,o. V % a_0 i.^^ '""Mi ö'-;r^ lC .x~^^ f;. 3 "^li :® ■ f. ;?6 lo. P ^ ^ _^ V.riw j! ^ i »'^ ri ^ eii-^: ICjjZ^fj Die Entwickelung des menschlichen Gehirns während der ersten Monate Unters 11 chungsergebnisse Wilhelm His Mit 115 Abbildungen im Text Leipzig Verlag von S. Hirzel 1904 Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from Open Knowledge Commons and Harvard Medical School http://www.archive.org/details/dieentwickelungdOOhisw Die Entwickelung des menschlichen Gehirns während der ersten Monate 'U nt e r s ii c,h u n,gß p i; s' e b n i s s e Wilhelm His Mit 115 Abbildungen im Text Leipzig Verlag von 8. Hir/el 1904 Das Recht der Übersetz^riki^t ist 'v'fif behalten. Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung 1 Methoden der Bearbeitung. . 2 Benutztes Material 4 Schwierigkeiten der Messung und der Altersbestimmung ... 5 Verzeichnis der benützten Em- bryonen 6 Die Entwicklung des Zentralnerven- systems bis zum Schluß des ersten Monats 8 G r u n d f o r m d e s W i r b e 1 1 i e r h i r n s und jüngste menschliche Ge- hirnformen 8 Das Markrohr und seine histo- logische Entwicklung. . . 11 Das Markgerüst 11 Schichtung und Mm. limitantes 12 Verhältnis zur Glia 16 Die Keimzellen 17 Die Neuroblasten und deren diagnostischen Merkmale 19 Die Gliederung des Medullar- rohres in Längszonen . . 23 Die Schichtensonderung in den Wandungen des Mark- rohres 24 Kritsche Bemerkungen . . 29 Das erste Auftreten von Neu- ro blast en und von Ner- venfasern 33 Das Markrohr beim vi er wö- chentlichen Embryo . . 35 Rückenmark, Stränge und Ner- venwurzeln 37 Spinalganglien 41 Die Neuroblasten und Faserbah- nen des Gehirns bei Br 3 . Seite Hypoglossus , Accessorius und Vagus 44 Glossopharyngeus 4fi Acustico- facialis 47 Trigeminus 49 Trochlearis .51 Oculomotorius ....... .52 Die Entwicklung der Großhirnhemi- sphären 54 Die erste morphologische Ent- Av i c k 1 u n g des H e m i s p h ä r e n - hirns 54 Die Abgliederung und frü- heste Gestaltung der He- misphären 54 Grenzsäume des Hemisphären- hirns 56 Riechhirn und Hemisphären- mantel 59 Streifenhügel und Riechhirn in ihren gegenseitigen Be- ziehungen i'il Die Bildung der medialen 11 e- misphärenwand (U Die Schlußplatte ti4 Das Trapezfeld m Corpus chorioideum 67 Der Hemisphärenstiel .... 68 Der Anschluß des Streifenhügels an den Hypothalamus . . 68 Dicken w a c h s t u m d e r "\' o r - derhirnwand 69 Zur Kritik normaler und post- m 0 r t a 1 e r F u r c h e n d e r H e - misp hären Oberfläche . . 70 Die Fissiira prima .... 76 Das T r a ]) e z f e 1 d . die Bogen- IV Inhaltsverzeichnis. Seite zone und der Linibus he- misphaericus 80 Limbus corticaUs und meduUa- ris, Taenia, Lamina chorioi- dea und infrachorioidea . 81 Hintere und mittlere Bogen- furche 82 Die accessorische Bogen- t'urche 85 Fissura calcarina 91 Die Schichten der Hemisphcä- renwand und deren histo- logisches Verhalten ... 91 Siebschicht (Stratum cribros- sum) 94 Auftreten der Pyramidenzellen 96 Verhalten der Hemisphä- renwand in der Mitte des dritten Monats .... 99 Eintretende Fasennassen . . 103 Gliagerüst der Hemisphären- wand 104 Zweite Hälfte des dritten Monats 107 Erstes Auftreten einer Mark- 109 Schicht Die H e m i s ]) h ä r e n w a n d i m vierten Monat 111 Die RETZiusschen Wärzchen an der Oberfläche foeta- 1er Großhirnhemisphären 117 Die Blutgefäße des Vorder- hirns 119 Basalvene 120 Primäre Hirnsichel 122 Tela chorioidea und Plexus chorioidei 123 Vordere Bogenvene .... 125 Commissura anterior und Bal- ken 125 Commissura anterior . . . 125 Die Ausbildung von Kon- taktflächen. Auftreten der Fornixsäulen und des Balkens 127 Seite Balkengebiet und Hippocampus (Übersicht) ...... 128 Balkenanlage bei FoetusCc von 8.3 cm Nl 129 Lage der ersten Balkenfasern 135 Balkenanlage bei Foetus PI von 12 cm SSI 136 Balkenknie 142 Balkenwulst und Psalterium . 146 Literarische Bemerkungen zur Frage der Kommis- surenbildung 147 Über intrameduilare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auf- tretens 150 Die Reihenfolge der Ent- wicklung i n t r a m e d u 1 1 a r e r F a s e r b a h n e n 150 Bemerkungen zu einzeln e n Strängen 156 Fasciculus spinalis Trigemini und Fasciculus solitarius . 156 Das mediale Längsbündel . . 157 Die Mamillarbündel .... 158 Nn. olfactorii und Stria olfac- toriae mediales 159 Commissura cervicalis . . . 160 Die Schleifen 162 Der Thalamus und seine Verbindungen 163 Stabkranz des Thalamus . . 163 Innere Kapsel 164 Das Meynert sehe Bündel (Fas- ciculus retroflexus) . . . 167 Die Stria medullaris des Tha- lamus 168 N. opticus und Chiasma . . 169 Cerebellum und Fasciculus restiformis 173 Bindearme 175 Basis pedunculi , Pyramiden- bündel und Querfasern der Brücke 175 Einleitung. Im Verlauf der 80 er und im Begimi der 90 er Jahre des vorigen Jahr- hunderts habe ich eine Anzahl von Arbeiten über die Entwicklung des Zentralnervensystems erscheinen lassen, teils rein morphologischer, teils histologischer Natur. Ich habe damals auch begonnen, die innere Gehirn- organisation in ihrer Entwicklung zu verfolgen. Nach Publikation eines Aufsatzes über das Rautenhirn habe ich indessen die bezüglichen Arbeiten unterbrochen, einesteils um noch mehr Material zu sammeln, vor allem aber deshalb, weil in jener Zeit eine besonders fruchtbare Periode auf dem Ge- biet der Hiruanatomie angebrochen war. Flechsig, Golgi, Ramon y Cajal, KöLLiKER, Retzius, Held, VAN Gehuchten, V. Lenhossek, Edingee u. a. lehrten uns soviel tatsächlich Neues kennen, daß es mir erwünscht scheinen mußte, erst einen Abschluß der Forschungsperiode abzuwarten, um an die festgestellten neuen Ergebnisse meinerseits wieder anknüpfen zu können. Ich wage nun im nachfolgenden den Versuch, die Arbeiten wieder da anzuknüpfen, wo ich sie s. Z. unterbrochen hatte. Noch ist mein IMaterial im Verhältnis zu den zu behandelnden Fragen recht sparsam, indessen lassen sich vielleicht doch gewisse Grundlagen damit gewinnen, auf denen in der Folge mit ausgiebigerem Material weiter gebaut werden kann. So dankbar, wie manche andere der neueren Forschungsmethoden, die Methoden von Flechsig, Weigert, Golgi u. a., ist ja die rein entwick- lungsgeschichtliche Methode, das Studium embryonaler Durchschnitte nicht. Die Arbeit muß aber gemacht werden, denn es zeigt sich auch hier, daß erst die Geschichte eines Organes uns das volle Verständnis für dessen inneren Aufbau gewährt. Aus der anfangs so einheitlich erscheinenden Markplatte sondern sich schrittweise die grauen Massen und die Faser- bahnen, von den einfachsten zu immer verwickeiteren Gliederungen fort- schreitend. Auf die Anlage eines Nervensystems ohne Nervenzellen und Nervenfasern folgt die eines Systems mit den ersten motorischen Elementen, dann treten aus unabhängigen Anlagen die zentripetal leitenden Bahnen auf, die Spinalganglien mit den sensiblen Wurzeln und die Bahnen der ins Zentralorgan einwachsenden Sinnesnerven, In sehr früher Zeit erscheinen aber auch die Vermittler intramedullärer Verbindungen, der Verbindungen von hinten nach vorn, von unten nach oben, von rechts nach links. Und His, Die Entwicklung d. menscM. Gehirns. 1 2 Einleitung. während die das Zentralorgan verlassenden und die in dasselbe eintretenden Bahnen in einer zeitlich sehr beschränkten frühen Periode sich anlegen, entwickeln sich die der inneren Verknüpfung zentraler Vorgänge dienenden unabsehbar lang weiter. So erscheint es z. B. mehr als zweifelhaft, ob zur Zeit der Geburt beim menschlichen Kinde die Bildung neuer Bahnen (neuer Neuronen, oder doch neuer Kollateralen) in den Großhirnhemisphären end- gültig abgeschlossen ist. Was aber einmal angelegt ist, das bleibt im all- gemeinen bestehen. Das neu Hinzukommende lagert sich dem bereits Vor- handenen an, oder es schiebt sich zwischen dasselbe ein. Im erstereu Fall wird der Querschnitt durch die bezügliche Gehirnprovinz, ähnlich einem geologischen Gebirgsquerschnitte, zur historischen Urkunde. Die Rücksicht auf den Zusammenhang der Darstellung hat mich ver- anlaßt, besonders im ersten Teil dieser Arbeit mancherlei Wiederholung früherer Arbeitsergebnisse zu bringen. Ich habe gesucht den betreffenden Abschnitten durch neue Abbildungen einen originalen Charakter zu wahren, und zwar habe ich diesmal reichlichen Gebrauch von der Wiedergabe von Photogrammen gemacht. Von den mitgeteilten Photogrammen habe ich einige wenige (z. B. Fig. 3 u. 9) völlig überzeichnet, bei anderen hat entweder keine Retouche stattgefunden oder eine nur unwesentliche (Ver- stärken von zu blassen Linien oder Auswaschen von ünreinigkeiten). Die diesmal mitgeteilten Abschnitte bilden keine fortlaufende Reihe, ich teile mit, was mir mehr oder minder abgeschlossen vorliegt. Die fehlenden Zwischenkapitel hoffe ich, falls mir Leben und Arbeitskraft bleiben, in absehbarer Zeit nachliefern zu können. Man wird in meiner Arbeit, wie ich von vornherein hervorhebe, eine nur ungenügende Berücksichtigung der so umfangreichen Hirnliteratur finden, und ich gestehe dies gern als einen empfindlichen Mangel zu. Ein jeder gibt indessen, was er geben kann. Wir haben bekanntlich eine Reihe vor- züglicher, die Gesamtliteratur berücksichtigender Werke und darunter auch solche, die von hervorragenden Hirnforschern herausgegeben sind. Mir ist die Gabe leichter Literaturbeherrschung nie verliehen gewesen, und ein alterndes Gehirn wird bekanntlich darin nicht besser. Anderseits hat sich bei mir im Laufe der Jahre allerlei Beobachtungsmaterial aufgespeichert, das einer eingehenden Bearbeitung wert ist, und das ich auch andern zu- gänglich zu machen die Verpflichtung fühle. Ich gebe also, was ich bieten kann, d. h. was ich selber beobachtet und durchdacht habe. Selbstver- ständlich werde ich, soweit wie möglich, Anschluß an die Hauptwerke der Hirnliteratur suchen. Methoden der Bearbeitimg. Die wichtigste Grundlage meiner Ergebnisse bilden die Konstruktions- bilder von Embryonen. Über deren Herstellung habe ich mich vor Jahr- Einleitung. 3 zehnten ausgesprochen J) So hoch ich die Plattenmodellierung- schätze und so reichlichen Gebrauch ich selber davon gemacht habe^ so habe ich doch die Konstruktionsmethode nie entbehren können. Sie liefert schärfere Ergebnisse als die Plattenmodellierung und erlaubt es, jeden einzelnen Schnitt an richtiger Stelle unterzubringen und in allen seinen Einzelheiten zu verstehen. Handelt es sich z. B. darum einen Schnitt herauszusuchen, der ein Organ genau senkrecht zu seiner Achse schneidet, oder zu wissen, in welcher Wirbelhöhe ein Organ liegt, oder wo ein Gefäß oder ein Nerv umbiegt und dergl. mehr, so gibt eine gute Konstruktion auf alle derartigen Fragen rasche und sichere Antwort. Ich betrachte daher seit langem eine Schnittreihe nur dann für allseitig brauchbar, wenn ich sie in Profil- und Frontalansichten durchgearbeitet habe. An Stelle der mühsam und meist nur unvollkommen zu beschaffenden Prismenzeichnungen habe ich längst Photogramme von Schnittreihen ver- wendet, über deren Herstellung ich mich ja auch bei verschiedenen Ge- legenheiten ausgesprochen habe."^) Neuerdings habe ich anstatt der direkten Aufnahme der Schnitte auf Brom Silberpapier den etwas bequemeren Weg eingeschlagen, die Schnitte je eines Objektträgers auf Platten von mäßiger Größe (13:18 cm) bei mäßiger Vergrößerung (4- oder 5 fach) aufzunehmen und diese vom Photographen entsprechend weiter vergrößern zu lassen. Es hat dies den Vorteil, daß man die Negative noch zu Projektions- oder anderen Zwecken verwerten kann. Ich darf indessen nicht verhehlen, daß ich bei den direkten Aufnahmen mit 10 — löfacher Vergrößerung schärfere Bilder bekommen habe, als bei der fraktionierten Vergrößerung von 4x2,5 oder 3x5. Über die Verwendung von lithographiertem Linienpapier zu Konstruk- tionen, sowie über die Möglichkeit, mit Hilfe des Proportionalzirkels die Konstruktionszeichnung in einem andern Maßstabe auszuführen, als dem der Photogramme, habe ich mich schon früher geäußert. In der vorliegenden Arbeit habe ich mich der Konstruktionsmethode auch bedient, um die Anordnung von Neuroblasten und von Faserzügen in die Profil- oder Flächenzeichnung des Gehirns einzutragen. Ersteres ist nur für jüngere Stufen einigermaßen befriedigend durchzuführen. Sowie die Verhältnisse etwas verwickelter werden, hat man es meist mit schräg- oder längsgetroffenen Neuroblasten zu tun und gelangt nicht mehr zu unanfecht- baren Anschauungen, wogegen die mittlerweile entstandenen größeren Faser- bahnen, hinteres Längsbündel, Schleife usw. nunmehr meistens klar verfolgbar sind, besonders dann, wenn man aus derselben Entwicklungsstufe verschie- dene Embryonen teils in Quer- teils in Sagittalschnitten durcharbeitet und ^) 1880; Anatomie menschl. Embryonen I. S. 6 ff. ^) Zuletzt in der Kölliker gewidmeten Gratulationsschrift: „Der mikroplioto- graphische Apparat der Leipziger Anatomie." 4*^. Leipzig 1892. F.C.W. Vogel. 1* 4 Einleitung. SO die Ergebnisse der einen Konstruktion durch die einer anderen kon- trolliert und ergänzt. Eine solche Kontrolle ist deshalb notwendig, weil sich nicht alle Schnittreihen für die Rekonstruktion gegebener Faserbahnen gleich günstig erweisen. Abgesehen von Unterschieden der Konservierung und Färbung kommt dabei die Schnittrichtung in Betracht. Ein Faserzug, der längs- oder quergetroffen durch verschiedene Schnitte hindurch scharf sich hervorhebt, kann sich weiterhin bei schräger Streifung zwischen den Nachbargebilden mehr oder minder verstecken. Die Konstruktionsmethode mit Linienpapier und Zirkel hat den Nach- teil, daß sie keine körperlichen Bilder gibt, sie zwingt dafür sehr zum genauen Durchdenken der bezüglichen Formen. Senkrechte und horizontale Projektionen desselben Objektes kommen dabei selbstverständlich sehr zu Hilfe. Körperliche Bilder innerer Gehirnstrukturen lassen sich durch An- legung von Glasmodellen erreichen. Über solche Glasmodelle habe ich in der oben zitierten Gratulationsschrift berichtet und beim Anatomenkon- greß in Göttingen (1893) Muster davon vorgelegt.^) Weiterhin hat in meinem Laboratorium FRANCIS DixoN mittels der Methode der Glasmodelle die Entwicklung der Trigeminusganglien verfolgt. ^) Im Jahre 1899 hat VOSMAER, der unsere früheren Versuche nicht gekannt hat, vorgeschlagen, durchsichtige Modelle aus Celloidinplatten herzustellen.^) Ich habe mir dies Material auch verschafft, bin aber davon nicht besonders befriedigt, da es in mehrfachen Schichten gelagert trüb erscheint, und da sich überdies die Platten werfen. Die früher von mir angewandte Technik der Herstellung von Glasmodellen, wobei ich auf zuvor gefirniste Platten zeichnete, hat sich übrigens auch als verbesserungsbedürftig erwiesen, da sich im Laufe der Jahre die Firnis- schichten getrübt und die Modelle dadurch sehr gelitten haben. Neuerdings werden Glastinten in den Handel gebracht, mittels denen man auf unprä- parierte Glasplatten zeichnen kann.^) Frisch hergestellt zeigen Glasmodelle eine wunderbare Plastik. Es eignen sich dazu besonders sagittale Schnitt- reihen, die zu Zirkelkonstruktionen sonst weniger günstig zu sein pflegen. Benutztes MateriaL Im nachfolgenden gebe ich eine Aufzählung der Embryonen und Fötus, deren Schnittreihen der nachfolgenden Arbeit zugrunde gelegen haben. Dabei 1) 1. c. S. 19 u. Verhandlnngen der anatom. Gesellschaft, 7. Versammlung zu Göt- tingen 1893. S. 209. 2) Francis Dixon, On the development of the branches of the fifth cranial nerve in man. Transactions of the Royal Dublin Society, Vol. VI Serie II 1896 S. 22 ff. 3) VosMAER, Eine einfache Modifikation zur Herstellung von Plattendiagrammen. Anatom. Anzeiger 1899 Bd. XVIII S. 269 ff. *) Von den bis jetzt versuchten Glastinten scheint mir die Sorte „Pelikan" von Günther & Wagner in Hannover die günstigsten Ergebnisse zu liefern; ob sie haltbar ist, muß die Zeit ergeben. Einleitung. 5 sind einige erläuternde Bemerkung-en vorauszuschicken. Gemäß den in früheren Arbeiten gemachten Angaben') habe ich bei Embryonen der vierten bis siebenten Woche die längste, von dem Beckenende zur Gegend über der Nackenkrümmung zu ziehende Linie, die sog. Nackenlinie, ^Nlj als nütz- lichstes Maß befunden und vorzugsweise benutzt. Wenn dann in der zweiten Hälfte des zweiten Monats der Kopf mehr und mehr sich hebt, wird die Bestimmung des oberen Endpunktes dieser Linie unsicher, und nun läßt sich zweckmäßigerweise eine Linie messen, die die untere Beckenwölbung mit dem höchstgelegenen Teil des Scheitels verbindet, die sog. Scheitelsteiß- länge (SSI). Das Maß kann bis zur Zeit der Geburt genommen werden. Immerhin ist es nicht unbedingt zuverlässig. Wird der Kopf etwas mehr gehoben oder gesenkt, so kann dies, besonders in späteren Stufen, einen nicht unerheblichen Unterschied in der Länge des Maßes ausmachen. Als ein nützliches und im allgemeinen recht zuverlässiges Kontrollmaß habe ich seit langem die Kopftiefe (Kt) mitbenutzt, die von der Mitte des zweiten Monats ab mit der Kopfhöhe (Kinn bis Scheitel] annähernd gleichwertig zu sein pflegt. Dies Maß (Kt) habe ich schon bei jüngeren Früchten brauch- bar befunden. Unzuverlässig wird es nur bei starker Erweichung des Gehirns oder bei gequetschten Präparaten. Ein mißlicher Umstand bei allen Messungen liegt darin, daß wir häufig genug die Früchte nicht frisch, son- dern in Alkohol oder sonstwie aufbewahrt bekommen. Solche Vorbehand- lung ändert die Maße mehr oder minder erheblich, und so sind auch die Maßangaben meiner Tabellen immer nur annäherungsweise unter sich ver- gleichbar. '-) Dazu kommt noch der keineswegs zu unterschätzende Betrag individueller Schwankungen. Noch unsicherer als mit den Messungen steht es mit den x4.1tersbestim- mungen der Früchte. In meiner Anatomie menschlicher Embryonen habe ich s. Z. für einige Embryonen der ersten zwei Monate, für die mir die Daten der Anamnese vorlagen, solche Bestimmungen aufzustellen gesucht. Es stellte sich dabei heraus, daß man bei einer größeren Zahl von Früchten das Alter auf die erste ausgebliebene, bei anderen aber auf die zuletzt stattgehabte Periode zu berechnen hat. Aus späterer Zeit besitze ich nur sehr vereinzelte Stücke mit anamnestischen Angaben. Es liegt nun nahe, sich an die Altersbestimmungen anderer Autoren zu halten, deren wir schon von SöMMEKiNG, von E. H. Webee, von Aenold und weiterhin von Eckee, ^) Anatomie menschl. Embryonen II. S. 5 ff. ■^) Die Behandlung der Embryonen mit Fixationsmitteln und weiterhin ihre Auf- bewahrung in Alkohol führen zu ziemlich bedeutenden Schrumpfungen. Um ein Bei- spiel anzuführen, so maß bei einem frisch dem Uterus entnommenen Embryo die Nl. 18 mm, bei dem fixierten und in Alkohol aufbewahrten nur noch 15 mm. Noch weiter- gehende Schrumpfungen bedingt bekanntlich das Einschließen in Paraffin. Vorläufig wird es auch kaum möglich sein, feste Schrumpfungskoeffizienten aufzustellen. Solche würden wohl nur auf Grund systematischer Versuchsreihen erhältlich sein. Einleitung. Bezeichnung m. SSI. Kt. Alter Schnitt- richtung^ EB 3.1 0.9 2 Wochen quer Lri) — 4.2 1.05 )) Mi 3.2 — 1.5 !J « 4 — 1.7 3 Wochen )) Bl 4.25 — 1.7 J) Oc R 4.4 5 — 1.8 1.9 ■ 4. Woche T 6.5 (?) — 3.2 7; Br, 6.9 — 3.4 4 Wochen }} B 7 — 2.9 Tl )J Hoe 7 — 3.2 J) !) A 7.5 — 2.9 „ V Dl 8.5 (?) — — )) }■> Ru 9.1 — 4.8 1 Anfang der / 5. Woche )) Pr 10 — 4.4 )) Ko 10.2 — 4.8 (?) Rg 11 — 5 JJ Ha 10.5 — 6.3 (?) 1 Gegen Ende / der 5. Woche T> N 10.9 — 6.25 ;> S, 12.5 6.4 )> CR 13.6 — 7.8 Anfang der )) Seh 13.8 — 7.6 6. Woche )) Hg 14 — 8.4 j) Fo 15.6 — 7.2 6 Wochen 1-1 Ob 15.5 — 8.8 sagittal Wi 15.7 — 8.4 )) Se 16 — — quer So 17 — 8.6 )) Bu 17 — 9 ;; Bo 17.5 — — 7) EM 17.8 — 10.4 7 Wochen sagittal Lhs 17 8.75 7 Wochen 2 Tage quer Zw 18.5 11.2 V My 19(?) — — ;■> ^) Bei den beiden ersten Embryonen der Tabelle EB und Lr habe ich das Längen- maß noch als SSI. eingetragen. Bei Lr ist eine Nackenkrümmung noch kaum angedeutet, und auch bei EB beträgt die meßbare längste Linie erheblich mehr als. der Nl. zu- kommt. Dagegen zeigen Mi und besonders « eine starke Zusammenkrümmung des Körpers. Einleitung. Bezeichnung m. S81. Kt. Alter Schnitt- richtuug Dd Mr Wt Lo Bg Cl Re No Oe Stg Doecl Modell Bi Ma Cr Pi Co Z PI CP 20(?) 22 29 28 29 30 31(?) 31 42 46 50 1) 50 53 56 60 60(?) 83 90 120 160 11.5 13.7 14 16 16(?) 17 18 20 20 20 20 22 24 25 25(?) 33(?) 35 50(?) 60 8 Wochen 11 Wochen 4. Monat Ende des 4. Monats Mitte des 5. Monats quer sagittal quer sagittal )) quer sagittal quer Modelle Ziegler No. 6 bis 8 gezeichnet . 9, 46, 47, 53, 54 quer Zeichnung Fig. 48 quer Nl. Nackenlänge, SSI. Scheitelsteißlänge, Kt. Kopftiefe der Embryonen und Foetus. Die unterstrichenen Zeitwerte sind nach der zuletzt stattgehabten oder der zuerst aus- gebliebenen Periode berechnet. Die übrig-en Werte beruhen auf Schätzungen. Hinsicht- lich der Schnittrichtungen unterscheide ich nur zwischen quer und sagittal und fasse unter ersterer Bezeichnung alle Schnittrichtungen zusammen, die senkrecht zur Mittelebeue geführt sind, also auch Frontal- und Schrägschnitte. Bei der Krümmung der Embryonen läßt sich ja überhaupt eine andere Unterscheidung nicht machen. Maße in mm. Da, wo hinter den Zahlen Fragezeichen stehen, beruhen sie auf Schätzung. Die in früheren Arbeiten besprochenen jüngeren Stufen Lg, Rf, BB u. a. habe ich in die Tabelle nicht mit aufgenommen. ^) In meinem Aufsatz über Nasen- und Gaumenbildung (Abb. der Königl. sächs. Ges. d. Wiss., Math.-phys. Kl. Bd. XXVIII, III S. 353) habe ich die SSL von Foetus Doed. zu 46 mm angegeben. Es liegt, wie ich nachträglich gefunden habe, eine Ver- wechslung mit einer anderen Aufzeichnung vor. Die SSI. betrug am frischen Präparat 50 mm. 8 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. KÖLLIKEE, TOLDT^) U.a. besitzen. Dabei stößt man aber zunächst auf die Schwierigkeit verschiedener Meßlinien. Aenold mißt die Scheitelsteiß- länge, ToLDT die Fersenscheitellänge, Kölliker, der das letztere Maß mit Recht als unsicher verwirft, mißt die „Rumpf länge", womit aber an- scheinend auch die Scheitelsteißlänge gemeint ist. Die Figuren von Sömme- RING sind in natürlicher Große wiedergegeben und sie eignen sich somit zu genauen Nachmessungen. Ecker (Archiv f. Anthropol. Bd. III S. 205 ff.) gibt Körperlängen an ohne Angabe der Endpunkte der Messung, ebenso V. MiHALKOVics (Entw. d. Gehirns 1877 S. 158). E. H. Weber, auf den sich Ecker bezieht, hebt ausdrücklich hervor, daß die Altersangaben der Autoren bloß Schätzungen sind und fügt bei, daß man sich gewöhnlich an Ver- gleichung mit den Abbildungen von Sömmering halte. Bei keinem der Autoren finden sich aber die Unterlagen verzeichnet, auf denen ihre Alters- schätzungen beruhen. Nach meinem Dafürhalten ist es ein dringendes Bedürfnis, daß an einer größeren gynäkologischen Anstalt systematische Messungen aller Frühgeburten vorgenommen und zu den Daten der Anamnese in Beziehung gebracht werden. Die Entwicklung des Zentralnervensystems bis zum Schluß des ersten Monats. Grundform des Wirbeltierhirns und jüngste menschliche Gehirnformen. Das Gehirn aller kranioten Wirbeltiere stellt sich auf frühen Stufen der Entwicklung als ein gekrümmtes Rohr dar, das sich in bekannter Weise in die drei Hauptabschnitte: Vorderhirn, Mittelhirn und Rautenhirn gliedert. Die basale Achse des Rohres trifft in der Area reuniens mit dem Ende des Vorderdarmes und dem der Chorda zusammen (Fig. 1 , S. 9). Diese Verbindung löst sich indessen frühzeitig, und indem sich zunächst das blinde '■) S. Th. Sömmbring, Icones embryonum humanorum. Frankfurt a/M. 1799. — Fr. Arnold, Handbuch d. Anatomie d. Menschen. Freiburg i/B. 1851. Bd. II S. 1210. — E. H. Weber in der Anatomie- von Hildebrandt, Bd. IV S. 22. — A. Kölliker, Grundriß der Entwicklungsgeschichte des Menschen usw. Leipzig 1884 S. 150. — C. ToLDT, Über die Altersbestimmung menschlicher Embryonen. Prager medizinische Wochenschrift 1879. Sep.-Abz. Grundform des Wirbeltierhirns und jüngste menschliche Gehirnformen. Fig. .1. Mittelschnitt des Embryo EB (L. 3.2 mm) nach den Scliuittphotogrammen konstruiert. Yergr. 60faeh. In^ der Area reuniens treffen das Ende der Chorda, das des Vorderdarmes, die basale Hirnachse und die noch undiirchbroehene Eachenhaut zusammen. Die Chorda liegt dem Medullarrohr noch allenthalben an. Im Vorderhirn findet sich noch ein offener Neuroporus. Im übrigen sind die Hauptabteilungen des Ge- hirnrohresf bereits erkennbar. Der Zugang zur Augenblase ist noch ein hoher Schlitz. Der Ort der Sehlund- taschen ist durch Schraffierung angegeben. Ab. = Aortenbulbus Cl. = Cloake Sb. = Xabelblase AU. = Allantoisgang Lb. = Leberanlage 17;. = Herzvorhof Bs. = Bauchstiel Lg. = Lungenanlage T7. = Herzventrikel. (Zu Seite 8.) 10 Die EntAviekluiiü,- des Zentralnervensystems. Yorderdaniieiuie (die SEE.sSELsclie Tasche) von der Geliirnbasis zurückzieht, entsteht zwischen beiden ein Eauni, in den von der Mnndbucht aus die Hypo- physentasche sich eindrängt. ^) Die Anfänge der Gehirng-liederung und insbesondere die breiten Aushxdungen der Augenbhasenanhagen machen sich an der IMeduUarphitte schon geltend, bevor noch deren Bänder zum Rohr zusammengetreten sind. -) Von menschlichen Ge- hirnen bald nach erfolgtem Schluß habe ich in der Anato- mie menschlicher Embryonen (Tal. IX, Fig. 6 bis 10 und Fig. 12, Lg, BB, Rf) einige Konstruktionsbilder mitgeteilt. Seit jener Zeit habe ich (1894) den vorzüglich erhaltenen Embrvo EB (3.2 mm lang) aus der Leiche einer, vier- zehn Tage nach ausgebliebe- ner Periode suizidierten Frau bearbeiten können. Dessen Gehirn ist nach den photo- graphierten Schnitten bei 100 fach er Vergrößerung als Plattenmodell hergestellt wor- den (Fig. 2). Es erscheint- abgesehen von den Augen, blasen, in seinen verschiedenen Strecken seitlich abgeflacht, durchweg höher als breit und ist bis auf eine enge, im Yor- derhirn befindliche Öffnung geschlossen. Die beiden Ab- schnitte des zweischenkligen Rohres bilden miteinander einen nahezu rechten Winkel. Der Grund der Sattelspalte schneidet tief in die Basis des die beiden Schenkel verbindenden Mittelhirns ein. Xoch ist das Rautenhirn erheblich länger als das Yorderhirn. Längs der Mittel- achse des Konstruktionsbildes gemessen fallen auf das Fig. 2. Modell des Gebii-ns vom Embryo EB, von der Seite her gesehen. Die Hemisphärengrenze ist bereits erkennbar. Die Stelle des Neuroporiis ist durch den ektodermalen l'ni- sehlagsrand bezeichnet. ^) Zu yergl. meine älteren Aufsätze: „Zur allgemeinen Morphologie des Gehirns", His u. Brauxes Archiv 1892 S. 346 ff. und „Über die Vorstufen der Gehirn- und Kopf- bilduug bei Wirbeltieren", ebendas. 1894 S. 3 13 ff. -) Für den menschlichen Emhryo erläutert dies das yon Fr. Ziegler in den Handel gebrachte Modell yon Eterxod (Anat. Anz. 1S99 Bd. XVI S. 134 ff.). Das Markrolir und seine histologische Entwicklung, n Eautenliirn 85 mm = 54.84^0 Mittelhirn 27 „ = 17.42^7^, Vorderhirn 43 „ -= 27.74 ^/^j. Die Augenblase hängt zur Zeit mit dem Vorderhirn noch jederseits durch einen hoch hinaufreichenden Stiel zusammen, ist aber bereits etwas nach hinten ttbergelagert. Vom Hemisphärengebiete sondert sie sich durch eine seichte, rostralwärts breit auslaufende Furche. An der Basis beginnt die Hemisphärenaulage schmal, scheitelwärts läuft sie mit gerundeter An- schwellung aus. Die Basis bis zur Höhe des Xeuroporus entspricht dem späteren Rhinencepbalon, die obere Anschwellung dem späteren Pallium.^) Die die Hemisphärenanlage an der Außenfläche begrenzende Furche ver- anlaßt innen eine niedrige, rostralwärts breit auslaufende Emporwölbung der Wand, die Anlage des Streifenhügels. Auf diese Verhältnisse, soAvie auf die weitere Formentwicklung des Gesamthirns Averde ich später zurück- kommen und ich wende mich zur histologischen Besprechung des früh- embryonalen Markrohres. Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. Das Markgertist. Über die histologische Gliederung des Markrohres habe ich mich bei frühern Gelegenheiten wiederholt ausgesprochen. -) Sie beginnt mit der Bildung des von Lückenräumen allseitig durchzogeneu Markgerüstes oder M Y e 1 0 s p 0 n g i u m s , das seinerseits aus der ursprünglich vorhandeueu undurchbrocheneu Epithelplatte hervorgeht. Die Elemente des Markgerüstes, die Spongioblasten, verteilen sich auf jüngeren Stufen durch den Raum ^) Die Sonderung des Hemisphärengebietes vom übrigen Vorderhirn ist schon in sehr fi-üher Zeit, d. h. sobald die Augenblasen als selbständige Wülste hervortreten, möglich. Demgegenüber findet sich in Monographien und in Lehrbüchern vielverbreitet die Lehre, daß das Hemisphärenhirn ein sekundär entstehender Auswuchs des primären Vorderhirns, daß es, wie v. Mihalkovics (Entw. d. Gehirns IST" S. 34) sich ausdrückt, keine mit den übrigen Gehirnbläschen homologe Bildung sei. IS^och weiter geht Eaüber, der das Endhirn geradezu als einen ,. Auswuchs des Zwischeuhirus- bezeichnet (Lehr- buch 6. Aufl. II 941). Diese Darstellungsweise gibt leicht Anlaß zu Mißverständnissen und ist daher zu verlassen. -) Von meinen älteren Arbeiten zitiere ich die von 1SS3 „Über das Auftreten der weißen Substanz und der Wurzelfasern", His u. Beauxes Archiv 1SS3 8. 165 und ..Zur Geschichte des Rückenmarks", 18S6, Abhandl. der k. s. Ges. der Wissensch. math.-phys. Kl. Bd. XIII S. 4S5 und „Die Neuroblasten und deren Entstehung etc.", 18S9, ebeudas. Bd. XV S. 313 ff. 12 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. der Platte derart, daß ihre Kerne beiderseits bis nahe an deren Grenze heranreichen, auch sind sie zu der Zeit noch nicht scharf orientiert. Immer- hin stehen die Kerne schon jetzt vorwiegend radiär und auch die Plasma- bälkchen verlaufen, besonders im inneren Abschnitte, meistens senkrecht zur Oberfläche. Sowohl an der Innern wie an der äußern Oberfläche der Platte fließen die Plasmabalken zu einer fortlaufenden Schicht, der M. limitans interna und M. limitans externa zusammen (Fig. 3). Von der vierten Woche ab tritt im Markg-erüst die Schich- tengliederung schärfer hervor. Die Kerne sam- meln sich in einer brei- ten Mittelzone, welche nach einwärts und nach auswärts von kernlosen bez. kernarmen Zonen überragt wird. Sie lie- gen innerhalb dieser Zone dicht gedrängt, am dichtesten im Innern Abschnitte, und hier tre- ten auch am schärfsten ihre gestreckten Formen und ihre radiäre An- ordnung zutage (Fig. 4, S. 13). Vielfach zeigen sie Birnenform mit ein- r^ .^' \ ^^ 7A r \ :^ ^*>) vj "^ "i ■~i L-''r -/O V- Ss^. Fig. 3. Markgerüst vom Embryo EB mit den beiden Mm. limitantes. An die M. limitans externa stöiJt das epitheliale Hornblatt. Die meisten Kerne sind noch rundlich oval, eine Schichtentrennuug ist noch kaum eingeleitet, tjberzeichnetes Photogramm. wärts gerichteter Zu- spitzung. Der innere Teil der zugehörigen Zellenleiber geht in je einen, mehr oder min- der schmalen, längs- streifigen Pfeiler über, der mit trompetenartiger Verbreiterung in die M. limitans interna sich einfügt. Demgemäß er- scheint die an die innere Grenzhaut anstoßende Schicht des Markgerüstes (die Columnar- oder Säulen schiebt) von einem System paralleler, senkrecht zur Oberfläche stehender Spalten durchsetzt. Der äußere Abschnitt der Kernzpne zeigt die Kerne etwas minder dicht und auch weniger scharf orientiert gelagert. An ihn schließt sich ein engmaschiges kernfreies Plasmanetz an, der Randschleier (Fig. 5, S. 14). Die Maschen sind im allgemeinen rundlich und enger als die Durchmesser Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 13 der Kerne. Ich habe dies Maschenwerk von Anfang- ab für ein geschlossenes gehalten, in dem Sinn, daß die benachbarten Spongioblasten untereinander in syncytiale Verbindung treten. Dagegen ist eingewendet worden, daß Silberpräparate das aus den Epithelzellen hervorgehende Gerüst ndt frei Fig. 4. Eückenmarksgerüst eines Embryos aus der vierten Woche (Ft.). Der Schnitt zeigt die M. limitans interna imd die in sie eintretenden Spongioblastenpfeiler, zahlreiche Spongioblastenkerne imd nach außen hin die Anfänge eines Bandsehleiers. Neuroblasten sind keine vorhanden, dagegen erkennt man einige Keim- zellen (Photogramm ein wenig retuschiert). (Zu Seite 12.) auslaufenden Stümpfen zeigen. Ich lasse es dahingestellt, ob dies Verhalten als vorübergehendes auftritt ; der bleibenden Anordnung entspricht es, meiner Überzeugung zufolge nicht, die Plasmabälkchen treten in der Tat zu einem allseitigen Maschenwerk zusammen, und auch das Vorhandensein der Grenz- 14 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. häute beweist das Zustandekommen von Verbindungen zwischen Bestand- teilen verschiedener Zellenterritorien. ^) Die M. limitans externa vermisse ich bei manchem meiner Schnitte, und das Markgerüst erscheint hier nach außen hin offen und von einem klaffenden Spaltraum umgeben. Es handelt sich dabei wohl stets um eine durch die Präparation bedingte Losreißung der äußern Grenzschicht vom übrigen Markgerüst. Losgerissene Reste vom Randschleier finden sich häufig der Mesenchymwand anhaftend. Bei den jüngeren Stufen habe ich die Limitans externa nie vermißt.^) Da wo die Schicht an mesenchymatoses Ge- Fig. 5. Markgerüst aus der Hemisphärenwand vom Embryo N (Nl. 10.9). Das Präparat zeigt den von ein- gelagerten Nervenzellen und Fasern freien Eandschleier dicht bis an die Limitans meuingea heranreichend. (Zu Seite 12.) webe anstößt, verdichtet sich dieses zu einer dünnen Haut, der M. limi- tans meningea, unter der in der Folge reiche Kapillarnetze auftreten. ^) KöLLiKBR, Gewebelehre 6. Aufl. 1896 II 13" spricht sich in der Hinsicht vor- sichtig aus. Er hebt zwar hervor, daß GoLGische Präparate keine Spur von Ver- schmelzung der Ependymfasern zeigen, meint aber, es bleibe dahingestellt, welche Be- handlungsweise der Präparate mehr Vertrauen verdiene. Bei der Spezialbeschreibung eines fünfwöchenthchen menschlichen Embryo (S. 133) schildert Kölliker die NeurogHa der weißen Substanz als „ein zierliches feinstes Gitterwerk". ^) Über das konstante Vorkommen und die Rolle der M. limitans externa ver- gleiche man den Aufsatz von Held : „Über den Bau der Neuroglia", Abh. der k. s. Ges. der Wissensch. math.-phys. Kl. 1903 Bd. XXVIII S. '201 ff. Das Markrohr und seine histoloaische Entwickluno-. 15 Die M, limitans interna finde ich im allgemeinen nicht glatt, sondern etwas rauh abgeschlossen. . Auf Jüngern Stufen begegne ich überdies un- regelmäßig gestalteten, nach einwärts über die Haut hervorragenden Proto- plasmafortsätzen. Selbst kernhaltige Keimzellen können stellenweise an der Innenseite der Limitans liegen. Solche innere Protoplasmafortsätze finde ich auch an Schnitten frisch eingelegter tie- rischer Embryonen (Katze, Kaninchen). Ob sie eine physio- logische Bedeutung haben, oder ob sie im Moment des Ab- sterbens und unter dem Einfluß desFixa- tionsmittels hervor- getreten sind , das bedarf noch genauer Prüfung. —Die innere Grenzhaut zeigt sich in der Flächeuansicht aus mehr oder min- der unvollkommen geschlossenen Ringen gebildet (Fig. 6). Die von den Ringen um- gebenen Felder sind von Doppellinien ein-- gefaßt , im übrigen aber leer. Es zeigt dies, daß das in den Spongioblasten- leibern sich sondernde Faserwerk unmittel- bar unter deren Oberfläche sich anlegt. Dasselbe Yerhalten läßt sich auch für die Grerüstbildung im x\ußenteil der Spongioblasten erschließen. Das Markgerüst des Rückenmarks und des Gehirns ist ursprünglich von Nervenzellen und Nervenfasern frei, die Einlagerung erfolgt schrittweise und, da die Entwicklung der Nervenzellen nicht allenthalben gleichzeitig vor sich geht, so zeigen gewisse Bezirke ein leeres Markgerüst, wenn andere schon reich an Zellen und Fasern sind. So finde ich bei Embryo N, bei dem das Rücken- mark und das verlängerte Mark schon weit fortgeschritten sind, das Mark- gerüst der Hemisphären zierlich angelegt, aber noch völlig inhaltsleer (Fig. 5). Fig. 6. Streifschnitt durch die innere Wand des Markrohres vom Embryo T. Au zwei Stelleu ist die M. limitans interna als gefelderte Bildung zu sehen. IQ Die Entwicklung des Zentralnervensystems. Das so früh sich ausbildeDcle Markg-erüst erhält sich als bleibender Be- standteil der späteren Neuroglia. Die Glia enthält aber mehr, als das primäre Markgerüst: Zu den radiär angeordneten Spongioblasten, die aus den anfangs vorhandenen Epithelien hervorgegangen sind, kommen in der Folge als neue Bildungen die Deiters sehen Sternzellen hinzu und die von Weigeet so eingehend bearbeiteten Fasersysteme. Auf gewisse Beobach- tungen gestützt, hatte ich früherhin angenommen, daß, außer den ins Mark hineinwachsenden Blutgefäßen noch anderweitige mesodermale Elemente ein- wandern und an der Bildung der späteren Glia teilnehmen, speziell glaubte ich die DEiTERSschen Zellen als Bindesubstanzzellen deuten zu müssen. Dagegen haben sich Ramon y Cajal, Kölliker, Retzius, Lenhossek u. a. ausgesprochen, und ich habe in der Folge, auf Grund meiner erweiterten Erfahrungen die Annahme aufgegeben. Ich halte jetzt gleichfalls dafür, daß die sämtlichen Zellen des Gliagerüstes aus Elementen der ursprüng- lichen Markplatte hervorgegangen sind. Die DEiTERSschen Sternzellen fügen sich als spätere Bildungen dem primären Markgerüst ein, dessen ursprüng- lichen Charakter sie mehr oder minder auffällig verändern. In betreff der WEiGERTschen Fasern verweise ich auf die oben zitierte Arbeit von Held, der dargetan hat, daß sie durch eine Differenzierung innerhalb des proto- plasmatischen Zellengerüstes entstehen. Als die verschiedenen Entwicklungsstufen der Neuroglia haben wir somit : 1 ) das p r i m ä r e S p 0 n g i 0 b 1 a s t e n g e r ü s t mit ausgeprägt radiärer Anordnung seiner Bestandteile ; 2) das sekundäre, durch Deiters sehe Zellen erweiterte Markgerüst, dessen Maschengefüge in den verschiedenen Be- zirken von Gehirn und Rückenmark ein wechselndes zu sein pflegt ; 3) die voll ausgebildete Neuroglia mit Weigert sehen Fasern. Von welchem Zeitpunkt ab man von differenzierten Weigert sehen Fasern reden darf, mag hier unerörtert bleiben. Dagegen ist zu betonen, daß wenn man der Neuroglia die Bedeutung eines Stützgerüstes zuschreibt, diese Leistung zunächst den Weigert sehen Fasern und den Grenzhäuten zukommt. Das plasmatische Zellengerüst ist lebende Substanz, und es ist vorauszusetzen, daß ihm als solcher noch besondere physiologische Aufgaben zufallen. In erster Linie kommt, solange die Entwicklung der Zentralorgane andauert, das selbständige Wachstum des Markgerüstes in Betracht. Ganz all- gemein geht die Gerüstentwicklung dem Auftreten von Nervenzellen und von Nervenfasern voraus und da wo es zur Verwachsung vorher getrennter Teile kommt, wie z. B. bei der Bildung der vordem Kommissur und des Balkens, da vermittelt zunächst das Markgerüst die Verbindung, und erst nachträg- lich erfolgt das Einwachsen von Fasern. Inwieweit überdies dem plasma- tischen Markgerüst der ausgebildeten Zentralorgane eine nutritive oder Das Markrohr und seine histologische EntAvickhing. 17 anderweitige physiologisclie Leistimg zukommt, das bedarf weitergebender Erforscbimg. ^) In betreff der Terminologie scbeint mir übrigens kein Grund vorzuliegen, wesbalb man nicht die Bezeichnung Markgerüst oder Myelo- spongium auch für das plasmatische Zellengerüst der ausgebildeten Neu- rofflia beibehalten soll. Die Keimzellen. Unter der inneren Grenzschicht liegen in den Maschen der Säulen- schicht die Keimzellen als auffallend helle, meist kuglig gestaltete Ele- Fig. 7. Durchschnitt durch die Basis des Hii-nrohres vom Embryo T. Die Figur zeigt in der Säidenschicht zahlreiche Keimzellen. Nach auiSen reicht der Eandschleier bis zur M. limitans meningea. mente, deren Kerne vielfach in Mitose begriffen sind (Fig. 7 u. S\ Es ist leicht nachzuweisen, daß durch einseitiges Auswachsen aus ihnen birnen- förmige Neuroblasten hervorgehen. Sie sind indessen, wie ich schon bei 1) Eine Aufzählung verschiedener in der Literatur aufgestellter Vermutungen be- treffend die physiologische Bedeutung der Neuroglia gibt Held 1. c. S. 297 ff. His, Die Entwicklung d. menschl. Gehirns. 2 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. Fig. 8. Aus demselben Präparate. Säulenscliicht mit Keimzellen. (Zu Seite 17.) früherem Anlaß zugegeben habe ^) auch bei der Bildung von neuen Generationen von Gliazellen be- teiligt. Ihrerseits scheinen sie aber nicht, wie ich früher vor- aussetzte , in ununterbrochener Reihenfolge auseinander hervor- zugehen, denn man begegnet Entwicklungsstufen, in denen streckenweise keine Keimzellen vorhanden sind, so z. B. in der Hemisphärenanlage. — Wenn in solchen Strecken nachträglich Keimzellen und Neuroblasten sich entwickeln, so müssen sie, wie diesSCHAPEK^) angenommen hat, aus undifferenzierten Markzellen hervorgehen. Meine besten Präparate über Keimzellen und deren Mitosen Fig. 9. Aus demselben Präparat, photographiert mit Apochromat Zeiß 2 mm und nachträglich, da das Photogramm zu blaß war, überzeichnet. In den großen runden Keimzellen zeigen sich die frei hervortretenden Chromosomen ?,ls kurze gerundete Stäbchen. Die M. limitans_ interna wird stellenweise von Plasmafortsätzen überragt. (Zu Seite 19.) 1) Im Aufsatz „Über das Prinzip der organbildenden Keimbezirke und die Ver- wandtschaft der Gewebe" His, Archiv 1901, S. 330 ff. ^) A. ScHAPER, Die frühesten Differenzierungsvorgänge im Zentralnervensj^stem. Archiv für Entwicklungsmechanik 1897 Bd. V S. 81 ff. Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. lieferte mir der etwa 3^2 Wochen alte Em- bryo T. Er war von einem hiesigen Arzt durch Auskratzen der üterushöhle ge- wonnen und mir so- fort überbracht wor- den. Ich fixierte mit Rabl schem Platin- gemenge und schnitt, etwas allerdings dick; zu IQ ju. Die hellen kugligen oder ovalen Keimzellen heben sich sehr schön von ihrer Umgebung ab, sie liegen meist in kleinen Gruppen von zwei oder drei beisammen. Ihr Durchmesser beträgt zwischen 10 Fig. 10. Aus der Eüekeiimarkswancl vom Embryo Br 3. Spongioblasten und Neuroblasteu, links eine die Grenzhaut überragende Zelle. (Zu Seite 21.) 14 ju. Die Chromosomen erscheinen als kurze, häufig etwas gekrümmte Stäbchen (Fig. 9, S. 18). Die Zahl der Chromosomen schätze ich zu 24 in einer Zelle. Ich konnte zwar nie bis 24 zählen, dagegen fand ich wiederholt, daß wenn ich deutlich bis zwölf zählen konnte, dies ungefähr die Hälfte des Chromosomenkomplexes ausmachte. Fig. 9 zeigt solche Keimzellen in einer überzeichneten Photo- graphie. Die Neiirol)lasten und deren diagnostisclie Merkmale. Von früh ab nimmt, zugleich mit der Wand- dicke des Markrohres, die Menge der in ihm sich anhäufenden Zellenkerne zu. Je gedrängter sie liegen, um so mehr nehmen sie gestreckte Formen an, und es fragt sich, welche diagnostische Merk- male wir haben, um in dem Gewirre von Kernen Spongioblasten- und Neuroblastenkerne voneinander zu unterscheiden. In beiden Kategorien begegnen wir Birnformen, aus dieser Formeigentümlichkeit läßt sich somit keine Unterscheidung ableiten. Ent- scheidend ist nur das Verhalten der Zellfortsätze, Tl., 11 Neuioblasten in korn- ahientoimigei Anordnung. Ver- längertes Mark vom Embrvo Se (XI. 18 mm). Ursprung sensibler ScMeifenfasern. Prismenzeich- nung. (Zu Seite 22.) ■2* 20 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. lind wo diese letzteren niclit sichtbar sind, wie z. B. bei quer- oder schräg- geschnittenen Kernen, da wird, wenigstens in früheren Stufen, die Diagnose Fig. 12. Querschnitt durch das Eückenmark vom Embryo Br. 3. Motorische Wurzehi und Stumpf eines Eumpfnerven, Das lielle Feld des Hinterstranges ist nach anderen Durchschnitten eingezeichnet, da es im vorliegenden Photogramm nicht besonders scharf hervortrat. (Zu Seite 22.) oft recht mißlich. Von den zahlreichen Zellen mit gestreckt birnförmigem Kern, die die Wand des Markrohres gegen Ende des ersten Monats enthält, entsendet die Mehrzahl je einen längsgestreiften Pfeiler nach einwärts zur Das Markrohr und seine histoloalsche Entwicklunsr. 21 inneren Grenzhant. Damit charakterisieren sich diese Zellen ohne weiteres als Spongioblasten , und dasselbe gilt von den Zellen, deren Anschluß an das allgemeine Markgerüst nach außen hin nachweisbar ist fFig. 10, S. 19). Fig. 13. Aus demselben Präparat, etwas stärker vergrößert. Man sieht die Neuroblasten, deren Fortsätze teils gegen den Wurzelaustritt konvergierend zusammenlaufen, teils auch die vorderen Wurzelfasern kreuzen. Die Anlage des Vorderstranges gibt sich in Form dunkler Punkte zu erkennen, die in den Maschen des Eaudschleiers liegen. (Zu Seite 23.) Der positive Beweis für die Neuroblastennatur einer Zelle ist dann geleistet, wenn deren Zusammenhang mit einer Nervenfaser feststeht. Das histologische Gepräge, auch der frühembiyoualen Xervenfasern ist aber ein sehr charakteristisches, sie zeichnen sich aus durch ihr gleichmäßiges Kaliber, 22 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. ihren leicht wellenförmigen Verlauf, und sie können nicht übersehen werden, wenn ihrer auch nur wenige vorhanden sind. Die aus benachbarten Neuro- blasten stammenden Nervenfasern pflegen unter konvergentem Verlauf zu Bündeln zusammenzutreten. Als solche Bündel erscheinen schon die ersten motorischen Wurzeln. Die an der Bildung von Faserbündeln beteiligten Neuroblasten, soweit sie nicht endständige Gruppen bilden, liegen den Bündeln der Länge nach ein- oder seitlich angelagert, ein dabei häufig Fig. 14. Schnitt durch das verlängerte Mark eines Forellenembryos von e'/j mm Länge. Man sieht (besonders links vom Beschauer) Scharen von Neuroblasten mit dunkeln Spitzen. (Zu Seite 23.) wiederkehrendes Bild ist das einer kornährenartigen Anordnung (Fig. 11, S. 19). Da, wo Neuroblasten zwischen vorhandenen Faserbündeln regellos zerstreut liegen, haben wir keinen Grund, sie als deren Ursprungszellen anzusehen. Ziemlich früh beginnt der Protoplasmaleib der Neuroblasten etwas anzuschwellen, und gegen Ende des zweiten Monats haben auch manche derselben ihre einfache Birnform aufgegeben und am Gegenpol ein oder mehrere kurze Fortsätze entwickelt. Das auswachsende Ende der in Bildung begriffener Nervenstämmchen pflegt sich während der Dauer seiner Ausbreitung als ein von der Um- gebung deutlich sich abhebender Stumpf darzustellen (Fig. 12, iS. 20). So- lange der Stumpf beisammen bleibt, vermag man dessen successives Vor- Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 23 rücken schrittweise zu verfolgen. Dies gilt nicht allein von peripherischen Nervenstämmen; sondern auch von zentral auswachsenden, wie z. B. von der spinalen Trigeminuswurzel. Im Querschnitt erscheint jedes Fäserchen als dunkler Punkt. Da wo die Fäserchen noch sparsam vorhanden sind, z. B. auf frühen Stufen der Stränge des Rückenmarkes und des verlängerten Markes, finden sie sich zerstreut in den Maschen des Markgerüstes, in der Regel den Gerüstbälkchen unmittelbar anliegend (Fig. 13, S. 21). Mit zunehmender Menge erfüllen sie die zuvor freien Räume. Allein auch bei peripherischen Nervenstämmen ist das Gefüge anfangs sehr locker, indem zwischen den wellig sich biegenden Fäserchen viel offener Raum frei bleibt. Solche junge Nervenstämmchen heben sich demnach als helle Straßen vom umgebenden Gewebe ab. Eine Eigentümlichkeit junger Neuroblasteu, die ich hier nicht übergehen darf, ist die leichte Färbbarkeit ihres Übergangsteils zur Faser. Diese Eigentümlichkeit findet sich weit verbreitet. Ich habe sie schon sehr auf- fällig bei Neuroblasten des Forellenhirns und Rückenmarks gefunden (Fig. 14, S. 22) und ich begegne ihr wieder in höchst bezeichnender Weise bei den in die Rindenschicht übergehenden Pyramidenzellen der Großhirnhemisphären menschlicher Embryonen. Wo solche dunklen Zellenkegel in größeren Gruppen beisammen liegen, da gestaltet sich das Bild zu einem sehr charakteristischen und es erlaubt keine Verwechslung mit Spongioblasten. Die Gliederung des Medullarrolires in Längszonen. Im allgemeinen besteht das Markrohr nach erfolgtem Schluß aus zwei dicken Seitenwaudungen, die durch dünne Verbindungsstreifen untereinander zusammenhängen. Letztere habe ich bei früheren Anlässen als Boden- platte und als Deckplatte bezeichnet.^) Die Seitenwandungen zerfallen in eine ventrale und eine dorsale Hälfte. Für das Rückenmark reichen diese Bezeichnungen aus, beim Gehirn dagegen treten Verschiebungen ein, welche es wünschbar machen. Ausdrücke zu besitzen, die unabhängig von den Beziehungen zu Rücken und Bauch sind. Ich habe s. Z. die Aus- drücke Grundplatte und F 1 ü g e 1 p 1 a 1 1 e vorgeschlagen , die mir selber indessen nur ein Notbehelf gewesen sind, und die ich gern gegen bessere ver- tauschen werde. Vielleicht erweisen sieh die Bezeichnungen eines epence- phalen und eines hypencephalen Bezirkes als brauchbar. Einen Hypothalamus haben ja in zweckmäßiger Weise schon die BNA eingeführt. Epencephale Teile sind demnach die Hemisphären von Groß- und Kleinhirn, der Thalamus, die Vierhügel und die Bindearme. Zu den Gebilden epence- phalen Ursprunges gehören aber auch die in der ventralen Markhälfte ge- legenen Olivenkerne, sowie ein Teil der Brückenkerue. ^) 1886; S. 483 und 1888; S. 350. 24 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. Die ScliicMensonderung in den Wandungen des Maikrohres. Nach ihrer histologischen Verwendung- lassen sieh am Markrohr unter- scheiden : 1) Strecken, die stets epithelial (ependymal) bleiben. Dahin gehören die Deckplatten des vierten, des dritten und der Seitenventrikel und das kaudale Endstück. 2) Solche, aus denen Neuroblasteii, d. h. Nervenzellen und Nervenfasern hervorgehen; es sind dies die beiden dicken Seitenwandungen des Rohres. 3) Solche, in denen zwar keine Neuroblasten entstehen, die aber sekun- där von Nervenfasern durchwachsen werden. Dahin gehören die verschiedenen Kommissurengebiete, die Bodenplatte des Rücken- markes, des Rautenhirns und des Mittelhirns, sowie teilweise die Deckplatte der letztgenannten Teile und des Thalamushirns (Vermis cerebelli, Velum medulläre anterius, Vierhtigel, Commissura posterior und superior usw.). Man kann die Wandstrecken 2 u. 3 den epen- d y m a 1 e n als n e u r a 1 e gegenüberstellen und unter sich als neuro- b 1 a s t i s c h e und n e u r o p höre (oder kommissurale) Bezirke unter- scheiden. Vom Ende der vierten und noch deutlicher von der fünften Woche ab lassen sich in den Seitenwaudungen des Markrohres zwei kernhaltige Haupt- schichten, die Innenplatte oder Matrix und die Mantelschicht, so- wie eine kernfreie Randschicht, der sog. Randschleier unterscheiden (Fig. 1 5, S. 25). Die Innenplatte bewahrt längere Zeit hindurch den Charakter der primären Markplatte, sie enthält dicht gedrängte, radiär gestellte Kerne und zu innerst Keimzellen. Auch ist sie die Bildungsschicht der nach außen von ihr folgenden Gewebslagen. In der Mantelschicht lockert sich das Ge- füge, und frühzeitig treten in ihr tangential gerichtete Neuroblasten und Bogenfasern auf. Die grundlegenden Vorgänge histologischer Scheidung sind im gesamten Markrohr dieselben. In den verschiedenen Ab- schnitten des Markrohres, im Rückenmark, Rautenhirn, Mittelhirn und Vorder- hirn tritt nach und nach der oben erwähnte Gegensatz hervor zwischen der dicht gefügten radiärstreifigen Innenplatte, der locker gefügten, Neuroblasten führenden Mantelschicht und dem kernfreien Randschleier. Wo die Wand an Dicke zunimmt, sind es Mantelschicht und Randschleier, die sich ver- breitern, und zwar geschieht dies um so mehr, je rascher das Wachstum erfolgt ; die Dicke der Innenplatte schwankt während der verschiedenen Ent- wicklungsstufen nur innerhalb enger Grenzen. Stellen, die im Dickenwachs- tum zurückbleiben, entwickeln überhaupt keine Mantelschicht und sind frei Das Markrohr und seine histologische Entwickhing. 25 von Neuroblasten. Der Eandschleier erscheint, wie oben gezeigt wurde, zuerst als ein von Einlagerungen freies Masebenwerk. Anfangs als schmaler "^''iiiK'^" .= ? ^ peripherischer Saum auftretend, nimmt er Mährend geraumer Zeit an Breite stetig zu, und wird zum Lager für neu auftretende nervöse Bestandteile. An bestimmten Stellen häuft sich der Eandschleier reichlicher an, als an 26 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. anderen. So pflegt er in frühen Entwicklungsperioden in der ventralen Hälfte des Eolires breiter zu sein, als in der dorsalen. An solchen Stellen aber, an denen durch Einwärtsbiegung- der Wand eine äußere Rinne entsteht, gestaltet er sich mancherorts zu einem besonderen, die Rinne ausfüllenden Polster. Da die Nervenzellen im Bereich des gesamten Markrohres in den an die Innenhöhle stoßenden Wandschichten entstehen, so verhält sich auf frühen Entwicklungsstufen die Anlage der grauen Substanz durchweg als ,, H ö h 1 e n g r a u " im Sinn von Meyneet. Alle zentralen Nervenzellen, sie mögen später noch so verwickelte Formen annehmen, gehen durch die Anfangsstufe von Neuroblasten hindurch, d. h. sie besitzen anfangs einfache Birnform und entsenden nur einen Fortsatz, den Neuriten. Auf dieser Entwicklungsstufe pflegen die Nervenzellen den Ort ihrer Entstehung zu verlassen und damit die Bildung anderweitiger grauer Massen einzuleiten. Dabei können die neu angelegten grauen Massen: 1) im Nachbarbereich der Matrix verbleiben und nach außen hin von weißen Fasermassen überlagert werden. Dies ist beim Rückenmark der Fall, in dem die Neuroblasten im allgemeinen bis zur Grenze des Rand- schleiers vordringen und hier entweder zu motorischen Wurzelzellen oder zu intramedullar verbleibenden Bogenzellen werden, während der Rand- schleier die Grundlage der weißen Substanz liefert; 2) können die Neuroblasten, in radiärer Richtung fortschreitend, die Wand bis in die Nähe der Außenfläche durchsetzen und hier zu einer selbständigen Schicht sich ansammeln. Auf einer solchen radiären Aus- wanderung der Zellen aus der Matrix des ursprünglichen Höhlengrauses beruht die Rindenbildung der Großhirnhemisphären; 3) können infolge bestimmter Verbiegiingen der Medullarwand und aus- giebiger, tangential gerichteter Zellenwanderungen graue Massen aus dem dorsalen ins ventrale Markgebiet übertreten. So entstehen die Formationes arcuatae, die Oliven, Nebenoliven und ein Teil von den in der Brücke liegenden Kernen. Bemerkenswert erscheint, daß dieser zu den aller- kompliziertesten Anordnungen führende Bildungsmodus der in der Ent- wicklung zeitlich vorangehenden Medulla oblongata zukommt, wogegen der Typus rein radiärer Zellenwanderung in den spät sich anlegenden Hemi- sphären des Großhirns ausschließlich Platz greift. Die Periode der Neuroblastenbildung ist eine beschränkte und mit dem Schwinden von Keimzellen versiegt die Quelle der Weiterbildung. Die Dauer der Bildungsperiode ist für die verschiedenen Bezirke des Markrohres eine verschiedene. In der ventralen Hälfte des Rohres beginnt und erlischt sie im allgemeinen früher, als in der dorsalen. Im Hemisphärengebiet be- ginnt die Neuroblastenbildung erst spät, sie dauert hier aber durch lange Perioden hindurch an. Die Zellen und Fasern späterer Bildung finden ganz andere Ausbreitungsbedingiingen als die von früheren Generationen, und es Das Markrolir iivA seine histologische Entwicklung. 27 ist ersichtlich, daß die Zeitpunkte der Bildung-, sowie die Ausgiebigkeit der entstehenden Neuroblastenbruten das wechselnde Ineinandergreifen der Ge- staltungsvorgänge bestimmen und jedem Ort sein besonders architektonisches Gepräge verleihen, Bildung und ümlagerung der Nervenzellen sind das eine die innere Organisation der einzelnen Markstrecken bestimmende Moment. Ein anderes Moment liegt in der Entwicklung der Faserbahnen. Von den aus den Xeuro- blasten des Markrohres hervorwachsenden Fasern verläßt nur ein Teil dessen Wand als motorische Wurzeln. Anderseits findet von den Spinalganglien aus der Eintritt von sensibeln Wurzelfasern statt. Die überwiegend große Mehrzahl der im Markrohr entstehenden Neuriten breitet sich intramedullär aus, indem sie mehr oder minder zu Strängen gesammelt und den durch das Markgerüst gegebenen Bahnen folgend, schrittweise weiterwachsen. Der Hergang kann lange Zeit andauern, auch erreicht er bei den einen Bahnen früh, bei andern erst spät sein Ende. Naturgemäß kommt es dabei zu einer zunehmenden Verwicklung der ursprünglich einfachen Organisation der verschiedenen Markbezirke. Was von Zellen und Faserbahnen einmal da ist, das bleibt, und der Bau kompliziert sich, wenn wir zunächst vom Auswachsen von Dendriten- und von Kollateralfasern absehen, dadurch, daß zu den zuerst angelegten Zellen und Faserbahnen neue sicli hinzufügen, und daß Fasermassen in Bezirke gelangen können, die von ihren Ursprungs- bezirken weit entfernt sind. Meyneet und seine Schule haben die „Einf lechtung fremd- artiger Bahnen" als einen besonderen Begriff in die Hirnanatomie ein- geführt. In dem Sinne haben sie z. B. von einer Einflechtung der Klein- hirnschenkel in die Projektionssysteme gesprochen, ^) Der dieser Darstellung zugrunde liegende Gedanke besagt, daß in die besondere Organisation eines Bezirkes eine von außen herkommende Fasermasse als etwas Neues, dem Bezirk von Hause aus nicht Angehöriges hinzukommt. Der Gedanke ist, wenigstens seinem Wortlaute nach, ein genetischer, und um ihn etwas schärfer zu fassen, unterscheiden wir am besten zwischen autochthoneu und eingewanderten bez. eingewachsenen Zellen und Faser- massen. Als autochthone Massen sind dabei nur die aufzufassen, die in dem betreffenden Bezirke unmittelbar entstanden sind. In dem Sinne sind nur solche Bahnen autochthon, die aus Neuroblasten des betreffenden Bezirks hervorgegangen sind, wie z. B. im Rückenmark die vordem Wurzeln, die vordere Kommissur und die Fasern der Formatio arcuata, wogegen schon die sensibeln Wurzeln eingewandertes Material sind und ebenso die sämt- lichen Längsstränge. Als eingewanderte Zellemuassen sind im verlängerten Mark die Oliveukerne zu verstehen , die aus dem Dorsal- in den Ventral- bezirk tibergetreten sind. Die grauen Rindenmassen vom Groß- und Klein- ^") Meyxert in Strickers Handbuch der Lehre von den Geweben 1ST2 S. T52ff. 28 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. hirn werden dagegen besser bei den autochtbonen Bildungen belassen, denn ihre Elemente sind beim Übergang aus den innern in die äußern Wand- scbicbten gleichwohl in ibrem Ursprungsbezirke verblieben. Die in das Mark einwachsenden Faserbündel lagern sich im allgemei- nen sehr oberflächlich;, indem sie in die äußern Maschen des Markgerüstes eindringen. ^) Diese oberflächliche Lagerung kann aber dadurch verloren gehen, daß Zellen- oder Fasermassen späterer Bildung die früher vorhande- nen von außen her überdecken. So rückt infolge solcher Überlagerungen z. B. der Tractus solitarius von der Oberfläche des verlängerten Markes allmählich immer mehr in die Tiefe. Bei peripherisch auswachsenden Nerven- stämmen gestalten sich die Verhältnisse des Auswachsens im allgemeinen für dünne Stämmchen einfacher als für dicke. Solange die zu einem Bündel sich sammelnden Nerven unter geringen Winkeln konvergierend zusammen- treten, pflegen sie mehr oder minder parallel zueinander sich anzuordnen, bei größerem Konvergenzwinkel durchkreuzen sich die Fasern, und es ergibt sich damit die Bedingung einer Staramesteilung. So gehen bei Spinalnerven die am meisten ventral hervortretenden Fasern in den Eamus dorsalis über, die dorsal hervortretenden in den Ramus ventralis, und in letzterem sind es die zu hinterst hervorgetretenen, die in den R. splanchnicus gelangen. Die Entdeckung von Gaskell, daß die Rr. splanchnici ans den Seitenhorn- kernen des Rückenmarks und der Med. obl. hervorgehen, findet in der Art des Auswachsens der Fasern ihre volle Begründung. Aus größeren Ganglien treten die Fasern nicht parallel hervor und es liegt zum Teil schon darin die Bedingung zur Sonderung getrennter Stämme. Das Auswachsen der Nervenfasern geht langsam vor sich und auch die Dendritenfortsätze der Nervenzellen entwickeln sich, wie wir durch Cajal wissen, nur allmählich. Beim gegenwärtigen Stand unseres Wissens ist es schwer zu bestimmen, wann das Auswachsen der zentralen Faserbahnen und insbesondere das von Kollateralen sein Ende erreicht. Wahrscheinlich wohl erst jenseits des Kindesalters. Dagegen läßt sich die naheliegende Vermutung, daß die in spätem Jahren vor sich gehende Weiterbildung körperlicher und geistiger Fähigkeiten mit einer Weiterbildung vorhandener Nervenbahnen Hand in Hand gehe, nicht leicht aufrecht erhalten. Die Gehirnwägungen ergeben bekanntlich, daß dies Organ den Höhepunkt seiner Massenzunahme verhältnismäßig früh erreicht, und für ein auch über reifere ^) So zeigt sich das Verhalten von Anfang ab beim Hinterstrang A^on Embrj'o Br 3 (Fig. 12), wogegen es beim Tractus solitarius, beim Tractus spinalis N. trigemini und bei den Acusticusbündeln desselben Embrj'^o den Anschein hat, als lägen die ein- wachsenden Nervenbündel anfangs frei außerhalb des Markes. Ich muß, im Anschluß an die von Held über das allgemeine Vorkommen der M. limitans externa gegebenen Erörterungen annehmen, daß es sich bei den angegebenen Stellen meiner Präparate (man vgl. Fig. 28 u. 30) um Oberflächenverletzungen und um ein Losreißen der M. limitans externa handelt. Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 29 Jahre sich ausdehnendes stetiges Weiterwachsen des Gehirns gibt demnach die Beobachtung- keine Anhaltspunkte. ^) Fassen wir nochmals die Motive zur Differenzierung der verschiedenen Abschnitte von Gehirn und Rückenmark zusammen, so können wir davon ausgehen, daß in früheren Perioden die Eigenschaften der Wand, was Dicke und inneren Bau betrifft, nur innerhalb enger Grenzen variieren. Die Glie- derung des Rohres ist in der Zeit wesentlich nur eine morphologische, im Vorhandensein bestimmter Achsenkrümmungen und der ihnen entsprechen- den Faltungen sich äußernd. Die ursprüngliche morphologische Gliederung kann in der Folge durch Veränderung der Achsenkrümmungen und durch ungleichmäßiges Hervortreten der Einzelnglieder sich modifizieren. Zu den morphologischen Umbildungen treten aber jetzt die inneren Umbildungen der Wand hinzu, und für die endgültige Ausbildung eines jeden einzelnen Hirn- und Rückenmarkteiles erscheinen demnach folgende Punkte maßgebend: 1) die Größe und Gestalt der primären Anlage; 2) die Dauer der in ihr ablaufenden Neubildungsvorgänge; 3) die Menge der von außen her in den Teil einwandernden Zellen- massen und 4) die der in ihn einwachsenden Fasermassen. Kritische Bemerkungen. Vor zwei Jahren ist Bethe in einem in Baden -Baden gehaltenen Vor- trage für die Lehre von der Bildung von Nervenfasern aus längsgeordneten Zellen eingetreten, den „Nervenzellen", wie er sie im Gegensatz zu den Neuroblasten und Ganglienzellen nennt. In einem soeben erschienenen Buch (Allgem. Anatomie und Physiologie des Nervensystems 1903) teilt er nun Beobachtungen an Hühnchenembryonen mit, die diese Lehre stützen sollen. Ich erhalte das Buch genau gleichzeitig mit der Korrektur des vorliegenden Bogens und kann daher nur mit wenigen Worten darauf eingehen. Bethe glaubt beobachtet zu haben, daß bei der Bildung motorischer Wurzeln beim Htthnerembryo eine Straße von Spindelzellen dem Auftreten von Fasern vorausgeht. Die Zellen denkt er sich von Anfang ab unter- einander und mit den Rückenmarkszellen syncytial verbunden. Weiterhin sollen innerhalb dieser Zellen Nervenfasern auftreten, die entweder mit Neuroblastenfortsätzen zusammenhängen, oder unabhängig von diesen ins Rückenmark eindringen. Die Beobachtungen bedürfen einer sorgfältigen ^) Marchand kommt in seiner gründlichen Arbeit über das Hirngewicht des Menschen zum Ergebnis, daß schon bei Kindern von vier bis fünf Jahren ein starker Prozentsatz das mittlere Gehirngewicht erreicht oder überschritten hat. Als oberste Wachstums- grenze erklärt er beim Mann das zwanzigste, beim Weib das sechzehnte bis achtzehnte Lebensjahr (Maechand, Abh. d. k. s. Ges. d.W., math.-phys. Kl. 1902 Bd. XXYII S. 403 ff.). 30 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. Nachprüfung, da das Vorhandensein von Täuschungsquellen nicht aus- geschlossen ist. Allein, wenn auch deren Richtigkeit, das Umschlossensein von Nervenfasern durch das Plasma spindelförmiger Zellen festgestellt sein sollte, so ist damit der Beweis nicht geliefert, daß die Fasern innerhalb der Zellen entstanden sind. Sie können, wie mir bei einer mündlichen Be- sprechung Herr Held andeutet, in die Zellen hineingewachsen, oder, was mir noch wahrscheinlicher erscheint, von dem Zellplasma umwachsen worden sein. Bethe läßt aus seinen „Nervenzellen" die Schavann sehen Scheiden und deren Kerne hervorgehen, es ist also kein Zweifel, daß er dieselben Elemente im Auge hat, die wir bis dahin für mesenchymatöse Scheiden- zellen angesehen hatten. Diese treten bei den niedrigeren Wirbeltierklassen sehr viel früher auf, als bei den Säugern. Bei den letzteren und speziell beim Menschen heben sich die kernlosen Nervenbündel und deren frei aus- laufende Stümpfe so auffällig von ihrer Umgebung ab, daß ein jeglicher Irrtum ausgeschlossen ist (Figg. 12 u. 13, S. 20 u. 21). Völlig undurchführbar erweist sich die Lehre einer Bildung von Nerven- fasern durch Längsverwachsung von Zellen bei den nervösen Zentralorganen, denn in deren weißer Substanz fehlt es rundweg an einem Material, das dazu verwendbar wäre. Wir konstatieren das Hereinwachsen der aus den Spinalganglien kommenden sensibeln Fasern in die Außenfläche von Gehirn und Rückenmark und das schrittweises Vordringen innerhalb völlig zellen- freier Bezirke des Markgerüstes. Ebenso verfolgen wir das Auftreten von Kommissuren- und von Strangfasern in zellenfreien Gebieten, und wo über- haupt die Schnitte entsprechend orientiert sind, da vermögen wir die Fasern über weite Strecken zurück bis zu ihren Ursprungsneuroblasten zu ver- folgen. Den 1886 am Schluß meiner Rückenmarksarbeit aufgestellte Satz, daß eine jede Nervenfaser aus einer einzigen Zelle als Ausläufer hervor- geht, halte ich auch heute noch für tatsächlich begründet. Schon damals habe ich übrigens die Möglichkeit sekundärer Verbindungen von auswachsen- den Nervenfasern mit Zellen nicht in Abrede gestellt.^) Auch NiSSL nimmt neuerdings Anlaß auf meine Arbeiten über Nerven- entwicklung einzugehen (Fe. NisSL, Die Neuronenlehre und ihre Anhänger, Jena 1903). Dem entwicklungsgeschichtlichen Standpunkt steht NiSSL sehr fern und er erklärt ausdrücklich (S. 15): „Für unsere Frage ist es völlig nebensächlich, wie sich das Nervensystem entwickelt." Auch ist er allem Anschein nach erst durch mein bei der Naturforscherversammlung in Aachen (1900) abgegebenes Votum auf die entwicklungsgeschichtliche Begründung der Neuronenlehre aufmerksam geworden. In dem früher ge- schriebenen ersten Teil seines Buches erklärt er noch (S. 11), es sei „die Neuronenlehre erst nach dem Bekanntwerden der Silberbilder denkbar ge- wesen und selbstverständlich erst danach aufgestellt worden". Nachdem 1) 1. c. S. 511 ff. Das Markrohr und seine histologische Entwickhing-. 31 NiSSL einmal auf meine Arbeiten aufmerksam geworden ist, liat er sie, wie ich ausdrücklich betonen muß, mit großer Gewissenhaftigkeit bis zum Jahr 1874 hinauf durchstudiert, und so konstatiert er auch mit großer Bestimmt- heit, daß ich 1886 den Grundgedanken der Xeuronenlehre zuerst mit den Worten ausgesprochen hal)e, „daß eine jede Nervenfaser aus einer einzigen Zelle als Ausläufer hervorgeht, die deren genetisches, nutritives und funktio- nelles Zentrum sei. Alle andern Verbindungen der Fasern seien nur mittel- bare, oder sie seien sekundär entstanden" fAbh. d. k. s. Ges. d. Wissenseh., math.-phys. Kl. 1886 Bd. XIII S. 513). NisSL überzeugt sich auch durch Vergleichuug meiner älteren Aufsätze, daß ich seit langem auf den Satz hingearbeitet und nach dessen tatsächlicher Begründung gesucht habe. Er sieht darin das Vorhandensein einer vorgefaßten Meinung (NiöSL, S. 312j, es ist dies indessen ein Vorwurf, den ich nicht allzuschwer empfinde, denn die Geschichte der Wissenschaften zeigt, daß noch größere Forscher wissen- schaftliche Wahrheiten aus dem Gesamtergebnis ihrer Erfahrungen intuitiv erschlossen und erst nach längeren Bemühungen die eigentlichen Beweise dafür gefunden haben. üra nun die gegen mich gerichtete Polemik NlSSLs zu verstehen, ist es notwendig seine Vorstellungen von den Beziehungen zwischen Nervenzellen, Nervenfasern und grauer Substanz zu kennen. In betreff des Achsen- zyliuders erklärt NisSL (1. c. S. 299) : „Es ist eine exakt festgestellte Tat- sache, daß der Achsenzylinder von Markfasern, die direkt mit den Achsen einer Nervenzelle zusammenhängen, nicht die Verlängerung des Nervenfort- satzes einer Nervenzelle, also kein Zelleibsbestaudteil derselben ist, sondern ein Gebilde sui generis, in das die wenigen Zelleibsfibrillen hineinwachsen. An andern Stellen erklärt er den Nervenfortsatz der Ganglienzellen für einen Spieß, dessen Spitze der Stelle entspricht, wo die Zelleibssubstanz des Nervenfortsatzes aufhört. Der Zwischenraum zwischen diesem Fortsatz und der von der Zelleibssubstanz völlig verschiedenen Achsenzylindersub- stanz wird nur von einem Draht eng aneinander gepreßter Neurofibrillen tiberschritten (S. 458). Über die graue Substanz sagt NisSL: „Die graue Substanz ist der morphologischen Analyse noch nicht zugänglich. Der Punkt, wo die markhaltige Faser das Mark abwirft, ist die Barriere, die uns ein gebieterisches Halt zuruft." Im Gehirngrau befinden wir uns in einem „fremden Land". Auch wenn wir Achsenzylinder erkennen, so sind sie uns fremd geworden, wir verstehen sie nicht mehr, weil wir ihren Zu- sammenhang verloren haben. Im Schema (Taf. II Fig. 5 rechts i wird die graue Substanz als ein aus Zerteilung der Achsenzylinder gebildetes feines Netzwerk dargestellt. Das so frühzeitig auftretende Markgerüst, mein Myelospongium, oder Helds Gliagerüst findet bei NiSSL keine Berück- sichtigung, obschon es klar ist, daß dieser Bestandteil bei der Eaumerfüllung innerhalb der grauen Substanz eine hervorragende Eolle spielt. Da ich in die Diskussion in betreff der «Tauen Substanz nicht unmittelbar verwickelt 32 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. bin und überdies im Text des Aufsatzes auf das Markgerüst vielfach zurück- zukommen habe, kann ich es hier unterlassen, den Gegenstand zu berühren, und ich komme auf die Einwendungen zurück, die mir NisSL in betreff der Nervenentwicklung entgegenstellt. Im wesentlichen gehen diese Einwendungen darauf zurück, daß ich Zellenfortsätze und Nervenfasern verwechselt habe. Das Auswachsen der embryonalen Nervenfasern als kontinuierliche Fortsätze der embryonalen nervösen Zellen bleibt nach NiSSL erst zu beweisen, da die von mir in Ver- bindung mit den Neuroblasten aufgefundenen feinen Fäden histologisch nicht als unbestreitbare Nervenfasern legitimiert sind (S. 305). Wir müssen mit der Möglichkeit rechnen, daß sie gar keine einheitlichen Gebilde sind, und vor allem haben wir nach NiSSL daran festzuhalten, daß in der späteren Entwicklung andere Zellen an der Bildung des Achsenzylinders mit teil- nehmen als die Neuroblasten. Wie man sich das denken mag, ist gleich- gültig, es genügt für NiSSL, daß ich die Unmöglichkeit eines solchen Vor- kommnisses nicht bewiesen habe. NisSL seinerseits deutet auf die die hervor- tretenden Stämmchen begleitenden Bindegewebszellen hin. Er erklärt über- haupt, daß bei Prüfung meiner Angaben nur die birnförmigen Neuroblasten der vorderen Markhälfte und die spindelförmigen Zellen der embryonalen Spinalganglienanlage in Betracht kommen (S. 302). Nun ist doch in meinen Arbeiten nicht von diesen allein die Rede, sondern auch von den intra- medullar auswachsenden Zellenfortsätzen, unter denen die in die vordere Kommissur eintretenden zu den am frühesten auftretenden gehören. Gerade bei den intramedullar auswachsenden Faserbündeln läßt sich aber das schritt- weise Vorrücken ohne Beteiligung irgendwelcher fremder Zellen mit großer Bestimmtheit verfolgen. Bei den so völlig verschiedenen Ausgangspunkten von Nissl und von mir ist es schwer, einen gemeinsamen Diskussionsboden zu finden. Für ihn sind gewisse färberisch gewonnene Anschauungen die Grundlage, auf die alles zurückzuführen ist; entwicklungsgeschichtliche Betrachtungsweisen lassen ihn kalt, oder sie gewähren ihm höchstens ein Feld zur Betätigung seines vorzüglichen Scharfsinnes. Ich meinerseits anerkenne nicht unbedingt die zwingende Macht farbtechnisch gewonnener Anschauungen, dagegen halte ich eine anatomische Einrichtung erst dann für verstanden, wenn ich deren Entwicklungsgeschichte zu übersehen vermag. Und so bin ich auch der Ansicht, daß die Forscher, die sich die Ausbildung der Neurofibrillen- lehre zur Aufgabe gemacht haben, uns u. a. den Nachweis von der Bildungs- geschichte der Fibrillen schuldig sind. Die Behauptung, da.ß diese Gebilde unabhängig von den Zellen entstanden seien, ist meines Erachtens sehr will- kürlich. Das, was wir von den Neuroblasten und deren Ausläufern wissen, mag im Widerspruch mit gewissen Axiomen der jetzigen Neurofibrillenlehre stehen, einen Widerspruch mit nachgewiesenen Tatsachen vermag ich nicht zu erkennen. Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 33 Nachdem das Manuskript dieser Arbeit längst abgeschlossen war, habe ich von V. Henöen die Schrift zugesandt erhalten: „Die Entwicklungs- mechanik der Nervenbahnen im Embryo der Säugetiere." In gar manchen Punkten wissenschaftlichen Strebens harmoniere ich mit meinem langjährigen Freunde, und ich hege die größte Hochschätzung vor dessen feiner Be- obachtungsgabe und überlegener Einsicht, aber hinsichtlich der Xerven- bildung gehen unsere Vorstellungen diametral auseinander. Mein gesamter, seit Jahrzehnten gesammelter Erfahrungskreis führt mich, in Übereinstim- mung mit einer Reihe der vorzüglichsten Forscher, mit zwingender Not- wendigkeit zur Lehre vom Auswachsen der Nerven aus Zellen. Dies gilt auch von den in dieser Schrift mitgeteilten Beobachtungen, und ich sehe keine vermittelnde Brücke, die mich zu der von Hensen vertretenen Auf- fassung hinüber zu leiten vermöchte, wonach „proximaler und distaler End- apparat vom Beginn ihrer Sonderung an bis zur abschließenden Festlegung der Nervenbahnen in Zusammenhang bleiben". Unter den Umständen ist eine ins einzelne gehende Diskussion wenig ersprießlich, und es mag ge- nügen, Avenn ein jeder von uns seinen Standpunkt klar zum Ausdruck bringt. Das erste Auftreten vou ISeuroWasten und von Nervenfasern. Die Entwicklung des Markgerüstes geht allenthalben derjenigen der Nervenzellen und Nervenfasern mehr oder minder lang voraus. Bei den jüngsten von mir untersuchten menschlichen Embryonen von 2.15 bis 3.2 mm (Lg, El, EB) ist das Gerüst der Markplatte bereits angelegt, nach innen und nach außen von einer M. limitans eingefaßt. Die Kerne treten, wie schon oben bemerkt wurde, noch beiderseits nahe au die Grenzschichten heran, Säulenschicht und Randschleier existieren noch nicht als gesonderte Lagen. Keimzellen sind nur sparsam vorhanden. Über das erste Auftreten von Nervenfasern bei menschlichen Embrvonen habe ich in einem meiner älteren Aufsätze berichtet.^) Bei einem Embryo von 4 mm Nl. («) hatte ich noch keinerlei Nervenfasern, wohl aber die An- lagen der vier Kopfganglien zu erkennen vermocht. Bei dem 5 mm langen Embryo R sind motorische Wurzelfasern bereits sehr scharf unterscheidbar. Als schmale Fortsätze birnförmig gestalteter Zellen sammeln sie sich zu kleinen Bündeln, deren drei oder vier nebeneinander das Rückenmark in dessen ventraler Hälfte verlassen und in die Körperwand eintreten (Fig. 16, S. 34). Hier ziehen die Fasern frei zwischen den Mesenchymzelleu hin- durch bis zum nächstliegenden Urwirbel, an dessen Grenze sie teils ventral-, teils dorsalwärts umbiegen. Noch ist es im dorsalen Teil des Rückenmarks nicht zur Bildung von Bogenfasern gekommen, und dementsprechend ist nocli keine xindeutung einer vorderen Kommissur vorhanden. Die Spinal- 1) His u. Braunes Archiv 1883 S. lS3ff. His, Die Entwicklung d. menschl. Gehirns. 34 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. ganglien sind bei dem betreffenden Embryo vorhanden und zeigen bereits streifigen Bau, aber sie geben weder an ihrem dorsalen, noch an ihrem ventralen Pol Wurzelfasern ab. Ich habe seit jener Zeit noch einen brauchbaren Embryo von 4.4 mm (Oc) geschnitten, dessen Entwicklung der von R ziemlich gleich kommt. Die in dieser Eeihe erheb- lich dünneren Schnitte von 6.6 /t lassen die Ein- zelheiten noch deutlicher verfolgen. So tritt an manchen Schnitten der bipolare Charakter der Spinalganglienzellen sehr deutlich hervor. Die stärksten Zellen und ab- gehenden Fasern zeigt das G. acusticofaciale. Ein Übertritt von sen- sibeln Fasern in das Markrohr läßt sich in- dessen auch hier nicht mit voller Sicherheit nachweisen. Stellenweise berühren sich Ganglion und Markrohr, und an solchen Stellen ist die Möglichkeit eines Faser- übertrittes nicht ohne weiteres auszuschliei3en. Als übergetretene sen- sible Fasern lassen sich auch einige sparsame Bündelchen von Längs- fasern deuten, die an Frontalschnitten der hin- teren Rttckenmarkshälfte erkennbar sind. Es kann sich aber höchstens um die allerersten Anfänge sensibler Wurzelbildung handeln. Neuroblasten mit bogenförmigem Faserverlauf finde ich in der dorsalen Markhälfte noch nicht vor. Auch fehlt jede Andeutung einer vorderen Kommissur. An Frontal- schnitten, die den vorderen Markrand streifen, sieht man nur das faserfreie Gerüst. Unerwarteterweise fehlen beim Embryo Oc motorische, aus dem Rautenhirn hervortretende Wurzeln. Ich würde nicht wagen, diesen negativen Ausspruch durch die bloße Abwesenheit aus dem Mark austretender Fasern Fig. 16. Austritt motorisclier Wurzelbündel aus dem Eückenniark von Embryo E (Nl. 5 mm). Die Fasern lassen sieh in der Eichtung nach dem Myotom hin verfolgen. (Zu Seite 33.) Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 35 zu begTünden, Solche Fasern könnten ja bei der Präparation zerrissen sein. Für entscheidend halte ich aber das Fehlen von Fasersträngen im Gewebe jenseits von der M. limitans meningea. Die später so charakteristisch dem Gang'lion Gasseri sich anlagernde Portio minor Trigemini vermisse ich voll- ständig, ebenso den N. facialis, die motorischen Fasern zum Glossopharyngeus und Vagus und den N. hypoglossus. Es ist dies um so befremdender, als die motorischen Wurzeln der Rückenmarksnerven bis weit herab angelegt und zu den zugehörigen Myotonien verfolgbar sind. Nach anderen Richtungen ist das Rautenhirn hinter dem Rückenmark nicht im Rückstand. Es hat, wie dieses, noch keine vordere Kommissur, aber in seiner ventralen Hälfte findet sich eine wohlausgeprägte Mantelschicht mit charakteristischen Neuroblasten. Fassen wir die Verhältnisse der beiden Embryonen Oc und R zusammen, so ergibt sich als Hauptresultat I) daß der Austritt motorischer Wurzeln aus dem Mark dem Eintritt von sensibeln vorausgeht und 2) daß die das Rückenmark als motorische Wurzeln verlassenden Fasern zu den a 1 1 e r f r ü h e s t e n Bildungen gehören. Die Zeit, während der motorische Wurzeln das Mark verlassen, mag beim menschlichen Embryo auf annähernd eine Woche zu veranschlagen sein, beim vierwöchentlichen Embryo ist die Zahl der austretenden Fasern noch gering, beim fünf wöchentlichen dagegen scheint sie, soweit sich dies schätzen läßt, ihre volle Höhe erreicht zu haben. Auch das Hereinwachsen sensibler Fasern in das Mark beschränkt sich auf eine kurze Zeitperiode, und noch schärfer als bei den motorischen Wur- zeln macht sich hier das sukzessive Hereiuwachsen der Fasern geltend. Von den Sinnesnerven entwickeln sich die Fasern des Acusticus gleichzeitig mit den sensibeln Wurzeln, die des Olfactorius erreichen das Gehirn ein wenig später, und am spätesten finden die aus der Retina hervorwachsen- den Fasern ihren Anschluß. Ein unzweifelhaftes Chiasma ist erst bei Em- bryonen von ca. sieben Wochen nachweisbar (Embryo Zw), und es scheint zu der Zeit noch nicht seinen vollen Faserbestand zu haben. Voll ausgebildet sind Chiasma und Tractus am Ende der achten Woche (Mr). Dies späte Auf- treten des N. opticus läßt sich damit in Zusammenhang bringen, daß der Nerv im Grund als eine intracerebrale Bahn des Vorderhirns aufzufassen ist. Das Markrohr Ibeim vierwöchentlicheii Embryo. Die belehrendsten Bilder für die frühere Geschichte des Gehirns und des Rückenmarks geben Embryonen von etwa vier Wochen. Die morpho- logische und die histologische Gliederung des Medullarrohres sind durchweg eingeleitet, motorische und sensible Wurzeln sind angelegt, auch die ersten Längsstränge in Bildung begriffen, und dabei stimmen Gehirn und Rücken- mark noch soweit untereinander überein, daß sich die Verhältnisse leicht aufeinander beziehen lassen. 3* 36 Die Entwickhing des Zentralnervensystems. Als Ausg-angspimkt wähle ich den trefflich erhaltenen Embryo Br 3 (von 6.9 mm M.), den ich schon bei früheren Arbeiten mehr oder minder ein- gehend besprochen habe. ^) Das Eaiitenhirn ist vorwiegend quer geschnitten, das im Bogen verlaufende Rückenmark teils quer oder schräg, teils geradezu frontal. Die verschiedenen Schnittbilder ergänzen sich somit in erwünschter Weise. Das Markrohr ist bei Br 3 im Rückenmarksteil stellenweise auf- gerissen, im übrigen aber, und so auch im gesamten Gehirnteil geschlossen. Im caudalen Stumpf hat es den Charakter eines einfachen Epithelrohres von annähernd zylindrischem Querschnitt. Abgesehen hiervon und von be- stimmten Strecken der Deck- und der Bodenplatte hat sich schon überall ein durchbrochenes Markgerüst mit schmalem Randschleier ausgebildet. Auch ist in den neuralen Abschnitten des Rohres mit Ausnahme des Vorderhirns und des caudalen Endstumpfes die Sonderung der Mantelschicht und ihrer motorischen Kerne schon überall eingeleitet. Letztere bedingen da, wo sie auftreten, lokale in die Innenplatte einschneidende Verdickungen der Mantel- schicht. Als Überblick über die absolute und die relative Dicke der Schichten teile ich im nachfolgenden einige Maße mit. Allzugenau sind solche Mes- sungen ja nicht ausführbar, doch lassen sich bei angemessener Kritik Zahlen erhalten, die untereinander wohl vergleichbar sind. Im allgemeinen habe ich die mittleren Dickenwerte bestimmt, und da, wo die Röhrenwand sich verjüngte, wie bei Annäherung an die Deckplatte und die Bodenplatte, die Messung unterlassen. Schnitt- nurumer Maße in u Doi Gesamt- •sale Häl Mautel- fte Kand- Yen Gesamt- trale Hä Mantel- Ifte Eand- dicke schicht schleier dicke scliicht sciileier 103 unteres Thoracalmark 125 16 11 140 70 18 ISO A^erl. Mark, unteres Ende (Hypogl.) 165 20 12 190 60 20 160 „ „ Höhe des Vaguseiutritts 175 22 10 200 70 22 US „ Glossopharyng. 175 25 15 185 60 20 136 „ „ „ der Gehörblase . 140 20 10 175 62 16 120 „ „ „ des Acusticofac. . 160 20 10 170 60 18 98 Rautenhirn, Trigeminuseintritt . . 115 8 9 160 48 18 62 Isthmus 130 25 14 130 25 15 40 Mittelhirn 122 130 10 20 20 140 25 20 40 Thalamus, seitlich 65 Hypothalamus — — — 115 — 15 40 Hemisphärenmantel, seitlich . . . 110 — 10 — — — ^) Das Nervensystem vom Embryo Br 3 findet sich besprochen und teilweise ab- gebildet in den beiden Aufsätzen: 1886 Zur Geschichte des menschhchen Rückenmarks und der Nervenwurzeln. Abh. der k. s. Ges. d. Wiss. , math.-phys. Klasse Bd. XIII 1S86. No. VI S. 482 ff. und Taf. Fig. 1 u. Zur Geschichte des Gehirns, sowie der zen- tralen -und peripherischen Nervenbahnen beim menschlichen Embryo ebendas. Bd. XIV 1888. No. VII Taf. II Fig. 4. Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 37 Mittel der sechs Schnitte durch das Kautenhirn, ohne den Isthmus Gesamtmittel, wobei der Mittelwert des Kautenhirns einfach ein- gesetzt ist 165 130 19 12 11 13 [80 141 60 36 19 17 Die wesentlichsten Ergebnisse der Vergleicliung sind folgende: Die Gesamtdicke der neuralen Markwand schwankt zurzeit noch in verhältnis- mäßig engen Grenzen. Die maximalen Dickenwerte (200 fi) fallen in den unteren Abschnitt des verlängerten Markes, die minimalen (110 /i) in die Großhirnhemisphären. Im Rückenmark, im Rauten- und im Mittelhirn ist die ventrale Hälfte des Rohres der dorsalen voraus, es äußert sich dies nicht nur in der Gesamtdicke, sondern auch in der Dicke des Randschleiers ^) und besonders in der der Mantelschicht. Letztere erreicht ihre stärkste Entwicklung tiberall da, wo es zur Sonderung motorischer Kerne gekommen ist. Mit dem Aufhören der motorischen Kerne im Mittelhirn hört auch die Ablösung einer ausgiebigen Mantelschicht auf. Nur unbedeutende Fort- setzungen sind längs der unteren Grenze des Thalamushirns zu verfolgen. Das Rautenhirn ist überhaupt am weitesten fortgeschritten, daher seine Mittelwerte nicht nur das Gesamtmittel des Markrohrs, sondern auch die Einzelwerte der übrigen Gehirnteile und großenteils auch die des Rücken- marks überschreiten. Eigentümlich ist die Stellung des Isthmus; in diesem, seine motorischen Nerven dorsalwärts entsendenden Abschnitt des Hirn- rohres ist der Gegensatz zwischen dorsaler und ventraler Hälfte so gut wie gar nicht ausgesprochen, es finden sich selbst Stellen, wo die dorsale Mantel- schicht etwas breiter ist, als die ventrale. Das Vorderhirn ist noch in allen seinen Teilen im Rückstand, am meisten das Hemisphärenhirn. Eine ver- hältnismäßig starke Verdickung zeigt die Wand schon jetzt beim Übergang vom Zwischenhirn zur Hemisphäre. Auf diese, sowie auf die übrigen Dickenschwankungen im Bereich des Vorderhirns werde ich nachher zurück- kommen. Rückenmark. Abgesehen von den motorischen, in der ventralen Hälfte des Markrohres gelegenen Kernen, besteht die Mantelschicht in dieser frühen Periode überwiegend aus bogenförmig angeordneten Neuroblasten und deren Fortsätzen. Bogenzellen und Bogenfasern bilden anfangs eine dünne, nur ^) Es ist möglich, daß die absoluten Werte für den Randschleier in obiger Tabelle für Br 3 etwas zu gering sind, da sich die Markoberfläche meistenteils von der Limitans meningea abgelöst hat. Bei Embryo T ist der Zusammenhang noch durchweg erhalten (Fig. 7 u. Fig. 12). 38 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. wenige Zellen breite Schicht, eine F o r m a t i o a r c u a t a , die nach einwärts vom zellenfreien Randschleier liegend, das Rückenmark umgreift. Die Bogen- schicht entstammt vorzugsweise den Neuroblasten der dorsalen Markhälfte. Ihre Fasern verlaufen ventralwärts und sie durchsetzen und umgreifen die motorischen Kerne. Ein Teil derselben erreicht die Mittelebene und kreuzt sich hier mit den Fasern der andern Seite. Die also zustande kommende vordere Kommissur tritt auch an Frontalschnitten sehr ausgeprägt hervor, und an solchen Schnitten sieht man die parallel gestellten Faserzüge seitlich aus Bündeln hervorgehen, die durch Gefäße in einzelne Streifen zer- legt, neben der Kernsäule quer oder schräg abgeschnitten endigen (Fig. 17). Die Frontalschnitte geben auch gute An- schauungen von den bereits ziemlich kräftigen Faserbündeln der Vorderstränge und von der teilweisen Umbiegung von Kommissurenfasern in dieselben. Die Commissura anterior bildet die eine Quelle der Vorderstrangbündel , eine andere Quelle ist in ungekreuzt bleibenden Bogenfasern zu suchen sowie in Fasern, die aus schräg- oder längsgestellten Neuroblasten hervorgehen. Die Menge der letzteren ist jedenfalls noch unbeträcht- lich. An Frontalschnitten finden sie sich vereinzelt hinter den motorischen Kernen. Die motorischen Kerne zeigen sowohl im Querschnitt als im Frontalschnitt ein sehr charakteristisches Aussehen. Wie dies schon meine älteren Zeichnungen (1886) wiedergeben, so sieht man an Querschnitten Faserbündel aus der ge- samten vordem Markhälfte konvergierend der Oberfläche zustreben, die sie, in Bündel gesammelt, durchbrechen. An Frontalschnitten (Fig. 18, S. 39) drängen sich die Fasern im innern Mantel- gebiet in parallelem Verlauf zwischen den zahlreichen langgestreckten Kernen durch, dann sammeln sie sich wiederum zu kleinen Bündeln, deren jedes an die 10 — 15 Fasern umfassen mag, und die in Abständen von etwa 20 fx das Mark verlassen. Solange die Faserzüge parallel zueinander ver- laufen, stehen auch die Kerne, sowohl der Spongio- als der Neuroblasten unter sich parallel, d. h. senkrecht zur Oberfläche; da, wo die Bündel sich zu sammeln beginnen, finden sich querdurchschnittene (kreisrunde) Kerne, d. h. Kerne von Bogenfasern. Weiter nach einwärts finden sich Fig. 17. Frontalschnitt durch das Eücken- mark von Embryo Br 3. Vorderstrang und vordere Kommissur. Die Fasern der letzteren endigen zum Teil abgeschnitten , zum Teil gehen sie in die Längsbündel des Vorder- stranges über. Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 39 auch Neuroblasten 7 deren Fasern bogenförmig in den benachbarten Längs- strang übergehen. Die Hauptmasse der Längsbündel liegt als Anlage des Vorder- stranges vor dem vorderen. Wurzeln, im Winkel zwischen dem ventralen Ende der motorischen Kerne und dem Beginn der Bodenplatte. Andere Läno-sfasernbündel durchkreuzen sich mit den den Randschleier durchsetzen- Fig. 18. Froutalschnitt des Rückenmarkes von Embryo Br 3. Motorische "Wurzelbündel innerhalb und außerhalb des Markes. (Zu Seite 38.) den motorischen Wurzeln, und endlich liegt ein Teil noch hinter den Wurzeln im Gebiet des vordem Seiten sträng es. Von da ab folgt eine breite Strecke, deren Randschleier keine Fasern enthält. Diese Strecke wird nur unterbrochen durch das zurzeit noch sehr dünne, aus den eintretenden sen- sibeln Wurzeln gebildete H i n t e r s t r a n g b ü n d e 1. Dieses liegt dicht unter der Oberfläche aber noch im Randschleier, dessen Bälkcheu hier auseinander- getrieben erscheinen. Ich habe versucht, durch Messungen und durch Fasernzählung über das Hinterstrangbündel etwas bestimmtere Unterlagen zu gewinnen. Zu dem 40 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. Fig. 19. Prismenzeichnung des Hinterstrang- querschnittes am Embryo Br 3. Gerüst mit den eingelagerten Faserquerschnitten, links drei zum Gerüst gehörige Kerne. Zweck habe ich bei starker (1 000 f acher) VergTößerimg Prismenzeichniingen auf- genommen (Fig".> 19). Am Rückenmark von Br 3 zeichnet sich der Hinterstrang' als helles Feld ab, innerhalb dessen die Faserquerschnitte als dunkle Punkte zerstreut liegen. Die letzteren sind deutlich genug, um gezeichnet und in der Zeichnung gezählt werden zu können. Im Bereiche des untern Thoracal- markes beträgt an den senkrecht zur Achse geführten Schnitten: Der Flächeninhalt eines Hinter- stranges mit dem Planimeter gemessen rund 500 Hjli, die Zahl der unter scheidbaren Faserquerschnitte 80 bis 90. Kleine Fehler sind möglich, ich glaube aber nicht, daß sie 10 % überschreiten. Bei Embryo N von 10.9 mm Nl ergibt sich im untern Thoracalmark : \ '-^ % «'. ^ Fig. 20. Frontalschnitt aus dem Eückenmark von Embryo Br 3. Hinterstrang und Eintritt hinterer Wiirzelfasern, Auseinanderweichen der letzteren. (Zu Seite 41.) Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 41 Der Flächeninlialt eines Hinterstranges nmcl 12 000 [U/i, im oberen Tlioraealmark bestimme ich denselben Wert auf 22 500 D/x. In gleicher Höhe ist also von B 3 zu N; d. h. im Verlauf der fünften Woche, der Querschnitt auf das 24 fache gestiegen. Dabei zeigt sich bereits sehr ausgesprochen die Zunahme der Hinterstränge von unten nach auf- wärts. Die Zahl der Fa- sern läßt sich bei N an- nähernd schätzen. Diese liegen nämlich hier minde- stens so dicht, eher noch dichter als bei Br 3. Ihre Zahl muß somit beim un- teren der beiden gemesse- nen Schnitte mindestens 2000, beim oberen gegen 4000 betragen. An frontal getroffe- nen Schnitten von Br 3 ist direkt zu beobachten, wie die sensibeln Wurzel- fasern bei ihrem Eintritt ins Mark nach oben und nach abwärts umbiegen und den Hinterstrang- bündeln sich anlagern (Fig. 20, S. 40). Noch sind die Wurzelfasern im Auswachsen begriffen, und nach den anderwei- tigen Erfahrungen über diesen Vorgang ist an- zunehmen, daß sie erst auf verhältnismäßig kurze Strecken angelegt sind Fig. 21. Aus eineiii Spinalganglion am Embryo X. Die freiliegende Zelle zeigt in ihrem oberen Ansatzkegel die im Innern vorhandenen fibrillären Streifen. (Photogramm ohne jegliche Eetouche.) (Zu Seite 42.) Es ist demnach anzu- nehmen, daß sich das Hinterstrangbündel in jeder gegebenen Höhe erst aus wenigen benachbarten Wurzelbttndeln zusammensetzt. Für die Beobachtung der Spinalganglien erweist sieh der vorhin er- wähnte Embryo N als besonders günstig (Fig. 15, S. 31). Die Zellen bilden langgezogene Gruppen, deren jede einem kleinen Faserbündel entspricht, und die weite Spalträume zwischen sich frei lassen. Die Faserbündel sammeln sich einerseits zu zentralen, anderseits zu peripheren Stämmchen. Erstere erreichen den ventralen Rand des nunmehr ansehnlich gewordenen 42 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. Hinterstranges und strahlen unter pinselförmiger Ausbreitung in ihn ein. Die ventral gelegenen Wurzelbtindel stoßen am ventralen Ende des Ganglions auf die motorischen Faserzüge, mit denen sie • sich vermengen. Gleich jenseits von der Vereiniguugsstelle spaltet sich der Eamus dorsalis vom Eamus ventralis ab. Da, wo die Spinalganglienzellen isoliert hervortreten, zeigen sie die bekannte Spindelform mit seitlich gelagertem Kern. Ver- mittels eines breit beginnenden Konus gehen sie in die schmalen Endfasern über, die man in gestrecktem oder leicht wellenförmigem Verlauf oft weit- hin verfolgen kann. Der Ansatzkonus läßt in seinem Innern eine Anzahl fibrillärer Streifen erkennen , die eine Strecke weit noch in die Faser hinein verfolgbar sind. Mit der An- näherung an den Kern weichen sie auseinander, indem sie ihn umfassen. Bei dem zur Illustra- tion dieses Verhaltens mitgeteilten Photogramme (Fig. 21, S. 41) ist absichtlich jegliche Retouche vermieden worden. Fig. 22 zeigt eine iso- liert liegende Zelle mit zwei langen Nerven- fortsätzen. Die Neuroblasten und Faserbahnen des Gehirns bei Br 3. Das allgemeine Schema des Rückenmarkbaues kehrt beim Rau- 'tenhirn wieder, insofern auch hier die ventrale Hälfte motorische Kerne liefert und die dorsale Hälfte sensible Wurzeln aufnimmt, und als auch hier ein System von Bogenfasern aus der dorsalen in die ventrale Markhälfte übertritt. Immerhin finden sich eine Reihe von Besonder- heiten: die motorischen Kerne bilden keine fortlaufenden Reihen mehr, und sie zerfallen in zwei nebeneinander herlaufende Gruppen, die der Seiteuhorn- und der Vorderhornkerne, deren Wurzelfasern in zwei weit auseiuanderliegenden Zeilen das Mark ver- lassen. Spezifische Eigentümlichkeiten bieten der Verlauf des N. facialis und der des N. trochlearis, von denen jener auf einem winkligen Umweg die Oberfläche erreicht, während dieser als einziger von allen Körpernerven zur Decke des Markrohres emporsteigt und hier mit dem der andern Seite sich kreuzt. Die sensibeln Wurzelfasern lagern sich auch dem Rauten- hirn anfangs nur oberflächlich an, aber sie sammeln sich nicht zu einem einheitlichen Strang, wie im Rückenmark. Es bildet sich einesteils der Tractus solitarius, in den, außer Fasern des Vagus und Glossopharyngeus, noch solche des N. intermedius und des vestibiilaris eintreten, andernteils entsteht als gesondertes Hinterstrangbündel die Wurzel des N. trigeminus. Fig. 22. Spinalganglienzelle mit zwei langen Kervenfortsätzen (überzeiohnei). Das Markrohr und seine histolo2:ische Entwickluntr. 43 Alle in das Raiitenliirn eintretenden Fasei'zttge sind auf der Stufe vom Br 3 nocli sehr kurz.^) In Fig. 23 habe ich versucht, die Verteilung- und Anordnung der Neuro- blasten im Gehirn von Br 3 übersichtlich zusammenzustellen. Gleich wie das Rückenmark, so enthält auch das Rautenliirn in seiner dorsalen Hälfte ventralwärts gekehrte Neuroblasten , die im allgemeinen in kurze Bogen- fasern auslaufen. Ihre Menge ist noch unbeträchtlich, und sie verlieren sich am Übergang vom Isthmus zum Mittelhirn. In der ventralen Mark- hälfte sind die Neuroblasten viel reichlicher angehäuft, und in ununter- Fig. 23. Gehimprofil von Embryo Br 3 mit eingezeieliueteu Neuroblasteii. Konstruktionsbild. brochener Reihenfolge erstrecken sie sich bis zum Hypothalamus. Für ihre Anordnung läßt sich keine durchgreifende Regel aufstellen, wenn sich auch nicht verkennen läßt, daß ein dorsal- oder ventrahvärts gerichteter bogen- förmigen Verlauf der Fortsätze das vorwaltende Vorkommnis ist. Eine Commissura basalis findet sich von der Nackenbeuge ab bis in die Höhe des Trigeminusaustrittes. Sie ist nirgends sehr stark und wechselt etwas in ihrer Mächtigkeit. Im obern, der Sattelspalte zugekehrten Teil des Rautenhirns ist die Kommissur durch wenige Querfasern vertreten und auch diese Spuren verlieren sich noch vor Erreichung des Isthmus. ^) Ich verweise hier auf meinen Aufsatz vom Jahre ISSS: Gehirns" und auf die darin mitgeteilten Zeiclmungen. ,Zur Geschichte des 44 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. In letzterem, sowie in der Mittelliirnbasis finden sich keinerlei Kommissiiren- fasern. Ein großer Teil der Neuroblasten des ventralen Rantenhirns sind Wurzelzellen. Von der Rüekenmarksg-renze ab ^ bis in die Nähe der Gehör- blase folgen sich die Wurzelbtindel der ventral austretenden Hypoglossus- reihe und der dorsolateral gelegenen Reihe vom Accessorius, motorischen Vagus und Glossopharyngeus. Ihnen entsprechen die zugehörigen Nerven- kerne, von denen der des Hypoglossus stellenweise schon recht ansehnlich yim Fig. 24. Medulla oblongata vom Embryo Br 3. Man sieht daran die beiden Hj-poglossuskerne mit den ab- gehenden Wurzelfasern. Kechts sind auch einige Fasern vom Accessorius, sowie der Accessoriusliern zu er- kennen. Die an mehreren Stellen sichtbaren dunkeln Spitzen gehören Gefäßanlageu an. erscheint (Fig. 24). Der Hypoglossuskern wird von kräftigen Zügen von Bogenfasern durchsetzt und umgriffen, die medialwärts in die vordere Kommissur eintreten. Sie entstammen Neuroblasten der ventralen Mark- hälfte, die zum Teil verschränkt mit den Hypoglossuszellen liegen. Dorsal- wärts vom Hypoglossuskern folgen Zellen, die ihre Fasern an die Accesso- riusreihe abgeben. Auch diese haben, bevor sie zur Oberfläche umbiegen, den Charakter von Bogenfasern. Über der Austrittsstelle der Accessoriusfasern liegt der Markoberfläche ein Längsbündel an, in das der N. vagus und N. glossopharyngeus mit Das Markrohr und seine histologische Entwicklung 45 ihren sensibeln Fasern eintreten. Es ist dies der zu der Zeit noch völlig: oberflächlich a-elae-erte Tractus solitarius. Fig. 26, S. 46; zeigt den Tractus solitarius mit den eintretenden Vagusfasern vom Embryo Br 3; auch aus- tretende Accessoriusbündel sind an dem Schnitt sichtbar. Ich schicke der Figur ein Dürchschnittsbild vom Embryo Ko (10.2 mm) voraus, an dem außer den Vagus- und Accessoriusbündeln und dem großen Vagusganglion auch austretende Hypoglossuswurzeln zu sehen sind (Fig. 25). Fig. 25. Ganglion und sensible AVurzeln des N. Vagus. Tractus solitarius, Accessoriuskern und Wurzeln, HypoglossusTvurzeln. Embryo Ko. Mit der Annäherung an die Gehörblase wird das Bild ein andres. In der ventralen Markhälfte erscheinen nun reichliehe, ventralwärts sich zu- spitzende Neuroblasten. Ihre Fasern treten großenteils in die inneren Lagen der Mantelschicht und charakterisieren sich als Wurzel des N. facialis. Der Facialiskern reicht bis über den rostralen Rand der Gehörblase hinaus, dann folgt dicht unter der Oberfläche der ziemlich kompakte Abducenskern und jenseits davon das breite Bündel des austretenden N. facialis. Von den mitgeteilten Schnitten zeigt Fig. 27, S. 47, die Gehörblase, Fig. 28, S. 48, das dreigeteilte Ganglion acusticofaeiale und den austretenden 46 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. N. facialis. Ein kleiner Einriß trennt die Übergangsstelle der Facialis- und Aciisticuswurzeln vom übrigen Markrohr. Bei Fig. 27 ist auch der *^ Ss^^avf ^"- ■" ' Vs,' - ' '■i-i' i „' . * r '^ j "*.- ^ ' '^^' ' *S Fig. 26. Eintritt sensibler Glossopliarj'ugeusfaseru in den Tractus solitarius, links Austritt motorischer Fasern der Accessoriusreihe aus dem Mark, Embryo Br 3. Der Hypoglossuskern ist jederseits als gesonderte Masse der Mantelschicht erkennbar, aber es liegen keine austretenden Wurzelfaseru im Schnitte. (Zu Seite 45.) kleine dreieckige Nervenkern zu sehen, den mein Sohn ^) an diesem Präparat aufgefunden hat, und dessen Fasern er in den Facialisstamm verfolgen ') W. His jun., Entwicklungsgeschichte des Acustieo-Facialisgebietes in His und Braunes Archiv. 1889 Suppl. S. 7. Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 47 konnte. Das Verhalten dieses kleinen Kernes auf spätem Stufen bedarf noch der Aufklärnnff. Fig. 27. Gehörblasen und Eautenhii-n Tom Embryo Br 3. Die Fasern des Faeialiskernes verlaufen in der Mehrzahl medialwärts. Ein accessorischer kleiner Kern entsendet seine Fasern in der Eichtung nach der Oberfläche. (Zu Seite 45 u. 4G.) In diesem frühen Stadium bietet der Facialiskern noch wenig spezi- fische Eigentümlichkeiten. Medial gerichtete , der ventralen Markhälfte an- gehörige Neiiroblasten finden sich auch in höher nnd in tiefer gelegenen Distrikten des Rantenhirns, mit dem Unterschied allerdings, daß sie nirgends 48 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. sonst zu einem gesonderten, das Mark verlassenden Bündel zusammentreten. Auch die Strecke zwischen dem Facialisaustritt und dem motorischen Haupt- kern des Trig-eminus enthält Neurohlasten mit Bogenfasern. Ein Teil der letzteren ist bis zur basalen Kommissur zu verfolgen, andere scheinen in Längsbündel umzubiegen. Dazwischen finden sich auch einzelne rückläufige Ncuroblasten. Der motorische Hauptkern des Trigeminus tritt dadurch sehr deutlich in Erscheinung, daß seine Zellen gegen die Markoberfläche andrängen und Fig. 28. Eauteuhirn und Ganglion acustico-faciale von Embryo Br 3. Im Rautenhirn sieht man stellenweise dig zur Austrittsstelle emporsteigenden Facialisfasern , außerdem aber auch mediahvärts gerichtete Fasern. Die unweit von der Mittelebene gelegenen , radiär gerichteten Fasern gehören dem N. abducens an. Im Ganglienkomplex liegt das großzellige G. geniculi am meisten ventralwärts, und es schiebt sieh eine Strecke weit zwischen das G. Cochleae und G. vestibuli ein. Die Anschlußstelle der Nervenwurzeln an das Mark ist etwas eingerissen. (Zu Seite 45.) diese nach Art eines Keiles gegen das GASSEEsche Ganglion vorschieben (Fig. 29, S. 49). Aus der Kante des Keiles tritt das dichte Büschel von Wurzelfasern hervor, das sich weiterhin als Portio minor Trigemini der medialen Ganglienfläche dicht anschmiegt. Der motorische Trigeminuskern erweist sich als ein Seitenhornkern, die große Mehrzahl seiner Zellen liegen indessen medialwärts von der Austrittsstelle. Die Zellen der Vorderhorn- Das Markrohr und seine histologische Entwickhmo;. 49 zoue entsenden ihre Fasern teilweise medialwärts. Viele derselben sind scliräg- angeschnitten und daher nicht weiter verfolgbar. Lateralwärts vom motorischen Trigeminuskern liegt als flaches, querdurchschnittenes Bündel der Tractus Trigemini, in den man vom Ganglion Gasseri aus Faserztige eintreten sieht (Fig. 30, S. 50;. Die Strecke zwischen dem Trigeminusaustritt und dem Beginn des Isthmus bietet keine einfachen, eindeutigen Bilder. Eine basale Kommissur •Fig. 29. Embryo Br 3. Motorischer Hauptkern des N. trigemiuus mit der Portio minor, dem Ganglion Gaßeri und den aus diesem ins Mark eintretenden sensiblen Wurzelfasern. (Zu Seite 48.) findet sich kaum andeutungsweise. Die ventrale Mantelsehicht ist im all- gemeinen ziemlich breit, aber ihre Kerne und Zellen liegen anscheinend regellos durcheinander. Es ist mir wahrscheinlich, daß ein Teil der Zellen der absteigenden Trigeminuswurzel angehört, aber eine scharfe Sonderung dieser Anlage vermag ich nicht durchzuführen. Mit der Annäherung an den Isthmus wird das Querschnittbild wieder regelmäßiger, dorsale und ventrale Hälfte zeigen wieder basalwärts gerichtete Xeuroblasten und Bogen- fasern. Der Isthmus charakterisiert sich, abgesehen von seiner geringen Weite und seiner Abplattung, durch seine Beziehungen zum X. trochlearis (Fig. 31, His, Die Ent^yicklung d. niensehl. Gehirns. 4 50 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. S. 51). Die Bündel dieses Nerven verlaufen nach einwärts vom Eandschleier und teilweise nach einwärts von der dorsalen Mantelschicht. Die Zellen der letzteren zeigen, insoweit sie nicht schräg- getröffen sind, ventrale Fortsätze. Auf die Frage, ob der N. trochlearis aus einem Seitenhorn- oder einem Vorderhornkern komme, möchte ich nicht zuviel Gewicht legen. Die Zellen- gruppen, denen seine Fasern entstammen, liegen zum Teil in den Seiten- abschnitten, zum Teil in den basalen Strecken der Mantelschicht. ^J Beim Übergang zum Mittelhirn verbreitert sich das Markrohr, besonders an seiner Basis und nun sammeln sich aus der ziemlich breiten Querzone Fig. 30. Anderer Schuitt aus derselben Gegend, etwas stärker vergrößert. (Zu Seite 49.) nebeneinander liegende Oculomotoriusbtindel. Der N. oculomotorius ist ein ausgesprochener Vorderhornkern (Fig. 32, S. 52). Der Seitenhornanteil der Mantelschicht beteiligt sich an der Biklung von ventralwärts gerichteten Die Decke des Mittelhirns ist in ihrer Entwicklung wenig Bogenfasern ^) Max FüRBRiisrGBR, Morphologische Streitfragen Morphol. Jahrb. XXX 1902 S. 105, spricht denselben Gedanken aus, daß im Bezirk des Trochlearis- und des Oculomotorius- kernes die medial -motorische itnd die lateral - motorische Nervenreihe nicht so scharf ausgesprochen sei, wie im übrigen Hauptteile des Kopfes und im Eumpfe. In diesem Punkte nähern sich unsre Auffassungen, in andrer Hinsicht stehen wir auf völlig ver- schiedenem Boden. Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 51 fortgeschritten. Einige zerstreut liegende Bogenfasern finden sich in der an den Isthmus stoßenden Strecke, * -» Fig. 3t. Embryo Br 3, Isthmus, beiderseits siebt man eine Strecke weit dem Trocbleariskern und die dorsal- wärts emporsteigenden Troehleariswurzeln. (Zu Seite 49.) Auch in der Decke des Zwischenhirns sind kaum Spuren einer neuro- blastenführenden Mantelschicht vorhanden. Die Hemisphären sind davon völlig frei. Dagegen erstreckt sich eine fortlaufende Kette von Xeuroblasteu 52 Die Entwicklung des Zentralnervensystems. mit mediülarwärts gerichteten Fortsätzen längs der Grenzen des Hypotha- lamus von der Gegend des Augenblasenstieles ab bis zum Beginn des Mittel- hirns. Einige Zellen kommen aus dem Eingang zum Recessus mamillaris und einige zerstreut liegende Bogenfasern kommen vom hinteren Rande des Thalamus herab. Im aligemeinen konvergieren die aus diesen verschiedenen Bezirken kommenden Fasern gegen die Basis des Mittelhirns. Querschnitte Fig. 3"2. Querschnitt durch das ilittelhiru vom Embryo Hv d. Man sieht die Neuroblasten des Oculomotorius- kerns als feine birnförmige Körperchen beiderseits mit zur Oberfläche strebenden Spitzen. (Zu Seite 50.) durch das letztere zeigen anfangs mehr zerstreut liegende Faserdurchschnitte. Weiterhin aber treten im Seitenteil des Mittelhirnbodens einige scharf um- schriebene rundliche Bündelchen auf. Sie liegen anfangs sehr oberflächlich dem Randschleier eingefügt, beim Übergang auf den Isthmus rücken sie mehr seitwärts und drängen sich dichter an die zellenführende Schicht heran, zwischen deren Elementen sie sich schließlich verlieren. Diese Bündelchen sind die ersten im Gehirn etwas geschlossen auftretenden Bildungen, ihrer Lage nach sind sie dem System der sogenannten hinteren Längsbündel (Fase, longitudinales mediales BNA) zuzuteilen. Im übrigen Das Markrohr und seine histologische Entwicklung. 53 finden sich im ßandschleier und nach einwärts davon durch den gesamten ventralen Markbezirk hindurch bis zum Rückenmark hinab zerstreute Längs- fasern. Hier schließen sie sich den Faserzügen des Vorderstranges und des Vorderseitenstranges an. Ihre Menge wechselt in den verschiedenen Höhen, was darauf hinweist, daß es sich um Komplexe von kurzen Bahnen handelt. ^) Fassen wir die Entwicklungsvorgänge bis zum Schluß des ersten Monats nochmals zusammen, so ergibt sich, daß die Differenzierung der verschie- denen Strecken des Markrohres sich eingeleitet hat , aber noch in ihren ersten Anfängen sich befindet. Der maßgebende Grundvorgang ist die Sonderung einer neuroblastenhaltigen Mantelschicht. Diese tritt zuerst in der ventralen Hälfte der Röhrenwand auf, und hier kommt es zur Bildung der motorischen Kerne mit ihren mehr oder minder ausgeprägten Eigentüm- lichkeiten. Die Mantelschicht der dorsalen Markhälfte des Rückenmarkes, des Rautenhirns und teilweise die des Mittelhirns ist anfangs noch dünn, und sie liefert Bogenfasern, die im ventralwärts gerichteten Verlauf teilweise die Mittellinien tiberschreiten, teils in die Vorder- und Seitenstranggebiete derselben Seite umbiegen. An der Bildung von Bogenfasern ist übrigens die ventrale Röhrenwand mit beteiligt, deren Neuroblasten nur zum Teil Wurzelfasern liefern. Im dorsalen Teil des Vorderhirns ist es noch nicht zur Bildung von Bogenfasern gekommen, dagegen beginnen in dessen basaler Strecke Längsfaserztige mit spinalwärts gerichtetem Verlaufe auf- zutreten. 1) Nach Flechsig entwickeln sich die Markscheiden unter allen Faserzügen des Gehirns zuerst an den hintern Längsbündeln (gegen die Mitte des Fötallebens). Er bezeichnet die hintern Längsbündel als kurze Bahnen, die mit den Vorderstranggrund- bündeln in Verbindung stehen und legt besonderes Gewicht auf ihre Beziehungen zu den Augenmuskelkernen. (P. Flechsig, Plan des menschl. Gehirns 1S83 S. 27 u. 28.) Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. Die erste morphologische Entwicklung des Hemisphärenhirns. Obwohl ich die Formeiitwickluiig des menschlicben Vorderhirns während der Zeit des zweiten Monats schon in meinem Aufsatz vom Jahre 1889 ausführlich besprochen habe, komme ich hier auf den Gegenstand zurück. Ich habe das schwierige Kapitel nochmals von Grund aus darchgearbeitet und auch mein Material nach vor- und nach rückwärts zu erweitern ver- mocht. So hoffe ich denn, daß die nunmehrige Darstellung, trotz unver- meidlicher Wiederholungen von früher Gesagtem, zur Klärung der Verhält- nisse Neues beitragen wird. Die Abgliederung und früheste Gestaltung der Hemisphären. Die Hemisphärenanlage scheidet sich vom übrigen Vorderhirn so früh, als dieses nebst den Augenblasen überhaupt angelegt ist und noch vor Vollendung des Gehirnschlusses (Fig. 2, S. 10). Sie bildet jederseits eine konvexe. Vorwölbung, die die Augenblase rostral- und scheitelwärts über- ragt, und sie setzt sich von dieser durch eine seicht einspringende Furche ab. Diese Furche, die Stielfurche, geht scheitelwärts auf die Decke des Gehirnrohres über und trifft in der Mittellinie mit der der anderen Seite zusammen. Ihr unteres Ende verliert sich breit auslaufend in der rostralen Schluß wand des Gehirnrohres; der Augenblasenstiel , vor dem sie ausläuft, gehört noch zum Telencephalon. Ich finde die Stielfurche schon bei den jüngsten von mir geschnittenen menschlichen Gehirnen, bei Lg (2.95 mm) bei Kf'-) und bei dem 14 Tage alten, vorzüglich erhaltenen Embryo EB (3.2 mm).^) Gemäß der Schrägstellung der Augenblasen, beginnt die Henii- 1) Abhandl. der k. s. Ges. d. Wiss., math.-phys. Kl. 1889 Bd. XV S. 675 ff. -) Anat. meBSchl. Embr. III Taf. IX und Aufsatz über die Formentwicklung des menschl. Vorderhirns. Ich verweise überdies auf meinen Aufsatz : Zur allg. Morphologie des Gehirns, His' Archiv 1SÜ2 S. 346 ff. und speziell auch auf meine, durch Herrn F. Ziegler in Freiburg i. B. herausgegebenen Gehirnmodelle. Die erste morphologische Entwicklung des Hemisphärenhirns. 55 sphärenanlage in ihrem basalen Abschnitt schmal; und sie verbreitert sich nach der Decke zu. Sie hat demnach eine etwas retortenförmige Gestalt, der Hals der Retorte entspricht dem späteren Riechhirn. An der Innenfläche des Vorderhirnrohres erscheint das Gegenbild der Außenfläche: Der außen vorgewölbten Stelle entspricht innen eine ge- rundete Ausbuchtung , der äußeren Furche eine innere flach vorgewölbte Leiste von dreieckiger Grundform. Es sind dies noch einfache For- men, aber sie sind für die nachfolgende Gliederung von entscheidender Bedeutung. Die dreieckige, vor dem Zugang zur Augenblase liegende Leiste ist die erste Anlage des Streifenhügels, die dar- über befindliche Ausbuchtung bezeichnet den Ort des Pal- liums (Fig. 33). Die Streifen- hügelleiste läuft im Gebiet des Riechhirns aus. Der noch un- verschlossene Teil des Neuro- porus liegt ziemlich hoch, auf der Grenze der Gebiete von Rhinencephalon und Pallium. Vom Boden des Recessus opticus ab bis zur Zwischen- hirngrenze hängen die zwei Hemisphärenhälften unmittel- bar zusammen ohne Andeu- tungen einer Zweiteilung. Die hintere Grenze der Hemisphä- ren zerfällt in einen oberen und einen unteren Abschnitt. Ersterer trennt das Pallium vom späteren Sehhügel, die untere Grenzhälfte liegt hinter der Anlage des Streifenhügels und fällt in dieser frühen Zeit noch in die Vorderwand der Augenblase. Später, wenn die Abschnürung der Augenblase weiter fortgeschritten ist, hängt der Streifenhügel auch seinerseits eine Strecke weit mit dem Sehhügel zu- sammen, und weiter basalwärts liegt er vor dem Hypothalamus, bez. vor dem Recessus opticus. Wir haben somit von frühester Zeit ab und durch Fig. 33. Plattenmodell des Gehirns vom Embryo EB, innere Oberfläche. Man erkennt die flache , der Hemisphären- höhlung entsprechende Vertiefung und die Anlage des Streifeuhügels. Letzterer erscheint an der Figur als drei- eckiges helles Feld, das nach rückwärts den Eand des noch weit klaffenden Augenblasenzuganges bildet. Kach oben setzt es "sich von der Höhlung des Pallium ab, und es er- reicht mit seiner vordem obern Kante den Neuroporus. 56 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. alle folgenden Perioden folgende vier Grenzsäume des Hemisphärenhirns (Fig. 34 n. 35): 1) Rhinencephalon mit Rhineneephalon und Palliimi mit Pallimn Margo reuniens. 2) Pallium mit Thalamus „ thalamicus. 3) Corpus striatum mit Thalamus „ peduncularis. 4) Corpus striatum mit Hypothalamus ,, hypothalamicus. Die vier Ränder zeigen in der Folge sehr verschiedene Schicksale: 1 und 2 gelangen nach dem Auftreten der medianen Sichelspalte und nach Fig. 3-1. Innenfläctie des Vorclerhirns von Embryo Br 3. Die Figur ist linear gehalten und soll die Ver- bindungen der Hemisphären erläutern. P.Pallium, C.s. Corpus striatum, 77i. Thalamus, iZp^/t. Hypothalamus, 2Ih. Mittelhirn, /. Isthmus. 1) Margo reuniens (Rhinencephalon mit Rhinencephalon und Pallium mit Pallium) 2) ,, thalamicus (Pallium mit Thalamus) 3) ,, peduncularis (Corpus striatum mit Thalamus) 4) ,, hypothalamicus (Corpus striatum mit Hypothalamus). der dadurch bedingten Scheidung der beiden medialen Hemisphärenwan- dungen an den Grund dieser Spalte, und sie bewahren einen ependymalen Charakter. Aus Nr. 1 geht die vordere Schlußplatte des dritten Ventrikels hervor, aus Nr. 2 die Lamina chorioidea und infrachorioidea. Nr. 3, das Verbindungsstück zwischen Corpus striatum und Sehhttgel, bildet die Pforte, durch die das Hemisphärenhirn mit den übrigen Hirnteilen und mit dem Rückenmark in Verbindung tritt. Nr. 4 kann sich mit seinem oberen Ab- schnitt noch an der Bildung dieser Pforte beteiligen, sein basaler Abschnitt bleibt von untergeordneter Bedeutung. Die einfachen Verhältnisse dieser frühen Stufen erhalten sich bis gegen Ende des ersten Monats. Noch ist bei Embryo Br 3 (6.9 mm) keine Längs- fissur angelegt, und auch die Überlagerung des Zwischenhirns durch die Die erste morphologische Entwicklung des Hemisphärenhirns. 57 Hemisphären ist noch nicht eingeleitet (Fig. 36, S. 58). Die einzige Andeutung einer Zweiteilung findet sich in einer zwischen den beiden Palliumhälften sich erhebenden niedrigen Längsleiste. Sie läuft im Scheitelgebiet aus, ohne das Riechhirn zu erreichen. Auch die innere Gestaltung der Hemi- sphärenwand bietet zu der Zeit keine bemerkenswerten Neuerungen. Der Fig. 35. Modell des Gehirns vom Embrj-o Br 3, innere Oberfläche. Es sind daran die drei Schenkel des Streifenhügels zum Ausdruck gebracht. (Zu Seite 56.) Zugang zur Augenblase ist niedriger geworden, die Anlage des Streifen- htigels tritt etwas bestimmter hervor, und die Grube des Hirnmantels ist vertieft. Vom Thalamus setzt sie sich mit einer rostralwärts konkaven Kante ab. Vom Beginn des zweiten Monats ab ändert sich das Bild rasch, sowohl für die äußere, als für die innere Betrachtung. Noch hatten bei Br3 die beiden Hemisphären eine einheitliche Vorwölbung von kugliger Gestalt ge- bildet. Diese wird nunmehr durch Auftreten einer medianen Fissur halbiert. 58 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. Die am Pallium vorhandene Längsleiste sinkt nämlich in die Tiefe und sie wird; ohne zunächst zu schwinden, von zwei Rinnen, den Anfängen der Sichelfurche, seitlich eingefaßt. Diese gehen nach rückwärts in die Stielfurchen über. Gleichzeitig beginnen die auseinander tretenden Hemi- sphären in der Richtung nach dem Zwischenhirn sich auszudehnen und das Fig. 36. Modell des Gehirns vom Embryo Br 3 von der Seite her gesehen. Die Hemisphären sind noch ungeteilt , zwischen ihnen liegt eine mediane Längsleiste , die nicht bis ins Kiechhirn lierabreicht. Eine Überwachsimg des Zwischenhirns durch die Hemisphären ist noch nicht eingetreten. (Zu Seite 57.) vordere Ende des Thalamus za überlagern. Die Sichelfurche vertieft sich in eben dem Maße, als dieser Prozeß fortschreitet. Durch ihre Vertiefung kommt es zur Scheidung des ursprünglichen Ventriculus impar in die beiden Lateralventrikel, sowie zur Ausbildung einer medialen Hemisphärenwand. Diese geht aus den an den Margo reuniens und thalamicus anstoßenden Randstrecken hervor. Die erste morphologische Entwicklung des Hemisphärenhirns. 59 Fig. 37. Außenfläche des Vorderhirns vom Embryo Ko , nach dem Modell. Beginnende Überlagerung des Zwischenhirns durch die Hemisphäre. Umgrenzung des Eiechhirns. (Zu Seite 60.) Beim Übergang- vom ersten znm zweiten Monat beginnt die Sonderung des Rieclihirns vom Pallium bemerkbar zu werden. In schw^aclien Andeu- tungen ist die Umgrenzung schon am Plattenmodell von Br 3 erkennbar Fig. 38. Innere Oberfläche des Vorderhirns vom Embryo Ko, nach dem Modell gezeichnet. Weites Forameu Monroi, vorderes und hinteres Eiechhirn. (Zu Seite 60.) 60 Die Entwicklung der CTroßhirnhemisphären. (S. 58 Fig. 36), aber in bestimmter Weise tritt sie erst bei Embryonen von 10 mm imd darüber auf (Fig. 37, S. 59). Das Riechhirn zeigt sich an Platten- modellen aus der Zeit als flache, ringsherum von einer seichten Furche umgebene Erhebung von gestreckter Bohnenform. Vordere und hintere Hälfte werden durch eine an der medialen Seite beginnende Einbuchtung, die Fissura mesorhinica (Fig. 38, S. 59), voneinander abgegrenzt. Die das Riechhirn laterahvärts begrenzende Furche, Tukneks Fissura rhinica, trifft nach rückwärts mit dem basalen Ende der Stielfurche zusammen (Fig. 39)- Im Gegensatz zu der die Hemisphären scheidenden tiefen Sichel- / Fig. 39. Seitenansicht des Gehirns vom Embryo OB, nach dem Modell gezeichnet. Das Eiechhirn mit seinen beiden Abteilungen , die Fissura peduncularis , F. rhinica und mesorhinica, zeigen sich. Ihnen entsprechen an der Innenfläche die drei Sehenkel des Streifenhügels. furche bewahrt der basale, zwischen dem Augenblasenstiel und dem Riech- hirn hindurclitretende Teil der Stielfurche den Charakter einer seichten Rinne. Sobald die Umgrenzung des Riechhirns kennbar geworden ist, lassen sich auch die Hauptabteilungen des Palliums mit Sicherheit bestimmen. Der das vordere Riechhirn berührende Teil wird in der Folge zum Stirn- läppen, der über dem hinteren Riechhirn liegende zum S c h 1 ä f e n 1 a p p e n. Von der zweiten Hälfte des zweiten Monats ab überholt der Hemisphären- mantel das Riechhirn mehr und mehr im Wachstum und überragt es nach vorn und nach rückwärts mit freien Ausladungen. Die Verschiebung des Schläfenlappens über seiner befestigten Basis nach vorn führt in der Folge (im vierten Monat) zur Bildung des rückläufigen Uncus. Die erste morphologische Entwicklung des Hemisphärenhirns. 61 Streifenhügel und Riechhirn in ihren gegenseitigen Beziehungen. Es wurde oben (S. 55) lieryorgehoben , daß die als dreieckige Leiste sclion früh erkennbare Anlage des Streifenbiigels rostralwärts in die Wand des Rieebhirns ausläuft. Nachdem die Sonderung der beiden Eiechhirn- hälften voneinander, sowie vom Hemisphärenmantel und vom Zwischenhirn schärfer sich ausgeprägt hat, tritt auch am Streifen- hügel eine bestimmtere Gliederung hervor. Dem System der äußeren Fur- chen (dem S Ulcus pedun- cularis, der Fissura rhinica und Fissura mesorhinica, entsprechend, scheiden sich am rostralen Ende des Streifenhügels drei Schen- kel, deren einer vor dem vorderen Riechhirn aus- läuft, der zweite zwischen vorderem und» mittlerem Riechhirn und der dritte zwischen dem hinteren Riechhirn und - dem Seh- hügel und Recessus opticus (Grus epirhinicum, meso- rhinicum und metarhini- cum). In ihren ersten Andeutungen ist diese Drei- gliederung des Streifen- hügels schon bei Embryo Br3 erkennbar (Fig. 34 u. 35, S. 56 u. 57). Der Schweif des Strei- fenhügels bildet sich später als die drei vorderen Schen- kel und seine Ausbildung hält Schritt mit der des Lobus occipitalis und temporalis. Indem sich nämlich die hintere Hemi- sphärenhälfte über den Thalamus wegschiebt und Fig. 40. Vorderliini desselben Embryos (Modell), die Ilemisphüreu sind von oben her eröffnet , rechts vom Beschauer ist das noch relativ wenig umfangreiche Corpus chorioideum dargestellt , links ist es weggelassen. Man sieht von oben her den Streifenhügel und den Eingang der Höhlungen des vorderen und des hinteren Eieeh- hirus; die von der medialen "Wand aus einspringende Falte ent- spricht der Fissura ijrinia. (Zu Seite 6i.i 62 Die Entwicklung' der Großhirnhemisphären. zugleich basalwärts senkt, verschiebt sich auch das schmale Ende des Streifenhitgels nach rückwärts und basalwärts. Es behält dieser caudale Abschnitt des Streif enhiigels seine Lage * über dem Beginn der Stielfurche \^ $/ a^^ijS^.ä3' Fig. 41. Durchschnitt durch das Vorderhirn vom Embryo Oe. Die rechte Seite zeigt, dem Hinterhorn des Ventrikels zugekehrt, den Schweif des Streif enliügels, vorn dagegen die drei Schenkel, von denen der hintere mit scharfer Kante gegen das Foramen Monroi vortritt. Auf der linken Seite sieht man die Verwachsung des mittleren Schenkels mit der der Fiss. prima entsprechenden Falte der medialen Wand. Die hintere Riechliöhle hängt nach rückwärts mit dem übrigen Seitenventrikel zusammen. Von der vorderen Kiech- höhle sieht man links nur die quergestellte Höhle des Trigonum, rechts auch die des Bulbus. (Zu Seite 64.) luid erscheint als verdickte, den seitlichen Boden des Schläfenlappens bildende Leiste. Je weiter die Verschiebimg des Hemisphärenrandes fortschreitet, um so mehr rückt das Schweifende des Streifenhügels basalwärts, und nach Die erste morphologische Entwicklung des Hemisphärenhirns. 63 vollendeter Ausbildung- erscheint der Streifenliügel als eine gebogene, den vom Zwischenhirn kommenden Hemispbärenstiel umgreifende Spange, deren vorderes Ende in der Wand des Eiecbbirns ausläuft, während das bintei-e im Unterhorn des Schläfenlappens endigt. Der vordere Teil des Streifen- hügels zeigt, wie dies schon von Tiedemann abgebildet worden ist,^) im Fig. 4:2. Aus derselben Schnittreihe etwas tiefer. Die Verwachsung lies mittleren Streifenhügelschenkels mit dem vorderen Band der Trapezplatte ist beiderseits vom Schnitt getroffen. (Zu Seite 64.) Verlaufe des zweiten und dritten Monats eine Teilung in einen medialen und einen lateralen Abschnitt, Ersterer beschreibt den vollen Bogen vom Riechhirn bis ins Unterhorn, und seine Breite wechselt in den verschiedeneu Strecken nur unerheblich. Dagegen nimmt sich der mediale Abschnitt, von ^) TiEDEMANN, Anatomie und Bildungsgeschichte des Gehirns. Nürnberg 1S16. Taf. II Fig. 5. 64 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. oben her gesehen, wie ein dreieckiger Anhang des lateralen aus (Fig. 40, S. 61). Er bildet eine scharfe, dem Foramen interventriculare zugekehrte Kante, deren unteres Ende in der Folge mit der medialen Wand der Hemi- sphären verwächst. Eine seichte, von oben nach abwärts an Breite zu- nehmende Furche trennt diese hintere Kante von einer stumpfen vorderen. Letztere senkt sich von der Seite her zwischen die vordere und die hintere Eiechhirnhöhle ein und durch ihre Verwachsung mit der medialen Wand liefert sie die Rückwand der vorderen Höhle (Fig. 41, S. 62 u. Fig. 42, S. 63). Von den beiden Kanten des medialen Streifenhtigels ist die hintere aus dem primären Crus metarhinicum , die vordere aus dem Criis meso- rhinicum hervorgegangen. Das aus dem Crus epirhinicum entstandene vordere Ende des lateralen Streifenhügels geht in die Seitenwand des vorderen Riechlappens über. Die Bildung der medialen Hemispliärenwand. Es lassen sich, Avie oben (S. 56) gezeigt wurde, an der Umgrenzung der Hemisphären von früh ab vier Abschnitte unterscheiden: der mediale Rand, der Thalamusrand , der Stielrand und der Hypothalamusrand. Von den an diese Ränder stoßenden Strecken liefern in der Folge die beiden ersteren das Material zur Bildung der medialen Hemisphärenwand. Wäh- rend des zweiten und dritten Monats hängen die beiden Hemisphären in der Mittelebene durch eine schräg ansteigende dünne Ependymplatte, die vordere Schluß platte oder Lamina reuniens^) zusammen. Diese Platte rückt mit zunehmender Vertiefung der medialen Hirnspalte dicht an den hinteren Schenkel des Streifenhügels heran und schließlich an diesem vorbei bis an den Rand des Sehhügels und den Eingang zum Recessus opticus. Der davor liegende Teil der medialen Hemisphärenwand gehört mit seinem basalen Abschnitt dem Riechhirn an, mit dem darüber befind- lichen dem Stirnhirn. Die tiefgreifendsten Veränderungen erfährt der vordere Teil der me- dialen Hemisphärenwand im Bereich des Riechhirns. Schon vom Beginn des zweiten Monats ab wird dieses durch eine seichte, von der medialen ^) Die Ausdrücke „Schlußplatte" und „Lamina terminalis" brauche ich nicht in gleicher Bedeutung. Das Wort S c h 1 u ß p 1 a 1 1 e , L a m i n a r e u n i e n s ist ein e ni b r j^ o - logischer Ausdruck, der die Vereinigungshaut der beiden Seitenwandungen des Hirn- rohres bezeichnet. Dagegen ist das Wort Lamina terminalis, Endplatte, der althergebrachte anatomische Ausdruck für die dünne, den dritten Ventrikel nach vorn abschließende Membran; sie geht aus dem untern Abschnitt der Schlußplatte hervor und ist gleich dieser ein ausschließlich ependymales Gebilde. Als Area terminalis bezeichnet G. Kbtzius (Menschenhirn S. 1) die etwas vorgewölbte Vorderwand des Recessus opticus und als Fenestra lamina e termi- nalis den verdünnten medianen Streifen derselben. Die erste morphologische Entwickhuig- des Hemisphärenhinis. 65 Seite ausgehende Furche; die Fissura mesorhinica; in einen vorderen und einen hinteren Lappen geschieden. Die Scheidung- ist Iceine diircli- Fig. 43. Durchseliuitt durch das Vorderhirn von Embryo Stg, desselben, von dem auch Fig. -il stammt.') Der Schnitt zeigt die geknickte Form der vorderen Eiechhöhle. Durch die laterale Falte werden die Höhlen des Bulbus und des Trigonuni voneinander geschieden. Die hintere Eiechhöhle ist nur noch rechts zu sehen, als enger Spalt, der im Begriff steht, vom übrigen Seitenventrikel sich zu trennen. Links ist die hintere Eiechhöhle nicht mehr im Schnitt, dagegen erscheint hier der Seitenabschnitt der bei Stg noch unverbundenen Commissura anterior. (Zu Seite 66.) ^) Durch ein Versehen steht bei Fig. 41. dass der Schnitt vom Embryo Oe stamme . er stammt von Stg. Dagegen gibt Fig. 42 einen Schnitt von Oe. greifende, und so stellt sich das Eiechhirn, von der Basis her gesehen, als ein lateralwärts ausgebogener "Wulst da. Diese Grundform ist noch lange His, Die Entwicklung d. menschl. Gehirns. O 66 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. erkennbar und sie prägt r^icb in der Folge noch schärfer aus. Während des zweiten und dritten Monats schneidet die Fissura mesorhinica tiefer in das Riechhirn ein, anfangs ohne die laterale Verbindung der beiden Lappen zu unterbrechen. ILine P'ortsetzung der Fissura mesorhinica greift als PMs- sura prima eine Strecke weit auf die mediale Hirnwand über, von ihr wird nachher die Rede sein. Durch Vertiefung der umgrenzenden Furche sondert sich das Endstück des vorderen Kiechlappens oder dessen lUilbusteil in zunehmendem Maße von dem überliegenden Stirnhim. Der Bulbusteil bewahrt eine sagittale Richtung und er gliedert sich durch eine von der Seite her erfolgende Einknickung von einem quer gelagerten Ab- schnitt des vorderen Riech- hims ab ''Fig. 43 , S. 65;. Letzterer ist die Anlage des T r i g 0 n u m. Wenn sich im Verlaufe des vierten Mo- nats der Bulbus vom Stirn- him abgelöst hat, vennittelt das quergestellte Trigonum seine Verbindung mit dem übrigen Gehirn. Xocli bis in den vierten Monat hinein steht die sagittal verlaufende Bulbusspalte in offener Ver- bindung mit dem Seiten- ventrikel. Im Verlaufe des fünften Monats ^6 cm SSl.j finde ich die Bulbushöhle ver- klebt, dieTrigonumhöhle noch als kurzen, vertikalen, nach oben sich öffnenden Gang. Der vordere Aljschnitt der medialen Hemisphärenwand zerfällt durch die nachher zu besprechende Fissura prima in einen dem vorderen Rand zugekehrten, im Bogen zum Scheitel emporsteigenden Streifen und in ein an die Schlußplatte anstoßendes, nach unten und nach oben hin sich verjüngendes Feld, das Trapezfeld. Die Schlußplatte der medialen Hemisphärenwand geht mit scharfer Knickung in die mediale Schlußplatte der Tlialamuswand über ('Fig. 44 u. Fig. 45, S. 67;. Mali kann diese Stelle als vorderen Thalamusvvinkel, A n g u 1 u s p r a e t li a 1 a m i c u s , bezeichnen, neben ihr beginnt der Umschlagsrand der A\'and des Thalamus in die mediale Hernisphärenvvand, der Margo tlialamicus der letzteren. Der Thalamusrand Fig. 44. Koiistruktioii.sbild der medialen IfomijjphUrfciiwand von Embryo .Se ("16 mm XI. j. 1. Margo rfeuriien.s , 2. Margo thalarnicus, 3. Margo pedunriulari.s, 4. Margo hyjjothalamicu.s. iJf-r Ort der Fi.s.sura chorioidea i.st schraffiert, das noch sehr weite Foramen Monroi Ist durikel gehalten. Die erste morphologisclie Entwicklung des Hemisphärenhirns. 67 der Hemispliäre verläuft in einer nach vorn und abwärts konkaven Bogenlinie, die bis zur Berülirung-sstelle von Streifenliügel und SeliliUgel, dem Margo peduncularis reicht (Fig. 44 u. 45). Die Linie bildet die hintere Grenze des Foranien Monroi, von ihr aus erstreckt sich der dem Thalamus verbundene Abschnitt der Hemisphärenwand Scheitel- und occipitalwärts. Dieser Wand- abschnitt erfährt eine weitergehende Gliederung, auf die ich unten zurück- kommen werde. Sein dem Thalamus angehefteter Eandstreifen blei1)t epend}^- mal und in ihm bildet sich die F i s s u r a c h o r i o i d e a , von der aus die Epithelfaltimgen des Corpus chorioideum in den Seitenventrikel sich einstülpen. Die Spalte ist anfangs nur kurz angelegt^) und sie beginnt dicht hinter dem Angulus praethalamicus ; weiter- hinverlängert sie sich und erstreckt sich nach voller Ausbildung des Schlä- fenlappens bis in die Nähe des Uncus herab. Der zwischen der Fissura chorioidea und dem Tha- lamus liegende Teil der medialen Hemisphären- wand bewahrt anfangs seine Unabhängigkeit, später legt er sich dem Thalamus dicht an und wird zur L a m i n a a f - fixa der BNA.'^) Die über die Seiten- wand des Thalamus zu- rückgeschlagene mediale Hemisphärenwand um- greift das Stielgebiet, in dem Thalamus und Streifenhügel zusammen- treffen, und bei voller Ausbildung überragt sie dies Gebiet nacli rückwärts. Basalwärts hängt sie mit der lateralen Wand , d.h. mit dem Streifenhügel zusammen. Man findet daher an Schnitten, je nach Richtung und Lage, die mediale Hemisphärenwand verbunden mit der Thalamus wand allein, oder mit dem Streifenhügel allein, oder anscheinend mit Strcifenhügel und Thalamus Fig. 45. Gleiche Darstellung von der Hemisphärenwand von Embryo Mr (22 mm NL). (Zu Seite 66.) Diese, sowie Fig. 44 sind etwas stark vornüber geneigt, daher der konkave Rand nach abwärtsgekehrt er- .seheint. Man vgl. oben Fig. 35 S. 57 und Fig. 38 S. 59. ^) So bei Embryo IIa (10.5 mm) und bei CR (13.6 mm) Formentwioklung d. m. Vorderhirns Fig. 19 S. 697 u. Fig. 7 Taf. I, sowie beim entsprechenden Modell. ^) Diese Verwachsung läßt sich nicht, wie Goldsteix will, in Abrede stellen, sie ist ja zeitlebens noch erkennbar. Der großgedruckte Satz Goldsteins: „Verwachsung von ursprünglich getrennten (oberflächlichen Ilirnpartien findet nicht statt", ist völlig unhaltbar und steht im Widerspruch mit den positiven Befunden. 5* 68 Die Entwicklung- der Großhirnhemisphären. (mau vgl. oben Fig. 41 bis 43). Letzteres gilt für das Stielgebiet, der Anschluß an den Thalamus ist hier nur ein mittelbarer. Die Verbindung mit dem Streifenhügel allein findet sich in dem frei nach rückwärts hervor- tretenden Schläfen- und Occipitalhirn. Der Hemisphären stiel. ^) Solange die Augenblasen noch in breiter Verbindung mit dem Vorderhirn stehen, beschränkt sich die Verbindung des Streifenhügels mit dem Sehhügel (der Margo peduncularis ) auf einen schmalen, über dem Augenblaseneingaug befindlichen Streifen, und die Ver- bindung erfolgt längs eines linearen Saumes von nur mäßiger Dicke. Mit zunehmender Abschnürung des Augenblasenstieles wird die Berührung zwischen Streifenhügel und Thalamus ausgiebiger. Zugleich verdickt sich aber das Verbindungsstück vom zweiten Monat ab dadurch, daß im Be- reich der Stielfurche das äußere Gliagerüst reichlicher sich anhäuft. Es entsteht so ein anfangs lockeres Gewebspolster , das die Basis des Stiel- gebietes und des Streifenhügels bildet. Durch dessen Anwachsen wird die äußere Furche seichter, und sie gibt ihren Parallelismus mit der nach innen stark sich vorwölbenden Oberfläche des Streifenhügels mehr und mehr auf. In dieses basale Polster herein treten gegen Ende des zweiten und im Verlaufe des dritten Monats die Verbindungsfasern des Thalamus mit der Hemisphäre, sowie die Zellenmassen des Linsenkernes und des Claustrums. Die Berührungsfläche zwischen Thalamus und Streifen- hügel nimmt infolge der Rtickwärtsschiebung der Hemisphären mehr und mehr eine kreisförmig gerundete oder richtiger eine geschlossene Bogen- form an. Vorn reicht das Stielgebiet beim zwei- bis dreimonatlichen Fötus bis zum hinteren Schenkel des Streifenhügels, sein occipitaler Eand wird vom Schweif des Streifenhügels umgriffen. An der Außenfläche des Gehirns bezeichnet die über dem Augenblasenstiel einsetzende Stielfurche den Ort des Anschlusses. Der Anschluß des Streif enhttg eis an den Hypothalamus. Während des zweiten Monats erscheint der hintere Schenkel des Streifen- hügels als ein mächtiger, medialwärts dem klaffenden Foramen Monroi zu- gekehrter Wulst, und sein unteres Ende erreicht den Boden der Hirnhöhle unmittelbar vor dem Recessus opticus, zwischen diesem und der Höhlung des hinteren Riechhirns, dem Ventriculus olfactorius posterior. So finden sich die Verhältnisse noch im Beginn des dritten Monats; der medialwärts unbedeckte Teil des Streifenhügels wird indessen schmaler, und weiterhin verschwindet er infolge der Überlagerung durch die mediale Hemisphärenwand. Eine Strecke weit verwächst er mit dieser und es ent- steht zwischen dem offen bleibenden Teil des Foramen Monroi und dem ^) Ich habe in meinem frühern Aufsatz den Namen „Streifenhügelstiel" benutzt. Da Marchand dies Wort in einem andern Sinne gebraucht hat als ich., erscheint die neue Bezeichnung unverfänglicher. Die erste morphologische Eiitwickhmg des Ileinisphärenliirns. 69 Recessus opticus eine Substanzbrücke, innerhalb deren die Säulen des Fornix ihren Weg- zum Corpus maniillare finden. Jene entstammen der medialen Hemisphärenwand, dieses gehört dem Hypothalamus an, der Streifenhügel wird zum verbindenden Mittelglied zwischen beiden. Dickenwachstum der Torderhirnwand. Bei meinen jüngsten menschlichen Embryonen (Lg, Rf usw.; zeigt die Vorderhirnwand in ihren verschiedenen Abschnitten nur geringe Dicken- schwankungen. So messen bei Embryo Lg die Wand des Zwischenhirns, die der Augenblasen und die der Hemisphären gleichmäßig etwa 50 u, bei dem um weniges älteren Embryo Rf rund 55 /<; bei EB (3.2 mm) schwanken die Werte zwischen 65 — 75 /f. ^) Die Anfänge einer aus- gesprocheneren Differenzierung zeigen sich gegen Ende des ersten Monats. Laut den Messungen an Schnitten beträgt bei Br3 (6.9 mm) die Wanddicke: in der Seiten wand des Thalamus . . . 130 — 140 /t im Corpus striatum steigt sie auf ... 1^0 ;; in der Seitenwand des Hemisphärenmantels 110 — 120 „ Am Hemisphärenmantel finden sich die größten Wanddicken im basalen Abschnitte; scheitelwärts verjüngt sich die Wand, anfangs lang- sam, dann aber mit Annäherung an die Mittelebene ziemlich rasch, sie geht bis auf 80 und im Bereich der medianen Leiste bis auf 60 ^« herab. - Von diesem Zeitpunkt ab schreitet die Differenzierung in der Vorder- hirnwand rasch vorwärts. Bei Ko (10.2 mm) mißt die Seitenwand des Hemisphärenmantels . . 150 — 160 /t die mediale den Thalamus überlagernde Wand H^ j? längs der medianen Längsleiste nur noch . . 40— 50 „ dagegen steigt die Wanddicke im Gebiete des Streifenhügels und des Riechhirns auf . . 250 — 380 „ Im weiteren Verlauf des zweiten Monats überholt der Thalamus den Hemisphärenmantel im Dickenwachstum et^^a um das Doppelte, so messe ich au den dicksten Stellen bei den Embryonen Zw (18.5 mm) Mr (22 mm) die Seitenwand des Thalamus . . . 600 /t 900 f.i die Seitenwand des Hemisphärenmantels 300 „ 400 „ Der Hemisphärenmantel ist in seinem au den Streifenhügel stoßenden basalen Abschnitt am dicksten und sein Durchmesser verjüngt sich stetig nach der Decke zu und von der Decke aus nach dem Grund der Median- ^) Die Messungen sind durchweg au Paraffiuschnitten vorgenommen, sie geben somit zu geringe absolute Werte und beanspruchen nur relative Gültigkeit. 70 Die Entwicklung der Grroßhirnhemisphären. furche. Schließlich geht die Wand in die das Corpus chorioideum um kleidende Lamina chorioidea über. So messe ich bei Zw bei Mr die Dicke der seitlichen Mantelwand in halber Höhe . 170 /t die Dicke an der Decke HO „ „ „ medialen Wand am Boden der Medianfurche 100 30 Lg EB -/OOO ■ -öOO Ir|EB . . . . . -I H-t- . . u 5 6' BrTen als die Spougioblasten und bipolar sind. dick und bündelweise zusammengeordnet tritt als dicke Platte unter dem Streifenhügel hervor in die anstoßende Die Fasern durchsetzen in schrägen Bogenlinien die Ihre Verlaufsrichtung Hemisphärenwand innere und die äußere Zone der Zwischenschicht führt sie scheitelwärts , die Faserbündel der inneren Zone treten dabei mehr und mehr in die Außenzone über. Mit Annäherung an die Scheitel- höhe nimmt die Menge der Fasern rasch ab, und sie verlieren sich schließ- lich ganz und gar. Die Schichten der Hemisphärenwand und deren histologisches Verlialten. 103 Zu den Pyramidenzellen der Rinde stehen die be- schriebenen Bogenfasern, wenigstens in den basalen AVandabschnitten, in keinen Beziehungen, und hier er- hält sich zwischen den Faser- bttndeln und der Einde ein ziemlich breiter faserfreier Zwischenraum. Scheitel- wärts verschmälert sich die- ser Raum. Spätere Stu- fen zeigen einen Übergang von Faserzügen in die me- diale Hemisphärenwand, und hier scheint die Möglich- keit ihres Auslaufens zwi- schen den Pyramidenzellen der Rinde nicht ausge- schlossen. Mit den Flach- zellen der Zwischenschicht lassen sich keine Verbin- dungen nachweisen. Am ehesten wären solche in den kernreichen basalen Ab- schnitten der Innern Zwi- schenschicht zu erwarten. In gestreckten Scharen er- scheinen hier die Kerne zwi- schen die J^aserzüge einge- schoben. Allein, wenn auch, bei sorgfältigem Suchen, hie und da Zellkörper sich finden lassen, die anscheinend in Fäden auslaufen, so entspricht dies Bild nicht entfernt demjenigen von Stellen, in denen Faser- ztige aus echten Xeuroblasten hervorgehen. Die Fasermassen der Hemisphären wand entstammen auf der vorliegenden Stufe ausschließlich der bereits ausgiebig entwickelten inneren Kapsel, sie sind also secundär in die Hemisphären wand hineingewachsen. Die Herkunft der ersten in die Hemisphärenwand einwachsenden Faser- massen ist auf ein kompaktes Faserbündel zu beziehen, das schon zu Ende des zweiten Monats (My und Mr) an der Außenfläche des Thalamus frei wird. Von hier aus erreicht das Bündel am Margo peduncularis den Streifen- Fig. 70. Aus der Hemisphärenwand desselben Foetus Stg. Übergang von der Matrix in die Zwisehenscliicht. Das eng- maschige Gerüst der letzteren enthält an der photographierten Sclmittstelle keine tangential verlaufenden Nervenfasern , da- gegen einzelne verz^veigte Gliazellen und zahlreiche radiär durch- tretende Neurohlasten. An diesen sind entweder beide oder nur einer der Fortsätze erhalten , je nach der Schnittriehtung bald der innere, bald der äußere. In der Matrix ändert das Mark- gerüst seinen Charakter, es wird weitmaschig und vorwiegend radiär angeordnet. (Zu Seite 102.) 104 Die Entwickliiiij;' der firoßhirnlieniispliüren. liiigcl und tritt, fäclicrförniig sicli ausbreitend, unter ihm hindurch in den Ijasalen Abschnitt des lateralen Hemisphärenmantels. Die zu dem Bündel g'chöri^^en Ncuroblasten befinden sich in der Dicke der Thalarnuswand, die Endausbreitung ihrer P'ascrn muß in dem Hemisphärenmantel liegen, und zwar kann es sich nach dem oben geschilderten Verhalten der Faserzüge nur um ein Auslaufen in scheitelwärts und medial gelegenen Rindenbezirken handeln. ^) Diese früh in die Hemisphären einwachsenden Fasermassen bilden den 8 t ab kränz des Thalamus. l''ig. 71. Ifeiiiis])lKlrcii\v;ui(l vciii I''oetiis Stg in der Nähe des Stroifeiihiigcls. Miui sieht die vorscliic'en P^LECnsia zeigt der Stab- kranz des Tlialamn« innerlialb der Ileniispliärenwand die ersten marklialtigen Fasern, er enthält sensilde 15alnieii, die ans dem Thalamus zum oberen Teil der Zentrahvindnng- etnporsteig(;n nnd zum Teil an die n)ediale Wand übertreten. Die Scliiclitc'ii der lleiiiisplijireiiwjiiHl iiiul deren liistolo^iselics \'erli,iltcii. ](),", radiärer Spalten frei; in dem Neiiroblasten liegen können, licim llicrgaiii;' zur Zwiscbensebicüt nimmt das Gerüst den Charakter eines kcirperliclien Xetzes an, dessen Maschen, insofern von einer l)evorzui;ten Uiehtniii;- die Eede sein kann, vorwieg-end der Fläche nach gerichtet sind. Die dem (Jeriist der Zwischenschicht ang-ehörig-en Gliazellen sind flach oder schräg- gelagert, von etwas gestreckten Formen und sie durchkreuzen sich nach verschiede- nen Richtungen. An senkrechten Schnitten ergibt sich dies schon daraus, daß die Kerne teils längs, teils (^uer getroffen sind. Noch besser tritt aber das Verhalten der ge- kreuzt liegenden Zellen- leiber an Flachschnitten hervor. Da sich in den Schnitten die Bilder verschiedener Gerüst- ebenen überlagern , so muß man Älessungen der Maschenweiten in der AVeise vornehmen, daß man mit einem nur auf geringe Tiefen scharf zeichnenden, starken System auf eine bestimmte El)ene ein- stellt, und diese ent- weder mit dem Zeich- nungsapparat zeichnet, oder bei bekannter \ er- Fig. 72. (iiicriiuciiiicii Keniimev i'iachsciiinu durch ah- iiciiiis|,ii;iivii- größerung photogra- """"'"'^ '"" ''""''"'^ •'^'-■- '"''■ ■^'■''"i" '■'■'■^^ ^'i'"''^- 'i''^ .Mai-k,uviii>irs ' , . ^ , £• T ^ '"'^ verzwoiKtun (iliazolk'ii. l)ie etwas diclilcr t;cla,i;crlcii . uiiscliarf phiert. ich IinCle so ^j,.|, zeichnenden Korne leehts fr('li'"'"''ii ^^ili"ii dn- l'yiainidrn/ellen- die Maschenweite inner- seiiiciu an. halb der Zwischen- schicht zwischen 6 — 10 /t wechselnd, jedenfalls weit genug, um Xeuidbhisten den Durchtritt zu gestatten. Innerhalb der Rindenschicht liegen die Pyia- midenzellcn in gestreckten Gerüstmaschen, und die sie trennenden K'adiiir- bälkchen scheinen nur wenig (^uer\ crbindungen zu haben. Nach außen Non den Pyramidenzellen folgt das dichte Randgerüst (Fig. 72). Die ^^'eitc seiner Masehen l)estimme ich nach obiger jMethode zu 3 — 5 //, und zwar finden sich die engeren Maschen von 3 — 3V., ," nach einwärts in den an die Pyramiden anstoßenden Strecken, die weiteren, bis zu 5 /^ in (K'u dei- Limitans externa zugekehrten. Das enge Maschenwerk der Handschicht bildet die AVand . die die Pyramidenzellen an weiterem Vordringen hindert und ihre Anhäufung in 106 Die Entwickhing der Großhirnhemisphären. der Rindenschiclit bedingt. Zellenleiber, die Spitzenfortsätze dringen in der Rindenschicht vor. Nur eine kleine Das Hindernis besteht nur für die kernhaltigen Folge reichlich in die Anzahl von Zellen durchbricht die Wand und ordnet sich der Rand- schicht ein. Es sind dies zur- zeit wohl ausschließlich Glia- zellen, sie lagern sich der Fläche nach, und die äußei'sten nehmen an der Bildung der M. limitans externa teil. Etwas zweifelhaft bin ich über das Schicksal der bei Se so klar beobachteten Siebplatte. Da diese Platte sich an der Seitenfläche des Streifenhügels soweit erstreckt, als späterhin die Pyramidenschicht, und da sie im voraus die Grenze an- gibt, bis zu der die Pj-ramiden- zellen vordringen , so liegt der Gedanke am nächsten, ihr die Hemmung in der Weiterbe wegung dieser Zellen zuzuschreiben. Diese Annahme wäre ohne weiteres bewiesen, wenn die Siebplatte nach erfolgter Anlage der Pyra- midenschicht, deren Außenfläche entlang, noch nachweisbar wäre. Ich vermag indessen weder bei Mr, noch bei Stg, noch bei ande- ren diesen Stufen angehörigen Embryonen eine zusammenhän- gende Siebplatte aufzufinden. Flach gelagerte und unter sich zusammenhängende Gliazellen, die als Reste der Platte gedeutet werden können, sind nur strecken- weise nachweisbar. Die Schicht scheint im Laufe der Entwicklung ihren geschlossenen Zusammen- Vielleicht ist dies dahin zu verstehen, daß das Vor- handensein der geschlossenen Siebschicht nur im Beginn der Rindenbildung erforderlich ist, um das Vordringen der zuerst eintreffenden Pyramiden- Fig. 73. Schema des Aufbaues der Hemisphärenwand beim Foetus des dritten Monats , links Neurogliagerüst , rechts Neuroblasten und Nervenfasern. (Zu Seite 107.) hang eingebüßt zu haben Die Schichten der Hemisphärenwancl und deren histologisches Verhalten. 107 Zellen aufzuhalten. Später hennnen diese ersten Ankömmlinge das Vorrücken der nachfolgenden Generationen. Gliazellen finden dagegen kein Hindernis, und es zeigt die M, limitans externa einen immer reichlicher werdenden Be- satz kernhaltiger Zellenleiber, Ich fasse die Ergehnisse der mitgeteilten Untersuchung in einer schema- tischen Zeichnung (Fig. 73, S. 106) zusammen, in der links das Gliagerüst, rechts die Neuroblasten eingetragen sind. Die Differenzierung der Schichten kommt, wie das Schema ergibt, wesentlich auf Rechnung des Gliagerüstes, das in jeder der vier Hauptzonen einen anderen Charakter annimmt. Der in der Skizze angedeutete schräge Verlauf der Bogenfasern und das Frei- bleiben der Eindenschicht von letzteren entsprechen der unmittelbaren Be- obachtung. Die flachen Kerne im inneren Abschnitte der von Fasern durch- zogenen Zwischenschicht halte ich für Gliabestandteile. Hinsichtlich der Fasern tritt in dieser frühen Periode schärfer als später der Gegensatz zutage zwischen den aus der inneren Kapsel kommenden Fasern der Stammstrahlung und den aus den Pyramidenzellen der Rinden- schicht stammenden zurzeit noch kurz angelegten Fasern, d. h. zwischen Fasern, die von außen her in die Hemisphärenwand eingedrungen und solchen, die in ihr entstanden sind (ectogene und autochthone Fasern). Zweite Hälfte des dritten Monats. Im weiteren Verlauf des dritten Monats schreitet das Dickenwachstum der Hemisphärenwand langsam aber stetig voran. Am ausgibigsten nimmt die Zwischenschicht zu und nächst ihr die Rindenschicht, während Matrix und Randschicht viel unerheblichere Zunahmen aufweisen. Ich teile als Beispiel die Maße mit, die ich an den Hemisphären des Foetus Doed ^SSl. 50 mm und Kt. 20 mm) und an den des Foetus Cr (SSI. 60 mm Kt. 25 mm) bestimmt habe. Das Alter des ersteren ist auf die zweite Hälfte, das von Cr auf den Übergang zum vierten Monat anzusetzen. Foetus Doed. Foetus Cr. Zweite Hälfte des dritten Übergang zum vierten Monats. Monat. Basal. Abschnitt Mediale Basal. Abschnitt Mediale der lat. Wand. Wand, der Jat. Wand. Wand. Gesamtdicke der Hemisphärenwand 800 /< 390 ,u 1100 f.i 550 /t „ „ Matrix . . . . 150 „ 120 „ 170 ,, 140 „ „ „ Zwischenschicht . 410 ,, 170 „ 650 „ 250 „ „ „ Rindenschicht . . 200 ,, 30 „ 240 „ 120 „ „ „ Randschicht . . 40 „ 40 „ 40 „ 40 „ Sowohl bei Foetus Doed als bei Cr ist die Zwischenschicht von radiär ge- stellten Spindelzellen, den in Wanderung begriffenen Pyramidenzellen, 108 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. Fig. 74. Prisnienzeichming. Vergr. ea. 2000. Foetus Doecl (SSI. 5 cui). Zellen aus der lleniLsphiii-eiiwand. Die oberen Zellen stammen ans der Zwischenschicht, die unteren aus der Eindenschicht. Erstere zeigen etwas kleinere und schlankere Kerne als die letzteren. Viel- fach finden sich in den Zellen der Zwischenschicht birn- förmig gestaltete, nach auswärts sich verjüngende Kerne. noch reichlich durchsetzt. Viel- fach zeigen deren Kerne Birn- formen, sie sind nach einwärts breiter als nach auswärts (Fig. 74), Die Möglichkeit, diese Formen mit der späten Pyramidenform der Zellen in Beziehung zu setzen, läßt sich nicht festhalten, da beim Eintritt der Kerne in die Rindenschicht deren Birnformen wieder verloren gehen. Ich glaube vielmehr, daß die in der Zwi- schenschicht so vielfach auftre- tenden einseitigen Verjüngungen der Kerne mit der Bewegungs- richtung der Zellen in Zusammen- hang stehen. Der der Fortschie- bungsrichtung zugekehrte Kernpol erscheint dabei als der verjüngte. In der Rindenschicht sind die Kerne der Pyramidenzellen auf- fallend gerundet und entschieden größer, als die der Zwischen- schicht. So messe ich an Zeich- nungen, die bei hoher Vergröße- rung aufgenommen worden sind, in der Zwischenschicht Kerne von 37,— 4^ /.3 /,( Breite auf 8—9 /( Länge, in der Rindenschicht solche von 5 — 6 /^ Breite auf 8^/., bis 1 1 Vo ," Länge, darunter viele kurzovale (von 6^/2 auf S^« wj- Mit einer gewissen Vorsicht muß ich mich über die Spitzen- fortsätze der Rindenzellen aus- sprechen. Ich finde sie bei Foe- tus Doed nur in Spuren vor, und es ist möglich, daß sie infolge ungenügender Konservierung zer- fallen sind. Eine vorübergehende Verkümmerung dieser Fortsätze beim Eintritt der Pyramiden- zellen in die Rindenschicht hat Die Schichten der Hemisphärenwand und deren histologisclies Verhalten. 109 sich indessen schon bei den Embryonen Stg und Ma nachweisen lassen. Ein massenhaftes Vorrücken von Spitzenfortsätzen in die Randschicht tritt erst in späteren Stufen ein. Im Gegensatz zu den Spitzenfortsätzen sind die Xerven- fortsätze bei Doed und Cr schon reich entwickelt. Sie treten als dichter Wald von feinen Fasern in die Zwischenschicht ein und durchsetzen diese bis in ihre innere Zone. Dabei durchkreuzen sie die aus der inneren Kapsel stammenden Bündel von Bogenfasern. Die Menge dieser Bogeufasern hat gegen früher nicht unerheblich zugenommen, ihre Ausläufer umgreifen die Scheitelhöhe der Hemisphären und greifen auf die mediale Wand über. So ausgiebig nun während des dritten Monats die Auswanderungen von Zellen aus der Matrix nach der Rinde hin vor sich gehen ; so können sich die Zellen doch nur mit einer gewissen Langsamkeit vorwärts bewegen. Der Prozeß der Rindenbildung nimmt ja nicht allein den ganzen dritten, sondern noch einen guten Teil der nachfolgenden Monate in Anspruch. Nehmen wir, um zu annähernden Werten zu gelangen, an, daß die an den Streifenhügel stoßende basale Hemisphärenwand zu Ende des zweiten Monats (bei Mr) eine Rindenschicht von 8 , in der Mitte des dritten (^bei Stg) eine solche von 18 Kernhöhen besessen hat, so ergibt dies für den halben ^lonat den Zuwachs einer lOfachen Zellenschicht, oder anders ausgedrückt: um die Rinde um eine Zellenschicht zu vermehren, sind rund anderthalb Tage er- forderlich. Bei dieser Berechnung ist die Flächenausdehnung der Hemisphären- wand nicht berücksichtigt worden. Letztere muß dadurch zustande kommen, daß zwischen die bereits vorhandenen Zellen neu angekommene sich ein- schieben. Die wandernden Pyramidenzellen haben auch diesen Bedarf zu decken, eine Berechnung der Geschwindigkeit ihres Fortschreitens nach obigen Daten allein würde somit ein zu langsames Tempo ergeben. In- dessen kommt man auch bei Berücksichtigung dieses Umstandes zur Über- zeugung, daß die Dauer der Überwanderung eines Elementes aus der Matrix in die Rindenschicht zum mindesten nach halben Tagen zu ver- anschlagen ist. Solange die Überwanderung von Neuroblasten andauert, umschließt die Hemisphärenwand noch keine von Nervenzellen freie ]\larkschicht. An das Lager von Höhlengrau ^) schließt sich die zwar faserreiche, aber '■) Th. Meynert gebraucht die von ihm geschaffene Bezeichnung „Zentrales Höhlengrau" für die graue Auskleidung der Hirn- und Eückenmarkshöhlen nur vom dritten Ventrikel nach abwärts. Meynert s Definition „Röhrenförmiges Grau, der bleibende Ausdruck der genetischen Grundform des Gehirns" (Strickers Handb. der Lehre von den Geweben S. 697) paßt aber auch sehr wohl auf die vorhandene graue Auskleidung der Seitenventrikel, also zunächst auf den Nucleus caudatus des Streifeu- hügels. Das ursprünglich ringsherum vorhandene Höhlengrau der Seitenventrikel um- faßt die Matrix und die zellenreiche Innenzone der Zwischenschicht. Zutreffend ist die Bemerkung von Rauber: „Alles Grau ist ursprünglich Höhlengrau." i Lehrbuch der Anat. 6. Aufl. Bd. II S. 4SL) IIQ Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. von Neuroblastenketten durchzogene Zwischenscliicht an, die bis zur Einden- schicht sich erstreckt. Im Heraisphärenmantel geht die Zelleuauswanderung so lange vor sich, bis sich das Höhlengrau durch Abgabe seiner Elemente erschöpft hat. Als Rest bleibt das Ependym mit einem gewissen Anteil von Gliazellen zurück. Anders gestalten sich die Verhältnisse im Gebiete des Streifen - hügels. Als mächtiger Klumpen von Höhlengrau ragt dies Gebilde gegen den Seitenventrikel vor. Auch von ihm aus findet eine reiche Auswanderung von Zellen nach den umgebenden Gewebslagen statt. Eine eigentliche Rindenbildung tritt aber hier erst verzögert ein, dagegen sondert sich mit dem Hindurchbrechen der inneren Kapsel, im Beginn des dritten Monats, ein zellenreicher Distrikt als Linsenkern ab, und dieser scheidet sich dann weiterhin durch ihn umgebende weiße Substanzplatten vom Claustrum und vom angrenzenden Inselgebiet. Der Linsenkern ist also, entwicklungs- geschichtlich betrachtet, ein Stück abortiv gebliebene Rindenanlage. Seine Elemente sind auf dem im Streifenhügelgebiet besonders langen Weg zur Peripherie stehen geblieben und durch weiße Fasermassen umgrenzt worden. Das Einrücken der Markschicht in das Innengebiet der Hemisphären- wand geht sehr allmählich vor sich. Schon im Verlauf des dritten Monats ragen, wie oben hervorgehoben wurde, Büschel von Fasern aus der Pyramidenschicht in die anstoßende Zwischenschicht hinein, und weiterhin erscheint die gesamte Außenzone der letzteren von Radiärfasern durchzogen, die mit den Bogenfaserbündeln sich durchkreuzen. Diese Radiärfaserzüge sind bis in das Höhlengrau hinein verfolgbar und sie verlieren sich zwischen dessen dichten Kernmassen. Mit fortschreitender Entwicklung nimmt die Menge der Radiärfasern zu, und es ist von deren reichlichem Vorhandensein und von der entsprechenden Anordnung des Gliagerüstes abhängig, dass bei makroskopischer Präparation die auseinandergebrochene Hemisphärenwand eine ausgeprägt radiärstreifige Bruchfläche zu zeigen pflegt. Die Radiärfasern einerseits und die Scharen radiärgestellter Zellen anderseits beginnen sich schichtenweise zu sondern. Zuerst erfolgt eine solche Sonderung von rein faseriger und von zellenreicher Substanz im Innern des Streifenhügels, und hier erhält sich zwischen Nucleus caudatus und N. lentiformis zeitlebens eine aus grauen und weißen Blättern ge- schichtete Zone. Vom Streifenhügel aus greift die Schichtenbildung auf das Basalgebiet des Hemisphärenmantels über und sie breitet sich von hier aus scheitelwärts aus. So finde ich im Bereiche der Basis eine in der Innen- zone der Zwischenschicht ausgeprägte, etwas schräg geordnete Schichtung schon bei den Foetus Doed und Cr. Noch ist hier die Sonderung der Schichten keine scharfe, es handelt sich nur um einen Wechsel zwischen zellenreicheren und zellenärmeren Schichten. Während der nachfolgenden Perioden nimmt die streifige Sonderung innerhalb der inneren Wandzonen an Umfang und an scharfer Ausprägung zu, bis sie dann am Schluß des Die Schichten der Hemisphärenwand und deren histologisclies Verhalten. m vierten Monat; mit Ausnahme weniger; besonders sicli verhaltender Bezirke, in der Umg-ebung- des gesamten Ventrikelgebietes zur Ausbildung gelangt ist. Es ergibt sich daraus, daß das Hemisphärenmark nicht von Anfang ab als geschlossene Faserschicht auftritt, sondern daß es sich sein Gebiet schritt- weise erobern und noch während geraumer Zeit mit Straßen von durcli- wandernden Neuroblasten teilen muß. Die Markschicht der Hemisphären bewahrt bekanntlich zeitlebens einen blättrigen Bau, der in einzelnen Be- zirken, wie z. B. im Balken, besonders deutlich hervortritt. Dieser Bau leitet sich aus der Bildungsweise der ursprünglichen Anlage ab, deren Spuren, in der Anordnung des Gliagerüstes und der Faserbündel erhalten bleiben. Die Hemisphärenwand im vierten Monat. Zu Ende des dritten Monats ist die Dicke der Hemisphärenwand noch gering und die Höhlung verhältnismäßig weit. Die oben mitgeteilten Messungen zeigen für Foetus Cr noch eine Wanddicke von 0.5 bis 1.1 mm. Im Laufe des vierten Monats ändert sich dies Verhältnis und bei dem vier Monate alten Foetus PI (SSI. 12 mm) mißt die Wanddicke an den meisten Stellen um 4 mm, stellenweise sogar bis zu 5 mm. Dementsprechend sind auch die Seitenventrikel erheblich verengert und in einem Teil ihrer Aus- dehnung zu schmalen Spalten umgewandelt. Die Entwicklung der Hemisphären ist zu der Zeit ziemlich weit fort- geschritten. Äußerlich ist die Grundform von der bleibenden nur wenig unterschieden. Stirn- und Schläfenlappen sind durch die breit klaffende Fossa Sylvii voneinander geschieden, die einzige an der Seitenfläche sichtbare Spalte. Der Hinterhauptslappen tritt mit stumpfer Spitze nach rückwärts vor und überdeckt völlig das Kleinhirn. Der Balken und die vordere Kommissur sind vorhanden, das vordere Riechhirn zu einem langen Strang ausgezogen. An der medialen Wand machen sich vor allem die tiefe Fissura calcarina und die F. parietooccipitalis bemerkbar, außerdem die Fissura corporis callosi, die Fissura prima (parolfactoria BNA), und am Schläfenlappen die F. hippocampi. In den Seitenventrikeln scheiden sich Vorder-, Hinter- und Unterhorn. Aus der Seitenwand des Vorder- und des Unterhornes drängt sich der Streifenhügel als spangenartig gebogener, stark gewölbter Wulst hervor und er erfüllt die Lichtung großenteils bis auf eine enge Spalte. Im Hinterhorn bildet die mediale Wand eine gegen die Lichtung mächtig hervortretende Falte, die Anlage des Calcar avis. Der Säulenteil des Fornix sondert sich noch unscharf von den dickwandigen Trapezplatten, seine Schenkel schließen sich als gleichfalls noch dicke Platten dem durchweg ausgebildeten Hippocampus an. Die Gliederung der Wand erscheint zu Ende des vierten Monats reicher als zuvor. So lassen sich bei Foetus PI (12 mm SSI.) in der lateralen Wand 112 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. des Hinterlappeiis acht verschieden sich verhaltende Schichten unterscheiden, von denen die einen auf die früher vorhandenen Schichten zurückführbar sind, wogegen andere als neu hinzugekommene zu verstehen sind (Fig. 75). I) Die Schicht des Höhlengraues oder Matrix; Fig. 75. Durchsehuitt durch den Occipitallappen des Gehirns von Foetu.s PI (12 cm SSL). Die laterale Wand zeigt die im Text angegebene Schichtung. Die Eindenschicht ist an ihrer peripherischen Oberfläche mit pilzartigen Auswüclisen besetzt , über denen die Eandschicht glatt hinweggeht. Der nach links gekehrte Einschnitt ist die Fissura calcarina , der in den Ventrikel vorragende breite Wulst der Calcar avis , dessen freie Oberfläche mit einer sehr dünnen Schicht von Höhlengrau bekleidet ist. Auch die Eindenschicht ist am Grund der Fissura calcarina erheblich dünner, als im übrigen Umfang der Wand. 2) eine innere streifige Schicht; 3) eine innere Übergangsschicht; 4) eine äußere streifige Schicht; 5) eine äußere Übergangsschicht ; 6) eine blasse, breite Zone, die Zwischenschicht; 7j die Schicht der Rindenpyramiden; 8) die Eandschicht (Randschleier). Die Schiebten der Hemisp^liärenwancl und deren liistologisclies Yerlialten. 113 Von diesen acht Scliichten entspreclien 1, 6, 7 und 8 den gleichnaniig-en Schichten vorangeg-ang-ener Stufen. Dagegen umfassen die streifigen und die Übergangsschichten 2, d, 4 und 5 die alhnählich neu hin/Aigekonuiienen Anlagen des HeniisphärenniarkeSj und wir Ivönnen sie unter der gemeinsamen Bezeichnung der Markschichten zusammenfassen. Die Schicht des Höhlengraues enthält dicht gedrängte kernhaltige Zellenleiber, sie entsendet in die nächstfolgende Schicht blattartig angeordnete zellenreiche Streifen, die mit flachen Lagen von Nervenfasern abwechseln (Fig. 76). Je nach der Schnittrichtung stehen die Blätter der streifigen Schicht senkrecht, schräg oder parallel zur Ventrikel- fläche ; auch finden sich Umbiegungen aus einer Richtung in die andere. Nach aus- wärts von der inne- ren streifigen Schicht und nur durch einen schmalen Zwischen- streifen davon ge- trennt, folgt eine wei- tere streifige Schicht, der ersteren ähnlich, aber mit anders ge- richteter Streifung. Steht die Streifung in der inneren Schicht senkrecht zur Ven- trikelfläche , so ver- läuft sie in der äuße- ren parallel oder doch schräg zu dieser und umgekehrt. Die Richtung der Blätterschichtung und die des Faserverlaufes innerhalb der Blätter fallen nicht notwendig zu- sammen. An Blättern, die senkrecht zur Oberfläche stehen, erscheinen die Fasern durchweg querer geschnitten. In Blättern parallel zur Oberfläche fallen Faserrichtung und Blattrichtung im allgemeinen zusammen. Für beide Fälle ergibt sich sonach, daß die innersten Faserlageu in ihrer Verlaufs- richtung der Ventrikelfläche folgen, ein Verhalten, das für die Balkenfasern 5^eitlebens zutrifft. Die beiden Übergangsschichten heben sich durch ihren größeren Kernreichtum und dementsprechende dunklere Färbung von den Nachbarschichten ab, stellenweise treten sie auch als Doppelstreifen auf. Die Schicht, die ich oben als breite, blasse bezeichnet habe, ist aus der Zwischenschicht früherer Stadien abzuleiten. Wie diese ist sie von His, Die Entwicklung d. nicnschl. Geliirns. 8 Fig. 76. Ventrilsuläre Oberfläche der Hemispliärenwand von Foetus PI. Der Schnitt zeigt die noch ziemlich dicke Schicht von Höhlengran und die von dieser nach auswärts ausstrahlenden dunkeln (zellenreichen) Streifen. Zwischen den letzteren liegen in blattartiger Anordnung die Markfasern, die den Pvramidenzellen der Einde entstammen. 114 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. zahlreichen Radiärfasern und radiär gestellten Zellenleibern durchsetzt, und sie schließt sich mit beiderlei Bestandteilen der Rindenschicht an (Fig. 77). Diese zeigt; da wo die Schnitte senkrecht zur Oberfläche geführt sind, in ihrer ge- samten Dicke einen ausgeprägt radiärstreifigen Bau. Wird sie vom Schnitte schräg getroffen, so zeigt sie eine der Oberfläche parallele Streifung (Fig. 78). Um von der relativen Mächtigkeit der verschiedenen Schichten eine Vor- stellung zu geben, teile ich Dickenmaße mit, die ich bei F@etus PI an der -tS^l' ^"^-1 Fig. 77. Durchschnitt durch den äußeren Wandabschnitt des Occipitalhirns von Foetus PI. Der Schnitt zeigt die äußere streifige und die äußere IJbergangssehicht , sowie die bloße Zwischenschicht und deren An- schluß an die Eindensehicht. lateralen Wand des Hinterhorns aufgenommen habe: Die Gesamtdicke der Wand von der Ventrikel- bis zur Außenfläche beträgt 4 mm. Davon kommen auf: oder zusammengefaßt das Höhlengrau . . . . 0.2 mm das Höhlengrau . .0.2 mm die Markschichten .1.6 „ die Zwischenschicht 1.4 ,, Rinden- und Rand- . Schicht . . . . 0.8 „ die innere streifige Schicht 0.5 „ die innere Übergangsschicht 0.2 „ die äußere streifige Schicht 0.6 „ die äußere Übergangsschicht 0.3 „ die Zwischenschicht . . . 1.4 ,, die Rinden- mit Einschluß der Randschicht 0.8 „ Die mächtigste Schicht ist die aus der früheren Zwischenschicht her- vorgegangene blasse Schicht, sie nimmt über ein Drittel der gesamten AVanddicke ein. Sie ist es aber auch, die die ausgiebigsten Dicken- Die Schichten der Hemisphärenwaiid und deren liistologisches Verhalten. 115 Schwankungen zeigt. Überall da, wo die Einde sich einfaltet, geschieht die Einfaltung auf Kosten der Zwischenschicht, und deren Dicke kann unterhalb von Rindenfalten bis unter die Hälfte ihres sonstigen I>etrages herabgehen. An solchen eingefalteten Stellen pflegt sich übrigens auch die Rindenschicht etwas zu verdünnen. Der größere Teil der Hemisphärenwand ist nach dem eben be- schriebenen Typus gegliedert. Die absoluten und relativen Dickenmaße der Schichten wechseln zwar, aber in allen typisch gebauten Strecken folgt auf Fig. 78. Diirehsehnitt durch die Hemisphäremvaiid von Foetus PI. In der Rindenschiclit und teilweise schon in der Zwischenschicht ist eine der Oberfläche parallele Schichtuiig wahrzunehmen. Die bei Fig. 77 längs- getroffenen Blätter sind hier quer- oder schräggetroffen , wie dies auch aus dem Verhalten der Blutgefäße ersichtlich ist. Diese sind bei Fig. 77 radiär angeordnet . bei Fig. 78 ist eine solche Anordnung nur noch innerlialb der streifigen Schicht und auch hier unvollkommen ausgesprochen. (Zu Seite 114.) das Höhlengrau eine ein- oder mehrfache streifige Schicht, in der Blätter eines zellenreichen GcAvebes mit Faserplatten abwechseln. Nach außen davon kommen eine radiär streifige Zwischenschicht, soAvie eine Pyramiden- zellen- und eine Randschicht. Im Stirnlappen vereinfacht sich die Anord- nung, indem eine einzige streifige Schicht von erheblicher Dicke auftritt. Die Zwischenschicht bleibt hier verhältnismäßig schmal. Ich messe z. B. an einem Schnitt durch die laterale Wand des Yorderhorns : die Gesamtdicke 8.5 mm davon das Höhlengrau ^--i .v die streifige Schicht !•- ;? die Zwischenschicht 0.7 ,, die Rinden- nebst der Randschicht . 1.0 „ 8* 116 Die Entwicklung- der Großhirnhemisphären. Fig. 79. Horizoiitalschnitt durch das Gehirn von Foetus CP (SSI. 16 cm). Fs sind vom Schnitt getroffen : Die Sehliügel und die verschiedenen Glieder des Streifenhügels. N. caudatus, innere Kapsel, Linsenkern und Claustrum. Die Sehhügel sind vom Anfangsteil des Hippocampus und den Fornixschenkelu eingefaßt. Nach vorn sind sie durch die beiden Foramina Monroi von den Fornixsäulen geschieden. Die aus den früheren Trapezplatten hervorgegangenen Abschnitte der Hemisphärenwand sind im Bereiche der Fornixsäulen mit- einander verwachsen (die Verwachsungslinie zeichnet sieh als dunkler Streifen). Weiter nach vorn klaffen sie und nehmen eine dünne Fortsetzung der Pia zwischen sich. Der klaffende Eaum ist der nach vorn noch nicht abgeschlossene Ventriculus septi pellucidi. In betreff der Schichtung der Hemisphärenwand verweise ich auf den Text. Die Eindenschicht sieht man sowohl vor dem Septum pellucidum als am Hippocampus frei auslaufen. Dieselbe Scliiclitung- der Hemisphärenwand wie bei Foetus PI finde ich bei dem 16 cm langen Foetus CP. Auf das Höhlengrau folgt eine doppelte Die Scliichteu der Hemispliiirenwand und deren liistologisclies Verlialten. -117 Markfaserscbiclitj im Occipitalhirn mit gekreuztem Verlauf der Faserbündel. Dami kommt eine kernreichere Übergangsschicht , nach dieser die blasse Zwischenschicht und die Rindenschicht. An den horizontal geführten Schnitten (Fig. 79, S. 116) sind die Beziehungen der Wandschichten zu den Gliedern des Streifenhügelgebietes zu verfolgen. Das Höhlengrau geht in den Xucleus caudatus über, der Avie ein massiger Klumpen unverbrauchten Bildungs- materiales gegen die Ventrikelhöhle sich vorwölbt. Die innere Kapsel schließt sich den Markfaserschichten der übrigen Wand an, der Linsenkern, nach beiden Richtungen sich zuschärfend, wird durch die Endabschnitte der inneren Kapsel eingesäumt, und das Claustrum setzt sich in die äußere Über- gangsschicht fort. Letzteres erscheint somit als Rest einer Bildung, die in früherer Zeit eine viel allgemeinere Ausbreitung besessen hat. Eine weitere Verfolgung der Hemisphärenschichten auf spätere Ge- legenheit versparend, wende ich mich zu den Entwicklungsvorgängen der medialen Wand zurück. Zuvor sind noch gewisse Eigentümlichkeiten der Rindenoberfläche zu besprechen. Die Retziusscheii Wärzelieii an der Oberfläche foetaler Großhirnhemisphären. Die Hemisphärendurchsclmitte der Figuren 75 und 77, die von dem 1 2 cm langen Foetus PI stammen , zeigen eigentümliche warzen- und pilz- förmige Auswüchse an der der Oberfläche zugekehrten Seite der Rinden- schicht. Ich hatte vor einigen Jahren Anlaß der histologischen Sektion des internationalen medizinischen Kongresses in Paris eine kurze Mitteilung über diese sonderbaren Gebilde zu machen. ^) Später habe ich bei der makroskopischen Präparation von Foetus aus der Zeit des vierten Monats, die in Formalin aufgehoben waren, gefunden, daß die oberflächliche Schicht der Hemisphären sicii vielfach mit den Hirnhäuten ablöste und nun traten darunter eigentümliche Wülste und Wärzchen hervor, deren Durchmesser zwischen -'j^ und 1 mm betrug, und die in geringen Abständen voneinander lagen. Einzelne dieser Gebilde waren halbkuglig gestaltet, andere länglich und verbogen (wurstförmig). Die Zusammengehörigkeit dieser Gebilde mit den auf Durchschnitten gesehenen mußte von vornherein sehr wahrscheinlich erscheinen. Die Schnitte durch solche Gehirne zeigen in der Tat ähnliche Hervortreibungen der Rindenschicht. Diese Schicht erscheint zu der Zeit ungemein zellenreich, ihre Zellen sind regelmäßig radiär angeordnet, in den tieferen Zonen der Schicht liegen sie senkrecht zur Außenfläche des Gehirns, beim Übergang in die Wärzchen weichen sie fächerförmig auseinander. Die innere Begrenzung des Zellenlagers folgt den Bewegungen der Außenfläche ^) XIII e Congres international de Medeeine. Paris 1900. Compte rendn. Section d'Histologie et d'Embryologie p. 36. 118 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. nicht, sie verläuft glatt oder in breiten, flachen Wellenlinien. Auch die Eandschicht zieht sich glatt über den Wärzchen hinweg und sie besitzt demnach eine wechselnde Dicke, eine geringe über den Erhebungen, eine größere in den Zwischenräumen. Es hat sich weiterhin herausgestellt, daß ähnliche Gebilde bei Foetus des vierten Monats schon vor mir gesehen worden sind. In seinem großartig angelegten, an tatsächlichen Befunden so reichem Werk „Über das Menschenhirn" hat Gustav Retzius ^) u. a. Be- obachtungen mitgeteilt, die sich auf die von mir gesehenen Dinge zu be- ziehen scheinen. Retzius sagt nämlich im angeführten Werke : „Außerdem habe ich am viermonatlichen menschlichen Gehirn noch eine andere Art eigentümlicher Wucherung, die ich schon früher beschrieben, wahrgenommen. An der Außenfläche von Gehirnen, welche mit Chromosmiumessigsäure be- handelt waren, sah ich eine feingranulierte Beschaffenheit durch die glatte Oberfläche durchschimmern; hier und da hatte sich die äußerste dünne Oberflächenschicht abgelöst , und dann erschienen diese Stellen gleichsam gekörnt oder mit dicbten, rundlichen Erhabenheiten besetzt. Bei der mikro- skopischen Untersuchung senkrechter durch die Oberfläche gelegter Schnitte ergab es sich, daß die granulierte Beschaffenheit von einer ungleichen Wucherung der Pyramidenzellenschicht herrührt, welche in rundlichen Er- habenheiten emporgeschossen war; die Zwischenräume dieser „Granulationen" waren von der äußersten sogen, molekularen Schicht ausgefüllt, so daß die eigentliche Oberfläche des Gehirns, wenn diese Schicht nicht abgelöst war, glatt erschien." „Diese eigentümlichen , Granulationen' der Pyramidenzellen sah ich auffallend oft in Gehirnen aus dem vierten Monat , an Gehirnen aus dem fünften aber selten. Ich bin in der Tat geneigt, sie eher als eine natürliche, denn als eine abnorme Erscheinung zu betrachten; sie scheinen mir auf eine vorübergehende sehr energische Entwicklung der Pyramiden- zellenschicht hinzudeuten, die jedoch bald wieder durch die Ausbildung der angrenzenden Schichten ausgeglichen wird. Man muß sich aber auch die Möglichkeit denken, daß diese Granulation eine krankhafte Erscheinung sein kann, was in Anbetracht des so zahlreichen Vorkommens pathologisch entwickelter (u. a. syphilitischer) Aborte nicht ohne weiteres auszuschließen ist." In der Tafelerklärung wird von Retzius die Möglichkeit pathologischer Bildung gleichfalls hervorgehoben. Retzius beschreibt und zeichnet überdies (1. c. S. 76 und Tafeln L und LI) am Gyrus hippocampi des erwachsenen Gehirns als eine konstante Bildung dicht gedrängte Wärzchen als „Verrucae Gyri hippocampi". Die Zeichnung und noch mehr die vergrößerte Photographie, die Retzius von dieser Bildung mitteilt, erinnern auffallend an das Bild der an der foetalen Hiruoberfläche zu beobachtenden Wärzchen, auch hier treten, außer den 1) G. Retzius, Das Menschenhirn. Stockholm 1895. S. IT u. Taf. II Figg. 18, 20 u. 21. Die Blutgefäße des Vorderhirns. {{Q einfachen, rundliclien Hügeln, etwas gestreckte und verbogene Formen auf. Retzius selber scheint eine Beziehung zwischen den von ihm auf- gefundenen Wärzchen des Gyrus liippocanipi und den ,,Granulationen'' der foetalen Gehirnoberfläche nicht anzunehmen, wenigstens äußert er sich nicht darüber, und während er in dem einen Fall von „feinen Granulationen" spricht, so beschreibt er in dem andern Fall „dicht gedrängte Wärzchen". Retzius gibt laut obigem Zitat an, daß er die „feingranulierte Be- schaffenheit der Rindenschicht durch die glatte Oberfläche hat durcli- schimmern" sehen. Ich habe auch meinerseits Präparate in Händen gehabt, an denen ein Hindurchschimmern kleiner Wärzchen durch die unverletzte Oberfäche hindurch wahrnehmbar war. Am deutlichsten fand ich dies Ver- halten an Gehirnen ausgeprägt, die zuerst in Formalin aufgehoben und dann auf einige Tage in Müller sehe Lösung gebracht worden waren. Retzius spricht sich über den normalen oder pathologischen Charakter der von ihm bearbeiteten Foetus sehr zurückhaltend aus und weist insbesondere auf die Möglichkeit luetischer Veränderungen hin. Meinerseits habe ich keinen Grund, so zurückhaltend zu sein, denn mehrere meiner Präparate, an denen die Hemisphärenwärzchen trefflich zu sehen waren, stammen aus Leichen von gesunden Selbstmörderinnen, und die betreffenden Foetus haben sich durch ihr wohlgenährtes Aussehen als' normal beurkundet. Eine andere Frage ist die, ob es sich auch hierbei um postmortale Quellungserschei- nungen handelt, eine Annahme, die Hochstetter ^) zu vertreten scheint. Es würde dies wohl ohne weiteres anzunehmen sein, wenn die äußere Randschicht an den Niveaubewegungen der unterliegenden Rindenschicht beteiligt wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Wie die Figuren 73 und 75 zeigen, so zieht sich die Randschicht völlig glatt und gleichmäßig über die Unebenheiten der Rindenschicht hinweg. Die Frage über die Bedeutung der fraglichen Wärzchen bedarf daher noch eingehender weiterer Prüfung'. Die Blutgefäße des Vorderhirns. Schon vom Beginn des zweiten Monats ab erscheint der gesamte Körper des Embryo sehr gefäßreich; dichte Xetze von weiten Kapillaren häufen sich insbesondere überall an den Grenzflächen von Mesenchym und von ectodermalen Anlagen an. Li der nächstfolgenden Zeit nimmt die Dichtigkeit der Gefäßgerüste noch zu, und speziell das Gehirn wird in allen seinen Teilen von fast ununterbrochenen Lagen von relativ weiten, blutüberfüllten Kanälen umgeben. Von der Dichtigkeit des Systemes kann Fig. 80, S. 120, eine Vorstellung geben, die Reproduktion eines Sagittalsehnittes, der die Gefäße des Mittelhirns und teilweise noch die des Thalamus streift . und ^) HOCHSTETTER, 1. C. S. 5. 120 Die Entwiekhmg der GroßhimhemisphäreD- an dem auch die Gefäßumkleiduiij^ der Großhirnhemisphäre und des Cere- bellums im Durchschnitt Teifolgbar ist. Der Schnitt stammt von dem 15,6 mm langen, etwa 6 Wochen alten Embryo TTi. Von dem 7 wöchentlichen Enibno Lhs Xl. 17 mm teile ich Fig. Sl, S. 121. eine nach dem frischen Präparate aufgenommene Flächenzeichnung mit. Der Gnmdcharakter der Gefäßanordnung is^ wie man sieht, derselbe wie bei Wi. und er findet sich c*^- Fj^. *>. SaginaJ^efaidit dnrefa den Kopf des EmtüTo Wi, äeiuHtli ■weit latenlwäns geführt. A'om Gthim «iiad dk; Hennüphäi« des GroAürns and die des KkräMms gestreift. 1>ie Ba-salreDe tritt als •tark gelx^ener j«taHm der licuBtlen Gebimfläeiie eatbatg und ninanit »XleathsiXben starke tmd diebt gelagerte BogengeBSe auf. • Za Seite 119- j bei allen genügend frisch zur Beobachtung gelangenden Embryonen des zweiten Monats in eben der Weise wieder. .Starke, in kurzen Abständen aufeinander folgende Sammelnerven umgreifen die Seitenflächen des Gehirns, und sie münden jederseits in einen starken zur .Itigularrene hinführenden Stamm ein . den wir als B a s a 1 v e n e bezeichnen können. In meinen Originalzeichnungen vom Embryo Lhs finde ich den Stamm nicht angegeben, wohl aber in anderen Zeichnungen von zum Teil noch jüngeren Embrj-onen, und sehr mächtig tritt sie an den Sagittalschnitten vom Embryo Wi zutage, wie sie denn auch in Fiusbildung laut und Fig. 98 S. 14 4), sehr stark klaffen Text s. 128. ^ i?.s-. = Eandschicht , i?. = Eindensehieht . Mp. kann. Retzius, der auf die Trennung _ Markpiattc, s/. = Höwengrau. Ilis, Die Entwicklung d. mensehl. Gehirns. 9 pSt:i!:"%^=>' / 130 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. dieser Rinne von der Fissura hippocampi hinweist, nennt sie den Siilcus f imbrio-dentatus. ^) Die obere Fortsetzung der Rinne entspricht der am foetalen Gehirn vorhandenen medianen Unterbrechung des Indusium griseum. Balkenanlage bei Foetus Cc von 8.3 cm SSI. Obige etwas summarische Angaben bedürfen einer genaueren Begründung, und ich knüpfe an die an einem Foetus von 8.3 mm SSI. gemachten Be- Fig. 86. Durchschnitt durch das Gehirn eines Foetus von 8.3 cm SSI. Nach dem Photogramm des Schnittes gepaust , unter Weglassung aller für das Verständnis von Balken- und Hippocampusbildung unwesentlichen Verhältnisse. Cs. = Corpus striatuni, Th. = Thalamus. (Zu Seite 128.) obachtungen an. Das allerdings nicht ganz tadellos konservierte Gehirn war in Scheiben von 25 /^t zerlegt und von diesen eine größere Anzahl bei sechsfacher Vergrößerung photographiert Avorden. Nach den Photogramnien ^) G. Retzius schildert in seinem fundamentalen Werk über das Menschenhirn S. 82 speziell auch für das Limbusgebiet ein reiches anatomisches Detail, dessen ent- wickhingsgeschichtliche Ableitung einer Spezialuntersuchung vorbehalten bleiben muß. Commissura anterior und Balken. 131 und teilweise auf Grund direkter Messungen an den Schnitten sind die in den Figuren dargestellten Konstruktionen entworfen. Dabei habe ich alles weggelassen, wobei postmortale Faltungen im Spiel sein konnten. Die Konstruktion Figur 87 zeigt die von ihrer Verbindung mit dem Thalamus losgelöst gedachte Hemisphäre. Es sind daran der Limbus und das Ausdehnimgsgebiet seiner Blutgefäße dargestellt , die außerlialb des Limbus liegende Fläche ist nicht ausgeführt. Im vorderen Hemi- sphärengebiet tritt bei diesem Konstruktionsbild die schon von jüngeren Fig. 87. Konstruktiousbild. der medialen Hemisphäreuwand von Foetiis Cc von 8.3 cm SSI. mit eingezeichneten Blutgefäßen des Limbus. Die Einzelheiten der Verzweigung sind frei dargestellt , dagegen entsprechen die vordere Bogenvene und die Gefäßketten längs der Bogenfurche und längs der Fissura ehorioidea dem Ver- halten der Schnitte. C7. ^ Kontaktfläche , F. = Verwachsungsfläche, in deren oberem Abschnitt die Balken- anlage punktiert angegeben ist. P. = Schnittfläche des Hemisphärenstiels , L. i. = Lamina infrachorioidea. Stufen her bekannte vordere Bogenvene auffällig hervor. Die beiden Schenkel ihres Bogens bilden einen nach vorn spitzen Winkel, und während die Vene aus dem an der Peripherie des Bogens liegenden Gebiet kräftige Wurzel- stämmchen aufnimmt, erhält sie aus dem von ihr umschlossenen Feld nur feine Zuflüsse. Im ganzen läßt nunmehr das vor der Schlußplatte des dritten Ventrikels liegende Feld drei Abteilungen unterscheiden, die wir als freie, als Kontaktfläche und als Verwachsungsgebiet bezeichnen können. 132 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. Letztere beiden Abteilungen sind aus der früheren Trapezzone abzuleiten. In der davor gelegenen freien Fläche berühren sich die beiderseitigen Hemisphärenwände nicht unmittelbar, und sie sind durch die Hirnsichel mit ihrer beiderseitigen gefäßreichen Piabekleidung voneinander geschieden. Im Kontaktbezirk legen sich die Wandungen der Hemisphären flach aneinander an, die Sichel reduziert sich auf eine sehr dünne Platte mit feinen kapillaren Blutgefäßen. Zwischen ihr und der Verschlußplatte liegt ein Feld, innerhalb dessen die beiden Trapezplatten zur Verwachsung gelangt sind. Dies Verwachsungsfeld beginnt unten schmal, verbreitert sich nach oben hin und endigt abgerundet. Seine Gesamtform ist somit eine gekrümmt birnförmige. In seinem an die Schlußplatte anstoßenden Rand liegt die oben besprochene vordere Kommissur. In Figur 87 ist das Verwachsungsfeld weiß ausgespart. Hinter dem oberen Ende des Feldes liegt der Anfang der Fissura chorioidea, deren Fortsetzung nunmehr den Thalamus im Bogen umgreift und bis in die Nähe des Uncus verfolgbar ist. Parallel mit der Fissura chorioidea verläuft die Fissura hippocampi, die untere Fortsetzung der Bogenfurche. Diese Furchen enthalten starke, untereinander in Ver- bindung stehende Gefäßzüge. Das Grundgewebe des Verwachsungsbezirkes ist ein kernreiches, eng- maschiges Gliagerüst, das von feinen Kapillarlücken durchsetzt wird. Stellenweise erscheint dies Gerüst noch von eingelagerten Fasern frei, im übrigen wird es, abgesehen von der vordem Kommissur, von Faserzügen der Fornixsäulen und von Balkenfasern durchzogen. In Figur 86 habe ich die aus den Schnitten sich ergebenden Faserverteilung eingezeichnet. Vor dem Verwachsungsfeld steigt der mediale Riechst reifen eine Strecke weit in die Höhe und verliert sich dann allmählich in der Hemi- sphärenwand. Das der Fornixsäule angehörige Bündel besteht aus groben Faserzügen, die schräg von oben nach abwärts verfolgbar, hinter der vordem Kom- missur vorbei in die Masse des Sehhügels eintreten und sich hier, in Büschel zerteilt, verlieren. Das obere Ende des Fornixbündels geht vor den gekreuzten Balkenfasern in die Höhe und läßt sich bis zur Randlippe verfolgen. Ein Teil der Fornixbündel kreuzt sich unter spitzem Winkel mit denen der anderen Seite. Das Verhalten des gesamten Faserzuges und vor allem sein Verhalten zur Balkenanlage zeigt, daß er zum System des Fornix longus gehört, dessen Fasern, den vorhandenen Angaben zu- folge, nach abwärts in den Fornixsäulen sich sammeln, während sie nach aufwärts den Balken durchsetzen und großenteils im Gyrus fornicatus sich verlieren. ^) Dies primäre Fornixbündel entsteht später als die vordere 1) Man vergl. Köllikbr, Gewebelehre. 1896 6. Aufl. Bd. II S. 779 ff. Nach den auf Degenerationsversuchen basierenden Angaben von Bechterew (Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark, deutsch von Weinberg 2. Aufl. 1899 S. 538 ff.) soll die Cominissura anterior und Balken. 133 Kommissur. Letztere ist schon bei Foetus Doed. vorbanden, vom Fornix- bündel ist aber noch keine Spur sichtbar. Die als Balkenfasern zu deutenden gekreuzten Fasern nehmen den hinteren, oberen Abschnitt des Verwachsungsfeldes ein, sie sind viel feiner als die Fornixfasern und beschreiben flache Bogen. Der Durchschnitt des zur Zeit vorhandenen Balkengebietes bildet einen nach vorn etwas konkaven Bogen. Nach Befunden an median halbierten Gehirnen haben eine Reihe Fig. 88. Dieselbe Hemispliärenwand mit eingezeiclineter Anlage des Balkens, der Foniixsäule und des medialen Eiechstreifens. Das birnförmige Verwaelisungsfeld ist hell ausgespart , die nach vorn konkav gekrümmte Balkenanlage und die Commissura anterior sind punktiert, die Fornixsäule und die Stria olfactoria sind gestreift dargestellt. (Zu Seite 132.) von Beobachtern (Retzius, Maechand, Goldstein) die erste Balkenaulage als eine nach vorn konkave Platte beschrieben. In der Regel ist diese Platte als die Anlage des Gesamtbalkens und der Ort ihres ersten Auf- Faserbahn im Fornix longiis eine absteigende sein und von der Hirnrinde des Scliläfen- lappens znm Septum pellucidum und zum basalen Opticusganglion hinführen. Die von mir beschriebenen frühfoetalen Faserzüge der Fornixsäulen seheinen, soweit ich verfolgen kann, ihren Ursprung im basalen Teil des Zwischenhirns zu nehmen. Es ist indessen möglich, daß späterhin andere, umgekehrt verlaufende Faserzüge ihnen sich beigesellen. 134 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. Fig. 89. Flächenkonstruktion der Balkenanlage des Foetus von 8.3 cm SSI. Die Zeichnung ist so entworfen, als ob man von unten her in die eröffneten Ventrikelhöhlen hineinblickte. Das Corpus striatnra {C.s.) ist nur in seinem obersten Teil gestreift, da seine vollständige Einzeichnmig zuviel verdeckt hätte. Dagegen ist der divergierende Abschnitt der Eandlippen mit seinem Gefäßbelag eine Strecke weit eingezeichnet. In dem vorderen Abschnitt der Figur sind die HemisiJhärenwandungeu unterhalb der Bogenfalten durchschnitten gedacht, man sieht daher eine Strecke weit auf die untere Fläche der Falten (Bf.). Die medialen Wandungen der beiden Hemisphären sind vorn durch die Hirnsichel (S.) \mä die sie bekleidenden zwei Piaplatten geschieden. Hierauf folgt ein längeres Kontaktgebiet (C.) mit dünnem, inneliegenden Gefäßfortsatz und am tiefsten liegend das Verwachsungsfeld (F.), in dessen hinterem Abschnitt die Balkenfasern liegen. Hinter der Balkenanlage findet sich ein kurzer Einschnitt mit schmalem Gefäßfortsatz , und dann weichen die beiden Randlii^pen stark divergierend auseinander. Die queren Balkenfasern reichen eine kurze Strecke weit in die Wand der Bogenfalte hinein, dann biegen sie um und wenden sich, was an der Figur nicht darstellbar war, scheitelwärts. tretens als der des Balkenkniees gedeutet worden. ^) Die Frage ist nur durch eingehendes Studium dieser und der späteren Entwicklungsstufen zu ^) Die Angabe , daß das Knie der zuerst gebildete Teil des Balkens sei , findet sich schon bei Tibdemann (Anatomie und Bildungsgeschichte des Gehirns 1816 S. 155 ff.), Commissura anterior und Balken. 135 entscheiden. Um auf der vorliegenden frühen Stufe etwas klarere An- schauungen zu gewinnen, habe ich in Figur 89 die Balkenanlage im Flächen- bild konstruiert; dessen Einzelheiten in der beigesetzten Erklärung er- läutert sind. Die Übersicht des Gesamtbildes zeigt die Balkenfasern nur wenig vor einer Ebene liegend, die das Gehirn in eine vordere und eine hintere Hälfte zerlegt. Seitwärts verlängert w^ürden die Fasern mitten durch den Streifenhügel hindurchgehen. Das sind Beziehungen, die für mittlere Ab- schnitte des Balkenkörpers passen, nicht aber für das Balkenknie. Ebenso ergibt sich aus dem Verhalten der ersten Balkenanlage zu den Fornix- säulen, daß jene nicht am Orte des späteren Balkenknies gelegen ist. Das zuerst gebildete Stück Balken liegt noch hinter den Fornixsäulen, während doch das Balkenknie um die ganze Länge des Septum pellucidum dem letzteren voransteht. Eine obere " Verlängerung der Fornixsäulen würde am ausgebildeten Gehirn die Mitte des Balkenkörpers treffen. Die ersten auf tretenden Balkenfasern gehören, das läßt sich jetzt schon mit Bestimmtheit aussprechen, d e m M i 1 1 e 1 g e b i e t des B a 1 k e n k ö r p e r s an. Ein noch genaueres Urteil geben numerische Bestimmungen. Setze ich die Länge der Hemisphäre = 100 und bestimme die proportionale Stellung von Balken und Commissura anterior, so finde ich laut drei Messungen, von denen eine am medianen Gehirnschnitt eines Erwachsenen, die zweite an dem nachher zu besprechenden Foetus PI (SSL 12 cm) und die dritte am Foetus Cc von 8.3 cm SSL vorgenommen sind, folgende Werte: Erwach- sener II. Foetus PI 12 cm III. Foetus Cc 8.3 cm Gesamtlänge der Hemisphäre Länge vor dem Balken . . Balkenlänge Länge hinter dem Balken Ort der vorderen Kommissur 100 20.8 39.2 40.0 37.42 100 25.6 30.8 43.6 38 100 42 5 53 44.1 Anschaulich tritt das Verhältnis der drei Messungen in der folgenden graphischen Darstellung hervor, bei der der Ort des Balkens durch einen schraffierten Strich, der der vorderen Kommissur durch einen kleineu Kreis sowie bei Friede. Arnold (Anatomie des Menschen 1851 Bd. II S. 1232). Nach Tiede- MANN soll der Balken aus den umgebogenen Fasern der Hirnschenkel hervorgehen, wogegen ihn Arnold als selbständige Bildung entstehen und nach beiden Seiten hin in die Bogenfurche der Hemisphäre hineinwachsen läfit. Die Abstammung der Balken- fasern aus der Hirnrinde und ihre Durchkreuzung mit den Fasern der Hirnschenkel war von Gall angegeben worden, aber Tiedemaxx bezeichnet die Angabe als bloßes Hirngespinst. 136 I^iß Entwicklung der Großhirnhemisphären. und der der faserfreien Verwachsiingsfläclie bei III als ein helles Feld an- gegeben ist. 5 10 15 20 25 30 35 W ttS 50 55 60 65 10 15 80 85 90 95 100 JE- Bei PI liegt der Ort der vorderen Kommissur ziemlich genau wie beim Erwachsenen, dagegen reicht der Balken sowohl nach vorn, als nach rück- wärts weniger weit und damit stimmt auch das Verhalten der Schnitte, das darauf hinweist, daß bei PI der Balken nach beiden Richtungen hin noch unabgeschlossen ist. Beim Foetus von 8.3 cm SSI. liegt die vordere Kommissur etwas weiter hinten, als beim Erwachsenen und bei PL Das scheint sich darauf zu beziehen, daß die Hinterlappen der Hemisphären noch nicht völlig in ihre Stellung eingerückt sind. Im übrigen ist der proportionale Abstand der vorderen Balkenfasern vom vordem Hemisphärenrand genau noch einmal so lang, als beim Erwachsenen. Hier beträgt er gegen 21 , dort volle 42 ^/q der Gesamtlänge. Die Querschnitte durch das Verwachsungsgebiet der Hemisphären ergeben bei Foetus 8.3 cm SSI. noch weitere Eigentümlichkeiten, die für das Ver- ständnis der Balkenbildung bedeutsam sind (Fig. 90, S. 137). Die obere Fläche des Balkens, bez. der Verbindungsplatte zeigt einen tiefen medianen Einschnitt, in den ein Gefäßfortsatz hineinragt. Die beiderseitigen Streifen von Rindensubstanz treten unter allmählicher Zuschärfung bis an den Rand des Einschnittes, ohne dessen Grund zu erreichen und ohne sich dem- nach zu berühren. Die Furche schneidet, wie auch das Konstruktionsbild Figur 89 zeigt, nach rückwärts immer tiefer ein, bis es dann schließlich zum Auseinanderweichen der Randlippen kommt. Anfangs bleiben die sich trennenden Randlippen mit ihren konvexen Rändern einander zugekehrt. Ihre oberen Flächen stehen dabei quer, und sie sind fast bis zur Um- biegungsstelle von einer sich zuschärfenden Rindenschicht bekleidet, unter der die Markfaserschicht gegen den Lippenrand sich vordrängt. Beim stärkeren Auseinanderweichen stellen sie sich schräg und gleiten, dem Thalamus anliegend, zu dessen Seitenflächen herab, hier werden sie zur Anlage des Hippocampus. Balkenanlage bei Foetus PI von 12 cm SSI. Ich schließe die Besprechung des Gehirns von Foetus PI (12 cm SSI.) an , das von Frl. Peschel in Celloidinschnitte von 80 ^i zerlegt worden Commissiira anterior und Balken. 137 war, und dessen Konstruktionsbilder ich mit Hilfe von fünffach vergrößerten Photog-rammen entworfen habe. — Der Balken ist hier in einem großen Teil seiner Länge angelegt und erscheint auf Querschnitt als eine Faser- platte von etwa 0.7 mm Dicke. Die Platte geht aus der, innerhalb der ms^^4^:^-'J^':M<::^">^ Fig. 90. Quersclinitt durch das Vorderhirn des Foetus Cc (SSI. 8.3 cm). Der Schnitt trifft die vordere Kommissur, die Fornixsäulen und die vorhandene Ballienanlage. (Zu Seite 136.) medialen Hemisphärenwand steil herabsteigenden inneren Markplatte hervor. Unmittelbar unter dem Höhlengrau liegend, umgreift diese Platte die zur Zeit noch hochgelegene Decke des Ventrikels und sie bildet die unmittel- bare Fortsetzung von der in der lateralen ^Vand gelegenen Markplatte, diese reicht ihrerseits bis zum Eande der inneren Kapsel hin (Figg. 91 u. 92, S. 138 u. 139). 138 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. Fortlaufende Faserziige lassen sich aus der Seitenwand der Hemisphäre in die mediale Wand und von hier in den Balken hinein verfolgen. Den Verlauf dieser Faserzüg-e habe ich gesucht, in der Konstruktionszeichnung (Fig. 93, S. 140) wiederzugeben. Die Konstruktion zeigt, daß die zum Mittel- gebjete des Balkens gehenden Faserzüge schon beim Überschreiten des Ventrikels transversal gerichtet sind, wogegen die von vorn und von hinten ber dem Balken zustrebenden Faserzüge schräg verlaufen. Es tritt in dieser Anordnung bereits das bekannte Bild der vorderen und der hinteren Balkenzange zutage. Fig. 91. Querschnitt durch das Vorderhirii von Foetus PI. Der Schnitt trifft den Balken und eine Strecke weit die Fornixsäulen, die in ilirem unteren Abschnitt eingerissen sind. Die zwischen den letzteren befind- liche Spalte gehört der Außenfläche des Gehirns an , durch Einreißen der vorderen Schlußplatte des dritten Ventrikels hängt sie ausclreincnd mit diesem zusammen. Die Ausdehnung des dritten Ventrikels am Schnitt- bild ist an der dunklen Epitheleinfassung leicht zu erkennen. — Corpus striatum , innere Kapsel, Linsen- kern und äußere Kapsel sind querdurchschnitten: rechts streift der Schnitt auch das Claustrum, sowie ein Stück der vorderen Kommissur. Unter dem Boden des dritten Ventrikels ist die Hypophysis vom Schnitt getroffen. — Über dem Balken, dessen Seitenwände nach aufwärts sich umbiegen, liegt jederseits eine dünne Platte von Rindensubstanz, das Indusium griseum aut. Die beiderseitigen Eindenplatten treffen aber in der Mittelebcne nicht zusammen, sondern sie bleiben durch einen schmalen Zwischenraum voneinander geschieden. (Zu Seite 137.) Die innere Markschicht der Hemisphärenwand stammt, wie dies oben dargetan wurde, aus den unter dem Höhlengrau sich ansammelnden Nerven- fortsätzen von Pyramidenzellen, und so sind auch die in den Balken über- gehenden Fasermassen mittelbar aus der Eindenschicht des Gehirns abzu- leiten. Die La^eruno- dicht an der Ventrikelwand kommt bekanntlich bleibend Comraissura anterior und Balken. 139 der Balkenstrahlung zu, die inneren Markblätter sind aber ihrerseits ans den znerst angelangten Fortsätzen von Pyramidenzellen hervorgegangen. Es ergibt sich daraus der Schluß, daß die Balken Strahlung der Hemi- sphären die erste Produktion der R i n d e n p y r a m i d e n z e 1 1 e n darstellt. Am Ende des vierten Monats ist diese Bildung im wesentlichen vollendet. Die obere Fläche des Balkens ist bei PI beiderseits von einem frei auslaufenden, dünnen Streifen von Rindensubstanz nebst bekleidender zellen- armer Randschicht überzogen. Die beiderseitigen Rindenstreifen endigen Fig. 92. Foetus PI. Balken, Foruix und Hippocampus. Der Balken zeigt jederseits einen dünnen Einden- überzug , der in der Mitte unterbroclien ist. Hinsiclitlicli der seitlichen Unterbrechung , die auch an den weiter nach rückwärts folgenden Schnitten dieser Eeihe sich findet, nehme ich an dass die Zerreiläung eine zufällige sei. Sehr gut zeigt die Figur am Hippocampus die Anlage der Substantia reticularis Arnokli. (Zu Seite 137.) mit etwas aufgeworfenem Saum, ohne sich in der Mittelebene zu erreichen. Beim Foetus von 8.3 cm SSI. war auf der freien Balkenseite eine schmale Furche vorhanden gewesen, diese ist bei PI völlig geschwunden, und die beiden dem Balken aufliegenden Streifen von Rindensnbstanz verlaufen in derselben Flucht. So wie der Balken bei PI vorliegt, ist zwar der grüßte Teil seiner Länge angelegt, aber weder das vordere, noch das hintere Ende sind ab- geschlossen. Schon die Fläehenkonstruktion (Fig. 93) weist darauf hin, da an ihr vorn sowohl, als hinten ein scharfer Einschnitt vorhanden ist, gegen den von den Seiten her Fasermassen vordringen. Ebenso spricht dafür das Yer- 140 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. halten der Querschnitte. Am allervordersten Ende des geschlossenen Balkens erkennt man zwischen den beiden Hälften noch deutlich die Trennungslinie Fig. 93. Konstruktionsbild für die Balkenanlage von Foetus PI (12 cm SSL). Der freiliegende Teil des Balkens nimmt das quergestreifte mittlere, von vom nach rückwärts etwas sich verbreiternde Feld ein. Der seitlich davon liegende gefaserte und der punktierte Streifen gehören der medialen Wand an; im ersteren verlaufen die Fasern schräg ansteigend , im letzteren steil. Jenseits vom punktierten Streifen ist die Aus- breitung der den Ventrikel überschreitenden Fasern angegeben. Die punktierte Linie in der hinteren Hirn- hälfte gibt die Ausdehnung vom Hinterhorn des Seitenventrikels an, die Bogenlinie den Verlauf des Hippo- campus. (Zu Seite 138.) (Fig. 96, S. 143). Unmittelbar davor folgen einige Schnitte, in denen sich Querfasern der beiderseitigen Hemisphärenwände bis dicht unter die Ober- Commissura anterior und Balken. 141 fläche entgegentreten, ohne indessen diese zu durchbrechen (Fig. 97, S. 143). Mit zunehmender Entfernung vom geschlossenen Balken wächst der Abstand zwischen den sich zugekehrten FaserstUmpfen, und weiterhin verlieren sie sich als besondere Vortreibung der Markschicht. In dem vorderen Balkengebiet, einschließlich der eben beschriebenen un- verwachsenen Strecke, treten zu den von oben herabsteigenden Fasermassen Fig. 94. Konstruktionsbild der medialen Hemisphärenwand von Foetus PI zui- Erläuterung der Balkenbilduug. Der ausgebildete Teil des Balkens ist punktiert und hell dargestellt, das noch unfertige Stück des Balkenknies und der Balken wu Ist sind dagegen abgetont; ebenso ist die Fläche des Septum peUucidum leicht schraffiert. Vor der Fissura prima, die hinter dem Trigonum olfactorium in die Höhe steigt, liegt der mediale Riechstreifen. Vor der Schlußplatte des dritten Ventrikels liegt unten das Chiasma opticum , weiter oben die Commissura anterior, letztere wird von dem aufsteigenden Bündel des Fornix gestreift, das die Balkenanlage etwas vor ihrer Mitte kreuzt. Der Fornixkörper ist hell aus- gespart, nach rückwärts sieht man seinen Übergang in die Fimbria. Die Bogenfurehe, die Fissura calcarina und Fissura hippocampi sind lUur leicht angedeutet. Die Ausdehnung des Seitenventrikels ist durch eine punktierte Linie angegeben, die vorn in das Trigonum olfactorium herabreicht. (Zu Seite li2.) solche, die schräg von unten nach oben hin emportreten (Fig. 95, S. 142). Sie bilden die Anlage des Balken knie s. Nach der Seite hin breiten sich diese Faserzüge fächerförmig aus und sie hören dann scharf abgeschnitten auf. Das von ihnen eingenommene Feld besitzt nur geringe Höhe und es 142 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. ist daraus zu erschließen, daß die Fasern aus weiter nach vorn liegenden Bezirken stammen, bez. in solche eintreten. Ein klares Urteil über das Balkeng-ebiet und die an dasselbe herantretenden Fasermassen ergibt die Kon- struktion des Mittelschnittes. Figur 94, S. 141, zeigt eine solche Konstruktion bei fünffacher Vergrößerung. Die Querfasern, die, ohne sich zu treffen, nach der Mittelebene zu frei auslaufen, sind etwas getont dargestellt, sie bilden unverkennbar die noch ungeschlossene Spitze des Balkenknies. Der Balkenkörper ist an seiner untern Fläche von einer dünnen Gefäß- Fig. 95. Durchschnitt durch das vordere Balkeuende vou Foetus PI. Unter der Platte, die ihren Faserzuzug von oben herab bekommt, liegt eine niedrigere von der oberen getrennte Platte, deren Fasern schräg von unten her ansteigen. Der Schnitt zeigt, auiSer verschiedenen, schon bei Figur 91 besisrochenen Verhältnissen, auf der linken Seite den von unten her emporsteigenden medialen Kiechstreifen. (Zu Seile 141.) Schicht begleitet, die im Winkel des Knies endigt (an der Zeichnung weg- gelassen). Ein aus Querfasern gebildetes Rostrum fehlt in der gesamten Strecke vom Knie bis zur vorderen Kommissur. Die dem späteren Ventriculus septi pellucidi entsprechende Spalte ist daher nach vorn hia nicht abgeschlossen. Im übrigen ist sie sehr eng , zwischen ihre einander flach anliegenden Wandungen schieben sich dünne Blutgefäße ein. Die aus den Trapez- platten hervorgegangenen Wände der Spalte sind dick (an den dünnsten Stellen etwa 0.5 mm) und an ihrem Randteil etwas aufgetrieben. Eine Rindenschicht fehlt. — Commissura anterior und Balken. 143 Fig. 96. Schnitt durcli das allervorderste geschlossene Ende des Balkens. Zwischen den beiden Seitenhälften ist noch eine Trennungszone deutlich erkennbar als ein schmales helles Zwischenfeld, den verschmolzenen Randschleiergebieten entsprechend. Dies Verwachsungsfcld steht etwas asymmetrisch, nach der einen Seite hiniibergedrängt. (Zu Seite 140.) Hinter der vordem Kommissur findet sich ein derbes Faserbttndel, das sieh nach abwärts im Sehhtig-el verliert. Das Bündel streift als Fornixsäiile Fig. 97. Schnitt durch die Hemisphären von Embryo PI dicht vor dem bereits geschlossenen Balken. Von beiden Seiten her treten Querfaserplatten bis dicht unter die Oberfläche. Hier sind sie noch durch einen schmalen Spalt und durch die beiderseitigen dünnen Eandschleierschichten voneinander geseliiedeu. (Zu Seite lil.) 144 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. eine Strecke weit die Wand des dritten VentrikelS; geht aber weiterhin nicht in den Rand des Fornixkörpers über, sondern es steigt steil in die Höhe und strebt mit seinem oberen Ende dem Balken zu. Das Bündel gehört, wie schon oben erörtert w^urde^, dem primären System des Fornix longus an. Für die Beurteilung des Balken Wachstums gewährt das primäre Fornix- bündel, einem Uhrzeiger vergleichbar, entscheidende Anhaltspunkte. Beim Foetus von 8.3 cm SSI. war es bereits angelegt, und die bei diesem vor- handenen Balkenfasern lagen hinter und teilweise über ihm. Bei PI wird Fig. 98. Querschnitt durch die Balkenanlage von Foetus PI am hinteren Ende. Beiderseits ist auch der Hippo- camijus vom Schnitte getroffen und die von da zur unteren Balkenfläche heraufsteigende Fimbria. (Zu Seite 145.) der vorhandene Balken durch die verlängerten Fornixbündel nahezu halbiert, und es geht daraus mit größter Schärfe hervor , daß sich die vor dem Bündel liegende Hälfte des Balkens f r o n t a 1 w ä r t s von den zuerst V 0 r h a n d e n e n ]M i 1 1 e 1 f a s e r n neu entwickelt hat. Die An- nahme bisheriger Forscher, daß die erste Balkenanlage den Ort des späteren Balkenknies bezeichne, muß als unhaltbar verlassen werden. Das Konstruktionsbild Figur 94 läßt, obwohl das Balkenknie noch un- vollendet und das Rostrimi noch nicht vorhanden ist, über die endgültige Ausdehnung des Balkengebiets keinen Zweifel. Das Rostrum muß, wenn es sich bildet, den Weg von dem bei PI vorhandenen Stumpf des Balken- knies nach der Commissura anterior hinab einschlagen. An Figur 94 ist dieser Weg durch einen hell ausgesparten Streifen angegeben. Vergleicht Cominissura anterior und Balken. 145 mau Fig'iir 94 mit Figur 87 (S. 131), so zeigt sich au der letztereu das von der Bogenveue umscblosseue, uaeh voru spitz auslaufeude Gebiet der Trapezplatte uuverkeuubar als eben das Feld, das in der Folge vom Balkeu- scbuabel umgrenzt werden soll. Gegenüber den Verhältnissen früherer Stufen vom zweiten bis dritten Monat hat das Gebiet an Tiefe gewonnen und seine vordere Abgrenzung hat sich nunmehr zu einem Winkel zugeschärft. Wie nach vorn, so ist der Balken bei PI auch nach rückwärts noch nicht als abgeschlossen anzusehen. Ein anfangs enger, weiterhin aber rasch Fig. 99. Sclinitt unmittelbar hinter dem vorigen. Die beiderseitigen Balkenanlagen sind in der Mitte Ton- einander getrennt. Der Streifenliügel ist links in größerer Ausdehnung getroffen, rechts nur an seinem hintersten Ende. Bei dieser imd bei der vorigen Figur ist die dünne zum Balken herabtretende Schiebt von Rindeusubstanz eine Strecke weit eingerissen. sich öffnender Schlitz schneidet auch hier zwischen beiden Seitenhälften ein. Der Balken zerfällt dadurch in zwei frei hervortretende Hälften, die als Abkömmlinge der auf früherer Stufe vorhandenen Randlippen zu ver- stehen sind. Jede der beiden Lippen besteht nunmehr der Hauptsache nach aus einer Fortsetzung der Innern Markplatte. Die übrigen Schichten der Hemisphärenwand hören über der Bogenfurche, der ]iunmehrigen Fissura corporis c a 1 1 o s i , wie abgeschnitten auf, nur eine sehr dünne Fortsetzung der Rindenschicht überzieht noch die obere Fläche der beiden Lippen. An meinen Schnitten zeigt sich der Rindenüberzug am Grunde der Fissur auf kurze Strecke unterbrochen, dies ist indessen als ein zufälliges Yorkommnis anzusehen (Figg. 98 u. 99). His. Die Entwicklung d. nienschl. Gehirns. 10 146 Die Entwicklung der Großhirnhemisphären. Unter den Randlippen des Balkenwulstes verläuft die gefäßreiche Tela chorioidea; und lateral wärts schließen sich ihnen die Anlagen der Fornix- schenkel und der Fimbria an. An dem aus der Fortsetzung der Randlippen hervorgehenden Hippocampus ist die räumliche Reihenfolge der Schichten dieselbe wie in den Randlippen der ßalkenanlage (Fig. 98); ihre relative Mächtigkeit ist aber eine etwas andere. Auch hier tritt eine Fortsetzung der innern Markplatte, als Tapet u m , am Umbiegungsrand der Lippe frei hervor, sie setzt sich in die Fimbria hippocampi fort. Die übrigen Wandschichten verjüngen sich gleichmäßiger als oben und gehen in den umgebogenen Teil der Lippe über, durch einen Einschnitt, den Sulcas fimbriodentatus von Retzius, von der Fimbria sich ablösend. Sie endigen in der Fascia dentata. Im umgelegten Teil der Hippocampus- lippe ist die sonst so unbedeutende Randschicht verdickt und sie liefert das Lager für die S u b s t a n t i a r e t i c u 1 a r i s A r n o 1 d i (s. Fig. 92, S. 1 39). Das hintere Balkenende und die ihm sich anschließenden, noch über dem Thalamus liegenden Strecken der Randlippen nehmen nicht nur von oben, sondern auch von unten her Fasermassen auf. Letztere ent- wickeln sich zunächst aus der innern Markplatte des Hippocampus, dem Tapetum des Unterhorns, und sie verlaufen zum Teil in der frei hervor- tretenden Fimbria. Folgt man den Schnitten nach abwärts und nach rück- wärts, so ist unschwer zu erkennen, daß die Faserzüge, unter dem Boden des Ventrikels durch, aus der lateralen in die mediale Wand übertreten. Im Hinterhorn halbieren sich die Faserzüge der lateralen Wand, indem ein Teil derselben um die Decke, ein anderer um den Boden des Ventrikels herumgeht. Die beiderlei Züge treffen in der medialen Wand auf eine gemeinsame dicke Faserplatte, in deren Nähe sie ihre Verlaufsrichtung ändern. Die gegen den Ventrikel sich vordrängende Faserplatte ist nach ihrer Lage als C a 1 c a r a v i s zu bezeichnen. Aus den von unten her kom- menden Fasermassen des absteigenden und des Hinterhorns bilden sich die umgeschlagene Lamelle des Splenium c. callosi und die Commis- sura hippocampi (Psalterium). Die dem Splenium zugehörigen Faser- masseu sind der gegebenen Darstellung zufolge sämtlich schon angelegt, aber noch ist das Splenium in der Mittelebene nicht geschlossen. In der Konstruktionsfigur (Fig. 94, S. 141) ist seine ungefähre Ausdehnung, die eher zu kurz als zu lang bemessen ist, schattiert angegeben. Dabei muß ich bemerken, daß ich bei der etwas unsymmetrischen Stellung, die die Rand- lippen an dem Präparate zeigten, ein mittleres Verhalten eingezeichnet habe. Dies hintere Ende der Balkenkonstruktion ist somit approximativ, das vor- dere Ende dagegen genau eingetragen. Der als Calcar avis über die innere Ventrikelfläche hervortretende Faserwulst ist, im Gegensatz zu andern Strecken der Ventrikelfläche, von einer nur sehr dünnen Epeudymschicht überzogen. Ein als Matrix in Be- tracht kommendes Höhlengrau ist kaum noch in Spuren vorhanden. Commissura anterior und Balken. 147 Von weiter fortgeschrittenen Stufen steht mir die Schnittreihe eines Foetus von 16 cm SSI. zur Verfügung. Ich habe die Reihe zwar wiederholt durchkonstruiert, will indessen hier nicht auf die gefundenen Einzelnheiten eingehen, da infolge ungünstiger Schnittrichtung die Ergebnisse denen vom Foetus PI an Schärfe nachstehen. Auch auf dieser Entwicklungsstufe ist die Balkenbildung noch nicht abgeschlossen, insbesondere fehlt auch hier noch ein Rostrum, und der Ventriculus septi pellucidi klafft nach vorn hin (Fig. 79 S. 116). Sehr bemerkenswert ist die Umschließung von Balken und Fornix mit reichen Gefäßgeflechten. Die primäre Hirnsichel läuft über dem Balken- körper, ähnlich wie auf früheren Stufen im Bereich der Fissura prima, in drei blattartige, gefäßreiche Fortsätze aus, von denen die beiden seitlichen in die Fissura corporis callosi eindringen, während die mittlere einer media- nen Furche folgt, die von hinten und von oben her in die Balkenoberfläche scharf einschneidet. Die Seitenwand der Furche wird von starken Zügen von Längsfasern gebildet, die die Lage der Querfaserzüge überdecken. Eine zweite stark ausgebildete Gefäßschicht findet sich unter dem Fornix als die anatomisch wohl bekannte Tela chorioidea. Allein auch der Raum zwischen Balken und Fornix, bez. der Veega sehen Ventrikel ist von Blutergüssen eingenommen, deren Quellen in Gefäßen zu suchen sind, die von hinten her, unter dem Balkenrand weg und von vorn durch die noch klaffende Ventrikellücke an Ort und Stelle gelangen. Ein besonderes Interesse beanspruchen beim Balken die Randstellen, deren Verwachsungs- und Trennungsbereich aneinanderstoßen. Der Anschluß pflegt hier durch Übergänge vermittelt zu sein. Zunächst schiebt sich eine dünne, gefäßhaltige Haut zwischen die beiden bis zur Berührung aneinander gerückten Gewebsplatten. Weiterhin wird die zusammenhängende Haut durch Ketten von geschlängelten Gefäßen ersetzt, und schließlich stellen sich diese Gefäße als die naturgemäßen Gefäße der Gehirnsubstanz dar. Es kommt also nicht zu einer absoluten Zurückbildung der Piagefäße, son- dern zu einer mehr oder minder weitgreifenden Reduktion, wobei Reste des ursprünglichen Systems als Organgefäße persistieren. Literarische Bemerkungen zur Frage der Kommissurenbilduug. Die Literatur der Fornix- und Balkenbilduug ist in neuerer Zeit wieder- holt zusammengestellt worden, zuletzt und ziemlich eingehend von F. Mae- CHAND,^) sowie von E. Zuckerkandl.-) Es kann sich für mich nicht darum ^) Marchand, Über die Entwicklung des Balkens im menschlichen Gehirn. Archiv f. mikr. Anat. 1891 Bd. XXXVII S. 298 ff. -) Zuckerkandl, Zur Entwicklung- des Balkens und des Gewölbes. Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wissensch. in Wien, Math.-naturw. Klasse Bd. CX. III. Oktober 1901. 10* 148 Die Entwicklung- der Großhirnhemisphären. handeln, die verschiedenen ausgesprochenen Angaben von neuem aufzuzählen, wohl aber lohnt sich der Versuch, klarzulegen, wie die so verschieden- artigen Auffassungen des Prozesses haben Platz greifen können. In der Hinsicht hat E. Zuckeekandl einen Satz ausgesprochen, dem ich völlig beistimme. Er sagt nämlich: „Die Erfolglosigkeit der bisherigen Be- mühungen, die Balkenfrage zu lösen, ist nicht so sehr der Schwierigkeit des Problems, als der ungeeigneten Methode der Untersuchung zuzuschreiben. Makroskopische Untersuchungen, wie sie vielfach angestellt wurden, um die Kommissurenbildung zu erforschen, können zu einem befriedigenden Re- sultate nicht führen, denn es kommen Details in Betracht, die nur mit dem Mikroskop wahrzunehmen sind. " Auch schließe ich mich an Zuckeekandl in der besonderen Würdigung der Arbeiten von v. Mihalkovics an, und ich möchte speziell hervorheben, wie dieser Forscher die von so manchen andern Beobachtern in Abrede gestellte Rückbildung der gefäßführenden Hirnsichel im Verwachsungsgebiet klar erkannt und beschrieben hat. ^) Es ist hervorzuheben, daß die Forscher, die ihre Studien unter Be- nützung von queren Gehirnschnitten durchgeführt haben, im allgemeinen, sowohl für die Lehre von der Verwachsung der beiderseitigen Hemisphären- wandungen, als für eine successive, durch Apposition erfolgende Balken- bildung eingetreten sind (so MiHALKOViCS beim Foetus des Kaninchens, Blumenau bei dem des Schweins, Zuckeekandl bei dem der Ratte). Die Meinung von einer simultanen Anlage des gesamten Balken und einem Intussusceptionswachstum desselben, die schon Reicheet, F. Schmidt und KÖLLIKEE vertreten hatten, findet sich unter den Neuern besonders bei solchen Autoren, die ihrer Darstellung vorwiegend das Bild des Median- schnittes zugrunde gelegt haben, so bei Maechand, bei G. Retzius und neuerdings bei Goldstein. Mehrfach ist in bisherigen Darstellungen von Verdickungen der Lamina terminalis oder der Schlußplatte die Rede und es wird diesen in der einen Von sonstigen neueren Autoren über Balkenbüdung sind anzuführen: Blumenau, Zur Entwicklungsgeschichte und feinen Anatomie des Hirnbalkens. Arch. f. mikr. Anat. 1891 S. 1 ff . G. Eetzius, Das Menschenhirn. Stockholm 1896. Das Kapitel über den Rand- bogen und die ihn umgebenden Teile S. 5 ff. Paul Martin, Bogenfurche und Balkenentwicklung bei der Katze. Züricher In- auguraldiss., Jena 1894. Goldstein, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Gehirns. His' Archiv 1903 S. 29 ff. Elliot Smith, The relation of the Fornix to the margin of the cerebral Cortex. Journal of Anatomy and Physiology Vol. XXXII 1897 und Morphology of the true „limbic lobe", corpus callosum, septum pellucidum and fornix. Ibid. Vol. XXX 1895. ^) V. Mihalkovics, Die Entwicklung des Gehirnbalkens und des GcAvölbes. Zen- tralblatt f. d. med. Wissensch. 1876 No. 19 und Entwicklungsgeschichte des Gehirns (Leipzig 1876) S. 120 ff. u. 166. Commissura anterior und Balken. 149 oder andern Weise eine Rolle bei der Bildung der Konnnissuren zugeschrie- ben (so bei Marchand, bei Martin und bei Elliot Smith). Die Vor- stellung- von Verdickungen der Schlußplatte halte ich für unzutreffend, sie hält vor dem Studium der Durchschnitte nicht Stich. Die Schlußplatte, bez. die aus ihr hervorgehende Lamina terminalis ist eine quergestellte, ausschließlich aus epenmdjanalen Elementen bestehende Schicht, die ihre Selbständigkeit noch auf späteren Stufen, nach Bildung der vorderen Kom- missur und der ersten Balkenanlage erkennen läßt (s. o. S. 125). Sie bleibt dünn, und das was irrtümlicherweise als Verdickung der Schlußplatte ge- deutet worden ist, das sind die Verwachsungsflächen der sagittal gestellten Trapezplatten. Es geht, wie oben gezeigt wurde, dem Durchtritt der ihren Seitenabschnitten angelegten vorderen Kommissur die Verwachsung der beiderseitigen Trapezplatten bez. ihres Gliagerüstes voraus. Auch bei der Balkenbildung treffen zunächst die beiderseitigen dünnen Randschleier der Glia zusammen, ehe es zu einem Austausch der dahinter aufgehäuften Faser- massen kommt. ^) 1) Ähnlich lautet die Angabe von Zuckbrkandl (1. c. S. 53): „Stets sind die pri- mären Verbindungen mit den Großhirnhemisphären aus Zellen aufgebaut. An keiner Stelle konnte beobachtet werden, daß die symmetrischen Fasersystemhälften der Hemi- sphären direkt miteinander verwachsen wären; immer wachsen diese in vorher ent- standene Zellkommissuren hinein." über intramedullare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. Die Reihenfolge der Entwicklung intramedullarer Bahnen. Die aus den Neiiroblasten der nervösen Zentralorgane her vorwacli senden Fasern können sich zwischen den vorhandenen grauen Massen, dem Gliagerüst und den Nervenzellen mehr diffus ausbreiten, oder sie können sich zu kom- pakten Strängen sammeln. Die ersten Stranganlagen erscheinen mit un- bedeutenden Anfängen gegen Ende des ersten Monats. Im Rückenmark haben sich zu der Zeit angelegt : die Yorderstränge, die Vorderseitenstränge, die Hinterstränge und die vordere Kommissur. Im Gehin erscheinen als die getrennten Vertreter von sensiblen Hintersträngen der Fasciculus soli- tarius und der Fasciculus Trigemini. Außerdem sind hier die basalen aus dem Vorderhirn ins Mittelhirn übertretenden Faserbündelchen zu erwähnen. Diese verschiedenen Stranganlagen stimmen darin überein, daß sie dicht unter der Außenfläche des Markes in den zuvor freien Lückenräumen des Randschleiers sich ansammeln. Von der fünften Woche ab nehmen alle diese Bildungen an Mächtig- keit zu. Auch erfolgt von der Zeit ab im Gehirn eine Zunahme der neuro- blastenführenden Mantelschicht, sowohl nach Dicke, als nach Flächen- ausdehnung. Die Ausbreitung der Schichten schreitet scheitelwärts und rostralwärts fort. Bald zeigt sieh das gesamte Thalamushirn, abgesehen von einem schmalen oberen Streifen, von einer neuroblastenführeuden Gewebs- schicht umkleidet. Eine ähnliche, aber erheblich langsamer sich ausbreitende Schicht tritt späterhin in der Seitenwand der Hemisphären auf und schreitet hier von der Basis aus scheitelwärts vor. Mit der Zunahme der Mantelschicht verwickelt sich auch die Anordnung der von den Neuroblasten ausgehenden Faserzüge. Soviel läßt sich immer- hin noch erkennen, daß die der dorsalen Wandhälfte entstammenden Fasern der verschiedenen Gehirnabschnitte vorwiegend in basalwärts gerichteten Bogenlinien verlaufen, wogegen im basalen Teil der Mantelschicht ein vom Die Eeihenfolge der Entwicklung intramedullarer Bahnen. 151 Fig. 100. Gehirn von Embryo Seh Vero-r 90fp^>, x- angegeben : C. p. = Commissura posteri;r, Cl,. = Ssl" 'optil™ .f/^T^'^'r"^"*^^^ '^^ Keuroblasten I_ Is.tngeminns, F. =N. vestibuli, /. = N. intermeS r - 7 ' 5 ^'- ''"'lo^iotorius. jr. N. trochlearis Pharyngeus, X Durchtrittsstelle des sensiblen N vag "s' Yrn^", T^ .?';' ,f ' ^"^■«^l^trittsstelle des X. glosso- V hypoglossus. Der N. ab,^„^^,,^ der motorSe Tp^m ^"''xr f ''''"'° '^"^^ ^'- '^«•^^'^«""^ "»d .Y7/. de< sind m der unteren Hälfte des Eautenhirns d^e K. ,.^t, ? ' ^^ ^^"""^ '^^^^ '"^^^ eingezeichnet ^u'h an^jegeben wohl aber der Fascicuh'f ^ aS^'^'r, ^t^drr f " ''r''^'"""^- "^^^ ^^^- dTn Ro'r .''''''°'"''"^*'™^ -'^'St clie ZeichnunVeinen b lalen 7,1 ''"\^'^' T"''*"' ^'^'^^^^^ ^'- ^"g'^'^i"*- den Boden des Mittelhirns konvergieren Diesem 7noKr «^ T«» ^euroblasten und Fasern, die ge-en inneijalb der He.isph..; hirV;^^;;::;^";^^: Commissura posterior angelegt. (Zu Seite 152.) ' Dagegen ist bereits eine 152 Über iutramedullare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. Eiechliirn bis zum Mi ttelliirn verfolgbarer Zug von Längsfaseriij ein Tr actus hypothalamicus auftritt, der sich den schon früher angelegten Längs- bündeln anschließt, und dem sich auch starke Zuschüsse aus der Wand des Mamillarkörpers beigesellen. Zum Vergleich mit der S. 43 mitgeteilten Figur 23 gebe ich Figur 100, S. 151, die Zeichnung vom Gehirn eines Embryo vom Beginn der sechsten Woche (Seh, Nl. 13.8 mm), in der die Ausbreitung der Mantelschicht und, soweit wie möglich, auch die Anordnung der Neuroblasten konstruktiv eingetragen sind. Ein von Neuroblasten freier Saum zieht sich längs der dorsalen Seite des Hinterhirns, des Mittelhirns und des Zwischenhirns. An zwei Stellen wird dieser Saum überbrückt, am Isthmus durch die gekreuzten Bündel des N. trochlearis und am Hals des Zwischenhirns durch die früh vorhandene hintere Kommissur. Die Großhirnhemisphären sind zu der Zeit in ihrer Entwicklung noch sehr zurück. In der spinalen Hälfte des Rauten- hirns ist der Fasciculus solitarius nunmehr zu voller Länge ausgewachsen, der Fasciculus spinalis Trigemini gegen früher bedeutend verlängert. Beide Gebilde waren bei Br 3 (Fig. 23, S. 43) nur in ihren ersten Anfängen vor- handen. Eine vollständige Geschichte der Faserbahnen des Gehirns verlangt als Unterlage die sorgfältige Durcharbeitung sämtlicher Gehirnabteilungen, und dabei ist auch die Scheidung der grauen Massen mit in Betracht zu ziehen. Ich hoffe bei späterem Anlaß dieser umfassenden Aufgabe, wenigstens teil- weise, näher treten zu können. Was ich für diesmal bieten kann, das ist die Aufzählung einer Anzahl von gesondert in Erscheinung tretenden Faser- bahnen und die Angabe von der zeitlichen Reihenfolge ihres Auftretens. Es sind meine hierauf bezüglichen Befunde ein Nebenprodukt der seit manchen Jahren fortgeführten konstruktiven Durcharbeitung embryonaler Schnittreihen. Die an verschiedenen Reiben gewonnenen Ergebnisse hatten sich dabei zu ergänzen, denn je nach Schnittrichtung und sonstigen Eigenschaften der Präparate sind die Einzelheiten nicht in jeder Reihe gleich gut feststellbar. Ich habe übrigens an den als Beispiel mitgeteilten Zeichnungen nur das eingetragen, was sich übersichtlich wiedergeben ließ. Naturgemäß sondern sich die auftretenden Faserbahnen um so auf- fälliger von ihrer Umgebung, je geschlossener ihre Gruppierung und je gröber ihre Faserung. Als Beispiele scharfer Sonderung lassen sieh aus früherer Zeit das Meynert sehe Bündel, die Mamillarhaubenbündel und das Solitärbündel anführen, im Gegensatz zu den diffus verteilten feinfaserigen Längsbündeln der Haube. Mit Rücksicht auf die Verschiedenheit des Ver- haltens erscheint es wohl zweckmäßig, zwischen Faserzttgen und Faser- strängen, Tr actus und Fasciculi zu unterscheiden. Die diffus ver- teilten Fasermassen der Formationes reticulares können sonach als Tractus bezeichnet werden, wogegen für den bisherigen Tractus solitarius die Be- zeichnung Fasciculus besser paßt. Dabei ist allerdings zu bemerken, daß Die Reiheufülsje der Entwicklung intramcdiillarer Bahnen. 153 Fig. 101. Konstruktion des Gehirns von Embryo My. Vergr. 15 fach. Im verlängerten Mark sind ein- gezeichnet : die untere Olive , der Fasciculus solitarius und Faseieuhis spinalis Trigemini. Die Verbindung des N. intermedius mit dem Fasciculus solitarius habe ich nach dem Glasmodell des Embryo Wi eingetragen, bei dem sie vorzüglich klar hervortritt. Im Mittel- und Vorderhirn sind gezeichnet: das mediale Längs- bündel , die querverlaufenden Fasern der basalen Hinterhirnfläche (Corpus traiiezoides) , der Anschluß der .Schleifen an die Seitenfläche des Mittelhirns, der vordere Abschnitt der Commissura cervicalis, das Meynert sehe Bündel, die Mamillarbüudel, das Stammbündel des Thalamus und die Stria meduUaris. Vom Mey nertsehen Bündel ist das Endstück nur punktiert angegeben , es hob sich dieses an den Schnitten nicht scharf genug ab. Da ich das Bündel von jüngeren Stufen (Se, So u. a.) bis in den Isthmus verfolgen kann , so ist auch hier am Vorhandensein des betreffenden Abschnittes nicht zu zweifeln. Im übrigen zeigt die vorliegende Stufe eine Eeihe von Faserbündeln nur in ihrem Anfangsteil angelegt: 1. Der IST. opticus, das Chiasnia und der Tractus opticus sind noch faserarm. 2. Die Stria meduUaris thalami steigt eine Strecke weit vom vorderen Rand des Thalamus in die Höhe, hört aber schon frühzeitig zugeschärft auf, der Deckenabsehnitt fehlt. 3. Das Stammbündel des Thalamus sammelt seine fächerförmig zusammenstrahlenden Fasern in einem kom- pakten, der Seite des Thalamus anliegenden Stamm, von hier aus tritt es an die Basis des Streifenhügels, dringt aber nicht tief in diesen ein , sondern endigt stumpf, ohne daß es zur Bildung einer Capsula interna kommt (man vergl. auch die Figg. 104 u. 105, S. 161). Inwieweit die Mamillarbündel und das mediale Längsbündel vollständig angelegt sind, mag ich nicht entscheiden, da die Schnitte dafür keine beweisende Bilder geben. Dagegen erreicht i. der an das Mittelhirn tretende Teil der Schleifen noch nicht seine spätere Höhe. 5. Dei Fasciculus restiformis ist, falls überhaupt schon vorhanden, nur in seinen ersten Anfängen angelegt. Ol. = N. olfactorius , T. o. =^ Tractus opticus , St. = Stria meduUaris thalami , C. c. ^ Commissura cervicalis, T. = Thalamusstrahluug und Stammbündel, 3/. = Meynert sches Bündel, Jl/«. = Mamillarbündel, S. = Schleife, L. = mediales Längsbündel, F. s. = Fasciculus solitarius, 0. = untere Olive, F. T. = Fasciculus spinalis Trigemini, V. G. Gaßeri , VII. N. facialis mit G. geniculi und IST. i. = X. intermedius, VIII. Acustieus- ganglieu, IX. N. glossopharyngeus. X. 'S. vagus, K. = Kernmassen der Hinterstränge. (Zu Seite 154.) ancli solche Bündel, die stellenweise scharf umgrenzt sind, nach ihrem An- fangs- und Endpunkte hin diffus auslaufen können. 154 Über intramedullare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. Das Ideal der Methode würde sein, für einen jeden Faserzug das Hervor- gehen der Fasern aus den zugehörigen Neuroblasten d. h. den Anfang und die Auswachsrichtung der Fasern festzustellen. Dies Ideal ist überall da erreichbar, wo wir das stufenweise Fortschreiten der auswachsenden Faser- züge verfolgen können. Als interessantes Beispiel hierfür kann ich auf die Verhältnisse des in Figur 101, S. 153, dargestellten Embryo My hinweisen, bei dem eine Anzahl der großen Faserbahnen zwar angelegt, aber noch nicht in ihrer ganzen Länge und Mächtigkeit ausgebildet sind. Bei solchen ist das Anfangsgebiet der betreffenden Bahnen scharf genug charakterisiert. Allerdings ist dabei noch mit der Möglichkeit zu- rechnen, daß in solchen Bahnen gegenläufige Faserzttge sekundär auftreten. Durch Ramon y Cajal haben wir ja das Vorhandensein entgegengesetzt gerichteter Faserbahnen im N. opticus, durch Held ein solches in den akustischen Bahnen des Gehirns kennen gelernt.^) Beweisend für den Ursprung von Faserzügen sind natürlicli nur die Präparate, die den Zusammenhang der Fasern mit den Neuroblasten un- mittelbar erkennen lassen. In den Fällen aber, wo uns das eine und das andere Kennzeichen im Stich lassen, da haben andere Methoden, wie vor allem die Silbermethode und die Degenerationsmethode, in die Lücke zu treten. In der Hinsicht enthält die Literatur schon ein sehr beachtenswertes Material, auf das ich indessen im vorliegenden Aufsatz nur nebenher ein- gehen kann. Ich gebe zunächst eine Übersichtstabelle, in der für Embryonen und Foetus verschiedenen Alters -) die nachgewiesenen Faserbahnen eingetragen sind. Die Faserzüge sind in der Reihenfolge ihres Auftretens angeführt, und von den nicht nachweisbaren Faserzügen ist jeweilen der oberste mit einer Null angegeben. Mit einem positiven Zeichen liabe ich die Stränge eingetragen, wenn sie auch nur mit ihren ersten Anfängen nachweisbar waren. So sind z. B. schon bei Br 3 der Fasciculus solitarius, der Fasciculus spinalis Trigemini und die medialen Längsbündel als vorhanden angegeben, obwohl sie erst als kurze Stümpfe angelegt sind. ^) Held, Die zentrale Gehörleitung. His' Archiv 1893 S. 201 ff. -) Über den Gebrauch der Worte „Embryo" und „Foetus" habe ich mich seiner- zeit in der Anatomie menschlicher Embryonen (Heft II S. 44 ff.) ausgesprochen. Das Wort Embryo paßt für das sich entwickelnde Wesen, solange es die provisorische embryonale Gliederung (ürwirbel, Schlundbogen, Wulff sehe Körper usw.) hat. Da, wo die Gliederung den bleibenden Charakter angenommen hat, brauchen wir besser die Bezeichnung Foetus. Der Übergang vom Embryo zum Foetus fällt beim Menschen in die Entwicklungsstufen von 13^16 mm Nl. , also in die Mitte des zweiten Monats. Nach Überschreitung dieser Stiife sind die Gestalt des Kopfes, des Rumpfes und die Gliederung der Extremitäten ausgesprochen menschliche geworden. Will man auch die Grenze etwas weiter stecken, so wird man doch jedenfalls vom dritten Monat ab zweckmäßigerweise die Bezeichnung ,, Embryo" gegen die von Foetus ver- tauschen. Die Reihenfolge der Entwicklnng intraniedullarer Jialineu. 155 Mitte des S.Mo- nats CP 160 -- -- -- -- - - -- -- -- -- ■ Mitte 4. Moi Cc 83 . ^P OS o o onats Doed 50 o Mitt( 3. M Stg 46 o ^ O^ s ^1 =4^ . o . o ^2 o o o " o - t^ S 0 0 . . -O ' _ o Sch Ob 13.8 15.5 o — _o : _ o ; ä o «^ o " " Ende des I.Mo- nats Br 3 6.9 o • • ... Maße in mm Von Br 3 bis Mr ist die NL, vonLo ab die SSI. angegeben oo 'S ■ '^ s : =1 'C • ■*^ +^ • .s 111 Ä O Q a 32 t/2 ö r^ . c O O O :- 02 tZ2 32 ^ CS CS c3 ^ 1^ P^ Ph « ^ . -2 . ^ s :e i^.:i Jil = =*-'•". • s . S ■^ rt o '. § S ^ 2 ^ 1 =S .2 ^ -* ^^ ■> OD *" g O '— oo ür ^ fS ;z 6 5 f^ 6 < or c; =(- 1 oc c: cl er c c; or oc H 'il 2 II '-3 h or or c ■l -s. X c b < ä C 7 s; - c > ■^ 156 Über intrameclullare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. Bemerkungen zu einzelnen Strängen. Fasciciilus spinalis N. trigemini und Fasciculus soli- tarius. In betreff dieser beiden Stränge kann ich auf meine früheren Arbeiten verweisen. Nach ihrer Lagerung und ihrer Bedeutung entsprechen sie dem Hinterstrang des Rückenmarkes. Ihr getrennter Verlauf erläutert sich, wie dies seinerzeit gezeigt wurde, dadurch, daß das Auswachsen der Faserzüge eine gewisse Zeit beansprucht: während die Trigeminusfasern bis zum verlängerten Mark vordringen, hat der Fasciculus solitarius seine ober- flächliche Lage bereits aufgegeben, und er ist von Zellen- und Faserschichten umgeben, die an der Bildung der Formatio reticularis teilnehmen Diese Schichten schieben sich demnach trennend zwischen die beiderlei Faser- zttge ein. Der Fasciculus solitarius sammelt Fasern aus den Nn. glossopharyngeus und vagus. Ihm gesellt sich aber auch die spinale Wurzel des N. vesti- bularis bei, sowie der N. intermedius. ^) Seine Herkunft ist also in die Ganglien dieser vier Nerven zu verlegen. Sein Auslaufen erfolgt, wie man weiß, in den grauen Massen am unteren Ende des verlängerten und am oberen des Halsmarkes. Dazu kommen die durch die Silbermethode fest- gestellten Endigungen abgehender Kollateralen in der den Strang begleitenden grauen Substanz. Unterhalb der Rautengrube verläuft das Solitärbündel als wohlumgrenzter Strang inmitten der dichten Zellenmassen der dorsalen Markhälfte, weiterhin zweigen sich Büschel von ihm ab, die sich zwischen den angrenzenden Zellenmassen verlieren. Der untere Ausläufer des Stranges wird hierdurch dünner und er beschreibt nunmehr im oberen Halsmark einen seitwärts kon- kaven Bogen. Schließlich gelangen seine seitwärts gekehrten Endfasern in ein Gebiet, in das auch aufsteigende Hinterstrangfasern eintreten. Ich muß mich daher KÖLLIKER anschließen,^) wenn er bemerkt, daß es sehr schwer ist, das distale Ende des Solitärbündels zu bestimmen. Das von Ramon y Cajal an Säugetiergehirnen aufgefundene und als einer der Endpunkte des Solitär- bündels nachgewiesene Ganglion intercommissurale ^) war an meinen Prä- paraten nicht erkennbar. ^) Über die Beziehungen des N. intermedius und ISf. vestibularis zum Fasciculus solitarius gibt ein aus Sagittalschnitten des Embryo Wi hergestelltes Glasmodell sehr anschauliche Bilder. Den Anschluß des N. intermedius habe ich oben in Figur 101, S. 153, eingezeichnet, der des N. vestibularis Meß sich, ohne die Figur unklar zu machen, nicht eintragen, und ich habe ihn daher wegelassen. '^). KöLLiKER 1. c. S. 244. KöLLiKERs am angegebenen Ort mitgeteilte Figur 468 stimmt in allen wesentlichen Punkten mit dem, was meine Frontalschnitte zeigen. ^) Eamon y Ca.jal, Textura del Sistema nervioso del Hombre y de los Vertebrados. Madrid 1900. Fase. IV. S. 73. Die Keihenfolge der Entwicklung- intraniedullarer Balnien. 157 T r a c t u s li y p 0 1 li a 1 a m i c i und F 0 r 111 a t i 0 11 e s r e t i c u 1 a r e s. Laut der in Figur 23 S. 43 wiederg-eg-ebenen Konstruktionszeiclmung finden sieli selion sehr frühzeitig Neuroblasten- und Faserzüge; die von der Basis des Yorderhirns durch die Regio hvpothalamica liindurch den Weg nach dem Mittelhirn einschlagen. In der Folge nimmt die Menge dieser Faserzüge er- heblich zu, und man findet demnach auf späteren Stufen die Seitenwand des Hypothalamus von ihnen reichlich durchsetzt, aber sie sind fein und dabei diffus verteilt, demnach treten sie nicht als auffällige Bildungen gesondert hervor. Den aus dem Hypothalamus in den Haubenwulst übergehenden diffus verteilten Faserzüge schließen sich hier ähnliche Züge an, die vom Mittelhirn ab durch das gesamte Rautenhirn hindurch sich ausbreiten und deren Menge im Verlaufe des zweiten Monats erheblich zunimmt. »Sie werden weiterhin durchkreuzt von Radiärfasern und von Systemen von Bogenfasern, deren Verhalten in den verschiedenen Bezirken innerhalb ge- wisser Grenzen wechselt. Es bilden sich so die Formationes reticu- lares, hinsichtlich derer ich auf meine ältere Arbeit über das Rautenhirn verweisen kann. Das mediale (hintere ) L ä n g s b ü n d el. i^bgesehen von den Xerven- wurzeln ist das sog. hintere Längsbündel embryologisch das erste scharf umschrieben auftretende Faserbündel des Gehirns. Es ist schon beim vier- wöchentlichen Embryo, wenn auch nur auf kurze Strecken, nachweisbar. Es tritt zuerst im Isthmus und weiterhin im Boden des Mittelhirns auf, und hier ist es auch in der Folge am schärfsten von der Umgebung gesondert. Bei Br 3 (siehe oben S. 52) tritt es auf in der Form von 3 — 4 rundlichen, scharfumgrenzten Bündelchen, die dicht unter der Oberfläche liegen. Xoch sind sie kurz und verlieren sich beim Übergang ins Mittelhirn und bei dem in die Brücke. Außer von diesen Bündelchen zeigen sich der Randschleier des Isthmus und des Mittelhirnbodens von feinen Fasern durchsetzt, die zerstreut liegen und keine Bündel bilden. Dieselben Bündelchen und zerstreut liegen- den Fasern wie bei Br 3 finde ich auch bei dem nur wenig älteren Embryo Dl. Bei Ru ist das mediale Längsbündel scharf umgrenzt, aber nicht mehr so oberflächlich gelegen. Es ist von einer Schicht von Bogenfasern und von Zellenlagen umgriffen. Es verliert sich beim Übergang ins Mittelhirn und nach abwärts beim Übergang in die Brücke. Schon auf frühesten Stufen zeigt das mediale Längsbündel Beziehungen zu den Kernen der Augenmuskelnerven. Laut Edinger^) gehört das mediale Längsbündel zu den konstanten, durch die gesamten Wirbeltierreiche vorkonnnenden Ge- bilden, und es wird zu den Bahnen mit kurzem Faserverlauf gerechnet. Es schließt sich mit seiner spinalen Fortsetzung den Vordersträngeu des Rückenmarks an. Seine Zusammengehörigkeit mit den Grundbündeln der ^) Edinger 1. c. S. 73. 158 Über intramediülare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. spinalen Vorderstränge ist am frühembryonalen Mark noch viel auffälliger, als am ausgebildeten, da in früherer Zeit die übereinstimmende Lagerung neben der Mittellinie und nahe an der ventralen Oberfläche schärfer und unverhüllter hervortritt. Bei diesem Verhalten des Längsbtindels erscheint die von Meynert stammende Bezeichnung als „hinteres" Längsbündel un- zweckmäßig, denn sie besagt das genaue Gegenteil von dem, was das Bündel charakterisiert. Es ist dies der Grund, weshalb die BNA. vor- geschlagen haben , von einem „medialen" Längsbtindel statt von einem „hinteren" zu sprechen. Die Angaben über das vordere Ende des medialen Längsbündels lauten sehr verschieden, ^) und ich bin meinerseits nicht in der Lage Entscheidendes darüber beizubringen. An guten Sagittalschnitten finde ich das Bündel fächerförmig in den Teil des Haubenwulstes ausstrahlend, der gegen den dritten Ventrikel vorspringt. Die Fasciculi mamillo-teg mentales oder kurzweg M a m i 1 1 a r - b ü n d e 1 ^) gehören zu den früh sich sondernden Bildungen. Ihre grobe Fase- rung und ihre kompakten Bündel lassen sie auffällig aus ihrer Umgebung hervortreten. Mit Sicherheit finde ich sie schon auf den Stufen N und Seh. Der von früh ab gegen die Sattelspalte sich vorwölbende Mamillar- körper besteht längs der Mittellinie aus einer dünnen, auf der Ependym- stufe verbleibenden Gewebsplatte. Dagegen entwickeln sich aus seinen dicken Seitenwandungen zahlreiche, zum Teil netzförmig unter sich zusammen- hängende Faserbündel, die nach oben hin zu stärkeren Stämmchen sich sammeln, weiterhin aber sich wiederum zerspalten, und, spinalwärts sich umbiegend, in die HaubenAvülste übergehen. Ln allgemeinen verlaufen die Bündel von unten nach aufwärts, an Sagittalschnitten findet man indessen auch solche Bündel, die erst eine Strecke weiter abwärts biegen, bevor sie einem der aufsteigenden Bündel sich anschließen. Die Mamillarbündel setzen sich von Anfang ab sehr scharf von ihrer Umgebung ab. Die Richtung der in die Haube eintretenden Bündel führt anscheinend gegen das mediale Längsbündel, und bei der Interpretation bloßer Querschnittreihen kommt man leicht in die Versuchung, einen unmittelbaren Übergang zu konstruieren. Sagittalschnitte geben aber hierfür keine Anhaltspunkte. x4.n solchen er- kennt man, daß die Mamillarbündel bei ihrem Übertritt in den Haubenwulst fächerförmig auseinandergehen und in die diffusen Faserzüge der Haube umbiegen. Nach Gudden sollen sie in einem besonderen Ganglion, dem ^) Eine eingehende Zusammenstellung gibt Kölliker 1. c. S. 438 ff. Man vergleiche auch Bechterew, „Die Leitungsbahnen im Gehirn und Rückenmark" deutsch von Weinberg, 2. Auflage 1899. Nach diesem Forscher (I.e. S. 350) enthält das hintere Längsbündel auf- und absteigende Fasern , womit meine eigenen Beobachtungen über- einstimmen. -) „Haubenbündel des CorjDus mamillare" von Gudden. Die Reihenfolge der Entwicklung intramedullarer Bahnen. 159 sog. tief eil Ganglion VON Gudden endigen, ^j Nach der von KÖLLIKER bestätigten Entdeckung von Ramon y Cajal geht das ViCQ D'AzYRsche Bündel, der Fase, thalamomamillaris durch Faserteilung aus den Elementen der Maniillarbttndel hervor.-) Es ist nun bemerkenswert, daß ich an foetalen Sagittalschnitten aus dem dritten Monat das ViCQ D'AzYRsche Bündel nie zu Gesicht bekommen habe, während doch die Maniillarbttndel so frtth und so deutlich zutage treten. Die Zeit, in der das ViCQ D'AzYRsche Bttndel auftritt, vermag ich vorläufig nicht anzugeben. Nn. olfactorii und Striae olfactoriae mediales. Die erste Bildungsgeschichte des Riechnerven und sein Herauswachsen aus dem Epithel- lagen der Riechgrtibe habe ich in einer früheren Arbeit einläßlich be- sprochen.^) Der Zeit nach fällt der Vorgang in die fünfte Woche (Embryo K). Die frühe Geschichte bietet noch allerlei Stoff für spätere eingehende For- schungen, ich beschränke mich aber hier auf kurze Andeutungen. Die aus den verschiedenen Bezirken des Riechfeldes hervortretenden Nervenbündel sam- meln sich bei ihrem Aufsteigen zum Gehirn zu einem ziemlich dicken Stamm, der in schräg nach vorn geneigtem Verlauf an die Bulbusanlage herantritt. Die Existenz des anscheinend ungeteilten Olfactoriusstammes hat auf den ersten Blick etwas Befremdendes, da ja späterhin der Durchtritt der Olfac- toriusbahnen durch den Schädel in zerteilten Bündeln erfolgt. Der Schlüssel zum Verständnis dieses Verhaltens liegt in der InsertionsAveise des Riech- nervenstammes in den Bulbus. Die Insertion verteilt sich nämlich über ein größeres Feld, indem der Bulbus von den herantretenden Bündelchen becher- artig umgriffen wird. Es betrifft somit die Zusammenfassung der Faser- bttndel zu einem Stamm nur eine mittlere Strecke, vor und hinter der die Bündel auseinanderweichen. Auch scheint es innerhalb des Stammes nur zu einer Aneinanderlagerung , nicht aber zu einer geflechtartigen Durch- kreuzung der Bündel zu kommen, so daß deren Sonderung durch Zwischen- schiebung von Mesenchym im Verlaufe weiteren Wachstums keine Hinder- nisse findet. Die in der ersten Hälfte des zweiten Monats vorhandene Zusammenfassung der Olfactoriusbündel zu einem kompakten Stamm verliert sich übrigens bald, und schon im Beginn des dritten Monats liegen die Bündel in viel loserer Gruppierung. Fast gleichzeitig, oder jedenfalls nur um weniges später, tritt an der hin- teren Grenze des vorderen Riechhirnes ein rundes, kräftiges Faserbündel auf, die Stria olfactoria medialis. Das dem vorderen Riechhirn entstammende Bündel verläuft eine Strecke weit vor der Fissura prima an der medialen *) VON GuDDBN, Gesammelte und hinterlassene Abhandlungen herausgeg. von Grashey 1899. „Das Corpus mamillare und die sog. Schenkel des Fornix" S. 173 und Taf. XXX. '-) KÖLLIKER 1. C. S. 515 ff. ^) „Formentwicklung des menschlichen Vorderhirns.-' S. 717 ff. 160 Über intraniedullare Faserbahneii und die Zeit ihres ersten Auftretens. Hemisphärenwaiid in die Höhe und verliert sieb dann, indem seine Faser- züg-e in die Wand eintreten (Fig-g. 94 ii. 95; S. 141 u, 142). Commissura c er vi call s. Unter diesen gemeinsamen Namen läßt sich eine früh auftretende dorsale Querkommissur zusammenfassen, die ihre mächtigste Entwicklung über dem Einschnitt des Vorderhirnhalses erreicht und von da aus unter beiderseitiger allmählicher Verjüngung auf die Decke des anstoßenden Zwischenhirns und des Mittelhirns übergreift. Der vordere Abschnitt dieser Kommissur w4rd in der Hirnanatomie als Commissura posterior bezeichnet, der hintere, auf das Mittelhirn übergreifende Teil ist die sog. Kommissur der v o r d e r e n V i e r h ü g e 1. ^) Während erstere an ihrer dorsalen Seite frei bleibt und in bekannter Weise sich faltet, wird die Kommissur des oberen Vierhügels in der Folge von Zellenschichten und von Ausstrahlungen des Sehnerven überlagert. Die dorsale Nackenkommissur tritt schon im Verlauf der fünften Woche auf, ich finde sie noch nicht ge- schlossen bei Embrj'^o Ko, wohl aber bei den Embryonen CE, N u. ff. Sie besteht aus vertikal gestellten parallelen Blättern, die durch schmale Streifen zellenhaltigen Gewebes voneinander geschieden sind. Die vordere Grenze der dorsalen Kommissur bezeichnet den Ort, wo sich die Decke des dritten Ventrikels als Zirbelanlage emporzuwölben beginnt.^) Die hintere Fort- setzung der Kommissur überlagert das Mittelhirn in seiner vorderen Hälfte. Die Faserzüge zeigen einen schräg nach vorn ansteigenden Verlauf. So früh und so deutlich sie sich aber in ihrem oberen Abschnitt zu erkennen geben, so schwierig ist es, über ihre Herkunft und über ihr Endgebiet klare Anschauungen zu gewinnen. Sie verlieren sich in die Seitenwand des Mittelhirns, bez. beim Übergang in die Haube. Die Zellenstränge, die die Bündel voneinander scheiden, haben, soweit ich an meinen Präparaten ersehen kann, mit der Bildung derselben nichts zu tun. Wo die Stränge vom Schnitt längsgetroffen sind, zeigen sich die Kerne der zwischenliegenden Zellen quer durchschnitten. Weiter seitwärts stoße ich wohl auf einzelne Neuroblasten, deren Spitzen in der Richtung der Kommissur, dieser zu- oder abgekehrt liegen, aber eigentlich überzeugende Bilder habe ich keine ge- wonnen. Bei dem schrägen und gebogenen Verlauf der Kommissurenfasern ist es verständlich, daß man den Zusammenhang mit den zugehörigen Zellen- leibern nicht leicht in den Schnitt bekommt. Nach der Angabe neuerer ^) Die Kommissur der vorderen Vierhüg-el findet sich abgebildet bei Külliker 1. c. S. 444, Fig. 100, sowie Fig. 568, S. 407 und Fig. 569, S. 408. ^) Die hintere Kommissur ist vorhanden, ehe sich die Zirbel als selbständige Ausbuchtung der Zvvischenhirndecke hervorwölbt. Erheblich später als die hintere entwickelt sich die sog. obere Kommissur der vergl. Anatomen, oder die Commissura habenularum der ENA. Es liegt nahe, die Ausbuchtung der Zirbel auf eine Stauung der dünnen Deckplatte des dritten Ventrikels durch den Querfaserstrang- der hinteren und später vielleicht auch der oberen Kommissur zurückzuführen. Die Reihenfolge der Entwicklung intramecluUarer Bahnen. 161 Fig. 102. Querschnitt durch den Kopf von Foetus Stg (46 mm SSI.). Der Schnitt geht durch den hinter dem Stiel liegenden Teil der Hemisphären. Letztere zeigen beiderseits den Schweif des Streifenhügels und an der medialen Oberfläche den Limbus mit der Bogenfurche , rechts auch noch einen Streifen von der Lamina infrachorioidea. Das Zwischenhirn ist in schräger Richtung getroffen, oben in seinem hinteren Abschnitt , unten am hinteren Rande des Chiasma. Die quergestellte Furche im oberen Teil des Thalamus- hirns , die den Epithalamus vom eigentlichen Thalamus scheidet, ist der Reeessus genicnli. Die an der Grenze des Reeessus liegenden querdurchschnittenen Faserbündel gehören zum Meynert sehen Bündel. Das Chiasma ist in seinem hintersten Abschnitt vom Schnitt gestreift , links sieht man noch die Abgangs- stellen des N. opticus; rechts liegt der Schrägschnitt des letzteren bereits außerhalb der Schädelhöhle. Zwischen dem Sehnerven und dem umgebenden Gewebe liegt eine klaffende Spalte , die sich beim Eintritt in den Schädel in den epicerebralen Raum öffnet. Wie dieser, so bezeichnet die (möglicherweise durch Gewebs- schrumpfung erweiterte) Spalte den Zwischenraum zwischen der Gliascheide des Xerven und seiner Brnde- gewebsscheide, beide sind zur Zeit noch scharf voneinander gesondert. Jenseits vom Chiasma verfolgt man auf jeder Seite eine Strecke weit den Verlauf des Tractus opticus. (Zu Seite 162.) His, Die Entwicklung d. menschl. Gehirns. 11 162 Über intramedullare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. Hiruforscher sollen die medialen Längsbündel und die hintere Kommissur einen gemeinsamen Kern besitzen.-^) Soweit die hintere Kommissur dem Zwischenhirn angehört, liegen ihre Bündel im Epithalamus. Dieser bildet noch beim Foetus des dritten Monats eine quergelagerte ;, medialwärts sich verdünnende und schließlich in die ependymatöse Deckhaut übergehende Platte. Durch eine scharfe, im Grund des Recessus geniculi auslaufende Furche scheidet sich der Epithalamus vom Thalamus (Fig. 102, S. J61). Unmittelbar an den Ventrikelraum grenzt auch beim Epithalamus eine dunkle Schicht von Höhlengrau, über dieser, und teilweise noch in sie eingegraben, liegen die blattartigen Bündel der hinteren Kommissur. In ihrer scharfen Umgrenzung sind sie nur eine kurze Strecke weit in die Seiten- wand verfolgbar. Nach vorn werden im Epithalamus die Kommissurenbündel durch die Ursprungsbündel des Fase, retro- flexus abgelöst, die auch ihrer- seits in das Höhlengrau des Re- cessus geniculi sich eingraben und in ihrem weiteren Verlauf den letzteren seitwärts umgreifen. Die Schleifen. Bei dem winkligen Verlauf der beiden Schleifen ist es auf früheren Stufen keineswegs leicht, deren gesamten Verlauf an einer und derselben Schnittreihe übersicht- lich zu verfolgen. Das erste, was davon leicht zur Anschauung gelangt, ist der au das Mittelhirn herantretende Abschnitt, und den findet man in der zweiten Hälfte des zweiten Monats an Querschnitten als eine helle, das Mittelhirn seitlich umgreifende Belegschicht, an Sagittalschnitten als eine scheitelwärts schräg ansteigende Faserplatte. In der Zeit muß auch der Ursprung der Schleifen schon vorhanden sein, und für die sensible (mediale) Schleife ist er unverkennbar in dichten Zügen von Bogenfasern gegeben, die aus den dorsalen Zellenmassen des verlängerten Markes, dem Gebiete der späteren Hinterstrangkerne hervortreten und ventralwärts in der Fig. 103. Basis des Eautenhirns eines Foetus von 5 cm SSI. Man sielit das freiliegende Corpus trapezoides , den An- fangsteil der akustischen Schleife und den Anschluß von Schleifenfasern an die Seitenfläche des Mittelhirns. (Zu Seite 163.) ^) Edinger 1. c. S. 308. Die Reilicnl'oigc der I-Cntwicklung intrainediilhirer IJaliiieii. ] 63 Richtung- der Olivenkerne verlaufen, und deren Durclikreuzuni;- in der Mittel- ebene an Querschnitten konstatierbar ist. Weniger klar bin ich über den genauen Zeitpunkt, in dem der Ursprung der akustischen 'lateralen) Schleife und des Trapezkörpers auftreten, Querfasern finden sich an der Ijasalen Fläche des Hinterhirns schon sehr früh, im Beginn des zweiten Monats, allein diese früh auftretenden Fasern sind dem System der Formatio reticularis zuzuweisen, sie liegen also in der Folge tiefer als der Trapezkörper. Die laterale Schleife liegt, wenn sie einmal vorhanden ist, oberflächlich, und so finden wir sie im dritten Monat als eine von bloßem Auge bez. mit der Lupe sichtbare Bildung (Fig. 103, S. 162). Man sieht an Gehirnen aus dieser Zeit den die Seitenfläche des Corpus restiforme umgreifenden Anfangs- teil, seinen Übergang ins C. trapezoides und den Anschluß des letzteren an die das Mittelhirn erreichenden Faserzüge. Entsprechend zeigen auch Quer- schnitte aus der Zeit die oberflächliche Lagerung des Trapezkörpers. Der Thalamus und seine Verbindungen; das Stamml)ündel des Thalamus. Gegen Ende des zweiten und im Beginn des dritten Monats zeigen sich die dem Thalamushirn entstammenden Faserzüge ziemlich übersichtlich an- geordnet. Es sondern sich nämlich zu der Zeit drei Ursprungsgebiete, von denen jedes ein Hauptbündel entsendet. Das erste dieser Bündel, das den S t a b k r a n z des Thalamus in sich aufnimmt, können wir als Stamm- bündel bezeichnen, das zweite ist das MEYNERTsche Bündel oder der Fasciculus retroflexus, das dritte die Stria m e d u 1 1 a r is t h a 1 a ni i. Das Ursprungsgebiet des Stammbündels umfaßt weitaus die Hauptmasse der Thalamuswand. Zunächst gehört ihm das obere Thalamusgebiet bis zum Recessus geniculi an, allein auch das untere, mittlere und hintere Ge- biet entsenden Fasern zum Stammbündel, wie dies am deutlichsten an guten Sagittalschnitten sich feststellen läßt (Fig. 104, S. 165). Die aus diesen ver- schiedenen Bezirken stanunenden Fasern treten zunächst zu zahlreichen kleinen Büscheln zusammen, die schräg basal- und lateralwärts verlaufen. Ein großer Teil derselben tritt in eine der Außenfläche des Thalamus anliegende Faserschicht, das S t r a t u m zonale ein. Weiterhin sammeln sich sämtliche Fasern zu einem kompakten runden Bündel, das von hinten und unten her an das Stielgebiet der Hemisphären herantritt. Dies Bündel, das Stamm- b ü n d e 1 , liegt anfangs noch oberflächlich , seine Fortsetzung dringt aber in den Streifenhügel ein, und hier findet man es gegen Ende des zweiten Monats, als stumpf auslaufendes, ziemlich abgeschlossenes Gebilde (Fig. 101, S. 153.) Zu der Zeit gibt es noch keine innere Kapsel, dann aber, wenn die Rindenbildung beginnt, breitet sich das Stamnibündel zu einer flachen nach vorn vordringenden Platte aus, die weiterhin von Zelleuscharen durch- setzt und in grobe Bündel zerlegt wird. Die i n n e r e K a p s e 1 , d i e s i c li nunmehr bildet, ist zur Zeit ihrer ersten Entstehung a u s - 11* 164 Über intramedullare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. s^ , SM ^ . i Fig. 104. Querscliiiitt durch das Vorderhirn des Embryo My (M. 19 mm?). Der Schnitt zeigt die basale Hälfte des Zwischenhirns und beiderseits ein Stück von den das Stielgebiet überragenden Hemisphären mit dem Schweife des Streifenhügels. Das Stammbündel des Thalamus liegt als heller Streifen dem letzteren seitlich an und ist dem Streifenhügel zugekehrt. (Zu Seite 163.) schließlich aus dem Stammbündel des Thalamus abzuleiten, und dasselbe gilt von den früher besprochenen aus der inneren Kapsel in die Hemisphären eintretenden Faserztigen, Fig. 105. Schnitt durch dasselbe Gehirn etwas weiter nach vorn. Der Schnitt trifft bereits das Stielgebiet und zeigt das Stammbündel des Thalamus als rundliches helles Feld unter dem Streifenhügel liegend. Von einer inneren Kapsel ist noch nichts vorhanden, das Stammbündel endigt stumpf im Streifenhügel. (Zu Seite 165.) Die Reihenfolge der Entwickliina; intramedullarer Balinen. 165 In den Figuren 104 und 105 habe ich zwei Querschnittsbilder durch das Vorderhirn des im übrigen nicht tadellosen Embryo My mitgeteilt. Die erste der beiden Figuren (104) zeigt die Bildung des Stammbündels an der »Seiten- fläche des Thalamus; Figur 105 zeigt dessen Lage nach Eintritt in den Streifenhügel. Das Bündel endigt noch stumpf und es verliert sicli in den nächstfolgenden Schnitten spurlos. Schon bei dem etwas älteren Emljryo ^Ir Fig. 106. Seitlich verlaufender Sagittalsehnitt durch das Gehirn von Embryo Cl. Es sind Cerebellum, Mittelhiru, Thalamus, Streifenhügel und Pallium vom Schnitte getroffen. Die dunkel eingefaßte Spalte im Thalamus ist der Eecessus geniculi, hinter ihm ist als heller Streifen ein Stück des Meynert sehen Bündels zu sehen. Nach vorn vom Eecessus kommen die Züge des Stabkranzes des Thalamus zur Anschauung, die, nach vorn und basahvärts gerichtet, in das Stammbündel übergehen. Ein Teil des letzteren bildet eiuen die Oberfläche überragenden rundlichen Wulst. Im übrigen sieht man die Fasern des Stabki-auzes des Thalamus unter dem Streifenhügel in die innere Kapsel übergehen. (Zu Seite 166. ■) (Nl. 22 mmj tritt es durch den Streifenhügel in die Hemisphärenwaud ein, und noch weiter ausgebildet finde ich es bei den Embryonen Oe und Stg, von denen ich (Figg. 41 — 43, 49 u. 59) eine Reihe von Schnitten mitgeteilt habe. Instruktiv sind auch Sagittalschnitte aus dieser und den nachfolgenden Perioden. An solchen verfolgt man leicht das konvergente Zusammenlaufen 166 Über intramednllare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. der ans den verschiedenen Bezirken des Thalamus stannnenden Faser- zttge. Das Stammbttndel zeichnet sich vor seinem Eintritt in den Streifen- hügel als rundlicher Vorsprung'. Es erreicht den Streifenhügel hinter dessen Fig. 107. GeMrn des Embryo Mr (Nl. 22 mm) Profilkonstruktion innerer Faserbahnen. Vergr. 10 fach. Es sind in der Zeichnung nicht alle vorhandenen Bahnen dargestellt , so sind der Tractus solitarius , der Tractus Trigemini und das mediale Längsbündel weggelassen, da durch deren Einzeichnung das Bild unklar geworden wäre. Von den Schleifen ist nur die an der Seiteuwand der Vierhügel emporsteigende Faserplatte (S.) eingezeichnet. Im übrigen sind gezeichnet : die Thalamusstrahlung nach dem Stammbündel T. hin , die Stria meduUaris Thalami (Si.), das Meynertsche Bündel (J£), die Mamillarbündel (Ma.), das Chiasma (CA.) und der Tractus opticus, die cervikale bez. die dorsale Kommissur (C. e.), der Fascioulus restiformis {F. r.) und der N. olfaotorius (iV. o.). Die sonstigen Bezeichnungen bedeuten : P. den Hemisphärenstiel , in dessen oberen Teil das Stammbüudel des Thalamus eintritt , Tr. den Austritt des N. trochlearis , Ol. die untere Olive. Die durchschnittenen Querfasern an der basalen Oberfläche des Hinterhirns, oberhalb von der Brücken- krümmung, gehören dem Corpus trapezoides an. Einige der vorhandenen Bündel sind noch nicht in ihrer gesamten Länge angelegt. So hört die Stria medullaris schon in der halben Länge der oberen Thalamusfläche zugeschärft auf. Auch die Überschreitung der Mittelebene durch den Fasciculus restiformis ist noch nicht erfolgt. (Zu Seite 168.) hinterem Schenkel, zwischen ihm und dem Streif enhttgelschweif (Fig. 106, S. 165). Das, was ich hier als Stammbündel des Thalamus beschreibe, stimmt in zahlreichen Punkten mit Edingers basalem Vorderhirnb ündel Die Reilieiifol2:e der Entwickhins>; intrainediillarer BaliiKüi. 167 oder seiner Radiatio strioth alamica ül)erem.^j Edingeks Abbildung (Fig. 193 S. 273) seheint für eine Identität beider Gebilde beinahe beweisend. Immerhin differieren unsere Angaben noch in wesentlichen Punkten. Xacli Edinger entspringen die Fasermassen des basalen Vorderhirnbündels ans dem Streifenhttgel und endigen im Thalamus. Mein Stammbündel des Thalamus dagegen entspringt unzweifelhaft in diesem, und es wächst, wie sich aus den oben mitgeteilten Be- obachtungen ergibt, schrittweise gegen den Streifeuhügel vor. Auch ist, nach- dem es sich zur Capsula interna ent- wickelt hat, sein an- fängliches Ausbrei- tungsgebiet nicht der Streifenhügel, sondern der Hemi- sphärenmantel , in den seine Faserzüge unter dem Nucleus caudatus hindurch eindringen. Das Meynert- sche Bündel (Fas- ciculus retrof lexus -) sammelt seine Fa- serbündel aus dem hinteren Abschnitt des Epithalamus, dem späteren G. habenulae, seine Ur- sprünge liegen in der Decke des Re- cessus geniculi und nehmen hier einen relativ breiten Flächenraum ein, sie sammeln sich, wie dies an Sagittalschnitten am leichtesten zu verfolgen ist. Fig. 108. Vorderer GeMrnabschnitt desselben Embryo Mr. Flächenkonstruk- tion. Vergr. 10 fach. Die FaltuTigen der medialen Hemisphären-n-and sind nicht eingezeichnet. Die Figur zeigt die zur Decke emportretende Stria medullaris und ihr zugeschärftes vorläufiges Ende {St.), sodaun das Stauim- bündel des Thalamus (T.) , seinen Weg durch die innere Kapsel unter dem Nucleus caudatus hindurch und seinen Eintritt in die laterale Wand des Palliums. Die Ausdehnung des Streifenhügels ist punktiert angegeben. In fler hinteren Hälfte des Thalamus ist das Meynertsche Bündel (.V.) ein- gezeichnet, das vorn mit fächerförmig zusammenstrahlenden Faserzügen beginnt. Ferner übersieht man die Flächenausdehnung der eervikalen Kom- missur {Co.), die bis weit über den oberen Vierhügel sich erstreckt. (Zu Seite 168.) ^) EdinCtER 1. c. S. 144 u. S. 172. Edinger hält die Linsenkenischlinge für einen Teil des basalen Vorderhirnbündels. -) Von Meynert (1. c. S. 737) ursprünghch als „Haubenbündel aus dem Zirbelstiel" beschrieben. Meynert läßt das Bündel aus dem Gang-lion habenulae entspringen und mit seinem unteren Ende den roten Haubenkern von der medialen 8eite her umfassen. 168 Über intramednllare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. zu anfangs getrennt verlaufenden^ dann aber konvergierend zusammentreten- den Bündeln^ welche den Cervix des Vorderhirns seitlich umfassen^ weiter- hin mit dem medialen Längsbündel sich kreuzen und schließlich im vorderen Teil des Mittelhirnbodens nahe an der Mittelebene und dicht unter der Oberfläche auslaufen (Fig. 107, S. 166). In der Flächenprojektion beschreibt das Meynert sehe Bündel einen lateralwärts konvexen Bogen (Fig. 108, S. 167), im Profil zeigt es einen leicht wellenförmigen Verlauf. Die unteren Enden beider Bündel konvergieren nach der Mittelebene hin, aber bis zu Stufe Stg vermag ich keine Kreuzung der Endfasern zu erkennen, und auch von einem abgesonderten Ganglion interpedunculare ist zu der Zeit noch nichts vorhanden. Das Ende des Bündels verliert sich nahe neben der Mittellinie, ohne in Zellenhaufen einzutreten. ^) Das Ursprungsgebiet des Meynert sehen Bündels schließt sich im hinteren Abschnitt des Epithalamus an das Ausbreitungsgebiet der hinteren Kommissur an und seine Faserzüge streifen gleich denen der Kommissur die Eückwand des Recessus geniculi. Die Stria medullaris des Thalamus erscheint etwas später als das Stammbündel. Am übersichtlichsten zeigen sich ihre Verhältnisse an Sagittalschnitten , die unweit von der Mittelebene geführt sind. Hier er- scheint die Stria mit retortenartig gestaltetem Profil, sie beginnt am vorderen unteren Ende des Thalamus breit, indem sie die fächerförmig aus der Um- gebung zusammenströmenden Faserbündel sammelt; dann verjüngt sie sich und biegt nun nach oben und occipitalwärts um. Sie verläuft dem Rande des Epithalamus entlang, dicht vor Beginn der Taenia und der Lamina chorioidea thalami. Ihr hinterer Abschnitt erreicht nach vollendeter Aus- bildung das Gebiet des späteren Ganglion habenulae. Nach Angabe der Autoren soll sie teils in diesem endigen, teils in die Commissura habenularum übergehen.-) Beim Embryo Mr (22 mm Nl.), von dem oben (Figg. 106 und 107) zwei Konstruktionsbilder mitgeteilt worden sind, hört die Stria jeder- seits schon im vorderen Drittel des Thalamus zugeschärft auf, ein Beleg dafür, daß deren Fasern von unten nach oben, und im Epithalamus von vorn nach rückwärts hin wachsen. Noch kürzer, obwohl schon vorbanden, ist sie bei Embryo My (Fig. 100). GuDDBN (1. c. S. 171) zeigt, daß nach Wegnehmen des G. habenulae das Meynert sehe Bündel zugntnde geht, aber doch läßt er es nicht aus diesem, sondern aus dem von ihm aufgefundenen G. interpedunculare entspringen. Die neueren Autoren (s. Kölliker 1. c. S. 484) sind mit Recht zur Vorstellung Meynerts vom oberen Ursprung des Bündels zurückgekehrt. Auch meine Beobachtungen an Foetus des dritten Monats (Ma, Stg u. a.) lassen keine andere Deutung zu. 1) Kölliker sagt (1. c. S. 434), daß sich das Meynert sehe Bündel bei Tieren in das G. interpedunculare verliert, beim Menschen aber unmerklich in der Subst. perforata posterior ausläuft, zum Teil mit Andeutungen einer Kreuzung. ^) Kölliker 1. c. S. 484. Die Reihenfolge der Entwicklung intramediillarer Balinen. 169 N. opticus und Chiasma. Der Augenblasenstiel liefert die erste An- lage des Sehnerven vom Cbiasma bis 7Aim Bulbus. Seiner Entsteliungsweise gemäß umscbließt er auf früheren Stufen eine Höhlung, die einerseits mit dem Ventrikelraum des Gehirns, bez. mit dessen Recessus opticus, ander- seits mit dem periretinalen Spaltraum zusammenhängt. Eine zweite, in der Verlängerung des Augenbechers gelegene Höhlung entwickelt sich am peripherischen Ende des Augenblasenstieles durch Einstülpung der Wand. Als offene Rinne sich anlegend, schließt sich diese zweite Höhlung in der Folge gleichfalls zum geschlossenen Kanal, und in ihr treten die Vasa centralia retinae zum Bulbus hin. Wir können die beiden genetisch verschiedenen Höhlungen als ventrikuläre und als vaskuläre von- einander unterscheiden (Fig. 109). Erstere hat im allgemeinen eine kreisrunde Gestalt, nimmt aber in der Nähe des Bulbus Halb- mondform an, entsprechend der rinnenförmigen Einbiegung der Wand. Die ventrikuläre Höhlung wird bei zu- nehmender Entfernung des Bulbus vom Gehirn zu einem feinen Gang, und dieser schließt sich in der Mitte des zweiten Monats, so daß in der nächstfolgenden Zeit der ursprüng- liche Röhrencharakter des Stieles nur noch an einer kranzförmigen Anordnung der radiär- gestellten Kerne erkennbar bleibt. An den beiden Endstücken des Stieles erhält sich die Lichtung am längsten. Nebenstehende Figur 109 zeigt sie von Embryo Ob noch in der Nähe des Bulbus, bei demselben Embryo ist auch das Gehirnende des Stieles noch eine kleine Strecke weit offen. Noch weiter klafft die Lichtung an der Ab- gangsstelle vom Bulbus. Allein auch bei dem Embryo Wi, von dem Figur HO (S. 170) stammt, ist die Lichtung nur in allernächster Nähe des Recessus opticus als ein von diesem ausgehender feiner Kanal erkennbar, und die halbmondförmige Lichtung im peripherischen Ende beschränkt sich auf das dem Bulbus unmittelbar anhaftende Stück, sie reicht kaum weiter, als der Pigmentgehalt des äußeren Blattes. Auch hier kann die Spur der früheren halbmondförmigen Lichtung eine Strecke weit an der Gruppierung der Zellenkerne erkennbar bleiben. Der Augenblasenstiel besteht aus Gliagewebe und, bevor es zum Ein- wachsen von Nervenfasern kommt, entwickelt sich in ihm ein durch- brochenes Gerüst. Die Entwicklung der Opticusfasern erfolgt, wie aus obiger Tabelle hervorgeht, erst gegen Ende des zweitens Monats. Nun- mehr verwischen sich auch die letzten Spuren, die vom ursprünglichen Fig. 109. Querschnitt des Augenblasen- stieles nahe am Bulbus. Embryo Ob (15.5 mm Nl.). Vergr. 350 fach. Prismon- zeichuung. Die ventrikuläre Lichtung ist noch offen und hat Halbmondform, die vaskuläre Lichtung mit inneliegen- der Gefäßanlage liegt exzentrisch. 170 Über intraraeclullare Faserbalinen und die Zeit ihres ersten Auftretens. Eöhreiicharakter des Augeiistieles übrig- geblieben waren (Fig. 111, S. 171). Nachdem der Nerv faserhaltig geworden ist, bleibt er immer noch durch eine feine M. limitans vom umgebenden Gewebe geschieden, und auch gegen die vasculäre Höhlung hin schließt er sich durch eine solche ab (Fig. 112, S. 172). Von einer Beimengung von mesenchymatösem Gewebe zum Opticusgerüst ist noch in der ersten Hälfte des dritten Monats nichts wahrzunehmen. Bogenförmig gekrümmte Kapillaren finden sich bis dicht ^a^K ' ' * y . Fig. 110. Stielanlage des N. opticus, Embryo Wi (NI. 15.7 iinii). Es siud zu der Zeit noch keine Nerven- fasern A'orhanden. Die von der Betina sich abhebende Anlage des Sehnerven, bez. des Augenblaseustieles, zeigt im Innern eine relativ weite vaskuläre Höhle , und sie wird in diesem ihren Anfangsteil von einer ventrikulären Höhle umfaßt, die ihrerseits mit dem Spaltraiim zwischen Eetina und Pigmenthaut zusammen- hängt. (Zu Seite 169.) an den Sehnervenstamm herantretend, aber weder von ihnen, noch von den Zentralgefäßen aus sind in der Zeit Fortsetzungen in die Substanz des Stammes hinein verfolgbar. Von Interesse ist zu der Zeit das Ver- halten des Sehnerven zum Recessus opticus des dritten Ventrikels. Im Bereich des Chiasma ist der Recessus ringsherum von seinem Höhlengrau selbständig abgegrenzt, und es schieben sich zwischen ihn und den Nerven helle Gewebsschichten ein. Anders verhält sich's da, wo der Nervenstannn an die Gehirnbasis von außen her lierantritt. Da bildet der Nervenstamm Die Reilienfolce der Entwickluns' intnuuediilhircr Ijalinen. 171 eine Strecke Aveit eine dicke, g-ekrümmte Platte, die den Abschluß des Recessus bilden hilft. Die an den Recessus anstoßenden Gliazellen schicken strahlig-e Fortsätze in die Nervenplatte hinein und verleihen dieser auf dem 1 v;' ■ ' . ^ ' .'S» .. ■ ■ Fig. 111. Austritt des K. opticus aus dem Auge, Sagittalschnitt von Foetus Cl. Inmitten des Stammes zeigt sich die vaskuläre Höhlung mit dem GefäiSdurchschnitt. Eine selbständige ventrikuläre Höhlung ist im Nervenstaniin nicht vorhanden, die periretinale Spalte endigt zugeschärft, hald nach Beginn des Opticus- stammes. (Zu Seite 170.) Durchschnitt eine fächerförmige Gliederung. Hier tritt also ein Teil der Gliazellen an die Stelle des Höhlengraues, das den übrigen Recessus aus- kleidet (^Fig. 113, S. 173). 172 Über intramediillare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. Zwischen dem Opticusstaram und dem umgebenden Bindegewebe finde ich an den meisten meiner Schnittpräparate aus dem dritten Monat einen klaffenden, beiderseits glatt abgegrenzten Spaltraum (Fig. 102, S. 161). Es mögen bei dem Auftreten dieses klaffenden Raumes Schrumpfungsvorgänge mit im Spiele sein, wesentlich bleibt aber dabei die scharfe Trennung zwischen den beiden genetisch verschiedenen Geweben, dem des Nervenstammes einer- seits und dem Bindegewebe anderseits. An den Grenzflächen begegnen wir den beiden Mm. limitantes, die wir auf den früheren Jugendstufen des gesamten Zentralnervensystems kennen gelernt haben, der M. limitans externa \\>. 1- Fig. 112. Querschnitt des N. opticus desselben Embryo Cl in kurzer Entfernung vom Augapfel. Man siebt den Eintritt der Gefäßanlage in den vaskulären Kaum des Nervenstammes. Dieser Raum ist von einer feinen das Gliagerüst umsäumenden M. limitans umschlossen. (Zu Seite 170.) des Gliagerüstes und der M. limitans meningea des umgebenden Mesenchyms. Verfolgt man den perineuralen Spaltraum nach dem Bulbus hin, so findet man ihn an der Grenze des letzteren blind auslaufend, seine virtuelle Fortsetzung ist die Spalte zwischen Pigmenthaut und Chorioidea. Nach dem Gehirn zu öffnet sich die perineurale Spalte in den epicerebralen Zwischenraum zwischen Gehirnoberfläche und Pia mater (Fig. 102, S. 161). Im vierten Monat geht die Entwicklung einen Schritt vorwärts, beim Foetus Cc (8.3 cm SSI.) finde ich den Zwischenraum zwischen Nerv und Bindegewebs- scheide von zahlreichen strahlig angeordneten Gefäßsprossen durchsetzt. Diese dringen von außen her in den Nervenstamm ein. Ihr Ausgangs- punkt wird nunmehr zur Piascheide des Sehnerven. Der N. opticus verhält sich dem Obigen zufolge nach seiner gesamten Entwicklung- wie ein echter Gehirnteil, und er weicht in allen Punkten vom Die Reihenfolge der Entwicklung intramedullarer Bahnen. 73 Verhalten peripherischer Nervenstäiniue ab. Wie der N. opticus, so ent- wickehi sich auch das Chiasma und die Tractus optici innerhalb eines von der Gehirnsubstanz gelieferten Gliagerüstes. Cerebellum und Fasciculus restiformis. Die Entwicklung des Kleinhirns erfolgt im allgemeinen noch später, als die der Großhirnhcnd- sphären, und sie bietet eine Anzahl besonderer Probleme, die eine eingehende monographische Bearbeitung beanspruchen. Eine solche auf später ver- sparend, beschränke ich mich hier auf wenige Bemerkungen. Zu Ende des zweiten Monats erscheint die aus der Rautenlippe des Hinterhirns hervor- '->-^-::^^-:y J- ■ V-.:. = -;■ Fig. 113. Ans einem Sagittalschnitt durch denselben Embrj-o Cl, Der Seliuerv hat den Eecessus opticus erreicht und erscheint als eine rinuenförmig gebogene Platte. Das Gliagerüst des Stammes hängt mit der Ependymbekleidung des Eecessus zusammen. Von dieser Ependymbekleidung treten radiäre Strahlen in den Nervenstamm ein. (Zu Seite 171.) gegangene Anlage des Cerebellum als eine dicke, seitwärts hervortretende Platte, die vom basalen Teil des Hinterhirns durch eine breite Furche, die H i n t e r h i r n f u r c h e sich absetzt. In diese Furche lagert sich ein kräftiges, aus Fasern der jenseitigen Olive hervorgegangenes Bündel, der Fasciculus restiformis. 8eine Lage ist im größeren Teil seines Verlaufes eine ober- flächliche. Von der Seitenfläche des verlängerten Markes hervorkommend, beschreibt das Bündel den vollen Bogen der Brückenkrümmung, sein dorsales Ende wendet sich mehr und mehr medialwärts und erreicht schließlich das Verbindungsstück der beiden Kleinhirnhälften, die Anlage des Wurmes (Figg. 114 u. 115, S. 174 u. 175). Hier kommt es im Verlaufe des dritten Monats zu einer Durchkreuzung der beiderseitigen Fasern. Beim zwei- monatlichen Embryo Mr (Fig. 107) treten die beiden Fasciculi restiformes I 74 Über intramcclullare Faserbalinen und die Zeit ihres ersten Auftretens. zwar in den Wurm ein, aber noch hat sich keine Querverbindung über die Mittellinie hinweg entwickelt. Bei Embryo My, der etwas jünger als Mr ist, sind zwar die ersten Olivenanlagen vorhanden und auch Faserzüge zu sehen, die die Mittelebene durchsetzen, aber einen dem Seitenrand der Fig. lli. Profllkonstruktion des Bautenhirns von Foetus Stg mit eingezeichnetem Fasciculiis restiioniiis. Vergr. lOfacli. Der Weg des letzteren ist von der Olivengegend ab bis zur Anlage des Kleinhirn wiirmes verfolg bar. Das Bündel beschreibt einen der Brückenkrümmung entsprechenden, nach vorn konvexen Bogen. C. b. = Cerebellmuhemisphäre, V. = Vermis cerebelli, 0. := untere Olive, F. r. = Faseiculus restiformis, unterer Abschnitt, /''. r. * = oberer Abschnitt. Dieser Figur 114 habe ich auch die nach anderen Präparaten (Se) konstruierten Anfänge der sensibeln Schleifen eine Strecke weit eingezeichnet. (Zu Seite 173.) Medulla oblongata sich anlegenden Faseiculus restiformis vermag ich nicht aufzufinden. Sollten einzelne Bündel zu der Zeit schon bis dahin vor- gedrungen sein, so schließen sie sich noch nicht zu einem kompakten Strang zusammen , und ein solcher läßt sich auch in der Kleinhirnfurche nicht Die Rcilicnro!i!:c der Eiitwickliiiii!; iiitramediillareT Ualincn. 175 naclivveisen. Die Bildung- des Fasciculus restit'oruiis ist demnacli an das Ende des zweiten Monats zu verlegen. Unsicher bin ich über das erste Auftreten der Bindearmc, Sie scheinen erst zu erheblicher Ausbildung zu gelangen, wenn die solange ver- zögerte Gliederung des Kleinhirns eingetreten ist. Immerhin stoße ich schon an den 8agittalschnitten von Wi, Fo und Cl, also von der zweiten Hälfte des zAveiten Monats ab, auf ausgeprägte Faserzüge in diffuser Verteilung, die von der Decke des Isthmus und teilweise noch von der konkaven Vorder- fläche des Cerebellura aus schräg zum Haubenwulst des Mittelhirns herab- Fig. 115. Fliichenkoiistruktioii vom Eauteiüiirn desselben Foetus. Rechts ist der Abgang des Fascicuhis restiformis {F. r.) von der Olive ab auf die Zeichnung projiziert, links der Weg des Bündels entlang dem oberen Band der Hemisphäre (F\ r. *). (Zu Seite 173.) steigen und sich hier dessen diffusen Längsfaserzügen beimengen. Ich möchte vorläufig die Entscheidung darüber offen lassen, ob diese Faserzüge dem System der Bindearme zuzuzählen sind. Die Basis pedunculi nebst den Pyramidenbündeln und den Querfasern der Brücke erscheinen in meiner obigen Tabelle erst spät. Die verschränkte Lage der Längs- und Querfaserzüge innerhalb der Brücke weist darauf hin, daß die Entwicklung beider eine alternierende sein muß. Über das Einzelne dieser Entwicklung vermag ich indessen zur Zeit noch nichts mitzuteilen, da mein Material hierzu nicht ausreicht. Ich schließe diesen in jeder Hinsicht fragmentarischen Aufsatz über die intramedullaren Faserbahnen des Gehirns mit der Bemerkung, daß er zur Zeit nicht viel mehr zu bieten vermag, als ein Arbeitsprogramm für kommende detailliertere Forschungen. Xoch sind wir eben in Erkenntnis 176 Über intrameduUare Faserbahnen und die Zeit ihres ersten Auftretens. dieser Dinge in den allerersten Anfängen, und es bedarf hier, wie ander- wärts, zäher Arbeit bis die Entwicklung-sgeschichte des Gehirns nach ihren verschiedenen Richtungen hin befriedigend kann klar gelegt werden. Zur Zeit kann ich nur angeben, wo diese Arbeit einzusetzen hat. Früher oder später wird man auch auf diesem Gebiet zum System organisierter gemein- samer Arbeit überzugehen haben. Druck von Fisclier & Wittig in Leipzig. LEIPZIG DRUCK VON FISCHER & WITTIG. 4-, i ^W' Sä? IM ^^^K^ Sä 4^ ^^äSlfe'^^ O ?"^^V ^Pi ' .,.^Ä ^M Ml Pl Gf'-*; ■>^^t?T ■<'