "Was hier nur als möglicher Fall erwogen wird, berichtet das Gottscheer Lied als Thatsache. Der Jüngling heiratet die Arme ; doch nach deren baldigem Tode die Reiche und diese „verprasst alles in einem Jahre". So ist die Moral des Liedes eindringlicher vor Augen geführt.

Das Lied „Zwei Gespielen" ist auch heute in verschiedenen Gegenden in der alten Fassung fast gleichlautend verbreitet (Erk. Xr. 70a— 701; Mittler, Nr. 141 f.; Meier, 373). Die Sclnveizer Fassiuig (Erk, 70*) hat von den übrigen abweichend die Verse: Die Richi ist keis Haberbrot Und geit nit gern an d' Suinie.

Also ähnlich wie im Gottscheer Liede darauf hingewiesen wird. dass nur die Anne an der Sonne jätet und Hirsebrot isst. Die ver- schiedenen Lebensgewohnheiten der Reichen und Annen, die im Gott- scheer Liede wirkiuigsvoll vorgefülirt. werden, müssen wohl alt sein imd waren früher wahrscheinlich auch in den Versionen anderer Land- schaften vorhanden.

Das Motiv von der armen und der reichen Braut wird uocli in vielen anderen deutschen Volksliedern behandelt und inuner zu Gunsten der Armen erledigt (vgl. darüber meinen Aufsatz in Sauers Euphorion. 2. Band).

IIG. Ein Heiratliedchen.

Ein Lied über Ehestandsbedenken. Spät in Gottschee einge- führt. Der Reim ist zum Theil bewahrt, imd es stin\mt fast wörtlich mit den in Deutschland noch heute verbreiteten Fassungen überein, nur dass in Nr. 116 die Verse über die alte, junge und die arme Fi-au weggefallen sind (vgl. Erk, Nr. 864; S im rock, Nr. 220; Mittler, Nr. 1007; Mündel, Nr. 231 f.; Hoffmann, Nr. 95 und Nr. 184; Zur- m üblen, Nr. 86).

117. Um die lieilige Fasi'liingsKeit.

Ein Bauer hat ein faules Weib. Er bittet zu Gott, dass sie sterbe. Das Weib stirbt, der Bauer lässt einen großen Stein aufs Grab legen, damit sie ja nicht wiederkomme. Es ist ein altes, sehr ver- breitetes Lied, das schon lang in Gottschee sein muss, weil es hier ganz eigenartig ausgefühit ist. Die Zeitbestimnunig im Fasching imd den Eingang von den drei Bauern hat nur das Gottscheer Lied. Alle deutschen Fassungen sprechen von einem alten Weib, nur in Gottschee inid im Kiihländclien (Me inert, 20j ist es ein faules Weib. Nr. 117 kommt am nächsten der alten Version aus dem

446

16. Jahrliuudert (Ulilaud, Nr. 2!)-2; Böhme, Nr. 247) und dt'iii uieder- rheinischen Liede (Zurmühlen, Nr. 48). Auch hier betet der Mann in der Kirche um den Tod seines AVeibes. Er legt auf ihr Grab Steine. Die neue Heirat wird nicht ausdrücklich erwähnt. In den meisten modernen Fassungen (Simrock, Nr. 24(i; Erk, Nr. 914; Mittler, Nr. 179; Meier. 344 u. a.) heiratet der glückliche Witwer ein junges Weib, das ihn schlägt oder sein Gut verzehrt, so dass er sich die Alte zuiückwünscht. Mehrere stimmen in einzelnen Versen mit dem Gott- scheer Lied genau überein. So wird auch in der fränkischen (Dit- furth, 2, Nr. 199) und in der steirischen Version (Schlossar, Nr. 299) „ein großer Stein" auf das Grab der verstorbenen Alten gelegt. An- dere berichten, wie Nr. 117: „Und als der Mann heina kam, war sein Weib schon todt" (Hruschka imd Toischer, 221 f.; Schlossar, Nr. 298 f.; und in einem sonst stark abweichenden, in hebräischen Lettern aufgezeichneten Liede bei Rosenberg, Über eine Sammlung deutscher Volks- luid Gesellschaftslieder in hebräischen Lettern, 28).

118. Die Schwiegertochter.

Die Tochter erzählt ihrer Mutter, wie sie mit ihren neuen An- gehörigen zufrieden sei. Alle seien brav, nur ihr Ehemann nicht. Denn ihre Ehe gleiche jener „unter der Platte". Darunter versteht man, wie die Sängerin mir erklärte, eine Schlangenehe, denn unter der Steinplatte halten sich die Schlangen auf, also eine unglückliche Ehe. Zu diesem Liede kenne ich keine Parallelen.

119. Schön Andreas.

Der schöne Andreas geht zum Kirchtag (zugleich Jahrmarkt) nach Laibach. Er fragt sein Liebchen, was er ihr doi^t kaufen solle und nennt die Geschenke: Mehrere Stücke zur Frauentracht, Ess- waren u. fi. Sie erwidert, dass sie Kleidungsstücke von ihm nicht annehmen dürfe, mit den übrigen Geschenken sei sie einverstanden. Er aber meint zum Schluss : „Wer es haben -R-ill, soll es selber holen." Das ganze ist also nur eine Neckerei. Necklieder zmschen Liebenden sind sehr häufig. In einem oberbayerischen Liede (Mittler, Nr. 1106) fragt auch ein Liebender, was er am Kii'chtag dem Mädchen kaufen solle: ein Fürtuch, Schnürriemen oder ein rotlies Leibchen? Doch wenn sie ihm nicht aufmachen sollte, dann „zoag i dir d' Feign".

Unter den Geschenken zählt der Bursch in Nr. 119 auch eine Wiege und eine Wiegendecke auf. Eine deutliche Anspielung darauf, wie weit es mit ihrem Verhältnis kommen könne. Den gleichen Zug finden wir in einem verwandten steirischen Liede (Schlossar, Nr. 157), nur wirksamer an den Schluss gesetzt. Der Bursch fragt, was er am Kirchtag kaufen soll. Sie erwidert: Alles, nur keinen Mülilstein,

446

den könnte sie nicht ertragen. DaTauf er: Ich werde dir etwas Leichteres schenken :

A Wiagn wiar i da kautn und

Dazua an Kinderwagn. Das Anbieten der Geschenke erinnert aucli an unsere Ballade Nr. <>!>.

120. Streit mit der Lieben.

(Vgl. oben S. 165.)

121. FMr die Jiing:liiig:e und Mädchen.

Unter einer Linde sitzen Burschen und Mädchen xuid trinken. Ein Vogel wanit sie: „Ihr werdet euern ledigen Stand (eiu'e Jvnigfer- schaft) vertrinken." Da drohen sie dem A'^ogel, ihm die Federn auszu- reißen; doch dieser erwidert: „Die Hosen werden wieder blühen, meine Federn weder w^achsen, eure Jungferschaft aber kehrt nimmermehr!"

Dieses Lied ist ein schönes Seitenstück zu dem bekannten deutschen Volksliede von dem Mädchen \md der Hasel (Böhme, Nr. 65 u. V. a.), wo die Haselstaude warnt: „Ich grüne wieder, doch ein Mädchen findet ihren verlorenen Kranz nicht mehr." Auch das obige Motiv von der Warnung des Vogels ist in unserer Volks- poesie häufig. In einem Liede aus dem 16. Jahrhiaidert. das in mehr- fachen Versionen Ijelegt ist, wird einer Naclitigall gedroht. Sie fürchtet sich nicht davor, warnt die Mädchen vor den betrügerischen Knaben und ermahnt sie, ihre jungfräuliche Ehre zu bewahren (Erk, Nr. 410; Uhland, Nr. 17; Böhme, Nr. 161). Auch der Anfang luiseres Liedes, der in den Gottscheer Nummern 15 und 55 wiederkehrt, ist häufig in deutschen Volksliedern (vgl. oben S. 144). Die Marien-Legende Nr. 15 hat ganz die gleiche Situation. Maria geht bei einer Linde vorüber, unter der junges A^olk tanzt. Sie spricht ermahnende Worte.

Nun findet sich aber \mser Lied Nr. 121 fast wörtlich im sloweni- schen Liede Devictvo, Die Jungferschaft (Stanko Vraz, 182 f.; Koritko, 2, 80) wieder. Dieses Lied ist nur etwas breiter gehalten und die Ermahniuig des Vogels ist hier an die Mädchen allein ge- lichtet. In Anbetracht der starken Verbreitung dieses Motivs in der deutschen Volkspoesie. meine ich, dass das slowenische Lied aus dem Deutschen stammen dürfte, daiui selbständig ausgefühi-t seinerseits auf die Gottscheer Volkspoesie zurückgewirkt habe.

122. Die PfarrerskÖchin.

Die Köchin, die nnt dem Pfarrer in einem sträflichen Ver- hältnisse gelebt hat, wird dafür in der Hölle vom Teufel gezüclitigt. Sie erscheint dem Pfarrer als Geist auf dem Dachboden und erzählt ihm ihre Leiden. Der Pfan-er will für sie Messen lesen, doch sie weist Seelenmessen von seiner Seite zurück. - In einer tirolischen Sage

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(Zingerle, tSageu, H9üj legt der Teufel, wie hier, einer JJiriie Huf- eisen an. Bemerkenswert ist es, dass hier der Teufel als krummer, d/h. lünkender Schmied bezeichnet wird, eine alte mit der AVieland- und Hephaistos- Mythe in Verbindung stehende Anschautmg (vgl. Grimm, Mythologie, 829). Das Lied ist wahrscheinlicli in Gottschee entstanden.

123. Die schöne Marie.

Die schöne Marie schläft während des Rinderhütens ein. Eine Pomeranze fällt vom Baum und w^eckt sie. Marie verwünscht darum diese Frucht. Pomeranzenbäume gibt es in Gottschee nicht, das Lied muss also aus deni Süden gekonnneu sein. In den Liedern der Süd- slawen, die an den Ufern der Adria und im Süden des Balkans Pomeranzen anpflanzen, wird dieser Baum sehr oft erwähnt. Liebende treffen sich hier (Kapp er, 2,227), man begräbt Angehörige darunter (ebenda, 116), schöne Mädchen pflanzen und pflegen Pomeranzenbäume (ebenda, 246. 257; doch auch in einem elsässischen Liede, Mündel, Nr. 112). In de\;tschen Volksliedern finden v^Hr öfter die verwandte Situation, dass Mädchen im Garten entscMummern und dass ihnen Eosen in den Schoß fallen fz. B. Mittler, Nr. 979). Am nächsten kommt imserer Nr. 123 ein bulgarisches Lied (Wen zig, 238): Ein Mädchen schläft imter einem Lorbeerbaum, da trifft sie ein vom Wind bewegter Zweig und weckt sie. Sie zürnt darüber, weil sie eben so süß von Liebe ge- träumt habe. Diesen Schluss mag vielleicht auch miser Lied Nr. 123 früher gehabt haben. Jedenfalls ist es slawischen Ui'sprungs.

124. Das schöne Gretchen.

Das schöne Gretchen wünscht einmal zu einer Hochzeit geladen zu werden. Kaum hat sie den Wunsch ausgesprochen, so kommt ihr Bruder und ladet sie zur Doppelhochzeit ihrer Geschwister ein. Gret- chen will sich gleich dazu rüsten, einen Hochzeitskuchen backen und ihr bestes Sonntagsgewand anlegen. Der Bruder aber meint, das sei alles nicht nöthig und nimmt sie gleich in ihrem Werktagsanzug mit. Zu Hause angelangt, findet sie beide Eltern todt. „WaiTun hast du's mir nicht früher gesagt?" fragt sie. „Ich habe es dir ja angedeutet", versetzt der Bruder. Da stirbt sie vor Schmerz. Dieses Lied ist wohl Gottscheer Urspnmgs.

125. Das nichtsniitze Weib.

Das Lied ist spät eingeführt worden, es hat hochdeutsche Wörter und Reime und die gleiche Melodie wie das niederöster- reichische Lied „Weltlauf" (Tschischka, 60), mit dem es auch im Wortlaut übereinstimmt. Dieses Lied ist sehr verbreitet (Erk, Nr. 910«— 910(1; Mittler, Nr. 259 f.; Meier, 241; Schuster, 189;

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Ditt'urth, 2, Nr. 201 u.a.). Die lufi.steii liaheii ilcu gk'icliL'ii lü'lii- reim wie Nr. 125 : „Lieber Franz, Noch ein Tanz !" Alle haben noch eine weitere Schluss-Strophe (die in Nr. 125 fehlt), wonach die Freier im Hause sind und das Weib infolge dessen erst heimgeht.

VH'u Die brave Stiefmutter.

Ein ganz für sich stehendes Lied, weil hier die Stiefnuitter. um gütig und nienschlicli zu handeln, ihre Stiefkinder besser hält als die eigenen. In Manhen und \'(»ll<sliedern (z. B. Mittler, Nr. 90 und 99) sind die Stiefmütter sonst immer böse. Das Lied düi-fte [wohl in Gottschee entstanden sein. In Einzelheiten ist es von slowenischer Volkspoesie beeinÜusst. Die Verse 18 if. finden sich in dem Liede Sirote, M^aiseu (Stanko Vraz, 135). Die sterbende Witwe em- pfiehlt ihre Kinder dem Bruder und sagt: „Wenn du deinen Kindern weißes Brot gibst, so gib meinen gemischtes. Wenn du deinen Wein gibst, so gib meinen Wasser.''

Bemerkenswert ist der Traum der Magd : Die drei Sonnen, die ihr aufgehen, zeigen wohl das große Glück an, das ihr bevorsteht und die Fahne die baldige Hochzeit. Demi Fahnen werden ja bei Hochzeiten in Krain getragen ('vgl. oben S. Kl und 8.")^ In anderen Gott- scheer Liedern geht es den Stiefkindern schleclit, z. B. in Nr. 58. L^nd Schröer (499) erwähnt ein Gottscheer Lied von den zwei Waislein, deren Texf^ auch ich viicht erhalten komite. Danacli kommen die Waisen zu dem Grabe rder Mutter klagen, weil sie nicht Holz und Wasser erhalten. Da ruft es aus dem Grabe: „Gent lioim m- hnishla'm main, ahoima hrt wr vin (finden) dos höh im bosr sriiean.

127. Ich will alles haben.

Nun folgen bis Nr. 132 eine Reihe von Kettensprüchen. Die sind alle spät nach Gottschee gekommen: sie haben hochdeutsche Wörter und Reime, bekannte Melodien und stimmen mehr oder weniger wörtlich mit den überall in deutschen Landschaften verbreiteten Par- allelen überein. Nr. 127 kommt am nächsten der niederösterreiclii- schen Fassung TTschischka, 30). Ähnlich sind noch viele andere Ver- sionen (vgl. Ditfurth, 2, Nr. 398^; Tobler, 1, 152; Rochholz, IGG; G r i m m, Märchen, Nr. 140 und besonders die Anmerkungen dazu. 223 f. ; Zepling im Siebenbürgischen Correspondenzblatt 9, 67).

128. Mein Kittelchen.

Dieser Kettenspruch stinmit fast wörtlich überein mit der schlesisohen Fassung (Ho ff mann Nr. 51). Nur ist er stärker als Nr. 127 in die Mimdart übertragen. Zi pf ist der Hautlai)pen der Henne, unterhalb des Schnal)els. Tanz sind tlie HinterfüÜe des Hasen, weil

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or aiit' iliufii. wie /um Tanz bei-cit, steht (vgl. auch Des Knaben Wunfloihovn, 2. 761 und Siniiodk. Kinderbuch. Nr. 1044),

12i). Der Binibaiiiii.

Dieses Zähllied ist noch sehr verbreitet und nach niündliclier i'berlieferung in neuerer Zeit in ganz Mitteldeutschland (Erk, Nr. 1746), im Kuhländchen (Me inert. 221) und in Österreichisch- Schlesien (P eter, 1, 49 fF. 52 ff.^ aufgezeichnet worden. Unserer Nr. 129 steht die fränkische Fassung iDitfurth. 2, Nr. 393) am nächsten. Weitere Parallelen vgl. bei R eiff er s cheid, 176.

130. Vom Dienen.

Ein ähnliches Lied wird in Kärnten gesmigen (Carinthia I. 8t. iS. 28). Dassell)e Lied nur kürzer, findet sich auch im Slowenischen (Koritko, 2, 98) und im Kroatischen (Valjavec. Narodni pripoA'je.sti. ';\C'9> f.K Nr. 130 stehf der kärntischen Fassung näher.

131. Die Bewirtung'.

Das Lied zählt auf, was die Frau au jedem Tage der Woche kocht, was sie dann für sich behält und was sie dem Mann lässt. Eine genau übereinstimmende Parallele dazu kenne ich nicht. Ähnliche Scherzlieder, in denen die Speisen der einzelnen Wochentage ange- geben werden, gibt es genug iu deutschen Sammlungen (vgl. Schlossar Nr. 325: Ditfurth, 2. Nr. 207: Meier, 329 f.). Komische Wochenüber- sichten sind auch: Ho ff mann. Niederländische Volkslieder Nr. 168; Des Knaben Wunderhorn. 2, 664.

132. Selinsiiclit naoli dem Liebelten.

Eine Umarbeitung des bekannteu St'.identenliedes : „Laurentia liebe Laurentia mein" (Erk, Nr. 1742), verbunden mit einem nach jeder Strophe ^^-iederkehrenden Gespräch.

134. Necklied auf die Reifnitzer.

(Vgl. oben S. llS.j

135. Trinkliedclien.

I Vgl. oben S. 136.i

136. Der Rebensaft.

Ahnliche Begrüßungen des Weines sind in der dexitschen Volks- poesie sehr häufig (vgl. z. B. U hl and, Nr. 215, 221, 229 u. a.). Fa.st NVfu-tlich gleich unserem Liedcheu ist die Inschrift in einem Keller zu Meschendorf in Siebenbürgen (Haltrich, 480).

Hirn 11. Wao k i' rn el l . (^uellftu n. Forsohungeii. TIT. 29

450

1S7. Woiii und Waiss«»r.

Volksmäßige Kampfgesprächc zwisclieii Wasser und "Wein. Sonnnci' und Wintov. Faston und Niclitfasten luid älmliclies. waren voi- alters selir l.eliebt (vgl. II lila nd. Schriften, H, 28 ff. : K r k, Nr. 1074— iOTTj. Unser Lied findet .sich schon iii Flughlättern des 10. Jahrhunderts und noch heute auf dem ganzen deutsclien Gebiet. Die nächste Verwandtschaft zeigt das Crottsclieer Lied zu den Fassungen in iSteieniiark (Schlossar, Nr. 317 j und Kärnten (Pogatschiügg und Herr mann, 2, Nr. 573). Über flie außerordentliche Verbreitung dieses Themas auch bei fremden Völkern vgl. ekel. lOH f. und XL Seinen Parallelen füge ich hin/.u das Streitgedicht ,, Wasser und AVein" bei den Deutschen im iiordungarischeu Bergland iScliri'ier. WSH. 27, 238—236).

138. Die faule GreteL 13i). Wecklieder.

Das migemein verbreitete Volkslied vom faulen Gretchen wird in Gottschee hochdeutsch gesungen. Der oben abgedruckte Text weicht fast gar nicht von den in Deutschland allgenuun verbreiteten Ver- sionen ab (vgl. Mittler, 1027; sehr gekürzt bei Hruschka und Toi scher, 260, Nr. 288. ebenda in den Anmerkmigen die Parallelen. S. 514). Die Melodie zu diesem Liede wird im Sommer jeden Morgen von Kuhhirten geblasen. So dient sie wirklich als Wocklied. wie die beiden in Nr. 139 verzeichneten Liedchen.

141. Drei Alädclieii.

Dieses deutsch-slowenische Lied ist eine merkwürdige Paralkde zu Uhland, Nr.2J, A und B; Mittl er, Nr. 769; S im rock, Nr. 154. Nament- lich die zweite Strophe stinunt inhaltlich ganz mit den deutschen Fassun- gen überein. Und wie es hier heiüt : Es sind nicht drei Rosen, es sind drei schöne Mädchen, so bei Uhlaud: So sind es nit drei Vögelein, es sind drei Frewlein fein. Der Eingangsvers: „Es blühen drei Rosen im Garten" gleicht dem Eingang von Nr. 89: „Die Rosen, die blühen im (»arten.'" (Über die slowenischen Verse vgl. oben S. 161 f.). Parallelen zu diesem alten, schon im 16. Jahrhundert belegten Liede fühif Uli I and an (Schi-iften 4, 25 ff.). Er weist auch darauf hin, dass es im Miiuiesang als mischicklich galt, den Namen der (Teliebten zu lumnen imd dass das Nicht-Bezeichnen di's Dritten, Trefflichsten, eine alte xdlksthüm- liche Form ist. (Neuere Litteratur daniber vgl bei Böhme, Nr. 184, 436 f; Erk, Nr. 418' u. 418'', 4191'— 419''; Mündel. Nr. 143; auch vgl man die vielen Fassungen des Liedes von den drei Schwestern, deren jüngste den Jüngling einlässt.) Verwandt ist auch das viel verbreitete Kinderlied von den drei schönen spinnenden Jungfrauen t'Simrock. Kinderbuch, Nr. 180 1S3; Hruschka und Toi seh er. 435 f, besonders Nr. 346:'). j)ie drei .spinnenden Jungfrauen sind eine Erinnerung an

451

ilic Nonii'ii. die Scliir|<s;ilstV;iiH'ii ' v^l. K n c ]i li o I z . i:50tt; (Iriiiiin M.vtholojufio. a45: TmM,!-. J. 23!I ff.). In d.-ii Cottscheer Liodoni Nr. 74. 75 und 9.") ist ;ni(h nou drei MädcluMi die Rede. :ui.s denen sicli der Freici- die niittrlsTr. die sclinnstr. aiiswiililt.

>r. 142— KJS. Kiiulciiieder.

l'luT dit' KindcrlifdiT im ail^eniriutni \"g'l. oln'n S. 1(>-}. Zu dt^n i'in/.tdnou Xuninioru gibt es viele tlieils würtlicli übereinstiuuiiondc, tlieils mehr oder weniger abweicliende deutsclie Parüllelen. Zu 142 vgl. Sinuoek, das deutsclie Kinderbuch xsr. 692; Xeue Carinthia. 1890, IBO; Hruschka und Toischer, 5. Abtheikmg, Nr. 283«. Zu 143 vgl. auch den Schluss des Märchens „Jungfrau Maleen" (Grimm. Nr. 198). Zu 144 vgl. Hruschka imd Toischer a. a. 0. Nr. 379 (un<\ in de]i Anmerkimgen dazu Aäele Parallelen); Ilochholz. 350. Zu 145 vgl (Jarinthia I. 82, S. 1 92 ; H r u s c h k a. Nr. 388 f. ; E r k, Nr. 1885. Zu 14( ;! Simrock a. a. 0., Nr. 850 f.; Neue Carinthia, 1890, 192; Ziugerle, 240. Nr. 64 f. Zu 148 vgLEoehholz. 191; Erk, Nr. 1843. In Laibach lautet dieser Kinderreim:

Hegen, Kegen troplen.

Die Buben muss man klopfen.

Die Mädeln liegen im Federbett,

Die Buben liegen im Hühnerdreck. Zu 152 vgl. Simrock. Nr. 908 ff.; Erk, Nr. 1870. Zu 154 vgl. Carinthia I, 82, S. 24 f ; Hruschka, Nr. 261 ff'.; Müll enh off, 509.— Zu 155 A'gl. Hruschka, Nr. 259. Zu 156 vgl. Neue Caiinthia 1890, 192; Hruschka, Nr. 348. Zu 157 £ vgl. Neue Carinthia 1890, 193: Hruschka, Nr. 34 1«. Z u 159 vgl . S i in r o e k, Nr. 826 ff. ; H r u s c h k a , Nr. 306. Zu 160 vgl Zingerle, 242, Nr. 75. Zu 161 vgl. Hruschka, Nr. 44f ; Erk, Nr. 1861. Zu 162 vgl. Neue Carinthia^ 1890, 191. Zu 166 vgl. Hruschka, Nr. 317. Zu 167 vgl. Erk' Nr. 1834 f

29*

Berichtigungen und Nachträge.

Die Zahlen S. B, Z. 12 v. o. und 4 f. v. ii. tiiulou iliro Ergäii/uiifj; und Berichtigung nach den jüngsten Zählungs-Ergebnissen auf S. 4f)().

- S. 34, Z. 7 V. o. lies 8030 Männer, 11. 831 Frauen. - S. 37, Z. 13 v. u. Zu der geringen Summe 22'7 liJ sei bemerkt, dass die eigentlichen Gottscheer- Weingegenden: Maierle, Neuberg, Pfdlandel \\. s. \v., außer- lialb des Gerichtsbezirkes Guttschee liegen. S. 38, Z. 1 5. Eine Hube ist in Gottschee ungefähr, nicht ganz genau, (>0 Jocli. In anderen deutschen Gegenden meist 30—40 Jocli. Eine alte Urbavs-Hube gilt als doppelt so groß, wie eine heutige „gewöhnliche Hube". S. 40, Z. 12 f. v. u. Nach der jüngsten Vermessung beträgt der "VValdbesit/ der Herrschaft Gottschee 18.b81 ha; das gesammte Forstpei-sonal besteht jetzt aus 38 Mann. S. 41. Z. (> v. u. HeiTschaften des fürstlich Auerspergischen Fide'icomisses befinden sich in Böhmen, Oberüsterreich. Istrien und Krain. S. 44, Z. 3 v. u. Die Gottscheer Pfarren Suchen und Untci'- warmberg gehören nicht zum Decnnate Gottschee. - S. 45. Z. 19 v. o. Für Maierle kann man diese Thatsache aus dem amtlichen Orts- repertoiium darum nicht ersehen, weil die Zählungs-Ergebnisse von Maierle und dem slowenisclienOrte Straßenberg gemeinsam verzeichnet sind. 7a\\ S. 74 füge ich hinzu, dass am Vorabend des dohannisttiges die Gottscheer Kinder auf den Wiesen Blumen sanuneln, in Kiirben lieimbringen und daselbst auf den Fußboden streuen, damit „der heilige Johannes ein weiches Lage habe". S. 80 Anmerkung 1, statt Lustig- niacher lies Hochzeitsbitter. 8. 82, Anmerkung 1 und S. 85. Anmerkung 3, statt Blasnik lies Koritko. Zu S. 92: Die weißen Frauen helfen auch braven Landleuten. Während diese Mittagsruhe halten, verrichten .'^ie an ihrer Stelle die Feldarbeit. S. 92. Anm. 1. S. 100, Anm. 1 imd S. 101, Anm. 1 huitcn die entsprechenden Seiten- zahlen in Zingerles Sagen, 2. Auflage: Q44 i., 180, 323 f., 147. - S. 109. Anm. 1, weitere Literatvuiiachweisevgl. in Schumanns Nachtbüchlein, herausgegeben von Bolte, 410 und Sänuutliche Fabeln und Schwanke von Hans Sachs, herau.=<gegeben von (toi'tzc 1, 48ri und 2. S. XVII.

S. 136, Z. 5 V. u. lies statt 18 ] 19. Z. 9 v. u. lies statt 23 f. ] 22 und 24. S. 146, Anm. 2, lies statt 98 ] 80. - S. 161, Z. 13 v. u. lies statt 140] 141. - Zu S. 1(;6 möchte ich erwähnen, dass der in Wien

463

lebende Gottscheer Georg Osteruiauii mus Mooswald) eine Reihe von Liedern in der Gottsclieer Mundart verfasst liat, von denen ein- zelne in der Sprachinsel nach volksthi'unlichen Melodien viel gesungen Averden. Sein beliebtestes Lied ist „Mein A'aterhaus", das ein Gott- scheer Eauernlmus schildert. Ich drucke es (nach meiner Schreibung) wegen seines Lihaltes ab und um ein Beispiel eines modernen Dialect- liedes im Gegensatz zu den alten Volksliedern zu geben. Es lautet:

Main wiiotrha scli.

1.

Ens (jenes) haüsch, ha (^^■o) / (j9i)oar9n

Unt uiiffphokschon pin,

Bn mhr an jedr moarii (Morgen)

Lai (nur) Jüselä hat prnvht (gebracht) i)i shin,

Bit i dd mwtrliaha

Shö wöl (pnoson hon,

An hels (an Avelches) / (ii(9v nh iriaba,

Lai hoitr doiJcäu Ion,

]£ns huiisili lijlj i p9sdiltndi(i.

Kon'ts (judr et (nicht) ahinpn l>i<j i sagen wie)^

;'; *S7(ö iniy, t>hu lebendi<j,

Jor <jlubi)t's (judr et bid! ;/

2.

A iriilnai tcoadrai (trocken, vorder) schtüb<),

A achtibk' nebdH ton,

Drantr an erdejjflgrü^ba,

Dar .sditol iviirt hintan dnun,

A kundr (Keller") yüdt (pnia'udrt,

A loeschtas pretrdoch,

Bes (des) lonxjai jdrlain taüdii,

Unt icoar u lio-^cMa tiöch :

Unt n'te wor'.^ hai (Heu) hnt yriiamöt

A schtii<)dl (Stadel) hoach bi/s haiisch:

/; Shö i-scht inain liahai hoimöt,

t^liö iücht inain a-itc>trhamch. :j

3. (jail (gibt) in bn>ilt<trsck lantarn (des Kaisers Ländernj Guar scheiuuii liaiahv tril (viel), Wirschtn (Fürsten) iint hoacha mandr (Männer) Hont' f/iur rpshlesar teil (^viele vSchlösser). ..Da hetain (diese) raidion laiit

454

Hent (sind) (fliklicli". Inar i .slinf/n:

„Shai prfkJi>nf iiisch nf iküU (auf Borj;\

!^hai tn-iiit slii ti iirf /)/i'ifiii i plagen i."'

'S mufi shniii iiiil doch (Ins oin;)

Ischt gonz a lnDrui innr i wahrer Ausspruch),

.'; As (dass") /. Ix'ii i ulinim.) (daheinil,

yOch )nt'(fr .'..nrridni hör iwäre). ;/

4.

Jo bäiiuiii (wahrlich).' / tu.>ii biiindi^n (wüiischoii)

Woar oiai (vor allem^ mhr Jai dos,

Main harzj tuet mhr (/lin.schrn (glimmen).

Ben i'n ipdonlcen ivos (fasse).-

/ mecht in uittni ti'(fi:>ii i alten Tagen)

Ahoiiii.i (daheim) shidn in rlui,

Af irii,)trsch haiisJi.i Inb.ni,

SIiü t/Hhiicli bi.) (liisvh (als) ]iuj :

Mecht in (ii)f.schcab(ir /xoj/.di (Bergen)

2\öch irrisvhai lujt (i.nii.ixn.

I: Mcchf in dir hniniul schtäi'b.in.

Mi'cht doli iiKtin sjiain (Sein) jMshh\>sji .' .•

Zum Tt'xtc «lur (iottsclieer Lieder luuss ich l)cnii-rkcii. dass ich trotz dreifacher C'orreetur in den ersten Bo^cii einige P'ehler und incousequente ."Schreibungen habe stehen lassen. \'ov alh-m htil)e icji im Anfang einige Längezeichen vergessen. Ks soll immer heißen: sjiiiii iSohn), obin loben), schiUbt. Iri/.in. i>.iiiciin.>n. Iln.) i(Tiebell'enster). j)6dn, eseld. Lelich. Ferner habe ich einige Male im (.'onjunctiv l'raeteriti in der Nebeusilue ./. statt des richtigen ä gesetzt: jichtig ist also }>rmhöt (bräche), bdröt (war), sclilcanci (stünde) u. s. w.). C'onjunctiv- Formeii. die allerdings jetzt im Liede indicativischc Bedentinig haben (wie „thät"). Im Augment (j,* und in den Diphthongen i.i ii.) und ii.i .steht an einigen wenigen Stellen fäls(;hlich e. Inconsequcnt ist es. wenn icli statt des innner stinnidds zu sprechenden n in den ersten Liedern zuweilen yj' schreibe, und wenn idi pischfu nol)cn pischt <hi u. a. stehen ließ. Andei-e Inconsequenzen sind in der .Mundart selbst be- gründet. Formen wie di, i, sjii kommen neben dich. ich. s<hich \<>r: ebenso iiiit, neben und mul im, }v nach der Stellung im Satze. NdUe l''urmeu und Silben werden in der Si'uiiung abgekürzt oiKt geschwitciit: be- rechtigt sind also nebeneinander die Formen IniJ'.ni \\\\(] Inifm. schrnih./n inid M-liniibiii. sluiinni und shnin. /inichl und jn-nchl igebi-acht\ iin'nj und tiio(l. bn.is und ln>s ^^was>, nhr n\u\ <ibr. Kndlich konnnen namentlich in den von Schröer aufgezeichneten Liedern häutig schriltdeutsche W<")iter und {'"oimen \ur. .An besonderen Fällen sind zu vermerken:

465

In !Nr. 5, V. 2 lies für it^n] k.hi : in Nr. 13, Strophe 17 und 19 lür i.ir I ir; Nr. 14, V. 11 für attinu J oiiIh.); Nr. 19, V. 58 für enijen ] steih n ; Nr. 24. V. 1. für./W / tif; V. 9 uud 18, für mwßjt J weyH; Nr. Üb Melodie, letzter Takt <■ J i/: Nr. 40, Überschrift für Dai J 1)1; Nr. 46, Strophe 19, Nr. 48, Strophe 36, 2 und Nr. 74, Y. 61, für sin ] >ih>: Nr. 47, V. 42, für Kh'ani ] ukern; Nr. 48, Strophe 91, für sluhs J slicksth. und Nr. ö5, V. 10 f, für Bimör I Dniör.

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Auflage. Berlin 1860. Ziiigerle J V., Sitten. BräiKilie und Meinungen des Tiroler \'(>ll<es.

Zweite Auflage. Innsbruck 1871. Zingerle J.\.. Sagen aus Tirol. Zweite Auflage. Innsbruck 18i>l. Zuruiülilfu IT. Niederrbeinisdie Volkslieder. Leipzig 1870.

l^Bei den Liedersannnhuigen mit fortlaufeiiden Nunnneru eitlere icli die Nummer: bei den übrigen Schriften die Seite. Die gesperrt gedruckten Wörter bedeuten die von mir gebrauchten Abkürzimgen.j

Sachregister.

Abscliiedslietlor hei der Hocli-

ze.it 83 f. Äg-eus-8age 415. Aleinanm8ch-sohwäl)isclie ,\i uml-

ai-t. 19 f.. *2(;— 28. 3a. Ale.xius. der heilige 397. 41(). Alter Manu 68. 138. Altes Weib 445 f. Altlag 37, (13. 84. 90. Amsel 435 f., 438. Aquileja. Patriarchen von 11 f. Aschermittwoch 72. Attich 89. Auersperg, Berg und Schloss 1.

Geehlecht 2. 18 f.

Fürst Carlos 41. - Fürst Karl 41.

Herzogstitel 19.

Johann Weikhanl 19. - Waldbesitz 40.

-- Wolf Engelbrecht 18 f. AusgedingleT 58 f.

Barbara, die heilige 399 f. Bartholomäus. Patron IG f. Bauart, oberdentsche 52 f. Bauernaufstand 18. Bauernregeln 129. Baumseelen 390. Bayern 11. 14, 84. 8(i, 87. Bayrisch-österreichische Mundart

9, 19, 23—33. Beinhaus 61.

93.

VOI

18.

Bilch 7.

Bilchmänncheu

Blagay. frrafen

Blockziehen 72.

Bosnien 7.

Bräuche des Volkes, allgemeine 62f.

Braut 79-85.

Die Reiche und dir Arme 443 f.

stirbt am Hochzeitstag 419 f.

Tracht 80 f. Brauteltern 80 f. 84. Brautmörder (Blaubart) 42«;— 429. Brautraub 81. 86.

Bräutigam 79 85. Bruder und Geliebter 410. Bücheisdorf 2. Biirgernock 4.

Caprivi 35,

Charwoche 73.

Christbaum 64.

Christkind 65.

Christtag 66.

Chrön, Thomas Bischof 14.

Cilli, Grafen von 2, 1(5 f., 106.

Cimbern in (^beritalien 29.

Czubranka 4.

Dalmatien 7. Deutschdorf 2, Deutscher Bitterorden 13. Donnerstagsfeier 7 1 . Donnerstag-smännchen 93.

' l'm dieses IJesistor nicht zu sehr zu lielasteii, habe ich die j>;'"ötiercn sachlichen Gruppen und die Titel der Lieder, die beide im Inhaltsverzeichnis .ausführlich vermerkt sin<l. ferner jene Sachen imd Xamen. die im Buche nur lU'berhci erwähnt werden, nicht aufsfenommen.

462

Purfanlagp <>0.

Dürre Bäume l)lühen wieder 171 f.

Dreikönigsfest (i4 f., 70.

Elier Freyers, der (iö.

Ellestandsbedenken 444 f.

Kier der scliwarzen Hennen 7H.

Eierstoßen 74.

Eisloch G.

Entfülirungs-Balladen löl. 4-i!t t.

Erlierg, von. Familie ;>5.

Erbfolge Ur).

Erforschung der Zukunft (j(> f.. (ii).

es im Volkslied 15B.

Fahne, rothe, bei Hochzeiten 81. 85, 449.

als vereinbartes Zeichen 415. Faltenhemd 50. Familiennamen ](). 2'! f. Farnkraut 67. Fasching 70—72. Fenster, das mittlere 55. Fiume 39. i^ranken 14, 29.

Franzosen in Gottschee 8, IS, lOo. I'^rauen. verkleidet als Soldaten 43B. Freising, Bischöfe von 11. lo, 31. Fremdwörter 24, 30 f. Fremdsprachige VerseKU f. Friedhof 61.

Friedrich [V., Kaiser 17 f., 38, 133. Friedlich, Ballade v.Grafen 420,432. Friedrichstein,Schloss3,16-lS.l(¥;. Fuvhuier 30.

GiDten 59, 152.

tieburtstag- 78.

(ieiger bei der Hoclizeit Sl f.

(Teiger vor der Hölle 439

Germauen 9. 16.

Geschenke für das l'.raiitjiaiir S2.

Getreidekasten 58.

Goten 9.

Göttenitz 10, 12, 90.

(löttenitzer Monstraiize 107 t.

Gottschee, Name 12. 15 i. .Stadt 3. 17. 4()(;. (irabschriften 152. ( ' rafen wnrt. siehe K ( >stel . Graf linden IOC. Gregorius-Legeiide 397. (»reny.regeliuig 9(). (Üitergemeinschaft der (nitten '.»5.

Hagelwetter 73.

l-[arfe. die siiveehende 411.

Harpfe 59.

Haselstaude 102. 42.S. 44(1.

Hausaltar 57. 64.

Hausierhandel 17.38-40, ]:•>:;. 140.

Heimkehrsage 416 f.

Herders Lied „Die sehöiie i)(d-

metscherin" 432. Hexe in der Weihnachtszeit (15 f. Hexenwahn 8!)— 91. Hinterland 4, 32, 50. ](;3. Hirtentraclit 49. Hirsch mit einem Knuz ii(i Hochzeitsbitter 80. Hochzeitslieder 79, 82 - 84. Hof 59.

Hölle (^Thal dieses Namens) 2. Holzindustiie-Scluile 42. Hornberg 88.

T-Ionibei*ger Gescliicliten 1 1.'! IT. Hornwald 4. ,

Hube 38, 452.

Istrien 5.

Jagd, die wilde (56.

Jesu Abschied von Maria ))87.

.lesu Erdenwauderungeii mil

Petrus 109 -111. .Fesus setzt die Messe ein 3H7 <'. .lohannes, der Evangelist (iH. .lohannessegen 68, 84, 87. .iohanneswein 68, 86. .loliannes, dei' Täufer 74. .Johannesfeier 74 f. 452. Jobaiineslieder 74 f.

463

Kampf d.Geister Ulli eine Seele 3*. >B. Kiul T\^, Kaiser 14. K'arlstadt 140, 421. Kärnteii7,11.14.18,34.l:iB.l(;i.l(i5

Mundart 23—27, 33.

Volkskunde (53. 87 f.. 91. 93. Karst 4 f.. 0.

Kehrreim 157.

Keller 58.

Kettensprilclie 103, 448 ff.

Khvsel. Grafen von 18.

Kinder heim Hoclizeitsmahl 83.

Ivinderliände (von Eäubern ver- wendet) 424 f.

l\inderlieder 163, 451.

Kindesmörderin 434 43<j.

Kirche <>0 f.

Kirchweihe 76.

Kiek. Eer^ 90.

Kofiern 3.

Jvohlenwerk 42.

Koste] 10—13.

Kranz der Braut 80, 83.

Kranzbinden 79.

Kranzeljungfrau 80.

Kreuzfeuer 77.

Kroatien 4 f , 34. 42. 90. 133. 140. 159. 178. 399. 432, 4(i(;.

Küche 56.

Kuckuck 439.

Kudnui 132. 143, 403—411.

Kühe, verhext 76. 90.

Kulpa 3 f.. 10 £, 466.

Lack 11. 14.

Laibach 1. 38, 133, 140, 451.

Laibacher Mundart 29 31.

Lamberge. Grafen von 17.

lausen 427.

Leiche, scheintodt 420.

Leichenfeierlichkeiten 86.

Leichenschmaus 87.

Lenore-Motiv 412 f.

Leopold II., Kaiser 19.

Liclitenbach 15, 27, 42, 67, 10:5. 164. Liebesprobe 414, 422. Lied mit dreierlei Stimmen 426. Lied von d.krainischen Bauern 161 . Linde (51, L44, 414 f., 446. Line 54 f., 79, 414. l^oschin 3, 10. Lustigmacher 80 f , 84. Luther 72 f

Uffaibaum 74 f.

Maieile 37, 45. 92. 139. 452, 46»!.

Malgern 20.

Marienklagen 388.

Maiieulieder 136.

:\rarko 91.

Martinsabend 76.

Maximilian I., Kaiser 18.

Mette der Verstorl)eneu i\G.

Michael, Erzengel 401.

]Mitgift 79.

Mtterdorf 3, 27, 13i», 1(;3. 430.

Mooswald 11.

;Mord eitern 1(>7.

Morobitz 10.

Mosche 4, 32.

:\Ic..sel 98, 102, 164.

Möttling 11. 140.

Mückendorf 139.

Müller, frevelhaft 391. 423.

Nachfeier der Hoclizeit 85. Namenstag 78.

Necklied auf verschiedene Berufe 442 f zwischen Liebenden 445 f. Nesselthal 8, 13, 27, 66. 92. 103, 139. Neujahrstag 69 f. Niederdorf 2. Niedergereuth 2. Niedei+iefenbach 32. Nikolausabend 76. Nordungarn, Deutsche in 10, 29 f., 88. 91, 450.

464

Oljergereütli 2.

Ognlin 140, 390^ 43-2.

Orpheus-Sage 439.

Oitenbiug, Grafen von 2, 11 14,1G.

Ortenegg, Scliloss 2, 11.

Ossiunitz 12.

Ostern 78 f.

Palmsonntag 73. Palmzweigc 73. Petrus und Maria 3S!). Petrus-Legenden 109 -1 1 1. Petrustag 7^. Pfingsten 74.

Philemon inid Eaufis 3i>2. Pülland 10—13, 18. Pöllandel 13, 27, 92. l^dmeranzen im Liedc 447. Pmnphosen 47.

Raben, Verwandlung in 423.

Rache für verschmähte Lielie 421.

lläuber 103, 424.

liäthsel 128 f.

llechtsbräuche 94— 9< i.

liccruten 437 f.

Reifnitz 2, 4, 10—14, 17, 31, 42,

112 1'., 139 f. Heim im Volkslied 157 f. Hieg 4, 10, 13, 27, 164. Biesen 92.

Ring als Erkennungszeichen 417. llinshe 3, (i. Rodine 92, 139, 46(5. R(imische ßeste 8. Röniergriuid 8 f., 106. Rosengarten 152, 389. Rudolf, Herzog 14. RudolfsAverth 4, 140. liU])rer.ht. Knecht 7().

Salzburg «7. Schatzgruben (!(!. Schildbi'irgergeschi eil teil 111 S<-hkratl 92 f., !)7.

Schlange mit Schlüsseln 99.

weiße 98 f.

verwandelt sich in einen Jüngling 100.

Schlangenstein 102 f. Sr-hlaraftenland 444. Schloßsage 103—106. Schnaderhüpfeln 158, 1(52; 1H2. Schneereifen 47. Schnee witzspitze 4. Schönheitsideal, des Mittelalters

431. Sclu-iftspr:iche. Kintluss der 32 f. Schulverein, der deutsche 42, 44. , der allgemeine deutsche 44. Schweiger, Freiherni von 35. Schweinberg 2. Schweinefest 76. Seele vor dem Hiiniuelstlu.r ."{HOi'..

401. Seisenberg 4. Selchkammer 5(). Semitsch iSchiemitschi 139, 442. Sieben Jahre 153. Siebenbürger Sachsen (Liedei-) 10,

62, 84, Si], 88, 131, 142, 157 f.,

160, 169 f., 183, 420, 431—433,

441, 443. Siebente, die 87. Siedelstein 97 f. Silvester 64, 67 f Slowenen, Sprache 19,29—31,33.

Bräuche 63. S2, 85, 87. 95.

Mythen !M) f.. 93, lOl f.

Schwanke 112 f.

Lieder 159— 1 62, 169, 1 78, 398f , ;-]i»5, 405—407, 413.418,420, 430 f., 434, 436, 438—441.

Sonnnersonnenwende 74 f. Sonntag, wird entheiligt 401. 422. Speclit 438. Stall 58.

Staraschinar 80 -85. Steiei'mark (»3. 133, 1()5.

465

Stephan, König von TTno-arn B97.

Stephanitag 67.

Sterbekerze 87 f.

Sterbelieder 86.

Stiefmutter 448.

Strolnveib 81.

Südmark, Verein 44.

Südslawen 85, 90 f., 140, 151, 159 f.,

179, 398, 422 f., 439, 441. Snltanstochter, die 398.

Tabore 17, 62.

Tänze, wilde 429 f., 435.

Tanzimterbaltungen 70, 85.

Tappelwerch 10.

Täubchen, aus Teig gebacken 65.

Taube, weiße, als Bild der Seele

136, 399 f., 428. Taufbräuclie 77 f. Taufnanien 26, 78. Teadin 91.

Teck, Herzoge von 2, 18. Teigring 80, 84. Teufel 66, 93 f., 447. Thiere mit goldenen Hörnern 395.

wunderbar hilfreich 394. Thomasnacht 66. Thüringer 14.

Thuri), Graf Jörg von 18. Thurn, Ortschaft 106. Tirol 11, 14, 26—28, 88, 93. Tisch im Hause 57, 64.

unter der Linde 61. Tod, der, in Liedern 402. Todtenldagen 88. Tiiest 30, 38 f.

Tristan undIsoldel79,415,420f.,42B. Trude 93.

Tschermoschnitz 10, 13, 27, 32. Tschernembl 4, 101'.. 31.

Türken 6, 17f., 62, 103, 140,430-433. Turteltaube 428.

Unschuldigen Kinder, Tag der 67. Unterland 4, 32, 163.

Vandalen 9.

Verdreng 37.

Verlobung 79.

Veronica von Desinze 17, 106.

Vertretung durch einen Heiligen

395. Vitustag 76. Vöglein, als Warner 447.

Wachtelschlag 390. Waldfrauen 91 f. Wallfahrtslieder 77. Wallfahrtsorte 76 f. Warmberg 13. Weib wird verkauft 424 f. Weihnachtsabend 64. Weihnachtslieder 68 f. Weihnachtsmette 65 f. Wein im deutschen Liede 140. Wein und Wasser 451. W^eiße Frau 92, 452. Werbung 79, 442. Wiegenlied 130, 442. Wieland-Mythus 448. Windischdorf 3, 10. Wii-tin, Töchterlein der 425 f. Wirtshaus 59 f. Wirtschaftsgebäude 59. Wollgürtel 50.

Zarz. deutsche Sprachinsel 26, 29 t Zeng (Zink), Pfarrer 13. Zeugenaussage 95 f. Ziglfest, Freiherrn von 35. Zirknitz 8, 90.

Hirn n. Wackern eil, Quellen u. Forschnngen. IIT.

30

Zur Kartenskizze.

Die Grenze der Sprachinsel Gottscliee zieht (wie die beigegebene Skizze andeutet) von Langenthon und Ober- warmberg, den nördlichsten Punkten, in südöstlicher Rich- tung über PöUandel nach Laase. Von da südlich durch die Mosche gegen Gaber zu und durch Rodine nach Maierle. In südwestlicher Eichtung strebt sie dann über Unterlag und Pockstein der Kulpa zu und fällt eine kurze Strecke hindurch bis gegen Fliegendorf mit der Landesgrenze gegen Kroatien zusammen. Von da steigt sie in nordwestlicher Richtung auf, in zahlreichen Windungen über Mrauen, Medertiefenbach, Morobitz, Eben, Ober- und Mittergrass und Suchen nach Gehag. Von da östlich durch Merleins- rauth nach Masern und hernach nordöstlich in Windungen über Oberloschin, Tiefenthal, Kukendorf, Setsch, Neulag nach dem Ausgangspunkte zurück. Die Grenze ist im all- gemeinen eine scharfe Linie, da ganz oder fast ganz deutsche Grenzorte slowenischen Nachbarorten gegenüberstehen. Im Westen sind Gehag und Merleinsrauth zur Hälfte, Mitter- grass zum dritten Theile, im Osten Rodine der überwiegen- den Mehrheit nach slowenisch. In Obergrass wurde für diesen Herbst die Errichtung einer deutschen Schule be- stimmt erwartet; diese HoÖhung hat sich vorläufig nocli nicht erfüllt. Zur Sprachinsel gehören 24 Ortsgemeinden mit 171 Ansiedlungen, von denen 5 slowenisch sind ; hin- gegen gehören aui3erdem 6 Gottscheer Ansiedlungen zu slowenischen Gemeinden., Von diesen 177 Ansiedlungen habe ich nur die wichtigeren auf der Karte verzeichnet. Die Zahl der auf dem Gebiete der Sprachinsel lebenden Slowenen beträgt circa 700, die der dauernd ansässigen Deutschen 18.800. Da über 5000 Gottscheer zeitweilig abwesend sind (als Hausierer und in Amerika), so kann ihre Zahl auf 24.000 geschätzt werden. Die Stadt Gottschee hat jetzt (seit dem Kohlenbergbau) gegen 1500 Einwohner.

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