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THE LIBRARY OF THE X UNIVERSITY OF NORTH CAROLINA
ENDOWED BY THE DIAIJECTIC AND PHILANTHROPIC SOCIETIES
PT f 865 • F3
f 920
UNIVERSITY OF N.C. AT CHAPEL HILL
00026601133
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•AR -f 1383 |
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$art (Smt( ^rango^
11.-15. Auflage
0tuttgart unö 23erUn 1920 3. 0. £otta'fcf)e 23udjl)ant)lun9 2tad) t olp er
^Ue C^ed)te,
{nS&efon&ere ÖaS Ubevfet$ün§$vtd)t, voxbifyaUtn
(Oorworf 3ur
(^vie ättefte Sionede biefeä S3anbe3: „‘Das ©tjriftuös bilb/y ift bie erfte, bie id) getrieben
habe; fie ift t>or breijsig Qafyrett (1868) entftanben. Baratt reiften ftaj, gleichfalls in meiner ©tubenten^ geit : „©fterfa -Regina'' unb „2)er ©tjplod non S3ar= nom"; bie anberen Sonetten fallen in ba§ igafjr 1872. 55afe gteidjmotd ein fpäter gefd^riebenes S3ud) — „Stus <patb=3lfien" — früher erfdjien, mätjrenb biefe Sto= reden erft im 25e§ember 1876 §ur Huögabe gelangten, lag einzig baran, bafe ic§ nier Qat)re lang nergebtid) nadh einem Verleger fiteste. SBer fidh für bie innere unb äußere ©ntfteljung ber „Quben non S3arnom" intereffiert, finbet fie in ber non mir ^erausgegebenen ©ammtung fetbftbiograptjifdjer Sluffäfce: „£)ie ©e= ftfjidjte beö ©rfttingöroerfo" ergätjtt.
35er äußere (Erfolg tjat fid) beffer geftaltet, alz nad) bem traurigen SSorfpiet anjune^men mar. Stad) Safyreöfrift fonnte bie freite, 1881 bie britte, 1886 bie nierte, 1894 bie fünfte Auflage gebrudt merben; bie britte Stuftage mar um jraei Stoneden oermebrt; . in ber nierten trat nodj eine neue f)in§u. hingegen erfdhien mir jmedtoö, bie fünfte, bann bie oortiegenbe Stuf tage inhaltlich ju nermetjren; ein ©efamtbitb be£ potnifd^jübifdjen Sebent farm unb fod ja biefer S3anb nicht bieten, fonbern Stoneden au$ biefem 2eben; alz Eutturfdjitberer ba^e ein fold^es überficf)tlid)e£ SBilb in einem anberen S3udje — „Stus ber großen ©bene" — §u entmerfen gefugt. Stber and) ein innerer
YI
$runb fianb biefer (Srmeiterung entgegen: ich hätte nur nod) Arbeiten aut weit fpäterer Seit einfügen fönnen unb baburch bie einheitliche Tonart biefeö gugenbmerft gerftört. 2lut bemfelben ©runbe be^ gnügte idj midi, für ben oorliegenben ^eubntd: einige Stellen fnapper gu f affen, anbere klarer; benn im reifen 9flannetalter ein gugenbraerf gang umarbeiten gu motten, fd^eint mir fein berechtigtet beginnen. S u; bem märe et jept, nachbem einige Auflagen unb %afyb rei<$e Überfefeungen*) erf dienen finb, gu fpät. 2lut bemfelben (Srunbe halte id) et für richtig, bie mefent* lidjen Stetten aut bem Sßorraort gur erften Auflage hier unneränbert folgen gu (affen:
„2llt ich uor oier Qahren guerft ernftlid; gur geber griff, mar et mir oor allem 23ebürfnit, fünftlerifd) gu geftalten. gdj mottte -ftooetten fcfjreiben unb rang bar- nadj, ih^ poetif djen SBert gu geben. Slber gerabe gu biefem S^ede fdjiett et mir notmenbig, ein Seben gu mahlen, bat id) auf bat (Benauefte fannte. SBegüglidj bet pobolifdjen gubentumt mar biet ber galt. So bin ich benn oor 2lttem alt dichter in bat pobolifc^e (Bljetto
*) $ie Xitel unb Überfe|er ^abe id) im Bormort gut; »ierten Auflage angeführt. £)at 23ud£) ift bitfjer in fed)geh*t ©praßen iiberfefct morben unb gmar — nad) ber Reihenfolge bet ©rfdheinent biefer Überlegungen georbnet — int £ollänbifd)e, Sänifdje, ©dhroebifdje, Rufftfc|e, $ebräifd)e, ©nglifdhe, ^tGlienifdje, ©panifche, ^rangöfifdje, Rtagparifdje, ©erbifdje, Sßolnifdje, Reu; gried)ifd)e, Rumänifdhe, $leinrufftfd)e, enblidh (in Rerc^or!, Ver¬ lag ber „^übifdfjen Bolftgeitung") in bat fogenannte „^übifctj' Xeutfdj", bie aut beutfdjen, flatufdjen unb hebräifd)en Wörtern gufammengefe^te Umgangtfpradje ber ofieuropäifcfjen ^uben. X)ie (^efamigafjl ber Überfe^ungen fteUt fid) bergeit auf gmangig, ba in ruffifdjer ©pradje brei, in englifdjer unb ^ebräifd^er je gmei Überfe|ungen erfdhienen finb. ©ine ber ^ebräifd^cn Rutgaben, fomie bie jübifdubeutfefje, finb freie Bearbeitungen, ba fte gu bem 3med£ angefertigt mürben, bie ortljobo£en guben »orfid^tig für eine freiere ©taubentrid)tung gu geroinnen.
VII
gegangen, unb tt»a^ id) in biefen Sonetten äunädjft an= geftrebt habe, mar ber fänftlerif^e 2Bert. 2lber auf Soften ber 2Bal)rheit habe ich ihn nid^t §u erringen ge^ fu<ht. Qcb habe auch J)ier nirgenbmo 33erhältniffe ge= fälfdjt nnb bin mir bemufjt, bies frembe £eben fo ge= fchilbert gu haben, raie es mir felbft erfcheint. £at fi<h in meinem 33udfje „2lus §alb=3lften" ber 5^utturf d^ilberer auf ben -ftooettiften geftü|t, fo burfte fjier ber 9tooettift nicht auf bie igilfe bes Slulturfchilberers oer^ichten. llnb mag auch bort bie eine, t)ier bie anbere ©eite meines Sßefens in ben 33orbergrunb treten, in lefeter ßittie finb boef) beibe Eins; es bleibt immer mein fehnfiiehtiges 33 e= ftreben: bie SBahrljeit fünftlerifdh $u gestalten. Unb mie immer auch bent Üftooettiften bas Urteil fallen mag, ber $ulturf<hilberer nimmt es für fidfj in Slnfpruch, bafcman feinen Porten glaube.
SDiefe gorberuttg ift nicht überflüffig, benn es ift ein fonberbares unb eigenartiges Seben, in bas ich ben £efer führe. 5Die ©trömungen unb ©egenftrömungen, oon benen es burchflutet mtrb, fittben fi<h in biefem 33uche freilid; eben nur angebeutet, unb hätte ich Pe — etwa in ber gornt einer Einleitung — bes diäteren ausführen motten, fo märe bie Einleitung leicht ftärfer gemorben, als bas 33u<h. Qch habe fie barurn unterlaffen, glaubte bies aber auch mit gutem ©emiffen tun^ubürfen. 2)enn fchon bei Slbfaffung ber ttiooetten habe ich berüdfihtigt, ba£ es ber £efer bes äBeftens ift, für ben ich f<$reibe. üftur ein 2öort, bas ich bereits in meinem erften 33u<he bes Weiteren begrünbet habe, möchte ich ihm f$°n hier, an ber ©chmette bes jmeiten gurufen: „Qebes Sanb hat bie $nben, e§ Derbient!" — unb es ift nicht ©djulb ber polnif chen Quben, mertn fie auf anberer Jlulturftufe fielen, als iljre ©laubensgeuoffen in Englanb, ©eutfeh^
VIII
lanb unb granfreidf. dftinbefteus genug nidjt ihre Schulb allein.
üftientanb fann über feine 9tatur ^inauö ; auch bies 23ucb ift in gewiffent Sinn ein ftreitbareö 23ud), auch biefe Sonetten l;aben nebenbei einen £enben$p)ed. 2lber id) frühere bie polnifchen Quben trofcbem nicht beffer, nodj fdjlecbter, als fie finb, fonbern genau fo, wie fie finb.
9ti<bt gut Verhöhnung, nid^t gur Verherrlichung bes öftlichen Qubentums finb biefe Sonetten getrieben, fon= bern fie »erfolgen, aderbings nur nebenbei, ben fjwed, auf SDüfteres ^inguraeifen unb es tickten ju Reifen, foweit meine Stimme reicht."
dftöge bem Vudfe bei feiner fedjften SBanbentng burdf bie SBelt fein freunbliches Sdjidfal treu bleiben.
Berlin, im 9Mrj 1899. ©er (perfaffer.
^ Jur fteßettfen «Huffage.
J^in Qagr nach bem £obe ihres Verfaffers werben G>§ „$)ie Quben oon Varnow" oon neuem ausge; fenbet. SDer gunfe, ben er ins Lüfter geworfen, um „es litten 31t helfen", wirft fort im Strome ber Blufflärung als fein unfterblidj £eil.
Berlin, im Qanuar 1905. CWtfte ;§ran3oe.
Jur achten «Huffage.
„-Olein Vudj aber ift in ber Vklt unb lebt . . ."
Sari Qrmil 3franjo8: ®er üpojaj. 2i. Sapitel, 6. 294.
(Srinbelwalb, im Sfuguft 1907. Oftifte jfran^oe.
JttjJaft
©eite
$er üon SBarnoro . 1
9£adj bem fjöljeren ©efe| . 46
3roci Getier . 95
2)er roilbc ©taroft unb bie fcpne ^ütta . 112
2) aS „$tnb ber ©üfjne" . 142
(Sfterfa Regina . 169
„93aron ©c^mufe" . . 214
3) a§ G^ciftuöbilb . 227
D^ne Snfärift . 258
©er r>on Qßarnotr*
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Serabe bem alten, grauen Klafter ber £5ominifaner gegenüber ftefyt ba§ grojjc, toeifie §au§ be£ Quben, f)art au ber «geerftrafje, bie oon Semberg ttad) ©lala füf)rt unb ba§ büftere ©tiibtd)en burdjfdjueibet. 2£er in einem ber fleineu, fd)mu|igen Raufer be3 ©tjetto geboren ift, wäcfjft in (Sfjrfurdjt unb Söettmnberung auf üor biefem §aufe unb feinem 23efi|er, bem alten 9Jfr)fe§ greubentljat. 3)iefe§ $au§ unb biefer 9Jtann finb ber ©tolg non 23arnott>. Unb SBeibe rechtfertigen auef), jebe§ in feiner Sßeife, biefen ©tolg.
£)a ift guerft ba§ |jau£. ift, al3 ttmj^te e§ feinen Söert, fo ftolg unb ftattlid) fte^t e§ ba in feinem weifjen, reinlichen 5lufput$, mit ber langen, glängenbeu genfterreifje be§ erften ©toefwerfö, mit ben bunten ^aufläben gu ebener ©rbe, gu beiben ©eiten be§ mächtigen S^orWegg, ber einlabenb geöffitet ift. ©eint btefe§ $au§ ift ein @infe^r^au§ unb bie (Sbeüeute ttuffen feine SSor^itge gu fdjähen, wenn fie in§ $egirl3s amt ober gunt 2Bocf)enmarft in bie ©tabt fontmen, unb ebenfo bie $aüaÜerieoffigiere au§ ben Dörfern
St. ©. ftrangoB, Subcn bon SBarnoto 1
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ber Untgegenb, wenn fie bie Saugemeitc fjereintreibt. 5lber banebett ift bag «gaug aud) ein ginghaitg, beun im erften ©todmerf mofjnen bie öorne^mften «jponora^ tioren ooit Söarnom, ber Söegirfgridjter uttb ber 2trgt, gur 9(Jcieie unb baneben — nod) alleg 9Jtöglid)e bagu. Stenn eg ift faft fetter gu fagen, mag adeg im (Erb- gefchofte gufammengebrängt ift. S)a finbet fid) eine Sottotodeftnr unb eine ^ffefurang^gentfdjaft für 3SteI), Sttenfdjeu unb betreibe, eine Xud^^anbtuug mtb ein ©pegereimareutaben, eine Sßeinftube für bie uornef)men ($5äfte unb ein 23ranutmeinfd)anf; für bie dauern. Unb SMtefteur, Hgent, Kaufmann unb 28irt, bieg OTeg ift SOfafeg greubentfjal
5tber ber alte, ^od^getna^feite SO^ann mit ben büfteren $ügen if* imdj tteit mehr. ©eine gamitie ift feit SKenfchengebenfert bie üornefjmfte im ©täbtdjen, fein S3etftänber in ber „©djuF" ftetjt ber erfte in ber erften D^ei^e. 28ie nad) feinet ©rojmaterg Sobe fein $ater, fo ift er nad) feineg 93aterg Xobc SBorftanb ber ©emeittbe geworben, otjne ba§ er fidj barum be^ morben, ot)ne baft eg gemanb eingefallen märe, it)n nidbyt gu mähten. (Er gilt alg ber frömmfte unb ef)r^ lic^fte $D?amt ber gubenfdjaft. Unb bagu fein sJteid^= tum, fein ungeheurer ^eidjtum!
©eine ©taubenggenoffen h°ften i^n für einen SDUtlionär unb fie h^en 9^ed^t. S)enu if)nt gehört nicht nur bag |>aug mit atT bem, mag b'rum unb b'ran ift, and) mehrere ©iiter ber Untgegenb fantt er mit größerem ^edjte fein neunen, alg bie potnifdjen Marone unb (Ebettente, bie auf ihnen fi^ett. Unb bag
berrltdjc ©itt $toinotöwfa gehört OöKenbS tl)m, itacC)- bcnt eS bie früheren Eigentümer, ber Keine ©raf ©mölsfi unb feine fd)üite ©ema^Iiit durora, in wenigen Sauren oergeubet. Es ift ein fdföneS, großes ©ut, unb ber ©raf tjatte nicht gntnbloS auS SBergweifluttg beit größten kaufet) feinet SebettS, als er cS neriaffen muffte.
Söiirbe eS eud) uadj ad' bem wunbertt, Weint if)r ljören würbet, baft 9)?ofeS gfreubentljat itid)t nur ber reidjfte unb ftolgefte, fottbent aud) ber ineift beneibete dftaitn beSDrteS ift?! dber bem ift uidjt fo. fraget beit ärntften dftann in ber ^ubenftabt, beit £l)orale!jrer, ber mit feinen fedjS $inbent ant |)ungertud>c nagt, ober beit Söafferträger, ber bie SSodfe !)ittburd) nom frühen borgen bis §um fpätett dbeitb Dom unb gunt ©tabtbr unneu feudjt, fragt fie, ob fic mit 9ftofeS tauften wollen, unb fie würben eud) „Sfteiu" fageit. ®emt größer als biefeS 2ftattneS 9ieid)tum ift fein Ungliicf.
3hr fönnt eS if)m freilid} itid)t Dom ©efictjt ablefett, Wenn iljr iljn fo ftolg unb ftattlidj bor bem Torwege feines §aufeS ftefjeit fe^t. Unter bem Keinen fdjwargeit ©amntetfäppdjen quillt baS §aar filbergrau ]§eroor; filbergrau unb büntt fittb audj bie beibeit langen Soden, bie nad) ber Sßeifc ber Efjaffibim au ben SBaitgett Ijerabfliefteit. dber bie ©eftalt ift itod) Kräftig unb ungebeugt, unb ber feltfam gefdjnittene, talarähnlid)e Subenrod aus fchwarjem £udje Keibet fie ftattlid) genug. $>er alte Sftaitn fteljt faft bewegungslos ba unb fiel)t bem duftreicher 511, ber bie £ljüre 8rarottweittlabeuS mit frifdjer, giftgrüner $arbe übers
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gtel)i uttb glafdje, @la§ unb Söre|e gelb mtb metf, barauf malt. Sftur feiten menbet er ben $licf ab, um einem ©rüftenben gu battfen. Denn c£ ift heute menig Seben auf ber ©affe. (Sin |jaufe ruthenifdfjer dauern torfeit angetrunfen gur ©tabt l)inau§; ein (Sbelmann fährt in leidster 23ritfchfa öorüber; einige arme $)orfs ge^er, meldhe bie 2Bodje über non ^Bauernhof gu Bauernhof gegangen unb für ©elb unb £itd)cr gelle eiugetaufdjt, giehen mit ber er^anbelteu SSarc auf bem SRüden mieber ein. 3Dic Saft ift ferner unb ber (Srlö§ gering, aber auf ben bleidjen, abgehärmten ober öerfchmi^ten ©efidjtern ruht bod) ein Stimmer ber greubc unb be£ ©tolge§. ®emt menige ©tunbeit noch unb fie fittb nid)t mel)r eleitbe, mit Sumpen befleibete ©djadherjubeit, an benen ber S3auer feinen 2SM£ unb feine ^ßeitfdhe prüft, fonbem ftolge gürften, bie jubelnb in ihrem Sßalafte bie monnige Sßraut empfangen — bie ©abbatljruhe.
üftur menige ©tunben noch, beim bie ©omte neigt gunt Untergang unb ber greitag 9ßadjmittag geht gu (Snbe. Sn ben Käufern rüften fie überall für ben fRuljetag; bie ©affe liegt im heßen ©onnenglange öer* übet. 9ßur üom Slntte her fommt ber S8egirf£richter, ber gelbe, magere $err SoginSfi, mit einem jungen gremben ben SSeg herauf unb bleibt einige Minuten plaubernb bei 3Wofe3 ftehen, ehe er bie kreppe gu feiner SSohnung emporfteigt. ©ie fpredhett üon ben fdliedhten feiten, mie hoch ba§ 5lgio ftel)e, unb bann, mie fdhön fidh bieämal ber Slpril anlaffe. Unb e§ ift and) heute ein fo lieber, redjter grithling£tag, mie ihn
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btefeS fiattb fouft faum im äftat gu erleben pflegt. ®ie (Waffen ber Stabt finb bis auf einige $otlad;en in ber Sflitte be£ fRingpta^e^ getrodfnet, bie Sitft toel)t faft fommerlid) lau unb im ©arten ber ÜJttöndje brüben blühen bie grudjtbäume unb ber ^lieber. „5rüf)ling! $ritf)ling!" jaucf)gen bie ©Ijriftenfinber, bie eben au§ ber üftad)mittagSfd)ule oorübereilen. „©§ toirb grü§* littg!" fagt ber |>err 23egirfSricf)ter, greift au ben §ut unb fii^rt feinen ©aft bie kreppe empor. ,,©S tturb grüljling!" mieberljolt ber alte Sftann unten unb ftreidjt fid) über bie (Stint, als ertoacfye er au£ einem $raum ... „eS wirb gfrüljling!''
„©in merfttmrbiger Sflenfd), ber alte ÜDiofeS!" plaubert oben ber iöegirfSridjter gu feinem ©afte, bem neuen $(ftuar. „3dj weif* nidjt, ein Sonberling. Sttatt Würbe es ifjrn ttidf)t anfefjen; er weifj mefjr oom 3uS al§ ber befte 2lbüofat. Uttb benfett Sie nur: er ift ber reichte Sttann im gangen Greife. 9flatt fpridjt
oou mehreren Millionen. Unb babei plagt er fidj bie
gange SSodje, als müfde er fein ©ffen für ben Sabbatf) oerbienen!"
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w©inSd)iuu|ian,wiebie3uben ade," fagt berSlftuar unb ringelt bett SRaucfy feiner ©igarre in bie £uft.
„|jm! bod; nid^t ! ©r ift Wof)ltl)ätig, mau mufj
fagen, fefjr wof)ltf)ätig. 3)a§ mad£)t ifjm aber feine
greubc unb baS Verhielten audj nidjt. Unb bodj fpefuliert er fortwährend giir men? id) bitte Sie, für Wen?!"
„|jaf er feine $ittber?" fragt bev Vlnbere.
„3a freilidj ! ®aS l)eif$t, wie mait’S nimmt. 9£ad)
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feiner Kuffaffung Ijat er feine. Kber fenncn ©ic feine ©efdjidjtc ttod) nid)t?! $>ic weif? ja alle 3®elt — bß fielet matt, bafj ©ie au§ Seinberg fontmen. $)a I)aben ©ie moljl and) itid)t£ oon bcr &od)ier be§ 5flten gehört, t>oit ber fdjöneu ©ftfjer greubeittljal? 35 a§ ift ja ein ganger Montan, beit mitffcn ©ie l)ören!" . . .
3)er alte äftattn, beffen ©efd)id)te alle 2Belt feuut, leljtit unten itod) immer an ber 31;ür feiltet |)aufe£ unb fic^t gu, mie bie 331ütengmeigc im Sloftergarten im SBinbe fdjmattfen. SÖoran er mol)l beitfcn mag? Kn feine ©efdjüfte ttidjt. 3)enn feine Kugctt finb feudjt geworben unb um bie Sippen gudt e§ einen Kugenblid Wie verfallener ©djnterg. @r legt feine <jpanb über bie Kugelt, al£ blenbe ifjit ba§ ©onuenlidjt.
35anit richtet er fidj auf unb f Rüttelt ba£ §aupt, al£ wollte er bie trüben ©ebanfeu mit abf Rütteln, „beeilt ©ud)! eS wirb halb ©abbatfj!" ruft er bem Knftreidjer gu unb tritt itüljer fjerait, um bie Krbeit gu befidjtigeit. 3)er flehte, budelige 9Jiamt im abge^ fdjabteit polnifdjett ©djitürrod ift eben mit beit beibeit Türflügeln fertig geworben uitb Ijiitft uutt mit beut garbentopf an beit genfterlabett. $nt I^eltften Zinnobers rot fjatte biefe Safe! einft in fdpitereit Sagen geprangt unb in meinen 23ud)ftaben mar baraitf jener fd)lid)tc Sßip gu lefeit gewefen, ben man überall au beit ©djenf= ftubcn ber jübifdjspolnifdjeit ©täbtdjeit fiitbet: „feilte um§ ©elb, morgen untfouft!" £Tiint ift bie $ßrad)t läitgft bafjin, bie 3Sorte finb mtleferlid) geworben, unb emfig jüfyrt ber Steine ben Sßiufcl mit bem faftigen
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$rün barübet: £)tu. „äöifjt Sfyr ttod), Sßaui ÜDZojdjfo," plaubert er habet, „baft aucf) bie§ Jjier mein 28er! ift?" Uttb er beutet auf ba§ fdjmubige braunrot be3 alten 2lrtftrid)§.
2lber 9ftofe§ beutt mo^l an 28idjtigere£ unb blicft laurn auf. „@0?" fagt er bann gleichgültig.
„(Si freilich !" fäb*t ba£ Sftämtdjen eifrig fort. „(Erinnert 3br ®udj nicht nteljr? 2$or fünfzehn Sauren mar7§ unb gerabe an einem fo frönen Stage mie Idente, ba f)ab7 idfj73 gemalt. S£)a§ §au£ mar nodj neu unb id) nodj ein junger SBurfcb- ,3dj bin gufrieben mit (Sud), Santo!* habt Sb* bantafä gefagt. Sb* feib öor beut S£bo*e geftanben, id) glaube gar, an berfelbett ©teile unb neben (Such (Sure Heine (Sfterta. ^eilige Suttgfrau! ma£ mar ba§ $ütb fcbön! Unb mie lieb e§ gelabt bat, mie fo ein meiner 23udjftabe itadj bem anbem auf bem roten ®runb l)erau§!am! (S§ t)at aud) gleich gefragt ma§ fie bebeuten, ba§ liebe $inb! Unb brei S£be*efiengmangige* l)abt Sb* mir für bic Arbeit gegeben. 3d) meifj e§ nodj gang genau. 3d) bab7 bamalä gebadet : , Santo! ba§ ift beine le|te Arbeit in 23a*nom.‘ vDentt ber alte |jerr non *ßolan£ti bat ntidj nad) Pratau fd)icfen mollett, in bie 9ftater f dj ule. 2lbe* er l)at halb felbft nichts gehabt unb fogar fpäter feine Tochter Sabmiga au§ 9?ot unb SDurft oerfaufen müffett, unb fo bin id) ein 2lnftreidje* geblieben. 3a, ber SJiettfd) beult unb . . . Steufel! ber 2llte ift fort uttb id) lüge ba nur midj felber laut an mie ein üftarr. SDer Sub7 gäl)lt gemifj mieber feine Millionen . . ."
2lber 3attlo irrt. üJftofc» greubentbal gät)lt in
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biejern kontente feine 0djähe nicht. Uub ungezählt gäbe er fie meEetdjt pn, fönnie er baburcf) bie Xfyatz fadje au§ feinem £eben ftreidjen, burd) bie er ärmer nnb elenber geworben ift, al§ ber Bettler oor feiner Stl)itre. @r §at fid) in bie grojse bämmerige SSohnftube geflüchtet, in bie fein 0onnenftral)l nnb fein SDtenfdjeus laut bringt. £jier barf er fiel) in beit 0orgenftuf)l Werfen nnb auffchlud)§en au§ tiefftem «gergenSgruub, ohne bajs ihn bie Seute fragen, Wa3 il)m fehle, f)i^ barf er fein §aupt beugen nnb fein $aar ^erwählen nnb bie «g>änbe oor ba§ Slntli^ preffen. toeint nicht, er betet nicht, er flucht nidjt, aber gifchenb, Wie ein fdjritler Sßehelaut, flingt e§ immer wieber burdh ba§ öbe ©emadj: „SBie lieb ba§ $inb geladjt hat!"
©o fifct er lange in ber Dämmerung. $)ann er* hebt er fid) nnb ridjtet ben SBlid nach oben, nid)! wie ein gleljenber — nein! Wie ein SJtaun, ber fein gute£ Stecht forbert. „SJcein $err nnb ®ott!" ruft er, „ich flehe nidjt, bajs fie Wieberfomme, beun burdh weine Unechte liejse ich fie Oon meiner ©djwelle jagen; idj flehe nicht, bafs fie glüdlid) Werbe, beim fie ljat äu öiel gefünbigt an ^ir nnb mir; id) flehe nid)t, ba|3 fie eleitb Werbe, beim fie ift mein gleifch nnb SÖIut; ich flehe nur, baf$ fie fterbe, bamit ich meinem einzigen $inbe nicht fluchen mufj, bajs fie fterbe, mein §err nnb ($ott, fie ober id)! . . ."
Hub oben fehltest ber 33e§irf£rid)ter feine ©rgäf)- luug: „2Ba§ au§ ber h^f<h^n kleinen geworben ift, Weifs mau nicht. ÜDtait benft itidht mel)r au fie; and) ber TOe fd)eiut bie ($efd)id)tc Oergeffen .ju ^aben.
9
$)eun fic finb ein fjerglofeä Sßolf, biefe Subcn, (Sitter tttie ber Rubere ..."
*
(£3 ift Dämmerung getoorben im @täbtd)en, aber
£id)t in beut §ergett feiner Söettto^tter. $>a3 büftere
minfelige ©l^etto ftra£)It im ©lange üon iaufettb Sergen
uttb tanfenb fronen 9ftenfd)enangefid)tern. 2öie ein
gettjöljnlidjeg, natürlichem (Sreigni3 uttb bod) gngleid)
fttie eine gef)eintni3üoflc, moitnige Offenbarung ift ber
«Sabbatlj eingegogen in bie |jergett unb in bic (Stuben,
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unb f)at ade3 Tuntel unb alle 5lrmlid)feit ber üBodjem tage au3 ihnen Derfdjeudjt. §eute ift jebc Kammer erleuchtet unb jeber £ifdj gebedt unb jebe3 §erg felig. $)er Sljoralefjrer ^at be§ §iutger3 Dergeffen, ber üBafferträger ber garten Arbeit, ber $>orfgef)er be3 |jol)ne3 unb ber 0d)läge, uttb ber reiche SSudjerer ber ^ßrogente. §eute finb OTe gteid; Ult^ 9^u' bige, fröljlid)e, bemütige (Söhne einem $Bater3. *£)a3 biirftige £alglicf)t im Sfjonleudjter unb bic 2öad)3fergc int filbemen Sattbelaber bef feinen bamfelbe 23ilb. $)ic Sachter bem §aufe3 unb bie fleinen Knaben fijjcn füll ba unb feljeu ber Sftutter gu, bie nad) altem, fdjönem Söraucf) il)ren (Segen über bie (Sabbatljlidjter fprid)t, ber $ater langt turnt ^Bücherbrett ba3 mädj^ tige ©ebetbitd) unb giebt e3 feinem älteften Sttaben, ba{3 er e3 ifjm bim gnnt Slljorc ber (Synagoge ttadj= trage, £)amt treten fie auf bie ©affe; bie Männer gehen mit bcu Männern, bic SSeibcr mit beu SSeibern, mie e3 bie ftrenge (Sitte forbert. <Sie fpredjen nicht Diel mit ciuattber unb ba3 wenige ernft unb rttljig.
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|)euie iottb feine &tage laut unb fein Subeiruf, beun in ifjrent Snnero ift e§ Sabbatf), tiefer, Ijeifiger ©otte3~ friebe . . .
9Iucf) in beut großen meinen |>aufe gegenüber bem Softer ftraf)len bie Sabbatf)fid)ter. 5fber eine frembe |>anb f)öt fie ent^ünbet unb fein frommer grauenmunb fpridjt ben Segen über fie. ber guten (Stube prangt ba£ feinfte Sinnen auf ben £ifd)en unb reidjer fernerer $au§rat an ben SBänben, bod) fein frofje§ ^iuberfadjeu ffingt barin unb fein liebet Söort. Üftur bie oiefen bergen fniftem fcife im Verbrennen unb ba§ gicbt einen traurigen £ou.
9lber ber alte $D?ann, ber nun im geftiagggetoanb in bie Stube tritt, ift ber ©infamfeit unb biefer Zone fdjoit feit Sauren geiooljnt, feit fangen, einig fangen fünf Sauren. gritfjer freifid) f)at er oft um fid) bfiden unb faufdjen müffen, ob bie fiebe (Stimme nidjt toieber ffiitge. $)enn ein fofdjer 2Ibenb ioar e§ ja, ba fein $iitb tton ifjm gegangen. feilte jebod) fd^reitet er¬ raff burd) bie Stube, nimmt ba£ feinere, feberge^ bunbene Vud) oom Vrette unb öerfäfjt eifig ba§ |>au». Ober fiirdjtet er gerabe fjeute bie ©eifter ber ©rinnen rung, bie ifjrn au£ affen ©den unb ©nbeu ber ein' famen, lic^tbeftr afften 'Stube auffteigen müffen?!
Söenn bem fo, bann ift e§ tpridjt, ifjnen entfliegen §u iooden, 9ftofe§ greubentfjaf ! Sie heften fid; au beine gerfen unb fie umfdjioirren beit t |>aupt, magft bu nod) fo rafd) bafjineifen bitrcf) bie engen, bämmerigett ©äf5= d)eit. Sie ffingeu in bei neu Öfjrcu, magft bu c§ auef) Oerfudjeu, mit ben Vegegncuben §u pfaubent , fie ftefjen
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bor beinen klugen, ntagft bit audj nodj fo gläubig auf= bliden 31t beit SBeifjetäfeldjen an ben sßfofteit be§ (Sottet f)aufc£! Unb lute bu burdj bie fReifjen fd^reiteft unb bidj auf beineu 6it) ttieberlaffeft, ba fdjlagett fie bol- lenb§ bie gfügei über beinern Raupte gufammen unb fie blicfeu bid) an au3 ben Settern beine§ $8udje§ unb fie rufen bir $u au$ ben «Stimmen ber $8eter! . . .
„Subelt bor ©ott! 23red)et au£ in greube, in Subelflaug unb Sang. ©r richtet bie Söelt nad) feinem SHedjte, bie SBölfer uadj ©ercdjtigfeit!"
„Unb ben ©in^elneit?" fcfjreit e§ in bem uitglüd^ lidjett Sftamt auf,, „ben ©meinen — zermalmt er!" Seine Singen rnljett auf ben feilen be£ 23udje3, feine Sippen flüftern bie SBorte be§ ©ebete£, aber er betet tticfd, er fantt itidjt beten! 2$ie ein ©efpeuft ermadjt fein gangem Sebett unb brängt fid) bor fein Singe, mie ein ©efpenft unb bodj in quälenber ©reifbarfeit unb Sebenbigfeit . . .
„28er nid)t meljr beten fantt/' f)at ifjm fein alter SSatcr oft gefagt, unb er mufj Ijeute ber SBorte ge= benfen, „ben foll man megmeifen bon bem Slttgefid)tc be§ ©migett." Sftodj meifj er fid^ be£ &age§ gattj genau 31t entfimten, ba er c§ bernommen. Santalä mar er ein fönabe bon breigefyn Snfjren gemefen unb fjattc eben ^unt crften Sftale bie 93etriemen attlegen bürfett, 31111t ^eidjen, bafs er in ben 23unb ber SMttner ge^ treten. Sltt jenem Sage mar iljnt ba3 Seben aufge^ gangen, nidjt meid) unb feenhaft, mie ben ©lüdlidjen biefer ©rbc, fottbertt l)art unb itüdjtern, mie ben am bereu Söljncu feinet 38olfe§. 28ie alle bie Sfnbereu
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(jatte audf) er aßmä()(id) gelernt, um ^meier SDinge mißen ju (eben: um gu beten unö um ©elb gu t>erbienen. Unb als er fiebettge^n 3afjre alt gemorbett, ba Ijattc if)n fein SSater in feine ©tnbe gerufen unb i(jm bort furg unb tüljl gejagt, in brei Monate merbc er fyti' raten unb ©()aim ©rimftein’S tafele fei feine SBraut. (Sr tarnte baS TOibdjen nid)t, er t)atte eS borget nur gmeitna( gefehlt, unb redjt augefefjaut (jatte er e£ eigentlidf) nie. $lber ber SBater ()atte für i^n gemäht unb fo mar e£ i(jm redjt gerne) en. Unb nadj brei Monaten mar baS fHofele fein Üöeib . . .
§ordj! Snbelnb, fefjttenb, fjergergreifenb beginnt nun ber SBorbeter baS uralte 0abbat()(ieb: „Lecho daudi likras kalle.“ Unb im ftürmifdjen ©Ijor ftimmen bie Ruberen ein: „Leclio daudi likras kalle“ — tornm', o greuttb, ber iöraut entgegen, beit 0abbatlj laßt unS frö^Iid^ empfangen!"
0e(tfame§ Sieben in ber 0ee(e eiltet $8o(fe£! 5(uf bie ©ottßeit unb aßeitt auf biefe überträgt eS aße ©lut unb aße 0innlidjfeit feinet |jergen£ unb feines ©eifteS. £)emfe(bett $8olfe, meines einft baS §o(je Sieb gebietet, beit emigen §pmnu£ ber Siebe, unb bie ©es fdjid)te ber 9tutlj, bie fdjönfte Sbpße ber SSeiblidjfeit, bemfelben SBoIf ift in ber tauf enb jährigen S^acßt, 23es brüefung unb Stuljelofigfeit bie ©(je ein©efdjäft gemorben, gef Stoffen, um ©e(b gu ermerbett unb um bie HnSers mähten ©otteS nidjt auSfterbett gu (affen. Unb fie aljnett nießt einma( ben entfe^lidjen greüel, ber barin liegt.
$ud) ÜDiofeS greubentljal triebt, ©r f)at fein SBeib f)od) gehalten aße Sage i(jreS ScbeuS, mie and) fie
i^m [reu $ur Seite geftanben in greub’ mtb Seib. @3 mar (Segen auf feinen SBerfeu, unb ma3 er begann, glühte. TOt raftlofem Oifer ftubierte er bie Sprache ber Triften unb bie beutfefjen ®efe£e; ber breifngjäljrtge Sftamt lernte mie ein $nabe. Sftidjt bie ($elbgier allein trieb ifjtt, audfj ein ftol§e£ Streben nad) (Sljre unb SBiffeit. Unb biefe§ SSiffen trug feine fjfrüdjte, er mürbe reid), feljr reid). SDie (^bedeute unb bie Offiziere lauten in fein |jau§ uttb beugten fid) oor feinem @elbc; aber burd) feinen Stol§ unb feine ^l)X' lidfjfeit gmattg er fie, fid) and) oor ifjm felbft §u beugen, damals beneibeteit fic if)tt alle, unb mettn er oorüber= ging, bann gifd)elten fic einanber $u: „$)ag ift ber glücflidjftc Sftenfd) im ganzen Greife. "
5lber mar er c§ mirflidj?! SSarum mar bann feine Stirne fo Ijäufig umbiiftert, marum meinie bann ba§ tafele, menn e§ allein mar, al§ modte ifjm ba§ $er§ brechen?! Slttf bem ®lüdc biefer beiben sJJcen- feiert, bie fid) erft admäfjlicf) in gegenfeitige 5ld)ttmg Ijineingemöljnt, lag ein fernerer Statten: iljre (Sfye blieb finberlo§. Unb meil eine frembe |janb fie §u= fammengefiigt, meil fie einanber bodj in tieffter Seele fremb gegeniiberftanben, barum tonnten fie e§ niefjt üerminben unb fanben in fidj fein ©egengemidjt gegen biefen Sdjmerg. $)er ftolje 9ftann trug fein 2Bel) öetfcf)loffen in ber 23ruft unb faf) faft unbemegt 51t, mie fein Sßeib baljinmelfte. Sßßeitn feine Seute non Trennung fprad)en, bann fdjüttelte er ba§ |jaupt, aber fein SJhntb fanb aud) fein Söort ber Siebe für bie Unglücftidje. So oergingen lange Saljre. 2fber
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. cttteä 9(benb§ — es? mar im SStnier — al£ er tu bie Stube trat mtb feinem SBeibe ben „guten Hbenb" bot, ba ermibertc fie feinen ©ruft nieftt feife, mie ge= möl)n(icf), ba bliefte fie ifttt nid^t fdjeu unb gebriieft an, mie fonft, ba eilte fie iftnt entgegen, ba preßte fie fid(j in feine $Krme, at£ ftättc fie jeftt erft ba§ fHed^t, an feinem ^ergen gu ritten. Überrafdjt, bann in feligem 2lftnen Bliefte er iftr in ba§ erregte, fjodfjers rötenbe $(ntli|. ®ann ergriff er iftre §anb, 50g fie auf ben Sift neben fidf) itieber mtb lernte iftr §aupt an feine 23ruft. 3$re Sippen bebten, aber fie fanbett beibe fein Sßort für iftre Seligfeit, fein arme§ SOfanfdjenmori! . . .
„Sobet @5ott ben Slttgelobten!" tönt bie Stimme be§ $orbeter§ in bie Xräume be£ örütenbeit. Unb bie ©emeinbe ermibert: „@e(obt fei ©ott, itnfer §err, ber ba feftaffet bett Sag unb feftaffet bie Sftadfjt, ber ba mälget ba£ Sidfjt üor bie ginftemi§ unb bie ginfter^ ui§ öor ba$ Sicftt, ©r, ber OTmädfjtige, ber Söeftänbige, ber ©ott ber ,§eerfd£)arett!"
„©elobt fei ©ott!" ... 90Ut melden ©efiiftlen hatte 90?ofe£ greubentftal mit eingeftimmt in biefen Dtuf an jenem Sabbatfjabettb öor gmeiuttbgmangig Sauren, an bem er gurn erften SDM al§ SBater ba§ $au§ ©otte£ betreten! 3Bie fjatte fein §erg geblutet unb gejaueftgt, mie ^atte er gemeint oor greube unb Scftmerg! ®entt mof)l mar ihm ein Södhterlein ge^ boren morbett, aber fein Söeib mar geftorben an ber fpäten, ferneren ©eburt. ©rgeben unb ohne ®lage hatte fie bie ungeheuren Schmergen ertragen unb felbft
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in iljren testen ©tuubeu nodj ging ein leife§ Sädjelit über ba§ oerblafttc 5tnttib, fo oft fie bie ©timme ber Neugeborenen oentafjnt. Unb in jenen quatöotleu ©tunben Ratten fid) aucfj bie |j errett ber (hatten ge= fmtben, bie fremb geblieben in beit langen Surren ifjrer (Sfje. (Sr allein öerftaub eä, marunt fein Söeib fageit tonnte: „Nun fann idf) gnfriebett fterben," unb fie allein öerftaub e£, loarunt er fid) immer mieber über il)re §attb beugte unb fd)tud)3te: „SBergeil/, Nofete, öer^eil)!" — „3)a§ $inb," flüfterte fie, „gieb Sld)t auf ba§ $inb!" S£)amt gudte fie gufamnteu unb mar tot. Hub am näd)ften borgen trugen fie fie f)inan§ gunt „guten Orte". (Sr aber gerrift feine Kleiber unb ftreifte bie ©d)ut)c öon feinen gilben unb faft fiebett Stage unb fieben Nädjte auf bem (Sftrid) be§ S£otem §immer£, mie e§ STmuerbrandj ift in Sfrael. (Sr meinte itidjt; trodett unb glaitglo* ftarrte fein $luge in bie flamme be§ S£otenlid)t£, ba3 bie SSodje über brennen ntufj, bantit bie ^eimatlofe (Seele eine Nu f>e^ ftatt J^abe auf (Srben, et)e il)r ®ott iljren $ßta| meift. „(Sr fprid)t mit ber S£otett," flüfterten fdjeu feine SSermanbten, al£ er immer uitb immer mieber öor fidj j^in murmelte: „Nun l)ätte alle§ gut merbeit fönnen unb nun bift SDu tot!" $lber in milben tränen löfte fid) fein ©djmerg, at£ fie il)m ba§ $inb brachten unb fragten, mie e§ fjeifjen folle. „(Sftljer," ermibeite er, „(Sftfjer, mie meine SMutter." Sange f)ielt er fein £öd)terd)en auf ben Firmen unb feine Stfjränen fielen auf ba§ Keine Slntli^. S£)auu gab er e§ ber üBärterin gurüd5 unb mar oon ba ab gefaxt unb ruljig. ©o
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ging bic Xmuer^eit ooriiber. $ftaftlo§ unb entftg, tote faunt Dorier ging er au feine ^5efc^äfte. (Sin neuer (Steift fdjieu über beu Sftann gefontmen, jeber Dag brachte füllte Unternehmungen unb neue maghalfigc Päne. 2Ba§ fein Zuberer oerfudjt hätte, er tooQte e§, unb ba§ ($lüd blieb il)m treu. 9£un führte er audj feinen Siebling&ouufch au§, faufte beu Sßlag gegenüber beu Dominifanent unb begann ba ein groge$ §au§ 311 bauen. @0 öergingen bic Dagc in ruf)elofer Arbeit, bc3 5lbeub£ aber fag er ftunbeulang an ber SBiege feinet Äinbeä unb blidftc in bic meiden, nod) unauägebilbeten 3iigc. Unb in beu erften Monaten l)örtc bic SSärterin oft — e§ tnarb igr faft unheimlich habet — mie er fid) fogar be§ -ftachtS er¬ hob, in ber Sinberftube nieberfauerte unb lange geil ftnmnt unb betoegung£lo§ int ‘Dunfel auf bic Sltem^ gitge be§ fdjlafenben $inbe§ ho*d)ie. ^ie ^a9e Würben gu Monaten unb fahren, bie fleitte (Sfther mud)3 heran unb marb feljr fing unb fdfön. ©ie fah bem Sßater ähnlich, ha^e fein fchWargeä, gelodte§ |)aar, bic hohe ©tim unb bie feften gefddoffenen Sippen, aber frernb unb rührettb ftanben in biefent tropigeu $inbergefichte bie fanften blauen klugen ber Butter. Oft uttb öiel mugte ber $8ater in biefe hellen $inber= äugen bliefen. Unb in folgen Momenten umfagte er mol)l aud) fein Död)terd)en unb pregte e§ an fein |jer3 unb gab ihm taufenb füge ©djmeichelnamen; fonft Wie§ ber ernfte, nerfdjloffene Sölann bem $ittbe Wenig feine faft mahnfinuige Siebe. 5ll£ (Sfther fünf Qahre alt geworben, gogen fie aug bem engen $aufe
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in ber Subcnftnbt in ba§ gro^e, tnei^e §au£ gegen¬ über bent ^Hofter. Sßon ba ab begann and) 9ftofe§ für bie (Srgie^ung feinet SHube§ 3U forgeit; in feiner Sßeife freitid^ ober richtiger, in ber altfjergebradjteu Sföeife. ©fttjer lernte fodjen, beten unb rechnen; fo tourte fie genug für ba£ $au§, für ben |)immel unb für ba§ Seben. Unb ma§ tjätte i^r audfj ber Sßater uod) unterbeut lehren taffen f ölten? ’&aä SDeutfctje etroa? ©preßen fomite fie e§, ba§ Sefen unb ©^reiben fcfjien itjm, wie atten Suben in Söarnom, für ein 9ttäbd)en uuuüfcer £u£u§. (Sr tjatte e§ geternt, um feine ®efcf)äft£briefe ju fdjrcibeu unb ba§ bürgerliche (55efe^bucf) 31t üerftetjen; feine £odf)ter beburfte feiltet oon beibeit. Dber fonute fie ettoa burd) größeres SSiffen beffer unb gtüdtidjer merben? „SSemt ein jitbifdj $irtb gut beten fann," ge^t ba§ 2Bort unter biefen öerbiifterten äftenfdjen, „fo brauet e§ nid)t§ anbereä, um gut unb fjeiter 31t fein!" Unb bod^ fottte bie Heine (Sft^er noch ba§ ^eutfdjtefen ternen unb öiet, öiel mehr basu! . . .
„(S£ mar eine fd)Wad)e ©tunbe!" murmett ber äftann unb ergebt fich mit ben Hnberen 5U bem taugen (Gebete, ba§ man ftefjenb fpredjen mu§, „eine fdjmadje, t^örid^te ©tunbe! 2Beh' mir, ba§ ich nachgegeben, unb gtudj bem, ber mich ba3it »erführt!"
D, mie bu ba freoetft, 9ftofe§ greubeut^at! Sßie bidf) ba§ Ungtiid auch geläutert unb bidf) beitt eigen §ei'3 erlernten gemacht, noch immer fannft bu e§ nicht erfaffen, ba§ e§ eine ©ünbe getoefen, at§ bu beinern SUttbe ba$ Sid)t unb bie SSelt oerfdjtiejseu gemottt,
ß. Cf. ^rnrtäoS, Sfuben bon $aruotv. 2
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unb bafj bu recht getrau, al$ bu in jener ©tunbe geftattet, baf? ein Anbeter fie ihm erf erliege. 0 wie bn freoelft, alter ÜJJiamt, wie bu bein |jerg oerhärteft in ©elbftfucht uttb Uttüerftattb, wenn bu weiter fprichft: „^aä War mein unb ihr lXuglitcf ! £)entt non ba ab warb iljr ©intt üerftridt unb abwenbig gemacht mir unb meinem ©otte! 0 glud), glttcf) jener ©tunbe!"
5Da§ aber war oor breigef)n Sauren gewefen, an einem tnilben, gellen ©ommerabettb. Auf beit Raufern unb ^lät^eit lag ba§ 9Jtonblidjt unb ber ©taub ber ©trafte glängte weit hinauf, wie mattet ©über. 9Q?ofe§ greubentf)al fafi auf ber ©teinbanf üor feinem |>aufe unb brütete oor fich l)in. ©£ war if)m feltfam weid) gu ÜDhtte; er muffte immer wieber, of)ne bafj er e£ wollte, feiner Sugenb unb feinet oers ftorbenen 2öeibe§ gebenfen. 3hm gur ©eite faft fein neunjährige^ £üd)terchen mtb blidte mit weit geöffs neten klugen hinauf in bte $ioitbnadht. T)a fam eilt ÜDfann bie ©affe herauf unb blieb *wr beit Reiben fielen. S0^ofe§ erfanttte ihn nicht f ogieich, ober bie flehte ©ftljer fprang auf unb jubelte: „Dnfel ©dhlome! $)a§ ift fdhön, baf$ bu gu un§ fommft!" üftmt ers fannte auch SDfofeä ben fpäten ©aft unb ftanb be^ frembet auf. 2Ba§ wollte ©dhlome ©rünfteiit bei ihm unb woher fannte fein $inb ben „äftefdhunteb?" ©r War fein Sugenbgefpiele unb ber Söruber feiltet A3eibe§, aber feit gwaitgig Sofien unb baritber hotte 9ftofe§ fein Söort mit ihm gebrochen, $)eittt mit einem „Sttefcfjumeb", mit einem Abtrünnigen oom ©lauben, barf ber gromute feine ©emeiufdhaft ^aBen
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mtb eilt foldjer Abtrünniger mar ©d)lomc in beit Augen be3 ®f)etto. Uitb bod) mar ber bleid)e, fränf* lidje SDiattn mit beit meidjen, träumen) d)ett 3^9en immer 3ube geblieben, lebte ftill uub frieblid) unter beit Anberen uub nii|te feinen föeidjtunt gu 2S er feit be£ ©egeit§ uitb ber $8arml)ergigfeit. Aber ber Sfftafel uub ber Spante flehten iljm au§ feiner Sugenbgeit uns au§löfd)lid) an.
$>a mar e§ il)m feltfam ergangen. &er SSater ^atte ben fd)üdjternen uub tieffinnigen Staben, ber nur in feinen 23üd)ern lebte uitb ba allein 22ßi| uub ©d)arffinn geigte, gum Dtabbi beftimmt. ©dflonte mar bamit gufrieben, ftubierte fid) faft um feine ®efmtbs Ijeit uttb übertraf halb feine £el)rer. SDertn in bem fd)tt>ad}en Knaben loberte eine öergeljrenbe ©efynfudjt ttad) Sßiffen uub (£rfenntni§. 2)iefe ©el)nfud)t marb fein Sßerberben uub ber gludj feinet Sebent. $>urd) ®elb uub fleljentlidje Bitten bemog er ben djriftlidjeu ©djulmeifter be3 Drte§, ifjnt f)eintiid), in fpäten -ftadjts ftuttben, ba£ verbotene, ner^afste ^odjbeutfdj gu lehren uub bie ,,(£fyriftenmei§f)eit". SBott ber le|teren aber muffte ber ©cfjulmeifter felbft nid)t aUgu üiel uub f)alf fid) bamit, baf$ er feinem ungeftümen (Spüler, faum ba§ biefer lefeit f'onnte, alle Sitter au£ ber $foften bibliot^ef gufdjleppte, bereit er nur immer I^abfjaft mürbe, ©o la§ ber Ijeranreifenbe Qüngling bie feit- famfteit uitb mirrften *2)inge bunt burd)einaitber unb legte fie fid) oft feltfam genug guredjt. $>a fant ifynt audj eineö £age§ ein S3ucf) in bie §änbe, ba£ ifjtt bem üBaljnfinn nalje braute. $>ie gornt unb ber
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Don biefeö $udf)c£ Barett ihm Wohlbefannt urtb bers traut, mahnten fie bodf) an bie ^eilige Dljora, aber ber ©eift, ber burdj biefe glätter gog, War ein anberer unb — beut Jüngling erftarrte ba§ 23lut — ein miU berer unb fattfterer. 'Denn biefeS 23uch War ba§ neue Deftament. 2Bie grutjtingäluft Wehte e§ ihn barau§ an unb bodfj fträubte fid^ fein |jaar bor ©ntfe^en. Da§ alfo war bie ©öfjenlehre ber Triften unb fo hatte jener 9ftann gelebt unb gewirft, ben feine SSäter gefreugigt unb bon beffen 23ilbe ntatt ihn nodj je£t in ,§af$ unb Verachtung ba§ 5lntli| abguwenben ge= lehrt! Der ©dfjlag War gu ^eftig, ©df)Iome verfiel in gefährliche ^ranf^eit unb lag lange SSodjen in fdhwerem gieber. Oft unb biel weinte unb fpradj ber VeWuffc lofe bon bem bleid^en Sfagarener unb bent $reug uttb jenem Suche. ©ntfe|t gärten e§ bie ©Item unb bie ■Nachbarn; fie forfdjten nach bem 3ufammen^an9 unb entbeeften enbtich bie ^eimlid^en @tubien. 93alb ging b a£ unheimliche ©erüdf)t burdj ba§ ©h^tto, ®d£)lome habe (£httft Werben Wollen unb fei bafür bon ©ott mit Sßahitfinn gegiidhtigt worben. 5lber ber 3üng= ling gena§ unb ging Wieber unter feinen ©tauben^ genoffen einher, noch ferner, nodh bleicher, noch ge^ briiefter al§ borher. 2Sa£ in feinem Snnem tobte unb fämpfte, erfuhr niemanb, aber jebe§ $inb in ber Subengaffe nannte ihn ben „9D?ef<humeb" unb Wufjte gu ergäben, baf$ er feinem Vater mit he^9em ®ibe gefdjworen, Sube gu bleiben, Wenn biefer ihm bagegen Zweierlei geftatte: alle Bücher gu laufen unb gu lefen, bie er wollte, unb unbermäfjlt gu bleiben. Unb
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er !)ielt feinen ©djmur, auch nadjbem t^n ber SEob feiner ©Item reid^ unb unabhängig gemalt. ©o oers ging fein Seben in bem engen, finftem ©hett°* hatte nur eineu greunb, ba§ mar SDatüb Slum, ber auf enpfleger, gleichfalls ein unglücf lieber Wenfd) mit feltfamen @d)idfalen. $lber biefen gremtb ge= mann er fpät unb oerlor ihn halb: SDaüib Slum ftarb, ob an beit folgen be§ Sfteröettfiebero, ob an gebrochenem §er§en, e§ mar faum 311 entfeheibeu. $>er „Wefdjumeb" betrauerte ihn fel)r unb biefer Stob rift eine tiefe SBuitbe in fein ohnehin fo freubenarmeä Seben; ihm mafg, al§ märe ba ein ©titd feines eigenen §ergen§ gitr frühen ©ruft gefüllten. Unb bod) mar nicht bloft Seiber ©djidfal, fonbem auch Seiber Statur gruitboerf djiebeit gemefen: SDaoib ftart unb boebftrebenby aber fpröbe unb ph^daftifch nnb bantnt für immer gebrochen, al£ ihn einmal bie^anb be£ ©chidfal§ traf; ©cblome f(hmadh unb milbe, ein 3)ulber, ben ba§ ©dhidfal beugen, bo<h nicht 5er; malmen tonnte. @0 lebte er fort, mitten unter ben Weitfcbeit uitb bennod) entfe^lid) einfam; felbft bie Firmen nahmen bie SBohlthaten nur gögemb au§ feiner §aitb. Unb bod) liebte er alle Wenfdjen unb am meifteu bie $inber, bie ©ingigen, melche biefe Siebe ermiberteu, obmohl audh fie au£ furcht öor ben ©Item nur feiten mit ihm oertehreit burfteit. £)ie fleine ©fther, ba§ eiugige $inb feiner oerftorbeneit ©djmefter, liebte er ttollenbä faft abgöttifch unb and) fie h*ng inniger au ihm, al£ au bem ernften, oerfd)loffenen Sater.
S£)a3 mar ber Wann, ber in jener Wonbnadjt
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5ur 0teinbanf fam, auf ber 9ftofe$ greubentfyal uttb fein SHnb fafjen. ,,3d) fyabe mit (Sucf) $u fpredjen, 0d) Wäger," fagte er, al3 biefer il)n falt unb fragenb anfalj. Unb bann, nadjbem ba§ ®inb auf feine Sitte äur #hd)e gegangen, wicberfjolte er nod) einmal: „3dj l)abe mit (Sud) $u fpr ed)en, Siele£ unb 3ßid)tige£.
0e|t (Sud) nur neben midj, 3^ bürft’3 je|t fdjoit
Wagen, e£ ift feine lebenbige 0eel' mefjr auf ber ®affe . . fDZofe^ fe^te fidb -$ögerab. „(S§ ift wegen be£ &inbe§," begann ber „Sftefcfjumeb". „£)ie 0ad)e brüdt mir fd)on fang auf bem §er§en, unb ba id) eben öorüberging unb (Sud) erfannte, mod)tc idj'§ nidjt länger auff Rieben. 0el)t, Schwager, (Stier $inb Wäcf)ft ^errlidj fjeratt. 0ie wirb einmal fefjr fd)ön werben, aber, Wa3 nod) mel)r, fie ift fdjon fjeute fefjr gut uttb fo flug, baf$ e£ für ifjre 3a^re gunt Serwunbem ift. 3f)r wifct e£ faum, Wa§ für fragen ba£ $inb
ftellt unb Wie eigen e§ fidj alleä in feinem $opf
Suredfjtlegt; 3f)r wifjt e§ faum, 0d£)Wager!" — „Uttb Wof)er wiftt Sljf'3?" unterbrad) ifyn SCRofe^ unb bic (Stimme flang fjart uttb fdjarf. „§abe idj (Sud) ge^ ftattet ..." 5lber ber 5lttbere erfjob abwefjrenb feine |janb. „Safjt bag, id) bitte (Sud), lafjt ba£! 3d) fömtte (Sud) trofdg erwibertt, baft (Sftfjer meiner 0djwefter $ittb ift unb bafj id) gute3 Dfodjt uttb guten (Srunb Ijabe gttr 0orge unb Siebe für (Sure %od)tcr. Slber id) fann unb will nidjt fo fpredjett; £rob unb 3orn fjabett utt£ lange genug getrennt. Uttb felbft Wenn 3l)t mir fagtet, ba§ id) (Surem §attfe frentb fei, frentb ober burd) eigene 0d)ttlb entfrembet, id)
Würbe tridjtö barauf erwibern. 2)emt um 3emanb lieb gu f)abett, bagu bebarf man nidjt be§ Sftecfjteä ber $erwanbtfd)aft, unb bie SSelt ift nicf)t fo retd) an Siebe, ba§ man fie fid) oerbitten rnüftte. 2Iber — 3f)r meint bodj etwa§ 5lnbere£! Qfjr fürstet ®efal)r für (Suer $ittb, wenn e£ mit mir üerfefjrt. 2Sa3 8fw jebem (Surer Wiener geftattet, ba£ glaubt 8lw mir nicb)t geftatten gu bürfen. Unb fo mufj id) (Sud) fragen: Sdjwager, galtet 8l)r rnid) für weniger gut, al§ ben lebten (Surer Wiener? !" (Sr fjielt inne, bodj SDZofe^ erwiberte nid)t£. (S§ Tratte ben garten 9ftamt eigen berührt, al§ er nun Wieber bie Stimme vernahm, bie einft in feiner Sugenbgeit fo gut uitb treu gu iljm gefprodjen. $lber er fd^üttelte e§ ab, unb al§ Sdjlome feine 5ra9e ttüeberfjolte, erwiberte er falt unb emft: „Steine Wiener finb fromm unb galten feft an bem (Glauben ber Später." (Sr fpradj bie SSorte vor fid) fjitt unb blicfte nidjt auf, fonft Ijätte er ben Sdjmerg unb bie Söitterfeit fefjen mitffen, bie um be§ 2lnbem Sippen gudten. 2lber e$ War fein bittere^ Sßort, ba£ von biefen Sippen fant. „Sef )t, 9Kofe£," fcigte er tief aufatmenb, „e£ ftel)t ein gute£ 28ort gefdfjrieben: ,$In iljren grüßten foHt il)r fie erlernten!4 Unb mein Sebett liegt flar vor (Suren, Wie vor Mer klugen. 3dj war furdjtbar einfam, gemieben unb weltverloren, aber au§ ganger Seele Ijabe idj rntdj gemüht, biefe§ Sebett aitgufnüpfett an ba§ ber Mberen um ntidj fjer. 8d) fjabe ntidj gemüht, e3 fo nitblicf) gu madjett, al§ e$ nadf) bem, Wa§ einmal gefd)ef)eit, ttocf) werben founte. 8^r feib ber erfte äftenfd) — * unb 81)* Werbet
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ber eilige bleiben — bem id; e§ fage, bafs id) mir bemüht bin, mein 9Köglid)e§ in bem getl)an $u haben, ma£ man SSohltfjun nennt unb ma3 bod nur Sfteufdem pflidjt ^ei^en foUte. Sd) f)abe beg^alb freiüdf) fein glücflideä unb gute£ Sebett gelebt, aber rietet Shr, ©dluager, richtet 5hr, ob e§ auf greöel unb 5lt)or= heit meift?" ' SD^ofeö ftrid mit ber gattb über ©tim unb klugen, al§ mü^te er fid) auf bie $lntmort be= finnen. $)ann fagte er milber: „Über ein gattge§ Seben ridten unb gerecht richten, ba§ !amt fein SJiettfd), ba§ fattn nur ber allmiffenbe (S5ott. 5d mill glauben, baf3 e§ fo ift, mie öhr fpred^t, unb mol)l ©ud), menn e§ fo ift. 3) amt tonnt Shr ruljig ber ©tunbe Darren, mo ©ott ©ud richtet. $lber" — unterbrach er fid) unb ful)r bann faft fcfyeu fort — „glaubt Shr auch an ©ott?!" — „5a!" ermiberte ©dlome unb erl)ob fein gaupt, „ja! id glaube mt ihn. Sd ^)a^e dn iw meiner $nabengeit gefudt unb gemahnt, er fei ein ©ott be§ ^orneS unb ber 9ffad)e unb nur einem Sßolfe baä Sidt unb ber «gort; id habe *hn *n oteiner Süttg= ling^eit gefudt unb gemahnt, er fei ein ©oit ber Siebe unb be3 ©rbarmen§ uttb bod nur $)enett gitöbig, bie ihn Oerehren in beftimmter g°rm unb ©aputtg. ©pater aber habe id ib)n gefuubeit unb ertannt; er ift fein ©ott be§ ,3onte3 uttb fein ©ott beä ©rbarmettä, er ift ein ©ott ber ©eredtigfeit uttb ber üftotmenbigfeit. ©r ift unb ift willen, aud betten, bie ihn leugnen!" ©r hatte fid erregt erhoben, unb al§ er fo im ättottb^ lidt oor 9ttofe£ ftattb, überfam eS biefen feltfam; ihm mar£, atg leudte ba§ $lntlih be§ 9^anne§. ©r
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mttjjte nicht, mie it)iit gefdjatj, er mu^te auf ba£ Söitb be§ (Stefreugigten btideit, ba§ briiben im $loftergarteu ftattb unb fid) in bem feilen £id)te fd)arf abhob öom bunfteit ;ftadjthimmet. „Unb $>er bort?" muffte er fragen unb erfdjraf faft, at§ er e£ gefprod)en.
— „föer bort," ertoiberte ber SKefdjumeb unb bic (Stimme ftang munberbar tue^miitig unb meid), „ber bort mar ein ebler unb großer 9ttenfdj, oietteicljt ber befte, ber je auf Arbeit gemanbelt. $lber er ift tot unb fein ^5eift ift erftorben, erftorben auch in Seiten, bie ihn ihren ©rtöfer nennen! ®ie Xl)bric^ten — nur burd) fid) fetber mtrb ber sDienfd) ertöft, burd) fidf) unb in fid) . . ." @r l)iett imtc, and) $Kftofe§ fdjmieg. @o faften bie beiben 9JMnner eine Seite ftumm neben einanber, Seber mit feinen ©ebaitfeit befchäftigt. $)anu fragte 3flofe£: „Unb ma§ mottt 8hr mit bem SHnbe?"
— ,,3d) mid fein Seigrer merben," ermiberte (Schtome, „beim id) tjabe e§ fetjr lieb gemonuett in ben fettenen (Stunben, mo id) e§ fpredfjen burfte. Unb glaubt mir, ba§ ift fein gemö^nlid)e§ $iitb! SD märe e§ bod) ein $itabe! I)abe id) oft benfcit müffenMmb bod) gteid) mieber, — 3hr mifjt üietteidjt, marum — e§ ift gut, baft e§ ein Stftäbchen ift. 3Demt in biefem $inbe lebt ein großer junger nad) Siffen unb ein feftfame» ^lf)neit be§ £id)t§ ..." Stber abme^renb unterbrach i^n ber 3tnbere: „Sh* träumt, ©djtome! (Sfttjer ift faunt neun Scdjrc a^/ un^ x$r ^er ^aier/ ha^e n*e bergteidhen bemerft." — „Seit 3hr & nid)t fef)en motlt," mar bie Hntmort, „ober, üergeiht mir, itic^t fefjen föitnt! 8hr hafte* & fü* ^äumerei ober ^arr^
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fyeit, ober meint, eg fei $inberart fo. 3d) aber meijs, mag e§ l)eif$t, fold)eg (seinen im eittfanten jungen |jergen gu tragen, (glaubt mir, eg märe greöel, liefet Slm aE' bag öerfomnten, mag ba emporfeimt. Unb barum bitte id) (Sudj: erlaubt, bafj idj ©ftfyerg £el)rer merbe!" Unb lieber mar eg lange ftill unter bett SKännem. SDantt enblid) ermiberte SO^ofeg: ,,Sd) t'ann nidjt, ©djmager, idf) barf nidjt, and) menn id) moEte. 9£idjt ßmretmegen rnujj id) fo fpredjen; oon @ud) miE id) alleg ®ute glauben unb ebenfo üon bem, mag S^r bag SHnb lefjren miirbet. $lber eg pafft ttidft für meine £od)ter. 8ie foE ein einfach jübifcf) £inb bleiben; id) miE eg fo unb eg mirb fo fein. 2Sag foE fie grembeg erfahren, mag iljr |)erg fefjm fitdftig machen l'anit unb traurig? 9ttein $inb foE ein frommeg, fdftidfteg SBeib merben; eg ift bag 93efte für fie unb barum eben miE idj eg fo. Daf3 fie einen reichen, angefefjenett Ü0?ann befommt, bafür fjab’ id) geforgt." — „Sa!" ermiberte ber Sftefdjunteb unb gurn erften 9Jtal in biefer Unterrebung flang feine (Stimme bitter unb Ijcrbc, „ja! Sfm feib fe!)r reidj unb l)abt Stecht: fo Ijabt Slj* audj für einen reichen (Sibam geforgt. ^ag Sftäbdjen ift nun neun Saljve alt; in fedjg, fiebeit Sauren merbet 3f)t ifjnt beit reidj= ften nnb frömmften Süngling in ber Sftunbe augfudfjett, ober and) einen SSittmer, meint ber nod) reifer unb frömmer ift. 8ie mirb iiftt freilief) nid^t femten, aber bag tljut ja tticfftg, bagu !)at fie nad) ber |jocl)geit ^eit genug! £)ann mirb fie iljn oieEeidft fürchten ober Raffen ober er mirb ifjr gleid)güttig fein. $lbcv audb
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bo£ tfyut nic^tö! $)enn moju braucht ein jübifd} 22ßeib bie Siebe?! $)od) nur, um ©ott ju lieben unb feine Äinber unb — o bafc idj’ä nid^t üergeffe! — fein bi£d)en 9teid)tum!" — ,,3d) berfteljc (Sud) nidjt/ fagte 9ftofe£ gögentb, mic erftaunt. — „3I)r berftefjt mid) nicfjt?" rief ber Rubere unb erljob fid) erregt. *©o tönnt Sbr fpredjen? 3^r?! 0 ©d)mager — benft an meine © cb m e ft e r ! " 9ftofe£ greubem t^al gudtc auf mie ein Söilb^ ba£ ein ©d)uj3 in£ §er§ getroffen. (Er mollte gürneub ermibera, er mollte ben fremben 9Dta^ner megmeifen öon ber ©cbmelle. ?tber er fonnte e§ nicht. (Er mujjte fein §aupt beugen oor bem SSlide be§ berad)teten, gemiebeneit 9ttanne§ ; er nutzte nach langem Kampfe leife, tief aufatmenb, fagen: „(E£ mar nidjt meine ©d)ulb!" — „9£ein," fprad) ber Üttefdjumeb unb feine Stimme flang mieber milb unb ruljig, „nein, e§ mar nid^t (Eure, e§ mar (Eure£ unb meinet $8ater§ ©d)ulb. Slber ma§ 3br an (Eurem ®inbe t^ut, ba£ laftet auf (Eudj, nur auf ©udj!" Unb al§ ber erschütterte 9ttanit nid)t£ gu er; mibern üermod)te, fuf)r er fort: „Verhärtet nicht (Euer Ijerg, auf baf$ 3br nicht frebelt. $)enft an ba§ SBort, ba§ gefchrieben fleht: ?(S5ebet §u trinfen S)enen, bie e§ bürftet? ©cbmaget, barf id) ©urem bürftenben Äinbe ba§ Sicht unb ba§ Seben geigen?!" 5lud) barauf i)atte biefer nid)t§ §u ermibent üermodjt, aber am näcbften Sage ging bie feltfame, faft unglaubliche £unbe burdj bie ©affe, 9ftofe§ greubentfjal habe fid) mit ©djlome, bem $D?efcbumeb, oerfö^nt unb ihm fogar fein einziges* Sinb an ü er traut.
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$>a£ mar bie @tuitbe, bereu fidf) ber eittfame, alte 5ftann itt ber @pnagoge erinnert, bei* er au£ tieffter (Seele geflucht. Unb bie ©rintterung au biefe 6tunbe folgte ihm audj, al§ er fidj nun mit beit anberen Metern erfjob unb l)inau£trat in bie lichte grü^ling§nad)t. $>ie engen (Waffen maren ooll Seben; au£ ben genftent fiel geller ßid^tglang; in beit §au§' tljitren ftanbeu bie $inber unb bie 9Käbd)en nttb cr= marteten ifjre Client. SDer uttglücfliche 9ttantt malte c§ fidi in graufanter (Selbftqual au£, mie fchön e£ märe, menn er mit bem (Sibam unb ber Softer nach §aufe ginge unb nun ba^eim bie @ntel jubelnb ben ®roj30aier empfingen. 3ebe§ föinberlachen, jeber SSitt^ fommgruf3 ging mie eilt @djmert burd) fein §erg. §ld), er mar bod) öietleicht nief^t adgufeljr 311 öer= bammeit, menit er ba innehielt nttb bumpf uttb leifc oor fief» ^infprad): „Söenn ®ott gerecht ift, bann mirb er ben treffen, ber ba3 ^erg meinet $rinbe£ betört hat, uttb ben, ber fein Df)r geöffnet hat für ba3 2ßort be£ $erführer§!"
$)a füllte er feine ©djulter berührt uitb manbte fich um uttb mid) bann entfett jurüd, al§ Tjätte er ein ®efpenft erblidt. (Seine Söruft feinste, feilte Slugeu glühten, feine §anb ballte fid) gur gauft. SBor if)m ftaub ber SDßattn, bem er gefludjt, ein trauter, greifer, gebrochener 9ftamt — <Sd)tome, ber „9ttefd)umeb".
„3ch muft @ud) fpred^en !" fagte er §u 9ftofe3, ,,id) habe einen 23rief ..."
5lber biefer giidtte milb auf in .Qont unb ©djuter^: „Sdjmeigt, ®lenber! Sch to\li nichts t)örcn ! , .
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$ie Seute fantmelten fid) um bie beibett Scanner. &er 202efd)unteb trat netter Ijerait mtb miebers fjolte: ,,3d) mufj (Sud) fpredjen. SBefdjimpft ntid), aber prt utidf). ©ie ift . . ."
$lber meiter fam er nidjt. SSie ein ge§e£te§ Sßilb eilte 9ftofe§ f)inmeg, burdj bie engen Waffen unb über ben Sftarftplap, bi3 er üor feinem $aufe ftanb. |jctlb oljnmädjtig fanf er auf bie ©teinbanf am $£f)ore. $ier ^arrte er, bi§ fein 5ltem rufjiger ging, bi§ feine $ßulfe minber heftig fcf)lugen. ® a mar’3 if)m, al§ mürbe irgenbmo über ifynt fein üftame genannt. 3ut erften ©todmerf maren bie genfter erleudjtet unb meit geöffnet; lautet Sadfjett flang ^erak ®ie grau $8egirf§ridjter f)atte Ijeute iljren (SntpfangSs abenb. Unb nun f)örte er’§ nodj einmal, gang öer; nefjutlid): fein Sftame, bann eine ftürmifdje Sad^falne. $lber ber alte Sflann artete nid£)t barauf, er ging in feine ©tube unb fdjob ©peife unb £ranf, bie if)m bie alte Wienerin oorfe^te, üon fidl). „Sie ift tot," flang e3 unabläffig in feinen Dljren unb in feinem $ergen, „gemifc — fie ift tot!" ©o faf$ er üoH milber, bunfler, ftreitenber (SJebanfen in ber einfamen, lidjterfüKten ©tube. mar feljr füll um il)n; nur bie oielen bergen fnifterten leife im Verbrennen unb
ba§ gab einen traurigen £on . . .
*
®ie grau Vegirf§ridf)ter I)atte fjeute iljren (Snu pfattgäabenb. 3m Sftebengimnter fpielten bie Herren SBfjift unb Xarodf, üictteid^t audj ein IleineS, fjarmlofeä |)agörbfpiefcf)en. 3m ©alon faf$en bie ®amen um
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bett großen i)ietteu uiäc^tige Waffen tit bett
§änbett, aftett fel^r öiet 23admerf uttb unterhielten fid) fe^r gut. 92ur bie bide grau be§ biefett (SJüterbiref* tor» ärgerte [ich. @ie hatte fouft, al§ bie $8ornehmfte in bie) er ®efellfchaft, ben £on angegeben; für Ijente mar ihr oott ber grau be§ t f. |jungerleiber3, be£ neuen 5lftuar§, ba§ Szepter entriffen morben. 2)entt grau ©milie !am au§ ber .gjauptftabt, an§ Sentberg uttb hatte bie neueften äftobett nnb 0fanbalgefd)ichteu ntitgebradht. gunt ^attfe erzählte man ihr bie $e^ fd)id)ten be§ @täbtd)en§, namentlich bie ber gerabe abmefenben tarnen. 9lber ba§ mar nach einiger $eit erfd^öpft, e£ fehlten eben nur menige. £)a fant grau (Sntilie auf ben glücklichen (Sinfall, gu fragen, ma§ e§ beim mit ber nterfmürbigen ©efchidjte fei, oon ber heute ber |jerr Söegirförichter il)rem (hatten ergäbt habe. „$)a3 fantt ich ihnen au£ befter üuede berichten," ermibertc bie grau 23egirf§richter eifrig. „2Bir mohneit fdhon gmölf Sahre in bent |>aufe, e3 ift $lde§ unter meinen klugen gefchehen. ■ @3 ift fehr intereffant, fo; gar ein hübfdjer |jufarenoffigier lommt barin bor — fo etma§ hätten @ie fogar fanm infiemberg hören fömten."
Uttb fie erzählte : „2llfo, <3ie miffen, e§ hanbelt fich um bie (Sfterfa, bie Xodjter be§ Eliten. 5ll£ mir hierher gogett, mar fie gehn Sahre alt, hnbfdj graft für bie£ Filter, mit fchmargen «paaren uttb groften blauen klugen. Sftan befam fie menig gu fehen, gn hören mar fie faft gar nid)t; fie faft ben gangen langen Xag nnb oft biä in bie 9£adjt hinein über bett Söüdjern. Sfteine 3ttaltmta mar ungefähr im gleid)ett Filter nnb lub fie
fjänfig eitt, mit il)r gu fpieleit. 516er ba§ Heine, mütige 3ubenntäbel rnollte nid)tä baöon miffen, jo oemarrt mar fie iu$ Semen. 5ltt biefer üftarrbeit mar freitid^ aud) ein närrifcber 9J?enfd) fcbulb, i^r Dnfel ($rünftein. (Sin mitfter, unheimlicher Sftenfd), meber 3ub’ no<b S^ift, gang gottlob — man fagt, er foß £ote befdjmören fömten. SBa^r^aftig, £ote au§ bett (Arabern! — ba§ mar ber Se^rer ber (Sfterfa. (Sr ntuft fie mirflid^ fanbere @ad)en geteert ^abett, nad) brei Sauren mar fie ebenfo itärrifd) nttb ebenfo gottlob mie er. @o mar fie gum SBeifpiel einmal im |md)f ommer, im 5lnguft, an einem fe^r fdjmülen 9ßad)' mittage bei un§. @ie mar nämlich im (Sticfen gang gefd)icft unb ^alf meiner SO^alüina eine Arbeit fertig ntadjen. ’&a gieren fid^ bie SSolfen gufammeu, ein furdjtbare§ ©emitter bricht lo£; e§ bonnert, bli^t unb hagelt, al§ faßte bie 2Mt untergeben, teilte kleine, bie (Gottlob eine d)riftfatljoIifcl)e (Srgiebitng genoffen bat, fängt laut gu beten an, aber bie Siibin bleibt gang ruhig. ,(Sftber/ frag' ich, ,fürcf)teft $)u £)icb nid)t öor bem ©trafgeridjt @otte§?‘ — /£)a§ ift ja ba§ ®emitter gar nicht/ ermibert ber *ftafemei§. — ,9hm, unb ma£ ift benn ber 95lib 5lnbere§?‘ — .^ie (Snt= labung ber (Sleftrigität/ ift bie 5lntmort. — ,5llfo fürdjteft 2)u SDidh nicht oor bem 33li^?4 — ,Ö ja, meil mir feinen 33li^a6leiter am §aufe haben !4 derlei gottlofe Dieben barf idb aber nicht auffommen laffeit, menn bie SDMüiita gubört, barum rufe idb ftreng: ,£)u bift ein gottlofe^ $inb; merfe $>ir’£, ber liebe ®ott lenft ben 9Mifc!‘ — ,Baxnm t)at bann/ fragt
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ba§ fccfe Sing barauf, ,ber $8li£ im bongen Sommer auf freiem gelbe ben 33erifd) $af* getroffen, ben armen S)orfgef)er? ©r mar ein feljr frommer Sftann nnb feine Äiuber ^ungern je£t.4 darauf fag' idj nicf)t£ meljr, aber am nädfjften Sage, ttrie idj bem alten SDtofeg begegne, ergäbe id) ifjm baä gange ©efprädj. ,S)a3 $inb ^at fcfjon eine fd^öne 23ilbung,4 meine idj gunt Sdjtuffe, ,nnb memt e£ fo fortgefjt, fattn e3 nodj fd)öner merben.4 — - ,©£ mirb uidjt fo fortgeljen,4 erttribert er finfter, ,idj mar fdfjon lange entfdjloffen, ber Sacfjc ein ©ube gu madjen nnb ba§ ©eftrige macf)t ba§ ©efäfj überlaufen.4 Unb richtig — er l)at 3Sort gehalten. 5XHe S3üdf)er ualjm er ber ©ftljer Vueg unb fetjte fie in ben Sabeit, Sitten gu breljeit nnb 3u^cr Su xoögen; ben Sdjlonte aber jagte er au3 bem |jaufe.
Sa§ mar fo im (Sommer bor nenn Sauren. Unb im $erbfte, au einem Sabbatlj Sßadjmittag fommt bie ©ftfter gu meiner Sodfyter unb bittet unb meint unb flef)t, man möge ifjr ein beutfcf)e§ 58ucf) leiden, fonft müffe fie fterben. Senn ber Sitte fjatte ifjr alle 23üdjer meggeuommen nnb fjielt fie aufjerbem fo ftreng, bafj fie fiel) auef) unmöglicfj melcf)e berfdjaffen fonnte. 5lber ben Umgang mit un§ geftattete er if)r. Sa§ mar if)m natürlich eine ©f)re unb er mufjte audj, bafj icf) eine grau bon ©runbfäijen bin. Sllfo mie gefagt, bie kleine fielet unb meint unb flagt fo Ijergbemeglidj, bafj icf) gerührt merbe. Unb fo feilte icf) if)r benn, ma£ mir fo an beutfdjen Söüdjem gufällig im §aufe fjaben: ^eine§ ^'eifebilber, $lo^ftocf§ Sfteffiabe, 5!aifer Sofepf)
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bon Souife $Mf)lbac§, beit neuen ^itabal, ©idjenborffg (55ebid^te unb bie Romane non $ßaul be ®od. Unb ba§ I a§ fie aEe§, mie ein hungriger Sßolf ein Samm berfdjlingt, im £aben, menn ber Sßater au£ging unb bann 9ßad)t§. 9htr beim erfien Vornan bon ^aul be ®ocf mar fie anfangs ftu|ig unb bradjte mir ba§ Söucl) gurücf — idj mödjte üjr etma§ 2lnbere£ f)erau§s fudjen. 2lber idj l^atte juft feine fteit unb jagte i^r: ,£ie§ nur, e§> mirb ©ir fcfmn gefallen*. Unb richtig gefielt ifjr, benn ben gmeiten Vornan braute fie fdjon nid^t gurücf, unb al£ fie ben brüten berbaut fjatte, mollte fie nur biefen ©djriftfteKer fefen. ©arnit fonute icfj bienen, mir Ijaben bie ©efamtauägabe. ©ie ber^ f<f)tang ben Söinter über bie ^unbertadjtgig Söänbdjen. ©enn, idf) bitte ©ie, biefe gubenmäbel l)aben ja im ©runbe alle gar fein moralifdjeS ©efiifjl!"
©ie ©amen ftimmen eifrig bei. 9£ur bie grau be§ ©üterbireftorg nidjt. ©enn biefe grau ift fefjr bicf, unb geiftreidj ift fie audj nidjt, aber fie f)at ein brabe§ |jerg. ,,©a§ mar nic^t red)t!" fprid^t fie feljr laut unb fe^r ernft. ,,©ie fjaben ba eine fernere ©djulb auf fidj gelaben!"
©ie grau Söegirföridjter blicft fie erftaunt an. SSäre fie nidit eine ^öflid^e grau, eine grau bon Söelt unb bie |jau§frau bagu, fic mürbe fpöttifdj lächeln unb mit ben 5lcf)feln guden. ©o aber begnügt fie ficf), entfdjulbigenb fagen: „Mon Dieu! e§> t)anbelt
fid£) ja nur um eine gitbin!"
„9htr eine gübin!" mieberljolt ber (£f)oru§ ber $lnbem laut unb leife. 2ludf) mirb biel geliefert.
©. ^ranäoS, Snben t>. Söarnoto. 3
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Unb „nur eine Sübin!" tönt aucf) eine entftc tiefe 9Kanne§ftintme in ben 28eiberbi§fant. 3)a§ Spiet int Nebenzimmer ift beenbet, bie «Herren finb gu ben lernten getreten, „Sie finb in fernerem Unrecht, grau £>ireftor." ©§ ift ber $rgt be§ Stäbtcf)en§, ber fo gefprocfyen, ein t)odjgewad)fener, ftattlidjer Ntamt. ©t ift felbft Sube. SNan tyafjt ifjn wegen feinet ®lauben£, man fürchtet itjn wegen feinet Sarfa§mu§. $lber feiner Stellung wegen mufi man if)n bemtod) in biefer ©efeltfdjaft bulben, bie er auffudfjen muft, Weil er feine anbere t)at in bent fleinen, armfeligen £anb- ftäbtcfjen. „Sie finb im Unrecht/' wieber^ott er. „Sie fönnen fic^ nodj immer nidjt üon bem Vorurteil 3l)rer beutfdjen |jeimat emanzipieren, ba§ aucf) im Suben ben 9ttenfcf)en fielet. D! bafj Sie fiel) nodj immer nid)t in bie fjiefigen $lnfdf)auungen fd)i den fönnen !"
„Spotten Sie nur," meint bie |jau£frau eifrig. „5)e3f)alb behaupte id) bod): e§ ift in ben ungebilbeten Sübinnen feljr wenig moratifd)e£ ©efül)l!"
„Sa!" ift bie trodene Antwort, „befonber£ wenn man fie burd) $aut be $od bilbet. 5lber id) bitte, laffen Sie fid) nid)t ftören, fahren Sie fort."
Unb bie grau 23ezirf§rid)ter fäl)rt fort:
„Sa, wo bin id) nur geblieben?! Nichtig! — 5llfo im nad)ften grül)jal)r war fie mit meinem ganzen $od fertig. $lnbere beutfd)e 33üd)er fjatte id) aud) nid^t ntel)r. ®a bat fie mid) fo lange, bi3 icf) für fie in ber £eif)bibtiotf)ef in Sarnopol abonnierte. 3d) tl)at e£ nid^t gerne, e§ machte biele Sd)ercreien, aber fie bat fo fefyr, mein ©ott, id) I)ätte ein Ntarmorfjerz
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fabelt muffen, Unb ba la§ fie alle Suchet nad) beut Katalog burd), bon $fbout bi£ ,8fdl)offe. <£)er Sitte f)utte feine Stauung baboit, er l)at e£ auä) nie er^ fahren, Sie la§ nämticf) nur be§ üftacfjtg in iljrem ^immer. Slber üfren Singen fcfyabete biefe Slnftren= gung nidjt. (Sie fjatte bie fcfjönften, ffarften Singen, grof;, blau, blau mie ber Fimmel. Unb ber 3Sucf)§ mie eine Königin, fdjtanf, ftofg unb bod) üppig. $urg, fie mar ein l)übfcf)e§, munberf)übfd)e§ SDMbdfjen. Slber überfpannt unb berberbt, eine Diomannärrin. Sll§ it)r ber Sllie — fie mar fedjgefjn gal)re alt — - einen Bräutigam au§fudjte, einen Solpt bom Sftofdjfo gränfei in (£t)oroftfom, einen gang gefunben gubenjungen in ifjrern Filter, ba erflärte fie, fie moEte lieber fterben, al£ ifjtt heiraten. Slber nufer greubentljat unten ift fein Sttenfdfj, ber mit ficfj fpajjen lägt. $)ie Verlobung mürbe bennocf) gefeiert unb bie fcfjöne (Sftljer fafj beim gefte, bleicf) unb gitternb mie eine Sbtfranfe. Selben (Sie, idg b)abe gerabe fein buttermeidje§ |jerg, aber mie id) mir bamal§ fo bie (gftffer anfafj — id) mar f)inuntergegangen, meil idj auf bie Zeremonie neu^ gierig mar — ba fjatte id) faft SJiitleib mit bem Sftäbet. ,SBarum gmingen Sie gfjre £od)ter?‘ fragte id) ben filtert. Slber ber mürbe faft grob unb er= miberte: ,Sergeit)en (Sie, aber ba§ berfteljen Sie nid£)i; ba£ ift bei un£ gang anberä mie bei gt)nen. 93ei un§ ift ba§ (£i nidjt flüger al§ bie |)enne. Unb bann fennen mir aud) gottlob bie '^umm^ eiten oon Siebe unb bergteidjen nid)t. Sei un§ gehört nur g'meierlei gur (Sdje: ©efunbljeit unb $clb. Unb ba§
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ift Ijier üorfjanbeu. $)ie (Sfther ^at infotoeit tJjren SBillen, als bie djgeit erft in einem 3at)re ftatU finben toirb. 33iS baf)in toirb fic ficf) fügen lernen. @S änbert fidj Manches in einem Sa^re.‘
$)aS Sßort beS eilten ift tt>af)r geworben; es ha* fiel) toirflich Manches in bem einen Qatjre geänbert, befonberS ttaS bie ^übfd^e (Sfterfa betrifft, aber in gang anberem ©inne, als er eS gemeint hatte. ©et)en ©ie, unfer $)oftor ba ^ält mich für eine Subenf einbin, aber bennoct) bin idf) gerecht unb fage: baS Stäbchen, obwohl innerlich üerberbt, fjatte fid) bis ba^in äu^er^ lief) fefjr braö gehalten. Unb bod) war bie 33erfu' djung fef)r grofi gewefen. Snt gangen Greife fannte man fie, im gangen Greife nannte man fie nur bie ,fct)önfte 3übin.‘ 3)aS (£infef)rf)an§ unb bie SSein- ftube unten fjatten bamalS mehr (Gäfte, als bem 33 es fi|er lieb war. 3Benn bie jungen (SbeÜeute gum 33e= girfSamt famen, fo Rieften fie nicht einen, fonbem brei (Gerichtstage; bie febigen Beamten öom (Gericht unb ©teueramt fafsen in ber 3ßeinftube ihre SlmtSftunben ab, unb erft bie |jufarenofftgiere — nun, bie Ratten bort gar ihre beftänbige (Gamifon. SOIe fümmerteit fich um bie (Sfther, aber fie um deinen, ©ie traf fetten mit ben (Gäften gufammen, bafür forgte ber 33ater. begegnete fie ihnen guweilen, fo erwiberte fie höftief) ihren (Graf;. 2lber all bie plumpen unb feinen ©ct)meicheleien prallten an ihr ab, als wäre fie taub, unb Wollte ihr (Siner ungebührlich begegnen, fo fam er furios Weg. SDaoon weift ber junge 33aroit ©tarSfp ein Sieb gu fingen — ©ie lennen ihn t>ieU
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leicht — ber lange blonbe Sttenfdh, bem bie mer b mürbige ©efchidjte mit ber ©räfin Sabmiga SortpnSfa paffiert ift. 9hm, bem begegnete fie einmal, afö er eben angetrunfen au£ ber SSeinftube fam. (Sr mirb an biefe Begegnung benfen, er oerbanft ifjr bie fd)altenbfte Ohrfeige feitte§ £eben§.
5lber feit iljrer Verlobung mürbe ba§ anberS. 9Udjt etma, als ob fie gegen alle freunblidjer ge= morbeit märe. 2lber gegen (Sinen mürbe fie eS, mehr al§ notmenbig. tiefer (Sine mar ber fRittmeifter (55raf ©ega ©gapant) oon ben Sßürttemberg^ufaren. (Sr mar fein gemöl^ntic^er $D?ann, biefer fRittmeifter, malp Ijaftig! |joch, fchlanf, mit bunflen paaren, inter* effanten, fdjmargen Gingen unb einem aüerliebften ©djnurrbärtchen. 3dj fchmeidjle il)m nicht, unfere greunbin |jortenfia mirb eS betätigen, fie ^at ihn and) gefannt . . ."
grau «gortenfia, bie ©attin beS SöegirfSabjuntten, eine üppige Sölonbine, mirb blutrot unb mirft ihrer „greunbin", ber |>auSfrau, einen giftigen 23licf gu. SDann fagt ■ fie möglichft gleichgültig: „Sch erinnere mich, er mar ein hübfd)er ffllaxm.'1
„<§übfcf)?" fragt bie (Srgäljlerin. ,,©d)ön mar er, feljr fdjirn. Unb fo intereffant! Unb baS feine ^Benehmen! 3d) fage 3flfjnen, ber üerftanb fid) auf bie grauen, er hätte freilich auch fdjon 9enu9 ® r 5 fahrnng. $Iuch bie fd)öne (Sfterfa muffte er halb gu fangen. (Sr näherte fidh ifyr faft fdjeu; er madfte it)r fein Kompliment, baS mirfte gerabe. Unb im Übrigen mar fie ja, mie gefagt, iunerlid) oerberbt
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unb itberfpannt Sfom, unb bie $efd)id)te entwidelte ftd). ^uerft einzelne ^Begegnungen, bann biele, guerft wenige SBorte, bann öiele, guerft ein $uf$, bann uns gärige ... (££ mar fef)r luftig !"
$lud) ber (55efeHfcJ)aft fommt e£ fo bor. 2)ie tarnen fidjern unb bie sperren tadjen. üftur eine £)ame fiebert nid^t: bie brabe, bide, beutfd)e grau w ber ©opljaede. ,,©ie fdjeinen bie (55efd)id^te nidjt fo Reiter gu finben?" fragt fie il)r -ftadjbar, ber Slrgt.
„■ftein!" ermibert fie, „e£ ift ja im ®runbe traurig, ba§ arme SCftäbdjen mar ja nur ein Ö-pfer l"
„3a!" fagt ber 5lrgt unb feine (Stimme bibriert, „fie mar ein Opfer ! 5lber nicf)t ein Opfer be§ fdjönen fHittmeifter^, audj nidjt ba§ unferer lieben |jau§frau ba. £)ie ©adje liegt tiefer, biel tiefer. 2öie ba§ ^mielidjt unljeimticfjer ift at§ bie Sftadjt, fo ift bie l)albe Gilbung berberblid^er at§ bie Unmiffem Ijeit. i)k Unmiffenljeit unb bie Sftadjt galten ba3 5luge umfangen unb feffeln ben gu|3 <xn bie ©djode; ba§ Söiffen unb ber £ag öffnen ba§ 2tuge unb laffen un§ fröljlicl) bormärtä fdjreiten; ba§ b)albe Sßiffen aber unb ba£ nehmen un§ nur Ijalb bie
SBinbe bom 5luge, unb taffen un§ in§ Ungemiffe fdjreiten unb — ftraudjetn! 2trme£ $inb! bom reinen Quell l)at man fie gurüdgeriffen, aber e§ bürftete fie unb fie trän! au£. ber Sadje. 2lrme§ SHnb! ©ie . .
5lber ein giemlid) beutlidje§ @>äijnen ntadjt ben ©predjer berftummen. 2)enn bie bide grau ift eine brabe grau, aber geiftreidj ift fie nid)t unb unber*
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ftänblidje Sieben ^ört fte nidjt gerne an. Sie grau 33egirf§ridf)ter aber ergäbt ingtoifc^en Leiter:
,,©o mußte ©raf ©63a fte halb gu OTem gu bes megen. Unb al§ er nacf) Marburg in bie ©arnifon üerfetjt mürbe, ba folgte fte if)ut and) bortljin.
$ftofe§ an einem greitag 5lbenb — e§ mar g'rab fo mie Ijeute — nad) «gaufe fam, ba fanb er ba§ Sfteft leer. Sa mar nun ein ©epolter unten, ein ©freien, Sßeinen unb ©ucfjen — e§ ift nid^t mit Sßorten gu bef ^reiben. 9ftein 90?ann mar unten; ber 9ttofe§ Ijat geraft mie ein milbe£ Sier; e§ finb fünf Sa£)re l)er, aber icf) merbe bie Üftacfü nicf)t öergeffen . . .
$lucf) in ben näcf)ften Sagen mar e§ fefjr un^ fyeimlid). ©ie malten e§ gerabe fo, al§ ob bie ©ftfjer geftorbeu märe. Sie £äben unb bie Sföeinftube mürben gefperrt, bie Silber im §aufe fdjmarg üer^aitgen, bie ©piegel gegen bie SBanb gefefjrt. Sn einer ©de ifyveZ ,gimmer§ brannte burdj fieben Sage unb fieben %läd)tt ein fleine§ £icf)t, unb eben fo lange faß ber SD^ofeg barfuß, mit gerriffenem ©emanbe, auf ber Siele biefeg Zimmers. 8d) meiß nidjt, ob e£ maßr ift, aber bie Suben follen fogar am ©onntag barauf bie Soten^ truße leer auf ben griebßof getragen unb bort ein leereg ©rab gefcßloffen ßaben. 2lm acßteu Sage aber ftanb SO?ofeg auf unb ging rußig feinen ©efcßäften itacß. Scß bitte ©ie — fo ein SubM ©r fam fogar am felben Sage gu un§, ben 3^3 gu forbern; icß ers fannte ißn faum, er mar mäßrenb ber Söocße grau ge= morben. ©r mar gaug rußig unb gefaxt unb jeßt fcßeint er feine Softer gang oergeffen gu ßabeu.
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©ent Suben ift ja befattntlicf) fein ®elb lieber al$ fein $inb!"
„Unb Ijat man nie lieber etmag oon ber @ftf)er gehört?" fragt bie biete grau.
„©öd), einmal. 2lber e§ ift ungemif3- ©er Heine Lieutenant ©gilagty — ©ie lernten ben läppifdjen Lügner! — ber auf Urlaub in Ungarn mar, ergäfjlt, er tjabe ben Grafen mit ber (£ftl)er in einer Loge im Hefter ^ationalt^eater gefe^en. Slber ber kleine lügt immer. Unb bann l'ann e£ auclj ein anbere§ I}übfc^e§ 9ttäbcf)en gemefett fein/'
„SBiffen ©ie, meine ©amen", nimmt nun grau (Smilie, bie gebilbete Lembergerin, ba§ Sßort, „miffett ©ie, an ma§ mid) bie ©efd)id)te erinnert Ijat?! $ln ein fef)r luftige^ ©fjeaterftüd, ba§ id) einmal in Lem¬ berg gefefjen l)abe. ift au§ bent ©nglifdfjen, oon einem gemiffen . . . o biefe englifdjett -tßgmen . . ."
„SBielleidjt ©fjafefpeare?" l)ilft i^r ber $lr$t.
,,©l)afefpeare," miebertjolt ber SSegirföriditer, „ba§ ift ein giemlid) belaunter ©idjter."
„Sa, ein redjt §übfd)e§ ©alent!" meint ber ©oftor, emft mie ein $rab.
„Ütid)tig, ©Ijalefpeare!" fäljrt grau (Smilie fort, „unb ba§ ©tüd Ijeiftt: ,©er Kaufmann oon SBenebig*. ©a lommt ein Sub’ oor — er fjeifjt ©l)t)lod _ bem and) feine ©ödster entführt mirb unb bem and) fein ($elb lieber ift al§ fein $inb! Unb ba fdjlage id) nun oor, mir nennen ben greubent^al oon fjeute ab nid)t ntel)r bei feinem tarnen, fonbern" — bie ©predjerin mad£)t eineJhtnftpaufe — ben „©fjtjlod oon üöaruom!"
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Unb ber 2lftuar ift ftolg auf feine geiftreidje grau, unb bie §erren lachen uttb bie tarnen fidjern uttb felbft bie bide ‘lüreftorgfrau lädjelt:
,,«£)a! l)a! ^a! t$)er ®^Iod non SSamofo!"
*
5lm nächften borgen lachten fie nic^t mehr. ®ie lachten and) fitrber^itt nie mel)r über ben ©hhlod. ®ie rtid^t unb fein attberer Menfch.
tiefer borgen, ber @abbathmorgen, hatte ett na§ (5mtfe£liche£ mit feinem fallen Sichte bedienen. tt>ar ein naffer, nebeliger, unfreunblicher borgen. !>ftach Mitternacht t)atte ber Sßinb, ber fid) erft leife, bann immer ftärfer erhoben, SSolfen gufammenge= trieben, f cuttere, fchfoarge Söolfett, bie ben Monb t>er^ hüllten unb fid) fjerabfenften auf ba§ öbe (belaube. £)amt hatte ber SBtttb gefd)tt>iegen, unb bie Rolfen Waren immer fdjwerer ^erabgefunten unb hatten enb~ lieh al§ bid)ter, falter Sftebel bie (Sbene bebedt unb ba§ büftere ©täbtchen.
3n ben f leinen Raufern f erlief ade£. $ein @d)ritt tönte itt ben ettgett (Waffen. !ftur bie $unbe Wachten in ben §ofräumen unb ber Nachtwächter t>or bem Nathaufe. tiefer Wiirbige Beamte fd)lief gegen feine ($ett>of)nfjeit nic^t, Weit il)n bie |>unbe nic^t fchtafen liefen. ®iefe bedien unaufhörlich- ,8uerft bie §unbe am (Eingang be£ @täbtchen§, bann ber rieftge ^ofhunb ber £>ominifaner, enblid) ber fdjwarge „23ritan" be§ Mofeä greubentf)al. 3)arau3 fdjtoft ber erfahrene Manu, baft Waf)rf cf) entlief) ein frember Menfd} bttreh bie ($affe gehe, au bem Mofter vorüber unb
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auf ba£ |jau£ be3 Suben gu. 5tber e§ fiel d)m nid) t ein, nadbgufeljen. 3)er Siebet machte bie 9^ad)t feljr bmtfel, bie (Waffen fc^Iüpfrtg. Unb ber Beamte ber (Stabt Blieb in feiner 9lifd£)e oor bent $ftatf)aufe. „SDer Sritan bellt laut genug," tröftete er fi d), „ber Sube mirb e§ Ijören."'
(Sr tüufdEjte fidf) nidjt. Sftan ^örte int $aufe be£ greubentfjal ba§ mütettbe (Gebelle, ^ie alte Wienerin ermadjte baöott unb erljob fiel), um nadbgufeljen ober bett Suedjt gu medett. fte an bem gimnter beg §erm öorüberging, fal) fie einen £icf)tfcf)ein burel) bie X^ürfpalte fallen, unb auf ba£ ©eräufdf) i^rer (Schritte trat ber alte 9Jiofe§ felbft f)erau£. (Sr mar angef leibet; er ^atte offenbar noef) ttidf)t bie fRu^e gefudjt, obmo^l e§ gegen bie gmeite S^corgenftunbe ging. 5lud) fafj er fe^r angegriffen au§. „®ef)t mieber gur 9Mje," fagte er ber alten grau, ttä miß felbft nad)feljen."
Sn biefem 2lugenblid fdjlug ber <£jmtb nod) eins mal laut an, bann öermanbelte fid) ba£ (Gebell in freubigeä ©eminfel. 9Kan fyöxit, mie ba§ mächtige $£ier f)in unb t)er fprang unb an ber S^ür fragte. (S§ f)atte ben 2lnfömmling offenbar erfannt unb fudjte nun gu iljm gu fomrnen.
$)er alte Sftamt mar totenbleid). „2öer mag ba§ fein?" murmelte er. $)ann ging er fdljmanfenben ©d^ritte§ auf ben §au§flur. $)ie Wienerin modte il)m folgen. „$nx üd!" rief er ifjr heftig gu. (Sine $erge naljm er nidjt mit, e§ mar ja ©abbatlj. ©o taftete er im bunfel auf ba§ |>au£tl)or gu.
&>ie Wienerin blieb ftefteu unb boräjte. ©ie börte,
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mie bet |mnb bem §ernt entgegenfprang unb bann lieber auf ba£ &hor gu mit bemfelben ftürmifchen greubengeminfel. 3)aitn hörte fie, toie 9ftofe§ rief, mer braunen fei. (S§ blieb 51 Ke§ ftiH; nur ber §uub bellte furg auf. 9Kofe§ rief noch einmal. £)a fam eine 5lntmort oon braunen. £)ie Wienerin oerftanb ba§ SBort nicht; if)r flang e§ mie ein SSeljeruf. $)er alte SO^ann mujjte ba§ 2Bort üerftanben haben. (Sr öffnete ba§ ^l)or, trat f)inau§ unb fdjlug bett glitgel hinter fiel) gu. £)er «gjmtb mar mohl mit ^inauggef^lüpft ; bie Wienerin f)örte nun nur noch gebämpft fein burdh- bringenbe§ (Gebelle.
3)ann marb 9(ftoje£; ©tintme ^örbar; er fprad) fe^r laut unb heftig. SSie ein ©dielten flang e§ unb bann mie eine feierliche 53ermünfchung ober 53efchmö= ruug. 5lber ben ©inn ber 5öorte fonute bie alte grau nid)t faffen . . . SMn fterblid)e§ £>hr ha* ö*e SBorte oernommen, bie 9ftofe£ greubenthal gu bem SSefen gesprochen, ba§ in jener unheimlichen üftacht an feine • £f)üre gepocht.
Üftadj einer bangen Minute hörte bie alte grau ben ^horflitgel fnarren, 9ftofe§ fehrte gurücf. (Sr f ehrte allein gurücf; auch ber |junb mar braupen ges blieben. SDann toar e§ einen Slugenblicf füll, unb ba- rauf hörte bie Wienerin einen ferneren gall. ©ie er^ griff eine $erge — ma§ flimmerte fie in ihrer £obe§= angft bie fromme ©a|ung? — unb eilte gurn £l)ore- *£)a lag 9ftofe£ greubenthal, ohne Oiegung, bleich mie ein £oter. 5ll§ fie fein §aupt erhob, röchelte er leife auf.
^)ie alte grau begann ein burdhbringenbe^ gammer-
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gefd)rei. Der $hted)t, bie anberen Diener be£ |>aufeg ertoacijten uitb famen gerbet. @ie Ralfen ben §erm emporfjeben nnb auf fein £ager betten. Dann eilte man gurn 23egirf§argt, ber ja in näct)fter üftälje tooljnte, im erften ©todtoerf. (Sr lieft bem Oranten gur $ber nnb f Rüttelte bebenftidj ben ®opf. Den alten SDZann l^atte ein ©cf)laganfad getroffen.
Die Wienerin jammerte, bie ^necijte ftanben rat* Io3 nutzer, ber 5Irgt miiftte fid) nm ben Traufen; fo vergingen bie ©tunben bi§ gum borgen. $n ba3 frembe Söefen öor bem Df)ore badfjte Memanb.
W.Z ber Dag graute, ttmrbe fteftig an ba§ Dftor geftopft. Der 9^ad)ttoäd)ter ftanb brauften nub mehrere Seute, bie fdjon fo früft gu Partie gekommen. (Sie Ratten eine Dote öor bem DIjore gefnnbett, ein ärmlidj gefleibete§, abgegeftrte^, junget üföeib. Der fdjtoarge 23ritan lag neben ber Seidje nnb ttünfelte nnb ledte if)r bie |jänbe. SEBemt fid) iftr Sernanb näftem toollte, fnurrte er broljenb auf.
Der $8egirf3argt trat fterauä nnb beugte fid) über bie Dote. (Sr legte nod) prüfenb bie |janb auf if)r $erg; e§ fdjtug nidjt meftr. Dann blidte er in ba§ ftarre, bleibe Slntlife. Unb er lannte biefe§ 5lntlift. Dief erfd)üttert richtete er fid) empor. (Sr befahl, baft man bie Seidje in§ Dotenftau§ trage. Dann ging er raieber gu bem Oranten, ber oljne Sßefinnung batag.
51m nädljften Dage begrub man bie (Sftfjer greuben^ tljal 2ftan tonnte nid^t, toeldjen ($tauben§ fie getoefen, ob fie Sübiit geblieben, ob fie (Sftriftin geworben. 2(udj iljr Dnfet ©djtome, ber in Jöafjnfnmigem, faffitngSlofem
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©dimere an il)rer Seiche lauerte, muj^te e§ uid)t. "Sa^er begrub man fie, mo man bie ©elbftmörber bes gräbt, ©ie mar aber |)unger§ geftorben.
3n ifjren Kleibern fanb man nur ein $ßädcf)en Briefe, ©ie Ratten alle biefelbe Unterfdjrift: ©ega. ®er le^te, meldjer ben ^ßoftftentpel eine§ fleinen un- garifdjen ©täbtcf)en£ trug, lautete: ,,3cf) miß SÜr'ä eljrlid) jagen: id) bin ber (55efc^ic£)te fatt! 3dj bin jei$t fjier, bleibe §ier unb rate £)ir nicfjt, midj aufgufudjen. SCRein 28acf)tmeifter, ber $oloman, Ijat mir üerfprocljen, fid) deiner angune^men. 3)u gefäßft iljm. (gefällt er £)ir nid^t, fo gel)' Ijeim."
©ie mar Ifyeimgegangen. —
3)er alte 9ttofe§ ftarb nic£)t an ben folgen jener Sftadjt. (Sr lebte nodj lange; er überlebte feinen ©djmager unb öiele glüdlidie, gefegnete SUknfdjen. (Sin büfterer, einfamer, unheimlicher SCRenfc^, fo manfte er bem ©rabe gu. 2ll§ er ftarb, meinten nur bie Mages frauen, bie bagu gemietet maren. ©ein großes SSers mögen oermadjte er bem SBmtberrabbi üon ©abagöra, bem ^eftigfteu geütbe be§ £idjt§, bem eifrigften $ers fester be§ alten, finftem ©laubenS.
^)a§ ift bie ©efdjichte öom 9ftofe§ greubent^al, ben fie ben ,,©f)t)lod üon Söarnom" nannten.
(Uacß dem fyofytun (Bef tiy
v
§§ finb nun biele 8af)re Ijer, feit bie arme ©ftfjer gu if)re§ $8ater§ gilben berfdjiebeit ift, unb and) SD^ofeg greubentfjal ift lange tot. $be r ba§ grofje met^e §au§ an ber ^eerftra^e, ba£ nun bem Otabbi bon ©abagöra gugefjort, ftef )t nocf) t)eute fo ftotg unb ftattlicf) ba, tote gur 3eit, da ber f>arte, unglückliche SERann barin Raufte. Über bem %f)oxe hängt je^t ein eirunbeä $ölechfd)ilb,ba ift auf gelbem ©runb ein fdjwarger $lbler gemalt unb ring§ ftefjt bie Umfchrift:
33egirf ggerid^t. " ®emt ba, mo einft 9ftofe§ um feine £odfjter getrauert, merben jefct bie rutfjenifdjen ©iebe berührt, bie polnifchen Betrüger unb bie jübifd)en 3ßucf)erer. ^aS ift im (Srbgefdjoffe gur fftecf)ten, gur Stufen aber beftel)t nod^ ber Sabeit, beit 9Rofe§ geführt, nur geigt ba§ ©dfjilb einen anbem kanten: „üftatljan ©ilberftein'S ©pegereimareits unb üBeinhanblung." 3)a§ „20" in „SBein" ift fleht, unb in „©pegerei" fielet ftatt be§ „g" ein „f", — ba£ ift aber nur bie©cf)ulb be3 fleinen, budeligen 3anfo, ber ba§ ©cfjilb gemalt ^at.
8m erften ©tocfmerf ^at ficf) unter bem neuen Söefifjer faft gar nid)t§ geänbert, ba tnobnen, mie bei
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sD?ofeS, ber SBegirfSargt gur sMete uub ber SBegirfSs rid^ter. üftur baf$ ber 23egirfSrichter ein attberer ges morben ift, nicf)t mefjr ber gelbe, magere |jerr Ijippolpt SoginSfi, fonbern §err gulfo üon -ftegruSg. (Sr ift ber Amtsnachfolger beS §errn üon SoginSfi, aber in allen Stüden anberS als biefer. |jerro SoginSfi'S emige 3ielfd)eibe ftmren bie guben, arm unb reich — nicf)t if)re §ergen, aber ihre ®elbbeutel. Unb loaS er üon ben reifen gaben erpreßte, bafür fütterte er bie armen (Sänften: bie Abeligen, bie ^Beamten, bie £ieutenantS. «Seine grau ®afintira, auS bem l§od)abeligen «gaufc £>erer üon (SpbufSfi, ttaS gu beutfch „üon gttriebel" bebeutet, glängte auf fünf teilen in ber DUtnbe üor adelt anberen grauen burd) brei treffliche (Sigenfchaften beS |)ergenS: burd) bie meiften Sdjulben, bie glängenbfte Toilette, bie rafenbfte £angfud)t. Unb §örner fe|te fie i^rern (£f) eljerrn auf, fo grof?, bafi man !aum be* griff, mie er barüber ben ßhlinber ftülpen fonnte auf feinen gelben, mageren $opf.
Aber baS ift nun AdeS anberS getoorbeu.
§err üon SßegruSg erpreßt nichts üon ben gaben unb üerpraf# nichts mit ben (Stiften. @r lebt nur feinem Amt unb feiner gamilie, gioei lieben Bübchen unb feiner frönen jungen Gattin. £)iefe grau ift f(hön, fehr fd^ön. ^ie ($eftalt fdjlanf unb bocf) üppig, biegfam unb bocf) föniglicf) ftolg, baS Antli| blaf$, ebel, fdjarf gefdbinitten, bie klugen bunfel unb träumerifd) unb tief, abgrunbtief. Aber baS Sfterfmürbigfte an ad biefer Schönheit ift bie garbe ber ^aut, baS mattmilbe, gelbliche A$eif3, SöernfteuttoeiB fonnte man eS nennen.
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über bem bie Üiöte ber ©efunb^eit nur mie ein leifer §aud) liegt. 5Dte (55eftatt uttb biefeS — fie
mahnen an bie ©ulamitfj unb ©ufeifa, an bie fjolben ©djönfjeitSgauber beS Orients. 9Iber bie grau S3e^ girfSricfjter trägt ein $reugd)en am |jalfe unb auf ifjren SBifitenf arten fte^t: „(£f)riftine bon üßegruSg."
@8 ift eigentlid) rätfeffjaft unb fonberbar, aber burd) biefe harten allein berfeljrt biefe grau mit ben übrigen 9D?enfcf>en. ©ie empfängt feine £3efucf)e, fie madfyt feine; gtt>ifd)en ifyr unb ben öere^rlidjen |jonos ratioren bon $8antott> ift eine ©cf)rattfe aufgeridjtet, bie feiner ber beiben £eile iiberfdjreitet. üföirb ein ber? f)eirateter Beamter nacf) 23amott> berfe^t, fo mirb er bon feinen Bodegen forgf am inftruiert: er feilet fidfj bom |)errn bon SöolanSfi bie alte $aroffe mit ben alten ©djimmeht unb fäX)rt mit ^feiner (Sfye^äffte bor baS grofte, toei^e |jau§. Da fdjidt er bie beiben harten in ben erften ©tod unb empfängt bie Sdntmort: bie |>errfcfjaften bebauerten, aber ber |)err $8egirf§rid)ter fei ber^inbert unb bie gnäbige grau untt>of)I. Unb eine Sßod^e fpäter fommt §err bon 9£egruSg in gang bemf eiben Sßagen mit feiner grau bor bie Sßofjnung beS neuen 5fmtSgenoffen gefahren nnb bann boügief)t ftdb) biefelbe $omöbie mit bertaufcfpen Sollen, Damit fd£)üef$t gugleid) jeber weitere SBerfefjr. DaS ift fo ber (Stebraud), ber fdpefjticf) gum ©efep geworben ift.
Unb bann nod) etwas. grau S^riftine gef)t nie allein auS, fie berlä^t baS £au§ nur einige 9(Me in ber Sßocfye gu einem ©pagiergang an ber ©eite ifjreS (hatten. 5XfXe übrigen Seute im ©täbtcfjen machen ifjre
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Sßromenabe im neuen, gräflid^en ^3arf, im $ßarf um baS ©cßloß ber (Sräfin Sabmiga SöortßnSfa, geborenen sßolanSfa. 5tbe r ber SöegirfSricßter unb feine (Gattin gehen regelmäßig in ben einfamen, fcßlecßt erhaltenen Anlagen fßagieren, bie — jenfeitS beS gluffeS — um baS alte ©cßloß liegen. ®er gerabe Sßeg baßüt führt burch bie Subenftabt, aber ben bermeibet biefeS menfcßenfdheue $ßaar. (Sie gehen ringS um baS ©täbP d}en herum. Söfon fönnte glauben, baS gefdßeße barum, um ben ©taub unb bie (Serüdße ber Subengaffe gu bermeibeit. $lber nein! — als fie einmal ein (Remitier überrafcf)te, malten fie im ftromcnben Regelt gleich¬ falls ben großen Umtoeg. SSarum? $err bon SftegruSg fießt Seberntann franf unb frei inS 5luge unb ber- meibet SUemanbeS Begegnung, inenn er allein ift. 2Belcßer $8amt fcßeibet alfo gerabe feine fcßöne grau bon ben übrigen 3CRenfcC)ett?
Sßt brauet nur ben 9£euigfeitenaitgeiger bon SÖaruoit) unb Umgegenb gu fragen, bie ßübfcße, üppige grau (Smilie, bie (Sattin beS neuen 2lftuarS. (Sr ift fdßon gef)n Süßte im ©täbtdßen, aber er ßeißt nocß immer ber „neue" $ftuar, im (Segenfaße gu feinem Kollegen, ber fcßon gtnaugig Snßte in $arnoto ift. üftun, grau (Smilie loirb eud) eine SBifitenfarte geigen unb bagu fagen: ,,Scß bitte ©ie, ioie faun man mit einer folcßen grau Umgang ßaben? ©eßen ©ie ficß nur bie $arte an — toarunt ßat fie nicßt aitcß barauf feßen laffen, ioaS für eine ,(Seborenec fie ift? 28eil eS fioß feßr fcßlecßt mailen ttmrbe: ,(£ßriftine bon üße= gruSg, geborene SöilfeS, gefcßiebene ©ilberftein‘. 5Denn
(5. ^rotijoS, 3uben bon Barn oft. 4
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fte tjeif$t eigentlich Statte, unb ber Nathan 23itfe§ in bem fleinen «gjüttdjen neben ber gubenfctjule ift i^r Sßater nnb ein anberer !ftatt)an, ber üftathan ©ilberftein, xfyv erfter SCftann. tiefer !>ftegru§g ift nämtict) ein gang übers fpannter SD^enfd^. ^uerft ^at er bie £ocf)ter eine£ Willis onär§ heiraten motten, eine§ armenifd^en $aron3,unb at§ man i^m bie natürlich nic^t gegeben hat, ift er ptölticb fe^rgenügfamgeü)orbennnb^atfi(^inba§ paffabel pbfdje Subemoeib tierliebt unb hat fie ihrem 9Kann abgefauft."
„5Ibgefauft?" merbet ifjr erftaunt fragen. „Um ©elb, um bare§ ©etb?"
„Natürlich — nm tt>a§ fonft?" mirb ber 2tm geiger öerfichent. „Unb ba§ ttmnbert (Sie im ©ruft? Sch bitte ©ie, fo einem Suben ift OTe3 feit, fogar fein 2Beib. SCftan fagt fogar, mie üiet e£ ben -ftegruäg gefoftet f)at: taufenb ©utben.' 3Benn Sie übrigen^ mir allein nid)t glauben motten, fo fragen Sie bie gange Stabt ober fragen Sie am beften ben ©itbers ftein felbft — er ift ein Sßein^änbter, nnb menn er auch fonft ba£ gange Sa^r ^erumreift, fo ift er bod) gu ben großen geiertagen immer hier. ©r mirb Sh^en beftätigen: ,Sct) habe fie bem $8egirf§richter friebticf) abgetreten4, üftun, nnb ba frage id) ©ie: fann man mit einem fotdjen SSeibe oerfehren?!"
^ie üppige ©mitie t)at stecht, fie fjat üt OTern dttä) t. grau (£t)riftine §at mirftich früher ©haue ges heifjen, guerft ©haue 23itfe§, bann ©haue ©itb erftein. Unb ber Sßein^änbter hat fie bem $Begirf£richter mirfs tich friebtidj abgetreten, knä) barin tjat fie fRed^t, bajs fie, ©mitie, mit einem folgen SBeibe unmöglich
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üerfefjren famt. Hber begüglid) be§ ®aufyreife§ if t ftc im Irrtum. 3)er Kaufpreis mar nicf)t eine ®elbnote, fmtbern ein Eftenfcfyenljerg.
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£>ie alte SöetfcfjuF ift ein grauet, öermitterte§ ($ebäube, in fernen feiten erbaut, mo^l gar im Mittels alter. £)ie dauern nennen fie bie „Subenburg", meil fid) fjier einmal bie Suben verborgen unb üerfc^angt, al§ fie ein gfiirft (£gartorb§fi totf plagen unb auärauben moEte. (£r moEte bie£ au§ bopgeltem ($runbe: erften§ mar e§ gerabe Sagbgeit, aber menig gücfyfe unb (£ber auf ber §aibe, gmeiten§ brauste er @elb. 5lber bie Subeit bargen il)r ®ut unb S3lut hinter ben dauern unb ©ifenriegeln ber SSetfcfjuE unb gelten f)ier fo lange au§, bi§ be§ jageEonifcljen $önig§ bannen au£ ber na^en $efte QagieEnica Ijerbeieilten unb bie ($eängftigten befreiten. £)amal£ maren bie dauern ftarf unb bie (Sifenriegel feft, felgt ift öon ben Siegeln nicfjtö mefyr gu fefjen, unb ^alb geborften, fjalb in bie (Srbe ge* funlen finb bie dauern. 2lber mie um bie einftige Söebeutung biefe§ ($otte»s unb ©cf)uf$aufe£ angubeuten, brängen fiel) l)ier an brei (Seiten beff eiben am bicf)teften bie bürftigen Raufer unb Jütten ber Qubenftabt.
2ln ber vierten ©eite ^at ber naf)e glufj, btv träge, fdfleidjenbe ©ereb, nur für gmei Raufer SRaum gelaffen, eilt gro^eä, neueä §au§, ba§ — eine ©eitern ^eit in biefer ($egenb — mit gelber Ölfarbe bemalt ift, unb für ein fd)mujgige§, baufäEigeä §üttlein, ba§ trübfelig am Ufer flebt. (5& ift, al§ bränge ba§ gelbe feinen ärmlichen Sftadfbar in ben glufs, fo ftarf
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neigen ftd) bie ntoberigen Üföänbe ber |jütte über btc trüben, tangfamen Sßaffer. %m. gelben $aufe woljnte einft ber reiche 2Beint)änbler $D?anaffe ©ilberftein mit feinem ©ot)ne Sftatljan nnb in bem §üttlein wohnte unb woljnt nod) fjeute 9^att)an SitfeS, ein armer, fetjr armer 9Kann.
üftat^an war ein „Sorfgefjer", fo lange feine Kräfte eS erlaubten, unb lebt je£t, ein fc^toad^er, ein^ famer ($reiS, t)on feinen fauer erworbenen Pfennigen unb, wo biefe nid)t reifen, öon ber Unterftüijung ber ($emeinbe. (Sr ift früf) fc^ wacl) unb alt geworben, wie alle Seute feinet SerufS. Senn eS ift ein überaus harter, mütjfamer Seruf. (Sin „Sorf gelber" f)ei|t in ber ©pracfje feiner ($taubenSgenoffen berjenige 9ttann, ber bie dauern in ben umliegenben Dörfern mit bem Nötigen öerfieljt unb fid) babei fein Srot tjerauSf erlägt. (Sr §iel)t ©omttag am frühen borgen auS bem ©täbts cfyen, ben bilden gebeugt oon einem riefigen ^ßad SBaren. S)a brin ift 5lüeS enthalten, wonadj nur ein rutljes nifdjeS Sauem^erg verlangen mag, bis auf baS Sine, Wonad) ein foldjeS §erg am meiften verlangt: ©djnapS üerfauft ber „£)orfgef)er" nid)t. 2tber fonft öerfauft er Wirflid) 2ldeS: ©tro^üte, ßebergurte, ©tiefet, Safdjen« meffer für bie Surfd)e; Slumen, Sauber, Doraden, ßiebeStränfe, ^leiberftoffe, ©pinbeln für bie SD?äbd)en; ßeinwanb, Saig, ($efd)irre, §eiligenbilber, 3aub ermittel, 2Bad)Stid)ter, Sftabel unb gwim für baS |jauS, (Debets büdjer, alte §ofen unb Kaftane, neue „Sefftlim" unb „9ftefufaS" für bie öereingelt wofjnettben ®laubenSs genoffen; ©djnupftabaf, ®alenber, bie Leitungen ber-
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öerftofferten SSodje, ferne Stoffe unb Sticfereien für bie ^farr^ unb (Sbelfjöfe; Siqueure, Spieß arten, ge? fdjmuggelte Zigarren unb anbere ©inge für bie $as öallerieoffigiere; furgurn $llle§, $Me3! So gieljt er bte SSodje über, jal)rau§, jahrein, oon ©orf gu ©orf, üon §ait§ gu §au£, immer unb immer, trotj Söinterfälte, troij Sommerglut. (Sr fennt alle £euie unb alle Seute f ernten ifjn. 23ebürfen fie feiner, fo geftatten fie, baf$ er iljre Scljmelle betrete; brauchen fie nid)t£, fo jagen fie ifjn fort unb tjei^en, menn er befonber£ fjartttäcfig ift, ifjre $unbe auf iljn. ©er SSauer unb ber (Sbelmantt, ber fabelt unb ber Kaplan prüfen ifjren 2ßi£ an ifjnt ober, menn fie nidjt gerabe geiftreicf) aufgelegt finb, ifjre ($erte unb iljre Sporen. (Sr aber mirb nictjt mübe, öom frühen borgen bi§ gum fpäten 2lbenb feinen Reifem fftuf gu ergeben, gu feilfdjen unb gu Überliften, mo er nur immer fann. Sft fein 33argelb im §aufe, fo läfjt er fiel) mit gellen begaljlen, ober mit betreibe, ober mit |)üt)nem nnb (Snten ober mit (Siern. 5lm greitag Sftacljmittag aber feljrt er in bie Stabt gurücf unb ift einen ©ag lang ein SfJ^enfd^, unb mirb erft am Sonntag mieber gum „©orfgefjer".
Sold)' ein ©orfgeljer mar and) 9£atf)an 33ilfe§, unb bamit ift fein Seben betrieben; e§ ift fonft nichts 23efonbere§ barüber gu berichten. Sein SBater fjatte ein 9ftäbd)en für ifjn auggefudjt, ba§ mürbe fein braöe£ Söeib, gebar iljm gmei Sinber unb ftarb früf). ©ie $inber aber, ein $nabe unb ein 9ftäbd)en, muffen tjerrlicl) Ijeran in ber büftern, bumpftgen §ütte, mie ja and) gumeilen in Scfjutt unb ülftober fd)öne Blumen
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gebeten. 2tbe r — „an ihrer ©djönheit unb ©türle finb fie mir geftorben," flagt ber SBater. gür ihn finb fie S3eibe tot unb begraben. 25er @of)n muffte ©olbat merben, meil er fo trefflich bagu taugte, unb meil Sftathan bie fünfzig ®ulben nidht aufbrachte, meldje bie $lffentierung§fommiffion für bie greigebung forberte. 28enigften£ behauptete 23eer Söliper, ber datier, e£ fei mit fünfzig ($ulben gu rieten. 2lber bie fünfzig Bulben maren nicC)t ba. ©o marb beun ber Söurfche nach Stalien gefdjidt unb bann fam ber $rieg, unb nach Magenta ftanb fein 9?ame unter ben offiziell „$ers mieten". gang anber§ noch öermifite ihn fein alter SSater! 2)er martete unb martete, aber ber ©ohn ift nie mieber getommen. Unb feine Tochter ift nun auch tot. „Steine (Sf)ane," pflegt ber ($rei§ gn fagen, „mar ein ehrlich) jübifd) SBeib; bie grau ©hriftine ba oben, bie ,($oje‘ (§eibin), lernt' ich tiidjt."
2)er 2>orfgeher hotte fid) nic^t öerfefjen, ba{3 ihm fein $inb fo herben @d)merg bereiten merbe. ©eine (£hane mar eben fo fd)ön mie gehorfant, eben fo gültig mie fleißig. Seicht allein ihr SSater liebte fie, fie mar bei allen ßeuten mohl gelitten. $ftan gönnte ihr alU gemein ba£ ($lüd, al§ ber alte SJtonaffe ©ilberftein für feinen eingigen ©ohn üftatl)an um ihre §attb marb. 2)a§ mar ein großes, unermarteteg ©lüd. 2)enn bie ©dfjranfen finb fonft eng gegogen unter biefen Leuten, nur Sfteidj unb 9teid) gefeilt fich, 5lrm unb Slrm. (£§ ift bie£ auch fo natürlich bei bem SSolle, bem man ben ©elbermerb al£ eingige S3ef d^äftignng, ben (S5elb= befi£ al§ eingige^ ($lücf gegönnt bitrch lange Sohr-
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fjunberte. &er arme $orfgef)er formte e§ anfangs faum glauben — ber alte ÜNanaffe mar ja reich, fo reich; er fjatte einen großen ©pe§ereimarenlaben unb betrieb einen feljr fchmunghaften Weinhanbel mit Ungarn unb ber SNoIbau. ©§ mar ba§ fd^önfte Garens geugniä für be§ armen £)orfgeher§ £ocl)ter, al§ bie Wahl be§ Nachbar^ auf fie fiel. £)enn auch Nathan ©ilberftein mar ohne SNafel; er mar ein braüer, flarer, öerftänbiger junger SD^enfdb), gefunb unb moljts gebaut, unb fannte fidb) im £almub ebenfo gut au§, mie in ©elbgefchäften. Unb meil er fein (55elef)rter merbert foUte, fonbern ein Kaufmann, fo fjatte ber Vater ihm einen Sefjrer für ba§ |jochbeutfche ges nommen. Nathan ^atte ba§ ©ebreiben unb £efen erlernt, bann arbeitete er einen „S3rieffteUer für alle ©iänbe" burch unb ha§> „Allgemeine oefterreicfjifdje bürgerliche ©efe^budh". Au§ biefen beiben Büchern beftanb auch offiziell unb üor be§ Vater§ Augen feine beutfefje 23ibIiothef. Sn Wahrheit aber ftanb in feinem Vüdherfchranf, unter ben mächtigen hebräifcfjen Folianten öerfteeft, noch ein fleine§ beutfdf)e§ Vücf)lein. Ant ©am£tag Nachmittag, menn er im geftgemanb mit ben Anberen in ben gräflichen $ßarf ging, fteefte er ba§ Söiidhlein gu fidh, fonberte fidh bann ab unb la§ e§ an einer ftiUen, heimlichen ©teile, mo fidh ba£ £aub um ihn nur leife bemegte. £)abei fühlte er, mie fidh ÖUCh etmaä in ihm leife bemegte, ma§ er fonft an ben Wochentagen nie üerfpürte. Vielleicht mar biefe§ ©tma£ ba§ $er§. Auf bem Nücfen be§ fleinen Vüchlein£ ftanb in ©olbbruef: „@dhiHer§ ©ebichte."
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2113 fein $8ater ihm fagte, ba# er eine Vraut für ihn ermaßt unb mer ba§ fei, ba — ba regte fief) biefe£ Etmaä nicht. Er fagte gefjorfam: „Sßie 3h* iooUt, SSater !" unb mürbe öieUeid^t einen $lugenbli<f lang etma§ blaffer at§ gemöfjnlich. Unb eben fo gleich mütig fügte fidh bie Vraut in ben SßiUen ihre£ Vater£, nur ba| fie melleicht babei etma£ röter mürbe. Unb bann warb bie Verlobung gefeiert unb gtnei Monate barauf bie §od)j$eit. Sn ber gmifdhenzeit fünfte üftatfyan feiner Vraut pbfd^e perlen unb foftbare§ ©efdjnteibe, unb ba£ arme 9Mbd)en ihm einen ©ebets mantel, auf ben e§ funftboß mit ©olbs unb ©Ubers fäben bie Verzierungen geftieft hatte. 5ludh fpracfjen fie mä^renb ber ,gett einige ÜUtale mit einanber, über gang ©teicf)gültige§; bon ihnen felber unb ihrer Qu* funft fpraUjen fie nicht. 2lu d) für bie Vergangenheit fanb fidh fein 2Bort; fie hatten, obmohl
Üftachbaräfiuber, feine gemeinfamen Erinnerungen.
SO^it großem 2tufmanb marb bie §ochzeit gefeiert: ber SBein floß in ©tränten, ganze Verge öon gleifcf) unb Vadmerf mürben oertilgt, bie beften ©pieUeute unb bie beften £uftigmacf)er erheiterten bie ©äfte. Sann zogen bie jungen Eheleute in ba§ grofce, ftatts liehe |jau§mefen, ba§ Sftattaffe feinem ©ohne gegens über ben Sominifanem gegrünbet. ©ie hatten fehr öiele Arbeit, fie mußten fiel) ben Sag über ferner mühen unb lebten ftiU unb frieblid) mit einanber. ©ie maren beibe gute, ehrliche §erzen, unb ba fie non ben Sagen ihrer Ehe faum im Vorauf geträumt ober fidh ein parabtefifcheä ©lüd auggemali, fo mürben fie
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audj ttt nicfitä enttfrufd)t. SDie (Sitte banb fie, baS ges meinfame Staffen, bie gegenfeitige 2lcf)tung unb barum and) bie gegenfeitige Sirene. So ging 2iHe£ int ruhigen, rergebracfpen ©eleife, unb al§ S^ane i^rem (Ratten narf) Sn^re§frift ein $inb gebar, ba füllte biefer in feinem Smtern fogar toieber jene§ geljeimniäöolle ©tma§ fidj regen, ba§ fo lange gefcf)tt>iegen. SDa§ fö'inb ftarb nad) wenigen üBodfjen, aber bie grofte Trauer brachte bie ©atten nur einanber nöljer. SDann mußten fie ben guten, I)ocf)betagten Sttanaffe begraben, unb nun laftete audj bie Leitung be£ gangen großen ®efd)äft§ allein auf i^ren Schultern, -ftatljan mufjte nun rnel au§tt>ärt§ fein, aber (Sf)ane toar bie getreuefte Sßer? toalterin be§ großen |>au§toefen§. Sie lernte beutfcE) f^reiben unb lefen, um iljrem ©atten im ©efc^äfte Reifen gu fönnen, unb forgte in§befonbere mit rüljrens ber Umfid^t für alle feine perforieren Söebürfrtiffe. $lucT er rielt fie fyod) unb toert unb befleibete i^ren rolben Seib mit ben fdf)tt>erften Setbenftoffen unb bern maffiüften ©olbfcTmitd au3 ben Säben üon Semberg unb ©gemott>i|. Sie toaren gufrieben mit einanber, too^l audl) gtüdlicT. SDenn tu a% fehlte gu i^rem ©lüde? Sie liebten einanber nicf)t. 2lber fie ttmfüen öon ber Siebe nur, ba§ fei eine $ftobe ber ©rr^en/ beüor fie fiel) oerreiraten. SBogu braud)t ein fübifcT $inb ct)riftlid)e Stoben mitgumad^en?
Sie waren glüdlidt), unb ba§ §au§ i^rer @l)e ftanb ftarf unb feft gefügt auf bem SBoben ber $lcf)' tung unb ber Arbeit unb ber ©etool)nf)eit, bi§ ber Sturm ber £eibenfd)aft Ijerangebrauft fam unb ba§
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§au8 ju Robert Warf wie ein $artenhau§ unb fte ohne (Erbarmen in feinen Bann nahm unb ^inauSftie^ in Sampf unb (Schmerz! . . .
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3)a§ (Stäbtd)en Bamow ift feljr flein, ein öbe§, fd)muhige§ Sfteft in einem gottöerlaffenen SBinfel ber (£rbe, unb ber grofie (Strom be§ Seben£ unb berBik bung wirft faum ba§ 2ltom einer Bkde hierher, aber — ein „$afino" h<*t Bamow bocfj. (§& fie^t freilid^ befdjeiben genug au§. hinten tut $ofe, hinter üftatfjan'g Saben liegt e§, ein fleineS ßimnter, ™ kern 3*oei Sifdje fte^en unb mehrere Stühle. $)a§ ^at üftathan für feine ©tammgafte eingerichtet. §ier trinfen bie Beamten unb fonftigen Honoratioren üon Bamow i^ren grühfdjoppen un^ politifieren babei, unb wenn e§ ihre grauen erlauben, fo politifieren fie auch h*er be§ $lbenb3 unb trinfen ihren 2lbenbfd)oppen bagu. $)er hochgeborene glorian üon Bolwinäfi, ein ($ut£s befitjer ohne ®ut, ber feine grau ha*/ trinft hier feinen Borgens, Bormittag§s, Sttittag^, 9^ad)mittag§^ 9fbenbs unb -ftachtfchoppen unb unterbricht fid) nur Zuweilen, um einen (Spaziergang zu machen, einer Köchin feine Siebe gn erflären, einen guben an§u- pumpen ober fonft ein wichtige^ ^5efd)äft zu Herrichten. Sind) ber frühere Bezirfäridjter, |jerr $ippolpt So^ Zin§fi, War hier ©tammgaft, unb ein Berbienft biefeä 3immerd)en§ war'§, bafj minbefteng bie üftafe rot Würbe in feinem gelben, magern ($eficht. 5lber eben al£ fie burd) fortgefe^te Bemühungen zum leuchtenben Bubin geworben, ftarb ber Söadere, %\ix ziemlichen
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greube be§ SegtrfS, gum unauSfpredjlirfjen ©djmerge feiner überaus gaf)lreid)en (gläubiger, grau*Safimira gog ficf) auf bie (guter Serer öon (SpbulSfi gurücf, einen Keinen, überfcfjulbeten SD^eier^of bei Samopol, unb in baS erfte ©tocfmerf be£ meinen §aufe£ gog ber neue SBegirfSridjter, §err gulfo üon üftegruSg. (Sr naljm aucf) ben ^$la£ beS ^Bereinigten im „$afino" ein, freilich oljne il)n fo fjäufig unb fo ausgiebig gu benü^en, mie biefer.
$err oon *ftegruSg mar ein funger 9ftamt, etma im Anfang ber Sreiftig. Hftan artete if)n gleich oon Anfang an als auSgegeidhneten guriften unb halb and) als guten 9ttenfcf)en. (Sin SöegirfSridjter in ^ßobolien ift ein Halbgott unb fann gum glud) ober gunt ©egen feinet SöegirfeS merben. |jerr oon 9^egru§g übte feine 9Jtad)t nur gum ©Uten. 2BaS fein äußeres anbes langt, fo läftt fic^ nicht öiel barüber fagen: er mar ein fdfjlanfer SO^ann unb ftiHe braune klugen ftanben in einem (gefickte, baS man meber fd)ön nodh fjäfdich nennen foitnte. Sie brei grünlichen, überaus ermud^ fenen Söchter beS §erm ©teueramtSöorfteljerS be= ijaupteten, er fei ein Barbar unb gegen grauenreige gang unempfinblicf). gn ber S^at liebte er Sarnen^ gefellfdhaft nicht fonberlich-
5llfo aud) «£err üon üfte gruSg mürbe, mie ermähnt, ©tarnmgaft in ber Keinen Sßeinftube. (Sr pflegte fidj bort taglidh, nadhbem er auS bem 5lmte gefontmen, eine f) albe ©tunbe aufguhalten, unb bie Leitung 3U lefen, ef)e er in feine Söofjnung gum SCRittageffen h*nauf5 ging, baS ilpn feine alte SSirtfchafterin bereitete.
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Unb ba ber gugang forcdj |>of fo unbequem uitb fdhmuhig mar, fo ging and) er, tote bie meiften ©äfte, burdj ben ßaben, too bie fdjöne grau be£$aufmann£ immer felbft ba£ ($efchäft beaufsichtigte. &odh bes gnügte er fich, fie im Vorbeigehen ftnmm gu grüßen, unb brach unb fc^ergte nie mit ihr, toie e§ tool)l bie anberen, älteren Herren gu th nn pflegten ober bie jungen Dfftgiere. (Sr unterließ bie§ nid^t ettoa au3 befonberen ($rünben, fonbern toeil Sachen unb ©cfjergen einfach nicht in feiner üftatur lag. 5lud) mochte er glauben, bafj ba§, toa£ bie Ruberen ba an «fjulbigungen auftoenbeten, für bie grau ohnehin läftig genug fei. £)a irrte er aber, ©haue toar in ber Vegieljung fe^r gleidjmütig unb nahm $lüe§ ba§ fo auf, toie bie an= bereu fleinen Unannehmlichfeiten, bie ba§ Verteilen im Saben mit fich br achte, fo gum Veifpiel bie fdjarfe Zugluft. ®iefe grau hatte eine merftoütbig fidjere Sanier, fich jeben SSortoifc, toenn auch nur in Porten, bom Seibe gu halten; ertoiberte fie auch ben ältlichen Herren meift fo munter toie fie angebrochen tourbe, bie Dfftgiere erhielten nur fehr färglidjen unb oft recht fonberbaren Vefdjeib. ©pöttifch unb luftig bi£ gur 5lu§gelaffenheit fonnte fie inäbefonbere toerben, toenn man ihr oon Siebe brach- £)iefe§ Gefühl toar ihr nicht allein rätf eihaft, toeil fie e§ nicht fannte, e§ toar ihr allmählich überaus fomifdh unb öerädhtlidfj getoorben. Sßer ihr alfo gtoifdhen bem erften unb gtoeiten ©eibel fagte: „gd h liebe ©ie!", ber toarb nur öffeutlidh au^geladht unb insgeheim oeradhtet, toer fie aber babei auch um bie «fjüfte gu faffen fudhte . . .
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fragt nur bett flehten Dbertieutenant Ulbert (Sturm, ba£ efelljafte, gubringtidje, beimtücfifd)e Subjefi, marum einmal ad)t Sage lang feine rechte Sßange ooder unb röter mar, al§ bie linfe.
9£un, bem $8egirf£rid)ter gegenüber Ijatte fie meber in ^Sorten, nodj in Saaten eine $lbmeljr nötig. Sie Reiben fpradjen mä^renb ber erften brei SCftonate audj nid)t eine Silbe miteinanber. Unb ba bie§ etma§ 2luffätlige£ mar, in einem fo f leinen Stäbtdjen, mo gebermann mit gebermann üerfeljrt, unb hoppelt aufs fällig, ba fie gngleidt) |jau§genoffen maren, fo fprad) (Spalte einmal mit il)rem (Satten barüber, gang gufäüig unb gang unbefangen. 9£atf)an mar mit bem 93egirf§s rict)ter unb mit Seiner |jod)geboren, bem §errn gloriatt Oon S3olmin§fi tauge in eifrigem ©efprädj öor bem Saben geftauben; bann mar Üftegru£g aufg Slmt ge* gangen, mäljrenb glorian mit bem Kaufmann in ben Sahen trat, um l)eute au£naf)m§meife gmifd)en bem 5Dlittag§s unb 9£ad)mittag§fd)0ppen nodj einen befom beren SJerbauung^fcfjoppen in Serforgung gu bringen. „9ßatf)an," f agte bie grau, „mit bem $8egirf£ridjter ift e§ ein eigen Sing. gft er fo ftolg? Sr f)at nodj nie ein SBort mit mir gefprodjen." — „Stolg ift er nidjt," ermiberte 9latljan, „im (Segenteil, er ift ber befte, tjülfreidjfte SDfanfdj üon ber Sßelt. 5lber morts farg ift er; mer meij3, marum? SSieEeic^t ift er ungtüdlidj." — „|joljo!" grollten Seine $odj geboren „ma§ für eine eitle grau Sie Ijaben, ^ßani -jftatljan! 3Bir madjett iljr 5lde auf Sob unb Seben bie Sour, aber fie fjat nodj immer nidjt genug, gebt ftidjt iljr
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btefer junge ^errgulfo in bie klugen. $oI)o!§o! Iber ba ift alle SQfttlje umfonft, l^ol^o ! 3)er ift fd^ort oerliebt, ernftlidj oerliebt, ja! ba3 ift ®otte§ ©träfe!" S)ie fd)öne grau fjörte ba§ alte SSeinfafj gebulbtg an; fie mar feine 2öi|e fdjon gemol)nt. „(§;£ Ijat nidjt geber eine fo glüdtid)e Statur mie ©ic," ermiberte fie barauf, „biefer dftann fd)eint mir gu cmft unb gu tüchtig, at§ bafj er fid) oerlieben fönnte!" §err glorian ftemmte bie 5lrme in bie ©eiten unb ladjte einige Minuten lang fein mief)ernbfte3, luftigfteä ®etäd)ter. „hoholjo!" fernste er, „ba mu§ id) fd)on bitten . . . |>at man je fo etmaä gehört? |johol)o ! al§ ob fid) nur bumme Seute oerlieben fömtten . . . gum Beifpiel id), bin id) bumnt? unb . . . ^ßani Sftatl)an, merben©ie nidjt eifere füdjtig ! i.dj bin bodj in ©ie Oerliebt. 5lber bafür mufj id) galten bod) gur ©träfe fageit: bei bent Sftegru§g ift ade SO Ityt umfonft, ber ift oergeben . . . Ijofjofjo! feft oergeben, er liebt eine Xote, ^o^of)o!"
„Unfinn," murmelte bie grau unmutig, inbeä ber hochgeborene in Sftatljan^ Begleitung in§ „$afino" torfette. (§:§ ging iljr aber bod) nid)t au§ bem $opfe. £>emt am fpäten $tbenb, at§ fie neben iljrem (hatten im Sßohngimmer faf$ unb iljm, ba er am nädjften £ag in aller grüfje oerreifen mufjte, bie ®efchäft§briefe fdjreiben fragte fie plö|tidj: „28a§ Ijat btxm
Ijeute ber Bolminäfi nur mit ber £oten gemeint, in bie ber Begirföridjter üerliebt fein fod?"
„2Sa§ meift ich/' ermiberte Nathan, „man fpridjt fo unb ba. Gür mar in ein Oftäbdjen üerliebtunb mie ba£ geftorben ift, l)0* e* befdjloffen, lebig gu
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bleiben. SSiedeidjt ift'S toaljr. S£)ie ^ftriften treiben Diel Unfinn mit ber Siebe."
„@o, fo," erlüiberte bie grau unb ftarrte finttenb in bie glamnte beS SidjteS. $)amt aber griff fie gur gebet nnb fdjrieb ben Sörief an SDtfofeS Sfofengmeig in (£gentott>i| gu (Snbe, in tüetd^em fie ein gafj |järinge befteUte unb fünf Zentner guder.
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$lm nädfjften Stage gefdjaf) ettoaS (BeltfameS.
$)er §err glorian Don SöolminSfi ift nidjt blofj ein bicfer 9ftann, er ift aud) ein braüer Sttann. Unb loeil er nodj üftiemanb Unredjt getljan §at, fo fürchtet er fid) audj öor 9ttentanb, ausgenommen Dor feiner Sßird fcfjafterin, obtooljl er audj biefer niemals Unrecht ge^ tljan l)at. (Sin braüer $D?ann, aber er l)at einen großen genfer: er ergäbt $WeS, toaS er in (Srfa^rung bringt, unb nod) (SinigeS bagu. S£)aS fontmt teils Don ber natürlidjen Sß^antafie, teils Dom Dielen SSeintrinfen. Unb fo erfuhr bemt ber $8egirfSricf)ter am nädjften Vormittag, als er mit |jerru gloriau gufädig allein im „$afhto" tt>ar, toie grau (Sfjane geftern bem l)odjs geborenen §erm unter einem ©trome fiebertber Stfjränen if)r |jerg geoffenbart unb in biefem §ergen iljre toafjm finnige Siebe für §ernt Don -ftegruSg, unb mie eS fie faft gum ©elbftmorb treibe, bafi ber fo überm enfd^ lief) beliebte unb 23egef)rte nid)tS üon il)r miffeit, ja fogar fein @terbenStt>örtdf)en an fie Derfdjtoenben tt>olle. Unb gtoar ergäbe |jerr gloriait biefe ergreifeitbe ($efd)idfjte nicf)t fo furg unb bünbig ioie fie fjier bes ridjtet ioirb, fonbent mit faftiger WuSmalung aller
(Singelhet ten, unterbrochen bon gasreichen unb „Verfteljen ©ie mich!" £)iefe ©elbftunterbredjung mar notmenbig, bamit ber hochgeborene bei Eltern bleibe. $)emt ber Vegirfgridjter unterbrach ihn rticC;t. (Sr faf$ ftumm unb ernft ba, mie immer unb nur gus meilen fpielte ein ftilleg Sädjeltt um feine Sippen. $)iefe§ Sädjeln mar herrn 3t°rtan unangenehm, unb fo oft eg fiel) geigte, mürbe er etmag berlegen unb be^ mühte fidh, biefe Verlegenheit burdb) hoppelt faftige (Singelmalerei gu berbergen. „Unb mag fagen ©ie bagu?" fragte er enblidj tief aufatmenb.
„28ag id) bagu fage?" meinte ber Vegirfgridjter. „9Udjtg. Sd) bemunberc nur 3l)r poetifche§ Talent; 2lbam SDUdiemicg ift gegen ©ie ein ©tümper!"
„2Sie? mag? fmhoho! id) glaube gar, ©ie glauben mir nicht! D, Verehrter §err bon -tftegrugg, o ber^ ehrter |jerr Sßohltljäter, moburch berbiene ich bag? haben ©ie midi) je auf einer Sitge ertappt? Unb bann, mag h^tte ich babon? -ttein, auf (Sljre, eg ift SBahrs heit, heilige SSa^rheit. 3d) berfichere ©ie, ich ha^e Sftitleib mit bem 28eibe gehabt . . . gang meg ift fie, gang meg aug Siebe gu 3hnen- 3$ habe etmag gefehen, id^, ber idj hoch . . . h0^0^0 * ©te berftehen mich? bie Leiber lernte! ®attg meg, gang meg! Unb je|t frage id) ©ie, mag fod id) iljr fagen? 3)er Nathan ift berreift . . . berftehen ©ie mid)? . . . auf brei SSodjen berreift, hoh°t)°- &ag $$eib • • •"
„herr bon Volmingfi," unterbrach ihn ber Ves girfgridjter, legte bie Leitung gufammen, in bie er bi§ her ab unb gu geblidt hatte, unb r idjtete fid) hoc§
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„Wa§ (Sie, ber fatßolijdße (Sbelmann, ber (Sßegattin be§ Subett ©ilberftein in feiner Slbwefenßeit jagen wollen, muß idß in Sßr belieben (teilen. Slber icß für mein £eil, idß ßätte S^nen etWa§ gu fagen. Sßüßte icß nidßt, baß ber gange Vornan, ben ©ie mir ba ergäßft ßaben, erlogen ift oom erften bi§ gunt leßenSSort . .
„|jerr oon 9£egru£g!"
„3cß Wieberßole e£: erlogen öom erften bi§ gum lebten 2öort; hätten ©ie fidß mir in Sßaßrßeit al§ Vermittler eine£ (Sßebntdßä angetragen, idß würbe oon biefer ©tunbe ab Sßre (55efeUfd6)aft nidßt nteßr bnlben. 2fber ©ie ßaben nur ©paß gemalt in 3ßrer5frt, bie freilief) nießt bie meine ift. Sdß erlaube mir feinen ©paß mit ber (Sßre fo acßtungSWerter ßeute, wie e§ biefeä (Sßepaar ift. Unb barnm erfueße idß ©ie ernfte lidßft, ben ©eßerg nießt fortgufpinnen, unb wenn ©ie fidß Ruberen gegenüber bagu üeranlaßt finben, fief) einen anbem $fteur wiber SBiÜen au§gufudßen, al§ mieß!"
|jerr glorian ift außer fidß. (Srftlicf) glaubt ißm biefer merfwürbige Sftenfdß ba nid£)t unb oerbirbt ißm einen präeßtigen ©paß. $lber ba£ wäre noeß gu oer; Winben; §err glorian ift in biefem Sßunft ein ge= prüfter ‘Dulber: e£ glauben ißm aueß anbere Seute nidßt£. 5Iber biefer $ftann ba geßt fo weit, bie gange ©aeße ernft gu neßmen, faft tragifdß! (Sr madßt ©eine |jocßgeboren ßerunter Wie einen ©dßulbuben. 2)a§ fanu man nidßt bnlben; ba§ geßt gegen bie (Sßre. $ier ift audß ein (Sinlenfen unmöglidß. Unb barum ridßtet er fidß auf unb ftemmt bie $frme in bie ©eiten unb ruft in jenem £one, in bem er fonft
$?. (5. g-ranjoS, 3»ben t>. Söarnoio. 5
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nur bte fjartnäcfigften (gläubiger anjurufen pflegt: „3d& frage ©ie, mit toem ©ie fpredjen, Ijofjoljo! . . . Der* ftefjen ©ie midj? SCRit toem ©ie fpredfjen, frage xd) ©ie! $llfo ©ie fprecfjen mit mir, glorian öon $8oU tt>in§fi. 5llfo Oiefpett, icf) mu{3 feljr bitten, gebüfjrem ben Sftefpeft! $at man fdEjon fo ettoaä gehört?! (Sin Sügner, ein Kuppler, xd) . . . fyoljoljo! 2llfo, öerftefjen ©ie micf), Sftefpelt! SÖIeiben ©ie tugenbljaft, toemt ©ie Wollen, aber wa§ xd) gefagt fjabe, ift wafjr. $)iefe (Sfjane ift eine öerliebte, leicf)tfinnige . .
„ ©tili ! " gifi d)\ enb toie ein ^ßf eit i ommt ber ßaut geflogen unb fjaarfdfjarf fcfjneibet er bie imponierenbe Sfabe entzwei. £)er |jod)geborene blidt gur £ljür unb lägt bligfd^nell bie aufgeftemmten 5lrme nieberfinfen unb wirb feljr blafj. 5lber bem SSeäirföridjter fteigt bie ^eHe Sftöte in£ $lntli£. „©tiE!" befiehlt bie fd^öne grau nodj einmal unb ftredt bie $anb gebieterifdj au§ gegen ben biden, gittemben üftibing. |jodj aufgeridjtet fielet fie ba in ber geöffneten £Ijüre, totenbleich, aber föniglicf) ftolg unb föniglidfj fdjön. ©eine |>ocf)geboren Ijaben ba£ §aupt tief Ijerabgebeugt unb laffen bie Unterlippe fjängen wie ba£ ©djaf oor bem ®ewitter. £)ie grau fd)Iiegt bie Sljüre hinter fi<h nnb tritt auf bie beiben Herren §u. ,,©te . . . Ijaben . . . gefjordjt," ftammelt ber alte ©iinber unb rnadjt ben SSerfudj $u lädjeln.
„3dj fjabe nicht gehorcht," erwibert grau (Eljane fehr entfliehen. „(55ott ift mein geuge — iäj l)abe fonft nidjt bie ®ewoljnt)eit, guguljören, wa£ bie Herren hier unter einanber fpredjen; e£ geht m xd) audj nidjtä au. $lber idj Ijabe gerabe im Saben l)ier neben ber
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®£jür' bei beit ©ettmrgen gu ifjuit gehabt mtb ba fjabe icf) jebe§ SSort björen rnüffen. (S§ ioar mir bitter genug unb nod) bitterer" — eine fjeige fRöte flammt il)r über (Stirn unb langen — „nod) bitterer ift eS mir, baft id) fetbft fpred)en muft in biefer ©ad£)e. $lber mein Sßatfjan ift nidjt gu |jaufe. 5llfo muf$ id) felbft Sitten, §err oon 23oltt>in§fi, in§ ©efid)t hinein fagen, baft ©ie ein gang fdjledjter ßügner finb. 3dj bjabe b!o§ geftem meinen 9ttann gefragt, ob ... ob ber $err Söegirf^ric^ter ftolg ift, toeil er niemals mit mir fpridjt unb bie anberen Herren tljun e3 2lde. 3dj l)abe nichts 23öfe§ babei gebadjt. Unb barum, §err oon 23oltt>in»fi, fdjämen ©ie fid)! . .
|)err oon 23oltt>in£fi tl)ut toie iljm befohlen toirb: er fcfjämt fid). $)ie Unterlippe I)ängt feljr tief fierab unb er ergebt bie Gingen nid)t oom 23oben. §err oon 9ßegru§g aber fieljt bie grau ftarr an unb toenbet feinen S3Iicf oon d)x. ©£ ift oieUeic^t nid)t gut, baf$ er biefe ftolge, lebenbige ©djönl)eit fo in fidj aufnimmt, er, ber bodj nur „eine Xote liebt" . . .
„$)ent £)erm $8egirf£rid)ter," fäfjrt grau (SI)ane fort unb ftodt gleicf) nad) ben erften ^Sorten, unb al£ fie bennodj Weiter fpridjt, flammt bie IRöte nod) üiel bieder auf, „bem «gerat 23egirf£rid)ter banfe id) fd)ön, baj3 er fid) um un3 fo angenommen b)at, um meinen 9ßatl)an unb um midi). Unb wenn and) ber «gerrSöe- girf§rid)ter . . . nid£)t mit mir fpred)en Wid, fo fpred)' xd) bod) gu if)m unb fag' iljm: ©ie finb ein guter, braoer Sftamt unb bie Seute Ijaben 9ftecf)t, wenn fie ©ie loben, unb id) banf 3b)uen . .
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$lud) ber Üöegiriföridjter finbet fein SSort ber (5r^ miberung, gerabe itrie ber |)err glorian, mtb f aft fo mie biefer fdj)lägt aud) er je£t beit 23lid 51t 23obett. Sann greift er nad) bern §ut mtb ntadjt ber grau eine ftumme mtb fefjr, fefjr refpeftüolle SBerbeugung nnb geljt in feine 28ol)nuug hinauf.
«Seine alte SBirtf d) af teriit, bie ifyn aucf) liebt, mie alle 2Mt, ift fjeute untröftlicf). @r ift fonft bei gutem $ty>petii, aber fjeute rüf)rt er feilt SD^ittageffen faum an, mtb felbft feine £iebliitg§fpeife, bie $ä3pirogen, fommett faft fo Dom Sifcf), mie fie aufgetragen morbett. Uttb ’bagu blidt er fo fonberbar brein, fo gait^ attberä, al§ gemöljnlid) . . .
Uttb bie Sage famen unb gingen, nnb feife unb unbermerft fpannen fie jmifd^ett gmei reinen nnb guten «^erjen ein $anb, ba§ fiinbfjaft nnb oerbrecfjerifcf) mar öor (55ott uttb ben 9Kenfcf)en.
$uf3erlidfj l)atte jener fonberbare Auftritt in ber flehten SSeinftube freilief) feinerlei golgen geljabt. ,£>öd)s ften§, baft $err glorian bon $8olmin§fi an jenem Sage feinen üftadjmittag^, 5lbenb* nnb $ftad)tfd)oppen in feinen üier SSänben trattf, natürlich in boppelter Quantität, um bie fo unüerbient erlittene Äränfung ^u öergeffen. $lber am näd)ften Sage fd)on erfc^iett er jum grüfgdjobbett mieber am gemol^nten ^lafce unb nafjtn and) mieber ben gemoljnten Sßeg baf)itt, burdj ben Saben nnb an ber grau be§ Kaufmanns ooriiber. Slucf) $err bon Sftegruäg erfdf)ien um bie äJcittagäftunbe pünftlid), mie immer. 9Zun, bag mar
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Leiter nicht üermunberlid). $lber faft unerflürtich mar eg, baft aucf) in bem Benehmen ber Reiben gegen ß^ane fdjeinbar {einerlei fttberung eintrat. §errt>on iöolmingfi fuhr fort, fie mit feinen getooljnten 2£i§en unb «Schmeidjelreben gu beglüden, unb meun fie nidjtg ermiberte, fo fagte er ^öd)ften§: „§o^o^o! mie ftolg! $)eghalb bleib' id) bodj in @ie öerliebt, ^o^o^o!" Unb ßerr non üftegntgg fuhr fort, mit ftummem (Grüfte an if)r oorbeigugehen.
Söarum?! SBenn fid) gemanb felbft belügen mid, fo gelingt eg ihm bctlb. ,,3>d) if)ue eg nicht," fagte er fidj, „um nicht bem alten 0chmäfter (Gelegenheit gu 6tid)elreben ober neuen SBerleumbungen gu geben/' $lber er fühlte babei fehr mohl, baft bieg nicht ber mahre (Grunb fei. Unb gumeilen mar er fogar fo finbifch, ber frönen grau gu gürnen, meil fie fein ehrlicheg §erg beranlaffe, unmaf)r gegen fid) felbft gu fein. SSag aber mar ber mahre (Grunb? Üfticht bie „©djüdjternheit", bie ihm bie üppige (Smilie nach- fagte, meil er einmal nadj einem fehr oerftänbnigs innigen §änbebrud ihrerfeitg auf gehört hatte, ihr bei $8es gegnuugen überhaupt bie §aub gu reichen. $ludj nicht feine „Unempfinblichfeit gegen meibliche Steige'', über melche fid) bie brei grünlichen (Gragiett beg $emt ©teueramtgöorfteherg betlagten. (Sr mar nicht fdjüdp tem, meil bag ein tüchtiger unb begabter Sttann 9Ue* manb gegenüber ift, unb mag feine „Unempfinblichfeit'' betrifft — ad)! bag 23ilö ber fdjönen, in ihrer (Sitte rüftung unb SSerlegenheit hoppelt frönen grau ha*te tiefem (Sinbrud auf ihn gemalt, alg if)m lieb mar.
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5tber bie (SrbärmtidEfteit beS §ocf>geboreueu $crm hatte i^tt in fo eigentümliche Vegiehmtg gu bern ifjrn bisher frentben SSeibe gebraut, unb um nun baS redete SBort unb ben redeten £on für ben Verfeljr mit ihr finben gu föntten, ^ätte er unbefangen fein müffen. Unb baS mar er ifjr gegenüber nid^t, obmotjl er eS fich hoc§ unb teuer gufchmor. Unb mochte er fidE) noch fo häufig fagen: „3dh fpred£)e nic^t mit ihr, bamit baS alte boshafte SBeib in 8dE)nürrocf unb ©tiefek Ijofen nic^t mieber etmaS gu fdf)ma£en ^at — unb übrigens, maS ha&’ idE) benn mit ihr gu reben, ober ift eS gar eine -iftotmenbigfeit, bafj ich mit ihr rebe? !"
— er füllte bod), ba§ er fiel) ba nur felbft belog unb mie un£aff enb eS mar, baft er fchmieg. Unb als 2SodE)e auf Sßoche öerftrief) unb bamit bie Unmöglichkeit mudE)3, feinen $e^er 8U üerbeffem, ba mürbe iljm auch biefeS tägliche ftumme Vorbeigehen immer peinlicher unb hoch
— konnte er eS nicht taffen! Unb um fein Seben gerne hätte er gemufft, maS fie bagu fage . . .
SßaS fagte fie bagu?! Qu Slnberen nichts, gar nichts, auch gu Nathan fprach fie fein SSort bariiber. Vor jener ©eene hätte fie ihm feljr ruhig, fogar in ($egenmart eines gremben barüber berichten können, jefft hätte fie eS nicht mehr öermodEft. @ogar bie ^etbenthat beS §erm üon VotminSki Oerfchmieg fie ihm, als er enblidE) nach mehr einmonatlidher 51 b? mefenheit üon feinen ®efchäftSreifen heimkehrte. „Söogu foU er fich ärgern?" entfehutbigte fie fidh öor fidE) felbft, aber in SBahrljeit fühlte fie, ba§ fie eS nur barum unterlieft, um nicht gugteidE) beS VegirfSricftterS
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erttäfjtten gu müffen. Sine unerffärlidje 8d^eu Ijielt fie baöon ab. Serabe tt>eil fie fo öiel über iljn unb fein 23enefjmen nacfjbenfen muffte, bamnt fonnte fie nicf)t baöon fpredjen. Unb fie badjte fo öiel unb fo 23erfcf)iebene§ barüber — faft jeben £ag ettoa§ $lnbere£. „S§ ift gar nicfft fdjön öon ifjm, bafc er nicfft einmal ein SSort an mid) toenben will, jejft, ba wir bod) bes fannt finb." Ober: „Slaubt biefer f)ocf)mütige Sf)rift öielleidft im Srnft, baft idj in if)n üerliebt bin, unb Will er mir fo beweifen, ba§ icf) if)m gar nidft§ bin? $>a§ ift nicfft nötig, er ift mir and) gar nid;t§." 5lber bann gleicf) wieber: „Sr ift ein braöer SDtatfd)! SSie er fiel) um mief) angenommen ^at ! Sr fpridft getoi^ nur be§f)alb nidft mit mir, um biefem biefen, fjäfftidftn $8olwin§fi allen SSrunb gu Weiteren Sügen 51t neunten." 3f)r f)öufigfter Sebanfe aber war: w^)a§ öon ber Xoten muft waljr fein! Sr liebt fie fo, baf$ er mit einem lebenbigen Söeibe gar nicfft fpred)en will. Sr fprid)t ja fogar mit ber grau 23egirf£aftuarin nicfft. Sßie fann man eine Xote lieben? 28a3 ift bemt biefe , Siebe4 überhaupt? ..."
$>ie 9fladft, bie über unfer OTer Seben Waltet, gebraucht oft feltfame Mittel. §ier bradfte fie groei Sftenfdjen baburcf) einanber nafje, bafj fie nicfft mit einanber fpracfjen. ©ie fcfjwiegen unb fallen einanber täglicf) unb fcfjwiegen fort burcf) lange brei SDionate. 3)er |jocf)fommer neigte bem Snbe gu, öon ben Räumen im $loftergarten fielen bie erften gelben Blätter gur Srbe, bie ,3eit ^er SB^ittlefe rüdte Ijeran unb 9?atl)an trat feine grojft Steife in bie Sßeinlänber an, naef^
Ungarn unb ber Dölbau. 5lm (SabbatI) nor ben großen geiertagen sollte er nneberfommen. „23leib' gefunb unb fdjau', ba| loir au§ bem nerborbenen SCT^oft einen guten Sßeiueffig errieten !" — ba£ toaren feine 2lbfd)ieb£tt)orte. £)aitn fd)lof$ er fein Sßeib roie getoöljnlidj feft unb ruljig in bie $lrme unb füf^te fie auf bie «Stirne. (Sr aljnte nidjt, ba|3 fie ba gum lebten SJtal in feinen Firmen geruht.
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mar ein Sag im (September, ein fdjöner, flarer, fonniger «gjerbfttag. gm Saben ftanb grau (Sfjane unb mog ben ^unben Kaffee unb Quda gu, im „$afino" brinnen faften §err non $Bolmin£fi unb ber §err «Steueramtänorfteljer unb fpradjen über ben £iberali£mu§. 2We£ mie gemö^nlicfy. Unb mie ge* tt>öf)nlid) trat aud) $err non 9£egru§g in ben Saben. (Sr lüpfte fdpoeigenb ben $ut, fie nicbte fd)toeigenb ben ®egengruf3, unb bann tnoüte er norüber. Hber er fonnte nidfyt, bemt ein gro§e§ ga§ mit ^dringen ftanb mitten im üföege. „(Sie miiffen l)ier fjerunt fommen," fagte bie gran unb mie3 auf ben 28eg hinter bem Sabentifdje.
,,Sd) banfe," fagte er leife unb ging an iljr norbei. Samt aber blieb er bod) fte£)en. „(Sie machen Ijier neue Drbnung?" fragte er, um bod) irgenb etma§ gu fageit.
»Sa, für ben «gerbft — ba fommen bie grücfpe."
„S)a£ mar ein gefegneter §erbft ..."
„Sa, befonberä bie Stpfet . . ."
„2lud) ber SBein, fagt man. 28o ift benn ber |jerr üftatfjan je^t?"
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„Sefet Wirb er wohl in ber «gegpallja fein. 3$ Weift e£ nicht gewift, er l)at ttiätjrenb ber 9ieife feiten geit 311 fdjreiben, aber er wirb wohl fcfton in £ofaft fein." Unb bann fiegte ber @tolj ber $aufmann§frau über bie Befangenheit unb fie fügte h^su: ,,^eit biefemgrüljjahr finb alle ^ßotocfi unb (Sgartortj^fi unferc £unben. £>a müffen toir natürlich echten Sofafter führen. 2tuch öom ^he^n beziehen wir jeftt $llle£ bireft."
„<5o, fo! Sch gratuliere." $)amit ging er in§ $afino. ®a§ War ihr erfteg (SJefpräch- ©ogar |jerr glorian öon Bolwin§fi hätte felbft nach bent breiftigften @eibel nicht behaupten fönnen, baft e§ ein £iebe§gefpräch gewefen. 2lber ba§ (£i£ war gebrochen, unb an biefe§ ®efpräcf) fniipfte fich eine Sfteihe ähnlicher (Stefprädbe. @ie fprachen über ba§ Sßetter, über bie (Stefcftäfte, über bie fleinen, alltäglichen Borfommniffe. Unb feltfam, Wäfjrenb fie im 6cftweigen fehr befangen gewefen unb fchlieftlidj) nur noch errötenb einanber 3U gebenfen Der* mocht, löfte fich Wäljrenb biefer ruhigen, freunblicften ©efpräche bie Befangenheit unb fie würben feft unb fidfjer im Berfchr. $)amal£ mochten bie Beiben an einem @dj)eibewege ftehen: entweber malten biefe eim fachen, ruhigen Unterrebungen ber fonberbaren Be5iehung, in bie fie burdj jene @cene unb burch ilw @dhWeigen geraten Waren, gän^lid^ ein (Snbe, ober au£ biefem Berfehr baute fich jene Besiehung erft redht auf, öiet tiefer, oiel gefährlicher al§ früher, weil fie nun wirtlich in gegem feitiger Bertrautheit wuselte unb nidb)t mehr in blauen Xräumen. @ie ahnten nicht, baft fie an jenem @cheibc* Wege ftanben, unb alä fie fo allmählich immer öer*
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trautcr Würben uttb immer länger mit einanber fpradfjen unb immer mehr Gefallen an einanber fanben, ba ahnten fie auch nicht, baf; fie nun gemählt unb einen 2ßeg betreten Ratten, bernadj benSBerhältniffen guSSehunb (Sntfagung führen mufjte, ober tief gur ©chanbe.
©ie ahnten e£ nid^t. SBie Ratten fie fonft fo unbefangen $)inge befpredjen fönnen, an bie fidj leidet ein glühenbe§ SSort fnüpfen fomtte, eine unbebaute 5tufmaKung be§ |>ergen§?! $>a ergählte fie if)m gurn 23eifpiel einmal, ma§ ihr |jerr oon $Solnnn§fi oon feiner Seibenfdjaft für eine SSerftorbene mitgeteilt, ©ie fpract) faft fdjerghaft barüber, aber fie bereute e§ fe^r, al£ fie fah, mie fich fein 5tntli& bei ber (Srmä^ nung oerbüfterte. „Qdfj ^ab7 Sfjuen meh gethan?" fragte fie beforgt. — „9tan,nein!" ermiberte er. „3ch muj3 3hnen tooljl auch einmal baöon fprechen, nachbem egfchon $lnbere getljan haben. ift an ber©adE)e nidf)t£, ma§ ich verbergen müjjte." Unb barauf ergäfjlte er ihr bie ©efdf)icf)te feinet |jergen§, eine einf adfye, traurige, alltägliche (55efd^id^te. @r hatte al§ ©tubent ein äftäbs <J)en geliebt, ba§ er unterrichtete, bie £ocf)ter öors ne^mer, abeliger Eltern. $)ie junge Söaroneffe hatte feine Siebe ermibert, aber bie Sßelt mar ftärfer ges mefen al3 ihre |jergen; fie marb einem 5lnbem öer* mahlt unb ftarb nach Burger @he. ®ie Subenfrau hörte bie gange ®efchichte an, mie eine SSunbermär, e§ mar etma§ barin, ma£ fie oor menigen Monaten gar nicht üerftanben hütte unb ma3 fie noch je&t nid^t gang flar öerftanb, SSieUeidb)t faftte fie ba£ in bie grage gufammen, bie fie nach langer Sßaufe an ihn
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[teilte: „Unb — unb ©ie lieben fie nodt)?" — ,/©ie ift tot," ermiberte er, „unb idj liebe fie nid£)t mel)r mit jener Siebe, mit ber id) bie Sebenbe umfaßt fjabe. SIber il)r Slnbenfen bleibt mir teuer unb lebenbig, bi§ idj fterbe. 3$ merbe fie nie oergeffen." — $)ie grau falj lange, finnenb öor fiel) b)in. „®ie Siebe mujj etma£ ®ro{3e§ fein," flüfterte fie. (Sr ermiberte nidjt§, meU leidjt Ijatte er bie leifen Sßorte nidjt oernommen . . .
SBodje um SSoclje oerftridj. 5SDie großen geier= tage rüdten immer näfjer. Siatljan foUte mieberfefjren. $)ie Reiben fpradjen über if)n Ijäufig, fel)r Ijäufig unb lobten feine Südfytigfeit, feine (Sl)rlidjfeit, fein braöeä, gute§ «£jerg. ®a§ mar fonberbar — immer mieber f amen fie auf il)n §u fpredjen. SSieUeicJjt füllten fie e§ inftinltmäfjig, bajj e§ notmenbig fei, fid) gegenfeitig in be.r Sldjtung für biefett Sftarnt gu beftärfen. £)enu biefe Sldjtung mar ja bie ©darauf e gmifdjen if)neit unb gugleidj ber le|te |jalt, an ben fid) ifjr (Sl)r= unb Stedjt§bemuj$tfein Hämmerte.
©o laut ber greitag üor bem jübifdjert Steujaljr fjeran, ber Sag t>on Statljan’g Slnfunft. 9^od^ mar ba§ entfdf)eibenbe Sßort gmifdjen Reiben nid^t gefproc^en. £)a braute ber Zufall bie\t% 28ort auf i^re Sippen unb fie erfannten, unenblidje ©eligfeit unb unenblidje§ 2Be!j im |jergen, ben Slbgrunb, oor bem fie ftanben . . .
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$)a§ mar an einem trüben, naffen Dftobertage. $)ie 9tad£)t über Ijatte e3 geftürmt, unabläffig mar ber Stegen niebergegangen über ba£ öbe ©elönbe unb über baä büfterc ©täbtd£)en» ®ann fyatte ifjn ber |>erbfc
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ttmtb toeggepeitfdjt unb jagte nun ruhelos hinter bett eingelnen SSolfen f)er, burd)ftöl)nte bie toinfeligen ©affen unb toarf oon ben $ßappelbäumen ber Sttöndje brüben bie lebten roten, gitternben Blätter nieber in ben ©cfjlamm. toar ein trauriger, trauriger $£ag, unb tuen Kummer ober (Sinfamfeit brüdte, bem mufjte e§ f)eute hoppelt bang unt£ |jerg fein.
3m Sabeu fafj grau (£l)ane allein, fjeute liefen fid^ feine Käufer blicfen. @ie faf) gu, toie ber SBinb mit ben blättern fein (Spiel trieb. ©ie Ijatte gerabe feine beftimmte ©orge ober fie empfanb fie nid)t beut? lief), unb bodj tt>ar7£ iljr fdjioer um£ $erg, fo fcfjtoer.
$)amt fam bie fRofel Sufter in ben Saben, ein arme£ Sfläbdjen, aber fd)ön unb üppig. ©ie machte grofje ©infäufe an guefer unb SP^anbeln unb SRofinen unb allerlei ©emürg. „$)a§ ift gum ©ebäcf bei deiner Verlobung ?" fragte grau (Sljane freunblidj. „%d) Ijabe baöon gehört unb toünfdj7 $)ir oiel ©litd. (£r foU ein braoer -Jftann fein."
,,3cf) banf7 (Sudj," ertoiberte ba£ -tlftäbdjen. „$lnt ^ienftag ift bie Verlobung unb fdjon am gtoeiten 3)ienftag barauf bie |jocf)geit. (§& ift megen feiner f leinen $inber; er ift Sßitmer."
„£)a toirft $)u tt>of)l oiel Arbeit fjaben?"
,,$td£) ! toenn7§ nur bie Arbeit toär7 ! $lber er Ijat auef) eine ©<f)ioefter im §au§. Unb bann — er ift ein alter S^ann. 5lber tt>a§ nü£t ba ba3 Sieben!" „«Ifo ift e£ nidjt mit deinem SSillen ?/y $>ie Sfofel fafj erftaunt auf. ^)amt ertoiberte fie finfter: „©eit toann fragt man bei uu£ nadj bem
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SBißen?! 3d) bin ein armeg Sftäbel tmb er nimmt mid) uitb üerforgt midj — bas ift 2lßeg." Sie gucfte bie Sldfjfeln, fuljr fic^ über bie Gingen unb fügte rafcf) fjingu: „Uttb bann braud^ icf) nocfj gmei £ot3ngmer ..."
grau (£f)ane fagte nicfytg rnefyr unb mog iljr bag ©emünfdjte gu. $lber if)re |janb gitterte, alg fie bie ®üte gubrefyte, unb and) in ben ©emidjten oergriff fie fidj einige 9D?ate unb ntufjtc meljrmalg nadjmiegett.
„üßttr fdjeint, (Sudj ift nid)t moI)l," fagte bie fRofet, alg fie fortging. „3f)v fefjt fo bleic^ . . / „3dj bin mübe," ermiberte bie grau unb fanf auf einen Stuljl. $llg fid) bie £f)itr hinter ber Käuferin gefdfjloffen fjatte, fcfßug fie bie $änbe borg 2lntli§ unb fafj fo lange, lange. ©g maren milbe, müfte Stimmen, bie in ifjr fämpften unb riefen . . . „2Bann l)at man je bei mtg nacf) bem ^Bitten gefragt? . . . 3dj mar ein arrne^ Sfläbel unb er f)at micf) genommen unb fyat mid) oerforgt . . . mein ©ott, bag ift $lßeg . . . Slßeg!"
Sie l)ielt bie klugen frampffjaft gefd^Ioffen, aber fie falj bennod) flar in jenem Slugenblide, flarer alg je üorljer, o fürdjterlidj ftar ! 31)* gangeg Seben lag
oor iljr unb bie grofje Büge biefeg ßebeng. „$lßeg gehört if)m, mein Seib unb meine «Seele, nidfjt meil idj fo miß, nid)t meil er fo miß, nein! metl nufere 93äter eg fo für meife befunben fjaben. Unb jefd, mo icf) füljle, baf$ icf) audj ein Sttenfcf) bin, ber feinen ffiißen fjat unb fein §erg . . . je|t mo icfj einen $lnbem liebe, je|t bleib' idj elenb, ober idf) muf$ ..." Sie badjte ben ©ebanfen nidf)t aug; ifyre Sinne be* gannen fidj gu oermirren. Unenblidjeg SDHtleib mit
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fiel) felber überlaut fie, unb bremtettb fyetfT quollen i$r bie $£fjränen au§ beit klugen. ©ie Bebaute nidjt, mo fie mar, fie Bebaute nicf) t, bafj $>er, beit fie liebte unb beffen 5lnblicf fie gerabe barum jej$t am meifteit fürdtjs tete, jeben $lugenbti(f eintreten muffte. ©ie badete erft baratt, al£ bie 9flittag§glocfe ber S)omittifatter erflang, unb raffte fidj auf. HBer e£ mar gu fpät. ^a ftanb er fcf)ott in ber geöffneten Sljür.
Unb nun g*efcf)af) etmaä ©eltfame§ gmifdjen ben SBeiben. ©ie Ratten Bi§f)er nie bon iljrer Siebe ge^ fprodjen, fie Ratten mofft aud^ nidtftä babon gemußt. 2lber mie er auf fie gutrat unb ifjre |>anb faffte unb in it) re Gingen Blicfte, bie großen, Braunen, tljräneners füllten klugen, bie mit fo mtfäglid) rüfjrenbem $lu§brud auf feinen ,3ügen hafteten, ba erriet er alle iljre banfen, ifjren $ant})f, ifjren ©dfjmerg, iljre Siebe. Unb al§ er ifyr bie §änbe brücfte unb i^r bann leife unb gärte lict) mie einem franfen $inbe ba£ £aar au§ ber ©tirne ftrid), ba muffte fie, baf$ fein $erg ifjr gehöre unb baj$ fie auf if)n Bauen bürfe Bi§ in ben £ob. £>attn lieg er if)re |)änbe lo§ unb trat gurücf.
„2Bir merben Diel gu leiben Ijaben," fagte er, al§ berftünbe fidf) il)re Siebe unb aüe§ (Erringen bott felbft. „2lber idfj merbe feft fein unb ©ie attdj. 3dE) Ijabe Sitten biel gu fagen. 5lber Ijier ift nidjt ber rechte Ort unb l)eüte $lbenb" — er ftocfte unb fuljr bann mit fefter ©timme fort — „geute $lbenb fommt fdjon 3*m 9flann gurücf unb id^ mag ©ie nid^t gu einer f)eimlicf)ett .ßufammenfunft hinter feinem Sftücfen Bemegen. 3# merbe 3^en alfo fcfyreiben, ma§ ic^ für gut fyalte.'
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©r briicfte nochmals if)re §attb, bann ging er in feine Sof)nung. Sie grau erljob fid^, fdjidte ben Selling, ber bisher branden ba§ ©ilbersunb ^effinggefd^irrfür biegefts tage gepult Ijatte, in ben Sabenunb blieb felbft inber^üdje, für ben ©abbatlj gu rüften unb für ben ©mpfang if)re§ 9ttamte§. ©ie tf)at $Me§pünf tlic^, aberbocf)inanberer$lrt alZ fonft. „©djmergt ©ucf) ber ®opf, grau?" fragte iljre äftagb, alz fie plö|lidj fielen blieb unb bie |jänbe flad) an bie ©djläfen brüdte, alZ müftte fie fidj auf fid) felbft bes finnen. Sfjr xvax’Z toirr unb toüft unb bod) lieber, al§ ntü^te fie jubeln, ©o verging ber Sag.
©egen $lbenb brachte ifjr ber $Imt£biener einen 23rief. „SBorn 93e$irf§gerid^t für S^ren Sflamt," fagte er, aber alz fie ben Umfdjlag entfernte, lag ein83rief an fie bas rin. ©ie öffnete ifyn nid)t, fie gitterte oor bent 3nl)att.
Sie Sömmerung brad) ein, bie Sinter mürben angegünbet unb fie fprad^ ben fdjönen uralten ©egenä* fprudj über fie, mie e§ ^flid)t ber |jau£frau ift. Saf3 £id)t unb griebe int $aufe mol^te, baft ©otte£ ©rs barntung jeben Kummer fern §alte, jebe Sßot, febe ©dfymacf) . . . ©§ finb nur wenige Sorte unb fie fannte bie gormel fefyr gut, unb bod^ fant fie if)r tyeute nur gögernb unb unfidjer über bie Sippen. 2lcf)! mar fie nod) mert, gu ©ott gu beten, fie, ein jübifd) Seib, ba§ ben S3rief if)re§ d^riftlid^en — ©eliebten bei fid) trug?! . . . Sobeämatt fanf fie auf einen ©i| unb ftöljnte auf in ^erbeut ©eelenf ampfe. Sann gog fie ben S3rief ^erpor unb befalj ifjn. ©r mar üerfiegelt. ©in ©iegel barf man am ©abbatf) nid)t bredfjen. „©3 ift nidf)t meine größte ©imbe," fagte fie bumpf, al£ fie e£ bennodfj tfyat.
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Sic lae>. ©r fdjrieb, wie fe'ftr er fie liebe, tote er oftne fie fterben müffe ober Waftnfimtig Werben. „SBerbe (S^riftin, werbe mein Sßeib! Die Sünbe an deinem (hatten ift nicftt fo groft, Wie bie Sünbe an un§ Söeibeit, Wenn Du e£ nidfjt i^uft. Daft Du nticft liebft, weift idj — nun fage ntir nur nocfj Deinen ©ntfdjluft, mit mir gu geften. 5Me§ Übrige ift meine Sorge."
Sie ballte ben 23rief ^ufammen unb fdfjleuberte il)n bon fid) unb l)ob iftn bann bodft wieber auf unb glättete iftn unb la§ iftn wieber. Dann lieft fie bie «gjänbe auf ben Difdj finfen, iljre ginger fcftlangen ftdfj frampfftaft in einanber, bie Dftränen ftrömten iftr wie Söädfje über bie Sßangett, unb fdjlucftjenb ftantmelte fie: „Sflein |jerr unb ©ott, ftilf mir, erleudjte micfj! Saft micfj nid)t werben wie bie ©ftfjer greubentftal, laft midj nid^t enben in Scftmacfj unb SBeracfjtung ! 9Kein $err unb ©ott, berlaft midj nid^t ! 3cf) bin ein e^rticf) Söeib ge^ Wefen bisher, mein 9ftann ift gut, idj fann feine ©fte= bredjerin Werben. $lber idj liebe iftn, icf) fann nicfjt leben of )ne iftn . . . ©r ift ein braber SJiann, aber fogar wenn er fo fcftledjt Wäre, wie jener §ufar, ber bie ©ftljer unglücflidj gemalt fjat . . . 9flein ^err unb mein ©ott! icf) werbe Waftnfinnig, Ijilf mir, f)ilf mir! . .
Unb wie fie alfo auffdjrie au§ ben Diefen iftrer gequälten Seele, fjörte fie nicftt, wie bie Dftüre ge* öffnet würbe unb ein 9ttanne3fdjritt fjinter iljr flattg. Da berührte eine |janb iftre Sdjulter; fie gucfte ent* por — iljr ©atte ftanb bor iljr.
„Sott jutn ©ruft," rief er fröljlidj. „©nblidj bin icf) ba. Der Sturm f>eut 9£acf)t ftat bie Straften . . ."
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(Sr fd) fte an, er ftocfte. „©fjane," fdjjrte er angftüoH auf, „tt)ie 3)u au^fie^ft . . . ©Ijane, wa£ ift ®ir?"
©ie antwortete nidjt. $)a fiel fein 33lid auf ben SBrief. (Sr langte barnacf), fie liejs e§ rufyig ge? fcfjeljen. (Sr la§ bie Überfdjrift nnb würbe toten? bleidj. „5ln £>icf) — nnb fol" darauf überflog er bie erften feilen unb blidte Ijaftig nad) ber Unter? fdjrift. „511)0 3)er!" ntnrmelte er, „$)en Ijätte tdj nidjt oermutet." $)ann la§ er Weiter, ©)ie Gingen brangen faft au£ iljren |jöl)len, bie §anb, bie ben SBrief Ijielt, gitterte, man faf) bem Spanne an, wie fe^r er litt. „2Ba§?" fcf)rie er an einer ©teile auf, mit entfefjter, Reiferer ©timme, „Wa£ — ift ba§ ttwljr?" (Sr fügte nid)t3 !‘ftäl)ere§ f)ingu. ©ie glitt auf ben Söoben nieber nnb umklammerte feine Sfrtiee. ©o la£ er ben 53rief gu (Snbe. $)ann Warf er if)n auf ben £ifdj nnb beugte fidj gn if)r f)inab. ,,©te^ auf," befahl er, „fe£e ®id) !" ©ie gel)orcl)te. „üftur (Sine§/ fpradj er nnb trat oor fie Ijitt, „id) Will nur (Sine* Wiffen. SDer (Sfjrift fd^reibt, ®u liebft if)n audj . . . nicf)t Wat)r, ba lügt er?! (Sljane, ber (Sljrift lügt?!"
©ie fenfte il)r ^aupt tief, tief. „£öte midj," fagte fie leife, aber feft, „töte micf), wenn id) e3 Oer? biene, aber er I)at bie 5BaI)rl)eit gef Trieben."
üftatljan gudte wilb auf. (S§ War eine gräpdfje SSerwüftung in feinen fonft fo ntilben, ruhigen ,3ü9eit‘ „$>ie Söa^r^eit?" gifd)te er. „Unb 2)u bleibft in meinem §anfe, (Sl)ebrecl)erin ?!"
©ie richtete fid) hoc§ auf. ©ie war furchtbar
5?. & SYattjaft, 3«b<« ©am«». S
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blafj, bie Singen bli^ten. „üftatfjait!" rief fie, „ich fcfjmör’ £)ir bei meiner toten Butter, er f)at fjeute gum erften 9ftale meine $anb Berührt!"
(Sr lachte geüenb auf. „Unb menn icf) $)ir glaube., ma§ tljut'ä?! ©ollen mir un§ in 3)id£) teilen, mir ben Körper, ifjm bie (Beete? ! Sft mir nictjt audfj SDeine (Beete angetraut? Unb menn $>u mir nur deinen Körper geben fonnteft, marum nafjntft $)u midfj gum Spanne?"
©ie trat näljer auf iljn gu unb tie§ bie «gjänbe, bie fie beteuernb erhoben §atte, fd^taff ttieberfinfen. (S§ mar etma§ Unf)eimficf)e§ in bem 23licf ityrer Gingen unb unfjeimlicf) Uang e§, al§ fie teife, bumpf, brotjertb fagte: „Sftat^an, fei nicfjt gu ^art. Über meinen Körper fjabe icf) ben SßiEen unb maf)re $)ir $)ein fRed)t ! 5tber über meine (Beete Ijabe idj feine SCRacf)t. SO^ann, reige micfj nidjt gum Üufjerften, id(j leibe ja ofjnefjin entfe^Iidj! SSarum idj bann 3)ein Sßeib ge= morben bin, fragft $)u?! 5tdt) ! Ijabt iljr micf) benn je nadj meinem SSitten gefragt?!"
$)a£ Sßort mufjte iljn f)art getroffen Ijaben, fefjr fjart. (Sr fafj fie an, trat einen (Betritt gurüdf unb oerftummte. ‘Dann mar eine lange ©title gmifdfjen ben Reiben, ©ie mar naef) jenen Porten gebrochen gufammengefunfeit unb barg i^r $aupt in ben Riffen be§ SMjebetteä, er ging Saftig auf unb ab. Dann blieb er pfo^lidj oor ifjr fteljen unb fagte teife: „($ef)' — mir merben morgen barüber fpredfyen!"
©ie manfte au§ bem gimmer.
(Sr üerriegelte bie 5Xt)üre unb begann mieber in
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ber (Stube auf mtb ab gu gefeit, ©ne alte Wienerin tarn unb Hopfte; fie bringe ba§ Üßadjteffen. (Sr tt>ie§ fte ab. Sie ging mnrrenb fort unb er f)örte, mie fie gur $öd)itt fagte: „‘Sag fdjreit ja gu ©ott, mag für eine SBerttnrrung je^t int §aufe ift. ®er $err riegelt fid) in bie 2£ol)nftube ein unb bie grau in bie Sd)laf- ftube. S3eibe mollen nid jtg effen."
Sem Spanne ftieg bie Reifte Ütöte ber Sdjam in bie SBan'gcn. „Sie Sienftleuie merfen eg fdjott," backte er, „halb mirb eg ade 2Selt merfen! 0, nufere alte Sütta fjat 9ted)t, bag fdjreit gu ©ott, mag für eine SBermirrmtg über mein §aug gefommen ift! Unb nur ©ott fann Reifen, nur ©ott allein, xd) meifj feinen 9lugmeg."
©r marf fid) auf bag fHufjebett unb fdjlofj bie klugen unb überbaute, mie SütteS fo gefommen. ©g trieb if)tt auf — er fomtte nidjt rufjen, mäf)renb eg fo milb in ifjm ftürmte. „9ßur ©ott fattn Reifen?" fragte er fid) unb ging mieber unabläfftg auf unb ab in ber einfamen, lidjterfiitlten Stube. „Sag ift ein iljöridjteg SBort gemefen. ©ott !)at nicfjt bie Sßflidjt, immer ein SS unb er für ung gu tfjun. 28ag fann ©ott tl)un? (Sr fattn ifjn fterben taffen ober mid). Sft bag eine £öfung?!"
©r preßte bie glü^enbe (Stirne an bie genfter? fcl^eibert unb ftarrte in bie müfte, reguerifdje 9^ad)t f)inau§. „3d) fjabe ben Sd)a| befeffen," fagte er teife, „id> fj abe ifjn befeffen unb nid)t geahnt, baft eg ein Sd)a| ift, big ein Zuberer gefommen ift, ber fid) beffer barauf üerftanb. SJiir — mir ift öielleidjt dtedjt gefc^e^en . .
„Sftedjt?" fc^rie er bann milb auf. „9?ein, nein!
Sft fte ntcf)t mein 3Betb? $at fie mir nicfjt %x tut gelobt? 9Mn — mein ift fie, mein (Eigentum. Unb mer fie mir ftieljlt, ift ein feiger $)ieb! . . .
„(Sin feiger $>ieb — er! (Sr ift fonft ein fo braoer 9Kamt, mader unb tüchtig. 3l)nt fann id) faum etmaä ©cf)led)te§ gumuten. $llfo it)r, nur ifyr. (Sie ift bie greolerin. 5lber mar fie benn mirftid) mein, mein (Sigentum?! 3fi benn ein Vkib eine Sac^e, bie man befi|t mie einen Sd)mud ober ein §au3? |jat fie nidjt einen freien Sßillen? Unb Ijaben mir fie bemtbama(3 nadj iljrem VMen gefragt?
„SDantalä ift ein Verbrechen begangen morben/ fdjrie er plö^lid) mieber auf. „2£a§ je(jt gefdjieljt, ift nur bie geredete Vergeltung für jene§ Verbrechen. Sch habe bamatä feine Schulb gehabt. (Sie audj nicht. Unb bann f)aben mir rein unb ftedeuloä meiter gelebt burdj lange Saf)re. 9^mt ift bemtocf) bie Sdjanbe über un§ gefommeit, bie Vergeltung für ben greöel. 2Ber nimmt bie Sühne auf ftd)?"
(Sr trat an ben $ifd£). „$amt ich mid) öon ihr fcfieiben taffen? 5Q?ein §erg mirb mir feljr me^e t^nn — aber idj frage nicht nach meinem bergen. 3ch frage nicht nach mir; aber barf id) ba§ @ott antf)un unb bem ©efe^e? ! £)arf ich ein jübifd) $inb, barf id) mein Sßeib entlaffen au§ meinem §aufe, bah fte fyiitgelje unb bie Vul)lerin be§ (Sljriften merbe ober fetbft eine (Sljriftin? $)arf id) e§ £ulaffen, baf) fo Sd)anbe fomme auf unferen tarnen, auf ben tarnen unfereä (Sottet? ..." (Sr richtete fid) f)ocf> auf unb ftredte bie $änbe mie fd)mörettb gegen ben «gjintmel: „Unb menn mir unb ihr ba£ |jerg
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kriegt — auf deinen tarnen foß feine 6cf>aube fornmen, auf teilten bauten nicf)t, mein fjerr uub ($ott/
$)a lief er plö^lid) bie fjanb jälj nieberftnfeu uub f)ielt iuue. „Sft nidfjt fdjon 0d)anbe auf deinen tarnen gefommen?" gifcfjte er leife. „§at fie nid^t bie |jänbe über tiefe Siebter meinet fjaufes? geftreeft uub gu $>ir gefleht, mit bem 23ilbe be§ (Sänften im bergen? 3ft ba£ nidfjt and) ein entf etlicher greüel? Uub faun e£ SDein 2$iße fein, baf foldjer greöet nod) länger ttäljre, nufer gan3e§ £ebeu laug? Sannft $)u ba3 ttmßen, mein fjerr unb (55ott? !"
2)auu faftc er fein fjaupt in bie $änbe uub äd)5te tief auf. ,,8df) fiube feinen $lu§tt)eg," ftöfjnte er. „|jilf 2)u mir, mein Sott! ®u Ijaft un£ deinen Eitlen fitttb getrau burd) 3)eine ^riefter unb SSeifen. 3d; miß ba§ @efe£ befragen."
(Sr fd^ritt auf ben Söitdjerfdjrauf 31t, öffnete ifjn uub 30g einen ber mächtigen Folianten Ijeraus?. hinter biefem fjer foßerte ein Heiner, biinneä Söüdjleüt 31U' (Srbe. (Sr artete nidfjt barauf, er trug ben golianteu 3um £ifd)e, fdfjlug ifjn auf unb begann barin 3U tefen.
(Sr la3 feljr lange an ben oerfdjiebeuen 0teßen. 2)anu fdjütielte er ba§ fjaupt uub fdfjlug ba§ 23ud) I;eftig 31t unb ftanb auf. (Sr legte bie gehaßte gauft auf ben 2)edel. „$)a§ ®efe| reidjt uicf)t au£," fagte er fittffer, „ba£ ©efefj toeif nicf)tö Don meinem gaße. ,0ie foß gefteinigt merben/ fagt ba3 ältere ($efe£, uub ba» ©efe£ ber Salntobim fagt: ,£ötct fie, ioenu 3fjr e£ fönnt, nadj ben (S5efe^en bc£ £aube», in bem 8l)r lebt Sännt 8l)r e& nidfjt, }o foß fie oerftofen
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fern cm§ bem $aufe i^re^ (Ratten unb Ijeimf errett tu ba§ |jau£ ifjreä $8ater£, unb biefer foIX fie flrafett unb gültigen, mi e iljm beliebt. ©ie fofl efjrloä fein unb redjtlo§, auggefdjloffen tum atleni (Srbe unb allen 2ßof)ltfjaten ber SBermanbtfdjaft. S^r Spante foXC nid6)t genannt merben.' $)a§ ©efe£ pa^t nicf)t !" mieber= Ijolte er. ,,©ie Ijat nicljt gemein gefreöelt, fie Ijat mir mein fRedjt gemährt, fo rneit e£ in iljrer ®raft ftanb. Sljr Körper mar mein — fie Ijat i^n mir rein erhalten. Sljr |jerg — id) l)abe ifjr §erg nie begehrt. 3>a£ ®efe£ pafjt nid)t. Sßer aber meifet mir ein t)öljere§ ©efefc?!"
(Sr feufgte tief auf unb fdjob ben Folianten mieber an feine ©teile. $ll§ er bie £§üre feinet 33üdjers faften§ fdjließen wollte, fonnte er e§ nicf)t — ein 23üd)= lein Ijatte fidj bagmifdjen geflemmt. (Sr bücfte fidj unb Ijob e§ auf. (S§ berührte iljn'feltfam, al§ er jene§ beutfdje Söüdjlein miebererfamtte, in bem er al§ 3üng? ling fo oft unb fo Diel §eim lief) gelefen. Senes? 23üdjs lein, ba§ er nie gang oerftanben, unb nädj bem er bodj immer mieber gerne gegriffen, meil fidj iljm im Sefen fo feltfam ba§ §erg bemegte. $)a£ 23üdjlein mit ben ©ebidjten be£ griebrid) ©djiüer, ba§ er nun feit langen, langen Sauren nidjt meljr angefeljen, unb ba£ iljm gerabe jefct mieber in bie «£jattb fiel in biefer brangoollen, bunflen ©tunbe . . .
(Sr fefcte fidj an ben Xifdj, fd^Iug e£ auf unb ht- gann gu lefen. ©eine Sugettb ging iljm babei mieber auf unb er erinnerte fidj, tt>ie er biefe ©teile bei ben großen (Sidjen gelefen, unb jene . fjeimlidj im Heller, Wäljrenb er bie Arbeiter be§ $8ater3 beauffidjtigte*
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2>ann aber warb ifjrn ber Snljalt be§ SBüdjteinS fetbft lieber lebenbig unb — feit) am! er Ijatte feitbem nidjt§ Reue§ gelernt, Ijödjften§ bie ÜBeinarten, unb bennod) oerftanb er jetjt weit ntefjr non biefen ©ebic!)ten, al§ bamat§. Unb Wa£ er oerftanb, ba§ ergriff iljn tief, Weil e£ fo gang anber§ war, al§ ba§, Wa§ er fonft l)örte unb la§ unb ba<f)te, fo gang anber§. £>b beffer, ob fdjlimmer, er grübelte nidjt barüber, aber ba fidj fein $erg Wieber leife bewegte unb ber Krampf fidj löfte, in beut e§ gelegen, fo modjte e§ gewifj nidjt§ ©dfjlimmeä fein . . .
©r erfyob fid) unb ging auf unb ab in ber fab* bat!)Iidjen (Stube unb fpracl) flüfternb bie SBorte be£ 23udje£ oor fid) f)in. ©§ War fefjr ftiU um iljn, uur bie oieleit bergen fnifterten leife uub guweilen fdfjlug ein oereingelter Regentropfen an bie genfter . . .
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S)ie tauge, lange §erbftnad£)t ging gu ©nbe. £)er Regen Ijatte aufgeljört, bie testen üBolfen trieben nodj, oom 28inbe gerriffen, am mattgrauen |jimmel baljin. £>a£ Morgenrot glomm in Dften auf unb warf feinen üer^ ftärenben (Schimmer über bie traurige, Ijerbftlidje ©bene.
2tudj in bie Söofjnftube be§ Rattan ©itberftein brang ba£ Morgenrot. ©3 fanb iljn nocf) wadjenb. 5lber er ging nidjt rneljr urntjer, er ftüfterte nid)t rneljr, ftumm unb ftiU ftanb er am $enfter/ ba§ 5lntti| gegen Dften gewenbet. Unb ba§ Morgenrot fpiette um bie§
blaffe, überwachte 2lntli£, ba§ nun Wieber rnfjig, milb
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unb flar War. ©£ War bie RUtbe unb Margit eine§ fefteu, guten ©ntfdjtuffe§. $)a er fein §aupt immer
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gegen Offen gemanbt hielt unb bie klugen mie oerflftrt blicften, fo mußte er mohl beten. $lber nid)t mit ben Sippen. (Sr mochte lange fo geftanben fein, ftunbenlang. (Sr fjatte mohl oiet auf bem ßergen, ma£ er oor ($ott auSfprad) in jener ftiden ülftorgenftunbe.
2) a ermatten bie übrigen SBemohner be£ §aufe£. Unter ben Wienern unb 2D?ägben erhob fid) ein gliiftern — fie mußten, baß etmaS öorgegangen mar in biefer üftacht, menn fie auch mtflar maren, maS eS gemefen. £)ann fam (Sßane auS ber ©cßlafftube, bleicß, mit Übermächten, Oom Sßeinen geröteten klugen. ©ie ging gefenften §aupte§ an 9^atßan üorüber.
(Sr fprad) fie an. „(Sßane," fagte er milb unb rußig, ,,id) ßabe meiueu (Sntfcßluß gefaßt. 3cß ßoffe, er mirb gurn ®uten fein für “£)ich unb — unb für ißn! Unb ma§ mich anbelangt, nufer ®ott ift ein barmßergiger (55ott, er mirb mid) nicht oerlaffen."
3) aS Seßte fagte er feßr leife, fie fonnte e§ faurn oerfteßen. (Sine ^urpurröte fcßoß ißr in£ 5lntli§, aber fie ermiberte nid)t§. $)ann ging fie ßinau3 unb nach einer Sßeile brachte fie ißm ba£ grüßmahl.
Unb bann manbelteu fie 23eibe miteinanber in bie SBetfcßul', unb mer fie fo gehen faß, fonnte nicht ahnen, ma§ in ißnen üorging. (S§ ha^en vielleicht nod) nie gmei 9ttenfcßen fo innig gu <35ott gebetet, mie an jenem ©abbatl)öormittag Nathan unb fein Söeib. Shre ©eelen lagen im ©taube unb flehten um ©tärfung unb (Srljebung.
„(gottlob — e£ ift nichts," fagte bie alte Sütta gu ben anberen 9ttägben, als bie (Sl)eleute f° frieblidj aus ber ©cßul; heimfamen unb baS ^DUttageffen ge*
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meinfdjaftlid) entnahmen. 2lber nad) bem ©ffen fagte Sftatfjan gu (Sf)ane: „28a§ oollbradjt derben muf, ttrirb am beften fdjnett ooßbradjt. 8ei guten äftuteS, idj toerbe gu itjrn gelten unb mit it)m fpredtjen. Sn einer ©tunbe Ijaft $)u Haren 23efdjeib."
&ann ging er in ba£ erfte ©todmerf, in bie 2BoIjnung be§ Segirföridjterä. §err non 5Regm§3 fafc gerabe an feinem ©djreibtifcf) nnb mürbe feljr btajj, al§ er ben ©atten be§ geliebten 28eibe£ eintreten fal). ©r fürstete mot)I eine peinliche 8cene. 5tber IRatfjan blieb rufjig nnb nad) fjöftidjem ©ruj^e fagte er: „§err ^BegirfSric^ter, 8ie miffen, marurn id) -$u S^neit fornrne, benn @ie finb btafj geworben. ©ie tjaben meinem 28eibe biefen S5rtef f)ier gefdjriebem darauf rnödjte icf) S^nen bie Antwort geben. 23orf)er aber nur nodj eine grage: 28arum fjabett ©ie e§ getfjan? ©tefjt ba£ ©ebot: ,23egetjre nid)t S)eine3 S^äd^ften «£jau§frau‘ nidjt aud£) für ©ie gefdjrieben?"
£>er 33e§irf§rid)ter faty ifjrn ruf)ig in£ 2(uge. „Sn!" erwiberte er, „e§ ift eine ©ünbe. SIber id) liebe Stjre grau. $)a£ ift 2Ide£. 9)?ef)r Weij3 idj nidjt gnr ©ntfdjutbigung."
üftatfjan nidte. „©3 freut rnid), bafj ©ie mir fo offen antworten. SDie Antwort ift and) gan$ genügenb nnb idj weift nichts bagegen einguwenben. Unb nun Will id) Sftnen aucft ben 23ef cfteib auf S^ren 23rief geben, äftein 2Beib liebt audjj ©ie. $>arum !ann fie nidjt meftr mein 2Beib bleiben unb icft werbe bie ©djeibung berantaffen. ©ie wirb frei werben. 28 a£ aber bannA §err 23e§irf£rid)ter?"
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„$>amt fjeirate id) fie," jubelte biefer auf.
9£atl)an falj iljm ruljig uub fd^arf m% $uge. „®ut!" fagte er. ,,3d£) gmeifle nidjt, baf$ 0ie ba§ tooUen. $)enn 0ie fiub eiu braoer Sftann. $lber 0ie finb Beamter, (Sf)rift, öon 2tbel. 0ie ift ein Suben* toeib. 0ie fiub gebitbet, (Sljane nid)t. 2ludj Ijaben 0ie 9tüdfid)ten gu nehmen. SBielleidjt laffeu 0ie fid) burd) bie Sftüdfidjten beftimmen unb ftürgen ba§ SSeib nur in 0djmadj unb Uuglüd. 3)em mufj idj borbeugen, bemt (£l)ane mar mein SBeib, unb in bem Stugenblide, mo bie 0ac£)e mit 3§nen offenfunbig mirb, mirb fid^ \t)x $8ater unb bie gange ©emeinbe bon ifjr menben unb fie mirb gang berlaffen fein. Unb bann muft id) midj ber (Sfyane annel)men, meil idj — bodj ba§ gefjt 0ie nidjt§ an. SDarurn fage idfj SIjnen @ine§, furg, flar: heiraten 0ie bie (Sf)ane nid^t, fo töte id) 0ie, fo mafjr mir ($oit ^ elf e ! 0ie finb ber^jerr 23egirf§rid)ter, id) bin nur ein Sube. 0ie Ijaben f)unbertfad£)e Mittel, midj oljnmädjtig gu inanen. $lber mein SSort merb’ idj bennoctj galten!"
$)er 23egirf§ridjter mar bleidj gemorben unb er= Ijob mie beteuernb bie §anb. 5lber üftatljan fiel iljm fdjarf in§ 2Bort: „0djmöreit 0ie nidjt! Ratten 0ie 8f)r SSort, bamit id) ba§ meine nidt)t gu Ratten braune. Sn ben nädfyften Sagen ift bie 0djeibmtg. 2Bünfcl)en 0ie, bajj (Sljane länger in meinem §aufe bleibt, fo fjabe id) für einige Söodjen nidjt§ bagegen. $lber nodj eins mal! Sft bie ßljane nid)t in gmei Monaten Sfyr Sßeib, fo finb 0ie ein toter Ülftann. £eben 0ie mof)l!"
Sann ging er l)eim unb fagte gu feinem SBeibe:
„2Bir Werben morgen oor ben fftabbi geilen unb er^ flären. Wir fjätten eine unbefiegbare Abneigung gegen einanber. ©a§ ift ber einzige ®runb, auf ben Ijin er un§ gleich fd^eiben muf$. ©er Efjrift f)at oerfprodjen, bajj er ©id) heiratet. $ätte er eS früher nidjt ernft gemeint, je|t wirb er'£ ttjun . . ."
„SRat^an !" rief fie unb glitt gu feinen güfjen nieber unb bebecfte feine $anb mit Hüffen unb ©frönen. „Üftattjan! 28a§ bift ©u für ein guter SCtfenfdj!"
„üftein!" fagte er.. „(S§ ift feine befonbere ®üte babei, e§ ift nur ^ßffidjt. Sdj fitfjne eine ©djulb, bie freitidj nidjt bie meine" ift. ©ie tjaben mZ gufammen' gegeben unb nidjt gefragt, ob wir einanber mögen. ©a§ war eine ©ünbe unb fie fjat fidj geräcfjt. ©enn xd) liebe ©id), Wenn idj t§> aud) erft feit geftero er^ fannt §abe, ©u aber liebft midjt nidjt, fonbern einen Hnbent. ©oft id) ©idj oon biefem ©einem ($Iüde feraljalten? (S§ Ijat ja jeber 9ftenfdj ein $fted)t barauf, gtiidtid) gu fein, ©a füfjne id) je^t lieber ben alten, ben erften greoef. ©o fte^t bie ©adje — ©u fiefjft, e§ ift gar feine @üte Oon mir. üftur (Sin§ bebrüdt meine ©eele: ©u fädft oon unferem stauben ab unb idj fjelfe bagu. $fber id) Ijabe @ott fo feljr um $ers geiljuug bafür angeffefjt, bafj idj Ijoffe, er wirb mir oergeben. (Sr fief)t mein |jerg, er weifj ja: id) fann nidjt anberä ..."
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(S§ bleibt Wenig mefjr gu berieten übrig.
Sftad) einigen ©agen fjatte Sftattjan bie ©Reibung burdjgefe^t unb wenige SSocbeu barauf warb (Sfjaue
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bie ©attin be* Begirf»richier§. Seit 3afjr unb (lag hatte fein Ereignis fo ungeheure^ Sluffehen im Sattbe gemalt, wie biefe§. Ungäblige Berwünf jungen, D^eib unb ÜÜftfjgunft folgten bem ißaare, unb felbft bie $£o\)b mollenben fdjüttelten ba§ fjaupt über ben feltfamen Bunb.
3§r roiBt, ba| ficf) bie glücke al3 macf)tlo» ers toiefen haben, unb bie Befürchtungen al§ unbegrünbet. 3^t wißt, baß (Statte, baß grau d^riftine öon ![ftegru»g a£§ glücfliche ©attin unb Butter in bemfelben §aufe wohnt, oor beffen Schwelle öftrer greubenihal fterben muffte, weil fie einen Sänften geliebt. diesmal hQt fich bie Siebe ftärfer erwiefen, al£ ber ©laube. (Sie hat fich nahezu wunberthaiig erwiefen. $enn fie h^t nicht nur alle §inbemtffe meggeräumt, fonbent tro£ aller wibrigen Berhältniffe, tro£ ber Berfdftebenheit ber ©begatten ben Bunb ber neuen ©he fchön, frieb^ lieh unb ftarf gemacht. ©3 mar eben bie echte Siebe, unb biefe ift ja auch wunberthätig unb allmächtig, wie ©ott, ber auserwählte fjjergen burch fie begnabet.
üftur ein (Schatten trübt ®htiftinen§ ©lücf. ©3 ift bie£ nicht ber Umftanb, bajj grau ©milie fie faum be£ ©ruf$e§ würbigt unb baft bie brei (Xöchter be£ SteueramtSüorfteher», bie im Saufe ber geit gang alt unb gang grün geworben finb, ihr bei gufälligen Bes gegnungen ben SRücfen lehren, ©s ift auch tticht ba£ freche, üertraulicfje Sächeln, mit bem ihr |jerr oon BolwinSfi bei jeber Begegnung guflüftert: „Sch ha^ hoch guerft bemerft, h°h°^° */7 ^ ift ein wirtlicher
Schatten in ihrem lichten Seben. 3)a3 ift ber ©roll ihre» BaterS, ber wohl ent enbeu wirb, wenn ber
alte, einfame, »erbitterte SJcattn bie Slügen güm eiotgeit @cf)lumnter f stiegt.
Statljan Ijat fid) bemüht, if)r and) biefeu Kummer oom bergen gu nehmen, aber e§ ift if)m rtid)t ges lungen. (Sr giebt freilid) bie Hoffnung nicf)t auf uttb befud)t ben alten Sftamt jebe§ma(, fo oft er nadj SBarnoto gurüdfeljrt. (S3 gefd)ieljt nur toenige SDtalc im 3af)re unb immer auf furge geit. Sa3 (5>efcb)äft im @täbtd)en füt)rt ein SBetter für ifyn, er fetbft ift faft immer auf Steifen, bie ifjn fel)r toeit fiteren, bi£ nadj Stalien unb in ba3 füblidje granfretdj. (Sr ift fein Heiner Kaufmann me^r, fonbern ber erfte SSeim grofjfjänbler be£ Saitbe§.
(Sr ift unüermäljlt geblieben. (Sinntal f)ie^ e§, er fjabe ficfj mit einem fdjönen, reidjen SDtäbdjen auä (Sgernotoil oerlobt. Slber e§ ift nidjt§ barauä ge* morben. Sßarunt? Sa§ toeijj nur eine 6eele auf ber 2Mt, grau (Sfyriftine.
(S§ ioar ba§ eingige SDZal, too fie mit einanber gefprodjen, feit fie au§ feinem ^aufe gegangen. Senn mit bem SBegirfäridjter fpridjt Statljan Ijäufig unb un¬ befangen, unb bie beiben 93übdfjen finb in ben Sagen, too er gu |jaufe ift, faft meljr im Saben, al3 oben bei ber SDtutter, aber mit (Sfjriftüten Ijat er jebe£ SSieberfeljen oermieben. Stur einmal, gufällig, al§ eben jene£ ©erüdjt unter ben Seuten toar, fügte fidj eine Begegnung. Sie beiben Knaben fafjen bei Station auf ber ^olgbanf im |jau3flur unb freuten fid) ber fdjönen ©efdjenfe, bie er iljncn mitgebracljt Ijatte. 60 blieben fie lange au$ unb bie Butter fam felbft fjerab, fie m
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ljolett. 0ie liefen ifyr jubelnb entgegen, geigten ifjr bie 0ad)en nnb führten fie gu bern Kaufmann.
0o ftanben fidj bie beiben 9ftenfd£)en ttadj langer Seit lieber gegenüber. „Sdf) baute 8l)nen, Qtxx 0iU berftein/ begann fie gögernb, aber bann öerbefferte fie fidj fogleid^ nnb ttueb erfjolte: „3dj baute ^ir, Sftatljan — tt>ie gnt gu ben $inbent bift!"
„(§;£finb fo liebe Shtabeit," ertoiberte er geprefjt. „(§:£ freut midj feljr, feljr, bajj e§ $)ir fo gut gelji, Statte."
„3a," ertoiberte fie, „idj bin fel)r glüdlid). Unb . . . $)u?"
„3dj banfe," fagte er, „bie ©efdjäfte gelten gut."
„Unb bann," meinte fie, „Ijabe idj neulich nodj eüoaä gehört, toa§ mid) feljr gefreut Ijat — üon ßgentottnp."
„0, bamit ift e£ nidjtä," ioeljrte er ab.
„SSarum?" fragte fie. „(£§ fod ein fdjöne$, braöe£ 9J?äbdjen fein."
(Sr faf) fie an, bann fdjlug er ben 53lid gu $8oben nnb eine Ijolje fHöte überflammte fein männlidjeä 5lntli£. „3dj l)abe e§ bodj nidjt über§ |jerg bringen tonnen," fagte er leife.
5ludj feitbem finb toieber Saljre oerfloffen unb üftatfjan ift nun ber reid)fte 9flann ber ($egenb. 51 He SSelt ttmnbert fidj, toarum er fo ruf)elo£ arbeitet, er, ber bodj für 9Uemanb gu forgen Ijat. 5lber üftatfjan pflegt auf folctje fragen gu emibera, er toiffe fctjou, für toen er arbeite . . .
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Jroet (R^fter.
v
f)Mer iemaI§ ^artl0^ Qctüefen ift, ber !)at geioif3 ö v&f auch bie alte grau |janna, be§ SSorfteljerä SKutter, femten gelernt unt) ficfj ehrlich gefreut an ihrer feinfühligen, gmnbgütigen Slrt, nnb tner rtic^t bort mar, bem ift faum eine SSorfteßnng baöon gu geben, mie lieb nnb fing biefe (55reifirt mar. „fabele" (©rofjmütterdhen) nannten fie alle Sente be§ ©täbtdhen§, nicht blojs ihre eigenen ©nfelfinber, nnb mit gutem ©runbe, bemt fie ftanb Sillen bei mit fRat nnb %hat, uitermüblidh ihr gange§, langet, gefegneteä Seben hinburch, nnb auch 3ene, bie meber ihr (55elb, noch ihren 93eirat brandeten, fnchten fie gerne auf, um fich eine leere ©tunbe mit einer h^Wen ©ef deichte au§füKen gu laffen. ©ie mar al§ ©rgählerin ebenfo gefehlt nnb geliebt, mie al§ Helferin, nnb mer an einem ©abbath Nachmittage im ©ommer, gegen bie britte ©tnnbe, an ber alten ©httagoge, ber „Snbenburg" oorüberging, fonnte mit eigenen Singen feljen, mie Spiele ihr gerne lanfdfjten, nnb gugleich mit eigenen 0hren vernehmen, mie fehr fie bie§ Oerbiente, $)a fa§ bie ©reifin auf bem £repp^ djeit im ©chatten nnb um fie her mohl an bie fünfzig
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®ämter unb grauen, btcf)t gefd£)art unb tautlo£, um fein 28ort an£ biefem SKunbe gu oerlieren. 28a§ fie ergählte, ift balb gefagt: (55efc^icf)ten au§ bem Seben ber ©emeinbe, bie fie gehört ober mit angefefjen; mie fie ergäf)tte, märe faum gu fcfjübem. 2Benn ich e3 bennocfj unternehme, ihr eine biefer ©ef dachten nach- guergählen, fo höbe ich nur eine Ermutigung für bie§ SBagniä: e§ ift jene ©efd£)ichte, bie fie am häufigften gu berichten pflegte unb ich felbft ha&e fie oft genug mit angehört, um fie, fo meit bie£ eben in hodhbeutfdhen SBorten möglich ift, treulidh miebergeben gu fönnen, mic ich fie üernommeit höbe.
„28er ift gro{3," begann grau ßanna, „unb mer ift Hein? 28er ift mächtig unb mer ift fcfjmach? Unfere armen furgfichtigen Sftenfchenaugett fönnen ba§ fetten richtig entfcfjeiben! Un§ ift ber Reiche unb ©tarfe mächtig unb grofi, ber 2frme unb hinfällige f darnach unb ftein. 2tber in 28ahrheit ift e§ anberä, nicht ber Reichtum entf Reibet, nicht bie Straft in ben Ernten, fonbem ber ftarfe 28ille nnb ba§ gnte herg. Unb gu= meiten, 3hr £eute, gumeilen lägt ttn3 ©ott bie£ beut* lieh erf ernten unb mir 23arnomer miffen etma§ baoon gu ergähten! 3mei Sttale ift unfere ©emeinbe in Sftot unb Sammer gemefen, in 23ebrängni§ unb £obe§gefahr, unb gmei SD^ate finb fetter unter un£ erftanben nnb haben bie 9^ot abgemehrt unb ben Sommerfcfjrei in $>anfgebet gemanbett. Unb mer moren biefe fetter? Etma bie ©tärfften unb 9teicf)ften unter utt£?! höret, ma§ id) ergäbe, genau fo, mie e§ gefd^eheit ift.
28emt 3hr über ben 9ttarftptah geht, fo feht 3hr/
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gerabe bor bem SHofter ber $)ominifaner, einen bicfen, großen |>oIgbfocf au§ bem 23oben emportagen. (Sr ift morfdj unb bermittert, unb fängft ^ätte man ifjn meg* gerafft, memt er nicfjt eine Erinnerung märe an eine furchtbar brangboffe $eit. miftt nicf)t§ bon biefer alten ftät — freut Eudfy biefe§ ©fücfe§! gef) mifl e§ Eudfj nid^t nehmen; ma§ icij ergäben miß, ift eine fcfjöne £f)at au§ jener Ijäfjfidjen 3e^* ^^efer £f)at tnoget gf)r Eudfj freuen, benn fie mar eine ßefbentfjat, fo fjeH, fo ftofg, fo grofj, mie nur jemals eine auf Erben boübrad)t morben ift. Ein einfach jübifcfj Sßeib f)at fie bodbradjt; ber SDrang ber f)at tf)r meicf)e§ |jerg geftäfjlt unb fie gu einer |jefbin gemalt. £ea Ijiejj fie unb mar bie ©attin be§ reichen, frommen ©arnuef — ba§ @efcf)fedjt ift fpäter, al§ bie faifers licfje |)errfd£)aft in§ Sanb fam unb beutfcije tarnen für unfere gamifien feftgefefct mürben, SSeermamt ge¬ nannt morben. £)emt gur geit, Wo biefe ©efcfjicfjte ftcfj begeben f)at, ba Ratten mir nocfj feine folgen tarnen. 3)a3 mar bor rnefjr af§ f)unbert Saften unb mir lebten unter bem pofnifdjen $fbfer.
D ba§ mar ein grimmiger Sftaubbogef, biefer ein* föpftge met^e $fbfer! nocf) fein ©efieber unberfefjrt mar xmb fein 5luge Har unb feine gange feft unb fdjarf, ba mar er ein ebfe§, ftofgeä Xier, ba§ fdf)arf um ficf) f)ieb unb großmütig 2H(e£ fdfjüfcte, ma§ unter feine gfügef ffüdfjtete. $fudfj mir mof)nten ba burdj fange brei gaf)rf)unberte in £icf jt unb greiljeit. 5fber af§ ber 2fbfer aft unb fcfjmadf) mürbe unb bie anberen Sfaubbögel ringsum if)m eine gebet nadf) ber anbent
ß. ®. $r anjo?, Sitben bon 58cmtoit>. 7
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au§rupften, ba mürbe er feig, fyeimtücfift unb f^tedjt, unb meil er fid^ rtid^t traute, ben ©d)nabet gegen bie Dränger gu gebrauten, fo Ijieb er auf bie meljrtofen Suben Io£. £>er Könige 9ttac£)t marb gurn ®inbers fpott unb mit it)r bie greif)eit§briefe, bie fie un§ ge? geben Ratten. ®ie Hbeligen mürben unfere Herren unb quälten un§ unb fdjalteten unb matteten über unferem ©ut unb ßeben, mie e§ il)nen beliebte. 0, e£ mar eine unfagbare SSebrücfung!
Unfer ©täbtcljen gehörte fcfjon bamal§ bem abe* ligen ©efcf)l ecf)te ber 23ortqn§fi, benen fpäter ber gute •$aifer 3ofepf) ben ©rafentitel gefcfjenft Ijat. 3n jenem Safjre f)atte gerabe,|jber junge Sofepl) 23orÜ)n£fi ba£ 23efi|tum angetreten, ein ftiller, frommer, bemütiger SCftenfcf); er mar in einem Älofter ergogen morben. ©eine 5lrt mar nidjt, mie bie ber anberen jungen §erren, er Ijaflte ben Sßein, bie harten unb bie SSeiber, ftanb fetbft ber Sßirtfd)aft Oor unb betete täglidj üier ©tunben. liegen feine Untertanen mar er gerecht unb liebreidj. 2Bir freilief) betamen menig baüon gu fpitren, gegen un§ mar er Ijart unb graufam. Unb felbft mentt fid(j fein |)erg regen moüte, fo muffte bie§ fein ©rgieljer gu üerl)inbem, ber jept fein ©ttoPaptan mar unb großen ©inftujj auf if)n Ijatte. ©ein Sftarne ift nicf)t auf un§ gefommen, man pflegte if)n immer nur ben „fdjmargen |jerm" gu nennen.
SSir Suben gelten un§ bamatg fef)r ängftlidj ge^ buett, unb fetbft bie 23öfen unter m§> güteten fit öor jebern Unredjt. „Sljr Ijabt mir meinen ©ott gefreugigt," Ijatte Ja ber ©raf gu ©amuet gefagt unb gümenb §ins
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gugefügt: „Sßetje (Sud£), memt icf) einen greöel unter (Sudj entbecfc, id) laffe (£uer 9^eft entbrennen, mie e§ cinft (Suer ®ott mit ©oborn unb ©ontorrfja gett^an fjat," — ba fönnt 3f)r benfen, mie un§ gu Sftute mar.
@o tarn ber grüfjling be§ ßai)te§ 1773 fjeran. Sa§ Dfterfeft ftanb öor ber Sfjür, unb e£ ging ba§ ($erüc£)t, bie ^aiferin in Söien moEe ben ^ßolen aEe§ Gebiet megnefjrnen unb ihre ©epreiber baritber fe^en. $lber vorläufig mar nicf)t§ baüon gu fel)en.
Sn bemfelben alten §aufe, ba§ noch) fjeute am 9ffarftpla| fteljt, im „Selben §aufe," mo^nte bamafö ber SSorftefier ©amuel unb fein Sßeib £ea. ©ie maren S3eibe feljr geachtet in ber ($emeinbe, ber 9Kann megen feinet EMcf)tum§, feiner SHugljeit unb grömmigf eit, unb fein junget fct)öne§ Söeib megen ifjrer SDftlbe unb 2So^ltl)ätigfeit. ©ie maren gerabe gur Dftergeit in fernerer Betrübnis: il)r einziges $inb, ein ^näblein öon anbertljalb Sauren, mar menige Sage öorfjer plö^ lidj geftorben, unb bie Eltern fonnten ben ©cpmerg faum überminben. ©o faf^en fie audj eine§ ©onntag§, be£ 2lbenb§ fpät, in ftumnter Srauer neben einanber. 5lm nädf)ften 5lbenb foEte ba§ Dfterfeft beginnen, e£ mar ben gangen Sag über im |jaufe gereinigt unb ge= fdEjeuert morben, unb bie grau füllte fidt) fef)r mübe. Sa fdfyrecfte fie plötEidj ein ^ßoefjen am |jau§tf)or empor, ©amuel ging gum genfter, öffnete unb bliefte f)inau£. SSor bem S^ore ftanb mit einem 23ünbet auf bem SRücfen ein alte§ 23auernmeib, ba§ fläglidj mbm merte unb ftö^nte unb um Güinlafc bat. ©ie fei gu fdfymadj, um f)eute nodfj in k)x Sorf Ijeimgufefjren,
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flagte fie, unb bitte baf)er um ein 9£acf)tlager. /;§ier ift fein SßirtSfjauS," erlüiberte tyx (Samuel furg unb fc^tug baS genfter gu. — „WaS arme Söeib," meinte £ea, „fallen mir fie non unferer Sdjmede meifen?" — „(SS ift eine böfe Qät," ermiberte Samuel, „icf) mag feine grembe in meinem £jaufe bulben!" — „5lber fie ift ja franf unb fdjmacf)/' bat £ea, unb ba baS SSeib braunen nocf) immer flehte unb ftöfjnte, midfafjrte er if)r unb liej3 eS ein. Wa bie Wienerinnen bereits fdjliefen, geleitete £ea felbft ben fpäten (55aft in eine Söobenfammer, brachte audj Speife unb Wranf Ijerbei unb entfernte ficf) mit freunblidjem (SJrufje.
5dn näcf)ften borgen üerabfdjiebete fid) baS frembe Sßeib fc^on fef)r frü§ unter taufenb Wanfs unb Segens? morten. £ea fjatte ben Wag über feljr üiel für ben geiertag gu rüften, unb erft am fpäten Sftacfjmittag fam fie bagu, in jener Söobenfammer nad)gufef)en, benn üor beginn beS gefteS modte bie «^auSfrau in allen Räumen Umfdjait galten, ob fiel) nid)t irgenbmo nodl) gefäuerteS 23rot üorfinbe. Sn ber Kammer mar 51 deS in Drbnung, nur bie £uft mar üon einem fef)r mib? rigen ®erucf) erfüdt. (Sr üerlor fidf) nicfyt, audf) als £ea baS genfter öffnete, Sie fonnte nicf)t entbeden, mofjer ber abfdjeuticf)e (55erudf) fam, fie forfc^te in aden (Sden unb fab) enblicf) unter ber SSettftatt nacfj. Wa gerann if)r baS SBlut, ifjr §aar fträubte fidfj üor (Snt? fe^en. Unter ber SBettftatt lag ber nadte, abgegefjrte Seidfynam eines $inbeS, mit breiten SSunben an §atS unb Sruft. dftit 53li^eSfc^nede burd)fcf)aute baS Söeib ben greoel unb fämpfte mit aden Seelenfräften gegen
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bie Ohnmacht $>ie grembe Ijatte ben Seichnam in§ gefchleppt, bamit man ba§ alte furchtbare Sttärs c£jen, bie Suben fdjlachteten (Shriftenlinber gu bem Dfterfefte, lieber einmal glaubhaft machen uub grau^ * fam rächen fönne. SD^it Vli^eäfchnelle erfannte fie auch bie furchtbaren folgen, fie gebadete ber Sßorte, bie ber ©raf gu ihrem Staune gefprodhen. Za% arme SSeib brach faft gufammen unter ber 3Sucf)t biefer ent f etlichen ©ebaitfen. Sich, fie, fie allein hatte ben Kammer, bie Verfolgung unb ben Zo b über ihr §au3, über bie gange ©enteinbe heraufbefchWoren, benn fie War ja bie Urfache, bafj }ene§ Sßeib eingelaffen Wor? ben. Unb Wäljrenb fie fo in £obe§ängften bafaft, flang oon ber ©trajje Wilbe3 Vufen unb @cf)r eien unb Sammem gu ihr empor. &agwifcf)en flang ba£ flirren öon Sßaffen. „@ie fommen fchon," flüfterte fie unb in biefem Hugenblicfe bürdhgucfte fie ein ©ebanfe, fo feltfam unb gräflich, Wie erüietteichtnodf) nieüorherin eine3 2ßeibe§ £irne entftanben War, unb bodj Wieber ebel unb opfermutig, wie ihn nur ein SSeib gu faffen oermag. „Sch habe bie @chulb," rief e§ in ihr, „ich muß fie büften."
@ie richtete fich h°$ auf m<i) Paffte bie Sippen auf- einanber unb überwanb ihr ©rauen. Zaun griff fie nach ^em Seichnam be£ $inbe§, füllte ihn in ein Sinnen unb nahm ihn auf ben 8d^op.
@ie horchte . . . furchtbar langfam ü er rannen bie Minuten, S)ann hörte fie, wie braunen ber junge ©raf mit ihrem ©atten unb bem gWeiten Vorftefjer heftig fprac^, wie er fagte: „’&aä Sßeib hat ba£ Stöbet röcheln gang beutlich gehört, deinen ©tein (affe idE)
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auf bem anbern, wenn xd) ben ßetdjnam frnbe." ©ie fjör te, mie bie Männer alle ©entäd^er burdjfudjten. 2Il£ fie fid) ber Kammer näherten, erfjob fie fiel) unb trat an§ offene genfter. $)a£ $)adj fiel fteif ab, unten in ber £iefe befjnte fid) ber ©teinfjof be£ «gjaufeä.
2)ie Xijüre marb aufgeriffen, ber ®raf trat mit ben beiben Sßorfteljem ein, hinter iljm feine Trabanten. 9JUt gedenbent Sachen ftür^te ifjnen £ea entgegen, mie£ iljnen ben Seidjnam unb fdjfeuberte iljn bann burdj ba§ genfter, bafj er auf ben ©teinen be§ $ofe£ ger= fcf)edte . . . „Sei) bin eine Färberin," rief fie bem (Grafen entgegen, „ja, ja! dMjmt mief), binbet rnid), tötet midj! Set) Ijab' Ijeute Sftadjt mein eigen ®inb getötet, idj leugne e§ nid)t!"
£)ie Männer ftanben ftarr. <£)ann mifbe§ Sdufen, ©freien uitb gragen. ©amuel, ber ftarfe, finge üdtann üerlor bie 23efinnung. £)ie anberen gaben burd^f dräuten fcfjned ben ©acfjüerfjaft unb untersten Sea in ifjrer Notlüge; fo adeitt erfaßen fie fief) dtets tung au£ fidlerem Untergang. £ea blieb feft bei ifjrer $fu£fage. 3)er ©raf faf) fie burd^bringenb an, fie f)ielt feinen 23ficf ruf)ig au§. „|jöre, SSeib," fagte er, „ift e§ mafjr, ma§ $)u fagft, fo fodft $)u ben furcfjts barften ülftartertob erfeiben, ben je ein 9)2enfd) geftorben ift. |jaben aber Rubere ba£ $inb gefdljfadjtet, um fein 33Iut beim gefte $u trinfen, fo fodft 3)u unb £)ein ülftann firaffog auSgefjen, nur bie Zubern foden'§ bilden. £)a§ fdjmöre xd) $)ir! Unb nun — ent= fdjeibe $>idj!" £ea fdjmanfte feinen 2fugenbficf. „(£§ mar mein $inb!" ermiberte fie. &>er ©raf fiefj ba§
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SBeib allein in ben Serfer führen. (Sr fah too^I ein. Wie unwahrfdjeinlich i^re Angabe war. $lber er glaubte an feine (Seelengröfte bei unferem SSolfe. „2öenn eS nicht Wal)r wäre," badjte er, „wie fäme baS SBeib bagu, fich gu opfern?"
©ie Unterfudjung brachte nicht bie SSafjrijeit an ben £ag. 2lde jitbifchen Mengen belafteten bie ßea. $>er (Sine ergä^lte. Wie fie iljr Sütb geljafjt, ber 2lm bere, wie fie gebrofjt habe, eS gu töten. 2)ie SobeSangft (egte ihnen biefe ßügen auf bie ,3unge. $>te einzige chriftliche Zeugin °^er tt>ar — bie «Haushälterin beS „f cf) Warten Herrn". $llS Bäuerin vermummt, war fie an jenem 5lbenb vor baS $au§ gefommen, um bie ©emeinbe zu verberben. (Sie habe in ber üftadjt baS $inb rodeln hären, ergab jtte fie. £)aS allein fonnte fie Vorbringen, ohne fidb) zu verraten, unb baS pagte §u ßeaS (Stählung. $)er „fcfjwarge «gerr" felbft fcfjien fich um bie Unterfudjung gar nicht gu fümmern. (Sr fürchtete wohl bie gufädige (Sntbecfung feines grevels.
$)eS (Grafen IRid^ter fprachen baS Urteil. ßea fodte auf bem Marftplajje geräbert, bann enthauptet Werben. Sener §o(gb(ocf würbe bagu aufgerichtet.
5lber ßea ftarb nicht auf ber Mchtftätte, fie ftarb, eine fyofyhtta gte ©reifin, umgeben von SHnbern unb (Snfeln, Viergig Saljre fpäter frieblich in ihrem «gaufe. $)ie faif erliche Militärregierung War im (Sommer jenes 3ahreS ins ßanb gefommen, ein 2lubitor übernahm ade peinlichen gäde, ihm entbecfte ber verzweifelte (Samuel bie Söafjrheit, er lieft ßea frei.
$)er ^olgblod fteht noch heu*e- wähnt an
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bunfle feiten, aber audj cm eine lidfjte, Jjelbenmütige £fjat. Unb ein 28 eib mar% ba£ fie ooHbraif)t Ijat, ein fdl)madl)e§ 28eib f)at bie ®emeinbe gerettet . . .
Unb fiebgig Scrtjre fpäter, 3f)r Seute, fiebgig Saljre fpäter maren mir in gleicher Sebrängniä unb £obe3angft, unb mer f)at un§ ba gerettet?! Sftidjt ein 2Beib, aber bodl) nur ein flehtet gitterigeä ÜJKännlein, beffen tarnen iclj blofj gu nennen brauche, um (Eucl) gum Sachen gu bringen. @8 mar SHein Sftenbele . . . ei fef)t, mie 3§r fdfymungelt! üftmt — ’§> ift aber audj ein närrifdf) Männlein! $)emt erften§ ftecft eröollüon luftigen (Schnurren unb meib fie aud§ prächtig gu er= gälten, unb bann ift er fetber fo fomifcf), ber graus paarige 2ftann mit ber ($eftalt unb bem 2Befen eine§ $inbe3. (Sr gefjt nid)t burdt) bie (Strafen, er ^üpft; er fpricljt nidtjt feine Sieben, er fingt fie, unb feine |jänbe fcf)eint er nur bagu gu tjaben, um auf ben £ifd) gu trommeln ober ben Xaft gu fdfylagen. 2tber ma§ tljut ba3?! — lieber ein luftiger ükenfä) afö ein $opfljänger. Sttenbele 2lbenbftern ift ein braöer unb ein großer länger, unb mir fönnen ftolg barauf fein, baf} er unfer Sorbeter ift. greilidO trällert erntancf)* mal ein rüljrenbeä ($ebet herunter, al§ mär'g ein 28alger, unb fpringt üor ber £f)ora oon einem Sein auf§ anbere, al§ mär' er ein länger auf bem Sl^eater. 2lber unfere 2lnbadjt ftört ba£ nidfjt, mir finb an $leim9ftenbele gemö^nt feit Diergig Sauren, unb menn (Einer fidj mit IRed^t über il)n ärgert, fo barf er e§ iljm nidl)t nad^tragen. SDenn ber rnufs baran benfen, mie SleimSftenbele audf) emft fein fann unb mie er
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einmal als armer „Grafen" ber ©tabi burcß feinen ©efang einen größeren $)ienft erliefen ßat, als ade ißre SSeifen unb dieicßen burdß ißren dtat unb burcß ißr ©elb. 3dß toid ©ucß ergäben, toie baS fam.
3ß? n nßt, baß Jeßt ber Sube ein SD^enfd^ ift, fo gut toie jeber Slnbere. Unb ttenn jeßt ein ©beimann ober ein 23auer einen Suben fcßlägt ober bebrüdt, fo brauet er nur in baS §auS §u geßen, too ber große $lbler über bem Slßore ßängt, unb ber faiferlicße 23es l\xl%x\6)itx, nufer |jerr üftegruSg, oerfcßafft ißrn fcßon fein Sftecßt. 5lber oor bem großen Saßr, too ber $aifer ade SKenfcßen gleidj gemadßt ßat, ba toar baS nidßt, ba ßat ber ©utSßerr baS 9tecßt geübt burcß feinen ülftanbatar, aber biefeS fRed^t toar meiftenS ein großes Unrecßt. 5lcß, $inber, baS toar eine feßr fcßtoere geit! $)em ©utSßemt ßat ber ©runb unb ©oben geßört, bem ©utSßerrn bie SKenfcßen, bem ©utSßernt baS ülttarf in ben $nodßen, fogar bie Suft unb baS Sßaffer ßaben bem ©utSßerm geßört. Unfer |)err, ber ©raf SöortßnSfi ßat immer in $ariS gelebt unb fid) gar nicßt um fein $8efi|tum gefümmert. $lde SBodmacßten ßat fein dftanbatar geßabt, unb fo ßaben toir immer beten rnüffen, baß biefer ein guter ÜJftenfdß fei, benn nur fo ßaben toir rußig leben fönnen. guerft ift unfere 93itte oon ©ott erßört toorben unb ber bide |jerr ©tepßan ©rubga toar ein Sftanbatar, toie toir Qubett ißn nidßt beffer toünfcßen fomtten. Söetrunfen toar er freiltcf) oom borgen bis gum $lbenb, aber toenn er betonten toar, fo toar er luftig, unb toenn er luftig toar, fo ßat er nicßt gerne aubere 9ftenf cßen traurig
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gemacht. 2lber einmal mar er bei ber Mittagstafel befonberS luftig unb nacf) ber £afel fjat iljn ber Sdjlag getroffen. 2llS er begraben mürbe, mar grofje SSe* trübniSinunferer($emeinbe. 3)enn erftenS mar bieferßerr ©rubga mirflidj ein guter Menfcf) unb bann — fonnte man miffen, mie fein üftacfjfolger fein mürbe?!
®iefe Betrübnis mar audj fefjr begrünbet. SDer neue Manbatar f)iej3 griebrid) SßoHmann unb mar ein $)eutfcfjer. Sonft finb bie £)eutfcf)en mitber gegen uns, als bie ^ßolen, aber er mar eine 2luSnal)me. (£rmar ein großer, magerer Mann mit fcfjmargen «gjaaren unb bunflen blitjenben klugen. (Sein ($eficf)t mar finfter unb traurig — immer, immer — er f)at nie getäfelt. 2luf bie Sßirtfdfiaft unb auf bie Menfc^en Ijat er fiel) auSgegeicfjnet üerftanben, bie Korber unb @auner t)at er gunt ($eftänbniS gu bringen gemußt, mie fein $ln* berer, unb begüglicf) ber Steuern t)at tf)n gemiß Wie? manb um einen |jeHer betrogen. 5lber uns 3uben Ijat er furchtbar gefjaftt unb uns {eben £ag brennenbeS £eib angetfjan. Unfere Abgaben f)at er öerbreifacf)t, unfere Söljne f)at er ins Militär geftecft, unfere gefte Ijat er geftört, unb Ratten mir fftecfjtSl} anbei mit ben (Stiften, fo mar unfer Sßort nidf)t§ unb beS Stiften Sßort $llieS. $luä) bie dauern l)at er gemi| ftreng gehalten, erbarmungslos ftreng, unb bie Sftobot f)at feit Menfdjengebenfen fein Manbatar in 23arnom fo burdt)- geführt, mie er, Jebod) barin mar nocf) immer eine gemiffe ®erecf)tigfeit. 2lber fobalb eS fidj um guben ^anbelte, f)örte aller $erftanb auf unb alles Sftecf)t.
Unb marum oerfolgte er unS fo? Man mujste
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e8 nicf)t, aber matt a^ttte e3. 9ftan ergöljlte ftdj, er fjabe früher groint Sßotlmann ge^eigen unb fei ein getaufter Sube au3 ^ofen. @r fjabe au§ Siebe gu einem ßfjriftenmäbdfyen feinen (Stauben getredjfett, aber bie Suben feiner §eimat Ratten i^n au§ 30rn unb (Smbörmtg barüber fo r erfolgt nnb rerteumbet, ba^ iljm bie GUtern baä SKäbcfjen bod^ nicfjt gegeben. Sßer bie $unbe unter un§ gebraut fjat, treifj icfj nicfjt, aber trenn man fein (Seficfjt fafj, fo ffang e§ nicfjt untrafjrs fcfjeinficfj unb befonber§, trenn man fein 23enefjmen gegen un£ fafj. @0 Ijaben trir bamal§ traurige Stage gehabt, unb SSottmann fjat un§ gebrücft, gteicfjüief, ob trir ettuaärerfcfjufbet Ratten ober nicfjt. Sßaraber trirflicfj ein (Srunb ba, fo gab e§ fein Entrinnen au£ feiner $anb. Unb fo trar e§ im $erbfte ror bem großen Safjr.
S3ei un§ @ofbat gu fein, ift nicfjtä 2fngenefjme§, aber in Sftufjfanb gar ift e3 ärger afS ber So b, unb trenn ein jübifcfj ®iub bort gunt Militär abgefteüt trirb, fo ift e§ rertoren für (Sott, für feine (Sftem unb für ficfj fetbft. $ann man ficfj ba trunbem, trenn bie Suben in ^ufjtanb 2fflc§ tfjun, um ifjre ilinber lo£gufaufen, ober trenn ein Süngting, ben ba§ Ungtücf trifft, gu entfliegen fucfjt?! Sßiefe fofcfje gälte fommen ror; manche gtücfjttinge trerben eingefangen, unb benen träre beffer, fie trären nie geboren; manchen aber gfücft e§ aucfj, fie entfommen über bie (Srenge, nacfj ber Dölbau ober gu xtn§. @0 ein galt ereignete ficfj aucfj in Jener ,3eit; ein jübifdjer ©olbat — er trar au§ Skrbicgotr — fam bei «gjuffiattjn über bie (Srenge fjerein unb trurbe ron ba nacfj Sarootr gebraut. Sie
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©emeinbe tf)at für iljn, ma3 fie formte, unb ein reidjer, milbtljätiger ÜDfamt, ©fjaim ©rünftein, ber ©djmieger* üater oon 99?ofe§ greubeni^al, naf)m i§n als ^ferbes fnecfjt tu feinen Sienft.
Sie ruffifdfje Regierung forfdjte natürlidj nadj bem g^djiling, unb alle unfere $mter erhielten ben 23efet)l, nadf) ifjrn gu fudjen. 5ludj unfer 9ftanbatar befam eine foldje ©cfyrift. ©ogleidj Iie§ er bie S8or- fte^er ber ©emeinbe gu fic^ entbieten unb fragte fie au§. ©ie erfdjrafen fe§r, bann aber faxten fie fidj unb leugneten, oon bem grembling gu miffen. & mar gerabe am Vortage be£ y$8erföfjmmg£tageä"; mie fjätten fie am $lbenb oor ©ott treten fönnen, menn fie ben ärmften oerraten Ratten?! Sarum blieben fie feft, ob audj ber Sttanbatar broljte unb müiete. 5113 er fafj, bafj fie entmeber nichts gu fagen mußten ober nichts fagen moÜten, entließ er fie unb fagte nur finfter: „ÜBefj; (Sud), menn ber Söurfdje bod) in Söarnom ift! 3§r fennt midj nod) nic^t, aber barm — bei ©ott, bann foHt midj fennen lernen!"
Sie Männer gingen, unb e§ ift faum gu fagen, meldje Srauer, gurd^t unb 23etrübni£ biefe Sfunbe in ber ©tabt Ijeroorrief. Ser Söurfdje, um ben e§ fid) Ijanbelte, mar ein braüer, fleißiger SD^ettfd^ ; man burfte ifjn nidfjt in feiner üftot üerlaffen. Söenn er in Sarnom blieb, fo mar ba§ fef)r gefäfjrlidf), benn üESoümamt fanb if)n bodj, früher ober fpäter; biefem ülftenfdjen fonnte nidjt§ oerborgeu bleiben. SSenrt man iljn aber fortfdjidte, fo ofjne Sßajj, ofjne alle $lu»meife, fo fingen fie ifjn gemift einige teilen meiter. Sftan beriet
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lange I)tn unb I)er, enblidt) fam S^atm ©rünftein auf einen ©infall. ©r ^atte einen SSermanbten, metdher ©utspächter in ber 9ttarntaro§ mar, in Ungarn, $>orts f)in foECte ber 23urfcf)e gleich in ber Stacht nach beut S8erföf)nung§tage abreifen unb nur bie üftädjte gur gahrt benü^en. ©o tonnte er feinen Drängern ant ficfjerften entgegen. 5XUe ftimmten bei unb erleichterten |jergen£ nahmen fie bie gro^e Stftahtgeit ein, metche für ba§ $mrchfaften be£$Berföf)nung§tage£ ftärfenfott. &ann brach bie Dämmerung fyiein, in ber SBetfchuF mürben bie bieten, bieten 2ßach§Iidhter angegünbet unb bie gange ©emeinbe eilte borthin, bangen unb gerfnirfcf)ten §ergen£, boU $)emut xmb Sfieue. *£)enn ba§ finb ja bie ferneren ©tunben, mo mir gu unfer Mer fRic^ter flehen, bah er un§ gnäbig fei unb unfere ©dfjutb bergebe. Sn meinem ©emanbe gingen bie grauen, in meinem ©terbefteibe bie Scanner. Mdh (Shaim ©rünftein unb fein §au§ gingen bahin, fich bor ©ott gu beugen, barunter auch *>er arme SBurfctje, ber bor Mgft an alten ©tiebern gitterte.
5lt3 Me berfammett maren unb ber ©otte^bienft beginnen foIXte unb ÄteimSCtfenbete bie «fjanb ftach an bie Sehte fetjte, um bie erften Sone ber „^ot^ibra" recht bemegtich unb gitternb herborgubringen, entftanb eine 23emegung an ber %§üxt, gräftid^e Trabanten befehlen ben M§gang, unb an ben ©it$reif)en boriiber fdhritt tangfam §err SSottmann bor, bi§ er an ber Sfjorasfiabe ftanb, h^t neben $teim50?enbete. tiefer mich gitternb gur ©eite, bie ©emeinbeborfteher aber traten bemütig heran. „Sdt) mei(3, baf$ ber 23urfcf)e unter ©udh ift," fagte SßoHmann. „Söotlt St)* ihn heraugs
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geben?" ^)ie Männer fdjtoiegett. „9hm," fuljr ber 9ttans batar fort, „fo toerb' idj ifjn benn f offen taffen, toemt 3§r bas> ©etljau§ öertaffet. Unb nidjt nur er, 3t)* Stile toerbet be§ $tbenb§ gebeuten, ba§ üerfidjere idj (Sud). 2)odj nun lagt ©udj nidjt ftören, betet nur immer gu. 3d) tjabe Qeit, idj toitt guf)ören." Sotenftitte folgte; nur üon oben, au§ ber grauenfdjuF, §örte ntan ben fdjritten $lngftruf eiltet 2öeibe§. 5Me toaren tote gelähmt oor ©ntfe^en. ®ann aber faxten fie fidj unb ertjoben bie ©tiefe gu (55ott. ©tumm feljrten fie auf ifjre ©i|e gurüd.
®teim9ttenbele gitterte an alten ©liebem. 2)annf aber richtete er fidj auf unb begann bie £öne ber „$ots9hbra", jener uralten, einfachen SSeife, bie £Rie^ manb öergeffen fann, ber fie einmal gehört Ijai. .gittemb unb uttfidjer ftang anfangs feine ©timme, bann aber toarb fie immer mächtiger, unb flar unb üott unb t)erg^ betoegenb ftang fie burcf) ben 9taum unb über bie ©eter tjin unb empor gu ©ott. ©o tjat Fleins Sftenbete nie toieber gefungen, toie an jenem 5tbenb. ©ine tomtberfame 2öeit)e toar über ben 9ftenfdjen gefontmen. ©Sie er fo fang, toar er fein träÜernb Männlein rneljr, fonbern ein getoattiger fßriefter, ber für fein ©otf gu ©ott bie ©timme ergebt, ©r badjte an bie einftige |jerrlidjfeit unb bann an bie oielen 3at)?ljunberte ber ©djrnadj unb ber ©erfotgung, unb in feiner ©timme ftang e£, toie toir ruljeloä gefje^t toorben finb über bie ©rbe, bie Srmften unter ben Firmen, bie Ungtüd^ tidjften unter ben Ungtüdtidjen. Unb toie bie ©ers folgungnodjnidjtgeenbetfjat, unb toie immer neue Dränger gegen un§ ben 2trm ergeben, unb toie immer neue
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©cuttertet tu unferem fjleifcfie wüßten. SIE' uttfer £eib flang in feiner (Stimme, unfer mtfäglidftg £eib, unfere ungätftigen Stjränen. SIber nod) etmag SInbereg ftang barin, unfer Stolg, unfereguöerfidft, unfer ©ottöertrauen. 0, eg ift nid)t gu fagen, mie MeimSftenbele fang in jener ferneren Stunbe,— meinen, meinen, meinen muffte Seber, unb bodj muffte er mieber ftolg fein ßaupt ergeben . . .
Sie SSeiber meinten laut, alg tx geenbet; bie Männer fdftudjgten; ®leimS9?enbele aber barg fein SIntli& in ben Rauben unb bradj gufammen.
SSoEmann ijatte fein ©efidft mä^renb beg ®e; fangeg ber Sfjora^Sabe gugefefjrt, bann aber menbete er fidj um. dt mar entfefftidj blafft feine $niee gitterten, ber ftarfe Sftann fonnte fid^ faurn aufredft erhalten. 3n feinen Singen flimmerte eg mie öon freuten. Söanfenben Sdftitteg, gebeugten §aupteg fdftitt er an äftenbele öorüber unb burdj bie SfteÜjen gegen ben SIu§gang. Sort gab er ben Trabanten einen SBinf, iljm gu folgen . . . SBag über if)n gefommen mar, a^nte man moift, man fprad^ eg aber nidft aug.
SIm Sage nadj bem gefte lieft er (£f)aim ®riinftein gu fid) rufen unb gab iljm einen mtauggefüEten Sßaft unb fagte nidftg bagu, a(g: „Sfft fönnfg öieEeidft brauchen." SSon ba ab mar er milbe gegen ung. (5g bauerte aber nidft lange. gridjling beg „groften^affteg" fjaben iljn bie dauern, bie er einft feljr gequält, erf plagen . . .
Seift, S^r Seute, bag ift bie ©efdjidfte üon uns feren fettem. Unb nun überbenfet nodj einmal, mer groft ift unb mer flein, mer fdftoadj unb mer mädftig!"
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©er trifte ^faroff uttö Me fcßötte Juffa*
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§8 ift ein traurige^ Sanb, ba£ Sanb ^ßobolten; and) ber grüfjling fomrnt fpät in bie grofse ©bene. 5lber ineil er ein rechter, fröf)lid£)er £röfter ift, fo üer= Hart unb überglänzt er bann aucf) öor 5Wem, toa§ feinet $£rofte§ am meiften bebürftig ift: bie arme, braune §aibe, bie nun be£ meinen, glifjernben 2öintermantel§ beraubt ift unb mieber öor ©ott in ifjrer entfestigen Öbe au3' gebreitet liegt . . . ©r aber (oft if)r bie Sappen be§ alten ©ett>anbe£ non benSdjultem unb umtjüllt fie mit Jungem ©rün unb |)aibeblumen unb erweitert i^re mut burcf) bunte gatter unb Serdjenfang. gmf* *ül)renb liegt ber $nil)ting auf ber |jaibe; e§ ift, al§ fc^miege fid) ein Säcfjeln ber greube um ein öerl)ärmte§ Slntli^.
Unb bann rnadjt er fiel) auf unb Ijält feinen ©im 5ug in§ Stäbtdjen. 5lm ©ingange be§ Drte§, red)t3 unb linfö ber (Strafe, neigt er feinen gauberftab gegen bie beiben großen, ftreng gefd)iebenen 0tätten ber £oten, baj3 hinter i§m §er ber ^lieber fnofpt unb fid) in bitten Sölütengmeigen miegt, fo über ben Ueinen ßolglreugen, ioie über ben ©rabfteinen mit ben f)ebra= ifdjen geilen. £)ann gef)t er burd) bie ©tragen unb
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neigt feinen (Stab gegen bie genfter unb Xljüren nnb fie öffnen fiel) toeit. Unb bann gegen bie bergen ber 9ftenfcf)en unb fie öffnen fidfj and) unb Serben frößlidj. $)er gfrü^ltttg ift allgütig, er oergißt aud) berer nidfjt, bie felbft ($ott oergeffen gu ßaben fcßeint; felbft in bie biifteren, bumpfigen ($äßdjen ber Subenftabt bringt fein |jaud). Unb bie $lrmfeligen, ioelcße bort moßnen, empfinben unb grüßen ißn, fo gut fie eben fönnen — in ißrer $trt. greilid), D^aturfinn ßaben fie nid)t; ber ift ßerau§gequält morben au§ bem ®emüte biefe§ §8olfe£. SSer rußelo§ über bie ©rbe geßeßt mirb, ber fann nicßt feßen, toie fdjön bie (£rbe ift!
$)od) — berlei übt ja ber allgütige grüfjling aud^ anbertt>ärt§. 2$a3 aber 23arnott> betrifft, fo tßut er l)ier nodj ein befonbere^ SSunber: er trodnet ba§ ge* toaltige ^otmeer, in bem fonft, ißre§ (Spiegel nidjt untoert, bie fdjmußigen Raufer unb SCftenfcßen üon S3arnom ißr 23ilb erfdjauen föttnen; er rnadjt bie Strafen lieber gangbar unb fogar ben SUngplaß, ber burdj fed)§ Monate jebe§ 3aßre§ ba§ fdjlicßte ©täbts djett in ein intereffanteS ÄleinsSBenebig oertoanbelt. •ftur eilt ^füßlein in ber SDUtte bleibt einig befielen, unb ba§ ift gut unb ioeife, mie Me£ in ber üftatur, bentt ma» träten fonft bie ©djmeine üon Söarnom?!
2lber bie§ befonbere SSunber übt audj befonbere SBirfung: e§ rüßrt fogar ba£ ßarte §er§ ber ßoßen Dbrigfeit unb fie erttübert regelmäßig ba§ eine Sßuns ber burd) ein anbere§. Mjäßrlicf) einmal merben nämlid) — meift in ben erften Sunitagen, eben nadjs bem ber grüßling mit ber '^ßfüße leiblid) fertig ge«
5?. Gr. ftranjo?, Subcn b. fflavnoto. 8
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Worben — bie ©tragen oon Barnow gefeßrt. 5Iber nidjt au§ fdptöber weltlicher Neigung gur SMnlicßfeit gefcßießt bieS, fonbern um beS fatßolifcßen (Glaubens willen, unb barum tterben aucß nicf)t alle ©traßen ge? feiert, fottbern nur jene, burdj Weldje bie großnteicß? nantS?^rogeffion gießt. Sßr Bkg aber geßt regelmäßig Hon ber ^Sfarrfircße quer über ben SRittgplaß, bann burcß einige ®äßcßen unb über bie ©ereb?Brüdte gum Slltar im ©djtoffe be£ alten ©taroften, Hon ba gum SHofter ber SDominifaner unb bann auf fürgeftem SBege Wieber gur ^$farr!ircße, Weil ba fcßon bie SDUttagSfonne gtüßenb nieberbrennt. SßaS jebocß bie Reinigung biefeS ©traßengugeS anbelangt, fo Wacßt gWar über ber ge? famten 2tu§füßrung eine unb biefelbe $lmt§perfon, ber ftarfe $trm ber ©erecßtigleit, ber f. f. $lmtSbiener $err Sanfo (Sgupfa, aber felbige bringt gwei oerfdjiebene Sftetßoben babei gur 2tnWenbung. Unb gWar je nacß? bem e£ ficß um cßriftlicße ober jübifcße (Waffen ßanbelt.
Sn ben cßriftlicßen erfcßeint §err Sanfo $)ienftag3 Hör großnleicßnam, am frühen borgen, in Begleitung einiger mit Befen bewaffneter tarnen unb Herren, bie eben im t t BegirfSgericßte freie ®oft unb SSoßnung genießen, liefen Bagabunben imponiert Scmfo brei? fadj: burcß feine perfönticße SSürbe, bann burcß eine Herroftete Bogelflinte, bie er fid) Hont Stteßner au§? geliehen, unb ertbli«^ burcß jenen ©übel, mit bem er nacß feiner eigenen ©rgäßlung einft als gelbwebet an ©teile Babeßfß'S bie t f. $lrmee am SÜUncio gum ©iege geführt, ©o lange fern Hon jeber Kneipe ge? feßrt wirb, ßarrt er auS, aber in ber -ftäße eines folcßen
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Drte§ ber £abe fc^mitgt feilt |>erg mtb er Ijält eine Ülebe. „Sljr Sumpen," fagt er, ,,icf) fjabe mit bem Sßirte bort gu reben. $ber burcf) ba§ genfter ioettbe xd) feinen 23licf nott ©ucf), unb ioer baoonläuft, ioirb niebergefdjoffen, fo ioafjr xd) ber ^err Santo ©gupfa bin. £)enu biefe glinte f)ier trifft anf breitanfenb ©cfjritte nnb bei flarem Sßetter anf oiertaufenb. Unfer guter $aifer gerbinanb f)at fie mir gefdjenft, alz xd) einft mit i§m bei 2Bien 23ären gejagt fjabe. 2llfo, ifjr £umpen, ioer nid^t totgefdjoffen inerben ioill, ioirb ineiter feeren." Unb bamit geljt Santo in bie©d)önfe nnb trinft bort rufjfam fein @lä§dfjett ©djnapä. 2lber ba§ ift and) nur fo eine Sftebenäart — Santo trinft immer mehrere grofte ©läfer.
2lm ÜDUttiood) aber oeranlajjt Santo nad) einer gang anbern 9ftetf)obe bie Reinigung ber jübifdjen ©affen. ®a geljt er non $au£ gu ßau§ mtb f)ätt an bie faftanbefleibeten, lodengefdjmücften §au§näter nur eben eine fRebe. „Kummer Sftofdjfo," fagt er, „SDu inirft bie ©affe oor deinem §aufe btanf feeren, unb für jeben ©troljtjalm, ber liegen bleibt, ga^lft $>u einen ©ulben ©träfe, fo ioaljr \d) ber $err Santo ©gupfa bin. £)eun ioarnm? SBeil £)u fo ein oerflucpter Sube bift. Unb ioarnm fefjren? SBeil morgen ba§ ^eilige gro^nleidfjnam^feft ift. Unb bann, bummer ülftofdjfo, la§ $)ir ttod) raten, ioe^e ©udj, ioenn S^t ioäljrenb ber ^rogeffion auf ber ©affe feib — - ioir fdjlagen ©udfy ein bi^djen tot."
5tber biefe $)rofjung ift überflüffig. deinem Saben in Söamoio fommt e£ gu ©inne, nor feine £f)itre gu
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treten, ioctfjrenb ber feierliche .gug öorüberioanbelt $)emt taufettb (Schreien gelten gu biefer ©tunbe burd) bie ©eelen biefer armen gef'nec Rieten Sttenfchen, nicht etioa bloft ber ©djred nor bem Xotgefd)lagentoerben. 5luch biefe Sttenfdjen iniffen ja, baft roir in einer ltch= teren geit leben; fymtc inürbe fie ber Sßöbel höchftenS gu Krüppeln fcf)lagen. 5lber ©d)reden au£ alter gelt gehen ihnen bitrd)£ |)erg, baj3 e£ fd)merglid) gufammens gudt. ©chatten au§ alter geit bräitgen fich üor ihr $luge, inährenb fie fo im fytUen ©djeine ber grü^ ling§fomte ihr ©allein blauf f ehren für bie ^rogeffion, bafj fein §alm liegen bleibt. Unb über ber Arbeit inerben biefe ©chatten auch inohl inieber im SSorte lebenbig unb bie Seute erzählen einanber in bumpfem glüftertone bie Ö5efd^icf)te non bem initben ©taroften urtb ber fd)önen Sütta. SSenn bie ©rojsoäter, bie Später biefer Seute biefelbe ($efchid)te erzählt, bann haben fie inohl noch ber fcf)önen Sütta gefludjt. 5lber heute ift ber $af3 üerflogert, nur bie Trauer geblieben, unb fie erzählen bie ($efd)ichte unbeinegt, inie ein (55e- fdjid, ineldjeä fam, ineil e§ fommen mufde. Vielleicht bämmert'3 babei fogar in einem ber (Snfel auf, baf$ auch bie 5lhnen titelt fd)ulblo§ inaren an biefem ($es fd)id. 5lber fie höben e§ fchredlid) gebüßt. Unb beim ©ebanfen biefer ©chredert entringt fidj oiedeid)t auch nod) ben Sippen ber (Snfel ein gluch über bie Dränger. £)enn gertreten fann man ben SSurm, aber erginingen fann man nicht, baft er bafür banfbar ift . .
Sßährenb fie fo in ber Subenftabt trauemb gurn gefte rüften, frabbelt in ben (S^riften=(55affen niel
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fetteres Seben bunt tmrdjeinanber. Sie Sftänner fielen behaglich fchma^enb umher; fd)on am SD^ittrood^ ars beitet Stiemanb mehr, mit StuSnahme ber Hausfrauen. Sn allen Käufern mirb gefctjmort unb gebaefen, bafj e£ in ber gangen ©affe appetitlich riecht. denn barin gleicht fiel) ber niebere Bürgersmann in aller §erren Sanben, ba§ i^m nur berjenige gefttag für öoll gilt, an bem er fiel) grünbtich ben ÜDtagen öerberben fann. Stuch gemafcljen mirb oiet; Station ©ilberftein, ber ©pegereimarenhänbter, öerfauft in biefen Sagen fo öiel (Seife, mie fonft in Monaten, unb Diele meij^e, mingige SD^äbcf)enfleiber merben geplättet, diejenigen aber, melden biefe Sleibdfjen gehören, taufen laut jubelnb urnfjer, benn morgen merben fie ©nget fein mit himmelblauen (Schleifen unb baS Köpfchen oottSocfen. Unb in i^r heßeS Sachen Hingt auch immer leife baS Staffeln beS ^apierS, mit bem man ihnen bie Söctdhen feftgebreht h<*t- 5tn beut Sage fieht man erft, mie Diele Heine Räbchen in Barnom finb.
Bon ben Buben finb menige gu fehen; bie fteefen alle bei ben Elitären, bie eben öon ben Burfdhen beS DrtS auSgefdhmücft merben — im Slofter unb in ber ^farrfirdhe. @ie machen eS, fo gut fie'S eben tonnen, ©inige Seppicfje merben oom |jerrn BegirfShauptmann auSgeliehen, einige Bafen Oom §erm BegirfSrichter, unb eine ältliche, mohlt)abenbe Sungfrau fpenbet eine @amm; lung üon ^rugifijen. @o müffen benn Blumen ben |jauptfcf)muct liefern, unb bie.giebtnur bie £>aibe, unb bie Blumen ber §aibe finb arm unb buftloS. Bon bemöolb unb ben Stofen, mit benen fie unter glücHidherem
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Fimmel bert §eilonb fdhmücfen, ift fyier nichts 3U feigen. 5lber tt>enn er, ber größte, gütigfte, lichtefte Sftenfd), ber je über biefe bunfle (Srbe gef dritten, tvirflidh heute ^emieber flauen fann, bann freuen ihn hier fidjerlich bie arnten SBlumen ber |jaibe ebenfo fef)r, tote anber^ tvärtS bie Sftofen. Ober gar noch mehr.
@tn britter Elitär ttiirb im ©cf)loffe beS alten ©taroften gebaut. @S ift eigentlich nur ein großes, ttmfteS, verfallenes §auS, aber bie fieute von23arnott> fchmüden eS mit biefem ftolgen tarnen. Sßenn man über bie ©ereb^rütfe geht unb bann unier ben £inben hin, baS träge, fchteichenbe gtüfjchen entlang — ba liegt eS Vor (£inem. 3ur Rechten unb gur Sinfen bumpfige, langgeftredte, von ber Sßucht ber 3eit unb ber $8ertvaf)rlofung J)alb in bie (Srbe gebrüdte SRemifen, grau bie SBänbe, grau baS vermobernbe ^olgbadj, unb in ber SJcitte baS |jerrenhauS, ein plumper, gtvei^ ftödiger 23au, bie genfterhöhlen unheimlich leer unb auSgebrödelt, nur an wenigen ©teilen nodh gtvifchen ben morfdhen ^olgftüden erblinbeteS @laS ober fchmu^igeS Rapier; auf ben dauern ein alter, gelb* lid) grüner 2lnftrid) unb bagtvifchen baS nadte 23raun= rot ber Riegeln. fleht Kräfte §auS einfam im §aibegrunb am gluffe, riugä Blü^t feine 23lume, ringS fpro^t fein S3aum unb baS einzige lebenbige ($kün, baS hier gebeizt, ftimmt traurig: baS ®raS, baS §mifd)en ben ©teinen beS ©dhlophofS emporfdjie^t, ber braungrüne ©chimmel, ber fich tvie eine Trauer? bede über 5ldeS legt, tt>aS $u biefem toten, gu biefem vertvefenben §aufe gehört.
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üftitT einmal im 3afjre fommen ©lang unb fiebert tn bie armfelige Öbe: am groljnleidjnamätage. ©onft füntmern fid) bie fieute Don 23arnow nidjt um ba§ §au§, nid^t um bie 23ewol)ner: ben alten Waljnfinnigen ©taroften unb feine greife ©ienerfdjaft. ®ie ©djlofj? Ieute fommen feiten in£ ©täbtdjen; nodj feltener füfjrt ber 2öeg ber ©täbter am alten §aufe oorüber. Unb Wa§ oodenbä ben 23efiper betrifft, fo giebt tZ Diele jüngere fieute in 23arnow, bie faum einmal au§ ber üftäfje fein oerwitterte§ Slntlifc gefeljen l)aben, umflattert Don grauem «§aar unb ben füllen Sßa^nfinn im ftumpfen 23lid. ©inft, alZ er nodj ein junger SCftenfd) war, furg nadjbem baZ Unglüd fein |jerg burd)bol)rt unb fein |jirn öerfengt fjatte, f)at er weit unb üiel umfjergeraft in ber ßanbfdjaft, bie fdjöne Sütta gu fuc^en unb bie? jenigen graufam gu gültigen, bie fie if)m geraubt. $)amal§ wollten ifjn bie ©erid)te in§ üftarrenfjauä fteefen unb famen nur barum baoon ab, weil er ja bod) nur ben 3uben gefäfyrlid) war unb ofjnef)in halb fterben muffte. über bie oerfaulenbe ©eele Wofjnte in einem eifen^arten Körper: im SBafjnfinn reifte ber junge ©taroft Sanfo Don 23aredi gum Spanne, im Sßaljnfinn Warb er gum ©reife unb jept fifct er immer, Wieber ein fd)Wad)e§, f)ilflofe§ SHnb, füll lädjelnb im ßef)nftul)l am geufter unb fpielt mit einem fleinen ger? riffenen grauenfdjuf) unb mit einer bergübten blauen 23ufenfcf)Ieife. Ober er fdjleid)t fid) mZ Diebengimmer an bie Sßiege, in Welche bie Wiener auf SRat ber Ürgte eine fleitte ©lieber?$ßuppe gelegt fjaben, unb fingt ba ftunbenlang, facfjte Wiegenb, gärtlidje fiieber über bem
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mottengerfreff etten ©pielgeug. 5lber manchmal wirb er fröhlid), ein fchelmifcf)e3 Säbeln gudt über ba§ Oers Wüftete (Sreifenantlitj, er oerftedt ben ©djuh hinter ben Ofen unb bucft ftd) fidjentb in ben Sefjnftu^l. ,,©ie fornrnt halb, ob fie if>n finben wirb? , . 5lber er fjarrt oergebenä; oon bort, wo fie jefet ift, ift noch SUemanb wiebergefommen.
©o lebt ber alte ©taroft im wüften |jaufe am gluffe, unb bie 5£age fommen unb gelten, unb £aufenbe Junger, glüdlidjer, nützlicher Stftenfchen müffen fterben. 5lber biefe§ §au£ unb feine Bewohner fcfjeint felbft ber £ob öergeffen gu ^aben, wie e£ bie 2ftenfcf)en t^un. 9^ur nod) einmal im 3cd)re gebeuten fie feiner — ba erwacht aber and) baä |jau3 unb fein 23efi£er. 3m großen, au^gebrödelten Xfyortoeg be§ ©djloffeä, öon beffen SBölbung ber ©djutt nieb errief eit, bauen bie alten, gid)tbrüct)igen Wiener ben Elitär unb einige fromme ßanbwerfer au§ SSarnow Reifen babei. .gier ift ber ©djmud ein anberer alä in ber $ßfarrfirche, hier fielet man feine Blumen, aber 51 de§, wa£ fid) nod) an alter, üergilbter Fracht im §aufe finbet. Qu* nüchft öerf)ütlen fie bie SBölbung mit ungeheuren 5Bolfen roter ©eibe, bie freilich heute fdjon blajjgrün ift unb gewaltige SödEjer fyat. 2)iefe ©toffe hat «ger? fule£ oon 53aredi oor breihunbert 3af)ren famt einem fleinen §arem in jenen 23ud)emoälbern ber ÜDMbau, toelcfje heute „bie 53ufowina" hei&en, einem $ßafcf)a abgejagt unb al§ d)riftlid)er ©bemann *üe 9an8e 23eute feinem SSeibe heimgebracht. Unb bann bebeden fie bie feuchten, fd)mu|igen SBänbe be§ £l)orWeg§ mit
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prächtigen ©obelmS, auf welken bte giguren aller* bingS nicht gang beutlich mehr gn erfennen finb. (£S ift fauin gu fagen, ob baS erfreulich ober betrüblich ift. ^enn biefe gewirkten ©emälbe ftnb fe^r hübfd^, aber überaus unanftänbig — oieHeidht ha* bte Sttaintenon befteHt, als fie noch nicht fromm war, unb bann nicht angenommen, weil fie ingwifchen fromm geworben. Unb fo h<*t fie $err 5lgenor oon 23arecfi in $ßariS erwerben nnb mit in feine ungebilbete po* bolifche $eimat bringen tonnen als groben frangö* fifcher Sioilif ation. $>afür* höben fie benn auch burcf) manches liebe gahrgehnt 9e9°^en/ unb Wenn bie £anb* ebeüente mit ihren grauen nnb Töchtern auf 23arnoW gn 23efuch weilten, fo ftanben 5lUe h^lbe^age lang in ftnmmer Söewunberung oor ber frangöfifd^ett (Sioilifation. 5lber heute feljen blofj gebfo, ber ©cfjufter, nnb 2Baf* filj, ber Töpfer, bie ©obelinS an, Währenb fie fie auf* nageln, nnb biefe rohen ülftenfchen gucfen höchftenS, Wenn fie hier nnb ba noch etwas öon ben Sftpmphen nnb ©atpm gewahren, fchweigenb bie 2lchfeln ober fagen gar: „Sßfui Teufel!" . . . Unb bann wirb ber Sfjors Weg burcfj eine ^olgwanb abgefd£)loffen, gn bereu Um* hüttung gleichfalls noch bie türfifche ©eibe beS |jerm ^erfnleS auSreicht, nnb ein (S5erüfte für ben Elitär aufgefchtagen nnb mit Teppichen bebecft. 2tudh auf ben ßef)mboben legen fie Teppiche. 5lber nun beginnt erft bie $rone ber Arbeit: bie $luSfchmücfung beS Altars. $)iefe Arbeit leitet aber ber ^jauSüerwalter ©tephan SSolanSfi felbft, obwohl er ein gebrechlicher, zitteriger ©reis ift. |jimmel! WaS läßt ber 9)?ann
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2tHe£ l)erbeiftf)leppen, 3efum ffifjriftum gu fdfynrücfen! Kleine fRoccoco-S^ippeö au3 ^orgeHan, filberae grurijk fetalen unb golbene Kettchen, eine alabaftente 3lafy bilbmtg ber $enu§ öon SOälo, türfifcf)e $ftof3fcf)tt>eife, ^amagcenerzKlinqen unb fcbliefjlicb alle Silber be3 ©cf) loffeä!
$)iefe Silber, ^eilige mie anteilige, fielen ba£ 3aljr über öerfcf)loffen in einem (Saale be£ oberen (55e^ fd^offe^. 5lber l)eute gel)t |jerr ©tep^an mit gebfo unb SBaffilj hinauf unb lägt bie ©emälbe fjinunters tragen. (Sine fonberbare (Sammlung ! ßeiligenbilber, rog unb plump gemalt, mie man fie in allen SDorfs firmen be£ £anbe£ finbet, baneben feine, gragiöfe, fef)r friöole ober fegr fentimentale ©djäferftücfe, bie £err 5lgenor au§ $ari§ f)eimgebracf)t f)at; ^übfe^e Kopien naef) SRapfjael, bie ber ©ol)n be§ 5lgenor, ber fjocfyftrebenbe 5llejanber öon S3are(ft, ber ($rof$t)ater be£ gegenmär^ tigen ©taroften, felbft in Stalien gemalt fjat, unb fdjliejjs lief) Söilber, öon benen fidj meiter nidjt£ fagen lägt, al£ ba(3 e§ eben garben finb, auf Seimoanb aufge^ tragen. 5lber ba§ rnerfmürbigfte biefer Silber ift gerabe ba§ jüngfte — toer e£ anfiefjt, ben lägt e£ nidjt mieber lo§, unb mäljrenb er barauf fjinblicfen mu^, fiiglt er, mie fein 5luge fernst mirb, nicfyt üor Sßef), nur üielleicfjt, meil fief) leife, leife 2lüe§ in feinem ^ergen ftiüt unb löft.
(Sin merfroürbige§ S3ilb ! 3ft’§ ein Porträt, ober ein ®enrebilb, ober bie geilige Sungfrau mit bem Kinbe? (Sin junget SSeib in bunllem ®emanbe blieft auf ben ©äugling in ifjrem ©cfjojje. $)a£ SBeib ift
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unfäglicf) ftfjöit — toeitn Sftapfjael ft<§ in baä $of)e Sieb vertieft f)ätte, er toürbe Dießeicfjt, beraufdjt oon allen be§ Oriente, ein äljnlidfjeä $lntli& er=
träumt l iahen — aber nidjt biefe ©djönljeit madjt ba§ Silb fjergergreifenb, fonbent ba£ Säcfjeln, mit bem fidj bie junge Butter üher iljr $inb beugt, ba§ gütige, • ftolge unb bodj füfj üerfdjämte Säckeln! £>er bie§ Silb gemalt Ijat, war fein ©ottbegnabeter; er fjat nur, fo gut er'£ fonnte, toiebergegeben, tt>a3 er flauen burfte, aber itjm ift gelungen, ein @efüf)l greifbar ffar gu üerförpem, ba3 fonft ber ®id^ter oergeblidj in SBorte, ber Maler in garben gu faffen fudjt, fo unenblidt) reidj unb tief ift biefe§ ©efüfjl — bie Mutterliebe. Unb toeil biefe£ Sid£)t in 3ebe§, au cf) be§ IHo^eften unb $rmften Sehen geftrafjlt f)at, barum toirb Oor biefem Silbe jebeg «gerg gut unb fänftigt fiel), gebfo, ber ©cf)ufter,ber bi£f)er unter fefjrberbenSSorten bie@djäfers fiücfe auf feinem breiten SRücfen fjinabbeförbert f)at, oerftummt, al§ er oor bte§ Silb tritt, unb fdjlägt an 5 bäcfjtig ba§ $reug unb fagt gu bem alten $erm (Stephan: „2Sa£ ift ba§ für eine fcfjöne Mutter ©otte£!"
„Tölpel!" Ijöljnt ifjn Sßaffilj, „ba§ ift eine oer^ fludjte jübifdje Sudlerin!"
„Sftein — fcfpoeigM" ruft ber alte @tepf)an unb ftreeft abtoeljrenb bie $anb au£. £)amt tritt er öor ba§ Silb unb blidft lange barauf fjtn. Unb enblicf) fäfjrt er leifer fort: ,,-iftein! — toof)l toar fie eine Sübin, bie arme Sütta, aber öerfludfjt ift fie nid£)t. Unb toenn alle Suben in ber «£jölle braten müffen, fo ift fie bie ©rfte au§ biefem öerbammten Solle, bie
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felig geworben ift, benn ©ott ift geregt un b fte f)at fiel) beit Fimmel auf (Srben üerbient! $)enn fte mar OTen, melctje fte gelaunt l)aben, ein ©ngel uttb ein 0cf)u£engel für biefe§ |jau§, mit ifjr fiub ©lüdt unb 0egen getommen unb mit iljr gegangen. Unb SDu * felbft bift ein Sölpel, Sßaffilj, menn ®u fie eine Sudlerin nennft. 3ßa§ meiftt £)u, mie biefe£ Tabellen marl greilid), — rectjtmäfng angetraut mar fie nuferem §errn nidfjt, aber auef) ba§ tjätte fiel) nodj gu unfer 2111er @egen gefügt, fjätten fie nidjt biefe jübifdfyen S3eftien geraubt unb f ortgef c^teppt, fie unb ben tleinen Santo, ber bamal§ erft brei Monate alt mar! . . . 0, marutn f)at e§ ©ott gelitten? Sßarutn muftte fo üiel Summer über un£ fomtnen?!"
$)em alten 9ftann öerfagt bie ©timrne, er f erlägt bie |jänbe öor§ ^Intliij. 2luct) bie beiben 2lnberen fdjmeigen unb blirfen gu 23oben. $)amt tritt ber ©rei£ mieber oor ba§ S3ilb f)in unb fät)rt faft flüftemb fort: „3dj follte e§ eigentlich nicf)t anfeljen — mir tfjut babei ba£ |jerg meh ! 8dl) mar ja felbft babei, mie ber Semberger Sflaler, ber «gjerr $ettba, ben lebten ^infeU ftrief) baran gemacht ^at, unb e§ mar an bemfelben £age, an bem ict) fie gum lebten Staate gefeiten habe, fie unb ba§ liebe Söübdjen ! mar an einem greitag, im |jerbfte, ein regnerifcher £ag. ©ie meinte faft, al§ unfer |jerr barauf beftanb, ben Scaler gu begleiten, unb ich meif$ noch genau, mie fie fagte: „Santo, bleib', ich meijj nicht, mir ift ba£ §erg fo ferner!" 2lber ba lacht ber ©taroft unb fctjüttelt ben $opf, baj3 ihm bie braunen Sodten nur fo um§ ©eficfjt taugen.
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unb ruft fröljlidfj: „ßicbftel ßerg, Wal finb bal für finbifdje «Sorgen! Se£t muft el Sir immer feberleidjt gu fein, wie einer £erd)e, bie inl 23laue fliegt, bemt je|t finb wir ja enblid) am ,3iete! SÖfo, el bleibt babei: idj bringe ben $erm ßenba bil Sarnopol, Wir fahren bie 92ad)t burdj, ba| wir morgen früfy bort finb, unb bann bringe id) am Sage bie Sadjen beim $reilgericf)t in Drbnung, unb Sonntag in aller g*ül)e f)aft Su micf) wieber Ijier. Unb bann ift um geljn U^r bie (Zeremonie in ber $trd)e — ber bicfe Sßrior, ber Slnaftafiul, fannl ja faum mef)r erwarten, Seine Seele t>or ber |jöllengefaljr gu retten, unb behauptet immer, Su fannft ben Satedfjilmu! fcf)on beffer, all icf), Wal Sief) übrigenl nicf)t ftolg machen fann, lieber «g>erg !" Unb babei ladjt ber junge |jerr fo laut, fo luftig — - icf) fjör’l nodj fjeute im 0f)r — unb bann fagt er: „$llfo Sonntag um gef)n Ufyr fjeifjeft Su Sabwiga §olbberg unb um elf Uf)r — nur unfer Stephan unb mein 5reun^ SSlabimir (£gapfowlfi Wers ben babei fein — bift Su bie Staroftin SSarecfa unb Wirft nidjt nte^r gu erröten brauchen, armel «gerg, Wenn Sief) bie Seute in ben $aufbuben üon Sarnopol anglo|en." Unb er füfjt if)r bie Suchten üon ben klugen unb fagt barauf gu mir: „Stephan," fagt er, „lafj bie gebecfte $alefd)e einfpattnen, benn el regnet ja jeben ^Cugenblicf, unb Su begleiteft uni unb fag’ bem Stal, baf3 er ficb) beeilt." Ser Stal war näm? lidf) ber Äutfdjer unb Sein SSaterlbruber, ge^0/ e^n braö'er 9ftenfdj, bil auf ben Sdjnapl — nun, (Dottel griebe fei mit i^m, er ift fdjon oor gWangig Sauren
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am ©öufermafmfinn geftorben. — unb bann fäfjrt ber üBagen öor unb bie ($näbige ftefjt auf ber kreppe, unb neben fr bte grugia m ü bem Keinen Santo auf bem $lrm, unb mir nehmen $lbfdj ieb. S)er junge |jerr ®enba ift totenblaß, aber bann mirb er feuerrot, mte fie frn bie |>anb brücft uub für ba§ ff öne 23ilb bantt, unb ber junge SDfanff gittert orbentlif , mie er ermibert: „Sf ^abe Seiten gu bauten, benn ein folfe£ 93itb merbe if in meinem gangen armen Seben nift mieber malen bürfen." Unb bann füfjt ber |jerr ©taroft ben kleinen unb bie @näbige, unb ba§ S3itb^ f en beginnt gu meinen, unb bie ($näbige plö|lif auf unb fie fflufgt: „Sf merbe bie böfe $fnung nift lo£ — fatjr nidb)t gur ©tabt — if bleibe fo allein — ober laf$ bof menigften§ ben ©teplj an ba." SXber ber §err laft bariiber: „(§& bleiben ja gmei Männer im ©floffe, ber alte Qofef unb ber §rfto! Unb bann, mer foEte eS magen, S)ir etma§ gu £eibe gu fun? (Stma bie Suben? ©laube mir: bagu ift ba£ ©efinbel oiel gu feig. (§& munbert ntif nur, bafj fie ben 9Kut gehabt Ijaben, gum $rei3amt gu geljen unb eine Eingabe gu überreifen, ba£ Serif t möge SDif deiner Butter mieber gurücfgeben, meil $)u nof mim berjcf rig bift unb meil if $)if gemaltfam geraubt f)abe! |ja! |ja! |ja! Slber mein greunb, ber $rei§? fetretär 2Balcgem§ti, t)at fnen eine gute §lntmort ges geben. gerriffen §<*t er &ie Eingabe unb bie gelten fnen öor bie gü^e gemorfen unb bagu gerufen: „ftufd&t euf, fr jiibiffen £unbe, fef)t fr benn nift ein, baf* euf fo etma§ nur eine Gfre fein mufj?!"
Unb ba£ Ifyaben fie fid^ gemerft, uttb fufdfyen jetjt mirflicf). $CIfo! auf, liebfte§ «£)erg, auf SSieberfefjen!" Uub er füf$t fie uub fpringt iu beu SBagen, mir jagen batmrt . . . Unb ba£ mar ba§ le|te 90^aX uub mir ^abeu fie nie miebergefefjen!"
lieber üerftummt ber alte $ftann. 5lber SSaffilj fagt gu gebfo: „£)ie Subeu fjaben fie nämlictj in ber 9^ad)t barauf geraubt!"
„$)ie |junbe!" ftöfjt ber ($rei§ Ijerüor. „ftvoii' unböiergig Saljre fiub e§ Ijer unb idj bin ein alter SDtamt, aber nodf) j^eute fömtte idj biefe 9ttenfc£)en mor* beu, menn idj barau beute . . . 28ir maren beu £ag über iu £arnopol gemefen, ber |jerr beim $rei§amt, unb icf) f)ätte (Sinföufe machen f ollen; aber e§ mar (Sabbatt) uub bie Subeu Rieften bie Säben gefperrt (So rnuftte idj bi£ ^um fpäten 2tbenb märten, mo fie mieber oerfaufen burfteu, uub eg ging fct)on auf bitter? nad(jt, alg mir ertblic^ gur (Stabt f)inau§fuf)rett. (Sine monbfjelle Sftacfü, aber bie Sßege auf gemeint öom ßerbftregeu, mir tarnen nur tangfam oormärtg unb ber (Stag fjörte mandjeg Ijarte Söort öom |jerrn. £)emt biefer mar plöijlidj üor Unruhe faft aufter fidl); uub ba fagen biefe fingen £eute, ba§ eg feine Hauungen giebt . . . $IIfo, ber (Stag tljut fein 30?oglid(jfteg unb ift audj, mie burcf) ein SBunber, nidjt bef offen, aber faum fiub mir beim $riomer gelbmirtgf)aug, e^ne Ijalbe Steile öon £arnopol, ba f)ören mir müteuben (Salopp uub fefjen im S02oublicf)te einen Leiter fjerans rafen — bag ift ber «gripfo auf bem Schimmel beg |jerm unb er fcfyreit: „galtet! galtet!" (Sr fpringt
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ab mtb ba§ Sßferb bridjt gufammen, er I)at e§ gu ©d)anben geritten. 5lber ba ift and) fdjon ber §err mit einem ©atj au§ bem Sßagen nnb beim §ri£fo unb fajst U)n mütenb bei ber ©djulter nnb fdjüttelt üjn: „SSa§ ift gefd)el)en?" — „beraubt", ftammelt ber Sfrted)t, „bie Subeit — fortgefdjleppt — ba§ $inb and)!" — $)a läftt ifjn ber «gerr lo§ unb greift fid) an3 |jerg, al§ l)ätte if)n ba ein ©djufj getroffen, unb fcf)reit auf, mie ein üertnunbete§ £ier — id) l)öre biefen ©d)rei, mie idj bie£ ergäbe, unb id) merbe if)n f)ören, bi§ id) fterbe. $)ann taumelt er, id) fange iljn in meinen traten auf, ba fommt ber dftonb mieber fjed hinter einer Sßolfe Ijeroor nnb id) !ann ba§ ©es fid)t meinet |jerm fe^en — §ört, i^r Seute, audj biefen ©efid)t merbe idj nie oergeffen! £)ann rafft er fidj auf unb id) glaube, nun mirb fein milbeä ©emüt entfefdid) gu rafen beginnen, aber er fagt gang ruljig, nur Reifer: „®omm in ben SBagen, «gri^fo, unb ergäbe. Unb £)u, ©ta§, in gmei ©tunben müffen mir auf bem ©Stoffe fein!" Unb mäljrenb mir fo burdj bie !>ftadjt Ijinbraufen, ergäbt ber $nedjt, mie er unb ber alte Sofef am gre^a9 Slbcnb bie |junbe lo^gelaffen Ijaben, mie gemöfjnlidj, unb bann l)aben fie ade Spüren öer? fdjloffen unb fidf) in ber SBebientenftube fdjlafen gelegt. 2lber gegen SDUttemadjt medt iljn ber alte Sofef: „2lde ^eiligen! e§ finb ®iebe im §aufc!" — „Un¬ fern," fagt §ri£fo, „ber 23ritan bedt nid )t; id) Ijöre nidjt§, al3 ben ©türm unb ben dtegen." 5lber in biefem Slugenblide ift bie ©tube öod üon meifjgefleibeten, oermummten Männern, unb bie Reiben finb ergriffen
ltnb gebunbeit mtb — Knebel in beit ÜD?unb mtb bte £I)üre oerfdjtoffen! — im ganbumbrehett. Unb ba liegen fie nun mtb hören bie fchmerett dritte bie Xreppe ^inaufeilen. Oben ein furge§ $uffreifd)en, bie alte $afia, unb lieber ein unterbrüdter ©djrei — ba3 ift bie grugia. Unb bann fÖngt öo§ 23übd)en fel)r laut gu deinen an. Nation tnu§ bie ®itübige ermaßt fein, fie hören, ttrie fie nach griffe ruft unb bann furcht¬ bar gedenb nod) einige Sßorte. $ber biefe SBorte haben fie nicht üerftanben, meit e§ bie jiibifdje (Spraye mar. (Gleich barauf ift lieber $ttle§ ftitt, and) ba3 ©freien be§ ©äugling§. Unb bann fonttnett bie Räuber ttrieber bie kreppe h^ob, ihre dritte tönen noch bumpfer, fie tragen eine Saft. 2)amt fdjlagt ba3 ^au^thor gu unb fie h^reu burch ba§ Renten be£ ©türmet ba§ Sollen einiger SSageit. Uttb bamit ift WtZ au§ — oerfchodett unb Oertoren!"
„Unb nie ttrieber hat fic^ eine ©pur gefmtben?" fragt gebfo.
„Sftie! — al§ tjötte f*e ö*e Verfehlungen! & ift Me§ oerfucht morbett, mit (55elb unb mit ©d)tägen, aber nidjt§! — at§ ob biefe guben nicht oott gteifd) unb 23tut mären, fonbent üon ©tein. Unfer |jerr hot fetbft bie Uttterfudjmtg geleitet, beffer unb befomtener at£ ber ttügfte Beamte. Briefe Smutje mar mir faft unheimlich, id) hotte ihn jo feit feiner $inbs heit gefannt, id) tourte, ttrie entfeplid) ttritb er mar unb ttrie er bie gütta mahnfimtig geliebt hotte. Unb fel)t, it)r Seutc, fie hat eine fotche Siebe and) oerbient, nicht btof3 megen ihrer merfrnürbigen ©chönheit. SDemt
St. <?. yr ait 50 8, 3»bcn bon Söarnoto. 9
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f mftdj Ijatte fie uttfer |jerr, nadjbem er fie beim grohnleidjnamSfefte §um erften SDMe gefeiert, gemalte fam i!)rem Vater entriffen uttb hierher gebracht, aber fie gä^mtc if)n unb liebte ihn allmählich aud), mehr al§ ihren (Stauben unb al§ if)r Seben, unb machte au§ einem milben, tollen Süngling einen gütigen, feften Sftaun. üftuu t>erftel)t il)r mefteidjt, ma§ fie ifjnt mar. $lber nun fie ihm üerloren mar, ba meinte er nid)t unb tobte er nid)t — nur £ftad)t§ f)örte id) ihn oft leife ftöhnen unb bei Sage forfdjte unb unter fuc^te er bann mieber falt unb befomten. $lber alle SJfttfje blieb oergebftd), obmohl fid) aud) bie (Senate ber ©adje fefjr annahmen, aud) bie in Ungarn, Vuftlanb unb ber 9ftolbau. Sodj brachten bie §erren au§ ben bortigett Suben fo menig etmaä I)erau§, al£ ber ©taroft au§ ben Vorftehent ber ^iefigen (Semeinbe. Surdj ein halbem Saljr, bi§ in ben Söinter hinein, hielt er fie gefangen — er mar ja bantal§ in Varnom felbft (Sc* rid)t§^err. (Segen Neujahr aber fagte er mir: ,,^ade bie Koffer, id) mad)e mid) felbft auf bie ©ud)e, S>u begleiteft m id)." Vorher jebod) fpradj er nodj einmal mit ben Ijiefigen Verhafteten unb idj mar babei. §ättc e§ mir (Sott felbft ergäbt, ich hätte gefagt : „(Sott, Su lügft/ aber fo ^abe ich e§ felbft gehört, mie er, unfer §err, Sanfo Don Varecfi, bie Subett gebeten hat, ftch feiner gu erbarmen — in Porten, in einem Sone — icf) fage (Sud), fogar ber Seufel hätte (Srbarmcn fühlen müffen! 2tber biefe §unbe haben fid) nur heudjs lerifch gebeugt unb gefagt: „§err, thue mit un§, ma§ S)u mittft, aber Don ber Sütta «gjolbberg miffen mir
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nicgt§." $)a lägt uttfer ©taroft bic §äitbe finfett unb jagt burrtpf : „©egt — id) gatte (Sucg nicgt länger. ÜDioget Sgr e§ nie gu bereuen gaben! 2lber gört micg an! ,3cg gäbe micg bi§ger begägmt unb meine arme Vernunft feftgegalten. 3 cg gäbe (Sud) bi§ger nur gu^ Weilen gungern laffen unb ba§ gefcgiegt aucg beut djriftlidjen befangenen, bi§ er geftegt. Uber icg fügte, id) fügte benttid), wie mid) ber ©cgmerg wagnfinnig macgt. Unb wenn id) wagnfinnig bin, 3gt Subctt, bann mag (Sud) ©ott üor meiner §anb fdjitgen, 9Jiem fd)eitmad)t vermag e§ nid)t! Unb nun — gegt! SOcöget Sgr e§ nie gu bereuen gaben!" £>a beugten fie ficg nodjmafö unb gingen ginait3, unb einer non ignen, ber junge 0imon britn, tädjette geimticg gögnifcg — icg allein gab’3 gefegeu ..."
Smmer erregter gat ber brei§ gefprocgeu, immer bteid)er ift fein Unttig geworben. Unb nun redt er fid) empor, unb feine klugen gtügen uttgeimlicg, unb er ruft:
,,3d) allein gab'3 gefegeu unb id) allein gab'3 gerädjt! 3)enn fie gaben e§ bereut unb e§ gat fid) Utte£ erfüllt, Wie e£ unfer §err gefagt gat! üftadjbent Wir ben SSinter unb beit gritgling giitburcg rafttoS umgergegogen Waren oon Drt gu Drt uitb nicgt§ gefunbett gatten,balegrtenwirgeim. Unb e§lam wieber bergrogns leicgnam§tag, ber gweite feit jenem, wo unfer ©taroft guerft bie Sütta gefegeu gatte, ba übermanute ign bie (Sr^ innerung unb er fonnte feinen armen SSerftanb nid)t megr galten unb er würbe wagnfinnig. Sftadj ber $ßro- geffion bot er auf, wa§ gum ©cgloffc gegärte: dauern, Säger unb Stiiccgte, unb wir bracgeit ein in bie Subetts
ftabt mt b morbeten mtb fengten. Sa! — wir tf)ateit'3— ja! an meinen Rauben flebiSölut — idj fj ab e ben©imonSrün erfd)lagen! SXber wenn midi) Sott oor feinen ©§ron forbert, fo werbe id) ntfjig t>or ifjn Eintreten unb fagen: ,3dl) erfdfjlug if)n, aber e£ War jener äftenfcf), ber meinem £erm (55Iüc0 unb SBerftanb raubte unb ifjn bann, al§ er ficf) in ©djutergen öor ifjnt wanb, t>erl)öljnte£ . .
©er (55rei§ berftummt unb ftarrt nur nodl) mit Wilbett 5(ugen oor fid^ f)in. ©amt fäfjrt er auf unb ftreidfjt fid^ über bie Stirne, al§ erwäge er auö einem Traume, „©ie alten Sefdjicfjten finb über mid) gefommen unb icij fjabe wieber einmal reben müffen. $ommt — neljmt biefe Silber, wir müffen beit 5lltar fertigen."
©ie geljen hinunter unb fd) affen im Vorweg rüftig Weiter an ifjrent frommen Söerfe. Über ifpten aber, im erften ©todwerf, fidjert eine bünne, zitterige Sreifenftimme mtfjeimlidj in bett griiljtingätag f)ütau£. ©erSßaljnfinnige fjatfeingenfter geöffnet unb atmet frenbig bie warme, reine Suft ein. ©amt aber beugt er fiel) Weit f)inau§ unb ruft hinunter: „Stephan! Stephan!"
„Sa — |jerr!"
„borgen ift ja wieber grofjttleidfjttant, Wie idj feljc. §eiffa — enblidj! $8ergiji nid^t, ben ©djimmel §u ftrie- geln, idj Will im reiten, fo wie barnate, bamit fie mid) gleidj erfennt. Unb bann neunte idj fie unb ben Sanfo nor mief) auf ben ©djimmel, unb ba§ $inb ladjt über ba§ Sßferb unb wir reiten im Salopp Ijier? Ijer! ©u beftellft ingwifdjen ben ^ßrior unb ben SBla* bimir Sgapfow§fi unb Wir laffen un§ trauen — fjeiffa ! ©aft ©u nur nichts oergifjt, ©tepfjan!"
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„©etoifj itidjt, «gjerr!" ruft biefer f)inauf. Slber bann fagt er leife 31t gebfo: ,/I)er ©dämmet ift bers felbe, beit §rifjfo totgeritten fjatte, unb ber^rior ift längft in feinem gette erfticft, nnb ben ©gapfotoäti Ijaben bie Üinffen fdjon Dor öier^ig Saljrett bei bem großen 9lufs ftanb gelängt. Unb tt>o mögen Sütta unb it)r Sinb mobem?! dfteitt armer, armer «gjerr!"
SSernt bie ©otttte enblid) nur ttod) ttrie ein glüh¬ roter 23ad am dtanbe ber ©beite Hebt, ift and) $We3 für ba§ morgige fjeft gerietet: ade Indien gebaden unb ade Söddjen eingebreljt, ade (Straften gelehrt unb ade Elitäre aufgepufjt. Uttb ber ©roj&iürbenträger Don SSantoio, §err Santo ©gitpfa, burdjtoanbelt ade ©affen, bieämal ohne beit fjiftorifdjeu «Säbel unb bie S3äreitfliute Staifer gerbinanbS be3 ©iitigett, fonbertt allein mit feiner perf unlieben Sßürbe bewaffnet. $lber fein «gerg toirb milbe, toäljrettb er fo bafjiitfoanbelt, bcittt er fielet ^Ide» au unb ficfje — e£ ift 5lde§ gut. S>antt geht er itt bie ©djänfe nnb and) bort ift 5lde3 gut, unb bann geljt er fdjlafett. Uttb gleich üjm fdjlummert halb audj bie übrige 23ett>oIjnerfd)aft be3 armen, fdjmufcigett ©täbtleing bem morgigen £age ent¬ gegen. üftiemanb fief)t bem Sdtonbe gu, tt>ie er fachte emporfteigt uttb bie ^fiitjeu in Silber ioattbelt unb ba3 toüfte |jau£ am gluffe in einen fdjimmemben Sßalaft.
dhtr in einem §aufe ber Subenftabt toachen gtoei Sftenfdjett — eine alte grau unb ein junget 9Jiäbdjett. $)iefe£ $au3 gehört beut 3afob ©rün, bie ©reifitt ift feine SJhttter ©arafj, ba» „Urbabete", uttb ba3 9ttcibd)en ferne ©nfelin, ‘Sie fdjöne Sütta ©rütt ift plöt^lid) aufs
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gemadjt; ftc meiß felbft uidjt, marum — 4t>eU ißr ber !tU?onb 51t Ijed auf bie klugen gefdjieiten, ober meil fic int (Sdjlafe bic flagenbe (Stimme ber Urgroßmutter gu Kjören geglaubt fjat. (Sie laufet auf unb nun Ijört fie beutlidj, tote fid) bie alte grau rufjelo§ auf iljrem Säger mülgt unb leife fdjludjst unb ffagt. „Urbabele !" ruft ba§ dßäbdjen erfdjredt unb richtet fid) empor, „feib Sßr, behüte, Iran!? Ober fdjeint (Sud) ber SJtonb 3u ßed, füll id) ba£ genfter üerljüngeit?"
„dtatt, ®inb," fagt bie (Sreifin, „laß beu 9D?onb fjereiitfdjauen. gdj fei)’ ißn gern, gd) fault uidjt fdjlafen, — ad), mir bildet mein §erg fo feljr! borgen ift ja bie gaßrgeit ttadj deinem Urgroßüater! 0 Siub, morgen jäßrt fid) mieber einmal ber fdjmarje £ag, ba bie (Sfjriften mie bie SBölfe etngebrodjen finb in nufer §au§, unb fie ßaben fein liebet ganpt gerfdjmettert, unb id) l jabe feiuScben uidjt gitrüdß alten fornten, unb er ift geftorben ßier auf biefer £)iele! 0, $inb, — mie fönnf id) fdjlafen?"
„Urbabele!" fagt ba§ ÜDiäbdjen gebriidt, „tröffet (Sud)! 2öa3 näßen nufere Sljränen?! Unb märe e£ uid)t (Sötte* Söide gerne feit, c§> märe uidjt gefdjeljen!"
„<25otte§ döidc!" feufgt bie alte grau, „gdj glaube au (S ott unb mid nid)t mit iljm rechten, baß er e§ gefdjeljen ließ. (Sein dtatfdjluß ift uiterforfcßltdj. 5lber oergeffeu fann id) uidjt, baß bie Untßaten nur beäßalb gefcßeßen finb, meil mir geredjt marett, meil mir (Sottet ßeifigett tarnen uidjt ßaben f raufen laffen modelt! 'Denn nur besljatb fjabeit mir bie gütta bem poluifd)cu «gerrtt genommen, bamit (Sott uidjt bcleibigt merbe.
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Unb bennodj fjat er e3 gebnlbct, ba(3 be§f)alb bcv Samrner über un§ fomme unb Worb unb ÜBraub ! . . . SSarurn, ©ott/marurn?"
2)ie alte grau richtet fidj empor; unljeimlidj leuchtet ifjr tobblaffe§ ^Intli^ burd) bie monbbefdjienene (Stube gu bem SD^äbd^en herüber, „üfteiit!" ruft fie, „oergift, Sütta, ma£ id) jetjt gejagt fjabe, unb 2)u, ©ott, öergieb mir ba§ tljöridjte SBort ! Sdj frage nidjt, marurn — aber bap $)u bie greöel rädjft, ©ott! ljuns bertmal meljr, al£ $)u e§ biäfjer getfjan fjaft, ba§ forbere idj üou ©ir! Uub fo lauge e£ uid^t gefdjiefjt, rufe id) gu ®ir: „©ott, lebft ®u? ! Sri fernem tarnen fteljt ja gefdjriebeu: ,$lug; um $luge, gafjn llm ^afju!4. . . «Spore, Sütta, meiu $inb, mein (Simon felig Ijatgefagt: ,^)ie ©fjriften fiub gegen un§ mie bie SBölfe; glitd) • unb (Sdjmadj über nufer §aupt, menn mir gegen fie mären, mie bie Sämmer!4 . . . Werfe $>ir bie§ 2Öort, SHnb, merfe SDir’3. £)u bift jung unb fdjön, mef); £>ir, meint $>u einem ©fjrifteit gefällft, hoppelt mefj;, menn er *£)ir gefällt. ©S gefjt gegen ©ott unb barurn f'ann fein (Segen barau§ m erben, nur glud) unb mie- ber glud)! SDenf an jene anbere Sütta, mein $inb!"
£)ie alte grau ftreidjt ficd) mie befinuenb über bie (Stirne unb fäfjrt bann leifer fort:
„0ie ^iefi Siitta, mie 2>u, unb mar and) jung unb fdjön, nodj oiel fdjöiter — - fo Ijolb ift nie ein Wäbdjen unter un§ gemefen. 2lber and) gut mar fie unb fromm, ba§ eittgige Sittb- ber ebelften, reichten fieute unter un§. Sfjr $ater Wauaffe mar unfer $or- fteljer, ein fefjr reidjer unb mofjltfjätiger Wann; er
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half beu tonen, pflegte bie Äranfett, mtb als einmal eine groj^e ©eud)e unter un§ Wütete, ba rettete er Sag unb £ftad)t, bi§ er felbft fied) Würbe unb erblinbetc. Samalä war bie Sütta achtzehnjährig. Unb e£ begab fid) im näd)ften grühjahr, bafj bie ©hriftett baSfelbe geft feierten, wie morgen, unb fie famen burd) unfere Waffen gezogen mit SD^ufif nnb galten unb mit ben 23ilbern il)rcr ©oben. SBir jebod) blidten nicht hinauf, ttod) miitber traten wir öor nufere Sf)ür, weil un$ bie§ bei SobeSftrafe oerboteu War. Sftur ber blinbe da- itaffe geriet in ben ^ug, als er bon ber SetfchuF heim* feljrte'— e§ war nnr wenige (Schritte bon feinem ^aufe. S)a f türmten fid) bie ©triften auf ben ©rei£, fdjlugen ihn unb wollten ihn töten. toer Sütta erfah bie ©e* fal)r, ftürgte hinauf unb bedte beu Sßater mit ihrem £eibe. greilid), wa§ oermochte fie gegen bie SSiitenben! Diafd) Waren bie Reiben getrennt, ben ©rei£ fd)leppten bie ©haften 3um Stoffe unb ba§ däbd)eu lad)enb gegen beu SHoftergarten. Sa, in ber haften Sßot fant ein ^err auf einem Weiten Stoffe angefpreugt, ber junge ©taroft. ©r fah ba£ Räbchen unb befaßt, e3 loägulaffen, unb al3 Sütta um Rettung für ben Später flehte, willfahrte er lachenb: „deinetwegen, Su bift fd)ön! — ein alter Sube meljr auf ber Söelt!" Unb danaffe unb Sütta burften in il)r §ait§ guritdfehren; ber Quo, ging Weiter, ©ie aber nnb wir mit ihnen banfteit bem ©wigen für bie Rettung unb e£ Warb befdb)loffen, bajj am itädjfteu Sage bie Sßorfieljer §um ©taroften gehen unb fid) für bie 23armhergigfeit be^ baufeu follten, toer bie§ gefdjah nicht, beim er War
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eilt (Sfjrift uub eilt s$olc uttb l)o(te ftdj felbft beit £of)it. 2lnt 2lbeub überfiel er mit feilten Sägern uttb Unechten ba3 $au§ be§ SD^anaffe nttb ri§ bie Sütta fort. Vergeblich War it)r unb tf)re§ Vater§ glehen. „Vlittber Snbenljunb !" fc^rie if)n ber ©taroft an, „id) habe fie ja nur be§t)alb t»or meinen $ned)ten bewahrt, Weit icf) fie für mich felbft tjaben will. Übrigen^ leit)e icf) mir fie nnr au§, in mergelt £agen ^aft $)u fie Wieber." Unb er raubte ba§ SDiäbchett, ba£ oor ©djred unb ©cEjaut o^nmädjtig geworben war, wie ber 2Bolf ba§ Samm ...
„(Sittfe^Xid) !" ruft ba£ SO^äbd^en erbebenb.
„Sa, eittfe^Xid)," Wieberljott bie ®reifitt. „^id) padt e§ feilte uub nun bebeitfe, wa£ wir 5XXXe in jener 9£ad)t erlitten. 0, e§ war eine üftadjt ber ©djreden! $)enn Wenige ©tmtben ttad) bem Vaube ftarb ber alte SUtattaffe, fein fiedjer Körper fottntc bie beiben furchtbaren ©djreden nicht oerwiuben. Uub feine lebten üföorte Waren: „bettet mein arme» $ittb! SBentt Sljr e£ nid^t meinetwillen wagen wollt, fo tfjut e§ um ®otte3 SSUleit. ©ein f)eiXtger Sftame wirb ge« fdjänbet, Wenn ein jübifdj $ittb at§ S3ul)lerin im ßhriftenhaufe fipt." 5lber wie bie* beginnen? ®a fagte mein ©inton, beit fie gunt SBorfte^er gewählt hatten, weit er ftug unb gerecht War, tro£ feiner jungen Sahre: „®er ©taroft ha* nicht bloft ®otte§, er hat aud) be§ $aifer3 @efep beleibigt. Sßir Wollen Dor3 Bericht gehen." £)a machten fie eine Eingabe nach S£arttopol, aber fie Würben mit $ohn gurüdgewiefett. Unb bann fd)riebeu fie ttad) Semberg, aber öou ba
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fmit gar feine Antwort. Unb ettbüdj nad) Söieit unb Don ba fallt ein 23rief $nräcf, baft ja bic ©adje nad) Santopot gehöre. 2(ber ingtoifd^eu toar rneljr a(§ ein Safjr nergaitgeit unb bie Sütta toar nod) immer auf bem ©djfoffe nnb fjatte beut ©tar offen einen Knaben geboren, ber getanft tonrbe; fie jebodj toar itodj Sübin. $)a fant gegen ben §erbft bie -ftacfjridjt, baf3 ber ©taroft and) fie tanfen (affen tooHe. Unb baranf oerfantmelte ©irnon in ber SBetfdjuP bie Männer ber ®emeinbe nnb fpradj §u ifjnen: „Sßir bürfett c§ nidjt bnXben. ©ie ift Sftaitaffe’ä Xocfjter; aber toäre fie and) bie Iefcte nnb niebrigfte, ioir bürfen e£ nnt ©otte£ SSiXIen nid)t bnlben. Unfer fRecf)t fabelt toir nid)t erfärnpfen fönnen, too()(ait beim: (55etoalt gegen ®etoalt! ßajjt nn§ in£ ©djfofj eiitbredjen nnb bie Sütta befreien. £>a§ $ittb ge()t ntt§ nidjt§ an, aber bie Sütta gehört nn§. 2Bir tooden fie toeit toeg bringen, 51t ben Suben nad) 9fn^(anb, nnb fie fod unter nn§ gead)tet toerbeit, al§ toäre iljr £eib unbe* rüf>rt, benn nur bcnt ^ange ift fie getoidjett." SDie Slnbereit ftimmten i()tn bei nnb e§ fragte fid) nnr nodj nnt ben £ag ber 2(n§füf)rung. S)a Oerriet ber Sntfdjer bc§ ©taroften, ein Srnnfenbofb, ba^ ber ©taroft an einem greitag oerreifett nnb am ©onntag baranf toieberfontmen nnb bie Sütta tanfen (affen toode. ®a^ ranf OerfammeUe ©imon toiebcr bie Scanner xtttb a(3 (Sinige eintoenbeten, c§ fei ja bie üftadjt üon greitag anf ©abbatf) nnb ba bürfe ^nait feine Arbeit tf)itn, ba rief er: „2£a§ toir tf)im toodett, ift @otte§toerf, nnb ba£ bürfen toir an ®otte£ Stage oerridjten," 3>em
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3unt geicfjen gogeit fie and) iljre Sterbefleibcr au, wie am Sage bei* SSerföljnung. Unb fie überfielen in felbiger üftadjt ba§ Sdjlog. 2lber al§ fie gur Süttä fanteit, ba fd^rie fie: „gurücf, id) gehöre gu iljnt, id) bin fein Seib!" — „S)u lügft," erwiberte (Stnton, „£)u gedurft 31t un3! Unb wenn Sn nun aud) felbft greube barait fjaft, eine» Triften SDtcljc 31t fein, Woljlan, fo führen wir Sidj fort, bamit ($otte§ ^eiliger üftame nicfjt länger burdj Sid) befdjimpft Werbe.'1 Unb ba erfannte fie, bafs fein (Sutriuuen War, unb bat nur noch, baft fie iljr $inb mitueljmen bürfe.. Sie 2luberen meinten: „Sa§ $inb gel)t un§ uidjt£ an!" aber (Simon fagte: „(£§ ift ja bodj iljr gleijd) unb 23lut!" unb fie liefen e§ il)r. £Rod) in felbiger üftadjt Warb fie Weit, weit fortgebradjt, gegen bie (Srenge l)in. Unb ber Staroft I;at fie nimmer gefunben, bemt Wir fj alten gufammen unb e§ ift fein Verräter unter uu8. Ssergeblidj lief* ber (Staroft meinen Simon unb bie aitbereu $8orfteIjer im Werfer fdjmadjteu, er brachte nid)t§ l)erau£ unb mufde fie enblidj Wieber enilaf jeu. Sd)on glaubten Wir bie §eimfud)ung vorüber — bann fam Wieber jene» gefi — - ber fdjWarge Sag — unb f)ier Ijaben fie ifjn erfcfjlageu. Selj, wel) mir!"
Unb wieber beginnt bie alte grau 3U Weinen unb gu Hagen. @rft nadj einet Seile Wagt ba§ 9JMbd)en bie leife grage: „Unb Wa§ warb au§ ber gütta?"
„2lu§ gludj wirb gludb) !" erwibert bie $llte bumpf. „Sie brachten fie in ein einfameä Sorfwirt§= I)au§ in dhtjdanb unb ba blieb fie ben Sinter über, gm grii^ling aber, al£ ber Staroft felbft 31t fitdjen
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begann, führten fte fie Weiter ins £aitb hinein. 3ß* £'inb ftarb eines Borgens auf bem SÖege, aber fie tonnten eS ißr nicht entreißen unb fie ßielt eS in ißren Sinnen. Slm Stbenb aber tarnen fie öor SKoßilew an unb bort ift feine 23rüde über ben S)niefter, man muß im $aßn überfeßen. Unb Wie fie fo im blaffen 9ttonb= ließt hinüber ruberten, ba fpürten fie plüßlicß eine ©rfdjüiterung beS $aßn;S. £>ie Sütta hatte fid) er= hoben unb War, ißr totes $ütb im Slrm, in bie bunfle glut gefprungen. — SluS glud) wirb glitd)!" . . .
. . . Unb bie Sonne geht auf, bie Sonne beS gefttagS. «gjerr Santo (Sgupfa erfdjeint wieber in ben Straßen unb treibt feine SBagabunbett oor fid) her, aber bieSmal tragen fie $örbe öoll grünen SaubeS unb SJlumen unb beftreuert bamit bie SSege, welche bie Sßrogeffion Wanbein foU. $)ann brößnen ade ©loden unb ber feierliche 3ug formiert fid). SSoran eine SDtufif, bie feßr fdjön fpielt, Weber auSfdjließlidj 23läfer, uod) auSfcßließlid) Streicher, fonbern ßicr geßt ber SSiolinift neben bem Trompeter — jeher, wie er fann. ®ann bie Scßitlfinber unb bie weißgefleibeten (Sngek d)en, ßierauf bie ©eiftlidjfeit mit bem Slllerheiligfteu unb hinter ihnen her ber SöegirfSßauptmann, ber üöes girfSridper unb ber Steuereinnehmer. Slber in ber Eftaffe beS SBolfeS, bie nun üoriibergießt, ift ©iuer, ber fo mächtig unb würben oll einßerf freitet, wie bie >Drei gufamnten. Sh1’ erratet ißn fd)on!
Unb fo gießen fie ßin oon einem Elitär gunt an¬ bereu unb fingen laut: „Te deum laudamus!“ Elber in einer üerbunfelten Stube ber Subenftabt fißt eine
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alte grau mtb fuirfdjt, tt>emt fie bie Sötte f)ört: „glud) ben Triften!" — unb im ©cf)lof3f)of ftefjt ein ®rei» uub blicft 51t feinem ttmljnfinnigen |jerrn empor, ber oor grcube langt, unb fnirfcfjt: „glucf) ben guben!"
. . . 2öir ttodett nidjt bie traurige grage ent- fd^eibeit, ioer boit S5eibeit bie§ mit größerem 9ted)te jagt. 5lber ein attbereä Sßort laftt un§ au§fpred)en am 8cf)luffe biefer büfteren ®efcf)id)te. Surd) bie gal)rf)unberte unb bi§ in unferc Sage hinein Ijat bie Süge fortgeflungen, ba}l nur ber (glaube felig ntadjt, bie Siebe aber blinb, unb e§ ift nidjt gu gälten, mie niel 23lut unb Suchten um biefer Süge finden ge^ floffeu finb. Sa£t m§> enblidj bie 28al)rf)eit begreifen, bafj nur bie Siebe felig mad)t, berÖlaube aber blinb, unb lagt un§ bafitr fämpfen, adort§, adimmer, mit gangem «bergen unb mit ganger $raft. Unb bann merbeit auf Arbeit feine (55efcf)ic^ten nteljr gefd)el)eu, mie biefiom finlben@taroften unb berfdjönengütta! . . .
©ae „'Rtnö btt ^§üßne“.
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foit einem Ätnbe fjaitbelt btefe ©efdjicßte. (£§ fjieß Sen uitb mar nierjäljrig, unb Ijatte fdjmarge, gtöngenbe §aare unb große bunf'te Singen. ®tefe Singen ober maren nicfjt glängeitb, mie ein Schleier lag e§ über irrten unb über bem blaffen, garten ©efidjte be§ flehten 9ttäbdjen§. @3 mar feljr armer Seute $inb unb fjatte ein eingigeä Äteibdjen, ba£ arg geflicft mar, ba§s felbe für bie Samftage, baäfelbe für bie Söodjentage; man fonnte fanm nocf) bie urfprünglid)e garbe be§ gelben ^iße* ßerau§ erfennen. Slber baljer rütjrt jener Sdjleier nidjt. SSa§ mußte Sea non ber Slrrnut?! Sille Sage mürbe fie fatt; mettn nicßt gang, fo bodj Ijalb fatt; alle Sage burfte fie im Sonnenfcßeiu fpielen, fo niel ißr beliebte. Unb ben aller fd)önften (Spielplatz ßatte fie, ben man fidj nur münfcpen famt, groß unb grün unb ftill, unb ungültige S3 hinten muffen ba unb mit ferneren Sölütengmeigen neigte ficfj ber «golnnber über nielen, fetjr nieten Slußefißen. Senn £ea§ Spielplatz mar ber Suben- friebßof gu 23arnom. ©§ mar eigen, menn man ba3 ernfte $inb fo ftill gmifcßen ben ©räbent eittßergefjen faß, ober menn e£ auf einem ber Steine faß unb gufaß, mie bie luftigen ©olbfäfer baßintiefen burd) ba$ aufs
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fptoffenbe ©raS. 5lber aitdj baljer rührte jener (Soleier nidjt. SßaS tourte £ea öoit bent Tobe? ! Ter SSnter mar tot, baS tourte fie, unb Totfein fjeifjt fdjlafen imb niemals, gar niemals tnefjr junger fj ab en. Unb tote f)ätte fie etma fonft ber tägliche 5lnblid ber ©räber be; trüben fönnen?! . . . üfteitt, baS mar’S nidjt, nnb audj bie Snben in 23arnom logen, mentt fie fagten: „TaS SHnb ift nnn einmal ein ,SHnb ber ©itfjne4 — mie foHf eS ein anber ©efid)t Ijaben?!" . . . üftein, ein Erbteil mar jener 3U9 beS SeibenS in bem blaffen ©efidjtdjen. Tie arme Miriam ©olbftein f)at bieS $inb unter einem §ergen getragen, baS oon fdjmerem Kummer gequält mar, öon fdjier unfäglidjem ©eelenfdjmerge. Unb blutige Tljränen maren auf baS 2lntli£ beS f leinen 2BefenS ge? faden, als eS an iljrem Söttfen lag. 5lud) fold^e Tljränen oertrodnen, aber fie laffen eine ©pur gurüd. Tie Heine £ea trug in iljrem 2Intlip bie ©pur ber Tljränen, bie einft iljre üftutter barauf gemeint fjatte.
Tenn fpäter, als baS $inb IjeranmudjS, ba meinte bie Butter nidjt meljr. Tie arme SSitme fjatte bagu feine ,3eit meljr. Ten Tag über mufjte fie f Raffen unb forgen unb beS ÜftacfjtS fanf fie ermattet !§in. Unb felbft menit fie aufmadjte unb fo nadjgrübelte über iljr partes, armfeligeS Seben, audj ba meinte fie nidjt. Tenn gum ©djluffe fonnte fie bodj immer fagen: „©ottlob, mein ®inb nnb idj, mir braudien meber gu betteln nodj gu öerljungern. ©ottlob! baS $inb ift gefunb!"
„TaS $iitb ift gefunb !" Tie Miriam ©olbftein, bie Sßitme beS Totengräbers gu SSarnom, bie oott ber ©emeinbe als Sßitmeugefjalt ein HeiiteS ©titbdjeu
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in ber |jiitte am griebf)oftf)or eingeräumt erhallen, bte ben Tag über für frembe Seute mufd) unb näfjte, bte arme grau meinte audj be§ 9£ad)t3 nicfyt in fdjfaffofen 0tunben. 3fjr SHnb mar gefunb — id) frage ade äftütter: marum fjätte ÜMriant ®ofbftein meinen fallen? !
0o fanten nnb gingen bie Tage. Die f feine Sea marb oierjäfjrig nnb fpielte ben 0ommer über auf ben ®rabpgelit, nnb fdjfüpfte ftid, aber fröfjfid) unter ben ^ofunbergmeigeu fjiuburdj unb unter ber Söäfdje, meldje bie Üdiutter an langen 0triden über ben (Gräbern gum Trodnen aufgeljängt fjatte.
Dann aber fam ber |jerbft unb bie füllen, feuchten $tbenbe. @3 hämmerte früfj, bie arme grau fam erft immer in ber Dunfeffjeit fjeim, unb ba§ $ittb martete fo fange gebufbig in ber Kammer. (S§ muftte ja bod), baf$ ettblid) braunen ber mofjfbefannte 0d)ritt ffittgen rnüffc, unb bann tfjat ftd) bie Tf)ür auf unb bie Butter rief „Seal" ttnb ba§ $inb ftürgte in bie auägebreiteten $lrme. Dann machte bie dftutter Sidjt unb geuer unb fod)te für fiefj unb ba§ $inb eine marrne 0uppe.
2Iber einmal, an einem trüben falten 0eptembers abenbe, mar e§ nidjt fo. 2Bof)l fam bie SSäfc^eriu Ijeim unb rief ben kanten ifjreä $inbe§, aber e§ fam ifyr nicf)t entgegen. Die grau ntadjte gitternb £idjt. Die 0tube mar feer. „£ea!" rief bie dftutter nod) einmal laut, gedenb. teilte Hntmort. 0ie Iie§ bie erhobenen |jänbe mie gelähmt finfen. ‘Dann raffte fie fidj auf unb ftiirgte in bie Sßofjnftube ifjre§ !ftad)s bar3, be§ Totengräber^, ber einft ber ®el)ülfe if)re$ Sftanneä gemefeu unb nun fefbftänbig ba§ ämtdjen
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oerfafj. „Sftein $inb!" fdjrie fie, „mo ift mein $inb?!" ©er 9Kamt unb fein SSeib faljeit bie arme Miriam an, al§> märe fie maljnfinnig. „SSofjer füllten mir'S miffen?" fragten fie enblic^ gögentb. — „(§& ift öer^ fdjmunben, Ijelft, Jjelft!" jammerte bie SSergmeifelte nnb ftürgte l)ittau§ in bie dtadjt, auf beit grieb'fjof.
©e§ ©otengräber$ Söeib lief fudjenb auf bie |)eerftraf$e gegen baS (Stcibtd;en gu, ifjr 9ttamt folgte ber armen Butter. (£r fannte fid) feljr gut au§ unter ben |)ügeln unb ben ©teilten, aber er öermodjte 9J?iriam nicf)t eittguf)olen. SBie ein gcf)e^te§ Sßilb eilte fie über ©tod unb ©teilt, halb ftiejs fie fid) an einem @5rabftein, halb ftofyerte fie über eine SBaurnmurgel, aber üormärt§ rannte fie unb frettg nnb quer, itub fdjrie in ©obe§s angft immer mieber ben tarnen il)re3 Sinbe§. ©er ÜUtonn fannte biefeit Drt unb ade ©djredeit biefeS Drteä mären iljnt ein Mtäglidjeä, unb bennod) fträubte fid) feilt §aar üor (ünttfetgen, al§ er fo in bunfler -ftadjt über bie (Gräber lief, unb ber Sftotfdjrei be§SSeibe§ immer mieber an fein Dl)r fd)lug. ©o näherten fid) SBeibe ber ©tede, mo ber griebljof non bem glufjbett begrengt mirb, üoit beut SBett be§ tiefen, langfam unb träge baljin flutenben ©ereb. „©er fjaun ift fdjabljaft," fliifterte ber ülftann üor fic^ Ijitt, er magte ben ®ebanfen nic^t auSgnbeufen.
$lber ba§ ©djidfal mar barmljergig gemefen. 2ll§ bie Reiben längä be§ ,3auiteg ^in.eilten unb Miriam mit faft oerfagenber ©timme ben kanten be§ $inbe3 fcfjrie, ba marb plö^lidj hinter einem ©rabftein Ijerüor ein büitne§, gitternbe£ ©timmdjen üernefjmbar, ba§ „Butter!" rief. ©a§ Heine 9ttäbd)eu Ijatte fid) beit
St. gratis o>3, Silben t>. 99arnoit>. 10
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Tag über miibe gelaufen unb war oon ber Dämmerung an ber entlegenen ©teile iiberrafdjt worben. ©o hatte e§ fich benn ^ingefe^t unb War etngefdjlafen. Ta§ $Hnb begriff faurn, warum bie Butter e§ fo Saftig empor unb an i^re SBruft ri§, warum fie if)m ba§ Heine 5lntlit} mit tanfenb Hüffen nnb ^^ränen bebedtc. Sangfam trug fie e§ in ba£ |jäu§cf)en §nrü(f ; ber Toten¬ gräber folgte if)r; auch er mar erfreut, aber bennodj fcf)üttelte er beu $opf unb murmelte: „(£§ Ijätf mich nicht gewunbert, Wenn wir ba§ Sinb tot gefunben hätten ober gar nid^t. Ta§ ,grope ©terben‘ foH ja wieber tyerant ^ie^eu; man fagt, e§ ift fdjon bei ben Türfen . . ."
5lber Miriam oernahm biefe fonberbaren SSorie nicht, ©ie trug ba§ $inb in ba3 ©tübcf)en nnb bettete e3 ba Diel Weidner, al§ gewöhnlich, nnb ftrich ihm ba3 $aar an§ ber ©time nnb füfjte e§ unzählige SDZale. Tann ging fie gu ben Nachbarn h™über nnb banfte ihnen, nach SSeiberart, mit feljr üielen Porten. Unb Öarauf !am fie in ihr ©tübchen guritd nnb banHe auch ®ott. Ta§ aber tljat fie mit einem einzigen langen, langen SSlid gegen §immel.
©Olafen fonnte fie nicht; fo hodte fie bemt neben ber Ueinen Sagerftatt hin nnb blidtc il)r fd^lafenbeö $iub an. 5lber «gjintmel! wa§ war ba§?! Tern armen SBeibe gerann ba§ 33lnt Wieber gu (£i3. Ta§ fonft fo bleiche 5XntIi^ be» $inbe§ War fieberhaft gerötet, bie 5ltemgüge gingen fdjwer nnb rödhelnb, bie «gjänbe nnb bie güfjdhen waren falt nnb ber $opf gliihenb heij3. „£ea, bift Tn Hanf!" rief bie Butter, „fpridj, mein £eben!" Ta§ ^inb öffnete beim Klange ber
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ttofjlbefamtten (Stimme bie Äugen: fie toareu uid>t glangfoä me fonft; ein frembe§, uufjeimfid)e§ geuer gliifjte in itjnen. „dftid) friert!" ftammelte ba§ $inb, bann fdjfoft e§ lieber bie Gingen nnb bie |jänbdjen griffen in frampffjaftent ^liefen an ber Tede untrer.
„Ta§ 5Hnb ftirbt ! . . ^Die Sßittne fpracC) e§ nid)t au§, aber fie füllte, tt>ie ifjr ber (Skbanfe riefen- grofj über (Seele unb Körper fam, baf$ fie fein ©lieb git regen bermocf)te. Tann aber ermannte fie fid), rifj ba§ bitnne Tudj öon ben (Sdjuftern nnb itjr geiertagäffeib au§ ber Trufje unb bedte 23eibe§ über ba§ $iitb. (£§ fror fie heftig, if)re 3äljne fd)fitgen aneiuanber, aber ft>a§ achtete fie ba§? (Sic ftür^te ttneber §ur Sftadjbarftube unb rüttelte an ber oerfcf)! offenen Tfjitre. Tie arme grau ioodte xfyxen dtocpar bitten, fjerübergufommen unb gu fefjeit, tt>a§ bem $inbe fe^Ie. ‘Denn ein Totengräber oerfiefjt unter ben Suben jener Saubfdjaft meift nod) ein anbereä Ämt: er toartet bie Traufen. 28er ben Ärgt nidjt ruft, ruft bod) ntinbeften§ ben Totengräber. Äber ber 9flamt toar in ba§ 0täbtdjen gegangen, um bie Sftadjb: ttacfje bei einem eben Verdorbenen gu galten, bei bem reidjen SCftofeä greubentljaL 9^ur fein 28eib fam unb loadjte mitfeibig mit ber 28ittt>e. „(£§ ift nur eingieber," tröftete fie, „ba§ $inb f)at fic^ erfäftet. ift nur ein gett>öf)nlid)e§ gieber, fe^t, nun folgt auf bie $äfte bie |ji|e." Sn ber Tljat gfüfjte nun ber gange Körper be§ $inbe§ uttb bie Butter mufjte ade Teden entfernen. Tie grauen fo djten einen Tf)ee au§ fräftigen Kräutern, aber babon mochte ba§ $ittb nid)t§ nehmen. Sattg- fam, fangfam verging bie furd)fbare Sttadjt.
ber borgen graute, fant ber Totengräber bott feinem traurigen $lmt ttad) §aufe. (Sr trat an ba§ Säger be§ franfen $inbe§ unb fdjüttelte ben $opf. SSers gtt>eiflung§üolI rang bie Butter bie ^änbe bei biefer ©ebärbe unb ftöfjnte leife auf. Ter Sftaun füllte 9ftits leib mit il)r. „(S§ ift niept gefäplid)," fagte er gogernb. „Ta§ $inb mirb mol)l mieber gefunb merben."
„Sagt mir bie 2Ba^rf)eit," bat Miriam, „ben Toftor nrid idj jebenfatl§ rufen."
Ter Totengräber gudte bie2ld)feln. „Ter Toftor ift in 3alefgcgt)fi,feit ad)tTagenf<pn,beiber$lffentierung. ^Xbcr mär' er aud)l)ier — bem $inb fann fein Toftor fj elfen!"
„5llfo mujs e§ fterben?" fragte Miriam leife; fie mar bem Umfinfen nap.
„$ein Toftor, mein' idj/ mieberljolte ber Totere gröber lang] am, „nur ein frommer 9ftann, ein Diabbi. $eute um gep Up ift bie 23eftattung be§ alten S0^ofe§ greubentpl. Ta fommt unfer fHabbi mit prang. ^Bittet ip, ba§ er ba.§ $inb anfiep unb fegnet. (Sr ift ein frommer Sftann, üiedeidjt ift feine eigene straft grofj genug, gu retten, DieÜeidjt giebt er (Sud) einen fftat." Tamit ging er pnau§, bem neuen Hnföntmling bie (Stätte gu bereiten, ©ein SBeib folgte i§m.
,,3d) follt’ eigentlich gleid) gtoei Gräber graben," fagte er unb ftieft ben (Spaten in bie (Srbe.
„Tu meinft ba£ $inb?" fragte fein SSeib. „Tie arme üMriam — baji ©ott bepte ..."
„Sa!" ermiberte er, „c§ tpt mir felbft ba§ |jerg mel). 2lber ba giebt e§ feine 9ffenfepnptlfe. SOTan fagt, ba§ .grop Sterben4 fommt mieber. (3>ott roiH
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un» ncrfdjoneu, er nimmt nur ba§ ,$ittb ber ©ü§ne‘, ba§ mir ifjm beftimmt tjaben."
„Um (55otte§ mitten!" fdjrie ba$ 2Öeib auf, „ba- rum foll ein unfdjutbig Seben öergef)en?"
*3)er üftantt gudte bie 5ld)feln. „üBa§ mittft £)u frömmer fein, at§ unfer frömmfter Sftabbi? 2Sa§ mitlft $u geredeter fein, al§ ber grofie Sfteb ©rotce, ber SSuu^ berrnbbi non ©abagöra, ber e3 fo emgeorbnet tjat?!"
2)ie grau öerftummte . . .
%
28a£ ^atte ber 2öuuberrabbi angeorbnet? Söarum nannten fic bie§ $ittb ein „Sinb ber ©ütjne" ?!
Unfjeimtidj, riefengrofi, ein entfe^Iicl;er SSitrgengel bc3 «fperrn, mar im Safjre be3 Untjei(£ 1831 eine bi§s t)cr ungefannte $ßeft über alte Sauber gefomnten. SRan nannte fie bie (Sfjotera. SSont fernften Dften fam fie, in ben fernften Sßeften brang fie nnb oeröbetc bie ©töbte nnb beüölferte bie ($rabftätten. gurdjtbar tag fie über ben fdjmutügen, armfetigen ©täbtdjen berbo; botifdjeit (Sbenc; mie gtiegen fanfett Ungäfjlige bat) in, nnb nidjt 9Renfdjentjänbe genug gab e§, bie Soten gu begraben. $ein |jeilmittel rettete, feine £ebett£meife fdjiibte. Stumpfe Ergebung fam über bie 9Rcttfdjen, ober mitbe, ingrimmige SSergmeiftung. Unb ($ott tiefj c§ gefcf)ef)en unb öon (55ott fam feine $ütfe! ©ie fdjrieen gu ifjm unb er t)örte fie uid)t . . .
SSarum? marurn?! ütöar e£ beim nidjt i^r (55ott, gu bem fic ftef)ten, ber ®ott if)rer SSäter, ber ©tarfe, (Scredjtc, föingige?! §attc er feine Dtjreit mef)r, um gu tjören, feine Strme mefjr, um gu Reifen? SSarum
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müietc er plö^M) gegen fein eigen Volt, marum fdjonte er nid)t einmal bie ©Uten nnb <55erecd)ten? !
Sie (^ebanfen biefer unglüdlidjen dftenfdjen be^ gannen fidj §u öermirren. gür fie gab e£ ja nur ein £id)t in iljrem Seben: iljren (Glauben, nnb biefer (Glaube trog fie. ©ie faxten e§ nicd)t ! Sa laut über fie ein anberer ©ebanfe, furdjtbar, gerfdjmetternb nnb bod) gugleidj troftood. 2öar il)r ©o tt nidjt and) ein ©ott ber diadje?! 2Bar er nid)t ein eiferooder (55ott, ber jebeit greüel graufam, unerbittlidj füljnte? Unb menn er tjeute feine §anb auf ©uteu nnb Vöfen fo fürdjterlid) laften lieft, gefdjaf) e£ nidjt öiedeidjt be^ljalb, meil bie Vöfen fünbigten nnb bie (Bitten biefe ©ünbeu ungealjnbet nnb ungerädjt gefdjefjen liefen?
„Peinigen mir un£!" erfdjod plöftlidj ber gedenbe fRuf burdj ba§ unglüdlidje, öerblenbete, Ooit 2lngft nnb Trauer gepeitfd^te Sold „©udjett mir ben $reöel auf in nuferer SCRitte unb oerfölpten mir burd; feine Ve? ftrafnng ©otte§ ,3orn!" ttttb reinigten fid) . . . ©in Volfögeridjt entftanb,ein unl)eimli<^e§©eridjt,ba£ im Suntel prüfte, im Suntel entflieh, im Daniel ftrafte, gram fant, grimmig, mit einer (bemalt, ber mau nid)t entrinnen tonnte. ©§ ^attetanfenb Gingen unb taufenb^lrme, nnb mar bod) uufid)tbar nnb uufaftbar. ©ie „rädjten ©otte§ Ijeili' gen tarnen", unb in ber Sljat mag in jener 3eit mandjem Verbredjer, ber ber Suftig be£ ©taate$ entronnen mar, bie ©tunbe ber Vergeltung gef plagen t)aben. 5lber mit mie öiel unfdjulbigem Vinte fidj bie Söaljnfinnigen beluben? ! ©£ finb in jenen büfteren Sagen Saaten gefd)et)en, baft ba£ $erg erftarrt, menn man i^rer gebeult,
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Slber bie ©eitere Warb nur immer furchtbarer unb bösartiger. Unb nun legten auch bie wenigen Birgte bie «fpänbe in ben ©chog. ©ie fonnten nun nicht einmal linbern, gefdjWeige benn erretten . . .
SDa liefen bie SCftenfchen ab, gegen eiuanber 31t Wüten. £>ie wadjfenbe 28ud)t beS UnglüdS machte fie Heinmiitig, ja entf erlich feig, ©ie wagten e§ nic^t ein* mal mehr, felbft 31t ©ott 31t beten. (Sin Zuberer, ein Vermittler, foltte cS für fie tl)un.
3u biefem giirbitter wählten fie ben SRabbi oon ©abagöra, einem f leinen ©täbtehen in ber Vufowina. ®er Stlcann l)ief3 ohnehin feiner angeblichen Xljateu Wegen allgemein ber „SSunbermann". (Sr foHte helfen unb erlöfen, burd) gleljen oor ®ott, burd) eigene X^at. 2)enu er War ja in ber Meinung jener Unglüdlichen ber 9)?ann, aus beffen ©efchledjt einft ber (Srlöfer ers , flehen würbe, nnb e§ ging bie ©age, er trage auf ber innent «ganbflädje baS SSah^eichen beS föniglichen ©tammeS 2)aüibS, baS Slbbilb beS £öwen, feltfam als äußeres Reichen Göttlicher ©enbnng in bie |jaut eins gegraben, $)arum rafften fie (§5elb nnb ^oftbarfeiten 3ufammen, unb felbft bie 5lrmut opferte ihre |jabe, ben $iabbi 3U befd)en!en nnb fo 3m; gürfpradje bei ®ott 3U oermögen. 3)er uneigennützige ülftann üerfprad) 3n helfen. „3hr 2Mc höbt (Sott beleibigt," oerfidjerte er, „3hr ^Ide müßt Vuße thun. " Unb er f djrieb Vu fjtage au£, unb pünftlidj, fdjier graufam, Warb gaften nnb $afteiung burcb)gefü^rt, benn bie 5lngft oor bem £obc wachte über ber (Srfülluug beS (Gebots. (SS Hingt unglaublich, aber eS ift wahr, baß in jener ,3eit brei Wochen ^inburc^ bie gefamte
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jübifdjc Veoölfentug jener öftlidjen fiaitbc nur jcbcn gU?eiten Sag (Speife unb Sranf genop.
Sie folgen fwb leicht 51t begreifen : über bic gc« marterten, gefdjtoädjten Körper fam bie (Seuche mtr um fo rafdjer. Ser fRnf beS Üiabbi ftanb auf bem (Spiel unb bamit bie ©inträglid)feit feines ©efdjaftS. (Sr erfann ein anbereS SWittel. ,,©ott am meiften Wohlgefällig," öerfünbete er, „ift bie Vermehrung feiner ©laubigen. Sebe ©emeinbc ftatte ba^er eilt ober mehrere *ßaare aus unb oermäl)le fie — ein Opfer bem erzürnten ©ott — auf bem griebhof."
SaS SKittel hatte üerfdjiebeuen ©rfolg. S’n manchen Orten bewirf te bie 5lufammlung ber 3Kenfdheu auf bem griebhof, bie©d)Welgerei bei bem §od)3eitSmahl,uur noch ein üföachfen ber (Seuche. 5lnberwärtS aber fchabete baS Wahnfinnige ÜDUttel nicht, Weil baS „grofje (Sterben" ohne« l)in im Slbnehmen War, unb halb baranf erlofcf) biefeS.
SaS SQcittel blieb in ©riitnerung. Unb als baS Sahr 1848 herauf am mit alT feinem gfreiheitSjubel unb all' fei= ncnSobeSnöten,unb als and) baS „gro^e (Sterben" wieber heraugefd)lid)eit fam burch bie (Steppen beS OftenS, ba griffen bie@eängftigten wieber 31t jenem Mittel, unb aller« ortS gab cS wieber foldje fchauerlidje «gjochseitSfefte.
«Ifo War eS and) in Vantow. SaS arme Sßaar, baS bort — of)ne gegenfeitige Neigung, burd) ben SStUett ber Vovfteher — erwählt, mit fitmmerlidjem §eiratSgut bebadjt unb bann mitten gwifdjen ben fri« fcheit ©räberu getraut würbe, War 9ßatf)au ©olbftein, ber Totengräber, unb SDWriam Stoth, bie blutarme Söaife, bie im $aufe beS ©emeinbeöorfteh.erS als
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9)?agb biente. 0ic faljett fid) eigentlich 311m erfteu SDcale rcdjt an, als fie bereits unter bcnt Srauhimntel ftanben. 9lber bie ©Ije, bie fo ptö^Iidf), in fo gräfc lieber Umgebung, 3U fo traurigem 3mcd; gefdjloffett morben, mar bettnod) ftill unb frieblid). Ser $ned)t uub bie SDcagb — mer rnufjte beffer als biefe ben 0egett beS eigenen $auSftanbS 3U fd)äfeeu?
0o lebten £Ratf)au unb SOtiriam gliidlidj ntiteiuanber uub 3m ei Slittber mürben ifjnett geboren. Ser erfte grof?e 0djmei'3 fam über fie, als bie beiben Stüber plö^lid^ rafd) Ijinter einauber ftarben. SaS mar im 3aljr 1859. 2lber freuublidjeit @rfa^ mollte (55ott irrten gemäljren: imgrü^ ling beSfelbett SaljreS füllte fidj Miriam mieber Butter.
2lfS aber ber 0ommer jetteS 3al)reS inS £aub fam, ba fam and) mieber jener entfe^lic^e SSürgettgel auS Offen gefdjritten unb mieber ^ielt er fiirc^ter- lidjeS ©eridjt über bie oermaljrfoften jübifd^'polnifd^eit 0täbtdjen ber großen ©bene.
33arnom blieb »erfdjont. §ier fiel nur ein ein- 3igeS Opfer: ÜKatljau, ber Soteugrciber. ©re^euloS mar ber 0d>mer3 ber Söitme, bie nun in ifjrem ^ ftanb hoppelt IjülfloS mar. 3lber bie (§5emeinbe jubelte über beit gliidlidjeu Verlauf ber grojjen ^ranf^eit, unb als biefe and) ringS int fianbe erlofdjett mar, fanbte fie bie 9?ad)rid)t baoott mit Saitffagungeu unb ©efdjeufeu uadj 0abagöfa, an ben 0of)n beS SSmtbers manttS, ber beS SÖaterS ©efdjäft geerbt ^atte. Sie ©efdjenfe nahm ber 9?abbi au, bie Sauffaguitgeit lief? er fid^ gefallen, unb als ifjrn bie $lbgefanbten oott bem einzigen SobeSfafl berichteten, oerfichertc er: „3hr mar't
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©ott wohlgefällig, barum liefj er bie ©eud)e oor elf Sauren, !aum bafj 3hr ba§ Opfer gebracht, erlöfdjen. Dlber bie äftenfdjen, bie 3hr fo gütig bebadjt, waren ihm nicht Wohlgefällig. Tarunt Iie§ er bie $inber ftcrben unb bann — ein ©iif)nopfer für (Sud) Dille — - ben äRann. Unb wenn ba£ Sßeib wicber ein SUnb gebärt, fo Wirb aud) bieS SUnb nur barum leben, um bereinft ein ©iihnopfer für (Sud) alle gu fein."
@o fprad) ber Dtabbi, benn bie SÖitwe eines Totengräbers famt feine ©efchenfe geben. Tie STOämter aber lehrten heim unb oerbreiteten ben ©prudj unter ben Senten. Dlud) Miriam hörte baoon unb Weinte blutige Thränett barüber. Tann aber hotte fie feine 3eit mehr bagu; fie muftte arbeiten, um mit ihrem Stinbe nicht gu üerhnngent.
©o oergingen bie Saljte un^ fam ber §erbft heran, ber trübe §erbft oon 1863. Tie ^ßolen hotten fid) erhoben gegen baS gro^e SBolf beS OftenS, unb unheimliche# ©fcrüdjt ging burd) bie £anbe, ba{3 and) jener SBürgengel Wieber erWod)t fei, ber gräfliche SBruber unb ©efährte beS Krieges. Unb barnnt glaubte ber Totengräber nicht, bajj baS arme „Äiub ber ©ithne", bie fleine £ea, gerettet Werben fönne . . .
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T aS ^Begräbnis beS DftofeS greubentfjal war nor* über. (Sr war ein fehr alter DJtantt geWefen, gang üer^ einfamt; an feinem ©arge War feine filage, bie wenigen Begleiter gingen rafdj auSeinanber. Dludj ber alte $fabbi beS©täbtdjenS Wanbte fid) gum©ehen. Stuf bief en Stug eus= ölicf hotte bie SBitwe oon ferne bemütig geharrt. DU m trat
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fie bem dtabbi in benSßeg unb bati^naclii^rem^inbegu fefjen. ©ie fügte fein flel)enbe§ SSort fjingu, aber in ifjrer (Stimme unb bem SBlicf i^rer klugen lag etwas, ba§ bem alten Spanne unwidfürlidj an§ «gjerj griff. $leid)Wobl gogerte er einen Slugenblicf. TiefeS Sßeib War ifjrn peius lieb), war fie bodj ®ott nic^t wohlgefällig ! llnb wa§ nun gar oodenbS ba§ Stinb betraf, biefe£„$inb ber©üf)uc". . .
Slber er trat bodj in baS |jäu£djeu unb in bie Kammer. Tann beugte er fid) über ba§ Säger be£ franfett SinbeS unb faf) eS lauge an. ©ein Slntli^ War ftreng unb b)erb, als er fid) roieber aufrid^tete.
Sn töblidjer Slngft f)arrte bie Butter feinet $tu£s fprudjS. Sfber ber alte -Jftaun fdjwieg unb fd)idte fid) 3unt ©e^en an.
„Sßodi 8^r baS $inb nid)t feguen?" fragte baS SSeib be§ Totengräber».
„grau/' erwiberte ber Ü^abbi bumpf, „bem Äinbe hilft fein ©egen. Unb bann . . . icfj t^ue e§ nicht, eS Wäre ein ©ingriff in ben SSiden beS OTmädjtigen."
ÜDfit einem ©d)rei ftürjte bie Sftutter an ba§ Säger unb umfdjlang baS fiebernbe, bewufjtlofe $inb, als Wollte fie eS gegen jebe frembe §anb fdjüfceu, felbft gegen ©otteS |janb. Tann rief fie geüettb: „SBarum, D^abbi, warum?"
Ter alte ÜUcann faf) fie finfter au, bann fugten feine Singen Wie »erlegen ben S3oben. „Tu weif#/' fprad) er gögernb, „warum Tn Teinem Spanne anges traut worben bift. Tu Weif#, Warum er geftorben ift, unb Welche golgeit fein Tob bradjte. Tu weifst, Weld)e Sporte ber grofje fHabbi twn ©abagöra über Ticb unb
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Sein Stinb gefprodjett fjat. üftuit . . . unb . . . unb ba§ grojse ©terben gief)t lieber fjeratt . .
&>a£ Söeib oerftanb il)n. „W)\" fdjrie fie auf, e3 ioar ein unbefdjreiblidjer, fdjrider Saut be£ 8ammcr§ unb be§ Sorueg. SCRit gliiljenbeu klugen, mit flammen* beut Mtlib rid)tete fie fid) langfam üom Säger empor, bi§ fie beut fRabbi bidjt gegeuiiberftanb. Unb fo, Mg’ in Mg’, gifdjte fie'ä il)m iit£ Mtlifc: „Su Iügft, fHabbi, £)u Iügft! 93?ein SHnb toirb nid)t ftcrben! . . . ®ott ift weife, utilbe, gered)t, S>u aber, £)u unb 8J)r Me, 3d)r feib e§ nidjt! (beredjt Wodt 3fw fein unb fönnt oerlaugen, bafc ein uitfdjulbig $ittb für (Sure ©iinben büfje?! SDUlbe wodt 3^ fein unb Wünfdjt (Surem Mdjften beu S^ob ? ! SSeife wodt 8l)r fein unb fönnt glauben, ba^ @ott ba§ gutaffen wirb, itnfer guter, ftarfer, gerechter (55ott? !"
SSilb griff fie fid) an bie ©time, wanfte unb fanf befiunung§to£ gufammeu.
„($ott mag entfd)eibeu gwifdjen mir itub itjr," murmelte ber alte Ülftann unb oerliep bie ©tube.
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(Sin Sag unb eine Mdjt Waren oergaitgen unb e£ fdjieit, bafc ®ott halb etitfdjeiben Werbe gwifdjen ber armen grau uttb bem Mbbi. fdjien, baf; er für beu fRabbi entfdjeiben Wode, für beit Mmbermann unb bie fjarten, tfjöridjten äftenfdjen. 2113 ber borgen be§ gweiten Sage3 grau burd) bie genfter ber Kammer lugte unb bie Mdjtlampe f)in unb t)er fdjwaufte im |>aud) be3 falten §erbftwinb3, ber burd) ade ©parreit brang, ba
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ftacfertc aud) ba§ junge Sebeit nur nod) mic ein Oers föfdjenbe* $erglein oor bem eifigett ^aud) be3 Stobe3.
®ic Butter tocinte nid^t meßr. ^er tröftenbe Duell ber grauen mar ißr öerfiegt. 9Kit ftarren, trodenen Gingen fauerte fie neben bem ®ranfenlager. 9£ur gumeilen, meitn gieberfeßauer ben £eib be§ $ittbe§ burdjrütteltcn, äcßgte fie leifc auf. So vergingen bie Stunben, e£ mürbe Stag unb bie Stube füllte fid) mit 23efud)ern. ^aßlrcicße SSeiber gingen au§ unb ein, aber aud) einige üüJcäuner famen. 2SieHeid)t gab e§ aud) folcße barunter, bie ba§ SD^itteib gum 23efud) be^ mog, bie Reiften aber trieb ein ©efiißl ßierßer, ba3 au£ Selbftfudjt unb ©rauen gemifd^t mar. Stumpf unb gleicß= gültig fal) ÜDUriam gu, mie fie famen unb gingen. Üftur einmal erI)ob fie fid) unb feßrie milb auf: „©eßtlgeßt! (S& ift nod) nid)t§ gufeßen, ba§ $iitb ftirbt nod) ttießt!" darauf fcßlicßen bie Seute ftumm ßinau§.
2lm 9tad)mittag I)ielt ein SBagen uor ber «§ütte am griebßof. ©3 mar bie „SBritfcßfa" be§ ©emeinbe^ oorfteßerä unb eine feßr alte grau faß barin. 9D?ait ßob fie oorfießtig ßerab, unb ba bie ©reifin oßne frembe |)ilfe nic^t ntel)r geßen fonnte, fo mußte man fie in bie Stube tragen. $)a£ mar Sara ©riht, bie SBitme bc§ erfd)lagenen Simon ©rün unb bie 9Jhttter jener grau «£>amta, bereit ©efd)icßten man fo gerne ßörtc. §anna mar feeßgigs, fie aber adjtgigjiißrig, uitb mie jene überall „fabele" ßieß, fo marb grau Sara „Urbabele" (Urgroßmutter) genannt oon willen im Stäbtdjen, oon ©roßen unb kleinen, ©ßriften unb guben, unb e§ gab SUemanb, ber fid) nid)t oor ißrern
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Filter, iljrer 3Ski£l)eit mtb grömmigfeit eljrfurdhtöooll beugte. Sn intern §aufe Ijatte einft SDUriam al£ äftagb gebient nnb bie alte grau fjatte fie fefjr lieb gewonnen. £>arum ließ fie fic^ jetd, tro| be§ 28iberftreben§ ber Sljrigen, nicf)t abhalten, felbft gn fommett.
$D?an trug fie in bie ©tube nnb fe£te fie ba auf einen ©effel f)ht. $)ie SBitwe fah gleichgültig auf, bann belebte fid) ih^ S3ticf. „Urbabele", fcljrie fie auf nnb ftür^te ber ©reifin §u gilben. „Urbabele . . . ©ott lohn' e3 (Sucf) ..."
©iefpradhnidhtauä; ©dhtudhgen erftidte i^re©tintmc, nun fonnte fie wieber Wehten. Seife fuhr bie ©reifin mit ber gitternben|janb über ba§ oerhärmte Slnttit} ber SMeenbett. „©pridj itid)t3," fagte fie, wid) f ernte $)eine Sriibfat, fie ^abett mir Me§ berietet .... ©pridj nichts ! ^jör’ an, WaS ich £>ir fagett ntufj, hör' nttch ruhig an . . ."
$lber bann fonnte fie felbft bie Spänen nicht jurücfs galten, nnb fie rannen über iljr blaffe§,ehrwürbigeS2lntli£, als fie weiter fprad): ,,3d) Wei§ nicht — \6) bin nur eine alte grau, meine güffe wollen mich nicht mehr tragen — auch mein $opf wirb fdjou fdiwad), aber idh glaube, eS ift ein groff Unrecht, wenn Wir 3)ein $inb fo fterben taffen. Sa — ein grofj Unrecht. Uttb barum glaube idh auch, baS Jamt nicht ber SBiUe ©otteS fein, xtnb barum aud) nicht ber SöiUe beS großen fRabbi Oon ©abagöra, bentt er ift oom ©eifte ©otteS bef chattet . . ."
2)ie alte grau l)ielt einen Slugenbtid ittne unb fcf)üttelte ben $opf, als wollte fie einen ©ebanfen he- Kämpfen, ber il)r heimlich aufgefiiegett. SDannfuhrfie fort: „Sa, gewi§, er l)at Sßitnber getljatt; ©otteS ©eift fpridjt
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öu§ tfjrn. Uitb er Ijat nun einmal ba§ SCßort über SDid) uitb SDein $inb auggefprodjen, nnb n?ir müffen un§ an fein Söort galten. |)örft $>u, ob mir motten ober nidjt, mir müffen . . . SDemt menn mir an bem ©inen gmeifeln, fo gmeifeln mir an wittern . . . Unb barum Ijat and) unfer fRabbi bie garten SBorte itidjt oerbient, bie SDu geftern gu iljnt gefprodjen fjaft ..."
„Dl), menn 8f)t müßtet . . ."
„(Spridj nicf)t !/y SDie alte grau fdjrie e§ forntlidj, al§ träfe fie jebe§ Sßort ber Sßitme in§ §erg. „@pridj nidjt, entfc^ulbige SDidj nidjt, SD u braudjft feine ©nt= fdjulbigung! ttftein ©ott, mer fönnte £)idj barum an? flagen — e§ ift ja 3)ein $inb! 9)?ein ©ott, idj bin ja audj eine Butter . . . 2lber l)öre, ma3 ber 9tabbi gefprocfjen Ijat, fann nur er allein gurüdnefjmen — oer; ftef)ft SDumidj?! ... Scfj Ijab' meinen armen alten $opf gerqnält, id) fjab' feinen anbem $lu§meg ge^ funben . . . galjre nad) (Sabagöra nnb erbitte 3>ir bort ba§ Seben ©eines iänbe§!"
„Qdj fott ba* £inb in feiner $ranff)eit oerlaffen?" fdjrie ttftiriant auf.
„Qdj mitt für bie befte Wartung forgen," oer^ fidjerte bie ©retfitt. Unb bie grau be3 Totengräber^ fügte f)ingu : „Sdj mitt ©ein $inb pflegen, af£ märe e§ mein eigene^."
„SDätf? e§ beim fein?" rief bie uugtüdlidje Butter mieber.
„©§ mu| fein," ermibcrte bie ©reifin feft. ©amt aber fe^te fie feife uitb fdjmanfettb Ijingu: „©£ fdjeiitt menigfteu^, bafj cS fb fein ntufj. $ldj, nur ©ott allein
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Weifj ba§ 9lict)tigc. $ld), ÜJJUriam, wenn Su wiifiteft, Wie t)iet icf) gebaut unb gelitten f)ab' nnt Sid) nnb Sein $inb! 5lcf)tgig 3a§r bin icl) alt geworben, unb nie ift mir ein Zweifel gefommen an ($ott ober an bent Sßort feiner Sßeifen. Unb nun erft f)abe id) fragen müffeit: Sft e§ audfj redjt fo?"
Sann richtete fie fiel) Wieber auf, nnb fpradj feft, ja befeljlenb: „ÜDUriam, Su mu|t 311m fRabbi fahren, borgen in aller grüfje fäfjrt ©imott ber Sutfdjer mit gWei grauen nadj (Sgernowip. @r wirb Sid) bei ©abagöra abfepen. 3df) werb’ einen $ßlap im Söagen für Sief) mieten, unb f)ier Ijaft Su aud) (55elb für Qtfy rung unb Sftüdweg. 3»n brei Sagen fannft Su wieber guritd fein; icf) bin überzeugt, Su finbeft Sein £'inb auf bem SSeg gur 23efferung. SßiUft Sn e§ tljuu, Miriam? (S§ gel)t um bie gange ©emeinbe, bod) — ba£ bat Sid) nic^t 31t fiimment, aber e§ gebt um Sein $iitb — SDciriant, Willft Sn e§ tljuu?"
Sie arme grau rang einen garten $ampf. Qljr ®ottOertrauen batte fie belogen, ba3 $inb war immer fdfjwäd)er geworben. Unb ber (Srtrinfenbe greift and) in bie ©djneibe be§ ©d)Werte§, um fiel) gu galten. ©0 gab ba§ 2Seib nac^, ben 9ftenfd)en, welcher fie Oer? fludjt Ijatte, um ©d)onung angufleljen.
„Sd) wilF§ tl)un!" üerfprad) fie eitblid). (£3 ftang wie ein Sße^ernf.
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Unb fie tl)at e£. 5lnt uüd)ften borgen fuf)r fie im SBagen ©im 01t be§ $utfdjer§ mit ben beiben attbereit grauen att§ bem ©täbtd)eu unb hinauf auf bie ©trajie, bie gegen
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©itbcrt flirrt, in bie Sufomiua. 233te fie oon ifjrern $inb ^Cbfd^ieb genommen, mie il)r habet um§ «fper g gemefen — e§ foü §ier nidfyt betrieben merben . . .
£)ie ©onne ftieg empor, eine falte, matte ©pät* Ijerbftfonne unb fie fc^ien l)er ab auf ba£ öbe, fladfje ©elänbe unb auf ba§ armfelige ©efäfjrt, ba£ mii^fam bal)infd£)licf) im tiefen ®ot ber ©trafte. $)ann gogen fidj bie Sßolfen gufammen, eine graue fttiefenbeefe über ber traurigen, fcfjmu^ig braunen ©bene, unb bie'&ecfe toarb immer bunfler unb fenfte fief) immer tiefer l)erab, unb bann begann e§> gu regnen. Sau unb fcfjmadf), aber unabläffig ging ber «gerbftminb über bie ©bene, mie ein ©eufger. 9£ur manchmal marb er ftärfer unb rüttelte an ber Seinmanbbedfe be§ 2ßagen§.
Sangfam fronen bie ^ßferbe ba^in auf ber breiten, t>ermaf)rloften ©trafje, üorüber an entlaubten, triefen* ben Räumen, an nebelumfcf)leierten 2Sei §em, an arm* ticken Dörfern, bie hoppelt troftloS erfc^ienen im Sicpte biefeä troftlofen £age§. Sin mandfyer ©teile mar ber ©runb ber ©irafte flaftertief aufgemeiefjt unb ber SSagen blieb gang fteefen. 2)ann fliegen ©imon unb bie brei grauen unb müßten fidf), iljn mieber flott gu machen. Miriam mar fiefjerlid) bie fdjmädfjfte unter i^nen, aber fie arbeitete am meiften. üftur bann geigte e§ fiep, ba^ fie bei S3efinnung mar. S)enn bie übrige 3eit lag fie mie fd^lafenb, mit gefcfjloffenen klugen, in ifjrer ©efe unb gieberfepauer burd) rüttelten fie.
0, mie fie litt! ©ie f)ielt bie Singen gefd^loffen, aber flar, furchtbar flar unb quälenb ftanben if)r ent* fe&lidpe Silber üor ber ©eele. $)a§ Säger il)re£ $inbe3
SJ. ©. ^ranjoS, Suben bon Söantoto. 11
fa$ fte, unb rote ba§ arnte fleine SSefett feilte %cm^ d)en nad) xf) x au§ftredte. (Sitte ©eftatt beugte ftcf) über ba§ Säger; bie grau be§ Sotengräber£; aber uein! ba§ mar nid) t bie grau, ba§ mar eiue ©eftalt tu meinen, madenbetf ©emänbera, mit eiuem blutlofen, furchtbar entfteu 5lntlib: ber Sobe§engel . . . Hub mieber mar e§ it)r, al§ ftelje fte öor bem großen fRabbt in ©abagöra, bem finfteren, garten äftanne, unb ftefje if)n an, o fo innig, mie nur eine Butter flehen dann für if)r $inb, aber er meife fie fort mit fjarten Porten unb fie fornrne gurüd unb finbe if)r $htb unter ber (Srbe ! . . . Unb mieber mar e§ if)r, al§ §abe er fid) if)r freunblid) gugeneigt unb gefagt: ,,Sd) geftatte, baf$ bein $inb lebe!" unb fie fei fjeimgefeljrt unb f)abe i^r ®inb bennod) tot gefunben, tot . . .
Ö, mie fie litt! . . . gmmer unb immer unb unabläffig ging ber laue |jerbftminb über bie |jeibe* 5lber mar e§ toirflid) nur ber Söinb, ber fo flagenb bal^inftrid)?! 2Bie fid) ba§ ©eufgen nun ftärfer er^ob, ba üerftanb fie e§ auf einmal, ba§ mar bie ©timme ifjreä $ütbe§,ba£nad)it)rrief: „Sftutter!. . . Butter!" Saämar bie©timme Sea'£, unb bie Butter Ijatte fie allein gelaffen in i^rer fdjmerften ©tunbe, unter ben |jänben frember Seute. „Butter! . . . Butter!" — „|jabt gljr nid)t§ gehört?" fd^rie bie SBrütenbe milb auf unb faftte angfts üod nacf) ber §anb ber grau, bie neben ifjr fafj . . .
©egen bie gmeite 3£ad)mittag£ftunbe l^ielt ber Sßagen bei einer großen, einfamen ©c^enfe, bie auf bem Sßege gmifdjen Stufte unb ^alefgcgpfi liegt. §ier füllte turge 3Raft gehalten merben. SSor bem Sfjore
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hielt eine elegante, aber arg mit Sot befcfjmu|te Reifes falefdje; bie frönen, feurigen Wappen mürben eben mteber angefdjirrt „SDftriam, mir bleiben f)ier gmei ©tunben," fagte ber Sutfdjer. Unb bie SSeiber festen mitleibig ^in§u: „Somrnt, Miriam, fteigt au§, $hr rnüftt mcuigften§ eine marnte ©uppe effen, 3hr merbet fonft ernfttid) franf." $)ie grau gehorchte unb trat mit ben Ruberen in bie grofje 3ßirt£ftube. „geh barf nid)t franf merben," fagte fie laut üor fid) fym.
£)er grofje Otaum mit ben grauen, triefenben dauern unb bem fd)mu|igen, fd)lüpfrigen Sefjmboben mar leer. 9?ur an einem £ifd)d)en nafje bem genfter fafj ein junget, fd)öne§ $aar in eleganter fReifeflei^ bung, ein blonber 9Q?ann, na^e ben ^reifjig, mit milben, aber energifdjen $ügen, un^ e^ne fc^öne, junge grau mit bunflem §aar unb bli|enben braunen klugen in bem frifcfjen, mutmilligen ©efidjte. ©§ maren offenbar &euüermäfylte, ba§ faf) man an ihren ©tiefen unb ber fröhlichen, feligen $trt, in ber fie fid) beim ©peifen nedten. ©ie nahmen ein feljr ärmliches 9ftaf)t ein, e§ beftanb au£ ©rot unb (Siern. ®ie oorne^men Üteifenben fjatten mofjl bie etmaä eigentümliche Soft be§ Sanbrnirt^h^ufe^ üerfdjmäht.
£)ie brei grauen festen fid) in eine ©de. „®a§ ift ber |jerrDberförfter üon unferer grau (Gräfin," gif dielte bie eine grau ber anbern gu, „er hat fid) feine junge grau au§ ©gernomi| abgeholt uitb fährt nun maljrs fdjeintid) nach ©arnom guriid." — „üftad) ©arnom?" fragte Miriam ^aftig. ®ann aber fanf fie matt auf ihren ©i£ gurüd; fie mufjte ja nach ©abagöra!
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Sie Sßeiber befteEten Suppe uub audj Eftiriam na^m wenige ßöffel baüon. Sann aber fd^ob fie iljren Seiler gurilcE. (Sben trat Simon, ber ^utfcfjer, in bie «Stube, auf ben ging fie gu. „SEj bitt’ (SudE)!" bat fie, „müffen mir fo lange I)ier bleiben?"
„Sa, megen ber $ferbe," ermiberte er, „bi§ hier Ufjr."
„So lange?" feufgte fie. „2ßie biel teilen firtb mir bemt fdEjon bon 23antom?"
„Srei teilen, ber 2Beg ift fo fdjledfjt."
„Srei teilen!" mieberljolte fie erfd^recft. „SBann lommen mir ba nacE) Sabagöra?"
„Übermorgen gegen Mittag."
„Übermorgen!" fdjrie fie auf. „Sa fontm’ idE) ja nid)t bor fec^^ Sagen mieber gurücf. Unb ber Sabbatlj fommt bagmifcfjen! 5IIfo fieben Sage, eine boEe SßodEje! D mein ©ott ! o mein ®ott!"
Sie fefcte fidEj mieber in il)re Gscfe unb preßte bie $änbe bor§ 51ntlip. $lber e§ nüpte ifjr nidE)t§, baft fie bie klugen fd)loj3 unb bie ginger auf £iber fie fafy bodj aE' bie furchtbaren Silber mieber, bie fie auf ber|jeerftraj3e gequält Ratten. Unb mieber bernal)m fie bon fernher unb burd) bie dauern be§ |jaufe£ burd) ben gitternben $Ruf : „Butter! . . . Butter!"
Sie Sfieifenben Ratten ba3 3miegefpräd) m ü bem 5tntfd^er ange^ört, fie faljen ba§ Sßeib gu ihrem Sipe manfen unb riefen Simon fjerbei.
„3ßa§ if t'£ mit bem SSeibe?" fragten fie.
Simon lüpfte ehrfurdjt§boE feinen $nt unb bes richtete bem £jerm Dberförfter, maä er bon ber Sache
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mußte. Al§ er geenbet ßatte, faßen fteß bie beiben ©alten lange fdßmeigenb an. „©§ ift entfeßließ, Submißa/ fagte enblicß ber Dberförfter. „@o ein Aberglaube!"
„©£ ift entfeßließ, Sari," roieber^otte bie junge grau. Aller ßftutmiße war au§ beut blüßenben ©e« fießteßen oerfeßmunben, mit marmem ßftitleib faß fie nadß bem armen Sßeibe. Miriam faß noeß immer be* megung§lo3 ba, bie $änbe feft auf ba§ Antli£ ge« preßt. gieberfeßauer malten ißren Körper erbeben, aber ftärfere ©cßauer burcßrüttelten ißre ©eele.
$>er ^err ga^tte feine geeße, form fe^n $utfcßer einunb melbete, bie *ßf erbe feien eingefpannt,unb bie jungen ©Regatten legten ißreDberfleiber an. Aber fie gingen nießt; unfcßlitffig blieben fie fielen, „Sari," begann gögernb bie jungegrau. — „£>u rneinft, ßubmißa?" — „£)a§ arme, arme A3eib!" — „3a, Submißa, e§ ift ein ©lenb . .
Unb mieber blieben fie unfeßlüffig fielen. Miriam ließ bie $änbe finlen. Sangf arn,mie ermacßenb,ftricß fie fiel) über bie 0time. $)ann, al3 fie bie beiben Üteifenben feßon ^um ©eßen bereit faß, erßob fie fidß rafcß unb feßritt auf fie §u.
$or ber grau blieb fie fteßen, unenblicß fleßenb blieften ißre Augen, fie faltete ißre |jänbe, mie man fie oor ©ott faltet, aber fpreeßen fonnte fie nießt . . .
$)ie Augen ber feßönen grau ßatten fid^ mit £ßränen gefußt, al3 fie in biefe£ iotbleicße, gramer« füßte Antliß faß. „Sann icß 3ßnen ßelfen?" fragte fie.
„ßtoeß 23arnom," ftammelte ßftiriam, „neßmt mieß nadß 23arnom mit."
,,©em," ermiberte bie junge grau, „kommen ©ie uur, mir neßmeu 8ie gern mit."
„Unb ber Etabbi?" riefen bie beiben Subenmeiber. moEt nicfjt gum SHabbi?" Unb ©imon ber ®ut« fdjer flagte: „2Ba§ roiyb bie ©emeinbe fagen?"
Eftiriam rid jtete f id) auf. „Stögen fie fagert, ma§ fie moEen," fprad) fie, „e§ ift mein 5Unb — id) mufj gu meinem $inbe!" ^Cber bann oerliefjen fie mieber bie Kräfte unb ber oornef)me |jerr unb fein $httfd)er mußten fie faft gum SSagen tragen, ©ie festen fie in ben gonb neben bie junge $rau, ber |)err naljm gegenüber $ßtaj3. Di e arme Eftiriam mertte biefe ©üte gar nidjt unb bebanfte fid) nidjt. 9ßur al§ ber |jerr bem $utfdjer gurief: „galjr’ gu, ma§ bie ^ßferbe laufen fönnen!" ba blid'ie fie il)n bemütig b auf bar an.
©o fa(3 fie ftiU neben ben beiben fremben $err? fdjaften im Sßagen, unb nur gumeilen erfyob fie fid) ungebulbig, al§ ginge iljr bie gafjrt nodj gu langfam. $lber biefe ging fefjr rafd) unb e§ mar nodj Dag, al§ fie in ba£ ©täbtlein einfuljren. Die £eute auf ber ©trafje blieben üermunbert fielen, al§ fie bie feltfame ©efeEfdjaft im Söagen gemährten, unb ftedten bie $öpfe gufammen. Die junge grau tturbe rot. 5lber iljr ©atte f Rüttelte ben Sopf. „Sö3a§ fümmerfS un§?" fagte er. Unb al§ fie an bem großen ©tanbbilbe ber Eftuttergotte§ üorüberfuljren, ba£ oor bem Slofter ber Dominifaner ftetyt, ba tarn Üjnt ein feltfamer ©ebaute. ©r fagte leife oor fic^ fyin: ,,©ie Ijiefj and) Miriam unb mar ein arme§ Subenmeib, unb and) iljr Butter* Ijerg burd)bo!jrten bie ©djmergen."
Sn ber Dämmerung fjielten fie üor ber fleinen
§ütte am griebljof. 9iafd) jprang Üftiriam ab. „©ott lofjn’ e§ Sud)/ ftammelte fie atemlos.
„|)abt 8f)? einen 2lrgt?" fragte ber |jerr. „Sfoin," ermiberte fie. „Ter ©tabtbottor ift fort — gur 2lffentiermtg."
„©o fd)ide id) (Sudj ben ^errfdjaftlidjeu Sßunbs argt oom ©djloffe," rief er il)r nod) nadj.
©ie l)örte e§ aber nidjt mef)r. ©ie mar fc^ort brinnen in ber ©tube. Ta§ franfe $inb mar allein. (Sine Sampe marf iljren ©djein auf fein f)od)rote§, über nnb über mit ©d)tt>eif3 bebedte§ ©efid)tdjen. (S£ mar aber nur mit einer gang bünnen Tede umpdt. IHafd) langte Sftiriam einige Kleiber fjeroor unb bedte ba§ IHnb gu. „Ter ©d)meij3," jubelte fie, „ba§ ift ein ^eidjen ber Rettung."
©leid) barauf fam bie grau be§ Totengräber^, ©ie mar fefjr erftaunt, al§ fie $Pariam erblidte, aber fie magte es nidjt, iljr barüber einen Sßormurf gu rnadjen. „Tem $inbe mar fo Ijeifj," melbete fie nur, „ba Ijabe id) alle Teden entfernt/'
„Ta§ mar nidjt gut/' meinte bie Butter, „man barf ben ©djmeifj nidjt üertreiben." Tann lauerte fie am Säger nieber; Üjr mar’§, al§ müfjte nun Sillen mieber gut merben.
(Sine ©tunbe fpäter f)ielt ein SBagen oor bem §aufe. (Sin frember 9ftann trat ein; eß mar berSßunbargt oom ©djloffe. (Sr falj ba£ JHnb an, füllte nacf) feinem *ßulfe unb bedte e§ forgfam mieber gu. Tann liefj er fidj öon ben grauen bie Urfadje unb alle Qtidjen ber Shanfljeit ergäben. „(Sä mar eine grojje ©efaljr,"
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meinte er, afäfie gef djloff eit Ratten, „nuniftfieoorüber. (Sin grofje§ Ö5Iücf ift, baff fo richtig ben rettenben ©djmeif3 erfannt unb ba§ SHnb forgfam gugebectt Ijabt."
Miriam'§ klugen glängten. „Unb menn ba£ nicijt gef d£)ef)en märe?" fragte fie.
i)tx 5lrgt faf) fie erftaunt an. „2Bie 3f)r fonber^ bar fragt ..."
„$Intmortet!" rief fie, „idj bitf (Sudf), gerr £)oftor !"
„Ehm," meinte er oljne Söefinnen, „bann märe ba£ ®inb ficfjerlict) ober minbeftenä l)öd£)ft mafjrfcfjeins Iidt) geftorben."
„(Sott, idj baute 3)irl" rief Miriam. Unb ftotgen, leudfjtenben 23licf§ rief fie ber üftadjbarin gu: „ÜISoEt 3l)r noc^ behaupten, ict) fei öon (Sott oerflucfyt, id), an ber er foeben ein ftarfe£ ÜSSunber ooEbradjt f)at? (Sin SBunber mar'§, baff bie guten gerrfcfjaften gerabe in berfelben ‘Stunbe in ba§ 2Birt§l)au§ gekommen ftnb — ein SBunber, fonft märe mein SHnb öerloren gemcfen!"
£)a$ ®inb gena3.
Unb bie £eute üon 23arnom? hätten fie atjnen fönnen, baf3 e§ nur bie Siebe mar, bie Mutterliebe, bie f)ier bem «gaffe entgegen getreten marunbifjre fjeilenbe, erlöfenbe^raftgeübtf)atte, fie hätten mof)lnict)taufgeI)ört, ber Sßitme unb i§rent $inbe gu groEen. 5lber gier mar ja ein fid)tlid£)e£ „SSunber (Sotte§" gefeiten! Unb ein Sßunber, ba£ (Sott felbft tfjut, ba§ aEein ift mächtiger, afö eine 0a£ung be§ SSunberrabbi!
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&\U rßa (Regina.
§fterfa Regina! 2Bir nannten fie alle fo, mir jungen Schüler, menn mir in ben Sommerferien öon ben ©pmnafien gu £arnopol ober (Sgernomitj ^eintlamen in ba3 Stäbtchen, unb fpäter, menn mir al§ Stubenten in 2Bien geitmeilig gufammeutrafen unb öon ben Sftäbs djen öon Söaraom fprad)en, ba nannten mir fie mieber mit biefem ftolgen, flingenben tarnen, Sie hteft aber in 2Baf)rf)eit fRad^et Sßelt unb fpäter, al£ fie ben magern ßfjaim, ben Dchfenhänbler, geheiratet hatte, Kachel $ßinfu§, unb mar ein arme§, fdjüchterneä 9ttäbd)en au§ ber Subengaffe gu 23arnom. Su bem fleinen §äu§d)en neben ber jübifdjen Schlächterei mohnte fie, unb ihr $8ater, $irfch SSelt, mar ein gleifchhauer, ein fehr bicfer unb feiner (Grobheit megen oerrufener 9ftann.
$Iber ba§ h^n^erie unä nicht, an% ^er 3erne fu* fie gu fchmärrnen, unb bie ©tegant§ öon SBarnom thaten baäfelbe au§ ber -ftähe. ®ie lebigen Herren öom 23egirf§gericht promenierten in ihren greiftunben nic^t im gräflichen (harten, mo e£ fo öiet frifd)e £uft unb 23lumenbuft gab, jonbcro in ber fleinen ©affe öor ber Schlächterei, mo menig frifdje £uft mar unb burch*
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auS fein 2)uft. Unb bie Offiziere ber ®arnijon fonnten fogar ftunbenlang gufe^en, mie |jirfcf) SBelt mit feinem Keffer ftreng nacf) ben @efe|en beS ZaU mubS f) änderte. Unb baS 3llleS, um einen 23lid gu er? f)a]cf)en auS ben feudf)tenben 5fugen ber (Sfterfa Regina!
&er 9£ame paftte prächtig unb mar gamid)t über? fcbmänglidfy, obmofjl if)it ein $oet erfunben ^atte. tiefer *ßoet mar ber junge §err SljabbäuS SSilifgemSfi, ein fefjr I^offnungSöolfer SDZenfc^, ber immer eine fc) er f cf) offene Samara trug unb fange |jaare, unb eine SDtenge SSerfe macfjte, teils gum |jauSgebraucf), teils für bie $rafauer £)amen?,3eitung. tiefer |jerr £f)abbäuS alfo fjatte, als er bie Stacfjel 2Selt gum erften 9J?ale faf), mie fie in ifjrern ärmlichen @abbatf)fleibe am g-luffe fpagieren ging, ent? güdt auSgerufen: „Seid üerfte^e icf) bieSöibel! (Eo f)at bie (Sftljer auSgefeljen, bie bem ^erferfönig ben $opf oerbreljte unb ben $aman au ben ©algeit brachte, unb jene anbere (Sftfjer, bie unfern guten ßönig $agi? mirg, ben SBauernfreunb, bemog, ben Suben in $olen eine greiftatt gu geben, nadjbem biefe flugen 3)eutfcf)en fie bei ,3eüen fortgejagt fjatten. 3)aS ift (Sfterta, bie Königin!" Unb oon ba ab nannten fie alle gebilbeten SHtenfcfjen in 23arnom nur (Sfterfa Regina.
tiefer üftame mar nicfjt überfcfymänglidj, idj mieber? f)ole eS. SBiedeidjt märe eS baS S3efte, idj begnügte midj mit biefer Sßerftdjerung. SDemt mettn id) and) f )in? gufüge, bajj iljre Gingen tief, bunfel unb leudjtenb mareu, mie baS Sfteer in ©ternennädjten, unb iljre |jaare fcfjmarg unb buftig, mie bie 3^ac^t beS (SitbenS, unb baS Sädjeln iljreS (i5eficf)tS mie ein grüfjlingStraum — Sfyr föunt ja
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beSfjdfc bod) nicht ahnen, mie fcf)önfiemar! 3d) meiß
e3, xd) fannte fie. 5Xber tiefe SSe^mut überfommt midb
bei bem ®ebanfen an biefe ©d)önf)eit. £)emt fie mar fein
©egen für ba£ arme, fjolbeilinb. £)ie fcf)öne, föniglicf)
fd)öne (Sfterfa ift fefjr ungfücffid) gemefen. 3e^t ift fie
e£ nicht mehr, fdjon feit langen S^ren. 3e^t ift fie
glüdfid). $)a liegt fie branden am „guten Orte" unb
fdjfäft. SDort fjdben fie an einem $rüf)ling§tage oor
fangen Setzen ba£ fdjöne, bleiche SBeib gur 9M)e ge«
fegt, ©anft unb gut mag fie ruhen, benn ißr Ungfüd
mar noch größer af£ ißre ©djönfjeit, unb fie ßat im
Seben üief gefitten. 3m Xoteufcßein ftanb, bie SRacßel
$infu§ fei einem §ergf eiben erfegen. ©o mar e§ and)
mirffief), fie ift an gebrochenem §ergen gefiorben.
SDa§ ift eine ^ranffjeit, bie feftener ift, af§ man
fo §ört unb lieft. (£§ fterben nur fefjr menige 50? em
fchen baran, unb bie am fauteften ffagen, fie feien uns
rettbar biefem Stöbe oerfaffen, leben gemo'f)nfid) nod)
fefjr fange unb fterben fdjfießficf) an 2ffter£fd)mäcf)e »•
ober Uberfabung be§ 9J?agen§. $)ie Kachel f)Gt mit feinem SSort, mit feinem ©eufger geffagt. ©ie ging im §aufe umßer unb fdjaffte rüftig, fo fange fie fonnte. Unb af§ fie e§ nid)t mef)r fonnte, ba fchrieb fte noch gitternb einen fangen Sßrief in he^rdifch^ ©djrifts geidien unb fiegefte ihn gu unb manfte bamit in§ ^ßofthau§. £)ort bat fie ben ©djreiber, in beutfdjen Settern bie SXbreffe auf beit 23rief gu feßen: „2fn ben mohfgeborenen «gerrn SDr. 5Ibofph Seibfinger, ^oHän= bifchen ©tab^argt in S3atat)ia. " ^Der junge ÜO?enfdj fctdiefie friöof, af£ fie if)m ba§ biftierte, aber er mürbe
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eroft, al£ er if)r inä 2lntli£ bticfte unb barauf bie ©Ratten be§ Do be§ faf). Unb bann lieft fie ficf) einen 2lufgab§fcf)ein geben unb manfte f)eim unb ftarb.
(S§ ift eine einfache ©efd)icf)te. ©o einfad), mie bie ©efcf)icf)ten ade, bie ba§ Seben felbft bittet, biefer größte unb graufantfte *ßoet.
*
3d£) !annte fie, nodj al§ fie ein Heiner fiebens Jä!)rige§ 9ftäbcf)en mar unb idj ein milber $htabe, ber in ber ©cftule unter ber ftrengen ,gucf)t fnirfd^te. Da faf) idj fie täglidj. Sßenn idj fo in ber trüben, falten Dämmerung be£ 2ßintermorgen§ mit bem fRänglein burcf) bie fleine ©affe trabte, blieb idj immer oor ber Df)ür be£ |jaufe£, mo fie mofjnte, fielen unb rief in ben |jau§flur: „2laron! Maroni" Denn bort, in einem büfteren, engen Dacf)ftübcf)en, mahnte audj mein ÜDHts fdjüler, ber fleine fcftmarge Slaron mit feiner dftuttcr. |jirfdj SSelt f)atte biefer grau, ber (Sljane ßeiblinger, meldje bie Sßitme eine§ gleifdjerfnedjt§ mar, au§ SBarmljergigfeit ba§ ©tübdjen eingeräumt, benn if)r Dbftljanbel fcf)ü£te fie unb ifjren Knaben faum bor bem SBerfjungent. SSenn idj fo gerufen §atte, tfjat fiel) guerft leife bie Dljür auf unb bie fleine dtadjel trat Ijerauä, bie |jänbdjen immer unter ber ©djürge. Unb bann ftieg ber arme Sunge in feinem leidsten Modellen bie morfdje ^olgtreppe fjerab unb bie fRad^el ftedfte il)m rafdj ba§ 23rot unb bie Secferbiffen gu, bie fie unter ber ©djürge öerborgen gehalten.
(Sr naljm% oft erft gögernb, unb banfte nie. $ber er blidte ba3 ®inb fo fonberbar an unb lächelte. 90?an
/
I
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hätte eä föunt für möglich gehalten, ba{3 biefer finftere, öerfd) (offene $nabe überhaupt lächeln fönne. Unb nun gar fo freunblicf) lächeln! ...
. . . „$laron, millft $)u nicht mitfommen — auf bent ©i§ fcfjleifen?" — „Sßeüt!" — „SSarurn nid^t? £>u bift immer fo ftill unb mach ft fo gornige klugen!"
— „SSarurn foü ich fröhliche machen? ®ie Sälte tf)ut nid)t moljl unb ber junger and) nid)t. Unb ber Sefjrer fdjlägt mich unb bie S^riftenjungen OTe. SSarum? SSeil mir ihn gefreugigt haben? 3d) ^abJ i^n nicht gefreugigt. SSarum fd)lägt man mich?" — w^)a§ mirb fd)on anber§ merben, menn mir gro{3 finb, Hboofaten." — „3$ merbe fein Slbbofat. 3d) merbe ein fe^r großer 2lrgt. $)ann fomme id) mieber nach Sßarnom unb fage gum alten |jirfch: |jier ift ber ÜÜHetginä für bie Stube, Ijunbert $)ufaten. Unb bann fommen bie *J3olen unb moÜen, baft id) fie furiere unb ihnen ©elb leihe. $lber bann fage id): SSeg! 3hr $unbe."
— „Unb bie fRac^el?" — „28a§ gef)t ba£ ©ich an? Übrigen^ — menn ©u'§ miffen millft — bie Üiadjel heirate id) unb nur feibene Kleiber mirb fie tragen, nod) taufenbmal fdjönere, al§ bie ©räfin 23orü)n3fa . . .
$laron ßeiblinger mar eine eigentümliche Statur; fd)on mährenb feiner ^nabengeit mar bie£ fidjtlid). ©r mar flein, uttanfehnlid), aber in feinem ^ä^ltc^en li| ftanben gmei klugen, fd)ön burd) ben geuergeift, ber barauä bli^te. Unter biefer niebrigen Stirne, in bie fidj ba§ fdjmarge, fraufe ßaar brängte, mo^nten ©es banfen, üon benen ferner begreiflich mar, mie fie biefem Knaben Ratten fommen fönnen, bem Sohne ber armen,
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unmiffenben |jöferin in her £)adhftube. SRafcf) int ©i faffen, gäfj im Gehalten, rüdfid^t^Io^ ettergifd), fo gin — nein, fo brängte fid> ber $nabe burd) bag Sehet gitr eine gemiffe geit fatm mcm t>on *hm fagen: er et reichte, mag er modte. ©eine ÜDhtüer ^atte ihn, faui baj3 er bag Sefen ber (Gebete erlernt, für ihren |>anbi beftimmt. 2lber 5laron modte Xalntub lernen, aC feine dftitfchüler übertreffen, unb eg gelang il)m. Un bann modte er bie ©hriftenfctjule befugen, unb obmol beriet big bahin unerhört mar im ©täbtdjen, fo gelan ihm and) öie§. freilich burch fein gemöfjnticheg SD^itte ©r fprach guerft ber Butter oon feinem ©ntfdjluffi 2)ie fromme, befdjränfte grau oermünfd)te ihn unb lii heulenb gu bett SBorfteljern ber ©emeinbe: ihr ©olj mode ©hrift toerben. $)emt mag fönne fonft ein }übif< ®inb in ber ©hriftenfc£)ule modelt? SDer ^oftor laf feinen Knaben begehen, aber ber SDoftor fei ja aut nur ein falber gube unb trage fogar „beutfdjeg" ©c manb. £)ie SSorfteljer lobten ben frommen ©ifer h grau unb liegen ben Knaben rufen, ©r fam. 5lbc ehe fie noch mit thren Höhungen beginnen fonntei begann er: „geh meij;, mag ghr mxx fa9en tuodt; ab( ma§ ich ^uch fagen toid, mißt gf)r fd)toerlidh, f)ö- alfo gf)r mid) att- 3$ mid bie ©hriftenfdjule befudjei meil id) OTeg lernen mid, mag man lernen fann. Un mag. ich roitt, bag merb' id). üftur barum ganbelt e fid^, ob idj'g afg ©hrift ttyue °^er <dg 3ub\ Sfteir Butter fann mich md)t länger ernähren; fie mirb al SBodt gf)r mir alfo greitifch geben, Kleiber unb 23itd)e: fo bleib' id) gube unb mid bie $inber bafür untei
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richten. SCSoftt 8hr>3 nidjt, fo toerb' id) (£f)rift, ber bide SDedjant t^ut um eine (Seele sMe§."
£)iefe unerhörte IHebe mirfte. £)ie Männer beugten fidj bem Sßißen be§ Knaben uub gaben ü)tn ba£ 2£es nige, ma§ er brauchte, (Sr befugte bie $Uofterfd)uIe at§ Snbe mit Kaftan unb ©djmachtlöcHein. 3Sa§ er um biefer £rad)t mitten litt, mar etttf etdid). Sßietteidü hat (55ott bie Sfjränen unb bie (Schläge gegärt; er felbft marb mübe, fie gu gälten, mübe, 51t meinen. Lüfter unb tro^ig lie^ er 2ltte§ über fid) ergeben, Uns red)t unb @d)Iäge, junger unb SMlte, ober ma§ fpärs lief) genug an ihn herantrat, SSohltfjat unb SBohtmotten. Ungeheure (Sehnfuchi nad) bem SSiffen, ungeheurer Stacheburft erfüllten ihn. ©elbft fein ©efid)t hatte nid)t§ ^inblidje^ mehr. (Sr mar ein armer, fef)r armer Sunge, mein SDtitfchüfer Slaron ßeiblinger.
SIber felbft ba3 ärmfte |jerg hat no$ trgcttb ein ^leinob, an bem e£ Unb fo liebte ber büftere
$nabe bie Heine Stachel, gremb unb rüfjrenb, fo gang anberg afä fonft, marb fein s<dntlij3, menn er mit ihr fpradj. (S3 mar etma§ (Sr greif enbe£, ich ha&e & a 5
mal§ nodj nicht recht öerftanben; ich empfanb e§ nur fo, baf3 e§ ihm fehr wohl that, menn man mit ihm non ber kleinen fpraef). Sd) glaube, er hätte fidj, ohne gu guden, für fie töten taffen. Unb einmal ges fchah fogar etma§ Unerhörte^ — er meinte mieber: bie Stachel tag an ben flattern barnieber.
5lber afä feine SDtutter ftarb, ba meinte er faum; ba§ rift feine £üde in fein Seben, ba§ rührte nicht an fein $erg, minbeften§ nicht fo, ba§ man e§ ihm ans
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fal). (Sr mof)ute nun allein tut $)acf)ftüfcdjcn/ ba§ mar 5lIIe3. $)er alte, bicfe ßirfd) Sßelt gab ihm fogar bon ba ab and) bie üftahrung. (St nahm aber bie (5$üte nicht lange in 5lnfprucf). (Sütrnal, früh SD£orgen§, im ©ommer fam er gu mir. „$)u marft freunblid) mit mir/7 fagte er, „barum fage idf ®ir ßebemohl. 3<h gehe heute fort, ein reifer 9ttann merben.77
„SIber ©u mirft ja am SBeg berhungem!"
„0, ich h&be ba£ Erbteil bon meiner ÜDhitter, brei (Bulben — nach ßemberg gel/ idf, leb' mofjl .
Unb fort mar er, unb ich t)örte lange, lange nichts mif)T bon ihm.
*
(Sfterfa Regina! ...
(Sin £ag im ©ommer, ein fdjöner, leuchtettber 3ulMftachmittag. £)ie ©onne liegt über ber $eibe, .auf ber eS blitzt unb buftet unb fummt; fo öbe fie fonft fein mag, im ©ommer ift and) ifjr garbe, $)uft unb ßeben bef Rieben. 3u ber „©affe77 ift' £ ftiH, gang ftiH, ber §anbel ruht. ^)rau§en am gluffe manbelt ba£ junge SSolf gepult auf unb ab. SDi e 3ünglinge fe^en blag unb frühreif au£ unb auch ihre Dieben enU fprechen nicht ihrem Filter — fie unterhalten fidf) bon ihren Salmubftubien unb bon ihren ©elbgefcf)äften, unb nur feiten flüftert (Siner bem greunbe gu, ba§ SJMbdjen, ba§ eben borübermattble, gefalle ihm auSnehmenb, unb er gäbe etmaS brum, menn fein Sßater ihm juft bie gut 23raut beftimmte. 5lber mobon bie üftäbchen fpredjen, ift ferner gu fagen: mer meifj, an maS StUeS fo ein gepult jübifch äftäbcljen beult unb morüber fie l\6)txi beim
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(Spaziergang an einem fdjönen (Sabbatfjnachmittage?
. . . Söorüber ? ! $BieHeid)t über bie jungen Herren, bie feinen Kaftan, feine |)ängelödleiit tragen unb bemtod) eifrig, al§ müßte e£ fo fein, auf' unb abttanbeln auf ber „jübifd)en Sßromenabe" am gluffe. $>a§ ift bie elegattte |jerrentt>elt öon SJarnoto unb fie betoegt fic^ fonft nid)t gerabe gern in biefen Greifen. Aber ber Anblicf ber (Sfterfa Regina tt>irb gern fefbft burdj ein größere^ Dpfer erfauft, al§ burcf) ba§ SSertoeilen unter ben Suben. Unb bie «gerren fjarrett gebulbig au§ unb beforgnettieren einfttoeilen bie (Sterne, bie fHebeffag , 9Kiriam§ unb (Sarah§, bi£ enblich bie (Sonne aufgeht: bie fd)öne Xocfjter be§ gfeifd)^auer§. $)a finb bie himmelblauen $abetten unb ßieutenantä öon ben ßichteuftein?|)ufaren unter gü^rung be§ flehten, bfonben, gefd)tt>ä|igen (Sgilagt) ; ba finb bie jungen polnifcfjen Abeligen unb (Sdjöngeifter, an ihrer (Spiße ber hoffnung£üolfe, fang' haarige dichter, |>err Xhabbäu§ 2ßilifgett>3fi; ba finb enbfich bie eben gu ben Serien heimgefommenen Herren ©pmnafiaften unb Abiturienten, unb unter ihnen ein 3üngfing, ber h^ute fein Süngfittg mehr ift unb bem e§ mehmütig um§ £>erg ttnrb, gebenft er alP be£ ©fanget jeneä (Sommertagä. SDemt biefer ©lang ift fängft öer? toeht unb ba§ arme, fcßöne 9JMbd)en ift fängft, ein bfeicf)e§, gefnidte§ Sßeib, gur frühen ©ruft gefunfen.
Aber noch f^he beutlich toie bamaf§, mie fie fangfam am Arm einer greunbin ben ©ang unter ben ßinben emporge|cf)ritten fommt. (Selbft unter bie jübifcfjen Jünglinge fommt ^Bewegung unb 9D?and)er flieht fid) heimlich ben Kaftan gurecht ober ringelt ficf) bie gier?
G. ^ranj öS, Suben b. Santo»«. 12
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liefen ©chmacf)tlödlein noch gierlidjer. Unb jette ^errett machen fteft üollenb§ bereit gunt ©efecf)t. 3n erfter Sittie fielen bie blauen §ufaren, tote fich'ä für mutige Kämpfer gelernt unb allen ooran ber fleine ©gilagp, ttiie fidj'£ für ben grechften gegiemt. ©ie fommt lang- fam l^eran unb fte^t nun bidjt üor ihm, ber fid) i^r in ben Sßeg gefteHt. ©ie ^ält bie klugen nicht nieber* gefdjlagen, ttiie bie§ bie anberen Stäbchen tljun, fo oft fie an bem ©efäf)rlicf)en oorüberttianbeln, fie blieft ruhig unb frei um fid), al£ ttiäre ring§ ftatt ber blauen Krieger bie blaue fiuft. Slber al£ fie nun notgebrungen oor bem frechen kleinen fielen bleibt, ba geigt ifjr S3lid einen anberen Slugbrud ©3 ttiirb au3 feinem Söenefymen er* fic^tlid): ber fleine SKenfdj ttiirb rot unb tritt gurücf unb — e£ flingt unglaublich, aber e£ ift fo — er falutiert oerlegen. Unb bann fagt er gu §erm oon ©gerüap, ber ihn tter^ö^nl : „3dj h°be 9)iut, ich h0^ bettliefen, aber ben Sölicf mochte id) nicht noch einmal au§hctllen ..." ^Die gtoeite ©ruppe, bie ba§ Uns glaubliche mit angefehen, toeidit bei 3e^en gurücf, unb ber langhaarige dichter ftarrt ttiie oergüdt mit ttieits geöffneten Singen bem frönen Stäbchen entgegen. Unb in jenem Momente ift in biefem armen, f leinen ©ehim, ba§ fonft nur SBerfe gum Hausgebrauch unb für bie $rafauer ^amensgeitung ergeugt,ber Üftarne auf geblieben ich über biefe©efd)idhtegefchriebenhabe. . . Unb bie britte ©ruppe ? ! SDie jungen ©djüler finb ioeber unttüberftehlid), nod) tt>oöen fie bafür gelten; fie toagen eS faum, ben „©teroen" in bie fchttiargen, bli^enben Slugen gu flauen, unb als nun erft bie ©onne gegogen fommt, fcharen fie fich eng
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5ufammen, tüte bie ©cfjafe üor bem ©etüitter. Slber gerabe au£ if)rer 2ftitte erftefjt einer, — id) tüeifj nocf) f)eute nid)t, tüte idj ben 9D2ut bagu fanb — ber bem fcpnen SDMbcfien breift in ben 28eg tritt unb eS fogar, freilief) fcfyon üief tüeitiger breift, anfpridjt . . .
„9ftein gränfein," jag’ id) ftotternb unb giefje ben §ut, „ttergei^ert ©ie, üieüeidfyt erinnern ©ie fidf) meiner nid)t mel)r — ber f feine $laron . . /
„©i freilid)/ eriüibert fie freunblid), „S^r feib ja immer gut greunb mit ifjm getüefen. Unb tüifci 3f)r nid)t3 üfteueä üon ifjm?"
„$ein ©terbenStüort, feit er fortgegangen ift." „O, ba tüeift id) fefjon mefjr. SDer afte Sfeig Xürfifdfjgelb, ber „9^arfdf)aIIif" — 3f)t fennt boef) ben närrifefjen ;D?enfd)en? — nun, ber ift neulid) in 2em= Berg getüefen unb f)at bort gufädig ben 51aron gefprodjen. greilid) f)ätt' er if)n faum erfannt, benn ratet nur einmal, tüa§ au£ unferem armen, ffeinen 21aron geiüorben ift?! ©in §err ift au§ if)m getüorben, ein junger $err, ber fi(f) beutfd) ffeibet unb nur beutfd) fpridjt. 3 a, unb mit ben lateinifeben ©d)ulen ift er fdjon üor brei Snfjren fertig getüorben, unb ift feitbem faft immer in Sßien, ^oftor $u tüerben! SSer ^ätte ba§ geglaubt? Unb," fügte fie aögerub fjingu, „ber „Sftarfdjaffif" ergäbt aud), bafj er jefjt fefjr ftofg ift, unb gar nidjt mel)r mit 3uben fpredf)en tüifl. ®enft ©uef) nur, er foff je§t moff feigen unb ©fjrift tüerben tüollen. Sfber ba§ glaub' id) nun einmal nic^t — nein! nein! — unb 3f)r?w
Sftidjt um eine SBelt mod)te id) ettüaä glauben, tüa3 biefem 9ftäbd)en tüibertüärtig ift. „üftein!" ertüibere id)
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alfo, „idj glaubt and) nidfjt. Übrigen^ merbe idj halb ®elegeuljeit Ijaben, ®emiffe£ barüber gu erfahren. 3dj geße ja audj in einigen Söodjen nadj Söien gut Uniberfität. $>a mid idj ben $laron ober 5lbolf gett)i§ auffudjen."
„3a, tßut ba§/' fagt fie eifrig. „(£§ mir b iljn gemiß fe^r freuen. Unb," feßt fie Ijingu, inbem Sßurburrote ba§ fjolbe Slntliß jäfj überflammt, „memt er fidj meiner nodj erinnert, fo grüßt iljn audj redjt Ijerglidj bon mir. $Cber ßört 3f)r — nur menn er f idj meiner nodj erinnert . .
„Dt) !" rufe idj begeiftert unb füljn, „mer tonnte Sie je bergeffen !" 2lber über biefe Küfjnljeit bin idj felbft fo ent= fe£t, baß xd) gleich barauf ben §jut lüfte unb midi) ftottemb oerabfdjiebe. $3i§ xd) jebodj gu meinen Kommilitonen gu= rüdfontme, Ijabe idj mieber fo biel (Sammlung, um all bie $tu£brüdje ber Neugier, be§ $Mbe§ unb ber Söemunberung mit imponierenber Sftulje entgegenneljmen gu fönnen . . .
*
3dl) ijatte ben 5laron ober Slbotf ßeiblinger nidjt aufgefudjt, nadßbem id) nadl) Söien gefommen mar, obs moljl xd) e3 mir feft borgenommen Ijatte. 5lber menn fo ein armer, fd^üdßtemer,ad^tgeßniäßriger SD^enfd^ mit einem fdjüdjtemen |jergen, ba§ audj fo redjt adjtgefjnjäljrig ift, unb einem farg gefüllten SBeuteldjen bagu auä einem fleineit Sanbftäbtdjen Ijingefdjleubert mirb auf ba§ ^flafter ber Söeltftabt, ber Ijat genug gu tßun, fid) borerft felber burd )' gubringen burdj ba3 ®emirre ber ßimmelljoljen fremben |jäufermtb ber |junberttaufenbe bon fremben 9Kenfdjen,ber barf nidjt biel nadj rechts unb lin!§ bliden, fonbern immer gerabe bor fidj ljin,unb muß babei nodj fein arnte3,fdjüdjs temeS^erg feft in betbc |jcmbe faffen, baß e§ nidjt bergagt
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Wirb. Unb bann — Wie §ätf xd) d)xx fhtben fallen unter ben oiertaufenb ©tubenten? ©o überließ idf)’S bem .gufaß.
Unb ber führte uns aucf) gufammen. SS war an einem trüben &egembers9tadf)miitag. £)ie üßebel lagen auf ben ©tragen, bann begann ein feiner, bidjter Siegen fyerabguriefeln unb trieb midi) in ein großes, qualm= unb menfdfyengefüßteS Safe ber $ltfers$orftabt. Üftur nocf) im 23ißarbgimmer fanb xd) ein freiem *ßlä|jcf)en. Unb ba ber Siegen länger bauerte, als mein (befaßen am $)urd}fiöbera aß' ber ^Blätter unb Slättßjen, fo falj idE) enblicf), in mein ©c^icffal ergeben, bem ©piel gu.
Sßor mir üergnügten ficf) brei junge Seute am grünen $8rett. S)er ßftarqueur fagte „§err £)ottor" gu iljnen, eS Waren alfo ©tubenten ber ßftebight. Siner üon iljnen fiel mir auf, ein mittelgroßer, fdßanf, faft gierlict) gebauter junger Sftenfcf) mit feinem, fdl)arfge= §ei(^netem ©efidjt, baS an fidf) bleidj fein mochte, aber burdl) baS iieffd^warge, leicht geträufelte §aupts unb Start- ^aar faft fctjredtfyaft fa^l erfd^ien. §übfcf) war baS ©efid)t nid^t gu nennen, bagu waren bie Sippen gu bünn, bie ©tirn gu niebrig. Slber icf) mußte eS bocf) immer Wieber anfe^en, benn auf biefem (55efic^te ftanb etwas ge^ fd^rieben, wie eine ©efdjicfjte; baß id) eS fcf)on früher einmal gefefjen f)aben tonnte, fiel mir nicfjt entfernt ein. $lber plößlidß, als fidj — auS geringfügigem Einlaß, über baS -ftecfwort eines ßftitfpielerS — bie bünnen Sippen feft aufeinanber preßten unb bie niebrige ©tirn fiel) faltete, blißte eS in mir auf: „$)aS ift ja ber fdpoarge 2laron!"
üftun, er War eS wirflid). 0b wir unS freuten, einanber gu begegnen, üermag xd) faum gu fagen; jeben?
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falls war e§ feine ungetrübte greube. SBenn junge fieute nur furge Seit auSeinanber gewefen, fo ntiiffen fie fid) beim SBieberfe^en erft orbentlich Wieber fennen unb in einanber fügen lernen. Unb nun erftnadj fo langer Seit! SSir rangen qnatooß nach bem alten Sion unb fanben ihn nicht. (Schon wollte baS @5efprädh ftoden, ba fielen mir bie ©rüjk ein, bie id) auSguridhten Ijatte. „(S§ lebt Semanb in Söarnow," fagte id), „ber fid) lebhaft für SDidj intereffiert. 5l^nft $>u nicht, wer’S ift?"
„üftein !" (Sr blieS ben Sftaudh feiner (Sigarre nach' laffig in bie £uft. „3Mn lieber Sunge, $)u glaubft gar nicht, wie oiele SD^ü^e id) mir gegeben Ijabe, bie ßeute ooit Söarnow recht grünblich gu oergeffen."
„2luch deinen ©djubgeift, bie fleiite Kachel?"
„Sllfo bie ift'S?!" rief er lebhaft. 5lber gleid^= gültig fe£te er ^ingu: „2öa£ macht bie kleine? @ie Wirb Wohl je£t redjt gro§ fein, etwa fechgehn jäfjrig?"
„Unb Wunberfdjön bagu!" Unb ich gab eine fo begeifterte ©djitberung iljrer 0cf)ön^eit unb Klugheit, baj3 ber blaffe junge SEftenfdj neben mir ironifdj gu lädjeln begann. $lber als id) gu (Snbe war, ba fagte er ernft: „SDaS t^ut mir aufrichtig leib!"
„SBie? SSarum?"
„SBcil ich meinem fleinen «Sdjuftgeift in ber SUjcrt SDanlbarfeit bewahre unb il;n gliidlid) feigen möchte. 2)agu ift aber, wenn baS 9Dcäbd)en Wirflich fo fdf)ön unb babei fo fing ift, oerbammt wenig 5lu£ficf)t. (Snt* Weber läßt fie ftch burcf) alT bie SBerfudjungen betl)oren unb fällt trob i^rer Klugheit einem biefer polnifd)en ober ungarifcfjen Herren gum Dpfer — "
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„Unmöglich!" rief id) entriiftet.
„Ober fie bleibt bie bratie, gefyorfame £ocf)ter il)reS SSaterS unb ber öerfdjadjert fie bann eines XageS, ohne fie gu fragen, an einen rol)en dhaffibifchen Bengel. Unb ba fie fing ift, fo mirb fie ben Kammer unb bie SUebrigfeit eines folgen SDafeinS über furg ober lang begreifen unb fcf)Uef$lid) als armes, gefnicfteS 3ubentoeib in irgettb einer (Scfe eines pobolifchen ©^etto öerfümmern."
„3)u fief)ft gu fdhmarg."
, „3$ fetje bieSDinge,tüie fiefinb. 3ch bitte £)icf),let)re
3)u mich nicht bie (Stjaffibim fennen. £)och — fprecfjen mir nicht meiter barüber. Unb nun — leb’ mofjl!"
SBir gingen auSeinanber, unb eS Hang recht füf)l, als mir fagten: „9luf SSieberfe^en!"
3n ber £f)at fugten mir biefeS SSieberfehen nicht. 2lber ber Zufall führte uns mieber einmal gufammen unb bieSmal bauernber. Stt ben erften Frühlingstagen begog ich eine neue «Stube. Unb als ich 8um elften 9ttale auS bem genfter fah, blicfte mir auS bem genfter gegenüber neben einem ftattlidjen Stotenfopf baS SSfatlifc meines Sdhulfamerabeu auS23arnom entgegen, (Srmohnte in bemfelben §aufe, in bemfelben |jofe. So fpradfjen mir benn mieber miteinanber, lauten fo unüermerft einanber näher unb mürben fchtiejgtidh, fo meit eS eben bie ftubens tifdje Sftangorbnung (er ftanb im vierten, idh im erften 3ahrgang) unb noch mehr: fo meit eS ber ungeheure Unterfdhieb unferer Naturen erlaubte, fogar gute greunbe.
2BaS aber feine Statur anbelangt, fo ermieS fidh auch an btefem üEßeufdhen mieber einmal bie gange SSahrheit beS alten Sa£eS: „2)ie ©inbrüefe berStinb?
fjeit murgeln am tiefften. " ®er @tubent ber Sftebigin 5XboIf Seiblinger mar im ©rmtbe gang ber fdjmarge 9laron. SDte SSermanblungf au§ bem öerfd)Ioffenen,^äp^en^naben in ben gemanbten,meltfreubigen jungen 9J^ann i)atte ben^ern feinet 28efen§ unberührt geiaffen; in if)tn lebte berfelbe Zxofy, ba^felbe ©etbftbemujjtfein mie einft,unb im©runbe aucf) ber alte |jaf3. $lber baneben mar er, mie einft, öoß $)anfbarfeit für jebe teilnaf)m§üoße©efinnung unb ebenfo nodlj immer non ber alten, rüljrenben (Seljnfudfjt nacf) bem SBiffen erfüllt. ©r Ijatte fidl) anfangs entfe^lid^. fermer auf gerungen. 5lber fpäter, unb nun aucf) in SSien, braute er fic^ gang gut burcf). Unb fo mar aucf) nun nod^ fein ©pruef): „Sfftan fann, ma§ man miß."
9£ur ba§ 23erf)ättni§ gu feinem ©otte unb gu feinem ©tauben fjatte fiel) grünblidj geänbert. grüner mar iljm, eben meit er fefjr ftotg mar, fein ©taube um fo lieber ge? morben, je me^r er um feinetmißen litt, unb fein ©ott mar if)m fo recf)t ber ©ott feiner eigenen ßiacfje, ben er nicf)t mübe mürbe, um 23li£ftraf)len gegen bie ©fjriftenjungen unb unferen bummen, rofjen £ef)rer an? guflefjen. Slber nun mar er gegen ©ott tut) l unb fjaftfe feinen ©lauben glüfjenb. ©r geriet orbentlic^ in Sßut, menn er auf Suben unb Subeutum gu fprecfjen farn. «fperr £f)abbäu£ 2Bitifgem£fi, ber bodj eine eigene „ßpmne gegen bie Suben" gebicfßet fjatte, mar bagegen ein f)armlofe§ tinb. §lber babei blieb er bod} formeß in biefem ©lauben. „ÜDton fHodb ift unbequem," pflegte er gu fagen; „aber icf) fef)e auf bem ©rbenrunb feinen bequemeren, ben icf) ftatt feiner angieljen fönnte. Unb oljne ßioef mirb man fo läftig angegafft!"
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gemamt 2lbolf lieb, mie idj eirtft $laron liefe gemonnen fjatte, uttb als bie geriengeit tarn, unb id) gur fReife in bie öftlidje «geimat rüftete, lub id) il)n ein, mit mir gu fommen, unb freute mid) t)erglidj, als er eS anna^m. $luf biefer Steife, nachts im Eifenbafym maggon, tarnen mir lieber auf baS fdjöne ÜDMbdjen gu fpredjen, non bem feltfamer Söeife feit jener erften Begegnung nid)t mieber bie ^ebe unter unS gemefen. „üftintm Didj in 2ldjt," fagte id) nedenb, „alte Siebe roftet nidjt!" 2lber er lachte: „gdj unb — lieben?! Du meif$t, Siebe ift ein meidjeS (55efü^l, id) aber — id) bin ein parier SD^enfc^." Er ladj)te mieber, fügte bann aber ernft fjingu: „@ie f)' — xd) merbe fogar oermeiben, bie kleine gu feljen. Die Erinnerung anfie ift ber eingigeSid)tpunft meiner trofts lofen,bunflen$nabengeit. @od id) mir bie Erinnerung felbft trüben, inbem ict) fie auffucfje itnb non bem fcfjmui^igen, f($üd)ternenSD^äbeleinigeSegrü^ungStoorte im befannten, ^ lieblichen Sübif d)sDeutf cf) erpreff e ? ! " Er rifc baS SBaggon« fenfter auf unb ftarrte lange in bie bunfle 9Zadjt IjinauS.
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Sn ben lebten Sulitagen trafen mir in SBaraom ein. Die Änfunft beS „fdjmargen 5laron" medte ftür? mtfdjeS 5luffe^en, unb eS mar fjalb fomifd), f)alb be= trüblich, toie bie Seute oon 23arnom if)r @tabtfinb be^ grüßten. Er,ber „fdjmarge 2laron", ber2laronSeiblinger, ber 0ol)n ber Ef)ane Seiblinger auS bem ßüttlein am gluffe, f )atte eS gemagt, „djriftlidje" Kleiber gu tragen, schriftliche" $oft gu eff en unb am ©abbatl) gu raudjen, ja nod) meljr, er b)atte eS fogar gemagt, gu ftubieren! ‘DaS maren in ben klugen biefer Söienfdjen ebenfo oiele
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Stobfünben, bie bitter gerächt werben mußten, Dftemanb fpracf> if)n an unb wen er anfprad), ber fertigte il)n Ijöljnifd) ab; bie flehten gungen liefen auf ber ®affe fjinter if)tn fjer unb riefen if)tn nad): „Abtrünniger!" darüber ladjte ber junge Üftamt unb bie 23erad)tung ber ßhwadjfenen oergalt er mit gleicher 9D£ünge. Aud) Waren wir ja auf ben SBerfefjr mit if)nen nid)t angewiefen. 2Sir ftreiften oiel in ber Sanbfdjaft urnljer unb be¬ fugten guweilen bie djriftlidjen Honoratioren be§ Orte. 9ftan fam un§ baredjtfreunblidjentgegen; Herr^abbäu^ 2Bilifgew£fi begnabete un§ mit einer SSorlefung feiner Sßoefien unb bie brei grünlicf)enS£öd)ter be§ Herrn Steuer- amt§*$8orftef)er3 erlaubten ben „Herren Stubenten",d)tten ben Hof gumadjen. Abolf War in jenen Stagen auSgelaffen luftig; id) allein aljnte, wie feljrifym bie 23itterf eit amHergen fraß, deinen $8orfa£ fjatte er treulid) auägefüfjrt unb bie fcf)öne fRad^el Weber gefprodjen, nod) gefef)en.
$)a trat eiltet S£age§ — an einem glü^eißett Sonntag im Auguft, bem gWeiten, ben wir im Stabt* d)en üerbrad)ten — ber Sßerfudjer an iljn Ijeran, ober eigentlich gunädjft an rnid). $>ettn id) allein war ba* t)eim, al3 fid) bie Stfyüre auft^at unb ein fleineä 3ftänn* djen mit glühroter Üftafe unb biinnen S8eind)en in unfere Stube tängelte. SDa§ war Herr Sfaaf Xitrfifdjgelb, ber „9Jtarfd^aUif//oon33arnow/Wa§gubeutfd) einen Suftig* madjer oberHodjgeitämarfdjall bebeutet. (Sinfoldjer 2öür* benträger fjat neben taufenb anberen flehten ^ßflidjten aud) bie, bie ©äfte gurHodjgeit eingulaben, unb in biefer (Sigen* fdjaft beehrte er mid) mit feinem 33efudje, um mir unb Abolf bie bringlidje ffiiitlabung ber grau Springe ®lein gu über*
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bringen, cmt nädjftenSienftag in intern |jaufe ba£ |)ocf)3eit$? feft if)rer£od)ter3ütta$tein mü§errn3jtbor ©pi£ (vulgo *$ftot?3tjigel") mit unferer ©egenmart gu öerfjerrlidjen.
„<Scf)ön!" fagte id). „2lb er treffen mir audj Ijübfcfje ■äftäbdfjen bort? $ommt and) bie ©fterfa. Regina?"
„SBer?" fragte baä 9JMnnd)en erftaunt unb legte bie $anb an£ 0l)r.
,,3cf) meine bie fRad^el SBelt."
„0b bie babei fein mirb?" rief ber 9ftarfcf)allif patljetifcf). „|jeif3t eine grage! man alle tyäfc
litten 9D?äbd)en öon Söarnom laben unb nur gerabe bie ©djönfte nic^t? ! Sßerlaffen ©ie fid) barauf, mir miffen, ma§ ftd) fd^ieft, unb menn man junge Herren einlabet, fo ntufj man and) fd)öne junge $ftäbd)en ein? laben. Hub bann miffen mir, menn mir bie Sftadjel im Zimmer l)aben, mo getaugt mirb, fo tonnen mir un3 erfparen, Blumen f)ineingufteEen, benn bie ^adjel ift bie fdjönfte SBlume, fo ma^r mir ©ott einen guten ©rmerb geben foll! . . . Sie fdjönfte 23lume!" mieber? fjolte er, „unb fd)on barum merben ©ie fommen! 9Hd)t mafjr? ©ie unb 3^ greunb 2faron — öergeil)en©ie,baj3 id) i^n fo fjeifjen tlju', aber mie fann idj iljn 2lbolf nennen, ba icf) iljn bod) felbft auf ben §änben getragen f jabe unb feine Butter (Sfjane mein leibltdjeä ©efcfjmifterftnb mar?! ©ie merben tommen unb nidjt bulben,baf3 bieSeuf in$Sar? nomoom alten 9ftarfdjatliffagen: „©emeineSuben fann er einlaben, ber grobe $lojj, aber feine junge Herren nidfjt!"
3d) mufjte ladjen. „üftun, für mein Seil fönnt 3fjr rufjig fein. 0b aber Hbolf fommt, mödjte id) be? gmeifeln — §olt (£ud) morgen feine Slntmort felbft."
IBS
SSieber f)ob ba§ -äftchtndjen bie |jctnbe empor uttb büßte habet gufantmen. Uttb bann trippelte e3 enblüJ) grinfenb gur £f)ür f)inau£.
Sd) toar übergeugt, bafj icf) aßein gelten toürbe. Unb in ber 5£f)at ertoiberte mir 9lbolf, al§ iß) i^m bie (Sinlabung übermittelte: „gn bie §bße toiß icf) £)icl) begleiten, aber unter biefe§ 33olf nidjt!"
,,©d)abe!" fagte id), „£)u t)ätteft ba eine intereffante (Sfjarafterftubie machen lönnen — an mtferer Sßirtin, grau ©pringe $lein. ©ie ift au£ 33rgegan gebürtig, je^t oerttüttoet, fe^r reidj), l)at einen ©djnitüoarenlaben." ,,©e^r intereffant," I^nte er.
„$!ttef)r, al§ $)u glaubft. • S3ei biefer grau geigt fid) ein fonft fefjr ernfter feelifd^er ^roge^: ba§ $luf^ ringen au§ ben brücfenbeit geffeln be£ ort^obojen ($lauben§ gu einer freien Seben§anfc£)auung, in einer rnertmürbigen, gerabegu fomifdjen gorm. grau ®lein lebt gang toie bie 5lnbern, magt nidjt, i§r eigene^ §aar gu tragen, unb f bunte ben leifeften SBerftojj gegen ba£ ©peifegefe| nicf)t über£ |jerg bringen. 9lber toeil fie einmal al£ 3ftäbd£)en ein t)albe§ gafjr lang in Semberg gelebt l)at, fo t)at fie eine gettnffe platonifdfye Siebe für bie „^lufgeftärtljeit" unb „feine" gormen. „2ll£ iä) in ßemberg toar" — fo beginnt jebe ifjrer IRebcn. Um nun biefe platonifcf)e Neigung gur $lufgetlärtf)eit fteßen^ ioeife and) burd) bie £l)at gu betoeifen, oerfäßt fie auf bie feltfamften Mittel, ©ie fpridjt g. 33. mit toafjrer 3But f}odj)beutfcl) unb fann fie gar irgenbtoo ein grernbs toort ergattern, fo täjgt fie e§ gemifi eine 3Bod£)e lang nid^t lieber loä; welchen 3JU^anblungen ba£ arme
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grembmort habet au§gefeüt ift, fantt man faunt benfen. Ober eine anbere Sßrobe. grau ©pringe fann nicfjt beutfdfj lefett. ©leidjmoljl f)at fie bei irgenb einer 2luftion brei abgegriffene $8änbe erfiartben: ©djiEer’ä „Räuber" , eine (Srgäfjlung aon (Sarotine ^ßidjler unb einen 23anb (£afas noöa. Unb ein§ öon biefen brei Söüdjern f)at fie and} immer aufgefdjlagen in ifjrern Saben liegen unb ftarrt, menn fie fiel) beobachtet toei^, aufmerffam bie fremben, rätfelljaften 3e^en <nt. ©ngt t^r ein gromnter, ba§ fiefen beutfdjer 23üd)er fei ja eine £obfünbe, fo ermibert fie: „%l% idj in Semberg mar, f)abe idfj) felbft gefefyen, mie fogar bie £od)ter be§ Dberrabbüterä beutfdje Söüdjer getefen ^at I" gnägefjeim jebodj benft fie: „Sßemt ba§ Sefen mirflidj eine ©ünbe ift, fo begehe idfj fie ja nid)t!" . . . Unb ber jiingften ^ßrobe if)rer Siebe für ben gortfdjritt fyaben mir eben unfere (Sinlabung gu oerbanfen. ©ie f)at e§ nämlicf) burdjgefeijt, baft bei ber |md)geit iljrer Sodjter nidjt ttad) „jübifdfjer 5lrt" gelangt merben foK — bie Männer mit ben Scannern, oie SSeiber mit ben SBeibern — fonbern nacf) ber „djrifts lidtjen -üftobe": bie Herren mit ben tarnen. Unb ber traurigen Sfjatfadje, ba£ e§ babei an gefdjulten Gängern fehlt, öerbanfen mir mafjrfdjeinlicf) bie ©inlabmtg — "
,r©eh r fdt)meichelhaft !"
,f^ßah ! — gleidjmel! e§ fann ein fjübfdfjer ©paf* merben! Unb bliebe e£ auch eine langmeilige £angs robot, bie 2lu§fidf)t, mit einem fdjönen -äftäbdjen, mie bie (gfterfa Regina ift, langen gu fonnen, miegt ein Dpfer auf. ©o benfe utinbeftenä ich ! Unb SDu?"
„3d) nidfjt," ermiberte $lbolf furg. 3lber nad)s
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bertflicf) mar er Bet ber Nennung tf)r e§ Üftamen§ bodj geworben. Uttb als ber Sftarfdjallif am nächften Sage fam, ficf) bert S3ef<f)eib gu fyokn, ba erhielt er gu meiner mtb feiner Überrafchung eine guftimmenbe $lntmort.
. . . 5lm Sienftag 5lbenb gingen mir nach bem feftlich gefchmücften $aufe ber reifen SSitme. Sie Zeremonie mar Bereite öottgogen mtb bie Unterhaltung füllte eben Beginnen. SSoH überqnellenber greunbüchs feit fam un3 an ber X^üre be£ Sangfaal§ bie $au& fran entgegen, gehüllt in ein $leib öon fdjmerfter gelber 0eibe unb barüber eine begrüne ©ammetmantiÜe, bei jeber Söemegung flirrenb unb raffelnb üon bem Sumelen^ laben, mit bem fie behängen mar. „ ©ie mer ben Me£ finben, mie in ßemberg/ fagte fie mt§ ftrahlenb, „ benn mie ich in ßemberg mar, höbe icf) gelernt, mie man macht bie $orrenr§ al£ Sßirtin."
Sßir traten in ben Sangfaal. Sie Männer machten fauerfüjje ©efichter, aber ben Stäbchen fd)ien unfere Slnfunft nicht ungelegen. Unb fo erfüllten mir benn, ma£ man öon un§ ermartete, mir taugten.
Sa trat ein alter SÜtann in ba§ Zimmer unb an feiner 6eite ein junget SUMbchett, Sa§ mar |)irfcb 2Mt unb feine Tochter. 2Bir fahen fie ba gum erften 9JMe feit nuferer Hnfunft unb fagten mie au3 einem SJhntbe: „2öie fd)ött fie ift !" — „(BtörtSir bie£ Räbchen Seine lichte (Erinnerung?" fragte ich Hbolf täc^elnb.
5lber er ermiberte nicf)t£. (Er mar nur einen $ugenblicf noih bleicher gemorben al§ gemöhnlich. Sann trat er auf fie gu unb bat fie um einen Sang.
@ie erbleichte gleichfalls, fah ihn ftarr an unb
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fagte battn gang letfe: „-Kein!" 3Ijm fdiog bie fRöte in§ 51ntli&.
„Bk — Bk taugen mo!)l überhaupt nic^t?"
,,8d) tauge/' fagte fie langfam uub blicfte i£)n nodj immer ftarr au, „aber mit (Sud) nidjt."
(Sr gmang fid) gu einem Sädjeln, e£ mar müfjfam genug. „Uub moburdj öerbiene idlj folclje (Strafe?"
„SBeil 3^r un3 OTe fjafjt uub berfpottet, un§, nufere 5(r t, uufere Sprache. 3Sa§ nüfjt e£ (Sud£)? 3§r bleibt beäfjalb bodf) aucij ein jübifdj $inb!"
©ein ©eficf)t berfinfterte fidfj. „0, memt ©ie müßten — begann er jäfj uub ftodte mieber. $)amt fagte er lädfyelnb: „Qa irren ©ie. ®ie £euie öou Söarnom tfjun mir fein Unrecht uub idf) if)nen nic^t. Sßie mürbe fidj ba3 audfj unter ßanbsdeuten fcf)iden! 3d) bin ja f)ier geboren uub aufgemadfjfen!"
„0, idj meiß," ermiberte fie lebhaft, „in nuferem $aufe, iu ber $)adf)fammer ^abt 3fj* ja gemofynt, 3^ uub (Sure alte Butter, mit ber griebe fei ..."
(Sr fat) gang felig. *$Hfo ©ie erinnern fid)? 3$ §abe e$ faum ermartet! (S§ fiub ja elf 3cd)re f)er!"
„0 — uub mie idfy midi) erinnere! 3Bir tjaben ja fo gute greunbfd)aft gehalten! Uub tjabt 3fj* bie $Rad)et bergeffen?"
„©emijj uic^t !" beteuerte er.
$8on ba ab begannen fie halblaut uub eifrig gu plaubern unb idj fonnte bem ©efprädj nidjt meljr folgen. (Sr modjte mof)l ba§ fd)öne Sftäbdjen au feiner ©eite au eine Sttenge fleiuer ©efdjidjten au§ itjrer $inber? geit erinnern. $)enn immer mieber überflog ein fetigeS
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£öd)eln bie Kolben $üge. tnerften es moljl nid^t, tüte auffällig lange fie fo bor 501er 5lugen beifammen ftanben. ^)ie £eute begannen gu flüftern nnb bidjt hinter mir marb bie 0timme ber platonifcf)en 33eref)rerin be§ gortfdfyrittä taut. „5ll§ id) nocf) in £emberg mar/' fagte fie gu einer ©eb atterin, „1 jabe icf) ;3ftanct)e3 erlebt, aber ba{3 eine 23raut e§ magt, fo lange mit einem fremben 5ftenfd)en gu fonfurrieren, ift mir maf)rl)aftig nod) nie borgefommen." 5lber nun traten aud) fdjon bie Reiben auäeinattber. „^aä freut midi), bafj 3f)t fo ber alten 3eit gebenft," fagte ba§ SD^äbd^en laut, „ba£ ift ein $eicf)en, bafj 3f)t fein fcfjledjter SD^enfd^ gemorben feib, mie manche £eute fagen . . . 5lber nun — lebt mof)l!"
Unb fort mar fie, el §e er fid/£ berfalj. (Sr faf) ifjr nad), mie ein £räumenber. 3d) trat auf t^n gu. „$)u Ijaft bem armen Bräutigam eine fermere (Stunbe gemacht," meinte id) lacfjenb.
„*£)em Bräutigam ?" fragte er Ijaftig. „5llfo ift fie berlobt? mit ment?" — meifj id) nid)t. |)at fie SDir nicJ)t babon gefprodljen?" — „Sftein," ermiberte er furg, berftimmt unb brängte gum ($ef)en. $)a§ mar ifjr erfte§ SBieberfefjen.
*
$mei Monate fpäter. Silber §erbftfonnenfdl)ein lag auf bem leifen (Sterben unb Entfärben ber |jeibe. SBieber faft mir mein alter ^eifefumpan im SBaggon gegenüber. 5lber bieämal gütg§ norbmärtä, fort bon ber «geimat.
5lbolf mar in ben lebten Sßodjen red)t feltfam ge= mefen. 23alb überlaut, halb mäuädjenftill, halb über* mutig, halb fentimental — man faf)’§ bem !Jftenfdjen
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auf ge^rt (Stritte au, baft bie Siebe über iljn gefommen War uub feilt gange§ SSefen burdjeinanberrüttelte. 2ßie er gu fciuer Siebftert ftaub, wuftte icf) nidjt, rnodjte iljn and) nidjt barum fragen. Sdj begnügte rrticf) mit bem füllen Sefjagen, baft nun and) biefem armen, einfamen |jergen fein grüljling gekommen fei.
$eute, wäftrenb ber Steife, war er fef)r Weid). Stuf feinem Sdntlift lag ein ©djimmer, wie id) iljn auf biefen fdjarfgefdjnittenen^ügen nie oermutet Ijätte. Unb ptö^tic^ begann er: „$>ü idj mödjte $>ir etwa§ «£jübfdje§ ergäben/' — ,,3d) fjöre!" — $lber er fdjwieg wieber. Grrft nadj einer Söeile bradj er lo^,ptö^Iid) nttb fjaftig: „Sdj liebe fie. ©ie liebt midj. Sdj ertrage ba§ ©djweigen rtic^t länger. 3dj Will *£)ir ergäben, wie £llle§ gefommen ift . . ." Sdj brüdte iljm bie §anb nnb er ergäftlte:
,,^)n erinnerft $)idj jener |jocf)geit. — Scf) bin fein ^ßftrafenmenfdj, idj fann 3)ir nidjt fagen, Weldjen ßünbrud ba§ Slftäbdjen auf midj gemacht Ijat. 5lber obwohl mir bie lieblidfjen ^üge immer lodenb oorfdjwebs ten, modjte icf) bodj iljren 5lnblid nidjt burdj einen SBefudj im £>aufe be§ $Bater§ erlaufen. Sn biefem |janfe liegen bie büfteren ($efpenfter meiner $inber^ jaftre eingefargt; idj mag fie nid^t oftne üftot Weden. 5lud£j ift ja «fpirfdj Sßelt einer ber aEerfrömmften frommen in ber ®emeinbe, unb e£ gelüftete mid) nad) feinen weiteren groben ber |jerglicf)feit non biefer ©eite. @o überlieft idj beim ein Sßieb er fefjen bem Zufall, midj and), etwa eine SSodje fpäter, ba§ 9ftäbdjen finben lieft. Unb gwar an einer ©teile, Wo icf) 5lde§ eljer erwarten fonnte, al§ ein 3ufamntentreffen mit iljr.
St. ®. ^rattjoS, Subcit bon 23aruohJ. 13
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&>u fennft bie alte, gerbrödelte ©djlofjruine am linfen Ufer be§ ©ereb. 3dl) Hebe bie ©teile fonft nidjt, mir fefjlt ber romantifdje Üfterü. Slber an jenem $£age, nadjbem idj lange planlos anf ber «geibe unn ^ergefdjjoeiftttmr, trieb e§ midi) ba§ |jügeld£)en empor, anf bem bie fRuine liegt. Sdj toar — lädjle nnr! — in einer ©emüt§ftimmung, toeldfje e§ mir gum £3ebürfni£ machte, fo redjt in§ SBeite gu bliden.
9ßun benn — anf einem ber ©teine im Oer* fältelten ©djlofjfjof fanb idj ba§ SRäbcbjen fi^en, gerabe nnter bem großen roten |jolgfreug, ba£ ben Suben fonft beit 25efucf) biefer ©tätte öerleibet. ©ie nöljte emfig, ein £3udj lag im ©rafe neben iljr. 23eim ©eräufdj meiner dritte blidte fie anf unb erttuberte ntf)ig meinen ©ruft. „üftun, ba feib S^r ja enblidj !" fagte fie. 3dj faft fie erftaunt an. „SBuftten ©ie, baft idt) fornmen ttürbe? 3d(j bin ja nnr gufällig ^ier !7/ — „©efagt ftat e§ mir SUemanb," ertoiberte fie unb errötete, „aber idj ttmftte e§ fo fidler unb beftimmt, tt>ie nur ettt>a3 in ber Sßelt! Sa, ba§ Söudt) ftier §abe idfj nnr bagu mitgenommen, um e* ©ucft gu geigen/' Unb fie reidjte e£ mir. „®ennt S^r e§ nodfj?" Sdj fannte e§ freilich, unb e§ toar ein fonberbare§ ©efiiftl, ba§ midi) über? tarn, al§ mein £3lid auf biefen oerbrüdten, mürben ^Blättern ruljte. ©§ toar ein ©ebetbudj für grauen, im 8übifd)=S)eutfdft gefd^rieben, eine§ ber Wenigen ©rb? ftüdc, bie meine Butter mir ftinterlaffenftatte. 9Rid^ über? fdbjlidf) tiefe DUtfjrung, bie Singen würben mir feudjt; ftnmm gab idt) ba§ S3ud) bem Sttäbdjen gurüd. „3f)r gabt e§ mir gum Slbfdjieb," fagte fie, „an einem fdjönen
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(Sommermorgen, af£ gfjr fortgogt in bie meite SBeli. 2Btr fjaben barnafS öief nnt ©udj gemeint, id) nnb ber bfonbe (Sfjaint, ber nun mein Bräutigam ift. " — „^Ctfo ber!" fügte id) fo rufjig, mie mir mögltd), ,,©ie fagten mir neufid) nidjtS baoon?" — „SBeil mir nid)t baüon fpracfyen," ermiberte fie unb fe|te bann fjingu: „©agtet Sljr mir boc^ aud) nicfjtS oon (Surer SBraut unb gf)r fjabt ja eine, unb eine fdjöue unb ftattfidfje bagu." gd) muffte fad)en. „Üftein, 9?ad)ef," üerfidjerte id), ,,idj bjabe nocfj feine 23raut." «Sie fafj mid) forfdjenb an. „Söirffidj nidjt? 2)amt fjaben nufere Seute mieber einmal gelogen, ©ie fagen bei unS, gf)r märet mit einer frönen nnb reifen ßfjriftin oerfobt. 2lber fefjt," — fufjr fie eifrig fort — „baf3 man üon (Sucfj fo bief ©djfedjteS nnb gaffd)eS ergäbt, baran feib $f)r bodj im ($runbe felbft ©d)ufb. S^r feib ftofg, tfjut gegen Sebermann fremb nnb öerfpoitet un£, mo §f)r fönnt. ®arum mar id) (Sud) jüngft bei ber «^odjgeit anfangs fo böfe. ®a{3 3$r fein fdjfedjter Sftenfdj gemorben feib, f)abe id) fdjott neufidj erfannt unb @ud) gefagt, aber ftofg feib S^r, aucfj gegen mid) ! ©agt nidjt nein,benn maf)r bfeibfS bodj. Söarurn nennt gfjr mid) immer „ ©ie" , marnm bugt gljr mid) nidjt rneljr mie einft?" — „SBeif anS ber ffeinett Sfiadjef nun ein ermadjfeneS gränfein gemorben ift!" — „®a fpottet gfjr mieber," fiel fie mir Ijeftig inS SSort. „gdj bin fein gränfein, id) bin ein gubenmäbdjen. Unb barnm bitte idj, fagt „^u" gu mir! ©onft fommt gljr mir fo fremb oor unb feib bod) eigentlich ein after greunb." — „gdj mifl'S gerne tfjun," üerfpradj idh, „aber bann mufft and) $)u mid) bitgen." — „9?ein!" fagte fie entfdjiebeu.
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„Sa§ gef)t nicht. 3hr feib ein gelehrter ©tubent, ber halb ein Soltor fein mirb unb itf) — ich Bin bie S^ac^el SBelt. Sa§ müht 3hr nicht üon mir »erlangen."
2Bir plauberten nod) lange nnb über $iele£ — nicht nur an jenem borgen, auch in beit nöchften Sagen nnb üESocljen. !Rad6)el laut alltäglich mit ihrer Arbeit §um <3d6)lo^^of. „Unten ift'§ bumpf," fagte fie, „unb f)kv oben ift lichter ©onnenfcheht nnb bie SBögel gmitfchern. Scf) ba§ ßtd^t fo feljr." Su meifjt, e£ ift fonft wenig ©inn für 9^ atur f cf) ön^ eit unter beit Suben nuferer Sanbfdjaft; bie üftot, bie ©darnach, ber Sammer Ijaben i^n erfticft. $lber biefem herrlichen ©emüte mar eben auch biefer ©inn mieber aufs gegangen. Unb pünftlidfj, Wie ba§ Räbchen, fanb auch ich midh im ©chlohhof ein. 2Sa£ mir ba alle§ besprachen, f bunte ich ®i* beim beften ^Bitten nid^t fageit — e£ mar uit§ eben ba£ unf cf) einbar fte Sing mistig genug ,um lange babei gu »ermeilen. 28a§ un§ täglich trieb, einanb er aufgus fucfien, mar un§ mohl Reiben nicht flar. Unb biefem fachte ^inleben in ber Sömmerung fcfmner Gefühle — ba§ miü mir nun faft al§ ba§ Sidjtefte erf cf) einen att jenen lichten Sagen ..." Sftein greunb »erftummte. Söieber fpamt fidj jene§ eigene ©c£)immern über fein bleidje^ Slntli^.
„Su haft Riecht," fagte ich- „Sa$ ift ba£ ©eligfte an ber feligen Qdt ber erfteit Siebe, bah biefe Siebe fo gar nicht flügelt, bah ihr ba§ Söunberbarfte einfach erfdjeint unb ba§ (Sinfachfte al§ ein SSunber. (Srft ein ättherer (Sinfluh geigt ben Siebenbeit in ber D^egel, mie tief ihr ©efüf)l gemorben ift."
?tbolf lad)te. „Su fpridjft mie ein Samens
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5llmattad). 2lber — fo ift'3. $lud) bei uu£ foUte ber äußere ©influji nidjt auäbleiben."
Sann fuljr er fort: „(Sine§ 2D?orgen§ mar id) aUeivt oben in ber ^uine. Ungebulbig fdjritt id) mehrere ©tunben unter bem üerfadenen Sttauermerf auf un b ab; e§ mar üergeblidj, 9?adjel fam nidjt. Unb an meiner Ungebulb füllte idj erft, mie lieb mir ba§ üDiäbdjen ge* morbenmar. ©ie !am and) am feiten, britten Sage nidjt. Unb fo eine SSodje taug; id) mar in 23ergmeifluug. Sa fanb id) fie eine£ SÜ?orgen§ mieber am gemoljnten Sßlafc. 3dj eilte freubig auf fie gu unb fafjte ifjre «jrjanb. „(Gottlob ! ba bift Su mieber," rief idj fröf)lidj, „9ttäbdjen, SCftäbdjen, mie üiel Srauer unb 5lngft f)aft Sn mir bereitet." ©ie lächelte trüb, iljr ^tntliig mar bleid), bie klugen gerötet. „3dj fonnte nidjt fornmen," fagte fie leife „idj mar Iran!!" — „$ranf!" rief id) beforgt. „Unb id) fonnte nidjt bei Sir fein! ©o f)atte id) bocf) redjt, al§ idj rnidj um Seiuetmiden fo ängftigte !/y
— „(£3 mar nidjt bebeutenb," ermiberte fie. „Unb Sfjr mart oft l)ier?" — „Säglid), unb fjarrte unb fjarrte!" — ,,3d) banfe (Sudj," fagte fie leife unb reichte mir nodjmal§ bie |janb. Unb mie mir fo ftumm baftanben unb einanber in§ 5luge blidten unb feine SSorte fanben, ba burdjgudte un§ guerft ba£ flare SBemufjtfein nuferer Siebe. 3Sir fjabett moljl beibe in jenem 2lugenblid gegittert . . . „3d) rnufs geljen," fagte fie enblidj unb lüfte il)re .panb au§ ber meinen. „Sie Butter mirb 5lngft um rnidj l)aben. Sebt moljl!" — „23i3 morgen," fagte id). „Su fommft!"
— ,,3d) fomme," oerfpradj fie leife . . .
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Stf) Jjatte am näd£)ften Sage nidjt lange oben gu märten. Sie fam pünftlidj. Qdj ging iljr entgegen, aber gebrütet unb befangen, nidjt fröljlidj mie geftern. (Sie mar and) fjeute nodj fe^r bleidj, iljr Sdjritt fdjmanfenb. „Su bift fränfer, al§ Su midj glauben machen midft," empfing idj fie beforgt. — „Sftein!" er? miberte fie, ,,id) bin nidjt rneljr franf unb" — fie ftodte unb fuljr bann mit fefter Stimme fort, — „idj mar e§ and) nidjt. Sdj ^abe (Sudj geftern belogen! . . . Sa, idj) log, meil idj nidjt ben SQfhtt fjatte, bie Söaljrs Ijeit gu fagen. Sdj bin blaff unb meine Gingen finb gerötet, meil id) fef)r öiel gemeint unb getrauert fjabe in ben lepten Sagen. Sdj Ijabe (Sud) ^eute oiel gu fagen, id) bitte — Ijört midj rul)ig an."
SSir festen uu3 auf ben groffen Stein, ber gu gü^en be§ roten $reuge§ liegt. „28er meinen (Sltern baüon ergäbt Ijat," begann fie, „baff id) täglidj fjier mit (Sudj fpredje, meiff idj nidjt — e£ ift and) gleich? gültig. Sei) Ijätte e£ iljnen felbft bei irgenb einer ($e? legen^eit gefagt, benn idj fal§ nidjt§ 2lrge3 barin. Ser SSater aber empfing mid), al£ icf) jüngft naefj §aufe fam, mit heftigen SSormürfen unb mit Porten . . . idj mid fie nidjt mieberl)olen, fie maren fel)r böfe unb ungerecht. (Sr fagte, idj öergäjfe meiner (Sljre unb meiner ^ßflidjt, er erinnerte midj an meinen Verlobten, er befdjmor mid), öon (Sudj, bem Ungläubigen, bem 23erfüljrer gu laffen. Sei) erfdjraf feljr, al§> er fo fprad), bodj nicb)t üor feinem $orue. Sdj erfdjraf über bie (Srs fenntni§, bie mir ba auf ging. Sei) fjatte nidjt bar an gebad)t, marurn idj immer f)ierf)er fommen muffte,
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Warum micfj ©uer SSort unb ©uer 53licf fo glütfltc^ machten. üftun — nun wu^te id) e§. Unb al§ mein SSater mir einen ^eiligen ©ib abforberte, ©uef) nie Wieber gu fpredjen, ba fonnte xd) nicf)t fcfjwören. Unb Wenn mir (25ott unb alle ©ngel be§ |)immel§ e§ bes fohlen Ratten, xd) f)ätte e§ nicfjt g etl)an; e£ wäre mir al§ eine gar gu grä^Iic^e Säge erf dienen gegen ba§, Wa£ in mir war. 3cf) ertrug ben Qoxn be§ $ater§ unb bie Sfjränen ber Butter, benn xd) Wufjte, baf$ id) . . . baf$ xd) ©uef) lieb f)abe . . ." 3d) Wollte jpredfyen,
aber fie erf)ob abwefjrenb bie ßanb unb fuf)r fort: „@ef)t, al§ xd) ba§ erfannte, ba war e§ mir guerft entf erlief) — idj farn mir felbft fo fremb oor. Unb boef) war xd) Wieber fe^r glüeflief). 3cfj fal) ben Kummer unb bie SSergWeiflung meiner ©Item, aber idj Ijätte e£ nicf)t öermodjt, nadj iljrem Sßunfdj nodj ferner ©l)aim§ Verlobte gu bleiben. 3$ bin e§ nodj üor ber Söelt, aber ©uer ift in SSafjrfjeit meine @eele unb mein £eib. £)arum fonnte xd) ©uren 5lnblicf nidjt länger entbehren, unb fo bin idl) geftern fjeimlidj fjergefommen. $>a bab' idj au3 ©urem 58ort unb Sölicf gefefjen, bajj 3fjr audj midj lieb §aht, Wte xd) ©udj. Unb nun frage idj ©udj: Wa§ foH bie§ unb Wie Wirb ba§ ©nbe fein?" 3dj Ijörte rtic^t ba§ 2Belj, ba£ burdj biefe Söorte flang, mir tönte nur Subei burcf) ba§ §erg. „SCftäbdjen," rief xd), „SW liebft midj, bann ift ja 5tt(e§, 51 He§ gut!" 5lber fie fafj midj ernft unb traurig an. „üMn," fpraef) fie, „bann ift 5llle§ üerlorenf . . . 3f)r füfjlt nur ba£ ©litcf — icf) füfjle e§ mit ©udj, aber idj bliefe audfy in bie ^ufunft. Unb ba ift fein Xroft für
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nticf) ! (ümre (Gattin toerben fann icfj nicfjt, bagfcnfd&ett ftef)t mein Seben, tote e§ btefjer toar, meine §erfunft, unb bann: tote fie micf) erlogen fjaben. 0 ©ott! xd) bin ja nicf)t§, xd) toeifj ja nidjt§, xd) fann ja ntdjig. 28ef)' mir, xd) fann ja nicfjt einmal „^eutfcf)" fprec^ett ! 28a§ tooßt 3fjt, ber einft ein SDoftor fein toirb, mit einer grau, bie gar nicf)t§ non ber Sßeft öerftefjt, in ber leben toerbet. 0 — icf) fürchte micf) fo fefjr üor biefer SSeft! Unb f)ätte xd) bann oft gegen ben $8raud£) gefehlt unb ©ucfj oor 5lnberen befcfjämt, ba müßtet S^r ja fagen: biefe Siebe tt>ar mein Ungfüdf . .
— „IHad^el," rief xd), „fpridfj nicf)t fo, &U quälft 'Südf) unb rnidfj mit feerer gurcfjt!" — „Unb bocf) ift e§ fo," ertoiberte fie mit gudfenben Sippen. „Unb bann, foß icf) mein ©fücf mit bem @cfjmer§ unb, toie unfere Seute benfen, mit ber (Scfjanbe meiner Aftern erfaufen, bie fie töten ttrnrbe?! 0, mir tt>ar e§ in meinem Seib oft, af§ müfjte icfj ©ucf) anffeljen, ab^ureifen — fdljneß, gfeicfj. SSergeffen — ba£ toäre nicfjt ©fücf, aber Rettung!" — „Unb gfaubft £)u, xd) fönnte $)icf) Oers geffen ? !" fragte xd) ernft, „ gfaubft 2)u ein ©feicf)e§ oon ®ir?" — „Sßein," ertoiberte fie, „icf) fönnte e§ nicf)t. $fber fagt, tno fefjt Sfjt eine Rettung?" — „3cfj fefje fie," fagte icfj entfcfjf offen. SDer tro^ige 9ftut üon einft toar toieber über micf) gefommen — „man fann, toa§ man toiß," ffang e§ burdfj meine ©eefe. „ßftit deinem SSater toiß icfj fprecijen, xd) toiß if)m nacfjs toeifen, trne tfjöricfjt fein Vorurteil gegen nticfj ift, xd) toiß if)n anffefjen, fein einziges $inb nicfjt ungfüificfj gu machen; xd) tt>iß ®i d) oon if)m forbern, al£ mein
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Eigentum, ©dingt e£ mir nidjt, bann will idj SDidj burdj eigene ®rafterfämpfen. $)u aber mufjt bie ©Itern taffen, um be§©eliebten willen. greilidj — gWeiSaljre toerben wirnocf) Ijarren unb fämpfenmüffen. 2Iber £)u wirft nidfjt ermatten, n>ie icf) nidfjt ermatten werbe. Unb bann wirfj: 2)u mein ge? liebtet 2Seib unb lädfjelft überfeine (Sorgen oonljeute. Set) fdfjwöre ®ir,®id^ n>iUid6) Ijeimfüljren ober feine!" — „Sdj bleibe £)ir treu," fagte fie nur einfad) unb leife. 2tber e§ flang wie ein fjeitiger ©d£)Wur. ©o fdfjieben Wir . .
Sftein ©efätjrte Oerftummte. 3ßir ftarrten fdjwei? genb in bie Dämmerung hinein, bie fidj aümäljlidfj über bie Weite, weftgatigifdje ©bene breitete, ©rft nadfj langer $ßaufe fragte idfj: „SSarft 2)u bei §irfdj SSelt?"
„Sa . . . ©r Ijat mir bie £fjür gewiefen. 28a£ liegt baran? $)a§ Stftäbdfjen wirb beäfjatb bodj mein 2Seib. SDton fann, wa§ man will . . ."
*
5ln bie fünfgefjn Monate waren feit jener Unter? rebung im üBaggon oergangen. 28ir waren nad) 2Bien gurüdgefeljrt, wohnten in oerfdjiebenen ©tabtteilen unb fatjen un§ fetten genug. 9htr fo oiet wufjte idfj üon iljm, bafi er mit eiferner ©nergie arbeite unb gute Sftadjridfjten öon feinem üftäbdjen Ijabe.
^a Warb eine§ Borgens im £)egember, in grauer grülje, ftürmifcf) an meine ©tubentfjüre gepodjt unb nodj el)e idfj antworten fonnte, trat mein$reunb herein, toten? bleidf},mitoerftörtem$ntli£. „$)ubift%$tbolf?" rief idfj er? fdfjredt. „28ie *£)u au£fiel)ft! . . . 28a§ ift gefd^e^en ?"
©r ftridf) fid) über bie ©tint unb warf ba£ wirre §aar gurüd, in bem nodj einige ©djneeftöddjen gingen.
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„2Sa3 gefeiten ift? ! £)a£ tt>eif3 idj nic^t, eben barunt lotet mich ja bie Unruhe . . . ©tefj' auf unb fomm' mit !"
Sdh gehorchte unb fufjr in meine Sleiber. @8 toar eüoa§ in feiner ©timme unb feinem Sßefen, toa£ midh nicf)t länger gaubern (iejj. (Sr toar fcf)tt>anfenben ©c^ritt» an§ genfter getreten unb bann toie tobmübe in meinen Setjnftulf)! gefunfen unb ftarrte nun in ben grauen, trübfetigen SSintermorgen Ijinau§. ©ein Hntlib toar fatjf, bie Gingen glühten toie im lieber.
„5Xbotf," rief idj beforgt, „&U bift franf?"
„Üftein, icf) bin nicf)t fr auf/' erttuberte er uns gebufbig, „icf) barf nidjt franf toerben. Hber fomm, fomm !" S3eforgt folgte idfj if)m in ben falten, ftürmifdhen $)egembertag f)inau§. „2öo ift bie nädjfte Sefegrapljens ©tation?" fragte er.
„Ziemlich toeit! — $Ba§ foEen toir bort?"
„$omm Ijin — frag' nidjt trief." (Sr toar offenbar in fo furchtbarer Aufregung, bafj idh if)m fcf}tteigenb toiEfaljrte. Hf§ toir enbfidj nacfj geraumer geil box bem £f)ore be§ Hm te8 ftanben, fagte er: „Unb nun
— icf) ffefje $)icf) barum an, gef)' hinein unb frag' bei deiner Butter tefegrapfjifdj an, ob e£ toafjr ift, bafj
— meine Söraut in nädhfter üBodhe heiratet."
„|jaft 2)u bergfeicfjen gehört?"
„©pater — $u foEft fpäter HEe§ fjören, aber nun gefj' unb telegraplhiere. Unb erbitte bie Hnttoort fcfjleunigft — fjörft — fdhleunigft, Ijab' Erbarmen mit mir." Briefe Sporte, biefe§ Benehmen toaren bei bem ffaren ÜEieufdhen fo unerhört, bafj fie mich tief er* fdhütterten. Sd) trat in£ Hmt unb gab bie 2)epefcf)e
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auf. ©rft al3 id) fertig War, gütg§ mir burd) beit ©inn, ma§ meine Butter baüon benfett mürbe, ba£ id) mich fo jäh unb I eib ettf af tlic^ nad) ber fRacfjel Sßelt erfmtbigte, uttb id) muffte faft lächeln. 2lber ba§ Säckeln verging mir mieber, al§ id) auf 5lbolf gutrat. ©eine klugen brannten unb gieberfdjauer burdjrüttelten iljn . . . „£)u bift franf!" rief ic^ mieber. 8dj ergriff feinen 2lrm unb führte ifj n in§ nädjfte (Safe; auf ber ©trafje ging eben ber ©djneefturm mieber luftig an.
„0, e£ ift nichts oon 23ebeutung," ermiberte er, folgte aber midig. „©in leichtes lieber — id) merbe mich erfäliet haben — id) bin Idente bie gange üftadjt giedo§ burd) bie ©affen gegangen. Sdj meijs, ma3 $)u fagen midft, eine £f)ort)eit mar% unb id) bin felbft ein angeljenber 5lrgt, aber ma§ nü|t ba£ — id) fonnte nicht ruhig . . . Sßann fommt bie 2fntmort?" unterbrach er fid) bann mieber heftig.
„©pät Sftadjmittagä, öiedeidjt erft Sftad) t§. 2Bir haben ja feine birefte SBerbinbung, bagu ber ©djnees fturm. 5lber menn bie 2lntmort fommt, bringe id) fie £)ir augenblidlidj."
„8dj banfe £>ir," ermiberte er. ,,$)u meifjt nicht, ma§ ich litt, al§ ich fo unüermutet erfuhr."
„SDurdj men?" fragte ich- „©§ hat fidj feltfam gefügt," ergäfjlte er. „3dj ging geftern 2lbenb gufädig burd) bie djirurgifdje 5fb? teilung be§ allgemeinen $ranfenf)aufe§. £)a marb ich plötzlich angerufen. 8dj trat an ba§ betreffenbe Söett, ein jübifdjer 23urfdje lag barin — e§ mar ber ©alomon ^ßinfuä, ber Araber be§ 0d)fenhänbler§ ©fjaint ^ßiufu^
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au§> 23antoW. 3)er Söurfc^e ergäbe mir flagenb, bah er öor einigen Sagen eine |jerbe feinet 23ruber§ nach Söien gebraut unb nad) glüdlid)em SSerfauf lieber nad) §aufe habe gurüd lehren wollen, ba fei er im ®latt= ei§ auf ber Strafe au§geglitten unb habe fid) ben^lrm ge« brocfien. „0fj!" wimmerte er, „ich habe nidjt nad) Söien gehen wollen, id) habe mid) gefürchtet, aber ich ()abe e§ ja für meinen 23ruber thnn müffen; ber fann nicht öon «gjaufe fort, er heiratet ja in nächfter SBoche bie tadlet, bie Sodjter be§ gleifchhauerg." — „2Ben?" rief id) anher mir unb padte ihn fo het^9en ©nfjfc am gefunben 2lrm, bah er auffc^rie, id) ^erbräche ihm auch biefen. 9^un, unb bann erzählte er mir, bie Söraut feinet 23ruber§ fei ja bie Kachel SSelt unb idh mü^te fie ja feinten — id) glaube, ber Söurfche lächelte höhnifch — , fie fei plö|lich Wieber §ur Vernunft ge= fominen unb wolle ben (Shaim hoch betraten . . . $cf) Weih nicht mehr, wa£ id) ihm barauf erwiberte, nur, bah tch fchlieh(id) fortrannte wie ein SSahnfinniger, freug unb quer burd) bie ©trafen, trot* be£ ©turm§ unb ber ®älte. 2Bie mir babei §u 9J?ute war, fann ich Sir nicht fagen,Su Würbeft e§ and) nicht begreifen. .
„0 hoch, Su 2lrmer," erwiberte ich mitfeibig.
„Sftein!" rief er heftig, Jein $fonfd) fann e§ be= greifen. 0ieh’ — e£ ift ja bei mir feine gewöhnliche Siebelei — wie fäme and) meine D^atur bagu?! (£§ ift ja bie erfte grofje Seibeufd)aft meinet £eben§ unb Wirb unter allen Umftänben bie letzte fein. 3dj habe 2ltle§, Wa3 an (Gefühl in mir ift, auf biefe£ Räbchen gefegt; betrügt fie mich, )° Werbe ich Wahnfinnig ober
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muf$ fterben. ©laube mir — idf fafele nid£)i — iä) fe^c midi) audff jefct fo fdbjarf mtb Kar, mie etma einen meiner Traufen. (Sin $8emei§ bafür, ba£ icf) felbft in meiner £eibenfcf)aft nie blinb mar, mag *£)ir ba£ SBefenntniS fein, ba§ mir bie ©darauf en, bie mid) bon bem $D?äbd£)en trennen, feinen 5lugenblicf ffeiner ers fdjienen, als fie finb. Sei) mei§, bafi gmifcf)en nnS eine 2Belt Hegt; mir finb in unferen Slnfdjanmtgen fo grünb^ lief) berfdjiebeu, baf3 fein £)icf)ter einen größeren Negern faf$ erfinnen fönnte. S)afür fönnen mir beibe nnS bei bem ortffobojen Subentum bebanfen. Slber idj meijg and), baf$ biefe ©djranfen nicf)t unüberfteiglicf) finb. 2öar id) 9ftann§ genug, mir felbft mein Seben gu f Raffen, fo merbe icf) and) 9ftann§ genng fein, mir felbft meine grau gu ergießen. SUebermerfen, bann aber and) gang nnb gar in ben ©taub fdjleubern, fann midi) nur (SinS: bie Untreue beS 9ftäbd£)en§ . . . ."
„Unb fjältft £>u baS für möglich?"
,,9?od) ftränbe icf) mid) bagegen, Üftiemanb gefielt fief) midig ein, baf$ fein ßeben plö|lidj mertloS ges morben ift. ©o menig maljrfdljeinlid) eS ift, ba§ ber 23urfc£)e gelogen l)at, benfbar ift e§ bodj . . . greilief) Ifabe icf) fd)on barnm faft gar feine Hoffnung, meil if)re Briefe, bie fonft pünftlidj admö cf) entlief) famen, feit biergefjn Sagen aitSgeblieben finb ..."
„2öte aber," meinte icf), „menn fie n icf)t untreu märe, fonbent gegmnngen, übermältigt burdf) meif$ ©ott meldfye Mittel!"
„S)a§ ift unmöglich," ermiberte 5lbolf feft. „SSäre mir bieS and) nur einen 2lugenblicf als möglich er^
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fdjienen, id) fä^e j et$t nic^t $>ir gegenüber, fonbern im Waggon auf bem 2Beg nad) 23arnom. Hber bie Hm nafjme ift für midj, ber iä) ba£ Mäbdjen feinte, ges rabegu öernunftmibrig. ^tadjet ift ftar toie ein (Sbet? ftein. ©o eine Sßatur lä^t fid) nidjt gingen, nidjt betäuben, nidjt übermäßigen. Mute e§ attf§ Hujjerfte an, fo tiefe fie iljren Ottern fort nnb fäme gu mir, nnb müjjte fie fid) bi§ fjierfjer burdjbettetn. Sdj femte fie . .
2öir fpradjett nodj tauge an jenem büftern Sinters üormittage. S)ann bemog idj Hbotf, bodj mieber in£ $raitfenl)au£ gu getjen nnb feine gemofjnten ^ßftidjten gu erfüllen. Hber er tf)at bie§ erft, nadjbem idj feiere tidj öerfprodjen Tratte, ifjtn bie -ftadjridjt, mie fie and) immer fei, feinen Hugenbtid oorguenttjatten.
(Srft im Morgengrauen be§ näcfjfteu £age§ fam bie Hntmort: „Sa, fHad^et heiratet nädjften ‘Snenftag ben Ddjfentjänbter ^infu§. Hber ma§ geljf § ‘Dicf) an?''
Hdj! bie !ftadjrid)t ging mid) in biefem Hugem blide nät)er an, at§ meine gute Mutter atjtten mochte. SBefümmert machte idj midj auf nnb fuf)r in bie Mariem gaffe, mo Hbotf ein fteine§ ©tübdjen bemofjnte. Mein «fperg ftopfte, at£ iä) bie Ginget 30g.
©eine atte §au§frau fam mir entgegen. „Gootk tob, bafj Bk ba finb," rief fie mir freubig gu. „Sßeldje Hugft ^abe iä) in biefer Sftadjt an§geftanben! teufen ©ie nur, geftern Sftadjmittag fommt mieber ein 33rief für ben §errn $)oftor, au§ ber ^otafei, idj Ijab'£ am ^oftftempet gefetjen, nun, ben lege idj tljm auf ben Seudjter, mie gemöljntidj, bamit er itjn gteidj ftnbet, roenu er Ijeint fommt. §ätte idj aber getourt,
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maS baS für ein böfer 33rief mar — lieber |)err, icf) bin eine eljrlictje grau, aber biefen SBrief Ijätte icf) untere f erlagen, fo mafjr mir ($ott f)elfe, unb eS märe ein gute§ SSerf gemefen! $)enn t)ören ©ie nur! (Sr fommt fcljon frü§ am $lbenb naef) §aufe unb fragt atemlos, ob ©ie noef) nidjjt bagemefen fiub. Sftein, fag; id), aber ein 23rief auS ber ^ßolafei ift gefommen. „2öo?" ruft er unb ift mit einem ©ai$e im ^tntnter unb lieft beu 33rief. $)arin mu§ aber etmaS gurdjtbareS ges ftanben t)aben, lieber |jerr, etmaS gang gurdjtbareS, beuu ber |)err S)oftor mirb totenblaß unb gittert unb feine klugen gtüfjen. 2tber plöttficf) mirft er beu 23rief fort unb fängt an, taut gu ladfjen — eS mar furchtbar anguf)ören, baS §erg ift mir ftiÜgeftanben — eS mar gang fo, mie ein SSerrüdter lad^t. Unb bann blieft er um fiel), mit klugen — mit fotzen klugen" — bie alte grau fudjte ifjren S3tid6 r edjt ftarr gu machen — „unb bann ruft er mir gu: „gort!" Unb — öergeif)' mir'S (35ott ! — eS mar mir gar nid)t unangenehm unb icf) bin fcfmeÜ f)inauSgegangen. Irinnen bleibt eS eine SBeile ruf)ig, bann f)öre id} ben |jerrn $)oftor rafcf) auf unb abgef)en unb bann finit er auf baS ©opf)a unb ftijfjnt teife. $lber mie baS gelungen l)at, baS ift gar nicfyt gu befdjreiben unb id} bin barüber mieber tötlicf) erfdjrocfen. $)enn, miffen ©ie, öor gmei Sauren mar ein großes Unglück Ijier im |jaufe, bei meiner ÜRactjbarin: ä)v gimmerljerr, ein junger Slpotfjefer, fjat fidb) megen einer Siebe oergiftet, gef) fjabe gugeljört, mie er geftöljnt fjat — genau fo Ijat tjeute Sftadjt ber |jerr SDoltor geftöfjnt. ®a beule id} mir: ^ier ift ein
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Unglüd gefeiert, unb faffc mir ein £erg uitb trete in fein 3immer. (Sr ftegt auf nnb ftarrt mieg mit großen Gingen an, als rnügte er fieg erft befimten. „Sd) btn’S ja," rufe icg, „finb ©ie franf?" — „üftein," fagt er, „icg möcgte nur gang allein fein, gang allein !" Unb ba gege icg mieber fort, aber bie gange 9?ad)t - "
Sd) gürte fie niegt länger an unb trat in baS Zimmer. Slbolf fag regungslos im Segnftugle, bie |jänbe aufs ($eficgt gepreßt; eS fegien faft, als fdjlafe er. 2lber beim (55eräufc^ meiner ©egritte lieg er bie §änbe finfen unb ergob fieg. Sd) fanit nidjt betreiben, mie fein ®eficgt mar; icg gäbe nie einen ©eelenfcgmerg fid) er? fegütternber in beitrügen eines SD^enf^en auSprägenfegen.
„SieS," fagte er furg unb geifer, unb reiegte mir einen S3rief gin, ber auf bem Sifcge lag. (Sr lautete:
|jerr ^oftor!
Sgr rnügt mir üergeigen, bag icg erft fegt fegreibe, bag icg ntieg getäufegt gäbe. Scg gäbe (Sud) niegt lieb, eS mar nur gremtbfegaft. Sd) gäbe eS halb bemerft, aber icg gäbe niegt ben 9ftut gegabt, eS (Sucg früger gu fegreiben. $)arum fegreibe icg erft fegt, bag icg näcgfte 2Ö0(ge ben (Sgaim geirate. Sgr fönntet mel? leicgt glauben, bag icg baS gegmungen tgue, aber eS märe niegt magr, icg tgue eS freimiUig. SSergeiget mir alfo, $err $)oftor, eS mar ein Saturn. SRacgel.
„(SS mar ein Saturn!" fegrie $tbolf öergmeif? lungSüoß unb braeg bann gufammen.
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SD^egr als üier Sctgre maren feit jenem büfteren 3ßintermorgen vergangen. lieber grünte unb blügte
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ber grüf)liug. 3cft aber faft in einem |jaufe ber graften, bumpfen Stabt, bie fteifte «Stirne über ein ülftanuffript gebeugt. Sa trat ber Wiener in bie Stube ltnb überbrucftte mir eine $arte: „Sr. $(bolf Seiblinger," ber §err marte brauften. 3<f) ftürgte felbft gur Sftüre nnb rift fie auf. 3cft ftatte meinen greunb feit gmei Saftren nicftt gefeften, feit jenem Sage, mo er gu mir fam nnb mir furg nnb fitftf fagte: „Sei) bin al§ 2frgt in ftoüänbifdje Sienfte getreten nnb gefte nadfj Söataöia — feb' moftl!" s2fber er fjatte fic^ in ber gmifdfjengeit menig üeränbert: baäfelbe blaffe ©efidfjt mit bern unüeränberlicften 5fu§s bruef finfterer, troftiger Ütufte. üftur brauner mar er gemorb^n öon ber tropifdfjen Sonne.
^Stlfo mieber in Europa!" rief icf) freubig. „Sa§ ift reeftt üon Sir ! Sn meiftt ja,mie feftr icf) mieft gemüftt ftabe, SirSeinen$ßfanau§gureben. 3n biefe£ mörberifcfteJHima gu gefjen, ba§ mar ja eine %xt anftänbigen Sefbftmorbä!"
„3a!" ermiberte er ruftig, „ba§ mar’§."
„2fber nun bleibft Sn ftier?"
„3a! Scft ftabe aueft jeftt feine greube amSeben, aber e§ maeftt mir aueft feinen Scftmerg rneftr. Ser Sob mirb mir moljf immer al§ etma§ feftr ©feicftgüftigeä erfcfteinen. Hber ba icf) nun einmal lebe, fo ftabe icf) moftl auef) bie ^fficf)t, mid^ fo nüftfidC) al§> möglich gu machen. 3cf) merbe rnidf) ftier ober au§märt§ af§ Sogent fjabifitieren."
„Sa§ freut mief)," fagte icf), „icf) ftabe übrigen^ nie bie Hoffnung oerforen, baft Sief) bie ,8e^ botf) enblidj feilen mirb."
„(§& mar, menn Su ba£, ma§ mit mir üorge*
ft. (B. tJranjo», Sitbftt boit ©nrttott). 14
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gangen ift, eine Rettung nennen ttiidft, nid)t bie $eit, bie e§ bewirft f)öt, fonbern ein 83rief."
„(Sin S3rief ? $on ihr?"
„3a. ddadjbem icf) ihn erhalten hatte, reifte idjfogleid) nach Europa — bireft nach Danton), ©o toahnfinnig rafdj l^at bitya noch fein SOtenfd^ bie ungeheure fReife gurüdgelegt. $lber id) bin bennodj 51t fpät gefontmen."
,,©ie ift tot?" fragte id).
„3a — öier Sßodjen finb'3 her/ baf$ fie ftarb."
„Unb fie rief £)id) burdf) jenen 23rief an iljr ©terbefager?"
„Sftein! 5lber ba £)u ade§ Übrige fennft, fo ift e§ U)ot)t meine $ßfficf)t, 3)idj aud) biefen S3rief tefen 31t taffen." (Sr reichte mir ba§ ©Treiben ^in. Sn gitteroben, faum lesbaren 3ügen ftanb barin gefcfjrieben:
„(S£ toirb batb Srüljling, aber id) fitste, ba{3 id) it)n nicht mef)r erleben toerbe, barnm tt>id id) fd)reiben, fo lange icf) e§ nodj üermag. 3d) tfjue e§ too^t and) um meinetmiden, aber nod) mehr um (Suretttriden. Um rneinetmiden nur, bamit 3hr mid) nid)t aud) nodf) bi§ über ben £ob tjiitauä öcrad)tet, aber um (Suretmiden, um (Sud) tt>enigften§ je|t ben ©djmerg gu nehmen, ba{3 3^r ein 9ftäbd)en geliebt fjabt, tt>eldje§ fd)lecf)t ioar unb (Surer Siebe nid6)t toert.
3df) ^abe gelogen, toa§ icf) giriert oor öier 3öhren fcf)rieb. 3dj b)atte (Sud) bamad? lieb unb liebe (Sud) jetjt, unb icf) toerbe (Such lieb haben, bi§ id) fterbe. Unb menn un§ (35ott nach bm £obe biefe @nabe ge= ftattet, fo toerbe ich Such auch bann noch lieben. SIber eben wegen meiner Siebe höbe icf) mid) fo auf immer
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oon (Sud) gefcf)ieben. ©djüttelt nicht ba£ ßaupt uub munbert (Sud) nicht über bie feltfamen Söorte. (S§ märe mir fern reine§ ($lüd geworben, ba£ ich erfauft hätte mit bem gfuche be§ S3ater£ uub mit ber $ers ^meiffung ber Butter. 2fber ba§ fyätte ich übermunben. (Sine§ jebod) hätte ficb) niemals ausgeglichen ! — 3f)r habt barüber getäfelt uub e§ mar bod) richtig: (Sure ©teffung uub mie fie mid) erlogen haben. ©ie haben mich $u lauge f)iex gehalten, fo in ber Sraurigfeit uub iu ber Unmiffenheit; ich h^te b*e wtb ba§ £icf)t nid)t ertragen fönnen. Sch hätte ®uch nicht fo recht üerftehen fönnen, nicht (Suer 2ßeh, nicht (Sure £uft, unb ba§ märe mir unb üiedeicht noch mehr (Such ein großer ©chmerg gerne) eit. Sch märe fo unter (Suren gremtben unb ihren grauen immer fremb unb ungefc^idt ge' blieben, fie hätten gefacht über mein %hun wtb ^er mein ©preßen, unb ba§ hätte mir furchtbar meh ges than unb (Sud) nicht miuber. Shr hättet mid) oieffeid)t be§hofb öon ber 2öelt abgefchfoffen gehalten, aber bann hätte ich e§ nidht ertragen fönnen: „£)ein 9ftann mu§ fich beiner frönten," unb and) (Such märe e§ fehr fchmergfid) ge* mefen. Unb eine§ £age§ märe e§ fo gefommen, mie id) Such bantate gef agt habe : Shr gattet bie ©tunbe öermünf cht, mo ich ®ure ©attin gemorben märe. Shr hättet mich md)t üerftofsen, ba£ meij3 idh. 5lber ungfüdficf) mären mir gemorben unb Sh* öieüeid)t noch ungfüdfid)er, af§ ich- £)a£ h^e ich $fde£ genau gefef)ett unb erfannt. Unb meif ich @md) fo fehr Hebe, modte ich nicht, baf$ Sh1' burd) mich ungfüdficf) merbet. £)arum habe ich befdjfoffen, allein 31t merben, unb höb0 meinen (Sftern gefagt,
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bajj idj bett (Shaint Ijeiraten mode, unb tjabe (Sud) jenen Sörtef getrieben. $tber memt idj and) (Sud) gegenüber log, meinem ^Bräutigam ^abe id) bie SSafjrheit gefagt. Sdj habe ihm gejagt, mie e§ nrn mid) ftetjt, uttb bafj id) ihm nur eine treue Wienerin fein famt. (Sr ^at barauf ermiberi: mit ber ,3ed mirb e§ fdjott anber§ merben. Sd) mujjte, bafj e§ nidjt attber§ merben mirb, aber id) ^abe mein ßeib auf mid) genommen. $)a§ mar gut unb id) ftage auch jept nicht barüber.
s2tber fagen mufj ich, bafj id) gu fdjmadj mar für biefe£ £eib. Sd) bin bteicf) unb franf gemorben, mein §erg f topft fo ftarf, bafj icb oft baöon ohnmächtig merbe, id) merbe immer fdjmächer unb id) füljte, bajj ich batb fterben merbe. SIber id) ^abe fein langen üor bem £obe unb banfe ©ott, bafj er mich nur fo furg fjat leiben taffen uttb nicht ein gange§, langet Seben ^ittbttrc^. 2ßa£ fyätte id) and) noch fotten auf biefer (Srbe?
(S§ mar mir immer ein ($liid unb id) ^abe ba? rauf gehofft feit jener @tunbe, mo idj meinen (Snk fchtufj gefaxt t)abe, (Sud) 2tde§ bie§ einmal, beüor id) fterbe, gu fdjreiben. Sdt) ^abe itidjt geahnt, bafj idj fdjon fo batb bie£ ($Iüd ^aben merbe, bafj id) fcfjon fo batb gereinigt hafteten merbe üor (Suren ^tilgen.
Sfcutt ift e§ mir befdjieben — unfer @ott ift bodj ein barmherziger (55ott. Unb fo banfe ich (Sud) Kodj einmat für ade (Sure Siebe. Shrfe^ mir ber $£roft unb baäßidjt ge^ mefen in meinem armen, bunften Sebett. Shrha^mich ttur fetig gemacht unb feib unfdjulbig gemefen an meinem ßeibe. SBergeiljt barum ba£ SSelj, ba§ id) (Sud) bereitet höbe. (S$ ift meine tepte SBitte unb ich merbe ja batb fterben.
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Elfter nein! — nod) eine Söitte l)abe idj an (Sud) uit b frenn 31)* fie nidjt erfüllt, fo fann idj feine dtulje fjaben int (Srabe. (Suer greunb, be§ £)oftor£ Soljn, Ijat t)ierl)er gefdjrieben, baf$ 31)* Jefct in einem fef)r fernen Sanbe feib, fro bie (Sonne Ijeifj brennt unb faft ade gremben an einem böfeit gieber fterben. (Sr l)at audj gefdjrieben, bajj 3§* fraljrfdjeinlidj au§ $ergfreifs fung über meine ßeirat bortljin gegangen feib. SBa§ idj bei biefer ÜRad)rid)t unb feitbem gelitten Ijabe, fann id) nidjt fagen, unb frenn xd) e§ fagen fönnte, frürbet 3ljr e§ gar nicf)t glauben. 9lber id) flelje (Sudj an, geljt fr eg au§ biefem mörberifdjeit Sanbe. 3D^ein |jer§ fagt mir, bajj 3!j* ber gefdjidtefte 2Irgt feib, ber je gefrefen ift. $ommt §urüd unb fjelft ben armen 9ftenfdjen.
$5a§ (Sebeibudj (Surer Sftutter, freldjeä 31)* mir einmal gefdjenft fjabt, fr erbe idj mit in£ (Srab nehmen.
£ebt frofjl unb lebt fo lang unb fo glücflid), al§ id) (Sud) frünfdje. 3d) aber frerbe tot fein, frenn 3lj* biefen S3rief lefet. 9fadjel."
Stumm gab xd) ben S3rief bem greunbe gurüd.
(Sr erljob fidj unb fagte ruljig, frie früher: „!tRun freist ®u, frarum id) frieber in (Suropa bleibe. 5luf 2Bieberfel)en." 2lber frie frir fo fdjfreigenb einanber gegen* überftanben,öerlief$ ben ftol3en,büfteren$Renfdjen :plö|lidj feine Straft. (Sr fanf mir in bie $lrme unb fdjludjgte leife, fjerggerbredjenb: „Sßarnm mujjte e§ fo fommen— frarum?"
2ludj xd) freijj feine 5lntfrort auf biefe grage. Unb barum frage id) e§ nid)t, biefer ©efdjidjte nod) ein Söort beigufügen.
„ Patron
v
DJ^etin man au§ Söamoto nach ©üben feiert, in bie (3® 23utotbina ober in bie Sttolbau, fo fiefjt man nach ettoa brei ©tunben, bort, tt>o bie ©trage bei Q. ben £>niefter überfchreitet, auf einem «£)ügel ein ftolgeä ©dhloft liegen, mit fyofyn toeiften dauern unb bfe fenben genftem. (Sin prächtiger (harten nmgiebt e£ unb giet)t fid^ ben §ügel fyxiab unb ioeit in bie (Sbene hinein. £)a§ ift bielleicht ber fcf)önfte |jerrenfig in ^obolien unb fidjerlich ber reidjfte. (Sr gehört bem „Söaron ©dhrnule", ttüe er überall genannt tt>irb, bem Spanne, ber einft©chmule$ftunnftein geheimen hat unb je|t ber mächtige greiherr ©igiämunb bon Sftonnicfi ift.
3)er 9ftann hat einen großen SBeg gemacht, er ift mie ein ^ßfeil nach feinem $iele gefd£)offen. $)a§ ge^ lingt nur wenigen ÜDfonfdhen; benn bie meiften finb tt>ie ein Greifet, fie betoegen fiel) öiel, laut unb rafdh, aber fie breljen fich immer um fiel) felbft herum unb fommen nicht bon ber ©teile. £)er ^ßfeil macht nicht mehr, nicht lautere, nicht rafchere Söetoegung, aber er fdhiegt immer auf fein ,3iel lo§. ©o 23aron ©dhmule. (Sr hat fein .giel feft 2fage gefaxt unb ift ficher barauf gugef dritten, obtoohl er nur — ein 9luge hatte.
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5lber aucg er mar urfprünglicg ein Greifet nnb nur burcg ein ©reignig ift er gunt ^ßfeit geworben: burcg einen $ßeitfcgengieb. ift eine fonberbare ©es fcgicgte . . . $or rnegr al§ fünfzig Sauren mar% ba lebte in ,3- eine blutarme Sßitme, bie ficg nnb igren ©ogn burcg ein ©emerbe ernährte, öon bem gmei Sftenfcgen in einem fo flehten ©täbtcgen fdgmerlidg fatt merben; fie mar eine gucferbäcferin. Die grau gie§ Miriam sD?unnftein. Der ©ogn galf ber Butter, faurn bag er gegen nnb recgnen fonnte: er mar SBerfäufer ber SBare. Unermüblicg lief ber Heine ©dgmule burcg bie ©tragen nnb rief: „$auft glaben! glaben nnb 3ucfermanbeln ! $auft! fauft!" 2lber e§ giebt menige !ftäfcger in ber „©affe", nnb |jocggeiten nnb 23efcgneibungen, mo man eine ^ucferbäcferin in§ |jau§ nimmt, fommen audg nidgt täglich oor. Die Stetiger floffen nur fegr fpär= lieg in bie Heine Sßirtfcgaft, nnb ber junger tgut meg; ber arme ©dgmule meinte oft bittere Dgränen über feinen fügen $ram.
Die befte $unbfcgaft, bie er gatte, mognte eine galbe Steile öom ©täbtdgen, godg oben auf bem ©cgloffe. Diefe§ ©dglog gegörte bamal§ bem 23aron Sföobnicfi, 5llfreb SSobnicfi, ber überaus reicg mar nnb trog feiner SSerfdgmenbung faum megr üerbraudgen fonnte, al§ ba3 ©rträgniä feiner mtgegeuren ©üter. @r lebte faft nie auf bem ©cgloffe, meit e§ igm bort gu ftiÜ nnb gu langmeilig mar, fottbern entmeber in ^3ari§ ober in 23aben=23aben. Unb gmar lebte er in Q3aben=23aben, menn feine grau in ^$ari3 mar, unb ging nacg $ari§, menn feine grau nadg 23abem$aben
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tarn. (§;£ war baä eine frieblidie Vereinbarung gwb= fdjen ben ©atten unb fie Vertrugen fidj im Übrigen gang gut. 2ludj ber einzige ©proftling au§ biefer ©fje, ber junge Varon Mabi§lau£, lebte nid)t auf bem ©djloffe, fonbem würbe in einer Sefuitenfdjule bei Pratau ergogen. Raufte alfo oben nur ba3 ©efinbe. üftmt fennt man üietteicfjt ba§ ©pridjwort ber Sßolen: „©r ift faul unb genäfdjig Wie ein Safai." SDa3 traf aucf) bieämal gu. Ster Heine ©djmule fanb immer feine Rechnung habet, wenn er mit feinem $orbe ^inauf^ gefeuert fam, unb machte ba^er unöerbroffen in ©omtens hi£e unb SSinterfälte ben weiten 2öeg. greilid) be* fam er fester gu jebem $reuger aucf) einen $uff, aber baran wirb ein jübifdj $inb in ^obolien mit ber geit gewöhnt, ©o War er allmählich breigefjn 3af;re alt geworben unb Wer Weif3, wie lange er nodj mit ben glaben unb ben ßudermanbeln feiner Butter fjerum^ Ijaufiert hätte, wäre nicht jene£ ©reigniä eingetreten, Welches if)n au§ einem Greifet gu einem ^ßfeil machte.
2)a3 war im Sluguft, an einem feljr h^en Stage unb gegen bie -üftittag^ftunbe. ©d)mute feuchte wieber einmal ben fteilen 28eg gum ©djloffe empor unb lief faft tro& ber großen §i|e. $)emt bieämal hatte er e£ befonber£ eilig, e£ War greitag unb im |jaufe fein $reuger, ben ©abbatlj gu rüften, unb wenn ber ^junger an jebem Stage weh fyut, am ©abbatl) tl)ut er hoppelt Wef). 2Bie ©djrnule fo fjinauflief in feiner ^jergenäangft unb berechnete, Wa§ nod) in ber lebten ©tunbe 5lHe§ gu faufen fei, überhörte er e§, baft «^ufflang immer näher fd)oU, bi£ er fidj enbltdj nur nod) fnapp burd)
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einen ©prung oor bem Leiter retten tonnte, ber im ©alopp ben fteilen SBeg !)eruntergefprengt tarn. (5g mar ein blaff er Süngling mit einer Sagbbüdfjfe auf ber ©djulter, ber junge Söaron SBlabiglaug SSobnicfi, ber eben gu ben gehen nacl) bem oäterlidjen ©cfjloffe ^etrrtgefe^rt mar. (5r lachte laut auf, alg er ben fjäfc liefen gubenjungen gemährte, ber oor (Street gitterte unb in feiner 5lngft üergeffen fjatte, bie $appe gu gieren. &ann manbte er fein 9toj3 unb ritt langfam auf ©djmule gu, big er bicf)t oor il)m l)ielt. tiefer brüdtte ftef) gitternb an bie 23ergmanb.
„SBarurn §aft $>u nidjt gegrüßt, £)u Suben* ljunb?" fragte ber junge SBaron unb fcfjmang bie Ifteits peitfe^e. — „Sßeil idj fo er . . fdb)rocfen mar," ftammelte 0cf)mule. £)er junge 9D?enfd£) lieb bie Steitpeitfctje finfen unb badete einen Slugenblicf nadfj. $)ann lachte er fjell auf. „Sllfo 2)u fürcfjteft $>icf) feljr oor bem ^3ferb?" fragte er. „9hm, fo f)öre! $)u fteUft $)id ) f)ierf)er!" (5r mieg auf bie Stritte beg Söegeg. „^jiehjer!" miebers f)olte er gomig unb ber 3unge fteHte fid^ gitternb an ben angemiefenen $ßla|. „Unb oon biefer ©teile rüfjrft $>u $)idf) nidjt, big idj eg $>ir erlaube, Ijörfi $)u? 3ße§; 5Dir, menn $)u eineu ©dEjritt tljuft" — er griff an feine Söüdjfe — „bei allen «^eiligen, xd) fdjiefje £)idj nieber mie einen tollen §unb!"
$>am it fprengte er ben S3erg empor, menbete bort fein Sßferb unb tarn blif}fcf)nett mieber ben 2Beg f)erabs gefprengt unb gerabe auf ben Sungen gu. 3^ern^/ in Sobegangft, faf) biefer bag ^ßferb Ijeranfommen — ein Siebet legte ftef) oor feine klugen — im nädjftenSlugenblid
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f prang er bei ©eite unb — bie $ufe be£ $ßferbe£ trafen nur ben $orb, ben er umgeljängt trug unb gertrümmerten benf eiben, ba§ bie ©üfjtgf eiten im ©taube umljerrollten. 2IucI) ber $nabe ftürgte nieber, aber nur üon ber ©r= f Fütterung. „|junb£blut! Du Ijaft Did) bod} gerührt!" rief ber Baratt unb rifj bie Söüd^fe üon ber ©dfyutter. Dann befann er fiel) bodj lieber unb begnügte fiel), mit ber fReitpeitfd^e rafenb auf ben jungen einguljauen, ber fiel) gu feinen gü^en tt>anb. S3alb fcf)Iug er mit ber ©erte brein unb halb mit bem Sfrtopf. Da fdjrie ©cfymule ent= fefclid) auf, griff nadj feinem redeten 2Iuge unb fan! be s mujgtloä gufammen. Der junge 23aron fprengte baüon.
(£ine ©tunbe fpäter brachte ein barmfjergiger ®auer auf feinem ßeumagen ben nodj immer betrug lofen Knaben mit einem furdjtbar entfteüten $Intlib in bie Subenftabt unb ber Butter in§ $au§.
Der 5Irgt tturbe geholt unb braute ©dfjmule lieber gum 33etnu§tfein unb ttmfd) unb nerbanb feine Sßunben. 2Iud) gab er gute «goffnung auf feine haU bige ®enefung. Hber ba§ redete 5Iuge toar üerloren; e3 tt>ar auggeronnen unb mtl)eimlid) ftarrte (Sinem bie leere 2IugenI)öI)le entgegen.
2In bem Dage, al§ ©d)mule guerft lieber au^er S3ette toar, tarn ein unerwarteter Söefudj: ber bicfe (Gregor, ber fieiblafei be£ jungen 23aron§. @r brachte gtuei Dufaten unb erklärte, fein junger §err fei bereit, au§ Erbarmen aucf) ben 5Irgt unb s2Ipot^efer gu begaben, wenn ©djmute non jeber 5Hage abftefjen wolle.
/f(S5e^t !" fdjrie biefer — ba£ tuar feine gange s2Inttt)ort, unb fein eiugigeä 5Iuge fitufelte habet fo
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unfjeimlidfj, bafj ber btcfe SDdamt jcfjneflfteng gef)or cf)te unb bafjeim rapportierte: „galten gu ©traben, $err 23aron, aber idf) glaube, ©ie fjabett biefent 3uben nidjt bloj3 ba§ 5luge fjerauSgepritgelt, jonbent audfj ben SSerftanb ; ber $erl toar mie ein £ier."
©cfjmufe auSgefjen burfte, toar fein erfter ©ang gunt ©erid)t. ®er ©emeinbeöorftefjer erbot fid), mit if)m gu gef)en, bodf) ©cfjmufe fefjnte e£ ab. ,,3d) banfe ©udj," jagte er, „aber xd) bin fein $inb ntefjr, ber ©djfag ^at micf) plö^licf) um gefjn 3afm' öfter gemalt. 2fud) mid xd) ja nur mein Sffedjt fucfjen." ©r ging gunt IRid^ter unb brachte feine ^fage an. ©ie mürbe aufgenommen unb ber ^Srogefj begann unb tourbe geführt, mie — nun, ttrie bamafS ber ^ßrogeft eine£ armen 3uben jungen gegen einen podtifdjen 23aron in ^obofien geführt gu toerben pflegte. 2fber baS Urteil fam menigftenS rafdj, fdfjon nadfj einem Sftonat. 3)a tourbe ©djtnufe öor ©eridbjt gerufen unb ber §err 9Jdanbatar fd^rie ifjn fjart an: „^u f)aft gelogen, SubM $>tt bift bem gnäbigften $erm SBaron nid)t auSgemidfjen unb fjaft £)id) bicb)t an baS $ferb ge= brängt, unb ba f)at £)icf) bie ^ßeitfdje unöerfeljenS ge^ troffen, ©ei frof), baf$ ^idj ber gnäbigfte junge §err nid^t megett SSerfeumbung anffagt, fei if)m banfbar! Unb jetd — tröffe $>id)!"
©djrnule ging fjeitn. 5lfS er gu feiner SJhttter in bie ©tube trat, fcfjrie biefe entfett auf: „SHnb, mie fiefjft $)u auS? 3ft £)ir mieber ein Ungfüd ge^ fcfjefjen?" — „Sa," ermiberte er, „ein nod) größeres Ungfüd, xd) fjabe mein 9ted)t nidjt ftnben f butten." £)ann
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murmelte er allerlei öor fiel) f)in unb fagte bann wieber laut: „Scf) Will thun, tute ber |jerr dichter öon mir verlangt hat, xd) will i^m banfbar fein ..."
„@ohn," fd^rie bie alte grau in SobeSangft, „ich feT^e eS an deinem ©eficf)t, $)u wirft ‘Dich in baS @cf)loj3 ftehlen unb wirft if)n im @djlafe ermorben . . ."
„Sftein," erwiberte (Sc^mule unb lächelte. „DaS Wäre and) gang gut, aber bann Würben fie mich aufhängen, unb wer foH bann Dich ernähren? 9^ein,icJ) mufjeS auf am bere 5trt öerfuchen, id) mu§ ein reifer 9ßann werben."
„©ott ^at deinen Sßerftanb öerwirrt," f tagte bie Butter unb noch heftiger Weinte fie, als ©chmule ihr feinen ©ntfchluf$ fagte, nach 23arnow auSguWanbern. 5lber er blieb feft babei. (Sr üerfaufte baS (Singige, WaS fein War unb burcf) feinen Abgang in ber 2öirt- fc^aft entbehrlich würbe, fein SJett unb fein Sßettgeug. Dafür befam er fünf ©ulben, Weit er noch einige ©e= betbüc^er barauf gab. „Sch Werbe meinen SSerbienft ehrlich mit Dir teilen," öerfprach er feiner Butter beim Slbfchieb. ÜDUt ben fünf (Bulben ging er nach SSarnow unb laufte fidh bort einen Keinen $ram öon ^ünbljölgchen, «Seifen, ^omaben unb gebera unb hofierte bamit in ben ©afthäufem unb auf ben ©affen h^um. Unb Weit er unermübtich War unb für fidh felber faft gar nichts brauchte, fo fonnte er nicht nur feine Butter uuierftüfcen, fonbern auch etwas gurücf legen.
D^ach gWei Sahnen War er fo weit, baf3 er biefeu §anbel aufgeben unb einen anbem, einträglicheren beginnen fonnte. (Sr würbe nämlich ein „Dorfgeher", WaS ein furchtbar mühfameS ©ewerbe ift. Da warn
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berte er, mie üftatfjan Vitfe§, ber $8 ater ber grau (S^riftine, mit einem großen $ßa<f auf bem Ütüden, in bem fid) 5lde§ befanb, ma§ dauern gebrauchen fönnen, non $)orf gu 5Dorf unb non gahrmarft gu Sa^rmarft. ©r mürbe meift nicht in ©etb gegart, fonbern in grüd)ten unb gellen. 2tber eben baburd) mürbe ihm ba§ ©emerbe einträglich. Üftachbem er brei gafjre ^orfs ge^er gemefen, fel)rte er gur ©tabt gurüd unb eröffnete in einer 9^ifcf)e am SJtorftptaß einen Saben non taufenb steinigt eiten. ^tud) biefe§ ®efd)äft gebiet) unb er tonnte halb ein orbentlid)e§ ©emölbe mieten unb feine Butter reid)ticher unterftü|en. 5lber er felbft lebte nad) mie nor faft nur non trodenem Vrob unb gönnte fich höchften§ am ©abbatl) ein ©tüdtein gteifd).
2tt§ er breimtbgmangig Saßre alt mar, geljn Sa^re, nadhbem er non 3- Gegangen, ftarb feine Butter, ©ie ftarb in feinen Firmen. 5tt§ er fie begraben hatte unb bie achttägige £rauergeit norüber mar, überfiebelte er in eine größere ©tabt, nach ©gernomiß. $)er Qu* fad fügte e§, baß bei ber ^Cu§faf)rt au§ bem ©täbtdhen ber Varon 2$labi§tau§ SBobnidi in glängenbem ^ha^on an ihm norüberfaufte. ©r hQde bamal§ gerabe bie Vermattung feiner ©üter übernommen. „©§ ift gut, baß er mir gerabe jeßt begegnet/' fagte ©d)mule gu feinem Veifegenoffen, „ber ©chmerg hätte mich fonft eine .geit lang* täffig gemacht."
üftun ftanb ©chmule allein in ber SBelt, aber er arbeitete fieberhaft fort, al§> müßte er eine große gamitie ernähren, unb marb fo allmählich ein mohl= habenber dftann. Unb meit er babei tüchtig unb or^
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bentlicf) ttxxr, fo gelang e§ if)m trojj feiner ©inäugig feit, eine ber reichten Erbinnen oon ßgernoioitj gur grau gu befommen. 9£un grünbete er ein grof$e£ ©efc^äft mit au3gebel)nten üftieberlagen nnb mit einer glängenben girmentafel: „@emifdfte Söaren^anblung non ©amuel S^unnftein". Unb al§ ob er fid^ bamit noch nid^t genug Arbeit gefdfafft hätte, begann er baneben noch einen großen SBein^anbel. Setjt erft geigte ©dhmule fo red^t, loelche ungeheure 5lrbeit§fraft unb ©ntf d^loff en^eit in if)m ftecfte. @r burd^reifte S)eutfdjlanb unb granf reich, bann SRufi? lanb unb bie Dölbau, unb fdjuf fidh überaE neue 5lnfauf£s unb $IbfahqueEen. Sftach gehn Sauren galt er al§ einer ber reichten $aufleute ber ®egenb.
$)a ftarb feine grau, nact)bem fie ihm ein £öcf terc^en geboren hatte. 9ßun braute ©df)mule einen neuen $ßlan gur 5lu§fü^rung; er oerfaufte feine beiben ($e? fchäfte mit großem 9ät|en unb ttmrbe ($etreibehänbler. Sn ^obolien, Söeffarabien unb ber Dölbau faufte er ein unb nach bem Söeften oerfaufte er. üftur bei einem ($runbbefi£er faufte er nie, bei bem 25aron 2ölabi§lau£ SöobnicEi, obtt>of)l ihm ber SSertoalter beleihen häufig ein günftige§ Angebot machte. $)er arme SD?ann ttrnr nämlich in beftänbiger Verlegenheit, mie er bie ge~ maltigen (Summen, bie fein §err brauchte, gufamntem fcharren foEte. $)enn ma3 bem alten Varon iro£ feiner Verfchtoenbmtg faum gelungen toar, ba§ brachte 2ölabi§lau3 glängenb gu (Staube*: er oerfpielte in jebem Sttonat fo biel, toie er im 3ahre einnahm. ©eine (Sattin, eine $)ante au£ frangöfifdjer gamilie, t^at gleicfjfaEä reblidb) ba§ Sfjrige, ben ungeheuren Veicf)=
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tum be§ «£)au[e§ gu untergraben. Unb fo mar ber Vermalter in Späten unb ©<hmule märe ifjnt fetjr ge^ legen gemefen. 2lber biefer lernte ab unb ermiberte mit fonberbarem Säckeln: „S<h §ah’ mir einmal oor fünfunbgmangig Sauren ba§ üBort gegeben, baf$ ich mit S^em |>errn nur ein ©efcfjäft auf Arbeit abfchlieffen mitl. Unb ba§ ©efdfäft ift noch nic^t reif . .
£)ie ß eit öerging, ©<hmule marb immer reifer unb heiratete tviebet eine grau, bie ihm eine grofje Mitgift gubradjte. $)amt fam ba£ Sa^r 1848 heran, unb in biefem mitben S atjre marb au£ bem reichen Spanne ein Millionär. §ert ©igi§ntunb Dtunnftein, mie man ihn nun, mo er fo reich mar, allmählich refpeftboU gu nennen begann, hatte bie Sßerprobiantierung ber Muffen in Ungarn übernommen unb babei ein Ijödjft öorteiU haftet ©efdjäft gemalt. $on ba ab fe|te er fidj gur fRu^e unb ermiberte immer, menn man if)tt gu einer neuen Unternehmung einlub: „Sch marte!"
©r hatte nicht tauge gu harren. $ßan fann audh mit einem riefigen Vermögen fertig merben, menn man ein riefiger $8erfd)menber ift. .ßmei Sahre noch, unb Söaron SBIabtötauS famt ©emahtin fonnten nicht mehr in ißari£ leben, unb auch ttt ß.r mohin fie fich gurücf^ gegogen, hatte ba§ feine (Schmierigfeit. 2)enn oon all7 ihren ©ütern gehörte in üBahrfjeit fein ©ra§halm mehr ihnen, unb oon allen ©eiten brängten bie ©laubiger auf fie ein. 5£)ie Baronin fehrte gu ihrer gamilie nach granfreicf) gurüd unb ber Söaron, ber moht ober übet gurüdbteiben muffte, fud)te feinen £roft im pagner unb bann in ber ©chnap3ftafcf)e.
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$)a fomtte er plö|lid) freier aufatmen, ba§ drängen ber ©laubiger ^örte mit einem 0cf)lage auf: 0djmule Ijatte alle SBedfjfel unb gorbermtgen an fidj gebraut unb feine Millionen barangefejd. „$)a§ ift ba§ erfte fdjledjte ©efdf)äft, ba§ @d)mule Sftunnftein in feinem ßeben gemacht ^at," fagten bie ßeute, unb nocf) größer mar bie SBermmtberung, al§ 0d}tnule anfcfyeineitb gar feinen (Betritt tf jat, feine gorberungen I^ereingus bringen. 5lber er mar nicf)t unflätig geblieben. (Sr ^atte ein SD2ajeftät§gefud) an ben $aifer gerietet unb um bie ©nabe gebeten, ©iiter anfaufen gu bütfen, bemt bamal§ burfteit bie Suben in ©aligien feinen ©runbs befi£ ermerben. ©r mar felbft nad) SSien gereift, fein ©efudf) gu unterftü^en. 5lber e3 mar öergeblid). „^Stf xd) einen SCRorb begangen," fagte 0cf)ntule, al3 er gurüdfam, ,,xd) f)ätte midj medeicf)t frei machen fönnen. $lber biefe§ ©ine ift nicf)t gu erreichen."
3)ann ging er lange Xage brütenb untrer, er fämpfte einen fermeren $ampf. ©nblicf) mar fein ©nt- fcf)lufi gefaxt; er trat tmr fein Sßeib f)in, meines er fef)r liebte, unb fagte gu if)r: „3cf) bin entfdjloffen, mid) taufen gu laffen unb ©f)rift gu merben. ©rfdjrid nicf)t, meine niefjt, fjöre midj ruljig an. 3dj mu| e§ tljun. 9Jtein gange§ ßeben märe fonft eine £üge, eine ■ftarrljeit. 3dj rnufj bie ©iiter be§ SSobnidi ermerben. 3dj Ij abe entbehrt unb gearbeitet, mie öiedeidjt nodj nie ein dftenfdj auf biefer ©rbe. 5lber idj mid nidjt meinen Soljn bafitr, idj mid nur mein Sftedjt. 5llfo, e£ ift feine grage, bafj idj tljun mu§. Slber 2)ir ftede idj e§ frei. SSie feljr $>it mir lieb bift, brauche
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td) $>ir itic^t 31t jagen; aber bemtodj erfläre id) $)tr — idj füge trtid^, nrie SDu.e§ entfdjeibeft . .
2lud) fie liebte iftn fefjr, aber fie fomtte beit ®Iauben§toed)fel nid)t über§ «^erg bringen. (Sie fdjie* beit. Sdjmule trat gur fattjolifcfjen $irdje über nnb naf)m ben kanten Sigiäntunb SRonnidi an. 5Iudfj feine eben Ijerangebliitjte Sodjter au§ erfter (üdje lieft fidj mit bem Später tanfen nnb erljielt ben tarnen dftaria. 2Mdje§ ungeheure 2Cuffefjen biefe§ Ereignis im gangen Sattbe erttedte, lä^t fidj nid)t befdjreibett.
2lm Stage nad) ber £aufe machte Sdjmule ade feine gorberungett gegen 2Slabi§lau§ geltenb. $)ie @üter famen gur geilbietnng nnb Sdjmule erftanb fie. SDer 23aron oerfdjtoanb — man ttmftte nid^t, loo^in er fidj getoenbet fjatte. Sdjmule 30g anf ba§ Sdjloft bei Q. nnb lebte bort mit feiner STodjterdftaria. 3mSaf)re 1854, al§ ber (Staat rüftete nnb fefjr nie! ®elb brandete, fanfte fidj Sdjmule nm eine grofte Snmme ben greiseren* titel. „Hber noc6)," fagte er fjäufig, „fjabe icf) nidjt mein gange§ SRedjt; e§ fel)lt nodj @ttt>a§." 2ludj biefe§ fodte ber feltfame SEftann erlangen. 9ttan erfuljr eines S£age£ burdj bie ftolnifcljen baft ber unöers
beff erlidje SSagabnnb nnb £runfenbolb 33aron 2Blabi§s lau§ SBobnidi burdj einen eblen SBoljltljäter für £eben^ geit oerforgt toorben fei.
So tt>ar e£ audj. SDer „eble Sßofjldjäter" toar ber 23aron SigiSmunb Sfonnidi. (£r Ijatte ben Sßagac bnnben, ber fidj guleftt tn nnb bei Söamoto ljerum= getrieben, im bucfyftäbtidjen Sinne be§ 2Bort£ öon ber Strafte aufgelefen nnb gab if)tn auf feinem Schlöffe
($, gfrattje?, Sfuben t?on »ornoto. lä
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eine ,3uffuci)t§ftatt. £)er SSagabunb befant 2(Ile§, tt>a§ er mollte, nur feinen ©d)nap§. Unb toarunt? „Söenn er @cf)nap§ trinft," fagte ©djrnule, „fo benft er nid)t nad). Unb er fodnadjbeufen. Sdjmidmein^edjtfjaben."
5lber ber SErunfenbolb tfjat bem neuen $errn feinet 0d)loffe§ nidjt fang ben Gefallen. 3m |)od)s fommer be§ nädjften 3cd)re§ tx>ar auf beut 0d)lo{3 ein großes geft. 23aron 9fonnidi t> erheiratete feine £od)ter mit einem magtjarifdjen 5lbeligen, einem ßufarem IRittmeifter. 2ln bem feftlieben 2lbenb gelang e$ SSobnicfi, 0d}nap§ gu bef ommen. (Sr tranf fef)r öiel unb taumelte bann gum Z^oxt f)inau§ unb ben 2Beg l)inab, auf bem er einft, oor fünfzig Salden, bem Subenjungen begeg¬ net. (Sr ift nie mieber in3 0d)lo{3 gurüdgefommen. $nt nädjften borgen fanb man iljn unten, am gufje ber SBergttmnb, gerfc^mettert liegen. 0b er in feiner £runfen= Ijeit ben fteilen 2lbf)ang fjinabgefaüen, ob er fidj felbft Ijinabgeftürgt, ba£ bleibt für immer unentfdjieben.
0el/t — audj foldje ®efd)idjten gef d)e§en ju? teilen auf (Srben.
©ae Cßnpueßtft).
V
ta ftept e§ lieber greifbar tebenbig öor mir, ba£
arme, üerfadeite £anbftiibtd)en mit feinen engen,
frummett, büfteren ©affen, mit ber ücrfadenen 23urg
oben auf bem 33erge, mit bem [tollen Softer unten am
gtuffe. Unb namentlich be§ lepteren ntuft id) immer
toieber gebeuten, ©in poper, mastiger 23au, ring§ non
einer SJtauer eingef Stoffen, an ber nod) Idente bie ©puren
gu fefjen fiitb au§ ber böfen, öerljeerenben Sartarengeit,
brin ein toirrer Knäuel üon Kapellen unb 28oI)nf)äufern,
burd) feudjte ©teinpöfe ober fpärlic^ betoadjfeite ©ra3*
flauen öon einanber getrennt. 3dj ttiar bort oft in meiner
^uabengeit, id) fpielte gern in bem Heilten griebpof auf
ben üerfadenen ©räbent; id) fjorcfjte gern bem SBiber-
pad meinet ©djritte§ in bem mastigen, einfamen die fefs
• »
toriunt,am liebfteu aber ftanbidj in ber „Kapelle beruhte", ttric fie ben kleinen, bp^antinifc^en $8au nannten, unb flaute empor gu bem ©emätbe, ba§ man erft fürgtid) bort befeftigt, frifd), ttie e£ au§ ben Rauben ber SDialerin fjerüorgegangeit toar, ber ftolgen, fcpöiten ©räfin gabttiiga SBortpnffa, ber §errin be§ ©täbtcpenä Söarnott). ©§ war ein fd)öne$ 93itb nod Siebe mtb griebett tüif.joadenber
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ÜSoIfe ftattb (Ef)riftu§ unb breitete fegnenb bie |jattbe über ben (SrbbaE. Huf bem bleichen Hntli{$, urnmaEt üon fdjmargem Sod enfjaar, lag bie pd)fte Siebe, bie er^abenfte (55üte, rein menfdjlidj unb barum göttlich unb erhoben.
Hber an bie§ backte id) nid)t, al£ idj, ein üben mütiger $nabe öoit gmMf Sauren, ba3 S3itb gunt erften SD^ate fat). G£& mar an einem litten, mannen |jerbfts tag; $Bormittag§ mar ba§ 33ilb befeftigt morbeit, eine (Btnnbe fpciter geigte e§ mir ber Heine Sßlabif, ber @o!jn be§ $üfter§. Unb al£ e§ mir fo im üoEen ©onnenglang au§ bem bunflen Ektjmen entgegentrat, mid) id) erfd)redt gnrüd. „SBeiftt Du, mer ba§ ift?" fragte idj meinen ©pielfameraben.
„Unb ba fannft Du nod) fragen?!" meinte biefer in fnabenljafter ßmtritftung. „Da£ ift nufer §err 3efu§ (£Ijriftu3, ben bie Suben gefrengigt ^abett!"
„■ftein, SBIabif!" ermiberte id) feft, „biefer ift e£ nidjt, fonbern ber 33odjer ®abib, ber bi§ gnm gritfyling mein Setjrer mar."
Sßlabif mar entrüftet unb fdjatt, aber id) liefj e£ mir nidjt au§reben: id) mufjte, ma§ id) mujjte. Unb al§ id) an £ ber 9£adjmittag§fdjule nadj |jaufe fam, ba ergäljlte idj meinem SSatcr öon bem 93itbe.
„!ftärrifdje§ $inb!" täd^elte ber, „mer foE ba§ 93ilb gemalt f)aben?!"
„Unfere grau Gräfin," antmortete id) eifrig.
Der SSater lächelte nid)t metjr. „Htfo bod)/' fprad) er finnenb. „(£§ ift faft nnglanbticf) ..."
„28a§?" fragte idj rafd). Hber er mte£ mid) fdjroff gnr Sftufje.
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Sd) fjäite audj ba£, ma$ er meinte, bantalS ttid)t ücrftanbeit. 8päter aber üerftanb icf) fie, bie feltfame, traurige ®efdjid)te, bie id) ergäben miff, bie Eefdjid)te be§ Ef)riftu3bifbe§ in ber $apede gu 33arnom, ba§ bodj gugfeidj ba§ meinet £ef)rer§ mar, be§ kodier $)aüib.
Sdj fjabe bie Eefdjidjte feftfant genannt, mein Sefer, itnb feftfant mirb fie £)ir audj in§ Df)r fftngen, namentlich mettn SDu im SBeften gu|)aufe bift, mo23ifbung uub ^ulbung motjnen. Unb traurig, feljr traurig. $ber ffage barnm itidjt ben Ergä^Ier an, beffen §erg ftd) fdjmergftdj gufammengiefjt in ber Erinnerung, fonbera jene intbegreiflid^e 3)cad)t, bie ba§ ÜDZenfdjenherg gu üftadjt (enft ober 31t ßidjt, gu Efitd ober gu Efenb . . .
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Stritten in bie unenbüdje Ebene hing eftreut liegt ba3 flehte ©täbtdjen. Üftur eine fanfte $(nfjö^e ift itt ber Sftäfje, ba hegen bie Xrümmer einer S3urg, mo einft bie ^errett üon Söarnom gekauft: bie ©taroften Söaredi. 2(ber nun fipt ber letzte ©prop biefe§ Ee= fd^Iecf)t§, ein mafjnfinttiger @rei£, in feinem büftera §aufe am gfttffe, bie neuen Herren aber, bie (Strafen SBorttyuffi, in bem neuen, prächtigen Erafenfdjlofj itt ber Ebene. E§ ^ält fid) ftolg entfentt üon ben nieb? rigett §ütten, ben f feinen, baufälligen Raufern, ben buntpfen, engen ©trapen üon S3arnom uttb üon bem Elenb, üott ber Sfrmut feiner Jöemofjtter.
$tber gftidftcb fittb biefe 23ett>oIjner, bie ©tragen fjefl, unb bie Jütten ftattfid) im SSergfetdj gu jenem abgefc^iebenen, mie üerftofjetteit ©tabtteif, ber fid) in ben uttgefunben Sfloräften be§ grfttffeä ^ittbe^tit. £>ort
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bleibt e§ büfter unb traurig, mag bie «Sonne noch fo glän^enb leuchten, bort öerpeften öerberblicfje fünfte bie Suft, liegt and; fonft ba§ $ha* im Sliitenbufte be3 5rül)ltng§. tiefer £eil be§ ©täbtdjenä ift am bid)teften bemofjnt: ba£ ©hetto, ba§ Subenöiertel, ober ttrie’S in feiner eigenen Sprache Ijeijst: bie „©affe".
®aöib mar bie feltfamfte, geheimniSöodfte ©eftalt ber „©affe", bie an berlei ©eftalten iiberreid) ift; im emigen ©djatten machfen immer fonberbar geformte fßflanjett. ©r mar ber ©oljn be§ oerftorbenen fRabbi be3 ©täbtd)en3. ©djon in feiner frühen Shtabeit^ett mar er ber ©tolg unb bie Seudjte feinet $ater£, ber ©emeinbe, gemefen. ©einem frühreifen ©eifte lagen ade ©eheintniffe be3 £almub3 erfcbloffen, alle bie ©pifcfinbigfeiten unb SRätfel. 9Jkn bemunberte, man oergötterte ben Shtaben; man erblidte in bem fdjmacheu, bleichen ^inbe ben größten ©chriftgelehrten ber 3U5 funft unb man öergieh be^ha^ ^ bk Unbäru bigfeit feinet SSefen.
$>a ftarb ber greife Sßater unb ^interlieg feiner Söitme unb bem einzigen $inbe nid)t£, al§ feine große Bücherei unb bie Siebe feiner ©enteinbe. $)iefe tljat aud) für ben SSermaifteu, ma§ fie fonute, ober rieh* tiger nur, ma£ ihr geniigenb unb billig fchieu. ©r burfte in bem |jinterftübchen be§ |jaufe§ mohnen bleiben, mährenb in bie öorberen ©etnüdjer ein neuer fRabbi §og. ©£ mar fo recht unb hergebracht, aber e§ oer= leßte tief baä ©efühl be§ $inbe§. lXub für beit S3er= maiften fanb man and) nicht jette 2öorte begeifterten £obe£ mte eittft, obmol)l er e£ bod) täglid) mehr oer?
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biente. T>er %xo§ feines SBefenS toucf)S uitb bamit {eine Unbeliebtheit in ber ,,($affe". vDazu fam nod), ba§ er ben neuen SRabbi, ben berühmten, frommen SOtann eines SageS in ber Deutung einer £almubs {teile etttfdjieben überflügelt unb fkh in finbifchem ©tol^ebeffengerühmthatte. 9?mt hatte er auch einen £ob* feinb in ber ©emeinbe. Sßie er einft vergöttert toorben, Würbe er nun angefeittbet. ©eine Sage ttmrbe unleib? lieh, aber er blieb, fo lange {eine Butter lebte. 3hr allein gehorchte er, fic allein oermochte gutoeilen ein Säbeln auf baS büftere, oerfdjtoffene 5lntlih beS ©ohneS Zu loden. $llS fie geftorben, War auch eines Borgens ber fünfzehnjährige Shtabe üerfdjttmnben. Unb er blieb oerfchttmnben. SRan oergaft ihn allmählich unb erzählte nur noch gutoeilen üon bem ©ohne beS SRabbi, ber fo fing unb gelehrt, aber babei fo böfe unb oerftoeft gemefen.
Unb er blieb üerfdjoüen burch lange zwölf Sahre.
®a fam er eines £ageS Wieber in baS (Ghetto beS f leinen pobotifchen ©täbtchenS unb mietete fid) in einem ber oerfallenen Räuschen ein. $lm nächften £age aber ging er zu ben 93orftehem ber ©pnagoge unb zu ben $ranfenpflegern unb fagte ihnen: er fei entfdjtoffen, fein Seben ben ^ranfen zu Wibmen unb beit ©terbenben. (£r fenne manches Heilmittel unb manche $unft ber Heilung, unb er bitte, fein Opfer anzunehmen unb ihn nicht zu fronen, wo Rettung unb pflege nötig fei. ©ie wunberten fid) über feinen ffintfchlufj, bann tobten fie iljn. ©päter jeboch fegneten fie feine £t)ätigfeit unb fein Sob ging von jäftunb zu Sftunb, Wie einft. $lber ein gewiffer Hand) ber Un=
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f)eimttcf)feit unb be£ grembfein§ Blieb um if)n: er marb nicht lieber ^eintifd^ in kr „©affe". $8011 melier 5trt bie ©tubien feien, bie er bei feiner eins famen Sampe nä<htelang betrieb, mooon er lebe, mo in ber gerne er getoefen, ba§ muffte Sftiemanb. $)er fRabbi, ber im Saufe ber Safjre längft beit Übermut be§ Knaben öergeffen hatte, unb mein SSater, ber oermöge feinet 23eruf§ — mein SSater mar ber ©tabtargt — häufig mit i^m gufammentraf, maren bie einzigen SCRenfc^en, mit benen er eigentlich öerfe^rte. SSott i^nen erfuhr man auch, ba§ er im heiligen Sank ges mefen fei unb bie Sättber be§ SeftenS gefehen habe, ja, ba§ er fogar im Sank jenfeit§ be§ großen Sfteereä längere .ßeit gemeilt habe, in „toerilum", mie;£ in ber ©pradje ber „©affe" hei&i* fpredje vieler Wülfer ©pradje, raunte man fiel) $u, er miffe aHe§ unb üermöge öiel, im ©uten unb im Sööfen, benn er fei ein SCReifter ber „Kabbala", unb ihm feien bie großen, furchtbaren ©eheimniffe be§ 23uche§ „©ohar", be3 £ehrbuch$ ber Kabbala, flar unb offen, ©r h abe fich t>erpflicf)tet, ftet§ einfam gu bleiben, unb barum fei er noch heu*e „Locher", bie§ fyifct: unverheiratet.
©r aber muffte nidftä von biefett ©eritchten ober er lehrte fich nicht baran. ©r f)alf, mo er Reifen fonnte, ohne 2)anf §u moUett ober gar ©ntgelt. Uttb allmählich achteten unb liebten fie ihn hoch, ben eins famen, ftillen, bleichen ülftann. ©ein 5lntlih mar nidjt leibenfdhaftlich unb büfter, mie in feiner ^nabengeit; e§ trug einen 5lu3brucf ntilben ©rnfteä, ber in gleicher Seife bie gurdjt mie ben Übermut bannte, ©er
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Socfjcr itmr ber einzige Vetooljner beö ®f)etto, bett bie (S^riftenfnaben nidjt mit $ot unb |jol)n bewarfen, obwohl er fid) äufjerlidj medeidjt nur burd) bie ^ein- üc^ forgfame ^einlidifeit ber Reibung Dort feinen ©laubenggenoffeu mtterfdjieb. (Sr trug gleichfalls? bie feltfame, altpolnifclje Zxaäjt ber Suben in $olen unb ^Ru^tanb. Unb fie pajjte öortrefflid) gu biefer fjoljen, ftattlic^eu (55eftatt, gu biefem Meißen, geiftüoUen 2(ntlifc mit beit fjerabtoallenben, buuflen Soden.
tiefer 9ftann nun ttmrbe mein Sefjrer unb blieb e£ burd) fec^^ Qaljre, bi§ in mein gmölfte§ Sa^r. (Sr bejubelte ben übermütigen, regfamen Knaben ftet^ gleid^ ernft, gleich liebeüoll. SSir fpradjen faft nie ein SBort, ba§ nid)t ftreug gum Unterridjt gehört hätte. SRur ein eütgigeä SCftal. Sch toar gurrt erften Sftale au§ ber $lofterfcf)ule nach $aufe gefrömmen unb Weinte über ben $o^n, ben mir meine 9ftitfd)üter am getrau Ratten, meinet ($lauben§ wegen. ^a trat ber Vodjer ein unb idj Uagte it)m mein Seib. (Sr ^örte ftill- fd)Weigenb gu unb fchlug bie ©teile be£ Vud)e§ auf, wo er geftem gu erfrlären aufgel)ört. Sd) Weinte fort. „SSeine nicht!" fpracl) er ba, „Weine nicht, mein^inb, fie wiffert ja nicht, wa£ fie ttjun." *£)ann aber fe^te er mit hartem, rauhem £one,Wie ich ihn nie Wteber üon ihm gehört habe, hingu: „SBeine nicht! ©ie finb ber grauen nicf)t inert ! Unb e£ lornrnt ein Xag ber Vergeltung." Qd) blicfte erftaunt auf unb faf) in feinem 2lntlit) einen fremben, bro^enben ,3ug. ®r fdjttieg, bie 3^ge glätteten fid), unb nad) einer Sßeile begann er mit lauter, ruhiger ©tintme bie Vibelftede gu erfrlären ...
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3d) blieb fein einziger 0cf)üler burd) bie langen 3af)?e. $>a trat plö^licf) ein gemaltigeä (Ereignis in fein Seben. £)er Unterricht marb aufgegeben. Seit*
bem höbe ich thn mtr nodj einmal gefprodjen.
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$)er alte (55raf $lbam SBortQttffi mar ein harter §err, üott Niemanb geliebt, üon Sebermann gefürchtet. 2lu§ einer Nebenlinie ftammenb, hotte er nie auf ba£ reiche SNajorat ber gamilie hoffen bürfen. (Sr mar feiten im Sanbe gemefen, ben Ertrag feiner ($üter lieft er fid) nach ^ßari§ ober Soubon fenben, nach Monaco ober «gjomburg. 3J?an lannte ihn menig im @täbtd)en. $Da fehrte er plöftlid) als 23efifter gttrüd. £)er junge 9J?ajoratSherr, ($raf Arthur, mar geftorben — in $ariS, unb plöftlid): au einem SBlutfturg, ben iljm unmäßige 2luSfd)meifung jugejogeu. 5Nan flüfterte unheimliche ©efd)id)ten bar? über, mie Niemanb für ben jungen Grafen ein befferer Seigrer in ben $luSfd)meif ungen ber üppigen, lafter* haften ©tabt gemefen fei, als fein nunmehriger (Srbe.
$>em aber mochte fein, mie eS modte: nun mar unb blieb (S5raf ?lbam ber |jerr. bisher unoerheiratet, obmohl feineSmegS ein SBeiberfeiub, ntufjte er nun and) bie ^flid)t erfüllen, bem SNajorat einen (Srben 31: fdjaffen. (Sr mahlte bie fdjöne Sobmiga ^olanffa, bie Xodjter eines Oerarmten ©chtachäiäen auS ber Nad)barfd)aft. Ntan muftte, baft baS Stäbchen ben (Grafen fürchtete unb hoftte, ober matt mujjte auch, baft biefer fie bem Sßater abgefauft habe. Unb (Singemeif)te tonnten fogar ben Kaufpreis? nennen. Sange nod) erzählte man im ©tcibts chen 00m ^p^hjeit^uge, mie (55raf $lbam ftolg unb
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triumpf)ierenb etn^ergef djritten fei unb bie junge SSraut bleid) unb büfter. 2)a§ $od)geit§maf)l mar glängcnb unb feljr fjeiter, aber al£ ber nädjfte borgen graute, gärten bie Wiener in bem glügel, ben bie Neuüers mäfylten bemof)uten, einen ©djuß fallen, unb al£ fie fjineilten, fanben fie ben (Grafen in feinem gimmer mit gerfdjmetterter «^irnfdjale, bie ^Sifiole in ber Nedjten nodj frampffjaft umflammerub. 2Sa§ il)n in ben £ob getrieben, mußte man nidjt, man fomtte e§ ancf) nid)t au§ ben bleichen, ruhigen 3ügen ^er jungeu SßitttJe lefen.
9Kan fpradj nie! über bie (55efcf)id)te bi$ man fie oergaß ober bi3 eine neue an ißre ©tede trat. $)a£ Majorat fiel an eine entfernte Nebenlinie, ©d)loß unb ©tabt 53arnom befielt bie (Gräfin öabmiga.
$lber bem ftattlidjen ©cßloffe, bem gangen reichen 23efißtum fdjien nun einmal ba§ ©djidfal beftimmt, üerlaffen unb unbenu^t gu bleiben. 21ud) bie junge, adjtgeljnjaljrige SSitme gog fort. Unb fie blieb lange auä. 9Jcan f)ürte nur gumeilen oon ben glängenben Xriumpßen, bie ißre ©djönßeit, ißr ®eift in ^ari§ feierten ober in §elgolanb ober in 23aben=23aben. ©ie heiratete nidjt mieber, mie man allgemein ermartet fjattc. Unb eineä £age£ im grüljling lehrte fie nadj faft geßnjäljriger $lbmefenljeit guriid. £)ie ftattlidjen mäcßer mürben nun mieber beniißt; auf bem ©djloßs ßof tummelte fidj eine galjlreidje $)ienerfdjar. $>ie Gräfin mar nidjt meßr fo fdjlanf, mie einft; ba£ 21ntliß mar bleidj, oiedeidjt gu bleiclj, aber fie mar nocf) immer fdjön — faft unßeimlidj fdjön.
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£)er Maimorgen ioar lieblid), bie Sufi erfrifdjenb unb bie borgen] omte blidte freuttblid) auf bie beibeu fdjönert, jungen ©eftalten, bie rafd) querfelbein ritten, l)inau§ in ba§ Sengparabieä, ba§ fo tounberbar oor ifptett lag.
0b fie fid) rooljl $eibe beffett freuten, ioie fie fo luftig ba^infprengten? £)ie $)ame getoi|; bie rafdjc 23eioegung, bie frifdje Morgenluft fjattc ben bleichen gügen einen 9lofenfd)immer mitgeteilt, ber iljnen feljr gut ftanb. ©ie faf) frifd) uttb anmutig au§, bie (Gräfin Sabtoiga. Unb fo Reiter, fo glitdlid)! Weniger Reiter unb glüdlidj fdjien ifjr ^Begleiter. ©in blonber, junger Mann, $aron ©tar£fp, an ©eftalt ein SRiefc, an |)erg unb ©emitt ein $inb; and) an SSerftanb/ meinten böfe ,3un9en- ©r blidte red)t betrübt brein: er liebte bie (Gräfin fo Ijeift, fo itnfdjulbig, mit ber ©lut erfter Siebe, fagte er felber, meun er ber „Siebe" gur Keinen, f)itbfd)en grangöfin oergafj, ber $ofe feiner Mutter. SXber ba§ toar fdjon lange f)er, öoEe fecb§ SSodjen. ©r toar feljr reid), feine ©üter grenzten an bie ber ©räfitt, er liebte fie iiberbieä. &ie£ 5lEe§ I)atte er iljr Ijeute Morgend beim ©pagierritt fagen ftoEen, unb ob fie nid)t Baronin ©targfp Herbert tooEe? toar 2lEe£ vereitelt. 2Ser formte audj
bei foldj' rafenbem £empo eine Siebet erKärung madjen?
©nblid), enblid; gab bie ©räfin baS „öerritdie ©aloppieren" auf, ioie ber 23aron leife meinte, aber nur feljr leife. ®ie fHoffe gingen oerfdjnaufenb unb im ©djritt auf ber §eerftra^e gum ©täbtdjen. 5lber feltfam, baS $ergKopfen, baS ©tarSfp oorljin ber raffen Sßetoegung
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gugefdjrieben Ijatte, moHte nie f)t metdjett ; eS mürbe nur immer [tarier. 9£uu mar ja ber 2lugenblicf ba. 5(ber cS ging nidjt redjt, gleid) auf§ giel loSgufteuern.
Unb er begann nom SSetter gu fpredjen, ber braue, öerliebte, finbifdje fRiefe. 2öie fdjön ber tjeurige grüf)ling fei. (Sr Uimmerte fidj fonft nidjt öiel um Blumen, je£t mufjte er SSunberbiuge baüon gu ergäben. 5lber in immer größeren Raufen. Unb er fal) mit ©Freden ben Moment, mo er gan^lid) merbe fdjmeigen müffen.
2Bie eine (Srlöfung flattg eS baljer in fein Dljr, als bie Gräfin ploididj, iljr ^ßferb anljaltenb, fragte: „2BaS ift baS bort für eine feltfame, bunfle ©eftalt auf ber Sßiefe?" Unb fie beutete mit ber |janb l)in.
$8aron ©tarSft) flemmte bienftfertig fein Monade in§ $luge. „(Sin Sube, (Gräfin. (Sr fjält etmaS ©tarn genbeS in ben §änben — eine 23led)büdjfe. 3®aS teufet mill er bamit?"
„fragen mir ifjn felber." Unb bie fdjöne grau fprengte über ben ©raben. |jintert)er natürlid) ©tarSft). £>er gube machte eine Söemegmtg, als moüte er fließen. SDann blieb er ftefjen unb ermartete bie üftafjenben, aber mie furdjtfam, mit abgemenbetern $lntli£.
„S$aS tfjut ba?" fragte bie ©räfin.
„3d) fammle Kräuter für meine Oranten/' er« miberte ber dftann, leife, in reinem £)eutfdj.
„3f)t feib ein 5lr§t?" fragte fie erftauut meiter. „SDaS ift eine feltfame $ftebenbefd)äftigung für einen ,£janbelSmann ober £almubiften, unb eins ooit beibeu feib Sljr bod) OTe, bie . .
£)a fiel itjr ©tarSftj inS Söort.
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„Benrt $u nur Kräuter fammelft," fragte er raut), „marunt bltctft £)u ba ben Seuteu nid)t e^rlid^ in§ 5tuge? ! Barum atmeft 3)u fo fdjmer? — |je, Sube?!"
Unb er fafjte it)n üom ^ßferbe f)erab feften @riff§ an ber (Schulter. 5Iber eine eitergifdfje Seftegung ntad)te ben SDtattn frei unb ben Saron unmittfürlid) prüdtoeicfien. S)er |jut mar babei üont |jaupte be£ Suben gefallen unb üertjültte nun nid)t mef)r bie freien, ebten 3l^9e* „Saffert ©ie inid^ !" rief er brotjenb.
3)ie (Gräfin fjatte rafdl) if)r ^ßferb gtt>ifd)en bie ftreitenben Männer gebrängt. ©ie mar tobbteidfy, il)r 2ttem flog, bie farbtofen Sippen bebten, at£ fugten fie Uergebticf) nad) Borten; ber ftarre Sticf bofjrte fid) in ba§ $tnttip be§ fremben 9D?anne3. tiefer fd)ien fidl) bedungen gu fjaben; er mar nod) entfeplid) bleic^, aber bie ,3üge tnaren ruf)ig.
„Bie l)eifjt 3I)r?!" . . . Sift$u'§?! . . . Ber feib 3d)r?!" ©o rief, nein, fcfjrie fie toie in tätlicher SIngft unb bod) lieber jubehtb . . .
,,3d) tjeifte ^aöib Stunt," ermiberte er tontoä. ,,3d) bin Set)rer unb ^ranfenpfteger in (£urer ©tabt . . ."
©ie kaufte int (Sattel unb fdt)tug bie |jänbe mie rafenb t>or§ 5tnttii$. „SD^ein <5>ott," ödeste fie teife, „äfft mid) ein böfer £raum?! $)a§ bift ja £)u, £>u griebridf) ! £)eine ©timme! 3)eüt 5lntlip ! . . . $tber !)ier finb id) 3)idf), in biefer Reibung! . . . 3cf) merbe matfnfimtig. griebricf)! &U bift e§ bod)! griebrid) Jeimann?!"
©ie mar Dom Sßferbe fjerabgegtitten, fie trat auf it)n gu, fie faftte feine |jänbe. ©taräft) btidte mit mirbetnben ©innen auf bie ©eene.
£)amb ber Sodjer rang einen garten ®antpf. ©r inenbete ftd^ gurn ©eben, er tnoUte {preßen, er tonnte e§ nid^t. Unb enblicf) jagte er gepreßt unb leife : „griebrid) üietmann ift tot — feit langen, langen Qaljren fdjon. 3d) bin &at)ib Slum, berSfrunfenpfleger."
Sie fenfjte tief auf. Sic rang nadf 2ltem. „3dj öerfte^e $>id): griebridj ift tot. $ber ®aöib Sinnt lebt, unb i^m muft idj fagen, ioa§ idj griebridj nicf)t mehr fagen fann . . . 3dj ^abe ®icf> gefnc^t, lange, lange — unb überall. |jier habe idj ‘SÜdj gefunben. $>u mufjt midj ^ören !"
„©§ toäre nun nu|$Io§, grau ©räfin!" jagte er leife, aber feft. „griebridj bot 3bnen vergeben, längft, au§ üoder Seele . . ." Unb ein jdjmerzlidjeS ©nts fagen gudte über ba§ ^Intlilj be§ 3D?anne£.
„©§ ift nidjt nu^lo^!" flebte fie. „Unb ioenn auch für S)icb, fo bodj nimnter für mich) I 3dj bitte um bie ©nabe: böre midj, nur einmal, nur eine Stunbelang. ^omm’ i)tut> üftadjmittag ju mir auf 3 Sdjlofj • .
©r f Rüttelte mit traurigem Sädjeln ba§ £aupt. „Sag* nic^t nein !" fuhr fie fort. „^u bift ein 3ube. ©in 3ube tt>ar% ber ba§ SBort fpradj: ,Seib barmherzig gegen bie Sdjtoadjen!4 3d) flebe um ÜJUtlcib. $)u toirft fommen... um©otte3, um ber einftigen feiten finden . . / „Sdj ioerbe fommen," fagte er nach furger ^aufe. ©attn fcbritt er nach ftummem ©ruße ber (Stabt §u.
$)ie ©räfin atmete tief auf, fie fuhr ficb über bie klugen, alä ertoadje fie au§ fdjmerem £raum, unb toenbete ficb Star§fy, ber ibr mit bem tiefften, fierfteinerten ©rftaunen in ben .gügett entgegenfam. Sie beftiegen bieißferbe unb
ritten fd)tt>eigeub ltad) (5d)lofi $3arnott> guriid. 33or bcm £f)ore nerabfd)iebete fie fiel) mit ftummcm Stopfneigen.
(Sr aber ritt nad) bem benadjbarten, näterlidjen (Sbelljofe, n>iber feine ®etooljnl)eit in tiefen ®ebanfett. &ie (Gräfin 3abttigato:tpnffa unb $)anib ber $8ocf)er . . . ifjm wirbelte ba§ |jirn . . . Unb biefer grau §atte er feine «ganb antragen ttioden! Unb fie tjätte fie niedeicfjt angenommen — nielleidjt? — ungtoeifek l)aft, gett)i§ ! — 0 entfe|lidj!
$)ie totalen be£ $aufe§ ^erer non ©tarSfp Ratten bieämal ein bisher unerhörtes (SreigniS gu ner= geidfjnen: ein @proffe biefeS eblen |jaufe£ f)atte fchledjt gu Mittag gefpeift unb blieb ben Nachmittag lang in tiefen ©ebanfen! . . .
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&er *ßarf nott 93arnott>. (Sin grünenbeS, blühen' beS, fnofpenbeS ($ett)irre non SBlnmenbeeten unb 23aunts gruppen, non SBogediebern burdjhadt, nott griihlingSs büften burchtoeht. Unb über ad' bem ber ^ede ©lang ber grühlütgSfonne.
£)ort ber Ueine ^aoidon. $8or ben genftent, in bie ber glieber feine Blüten brüdt, flimmert ber blaue SSeifyer, eine unbewegliche, fdjier enblofe gläche. ©chwant'e SBeiben fpiegeln fidf) barin. Ster $ßla£ ift Wie gefchaffen für füfceS, ftideS träumen.
tor bie grau, bie b'rin in ber meinen (Saufeufe ruht, träumt nicht fitfs. 3hr 5luge, ba£ büfter unb ftarr wie in Weite gerneit blidt, fie^t nichts non ad' ber (Schönheit, non bem ftiden grieben beS Senget. 3^r tolifc ift büfter unb fd^mergnod, wie ihr £jerg.
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|)ter fällt bie SO ?a§fe, f)ter ift fie nur ba§ unglü(fli(f)e, fc^roergeprüfte SSeib. Unb f)ier taffen fie fid) auch nicht bannen, bte S3itber ber Erinnerung . . .
3)ie Silber ber Erinnerung!
3Sa§ Ruberen wie ein ftide§ Eben bod £id)t unb Elitd in ber (Seele ruht, woran fie fich fpäter erlaben in ber @tunbe be§ $antpfe§: bie Xage ber $inbf)eit unb ber gugenb — iljr er f cf) einen fie büfter nnb grauem haft. $)a§ Wiifte, traurige Seben auf bem bäterlidjen Eute, ein Sebett bod Sftot unb Entbehrung . . . $)ie Butter, bie blaffe, ungtüdtiche grau, bie ba§ Sers berbeu il)re3 Eatten fielet unb e£ nicht aufjuhalten berntag, bie enblid) bat;infiecf)t an gebrochenem bergen . . . (Sie ift ber gute Enget be§ §aufe§ gewefen; nach
ihrem £obe bricht 2lde£ gufammen, 5lde§! gabibiga jieljt mit bem Sater auf ba§ fleine Eütchen, ba§ ihm noch geblieben ift . . . Sie gebeult ber folgenbett Sal)re. Sßie trägt fie fich fo fehler, bie Siirbe ber berfd)ämten 5lrmut! 0, biet falberer noch al§ ber «junger unb bie $ätte. Unb ringä nid)t§ al§ 9£ot unb Elenb unb £rofttofigfeit ! . . . £)er Sater freilich ha* gefucht nnb gefunben — in ber Sranntweinftafd)e.
Unb wenn er fid) aden Kummer unb ade Erinnerung Weggetrunfen hat, bann begreift er nicht, Warum bie Tochter it)n eroig mit £raurigfeit unb ^hränen quält. Unb
er fdjlögt fie blutig, bamit fie heiter Werbe . . .
Ein biifterer, berachtungäboder ,gug liegt auf bem Eefictjte ber Sriitenben. Unb Wehe bem SD^enfd^eu, ber fo feiner Eltern gebenfen muf$!
2fber fie ift fd)ön geworben trofc ber ^hr^nen
5t. (5. ^fvanjoS, 3ubeit boit 23arnoi». 16
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unb bet 0djläge, unb if)r Selb üppig unb ^errtic6). Sebodj fic findet ihrer 0d)ön^eit unb bem £age, ba fic ®raf $Ibam gefehen, ba il)n biefe 0djönheit ent* flammt. 0ie gebentt ber 0tunbe, ba er fie bem Sater um gehntaufenb ($ulben abgetauft; mie ber Später if)r gejagt, baj3 fie (Gräfin Sortpnfta merben müffe, moEe fie nicht, baf3 er noch mit grauem |jaar gum S3ettel^ ftab greife. 2$ie ^atte fie gemeint uub gefleht, fie nicht bem alten, finfterrt Staune gu überlaffen, oor bem e§ i^r graute, ben fie ^a^te, öon bem bie Seute fagten, er fei ein Färber. 0ie f>atte gefdjmoren, gu arbeiten unb fei'ä tt>ie eine SDfogb, uub iljn nie, nie barbeu gu laffen. ©3 mar öergeblid) gemefen! ©ine Sßolanf ta burfte fidj nie gur Wienerin erniebrigeit. Uub fie mar bie Sraut be§ (Grafen gemorben . . .
©£ trieb fie öom 0i|e empor, fie fdfjritt Meid) unb finfter, mit öerfdjräntten Firmen, auf unb nieber. Slber fie tarnen unerbittlich, fie tarnen aEe, bie Silber ber ©r Enterung.
SEodj einmal lebte fie bie Qualen jener geit burdf). 0ie gebaute be£ £age§,ba man fie in bie^irdje gefdjleppt, ein gefdjmüctteä Qpfer, ba man fie gegmungen, Süge unb Sfteineib gu fchmören öor bem Silb ihre§ ($otte§, ber i^r bi^her ba3 eingtge SBaljre, ba§ Sicht unb ber £roft gemefen in ihrem armen, eleitben, gertretenen SQafein, unb mie man ihr fo aud) ($ott gur Süge gemadjt. 0ie gebaute ihreä §o<hgeit§fefte£, bei bent fie guerft ber entfe^lidje (Gebaute erfaßt, baf3 fie ben nädjften borgen nicht erleben bürfe, fie — ober ihr ®atte.
3)ie Spinnten boE ^öEenqnal floffen fo laugfam.
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(Snblid), enbtidj burfte fic fid) ergeben. Sie ging tu if)re ©emädjer unb fdjidte bie grauen, bie fie ent* Ueiben wollten, gur 9Udje. ©ie fal) fid) mn in bem pradjtöoden, laubigen 33ouboir, fie wanbte fidj ood ©ntfe&eu non bem fdjwedenben Säger.' Unb fie fann auf Rettung unb $dad)e, inbe§ er unten geegte unb fid) be§ fd)öneit 2Seibe3 freute, ba§ feiner f)arrte.
Unb fie füllte e§ ttodj ^eute mit ©djauern, wie fie ptö^lid) ruf)ig geworben, wie it)r ein Wüfter, teufs lifdier ©ebanfe gekommen. ©ie erhob fid), ergriff einen ber fdjweren £eud)ter nttb fd)riit mit ber ftadernben SSadjsderge ^inan§ unb burd) bie hadenbett ©äuge unb ©emädjer be£ abgelegenen gliigelä. ©ie oermieb e£ in bie ©pieget gu flauen, an benen fic öorüberfdfjritt. £)emt iljr graute oor iljr fetbft.
©nblid) blieb fie oor einer f)oIjen glügelthüre fielen. $>ie ^f)üre war nur eingeffinft. ' ©ie trat in beit fjofjen, finftern ©aal, ben ^nenfaal ber ©rafen SBorttjnfft. ®ort, Wo bie fRei^e fddofj, lernten nodj gwei ©emätbe an ber SBanb, ba§ be£ jungen ©rafen ^rtljur unb if)re3 ©atten. ©ie Waren geftern erft au§ $ari£ angetommen; man hatte fie im ©ewirre beä |jod)geit£fefte§, Wie fie be§ 5D?orgen§ gufädig erfahren, gu befeftigen oergeffen.
©ie ergriff ba§ ©emätbe be§ Verdorbenen; e£ War fdjwer, aber fie füllte e3 nicht. ©o belaben !am fie gurüd. ©ie lernte ba3 S3ilb an ein Xifdjdjen in ber SJtitte be§ ©emadjä, fie ftedte bie ÜE3ad)§fergen fo, baf$ il)r fjedeä £id)t barauf fieL
©ie begWang iljr ©rauen, fafj am genfter itieber unb harrte. (£3 waren furchtbare ©ebanten, bie fie befdjtidjeu,
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iitbeS fic fjorcf )te, ob igr ($attc nid^t nafjc. ©djon graute ber borgen, ba fjörte fic enbtidi) feine fdjmeren dritte . . .
©ie ergab fid), bleid), gefaxt. (Er trat ein, üon SBein nnb Erwartung erregt. Sa fiel fein 23lid auf baS 23ilb feinet Opfers. Stt bem fallen Sichte beS Borgens nnb ber gudenben bergen erfdfjien eS, als trete ber Sote ans bem Magmen gerbor. (Er micg entfett guriid, feine fdgon umnebelten ©inne bermirrten fiel) . . . Sßie eine räcgenbe ©timme beS Rimmels tönten igm bie Sßorte feines SSeibeS: „gort • • • fort mit Sir . . . SO^örber ! . . . Sein Opfer ftegt gmifegen Sir nnb mir ..." (Er ftiir gte fort — in fein ©ernadg.
©ie fanf galb ognmädgtig nnb bod^ mit qnälenb madgen ©innen auf igren ©i£ guriid Unb itadg einer Spinnte görte fie einen ©dgug brögnen . . .
Sie junge grau fdgtog bie Gingen, mie um nidgt noeg einmal baS (Entfeglidge gu fegen. ©ie barg igr $lntlip in bie |jänbe. 5lber fie entflog fidg nidgt, fie entflog ignen nidgt, ben Silbern ber (Erinnerung! . . .
Sie fermeren Sage nadg bemSobe igreS@atten! Sie Sage, mo fie meinen, mo fie ©egrnerg geigen mufjte, inbeS fie nur ein bumpfeS (trauen füllte, ©iemugte fort, eS trieb fie ans bem ©cgloffe. Unb fie ging fort. Sn tanger, glätte genber SReige gogen an igr bie Sage borüber, mo fie als Königin in ben eleganten (EercleS bon SßariS geglängt. ©ie fcJ)ien fo gliidlidg, fie lächelte fo füg, fie fdjleuberte ben ©pielbaH ber ®onberf ation f o gemanbt gin nnb ger, fie fuegte gn bergeffen. $lber fie bergag nidgt; fie mar nic^t gliidtid). ©ie füllte oft eine entfegtidge £eere in igrem §ergen. Unb bie lieg fiel) nidgt bannen in jener gtöngenbeu ©djeinmett.
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3)a trat bi e SSerfudjung an fie ^erait . . . (Sin blonber, blaff er, einfältiger Regent. ®er gludj feinet £anbe3; ber ioürbige ©pröf3ting eine£ Ijalb blöben S$ater§ unb einer lafter^aften SJhttter. 23ah ! ©ie ftie§ it)n öon fiel), nrie ein unreine^ ®ett>ürme. $lber Rimbert 2lnbere lagen if)r gu gilben, nidjt nur fd^öne unb reiche, aucf) gute unb maljre Männer. $tber fie liebte üftiemanb. S)a fcfjlug aud) i^re ©tunbe. Sn 23abem23aben ioar’g . . .
(Sr hatte bie§ ftolge^eifte, nngeftüme§erg unterjocht, ber befcheibene, beutfdje 5lr§t, ber £eibar§t be§ giirften ©ugatfdjeff, Dr. $riebrid) Jeimann, ©ie liebte ihn, ttne er fie liebte. $lber and) ihn hatte fie oerloren — bnrdj eigene ©djulb, flüfterte anflagenb ihr $erg. £)ie ©djulb lieft fid) nicht gut machen. (Sr ioar nad) einer unfeligen ^ataftro^eplö^lidf) öerfd)ttmnbenunbblieb öerfd)tounben. ©ie fudf)te if)n, fie fattb i^n nimmer. Unb fie lächelte, fpöttelte unb I^errfdjte Leiter in ihrem Greife. 5tber ihr |)erg, ba§ bi§^er nur teer unb nnbefriebigt getoefen, trug nun auch tief verborgen ben ©tadfjel ber S^eue.
©ie ertrug e§ lange, bann toarb e£ ihr ber Dual $u öiel. ©ie lehrte in ihre §eimat guriid, um ba $u oergeffen, ober hoch toenigften§, um toeinen gu fönnen, unb nid^t etoig, einig ba§ Säbeln be£ ®tüd£ gur ©cftau tragen müffen. $>a ^atte fie auch ben ÜDtamt ge' funben, ben fie gefudjt. freilich in einer ®eftalt, bie fie nicht begriff. 5lber ma§ fümmerte e§ fie, ioer burftc it)r befehlen, inen fie lieben folle, inen fie gu ihrem ^ernt unb (5)ema^l machen bürfe? ! ... 0! fie wollte gut machen, tt>a§ fie gefehlt; fie reoEte gtüdticf) fein, mit bem beliebten unb burch ben ©eliebteu . . .
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Utib gum erften 9ftale in ben langen ©tunben, bie fie heute einfam ^erbracht, lächelte fie, unb eS mar fein trauriges Säbeln, eS mar ein Säcfjeln ber Hoff¬ nung unb ber Siebe . . .
*
©elbft in baS fdjinufcige, biiftere Sabtjrintf) ber Subenftabt brang heute ein £jaud) beS grühlingS. $Die ©efunben oergaßen ihre ©argen, bie Traufen fc^öpften neue Hoffnung in bem marnten, gellen ©onnenlid/e. 2)at>ib ber SSodjer fanb fie heute faft alle beffer unb Reiferer. Unb er fprad) audh ^eute mit jebem aou ihnen oiet länger, gütiger unb ausführlicher, als fonft felbft feine 5lrt mar, unb jebem einzeln oerfprad) er faft feierlich, baß er morgen mieber fommen mode.
$>ann ging er anfS ©d)loß. 3)ie grau Gräfin ermarte ihn im Sßaüidoit im (harten, fagte ber bidc portier am Eingang, (£r ging bal)iu unb trat ins ($emad), in ben ruhigen 3ügen ben ißm eigenen, milbeu ©ruft, ©ie eilte ihm erregt entgegen, fie faßte feine |janb. „SDanf ! griebrid) ! SDanf, baß 3)u gefommen bift. Sch habe mich fo lange banacß gefehnt unb baranf gehofft. Üftun fann OTeS, MeS mieber gut merben." ©ie hielt iune, als ermarte fie feine §lnrebe.
„Sch bin gefommen/ fagte er eruft unb ruhig, „meil ©ie eS gemodt haben, grau (Gräfin. Unb ba nnS baS Seben noch einmal fo fonberbar gufammen* geführt hat, fo bin id) Sßuen mohl and) eine (Srflärnng fdjulbig, maS mein ($emanb betrifft unb mein bisheriges Seben. ©ie haben ein stecht baranf . . ."
Shr $luge hatte fidt) mit £hräueu gefiidt, als er
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fo falt unb emft fpracf). „SRicfjt fo, griebridj! Su bift graufam. Su gürnft mir, gürnft mir mit $Red}t. 2lber id) l)abe entfe^lid) gelitten, feit bem Sage, mo icf) jene unfeligen feilen fdfyrieb . . . Unb um meiner Sfteue, um meiner Qualen ttiden — üergieb mir! 23licf nidjt fo ernft, fo ftrafenb."
,,3c£) fjabe Sitten längft vergeben," fagte er milber. ,,3d) fagte e£ 3l)nen fdjon. 2lber 0ie beginnen Um möglich, toenn 0ie bie Soten mecfen, toemt 0ie Momente au£ nuferem £eben ftreidjen toodert, bie um oergeftlidj finb, eben toeil fie einmal bagetoefen finb, meil man fie nidfjt üergeffen fann. 3dj) f ernte unb oerftefje bie Qualen S^eg $er gettg," fufjr er fort unb feine (Stimme bebte, „idj oerftefje fie, toeil icf) fie an meinen 0d)mergen meffen fann. Unb um (Sie oor neuem SBe^e gu betoaljren, öor Hoffnungen, bie fid^ nie erfüllen fönnen, ebenbarnm bitte idj0ie,micf) anguIjören,obtoofjl0iemicf) gebeten fjaben, obtooljl icfj gefommen bin, gu f)ören . . ."
0ie lieft bie 5lrme, bie fie im beginn feiner dtebe toie abme^renb erhoben fjatte, fd)laff nieberfinfeit unb feufgte tief auf. (Sr ttaf)m ben bargebotenen 0ift unb begann:
,,3cf) bin im 0täbtcf)en unten geboren, ber 0of)n beg öerftorbenen Sftabbi. Sie Seute bort f)aben mir ttacf) bem Sobe meinet $aterg in iljrer 5lrt oiel ®uteg erliefen, obtoofjl icf) eg bamalg unbanfbar oerfannte. ÜRadj bem Sobe meiner SCRutter gog icf) fort. 3dl) ers innere mid) nocfi lebhaft beg büfteren, feucfjten §erbf U morgend, ba icf) auggog. ©efb Ijatte icf) nicf )t, aber meine ® laubenggenoffen finb milbe unb barmfjergig gegen bie Firmen, 3d) burcfjftreifte ®aligien unb ^ßoleu
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uub blieb f)xt mtb ba als ©d)üler bei einem Ülabbi. 5Iber feiner genügte mir; xd) 30g meiter. @0 fam icf) nach SBilna. $)ort lehrte Diabbi Sftaphtali, ber berühmte $abbalift. 3df) lernte bie Kabbala feinten, biefe feltfame, tieffinnige, unheimliche SSeiSf) eitSs unb (Glaubenslehre uttfereS SBolfeS. 3dj toarf mich mit glühenbem CSifer auf ihr ©tubium. $)aS mar mein Unglücf, menn ©ie eS fo nennen mollen. Sch machte jene $eit burcf), bie jebem benfenben Süngling nidht erfpart bleibt, bie 0 ihm ber (Glaube gurßüge
mirb, mo er fühn uub oermeffen baS Unfaftbare er* f affen miß. 9ttein Söiffen erfdjiett mir befchränft unb fleinlich. 3dft ftrebte nach jäherem. $>aS SSolf ber dichter unb Genfer, baS beutfche SBolf, 30g mich mäch¬ tig an unb $>eutfd)lanb marb meine ©ehnfucf)t. SnbeS xd) unabläffig feine ©prache ftubierte, ermarb ich mir burdh Sehrftunben, burdh ©pciren uub (Geleit bie nötigen Mittel. (Snblich fonnte ich reifen. £)er Zufall mar mir günftig. 2luf ber Steife, in einem flehten, lithauifdhen (Grensftäbtdhen, lernte ich ben greifen gürften ©ugat? fcheff fennen. £)er $D?ann mar Dom edjteften 5lbel: ein ebler ülftenfch — ber $ater beS dürften 5llejiuS, ben ©ie in 23abend8abett fennen gelernt haben, grau (Gräfin/ ,,Sd) erimtere mich," fagte fie leife.
„®er junge potuifche 3ube," fuf)r er fort, „ber Seffittg fanute unb für ©dhiEer fdjmärmte, ermedtc feine Teilnahme. (Sr nahm fid) meiner an, er lieft mid) ftubieren. $)ie SSelt ber eilten erfdhloft fidh mir, — in iftrem öielheiteren, bunten (Gemimmel, aber and) itt ihrem prüfte unb in iftrer £iefe. $)och mein ©ebnen,
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mein gorfdjeit erfüllte fie nidjt. $5cutu würben bie Sfoturmiffenfcijaften mein «gjauptftubium itnb immer ftärfer regte fidj in mir ber £rieb nadj praftifdjer £fjätigfeit. $)aS geuer beS 3ünglingS mar allmäßlidj gebämpft; ben Sdfjleier ber 3fi§ aufgußeben, baS SSefen beS Sefteßenben gu erforfdßen, ßatte id) aufgegeben. 3dj mürbe 2lrgt — nnb jeßt barf icß'S ja fagen, ein oiel begehrter, moßl aueß gefdjidter 2lrgt. deinen tarnen ßatte id) geönbert, 3)aoib Slum ßätte manchen nußlofen $ampf gu fämpfen, mandje ßerbe $räufung gu erbnlben gehabt, bie griebrieß Dteimann erfpart blieben, deinen (Glauben mecßfelte icß nid)t; menit Sie moüen — aus (Semoßnßeit, benn bamalS mar mir bie eine gorm ber Religion fo bebeutungSloS mie bie anbere. 9Jteine *ßra£iS mud)S, icß marb einerber erften $rgte in ber norbbeutfeßen |jafenftabt, mo id) mid) angefiebelt l)atte. &a ertranfte ber greife giirftSugatfcßeff nnb berief rnidß nad) $ariS an fein Säger. (£S mar fein Sterbelager. Sor feinem $£obe ßatte er mid) ans gefleht, ein treuer greunb feines jungen SoßneS gu fein, ißn als fein 2lrgt fo lange gu begleiten, bis idj glaubte, baß er bem üerfüßrerifeßen Treiben ber großen SBelt felbftänbig merbe entgegentreten fönnen. Sdj leiftete ißnt baS Serfprecßen, baS meine eben gegrüubete SebenSftedung öernicßtete,aber er mar ber einzige Sfteufd), ber mir im Seben moßlgetßan, ben icß bis baßiit näcf)ft meiner Butter geliebt ßatte. Sftacß feinem £obe marb mir erft bie gange $einlid)feit meiner Stellung Har. gürft ^HejiuS mar ein leießtfinniger, fritß oerberbter JJcenfcß. 3dj t^at meine ^fließt ol)ue 9iüdfid)t auf feine
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Siebe; feine §lcf)tung muhte id) mir gu ergmingen. <£§ toaren forgenooHe Dage nnb (Sin£ nur ftärfte mid): baä Vemuhtfein erfüllter $ßflid)t. Da tarnen mir nadj Vaben* Vaben, ba lernte id) ©ie femten, grau (Gräfin! . . " ©ie hatte ihm bisher mit gef enttem Raupte gugeljört. 9hm erhob fie ifjre klugen unb lieh fie auf feinem $lntli& haften, al§ ermarte fie non feinen ^Sorten Seben ober Dob. Unb er fufjr fort, marni unb bemegt:
,,3d) ^abe ©ie geliebt, mit gangem |jergen unb au§ ooller (Seele; bah aud) ©ie mid) geliebt haben, meih id). Unb meun e§ S^nen ^eute gum Drofte ift, fo fann ich 3ljnen fagen, bah id) nie baran gegmeifelt I;abe, nie, felbft in jenem Momente nicht, mo ©ie mir bie tieffte Sßunbe fd)lugen. 5lber ©inS bin id) üers pflichtet, S^nen gu fagen: marum i<^ Serien nicf)t fcf;on bamalg ergäbt habe, ma3 ©ie heute öerneljmeu. 3dj tljat e£ nid)t, nicht etma au§ falfdjer ©djum über meine Vergangenheit, idj tl)at e§ nid)t, meil id) einfach nid^t baran badjte. ©ie maren meine erfte Siebe, unb mein §erg, ba§ nun feine Vulje gefunben hat, biefeä einft ruf^ lofe, oielgequälte §erg mirb Sfynen emig banfen für jene furge 3eit be§ ©lücf§. Die erfte Siebe aber meih nidjtg oon ber Vergangenheit unb benft nicht an bie gufunft. Der beutfdje Dieter hat 9tedjt: ,Die erfte Siebe meih noch nicht, bah fie fterben muh, toie ^aS SHnb nichts meih üon bem Dobe, ben e§ oft um fid) fieht.‘ Unb im Vemuhtfein biefer meiner Siebe ahnte id) nicht, bah e§ 3hre Siebe ünbern tonnte, meun ©ie erführen, eine Subenmutter hübe mid) geboren unb id) fei ein armer Dalmubift gemefen. Siebte ja audj ich
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nicht bie Gräfin Sabwiga Vortpnfla, mir ©ie, ©ie allein — ein eble£, ftarle£ £jerg, ba3 bem meinen entgegenfcfitug. (Sine anber£ geartete Siebe tönnte id) Wohl and) nid)t empfunben ^aben, ic h, ben ba§ Seben ernft nnb ftolg gemacht hatte. Unb bah id) mid) in biefer Überzeugung tauf d)te, bah ©ie fich nicht gu einem gleich) freien (Gefühle aufgufd)Wingcn oermochten, ba3 fteHt fid^ für ewig gwifdjen ©ie unb mid), ba§ trennt un£ für immer — ba£ allein! ..."
„Sdj ^abe mir biefe Übergebung, " fuf)r er fort, unb feine ©timme Hang wieber llar unb ooll, „nic^t er ft in ben langen Safjren feit unferer Trennung errungen; fie burdjgudte mich fdjon flar unb furcht* bar fä)merglidj, al§ id) in jener bunllen ©tunbe bie Wenigen flüchtigen geilen la£, bie ©ie mir fdjrieben: ,2Senn ©ie wirtlich ein Sube finb, wenn ba£ ®erüdjt red)t ergäbt oon 8hrer feltfamen Vergangenheit, fo finb Wir gefdjieben/ Unb weil ich bamal£ fchon erfannte, bah ber Vrud) unheilbar fei, barum hobelte ich nicht. Wie oiedeidjt ein anberer an meiner ©teile gef)anbelt hätte, ich fudjte nicht gu retten, Wa§ noch itt Sh^em bergen an Siebe für mich gu retten war — id) ging.
Sch ging. 9?ad) granleid), nach ©nglanb, oon ba nadh $lmerita. $lber id) l)atte weinen ©chmerg nur über ba£ Weltmeer getragen. (Sr heilte langfam unb id) fämpfte oiel, bi£ id) ber Siebe gu 3hnen nur nodj leifer 2M)mut gu beulen üermo(hte. ®emt ©ie waren meinem Seben ba§ ©onnenlidjt unb ber grühling. Unb a(3 ber (Glaube an ©ie in mir guf am menbrach, ba fchieu e£ mir, at£ mühte in mir 2Ule£ brechen unb
lügen unb fallen. 2lber idl) übermanb. Unb in jenen ©tunben be§ Ijerbften ©eelenfampfe§ Ijabe icf) and) mein Seben ben Traufen gemibmet nnb ben ©lenben. &enn idl) mar im 3nnem ein Anbeter geworben. |jatte id^ früher nur um meiner felbft, um ber $Bes friebigung meinet ©tolge§ mitten nadj ben ^rüdjten ber (Srfenntniä getrautet, fjatte idj früher einzig um beffenttpiUen nad^ bem Quell be§ SSiffenä gebürftet, um, burcf) bie Sabe geftärft, öor ber Sßelt ftarf unb unbeugfam bagufteljen, fo füllte id) nun ba3 23ebürfni§, Ruberen gu nüjjen, 5tnbere gu ergeben unb gu ftärfen. Unb lieber anbererfeit§ mar idj fo mübe, fo eittfefcs liclj mübe. Sd) bin au§ jenem |jotge, ba£ fidj bem SDrnde nidjt beugt, fonbem barunter bridjt. märe nu|lo§, menn idl) bagegen anfämpfen mürbe, meine Statur ift fo. ©o mie§ rnief) benn bie§ 5ltte§ auf bie «£jeimat. Unb icf) !am mieber in bie SO^itte jener Sttenfdjen, bie mir in meiner ^inbfjeit Diel Siebe ermiefen, unb gu ben ®rab!)ügeln meiner Eltern . . . 3cf) teerte guriid: gum (Glauben an einen @$ott ber Siebe unb be§ (Sr* barmend unb oerelfyre iljn, ber Men berfelbe ift, in jener gorm, bie mir gemof)nt unb oertraut ift. (S& mar nidjt Sfteue, bie bie£ bemirfte, benn icf) bin fein ©ünber gemefen. mar niefjt ber 2$unfd), bie (55ott- f)eit rnöglicf)ermeife gu oerföf)nen, benn id) fjoffe unb münfcf)e nid)t3 mefjr. mar ein unau§fprecf)licfy tiefet, ein unauäfpredjlid) banget ©eljnen nad) einem feften §alt in ad' ber !ftad)t unb Sftot unb Sßirr* ni§ . . . Scf) lernte mein arme§, oerad)tete£, ger^ treteneä $8olf mieber lieben, unb um gang (Siner ber
(Seinen gu fein, legte idj and) feine Äletbung an. 3'd) bin fein berühmter dftamt geworben, ein armer, fd^iid^ter $ranfenpfleger, aber mancher SJienfd unten, 3ube nnb ßfjrift, gebenft woljl aud meiner, inenbet er fidj gu feinem ($otte. 3d §ätte öieüeid^t braunen im (betriebe be§ SebenS berühmt unb reid^ inerben fönnen, aber fdjmergloS bin id ljier,in meinem bumpfen ©tübden. Unb nun frage id aud) nid)t ntef)r, was id) einft in gorn nnb ©dnterg fjabe oft fragen müffen: inarum eS fo gefommen ift, inarum gerabe mir fo unenblid) nie! be£ ©dntergeS unb Kampfes bef Rieben geinefen ift. diun bin id ruf)ig unb barum glüdlid*. id Ijabe entfagt! . .
(Sr fdjinieg. $)raufjen inarf bie dlbenbfomte ifjren ©d^immer über bett döeifjer unb bie 33littenbäume, unb fie rufjte aud in ie üerflärenb auf bem ftiüen, bleichen dlntlij* be£ ©prederS.
,,^)a^ ©ie bie 23efi|erin meinet ©eburt^ftäbtdf>en§ feien," fo fdloft er nad furger Sßaufe, „erfuhr id erft, als ©ie oor inenigen Sßodfien l)ier anfamen. 3d Wünfdte fein 2Bieberfel)en,um S^etiniden. 3f)tten nutzte eS ©d)merg unb diene erneuen. $)enn aud ©ie fjabeu mid geliebt, inenn aud) mit anberer Siebe."
(Sr fd)ioieg abermals, ©ie antwortete nidtS; fie fdjludjgte nur leife, tief auf, ioie aus gebrodenem «gerben. (Sr erljob fid, um gu geljen. 3)a trat fie nod einmal au ifjn fjeran. ©ie War entfe^lid bleid; auS ben Weit geöff^ rieten, faft ftarr blidenben dingen rollten fdwere £f)ränen. ,,©o Wäre benn dlKeS auS," fdludäte fie faft unljörs bar, „dWeS . . . id ^abe £)id) gefunben, um £)id öuf ewig gu nerlteren. griebrid)! . . . eS wirb mein £ob fein! . .
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(Sr blicfte üoH tiefer fftüfjrung auf bie gebrodene ©eftalt ber SBeinenben. ,,5lud) , ©ie werben ruhiger Werben/' fpradj er fanft. „Unb bann audf) glüdlidjer. $)amt werben ©ie erfettnen, bafj id) nid)t anberä gu fjanbeln öermodjte!"
©ie feufgte tief auf. „Sdj büfje Ijart," jagte fie mit gudenben Sippen, „gür einen 9lugenblicf ber ©djwäcfje mit einem langen Sebeit öoH ©lenb! $lber ©in§ will iä) nidfjt: ba| $>u mid) üerad)teft. *£)aj3 idj jene feilen fc^rieb, war ba» Söerf eine3 ©lenben, ber ba§ Vorurteil gu nü|en Wujde, ba§ in meinem SSolfe gegen ba£ $)eine lebt, ba§ man audj in mir feit frübjefter SÜnbljeit grofjgegogen f)at.w
,,3d£) badjte baratt," unterbrach er fie milbe. „3dj habe jene£ Vorurteil ferner gefüllt. 3d) öergief) 3hnen barum um fo leidster. 5lber wer war jener Menfd)?!" „giirft Sllejiuä ©ugatfdjeff/ erwiberte fie finfter. „Sllfo bodj!" rief er üerachtunggtwll. 5lber er be^ gwang fiel). „3dj baitfc 3hnen für biefe Mitteilung," fprad) er. „©ie mad)t e§ mir leichter, baran gu benfeu, bafs ich mein $8erfpred)en gegen ben alten dürften nicht gang gehalten ^abe . . ."
©3 warb bunfler im ©emacl), bie ©onne war gefunfen. „Seben ©ie wohl, Sabwiga," jagte er leife. „Seben ©ie glücflid)!" ©r fa^te warm ihre falte |janb, an ber bie ^ulfe fieberten. „Unb benfen ©ie baran, baf3 wir mt3 einft Wieberfeljen."
©ie üermochte nichts gn erwibern. ©ie ftanb in ber Mitte be£ ©emadjä unb horchte feinen üer^aEenben ©cl)ritten. $)ann ftürgte fie gebrodjen gnfammen . . ,
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$>er nächfte&ag fanb Baron ©tar§fty,wie ber t>ortgc/ fchwer betrübt unb in tiefen (gehanten, ©räfin Sabwiga War üüiorgenä mit bem grüheften abgereift. Niemanb Wufjte wohin. Unb er hätte fie, troig ber geftrigen ©eene mit bem „lumpigen Suben", öielleicht — bod} geheiratet.
£)er$Nann feinet 30rrte^ aber ftreidjelteinbemfelben Momente liebeüoU ba£ £'nabenhaupt be§ (Srgä^ter^ biefer ©efchidjte unb tröftete ben SSeinenben. ©r f)atte ihm eben gefagt, baft er nicht mehr fein Sehrer fein fömte, b enu f eit geftern bür feer auch nichtmehr eine üDUnute feinet £eben§ ben Traufen entziehen unb ben ©lenben.
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SDerSubenfriebhof gu$8arnow iftein ftiHer Drt, eine ©tätte be§ griebenä, nicht be§ ©djrecfenä. Namentlich gur fchönen 3e^, Wo ber blaue §immel fo freunblidj auf ba£ Heine gelb herabläd^elt, ba§ gang eingehüllt ift in frifcfjeä ©rün unb grühling^buft. über ben öerfaüenen $)enffteinen, über bem SNober ber Gräber wiegt fid) in hellen, buftenben ©tränken bie ^jolunberblüte.
Sind) auf be§ Lochers ©rabe blüht ein folcher ©trauch- 3dj bin oft barunter gefeffen unb ^abe bcö 9ttanne§ gebadet, ber ba fdjlummert, unb habe immer Wieber bie (i5rabfd)rift gelefen, bie in frönen, rührenb einfachen SBorteu fagt, wie er ein Reifer unb Pfleger gewefen ben Uranien unb ben ©lenben, unb Wie er — ein rechter |jelb — mitten in feinem SSirfen geftorben . . .
(Sr : ift ein 3ßhr nac^ kern, toa§ id). hier ergäbt habe, heimgegangen. $)er Sßinter hatte einen böfen ©aft in bie „©affe" gebracht, ba§ Nerüenfieber. $)aöib half unb rettete, wo er fonnte, bi§ ihn felbft bie $ranffjeü
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niebcrmarf. (Sr übermattb fic, aber feine £eben£fraft mar gerftört; er fiepte langfam baftin. Von feinem 2öer fe aber lieft er nieftt ab, bi§ er gufantmenbradft. ®amt legte er fidft ftill ftin unb bulbete faum, baft man iftn pflege.
Sßenige Sage oor feinem &obe ftatte er midft ju fpredften gemünfcftt. Scft ging §u iftm. (Sr faft bleid^ unb gebrodjen au§ unb leftnte am offenen genfter, burcft ba§ eben ber erfte |jaucft be§ griiftlingä in bie bumpfe Stube brang. „(S8 freut micft, baft ®u ge= fomnten bift," fagte er rnilbe läcftelnb. „Scft ftabe ®ir nodft etma§ $u fagen, efte icft fcfteibe . .
(Sr ftielt einen §lugenblicf inne, bann fuftr er fort:
„Sdft ftabe ®ir einmal ein böfe3 Sßort gefagt, ein SSort oon !Rad6)e unb Vergeltung für erlittene Scftntadft. 3d) bitte ®icft: oergift biefeä Sßort unb ftanble nie bantacft unb gebenfe nur beffen, ma§ icft ®ir bamal§ gefagt ftabe: .Verseifte iftnen, bemt fie miffen nieftt, ma§ fie tftun.‘ Scft meift, ein SSort ftaftet tief im ^inbergemüt. 2lber ®u giebft mir bie §anb barauf, mir in biefent Seftten getreu $u folgen."
Sei) oerfpraeft e£ unter &ftränen. 3dft meinte, al£ moKte mir ba§ |jer3 gerfprittgen. ®enn bent Knaben mar eine $lftnung oon ber Seelengröfte be3 Sftamteä gefontmen, ber ba nodft im Sterben fegnen unb erfteben moHte.
„®u meinft, mein tftöridftteä $inb!" oermieä er mir, meftmütig lädftelnb. „®u tftuft Unredftt baran. §ab' idft boeft oft genug bem Xob in3 Sluge gefeftn! Unb er ift nieftt fdftredlicft, er ift nieftt grauenftaft —
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er ift ein milber greunb unb Sröfter ber 9ftenfcf)en SBoI^t hätte i<h länger ^ier gu weilen gewünfcht, unt bie Pflicht gu erfüllen, bie ich für mein Seben auf mich genommen habe, aber (Er, ber unfer (Sdjickfal lenft, ljat eS anberS gewollt. (Sein SöiEe fei gelobt . .
(Er ftricf) mir ba§ §aar auS ber (Stirne, er lief* feine |janb Wie fegnenb auf meinem gaupte ruhen.
„Seb’ Wohl, mein $Hnb ! Seb’ Wo^l nnb . . . werbe glücklicher, als 3)ein Sehrer." SDieS Se|te, jagte er leife, fo leife, baft ich & faum öerftanb.
2ln einem fct)önen, lichten grühlingSmorgen fanben üjn feine Pfleger tot, ein Säbeln auf ben Sippen.
*£)ie (Gräfin Sabwiga aber lebt noch, ©ie ift noc^ immer eine feinte grau. 0b eine glückliche?! 0b i^r leife, leife bie (Erinnerung an baS öerfaEene Sanb^ ftäbtchen burch baS |jerg guckt nnb an ben üDtamt, ben fie ja tro£ aEebern in ihrer 2lrt h^ife geliebt hat?!
SDaS ^^riftu^bitb, biefeS feltfame Sßerk religiöfer (Schwärmerei nnb irbifdjer, nicht gu befiegenber Siebe, hat fie in einem ftiEen SHjale ^er Schweig im (Sommer gemalt, ber jenem Frühlingstage folgte. £)ie Sunft, bie fie früher oieEeicht nur ber SD^obe wegen betrieben hatte, mo d)te ihr ba gur £rofterin geworben fein. Unb biefeS SSilb geigte auch Wohl, baff fie ben ©beb mut unb bie ®röf3e ber (Entfagmtg begriffen, bie ber Sube um iljrets nnb feinetwiEen geübt hat.
$)aS ift bie^efchidhte beS(EhriftuSbilbeS gu SöarnoW.
ft. G. fJfransoS, Suben bon Santo».
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Jttfcßvifl
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§§> mar ein fd)öner, ftifler |>erbfttag, ba id) gute^t fjinaugging. ®er 2Beg läuft eigenfinnig genug über (Härten unb gelber, unb mit mir mar Üftiemanb al§ ber ©onnenfcbeinitnb ein teife£2Sel)en im melfcnben($efträudj, aber id) brauchte aud) üftiemanb gu fragen. 3d) fenne beit 2Seg,id) gelje il)n jebe£mal,fo oft id j bie^eimat grüj3e,unb üon Sa^r gu 3af)r gebe id) if)n lieber. $)enn bie 3^1 ber SSetannten, gu beneit er mid) füfjrt,mäd)ft üon 3al)r gugabt, unb e£ fomrnt mo^l ber Sag, ba id) fdjliefdid) nicf)t^ me'^r gu fiteren b)abe brinnett im ©täbtcfjen . . .
Ser „gute Drt" mar e3, mobin id) ging. Unb ba bie£ ba§ eingige ^Slä^cf)en ift, mobin meber bie $ßeitfd)e bc£ *ßolen reicht, noch bie gierige |janb be§ SSunber? rabbi,fo mag ber Spante immerbin gelten, «fpier ift bie arme ©eele erlöft öon bem hoppelten SBattne, ber fie briidt unb — mer gäblt bie Dpfer? — erftidt, üott ber äußern ©d)ntad) ttitb ber iitnern Sftadjt. Siefe armen 9D?ettfd)en merben eigentlicp erft gliidlid), menit fie ge? ftorben fittb. Sann miffen fie leiber freilich nichts ba? üon, aber fie ahnen e£ boeb fdjott int Scbeu. Partim haben fie ihren griebböfen bett fdjonen kanten gegeben,
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unb fie fdjmüden biefe, fo gut fie fönnett. (£§ fällt foitft bem Sitben beS ÖftenS niemals ein, einen SSaurn gu pflangett ober eine $3lume gu fäen; nur gmifdjen ben($rabs fteinen f eimt frif djeS ($ rün, nur über bie £oten meljt SSlumetts buft. 2ld), toar eS bodj and) ber einzige ®runbbefi|, ber biefen Seuten bis oor einigen Sagten gegönnt ftar! . . .
2Cud) ber „gute Drt" gu SBarnott) ift eine freuitblidje, liebt (Stätte. Unb mie eS ba im grüljling auSfielft, fjabe id) fdjott einmal ergäbt: |jolunberblüten allüberall, bic£)t an beS Sßaubelnben gn^ unb iljm Ijod) gu Raupten, rot nnb blau — unb in ben Stiften ein 3)uft, bajj er faft bie 23ruft beengt, (£)aS ift im |jerbfte freilitf) Oers toefjt nnb oertöelft, aber anbere, ftiUere Sdjönljeit fdjmüdt ben SXaum. £)er September bringt ber fonft fo armen Sanbfdjaft eine nnfäglic^e SÜarljeit beS Siebtes unb ber Süfte; füll, OoE nnb uuenblidj ergiept fid) über «gmnrnel unb |jeibe ber golbene Strom, ein gütiger $önigSs foljn, ber fid) liebeitb gu einer $irtin neigt nnb iljr ben ^urpurmantel um ben braunen Seib legt. Sie jubelt nid)t auf; bemiitig, tief erglül)eub, beugt fie fid) bem ers brüdenb großen @lüd. SDie «jpeibe ift niemals fjeiter unb feijr ernft ift fie im § erb ft. SXber eS ift ein lidjter (Srnft. Xiefrot unb prächtig fdjimmert baS §eibetraut, unb mitten barin in milberen hinten baS fterbenbe Sanb ber ßinben. $)agtt)ifd)en glängt Ijier unb ba ein Sßeiljer, mie ein ftiEeS, finttenbeS Singe. 28er fo aEmäf)lidj gum griebfjof emporfteigt nnb um fid) blic£t, ntnp, glaub’ id), entpfinben, bafj and) f)ier ijergs bemegenbe Sdjönljeit ift. Übrigens, id) toeip niäjt — oieEeidjt muf$ man im «fpeibelanb geboren fein . . .
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3)er „gute Ort" liegt auf einem «Ipügel unb man fann ba weite Umfcfyau galten. Söoljl an bie gefjn Söeifjer glängen bem 23licf entgegen, einige ©orff d^aften, bie mit ifjren braunen ©trof)bäd}ern bem $luge Wie ein Wirrer |jaufe öon 23ienenförben erf deinen, enblicJ) gu git^en bie (Stabt, bie f)ier grau, ftattlicb unb e^rwürbig fcfjeint unb in 2öaf)rl)eit ein erbärmliches, fdfymufjigeS Sfteft ift. ©S ift I^ergbefreienb, Wenn man ben S3Iic0 fo frei fpielen laffen fann — weit, Weit, bis er in ben blauen Stellen ber£nft ertrinlt. SDemt gegen Oft, 9?orb unb ©üb ift feine anbere ©renge als bie ©locfe beS «gimmelS. $In minber gellen Stagen aud) gegen SBeft. 5lber wenn bie £uft burcfjficf)tig flar ift, fief)t man bort eine graublaue, feltfam ge^ formte SBolfenbanf. 2Ber fie gum erfteu Sftale fielet, fann glauben, ba§ fidj bort ein SSetter balle unb facfyte aufgiefje. 2lber bie SBolfe wädjft nidfjt unb gers rinnt nic^t; Wof)l gittern leife ifyre Umriffe, aber fie ftef)t ewig feft: eS finb bie $arpatf)en . . .
SDodj aucf) in ber S^ä^e ift eS fc^ön. Söo^l ftarren bie fonberbaren, fnorrigen $lrme beS ßolunberS oijne SBlatt unb 25lüte, aber nacft finb fie nidjt. £aufenb unb aber taufenb gäben f )at ber £erbft baran ge* woben unb bie gittern unb glängen ücrflärenb um baS graue ©eäft. 5luf ben ©räbern liegt baS tiefrote fiaub, bagwifdjen blühen bie Aftern. S)ie (Gräber finb Wof)lgepflegt; eS ift in biefem SBolf eine unenblicfje (S§rfnrc£)t üor ber SO^ajeftät beS STobeS.
©in überaus gewaltiger, überaus ftrenger $errfd£)er, ber eS aber bod) im ©runbe gut mit ben armen
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SWenfdjen meint tmb fid) erbarmenb gu djnen neigt — ba§ ift ben Suben ber Dob. $Iud) fie fterben nidjt gern, aber fie fterben leidster, getröfteter; nirgend mo murgelt ber ©taube an ba§ 3enfeit§ fo tief unb efjern. üftidjt blojj au§ Eigenliebe, foubent and) au£ Siebe gu ©ott! Denn er ift ja ein OTgercdjter unb mo märe feine ©eredjtigfeit, modte er itjnen nid)t im 3enfeit§ vergelten, ma§ ba§ Erbenleben auf i§r arme§ |jaupt gehäuft f)at? Unb bennocf) Rängen fie feljr an ber Erbe unb ade (Seligfeit be§ |jimmel3 ift nur
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ein Übergang, eine ^Jwifcfjenftation gur öoden (Selige feit auf Erben, nadjbem einmal ber 90?effia§ gefommen ift. Darum ift e§ ©otte§bienft, bie Zoten gu begraben, bie ©räber gu pflegen, Selbft ber oermittertfte ©rab= ftein mirb gefiüpt unb erhalten, oiedeidjt oom Urenfel, medeidjt üon Seuten, bie nicfjtä non bem ©djläfer miffen, ober bod) nur fo üiel, ba§ er eben ein 9J£eufd) gemefen ift, bem gleiche greuben unb ©djmergen bitrdj bie (Seele ge^ gangen finb, mie iljnen. Er mar ein gube, er fod feine Stätte in Drbnung finben, menn bie ^ßofaune Hingt . . .
E§ geljt einem SIftandjertei burd) |jerg unb §im, menn man fo bie |jölje empormanbelt, bie ©räber- reifjen entlang. gef) meine ba nidjt jene emigen fragen, bie ein ©efdjtedjt bem' anbern at§ qualoode§ Erbe oermadjt unb auf bie nur Darren eine $lntmort er= märten, greitid) ermarten mir fie 2lde, benn mir finb eben ade Darren, arme Darren, bie emige S3inbe um bie Slugen, ba3 emige 'Dürften im ©emüt. SIber mogu nutdo£ an ba£ Dieffte rühren?! gd) meine anbere gragen. üßkr alfo gum Sßeifpiel ben griebljof bort
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burdjfdjreitet, wo fid) ber «£)iiget fadjtgum Xfjalefenft, bem gfuffe 3U/ ber mufe barüber nadjgrübeln, meldje gofgen e§ oft f)at, mentt gmei polnifcfye ®roj3e gu gleicher ,geit fjuman fein moEen. 5Xuf oierfjunbert ©rabfteinen fielet baSfefbe £obe§jafjr eingemeijgelt, ba^ fetbe 3af)r, berfelbe £ag, biefefbe ©tunbe — e§ ift eine unfägtidje (55efdb)icb)te — bettelt, nein, überftrömt üon »lut nnb frönen! Unb bod) OTe§ nur megen gleichseitiger Humanität! ©o lange nämlid) bie pob nifdje $onig§mad)t aufrecht ftanb, ba fdjü^te ber SageEone ben Suben unb eiijtelt beit Tribut bafür. 2lber af§ biefe sJftad)t bafjinfiedjte unb surrt armfefigett ©efpenft marb, ba§ nidjt leben nocX) fterben fonnte, ba riffen bie übßojemoben unb auf bem ftadjen Saitbe bie ©tarofteu ben Subenfdjufe an fich, beim t§> mar eine grofje SDtenfdjenliebe in biefeit Leuten. Unb in »arnom lebte eine grof;e, reiche ($emeinbe, alfo mar e£ ein großes SBerbienft oor (§5ott, fo oiele gaf)htng$' fähige 9Qienfd)en gu befdjü|en. ^Darurn gogett gmet ©tarofteu gugfeidj oor bie ©tabt, ber oon stufte unb ber üon 2fft=23arnom, nnb ^Beibe liebelt gfeidjgeitig ber Subenfdmft fagen: „(Sntmeber befdjü^e icfy euch ober id) fdjfage eud) tot !" ^)ie armen 3uben maren in einer Sage, mefdje fein fanget Dlaäjbenfen ermögs, lid)t: fie griffen rafd) fe^r tief in ben ©ad nnb fidjerten fid) Leiber ©dju£. 2fber gerabe bie£ marb ihnen gum $8erberbett. ^)enn bie beibett ©tarofteu maren in ber SEfjat 9Ttenfd)enfreunbe, jeber nafjm e£ ernft mit ber übernommenen ^ffidit, aber feiner traute e§ bem aubern gu, unb jeber moEte beit aitbern auf bie
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$robe [teilen. Metrum begann Ser oon 2llt=33aritom an bern einen ©nbe ber Stabt gu rnorben nnb gu plünbertt, unb martete ab, ob fein Spinal feine ^3fticb)t tf)un nnb bie Silben fcfjütjen toerbe. 2lber leiber machte biefer am anbern ©nbe gerabe biefelbe ^ßrobe, unb burd) biefe£ bebauerlidje ,3ufammentreffen ber Umftänbe toarb Reiben i!jr ^tted; vereitelt. ©ute SOfonfchen er? reichen feiten, ma£ fie tollen. Unb brei Sage unb brei Mächte bauerten bie furchtbaren Greuel . . .
$lud) über biefe bicf)t gereiften (Araber glängt bie mitbe «^erbftfonne; auch l)^er blüfjeu bie Aftern, hier noder unb reicljer, toeil ber Söoben beffer gebilligt ift; bie (drillen girpen frieblid) im SCRoofe unb bie ^erbft? fäbeu fdjiffen langfam burd) bie leife bewegte £uft. ‘Und) l)kv ift grieben nnb Stide, frieblidjfte «Stille. Unb beim och war mir, a 1$ müßte plötzlich ein
Sdjrei mach werben, ein geHeuber, furdjtbarer Schrei, nnb biefe Stille gerrei^en unb biefe milbtädjelnbe «fpimmelgglocfe. (Sin Schrei, nicht ber Klage, fonbern ber Auflage, unb nicht bloß gegen Sen oon Stufte unb Sen oon SlltsSSamom . . .
5ludj fonft finbeit fidj oiele ©rüber, bie ba§ gleiche Sobe£jaI)r tragen ... So au£ jenen Sagen, ba ein ©gartorpäfi Suben jagte, weil fiel) fo menig anbereä SSilb oorfanb. Ober au§ biefem Sahrhunbert: au§ jenen brei gräfslichen Sommern, ba ber 3oru ©otte§, bie ©hotera, in ber großen ©bene Wütete. Sa§ ©ra3 feßt ber Senfe mehr Sßiberftanb entgegen, al§ bamat§ biefe üDtenfdjen in ihren engen, oerpefteten Stiibten ber graueuooden Seuche. Sie ©rüber fiub
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gaI)Ho§ unb eS ift ein überaus grofjeS Setcfjenfelb, ob? Toofyl bie ®emeinbe gerabe triebt übergroß ift. ^Cber toer hier ©cblafftätte unb (55rabftein erhalten fjat, ber bef)ält aitd) beibe, fogar ber tlrmfte, für immer — ioie ge? fagt, bis bie fßofamte Hingt . . .
Unb Seber b)at ben gleichen ®rabftein, minbe? ftenS ttrnS bie gorm betrifft, Sftirgenbtoo ein eigen geformtes £)enfmal, nirgenbtoo ein HmftüoIleS ®ebilb — baS verbietet ber (Staube. Sftur baf3 ber ©teilt beS Firmen Hein ift, ber beS Reichen groft, bafs ber $lrme ber Snfcbrift infolge ein braüer Sftaitn ioar, ber fReid^e ber ebetfte Sttenfcb, ber je gelebt fjat. ®aS ift aber and) 5HIeS. £)enn felbft bie 5lnorbnung ber Snfcbrift ift ftreng burd) baS @efet} ber £almobim geregelt: gu oberft baS dfterfgeicbeit beS ©tammeS, bann ber 9?ame beS Xoten nnb feiner (Eltern unb baranf ber ©tanb. 90^and)mal fehlt and) biefer, benn SSudjerer ober 23efted)ung§agent ttrnrbe nic^t gut Hingen, oon ©cblimmerem gu febtoeigen. Sn folgen Süden ^ei^t eS blof$: „@r forfdjte in ber £eljre nnb liebte feine SHnber", nnb 23eibeS ift and) in ber fRegel ttrnbr. SSer biefe Snf Triften lieft, toirb nid)t länger ttad) ber Snfel ber ©eligen fueben, nnb nach bem (£ben, mo (£ngel in SD^enf c^engeftalt loanbeltt. SDaS be^t: toenn er ben Snfdjriften glaubt. *£)er jiibifcbe ©tamm ge^t in ber ^ßtetät gegen bie £oten meiter als jeber anbere. *£)er Körner begnügt fidf) mit bem: „De mortuis nil nisi bene.“ (£r Oerlangt, baf; man oon bem 5£oten nur gut, nur toitrbig rebe, toie bieS eben ber äftajeftät beS £o beS nnb ber «gilflofigfeit beS
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Doten gebührt. Der Sube ge^t heiter: man foK oon ben Doten nur ba§ ®ute reben. Unb toer ein foldjer ©ünber toar, baff man ihm nichts ®ute§ nachfagen fann, non bem fcfjtoeigt man . . .
$D?an fdP)tDeigt non if)m. Die ftnfterfte Vertoünfchung biefe§ Volfe§ lautet: „©ein Üftame fotl nid^t gebaut toerben." Darum fefet man feinen tarnen auch nicht auf ben ($rabftein. (£$ f tefyt mancher blanfe, unbe= fdjriebene ©tein auf ben griebljöfen ^3obolien§. $ur ©träfe, gur Vergeltung. Unb bodj toieber au§ Varmhergigs feit. Denn am Dage, ba ba§ Dfoicf) ($otte§ beginnt, ttrirb nicht allein bie ^ofamte bie ©cfjtäfer mecfen, fonbent auch ber (£nget be§ einigen ßeben§. Grr ttnrb öon ©tein gu ©tein gehen unb ben tarnen rufen, ber barauf ge= fchrieben ftef)t, bie (Gerechten gu unfäglicher Velohnung, bie ©ünber gu unfäglicher ©träfe. Unb toenn er feinen tarnen finbet, fo toirb er öieEeic^t üorübergef)en unb ben ©dfläfer nid^t aufftören. Vielleicht! — man fragt e§ nur eben au§ Varmfjergigfeit gu troffen!
5fucf) am „guten Drt" gu Varnofr fte^t mancher ©tein offne Snfcffrift, unb in einigen fällen mag bie ©träfe eine frofjlüerbiente fein. 9^icf)t feiten ift e£ bie getriefte, bie ben Verbrecher getroffen hot. Die bunffe Dffat frarb begangen, ba£ Dunfel be§ (55^etto fehlte fie. Diefett Seuten bangt e§ oor ber 2Mt, in ber f. f. $lmt§ftube fi^t ja ein (Sf)rift. Darum liefern fie felbft ben fünbigen Vruber nicht gerne au§. ©ie ftrafen ihn fo gut fie fönnen: er muff ®elb gu frommen gfreefen opfern, ober al§ Sßilger nach Senifalem fraubern, ober jahrelang jeben gfreiten Dag faften. Dann bleibt
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er fein Sebeit lang unbehelligt, unb erft nach bem £obe ern>eift eS fiel), maS er gegolten hat.
2lber auch 9ar fonberbarlidje ©erbrechen finb auf gleiche SSeife beftraft ’roorben. Unb merbaran beult, mirbfid) gleichfalls faum einer bittern Srage ermehren tönuen, einer uralten, herben grage, bk gleichfalls nie erfter^ ben mirb, fo lange SD^eufd^eit auf (Srben manbeln . . .
£)a mar gum ©eifpiel einft ein alter Bettler in ber (Semeinbe, ein 0 er ab f (hieb eter ©olbat, ber hilflos unb oer^ Irüppelt h^iutgefontmen. Sßiemaub nahm fid) feiner an. ®ie ©hriften nicht, meil er ein Sube mar, unb bie Snben nicht, meil er fo lange chriftlidje £oft gegeffen ^atte unb meil er feljr läfterlich fluchte. (SS mar t>ielleid)t 33eibeS nicht gang feine ©d)ulb; benn eS giebt nun einmal, feit bie Sföalfabäer fdjlafen gegangen finb, leine $lrmee ber SBelt, in ber bie ^ommifjfnobel unter 9luffid)t eines Ütabbi bereitet merben, unb maS baS gludjen betrifft, fo mag eS au einem alten ©olbaten eben fo natürlich fein, mic an einem (Sidjbaum bie (Sichel. 9tber fie nahmen iljnt boct) Leibes feljr übel unb er belam täglich nur ein ©tücf fchintmeligen ©roteS unb jeben greitag üftadjs mittag fieben breiiger. £)aüon tarnt felbft ein alter ©eitler in ©arnom nicht ftanbeSgemäft leben; ber gitterige ($reiS hungerte feljr üiel. Unb als mieber einmal ber ©erföf)nungSs tag tarn, ber ftrengfte ©uptag beS 3ahreS, ba hotte baS Saften feinen ©eig für ihn, nicht einmal ben beS Slufjers gemöhulicheu. 5lu biefemSage alfo ertappten fie ben eilten hinter einem ©rüdenpfeiler, ein ©tücflein SÖBurft in ber §anb. ©ie mihhonbelteu iljn nicht, auch feine ©ettefigien erlitten leine (Sinfdjräufuitg. Unb bod; ! märe baS
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(Scfeidfal gütig getoefeit, e§ feätte ifen gut felbert ©trntbe fterben laffen. ®enn moftte idfe berichten, ma§ bann über ben ($5rei§ gefommen, ich glaube, bem gärteften mürbe ficfe ba§ 2Iuge feuchten. 2Iber ba§ (Sdjidfal i[t feiten gütig — er ^at nocfe lange Safere gelebt. Sftacfes bem er geftorben mar, festen ifem reid^e SSermanbte ben (Stein, aber ofene Snfcferift. Sd) üermute, xd) üermute fefer, bafe bie§ ben Späten lange nicfet fo fcfemergt, mie äftancfeeg, ma§ fie bem ßebenbett angetan Ratten . . .
«gart neben bem alten (Solbaten fcfeläft ein 9ttenfcfe, ben ein glei cfee§ ©efcfeid getroffen gat. (Sin fefer feltfamer sD?enfcfe, (Sfeairn fiipiner mit tarnen, feinet ^eicfeenä ein ©cfeufter. 3)ie £eute biefe§ ganbmerfS feaben einen ftarfen gang §ur ^ßgilofopgie, ber fifeenben Sebent meife megen. 2lucfe unfer (Sfeairn mar ein $]3feiIüfopfe, aber non eigenartigem 3uf^n^: Über ben Untere grnnb allen gorfcfeen§, ben ,gmeifel, fam er eigentlich nicfet feinauä, uttb fein ßiebüng§mort mar: „28er meife bie SEBaferfeeit?" SDaä Heine, blaffe SJtänncfeen üer- mochte ber grage nicht auf bem 28ege ber Spekulation beigufommen unb üerfucfete e§> barum auf bem ber (Srfaferung. (Sr ging üon einer (Sekte §ur anbern über, üon ben „CSgaffibim", ben (Scfemärmern, 311 ben itagbim", ben 23ibelgläubigen, marb mieber (Sfeaffib, fefete ficg hierauf mit ben Paraden in SBerbinbung, flüchtete bann gur gähne be§ 28unberrabbi üon @aba= göra, gielt e§ ein Safer lang mit ben „Aufgeklärten", ben greunben beutfefeer 23ilbuitg, unb marb enblicfe föabbalift. ®a§ blieb er lange, uitb ba feine (Stiefel trofebem üernüuftig unb bauerfeaft mareu, fo kümmerten
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fich bie Seute nicht oiel um feine einfamen, nächtlichen ©tubien unb feine tief finnigen, mpftifcfien ^eben. $)a traf e§ fiel) einmal in einer falten, meinen, ntonbhellen Stacht, bah einige öerfpätete $echer öor 9ro6en (Sh*iftu§bilbe, ba§ fiel) an ber $Ioftermauer ber $)o= minifaner erhebt, einen 9ftann fanben, ber regung^ lo§ im ©cfjnee fniete unb bie 5lrme fehnfüdjtig au& gebreitet fyklt, at§ mollte er ben @efreugigten um= armen, (Srftaunt blieben fie ftefjen, aber ihr ©taunen marb gum (Sntfe|en, al§ fie in bem einfamen 33eter ben frommen ©haim erfannten. (Snblicf) fd^Hd^ert fie näher, aber er hörte fie nicht in feiner SSerfunfenheit, unb plötzlich begann er gu fprec^en unb rief mit fchludj- genber, gitternber ©timme ein ®ebet in ber heiligen ©prache, ben ©egengfprudj, ber bem 2Banber£mann Dorgef d^rieben ift, memt er auf feinem SBege bie ©onne auf gehen fiel)t. $)a übermannte bie Saufchenben ein frommer 30rtt/ Pe toarfen fich über ba3 9JMnncf)en, prügelten e£ gang fürchterlich burcf) unb pufften e§ heim. 5lm näd)ften borgen mar eine ungeheure 5lufs regung in ber ©affe, felbft bie Säffigften fanben fich gum Ö5ebet in ber ©ä)uf ein; halb au£ grömntigfeit, meil e£ galt, ®ott mit öereinten Kräften anguflehen, ben greoel be§ (Singeinen nid^t an ber ©efamtheit gu rächen; halö Neugier, meil Seber erfahren mollte, melche 33uhe ber $tabbi unb fein $at bem ©ünber auferlegen merbe. üftacf) ©rf)luf3 be£ ®ebete£ blieb bie ($emeinbe Oerfammelt unb ba§ Bericht be* gann. 2lber ber ©ünber fehlte. 5Die Aufregung unb bie ^rügel haü^n ba£ fdpoache 9^ämtd)en nieberge-
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Worfen. $)ocf) muhte er bahn fein; unb fo Würben einige $nedjte entfenbet unb bie brachten i^n in feinen Riffen Ijerbeigetragen. (£$ erhob fich ein großer £ärm, al£ er burdh bie fReiffen gefdjleppt Würbe, unb Wer nafje genug ftanb, erleichterte fich ba§ §erg unb fpie il^n an. £)ann gebot ber fHabbt fHitl^e unb ^telt eine lange 9$ebe, in welker jener ewig falte, ewig bunfle Scannt, ber nach ker SBorfteEung biefe§ $olfe£ bie ab= gefchiebenen ©iinber beherbergt, feine geringe fRotle fpielte. SDamt fragte er ben 5lngeflagten, Wie er ficfj oerantworten fönne. 2lber fei e8, bah ber franfe 9ftann nicht reben fonnte ober nichts gu reben I)ntte — er blieb ftumrn unb f drittelte nur feife ba§ «Jpaupt. ®a£ fteigerte nur bie (ünttrüftung, ber 9tabbi brängte unb bie Ruberen fpieen. S)a richtete fich ber flehte $D?ann enblidb) au3 feinen Riffen auf, blicfte bie ©tfernben mit einem ftiUen, ruhigen 23licf an unb fprac^ eine fef)r furge fRebe, nichts al£ fein gewöhnliche^ Söort: „28er Weih bie 28ahrheit?" 9J?an fann benfen, wa§ barauf folgte. 3)ie 23efonnenen muhten ihn mit ihrem eigenen Seibe fehlen, fonft Wäre fein weitere^ Bericht nötig gewefen. 2lber fie wahrten ben Traufen oor bem Suherften unb fo fam ber Dfabbi enblich bagu, ba§ Urteil gu fällen. 28eld)e 93uhe an ®elb unb ®ut ihm auferlegt würbe, ift mir nicht mehr genau er= innerlich, nur fo üiel weih ich: ^ha^m Sipiner foHte 2Beib unb $inb laffen unb nach Serufalem pilgern unb nie wieberf ehren. Sn jeber ®emeinbe am SBege foHte er feinen greoel ergählen unb bie Seute bitten, ihn mit gühen gu treten unb ihn angufpeien.
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2lber ber furchtbare D^eifeplan ift nicht mehr gur 2lu£führung gefommen. $)a§ arme Sftäimchen fiechte unb fdjmanb feit jenem Sage bahin, mie öor ber @onne ber ©djnee. Sn feinen lebten Monaten betete er immer fleißig unb bie Seute marett ber Übers geugmtg,bah er ftch befe^rt habe. Sch bin motjt ber einzige ÜDfenfch, ber ba£ beffer weih, unb ba e§ meinem ©djufter nicht mehr fd^abert fartn, fo barf ich ttwht auch öie3 ergählen. %\% ich im Suti gu ben Serien heimfam, juchte mich fein SSeib auf unb bat, ich Möchte gu ihm fommen, aber be§ 2lbenb§, bamit e$ DUemanb merfe. Sch that;£, ber Traufe mar fdion fefjr fchmadj, h^tt aber gteidjmohl noch einen ungeheuren Sotianten auf ben$nieen,in bem er eifrig ta§. (Sr bitte um eine$Iu§funft, fagte ^r enbtich nadj tanger, mirrer (Sntfdjutbigung; ob e£ nämtid) mafjr fei, baff auch bie (Steiften eine heilige @d)rift hatten. Unb atä ich öie§ bejahte — ob id) d)m ba§ Sud) nicht jdjaffen fönue? S)a§ berührte mich eigentümlich, aber ich üerfpradj e§ hoch, e§ mar eben ber Sßunfch eine£ @terbenben unb — „mer meijf bie Wahrheit?" 2lber e§ hfltte feine ©djmicrigteit, bemt ber SOtanit ta£ nur hebräifch, mtb id) muhte mich erft nad} SBien menbeit, um eine Überfettung, mie fie bie (Snglättber gu $DKffion3gmed'en für ^atäftina haben anfertigeit taffen. Sa* Such lieh gmei Sßochen auf fid) märten unb at§ c§ etibtid) tarn, ba tonnte ich bem Spanne nicht mehr einhänbigen. (S* mar auch überftüffig, beim bainafö muhte er mahrfd)eintid) fd)on mehr, at§ er au3 biefem Suche unb au3 allen Sitchern ber SBelt hätte erfahren tonnen . . .
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$td) ja! fonb erb artige, fel)r f oitb erb ar Hebe $ers bred)en! Unb me idf an jenem «gerbfttag üor beit beiben (Gräbern ftanb, ba mar e§ mir, at§ mü^te id) mid) bimbbeugen gu ben S£oten unb ihnen gurufen: „SBergeibet euren armen 23riibern, gürnet ihnen nicht, öemt fie miffeit nicht, ma£ fie djun!" . . .
SM)! mie eigen ift eS ben Subett ergangen! 3br frommer, felfenfefter (55Xaube ift ihnen einft ber (Schuss but gemefeit, ber i()r anneS §aupt üor beit Meutern fd) tagen unb ^BeiX^ieben be§ geiitbeS |d)ü|te. (£§ märe gerfcbeltt ohne biefeit ©cf)ub, benn eS maren furd)tbare @d)täge, furchtbare ^iebe. 5Iber eben ba= burd) marb ihnen and) jener ©ebubbut immer tiefer in£ @efid)t b^eiu9eir^e^eu unb fdjXiefdicb über bie Gingen hinab, bah fie nichts mehr faben. SDaS mar einft nicht fo febr gu bef tagen, beim eS berrW^e Ja 9ßad)t ring§ umher, unb nid)t£, gar nichts mar gu febeit, and) ohne §ut üor ben Gingen. 2tber nun ift eS im 2Beften S£ag gemorbcu, unb im Oft eit tagt eS unb beuuoeb rüden fie fid) ben |jut nidjt b^ber- märe itid)t nötig, bajj fie it)n lüften, uitb oodettbs üerberbtid) märe eS, motlteit fie ihn gang fortmerfeit, aber ebenfo üerberbtid^ ift eS, memt er ihnen bie 5(ugen bedt. (Sr muh böber g^üdt merbeit, unb öiefe xntgtüccticXjeu sD?ettfd)en utüffen fief) baratt gemöbnen, bem jungen Stage inS fd)öne, morgenrotc Sündig gu febert . . .
(SSmuhgefcbebeu. UnbbaruntmirbeSgefdjeben. SDte DZotmenbigfeit ift bie eittgige Gottheit, an bie mau gtaubeit barf, ohne je gmeifetn ober üergmeifeltt gu bürfeu.
(SS mirb gefcbe'ben. Hber ^iemaitb tarnt miffen,
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tüte lange nod) bic Rächt wägten mirb, unb Riemanb fann bie Opfer gälten, bte fte foftet.
(§& ift immer ein Zufall, Wenn man öon thtten erfährt. $)ie ßebenben fdjmeigen unb bie (Steine finb ftumrn; befonber§ jene, mo eine Snfdjrift ftefjt. $luf ben unbefchriebenen ftefp bod) minbeften§ ein grage^ geidjen, unb e§ fann gelingen, bie $lntmort gu erforfdjen.
60 ift e§ mir mit bem jüngften foldjen (Stein er= gangen, ben fie auf bem „guten Ort" guSSarnom gefegt haben. Sdjfanb if)n erftbei meinem testen SBefudj, eben an jenem golbflaren (September tag.
(£§ mar ein einfame£ @rab, gang einfam. Qtt ber Riebermtg lag e§, fyart am gluffe, nahe ^er fdjabtyaften |>ecfe. (Schon bie§ mar auffallenb; fonft merben f)ier bie £oten in jener Reihenfolge gebettet, in meldjer fie anlangen. Rur gumeilen fidjert fid) eine gamilie einen eigenen Raum. $lber e§ gefdjieht nicht adguoft; hier finb alle @djläfer eine einzige grofje gamilie.
9Rit biefem ($rabe mar eine $lu§nahme gemacht morben. Söeit unb breit mar fein anberer (Stein gu fehen. Rur gang nahe, redjt£ unb linf§, gmei anbere (Gräber, kleine, biirftige (Araber ohne «Stein. $Ran fonnte fie nur in nächfter Rahe gemahren, fo bidjt mud)£ barüber ber Sßadjolber unb bie milbe, rote |jeibeblume.
(§& mar leid)t gu erraten, mer ba fc^lief : ^näb^ lein, bie öor bem achten Sage baljingeftorben, ehe man ihnen einen Rauten gegeben. Unb bie in ber SRitte ruhte, mar mol)l ih?e Butter. £)emt e§ mar ber ©rab^ ftein einer $rau; man fonnte e§ an ber gorm fehen. (Sonft fefcte man nur Männern (Steine ohne 3tt*
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fdjrtft, toeil nur fie Verbrechen begehen. £)a§ jübifd^e Sßetb ift gut unb fromm. (SS ttrnr ber erfte folche grauem ftein, ben id) faf). 2öaS hatte biefe Butter b erbrochen?
3d) grübelte lange barüber in ber tiefen, fonnigen Stide jenes §erbfttagS. 3d) erfanb mir eine ©efdjidjte nach ber anbern, eine fonberbarer als bie anbere. 2lber and) t)ier foUte eS fid) mieber einmal bemä^ren, bah baS Sd)idfal erfinberifcber ift als ber SReufd).
SBie id) alfo finnenb bafafj unb auf baS einfame <$rab flaute unb barüber empor, in bie feilen, federt fiüfte, burd) meldje ungültige Sftüdlein ba^inflogen, bah fie im (Sonnenlicht mit ihren garten, glängenbeit glügeln oft mie ein feiner ©olbregen angufe^en toaren — ioie ich beim alfo fah anb fann, flang mir plöfclid) einförmiges, langfameS ®etön bumpfer Stimmen ins 0l)r/ anb als ich aufblidte, fab) id) gtoei (greife längs fam bie «gede entlang fdjreiten unb auf mid) gu.
Sie toaren eben in Übung eines frommen VraudjeS begriffen, ben ich fo lange fdjon nicht gefehen hatte, bah er mir j efct auf ben erften Vlid mie ein grembeS ers fchien. (SS trug nämlich jeher ber beiben Männer ein gelbe§, h^erneS Stödten in ber Vedjten unb auf ben beiben Stödten tt>ar ein gaben bid)t unb bid aufgetoidelt; berfelbe gaben, f)iev baS eine, bort baS anbere (Sn be, fo bah bcv gaben bie beiben Stödten oerbanb. Stauben bie 9Ränner gufammen, fo lehnten fie bie Siödchen an einanber unb fangen bumpf unb unifon ihr fonberbareS $)uett. £)ann aber oerftummte ber (Sine, fyxdt fein Stöddjen f entrecht unb ftanb tt>ie eingettmrgelt, toährenb fiep ber Anbere in Vertagung
ft. ©. granjoS, Subctt t>on Sarttoto. 18
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f e|te unb langfam uitb graoitätifdj bie |jede entlang fcfjritt, inbem er in Ijofjen £önen burd) bie Sftafe bagu fang unb öon feinem Stöddjen fo üiel beS gabenS abfjafpelte, als eben ber 2Beg betrug, fo bag ber gaben ftraff gefpannt blieb. -Sftad) etwa breigig ©dritten blieb er flehen unb öerftummte; ber $lnbere aber fegte fid) näfelnb in Bewegung unb fjafpelte ben gaben auf, fo bag ber SBulft auf bem einen Stöddjen immer bicfer, auf bem anbern immer büntter warb. $)ann abermals ein $)uett unb mieber bie fonberbaren Soli.
SCftan nennt biefen 23raud) baS „gelbmeffen" unb menn er aucf) nur in einigen ©egenben^ßobolienS in berbe^ fcgriebenen $lrt öodgogen wirb, fo übt man ign bod) in am berengormen überall, wo guben wognen. $lm (Sterbetage teurer £oten lägt man ben Umfang beS griebgofS, wo fie rügen, mit einem gaben abmeffen unb gebraucht bie= fen gu irgenb einem frommen .ßwede: als *3)0 d)t für Opferfergen ober gum 9£ägen eines SBetmantelS. (SS ift bieS ber $luSflug einer trüben, fdjweren Sgmbolif unb eS Würbe gie r gu weit führen, fie gu beuten.
gcg flaute ben Männern eine SBeilc gu, bann trat icg an fie geran unb fragte, wer in jenem ®rabe rüge. S)ie Männer blidten rnicg fcgeu an. „Söarum fragt ggr?" fagte enblicg ber (Sine gögernb.
„Sßeil icg eS wiffen will."
„Unb warum Wollt ggr eS wiffett?" darauf wäre bie birefte Antwort gu lang ge= Wefen unb icg wählte eine fitrgere, inbirefte. $)er Sine ber beibeit egrwürbigen, aber überaus fcgmugtgett (greife — eS war ein SBunber, bag fie nid)t gufammem
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flehten, trenn fie bicfjt beifammen ftanben — trug in feinem $fntli(3 eine überaus rote Sftafe. $)a§ beutet immer auf $)urft unb ein Weiteres @emüt. Uub mer burftig unb Reiter ift, mit bem fann man fich leidet oerftefjen. 3dj blicfte alfo ben 9ftamt innig an, mie einen alten greun^/ unb 9^tff babei in bie £afcl)e . . . „9fam — mer?" (Sr folgte biefer SSemegmtg mit fid)t? liebem 3utereffe, aber er ergab fiel) noch nicf)t. „(Steht e£ auf bem (Stein gef Trieben?" fragte er.
„SDa mürbe ich (Sud) nic^t fragen!"
„2lber marurn fte^t e§ nicht bort gef daneben?"
dfteine |janb fam mieber gum Sßorfchein, aber ber e^rmürbige ®rei§ ergab fid) noch immer nicht. „25arum?" mieberholte er. „25eil e3 eine <Sünbe märe, be§ 9£amen§ gu gebeuten! 5llfo marurn fod id) fünbigen unb ben tarnen fagen? Söarum follt 3l)r fünbigen, inbem 3hr if)n anhört? SSarum fod fdeb 9£atf)an f)ier fünbigen, inbem er un§ 23eiben guljört?"
„(Sin Dpfer für bie Firmen tilgt bie @ünbe," be^ neigte ich unb brüdte bem Spanne marm bie |janb.
2lber bem ehrmitrbigen (greife lag offenbar fe'tyr tuet an feinem (Seelenheil unb er gäf)lte barum ^alb- laut nach, e§ Qenügenb gefiebert fei. SDamt mar gmar er getröftet, aber Dieb üftatf)an mürbe unruhig. 92mt hätte er fich freilich ker <2ünbe be§ guhörenä leicht entgiehen fönnen, benn mir maren im diaume gerabe nicht befchränft. 2lber er gog ein anbereä Mittel oor, obmohl er feine rote üftafe hatte.
Unb erft nadjbem bie§ gefeiten mar, fagte ber (Sine: „25er bort liegt?" — unb ber 2lnbere: „£ea dtenbar'S
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liegt bort." $)a§ Reifst beutfdj: „Sea, bie £od)ter be£ Sd)enfmirt§". Dlber id) mußte benitod) fragenb Miefen. „2£er fjat bie rttcfjt gelaunt?" meinten bie Männer erftaunt. „ßea au§ ber gelben ^aregma (2ßirt§f)au£) ! ®ic grau be§ langen Stuben, be§ Stuben neben bem 9$atfjau§! £ea mit bett langen paaren!"
Dhm tunkte id) freilief), tuen fie meinten. Unb ma£ bi§f)er nur Neugier gemefen, marb inuigfte £eil= naljrne. „Unb bie mar eine Sünberin?" rief id) er^ ftaunt. — „0b fie eine (Sünberitt mar?" rief Dieb 5lbraf)am, ber Dioütafige. „§at e3 je eine größere ge= geben? ©§ I)at nie eine größere gegeben! 2Ba3 (55efe^ ift, Ijat fie mit gü^en getreten ! Unb mer mirb bafiir üer^ bammt fein? Sie mirb bafiir oerbammt fein! ©ieuub ifjr sJJiann — Diuben, ber Di at^ auf er! $)enn menn er e§ if)r gemefjrt F)ätte, ber greüel märe nie gefdjefjen!"
„Unb nodj ©iner mirb oerbammt fein um iljrer ©üitbe mitten!" rief Dieb Diatljan. „©amriel Dienbar, ifyr Sßater! SDenu menn er fie anber§ erlogen f )ätte, ber greöel märe if)r nie in ben (Sinn gefommen!"
„Diidjtig! $)er audj!" belräftigte Dlbrafjam. 5lber bann fafjte if)n bodj leife§ DJiitleib mit bem ÜDianne, in beffen ßaufe feine Diafe ben fdjönen ©lan$ be= fommen, uitb er fügte milber fjinju: „©ent mirb ber OTmädjtige oietteidjt ö erg eben, £at er benn fo gurd)t* bare§ aljnen fbitnen? £)a§ fjat fein jübifd) $inb aljnen fönnen! 5fber Diuben — ba§ ift etmaä Dlnbereä, ber ift gemifj oerbamntt!"
„üöar e£ mirflidj fo furchtbar?"
„gitrd)tbar? $>a§ ©räfjlidj fte ! §abt 3§r mirflid)
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nod) nid)t baöon gehört? ©ine unerhörte ©Jefd)ichte! ©ine rnerfmürbige ®efd)icf)te!''
Unb fie erzählten mir bie rnerfmürbige, unerhörte @ef<hid)te. ^enn ba§ ift fie mirflich, freilich mof)l in anberem (Sinne, al§ bie beiben ©hrmürbigen ahnten.
©£ mirb mir eigen §u Sttute, mm ich fie mieber berichten foll. S3or Slllem: fie Hingt fo unglaublich. Unb nur menigen Sftenfcfjen be£ S8eften§ ift eine S3rüde be§ S3erftönbniffe§ gefdjlagen in biefe frembe, biiftere SMt. SDie anberen Sille merben ben $opf fd)ütteln. Sch aber fann nur fagen: e§ ift mahr, e£ ift nicht erfunben, e§ ha* ftä) toirflid^ fo begeben!
Unb bann: bie ©ef Richte ift fo traurig . . .
£)ie ßea mar ein fef)r fd)öne§ Räbchen, ©rerbt mar ba£ nicht, bemt bie Butter mar ein Heiner, bicfe§, puterroteg Söeib unb „©amriet heilbar", ber SBirt in ber großen, gelben @d)enfe am Söege gegen Sitte SSarnom, ein ungefragter fRiefe, mit einem mifjs farbigen, bon s$odennarben gerriffenen ©efid)te. Sind) bie beiben ©öl)ne, bie im §aufe umhertümmelten, maren nicht eben ^ierben ber SKenfchh^. ©ine finftere, üers broffene, gemaltthätige Familie, bie iw unheimlichen $aufe hantierte, emig bamit befchäftigt, ben dürftigen gufel eingufdjenfen unb bie SHlgubetrunfenen f)inavL& gumerfen. Unb in biefem ßaufe ermudjg ba£ ^citerfte, lieblichfte $inb, in biefer gamilie erblühte bie fd)önfte, holbfeligfte Sungfrau, bie vielleicht je meine Singen flauen geburft. $)ie £ea S3ergl)eimer mar mie ein ©onnenftrahl. Unb eine güde golbigen Sichte trug fie ja auch um ftolge ,£jaupt — fo reichet, fo leuch*
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tenbeä ©olbfjaar f)aV ich alle meine Dage nicht tüieber gefeiert. (Sine gübin ift feiten blonb unb öoßenbä finbet man feine blonben «Schönheiten unter ben grauen biefe§ $ßo!fe§. Die jitbifchen Schönheiten finb braun ober fdjmarg. $Iber bie Sea mar eine ^luänafjme, mie fie benn überhaupt menig üom )übifcf)en Dppu§ fofern man nicht ihren herrlichen, fctylcmfen nnb bodh üppigen 2Buch§ al§ folgen gelten laffen miß.
Da§ $Intli£ mar gang germanifch: feine, rofige 3üge unb tiefblaue klugen. Der 2lu§brucf biefer $üge freilich War nicht greisenhaft, fonbern fröhlich unb glühenb. 3m Wiener 23elt>ebere hängt in einem Gebern faale ein 23ilb au£ bem fiebgehnten 3nhr^un^ert/ e^n SBieiter SJürgermäbchen üon einem Spanier gemalt. Da§ Original mar ein beutfcf)e§ Räbchen, aber ber Süblänber f)ut nie! oon feinem heifeen Sßefen h^uein? gemalt. Die£ 23ilb fönnte für ein Porträt ber Sea gelten, e£ ift eine merfmürbige $X^nticf)feit.
SBo ein Sonnenftrahl hiufüßt, ba mirb felbft ba§ Lüfter oerflart: bie fcl)öne Sea brachte Sicht unb greube in bie müfte Schüfe. (S§ ift faum gu fagen,mie(Sltern unb ©efchmifter an ihr hingen, mit melier gitterigen Siebe fie ba§ Sftübchen umfaßten, mit meinem thorierten, unbe^ holfenen Stolge fie e§ feierten, mit melier rüf)renben Eingebung fie fein Seben fchtnücften unb bemachten. 'Der alte ($ amriet mar ein mohlhubenber Sßtann, benn bie Scheute lag auf gutem ^often unb ben Scf)nap§ gu mäffern unb ba§ (Geborgte mit boppelter treibe angus fcf)reiben, üerftanb fein SBirt in ^obolien beffer. $lber ift boch eigentlich ein Sßunber, baß er gu einigem
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93efibtum fant, fo ungemein t>tel raubte er an bie £ea. greiiicf) in feiner Sßeife; ba§ ®inb lernte nid)t3, al£ notbürfiig bie (Gebete lefett, aber bafür beding er ben frönen £eib mit ben fd)tt)erften (Stoffen nnb betten, unb fie ging an SBocfjentagen umher, mie nicht einmal be§ reidjften 9(ftanne§ Tochter am üfteujaljrätag.
©ch on bie gamilie ^ätte alfo genügt, ba§ SlMbs djeit eitel gu machen, toohl auch b)offärtig. Slber ebenfo forgten bie auberen £eute ef)rlid) bafür: bie grauen burcf) ihren 9£eib, bie Männer burdf i^re Söetounberung. $)ie Sea medte in ben jungen Snben üon Söarnom fömpfinbungen, mie fie fonft fetten in folgern S3nfen gu feinten pflegen. SDenn gewöhnlich benft fo ein langtoctiger Süngting an fein 9J?äbcf)en ber SBett, bi§ ihm enbtid) fein SSater eine§ £age£ fagt, er fei oertobt. S3ei ber Verlobung, oft genug erft bei ber «gjodjgeit, fie^t er fid) bann feine 23raut an unb ob fie iljm nun gefaßt ober nicht, er befd)tiej3t, fid) au fie gu gewöhnen, Wa§ ihm benn aud) in ben meiften gäßen gelingt. $lber an bie £ea badjten $iele, unb wenn fie über bie ©tra^e ging, fo er^ eignete fich oft fogar ba§ Unerhörte unb e§ blicfte ihr (Siner nach. Sa fogar in ber „$tau3", wo bie ftißen, frommen, fehr träumerifchen unb fehr waff erfreuen Xatmubiften über ben großen go* lianten nidten, warb guweilen ihr Sftame genannt unb mancher tiefe ©eufger hörbar, ber nur ihr galt.
$>a£ erfuhr bie fchöne £ea freilich wdjt- $lber anbere Seute forgten bafür, bafj fie nicht barüber im Zweifel bleibe, ob fie gefaße ober nicht. $)a Waren
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bie führten Otymnafiaften oort SBarnom, bie fidj immer gu ben gerien fterblic^ in fie oerfiebten, in fie nnb in bie „(Sfterfa Regina", ein anbere§ fcböne§ gubem mäbd)en,ba£ gleichfalls ein trauriges (Snbe genommen tjat. Da maren bie noch fix Queren ©bedeute, bie oft üor ber ©diente gelten, auf ein (^löschen ©cbna^S unb auf ein fleineS ©efpräd). Da maren bie OTertü^nften, bie ^ufarenof fixiere, bie in bem fufelgefcbmängerten 9faum if) re oergeubeten, meldje übrigens au cf) fonft fdjmerlicb nu^lid) angemanbt morben märe.
«gier freilich gefcbab eS of)ne jeglichen $ftu|en. Denn eitel mar bie ßea, aber and) braü, gut nnb rein. $f)r |jerg mar fo meid) unb mitleibig, mie man eS felbft unter ben grunbgütigen grauen biefeS SSolfeS feiten finbet, unb jeber 2lrnte nannte ihren tarnen mit inbrünftiger Verehrung. üftur mar fie eben oerliebt in bie eigene «Schönheit unb befonberS in if)r |jaar, baS ja audj ooit feltener gerrtidjfeit mar. Sßenn fie bie fermeren, fuuftüollen gleiten löfte, bann flutete eS herab mie eine mastige ©olbmede unb fdjmiegte fid) bis an bie $niee um ben ßeib, ein leucbtenber, feibener Hantel, mie if)n feine Königin je fdjöner getragen. $8on biefem ihrem Scbmucf bade ffe aU(^ tbren namen: „ßea mit ben langen paaren" . . .
Die guben oon 23arnom maren ber feften Über= geugung, baf3 bie ßea nie beraten mürbe; bie grauen hofften, bie Scanner fürsteten eS. Denn fie reifte heran, marb fiebgebm, marb neuugebnjäbrig unb hotte noch immer feinen greier mert erachtet, fie gu befi|en. DaS mar unerhört unter ben ßeuten biefer ßanbfcbaft.
bie fonft fcßon ßalb enttoicfette $ütber mit einanber üerßeiraten. Aber ßier ging e§ aucß anber§ gu al3 fonft. Der dte ($amriel fragte feine Docßter um ißren SSillen, unb Sea fagte regelmäßig furg unb entfliehen: „9^ein !" Die 23emerber magten fid) fcßließlicß gar nid)t meßr ßeran, nacßbem fogar Soffef ^urgelbaum einen^orb befomntenßatte,ber©oßn be£ reic^ften 9Jtanne§ im Greife, unb ber Heine ßßaint 9ttacßmirba§, ber im brüten (bliebe mit bem Sftabbi üon ©abagöra üer= fcßmägert mar. Daß man einen $ftenfcßen au§ fo ßeiliger gamilie üerf ermäßen fonnte, mar unfaßbar unb fam einer perfönlicßen SMeibigung (55otte^ faft gleicß. Aber bie Sea magte biefen $reüel unb fußr fort, bie |jeirat£üermittler gur SBergmeiflung gu treiben, ©cßließlicß magten e§ biefe Seute faum meßr, bie ©eßente gu betreten, obmoßl e§ im Allgemeinen 2D?em feßen giebt, melcße feßeuer, fdßamßafter unb rücfficßt^ üoller finb, al§ jübifeße |)eirat3üermittler in ^ßobolien. Unb einer üon ißnen, «fperr 8ßig Dürlifcßgelb, pflegte gu fagen: „3cß bin ein alter SDfanit, aber icß ßoffe boeß noeß bie SSerßeiratung ber Sea unb bie Anlunft be£ $fteffia§ gu erleben. Da£ Seßtere freilidß eßer al§ ba§ (Srftere." Denn Sßig Dürfifcßgelb mar ein munterer $0fanu.
Da foUte bennodß ba3 (Sntgegengefeßte maßr mer= ben. Unb al3 ber 9?ame be§ ®lüüticßen befannt mürbe, ba mar ba§ ©tarnten barüber noeß größer, al§ über bie Dßatfacße felbft. Denn Stuben Sofern mann ober Stuben ber ^atßaufer, mie er megen ber Sage feinet £ramlaben§ im ©täbteßen genannt mürbe,
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mar lieber reiefe noefe au§ frommer gamitie unb oben* breirt SBitmer. Aber ein fcfeöner ßttann, feocfe unb ftattticfe, babei ernft nnb ftiCC. ®r feielt etma§ auf fein Äufeereä unb trug ben Kaftan um eine (Spanne fitrger al§ bie Anberen. ÜBar er bocfe and) gmei Safere in einer grfc feeren (Stabt gemefen, in Sörobfe, unb la§, fpracfe unb fcferieb ba£ £>od)beutfefee. A$aferfcfeeinticfe barum ftanb er im fRufe eine§ greigeifte§, ben er fonft burcfeauS niefet derbiente; er befolgte ffladifefe alle (Gebote, niefet blofe be§ (Glaubens, fonbent aucfe be§ Aberglauben^. Sßarum bie £ea gerabe ifen gemäfelt featte, barüber gab fie Sebem, ber e£ feören moßte, Auffefetufe: „SSeit er mir gefallen feat." £)a§ mar freiliefe ein ®runb, ber bei einem pobolifefeen Subenmäbcfeen unerfeört mar. £>arum forfefete man bei ben |>eirat§dermittlem, ofene jeboefe aucfe feier mefer erfaferen gu fönnen. (Selbft Sürfifcfegelb mufete gu; geftefeen, bafe biefe Verlobung niefet feinem Talent gugu^ f(fereiben fei. SSofel featte ifen Stuben auägefenbet, aber Sea featte erflärt: „@r felbft foß fomrnen, menn er mir ctma£ gu fagen feat."
SRuben mar gefommen. $)ie JungenSeute featten eine lange Unterredung, mofel au bie gmei Stunben. 2öa£ fie ba oerfeanbelt featten, erfufer Niemand, niefet einmal bie Eltern be£9ftäbcfeen§. ßta ber alte ®amriel erlaubte, mie Stuben einmal laut unb bemegt, faft feiertiefe fagte: „SBißft $)u e§> — gut, iefe mefere ®ir niefet. %$ox @ott ift e£ mofel feine @ünbe, aber dor biefen 9ttenfcfeen. £)arum feilte ®ein ®efeeimni§, fie mürben SDicfe unb miefe deraiefeten, menn fie e£ j [e erfüferen!" Aber ber Alte brang dergeblicfe in die £ocfeter, and) ifem ba§ ®efeeimni£ gu offenbaren.
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£3alb buranf mar bie «^jodjgeit. Sie £ea mar unter bem Srauhitnntel fdjöner angufchauen, benn je. Uttb bod) fehlte il)r nun il)r fünfter Schmud: ba£ ©olbhaar. $eine verheiratete grau barf ihr eigene^ $aar tragen, e£ mirb vor ber Trauung furg abgefchnitten, hie unb ba auch ^er ^opf tafiert. Sie 53löf;e bebedt man mit einem h°^en lodenen ober feibenen ^Cuffafe, bem „Scheitel." So miß e§ ber alte, ftarre (glaube, unb fo mirb e§ gehalten. Sein eigene^ §aar gu tragen mürbe nicht bloß al§ Reichen ber Schamlofigfeit gelten, fonbem eine ungeheure SSerfünbigmtg gegen ©ott bebeuten. Slber bie £ea bulbete e£ menigften§ nicht, baß fid) grembe an ihr »ergriffen; mit eigener §anb fchnitt fie fid) in öerfd)loffener Kammer ba§ $aar üom §aupte.
©§ marb eine fehr glückliche ©he. Sabei begab fid) noch ein meitere§ Sßunber: £ea mürbe bemütig unb gehorchte ihrem ©atten. Selbft ber SJ^eib mußte eins geftehen, baß ber lange dhtben ein treffliche^ SBeib habe. Sa§ fühlte er and), unb al§ ihm halb barauf eine fuße Hoffnung minfte, fannte fein ©lüd feine ©rengen. $lber biefe Hoffnung erfüllte fid) nicht, ba£ $inb fam »or* geitig unb tot gur SBelt. Ser Slrgt fcf)ob bie§ auf eine ©rfältung ber SKutter. $lber ber fRabbi von SBarnom mar anberer $lufid)t. ©r ließ £ea holen unb fragte fie, ob fie fid) nicht etma biefe Strafe ©otte3 gugegogen höbe, meil fie I)etotlich eineg feiner ©ebote übertreten. £ea mürbe totenbleich, aber fie fagte feft: „üftein, fRabbi!"
Sag mar im griihling gemefen. gm gmeitnächften §erbfte gebar bie £ea einen Knaben, aber er ftarb nach fed)g Sagen. Ser 5lrgt meinte, an einem ©ehirm
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fd)lag, tüte er bei Neugeborenen fo oft Eintritt. Sea gerfloft in £f)ränen; aber al§ ber Nabbi nun felber !am unb feine einftige grage tüieber^olte, fagte fie and) bie^mat furg unb feft: „Nein, Nabbi!"
Sm nächften ©ommer füllte fid) £ea gum britten SNale dftutter. $)ie Erinnerung an ifjre beiben fd)merg= liehen SBerlufte burchgitterte fie unabläffig unb warb ihr gur bangen 5lf)nung. Stngfttid) toad)te fie über fid), unb Nuben wich faurn ntef)röon ihrer ©eite. $tber at£ber SSers }of)nung£tag l^eranfam, ba lieft fie fich'£ troft feiner ^tbmahnung unb troft be§ ärgtlichen $erbote£ nicht neunten, ben gangen Stag faftenb in ber alten 33etfd)uP gugubringen.
$)a§ fottte ifjr gum SSerberben werben. E£ ^errfd^t au biefem S£age in ber alten 23etfchul’ eine fürchterliche, öerpef tete ©djwüle, ergeugt burch bie ungähligen 2Sach§' fergen unb bie 2lu§bünftung fo üieler SNenfchen, Welche ba fo lange ©tunben beten, weinen unb leiber auch fdjWiften. E§ war alfo eine ^ttmofühüre, in ber auch ber gefünbefte Ncenfd) fyätte ohnmächtig werben tonnen, um fo mehr ein gartet SBeib in folgern guftanbe, wie bamalä Sea. £)ie ©inne oergingen ihr, mit einem leifen $tngftfd)rei fanf fie üom 23etfd)emel.
S)te Söeiber brängten fid) fytvhti unb mühten fid) um fie. ©ie lüften ihr bie Kleiber unb br achten ber Ob)nmäd)tigen gWangig Niechftäfdjchen gugleid) an bie Nafe. $lber ülö|lich ftoben fie bliftfchnetl auäeinanber — ein hunbertftimmiger, geüenber ©chrei — unb bann Wieber ©title, bie ©title be£ tiefften Entfe|en§ . . .
SDer „©cheitel" ber Sea ^atte fich oerfdjobert unb
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barunter quoll ba§ gufammeugebrüdte (^olb'fjaar itits Wiberftefjlich ^cröor unb legte ftdfj Wie eine tickte SBolfe um ba§ totenkaffe, fdjöne 2lntlit$.
£>a$ War ba§ ®eheimni§ ber Sea gewefen.
2öa§ nun folgte, läfjt fich nic^t befcfjreiben, faum anbeuten. £)ie Stille wich wilbem Metern, gludjen unb Stoben. 33li|fcf)neE burdjflog bie ®mtbe and) jenen Sftaum, Wo bie Männer beteten, unb übte f)ier gleite SBirfung. Unter wilben SSerwünf jungen brängten bie Sftafenben in bie 2Beib erfctjuP. §ätte bie Sea foeben geftanben, baf$ fie ihre ^inber felbft getötet — unb $inbe§morb gilt unter ben Suben al§ gräfjlichfteä $8er^ brechen, ärger al§ SSatermorb — bie 2But hätte faum größer fein fönnen. Hber in ben klugen ber Sßers bienbeten fjatte ja ba§ $aar ber Sea in ber X^at bie£ ftumme, furchtbare ($eftänbni$ abgelegt! . . .
war am bjeiligften £agc be§ Sahre^ im^ Sene/ gegen welche bie 2Sut fid) richtete, war ein fdjwad)e3 28eib, in einem 3ufian^e/ ber ben ^oheften gu gügeln oermag. (gleichwohl läfjt fich nidht überfeinen, wogu bamal§ ber fromme SBahn bie SSerblenbeten hätte führen fönnen. 5lber ba brängte Hubert wilb burd) bie ^Reihen, Schmer^ unb gorn üergef)nfachten feine $raft, er hob bie Dhnmächtige auf ben linfen $lrm wie ein fö'inb, mit bem redeten bahnte er fich ^en 28^9 burdj 9^enge, bafj 5We§, wa£ ihm entgegenftanb, nur fo rechte unb linf£ au£einanberflog. So ftürmte er bie kreppe hinab unb burd) bie Waffen fyim, non glüdjen unb $Berwünfd)ungeu oerfolgt; ba§ |jaar be$ üE3eibe£ um; peüfd)te im DftoberWiube fein furdjtbar blaffet (Stefidjt,
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au§ bern bie 5lugett gliüjenb, mie im SJBafjnfinn, ftarrten. (Sä gelang halb, bie Ohnmächtige §u ermecfen, aber al§ fie um fidj flaute unb ihr gelöfteä $aar erblicfte, fchrie fie gellenb auf uub üerfiel iu fjeftige Krämpfe. $)er ^Irgt eilte ^erbei, aber er öermochte nur ba§ Sebeit ber Butter §u mähren, nicht ba3 junge Seben, ba£ in if)r leimte. Uub am nädjften borgen fonnten bie Subeu öon Sarnom eiuauber ergäben, ba£ ficf) ba§ (Bericht ®otte§ gum brüten 9Jial an ber ©ünberin erfüllt l)abc.
Stuben mar mie oerfteinert im ©djmerg. Uub al3 er am f eiben borgen oor be£ Sftabbi ®ericf)t entboten mar, ba fcljritt er fo uitbemegt bal)in, al3 ginge tyn bie ©adje eigentlich) nichts an. $lucf) auf bie Sermün^ fdjungen, mit benen man ihn empfing, fjatte er feine $lntmort unb gab im Serl)ör furgen unb unerhört oer? megenen Sefcfjeib. (Sr marb gefragt, ob er um ben greüel feinet Söeibeä gemußt. (Sr tjabe barum gemußt. SSarum er bie ©ünbe gebulbet? 2Beil e3 in feinen klugen feine ©ünbe fei. Ob er nun ©otteä ©traf= geriet erfenne? üftein, benn er glaube an einen aUmeifen, allgütigen ($ott. Ob er nun menigftenä feinem SSeibe ben fünbigen ©chmucf oom Raupte fdjneiben moÜe? Sftein, meil ba§ gegen fein Serfpredjen al3 Bräutigam märe. Ob er bie ©träfe fenne, ber er entgegengefje? (Sr fenne fie unb merbe fie abgumeljren miffen.
®iefe ©träfe ift ber „grofje (Syrern", ber ftrenge Sann, bie fjerbfte ©träfe, meldje bie ($emeinbe über eineä if)rer ©lieber »errängen fann. 2Sen man in ben „(Sljer em" getrau hat, ber ift oogelfrei; e3 ift feine ©ünbe, jonbern ein Serbienft, iljn an ($ut unb £ebeu
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i
511 fdjäbigen. 9£ur in feinblidjfter 5lbfid)t barf man feinen Seib berühren ober eine ©adje, bie iljm gehört; nur mer iljn oerberben mid, barf biefelbe Suft atmen Wie ber ©erbammte. £)er „(Sherem" löft bie fjetfigften ©anbe, unb maS fonft fdjlimmfte ©erfiinbigung ift, toirb hier gunt frommen ($ebot: bie Gattin barf ben (hatten oerlaffen, ber ©ofjn bie |janb gegen ben ©ater ergeben. (SS ift ein $rieg 501er gegen (Sitten, ein erbarmungslos geführter $rieg, in toeldjem ade drittel gelten. (SS ift ein unerträgliches ©djidfal, baS ben ftarrften SBiden gu brechen oermag. 2Ber im „(Sherem" ift, beeilt fidj getoöhnlidh, fdjnedftenS feinen grieben mit bem ©abbi gu madjen — um jeben ^ßreiS, felbft um ben ber ©elbftadjtung.
$)em diuben erfcf)ien biefer SßreiS gu hoch- ©k>hl marb er burdj bie ©träfe hoppelt §art getroffen, benn fte (egte auch bie ©£t an feinen (Srmerb. ^er $rams laben ftanb oeröbet. 5Cber er beugte fidj nidjt unb fudjte ba ©dju|, too man iljn ihm gu gewähren oers pflichtet War, beim f. i ©egirfSgeridjt. £)er „(Sherem" ift als (SrpreffungSmittel ftrafbar, unb im beften gade, toenn er aus guten ®ritnben Oerhängt wirb, bleibt er ein (Singriff in baS 3uftigredjt beS ©taateS. SDer ©es girfSridhter, |jerr ooit üftegruSg, hotte in ber ©adje auch fidherlidj ben beften üföiden unb that, waS er fonnte. Slber er fonnte nicht oiel tljun. (Sr leitete bie Unters fuchung gegen ben Sftabbi ein unb ftrafte jebe ©es fdjimpfung ober ©djöbigung, bie 9ftuben oon einem nach' weiSlichen Urheber angetfjan mürbe. 5Cber in ben meiften gäden barg fid) bie Xiide im ’&unfel ber Stacht, unb
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bie ftrafgeridjttidje Verfolgung be§ fRabbi mehrte nod) bie fromme SBut. Unb ma§ öodenb§ ben $ramlaben betrifft, fo tonnte and) ber Vegirt£ridjter !>ftiemanb bagu Debatten, feinen ^ucfer unb Kaffee beim Sftatljaufer gu £)olen.
£)er $rieg bauerte ben üBinter über nnb in ben grüijting hinein. 3m 5lpril mar ber Ütabbi auf fed)§ Söodjen eingefperrt morben. 5lt§ er frei mürbe, feierte bie@emeinbe ba£ fefttidje(ü£:reigni§ burd) eine Veleudjtung unb inbem fie bem Sftuben bie genfter einmarf. ©onft änberte fidj nid)i§; ber ÜUtann beugte ficb) itidjt. ©r üerarmte fidjttid); fein ©djmiegerüater lieft nid)t ab, gu fleften nnb gu befdjmören, aber Stuben beugte fidj nidjt. Sanodj meftr — bie£ea,bie fid) in jenem fdjredtidjenSßinter um ade ©djonfjeit nnb griffe gegrämt, füllte fid) im grüftling mieber Butter nnb flehte ben (hatten nun felbft an, »ben oerfjängniäüoden ©cftmud abtegen gu bürfen. Viedeidjt, meinte ba§ arme Sßeib, fönne ba§ mirftid) bem jungen Seben fdjaben. 2lber Stuben fdjiits tette finfter ben $opf: bleibt babei; $)u beftältft
£)ein |jaar. Unb memt e§ einen ($ott giebt, fo mirb er un§ nid)t üerlaffen nnb idj merbe fiegen!"
Üvuben ift unterlegen. Unb ma£ nun folgt — baoon ftabe id) bie (Smpfhtbung, al§ ob id) e§ nur feftr fnrg ergäben miiftte . . .
3m ^oüember gebar bie £ea mieber einen Knaben. £>a§ $inb mar f rif d) unb gefnnb, and) bie Butter be s faitb fidj leiblidj moftt. ©edj§ Xage öerftridjen. ^a oerfammette ber Sftabbi feine ($etreueften. „’&er Vater ift im (Sljerem, bie Butter trägt iljr eigen |jaar. 5lber ba£ £inb ift fdjulbloä. ©eljen mir mieber tljatloä gn.
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fo muf$ ba§ $inb fterben, wie fein Sörüberdjen ftarb, Weit bie @ihtbe ber Butter fortwäljrt." $Da§ Ijeifjt: Waljrfdfyehtlicf) war'§ ber Sftabbi, ber fo fpracf). $)er Urheber ber grauenooHen £f)at ift nie entbeut worben. £ljatfad)e ift nur, bajj ber grettel Oerübt wnrbe.
Um bie SDUttemadü be£ fect)ften Xage§ braten Vermummte in ba§ |jau§ be£ Stuben, überwältigten iljn unb bie SBefjefrau, riffen bie Sßödjnerin an§ bem S3ett unb fd^nitten i^r ba§ $aax oom Raupte. $wei ^a9e barauf war bie £ea tot. S)te folgen ^ ©cf)recfen§ Ratten fie getötet. £)a3 $inb, ba3 feit ber ^reüetttjat in Krämpfen gelegen, war ifjr um einige @tunben oor? auägegangen.
Stuben blieb im @täbtcf)en, bi§ bie Unterfudjung beenbet War. 0ie nutzte eingefteüt werben. Sßemt biefe fflltn fcfjen fd£)Weigen wollen, fo bringt fie feine SQtfadjt §um 9teben. ^ann 30g Stuben fort. (§;§ ift mand)e§ Sa^r feitbent öerfloffen. 5lud) er Ifat woljl fd)on SRulje gefunben unb fdjläft in einem anberu SBinfel berförbe bie bmtf len ©cfjmeraen feinet £eben§ au£.
$)e£ ($rabe§ ber £ea Ijabe icf) bereite gebaut. (S§ bleibt nict)t§ rnefjr gu berieten übrig, üftur ein 2Bort nocf) will icf) fjingufügen, ba$ mir au§ tiefftem |jergen aufquillt:
$ergeil)et ifjnen, gürnet if)nen nicfjt, benn fie Wiffeu nid^t, Wa3 fie tljun!
w
St. <5. 3wben öou 29arnoto
£rucf ber
ttnt»t» $eBtfd}e SSerlßßSßefeafdjßft tu Stuttgart
2£itgeigen bes (Soffa’fdjen 35eclages
@e6unb«it
33t. 1.50
Äact ©mil Sxangos:
SCUcin 3x°n3- S^oöeHe In QSecfen. 2. Auflage
£)et ©ott bes alten ©ottors. ©cjäblung. 2. 2lufl. „ 6.50
3bie Quben £>on 35acnoto. ©eftf)id)fen. 11. bis
15. Auflage » 15.—
©in &f ums Stetfyt. Vornan. 2 35anbe in
einem 33anb. 7. Auflage „ 11.—
Olt an n unb SSSeib* Dtoüeßen. 2. Auflage „ 7,—
02tof(f)£o öon ^acma* ©cgäbtung. 5. Auflage * 7.—
■*
9lßUß 9lot>eßen. 2. Auflage w 6.50
0ec ‘pojag. ©ine ©eftf)icE)fe aus öera Offen.
OTtif 35ilbniö. 11. u. 12. Auflage „ 9.50
£)er ^räftbent. ©rgät)lung. 4. Auflage „ 6.50
£>ie Steife naä) bem @d)ictfal. ©cgä^lung. 3.2lufL „ 7.50
Qubitb £cacbtenbercj* ©cgöf)[ung. 7. Auflage „ 7.50
!©et 233afjtfjeitf«ri)ßr. Vornan. 2 33änbe. 3. 2fufL „ 15.—
2eib 233eil)nacbts£ud)en unb fein &inb. ©cjäb-
lung. 3. Auflage „ 7.—
21 u 6 ber ©offa’fcfyen §anbbibUofbe!:
Oec alte £)arnian unb anbece ©efd)icf)fen „ —.25
£)er 3piob t>on llntecad) unb anbece ®efif)icbfen „ —.70
£Me braune Stofa unb anbece ©cgäblungen
M
1.50
Ä'art ©mit gxangoö:
^palb*21fien. £anb unb £eute beß öftlirfjen ©uropa.
0etf)ß23änbe 3n 3 33änben gebunben 93T. 25.—
§iecauß eingetn:
33anb I/II: 2tuö §alb-2(fien. &ulturbilbec aus ©atigien, bec 35ufomina, ©übcugtanb unb 9£u- mänien. 5. Auflage 3n 1 25anb gebunben OJt. 9.—
35anb III/IV ; 23om Son gur Sonau. Dteue &utfurbilber aus 3palb*2tfien. 3. Auflage
3n 1 23anb gebunben 93t. 9.—
23anb V/VI: 2tus bec großen ©bene. Dteue Äutfurbilber aus §alb*2tfien. 2. gänglicf) um» gearbeitete Auflage 3>n 1 25anb gebunben 91t. 7.—
(Sin Äa nt p f ums Dlecfjf
9?omän. 7. Auflage
2 23änbe in 1 23anb gebunben 31t. 11. — -
^aul jrjepfe ftfjricb im „Dteucn Seutfifjen DtoneHenfcfjaf}": „©inen großen 233urf fyat grangos mit bem Vornan ,©in ß’ampf umö 3£ecf)t‘ getan, einem ©pos in ^rofa non bec ecfct)ütteinbften etbifcben ©etoalt. Dtiematö ift bi e ^o£)l^aaö=^bee gu mächtigerer ©ntmicflung gelangt, unterftüf$t non einem bec grojgartigften lanb= fd^aftlicfjen unb $ulturbintergrünbe, bie fict) überhaupt benten taffen."
9£ubolf non £> e c i n g ucfeitfe in feinem „^ampf umö 9?ec£)t": „Sie Sichtung bitbet ein mürblges ©eitenftüd? gu 9TticE)act @ot)U baaö non steift. ©in ©eetengemälbe non einec 2Sahrheif unb er- fdt)ütfecnben $caft, baö Dtiemanb, ohne aufö jipöchfte ecgriffen gu fein, auö bec ^anb legen fann."
©lifabeffj bon .Spebfing:
Siebe,
Diplomatie mtb !gol$äufet
©ine Saßanp^anfafie t>on elnft 7. — 11. Auflage ©ebunben 91t. 20. —
Dßr ßfmaß bigarrß JXifel fpiegelf bie Dßtfchiebßnßn ©Iß- mßnfe mibßr, aus bßtißn biß Dichtung gufammßngßfchmolgßn ift: ©atirß, ^roniß, £ßibenfchaft. Diß ^olghäufer beneid)* nßn baß 28effrßnnßn bßr ©roj3ftaatßn um Sißfßrungßauf* frägß bßr fölßinßrßn, in bißfßm gallß ßinßß 23al!anftaafßß. Diß ©c£)ilbßcung bßr biplomafifchßn ©ßfchüffigtßit , bßß oft in ©fumpffinn hinbämmßrnbßn ©ßnufclßbßnß, biß gangß tcoft- lofß Dbß folcljer 35alfanbiplomatßn=©f:iftßng ift äufjßrft gß* lungßn, fo, miß nur ßinß, biß ßß auß ßigßnßc (Erfahrung tßnnf, fchilbßcn Bann. Dabßi E)ätf fic£) ©lifabßfh o. §ßg!ing oon aUßm bilßff anfifc£)ßn ©ßlbftbiographentum fßcn. ©ß ift aßßß in biß ©phärß bßß &ünftlßcifcl)ßn gßhobßn. 2>n bßn Nahmen bßr ©atirß ftßHf biß Dichterin mit fßinftßr §anb ßin £ißbßßpaar, bßffßn ©chidifatß bßn £ßfßr auf baß Imchftß fpannßn unb mit märmfter Sßilnahmß ßrfüHßn. Diß grau, biß fich gu früh alfßrn fühlt unb bßr gßnubfrohß 3ün9Ün9 gßhen übßr aüß ©tufßn bßr £ßibßnfd)aft, biß gu ßinßm fra* giften ©chlujg führt. 2öir halten bißfe ©rgählung für baß reiffte 2Bßr! bßr h0cbsef chä^fßn Dichterin.
^atn&ucgec gxembenblaf«:
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