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DIE WISSENSCHAFT

SAMMLUNG

NATURWISSENSCHAFTLICHER UND MATHEMATISCHER -MONOGRAPHIEN

VIERZEHNTES HEFT

DIE

GRUNDLAGEN DER EARBENPHOTOGRAPHIE

VON

Dr. B. DONATH

MIT 35 EINGEDRUCKTEN ABBILDUNGEN UND EINER FARBIGEN AUSSCHLAGTAFEL

BRAUNSCHWEIG

DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN

19 0 6

DER

EARBENPHOTOGRAPHIE

VON

De. B. DONATH

MIT 35 EINGEDRUCKTEN ABBILDUNGEN UND EINER FARBIGEN AU S S C H L A G T A F E L

BRAUNSCHWEIG

DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN

19 0 6

Alle Hechte,

namentlich dasjenige der Übersetzung in fremde Sprachen, Vorbehalten.

Published February 28, 1906.

Privilege of Copyright in the United States reserved under the Act approved March 3, 1905 by Fried r. Yieweg & Sohn, Braunschweig,

Germany.

THE LIBRARY

KKIGHAM YOUNG UNIVERSITY PROVQ, UTAH

VORWORT.

Das vorliegende Bändchen ist kein Lehrbuch der Farbenphotographie, noch weniger ist es eine ausführliche Anleitung zur Ausübung der photochromen Verfahren. Dem Charakter der Sammlung entsprechend überwiegt vielmehr der wissenschaftliche Inhalt, und der Theorie ist in allen Fällen zuerst das Wort gegeben worden. Wenn trotzdem die geschichtliche Entwickelung und der gegenwärtige Stand der Praxis in skizzenhafter Art abgehandelt wurden , so geschah es, um den Leserkreis des Werk chens zu erweitern und um den nur ausübenden Praktiker den Übergang zu einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise finden zu lassen.

Die benutzte Fachliteratur wurde am Schluß zusammen' gestellt; sie möge überall dort herangezogen werden, wo der vorgesehene geringe Umfang der Monographie eine der Bedeutung und der Größe des Gegenstandes völlig ent- sprechende Darstellung nicht zuließ, was insbesondere von den photomechanischen Druckverfahren gilt.

Bei der Bearbeitung des Stoffes habe ich mich neben der vorliegenden Literatur teils auf eigene Arbeiten und Erfahrungen teils auf die bereitwillige und wertvolle Aus- kunft der Herren Geheimrat Prof. Dr. Mi et he (Charlotten- burg) und Dr. Neuhauss (Lichterfelde) stützen können. Beiden Herren sage ich an dieser Stelle meinen aufrichtig- sten Dank.

Berlin, im Januar 1906.

B. Donath.

INHALTSVERZEICHNIS.

Seite

Vorwort V

I. Teil.

Die direkten Verfahren der photographischen Farben- wiedergabe.

Erstes Kapitel. Die photographische Farbenwiedergabe

durch stehende Lichtwellen 1

Geschichtliches 1

Theorie des Verfahrens 7 46

Begriff des Wellenstrahles. Lichtwellen. Re- flexion der Lichtwellen (Phasenverlust). Scheinfarben durch Interferenz. Die Zenker sehe Theorie. Ex- perimentelle Beweise für die Richtigkeit der Theorie : (Veränderung der Farben mit dem Beobachtungswinkel und durch Auseinandertreten der Elementarspiegel. Komplementäre Farben im durchfallenden Lichte. Nachweis der Elementarschichten in mikroskopischen Dünnschnitten.) Weitere theoretische Betrachtungen :

(Die Beziehungen des Silberkornes zur Schichtenbildung.

Die speziellen optischen Eigenschaften von Chrom- gelatine, kohärentem und molekularem Silber. Ele- mentarspiegelabstand und Phasenverlust. Abhängig- keit der Farbenwiedergabe von der Expositionszeit.

Die Beziehungen der Tiefenwelle zur Oberflächen welle.

Lippmannsche Spektra höherer Ordnung.)

Praktische Ausübung des Lip pmannschen Verfahrens . . 47 55

Zweites Kapitel. Die photographische Farben Wiedergabe

durch Körperfarben 55 65

Geschichtliches 55 58

Theorie des Verfahrens 58 63

Ausübung des Ausbleichverfahrens 63 65

VIII

II. Teil.

Die indirekten Verfahren der photographischen Farben- wiedergabe.

Seite

Erstes Kapitel. Geschichte und Theorie des Dreifarben-

verfahrens 66 94

Geschichtliches 66 73

Theorie 73 94

Additive und subtraktive Farbenmischung. Geo- metrische Konstruktion der Mischfarben. Grund- farben. — Die Theorien der Farbenwahrnehmung von Young-Helmholtz und Hering. Experimentelle Bestimmung der Grundfarben.

Zweites Kapitel. Die photographische Analyse nach den

drei Grundfarben 94 118

Sensibilisatoren und Filter 94 109

Die Beziehungen der Aufnahmefilter zu den Be- produktionsfiltern und Sensibilisatoren.

Die praktische Durchführung der Analyse 110—118

Die Sensibilisierung der Platte. Aufnahme und Entwickelung. Einfluß der Sehwärzungskurve auf die Bichtigkeit der Farbenwiedergabe.

Drittes Kapitel. Die additive Synthese der Teilbilder

(Grenzen der authentischen Beproduktion) .... 118 125 Viertes Kapitel. Additive Wiedergabe mit Hilfe von Beu- gungsspektren (Theorie und Ausübung des Ver- fahrens) 125—135

Fünftes Kapitel. Additive Farbenwiedergabe mit dem

Dreifarbenraster 135 143

Sechstes Kapitel. Die subtraktive Synthese der Teilbilder 143 161

Theorie 143 150

Wahl des Farbensystems. Beziehungen zwischen dem Grundfarbensystem , den Aufnahmefiltern und Sensibilisatoren.

Ausführung der subtraktiven Synthese 150 161

Die Herstellung transparenter Dreifarbenbilder. Subtraktive Bilder auf reflektierender Grundlage.

Der Dreifarbendruck (Flachdruck und Hochdruck).

Literaturverzeichnis 162 164

Namenverzeichnis 165 166

I. Teil.

Die direkten Verfahren der photographischen Farbenwiedergabe.

Erstes Kapitel.

Die photographische Farbenwiedergabe durch stehende Lichtwellen.

Geschichtliches.

Die erste Angabe über eine pbotocbrome Wirkung findet sich in Goethes Farbenlehre, fast 30 Jahre vor der praktischen Durchführung einer photographischen Aufnahme durch Da- guerre. Damals (1810) veröffentlichte Seebeck, Professor der Physik in Jena, seine Versuche über den Einfluß der Spektral- farben auf das Chlorsilber, ohne jedoch damit die verdiente Be- achtung zu finden. Weitere Arbeiten über die direkte photo- chromatische Wirkung sind, wenn man von den letzten Jahrzehnten absieht, geknüpft an die Namen Herschel, Edmond Becquerel, Niepce de St. Victor, Hill, Testud de Beauregard, Poi- tevin, Simpson und Zenker. Für den späteren Beurteiler der geschichtlichen Entwickelung bleibt jedoch zu bemerken, daß, bis auf Zenker, bei allen Versuchen, die Naturfarben durch einen rein photographischen Prozeß wiederzugeben, zwei Verfahren un- erkannt und in den theoretischen Grundlagen unverstanden durch- einanderlaufen, die wir heute prinzipiell voneinander scheiden und kurzerhand als „Interferenzverfahren“ und „Ausbleichverfahren“ zu bezeichnen pflegen. Bei dem letzteren erfolgt die Reproduk- tion durch Körperfarben, beim ersteren durch die Scheinfarben stehender Lichtwellen.

Donath, Farbenphotographie .

1

2

Die Anfänge der Photochromie mit stehenden Lichtwellen sind mit Sicherheit auf Edmond Becquerel zurückzuführen, wennschon seine ersten Arbeiten, im Anschluß an die Versuche Seebecks und Herschels, auf ein Körperfarben verfahren hin- ausliefen. Späterhin (etwa um das Jahr 1850) benutzte er jedoch eine Versuchsanordnung, die das Auftreten von Scheinfarben zum mindesten sehr wahrscheinlich macht. Er hing eine vorzüglich polierte Silberplatte, wie sie von den Daguerreschen Aufnahmen her bekannt war, über Chlorwasser und erzeugte so eine dünne Oberflächenschicht von Chlorsilber. Als er dann ein lichtstarkes Spektrum auf die Platte fallen ließ, entstand nach einiger Zeit ein buntes Abbild mit richtiger Farbenfolge. Er sagt darüber selbst (in der Übersetzung von Zenker): „Die vom Rot des Spek- trums getroffene Stelle der Platte ist rötlich und geht im äußersten Rot und selbst jenseits der Linie A ins Purpurrote über. Orange

Fig. 1.

ist ziemlich deutlich und bei der Linie I) geht das Bild, nachdem es eine schwach gelbe Färbung angenommen hat, in Grün über; das Grün ist sehr deutlich etwa bis zur Linie F , wo das photo- graphische Bild anfängt blau zu werden. Diese Farbe geht bei Gr in Violett über und die violette Farbe setzt sich auch noch, nach und nach schwächer werdend, weit jenseits H fort. Das Sonnenspektrum hat sich also mit entsprechenden Farben auf der Platte abgebildet.“ Wir haben zum besseren Verständnis in Fig. 1 ein Sonnenspektrum mit den Farbenbezeichnungen und den hauptsächlichen Fr aunhof ersehen Linien wiedergegeben.

Bei späteren Versuchen badete Becquerel die Silberplatte direkt in Chlorwasser und erhielt nach jedesmaligem Eintauchen eine Schicht, deren Farbe wechselte, bis sie in eine rötlich- milchige Trübung überging. Wir wissen heute, daß dieser Farbenwechsel eine Interferenzerscheinung ist, d. h. durch die Auslöschung bestimmter Anteile des weißen Lichtes bei dem

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Doppelreflex an der Oberfläche der Chlorsilberhäutchen und der Silberschicht entsteht. Hätten wir weiter keinen Anhalt, so würde uns schon allein dieses Faktum einen Aufschluß über das Zu- standekommen der Becquerel sehen Spektralfarben durch die Anteilnahme stehender Lichtwellen geben. Becquerel selbst war sich übrigens über die Ursache der Schichtfärbung, insbesondere bei seinen späteren Versuchen, Chlor elektrolytisch an der Silber- platte auszuscheiden, vollkommen im klaren; die Farben seiner Aufnahmen vermochte er jedoch als Scheinfarben nicht zu er- kennen. Bei dem knappen, uns zur Verfügung stehenden Baume müssen wir uns leider versagen, im besonderen auf die von echt wissenschaftlichem Geiste getragenen Arbeiten Edmond Bec- querels einzugehen; wir verweisen dieserhalb auf seine Ver- öffentlichungen in den Annales de Chimie et de Physique 22, 25, 42 (1849 bis 1855) und auf das, was Zenker in seinem vor- trefflichen Lehrbuch der Photochrom ie darüber mitgeteilt hat. Soviel mag gesagt sein, daß Becquerel nach mehrfachen Ver- suchen, die Präparation seiner Platte mit Kupferchlorid vorzu- nehmen, immer wieder auf die rein chemische oder elektrolytische Abscheidung dünner Chlorsilberschichten zurückkam, die zwar nicht so empfindlich waren, dafür aber reinere und leuchtendere Farben lieferten. Wiederholt weist er auf die Richtigkeit der Farbenwiedergabe bei kurzer Exposition hin, wenngleich die Brillanz nicht groß sei und gleichsam nur eine Erinnerung an das Sonnenspektrum gäbe. Bei längerer Einwirkung träten zwar die Farben mehr hervor, aber sie veränderten auch die ursprüngliche Nuance. Das Ultrarot kennzeichne sich durch eine dunkelbraune, das Ultraviolett durch eine lavendelgraue Färbung.

In den Jahren 1851 bis 1855 finden wir Becquerel rastlos bemüht, sein Verfahren zu vervollkommnen, immer in der leider unerfüllten Hoffnung, das Interesse der Wissenschaftler und praktischen Fachleute zu erregen. Mit einer, in Anbetracht der fehlenden theoretischen Grundlagen geradezu erstaunlichen Sicher- heit geht er auf sein Ziel los. Am meisten Schwierigkeit bereitet ihm die Wiedergabe des Weiß neben den anderen Farben, doch behilft er sich durch Erhitzung der empfindlichen Schicht, ein Kunstgriff, der ihm bei einer Temperatur, die er genau bestimmt, zugleich leuchtendere Farben liefert. Späterhin glückt es ihm, ein ausgedehntes Sonnenspektrum mit den Fra unhof ersehen

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Linien AB CF und H wiederzugeben; die vom Auge gewöhnlich nicht wahrgenommene Wirkung des Ultrarot und Ultraviolett unterdrückt er ganz richtig durch Zwischenschaltung von Filtern aus Lösungen von schwefelsaurem Chinin und Kupfervitriol; er vermag bunte Papierbilder durch Abklatsch und selbst, nach freilich stundenlanger Belichtung, einen kolorierten Kupferstich durch Aufnahme mit der Camera befriedigend zu reprodu- zieren. An der Haltbarmachung seiner Bilder scheitert er jedoch völlig. Die Besichtigung wird bei Lampenlicht oder sehr ge- dämpftem Tageslicht vorgenommen, da jede intensivere Bestrah- lung den chemischen Prozeß bis zur Vernichtung des Farbenbildes fortsetzt. Alle Versuche, das unbelichtete Chlorsilber zu lösen und auszuwaschen, etwa durch Chloralkalien, unterschwefligsaures Natron, Ammoniak usw., schlugen fehl; mit jeder Veränderung der Substanz verschwanden zugleich auch die Farben.

Gegenüber den unleugbaren und vor allem auch völlig neuen Erfolgen Becquerels ist die, man möchte fast sagen beabsichtigte Teilnahmlosigkeit seiner Zeitgenossen in der Tat unbegreiflich. Die ganze Welt war damals durch die Daguerresche Kunst, ein Bild der Außenwelt in wenigen Sekunden als dauerndes Dokument auf die lichtempfindliche Silberplatte zu bannen, in Atem gehalten worden. Auch zur Zeit der Becquerelschen Versuche gingen die Daguerrotypien noch von Hand zu Hand, viel bestaunt und viel bewundert, immer aber von dem Wunsche begleitet, sie möchten bunt sein und in gleicher Treue, wie Umriß, Licht und Schatten, auch die Farben der Natur wiederspiegeln. Nun schien der Wunsch in Erfüllung zu gehen. Man hätte also für die französischen Photochromien, zumal doch Proben Vorlagen, eine begeisterte Aufnahme erwarten sollen. Aber selbst die wissen- schaftlichen Kreise, denen schon das Problem an sich interessant sein mußte, hielten sich zurück oder gaben gar unverhohlen ihrem Mißtrauen Ausdruck. Offenbar glaubte man nicht an Becquerel und hielt sich um so weniger für verpflichtet, den Ursachen der Erscheinung nachzuspüren, als Becquerel ja selbst um eine Er- klärung verlegen war. So fiel die wichtige Entdeckung fast völlig der Vergessenheit anheim.

Nur Niepce de St. Victor, der begeisterte Dilettant und Freund Daguerres, setzte zunächst die Arbeiten Edmond Becquerels fort, aber aus dem zielbewußten Forschen wurde

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nun ein Herumprobieren, aus dem Zugreifen ein Tasten. An Stelle des bunten Spektrums trat das bunte Bild.

Niepce arbeitete ebenfalls, wie Becquerel, mit gechlorten Silberplatten , aber er setzte dem Chlorwasser irgend ein Chlorür zu, in der Meinung, es müsse etwa Chlornatrium eine gelbempfind- liche, Chlorstrontium eine rotempfindliche, Chlorcalcium eine orange- empfindliche, Kupfer chlorid eine blauempfindliche Schicht usw. er- zeugen. Offenbar dachte er dabei an die Färbung von Flammen durch Chlormetalle. Alle Chlorüre durcheinander sollten ein be- sonders farbenprächtiges Bild geben, eine Vermutung, die sich bestätigte, ohne darum natürlich der Theorie einen Halt zu geben. Was aber vor allem die in den Jahren 1851 bis 1866 ausgeführten und der Pariser Akademie in sechs Abhandlungen vorgelegten Versuche auszeichnet, ist ihre praktische Erprobung. Niepce fertigte als erster Naturaufnahmen in der Camera an, wobei ihm die gesteigerte Empfindlichkeit seiner Platten zustatten kam. Während Becquerel bei einem sonnenbeleuchteten Kupferstich noch mit einer Expositionszeit von 12 Stunden rechnen mußte, er- hielt Niepce brauchbare Bilder in weniger als einer Viertelstunde. Schmuckgegenstände, Puppen, Blumen, Kirchenfenster erschienen mit ausgeprägten und lebhaften Farben, eine Pfauenfeder bildete sich sogar so ab, daß sie je nach dem Betrachtungswinkel bald grün und bald blau erschien, ein Phänomen, das sich für uns durch dbn Charakter der stehenden Lichtwellen leicht erklärt, Besonders viel hielt der fleißige Experimentator von einem Firnis aus Dextrin und geschmolzenem Chlorblei, mit dem er die Platte vor der Belichtung überzog. Waren die Farben erschienen, so erhitzte er soweit, wie es, ohne den Firnis zu verkohlen, anging. Er erlangte so eine größere Leuchtkraft und vor allem auch eine Konservierung der Farben, die sich auf einige Stunden und bei späterer Behandlung mit Benzoetinktur sogar auf Tage, selbst bei zerstreutem Tageslicht, erstreckte. Eine dauernde Fixierung jedoch erreichte auch er nicht. Wiederholt begegnen wir dem Hinweis auf die Abbildung schwarzer Körper, was wohl so zu verstehen ist, daß an ihrem Bildplatze auf der Platte die Schicht nicht unverändert blieb. Offenbar handelte es sich dabei, wie es auch Zenker ausspricht, um die Wiedergabe optisch dunkler Körper mit einem Reflexionsvermögen für ultraviolette Strahlen, denn ein Hohlkörper mit dunkler Öffnung blieb ohne Wirkung.

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Da wohl heute niemand mehr daran denken wird, nach den Niepc eschen Vorschriften zu arbeiten, können wir bezüglich der Einzelheiten auf die Originalabhandlungen und auf das, was Zenker in seinem Lehrbuch der Photochromie davon wiedergibt, verweisen. An dieser Stelle sei nur noch der besonderen Schwierig- keit gedacht, die Farben gleichzeitig zu erhalten. Die zarteren Farben sind oft schon verschwunden und in Weiß übergegangen, wenn die kräftigeren erst hervorzutreten beginnen. Ferner sei betont, daß es Niepce nicht gelang, Farben auf Papier zu erhalten, wiederum ein Beweis für die Notwendigkeit einer spiegelnden Schicht und für die Interferenznatur des ganzen Phänomens. „Das Verdienst Niepce de St. Victors“, sagt Zenker, „ist unbestreit- bar; denn wenn auch die mangelhaftere Art des Experimen- tierens manche Irrtümer möglich machte, so ist doch die Reich- haltigkeit der gewonnenen Erfahrungen gewiß auch für spätere Forschungen von Wichtigkeit. Und schon dies ist als ein Ver- dienst zu erachten, immer von neuem das Interesse für den Gegenstand angeregt und an die Stufe der gewonnenen Resultate erinnert zu haben.“

Über den Amerikaner Levy Hill gehen die Meinungen weit auseinander. Was wir in Dinglers Journal über ihn lesen, oder was er selbst in Mechanics Magazine (1851) von seinen photo- chromatischen Arbeiten berichtet, ist wenig geeignet, in ihm mehr sehen zu lassen als einen Mann, dessen Worte den Taten allzu- weit vorauseilen. Es ist schwer, sich vom Gange seines Ver- fahrens eine rechte Vorstellung zu machen. Nach seinen eigenen Angaben handelt es sich um einen Prozeß, der mit dem Bec- querel sehen nichts gemein hat. Der zur Begutachtung der Er- findung eingesetzte Ausschuß des Patentamtes sprach sogar von einem rein chemischen Vorgänge, wahrscheinlich ist jedoch die optisch-physikalische Natur seiner Bilder, deren Existenz kaum in Abrede gestellt werden kann, wennschon die Ansichten über ihren Wert weit auseinander gingen. Unbehaglich ist die Art, mit der Hill selbst von seinem Verfahren spricht, jedenfalls. Er redet von einem latenten, aber der Entwickelung zugänglichen Farben- bilde und, ganz allgemein, von sich unerwartet bietenden chemi- schen Verbindungen, die alle Hoffnungen weit überträfen, von bunten Kinderporträts, photographierten Sonnenuntergängen in voller Farbenpracht, von einer fast unbegrenzten Haltbarkeit

seiner Bilder usw., kurz, von Dingen, die sicherlich die Aufmerk- samkeit der ganzen gebildeten Welt hätten erregen müssen, wenn sie auf Realität beruht hätten. Statt dessen wurde es, auch in Amerika, von den Farbenphotographien sehr schnell still. Das Practical Mechanics Journal vom Mai 1858 fertigte dann Hill kurzerhand als Abenteurer ab, indem es dabei wohl ebenso- weit über das richtige Maß hinausschoß, wie der Erfinder mit der überlauten Anpreisung seines Gegenstandes.

Sieht man von einigen wenig bedeutenden und gänzlich auf empirischer Grundlage fußenden Arbeiten ab, so wird man das nächste Jahrzehnt als unfruchtbar für die Photochromie bezeich- nen dürfen. Erst mit dem Eingreifen Wilhelm Zenkers (geb. 1829, gest. 1899) begann eine neue Epoche. Zenker schaffte, obwohl nicht allen Irrtümern aus dem Wege gehend, die theore- tischen Grundlagen für eine Erklärung. Wenn er hierbei die wesentlich verschiedene Natur der Seebeck-Poitevinschen Auf- nahmen und der Becquerel sehen F arbenauf nahmen nicht erkannte, sondern in erklärlicher Freude über seinen theoretischen Fund, alles durch stehende Lichtwellen und Scheinfarben erklären wollte, so darf man ihm doch das unvergängliche Verdienst nicht absprechen, ganz neue, für die damalige Zeit überaus kühne Vor- stellungen angestrebt und der wissenschaftlichen Diskussion zur Verfügung gestellt zu haben. Zenker hatte an seinem späten Lebensabend noch die Freude, seine Theorie durch den direkten Nachweis der von ihm in der sensiblen Schicht vermuteten Silber- blättchen bestätigt zu sehen, auch konnte er die farbenprächtigen Aufnahmen Lippmanns bewundern. Der weitere theoretische Ausbau erfolgte dann hauptsächlich durch 0. Wiener, sowie durch die Arbeiten von Lippmann, Krone, Valenta, Neu- hauss, Cotton, Izarn, Schütt, Meslin, Kirchner, Liese- gang, Pfaundler u. a. Wir kommen darauf im nächsten Ab- schnitt ausführlicher zurück.

Theorie des Verfahrens.

Begriff des Wellenstrahles. Führt man den Punkt a eines straff gespannten Schlauches oder Seiles (Fig. 2, Darstellung 1) rasch abwärts und darauf wieder in seine ursprüngliche Lage zurück, so bleibt die Bewegung nicht auf den Punkt a beschränkt,

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sondern ergreift vielmehr, wegen des elastischen Zusammenhanges, nacheinander auch die nebenliegenden Punkte und schreitet mit einer gewissen Geschwindigkeit über den Schlauch fort (Fig. 2, Darstellung 2). Die Form der fortschreitenden und durch die angedeutete Bewegung von a hervorgerufene Ausweichung möge eine Phase genannt werden. Man findet, daß diese Phase am Ende des Schlauches nicht verschwindet, sondern reflektiert wird

Fig. 2.

und mit derselben Geschwindigkeit zurückkommt, nur der Schwin- gungssinn der Teilchen ist ein anderer geworden. Es findet eine Phasenumkehr bei der Reflexion statt; was als Tal hinging, kommt als Berg zurück (Fig. 2, Darstellung 3). Die Größe der Ausweichung der von der Bewegung ergriffenen Teile heißt ihre Amplitude.

Denkt man sich nun den Punkt a schnell aus seiner nor- malen Lage abwärts, darauf durch die Ruhelage hindurch um ebensoviel aufwärts und dann wieder in seine normale Lage herabbewegt, so entstehen nacheinander eine negative und eine positive Phase, die über den Schlauch hineilen und am Ende so reflektiert werden, daß die positive Phase vorausschreitet (Fig. 2, Darstellung 4 und 5). Die Kombination einer positiven und einer negativen Phase heißt Welle, ihre Länge wird mit A bezeichnet; sie entsteht, wenn die Schlauchteilchen nacheinander eine volle Hin- und Herschwingung ausführen. Eine Reihenfolge von Schwin- gungen erzeugt einen Wellenzug, und zwar sind so viel Wellen

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unterwegs, wie von dem Anfangsteilchen Schwingungen ausgeführt wurden. Ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellenbewe- gung in dem Schlauche, oder sonst einem anderen Medium, ge- messen durch die Strecke, über die sich die Bewegung in der Zeiteinheit (Sekunde) ausbreitet, v, die Schwingungszahl des An- fangsteilchens (in der Sekunde) w, so besteht die einfache Be- ziehung:

c = hfl (1)

oder: die Fortpflanzungsgeschwindigkeit ist gleich der Wellenlänge multipliziert mit der Schwingungszahl. Hieraus ergeben sich für X und n die Bestimmungsgleichungen

, V , X

a = und n = n v

Wird die Ausbreitung der Wellen nur in einer Richtung untersucht, so spricht man yon einem Wellenstrahl. Erfolgen die Schwingungen des Mediums quer zur Fortpflanzungsrichtung, wie in den von uns besprochenen Fällen immer, so nennt man die Wellen Quer- oder Transversalwellen.

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellenbewegung in einem Medium ist abhängig von seiner Elastizität und seiner Dichte :

v = <2>

Im gleichen Medium sind also die Wellen um so kürzer, je schneller die Schwingungen der Teilchen des Mediums erfolgen.

Ist a die Maximalamplitude der Wellen strahlteil chen, T die Zeit für eine volle Schwingung, x der beliebige Abstand eines Teilchens N vom Ausgangsteilchen der Bewegung, so ist die Amplitude y des Teilchens N zur Zeit t:

y a-sin2n(^ jj (3)

Dies ist die Gleichung des Wellenstrahles.

Im allgemeinen werden sich die Schwingungen aber nicht in einer, sondern nach allen Richtungen fortpflanzen. Legt man durch alle Punkte, bis zu denen die Wellenbewegung von einem Punkte aus in einer gegebenen Zeit fortschreitet, eine Fläche, so erhält man in einem homogenen Medium eine Kugel-

1*

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fläche. Bleibt bei dem Ausbreitungsvorgang, nach dem bekannten Gesetz, die ganze vorhandene Energie konstant, so muß die Scbwingungsenergie, welche die Flächeneinheit trifft, den Qua- draten der Kugelradien umgekehrt proportional sein. Wie man nachweisen kann, wächst die Energie der Bewegung mit dem Quadrat der Amplitude1), man kann also ganz allgemein sagen: daß sich die Amplitude umgekehrt proportional der ersten und die Energie proportional der zweiten Potenz des Abstandes vom Ausbreitungsmittelpunkt ändert.

Lichtwellen. Nach der Ansicht Newtons (1669) sollte das Licht ein vom strahlenden Körper mit enormer Geschwindig- keit ausgehender, äußerst feiner, unwägbarer Stoff von großer Durchdringungsfähigkeit sein. Diese Emissionstheorie hat man auf Grund vieler optischer Erscheinungen, die mit ihr nicht in Einklang zu bringen waren, völlig aufgegeben und sich der Un- dulationstheorie (Huygens 1678) zugewandt. Huygens nimmt als Übertrager der Energie ein unserer direkten Wahr- nehmung unzugängliches Medium von größter Feinheit, den Äther

*) Geht ein Wellenteilchen mit der Masse m und der Geschwindig- keit v durch seine Ruhelage, so ist seine kinetische Energie E J - *

Bei der Amplitude y ist die dem Teilchen innewohnende kinetische mcy* T 47i2l

Energie E = Ek ^ Bemerkung : c = ~r*~\ ' also

offenbar denjenigen Energiehetrag dar, der hei der Entfernung

aus der Ruhelage um y von kinetischer in potentielle Energie übergeht: Ep = C^— Nach dem Prinzip von der Erhaltung der Energie ist

immer Ek = E -j- Ep. Für die mittlere kinetische Energie einer vollen Schwingung erhält man den Ausdruck :

Ü

dt

Nun ist, wenn a die Maximalamplitude darstellt, v

2 na n t

cos 2 n ;

T T ?

folglich Em m Die kinetische Energie ist also dem Quadrat

der Amplitude proportional.

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an, der den Weltraum erfüllt, alles durchdringt und in den die Materie mit ihren kleinsten Teilen eingebettet ist1). Jede Störung im Gleichgewicht des Äthers pflanzt sich, durch die elastischen Kräfte zwischen seinen Teilchen übertragen, mit beispielloser Ge- schwindigkeit nach allen Seiten fort. Führt ein Ätherteilchen eine volle Hin- und Herschwingung aus, so entsteht eine Welle, bei öfterem oder dauerndem Schwingen, an dem sich der Reihe nach alle folgenden Teilchen beteiligen, ein transversaler Wellen- zug2). Jeder strahlende Körper erregt diese Schwingungen, die Bewegung pflanzt sich bis zur Netzhaut des Auges fort und wird dort als Licht empfunden, vorausgesetzt, daß die Schwin- gungszahl (n in der Formel) genügend groß ist; sie muß etwa 400 bis 800 Billionen in der Sekunde betragen. Hieraus geht hervor, daß die Lichtwellen, für welche alle bisher abgeleiteten Formeln ebenfalls gelten, trotz der großen Fortpflanzungs- geschwindigkeit des Lichtes (300 000 km in der Sekunde) nur Längen vom Bruchteil eines tausendstel Millimeters besitzen. Wir legen daher für sie als Einheitsmaß ein Tausendstel Milli- meter (1 ft) oder ein Millionstel Millimeter (1 ftft) zugrunde.

Für die vom Auge wahrgenommene Lichtfarbe ist die Schwingungszahl der Ätherteilchen maßgebend. Rotempfindung entsteht durch die relativ geringste Frequenz, etwa 400 Billionen, Violett empfindung durch die schnellsten Schwingungen , etwa 800 Billionen. Die zwischenliegenden Farben des Spektrums ent- sprechen von Rot über Orange, Gelb, Grün, Blau zum Violett wachsenden Schwingungszahlen. Auf das gleiche Medium be-

0 Unsere Kenntnisse über die Struktur des Äthers sind sehr gering. Seine Dichte, bezogen auf das Wasser, ist nach Graetz etwa 10— Neuerdings hat Mendelejew versucht, den Äther als ein Gas aufzu- fassen und ihm durch Extrapolation eine systematische Stellung zu den bekannten Gasen zu geben. Er findet das Atomgewicht des hypo- thetischen Gases zu 0,000 00096 (O = 16), die Geschwindigkeit seiner Teilchen nach der kinetischen Gastheorie zu 2 240 000 m/sec. Be- merkenswerte Arbeiten über den Äther sind von Huygens, Fresnel, Neumann, Helmholtz, Maxwell, Lord Kelvin u. a. geliefert worden.

2) Huygens war übrigens der Ansicht, die Ätherschwingungen seien nicht transversaler, sondern longitudinaler Art. Der Charakter der Schwingungen wurde erst bei der Diskussion der Polarisations- erscheinungen erkannt.

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zogen, nehmen die Wellenlängen also ab, sie sind für Rot am längsten, für Violett am kürzesten.

Reflexion der Lichtwellen. Ist eine Lichtwelle im Begriff, von einem Medium in ein anderes differenter optischer Dichte überzutreten, so wird sie ganz oder teilweise reflektiert, immer aber findet ein Energie Verlust statt. Die Amplitude der ein- fallenden Welle ist also stets größer als die der reflektierten. Es soll nun untersucht werden, welches die besonderen Bedingungen der Reflexion sind.

Vor allem handelt es sich um die Frage, ob eine Welle ohne Verlust an ihrer Länge reflektiert werden kann oder nicht. Es

Fig. 3.

B

hat sich folgendes gezeigt: An einem Medium von optisch ge-

ringerer Dichte findet ein Verlust nicht statt, der Wellenzug langt also nach der Reflexion in einer gegebenen Zeit ebensoweit vor der reflektierenden Fläche an, wie er hinter ihr weitergeeilt sein würde. Anders jedoch an einem optisch dichteren Medium, bei dem mit einer Umkehr des Schwingungssinnes zugleich der Verlust einer halben Wellenlänge eintritt. Es sei ABC (Fig. 3) der Wellenabschnitt eines gegen die reflektierende Fläche B eilenden Wellenzuges. Wäre B nicht vorhanden, so würde sich die Wellenbewegung nach der Zeit T über _D nach JE fortgesetzt haben. Es tritt jedoch Reflexion am dichteren Medium ein und die Erfahrung lehrt, daß die reflektierte Welle (punktiert gezeichnet) nach der Zeit T nicht von C bis A, sondern nur bis B vorge-

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schritten ist. Die Figur verdeutlicht diesen Verlust der halben Wellenlänge. Es erscheint vor der reflektierenden Fläche nicht das Spiegelbild der direkten Fortsetzung der einfallenden Welle CD, sondern die um 1/2 Ä weiter hin liegende Phase DE. Die Um- kehrung des Schwingungssinnes tritt dabei deutlich hervor. Denn denken wir uns die einfallende Welle weiter fortschreitend und die reflektierte ebenfalls, so erscheint statt des verschwindenden Wellenberges ein Wellental. Es findet Phasenumkehr statt. Dieser Vorgang ist in der Darstellung II derselben Figur gegeben. Auch hier fällt wiederum der Verlust der halben Wellenlänge ins Auge x).

Scheinfarben durch Interferenz gleich- und ent- gegengesetzt gerichteter Wellenzüge. Tritt ein Lichtstrahl in ein anderes durchsichtiges Medium über, so wird er an der

Fig. 4.

Grenzfläche teils reflektiert, teils gebrochen. Wir untersuchen den Fall, in dem ein Strahlenbündel sss > (Fig. 4) mit einheit- licher Schwingungszahl unter dem Einfallswinkel cc auf ein dich-

l) Die Erscheinung erklärt sich aus den Gesetzen des elastischen Stoßes. Stößt eine kleinere Masse m' gegen eine größere m, so setzt m die Bewegung von m' fort, während m' seihst zurückgeworfen wird, d. h. sprungweise seine Bewegungsrichtung ändert. Nach Fresnel hat der Äther in allen Medien dieselbe Elastizität, jedoch im optisch dichteren Medium eine größere Masse wie im optisch dünneren. Geht daher ein Lichtwellenstrahl vom optisch dünneren in das optisch dichtere Medium über, so setzen die Teilchen in letzterem die Be- wegung — wenn auch mit geringerer Amplitude kontinuierlich fort, während in ersterem eine Umkehr des Schwingungssinnes und damit der Verlust einer halben Wellenlänge erfolgt.

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teres, durchsichtiges Medium die außerordentlich dünne plan- parallele Platte P trifft. Der Brechungsexponent des dünneren Mediums L sei n, der des dichteren P sei n\ die Dicke der plan- parallelen Platte d. Von dem ganzen Strahlenbündel seien die beiden Strahlen a und b für die Betrachtung herausgegriffen. Wir verfolgen zunächst den Weg von a. Der Strahl fällt unter dem Winkel von a schräg auf die Trennungsfläche PP; er wird dort sowohl reflektiert als auch gebrochen. Der reflektierte Strahl ist in der Zeichnung, als für die Überlegung unwesentlich, fort- gelassen. Beim Übergang in das dichtere Medium P erleidet der Strahl eine Ablenkung dem Einfallslote zu (Winkel /3); a^> ß. Zwischen den beiden Winkeln und den Brechungsexponenten besteht die bekannte Beziehung:

sin cc n'

sin ß n

Ferner ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in verschieden dichten Medien verschieden und zwar den Brechungsexponenten umgekehrt proportional. Da nach Gleichung (1) (S. 9) die Wellen- länge der Fortpflanzungsgeschwindigkeit direkt proportional ist, so folgt, daß sich bei unveränderter Schwingungszahl die Wellen- länge von Medium zu Medium ändert und im dichteren Medium kleiner ist als im dünneren. (X in L X' in P.)

sinct n' X

sin ß n X' ^

Dennoch würde ein vom dünneren nach dem dichteren Me- dium, oder umgekehrt, versetztes Auge keinen Farbenunterschied bemerken, denn dieser ist allein von der Schwingungszahl abhängig, welche beim Übergang von einem Medium zum anderen nicht verändert wird. Wenn man gewöhnlich die Farbe als Funktion der Wellenlänge angibt, so ist dies nur unter der Be- dingung richtig, daß sich das betrachtende Auge dauernd in dem gleichen Medium befindet. Wir haben auf dem Gebiete des Schalles ein Analogon. Die Schallgeschwindigkeit wechselt von Medium zu Medium und infolgedessen auch die Wellenlänge, nicht aber die Schwingungszahl, d. h. die Tonhöhe.

Nach seiner Brechung wird der Strahl a an der Grenz- fläche UE zwischen dichterem und dünnerem Medium bei B teil-

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weise reflektiert und tritt bei C in der Richtung CD wieder in das optisch dünnere Medium aus. In derselben Richtung wird auch der in C auftreffende Strahl b reflektiert; beide Strahlenbewegungen kommen also hier (als o! b') auf dieselben Ätherteilchen zur Wir- kung. Die Folgen dieses Zusammentreffens sind Interferenz- erscheinungen. Es ist nicht schwer, zu sehen, welcher Art dieselben sein werden. Zunächst haben beide Strahlen einen geo- metrischen Gangunterschied, d. h. die Wellenbewegung b langt eher in C an als die Wellenbewegung a und zwar (da A B -f- B C = 2 AB), ist der Gangunterschied

zJ = 2 AB ac

oder wenn man den Gangunterschied in Wellenlängen mißt,

, 2 ab ac

Berücksichtigt man ferner, daß, wie wir gezeigt haben, am optisch dichteren Medium, also an der Fläche FE , für den Strahl b ein Verlust von einer halben Wellenlänge eintritt, so ist

2 AB G-C + y 2X 2BB GC 1

J = x = t r ~ ä (5)

Setzen wir, um die Abhängigkeit des Gangunterschiedes von den Winkeln abzuleiten, diese zu den Seiten in Beziehung, so ist

GC = ACsina

AC = 2 dtgß

aC = 2 dtgß sin cc; AB ^

cos ß

Diese Werte in Gleichung (5) eingesetzt, ergeben 2 d 2d tg ß sin cc 1 ~ ~2

zJ =

und, da nach (4) X

cos ß H X' sin cc

sin

, so ist schließlich

. 2 d cos ß . 1

J = + 2

(6)

Wir setzen in dieser Gleichung -f- -i- statt , da es für

unsere Betrachtung, wie wir gleich zeigen werden, nicht darauf

16

ankommt, wieviel Wellenlängen der Gangunterschied der Strahlen beträgt, sondern lediglich, ob /i eine ganze Zahl ist oder nicht.

Die Formel lautet in Worten: Der Gangunterschied der Strahlen ist abhängig von der Wellenlänge, vom Einfalls- winkel und von der Plattendicke.

Es fragt sich nun, welches die äußere Erscheinung der Interferenz ist. Wenn die Ätherteilchen in beiden Strahlen die gleiche Schwingungszahl haben und das Licht, wie wir annehmen, aus derselben Quelle stammt, so werden in den Punkten A und 6r immer gleiche Phasen anlangen und der Schwingungssinn wird derselbe sein. In C liegen die Verhältnisse ebenso, falls der Gang- unterschied das ganze Vielfache einer Wellenlänge beträgt. Ist dies jedoch nicht der Fall, und ist der Gangunterschied beispiels- weise das ungerade Vielfache einer halben Wellenlänge, so treffen in C entgegengesetzte Phasen zusammen, die Ätherteilchen werden von gleich großen entgegengesetzt gerichteten Kräften ergriffen und bleiben daher in Ruhe. Der Effekt für das Auge ist dann eine gegenseitige Auslöschung der Strahlen in der Richtung CD durch .Interferenz. Ist der Gangunterschied nicht genau das ungerade Vielfache einer halben Wellenlänge, so wird die Auslöschung um so unvollkommener sein, je mehr sich der Gangunterschied dem geraden Vielfachen einer halben Wellen- länge nähert 1).

Fällt nun weißes Licht, d. h. fallen Strahlen mit allen dem Auge wahrnehmbaren Schwingungszahlen und Wellenlängen auf die dünne Platte, so wird stets ein gewisser Bestandteil der Gesamtstrahlung vernichtet werden und zwar hauptsächlich der- jenige, dessen Wellen ganz oder angenähert mit dem ungeraden Vielfachen einer halben WTellenlänge zur Interferenz kommen. Die Folge davon ist eine Färbung des austretenden Lichtes, die dem vernichteten Anteil komplementär sein wird. Von einer materiellen Färbung des Plättchens ist natürlich dabei keine Rede- Die Interferenzfarben sind Scheinfarben und als solche rein optischer Natur. Während man den körperlichen, durch Pigmente erzeugten Farben allenthalben begegnet, sieht man

l) Genau genommen kommt es zu einer völligen Auslöschung nicht, da die beiden Strahlen stets ungleiche Amplitude (ungleiche Intensität) haben.

17

Interferenzfarben relativ selten, z. B. an dünnen, auf Wasser schwimmenden Ölhäutchen, an Seifenblasen, an feinen Glas- schichten usw.

Zur Erläuterung des Gesagten kann folgender Demonstrations- versuch dienen. Eine über einen Drahtring gespannte Seifenhaut möge vertikal gehalten und durch eine intensive Lichtquelle so erleuchtet werden, daß nur eine schmale, horizontale Zone das Licht reflektiert. Ist die Lamelle dünn genug, so erscheint die Lichtlinie farbig und zwar ändert sich die Farbe mit der ab- nehmenden Schichtendicke. Analysiert man das reflektierte Licht mit einem Prisma, so findet man ein Spektrum mit einer dunkeln, verwaschenen Zone. Sie zeigt, welcher Schwingungsbezirk durch Interferenz der an der Vorder- und Rückseite des Seifenhäutchens zurückgeworfenen Strahlen unterdrückt wurde. Die im Spektrum erscheinenden Farben machen insgesamt die Färbung des unter- suchten Häutchens aus. Da die Seifenlösung allmählich herab- läuft, oO ändert sich die Schichtendicke und damit kommen immer andere (kleinere) Wellenlängen zur Interferenz; man sieht dann die dunkle Zone im Spektrum von den weniger brechbaren (roten) nach den brechbareren (violetten) Strahlen hinwandern.

Ebenso, wie gleichgerichtete , können auch zwei sich unter einem beliebigen Winkel kreuzende oder entgegengesetzt ge- richtetete Wellenzüge miteinander zur Interferenz kommen. Der letzte Fall ist für uns von besonderer Wichtigkeit. Wir beob- achten einen Wellenzug, der von rechts nach links auf eine spiegelnde Fläche R (Fig. 5) trifft und von dort reflektiert wird. Der einfallende Wellenzug ist in der Figur ausgezogen ( ), der reflektierte punktiert ( ). Im Augenblick der Beobachtung 0

geht das Wellenstrahlteilchen a an der reflektierenden Fläche durch seine Ruhelage und wir sehen rechterhand eine volle Welle. Die Darstellungen I, II, III, IV usw. zeigen, wie die einfallenden Wellen und die reflektierten sich gegeneinander verschieben; an dem dichteren Medium R entsteht der bekannte Verlust einer halben Wellenlänge (vgl. Fig. 3). Linkerhand ist die Fortsetzung des einfallenden Wellenzuges gezeichnet und durch die schrägen Verbindungslinien gleicher Phasen angedeutet, wie die Bewegung sich fortpflanzt.

Man sieht, daß die vor der reflektierenden Fläche liegenden Ätherteilchen von zwei Wellenbewegungen , der einfallenden

Donath, Farbenphotographie. 9

18

und der reflektierten, zugleich ergriffen werden und sich dem Richtungssinn und der Größe der auf sie wirkenden Kräfte fügen

müssen. Die Folge davon ist eine resultierende Schwingungsform, die als stehende Welle bezeichnet wird. Man erhält sie durch Konstruktion, indem man die Amplituden der erzeugenden Wellen

19

in jedem Punkte der Wellenbahn nach ihrer Wirkung, d. h. unter Berücksichtigung ihres algebraischen Vorzeichens, addiert. Diese Konstruktion ist in der Figur zeilenweise in den neun Darstellungen durchgeführt, zwischen denen eine Zeit von je ein Achtel der Schwingungsdauer der Wellenstrahlteilchen liegt. Die zur Inter- ferenz kommenden Wellen rücken also von 0 bis VIII um je ein Achtel in entgegengesetzter Richtung vor. Hieraus ergibt sich die Form der resultierenden Wellenbewegung folgendermaßen : Das an der reflektierenden Fläche liegende Teilchen a (Darstellung 0) bleibt in Ruhe, da es der Angriffspunkt gleich großer, aber entgegengesetzt

gerichteter Kräfte ist. [Beide W ellenbewegungen ( und )

gehen in entgegengesetztem Sinne durch ihre Nullage hindurch.] Das Gleiche gilt von den um das Vielfache einer halben Wellen- länge entfernten Teilchen alf a2 usw. Betrachtet man dagegen die um das ungerade Vielfache einer viertel Wellenlänge von der reflektierenden Fläche entfernten Teilchen b, bj usw., so sieht man sie bald über, bald unter ihrer Nullage mit einer Amplitude in Schwingung, die stets gleich der Summe der Amplituden der auf das Teilchen ein wirkenden beiden Wellenbewegungen ist. Die durch die Interferenz der sich begegnenden Wellenzüge erzeugte Welle (o-o-o-o) schreitet also nicht fort, sondern hat feste Knoten- punkte in den Entfernungen JA, JA, JA usw. und Schwingungs- bäuche in den Entfernungen JA, JA, JA usw. von der reflek- tierenden Fläche. Würde die Zurückwerf ung, ohne Verlust einer halben Wellenlänge, an einem optisch dünneren Medium erfolgen, so wäre der Abstand der Knoten und Bäuche untereinander ebenfalls eine halbe Wellenlänge, nur müßte sich dann an der reflektierenden Fläche ein Wellenbauch statt eines Knotens aus- bilden. Mit anderen Worten: Vor einem dichteren Medium findet man den ersten freien Wellenbauch in JA, vor einem dünneren Medium in J A Entfernung.

Wir wollen nunmehr zeigen, wie sich die Farben der Photo- chromien durch stehende Lichtwellen erklären lassen.

Zenkers Theorie über die Farben der Becquerel- schen Aufnahmen. Becquerel selbst hatte sich gegenüber der staunenswerten Fähigkeit seiner Silberchlorürschichten, die Färbung des auffallenden Lichtes wiederzugeben, mit einer Art von Resonanztheorie abgefunden. Die chemische Struktur sollte

2*

20

seiner Ansicht nach durch die ein wirkenden Vibrationen so ver- ändert werden, daß sie künftighin nur Wellen derselben Schwin- gungszahl reflektierte und sich ähnlich verhielt wie ein Resonator gegen ein Gewirr von Tönen. Zenker sagt hierzu mit Recht, daß darin ein ganzes System willkürlicher Hypothesen liege, denn, wenn schon jeder Lichtstrahl verschieden auf die empfindliche Schicht wirkte, könne man ihm doch nicht vorschreiben, welcher Art diese Verschiedenheit sein solle. Man müsse jedenfalls die Becquerelsche Theorie fallen lassen, sobald sich das Problem auch ohne sie lösen lasse.

Nach Zenkers Ansicht sind die Farben der Photochromien nicht Körperfarben, sondern Scheinfarben. Denkt m an sich durch die Knoten ax, a2 (Fig. 5), parallel zu RR, Ebenen halb spiegeln- der, halb durchlässiger Struktur gelegt (kx, k2 usw.), so findet an jeder der Flächen, unter Verlust einer halben Wellenlänge, eine Reflexion statt. Da der Gangunterschied zwischen je zwei solchen Elementarflächen d. h. der Hin- und Rückgang eine ganze Wellenlänge beträgt, so sieht man leicht, daß beim Rückgang an jeder Fläche Phasen gleichen Schwingungssinnes Zusammentreffen müssen. Der Ausbildung einer stehenden Welle ist also durch diese Elementarflächen kein Hindernis in den Weg gelegt. Doch gilt dies nur für eine ganz bestimmte Wellenlänge. Jede andere würde nach den Reflexionen durch Überlagerung ganz oder teil- weise ungleich gerichteter Phasen, wie wir es bei der Interferenz an planparallelen Flächen gesehen haben, vernichtet oder geschwächt werden. Fällt weißes Licht auf das System dünner Blättchen (Rkx kxk2 k3k± usw.), so wird vorzugsweise nur eine Wellenlänge nach den Reflexionen an R, kx, k.2, k3 als stehende Welle zur Aus- bildung gelangen, nämlich diejenige, für die der Abstand der Elementarschichten ist. Das System erscheint also ge- färbt. Seine Farbe ist eine Scheinfarbe.

Indem Zenker auf die Möglichkeit der Ausbildung derartiger Elementarschichten im Chlorsilber durch die Lichtwellen selbst hinwies, fand er zugleich den Schlüssel zur Lösung des Becquerelschen Problems.

Bei der Wichtigkeit und prinzipiellen Bedeutung seiner Theorie geben wir seine diesbezüglichen Ausführungen aus dem Lehrbuch der Photochromie hier wörtlich wieder. Zenker wendet sich der Frage zu: wie entstehen durch Licht bestimmter

21

Wellenlänge Blättchen von der, jeder einzelnen Farbe entsprechen- den Dicke?

Die Becquerelschen lichtempfindlichen Chlorsilberschichten haben als Folie eine spiegelnde Fläche, an der das eindringende Licht zurückgeworfen wird. Es treten also innerhalb der Schicht stehende Wellen auf. „Aber wie verteilt sich ihre chemische Einwirkung? Keinesfalls dürfen wir sie an den Ruhepunkten (in den Ebenen ft2, £ 3 der Fig. 5) zu finden erwarten, da hier jede Veranlassung dazu, jede Vibration fehlt. Vielmehr muß dieselbe offenbar an den Maximalpunkten ( b , b2 usw.), wo die Vibration

am heftigsten ist, beginnen und erst später von dort aus nach beiden Seiten hin fortschreiten. Aus diesem Zusammenwirken des kommenden und des reflektierten Strahles erhalten wir daher Silberpünktchen, angeordnet zu einem System von Ebenen, deren gegenseitiger Abstand eine halbe Wellenlänge der betreffen- den Farbe beträgt. Das System ist für jede Farbe ein anderes.“

Wie ein solches System von Elementarspiegeln auswählend wirkt und die identische Farbe reflektiert, die es er- zeugte, wurde bereits gesagt.

„So erklärt sich in sehr ungezwungener Weise die Entstehung der identischen Farben aus den Gesetzen der Wellenlehre, bei der einzigen Hypothese, daß die ausgeschiedenen Pünktchen des chemisch veränderten Chlorsilbers kräftig reflektieren. Denn die Ausbildung stehender Wellen durch zwei einander geradezu begegnende Strahlen von gleicher Wellenlänge ist zwar bisher noch nicht experimentell beobachtet worden, ist aber keineswegs eine neue Hypothese oder Theorie, sondern nur eine notwendige Folgerung aus der allgemein anerkannten Vorstellung.“ „Auch die Entstehung der zusammengesetzten Farben ist leicht verständ- lich. Hier muß für jede Teilfarbe ein besonderes System von stehenden Wellen entstehen und ein besonderes System von Punktschichten bilden. Dann werden wiederum alle die Strahlen des weißen Lichtes ins Auge zurückgelangen, die den vorhandenen Systemen von reflektierenden Punkten entsprechen, d. h. die mit den zuvor wirksamen Strahlen übereinstimmen.“ „Die stehenden Wellen des weißen Lichtes würden eine fast kontinuierliche Reihe von Maximumpunkten hervorbringen, so daß nirgends Ruhe, überall chemische Aktion wäre. Die Reihe muß also wie jedes ununterbrochene Stück Silber erscheinen, d. h. weiß.“

22

Fig. 6 zeigt diese Verhältnisse noch einmal und zwar sowohl bei der Reflexion an einem optisch dichteren (Ri), wie optisch dünneren Medium (i?2). S ist in beiden Fällen die empfindliche Schicht, immer relativ dick natürlich den Lichtwellen gegenüber. Bei der Reflexion an R1 liegt zunächst der reflektierenden Fläche ein Knoten. Hier kann keine Schwingungsenergie abgegeben werden. Der erste Schwingungsbauch, und infolgedessen auch

der erste Silberspiegel, entsteht in der Entfernung

Weiterhin

Fig. 6.

folgen sich die Ausscheidungen in Abständen von Bei der

Reflexion an jR2, dem optisch dünneren Medium, liegt an der Reflexionsebene ein Schwingungsbauch und eine Silberschicht: die weiteren, freien Silberschichten folgen einander in Abständen

von

2

Dies gilt jedoch nur für den Fall, daß das reflektierende,

optisch dichtere oder dünnere Medium ein durchsichtiger Körper ist. Anderenfalls verändern sich die Werte infolge der mehr oder minder großen Absorption. Wird z. B. Quecksilber als

23

reflektierende Fläche benutzt, so liegt nach den Untersuchungen von Wallbott und Wiener der erste Elementarspiegel in der Entfernung 0,205 X.

Beweise für die Richtigkeit der Zenkerschen Theorie. In neuerer Zeit haben Lippmann, Krone, Neuhaus s u. a. in bewußter Durchführung der Zenkerschen Theorie schöne Auf- nahmen von großer Leuchtkraft und Farbenrichtigkeit angefertigt. Lippmann benutzte (1891) eine reflektierende Fläche und eine zusammenhängende, klare, lichtempfindliche Schicht. Da die ge- wöhnlichen Brom- und Silber emulsionen den Ansprüchen nicht genügten, goß er nach einem Verfahren von Taupenot besondere Platten von genügender Transparenz. Eine Silberschicht als reflek- tierende Fläche gab ungenügende Resultate. Erst als Lippmann die empfindliche Schicht in unmittelbare Berührung mit einem Quecksilberspiegel brachte, erzielte er Spektralaufnahmen von unübertrefflichem Farbenglanz. Was aber die Lippmann sehen Aufnahmen vor allem von den Becquerelschen auszeichnet, ist ihre Fixierbarkeit mit den gewöhnlichen Mitteln. Denn der Ab- stand der Zenkerschen Schichten ist durch das Medium (Gela- tine , Eiweiß oder dergl.) festgelegt und ändert sich durch die Auswaschung des unbelichteten Silbers nicht. Wir werden im nächsten Abschnitt auf die Praxis des Lippmann sehen Ver- fahrens näher eingehen.

Einen experimentellen Beweis für die Existenz stehen- der Lichtwellen brachte 0. Wiener im Jahre 1895, indem er von folgenden Erwägungen ausging: Vor einer reflektierenden

Fläche RR (Fig. 7) bildet sich bei homogener Beleuchtung eine Schar stehender Wellen, deren Knoten und Schwingungsbäuche in zu. RR parallelen Ebenen liegen. Diese Ebenen gleicher Schwin- gungsphasen erscheinen in der Figur im Schnitt und sind dort punktiert, wenn es sich um Knoten, ausgezogen, wenn es sich um Schwingungsbäuche handelt. Man sieht, daß R ein optisch dich- teres Medium sein soll, da die erste Bauchebene in der Entfernung

liegt. Denkt man sich in der Richtung der einfallenden und

ausfallenden Wellenbewegung, also senkrecht zur reflektierenden Fläche und die Ebenen gleicher Phase quer schneidend, eine licht- empfindliche Haut ausgespannt, so würden sich auf ihr Streifen

24

von Silberausscheidungen mit dem gegenseitigen Abstand aus-

k 2

bilden müssen. Bei der geringen Größe von für Rot etwa

0,3 fl würde jedoch diese Erscheinung dem unbewaffneten Auge unsichtbar bleiben. Wiener legt daher die lichtempfindliche

Fig. 7.

Schicht (ab) soweit um, daß sie mit RR einen sehr spitzen Winkel oc bildet. Man erkennt sofort, wie dadurch der Abstand

der Silberausscheidungen vergrößert wird; ist die Entfernung

zweier benachbarter Bauchebenen, b der Abstand der chemischen

Einwirkungen auf ab, so ist b = sind . Bei genügend spitzem

25

Winkel treten die Streifensysteme weit genug auseinander, um mit bloßem Auge erkannt zu werden. Maxima und Minima che- mischer Wirkung wechseln miteinander ab, wie es die rechte Seite der Figur, welche ab um 90° gedreht darstellt, deutlich zeigt. Die praktische Durchführung des Versuches gelang Wiener voll- kommen bei Beobachtung besonderer Vorsichtsmaßregeln. Ist nämlich die Dicke der empfindlichen Schicht von der Größen- ordnung einer halben Wellenlänge des benutzten Lichtes oder darüber, so berühren sich die Zonenstreifen und verschwimmen zu einer Fläche; die ganze Schicht erscheint dann gleichmäßig gefärbt. Wiener arbeitete jedoch mit Kollodiumhäutchen, deren Dicke etwa nur V15 der Wellenlänge des Natriumlichtes war und erhielt so Streifensysteme von großer Deutlichkeit und Schärfe. Dem Ein- wande, es handle sich bei der Erscheinung lediglich um die be- kannte Interferenz fortschreitender Wellen durch Reflexion an den Grenzschichten Kollodium-Luft und Luft-Silber, konnte Wiener unter anderem durch die Ausfüllung des Zwischenraumes mit Benzol begegnen, wodurch die Reflexion am Kollodium so gut wie beseitigt wurde.

Jedenfalls wird man nicht fehlgehen, wenn man mit Zenker die chemische Wirkung, an den Stellen größter Amplituden, also in den Schwingungsbäuchen der stehenden Wellen annimmt. Im Hinblick auf die elektromagnetische Lichttheorie von Maxwell ist dieser Umstand von ganz besonderem Interesse. Jede elek- trische Welle ist unserer Auffassung nach von magnetischen Kräften begleitet, deren Richtung zu den elektrischen Kräften senkrecht ist. Es läßt sich leicht zeigen, daß die magnetische Welle neben dieser rechtwinkligen Abhängigkeit eine Phasen-

verschiebung von gegen die elektrische Welle besitzt, und mit-

hin in den magnetischen Wellen sich dort Knoten ausbilden, wo in den elektrischen Wellen die Schwingungsbäuche liegen. Läßt man die Besonderheiten der elektromagnetischen Wellen auch für die kürzeren Lichtwellen gelten, so erscheint die chemische Wirkung also nicht an die magnetischen, sondern an die elek- trischen Kräfte geknüpft.

Die schwerwiegendsten Bedenken gegen die Zenker sehe Theorie wurden seinerzeit (1871) von Schultz - Sellack er- hoben, indem er durch Versuche nachwies, daß sowohl Kristalle

26

der Silberhaloide, wie auch durchsichtige Jodsilberschichten durch den Einfluß chemischer Strahlen in farbige Pulver zerfallen können und daß die Farbe nicht von der Art des Lichtes, sondern allein von der Intensität und der Dauer des Eindruckes abhängig sei. Diesem Einwande ist ebenfalls erst durch Wiener wirksam begegnet worden und zwar durch experimentellen Nachweis des von Zenker auf Grund seiner Hypothese für Scheinfarbenbilder ge- forderten Charakteristikums: Veränderung der Farben mit

dem Betrachtungswinkel.

Zenker selbst vermochte den Nachweis nicht zu erbringen, obgleich er sich über die Gründe des Mißerfolges im klaren war. Bei dem hohen Brechungsvermögen des Chlorsilbers oder der sonst benutzten Chlorstufen (Brechungsexponent 2 oder mehr) wird auch der schräg austretende und ins Auge gelangende Lichtstrahl die Chlorsilberschicht und ihre Elementarspiegel nahezu senkrecht durchsetzt haben, bzw. wird, wie es (Fig. 8) A ver-

Fig. 8.

deutlicht, der Gangunterschied der Strahlen, selbst bei sehr schiefer Betrachtung, nie groß genug werden, um als Farben- veränderung in die Augen zu fallen. Dies ist in der Hauptsache der Grund, weshalb die Zenker sehe Theorie in Hinsicht auf die älteren Becquerelschen Aufnahmen so lange strittig bleiben konnte. Bei den Lippmannbildern liegen die Verhältnisse in- sofern günstiger, als der geringere Brechungsindex der Gelatine (etwa 1,5) eine Neigung der Incidenz leichter zuläßt. Man kann sich bei ihnen von der natürlich unerwünschten Farben- änderung bei verschiedenem Betrachtungswinkel leicht überzeugen. Für die Becquerelschen Aufnahmen wurde der Nachweis von Wiener durch einen Kunstgriff erbracht, nämlich durch Über- führung der aus dem Chlorsilber kommenden Lichtstrahlen in ein rechtwinkliges Prisma von möglichst hohem Brechüngsindex (Fig. 8, B). Man sieht ohne weiteres, daß so auch schräg aus-

27

tretende Strahlen vom Auge wahrgenommen werden können. Ist die Wellenlänge des untersuchten Strahles in Luft bekannt (A), ferner die Brechungsindices des Prismas (n) und der lichtempfind- lichen Schicht (ft'), der Abstand zweier benachbarter Elementar- spiegel ( d ) und die Einfalls- bzw. Reflexionswinkel des Licht- strahles an der Grenze Glas - Chlorsilber (u) und an dem Ele- mentarspiegel (ot'), so läßt sich unschwer berechnen, welche Farbenänderung bei der Betrachtung durch das Prisma auftreten muß. Der Gangunterschied der Strahlen S und S ' (Fig. 9) ist

Fig. 9.

bei ihrer Vereinigung nach der Reflexion, wenn A die Wellenlänge

in Luft ist: ,

. n , n n n

^ ^ ^ ^ ^ ® ^ *

Es ist ferner: a! ; a = d tau! sin a,

cos u!

2 d n' nsinu sinu!

mithin z/ =

A COSU

da nsinu = n' sinu'

. 2dri . 2 dn i / w2

so z/ = cosu = j— 1/1 sm2u (7)

Im allgemeinen wird das Auge die Aufnahme durch Luft und zwar senkrecht betrachten. Dann ist cosu' = 1, also

2 dn'

z/ =

A

28

Wie wir bereits gesehen haben, erscheint diejenige Farbe, für welche der Gangunterschied (z/) der von zwei benachbarten Ele- mentarspiegeln reflektierten Strahlen eine ganze Wellenlänge ist [z/ 1 = A0]. Es ergibt sich mithin, daß die zurückgeworfene Welle (A0) mit derjenigen übereinstimmt, welche die stehende Welle und damit die Elementarspiegel erzeugte:

A0 = 2 dri.

Bei schräger Betrachtung ändern sich die Verhältnisse nur insofern, als der Gangunterschied für eine andere Wellen- länge = 1 wird:

A = 2 dn' cos u' = A0 cos a' (8)

Statt A0 (bei senkrechter Betrachtung) erscheint mithin kQcosa! A, oder mit anderen Worten, der Kosinus des Einfalls- bzw. des Betrachtungswinkels ist das Maß für die Farben- änderung:

k .

= cosa.

k0

Setzt man = coscd = F, so ist das Verhältnis derWellen- Ä0

länge der geänderten Farbe und der ursprünglichen (bei senk- rechter Betrachtung) ohne Benutzung des Prismas, also in Luft, für den Einfallswinkel = 45°:

(9)

bei Benutzung des Prismas:

und das Verhältnis beider Änderungen

Man sieht mithin die Vermutung Zenkers bestätigt: Je

größer der Brechungsindex (n) des die Elementarspiegel ent- haltenden Mediums ist, desto mehr nähert sich der Wert

F ~y~ (9) der 1, d. h. der Unterschied zwischen k und A0 ist A0

29

unter Umständen so gering, daß er nicht erkannt werden kann. Bei Benutzung des Prismas wird er um so größer, je mehr sich der Brechungsindex des Prismenglases ( n ) dem Brechungsindex des Chlorsilbers oder der Lippmann -Gelatine nähert. Glei- chung (11) bringt beides zum Ausdruck, indem sie die Farben- änderung durch Einfügung des Prismas bei einem Betrachtungs- winkel von 45° darstellt.

Es fragt sich nun, in welchem Sinne die Farbenänderung bei schrägerer Betrachtung ausfällt. Bei oberflächlicher Überlegung kann man hier leicht in einen Irrtum verfallen. Ein schräger Einfall bzw. eine schrägere Betrachtung weist den Strahlen einen weiteren Weg zwischen den Elementarspiegeln an. Man könnte daher meinen, längeren Wellen zu begegnen. Gleichung (8) zeigt jedoch das gerade Gegenteil. Mit wachsendem Winkel (a) wird der Wert des cosa' und mit ihm die erscheinende Wellenlänge Ä kleiner. Die Farben ändern sich also nach den kürzeren Wellen zu. Allein der Gangunterschied ist für die Farbe maßgebend und man kann sich leicht, auch ohne Hilfe des mathematischen Beweismaterials, durch die Anschauung oder an der Hand einer zeichnerischen Konstruktion darüber klar werden, daß der Gang- unterschied zweier an benachbarten Elementarspiegeln reflektierten und zur Interferenz gelangenden Strahlen bei schrägerem Einfall geringer wird. Die in ihm gerade auf gehende Wellenlänge ist eine kleinere als vorher und die Farbe mithin nach den höheren (blaueren) Farbentönen verschoben. Diese Verhältnisse wurden bereits von Zenker erkannt und in Widerlegung eines Stolze- schen Einwurfes ausführlich dargestellt (1903).

Der experimentelle Befund steht mit der Theorie durchaus im Einklang. Bei der Betrachtung eines Becquerel sehen Spek- trums erschien unter dem Prisma Grün statt Gelb, bei einer Lippmann sehen Aufnahme war die Verschiebung wegen des ge- ringen Brechungsindex der Gelatine noch bedeutend größer: es erschien statt des Gelb von der Wellenlänge des Natriumlichtes die Grenze zwischen Blaugrün und Blau. Die Farbenänderung der Lippmann-Bilder mit dem Betrachtungswinkel ist offenbar ein großer Fehler, der nur durch den Glanz und den Farben- reichtum der Platte erträglicher wird. Von einer authentischen Farbenwiedergabe kann jedenfalls nur bedingungsweise die Rede sein, da selbst im günstigsten Falle, nämlich senkrechte

30

oder angenähert senkrechte Reflexion vorausgesetzt, die Verhält- nisse bei der Anfnahme stets andere sind wie bei der Betrachtung. Die Farben erscheinen naturgemäß nur, wenn sich die Strahlen- quelle an den Elementarschichten spiegelt, der Betrachtungswinkel ist für alle Teile der Platte also angenähert derselbe; bei der Auf- nahme jedoch wächst der Einfallswinkel nach dem Rande der Platte zu beträchtlich. Farbenverschiebungen sind daher unaus- bleiblich. Von diesem Fehler ist die Becquerel sehe Chlor- silberschicht, aus den bereits diskutierten Gründen, fast frei. Man sieht stets Farben und zwar unter jedem beliebigen Be- trachtungswinkel angenähert dieselben, der Gesamteindruck ist zwar ein bedeutend matterer als bei den Li ppm an n -Bildern, aber die Farben haben etwas Substanzielles, sie ähneln mehr den satten Körperfarben als den spiegelnden, metallischen Schein- farben. Allerdings darf man nicht übersehen, daß wie schon Wiener mit Recht hervorhebt ein Teil der Wirkung dieser Bilder wirklich auf die Entstehung von Körperfarben, d. h. auf einen Ausbleichprozeß des gedunkelten Chlorsilbers zurückzu- führen ist. Wir müssen uns die Erörterung dieser Erscheinung für das nächste Kapitel Vorbehalten.

Die Änderung der Farben mit dem Betrachtungswinkel ist jedoch nicht der einzige Beweis für die Richtigkeit der Zenk er- sehen Theorie. Sie wird vielmehr weiterhin gestützt durch eine Reihe von Erscheinungen, deren wichtigste wir einer kurzen Be- trachtung unterwerfen wollen.

Haucht man gegen ein Lippmann - Bild oder läßt man Wasserdampf dagegen strömen, so ändern sich die Farben eben- falls, diesmal aber in umgekehrtem Sinne wie vorher, d. h. den längeren Wellen zu. Blau geht beispielsweise in Grün, Grün in Gelb über usw. Die Erklärung liegt sehr nahe. Unter dem Einfluß der Feuchtigkeit quillt die Gelatine, und die Elementar- spiegel treten weiter auseinander. Der Gangunterschied zweier an benachbarten Schichten reflektierten Strahlen entspricht einer größeren Wellenlänge, und ein tieferer Farbenton erscheint. Während bei gleichbleibendem Betrachtungswinkel die reflektierte Wellenlänge mit dem Abstand der Ele- mentarspiegel wächst, wird sie bei gleichbleibendem Elementarspiegelabstande und wachsendem Betrach- tungswinkel kleiner.

31

Ferner wird man auf Grund der Zenker sehen Theorie for- dern müssen, daß die Aufnahme eine sensibilisierte Gelatine- schicht auf Glas, die bei der Exposition mit einer spiegelnden Quecksilberschicht in Berührung war von der Rückseite be- trachtet, ebenfalls Farben zeige. Dies trifft zu, jedoch sind die Farben nicht unwesentlich verschoben, was bei Körperfarben nie- mals der Fall sein könnte.

Endlich muß die Platte im durchfallenden Lichte andere Farben zeigen wie im reflektierten, und zwar was übrigens Zenker zunächst nicht gelten lassen wollte die Komplementär- farben. Denn die hindurchdringenden Strahlen des weißen Lichtes sind offenbar um die an der Vorderfläche reflektierten Farben- bestandteile ärmer geworden. Auch hierin stimmen Theorie und Beobachtung überein; bei den neueren und mit allen Vorsichts- maßregeln hergestellten Aufnahmen ist die komplementäre Färbung im durchfallenden Lichte gar nicht zu übersehen. Führt man den Spalt eines Spektroskopes beispielsweise über eine der vorzüg- lichen Spektralaufnahmen von Ussagin hin, so sieht man im reflektierten Lichte eine helle, der beobachteten Farbe ent- sprechende Linie auf dunklem Grunde , im durchgehenden Lichte ein schmales Absorptionsband auf hellem Grunde, das durch die ganze Farbenskala läuft, wenn man den Spalt über das Spektrum hinbewegt (Starke).

Wir müßten die Zenker sehe Theorie nach den vorstehenden Erörterungen für gesichert halten, auch wenn es Neuhauss (1898) nicht gelungen wäre, den direkten Beweis für die Existenz der Zenkerschen Elementarspiegel mit dem Mikroskop zu erbringen. Unsere Mikroskope sind imstande, Linien im Abstande von etwa 0,25 a aufzulösen, beispielsweise die Querstreifen ge- wisser äußerst zarter Diatomeen (Pleurosigma angulatum oder Amphipleura pellucida); es lag also durchaus im Bereich der Möglichkeit, auch der Zenkerschen Silberschichten im Quer- schnitt der Emulsion ansichtig zu werden, wenigstens der durch rotes Licht mit dem Abstande von etwa 0,38 ^ hervorgerufenen. Die mikroskopische Untersuchung erfordert dennoch große Vor- sicht, da die Anwendung der oft sehr vorteilhaften schiefen Beleuchtung Diffraktionssäume hervorruft und so die Zenker- schen Blättchen vortäuscht. Zentrale Beleuchtung, große Apertur und etwa 4000 fache lineare Vergrößerung sind für das Gelingen

32

durchaus erforderlich. Ferner ist es zweckmäßig, bei der Beob- achtung bzw. mikrophotographischen Aufnahme mit Lichtwellen zu arbeiten, deren Länge gegen die Größe der untersuchten Gebilde relativ gering ist, also mit blauem Licht. Neuhauss erreichte die besten Resultate, indem er die Schicht nach der Aufnahme von der Glasunterlage abzog, in Paraffin einbettete und dann mit einem Mikrotom quer zur Schichtfläche Schnitte ausführte, deren Dicke bisweilen 2 ft nicht überschritt. Unter dem Mikroskop konnten dann in der Tat die Zenker sehen Blättchen mit voller Deutlichkeit erkannt und photographiert werden. Fig. 10 zeigt den Querschnitt durch die Bildschicht einer nach Lippmanns Verfahren angefertigten Spektralaufnahme und zwar die rote Spektralzone bei 4000 facher linearer Ver- größerung]). D ist die Dicke der Schicht, deren unterer Rand (im Querschnitt) der reflektierenden Quecksilberfläche anlag. Die stehenden Wellen und die Silberstreifen haben sich mithin wie vorauszusehen war an der spiegelnden Fläche ausgebildet. Obgleich die Reproduktion an Klarheit und Schärfe das Original nicht annähernd erreicht, erkennt man deutlich etwa acht Zen k er- sehe Schichten, deren Abstand durch Vergleich mit dem bei- gefügten Maßstab leicht gefunden werden kann. Im vorliegenden Falle war die Wellenlänge des verwandten Lichtes (im Eiweiß- häutchen) A = 0,66 ft bis 0,76 ft, der am mikrophotographischen Negativ gemessene Schichtenabstand 1,4 mm. Unter Berück- sichtigung der 4000 fachen Vergrößerung ergibt sich hieraus der wahre Schichtenabstand zu 0,35 ft (im Mittel), was mit der Theorie,

welche = 0,34 (im Mittel) fordert, mehr als ausreichend über- einstimmt. Hiermit dürfte die Richtigkeit der Zenker- schen Theorie endgültig bewiesen sein.

Alle vorangegangenen Erörterungen können wir kurz in folgende Sätze zusammenfassen: Die Farben der Aufnahmen

nach Becquerelschem und Lippmann schem Verfahren sind Scheinfarben. Sie verdanken ihre Existenz einer Anzahl durch stehende Lichtwellen in der empfindlichen Schicht hervorgerufenen

0 Die Abbildung zeigt in ihrer oberen Hälfte eine photogra- phische Reproduktion der Platte; die untere Hälfte ist eine schema- tisierte Wiederholung der oberen mit erklärenden Bezeichnungen.

33

Lamellen von durchlässigen und reflektierenden Eigenschaften. Der Abstand dieser Lamellen ist eine halbe Wellenlänge des- jenigen Lichtes, das sie bei senkrechter Inzidenz erzeugt hat. Fallen Lichtstrahlen beliebiger Wellenlänge auf die Platte, so

Fig. 10.

dringen sie in das Lamellensystem ein, werden an den einzelnen Elementarschichten reflektiert und gelangen bei ihrem Austritt miteinander zur Interferenz. Da der Phasen Verlust an jeder Lamelle derselbe ist, geht nur diejenige Welle unversehrt aus dem System hervor, deren Länge gleich dem doppelten Lamellen-

Donath, Farbenphotographie. o

mmmmm

Eiweiß scMcM

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abstand ist, deren Phasen also in gleichem Schwingungssinn Zu- sammentreffen. Alle übrigen werden vernichtet. Die reprodu- zierte Farbe ist mithin mit der Aufnahmefarbe identisch. Wirken bei der Aufnahme mehrere Wellenlängen zugleich auf die Platte ein (handelt es sich also um Mischfarben), so entstehen mehrere, voneinander unabhängige Lamellensysteme, von denen jedes einzelne seine Erzeugerwelle reproduziert und mit den Wellen der anderen Systeme wieder als Mischfarbe erscheinen läßt. Bei weißem Lichte wächst die Zahl der Lamellensysteme ins Unendliche, die Elementarschichten verwachsen miteinander und sind dann fähig, jede beliebige Wellenlänge zu reflektieren. Die Farben ändern sich mit dem Betrachtungswinkel und mit dem Abstand der Elementarspiegel.

Weitere theoretische und praktische Erwägungen. An die Lippmannschen Versuche schließt sich eine große Reihe wertvoller theoretischer und praktischer Arbeiten an. Leider können bei dem Zweck dieses Buches und seinem engen Rahmen nicht alle besprochen werden, so empfindlich auch die Lücke er- scheinen mag. Es muß diesbezüglich wiederholt auf die am Schluß zusammengestellte Fachliteratur verwiesen werden. Auch das wenige , was wir noch als ganz allgemein interessant aus der reichen Fülle hervorheben, kann keinen Anspruch auf Vollständig-, keit machen.

Es drängt sich naturgemäß zunächst die Frage nach der inneren Struktur der Lamellen, der Zenker sehen „dünnen Blättchen“ auf. In welcher Art nimmt beispielweise das Silber- korn der Schicht an der Lamellenbildung teil? Schütt findet in naher Übereinstimmung mit Neuhauss das Korn der Lippmann- Emulsion zu etwa 0,0007 bis 0,0013 mm, die Dicke der ganzen Gelatineschicht jedoch nur zu 0,0012 mm. In der Tat ein ganz überraschendes Ergebnis. Das Silberkörnchen nimmt also oft die ganze Schichtendicke ein. Daß unter solchen Umständen von einer Lamellenbildung durch die Silberausscheidung keine Rede sein kann, scheint auf der Hand zu liegen. Schütt nimmt daher eine Lamellenbildung innerhalb des Silberkornes an, indem er auf die Zusammensetzung des Kornes aus etwa 10000 bis 100000 mal kleineren Molekülen hinweist. Das Korn als Molekülaggregat sei ein Aufbau, dessen Form durch die Gelatine der Emulsion er-

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halten bleibe, auch wenn eine größere Anzahl unbelichteter Brom- silbermoleküle ausfixiert würde. Der Halt der Lamellen unter- einander sei daher auch innerhalb des Kornes vollkommen denkbar. Man wird zugeben müssen, daß diese Ansicht viel für sich bat, durch den experimentellen Befund ist sie indessen noch nicht un- bedingt unterstützt worden. Alle Versuche, die Körnchen fertiger Photochromien als dunkle Pünktchen auf dunklerem Grunde zu erkennen, sind bisher fehlgeschlagen. 0. Wiener erhebt zudem gegen die Schütt sehe Theorie einige Einwände von Bedeutung. Vor allem weist er darauf hin, daß möglicherweise die Körner keine kugelige Form besäßen, sondern blättchenartig zusammen- gedrückt wären. Er beruft sich dabei auf den Befund der Neuhaus sschen Querschnittphotogramme, an denen von einer Kornbildung nichts zu sehen sei. Wenn auch der Durchmesser relativ groß erscheine, so könne doch die Dicke eines Blättchens beträchtlich unterhalb einer Wellenlänge bleiben. Die Streitfrage ist heute noch nicht völlig geklärt, sicher scheint aber zu seiti, daß der Niederschlag seiner in der Durchsicht braunen Farbe wegen nicht aus zusammenhängendem, metallischem Silber be- stehen kann. Man geht wohl nicht fehl, wenn man mit Wernicke eine molekulare Zerstreuung in einem trennenden Medium an- nimmt. Dies molekulare Silber hat wesentlich andere optische Eigenschaften wie das kohärente Silber. Für letzteres ist (nach Drude) n 0,181; der Absorptionsindex, bezogen auf die Strecke einer Wellenlänge, x = 20,3; der Absorptionskoeffizient, bezogen auf gleiche absolute Längen, n*x = 3,67.

Für molekulares Silber sind dieselben Größen (nach Wer- nicke): n = 4; x 0,705; n-x = 2,82. Kohärentes Silber hat also bei höherem Brechungsexponenten einen wesentlich kleineren Absorptionsindex als molekulares Silber. Durch die letztgenannten Zahlen dürften jedoch die Konstanten des Niederschlages aus der Lippmann sehen Brom silberemulsion dargestellt werden. Immer- hin bleibt es schwer verständlich, wie die Lichtwellen von den außerordentlich viel kleineren sekreten Silbermolekülen reflektiert werden sollen. Schütt vertritt daher die Ansicht, daß die fein ver- teilten Silbermoleküle lediglich zur Erhöhung des Lichtbrechungs- und Reflexions Vermögens der Gelatineschichten dienen. In der Tat ist es, wie Lippmann gezeigt hat, möglich, ganz ohne Bromsilber, lediglich durch Erzeugung verschieden dichter Bichromatgelatine-

3*

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schichten an Stelle der Silberlamellen, befriedigende Farben- wirkungen zu erhalten. Chromgelatine quillt im Wasser um so geringer auf, je stärker die vorangegangene Belichtung war. Durch stehende Wellen innerhalb der Gelatine werden also in den Ebenen der Schwingungsmaxima Lamellen geringerer Quellbarkeit erzeugt. Bei der Befeuchtung der Gelatineschicht entstehen dann abwechselnd Lamellen verschiedener Dichte , und gleichzeitig treten Farben auf, um beim Auf trocknen wieder zu verschwinden. Bei dieser Art der Lippmannschen Bilder steht die Reflexion durch Schichten verschiedenen Brechungsvermögens außer Frage. Offenbar hat man sich die Ebenen gleichen mittleren Licht- brechungsvermögens im Abstand von zu denken, da sich anderenfalls es handelt sich ja um ein durchsichtiges Medium mit sehr geringer Absorptionsfähigkeit die ein- und ausfallen- den Strahlen in hinderlichem Schwingungssinne begegnen würden. Bei den gewöhnlichen Lippmannschen Photochromien liegen die Verhältnisse insofern einfacher, als die an der zweiten Grenzfläche reflektierte Teilwelle bei der hohen Absorptionskraft der mole- kularen Blättchen vernachlässigt werden kann. Die Silberschichten können daher außerordentlich dünn sein, ohne die Farbenwirkung zu schwächen. Wiener hat nachgewiesen, daß bereits einer Silberschicht von 0,0014 fl Dicke, ja selbst Schichten von der Größenordnung des Moleküls (etwa 0,00013 fl), ein nachweisbares Reflexions- und Absorptionsvermögen zukommt. Damit fällt zu- gleich ein wesentliches Argument der Schütt sehen Theorie. Schütt teilt, wie bereits erwähnt, den Silberbiättchenlamellen allein eine unterstützende Rolle zu, da sie an sich wegen ihrer außerordentlichen Durchlässigkeit und Dünne nur Teilwellen mit entgegengesetztem Schwingungssinn reflektieren könnten. Für nicht absorbierende Medien, z. B. Gelatineplättchen, trifft dies in der Tat zu. Denkt man sich an der Vorder- und Rückseite eines Gelatineplättchens, also erstens an der Grenzfläche zwischen dünnerem und dichterem Medium und zweitens an der Grenz- fläche zwischen dichterem und dünnerem Medium, Teil wellen reflektiert, so beträgt der Gangunterschied der eindringenden und an der Fläche II reflektierten Welle gegen die an der Fläche I reflektierten Welle wenn die Dicke des Plättchens jA ist. Beide Wellen gelangen also mit demselben Schwingungssinn zur Interferenz, denn der Strahl an der Fläche I erleidet bei

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der Reflexion (am dichteren Medium) ebenfalls einen Phasen- verlust von \ A. Für geringere Schichtendicken trifft dies nicht mehr zu; würden die Zenker sehen Silberlamellen von etwa 0,00 1 4 1 1 Dicke durchsichtig sein und lediglich wegen ihres gegen die Umgebung erhöhten Brechungsvermögens reflektieren, so könnte von ihnen aus kein Licht ins Auge zurückgeworfen werden. Durch die Wiener sehen Feststellungen ist, wie wir sahen, die Ansicht Schütts von der außerordentlich geringen Absorptionsfähigkeit der Lamellen widerlegt worden. Die Mög- lichkeit der Farben Wiedergabe lediglich durch das Vorhandensein spiegelnder Silberlamellen ist also erwiesen, ebenso wie diejenige lediglich durch Gelatineschichten verschiedenen Brechungsver- mögens. Sicher beteiligen sich beide Lamellengattungen an der Reflexion in gleicher Weise.

Wichtiger als die Entscheidung dieser Streitfrage ist für die Praxis der Umstand, daß die molekulare Silberausscheidung zweifellos nicht an allen Punkten der Schicht in gleicher Dichte auftritt. Sie erscheint zunächt dort, wo die Lichtintensität am größten ist, also in den Schwingungsbäuchen, und dehnt sich dann bei andauernder Exposition nach den Knotenebenen zu aus. Wirklich frei von Silberausscheidung bleiben allein die Knoten- ebenen selbst, beiderseits davon nimmt die Dichtigkeit zu, sie ist am größten in der Symmetrieebene der benachbarten Wellen- bäuche. Nur bei richtiger Expositionszeit kann mithin die Farben Wiedergabe eine richtige sein, nämlich nur dann, wenn, in Erfüllung der oben aufgestellten Bedingungen, die Silberlamellen eine Dicke von \ A erreicht haben und mit (ausfixierten) silberfreien Gelatinelamellen von gleicher Dicke ab- wechseln. Wird bei Überexposition zu viel Silber ausgeschieden, so wächst der Brechungsexponent der Lamellen und die Wellen- länge in ihnen wird kleiner. Die Folge davon ist eine Ver- schiebung der Farben den kürzeren Wellen zu. Bei sehr starken Überbelichtungen verschwinden (wie es auch Becquerel bereits beobachtet hatte) die Farben völlig und gehen in Weiß über; die Silberabscheidung erstreckt sich dann durch die ganze Schicht und von einer Lamellenbildung ist naturgemäß keine Rede mehr. Sämtliche Farben werden reflektiert. Aus diesen eigenartigen Ver- hältnissen folgt ferner, daß eine farbenempfindliche, möglichst eine panchromatische Platte für die Photochromien nach Lippmann-

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schem Muster unbedingt gefordert werden muß. Die gewöhnliche Bromsilberemulsion des Handels ist vorzugsweise nur blau- und violettempfindlich. Die Farbenwiedergabe muß auf ihr mithin eine falsche werden. Denn ist die Silberausscheidung für die genannten Farbentöne gerade richtig getroffen, so wird sich an den grünbestrahlten Stellen nur eine geringfügige, an den gelb- und rotbestrahlten vielleicht noch gar keine Silberausscheidung zeigen. Nur Blau und Violett werden annähernd in gleicher Weise wiedergegeben , die anderen Farben erscheinen falsch, wenn sie überhaupt vorhanden sind. Ist dagegen die Ausschei- dung in der grünen Zone es möge sich um eine Spektral- aufnahme handeln richtig, so werden Gelb und Rot falsch wiederkommen und Blau vielleicht schon in Weiß übergegangen sein. Vor jeder Aufnahme muß die Schicht daher sensibilisiert, d. h. durch einen geeigneten Farbstoff, von dem später noch ausführlich die Rede sein soll, möglichst für alle Strahlen gleich empfindlich gemacht und eventuell durch geeignete Farbenfilter vor der überstarken Wirkung des Blau und Violett geschützt werden.

Von mehreren Beobachtern ist ferner darauf hingewiesen worden, daß die von homogenen Strahlen erzeugten Farben der Lippm an n sehen Photochromien nicht wiederum homogen sind, sondern sich bereits bei bloßer Betrachtung oder sicher bei spek- traler Zerlegung als Mischfarben erweisen. Meslin warf über ein photographiertes Spektrum ein reines Spektrum gleicher Aus- dehnung und fand, daß die Farben in normaler Stellung zwar am intensivsten reflektiert wurden, bei einer Verschiebung aber keineswegs verschwanden. Jeder Teil des photographierten Spektrums erwies sich wenn auch in geringem Maße für andere als identische Strahlen reflexionsfähig. Auch die Methode mit gekreuzten Spektren, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, führte zu demselben Resultat. Schütt sagt folgendermaßen: „Die spektroskopische Analyse beweist also im Gegensatz zur Theorie, daß sämtliche von Lippmann sehen Photochromien wiedergegebenen Spektralfarben Mischfarben sind, daß in jeder derselben zwar eine beschränkte Anzahl der Farben des Spektrums fehlt (Schütt hatte dunkle Interferenzstreifen beobachtet, d. Verf.), dagegen andere von sehr verschiedener Wellenlänge sehr vollkommen reflektiert werden!“

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Es war 0. Wiener Vorbehalten, diesen für Lippmanns Anschauungen sehr fatalen Befund mit der Theorie in Einklang zu bringen und zugleich der Praxis wertvolle Direktiven zur Er- langung farbenrichtiger Photochromien zu geben. Wir wollen es versuchen, im folgenden einen Überblick über die wichtigen Wiener sehen Arbeiten zu gewinnen. Zum besseren Verständnis führen wir zunächst einige Bezeichnungen ein. Wir nennen die an der Vorder- und Rückseite einer Elementarschicht, sei es nun eine solche mit oder ohne Absorptionsvermögen, reflektierten Wellen wie es auch oben bereits geschehen ist Teilwellen. Sie vereinigen sich miteinander und gelangen unter gegebenen Bedingungen ins Auge als Elementar welle. Die von sämt- lichen an der Farbenwirkung beteiligten Elementarschichten ins Auge gelangende Welle nennen wir Tiefen welle, sie ist die Resultante aller Teilwellen und ihre Amplitude ist wie wir später zeigen werden gleich der Summe der Amplituden aller Elementarwellen. Diese Summe ist Null für eine Farbe, die der Belichtungsfarbe nicht entspricht. Außerdem gesellt sich zur Tiefenwelle weißes Licht, das von der Oberfläche der Gelatine- oder Eiweißschicht reflektiert wird und zugleich mit der Tiefen- welle in das betrachtende Auge gelangt. Es lagert sich aber nicht nur Weiß über die Farbe der Tiefenwelle, sondern es gelangen Wellen mit ihr zur Interferenz, erhöhen oder schwächen ihren Glanz und bewirken eine Farbenänderung. Wir bezeichnen die an der Oberfläche reflektierte Welle, die für eine Interferenz- wirkung mit der untersuchten Tiefen welle in Frage kommt, als Ob er flächen welle.

Die Oberflächen welle ist bei früheren Untersuchungen nicht berücksichtigt oder vernachlässigt worden , letzteres , weil man ihre Intensität der Tiefenwelle gegenüber für zu geringfügig hielt. Nun ist erstens dieses Intensitätsverhältnis durchaus nicht gering, nach Wiener für das Maximum und Minimum der Inter- ferenz etwa 9:4, zweitens ist zu berücksichtigen , daß für die Interferenz nicht die Intensität, sondern das Verhältnis der Amplituden in Frage kommt, also (vgl. S. 10)

yiüyi = 3:2.

Die Oberflächenwelle wird mithin einen nachweisbaren Ein- fluß auf die Tiefenwelle ausüben müssen , sie wird sie unter-

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stützen , wenn gleiche Schwingungsphasen Zusammentreffen , oder Farbenstörungen hervorrufen, wenn dies nicht der Fall ist. Es muß also die Oberflächenwelle mit der Tiefenwelle sowohl hin- sichtlich ihrer Amplitude wie ihrer Phase miteinander verglichen werden.

Wie bereits dargelegt, gelangen sämtliche Elementarwellen mit demselben Schwingungssinn zur Oberfläche; es genügt mithin, das Phasenverhältnis der Oberflächenwelle und der von der ersten Lamelle unterhalb der Oberflächenschicht herrührenden Elementar- welle zu untersuchen. Von der größten Bedeutung ist es daher, den Abstand der ersten Lamelle des ersten Elementarspiegels von der Oberfläche zu kennen. Zum besseren Verständnis möge an die Entstehung der Photochromie nochmals erinnert sein. Bei der Aufnahme ist die empfindliche Schicht in Kontakt mit einer spiegelnden Fläche (Quecksilber). Das Licht durchdringt nach- einander das Glas der Platte, dann die empfindliche Schicht und wird am Quecksilber reflektiert. Wäre die zurückwerfende Fläche ein durchsichtiges, optisch dichteres Medium, so würde sich (vgl. S. 12) an ihr wegen des Phasen Verlustes von einer halben Wellenlänge eine Knotenebene und in dem Abstande von J A die erste Bauch ebene und Elementarschicht ausbilden. Für das undurchsichtige Quecksilber ist der Phasenverlust ein anderer, er beträgt nach den Untersuchungen von H. Wallbott (vgl. S. 23) etwa 0,41 A. Während bei der Aufnahme die Belichtung von der Glasseite her erfolgt, findet die Betrachtung der fer- tigen Photochromie von der Schichtseite her statt, die dem reflektierenden Quecksilberspiegel angelegen hat. Das von dieser Seite einfallende Licht findet den ersten Elementarspiegel also 0,205 A unter der Oberfläche.

Es mögen nun zunächst einmal die speziellen Verhältnisse für die ohne Molekularsilberblättchen arbeitenden Lippmann- schen Bichromataufnahmen untersucht werden. Man kann sie sich aufgebaut denken aus mehreren Gelatineschichten von ab- wechselnd verschiedenem Brechungsexponenten, deren Dicke, wie wir bereits bewiesen haben, \ A sein muß, wenn die an ihrer Vorder- und Rückseite reflektierten Teilwellen in demselben Schwingungssinn Zusammentreffen und sich zu einer Elementar- welle von einer Amplitude gleich der Summe der Teilwellenampli- tuden ausbilden soll. Der Phasenverlust der Elementarwelle

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gegenüber der an der Vorderseite reflektierten Teilwelle beträgt dann \ A und in bezug auf den die Symmetrieebene des Gelatine- plättchens durchschneidenden Lichtstrahl j A. Allerdings haben wir dabei vorausgesetzt, daß der Brechungsexponent innerhalb der ganzen Elementarschichtendicke konstant ist, was naturgemäß nicht zutrifft, da die Dichte in der Symmetrieebene am größten ist und nach den Knotenebenen zu abnimmt. Wir können trotz- dem dieselbe Betrachtung gelten lassen, da, wie Wiener nach- gewiesen hat, auch für diesen Fall der Phasen Verlust der Elementarwelle bei ihrer auf die Symmetrieebene bezogenen Reflexion eine viertel Wellenlänge ist. Zu Bedenken könnte dagegen der Amplitudenverlust, den die Teilwelle II gegen die Teilwelle I beim Passieren der Elementarschicht erleidet, Anlaß geben, denn eine Vergrößerung des Phasen Verlustes würde davon die Folge sein. Wiener hat jedoch auch hier gezeigt, wie selbst in den ungünstigsten Fällen keine großen Beträge erreicht werden. Er findet die Vermehrung der Phasenverzögerung zu höchstens 0,03 Wellenlängen, eine Größe, die also unbedenklich vernach- lässigt werden kann.

Für reflektierende Silberblättchen liegen die Verhältnisse anders, da wegen der starken Absorption die Amplitude der an der hinteren Fläche reflektierten Teilwelle vernachlässigt werden kann. Die Phasenänderung der vorderen Teilwelle von \ A wird jedenfalls durch sie nur unwesentlich modifiziert werden. Für die Elementarwelle kann also ebenfalls eine Phasenänderung von nahezu einer halben Wellenlänge eingesetzt werden. Was für das einzelne Silberblättchen gilt, trifft, wie sich nach weisen läßt, auch für den ganzen Elementarspiegel zu. Wiener faßt die Resultate folgendermaßen zusammen: bei der Reflexion an durch- sichtigen Elementarschichten geht die Elementarwelle mit einem Phasenverlust von etwa einer viertel Wellenlänge hervor, mit Neigung zu etwas größeren Verzögerungen ; bei der Reflexion an Elementarschichten mit einer der metallischen nahekommenden Absorption resultiert ein Phasenverlust von annähernd einer halben Wellenlänge mit Neigung zu etwas geringeren Verzöge- rungen.

Aus diesen Daten läßt sich das Phasenverhältnis der Tiefen- welle zur Oberflächenwelle berechnen. Wir kommen darauf zurück.

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Für die Beurteilung der Amplitude ist es wünschenswert, die Zahl der an der Farbenwiedergabe beteiligten Elementar- spiegel kennen zu lernen. Hierüber gibt eine bei Spektralauf- nahmen an der Glasseite der Platte beobachtete Erscheinung Aufschluß, die in einem System zueinander paralleler und quer zur Spektrumrichtung verlaufender dunkler Streifen besteht. Diese Streifen sind Interferenzerscheinungen zwischen den Tiefen- wellen und den an der Grenzschicht Glas - Gelatine reflektierten Oberflächen wellen. Da die roten Wellen des Spektrums eine fast doppelt so große Länge haben wie die violetten (etwa 0,75 p, zu 0,38 p), so sind die Elementarspiegel im Rot weiter voneinander entfernt als im Violett, sie liegen fingerartig gespreizt und schief in der Schicht; nur die erste ist dem Quecksilberspiegel und der Glasscheibe annähernd parallel. Es wird also immer eine Anzahl Elementarschichten geben, die die Grenzschicht Glas - Gelatine schneiden und von denen man sagen kann, daß sie die Mindest- zahl der in der empfindlichen Schicht vorhandenen darstellen. Zwischen zwei Schnittlinien sind alle möglichen Phasenunter- schiede der aus sämtlichen Strahlenarten zusammengesetzten Oberflächenwelle gegen die Tiefenwelle vorhanden , es müssen mithin ebensoviel dunkle Interferenzstreifen wie Schnittlinien vor- handen sein. Dieselbe Erscheinung tritt an der Vorderfläche auf, wenn man die Gelatine mit geeigneten Poliermitteln keilförmig abträgt, oder auch nur die Oberfläche senkt und sie dadurch mit den schiefen Elementarspiegeln nacheinander zum Schnitt bringt (Neuhauss).

In der Querschnittaufnahme (Fig. 10) konnten wir etwa acht Elementarspiegel zählen , man darf jedoch annehmen , daß weit mehr in der Schicht erscheinen können. Die Messungen Wieners ergeben vom Orange bis Blau etwa 12 bis 18. Genauere Versuche, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen, lassen jedoch erkennen, daß kaum mehr als 9 bis 12 Elementar- spiegel an der Farbenwiedergabe beteiligt sind.

Der Phasenunterschied der Tiefenwelle und einer der Be- lichtungsfarbe entsprechenden Oberflächen welle läßt sich für senkrechte Inzidenz nun leicht folgendermaßen bestimmen. Ist a der Abstand der Symmetrieebene des ersten Elementarspiegels von der Schichtoberfläche, cp die infolge des Hin- und Herganges, cp' die durch Reflexion an der Elementarschicht hervorgerufene

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Phasenverzögerung, so ist, da die Phaseneinbuße der Oberflächen- welle (reflektiert am dichteren Medium) \ k beträgt, der gesuchte Phasenunterschied

4 = <p + <p' ?■

Setzt man die bekannten Werte ein, so erhält man in bezug auf die Bichromatphotochromien :

z/ = 0,41 + 0,25 0,5 == 0,16 und für die Silberblättchen

z/ = 0,41 + 0,5 0,5 = 0,41

Hieraus ergibt sich ganz allgemein zweierlei:

1. Die Oberflächenwelle wird bei Bichromatauf nahmen die Tiefen welle anders beeinflussen als bei den gewöhnlichen Lipp- m an n sehen Aufnahmen.

2. „Unter normalen Verhältnissen stimmt die Ober- flächenwelle in ihrer Phase nicht überein mit der ersten Elementarwelle für die Farbe, mit der die Platte be- lichtet worden war.“

Es fragt sich nun, welches der äußere Effekt dieses Phasen- unterschiedes ist. Wiener hat auch hierauf eine erschöpfende Antwort gegeben, der Raummangel verbietet es uns jedoch, auf seine Beweisführung (Wied. Ann. 69, 511, 1899) näher einzu- gehen, ebenso wie wir es uns leider versagen müssen, seine Kritik der Lipp mann sehen Theorie darzulegen, welch letztere seiner- zeit, ohne die Amplitudenabnahme mit der Tiefe auch bei ab- sorptionslosen Schichten zu berücksichtigen, doch zu einem praktisch verwertbaren Resultat gelangt war. Wir begnügen uns damit, das Resultat der Untersuchung hierher zu setzen: Die Oberflächenwelle hat die Wirkung, daß sie den Schwer- punkt der wiedergegebenen Farbe gegenüber der Belichtungsfarbe nach Rot zu verschiebt.

Von einer richtigen Farben Wiedergabe kann also der Ober- flächenwelle wegen nicht die Rede sein. Außerdem werden die Photochromien je nach ihrer Herstellung dem Aufnahmeobjekt gegenüber typische Unterschiede zeigen müssen. Bisher hatten wir vorausgesetzt, daß nach den Vorschlägen Lippmanns die Reflexion bei der Aufnahme an einer metallischen Spiegelwand (Quecksilber) erfolgt. Bei der Betrachtung liegt dann die erste Elementarschicht etwa eine viertel Wellenlänge (genauer 0,205 A)

cp bezogen auf j mittlere Wellenlängen.

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unter der Oberfläche. Dieser Fall ist nicht der einzig mögliche, wenn auch der praktisch brauchbarere. Krone hat Photo- chromien ohne Quecksilberspiegel, durch Reflexion an einer zwischen Gelatine und Sammet eingebetteten Luftschicht, her- gestellt. Da in diesem Falle ein optisch dünneres Medium reflektiert, erscheint die erste an der Farbenbildung beteiligte Elementarschicht eine halbe Wellenlänge unter der Oberfläche. Die Gangverhältnisse zur Oberflächen welle und die Farbenwieder- gaben sind also wesentlich andere als im ersten Falle.

Die schädigende Einwirkung der Oberflächenwelle läßt sich jedoch durch geeignete Wahl der Anordnung beseitigen, ein glücklicher Umstand, der natürlich von größter praktischer Be- deutung ist. Fast alle Übelstände verschwinden dann mit einem Schlage. Die Farben werden brillanter und zugleich richtiger, ganz richtig kaum, da, wie wir bereits früher gezeigt haben, die Verhältnisse bei der Aufnahme anders liegen als bei der Repro- duktion, ferner die Farbensensibilisierung noch immer mangelhaft ausfällt und für den unveränderten Elementarschichtenabstand nach dem Entwickeln und Auftrocknen der Platte im Grunde keine Gewähr geleistet ist.

Wiener macht folgende drei Vorschläge zur Beseitigung der schädigenden Oberflächenwirkung:

1. Der Oberfläche der Schicht einen solchen Abstand von der Elementarfläche zu geben, daß die Phase der Oberflächenwelle mit der der Tiefen welle übereinstimmt.

2. Die Oberfläche so weit zu heben, daß sie für eine Inter- ferenz mit den Elementarspiegeln nicht mehr in Frage kommt.

3. Den an der Oberfläche zurückgeworfenen Strahlen eine solche Richtung zu geben, daß sie nicht zugleich mit der Tiefen- welle ins Auge gelangen.

Von diesen Vorschlägen haben nur die unter 2. und 3. wiedergegebenen eine praktische Bedeutung. Es gelingt aller- dings durch Aufträgen sehr verdünnter Celloidinlösungen oder durch Abreiben, bezüglich (nach dem Vorschläge von Neuhaus s) durch die Einwirkung photographischer Abschwächer, die Ober- fläche zu heben und zu senken und dadurch richtigere Farben zu erzielen, doch setzt dies Verfahren ganz abgesehen von seiner Subtilität an Stelle der Zwangsläufigkeit ein subjektives Ermessen und ist schon deshalb zu verwerfen.

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Die Hebung der Oberfläche über die Interferenzfähigkeit kann mittels aufgekitteter planparalleler Platten oder durch einen Lackauftrag erreicht werden, doch zeigt sich, daß dann die Farben durch Beimischung des weißen Lichtes von der Ober- fläche her an Glanz verlieren.

Am vollkommensten in jeder Beziehung bleibt die Be- seitigung der Oberflächenwelle durch Ablenkung. Man erreicht dies, indem man die Platte schräg in einen mit Benzol gefüllten planparallelen Glastrog taucht und durch die Wandung betrachtet, oder, indem man einen schwach abgeschrägten dünnen Glaskeil mit Kanadabalsam auf die Schicht kittet. Fig. 11 zeigt dann

Fig. 11.

den Verlauf der Strahlen.

P ist die Platte mit der Lippm an n- Schicht, K der Glaskeil. Die von der nicht zu ausgedehn- ten Lichtquelle L her- rührenden Strahlen ge- langen auf dem Wege LJDA in das betrach- tende Auge, die an der Oberfläche reflektierten Strahlen werden jedoch nach B abgelenkt. Ist

die Lichtquelle zu groß, so können auf dem Wege OEA Ober- flächenstrahlen zugleich mit den von der Platte herrühreüden zur Wahrnehmung kommen. Derselbe Fall kann bei Nebenlicht ein- treten. Beiden Eventualitäten muß man durch passende Vor- kehrungen begegnen.

Schließlich ist zu beachten, daß die Lippmann-Platten meist schon an sich eine ausgesprochene Färbung zeigen, die von der Bildung stehender Lichtwellen unabhängig ist, aber je nach dem Feuchtigkeitsgrade der Gelatine charakteristische Veränderungen zeigt. Es handelt sich offenbar um Erscheinungen am Silber- haloid selbst, die von F. Kirchner als Resonanz- und Schirm- wirkungen der in der Gelatine verteilten Ag-Teilchen angesprochen werden. Jedes System von Resonatoren ist in seiner Eigen- schwingungszahl unter anderem von dem gegenseitigen Abstande der Resonatoren abhängig, und so mag denn die Veränderung der

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Färbung beim Quellen der Gelatine aus Schwingungsvorgängen erklärt werden. Wegen der Einzelheiten muß auf die Arbeit selbst verwiesen werden.

Immer wieder ist auch die Frage nach Lippmannschen Spektren höherer Ordnung gestellt, aber anscheinend erst neuer- dings zur Zufriedenheit erledigt worden. Die theoretischen Er- wägungen verlangen eine Farbenbildung bei beliebigen Abständen der Elementarschichten, also auch bei gegenseitigen Entfernungen von Ä, f A usf. Mit anderen Worten, es müssen auf Spektralplatten wiederum Spektra erscheinen, wenn die Schichten um das Dop- pelte, das | fache usf. auseinandergerückt werden. Frühere Versuche von Neuhauss und Wiener, Spektra der zweiten oder dritten Ordnung zu erhalten, haben jedoch zu keinem Resultat geführt.

Offenbar können zwei Wege zur experimentellen Verwirk- lichung der theoretischen Forderungen beschriften werden: Ent- weder man versucht, ultrarote Teile von doppelter Wellenlänge bekannter Zonen des sichtbaren Spektrums abzubilden, oder aber man rückt die Elementarschichten durch irgend ein mechanisches Verfahren auseinander. Beide Wege sind neuerdings (1904) von H. Lehmann eingeschlagen worden, jedoch nur der zweite mit Erfolg. Die Abbildung charakteristischer ultraroter Spektral- linien, z. B. der Cäsiumgruppe bei 0,85 fi, scheiterte an der un- zulänglichen Farbenempfindlichkeit der Schicht. Dagegen konnten die Rubidiumlinien bei 0,795 ft erhalten werden, und die Platte zeigte selbst noch etwas darüber hinaus bis 0,8 ft Spuren der Belichtung. Dennoch konnte ein Violett, das dem erster Ordnung mit der Wellenlänge 0,4 ft entsprochen hätte, nicht entdeckt werden. Man sah lediglich das helle Rot in ein etwas dunkleres Rot übergehen. Dieses negative Resultat kann jedoch kaum überraschen, besonders wenn man die auch theoretisch begründete Lichtschwäche der Spektra höherer Ordnung in Erwägung zieht. Dagegen führte die mechanische Abstandsänderung der Schichten durch Auf quellen zum Ziel. Selbst das Spektrum dritter Ordnung konnte noch deutlich erkannt und in einem Dauerpräparat eine Zeitlang festgehalten werden. Das Auftreten von Kontrafarben so genannt nach den analogen Verhältnissen auf musiktechnischem Gebiet ist also erwiesen und bietet sicherlich sowohl für die grundlegenden Anschauungen Zenkers, wie auch für die Wiener sehen theoretischen Deduktionen eine wertvolle Stütze.

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Praktische Ausübung des Lipp mann scheu Verfahrens.

Bezüglich der Herstellung von Photochromien halten wir uns eng an die von Neuhauss in seinem Buche über die Farben- photographie nach Lipp man ns Verfahren gegebenen Vorschriften. Wir können jedoch nur die wichtigsten Punkte berücksichtigen und müssen wegen der Einzelheiten auf das genannte Werk wie auf die übrige ziemlich zahlreiche Fachliteratur, insbesondere auch auf das Val entasche Buch: „Die Photographie in natür- lichen Farben“ verweisen.

Bei der Aufnahme soll die auf einer Glasplatte präparierte Schicht in Kontakt mit einer spiegelnden Quecksilberfläche zur Exposition gebracht werden. Die Belichtung erfolgt mithin von der Glasseite aus und erfordert eine besonders gebaute Kassette, in der man das Quecksilber, um schlierige Streifen zu vermeiden, langsam und gleichmäßig hinter der Schicht auf steigen lassen kann. Im übrigen kann jede gewöhnliche Camera zur Aufnahme dienen.

Von größtem Einfluß auf das Gelingen ist der Zustand der empfindlichen Schicht, von der vor allem Klarheit und Korn- losigkeit gefordert werden muß. Die reinen Farben des Spektrums scheinen auf einer sensibilisierten Eiweißschicht bedeutend besser wiederzukommen als die Mischfarben der Körper, für die sich Gelatineemulsionen eher eignen. Um Eiweißplatten herzustellen, läßt man steif gequirltes Eiweiß von einigen Eiern so lange stehen, bis sich aus dem Schaum eine leicht getrübte Flüssigkeit abgesetzt hat. Ein geringer Zusatz von Bromkali- oder Jodkali- lösung erhöht die spätere Empfindlichkeit. Ammoniakzusatz macht das Eiweiß dünnflüssiger und haltbarer. Letzteres ist insofern von Vorteil, als monatelang unberührt auf bewahrtes Eiweiß sich abklärt und vorzügliche Schichten liefert.

Die Glasplatten werden in zur Hälfte mit Wasser verdünnter Salpetersäure von allen Unreinlichkeiten und Fettresten sehr gut gereinigt und kurz vor dem Guß mit Alkohol so gut poliert, daß sie den Hauch gleichmäßig als bläuliche Schicht annehmen. Darauf wird eine Eiweißschicht gegossen und mit einem Glas- stabe gleichmäßig auf der Platte verteilt. Das Trocknen auf einer genau ausnivellierten Marmorplatte erfordert bei warmer Luft nur kurze Zeit. Die Eiweißplatte ist unbegrenzt haltbar.

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Zur Sensibilisierung kommt die Platte zwei Minuten (bei

rotem Liebt) in folgendes Bad:

Destilliertes Wasser 100 ccm

Kristallisiertes Silbernitrat 10g

Eisessig 10 ccm

Darauf wird sie eine viertel Stunde lang gewaschen und kommt dann sofort in das Farbbad.

Bislang kennt man keinen Sensibilisator, der eine Platte für alle Farben so empfindlich machte, daß die Wiedergabe den vom Auge wahrgenommenen Intensitätsverhältnissen genau entspräche. Immerhin gelingt es, auch das Grün und den größten Teil des Rot zu reproduzieren ; man ist eben schon zufrieden , wenn das Spektrum lückenlos erscheint. Zum Anfärben der Schicht eignet sich entweder das Miethe-Traube sehe Äthylrot oder auch Erythrosin und Cyanin *). Cyanin führt allerdings leicht eine Verschleierung der Platte herbei, es ist jedoch zur Erzielung einer Gelb- und Rotempfindlichkeit unentbehrlich. Erythrosin sensibilisiert für Gelbgrün und Grün.

Neuhauss hat für das Farbbad folgende Zusammensetzung

geeignet gefunden:

I. Wasser 200 ccm

Alkoholische Cyaninlösung (l : 500) .... 1

II. Wasser 200

Alkoholische Erythrosinlösung (1 : 500) . . 1

I muß immer frisch sein, II hält sich im Dunkeln unbegrenzt. Die Platte kommt unmittelbar nach dem Waschen drei Minuten in Bad I und darauf drei Minuten in Bad II. Die Operation kann bei hellrotem Licht vorgenommen werden. Man schleudert dann durch mäßige Rotation auf der Zentrifuge die oberflächlich anhaftenden Flüssigkeitströpfchen ab und stellt die Platte zum Trocknen auf. Sie bleibt etwa 14 Tage lang brauchbar.

Die Eiweißplatten sowohl, wie ganz besonders die Gelatine- Emulsionsplatten neigen leicht zur Schlierenbildung, die sehr ver- schiedenen Ursachen ihre Existenz verdanken kann. Steigt z. B. das Quecksilber nicht gleichmäßig , sondern stufenweise oder pendelnd in der Kassette empor, so sind Schlieren mit Parallel-

l) Die Theorie der Sensibilisatoren wird im Kapitel über die Dreifarbenaufnahmen abgehandelt.

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Struktur unvermeidlich. Aber auch Nachlässigkeiten beim Platten- putzen und beim Guß haben ähnliche Erscheinungen im Gefolge. Peinlichste Akkuratesse und fast übertrieben erscheinende Sauber- keit sind für das Gelingen einer Photochromie unerläßlich.

Ebenso muß die Belichtungszeit auf das Genaueste getroffen werden, denn von ihr hängt, wie wir im vorigen Abschnitt dar- gelegt haben, die richtige Ausbildung der Elementarspiegel und damit der Farbenglanz und die Treue der Wiedergabe ab. Bei der geringen Empfindlichkeit der Schicht sind die Belichtungs- zeiten den käuflichen Bromsilbergelatineplatten gegenüber sehr groß. In den meisten Fällen wird man sogar auf die Sommer- monate und helles Sonnenlicht angewiesen sein. Auch dann erfordern die Aufnahmen ein Objektiv mit großem Öffnungs- verhältnis (etwa f/ 4) vorausgesetzt immer noch einige Minuten Expositionszeit. Nur große Erfahrung kann in allen Fällen das Richtige treffen.

Die Entwickelung darf im allgemeinen mit jedem der ge- bräuchlichen Entwickler erfolgen, doch scheint sich folgende Vor- schrift besonders gut bewährt zu haben:

I. Alkohol 100 ccm

Pyrogallol 10g

II. Wasser 60 ccm

Ammoniumkarbonat 10 g (frisch aD gesetzt!)

III. Wasser 10 ccm

Bromkalium lg

In der Entwickelungsschale werden vereinigt: 30 ccm Wasser, 7,5 ccm I, 20 ccm II und 6 bis 8 Tropfen III. Zuviel Bromkalium verzögert die Entwickelung übermäßig.

Die Hervorrufung dauert im allgemeinen eine viertel Stunde und wird so lange fortgesetzt, bis das Bild in gewohnter Weise kräftig und in allen Einzelheiten erschienen ist. Im sauren Fixier- bade bleibt die Platte nur so lange, als gerade nötig, da sonst auch das metallisch ausgeschiedene Silber angegriffen wird.

Die Platten werden dann gründlich gewaschen und schnell, eventuell mit Hilfe von Alkohol, getrocknet. Sie zeigen meist in der Aufsicht die Farben glänzend und im wesentlichen auch richtig bis auf die von der Einwirkung der Oberflächenwelle herrührende F arbenverschiebung.

Donath, Farbenphotographie. 4.

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Leider ist die Wiedergabe von Mischfarben auf den relativ leicht herzustellenden Eiweißplatten gänzlich unzureichend, Brom- silbergelatineplatten eignen sich dazu bedeutend besser, doch bereitet ihre Herstellung große Schwierigkeiten. Es ist schwer zu sagen, woher der Mißerfolg auf den Eiweißplatten rührt, mög- licherweise vom Einfluß der die Oberflächenwellen begünstigenden obersten Schicht des Albumins. Die theoretischen Untersuchungen Wieners weisen in der Tat darauf hin, und auch Neuhaus s macht die Bemerkung, daß verborgen in der Tiefe der Schicht auch bei Mischfarbenaufnahmen anscheinend eine gute Lamellen- bildung vorhanden ist. Bisher ist es jedoch nicht gelungen, die Trübung zu beseitigen; eine Ausbleichung mit Quecksilberchlorid war von mäßigem Erfolge, und auch eine Abschwächung und Zerstörung der obersten Schicht mit dem bekannten Blutlaugen- salz-Abschwächer brachte keinen wesentlichen Vorteil, wennschon hier die Mischfarben nach dem Auftrocknen der Platte bedeutend besser zutage traten. Einstweilen wird man also für Mischfarben- wiedergabe auf die Gelatineemulsion angewiesen sein. Die Neuhau ss sehen Versuche, Eiweiß und Gelatine miteinander zu verbinden, sind ja sehr interressant und auch teilweise von Erfolg begleitet, sie scheinen jedoch nur ein Übergangsstadium zu den reinen Gelatineplatten darzustellen.

Die Gelatineemulsion muß in lichtempfindlichem Zustande gegossen werden, sie wird also nicht, wie die Eiweißschicht, erst nachträglich sensibilisiert, ein Umstand, der das ganze Verfahren von vornherein unbequemer und umständlicher macht. Auch ist es schwer, ein gleichmäßiges und brauchbares Rohprodukt zu erhalten. Neuhauss berichtet, daß ihm, bei anfangs guten Re- sultaten, erst nach drei Jahren vergeblicher Arbeit wieder eine Aufnahme glückte, weil sein Gelatinevorrat aufgebraucht war und er einen gleichwertigen Ersatz nicht zu finden vermochte. Ein derartiger Einfluß des Materials ist nach unseren theoretischen Vorstellungen (S. 43) ganz wohl möglich, denn die Phasen- beschleunigung (cp) des Lichtes am ersten Elementarspiegel ist zweifellos von dem einbettenden Medium abhängig und mag schon durch geringe Verunreinigungen merkbar beeinflußt werden. Mit cp ändert sich aber auch der Phasenunterschied (z/) gegen die Oberflächenwelle. Möglicherweise vermag also die Beseitigung der Oberflächenreflexion durch aufgekittete Glaskeile die Ver-

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schiedenheiten der Gelatinesorten auszugleichen. Neuere Versuche scheinen die Vermutung zu bestätigen.

Bezüglich der Emulsionsbereitung beschränken wir uns eben- falls auf die notwendigsten Angaben. Bromsilbergelatine hat sich weitaus am besten bewährt. Es sind drei getrennte Lösungen

bereit zu halten:

I. Gelatine 2, 5g

Destilliertes Wasser 70,0 ccm

II. Kristalliertes Silbernitrat 1,5 g

Destilliertes Wasser 5,0 ccm

III. Gelatine 5,0g

Destilliertes Wasser 75,0 ccm

Bromkalium 1,25g

Nach der Vorschrift von Neuhauss wird die Gelatine in kaltem Wasser aufgequollen (10 Minuten). Darauf erwärmt man Lösung I und 111 bis zum völligen Schmelzen und läßt im Wasser- bade 1 auf 37° C und III bis auf 35° C abkühlen. Dann gießt man Lösung II in I, rührt um und gibt bei rotem Licht Lösung I und II tropfenweise in Lösung III. Sobald die Mischung unter fortdauerndem Umrühren beendet ist, fügt man die Farbsensibili-

sierung hinzu, nämlich:

Alkoholische Erythrosinlösung (1 : 500) 1 ccm

Alkoholische Cyaninlösung (frisch bereitet) (1 : 500) 2

Die fertige und glasig erscheinende Emulsion wird unter Luftdruck in die Gießflasche filtriert. Diese muß gegen Wärme- verlust durch Filzumpackung geschützt und außerdem so ein- gerichtet sein, daß nicht etwa ungleich warmes Material zur Ver- wendung gelangt, was leicht geschieht, wenn die Ablaufmenge von der Platte wieder in die Gießflasche zurückgegossen worden ist. Schlierenbildung ist dann kaum zu verhüten. Die Gieß- flasche wird also erhöht aufgestellt, und die Emulsion mit Hilfe eines Schlauches und Quetschhahnes durch einen Tubus am Boden entnommen.

Die Emulsion reift schnell nach, besonders bei wiederholtem Aufwärmen, arbeitet dann empfindlicher, gibt aber ungenügende Photochromien. Man muß daher rasch arbeiten und jedenfalls nicht mehr Emulsion bereiten, als man ohne erneute Anwärmung verwenden kann. Das dritte Plattendutzend pflegt meist schon minderwertig zu sein.

4*

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Die gegossene Platte muß auf einer nivellierten Marmorplatte schnell erstarren und dann sogleich, ehe sie einzutrocknen beginnt, unter einem kräftigen Wasserstrahl ausgewaschen werden, um die überschüssigen Salze zu entfernen. Etwa anhaftende Luftbläs- chen werden gleichzeitig auf diese Art beseitigt. Wesentlich für das Gelingen ist übrigens, daß die Silbernitratlösung erst im letzten Moment zu der Gelatinelösung gesetzt wird und nicht etwa vor dem Aufquellen. Die Emulsion ist dann allerdings empfindlicher, zeigt aber Neigung zum Rotschleier.

Nach dem Auf trocknen ist die Schicht glasklar und hält sich einige Zeit in brauchbarem Zustande. Die Empfindlichkeit der Emulsionsplatten ist nicht viel größer als diejenige der Eiweiß- platten, für die Expositionszeiten gelten also angenähert dieselben Regeln. Meist handelt es sich um mehrere Minuten; Sonnenlicht, vorteilhaft durch geeignete Vorrichtungen etwa Gazeschleier gedämpft, ist jedenfalls sehr erwünscht. Spektra können auf Emulsionsplatten ebenso glänzend wiederkommen wie auf Eiweiß- platten, nur sind sie meist weniger geschlossen und einzelne Zonen erscheinen oft über Gebühr hervorgehoben. Es liegt dies in der Hauptsache an der Farbens*ensibilisierung, aber unter Umständen auch an äußeren Einflüssen, die die spektrale Zusammensetzung des Sonnenlichtes beeinflussen können. Neuere Versuche mit den bekannten Sensibilisatoren Äthylrot, Pinachrom T und Orthochrom haben keine besseren Resultate gezeitigt; im Gegenteil. Im Gitter- spektrographen hergestellte Vergleichsspektra zeigen für Äthylrot «ine Empfindlichkeit etwas über die Linie D hinaus (vgl. Fig. 1), für Orthochrom noch eine Wenigkeit weiter; Pinachrom T sensibili- siert fast bis zur Zone zwischen C und D. In keinem Falle ist jedoch die Sensibilisierung für den abgebildeten Teil des Spektrums eine gleichförmige. Äthylrot zeigt schwache dunkle Banden zwischen D und E sowie bei F , Orthochrom ebenfalls , nur ist die Bande zwischen D und E schwächer. Pinachrom T hat eine recht aus- geprägte Bande bei F. Eine Mischung von

Erythrosin + Cyanin Glycinrot scheint weitaus für Lippmann -Emulsionen das Beste zu sein. Die Sensibilisierung geht fast bis zur Linie 0, und von dunkeln Banden ist kaum andeutungsweise die Rede.

Immer aber überwiegt die Wirkung des Blau und des Violett wesentlich. Es erscheint bei der Entwickelung bedeutend schneller

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als die anderen Spektralbezirke. Bei der Aufnahme ist es daher unerläßlich, ein Absorptionsfilter zu verwenden, das die blauen und violetten Strahlen abdämpft, also eine vorzugsweise gelbe Scheibe vor dem Objektiv. Sind Gelbscheibe und Sensi- bilisator richtig gewählt, so müssen diejenigen Spek- tralbezirke zuerst auf der Platte erscheinen, die auch für das Auge die hellsten sind, etwa Gelb bis Gelbgrün.

Zu untersuchen wäre ferner noch der Einfluß ultravioletter Strahlen von der Grenze der Sichtbarkeit bis zur Absorption durch das Glas (der Linse). Es wäre ja immerhin denkbar, daß diese unsichtbare, aber von vielen Körpern reflektierte und chemisch wirksame Strahlenart durch Überlagerung Farbenstörungen her- vorrufen könnte. Sehr wahrscheinlich ist diese Annahme nicht. Denn die dem Ultraviolett entsprechenden Elementarspiegel- abstände können wiederum nur unsichtbare Strahlen reprodu- zieren. Auf jeden Fall kann man sich durch Absorptionsfilter aus einer fluoreszierenden Substanz, etwa einer Lösung von schwefel- saurem Chinin in angesäuertem Wasser, schützen.

Die Entwickelung der Platte kann zwar mit jedem beliebigen Entwickler vorgenommen werden, doch hat sich der Pyro-Ammo- niak- Bromkali -Hervorrufer in der von Lumiere angegebenen Zusammensetzung am besten bewährt:

I. Wasser 50 ccm

Pyrogallol 0,5 g

II. Bromkalium (1 : 10).

III. Ammoniak (spezifisches Gewicht 0,96).

Zum Gebrauch werden 5 ccm I, 7,5 ccm II und 2,5 ccm III mit 35 ccm Wasser gemischt. Die Entwickelung muß wesentlich anders vorgenommen werden als bei den Eiweißplatten. Sie soll möglichst rasch verlaufen. Man setzt daher gleich anfangs die volle Menge Ammoniak hinzu. Fixiert und gewaschen wird wie gewöhnlich.

Nach dem Auftrocknen erscheinen die Farben am brillantesten, wenn die Glasseite der Platte einen schwarzen Überzug erhält, oder besser noch, wenn ihr ein schwarzes Glas mit Kanadabalsam auf gekittet wird. Störende Reflexe wegen einer Verschiedenheit des Brechungsexponenten sind ausgeschlossen.

Die Betrachtung der L i pp m an n- Bilder erfordert stets einige Übung, da das Bild nur unter einem gewissen Betrachtungs- und

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Beleuchtungswinkel, der der Farbenverschiebung wegen nicht zu groß sein darf, mit vollem Glanz erscheint. Von der Beseitigung der Oberflächenstörung durch einen auf gekitteten Glaskeil wurde bereits mehrfach gesprochen. Soll die Aufnahme einem größeren Auditorium gezeigt werden, so kann man mit bestem Erfolge die opake Projektion anwenden, hat jedoch dafür zu sorgen, daß der Einfallswinkel nicht zu groß wird. Durch ein Kondensator- system C (Fig. 12) wird das Licht einer starken Leuchtquelle L

Fig. 12.

so auf die Li pp mann sehe Platte _P konzentriert, daß alle reflek- tierten Strahlen in das abbildende Objektiv 0 fallen und in der Richtung S zum Projektionsschirm weitergehen. Die Brennweite des Objektivs sollte eine große, das Bild also klein, aber lichtstark sein. Denn einmal interessieren gerade die Lipp mann -Bilder durch ihre eminente Leuchtkraft, und dann ist es bei kurzen Brenn- weiten nicht möglich, das Bild auch nur leidlich scharf in allen Teilen einzustellen. Die schiefe Lage der Platte zur optischen Achse läßt eine scharfe Abbildung immer nur in einer eng be- grenzten Vertikalzone zu. Bei langen Brennweiten ist der Fehler nicht so auffällig.

Den B ec quer el-Lippmann sehen Scheinfarbenaufnahmen kommt unbedingt ein hohes wissenschaftliches Interesse zu. Der Theoretiker wird an ihnen mit Genugtuung seine Anschauungen von der Wellennatur der Lichtschwingungen bestätigt sehen. Ferner harrt eine Reihe experimenteller Aufgaben, so vor allem die genaue Bestimmung der Brechungsexponenten silberhaltiger Lamellen, noch ihrer Lösung. Der praktische Wert der Schein- farbenmethode ist dagegen bisher sehr gering. Man kann zwar die Farben der Natur, Spektralfarben, wie Mischfarben annähernd richtig wiedergeben, es gelingt sogar, den Zufall bis zu einem gewissen Grade auszuschließen und bei genauer Beobachtung aller Vorschriften in den meisten Fällen immer wieder dasselbe gute

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Durchschnittsresultat zu erreichen. Aber das ist im Grunde doch nicht alles, was man von einem praktischen Farbenverfahren ver- langen sollte. Vor allem ist die Expositionszeit zu lang, die Be- trachtung der spiegelnden Bilder unter einem bestimmten Winkel sicher eine große Unbequemlichkeit. Neuerdings ist es Lipp- mann gelungen, seine Aufnahmen zu vervielfältigen, indem er eine in der Transparenz komplementärfarbige Bichromatplatte auf eine zweite Bichrom atschicht druckt und so eine in der Durch- sicht richtige Kopie erzielt. Damit wäre allerdings der größte Fehler der Interferenzplatten, ihre Unkopierbarkeit, wenigstens im Prinzip beseitigt.

Zweites Kapitel.

Die photographische Farbenwiedergabe durch Körperfarben.

Geschichtliches.

Die ersten erfolgreichen Versuche, Spektralfarben auf einer lichtempfindlichen Schicht wiederzugeben, finden sich, als eine Veröffentlichung Seebecks, wie schon eingangs erwähnt, in Goethes Farbenlehre, Bd. II (1810), S. 716. Seebeck arbeitete mit wirklichen Körperfarben und nicht mit den Scheinfarben stehender Lichtwellen, wie später F. E. Becquerel, der die Versuche Seebecks fortzusetzen glaubte. Der Tatbestand ist kurz folgender:

Seebeck strich frisch gefälltes Chlorsilber (AgCl) auf Papier und ließ, während es noch feucht war, ein Sonnenspektrum darauf fallen. Nach etwa 20 Minuten zeigten sich die Farben leidlich wiedergegeben. Bot und noch ein nicht unbeträchtlicher Bezirk im Infrarot war deutlich reproduziert, Gelb zweifelhaft, Grün erschien als helles Blau, Blau selbst war gut wiedergegeben, Violett war rötlichbraun mit bläulichem Stich, das ultraviolette Gebiet erschien lavendelgrau. Versuche mit „am Lichte grau

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gewordenem, noch feuchtem Hornsilber“ (Silberchlorür , Ag2Cl) ergaben ähnliche Resultate, auch konnten additive Mischfarben mit einigem Erfolge wiedergegeben werden; unter farbigen Gläsern zeigten sich ebenfalls Farbenandeutungen.

So richtig an sich Seebecks Beobachtung auch war, und so wichtig sie für die Farbentheoretiker sein mochte, war ihr doch dasselbe Schicksal beschieden, wie fünf Jahrzehnte später den vortrefflichen Arbeiten E. Becquerels. Man beachtete sie kaum und vergaß sie. Vielleicht waren sie auch in Goethes Farben- lehre schlecht aufgehoben, diesem Buch, das, wie Zenker sagt, so reich an Polemik und so arm an Tatsachen ist.

Im Jahre 1841 entdeckte Sir John Herschel, der berühmte Sohn des berühmteren Vaters, die merkwürdigen Eigenschaften des Chlorsilbers noch einmal. Er experimentierte vornehmlich mit Papierfolien, die nach Talbots Vorschrift abwechselnd in Silber- nitrat und Ammoniak gebadet waren. Auch ihm gelang es, das Sonnenspektrum wiederzugeben, zu fixieren vermochte er das Buntbild jedoch nicht. In weiterem Verfolg seiner Untersuchungen fand J. Herschel ähnliche Eigenschaften wie beim Chlorsilber auch am Bromsilber und am Guajak, einem aus dem Guajakbaum gewonnenen gummiartigen Harz, dessen Hauptbestandteile die sogenannte Guajakonsäure (C19H20O5) und die kristallisierbare Guajakharzsäure (C20H26O4) sind. Die größte Farbenempfindlich- keit konnte er durch Chlorung der über Papier ausgebreiteten alkoholischen Lösung des Harzes erzielen. Für den Physiker waren die Entdeckungen Seebecks und J. Herschels besonders interessant durch den erneuten Nachweis der schon von Ritter bemerkten infraroten und ultravioletten Zonen zu beiden Seiten des Lichtspektrums. Durch die infrarote Strahlung wurde das Chlorsilber in gleicher Weise gefärbt wie durch Erwärmung, eine für Herschel besonders interessante Tatsache. Hatte sein Vater doch die ersten Messungen über die spektrale Verteilung der Wärme angestellt.

Testud de Beauregard scheint ebenfalls (1855) mit Körperfarben gearbeitet zu haben, doch sind seine im Photo- graphical Society’s Journal gegebenen Vorschriften so unsicher, daß sie kaum verwandt werden können. Zenker ist es jeden- falls späterhin nicht gelungen, danach auch nur die Spur einer Farbenwiedergabe zu erhalten. Sein vernichtendes Urteil über

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den Amerikaner können wir dennoch heute in vollem Umfange nicht mehr gelten lassen. Anknüpfend an die Auslassungen Testud de Beauregards sagt er nämlich (Lehrbuch der Photo- chromie): „Ich glaube fast den Faden von Beauregards Vor- schrift erfaßt zu haben in aller seiner Plattheit muß ich freilich hinzufügen 1). Lackmustinktur ist bekanntlich blau, Lösung von übermangansaurem Kali rot mit einem Stich ins Violett und Ferricyankaliumlösung gelb mit einem Stich ins Orange. Nun hat also jeder Lichtstrahl sich auszusuchen, worauf er wirken will; für jeden ist etwas da.“ Durch die Wien er sehen Arbeiten, von denen später die Rede ist, sind wir über die selektive Wirkung farbigen Lichtes auf ausbleichende Farbenmischungen unterrichtet worden und können Zenkers Urteil nur verstehen, wenn wir berücksichtigen, daß er die Beauregardschen Reproduktionen unter demselben Gesichtswinkel betrachtete, der ihm eine Erklä- rung für die Becquerel sehen Farbenaufnahmen geliefert hatte.

Die Arbeiten Herschels wurden von Poitevin fortgesetzt, der sich an die Veröffentlichungen E. Becquerels anzuschließen glaubte. Er hatte es jedoch, wie Wiener überzeugend nachgewiesen hat, bei seinen Versuchen nicht mit Farben dünner Blättchen, sondern mit Körperfarben zu tun. Wertvoll ist besonders der Hinweis Poitevin s auf die Erhöhung der Farbenempfindlichkeit durch die Gegenwart oxydierender Substanzen, eine Erscheinung, die erst in neuester Zeit wieder durch Gross und Neuhauss be- stätigt worden ist. Der Gang seines Verfahrens ist folgender: Ein albuminiertes Papier wird gesalzen, getrocknet und darauf auf einem Bade von Silbernitrat sensibilisiert. Es bildet sich eine in den Poren haftende Schicht von Chlorsilber, das im zerstreuten Tageslicht, unter Beihilfe eines schwachen Vorbades von Zinn- chlorür mit Salzsäurezusatz, in dunkelviolettes Silberchlorür (2AgCl in Ag2Cl) verwandelt wird. Die Erhöhung der Farben- empfindlichkeit erfolgt dann durch ein Bad, bestehend aus einem Drittel gesättigter Lösung von doppeltchromsaurem Kali und zwei Dritteln konzentrierter Kupfersulfatlösung. Die Exposition ge- schieht auf nassem Papier, da die Empfindlichkeit späterhin wesentlich nachläßt. Fixieren lassen sich die Bilder es handelt

x) Der Erfinder badete sein empfindliches Papier in Kaliumper- manganat, Lackmustinktur, Ferricyankaliumlösung u. a.

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sich auch bei Poitevin natürlich nicht um Cameraaufnahmen, sondern um die Wiedergabe des Sonnenspektrums oder bunter Bilder durch Kontakt kaum, wenn schon sich die unbelichteten Salze in lauwarmem Wasser herauswaschen lassen. Die gewöhn- lichen Fixiermittel, wie etwa das unterschwefligsaure Natron, haben selbstverständlich gar keinen Nutzen, da sie den sensiblen Träger der Farben, das Silberchlorür, unverändert lassen.

Ähnliche Resultate wie Poitevin erhielt später Simpson (1867), indem er buntes Licht auf Chlorsilberkollodium fallen ließ, das durch Belichtung in Suhchlorid von dunkelroter oder violetter Farbe übergeführt war.

Sehen wir von den Versuchen Zenkers ab, der sich gelegent- lich, aber ohne sich dessen bewußt zu sein, bei seinen Arbeiten über die Farben der Becquerel sehen Photographien auch mit Körperfarben beschäftigte, so finden wir erneute Versuche in dieser Richtung erst in aller jüngster Zeit von Davanne, 0. Wiener, E. Vallot, K. Worel, R. Neuhauss u. a. Namentlich die beiden Letztgenannten konnten durch passende Auswahl geeigneter Farb- stoffe sowohl eine erhöhte Farbentreue, als auch eine wesentliche Herabminderung der Exposition erreichen, indem sie stark oxy- dierende Stoffe verwandten. Auf ihre Arbeiten wird in den folgenden Abschnitten über die Theorie und die Ausübung des Verfahrens näher eingegangen werden.

Theorie des Ausbleichyerfahreus.

Erst die neueren Untersuchungen haben den Beweis für die Scheinfarbennatur der Becquerelschen Aufnahmen erbracht, sie haben jedoch auch einwandfrei dargetan , daß die Interferenz- erklärung Zenkers für die scheinbar auf so ähnlichem Wege ge- wonnenen Photochromien Seebecks, Herschels und Poitevins nicht zutrifft. Diese kommen vielmehr, wie wir heute wissen, zu- stande auf Grund eines Absorptions- und Ausbleichprozesses und sind äußerlich charakterisiert durch die Unabhängigkeit ihrer Farben vom Beleuchtungs- und Betrachtungswinkel. Allerdings trifft dies bis zu einem gewissen Grade auch für die Bilder Bec- querels zu, und zwar nicht sowohl, weil, wie wir früher sahen, eigenartige Brechungsverhältnisse in ihrer Schicht obwalten, son- dern weil in der Tat beide Arten von Farbenwiedergaben hei ihnen

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vereinigt erscheinen. Dieser Umstand mag der Erkenntnis beson- ders hinderlich im Wege gestanden haben. Erst die an früherer Stelle ausführlich besprochenen Versuche 0. Wieners (S. 26) haben darüber völlige Klarheit gebracht. Das Wiener sehe Beobachtungs- prisma zeigt die Farben Verschiebung trotz des hohen Brechungs- exponenten der Chlorsilberschicht sehr deutlich; es treten aber, besonders bei Überexposition, auch Farben auf, an denen eine Verschiebung nicht bemerkt werden kann. Diese F arben verdanken ihre Existenz zweifellos nicht der Interferenz, sondern sie sind Körperfarben. Bei fortschreitender Belichtung wird nämlich das Optimum der Lamellenbildung überschritten, die Silberabschei- dung breitet sich von den Schwingungsbäuchen weiter nach den Knoten zu aus und führt schließlich zu einer strukturlosen Ver- wachsung; von Interferenzfarben kann dann nicht mehr die Rede sein. Wie aber ist die Entstehung der mit der Belichtung identi- schen Körperfarben zu denken?

Erklärungsversuche sind zuerst von Carey Lea und Krone unternommen worden, als beide fanden, daß das Photochlorid der Seeheck sehen und der Poitevin sehen Platten Verbindungen jeglicher Farbe zu liefern vermag. Krone insbesondere sprach sich zugunsten eines Prozesses aus, der durch den Vorgang einer chemischen Resonanz ausgelöst sei. Diese anfangs sehr einleuch- tende Deutung verliert jedoch sofort an Gewicht, wenn man bedenkt, daß ein Mitschwingen niemals identische Farben, sondern nur Komplementärfarben zur Folge haben kann. Dagegen hat die von R. E. Liesegang und 0. Wiener gelieferte Anpassungs- theorie den höchsten Grad der Wahrscheinlichkeit für sich; sie ist gleichzeitig wegen ihrer hervorragenden Sinnfälligkeit und ihrer interessanten Beziehungen zu bekannten Vorgängen im Haus- halte der freien Natur von besonderem Reize.

Darwins natürlicher und geschlechtlicher Zuchtwahl läßt sich die photomechanische Farbenanpassung zur Seite stellen, die ohne Zweifel zur Erklärung einer großen Reihe jener als Mimikry bekannten Erscheinungen herangezogen werden muß. Denn die Fähigkeit gewisser Tiergattungen, sich in Form und Farbe mehr oder minder täuschend der Umgebung anzupassen, beruht gewiß nicht nur auf einer durch lange Geschlechterreihen fortgesetzten und im Daseinskämpfe erprobten individuellen Auslese; die hervor- ragend zweckmäßigen und in ihrer praktischen Wirkung oft ge-

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radezu staunenerregenden Farben zu Schutz und Trutz lassen vielmehr in vielen Fällen auch eine, den persönlichen Einfluß des Individuums gänzlich ausschließende, rein photomechanische Er- klärung zu. Wir verweisen in diesem Punkte auf die interessanten Arbeiten von Eimer, Roux und Poulton, denen auch Wiener folgt. Poulton wickelte Raupen und Puppen in verschieden- farbige transparente Folien und konnte oft schon nach kurzer Zeit eine Farbenänderung der Tiere im Sinne der Belichtung nachweisen. Dieselbe Erscheinung zeigt sich in ausgeprägtestem Maße auch bei anderen Individuen , und der Gedanke an einen farbenempfänglichen Stoff von der optischen Qualität der Seebeck- schen und Poitevin sehen Schichten in der Puppen- und Raupen- haut liegt daher nahe. Man wird kaum fehlgehen, wenn man den eigenartigen Vorgang folgendermaßen erklärt: Das Pigment der Raupenhaut und auch dasjenige der Seebeck-Poitevinschen Platten ist lichtunecht und zugleich, als Mischung vieler ver- schiedenfarbiger Moleküle, zusammengesetzter Natur. Bei passen- der Zusammensetzung der Farbenbestandteile werden die Schwin- gungen des auffallenden weißen Lichtes gleichmäßig absorbiert, und der Eindruck der Schicht ist ein neutrales Grau oder, bei völliger Absorption aller Strahlen, ein tiefes Schwarz, voraus- gesetzt natürlich, daß die Farbenmischung rein subtraktiver Natur ist. Wir wollen zum besseren Verständnis zunächst annehmen, das neutrale Grau sei durch subtraktives Zusammenwirken der Grundfarben: 1. Weiß minus Rot, 2. Weiß minus Grün und 3. Weiß minus Violett, entstanden. Weiß minus Rot ist ein grün- violetter Farbstoff mit der Fähigkeit, Grün und Violett zu reflek- tieren bzw. hindurchzulassen, Rot aber zu absorbieren. W eiß minus Grün ist Rotviolett mit der Eigenschaft, Rot und Violett zu reflek- tieren oder hindurchzulassen, Grün hingegen zu absorbieren. Weiß minus Violett endlich absorbiert als gelber Farbenton Violett, reflektiert dagegen bzw. läßt hindurch die additiven Bestand- teile des Gelb, d. h. Rot und Grün. Denkt man sich Grünviolett, Rotviolett und Gelb in richtigen Intensitätsverhältnissen auf einer weißen Unterlage gemischt, so entsteht Schwarz oder doch ein neutrales Grau. Denn jeder Farbenstrahl findet, wie die Fig. 13 zeigt, Körper bzw. Schichten, in denen er absorbiert wird. Wir wollen der Einfachheit halber zunächst voraussetzen, daß die in drei Schichten übereinander gelagerten Farbkörper für ihre Eigen-

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färbe völlig durchlässig sind und nicht reflektieren. Sie wirken dann subtraktiv, d. h. ein in sie eindringender und auf dem Rückwege nach der Reflexion an der weißen Unterlage P durch sie zurückkehrender weißer Lichtstrahl erleidet durch Absorption eine Einbuße an Farbenbestandteilen. Er erscheint dem Auge mit derjenigen Farbe, die nach der Subtraktion seiner anderen Be- standteile übrig geblieben ist. Man sieht leicht, daß in unserem Falle, beim Vorhandensein aller drei Farbschichten , der Rest gleich Null sein, d. h. jeder Lichtstrahl völlig absorbiert werden muß. Läßt man, wie wir später in dem Kapitel über die Drei- farbenphotographie ausführlich darlegen werden, die drei Grund- farben Rot, Grün und Violett für die additiven Bestandteile der Weißempfindung gelten, so kann man die Absorption an der Figur

Fig. 13.

additiv

Weiss

"ÖdT '

©

P5

0

■0

Violett

Rot -Violett

Griin -Violett

-L

} Gelb

-1*

| Rot -Violett

c. | | Grün -Violett

ohne Mühe verfolgen. Rot durchdringt die Gelb- und Rotviolett- schicht, wird jedoch in der Grün violettschicht absorbiert; Grün passiert Gelb ungehindert und wird im Rotviolett absorbiert: Violett bleibt bereits im Gelb stecken. Die Gesamtwirkung aller drei Schichten auf das Auge ist mithin Schwarz, oder Grau, falls die Absorption keine vollständige ist.

Es bedarf nun noch einer einzigen Annahme, um zu verstehen, wie durch die Schichten eine mit der Belichtungsfarbe identische Farbe reproduziert wird. Jeder Wellenstrahl ist zugleich ein Träger kinetischer Energie, die er dort abgibt, wo seine Schwin- gungen abgedämpft werden, d. h. dort, wo er absorbiert wird. Der rote Lichtstrahl also beispielsweise passiert Gelb und Rot- violett nahezu ungeschwächt und gibt seine Arbeitsfähigkeit an

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die grünviolette Schicht ab. Bei unechten Farben besteht aber die Arbeitswirkung des Lichtes in einer Vernichtung des Farb- stoffes, einem Ausbleichprozeß. Wir dürfen uns also vorstellen, daß die grünviolette Schicht nach genügender Exposition aus der Gesamtwirkung ausscheidet. Der Endeffekt bei weißer Beleuch- tung steht nunmehr fest, die Platte ist nicht mehr schwarz, sondern farbig. Indem das weiße auffallende Licht die oberste Gelbschicht durchsetzt , wird ihm der violette Bestandteil ge- nommen , an der zweiten , rotvioletten Schicht verliert es den grünen Bestandteil und allein Rot bleibt nach der Reflexion übrig und gelangt ins Auge. Die Reproduktionsfarbe ist mithin mit der Belichtungsfarbe identisch.

Was für Rot gezeigt wurde, behält seine Gültigkeit für jede andere Elementar- oder Mischfarbe. Wir begnügen uns damit, das Beispiel noch für eine rotviolette Belichtungsfarbe durchzu- führen. Der Rotbestandteil bleicht die grünviolette, der Violett- bestandteil die gelbe Schicht aus; es bleibt nur die rotviolette Schicht übrig, in der der weiße Beleuchtungsstrahl seine grüne Komponente verliert und also rot violett erscheint.

Für unsere Betrachtung ist es im Grunde nun einerlei, ob die durchlassenden bzw. absorbierenden Farbenschichten in be- stimmter Folge übereinander liegen oder nicht. An dem Resultat wird nichts geändert, selbst wenn die Reihenfolge von Punkt zu Punkt des Oberflächenareales der Platte wechselt. Dieser Fall ist natürlich der bei einer willkürlichen Farbenmischung, z. B. beim Zusatz der Farbenkomponenten zur Gelatine, gewöhnliche. Er eliminiert zugleich einen Farbenfehler, der, wie wir sehen werden, an regelmäßigen Schichtungen zu befürchten ist, falls diese nicht nur durchlassen oder absorbieren, sondern auch reflektieren. Damit hat man aber in der Praxis bis zu einem gewissen Grade stets zu rechnen. An sich würde ja allerdings aus der Reflexion kein Nachteil erwachsen, da der ganze Vorgang und Endeffekt sich stets aus der Erhaltung der reflektierenden und aus der Ver- nichtung (Ausbleichung) der absorbierenden Teilchen ebenfalls er- klären läßt, es würde jedoch stets die zu oberst liegende Schicht in der Wirkung überwiegen und den Farbenton beherrschen. In dem durch unsere Figur gegebenen Beispiele müßte mithin die Reproduktion einen Gelbstich aufweisen. Dieser „Überdeckungs- fehler“ verschwindet, wenn die Farben willkürlich durcheinander

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gemischt und alle in gleicher Weise an der Bildung der Ober- flächenschicht beteiligt sind. Man kann mithin die theoretischen Bedingungen für die nach dem Seebeck- Po itevin sehen Ver- fahren herzustellenden Ausbleichbilder folgendermaßen in ihren Grundzügen zusammenfassen :

Die zur Verwendung gelangenden Farben sollen bei subtrak- tiver Mischung ein neutrales Dunkelgrau oder womöglich ein Schwarz ergeben und geeignet sein, durch die dynamische Ab- schattierung ihrer Komponenten jede beliebige Mischfarbe zu liefern. Jede von ihnen soll so lichtunecht als möglich sein. Alle Farben müssen in derselben Zeit ausbleichen, so daß bei einer Exposition in zerstreutem Tageslicht das Dunkelgrau allmählich in Hellgrau und dann in Weiß übergeht, ohne den einen oder anderen Farbenton hervortreten zu lassen. Jede Farbe muß sich fixieren, d. h. durch irgend ein Mittel lichtecht machen lassen.

Diese Bedingungen sind bisher in der Praxis keineswegs erfüllt, namentlich bereitet die Wahl gleich lichtunechter und fixierbarer Farben große Schwierigkeiten. Nur bis zu einem gewissen Grade lassen sich die Unzulänglichkeiten der Farbstoffe durch geeignete Filter ausgleichen. Bleibt z. B. beim Ausbleichen im weißen Licht ein roter Ton stehen, so sind die nicht roten Farbkörper zu empfindlich oder besser, die roten Körper sind zu unempfindlich. Es müssen dann Filter in der zurückgebliebenen Farbe vorgeschaltet werden, um die Lichtwirkung auf die kom- plementären Farbkörper abzuschwächen. Man wird aber zugeben müssen, daß dies nur ein Notbehelf ist und jedenfalls ein Ver- fahren von zweifelhaftem Wert, die guten Eigenschaften der leistungsfähigeren Elemente zugunsten der minderwertigen zu unterdrücken.

Ausübung des Ausbleichyerfahrens.

Das im vorigen Abschnitt als Ausbleichprozeß charakterisierte Verfahren hat bisher wegen seiner relativ mangelhaften Resultate wenig Anhänger gefunden. Mit den anderen Verfahren, insbe- sondere den indirekten, kann es allerdings einstweilen noch nicht konkurrieren, doch wäre es sehr übereilt, daraus einen Schluß auf ein minderwertiges Prinzip zu ziehen. Es wäre vielmehr zu wünschen, daß jedes direkte Verfahren, das, wie das genannte,

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kopierfähige Aufnahmen liefern kann, 'in seinen theoretischen Grundlagen festgelegt und praktisch weiter ausgebaut würde.

Bezüglich der Ausübung des Verfahrens halten wir uns in der Hauptsache an die Vorschriften von Neuhauss und Worel.

Brauchbar sind alle Farbstoffe, die sich in Mischung ver- tragen und zu Weiß ausgebleicht werden. Je lichtempfindlicher die Farbe ist, desto besser. Hervorragend geeignet wäre z. B. das zum Sensibilisieren der feinkörnigen Lippmann-Emulsion ver- wandte Cyanin, besonders in feuchter gelatinöser Lösung, wenn es gelänge, dazu noch andere Farbstoffe von ähnlicher Empfind- lichkeit zu finden. Cyanin bleicht im Sonnenlicht, besonders bei Anwesenheit oxydierender Substanzen, fast augenblicklich aus.

Neuhauss hat eine große Reihe von sogenannten unechten Anilinfarben untersucht und namentlich Erythrosin, Uranin und Methylenblau mit einem Zusatz von Chlorophyll verwendbar ge- funden. Das Chlorophyll in alkoholischer Lösung soll die Empfindlichkeit nicht unbeträchtlich erhöhen. Am einfachsten gestalten sich die Versuche auf Papier, am besten Filtrier papier. Man zieht das Papier zunächst mehrere Male durch Chlorophyll und läßt jedesmal trocknen. Darauf folgt ein Bad in wässeriger Lösung von Erythrosin -j- Uranin -f- Methylenblau. Die Menge der einzelnen Farbstoffe wird so gewählt, daß sie in ihrer Mischung und auch auf dem Papier ein neutrales Grau, allenfalls ein Grau- blau ergeben. Nach mehrstündiger Exposition des noch feuchten Papieres unter einer Diaphanie oder sonst einer geeigneten bunten Vorlage erhält man eine annähernd richtige Farbenreproduktion. Eine oberflächliche Fixage kann in einem Bade von Kupfersulfat oder Kupferoxydammoniak erfolgen, doch leiden die schon an sich sehr blassen Farben darunter etwas und nehmen leicht einen Stich ins Grünliche an. Für gedämpftes Tageslicht können die Farben als fest gelten, unter Verschluß halten sie sich jahrelang.

Worel hat seine Versuche hauptsächlich auf Whatmanpapier ausgeführt und mit einer alkoholischen Lösung von Primrose, Viktoriablau, Cyanin, Curcumin und Auramin gute Resultate er- halten. Zur Erhöhung der Lichtempfindlichkeit benutzt er einen Zusatz von Anethol (Anisöl). Vor der Fixage in Kupfervitriol wäscht er dann das Anisöl mit Benzin aus.

Von allen Farbenträgern scheint sich, nach Neuhauss, Gelatine am besten bewährt zu haben, als Schichtträger eine

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Porzellanplatte. Besonders zweckmäßig wird man nach den neue- sten Vorschriften folgendermaßen verfahren: Eine 10- bis 12proz. Lösung weicher Emulsionsgelatine (nach Eders Vorschrift) in Wasser wird durch vorsichtigen Zusatz folgender Farben dunkel gefärbt: Erythrosin Auramin 4- Methylenblau. Alle Farben werden in konzentrierten Lösungen angesetzt und tropfenweise der Gelatinelösung zugefügt, zu viel Auramin und Blau setzt leicht die Gesamtempfindlichkeit der Mischung herab. Zur wei- teren Erhöhung der Empfindlichkeit ist es empfehlenswert, noch einige Tropfen Natronlauge und Lösung von Chloralhydrat hinzu- zusetzen. Schließlich wird die Gelatine in bekannter Weise auf Milchglasplatten gegossen. Unmittelbar vor der Belichtung unter einem bunten Glasbilde oder in der Camera werden die Platten einige Minuten in einer Mischung von Äther und Wasserstoff- superoxyd (100 Teile Äther auf 7 Teile 30 proz. Wasserstoffsuper- oxyd) gebadet. Zur Fixage empfiehlt Neuhauss neuerdings nicht Kupfersulfat, sondern eine 10 proz. Tanninlösung, der etwas essigsaures Natron zugesetzt ist. In diesem Bade bleiben die Platten, nachdem sie ausgewaschen sind, etwa 15 Minuten, werden dann kurz abgespült und in einer gesättigten Lösung von Brech- weinstein gebadet. Darauf abermaliges Abspülen und Einlegen der Platte in eine gesättigte Lösung von essigsaurem Blei. Zuletzt wird noch einmal gewaschen. Dies Verfahren soll eine vollständige Fixierung ergeben und die Farben nicht verändern. Offenbar handelt es sich dabei um eine Überführung der Anilinfarben in Pigmentfarben durch Ausfällung.

Donath, Farbenphotographie.

O

II. Teil.

Die indirekten Verfahren der photographischen Farbenwiedergabe.

Erstes Kapitel.

Geschichte und Theorie des Dreifarbenverfahrens.

Geschichtliches.

Im Gegensatz zu den direkten Verfahren, die als unmittel- bares Produkt eines fortlaufenden , rein photographischen Pro- zesses eine Platte in den Naturfarben anstreben, liefern die indirekten Methoden ein naturfarbiges Bild erst in zwei Ent- wickelungsetappen, die man am besten als Analyse und Syn- these bezeichnen kann. Nur die letztere beschäftigt sich streng genommen mit dem Farbigmachen der Bilder, die erstere erstrebt lediglich die Herstellung dreier gewöhnlicher Negative, auf denen die Intensitätsverteilungen gewisser der Farbenmischung zu- grunde gelegter Grundfarben als Helligkeitswerte enthalten sind. Nur die Analyse braucht photographischer Art zu sein, ob die Synthese wiederum auf photographischem Wege erfolgt oder durch irgend ein mechanisches Druckverfahren, ist gleichgültig. Der Endeffekt ist, wenn auch nicht eine eigentliche naturfarbige Photographie, so doch ein mit dem Apparate ge- wonnenes, gewissermaßen photographisch beglaubigtes, farbiges Abbild der Natur. Das Resultat ist ungleich vollkommener als bei allen direkten Verfahren und für die Praxis von hoher Be- deutung.

Die Idee, aus drei voneinander unabhängigen Grundfarben alle in der Natur möglichen Farbentöne zu mischen, ist sehr alt; sie läßt sich etwa bis auf das Jahr 1704 zurückführen und tritt zum ersten Male in dem mit großer Erbitterung geführten Priori-

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tätsstreit zwischen dem Pariser Kupferstecher Gautier und dem in Deutschland geborenen Maler le Blond hervor. Das „Hamburgische Magazin“ hat uns die Phasen dieses interessanten Kampfes in seinem Jahrgang 1751 erhalten. Schon 1626 hatte ein holländischer Maler, Lastmann, versucht, bunte Kupferstiche anzufertigen, indem er mehrere farbige Platten übereinander- druckte. In den Sammlungen der Königlichen Gesellschaft in London befinden sich noch mehrere dieser Buntdrucke. Ein be- stimmtes Prinzip der Farbenmischung scheint jedoch diesen Ver- suchen nicht zugrunde gelegen zu haben, auch waren die Erfolge so gering, daß man sie bald vergaß.

Inzwischen entdeckte Isaac Newton die zusammengesetzte Natur des weißen Lichtes und wies dadurch der Farbenforschung neue Wege, le Blond scheint als erster die Wichtigkeit der Newtonschen Untersuchungen für die Praxis des Farbendruckes erkannt zu haben; man darf dies aus einem Traktat schließen, das er (1706?) in London erscheinen ließ und in dem er etwa folgendes ausführt: „Die Malerey kann alle sichtbaren Gegenstände mit drey Farben, nämlich der gelben, rothen und blauen, vorstellen; denn alle die übrigen Farben lassen sich von diesen dreyen, welche ich die Grundfarben nenne, verfertigen. Z. B. gelb und roth macht Oranienfarbe, roth und blau violet, blau und gelb grün, und die Vermischung von diesen drey Grundfarben zusammen bringt die schwarze und alle die übrigen Farben hervor; wie ich solches gezeiget habe in der Ausübung meiner Erfindung, alle Gegenstände in ihren natürlichen Farben abzudrucken. Ich rede hier nur von den dichten, das ist, von denen Farben, deren sich die Maler bedienen. Denn die Vermischung von allen Grundfarben bringt keine schwarze, wohl aber das Gegenteil, nämlich die weiße Farbe, wie solches der unvergleichliche Herr Newton in seiner Optik gezeigt hat, hervor. Das Weiße ist eine genaue Concentrirung oder ein Überfluß des Lichtes, das Schwarze aber eine Beraubung, oder ein Mangel des Lichts. So wohl das eine als das andere entsteht von der Vermischung der Grundfarben. Allein das eine entsteht von der Vermischung der zarten (impalpables) Farben, und das andere von den dichten Farben1).“

0 Die hier wiedergegebene Stelle stammt aus ein em Briefe Gautiers an seinen Gönner de Bosse (Paris 1749). Die Übersetzung ist die- jenige des „Hamburgischen Magazins“.

5*

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Mit seltenem Scharfblick hat also le Blond bereits den Unterschied zwischen additiver und subtraktiver Farbenmischung erkannt. Er wählte auch für die subtraktive Synthese (die der Malerei) mit sicherem Griff die noch heute unserem Druckverfahren zugrunde gelegten Farben Bot, Gelb und Blau. Trotzdem hatte er, wenigstens im Anfang, wenig Glück, wahrscheinlich weil die Technik der holländischen und englischen Kupferstecher versagte. Er hielt jedoch mit großer Zähigkeit an seinem Vorsatz, nur drei Platten zu stechen und in den gewählten Grundfarben zum Ab- druck zu bringen, fest. Im Jahre 1735 kam er nach Paris und gründete eine Gesellschaft zur Reproduktion berühmter Ölgemälde. Doch auch hier glückte es ihm nicht recht und er mußte sich in den meisten Fällen entschließen, seine Drucke mit Pinsel und Ölfarbe leicht zu lasieren. Damals machte er auch die Bekannt- schaft Gautiers, der bei ihm arbeitete, sich dann aber bald von ihm trennte, um ein Konkurrenzunternehmen zu errichten. Gautier fügte den drei Druckplatten eine vierte Platte hinzu und entfernte sich dadurch wieder von dem von le Blond richtig erkannten Prinzip. „Ich bediene mich, alle Gemälde mit Ölfarbe gemalt nachzumachen, der vier Farben, nämlich der schwarzen, blauen, gelben und der rothen; diese vier Farben und das weiße Papier machen alle anderen möglichen Farben, wie ich solches beweisen will. Ich steche dahero vier Platten, auf welche ich diese vier Farben , welche mit dem Papier weiß , durch ihre verschiedene Schattierung das Gemälde machen, bringe. Diejenigen, welche zur Vollkommenheit der Kunst noch eine fünfte, ja gar eine sechste Grundfarbe hinzuzufügen für nöthig halten, betrügen sich, und haben keine Erkenntnis von der Natur der praktischen Farben.“ Gautier selbst betrügt sich allerdings auch, denn seine Aus- führungen zeigen deutlich, wie wenig er über die Wirkung der subtraktiven Farbenmischung im klaren war. le Blond hatte §ich bisweilen freilich auch einer vierten Platte bedient, sie war aber keine Farbenplatte, sondern diente nur zum Aufsetzen einiger wirkungsvoller Lichter. Wir dürfen le Blond also wohl als den zielbewußten Erfinder des Dreifarbendruckes gelten lassen. Er starb im Jahre 1741.

Späterhin hat der Dreifarbendruck bedeutende Vervoll- kommnungen erfahren, ist aber im Prinzip immer derselbe geblieben wie zu Zeiten le Blond s. Wir werden auf ihn in dem Abschnitt

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über die subtraktive Synthese durch mechanische Druckverfahren ausführlicher zurückkommen.

Zur Herstellung eines farbigen Kupferstiches bedarf es eines nicht jedermann eigenen farbengeschulten Blickes. Der Kupfer- stecher oder Ätzer steht vor der Aufgabe, die Grundfarben aus den tausend Farben des zu reproduzierenden Originales gleichsam herauszulesen und als Intensitätswerte auf seinen Kupfer- platten anzubringen. Er erhält dreimal dasselbe Bild, jedesmal jedoch in anderen dynamischen Abstufungen. Konnte man diese auswählende, äußerst mühevolle und zeitraubende Arbeit der Photographie überlassen, das subjektive Verfahren also in ein zwangläufig-mechanisches verwandeln, so war damit offenbar un- geheuer viel gewonnen.

Der fruchtbare Gedanke, die Photographie zur Analyse eines Farbengemisches nach den drei Grundfarben heranzuziehen und die gewonnenen Platten in subtraktiver oder additiver Methode zu verwerten, wird gewöhnlich dem Franzosen Ducos duHauron zugeschrieben. Das ist ein Irrtum, der sich aus dem Wunsche, dem um die Farbenphotographie hochverdienten Manne ein be- sonderes Denkmal zu setzen, erklärt. Der Vater des Gedankens ist vielmehr James Clerk Maxwell, der, sich auf die wissen- schaftliche Begründung des Dreifarbensystems durch Thomas Young stützend, sogar Ansätze zu einer praktischen Ausübung des photographischen Dreifarbenverfahrens machte. Bereits im Jahre 1855 ließ der damals Vierundzwanzigjährige der Royal Society in Edinburg durch Gregory eine Abhandlung vorlegen, deren wichtigsten Abschnitt wir in der Übersetzung CI. du Bois- Reymonds folgen lassen.

„Zur Erläuterung dieser Farbentheorie (der Youngschen) diene ein erdachtes, der photographischen Kunst entlehntes Bei- spiel. Es sollen die Farben einer Landschaft ermittelt werden aus den Eindrücken, die ein für Strahlen jeder Farbe gleich emp- findliches Präparat empfangen würde. Man setze vor eine Camera eine Scheibe roten Glases und mache die Aufnahme. Das Positiv von dieser wird überall da, wo in der Landschaft reichlich rotes Licht vorhanden war, durchsichtig sein und, wo jenes fehlte, un- durchsichtig. Steckt man es nun mit der roten Scheibe zusammen in eine Zauberlaterne, so wird ein rotes Bild auf dem Schirm ent- worfen. Dasselbe Verfahren wiederhole man mit je einem grünen

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und einem violetten Glase und bringe mit drei Zauberlaternen die drei Bilder auf dem Schirm zur Deckung. Die Farbe eines jeden Punktes auf dem Schirm wird jetzt von derjenigen des gleichen Punktes in der Landschaft abhängen und, falls man die Helligkeit der Lampen richtig eingestellt hat, wird ein in bezug auf sichtbare Farben vollkommenes Abbild der Landschaft auf dem Schirm entworfen. Der einzige ersichtliche Unterschied wird darin bestehen, daß das Abbild minder rein in der Färbung sein wird als das Original. Und wir hätten hier den Vorgang“ (der Synthese) „zweimal durchgeführt, nämlich erst auf dem Schirm und dann auf der Netzhaut.“

Späterhin führte Maxwell sogar den angedeuteten Versuch vor der Royal Institution of Great Britain aus. Er berichtet darüber selbst: „Der Vortragende nahm Rot, Grün und Blau als Grundfarben an. Dann zeigte er sie auf dem Projektionsschirm mit Hilfe dreier Zauberlaternen, vor welche er Glaströge mit Rhodaneisen, Kupferchlorid und ammoniakalischer Kupferlösung setzte. Es wurde damit ein Dreieck beleuchtet, dessen Ecken in den reinen Grundfarben erschienen, während auf seiner Fläche, gerade so wie im Youngschen Farbendreieck, die mannigfachen Mischfarben vorhanden waren. Mit drei einfarbigen Bildern wurde die Abstufung der Lichtstärke der drei Grundfarben in den ver- schiedenen Teilen des Spektrums demonstriert. Auf dem Schirme zur Deckung gebracht, ergaben sie eine künstliche Nachbildung des Spektrums.“

Maxwell ging also darauf aus, die Richtigkeit der Young- schen Theorie, von der später die Rede sein wird, experimentell zu beweisen und benutzte dazu dieselbe Anordnung, deren wir uns auch heute bei der additiven Synthese der drei Teilaufnahmen bedienen. Wenn es ihm nicht gelang, beliebige Objekte befriedigend in den Naturfarben wiederzugeben, so lag dies nicht am Prinzip seines Verfahrens, sondern an dem Mangel geeigneter Sensibili- satoren für die langwelligeren Strahlen. Die Dauer seiner Rot- und Grünaufnahmen bewegte sich in praktisch unmöglichen Grenzen.

Eine weitere Hauptphase in der Entwickelung der Farben- photographie und des Dreifarbendruckes ist durch die Arbeiten H. W. Vogels über die Sensibilisatoren gekennzeichnet (1865). Die Farbenblindheit der fast nur für blaue und violette Licht-

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strahlen empfindlichen Platte hatte allein noch der praktischen Ausübung der photographischen Farbenanalyse im Wege gestanden. Vogel verstand es, durch geeignete Zusätze unechter Farbstoffe zur Emulsion diesen Fehler größtenteils zu beheben. Die Grün- und Rotempfindlichkeit wurde in ungeahnter Weise gesteigert, und als Frucht dieser ernsten wissenschaftlichen Arbeiten kamen die ersten vielbewunderten Dreifarbendrucke, ausschließlich jedoch noch die Nachbildungen toter Gegenstände, Fruchtstücke, Gemälde, in die Öffentlichkeit1). Der Leser findet die wichtigsten Daten über die Farbensensibilisatoren in einem der nächsten Abschnitte zusammengestellt. Späterhin wurden die Bedingungen der Auf- nahme noch wesentlich vereinfacht und die Expositionszeiten ab- gekürzt.

In diese Zeiten fallen auch die Arbeiten des Franzosen Ducos du Hauron; sie sind sowohl theoretischer wie praktischer Art und finden sich in zwei Hauptwerken, den „Les couleurs en photo- graphie, solution du probleme“ (1869) und in „La triplice photo- graphie“. Wir sehen in ihnen so ziemlich alle möglichen Wege der Farbenanalyse und -Synthese vorgezeichnet oder doch an- gedeutet, so z. B. auch die gleichzeitige Aufnahme und Wieder- gabe der Teilbilder durch strich- oder punktförmige Dreifarben- raster, eine Methode, die späterhin namentlich durch Joly und die Brüder Lumiere weiter ausgebildet wurde. Auch die Mög- lichkeit einer additiven F arbenmischung durch objektive Vereinigung der Teilbilder mit Hilfe dreier Projektionsapparate wurde von ihm ins Auge gefaßt, ob mit oder ohne Kenntnis der etwa 15 Jahre zurückliegenden Versuche Maxwells, steht dahin. Übrigens waren die praktischen Resultate Ducos du Haurons im Vergleich zu den Leistungen unserer heutigen Dreifarbentechnik äußerst geringfügig. Es gelang ihm kaum, von seinen an sich richtigen Ideen etwas in die Tat umzusetzen. Es fehlten ihm geeignete Filter und Sensibilisatoren, auch mußte er sich eben noch mit den unzulänglichen Eigenschaften der nassen Platte abfinden.

Dennoch sind seit den Zeiten Ducos du Haurons prinzipiell so gut wie keine Fortschritte mehr gemacht worden. Die Drei- farbentechnik arbeitet heute genau nach demselben Schema wie

*) Bei den Versuchen, die wissenschaftlichen Grundlagen und die praktischen Bedingungen des Dreifarbendruckes auszuhilden, darf auch E. Albert nicht vergessen werden.

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vor 50 Jahren. Wenn trotz alledem der äußere Erfolg ein un- vergleichlich besserer ist, wenn wir heute imstande sind, Drei- farbenprojektionen lebender Objekte in wahrhaft bezaubernder Farbenpracht und überzeugender Naturechtheit auszuführen, wenn wir, sei es nun auf photochemischem oder photomechanischem Wege gewonnene subtraktive Farbenbilder besitzen, die selbst verwöhnteren Ansprüchen genügen und getrost der Industrie und dem Handel übergeben werden können, so ist dies das Verdienst einer Reihe hervorragender Männer der Wissenschaft und Praxis, die sich für nicht zu gering hielten, die tausend kleinen Steine zur Vollendung des bereits aufgerichteten Fachwerkbaues herbei- zutragen und an der richtigen Stelle einzufügen, jene Arbeiten also auszuführen, ohne die selbst die beste und richtigste Idee nur unzureichend verkörpert Werden kann. Wir nennen hier zunächst Leon Vidal, Ives und Scott. Von ihnen ist nament- lich Ives durch sein Chromoskop und seinen Projektionsapparat zur additiven Farbensynthese in weiteren Kreisen bekannt geworden. Zink in Gotha vereinfachte das Chromoskop ganz wesentlich; manche meinen, er habe es überhaupt erfunden, doch scheint in der Literatur ein bestimmter Anhalt für diese An- sicht zu fehlen. Das Prinzip des Instrumentes besteht in der optischen Verlegung der drei nach den Teilnegativen hergestellten Diapositive in dieselbe Betrachtungsebene. Sie werden durch den Grundfarben entsprechende Lichtfilter beleuchtet und kommen für das Auge gleichzeitig in additiver Farbenmischung zur Wahr- nehmung. Der Ives sehe Projektionsapparat zeigt eine ähnliche Einrichtung für objektive Betrachtung. Das Licht einer starken elektrischen Bogenlampe wird durch geeignete Spiegelvorrich- tungen in drei parallele Strahlenbündel zerlegt und den drei in einer Ebene angeordneten Diapositiven zugeführt. Drei ebenfalls in einer Ebene angeordnete identische Objektive projizieren die Bilder auf denselben Schirm. Richtig abgestimmte Filter vor den Objektiven oder an sonst einer geeigneten Stelle des Strahlen- ganges liefern die Farben. Die Wirkung der Projektion ist eine vortreffliche, die Mischfarben, selbst die neutraleren unter ihnen, kommen überzeugend zum Ausdruck und scheinen der kritischen Bemängelung kaum noch einen Angriffspunkt zu bieten. Dennoch kann man gegen die additiven Ives sehen Reproduktionen mancherlei einwenden, so namentlich gegen die Wahl der Filter.

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Darüber später. Immerhin ist die additive Synthese durch Pro- jektion schon an sich , auch theoretisch genommen , die voll- kommenste Methode zur Erlangung einer naturfarbigen Abbildung.

Um die subtraktive Synthese, d. h. um die Herstellung dauer- hafter Papierbilder durch Übereinanderlagerung von Farbschichten, die zu den Aufnahmefiltern in festen Farbenbeziehungen stehen, haben sich namentlich Yidal, Lumiere, Seile, Miethe u. a. verdient gemacht. Ehe nicht das naturfarbige und eine willkür- liche Herstellung ausschließende Bild auf Papier da ist, gleich- gültig ob die Synthese auf photographischem Wege erfolgt ist oder nicht, wird man streng genommen selbst von einer indirekten Lösung des Problems der Farbenphotographie nicht sprechen können. Auch das Publikum ist weit davon entfernt, die Farben- projektion oder die meisten der in den Handel gelangenden Drei- farbendrucke dafür gelten zu lassen. Es verlangt und zwar mit Hecht ein Verfahren, das jedem Fachphotographen und womöglich auch dem geschickteren Amateur mit erreichbaren Mitteln statt der bisherigen schwarz-weißen Bilder natur farbige Bilder liefert. Dies Ziel schwebt uns vor, ist aber noch nicht völlig erreicht. Inzwischen ist jedoch für die Popularisierung der Idee namentlich durch Miethe viel getan worden, und es steht zu erwarten, daß das gesteigerte allgemeine Interesse wiederum eine günstige Rückwirkung auf den Gang der F orschung haben wird.

Theorie des Verfahrens.

Von drei Platten, welche die in einem Original enthaltenen Intensitätswerte der Grundfarben als Helligkeitswerte enthalten, soll unter Zugrundelegung eines geeigneten additiven oder subtrak- tiven Verfahrens ein Kombinationsbild in den dem Original ent- sprechenden Mischfarben angefertigt werden. Man sieht also, daß die Photographie bei diesbezüglichen farbentheoretischen Betrachtungen ganz ausgeschlossen werden kann, da es prinzipiell belanglos ist, ob die Platten auf photographischem Wege gewonnen wurden oder etwa unter den geschickten Händen des Chromo- lithographen entstanden sind. Theoretisch wäre ein Dreifarben- bild mit gezeichneten Platten gerade so gut möglich.

Additive und subtraktive Farbenmischung. Treffen Lichtstrahlen verschiedener Wellenlänge gleichzeitig in das Auge,

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so entsteht eine völlig einheitliche Empfindung, die wiederum eine ausgesprochene Farbe mehr oder minder großer Sättigung, aber auch Weiß sein kann. Das Auge ist also nicht wie das Ohr be- fähigt, eine genaue Analyse eines Gesamteindruckes vorzunehmen; Weiß kann für dasselbe sowohl die Empfindung sämtlicher Spektral- farben (die ja aus der Dispersion des Weiß entstanden sind) als auch der Endeffekt des Zusammenwirkens bestimmter Paare der mannigfaltigsten Lichtwellen sein. Oder mit anderen Worten: zu einer Farbe bestimmter Wellenlänge kann sowohl eine Misch- farbe — nämlich aus den übrigen Farben des Spektrums als auch eine andere Farbe bestimmter Wellenlänge komplementär sein, mit Ausnahme des spektralen Grün, mit dem sich keine andere Wellenlänge, sondern nur eine Mischfarbe (Purpur, aus Rot und Violett) zu Weiß ergänzt. Allgemein gibt es also zu jeder Farbe eine Komplementärfarbe. Komplementär ist beispiels- weise: Rot und der Rest der Spektralfarben (Grünblau); Grün und der Rest der Spektralfarben (etwa Rotviolett); Violett und der Rest der Spektralfarben (Gelbgrün).

Mit Hilfe des Farbenmischapparates lassen sich auch mit einer Genauigkeit, die nur durch die individuelle Beschaffenheit des Auges begrenzt ist, Spektralfarben bestimmter Wellenlänge festlegen, denen andere Spektralfarben bestimmter Wellenlänge komplementär sind:

z. B. Rot (A = 640 *) komplementär zu Grün (A = 500 tuu)

Orange (A = 590 /ufi) Blau (A = 487 (u(w)

Gelb (A = 573 fj.fi) Blau (A = 475 tutu)

Farben anderer Wellenlängen, miteinander gemischt, geben

eine Mischfarbe mit mehr oder weniger Weiß. Wird beispiels- weise das Rot (A, = 640 und dazu nacheinander eine Reihe von Farbentönen wahrgenommen, die der aufwärts steigenden Schwingungsskala angehören, etwa ein Orange von der Wellen- länge 600 und darauf ein Gelb von der Wellenlänge 570 ftfi, so stellt der kombinierte Eindruck Farben zwischen Rot und der hinzugefügten Farbe dar, in unserem Falle also etwa ein rötliches Orange und ein Orange. Je weiter wir uns der Farbe Grün mit der Wellenlänge 500 ftft nähern, desto weniger „satt“ wird die Mischfarbe, d. h. desto mehr beginnt der Eindruck Weiß vor-

l) 1 /hu 1 Millionstel Millimeter.

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zuherrschen. Bei Grün von 500 U[i (komplementär zu Rot von 640 fift) ist Weiß allein vorhanden, während die Mischfarbentöne an Sättigung abnehmend die Skala von Rot an aufwärts steigen, ohne natürlich Grün selbst zu erreichen. Wird eine Farbe von kürzerer Wellenlänge als Grün (500) dem Rot (640) zugefügt, so nimmt der Eindruck Weiß wieder ab, und an seine Stelle treten Mischfarben von wachsender Sättigung, sie liegen jedoch der Wellenlänge nach nicht mehr innerhalb, sondern außerhalb der Farbenkomponenten. Aus diesen Betrachtungen geht auch hervor, daß ein und dieselbe Mischfarbe aus verschiedenen Farbenkompo- nenten zusammengesetzt sein kann und daß das Auge ebenso- wenig imstande ist, eine Mischfarbe nach ihren Bestandteilen zu analysieren, wie reines Weiß. Man ist also nach dem bloßen Augenschein unfähig, zu sagen, ob etwa Gelb dem reinen Spektral- gelb entspricht, ob es die Mischung zweier Farben bestimmter Wellenlänge oder die gemeinschaftliche Wirkung eines ganzen Spektralgebietes (alle Farben abzüglich der blauen und violetten Zone) darstellt. Aus dem Hineinspielen dieses physiologischen Faktors erklärt sich die relative Unsicherheit unserer farbentheo- retischen Erwägungen, deren mathematische Behandlung sich schließlich überhaupt nur auf Grund sehr wahrscheinlicher, aber nicht beweisbarer Annahmen durchführen läßt.

Für diese Betrachtungen ist es aber sonst gleichgültig, ob die zu mischenden farbigen Lichtstrahlen dem Spektrum ent- stammen oder durch transparente Folien (Filter) erzeugt werden, nur werden die durch Folien gegangenen Lichtstrahlen bei ihrer Mischung niemals so gesättigte Mischfarben ergeben, da sie meist breitere Bezirke des Spektrums darstellen und da sich naturgemäß der Mischfarbenton um so mehr dem Weiß nähert, je größer die Anzahl der an der Mischung beteiligten Farben verschiedener Wellenlänge ist.

In allen bisher besprochenen Fällen handelte es sich immer um eine additive Mischung von Farben, d. h. zu dem Eindruck einer vom Auge wahrgenommenen Lichtwelle kam ein zweiter, dritter usw., und die Mischfarbe selbst war gewissermaßen die Summe aller Empfindungen.

Von dieser im Auge vor sich gehenden subjektiven Farben- mischung ist die objektive scharf zu trennen. Sie stellt die tat- sächliche Vereinigung von Farbstoffen, von Pigmenten dar und

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ist, wie wir sogleich sehen werden, subtr aktiver Art. Gelegent- lich unserer Ausführungen über das Ausbleichverfahren (S. 60 und 61) haben wir der subtraktiven Synthese bereits Erwähnung getan und können uns daher an dieser Stelle darauf beschränken, die für das Verständnis des Folgenden nötigen Erörterungen anzufügen.

Jeder Farbstoff, sei er nun als Pulver oder in einer Lösung vorhanden, absorbiert das Licht, reflektiert es und läßt es hin- durch, in den seltensten Fällen werden jedoch alle Eigenschaften gleichermaßen hervortreten. Die meisten aus den Teerprodukten stammenden Anilinfarben z. B. sind in hohem Grade durchlässig (transparent), die Erdfarben dagegen reflektieren das Licht vor- zugsweise. Über die speziellen optischen Eigenschaften entscheidet, aus den vorher erwähnten Gründen, niemals das Auge, sondern allein das Spektroskop. Transparente Farbstoffe werden damit in der Durchsicht, reflektierende in der Aufsicht untersucht. Wir wollen als Beispiel das Eisenchlorid in wässeriger Lösung wählen. Im Spektroskop erscheint das Blau und Violett völlig ausgelöscht, Rot und Grün dagegen an Intensität kaum vermindert; die Gesamtfarbe der Lösung ist daher die Gesamtwirkung sämtlicher Spektralfarben minus Blau und Violett = Gelb. Kupfersulfat, in gleicher Weise untersucht, zeigt eine Absorption des Rot bis nahezu zur D- Linie; seine Transparentfarbe ist die Mischung der übrigbleibenden Spektralfarben , ein intensives Blaugrün. Beide Küvetten mit den Farbstofflösungen hintereinander zeigen eine grüngelbliche Farbe, da die eine aus dem weißen Licht die roten, die andere aber die blauen und violetten Strahlen zurück- hält, beide dagegen das Grün hindurchlassen. Man hat daher eine Berechtigung, zu sagen, die Mischfarbe beider Lösungen sei durch Subtraktion entstanden. Jeder neue Farbstoff, in dieser Art hinzugemischt, zeigt diese subtraktive Eigenschaft, indem er aus dem weißen Licht weitere Bestandteile auslöscht; die Hellig- keit der Mischfarbe wird also immer geringer und hört auf zu existieren, d. h. geht in Schwarz über, wenn die genügende Anzahl passend gewählter Farbstoffe an der Subtraktion teil- nimmt. Dieser Fall tritt bereits bei zwei Farblösungen ein, wenn ihre Absorptionsbänder sich berühren, wenn die erste also vielleicht alle Farbenstrahlen von 700 bis 620 g-g und die zweite alle Farbenstrahlen von 620 bis 400 gg zurückhält. In dem von uns

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gewählten Beispiel (Eisenchlorid und Kupfersulfat) geschieht dies nicht, da beide Absorptionsbänder zwischen sich eine Lücke lassen. Ein dritter Farbstoff, der mit seinem Absorptionsbande diese Lücke ausfüllte, den Rest der noch hindurchgelassenen Lichtstrahlen mithin absorbierte, würde dann Schwarz erzeugen. Das gleiche geschieht, wenn die Absorptionsbänder Übereinander- greifen.

Analoge Betrachtungen lassen sich für den Fall an stellen, daß die Farbenmischung nicht an Lösungen in Küvetten, sondern an Farbstoffschichten auf Papier beobachtet wird, nur ist die doppelte Absorption auf dem Hin- und Rückgänge der Licht- strahlen zu berücksichtigen. Das aus der Farbstoffschicht wieder aufsteigende und ins Auge gelangende Licht ist stets die Summe aller nicht absorbierten Farbenstrahlen und immer zu diesen komplementär. Dazu kommt noch eine mehr oder minder be- trächtliche Menge Weiß, das von der Reflektion der Lichtstrahlen an der Oberfläche der Farbschicht herrührt. Die Farben einer aufgetragenen Färbst off Schicht erscheinen daher niemals so satt wie die in reiner Transparenz beobachteten, auch macht sich bei mehreren übereinandergelegten Schichten stets die oberste vorherrschend bemerkbar, ein Umstand, der natürlich die theo- retische Voraussage einer durch Subtraktion auf einer reflek- tierenden Unterlage zu erwartenden Mischfarbenwirkung sehr unsicher macht und den allen Praktikern des Farbendruckes un- liebsam bekannten „Über deckungsfehler“ verursacht. Nament- lich bei geringer Transparenz der benutzten Farbstoffe fällt der Überdeckungsfehler störend in die Augen, ganz auszuschalten ist er überhaupt nur bei der Betrachtung der Farbschichten in der Durchsicht.

Aus alledem geht der typische Unterschied zwischen additiver und subtraktiver Farbenmischung deutlich hervor. Werden farbige Lichtstrahlen in ihrer Wirkung miteinander vereinigt, so erhöht sich die Intensität der Mischfarbe mit jeder hinzukommenden Farbenkomponente, die Sättigung nimmt gleichzeitig ab, und der Gesamteindruck nähert sich mehr und mehr dem Weiß. Dies ist auch der Fall, wenn nur zwei Farbenstrahlen den Wellenlängen nach so weit unterschieden sind, daß sie ein komplementäres Paar bilden. Bei der subtraktiven Farbenmischung (Technik der Malerei und des Farbendruckes) schmälert jede hinzukommende

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Farbenkomponente die Leuchtkraft der Mischfarbe, und der Ein- druck geht schließlich in Dunkelheit Schwarz über. Die Mischung dreier oder mehrerer (zunächst hypothetischer) Grund- farben, aus deren Mischung man sich die unbegrenzte Mannig- faltigkeit aller anderen Farben entstanden zu denken hat, würde demnach in additiver Synthese Weiß und in subtraktiver Synthese Schwarz ergeben. Dennoch ist die Meinung irrig, es müßten alle Farben, die in subtraktiver Mischung schwarz aus- sehen, in additiver Weiß sein. Das hängt von der Lage der Absorptionsbänder ab und ist nur richtig, wenn diese gerade aneinanderstoßen und insgesamt das ganze Spektrum ausfüllen. Greifen sie übereinander, so ergibt die subtraktive Mischung natürlich ebenfalls Schwarz, die additive dagegen einen mehr oder minder weißlichen Mischfarbenton, der gleichsam aus den über- schießenden Farbenbestandteilen zusammengesetzt ist. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß die additive Mischfarbe derselben Bestandteile stets eine andere ist wie die subtraktive.

So einfach, wie bisher angenommen, liegen aber in Wahrheit die Verhältnisse nur ausnahmsweise, denn in den seltensten Fällen wird das Absorptionsband eines Farbstoffes sich in gleicher Dichte über einen bestimmten Teil des Spektrums erstrecken und etwa nur den Anfang, die Mitte oder das Ende auslöschen. Die Ab- sorption hängt zunächst von der Konzentration des Farbstoffes ab. Sie setzt an irgend einer Stelle des Spektrums ein und breitet sich mit wachsender Konzentration nach beiden Seiten aus; oft auch zeigen sich im Absorptionsstreifen Maxima und Minima (wie beim Ultramarin), bisweilen auch ganz getrennte Banden. Die Mischwirkung derartiger Farbstoffe auch nur mit einiger Sicher- heit vorauszusagen, gehört dann zu den Unmöglichkeiten. Hübl gibt in seinem vortrefflichen Buche über die Dreifarbenphoto- graphie als Beispiel hierfür Ultramarin und Zinnober an, die in additiver Mischung (am Farbenkreisel) Violett, in subtraktiver Vereinigung dagegen Braun liefern.

Prinzipiell, und in den meisten Fällen auch praktisch, ist es aber belanglos, ob die Farbstoffe schichtenweise übereinander- gelegt oder vor dem Auftrag miteinander gemischt werden, da die Farbstoffteilchen wie übergelagerte Filterschichten wirken und transparent genug sind, um das Licht genügend tief eindringen zu lassen. Da dann annähernd gleich viel Farbteilchen jeder Art

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an der Oberfläche liegen und von Punkt zu Punkt die Reihenfolge der Teilchen der Tiefe zu wechselt, wird der Überdeckungsfehler eliminiert. Leider können unsere Druckverfahren von dieser Art der Farbenmischung einstweilen noch keinen Gebrauch machen.

Geometrische Konstruktion der Mischfarben. So- wohl die additive, als auch die subtraktive Vereinigung zweier oder mehrerer Farbenkomponenten läßt sich durch eine einfache geometrische Konstruktion zur Darstellung bringen.

Nehmen wir an, ab (Fig. 14) sei ein schmaler Streif auf einem Diapositiv, der von links nach rechts eine der zu unter-

Fig. 14.

suchenden Farbenkomponenten, beispielsweise Rot, in abnehmen- den Intensitäten enthält, und b' a' sei ein Streif auf einem zweiten Diapositiv mit der zweiten Komponente, etwa Grün, deren Inten- sität in umgekehrter Richtung, also von rechts nach links, stetig abnimmt, so können wir eine additive Mischung beider Kompo- nenten vornehmen, wenn wir durch Projektion mit identischen Objektiven beide Streifen auf einem Schirm miteinander vereinigen. Es entsteht dann eine Mischlinie, auf der die zu untersuchenden Farbenstrahlen in allen Intensitäten miteinander gemischt sind. Die Synthese ist eine additive. In dem Maße, wie die roten Strahlen von rechts nach links an Intensität abnehmen, nehmen die grünen Farbenstrahlen zu; in der Mitte der Mischlinie liegt ein Punkt, auf dem sie in gleicher Intensität miteinander ver- einigt erscheinen; linker Hand überwiegen die roten und rechter Hand die grünen Strahlen. Denkt man sich die Mischlinie als Wagebalken, an dessen Enden die Intensitäten als Gewichte an- gebracht sind, so würde man ihn in dem von uns angenommenen Falle gerade in der Mitte unterstützen müssen, um Gleichgewicht herzustellen. Sind die Intensitäten verschiedene, so wird man stets die ihrem Verhältnis entsprechende Mischfarbe sofort finden, wenn man den Schwerpunkt der Mischlinie aufsucht. Fig. 15 stellt diese Operation dar für den Fall, daß Rot die Intensität 1

80

und Grün die Intensität 4 hat; der Schwerpunkt liegt dann in der Entfernung 1 von Cr und in der Entfernung 3 von H und muh bei S unterstützt gedacht werden.

Gehören die an den Enden der Mischlinie angebrachten gleichen Intensitäten Komplementärfarben an, so wird der Schwer- punkt durch Weiß dargestellt, und die Abschnitte beiderseits

r5

Fig. 15.

I

i S

i £■

-i

G

zeigen alle zwischen den Komponenten möglichen Farbennuancen mit zunehmender Sättigung im Sinne der einen oder anderen Komponente.

Alle zwischen den Komponenten nicht realisierbaren Farben- mischungen hat man sich als außerhalb der Mischlinie zu denken. Soll daher eine dritte Komponente C in jeder Weise mit den bereits untersuchten Komponenten A und B und ihren Misch- strahlen — wir nehmen einstweilen immer noch eine additive Synthese an zusammentreten, so wird die geometrische Kon- struktion dieser Verhältnisse notwendig auf ein Dreieck führen. Die Ausführung des Versuches mit Diapositiven dürfte die Be- ziehungen der Komponenten im Dreieck wiederum am besten ver- anschaulichen.

In einem Dreieck (Fig. 16) sei von einer der Ecken aus die Farbenkomponente A der Intensität nach so verteilt, daß sie von A aus nach der gegenüberliegenden Seite von Hell nach Dunkel

Fig. 16.

übergeht. Ebenso sei in anderen Dreiecken mit den Komponenten B und C von den entsprechenden Eckpunkten aus verfahren. Werden die Dreiecke durch Projektion nicht durch Überein - anderlegen zur Deckung gebracht (rechte Abbildung), so stellen

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offenbar die Dreiecksseiten die Mischlinien für die Farbenkompo- nenten A, B und C dar. Sollen die Kombinationen von C mit einer beliebigen Mischfarbe von A und B , beispielsweise d , ge- funden werden, so wird man sie auf Cd zu suchen haben. Cd ist dann wiederum die Mischlinie der Farbenstrahlen C und d. Farbenmischungen, an denen alle Komponenten beteiligt sind, liegen daher nicht in den Dreiecksseiten, sondern in der Dreiecks- fläche. Die Mischfläche stellt zugleich in ihrer ganzen Aus- dehnung alle zwischen den Komponenteu möglichen Farben- mischungen dar. Die Sättigung der Farbenstrahlen ist an den Ecken am größten, nimmt naturgemäß nach der Mitte der Dreiecks- seiten zu ab und weiterhin auch nach der Mitte der Dreiecks- fläche. Je mehr die Farbenkomponenten in einer Mischfarbe gleichzeitig zur Geltung kommen, desto weißlicher wird der Farbenton. Ist A Rot, B Grün und C Violett, so liegen auf AB alle Töne von Rot über Orange und Gelb zum Grün, auf B C alle Töne von Grün über Grünblau und Blau zum Violett, auf CA die rotvioletten Töne. Die Dreiecksfläche enthält alle anderen zwischen den Komponenten denkbaren Mischfarben. Wie bei der Mischlinie, so läßt sich auch hier in jedem Falle für beliebige Intensitäten die Mischfarbe finden, wenn man sich die Ecken des Dreiecks mit den Komponenten im Verhältnis ihrer Intensitäten belastet denkt und den Schwerpunkt der Fläche aufsucht. So stellt der in der Figur angedeutete Flächenpunkt S die Mischung von A, C und B in den Intensitätsverhältnissen 1:1:3 dar. Alle zwischen A, B und C nicht möglichen Mischfarben hegen außerhalb des Dreiecks.

Gleiche Konstruktionen lassen sich auch für eine subtrak- tive Mischung von Farbstoffen durchführen, nur daß an Stelle der Intensitäten die Quantitäten des Farbstoffes treten, die man sieb als Gewichte an den Endpunkten einer Mischlinie oder den Ecken eines Dreiecks angebracht denken kann. Bei der prak- tischen Ausführung mischt man also für eine Mischlinie Gelb -Blau in der Mitte gleiche Mengen Blau und Gelb, in 1/3 Entfernung von Gelb 3 Teile Gelb und 1 Teil Blau, in J/4 Entfernung von Blau 4 Teile Blau und 1 Teil Gelb usw. In einem Dreieck werden ebenso zunächst einige Punkte bestimmt und dann die Lücken durch die zwischenliegenden Farbentöne ausgefüllt. Immer zeigt sich hierbei der subtraktive Charakter der Mischung. Je zahl-

Donath, Farbenphotographie. g

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reicher die Komponenten sind, desto dunkler wird der Farbenton ; er nähert sich schließlich immer mehr dem Schwarz. Wie man auf einer zwischen Komplementärfarben konstruierten Mischlinie an einer Stelle bei additiver Mischung ein Weiß fand, so findet man jetzt ein neutrales Grau oder ein reines Schwarz. Dieser neutrale Punkt läßt sich in einem Dreieck festlegen, wenn man synthetisch verfährt und zunächst die Komponenten in verschie- denen Gewichts Verhältnissen so lange mischt, bis das neutrale Grau entsteht. Eine Schwerpunktskonstruktion unter Zugrunde- legung der gefundenen Ge wichts werte ergibt dann leicht den Platz auf der Mischfläche, der dem neutralen Grau angewiesen werden muß.

Könnten aus der additiven oder subtraktiven Mischung dreier Farben bzw. Farbstoffe alle möglichen Mischfarben erzielt werden, so lägen überhaupt keine Farbentöne außerhalb der Dreiecksfläche, und die Folge wäre ein neutraler weißer oder schwarzer Punkt in der Mitte des Dreiecks, vorausgesetzt, daß die Intensitäten bzw. Farbenquantitäten an den Ecken gleich groß sind und daß das Dreieck ein gleichseitiges ist. Derartige Farben wäre man be- rechtigt, als Grund- oder Urfarben zu bezeichnen.

Ob es möglich ist, alle Mischfarben auf drei oder mehr Grund- farben zurückzuführen, und welcher Art diese sind, kann nur durch das Experiment entschieden werden.

Wenn schon an sich jede Farbe zu den Grundfarben gehören kann, so kommen doch dafür die Farben Rot, Grün und Violett als im Spektrum vorherrschend und anscheinend nicht wreiter zer- legbar besonders in Frage. Die zwischenliegenden Töne des Spektrums lassen sich in der Tat durch additive Mischung der genannten Farben erklären, und le Blond verwandte sie, bald nach der Entdeckung Newtons, bereits für seine Dreifarben- drucke. Spekulationen ähnlicher sowohl praktischer wie philo-' sophischer Art, so etwa, daß die Natur nicht kompliziert gestalte, wo sie mit einfacheren Mitteln auskommen könne, veranlaßten auch Thomas Young im Jahre 1807, sämtliche Farbenempfin- dung im Auge aus der Tätigkeit nur dreier Nervengruppen zu erklären. Seine Hypothese wurde später von Helmholtz weiter ausgestaltet, experimentell geprüft und von fast allen Physikern -anerkannt. Neben ihr kommt nur noch die Hering sehe Vier- farbentheorie in Frage.

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Die Theorien der Farbenwahrnehmung von Young- Helmholtz und Hering. Nach Young besitzt die Netzhaut des Auges drei Nervengruppen, die, nacheinander gereizt, die den Urfarben entsprechenden Empfindungen Urrot, Urgrün und Ur- violett dem Bewußtsein übermitteln. Innerhalb des Empfindungs- bereiches einer Gruppe gibt es also nur Intensitäts-, nicht aber Farbenunterschiede. Bleiben alle drei Nervengruppen in Ruhe, so ist die Empfindung diejenige der Abwesenheit allen Lichtes, also Schwarz; werden sie dagegen mit gleicher Stärke gereizt, so entsteht der Eindruck Weiß. Das Zusammenwirken aller drei Gruppen in verschiedenen Intensitätsverhältnissen erzeugt die Skala aller möglichen Mischfarbenempfindungen, wobei offenbar die am schwächsten belastete Nervengruppe stets einen Teil der Mischfarbenempfindung der beiden anderen in Weiß verwandelt. Das Zusammenwirken aller drei Gruppen ist mithin stets von einer mehr oder minder großen weißlichen Empfindung begleitet. Eine einfache Überlegung zeigt, wie man sich diese Verhältnisse im besonderen zu denken hat. Werden etwa die rot- und die grünempfindenden Nerven in gleicher Stärke gereizt, so entsteht als Gesamteindruck Gelb; jede Beteiligung der violettempfindenden Nerven gruppe verwandelt mit wachsender Intensität der Erregung immer mehr von diesem Gelb in Weiß, bis schließlich jeder gelb- liche Eindruck verschwunden ist und dem reinen Weiß Platz ge- macht hat. Das Gelb durchläuft mithin alle Sättigungsgrade vom ausgesprochenen Gelb bis zum Weiß, es bleibt aber immer Gelb und ändert seinen Mischfarbenton nicht. Anders, wenn die In- tensitäten der B- und 6r-Empfindung nicht gleich groß sind, sondern sich etwa, um ein Zahlenbeispiel zu wählen, verhalten wie 3 : 2. Die Mischempfindung ohne Erregung der violett- empfindenden Nerven ist dann nicht mehr ein Gelb, sondern ein Gelb mit rotem Überschuß, etwa ein Orange. Tritt die Violettempfindung mit der Intensität 1 hinzu, so werden von Rot und Grün je eine Intensitätseinheit in Weiß verwandelt. Der Eindruck ist nicht mehr so gesättigt, und zugleich hat sich auch der Farbenton verändert, da sich die an der Mischfarbenempfin- dung beteiligten Intensitäten nunmehr verhalten wie 2:1. Ist die Intensität der Violettempfindung 2, so werden alle Grüninten- sitäten (2) zugleich mit zwei Rotintensitäten in Weiß verwandelt, und es bleibt als Farbenempfindung nur Rot mit der Intensität 1

0*

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im Überschuß. Durch die wachsende Beimischung der Violett- empfindung geht mithin der sattere Orangeton in ein helles Rot über. Die Überlegung läßt sich weiterführen für den Fall, daß Violett wir wollen der Einfachheit halber die Farbe für die Empfindung setzen überwiegt, dann treten Rot und Violett zur Farbenempfindung zusammen, und die schwächste Empfindungs- komponente (Grün) verwandelt den neuen Mischton teilweise in Weiß usw. Hierbei wird allerdings zur Voraussetzung gemacht, daß gleich starke Reizung der Nervengruppen die Empfindung Weiß hervorruft, was mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinzustimmen braucht.

Das Auge eines Monochromaten (etwa Grün- und Violett- blinden) würde im Spektrum nicht Farbenverschiedenheiten, son-

dern allein Intensitätsunterschiede wahrnehmen. Denkt man sich die Wellenlängen als Abszissen und die Intensitäten als Ordinaten aufgetragen, so zeigt die Kurve den Verlauf der Elementarempfin- dung (Fig. 16 a. Ii'). Messungen von König haben ergeben, daß die Rotempfindung bei etwa 700 im Spektrum beginnt und bei 575 ihr Maximum erreicht. Bei 487 schien sie Null zu

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werden ; neuere Messungen haben jedoch eine Reaktion der rot- empfindenden Nervengruppe bis etwa zur Wellenlänge 390 /xfi- er- geben. Die mit B bezeichnete Kurve dürfte also dem wahren Verlauf der Empfindung am nächsten kommen. In gleicherweise lassen sich die Elementarempfindungskurven für die zweite (6r) und dritte Nervengruppe (F) konstruieren.

Sicherlich sind die von normalen Systemen im Spektrum ge- sehenen Farben nicht die Grund- oder Urfarben, denn in allen Teilen derselben arbeiten nach Ausweis der Königschen Kurven mindestens zwei Nervengruppen zugleich. So wird z. B. selbst im äußersten sichtbaren Rot bei 670 die reine Rotempfindung teilweise durch einen Beigeschmack von Grün verdorben. Dort, wo die Grünempfindung ihren Höhepunkt hat bei 550 pfi mischt sich in erheblichem Maße noch die Rotempfindung mit ein, und selbst das Violett bei 440 [la ist nicht frei von fremden Empfindungsbestandteilen. Die Spektralfarben, so rein und glän- zend sie uns auch erscheinen mögen, sind also im Vergleich mit den Grundfarben ungesättigt und verweißlicht, wie es auch die Fig. 17

Fig. 17.

durch Konstruktion der Spektralfarben in einem Farbendreieck veranschaulicht. Die Grundfarben des Young-Helmholtz sehen Systems B Gr V sind an den Ecken des Mischdreiecks angebracht, und man erkennt sofort, daß keine der Spektralfarben dar- gestellt auf der Kurve B bis Gr die Sättigung der Grundfarben erreicht. Ehe die Violettempfindung einsetzt, etwa bis zur Wellen-

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länge 580 ft/i, stehen die Spektralfarben auf der Mischlinie R Gr, dann biegt die Kurve um und nähert sich in dem Maße, wie die Violettempfindung auf Kosten der Rot- und Grünempfindung zunimmt der Mischlinie R V. V selbst wird jedoch von der Kurve nicht erreicht, und alle ihre Punkte sind vom Schwerpunkt, dem neutralen, weißen Punkte des Dreiecks, weniger entfernt als die Eckpunkte. Mit der Annäherung der Kurve an den neutralen Punkt N nimmt auch die Sättigung der Spektralfarben ab und ihre Weiblichkeit zu. So ist z. B. die Spektrallinie Gr relativ am meisten gesättigt und ein schmaler Bezirk zwischen den Linien E und F am wenigsten. Es ist die Stelle, wo sich (Fig. 18) die Gr- und F-Kurven in c schneiden und die jR-Kurve zu diesem Schnittpunkt eine relativ große Höhe erreicht. Von den Besitzern anormaler Augen pflegt dieser Bezirk des Spektrums in der Tat gern als weißlich oder gar weiß bezeichnet zu werden.

In seinen Grundzügen läßt sich das Young-Helmholtzsche System der Farben Wahrnehmung also etwa folgendermaßen aus- sprechen: Sämtliche Farben der Natur werden durch drei Nerven- gruppen unseres Sehapparates einer Analyse nach den Grund- empfindungen Rot, Grün und Violett unterworfen. Gleich starker Reiz an allen Nervengruppen erzeugt die Empfindung Weiß, fehlender Reiz die Empfindung der Dunkelheit, Reizung mehrerer Nervengruppen mit variabler Intensität die Empfindungen der Mischfarben. Während die Nervengruppen analysieren, führt das Gehirn eine Synthese aus.

Es mag hier übrigens einer weitverbreiteten irrtümlichen Ansicht entgegengetreten werden. Weder Young noch H elm- holt z hat die drei Nervenfasersysteme wirklich nachgewiesen und so den wissenschaftlichen Beweis für die Dreifarbentheorie erbracht. Helmholtz spricht zwar von gewissen Nervenendappa- raten und weist die Physiologen mit Bezug auf das Vogel- auge — auf eigentümliche Farbausscheidungen an den Stäbchen der Netzhaut hin, ist jedoch weit davon entfernt, seinen Aus- führungen eine andere als hypothetische Bedeutung beizumessen. Auch der neueren Forschung, die sich allerdings keineswegs mit dem der Bedeutung der Sache entsprechenden Eifer an die Be- wältigung der Aufgabe gemacht hat, ist der Nachweis der diffe- renten Nervengruppen der Retina bezüglich zweckentsprechender Äquivalenzen nicht in ausreichendem Maße gelungen. Ausfuhr-

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licheres findet sich in den Arbeiten von M. Schultze, H. Müller, Zenker, Hensen, Wälchli, Kühne, G. Fritsch u. a. (vgl. das Literaturverzeichnis am Schluß des Buches).

Während die Y o un g- Hel in holt z sehe Theorie nur den Zu- stand der Tätigkeit oder der Ruhe dreier Nervengruppen kennt, glaubt Hering, aus physiologischen Erwägungen heraus, die Farbenperzeption, sowie die Hell- und Dunkelempfindung durch die Veränderung dreier Stoffe in der Netzhaut, der Sehsubstanzen, erklären zu müssen. Durch das Licht werden die Sehsubstanzen dissimiliert, d. h. zersetzt, um dann im Zustande der Ruhe, durch einen entgegengesetzten Prozeß den der Assimilation wieder in ihre ursprüngliche Verfassung zurückgeführt zu werden. Beiden Prozessen entsprechen sowohl Farben-, wie Hell- und Dunkel- erscheinungen, je nach der Art der in Mitleidenschaft gezogenen Sehsubstanz. Mit drei Sehsubstanzen, bzw. drei Bestandteilen einer Sehsubstanz, vermag Hering daher neben der Hell- und Dunkelempfindung noch vier Grundfarbenwahrnehmungen in seinem System unterzubringen. Es entstehen drei Paare von „Gegenfarben“, nämlich:

durch Dissimilierung :

1. Weiß

2. Rot

3. Gelb

durch Assimilierung :

1. Schwarz

2. Grün

3. Blau

Die Farben Rot-Grün und Gelb-Blau betrachtet Hering als einfache, alle anderen Farben als Mischfarben aus diesen Grund- farben bzw. Grundempfindungen. Er nimmt ferner an, daß alle Spektralfarben dissimilierend auf die schwarz-weiße Seh- substanz ein wirken und daher stets ungesättigt erscheinen. Ver- einigen sich die Paare Rot- Grün oder Gelb-Blau auf der Netzhaut, so bleibt allein die Weißempfindung übrig, da die dissimilierenden und assimilierenden Wirkungen der Komponenten einander auf- heben. In gleicher Weise finden nicht nur die Mischungen komplementärer Empfindungen wenn man von solchen im Heringschen System überhaupt reden darf sondern auch alle anderen Mischempfindungen in relativ zwangloser Weise ihre- Erklärung.

Experimentelle Bestimmung der Grundfarben. Die von Young angenommenen Grundfarben (oder Empfindungen)

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Rot, Grün, Violett stellen von vornherein kein wissenschaft- liches Axiom dar, auf dem sich unbedingt jedes Dreifarben- verfahren aufbauen müßte. Man könnte ebensogut, wie Maxwell gezeigt hat, irgend ein anderes System zugrunde legen, ohne theoretische und vielleicht auch praktische Forderungen zu ver- letzen. Wenn Young die drei Spektralfarben Rot, Grün, Violett wählte und als Grundfarben bestimmte, so war diese Wahl nicht notwendig, wohl aber verständlich, da zum mindesten die beiden Enden des Spektrums auf ziemlich weite Strecken homogen er- scheinen, d. h. keine Veränderungen im Farbenton zeigen. Die dritte Grundfarbe lieferte die Mitte des Spektrums.

Schon die Ermüdungserscheinungen am Auge zeigen aber, daß die von Young gewählten Grundfarben, zum mindesten was das Violett anbelangt, falsch sind. Ermüdet man das Auge beispielsweise mit spektralem Rot und blickt dann auf Violett, so erscheint dieses blau; es haben also die Rotnerven ohne Frage auch einen Anteil an der Violettempfindung; Violett erregt zwei Nervengruppen. Von einer Grundfarbe muß man aber verlangen, daß sie nur eine Nervengruppe erregt und ermüdet. Das Violett ist, wie wir sehen werden, besser durch einen Farbenton zu er- setzen, der etwa zwischen Blau und Violett liegt.

In gleicherweise, d. h. mit Hilfe von Ermüdungserscheinungen, hat Sigm. Exner versucht, die beiden anderen Grundfarben zu bestimmen, eine Methode, gegen die sich mancherlei einwenden läßt, so vor allem, daß, wie die König sehen Elementarempfindungs- kurven ergeben haben, spektrales Grün, mit dem S. Exner ope- rierte, alle drei Nervengruppen mehr oder minder stark erregt. Der genannte Forscher war von der Ansicht ausgegangen, es müßten jene Farben im Spektrum den Grundfarben entsprechen, die bei Ermüdung des Auges mit den anderen Grundempfindungen ihren Farbenton am wenigsten veränderten. Er fand so für die erste Grundempfindung das äußerste spektrale Rot, für die zweite etwa das Grün zwischen den Linien JE und b und für die dritte Grundempfindung endlich einen Farbenton zwischen Blau und Violett.

Die genauesten Messungen haben später König und Diete- rici ausgeführt, indem sie sich der äußerst mühevollen Arbeit unterzogen, mit Hilfe des Helmholtzschen Farbenmischapparates aus drei dem Spektrum entnommenen Farben jede beliebige

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Spektralfarbe zu mischen. In der Wahl dieser Farben liegt zu- nächst eine Willkür, denn sie brauchen keineswegs mit den von den Young-Helmholtzschen Nervengruppen empfundenen iden- tisch zu sein. König glaubte jedoch an den beiden Enden des Spektrums die Elementarfarben rein hervortreten zu sehen, da sich hier nur die Intensität, nicht aber, wie schon oben erwähnt, der Farbenton merklich ändert. Als dritte Grundfarbe ergab sich daraus ein Grün etwa von der Wellenlänge 502

Lassen sich aus den gewählten Farben alle Spektralfarben herstellen, so ergeben die zur Mischung benötigten Intensitäten eine Reihe von Farbengleichungen ; mit anderen Worten, man kann die Farben jeder Wellenlänge mit den zugrunde gelegten Farben durch ein System linearer Gleichungen verknüpfen. Trägt man dann die Wellenlängen als Abszissen und die zur Mischung gelangenden Intensitäten als Ordinaten auf, so erhält man die drei König sehen Elementarempfindungskurven. Sie sind in Fig. 18 mit B Gr und (j 3) V bezeichnet. Selbstverständlich muß dann für die Elementarempfindungen ein gemeinsames Maß zugrunde gelegt werden, wozu sich aus physiologischen Erwägungen heraus kein Anhaltspunkt ergibt; es handelt sich also lediglich um eine rechnerische Operation. Ob in der Tat durch gleich starke Erregung der Elementarempfindungen der Eindruck Weiß hervorgerufen wird, wissen wir nicht.

Rechnerisch ist es am einfachsten, die von den Elementar- empfindungskurven umschlossenen Flächen einander gleich zu setzen, so daß ist

\ ^ G-dl j V-dX.

B , Gr und V stellen die Intensität der Elementarempfindungen als eine Funktion der Wellenlänge k dar. Einheit der Integrations- variabein ist ein Millionstel Millimeter (1 ftfi). Die Maßeinheit für die Elementarempfindung wählen König und Dieterici so, daß ist

j _ß.<U = j G-<n = ^ V-cM. = 1000.

Aus dem Verlauf der Elementarkurven (Fig. 18) gehen diese Verhältnisse deutlich hervor. Entsprechend ihrer ausgedehnten Basis ist die jR-Kurve die niedrigste; sie beginnt bei etwa 680fifi, erreicht ihre Maximalhöhe bei 575 und fällt nach 490 stark ab, um sich dann noch einmal schwach zu erheben; Ende bei 390.

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Die G-Kurve beginnt bei 680, endet bei 440 und erreicht ihr Maximum bei 550. Die F-Kurve erhebt sich von A 580 aus zu- nächst schwach, steigt dann steil an und hat ihr Maximum bei 450; Ende bei 390.

Wären die Elementarempfindungen mit den Grundempfin- dungen identisch, so würde das Auge eines Grün- und Violett- blinden, indem es das Spektrum durchwandert, eine der jR-Kurve entsprechende Helligkeitsänderung wahrnehmen , wie sie unter- halb der Kurve versuchsweise in einem abschattierten Bande dar-

gestellt ist. Die stärkste Reizung der Rotnerven würde angenähert zwischen den Spektrallinien D und E liegen. Rot- und Violett- blinde müßten ein Helligkeitsmaximum bei 550 Rot- und Grünblinde etwa zwischen den Linien F und G. wahrnehmen. Für Besitzer dichromatischer Systeme würde stets die eine der beiden Endstrecken des Spektrums auf eine Nervengruppe allein wirken, z. B. für Rotblinde die Zone 580 bis 680, ebenso für Grünblinde, für Violettblinde die Zone 390 bis 440 Normale Trichromaten müßten zwei Endstrecken im Spektrum wahrnehmen, bei denen nur je zwei, und eine Mittelstrecke (etwa D bis G), bei

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der alle drei Nervengruppen gereizt werden. Das System eines Dichromaten sollte mithin stets aus dem System eines Trichro- maten durch Eliminierung einer der Elementarempfindungskurven entstanden gedacht werden können. Dies ist, wie die Unter- suchungen an Farbenblinden gelehrt haben, für die gewählten Grundempfindungen nicht der Fall.

König und Dieterici haben daher versucht, die an Dichro- maten und Trichromaten gewonnenen Farbengleichungen durch eine andere Wahl der Grundempfindungen miteinander in Einklang zu bringen, natürlich unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß der Verlauf der Testierenden Kurven bei den Dichromaten derselbe ist wie bei den Trichromaten. Diese Annahme hat viel für sich, sie braucht jedoch nicht richtig zu sein und würde dann gegebenenfalls wiederum zu einem falschen Grundempfindungs- system führen. So viel ist aber wohl sicher, daß die Violett- empfindung — in Übereinstimmung mit den Untersuchungen von Sie gm. Exner als Grundempfindung zu verwerfen ist. Ein Blau etwa von der Wellenlänge 470 {*[1 scheint an seine Stelle treten zu müssen. Diebeiden anderen Grundempfindungen dürften der Nuance nach durch ein Grün von der Wellenlänge 505 pp, und ein Rot schon außerhalb des Spektrums vertreten werden.

Wie man sieht, tragen die Kurven (Fig. 18), von denen wir die F-Kurve künftighin als J5-Kurve bezeichnen wollen, diesen Verhältnissen durch die Wahl ihrer Schnittpunkte bereits Rech- nung. Im Schnittpunkte a werden die R- und 6r-Empfindungen mit gleicher Intensität ausgelöst, während die dritte Grundempfin- dung noch nicht wachgerufen ist. Die diesem Punkt entsprechende Farbe (etwa bei 580 fifi) muß also zum Grundblau komplementär sein. Dasselbe gilt für c in bezug auf Grundrot. Schnittpunkt b dagegen entspricht der Wellenlänge des Grundgrün, das hier vor- herrscht, während die beiden anderen Empfindungen lediglich einen Teil desselben in Weiß- verwandeln, ohne den Farbenton zu beein- flussen. Ebenso charakterisiert die zum Schnittpunkt d gehörige Wellenlänge das Grundblau.

Es fragt sich nun, ob es möglich ist, diese für die Bestimmung der Grundempfindungen maßgebenden Kurvenschnittpunkte experi- mentell festzulegen, was jede weitere Hypothese überflüssig machen würde. Innerhalb der bei jeder subjektiven Wahrnehmung ge- steckten Grenzen ist dies in der Tat ausführbar. Beobachtet man

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z. B. die dem Kurvenschnittpunkt a entsprechende Stelle nnd verringert durch eine passende Vorrichtung die Intensität der Mischfarbe, so ändert sich der Farbenton bis zur äußersten Grenze der Wahrnehmbarkeit nicht, da beide Komponenten stets mit gleicher Stärke an der Farbenmischung beteiligt bleiben. Anders jedoch rechts und links dieser Stelle. Je weiter man nach links geht, desto eher wird die hier schwächere Grünempfindung unter die Empfindungsschwelle herabsinken bzw. sich ihr nähern. Der Mischfarbenton ändert sich also mit der Herabminderung seiner Intensität; er wird in diesem Falle von einem hellen Gelb zu einem dunkeln Rot übergehen. Rechter Hand des Schnitt- punktes a muß das Gelb dagegen allmählich grünstichiger werden. Ähnlich lassen sich die Schnittpunkte b und d bestimmen, c aller- dings ziemlich schwierig, da hier die drei Ordinaten in geringen Höhen und mit angenähert gleichen Intensitäten Zusammen- treffen.

Diese Methode (Bezold und Brücke) ist sehr empfindlich und ergibt relativ genaue Resultate. F. Exner und einige andere Beobachter bestimmten danach im Mittel die Lage von

a 577 b = 508^ und d == 475^fi.

Aus den Daten in Helmholtz Physiologischer Optik ergibt sich nach den Aufzeichnungen verschiedener Beobachter im Mittel die Wellenlänge 473,3 [iji zu 577 f i[L komplementär, was mit der theoretischen Forderung a komplementär zu d und den Exner - sehen Beobachtungen recht gut übereinstimmt. Es zeigt sich auch, daß die von König und Dieterici zuletzt gewählten Grund- empfindungen der Wahrheit sehr nahe kommen1).

Die Lage des Punktes c ergibt sich aus den Exner sehen Messungen mit einiger Sicherheit zu 495

Erfreulich ist die vortreffliche Übereinstimmung der physika- lischen mit der rein physiologischen Analyse, denn die Hering- schen Empfindungen Urrot, Urgrün und Urblau sind offenbar mit den eben abgeleiteten Farben identisch. Es kommt bei Hering nur noch das Urgelb hinzu, das aber völlig der dem Schnittpunkt a zukommenden Mischfarbe entspricht.

0 Anfangs ließen die genannten Forscher die ß-Kurve bereits hei 485 /u/u endigen ; der Schnittpunkt d war also nicht vorhanden (vgl. in Fig. 18 die punktierte Kurve R').

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Wir geben nun noch einmal in einer übersichtlichen Zusammen- stellung die wichtigsten Bestimmungen der Grundempfindungen im Young-Helmholtz sehen System wieder.

Beobachter

Rot

r •• Grün

Yiolett bzw. Blau

Th. Young

Anfang des Spektrums.

Mitte des Spek- trums.

Ende des Spek- trums.

Maxwell

630 /u/u

530 ju/u

457 fxfi

Sigm. Exner

Äußerstes Rot des Spektrums.

520 /au

etwa 470 /a/a

König und Dieterici

Rot, welches etwas von dem Rot der ersten Endstrecke im Spektrum nach dem Purpur ab- weicht (675 ,u(u).

505 /a/a

470 /a/a

F. Exner

Rot, etwas außer- halb des sichtb.

Spektrums ; komplementär zu A 494 /a.u

508 /a/a

475 (AfA

Y. Grünberg

665 juju

506 / uju

482 /A/A

Helmholtz selbst fand für Rot das äußerste Ende des Spek- trums, für Grün eine Zone zwischen 540 und 560 und für Blau einen dem Ultramarin gleichenden Farbenton. Im ersten und letzten Falle stimmen also seine Beobachtungen mit denen der späteren Beobachter angenähert überein, für Grün findet er jedoch einen Farbenton, der merkwürdigerweise einen starken Stich ins Gelbe auf weist, wahrscheinlich, wie er selbst sagt, infolge unzu- reichend scharfer Beobachtungsdaten.

Im allgemeinen werden wir nicht allzuviel fehlgehen, wenn wir den Grundempfindungen Farben folgender Wellenlängen zu- t eilen:

Rot: Äußerste Grenze des sichtbaren Spektrums

(etwa 665 ftfi) ,

Grün: 507

Blau: 475^.

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Von diesen Grundfarben soll das photographische Dreif arbenverf ahren ausgehen, wenn die Synthese der Teilbilder in additiver Weise erfolgt.

Zweites Kapitel.

Die photographische Analyse nach den drei Grundfarben.

Sensibilisatoren und Filter.

Sensibilisatoren. Sollen drei zugleich oder hintereinander angefertigte photographische Platten die Intensitäten der Grund- farben eines Objektes als Helligkeitswerte wiedergeben, so müssen sie für Hot, Grün und Blau lichtempfindlich sein. Dies ist bei den gewöhnlich verwandten Bromsilberemulsionen durchaus nicht der Fall; sie sind gemeinhin nur blau- und violettempfindlich. Nimmt man also ein Spektrum auf, so wird unter gewöhnlichen Verhältnissen nur der kleinste Teil desselben, etwa von 500 ab , wiedergegeben *)• Mit wachsender Exposition d. h. bei steigender Überbelichtung der blauvioletten Zone gelangen nacheinander auch die kürzeren Wellen zur Einwirkung, schließ- lich zeigt sich sogar die rote Endstrecke, doch scheint es so, als ob hier auch bei längster Einwirkung eine intensive Schwärzung der Schicht nicht zu erzielen wäre. Vielleicht darf man sich vor- stellen, daß neben den vorzugsweise blauempfindlichen auch grün- und rotempfindliche Bromsilberkörner von vornherein in der Emul- sion vorhanden sind, daß ihre spärliche Verteilung jedoch eine aus- reichende Deckung nicht zuläßt. Bei der Kollodiumplatte scheinen die Verhältnisse noch ungünstiger zu sein; sie beginnt eigentlich erst hinter der Linie F. , bei etwa 480 fift, empfindlich zu werden, das Maximum liegt bei 400 (Linie H ), also schon so dicht an

der Grenze der Sichtbarkeit, daß man eine gewisse Berechtigung hat, Kollodiumplatten überhaupt als farbenblind zu bezeichnen..

*) Zugrunde gelegt ist das Interferenz -(Gitter-) Spektrum, bei dem die räumliche Ausdehnung des Blauviolett gegen die anderen Spektral- zonen zurücktritt.

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Vor der Entdeckung geeigneter Sensibilisatoren mußte jeder Versuch zur praktischen Durchführung der Maxwellschen Idee, die bisher von den Dreifarbendruckern nach Blick und Farben- verständnis ausgeführte Analyse einem zwangläufigen photographi- schen Prozeß zu übertragen, scheitern. Erst 1873 kam die An- gelegenheit durch die epochemachenden Arbeiten H. W. Vogels über Farbensensibilisatoren, deren eminente Bedeutung heute immer mehr in den Vordergrund tritt, wieder in Fluß.

Sensibilisatoren sind Farbstoffe, die sich mit den blauviolett- empfindlichen Silbersalzen der Schicht verbinden und sie auch für andersfarbige Lichtstrahlen empfindlich machen. Vogel erkannte, daß zwischen der Absorptionsfähigkeit dieser Farbstoffe und ihrer spezifischen Sensibilisierungsfähigkeit ein gesetzmäßiger Zu- sammenhang existieren müsse. Lichtstrahlen können offenbar nur dann von chemischer Wirkung sein, wenn sie von der empfind- lichen Schicht weder hindurchgelassen , noch reflektiert , sondern absorbiert werden. Ein Farbstoff, der irgendwie die Empfindlich- keit für eine bestimmte Strahlenart erhöhen soll, muß diese ab- sorbieren ; das ist die erste Anforderung, die man an ihn zu stellen hat. Über die Zone, für die er voraussichtlich, falls nämlich seine übrigen Qualitäten danach sind, sensibilisiert, gibt mithin sein Absorptionsspektrum den besten Anhalt. Oft jedoch ist die Farbe des gefärbten Bromsilbers eine wesentlich andere wie die des Farbstoffes selbst, dann entscheidet natürlich das Absorptions- spektrum der gefärbten Schicht1).

Der Absorptionszone im Spektrum der gefärbten Emulsion entspricht also eine Sensibilisierungszone im photographierten Spektrum, die je nach der Konzentration der Farbstofflösung und nach der Belichtungsdauer mehr oder minder ausgedehnt, niemals aber scharf begrenzt ist. Derartige Aufnahmen sind für den Wert des Sensibilisators beweiskräftig, sie sollten jedoch, falls es sich um den direkten Vergleich der Blauempfindlichkeit mit derjenigen in irgend einer anderen Spektralzone handelt, hinter dem Gitter angefertigt oder doch auf das Interferenzspektrum bezogen werden. Denn im prismatischen Spektrum erscheint die blauviolette Zone

*) Ausnahmen sind beobachtet worden, man kann jedoch das Vogel sehe Absorptionsgesetz dahin aussprechen, daß ein Farbstoff im allgemeinen für Strahlen sensibilisiert, die seiner Farbe komplemen- tär sind.

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übermäßig auseinandergezogen und ist daher der roten und gelben, teilweise auch der grünen Zone gegenüber relativ lichtschwach; die auf die Eigenempfindlichkeit der Emulsion gestimmten Strahlen treten daher zurück, ein Umstand, der leicht zur Überschätzung eines Sensibilisators führen kann.

Ob nun eine Farbstofflösung von geeigneten Absorptions- qualitäten auch wirklich sensibilisiert, hängt noch von mehreren anderen Umständen ab. Offenbar muß das absorbierte Licht in chemische Arbeit umgesetzt werden; man hat also eine zweite Forderung dahin zu formulieren, daß der Farbstoff zersetzt werde. Je schneller er sich im Licht verändert, je unechter er ist, desto besser eignet er sich im allgemeinen.

Schließlich muß auch der Sensibilisator in gewissen chemi- schen und physikalischen Beziehungen zum Brom silberkorn stehen. Hierüber ist man noch recht im unklaren, und wenn häufig die Vor- aussage mit der Wirkung eines Sensibilisators gar nicht oder doch nur unvollkommen überein stimmt, so liegt dies wohl meist an den hier auftretenden eigenartigen Verhältnissen. Es ist gar nicht aus- gemacht, daß immer eine empfindliche Mutteremulsion nach ihrer Anfärbung auch eine empfindliche orthochromatische Platte geben müsse. Je weniger tief der Sensibilisator in das Bromsilberkorn ein dringt und sich mit ihm verbindet, desto weniger wirksam ist er, und dieser Fall dürfte bei hochempfindlichen grobkörnigen Platten vorzugsweise eintreten. Hier sind also unempfindliche Mutteremulsionen bisweilen den empfindlichen charakteristisch überlegen. Ferner muß der Sensibilisator so zu dem Bromsilber in Beziehung treten, daß er dessen Zerfall begünstigt. Wahr- scheinlich hat er das abgespaltene Brom aufzunehmen:

2 AgBr = Ag2Br -|- Br.

Welche Rolle die Gelatine selbst bei der Sensibilisierung spielt, bedarf noch der Klärung. In rein optischer Beziehung kann sie, angefärbt, als Filter wirken, worauf wir später zurückkommen.

Es mag an dieser Stelle noch auf einen oft wenig beachteten Umstand hingewiesen werden, nämlich auf die Unzulänglichkeit der am Spektrographen gewonnenen Resultate für die Praxis. Gleiche Farbeindrücke können bisweilen verschiedenartige Ur- sachen haben. Weiß kann die Wirkung sämtlicher Spektralfarben, der Grundfarben oder auch unzähliger Paare von komplementären Farbenstrahlen sein. Gelb ist in der Natur in fast allen Fällen

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eine additive Mischfarbe aus Rot und Grün, worüber das Spektro- skop leicht Auskunft gibt; spektrales Gelb hingegen umfaßt eine Wellengruppe, die zwischen Rot und Grün liegt, usf. Man könnte sich mithin vorstellen, daß ein Farbstoff für spektrales Gelb sensibilisiert, für gelbe Körperfarben dagegen nicht, da er weder Rot noch Grün absorbiert. Derartige Beispiele von praktischer Bedeutung lassen sich eine ganze Reihe auf stellen; der Hinweis auf sie möge genügen. Da es sich im allgemeinen um die Reproduk- tion von Körperfarben handelt, wird man diese Verhältnisse be- rücksichtigen müssen.

Von größter Bedeutung ist die Konzentration des Sensibili- sators. Es ist erstaunlich und oft unerklärlich , was für geringe Spuren des Farbstoffs bereits zur Bildung eines neuen Sensibili- sierungsbandes führen. Zu starke Lösungen sind jedenfalls schäd- lich, da sie zu der bereits erwähnten Filter- und „Schirmwirkung“ der Gelatine führen. Nicht nur das Bromsilber, sondern auch das Einbettungsmittel, die Gelatine, saugt begierig Farbe auf und fängt dann von den nicht gerade an der Oberfläche liegenden Bromsilberkörnern diejenigen Strahlen ab, von denen man eine Wirkung erwartet. Die Folge ist eine Schwächung, Einsattelung oder Verschiebung des Sensibilisierungsbandes. Für den Wert eines Sensibilisators ist also wiederum weder der spektrale Anblick der Farbstofflösung, noch der gefärbten Schicht, sondern allein die unter den oben erwähnten Kautelen angefertigte Spektral- aufnahme maßgebend.

Die Platten werden entweder in der Farbstofflösung gebadet oder man gießt sogleich gefärbte Emulsionen, die allerdings an Empfindlichkeit die Badeplatten meist nicht erreichen. Im ersteren Falle wechselt das Resultat oft außerordentlich mit der verwandten Mutteremulsion und der Art der Trocknung sowie den benötigten Zusätzen (Ammnniak), im zweiten ist es gleichmäßiger, ohne aber immer der Voraussage zu entsprechen.

Von geeigneten Farbstoffen mögen das Akridin, Uranin, Eosin, Erythrosin, Rhodamin, Cyanin, Chinolinrot, Pinachrom und das Athylrot kurz besprochen werden.

Das Akridinkollodium zeigt eine starke Absorptionszone von 550 den brechbareren Strahlen zu. Dementsprechend sensi- bilisiert es fast gleichmäßig von der Linie E an, von Blaugrün bis Violett, da sich die Sensibilisierungszone des Bromsilbers ohne

Donath, Farbenphotographie. j

98

Lücke an die des Akridins anschließt. Das Empfindlichkeitsmaxi- mum liegt etwa zwischen E und b bei 520 ft ft.

Uranin zeigt in Kollodium eine gute Sensibilisierung für die grünen Strahlen, die Empfindlichkeitszone des Bromsilbers schließt sich jedoch nicht stetig, sondern nach einem deutlich erkennbaren Minimum an. In nasser Uraningelatine ist dies Minimum noch ausgeprägter und zeigt sich nach dem roten Ende des Spektrums verschoben; es liegt etwa zwischen b und F. In trockenem Zu- stande wird die Uraningelatine fast gelbempfindlich, das Maximum liegt im Gelbgrün zwischen den Linien D und E , die Wirkungs- zone des Bromsilbers erscheint jedoch nunmehr durch eine Lücke völlig losgelöst. Das photographierte Spektrum weist mithin zwei isolierte helle Zonen, angenähert von J) bis E und von F bis H, auf.

Die Eosingruppe verleiht dem Bromsilberkollodium ein ähnliches Sensibilisierungsband wie das Uranin; die Empfindlichkeit erstreckt sich vielleicht noch etwas weiter der gelben Spektralzone zu. Angefärbte Bromsilbergelatine zeigt wiederum das charakte- ristische Minimum hinter dem Sensibilisierungsband, eine Folge der Schirmwirkung des von der Gelatine gierig aufgenommenen Farbstoffes.

Beim Erythrosin tritt dies Minimum bei starker Anfärbung besonders deutlich hervor; die Sensibilisierungszone zwischen Gelb und Grün ( D bis E) erscheint bisweilen völlig isoliert.

Rhodamin (Tetraäthylrhodaminäthylester, blaustichig) sensi- bilisiert für Gelb und selbst für Orange; für die Zone um F bleibt die Platte jedoch wiederum eine Folge der Schirmwirkung so gut wie unempfindlich. Das Maximum liegt etwa bei D.

Cyan in (Chinolinblau) liefert Rotempfindlichkeit unter Um- ständen bis zur Linie C. Gelb kommt meist schwächer wieder, noch schwächer die grüne Zone zwischen E und b. Da jedoch eine eigentliche Lücke bis h nirgends vorhanden ist, so wäre das Cyanin für die Zwecke der Farbenphotographie geeignet, wenn es nicht die Neigung hätte, selbst sehr klar arbeitende Emulsionen zu verschleiern. Dieser Übelstand läßt sich mit Sicherheit kaum beheben, es hat jedoch den Anschein, als ob die Schnelligkeit des Trockenprozesses von großem Einfluß auf die Schleierbildung wäre. (Auf S. 48 findet sich eine Vorschrift zum Sensibilisieren von Lippmann -Emulsionen mit Cyanin.)

99

Es liegt nahe, durch geeignete Mischungen die Vorzüge der genannten Sensibilisatoren zu vereinigen, doch stellen sich der praktischen Ausführung bisweilen nicht unerhebliche Schwierig- keiten in den Weg. Oft beeinflussen die Sensibilisatoren einander so, daß die Wirkung des einen erheblich unterdrückt oder völlig ausgeschaltet wird, auch hindert unter Umständen die Schirm- wirkung des einen Farbstoffes den anderen an der vollen Ent- faltung seiner günstigen Eigenschaften. Sensibilisatoren ähnlicher chemischer Konstitution geben die besten Resultate. So hat sich z. B. eine von Miethe angegebene Kombination von Glycinrot, Cyanin und Chinolinrot recht gut bewährt. Das Glycinrot gehört der Benzidinreihe an:

I. Glycinrot lg II. Chinolinrot lg

Alkohol 500 ccm Alkohol 500 ccm

III. Cyanin lg

Alkohol 500 ccm

Ammoniak .... 0,5 ccm

Man fügt hinzu:

150 ccm destilliertes Wasser 20 Chinolinrot (1 : 500)

20 Glycinrot (1 : 500)

wobei unter Gasentwickelung eine Ausscheidung fester Körper erfolgt.

Dieser Lösung werden hinzugesetzt:

35 ccm Alkohol 2 Ammoniak

1 Cyanin (1 : 500)

Dem Filtrat fügt man weiter hinzu:

70 ccm Alkohol 1 Ammoniak

1 Cyanin (1 : 500)

200 destilliertes Wasser

Das Baden und Trocknen der Platten erfolgt, wie auf S. 110 angegeben.

Neuerdings ist es geglückt, eine Reihe von Sensibilisatoren, den Isocyaninen angehörig, aufzufinden von ganz hervorragenden Eigenschaften in bezug auf Rotempfindlichkeit und Geschlossen- heit des Sensibilisierungsbandes. Von ihnen verdienen das Äthyl- rot (Miethe und Traube), sowie das Pinachrom T (König) besondere Beachtung. Für die Praxis ist es natürlich von großem

7*

100

Vorteil, mit einem Sensibilisator und infolgedessen auch mit einer Platte für alle drei Teilaufnahmen operieren zu können. Fehler, wie sie aus der ungleichartigen Entwickelung dreier im Charakter verschiedener Platten früher hervorgingen, werden da- durch unbedingt vermieden.

Methyl- und Äthylisocyanin, beide fast bis zur Linie C sensi- bilisierend, unterscheiden sich praktisch wesentlich insofern von- einander, als das erstere einen großen Hang zur Schleierbildung zeigt, während letzteres bei richtiger Behandlung ganz klare Platten liefert. Der oben erwähnte Glycinrot -Chinolin -Cyanin- Sensibilisator besitzt allerdings eine Wirkung bis zur C- Linie, doch ist dieser Vorteil nicht so groß, da Farbenunterschiede gegen das rote Ende des Spektrums kaum noch wahrzunehmen sind, und schließlich zur Entwickelung doch noch Strahlen vorhanden sein müssen, für die die Platte nicht empfindlich ist. Die Rot- empfindlichkeit ist immerhin schon so ausgeprägt und typisch, daß eine gewöhnliche Dunkelkammerscheibe keine genügende Sicherheit mehr bietet. Die Entwickelung muß bereits vor Licht- filtern aus Tartracin und Äthylviolett vorgenommen werden, die nur den tiefroten Strahlen von A bis C den Durchtritt gestatten.

Die Konstitution des Äthylrotes scheint komplizierter Natur zu sein. Wahrscheinlich treten zwei Chinolinkerne durch doppelte Bindung miteinander folgendermaßen zusammen:

CH N.C2H5

CH^'xc/^CH

CH%/i\/L

CH

C

CH

h2c

C

h2c/

><c

(T

c

Hü/

^CH

\

/

HC

CH

5

Danach könnte man das Äthylrot als ein Chinolin-Chinaldin- Äthyl-Cyanin bezeichnen. Ohne besondere Mühe läßt sich, wie

101

zuerst Babo zeigte, das Jod durch andere einwertige Komplexe ersetzen. Es entstehen dann neue Farbstoffe, die man gewöhn- lich als Irisine zu bezeichnen pflegt. Besonders das Nitrat des Äthylrotes und seine Homologen zeichnen sich durch hervor- ragende Sensibilisierungsfähigkeiten aus. Ihre Konstitution dürfte folgende sein :

n.c2h5

\

CH

c6H4 II

CH

/

c

CH

C

H2C C

H f— r tt ^2^ C6H4

Die Wasserlöslichkeit des Farbstoffes ist groß, ebenso die Kristallisationsfähigkeit, die Rotempfindlichkeit vielleicht noch größer und ausgedehnter, die Schleierbildung geringfügig. Das Nitrat des Äthylrotes hat daher alle Aussicht, im Dienste des Drei- farbenverfahrens künftighin eine hervorragende Rolle zu spielen.

Fig. 19 zeigt die Sensibilisierungskurve von Bromsilbergelatine mit Äthylrot, bezogen auf das Interferenzspektrum. Sie ist vor-

Fig. 19.

zugs weise durch fast gleichbleibende Höhe von D bis Gr charakteri- siert; der Einfluß des Farbstoffes beginnt bereits bei G (650

Der folgende Abschnitt dieses Kapitels enthält die wesentlich- sten Angaben über die Verwendung des Äthylrotes in der Praxis.

102

Die Filter (insbesondere die Beziehungen der Auf- nahmefilter zu den Reproduktionsfiltern und den Sensi- bilisatoren). Ist die Sensibilisierung der Platte für alle in Frage kommenden Farbenstrahlen gelungen, so ist damit nur ein Teil der für eine photographische Analyse nach den drei Grund- farben geforderten Voraussetzungen erfüllt. Die Platte gibt nun zwar die Farbenintensitäten des Aufnahmegegenstandes als Hellig- keitswerte richtig wieder, aber eben alle Farben zugleich, d. h. sie analysiert nicht.

Fs müssen mithin Mittel gefunden werden, der Emulsion nur diejenigen Farbenstrahlen zuzuführen, die jeweilig nach den An- forderungen der Theorie auf sie zur Wirkung kommen sollen. Lassen sich statt der Youn g - Helmholt z sehen Nervenfaser- gruppen drei photographische Platten substituieren, so werden von der ersten Platte die grünen und blauen , von der zweiten die roten und blauen , von der dritten die roten und grünen Strahlen ferngehalten werden müssen. Diesem Zwecke dienen die sogenannten Lichtfilter: bunte Gläser, Flüssigkeiten, Gelatine- oder Kollodiumfolien von bestimmter Absorptionsfähigkeit, die an geeigneter Stelle in den Gang der Strahlen eingeschaltet werden. Alle vom Filter zurückgehaltenen Farbenstrahlen gelangen nicht mehr zur Platte, und für diese ist sie dann, trotz ihrer Allgemein- empfindlichkeit — wir setzen zunächst eine wirklich panchro- matische Platte voraus, d. h. eine solche, die ohne weitere Hilfsmittel ein Spektrum in richtigen Helligkeitswerten wieder- gibt — blind.

Über die Wirksamkeit eines Filters entscheidet also zunächst sein Absorptionsband, doch ist die Beurteilung im Spektroskop oft durch zwei Umstände bedingt und erschwert: durch die Art und Intensität der Beleuchtung und durch die Konzentration der Lösung. Ist die Beleuchtung beispielsweise ausgesprochen gelb- lich, so wird ein Filter eine etwa vorhandene Durchlässigkeit für blaue und violette Strahlen nicht verraten; ist die Beleuchtung schwach oder die Konzentration stark, so erscheinen die Absorp- tionsbänder tiefer und ausgedehnter als sonst, so daß im Grunde eine nach dem subjektiven Befunde am Spektrometer gezeichnete

*) Von der im vorigen Kapitel charakterisierten Wellenlänge. Es handelt sich, genau gesagt, um ein blaustichiges Violett.

103

Absorptionskurve nur bedingungsweise richtig ist. Die photo- graphische Platte liefert am Spektrometer je nach der Belichtungs- dauer in bezug auf die Ausdehnung der Absorptionszonen eben- falls verschiedenartige Darstellungen, aber sie addiert im Gegensatz zum Auge die empfangenen Eindrücke und kann gegebenenfalls Spektralgebiete zur Abbildung bringen, die, unterhalb der Reiz- schwelle stehend, von unserem Auge unbemerkt blieben. Ist die Platte vollends nicht panchromatisch, so können sich außerordent- liche Differenzen ergeben.

Subjektive Beobachtungen der Durchlässigkeitszone bzw. der Absorptionsbänder lassen daher kein definitives Urteil über die Brauchbarkeit eines Filters für die besonderen Zwecke der Grund- farbenanalyse zu, sie haben jedoch als Vorversuche einen allgemein orientierenden Wert.

Von einem Strahlenfilter der Praxis muß man verlangen, daß es lichtecht ist. Diese Forderung scheidet von vornherein eine ganze Reihe von Farbstoffen aus, die sonst wohl geeignet wären. Immerhin ist es nicht allzuschwer, beispielsweise aus der unend- lichen Reihe der Teerfarbstoffe feste oder flüssige Lösungen her- zustellen, denen eine generellen Ansprüchen genügende Absorp- tion zukommt. Rose bengale läßt Rot hindurch, Brillantsäuregrün zeigt Absorptionsstreifen von A bis E und F bis H , kann also als Grünfilter Verwendung finden, Neuviktoriablau läßt Blau und Violett hindurch, ferner eignen sich Tartrazin, Auramin, Naphtol- gelb, Kristallviolett u. a.

In den meisten Fällen wird man mit einer Kombination mehrerer Farbstofflösungen, die als nasse oder trockene Filter voreinander treten, zum Ziel gelangen können, indem man etwa die unerwünschten Lücken im Absorptionsband des einen Farb- stoffes durch den anderen verschließt.

Es fragt sich nun, welche besonderen Anforderungen an die Filter zur Ausführung der Dreifarbenanalyse zu stellen sind. Legt man die Young-Helmholtzsche Hypothese zugrunde, so können sie relativ einfach formuliert werden. Jede der drei Aufnahme- platten ersetzt eine Nervengruppe, die Filter müssen also so be- schaffen sein, daß sie die Farbenstrahlen des Spektrums in den durch die König sehen Elementarempfindungskurven festgelegten Intensitätsverhältnissen hindurchlassen. Das Rotfilter sollte also eigentlich nicht nur die roten, sondern in abnehmender Intensität

104

auch die gelben und grünen, und das Grünfilter umgekehrt auch die gelben und roten Strahlen hindurchlassen. Das Violettfilter müßte eine geringe Permeabilität bis fast zum Gelb besitzen. Wollte man ganz genau sein, dann hätte man dem Rotfilter sogar noch eine gewisse Durchlässigkeit selbst für blaue und violette Strahlen zu gehen (vgl. die Kurven Fig. 18).

Die Aufnahmefilter der Praxis entsprechen diesen Forderun- gen keineswegs, indem sie meist folgendermaßen das Spektrum in drei Abschnitte zerlegen:

Rotfilter . .700 bis 590 /u/u

Grünfilter 585 bis 490 u/u

Violettfilter 475 bis 410 u/u

Daß mit derartigen Filtern nicht alle Farben, besonders nicht diejenigen des Spektrums wiedergegeben werden können, liegt auf der Hand. Die Farbenübergänge fehlen völlig, das spektrale Gelb (Natrium licht) wird überhaupt nicht reproduziert, da es weder hinter dem Rot- noch hinter dem Grünfilter einen genügen- den Eindruck auf der Platte hinterläßt. Wenn trotzdem die Körperfarben bei der Synthese zur Zufriedenheit wiederkommen, auch das Gelb, so kommt das daher, daß sie meist keine Farben - töne, sondern Farbengeräusche, d. h. Farbenstrahlenmischungen aus den verschiedensten Spektralgebieten darstellen. So reflek- tiert z. B. ein gelber Körper alle roten und grünen F arbenstrablen und ist daher einer Wiedergabe sowohl hinter dem roten wie dem grünen Filter sicher. Von richtigen Filtern wird man aber ver- langen müssen, daß sie sowohl die Reproduktion eines Spektrums, als auch jeder beliebigen Körperfarbe gestatten.

Die Unzulänglichkeit der gewöhnlichen Filter zeigt sich be- sonders in einem häufig beobachteten „Farbenumschlag“, indem Farbentöne, die nahe der Filtergrenze liegen, z. B. Gelborange als Rot, Gelbgrün als Grün wiedergegeben werden. Zum Verständnis dieser Erscheinung sei vorgreifend bemerkt, daß die Reproduktion, d. h. Wiedervereinigung der Teilbilder (additiv), gewöhnlich mit rotem, grünem und violettem Licht erfolgt, dessen Farbenton dem der Filter entspricht. Aufnahme- und Reproduktionsfilter sind also bis auf die Sättigung der Farbe identisch. Das ist ein Fehler, der sich bei Körperfarben und bei einer Beleuchtung (während der Aufnahme), die derjenigen ganz oder nahezu entspricht, für die die Expositionsverhältnisse der Teilplatten in bezug auf Weiß

105

bestimmt waren, kaum bemerkbar macht. Verschiebt sich jedoch der Farbenschwerpunkt der Beleuchtung etwa den längeren Wellen zu und überschreitet dabei um ein weniges die Filter- grenze, sagen wir von Grün zu Rot, so können außerordentliche Differenzen entstehen. Bei Lampenbeleuchtung z. B. ergeben sich völlig falsche Bilder. Die vorwiegend gelbroten Töne wirken vorzugsweise nur auf die Platte hinter dem Rotfilter, und alles, was auf ihr erscheint, wird bei der Reproduktion nicht gelbrot, sondern rot wiedergegeben. Der Gesamteindruck des Bildes ist denn auch überwiegend rot, immer unnatürlich und bleibt es trotz aller Erklärungen, die man aus physiologischen Erwägungen heraus konstruieren möchte (vgl. S. 113).

Ein gleicher Farbenumschlag kann zugunsten des Grün auf- treten, z. B. bei Aufnahmen unter dichtem Blätterwerk.

Um diesem Übelstande zu begegnen, muß man die Durch- lässigkeitszonen der Filter in richtigen Verhältnissen überein- andergreifen lassen, und dabei kommt man auf die Elementar- empfindungskurven hinaus.

Gegen die Benutzung dieser Kurven für die Filter hat man eingewendet, sie würden eine Folge ihres starken Übereinander- greifens — nur sehr weißliche Bilder liefern. Das ist richtig, aber in der Hauptsache doch nur bei einer Wiedergabe des Spek- trums, in dem die Weißempfindung sehr zurücktritt, bedenklich. Selbst wenn man mit den spektralen Farben 665, 507, 475|U^ (vgl. S. 93) synthetisieren wollte, würde die Reproduktion weiß- lich ausfallen, da die genannten Farbenstrahlen nicht die ge- sättigten Grundfarben selbst, sondern nur ihre Nuance dar- stellen. Für die Wiedergabe von Körperfarben kommt jedoch die Sättigung weit weniger in Frage als die Richtigkeit der Farben- wiedergabe , und diese wird bei Benutzung der Elementar- empfindungskurven jedenfalls gewährleistet.

Daß sich nach dem Dreifarbensystem ein Spektrum mit allen Übergangsfarben synthetisch aufbauen läßt, hat Donath neuer- dings bewiesen , indem er die Elementarempfindungskurven als Schablonenausschnitte gleichförmig über photographische Platten hinbewegte und so den Kurvenordinaten entsprechende Deckungs- verhältnisse erzeugte. Die drei Platten lieferten Aufnahmen, wie sie hinter idealen und den Elementarempfindungskurven ent- sprechenden Filtern von einem Spektrum zu erhalten gewesen

106

wären. Die Synthese wurde mit den Nuancen der Grundfarben ausgeführt und war bis auf die Weiblichkeit der Wiedergabe voll- kommen zufriedenstellend.

Jedenfalls werden die Elementarempfindungskurven und die Elementarempfindungen selbst, deren Feststellung durch die im vorigen Kapitel beschriebenen Messungen einwandfrei gelungen zu sein scheint, den Ausgangspunkt für die photographische Ana- lyse nach den drei Grundfarben und für die Synthese zu bilden haben.

Damit ist auch die Kardinalfrage entschieden und folgender- maßen beantwortet: Aufnahme- und Reproduktionsfilter sind nicht identisch1).

Ein Blick auf die Kurven (Fig. 18) zeigt die Filterfarben näherungsweise. Die H- Kurve wird durch eine Linie, der im Spektrum die gelbe Farbe zukommt, in zwei nahezu symmetrische Hälften zerlegt2); ein der Kurve entsprechendes Filter wird also gelb sein. Ein der 6r -Kurve angepaßtes Filter wird grüngelb, ein der F- Kurve genügendes violett aussehen.

Die Reproduktionsfarben sind aber zweifellos die den Grundempfindungen selbst zukommenden, in ihrer Nuance charakterisiert etwa durch die spektralen Farbenstrahlen Rot (665 ftft), Grünblau (507 [i[i) und Blauviolett (475ftft). Ganz allgemein gesprochen sind mithin die Reproduktionsfilter nicht nur andersfarbig wie die Aufnahmefilter, sondern auch weit enger begrenzt, also strenger. Daß die Praxis derartige Filter weder herstellen kann , noch herzustellen braucht, ist zuzugeben , da ihr einerseits Farbstoffe von der geforderten spezifischen Durchlässig- keit fehlen und andererseits eine gewisse Weiblichkeit selbst mit den theoretisch besten Filtern, denen, der Natur der Sache nach, niemals die Sättigung der Grundfarben zukommen kann , un- vermeidlich ist. Außerdem würden gewaltige Energiemengen zu einer genügend lichtstarken Reproduktion, sei es nun im Chromo- skop oder im Projektionsapparat (wenigstens für größere For- mate), erforderlich sein. Man wird sich daher begnügen müssen, den Reproduktionsfiltern eine allgemeine Durchlässigkeit für Weiß

1) Unter Eeproduktionsfiltern verstehen wir Filter zur Färbung der bei der Synthese verwandten Lichtstrahlen.

2) Wenn man den praktisch bedeutungslosen Teil der Kurve von b nach G vernachlässigt.

107

mit einem ausgesprochenen Maximum für die Nuancen der Grundfarben zu geben.

Unsere theoretischen Forderungen werden hierdurch kaum berührt: Für die Aufnahmefilter eine, unter Würdigung der be- sonderen Umstände, den Elementarkurven angepaßte Durchlässig- keit, für die Reproduktionsfilter Anschluß an die Grundfarben selbst. Je durchlässiger die Reproduktionsfilter, desto begrenzter und strenger wird man im allgemeinen die Aufnahmefilter wählen müssen, unter Verzicht auf eine in allen Nuancen richtige Farben- wiedergabe.

Im übrigen müssen sich die Filter den besonderen Eigen- schaften des Sensibilisators fügen oder, was dasselbe besagt, nicht der optische Befund entscheidet, sondern der photochemische. Wäre dies nicht der Fall, so müßten wir die Mehrzahl der grünen Aufnahmefilter verwerfen, da sie auch einen nicht unbeträchtlichen Teil des äußersten Rot (etwa bis 680ftft) hindurchlassen. Für das photographische Bild ist dies aber gleichgültig , denn wir besitzen keinen Farbstoff, der für so langwellige Strahlen noch sensibilisierte.

Wie sich die Verhältnisse im besonderen darstellen, mag ein Beispiel zeigen:

Wir nehmen an, es handele sich um die Herstellung eines Aufnahmefilters für die Grundfarbe Rot unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Äthylrotes als Sensibilisator. Würde das Äthylrot für alle Farbenstrahlen so sensibilisieren, daß das photo- graphische Bild des Spektrums den Helligkeitswerten des optischen Bildes entspräche, so würde ein Filter zu wählen sein mit dem Maximum der Durchlässigkeit etwa bei 585 ft ft und einem nahezu stetigen Abfall bis etwa 700ftft einerseits und 500 ftft anderer- seits (vgl. die Kurve jR, Fig. 20 *). Die Sensibilisierungskurve S des Äthylrotes zeigt jedoch die praktische Unzulänglichkeit eines derartigen Filters für den besonderen Fall. Sie beginnt erst bei etwa 650 ftft und steigt bis 580 ftft an, um dann zu der Abszisse nahezu parallel zu verlaufen. Es wird daher notwendig, das Durchlässigkeitsmaximum des Filters den längeren Wellen zu nähern und etwa nach 610 ft ft zu verlegen und dadurch den ab-

J) Der Kurvenast 500 bis 400 ,u u möge wiederum vernachlässigt werden.

108

fallenden Ast der Sensibilisierungskurve zu beben. Eine Begren- zung der Durchlässigkeit nach dem roten Ende des Spektrums ist nicht erforderlich, sie wird bereits durch die Äthvlrotkurve ge- geben. Es resultiert mithin die Filterkurve F(B). Das Aussehen des Filters ist orange mit rötlichem Stich.

Fi g. 20.

In ähnlicherWeise können (nach Donath) die anderen Auf- nahmefilter unter Zugrundelegung des Äthylrotes als Sensibili- sator wie nebenstehend bestimmt werden.

Versuche haben ergeben, daß mit derartigen Filtern sowohl völlig zufriedenstellende Wiedergaben der Körperfarben in jeder Beleuchtung (ohne Farbenumschlag) als auch des Spektrums mög- lich sind1). Zugleich bieten sie gegen die auf S. 104 charakteri- sierten Filter den Vorteil erhöhter Energiedurchlässigkeit und dementsprechend herabgesetzter Gesamtexposition der Teilauf- nahmen. Auch nähern sie sich den im Abschnitt besprochenen Bedingungen weit genug, um innerhalb der zulässigen Fehler- grenze für die subtraktive Synthese Verwendung finden zu können. Schon Miethe hatte übrigens zur Vermeidung des Farbenum- schlages seinem anfangs sehr strengen grünblauen Aufnahmefilter mit gutem Erfolge eine mehr grüngelbe Färbung geben müssen. Die Richtigkeit des vorgetragenen Prinzips, d. h. die Zweckmäßig- keit der Anlehnung an die Elementarempfindungskurven, auch in bezug auf die anderen Filter, wird dadurch bestätigt.

l) Bis auf die durch Vernachlässigung des kurzwelligen Teiles der R- Kurve fehlenden Töne im Violett.

A.) Aufnahmefilter.

109

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110

Die Ausführung der photographischen Analyse nach den drei Grundfarben.

Die Analyse besteht in der Herstellung von drei Negativen hinter den im vorigen Abschnitt gekennzeichneten Filtern, wenn eine additive Synthese (Betrachtung im Chromoskop oder durch Projektion) folgen soll, oder hinter den im sechsten Kapitel be- sprochenen Filtern, wenn eine subtraktive Synthese (Druck in irgend einer Form) beabsichtigt wird. Wir haben zunächst nur die additive Synthese ins Auge gefaßt. In allen Fällen bedarf es für die Aufnahmen hinter den roten und grünen Filtern einer besonderen färben empfindlichen Platte. Der erste Abschnitt des Prozesses wird also mit der Sensibilisierung der Platte beginnen, falls man es nicht vorzieht, eine der im Handel befindlichen pan- chromatischen Emulsionen zu verwenden.

Die Sensibilisierung der Platte. Um einen praktischen Fall durchzuführen, wählen wir als Sensibilisator das Äthylrot von Miethe und Traube, da es wie übrigens auch das König sehe Pinachrom T für alle Farbenstrahlen empfindlich macht und so die drei Teilaufnahmen nacheinander auf dem- selben Plattenstreifen ermöglicht, ein Vorteil von außerordent- lich praktischer Bedeutung.

Soll eine Dreifarbencamera, beispielsweise in der Konstruktion von Miethe, zur Aufnahme verwandt werden, so sensibilisiert man Streifen in der Größe 9 X 24 cm, da die Teilbilder das Format 9 X 8 cm haben, oder man nimmt die käuflichen Platten in der Größe 18 X 24 cm und schneidet sie nach dem Trocknen in der Mitte durch.

Jede gute, frische Platte ist zum Sensibilisieren geeignet, doch gibt nicht immer gerade eine empfindliche Emulsion die besten Resultate. Grobes Korn färbt sich nur oberflächlich an; mittelempfindliche, klar arbeitende Platten sind daher vorzu- ziehen. Das Sensibilisierungsbad wird folgendermaßen hergestellt. Eine Lösung von 1 g Äthylrot *) in 500 ccm siedendem Alkohol dient als Ausgangsmaterial. Sie hält sich nach Zusatz von einigen Tropfen Ammoniak im Dunkeln beliebig lange.

D Böh ringer, Mannheim.

111

Zum Gebrauch wird ein passendes Quantum der Vorrats- lösung hundertfach mit destilliertem Wasser verdünnt und erhält einen Zusatz von starkem Ammoniak (3 bis 5 ccm auf den Liter). In dieser Lösung werden die Platten einzeln in Schalen oder zu vielen in passenden Trögen und in neusilbernen Gestellen gebadet. Die Dauer des Bades beträgt 120 Sekunden. Darauf werden die Platten unter stark fließendem Wasser drei Minuten gespült und dann getrocknet. Dies geschieht am besten mit dem Ventilator oder, um eine Verstaubung möglichst zu vermeiden, in besonders konstruierten Trockenschränken. Auf die Zeitdauer des Trocken- prozesses kommt, aus bisher noch unaufgeklärten Ursachen, sehr viel an. Die langsam getrocknete Platte hat einen anderen Charakter wie die schnell getrocknete ; meist schieiert die langsam getrocknete Schicht, die Sensibilisierung ist im ganzen weniger groß und zeigt ein geklüftetes Sensibilisierungsband. Schlieren und landkartenähnliche Flecke stellen sich oft ebenfalls ein.

Da die sensibilisierten Platten eine spektrale Empfindlichkeit bis zur C- Linie aufweisen, so ist die gewöhnliche Dunkelkammer- beleuchtung, falls nicht äußerste Vorsicht angewandt wird, für den Sensibilisierungsprozeß und für die Entwickelung der Platte unzulässig. Brauchbare Scheiben können folgendermaßen her- gestellt werden. Zwei unbelichtete Bromsilberplatten werden ausfixiert, sehr gut gewässert und in nachstehenden Farblösungen gebadet.

Platte I in Platte II in

/ 20 g Tartrazin (Merck, Darmstadt) ^ .

( 500 ccm Wasser / riel

f 5 g Methylviolett l 500 ccm Wasser

Dauer des Bades je fünf Minuten. Platte II wird vor dem Trocknen zehn Sekunden in reinem Wasser abgespült. Zum Gebrauch werden beide Platten, nachdem sie eventuell vorher lackiert sind , mit der Schicht aufeinandergelegt und an den Rändern verklebt.

Badeplatten sind oft doppelt so empfindlich wie die panchro- matischen Platten des Handels, ihre Haltbarkeit ist aber meist etwas geringer, auch zeigen sie leicht die schon genannten Fehler (Punkte, Schlieren, Schleier usw.).

Die Aufnahme. Konstruktionen von Dreifarbencameras sind sehr zahlreich, man kann jedoch leicht zwei Hauptgruppen

112

unterscheiden. Beiden ist die Herstellung der Teilaufnahme in zeitlicher Aufeinanderfolge gemeinsam. Der Unterschied besteht in der Verwendung dreier Platten oder einer gemeinsamen Platte für die drei Teilaufnahmen. Immer liefert ein feststehendes Objektiv die Bilder, da anderenfalls, d. h. bei Verwendung dreier Objektive nebeneinander, aus Gründen der parallaktischen Ver- schiebung, in der Zeichnung unidentische Aufnahmen entstehen würden.

Eine dritte Gruppe einstweilen ohne praktische Be- deutung — erstrebt die gleichzeitige Anfertigung der Teilauf- nahmen.

Die in der Praxis gut bewährte Konstruktion von Miethe soll kurz besprochen werden (Fig. 21). Die Camera ist charak- terisiert durch einen hinteren Gleitrahmen, mit dem sich , übereinander angeordnet und in der Reihenfolge Violett, Grün, Rot, die drei Aufnahmefilter von oben nach unten an der Balgenöffnung vorbeibewegen lassen. Eine Sperrvorrichtung läßt den Rahmen in den Filter Stellungen festhalten. Mit den Filtern bewegt sich die langge- streckte Kassette und die Platte (9 X 24 cm) abwärts. Die Filter befinden sich also nicht vor dem Objektiv, sondern dicht vor der Mattscheibe oder Platte, was am günstigsten ist. Eingestellt wird durch das relativ helle Rotfilter.

Selbstverständlich muß das Objektiv apochromatisch sein, d. h. seine Farben- strahlen müssen so korrigiert sein, daß es die drei Teilbilder bei gleichzeitiger Schärfe in gleicher Größe liefert. Dieser Bedingung genügen nur wenige Linsen. Neuere Änderungen an der Camera be- treffen das Prinzip nicht, sondern stellen nur Erleichterungen für den Photographen dar, so etwa eine pneumatische Verbindung des Gleitrahmens mit dem Objektivverschluß, die nach jeder Teil- exposition eine automatische Verschiebung der Kassette um Filter- breite veranlaßt.

Fig. 21.

113

Den Aufnahmen hat eine genaue Bestimmung der Belichtungs- verhältnisse für die Teilbilder vorauszugehen. Die verschiedene Energiedurchlässigkeit der Filter, sowie die eigenartige, keines- wegs homogene Wirkungskurve des Sensibilisators verbieten eine gleichlange Exposition für die Teilbilder. Eine Korrektur ist jedoch leicht vorzunehmen, wenn man bedenkt, daß, im Einklang mit den theoretischen Forderungen, ein weißer, bzw. neutral grauer Körper auf die Platte durch alle Filter mit gleicher Inten- sität wirken und also im Negativ gleich starke Deckungen hervor- rufen muß. Der photographischen Schicht kommt hier ihre Fähigkeit, Eindrücke zu summieren, zu Hilfe. Man wird also mit den Expositionszeiten für die Teilbilder so lange variieren, bis die gleiche Deckung für Weiß erreicht ist. Es fragt sich nur, wann ein Aufnahmegegenstand weiß bzw. grau genannt werden kann. Das hängt neben seiner Beschaffenheit auch von der Beleuch- tung ab. Dasselbe Stück Papier sieht unter freiem Himmel bläulich und bei Lampenbeleuchtung gelb aus. In der Sonne hat es eine andere Farbe wie im Schatten. Dazu kommt noch eine besondere Schwierigkeit. Das Auge gewöhnt sich an bestimmte Beleuchtungsarten und ist z. B. geneigt, das Papier auch bei Lampenlicht weiß oder höchstens weißgelb zu nennen, während es ihm bei dem unmittelbaren Vergleich mit Tageslicht gelbrot erscheinen würde. Ist die Tagesbeleuchtung schwach, so kann sich dagegen das Auge von dem durch Gewöhnung gefestigten Ein- druck Weiß bzw. Weißgelb bei Lampenlicht nicht losmachen, und es empfindet die Tagesbeleuchtung bläulich (Dämmerung am Fenster).

Mit der Wahl der Beleuchtung bei der Bestimmung der Belichtungsverhältnisse als weißen Körper kann man etwa Gips gelten lassen legen wir jedoch den Begriff Weiß fest und überlassen es später dem Auge, sich momentan in die Werte der Reproduktion hineinzudenken. Die mit den Tageskonstanten aufgenommenen Abendbilder worunter wir auch Aufnahmen bei künstlichem Licht verstehen werden daher oft viel zu rot erscheinen, ein Eindruck, von dem man sich selbst beim besten Willen nicht losmachen kann. Wir stehen also vor der eigentüm- lichen Tatsache, daß, in extremen Fällen, die Konstanten dem Aufnahmeobjekt angepaßt werden müssen. Mit diesem physio- logischen Element wird leider ein subjektiver Faktor in das sonst zwangläufige Aufnahmeverfahren hineingetragen.

Donath, Earbenphotographie.

8

114

Man hält sich also zunächst an die Beleuchtung, die dem Auge am häufigsten begegnet, das ist das diffuse Tageslicht, und bestimmt die Belichtungsverhältnisse für Weiß. Entwickelt darf jedoch nicht bis zur völligen Deckung werden, da die Schwärzungs- kurve nicht in allen Teilen geradlinig aufsteigt, sondern mit der Zeit fast horizontal umbiegt. Geringe Unterschiede in den Be- lichtungsverhältnissen kommen dann nicht mehr zur Geltung.

Sind die Expositionsverhältnisse für Violett, Grün, Rot bestimmt, beispielsweise zu 1,2: 1:2,3, so muß wie für jede gewöhnliche Aufnahme die Belichtungszeit überhaupt festgelegt werden. Sie ergibt sich für eine der drei Aufnahmen, etwa Violett, durch erfahrungsgemäßen Vergleich mit irgend einem Photometer. Da die Exposition sehr genau sein muß, weil sie sonst zu falschen Farbenwerten führt, kann man sich auf die Übung allein meist nicht verlassen.

Nach jeder Teilexposition müssen Platte und Filterrahmen verschoben werden. Die Dauer einer Aufnahme setzt sich mithin aus den Belichtungszeiten an sich und der zur zweimaligen Ver- schiebung des Rahmens erforderlichen Zeit zusammen. Man wird sie aus begreiflichen Gründen so kurz wie möglich zu machen suchen. Denn wenn sich schon die Aufnahme schnell bewegter Gegenstände wegen der zeitlichen Aufeinanderfolge der Belich- tungen von selbst verbietet, so können auch sonst vielerlei Um- stände das Zustandekommen einer Dreifarbenanalyse vereiteln oder doch ihren Wert illusorisch machen, so vor allem Intensitäts- wechsel in der Beleuchtung. Zunehmende oder abnehmende Be- wölkung, Wolkenschatten, fortschreitende Wasserstreifen, Wind und Laubbewegung geben zu Überexpositionen einer oder der anderen Teilaufnahme oder zu bunten Rändern Veranlassung. Seit wir hochempfindliche panchromatische Platten besitzen und vor allem mit einer Platte operieren können, sind die Fehler vermindert, aber nicht beseitigt. Das wird erst bei gleichzeitiger Herstellung der Teilbilder der Fall sein.

Eine Camera für gleichzeitige Aufnahmen ist mithin das nächste erstrebenswerte Ziel. Mehrere Konstruktionen sind bereits versucht worden, aber ohne nennenswerten Erfolg. Apparate mit Uhrwerk, die nach Art eines Kinematographen die geforderte Koinzidenz der Aufnahmen in ein rasches Nacheinander auflösen, sei es nun, um in der Reproduktion wirklich bewegte Bilder zu

115

schaffen, oder um nur drei Teilaufnahmen durch sukzessive Raten- belichtung herzustellen, werden umständlich, zu schwer und lassen sich meist nicht sicher genug fundieren. Es bleibt also nur übrig, die vom Objektiv kommenden Lichtstrahlen zu spalten und ent- weder getrennten oder einer gemeinsamen Platte zuzuführen. Um das Prinzip zu zeigen, sollen zwei Konstruktionen beliebig heraus- gegriffen werden.

L (Fig. 22) möge das vom Objekt her einfallende Licht- bündel sein. Es wird durch zwei unter 90° gestellte und mit dem Strahl einen Win- kel von 45° bildende durchsichtige Spiegel Sx und S2 in drei Partial- bündel li , l2 , ?3 zer- spalten. Drei Objektive Oi, 02, 03 nehmen die Bündel auf und führen sie durch die Filter V und 6r den Platten zu.

Das Rotfilter wird über- flüssig, wenn der Spiegel S2 in seiner Masse ent- sprechend gefärbt ist.

Die durch Reflexion an den vorderen und hin- teren Spiegelflächen ent- stehenden Doppelbilder werden durch die erwähnte Rotfärbung von So und eine entsprechende Gelbfärbung von ft vernichtet (Miethe).

Soll eine gemeinschaftliche Platte die Teilbilder nebeneinander aufnehmen was praktisch besser ist , so gestalten sich die Verhältnisse wegen der Ungleichheit der optischen Wege viel schwieriger. Eine Lösung läßt sich dann nur durch komplizierte Spiegeleinrichtungen, Prismen oder durch Trennung der Objektiv- hälften erzielen. Fig. 23 zeigt eine Konstruktion von Ducos du Hauron. Vor der langgestreckten Platte P befinden sich die Filter V , Gr und P. Das einfallende Licht L wird durch die Linse 0 auf genommen, parallel gerichtet und nach Reflexion an dem Spiegel S den durchsichtigen Spiegeln Sx , S2 und dem

8*

Fig. 22.

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opaken Spiegel S3 zugeführt. Die Linsen 0lt 02, 0 3 entwerfen die Teilbilder.

Die Entwickelung der Platte kann in irgend einem der bekannten Entwickler geschehen, falls er nicht zu stark deckt (etwa Rodinal 1 : 20). Anderenfalls gehen die Lichter zu, erscheinen in allen drei Teilbildern gleich geschwärzt, und alle hellen, zarten Farbentöne, die im additiven Farbendreieck (vgl. S. 80 u. 81) in der Nähe des Schwerpunktes liegen, kommen in der Reproduktion weiß wieder.

Hervorgerufen wird anfangs im Dunkeln, später bei der bereits erwähnten Beleuchtung. Die Teilbilder erscheinen auf

der Platte übereinander, oben das Violettbild, unten das Rotbild, in der Mitte das Grünbild (bei der Miethe sehen Anordnung der Filter). Das Violettbild überrascht oft durch seine Leerheit und erscheint meist völlig unterexponiert. Man darf jedoch nicht vergessen, daß die Platte die Natur wiedergibt, wie das Auge sie sieht, und für das Auge treten die dunkeln violetten und blauen Farbenwerte den grünen und roten gegenüber ganz zurück, sie erscheinen auf der Aufnahme in denselben verminderten Verhält- nissen als Helligkeits werte. Nur ein weißer Gegenstand zeigt auf allen drei Teilbildern dieselbe Deckung.

Mit der Fixage der Platte ist die photographische Analyse nach den Grundfarben Violett, Grün, Rot beendet. Jedes Teilbild enthält als Deckungswerte die betreffenden Intensitätsanteile der Farben. Die Gesamtaufnahme stellt sozusagen ein Farbendokument

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in Abschattierungen dar, sie zeigt, in welchen Mischungsverhält- nissen die Grundfarben an jeder Stelle des Bildes miteinander zu vereinen sind, um den Natureindruck wiederzugeben. Ob die Synthese wiederum durch ein photochemisches Verfahren oder durch Farbendruck erzielt wird, ändert, wie bereits eingangs er- wähnt, nichts an der Tatsache, daß die Analyse auf rein photo- chemischem Wege gewonnen wurde. Dreifarbenbilder dieser Art können also unbedingt Anspruch darauf machen, Photographien in den natürlichen Farben genannt zu werden.

Die Richtigkeit des Verfahrens vorausgesetzt, fragt es sich jedoch, in welchen Grenzen die praktische Ausführung der Ana- lyse sich mit den prinzipiellen Forderungen deckt. Angenom- men, die Panchromasie der Platte sei vollkommen und die Filter theoretisch einwandfrei oder doch so korrigiert, daß sie im Verein mit den Besonderheiten der Sensibilisierung die verlangten Durch- lässigkeitskuven geben, so bleibt im Grunde nur die der Be- lichtung unproportionale Schwärzung der Platte als Fehlerquelle zurück. Die Schwärzungsgradiente ist, je nach der Art der Emulsion, eine verschiedene, im allgemeinen aber nur in ihrem mittleren Anstieg nahezu eine gerade Linie, anfangs verläuft sie flacher und zum Schluß biegt sie mit der Zeit parallel zur X-Achse um. Es liegt auf der Hand, daß nur die mittleren Deckungs- verhältnisse, soweit sie sich innerhalb des geradlinigen Anstieges der Kurve bewegen, Anspruch auf Richtigkeit machen können. Die Fehler liegen also an den unter- und überexponierten Stellen des Bildes, in den tiefen Schatten und hohen Lichtern. Sie äußern sich einerseits im Ausbleiben von Teilfarben, falschen Farbenmischungen und andererseits durch das Weißwerden heller und feiner Farbennuancen.

Daraus ergeben sich einige praktische Regeln : Große Hellig- keitskontraste sind bei der Wahl des Aufnahmeobjektes zu ver- meiden, z. B. direkte Sonne, die stets zu weißen Spitzlichtern Anlaß gibt. Zarten und hellen Farbentönen ist die Entwicke- lung so anzupassen, daß nur an denjenigen Stellen der Teil- aufnahmen völlige Deckung eintritt, die am Objekt blendend weiß waren. Ein gutes Dreifarbennegativ muß also fein durch- gearbeitet, aber bis zu den stärksten Deckungen durchsichtig und zart sein. Jeder Deckungsfehler gibt bei der Reproduktion einen Farbenfehler.

118

Innerhalb der angedeuteten Fehlergrenzen lassen sich jedoch die Anforderungen der Theorie mit den Leistungen der Praxis, was die Analyse anbelangt, in Einklang bringen.

Drittes Kapitel.

Die additive Synthese der Teilbilder.

Die drei Negative auf gemeinsamer Platte enthalten die Intensitäten der Grundfarben noch nicht als Helligkeitswerte, sondern als Deckungen, es bedarf mithin der Herstellung einer Kopie, die für eine additive Synthese am besten ein Diapositiv, also ein durchsichtiges positives Bild auf Glas ist.

Fig. 24 stellt zwei Diapositivstreifen nach Dreifarbennega- tiven dar. Das oberste Bild enthält die Violettwerte, das mittlere die Grünwerte und das unterste die Rotwerte des Aufnahme- objektes. Es ist nicht schwer, die Helligkeits werte als Farben- werte von den Bildern abzulesen. Die gefüllte Petunie auf dem Pflanzenbilde erscheint beispielsweise auf allen drei Teilbildern relativ hell , ist also offenbar weißlich. Es überwiegt jedoch Blau bei der Synthese ist für Violett ein tiefes, fast violettes Blau zu setzen (vgl. S. 109) und namentlich Rot. Die Blume ist mithin licht rosa mit einem geringen Stich ins Blaue. Die ungefüllte Petunie links daneben erscheint auf dem Grün- bilde dunkel, heller auf dem Violettbilde, am hellsten auf der Rotaufnahme. Sie ist rot mit beträchtlicher Beimischung von Blau, also rotviolett. Ebenso kann man leicht die hellgrüne, fast gelbgrüne Farbe der jungen Blättertriebe rekonstruieren, wenn man sich erinnert, daß gleiche Helligkeiten von Rot und Grün in additiver Mischung ein Gelb geben. Der Hintergrund ist nahezu indifferent mit einem Stich ins Blaue. Schwieriger ist das Urteil über die weniger ausgesprochenen Farben der Landschaft, doch kann man unschwer den inneren grünen und den äußeren rot- gelben Anstrich des Kahnes erkennen. Die Bäume sind nicht ausgesprochen grün, sondern zeigen auch auf dem Rotbilde be-

Rotwerte Grünwerte Violettwerte

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Fig. 24.

Rotwerte Grünwerte Violettwerte

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deutende Helligkeitswerte. Diese Tatsache im Verein mit den langen Schatten läßt auf eine Abendbeleuchtung schließen.

Es handelt sich nun datum, die den Helligkeitswerten ent- sprechenden farbigen Lichter in additiver Synthese miteinander zu vereinigen. Dies ist bei subjektiver Betrachtung mit dem Chromoskop, für objektive Darstellung mit Hilfe besonderer Pro- jektionsapparate möglich.

Fig. 25 stellt das von Zink in Gotha angegebene, ver- besserte Ivessche Chromoskop in der meistgebrauchten Form dar. Ein treppenförmiger, schräg gerichteter Kasten aus Holz trägt Pig.. 25. auf seinen Stufen die

Teilbilder R, 6r und B als Diapositive und dar- unter die den Nuancen der Grundfarben ent- sprechenden Farbenfilter A> A- Auge des Beschauers befindet sich bei A und nimmt in drei durchsichtigen, um 45° geneigten und hinter- einander angeordneten Spiegeln sl5 s2, s3 die Teilbilder in den zu- gehörigen Farben wahr. Sie scheinen bei richtiger Justierung der Spiegel alle in derselben opti- schen Ebene R' G' B' zu schweben und kommen hier miteinander zur Deckung. Die an jedem Punkte des Gesamt- bildes zur Vereinigung gelangenden Farbenstrahlen entsprechen in ihrer Intensität den Helligkeitswerten der Teilbilder. Der Endeffekt ist mithin ein dem Original entsprechendes natur- farbiges Bild. Von dem gesamten, zur Beleuchtung der Dia- positive dienenden Tageslicht gelangt, durch die Filter und Spiegel geschwächt, nur ein geringer Bruchteil ins Auge. Das Bild ist also stets relativ lichtschwach, ein Umstand, der den Farben viel von ihrem ursprünglichen Reiz nimmt.

121

Dieser Übelstand tritt bei der farbigen Projektion der Teil- bilder ebenfalls in die Erscheinung, nur ist er weniger auffällig, da der unmittelbare Vergleich mit der Lichtquelle erschwert wird. Die drei Teildiapositive werden in gewohnter Weise durch Pro- jektionsapparate mit Hilfe von identischen Objektiven entworfen und durch gelinde Parallelverschiebung der letzteren miteinander zur Deckung gebracht. Wird das iü-Bild mit rotem, das 6r-Bild mit grünem und das F-Bild mit blauviolettem Licht projiziert, so resultiert auf dem Schirm, ebenso wie im Chromoskop, ein farbiges Bild von oft überraschender Naturtreue.

Der Gedanke einer Dreifarbenprojektion ging von Maxwell aus und wurde später namentlich von Ives aufgenommen, dem es gelang, einen brauch- baren Apparat zu kon- struieren. Indem er von der theoretisch richtigen An- sicht ausging, man müsse den drei Diapositiven das Licht von nur einer Licht- quelle zuführen, unterteilte er ein von L (Fig. 26) aus- gehendes und durch den Kondensator KK parallel gemachtes Strahlenbündel durch ein System durch- sichtiger und opaker Spiegel S1 bis £4. £2 und S3 sind

durchsichtig und lassen daher einen Teil des Lichtes durch das Grünfilter zum Diapositiv G und zum Objektiv On gelangen. Das von £3 linkseitig reflektierte Teilbündel fällt auf den opaken Spiegel £j, durchsetzt das Rotfilter /\, das Dia- positiv B und gelangt zum Objektiv Oi. In gleicher Weise wird von S2 aus dem Diapositiv B durch f3 blau gefärbtes Licht zu- geführt. Die Abbildung erfolgt durch Om-

Praktisch ist diese Art der Strahlenteilung, für Bogenlicht wenigstens , das aber wegen seiner F arbe und Intensität allein in Frage kommt, mangelhaft. Die Stellung der Kohlen zueinander bringt es nicht nur mit sich, daß meist die obere Hälfte des Pro-

Fig. 26.

*L

122

jektionsfeldes heller ist als die untere, die ungleiche Verteilung erstreckt sich vielmehr oft auch auf die rechte und linke Hälfte. Dies sollte in bezug auf die Richtigkeit der Farben wiedergabe gleich- gültig sein, da stets korrespondierende Punkte der Teilbilder in gleicher Weise erleuchtet werden. Die Erfahrung lehrt jedoch, daß bei der Beweglichkeit, welche die Objektive zusammen mit den Spiegelsystemen haben müssen, um die projizierten Bilder zur Deckung zu bringen, die Justierung selten genau genug erhalten bleibt, um eine gleichmäßige Verteilung des Lichtes auf die Bilder zu gewährleisten. Die Folge davon können ziemlich beträchtliche Farbenfehler sein.

Neuere Apparate, z. B. die von Miethe und Donath für große Lichtstärken konstruierten, arbeiten daher mit drei Lampen und drei Linsensätzen ohne Spiegelvorrichtungen. Genaue Meß- vorrichtungen für Stromstärke oder Spannung gestatten, die Lichtstärken in den praktisch geforderten Grenzen konstant zu halten. Die Teilbilder werden auf Glasstreifen bezüglich Metall- rahmen so justiert , daß sie immer wieder auf dem Schirm zusammenfallen, sobald die nach drei Koordinaten verschiebbaren Objektive die richtige Stellung zueinander haben. Die Filter sitzen entweder vor den Objektiven oder treten gleichzeitig als Kühlflüssigkeiten zwischen die Kondensatorlinsen und Dia- positive. Für Bildgrößen 2,5 X 2,5 m (Miethe) beträgt die Strom- stärke pro Lampe 25 Amp., für Bildgrößen bis zu 5 X 5m (Donath) 65 Amp. Darüber hinauszugehen, hat sich, wegen der übergroßen Erhitzung der Linsen und der den Lampen benach- barten Apparatenteile, als technisch unausführbar erwiesen.

Derartige Projektionen können, wie es namentlich Miethe mit seinen überaus geschickten Stimmungsbildern bewiesen hat, von größter Wirkung auf den Beschauer sein und den Eindruck unmittelbarster Naturtreue machen. Aber das Auge verliert oft alle Kritik, sobald es sich an glühender Farbenpracht erfreuen kann und ihm ein direkter Vergleich versagt bleibt. Dieses physiologische Moment muß man bei einer Diskussion der Authentizität der Farben Wiedergabe zunächst ausschalten. In welchen Grenzen der Genauigkeit sich die photographische Ana- lyse bewegt oder bewegen kann , wurde bereits erörtert. Den* selben Fehlern wie das Negativ ist naturgemäß auch das Diapositiv ausgesetzt, selbst wenn die Bilder durch gleichzeitigen Abdruck

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der Teilbilder und gleichzeitige Entwickelung gewonnen wurden. Die Helligkeitsverhältnisse auf den Diapositiven brauchen darum doch nicht dieselben zu sein wie die Deckungsverhältnisse der negativen Teilbilder. Auch hier sind die Werte, wie beim Negativ, nur innerhalb des geradlinig auf steigenden Teiles der Schwärzungs- kurve richtig. Stark geschwärzte Stellen der Negative zarte helle Farben des Originals betreffend , deren richtiges Deckungs- verhältnis schon an sich aus den genannten Gründen zweifelhaft ist, werden im Diapositiv meist gleich offen erscheinen. Die Farbennuance, selbst wenn sie im Negativ noch nachweisbar sein sollte, geht also im Diapositiv ganz verloren und macht einem Weiß Platz. Derartige, im Negativ und Positiv zu hart entwickelte Bilder machen bei der Reproduktion einen durchaus falschen Farbeneindruck. Es sollen mithin, bei aller Kraft, auch die Diapositive zart gehalten und nur an allen den Stellen wirklich glasklar und offen sein, die im Original weiß waren und im einwandfreien Negativ gleiche Schwärzung bei höchster Deckung besaßen. Eine schwierige Aufgabe für die Praxis.

Ganz leichte Fehler in der Exposition der negativen Teilbilder können durch verschieden lange Belichtung der Diapositive aus- geglichen werden, obgleich auch hieraus, wie man leicht sieht, eine Farbenverschiebung resultieren muß. Ganz unzulässig ist jedenfalls eine Verstärkung des einen oder anderen Teilbildes, da hierdurch die Kontraste, d. h. die Deckungsverhältnisse innerhalb eines Bildes verändert werden. Ein erheblicher Farbenfehler muß dann die Folge sein. Was für die Verstärkung gesagt ist, gilt natürlich in gleicher Weise auch für jede Abschwächung.

Aber selbst theoretisch einwandfreie Diapositive voraus- gesetzt, kann die Reproduktion dennoch keine identischen Farben ergeben. Dazu müßte man mit demselben Licht reproduzieren können, für das die Belichtungsverhältnisse der Teilnegative in bezug auf einen farblosen Körper bestimmt wurden, also etwa mit zerstreutem Tageslicht. Für das Chromoskop trifft dies bis- weilen zu, für die Projektion niemals, denn selbst das elektrische Bogenlicht ist gegen das Tageslicht beträchtlich gelbstichig. Und schon im Chromoskop machen sich gelegentliche Beleuchtungs- wechsel sehr störend bemerkbar. Wenn die Farbenänderung bei der Projektion in überraschend geringem Maße fühlbar wird, so liegt dies lediglich an dem Mangel jeglichen Vergleichsobjektes.

124

Es ist erstaunlich, was sich das Auge alles als Weiß anbieten läßt. Brennen alle drei Lampen mit den richtigen Lichtstärken, so erscheint das freie Projektionsfeld schneeweiß, und doch würde man erstaunt sein, eine vom Tageslicht beleuchtete farblose Fläche daneben zu sehen. Sind gar im Bilde weiße Bezirke geringer Ausdehnung von intensiven Farben umrahmt, so können die Intensitätsverhältnisse der Lampen ruhig um mehrere Prozent verändert werden, ohne dem Weiß Abbruch zu tun. Viel empfind- licher ist man schon gegen gewisse Farbennuancen, die, wie das Gelb, durch annähernd gleiche Intensität zweier Grundfarben ent- stehen; kleine Änderungen werden da bereits ziemlich deutlich als Rot- oder Grünstich empfunden.

Daß alle Farben gegen diejenigen des Originals weißlich er- scheinen müssen, wurde bereits früher hervorgehoben, ebenso die Möglichkeit eines Farbenumschlages bei unrichtig gewählten Auf- nahmefiltern.

Auch die Intensität des Bildes ist nicht ohne Einfluß auf die Farbenwiedergabe. Selbst das lichtstärkste Projektionsbild wird an Intensität stets weit hinter dem Original Zurückbleiben, nur die Gewöhnung des Auges an einen dunkeln Raum kann über diesen Mangel hinwegtäuschen. Mit der Abnahme der Gesamt- intensität ändern sich aber auch alle Farbentöne, die nicht durch gleichstarken Reiz der in Frage kommenden Nervengruppen zustande kommen, Gelbrot geht beispielsweise nach Rot, Gelbgrün nach Grün über, und zwar um so ausgesprochener, je mehr sich die schwächere Komponente der Reizschwelle nähert. Sehr schwache, namentlich violette Töne, die in . der Natur deutlich hervortraten, erreichen oft in der Wiedergabe die Reizschwelle gar nicht und scheiden daher gänzlich aus.

Unter kritischer Würdigung aller dieser Umstände sieht man, daß niemals eine wirklich authentische Farbenwiedergabe erreicht werden kann, sondern bestenfalls eine Reproduktion in den Farben , die das Objekt in einer Beleuchtung haben würde, die durch das Licht der Projektionslampen gegeben oder ent- sprechend modifiziert ist. Dies Resultat genügt aber bei dem er- staunlichen Entgegenkommen des Auges in praktischem Sinne vollkommen. Die additive Synthese ergibt also mit gewissen Ein- schränkungen vollkommene Reproduktionen der Naturfarben und wird hierin von der subtraktiven Synthese auch nicht annähernd

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erreicht. Dafür liefert letztere dauernde, stoffliche Bilder, während die additive Synthese nichts ist als ein vorübergehendes Spiel bunter Lichtstrahlen.

Viertes Kapitel.

Additive Farbenwiedergabe nach Wood mit Hilfe von Beugungsspektren.

Theorie und Ausübung des Verfahrens.

Einen sehr eigenartigen Weg zur Färbung der drei Teilbilder beschreitet R. W. Wood. Er benutzt die Beugung und Farben- bildung an Diffraktionsgittern, indem er die Teilbilder mit feinen Liniensystemen in verschiedenen Abständen bedeckt. Der End- effekt besteht in einer naturgemäßen Färbung eines entweder direkt oder indirekt (mit Hilfe eines Projektionsapparates) be- trachteten Kombinationsbildes. Zum Verständnis des Verfahrens sei zunächst folgendes bemerkt:

Läßt man auf den schmalen Spalt AB a eines Dia- phragmas D (Fig. 27) ein Bündel paralleler Lichtstrahlen SS fallen, so kann nach dem Huyghenschen Prinzip jeder Punkt des Spaltes wieder als Strahlenquelle angesehen werden. Sämt- liche die Verbindungslinie normal durchsetzenden Strahlen SS treten in den Spalt mit gleichen Schwingungsphasen ein und ver- lassen ihn, nach allen Richtungen zerstreut, ebenfalls mit gleichen Schwingungsphasen. Wir wollen zunächst der Einfachheit halber annehmen, es handele sich um Licht von bestimmter Wellenlänge, etwa derjenigen des roten Lichtes von 0,7 [i . Befindet sich in einiger Entfernung von DD ein Schirm Sm, so wird ihn das senk- recht auftreffende und durch seine Randstrahlen AM und BM' dargestellte Strahlenbündel in allen seinen Teilen in gleichem Schwingungssinne erreichen und, etwa durch eine in den Strahlen- gang geschaltete Sammellinse, auf den Mittelstreifen P konzen- triert, ein helles Spaltbild erzeugen. Alle anderen vom Spalt

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ausgehenden Strahlenbündel fallen in schiefer Richtung auf den Schirm und können dann, wie wir sehen werden, in sich durch Interferenz vernichtet werden. Wir wollen uns vorstellen, die Neigung eines Strahlenbündels AR und BR' gegen Spaltebene und Schirm sei gerade so groß, daß der Gangunterschied beider

Fig. 27.

S > Q S

i

Randstrahlen AC eine Wellenlänge des roten Lichtes betrage. Der Neigungswinkel ABC = MAR sei oc. Dann ist:

Ar = a . sin oc.

Man sieht nun zunächst, daß in diesem Bündel zwei Strahlen gegeneinander einen Gangunterschied von haben, nämlich der

linke Randstrahl ACR und der Mittelstrahl EF G. In geeigneter Weise miteinander auf dem Schirme zur Interferenz gebracht, müssen sie also Dunkelheit ergeben. EFG teilt das Strahlen- bündel in zwei Hälften, und man erkennt weiterhin, daß nicht nur die eben genannten Strahlen , sondern das ganze Strahlenbündel in sich durch Interferenz ausgelöscht wird, da sich aus jeder Hälfte zwei zugehörige Strahlen auswählen lassen, die gegenein-

127

ander eine Gangdifferenz von haben.

Derselbe Fall tritt ein,

wenn eine entsprechend größere Neigung zwischen den Rand- strahlen einen Gangunterschied von 2 A , 3 A , 4 A usf . hervorruft. Es läßt sich dann das Bündel mit Hilfe der gleichen Betrachtung in vier, sechs, acht Gruppen usw. zerlegen, die abwechselnd in der- selben Weise zur Interferenz gelangen.

Da die gleichen Verhältnisse für die symmetrischen Bündel auf der anderen Seite der Spaltsymmetralen QP vorliegen, so er- scheint auf dem Schirme rechts und links in gleichen Abständen von dem mittleren hellen Spaltbilde eine Reihe dunkler und heller Zonen, deren Abstand von der Mitte ganz allgemein durch die

Gleichung ,

n A

sin a a

angegeben wird, worin n eine ganze Zahl bedeutet. Ist n da- gegen das ungerade Vielfache des Bruches so ergibt sich eine Neigung, bei der gleiche Schwingungsphasen im Bündel zur Wir- kung kommen, eine Auslöschung mithin nicht auftritt. Hier- durch erklärt sich die Erscheinung der hellen Zonen zwischen den dunkeln.

Aus der Gleichung und aus der Figur geht ferner hervor, daß die Auslöschung durch Interferenz für verschiedene Wellen- längen bei verschiedenen Neigungswinkeln erfolgen muß. Je kleiner A, desto kleiner ist auch cc. So wird bei dem Neigungs- winkel (P (vgl. die Fig. 27) zwar noch nicht für die roten, wohl aber für kürzere Wellen, etwa die violetten in dem Bündel AV B V', das Maximum der Auslöschung erreicht sein.

Bei auffallendem weißen Licht gestalten sich die Verhältnisse folgendermaßen: In der Mittelzone, also gerade dem Spalt gegen- über, vereinigen sich sämtliche Farbenstrahlen mit gleichen Schwingungsphasen, hier erscheint mithin ein helles weißes Spalt- bild. Rechts und links davon herrscht auf eine kurze Strecke hin Dunkelheit durch Interferenz. Dann erscheint zunächst das Violett, dessen Strahlen von allen zuerst eine Neigung mit der Gangdifferenz

erreichen; es schließen sich weiter an das Blau, das Grün, das

Gelb und endlich das Rot, worauf wiederum eine Dunkelzone und dann ein neues Beugungsspektrum (II. Ordnung) mit derselben

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Farbenfolge wie das erste folgen. So gebt es weiter, nur werden mit wachsendem Neigungswinkel die Beugungsspektra höherer Ordnung immer weiter auseinandergezerrt und fangen schließlich an, sich gegenseitig zu Weiß zu überdecken.

Was für einen Spalt gezeigt wurde, behält auch seine Gültig- keit für eine dichte Schar von Spalten, also für ein Gitter, nur daß die Lichtstärke mit dem Quadrat der Spaltzahl wächst und die Spektra entsprechend glänzender ausfallen. Derartige Beugungs- gitter lassen sich auf mannigfache Art, z. B. durch Ritzen mit einem Diamantsplitter auf Glas, hersteilen.

Von besonderem Interesse ist fernerhin der Einfluß, den die Gitterkonstante, d. h. die Anzahl Je der über die Flächeneinheit

verteilten Spalte aus- übt. Je größer Je, desto kleiner die Spaltbreite a in der Formel. Man sieht, wie mit abnehmen- dem a der Neigungs- winkel wächst, oder mit anderen Worten, der Ab- stand der Farben von dem mittleren Spaltbild und mithin ihre Dis- persion um so größer wird , je mehr Spalte (oder geritzte Linien) das Gitter besitzt. Durch die Wahl der Gitterkonstante hat man also die Ausdehnung der Beugungsspektra in der Hand; die Dimensionen der Spektra sind dem Abstande der Gitterlinien umgekehrt proportional.

Setzen wir beispielsweise, übereinander angeordnet, drei Beugungsgitter voraus, deren Linienabstand etwa 0,013mm, 0,0106 mm und 0,0092 mm beträgt, so werden auf dem Schirme in ungleichen Abständen von den weißen Mittelspalten und in ungleicher Ausdehnung drei Spektra übereinander erscheinen, wie es Fig. 28 zeigt. Die Dispersion ist so bemessen, daß in der Richtung NN' untereinander die Farben Violett, Grün und Rot stehen. Denkt man sich NN' als spaltförmigen Ausschnitt im Schirm , so würde ein hinter diesem befindliches Auge bei einer

Fig. 28.

129

Bewegung von oben nach unten nacheinander die genannten Farben wahrnehmen. Könnte es alle drei Gitter zugleich sehen, so müßte ihm die obere Gitterfläche violett, die mittlere grün und die unterste rot erscheinen.

Auf dieser gleichzeitigen Wahrnehmung verschiedener Gitter- farben gründet R. W. Wood sein Verfahren, indem er die drei Teilbilder durch drei verschiedene Gitter hindurch zu einer Kom- binationsplatte vereinigt. Er benutzt dazu die Eigenschaft der

Fig. 29.

Chromatgelatine, ihre Löslichkeit bezüglich Quellfähigkeit im Wasser, je nach der Intensität und Dauer der vorangegangenen Belichtung, einzubüßen. Von jedem Teilnegativ wird ein Dia- positiv D hergestellt und vor den Kondensatorlinsen CC (Fig. 29) eines Projektionsapparates hell er- leuchtet. Ein Objektiv 0 entwirft ein Bild des Diapositivs auf einer Schlitten- vorrichtung SKS , die, verschiebbar, die drei Gitter nebeneinander und da- hinter in einer Kassette die mit Kalium- bichromat präparierte Gelatineplatte enthält. Nehmen wir zunächst an, die Teilaufnahmen stellten irgend ein ganz einfaches Objekt, etwa rote Rosen mit grünen Blättern in einer violetten Vase dar, dann wird die erste Teilaufnahme auf schwarzem Grunde nur die roten Rosen, die zweite nur die Blätter und die dritte nur die Vase enthalten.

Bildet man die drei Aufnahmen nach- einander koinzidierend durch die drei Gitter auf ein und derselben Chromgelatineplatte ab, so erhält man nach der Entwickelung in warmem Wasser ein Bild, das die Farben in verschieden dichten Schraffierungen wiedergibt. Fig. 30 zeigt die Vase mit ihrem In- halt in schematischer Darstellung und mit entsprechender Ver-

Donath, Farbenphotographie. 9

Fig. 30.

130

gröberung der Schraffierung. Man sieht die Rose mit einem groben, die Blätter mit einem feineren und die Yase mit einem noch engeren Gitter bedeckt. Die Platte erscheint dabei völlig farblos, fast durchsichtig, da die engen, aus Gelatine bestehenden Gitterstreifen kaum wahrgenommen werden. In geeigneter Be- leuchtung und bei passender Betrachtungsweise treten jedoch die Farben auf das glänzendste hervor. Man denke sich folgende Anordnung (Fig. 31): Ein Auerbrenner A wird durch einen

Schirm S bis auf einen 5 cm hohen und 5 mm breiten Spalt ab- geblendet. Seine Strahlen werden in der Entfernung von etwa 3 bis 4 m von einer Sammellinse L aufgenommen und dem Auge zugeführt, das durch einen 1,5 mm breiten und etwa 4 bis 5mm hohen Spalt P in seiner Lage fixiert ist. Yor die Linse tritt das Bichromatbild B. Wird der Betrachtungsapparat BLP ein wenig gegen die Lichtquelle um seine vertikale Achse gedreht, so erscheinen die Farben. Das Auge gerät in die Region der Beugungsspektren I. Ordnung, und zwar nimmt es von dem weitesten Gitter die rote, von dem engeren die grüne und vom engsten die violette Zone auf. Die Farben sind daher mit denen des Aufnahmeobjektes identisch.

Fehlt an irgend einer Stelle die Gitterschraffierung, so er- scheint der Grund schwarz, denn man sieht hier durch die klare Glasplatte an der Lichtquelle vorbei. Weiß kann man sich da- gegen durch die Übereinanderlagerung der drei Gitter und die gleichzeitige Wahrnehmung aller drei Spektralausschnitte ent- standen denken.

In kleinerem Maßstabe lassen sich die Wood sehen Bilder auch projizieren. Yor die Kondensatoren Ci C2 (Fig. 32) einer starken elektrischen Lampe tritt dann eine Blende mit einem etwa 10 cm hohen und 5 mm breiten vertikalen Spalt. In 50 bis 60 cm Entfernung folgt das Bild B und gleich darauf eine Sammellinse C3 von vielleicht 15 cm Brennweite. Die Linse C3 hat die Aufgabe, das aus dem Kondensator nahezu parallel aus-

131

tretende Licht aufzunehmen und von dem Spalt B1 ein Bild auf einen zweiten Spalt B2 von etwa 6 cm Höhe und 2 bis 3 mm Breite zu entwerfen. Eine achromatische Linse 0 von großer Brennweite (40 bis 50 cm, Vorderlinse eines Porträtobjektivs) empfängt durch den Spalt B2 das von B kommende Licht und breitet es über den Projektionsschirm S aus. Hier entsteht auch die scharfe Abbildung von B. Das Objektiv 0 muß von genügen-

der Apertur sein, um den sich hinter B2 stark zerstreuenden Lichtkegel voll aufnehmen zu können.

Die Justierung der Vorrichtung erfordert peinliche Akkura- tesse und geschieht auf einer optischen Bank am besten wie folgt: Der nach allen Seiten bewegliche Schirm B2 wird zunächst so ein- gestellt, daß sein Spalt mit dem durch entworfenen Bilde des Spaltes B1 koinzidiert. Darauf sieht man, bei richtiger Stellung des Objektivs 0, ein farbloses Bild der Wood sehen Platte auf dem Projektionsschirme und bemerkt zugleich auf der Innenfläche des Schirmes B2 , die am besten weiß gefärbt ist, rechts und links vom Spalt eine Reihe von Beugungsspektren. Sind die Verhält- nisse zwischen den Teilen des Apparates so abgepaßt, daß das weiße Bild auf dem Schirme S möglichst hell und gleichmäßig er- leuchtet erscheint, so beginnt man den Spalt B2 seitlich zu ver- schieben, bis er die rote, grüne und violette Zone der Spektra I. Ordnung schneidet. Das Bild erscheint nun in den natür- lichen Farben, die allerdings nur dann Anspruch auf angenäherte Identität machen können, wenn in der Justierung nichts verfehlt ist. Jede noch so kleine Verschiebung bringt unrichtige Farben, außerdem sind die Projektionsbilder sehr lichtschwach, da die Lichtquelle nur zum geringsten Teile ausgenutzt wird und von den wenigen durch die Blende Bx tretenden Strahlen wiederum nur ein geringer Bruchteil durch den Spalt B2 gelangt.

9*

132

Wiederholt ist die Frage nach der theoretischen Richtigkeit des Wood sehen Verfahrens aufgeworfen worden. Was für die reinen Farben einwandfrei erscheint, muß allerdings für die Misch- farben erst noch bewiesen werden, nämlich, daß die Wirkung übereinandergelagerter Gitter eine Mischfarbe aus den Grundfarben der einzelnen Gitter liefert. R. Klepp ist der Ansicht, durch die Übereinanderlagerung zweier Gitter mit verschiedenen Konstanten könne immer nur ein feineres Gitter entstehen, die Farbenwirkung müsse mithin eine ganz andere sein, als sie durch die Mischung der Farben der primären Gitter hervorgerufen wird. Der Augen- schein gibt ihm aber Unrecht, auch lassen sich seine Ein wände zum großen Teil widerlegen. Es muß jedoch in diesem Punkte auf die bezügliche Fachliteratur verwiesen werden.

Neuerdings sind von Thorp erfolgreiche Versuche angestellt worden, die von den Klepp sehen Bedenken nicht berührt werden. Aus der Fig. 27 ersieht man, daß die Beugungsfarben seitlich ausweichen nicht allein durch Verkleinerung der Gitterkonstanten, sondern auch durch Veränderung des Beleuchtungswinkels. Be- wegt man die Lichtquelle beispielsweise nach links, so wird das rechtsseitig vom Spaltbilde beobachtende Auge nacheinander von den roten, grünen und violetten Strahlen getroffen. Hierauf be- gründet Thorp sein Verfahren. Er verwendet nur ein Gitter, gibt ihm aber für jede der drei Grundfarben eine andere Situie- rung. Wo Mischfarben auftreten, überschieben sich dann nicht Gitter mit verschiedenen Konstanten, sondern Gitter mit gleichen Linienabständen überkreuzen sich. Der von Klepp gerügte Fehler ist also von vornherein ausgeschaltet.

Technisch bietet das Thorpsche Verfahren viel Interessantes, zunächst durch die ingeniöse Herstellung der Gitter selbst. Ein Originalgitter , etwa eines der vortrefflichen, auf Silber geritzten von Rowland, wird sorgfältig mit Uhrenöl eingeriehen und dann mit einer Celluloidlösung übergossen. Nach dem Trocknen läßt sich die Schicht leicht abziehen und zeigt ein Abbild des Gitters von vollendeter Treue. Der photographische Prozeß verläuft dann folgendermaßen: Man begießt einen dünnen Film mit Bichromat- gelatine und bringt mit dieser das Celluloidgitter durch starkes Auf quetschen in innigen Kontakt. Darauf wird das erste Teilbild als Diapositiv kopiert. Ist dann das Celluloidhäutchen durch Aceton abgewaschen und der Film in lauwarmem Wasser ent-

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wickelt, so zeigt sich ein von Linien bedecktes Bild, das die dynamischen Abschattierungen der Teilfarbe erkennen läßt. In gleicher Weise verfährt man mit den beiden anderen Teilbildern, nur gibt man jedesmal dem Gitter eine andere Lage, so daß etwa das rote Bild von senkrechten, das grüne von wagerecbten und das violette von schrägen Linien durchzogen ist.

Schließlich werden alle Gitterbilder durch sorgfältiges Auf- einanderpassen zu einem einzigen vereinigt und passend beleuchtet. Hier liegt eine der Hauptschwierigkeiten, denn man braucht drei zu den Gitterlinien genau orientierte Lichtquellen. Denkt man sich zunächst einmal drei Gitter von gleichen Konstanten so über- einandergelegt , daß zwei von ihnen rechtwinklig und das dritte diagonal situiert ist . und alle drei von einer einzigen weit ent- fernten, normal zu den Gitterebenen aufgestellten Lichtquelle beleuchtet, so entstehen drei Spektra, die ebenso, wie die Gitter selbst, gegeneinander gedreht sind. Das Auge wird also in einem gewissen Abstande um die Achse herumwandern müssen, um nach- einander beispielsweise das Rot der drei Spektren I. Ordnung aufzufangen. Will es vom ersten Spektrum das Rot, vom zweiten das Grün und vom dritten das Violett wahrnehmen, so muß es außerdem seinen Abstand von der Achse entsprechend ändern. Nun kommt es bei den Thorpschen Aufnahmen darauf an, die drei Farben aus den drei Spektren zugleich im Auge zu ver- einigen. Man sieht sofort, daß dies mit einer zentral angeordneten Lichtquelle nicht möglich ist. Auge und Lichtquelle müssen ge- wissermaßen ihre Rolle miteinander vertauschen ; das Auge muß zentral angeordnet werden, und an Stelle der einen Lichtquelle müssen drei treten, gegeneinander in Winkeln von 45° um die Achse gruppiert und in Abständen von dieser, die den Ablen- kungen der drei Grundfarben vom mittleren weißen Spaltbilde entsprechen.

Nunmehr läßt sich die von Thorp angegebene Einrichtung ohne weiteres verstehen. Das kombinierte Gitterbild befindet sich am Ende eines Tubus vor einem Linsensystem , dessen Aufgabe es ist, die einfallenden Strahlen dem am Okularende beobachten- den Auge zuzuführen. Man setzt dann eine Lichtquelle in einiger Entfernung vor den Tubus und verschiebt sie so lange senkrecht zur Linienrichtung des Rotbildes, bis dieses, nachdem es alle Farben des Spektrums durchlaufen hat, in allen seinen Teilen in

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s

der charakteristischen roten Farbe erscheint. Eine zweite Licht- quelle wird dann aus der Achse heraus quer zu den Linien der Grünaufnahme bewegt, bis auch an dieser nach der violetten die zugehörige grüne Farbe zum Vorschein kommt. Ebenso wird das dritte Gitter bild durch die dritte Lichtquelle erleuchtet. Der Ge- samteffekt ist ein Bild in den natürlichen Farben.

Der Thorpsche Beleuchtungsapparat wird durch die Fig. 33 wiedergegeben. R ist das Linsenrohr, 0 der Okularspalt, B das

Thorpsche Bild. Die von der Lichtquelle L einem Auer- brenner kommenden Strahlen fallen zunächst auf ein total reflektierendes Prisma B und von dqrt auf drei außerhalb der Fernrohrachse aufgestellte Spiegelchen s1s2s3, denen die Rolle der drei Lichtquellen zukommt. Sie sind verschiebbar an einem Gestell befestigt, das die Form eines Rotationsparaboloids hat und dessen Achse mit der des Rohres R und der Spiegelfläche des Prismas zusammenfällt. In der Figur ist schematisch nur der Schnitt angedeutet. Diese Einrichtung erleichtert die Ein- stellung ungemein, denn die Spiegel werfen stets das Licht auf das Bild, wo immer sie sich auch auf der Fläche des Paraboloids befinden mögen. Unsere Figur deutet an, daß sie sich in ver- schiedenem Achsenabstand befinden, um dem bei 0 befindlichen Auge die drei verschiedenen Farbenzonen der Beugungs- spektren zuzuführen. Ihre notwendig verschiedene Stellung zur

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Vertikalebene konnte jedoch nicht zur Darstellung gelangen. Stehen die drei Spiegel, wie in der Figur, übereinander, so würde dies drei Gitter mit gleichlaufender Schraffierung zur Voraus- setzung haben. In dem Maße, wie die Gitter gegeneinander ver- dreht sind, müssen auch die Spiegel aus der Vertikalebene ver- schoben gedacht werden. Liegen z. B. die Linien des Rotbildes vertikal, so würde der Spiegel S! in der Ebene der Zeichnung in der größten Entfernung c von der Achse an richtiger Stelle sein. Sind die anderen Bilder gegen das Rotbild um 20° gedreht, so hat man sich die zugehörigen Spiegel s2 und in den Achsen- abständen b und a und in Winkelabständen von 20° und 40° von Sj vor oder hinter der Bildebene zu denken.

Selbstverständlich lassen sich die Spiegel auch durch kleine Glühlampen ersetzen, doch dürfte dann das gelbliche Licht auf die Treue der Farbenwiedergabe von störendem Einfluß sein. Sollen Stereoskopbilder beleuchtet werden, so ist die Zahl der Lichtquellen zu verdoppeln bzw. hat man bei der Beleuchtung mit einem Auerbrenner zwei total reflektierende Prismen einzu- setzen.

Fünftes Kapitel.

Additive Farbenwiedergabe mit dem Dreifarbenraster.

Die geistreichste Ausgestaltung hat das Dreifarbenprinzip durch die Anwendung eines farbigen Linienrasters erfahren (Joly 1894, Mc Donough 1898). Das Verfahren gestattet eine Analyse mit nur einer Platte und durch eine einzige Aufnahme, ist also von vornherein frei von allen jenen Zufälligkeiten, die durch eine zeitlich geschiedene Herstellung der Teilbilder hervor- gerufen werden können. Die Synthese beruht auf der Tatsache, daß ein feines Linienwerk aus einiger Entfernung für das Auge als Fläche wirkt. Sind die Linien in den Filterfarben Rot, Grün und Violett ausgezogen, so entsteht der Gesamteindruck Weiß bezüglich Grau und beim dynamischen Überwiegen der einen oder

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anderen Liniengruppe der Eindruck einer Farbe bezüglich Misch- farbe. Ein Diapositiv, das von einem unter dem gleichen Farben - raster hergestellten Negativ erhalten wurde, sorgt für die ent- sprechende dynamische Abschattierung der Liniengruppen.

Es scheint, als hätte Ducos duHauron auch diese Variante des Dreifarben Verfahrens bereits im Auge gehabt. Wir lesen in der Ausgabe seines bekannten Werkes „Les couleurs en photo- graphie, solution du probleme1)“: „Enfin il existe une derniere methode, par laquelle la triple Operation se fait sur une seule surface. Le tamisage des trois couleurs simples s’accomplit, non plus au moyen de verres colores, mais au moyen d’une f'euille trans- lucide, recouverte mecaniquement d’un grain de trois couleurs.“ Wenn wir uns ein Papier denken, dessen Oberfläche abwechselnd mit roten, gelben und blauen Linien bedeckt ist, die so fein wie möglich sind und die Fläche ohne Unterbrechung füllen, so wird diese aus der Nähe zwar die Farbenlinien zeigen, aus einiger Entfernung aber nur die Gesamtfarbe: „Weiß, falls man in der Durchsicht beobachtet und Grau bei auffallendem Lichte.“ . . . Ein Papier dieser Art besitzt die merkwürdige Eigenschaft, die Farben mit einer gewissen Natürlichkeit (un certain degre de verite) wiederzugeben, falls es durch Künstlerhand mit dem Bleistifte überarbeitet oder mit Hilfe der direkten oder indirekten photographischen Verfahren durch das Licht beeinflußt wird.“ . . . Imaginons que l’on recouvre la surface de ce papier, du cote sont imprimees les raies, d’une preparation qui donne directement, sous l’influence de la lumiere, une epreuve positive, et que l’on regoive sur son verso, c’est ä dire sur le cote non recouvert de raies, l’image de la chambre obscure (das Camera- bild) : il arrivera que les trois couleurs simples se tamiseront (filtrieren) ä travers ce papier et formeront chacune leur empreinte en clair sur la raie de couleur correspondente, mit derselben Intensität, falls man jedem Strich eine Transparenz gab, die der Wirkung der betreffenden Farbe auf der empfindlichen Schicht reziprok ist.“

Wenn auch in diesen Ausführungen Ducos du Haurons Richtiges mit Falschem (Wahl der Farben!) einhergeht, so ent-

0 Wir geben die besonders wichtigen Stellen im französischen Text wieder.

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halten sie doch zweifellos die später von Jo ly verwertete und ausgestaltete Grundidee.

Wir denken uns eine Glasplatte mit einem engen Gitter be- deckt, dessen einzelne Linien in den transparenten Farben Rot, Grün, Violett miteinander abwechseln. Sache der Technik ist es, die Linien so herzustellen, daß sie sich völlig berühren, ohne aber einander zu überdecken, und daß sie genügend schmal sind. Joly verfertigte zuletzt Gitter mit zwei Farbenwiederholungen, also etwa sechs bis sieben Linien auf 1 mm. Mit der Lupe oder, in nächster Nähe auch mit freiem Auge, sieht man die Linien deutlich, aus einiger Entfernung (30 bis 40 cm) verschwimmen sie jedoch bereits zu einer einheitlichen Flächen Wirkung. Die Platte erscheint dann, gegen das Licht betrachtet und vorausgesetzt, daß die Intensität der Linien gruppen richtig zueinander abgestimmt war, neutral grau und natürlich niemals so hell wie der Hintergrund, denn ein großer Teil des auffallenden Lichtes wird im Raster absorbiert. Die Farbenmischung ist eine additive. Wird ein Schwarzweißraster, der von drei Linien immer zwei verdeckt, parallel zum Gitter auf der Platte um Linienbreite verschoben, so erscheint die ganze Fläche nacheinander gleichförmig in den drei Grundfarben ; läßt der Deckraster jedoch immer zwei Linien frei, so entstehen Mischfarben Blau, Rotviolett und Gelb, die jedesmal zur verdeckten Liniengruppe komplementär sind. Diese Verhältnisse bedürfen nach dem in den vorangehenden Abschnitten Gesagten kaum einer näheren Erläuterung.

Bei der Aufnahme legt man den Farbenraster auf die Schicht- seite einer farbenempfindlichen (orthochromatischen) Platte und belichtet durch die Rasterplatte hindurch. Die einzelnen Linien- gruppen wirken mithin als partielle Filter. Es erscheint auf der Platte ein schraffiertes negatives Bild, dessen Liniengruppen, in geeigneter Weise zusammengefaßt, die Teilbilder darstellen. So bilden beispielsweise die Linien 1, 4, 7, 10 usw. das Rotbild, die Linien 2, 5, 8, 11 das Grünbild und die Linien 3, 6, 9, 12 usw. das Violettbild, ausschnittsweise allerdings und mit Lücken (in denen die beiden anderen Farben streifen liegen) behaftet, aber doch im Eindruck um so geschlossener, je enger der Linienabstand ist und in je größerer Entfernung sich das betrachtende Auge befindet.

Von diesem Negativ wird ein Positiv auf Glas (Diapositiv) angefertigt. Es enthält die Farbenenergien als Helligkeitswerte,

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getrennt nach den drei Grundfarben. Schiebt man einen schwarz- weißen Linienraster, der je zwei Linien verdeckt und die dritte freiläßt, über das Diapositiv quer zur Linienrichtung hin, aber so, daß die Linien einander parallel bleiben, so erscheinen nachein- ander die drei den früheren getrennten Aufnahmen entsprechenden Teilbilder. Vor das Diapositiv wird jedoch der bunte Aufnahme- raster oder ein ihm völlig entsprechender gelegt und zunächst so lange gedreht, bis die Linien des Bildes und des Rasters zuein- ander parallel sind. Darauf bewirkt eine seitliche Verschiebung die Deckung der Farhenlinien mit den Linien der zugehörigen Teilbilder. Das Diapositiv erscheint nunmehr in der Durchsicht bunt und zwar in den natürlichen, dem Aufnahmeobjekt ent- sprechenden Farben.

Die Vorteile und Nachteile des Verfahrens liegen auf der Hand. Es ist das einzige, das eine unmittelbare Betrachtung des Bildes in additiver Farbenmischung gestattet. Alle Über- deckungsfehler fallen mithin fort, und dieser Vorteil allein könnte alle übrigen Fehler auf wiegen, wenn er sich voll zur Geltung bringen ließe. Leider steht aber die technische Ausführung der Farbenraster weit hinter den theoretischen und praktischen An- sprüchen zurück. Das liegt in der Natur der Sache. Es dürften nur schwer Farben zu finden sein, die der spektralen Unter- suchung genügen und die sich gleichmäßig auftragen lassen, ohne in der Gesamtwirkung für die ganze Rasterplatte oder Teile derselben Ungleichheiten zu ergeben. Meist herrscht irgend eine der drei Grundfarben vor. Da man von den Farben ferner Kon- stanz, also Lichtechtheit verlangt, wachsen die Schwierigkeiten der Rasterherstellung noch bedeutend. Bei der Aufnahme wird man das Überwiegen der einen oder anderen Farbe durch be- sondere Filter vor dem Objektiv, oder besser vor der Platte, einigermaßen korrigieren können, schwieriger ist dies schon bei der Reproduktion am Diapositiv, ganz abgesehen davon, daß die prinzipielle Einfachheit des ganzen Verfahrens durch derartige Manipulationen wiederum in Frage gestellt wird. Ein Nachteil ist ferner die geringe Lichtstärke der Bilder, sowie die Un- bequemlichkeit, sie stets in der Durchsicht betrachten zu müssen. Sie erscheinen gegen den Hintergrund, sei es nun der Himmel oder sonst eine weiße leuchtende Fläche , wegen der starken Absorption immer relativ lichtarm, ein Fehler, der wohl durch

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seitliche Abblendung und durch die Betrachtung des Bildes in einem Guckkasten weniger fühlbar gemacht, aber nicht beseitigt werden kann. Dazu kommt erschwerend die subtile Applikation des Rasters, dessen leiseste Verdrehung bunte und schräg ver- laufende Streifensysteme und dessen Verschiebung normal zu den Linien falsche Gesamtfarben hervorruft. Äußerst lästig für die Praxis ist auch der Umstand, daß man nicht, wie bei Einzelauf- nahmen, die mangelhafte Panchromasie der Aufnahmeplatten durch passende Wahl der Belichtungszeiten korrigieren kann. Die Expositionszeit ist für alle Filterstreifen dieselbe und nur diejenige Platte genügt streng genommen den Ansprüchen, die einen neutral- grauen Aufnahmegegenstand unter allen Streifen in gleicher Deckung (Schwärzung) zeigt. Filter und Platte müssen daher völlig miteinander in Einklang stehen. Jede Änderung in der Sensibilisierungskurve ergibt falsche Farben und daran wird im Grunde nichts geändert, selbst wenn man zugibt, daß das Auge gern bereit ist, Konzessionen zu machen und oft noch ein Bild als brauchbar oder doch möglich gelten läßt, wenn es den An- sprüchen an eine Reproduktion in den Naturfarben bereits nicht mehr genügt. Die Korrektur durch besondere Farbenfilter ist natürlich nur ein Notbehelf, und dazu in vielen Fällen von zweifel- haftem Wert.

Dafür ist die Möglichkeit, alle drei Teilaufnahmen gleich- zeitig und noch dazu auf einer Platte zu machen, neben dem Vorteil der additiven Farbenmischung von allergrößtem Wert. Alle die aus der Laune einer wechselnden Beleuchtung und Be- wegung des Objektes herrührenden Farbenfehler fallen mit einem Schlage fort oder machen doch minder auffallenden Unvollkommen- heiten Platz. An Bemühungen, das Jolysche Verfahren für die Praxis reif zu machen, hat es daher auch nicht gefehlt. Nament- lich hat man auf die Herstellung theoretisch richtiger, farbenechter und genügend feiner Raster alle Mühe verwandt, ohne aber, wie es scheint, mehr als einen Achtungserfolg zu erzielen. Jolys Raster enthalten etwa sechs bis sieben Linien auf den Millimeter, neuere Farbenraster etwa 21 (Brasseur). Das dürfte für das Auge bei einem Abstand der Platte in deutlicher Sehweite ge- nügen , ' nicht aber für die Projektion , die die Strichelung meist noch recht deutlich erkennen läßt. 30 bis 40 Linien reichen aus, es ist jedoch nicht wahrscheinlich, daß man soweit geht, da schon

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bei einer Dichte von 21 Linien Farbenstörungen durch parallak- tische Y erschiebungen leicht auftreten. Ganz geringf ügige Zwischen- räume zwischen Platte und Raster, wie sie unvermeidlich sind, wenn die Platten nicht plan waren, sind bereits Ursache von Farbenänderungen bei einer Bewegung des Auges oder bei der Betrachtung mit beiden Augen; dieser Übelstand muß natürlich mit der Anzahl der Linien wachsen. Auch kommt dann die Höhe des Farbenauftrages bereits in Frage, und daran scheint ein von Otto N. Witt ausgesprochener Vorschlag zur Herstellung sehr enger Farbenraster schon prinzipiell zu scheitern. Witt meint, man solle ausgesuchte transparente Folien, etwa bunte Gelatinen, in der Reihenfolge der Grundfarben in großer Zahl wechselnd Übereinanderschichten, dann mit einem Mikrotom äußerst dünne Querschnitte anfertigen und diese als Farbenraster verwenden. Das Verfahren hat in der Tat sehr viel für sich, denn es gestattet vor allem eine vorangehende spektroskopische Prüfung und Kritik der verwandten Farbenfolien, aber es leidet an dem bereits er- wähnten Übel stände. Falls nämlich die Dicke des Schnittes gegen- über der Dicke der Folien der Linienbreite des Rasters also nennenswert in Frage kommt, bringt jede Verschiebung des Auges eine seitliche Deckung der Rasterlamellen und damit Störungen durch Beimengung subtraktiver Farbenmischung hervor. Dieser Fehler wird bei kurzem Abstande der Platte vom Objektiv, bezw. vom Auge sogar bereits von der Mitte nach dem Rande der Platte zu fühlbar werden können. Man müßte etwa für die Lamellen-(Linien-) Höhe mindestens ein Fünftel der Linienbreite fordern, also, bei 20 Linien auf den Millimeter, 0,01mm. Ob aber derartige Schnitte noch mit genügender Sicherheit herzu- stellen sind, ist die Frage.

Am Ende ist man aber an einen Linienraster gar nicht gebunden. Jedes beliebige bunte Muster in den drei Grundfarben genügt, sofern es nur fein genug ist, um bereits in der Ent- fernung des deutlichen Sehens den Gesamteindruck des neutralen Grau hervorzurufen. Die Schwierigkeit liegt dann in der Justierung des Farbenmusters auf dem zu betrachtenden Diapositiv; denn, eine völlig willkürliche Zeichnung des Musters vorausgesetzt, ist nur eine einzige Lage der Farbenplatte auf dem Diapositiv die richtige, jede andere gibt falsche Farben, während bei dem Drei- farbenraster Parallelverschiebungen um dreifache Linienbreite

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identische Resultate ergeben. Praktisch genommen wäre denn auch eine Filterplatte mit willkürlichem Muster unmöglich, falls sie nach der Aufnahme von dem Negativ abgehoben und später mit dem Diapositiv zur Deckung gebracht werden müßte. Alle Schwierigkeiten entfallen jedoch wenigstens im Prinzip wenn es gelingt, die Rasterplatte in ihrer Lage auf dem Negativ zu belassen und dieses in ein Diapositiv über- zuf ähren.

Dieser Gedanke ist von den Brüdern Lumiere der Ver- wirklichung nahe gebracht worden (1904), hat jedoch auch offen- bar Ducos du Hauron bereits nahe gelegen, sicherlich bei seiner Anwendung auf den Dreilinienraster. Wir haben die betreffende Stelle bereits mitgeteilt (S. 136). Ducos du Hauron spricht dort davon, ein mit dem Farbenraster ausgestattetes Papier auf der Rasterseite (du cote, sont imprimees les raies) mit einer lichtempfindlichen Schicht zu überziehen und von der Papierseite aus, also durch Papier und Raster hindurch, zu belichten. Die Schicht soll jedoch kein Negativ, sondern direkt ein Positiv geben. Wie sich Ducos du Hauron das Zustandekommen des Positivs denkt, ob er das Negativ durch ein chemisches Verfahren um- ändern oder ob er ohne weiteres ein Positiv erzeugen will, ist nicht ersichtlich, richtig ist die Idee an sich aber jedenfalls. Denn hinter den Rasterstreifen würden die den Belichtungsfarben ent- sprechenden Helligkeitswerte als Farben werte wieder erscheinen und in der Durchsicht ein naturfarbiges Bild erzeugen. Ducos scheiterte seinerzeit an der Unmöglichkeit, geeignete Filter und orthochromatische Schichten herzustellen

Die Brüder Lumiere verfahren im Prinzip genau so, nur er- setzen sie den Linienraster durch einen Punktraster. Auch diese Variante ist von Ducos du Hauron bereits behandelt worden: „II est absolument indifferent pour les resultats optiques ä obtenir, que le reseau (Raster) soit constitue par des lignes droites et constamment paralleles, ou par des divisions geometriques quel- conques pourvu que dans un espace donne, le fractionnement de chacune des trois couleurs reproduise la meme somme de surface pour chacune d’elles.“ In der Ausführung läuft das Lumiere- sche Verfahren etwa folgendermaßen ab. Die Filtrierung geschieht durch Stärkemehlkörner, die zu Gruppen in den drei Grundfarben, Rot, Grün und Violett, gefärbt sind. Dieser Gedanke ist sehr

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Fig. 34.

glücklich, da es keine Schwierigkeiten bereiten kann, die Körner portionsweise untereinander bis zur Entstehung eines neutralen Grau zu mischen. Schwieriger ist es schon, diese Mischung so auf einer Platte zu befestigen, daß Überdeckungen vermieden werden. Die Körner sollen nur nebeneinander liegen, da jede Anhäufung, bei der ungleichfarbige Körner aufeinander zu liegen kommen, in der Durchsicht falsche Farbenwerte ergibt. Die Lumieres streuen daher die neutrale Körnermasse auf die mit einer durchsichtigen, kleberigen Substanz bestrichene Glasplatte

und klopfen den Rest ab. Inwieweit dieses Verfah- ren zu dem gewünsch- ten Ziele führt, entzieht sich unserer Kenntnis. Über die Körnerschicht wird die lichtempfind- liche Emulsion gegossen. Die Belichtung erfolgt in der Camera von der Glasseite her und zwar unter Vorschaltung von Korrektionsfiltern , falls die Panchromasie der Platte nicht ausreichend sein sollte. Das ent- wickelte Negativ wird nach irgend einem der bekannten, leider ins- gesamt unzuverlässigen Verfahren in ein Dia- positiv umgewandelt.

Nach der in der Durchsicht bunt erscheinenden Platte kann eine zweite im Reproduktionsapparat angefertigt werden usf., es han- delt sich also in gewissem Sinne um ein kopierfähiges Verfahren, wennschon ein direkter Kontaktabdruck wegen der zwischen den Emulsionen liegenden Glasschicht nicht möglich ist.

Zuletzt sei noch der Möglichkeit einer Verwertung der Rasteraufnahmen für den Dreifarbendruck kurz Erwähnung getan. Es bedarf dazu einer Beseitigung der Liniatur, sowie

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einer Vorrichtung, um in dem Diapositiv bezw. in dem Negativ jeweilig die den nicht verwerteten Teilbildern entsprechenden Linienpaare herauszudecken. Fig. 34 zeigt die Anordnung schematisch. Es sei D die mit Hilfe des Dreifarbenrasters her- gestellte Jo ly sehe Platte, BB ein Schwarzweißraster, dessen dunkle Linien die doppelte Breite und dessen Zwischenräume die einfache Breite der Farbenraster-Linien haben. Der Raster B bedeckt mithin in passender Stellung stets die korrespondierenden Linien zweier Teilbilder und läßt das dritte frei. Es sei das Rotbild. Ein Kontaktabdruck würde es mit den entsprechenden Unterbrechungen um doppelte Linienbreite und daher für den Druck unbrauchbar wiedergeben. Mit Aufopferung der ge- schnittenen Schärfe läßt sich jedoch, wie die Figur zeigt, ein zusammenhängendes Bild herstellen. Die Platte P wird dazu ein wenig (in der Figur stark übertrieben) von der Joly-Platte I) entfernt und die Beleuchtung mit Hilfe von drei, in passender Entfernung aufgestellten Lichtquellen L1} L2, L3, so eingerichtet, daß unter Ausnutzung der vorhandenen Parallaxe die ganze Platte vom Rotbilde ausgeleuchtet erscheint. In gleicherweise läßt sich nach Verschiebung des Rasters von dem grünen und violetten Teilbilde eine zusammenhängende Reproduktion erzielen und für den Druck in bekannter Weise weiter herrichten. Sind die Linien eng (etwa 20 auf den Millimeter), so ist die Unschärfe und die sprungweise Änderung des Bildes [J_, JL> JL] fast un- merklich.

Brasseur zieht neuerdings statt der parallaktischen Ver- schiebung eine Parallelverschiebung der Platten D und B um zweimalige Linienbreite vor.

Sechstes Kapitel.

Die subtraktive Synthese der Teilbilder.

Theorie.

Das Bestreben, die subjektive Erscheinung der additiven Synthese durch eine objektive zu ersetzen, statt des vergänglichen

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Farbendokumentes ein dauerndes zu erhalten, statt des Farben- strahlenbildes ein Farbstoffbild, führt zur subtraktiven Synthese. Farbstoffe erscheinen in geeigneter Kombination entweder ganz in der Durchsicht, oder teils durchlassend teils reflektierend. Im zweiten Falle ist die Synthese keine rein subtraktive mehr und wird in ihrer Gesamtwirkung durch den Überdeckungsfehler mehr oder weniger verdorben. Doch führt sie allein zu Bildern im landläufigen Sinne, d. h. zu Drucken auf einer reflektierenden Unterlage. Während man der additiven Synthese überhaupt und auch der subtraktiven, sofern sie mit Farben in durchscheinendem Licht arbeitet, eine gewisse Zwangläufigkeit nicht absprechen kann, ist die subtraktive Mischung auf reflektierendem Grunde in den weitaus meisten Fällen, wenn nicht immer, auf den Geschmack und die richtige Farbenbeurteilung des Druckers angewiesen. In gewissen Grenzen können die Reproduktionen farbenrichtig werden, aber sie müssen es nicht.

Die Wahl des Farbensystems. Denkt man sich ein gleichseitiges Farbendreieck, in dessen Schwerpunkt bei subtrak- tiver Farbenmischung (vgl. S. 82) Schwarz liegt, derart um seine

2 7t

Mitte gedreht, daß die Ecken Kreisbögen von -r- , einem Zentri-

d

winkel von 120° entsprechend, beschreiben, so kann man die von den Ecken zurückgelegten Wegstrecken als Mischlinien zwischen je zwei Eckfarben auffassen. Es entsteht im ganzen ein Farben- kreis, auf dem eine Reihe beliebig vieler Eckpunktsfarben in sich zurückläuft. Die Kreisfläche ist radial angefüllt von allen dyna- mischen Abstufungen, d. h. von den Übergängen der Peripherie- farben zu Schwarz. Je größer die Kreisfläche, desto weiter sind die Farben von Schwarz entfernt und desto leuchtender erscheinen sie. Schwärzlich bleiben die Farbenmischungen der subtraktiven Synthese trotzdem immer, ebenso wie diejenigen der additiven weißlich, doch wird die Praxis bemüht sein, durch Wahl feuriger Pigmente die Schwärzlichkeit auf das geringste Maß zu be- schränken und nicht von vornherein und ohne zwingende Gründe zu einem Farbensystem greifen, dessen Dreiecksfläche einen geringen Inhalt hat.

Dies vorausgesetzt, lassen sich die an ein geeignetes Farben - System zu stellenden Anforderungen folgendermaßen aussprechen:

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1. Die subtraktive Mischung der zugrunde gelegten Pig- mente zu gleichen Teilen soll Schwarz oder ein neutrales Grau ergeben.

2. Die Mannigfaltigkeit der Mischfarben soll eine möglichst große sein.

3. Die Farben sollen praktisch brauchbar sein, sich für den Druck oder zum Anfärben eignen und vor allem licht- echt sein.

Man sieht sofort, daß der ersten Forderung unzählige Farben- systeme entsprechen, nämlich soviel, als sich auf dem Farben-

Fig. 35.

PURPUR

kreise um 120° abstehende Farben untereinander zu gleich- schenkeligen Dreiecken verbinden lassen. So würde z. B. sowohl das Dreieck ABC (Gelb, Blaugrün, Purpur) wie das Dreieck def (Lichtgrün , rotstichiges Ultramarin , Zinnober) der Bedingung genügen (Fig. 35). In beiden Fällen ergeben die gewählten Grund- farben, zu gleichen Teilen gemischt, Schwarz.

Dennoch ist die zweite Forderung von allen Systemen mit Ausnahme des einen einzigen Systems ABC unerfüllt. Durch

Donath, Farbenphotographie. 20

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keine subtraktive Mischung läßt sich nämlich Gelb herstellen, und wenn diese Farbe auf dem Farbenkreise erscheint, so ist sie nicht durch Mischung zweier benachbarter Farben, etwa Zinnober und Lichtgrün, entstanden zu denken, sondern sie ist zugleich Aus- gangspunkt und Endpunkt der in sich selbst zurücklaufenden Farbenreihe. Sie muß folglich auch eine Grundfarbe des für die subtraktive Synthese geeigneten Systems sein. Damit sind die anderen beiden Grundfarben ebenfalls eindeutig bestimmt. Das theoretisch richtige System ist mithin:

Gelb, Blaugrün, Purpur, vertreten etwa durch die Farbstoffe:

Kadmium oder Chromgelb, grünstichiges Pfaublau, Nachtrosa.

Yon dieser Grundlage gehen alle anderen Maßnahmen bezüg- lich der Wahl der Aufnahmefilter und der Sensibilisierung der Platten aus.

Die von den genannten Grundfarben gelieferte Farbenskala ist vollkommen ausreichend. So entstehen durch Mischung von Blaugrün und Gelb (vgl. Fig. 35) alle Farben von blaugrünem, grünem bis gelbgrünem Aussehen, durch Mischung von Gelb und Purpur die chromgelben, orange und zinnoberroten Töne usf., alle Farben mithin, die im Farbenkreise enthalten sind, nur in um so schwärzlicheren Nuancen, je näher sie den Mitten der Dreiecks- seiten liegen und je näher sie daher dem Schwerpunkt des Systemes sind. So ist z. B. in dem gewählten System das durch Mischung von Gelb und Blaugrün entstandene Lichtgrün wohl vorhanden, aber nicht so leuchtend wie auf dem Farbenkreise bei d. Indem es auf dem Radius B nach der Dreieckseite AB rückt , gesellt sich ihm eine den Abstandsverhältnissen ent- sprechende Menge Schwarz hinzu. Die Grundfarben sind mithin leuchtender und freier von Schwärzlichkeit als alle aus ihnen entstandenen Mischfarben.

Aus dem Zusammenwirken aller drei Grundfarben in ver- . schiedenen Mischungsverhältnissen gehen endlich jene unzähligen Farbenkombinationen hervor, welche die Fläche des Mischdreiecks bedecken.

Leider ist es der Praxis nur möglich, in sehr beschränkten Fällen von diesem theoretisch gegebenen Farbensystem Gebrauch zu machen, nämlich nur dann, wenn die Synthese durch Auf-

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einanderlegen gefärbter Folien bei durchscheinendem Licht erfolgt. Für den Druck sind die Farben nicht haltbar genug. Man be- gnügt sich, lichtechte Pigmente zu wählen, die den theoretischen Grundfarben möglichst nahe stehen, also etwa :

Chromgelb, Pariserblau und Krapplack.

Ein Blick auf die Fig. 35 zeigt das Verhältnis dieser Farb- stoffe zu dem Grundsystem. Nur Gelb entspricht den theoretischen Bedingungen. Pariserblau ist ein Farbenton, etwa zwischen rot- stichigem Ultramarin und Blaugrün, etwas schwärzlich, da es dem Zentrum des Farbenkreises näher steht. Krapplack hält die Mitte zwischen Purpur und Zinnober und ist diesen Kreisfarben gegenüber ebenfalls etwas schwärzlich zu denken.

Das von den genannten Farben eingeschlossene Dreieck ist wesentlich kleiner als das Dreieck A B C, die Mannigf altigkeit der Farbenmischung mithin eine beschränktere, wenn auch noch immer praktisch ausreichend. Recht auffällig ist dagegen der Unterschied im Ton gewisser Farbenmischungen. So gibt Purpur und Gelb zu gleichen Teilen ein leuchtendes Zinnoberrot, Krapp- lack und Chromgelb dagegen ein schmutziges Ziegelrot mit einem gelblichen Stich ; Grünblau und Purpur ein tiefes prachtvolles Violett, Pariser Blau und Krapplack dagegen ein fast schwarzes, stumpfes, etwas rotstichiges Blau. Mit den theoretischen Grund- lagen fallen natürlich auch alle aus diesen hergeleiteten Folge- rungen. So zeigt eine Schwerpunktskonstruktion des Dreiecks AB' C' eine beträchtliche Abweichung gegenüber dem Mittelpunkt des Farbenkreises. Die Erfüllung der dritten Forderung läßt sich praktisch mit der ersten nicht in Einklang bringen, d. h. die Druckfarben ergeben zu gleichen Teilen gemischt nicht Schwarz, sondern etwa einen rotstichigen Orangeton von sehr großer Schwärzlichkeit , also Braun, ein Fehler, der bei Farbendrucken in der Tat oft in die Augen fällt und der sich immer nur bis zu einem gewissen Grade durch geschickte Ausnutzung des Uber- deckungsfehlers kompensieren läßt J).

Beziehungen zwischen dem Grundfarbensystem, den Aufnadimef iltern und den Sensibilisatoren: Wir setzen das

0 Näheres in dem vortrefflichen Werke von Hühl, Die Drei- farben photographie.

10*

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theoretisch richtige System Gelb, Blaugrün, Purpur voraus. Wo Gelb im subtraktiven Bilde rein und ohne Beigeschmack einer anderen Farbe hervortreten soll, müssen Blaugrün und Purpur ausgeschaltet sein, oder mit anderen Worten, von den drei Dia- positiven (etwa gefärbten Gelatinefolien) , die zu subtraktiver Wirkung übereinandergeschichtet werden , darf nur das gelbe Deckung besitzen. Das dazugehörige Negativ wird an der frag- lichen Stelle offen sein und an allen Punkten, die nicht gelb erscheinen sollen, gedeckt. Also muß das Positiv für den Gelb- druck von einer für Blaugrün und Purpur empfindlichen Platte herstammen. Man erkennt unschwer die Gesetzmäßigkeit. Das für den Gelbdruck bestimmte Negativ muß sensibel sein für alle Strahlen des Spektrums, die nicht in ihrer additiven Gesamt- wirkung gelb sind. Grün und Rot sind mithin auszuschalten. In gleicher Weise findet man Sensibilisatoren und Filter der anderen Druckfarben. Purpur ist eine additive Mischung aus spektralem Rot und tiefem Violett, etwa von 6r bis H\ folglich muß die für den späteren Purpurdruck bestimmte Negativplatte für alle Strahlen zwischen Rot und Violett, etwa D bis nahezu G, empfindlich sein usf.

Mit der Wahl der oben beschriebenen lichtechten Druck- farben ändern sich naturgemäß auch die Empfindlichkeitszonen. Man spricht dann schlechthin von einem gelben, blauen und roten Teilbild und verlangt für die Negative Platten , die für die ent- sprechend komplementären Farben empfindlich sind. Für Gelb also eine blauviolett-, für Blau eine orangegelb (d. h. grün- und rot)- und für Rot eine grünblauempfindliche Platte. Da jedoch viele Farben bei sehr differenter spektraler Zusammensetzung komplementär zu ein und derselben Farbe erscheinen, so ist diese allgemeine Regel im Sinne spektraler Gegenfarben gemeint.

Der bereits früher (S. 95) erörterte Zusammenhang zwischen der Farbe des Sensibilisators und seiner Sensibilisierungsfähig- keit, wonach ein Sensibilisator allgemein für diejenigen Farben- strahlen empfindlich macht, die er absorbiert, deren Farbe er also nicht besitzt, gab H. W. Vogel Veranlassung zur Aufstel- lung folgender Regel: Die Farbe des Sensibilisators ist zugleich Druckfarbe für das Positiv des durch den Sensibili- sator erhaltenen Negativs. Da das Druckfarbensystem die Basis des Verfahrens bildet und eindeutig festgelegt ist, würde damit

149

auch die Wahl der Sensibilisatoren theoretisch jedenfalls keine Schwierigkeiten mehr bieten. Im allgemeinen trifft die Vogelsche Sensibilisierungstheorie das Richtige , im speziellen nicht , auf jeden Fall aber bietet sie dem Praktiker eine brauchbare erste Handhabe und ist eine gute Merkregel. Einmal ist, wie Hübl mit Recht hervorhebt, das Sensibilisierungsmaximum nicht immer für den Farbenton charakteristisch und dann zeigt sich in vielen Fällen eine Diskrepanz zwischen dem Absorptionsmaximum eines Farbstoffes und seinem Sensibilisierungsmaximum, ein Umstand, auf den wir bereits hingewiesen haben.

Bezüglich der Wahl der Filter ist hier das schon früher Gesagte zu wiederholen. Filter und Sensibilisator müssen mit- einander harmonieren. Verliefe die Sensibilisierungskurve in gleichbleibender Höhe über das ganze Spektrum hin, so würde es genügen, die Filter spektral - komplementär zu dem theoretischen Grundfarbensystem, bezüglich zu den Druckfarben zu wählen.

Mit der Form der Sensibilisierungskurve wechselt natürlich auch die spezifische Durchlässigkeit und Farbe [der Filter. Wir stellen noch einmal Filterfarben und Druckfarben nebeneinander:

Gelbes

Teilbild

Blaugrünes bezüglich blaues Teilbild

Purpurnes bezüglich rotes Teilbild

Subtraktive Filter j

Blauviolett

Orange bezüg- lich Gelborange

Grün (blau) bezüglich Blau grün

Druckfarbe j

Gelb

Chromgelb

Blaugrün Pariser Blau

Purpur

Krapplack

Die Angaben

beziehen sich sowohl auf

das theoretisch

richtige, wie auf das praktische Farbensystem, geben aber nur, wie es bei allgemeinen Bezeichnungen nicht anders sein kann, oberflächliche Anhaltspunkte. Die genauere Bestimmung von Filtern und Sensibilisatoren erfordert eine besondere und ein- gehende Diskussion der Absorptionskurven der Pigmente, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.

Man sieht jedenfalls, daß die zur additiven Synthese be- nutzten Aufnahmefilter für die subtraktive Synthese nicht brauch-

150

bar sind. Wenn sie trotzdem vielfach angewandt werden und auch mögliche Bilder liefern, so liegt dies sowohl an der ent- gegenkommenden Geschicklichkeit des Druckers, als auch an der allerdings vorhandenen Ähnlichkeit der Filter. Aber die Ähn- lichkeit ist doch nur eine sehr oberflächliche, wenn man statt des erforderlichen Blauviolett Violett, statt Orange Rot, und statt Grünblau Grün setzt. Selbst die auf Seite 109 vorgeschlagenen additiven Filter liefern ein für die subtraktive Synthese theore- tisch ungenaues System, obgleich hier für das strenge Rot ein Orange eintritt und die Diskrepanz in der Praxis des Druckes fast verschwindet.

Während subtraktive Drucke mit additiven Filtern immerhin zur leidlichen Zufriedenheit auch mit den nach subtraktiven Filtern gewonnenen Resultaten ist man ja wegen der im Druck unvermeidlichen Fehler nur leidlich zufrieden ausführbar sind, soll es unmöglich sein, subtraktive Filter zur additiven Synthese zu verwenden. Dies ist jedoch nur richtig, wenn die Synthese nicht mit den Grundfarben des Systems erfolgt. Schließlich sind additive Filter zur subtraktiven Synthese genau so richtig und falsch wie subtraktive zur additiven.

Beide Systeme, das additive und das subtraktive, sind ein- ander in komplementärem Sinne zwar sehr ähnlich, aber sie sind nicht identisch. Wollte man von dem S. 93 charakterisierten Grund- oder Urfarbensystem ausgehen, so würde man zu einem grünstichigen Gelb und damit zu einem subtraktiven System gelangen, das dem theoretisch allein richtigen nicht entspricht, sondern nur ähnelt. Es steht aber außer allem Zweifel, daß ein für praktische Zwecke völlig ausreichender Filtersatz ge- wonnen werden kann, der sowohl der additiven wie der subtrak- tiven Synthese in gleicher Weise genügt. Versuche mit dem auf S. 109 erwähnten Filtersystem haben dies ausreichend erwiesen.

Praktische Ausführung der subtraktiven Synthese.

Es kann nicht Aufgabe dieses Buches sein, alle die vielen auf eine subtraktive Vereinigung der Teilbilder gerichteten Ver- fahren zu beschreiben. Eine sehr umfangreiche Fachliteratur steht dem Leser hierüber zur Verfügung, der er bis in die Einzel- heiten der Farbenverreibung und Rastertechnik folgen mag.

151

Ebenso wie für die additive Synthese, ist auch für die subtraktive die gleichzeitige Exposition und Entwickelung der Teilbilder, womöglich auf ein und derselben Platte, von größter Wichtigkeit. Die in der Praxis oft durchgeführte Einzel- sensibilisierung mit verschiedenen Farbflüssigkeiten und die oft auch getrennte weitere Bearbeitung der Teilplatten gibt immer Veranlassung zu Unrichtigkeiten und Zufallsresultaten. Wir nehmen für das Folgende an, die Teilbilder seien hinter den geeigneten Filtern nebeneinander auf derselben Platte auf- genommen.

Es handelt sich dann darum, von diesen Teilnegativen far- bige Positive im Grundfarbensystem zu gewinnen und sie in sub- traktiver Synthese miteinander zu vereinigen.

Dies kann entweder mit Hilfe eines photographischen Pro- zesses oder durch ein mechanisches Farbendruckverfahren ge- schehen.

Der Farbendruck ist stets mit gewissen, später zu erörternden Fehlern behaftet. Die auf photographischem Wege hergesteflten bunten Bilder sind dagegen von diesen Mängeln frei, wenn ihre Synthese in der Transparenz und nicht, wie bei den Drucken, auf einer reflektierenden, weißen Unterlage erfolgt. Auch hat die Transparenztechnik den Vorteil, sich des theoretisch richtigen Farbensystemes bedienen zu können. In allen Fällen aber spielt persönliches Ermessen eine große Rolle und schon aus diesem Grunde werden subtraktive Bilder als Farbendokumente ^kaum einem allzugroßen Vertrauen begegnen.

Die Herstellung transparenter Dreifarbenbilder. Von den drei Teilnegativen sollen je ein gelbes, grünblaues und purpurnes Positiv in den auf S. 149 dargelegten Abhängigkeits- verhältnissen hergestellt werden. Diese Positive sollen aufein- ander gepaßt und in der Durchsicht betrachtet oder projiziert das Farbenbild ergeben. Da parallaktische Verschiebungen tunlichst vermieden werden müssen, kommen nur allerdünnste Bildträger in Frage, etwa Films, Glimmerblättchen oder Kollodiumhäutchen. Farbenträger ist in den weitaus meisten Fällen Chromatgelatine, deren Eigenschaft, mit der Stärke der Belichtung an Löslichkeit einzubüßen, die Herstellung farbiger Kopien ermöglicht.

Die Praxis kennt mehrere Varianten:

152

1. Gefärbte Gelatinefolien werden cbromiert, belichtet und dann ausgewaschen, wobei eine Auslaugung des Farb- stoffes an den unbelichteten Stellen erfolgt.

2. Farblose Chromatgelatineschichten werden belichtet, aus- gewaschen und gefärbt.

3. Farblose Chromatgelatine wird ausgewaschen und so lange gefärbt, bis auch die gegerbten (belichteten) Stellen Farbe angenommen haben. Darauf wird kalt aus- gewaschen. Die unbelichteten, durch Quellung gelockerten Stellen verlieren zuerst an Farbe und das Bild erscheint.

4. Die Teilbilder werden nach 1. oder 2. hergestellt und durch Diffusion auf dieselbe Unterlage nacheinander übertragen.

Nach diesen Varianten stellen sich die Verfahren von Lumiere, Seile, A. Hofmann, Sanger-Shepherd, König und andere dar.

Endlich läßt sich noch das Ausbleichverfahren (vgl. S. 58), das Einstaubverfahren und die Eigenschaft gewisser farbloser organischer Verbindungen, der Leukobasen, bei ihrer durch Be- lichtung beschleunigten Oxydation Färbung anzunehmen, zur Herstellung von Dreifarbenbildern verwenden.

Der unter 1. fallende Pigmentdruck ist neuerdings wesent- lich vereinfacht worden. Man erhält für die subtraktive Synthese geeignete, mit farbiger Gelatine überzogene Celluloidfolien bereits im Handel. Sie werden im Chrombade sensibilisiert und unter dem zugehörigen Negativ von der Rückseite belichtet, da andern- falls die Gelatineschicht beim Einweichen abschwimmen würde. Nach der Entwickelung in warmem Wasser , wird das Bild auf die gewünschte Unterlage übertragen und die Celluloidfolie ab- gezogen. In gleicher Weise druckt man die beiden anderen Bilder auf das erste.

Um die Technik der Herstellung subtraktiver Dreifarben- bilder zu zeigen, soll der Gang der Operation für den Fall 2. etwas ausführlicher beschrieben werden. Mit Gelatine über- zogene — im Handel erhältliche Folien werden im Chrombade lichtempfindlich gemacht. (Chromsalze haben die Eigenschaft, bei Anwesenheit organischer Stoffe lichtempfindlich zu sein.) Als Bad dient eine 3 - bis 4 prozentige Lösung von Kalium - oder Ammoniumbichromat (etwa fünf Minuten).

153

Nach dem Trocknen werden die Folien unter den Teil- negativen belichtet. Unter dem Einfluß des Lichtes verliert die Chromatgelatine ihre Wasserlöslichkeit und Quellbarkeit, nach der Entwickelung entsteht mithin ein Bild aus gehärteter und ungehärteter Gelatine mit mehr oder weniger auffälligem Relief. Da die fortschreitende Bildung des Bildes beim Kopierprozeß kaum sichtbar ist, muß die richtige Belichtung an der Hand eines Photometers kontrolliert werden.

Die Entwickelung erfolgt in warmem Wasser, läßt sich aber wegen der geringen Sichtbarkeit des Bildes nur schwer verfolgen. Diesem Übelstande kann man bis zu einem gewissen Grade ab- helfen, wenn man der Gelatine einen Zusatz von Bromsilber (Hü bl) oder von einem geeigneten Farbstoff (Lumiere) gibt, der mit der löslichen Gelatine ausgewaschen und schließlich auch von den gehärteten Partien durch Wässern beseitigt wird. Das Bromsilber wirkt ebenfalls wie ein Pigment und läßt sich nach der Entwickelung durch Fixiernatron entfernen, ebenso das etwa infolge Ausscheidung metallischen Silbers zurückgebliebene bräun- liche Bild durch einen Zusatz von rotem Blutlaugensalz zum Fixierbad. Bromsilber sowohl wie Farbstoffzusatz haben übrigens den Vorteil, der störenden Relief bildung wirksam entgegen- zuarbeiten.

Es resultieren also von den Teilnegativen drei transparente völlig farblose Diapositive auf dünner Unterlage, deren mehr oder minder erhabene Stellen den minder oder mehr gedeckten Partien im Negativ entsprechen.

Diese Diapositive sollen in den entsprechenden Farben er- scheinen, d. h. das vom blauvioletten Aufnahmefilter stammende Bild gelb, das vom Orangefilter stammende Bild blau(grün), das vom grünblauen Filter stammende Bild purpur.

Zu dem Zwecke werden die Bilder in geeigneten Farb- lösungen bis zur erforderlichen Kraft gebadet.

I. Farbbad für das Gelbbild:

a) 2 g Aurophenin (Chrysopheninammoniaksalz) in etwas heißem Wasser gelöst, mit destilliertem Wasser auf 1000 ccm verdünnt -f- 200 ccm Alkohol.

[Die Bilder dürfen nicht mit kalkhaltigem Wasser entwickelt sein, bezüglich ist der Kalk durch ein Vor-

154

bad von 1 Proz. Salzsäure und Abspülen in destilliertem Wasser zu entfernen.]

Die getrocknete Kopie färbt sich meist in 15 bis 20 Minuten genügend an und wird dann abgespült und getrocknet.

Oder:

b) Naphtolgelb S. L. in saurer Lösung 1 : 200. Davon 10 ccm auf 100 ccm Wasser. Zusatz: Eisessig

10 Tropfen, Alkohol 10 ccm, gesättigte Chromalaun- lösung 5 ccm.

Dauer der Anfärbung einige Stunden.

II. Farbbad für das blau(grüne) Bild:

100 ccm Wasser, 7 ccm 3 proz. Lösung von DianilblauG, 7 ccm von 1 5 proz. Lösung gewöhnlichen Tischlerleims. Dauer der Anfärbung mehrere Stunden.

III. Farbbad für das Purpurbild:

Erythrosinlösung 3:100, davon 25 ccm auf 1000 ccm Wasser.

Dauer der Anfärbung bis zu mehreren Stunden.

Das purpurne Erythrosinbild ist wenig lichtecht und bedarf daher eines Nachbades von 5 g Kupfervitriol auf 100 ccm Wasser (2 Minuten).

Nachdem die Teildiapositive gefärbt, abgespült und getrocknet sind, können sie zur Deckung gebracht und so zum Gesamt- farbenbilde vereinigt werden.

Der Erfolg hängt natürlich zunächst von der Richtigkeit der Teilnegative und Positive, aber auch zürn großen Teil von dem persönlichen Ermessen und dem Geschick des Operateurs ab. Wirklich weiße Partien sollen in allen drei Bildern gänzlich offen und ohne alle Färbung, neutral graue oder schwarze gleich stark gedeckt und angefärbt sein. Es ist aber nicht leicht, die Anfärbung so zu überwachen, daß gleichbelichtete Stellen bei der Deckung neutral grau erscheinen, zumal der Farbenton sich beim Auf trocknen nicht unwesentlich ändert. Nur große Er- fahrung wird dem Überwiegen der einen oder anderen Farbe zu begegnen wissen.

Ein anderer Übelstand ist die Neigung der trocknenden Gela- tine, sich zu verziehen , was besonders bei dünnen Schichtträgern

155

sehr auffällig in die Erscheinung tritt. Die Bilder lassen sich dann nur ungenügend zur Deckung bringen. Lumiere sucht diesem Übelstande ahzuhelfen , indem er chromiertes Gelatinepapier mit einer Schellacklösung überzieht und so vor Verzerrungen sichert. Die Bilder werden auf eine kollodionierte Glasplatte übertragen, dort gefärbt, auf gummiertes Papier übertragen und dann als Abziehbilder auf einer Glasplatte vereinigt. Der Prozeß ist wegen der mehrfachen Übertragungen schwierig und liefert nur unter den Händen des erfahrenen Fachmannes gute Resultate.

Schließlich kann man auch zunächst von der Blauplatte ein gewöhnliches Diapositiv hersteilen, dieses in ein blaues Eisenbild verwandeln und die anderen Teilbilder darüber befestigen.

Die Herstellung von Dreifarbenbildern auf reflek- tierender Grundlage. Die soeben beschriebenen Methoden liefern ebensogut Papierbilder, wenn die Vereinigung auf einer entsprechenden Unterlage erfolgt. Die Farben erscheinen dann in einem Licht, das von der Unterlage reflektiert wurde und mithin die Farbstoffschichten zweimal durchsetzt hat. Wären diese absolut transparent, so müßten im übrigen eine richtige Durchführung des Verfahrens vorausgesetzt Farbenstörungen vermieden werden können. Die Farbschichten lassen das Licht jedoch nicht allein hindurch oder absorbieren es, sondern sie reflektieren es auch in mehr oder minder hohem Maße. Daraus resultiert der bereits öfter erwähnte Überdeckungsfehler. Indem die obenauf liegende Farbschicht dominiert, unterdrückt sie zugleich die Wirkung der tieferen Schichten. Wird zum Beispiel ein 431au über ein Gelb von gleicher Kraft gedruckt, so entsteht nicht, wie man erwarten sollte, ein lebhaftes Grün, sondern ein Grünblau; wird Gelb über Blau gedruckt, so erscheint als Ge- samtwirkung ein Grüngelb. Rot über Gelb gibt nicht ein Orange, sondern ein Rotorange usf. Ganz vermeiden läßt sich, wie es ja auch in der Natur der Sache liegt, der Überdeckungsfehler über- haupt nicht; es bleibt dem Operateur überlassen, ihn in erfahrungs- gemäßer Würdigung des Charakters der Negative durch eine passende Wahl der Farbenreihenfolge so klein und unauffällig als möglich zu machen. Die Unvollkommenheit der Farben- mischung bringt alle jene Mängel hervor, von denen die Trans- parentbilder frei sind, die aber fast bei jedem Papierbilde recht

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störend in die Augen fallen: Hervorstechen irgend eines Farben- tones, besonders bei Flächen, die eigentlich neutral grau sein sollten, ungenügendes Ineinanderaufgehen der Farben und infolge- dessen eine gewisse Farbenarmut. Die Aussichten, diesem Fehler radikal abzubelfen, sind nur gering.

Dies vorausgescbickt, bedarf die Herstellung farbiger Papier- bilder, soweit es sich um Punkte von prinzipieller Wichtigkeit bandelt, kaum noch einer Erläuterung. Wir verweisen wegen der technischen Einzelheiten auf die reichhaltige Fachliteratur.

Nur der im vorigen Abschnitt unter 4. und dem folgenden Absatz (S. 152) erwähnten speziellen Verfahren mag noch kurz gedacht sein.

Eine von Sanger-Shepherd angegebene und neuerdings von E. König im Verein mit den Höchster Farbwerken als Pinatypie ausgebildete Methode bezweckt die Übertragung und Vereinigung der Teilbilder durch Diffusion und scheint einen Fortschritt auf dem Gebiete der subtraktiven Synthese zu be- deuten. Da von den genannten Farbwerken Publikationen über das Verfahren erschienen sind, soll hier nur das Wesentlichste angedeutet werden. Die zur Verwendung gelangenden Farbstoffe werden von den ungehärteten Teilen der auf einer besonderen Gelatinedruckplatte hergestellten Kopien angenommen, zum Druck sind daher nicht die Negative, sondern gewöhnliche Diapositive zu verwenden. Die Druckplatte wird in gewöhnlicher Weise chromiert, unter dem Positiv belichtet, angefärbt und dient dann, ähnlich etwa wie eine Hektographenplatte, zu Abzügen auf einem Übertragungspapier. Das Farbbild geht schon nach kurzer Zeit auf das Übertragungspapier durch Diffusion über; die Druckplatte ist dann entkräftet, kann jedoch nach erneuter Anfärbung zu einer beliebigen Anzahl von Abzügen dienen. In gleicher Weise werden Druckplatten für das blaugrüne und purpurne Bild* her- gestellt. Die Abzüge erfolgen auf demselben Übertragungs- papier, das bereits das erste Teilbild trägt, die Farben gehen daher recht gut ineinander und der Überdeckungsfehler wird auf ein geringeres Maß beschränkt. Es ist daher auch ziemlich gleichgültig, in welcher Reihenfolge die Bilder abgezogen werden.

Miethe und Lehmann haben versucht, das Einstaub- verfahren in den Dienst der subtraktiven Synthese zu stellen, aber anscheinend wegen der Schwierigkeit der Ausführung davon

157

neuerdings Abstand genommen. Die Technik dieser Methode beruht auf folgender Tatsache: Mit dem Pinsel aufgetragenes, trockenes Farbenpulver haftet an allen nicht gehärteten Stellen eines entwickelten Chromgelatinebildes , von den anderen fällt es ab. Die von den Teildiapositiven gewonnenen Gelatinebilder wurden also mit passenden Farben bearbeitet, mit Kollodium übergossen, von der Platte abgelöst und auf einer weiß reflek- tierenden Unterlage vereinigt.

Aussichtsvoller scheint ein von Miethe modifizierter Drei- farbengummidruck zu sein, bei dem ein gelbes und rotes Gummi- bild auf einem Eisenblaudruck angebracht wird J).

Schließlich kann man, wie E. König gezeigt hat, die Leuko- basen organischer Farbstoffe zur Herstellung von Dreifarben- bildern heranziehen. Leukobasen sind farblos, aus den organischen Farbstoffen durch Reduktion hergestellt und besitzen die Eigen- schaft, durch langsame Oxydation an der Luft wieder in Farb- stoffe überzugehen. Dieser Vorgang wird durch Belichtung wesentlich beschleunigt, besonders bei der Anwesenheit von freien NO- und N02- Gruppen. Kollodium als Schichtträger befördert den Prozeß in der Tat ungemein, wahrscheinlich eben wegen der in der Nitrozellulose enthaltenen Salpetersäuregruppen.

Der Gedanke, die Leukobasen in die Dreifarbentechnik ein- zuführen, darf als recht eigenartig bezeichnet werden. Es liegt ein großer Reiz darin, weder mit gefärbten Pigmentpapieren noch mit farblosen und erst später angefärbten Gelatinefolien zu arbeiten, sondern die Farben unter dem Teilnegativ entstehen und in ihrer Entwickelung fortschreiten zu sehen. Der Prozeß verläuft folgendermaßen: Eine entsprechende, weiß reflektierende Unterlage, etwa Kartonpapier, wird mit Blaukollodium (d. h. einem Kollodium, das die aus dem blauen Farbstoff dargestellte Leukobase enthält) übergossen und unter dem zugehörigen Nega- tiv belichtet. Darauf wird das entstandene Blaubild mit lOproz. Monochloressigsäure fixiert, gewässert, mit einer gehärteten Gelatineschicht überzogen und getrocknet. Dann ist es fähig, einen Guß von Rotkollodium, und nachdem auch dieses zur Bild- bildung benutzt und entsprechend gelatiniert worden ist, eine Schicht von Gelbkollodium aufzunehmen. Die drei Farbenbilder

*) Näheres Miethe, Dreif arbenphotogi aphie nach der Natur.

158

entstehen also nacheinander und aufeinander, wodurch die Kon- trolle über die Farbenwirkung ungemein erleichtert wird; sie zeichnen sich durch satte Farben und einen bemerkenswerten Reichtum von Übergängen aus.

Herstellung von Dreifarbenbildern durch den Pressedruck. Die auf photochemischem Wege erzielten Farbenbilder spielen quantitativ den auf der Presse hergestellten gegenüber kaum eine Rolle. Das Bedürfnis nach illustrativen Buntdrucken ist so groß, daß ein im Prinzip so einfaches Ver- fahren, wie die subtraktive Dreifarbensynthese, naturgemäß nicht unversucht bleiben konnte, obgleich die Vereinigung von Druck- farben gerade für diesen Zweck eine besonders ungünstige ist. Wenn dem Chrom olithographen von den vielen Farbendrucken, die sein Bild zusammensetzen, einer mißlingt, so betrifft der Fehler immer nur Teile des Ganzen und kommt vielleicht in der Gesamtwirkung gar nicht einmal zur Geltung. Beim Dreifarben- bilde aber stört ein verfehlter Teildruck sämtliche Farbenver- hältnisse. Auch zeigt sich wegen der mangelhaften Transparenz der Druckfarben der Überdeckungsfehler ebenso auffällig als selbst bei den im vorigen Abschnitt besprochenen subtraktiven Farbenbildern auf Papier. Endlich muß sogar in Rücksicht auf die Haltbarkeit der Drucke das theoretisch richtige Farbensystem verlassen und durch ein ähnliches von geringerer Leuchtkraft und minder einwandfreien Mischfarben ersetzt werden. Ätzer und Retoucheur bekommen oft mehr Arbeit, als sie ein auf photo- graphischer Grundlage errichtetes Reproduktionssystem verträgt, ohne in seinem Kern illusorisch zu werden.

Der Dreifarbendruck wird entweder als Flachdruck oder als Hochdruck au3geführt.

Dem Flach- oder photolithographischen Steindruck kommt einstweilen eine besondere Bedeutung für den Farbendruck kaum zu, da es nicht gelingt, die Übertragung nach einem Halbton- negativ auszuführen.

Der Lichtdruck, die wesentlichste photomechanische Form des Flachdruckes , kann , namentlich in der Kombination mit einem heliographischen Schwarzdruck, recht gute Resultate liefern, doch fällt es schwer, gleichmäßige Abdrucke zu erzielen. Für große Auflagen eignet er sich überhaupt nicht, dagegen machen

159

einzelne Kunstblätter in dieser Manier durch die Zartheit des Kolorits und die Geschlossenheit der Halbtöne einen sehr vor- nehmen Eindruck.

In allererster Linie kommt für die Praxis der als Klischee- oder Autotypiedruck bekannte Hochdruck in Frage. Sein Prinzip ist die Auflösung geschlossener Flächen in ein System von Strichen oder Punkten. Wegen seiner Bedeutung sei das Ver- fahren in seinen Umrissen skizziert.

Die Autotypie ist aus der Zinkätzung hervorgegangen. Denkt man sich ein nach einer Strichzeichnung hergestelltes photographisches Bild in geeigneter Weise auf eine Zinkplatte übertragen und angeätzt, so wird der Grund vertieft und die Linien bleiben als Relief stehen. Eine derartige Platte kann ohne weiteres zum Druck dienen , denn sie stellt nichts anderes dar, als eine gewöhnliche Type. Geschlossene Flächen im Halb- ton, wie sie Photographien bieten, lassen sich jedoch auf diese Weise nicht wiedergeben, da sie im Druck entweder völlig schwarz erscheinen, oder ganz ausbleiben. Sie müssen je nach ihrem Helligkeitswert vorerst in mehr oder minder ausgedehnte Elemente, Punkte oder Linien aufgelöst werden. Man stellt daher von dem Original ein Rasternegativ her. Um den Vorgang zu verstehen, denke man sich in der Camera ein Gitter aus feinen parallelen Linien angebracht, durch welches das Licht fällt, ehe es zur Platte gelangt. Das Gitter bildet sich also mit ab und zer- schneidet das Bild in ein System belichteter und unbelichteter Streifen. Die Breite der exponierten Streifen hängt von der Intensität des Lichtes ab, das durch Überstrahlung den Schatten- wurf des Rasters eventuell ganz verschwinden lassen kann. In der nach diesem Negativ hergestellten Zinkätzung erscheinen mithin die Halbtöne je nach ihrer Intensität als feinere oder dickere Schraffierungen; mit anderen Worten, die Flächenzeichnung ist in eine Strichzeichnung verwandelt. Sind die Linien eng genug, so fällt die Rastrierung nicht unangenehm auf. Statt des Linienrasters können auch Kreuz- oder Punktraster mit ähnlichem Erfolge zur Verwendung gelangen.

Für den Dreifarbendruck wäre es mithin am einfachsten, gleich in der Camera bei der Aufnahme Rasternegative herzu- stellen. Dies ist in der Tat versucht worden, aber ohne nennens- werten Erfolg und zwar weil das Korn der gewöhnlichen Gelatine-

160

platten die feine Rastrierung zerstört. Die in der Hochdruck- technik angewandten Kollodiumemulsionen oder die besonders für Reproduktionen angefertigten Gelatineplatten lassen sich ent- weder nur partial sensibilisieren, woraus entsprechende Fehler entstehen, oder erfordern eine sehr umständliche Nachbehand- lung. Man zieht es daher vor, von den in der Dreifarbencamera gewonnenen Negativen zunächst gewöhnliche Halbtondiapositive anzufertigen, an denen überdies eine etwa erwünschte Retouche weit leichter anzubringen ist, als an einem rastrierten Bilde. Von den entsprechend vorbehandelten Diapositiven erst werden die für den Druck bestimmten Rasternegative angefertigt.

Beim Zusammendruck zeigt sich sofort, daß eine Rastrie- rung der Teilbilder in gleichem Sinne nicht statthaft ist. Völlige Parallelität ist bei feinen Systemen überhaupt ausgeschlossen; Linien, die sich unter einem spitzen Winkel schneiden, geben stets Veranlassung zu einem störenden moireartigen Dessin. Man kreuzt daher die Liniatur, zum mindesten des Rotdruck- und Blaudruck- negativs um einen beträchtlichen Winkel, indem man entweder die Platte gegen den Raster oder den Raster gegen die Platte um einen entsprechenden Winkel verdreht. Bei der Verwen- dung von gewöhnlichen Kreuzrastern ist die eine Linienlage in ihrer Wirkung durch eine zu ihr quergestellte Schlitzblende auf- zuheben. Vorrichtungen, um Schlitzblende und Kreuzraster nach jeder Aufnahme um den gleichen Betrag zu verdrehen, sind von Miethe angegeben worden.

Mit vollem Kreuzraster ausgeführte Farbendrucke stehen den Linienrasterdrucken nach, da sie bisweilen eine symmetrisch sternförmige, von der Liniatur herrührende Zeichnung aufweisen, der leicht die ruhige Wirkung des Bildes zum Opfer fällt.

Von der größten Bedeutung ist naturgemäß die Wahl der Druckfarben. Daß das theoretisch richtige System Gelb, Grün- blau, Purpur hierzu nicht genommen werden kann, wurde- bereits gesagt, auch lassen sich die feurigen Teerfarbstoffe ohne weiteres nicht benutzen, da sich viele von ihnen mit Firnis nicht genügend verbinden. Die Drucktechnik kann nur mit Öl angeriebene Pig- mente gebrauchen. Um Teerfarbstoffe benutzen zu können, muß dem Farbstoff ein Träger, der sich in Firnis leicht verteilt und von ihm gut durchdrungen wird, in Gestalt etwa von Gips, Stärke oder Kaolin beigemischt werden. Dadurch, sowie auch durch die

I

I*

GELBDRUCK.

(Aufnahme durch das Blaufilter).

Donath, Farbenphotographie.

II

ROTDRUC K.

(Aufnahme durch das Grünfilter).

III

B LAU DRUCK.

(Aufnahme durch das Orangefilter).

IV

ZUSAMMENDRUCK.

Dreifarbendruck nach einer photographischen Naturaufnahme von Prof. Dr. A. Miethe.

Fried r. Viewe« <fe Sohn in Braunschweig.

161

Verbindung eines basischen Farbstoffes mit einem Metalloxyd entstehen die sogenannten Lasurfarben oder Lacke, denen aller- dings eine weit geringere Transparenz wie den Farbenlösungen innewohnt. Die Praxis verwendet zum Druck meist Chromgelb, Pariser Blau und Krapplack, doch ist namentlich das Pariser Blau wegen mangelnder Grünstichigkeit und wegen seiner Schwärz- lichkeit recht ungenügend, auch Krapplack befriedigt kaum. Man hat versucht, das Pariser Blau durch Pfaublau und Krapplack durch das purpurähnliche Nachtrosa zu ersetzen, aber ohne Glück, da die Farben zu unbeständig sind.

Der Überdeckungsfehler tritt namentlich in größeren grauen Flächen störend hervor und kann nur, wenigstens für einzelne Stellen des Bildes, durch kräftigeren Druck der beiden zu unterst liegenden Teilbilder einigermaßen behoben werden. Unvoll- kommenheiten des Pressedruckes bringen es ferner mit sich, daß nur schwierig eine Reihe von Bildern völlig gleichartig herzu- stellen ist. Eine Kontrolle läßt sich gegebenenfalls an einer mit- gedruckten Grauskala ausüben.

Im Grunde ist der Rasterdreifarbendruck den Über- deckungsfehler selbst vernachlässigt überhaupt nicht rein sub- traktiv. Nur dort, wo die drei Liniaturen sich kreuzen, kommt es zur subtraktiven Synthese im Sinne eines Dreifarbendruckes, an allen anderen Punkten wirken entweder nur zwei Komponenten subtraktiv oder die Farben liegen überhaupt nebeneinander und wirken dann additiv, indem sie die Gesamtwirkung entsprechend beeinflussen.

Alle diese Fehlerquellen werden erst verschwinden, wenn es gelingt, durch Nebeneinanderdruck von Farben eine rein additive Synthese auszuüben.

Douath, Farbenphotographie.

11

162

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Photographische Mitteilungen, Jahrg. III, 1867, S. 24.

Da van ne, Traitö de Photographie 2, 346.

Wiener, Wied. Ann. 55 (1895).

Yallot, Le Moniteur de la Photographie 20 (1895).

Worel, Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. (Wien), 13. März 1902.

, Eders Jahrb. d. Photographie 1903, S. 68.

Neuhauss, Photograph. Rundschau, Jahrg. XYI, Heft 1, 1902, S. 1.

, Eders Jahrb. d. Photographie 1903, S. 47.

Carey Lea, Amer. Journ. of Sc. (3) 33, 363 (1887).

Krone, Darstellung d. natürl. Farben d. Photographie.

R. E. Liesegang, Liesegangs Photogr. Archiv Nr. 633, 328 (1889).

, Photogr. Almanach 1891 [vgl. Photogr. Rdsch. 20, 258 (1903)].

II. Teil.

Erstes Kapitel.

Hamburgisches Magazin zum Unterricht und Vergnügen aus der Naturforschung und den angenehmen Wissenschaften überhaupt. Jahrg. 1751.

L. Yidal, Traitö pratique de Photochromie (Paris, Gauthier-Yillars). v. Hübl, Die Dreifarbenphotographie (Halle, W. Knapp).

v. Helmholtz, Physiologische Optik, II. Aufl. , S. 345 ff.; Zeitschr. f. Psych. u. Phys. 2 (1891); 3 (1892).

M. Schultze, Arch. f. mikrosk. Anatomie 2, 254.

W. Krause, Arch. f. mikrosk. Anatomie 12, 743.

Kühne, Unters, aus d. physiolog. Institut, Heidelberg 1882, S. 169. Wälchli, A. v. Graefes Archiv 1883, S. 205.

Hensen, Zeitschr. f. wissensch. Zoologie 15, 199 (1865).

Zenker, Arch. f. mikroskop. Anatomie 2 (1866).

G. Fritsch* Anhang z. d. Abhandlungen d. Kgl. Akademie d. W-, Berlin 1904.

König u. Dieterici, Sitzungsber. d. Berl. Akademie 2, 805 (1886);

Zeitschr. f. Psych. u. Phys. 4 (1893).

J. CI. Maxwell, On the theory of Compound Colours, Phil. Trans.

of the E. Soc. of Lond. 150, 57, P. I (1860).

Sigm. Exner, Pflügers Archiv 1 (1868).

Bezold, Pogg. Ann. 150 (1873).

Brücke, Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. in Wien, Abt. III, 77 (1878). König, Wied. Ann. 22 (1884).

Brodhun, Wied. Ann. 34 (1888).

Fr. Exner, Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. in Wien, 111, Abt. Ila (1902).

11*

164

V. Grünberg, Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. in Wien, 113, Abt. II a (1904).

Zweites Kapitel.

A. Miethe, Dreifarbenphotograpbie nach der Natur. 1904.

A. Miethe u. G. Bock, Ber. d. deutsch, chem. Ges. 37, 8 (1904).

Viertes Kapitel.

R. W. Wood, The Photographie News 44, No. 217, 120; Photo- graphische Mitteilungen 1900, Nr. 119; Deutsche Photographen- zeitung 1900, Nr. 26, S. 390; Brit. Journ. Phot. Almanac.

R. Klepp, Phot. Rundschau 1901, S. 17.

Thorp, Gräting Films and their Application to Colour Photography. Manchester Memoirs 10; „Photography“, Aug. 1900, Nr. 612, S. 514; „Camera obscura“ 2, 425, No. 6.

Pfaundler, Eders Jahrb. d. Photogr. 1901, S. 177.

Neuhauss, Lehrb. d. Projektion 1901, S. 83.

Fünftes Kapitel.

L. Ducos du Hauron, Les couleurs en photographie, solution du Probleme (Paris, Marion 4diteur) 1869.

Lumiere, Bulletin de la Soc. frangaise d. Photographie 15 Juillet, p. 339 (1904).

L. Ducos du Hauron, La triplice photographique , Paris, Gauthier- V illars.

Charles L. A. Brasseur, The Photographie. Journ. 25, No. 9 (1901).

Sechstes Kapitel.

Lumiere, Atelier d. Photographen 1902, S. 35.

Hinterberger, Über das Lumiere sehe Verfahren. Photogr. Mitt. 1902, S. 53.

Seile, Photogr. Rundsch. 1899, S. 92.

A. Hof mann, Die Praxis der Farbenphotographie 1900.

Sanger-Shepherd, Photographie News. Dez. 1902.

Miethe u. Lehmann, Atelier d. Photographen 6, 1903.

Zeitschr. f. Reproduktionstechnik 1901, S. 92; 1902, S. 1, 18.

Eder, Handbuch II, 2. Aufl., S. 335.

NAMENVERZEICHNIS

B.

Babo 101.

Becquerel, Edmond 1, 2. Bezold 92. le Blond 67.

Brasseur 139, 143.

Brücke 92.

c.

Carey, Lea 59.

Cotton 7.

D.

Daguerre 1.

Davanne 58.

Dieterici 88, 93.

Donath 105, 108, 122. McDonough 135.

Drude 35.

du Bois-Beymond, CI. 69. Ducos du Hauron 69, 71, 115

141.

E.

Eder 65.

Eimer 60.

Exner, F. 92, 93.

Exner, Sigm. 88, 93.

F.

Fresnel 11, 13.

Fritsch, G. 87.

G.

Gautier 67, 68.

Graetz 11.

Grünberg 93.

H.

Helmholtz 11, 83, 93. Hensen 87.

Hering 87, 92. Herschel 1, 2.

Hill 1, 6.

Hofmann, A. 152. Hübl 147, 149, 153. Huyghens 10, 11, 125.

I.

Ives 72, 120, 121. Izarn 7.

Joly 71, 135.

K.

Kelvin 11.

Kirchner 7, 45.

Klepp 132.

König 88, 93.

König, E. 99, 152, 156, 1 Krone 7, 23, 59.

Kühne 87.

166

L.

Lastmann 67.

Lehmann, H. 46.

Lehmann 156.

Liesegang 7.

Lippmann 7, 23.

Lumiere 71, 73, 142, 152, 153.

M.

Maxwell 11, 25, 69, 93, 121.

Mendel ejew 11.

Meslin 7, 38.

Miethe 48, 73, 99, 110, 112, 115, 122, 156, 157, 160.

Müller, H. 87.

N.

Neuhauss 7, 23, 31, 50, 64. Neumann 11.

Newton 10, 67.

Niepce de St. Yictor 1, 4.

P.

Pfaundler 7.

Poitevin 1, 57.

Poulton 60.

R.

Roux 60.

Rowland 132.

s.

Sänger- Shepherd 152, 156.

Schütt 7, 34, 35.

Schultz-Sellack 25.

Schultze, M. 87.

Scott 72.

Seeheck 1, 2, 55.

Seile 73, 152.

Simpson 1.

Starke 31.

Stolze 29.

T.

Taupenot 23.

Testud de Beauregard 1, 56. Thorp 132.

I Traube 99, 110.

I Traube 48.

U.

Ussagin 31.

Y.

Yalenta 7, 47. i Yallot 58.

| Yidal 72, 73.

Yogel, H. W. 70, 95, 148.

W.

: Wälchli 87. j Wallbott 23.

I Wernicke 35.

Wiener, O. 7, 23, 39, 50, 59.

! Witt, Otto N. 140.

Wood 125. i Worel 58.

Y.

I Young 69, 83, 88, 93.

Z.

Zenker 1, 7, 19.

Zink 120.

Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig.

S)ie Wissenschaft.

Sammlung naturwissenschaftlicher und mathematischer Monographien.

Von Jahr zu Jahr wird es schwieriger, die Fortschritte auf mathe- matisch-naturwissenschaftlichem Gebiete zu verfolgen. Zwar teilen uns zahlreiche referierende Zeitschriften die neuen Ergebnisse der For- schung mehr oder weniger schnell mit, aber ohne dieselben einheitlich zusammenzufassen. Die Entwickelung der einzelnen Wissenschaften zu verfolgen wird aber nur dann möglich sein, falls in nicht zu langen Zwischenräumen übersichtliche Darstellungen über begrenzte Teile der- selben erscheinen. Durch derartige Monographien wird auch dem Spezialforscher ein Einblick in Nebengebiete ermöglicht. Überlegungen in dieser Richtung haben in Frankreich zur Veröffentlichung der „Scientia“ geführt. In Deutschland soll demselben Zweck die in unserem Ver- lage unter dem Titel „Die Wissenschaft“ erscheinende Sammlung naturwissenschaftlicher und mathematischer Monographien dienen.

Nicht populär im gewöhnlichen Sinne des Wortes, sollen diese Monographien ihren Stoff der Mathematik, den anorganischen wie den organischen Naturwissenschaften und deren Anwendungen entnehmen, auch Biographien von großen Gelehrten und historische Darstellungen einzelner Zeiträume sind ins Auge gefaßt.

Dem unter besonderer Mitwirkung von Prof. Dr. Eilhard Wiede- mann irfs Leben getretenen Unternehmen ist aus den dafür interessierten Gelehrtenkreisen bereits in der entgegenkommendsten Weise die erfor- derliche Unterstützung zugesagt worden.

Die Ausgabe erfolgt in zwanglos erscheinenden einzeln käuflichen Heften.

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Prof. Dr. H. Baumhauer. Mit 46 Abbildungen. Preis M. 4. , geb. in Lnwd. M. 4.60.

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schen Chemie von Prof. Dr. A. Werner. Preis M. 5. , geb. in Lnwd. M. 5.75.

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