Teen mchm un Nu 2 nm m Bass ae m an a EEE rn E EEE Tr re Fe te re ER BETEN nen TE Te vowW' — ie . : ES 4 - [4 4 ur 7, RE Pe rd Wr - a 3 ur : * u er r 5 Nr N Bin Ki | fi NE BRAND Ka Mi Bi Pi '$ [ie Krankheiten und Ihierischen Feinde der Zuckerrübe. Nach den neueren Erfahrungen der Wissenschaft und der Praxis bearbeitet von ANTON STIFT, Director-Stellvertreter der chem-techn, Versuchsstation des Centralvereines für Rübenzucker-Industrie in der Oesterr.-ungar. Monarchie. WIEN 1900. Fe gik Hofbuchhandlung ES Wilhelm Fric in Wien Sy Graben 27 %8° Graben 27. # Da 7 “ f. > { i J [ie Krankheifen und [hierischen Feinde der Zuckerrübe. Nach den neueren Erfahrungen der Wissenschaft und der Praxis bearbeitet von ANTON STIFT, Director-Stellvertreter der chem-techn. Versuchsstation des Centralvereines für Rübenzucker-Industrie in der Oesterr.-ungar. Monarchie, Mit 24 farbigen lithographischen Tafeln. WIEN 1900. Verlag des Centralvereines für Rübenzucker-Industrie in der Oesterr.-ungar. Monarchie. Druck von Johann N. Vernay. rt BRETT ERS TIER ya 3 ER aa orbehal ten. Air: Alle ar. en. Amrefee j ee Aer re P Br RE N Rear 4 ZaTTE 2 wär We EEE Era De Yr ol ® ty A ich m ı ‚ r N ” ı E - rn, # . .% a hi £ - u D Bi: . x 6 Du / 5 LE I >. (a . ’ t * ; %e r WEL: ae Be BRETT: RER TOELE he * er VE ERNE 2 r j x « u, „3% > N 2 4 K nalen) ek EEE RNERE VER TE a ae GR a‘ we SR Kerl. 1. THEIL. BIER KPRANKEHFEITEN DER ZUCKERRÜBE HIEZU TAFEL I—XVI. LI BR a 12 Y NEW YORK Vorwort. Die Veranlassung zur Entstehung des I. Theiles der vorliegenden Broschüre gaben die Vorarbeiten der Versuchsstation des Centralver- eines für Rübenzucker-Industrie für die Weltausstellung Paris 1900. In der Colleetivausstellung der österreichischen Zuekerindustrie sollten über Auftrag des Regierungsrathes F. Strohmer auch die bisher bekannt ge- wordenen Krankheiten der Zuckerrübe in typischen, natürlichen Prä- paraten zur Ausstellung gebracht werden, welche Arbeit dem Verfasser übertragen und von diesem, auf Grund langjähriger Erfahrungen, durch- geführt wurde. Die zum Theil schon im Vorjahre begonnenen Präpari- rungen. welche von verschiedenen Fachmännern besichtigt wurden, haben nun den Wunsch nach einer zusammenfassenden, populären Beschreibung der Rübenkrankheiten hervorgerufen und wurde von Seite des Specialeomites der genannten Colleetivausstellung Verfasser mit der ehrenden Durchführung dieser Aufgabe betraut. Die Krankheiten der Zuckerrübe haben bis jetzt in der Literatur nur von Frank in seinem ausgezeichneten „Kampfbuch gegen die Schädlinge unserer Feldfrüchte“ eine zusammenfassende Dar- stellung gefunden, doch musste dieselbe infolge des Umstandes, dass in diesem Buche auch die Krankheiten der anderen Feldfrüchte be- handelt erscheinen, naturgemäss kurz sein. Eine eingehende Bearbei- tung der Krankheiten der Zuckerrübe fehlt daher in der Literatur noch, so dass eine solche gewiss auch zeitgemäss erscheinen muss, umsomehr, als auf diesem Gebiete viele und wichtige Arbeiten erschienen sind, die sich zerstreut in der Literatur vorfinden und daher dem praktischen Landwirthe nur zum Theile zugänglich sind. Verfasser hat sich nun die Aufgabe gestellt, aus der ihm zugänglichen Literatur eine um- fassende und zugleich auch ehronologische Darstellung aller wichtigen Arbeiten auf dem Gebiete der Zuckerrübenkrankheiten zu geben, mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse der praktischen Land- wirthschaft. Eine gleichsam historische Entwicklung der Ansichten VI über die Krankheiten der Zuckerrübe ist, nach der Meinung des Verfassers, sehr wichtig, denn sie lässt erkennen, in welcher Weise eine bestimmte Krankheit bereits aufgetreten ist, wie sie sich vielfach entwickelt hat und welche Ansichten über Entstehung, Verlauf und Bekämpfung man früher und in der letzten Zeit geäussert hat. Schon in früheren Jahren haben sich mit den Krankheiten der Zuekerrübe viele und darunter namhafte Forscher und Praktiker, deren Namen stets mit Ehren genannt werden, beschäftigt, und deren Ansichten und Meinungen haben auch jetzt noch in vielfacher Beziehung Giltig- keit. Es erscheint daher eine entsprechende Berücksichtigung sehr wohl am Platz, denn gerade aus manchen älteren Ansichten, die un- mittelbar aus der Praxis hervorgegangen sind, lässt sich Vieles erler- nen, umsomehr, als sie auch jetzt noch vor dem Forum der neueren Forschung sehr wohl bestehen können und daher für den Landwirth von Wichtigkeit sind. Verfasser hat sich nun bemüht, das umfangreiche Material kritisch zu siehten und in den Rahmen einer geordneten Darstellung zu bringen, mit Berücksichtigung der Bedürfnisse der praktischen Landwirthschaft. Inwieweit ihm dies nun gelungen ist, unterbreitet er dem Urtheile der Facheollegen. Es wäre vielleicht wünschenswerth gewesen, auf die Beschreibung der unterschiedlichen parasitären Erreger der Rübenkrankheiten ein grösseres Gewicht zu legen, als es in der Darstellung geschehen ist. Verfasser hat aber davon Abstand genommen, weil das Mikroskop im Dienste der praktischen Landwirth- schaft noch lange nicht jenen Platz einnimmt, als ihm gebührt und daher die Mehrzahl der praktischen Landwirthe jedenfalls mit einer ein- gehenden Beschreibung der unterschiedlichen Pilze und Baecterien, selbst wenn dieselbe durch Zeichnungen unterstützt wird, nichts an- zufangen weiss. Es wurden daher nur die nothwendigsten Daten an- gegeben; in heiklen Fällen wird der Landwirth doch der Hilfe des Fachmannes bedürfen und nach dessen Urtheil findet er dann in der Broschüre vielleicht die ergänzenden Mittheilungen, die für ihn von praktischem Werthe sind. In der Eintheilungdes Stoffes hat Verfasser jenen Wegeingeschlagen, den Frank in seinem „Kampfbuch“ einhält, nachdem derselbe derart praktisch ist, dass nichts Besseres an dessen Stelle gesetzt werden kann. Verfasser hat nur geglaubt, die Behandlung des. Stoffes durch Einschiebung eines neuen Capitels „Die Ausbreitung der Krank- heit“ zu vervollständigen. Selbstverständlich haben die Mittheilungen Frank’s, sowie auch die ausserordentlich werthvollen Ansichten, die Hollrung in den vieljährigen ‚Jahresberiehten der Versuchsstation für Pflanzenschutz der Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen vu niedergelegt hat, neben der anderen Literatur eingehende Berück- sichtigung erfahren. Bei der bekannten Thatsache, dass selbst die eingehendste Be- schreibung die Abbildung nicht ersetzen kann, wurde dieser eine besondere Würdigung zutheil. Hiebei war es nun nothwendig, das ent- sprechende Material zur Verfügung zu haben. Solches lag wohl einer- seits in den Präparaten, die sich in den Sammlungen der Versuchsstation des Centralvereines für Rübenzucker-Industrie finden, und anderseits in den für die Pariser Weltausstellung bestimmten Präparaten vor, doch war dieses Material dem Verfasser noch zu wenig. Die Krankheiten äussern sich oft in verschiedenster Weise und je mehr Material zur Aus- wahl vorliegt, umsomehr wird die Aufgabe erleichtert, typische Exem- plare zur Abbildung auszuwählen. Neben eigener Sammlung hat sich Verfasser nun an eine Reihe von Fachmännern mit der Bitte um Zusen- dung von krankem Rübenmaterial gewendet, und gereicht es ihm an dieser Stelle zu besonderem Vergnügen, den Herren: Direetor H. Briem (Wien), Central-Director Jul. Deutsch (Budapest), Maurus Deutsch (Paris), Domänen-Director Kiehl (Reindörfl), Em. v. Proskowetz jun. (Kwassitz) und Dr. Ed. Seidl (Steinitz) für die werkthätige Unter- stützung, die ihm zutheil wurde, den herzlichsten Dank auszusprechen. Ebenso ist Verfasser Herrn Prof. Dr. Hollrung für die Uebersendung der Photographie einer an „Gürtelschorf* erkrankten Zuckerrübe, welche zur Abbildung benützt wurde, in besonderer Weise verpflichtet, und sei auch diesem Herrn nochmals der beste Dank zum Ausdrucke gebracht. Aus dem nun reichhaltig zur Verfügung stehenden Material wurden typische Exemplare ausgesucht und nach der Anleitung des Ver- fassers von der lithographischen Kunstanstalt Friedr. Sperl in Wien nach der Natur gezeichnet und gemalt. Möge nun die kleine Broschüre den Weg in die Kreise der praktischen Landwirthschaft machen, und wenn sie hier Gutes wirkt, so sieht hierin Verfasser den schönsten Lohn für seine Mühe. Wien, Juni 1900. Der Verfasser. 1: II. Iy.: ve VIE Inhalts-Verzeichniss. Seite Vorwort: : EEE IT TE EEE REBEL NN . Der seien (Tafel n). A re er Be He 1 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit ne Ds Tel Se SE RT BR VRLRER SR Te 1 2. Die Ausbreitung der Krankheit. . . . ER EN 4 3. Die Ursache und die Bekämpfung der a ER ET DEE 5 Der Daäuerwarzelbrand (Ralel’I1) 74 2-2.) Re a ee 1 Aussehen\ und' Verlauf der Kraukheit. ı...,.4.W N U N A Re 2, Die ‚Ausbreitung, der. Krankhät yes 2Hl2 vr a a ner 3. Die Eintstehnng; der. ‚Krankheit 77:07, 27.7.2, vl und ar a Tr ee 4. Die Bekämpfung der Krankheit .... RE 9. an: Herz- ‚und Trockenfäule (Tafeln III, IV Cr v. ne N F-Afssehen "und" Verlauf. der Krankheit 2: DEN Se HE Bi Die: Ausbreitung der!Krankheitn.n.n. 12 8. RN RE EI &..Die, Entstehung,.der Krankheit; 4. 1. u...) 8 Thale 47 Die Bekämpfung: der Krankheit. .9..; 1544..." 22...” 2 58) Pe Der ‚Rühensehorf (Tafeln "VI und VII... .. „u. 2. 2. 20m oe 1. Aussehen. und: Verlauf der “Krankheit, ... .- sur 220.0. Veran a Ra 2..DiesAusbreitung ‘der Krankheit" . 1... 2 Dan ER N N Se Eee 2 Die Bintstehme: der: Krankheit)... W437 N Tr WESER . Die Bekämpfung der Krankheit .... Be: ; Der Gürtelschorf oder der gezonte Tiefschorf re Rübe (Tafel VI. 59 Arıssehen ‚und Verlauf der. Krankheit. au 12 =. 5. ..0..3..1000 000 2002 De er ä Wie’ Ausbreitung der Krankheit... 2.1... Die, Entstehung: der Krankheit. su... ME Me: er ee . Die Bekämpfung der Krankheit ..... Nr no Wurzeltödter oder die Rothfäule der Rüben RBiAGetINta Rn Tu). (Datam VIE und IX) er, 9.0 en nee ee a rn 1. Aussehen Jundv.Verlaut der Krankheit“... 1... „5... 2a De 3. Die Ausbreitung. Ger Krankheit... : cu au en ee 3 DieAbntstehung derIKzankheit . ». .. . 7.2 ae u N Se . Die Bekämpfung der Krankheit ..... 72 ie Riibenschwanzfäule oder die Baeteriose der Rübe (Tafeln m a v) 73 1. Aussehen und Verlauf ‚der Krankheit *.. . . uw „u lu rn er 2.,Die ‚Ausbreitung ‘der. Krankheit.) 2 ........ Ws ala. Se 3. Die Eintstehung der.Krankheit.. „2... %. =. a2 27 0) Se 4..Die Wekämptiung der Krankhert = ws aa a te Re it: VI. IX. XL. XIII. XIV. IX Seite 2 Wurzelkropf (Tafel OD) ...... RE RE NE te, BE . Aussehen und Verlauf der Kaankhieit N a PR 3 Dig Ausbromunen der Krankheit ou vu. 2 04. 20 2.0 2 nr ale nal 8 a: Mesbnistchuns der-Krankheit- N. 2.7. 2.02. 202 mu. 225 WER . Die Bekämpfung der Krankheit ... . . E v Rübenrost (Uromyces Betae Tul.) (Tafel xın ee A Lo 2 Smsschen. nnd Verlauf’ der Krankheit „+. „ui: 2. 2... 2.2.2. 0.9 2. Dre. Ausbreismerden Krankheit . 2. 2.0. n. Sem hen. * Die EnistehmnesderErankheip: van 2 BR NNIETI ER . Die Bekämpfung der Krankheit . .. . 95 a Blattfleekenkrankheit der Zuekerrübd N Doktenin. Saee.) (Tafeln: XIH und XIV). 22.72. a RES RE re 96 4. Aüssehen und Verlauf der Kedikkei DES EA FE ER ER FF 5; Sale Ausbpröianss der Krankheit) 1 2uu Ey an ar EEE. 798 = BierEiristehnmerder Krankheit. mn. ne, NR NIE . Die Bekämpfung der Krankheit . .. . 100 : De falsche Mehlthau oder die Kräuselkrankheit der Blätter ner die Herzblattkrankheit. (Peronospora Schachtii Fuckel) (Tatel XD) . . . 101 422 Aussehen und Verlauf der Krankkert. .. 4 2 9.7. 2 2 0 3 DIE AusDreitungzder Kraniceiti 1 Wr. un TEN EN 2408 3 DierBintstehnngsder Krankheit, u. 0. ni Ver AR se 5 108 4. Die Bekämpfung der Krankheit. . . . . 104 Die Blattbräune (Sporidesmium putr Gfaciens Packen. (Tafel xıv). 106 #7 Nassehens und, Verlaun der-Krankheib.%.. „2122 EV ra 406 24 Dies Ansbreituue, der Krankheil,e 2.9 un Es Blase ie ne 7.407 See Bintstehung. der Krankheit any 2 1.0. nn I 107 #4. Die Bekämpfung der Krankheit ..... ae N er Die Gelbfärbung der Zuckerrübenblätter (Tafel xv) a Re RAR 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit .....:..2.2.. 2830%.408 24 Die; Ausbreitung: der. Rrankheit Hua 2 N 2 NA % es Entstehung der Krankhertr. U: 2 1.3 an BER . Die Bekämpfung der Krankheit. . - . N EIER Die Weissblättrigkeit (Albicatio) der Zuukarzübe (Tatel x. ae Aussehen nnd" Verlauf’der Krankheit. > IA Nee Dips Ausreitung; der Krankheit .7.: 28 2a an ar IR I, AR 3=, DierRäifstehunsäders Krankheit .. .„ > „una mann Ener AR %. Die Bekämpfung der Krankbäit .. „0 3m 22. u ve kan en VAR Tafel I. Tafel I. Tafel II. Talecl. IV. Tafel V. Taftı VI Tafel VII Tafel VIII. Tafel IX. Tafel X. Tafel XI Tafel X. Tafel XIII. Tafel XIV. Tafel XV. Tafel XVI. Inhalts-Verzeichniss der Tafeln. Der Wurzelbrand. Rübe in Erholung begriffen; schwer erkrankt; im Absterben begriffen. Der Dauerwurzelbrand. Die Bacteriose oder Rübenschwanzfäule. Die Herz- und Trockenfäule. Die Herz- und Trockenfäule. Durchschnitt einer an Trockenfäule erkrankten Rübe. Durchschnitt einer an der Bacteriose oder Rübenschwanzfäule erkrankten Rübe. Der Rübenschort. Rübe schwach erkrankt; Rübe stärker erkrankt. Der Rübenschorf; Krankheit stark ausgebildet. Der Gürtelschort. Der Wurzeltödter der Rübe. Rübenkörper vollständig verjaucht; Krankheit am unteren Theil der Wurzel stark entwickelt. Der Wurzeltödter der Rübe. Krankheit in anderer Form auftretend; tretend. Der Wurzelkropf. Rübe mit 3 Kröpfen. Durchschnitt einer Wurzelkropfrübe. Wurzelkropf allein, 15 kg schwer. Der falsche Mehlthau oder die Kräuselkrankheit der Blätter (Peronospora Schachtii Fuckel). Der Rübenrost (Uromyces Betae Tul.). Die Blattfleckenkrankheit der Zuckerrübe (Cercospora beti- cola Sace.). Die Krankheit auf jungem Rübenblatt in Entwicklung begriffen. Die Krankheit in vollster Entwicklung. Die Blattbräune (Sporidesmium putrefaciens Fuckel). Die Blattfleckenkrankheit der Zuckerrübe (Cercospora beti- cola Sacc.). Rübenblatt vollständig abgestorben. Die Gelbfärbung der Zuckerrübenblätter. Die Weissblättrigkeit (Albicatio) der Zuckerrübe. Krankheit in milder Form auf- I. Der Wurzelbrand. (Tafel I.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Die Krankheit charakterisirt sich dadurch, dass die jungen Rüben- ptlänzchen vor der ersten Hacke und gegen die Zeit des Vereinzelns hin plötzlich ein kränkliches Aussehen annehmen. Die zarten Blättehen werden gelb und das Pflänzchen beginnt ersichtlich zu verfallen. Zieht man ein derartiges Pflänzchen vorsichtig aus dem Boden, so zeigt die Wurzel eine Einschnürung und eine schwarzbraune Färbung. Die Wurzel trocknet rasch ein und wird brüchig, so dass ein noch ziemlich mässiger Wind hinreicht, um die Blätter von der Wurzel zu trennen. Unter dem Mikroskop sieht man deutlich wahrnehmbare, bräunlich gefärbte Verletzungen der Wurzelrinde und bei weiter vorgeschrittener Krankheit eine vollständige Zersetzung und Zerstörung des Parenchymgewebes. Schliesslich bleiben bloss das mittlere Gefäss- bündel mit seinen diekeren Zellenwandungen und die untersten Wurzel- fasern erhalten. Befällt die Krankheit Rübenpflänzehen in ihrer ersten Entwicklung, so sind dieselben zumeist aussichtslos verloren. Tritt die Krankheit intensiv auf, so pflegt sie, wenn auch nicht alle, doch weitaus die meisten Pflanzen des Feldes zu ergreifen, so dass dem Landwirth nichts Anderes übrig bleibt, als die Rüben- pflänzchen einzuackern und zu einem zweiten und unter Umständen sogar zu einem dritten Anbau zu schreiten. Manchmal nützt auch der wiederholte Anbau nichts. Die Krankheit tritt immer wieder auf und vernichtet die Rübenpflänzchen, so dass eine vollständige Missernte resultirt. Zum Glück treten derart extreme Fälle doch seltener auf, und bilden nicht die Regel. Aeltere Pflanzen, namentlich wenn sie einmal das zweite Paar Blätter getrieben haben, sind, dank der Assi- milationskraft der Keimblättehen, doch im Stande, die Krankheit zu überwinden und sich auszuheilen. Allerdings ist der Heilungsprocess ein recht mühseliger und die Pflanzen stehen gegenüber den gesund ge- bliebenen erheblich an Grösse und Zuckergehalt zurück. Auf die Formen, welche die Rüben, die den Wurzelbrand überstanden haben, mitunter 1 einnehmen können, werde ich bei dem folgenden II. Hauptabschnitt „Der Dauerwurzelbrand“ zurückkommen. Manchmal, wenn nämlich nicht die ganze Wurzel von der Krankheit ergriffen ist, tritt dadurch Gesundung ein, dass die Rübe im Stande ist, Seitenwurzeln zu treiben. (Siehe Abbildung auf Tafel I.) Die Hauptwurzel geht zugrunde, die Rübe entwickelt sich mit ihren Seiten- wurzeln weiter und bei der Ernte findet man sellerieartige, gabelförmige Wurzeln und überhaupt Formen von ganz merkwürdiger Gestaltung. Bei heftigem Auftreten der Krankheit tritt selbstverständlieh ein be- dentender quantitativer und qualitativer Misserfolg ein und selbst bei einem günstigen Verlaufe der Krankheit bleiben zumeist namhafte Lücken auf dem Felde zurück, deren Nachbebauung nicht viel Erfolg hat, nachdem die jungen Pflänzchen zumeist wieder vom Wurzelbrand be- fallen werden und dann eingehen. Selbst in dem günstigen Falle, wo sich die Pflänzchen erholen, ist ihre weitere Entwicklung eine sehr langsame, und bei der Ernte der Ertrag zumeist ein geringer. Nicht unhäufig werden aber auch die schwachen Rübenpflanzen von den heranwachsenden gesunden Pflanzen unterdrückt. Zu der ganzen Calamität kommt noch der, jedem Rübenbauer bekannte Umstand, dass der Culturaufwand meist in umgekehrtem Verhältnisse zum Stande der Rüben steht, zumal beim Wurzelbrand, welcher, wenn einmal ausge- brochen, wie Frank ganz richtig bemerkt, überhaupt nur durch fleissiges Hacken, und da ganz unvollkommen, bekämpft werden kann. Die Krankheit tritt vorzugsweise um die Zeit des Verziehens auf und äussert sich, wie bereits hervorgehoben, in einem Schwinden der Wurzelsubstanz bis auf den mittelsten, schwarze Färbung an- nehmenden Getässstrang. Diese letzte Erscheinung hat der Krankheit auch noch die Bezeichnung „Schwarze Beine“, „Zwirn“ verschafft. Oberirdisch gibt sich der Wurzelbrand kund durch ein Umfallen des ganzen Pflänzchens, welches dann zugrunde geht. Zur allgemeinen Kenntniss des Verlaufes und der äusseren Merk- male der Krankheit ist es weiter von Interesse, die Mittheilungen und Ansichten noch einiger Forscher zu hören, infolge dessen dieselben mitgetheilt werden sollen. Nach Hollrung weisen die vollkommen erkrankten, wie auch die erst im Anfangsstadium des Wurzelbrandes befindlichen Pflanzen an der Stelle, woselbst der eigentliche Wurzelkörper und der hypokotyle Theil aneinanderstossen, eine Einschnürung der Würzelchen auf. Die- selbe ist bald kurz und tiefgehend, wie durch das Einschneiden eines Fadens hervorgerufen, bald erstreckt sie sich über eine Länge von '/, bis ®/, em und gleicht mehr einer durch Fingerdruck erzeugten Vertiefung. In der Mehrzahl der Fälle kann festgestellt werden, dass Se an derlei Druckstellen die eine Zersetzung andeutende Bräunung des Wurzelgewebes zuerst platzgreift, um von da offenbar sich über die benachbarten Partien auszudehnen. Im Uebrigen beginnt die Krankheit auf der Oberhaut der Rübe und dringt nach dem centralen Gefäss- bündel allmälig vor. Ein Beweis dafür liegt, wie Hollrung fand, in dem Umstande, dass mehrfach die subepidermoidalen Wurzeltheile noch vollkommen intact befunden wurden, währenddem die Oberhaut bereits in Zersetzung übergegangen war. Der erste Beginn des Wurzelbrandes lässt sich, wie Vaiha her- vorhebt, nicht recht erkennen; allem Anscheine nach stellt er sich bald nach der Keimung ein, oft auch früher, bevor die Rübe an die Oberfläche gelangt. Die junge Rübe bleibt im Wachsthum stecken und verliert allmälig ihr saftiges Grün. In diesem Stadium ist die Krankheit schon weit vorgeschritten. Bevor man äusserlich etwas merken kann. wird die Wurzel allmälig stellenweise weich, später bräunlich und wasserfaul, so dass an den befallenen Stellen das ganze parenchy- matische Zellgewebe der Wurzel schwindet; sie wird schwarz und trocken. Gleichzeitig gehen auch alle Seitenwurzeln verloren und es bleiben nur die centralen Gefässbündel übrig, welche noch den Transport der Nährstoffe vermitteln und, nachdem die Krankheit vorüber ist, zum Ausgangspunkt des weiteren Lebens werden. Ausserdem bleiben noch der Kopf und die Blätter erhalten. Die Infeetion erstreckt sich entweder auf die ganze Wurzel bis an den Kopf, so dass die Rübe schnurartig dünn, braun und trocken wird, oder es reicht die Krank- heit von unten bis zu einer gewissen Höhe, oder es können auch einzelne Partien erhalten bleiben. Ueberwindet die Rübe die Krankheit, so wächst sie üppig weiter und kann einen normalen Ertrag liefern. Häufig kommt es vor, dass die Rinde der jungen Rübe der ganzen Länge nach oder nur stellenweise zerreisst, und das immer noch ge- sunde Zellengewebe zu Tage tritt, ohne dass eine Fäulniss eintritt. Diese Erscheinung lässt sich dadurch erklären, dass die Infeetion sich nur auf das Rindengewebe beschränkt, welches infolge dessen im Wachsthum zurückbleibt, während das innere Gewebe normal weiter wächst und die Rinde zerreisst. Es ist zweifellos, dass die Krankheit bereits beginnen kann, wie Vanha auch hervorhebt, bevor das zarte Pflänzchen die Erde durchbrochen hat. Die ersteren äusserlich erkennbaren Zeichen des Wurzelbrandes bestehen darin, dass der hRübenkeimling anfangs glasig, dann bräunlich und endlich vor dem völligen Eintrocknen ganz dunkelbraun wird, bis das feine Würzelchen die Fadenform annimmt. Dieses Eintrocknen geht sehr rasch vor sich und dauert kaum zwei Tage. 1* 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Ausbreitung der Krankheit ist bis jetzt eine ganz bedeutende gewesen und der Schaden, den sie angerichtet hat, würde wohl, wenn sich dies ziffermässig ausdrücken liesse, ganz ungeheuere Summen er- geben. Für Oesterreich-Ungarn liegen leider keine bestimmten Zahlen vor, doch ist sicher, dass das Verbreitungsgebiet und die durch den Wurzelbrand angerichteten Verheerungen weit grössere sind als man vielfach glaubt. Frank berichtet aus eigener Anschauung, dass der im südöstlichen Mähren alljährlich verursachte Schaden ein sehr bedeu- tender ist, einnormaler Ertrag von 250 bis 300g pro Hektar durch das Auftreten des Wurzelbrandes auf 200 bis 150 9, ja selbst auch auf noch weniger einer minderwerthigen Rübe herabgedrückt wird, und es dort- selbst ausgedehnte Landstriche gibt, wo der Rübenbau durch die Krank- heit geradezu in Frage gestellt ist. Diese Beobachtungen Frank’s stammen aus dem Jahre 1894 und haben die Situation damals ganz richtig gekennzeichnet. Inzwischen haben sich die Verhältnisse doch an manchen Orten gebessert, wenn auch die Schäden immerhin noch bedeutend genug sind und die Landwirthe ausreichend Grund zur Klage haben. Im Jahre 1895 ist der Wurzelbrand in Preussisch-Schlesien an einzelnen Orten stark, bald unter gänzlichem Absterben der Pflänzehen, bald wieder unter Erholung derselben aufgetreten. Im Jahre 1896 war die Verbreitung eine ziemlich ausgedehnte, und im Jahre 1897 stieg der Schaden in Deutschland stellenweise bis zu 80%, ; auch in den folgen- den zwei Jahren waren die Klagen bedeutend, denn man beklagte an manchen Orten einen Schaden bis zu 75"/. Aus diesen wenigen statistischen Erhebungen, die aber die Sach- lage genügend kennzeichnen, ist zu ersehen, dass der Wurzelbrand mit Recht zu den gefährlichsten Rübenkrankheiten zu zählen ist. Er gehört aber auch zu den. weitverbreitetsten Krankheiten der Zucker- rübe, und alljährlich, wenn der Anbau dieser Pflanze beginnt, beginnen auch die Klagen. Es ist daher gerechtfertigt, wenn wir uns im folgenden. Capitel in eingehender Weise mit dieser Krankheit beschäftigen, wobei wir die sonst getrennt behandelten Capitel: „Ursache“ und „Bekämpfung“ ausnahmsweise in einem Abschnitt zusammenfassen wollen, damit die Einheitlichkeit der Darstellung gewahrt bleibt. Mit dem Wurzelbrand haben sich schon eine Anzahl von Jahren viele und hervorragende Forscher beschäftigt, mit dem Bemühen, dessen Entstehen und Ursache klarzulegen und Mittel zu seiner Bekämpfung anzugeben. Die Bekämpfungsmittel stehen nun vielfach in engem Zusammenhang mit der Ursache der Krankheit, so dass eine gesonderte Aa et Darstellung nicht immer klar wäre und zu unnützen Wiederholungen führen würde. Wenn es auch erscheinen möchte, als ob ältere An- sichten vor dem Forum der neueren oder neuesten Forschung nicht mehr bestehen könnten, so ist dies doch nicht immer der Fall. Gerade aus älteren Arbeiten lässt sich Manches ersehen und erlernen, und vielleicht findet der denkende Landwirth daraus Anhaltspunkte, die für einen vorliegenden bestimmten Fall nützlich verwerthet werden können, Daher erscheint mir eine gleichsam historische Entwick- lung der Ansichten über den Wurzelbrand sehr am Platz, weil daraus, wie bei keiner anderen Rübenkrankheit, zu ersehen ist, wie sehr diese Krankheit schon das Interesse der Wissenschaft und der Praxis erregt hat. 3. Die Ursache und die Bekämpfung der Krankheit. Der Wurzelbrand gehört unstreitig zu den am längsten bekanntesten Rübenkrankheiten, und man kann füglich behaupten, dass er schon so alt ist, wie der in verallgemeinerte Bahn en gelenkte Zuckerrübenbau selbst Bereits im Jahre 1834 spricht Dombasle davon, dass die Rübe in ihrer Jugend von einer Krankheit, „chaude pied“ (Wurzelbrand) genannt, er- griffen wird; bei warmer, feuchter Witterung stösst die Pflanze, wie dieser Forscher schon bezeichnend schreibt, die braune, zusammengeschrumpfte Wurzel ab und es bildet sich eine neue, dann oft gabelförmige oder missgestaltete Wurzel. Im Jahre 1836 wird der Wurzelbrand von Kirchhoffund im Jahre1839 von Hlubeck erwähnt. In den folgenden zwei Jahrzehnten habe ich aus der Literatur über den Wurzelbrand keine oder wenigstens keine bestimmten Angaben finden können. Ende der Fünfzigerjahre muss aber die Krankheit die Besorgniss der Zucker- fabrikanten in besonderem Masse erregt haben, denn sonst hätte man sich nicht mit derselben auf der Generalversammlung des Vereines für Rübenzuckerindustrie im Zollverein im Jahre 1858 beschäftigt. Ueber das Wesen der Krankheit hatten einzelne Theilnehmer keine rechte Vorstellung, während Andere das Auftreten ganz deutlich nur dort bemerkten, wo der Boden oberflächlich fest geworden war und nicht gelockert wurde. Nach der Auflockerung erholten sich die Pflanzen, daher „Heissiges Hacken zu empfehlen sei“. Man vermuthete aber schon damals, wie wir im Folgenden sehen werden, dass die physikalische - Beschaffenheit des Bodens die Ursache des Wurzelbrandes sei, eine Ansicht, die ganz modernes Gepräge trägt. Ein Jahr später gab Julius Kühn der Vermuthung Ausdruck, dass das Schwarzwerden der jungen Rübenwürzelchen auf thierische Verletzung zurückzuführen sei, und wurde von ihm speciell als Urheber des Wurzelbrandes der Frass des Moosknopfkäferchens (Atomaria linearis Stephn.) und auch der Tausend- . 7 6 sr füssler bezeichnet, eine Ansicht, die eine Reihe von Jahren die allein herrschende blieb und die man insoferne verallgemeinerte, als man auch den Frass anderer thierischer Schädlinge aus dem Insectenreiche für die Ursache des Wurzelbrandes verantwortlich machte. Daher kam es, dass man in den Siebzigerjahren zumeist das Moosknopfkäferchen mit dem Auftreten des Wurzelbrandes innig ver- knüpfte; allerdings treten auch — aber nur ganz vereinzelt — Gegner dieser Ansicht auf, die im Klima, in der stagnirenden Bodenfeuchtigkeit, in besonderer Bodenbeschaffenheit, in Düngerverhältnissen und sogar im Scheideschlamm der Zuckerfabriken als Meliorationsmittel die Ursachen der Krankheit suchten. Seit Beginn der Achtzigerjahre machte sich jedoch ein Umschwung in den Ansichten über die Ursache des Wurzelbrandes geltend, denn Hellriegel war es, welcher fand, dass sich der Wurzelbrand auch dann ausbildete, wenn das Moos- knopfkäferchen nicht zugegen war und dass die Krankheit in gewissen Fällen von den Rübenknäueln ausging. Hellriegel versuchte eine Desinficirung des Rübensamens mit verschiedenen Mitteln, von welchen die Carbolsäure den grössten Erfolg zeigte. Die Krankheit konnte dadurch gehemmt werden, doch war zu starke Concentration und zu lange Einwirkung zu vermeiden, damit keine Schädigung der Keim- kraft eintrat. Einen recht günstigen Erfolg zeigte ein 20stündiges Einweichen in eine 1%/%ige Carbolsäurelösung. Zu ungefähr derselben Zeit wie Hellriegel trat Karlson mit seinen Untersuchungen und Beobachtungen über die Ursache und die Bekämpfung des Wurzelbrandes hervor, indem er die Meinung vertrat, dass diese Krankheit wohl eine Pilzkrankheit sei, dass aber in erster Linie die Schwächlichkeit und Widerstandslosigkeit gewisser junger vübenpflänzchen, nämlich solcher, welche aus einem nur ungenügend ausgebildeten oder mit zu wenig Reservestoffen versehenen Samen hervorgegangen waren, der letzte Grund für den Eintritt des Wurzel- brandes ist. Dementsprechend glaubt er den Wurzelbrand durch Aus- schaltung aller, einen schwächlichen Rübensamen erzeugenden Fac- toren, wie Stecklingszucht, unvollkommene Reife der Samen, schlecht gedüngten Boden ete., bekämpfen und beseitigen zu können. Die para- sitischen Feinde muss man jedoch in den jüngsten Entwicklungs- stadien der Krankheit suchen, nachdem später das Bild vollkommen zerstört wird, infolge des Wachsthums der Pilze und der Zerstörung des Zellgewebes der Pflanze. Der Wurzelbrand trifft hauptsächlich schwache, an und für sich wenig lebensfähige Pflanzen und werden dieselben durch den Pilz vollständig vernichtet. Die allergefährlichste Periode der Pflanze ist immer die, wo sie noch allein auf Kosten der im Samen aufgespeicherten Stoffe lebt. Hat sie jedoch schon ihre N ah Keimblätter entwickelt, so besitzt sie, dank der Assimilation der letz- teren, die Möglichkeit, den Pilzen Widerstand leisten zu können. Kräftigere, an Nähr- und Bildungsstoffen reichere Samen leisten, trotz früher Erkrankung, kräftigen Widerstand, da sich in ihrem Gewebe die Pilze, dank dem stärkeren Gewebe, diekeren Zellenwandungen und überhaupt der im Allgemeinen grösseren Lebensenergie, nicht so rasch verbreiten können. Diese Thatsachen zwingen nach Karlson zu dem Schluss, dass der Pilz oder die Pilze, welehe den Wurzelbrand ver- ursachen, an und für sich schwach sind. In den vom Wurzelbrand genesenen Pflanzen sind keine Pilze mehr vorzufinden. Diese Thatsachen und ebenso das Vorfinden derselben Pilze im infieirten Keime oder auf der Oberfläche der Samenkapsel bestätigen die Voraussetzung, dass die Sporen aller dieser Pilze durch den Wind auf die Samen getragen werden. Was die Samendesinfeetion anbetrifft, so ist Karlson der Ansicht, dass von derselben, wenn auch nicht eine vollkommene Vernichtung der Krankheit, doch jedenfalls eine Verminderung zu erwarten sei, wenn auch nur für das betreffende Jahr. Rohe Carbolsäure und Kupfervitriol in Lösungen von 1 bis 2°/, ergaben durch Ueber- giessen des trockenen Samens nur zweifelhafte Resultate. Die Carbol- säure wirkte scheinbar schwächer als das Kupfervitriol, letzteres wirkte jedoch in 2°/igen Lösungen schon schädlich auf die Pflanzen ein. Erwiesen war aber, dass die Pilze in dem Stadium der Sporen nicht so leicht getödtet werden. Es erschien daher möglich, dass der Pilz leichter anzugreifen sei, wenn seine Sporen schon gekeimt haben oder im Keimen begriffen sind, und müsste dies durch Anweichen der Samen in Wasser leichter und rascher vor sich gehen. Es wurde deshalb der Samen mit Wasser angefeuchtet und drei Tage lang bei einer Temperatur von 14 bis 15° R. feucht gehalten. Dann wurden die Versuche durch Ueber- giessen der Samen mit 1 bis 2°/,igen Lösungen von Carbolsäure und 1 bis 2°/,igen Lösungen von Kupfervitriol eingeleitet. Die Lösungen wirkten auf die Samen 2 Stunden ein, hierauf wurden die Samen 5 bis 6 Stunden zum Abtrocknen ausgebreitet. Die mit 1 bis 2°/,iger Carbolsäure präparirten Samen keimten in unsterilisirter Erde sehr gut, auf den Keimaufschuss schien diese Desinfection entweder gar nicht oder nur sehr wenig gewirkt zu haben. Die mit 1°/,iger Kupfervitriollösung versetzten Samen gingen schon schlechter und ungleichmässiger auf und diejenigen Samen, die der Einwirkung einer 2°/ igen Kupfervitriollösung ausgesetzt waren, blieben augenscheinlich hinter den beiden anderen Versuchen zurück. Der Wurzelbrand war immer noch bei allen Culturen vorhanden, doch hatten die Desinfeetionen augenscheinlich stark auf seine Ver- minderung gewirkt. Am Schluss seiner Untersuchungen und gleichsam resumirend a rl kommt Karlson wieder darauf zurück, dass die Ursache und die verderbliche Wirkung des Wurzelbrandes auf die Rübeneultur in der foreirten Stecklingszucht, im Zusammenhange mit der ganzen Richtung der Sameneultur aus Stecklingen liege, welche Zuchtrichtung die natürlichen Bedürfnisse der Pflanze unberücksichtigt lasse und einzig und allein auf die möglichst billige Samenproduetion gerichtet sei. Dadurch wird die Pflanze geschwächt und verliert allmälig ihre natürliche Widerstandsfähigkeit gegen solche Parasiten, welche sie immer begleiten. Der Wurzelbrand ist überhaupt nicht eine Eigen- schaft dieser oder jener Samensorte, sondern nur der betreffenden Samenpartie, im Zusammenhange damit, wo dieselbe gewonnen wurde. Bei Anbauversuchen mit verschiedenen, für den betreffenden Boden am besten geeigneten Samensorten darf man sich nicht durch die Erscheinung des Wurzelbrandes bei den betreffenden Samen beirren lassen, denn der Wurzelbrand kann ebenso leicht und rasch in seine natürlichen Schranken, bis zur vollkommenen Unschädlichkeit zurück- geführt werden, wie man ihn der besten Cultur animpfen kann; doch kann solches nie auf dem Wege der Desinfeetion bewirkt werden. Eine Desinfeetion ist wohl im Stande, den Wurzelbrand theilweise beheben zu können, von einer vollkommenen Beseitigung kann jedoch keine Rede sein. Zu guten Samen kann man ohne besondere Gefahr starkwirksame Desinfeetionen anwenden, es werden aber vielfach hier überhaupt keine künstlichen Mittel nothwendig sein. Bei schlechten Samen helfen nur starke Mittel und diese bilden wieder eine zwei- schneidige Watte, da sie der Pflanze äusserst gefährlich werden. Der sicherste Weg zur Bekämpfung der Krankheit liegt in einer rationellen Cultur, indem man die natürlichen Bedürfnisse der Pflanze berück- sichtigt, durch deren Vernachlässigung man die Krankheit hervor- gerufen hat. So weit Karlson. Wie Hellriegel so ist auch Wimmer der Ansicht, dass der Wurzelbrand der jungen Rübenpflanzen durch eine Infeetion entstehen kann, welche von dem Samen selbst ausgeht, und dass die Krankheit durch Anwendung geeigneter Desinfeetionsmittel zu verhindern ist. Im Anfange der Krankheit lässt es sich ziemlich leicht entscheiden, ob Wurzelbrand oder eine Beschädigung durch Imseeten vorliegt; später ist dies schwierig, da in beiden Fällen die betreffenden Wurzel- theile völlig schwarz werden. Witterungsverhältnisse und Boden- verhältnisse können die Krankheit höchstwahrscheinlich fördern oder hemmen. Zur Desinfection des Samens hat Wimmer eine Reihe von Desinfeetionsmitteln versucht, und zwar Salieylsäure, Quecksilb er- chlorid, Chloroform, Kupfervitriol und Carbolsäure. Von allen diesen BEN Desinfeetionsmitteln genügte die Carbolsäure allen Ansprüchen. Am zweckmässigsten verwendet man die Sorte „Acidum carbolicum crudum. 100%, Pharm. Germ. II“, u. zw. 1%/,ige Lösung. Die Desinfeetion in Grossem wird wenig Schwierigkeiten bieten. Auf 1 Gewichtstheil Samen wendet man am besten 6 bis 8 Gewichtstheile Flüssigkeit, welche derart hergestellt wird, dass man 1 kg obiger Carbolsäure in 2 Wil Wasser löst, an. Mit dieser Menge kann man 30 kg Samen und noch mehr auf einmal desinficiren. Zum Zweck der Drilicultur wird der Samen nach dem Einweichen auf einer luftigen Tenne ete. dünn aus- gebreitet und öfters umgeschaufelt. Zu ganz anderen Ansichten betreffs der Ursache des Wurzel- brandes kam Holdefleiss. Derselbe konnte an durch Wurzelbrand befallenen Rüben weder thierische noch pflanzliche Parasiten nach- weisen und führt die Ursachen der Krankheit daher auf die Beschaffenheit des Bodens zurück. Derartige Böden ergeben in den meisten Fällen: 1. reichliche Mengen von Eisenoxydul, 2. eine ver- hältnissmässige Armuth an Kalk, 3. Neigung zum Verschlemmen und Verkrusten, 4. die Erscheinung, dass im Sommer, nach mehr- maligem Hacken, der Wurzelbrand ausheilte, doch aber ein niedriger Rübenertrag resultirte. Da nun die Bodenbeschaffenheit bei dem Auftreten des Wurzelbrandes eine bedentsame Rolle spielt, so ist es Holdefleiss durch entsprechende Massregeln gelungen, die Krankheit ganz oder zum grössten Theil zum Verschwinden zu bringen. Zur Verhütung des Wurzelbrandes empfiehlt er folgende Massregeln: 1. Möglichstes Offenhalten des Bodens; wenn auch nieht im beginnenden Frühjahr aufgeeggt werden kann, so ist doch im April, so bald gleichmässiges Wetter zu erwarten, der Acker so früh als möglich vorzubereiten, dann ist aber so früh als möglich mit dem Hacken der Rüben zu beginnen und dasselbe oft und intensiv zu wiederholen. 2. Ganz besonders ist aber eine kräftige Kalkdüngung förderlich. Vortheilhaft ist es, den Kalk zu den Vorfrüchten und nicht. direct zu den Rüben zu geben. Eine entsprechend kräftige Kalk- düngung (Holdefleiss spricht von 12 bis 15 Centnern per Morgen) hält bei rationeller Behandlung des Bodens eine Reihe von Jahren an, doch scheint nach 8 bis 10 Jahren eine Wiederholung des Kalkens noth- wendig zu sein. Holdefleiss hat, und dies muss hervorgehoben werden, speciell die Verhältnisse der Provinz Preussisch-Schlesien vor 10 Jahren und noch früher im Auge und eingehend studirt und seine Erfahrungen in folgen- den Schlusssätzen niedergelegt: 1. Wenn auch der Wurzelbrand der Rüben hin und wieder durch Parasiten hervorgerufen werden mag, so beruht sein Auftreten in Schlesien doch in den weitaus meisten Fällen aut AR ungünstigen chemischen und physikalischen Verhältnissen des Acker- bodens. 2. In vielen Fällen tritt der Wurzelbrand dort auf, wo auf dem Boden infolge Verschlemmens eine Kruste oder eine wasser- harte Decke entsteht. 3. Der krankhafte Zustand des Bodens, bei welchem der Wurzelbrand entsteht, wird in der Regel durch ein reichliches Vorhandensein von Eisenoxydul im Boden gekennzeichnet. 4. In vielen Fällen kann die Krankheit durch Offenhalten des Bodens mittels zeitigen, oft wiederholten Hackens verhütet werden. 5. Ganz besonders aber erweist sich reichliche Zufuhr von gebranntem Kalk als ein wirksames Vorbeugungsmittel. Nach Hollrung machte sich der Wurzelbrand im Jahre 1892 besonders bemerkbar und stand sein starkes Auftreten höchst wahr- scheinlich im directen Zusammenhange mit der verhältnissmässig niederen Temperatur, welche im Vereine mit dem trockenen Erdreich veranlasste, dass der Boden länger kalt blieb, als dies sonst der Fall sein mag. Auch Hollrung hebt hervor, dass der Wurzelbrand nicht immer an das Vorhandensein des Moosknopfkäferchens gebunden ist. Während die brandigen Wurzeltheile nie über die Erddecke hinausgreifen, reichen hingegen die Frassstellen des Moosknopfkäfers bis zu den Blattstielen hinauf. | Holdefleiss (siehe oben) weist später darauf hin, dass Rüben- breiten mit Wurzelbrand gerne verschlemmen und abbinden. Diese letztere Beobachtung wird auch durch Marek bestätigt, welcher in einem Falle die mechanische Beschaffenheit des betreffenden Bodens untersuchte und in demselben einen ungewöhnlich hohen Procensatz von Feinsand — 77'25°/, — fand, woraus zu entnehmen ist, dass der fragliche Acker an der Oberfläche rasch abschliesst. Hollrung hat nun Acker- erden, in welchen wurzelbrandige Rübenpflanzen standen, untersucht und in allen Fällen -— im Gegensatz zu Holdefleiss — die Abwesenheit von Eisenoxydul constatirt. Kalk war in dem wurzelbrandigen Boden bald mehr, bald weniger stark vorhanden, bald fehlte derselbe vollständig. In ein und derselben Wirthschaft befielder Wurzelbrand sowohl kalkarme, wie kalkreiche Böden. Auch die Marek’sche Ansicht konnte Hollrung bei der Untersuchung an wurzelbrändigen Böden der Provinz Sachsen nicht bestätigen. Wie Holdefleiss und Marek hat auch Zimmermann beobachtet, dass der Wurzelbrand namentlich dort auftritt, wo der Boden von Natur aus schon bindig ist und durch hinzukommende Schlagregen noch ınehr verdichtet wird. Als Gegenmittel empfiehlt er wöchentlich einmaliges tieferes Hacken während der Hauptbefallzeit. Wie erwähnt, so spricht Marek der Bodenart auf die Er- Ag krankung der Rübenpflanzen an Wurzelbrand eine Rolle zu, wenn- gleich er gleichzeitig offen lässt, ob nicht auch Pilze dabei mit im Spiele sind, da er durch Beizen der Rübenknäule gute Erfolge er- zielte. Für „gute“, nicht feinsandige Bodenarten hält Marek das einfache Beizen des Saatgutes, für feinsandige Böden das Beizen und Hacken als die geeignetsten Abhilfsmittel. Hollrung kommt nach seinen Untersuchungen im Jahre 1893 zu folgenden Schlüssen: Der Wurzelbrand ist eine Krankheit, welche in der Hauptsache nach vom Boden ausgeht. Er beruht auf einer Wachs- thumsstockung der jungen Rübenpflanzen, welche durch bestimmte physikalische, chemische und mechanische Verhältnisse des Bodens, wie zu grosser Kälte, Luftabschluss, Druck u. s, w. eingeleitet, und mehr oder weniger lange aufrecht erhalten wird. Die Kälte wird bedingt u. A. durch ungeeignete Höhenlage, Neigung gegen Norden und zu grossem Feuchtigkeitsgehalt. Luftabschluss kann die Folge des durch einen hohen Gehalt an Feinsand oder abschlemmbaren Bestandtheilen bedingten Verschlemmens und Verkrustens der Erddecke sein, unter Umständen auch durch eine zu hohe Wassercapacität des Bodens ver- ursacht werden. Mechanische Beeinträchtigungen, in einer gelegentlich bis auf das centrale Gefässbündel gehenden Einschnürung des jugend- lichen Wurzelkörpers bestehend, werden erzeugt durch das Abbinden des Bodens. Als Abhilfsmittel sind zu empfehlen: Fortgesetztes Düngen mit Aetzkalk oder Presskalk, sowie oftes und tiefes Hacken nebst Walzen der Pflänzchen bis zum Verziehen. Fälle, welche hiernach nicht behoben werden, bedürfen einer besonderen Untersuchung. Die genannten Gegenmittel sind rationell durchführbar, während z. B. die ausschliess- liche Verwendung von Mutterrübensamen in vollendeter Ausbildung, wie Karlson als Mittel zur Verhinderung des Wurzelbrandes anführt, praktisch nicht durchführbar ist. Ueber Bekämpfungsversuche des Wurzelbrandes lregen weiter sehr interessante Beobachtungen von Frank vor, die, nachdem sie durch einen erfahrenen Landwirth in genauester Weise vorgenommen wurden, einer ernsten Beachtung werth erscheinen und daher auch besonders hervorgehoben werden sollen. Die Bodenverhältnisse waren ähnliche, wie die von Holdefleiss und Hollrung dargestellten. Frank hat es durchwegs mit schweren Lehmböden zu thun, die zwar tiefgründig sind, aber undurchlässigen Untergrund besitzen. Auf den Höhen aus der Verwitterung des Karpathenkalksteines entstanden, mögen die sandigen Bestandtheile im Laufe der Zeit abgeschwemmt worden sein, so dass mehr oder weniger ein schwarzer Lehmboden zurückblieb. In den Niederungen durch Anschwemmung entstanden, enthält der Boden zwar einen ziemlichen Procentsatz von Sand und Humus, ist, nicht Be ee allzu grosser Nässe ausgesetzt, sehr productiv und zählt auch zu den besseren Bonitätsclassen des Hradischer Classifications-Distrietes (Süd- Mähren). Aber auch dieser Boden ist kalt und namentlich nach nicht zu fehlen pflegenden Gussregen zum Abbinden geneigt. Frank hatte nun mit dem Wurzelbrand in ausgedehntestem Masse zu kämpfen und zeigte die Krankheit oft ein ganz räthselhaftes Verhalten. Drainagen z.B. nützten gar nichts, ja die Drainestränge waren noch lange Zeit daran erkenntlich, dass die Rüben längs derselben besonders kränkelten. Ebenso oft kam es vor, dass unter der festgetretenen Anwand die üppigste Rübe wuchs, während das ganze übrige Feld ein Bild der Verheerung darbot, ohne dass sich daraus eine feste Regel hätte ab- leiten lassen. Mitten in den von der Krankheit heimgesuchteu Culturen fand man sehr häufig kleine Oasen mit fröhlichstem Pflanzenwuchs, oder einzelne üppige Rüben, ohne dass es möglich gewesen wäre, einen plausiblen Grund hiefür ausfindig zu machen. Frank begann nun seine Aufmerksamkeit der Beizung des Rübensamens zuzuwenden, nachdem ihm kleine Versuche mit Chlorkalk, Eisenvitriol und Kalk- milch gezeigt hatten, dass derartig gebeizte Samen im Grossen und (Ganzen eine viel gesundere Saat als der ungebeizte Same lieferten. Ferner gab ihm auch der Umstand zu denken, dass auf benachbarten Zuckerfabrikswirthschaften unter ähnlichen Bodenverhältnissen, wo der Wurzelbrand gleichfalls furchtbar gehaust hatte, dieser in dem Masse zu schwinden anfing, als man Saturationsschlamm (!) in grossen Mengen anzuwenden begann. Zu jener Zeit (1893) wurde die Samenbeize mit Carbolsäure bekannt und wurde die Desinfeetion in einem Jahre mit reiner 100% iger Carbolsäure in 0'5°/, iger Carbolsäurelösung und das nächste Jahr nach den Angaben Wimmer’s mit „Acidum carbolicum crudum 100°/, Pharm. Germ. II.“ vorgenommen. Gleichzeitig wurde im letzteren Jahre mit der Kalkung der Rübenfelder begonnen und kamen je nach der Beschaffenheit des Feldes 20 bis 50 q Kalkstaub pro Hektar zur Anwendung. Trotz ungünstiger Verhältnisse (abnorme Dürre bis in den Juni, Auftreten der Raupen der Noctua segetum, der Larve der Silpha atrata, des Drahtwurms und der Engerlinge) blieb die Rübenernte nur wenig hinter einer Durchschnittsernte normaler Jahre zurück und hatten sich die Rübenernten in den zwei Versuchs- jahren gegenüber dem Durchschnittsertrag der vorausgegangenen Jahre um volle 20%, gehoben. Die Kosten der Beizung stellten sich bei Anwendung roher Carbolsäure wie folgt: 1 kg kostete 42 kr., die Beize pro Hektar 70 kr., Taglohn 30 kr., daher insgesammt pro 1 ha 1fl. Bei einem grösseren - Quantum vermindert sich der Bedarf an Carbolsäure um zwei Drittel und die Kosten belaufen sich somit auf 54 kr. pro Hektar. N Die Gestehungskosten pro 1 ka Kalkung bei Verwendung von 50 q Kalkstaub stellten sich insgesammt auf 26 fl. Obwohl die Boden- verhältnisse auf Frank’s Gute solche waren, dass sie nach Holdefleiss und Hollrung den Wurzelbrand auch ohne das Vorhandensein von Parasiten hervorzubringen vermögen, hat sich das Wimmer’sche Beizungsverfahren gleichwohl entschieden bewährt und liegt daher der Schluss nahe, dass der Same von parasitischen Pilzen befallen gewesen sein musste. Die Krankheit wurde allerdings nicht voll- ‚kommen unterdrückt, aber doch so weit herabgemindert, dass die Er- zielung normaler Ernten wieder möglich wurde. Inwieweit aus den Er- fahrungen eines allerdings vollkommen abnormalen Jahres zu schliessen ist, wurde die Wirkung der Beize zwar durch die Kalkung des Feldes wesentlich erhöht, doch vermochte diese allein erstere nicht zu er- setzen. Eine vollständige Behebung der Krankheit erscheint nach Frank nur möglich, wenn neben der Beize sehr grosse Kalkmengen untergebracht werden. Nach vorgenommener Kalkung war eine schäd- liche Einwirkung des Chilisalpeters auf die Verkrustung des Bodens nicht wahrnehmbar. Selbstverständlich muss auch die künstliche Düngung eine kräftige sein, denn die Anwendung des Kalkes dient nur dazu, eine Verbesserung der physikalischen und chemischen Be- schaffenheit des Bodens herbeizuführen. Ich komme jetzt zu anderen Ansichten über die Ursachen des Wurzelbrandes, die theilweise schon länger bekannt sind, in ihrem weiteren Verlaufe aber zu Resultaten führten, die in der von mir im Grossen und Ganzen eingehaltenen chronologischen Darstellung jetzt ihren Platz einnehmen. Schon seit einer Reihe von Jahren ist bekannt, dass das Um- fallen der Keimpflanzen verschiedener Gewächse — eine Erscheinung, die man bei der Zuckerrübe als „Wurzelbrand“ auffasst und be- zeichnet — auch durch einen Pilz verursacht wird, den Lohde in wurzelbrandigen Rüben gefunden hat und der Pythium de Baryanum Hesse genannt wird. Dieser Pilz lebt nicht nur auf lebenden, sondern auch auf abgestorbenen, todten Pflanzentheilen und gelangt daher sehr leicht in den Ackerboden, wo er infolge seiner Lebensweise reichlich Gelegenheit findet, sich lebensfähig zu erhalten. Dies wird umsomehr der Fall sein, je mehr der Boden organische Stoffe enthält. Eine In- fection der jungen Rübenkeimpflanzen ist daher sehr leicht möglich, je mehr dieselben infolge verschiedener Umstände dazu geneigt sind. Der Pilz kann natürlich auch am Rübensamen selbst sitzen, wodurch eine Infeetion noch leichter gegeben erscheint. Nach den bisherigen Beobachtungen tritt diese Krankheitserscheinung am häufigsten in nassen Böden auf. Nach den Beobachtungen von Eidam sollder Wurzelbrand auch durch den Pilz Rhizoctonia violacea Fuckel verursacht werden, der die Rüben- keimlinge befällt. Dieser Pilz tritt abersonstnuran erwachsenen Rüben auf und werden wirunsmit demselben beim Hauptabschnitt VI:„Der Wurzel- tödter oder die Rothfäule der Rüben“ eingehend beschäftigen. Nach den Untersuchungen von Frank und Krüger gibt es aber auch einen specifischen Rübenpilz, Phoma Betae Frank, welcher nicht nur die Herz- und Trockenfäule der erwachsenen Rüben, sondern auch den Wurzelbrand verursacht, Nach dem häufigen Vorkommen ist dieser, Pilz, wie Frank der Meinung ist, als einer der Hauptveranlasser dieser Krankheit anzusehen. Mit den von dem Pilz befallenen und getödteten Theilen der Rübenpflanzen gelangen die Sporen des Pilzes in den Ackerboden, verbleiben hier längere Zeit keimfähig und werden erst dann wieder zur Keimung und zur Wiedererzeugung des Pilzes veranlasst, wenn sich die ihnen zusagende Nährpflanze wieder darbietet. Daraus ist nach Frank das von ihm so häufig beobachtete Auftreten des Wurzelbrandes gefunden, nachdem angenommen werden muss, dass die Keime von Phoma Betae, sowie diejenigen der anderen, den Wurzelbrand erzeugenden Pilze sehr verbreitet im Ackerboden sind und dass das junge Rübenpflänzchen ein den Angriffen dieses Pilzes be- sonders ausgesetztes Object ist. Der Pilz Phoma Betae kann nur mit dem Rübensamen eingeführt werden, nachdem Frank auf den Samen- knäueln die vollkommen ausgebildeten, sporenerfüllten Früchte des Pilzes, die sogenannten Pykniden, vorgefanden hat. Mit der Reife des Samens trocknen die Pykniden vorübergehend ein, ihre Sporen bleiben aber keimfähig; dieselben werden, sobald der. Same aus- gesäet ist, ausgestossen und bewirken dadurch die Infeetion der aus solchen Samen aufgehenden Keimpflänzchen. Nach Krüger ist bei dem durch Phoma Betae erzeugten Wurzelbrand zunächst wohl durch passende Desinfeetionsmittel Abhilfe zu erhoffen. Die Kupfer-Kalk- lösung entspricht nicht immer den gehegten Erwartungen und ist daher in ihren Wirkungen unsicher. Hingegen scheint aber in der Carbolsäure ein bestimmtes und sicher wirkendes Vernichtungsmittel vorzuliegen. Es ist wahrscheinlich schon eine 1°%/,ige Lösung, 15 Stunden angewendet, vollkommen hinreichend, um in den Phomasporen starke Schrumpfungen zu erzeugen, so dass eine spätere Keimung ausge- schlossen ist. Die auffallende Thatsache, dass eine durch inficirte Erde verdorbene Parcelle, deren Pflanzen sich vom Wurzelbrand, resp. Phoma ergriffen ausweisen, dennoch mitunter einen verhältnissmässig üppigen Stand der Rüben zeigen kann, erklärt sich nach Krüger auf folgende Weise: Nach vielfachen Beobachtungen sind auf einem solchen Felde nicht nur die umgefallenen Pflanzen von der Krankheit ergriffen, sondern auch, wiewohl in geringerem Grade, viele andere aus der Nachbarschaft, ohne dass man es ihnen äusserlich ansieht, Die ober- irdische Partie erscheint gesund, während der unmittelbar unter der ‚Erdoberfläche liegende Theil des hypokotylen Gliedes schon die charakteristische Bräunung zeigt. Durch Culturversuche liess sich Phoma nachweisen. Solche Pflanzen geben leicht zur Täuschung Ver- anlassung und erschweren jedenfalls die Beurtheilung in Bezug auf die Anzahl der erkrankten Pflanzen. Die im geringeren Grade er- krankten Pflanzen können sich unter Umständen wieder erholen, grösser und kräftiger werden, und spielen namentlich die Witterungs- verhältnisse für die Entwicklung des Pilzes eine grosse Rolle. Krüger erscheinen zur Bekämpfung der Krankheit eine passende Desinfection (siehe oben) neben starker, der Rübe besonders zusagender Düngung, um sie durch kräftige Entwicklung gegen äussere Einflüsse möglichst widerstandsfähig zu machen, die besten Gegenmittel zu sein. Bei Benützung des Scheideschlammes ist jedoch die grösste Vorsicht zu beachten, da dieser, besonders in feuchtem Zustande, direct die Entwicklung des Pilzes zu begünstigen scheint. Aus dieser Bemerkung Krüger’s ist zu entnehmen, wie sehr die Ursachen des Wurzelbrandes verschieden sein müssen und wie sehr diese Krankheit als — wenn man so sagen darf — von localen Ver- hältnissen abhängig zu betrachten ist. Aus den früher hervorgehobe- nen Mittheilungen Frank’s geht hervor, dass der Scheideschlamm vorbeugend wirkte und nach Krüger muss seine Anwendung mit Vor- sicht aufgenommen werden! Also zwei ganz entgegengesetzte Meinungen, die sich wahrlich nicht unter einen Hut bringen lassen. Es ist daher die in neuester Zeit geäusserte Anschauung ganz berechtigt, dass man es beim Wurzelbrand mit grosser Wahrscheinlich- keit mit verschiedenen Krankheiten mit gleichen Symptomen zu thun hat, welche durch verschiedene Ursachen hervorgerufen werden können. Ueber das Wesen dieser Krankheit ist die Forschung einig, nicht so aber über die Ursachen derselben. Mit den Anschauungen, die wir bis jetzt hervorgehoben haben, und die, wie zu ersehen war, recht verschiedener Natur sind, ist aber die Frage der Ursache des Wurzelbrandes noch lange nicht erschöpft, im Gegentheil, es treten weitere Anschauungen auf, die in ihren Resultaten ganz von einander abweichen und die Frage wesentlich complieiren, umso mehr als jeder Forscher die einzig richtige Lösung der Ursache der viel umstrittenen Krankheit endgiltig gefunden zu haben behauptet. Von diesen Ansichten nennen wir zuerst diejenige von Vanhha. Derselbe behauptet, dass die Ursache des Wurzelbrandes ein mikro- skopisch kleiner Wurm der Gattung Tylenchus (Bast.) ist. Die Grösse RAN dieses Wurmes varürt von 0'4 mm bis weit über 1 mm, die Breite ist etwa 002 mın. Die stachelige Mundbewaffnung macht ihn zum Schäd- ling, der nur parasitisch leben kann. Vahha gehört also zu denjenigen Forschern, welche wieder die thierischen Schädlinge als die Urheber des Wurzelbrandes ansehen. Zur Bekämpfung empfiehlt er eine starke Aetzkalkdüngung und gehöriges Austrocknen des Bodens neben einer aus- giebigen Düngung mit den drei wichtigsten Nährstoffen, insbesondere mit Stickstoff und Phosphorsäure oder mit gutem Stalldünger und Compostdünger. Die günstige Wirkung der Aetzkalkdüngung lässt sich dadurch erklären, dass der weiche Körper des Wurmes die Alkalität des Kalkes nicht verträgt. Der Kalk in gewöhnlicher Pulverform scheint zu diesem Zwecke besser zu sein, als der Saturationsschlamm, welcher sich im Boden nicht so fein vertheilen lässt und nicht so stark ätzend ist. Dass der Kalk an einigen Stellen nicht gewirkt hat, lässt sich da- durch erklären, dass der Boden entweder nicht genügend gedüngt war, oder dass die Rübe durch Trockenheit, z. B. an den Anstichfurchen, oder durch andere Umstände, zu schwach geblieben und leichter er- krankt ist. Auch Holzasche soll sich gut bewährt haben. Jensen greift wieder darauf zurück, dass ein Schmarotzerpilz, sehr wahrscheinlich Pythium de Baryanum, die Krankheit veran- lasst, dass derselbe in Samenknäueln überwintert, dass er von dort in die junge Pflanze eindringe, dass sich die Incubationszeit genau nach der Temperatur richte, dass der Krankheitserzeuger, nachdem er Theile von dem äusseren Zellengewebe des Wurzelkörpers zerstört hat, abermals in den Samenknäueln zum Vorschein komme und dass endlich die Krankheit bei diehtem Pflanzenstand in hohem Grade an- steckend von Pflanze zu Pflanze wirke. Jensen sieht die Bekämpfung der Krankheit in einer Des- infeetion des Rübensamens nach einer von ihm empfohlenen Methode. Dieselbe besteht darin, dass die zu präparirenden Rübenkerne vor- erst 6 Stunden in Wasser eingequellt werden. Hierauf wird das über- schüssige Wasser entfernt, die feuchte Rübensamenmasse an einem nicht zu trockenen Orte 10 bis 12 Stunden sich selbst überlassen; nach Ablauf dieser Zeit wird das Saatgut in heisses Wasser von 53'/° C. 5 Minuten lang in der Weise eingetaucht, dass die Knäuel nach 10 bis 15 Secunden langem erstmaligen Verbleiben in dem heissen Wasser herausgehoben und erst nach einer mehrere Seeunden währen- den Pause wieder eingetaucht werden und so fort. Die aus dem Warmwasserbade kommende Masse wird rasch mit kaltem Wasser abgekühlt und dann in dünner Schichte zum Trocknen ausgebreitet. Hollrung hat diese Methode einer eingehenden Prüfung unter- zogen und gefunden, dass die günstigen Keimungs- und Wachsthums- EAN ar verhältnisse, welche nach derselben resultiren, ausschliesslich der Ein- wirkung des kalten Wassers zuzuschreiben sind, welche letztere Wirkung übrigens schon lange bekannt ist. Während Vaäha die Ursache der Krankheit also in dem Wirken eines thierischen Feindes — aber nicht desMoosknopfkäferchens — sucht, Jensen dieselbe hingegen in einer pilzlichen Ansteckung glaubt, gelangt Hiltner zu ganz anderen Anschauungen. Derselbe ist wohl der Ansicht, dass Parasiten die Ursache des Wurzelbrandes sind, dass diese Parasiten aber keine thierischen Schädlinge, auch nicht Pilze sind, sondern Bacterien. Hiltner fand, dass in jeder Oberhautzelle der Wurzel, welche ein verkümmertes Haar trug, eine ganz bestimmte Bacterien- Stäbehenart anzutreffen war, welcher auch die schliessliche Zersetzung der jungen Rübenwurzel zugeschrieben werden muss. Fördert dagegen die physikalische Beschaffenheit des Bodens das Wachsthum derart kränkelnder Rübenpflänzehen, so können diese unter Umständen auch ausheilen, erstarken und weiter gedeihen. Hiltner ist schliesslich der Ansicht, dass die betreffende Bacterienart durch ein unzweckmässiges Ernteverfahren und ungenügendes Trocknen der Rübenknäule auf diesen zur Entwicklung gelangt. Stoklasa, auf dessen Anschauung über die Ursache des W urzel- brandes ich im Folgenden nech zurückkomme, hält Hiltner’s Hypo- these, betreffend der Entstehung des Wurzelbrandes, für nieht richtig, was Hiltner übrigens zurückgewiesen hat. Nach Stoklasa’s Beobach- tungen dringen Pilze und Bacterien in den gesunden Organismus der Zuckerrübe nicht ein (ausgenommen etwa die Rhizoctonien). Soll ein Parasit oder ein Pilz in das Gewebe des Zuckerrübenorganismus ein- dringen können, so muss nothwendigerweise eine Störung der „vitalen“ Thätigkeit in den lebenden Moleeülen und ein geschwächter normaler Assimilations- und Dissimilationsprocess vorangehen. Im Uebrigen steht aber Stoklasa nach seinen neueren Forschun- gen auch auf dem Standpunkte, dass Bacterien den Wurzelbrand zu erzeugen vermögen, nachdem er folgende Arten dazu für befähigt be- funden hat: Bacillus subtilis, B. liquefaciens, B. fluoreseens lique- faciens, B. mesentericus vulgatus und B. mycoides. Hiltner’s Ansicht scheint auch die Sorauer’s zu sein, wie aus einer Aeusserung desselben hervorgeht. Von den „Blätter für Zucker- rübenbau‘“ wurden nämlich statistische Erhebungen über die im Jahre 1893 aufgetretenen Krankheiten und Feinde der Zuckerrübe eingeleitet, deren Ergebnisse von Sorauer bearbeitet wurden. In Bezug auf den Wurzelbrand sind damals zahlreiche Klagen eingelaufen, doch sieht man diese Krankheit im Gegensatze zu der Herzfäule in ausge- sprochener Localisirung. Die überwiegende Anzahl der Beobachter 6) rn Dr sprach sich dahin aus, dass Kalkzufuhr den Wurzelbrand wesentlich vermindere, unter Umständen gänzlich unterdrücken könne. In einzelnen Fällen wurden der Moosknopfkäfer und die Larven einer Fliege (Drosophila funebris) als Schädiger erkannt. Ebenso konnten nur für bestimmte Fälle gewisse Mycelpilze, wie Leptosphaeria circans als die Ursache der Erscheinung bezeichnet werden. Es können aber auch andere Ursachen, d. h. weder Thiere noch Mycelpilze den Wurzeibrand hervorrufen und Sorauer hält diese Form für die typische und gefährlichste Art. Er glaubt, dass diese Krankheit parasitär ist und durch Bacterien hervorgerufen wird, denn solche finden sich stets an den jüngsten Krankheitsherden; ob man es mit einer allgemein ver- breiteten Baeterie zu thun hat, die nur durch für sie günstige Vege- tationsbedingungen zu aussergewöhnlicher Vermehrung gelangt, muss weiteren Untersuchungen anheim gestellt werden. Sorauer vermuthet den letzteren Fall. Wenn wir nun die Arbeiten, welche den Wurzelbrand betreffen, weiter verfolgen, so kommen wir wieder auf Aeusserungen Karlson’s, welcher, wie früher hervorgehoben, den sichersten Weg zur Bekämpfung des Wurzelbrandes in einer rationellen Cultur der Zuckerrübe sucht und auch auf diesem Standpunkte geblieben ist, den ihm seine Praxis in der Folge gelehrt hat. Wir haben gesehen, dass man der Desinfection des Rübensamens in den letzten Jahren grosse Aufmerksamkeit zuge- wendet hat und, wie wir weiter entwickeln werden, dies in neuester Zeit noch in weit erhöhterem Masse thut. Karlson steht jedoch in dieser Hinsicht, wie früher, auf einem theilweise ablehnenden Standpunkte, er bezeichnet diese Desinfeetion als „Strohhalm in der Noth“, denn Des- infeetionen können die Samen, die das Product schlechter, oft gera- dezu gewissenloser Cultur darstellen, nicht wieder gut machen; sie helfen bloss die Beweise und Anzeigen der liederlichen oder ge- wissenlosen Cultur zu verdecken und in dieser Hinsicht bringen sie dem Gesammtgedeihen der Industrie mehr Schaden als Nutzen. Mit gutem Erfolge hat aber Karlson trotz alledem zur Desinfec- tion eine 1 bis 2°/,ige Lösung von roher Carbolsäure auf Samen ver- wendet, die vorher im Laufe von drei Tagen bei einer Temperatur von 14 bis 15° R. mit Wasser eingeweicht waren. Eine 1 bis 2%/,ige Lösung von Kupfervitriol wirkte noch sicherer, obwohl sie nicht ganz frei von schädlichen Einflüssen auf das Keimen der Samen war. Bei einer einigermassen ordentlichen Samencultur darf es aber nach der Ansicht von Karlson zur Nothwendigkeit der Desinfection nicht kommen. Es handelt sich nur um gut ausgebildete, kräftige Eltern, gute Ernährung während der Samenperiode und um vollkommene Reife des Samens selbst. Auf diese Weise verfährt man in Russland und das Resultat LES aen Fe ee ist, dass man in diesem Lande den Wurzelbrand mehr vom Hörensagen kennt. Wirklich verheerend tritt er nur dort auf,wo man es mit fremdem Kaufsamen zu thun hat, der übrigens auch schon nach einer bis zwei Generationen vollkommen normale gesunde Nachkommen gibt. Stoklasa fand bei weiteren Untersuchungen die Ursache des Verderbens des Organismus der keimenden Pflanzen in folgenden Er- scheinungen: Ungünstige klimatische Verhältnisse, die Bildung der Kruste auf der Erdoberfläche und der undurchdringliche untere Theil des Bodens unterstützen ungemein die Prädisposition zu der allge- meinen Krankheit der keimenden Rüben. Ist während der stärkeren Entwicklung eine Versäuerung des Bodens eingetreten oder der Luft- zutritt auf die harten Krusten verhindert, so sterben die Keimpflanzen an Erstickung. Die von verschiedenen Forschern aufgestellte Behaup- tung, dass Pilze die direete Ursache des Wurzelbrandes sind, hält Stoklasa, wenigstens nach seiner früheren Anschauung, für nicht richtig und erklärt er das Auftreten dieser Lebewesen für eine secun- däre Erscheinung, eine Behauptung, für welche er übrigens keinen strieten Beweis erbracht hat. Das durch den sogenannten internen Brand hervorgerufene Schwarzwerden der Würzelchen ist nach Stoklasa’s Anschauung ein all- gemeiner pathologischer Process im Organismus der Pflanze. Durch „vitale“* Processe bei Entwicklung des Keimpflänzchens, wie sich Stoklasa ausdrückt, namentlich durch Entwicklung des Chlorophyll- organes und der Assimilationsthätigkeit bei Wirkung der strahlenden Energie, entsteht in den Keimpflänzchen die Oxalsäure, welche, grösstentheils als Kaliumoxalat gebunden, als lösliches Salz in den lebenden Zellen des Pflanzenorganismus cireulirt. Die löslichen Oxalate äussern eine tödtliche Macht auf das Karyoplasma und die Chloro- phyllkörner, demzufolge diese Organe in ihren physiologischen Fune- tionen erlahmen oder gänzlich absterben. Ist im Boden genügend Caleiumoxyd vorhanden, welches der endosmotischen Wirksamkeit der Wurzelhaare zugänglich ist, so entsteht unlösliches Calerumoxalat, welches bewirkt, dass die Bildung neuer Molecüle weiter fortschreitet, die Pflanze sich also erholt und gedeihlich fortwächst. Ist Salpeter- säure im Boden genügend oder in Ueberschuss vorhanden (bei inten- siver Chilisalpeterdüngung), dann entwickelt sich das Keimpflänzehen allerdings in lebhafter Weise, doch geht dabei eine Zunahme der Oxalsäure Hand in Hand, und zeigt in einem solchen Falle das Keim- pflänzchen bei ungenügendem Kalkzutritt im Boden eine grössere Neigung zum Wurzelbrand. Es können aber Fälle eintreten, wo selbst bei genügender Kalkmenge im Boden die Wurzelhaare die nöthige Energie verlieren, um Calciumoxyd assimiliren zu können; die DE 1 Ursachen hiefür smd mannigfaltiger Natur, und liegen vielfach auch in der Constitution des Bodens und seiner physikalischen Beschaffen- heit unter Mitwirkung klimatischer Verhältnisse. Wenn sich Stoklasa auch nicht bestimmt ausdrückt, so geht aber doch aus seinen unterschiedlichen Mittheilungen hervor, dass er in der Bodenqualität eine Ursache des Wurzelbrandes sieht und dass nebenbei auch die Düngungsverhältnisse eine Rolle spielen, also Ansichten, die mit denjenigen verschiedener anderer Forscher über- einstimmen. Die vielfach behauptete Ansicht, dass eine ungünstige Boden- beschaffenheit befördernd auf den Wurzelbrand wirkt, hat auch in neuerer Zeit Krawezynski durch Untersuchung einer grösseren Anzahl wurzelbrandiger Bodenproben bestätigt gefunden. Aus seinen Unter- suchungen geht hervor, ‚dass sich die wurzelbrandigen Böden durch einen hohen Gehalt an Feinsand auszeichnen (siehe Seite 10), sowie, das sie durch Kalkarmuth auffallend sind. Es dürfte sich jedenfalls nothwendig erweisen, derartig wurzelbrandige Böden zu kalken; dies wird aber allein nicht ausreichen, es muss auch eine mechanische Verbesserung des Bodens erstrebt werden und dies kann nach Krawezynski’s Meinung auch durch Aufbringen von Lehm und Anwendung grösserer Mengen Stall- dünger, sowie durch zeitiges und öfteres Behacken geschehen, um dem Zusammenschlemmen derartigen Bodens nach Möglichkeit zu begegnen. Bevor ich dieses Capitel schliesse, will ich noch einige praktische Beobachtungen hervorheben, die in den letzten Jahren gemacht wurden und die für die vorliegende Krankheit von Interesse sind. Hollrung hat in früheren Jahren die Phosphorsäuredüngung als vorbeugendes Mittel gegen die Wurzelbrandbildung genannt. Dies wurde von Janeba durch einen praktischen Feldversuch bestätigt. Die mit Phosphorsäure gedüngten Rüben gingen kräftig auf, auftretender Wurzelbrand wurde nach wenigen Tagen überwunden, die Rüben wuchsen freudig weiter und ergaben schliesslich eine Ernte von 240 Centnern per Morgen. Die nicht mit Superphosphat gedüngten Pflanzen gingen spät und kümmerlich auf und es blieben nur 20°, lebensfähig. Die Folge davon war auch die magere Ernte von nur 80 Centnern per Morgen. Es haben daher, wie Hollrung hervorhebt, alle die Landwirthe, deren Rüben mehr oder weniger regelmässig an Wurzelbrand zu leiden haben, in erster Linie zu untersuchen, ob der Kalkgehalt ihres Rübenbodens und die Menge der verabreichten Düngung mit wasser- löslicher Phosphorsäure ausreichend sind zur Sicherung eines freudigen Wachsthums der jungen Rüben bald nach deren Aufgang. Erst wenn trotz vermehrter Kalk- oder Phosphorsäurezufuhr der Wurzelbrand N: nicht schwindet, wird an die Heranziehung direeter Gegenmittel, wie z. B. an die Samenbeize, zu denken sein. Die Versuche Janeba’s, sowie die Ansichten Hollrung’s haben auch von Seite praktischer Landwirthe vielfach Bestätigung gefunden, nachdem von verschiedenen Seiten berichtet wird, dass durch eine entsprechende Zufuhr von Superphosphat, wie auch Aetzkalk, also durch Herstellung günstiger Wachsthumsbedingungen für die Rüben, der Wurzelbrand bekämpft werden konnte. Wie wenig es angeht, über ältere Mittheilungen und Ansichten achtlos hinwegzugehen, zeigen die Beobachtungen Hollrung’s aus dem Jahre 1897. In diesem Jahre machte nämlich der Wurzelbrand den Landwirthen sehr viel zu schaffen und bildete sich zu einer wahren Calamität heraus. Die Krankheit trat diesmal in zwei Formen auf, deren eine ausgesprochenermassen durch das Moosknopf- käferchen (Atomaria linearis) hervorgerufen wurde, während die zweite eine unverkennbare Folge ungeeigneter Bodenverhältnisse bildete. Das Moosknopfkäferchen wurde in einer selten zu beobachtenden Massigkeit gefunden. Vor Allem hatten zeitig bestellte Rüben unter der Krankheit zu leiden. Vielfach gelang es mit Hilfe fortgesetzter Kalkdüngungen, besonders solcher von Scheide- schlamm (!), den Wurzelbrand zu bannen. Zum Schluss endlich, und damit -seien die über die Ursachen des Wurzelbrandes geäusserten Ansichten und Meinungen geschlossen, will ich noch zur Vervollständigung des Capitels darauf hinweisen, dass in jüngster Zeit Kudelka, im Uebereinstimmung mit früher geäusserten Ansichten, in der zweckmässigen Anwendung der künstlichen Dünge- mittel einen Schutz gegen den Wurzelbrand erkennt. Er hat ge- funden, dass die Phosphorsäure, die bis jetzt allgemein zu Rüben in Form von Superphosphat, u. zw. breitwürfig zur Anwendung kommt, nicht nur einen Mehrertrag hervorruft, sondern auch reifebeschleuni- gend und infolge dessen auch erhöhend auf den Zuckergehalt der Rüben wirkt. Diese Wirkung komme bei der Reihensaat viel deut- licher zur Geltung als bei der bis jetzt üblichen Breitsaat, und die Anwendung von Superphosphat, insbesondere in Reihensaat, sei daher das beste Mittel gegen den Wurzelbrand. Wir haben also gesehen, ohne in dieser Zusammenstellung auf Vollständigkeit Anspruch machen zu wollen, dass die Ursachen des Wurzelbrandes sehr verschiedener Natur sein können. Ja, das Wort „Wurzelbrand“ lässt überhaupt verschiedenartige Deutungen zu, nach- dem die verschiedenartigsten Krankheitsformen, deren Auseinander- haltung nur dem Specialforscher möglich ist, in dieses Wort ein- begriffen werden. Der Wurzelbrand, also die Krankheit der Rübenwurzel in ihrem ersten Entwicklungsstadium, kann als keine einheitliche Erkrankungsform bezeichnet werden, es spielen hier die verschiedensten Factoren eine gewichtige Rolle, die auf den Charakter der Krankheit einen Einfluss ausüben, so dass Hollrung mit vollem Rechte das Wort „Wurzelbrand“ nur als Sammel- namen bezeichnet. Nachdem nun die Ursachen dieser Krankheit sehr wechselnde sind, so wird auch die Bekämpfung eine sehr wechselnde sein müssen, wodureh sie naturgemäss bedeutend erschwert wird. Auf eine Reihe von Bekämpfungsmassregeln wurde bereits im Vor- stehenden hingewiesen und des Ferneren auch hervorgehoben, dass man schon vor einigen Jahren von verschiedenen Seiten die Desinfeetion des Rübensamens besonders im Auge hatte. Die Frage der Infeetion des Rübensamens durch pflanzliche Parasiten steht jetzt aber im Vorder- grunde des wissenschaftlichen und praktischen Interesses und wird in der verschiedensten Weise discutirt, so dass noch einige Worte angebracht erscheinen. Diese Frage der Pilzinfecetion hat auch, seitdem wir wissen, welche Rolle gewisse Pilze für das Auftreten bestimmter Krankheiten spielen, für den Landwirth ein grosses Interesse. Es ist daher ganz berechtigt, wenn der Landwirth gesundes Saatgut verlangt oder aber sein Bestreben darauf richtet, den Samen in bestimmter Weise zu des- infieiren, um ihn gegen gewisse Pilze und Keime widerstandsfähig zu machen. Die Frage, ob es berechtigt ist, die Rübensamencontrole auch auf die Untersuchung bestimmter Mikroorganismen auszudehnen und daraus verschiedene Normen abzuleiten, will ich hier nicht er- örtern, nachdem diese Frage, die in letzterer Zeit viel Staub aufge- wirbelt hat, nicht Gegenstand meiner Erörterungen sein kann. Die Samenbeizung — hauptsächlich gegen den Wurzelbrand — wurde in der verschiedensten Weise versucht und liegt diesbezüglich eine Reihe von Vorschlägen vor. Ferner versuchte man auch durch einige Verfahren die Keimungsenergie der Rübenkeime zu steigern, um dadurch ein schnelleres Auflaufen der Keimlinge zu bewirken. Wie aus den früheren Erörterungen hervorgeht, so wurde die Anwendung der Carbolsäure als Beizmittel gegen den Wurzelbrand zuerst von Hellriegelund Wimmer vorgeschlagen. Nach Hellriegel bewährte sich 20stündiges Einweichen in eine 1%,ige Carbolsäure am besten, nur war die Keimungsenergie etwas geschwächt. Wimmer hat durch 20stündiges Einweichen der Knäule in Y, bis 1%ige Salieyl- säure nur eine theilweise Wirkung erzielt. Sublimat blieb wirkungs- los; ein 20stündiges Einweichen in Chloroform verhinderte die Keimung fast vollständig, während bei kurzer Einwirkung der Erfolg ungenügend ER war. Kupfervitriol wirkte nur mangelhaft, günstiger wirkte Pearson- sches Creolin. Allen Ansprüchen genügte aber die Carbolsäure. Als die geeignetste Lösung erscheint die Concentration von 1%, bei 20Ostündiger Einwirkungsdauer auf die Knäule. Krüger erklärt zur Beizung der Rübenknäule gegen Phoma Betae 1°/,ige Carbolsäure für wirksamer als 2%%ige Kupferkalklösung. Hollrung erzielte dagegen vor Jahren durch das Imprägniren der Samen mit einer Lösung von Bittersalz und Carbolsäure in Wasser, bezw. einer %,°/,igen reinen Carbolsäure, nicht den geringsten Erfolg. Karlson hat zur Desinfecetion Kupfervitriol empfohlen, doch wirkte eine 2°/ige Kupfervitriollösung auf die sich entwickelnden Pflanzen selbst schädlich, während die Pilzsporen ihre Keimfähigkeit nicht verloren hatten. Leichter gelingt es, den Pilz durch rohe Carbolsäure oder Kupfervitriollösung zu tödten, wenn seine Sporen bereits gekeimt sind. Knäule, die drei Tage lang bei 14 bis 15° R. feucht gehalten waren (siehe oben), alsdann mit roher Carbolsäure, bezw. 1 bis 2%/,iger Kupfervitriollösung übergossen und nach zwei Stunden zum Trocknen ausgebreitet wurden, zeigten bei der Keimung eine Verminderung des Wurzelbrandes. Nach Frank kann man sogar 20 Stunden lang die Rilbensamen mit einer 1°%/,igen Carbolsäurelösung oder einer 1 bis 2%/,igen Kupfer- vitriollösung, oder statt derer mit Bordolaiserbrühe anmachen, worauf dann die Samen wieder abgewaschen werden, ohne dass sich die Keim- fähigkeit merklich vermindert, nur wird bei Carbolsäure leicht die Keimung um einige Tage verlangsamt. Man erzielt aber damit ein sehr gutes und üppiges Auflaufen der Rübenkerne und oft eine be- deutende Verminderung, freilich nicht immer eine vollständige Ver- hütung des Wurzelbrandes, weil eben der Ackerboden selbst schon die betreffenden Pilzkeime enthält. Girard hat gezeigt, dass die Behandlung der Rübenpflanzen mit Kupfersalzen zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten von keinen schäd- liehen Wirkungen auf den Zuckergehalt begleitet ist, denn er fand folgende Zahlen: Unbehandelte Parcellen Kupferparcellen 520 Pfund Rüben 520 Pfund Rüben 14'15°/% Zucker 15:14°/, Zucker. Der Rübenertrag war also derselbe und die mit Kupfersalzen behandelten Rüben wiesen einen ganz beträchtlich höheren Zucker- gehalt gegenüber den nicht behandelten Rüben auf. Bemerkenswerth weiter ist, dass in der Asche der Rüben von den Kupferparcellen kein Kupfer nachgewiesen werden konnte. | [x} He» | Nach Flemming genügen zum Einbeizen des Rübensamens 125 7 4°/,ige Kupfervitriolkalkbrühe pro Centner. Eine Schädigung der Keimkraft trat nicht ein. Die Urtheile über die ‚Wirkung der Carbolsäure, bezw. Kupfer- vitriolkalkbeize lauteten anfangs nicht durchwegs übereinstimmend; ob die beiden Mittel auf alle Organismen, welche den Wurzelbrand erzeugen können, tödtlich wirken, bleibt durchaus zweifelhaft, da z. B. keine Versuche über die Frage vorliegen, wie sich Kupfervitriolkalk- brühe gegen die Bacterien der Rübenknäule verhält. Gegen die beiden Beizmethoden wird auch geltend gemacht, dass ihre Anwendung nicht billig ist. Die Carbolsäure drückt überdies die Keimungsenergie herab, ein unter Umständen bedenklicher Umstand, denn es können dann die aus derart gebeizten Samen hervorgehenden Pflänzchen infolge ihres langsamen Auflaufens durch die Erreger des Wurzelbrandes oder sonstiger Schädiger der jungen Rübenpflanze im Boden mehr geschä- digt werden, als ungebeizt gebliebene. Je schneller aber das Rüben- pflänzchen aufläuft, umso mehr wird es den pflanzlichen Feinden entwachsen. Tetrev bereitet 1 bis 10%,ige Kupfervitriollösungen und 5 bis 30%,ige Chilisalpeterlösungen (je nach örtlichen Verhältnissen) und mischt dieselben zusammen. In das Gemisch wird der Same einge- schüttet, mit der Hand oder mittels Mischmaschine tüchtig durch- gemischt, dann auf ein Sieb gebracht, damit die Flüssigkeit abtropft, und hierauf an der Luft oder künstlich getrocknet. (Patentirt in Oesterreich.) Zur Beschleunigung des Auflaufens der Rüben dient das gleich- falls patentirte Baranowski’sche Keimverfahren, welches auf der Beschleunigung des Keimens durch die Wärme von fermentirendem Dünger beruht. Ein viereckiger Kasten mit schiefen Wänden („Vulcan“ genannt) wird in eine passende Erdvertiefung versenkt und die Höhlung genau mit Pferdedünger angefüllt, den man mit einer dünnen Schichte Stroh bedeckt. Der in die Erde versenkte Rahmen wird mit einem zweiten Deckel, der „Krone“, überdeckt, welche einen Leinwandboden besitzt. Die Samen weicht man vor ihrer Verwendung durch 20 Stunden im Wasser von 30°C. ein. Nach dem Abtrocknen werden sie derart auf die Krone geschüttet, dass auf eine % cm hohe Schichte Sand eine 1'/, em hohe Lage von Samenkörnern zu liegen kommt, welche wieder mit einer Schichte Sand bedeckt werden. Die im „Vulcan“ sich ent- wickelnden Gase durchdringen die Leinwand und befördern die Keimkraft. — Dieses Verfahren wurde von mehreren Seiten geprüft und sind die Versuche nicht ungünstig ausgefallen, nachdem das Ver- fahren thatsächlich eine rasche und kräftige Entwicklung der Pflanzen NONE herbeigeführt haben soll, u. zw. auch unter den ungünstigsten Feuchtigkeitsverhältnissen. Zaleski hat aber gefunden, dass aus den so behandelten Knäueln mehr Wurzelbrandpflanzen hervorgehen sollen, als aus den unbehandelt gebliebenen, doch sollen jedoch die Pflanzen aus den vorgekeimten Samen die Krankheit infolge ihrer kräftigen Entwicklung am raschesten und leichtesten überwinden. Auf das Warmwasserverfahren von Jensen wurde bereits hingewiesen (siehe Seite 16) und auch auf die von Hollrung durch- geführten Prüfungsversuche, welche übrigens nach den Unter- suchungen dieses Forschers in letzter Zeit dahin gipfeln, dass der Methode jede Zukunft abzusprechen ist. Die gleichfalls patentirte Beizmethode von Wägener beruht auf einer Behandlung der Rübenkerne bei einer gleichmässigen Tem- peratur von 48° C. 4Abis5 Tage lang mit Wasserdampf und schwefeliger Säure und hierauf bei 40° C. mit Chlorgas. Die Behandlung wird in einem besonderen Apparate vorgenommen und sollen die in erwärmtem Zustande diesen Apparat verlassenden Kerne sehr schnell trocknen und eine erhöhte Keimungsenergie besitzen. In Deutschland arbeitet eine besondere Rübensamenbeizanstalt in Quedlinburg nach diesem Ver- fahren, welchem man übrigens anfangs kühl gegenüberstand und es nicht günstig beurtheilte. Hollrung hat dieses Verfahren geprüft und nach Versuchen in letzter Zeit gefunden, dass das Chlor einen nachtheiligen Einfluss auf die Keimfähigkeit des Samens nicht ausübt. Bei der Be- handlung mit Dämpfen der schwefeligen Säure lag das Verhältniss ein wenig ungünstiger. Die Wirkung des Wasserdampfes ergab eine Steige- rung der Keimkraft. Immerhin hat aber Hollrung die Rübensamen einer Firma, welche ihr Material nach der Wägener’schen Methode beizte, für nicht vollkommen frei von fremden Organismen gefunden. Ein sehr günstiges Resultat lieferte aber dieses Verfahren bei der Prä- parirung eines vier Jahre alten Samens, bei welchem es gelang, die Keim- kraft bedeutend zu heben. Das Verfahren bildet sonach ein Mittel, alten Samen wieder vollständig jugendlich zu machen, was aber unter Umständen doch recht bedenklich werden kann, und Wege eröffnet, die nicht in den Bahnen eines rationellen Rübensamenhandels liegen. Nach den Untersuchungen Hollrung's steht fest, dass derart gebeizte Samen noch fremde Organismen enthalten können, und wäre es daher verfehlt, diesen Samen ein grösseres Vertrauen entgegenzubringen. Die Enttäuschungen möchten vielleicht ganz unangenehmer Natur sein. Hiltner hat nun die vorliegende Frage in anderer Richtung zu lösen versucht, u.zw. von der Erwägung ausgehend, dass die Rüben- samen, oder, besser gesagt, die Rübenknäule, in mehr oder minder hohem Grade an einer Eigenschaft leiden, welche auffallend an die DE Ru Hartschaligkeit der Leguminosensamen erinnert. Jedes Verfahren, durch welches in praktisch nutzbarer Weise die Keimkraft der Rüben- samen erhöht werden soll, muss darauf berechnet sein, die Hart- schaligkeit zu beseitigen. Ein Mittel, welches nun der Hartschaligkeit der Rübensamen begegnet, fand Hiltner in der concentrirten Schwefel- säure. Dieselbe übt keinen schädlichen Einfluss auf die Rübensamen aus, dagegen hatte die Keimungsenergie der gebeizten Samen in allen Fällen eine bedeutende Erhöhung erfahren und meist war auch die Keimkraft mehr oder minder gestiegen. Nach dem Hiltner’schen Verfahren genügt es, die Rübenknäule mit concentrirter Schwefelsäure zu benetzen. Um möglichst wenig Säure zu gebrauchen, wird man für grössere Mengen von Rüben- knäulen diese Benetzung zweckmässig mittels eines Rührwerkes oder einer Centrifuge vornehmen und reicht man dann pro Centner mit 10%g Säure vollständig aus. Nach der Beizung entfernt man den grössten Theil der Säure dureh den kräftigen Strahl einer Wasser- leitung, übergiesst sodann die Rübenkerne, um die letzten Spuren der Säure zu entfernen, mit Kalkmilch, u. zw. so viel, dass neutrales Lackmuspapier gebläut wird. Die Kalkmilch lässt man ein bis zwei Stunden einwirken und entfernt sie dann wieder durch Wasser. Nach der Operation sind die Knäule geschwärzt und vollkommen glatt, nachdem alle äusserlich anhaftenden Theile, wie Kelehblätter und dergleichen, welche die Erreger des Wurzelbrandes beherbergen, voll- ständig von der Säure zerstört sind. Die mit Schwefelsäure behandelten Knäule lassen sich ausserordentlich leicht trocknen. Der durch die Umsetzung der Kalkmilch mit Schwefelsäure entstehende Gips setzt sich in den Ritzen der Knäule ziemlich fest und ist selbstverständlich vollkommen unschädlich, da man schon in früheren Jahren wiederholt vorschlug, die Rübenknäule vor der Aussaat zu gipsen. Hollrung hat auch das Beizverfahren von Hiltner geprüft und damit sehr günstige Erfolge erzielt. Wenn auch dieses Verfahren in seiner jetzigen Form für die Praxis noch Schwierigkeiten hat, so wird es sich doch mit Abänderungen einführen lassen, schon darum, weil durch dasselbe die Keimkraft ganz gewaltig gesteigert wird. Hollrung brauchte auf ein Kilo Rübensamen 780 9 Schwefelsäure und ist er der Ansicht, dass zur Erreichung desselben Effeetes auch die gewöhnliche Schwefelsäure, von der ein Ballon 1:50 Mk. kostet, ge- nügen werde. Dadurch würde die Benützung erleichtert sein, und könnte man schon nach fünf Minuten wieder neutralisiren. Immerhin ist aber, meiner Meinung nach, die Verwendung der Schwefelsäure in concentrirtem Zustande oder als Kammersäure, für den praktischen I (zebrauch nicht so einfach und gefahrlos, so dass der Anwendung des Verfahrens verschiedene praktische Hindernisse entgegenstehen. Linhart fand an und in dem Rübensamen eine Reihe pflanzlicher Feinde, u. zw. am häufigsten Bacterien (Bacillus myceoides Flügge) und Phoma Betae Frank, weniger häufig Pythium de Baryanum Hesse, Fusarium beticola Frank, Cercospora beticola Sacc. und Sporidesmium putrefaciens Fuckel. Die Keime dieser Parasiten be- finden sich in der Form von Bacterien, Sporen und Mycelien, sowohl an der Oberfläche als auch im Innern der Knäule, meist in der äusseren Gewebepartie derselben, die durch die weitere Entwicklung der Blüthenhülle (Perigon) entstanden ist. Doch dringen diese Keime nicht selten auch in den braun gefärbten, harten Theil (Carpium) des Knäuels, mitunter sogar in den in der Fruchthöhle liegenden Samen ein und inficiren die Samentheile (Testa) und den Keimling (Embryo). Damit glaubt Linhart es als klar hinzustellen, dass obige Parasiten mit dem Samen verschleppt werden können und dadurch in den Boden gelangen. Die Vernichtung dieser Schädlinge ist daher geboten. Linhart hat ebenfalls das Hiltner’sche Verfahren geprüft und damit recht günstige Erfahrungen erzielt. Durch dieses Verfahren werden aber jene Keime der Schädlinge, die im harten Theil des Knäuels sitzen, nicht getödtet, und dadurch ist es erklärlich, dass es auch bei diesem energisch wirkenden Beizverfahren kranke Knäule, resp. Keime, geben kann. Linhart hat nun ein Verfahren erprobt, um die Keime der an und in den Rübenknäulen vorkommenden Schädlinge zu beseitigen, resp. zu tödten, ohne dem Rübenkeimling zu schaden, und besteht dieses Ver- fahren in Folgendem: Der für krank befundene Rübensame wird ge- schält, d. h. das lockere Gewebe des Knäuels bis zum steinharten (rewebe desselben entfernt; hiemit werden nur die an und in diesem Theile des Knäuels befindlichen Keime des Parasiten entfernt. Der geschälte Rübensamen wird dann in einer 2%, igen Kupfervitriollösung circa 20 Stunden lang gebeizt, damit die anhaftenden Keime der Parasiten getödtet werden, wobei die Keimfähigkeit des Rübensamens nicht im Mindesten leidet; im Gegentheil, sowohl die Keimungs- energie als auch die absolute Keimfähigkeit werden dadurch nur ge- hoben. Nur in dem Falle, wenn die Keime der Parasiten schon in das harte Gewebe des Knäuels eingedrungen sind, hilft auch dieses Ver- fahren nicht mehr. Das Linhart’sche Verfahren mag ja befriedigend wirken, aber die Ausführung ist dermalen in der Praxis unmöglich; Linhart selbst meint, dass zur Schälung des Rübensamens erst eine zweckentsprechende Schälmasehine construirt werden müsste. Das ist wohl leichter gesagt als gethan, so dass dieses Verfahren einstweilen nur als ein Vorschlag zu bezeichnen ist. In jüngster Zeit beschäftigten sich Wilfarth und Wimmer in ein- gehender Weise mit der Bekämpfung des Wurzelbrandes durch Samen- beizung und greifen hiebei auf die schon seinerzeit von Hellriegel und Wimmer empfohlene Anwendung der Carbolsäure zurück. Es wurde, wie bereits hervorgehoben, durch 20stündiges Behandeln des Rüben- samens mit 1°/,iger Carbolsäure der Wurzelbrand in allen Fällen sicher beseitigt, doch beeinträchtigte die 1% ige Carbolsäure etwasdie Keimungs- energie, so dass die damit behandelten Samen stets mindestens ein bis zwei Tage später aufliefen, als die übrigen. Dieser Uebelstand wurde durch Anwendung von '/,/,iger Carbolsäure, wie auch schon früher hervor- gehoben wurde, gänzlich vermieden. Auch durch diese Beizung wird der Wurzelbrand fast ganz beseitigt und Keimkraft und Keimungs- energie werden nicht im- Geringsten geschädigt, ja vielleicht sogar noch gefördert. Die Vorbedingung für die Wirkung der Desinfection ist die Anwendung geeigneter Carbolsäure, und gerade in diesem Punkte ist vielfach gesündigt worden. Die verwendete Carbolsäure muss völlig oder nahezu völlig in Wasser löslich sein, unter keinen Umständen darf ein geringer etwa zurückbleibender Rückstand aus braunen oder schwarzen ölartigen Tropfen sich vorfinden, denn dadurch wird erstens die Concentration der Lösung geändert und dann zweitens verhindern solche Rückstände, wo sie sich festsetzen, die Keimung überhaupt oder bringen die hervorbrechenden jungen Keime sofort zum Absterben. Die von Wilfarth und Wimmer verwendete, fast ganz lösliche Sorte kommt im Handel als Acidum carbolieum erudum liquid. 100°/, vor. Ferner ist auf das Trocknen des gebeizten Saatgutes zu achten. So lange nicht Apparate existiren, die das Trocknen im Grossen ermög- lichen, benütze man am besten künstliche Wärme nicht. Werden die Samen an einem luftigen, nicht zu kühlen Orte in dünner Schicht aus- gebreitet, wiederholt umgeharkt oder umgeschaufelt, so trocknen sie in so kurzer Zeit, dass eine Keimung nicht erfolgt. Bei ungünstiger Bodenbeschaffenheit kann allerdings eine Desinfection erfolglos sein und ausserdem, wenn der Boden den Wurzelbrandpilz in grösserer Menge enthält. Im letzteren Falle ist, nach Wilfarth und Wimmer, ausser der Desinfecetion auch noch Kalken und entsprechende Bodenbearbeitung erforderlich. Nach den Erfahrungen der k. k. Samen-Controlstation in Wien ist, wie Komers mittheilt, die Desinfeetion bei stark mit Phoma in- fieirten Samen so gut wie aussichtslos.. Bei Samen jedoch, an denen die Krankheitserreger nur äusserlich anhaften oder vielleicht wo Bacterien die Ursache der Erkrankung sind, mag die Wirkung der ON Desinfection eine ganz befriedigende sein. Samen, welche sich bei der Keimprobe durch das Auftreten einer grossen Anzahl von kranken Keimlingen auszeichneten, ergaben sogar nach der Behandlung mit der Hiltner’schen Desinfeetionsmethode fast ebenso viel kranke Keime als die ursprünglichen Samen. Dies ist nur dadurch zu erklären. dass das Phomamycelium in tiefere Gewebepartien des Knäuels, bezw. der Frucht, vordringt, wohin die Wirkung des Antiseptieums sich nicht mehr erstreckt. Wenn man die Frage in ganz objectiver Weise betrachtet, so ist es ganz sicher, dass die Desinfection des Rübensamens in vielen Fällen von ausserordentlichem Nutzen sein wird, jedoch wäre es ein verfehlter Standpunkt, hierin das ausschliessliche Heil zu suchen. Wenn die den Wurzelbrand erzeugenden Pilze sich schon im Erdboden befinden — und dies ist vielfach der Fall — dann nützt überhaupt eine Desinfection gar nichts. Ob parasitäre Krankheiten — also auch der Wurzelbrand, wie von verschiedenen Seiten behauptet wird — wirklich ihren Ausgang vom Rübensamen aus nehmen, ist bis jetzt, über allem Zweifel erhaben noch nicht bewiesen worden. So hat Hollrung festgestellt, dass man mit demselben Rübensamen auf dem- selben Ackerstück wurzelbrandfreie und wurzelbrandige Rüben züchten kann, u. zw. je nach der Düngung, und dass man ebenso mit dem- selben Rübensamen in einer Wirthschaft gesunde, in der anderen Wirthschaft mit anderem Boden und anderer Behandlung des Bodens wurzelkranke Rüben erhalten kann. Zu ähnlichen Resultaten bin ich ebenfalls nach zweijährigen Versuchen, u. zw. mit einem Samen,der durch Phoma Betae inficirt war, gekommen. Der Keimversuch im Sandkeimbette lieferte eine ungemein grosse Anzahl kranker Keimlinge und als ich denselben Samen auf einem Felde auslegte, welches niemals Rüben getragen hatte, konnte ich keine einzige kranke Rübe erhalten. Dieselben entwickelten sich in beiden Jahren vielmehr in ganz normaler Weise. Zu denselben Resultaten ist nach mündlicher Mittheilung auch Briem gelangt. Sorauer wirft ganz berechtigt die Frage auf, wieso es komme, dass manche Pilze, die an allen Orten vorkommen, doch nicht immer krankheitserregend wirken. Dieser Forscher beantwortet nun diese Frage dahin, dass die Witterungsverhältnisse oder in anderen Fällen die Cultureinflüsse ausschlaggebend seien im Kampfe der Organismen gegen einander. Jahre, die arm an Licht und Wärme und reich an Niederschlägen sind, erzeugen, obwohl dieselbe Species, die- selbe Varietät gebaut wird, ganz andere Individuen als heisse, trockene Jahrgänge, welche Umstände anderseits gleichzeitig auch massgebend sind für die Vermehrung und Ausbildung der auf den ER Pflanzen vorkommenden Parasiten. Unter diesen Umständen tritt ein Schwächestadium der Nährpflanzen zu Tage, während umgekehrt gleichzeitig für den Pilz die günstigsten Vermehrungsbedingungen ge- boten werden. Sorauer legt daher auf die disponirende Ursache das Hauptgewicht und stützt seine Ansicht auf verschiedene Thatsachen. So weist er darauf hin, dass manche strenge Parasiten, wie z. B. die Rostarten, anscheinend an keine schwächenden Entwicklungszustände der Nährpflanzen gebunden sind, trotzdem haben jedoch neuere Forschungen bewiesen, dass es auch für das Auftreten dieser Pilze disponirende Ursachen gibt. Sorauer meint nun, dass eine vorbeugende Methode erfolgreicher sein dürfte, als eine Heilmethode, und es daher die Aufgabe des Landwirthes sein wird, seine Felder zu überwachen; bei den ersten Anzeichen einer Erkrankung wird dann die Fest- stellung des Parasiten (wenn es sich um einen von Witterung und Culturmethode abhängigen Fall handelt) nicht selten die Richtung angeben, in welcher Weise die Cultureingriffe zu erfolgen haben, um disponirende Eigenschaften der Nährpflanze zu beseitigen. Nach Allem wird also bei der Bekämpfung des Wurzel- brandes nichtallein die Desinfeection des Rübensamens zu be- achten sein, sondern es werden auch andere Factoren berück- sichtigt werden müssen, welche diese Krankheit befördern. Hieher gehört zuerst das Wetter. Nasskaltes Wetter und kalte Böden können zur Zeit des Auflaufens des Rübensamens grossen Schaden verursachen. Die Rübenpflänzchen befinden sich hier im zarten Jugendzustande und sind dann gegen äussere Factoren ausserordentlich empfindlich. Vielfach wird auch Dürre als beförderndes Moment ange- geben, was dadurch zu erklären ist, dass hiebei in der Entwicklung der Pflänzchen eine Hemmung infolge des Wetters eintritt und sie dann ebenfalls leicht den Angriffen der Pilze unterliegen. Es ist dann nicht zu verwundern, wenn bei rechtzeitig eintretendem Regen sich die Culturen wieder zu erholen beginnen. Starker Sturm bei Dürre bedingt auch ein rascheres Welken der Pflänzchen und trägt daher unter Umständen ebenfalls zur Ausbreitung des Wurzelbrandes bei. Von besonderem Einfluss ist ferner dieBeschaffenheit desBodens und Hollrung behauptet geradezu — und auch, wie mich meine Versuche dahin geführt haben, vielleicht mit Recht — dass der Boden der Verur- sacher des Wurzelbrandes sei. Die Lockerung des Bodens, die Art der Dün- gung, kurz die ganze Cultur desselben spielen dabei die Hauptsache. Wie die Erfahrung lehrt, so ist eine Düngung mit genügenden Mengen leicht löslicher Phosphorsäure als ein gutes Gegenmittel zu bezeichnen. Dar- über liegen speciell bestimmte Erfahrungen aus dem Jahre 1895 vor, wo es in einem Falle gelang, durch Düngung mit 16°, Superphosphat des a a Wurzelbrandes schnell Herr zu werden, während auf der ungedüngten Fläche nur 20%, der Pflanzen lebensfähig blieben. Nach Hollrung sind, und damit sei das Resume der letzten Erfahrungen über den Wurzelbrand gegeben, richtige Bodenbearbeitung, namentlich bei schweren, thonreichen, an der Oberfläche leicht krustirenden, sogenannten abbindenden Böden, fortgesetzte Kalkdüngung, reichliche Superphosphatdüngung, schweres Walzen und die Ver- wendung gut ausgekörnter Rübensamen die einzig brauchbaren Mittel zur Verhinderung dieser Krankheit. Immerhin ist aber auch eine Desinfection des Rübensamens im Auge zu behalten, die unter Um- ständen doch gute, vielleicht auch vorzügliche Dienste leisten wird. Zum Schluss sei noch auf sogenannte Geheimmittel aufmerksam gemacht, die man zur Präparirung des Rübensamens empfohlen hat. Vor diesen Geheimmitteln ist nur in entschiedener Weise zu warnen. Ebenso ist auch das empfohlene Präpariren der Keime mit einem Dünge- mittel vollkommen überflüssig (siehe Seite 24), da es nichts nützt. Auch in dem Imprägniren der Rübensamen mit stark riechenden Stoffen, wie Petroleum, stinkendem Oel, Naphthalin ete. liegt, wie Hollrung fand, kein nennenswerther Vortheil. Die Stoffe verlieren bei längerem Lagern, ganz sicher aber nach kurzem Liegen im Boden ihre Wirk- samkeit. II. Der Dauerwurzelbrand. (Tafel IL) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Manchmal finden sich Zuckerrüben, die ein ganz sonderbares Aus- sehen zeigen. Bei flüchtiger Betrachtung sehen die Rüben eigenthümlich schorfig aus, u. zw. vom Kopf bis zur Schwanzspitze. Die Oberhaut ist zerrissen, und gehen die Risse sowohl nach der Länge als auch nach der Breite der Wurzel. Die Oberhaut sieht lederartig aus und beim Durchschneiden der Wurzel erweist sich das Fleisch derselben als ganz gesund. Eine Verringerung des Zuckergehaltes ist mit dieser Erscheinung nicht verbunden. Hollrung beschreibt diese Erscheinung folgendermassen: Die Ober- fläche ist vollkommen rauh, unebenmässig, mit flachen, abgesonderten und abgestossenen Gewebeportionen bedeckt, zwischen denen die gesunde, weisse Oberhaut hervorsieht. Die Form der Wurzel ist im Grossen und Ganzen pfahlförmig, dabei aber insofern abnorm ausgebildet, als die Seitenlinien derselben nicht in gerader Richtung, sondern in un- regelmässiger Krümmung vom Kopf- zum Wurzelende verlaufen. Der Kopf der Rübe, soweit er über der Erde gesessen hatte, hatte die gewöhnliche Beschaffenheit, der Rübenkörper war dahingegen nach der Mitte zu stark zusammengeschrumpft, infolge dessen solche Rüben annähernd die Form eines Hutpilzes besassen. Die Abnormitäten er- streckten sich nur auf das Randgewebe der Rüben, im Innern waren dieselben vollkommen gesund. Diese Krankheitserscheinung ist eine sehr eigenthümliche und es ist nach den bisherigen Beobachtungen wirklich schwer, derselben eine bestimmte Eintheilung zu geben; einstweilen habe ich einen be- sonderen Hauptabschnitt gewählt. Trotz der schorfig-korkig-torfigen Veränderung der Oberhaut ist die Krankheit in ihrer ganzen äusseren Form vom Rübenschorf verschieden, ebenso auch von dem sogenannten „Gürtelschorf“ (siehe die Hauptabschnitte IV und V), wie dies auch deutlich die Abbildung auf Tafel II zeigt. Hollrung ist der Ansicht, dass diese Erscheinung nichts weiter als ein Dauerwurzelbrand ist und da mir dies nach Beobachtungen in Ungarn ganz plausibel erscheint, so habe ich die Bezeichnung beibehalten. Vielleicht wird der Charakter dieser Erscheinung durch weitere Forschung genau präcisirt und ihr dann ein bestimmter Platz zugewiesen. Nach den Beobachtungen von Hollrung tritt diese Erscheinung bei jungen bleistiftdieken Rübenpflanzen sehr häufig auf; sie findet sich jedoch auch viel später vor, wo die Rüben schon eine bedeutende Grösse erreicht haben, wie die Abbildung auf Tafel II zeigt. So fand ich die Erscheinung auf Rüben, die im Gewichte von 149 9 bis 559 g schwankten. Drei Rüben, welche im Gewichte von 224 9 bis 310 g schwankten, zeigten Zuckergehalte von 16°0, 163 und 17°7°%, auf. Diese Erscheinung ist daher wohl bis auf Weiteres nicht als besonders gefährlich zu betrachten. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Krankeit trat vor einigen Jahren, wie Hollrung fand, so stark auf, dass 50°/, der Rüben befallen waren. In einem Falle — bei einem nordabhängig gelegenen Boden mit Thon- und Lehm- unterlage — hatte der Boden stark unter Feuchtigkeit zu leiden, so dass die Bestellung bis auf den 8. Mai verschoben werden musste. Bereits nach der ersten Hacke wurden Lücken im Bestande erkennt- lich und die ausgezogenen Pflanzen zeigten schwarze Wurzelspitzen. Hollrung hat die Krankheit im Vorjahre in allen Theilen der Pro- vinz Sachsen gefunden. | Im Vorjahre ist diese Erscheinung nach meinen Beobachtungen auch in Ungarn nicht unhäufig zu beobachten gewesen und bezifferte man in einem Falle den Umfang auf circa 30%. N UNE 3. Die Entstehung der Krankheit. Von verschiedenen Seiten hat man theils die Erdasseln, theils Blitzschläge für diese Krankheitserscheinung verantwortlich machen wollen. Nach Hollrung ist aber diese Erscheinung, wie erwähnt, nichts weiter, als ein durch Ungunst der Witterung im Vereine mit ungünstigen Verhältnissen hervorgerufener Dauerwurzelbrand, dessen Entste- hungsursache in den häufig eingetretenen kühlen Sommernächten zu suchen ist. Die Rüben haben des Tages über sehr grosse Mengen Feuchtig- keit aufgenommen, infolge dessen ist bei den darauffolgenden starken nächtlichen Abkühlungen des Bodens das Oberhautgewebe geplatzt. Den Grund des häufigen Auftretens in den beiden letzten ‚Jahren sucht Hollrung”*) auch in dem Mangel an Frösten während der beiden Winter 1897/93 und 1898/99. Dem Boden fehlt offenbar die Winter- gahre und finden sich deshalb, trotz guter Bestellung, abbindende Flecken und Schollen genug im Acker vor. An derartigen Stellen hat die Rübe nicht genug Luft, worauf unter Einwirkung irgend welcher Bodenbaeterien die oberflächliche Verschorfung entsteht. Aehnliche Verhältnisse lagen wirklich dort in Ungarn vor, wo ich die Krank- heit im Vorjahre beobachtete. Auf demselben Felde wurde anfangs nur Wurzelbrand beobachtet, der jedoch bald verschwand. Hollrun % glaubt, dass genügende Winterfröste das Auftreten der Krankheit verhüten werden. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Findet die Krankheit durch die zuletzt genannte Ursache wirklich ihre Entstehung, dann gibt es wohl kein Gegenmittel. Sonst könnten, nach Hollrung, nur solche Massnahmen in Betracht kommen, welche eine „Erkältung“ der Rübenwurzeln, oder, was gleichbedeutend ist, eine übergebührliche Abkühlung des Bodens zu verhindern vermögen. Mittel dieser Art sind starke Kalkdüngungen, Drainage, kräftige Superphosphatgaben, häufiges Handhacken. In Jahren, welche sich feucht anlassen, bringe man auf Nordabhängen mit Thon- oder Lehm- unterlage, auf notorisch etwas feuchte Aecker und auf Pläne, welche erst kurz vor der Bestellung zurecht gemacht werden konnten, keine Rüben. *) Nach brieflicher Mittheilung. vw. ale, Dr III, Die Herz- und Trockenfäule, (Tafeln III, IV und V.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Der Beginn der Krankheit zeigt sich im Juli oder August, wenn zu dieser Zeit eine Periode grosser Trockenheit eintritt. Es treten dann die ersten Anzeichen auf, die man Herzfäule nennt. Mitten im Herzen der Rübe, während die alten unteren Blätter vertrocknet sind, werden einige der jüngsten Blättehen schwarz. Die Erkrankung der Herzblätter schreitet auch bis zum Absterben des eigentlichen Vegetationspunktes fort und ist dadurch die Verjüngung der Blätter vom Herzen aus vereitelt. Durch Ansatz neuer Blätter sucht die Rübe vielfach ihrem Verlust zu begegnen und gelingt ihr dies auch zuweilen, so dass sich die Pflanze einigermassen erholt. Vielfach aber stirbt der ganze Rübenkopf ab, so dass das Wachsthum aufhört, wobei aber die Wurzel manchmal ganz gesund bleiben kann, nachdem eben die Pflanze infolge günstiger Einflüsse die Krankheit überwindet. Die neuen Blätter werden von der Krankheit kaum ergriffen, bleiben vielmehr gesund, entwickeln sich rasch weiter und unterstützen das Wachsthum der Rüben. Zwischen diesen neuen Blättern sieht man deutlich die Spuren der überwundenen Krankheit, die sich durch das todte Herz charakterisiren. Gewöhnlich erkrankt aber auch die Wurzel — also der Rüben- körper — und es tritt jene Erkrankung ein, die man als Trocken- fäule bezeichnet. An irgend einer Stelle der Rübe nimmt das sonst weisse Grundgewebe der Rübe eine mehr blassgraue Beschaffenheit an. Die Verfärbung erweitert sich immer mehr und mehr, es tritt eine Bräunung ein und die erkrankten Stellen gehen in Fäulniss über. Wenn man Herz- und Trockenfäule für zwei verschiedene Krank- heiten hält, so gilt dies nur hinsichtlich des Theiles der Rübenpflanze, an welchem sich zufällig die Krankheit zeigt; ursächlich ist Beides dasselbe. Im Einklang damit steht dann auch, dass Herz- und Trocken- fäule zusammen auf dem Rübenschlag auftreten, gewöhnlich sogar an einer und derselben Pflanze vereinigt. Rodet man August oder Anfang September die Rübenpflanzen aus, an welchen der Beginn der Herzfäule zu bemerken ist, so findet man sehr oft auch am Rüben- körper schon irgendwo eine Stelle, welche sich im Anfangsstadium der Trockenfäule befindet. Nicht selten ist auch der Fall, dass bei vorhandener Herzfäule der Rübenkörper derselben Pflanze noch intact ist; auch das Umgekehrte kommt vor, dass die Rübe schon irgendwo SE TORE eine kranke Stelle zeigt, während das Herz noch ganz gesund ist. Dies sind aber nur Anfangserscheinungen, nachdem mit vorrückender Jahreszeit Herz- und Trockenfäule immer allgemeiner werden. Wenn daher vielfach bemerkt wird, dass die Faulstellen der Rübenwurzel keineswegs immer mit den Faulstellen im Herzen der Rübe in Verbindung stehen, sondern isolirt an der Seite des Rüben- körpers bald mehr oben, bald mehr unten auftreten, so kann sich dies nur, wie erwähnt. auf das Anfangsstadium der Krankheit beziehen. Die Krankheit kann allerdings insoferne auch einen grossen Fortschritt zeigen, als durch Frassstellen von Erdraupen, Engerlingen ete. am Rübenkörper Wunden entstehen, von wo aus die Fäulniss beginnt und dann grösseren Umfang erreicht. Die Trockenfäule beginnt gewöhnlich an einer oder an beiden Backen der Rübe, nimmt also an demjenigen Theil, welcher das stärkste Diekenwachsthum besitzt, ihren Ausgang. Die Krankheit geht von der Oberfläche der Rübe aus, welche zuerst ergriffen wird. Die Haut der Rübe wird missfarbig, ähnlich wie dies beim beginnenden Rübenschorf auf Tafel VI zu sehen ist, und diese Missfärbung geht auch auf das Fleisch der Rübe über. Beim Durchschneiden der Rübe an der erkrankten Stelle sieht man dann ganz deutlich den Fortschritt der Krankheit in das Innere des Rübenkörpers. Die Krankheit tritt gewöhnlich nicht sehr tief ein und gibt die Abbildung auf Tafel V ein deutliches Bild des Durchschnittes einer trockenfaulen Rübe. Die Abbildungen auf den Tafeln III und IV zeigen den Gesammthabitus einer trockenfaulen Rübe und war bei der Rübe auf Tafel III von einer Pilzinfeetion nichts zu finden, während hingegen die Rübe auf Tafel IV den Pilz Phoma Betae zeigte, auf welchen im Folgenden noch zurückgekommen wird. Die Fälle, dass sich Rüben wieder ausheilen, sind nicht so selten. Die Pflanzen suchen sich durch Korkbildungen zu schützen, welche zwischen den erkrankten Geweben und dem gesunden Theil des Rübenkörpers gleichsam eine Isolirschichte bilden. Die kranken Partien werden dann abgestossen und die Pflanze erholt sich bei günstigen Vegetations- und Witterungsverhältnissen wieder. Die Spuren der überstandenen Krankheit sind aber an der erwachsenen Rübe dann deutlich zu sehen. Vielfach erholt sich aber die Rübe nicht, sondern die Krankheit nimmt ihren weiteren Verlauf, so dass die Rübe dem Fäulnissprocess unter- liegt. Dies ist schon auf dem Felde möglich, wenngleich diese Fälle zu den extremen gezählt werden müssen. Gewöhnlich macht die Fäulniss bei der Aufbewahrung der Rüben in den Miethen weitere Fortschritte, die entweder mit dem gänzlichen Verderben der Pflanzen endigen, oder aber doch so weit gehen, dass die Rüben nur ein minderwerthiges 37 Material darstellen und besser nieht verarbeitet werden sollen. Auf jeden Fall erleidet die Zuckerfabrik einen Schaden. Durch die Krankheit wird ein Theil des Zuckers zersetzt und ein anderer Theil in kupferreducirenden Zucker zurückverwandelt. Nach Frank gab die quantitative Zuckerbestimmung von in verschiedenem Grade an Trockenfäule erkrankten ganzen Rüben eines und desselben Feldes zur Erntezeit in einem Falle folgendes Resultat: kupferredueirender Zucker Rohrzucker Schwach erkrankt wre 17:907/, Klark erkrankten RR SAUWL FEN, N: sehr stark erkrankt Nr N ER 14:30", Dass aber die Rückgänge im Rohrzuckergehalte noch weit beträcht- lichere sein können, ist, je nach dem Auftreten der Krankheit, selbst- verständlich. Abgesehen von ganz verrotteten Rüben, die ja ein ver- faultes Material darstellen, habe ich im September trockenfaule Rüben vom Felde untersucht, deren Zuckergehalt bis unter 7%, gesunken war. Der Schaden, den die Krankheit verursachen kann, ist unter Umständen ein ganz bedeutender und äussert sich in der Qualität und Quantität der Rübe. Einerseits bleiben die Rüben infolge der Zer- störung des Blattapparates klein und erreichen nicht ihr normales Gewicht und anderseits nimmt der Zucekergehalt durch den Fäulniss- process ab, so dass fabrieativ ein ganz minderwerthiges Produet ent- steht. Wenn die Krankheit einen derartigen Fortschritt gemacht hat, dass die Rüben auf dem Felde gänzlich verfaulen, dann ist der Schaden natürlich noch ein grösserer. Allerdings ist aber zu berück- sichtigen, dass dem trockenen Wetter, welches bei dem Auftreten der Trockenfäule eine gewichtige Rolle spielt, auch ein Antheil an der Ertragsverminderung bei dem gewöhnlichen Auftreten der Krank- heit zugeschrieben werden muss, 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Herz- und Trockenfäule gehört neben dem Wurzelbrand zu den allgemein verbreiteten Rübenkrankheiten und ist sie schon in allen rübenbautreibenden Ländern Europas nachgewiesen worden. Die Krankheit tritt äusserlich erkennbar in oft verschiedener Weise auf. Sie zeigt sich entweder nur vereinzelt, so dass die kranke Rübe in- mitten gesunder steht, oder aber sie tritt partien- und nesterweise auf oder endlich aber, sie hat einen derartigen Umfang erreicht, dass ganze Schläge von ihr ergriffen werden. Hiebei spielen verschiedene Factoren mit, die das Fortschreiten der Krankheit entweder begünstigen oder aber verhindern, so dass auf einem und demselben Schlage ganz u EIN ib verschiedene Krankheitsbilder entstehen; man sieht dann Rüben, die die Krankheit in schönster Entwicklung zeigen, und unweit davon solche, die sich unter günstigen Verhältnissen wieder zu entwickeln beginnen und alle Zeichen der Gesundung aufweisen. Je nach dem Fortschreiten und der Entwicklung der Krankheit schwanken die Be- schädigungen und sind Schwankungen von 2 bis 50°, und noch mehr nicht so unhäufig. Dass in letzterem Falle der Schaden infolge der Ertragsverminderung ein ganz beträchtlicher werden kann, ist nach dem früher Hervorgehobenen selbstverständlich. 3. Die Entstehung der Krankheit. Ursprünglich hat man die Herzfäule und die Trockenfäule ge- trennt behandelt und lassen sich beide Krankheiten in der Literatur bis zum Jahre 1845 zurück verfolgen. Ganz bestimmte Mittheilungen über Trockenfäule liegen aus dem Jahre 1848 vor. In den früheren Jahren hat man die Ursache der Herzfäule, namentlich nach den Unter- suchungen v. Thümen’s, in dem Auftreten des Pilzes Sporidesmium putrefaciens Fuckel gesucht. Die Krankheitserscheinungen, die jedoch dieser Pilz hervorruft, sind von der echten Herzfäule verschieden, ausserdem wurde bis jetzt dieser Pilz als Urheber dieser Krankheit nicht nachgewiesen, so dass es passend erscheint, um nicht Verwirrungen in den Krankheitsbezeichnungen hervorzurufen, die von Sporidesmium putrefaciens Fuckel hervorgerufenen Blattveränderungen als „Blatt bräune* zu bezeichnen und sei diesbezüglich auf den Hauptabschnitt XII: „Die Blattbräune (Sporidesmium putrefaciens Fuckel* verwiesen. Von dem falschen Mehlthau oder der Kräuselkrankheit der Blätter, welche Blattkrankheit durch den Pilz Peronospora Schachtü Fuckel hervorgerufen wird, ist die echte Herzfäule durch das Aussehen der erkrankten Blätter verschieden, so dass eine Verwechslung nicht so leicht möglich ist. Ueberdies wird beimfalschen Mehlthau höchstens der Kopf der Rübe ergriffen, niemals aber der eigentliche Wurzelkörper, so dass schon darin ein Unterschied gegenüber der Trockenfäule liest. Diesbezüglich sei auf den Hauptabschnitt XI verwiesen. Im Jahre 1892 ist nun Frank mit seinen Arbeiten über die Ent- stehung der Herz- und Trockenfäule in die Oeffentlichkeit getreten und haben dieselben in der Folge grosses Aufsehen erregt, wie sie auch Gegenstand mitunter kräftiger literarischer Fehden wurden. Frank fand sowohl an den schwarz werdenden Herzblättern als auch an den beginnenden Faulstellen mikroskopisch ein Pilzmycelium, ge- bildet aus ziemlich dieken, nämlich 00036 bis 00054 mm im Durch- messer haltenden, mit häufigen Querscheidewänden versehenen, farb- losen Fäden, welche in dem kranken Gewebe wuchern, indem sie die RE TER Zellhaut durchbrechen, den Innenraum der Zelle in verschiedenen tichtungen durchwachsen und sich dabei auch wohl verzweigen. Dieses Mycelium muss als der Erreger der Fäulniss der betreffenden tübengewebe betrachtet werden. Die Früchte des Pilzes erscheinen dem unbewaffneten Auge wie zahlreiche in der Oberfläche des Ptllanzentheils sitzende kleine dunkle Piinktchen; es sind dies Pykniden, d. h. braunhäutige, runde, etwa 0'2 mm grosse Kapseln oder Säckchen, welehe unter der Oberhaut sitzen und mit einer porenförmigen Mündung, die sie am Scheitel besitzen, daraus hervorragen. . Den die Krankheit constant begleitenden Pilz hat Frank Phoma Betae Frank genannt. ’ Der Pilz kann nach den Beobachtungen dieses Forschers auch eine Blattfleekenkrankheit hervorrufen, welche sich ebenfalls an der erwachsenen Rübenpflanze einstellt, aber in anderen Symptomen auf- tritt. Abweichend von der Herzfäule befällt der Pilz die erwachsenen Blätter zuerst, während das Herz gesund bleibt. Die erkrankte Rübenpflanze kann sich auch ziemlich lange hinschleppen, weil das thätige Herz für neue Blätter sorgt, die aber, kaum erwachsen, immer wieder der Krankheit zum Opfer fallen. Die widerstand- leistenden Pflanzen zeigen im August einen auffallend geringer ent- wickelten Rübenkörper und liegt in dieser ungleichen Grösse des Rübenkörpers ein Unterschied gegenüber der Herz- und Trocken- fäule, bei der die Rübe schon grösser ist, wenn die Krankheit im Herz und in der Rübe beginnt. Bei vorliegender Krankheitsform bleibt die Rübe meist ohne Faulflecken oder zeigt nur geringe An- fänge solcher, was eben wohl mit dem noch weit zurückgehaltenen Entwicklungszustande derselben zusammenhängen mag. Charakte- ristisch ist für diese Krankheitsform besonders das Aussehen und Ver- halten der erkrankten Blätter und zeigt sich an denselben die Krankheit als eine Blattfleckenkrankheit. Die Blattflecken haben fast regelmässigen kreisrunden Umriss, wenn sie mitten in der grünen Blattmasse sitzen, und vergrössern sich, so dass sie bald die Grösse eines Mark- oder Thalerstückes erreichen können; sind mehrere Flecken auf einem Blatt vorhanden, so fliessen sie zusammen. Die Flecken haben zuerst eine graue Farbe, die sich bald in Braun verwandelt; es bilden sich in der Folge dürre Flecken, die sich ab- bröckeln, so dass ein Loch entsteht. Charakteristisch dabei ist immer das Vorhandensein von Phoma Betae. Eine Verwechslung dieser Phoma-Blattflecken mit anderen Pilzflecken der Rübenblätter kann nach Frank leicht vermieden werden, u. zw. sowohl mit Sporidesmium putrefaciens Fuckel — der Blattbräune — als auch mit Üercospora beticola Sacc. — der Blattllieckenkrankheit — denn beide Krankheiten sind in dem Aussehen der Flecken wohl charakterisirt. Bei der Phoma- Blattfleckenkrankheit kann auch der Blattstiel von dem Pilz befallen werden, wobei die Gewebefäulniss dann oft die ganze Dicke des Blatt- stieles durchquert. Das Blatt welkt dann ab und geht zugrunde. Man kann, nach Frank, Phoma Betae überhaupt als einen wahren Rübenpilz bezeichnen, denn kaum ein Organ der Rübenpflanze und kein Lebensalter derselben ist vor den Angriffen desselben ge- schützt, höchstens etwa die feinen Saugwürzelchen der erwachsenen Pflanzen, an denen Frank noch in keinem Falle den Pilz gefunden hat. Thatsächlich sind folgende Theile der Rübenpflanze dem para- sitischen Befall von Phoma Betae ausgesetzt: 1. Die Keimwürzelchen und Stengelchen, sowie Kotyledonen der Keimpflanzen (beim Wurzel- brand). 2. Die Herzblätter der erwachsenen Pflanze (bei der Herz- fäule). 3. Der Rübenkörper (bei der Trockenfäule). 4. Die erwachsenen grünen Blätter (bei der Phoma-Blattfleekenkrankheit). 5. Die Stengel, Blätter und Zweige der Samenträger (bei der Samenstengelkrankheit). 6. Die reifen Samenknäuel (bei derselben Krankheit). Dass die Conidien von Phoma Betae keimfähig sind und zur Wiederentstehung der Krankheit Veranlassung geben, hat Frank erwiesen. Die Sporen kommen zur Keimung auf jeden beliebigen Theil einer lebenden Rübenpflanze auf; im blossen Erdboden, ebenso wie im reinen Wasser keimen sie nicht, doch behalten sie ihre Fähigkeit zur Keimung, wenn ihnen eine lebende Rübenptlanze geboten wird. Es kann also der Pilz im Erdboden auch für den Fall, dass ihm seine Nährpflanze längere Zeit nicht dargeboten wird, inactiv aushalten, aber sobald jenes geschieht, in Activität treten. Phoma Betae ist der Rübenpflanze unter normalen Verhältnissen nicht schädlich, indem er dann nur saprophyt (als Fäulnissbewohner) an den Stielen der alten von selbst absterbenden Unterblätter wächst und fruetificirt. Trockene Witterungsverhältnisse und trockene Lagen verschärfen den Angriff des Pilzes ungemein; er nimmt dann einen parasitären, perniciösen Charakter an, zerstört die Herzblätter und den Rübenkörper. Sporen von Phoma Betae, welche im Herbst von den kranken Pflanzen in den Erdboden gelangen, werden durch den Auf- enthalt in der Erde an der Keimung verhindert, gehen in einen durch die Winterkälte bedingten Ruhestand über, aus welchem sie erst dann zur Keimung auferweckt werden, sobald sie mit dem blossen Saft der Rübenpflanze oder auch mit einem Theil der Rübenpflanze in Berührung kommen. Den Hauptsitz der Früchte des Pilzes bilden die alten abgestorbenen Stiele der Unterblätter, die sich glatt auf den Erdboden gelegt haben, u. zw. besonders in dem untersten, dem Rübenkopfe zunächst sitzenden Theil derselben. Daraus geht hervor, dass der Pilz, wie Frank der Ansicht ist, wohl als ein nothwendiger Erreger der Krankheit, nicht aber als ein unter allen Umständen gefährlicher Feind anzusehen ist. Ist aber die Rübenpflanze einmal für den Pilz empfänglich, dann kann sie nicht bloss im vorgerückten Wachsthumszustande, wo eben die Herz- und Trockenfäule resultirt, sondern auch im Jugendzustande, wo der Pilz den Wurzelbrand verursacht, befallen werden. Frank ist schliesslich der Ansicht. dass die Krankheit haupt- sächlich durch die im Erdboden befindlichen Keime von Phoma Betae erzeugt wird, welche von kranken Rübenpflanzen herrühren, - die früher auf dem Acker gestanden und die Früchte des Pilzes in zahl- loser Menge erzeugt hatten. Durch die eigenthümliche Zurück- haltung der Keimung der Phomasporen, so lange die geeignete Nähr- pflanze nicht zugegen ist, und ferner durch die Fähigkeit des Pilzes, in Form des Myceliums auf faulenden Pflanzentheilen im Erdboden als Saprophyt weiter zu vegetiren, erklärt sich die lange anhaltende Infec- tionskraft des Bodens auch bei längerer Unterbrechung des Rübenbaues. Allerdings könne die Einschleppung aber auch durch den Rübensamen erfolgen. Frank behauptet ferner, dass Phoma Betae nicht der einzige Pilz ist, welcher die Herz- und Trockenfäule der Rüben veranlasst, obgleich er jedenfalls der weitaus gewöhnlichste Erreger der Krankheit ist. In wiederholten Fällen hat nämlich Frank einen anderen Pilz gefunden, dessen parasitären Charakter er auch nachgewiesen hat. Er nannte ihn Fusarium beticola Frank; sein Mycelium besteht aus auffallend zarten, dünnwandigen Fäden und bildet an der Oberfläche der befallenen Theile einen weisslichen Schimmel. Prillieux hat seinerzeit ebenfalls gefunden, dass die Herzfäule durch einen Pilz veranlasst wird, u. zw. durch Pyllostica tabifica, aus welchem aber noch vier andere Pilzarten, vermuthlich im Genera- tionswechsel, entstehen. Nach Frank ist aber Pyllostica tabifica identisch mit Phoma Betae. Die Veröffentlichungen Frank’s über den Pilz Phoma Betae und dessen Rolle bei der Herz- und Trockenfäule haben nun einen grossen Widerstreit der Meinungen hervorgerufen, der jahrelang währte und auch jetzt noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Es kann auch nicht verkannt werden, dass Frank über die Gefährlichkeit des Pilzes anfangs zu weitgehende Befürchtungen hegte und dadurch eine grosse Beunruhigung in die Kreise der Landwirthschaft trug. Zum Glück haben sich diese Befürchtungen nicht in dem Masse erfüllt, als es anfangs den Anschein hatte, so dass Frank die Ansichten im Laufe der Jahre doch milderte und in seinen letzten Mittheilungen die Gefähr- RER. or lichkeit des Phomapilzes etwas herabsetzte und denselben nicht mehr als den einzigen Erreger der Herz- und Trockenfäule bezeichnete. Es kann an dieser Stelle nun nicht Aufgabe sein, alle die ver- schiedenen Meinungen, die in dem „Phoma-Streite* geäussert wurden, hervorzuheben, nachdem manche derselben kein praktisches Interesse mehr besitzen, wozu noch kommt, dass einige Rufer im Streite nicht ganz consequent waren, und sich in ihren Meinungen mancherlei Widersprüche finden. Ich will daher nur auf diejenigen Meinungen und Ansichten zurückkommen, die wirklich Interesse besitzen und aus welchen sich praktische Lehren ziehen lassen. Vorwegs muss aber betont werden, dass die ganze „Phoma-Frage“ keineswegs abgeschlossen ist und ist dies auch bei den oft diametralen Gegensätzen, die hier herrschen, nieht möglich. Je mehr aber Wissenschaft und Praxis sich in Discussionen finden — und dies ist bei dieser Krankheit schon genug geschehen — umsomehr ist aber zu hoffen, dass es zu einer Klärung der Ansichten kommen wird, was auch umso nothwendiger wäre, als gerade die Herz- und Trockenfäule infolge des häufigen Auftretens vielfach die Sorge des Landwirthes bildet. Sasse hat beobachtet, dass Düngungen mit Scheideschlamm und Kainit zur Beförderung der Trockenfäule wesentlich beigetragen haben und wurden ähnliche Beobachtungen auch von anderer Seite gemacht. Die Rüben erholten sich zwar nach Regen, nur ergab sich eine um 25°, geringere Ernte und auch ein geringerer Zuckergehalt. In wiederholten Fällen haben aber Düngungen mit Aetzkalk nicht geschadet. Die Erklärung dieser Erscheinung liegt vielleicht darin, dass die reichlichen Mengen der Pflanzennährstoffe in dem Scheide- schlamm die Rübenpflanzen in der Blattentwicklung fördern und da- durch das Missverhältniss zwischen Verdunstung und Wasseraufsaugung umso leichter auftritt. Im Jahre 1895 fand man, dass die Krankheit im Juli und August im Zusammenhange mit grosser Trockenheit stand, wiewohl vielfach die Stärke der Erkrankung mit dem Grade der Trockenheit nicht parallel ging. Als ausschlaggebend für die Ent- stehung der Krankheit hat sich vielmehr der Umstand ergeben, dass die Pflanze im Besitze eines - einigermassen grossen Blattapparates, also einer grossen Verdunstungsfläche, einer ungenügenden Wasser- zufuhr aus dem Boden begegnete. Im Jahre 1896 hat sich Phoma Betae, trotz der zum Theil überreichen Sommerniederschläge, zahlreich gezeigt. was beweist, dass die Herz- und Trockenfäule durch Phoma Betae, obwohl sie meist durch Trockenheit begünstigt wird, auch bei den reichlichsten Niederschlägen entstehen kann. Im Jahre 1897 fand man, dass Dürre allein die Krankheit nicht erzeugte und. dass früher mit Scheideschlamm gedüngte Felder mit Sicherheit befallen wurden. Eine SEIEN SE Kalidüngung hatte keinen Erfolg gebracht; Frank fand sogar in einem Falle durch Verwendung der gewöhnlichen Kalidüngersalze eher eine Zunahme der Herzfäule. Im Jahre 1897 wurde die Krankheit, ent- sprechend der grossen Trockenheit im August, erst später, im September und October, beobachtet. Bemerkenswerth ist, dass die Krankheit nebst dem Pilz Phoma Betae mehrfach auf solchen Aeckern vorgekommen ist, die zum ersten Male Rüben trugen. Richter hat ebenfalls gefunden, dass Düngungen mit Scheide- schlamm in einem gewissen Zusammenhange zu dem Auftreten der Herz- fäule stehen. Bei günstigen Witterungsverhältnissen wird sich die Wir- kung dieser Düngung weniger äussern, in trockenen Jahren steht aber die Sache anders. Der Boden ist an Stellen mit erhöhtem Kalkgehalt heisser und trockener als sonst und sind die Rüben bei abnorm trockener Witterung an derartigen Stellen am empfindlichsten für die Pilzeinwanderung, welche Empfänglichkeit allerdings bei Eintritt von ergiebigem Regen wieder schwindet und in niederschlagreichen Jahren überhaupt nicht oder nur in geringem Masse zu Tage tritt. Von manchen Forschern wird der Schorf der Kartoffeln und die Herzfäule der Rüben mit der Kalkdüngung in Beziehung gebracht, und nicht selten haben aufmerksame Beobachter diese Ansicht begründet erscheinen lassen. Doch kann dem Kalk, wie Holdefleiss hervorhebt, als solchem die Schuld an diesen Krankheitserscheinungen nicht ohne Weiteres beigemessen werden. Dieselben haben vielmehr ihre besonderen Ursachen parasitischer Natur, welche allerdings durch manche Zustände des Bodens in ihrer schädigenden Wirkung gefördert werden können. Wo ein Zusammenhang der Krankheit mit der Kalkung zu bestehen schien, da lag in der Regel der Fall vor, dass die austrocknende, zehrende Beschaffenheit des Bodens durch den Kalk zu sehr gefördert worden war. Auf Böden dagegen, welche ihrer Natur nach Kalk ver- langen, sind nach dem Kalken noch niemals Kartoffelschorf und Rübenherzfäule aufgetreten. Aus diesen einigen Mittheilungen ergibt sich also, dass der Scheideschlamm an dem Auftreten der Krankheit einen gewissen An- theil hatte und wurde dies speciell von einigen Forschern als ganz bestimmt und unter allen Fällen hingestellt. Das beweist aber, dass man sich um die Literatur nicht immer bekümmerte und frühere Veröffent- lichungen vollständig ausser Acht liess. Ich habe daher einige Mit- theilungen, die bis zum Jahre 1897 reichen, absichtlich vorgestellt, um dies auch zu beweisen. Ueber das Auftreten des Phomapilzes liegen nämlich schon aus dem Jahre 1894 sehr interessante Beobachtungen Hollrung’s vor. Derselbe fand, dass die Erkrankung der Rübenwurzel durch Phoma Betae nothwendigerweise nicht immer dort vorhanden EA EN zu sein braucht, wo der Pilz die Blätter befallen hat, denn es fanden sich Rüben vor, welche oberirdisch an Phoma Betae erkrankt, unter- irdisch jedoch vollkommen gesund waren. Besonders bemerkenswerth ist aber die Thatsache, dass nach den damaligen Beobachtungen Holl- rung’s der Scheideschlamm nicht die hauptsächlichste Ausbreitungs- ursache des Pilzes ist, nachdem er Rübenbreiten gesehen hat, welche phomakrank waren, obwohl seit Menschengedenken noch kein Kalk auf die fraglichen Pläne gefahren worden war. ; Ebenso ist auch die Frage, inwieweit ein foreirter Rübenbau die Rüben für die Aufnahme des Pilzes geeigneter macht, noch nicht als abgeschlossen zu betrachten, nachdem die Krankheit auch auf Plänen auf- trat, welehe zum ersten Male Rüben trugen. Das Jahr 1893, in welchem die Krankheit in starker Weise auftrat, zeichnete sich durch eine extreme Trockenheit aus und liegt darin, wie Hollrung der Ansicht ist, die Ursache der Erkrankung. Die Rübe, welche längere Zeit im Wachsthum vollständig stockte, besass nicht mehr die Fähigkeit, dem Vordringen des Pilzes erfolgreich zu widerstehen. Bei genügend kräftigem Wachsthum der Rüben dürfte daher der Pilz viel von seiner Wirkung verlieren. Hollrung misst infolge dessen der Phoma- krankheit keinen allgemein gefährlichen Charakter bei, doch ist es nichtsdestoweniger geboten, dieselbe beständig im Auge zu behalten, und damit hatte er, die Frage schon im Jahre 1893 richtig beurthei- lend, viel zur Beruhigung in den Kreisen der Landwirthschaft beigetragen. Derselbe Forscher hat den Phomapilz im Jahre 1894 in der ganzen Provinz Sachsen verbreitet gefunden, jedoch ihn aber niemals, wie die wirklichen Krankheitserreger der Rübe es thun, auf lebenden Blatt- oder Wurzeltheilen der Rübe angetroffen und dortselbst Früchte bilden sehen. Immer waren es nur abgestorbene Pflanzentheile, namentlich die Blattstiele, auf welchen er ihn fand. Dabei konnte Hollrung ferner constatiren, dass der Phomapilz nur auf solchen Blättern und Stielen auftrat, welche bereits einige Zeit mit der Erde in Berührung ge- standen hatten; die erst kürzlich abgestorbenen, noch aufrecht stehenden Blattstiele waren fast ausnahmslos frei von Phoma. Phoma Betae ist auch auf Rübensamenpflanzen ein ganz gewöhnlicher Gast, u. zw. auf den bei dem Abschneiden des Samens verbleibenden Stengelresten, wo hingegen er auf lebenden Samenpflanzen ebenfalls nicht ein einzigesmal angetroffen wurde. Daraus gelangt Hollrung zu der Ueber- zeugung, dass der Pilz auch in der Provinz Sachsen heimisch ist, nirgends aber eine Schädigung der lebenden Rüben herbei- geführt hat, somit hier ausschliesslich als Saprophyt, d. h. als Be- wohner bereits abgestorbener Pflanzentheile, aufzutreten pflegt. DER See Nach Eidam ist die Frage unentschieden, wie die Ansteckung der Zuckerrüben durch Phoma Betae auf dem Felde vor sich geht. Die Einschleppung mit dem Saatgut hält Eidam nicht für unmöglich, aber doch im Allgemeinen für ausgeschlossen, denn es müsste dann nicht erst die Krankheit im Herbste an den grossen Pflanzen, vielmehr bereits viel früher an den jungen Rübenpflanzen auftreten. Wahr- scheinlich ist die Ansteckung vom Ackerboden aus, in dem sich jeden- falls zahlreiche Sporen befinden, die durch Infection, durch die Hack- maschine etc., leicht übertragen werden können. Da man häufig kranke Pflanzen neben gesunden Pflanzen findet, so spricht dies für eine grössere oder geringere Empfänglichkeit der einzelnen Pflanzen. Holdefleiss glaubt wieder nicht, dass der Phomapilz etwas durch- aus Neues ist, sondern ist vielmehr der Ansicht, dass dieser Pilz seit langem existirt, dass er unter günstigen Bedingungen sich mehr verbreitet, dagegen, wenn die Witterungsverhältnisse dem Wachs- thum der Rübe mehr günstig sind, sich weniger schädlich zeigt. Dagegen hat Frank Einsprache erhoben und bleibt gegenüber den zweifelhaften Meinungen, die auch noch von anderer Seite erhoben wurden, bei der Ansicht stehen, dass Phoma Betae ein wirklich neuer, vorher nicht beobachteter Pilz sei und insbesondere mit dem allgemein bekannten und allgemein verbreiteten Pilz, dem Sporidesmium oder Claderosporium putrefaciens nichts zu thun habe. Frank ist auch ein Gegner der vielfach geäusserten Ansicht, dass Trockenheit die Ursache der Krankheit sei, denn diese ist allein nicht im Stande, die Krankheit zu erzeugen. Dazu ist vielmehr die Mitwirkung von faden- bildenden Pilzen nothwendig, unter denen Phoma Betae obenan steht: vielleicht sind auch noch andere Pilze gelegentlich zu dieser patho- logischen Wirkung befähigt, immer begünstigt aber die Trockenheit die Empfänglichkeit der Pflanze für den Krankheitserreger. Lässt man nur die Trockenheit auf die Rübenpflanze einwirken und ist Phoma Betae dabei nicht im Spiel, dann entsteht die Krankheit nicht, sondern es treten nur Erscheinungen excessiven Wassermangels ein, d. h. es verdorren die alten Blätter, aber das Herz bleibt gesund. Die Ansichten Frank’s haben auch direct aus der Praxis Widerspruch erfahren und hier namentlich durch Kiehl. Dieser Praktiker hat sich mit der Herz- und Trockenfäule — wie aus seinen Mittheilungen hervorgeht — sehr eingehend beschäftigt und fand er auf Grund jahrelanger Beobachtungen, dass bei einer genügenden Durchfeuchtung des Untergrundes die Rüben durchaus von der Herz- und Trockenfäule verschont blieben und dass, je trockener der Standort war, umso eher und intensiver die Krankheit auftrat. Schon im Jahre 189% stellte er die Hypothese auf, dass die gezwungene Aufnahme zu concentrirter Nährstofflösung durch die Rübenwurzeln die Ursache des Entstehens der Herz- und Trockenfäule sei und steht er nach seinen weiteren fünf- jährigen Beobachtungen noch auf demselben Standpunkte. Kiehl kann ferner auf Grund seiner Beobachtungen über Phoma Betae die weit- gehenden Befürchtungen Frank’s hinsichtlich der Gefahr, dass der Acker für folgende Ernten in dem Masse infieirt werde, um die späteren Erträge in Frage zu stellen, nicht theilen. Er glaubt viel- mehr, dass nur die abnormale Dürre der Beobachtungsjahre die Ursache war, denn überall dort, wo wenigstens annähernd genügende Feuchtigkeit im Acker vorhanden war, blieben die Rüben gesund. Im Uebrigen bemerkt Kiehl, dass ihn die neueren Forschungen und Publicationen Frank’s immer mehr in seiner schon vom Anfange an aufgestellten Behauptung bestärken, dass Phoma Betae der Erreger der Herz- und Trockenfäule nicht sein kann, und stellt er dagegen, in Bestätigung seiner früheren Erfahrungen, folgende Hypothese auf: „Eine zu concentrirte Nährstofflösung, welche die Rüben infolge der Dürre aufzunehmen gezwungen sind, ist die Ursache der Erkrankung, wobei der Stickstoff sich abweichend verhält und der Krankheit eher ent- gegenwirkt. Thierische und pflanzliche Schmarotzer finden sich dann auf der bereits erkrankten Rübe ein und beschleunigen den Verlauf des Krankheitsprocesses. Die Rübe gesundet, so lange sie noch nicht zu schwer erkrankt ist, bei Zuführung von Wasser, wodurch die Nähr- stofflösung der Rübe wieder in normaler Zusammensetzung zur Er- nährung dargeboten wird.“ Frank präeisirt seinen Standpunkt dem gegenüber wie folgt: 1. Phoma Betae ist in Sommern mit genügenden Niederschlägen für die Rübenpflanzen nicht oder wenig gefährlich, in regenarmen dagegen in hohem Grade. 2. Aber keine Herzfäule ohne einen Para- siten, speciell ohne Phoma Betae, denn Trockenheit allem, ohne Pilz, bringt keine Herzfäule hervor. Wohl aber genügt dann Phoma Betae, um Herzfäule zu erzeugen. ‚Ja selbst bei reichlicher Feuchtigkeit wird Phoma Betae, einmal zum Ausbruch gekommen, durch Ansteckung Pflanze für Pflanze mit der Herz- und Rübenfäule infieiren, selbst tübenpflanzen, welche durch feuchten Standpunkt eine sehr üppige Entwicklung bekommen haben. Wiederholt in dieser Frage hat auch noch Hollrung das Wort ergriffen und kennzeichnet er seinen Standpunkt dahin, dass der Phomapilz nicht die Ursache der Erkrankung, sondern nur die Begleit- erscheinung eines von besonderen Witterungsverhältnissen und sonstigen äusseren Anlässen hervorgerufenen Schwächezustandes der Zucker- rübe ist. Aus jüngster Zeit liegen über die Herzfäule Veröffentlichungen von Wilfarth und Wimmer vor und fanden dieselben ebenfalls bei ihren Untersuchungen, dass der Pilz Phoma Betae keine Rolle spielte. Die Krankheit äusserte sich in folgender Weise: Die Rüben wachsen zunächst ganz normal frisch und kräftig bis ungefähr Mitte Juli, wobei die Blätter ihre grösste Ausdehnung und die Rüben etwa '/, bis '/, ihres späteren Normalgewichtes haben. Dann zeigt sich als erstes Stadium ein eigenthümliches Krümmen der mittelgrossen Blätter, indem die convexe Seite nach oben, der Blattrand nach unten gebogen und zu- sammengezogen erscheint. Der Rand wird gelblich, später schlaff und zeigt schwarze Flecken, die auch später auf Blattstiele und innere Blätter übergehen. Meist beginnen dann die Herzblätter ziemlich plötzlich schräg zu werden; zugleich, oft schon vorher, zeigen die älteren Blätter eine eigenthümliche Schlaffheit. Wenn diese Erschei- nungen an den Blättern sich zeigen, so entstehen gleichzeitig oder bald nachher an den beiden Seiten der Rüben, die frei von Wurzeln sind, eirca 2 bis 4cm unterhalb des Kopfes schwarze, faulige Flecke dicht unter der Oberhaut, anfangs von dieser bedeckt. Fallen jetzt die krankmachenden Ursachen fort, so kann noch eine völlige Aus- heilung stattfinden, anderseits schreitet die Fäulniss fort und kann die Rübe völlig vernichten. Diese Krankheitserscheinungen haben eine frappante Aehnlichkeit mit denjenigen, die nach Frank durch Phoma Betae erzeugt werden sollen. Soweit Wilfarth und Wimmer Gelegen- heit hatten, die Krankheit auf dem Felde zu beobachten, wollte es ihnen scheinen, als wenn sie besonders dort auftrat, wo stark mit Salpeter gedüngt wurde. Wilfarth und Wimmer sind nämlich der Ansicht, dass die Herzfäule zweifellos durch Wachsthumsstörungen entsteht, welche durch die Verarbeitung der Salpetersäure hervor- gerufen werden. Die Rübe nimmt, wie alle Pflanzen, den Stickstoff in Form von salpetersauren Salzen auf. Aus diesen wird die Salpeter- säure assimilirt, die Base bleibt zurück und sammelt sich, soweit sie nicht von der Pflanze verbraucht wird, im Boden an. Wilfarth und Wimmer gaben bei ihren Topfversuchen meist den Stickstoff in Form von salpetersaurem Kalk. In diesem Falle bleibt der Kalk zurück, von dem bisher immer arigenommen wurde, dass er schnell die Kohlen- säure absorbirt und in unschädlich kohlensauren Kalk übergeht. Dies ist nun nicht immer der Fall und namentlich dann nicht, wenn die Rübe schnell vegetirt; es bildet sich dann schneller Aetzkalk als kohlensaurer Kalk entstehen kann, namentlich, wenn nicht genügend Kohlensäure der Luft hinzutritt, also wenn die Ventilation im Topfe mangelhaft ist. Aehnlich liegt die Sache bei Anwendung von Kali- oder Natronsalpeter und kann sich Kaliumoxyd und bei Gegenwart von Kohlensäure kohlensaures Kali bilden. Um auch dieses unschäd- lich zu machen, müssen Kalksalze, z. B. Gips zugesetzt werden, so dass sich durch Umsetzung auch hier kohlensaurer Kalk bilden kann. Es entsteht nun bei den Topfeulturen unter Umständen eine nicht ganz normale Vegetation, nämlich dann, wenn die Pflanzen auf dem günstigsten Feuchtigkeitsgrad gehalten werden; dadurch kann sich zu Zeiten, namentlich bei hoher Temperatur, eine abnorme Intensität des Wachsthums entwickeln. In der Natur wirkt der Boden durch seinen Humus- und Zeolithgehalt regulirend auf die Ausscheidung der Basen und kann der Topf diese Wirkung nur zum Theil ersetzen. Es wurde auch in der That wiederholt constatirt, dass die Bodenlösung eine oft recht erhebliche Alkalität aufwies, und dass eine alkalische Bodenlösung schädlich, ja tödtlich für das Pflanzenleben wirkt, ist eine bekannte Erfahrung. Wilfarth und Wimmer fanden auch durch zahlreiche Beobachtungen zweifellos den Zusammenhang der alkalischen Ausscheidungen mit der Herzfäule. Da nun auf dem Felde, wie früher hervorgehoben, die Krankheit be- sonders dort auftrat, wo stark mit Salpeter gedüngt wurde, so könnte in solehen Fällen die Ursache dieselbe sein, wie bei den Topfeulturen. Weitere Publicationen in der Phoma-Frage übergehe ich, denn sie bringen in dem Widerstreit der Meinungen nichts Neues. Wir haben gesehen, dass Frank in dem Auftreten des Pilzes Phoma Betae die Ursache des Auftretens der Herz- und Trockenfäule sieht, während von gegnerischer Seite dies bestritten oder zumindest gegen Frank der Vorwurf erhoben wird, es wäre ihm nicht über allen Zweifel erhaben gelungen, Phoma Betae als wirkliche Ursache, als selb- ständigen Erreger der Herzfäule nachzuweisen. Verfehlt wäre es aber jedenfalls, den Pilz zu ignoriren und seinem Auftreten keine Aufmerksamkeit zuwenden zu wollen. Dies könnte sich unter Umständen in sehr unangenehmer Weise fühlbar machen, infolge dessen daher einige der Bekämpfungsmassregeln, die Frank gegeben hat, zu beachten sind, umsomehr, als sie auch im All- gemeinen gegen die Bekämpfung der Herz- und Trockenfäule be- achtenswerth erscheinen. Ueber die Entstehung der Herzfäule liegt auch die Ansicht Vahha’s vor, nach welcher die Rübennematoden der Gattung Tylenchus die Ursache wären. Diese Ansicht ist jedoch kaum stichhältig und auch wenig plausibel. Als Abschluss dieses Capitels sei noch die Ansicht von BartoS über die Entstehung der Herz- und Trockenfäule hervorgehoben. Bartos glaubt nämlich, dass diese Krankheit auch in gewissen Beziehungen zu bestimmten Blättersorten steht und hat er die Beobachtung ge- macht, dass Rüben mit nach aufwärts gerichtetem Blattwerk und ZEN. Na unebener Blattoberfläche von der Krankheit mehr heimgesucht waren, als Rüben mit glatter und ebener Blattfläche, deren Blattwerk auf dem Boden ausgebreitet war. Die Erklärung ist darin zu suchen, dass eine Rübe mit ebener Oberfläche der Blätter und auf dem Boden aus- gebreitetem Blattwerke weniger transpirirt und mit der ihr zur Ver- fügung stehenden Feuchtigkeit besser auskommt. Neben der Bedeutung des Blatteharakters spielt aber auch die Form der Wurzel eine Rolle, nachdem zwischen dieser und der grösseren oder geringeren Verbreitung der Krankheit eine gewisse Beziehung besteht. Bartos fand nämlich, dass überall dort, wo die Herzfäule in grösserem Masse auftrat, immer auch mehr Rüben mit gabelförmigen Wurzeln gefunden wurden und namentlich von Herzfäule betroffene Rüben derartig gestaltet waren. Ebenso auffallend war die Erscheinung, dass jene Parcellen, auf welchen die Rüben in ihrer Jugend durch Engerlinge und andere Schäd- linge viel gelitten hatten, und wo infolge dieser Beschädigung die gabel- förmigen Wurzeln häufig vorgekommen sind, die Rüben unter sonst gleichen Umständen unter der später eingetretenen Trockenheit mehr zu leiden hatten und von der Herzfäule mehr angegriffen waren, als die übrigen Rüben. Dieser Umstand dürfte wohl auf die wichtige Funetion der Pfahlwurzel der Püanze, zur Zeit des Mangels an Feuchtigkeit, diese aus den untersten Bodenschichten zu verschaffen, zurückzuführen sein, was die Nebenwurzeln mit Rücksicht darauf, dass sie in so bedeutende Tiefe nicht eindringen, nicht zu leisten vermögen. Da nun bei dieser Krankheit und den Folgen der Trocken- heit überhaupt eine gut entwickelte lange Wurzel eine so wichtige Rolle zu spielen scheint, so ist es nöthig, alle Factoren, wie: Boden- beschaffenheit, Bearbeitung des Bodens, Vertheilung der Nährstoffe und der Feuchtigkeit, sowie die Witterungsverhältnisse zu berück- sichtigen, welehe die Bildung langer Wurzeln unterstützen. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Ueber die Bekämpfung der Herz- und Trockenfäule liegen mancherlei Vorschläge vor und in erster Linie diejenigen, welche Frank aus seinen Untersuchungen und Studien gefolgert hat. Die- selben sollen nun, wie sie Frank vornehmlich in seinem „Kampfbuch gegen die Schädlinge unserer Feldfrüchte* gegeben hat, hervorgehoben werden, unter Berücksichtigung aller derjenigen Einwände, die die Gegner seiner Anschauung geäussert haben. Weiterhin mögen auch die Vorschläge derjenigen Forscher, die sich ia anderen Bahnen bewegen, entsprechende Berücksichtigung finden, nachdem gegebenen Falles auch diese unter Umständen sich nützlich erweisen können. Anfangs versuchte man eine Desinfeetion des Rüben- ENT samens mit 2 und mit 4°/ iger Kupfervitriollösung, ferner mit Sublimatlösung 1:20.000 und mit 1%iger Carbolsäure und schien man damit ganz befriedigende Resultate erzielt zu haben, bis auf einmal ein Rückschlag in der Meinung erfolgte, denn spätere Versuche konnten nur über Misserfolge berichten. Man war eben zu der Ansicht gekommen, dass die Verbreitung des Phomapilzes ver- mittels des Saatgutes zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich sei, nachdem die Infeetion vom Boden herkomme, wobei noch der Vor- behalt gemacht wurde, dass der Pilz in der Natur auch noch auf anderen Pflanzen als der Rübe, wenn auch nur auf Unkräutern, sich entwickeln könne. Daraufhin versuchte man eine Desinfeetion des Bodens selbst, u. zw. mit Kupfervitriol-Kalkbrühe, Kochsalz, verdünnter Schwefelsäure und mit Petroleum, doch ohne Erfolg. Auch die Be- spritzungen des kranken Rübenherzens mit 2 und 4 °/iger Kupfer- vitriol-Kalkbrühe Ende Mai, Ende Juni und Ende Juli brachten keinen Erfolg; man versprach sich davon immer sehr viel, jedoch nur auf dem Papiere, denn die Praxis lehrte gerade das Gegentheil: die Krankheit wucherte weiter und alle gut gemeinten Gegenmassregeln verliefen resultatlos. Eine wichtige Massregel sieht aber Frank in der möglichst frühzeitigen Beseitigung des kranken Rübenmateriales, denn durch dieses wird das Feld durch Phoma Betae immer weiter verseucht. Derselben Ansicht ist auch Doering, denn er nimmt als sicher an, dass der Ansteckungsstoff im Boden liegen muss und dass nur durch ein Entfernen der kranken Rüben aus dem Schlage ein gutes Resultat erzielt werden kann. Er hat in einem Falle die kranken Rüben ausgehoben und an einem entfernten Orte ver- graben, ebenso auch die gesunden, die im Umkreis standen. Die leere Stelle wurde dann derart mit starkprocentiger Bordolaiser Brühe be- gossen, dass sich auf der Oberfläche eine grünliche Schichte von Kupfervitriol und Kalk absetzte. Das Resultat war, dass Phoma Betae auf dem Schlag nicht mehr auftrat. Die Kosten waren gering und standen in keinem Verhältniss zu dem grossen Nutzen. Die frühzeitige Beseitigung der kranken Rüben in radicaler Weise ist bei einem grösseren Auftreten der Krankheit wohl unmöglich und gibt dies auch Frank zu. Eine Verfütterung der von Phoma Betae befallenen Rübentheile ist unbedenklich, da die Sporen und son- stigen Theile von Phoma Betae, wie Frank gefunden hat, durch den Magensaft getödtet werden. Auch durch eingesäuerte Rüben ist keine Verbreitung des Pilzes zu befürchten. Immerhin wird aber krankes Rübenmaterial besser vernichtet als verfüttert werden, wie auch eine Verschleppung in den Dung zu vermeiden ist, nachdem 4 u Ar nach der Beobachtung von Doering neue Felder durch eine derartige Verschleppung kranker Rübenblätter mit dem Pilz verseucht wurden. Für die Bekämpfung der Krankheit sind gewisse äussere Factoren von grösster Wichtigkeit. Obenan steht hier die Trocken- heit. Werden die Rüben durch genügende Winterfeuchtigkeit und Frühjahrsniederschläge in ihrer ersten Entwicklung begünstigt und folgen dann die Sommermonate mit anhaltender Trockenheit, dann ist die Krankheit, wie Frank beobachtet hat, mit ziemlicher Sicherheit in starkem Grade zu erwarten. Die Krankheit ist aber an Trockenheit keineswegs gebunden, denn wenn sie durch dieselbe begünstigt wird, so kann sie doch auch bei den reichlichsten Niederschlägen entstehen, ein Umstand, der uns deutlich zeigt, welche Bocksprünge die Natur manchmal liebt und wie sehr dadurch die Bekämpfung erschwert wird. Selbstredend ist auch der Erdboden von Einfluss auf die Entstehung und Verbreitung der Krankheit. Manche Felder haben oft eine auffallend befördernde Neigung für das Auftreten der Krankheit und ist die Ursache noch unbekannt. Vielleicht ist, wie Frank meint, eine zur Trockenheit neigende Beschaffenheit des Bodens massgebend, vielleicht mag auch die Lage eine gewisse Rolle spielen, immerhin ist aber die Ursache noch unbekannt. Die Bodenart selbst scheint keine bestimmte Rolle zu spielen. Wenn auf gewissen Schlägen die Krankheit regelmässig auftritt, so mag, wie erwähnt, vielleicht irgend eine zur Trockenheit neigende Beschaffenheit des Bodens hiebei massgebend sein, doch ist dies nur eine Annahme und nicht striete bewiesen. Auch die Lage des Bodens scheint, wie erwähnt, in gewissen Beziehungen zu dem Auftreten der Krankheit zu stehen, doch lassen sich auch hier keine festen Anhaltspunkte geben. Was den Einfluss der Düngung anbetrifft, so wurde vielfach die Erfahrung gemacht, dass der Scheideschlamm das Auftreten der Herz- und Trockenfäule begünstigt, und Frank glaubt diese krank- machende Wirkung darauf zurückführen zu müssen, dass eine derartige Düngung einen das Pflanzenwachsthum treibenden Einfluss hat, indem erfahrungsgemäss auf allen so gedüngten Flächen jede Feldfrucht im Frühling einen Vorsprung zeigt, auch die Rüben hier schneller zu üppiger Blattbildung gelangen, was dann eben bei eintretender Dürre wiederum die grössere Wassererschöpfung und die damit zusammen- hängende Anfälligkeit der Pflanze bedingt. Düngungsversuche mit Chilisalpeter‘ haben vielfach ergeben, dass die Krankheit durch Steigerung der Salpetergabe sogar eine Beförderung zeigte und liegt die Erklärung wohl darin, dass die stärkere Salpeterdüngung bei genügender Feuchtigkeit im Frühling ziemlich bald an der Rübe zur Wirkung kommt und sie zu üppigerer Blattbildung und somit zu Be höheren Wasseransprüchen entwickelt, als die nicht so gedüngte Pflanze. Wenn der Salpeter in trockenen Frühjahren nicht sogleich zur Wirkung kommt, dann tritt auch der krankheitsbefördernde Einfluss einer solchen Düngung nicht hervor. Chilisalpeterdüngung hat aber auch insoferne einen Nutzen, als die von der Krankheit befallenen, aber lebend gebliebenen Pflanzen den neuen Blattausschlag, den sie bei eintretendem Regen im August und September treiben, kräftiger bilden, wenn sie von Salpeter unterstützt werden, als ohne diesem. Beobachtet wurde nur, dass concentrirte Lösungen von Chilisalpeter an Wundstellen der Herzblätter kleine, stationär bleibende, braune Flecken hervorbrachten, welche sich nur dann zur eigentlichen Herzfäule vergrösserten, wenn nachweislich einer der plötzlichen Erreger sich eingeschlichen hatte. Phosphorsäuredüngungen änderten an einer Beeinflussung durch den Chilisalpeter nichts. Doering sieht übrigens auch als eine der Ursachen der Entstehung der Krankheit das zu starke Düngen mit Phosphor- säure haltenden Düngemitteln an, da die Phosphorsäure bei der Zucker- rübe Frühreife hervorruft, und begünstigt dieser krankhafte Zustand das Auftreten von Phoma Betae. Doering hat ferner die Beobachtung gemacht, dass Parcellen, die im Winter vorher mit Jauche befahren waren, auffallenderweise frei vom Phomapilz blieben. Er hat daher zur Lösung der Frage: „Ob in der Zuführung des in der Jauche vor- handenen starken Ammoniakquantums ein Präservativ gegen Aufnahme des Phomapilzes gegeben sei“, auf einem Rübenschlag, der im Vor- Jahre Phoma zeigte, während des darauffolgenden Winters einen Streifen mit Jauche befahren und im Frühjahr darauf Rüben ohne künstlichen Dünger bestellt. Dieser Streifen sowohl. wie der übrige Theil des Schlages blieben frei von Phoma Betae. Bezüglich der Düngung mit Kalisalzen fand Frank, dass sich die ungedüngten Parcellen durch ein üppiges Grün ihrer Blätter auszeichneten, während bei steigenden Gaben sich nieht nur keine Abnahme der Krankheit bemerkbar machte, sondern sich sogar eine weitere Verbreitung zeigte. Frank's Versuch wurde auch durch Schwarz bestätigt. Auch nach Kleegrün- düngung im Herbst hat man an den darnach im nächsten Jahre ge- bauten Rüben eine kräftige und frühzeitige Wirkung auf die Blatt- bildung, aber dann auch eine grosse Anfälligkeit für die Herzfäule bei eintretender Trockenheit im Sommer beobachtet. Durch Tiefpflügen auf 14 bis 17 Zoll und der dadurch erzielten Lockerung des Bodens, dürfte der Krankheit, infolge der leichteren Bewegung des Wassers aus der Tiefe und umgekehrt des Regen- wassers in die Tiefe, neben der Bewurzelung der Rübe in die tieferen Bodenschichten entgegengearbeitet werden. Eine zu starke Drainage könnte wieder die Gefahr der Krankheit in trockenen 4F Sommern herbeiführen, so dass dann Zurückstauen des Abflusses oder Vornahme jeder sonstigen ausführbaren Bewässerung geboten erscheinen würde. Weder im Tiefpflügen noch im Auffahren von Wasser mit der Wassertonne, je nach” Bedarf, liegt aber ein un- bedingter Schutz vor der Krankheit, denn Frank hat auf Rüben- schlägen, welche regelmässig von der Krankheit befallen werden, damit nichts erreicht. Dagegen liegen aber nach diesem Forscher in den Methoden der Bestellung und Behandlung der Rüben sehr wirkungs- volle Gegenmittel. Die Bestellungszeit ist von grossem Einfluss auf das Entstehen der Krankheit, denn Erfahrungen haben gelehrt, dass spät bestellte Rüben weniger von der Krankheit zu leiden hatten, als unter sonst gleichen Umständen die zeitig bestellten. Die Erklärung liegst in dem Umstande, dass spät bestellte Rüben gegenüber den zeitig bestellten weiter zurück sind in der Entwicklung ihres Blattapparates und also auch noch nicht diejenigen Ansprüche an das Wasser stellen, welche die weiter entwickelten Rüben machen und die für sie im Juni bei Eintritt der Sommerdürre verhängnissvoll werden. Durch spätere Bestellung kann also in Gegenden und besonders auf solchen Schlägen, die erfahrungsgemäss zur Herzfäule geneigt sind, die Krankheit ver- mieden werden. Durch die spätere Bestellung wird allerdings der quantitative Ernteertrag etwas herabgesetzt, dagegen aber der Zucker- gehalt sogar gesteigert; ersterer Verlust tritt aber auch nicht in dem Grade, wie man vermuthen könnte, auf, so dass die etwas geringere, aber gesunde Rübenernte immer noch besser ist, als eine bei langer Trockenheit eventuell zu befürehtende Missernte infolge der Krankheit. Der Einfluss der Bestellzeit trat in Schlesien wiederholt deutlich her- vor. Ein am 23. Mai bestelltes Rübenstück hatte durchwegs gesunde Pflanzen, während ein daneben liegende, am 10. Mai bestelltes Stück, viele kranke Pflanzen aufwies. Die Setzweite ist auch von Einfluss auf die Krankheit. Verschiedene Setzweiten, nach dem Verziehen hergestellt, ergaben zwar überall Kranke, aber am wenigsten bei geringster Setzweite; mit zunehmender Setzweite zeigte sich eine Zunahme der Krankheit bis zu 10 und 20%, während von den dichter stehenden Pflanzen nur 5°/, erkrankten. Hier ist ebenfalls derselbe krankheitsempfängliche Zustand der Pflanzen im Spiel wie früher. Je weiter die Pflanzen von einander entfernt stehen, desto stärker und blattreicher entwickelt sich die einzelne Pflanze und desto grösser wird somit auch ihr Wasserbedürfniss. Die Versuche Frank’s haben ferner ergeben, dass das Abblatten der Pflanzen sich als eine Massregel von entschiedenster sanitärer Wirkung erweist. Das Abblatten thut allerdings dem Ernteertrag Ab- En ee bruch (z. B. 615 9 Wurzelgewicht gegen 550 9, 566 9 gegen 320 9, 1380 9 gegen 905 g) und ist der Unterschied aufschwererem Boden grösser. Dabei tritt aber hervor, dass der Zuckergehalt wenig vermindert, im Gegentheil öfter erhöht wird. Die Versuche haben weiter ergeben, dass durch das Abblatten im Allgemeinen ein entschieden geringerer Ernteausfall be- dingt wird, als durch das Köpfen der Rüben, d.h. so wie beim Rüben- putzen. Da sich nun das Abblatten als eine Massregel von entschieden sanitärer Wirkung erwiesen hat, u. zw., worauf Frank besonders Gewicht legt, auch bei gewöhnlicher früher Bestellung der Rüben, die sonst ein krankheitsdisponirendes Moment ist, so wird man in dem einmaligen Abblatten der Rüben, auch ohne von der zeitigen Bestellung abzugehen, ein sicheres Schutzmittel gegen Phoma Betae erkennen müssen. Selbstverständlich soll diese Operation nicht als Regel für den Rübenbau gelten, sie wird nur in Betracht kommen können auf solchen Rübenschlägen, welche erfahrungsgemäss an Phoma Betae leiden, und zwar auch nur dann, wenn im Juni oder Juli eine Trockenheitsperiode anzubrechen droht oder die ersten Anzeichen der Herzfäule sich be- merklich machen sollten. Ist die Ernte auch geringer, doch gesund, so ist dies jedenfalls besser als eine geringe und obendrein kranke Rübenerte. Das Abblatten kann entweder in der Weise geschehen, dass die Blätter einer jeden Pflanze mittelseines Schnittes abgetrennt werden, oder aber, im Ausnahmsfall, dass die Rübe, wie beim Rübenputzen, voll- ständig geköpft wird. Beide Schnittweisen sind zulässig, nur dürfte die erste den Vorzug verdienen; die letztere wird dann mehr zur Anwendung kommen, wenn schon Herzfäule eingetreten sein sollte, und das primäre Herz also nicht mehr gesund ist. Bei vollständigem Abschneiden der Rübenköpfe bei ausbrechender Krankheit Ende Juni hatten die Pflanzen in einem Falle bis Ende August den Blattapparat vollständig erneuert; die Wurzeln waren wohl kleiner aber gesund. Zu vermeiden ist aber der die Mitte zwischen beiden Richtungen haltende Schnitt gerade durch die zarte Terminalknospe, weil die allerjüngsten Organe eine Verwundung nicht vertragen, sondern dadurch absterben. Insgesammt fasst Frank seine Ansichten über Entstehung der Herz- und Trockenfäule und deren Bekämpfung wie folgt zusammen: Die Rübenpflanze erkrankt nur deshalb und nur dann, wenn in einer Periode der höchsten Wachsthumsthätigkeit die Grösse ihrer Verdunstungsfläche in einem Missverhältniss zur Wasseraufnahme steht. Nicht das rapide Verschmachten der grossen Blätter ist das Gefährliche, nachdem dadurch die Pflanze schnell ihre Hauptverdunster verliert, vielmehr jener Zustand ist der allein gefährliche, in welchem sich die grossen Blätter zwischen Frischbleiben und Verdunsten lang hinquälen, wo sie als Verdunster noch weiter arbeiten und dadurch Bee yes eben das Missverhältniss zwischen Wasseraufnahme und Verdunstungs- verlust in den Pflanzen erzeugen. Die Pflanzen sind von der Herz- und Trockenfäule zu retten, wenn die Ungleichheit zwischen Ver- dunstung und Aufsaugung in der Periode stärksten Wachsthums herabgestimmt wird. Dieses kann einestheils durch Witterungs- und Bodenverhältnisse von selbst geschehen, anderntheils liegt es aber auch in der Macht des Landwirthes, u. zw. in folgender Weise: 1. Durch Alles, wodurch verhindert wird, dass die stärkste ‚Wachsthumsperiode der Pflanze mit der gewöhnlichen Dürreperiode des Sommers zusammenfällt. Dies kann geschehen: a) Durch späte Bestellzeit, 5) durch geringere Setzweite, c) durch Vermeidung solcher Düngungen, welche ein rasches Treiben der Rüben bedingen, d) durch Züchtung solcher Sorten, welche, bei möglichst kurzer Entwicklungs- dauer, ziemlich spät bestellt, dennoch befriedigende Zuckermengen produeiren. 2. Durch willkürliche Verminderung der Verdunstungsfläche der Pflanze bei eintretender Phoma Betae-Gefahr. Hier ist als Schutz- mittel gegen die Erkrankung die künstliche Befreiung der Pflanze von ihren gefährlichen Wasserverzehrern, den zur Zeit der Sommer- dürre vorhandenen grossen Blättern gemeint. Ob hiezu ein vollständiges Köpfen der Rüben nöthig ist oder nicht auch schon das blosse Ab- schneiden der Blätter unter Schonung des Herzens genügt, müssen weitere Versuche zeigen. 3. Durch Züchtung solcher Sorten, welche überhaupt Widerstands- fähigkeit gegen die Herz- und Trockenfäule besitzen. Später machte Frank übrigens noch eine ganz interessante Beobachtung. Er hat früher, wie hervorgehoben, gezeigt, dass ein wichtiges Schutzmittel gegen die Herz- und Trockenfäule der Rüben darin liegt, dass die Pflanzen beim Eintritt der gefährlichen Sommer- Trockenheitsperiode so viel als möglich in der Blattentwicklung, also inihrer Wasserverdunstungsgrösse zurückgehalten werden, und dass man diesen Immunitätszustand entweder durch späte Bestellung oder aber, selbst bei zeitlicher Bestellung, durch Abblattung beim Eintritt einer Sommerdürre herstellen kann. Im Jahre 1897 zeigte es sich, dass auch die Frühjahrswitterung auf die Zurückhaltung der Blattentwicklung der Rübenpflanzen in dem Grade einwirken kann, dass sie zu einem Factor für die Herstellung eines solchen Immunitätszustandes der Rübenpflanze gegenüber der Herzfäule werden kann. Das Früh- jahr 1897 war trocken und es blieben die Rüben auffallend in ihrer Entwicklung zurück; d. h. sie wurden im Zustande grösserer Immunität erhalten. Als nım die trockene erste Julihälfte kam, hätte nach früheren Erfahrungen die Herzfäule in grösserem Umfange zum Aus- a bruch kommen müssen. Dies geschah jedoch nicht, mit Ausnahme der Flächen, auf welchen unter allen Witterungsverhältnissen die Herz- fäule sich zeigte. Man kann daher aus der Constellation von Frühjahrs- und Sommerwetter eine Prognose für die Herz- und Trockenfäule ableiten. Die Vorschläge Frank's haben von Seite der Praxis nicht all- gemeine Billigung gefunden, sondern wurden von verschiedenen Praktikern heftig bekämpft. Kiehl und auch andere Praktiker theilten von Anfang an — und auch, wie die Zukunft lehrte, mit Recht — nicht die weitgehenden Befürchtungen, welche von Frank bezüglich der Gefährlichkeit des Phomapilzes gehegt wurden. Kiehl wendet sich auch gegen die von Frank empfohlenen Vernichtungsmassregeln, nachdem, wie er behauptet, dieselben gegen den Phomapilz. in der Hauptsache ihren Zweck nicht erfüllen, denn 1. durch späte Be- stellungszeit würde man gegen ein Grundgesetz des Zuckerrüben- baues verstossen. Man soll die Zeit des Wachsthums möglichst zu verlängern bestrebt sein, daher so zeitlich bestellen, als es der Acker, die Witterung und die Gesammtverhältnisse bedingen. 2. Durch engere Setzweite, an sich nicht fehlerhaft, und 3. durch Vermeidung solcher Düngungen, welche ein rasches Treiben der Pflanzen be- dingen, würde man, wie zu 1. einen grossen Fehler begehen. Den vielen Feinden der Rübe gegenüber müsste man im Gegentheil trachten, die Pflanze möglichst rasch’ so widerstandsfähig als möglich zu machen. 4. Durch einmaliges Abblatten der Pflanze würde man, wie zu 1. und 3. einen grossen Fehler begehen; das Bestreben des Landwirthes muss im Gegentheil sogar dahin gerichtet sein, bei den letzten Bearbeitungen nicht zu viele Blätter zu beschädigen und ist aus diesem Grunde das Abblatten unbedingt verwerflich. Gegen die von Frank vorgeschlagenen Mittel zur Bekämpfung der Herz- und Trockenfäule hat sich vor einigen Jahren auch die Landwirthschaftskammer der Provinz Sachsen gewendet, mit der Her- vorhebung, dass diese Mittel mit den sonstigen Anforderungen, die an einen rationelle Rübenbau, um eine normale Ernte zu erzielen, gestellt werden müssen, in directem Widerspruche stehen. Der be- trächtliche Schaden, den ihre Anwendung zweifellos nach allen bis- herigen Erfahrungen dem Zuckerrübenbau zufügen würde, überwiegt so bedeutend den eventuellen Nutzen, den sie vielleicht gegen die Trockenfäule gewähren, dass sich die Landwirthschaftskammer für verpflichtet hält, die praktische Landwirthschaft vorläufig davor zu warnen, sich ihrer auch nur versuchsweise zu bedienen, ehe sie nicht wissenschaftlich exact auf ihre Verwendbarkeit geprüft sind. Frank wendet sich gegen die Ausführungen der Landwirthschafts- re SE kammer, die er, als auf Missverständniss beruhend, zurückweist, unter Aufrechthaltung der von ihm gefundenen wissenschaftlichen Ergebnisse über das Wesen der Herz- und Trockenfäule. Im früheren Capitel wurde auch die Ansicht Bartos’ über die Ent- stehung der Herz- und Trockenfäule mitgetheilt. Sollten sich die Beobachtungen von Bartos bestätigen, so würden sich für trockene Gegenden, wo die Krankheit massenhaft auftritt, Rüben mit glatter, ebener Blattobertläche, mit auf dem Boden ausgebreitetem Blatt- werk und langer Wurzel am besten eignen, nämlich jene Rüben- gattung, welche weniger transpirirt, mit der ihr zur Verfügung stehenden Feuchtigkeit besser wirthschaftet und im Stande ist, sich diese auch aus den untersten Bodenschichten zu verschaffen. Es empfiehlt sich demgemäss, zu allen Mitteln zu greifen, welche das Wachsthum der Rübe in die Tiefe, d. h. die Bildung langer Wurzeln unterstützen, u. zw. 1. Tiefes Behacken des Bodens. 2. Ein wenig späteres Vereinzeln der Rüben, u. zw. auf kleinere Entfernungen als sonst üblich ist. 3. Fleissiges Vernichten namentlich solcher Schädlinge, welche die jungen Rübenwurzeln beschädigen und Ursache zur Bildung gabelförmiger Wurzeln sein können. Aus dem Hervorgehobenen ist zu ersehen, dass also die Be- kämpfung der Herz- und "Trockenfäule sich nicht so einfach gestaltet und dass auf diesem Gebiete noch grosse Meinungsverschiedenheiten herrschen. Die Ursache der Herz- und Trockenfäule ist mannigfacher Natur und hängt von verschiedenen Cautelen ab. Dementsprechend wird sich auch die Bekämpfung gestalten müssen, für welche dem Landwirth, wie aus den vorstehenden Mittheilungen hervorgeht, verschiedene Anhaltspunkte gegeben wurden. Es sind dies leider aber nur Anhalts- punkte, und gewagt würde es erscheinen, dieselben verallgemeinen zu wollen. An einem durchgreifenden Bekämpfungsmittel gegen die Herz- und Trockenfäule fehlt es überhaupt noch und wird sich ein solches auch kaum finden lassen. IV. Der Rübenschorf. (Tafeln VI und VII.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Der Rübenschorf kennzeichnet sich dadurch, und muss dies bestimmt hervorgehoben werden, dass hiebei nur die Rübenwurzel von der Krankheit ergriffen wird, die Blätter jedoch ganz normal ent- wickelt sind. Die Schorfkrankheit erscheint bei der Rübe nur an der Oberfläche und verursacht niemals eine Fäule nach Kay innen, wodurch allein sehon ein Unterschied von der Trocken- fäule gegeben ist; denn dieselbe ist, wie wir gesehen haben, ein pernieiöser Gewebefäulnissprocess, welcher nicht auf das Hautgewebe be- schränktbleibt, sondern ins Grundgewebe der Rübe eingreift und unaufhalt- sam ins Innere derselben fortschreitet. Unter „Schorf“ ist daher nur eine Erkrankung des Hautgewebes zu verstehen. Der Schorf erscheint zumeist fleekenweise in der Wurzelrinde und ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, oft sind grössere Partien neben den Seitenwurzeln frei,manchmal verläuft die Begrenzungslinie zwischen schorfigen und gesund erhaltenen Ober- hautzellen ganz parallel zur Wurzelrille, immer aber ist das Rüben- fleisch unter solchen Schorfstellen gesund. Die Schorfstellen charak- terisiren sich durch einen gewöhnlich vom Kopf nach der Wurzelspitze zuschreitenden, braunrothen bis schwarzbraunen, etwas eingesunkenen und mitunter gegen das gesunde Rübenfleisch scharf abgesetzten Belag von zumeist rauher Oberfläche und rindig-borkiger Beschaffenheit und wird das Fortschreiten der Krankheit durch die Abbildungen auf den Tafeln VI und VII deutlich gekennzeichnet. Je nach der äusseren Form und Gestalt der Schorfbildung kann man, wie Frank hervor- hebt, Buckelschorf, Oberflächenschorf und Tiefschorf unterscheiden. Auf eine prägnante Form des Schorfes wird speciell im folgenden Hauptabschnitt zurückgekommen werden. Schorfkranke Rüben bleiben vielfach in der Zuckerbildung zurück. Hollrung fand in gesunden Rüben 14'23°/, Zucker, in schorfkranken Rüben desselben Feldes nur 9'2°/ Zucker. Briem beobachtete in Tief- Ungarn Schorfbildungen in ganz bedeutender Entwicklung, ja einzelne Stellen des Schorfes erreichen eine Tiefe von über 1 cm und in seiner Ausdehnung bedeckte er beinahe die halbe Oberfläche der Rüben- wurzel. Die Normalrüben hatten 11'7°/, Zucker, die Schorfrüben von demselben Felde nur 7:2°/. Ich habe im Vorjahre Schorfrüben gleichfalls aus Ungarn unter- sucht, bei welchen die Krankheit in verschiedener Weise ausgebildet war. Eine gesunde Rübe desselben Feldes besass einGewichtvon600g und zeigte einen Zuckergehalt von 15°5°/, (Alkohol-Extraetion). Die kranken Rüben wiesen sehr verschiedene Gewichte auf; manche, bei welchen die Krankheit ziemlich ausgedehnt schon aufgetreten war, wogen sogar bedeutend mehr, als Rüben, bei welchen die Schorfbildung geringere Fortschritte gemacht hatte, wie aus den folgenden Zahlen hervorgeht: Zucker in der Rübe Gewicht (Alkohol-Extraction) = a ne Krankheit mässig entwickelt. TIT. 445 „ 11'4 etwas stärker entwickelt. Zucker in der Rübe Kewicht (Alkohol-Extraction) IV. 618 9 11:0) circa '/, der Wurzeloberfläche % 343 „ 11:01 schorfig. vr So 8:9 circa '/, der Wurzeloberfläche schorfig. Vielfache Beobachtungen lassen die Deutung zu, dass bestimmte Theile des Wurzelkörpers dem Erreger des Schorfes erfolgreichen Wider- stand entgegenzusetzen vermögen und lässt dies vermuthen, dass dabei die Säftevertheilung und -Bildung in der Rübe eine gewisse Rolle spielt. Bei dieser Schorferkrankung ist auch noch hervorzuheben, dass sie erst auf dem erwachsenen Rübenkörper auftritt, und also keine Behinderung des Diekenwachsthums der Rübe mehr im Gefolge hat, wodurch sie sich auch besonders von dem im folgenden Hauptabschnitt - behandelten „@ürtelschorf* wesentlich unterscheidet. Wenn die Schorfkrankheit in grösserem Umfange auftritt, so kann durch die Verminderung des Zuckergehaltes der Schaden ein ganz empfindlicher werden. ?. Die Ausbreitung der Krankheit. Der Rübenschorf tritt alle Jahre in mehr oder minder grossem Umfange auf, doch sind bedeutende Schäden bis jetzt nicht bekannt geworden. Aelteren Nachrichten ist auch dadurch nicht recht Glauben zu schenken, nachdem früher unzweifelhaft vielfach die Schorfkrankheit mit der Trockenfäule verwechselt wurde und dadurch die Schäden letzterer Krankheit ungerechter Weise dem Rübenschorf zugeschrieben wurden. 3. Die Entstehung der Krankheit. Bei dem Rübenschorf sind die Zellen der äussersten Hautschichten abgestorben und konnte Frank in den absterbenden Hautschichten sehr kleine kokkenförmige Bacterien nachweisen, die man nach seiner Ansicht wahrscheinlich als die Veranlasser der Krankheit anzusehen hat. Nach den Untersuchungen H. L. Bolley’ss würde der Rüben- schorf und der Tiefsehorf der Kartoffeln dureh denselben parasitischen Organismus hervorgerufen werden, also durch sehr kleine mikro- kokkenähnliche Bacterien. Nach Sorauer geht aber von schorfigen Kartoffeln nieht nothwendig Schorf auf Rüben über, so dass die An- sieht Bolley’s nieht in allen Fällen stichhaltig ist. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Es ist bei dieser Krankheit, nach dem heutigen Stande unseres Wissens über dieselbe, unmöglich, allgemein anwendbare Bekämpfungs- mittel anzugeben, denn diese Krankheit ist in ihrer Ursache noch EN Me viel zu wenig aufgeklärt, um diesbezüglich bestimmte Vorschläge machen zu können. Vielleich kann man hier, wie gegen den Kartoffel- schorf, vorbeugend vorgehen und in der Düngung und Fruchtfolge Vorsicht walten lassen. Es wären daher in erster Linie Felder, die vorher schorfige Kartoffeln getragen haben, zur Rübencultur nicht geeignet und daher möglichst auszuschliessen. Sehr bemerkenswerth sind auch die Vorschläge, die Hollrung gegeben hat. Die Bekämpfung der Krankheit ist nach dessen Ansicht nur durch solche Mittel gegeben, welche darauf hinwirken, dass dem Boden ein gewisses Mass von Feuchtigkeit, wie es die Rübe zum normalen ungehemmten Wachsthum bedarf, gesichert wird. Dazu gehört vor Allem gutes Zurechtmachen des Rübenackers vor Winter, Je krümmeliger der Rübenboden wird, je mehr jedes einzelne Acker- theilchen in sich „gegahrt“ ist, desto wasserhaltender (nicht wasser- haltiger), also ausdauernder in seinen Feuchtigkeitsverhältnissen wird der Rübenboden. Gleichzeitig wird aber die Lufteireulation umso un- gehemmter. In zweiter Linie ist eine kräftige Mistdüngung geeignet, dem Boden die den Rüben nöthige Feuchtigkeit zu erhalten. Dieser Rath bleibt auch dort in Geltung, wo der direet zur Rübe verab- reichte Mist nicht für angebracht erachtet wird. Man wird auch bei Rüben im zweiten Dünger noch die erwünschte Wirkung haben. Als Drittes ist eine Kalkdüngung — die ansonsten allerdings sehr nützlich ist — zur Rübe, dort wo Schorfbildung auftritt, zu meiden. Ein solcher Fall würde z. B. auf einem an und für sich sehr trockenen Boden vorliegen; um ihm die Kalkdüngung nicht ganz zu entziehen, müsste dieselbe zu den Vorfrüchten der Rübe gegeben werden. V, Der Gürtelschorf oder der gezonte Tiefschorf der Rübe. (Tafel VIL) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Unter diesem Namen wurde in jüngster Zeit durch die Abhand- lungen von Frank und Sorauer eine Krankheit allgemein bekannt, die als eine besondere Form des Schorfes aufzufassen ist und sich in ganz charakteristischer Weise äussert, infolge dessen für sie ein besonderer Hauptabschnitt gewählt wurde. Frank nennt diese Erscheinung „Gürtelschorf“, während ihr Sorauer den Namen „der gezonte Tiefschorf der Rüben“ beilegt. Frank hebt hervor, dass diese Krankheit im Jahre 1899 auf- fallend häufig aufgetreten ist; dieselbe ist nicht als neu zu bezeichnen, ER ee: nachdem er sie schon im Jahre 1894 gesehen und beschrieben hat. Da diese Krankheit selten aufgetreten ist, wurde sie wenig beachtet: m Jahre 1899 indessen wurde die Krankheit aus verschiedenen Gegenden gemeldet und stellenweise über empfindlichen Schaden ge- klagt, namentlich aus der Gegend zwischen Oschersleben, Braunschweig und Hildesheim. Die Symptome dieser Krankheit sind so charakte- ristisch, dass man sie leicht erkennen kann. Die Krankheit besteht in einem Missrathen des Rübenkörpers, wobei aber an den Blättern meist nichts Krankhaftes zu bemerken ist, weshalb man erst beim Ausnehmen der Rüben auf die Krankheit aufmerksam wird. Der mittlere dickste Theil der Rübe zeigt eine eigenthümliche Schorfbildung unter erheb- lichem Diekenwachsthum der Rübe an der gleichen Stelle, u. zw. erstreckt sich dies mehr oder weniger gürtelförmig um den ganzen Rübenkörper oder um einen grossen Theil desselben herum; dabei ist das oberste Ende und der ganze untere dünnere Theil der Rübe gesund. Die Rübe sieht daher ungefähr aus, als wenn ein äusseres Hinderniss sie in der Mitte zusammengeschnürt und am Diekenwachs- thum gehindert hätte. Aus diesem Grunde hat Frank die Krankheit als „Grürtelschorf“ bezeichnet. Besonders charakteristisch ist ferner, dass die Verminderung des Diekenwachsthums in der ganzen Schorfzone keine gleichmässige ist, denn es wechseln furchenartige Vertiefungen mit wulstartigen Erhöhungen regellos ab, so dass oft ein Aussehen entsteht, wie dasjenige der Oberfläche eines Gehirnes. Bei manchen solchen Rüben ist die gürtelförmige Einschnürung so stark, d.h. der Process hat schon in so früher Periode begonnen, dass der Rüben- körper ganz und gar durchgeschnürt erscheint, und dann also das untere gesunde Ende ganz fehlt und die Pflanze abstirbt. Frank hat in früheren Veröffentlichungen bereits festgestellt, dass der Krankheitsprocess in einer schorfartigen Zerstörung des Hautgewebes der Rübe besteht und dadurch auch der bekanntlich dicht unter dem Hautgewebe liegende Verdickungsring, welcher das Diekenwachsthum der Rübe vermittelt, in Mitleidenschaft gezogen und damit das letztere gehemmt wird. Natürlich müssen alle Punkte, an denen dieser Process den stärksten Grad hat, schliesslich als Furchen, alle anderen Punkte als erhabene Wulste hervortreten. Ausser dieser an der Oberfläche des Rübenkörpers wirkenden Störung ist nichts Krankhaftes vorhanden, insbesondere ist das ganze Innere des KRübenkörpers, selbst an den Stellen stärkster Wachsthums- beschränkung, in der Regel ganz gesund und weiss. In Bezug auf die Unterschiede dieser Krankheit gegenüber anderen Krankheitszuständen der Rübe ist zu bemerken, dass wohl noch andere schorfartige Erkrankungen der Rübenoberfläche (siehe Hauptabschnitt IV: RE „Der Rübenschorf“) vorkommen, die aber eigentlich erst an dem er- wachsenen Rübenkörper auftreten und also keine Behinderung des Dicken- wachsthums der Rübe mehr im Gefolge haben, so dass solche Rüben etwa wie schorfige Kartoffeln aussehen, während bei vorliegender Krankheit offenbar ein schon in ziemlich früher Periode einsetzender Process vorliegt, welcher aber auch den Wachsthumsvorgang beeinflusst und welcher gürtelförmig, also sowohl über die Backen der Rübe, wie über die Wurzelrinne herumgreift. Von der bekannten Trockenfäule ist diese Krankheit sehr leicht zu unterscheiden, denn erstere ist nicht auf das Hauptgewebe beschränkt, sondern greift in das Grund- gewebe der Rübe ein und schreitet unaufhaltsam ins Innere derselben vor. Ebensowenig ist eine Verwechslung mit der Rübenschwanzfäule oder der Bacteriose der Rüben möglich (siehe Hauptabschnitt VII) nachdem diese Krankheit immer eine vom Wurzelende aus herauf- steigende totale Gewebefäulniss ist, welche oft gar nicht bis zum dicksten Theil der Rübe heraufschreitet und dann nur den ganzen Rübenschwanz zerstört. Nach den bisher vorliegenden Meldungen ist die Krankheit in folgenden Ländern gefunden worden: Hannover, Braunschweig, Provinz Sachsen, Pommern, Schlesien und Böhmen. Es liegen Fälle vor, wo die Krankheit in derselben Wirthschaft, in der sie bereits im Jahre vorher beobachtet wurde, im nächsten Jahre in weit stärkerem Grade aufge- treten ist. Dies könnte den Gedanken nahelegen, dass der Urheber ein Lebewesen ist, welches in der betreffenden Gegend aufgetreten ist oder die @ewohnheit angenommen hat, an den Rüben die geschilderten Erscheinungen hervorzurufen. Sorauer hat zwei Rüben untersucht, von welchen er folgende Beschreibung gibt: Die Rüben waren nur oben im Querschnitt kreisrund und erhielten bald an den beiden Seiten, welche die Wurzelreihen trugen, eine beträchtliche Abflachung, die sich nach dem Schwanzende hin wieder verlor. Die abgeflachten Seiten waren muldenartig vertieft und das Centrum der Mulde war etwa 6 cm von der Schnittfläche am Rübenkopf entfernt. Die Oberfläche der Mulde ist dadurch wellig, dass um ein tiefliegendes Centrum sich die einzelnen Ringe des Rübenkörpers terrassenartig nach aussen ansteigend in mehr oder weniger deutlich hervortretenden concentrischen Ringen erheben. Diese Form der Vertiefung entspricht dem sogenannten offenen, rosenartigen Krebs der Aepfelbäume. So wie dort findet man auch bei den Rüben einen tiefstgelegenen Herd intensivster Erkrankung, der fast bis an die innersten Gefässbündelringe reicht, und jeder neuere Ring springt von dem vorhergegangenen etwas zurück. Das Aussehen der .muldenartigen Vertiefung ist zunderig schorfig, d. bh. der Grund- charakter ist die Zerklüftung, wie sie bei dem gewöhnlichen Rüben- schorf zu sehen ist. Aber die schorfige Fläche zeigt ausserdem eine Menge röhrenartiger Gänge und Löcher, die den Anschein erwecken, als ob ausserordentlich zahlreiche kleine Würmer die Oberfläche zer- wühlt hätten. Das Gewebe in den Gängen ist abgestorben und im Zerfall und diese zerfallenen Gewebemassen geben dem Krankheits- herde die faserige oder zunderige Beschaffenheit. Thierische Feinde, denen man die gangartigen Vertiefungen der Oberfläche hätte zu- schreiben können, waren nicht aufzufinden. An Querschnitten durch solche mit anscheinenden Bohrlöchern versehenen Regionen gewahrt man auch alsbald, dass derartige Gänge keine glatten Wandungen, keine gleichmässige Weite und keinen geraden Verlauf haben, auch kaum jemals Exeremente oder Frassmehl erkennen lassen, sondern oft ganz winkelig, bald eng und bald weit verlaufen. Die Auskleidungen der gangartigen Vertiefangen bestehen aus braunen, verkorkten, zacken- artig vorspringenden Geweberesten, deren Oberflächen durch Zellen oder Zellenreste gebildet werden, welche jenen eigenartigen körnigen Zerfall zeigen, wie die übrige schorfige Oberfläche der Wundstelle. Man sieht ‘auch unterhalb der winkelig verbogenen gangartigen Gruben bis- weilen in deren nächster Nähe im noch weissen Rübenfleische braune Gewebeherde oder schon Löcher mit denselben Zerfallserscheinungen, wie sie die äussere schorfartige Oberfläche aufweist. Serienschnitte lassen erkennen, dass solche Löcher irgendwo in Verbindung mit einer der gangartigen Vertiefungen stehen, also Fortsetzungen der von aussen vordringenden Gewebezerstörung darstellen. Diese gangartige Vertiefung der Krankheitsherde, verbunden mit dem einseitigen Verlust der Gefässbündelringe, ist charakteristisch und muss als eine besondere Form des „Tiefschorfes“ aufgefasst werden, und, nachdem die einzelnen Gefässbündelringe sich nach ihrer Ver- letzung wallartig durch Neubildung von Zellen hervorwölben und damit concentrische Zonen bilden, unterscheidet Sorauer diese Schorf- form als „gezonter Tiefschorf“ von den bisher bekannten Formen. Dass die vorliegende Krankheit thatsächlich als Schorf, u. zw. als die gefährlichste Art desselben aufzufassen ist, dürfte aus der wesent- lichen Uebereinstimmung des Gewebezerfalles mit dem der anderen Schorfformen hervorgehen. Man findet wie bei jenen auch Bacterien an den Krankheitsherden und in diesen möchte Sorauer die Ursache der Gewebezerstörung suchen. Sorauer ist wohl noch nicht in der Lage, die vorhandenen Bacterien zu bestimmen, indess dürfte nach dem Nachweis des gewöhnlichen Schorfes als Bacterienkrankheit seitens amerikanischer Forscher und bei der Abwesenheit sonstiger parasitärer Organismen die Art des Gewebezerfalles die Bezeichnung der vor- liegenden Krankheit als „Schorf“ rechtfertigen. Seiner ganzen Ent- wicklung und seinem äusseren Ansehen nach schliesst sich der „gezonte Tiefschorf* an die anderen bereits bekannten Formen des Schorfes an und stellt nur eine bisher unbekannt gewesene Stufe extremster Heftig- keit mit grossem Gewebeveglust dar. Die Erkrankung schreitet zuerst in der Intercellularsubstanz fort, dieselbe wird später gelockert und beginnt schliesslich körnig-schleimig zu zerfallen. Der Zerfall setzt sich später auf die Zellwand selbst fort, und bei Zusatz von Wasser zu einem frischen Schnitt sieht man neben farblosen Kokken oder Stäbchen dunklere Körnchen als Reste der Zellwand sich abheben. Dieselben waren, bisweilen in Gemeinschaft feinster Bodenpartikelchen, bis zum Wasserzutritt den festen "Theiler der zerfallenen Zellwand ange- klebt, und aus diesem Umstand muss geschlossen werden, dass der Zerfall der Membranen bei der Schorfkrankheit ein „körnig-schleimiger“ ist; sonst erscheint der ganze Vorgang als ein trockener Zersetzungsprocess. Auf den Schorfstellen finden sich wohl Mycelpilze u. dgl. vor und sind derartige Ansiedlungen ziemlich häufig, doch aber nur Zufällig- keiten, die den Charakter der Schorferkrankung in keiner Weise ändern. Bemerkenswerth ist die locale Ausbreitungszone des Schorfes. Das Centrum der muldenartigen Vertiefung, welches gleichzeitig der Ort der intensivsten Erkrankung ist, wurde etwa 6cm unterhalb der Kopfschnitt- fläche gefunden. Von dieser Centralpartie aus lässt die Stärke der Verschorfung nach oben und unten hin insofern nach, als immer weniger Ringe des Rübenkörpers angegriffen erscheinen, also die Krankheit immer mehr auf die äusseren Schichten beschränkt wird. In ihrer localen An- griffsweise lässt sich ein Unterschied nicht finden; es muss also an den Stellen, wo der Schorf am tiefsten im Rübenkörper auftritt, die Zeit des Angriffes seitens des Schorforganismus eine grössere gewesen sein. Mithin kommt man zu folgendem Bilde: Die Schorfbacterien haben den Rübenkörper zunächst, u. zw ungewöhnlich früh im Jahre in einer bestimmten Region unterhalb der Erdoberfläche angegriffen und sind von da in nachlassender Heftigkeit nach oben und unten fortgeschritten. Diese Vertheilung, die auch schon anderweitig beobachtet wurde und nach Frank zu der Bezeichnung „Gürtelschorf“ Veranlassung gegeben hat, lässt vermuthen, dass die Schorfbacterien, wenigstens diejenigen für die Tiefschorfform, am besten gedeihen in einer gewissen Entfernung von der Erdoberfläche, also vielleicht bei einer beschränkten Sauerstoffzu- fuhr. Diese Organismen sind auch zeitlich in ihrer Entwicklung be- schränkt, indem das Stadium ihrer stärksten Angriffsweise im Früh- sommer liegen muss. Für diese Ansicht sprechen die Heilungsbestrebungen des durch den Schorforganismus verletzten Kübenkörpers. Es wurde gegen Mitte November beobachtet, dass unterhalb vieler Schorfstellen sich eine Isolirlage aus wirklichen Korkzellen gebildet hatte, die dem Weiterschreiten der Verschorfung eine Grenze setzte; weiter wurde auch gefunden, dass der Rübenkörper bereits Zeit gefunden hatte, durch Neubildung von Rübenfleisch die verschorfte Oberfläche abzudrängen. Diese Neubildungsbestrebungen sind die Ugsache der terrassenförmigen Vorwölbung der einzelnen Ringe. Ein noch weit auffälligerer Heilungs- vorgang besteht in der Region unmittelbar in der Nähe der oberen Schnittfläche am Rübenkopfe in perlartigen Auswüchsen und flacher Höcker, die bis 1cm Höhe erreichen und kranzartig am obersten Rübentheile vertheilt liegen. Dieselben sind dadurch entstanden, dass in den einzelnen schwächeren Schorfherden eine so mächtige Bildung von Wundcallus stattfand, dass das Rübenfleisch sich hügelig empor- gewölbt hat. In dem Wundeallusgewebe hat sich später eine reguläre Vermehrungszone ausgebildet, welche bis zum Herausnehmen der Rüben die hügelartigen oder perlartigen Vorsprünge noch in dauernder Ver- grösserung erhalten hat. Die Schorfbildung ist dabei nicht ganz zur Ruhe gekommen, sondern zeigt sich in den Anfangsstadien als flache Schorfstellen auch auf den perlartigen oder knolligen Neubildungen. Diese Anfangsstadien erklären auch die Entstehung der wurmartigen Gänge, von welchen anfangs die Rede war. Aus seinen Untersuchungen zieht Sorauer den Schluss, dass die vorliegende eigenartige Erkrankung als eine extreme Form des Rüben- schorfes aufzufassen ist, die entweder demselben Organismus, welcher den gewöhnlichen Flachschorf erzeugt, oder einem nahe verwandten ihre Entstehung verdankt. Nach Hollrung wurde die Krankheit auch früher vereinzelt beobachtet, doch ist sie im Jahre 1899 besonders häufig aufgetreten. Die erkrankte Rübe macht oberirdisch einen gesunden, guten Ein- druck und sind die Veränderungen nur auf die Wurzel beschränkt, wie dies beim Rübenschorf überhaupt zu bemerken ist (siehe Seite 56). Die Form ist häufig verzweigt, verdreht, der Kopf mit gekröseartigen Gebilden besetzt; ihre Oberfläche ist mehr oder weniger vollständig gebräunt. Auf dem Felde befanden sich dicht neben gesunden Exem- plaren kranke Exemplare; in einzelnen Bezirken wurden durch den Gürtelschorf 50°, der Ernte vernichtet. Hollrung widerspricht nicht direct den Ansichten Frank’s über die Ursache dieser Krankheit, möchte aber diese auf ungünstige Witterungsverhältnisse zurückführen. In den Wintern 1897/98 und 1898/99 waren nur geringe Fröste und die Winterfeuchtigkeit ist weit unter diesem Mittel geblieben. Im letzten Jahre kommen dazu noch die ungünstigen Einflüsse. einer langen Trockenperiode im Sommer. Die Landwirthe haben nun trotz sorgfältiger Zubereitung der Rübenpläne wegen mangelnder Winter- ee fröste und Winterfeuchtigkeit die erforderliche Bodengahre nicht er- zielen können. Landwirthe äusserten sich fast ausnahmslos dahin, dass die kranken Rüben an Anbaustellen standen, die bindig waren und nicht „klar“ werden wollten. Daraus erklärt sich auch das Neben- einanderstehen gesunder und kranker Rüben. Die kranke Rübe ist im Erdreich gestanden, das wegen mangelnden Frostes und infolge dessen wegen mangelnder Gahre des Bodens zu dicht in seinem Gefüge war. Die Rübe leidet in derartigem Erdreich Mangel an Luft und Feuchtig- keit. Hollrung erblickt in dieser Krankheit eine Verkorkung der Oberhautzellen; dort, wo die Krankheit weiter um sich gegriffen hat, sind offenbar secundäre Erscheinungen hinzugekommen. Hollrung hält die Bezeichnung „Gürtelschorf“ deshalb auch nicht für richtig, nachdem seiner Ansicht nach ein thierischer oder pflanzlicher Krank- heitserreger fehlt. Die Veränderung der Wurzeloberhaut ist eine Reaction gegen das Vertrocknen. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Wie aus den Mittheilungen Frank’s und Hollrung’s hervor- geht, so ist die Krankheit nicht als „neu“ zu bezeichnen, nachdem sie schon in früheren Jahren beobachtet wurde. Blossfeld glaubt sogar, diese Krankheit schon in den Jahren zwischen 1867 und 1869 beobachtet zu haben, u. zw. nicht nur an Fabriksrüben, sondern auch an Stock- und Samenrüben. Die Rüben stammten immer von leichten Böden, wo Grand oder Kies im Untergrunde war, sowie aus Jahren mit gutem Zuckergehalt in den Rüben und wenig Regen. In den folgenden Jahren scheint die Krankheit nur. vereinzelt aufgetreten zu sein, so dass man ihrer nicht achtete. Frank berichtet weiter, dass man die Krankheit weiter in den Achtzigerjahren bemerkte, seitdem aber, wo der Acker besser gepflegt und gekalkt wurde, minder häufig. An vielen der Rüben musste nach den Beobachtungen im Jahre 1898 die Erscheinung erst, nachdem die Pflanzen ziemlich aus- gewachsen waren, aufgetreten sein, bei einzelnen schon Ende Mai oder anfangs Juni, da die Wachsthumsbehinderung an manchen Stellen bis in die ersten Verdickungsringe des Rübenquerschnittes eingriff. Zuckerbestimmungen ergaben folgendes Resultat: Gesunde Rüben: 148, resp. 144°/, Zucker Kranke 4 2 LED Die Ursache der Krankheit blieb unbekannt. Eine Beschreibung dieser Krankheitserscheinung liegt übrigens auch aus dem Jahre 1897 vor und wurde speciell hervorgehoben, dass das Innere der Rübe weiss, gesund und meist auffallend zuckerreich erschien. Auf strengem thon- oder lehmreichen, besonders auch viele B) EEE Steine enthaltendem Boden war die Erscheinung weit häufiger als auf leichtem Boden. In welcher Weise und in welchem Umfange die Krankheit im Jahre 1899 aufgetreten ist, davon geben die oben hervorgehobenen Mittheilungen von Frank und Hollrung Zeugniss. Dass die Krank- heit auch in Oesterreich-Ungarn aufgetreten ist, daran ist nicht zu zweifeln, leider ist es mir aber nicht gelungen, nähere Mittheilungen zu erhalten. Im October vergangenen Jahres untersuchte ich drei Rüben aus Mähren, deren Aussehen mit der bier beschriebenen Krank- heit Aehnlichkeit hatte und konnte ich nur erfahren, dass die Er- scheinung sporadisch aufgetreten und früher nicht beobachtet (viel- leicht auch nicht beachtet) wurde. 3. Die Entstehung der Krankheit. Frank, der sich mit dieser Krankheit viel beschäftigte, blieben anfangs die Ursachen unbekannt und sind auch seine bisherigen Nachforschungen über die Zerstörer des Hautgewebes dieser Krankheit noch immer nicht zum Abschluss gelangt. Bestimmte Anhaltspunkte, dass es Bacterien sind, lassen sich bis jetzt nicht gewinnen. Vielleicht sind Aelchen die Zerstörer, denn solche Thierchen wurden nicht selten dicht unter der Oberfläche gefunden. Die gefundenen Aelchen gehören aber nicht der Gattung Heterodera, sondern der Gattung Tylenchus oder einer verwandten an. Es muss aber noch entschieden werden, ob diese Aelehen bei dieser Krankheit nur secundär eingewanderte Gäste oder primäre Parasiten und dann also die Ursachen des Gürtel- schorfes sind. Nach Sorauer’s Anschauung hängt eine starke Schorferkrankung mit dem Auftreten einer heissen Trockenperiode auf gewissen Boden- arten zusammen und dürfte unter denselben Bedingungen zustande kommen, unter denen eine andere Bacterienkrankheit, nämlich die „gum- mose Bacteriosis“ (s. Hauptabschnitt VII), sich entwickelt. Die Anzeichen derselben, nämlich das Auftreten geschwärzter Gefässbündelringe an Schnittflächen, die einige Zeit an der Luft gelegen haben, möchten nach Sorauer's Vermuthung auch hie und da gemeinschaftlich mit dem gezonten Tiefschorf zu beobachten sein. Hollrung ist dagegen, wie bereits hervorgehoben, der Ansicht, dass ein thierischer oder pflanzlicher Krankheitserreger fehlt und möchte die Krankheit auf ungünstige Witterungsverhältnisse zurück- führen. Nach der Mittheilung von Blossfeld glaubte man Ende der Sechzigerjahre die Ursache dieser „Rübenmüdigkeit“ in der Armuth des EN Bodens an Kalk und Kalisalzen suchen zu müssen; nach starker Düngung mit den betreffenden Nährstoffen blieb jedoch diese „Rübenmüdigkeit“ dieselbe. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Bei der Verschiedenartigkeit der Ansichten, die über die Ent- stehung der Krankheit gegenwärtig noch herrschen, ist es unmöglich, irgendwelche Bekämpfungsmassregeln anzugeben. Blossfeld meint zur Bekämpfung des Gürtelschorfes einen Anbau von Cichorien hintereinder zu empfehlen oder auf Cichorien Kartoffeln folgen zu lassen. Was er damit bezwecken will, ist nicht recht klar. Wenn durch einen Zwischen- bau von Cichorien die Nematoden im Boden absterben, wie er ge- funden hat, so liegt darin keine Bekämpfungsmassregel gegen die Krankheit, nachdem dieselbe mit den Nematoden nichts zu thun hat, und auch Tylenchus und andere verwandte Gattungen, deren Thätigkeit in Bezug auf die Entstehung der Krankheit übrigens noch sehr in Frage steht, werden sich durch einen Cichorienzwischenbau gewiss nicht abhalten lassen. VI. Der Wurzeltödter oder die Rothfäule der Rüben (Rhizoctonia violacea Tul.). (Tafeln VIII und IX.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Die Krankheit, welche ausser auf Zucker- und Futterrüben auch auf Luzerne, Möhre, Zwiebel und Saffran auftritt, charakterisirt sich durch einen Ueberzug von dunkelpurpurrother oder violetter Farbe, der zumeist am unteren Theil der Rübe seinen Ausgang nimmt, am Rübenkörper emporsteist und denselben bei starkem Befall voll- ständig umkleidet. Der Kopf der Rübe bleibt zumeist frei oder wird nur bei aussergewöhnlich starkem Auftreten der Krankheit mit be- troffen (siehe Tafel VIII). Es finden insoferne auch Abweichungen statt, dass, wie Hollrung beobachtete, der Ueberzug bis nahe zum Kopf geht oder sich in der Mitte der Rübenwurzel vorfindet, ohne gleichzeitig auch die Wurzelspitzen ergriffen zu haben. Die Flecke erscheinen mitunter dicht punktirt oder narbig. Tritt die Krankheit mässig auf, so finden sich nur einzelne Flecke vor, die einen geringen Theil des Rübenkörpers bedecken, sich zumeist nur an dem unteren Theile desselben befinden und eventuell auch : die Seitenwurzeln s%* 5‘ A bedecken. Im Jahre 1899 habe ich übrigens auch rothfaule Rüben untersucht, bei welchen die Krankheit ganz merkwürdig auftrat, indem nämlich nur der Rübenschwanz, worunter der unterste Theil der Rübenwurzel zu verstehen ist, von der Krankheit befallen war, während der eigentliche Rübenkörper, der für die Verarbeitung der Rübe von Wichtigkeit ist, vollkommen gesund blieb und keine Spur von Flecken aufwies. Die befallenen Rübenschwänze waren spiral- förmig eingedreht, verschrumpft, runzelig aussehend und so hart und zugleich spröde, dass sie leicht abgebrochen werden konnten (Tafel IX). Gegen den gesunden Rübenkörper waren die erkrankten Wurzelspitzen zumeist deutlich abgeschnürt. Bei einer Rübe bildete der ebenfalls ganz harte Ueberzug eine Art Röhre, welche von dem eingeschrumpften harten Schwanzende der Rübe leicht abgezogen werden konnte. Die, wie erwähnt, ganz gesunden Theile der Rübenwurzeln, die bei der Verarbeitung in Betracht kommen, zeigten auch einen ganz normalen Zuckergehalt, waren aber nur gering im Gewicht, welches — die Untersuchung wurde am 14. November vorgenommen — zwischen 150 bis 250 q schwankte. Die Krankheit befällt ausschliesslich den Rübenkörper, hat also ihren Sitz in der Erde. Sie tritt gewöhnlich erst im Spät- sommer auf, wird aber, wenn sie nicht zu sehr vorgeschritten ist und daher durch das Verwelken der Blätter verrathen wird, erst bei der Ernte bemerkt. Bei dem gewöhnlichen Auftreten der Krankheit färbt sich unter den Flecken bald das darunter liegende Zellgewebe braun und die Rübe geht in Fäulniss über. Die Rübentheile sind dann zumeist weich und manchmal, um einen bezeichnenden Ausdruck zu gebrauchen, förmlich „quatschig“. Kleinere Rüben verfaulen oft vollständig und sind dann bei der Ernte kaum mehr zu finden; so hatte ich Exemplare "in Händen, die nicht einmal 100 9 wogen. (Auf Tafel VIII ist ein typisches Exemplar abgebildet.) Grössere Rüben und auch solche, die 800 4 und noch mehr wiegen, leisten der Krankheit ziemlich lang Widerstand, doch gehen auch sie schliesslich und dann zumeist in den Miethen in Fäulniss über. Durch das Ueberhandnehmen des die Krankheit erzeugenden Pilzes geht natürlich der Zuckergehalt der Rübe unter Umständen rapid zurück. Nach den Untersuchungen von Stoklasa enthielt eine Rübe bei schwach rosa Anflug 11'6°/, Zucker; im zweiten Stadium, bei welchem die Rübe eine warzige Hülle besass, fiel der Zuckergehalt auf 8-4 °/, Zucker und im dritten Stadium, bei welchem die Rübe einen rothbraunen Ueberzug aufwies und das Parenchym- BO gewebe gänzlich zerstört war, waren nur mehr 22%, Zucker vorhanden. Die vollständig in Fäulniss übergegangene Rübe besass den wohl nicht mehr überraschenden Zuckergehalt von 06 %/,. — Eine ganz merkwürdige und bis jetzt unaufgeklärte Erscheinung ist ferner, dass die Krankheit schon wiederholt auf Plänen auftrat, wo man zum ersten Male Rüben baute. Gaillot beobachtete z. B. einen Fall, bei welchem die Rüben zuerst auf einem urbar gemachten Eichengehölz angebaut und schon im ersten Jahre von der Krankheit ergriffen wurden. Auf altem Rübenlande tritt hingegen die Krankheit sehr selten auf, wenigstens deuten die neueren Beobachtungen übereinstimmend darauf hin. Frank fand bei einem derartigen Auf- treten einen sehr hohen Zuckergehalt. So ergab eine Untersuchung am 13. October folgende Zahlen: 22:7° Balling, 18:51 Zucker im Saft, 815 Quotient, Zucker in der Rübe 161%. Nach den Mittheilungen Vivien’s trat die Krankheit in gewissen Gegenden Frankreichs im Jahre 1899 in grösserem Massstabe, als es früher der Fall gewesen ist, auf. Die Wurzel blieb oft verkümmert und klein und der Ertrag sank ganz bedeutend. Die Rüben liessen sich, was wohl selbstverständlich ist, sehr schlecht verarbeiten und ist es nur zu verwundern, dass man in Frankreich das kranke Material über- haupt verarbeitete, nachdem der Schaden infolge schlechter Ver- arbeitung und der damit verbundenen schlechten Ausbeute wohl grösser ist, als wenn man die kranken Rüben in irgend welcher Weise vernichtet. Vivien fand in den kranken Rüben bedeutend mehr Invert- zucker (bis zu 112%); die Acidität des Saftes war gewöhnlich schwächer, was bei abnormen und alterirten Säften häufig der Fall ist. Der Reinheitsquotient war bedeutend gesunken (was wohl auch nicht überrascht) und die von dem Pilz befallenen Wurzeln enthielten mehr Salze als die gesunden; ferner wurde auch eine Zunahme der Eiweissstoffe beobachtet, sowohl in Bezug auf das Albumin, als auch der löslichen Verbindungen. Zum Schluss sei noch auf eine Erscheinung aufmerksam ge- macht, die ich im Herbste 1892 zuerst beobachtet und beschrieben habe. Es kamen damals Rüben vor, welche stellenweise mit einem rothbraunen Ueberzuge versehen waren, welcher an manchen Exem- plaren nur den Schwanz der Rübe und eventuell die kleinen Seiten- wurzeln bedeckte und einen Theil des Rumpfes und den Kopf voll- ständig frei liess. Bei mehreren Exemplaren hingegen fand sich der Ueberzug vorwiegend nur am Rumpfe vor und liess die unteren Theile der Rübe mehr oder weniger unbedeckt; wieder andere Exem- plare wiesen am Kopf an einzelnen Stellen den rothbraunen Ueber- zug auf und waren sonst frei davon. Der Ueberzug haftete durchaus nicht fest an der Epidermis, sondern liess sich sehr leicht mit dem Fingernagel entfernen. Bei allen Rüben sah die unter dem Ueberzuge befindliche Epidermis ganz normal aus und zeigte weder Flecke noch Sprünge. Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass der Ueberzug. aus einem vollständigen Gewebe von septirten, violett gefärbten Myceliumfäden bestand und dass das Pilzgewebe nirgends in das Zellgewebe der Rübe eindrang. Das Innere der Rübe besass auch ein vollständig gesundes Aussehen, und im Rübenfleisch traten unter der Epidermis niemals brandige Flecke auf. Bei mehrmonatlichem Liegen schrumpften die Rüben ein; manche wurden so hart, dass sie mit dem Messer nur mit Mühe durchschnitten werden konnten; irgend welche Fäulniss konnte jedoch nicht beobachtet werden. Die Rüben wurden von der Fabrik direct von den Miethen aus verarbeitet und gaben bei der Verarbeitung weder zu auffälligen Erscheinungen noch Betriebsstörun- gen Anlass. Die beschriebene Erscheinung habe ich auch in den nächsten Jahren vereinzelt beobachtet, desgleichen im Jahre 1899 auf Rüben aus Südungarn (siehe Tafel IX. Hier ist an einer Stelle der abgelöste Ueberzug und das darunter befindliche gesunde Rübenfleisch deutlich zu sehen). Angestellte Infectionsversuche hatten keinen Erfolg, während bei dem eigentlichen Wurzeltödter die Infeetion, wie schon Hollrung gefunden hat, und wie ich dies durch directe Impfversuche an gesunden Rüben bestätigen kann, leicht vor sich geht. Die zuletzt beschriebene Krankheit besitzt also durchaus harmlosen Charakter, und es unter- liegt gar keinem Anstand, die befallenen Rüben zu verarbeiten oder zu verfüttern. Dadurch, dass das Innere der Rübe ganz gesund ist, ist die Erscheinung auch leicht vom Wurzeltödter zu unterscheiden. Möglicherweise liegt hier ein Vorbote des Wurzeltödters vor, doch fehlt mir hiefür noch jeder Beweis. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Krankheit ist ziemlich verbreitet, namentlich in Böhmen, wo man ihr auch den Namen „rother Schimmel“ beilegt, und findet man sie alle Jahre in mehr oder minder starkem Grade. Der Schaden ist im Allgemeinen kein besonders erheblicher, da, namentlich nach den Beobachtungen der letzten Jahre, die Krankheit an Umfang abgenommen hat und sie sogar zu den „gutartigen*“ ge- rechnet wird. Immerhin sind aber doch Fälle bekannt, wo sie, infolge ihres mässigeren Auftretens, ziemlich Schaden verursacht. Im Jahre 1899 trat die Krankheit in Frankreich, nach Mittheilungen Vivien’s, im September nach NRegengüssen, welche einer zweimonatlichen Trockenheit folgten, auf, wodurch die Entwicklung der erkrankten NER, et Rüben vollständig eingestellt worden war. Die Rüben hatten dabei weder an Gewicht noch an Zuckergehalt zugenommen. Vorsicht ist daher bei dieser Krankheit immer anzuempfehlen. 3. Die Entstehung der Krankheit. Der Wurzeltödter ist eine schon längst bekannte Krankheit, die bereits in den Fünfziger-Jahren von J. Kühn in Deutschland vorgefunden und beschrieben wurde. Aus verschiedenen alten Arbeiten glaube ich sogar annehmen zu dürfen, dass der Wurzeltödter schon in den Vierziger- Jahren in Frankreich aufgetaucht ist. Die Krankheit wird durch den Pilz Rhizoctonia violacea Tul. verursacht, der den rothen Ueberzug bildet. Es ist aus mehrfach durchgeführten Infeetionsversuchen anzunehmen, dass der Pilz einer besonderen Fruchtform zu seiner Fortpflanzung nicht bedarf, son- dern sich hierzu einfach seiner Mycelfäden, vielleicht auch der etwas an Sklerotienbildung erinnernden Knäuel von Mycelfäden, bedient. Das Mycelium des Pilzes lebt ohne Zweifel vereinzelt im Boden, denn nur in dieser Weise ist an eine Infeetion zu denken, und wächst dann unter gewissen Umständen am Rübenkörper auf, wo die Krankheit zur mehr oder weniger kräftigen Entwicklung und Ausdehnung gelangt. Hollrung gelang es durch Eingraben von roth- faulem Rübenmaterial vor Winter, jedesmal die in dem Boden im darauffolgenden Jahre angebauten Rüben mit Rhizoctonia violacea zu verseuchen. Hierbei konnte er bemerken, dass das Auftreten des Pilzes nicht ausschliesslich an die tiefer gelegenen Ackerstellen ge- bunden ist, denn die künstlich infieirten Rüben trugen den rothen pelzigen Ueberzug zum Theile dicht unter dem Rübenkopf, während die unteren Wurzelpartien vollkommen gesund waren. Im Felde pflegt die Rothfäule allerdings zumeist von unten, d. h. von der Wurzelspitze nach oben hin vorzudringen. Nach Prillieux findet sich der Pilz niemals an noch gesunden Rübentheilen, sondern nur an stark alterirten Wurzelpartien, deren Structur dem Pilz ein leichtes Eindringen gestattet. Stoklasa ist der Ansicht, dass das Mycelium des Pilzes in dem parenchymatischen Gewebe der Rübe Enzyme ausscheidet, welche durch energische hydrolytische Zersetzung die Saccharose in Hexosen umwandelt, eine Ansicht, die aber erst noch weiter bewiesen werden muss. Für eine intensive Entwicklung der Krankheit sind gewisse, wenig bekannte klimatische* Verhältnisse erforderlich, indem es schon vorgekommen ist, dass ein Feld in einem Jahre ganz gesunde Rüben geliefert hat, trotzdem im Vorjahre dasselbe Feld von der Krankheit befallen worden war. Die Rhizoctonia wurden besonders dort con- BR N er statirt, wo die Rübe am meisten durch die Trockenheit zu leiden hatte. Es wurden daher im Sandboden viel mehr kranke Rüben gefunden als im Lehmboden. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Zur Bekämpfung der Krankheit erscheint es geboten, die kranken Rüben sorgfältig aus dem Felde zu entfernen, um der Vermehrung des Pilzes nicht Vorschub zu leisten. Rüben, die nur an dem Wurzel- schwanz von der Krankheit befallen sind, können nach der Beseiti- gung desselben und, wenn der eigentliche Wurzelkörper gesund ist, unbedenklich zur Fütterung benützt werden. Dass stark erkrankte Rüben nicht verfüttert werden dürfen, sondern beseitigt werden müssen, ist wohl selbstverständlich. Man wird sich hüten müssen, den kranken Abfall auf den Composthaufen oder in den Dünger gelangen zu lassen, nachdem man dadurch nur dazu beitragen würde, den Pilz in seiner Ausbreitung zu begünstigen. Vorsicht kann niemals schaden, so dass, wenn bedeutend erkrankte Rüben vorliegen, man dieselben nach Kräften vernichtet, sei es durch Verbrennen oder durch intensive Fäulniss in der Jauchegrube, wodurch auch das Pilzmycelium zer- stört wird. Wenn die Rothfäule auch ziemlich verbreitet ist und alle Jahre auftritt, so hat sie doch infolge der jetzigen Cultur so ziemlich an Grefährlichkeiten verloren, und sind Calamitäten, wie sie früher be- obachtet wurden, kaum mehr zu befürchten. Nach Hollrung pflegt der Pilz vorzugsweise dort aufzutreten, wo beim tiefen Pflügen sogenannter todter Boden an die Oberfläche gebracht worden ist, ferner dort, wo Rüben auf etwas eingesenkt liegenden, viel Grund- wasserfeuchtigkeit.enthaltenden Böden stehen, und endlich auf solchen Flächen, wo in häufiger Folge Zwiebel, Möhre, Luzerne mit Zucker- und Runkelrübe gebaut werden. Dementsprechend hat man daher von den zur Beseitigung der Rothfäule gerichteten Massnahmen be- sonders jene zu beachten, die auf einer entsprechenden Abänderung der Fruchtfolge und in einer energischen Kalkung der die Rothfäule hervorrufenden Ackerstellen beruhen. Bei undrainirten Böden wird wohl auch auf entsprechende Drainirung Rücksicht zu nehmen sein. Alle diese Massnahmen hat der Landwirth in der Hand und er ist dadurch in der Lage, einer Krankheit, die einst zu den gefürchtetsten zählte, durch die verfeinerten Culturarbeiten mit einer gewissen Be- ruhigung entgegentreten zu können. Welche Massregel er zu ergreifen hat, kann nicht generaliter gegeben werden; jedenfalls bieten aber die mitgetheilten Vorschläge genügend Material zur Bekämpfung der Krankheit. Ira he VII, Die Rübenschwanzfäule oder die Bacteriose der Rübe. (Tafeln II und V.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Gegen Ende Juli, manchesmal auch noch viel später, bemerkt man an den Blättern der Rüben eigenthümliche Veränderungen. Die älteren Blätter verlieren gänzlich oder theilweise ihre ursprüngliche Farbe, erscheinen dunkelbraun, die verwelkten braunen Theile sind zähe, nicht zerreiblich und die gebräunten Blattstiele schrumpfen ein. Der Braun- färbung geht eine von der Spitze aus fortschreitende Vergilbung voraus, die zuerst am Rande erscheint und von da aus keilförmig in jedem zwischen zwei stärkeren Rippen des Blattes gelegenen Felde nach den Mittelrippen hin weitergreift, so dass die direct an den Rippen selbst gelegenen Blattpartien am längsten grün bleiben. Schliesslich sterben die Blätter ab. Die Erscheinung ist zumeist nur eine locale, eine nesterweise, denn bis jetzt hat man die Krankheit nur stellenweise auf dem Feld und nicht in der ganzen Ausdehnung desselben angetroffen. Das Herz bleibt auch ganz gesund und zeigt keine auffälligen Erscheinungen. Die Krankheit wird aber dann erst sicher erkannt, wenn die auffälligen Pflanzen aus der Erde gezogen werden. Der unterste Theil des Rübenkörpers — der Schwanz — ist vollständig abgestorben, zeigt eine schwarze oder schwärzlichgraue Farbe, die bis zur Hälfte des Rübenkörpers und noch höher steigt, wie auch die Abbildung auf Tafel II deutlich zeigt. Die Krankheit steigt also von unten nach oben auf und lässt den Kopf der Rübe zumeist unberührt. Hand in Hand mit dieser äusseren Erscheinung welkt die Rübe und schrumpft ein. Die befallenen Theile des Rübenkörpers sind abgestorben und betrifft dies dann nicht allein die Haupt-, sondern auch die Seitenwurzeln der Rübe. Da die Krankheit, resp. die Fäule von unten nach oben aufsteigt, so ist eine Verwechslung mit der Trockenfäule, die die unteren Theile des Rübenkörpers nie- mals befällt, nicht möglich. Frank schlägt daher für diese Krankheit den Namen „Rübenschwanzfäule* vor, der dieselbe ganz passend charakterisirt, infolge dessen auch diese Bezeichnung als Ueberschrift gewählt wurde. Eine Verwechslung mit dem Wurzeltödter ist ebenfalls nicht möglich, da der charakteristische Pilzüberzug des Wurzeltödters bei der Rübenschwanzfäule vollständig fehlt. Die Krankheit tritt, wie oben bemerkt, manchmal schon im Juli auf, gewöhnlich aber erst gegen das Ende der Vegetationsperiode der Rübe und kann dann der Landwirth schon durch die Veränderungen der Blätter auf dieselbe aufmerksam a werden. Ein bestimmtes Kennzeichen ist allerdings letzteres auch nicht, denn vielfach wird man auf die Rübenschwanzfäule erst beim Ausneh- men der Rüben aufmerksam. Ich habe schon wiederholt die Krankheit in ihrer ganzen charakteristischen Erscheinung erst in den Miethen beobachtet und muss sie sich hier ausgebildet haben, nachdem Oekonomen versicherten, beim Herausnehmen der Rüben aus dem Felde irgend- welche Auffälligkeiten nicht beobachtet zu haben. Je nach dem Grade der Krankheit schwankt auch die Grösse der Rüben; je zeit- licher die Krankheit zum Ausbruch kommt und je früher eine Störung des Blattapparates eintritt, umso natürlicher ist, dass der Rübenkörper im Gewichte zurückbleibt. Ich habe stark erkrankte Rüben mit nur 1509, dagegen auch solche, die bis zu 5009 wogen, untersucht. Schneidet man eine Rübe an den kranken Stellen durch, so ist hier das Fleisch ziemlich schwarz und zeigt eine ganz eigenthümliche speckige Beschaffenheit; bei starkem Fortschritt der Krankheit ist das par- enchymatische Gewebe fast oder vollständig zerstört. Manche zer- schnittene Rüben riechen, wie Sorauer hervorhebt, eigenartig und erinnert der Geruch etwas an Johannesbrot. Bei einer derartig hochgradigen Fäulnisserscheinung, wie sie eine solche Rübe bietet, ist es nicht zu verwundern, dass sich an derartigen Rüben der gemeine Pinselschimmel (Penieillium glaucum) und auch der bekannte Micro- coceus prodigiosus (Pilz der rothen Milch, Hostienblut) ansetzen und ihnen dann das Aussehen eines recht verfaulenden Pflanzenorganismuses geben. (Zu verwechseln ist übrigens dieses, namentlich in den Miethen auftretende, Faulen nicht mit der sehr häufig vorkommenden Zer- setzung der Rüben in Miethen, wobei die Rüben an ihrer Oberfläche mit einem dichten, weissen Filz bedeckt sind, der durch den Pilz Sclerotinia Libertiana Fuckel verursacht wird.) Die erkrankten Rüben erweichen von aussen nach innen und lösen sich endlich zu einer breiigen Masse auf; charakteristisch ist, dass sich an der Oberfläche der faulenden Rüben manchmal auch unregelmässige, knollige, schwarze, bis 1cm grosse Warzen oder Krusten bilden. Derartig erkrankte Rüben sind natürlich sofort aus den Miethen zu entfernen und zu vernichten. Durchschneidet man eine an der Rübenschwanzfäule erkrankte Rübe am Kopf — also im gesunden Theile — und lässt die Stücke einige Zeit an der Luft liegen, so bräunt sich die anfangs farblose Schnitt- fläche und es tritt eine dunkle, sich alsbald schwärzende Flüssigkeit in feinen Tropfen an den Stellen der durchschnittenen Gefässbündel heraus, was sich in ringförmig gestellten kleinen schwarzen Punkten zeigt. Die Zeichnung auf Tafel V gibt ein deutliches Bild eines der- artigen Durchschnittes. Diese Erscheinung ist, meiner Meinung nach, sehr charakteristisch und habe ich dieselbe noch bei allen unter- Zr N suchten rübenschwanzfaulen Rüben gefunden. Nach Frank wäre es aber falsch, diese Erscheinung als ausschlaggebendes Kennzeichen für die Rübenschwanzfäule betrachten zu wollen. Es tritt nämlich an jedem Durchschnitt einer frischen Rübe nach einiger Zeit ein Saft- tröpfehen aus den Gefässbündeln aus, nur ist und bleibt dasselbe farblos, was eben bei der Rübenschwanzfäule nicht der Fall ist. Wenn aber der austretende Saft Färbungen annimmt, so zeigt dies an, dass zugleich ein Chromogen vorhanden ist, welches bei Luftzutritt sich dunkelviolett färbt oder auch schon in der Pflanze zu Farbstoff umgesetzt sein kann. Die Ursache dieser Chromogenbildung ist bis jetzt unbekannt. Ueber die Zusammensetzung bacterioser Rüben liegen wenig Unter- suchungen vor. Herzfeld*) untersuchte Rüben, von denen bei den kranken die austretenden Tröpfehen bei der Voruntersuchung Lackmus- papier blau färbten und fand folgende Zahlen: März April gesunde kranke gesunde kranke Rüben Rüben Speeifisches Gewicht des Dates cn... 05,506 10741 10500 (bei 18:5°) 1:0496 Asche im Saft .... 044 0:51 0:73 0:38 Saftpolarisation . . . .15°6 154 11:73 9-45 Inverizueker' . . .,- ..: 009 0:21 0:20 0:23 Alkoholische Digestion. — —_ 11'62 9:35 Schnittflächen zeigen . — — saure schwachs. Reaction Zu diesen Zahlen bemerkt Sorauer: „Somit finden wir bei den kranken Rüben die schwächer saure Reaction, einen höheren Aschen- gehalt, weniger Zucker und mehr Invertzucker, obgleich sich in den gesunden Rüben, während der Aufbewahrung auch reichlich Invertzucker gebildet hat.“ An von mir Ende 1898 untersuchten Rüben war die Krankheit wohl in einem anderen Masse vorgeschritten, als bei obigen Rüben, wie die Zahlen auf Seite 76 zeigen, zu welchen noch bemerkt sei: Rübe I war beinahe abgestorben, Rübe II war anscheinend minder erkrankt, Rübe III war ziemlich trocken, geschrumpft und am unteren Theile der Rübenwurzel etwas spiralförmig eingedreht, die Krankheit hatte jedoch keinen derartigen Fortschritt wie bei Rübe I und II gemacht, denn es erwies sich nur das untere Schwanzende der Wurzel als todt; Rübe IV war ungefähr wie Rübe II erkrankt. *), Nach brieflicher Mittheilung Herrn Prof. Dr. P. Sorauer's. Rübe I | Rübe II || Rübe Im Rübe IV 5 5 Ss 5 8,5 55 = 5% > 8% =s% a aa = |sz2l a 7 sSszö2l 3 E92 2 anal: 2 Mal 2 AH 2 A Rn lese Near ner er jaree es a8 | a 8 | y /o N 9 jr 0 || I BaRser ee 8683| — | 7540) — | 50:62 — | 63:06. — BENgEIBS ie al a 0:69) 5301 1235| 5031 2311 469) 4°06| 14-04 Nicht eiweissartige Stick- | stoffsubstanz .......... 0-06| 046] 019] 077] 1.631 3341| 1-32) 3-58 Fett (Aetherextract) ..... 0:70 5:37 0785| 344) 0:68| 1389| 4121| 428 Rohrzucker (Alkohol-Ex- | traction n. Scheibler) ..| 040| 3:07| 4140| 3:64 1240| 2517) 1-30) 3:52 Invertzucker ............ 1:65| 12:67) 1:50) 604 2701 5348| 059 14 Stickstoffreie Extractivstoffel 637] 48:94 13:05) 52:58] 2127| 4316| 19:89] 5393 Bohtager,. 2,030, 92%. 1450| 1152| 4:06) 1636| 429) 8741 4.27) 11-58| Boinassha ge 1-65| 12:67) 2:59] 1044| 3:99) 8-10) 431) 11-69 SE EA TETEN Gas eo oM — 0.06| — 1000) 100:00| un) 1090-00 100.00 100:00 u 100:00 Wie aus diesen Zahlen hervorgeht, so ist der ganz bedeutende Rückgang des Rohrzuckers bei Rübe I, II und IV in Anbetracht der weit vorgeschrittenen Krankheit nicht verwunderlich. Der hohe Ge- halt an Rohrzucker bei Rübe III kann insoferne nicht überraschen, nachdem diese Rübe nur in verhältnissmässig leichtem Grade von der Krankheit befallen war. Ueberraschend ist nur, dass geradebei dieser Rübe die Menge des Invertzuckers eine ganz beträchtlich hohe Zahl erreichte, derjenigen der kranken Rübe II ziemlich gleich war und diejenige der Rübe IV, die doch beinahe wie Rübe II erkrankt war, ganz bedeutend überschritt. Rübe IV zeigt dagegen wieder gegenüber den anderen drei Rüben einen verhältnissmässig geringen Gehalt an Invertzucker. Dieses Ergebniss weist also auf ganz eigenthümliche Verhältnisse hin. Wir finden in einer Rübe, die allerdings nicht gesund ist, sondern schon nach ihrem äusseren Ansehen alterirt erscheint, einen ganz normalen Zuckergehalt, dagegen jedoch eine derartig grosse Menge an Invertzucker — oder allgemein ausgedrückt: an kupferredueirenden Substanzen — die ausserordentlich überrascht und nur in den durch die Krankheit eingetretenen merkwürdigen chemischen Veränderungen des Wurzelkörpers ihre Ursache haben muss, wofür noch jede plausible Erklärung fehlt. Die Menge der anderen Substanzen bietet keine ET auffälligen Zahlen. Die Zusammensetzung der Reinasche — deren Wiedergabe jedoch an dieser Stelle ohne Interesse ist — hatnurin dem abnorm hohen 'Thonerdegehalte auffallende Zahlen geboten, u. zw. bei allen vier Rüben. Auch darüber lässt sich kein Anhaltspunkt finden, wie überhaupt die heutigen Bestrebungen, die chemische Untersuchung auf das Gebiet der Pflanzenpathologie auszudehnen, uns noch lange nicht berechtigen, aus den erhaltenen Resultaten irgendwelche Schluss- folgerungen zu ziehen oder daran bestimmte Reflexionen zu knüpfen, denn diese Untersuchungen führen noch in ein sehr dunkles Gebiet. Die heutige Rübenpflanze ist ein Individuum substilster Natur und bei derselben spielen die verschiedenartigsten Factoren, wie Dünger- und Bodenverhältnisse, Einflüsse atmosphärischer Natur ete. etc. eine derartige Rolle, dass nur ganz geringe Einflüsse dieser Factoren unsere ganzen gewonnenen Schlussfolgerungen übern Haufen werfen können. Jedenfalls soll man auf diesem Gebiete noch sehr vorsichtig sein und keine bestimmten Rathschläge ertheilen wollen, denn manche Bestrebungen haben, wie die Literatur zur Genüge zeigt, für die Landwirthe nicht zu einem gerade erbaulichen Resultate geführt. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Rübenschwanzfäule ist erst seit wenigen Jahren gekannt und näher beschrieben worden. Ob sie mit der „Wurzelfäule der Runkelrübenpflanze“, die Ventzke anfangs der Fünfziger-Jahre beschrieben hat, oder mit der zur selben Zeit in Frankreich bekannt gewordenen Rübenkrankheit, für die man die ganz allgemeine Be- zeichnung „maladie des betteraves“ wählte, in einen Zusammenhang zu bringen ist, lässt sich wohl kaum entscheiden. Jedenfalls sind aber diese Untersuchungen und Beobachtungen in Vergessenheit gerathen, und erst als fast gleichzeitig Sorauer und Kramer im Jahre 1892 auf die neue Krankheit der Runkelrübe aufmerksam machten, hat man sich mit derselben näher beschäftigt und wurde ihr Auf- treten alle Jahre constatirt. Sorauer fand die Krankheit in den Jahren 1893 und 1894 auch auf Zuckerrüben, und zwar in den eigentlichen Rübengegenden Deutschlands. Frank fand die Krankheit sowohl an Zuckerrüben, wie an Futterrüben und speciell in den allerletzten Jahren in verschiedenen Gegenden Deutschlands. Nach seinen Beobachtungen wurden im Jahre 1893 in Rumänien bereits geköpfte und in den Miethen befindliche Zuckerrüben von der Rüben- schwanzfäule befallen, welche den ganzen Wurzelschwanz ergriff und zum Theil bis in den dickeren Theil der Rübe hinaufging. In den Miethen machte die Fäulniss weitere Fortschritte. Die Krankheit soll sich schon im August gezeigt haben. Die Bearbeitung der Rüben war eine mangelhafte und wurden dieselben erst vereinzelt, als sie fasshoch waren. Das Feld war vollständig verunkrautet. Trotzdem zeigten aber die Rüben eine überaus üppige Blattentwicklung, erreichten 15%, Zuckergehalt, mit einem Quotienten von 87. Das Feld trug zum ersten Mal Rüben und erhielt weder Stall- noch künstlichen Dünger. Der Schaden betrug mindestens 10°/. Nach Beobachtungen aus Deutschland aus dem ‚Jahre 1896 war die Fäule verschieden weit im Rübenkörper aufwärts geschritten, bei manchen Rüben bis in den dicksten Theil derselben, bei anderen sogar bis an den Kopf, so dass also die ganze Pflanze abstarb. Auf einer kleinen Fläche zählte man am 1. October 10°, kranke Pflanzen und musste die Krankheit also erst spät eingetreten sein. An der Seite der ziemlich grossen, aber vom Wurzelende bis fast zum dieksten Theil hinauf abgefaulten Rüben befanden sich grosse Schorfstellen, welche mehr oder weniger mit der Rübenschwanzfäule in Zusammen- hang gebracht wurden, da man hier ebenfalls Bacterien nachgewiesen hatte. In den letzten zwei Jahren habe ich die Krankheit in Mähren und Ungarn wiederholt constatirt und zumeist an Miethenrüben. Auf Feldern traf ich sie selten (September) und da nur immer ganz local. Im vorigen Jahre konnte ich die Krankheit an zur Untersuchung ein- gelangten Miethenrüben aus Frankreich einigemale vorfinden. Im All- gemeinen dürfte der Schaden, den die Krankheit angerichtet hat, kein grosser sein, u. zw. wenn man die eigentliche Rübenschwanzfäule im Auge hat. Die häufigen Klagen über „faule Rüben“ dürften wohl nicht immer mit der Rübenschwanzfäule oder der Bacteriose der Zuckerrübe zusammenhängen, umsomehr als in den Kreisen der Landwirthschaft über das Wesen der vorliegenden Krankheit noch grosse Unklarheit herrscht. 3. Die Entstehung der Krankheit. Im Jahre 1892 haben, wie früher mitgetheilt, Sorauer und Kramer fast gleichzeitig über eine neue Krankheit der Runkelrübe, welche in Vuco- var inSlavonien in besorgnisserregender Weise aufgetreten war, berichtet. Kramer konnte in den Zellen des in Zersetzung begriffenen Parenchyms, ebenso wie in der austretenden gummösen Flüssigkeit zahlreiche Bacterien nachweisen; Sorauer fand ebenfalls in der syrupartigen, zu Gummi erstarrenden Flüssigkeit, welche der schwarzbraunen Verfärbung der Gefässbündel folgte, zahlreiche, anscheinend nur einer Art angehörende Bacterien. Beide Forscher kamen zur Vermuthung, dass eine Bacterien- krankheit vorliege, und Kramer nannte die Krankheit „Bacteriosis“, Sorauer „bacteriose Gummosis“ der Runkelrübe, eine Bezeichnung, die Frank als unpassend bezeichnete, nachdem die wahre Natur BE 0 a der auf dem Durchschnitte der Rüben austretenden Flüssigkeitströpfehen verkannt und sie für Gummi gehalten wurden, was sie nicht sind. Sorauer hat später das Wesen und die Verbreitung der Krankheit näher studirt und darüber ausführliche Mittheilungen gemacht. Die an erkrankten Zuckerrüben beobachteten Merkmale stimmten im All- gemeinen mit denen an der Runkelrübe gemachten überein und bestand die wichtigste Krankheitserscheinung in der Inversion des Rohrzuckers. Bezüglich der Entstehung der Krankheit ist Sorauer der Ansicht, dass man esmiteinerunter Auftreten von Bacterien sich zeigenden Constitutions- krankheit der Rübe zu thun habe, welche an eine individuelle oder vielleicht bereits gewissen Racen und Zuchtstämmen eigene Dis- positon gebunden sei, welche Disposition mit unseren Culturgewächsen in gewisser Verbindung stehe. Sorauer ist geneigt anzunehmen, dass sich in der Weichbastregion, deren englumige Zellen zuerst einen verfärbten und zusammengeballten Inhalt erkennen lassen, ein inver- tirendes Ferment entwickelt, dessen Thätigkeit die Entstehung, bezw. Vermehrung der redueirenden Substanzen auf Kosten des Rohrzuckers zuzuschreiben ist. Die Frage, ob die Bildung eines solchen Fermentes und das Auftreten der übrigen Krankheitserscheinungen mit dem Vor- handensein einer der von Sorauer isolirten Bacterienarten in ursäch- lichem Zusammenhange steht, musste aus Mangel an Material an ent- scheidenden Infeetionsversuchen vorläufig offen bleiben. Schon im Jahre 1892 habe ich über eigenartige Fäulniss- erscheinungen an Zuckerrüben berichtet. Ich fand nämlich an dem unteren Theil zweier Zuckerrüben blauschwarze Flecke, welche in ihrer ganzen Ausdehnung von einer klebrigen, gummiartigen Haut be- deckt waren. Das Innere der Rüben war blauschwarz, das paren- chymatische Gewebe gänzlich zerstört, so dass nur die Gefässbündel übrig blieben. Wegen Zeitmangel konnten leider diese Beobachtungen nicht weiter verfolgt werden, doch sprach ich die Ansicht aus, dass diese Krankheitserscheinung mit der von Sorauer und von Kramer kurz zuvor beschriebenen Krankheit der Runkelrübe in Zusammenhang zu bringen wäre, eine Ansicht, deren Richtigkeit die späteren Mit- theilungen Sorauer’s erwiesen haben. In Amerika haben weiter Arthur und Golden über eine mit Rohrzuckerverlust verbundene Bacteriosis der Rüben berichtet, welche in Indiana beträchtliche Verbreitung erlangt hatte. Die beiden Forscher fanden in allen Theilen der Pflanze, sowohl im Rübenfleisch als in den Blättern Baecterien der gleichen Art, deren Anzahl mit dem Grade der Krankheit zunahm. Ueber die Eigenschaften dieses Spaltpilzes konnte nicht viel ersehen werden, jedenfalls handelte es sich hier, nach der Ansicht W. Busse’s, um einen die Gelatine verflüssigenden Be Bacillus, welcher in sterilisirtem Rübensaft unter Schwarzfärbung des Saftes gut gedeiht. Uebertragungsversuche mit Reinceulturen wurden in ausreichendem Masse nicht angestellt. Der durch diese Krankheit verursachte Verlust an Rohrzucker schwankte zwischen 14 bis 46°. Nach Busse liegt hier offenbar eine der „Gummosis“ Sorauer's sehr nahestehende, wenn nicht mit dieser identische Krankheit vor. W. Busse hat nun auf Veranlassung Sorauer’s, welcher eine Bacterienkrankheit vermuthete, deren Auftreten an eine durch gewisse Culturverhältnisse bedingte Disposition der Zuckerrüben gebunden sei, seine Studien dahin erstreckt, um die Frage zu entscheiden, ob die „Gummosis“ der Zuckerrüben als eine echte Bacterienkrankheit anzu- sehen ist. Hiebei galt es festzustellen, erstens ob sich in den er- krankten Rüben regelmässig Bacterien der gleichen Art nachweisen lassen, denen die Fähigkeit, Rohrzucker zu invertiren, eigen ist, und zweitens zu untersuchen, ob sich an gesunden Rüben durch Ueber- tragung von Reinculturen dieser Bacterien die charakteristischen Krankheitserscheinungen hervorrufen lassen. Busse ist es gelungen, durch Einführung der Bacterien in gesunde Rüben die Krankheit zu erzeugen; ferner führten seine bacteriologischen Untersuchungen zur Isolirung mehrerer Bacterien- formen. Die Formen «& und 7 sind als Vertreter der gleichen Art zu erklären, während die Form ß vorläufig als Varietät ß der neuen Art „Bacillus Betae“ (— Bacillus „a“ und „y“) bezeichnet werden mag. Die Krankheit ist also nach den Untersuchungen Busse’s als eine echte Bacterienkrankheit anzusehen und die Thatsache, dass es gelungen ist, aus kranken Rüben zweier verschiedener Ernten den- selben Rohrzucker invertirenden Spaltpilz zu isoliren und aus einer dritten Probe einen dieser Art sehr nahestehenden, biochemisch gleichwerthigen Bacillus zu gewinnen, liefert nach Busse eine sehr bemerkenswerthe Stütze für die Annahme, dass der vorliegenden Krankheit ein specifischer Erreger „Bacillus Betae“ einschliesslich dessen Varietät ß zugrunde liegt, wobei Busse den Vorbehalt macht, dass sich diese Frage erst nach weiteren Untersuchungen beantworten lassen wird. Die Impfversuche Sorauer’s hatten, nach seinen Mittheilungen im Jahre 1897, keinen positiven Erfolg mit Sicherheit ergeben und erklärten sich möglicherweise diese abweichenden Ergebnisse gegen- über dem Erfolge Busse’s damit, dass letzterer im Sommer mit schwächlichen, im Berliner Sandboden erwachsenen Exemplaren ex- perimentirte, während Sorauer sehr kräftiges, von ausserhalb bezogenes, überwintertes Material im Frühjahre bei dem Auspflanzen benützte. Es dürfte der energische Stoffwechsel in den zur Samen- eh erh hr production austreibenden Rüben den eingeführten Bacterien keinen günstigen Mutterboden für ihre Vermehrung geliefert haben. Sorauer hat auch Feldversuche zwecks Feststellung einer Abhängigkeit der Bacteriose der Zuckerrüben von Witterungs- und Bodeneinflüssen angestellt, welche einige Resultate ergeben haben, die zur Vermei- dung der Krankheit im praktischen Betriebe als Fingerzeig dienen können. Diese Versuche, bei welchen das Alter des Saatgutes und der Einfluss der Düngung Berücksichtigung fanden, haben das be- achtenswerthe Resultat ergeben, dass die Zuckerrüben ohne Gefahr einer bacteriosen Erkrankung ungemein grosse Mengen stickstofffreien Düngers vertragen können, wenn sie reichlich Wasser während ihrer Vegetationsperiode haben, dass aber die überreichen Stickstoffmengen die Bacteriose wesentlich begünstigen, wenn eine längere, heisse Trockenperiode das Wachsthum der Rübe herabdrückt. Als ein die Ausbreitung der Krankheit hemmendes Mittel ist die Phosphor- säurezufuhr anzusehen. Sorauer ist schliesslich der Ansicht, dass Bewässerungsanlagen für die Rübenfelder vielleicht den besten Schutz gegen die Bacteriose und auch gegen manche andere Krankheiten bilden dürften. Ein weiterer kleiner Versuch Sorauer’s bestätigte die frühere Erfahrung, dass Kalk und einseitige Stickstoffzufuhr die Erkrankung begünstigen. Da, wo die Rübenreihen durch Nachpflanzen ausgebessert werden mussten, lieferten die nachgepflanzten Exemplare einen über- wiegend hohen Procentsatz an Schossrüben. Nach Frank findet man in dem abgestorbenen Schwanzende der Rüben regelmässig Bacterien, welche das Innere der Zellen er- füllen und auch im Innern der Gefässe wahrzunehmen sind, und ist die Vermuthung sehr berechtigt, dass die Bacterien nicht bloss Begleiter, sondern auch Verbreiter der Fäulniss im Rübenkörper sind. Wie dieselben aber zuerst die Rübe befallen, insbesondere wie und wo der Krankheitsprocess seinen Anfang nimmt, ist noch un- bekannt. Er scheint in grösserer Tiefe im Boden nach den unteren Theilen der Hauptwurzel zu beginnen und erst allmälig aufwärts nach dem Rübenschwanz fortzuschreiten. Ebenso unbekannt ist, welcher Umstand den ersten Anstoss zu dieser Erkrankung der Wurzel in die Tiefe gibt; möglicherweise spielen hier ungünstige Beschaffenheit des Erdbodens in jener Tiefe und Verwundungen durch Thierfrass eine Rolle. Linhart hat auf krankem Rübensamen Bacterien aufgefunden, die in der mit „Bacteriose“* bezeichneten kranken Rübe anzutreffen sind, nämlich: Bacillus subtilis, B. mesenterieus vulgatus, B. lique- faciens, B. fluorescens liquefaciens und B. mycoides. Nach seinen 6 a Untersuchungen ist der B. mycoides ein sehr gefährlicher Feind der Rübe und verursacht wohl nur allein die „Bacteriose“, während die übrigen genannten Bacillen arten für diese Krankheit als nicht gefährlich erscheinen. Nachdem Linhart seine Untersuchungen nur als vorläufige Mittheilung bezeichnet, so wird es Sache weiterer Untersuchungen sein, die Gefährlichkeit des B. mycoides als „Erreger* der Bacteriose zu beweisen. Nach Linhart tritt die „Bacteriose“ auch schon bei jugendlichen Rübenpflanzen auf, also in einem Stadium, wo man vielleicht die Pflänzchen als wurzelbrandig ansehen würde. Es ist nun entschieden nothwendig, hier eine bestimmte Bezeichnung einzu- halten, damit nicht Verwirrungen eintreten, die umso leichter möglich sind, als über die Rübenschwanzfäule oder Bacteriose immerhin noch spärliche Erfahrungen vorliegen und manchePunkte noch vollständig in Dunkel gehüllt sind. Wir haben beim Hauptabschnitt I „Der Wurzel- brand“ gesehen, dass das Wort „Wurzelbrand“, wie Hollrung mit Recht hervorhebt, nur ein Sammelname ist und die verschiedensten Krank- heitserscheinungen, die auf der jungen Rübenpflanze auftreten, in sich einschliesst. Wir wissen, dass an der Entstehung des Wurzelbrandes auch Bacterien betheiligt sein können, warum dann nicht auch der Bacillus myeoides? Wir müssen daran festhalten, dass wir unter „Rübenschwanzfäule oder Bacteriose der Zuckerrübe“ eine Krankheit zu verstehen haben, die unter bestimmten äusseren Erscheinungen an der entweder in der vollsten Entwicklung stehenden Rübenpflanze oder aber erst an der Rübenwurzel gegen Ende der Vegetationsperiode der Pflanze auftritt oder endlich gar erst in den Miethen beobachtet wird, damit wir die Krankheit genau bezeichnen und nicht Zweideutig- keiten entstehen, die nur zu Verwirrungen führen. Wie oben hervorgehoben, so ist es Busse gelungen, durch Ein- führung von Bacterien in gesunde Rüben die Krankheit zu erzeugen. Ich habe nun versucht, ob es durch Impfung gesunder und sterilisirter tübentheile mit Theilchen der bacteriosen Rüben gelingen würde, krankheitsähnliche Erscheinungen oder überhaupt eine Alterirung der gesunden Pflanzen hervorzurufen. Die Impfversuche haben nun das unzweifelhafte Resultat ergeben, dass es gelungen ist, an gesun- den Rübentheilen krankhafte Erscheinungen, die mit der Bacteriose gewisse Aehnlichkeit haben, hervorzurufen. Ferner haben Fürth und ich aus einer ausgesprochen bacteriosen Rübe einen Bacillus isolirt, dessen Differenzirung wohl noch nicht vollständig gelungen ist, von dem wir aber vermuthen, dass er dem Bacillus viscosus sacchari Kramer nahesteht. _ Denselben Bacillus konnten wir bei unseren weiteren Untersuchungen ausser aus Rüben aus Mähren auch aus französi- schen Zuckerrüben isoliren, so dass wohl anzunehmen ist, dass dieser NE Bacillus, der übrigens in gesunden Rüben fehlt, an der Entstehung der Bacteriose einen grossen Antheil nimmt. Jedenfalls steht durch die bisherigen Forschungen fest, dass die in Rede stehende Krankheit alseine wirkliche Bacterienkrankheit anzusehen ist. Die Entstehung der Krankheit ist allerdings noch unbekannt und die Ursache dürfte sich auch so schnell nicht finden lassen. Es mögen hier wohl Vorgänge im Erdboden vor sich gehen, die sich der Beobachtung entziehen und deren Aufklärung wohl noch sehr vieler Studien und Untersuchungen bedarf. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Wenn die Entstehung einer Krankheit noch unbekannt ist, so ist es auch nicht möglich, Bekämpfungsmittel anzugeben. Möglicherweise geben die oben hervorgehobenen Beobachtungen Sorauer's einen Fingerzeig zur Bekämpfung der Krankheit. Er fand, dass Kalk und eine einseitige reiche Stickstoffzufuhr die Erkrankung begünstigen und dass die Zuckerrüben ohne Gefahr einer bacteriosen Erkrankung ungemein grosse Mengen stickstofffreien Düngers vertragen können, wenn sie reichlich Wasser während ihrer Vegetationsperiode zur Ver- fügung haben. Auch Phosphorsäuredüngung hemmt die Ausbreitung der Krankheit. Der beste Schutz wäre nach Sorauer aber die Anlage von Bewässerungsanlagen. Jedenfalls spielen bei dieser Krankheit Boden- und Düngerverhältnisse, sowie auch die Witterung eine grosse Rolle, deren nähere Kenntniss noch Gegenstand weiteren Studiums bleiben muss. Da die Krankheit zumeist zerstreut auftritt, so ist eine sorgfältige Her- ausnahme der Rüben aus dem Felde angezeigt. Dieselbe Vorsicht ist gegebenen Falles auch bei der Ernte zu üben, damit kranke Rüben nicht mit gesunden Rüben eingemiethet werden, nachdem eine Ver- breitung der Krankheit in den Miethen doch nicht ausgeschlossen erscheint. VIIL Der Wurzelkropf. (Tafel X.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Man findet des Oefteren Rüben, welche ganz merkwürdige, beulenartige Auswüchse besitzen, die der Wurzel ein eigenthümliches Aussehen verleihen, und zeigen die Abbildungen auf Tafel X zwei recht typische Exemplare, sowie auch einen derartigen Auswuchs (Wurzelkropf) allein, nach dessen Aussehen und Form man wohl kaum = 6* EN a Be annehmen würde, dass man es hier sozusagen mit einem Bestandtheil einer Rübenwurzel zu thun hat. Bei manchen Rüben ist die Ansatzstelle des Auswuchses über ‘der Region der beginnenden Seitenwurzeln, also am hypokotylen Glied, und diese Form ist sehr häufig. Manchmal finden sich mehrere Auswüchse nebeneinander und habe ich bis zu drei (siehe Abbildung auf Tafel X) und vier gezählt. Der Auswuchs bildet sich auch unten an der Rübenwurzel und ist diese Form nicht so unhäufig, wenn sie auch seltener als erstere Form zu finden ist. DieGrösse der Auswüchse ist sehr verschieden; man findet manchmal ganz kleine Auswüchse, die öfters nicht viel grösser als eine Haselnuss sind und die wohl auch die Veranlas- sung geben, dass man über die Ursachen der Missbildung jetzt noch verschiedener Meinung ist. Es hat sogar den Anschein, als ob sich diese Meinungen noch mehr verwirren sollten. Die Missbildungen, resp. die Auswüchse treten nämlich auch in noch anderen Grössen auf, so dass man solche in dem Umfange eines Taubeneies, einer Männerfaust und bis zur Kindskopfgrösse vorfindet. Unter Umständen kann der Aus- wuchs bedeutend mehr als die eigentliche 'Rübenwurzel wiegen und sind Gewichte bis zu 15 kg in manchen Jahren gar nicht selten. Ein 1'5 kg schwerer Kropf ist auch auf Tafel X abgebildet. Ich habe Wurzelkropfrüben in Händen gehabt, bei welchen die eigentliche Rübenwurzel nur ein Gewicht von 250 9 besass, während der kropfartige Auswuchs über 1200 g, also beinahe fünfmal mehr, wog. Nach privaten Mittheilungen wurden im Vorjahre noch grössere Gewichtsdifferenzen be- obachtet, sodassman von einer Missbildung im vollsten Sinne des Wortes sprechen kann. Nach den Beobachtungen von Frank und Sorauer hatte bei einem Wurzelkropf der kugelige Auswuchs in der Nähe des Kopfes einen Durchmessser von 6 bis 8 cm, während der Rübenkopf nur 38cm dick war. Der Auswuchs war hinfälliger als der übrige Körper, denn er zeigte braune, mycelhaltige, ziemlich schnell bis an die Ansatzstelle sich ausbreitende Faulstellen, während der Rüben- körper gesund blieb. Die Rindenschichte des Kropfes erschien dunkel- erdfarbig und rissig bis borkig. In Bezug auf das äussere Aussehen unterscheidet sich der Wurzelkropf zumeist von dem Rübenkörper, aus dem er entstanden ist, durch seine dunklere Farbe. Es rührt dies davon her, dass an der Peripherie des Wurzelkropfes das Hautgewebe ein dickeres ist und sich hier eine grössere Menge abgestorbener Zellen findet. Man findet jedoch auch ganz hell getärbte Auswüchse, wie der Wurzelkropf allein auf Tafel X zeigt, und ist hier die Naturfarbe genau wiedergegeben. Die Färbung der dazu gehörigen Rübe ist mir unbekannt geblieben, da ich nur den Wurzelkropf in Händen hatte und dieser, wie der Einsender an schrieb, allein auf dem Rübenfelde gefunden wurde. Bei der bekannten Thatsache, dass sich der Wurzelkropf sehr leicht von der Rübe los- lösen lässt, ist daher eine Trennung beim Ausnehmen der Rüben sehr leicht gegeben, umsomehr, wenn die Missbildung eine bedeutende Grösse erreicht, wie es bei vorliegendem Auswuchs der Fall war. Daher erklärt es sich auch, wie im Jahre 1876 Haberlandt von einer völlig blattlosen Rübe sprechen konnte, die durch ihre abnorme Gestaltung seine Verwunderung auf das Höchste erregte. Er schreibt unter Anderem: „Man hätte die rundliche, etwas abgeplattete Wurzel mit einer Kartoffelknolle verwechseln können, hätten nicht an ihr die Knospen vollständig gefehlt, hätte ihr Gewebe nicht eben den süssen Rübensaft besessen; .... der anatomische Bau der Rübe und des Parenchymus unterschied sich in nichts von den normalen Rüben- wurzeln.“ Haberlandt legte sich alle möglichen Fragen über die Bildung dieser völlig blattlosen Wurzel vor und erschien ihm dieselbe schliess- lich räthselhaft und merkwürdig. Angesichts des hervorgehobenen Um- standes, dass sich der Auswuchs sehr leicht von der Rübenwurzel los- löst und dann bei der Ernte allein gefunden wird, ist die Lösung des Räthsels, die Haberlandt vergebens beschäftigte, wohl eine einfache. Haberlandt hatte nur den Auswuchs allein in Händen und dadurch konnte ihm die Sache „räthselhaft und merkwürdig“ erscheinen. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Der Wurzelkropf ist eine ganz verbreitete Erscheinung und tritt in manchen Jahren in ziemlich bedeutendem Umfange auf, so dass er dann häufig zu finden ist. Dasselbe dürfte auch in früheren Jahren der Fall gewesen sein, denn der Wurzelkropf ist, wie wir im folgenden Capitel sehen werden, sicherlich eine sehr alte Erscheinung, nur hat man früher die Auswüchse infolge des Umstandes, dass sie sich leicht von der Rübenwurzel loslösen, und da man ihr Auftreten auch nicht zu deuten wusste, nicht besonders beachtet. Jetzt, wo diese Erscheinung näher bekannt geworden ist, hört man auch mehr von dem Auftreten des Wurzelkropfes. 3. Die Entstehung der Krankheit. Die erste Mittheilung über den Wurzelkropf rührt wohl aus dem Jahre 1839 her, denn F. X. Hlubek spricht in seinem Buche „Die Runkelrübe, ibr Anbau und ihre Cultur“ von einer Warzenkrank- heit, die in beulenartigen Auswüchsen, welche dann und wann auf einem seichten Boden wahrgenommen werden, besteht. Darunter ist jedenfalls der Wurzelkropf zu verstehen. Pre ee Die zweite Mittheilung über diese Missbildung rührt von Schacht aus dem ‚Jahre 1862 her, welche er als „monströse Zuckerrüben“ be- Zeichnet. Bei einer diesen „monströsen* Rüben fand er die Rübe sehr klein, aber von normalem Wuchs und wurde sie an dem dünnen Theil zu beiden Seiten von dem Auswuchse umfasst. Die von dem Auswuchse losgetrennte Rübe wog nur 10 Loth, während hingegen der Auswuchs für sich allein 1 Pfund 17 Loth schwer war. Schacht schrieb dar- über: „Ein Querschnitt des Auswuchses zeigte, dass derselbe vom innersten Gefässbündelkreis der Rübe ausging und musste also in der ersten Jugend der Rübe entstanden und mit ihr, aber in weit höherem (rad als selbige, gewachsen sein. Die feineren anatomischen Verhält- nisse waren zwischen beiden nicht wesentlich verschieden, dagegen zeigte sich im Zuckergehalt ein sehr erheblicher Unterschied. Der Saft der Rübe polarisirte 12:08°/, Zucker, der Saft des Auswuchses dagegen 6°16°/,.* Die zweite „monströse* Rübe, die Schacht in Händen hatte, wog 1 Pfund, während der Auswuchs nur halb so schwer war. Schacht betrachtete diese Missbildungen als Hypertrophien einer Seitenwurzel, womit er im botanischen Sinne eine auf reichlichere Ernährung beruhende Vergrösserung von Pflanzentheilen über ihr gewöhnliches Mass hinaus bezeichnen wollte. Wenn man von der früher hervorgehobenen Mittheilung Haber- landt’s absieht, die das Räthsel der Erscheinung auch nicht löste, hat man sich eine Reihe von Jahren nicht mit dem Wurzelkropf beschäftigt, bis erst anfangs der Neunziger-Jahre Briem auf diese Missbildung wieder aufmerksam machte. Briem war ursprünglich der Annahme, dass man es hier mit einer durch Thierreiz erzeugten Neubildung am Pflanzenkörper zu thun habe. Bei Untersuchung von 35 Exemplaren konnte er jedoch niemals eine parasitische Ursache finden und nimmt er daher eine mechanische Ursache an, welche eine Stauung des plastischen Mate- rjales und an solchen Orten eine Anhäufung von Baumaterial zur gesteigerten Neubildung hervorruft. Briem hat derartige Wurzel- kropfrüben nur in sehr trockenem Boden, wo Sand vorherrschte, nie- mals aber in kaltem, feuchtem, lehmigem Boden gefunden, so dass möglicherweise Trockenheit die Neubildung eher begünstigt und vielleicht durch Spannungsdifferenz nach aussen der grössere oder lkeinere Wurzelkropf an der Rübe entsteht. Briem, welcher den Wurzelkropf in physiologischer und anato- mischer Beziehung näher studirte, hat ferner gefunden, dass sich das Cam- bium, wie bei der Rübe, immer an die Gefässbündel lagert, woher es kommt, das daselbst die Parenchymzellen die Hauptmasse aus- aa machen. Nachdem nun die in der unmittelbaren Nähe des Cambiums liegenden Parenchymzellen zuckerreicher sind, während die davon weiter entfernten. Parenchymzellen zuckerärmer sind und im Wurzelkropfe gerade diese die Hauptmasse bilden, so ist auch anzunehmen, dass das Fleisch des Rübenkropfes zuckerärmer als jenes der Rübe selbst sein muss. Die Vermuthung Briem’s wurde auch durch die chemischen Untersuchungen von Strohmer und mir über den Wurzelkropf be- stätigt, bei welchen von sechs Wurzelkropfrüben der Wurzelkropf und die Rübenwurzel von einander getrennt und separat untersucht wurden. Der Wassergehalt, der Aschengehalt, sowie der Gehalt an stickstoffhaltigen Verbindungen bestätigen die von Briem ausge- sprochene Ansicht, dass die Ursache der Missbildung in einer Hyper- trophie, veranlasst durch localen Nährstoffüberschritt, zu suchen sei. Die Assimilation der Pflanze steht naturgemäss mit ihrem Wachs- thum in bestimmter Beziehung und ist hiedurch ein stärkeres Zu- strömen der organischen wie anorganischen Nährstoffe nach den Arten des Wachsthums und der Neubildung bedingt; da nun der Wurzel- kropf als Neubildung aufzufassen ist, so ist auch in demselben eine grössere Anhäufung von Nährstoffen (Aschenbestandtheilen und Stick- stoff) zu erwarten, ein Umstand, den Strohmer und ich durch unsere chemischen Untersuchungen bestätigten. Im innigen Zusammen- hang mit dem Wachsthum der Pflanzen steht auch die Athmung der- selben und wird der hiezu nöthige Sauerstoff bekanntlich nicht nur von oberirdischen Pflanzentheilen der Atmosphäre entnommen, nach- dem auch die unterirdischen Theile athmen, wobei sie den Sauerstoff der Bodenluft entnehmen. Mit dem energischen Wachsthum des Rüben- kropfes, gegenüber jenem der Rübenwurzel, wird demnach auch die Athmung des ersteren eine kräftigere sein als jene der Wurzel und da hiebei hauptsächlich stickstofffreie Stoffe, namentlich Kohlen- hydrate verbraucht werden, so erklärt sich auch deutlich die Er- scheinung, dass der Wurzelkropf zuckerärmer als die Wurzel ist. Strohmer und ich fanden diesbezüglich bei unseren Unter- suchungen folgende Zahlen: I II HI IV V VI ae el, Ka N - ig de A 5 Ba BE a BE BE BA BET RA RE 54 Kohrzucker..; r.r.r. 14-45 106 1725 138 15:30 132 153 90 160 82 206 185 Invertzucker .... 00035 — u — 0:00 0:30 0:00 0:28 0:00 025 Die Unterschiede im Rohrzuckergehalt sind ziemlich gross und kommt dies namentlich bei Rübe IV und ganz kolossal bei Rübe V zum Ausdruck. BE 21: ee Eine ähnliche Erscheinung beobachtet man bekanntlich auch bei der ebenfalls durch Ueberernährung hervorgerufenen Kindelkrankheit der Kartoffel und beruht nach Vöchting diese Bildung lediglich auf der Ueberleitung der Reservestoffe der Mutterknollen in die Kindeln, nachdem den letzteren die Assimilationsorgane fehlen. Bei der Wurzelkropfbildung der Rübe ist dies ebenfalls sehr deutlich zu ersehen. Wie obige Zusammenstellung weiter zeigt, so ist es interessant, das constante Auftreten von Invertzucker im Wurzelkropf zu beobachten, während die Rübenwurzel selbst diesen Körper nicht enthält. Es dürfte diese Erscheinung dahin zu deuten sein, dass, wie der Rohr- zucker in der Rübe aus Stärke und Invertzucker hervorzugehen scheint, auch jener bei seinem Zerfall durch die Athmung wiederum, u. zw. als Zwischenproduct in Invertzucker verwandelt wird und demnach erst successive in Kohlensäure und Wasser zerfällt. Hollrung ist ebenfalls, u. zw. in Anbetracht dessen, dass die Verbindung des eigentlichen Kropfes mit der Rübe ausnahmslos vermittelst einer sehr schmalen Ansatzstelle und von der Waurzel- rinne aus hergestellt wird, der Ansicht, dass in dem Rübenkropfe ledig- lich die Ueberernährung einer Rübenwurzel vorliegt, und dass diese Erscheinung durch ein erneuertes lebhaftes Wachsthum der Rübe bei bereits vorhandener vollständiger Reife des eigentlichen Rüben- körpers veranlasst wird. Sehr bemerkenswerth ist ferner die weitere Beobachtung Holl- rung's, welcher bei einer Wurzelkropfrübe in den Ritzen der Kropf- wülste schleimige Partien von Leuconostoc mesenterioides, von dem bekannten und auch sehr gefürchteten Froschlaichpilz herrührend, gefunden hat. Nach Saccardo und Mattirolo zeigen die vom Brandpilz (Entyloma leproideum) befallenen Rüben aussen, vornehmlich dort, wo sich die Blätter ansetzen, zahlreiche Wurzelknötehen oder Anschwel- lungen, welche sich in fortgesetzter Reihemitunter bis zu einem Drittel der Länge der Wurzeln hinab verfolgen lassen. Die Anschwellungen sind vielfach gelappt auf ihrer Oberfläche, von gelbgrüner, später grauer bis schwärzlicher Farbe, und an den Ansatzstellen gewissermassen gestielt. Schneidet man eine kranke Wurzel durch, so findet man im Innern des Neubildungsgewebes zahlreiche dunkle Flecke, welche bei näherer Betrachtung sich als eigenthümliche, mit rauchbraunen Sporen gefüllte Cysten kundgeben, ausserdem noch Protoplasmakörnchen, Stärke und Mycelrückstände im Inhalte führen. Die Wände einer jeden solchen Cyste sind von einer zarten, geschichteten, zusammenhängenden, stark lichtbrechenden Membran gebildet. Die Membran erreicht eine Dicke en. von 9 Mikromillimetern, kann aber bis 15 Mikromillimeter diek werden. Diese Erscheinung dürfte wohl kaum als „Wurzelkropf“ anzusprechen sein, da sie sich von diesem merklich unterscheidet. Um aber Ver- wechslungen vorzubeugen, sei auf die Beobachtung von Saccardo und Mattirolo besonders aufmerksam gemacht. Barto$ hat ebenfalls gefunden, dass die chemische Zusammen- setzung des Wurzelkropfes von jener der Rübenwurzel bedeutend ab- weicht. Auffallend ist nach ihm gleichfalls der bedeutend geringere Zuckergehalt des Wurzelkropfes gegenüber dem der Wurzel und eine bedeutende Abweichung zeigt sich auch in Bezug auf den grossen Aschen- gehalt des Auswuchses, wobei die Kalisalze in weit grösserem Masse vertreten sind, als in der Wurzel. Dagegen hat es aber den Anschein, als obdieZusammensetzung der Asche der Wurzelkropfrüben von jener der normalen Rüben nicht abweichen würde. In Bezug auf die optisch- activen Bestandtheile des Wurzelkropfes ist Barto$ der Ansicht, dass der Auswuchs eine grössere Menge rechtsdrehende Nichtzucker enthält, deren chemischer Charakter noch nicht näher studirt ist. Barto$ bat von einer mit Wurzelkropf behafteten Rübe voll- kommen gesunden und gut keimenden Samen erhalten und ist die Vererblichkeit der Abnormität nach seinen Versuchen noch nicht zum Vorschein gekommen. In Berücksichtigung der Versuche, ferner des Umstandes wegen, dass die Wurzelkropfrübe auf gewissen Böden häufiger als auf anderen vorkommt, dürfte nach Bartos’ Ansicht die Ursache der Kropfbildung nicht in der Rübe, sondern vielmehr in ihrer Umgebung zu suchen sein. Der Wurzelkropf nähert sich in seiner chemischen Zusammensetzung am meisten dem Wurzelkopf und in diesem Umstande glaubt Barto$ noch am ehesten die Erklärung für die Bedeutung des Wurzelkropfes zu suchen, soweit dieselbe überhaupt von irgend einer Bedeutung für das Leben der Rübenpflanzen ist. Die Reservestoffe der Rübe und die organischen und anorganischen Stoffe der absterbenden Blätter sammeln sich im Wurzelkopf an, und es dürfte die Rübe unter gewissen Umständen für diese Stoffe vielleicht wegen Raummangel in der eigenen Wurzel oder auch aus einem anderen Grunde besondere Lagerstätten bilden. Der Auswuchs beein- flusst die Vertheilung der einzelnen Hauptbestandtheile in. keiner Weise; bemerkenswerth ist nur die Erscheinung, dass die zuckerreichste Stelle bedeutend tiefer liegt, als es bei reifen Rüben zu sein pflegt. Die weiter geäusserte Ansicht Barto$,, die Wurzelkröpfe hätten eine gewisse physiologische Function für das folgende Vegetationsjahr der Rübe. wird von Stoklasa zurückgewiesen. Stoklasa unterscheidet nach seinen Forschungen zwei Gattungen von Wurzelkröpfen: 1. Die Bindekröpfe, deren Verbindung mit der I Wurzel nur durch ein dünnes (rewebe anf dem oberen (beim Wurzel- kropf) oder mittleren (kommt seltener vor) Wurzeltheile vermittelt wird, und 2. die organoiden Auswüchse, welche durch ein mächtiges Teratom auch selbst ein schwaches Wurzelende umfassen. Diese findet man auf dem unteren Wurzeltheile. Die erste Wurzelkropfgattung ist ziemlich verbreitet, während die zweite nur sporadisch vorkommt. Nur die echten Wurzelkröpfe nehmen rasch zu, während die kleinen Auswüchse in der Grösse einer Erbse eder Haselnuss, welche durch die Wirkung des Parasiten Heterodera radicicola entstehen, niemals einen bedeutenderen Umfang erreichen. Hier geht nun Stoklasa zu weit, denn «diese kleinen Auswüchse wird man füglich nicht als „Wurzelkropf“* ansprechen oder ansehen dürfen, da sie gar nicht das charakteristische Merkmal dieser Missbildung besitzen. Stoklasa ist ferner der Ansicht, dass der parasitische Ursprung der Wurzelkropfbildung der Wahrheit am nächsten komme, was er aller- dings bisher noch nicht experimentell nachgewiesen hat. Er stützt sich nur darauf, dass ein grosser Theil solcher Auswüchse » bei anderen Pflanzen auf diese Weise entsteht. Nach seiner Ansicht sind es ge- wisse Species von Tylenchus, welche durch Ausscheidung gewisser (rattungen von Enzymen das Zellengewebe zu einer starken Produetion neuer iebender Molecüle reizen und hiedurch die Bildung des Wurzel- kropfes verursachen. Da aber Stoklasa den experimentellen Nach- weis noch nicht erbringen konnte, so theilt er diese Ansicht nur mit Vorbehalt mit. Ich kann die Ansicht Stoklasa’s nach meinen bisherigen Unter- suchungen nicht theilen, nachdem ich Gelegenheit hatte, die ver- schiedenste Wurzelkropfbildung in den verschiedensten Formen seit einer Reihe von Jahren zu untersuchen. Es ist mir nun niemals ge- lungen, Tylenchen zu finden, so dass die Ansicht thatsächlich mit Reserve aufzunehmen ist. Bezüglich der chemischen Untersuchungen Stoklasa’s sei hervor- gehoben, dass bei der Wurzelkropfbildung auf Kosten der Saccharose Hemicellulose, Cellulose, Lignocellulose u. s. w. entstehen, also solche Kohlenhydrate, welche zum Bau der Grundgewebe der Neubildung — also des Auswuchses — nöthig sind. Während das lebende Protoplasma der Wurzel die Energie besitzt, einer Infection vorzubeugen, so lange nicht ein zu grosser Theil des Wurzelorganismus beschädigt ist, verhält sich aber die Sache beim Wurzelkropf ganz anders, nachdem hier eine jede geringe mechanische oder durch Parasiten herbeigeführte Verletzung eine schnelle Zersetzung der ganzen Materie zur Folge hat. So hat Stoklasa Wurzelkröpfe untersucht, welche bereits im Stadium der Zersetzung begriffen waren und überhaupt keine Saccharose Prag. mehr enthielten — ein Fall, der mir bis jetzt leider noch nicht vor- gekommen ist und zeigt, wie sehr Aahnicden sich diese Krankheit äussert. Schliesslich hat Stoklasa noch gefunden, dass eine geringe Menge des Extractes von in Zersetzung begriffenen, unactive Bacterien enthaltenden, Wurzelkröpfen eine sehr rasche Inversion der Saccharose verursacht. In jüngster Zeit ist nun von Bubäk eine Arbeit erschienen, in welcher dieser Forscher die Entstehung des Wurzelkropfes dem Auf- treten von Milben zuschreibt und daher mit Stoklasa der Ansicht ist, dass diese Missbildung durch Organismen aus dem Reiche der thierischen Lebewesen verursacht wird. Bubäk hat eine grosse Anzahl von Rübenkröpfen untersucht und in allen untersuchten Kröpfen Milben gefunden. Nach den Untersuchungen Trouessart's in Paris heisst die Milbe Histiostoma Feroniarum. Bubäk schliesst aus seinen Unter- suchungen, dass die Milben nur in gesunden Geweben des Kropfes leben, dass sie in der Wurzel, von welcher der Kropf herstammt, und in gesunden Rüben nicht vorkommen, aus Kröpfen, die sich in Zersetzung befinden, und in durch Mikroorganismen infieirten Kröpfen zugrunde gehen. Aus diesen Erscheinungen möchte er schliessen, dass die Milben die Kröpfe verursachen, wofür übrigens, seiner Meinung nach, auch noch andere Umstände sprechen. Zunächst ist es die eigenthümliche Form des Kropfes, welche, mit dem analogen Aussehen anderer durch Lebewesen verursachter Auswiüchse verglichen, die Annahme unterstützt, dass die Milben ihn hervorgerufen haben. Der Kropf ist nicht einheitlich, sondern setzt sich aus einer Menge Kröpfe von verschiedenen Grössen zusammen, die zeitlich nach und nach entstanden sind, u. zw. so, dass auf dem ursprünglichen Kropfe kleinere Kröpfchen entstanden sind, diese sich vergrösserten und auf ihnen sich wieder neue Kröpfchen bildeten, welcher Vorgang sich einigemale wiederholte. Bubäk fand, wie hervorgehoben, dass die Milben mit Vorliebe nur die Kropfmasse aufsuchten, auf die gesunde Wurzel hingegen nicht über- krochen, und scheint somit, dass die Kropfsubstanz gewisse besondere Eigenschaften hat, welche sie bei den Milben so beliebt macht. Daraus ist „leicht“ die Entstehung neuer Kröpfchen auf den bereits gebildeten Kröpfen durch eine neue Invasion zu erklären. Auch die chemische Zusammensetzung spricht nach Bubäk zu Gunsten seiner Ansicht. Die Kröpfe enthalten, wie bereits früher hervorgehoben, weniger Saecharose als ihre Mutterwurzeln und diese Zuckerabnahme ist nach Bubäk zum grossen Theil den Milben zuzuschreiben, die vom Zucker im Kropf leben und zehren. Strohmer und Stift haben ferner (siehe Seite 87) in Wurzelkröpfen redueirende Substanzen (Invertzucker) gefunden. Die Entstehung dieser Substanzen kann nicht durch die Milben bewirkt werden, nachdem die Thiere, sobald sich der Kropf zersetzt und sich reducirende Substanzen bilden, aus den infieirten Stellen haufenweise herauskriechen. Bubäk ist daher der Ansicht, dass ein gesunder, eben aus der Erde herausgezogener Kropf keinen Juvertzucker enthält, was, wie er aber selbst zugibt, erst durch die chemische Analyse sichergestellt werden muss. Eine Einwendung, dass die Mutterwurzeln der Kröpfe von gesunder Rübe keinen Invertzucker enthielten, kann dadurch widerlegt werden, dass die Kropfmaterie pathologischen Ursprungs ist, und dass sie niemals so viel Energie hat, sich der Inversion der Mikroorganismen zu erwehren, wie die normale, lebendige und für das künftige Wachsthum der Rübe so wichtige Wurzel. Diese unterliegt allerdings auch manchmal, namentlich unter ungünstigen Verhältnissen, aber erst bedeutend später (dem Verderben. Mit alledem ist auch die Erscheinung im Einklang, dass eine im Frühjahr in den Boden versetzte, mit einem Kropfe behaftete Rübe erhalten bleibt, während der Kropf rasch abfault. Solche Rübe trägt ganz normalen und gesunden Samen. Nach Strohmer und Stift enthalten auch die Kröpfe weit mehr stickstoffhaltige Substanzen als die mit ihnen znsammenhängenden Wurzeln; obzwar dieser Mehrgehalt an Stickstoff in der Trockensubstanz der Wurzelkröpfe hinlänglich in dem Ausfall der zerstörten Saccharose seine Erklärung findet, dürfte derselbe vielleicht auch, wie Bubak glaubt, zum Theil auf Rechnung der mit dem Kropfe mit analysirten Milben zu setzen sein. Die Ansichten Bubak’s sind wohl überraschender Natur, denn wenn auch die Entstehung kleiner Wurzelkröpfe durch die Invasion von Milben einzusehen ist, so ist schwer zu denken, dass Auswüchse, die oft 1%, kg schwer werden, durch die Thätigkeit dieser Lebewesen, notabene in der so kurzen Vegetationszeit, entstehen sollten. Jedenfalls wären die Vorgänge, die zu dieser enormen Missbildung führten, ganz merkwürdiger Art und wird es von Interesse sein, die weiteren Studien Bubäk’s in dieser Richtung hin abzuwarten. Wir sehen also, dass die Ansichten über die Entstehung des Wurzelkropfes sehr verschiedener Natur sind und darüber die Forschung noch keineswegs einig ist. Auch die Ansicht Bubäk'’s dürfte sehr getheilte Aufnahme finden. Mit dem Wurzelkropf nicht zu verwechseln sind, wie bereits früher hervorgehoben, die hie und daauf Zuckerrüben vorkommenden Anschwellungen, resp. knolligen Auswüchse bis zur Haselnussgrösse, welche durch die Thätigkeit einer Nematodengattung — Heterodera radieicola (Knöllehen-Nematode) — entstehen und entweder durch den Reiz, welchen die Würmer in dem Gewebe ausüben oder vielmehr durch Ba = giftige Ausscheidungen, welche das wachsende Wurzelgewebe zur Um- bildung anspornten, hervorgerufen werden. Stoklasa hat diese kleinen Auswüchse auch auf einer Wurzelkropfrübe gefunden, u. zw. noch ganz frisch und wohlerhalten zu einer Zeit, wo der grosse Kropf schon ganz schwarz und saccharosefrei war. Feststehend ist, dass vom Standpunkte der Zuckerfabrication die Wurzelkropfrüben ein minderwerthigeres Fabricationsmaterial darstel- len, indem durch diese Krankheit nicht nur der procentische Wasser- gehalt herabgedrückt wird, sondern auch durch die vermehrte Nicht- zuckeraufnahme die Reinheit des Saftes und hiemit die Fabrications- ausbeute eine Schädigung erleiden muss. Zum Glück tritt aber diese Missbildung doch nur vereinzelt auf, so dass auch in der Zukunft keine Befürchtungen ernsterer Natur zu hegen sind. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Zur Bekämpfung lässt sich wohl, nach dem gegenwärtigen Stand- punkte der Sachlage, kein Mittel angeben. Die Meinungen über die Entstehung des Wurzelkropfes sind sehr getheilt, und nach dem ganzen Wesen dieser Erscheinung dürften sich daher durchgreifende Be- kämpfungsmassregeln kaum finden lassen. IX. Der Rübenrost (Uromyces Betae Tul.). (Tafel XI.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Auf den erwachsenen Blättern der Zucker- und Futterrüben er- scheinen im Spätsommer, manchesmal aber auch schon Ende Juni, kleine runde, rostrothe Flecken oder Staubhäufchen, welche deutlich aus dem Blatte durch die Oberhaut herausbrechen. Diese Flecken finden sich gewöhnlich nicht nur auf den Blättern der einjährigen Pflanzen, sondern sind auch auf den Blättern der Samenträger zu bemerken. Ihre Anzahl ist oft sehr verschieden; in manchen Jahren tritt die Krankheit nur sehr gelinde auf, so dass man nur wenige Flecken findet und das Blatt im Uebrigen ganz frisch erscheint. In solchen Fällen ist die Krankheit vollständig ungefährlich, die Rüben ent- wickeln sich in gedeihlicher Weise und liefern normale Ernten. Wenn dagegen aber diese Rosthäufchen in grosser Anzahl auftreten und die Blattoberfläche mit denselben wie besäet erscheint, dann kann die Krankheit unter Umständen doch einen bedrohlichen Charakter an- nehmen, nachdem die Blätter vorzeitig gelb werden, abwelken und durch den Verlust der Blätter eine Ertragsverminderung der Rüben- ernte herbeigeführt wird. Frank berichtet von einem Fall, wo im September nicht nur die erwachsenen Blätter durch den Rost ver dorben wurden, sondern wo der Pilz sogar schon die Herzblätter in- fieirt hatte und diese abstarben und so das ganze Herz schwarz wurde, wodurch die Krankheit der Herzfäule äbnlich war. Durch die Unter- suchung wurden aber die echten Herzfäulepilze nicht gefunden, sondern es wurde vielmehr auch in den kranken Herzblättern das charakteristische Rostpilzmycelium nachgewiesen. Der Pilz hatte zwar auf diesen ganz jungen Blättern seine rostfarbenen Sporenhäufchen nicht gebildet — denn dies geschieht überhaupt bei den Rostpilzen nicht auf jugendlichen Pflanzentheilen — aber sein Mycelium hatte er doch schon in diesen zarten Blättern ausgebreitet und sie dadurch ge- tödtet, denn die Fäden des dort vorhandenen Myceliums wuchsen, wie es das Rübenrost-Mycelium immer thut, ausschliesslich zwischen den Zellen. nicht in dieselben hinein und durch sie hindurch, wie bei Phoma Betae. Die Rüben waren in dem hervorgehobenen Falle klein geblieben. Im Allgemeinen muss aber hervorgehoben werden, dass der Rübenrost zu den gutartigen Rübenkrankheiten gehört und grösseren Schaden höchst selten verursacht. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Der Rübenrost ist eine Krankheit, die man jedes Jahr trifft und es wird wenig Rübenfelder geben, auf welchen man dieselbe nicht vereinzelt vorfindet. Die Verbreitung ist daher unzweifelhaft eine grosse, immerhin ist aber der Schaden, wie bereits hervorgehoben, nur ein geringer. Selbst bei grösserem Auftreten der Krankheit be- merken die Berichte, dass der Schaden nur ein unbedeutender war; nur im Jahre 1895 wollte man in manchen Gegenden Deutschlands den durch den Rübenrost hervorgerufenen Schaden auf 5 bis 25%, schätzen. Vielleicht haben hier andere Umstände mit eine Rolle gespielt, denn ich hatte Gelegenheit, den Rübenrost auf Zuckerrüben, besonders aber auf Futterrüben durch einige Jahre hindurch zu beobachten und fand, selbst wenn die Blätter dieht mit Rosthäufchen besetzt waren, dass der eigentliche Schaden nur ein geringer blieb und niemals 5%, überstieg. 3. Die Entstehung der Krankheit. Der Rübenrost gehört zu den schon lange bekannten und genau bezeichneten Rübenkrankheiten, nachdem über das Auftreten und die Entstehung desselben bereits in den Fünfziger-Jahren von J. Kühn ENGER berichtet wurde. Die Ursache ist ein Schmarotzer aus der Abtheilung der Rostpilze, der jedoch ein specifischer Pilz der Rübe und auf diese Pflanze beschränkt ist, nämlich der Rostpilz, Uromyces Betae Tul. Die rostrothen Staubhäufchen, welche der Krankheit ihr charakteristisches Aussehen verleihen, sind die Sommersporen oder Uredosporen des Pilzes: dieselben werden von dem im Blatt wuchernden Mycelium an ver- schiedenen Stellen unter der Epidermis abgegliedert, welche dann über diesen Sporen aufplatzt, wodurch dieselben durch Wind, Regen oder andere Umstände leicht auf andere Blätter, selbst in weiterer Entfernung, verbreitet werden können. Dort keimen sie rasch und ent- wickeln sich zu einem neuen Mycelium. Auf den Sommersporenzustand folgt nach Frank das Stadium der Wintersporen oder Teleutosporen. Diese zweite Sporenform wird in besonderen Häufchen von dunkel- brauner Farbe, welche Häufchen sich besonders an den Stielen der rostigen Blätter, beziehungsweise an den Stengeln der Samenträger zeigen, erzeugt. Diese Sporen bleiben anf den befallenen Pflanzen- theilen sitzen, überdauern den Winter im Ruhezustand und werden erst im folgenden Frühjahr keimfähig. Sie bilden dann nach Frank ein ganz Ähnliches Promycelium mit Sporidien, wie es bei den gleich- namigen Sporen des Getreiderostes der Fall ist. Kühn, der die Ent- wicklung dieses Pilzes genau verfolgte, fand, dass diese Sporidien, wenn sie auf frische Rübenblätter gelangen, keimen und dass aus ihren in das Blatt eindringenden Keimschläuchen sich in demselben der Aecidiumzustand des Rostpilzes entwickelt. Zum Unterschied vom Getreiderostpilz wird das Aecidium des Rübenrostes. auf der Rübe und keiner anderen Nährpflanze gebildet. Diese Aecidien sind nach der Beschreibung von Frank orangegelbe Polsterchen, auf denen die vielen sehr kleinen, kelchartigen, oben geöffneten Sporenbehälter stehen, welche zahlreiche rundlicheckige Sporen reihenförmig gestellt in sich bergen und zuletzt ausschütten. Dieser Aecidienzustand ist also die erste Generation des Pilzes, welche sich im Frühjahr auf den Rübenblättern bildet und welche nun erst zum Erzeuger des eigentlichen, etwas später erscheinenden Rübenrostes wird. Die Aecidiumsporen können, wenn sie auf Rübenblättern keimen, ihre Keimschläuche durch die Spaltöffnungen in ‚die Blätter eindringen lassen und erzeugen dann wieder das Rostpilzmycelium mit der Sommersporenform, womit der Entwicklungskreislauf des Pilzes von Neuem beginnt. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Wie aus der Entwicklungsgeschichte des Pilzes hervorgeht, so sind die befallenen Theile der Rübe so gut als möglich vom Felde I zu entfernen und zu vernichten; dies gilt auch von den erkrankten Blättern der Samenrüben, die gleichfalls sorgfältig zu beseitigen sind. Ob ein Bespritzen der Blätter mit einer 2%igen Kupferkalkbrühe eventuell den Ausbruch verhindert, ist noch unbekannt. Empfohlen wurde auch das Bespritzen der Blätter vom Juni bis August mit einer Flüssigkeit, bestehend aus 50 Theilen Nitrobenzol, 150 Theilen Amyl- alkohol und 100 Theilen Kaliseife, letztere mit der 1dfachen Menge Wasser verdünnt. Ob diese schon complicirter zusammengesetzte Flüssigkeit irgend welchen Erfolg brachte, ist ebenfalls nicht bekannt. Im All- gemeinen wird man jedoch zum Glück bei der vorliegenden Krankheit keiner besonderen Gegenmittel bedürfen, so dass ein aufmerksames Durchgehen bei stärkerem Auftreten und Entfernen der kranken Blätter genügen dürfte. X, Die Blattfleckenkrankheit der Zuckerrübe (Cercospora beticola Nacc.). (Tafeln XIII und XIV.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Manchmal bei früher Bestellzeit, dann schon im Juni, hauptsächlich aber im Sommer treten auf den Blättern mehr oder weniger kreis- runde oder elliptische oder auch unregelmässig geformte, sowohl auf der Oberseite, wie auch auf der Unterseite, sichtbare Flecke hervor. Die Grösse dieser Flecken ist eine verschiedene, zumeist findet man solche mit einem Durchmesser von 1, 2 bis 3mm; grössere Flecke sind selten und habe ich solche zumeist nur bei Futterriibenblättern, niemals aber bei Zuckerrübenblättern beobachtet. Die Flecken zeigen auf der Oberseite ein mattes bräun- liches Weissgrau, welche Farbe auf der Unterseite in ein helles Asch- grau übergeht. Ganz charakteristisch ist es ferner, dass die Flecken auf jeder Seite von einem verhältnissmässig schmalen olivenbräunlichen oder bräunlich-purpurrothen Saum eingefasst sind. Die aschgraue Färbung der Flecken an der Blattunterseite ist durch die Anwesen- heit zahlreicher Sporen bedingt, welche dort einen dichten, staub- förmigen Ueberzug bilden. Das Mycelium des Pilzes besteht aus ziemlich langen, entweder farblosen oder schwach. bräunlich tingirten Fäden, welche die Blattzellen durchdringen, dieselben’ zerstören und tödten. Da die Fäden auch die Wandungen durchdringen, so ent- stehen die Flecken, welche die todten Blattzellen repräsentiren. Die daran angrenzenden Zellen des lebenden Blattgewebes bilden in ihrem NOTE Zellsaft einen rothen Farbstoff, durch welchen der Saum charakteristisch gefärbt wird. Nach der Beobachtung von Frank tritt die Krankheit auf jüngeren Blättern niemals auf, was ich ebenfalls durch jahrelange Beobachtung bestätigt gefunden habe. Ich konnte diese Krankheit einige Jahre auch auf Futterrübenblättern in ihrer verschiedensten Ent- wieklung beobachten und fand ich die jungen Blätter immer frei von diesem Pilz. Dagegen gelingt es aber ganz leicht, und ich habe dies wiederholt gemacht, künstlich die Krankheit durch Infection mit Cercospora-Conidien hervorzurufen, eine Erscheinung, die auch Frank hervorhebt. Ein derartig infieirtes junges Blatt ist auf Tafel XIII abgebildet und sieht man hier schon die ganze charakteristische Aus- bildung der Erscheinungen, die der Pilz hervorbringt. Das Mycelium des Pilzes (und dies hat er mit anderen ähnlichen blattfleekenerzeugenden Schmarotzerpilzen gemein) verbreitet sich im Blatt nicht weit über die Infectionsstelle hinaus, sondern bleibt also auf einen verhältnissmässig kleinen Raum beschränkt. Zwischen den Flecken liegt das grüne Blattgewebe, welches in keiner Weise angegriffen wird und vollständig gesund bleibt. Höchstens nimmt das Grün eine fahlere Färbung an. Auf Tafel XIII ist ein Rübenblatt abgebildet, welches die Krankheit mit ihren charakteristischen Blattflecken und in vollster Entwicklung zeigt. Sobald sich die Krankheit bemerkbar macht, und zwar unter gewöhnlichen Verhältnissen Ende Juni bis Juli, sind die Flecken zu dieser Zeit noch klein und vereinzelt, und in dem Falle, als die Krankheit keine weiteren Fortschritte macht, stirbt das Blatt nicht ab. Die Krankheit tritt jedoch unter Umständen auch in der Weise auf, dass die Blätter vollständig trocken werden, sich braun und schwarz verfärben und dann vorzeitig absterben. Ein derartiges ab- gestorbenes Blatt ist auf Tafel XIV abgebildet. Bei einem solchen extremen Auftreten der Krankheit können die Rüben bis anfangs October den zweiten Theil ihrer erwachsenen Blätter verloren haben. wodurch die normale Entwicklung der Rübenwurzel gestört wird. Nach den Beobachtungen von Frank bleibt dadurch das Rübengewicht zurück, weniger dagegen der Zuckergehalt. Er fand im Herbst Rüben- gewichte von 349g mit 14'86°/,, von 4909 mit 1625 %,,. von 621 mit 14:81 °%%, und 774g mit 13:87 °%, Zucker. Stoklasa hat hingegen wieder eine Zucker verminderung gefunden, u. zw. zeigten normale Rüben einen Zuckergehalt von 13'3°%,, Rüben mit pilzkranken Blättern von demselben Felde nur 107°. In diesem Falle muss die Krankheit schon einen ganz bedeutenden Umfang erreicht haben, denn eine der- artige Zuckerverminderung konnte ich bis jetzt nicht finden. Anfangs - 4 Zen October vorigen ‚Jahres untersuchte ich drei Rüben aus Frankreich, welche von dem gleichen Felde entstammten und von welchen die Blätter zweier Rüben ausserordentlich von der Krankheit angegriffen waren, während die Blätter der dritten Rübe vollständig gesund blieben. Die kranken Rüben wogen 502, resp. 515 g und wiesen einen Zuckergehalt von 169, resp, 16°1°/, auf. Die gesunde Rübe wog 580 g und zeigte einen Zuckergehalt von 17°3°/,. Die Rüben waren also überhaupt kleiner geblieben, doch selbst die kranken Exemplare zeigten einen hohen Zuckergehalt, der gegen- über dem der gesunden Rübe nicht wesentlich zurückblieb. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass die Krankheit unter Umständen einen gefährlichen Charakter annehmen kann, denn dafür sprechen die Beobachtungen Frank’s und Stocklasa’s, doch dürfte sie im Allgemeinen zu den gutartigeren Blattkrankheiten zu rechnen sein. Jedenfalls ist aber Vorsicht immer am Platz, denn es sind Fälle genug bekannt, wo sich ausgesprochen gutartige Krankheiten auf einmal in anderer Weise zeigten und dann bedeutenden Schaden ver- ursachten. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Krankheit zeigt sich alle Jahre in grösserem oder geringerem Umfange, doch liegen über den Umfang der Ausbreitung besondere Mittheilungen nicht vor. Ich habe sie eine Reihe von Jahren, besonders auf Futterrüben, beobachten können, u. zw. manchmal in einer Aus- dehnung, dass beinahe alle Blätter des Feldes davon ergriffen waren. Der Schaden war jedoch, wie ich in Erfahrung bringen konnte, kein nennenswerther. Eine derartige Verbreitung auf Zuckerrüben wäre wohl etwas bedenklicher gewesen. 3. Die Entstehung der Krankheit. Mit dieser Krankheit hat sich zuerst in eingehender Weise v. Thümen beschäftigt und fand er, dass der für diese Blattflecken- krankheit charakteristische Pilz zu der Species Öercospora beticola Sace. gehört. Nach den Untersuchungen v. Thümen’s ist die Fort- pflanzung des Pilzes eine sehr einfache, Die vom Sporenträger als ganz ausgereift sich abschnürende Spore gelangt durch verschiedene atmosphärische Einflüsse auf das Rübenblatt und bildet sich in Kürze an ihrem Ende eine kleine Verlängerung, welche sich in eine der Spaltöffnungen des Blattes einzwängt und eindrängt und hier schnell zu dem Keimschlauch anwächst. Aus diesem Keimschlauch bildet sich ein Faden, aus dem Faden entstehen mehrere, und so bildet sich im Kreislauf abermals ein Mycelium, aus welchem sich wieder Sporenträger erheben, die Sporen bilden und abschnüren u. s. w. NR e Das Mycelium des Pilzes durchdringt, wie bereits hervorgehoben, die Blattzellen, unter Zerstörung und Abtödtung derselben, wodurch die Flecken entstehen. Die Mycelfäden beginnen die Epidermis jedoch aus- schliesslich nur auf der unteren Blattspreite zu durchbrechen und senden sie dann kurze, cylindrische, einfache Sporenträger hervor. Aus diesen bilden sich nach kurzer Zeit die Sporen. Da die befallenen Blätter bald absterben und abfallen, so gelangen die ausgereiften, keimfähigen Sporen in den Boden und sind hier die Ursache, dass nach wiederholtem Rübenbau die Krankheit im nächsten Jahre wieder auftritt. Ob der Pilz noch einen besonderen Ueberwinterungszustand bilden, aus dem er im nächsten Sommer wieder entsteht, ist nach Frank noch unbekannt. Der Pilz bewohnt, wie Frank gefunden hat, nicht nur die Blätter, sondern aüch andere oberirdische Theile der Rübenpflanze und, was besonders wichtig ist, auch die Stengel der Samenträger; man findet ihn sogar nicht selten auch auf den Samenknäueln. Es ist nun unzweifelhaft, dass auf solchen Rübensamen sich die Cercospora, sobald diese Samen trocken sind und trocken aufbewahrt werden, bis zum nächsten Jahr erhalten kann. Es liegt daher die Annahme sehr nahe, dass durch den Samen der Pilz und die Krankheit auf die neuen Rübenpflanzen übertragen werden können, umsomehr als der Pilz seine Entwicklungsfähigkeit den Winter über bis zur Zeit des Aus- säens der Samen beibehält. Kudelka hat eine eigenthümliche Prädisposition der Zucker- rübe zu dieser Blattkrankheit beobachtet, indem er nämlich bemerkte, dass von 14 verschiedenen Rübensorten eine dieser Sorten in besonders starker Weise durch Cercospora beticola Sacc. befallen wurde, während bei den anderen Sorten diese Krankheit keinen merkbaren Schaden verursacht hatte. Die eine Sorte war also zu dieser Krankheit mehr prädisponirt als die anderen. Der Züchter dieser Sorte theilte nun mit, dass sie nicht in gewöhnlicher Weise entstand. Er wollte nämlich die zuckerreiche Sorte Vilmorin blanche amelioree ertragreicher machen und befestigte zu diesem Zwecke den Kopf der Vilmorinrübe immer auf einer entsprechend geköpften Klein-Wanzlebener Rübe und steckte sie so aus, wobei er dachte, dass die stärkere Klein-Wanz- lebener Rübe als Amme der Vilmorinrübe den Ertrag der letzteren in der Nachkommenschaft heben würde. Es fragt sich nun, wie die Ernährung der Sprossen des Vilmorinkopfes, der auf einer entsprechend geköpften Klein-Wanzlebener Rübe befestigt wurde, beschaffen war. Nimmt man die günstigsten Bedingungen an, infolge deren das ganze Gewebe des Kopfes mit dem der Unterlage gut verwachsen war, x 4 — 10 — so trafen die Gefässbündel des Kopfes nur selten auf die Gefässbündel der Unterlagen, infolge dessen war die Zuführung von Wasser zu den Sprossanlagen, ebenso wie auch die Saftleitung in diesen, wie oben erwähnten zubereiteten Rüben eine viel schwächere, mithin auch die Ernährung der Sprossen des Vilmorinkopfes, von denen auch nicht der geringste Theil entfernt war, viel schwächer als bei normalen Samen- rüben. Diese geschwächte Ernährung der Sprossen und des auf ihnen sich entwickelten Samens infolge des beschriebenen Eingriffes war sicherlich die Ursache der besonderen Prädisposition zu der Blatt- fleckenkrankheit in der Nachkommenschaft. Es soll daher jeder Züchter bedacht sein, seine Zucht zu stärken, ehe er sie auf den Markt bringt. Hervorgehoben sei noch, dass die durch den Pilz Fusarium Betae Rabenh. hervorgerufene Blattkrankheit eine gewisse Aehnlichkeit mit der durch Cereospora beticola Sacc. erzeugten Blattkrankheit hat. Ersterer Pilz bildet nämlich auf zahlreichen, kleinen, nuss- farbigen, rothgesäumten Flecken der Runkelrübenblätter dunkle Polsterchen von kurzen, sporenabschnürenden Fäden mit sehr langen stabförmigen oder verkehrt beulenförmigen, farblosen Sporen mit mehreren Querscheidewänden. Nicht zu verwechseln sind ferner auf den Blättern entstehende trockene, scharf begrenzte, hellbraune, in der Mitte weisslich gefärbte, von einem braunen Rand umgebene Flecken, welche von den zwei Pilzen Septoria Betae Westd. und Phyllostica Betae Oudem hervor- gerufen werden. Die Unterscheidung dieser Pilze ist natürlich Sache des Specialisten. Eine Blattfleckenkrankheit wird auch durch den Pilz Phoma Betae verursacht, wie im Hauptabschnitt III: „Die Herz- und Trocken- fäule“, Seite 38, hervorgehoben wurde. Bei dieser Krankheit sehen jedoch die Flecken ganz anders aus, so dass eine Verwechslung mit Cercospora beticola Sacc., wie aus der früheren Beschreibung hervor- geht, kaum möglich erscheint. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Nach den bisherigen Beobachtungen gewinnt die Krankheit, namentlich in nassen Jahren, eine gewisse Verbreitung. Da die aus- gereiften, keimfähigen Samen durch die abfallenden Blätter in den Boden gelangen, so ist es daher anzurathen, so weit dies ohne Schädigung des Wachsthums der Rübe möglich ist, die erkrankten Blätter gründlich zu entfernen. Wenn auch das Abblatten nicht gerade vortheilhaft für die Rübe ist, so ist doch auch wieder der dadurch erwachsende Schaden ein geringer, da das erkrankte Blatt — 101 — ohnehin wesentlich in seinen Functionen beeinträchtigt ist, abstirbt, und daher für die Pflanze nicht mehr von Nutzen sein kann. Sollte die Krankheit in besorgnisserregender Weise auftreten, so ist eine angemessene Fruchtfolge angezeigt, in welcher die Rüben erst nach einigen Jahren auf demselben Felde wiederkehren, in welcher Zwischenzeit dann die in dem Erdboden befindlichen Sporen ihre Keimkraft grösstentheils verloren haben werden. Ferner hat man das Bespritzen mit Kupfervitriolkalkbrühe anempfohlen unter Verwendung der bekannten Peronosporaspritze oder eigens construirten Wägen. Ueber die Erfolge ist bis jetzt nichts bekannt geworden. Da die Keime des Pilzes auch mit dem Rübensamen ver- schleppt werden können, so empfiehlt Frank die Beizung desselben, u. zw. kurz vor der Bestellung, wozu sich die Kupfervitriolkalkbrühe sehr gut bewährt hat. Die Rübenknäule vertragen sehr wohl ein eirca 24stündiges Einlegen in eine 2 bis 4%ige Kupfervitriolkalkbrühe (2 Gewichtstheile Kupfervitriol in 100 Theilen warmen Wassers auf- gelöst und dann mit einem aus 2 (Gewichtstheilen Aetzkalk, nach Löschen desselben, hergestellten Kalkbrei versetzt und verrührt). Die aus der Beize genommenen Rübensamen sind mit Wasser abzuwaschen und dann durch Ausbreiten zu trocknen, da letzteres für das Drillen des Rübensamens wünschenswerth ist. Bei einem Düngungsversuche wurden die stark gekalkten Zuckerrüben am meisten von dem Pilz befallen, nachher die mit Chilisalpeter gedüngten, dann die ungedüngten und am wenigsten die mit schwefelsaurem Ammon gedüngten. Die abreifenden Blätter nahmen den Pilz am schnellsten an. XI. Der falsche Mehlthau oder die Kräuselkrankheit der Blätter oder die Herzblattkrankheit. (Peronospora Schachtii Fuckel.) (Tafel XI.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Die Krankheit, welche im Mai oder Juni auftritt, sobald die Rüben ins Kraut schiessen, hat ihren Sitz auf den jungen Blättern, den so- genannten Herzblättern, welche ein blassgelbes Aussehen annehmen, gekräuselte Oberfläche und nach unten eingeschlagene Blattränder erhalten. Gleichzeitig pflegen sich die älteren, äusseren, gesund ver- bliebenen Blätter aus ihrer aufrechtstehenden . Lage in eine flaclı — 12 — auf die Erde gebreitete, rosettenartige Lage zu begeben. Auch Rüben- samenpflanzen werden von der Krankheit befallen und befindet sich ihr Sitz hier zumeist an der Spitze der Samentriebe, welche nicht länger als 10 bis 20cm werden, zwar eine vollkommene Samenähre ansetzen, es aber nicht zu weiteren Ausbildungen bringen können. Die basalen Theile pflegen dabei immer gesund zu sein. Die befallenen Theile besitzen eine fahle, bleiebgrüne, auch bleigraue Farbe. Die inneren, Jüngeren Blätter sind meist in ihrer ganzen Ausdehnung der- art missgefärbt, während die äusseren älteren Blätter nur fleckenweise die Krankheitserscheinung erkennen lassen und dabei eigenthümlich wellenförmig gekraust erscheinen. Die jüngeren Herzblätter sind nach allen Richtungen hin verbogen und gekrümmt, dick aufgetrieben und von brüchiger Beschaffenheit und zeigen einen schimmelartigen bleifar- bigen Ueberzug, welcher sich auch an der Unterseite der älteren Blätter, correspondirend mit den missfarbigen Flecken der Oberseite, findet. Die Blätter verkümmern schliesslich und fallen ab. Damit erscheint auch die Krankheit in vielen Fällen als beendigt, denn neue Blätter gehen aus dem Herzen der Rübe hervor, immer sogar in vermehrter Zahl, doch werden diese Blätter nur schmal und glatt und erreichen selten die Form und die Grösse von gesunden Blättern. Eine der- ‚artige Ausheilung tritt aber nicht immer ein, es setzt die Krankheit nicht unhäufig ihr Zerstörungswerk weiter fort, indem sie auf den Kopf der Rübe, von hier in das Fleisch übergeht und dasselbe zer- setzt. Am Rübenkopf treten sodann schwarze, zundrige Massen, offen zu Tage liegend oder in Löcher und Spalten eingesenkt, auf, eine Erschei- nung, welche mit dem Aussehen der Kopf- oder Herzfäule identisch ist, jedoch mit der echten Herzfäule nichts zu thun hat. Die jungen zarten Blätter vertrocknen und sterben ziemlich rasch ab und begünstigt namentlich die feuchte Witterung die Ausbreitung der Krankheit ungemein, so dass unter Umständen die jungen Rüben- pflanzungen verloren sein können. Aeltere Pflanzungen werden sel- tener vernichtet und können sich auch bei einigermassen trockener Witterung und bei geringem Befall so ziemlich erholen. Die befallenen tüben bleiben klein und zuckerarm und die von der Krankheit be- fallenen Samenrüben treiben keine Blüthenstengel mehr. Durch die eigenthümlich gekräuselte Form der jungen Blätter hat die Krankheit auch den Namen „Kräuselkrankheit der Blätter“ erhalten. Wie aus der Beschreibung der Krankheit zu ersehen ist, tritt dieselbe nicht nur auf einjährigen Rüben, sondern auch auf Samen- rüben auf, wo sie unter Umständen einen gefährlichen Charakter an- nehmen kann. —- 103 — 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Krankheit ist in manchen Jahren in besonders starkem Masse aufgetreten, und war dies nach den Berichten von Hollrung nament- lich im Jahre 1894 der Fall, wo sie in der Provinz Sachsen in einer ungewohnt starken Weise um sich gegriffen hat. In den letzten Jahren hat man von einem stärkeren Auftreten der Krankheit wenig gehört und im Jahre 1899 trat sie nur vereinzelt und unbedeutend auf. Im Jahre 1898 schätzte man den Verlust auf Rübensamenfeldern an manchen Orten bis zu 6°%,. Gewöhnlich tritt die Krankbeit nur ver- streut über das Feld auf. 3. Die Entstehung der Krankheit. Die Krankheit ist schon viele Jahre bekannt und nahm man ur- sprünglich, d. h. in den Fünfziger-Jahren an, dass sie von Milben ver- ursacht werde. Eingehende Untersuchungen haben aber bald gelehrt, dass die Krankheit durch den Pilz Peronospora Schachtii Fuckel verursacht wird, welcher parasitisch im Pflanzengewebe der Rüben- blätter lebt. Die Myceliumfäden des Pilzes sind vielfach ver- zweigte, aber völlig einzellige Schläuche, das heisst ohne Quer- wände. Die aus den Spaltöffnungen hervortretenden Sporenträger sind die unmittelbaren Fortsetzungen der Myceliumschläuche. Die Sporen, welche sich auf ihren Zweiglein abschnüren und welche als Conidien bezeichnet werden, keimen, wenn sie auf eine feuchte Unterlage fallen, sehr leicht aus. Im Rübenblatt tritt der Keimschlauch ins Innere des- selben, wächst hier zu einem Mycelium heran und das Blatt erkrankt in der oben beschriebenen Weise. Die Conidien sind also die Er- zeuger und Verbreiter der Krankheit. Der Conidienträger bildet weit verbreitete, bleigraue Rasen, wodurch die beschriebene charakteristische Färbung entsteht. Das Vermehrungs- und Verbreitungsoptimum des Pilzes ist in den Monaten mit kühler, feuchter Temperatur zu suchen und scheint während des Sommers die erhöhte Temperatur die Lebensfähigkeit des Pilzes zu beeinflussen. Dies hat Hollrung besonders im Jahre 1895 beobachtet, wo die Krankheit im Laufe des Sommers verschwand und im warmen und trockenen Herbst nur spärlich wieder zum Vor- schein kam. Der Pilz tritt nur nesterweise und selten über das ganze hübenfeld verbreitet auf. Man findet gewöhnlich immer nur ein paar Stück kranker Rüben beisammen, während die Umgebung ganz gesund ist. Bemerkenswerth ist auch, dass der Pilz durch seine Coni- dienfrüchte in nicht besonderem Masse neue Verseuchungen hervor- rufen kann, nachdem von der Krankheit immer nur wenige Exemplare ergriffen werden, die anderen hingegen gesund bleiben. Dass aber eine infeetion doch unter Umständen eintreten kann, beweist die Thatsache, dass die Krankheit im Herbst vielfach wieder beobachtet wurde, wozu jedenfalls günstige Witterungsverhältnisse beigetragen haben. In Bezug auf die Verbreitung des Pilzes herrscht die Ansicht vor, dass durch die zum Samenbau verwendeten Mutterrüben oder Stecklinge die Krankheit auf die Zuckerrübe weiter verbreitet wird; möglicherweise spielt biebei auch die Rübenrasse eine gewisse Rolle. Der Pilz kann sich auf den Rübenpflanzen, wie aus seiner Ent- wicklungsgeschichte hervorgeht, bis zum Herbst erhalten und ver- breiten, wo er sich an den Stengeln und Blättern der Samenträger zeigt. Der Pilz überdauert den Winter in Form des Myceliums im Innern der kurzen Blatttheile, welche an den eingemietheten, zur Samenzucht bestimmten Rüben belassen wurden. Wenn nun die Samen- rübe im Frühjahr ausgepflanzt wird und anfängt. junge Blättchen zu treiben, dann wandert das Mycelium in dieselben hinüber und bildet bald den Schimmelrasen. Der Wind, Regen, Thiere etc. besorgen dann die Weiterverbreitung der Sporen. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. In erster Linie ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die erkrankten Pflanzen sorgfältig aus dem Boden zu ziehen und zu vernichten sind. Bei Samenrüben sind alle erkrankten Blätter oder Stengel so bald als möglich zu beseitigen. Frank meint, dass man sich, wie immer bei parasitischen Krankheiten, auch fragen solle, ob vielleicht auch noch andere Pflanzen Träger des betreffenden Parasiten sind. Für die Rübenperonospora ist dies freilich nicht erwiesen; aber es kommt auf anderen Chenopodiaceen, nämlich auf dem Spinat und auf den als Unkräutern überall gemeinen Chenopodium-Arten eine Perono- spora effusa de Bary vor, von der es wenigstens nicht unmöglich wäre, dass sie mit der auf den Rüben vorkommenden speeifisch identisch ist. Es würde sich daher verlohnen, diese Frage zu prüfen, denn im positiven Falle würde dadurch noch ein anderer Weg der Herkunft und somit auch der Bekämpfung der Krankheit erkannt sein. Zur Bekämpfung der Krankheit gibt Hollrung folgende Rath- schläge: Man vermeide es, die Stecklinge in unmittelbarer Nachbarschaft, oder, wie es auch geschieht, zur Ausfüllung der Vorgewände von Samenrüben zu bauen; ferner sei man darauf bedacht, die Stecklings- felder so zu legen, dass der vorherrschende Wind vorerst die Steck- linge und dann die Samenrübenbreite berührt. — 15 — Kräuselkranke Rüben, Stecklinge und Theile von Rübensamen- stauden müssen vom Acker entfernt und verbrannt werden. Rathsam ist es auch, beim Abernten, bezw. Auspflanzen der Stecklinge und Mutterrüben eine nochmalige Controle der Köpfe und Absonderung verdächtiger Exemplare vorzunehmen. Ein sorgfältiges Entfernen des befallenen Krautes, so lange als der Kopf der Rübe noch intact ist, also namentlich im Frühjabr und Frühsommer, ist zu empfehlen, da dadurch die Krankheit von der Rübe entfernt werden kann. Dieses Mittel ist dort in Betracht zu ziehen, wo eine praktische Durchführung möglich und mit Vortheil verbunden ist. Die Haupthandhabe zur Niederhaltung des Mehlthaues befindet sich nach Hollrung bei denjenigen Landwirthen, welche Rübensamen bauen, insoferne als eine von dieser Seite in genügendem Masse aus- geübte, mit rücksichtsloser Ausmerzung aller kopfkranken Stecklinge verbundene Controle ihres Zuchtmateriales dem ersten Auftreten der Krankheit auf den Samenrüben und damit dem Uebergreifen auf die Fabriksrüben vorzubeugen geeignet ist. Das Bespritzen mit Kupfervitriolkalkbrühe scheint sehr beachtenswerth zu sein und sprechen namentlich dafür die Versuche von Aim&e Girard. Nach seinen Mittheilungen wurde das Auftreten des Pilzesin Frankreich im Jahre 1884 beobachtet. Zur Vernichtung wurde ein Bespritzen der Blätter mit einer Mischung von 3°/, Kupfervitriol und 3%, Kalk eingeleitet, und dadurch zufriedenstellende Resultate erzielt. Stark erkrankte Blätter werden reichlich begossen, doch empfiehlt sich auch eine schwache Besprengung der gesunden Pflanzen, um ein Ueberhandnehmen des Pilzes hintanzuhalten. Pro Hektar wurden 5hl der Flüssigkeit verbraucht und stellten sich die Kosten, einschliesslich der Arbeit durch einen Mann, auf 14 Frances. Die Be- sprengung war von den günstigsten Erfolgen begleitet, denn die Weiterverbreitung der Krankheit hörte sogleich nach der Behandlung auf und somit trat auch wieder eine normale Weiterentwicklung der Pflanzen ein. Dem Gewichte nach zeigten die nicht besprengten und besprengten Pflanzen in ihren einzelnen Theilen (Blätter und Wurzeln) einbedeutendes Minus gegenüber den gesund gebliebenen, doch war bei den besprengten Pflanzen die Differenz eine geringere. Eine Zunahme des Gewichtes der Wurzel fand nach der Besprengung nicht mehr statt, dafür erhöhte sich jedoch das Blattgewicht auf das Doppelte, wodurch die Zucker- zunahme um 1'58°, stieg. Allerdings blieben die besprengten Rüben- pflanzen gegenüber den gesunden Rüben immer noch im Zuckergehalt um 178°, zurück, doch erscheint die Zunahme an Zucker durch die Besprengung jedenfalls so gross, dass sie die Behandlung mit Kupfer- lösung reichlich einbringt. Anderseits gestattet die Anwendung des — 106 — Verfahrens, gleich nach dem Auftreten des Schmarotzers, die noch nicht befallenen Rüben gänzlich vor der Erkrankung zu bewahren und dadurch einen normalen Zuckergehalt zu erreichen. Girard empfiehlt für Gegenden, in welchen das Auftreten der Peronospora alljährlich mit Sicherheit zu erwarten ist, ein wiederholtes leichtes Besprengen der Pflanzen mit obiger Flüssigkeit, mit welchem sofort nach Beginn der Vegetation angefangen werden muss, Von der Praxis wird gegen die Vorschläge Girard’s der Ein- wand erhoben, dass es bei dem so sehr über das ganze Feld ver- streuten Auftreten peronosporakranker Rüben zu viel Umstände bereite, jede befallene Rübe zwischen den gesunden herauszusuchen und mit Kupferkalkbrühe zu versehen, eine Bespritzung der gesammten Rüben ohne Wahl aber zu zeitraubend und kostspielig sei. Hollrung hebt nun ganz richtig hervor, dass diese Einwände in einzelnen Fällen zutreffen, wie Jeder aus obiger Beschreibung des Girard’schen Vor- schlages auch herausfinden wird, dass man aber diese Einwände hin- sichtlich der Stecklingsrüben nicht gelten lassen darf. Für diese kann ohne Rücksicht auf Arbeit und Kosten nur ein Gesichtspunkt in Be- tracht kommen, nämlich die Erzeugung eines gesunden, möglichst zuckerreichen Zuchtmateriales und zur Erreichung dieses Zieles trägt die Behandlung mit Kupferkalkbrühe ganz entschieden im Bedarfs- falle bei. Es dürften sich daher weitere Versuche in der von Girard ange- regten Richtung empfehlen, umsomehr, als bis jetzt über die Wirkung der Kupfervitriolkalkbrühe nur sehr mangelhafte Erfahrungen vorliegen. Wie schon bemerkt, sind die aus dem Felde entfernten Rüben- theile zu vernichten, resp. zu verbrennen. Ein Verfüttern empfiehlt sich nicht, denn es ist ein Fall bekannt, bei welchem Pferde, welche vom falschen Mehlthau befallene Futterrübenblätter erhielten, daran erkrankten, so dass diese Fütterung eingestellt werden musste. XII. Die Blattbräune (Sporidesmium putrefaciens Fuckel). (Tafel XIV.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Im Spätsommer und im Herbst werden die erwachsenen, dem Absterben verfallenden Blätter stellenweise hellbraun und dann immer dunkler bis schwarz,') und zwar geht dieser Process in der ') Daher auch die Bezeichnung „Die Schwärze der Rübenblätter“. 0 Weise vor sich, dass das Blatt, ohne dass sich besondere Flecken bilden, allmälig seine grüne Farbe verliert. Stellenweise tritt auch ein dunkler Ueberzug auf, welcher den diese Blattbräunung regel- mässig begleitenden Pilz darstellt. Auf jungen Blättern und Herzblättern hat man bis jetzt diesen Pilz noch nicht beobachtet, so dass die Er- scheinung, die derselbe hervorruft, wie Frank hervorhebt, nicht als „Herzfäule“ zu bezeichnen ist. Die eigentliche Herzfäule charakte- risirt sich auch in ganz anderer Weise, ebenso wie ferner das na- türliche Absterben der alten Blätter mit der vorliegenden Er- scheinung nichts zu thun hat. Eine Verwechslung mit den durch das Auftreten des Pilzes Cercospora beticola Sacc. zum Absterben ge- brachten Blättern ist auch mit der Erscheinung der Blattbräune nicht möglich, weil hier die charakteristischen Flecken fehlen, die bei den erstgenannten trockenen Blättern, wie ein Blick auf Tafel XIV lehrt, deutlich zu ersehen sind. Die Blattbräune ist also eine bestimmte Krankheit, die durch einen bestimmten Pilz verursacht wird. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Krankheit ist wohl sehr verbreitet und tritt alle Jahre in mehr oder weniger hohem Grade auf. Der Schaden, den sie ‚hervor- ruft, ist wohl kein bedeutender, was auch natürlich ist, da sie nur auf erwachsenen Blättern, die ohnehin ihre Functionen bereits erfüllt haben und ihrem Absterben entgegengehen, auftritt. Im Jahre 1897 hat man in Deutschland stellenweise, wie behauptet wird, einen Ver- lust bis zu 25°/, zu verzeichnen gehabt. Jedenfalls bietet aber die Krank- heit keinen Grund zur besonderen Beunruhigung. 3. Die Entstehung der Krankheit. Der die Krankheit verursachende ‚Pilz wird Sporidesmium putre- faciens Fuckel genannt und zeichnet sich derselbe durch eigenthüm- liche, unter dem Mikroskop deutlich charakterisirte Sporen aus. Nach Frank ist der Pilz kein strenger Parasit, sondern auch Sapropbyt, d. h. Bewohner faulender organischer Körper, u. zw. letzteres viel- leicht noch mehr als ersteres. Der Umstand, dass der Pilz fast immer nur auf alten, dem Absterben nahen Blättern aufkommt. ist ein deut- licher Fingerzeig, dass er kein strenger Parasit ist und dass daher die in kräftiger Vegetation befindliche Rübenpflanze von ihm wenig zu fürchten hat. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Besondere Bekämpfungsmassregeln gegen diesen Pilz sind nach dem Hervorgehobenen wohl nicht nothwendig, doch schadet es nicht. — 18 — die befallenen Theile durch Unterpflügen möglichst zu beseitigen, wodurch das Wiedererscheinen des Pilzes eingedämmt wird. Nach Frank würde auch die Kupferbeize der Rübensamen gegen die Ein- schleppung dieses Pilzes durch den Samen etwas nützen, nachdem genannter Forscher auf reifen Rübensamenknäueln nicht selten die Sporidesmium-Sporen gefunden hat. XIII, Die Gelbfärbung der Zuckerrübenblätter. (Tafel XV.) | 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Bei Beginn der Krankheit bedecken sich die Blätter mit unregel- mässigen gelbgrünen Flecken, welche sich allmälig verbreiten und schliesslich eine blassgelbe Farbe annehmen; die Pflanze scheint dann chlorotisch zu sein. Das Parenchymgewebe der Blätter verfault sodann und die Oberfläche bedeckt sich mit Schimmelpilzen. Das Gewebe der Blattstiele zersetzt sich ebenfalls unter Braunfärbung; dieselben ver- lieren ihre Elastieität und brechen schliesslich unter der Schwere der Blätter ab, welche zu Boden fallen. Die Entwicklung der Krankheit ist besonders eine starke und schnelle, wenn auf eine lange Periode der Wärme plötzlich kaltes und feuchtes Wetter folgt. Die Zucker- rüben beginnen zu welken und nehmen nur mehr sehr langsam an Grösse zu. Die von der Krankheit befallenen Rüben erreichen nach den Untersuchungen von Troude ein geringes Gewicht und weisen einen geringeren Zuckergehalt und mangelhafte Reinheit auf. Nach mehr- jährigen Durchschnittsanalysen wurden folgende Zahlen gefunden: kranke Rüben: gesunde Rüben: Priebte.destSattes’ı Ha zu: 4 52210:62 1541 Zucker in der Rube: 7 2... ... 10:80 13:10 zeinheitsquotient . . . 82 85 (eerntete Menge pro Helen . 18.000 kg 27.000 kg Die Production von Zucker pro Hektar betrug 1944 kg bei den kranken und 3537 kg bei den gesunden Rüben, somit die ersteren einen Fehlbetrag von 1593 kg, entsprechend 45 %, aufwiesen. Die Gelbfärbung der Zuckerrübenblätter erscheint nach Troude im Monat Juni nach längerer und intensiverer Trockenheit und breitet sich namentlich in sonnigen Gegenden aus, während sie in Gegenden mit sehr feuchtem, maritimen Klima wenig Verbreitung findet. Die Krankheit tritt am intensivsten auf Thonböden mit undurchlässigem — EZ und undrainirtem Untergrunde, sowie auf sehr leichten und wenig tiefgründigen Böden auf, welche mehr als andere zur Trockenheit geneigt sind. Auf denjenigen Rüben, welche sehr grosse Mengen Stick- stofflünger erhalten und sich demgemäss frühzeitig entwickelt haben, erscheint die Krankheit frühzeitiger; dasselbe ist auch auf sehr mageren, wenig fruchtbaren Böden bei Anwendung geringer Mengen Dünger der Fall. Nach den Beobachtungen von Prillieux und Delacroix ent- steht diese Krankheit gewöhnlich in der ersten Hälfte Juli und tritt besonders an Stellen auf, wo Samenrüben cultivirt wurden. Anfangs scheinen die Blätter etwas von ihrer Saftigkeit verloren zu haben; der Blattstiel wird nachgiebiger und die Spitze der Blatt- fläche neigt sich zu Boden. Zugleich machen sich grüne und weisse Flecken bemerkbar. Der Farbenunterschied zwischen den weissen und grünen Flecken wird immer weniger deutlich, stellenweise werden die Flecken gelblich; das Blatt trocknet schliesslich ab und erhält eine Farbe, die zwischen gelb und grau variirt. Bei stark angegriffenen Rübenpflanzen hört die Entwicklung der Wurzel auf, und wenn auch der Zuckergehalt normal bleibt, so kann doch der Gesammtverlust 50°/, der Ernte erreichen. Verwendet man zu Samenrüben kranke, vom vergangenen Jahr herrührende Rüben, so zeigen die entwickelten Blätter die ganzen erwähnten pathologischen Merkmale, doch schreitet die Pflanze in ihrer Entwicklung weiter. Stoklasa hat beobachtet, dass eine übermässige Dürre des Bodens mit undurchlässigem Untergrund die frühzeitige Gelbfärbung der Zuckerrübenblätter hervorruft. Es entstanden gelbgrüne Flecken, welche sich später gelb färbten und über das ganze Blatt ausbreiteten. Das Blatt welkte und starb bald sammt dem Stengel ab. Nach der mikroskopischen Untersuchung enthielten die Pallisadenzellen der Blätter nur eine sehr geringe Anzahl von Chlorophyllkörnern, während das Xanthophyll in einer überraschenden Menge nachgewiesen werden konnte. Die Analyse der gelbgrünen Blätter ergab gegenüber den gesunden eine grosse Menge von in Wasser löslichen Oxalaten; es geht daraus hervor, dass die Menge der in Wasser löslichen Oxalate in den gelbgrünen Blättern eine ziemlich bedeutende Höhe erreicht hat, welche Erscheinung darauf hindeutet, dass in den betreffenden Fällen eine Assimilation des Kalkes sowie der übrigen Nährstoffe nicht in der gehörigen Weise stattgefunden hat. Die frühzeitige Gelb- färbung der Blätter kann entweder bei zu grosser Dürre oder bei übermässiger Feuchtigkeit eintreten und im letzteren Falle dann, wenn ein genügender Luftzutritt im Boden verhindert wird. Die zartesten Wurzelfasern befinden sich im Fäulnisszustand und ohne diese mit — 10 — den Wurzelhaaren ist die Wurzel der Zuckerrübe nicht mehr im Stande, dem Pflanzenorganismus eine genügende Menge anorganischer Nährstoffe zuzuführen. Die Pflanze reift zu früh und das Blatt welkt und stirbt ab. Derartige Rübenwurzeln zeichnen sich immer durch geringes Gewicht und eine mindere Qualität gegenüber normalen Rüben aus. 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Diese Krankheit wurde bis jetzt besonders in Frankreich beob- achtet, und hat nach der Mittheilung von Troude speciell im Jahre 1895 in Nordfrankreich grosse Verbreitung gefunden. Auch Prillieux und Delaecroix beobachteten die Krankheit in Frankreich schon seit meh- reren Jahren und meinen, dass dieselbe früher nicht beachtet wurde. Nach Stoklasa’s Beobachtungen zeigte sich die Krankheit im Juli 1897 in vielen Rübengegenden Böhmens. Briem hat nach mündlichen Mittheilungen auch im Jahre 1899 die Krankheit in geringer Aus- dehnung in Böhmen beobachtet Nach meinen Beobachtungen ist die Krankheit auch in Ungarn aufgetreten, jedoch nur sehr vereinzelt und ohne Schaden für die Pflanzen, und hat man überhaupt von derselben dort noch sehr wenig gehört. 3. Die Entstehung der Krankheit. Nach den Untersuchungen von Prillieux und Delacroix sieht man unter dem Mikroskop in den kranken entfärbten Zellen sehr zahl- reiche kurze und tonnenartige Bacterien rasch in der Zellenflüssigkeit wirbeln. Die Chlorophylikörper entfärben sich und ihre Contour wird undeutlicher. Die Körnchen zeigen stärkere Lichtbrechung und sind sichtbarer als im gesunden Zustande. Bei angegriffenen Samenrüben findet man die Bacterien nicht nur in den Blättern, sondern auch im Blüthenkelch selbst. Es ist also zu vermuthen, dass diese Bacterien wahrscheinlich als Sporen in dem vom Kelch eingeschlossenen Blüthen- knäuelehen, welches man dann als Rübensamen bezeichnet, weiter bestehen. Prillieux und Delacroix haben mit diesen Bacterien Impf- versuche angestellt und es zeigten auch die geimpften Pflanzen sehr deutlich die Zeichen dieser Krankheit. Blätter, welche infolge dieser Krankheit abtrockneten, haben im folgenden Jahre die Krankheit auf Junge Riübenpflanzen übertragen. Rüben von demselben Samen, welche in gesunden Boden eingesetzt waren, zeigten dagegen keine Spur von dieser Krankheit. Troude vermuthet, dass die Krankheit das Resultat physio- logischer Veränderungen sei, welche durch äussere Einflüsse auf der normal entwickelten Pflanze zur Entwicklung gelangen. — 11 — 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Wenn die Ursache der Krankheit wirklich in der Thätigkeit von Bacterien liegen würde — was allerdings nur Prillieux und Dela- croix behaupten und von anderer Seite noch nicht bestätigt wurde — dann wäre die Bekämpfung in der sorgfältigen Beseitigung der er- krankten Theile der Pflanze gegeben. Troude konnte auf den erkrankten Pflanzen keine Spur von Pilzen nachweisen und vermuthet, wie hervorgehoben, dass äussere Factoren auf die Entstehung der Krankheit von Einfluss sind. Näher spricht er sich jedoch darüber nicht aus. Die Krankheit ist über- haupt noch zu wenig studirt, ihre Entstehung keineswegs über- zeugend klargelegt, so dass von Bekämpfungsmassregeln kaum noch gesprochen werden kann. Die Krankheit hat sich bis jetzt, soweit Mittheilungen vorliegen, in Oesterreich-Ungarn und Deutschland zu- meist sehr wenig und nur vereinzelt gezeigt, so dass wohl keine Ursache zur Besorgniss vorliegt. Sollte sie jedoch stärker auftreten, dann kann jedenfalls die Beseitigung der kranken Blätter nur nützen. XIV. Die Weissblättrigkeit (Albicatio) der Zuckerrübe. (Tafel XVI.) 1. Aussehen und Verlauf der Krankheit. Alljährlich trifft man auf grösseren Complexen rübenbebauten Landes einzelne Exemplare von Zuckerrüben, welche weissgefleckte Blätter aufweisen, ja manchmal ist bei solchen Blättern das Weisse derart vorherrschend, dass die grössere Hälfte weiss, die kleinere grün erscheint; wenn auch aber beinahe die ganze Blattfläche weiss wird, so zeigen sich doch zumeist noch am Rand solcher Blätter einzelne grüne Flecken, die aber auch schon etwas bleich gefärbt erscheinen. Im Uebrigen variırt diese Erscheinung in sehr verschiedener Weise und trifft man, wenn die Krankheit in grösserem Massstabe auftritt, die verschiedenartigsten Formen. Sind z. B. die Blätter nur an einzelnen Stellen weiss und ist der grössere Theil der Blattober- fläche normal grün gefärbt, so erscheinen die weissen Flecke gespannt, wäbrend die grünen Theile runzelig und aufgebauscht aussehen, als ob der dem grünen Theil zugewiesene Oberflächenraum zu klein wäre. Manchmal sind jedoch umgekehrt die weissen Flecken wellig und runzelig, während die grünen Theile des Blattes ziemlich gespannt — 12 — aussehen. Jedenfalls ist die äussere Erscheinung der Krankheit ziemlich verschieden. Die Blätter einer Riübe werden in verschiedenstem Masse von der Krankheit befallen; es finden sich theils fleckige, theils halb- und dreiviertelweisse Blätter vor; höchst selten sind alle Blätter voll- ständig weiss. Briem fand vor Jahren bei der Untersuchung des Blätter- materiales einer und derselben Rübe (exclusive der Stengel und Rippen) folgende Zahlen: im weissen Theil im grünen Theil Wasser, 0 0. 0 N EEENIBOrOE/o 85'23% Organische Substanz. . . . 22. 089% 1198 ASCh@P 25. ot (RB eg 10%, 3.62%, Aus diesen Zahlen ist zu ersehen, dass die grünen normalen Theile einen grösseren Procentsatz an Trockensubstanz und Asche auf- weisen, als dies bei den weissen Theilen solcher Blätter der Fall ist, daher die weissblättrigen Theile einen höheren Wassergehalt be- sitzen. Die Vererblichkeit der Albicatio ist bei anderen Pflanzen nach- gewiesen und für die Zuckerrübe liegen diesbezüglich Versuche von E. v. Proskowetz jun. vor, welcher gefunden hat, dass die Albicatio bei dieser Pflanze eine jener Eigenschaften ist, welche in einem ge- wissen geringen Grade durch den Samen vererblich erscheint. Dass aber die Vererblichkeit keine intensive sein kann, liegt schon darin, dass bei Potenzirung dieses Schwächezustandes die Individuen immer schwächer und schwächer werden und schliesslich extermi- nirt würden. Nach v. Proskowetz’ jun. Erfahrungen tritt die Albicatio bei der Runkelrübe sowohl im ersten als im zweiten Wachsthumsjahre, meist aber nur sporadisch auf. Die samentragenden Albinos sind besonders auffällig und entgehen dem Beobachter selten. Die weissen und weisslichen Blätter sind nach oben eingerollt, am Rande der Spreite oft welk. Es herrschen also andere Gewebespannungen als bei den normal grünen Blättern vor, deren Spreitenrand mehr die Tendenz hat, überzufallen. Im Allgemeinen sind die albicaten Blätter meist kleiner und von kürzerer Lebensdauer. Die verschiedene Gewebespannung ist namentlich bei kleineren Blättern gut zu verfolgen, nachdem dieselben meist sichelförmig gebogen sind. Die grüne Seite ist die breitere, convexe, die albicate die schmale, coneave. Die entleerten Staubgefässe sehen, sind sie albicat, schwärzlich, sind sie normal, gründlich gelb aus. Alles ist kurzlebiger, weniger robust. Die weisse Färbung tritt öfters an —ı WW; 5 55 Sr den Rändern der Spreite auf, während die Mittelrippe meistens und am längsten grün bleibt. So haben auch die Perigonzipfel trotz weisser Färbung aussen am Kiel einen grünlichen Streifen. Sitzen an derselben Achse albicate und grüne Blüthen, so ist, etwa der Blattstellung entsprechend, keine Regel aufzufinden. Die Spitzen der Achsen sind oft ganz weiss, oft wieder ganz grün. Die Färbung der Blüthen ent- spricht durchaus jener der bezüglichen Herzblätter. Sind diese z. B. halbseitig hell, so sind auch die Blüthen nur halbseitig albieat. Bei der Reife sind die albicater Blätter — trocken — auch noch lichter. Die Farbe variirt in den verschiedenen Uebergängen vom reinen Weiss bis zum Gelbgrün. Kurz, es bestehen die weitestgehenden Verschieden- heiten. Nicht zu verkennen ist ferner auch die sehr ungleiche Reife der albicaten Blüthen, bezw. Knäuel. Diejenigen Theile des Rübenblattes, welche normal gefärbt, also tiefgrün sind, enthalten in allen Zellen des Mesophylis Chlorophyll; die vollständig weissen entbehren des Chlorophylis vollständig, den Uebergangsflecken fehlt dasselbe in mehreren Zellenlagen, bald unter der oberen, bald unter der unteren Epidermis. Ob die weissen Flecken ursprünglich grün gewesen sind oder, mit anderen Worten, ob im Bereich der weissen Stellen das Chloro- phyll nachträglich verschwunden ist, ist eine Frage, die — bei der Zuckerrübe wenigstens — noch nicht klar entschieden ist. Soweit die Albicatio bei anderen Pflanzen beobachtet wurde, sind die weissen Flecken schon in dem ganz jungen Blatt angedeutet. Bei der Zucker- rübe findet sich an jüngeren Blättern nur selten die Erscheinung der Weissblättrigkeit. Ich habe Rüben in ihrer Vegetation beobachtet, die in der Jugend ganz normal grün gefärbte Blätter zeigten und doch später die Weissblättrigkeit in ganz bedeutender Weise auf- wiesen. In Ungarn fand ich vor fünf Jahren ein Feld, welches durch die Weissblättrigkeit der Rübenblätter in besonderem Masse auffällig war. Hier konnte man diese Erscheinung in den verschie- densten Arten studiren; manche Blätter waren beinahe ganz weiss mit nur wenig grünen Stellen, andere sahen weissgrün gesprenkelt aus und trotz der bedeutenden Ausdehnung dieser Erscheinung war an den jungen Blättern ursprünglich keine auffallende Verfärbung zu beobachten ge- wesen. Auffallendere Verfärbungen traten erst gegen Eintritt des Sommers auf und war dies umso auffallender, als die Nachbarfelder von dieser Erscheinung vollständig verschont blieben und die Blätter während der ganzen Vegetationsperiode ihre normale Farbe aufwiesen. Auch v. Proskowetz jun. konnte trotz eifriger. Beobachtung an jüngeren Rüben nur selten albicate Blätter beobachten und traten diese Blätter erst später im Laufe des Sommers auf. [oo] 2. Die Ausbreitung der Krankheit. Die Krankheit ist eine nicht unhäufig zu beobachtende Erscheinung, und habe ich sie in Ungarn wiederholt beobachtet. In manchen Jahren ist das Auftreten ein grösseres und habeich wieder speciell in Ungarn im Jahre 1895, und zwar in nordwestlichen Theilen dieses Landes, viele Zuckerrübenfeider gesehen, welche die Weissblättrigkeit in mehr oder minder starkem Masse zeigten. In manchen Jahren ist wieder von dieser Erscheinung wenig zu sehen. Ueber die Ausbreitung der Krankheit liegen übrigens auch keine Mittheilungen in der Literatur vor. 3. Die Entstehung der Krankheit. Bezüglich der Entstehung der Weissblättrigkeit im Allgemeinen äusserte sich Sorauer seinerzeit in folgender Weise: „Bei der mit Stickstoff reichlich ernährten Blattzelle ist soviel Plasma vorhanden, dass nicht nur das Material zum Aufbau der Zellwand geliefert werden kann, sondern auch noch reichlich die schwammartigen Chlorophyli- körner erzeugt werden können. Wird die Zufuhr zur jungen Zelle zu früh abgeschnitten, indem das das Protoplasma vermehrende Material zu spärlich zufliesst und die Zellwand zu früh alt wird, so hat die Zelle nur den ersten Theil ihrer Arbeit, die Ausbildung der Wand, thun können, und sie hat nichts erübrigt, um die Apparate für den Reductionsprocess und die Vermehrung der Trockensubstanz herzu- stellen und zu erhalten. Infolge dessen ist und bleibt der Pflanzen- theil arm an Reservestoffen; sein Zellsaft zeigt nur eine geringe Con- centration.* Sorauer äussert sich auch weiter dahin, dass die Krankheit manchmal auffällig auftritt, und zum überwiegenden Theil oft eine pathologische wird. Beschränkung der Nahrungszufuhr unter dem Zu- sammenwirken bestimmter Temperatur- und Beleuchtungsverhältnisse scheinen die veranlassenden Ursachen dieses Schwächezustandes zu sein, und es wird diese Hemmungsbildung u. A. dahin erklärt, dass ein früher Reifezustand des Blattes eine Anzahl Gewebezellen hin- dert, sich mit dem zur Chlorophylibildung nöthigen Material zu versehen. 4. Die Bekämpfung der Krankheit. Gegenmassregeln gegen diesen eigenthümlichen Schwächezustand der Rübe sind nicht bekannt und dürften sich auch nicht so leicht — 1137, finden lassen. Der Einfluss des Samens, die Qualität des Bodens und der Düngerzustand desselben dürften hier keine Rolle spielen, nachdem es sonst nicht möglich wäre, dass auf einem und demselben Felde, bei Verwendung desselben Samens einzelne Zuckerrüben diese Krankheits- erscheinung zeigen, die überwiegende Masse jedoch nicht. Im Uebrigen ist auch diese Blattverfärbung eine mehr oder weniger harmlose Er- scheinung, die zu Bekämpfungsmassregeln noch keinen Anlass ge- geben hat. „ala ‘ 5 Bes cc BR EINEN we a ii at EN A FR See, KEN EDER llama) Ger ah oe KRRIEhE: ip Aare a TED RER ER RL NN Ben | BT | Men A ee Be % I A A tt ii N Mu. We ie u Schwer erkrankt. im Absterben begriffen. LITH KUNSTRNSTALTSFREDRICH SPERL. wien A m, En uf, ERRRREN 5 oe a Er BY 7... f } ’ # F IE r Ze er A I 4 h 2 Er A.Stift Krankheiten der Zuekerrübe TARELTT Der Wurzelbrand. 5: E:% 2 22 2 a IE en VETET ERRRERE ENGE Schwer erkrankt, im Absterben begriffen. LITH.KUNSTANSTALTvFREDRICH SPERL,WIEN II a BA ea 3 Aa 3 A.Stift Krankheiten der Zuckerrübe TAKEESIE Rübenschwanzfäule. LITH KUNSTANSTALTY FRIEDRICH SPERL.WIEN IV: TAREE IM. A.Stift Krankheiten der Zuckerrübe Herz- und Trockenfäule. IR | MN ‚ AR En) RIEDRICH SPERI wi NEU F I STALTY Pr To) _ A.Stift Krankheiten der Zuckerrübe Herz- und Trockenfäule. TAFEL IV. A.Stift Krankheiten der Zuckerrübe TAFEL Durchschnitt einer an Trockenfäule erkrankten Rübe. Durchschnitt einer an der Bakteriose oder Rüben- schwanzfäule erkrankten Rübe. ie zo „ef u? z “ - - ” = * D Yhu A.Stift Krankheiten der Zuekerrübe TAFEL VI. Rübenschorf. Rübe schwach erkrankt. Rübe stärker erkrankt. LETH. KUNSTANSTALTFRIEDRICH SPERL,WIEN I h A.Stift Krankheiten der Zuekerrübe TAFEL VIE Rübenschorf. Gürtelschorf. E RN En ur " ET Krankheit stark. ausgebildet. Yyonmlıaa Sipumjspjoa odaoyusqny "ONyOImjuo yıejs [ozan M 19p afloyL ulayun we JOYNURIM j any op dOJpoyppzmM od "IA TaIVL 9AN-LIOYONZ OP UDJTapgueay DS "V A.Stift Krankheiten der Zuekerrübe TAFEL IX. Der Wurzeltödter der Rübe. Krankheit in anderer Krankheit in milder Form Form auftretend. auftretend. A.Stift Krankheiten der Zuckerrübe TARELIN Der Wurzelkropf. Rübe mit 3 Kröpfen. A. Stift Krankheiten der Zuckerrübe TAFEL XI. Der ee Mehlthau oder die Kräuselkrankheit der Blätter. Peronospora Schachtii Fuckel. LITH. KUNSTANSTALTvFRIEDRICH SPERL,WIEN II A.Stift Krankheiten der Zuckerrübe TAFEL X. Der Rübenrost. Uromyces Betae Tul. LITH.KUNSTANSTALTvFRIEDRICH SPERL,WIEN IV; Pw », aa re hztı F rn 5 A.Stift Krankheiten der Zuckerrübe | TAFEL XII. Die Blattfleckenkrankheit der Zuckerrübe. Cercospora beticola Sacc. Die Krankheit auf jungem Die Krankheit ın vollster Rübenbfätt in Entwicklung Entwicklung begriffen. LITH KUNSTANSTALTYFRIEDRICH SPERL.WIENT Yır NaIM'TII4S HOINAINITALTVLSNVLSNNMALTI U9q.L0JS0dyB Zıpurjsjjoa erquaang Oyong suomeppnnd wunmus9p1L1odgS Sunpıqyyerg IA DIPS BO 8.10dS0919) VanLlayanZ d9p HEOyyueayuay9aprelg ld "AIX THHVL IANKIIYINZ OP uoyloayqußay YJNS"V A.Stift Krankheiten der Zuckerrübe TAFEL XV. Die Gelbfärbung der Zuckerrübenblätter. LITH.KUNSTANSTALTv.FRIEDRICH SPERL.WIEN IL A.Stift Krankheiten der Zuekerrübe TAFEL XV1. Die Weissblättrigkeit der Zuckerrübe. Il, THEIL, BA N ERISCHEN -ZERINDE DER ZUCKERRUBE HIEZU TAFELN XVI-—-XXIV. VKOLWOLt. Die erste Auflage dieses II. Theiles erschien in deutscher und in ungarischer Sprache selbständig unter dem Titel: „Die kleinen Feinde der Zuckerrübe* im Jahre 1896, herausgegeben durch den Landes- verein ungarischer Zuckerindustrieller in Budapest. Im Jahre 1898 erschien in böhmischer Sprache eine etwas erweiterte Ausgabe, her- ausgegeben vom Verein der Zuckerindustrie in Böhmen, welcher im Jahre 1899 eine französische Ausgabe durch Herrn Maurus Deutsch in Paris folgte. Da nun alle vier Ausgaben vergriffen sind, so wurde, vielfachen Wünschen zufolge, das kleine Werkchen unter dem Titel: „Die thierischen Feinde der Zuckerrübe“ mit der Broschüre „Die Krankheiten der Zuckerrübe“ unter dem gemeinsamen Titel „Die Krankheiten und thierischen Feinde der Zuckerrübe“ vereinigt. In Anbetracht der Fortschritte der Wissenschaft und der weiteren Er- fahrungen der Praxis wurde der Text des II. Theiles wesentlich erwei- tert und alle diejenigen Arbeiten und Beobachtungen, die seit dem Erscheinen der ersten Auflage in der Literatur erschienen sind, auf- genommen. Die Abbildungen der Schädiger erfuhren auch durch die Aufnahme der Puppe und Made der Runkelfliege, sowie der Made der Gartenhaarmücke eine Erweiterung. Besonderes Schwergewicht hat Verfasser auf die Bekämpfung der unterschiedlichen thierischen Schädiger der Rüben gelegt, da dieselbe den Landwirth in erster Linie interessirt. Möge auch dieser II. Theil der praktischen Landwirthschaft Nutzen bringen und sie im Kampfe gegen die thierischen Feinde der Zuckerrübe unterstützen. Wien, August 1900. Der Verfasser. Aa 70 10723 its, " En 5} Leu) . a p 7 48. väR 2 ar .. ui Ar MER) ’ ara HE ar + rt her Set Fe Fe le a ET eh Haan! Pr I Inu. BEI HEH EHE AE N 7: rar; ner Hz YET INHALTS-VERZEICHNISS, Pag. MER EnSerten wEnseelasr. = Ver. ee a: A ar Be 7 I. Käfer. Coleoptera . . . LE EN EEE FAST 1. Maikäfer (Melolontha eu an a ME ee 3 2. Rosskastanienkäfer (Melolontha on) a Be Re 1‘ 3. Walker (Polyphylla fullo) .. ..... ... 130 4. Junikäfer, Brachkäfer, Johanniskäfer (hiotrogus [Melolontha] TSolstikiakis ) 130 5. Schnellkäfer (Elateridae) . $ ES De ee | a) Saatschnellkäfer Asuhken ei er ae) Is WE 94 b) Rauhhaariger (rauher) Schnellkäfer (Athous ge ee er HER 6. Aaskäfer (Silphidae). . . . Er : er Er a) Der schwarze Aaskäfer (Silpha akute) SE wg: 136 b) Der mattschwarze (filzige, braunhaarige) Aaskäfer ag opaca) . . 137 c) Der düstere Aaskäfer (Silpha obscura) . . . a 5 J| 7. Moosknopfkäfer, Kleinkäfer, Rübenkäferchen ana ndarıe) N) 8. Rüsselkäfer (Cureulionidae) . .... NE a) Der punktbauchige Hohlrüssler (Cleomus Fehr rl) 1 b) Der gemeine oder gefurchtrüsselige Hohlrüssler (Uleonus Suleryetrie) 143 c) Der rauhe Lappenrüssler (Otiorhynchus raueus). . . .. . 150 d) Der Liguster- oder Liebstöckel-Lappenrüssler (Otiorbynchus Heustien) 151 e) Der Haarmaul-Bogenfurchenrüssler (Tanymecus palliatus) . . ... 152 9:zPamilie: der. Blattkäfer (Chrysomelidae)” ..2 2.0. 2°. 8: ne. 22:0..,183 a) Der rauhe Blattkäfer (Adimonia tanaceti). . . . ». 222.2... 483 b) Der gelbstreifige Erdfloh (Haltica nemorum). . ......... 154 c) Der Kohlerdfioh (Haltica oleracea) ... . re RE d) Der Rapserdfloh (Psylliodes [Haltica] ehysocephla) EEE N 2 e) Plectroscelis tibialis Ill... . . . . Be a a 35) f Der nebelige Schildkäfer (Cassida eben DEE ee RE RT II. Hautflügler. Hymenoptera . . . N AA SEINES}. Rüben-Blattwespe (Athalia arm) ee ea Be re AOR III. Schmetterlinge. Lepidoptera . . . . EEE FTIR 5 Die Gemüseeule (Noctua Manestra]: lernen) ER ER er VOR » Die Wantersasteule (Agrots segetum) . «ur 2 u. 0, „aaa re ern 468 3 Ypsiloneule (Plusia gamma) ... ER SAEE SERIE | ©: . Die Flöhkrauteule oder der Sägerand ee N A ED TIOR IV. a Dipteras, .\.®. a a I 0, Die Runkelfliege (Anthomyia on) A a ee a |: Dier Gartenhaarmücke. (Bibio hortulans) . 2! 7... 2.2 22:0... 170 — 12 — V. Geradflügler. Orthoptera . = Die gemeine Maulwurfsgrille u w erre (Crane lbans]) . Der gemeine Ohrwurm (Forficula auricularia) RE ren Rhynchota i Die schwarze Blattlaus (Aphis N) \ B. Spinnenthiere. Arachnoidea . Milbenspinne (Tetranychus telarius) C. Tausendfüssler. Myriopoda . B: Der gemeine Tausendfuss (Julus re . Der getupfte Tausendfuss (Julus a D. Wirbellose Thiere . 1. 2 e. 3. u * Die Rüben-Nematode. (Heierodenn Schacht [Schmidt]) Die Knöllchen-Nematode (Heterodera radicicola [Müller]) Rüben-Nematoden der Gattung Dorylaimus a) Dorylaimus condamni . b) 5 incertus c) „ makrodorus . 2 . Neue Rüben-Nematoden der Gattung ce (Bast).. Die Enchyträiden Pag. 11 71 17% 17% 174 178 178 179 179 179 180 181 196 193 198 199 199 201 204 Uebersichtliche Zusammenstellung der auf den Tafeln abgebildeten Thiere. (Die Inseeten und Tausendfüssler wurden theils den Werken von Berger, Eisbein und Calver entnommen, theils nach der Natur gezeichnet.) TAFEL XVII. Maikäfer mit Larve, Puppe. Walker. Saatschnellkäfer mit Larve (Drahtwurm). TAFEL XVIM. Rauhhaariger Schnellkäfer. Schwarzer Aaskäfer mit Larve. Düsterer Aaskäfer. Mattschwarzer Aaskäfer mit Larve. Punktbauchiger Hohlrüssler. Rauher Lappenräüssler. (semeiner oder gefurchtrüsseliger Hohl- rüssler. TAFEL XRX. Liguster-Lappenrüssler. Haarmaul-Bogenfurchenrüssler. Rauher Blattkäfer. Erdfloh. Kohlerdfloh. Rapserdfloh. Nebeliger Schildkäfer mit Larve u. Puppe. TAFEL XX. Rüben-Blattwespe. (remüseeule mit Raupe. Wintersaateule mit Raupe (Erdraupe). TAFEL XX1. Ypsiloneule. Flöhkrauteule mit Raupe. Runkelfliege mit Puppe und Made. Made der Gartenhaarmücke. TAFEL XXI. Maulwurfsgrille. Moosknopfkäfer. Ohrwurm. Getupfter Tausendfuss. (remeiner Tausendfuss. TAFEL XXIH. Entwicklung der Rüben-Nematode (Heterodera Schachtii) nach A. Strubell. . Männchen von Heterodera Schachtii. 1 2. Rübenwurzel mit reifen Weibchen besetzt. 3 . Erste bewegliche Larve. 4. Zweite unbewegliche, parasitäre Larve. 9. Larven im Moment der Einwanderung (a). Larve der zweiten, unbeweglichen Form, mit der alten Haut am Hinterende (b). 6. Puppe des Männchens innerhalb der Wurzel, noch von deren Epidermis bedeckt. . Weibliche Heterodera innerhalb der Wurzel, noch von deren Epidermis bedeckt. — 124 — 5. Weibchen zum grossen Theil aus der Wurzel, durch Sprengung der Epidermis hervorgetreten, nur der Kopftheil steckt noch im Wurzelparenchym. 9. Abgestorbenes Weibchen; im Innern der Brustkapsel eingeschlossene Eier. Eine Larve, die mütterliche Schutzhülle verlassend. 10. Ei von Heterodera mit den grobkörnigen Dotterelementen und einem Richtungs- bläschen auf der rechten Seite in der kleinen Vertiefung. TAFEL XXIV. Dorylaimus und Enchyträus nach Vanha. 1. Reifes Ei von Dorylaimus condamni. 2. Weibchen von Dorylaimus condamni in trächtigem Zustande. » Mundöffnung, st emporgestreckter Stachel, o e s Speiseröhre, © Darmcanal, 0 v zum Legen reife Eier, o » r Eierstöcke, an den Enden zurückgeschlagen, ® e weibliche Geschlechts- öffnung, a After. 3. Kopf von Dorylaimus incertus. st Stachel, o Mundöffnung. 4. Hinterende von Dorylaimus incertus. i Darmdrüsen. 9. Mittlere Partie des Körpers von Dorylaimus incertus. i Darmcanal nach Behandlung mit Glycerin und Essigsäure. 6. Dorylaimus makrodorus. Weibchen. o Mundöffnung, e Lippen, s Stachel, p Chitinring, durch welchen der Stachel geführt wird, 5 Speiseröhre, 2 Darmcanal, 2 » weibliche Geschlechtsöffnung, o v Eier, r Afteröffnung. 7. Enchytraeus Buchholxii, von der Bauchseite aus gesehen, o Mundeinschnitt, 9 Gehirn, ph Pharynx, b Borsten, « After. S. Pharynx im Querschnitt, an der Bauchseite eine tiefe Falte. (Nach Vejdovsky.) Durch die weitestgehenden und zielbewusstesten Fortschritte in der Rübeneultur ist es gelungen, den Culturwerth der Zuckerrübe zu erhöhen und durch Veredlung der Qualitäten und der damit verbun- denen Steigerung des Zuckergehaltes die Rübencultur in einer Weise zu vervollkommnen, dass sie eine kaum mehr zu überbietende Höhe einnimmt. Es unterliegt aber nun keinem Zweifel, dass die intensive Cultur in der Landwirthschaft, eine.zwingende Folge der allgemeinen Concurrenzverhältnisse, das Anwachsen und die Complieirung der uns zur Verfügung stehenden Culturmittel, wie z. B. die unrichtige An- wendung von Kunstdünger, also hauptsächlich viele Factoren es mit sich gebracht haben, dass unsere ceultivirten Pflanzen Krankheiten unterworfen sind, die sich unter Umständen in bedenklicher Weise ausbreiten und grosse und weite Culturen vernichten können. Je länger ein Culturgewächs und in je grösserer Ausdehnung es angebaut wird, desto mehr wächst die Zahl der Ursachen, welche nicht nur seiner Entwicklung, sondern auch in vielen Fällen seinem Leben feindlich sind. Diese allgemeinen Schlusssätze lassen sich auch in vollständiger Weise auf die Zuckerrübe anwenden. Der Ausfall, den die Ernten durch die Krankheiten und Feinde der Zuckerrüben er- leiden, ist für die gedeihliche Entwicklung dieser Cultur von grösster Wichtigkeit und muss zum Nachdenken herausfordern. Was nützen die Bestrebungen, alle Fortschritte in der Rübencultur und die ganze intensive Wirthschaftsweise der neueren Landwirthschaft, wenn wir beständig der Gefahr unterliegen, dass viele Einflüsse sich geltend machen, die alle Anstrengungen, Mühen und Erfolge derart herab- mindern können, infolge dessen unter Umständen sogar die Renta- bilität des Rübenbaues in Frage gestellt sein kann! Es hiesse diese Gefahr vollständig misskennen, wenn derselben nicht jeder Landwirth seine vollste Aufmerksamkeit zuwenden würde. Vor vierzig Jahren, wo der Rübenbau noch einen sehr geringen Umfang besass, kannte und beobachtete man noch sehr wenige Krankheiten der Zuckerrübe und die Insecetenschäden waren kaum erwähnenswerth. Aehnliche Verhältnisse waren wohl auch bei den anderen landwirthschaftlichen — 126 — Culturpflanzen zu finden. Gegenwärtig ist die Kenntniss der Krank- heiten der landwirthschaftlichen Culturpflanzen durch die Studien einer grossen Anzahl von Gelehrten, durch Beobachtungen aufmerksamer Praktiker und durch das Auftauchen neuer Krankheiten zu einem so bedeutenden Umfange gelangt, dass sie im vollsten Sinne des Wortes als eigene Wissenschaft angesprochen werden muss, zu deren Beherr- schung eingehende Specialstudien nothwendig sind. Es ist z. B. be- zeichnend, dass man im Lande der Praxis, in Amerika, den Krank- heiten der verschiedenen landwirthschaftlichen Culturpflanzen eine grosse Aufmerksamkeit zuwendet und durch die verhältnissmässig zahlreichen Versuchsstationen bestrebt ist, die Landwirthe auf die verschiedenen kleinen Feinde ihrer Culturen aufmerksam zu machen, also ein Beweis, dass die daraus erwachsenden Gefahren vollständig erkannt werden. Wie wir bereits hervorgehoben haben, gehört die Zuckerrübe zu denjenigen landwirthschaftlichen Culturpflanzen, welche in intensiver Weise den Angriffen kleiner thierischer Feinde und parasitischer Pilze ausgesetzt sind, und die unausgesetzten Forschungen lehren uns immer weitere Feinde und Krankheiten kennen, welche den Rübenbau in ernstliche Gefahr bringen. Wir kennen bis jetzt eine stattliche Reihe von Rübenkrankheiten, die durch parasitische Pilze hervorgerufen werden und denen der Landwirth in vielen Fällen leider macht- und rathlos gegenübersteht, und zwar darum, weil viele Krankheiten noch nicht genau bekannt sind und auch die Beobachtungen der bekannten und bekanntesten Lücken aufweisen, welche die Bekämpfung ungemein erschweren, wie im I. Theil „Die Krankheiten der Zuckerrübe* aus- einandergesetzt wurde. Nicht minder gefährlich sind die kleinen thierischen Feinde der Zuckerrübe, von welchen manche nur mit Hilfe des Mikroskops ge- funden und erkannt werden können und welche durch die ungeheure Zahl ihres Auftretens im Stande sind, viele Rübenfelder nicht nur in ihrem Ertrage in bedeutender Weise herabzumindern, sondern auch den weiteren Anbau der Pflanzen vollständig in Frage zu stellen. Es ist charakteristisch, dass bei der Ausbreitung des Rübenbaues z. B. manche Insecten bereits ihre ursprüngliche Nährpflanze verlassen haben und zu gefährlichen Rübenfeinden geworden sind. Dadurch er- klärt sich auch, dass immer neue Rübenfeinde auftreten, und dass wir bei diesem plötzlichen Auftreten in vielen Fällen den Angriffen der Thiere machtlos gegenüberstehen. Es kann daher auch bei dieser Frage keinen Stillstand geben, vielmehr bedarf es der unausgesetzten Aufmerksamkeit der Wissenschaft und der Praxis, um dem Auftreten der verschiedenen thierischen Feinde Herr zu werden. — 127 — Im Folgenden wollen wir nun nach dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft und der Praxis, inwieweit diese beiden Disciplinen in der Literatur vorliegen, eine Beschreibung der wichtigsten Rüben- schädlinge aus dem niederen Thierreiche geben, mit namentlicher Be- rücksichtigung der Bekämpfung, welche für den praktischen Land- wirth von hervorragender Bedeutung ist.*) A. Insecten. Insecta. I. Käfer. Koleoptera. Allgemeine Charakteristik. Die Käfer sind Inseeten mit beissenden Mundtheilen und bestehen die Fresswerkzeuge in der Haupt- sache nach aus den Kinnbacken (Oberkiefer) und dem Unterkiefer oder Kinnladen. An ihnen sitzen jederseits zwei- bis sechsgliedrige, verschieden geformte Körperchen, die sogenannten Fressspitzen oder Kiefertaster. Nach oben schliesst eine Hornplatte als Oberlippe, nach unten die Unterlippe die Mundöffnung; an letzterer sitzt ebenfalls ein Tasterpaar, die Lippentaster. Bei der grossen Familie der Rüsselkäfer verlängert sich der Kopf nach vorne in einen mehr oder weniger rüsselartigen Fortsatz, an dessen äusserster Spitze die sehr verjüngten Fresswerkzeuge angebracht sind. Der Kopf der Käfer trägt die in der Regel elfgliedrigen Fühler, sowie zusammengesetzte Augen. Die Vorderbrust ist gegen die Mittelbrust mittels eines Stieles frei be- weglich und wird Halsschild genannt. Die an der Mittelbrust sitzenden Vorderflügel dienen nicht zum Fliegen, sondern zum Schutz der Hinter- flügel und der weichen Oberseite des Hinterleibes; sie sind zu diesem Zwecke in hornige, sich der Oberseite des Körpers anschmiegende Flügeldecken umgewandelt. Sie bedecken den Hinterleib in der Regel ganz, sind aber auch zuweilen abgestutzt oder abgekürzt, so dass sie einen oder mehrere Hinterleibsringe frei lassen. Die Hinterflügel sind die alleinigen Flugwerkzeuge und sind zum Einschlagen und zum Zusammenfalten eingerichtet, um unter den Flügeldecken verborgen werden zu können. Die Larven der Käfer besitzen meist beissende Mundwerkzeuge, seltener Saugzangen; statt der noch fehlenden Facetten- augen sind sie mit Punktaugen in verschiedener Zahl und Anordnung versehen. Die Gestalt der Larven ist wohl im Ganzen wurmförmig. doch besitzen sie aber meist drei Paar Brustfüsse und bisweilen After- füsse. Die Larven lieben das Licht nicht und leben daher zumeist unter der Erde, unter Blättern verborgen u. s. w. Die ruhenden Puppen haben bereits frei hervorstehende Gliedmassen. *) Auf Seite 123 und 124 sind diejenigen Thiere, welche auf den Tafeln ab- gebildet wurden, nach den Tafelnummern übersichtlich zusammengestellt. Zr 1. Maikäfer. (Melolontha vulgaris.) (Tafel XVII.) Der Maikäfer ist einer der bekanntesten Käfer, so dass eine genaue Beschreibung wohl nicht nothwendig ist; hervorgehoben sei nur, dass bei dem Männchen die Fühlerkeule aus sieben grossen Blättchen, bei dem Weibchen dagegen nur aus sechs kleineren besteht. Der Mai- käfer kommt gewöhnlich anfangs Mai aus der Erde und richtet an den Blättern und Blüthen der Bäume arge Verwüstungen an. Das Einfangen geschieht am einfachsten durch Abschütteln in den kühlen Morgenstunden und soll so energisch als möglich betrieben werden. Man sammelt die Käfer in Säcke und tödtet sie durch Eintauchen in heisses Wasser. Zur Vernichtung wurde auch Schwefelkohlenstoff em- pfohlen, doch ist wegen der leichten Brennbarkeit desselben Vorsicht nöthig. Die Maikäfer lassen sich als Futter (namentlich für Schweine und Enten) und als Dünger verwenden. Letzterer wird am einfachsten dadurch hergestellt, dass man die getödteten Maikäfer mit frisch gebranntem Kalk vermengt, aus je einer Lage Erde und einer Lage Maikäfer einen Composthaufen bildet und die ganze Masse fleissig unter Umstechen mit Jauche begiesst. Man kennt leicht, wann die Masse als Dünger reif ist. Wenn auch der Maikäfer als solcher kein Rübenfeind ist, so ist es desto mehr dessen Larve, der gefürchtete Engerling. Der Enger- ling braucht zu seinem Wachsthum gewöhnlich vier Jahre; die Ent- wicklungszeit kann jedoch auch unter Umständen auf fünf Jahre verlängert oder auf drei Jahre verkürzt werden. Aus dieser langen Entwieklungszeit kann man ersehen, welchen ungeheuren Schaden diese Thiere bei ihrer ungemeinen Gefrässigkeit anrichten können. Dreissig bis vierzig Tage, nachdem die Eier gelegt sind, kommen die Engerlinge aus und gehen zu Ende des ersten Sommers, nachdem sie eine Länge bis 15 mm erreicht haben, ziemlich tief in die Erde. Im April des nächsten Jahres steigen sie in dieHöhe und fressen an den Wurzeln aller landwirthschaftlichen Culturpflanzen, doch scheinen ihnen am meisten die Rüben- und Rapswurzeln zu behagen. Der Engerling frisst sich an den Rübenwurzeln ziemlich tief hinab und lebt überhaupt so lange an der Rübe, als diese noch saftig genug ist; dann verlässt er die Pflanze und sucht sich eine frische, um in dieser Weise unter Umständen eine grosse Anzahl von Pflanzen zu vernichten. Die angegriffene Rübenpflanze bekommt baldigst welke, gelbliche Blätter und ist dies ein sicheres Anzeichen von der An- wesenheit des gefrässigen Thieres. Die Engerlinge häuten sich mehrere Male und verbringen den Winter tief unter der Erde im Winterschlaf. — 129 — Im dritten oder vierten Sommer sind die Engerlinge bis 35 mm lang und von der Dicke eines kleinen Fingers. Der Engerling ist gelblich- weiss, mit braunrothem, dieckem, hornartigem Kopf, braunrothen Füssen und ebenso gefärbten Luftlöchern. Die Form des Körpers ist wurst- artig und ist derselbe mit einzelnen borstenförmigen Haaren besetzt. Unmittelbar hinter dem Kopf befinden sich an den ersten sechs Leibes- ringen an jeder Seite drei Füsse. Der Kopf hat starke, zangenartige, gezahnte Kinnladen mit kurzen Tastern und Fressspitzen; an den beiden Seiten desselben sitzen kurze Fühlhörner und hinter diesen die Augen. Wenn der Engerling seine volle Entwicklung erreicht hat, so verpuppt er sich. Der Puppe entschlüpft nach einem oder zwei Monaten der Käfer; derselbe ist anfangs noch ganz weich und bleich und kommt erst im nächsten Frühjahre aus der Erde. Bekämpfung. Die Natur hat dem Landwirthe zur Bekämpfung eine ganze Reihe von natürlichen Bundesgenossen gegeben, und sind hier besonders zu nennen: der Maulwurf (eines der vorzugsweise zu schützenden Thiere, da er täglich eine ungeheuere Anzahl Engerlinge verzehren kann), ferner Spitz- und Feldmäuse, Krähen, Staare, Bach- stelzen, Sperlinge, Wiedehopfe, Eulen u. s. w.; auch der grosse Lauf- käfer ist als Bundesgenosse zu bezeichnen. Trotz dieser rührigen Verbündeten des Rübenbauers ist aber wenig gethan, nachdem die Engerlinge in gewissen Jahren in zu grosser Anzahl vorhanden sind, und es muss deshalb zu Radicalmitteln gegriffen werden. Das Ein- sammeln der Engerlinge durch Kinder hinter dem Pflug hat sich vielfach mit bestem Erfolg bewährt, doch lassen sich die Schädlinge in besonders entwicklungsreichen Jahren kaum decimiren. Besonderen Erfolg versprach man sich, namentlich von Frankreich aus, von der Vernichtung der Engerlinge durch einen Schmarotzerpilz — Botrytis tenella — und wird dieses Bekämpfungsmittel praktisch in folgender Weise ausgeführt: An einem kühlen schattigen Orte stellt man grosse irdene Schüsseln auf, in welche man feuchte Erde oder Sand gibt. Darauf legt man 80 bis 100 frisch gesammelte Engerlinge und bestreut sie aus einer Düte mit den Sporen von Botrytist enella. Man bedeckt alsdann die Schüssel mit feuchtem Moos und lässt das Ganze eirca sechs Stunden stehen. Die erhoffte Infeetion erkennt man an der Rosafärbung der Larven, worauf man die infieirten Thiere in den Boden aussetzt. Die Seuche verbreitet sich schnell in dem Boden und bewirkt das Abtödten der Thiere. Allerdings treten nach einigen Monaten wieder Engerlinge auf, infolge dessen dieses Bekämpfungsmittel in entsprechender Zeit neuerdings zu wiederholen ist. Moult empfiehlt, Kartoffelscheiben mit der künstlichen Cultur von Botrytis tenella zu infieiren und in die Felder unterzubringen, während Gaillot durch Einpudern der 9 — 130 ° — tübenknäule mit dem Pilz einen Erfolg (?) erzielt haben will. Die Bekämpfung mit Botrytis tenella ist aber praktisch nicht so einfach durchzuführen, so dass ein Erfolg schwer zu erwarten ist, namentlich für die Verwendung in der grösseren Praxis. Dasselbe gilt von dem von Olbrich vorgeschlagenen Bekämpfungsverfahren, dem die Ver- wendung von Schwefelkohlenstoff in Gelatinekapseln zugrunde liegt. Jedenfalls fehlt es uns aber noch an einem allgemein durchgrei- fenden Mittel zur Bekämpfung der Engerlinge und es muss zur Ver- nichtung eben jenes Verfahren herangezogen werden, welches unter gegebenen Verhältnissen den besten Erfolg verspricht. Am bequem- sten und am ergiebigsten ist ohne Zweifel der Fang der Maikäfer selbst, infolge dessen hier der Fang in radicaler Weise vorgenommen werden soll. 2. Rosskastanienkäfer. (Melolontha hippocastani.) Derselbe ist etwas kleiner als der Maikäfer, sonst aber mit ihm in der Lebensweise vollständig ähnlich. 3. Walker. (Polyphylla fullo.) (Tafel XVII.) Maikäferartig. Die Oberseite des Käfers ist unzählig punktirt dunkler oder heller braun, hie und da fast schwarz, glänzend, eine breite Binde auf beiden Seiten des Kopfes, ein Mittelstreifen und mehrere grössere Flecken auf dem Halsschild, zwei grosse Flecken auf dem Schildehen und viele unregelmässige weisse Flecken und Punkte auf den Flügeldecken. Diese weissen Flecken sind charakte- ristisch für den Käfer, so dass er mit dem gemeinen Maikäfer nicht verwechselt werden kann. Das Thier ist vereinzelt in Ungarn in grösserem Umfange aufgetreten und kann die Larve auch auf Rüben vorkommen. Die Bekämpfung ist dieselbe wie bei dem gemeinen Maikäfer. 4, Junikäfer, Brachkäfer, Johanniskäfer. (Rhizotrogus |Melolontha] solstitialis). Der Junikäfer ıst um die Hälfte kleiner als der Maikäfer, 16 mm, blass gelbbraun auf der Rückenseite, der Hinterkopf, die Scheide des Halsschildes und die ganze Unterseite des Thieres sind dunkler, Halsschild, Schildehen und Brust sind lang zottig behaart, etwas schwächer der Bauch. Die Larve sieht einem jungen Engerling ähnlich, ist aber um die Hälfte kleiner und findet sich besonders in leichtem Boden und auf Brachäckern; auch die Puppe ist nur halb BL so gross wie die des Maikäfers. Die Lebensweise ist der des Mai- käfers ähnlich, doch ist die Generation nur eine einjährige. Die Larven sind bis jetzt nur vereinzelt als Rübenschädlinge aufgetreten, so dass keine besonderen Berichte vorliegen. Allerdings mag vielleicht auch eine Verwechslung mit den einjährigen Larven des Maikäfers vorge- kommen sein. Bekämpfung. Ueber die Vernichtung gilt dasselbe wie beim Maikäfer. 5. Schnellkäfer. (Elateridae.) Die in diese Familie gehörigen Käfer, von welchen es in Deutsch- land allein gegen 150 Arten gibt, haben ihren Namen von der Fähig- keit, sich aus der Rückenlage in die Höhe zu schnellen, um nach plötz- licher Umdrehung auf die Füsse zu fallen. Bei dieser Bewegung wird der Rücken stark ausgehöhlt und der Stachel der Vorderbrust gegen die Mittelbrust gestemmt; indem dann letztere durch die Wirkungen der Brustmuskel abgeschnellt wird, um in ihre Höhlung zu gleiten, schlägt der Käfer mit seinem Rücken so stark an, dass er empor- geschleudert wird. Diese Bewegung wiederholt das Thier so lange, bis es auf die Füsse fällt, was ihm allerdings beinahe immer auf den ersten Versuch gelingt. Auf den hkübenfeldern kommen zumeist zwei Arten von Schnellkäfern vor, die wir der Besprechung unter- ziehen wollen. a) Saatschnellkäfer. (Agriotes segitis. Elater lineatus). (Tafel XVII.) Der Käfer ist 8 bis 10 mm lang; der Hinterleib besteht aus fünf Ringen, jede Flügeldecke ist mit acht Reihen tiefer, schwarzer Punkt- streifen versehen. Die Grundfarbe ist schwarz, Oberseite und Bauch durch die Behaarung gelblichgrau. Der Kopf ist klein, niedergedrückt. wodurch er fast verschwindet, und hat keine Querleiste, welche bei anderen Arten die Stirne vom Gesicht trennt. Der Mund steht nach unten, zwischen ihm und den Augen sind die fadenförmigen (elf- bis zwölfgliedrigen) Fühler eingelenkt, welche länger als Kopf und Hals- schild zusammen sind. Das Letztere ist stark gepolstert und ebenso lang als breit; an den Hinterecken läuft es in zwei kräftigen Spitzen gerade aus. Die Flügeldecken sind stark gewölbt. b) Rauhhaariger (rauher) Schnellkäfer. (Athous|[Elater]niger.) (Tafel XVII.) Derselbe ist ähnlich dem Saatschnellkäfer, nur sind die Flügel- decken nicht gestreift. Die Schnellkäfer sind an und für sich ungefährliche Käfer, 9* welche der Landwirth daher nicht zu fürchten hat, wohl aber die Larven, welche zu den gefährlichsten Rübenfeinden zu zählen sind. Die Larven aller Schnellkäfer werden mit dem Namen Drahtwürmer bezeichnet und zeichnen sich wie die Engerlinge durch ihre ungemeine (efrässigkeit aus. Der Drahtwurm ist je nach der Art und seiner Entwicklung 1 bis 2cm lang, von gelber, glänzender Farbe (ähnlich der des bekannten Mehlwurmes), walzenförmig und mit einer hornigen, sehr harten Haut umgeben, welche dem Zerdrücken mit dem Finger einen erheblichen Widerstand entgegensetzt. Die Larve hat ausser dem Kopf zwölf Ringe, die mit einzelnen Borstenhärchen besetzt sind. An den vorderen Ringen befinden sich sechs Stück fünfgliedrige, in einem Haken endigende Füsse. Der Kopf ist dunkler gefärbt als der übrige Körper, nach vorn ein wenig zugeschärft, an der Stirne flach eingedrückt und gerade vorstehend, so dass die schneidigen Kinnbacken das vordere Ende bilden. Die Fresswerkzeuge dringen unten tiefin den Schädel ein, indem die Unterkiefer mit dem Schädel verwachsen. An der Wurzel des letzten Gliedes des Körpers liegt auf der Bauchseite der runde After, welcher aus- und eingezogen werden kann und im ersteren Falle beim Kriechen zum Nachschieben dient. Die Larve des Saatschnellkäfers zeichnet sich noch dadurch besonders aus, dass das letzte Körperglied oder der Leibesring in eine kurze braune Spitze ausläuft und auf der oberen Seite zwei schwarze elliptische Ein- drücke hat. Die Entwicklung der Larven ist eine sehr langsame und soll dieselbe unter Umständen noch ein Jahr mehr gebrauchen als die des Maikäfers. Daraus erklärt sich auch die verschiedene Grösse (9 bis 20 mm) der Larven. Die Grösse des Thieres und sein Entwicklungs- zustand ist nebensächlich, nachdem es immer für die Pflanzen gefähr- lich ist. Die Larven greifen die jungen Stengel fast aller Cultur- pflanzen, namentlich aber den Hafer, den Weizen, die Gerste und die Rüben an, indem sie entweder die unter der Oberkruste liegenden zarten @ewebetheile verzehren oder auch den Stengel ganz durchbeissen. Im ersteren Falle wird die angefressene Stelle schwarz, doch kann die Pflanze unter günstigen Umständen den Angriff überwinden, wobei aber zu bemerken ist, dass sie nicht im Stande ist, eine regelrechte Pfahlwurzel zu bilden, sondern nur zu wallnussgrossen Wurzelstummeln auswächst; meistens stirbt sie aber doch ab, so dass eine frische Ein- saat nothwendig wird. Mit besonderer Vorliebe befallen die Draht- würmer den im Boden angequollenen Rübensamen, besonders wenn derselbe infolge kälterer Witterung langsam keimt. Derartig an- gegriffener Rübensamen ist verloren. Bei weiterer Entwicklung der Pllanzen fressen die Schädlinge auch junge, zarte Keimlinge unter- — 13 — irdisch direct unter dem Blattansatz an, so dass die junge Rübensaat eines ganzen Feldes der Vernichtung anheimfallen kann. Daraus ist zu ersehen, welchen enormen Schaden die Drahtwürmer unter gün- stigen Verhältnissen an der jungen Rübensaat anrichten können, u. zw. umsomehr, als bei starkem Auftreten auch die zweite Saat ver- loren sein kann. Wenn die Drahtwürmer ihre volle Entwicklung erreicht haben, was unter Umständen erst nach fünf Jahren der Fall sein kann, so treten sie in das Puppenstadium. Die weisse Puppe hat schwarze Augen, über denen sich je ein kleines, braunes Spitzchen befindet; sie endet in zwei kurze Schwänzchen. Die Puppe ruht lose, ohne Cocon, in der Erde, u. zw. nur wenige Wochen. Der entschlüpfende Käfer überwintert, begattet sich im Frühjahr. worauf dann das Weibchen die Eier legt. Bekämpfung. Bei der Gefährlichkeit der Drahtwürmer ist es natürlich, dass man schon vielfach auf die Bekämpfung derselben bedacht war. Die Drahtwürmer besitzen wohl natürliche Feinde genug, doch ist deren Hilfe nicht ausreichend. Zu den natürlichen Feinden sind zu zählen der Maulwurf, alle insectenfressenden Vögel, die Raub- käfer und darunter namentlich der glänzend grüne Goldschmied, Carabus auratus. Von den vielen Bekämpfungsmitteln und Massregeln, die von verschiedenen Forschern vorgeschlagen wurden, wollen wir nur die-, jenigen herausgreifen, die bereits Erfolg gehabt oder aber Aussicht auf Erfolg haben, um zugleich vor unnützen Mitteln zu warnen. Nach Werner ist das Auflesen der Drahtwürmer zugleich mit den Engerlingen und anderen Larven nach dem Pflug im Allgemeinen das beste direete Vertilgungsmittel. Ferner empfiehlt sich das Tief- pflügen vor Winter und die Saatfurche nicht im Frühjahr zu geben, sondern besser nur zu grubbern, weiter den Boden vor und nach der Einsaat mit einer schweren Walze zu überziehen. Damit wird zwar die Larve nicht getödtet, aber vielleicht krank gemacht und sicher einige Zeit an die Stelle gefesselt, infolge dessen die Pflanzen ihr aus den Zähnen wachsen können. Auch eine Düngung mit Kalk oder 80 bis 100%g Chilisalpeter per Hektar, mit dem letzten Eggenstrich untergebracht, soll von guter Wirkung gewesen sein. In Ungarisch- Altenburg versuchte man die Drahtwürmer mittels Kartoffelstücken zu fangen, indem man dieselben in einer Entfernung von 1:5 bis 3m und 2-5 bis 5cm tief auslegte. Nach vier bis fünf Tagen wurden die Kartoffelstücke untersucht und fanden sich häufig bis zu 35 Larven vor. Empfohlen wird auch das Auslegen von nussgrossen Oelkuchen- stücken, an denen sich die Larven todtfressen sollen. Mit den beiden letzten Mitteln hat Werner keinen Erfolg gehabt. Dagegen berichtet aber Hollrung in jüngerer Zeit über Versuche mit Kartoffelködern, die ein ausgezeichnetes Resultat ergeben haben. Das Verfahren besteht darin, dass halbirte, je nachdem auch geviertelte rohe Kartoffeln in regelmässigen Abständen zwischen die Rübenreihen auf etwa 5 bis 10 cm Tiefe eingegraben, mit dünnen Ruthen markirt, am nächsten Tage wieder aufgedeckt und mitsammt den in und an den Kartoffeln nagenden Drahtwürmern aufgesammelt werden. Es genügt zunächst etwa in jeder zelinten Reihe eine Kette von Ködern anzubringen und allmälig nach dem jedesmaligen Aufsammeln der Drahtwürmer zwei bis drei Reihen weiter zu gehen, bis man schliesslich nach mehrmaligem Weitergehen an die bereits gesäuberte Reihe heranlangt. Die Versuche hatten ein glänzendes Resultat ergeben, nachdem auf einem 2'/, Morgen grossen Felde 122.871 Stück Drahtwürmer gefangen wurden. Die tüben gingen auch nach der zweiten Bestellung vollständig auf und es zeigte sich kein krankes Exemplar mehr. Die gesammten Kosten stellten sich pro Morgen auf Mk. 15:80 und kostete das Einfangen von 100 Stück Drahtwürmern Mk. 0:31. Trotz der zweimaligen Bestellung brachte das fragliche Feldstück doch noch 147g pro Morgen mit 13°4°/, Zucker in der Rübe. Es kann daher dieses Bekämpfungsmittel, wenn Arbeitskräfte genügend zur Verfügung stehen, zur Anwendung im Grossen bestens „empfohlen werden. Hollrung hebt ferner hervor, dass die Drahtwürmer der Feuchtigkeit bedürfen und sich aus diesem Grunde mit Vorliebe nach nassen Ackerstellen hinziehen; werden dieselben nun durch Kalk, sei es in Form von Aetzkalk oder Saturationsschlamm, entfeuchtet, so wird ihnen damit die Eigenschaft einer den Drahtwürmern angenehmen Stätte benommen. Der Kalk wirkt also weniger durch seine ätzenden Eigenschaften günstig, als dadurch, dass er, wie erwähnt, den Boden entfeuchtet. Zur Vertreibung der Drahtwürmer hat man auch eine Kainitdüngung empfohlen und wirkt dieselbe durch die salzig ätzenden Eigenschaften des Kainits. Man darf aber sowohl vom Kalk, als auch vom Kainit keine durchgreifende Bekämpfung, resp. Vertreibung der Drahtwürmer erwarten, nachdem beide Stoffe, wie Hollrung gefunden hat, nur die Fähigkeit haben, eine Linderung der Drahtwurmbeschädigungen her- beizuführen. In letzterer Zeit hat man sowohl gegen die Drahtwürmer als auch gegen die Tausendfüsser Beizmittel empfohlen, mit denen die Rübenkeime behandelt werden sollten, um ihnen einen scharfen Geruch, der die Thiere abschrecken sollte, zu ertheilen; von diesen Mitteln —:135 — seien ein unter dem Namen Down’sches Saatpulver in den Handel. gebrachtes Präparat, sowie ein Gemisch von Gastheer mit Petroleum genannt. Nach Frank haben sich aber beide Mittel als unbrauchbar erwiesen. Ebenso wenig Erfolg hat, was auch vorauszusehen ist, die Beizung mit Carbolsäure und schwefelsaurer Magnesia gehabt. Es ist also vor Anwendung aller der genannten Mittel zu warnen und wird es sich vielfach empfehlen, wie bereits hervorgehoben, auf das alte Mittel des Walzens der Saat, das vielfach gute Dienste geleistet hat, zurückzugreifen. Werner hat durch das Sammeln der Larven in einer gedrillten Rübenbreite gute Resultate erzielt. Während des Verziehens wurden die gelben und welken Pflänzehen mittels eines kleinen eisernen Spatens ausgehoben und die Schädlinge eingesammelt. Durch dieses Verfahren gelang es ihm, einen annähernd normalen Rübenstand zu erzielen. Targioni-Tozzetti empfiehlt zur Vertilgung der Drahtwürmer Schwefelkohlenstoff, sowohl für sich allein, als in Emulsion mit Fischöl und 4°/, Lauge. Das Mittel wurde in Löcher, die 05 bis 1m Abstand hatten, hineingegossen. Der Schwefelkohlenstoff erwies sich, wenn in Mengen von mindestens 30 9 auf 1m* für sich allein oder von 2049 in Emulsion auf 1m°’ gegeben, als ein sehr wirksames Mittel. An einem günstigen Erfolg der Injieirung des Bodens mit Schwefelkohlen- stoff ist nicht zu zweifeln, doch leider ist die Durchführung in einer für den Grossbetrieb geeigneten Form noch nicht gelungen. Man hat auch beobachtet, dass der Drahtwurm am schädlichsten auftritt wenn die Vorfrucht aus Klee oder Kleegras bestand, und hat dann mit bestem Erfolg ein solches Feld mit Schafen abgeweidet. Die Schafe treten die Oberfläche des Bodens fest und dann können viele Käfer, welche sich aus den Puppen entwickeln, nieht an die Ober- fläche gelangen. Wenn auch einige Käfer herauskommen, so finden sie zumindest auf dem festen Boden keine zur Eiablage geeignete Stelle. Statt der Schafe hat man sich mit Vortheil einer schweren Walze bedient, mit der man im März oder April die Felder wieder- holt überging, wodurch man wieder zu obengenanntem alten Mittel zurückgriff. Gegen die Drahtwürmer hat Comstock mit ziemlichem Erfolg auch vergiftete Klee- und Luzerneköder gebraucht. Er tauchte Bündelchen frischer Luzerne u. s. w. in eine starke Lösung von weissem Arsenik und vertheilte sie über das ganze Feld. Um allzuraschem Austrocknen einerseits und der Vergiftung nützlicher Thiere ander- seits vorzubeugen, werden die vergifteten Bündelchen zweckmässig mit Scherben von Blumentöpfen, Blechdeckeln ete. bedeckt. Eine Erneuerung der Köder ist erforderlich, sobald dieselben trocken ge- worden sind. — 136 — Aus dem Hervorgehobenen ist zu ersehen, dass die Bekämpfung der Drahtwürmer keine einfache ist, und es muss der Einsicht des Landwirthes und gegebenen Verhältnissen überlassen bleiben, die richtigen Mittel zu finden, für welche die vorstehende kurze Hervor- hebung verschiedene Anhaltspunkte gibt. 6. Aaskäfer (Silphidae). Von dieser Familie kennt man an 300 durch lebhafte Bewegung sich auszeichnende Arten. Wie schon der Name besagt, so ernähren sich die Käfer, wie auch ihre Larven, vorzugsweise von Aas, manch- mal auch von lebenden kleinen Insecten; wenn jedoch die thierische Nahrung nicht ausreicht, so greifen sie auch die grösseren Blatttheile der Culturptlanzen an, so dass sie dann als Schädlinge auftreten. Die Familie der Aaskäfer charakterisirt sich durch den Hinterleib mit sechs frei beweglichen Ringen. Bei Berührung geben die meisten einen übelriechenden braunen Saft von sich. Von den vielen Arten der Aas- käfer sind einige als Rübenschädlinge aufgetreten, u. zw. weniger die Käfer als die Larven. Nach den Beobachtungen von Hollrung greift der Käfer nur im Nothfalle zur Pflanzennahrung und befriedigt er mit dem Benagen von Blatttheilen nur sein ausgesprochenes Be- dürfniss nach Flüssigkeit. Als Rübenfeinde sind bis jetzt die folgenden drei Arten von Aaskäfern aufgetreten, u. zw.: a) Der schwarze Aaskäfer. (Silpha atrata.) (Tafel XVII). Der Käfer ist elliptisch in seinen Umrissen, 11mm lang und 65 mm breit. Die Farbe ist glänzend schwarz, der kleine Kopf ist senkrecht nach unten gerichtet und wird durch das grosse halbkreis- förmige Halsschild mit aufgeworfenem Rande verdeckt. Die Flügel- decken mit stark aufgebogenem Aussenrande sind hinten gerundet und mit drei erhabenen glatten Längsrippen versehen, deren Zwischen- räume runzelig-grob punktirt sind. Die Fühler sind elfgliedrig und keulenförmig. Die Schienen sind mit ganz kurzen Borsten besetzt. Die runden weissen Eier legt der Käfer einige Centimeter tief in die Erde und schon nach vierzehn Tagen kommen die Larven zum Vor- schein. Die zwölfringelige Larve ist auf der Oberfläche schwarz und hart, unterseits hell und weich. An den vorderen drei Leibringen stehen sechs in Stachelspitzen endende kurze Brustfüsse, der hinterste und schmalste Ring hat auf dem Rückenanfange zwei zugespitzte An- hängsel. Der Körper der Larve nimmt vom Kopf nach der Mitte an Breite zu, verschmälert sich aber dann stark. Die Larve hält sich zumeist verborgen, bewegt sich aber ziemlich flott und ist ungemein ST, gefrässig. Sie wächst sehr schnell, häutet sich mehrmals, gewöhnlich viermal in kurzer Zeit, und erscheint unmittelbar nach der Häutung ganz weiss mit braunen Kiefern; schon nach wenigen Stunden ist sie aber ebenso schwarz wie zuvor. Die Länge der Larve ist 1'6 bis 18 em. Nach genügender Entwicklung gräbt sich die Larve tief in den Boden ein und verpuppt sich. Die Puppe besitzt einen breiten Halsschild, eingezogenen Kopf, schrägstehenden, zweispitzigen Hinterleib und die Knie der Hinterbeine stehen weit von dem Körper ab. Nach zehn bis zwölf Tagen erscheint der Käfer, der, wenn er später öder in zweiter Generation auftritt, sich beim Herannahen des Winters unter der Erde, unter Steinen u. s. w. verbirgt. b) Der mattschwarze (filzige, braunhaarige) Aaskäfer. (Silpha opaca.) (Tafel XVII). Der Käfer ist leicht an dem Seidenglanz auf dem Rücken zu erkennen, der durch dichte, aber kurze und anliegende helle Härchen hervorgerufen wird. Er ist auch ein wenig kleiner als der vorige. Die schwarzen Larven sind schwer von den Larven des Silpha atrata zu unterscheiden; sie sind ebenfalls sehr beweglich und ungemein gefrässig. c) Der düstere Aaskäfer. (Silpha obscura.) (Tafel XVII.) Der Körper ist eiförmig, leicht gewölbt und von tiefschwarzer Farbe. Der Halsschild ist sehr dicht punktirt, fein gerundet, vorne gerade abgeschnitten, hinten leicht gebuchtet. Die Flügeldecken sind mit drei sehr schwachen Längslinien und tiefpunktirten Zwischen- räumen versehen. Bekämpfung. Da die Beschädigungen, welche diese drei Arten an den Rübenculturen anrichten, dieselben sind, so wird sich auch die Bekämpfung gleich gestalten. Wenn auch die Larve vorzugsweise als Schädiger auftritt, so muss aber auch dem Käfer an den Leib gegangen werden, denn mit jedem vernichteten Käfer wird die fünf- bis zehnfache Menge von Larven beseitigt. Zum Ködern des Küfers ist altes Fleisch oder Aas zu empfehlen, welches man in glasirten Töpfen in die Erde eingräbt. Vibrans hat mit gutem Erfolge ver- giftetes Fleischfuttermehl verwendet und genügen für einen Morgen zehn Pfund, welehe noch mit etwas Torfmull vermischt werden können. Die Vergiftung geschieht am besten mit Stryehnin, und das Ge- misch legt man in Entfernungen von einem halben Meter in kleinen Häufchen. Dass man bei Anwendung dieses Mittels sehr vorsichtig umgehen muss, ist wohl selbstverständlich und ist zu rathen, sieh desselben nur im äussersten Nothfalle zu bedienen. Von Verwendung patentirter Aaskäferfallen räth Hollrung ab. Was nun die Bekämpfung, resp. die Vernichtung der Larven anbelangt, so wurden verschiedene Mittel empfohlen. Von einigen Seiten wird das Hinausfahren von Hühnern auf die Felder sehr em- pfohlen, nachdem diese Thiere, namentlich deren Kücken, die Larven eifrig verzehren. Praktisch ist es, einen Hühnerwagen zu construiren, in welchem die Hühner ausbrüten können; natürlich muss für ent- sprechendes Beifutter gesorgt werden, damit die Thiere nicht zu sehr durch Abfressen der Rübenblätter schaden. Im Uebrigen soll man aber dieses Verfahren doch nur dort versuchen, wo sich die Rüben bereits kräftiger entwickelt haben, nachdem die Hühner sonst die jungen Rübenptlanzen leicht durch Scharren verdecken und auf diese Weise zugrunde richten. Als gutes Mittel zur Abwehr der Larven hat sich das Ziehen einer kleinen Vertiefung mit der Hacke um das befallene Feld erwiesen. Die Larven können nicht aus der Rinne und werden mit alter, selbst gebrauchter Schwefelsäure leicht vernichtet. Vor- theilhaft ist es, in die Rinne einen Theerstreifen zu legen. Zur Ab- haltung eindringender Aaskäfer als auch zum Fange der bereits in den Rüben verbreiteten Schädiger können mit gutem Erfolge Fang- gräben benützt werden, welche eine etwa 30cm breite Sohle und eine steile Böschung von 30 bis 50 cm Tiefe besitzen. Die Vernichtung der in die Fanggräben gefallenen Aaskäfer erfolgt durch Zertreten, Aufschaufeln und Verbrennen, Eintreiben von Hühnern oder durch Einlassen eines die Schädiger vernichtenden Mittels, wie Steinkohlen- theer oder schwachverdünnte Melasse. Ein weiteres Bekämpfungsmittel bildet das Bespritzen der Pflanzen mit einem Absud von Tabak oder Wallnussblättern, oder mit einem Gemisch von 50 Theilen Nitrobenzol mit 150 Theilen Amylalkohol und 100 Theilen Kaliseife, verdünnt mit der zehn- bis zwanzigfachen Menge Wasser. Mar&chal hat mit Erfolg auch Schwefelkohlenstoff, in Wasser suspensirt, im Verhältniss 1:20 bis 1: 100 verwendet. Herouel schlägt zur Vernichtung der Aaskäferlarven eine Mischung, bestehend aus 15 %y Rüböl, 1 kg grüner Seife und 84 kg Wasser, zur allgemeinen Anwendung vor. Nach Hollrung ist aber der Preis dieses Mittels, trotz der guten Wirkung, für grosse Flächen zu hoch, aber man kann die Randreihen auf der von Larven bedrohten Seite des Feldes damit ausgiebig besprengen und leiden die Pflanzen keinen Schaden. Ein Hektar kann von einem Arbeiter in 9 Stunden bespritzt werden. Die Verwendung der Pilze Sporotrychum globuliferum und Isaria destructor gegen Aaskäfer und deren Larven gibt nach Hollrung für die Praxis wenig Hoffnung. — 139 — Besonders zu empfehlen ist nach Hollrung die Vergiftung mit Schweinfurter Grün und ist von diesem Gift '/, kg mit wenig Wasser zu einem steifen Brei zu verrühren und dann auf 5002 Wasser zu vertheilen. Die Anwendung des Gemisches muss möglichst bald nach der Herstellung desselben erfolgen. Ein Zusatz von 2 bis 5 kg Melasse soll dazu dienen, das seiner Schwere und Unlöslichkeit halber all- mälig zu Boden sinkende Schweinfurter Grün länger suspensirt im Wasser zu erhalten. Das Mittel ist möglichst fein vertheilt auf die befallenen oder bedrohten Rübenpflanzen zu bringen. Hollrung hält nach seinen Versuchen das Schweinfurter Grün für ein einfaches und brauchbares Mittel gegen die Schäden der Aaskäferlarven. Irgend- welehe Nachtheile sind dabei nicht zu befürchten, nachdem die atmo- sphärischen Niederschläge genügen, um alles Gift rechtzeitig von den Blättern zu entfernen. Nur eine Brühe, welche längere Zeit gestanden hat, wird den Pflanzen leicht schädlich, doch ist dieser Nachtheil aber vollkommen bei Verwendung des folgenden (Gemisches ausge- schlossen, welches nach Hollrung wie folgt hergestellt wird: 1. 100g weisser Arsenik und 100g Soda sind in 1/ kochendem Wasser; 2. 1%g Kupfervitriol in 31 Wasser aufzulösen; 3. 1%g gutgebrannter Kalk wird mit 107 Wasser abgelöscht; 4. 2kg Melasse werden mit 1/ heissem Wasser verdünnt. Es werden nun in ein hölzernes oder thönernes Gefäss 857 Wasser eingefüllt. Hiezu werden zunächst Lösung 1, sodann Lösung 2, 3 und 4 unter beständigem Rühren geschüttet. Auf Zusatz von Lösung 2 entsteht ein lebhaft grüner, auf Zusatz der Kalkmilch ein graugrüner, sehr feiner, langsam zu Boden gehender Niederschlag. Das so erhaltene Quantum von 1hl Arsenikbrühe reicht aus für einen Morgen Ribe, sofern eine feine, sparsame Vertheilung derselben ver- mittelst einer Tornisterspritze oder einem fahrbaren Instrument statt- findet. Die Brühe, welche sich auch nach Gaillot bestens bewährt hat, muss während der Arbeit wiederholt durchgeschüttelt werden. Gaillot empfiehlt auch folgendes Bekämpfungsmittel: 1 Ag arsenige Säure und 1 kg kohlensaures Natron werden in 10! kochen- dem Wasser gelöst. A. 10 kg Kupfersulfat werden in 60 ! warmem Wasser gelöst; B. 20 kg Kalkmilch werden geseiht, mit 40 kg Melasse vermengt und das Ganze wird auf 1 hl gebracht; C. Man erhält nun 1 hl „Arsenbrei“, wenn man zu 832 Wasser nacheinander 6! B, 12A und 52 C hinzusetzt. In dieser Concentration war der Erfolg ein trefflicher. Auf das Hektar rechnet man 400 2! und stellen sich die Kosten auf 3 bis 4 Frances. Ein Mann kann in einem Tage 2 bis 2'/, ha besprengen und wird diese Operation mit einem auf dem — 10° — Rücken getragenen „Eclair“ ausgeführt, der übrigens auch in grösserem Massstab als Wagen gebaut worden ist. Auch eine Lösung von Kupfervitriol in Wasser, oder eine Mischung von 1hl Wasser mit 2%g frisch gebranntem Kalk und 2%kg Melasse sollen sich bewährt haben. Hingegen hat sich das Ablesen der Larven nicht bewährt, nachdem sich dieselben bei der geringsten Erschütterung von ihren Futterpflanzen herabfallen lassen und ihr Heil in der Flucht suchen. Ebenso muss auch das gelegentlich empfohlene Bestreuen der Rübenpflanzen mit Naphthalin als Schutz gegen Aas- käferlarven als zu kostspielig verworfen werden. %. Moosknopfkäfer, Kleinkäfer, Rübenkäferehen, (Atomaria linearis.) (Tafel XXI.) Dieser Rübenschädling gehört zur Familie der Verborgen- fresser (Kryptophagidae) und hat eine durchschnittliche Körper- grösse von wenig über 1 mm. Der länglich eiförmige, mässig gewölbte Körper ist bald hell-, bald dunkelbraun gefärbt, überall mit kurzen Härchen besetzt, fein und ziemlich dieht punktirt. Die elfgliedrigen Fühler sitzen zwischen den Augen, sind am Ende verdickt und so lange als Kopf und Halsschild zusammen. Die Flügeldecken und das mit geraden Seitenwänden versehene Halsschild sind dieht und fein punktirt, letzteres ist viereckig, hinten mit abgestumpften Ecken. Die Flügeldecken sind lang, viereckig, mit einer schwachen Beule innen neben der Schulter versehen, vorne stärker, hinten fein punktirt, die Spitze ist von heller Farbe. Die Larven sind rostbraun gefärbt. Die ersten Entwicklungsstadien des Käferchens sind nicht genau bekannt, doch ist es sehr wahrscheinlich, dass die Larven sich in ähnlicher Weise wie die Käfer nähren. Die Käfer kommen bei schönen warmen Abenden aus der Erde heraus, erheben sich in die Luft, um entweder für die Fortpflanzung zu sorgen, oder aber um neue Frass- gebiete aufzusuchen. Auch über das weitere Leben des Käfers ist wenig bekannt; höchstwahrscheinlich überwintert er dort, wo er zur Welt gekommen ist, und wird dann zu einer ständigen Plage. Dieses kleine Thierchen (und seine Larven) gehört nämlich zu den sehr ge- fährlichen Rübenfeinden und ist im Stande, ganz bedeutenden Schaden anzurichten, u. zw. umsomehr, als es wegen seiner Kleinheit nur zu leicht übersehen wird. Dasselbe Käferchen ist es auch, das man lange Zeit ausschliesslich als Haupturheber des weitverbreiteten Wurzelbrandes ansah, und da man keine Bekämpfungsmittel gegen diesen Schädling kannte, diese Rübenkrankheit als unbekämpfbar bezeichnete. Die Forschungen der neueren Zeit haben wohl das Thierchen von diesem Verdacht einigermassen entlastet. wenn auch nicht ausgeschlossen ist, dass es unter Umständen doch der Erreger des Wurzelbrandes sein kann. Das Thierchen ist speciell in Oester- reich-Ungarn schon lange bekannt, nachdem es Eisbein z. B. in Ungarn schon im Jahre 1857 auf der Herrschaft Szt. Miklös auffand. Die Käfer erscheinen mit dem ersten keimenden Rübensamen, fressen die jungen Rübenpflanzen am Stengel gerade unterhalb der Erdober- tläche an und verzehren die unterirdischen Theile der Pflanze. Die Wundstellen werden leicht schwarz, und je jünger die Pflanze ist, umso grösser ist die Gefahr des Eingehens derselben. Grössere Pflanzen zeigen durch den Frass ein Schwarzwerden und Zusammenschrumpfen der Wurzeln; noch grössere bekommen in der Wurzel schwarze Längs- streifen, die sich bei günstiger Witterung auswachsen können. Manches- mal sehen die jungen Pflanzen am Kopf, an den Blättern und den oberen Theilen der Wurzel noch gesund aus, während die eigentliche Wurzel schon schwarz ist und die Pflanze sich nie normal entwickeln kann, sondern später abstirbt, weshalb solche Pflanzen entfernt werden müssen. Es kann sogar vorkommen, dass die Felder vollkommen ver- wüstet werden, so dass ein zweiter, mitunter auch ein dritter Nachbau nothwendig wird. Bei warmem Wetter geht der Käfer auch auf die Rübenblätter und ist die Fresslust manchmal so gross, dass dann nur ganz entblätterte Stengel übrig bleiben. Der Schaden dauert oft bis in den Juni hinein und äussert sich dann an den Pflanzen in ganz empfindlicher Weise. Der Schädling bohrt nur kleine Löcher in die Wurzel, welche kaum beachtet und schwer erkannt werden. Zumeist finden sich nur zwei oder drei Löcher, doch genügen aber dieselben um ein Absterben der Pfahlwurzel selbst bei günstigem Wetter zu bewirken; es entstehen dann Rüben mit einer grossen Anzahl von einem Knoten ausgehenden Wurzeln, die qualitativ meist ganz erträglich sind, die Quantität der Ernte und die weitere Verarbeitung jedoch sehr beeinträchtigen. Die Schäden, die der Käfer anrichtet, sind sehr leicht erkennbar; man bemerkt einen sehr unregelmässigen Stand der Pflänzchen, oft ihr vollständiges Verschwinden und die noch vorhan- denen Blätter und Pflänzchen erscheinen gelblich, kränkelnd und an- gewelkt. Höchstwahrscheinlich leben die Larven in derselben Weise wie der Käfer und setzen die Zerstörung fort, wenn der Käfer nach dem Eierlegen gestorben ist. Aus Allem ergibt sich, dass der Moosknopfkäfer ein sehr ge- fährlicher Rübenfeind ist, der umso beachtenswerther in seinen Schädigungen erscheint, als er wegen seiner Kleinheit nur schwierig aufzufinden ist. Bekämpfung. Nachdem der Käfer, wie bereits hervorgehoben, höchstwahrscheinlich dort überwintert, wo er geboren wurde, so sind die Gesetze des Fruchtwechsels wohl zu beachten und es wäre ein grosser Fehler, dort, wo man das Auftreten des Käfers beobachtet hat, Rübe auf Rübe folgen zu lassen. Es ist daher der Fruchtwechsel ein rationelles und wirksames Mittel zur Bekämpfung. Gestatten be- sondere Verhältnisse denselben nicht, so ist eine reichliche Aussaat geboten, damit möglichst viele Pflanzen gesund erhalten bleiben. Dazu kommt fleissiges Behacken und nicht zu frühes Vereinzeln neben bester Cultur und reichlicher Düngung, damit den Pfanzen über die gefährlichste Periode rasch hinweggeholfen werde. Ausserdem empfiehlt Kühn Fangpflanzen auszusäen, welche früher als die Rübensamen aufgehen und an deren Wurzeln der Schädling ebenfalls lebt. Reihlen hat seinerzeit gefunden, dass dort, wo Wildhafer wächst, die Rüben- pflanzen unbehelligt bleiben. Die Aussaat von Wildhafer hat aber ihre Bedenken und Schwierigkeiten und der Saathafer scheint ihn nicht ersetzen zu können, denn auch dieser leidet nach den Beob- achtungen Werner’'s unter dem Frass. Jedenfalls sind die Fang- pflanzen rechtzeitig zu entfernen, weil sonst auch durch diese die Rübenpflanzen leiden. An Stellen, wo eine Compostdüngung oben auflag oder der Boden von Natur aus feucht und dicht mit Unkraut bewachsen war, hat man nur geringe Schädigungen wahrgenommen. Blomeyer empfiehlt die Düngung von 150 q Kalk oder von 400 q Scheideschlamm per Hektar, da dadurch auf eine Reihe von Jahren hinaus die Fernhaltung des Schädlings erreicht werden soll. Nach den Beobachtungen von Franke wird das Auftreten des Käfers durch die Rübenvorfrucht sehr begünstigt und ist an denjenigen Grundstücken oder an den Grenzen derjenigen Ackerstücke, welche im Vorjahre Rüben trugen, die Befallungsgefahr am grössten; man thut gut, an solchen Grenzen eine Spurweite der Drillmaschinen mit etwas doppelter Einsaat zu bestellen, um dem Schaden durch den Käfer vorzubeugen. Gewisse Beobachtungen scheinen auch darauf hinzudeuten, dass in den alten Rübenköpfen und Blattresten der vorjährigen Rüben, die auf dem Felde zurückbleiben, der Käfer im Winterlager sich befindet. Die Vernichtung derartiger Rückstände ist daher gegebenen Falls anzuempfehlen. Endlich sei noch auf die von Kühn empfohlene Imprägnirung des Rübensamens hingewiesen; der Same wird durch 20 Minuten mit einer Lösung von fünf Theilen schwefelsaurer Magnesia und einem Theil Carbolsäure in 1 hl Wasser behandelt; derartig präparirter Same wird vor der Drill- oder Dibbel- saat oberflächlich durch Ausbreiten abgetrocknet, worauf dann die Aussaat zu erfolgen hat. Dieses Mittel hat aber nach Versuchen von Hollrung fast vollständig versagt. — 1433 — Ss. Rüsselkäfer. (Cureulionidae.) Die Familie der Rüsselkäfer (Curculionidae) umfasst mehr als 25.000 Arten und sind mit Ausnahme einer Art alle anderen Arten ungemein schädlich. Auch die Zuckerrübe wird von einigen Arten in besonderer Weise heimgesucht, so dass der Schaden ein ganz be- deutender ist. Manche dieser Schädlinge wurden zuerst auf anderen Culturpflanzen beobachtet, die sie dann verlassen haben, um auf die Zuckerrübe überzugehen. Es ist daher das Auftreten der Schädlinge wohl im Auge zu behalten, nachdem es durchaus nicht ausgeschlossen erscheint, dass z. B. eine Art, die in einem Jahre die Kleefelder ver- wüstet, das andere Jahr in verheerender Weise auf den Rübenfeldern auftritt. Von der Familie der Rüsselkäfer heben wir nur diejenigen Arten hervor, die bereits als Rübenfeinde erkannt sind. a) Der punktbauchige Hohlrüssler. (Cleonus punctiventris.) (Tafel XVII.) Das Thier wird bis zu 15 mm lang und sein schwarzer Körper ist mit weiss- und bräunlich-grauen runden Schüppchen und feinen Härchen ziemlich dicht bekleidet; unterwärts und an den Beinen ist es am hellsten, weissgrau am Bauch; an den Schenkeln und an den nach unten gerichteten Theilen der Flügeldecken und des Halsschildes mit schwarzen Flecken und Pünktchen. Die Hervorragungen auf dem Halsschild sind schwärzlich, ebenso zwei Seitenstreifen. Auf den mehr braunen, dunkelgedeckten Flügeldecken markiren sich besonders ein bindenartiger dunkler Aussenfleck in der Mitte und auf dunkler Um- gebung eine weisse Warze. Der Rüssel ist an der Spitze etwas er- weitert, mit charakteristischem Mittelkiel und kielartigen Seiten- kanten. Das zweite Fühlergeisselglied ist am längsten, der Fuss einfach, ohne schwammige Sohle. b) Der gemeine oder gefurchtrüsselige Hohlrüssler. (Cleonus suleirostris.) (Tafel XVIH.) Dieser Käfer ist ein wenig schlanker als der vorige und unter- scheidet sich von demselben noch dadurch, dass bei ihm das erste und das zweite Geisselglied fast gleich sind: ausserdem haben seine breiten Füsse eine schwammige Sohle. Der Körper ist schwarz, dicht punktirt und dicht grau behaart. Der Halsschild ist mit kleinen nackten Erhöhungen versehen, die Mittellinie meist zwei Streifen dichter behaart. Flügeldecken undeutlich punktirt gestreift, mit zwei bis drei undeutlichen schiefen Binden. Charakteristisch ist der dicke, kantige Rüssel mit drei tiefen, die ganze Länge durchziehenden Furchen. Länge des Körpers 15 bis 20 mm, Breite 5 mm. — 14 — Ein anderer Verwandter, Cleonus ucrainiensis, ist bis jetzt in Russland aufgetreten, wo er die Rübenfelder vernichtet. * * * Ueber die Lebensweise des Rüsselkäfers ist bis in die neueste Zeit wenig bekannt geworden, doch liegen jetzt Beobachtungen von Rovara vor, die dieselbe aufklären. Der Käfer, gleichgiltig ob Cleonus punctiventris oder Cleonus sulcirostris, welcher als solcher im Rübenfelde überwintert, erscheint zeitlich im Frühjahr und sucht die jungen Rübensaaten auf, die er in unglaublich kurzer Zeit total ver- nichten kann, so dass ein zweiter, ja sogar oft ein dritter Anbau nothwendig wird. Bei warmer, sonniger Witterung ist der Käfer leb- haft. bei kühlem, nassem und windigem Wetter ist er träge und ver- kriecht sich unter Erdklümpchen, in Bodenrisse, Schotterprismen und in die Rinde lebender Bäume. Die Sonne lockt ihn wieder heraus; auch in ruhigen, warmen Nächten setzt er sein Zerstörungswerk fort. Mit besonderer Vorliebe befällt er die junge Rübe, während er bei kräftiger entwickelten Pflanzen nur an den weichen Blatttheilen zehrt, die Blattrippen und das Herz der Rübe unberührt lässt, so dass diese häufig noch die Verletzungen zu überwinden im Stande ist. Die Fresszeit des Käfers erstreckt sich zwischen 10 Uhr Vormittags bis 4 Uhr Nachmittags, um welche Zeit auch das Einsammeln durchzu- führen ist. Zwei bis drei Wochen nach seinem ersten Erscheinen (etwa um den 20. April herum) beginnt der Käfer sich zu paaren und erreicht er um diese Zeit den Höhepunkt seiner Entwicklung, so dass er ausgezeichnet zu fliegen versteht. Rovara sah ihn an sonnigen, warmen Tagen um die Mittagszeit in grossen Schwärmen und in einer Höhe von 5 bis 10m über den Erdboden hinziehen. Gegen Ende Mai bohrt das befruchtete Weibehen mit dem Rüssel 5 bis 13 Grübchen in die Erde und legt in jedes derselben ein stecknadelkopfgrosses, schmutzig gelbweisses Ei. Nach der Paarung und Eierablage nimmt die Zahl der Käfer ab, da die Weibchen absterben. Die Männchen bleiben länger am Leben und dauert der Frass daher ungefähr bis Mitte Juni. Um diese Zeit verkriechen sich die Thiere in die Erde und verenden. Aus den Eiern entwickeln sich die Larven und die- selben setzen das Zerstöürungswerk ihrer Eltern fort, so dass daher nicht allein der Käfer, sondern auch seine Larve ein emi- nenter Rübenschädling ist. Die Larven fressen in den Längsrichtungen der Rüben Rinnen aus und nagen selbst an der Pfahlwurzel. Eine kräftige Pflanze kann wohl unter Umständen den Schädigern widerstehen, wenn jedoch mehrere Larven an einer Rübe schmarotzen, dann sind sie leicht im Stande, die Pflanze zum Absterben zu bringen. Im selben Herbst wandelt sich die Larve zur Puppe um, aus welcher sich der Käfer entwickelt. Die Puppe von Cleonus suleirostris ist gelblichweiss, walzen- förmig und in zwei Dornenspitzen auslaufend. Die Rückenseite ist mit Querreihen kurzer Dornen und mit längeren Haaren besetzt: die Unterseite ist spärlich braun behaart. Nach zwei bis drei Wochen kriechen die Käfer aus. Auf Schlägen, die durch den Rüsselkäfer im Frühjahr stark gelitten haben, kann man gelegentlich des Umbruches der Felder nicht nur Larven und Puppen, sondern auch schon in grosser Menge den fertigen Rüsselkäfer finden, so dass unter Um- ständen an ein Einsammeln der Käfer aus der Furche zu denken wäre. Ueber Winter geht der Käfer in frostfreie Tiefen des Feldes, um im zeitigen Frühjahr wieder aus der Erde zu kommen. Es ist nun bei diesem Käfer, wie erwähnt, die wichtige Thatsache nicht zu ver- kennen, dass sowohl das fertige Thier, als auch die Larve Feinde der Zuckerrübe sind; das erstere vernichtet die oberirdischen Theile der Rübe, während die Larve die unterirdischen Theile verzehrt. Wenn die Käfer einen Schlag vernichtet haben, so dass er um- geackert werden muss, so wandern sie aus. Haben sie freie Wahl, so geben sie der Rübe mit drei Paar Blättern, wie sie sich gewöhnlich nach der ersten Hacke zeigt, den Vorzug vor der älteren Rübe, aber auch vor der ganz jungen Rübe, die der Erdfloh bevorzugt. An den Anbau von geeigneten Fangpflanzen ist nicht zu denken, da es nur sehr wenige Pflanzen gibt, an denen der Rüsselkäfer schmarotzt und selbst die Ackerdistel, die er sonst aufsucht, lässt er stehen, wenn er junge Rüben findet. Die Heimat des Rüsselkäfers ist Russland, wo er schon seit vielen Jahren als Rübenfeind bekannt ist; ') von hier aus hat er sich dann weiter verbreitet, so dass er jetzt theilweise in Oesterreich, nament- lich aber in Ungarn ein gefürchteter Gast geworden ist. Hollrung hat im Jahre 1894 den Cleonus sulcirostris in Thüringen als neu beobachtet, doch hat dieser Käfer Deutschland noch so ziemlich ver- schont, wenn auch stellenweise sehr über den Schaden geklagt wird. Bekämpfung. Bei der ungeheuren Fresslust dieses Thieres ist natürlich der Schaden, den dasselbe an jungen Rübenculturen an- richtet, ein ganz bedeutender, so dass der Vernichtungskampf mit aller Energie aufgenommen werden muss. Die Bekämpfung wird jeden- falls dieselbe sein, ob nun diese oder jene Art als Schädiger auftritt, '!) Schon im Jahre 1861 sprach Schacht den Wunsch aus, dass der Himmel den Rübenbauer vor diesem „Ungethüm“ bewahren möge. Schacht würde wohl Augen machen, wenn er jetzt das Auftreten des Rüsselkäfers, welchen er ahnungsvoll als „Un- gethüm“ bezeichnete, sehen würde. 10 — 146 — nachdem die Folgen ganz die gleichen sind. Ich habe übrigens vor einigen Jahren in der Äcser Gegend beobachtet, dass auf einer Rüben- tafel neben dem in ungeheuren Mengen auftretenden Cleonus punctiventris auch Cleonus suleirostris constatirt werden konnte. Der Weg der indireeten Vertheidigung, resp. durch geeigneten gesunden Samen, durch sorgfältige Cultur und Düngung kräftige und daher widerstandsfähige Pflanzen zu erziehen, wird, wenn der Schäd- ling in grosser Menge auftritt, und dies ist ja meistens der Fall, wenig Erfolg haben, so dass direet wirkende Bekämpfungsmittel in Anwen- dung gebracht werden müssen. Dieselben müssen aber auch die Ge- währ bieten, den Schädling in grossen Massen vernichten zu können. Dies geschieht vorzugsweise durch Einsammeln der Käfer, wozu man Kinder und überhaupt billige Arbeitskräfte verwendet. Die Käfer werden entweder durch Äbreissen des Koptes sofort getödtet oder in geeigneten Gefässen gesammelt und durch entsprechende Mittel im Grossen (Ver- brennen, Verbrühen, Zerstampfen oder Ueberschütten mit Petroleum) hingerichtet. Von dem kolossalen Auftreten des Schädlings kann man einen Begriff bekommen, wenn man erfährt, dass z. B. die Zuckerfabrik Diöszegh im Jahre 1895 auf ihren Wirthschaften nicht weniger als 270 hl Rüsselkäfer sammeln liess und doch einen ansehnlichen Theil ihres Rübenareales frisch bebauen musste. Auf manchen Wirthschaften bedient man sich zum Einsammeln der Käfer des Geflügels; eifrige Sammler sind die Rebhühner und auch die Haushühner, in erster Linie aber die Truthühner. Mit letzteren Thieren hat man befriedigende Erfolge erzielt, denn dieselben vertheilen sich von selbst in den einzelnen Rübenreihen und fressen fleissig die Käfer. Leider sind aber die Truthühner sehr empfindliche Thiere, sehr schwer aufzuziehen und leicht epidemischen Krankheiten unterworfen. Das Ziehen von Fanggräben erleichtert wohl das Sammeln der Käfer, doch haben diese Gräben zur Flugzeit des Käfers keinen Zweck mehr. Köhler hat seinerzeit das Aussetzen von Samenrüben als Fangpflanzen empfohlen, nachdem die Käfer sehr gerne auf diese gehen. Verschiedene Praktiker haben aber damit keinen Erfolg erzielt. Ebenso getheilt sind die Meinungen über das Auslegen von Fetzen, Säcken, Latten, Reisigbündeln ete. auf die Rübensaat, unter welchen sich die Käfer über Nacht sammeln sollen; von einer Seite hat man von einem Erfolg gehört, während von anderer Seite wieder ein gegentheiliges Urtheil ausgesprochen wird. Richter empfiehlt das 'Auslegen von Blättern oder Zweigen von Rosskastanien und Weiden, und verwende man nicht zu grosse Aeste, damit die Blätter den Boden berühren können. Das Auslegen geschieht an jenen Rändern, wo ein Einwandern zu erwarten ist. Das Mittel muss angewendet werden, bevor die Käfer die Felder besetzen. In Russland versuchte man die Infection der Larven mittels eines Pilzes (Isaria destructor), also die künstliche Hervorrufung einer ansteckenden Krankheit. Ob und wie sich dieses Mittel bewährt hat, ist leider nicht bekannt geworden. Von chemischen Mitteln wurde vor einigen Jahren mit dem Drucker'schen Schutzpulver viel Reclame gemacht. Dieses Mittel hat sich aber absolut nicht bewährt, so dass vor seiner Anwendung gewarnt werden muss. Man hört übrigens ohnehin kaum mehr von demselben. Ebensowenig haben Gaswasser, Carbolineum, Creolin, Salz- säure und andere Stoffe gewirkt. Auch Blausteinlösung, Kalkmilch, Tabakabsud, Sublimat- und Arseniklösung tödten den Käfer nicht direct; Petroleum würde dies thun, vernichtet aber die Pflanzen. Rovara empfiehlt nun die Anwendung von Schweinfurtergrün, welches Hollrung (siehe pag. 139) bereits mit Erfolg gegen den Aaskäfer verwendet hat. Damit das Schweinfurtergrün im Wasser schwebend in Emulsion erhalten wird, und damit es sich auch gut verstäuben lässt, setzt Rovara verschiedene Substanzen zu, auf welches Gemenge er für Ungarn (nicht aber auch für die diesseitige Reichshälfte) ein Patent erhielt. Dasselbe kommt im Handel unter der Bezeichnung „Rovarin“ vor. Zum Vergiften der Käfer genügt eine 24, °/ige Lösung; beim Zerstäuben mit einer Rebspritze ist darauf zu achten, dass das Blatt von der Flüssigkeit nicht in ganzen Tropfen getroffen wird, weil es sonst abstirbt. Zu empfehlen sind auch Reihenbestäubungs- maschinen, die aber auch zu anderen Zwecken, resp. Verstäubungen anderer Lösungen oder Emulsionen verwendet werden können. Heftige Regen waschen das Blatt nicht ab und behält es daher seine ver- giftende Wirkung. Da Schweinfurtergrün ein gefährliches Gift ist, so müssen die Arbeiten natürlich mit Vorsicht vorgenommen werden. Bei der Anwendung dieses Mittels genügt es nach Rovara in der Regel, wenn nur die Ränder der aufgegangenen Rübensaat mit der Lösung bestäubt werden. Die einwandernden und an der Seite nagenden Käfer verenden und lassen den übrigen Theil des Schlages unberührt. Nur im ungünstigsten Falle, wenn die Käfer in der Flugzeit in ausser- ordentlich grossen Mengen auftreten und die ganze Saat bedrohen würden, wird es nothwendig werden, das ganze Feld zu bestäuben, aber selbst dann stellt sich das Mittel billiger und wirkt sicherer als das Einsammeln der Käfer. Die Kosten dürften sich per Hektar auf eirca fl. 460 stellen und kann diese Fläche durch einen Arbeiter in einem Tage bestäubt werden. Das „Rovarin“ wird in Paketen A 25 %q abgegeben und ist zur wirksamen Vergiftung der Pflanzen eine Ver- dünnung eines Paketes mit 200 ! Wasser zulässig. Nur beim Bespritzen sehr zarter, junger Rüben, sowie zum Besprengen der als Fangpflanze 10* gebauten Rübe, überhaupt an jenen Stellen, welche voraussichtlich den Anprall der einwandernden Käfer in erster Linie auszuhalten haben, wird es gerathen sein, ein Paket mit nur 100/ Wasser zu ver- dünnen, damit die Käfer schon nach dem Genusse eines winzig kleinen Blatttheilchens verenden. Im Allgemeinen wird man mit einmaligem Bestäuben der Rüben sein Auslangen finden, so dass ein zweites Be- stäuben kaum nothwendig sein dürfte. Sollte man aber doch das Ver- tilgungsmittel noch ein zweites Mal anwenden wollen, so genügt die Anwendung des Giftes in doppelter Verdünnung. Rovara musste in einem Jahre bei seinem gesammten Rübenareale nur zwei Schläge mit zusammen 34 ha voll bestäuben; auf sämmtlichen übrigen Feldern ge- nügte das Vergiften der Fangrübe. Als Fangrüben verwendet Rovara die Ränder der zu bestellenden Rübenschläge. Dieselben werden im zeitigen Frühjahr in 18 cm engen Reihen in einem Ausmass von 0'2 bis 0'4 ha bestellt, diebt gesäet und stark mit Kunstdünger gedüngt. Die rasch aufgehende Rübe wird sofort mit 2'/,°/,iger Emulsion vergiftet und tödtet sämmtliche auf dem Felde herumirrende und die einzige Nahrung mit Vorliebe aufsuchende Käfer. Mittlerweile geht die regel- mässig gebaute Rübe auf und braucht in der Regel nur durch noch- maliges Bespritzen der Fangrübe gegen etwaige Invasion der Käfer geschützt zu werden. Das Einfangen der Rüsselkäfer wird erleichtert, wenn das Rübenfeld zu wiederholten Malen mit glatten Walzen niedergewalzt wird, u. zw. nicht nur nach dem Behacken, sondern selbst nach dem Verziehen der Rübe. Dieser selbst schadet das Walzen nicht im Geringsten und durch das Glätten des Feldes werden die Erdklümpchen zerdrückt und die Bodenrisse verstopft, so dass der Käfer weniger Gelegenheit findet, sich in seine Schlupfwinkel zu- rückzuziehen. In Diöszegh hat man auch die Fangrübe auf dem vor- jährigen Rübenfeld gebaut, das Gerste als Nachfrucht getragen hat. Beide Ränder, eventuell auch ein Mittelstreifen, werden nicht mit (Gerste, sondern mit in engen Reihen gesäeten Rüben bestellt, welche sofort nach dem Aufgehen vergiftet werden. Die aus dem Boden hervor- kriechenden Rüsselkäfer brauchen daher gar nicht auszuwandern. Zur geeigneten Zeit wird die Fangrübe ausgeackert und an ihrer Stelle eine andere Pflanze, Futtermais, Wicke oder dergleichen, gebaut. Der Vorschlag von Rovara hat, soviel bis jetzt bekannt ge- worden ist, Anklang in der Praxis gefunden und wurden in Ungarn grössere Versuche mit dem „Rovarin“ durchgeführt. Dieselben haben ein sehr günstiges Resultat ergeben und äusserten sich Landwirthe, sowie auch verschiedene andere Fachmänner in befriedigender Weise. Es dürfte also dieses Mittel zur Anwendung zu empfehlen sein, umso- mehr als Rovara gefunden hat, dass Hasen und Rebhühner durch die Rovarinbespritzung nicht zugrunde gehen. Dass das Rovarin ganz zufriedenstellend wirkt, haben uns auch kleinere Versuche dar- gethan. Beachtenswerth sind die Beobachtungen, die man in Äcs ge- macht hat und die gelehrt haben, dass die aus der Erde schlüpfenden und frisch an den vergifteten Rübenblättern fressenden Rüsselkäfer in der kürzesten Zeit vernichtet werden, während hingegen ältere Thiere, die bereits einige Zeit an nicht vergifteten Pflanzen gefressen haben, nicht so schnell eingehen. Zur Bekämpfung des Rüsselkäfers empfiehlt Morävek die An- wendung einer 2- bis 4°%/,igen Chlorbaryumlösung, je nach Alter und Entwicklung der Rübenpflanze. Die Lösung kann mit den Handver- stäubern (Peronosporaspritzen) oder fahrbaren mehrreihigen Verstäuber aufgespritzt werden und hat Morävek hiezu eine ganz praktische fahrbare Maschine construirt. Das Zerstäuben muss in der Weise gehandhabt werden, dass in der Minute 50 m zurückgelegt werden, denn wenn sich die Verstäuber zu langsam bewegen und der Strahl ein zu grober ist, so wird die junge Rübe von der 2°%,igen Chlor- baryumlösung beschädigt. Bei richtiger Schnelligkeit der Verstäuber und bei Erzeugung eines feinen Staubregens wird auch die ein bis zwei Tage alte Rübe durch die Chlorbaryumlösung nicht im Mindesten verletzt. Morävek verwendet, wie erwähnt, zwei Lösungen. und zwar die 2°/,ige Lösung für jüngere Pflanzen, die 4°/ige Lösung für ältere Pflanzen. Die Auflösung des Chlorbaryums erfolgt am besten im heissen Wasser, welches sodann mit kaltem Wasser bis zum ge- wünschten Volumen ergänzt wird. Weiches Wasser eignet sich besser als hartes, kohlensäurehältiges Wasser. . Das Bestäuben der Riübe geschieht nicht breitwürfig, sondern in Reihen, damit mit dem Chlor- baryum gespart, jede Rübe besprengt und die Arbeit vom Wind nicht behindert wird. Die Rüsselkäfer gehen ziemlich schnell zugrunde; oft schon eine Viertelstunde nach dem Genuss, während das Mittel für den Menschen, sowie für Thiere höherer Ordnung keinerlei Gefahr in sich birgt. Die vergifteten Käfer gehen nicht in die Erde, sondern verenden an der Oberfläche; eigenthümlich ist, dass die Käfer bei warmem, sonnigem Wetter in der kürzesten Zeit verenden, während bei kühlem Wetter der Todeskampf länger währt. Ist die Rübe schon im vierten Blatt, so empfiehlt sich die Anwendung einer 4°%,igen Chlor- baryumlösung, namentlich wenn sich wieder Käfer zeigen. Per Hektar genügen 340 ! Chlorbaryumlösung. Das Bestäuben ist so oft zu wieder- holen, als sich Rüsselkäfer zeigen, doch genügt im Allgemeinen ein-, zwei- oder dreimaliges Bestäuben. Das dritte Bestäuben geschieht kurz vor oder aber auch erst nach dem Vereinzeln der Rübe, wie es eben die speciellen Verhältnisse erheischen. — 150 Ueber die Anwendung des Chlorbaryums liegen wohl günstige Erfolge vor, doch haben aber andere Oekonomen wieder keinen Erfolg dabei erzielt, was nach Morävek darin seinen Grund hat, dass hier die Anwendung des Mittels eine fehlerhafte war. Da die Anwen- dung des Chlorbaryums nicht theuer kommt, so ist das Mittel zu empfehlen. In jüngster Zeit hat Gross ferner die Beobachtung gemacht, dass die Rüsselkäfer mit Gier auf Topinamburknollen gehen und waren die Knollenpartikelchen in einigen Minuten über und über mit Käfern bedeckt, so dass dieselben mit Leichtigkeit von den Kindern abgeklaubt werden konnten. Auf diese Weise konnte eine 10 ha grosse Ackerparcelle in drei Tagen bis auf einzelne Exemplare von den 'Käfern gereinigt werden. Dies wäre ohne Zweifel ein sehr beachtenswerthes und dabei billiges Bekämpfungsmittel, wenn es wirklich gelänge, damit die Käfer so schnell anzulocken. Die Versuche, welche ich mit Topinamburknollen ‚vorgenommen habe, haben aber kein günstiges Resultat ergeben. Frei- lieh versuchte ich dieses Mittel nur mit ausgehungerten Thieren — dieselben hatten bereits acht Tage gefastet — und nicht mit solchen, welche ihre Tafel gedeckt hatten, und ferner nicht auf freiem Felde, sondern in unseren Vegetationstöpfen und da mögen diese Umstände immerhin eine Rolle gespielt haben, denn sonst lässt sich, ent- gegen den Beobachtungen von Gross, nicht erklären, warum die Thiere die Topinamburstücke nicht beachtet haben. Auch von an- deren Seiten wurde mir übrigens die Wirkungslosigkeit dieses Mit- tels bestätigt. c) Der rauhe Lappenrüssler. (Ötiorhynchus raucus.) (Tafel XVIIL.) Der Körper ist dieht mit gelblichem oder bräunlichem Filz be- kleidet. Fühler und Beine sind gewöhnlich dunkelbraun. Die Untei- seite, der Kopf und der sich von der Mitte nach voın stark vorbeu- gende Halsschild sind sparsam beschuppt. Der kurze Rüssel ist run- zelig punktirt, mit einer kurzen und fein erhabenen Mittellinie. Die Fühlerfurche ist nach aussen von einer lappenartigen Erweiterung begrenzt. Der Hinterleib ist beinahe kugelig. Länge mit Einschluss des Rüssels 8 mm, Breite in der Mitte der Flügeldecken 3:75 mm und geringer. Der Käfer fängt sein Zerstörungswerk zeitig im April oder Mai an. Die Lebensweise der Larve ist noch wenig studirt. Bekämpfung. Wo der Käfer aufgetreten ist, wurde das Ein- sammeln mit wechselndem Erfolge versucht. Im Uebrigen wird die- selbe Bekämpfung auch von Erfolg sein, welche man gegen seinen nahen Verwandten vorgeschlagen hat. Es ist dies — 1511 — d) Der Liguster- oder Liebstöckel-Lappenrüssler. (Otiorhynchus ligustici.) (Tafel XIX.) Derselbe ist nach den Beobachtungen von Hollrung im Jahre 1894 in einigen Gegenden Deutschlands auf Zuckerrüben und auf Samenrüben in bedrohlicher Weise aufgetreten, während er früher in Deutschland nicht beachtet wurde. Ob derselbe auch schon in Oester- reich-Ungarn aufgetreten ist, darüber fehlen leider hinreichende Beob- achtungen. Hollrung schreibt das massenhafte Auftreten dieses Schädlings dem trockenen Jahre 1893 im Vereine mit dem folgenden milden und recht niederschlagsarmen Winter zu. Der Käfer besitzt einen harten, stark gewölbten, fast kugeligen Brustschild und einen ebenfalls hartschaligen, nach hinten stielförmig verjüngten Leib. Die denselben überdachenden Flügeldecken sind erd- bis kupferfärbig und fein gekörnelt. Der Brustschild besitzt eine etwas kräftigere Körnelung. Bauch und Beine haben glänzend schwarze, die Oberseite erdfahle, bei frisch ausgeschlüpften Käfern etwas schillernde, in das Grauviolette spielende Färbung. Die Fübler nehmen ihren Anfang am vordersten Ende des kurzen und dicken, auf seiner Ober- fläche mit einem schwachen Kiel, an der Seite mit je einer direct auf die Augen zulaufenden Fühlerfurche versehenen Rüssels. Der Käfer misst bei ausgestreckten Beinen 1:7 bis 19 cm, der eigentliche Körper misst vom Rüsselanfang bis zur hinteren Spitze der Flügeldecken 10 bis 12cm. Der Käfer stellt sich beim Erwischen todt, wobei er seine sechs Beine, sowie die ziemlich langen Fühler kerzengerade und starr vom Leibe abzuhalten pflest. Von Wichtigkeit ist, dass er nicht zu fliegen vermag, und dass er das Licht scheut, ebenso unangenehm ist ihm Regen, rauhe und windige Luft. Der Käfer überwintert als solcher oder entwickelt sich erst im Frühjahr. Die aus den rundlichen, wachs- gelben, später schmutziggelben und etwa mohnkorngrossen Eiern nach vier bis sechs Wochen hervorgehenden fusslosen, sichelförmig ge- krümmten, weisslichen, mit röthlichbraun glänzendem Kopf versehenen, vielrunzeligen Larven bewegen sich nach der Wurzel hin, um daran zu nagen. Nach acht bis zehn Wochen und mehreren Häutungen puppt sich die Larve ein. Aus der Puppe entwickelt sich nach circa acht Wochen der Käfer, der wieder Eier legt, so dass Ende August bis Anfang September nochmals Larven zu finden sind, die entweder als solche oder als Puppen überwintern, oder sich zum Käfer entwickeln. Der Käfer ist hinsichtlich seiner Nahrung nicht wählerisch, nachdem er im Nothfalle alles Vegetabilische frisst, doch ist bemerkenswerth, dass er unter Umständen im Entbehren von fester und flüssiger Nahrung ganz Erstaunliches leisten kann. Besondere Lieblingspflanzen sind — 192 — ihm der Rothklee und namentlich die Luzerne und hat der Rüben- bauer derartige Felder stark zu controliren. Bekämpfung: Der Käfer sucht bei kaltem stürmischem Wetter, ebenso während der heissen Mittagszeit unter Erdschollen, Rasen- stücken u. s. w. seine Zuflucht, von wo er eventuell ausgenommen werden kann. Sehr bewährt hat sich nach Hollrung das Ziehen von etwa einen Fuss tiefen Fanggräben mit flacher Sohle, um die Ueber- siedlung auf das Zuckerrübenfeld abzuhalten und können hier die Käfer zu Tausenden gefangen werden. Ebenso bewährt hat sich auch das Auslegen flacher Dachziegel, alter Guanosäcke, Blechen, Kisten- deckeln u. A., unter welchen sich die Käfer gegen den Sonnenbrand und gegen die Nachtluft zu schützen suchen, wodurch das Einfangen und Vernichten erleichtert wird. Vortheilhaft ist es, vorher die zu bestellenden Ackerfelder, wohin man einen Sammelort zu errichten gedenkt, mit einer Schaufel oberflächlich zu ebnen, damit man sich später das Aufnehmen der Käfer erleichtert. Hollrung versuchte weiter die Anwendung von Chemikalien, doch ohne befriedigenden Erfolg. Eine 1%ige Antinonninlösung wirkte noch verhältnissmässig am besten, auch Fuselöl mit Wasser in der Verdünnung 1:3 hatte gewissen Erfolg, durch reinen Amylalkohol war wenig zu erreichen und ganz ohne Einwirkung erwies sich der Schwefelkohlenstoff. Es bleibt daher nichts Anderes übrig, als die Käfer zu fangen und ent- weder auf harter Unterlage zu zertreten, mit Petroleum zu über- sprengen und dann zu verbrennen oder in siedendes Wasser einzu- tauchen. Immerhin dürfte es sich aber empfehlen, dem Käfer, nament- lich wenn er sich auf dem Rübenfelde verbreitet, durch Vergiften der jungen Rübe mit Arsenik-Kupfer-Kalkbrühe, wie dem Aaskäfer (siehe pag. 139) an den Leib zu gehen. Zu bemerken ist übrigens, dass der Käfer eine Reihe natürlicher Feinde besitzt, die unter Umständen dem Landwirthe ganz schätzens- werthe Dienste leisten können und daher auf dem Rübenfelde zu schonen sind; wir nennen vor Allen die Saatkrähe, ferner die Lauf- käferarten Poecilus und Feronia, eine Stutzkäferart Hister sinuatus, sowie eine der zahlreichen Staphiliniden-Arten. Ferner kann nach Hollrung, besonders bei feuchter Witterung, ein die Käfer befallender Botrytis-ähnlicher Fadenpilz von grossem Nutzen werden. Zu der Familie der Rüsselkäfer gehört auch: e) Der Haarmaul-Bogenfurchenrüssler. (Tanymecus palliatus.) (Tafel XIX.) Der Käfer lebt gewöhnlich auf Nesseln und Disteln und ist in ganz Europa verbreitet. Vereinzelt ist er auch auf Rüben aufgetreten, doch ist über seine Schädigung noch sehr wenig bekannt geworden. — 1535 — Der Käfer ist länglich, schwarz, unten und an den Seiten mit weissgrauen, oben mit braungrauen haarförmigen und runden Schuppen bedeckt. Beim Männchen ist das erste und zweite Bauchringel gruben- artig vertieft. Die Länge ist 9 bis 10 mm. Bezüglich der Bekämpfung fehlen wohl Beobachtungen, doch dürfte dieselbe gegebenenfalls ähnlich wie bei dem Liguster-Lappen- rüssler sein. 9. Familie der Biattkäfer. (Chrysomelidae.) Von dieser Familie, welche über den ganzen Erdkreis zerstreut ist, sind bereits über 10.000 Arten bekannt. Charakteristisch ist die deutliche Entwicklung der Beine und die Lebensweise der Larven. Dieselben leben nämlich zum weitaus grössten Theil auf der Ober- fläche der Pflanzen, sind so dem Lichte ausgesetzt und von kräftiger Färbung. Viele haben die Eigenthümlichkeit, ihre Auswurfstoffe als Schutzdecken auf ihren Rücken aufzuthürmen, wie z. B. der Schild- käfer, oder dieselben zur Anfertigung von Gehäusen, die sie mit sich herumzutragen pflegen, zu verwenden, wie die Sägekäfer. Von den vielen Arten sind auch einige als Rübenschädlinge aufgetreten, welche hervorgehoben werden sollen. a) Der rauhe Blattkäfer. (Adimonia tanaceti.) (Tafel XIX.) Der 9 bis 13mm lange und in der Mitte der Flügeldecken 5 mm breite Käfer ist glänzend schwarz, selten mit braunen Flügeldecken, an der Oberseite grob und tief punktirt. Der Halsschild hat einen unregelmässigen und aufgebogenen Seitenrand, ist noch einmal so breit als lang und von der Mitte gegen die Spitze hin verschmälert. Die sechsfüssige Larve ist am Rücken schwarz, am Bauch schmutzig- grün und auf dem Rücken befinden sich zwei Reihen glänzend schwarzer und nicht gleich grosser Warzen; der Bauch ist ebenfalls mit Wärzchen besetzt. Der Kopf ist von glänzend schwarzer Färbung. Die Käfer und die Larven fressen im Mai und im ‚Juni an den Rübenblättern. Von einem massenhaften Auftreten wurde bis jetzt noch nichts be- obachtet. Besonders ist der Käfer bis jetzt auf der gemeinen Schaf- garbe (Achillea millefolium), an der gemeinen Flockenblume (Centaura Jacea) und am Ackerhornkraut (Cerasticum arvense) aufgetreten. Bekämpfung. Das Ziehen von Fanggräben, die das von dem Schädling befallene Feld umgeben, hat sich bewährt, doch dürften bei einem grösseren Auftreten des Käfers auch diejenigen Bekämpfungs- mittel gute Dienste thun, die man zur Bekämpfung des Aaskäfers (siehe pag. 139) in Vorschlag gebracht hat. — 14 — b) Der gelbstreifige Erdfloh. (Haltica nemorum.) (Tafel XIX.) Derselbe gehört, wie seine folgenden Verwandten, zu der Gattung der Flohkäfer, die sich durch sehr dieke Hinterschenkel auszeichnen, infolge dessen sie zu grossen, Nlohähnlichen Sprüngen befähigt sind. Der Käfer ist etwa 3 mm lang, ungefähr l mm breit, schwarz, mit grünlichem Schimmer; ein gerader gelber Längsstreifen, der überall gleich breit über jede Flügeldecke verläuft und vor deren Ende in einer hakigen Krümmung aufhört, macht ihn leicht erkenntlich. Die Wurzel der perlschnurartigen Fühler, sowie die Beine von den Schienen an sind gelblich-braun. Zwischen den Fühlerwurzeln findet sich eine herzförmige Erhebung. Der Halsschild ist ohne Quergrube oder einen anderen Eindruck. Die sechsfüssige Larve ist 3mm lang, gelblich- weiss und der letzte Leibesring trägt einen hornigen Rückenschild von brauner Farbe. Der Käfer überwintert in allen möglichen Schlupf- winkeln und kommt zeitlich im Frühjahre zum Vorschein. Das be- fruchtete Weibchen legt seine kleinen länglichrunden, leicht zu über- sehenden Eierchen an die Unterseite der Blätter. Nach zehn bis zwölf Tagen schlüpfen die Larven aus und bohren sich sofort in das Blatt- gewebe ein, indem sie geschlängelte, hohle, fast durchsichtige Gänge anlegen, während der Käfer durchgehende Löcher frisst. Nach vier- zehn Tagen verpuppen sich die Larven in der Erde und nach weiteren vierzehn Tagen erscheint der Käfer, so dass die ganze Entwicklung vom Ei bis zum fertigen fliegenden Erdfloh in sechs bis sieben Wochen verläuft. Bei günstigem warmem und trockenem Wetter können von Mai bis September drei Generationen entstehen. Die letzte Generation begattet sich nicht, sondern geht in das Winterquartier, nachdem ihr die kühle Witterung nicht zusagt. Die Käfer befallen verschiedene Cruciferen und namentlich die Keimpflanzen der Rüben. Wenn kein Regen kommt, der den Käfer in die Erde treibt und die Pflanzen zur schnelleren Entwicklung bringt, dann können ganze Felder verloren sein. Die befallenen Blätter erscheinen ganz weiss, da sie ihres Chlorophylis beraubt sind. c) Der Kohlerdfloh. (Haltica oleracea.) (Tafel XIX.) Der Käfer ist 4 bis 5mm lang, von länglich-eiförmiger Gestalt, glänzend blaugrün, nur die Fussglieder und die Fühler sind schwärzlich. Die Oberseite ist fein und dicht punktirt. Der Halsschild ist schmäler als die Flügeldecken und hat vor seiner Basis eine vertiefte Quer- linie. Die sechsfüssige Larve ist schwarzbraun und mit vielen, ziemlich dicken Haaren bekleidet. Der glänzend schwarze Kopf hat kegel- er or a2. 1% förmige Fühler und je ein einfaches Auge dahinter. Auf dem Rücken ziehen sich zwei Reihen erhabener Warzen, jede mit einem Borsten- haar besetzt, dahin. Länge der Larve 6 mm, Querdurchmesser 1:75 mm. Die Schäden des Käfers sind dieselben wie bei dem gelbstreifigen Erdiloh; er frisst im Frühjahr in erster Linie die verschiedenen Cruci- feren, dann befällt er die aufgehenden Rübenpflanzen, die er bei heissem Wetter in wenigen Tagen vernichten kann. Seine Lebens- weise ist ähnlich wie die des gelbstreifigen Erdflohes. d) Der Rapserdfloh. (Psylliodes [Haltica] chrysocephala.) (Tafel XIX.) Der Körper ist elliptisch gewölbt und von schwarzblauer Farbe. Die Flügeldecken sind deutlich punktstreifig, der Halsschild ist sehr fein punktirt. Der Kopf oder dessen Vorderhälfte, Fühlerwurzel und Beine sind röthlich gelbbraun. Der Käfer verlässt bei Nahrungsmangel seine Lieblingspflanze und tritt dann schädigend auf den Rüben- feldern auf. Der Vollständigkeit halber führen wir noch einen Verwandten dieser Classe an, der bis jetzt nur in Frankreich beobachtet wurde, wo er die Rübenfelder im hohen Grade verwüstete. Es ist dies e) Plectroscelis tibialis III. Die Käfer sind sehr klein, denn sie besitzen nur eine Länge von /, bis 2mm. Beim Nahen des Menschen schnellen sie sich mit grosser Kraft von den Blättern weg. Die Lebensweise ist genau dieselbe wie die der Erdflöhe. Auf manchen Feldern des Departements Gard wurde im Jahre 1893 sogar die zweite Aussaat vollständig vernichtet. Als Bekämpfungsmittel brachte man das Einsammeln der Käfer und Larven am Morgen und am Abend, sowie eigene Fangapparate in Anwendung. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Erdflöhe zu den gefährlichen Rübenfeinden gehören, und dass daher eine energische Bekämpfung nothwendig ist. Bekämpfung. Bis jetzt wurde schon eine grosse Anzahl von Bekämpfungsmitteln vorgeschlagen, von welchen die meisten wohl gut gemeint sind, aber nicht helfen, zumindestens nicht dann, wenn die Käfer in grossen Mengen auftreten. Das sicherste Mittel gegen die Erdflöhe ist eine dichte Saat, eine zweckmässige Düngung, verbunden mit einer guten Bodenbearbeitung, welche die jungen Pflanzen rasch entwickeln lässt, und die Beseitigung der Unkräuter aus der Familie der Cruciferen, welche auf die Erdflöhe eine besondere Anziehungs- 156 — kraft ausüben. Es dürfte dabei eine Dosis Chilisalpeter als Kopf- düngung, ein zeitiges Hacken am Felde, auch das Walzen der jungen Rübensaat, ein Ausstreuen von rohem Peruguano im Thau des Abends oder zeitlich Früh von Vortheil sein. Eisbein walzt die Rüben vor dem Verziehen stets ein- bis zweimal, um die bei Schlagregen und späterem grellem Sonnenschein auf Lehmböden leicht entstehende Kruste zu brechen. Die Rüben sind gegen das Walzen stets dankbar gewesen und das darauf folgende Hacken hat die Erdflöhe tüchtig gestört. Die Fangmaschine von Schwabe bat sich nach Hollrung als unpraktisch erwiesen, doch liegen auch wieder über die Arbeiten der Fangmaschinen, die im Prineip aus einem mit T'heer bestrichenen Brett bestehen, welches quer über das Feld gezogen wird, wobei die aufhüpfenden Erdflöhe kleben bleiben, günstige Urtheile vor. Das vielfach angepriesene Vertilgungsmittel „Pyllodin“, dessen Preis per Centner Mk. 62 beträgt, hat sich nicht bewährt, dagegen verspricht Antinonnin nach den Versuchen von Hollrung (siehe pag. 152) ein wahres Universalmittel zur Vertilgung der den Culturpflanzen schäd- lichen Insecten, daher auch der Erdflöhe, zu werden, denn selbst bei einer Verdünnung von 1:1000 gehen die Raupen zugrunde, bei einem Zusatz von Seife wirkt sogar eine Lösung von 1:1500. Für kleinere Rübenflächen werden noch verschiedene chemische Mittel empfohlen, die wir nachstehend anführen wollen. Werner empfiehlt ein Gemisch von 1 hl frischem Gaskalk, 1 Al gebranntem Kalk, 3 kg Schwefel und 3%g Russ, früh Morgens im Thau gestreut. Auch das Besprengen mit Wermuthwasser hat gute Dienste geleistet; auf 707 heisses Wasser nimmt man eine Hand voll von Wermuth und lässt das Ganze zwölf Stunden lang ziehen. Auch Abkochungen von Samen und Stengeln des Rittersporns haben sich im kleineren Um- fange bewährt. Thiele hat gegen die Erdflohplage Kalkstaub, Tabak- staub, Russ, Naphthalinkalk, Schwefelwasserstoffkalk, Schwefelkohlen- stofflösung, Zwiebelabkochung versucht und Glasplatten mit Baum- wachs und Vogelleim bestrichen. Bis auf den Tabakstaub blieben aber alle Mittel ohne Erfolg und auch Tabakextractionen mit Alkohol, heissem und kaltem Wasser wirkten nur bei Laboratoriumsversuchen und fielen im Grossen negativ aus. Versuche mit Zwiebelsaft sind nicht nur negativ ausgefallen, sondern es blieben auch die damit bespritzten Pilanzen auffällig in ihrer Entwicklung zurück. Als einziges Mittel gegen Erdflöhe wäre nach Thiele wohl nur ein längeres, vielleicht drei Jahre langes Aussetzen der Kohlpflanzen von Werth, ebenso ein Vertilgen aller der von Erdflöhen besetzten Unkräuter. Das Aufstreuen eines Gemisches von Petroleum mit Stubensand auf von Erdflöhen befallenen Pflanzen ist von keinem durchgreifenden — 117 — Erfolg begleitet und überdies auf grösseren Flächen gar nicht praktisch durchführbar. Nessler empfiehlt eine Mischung von 2 kg Kupfer- vitriol in 1 Al Wasser; diese Mischung wird so lange mit Kalkmilch versetzt, bis ein in die Mischung gehaltenes Curcumapapier braun wird. Die Mischung von Millardet besteht aus 8 kg Kupfervitriol in 100 2! Wasser gelöst, gemischt mit einer aus 13 kg gebranntem Kalk und 30 2 Wasser hergestellten Kalkmilch., Das sogenannte „Azurin“ ist eine starke Lösung von Kupfervitriol in Wasser und Salmiakgeist, wovon man 1 Z mit 1001 Wasser verdünnt. Es ist selbstverständlich, dass alle diese Besprengungsmittel nur mit Erfolg auf kleineren Flächen zur Anwendung gebracht werden können, ebenso wie das Bestreuen des Rübenfeldes im Thau nicht mit Kalkpulver allein, sondern in einem Verhältnisse wie 10:1 mit Schwefel- blüthe gemischt. Sache des Landwirthes ist es, nach seinen Verhält- nissen die ihm passend erscheinenden Bekämpfungsmittel auszuwählen. Bei grossen Flächen hat man einzig und allein dafür Sorge zu tragen, dass die Rüben rasch heranwachsen, denn dann sind sie so weit erstarkt, dass ihnen die Erdflöhe mit ihren Fresswerkzeugen nichts mehr an- haben können. Der obige Vorschlag von Thiele dürfte sich daher kaum als nothwendig erweisen. Zum Schlusse wollen wir noch besonders hervorheben, dass uns die Natur in den Feldspinnen einen schätzenswerthen Bundes- genossen gegeben hat. Die Feldspinnen vertilgen nämlich bei warmem trockenem Wetter eine Unmasse von Erdflöhen, so dass sie ganze Felder reinigen können. Diese nützlichen Thiere müssen daher kräftigst geschont werden. /) Der nebelige Schildkäfer. (Cassida nebulosa.) (Tafel XIX.) Der nebelige Schildkäfer, wie sein Verwandter, der kleinere Cassida oblonga, der vereinzelt beobachtet wird, gehört gleich- falls zu den Blattkäfern und ist schon Jahrzehnte bekannt. Er hat einen gestreckten ovalen Körper und durch die Erweiterung seines Halsschildes und seiner Flügeldecken erhält er ein schildähnliches Aussehen. Seine Farbe ist rothbraun, röthlich kupferglänzend und schwarzfleckig auf den Flügeldecken; junge Käfer haben bleichgrüne Stellen am Halsschild. Kopf und Beine sind unter dem Schild ver- deckt und nur die elfgliedrigen Fühler ragen zwischen den Augen hervor. Beim Ruhen liegt der Käfer fest auf seiner Unterlage. Die Beine sind rothgelb, Brust und Bauch schwarz und mit einem roth- gelben Saum umgeben. Länge des Käfers 5 bis 9 mm, Breite 3 bis 5 mm. Der Körper der Larve ist sehr flach, wanzenartig, aber mehr — 155 — länglich geformt, lichtgrün, mit zwei hellen Längsstreifen; die Schwanzborsten sind meistens über den Rücken gebogen und auf ihnen liegen die Exceremente, womit sich die Larven gegen die Ein- flüsse der Witterung schützen. Die Länge der Larven beträgt 8:5 mm, die Breite 4 mm. Die Larven kleben sich an . den Blättern fest und verpuppen sich. Die Puppe ist seltsam gestaltet und haftet hinten noch mit dem Reste der Larvenhaut an dem Blatte. Sie ähnelt in manchen Theilen schon dem vollendeten Insect. An den Hinterleibs- ringen befinden sich ebenso wie bei der Larve seitliche Hautzipfel von lanzettartiger Gestalt, die mit Dornen besetzt sind. Die anfangs gelbgrüne Puppe wird nach und nach dunkler bis dunkelgrün. Die überwinterten Käfer kommen im Frühjahr ziemlich spät aus ihrem Versteck hervor, begatten sich und bald legt das Weibchen eine grössere Anzahl von Eiern auf die Rückseite der Blätter, und zwar stets mehrere bei einander. Nach kurzer Zeit schlüpfen die jungen trägen Larven aus, gruppiren sich zu Dreien und Vieren und beginnen ihr Zerstörungswerk, indem sie die Blätter vollständig skelettiren. Sie häuten sich mehreremal, wachsen schnell und ver- puppen sich an derselben Stelle, wo sie zuletzt frassen. Nach acht bis zehn Tagen kommt der Käfer zum Vorschein, der längere Zeit blass- grünlichgrau bleibt, mit lichten Flecken und erst später seine dunklere Färbung annimmt. Meist kommen zwei Generationen in einem Sommer vor und bei reichlicher Nahrung findet man oft dicht bei einander gleichzeitig Larven, Puppen und Käfer. Der Schildkäfer ist viel schädlicher als der Erdfloh, denn sowohl der Käfer als auch die Larven fressen das Blattgewebe so vollständig aus, dass nur die Blattrippen übrig bleiben. Unter Umständen können sich die Rüben wieder erholen, doch bleibt ihr Zuckergehalt stark zurück. Die eigent- liche Nahrung des Käfers ist die Melde, und wenn diese nicht mehr vorhanden ist, so gehen die Larven und Käfer auf die Zucker- rübe über. Bekämpfung. Wenn man Schildkäfer auf dem Felde bemerkt, so mache man sich die radiecale Entfernung der Melde zum Grundsatz. Hollrung hat beobachtet, dass die Melde zwischen den Zuckerrüben ungemein zahlreich mit den Larven des Schildkäfers besetzt war. Da dieselben ziemlich fest auf den Blättern der Melde haften, konnte durch schleunigstes Ziehen und Wegtragen an eine ungefährdete Stelle dem Auftreten des Käfers auf den Rüben wirksam vorgebeugt werden. Neben fleissigem Behacken ist daher nothwendig, dass auch Wegränder und Composthaufen von der Melde frei gehalten werden. Felder, welche mit dem Schildkäfer behaftet gewesen sind, müssen zur vollen Tiefe vor dem Winter umgeackert werden. Wenn die Blätter der Rübe —:159 — bereits sehr stark beschädigt sind und die Käfer, aus einer Nachbar- breite kommend, zunächst das Vorgewände in Angriff nehmen, empfiehlt es sich nach Hollrung, das befallene Vorgewände zu opfern, schleu- nigst mit schweren Walzen die Blattreste niederzuwalzen, die Käfer dadurch an den Boden festzudrücken und durch unmittelbar hinter der Walze statfindendes tiefes Einpflügen die Käfer in den Unter- grund zu bringen. Man egge, krümere, walze hinterher und bestelle darauf Wickfutter oder Aehnliches. Die übrigen Rüben des Planes werden erfahrungsgemäss auf diese Weise gerettet. Von anderen Be- kämpfungsmitteln wäre noch zu erwähnen, dass die Käfer speciell ein Bespritzen mit Wermuthabguss nicht vertragen, auch Bespritzen mit Arsenik hat man schon mit Erfolg angewendet; möglicherweise bringt auch ein Bespritzen mit Kupfervitriol, Kalkbrühe oder Amyl- carbollösung Erfolg. Hollrung empfiehlt als geeignetes Bekämpfungs- mittel die Anwendung einer Brühe von Schweinfurtergrün, wie bei der Bekämpfung des Aaskäfers hervorgehoben wurde (siehe pag. 139). Zur Herstellung derselben für vorliegenden Zweck werden 1 Al Wasser mit 1 bis 2 ! Melasse, Leim oder Kleister aus verdorbenem Mehl versetzt, gut gemischt und dann mit 50 9 Schweinfurtergrün vermengt. Gutes Rühren ist Hauptsache, damit sich das Gift als schwerer Körper nicht zu Boden setzt. Auch Petroleumseife wird neben der Schweinfurtergrünbrühe von Hollrung empfohlen. Rovara hat auch mit günstigem Erfolg „Rovarın“ verwendet. welches Mittel er zur Vernichtung der Rüsselkäfer empfiehlt (siehe pag. 147). Wenn ältere Blätter durchbohrt und vom Rande an angefressen werden, so ist ein Einsammeln der Käfer, Larven und Puppen angezeigt. Doering hat mit bestem Erfolg den Düngergyps gegen die Larven angewendet. Der Düngergyps (1 bis 29 per Morgen) muss im Thau oder nach Regen gestreut werden, damit er auf den Blättern haften bleibt. Es scheint, dass die Larven des Schildkäfers den feinen Staub des Gypses nicht vertragen können; sie fallen vom Rübenblatt herunter und kommen bei ihrer Trägheit auf dem Erdboden, besonders wenn bald ein Regen folgt, um. Auch an die Mitwirkung der Hühner und Enten wäre zu denken, nachdem dieselben eine Unmasse von Käfern und Larven verzehren. II. Hautflügler. Hymenoptera. Allgemeine Charakteristik. Die Hautflügler sind Insecten mit vollkommener Verwandlung und vier häutigen Flügeln, deren Vorderbrust wenigstens oberseits mit der Mittelbrust verwachsen ist und deren Mundwerkzeuge zum Beissen und Lecken eingerichtet sind. Sie sind meist schlank gebaut und besitzen zwei grosse Facettenaugen — 160 — und gewöhnlich drei Punktaugen auf der Stirne. Das vordere Paar der häutigen, durchsichtigen Flügel ist grösser als das hintere; beim Fliegen wirken je Vorder- und Hinterflügel als ein Ganzes, indem der Hinterflügel mittels Häkchen am Hinterrande des Vorderflügels ein- greift. Die Hautflügler sind besonders ausgezeichnet durch drei unter ihnen weitverbreitete Eigenthümlichkeiten: Schmarotzerleben, Ver- einigung in Thierstaaten und Brutpflege. Zu dieser Ordnung gehören die Bienen, Wespen, Ameisen etc. Von den Hautflüglern ist als Rüben- schädling aufgetreten die zu der Familie der Blattwespen ge- hörende Rüben-Blattwespe. (Athalia spinarum.) (Tafel XX.) Die Wespe ist 7 mm lang, Fühler zehn- bis elfgliedrig; die Grund- farbe ist schwarz, Unterseite der Brust, Vorderrand von deren Ober- seite, Schildchen, Hinterleib und Beine sind dottergelb. Die Blatt- wespe darf nicht verwechselt werden mit der ihr sehr ähnlichen Rosen-Blattwespe (Athalia rosae), die sich von ihr durch ihre ge- ringere Grösse und den ganz schwarzen Rücken des Brustkastens unterscheidet. Die Larve hat 22 Beine, ist graugrün mit drei dunklen Längsstreifen auf dem Rücken; sie häutet sich fünf- bis sechsmal und erreicht eine Länge von 15 mm. Eigenthümlich ist, dass sich die Blatt- wespen-Larven durch die verschiedenen Häutungen in ihrem Aussehen, was Zeichnung und selbst Gestalt anbelangt, oft wresentlich ändern, so dass man ein und dasselbe Thier in verschiedenen Altersstufen leicht für ein ganz anderes halten könnte. Die Puppe ist schmutzig- weiss und lässt schon das vollkommene Insect errathen, welches nach kaum vierzehn Tagen zum Vorschein kommt. Die Schäden dieses Insectes liegen in den Verwüstungen, welche die gefrässigen Larven an den Rübenblättern anrichten. Die Larven fressen längliche Löcher in die Ober- und Unterseite der Blätter, und wenn ihr Auftreten ein stärkeres wird, so können sie die Blätter bis auf die Nerven zer- stören. Der Schaden tritt je nach der Entwicklung dieser Art im Mai oder im August auf. Je zarter und kleiner die Blätter sind, desto gefährlicher werden natürlich die Beschädigungen sein. Bekämpfung. Da die Larven sehr gross sind, so ist ein Ein- sammeln derselben zu empfehlen. Ein Bodenumbruch im Herbst bringt viele dieser Larven an die Oberfläche, welche entweder von den Vögeln gefressen werden (namentlich.die Haushühner sind fleissige Vertilger) oder, wenn es schon kalt ist, erfrieren. Vielleicht hilft auch ein Besprengen mit Flüssigkeiten, welche ich später bei den Blattläusen anführe. Ein Bestreuen des Feldes mit Russ soll das- selbe von den Larven befreien. — 161 — III. Schmetterlinge. Lepidoptera. Allgemeine Charakteristik. Die Schmetterlinge sind Insecten mit vollkommener Verwandlung, mit saugenden Mundwerkzeugen und zwei Flügelpaaren. Die Oberkiefer sind bei den Larven wohl ent- wickelt, die Unterkiefer, wegen ihrer spiralförmigen Aufrollung ge- wöhnlich als Rollzunge bezeichnet, bilden für sich einen Saugapparat und sind demgemäss in ihrer Innenseite halbröhrenförmig ausgehöhlt. Die vier Flügel sind gross, namentlich breit und von starken Adern durchzogen. Sie sind auf beiden Seiten mit eigenthümlich gestalteten, meist lebhaft gefärbten Schuppen bedeckt, welche mit einer feinen Spitze in der Haut sitzen, sich schindelartig decken und leicht ab- gewischt werden können; am Hinterrande der Flügel gehen sie oft in Borsten über. Der Rumpf ist allgemein stark behaart. Bei vielen Arten sind Männchen und Weibchen von einander verschieden an Grösse, Färbung, Zeichnung u. s. w. Die Eier sind hartschalig; die Larven, Raupen genannt, haben beissende Mundwerkzeuge, drei Paar Brustfüsse und meist fünf Paar, manche aber nur zwei Paar Hinter- leibfüsse; sie sind meist freilebend, bunt gefärbt, viele mit Borsten- büscheln besetzt. Die Nahrung bilden fast ausnahmslos Pflanzenstoffe. Die Puppen sind bedeckt, d. h. die Gliedmassen stehen nicht äusserlich hervor; viele sind von einem Cocon umgeben, bewegungslos, mindestens ohne Ortsbewegung und ohne Nahrungsaufnahme. Die Schmetterlinge an sich sind unschädlich, sogar nützlich durch die Befruchtung zahlreicher Blüthen; ihre Ernährung (nur vom Blüthenhonig) ist eine ungenügende und deshalb die Lebensdauer nur eine kurze. Desto schädlicher sind aber die Raupen, nachdem dieselben auf pflanzliche Nahrung angewiesen sind und oft in grosser Menge auftreten. Auch die Zuckerrübe wird von den Raupen verschiedener Schmetterlinge des öftern in verheerender Weise heimgesucht, so dass energische Bekäm- pfungsmittel nothwendig werden. Von einer näheren Beschreibung des grossen Kohlweisslings (Pieris brassicae), des kleinen Kohl- weisslings (Pieris rapae) und des Rüb ensaatweisslings (Pieris napi) sehen wir ab, nachdem diese gemeinen Schmetterlinge und ihre Raupen allgemein bekannt sind. Ausserdem sind sie auch nur vereinzelt hie und da als Zuckerrübenschädlinge aufgetreten. Dagegen sind aber die Raupen der folgenden Schmetterlinge schon wiederholt als Rüben- schädlinge aufgetreten und verdienen daher eine nähere Behandlung. 1. Die Gemüseeule. (Noctua [Mamestra] oleracea.) (Tafel XX.) Die Gemüseeule ist ein düster gefärbter Nachtschmetterling mit breitem, nach hinten etwas zugespitztem Leib und einer Länge von 11 — 12 — 17 bis 18 mm; die ausgespannten Flügeln messen 36 mm. Die Vorder- Hügel haben eine dunkel-rostbraune Farbe und sind am Saumfeld weiss bestäubt; sie zeigen einen weiss umzogenen runden Mittelfleck und einen orangegelben nierenförmigen. Die weisse Wellenlinie bildet ein scharf ausgeprägtes W, dessen Enden bis zu der Wurzelhälfte der Fransen laufen; letztere sind stark gewellt. Die Hinterflügel sind ockergelb oder röthlichweiss, am Saum dunkler. Der Kopf und der mit einem doppelten Schopf gezierte Thoraxrücken sind von der Farbe der Vorderflügel. Die Gemüseeule fliegt zweimal, nämlich im Mai und August, und legt ihre Eier in Häufchen von 20 bis 30 Stück an die verschiedenen Gewächse, namentlich an Kohl, Lattich, Spargel, Zucker- rüben ete. Die entschlüpfende sechzehnfüssige Larve ist anfangs von lebhaft grüner Farbe mit vielen weissen, nicht regelmässig gestellten Punkten, zwischen denen wenige schwarze regelmässig vertheilt sind. Unter den Luftlöchern verläuft seitlich eine helle Linie, der Kopf ist hornbraun. Im späteren Alter verwandelt sich die grüne Farbe in eine röthlichgelbe. Sobald sich die Raupe genügend entwickelt hat, begibt sie sich in die Erde und verwandelt sich in die rostbraune Puppe, die bei der ersten (reneration im August zum Schmetterling wird; die Puppen der zweiten Generation gehen Ende September in die Erde, wo sie bis zum Frühjahr verbleiben. Grössere Schäden sind durch die Raupe wohl noch nicht bekannt geworden, doch wurde sie schon an verschiedenen Orten in Oesterreich und Deutschland als Rübenschädling aufgefunden. Bekämpfung. Wenn die Raupe einzeln auftritt, ist sie durch sofortiges Ablesen zu vernichten. Im Uebrigen gelten dieselben Bekämpfungsmittel, die bei dem folgenden Schmetterling angege- ben sind. 2. Die Wintersaateule. (Agrotis segetum.) (Tafel XX.) Dieser Nachtschmetterling hat eine Körperlänge von 19 mm und eine Flügelspannung von 42 mm. Kopf und Rücken sind aschgrau, manchmal auch gelbbraun. Der Hinterleib ist gelblich und röthlich- aschgrau. Die Flügel liegen stets wagrecht auf dem Rücken. Die Vorderflügel sind gelbbraun, die Hinterflügel beim Männchen weiss, beim Weibchen sehen sie durch viel dunklere Bestäubung wie ange- räuchert aus. Die Fühler sind beim Männchen bis über die Mitte hinaus mit immer kürzer werdenden Kammzähnen besetzt, beim Weib- chen fadenförmig. Der Schmetterling fliegt von Mitte Mai bis Anfang October, jedoch fast nur zur Nachtzeit, und legt seine, dem Mohnsamen ähnlichen Eier an niedrige Gewächse, sowie auch an Pflanzenabfälle aller Art. Nach zwölf bis vierzehn Tagen schlüpfen aus den Eiern die Raupen aus, welche zu den gefährlichsten Rübenschädlingen zählen. Man nennt die Raupe vornehmlich Erdraupe, ferner auch graue, schwarze Raupe oder graue Made. Die sechzehnfüssige Raupe ist anfangs schwarzgrau mit grünlichem Schimmer und nimmt nach einigen Häutungen eine gelbgraue, erdfahle Färbung an. Auf dem Rücken, nahe den Seiten, laufen zwei gelbliche schmale Längsstreifen, welche auf jedem Abschnitt vier mattschwarze Punkte zeigen. Das Thier erreicht ausgewachsen eine Länge von 5cm und die Dicke eines kräftigen Gänsekieles. Die Raupe bleibt am Tage in der Erde, unter Steinen, abgefallenen Blättern oder dicht über der Erde fest an die Rübe angeschmiegt, wo sie zusammengerollt liegt. Abends und in der Nacht frisst sie dann die jungen zarten Blattstiele am Kopf der Rübe ab, die grösseren und älteren anfangs verschmähend. Jene sind nach zwei bis drei Nächten vollständig von der Oberfläche des Rübenkopfes abgeschält und werden schon nach einigen Stunden Sonnenschein so locker, dass sie der Wind fortträgt. Auf diese Weise ist es möglich, dass ein Rübenfeld, welches einen guten Bestand zeigt, nach wenigen Tagen vollständig deeimirt ist. Die Erdraupe setzt ihren Frass noch ziemlich lange fort, unter Umständen sogar etwa 1cm tief in der Erde, und überwintert nicht als Puppe, sondern als Raupe, häutet sich im nächsten Frühjahr zum letzten Male, frisst noch einige Zeit und verpuppt sich ungefähr dann, wenn der Rübsen zu blühen beginnt. Die Puppe ist 9 mm lang und 3 bis 3%, mm breit. Die Farbe des Körpers ist glänzend gelblichroth; infolge ihres stark aufgeworfenen dunkleren Randes treten die Luftlöcher und die Flügelscheiden deutlich hervor. Der Aftergriffel endet in zwei stumpfen, auseinandergehenden Dornenspitzen. Nach einiger Zeit kommt der Schmetterling hervor, um den geschilderten Lebenslauf aufs Neue zu beginnen. Die Erdraupe besitzt eine Reihe von Feinden, die ihr aufs eif- rigste nachstellen und die der Landwirth in jeder Beziehung zu schonen hat. Von den Säugethieren ist der vielverkannte Maulwurf ein erbitterter Feind und auch die zierlichen Spitzmäuse lassen sich den leckeren Braten nicht entgehen. Eifrige Jäger sind auch unsere Bundesgenossen aus dem Vogelreiche und namentlich die Krähen, Bachstelzen, Wiedehopfe, Enten und vor Allem die Staare. Man soll daher die Nistplätze letzterer Vögel in jeder Beziehung erhalten und schonen, denn diese klugen Thiere wissen sehr wohl die Erdraupen zu finden und holen sich den Schädling tief aus dem Herzen der Rübe heraus. Auch verschiedene Schlupfwespen stellen den Erdraupen nach und helfen manches Stück vernichten. Trotz ihrer Zahl sind aber un- sere Bundesgenossen aus dem Thierreiche zu wenige, um in radicaler lb — 164 — Weise helfen zu können, so dass der Landwirth selbst gezwungen ist, durch radicale Mittel diesem Rübenschädling an den Leib zu gehen. Bekämpfung: Nachdem die Erdraupen gewöhnlich in grosser Zahl auftreten, so ist bei ihrer verborgenen Lebensweise am Tag ein Ablesen ohne Erfolg und das Absuchen der Pflanzen bei Laternen- schein bietet bei ausgedehnten Rübenfeldern, wenn dazu noch die Schädlinge in grosser Zahl auftreten, auch nicht sicheren Erfolg. Allerdings wird von verschiedenen Forschern behauptet, dass das Einsammeln einen ausgezeichneten Erfolg gehabt hat, doch kann man sich auf dieses Mittel nicht allein verlassen. Will man jedoch trotz- dem dasselbe versuchen, so ist es empfehlenswerth, mit der Hack- maschine die Zwischenräume der Rübenreihen flach aufzureissen und die durch die Hackmaschine hervorgebrachten Erdraupen aufsam- meln zu lassen; Doering hat gesehen, dass nach dieser Methode drei Kinder täglich 3000 bis 4000 Erdraupen gesammelt haben. Das Vorhandensein der Erdraupe ist dann sehr leicht erkenntlich, wenn man abgefressene grosse Seitenblätter der Rübe vorfindet. Das beste Vertilgungsmittel ist das Auflesen der Raupen hinter dem Pflug vor Winter gleichzeitig mit den Engerlingen und ist dann die Furche möglichst tief auszuführen. Decaux will dieBeobachtung gemacht haben, dass mit Mineralölen getränkte Putzlappen, entsprechend in die Erde gelegt, die Erdraupen, die Nematoden und auch die Engerlinge abhalten. Nach Versuchen von Otto hat aber dieses Mittel nicht nur keinen Erfolg gehabt, sondern sogar, ausgenommen bei den Möhren, ungünstig auf die Entwicklung der Pflanzen gewirkt. In Ungarn hat man vor einigen Jahren die Beobachtung gemacht, dass sich unter den abgeschnittenen Zweigen des Maulbeerbaumes die Raupen in grosser Anzahl verbergen, so dass manche Tage 80 bis 1002 dieser Thiere gesammelt und ver- nichtet werden konnten. Da verschiedene günstige Mittheilungen hier- über vorliegen, so ist dieses Mittel in Gegenden, wo man Maulbeer- bäume in der Nähe hat, im Auge zu behalten. Decaux empfiehlt auch das Umpflügen der von den Erdraupen stark befallenen Rüben- breiten und Einsäen von Raps, Rübsen oder eines sonst kurzblüthigen (Gewächses. Durch den Saft der grün eingepflügten Masse sollen dann die Larven zugrunde gehen. Laboulbene stellte wässerige Auszüge von den Blättern, Samen und Stengeln des Ritterspornes her und benetzte damit reichlich die jungen Rübenpflanzen, die dadurch von den Erdraupen befreit wurden. Aehnliche Pflanzenalkaloide enthal- tende Pflanzen dürften Herbstzeitlose, Lichtnelke, Stechapfel, Toll- kirsche, Bilsenkraut, Eisenhut u. A. sein. Von chemischen Mitteln empfiehlt Papasogli eine Mischung von 900 Theilen Wasser mit 50 Theilen Nitrobenzol und 50 Theilen Schwefelsäure; die Mischung — 15 — ist in den Erdboden nahe an die befallenen Pflanzen zu bringen, Comstock empfiehlt wie gegen die Drahtwürmer (siehe pag. 135) auch gegen die Erdraupen die Anwendung vergifteter Klee- und Lu- zerneköder. Fletscher schlägt wieder angelegentlichst aus Mehl, Zuckerwasser und Schweinfurtergrün geformte Pillen gegen die Erd- raupen vor. Die mehrmals genannte Schweinfurtergrünbrühe empfiehlt Hollrung ebenfalls zur Bekämpfung der Erdraupe. Man hat auch eigene Fangmaschinen construirt, durch welche die Raupen gesammelt werden, um dann im Grossen vertilgt werden zu können. Damit sind die Mittel, welche man zur Vernichtung der Erdraupen empfohlen hat, noch keineswegs erschöpft, denn es tauchen immer neue Bekämpfungsmittel auf, welche einen befriedigenden Erfolg gebracht haben sollen. Eine weitere Aufzählung dürfte an dieser Stelle zu weit führen; je nach seinen Verhältnissen wird der Landwirth an den hier aufgezählten Vertilgungsmitteln genug Anhaltspunkte finden. Nochmals kann aber nur betont werden, dass die natürlichen Feinde aus dem Thierreiche den nachhaltigsten Schutz geniessen sollen. Um dem Auftreten der Erdraupen vom Grund aus zu steuern, ist es aber geboten, auch dem Schmetterling so viel als möglich an den Leib zu gehen, denn wenn man die Wintersaateule vernichtet, dann ist man der Sorge um die Nachkommenschaft los. Zu diesem Zwecke stellt man an windstillen, warmen Nächten eine Cementtonne auf, der man einen Boden ausgeschlagen hat. Das Innere der Tonne wird mit Melasse oder irgend einem anderen Klebestoff ausgekleidet und dann eine Laterne in die Tonne gestellt. Eventuell kann man eine Petroleumlampe nehmen, deren Cylinder unter das Spundloch der Tonne zu stehen kommt. Auf diese Weise fangen sich zahlreiche Schmetterlinge, nicht nur die Wintersaateule allein, sondern auch andere Nachtfalter von Schaden verursachenden Raupen. Die Stärke des Lichtes kann gesteigert werden, wenn der Boden hinter der Lampe mit weissem Glanzpapier belegt wird. Nach. den Versuchen von Frank hat sich besonders die Moll’sche Fanglaterne bewährt, welche bei fünf im Kreis stehenden Petroleumlampen mit Reflectoren 65 Mark kostet. Möglicherweise dürfte aber derselbe Erfolg auch mit Lampen einfacherer Construction zu erreichen sein. Zu beachten ist, dass die günstigste Fangzeit in einer finsteren Nacht liegt, nach gelindem Regen, bei Süd- oder Westwind. Bei Mondschein oder starkem Thau ist der Fang schwach oder gleich Null. Die Schmetterlinge beginnen bereits im Frühsommer zu fliegen, doch erscheint die Hauptmasse erst in der zweiten Hälfte des Juli oder gegen Ende des Monats und erhält sich bis gegen Ende August auf derselben Höhe. Es ist daher nicht nothwendig, die Laternen monatelang funcetioniren zu lassen. — 16 — Sehr schwer zu unterscheiden ist von der vorhergehenden Art die Kreuzwurzackereule (Agrotis exelamationis), deren Larven ebenso schädlich wirken. Des Ferneren kommen an der Zuckerrübe noch die Larven verschiedener Eulenarten vor, die ebenfalls als Schäd- linge sporadisch aufgetreten sind, und nennen wir nur: die weiss- randige Eule (Agrotis plecta), das Moderholz (Calocampa exoleta), die Achateule (Brotolomia meticulosa), die schwarze C-Eule (Agrotis C-nigrum), deren Raupe im Jahre 1896 in West- ungarn in bedeutenden Mengen aufgetreten ist, ferner die Hermelin- motte (Spilosoma lubricipeda) und die Kohleule (Mamestra brassicae). Die Beschädigung der Raupen dieser Schmetterlinge an den Rübeneulturen ist dieselbe wie die der Erdraupe und dem ent- sprechend werden auch die Bekämpfungsmittel einzurichten sein. Ebenso schädlich und ebenso häufig wie die Erdraupe ist auch die Raupe der 3. Ypsiloneule. (Plusia gammıa.) (Tafel XXL) Die Ypsiloneule ist ein weit verbreiteter Schmetterling. Die metallisch glänzenden Vorderflügel sind heller oder dunkler grau- rostbraun marmorirt, auf denselben findet sich eine dicke, silber- glänzende Zeichnung, einem liegenden griechischen 7 (Gamma) oder einem lateinischen y (Ypsilon) gleichend, und ist daran der Schmetter- ling leicht erkennbar. Die Länge des Schmetterlings ist 21 mm, seine Flügelspannung 42mm. Die Hinterflügel sind an der Wurzelhälfte hellbraun, am Rande dunkler, weisslich gefranst. Der Rücken des Bruststückes trägt einen Haarschopf; der ebenso wie die Wurzel der Hinterflügel gefärbte Hinterleib hat aufgerichtete, dunklere Haar- büschel. Der Schmetterling schwärmt vom Frühling bis zum Herbst, am häufigsten wohl im Juli, u. zw. am Tage und selbst bei hellstem Sonnenschein, was sonst die Eulen nicht thun. Das Weibchen legt die blassgrünen, gerippten, halbrunden, unten glatten, mit einem Knöpfchen versehenen Eier an die Unterseite verschiedener Blätter, Nach vierzehn Tagen kriechen die mit nur zwölf Beinen versehenen grünen Raupen aus, welche dadurch gezeichnet sind, dass am Rücken sechs feine, weissliche oder gelbliche Streifen laufen; die Luftlöcher sind schwärzlichgrün. Nach viermaligem Häuten und etwa drei- wöchentlichem Fressen ist die Raupe etwa 3 cm lang und spinnt sich an einem Blatt oder Stengel in ein durchsichtiges weisses Gewebe ein und wird schon nach zwei bis drei Tagen zur Puppe. Die Puppe ist von mattschwarzer Farbe und läuft in einen knopfartigen Griffel aus, der auf gemeinschaftlichem Stiele zwei starke, nach aufwärts gekrümmte — 167 — Borsten trägt. Je nach der Witterung schlüpft nach 10 bis 20 Tagen der Schmetterling aus, so dass die zweite Generation bei günstigem Wetter schon in sechs Wochen ihre Entwickelung vollenden kann. Möglicherweise kann sogar noch eine dritte Generation auftreten. Die Ueberwinterung erfolgt als Raupe und merkwürdigerweise in den ver- schiedensten Grössen, jedoch auch zuweilen nach den Beobachtungen Taschenberg’s als Schmetterling. Die Raupe der Ypsilon- oder Gamma-Eule ist schon viele Jahr- - zehnte als Schädling bekannt. Sie frisst am hellen Tage auf der Ober- fläche der Stengel und Blätter, u. zw. in derartigen Massen, dass von den Blättern in kurzer Zeit nur das Gerippe mehr übrig bleibt. Bei dem massenhaften Auftreten des Thieres und bei der raschen Ent- wicklung ist es dann leicht begreiflich, dass die Raupen noch gefähr- licher als die Erdraupe werden können. Sie treten nicht allein auf der Zuckerrübe auf, sondern verheeren auch andere Pflanzen. So haben sie seinerzeit in Frankreich ganze Gemüsegärten vernichtet und verschonten selbst Tabak und Wiesengras nicht. In Deutschland zerstörten sie den Flachs, Erbsen, Bohnen, den Kohl, ferner Kartoffeln, Rübsen, Hanf und sogar Disteln. In Italien fand man sie wieder auf Mais, Melonen und Maulbeerblättern. Sehr schlimm hausten sie auch in Galizien und in Russland. Im Jahre 1879 waren sie in der Gegend von Halle in unglaublichen Mengen zu finden. Die Raupen treten viel- fach nur sporadisch in so grosser Anzahl auf und sind das nächste Jahr nicht zu finden. Diese Erscheinung rührt vielleicht davon her, dass sie glücklicherweise nicht selten von einer Art Wassersucht be- fallen werden, dann massenhaft eingehen und daher im nächsten Jahre nur vereinzelt auftreten können. Bekämpfung. Als natürliche Feinde der Raupen haben wir neben den insectenfressenden Vögeln auch die Laufkäfer, ferner ein- zelne Kurzflügler und deren Larven und einige Raupenfliegen zu schonen. Diese Hilfe, so schätzenswerth sie auch ist, reicht jedoch zur Bekämpfung nicht aus, so dass sich der Landwirth selbst helfen muss. Dehoff hat einen einfachen, billigen Apparat construirt, welcher aus einem System von Holzrinnen besteht, in welche ein Besenapparat die Raupen von den Rüben hineinkehrt, wenn die Maschine durch ein Zugthier geführt wird. Die in den Holzrinnen gesammelten Larven werden auf einen Haufen geschüttet und durch Uebergiessen mit Carbolsäure getödtet, wonach ein sehr guter Dünger entsteht. Der Apparat hat sich sehr bewährt, nebenbei zeichnet er sich durch ein so geringes Gewicht aus, dass er durch zwei Männer leicht auf das Feld getragen werden kann. Zur weiteren Bekämpfung legt man circa 30 cm tiefe Fanggruben — 18 — mit steilen Wänden an, in welche fliessender Theer gegossen wird. Die Raupen können dann auf einem Theil des Ackerstückes zurück- gehalten werden und gehen beim Ueberschreiten in den Fanggruben zugrunde. Mit gutem Erfolg hat Doering gewöhnlichen Dünger- gyps (siehe pag. 159) angewendet. Die mit Raupen besetzten Rüben wurden mit etwa 2q Düngergyps per Morgen bestreut. In der Nacht fiel Regen, der die meisten Raupen von den Rüben todt in die Zwischenfurchen spülte, wo sie von den Staaren verzehrt wurden. Die Zuckerrübe, welche auf dem durch Fanggruben eingeschlossenen Theil mit den Gerippen der Blätter noch versehen war, trieb bald neue Blätter, die sich durch ein dunkelgrünes Chlorophyll auszeichneten, und war der Ernteertrag des beschädigten Theiles des Schlages gleich dem davon verschont gebliebenen. 4. Die Flöhkrauteule oder der Sägerand. (Mamestra Persicariae.) (Tafel XXI.) Die Eule ist ziemlich bekannt und tritt zuweilen als empfindlicher Rübenschädling auf; sie verwüstet auch Erbsen, Hanf, Tabak und Salat. Die Vorderflügel sind schwarz, mit weisslichen, nierenförmigen Flecken und schwärzlichem Kern. Die Querlinien setzen sich aus rost- gelben, tiefschwarz besäumten, mondförmigen Fleckehen zusammen. Die Hinterflügel sind graugelb mit schwärzlichem Saum und eben- solchen Adern. Kopf und Bruststück haben die Farbe der Vorder- tlügel, der auf dem Rücken dunkel beschopfte Hinterleib diejenige der Hinterflügel. Länge 19 mm, Flügelspannung 44 mm. Die sechzehnfüssige Raupe ist moosgrün, bisweilen braun; sie hat einen durch eine gelb- liche Linie beiderseits begrenzten Nackenfleck und auf dem vierten und fünften Ring einen mondförmigen Fleck. Ueber den Rücken läuft eine helle, dunkel eingefasste Linie. Der Kopf ist lichtbraun und zeigt einen dreieckigen Gesichtsfleck. Länge 39 mm, Breite 55 mm. Die schwarzbraune Puppe ist mit einem stumpfen Hinterleib versehen und hat hinten zwei geknopfte kurze Gabelspitzen. Der Schmetterling fliegt vom Mai bis Juni Nachts umher und das Weibchen legt die Eier an die verschiedensten Pflanzen, wie z. B. auch an Unkräuter, Flohkraut, Melde, Ampfer, gemeinen Knöterich u. s. w. Zur Verpuppung kriecht die Raupe in die Erde. Bekämpfung. Das Sammeln der Raupen ist zu empfehlen; die- selben sind durch ihren Frass und ihren reichlichen Koth leicht auf- zufinden. Da sie über Tag an der Pflanze und nicht am Boden sitzen, so dürfte die bei der Ypsiloneule erwähnte Dehoff’sche Maschine mit Erfolg anzuwenden sein. Im Uebrigen gelten dieselben Bekämpfungs- massregeln, die bei der Wintersaateule angegeben sind. ul © IV. Zweifiügler. Diptera. Allgemeine Charakteristik. Insecten mit vollkommener Ver- wandlung, zwei Flügeln und mit saugenden und stechenden Mund- theilen. Das an der Mittelbrust sitzende Flügelpaar ist entwickelt, an der Stelle des hinteren Flügelpaares finden sich meist die soge- nannten Schwingstäbchen, zwei gestielte, eiförmige, luftgefüllte Bläschen mit oft rasch schwingender Bewegung, deren Function noch unbekannt ist. Die drei Brustringe sind (ausgenommen bei den Flöhen) fest verschmolzen, der Hinterleib zeigt 5 bis 9 Ringe. Die Facetten- augen sind gross, die Fühler entweder klein, dreigliedrig oder lang, viergliedrig, schnurförmig. Die Füsse sind fünfgliedrig. Die Larven sind stets fusslos und haben entweder deutliche Mundwerkzeuge und heissen in diesem Falle Maden, oder sie sind mit kauenden Mund- theilen ausgestattet. Der Puppenzustand ist ein deutlicher. Zu dieser Ordnung gehören die Mücken, Fliegen und Lausfliegen. (Von manchen Forschern werden zu dieser Ordnung auch die Flöhe gezählt, während andere sie als alleinige Ordnung annehmen.) Viele dieser Thiere sind nützlich, nicht wenig andere treten aber schädlich als Zerstörer von Pflanzentheilen auf, so auch die Runkelfliege auf der Zuckerrübe, infolge dessen ihrer Erwähnung gethan werden muss. Die Runkelfliege. (Anthomyia conformis.) (Tafel XXL) Die Runkelfliege ist der gemeinen Stubenfliege ziemlich ähnlich. Das Männchen ist schlank, der Leib eylindrisch, gelbgrau, mit deut- licher Rückenlinie und Borsten. Die Flügel haben keinen Randdorn und eine fast gerade, steil gestellte Querader. Länge 5 bis 6 mm, Flügelspannung 9 bis 10 mm. Das Weibchen hat einen eirunden Leib, ist von bleigrauer Farbe mit nur angedeuteter Rückenlinie. Der Kopf ist meist silberweiss. Die Augen, durch eine breite, weiss gesäumte Strieme getrennt, zeigen bei dem lebenden Thiere eine ziegelrothe Farbe, die nach dem Tode dunkler erscheint. Die Fühler sind an der Wurzel, mit Ausnahme des letzten Gliedes, welches schwarz ist, orangegelb. Die Larve, eine Made, ist kopflos, schmutzigweiss, elf- gliedrig, walzig und nach vorne und hinten verdünnt. Die ausge- wachsenen Maden bohren sich 25 bis 30 cm in die Erde, verwandeln sich zu braunrothen Tonnenpuppen von 4 bis 5 mm Länge, denen nach zehn Tagen die Fliege entschlüpft. Die Fliege entschlüpft zeitlich im Frühjahr der in der Erde überwinterten Puppe, begattet sich bald und das Weibchen legt nach einiger Zeit 3 bis 10 blendend weisse Eier an die Unterseite des Blattes der Rübe oder einer anderen Nährpflanze. Schon nach einigen Tagen kriechen die Larven aus, bohren sich in das Blattgewebe ein und verzehren dasselbe so voll- ständig, dass nur Ober- und Unterseite des Blattes zurückbleiben, zwischen welchen durchscheinend die Maden und ihr dunkelgrüner Unrath sich erkennen lassen. Die Blätter verdorren alsbald und dadurch wird der Rübe aus leicht begreiflichen Gründen ein empfind- licher Schaden zugefügt. Am schädlichsten sind natürlich die Larven der ersten Generation, da sie die jungen Blätter am leichtesten zer- stören können; die spätere Generation schadet weniger, da die Rüben- blätter dann besser den Schaden wieder ersetzen können. Jedenfalls können aber die Maden, da wegen der raschen Entwicklung mehrere (Generationen im Jahre folgen, die Rübenblätter den ganzen Sommer über beschädigen. Nach Nordlinger soll eine glänzend schwarze, langförmige Schlupfwespe ihr Ei in den Körper der Larve legen und ihre weitere Entwicklung dadurch hindern. Bekämpfung. Ausreichende Bekämpfungsmittel hat man bis Jetzt noch nicht gefunden. Werner liess die Rüben stärker drillen und beim Verziehen die befallenen Pflanzen sorgsam herausnehmen und vernichten. Bei dem Erscheinen der zweiten Generation auf den älteren vereinzelten Rüben liess er die Reihen nachgehen und in den wenig angegriffenen Blättern die Larve zerdrücken, bei den stärker angegriffenen die Blätter abpflücken und vertilgen. Diese Vertilgung wird durch rechtzeitiges tüchtiges Hacken, welches die Puppen an die Oberfläche bringt, wo sie eine Beute der Vögel werden, unterstützt. Wittehead empfiehlt, die Rübe unter Anwendung eines geeigneten Zerstäubungsapparates mit einer aus Seife und Quassia bestehenden Brübe zu überbrausen. Decaux empfiehlt unmittelbar nach einem kleinen Regen ein Gemisch von gleichen Theilen Kohlenruss und Asche auf die Blätter zu streuen, auch die Mistjauche soll verwend- bar sein. Jedenfalls hilft aber am ehesten ein zeitiges, rasches und Hleissiges Abblatten der befallenen Blätter, in denen die Maden noch enthalten sind. In ähnlicher Weise schädlich wirken auch die Maden der Gemeinfliege (Musca stabulans), die sogar die Rüben äusserlich annagen und in das Fleisch eindringen, und von Aricia betae, welche im Rübenblatte gangbare Minen fressen. Nach den Beobach- tungen Hollrung’s scheint den Rüben auch in den Maden der Garten- haarmücke (Bibio hortulans [Tafel XXI]) ein neuer Schädiger zu erwachsen. Die schmutzig-gelbweissen Maden sind weit grösser als die der Runkelfliege und ungemein gefrässig. Eingehendere Mit- theilungen liegen noch nicht vor. — 171 — V. Geradflügler. Orthoptera. Allgemeine Charakteristik. Die Geradflügler sind Insecten mit freier Vorderbrust, beissenden Mundtheilen, unvollkommener Verwand- lung und mit vier Flügeln, von denen die Vorderflügel zu Flügeldecken erhärtet, die Hinterflügel meist breiter und fächerartig zusammenge- faltet sind. Der Hinterleib ist nie gestielt und zeigt eine grosse Anzahl von Gliedern (meist elf); sehr häufig endet er in zangen- oder fadenförmi- gen Anhängen. Da die Nahrung fast durchgängig pflanzlicher Natur ist, so sind auch Thiere dieser Ordnung als Rübenschädlinge aufgetreten. 1. Die gemeine Maulwurfsgrille oder Werre. (Gryllotalpa vulgaris.) (Tafel XXI.) Die Maulwurfsgrille, welche die verschiedensten Localnamen trägt, gehört zur Familie der Grabheuschrecken und ist eines der grössten Insecten Europas, nachdem sie 5 bis 6cm in der Länge misst. Das Thier hat einen sehr eigenthümlichen, plumpen Körperbau. Der Körper ist heller oder dunkler braun gefärbt und mit einem roth- braunen, glänzenden Filz überzogen. Aus dem breiten Vorderbrust- stücke ragt der schräg abschüssige Kopf hervor, an welchem die eylindrischen Fühler unmittelbar unter den ovalen grossen Augen sitzen. Die hornfarbigen, von kräftigen schwarzen Adern durchzogenen Flügeldecken liegen glatt auf dem Rücken auf und haben die Länge des Halsschildes. Die schräggestellten Vorderfüsse erinnern an die „Hände“ des Maulwurfes, sind vortrefflich zum Graben geeignet und gestatten mit Leichtigkeit, Gänge in den Boden zu machen, während die Hinterbeine kaum zum Springen benützt werden können. Die Schenkel der Vorderbeine sind schaufelförmig erweitert, die kurze und stark gekrümmte Schiene endigt in vier handförmig ausgebreiteten Zähnen, ebenso sind die beiden ersten Fussglieder mit flügelartigen Zähnen ausgezeichnet. Der Fuss ist am Aussenrande der Schiene eingepflanzt und kann zurückgeschlagen werden. Der Hinterleib ist plump walzig und aus acht Ringen bestehend, deren letzte zwei beim Weibchen stark verkürzt sind. Die Larven ähneln gleich nach dem Auskriechen der Mutter; sie sind von weisser Farbe, werden aber bald braun auf dem Rücken und schmutziggelb am Bauch. Die waldameisengrossen Larven haben keine Flügel; dieselben treten erst allmälig auf und werden nach jeder neuen Häutung immer grösser. Die Maulwurfsgrille ist ein ungemein lebhaftes und streitsüchtiges Thier und versteht in ausgezeichneter Weise zu laufen, zu graben und zu schwimmen. Ihre Specialität besteht aber doch im Graben. Nach der Begattung (Hälfte Juni bis Hälfte Juli) gräbt das Weibchen etwa 10 cm unter der Oberfläche des Bodens eine dem Hühnerei an — 12 — Grösse und Gestalt ziemlich ähnliche Höhlung, deren Wände es mit dem Speichel glättet und befestigt. Dadurch entsteht ein hartes Nest, das man bei bindigem Boden als eine ausgehöhlte und gerundete Erd- scholle herausnehmen kann. Von dem Neste führen mehrere Gänge ins Freie und sind dieselben äusserlich durch einen geringen Auswurf sichtbar. Ein solcher Bau wird an einer offenen, unbeschatteten Stelle angelegt und der Raum über demselben durch Auflockern der Erde und unterirdisches Abfressen der Pflanzenwurzeln dort, wo es nöthig ist, für den Einlass der Sonnenwärme befähigt. In das Nest werden 200 bis 300 Eier gelegt und bleibt das Weibchen in der Nähe der Eier, bis die Jungen ausgeschlüpft sind. Die Eier sind grünlichweiss, 2:75 mm lang und 1'75 mm stark und so fest, dass sie sich schwer zerdrücken lassen. Nach drei Wochen schlüpfen die Larven aus und nähren sieh von humoser Erde und feinen Wurzeln. Je nach der Witterung des Frühlings häuten sich die Larven anfangs Mai zum vierten Mal und zum fünften und letzten Mal gegen Ende Mai oder Anfang Juni, um dann als fertiges Insect ihre Zerstörung zu beginnen. Die Larven richten in zweierlei Hinsicht Schaden an; vorerst direct durch Abbeissen der Rübenwurzeln und bei stärkeren Pflanzen durch empfindliche Verwundungen derselben und indireet dadurch, dass sie das Erdreich, besonders in der Nähe der Wurzeln, übermässig durchlüften und so viele Wurzeln zum Abwelken bringen. Wenn sie auch bis jetzt nicht allzu häufig aufgetreten sind, so ist aber doch eine Vertilgung geboten. Allerdings ist ein besonderes Ueberhand- nehmen nicht zu befürchten, da sie sich selbst gegenseitig auf das Wüthendste bekämpfen, des Ferneren haben sie auch genug natür- liche Feinde. Zu diesen gehören: der Maulwurf, Spitzmäuse und auch das Schwein, obwohl letzteres als Bundesgenosse kaum nützen kann. Von den Vögeln sind die Staare, Krähen, Dohlen und Wiedehopfe zu nennen. Auch die Laufkäfer stellen ihnen energisch nach. Bekämpfung. Das sicherste Bekämpfungsmittel ist das Auf- suchen der Nester, doch muss man dafür Sorge tragen, dass man das Nest unbeschädigt aus der Erde bringt, damit die Eier nicht heraus- fallen. Den Ort, wo die Nester liegen, findet man in frühester Morgen- stunde, wenn der Thau noch auf den Blättern liegt, durch die Bahnen, welche die nach und von dem Neste laufenden Thiere zurückgelassen haben. Es sind ferner eine Reihe weiterer Bekämpfungsmittel bekannt geworden, von welchen nur diejenigen angeführt werden sollen, die sich praktisch bewährt haben oder praktisch erscheinen. Nach längerer Trockenheit begiesst man, wie Müller empfiehlt, an warmen Tagen bei Sonnenuntergang einige derjenigen Stellen, welche Spuren von Maul- wurfsgrillen erkennen lassen, mit Wasser und bedeckt dieselben mit nn, 17a Strohmatten. Am nächsten Tag sammeln sich dann die in der Nähe befindlichen Werren an und können leicht vertilgt werden. Die Jagd muss von Mai an, vor dem Eierlegen, veranstaltet werden. Zur Zeit der Begattung zieht man durch die von Maulwurfsgrillen bewohnten Stellen einen Graben von 15 cm Breite und Tiefe mit möglichst steilen Wänden, setzt hier bis zum Rande einige glasirte Töpfe dergestalt ein, dass der Rand mit der Sohle gleich steht und füllt sie halb mit Wasser, dem man schlechtes Oel zusetzen kann. In diese Töpfe fallen die Werren während der’ Nacht, wenn sie einander zur Paarung auf- suchen. Schliesslich mache man Ende September ein viereckiges Loch von 60cm Tiefe und gleicher Breite, fülle es mit trockenem Pferde- mist und bedecke denselben mit einer leichten Erdschicht. Hebt man dann im kommenden Jänner oder Februar den Dünger heraus, so kann man oft Tausende von Maulwuırfsgrillen finden und dann vernichten. Hennings gräbt 30 cm tiefe und 100 cm lange Kisten ohne Deckel in die Erde, nachdem an der Seite Löcher angebracht werden. Die Kiste füllt er mit frischem Pferdemist, tritt denselben fest und bedeckt ihn handhoch mit Erde. Die Werren ziehen sich hinein und man findet sie dann am Boden der Kiste. Leonardi empfiehlt Fallen, welche der Hauptsache nach in einem grösseren, zum Theil mit Wasser gefüllten Gefäss bestehen, in welches eine oder mehrere trichterartig geformte Röhren münden; das Ganze wird in den Boden versenkt, nicht gar tief unter der Oberfläche, und die Insecten, von dem Wasser herangelockt, kriechen hinein, ohne aber wieder heraus zu können. Speciell zur Säuberung grösserer Flächen hat Henschel fol- gendes Bekämpfungsmittel angegeben: Zuerst wird zur Zeit des Brut- geschäftes des Thieres (Nesterbau, Begattung, Eierablegen) das Feld in der ganzen Ausdehnung bis auf 15 bis 20cm Tiefe behackt und werden die dabei zu Tage kommenden Werren durch Kinder ge- sammelt. Einige Tage nach der ersten Hacke wird die zweite ge- geben und abermals gesammelt. Nebenbei sei erwähnt, dass vielfach versichert wird, der Biss der Maulwurfsgrille wäre giftig und erzeuge unangenehme Wunden. Dies ist, gelinde gesagt, übertrieben und das Thier in dieser Hinsicht wohl unschuldig. Die Werre sieht allerdings infolge ihrer Grösse gefähr- licher aus, als es thatsächlich der Fall ist. Ich habe in Sammelkästen wiederholt Werren gehalten und daher auch in der Hand gehabt, ohne dass die Thiere auch nur einmal versucht hätten, ernsthaft zu beissen. Wäre dies aber wirklich der Fall, so ist die Bösartigkeit der Wunde wohl der entstandenen Verunreinigung zuzuschreiben, nicht aber dem, unter seinesgleichen allerdings tapferen und zänkischen Kämpen. — 114 — 2. Der gemeine Ohrwurm. (Forficula auricularia.) (Tafel XXII.) Der Kopf dieses sehr. bekannten T'hieres ist rothbraun mit schwarzen Augen. Die Flügeldecken sind scharf abgestutzt, die Beine ockergelb». Am Hinterleib ist es mit einer verhältnissmässig grossen Zange versehen, die beim Männchen gekerbt ist. Das ganze Thier ist glatt, langgestreckt und von brauner Farbe. Der Ohrwurm tritt hie und da auf den Feldern schädlich auf, indem er die jungen Rüben an den Wurzeln anfrisst. Hollrung erwähnt einen Fall, bei welchem zwischen den Herzblättern der Rübe im Monat Juli Ohrwürmer vorgefunden wurden und machte das Kraut den Ein- druck, als ob es stark vom Hagelschlag gelitten hätte, obwohl ein soleher nicht stattgefunden hat. Die Ursache der durchgefressenen Rübenblätter bildeten nur die Ohrwürmer. Die Thiere kamen von der benachbarten Luzerne auf das Rübenfeld und beschränkten sich zu- nächst auf die angrenzenden Randreihen des Rübenplanes, verbreiteten sich aber auch, als dieselben ziemlich vernichtet waren, auf den übrigen Theil des Feldes. Ende Juli waren sie wieder fast vollkommen ver- schwunden und vermuthlich wieder in die Luzerne zurückgekehrt. Bekämpfung. Hollrung empfiehlt das Einpflügen der be- fallenen Randreihen, sowie das Vergiften der Randrüben mit einer Brühe von Schweinfurtergrün. VI. Schnabelkerfe. Rhynchota. Die Schnabelkerfe sind Insecten mit unvollkommener Verwandlung und saugenden Mundwerkzeugen. Der Saugschnabel stellt eine aus der Unterlippe gebildete drei- oder viergliedrige, spitz zulaufende Röhre dar, welche zum Aufsaugen der Säfte aus Thier- und Pflanzen- körpern dient. Flügel sind meist vier, selten zwei, bisweilen keine vorhanden; die Füsse sind zwei- oder dreigliedrig. Zu dieser Ordnung gehören die Wanzen, Cikaden, Pflanzen- und Thierläuse. Von den Pflanzenläusen ist eine Art besonders als Rübenschädling aufgetreten, und zwar: Die schwarze Blattlaus. (Aphis papaveris.) Es kommen, wie bei den meisten Blattläusen, geflügelte und ungeflügelte Individuen vor. Die geflügelten Individuen sind von glänzend schwarzer Färbung, der Hinterleib ist dunkelgrün bis schwarz; die ungeflügelten sind schwarz mit schwarzer Bestäubung. Die Blatt- laus bewohnt in ganzen Colonien die Unterseite der Blätter, wodurch durch die fortwährende Saftentziehung eine Schwächung dieser Organe — 15 — eintritt. Ferner sondert sie einen klebrigen Saft ab, der die Spalt- öffnungen verstopft und so den zum Leben nothwendigen (asaustausch hindert. Dabei wird unter Umständen die Gefahr dadurch vergrössert, dass die Blattläuse, begünstigt von passender Witterung, vom Früh- jahre bis in den Herbst die Pflanze schädigen können. Die an der Unterseite befallenen Blätter rollen sick ein und erscheinen wie mit Schimmel überzogen. Die Samenrispen der zweijährigen Pflanzen können dadurch ganz verkümmern, ja die Blattläuse haben schon local Samenmissernten hervorgevracht, so dass sie schon vielfach zu einer Calamität wurden. Von natürlichen Feinden sind die Vögel, namentlich die Meisen, der Zaunkönig und das Goldhähnchen zu erwähnen. Ferner werden die Blattläuse vom bekannten Marienkäferchen und dessen Larven, Schwebefliegen ete. verfolgt. Auch durch eine Pilzepidemie, nämlich durch eine Botrytisform, durch welche die Läuse in einen halbbräun- lichen Schimmel gehüllt erscheinen, sterben dieselben ab. Bekämpfung. Die Blattlaus zieht im Allgemeinen andere Pflanzen der Rübenpflanze vor, nur dann, wenn bei anhaltender Trockenheit sich die Saftigkeit der sonst bevorzugten Gewächse ver- mindert, erfolgt die Uebersiedelung auf die Rübe. Geht der Blatt- lausschaden von benachbarten Bäumen aus, so lässt sich ihm, wie Hollrung gefunden hat, ohne allzu grosser Schwierigkeit mit Petro- leum oder Quassiabrühe entgegenarbeiten. Soll das so oft empfohlene Besprengen der von Blattläusen be- fallenen Rübenpflanzen etwas nützen, so kann dies nur dann der Fall sein, wenn das Besprengen mit vertreibenden oder tödtenden Substanzen wiederholt geschieht, denn die übrig gebliebenen Blatt- läuse vermehren sich im anderen Falle zu rasch, als dass dem Uebel damit Einhalt gethan wäre. Eine zweite Bedingung ist, damit die Besprengungen oder das Ausstreuen der Substanzen etwas helfen sollen, dass dies sofort im Anfang des Erscheinens der Blattläuse geschehe, denn sonst wird man ihrer nicht mehr Herr. Als Bekämpfungsmittel sind zweierlei Arten zu erwähnen, erstens von flüssiger und zweitens von fester Beschaffenheit, und heben wir von den vielen empfohlenen Mitteln die folgenden hervor: An der Tech- nischen Hochschule in Karlsruhe wurde gegen Blattläuse als bestes Ver- tilgungsmittel eine Mischung von 1‘), /iger Quassialösung und einer 2'/,/ıgen Lösung von schwarzer Schmierseife, mit einer Spritze vertheilt. in Verwendung gebracht. Zu diesem Behufe löst man 1'/,%g Quassia in 21 Wasser, lässt 24 Stunden stehen, dann wird '/, kg Schmier- seife in 107 Wasser gelöst und die ganze Mischung auf 100 ver- dünnt. Bekannt zum Besprengen von Blattläusen befallener Pflanzen ist auch die Nessler’'sche Flüssigkeit, die aus 409 grüner Seife, 609 Tabakmischung, 50 9 Fuselalkohol, mit Wasser auf 1/ verdünnt, besteht; 57 dieser Flüssigkeit mit 1/ Wasser verdünnt, tödten die Blattläuse, ohne den einzelnen Pflanzentheilen zu schaden. Eine andere Flüssigkeit zum Besprengen benennt sich nach Koch und wird er- halten, indem man 1%g Seife in 5 /! heissem Wasser löst, '/, kg Quassia- späne, die während zwölf Stunden in 5! Wasser extrahirt wurden, dem Seifenwasser zusetzt und auf 40! verdünnt. Nach Fleischer wirkt gegen die Blattlaus am besten eine 1 %/ige Sapocarbollösung und '/,°/ Lysol. Ein Quassiaauszug mit Schmierseife, Pyretrum- (Inseetenpulver) Auszug sind auch zu em- pfehlen. Der Quassiaauszug in Schmierseifenlösung wird folgender- massen dargestellt: 150g Quassiaspäne werden in 2 bis 37 Wasser eingeweicht, einmal aufgekocht und 24 Stunden dem Auslaugen über- lassen; nach dieser Zeit wird eine Auflösung von 250 g neutraler Schmierseife in 1 bis 2 7 Wasser hinzugegossen, durchgerührt und das Gemisch auf 10 ! verdünnt. Beim Pyretrumauszug wird Insectenpulver, Spiritus und Ammoniak zugesetzt, zunächst einige Tage bei gewöhn- licher Temperatur, schliesslich 48 Stunden lang an warmer Stelle stehen gelassen. Von diesem Auszug werden auf eine 2'/,- bis 5%/,ige Lösung von neutraler Seife 3 bis 5°/, zugegossen. Klein hat gefunden, dass die Quassiabrühe allein wirkungslos ist. Weiter hat man empfohlen, 175 g Hausseife in 4 7 Wasser und 81 Petroleum zu lösen, das Gemisch auf 20 ! Wasser zu verdünnen und damit die Rüben mittels Giesskannen oder einer passenden Spritz- vorrichtung zu bebrausen. Hollrung empfiehlt die Petroleumbrühe, welche äusserlich dadurch wirkt, dass sie die Athmungsorgane der Blattlaus verstopft. Man löst 17 Schmierseife in 6 / heissem Wasser auf, fügt dann 27 Petroleum dazu und mischt 10 Minuten sehr gut, bis die Brühe eine ganz gleichartige, rahmartige Masse darstellt. Vor dem Gebrauche ist diese Brühe zu verdünnen, u. zw. auf jeden Liter mit 15 7 Wasser. Die Anwendung der’ Petroleumbrühe, resp. Petroleumseife em- pfiehlt nach dem Vorschlage Hollrung’s auch Kuntze. Die mit Erfolg gegen Blattläuse auf Samenrüben verwendete Petroleumbrühe hatte folgende Zusammensetzung: 250 9 gewöhnliche Seife wurden in ganz feine Stückchen geschnitten, in 11! Wasser während 12 Stunden aufgeweicht, am folgenden Tage durch Kochen vollständig gelöst und 42 gewöhnliches Petroleum, nachdem der Topf vom Feuer ent- fernt war, zugegossen. Diese Mischung wurde dann mit einer Oel- spritze, wie dieselbe an Dampfmaschinen gebraucht wird, so lange tüchtig durcheinander gespritzt, bis eine gleichmässige, sahneartige ne weisse Emulsion entstand. Hierauf wurde noch 1! kochendes Wasser zu- gefügt und die ganze Masse abermals gleichmässig mit der Oelspritze durcheinander gearbeitet. Zum Bestäuben der Samenrübe wurde eine Tornisterspritze verwendet. 12 der Emulsion wurde noch mit 6 Z Bach- wasser verdünnt, da die reine, unverdünnte Petroleumseife nur bei todten Objecten, bezw. in der Winterruhe befindlichen Pflanzentheilen angewendet wird. Zweimaliges Bespritzen hatte nun sämmtliche Blatt- läuse fast vollständig vernichtet und entwickelten sich die Samen in kräftigster Weise. Die Bestäubung darf aber unter keinen Umständen in der Blüthezeit vorgenommen werden, sondern nur in der Zeit vor und nach der Blüthe, da sonst selbstverständlich die Unfruchtbarkeit der Blüthe die Folge wäre. Ausserdem ist ein etwas bewölkter, regen- _ freier, windstiller Tag zu wählen. Kuntze findet es auch rathsam, mit dem Bespritzen zu beginnen, wenn die ersten Samenträger 15 bis 20 cm lang sind und das Ueberbrausen oft genug zu wiederholen, welch letzteres nach obiger Bemerkung auch ganz gerechtfertigt ist. Kneifel empfiehlt, die Blattläuse speciell auf Samenrübenstauden auch mittels Lysol zu vernichten, u. zw. unter Verwendung einer 1'/,/,igen wässerigen Lösung in der Früh oder am Abend. Da einiger- massen eoncentrirte Lösungen ätzend wirken, so muss das Lysol gut mit Wasser vermischt werden. Zur Vernichtung der Blattläuse hat man noch andere Mittel vorgeschlagen und seien von denselben nur genannt: Cerosin, Harz- brühe, Theerwasser, Abkochung von Hollunderbrühe ete.; auch wird 1/ Milch, versetzt mit 1°/, Petroleum auf 3! Wasser, zum Besprengen benützt. Aus dieser Zusammenstellung ist zu entnehmen, dass zur Be- kämpfung der Blattläuse dem Landwirth eine Reihe von Mitteln zur Verfügung steht, deren Anwendung den gegebenen Verhältnissen anheim gestellt werden muss. Da die Blattläuse in den letzten Jahren in manchen Gegenden in ganz besorgnisserregender Weise aufgetreten sind, so wird der Landwirth gut thun, entsprechende Vorkehrungen zu treffen und bieten ihm die vorstehenden Mittheilungen genug An- haltspunkte. Gegenüber den flüssigen Bekämpfungsmitteln treten diejenigen von fester Beschaffenheit in den Hintergrund, nachdem von einer Anwendung derselben bei einem massigen Auftreten der Blattläuse keine Rede sein kann. Dieselben verdienen höchstens bei einem ge- ringen Befall der Rübenpflanzen durch Blattläuse einige Beachtung. und nenne ich der Vollständigkeit halber Asche, Kaminruss, Gyps- mehl und Tabakasche. Diese Mittel müssen nach einem Regen oder wenn noch Thau an den Pflanzen sich befindet, ausgestreut werden. 12 — 118 — Nicht unerwähnt mag bleiben, dass, wenn als Ausgangspunkt der Invasion der am Rande vieler Felder sich hinziehende Grasstreifen zu fürchten ist, ein rechtzeitiges Abplaggen desselben von Nutzen sein wird. Wie Hollrung hervorhebt, so lässt eine Zuekerfabrik in der Nähe von Magdeburg ganz regelmässig den Graswuchs von den neben ihren Rübenfeldern hinlaufenden Wegen und Rändern entfernen und war der Erfolg ein sehr befriedigender. Schliesslich sei noch auf ein ganz merkwürdiges Auftreten der Blattläuse aufmerksam gemacht, über welches Cordes und Doerst- ling berichten. In Oregon, wo die Zuckerrübencultur erst im Jahre 1898 begonnen wurde, fanden sich nämlich im August 1899 Blatt- läuse an den Wurzeln der Rübe vor. Die Blattläuse sassen an den feinen Saugwurzeln, was bewirkte, dass die noch vollständig grünen Rüben ganz plötzlich vollkommen welk wurden. Die Saug- wurzeln wurden vollkommen zerstört, die Wurzeln welkten und es traten alsdann die Blattläuse auf der unteren Seite der Blätter auf. Auf vielen Feldern gingen 30 bis 40%, Rüben ein und war daher nach Doerstling nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Rüben beeinträchtigt, die überdies erhebliche Mengen von Invert- zucker (bis 1'44°/,) aufwiesen. Cordes bemerkt ferner, dass das Erd- reich bis auf 30 cm Tiefe sehr trocken und der Schaden zunächst vorwiegend an kleinen, später auch an grossen Rüben zu bemerken war. Jedenfalls ist das unterirdische Auftreten der Blattläuse sehr bemerkenswerth. B. Spinnenthiere, Arachnoidea. Allgemeine Charakteristik. Die Spinnenthiere sind luft- athmende Gliederfüsser mit Kopfbruststück, ohne Fühler, mit zwei Kieferpaaren und vier Beinpaaren, ohne Hinterleibsfüsse und Flügel, nur mit einfachen Augen. Von den Spinnenthieren sind einige Thiere der Ordnung Milben als Rübenschädlinge aufgetreten. Wir nennen nur die Milbenspinne. (Tetranychus telarius.) Dieselbe ist 025 mm lang, gelb bis röthlich oder bräunlich, Rüssel mit Widerhaken. Die kleine und sich rasch bewegende Spinne be- völkert bei günstiger Witterung in grosser Anzahl die Blattunter- seiten, wohl verwahrt unter zartem Seidengespinnst. Ihr Schaden besteht in der Zerstörung des Blattgrüns, infolge dessen solche Blätter bleiche Flecken, häufig in den Winkeln der Blattrippen, bekommen. Es erscheinen dann zahlreiche, sehr kleine bleiche Pünktchen, die sich über das Blatt ausbreiten, welches intensiver gelb und dann — 1 En — braun wird; die Randblätter findet man öfters eingerollt, weisse Stellen bildend und vertrocknend. Das ganze Blatt zeigt dann am Schluss das Aussehen einer Art Blattdürre.. Es lohnt sich, solche leicht kränkliche milbensüchtige Blätter auszubrechen und zu verbrennen. Andere Gegenmittel sind schon bei den Blattläusen erwähnt. Holl- rung erzählt von Tetranychus telarius, dass diese Milbenspinne die Ursache war, dass an manchen Orten die Farbe der Blätter fahl- grün erschien, ja dass ein vollständiger Verfall der Blattsubstanz stattfand. Diese letztere hatte ein glasiges Aussehen, wie nach einem Froste, das Gefüge war ein lockeres und breiiges. Im Allgemeinen war bis jetzt der Schaden, den die Milbenspinne verursacht hat, kein grosser. C. Tausendfüsser, Myriopoda. Allgemeine Charakteristik. Die Tausendfüsser sind Glieder- füsser, an deren Körper ein deutlich abgesetzter Kopf und zahlreiche Leibesringe (nicht in Brust und Hinterleib getrennt) zu unterscheiden sind. Sie besitzen ein Fühlerpaar, drei Kieferpaare und zahlreiche Fusspaare, leben auf dem Lande und athmen durch Tracheen. Der Kopf mit den Mundwerkzeugen und Fühlern ähnelt sehr dem der Insecten. Fast jeder Leibesring trägt ein oder auch zwei Beinpaare. Die Ordnung der eigentlichen Tausendfüsser ernährt sich von lebenden, fleischigen Pflanzentheilen, saftigen Keimpflanzen und treten haupt- sächlich die folgenden zwei Arten als Rübenschädlinge auf. 1. Der gemeine Tausendfuss. (Julus terrestris.) (Tafel XXII.) Derselbe ist 3:7 cm lang, schwarzgrau mit zwei gelblichen Längs- streifen. Er hat wie alle verwandten Arten viele gleichmässige Körper- ringe, von denen die am mittleren und hinteren Körpertheile mit je zwei Fusspaaren versehen sind, die in Klauen auslaufen; es lassen sich gegen 90 Fusspaare zählen. In der Ruhe liegt der Tausendfuss spiralförmig gekrümmt und nimmt auch diese Lage bei jeder Be- rührung ein. 2. Der getupfte Tausendfuss. (Julus guttulatus.) (Tafel XXIL) Das Thier ist 3 bis 4cm lang, gelbbraun und durch eine Reihe fast blutrother Flecken an jeder Seite sehr deutlich gekennzeichnet. Die Lebensweise beider Arten ist dieselbe, doch soll Julus guttulatus schädlicher sein als Julus terrestris. Tritt der Tausendfuss in Massen 12* — 180 — auf, so kann er die jungen Rübensaaten vernichten und zeigt sich besonders in nassen, kalten Frühjahren verderblich, wenn die Rüben- samen aufgequollen lange im Boden liegen, ohne aus Mangel an Wärme keimen zu können. Er bohrt sich in die Kerne ein und frisst dem Samen die Blatt- und Wurzelkeime heraus. Die Thiere finden sich dann klumpenförmig an den Kernen sitzend, fallen auch die nahegelegenen Samen an und zerstören sie. Ist das Pflänzchen entwickelt, so frisst der Tausendfuss Löcher und Höhlungen in die jungen Wurzeln und schadet dadurch gleichfalls. Bekämpfung. Eine reichliche Aussaat und nicht zu frühe Be- stellung, damit die Samen möglichst schnell keimen, sowie frühes und fleissiges Behacken dürften die Schädlichkeit dieser Thiere in ange- messene Schranken halten. Das vorgeschlagene Beizen des Samens mit einer Lösung von Carbolsäure und schwefelsaurer Magnesia, um durch den scharfen Geruch die Tausendfüsser abzuhalten, dürfte sich nicht empfehlen, da bisherige Versuche keinen Erfolg hatten. Ebenso wenig Erfolg brachten auch das Down’sche Saatpulver (siehe pag. 135), sowie ein Gemisch von Gastheer mit Petroleum. Sehr bewährt hat sich dagegen das Auslegen von Ködern, wie Kartoffeln ete., in der Art, wie bei der Bekämpfung der Drahtwürmer beschrieben wurde (siehe pag. 134), indem sich daran die Thiere sammeln und leicht vernichtet werden können. An Schädliehkeit und Lebensart reihen sich den Tausendfüssern an: die platte Randassel (Polydesmus complanatus) und die Erdassel (Geophylus longicornis), Thiere, welche hie und da auch als Rübenschädlinge aufgetreten und allgemein bekannt sind und daher keiner näheren Beschreibung bedürfen. Hervorgehoben sei nur, dass der Körper der platten Randassel aus zwanzig Ringen besteht. Er ist grau, mit abgeplattetem Rücken, dessen Oberflächenstructur hornig ist. Die Körperringe haben die Form eines Siegelringes mit grossem Steine und schliessen auf dem Rücken nicht eng aneinander. Die Körperlänge beträgt 24cm und hat das Thier im Ganzen gegen 33 Paar Füsse, welche am ersten und letzten Leibesring fehlen. Die Bekämpfung ist dieselbe wie die bei den Tausendfüssern angegebene. D. Wirbellose Thiere. Die Thiere, welche wir noch in unserer Zusammenstellung zu behandeln haben, gehören wohl zu den gefährlichsten Rübenfeinden, und zwar vorzugsweise darum, weil sie zum grossen Theil wegen ihrer mikroskopischen Kleinheit mit unbewaffnetem Auge sehr schwer — 1831 — oder gar nicht zu bemerken sind. Da sie ihr Leben unter der Erde verbringen, so spielen sich die Zerstörungen unsichtbar ab, um erst dann, wenn die Rübenpflanze bereits zu kränkeln beginnt, auffällig zu werden. Wegen der Kleinheit und der Massenhaftigkeit des Auf- tretens dieser Schädlinge ist die Bekämpfung eine sehr schwierige, so dass wir selbst bei den länger bekannten Rüben-Nematoden noch auf vielfache Schwierigkeiten stossen. Bei anderen dieser Schädlinge kennt man iiberhaupt noch keine sicheren Bekämpfungsmittel, da sie erst in jüngerer Zeit aufgefunden wuredn und noch viel zu wenig studirt sind. Wir beginnen mit dem längstbekannten dieser kleinsten Schäd- linge und ist dies: 1. Die Rüben-Nematode. Heterodera Schachtii. (Schmidt.) (Tafel XXIII.) Vor circa 40 Jahren hat sich in Deutschland die eigenthüm- liche Erscheinung bemerkbar gemacht, dass die Zuckerrüben in ihren Erträgen in auffallender Weise zurückgingen, und glaubte man die Ursache dieser Erscheinung — Rübenmüdigkeit genannt — nach J. v. Liebig in einer Erschöpfung des Bodens, in dem ungenügenden Ersatz der der Rübe nöthigen Mineralstoffe zu suchen. Die Folge davon war, da man namentlich in der Asche derartig erkrankter Rüben geringere Mengen von Kali fand, dass allgemein die Ansicht vorherrschte, man müsse mit Kalisalzen düngen, um diese Erscheinung zu beseitigen. Der Erfolg blieb jedoch aus, so dass man der Erscheinung der Rübenmüdigkeit rathlos gegenüberstand, umsomehr, als die exacten Versuche J. Kühn’s zeigten, dass selbst eine reiche Kalidüngung in keinerlei Form der Anwendung die Rübenmüdigkeit beseitigen könne. Schon im Jahre 1859 fand der bekannte Botaniker H. Schacht die Heterodera-Nematoden in der Gegend von Halle, später bei Magde- burg, in Oderburg, in Schlesien und Weghäusel und war er durch seine Untersuchungen ganz auf dem richtigen Wege, die Gefährlich- keit dieses Thieres für den Rübenbau darzulegen, doch fand er mit seinen Auslegungen sowohl in wissenschaftlichen als auch in Kreisen der praktischen Landwirthschaft nur wenig Gehör, bis erst durch die Arbeiten von J. Kühn in diese hochwichtige Frage Klarheit gebracht wurde, indem dieser Forscher als unzweifelhafte Ursache der Rüben- müdigkeit das Vorhandensein von Nematoden in der Ackerkrumme feststellte. Die Rüben-Nematode blieb nicht auf Deutschland allein be- schränkt, sondern hat auch in Oesterreich-Ungarn und in Frankreich eine kolossale Verbreitung gefunden, ja selbst in Russland ist der — 18 Schädling, wo man noch vor wenigen Jahren an dessen Anwesenheit nicht glauben wollte, schon in einzelnen Gouvernements in verheeren- der Weise aufgetreten, so dass dieselben vollständig verseucht sind. Zu verschiedenen Malen hat sich auch die ganz auffallende Erschei- nung gezeigt, dass Nematoden auf Feldern, die bisher weder Runkel- noch Zuckerrüben getragen hatten, in massenhaften Mengen aufgetreten sind. Daraus ist zu ersehen, von welchen eigenthümlichen und un- bekannten Umständen das Auftreten der Nematoden abhängt. Die Rüben-Nematode, Heterodera Schachtii, gehört in die Classe der Rundwürmer, u. zw. in die erste Abtheilung derselben, der Fadenwürmer. Die Entwicklung dieses Wurmes ist eine sehr com- plieirte, doch wurde dieselbe durch die eingehende Forschung einer Reihe von Gelehrten klargelegt. In dieser kurzen Beschreibung sollen nur die für den Landwirth wichtigen Momente der Entwicklung her- vorgehoben werden. Erste Entwicklung. Aus dem nierenförmigen, circa 0'12 mm langen und 0'048 mm breiten Ei kommen entweder schon in dem Körper des Weibchens oder erst im Boden aus dem bereits gelegten Ei die Larven hervor. Der aus dem Ei hervorgegangene Embryo — die erste Larve — ist geschlechtlich noch nicht entwickelt und sehr einfach gebaut. Seine Länge ist ungefähr 0°45 mm, die Dicke 0:02 mm; der Körper ist fadenförmig mit langkegelförmigem Hintertheil. Die Mundhöhle ist bereits mit einem vollkommen entwickelten und mäch- tigen Stachel ausgerüstet, der innen hohl ist, damit die flüssige Nahrung in die Speiseröhre gelangen kann. Nach dem Verlassen des Eies oder des Mutterleibes wandert die Larve in den Boden und bohrt sich in ein feines, nicht über ein 1lmm starkes Würzelchen, nachdem sie zuvor mit ihrem mächtigen Stachel das Zellgewebe geöffnet hat. Unter der Rinde kommt das Thier nun zur Ruhe und macht ver- schiedene Metamorphosen durch, wobei es sich häutet, seine schlangen- förmige Gestalt verliert, anschwillt und schliesslich unbeweglich wird. Bei der Häutung geht der ursprüngliche Stachel verloren und die Larve erhält einen neuen, u. zw. etwas schwächeren. Durch die An- schwellung hebt die Larve die Rinde des jungen Würzelchens, wodurch sie eine knöllehenartige Anschwellung hervorruft. Dies ist der zweite unbewegliche Larvenzustand, bei welchem, wenn die Larve eine ge- wisse Grösse erreicht hat, die Trennung der Geschlechter eintritt. Entwicklung des Weibchens. Die Larven schwellen weiter an, bis sie endlich eine eitronenähnliche Form annehmen. In gleichem Schritt geht die Entwicklung der Geschlechtsorgane vor sich, Die Haut wird an der Oberfläche des Körpers gröber und rauher, und es bleiben an ihr Reste der früheren Haut bängen. Durch die An- — 1853 — schwellung des Weibchens hebt sich die Rinde des Würzelchens immer mehr, bis sie platzt und das Weibchen entweder nur zum Theil oder mit seinem ganzen Körper — bloss mit dem Köpfchen unter der Rinde steckend — auf der Oberfläche erscheint. Das vollentwickelte und befruchtete Weibchen ist vollständig unbeweglich und in diesem Stadium 0:8 bis 12 mm lang und 0:5 bis 0'9 mm breit, so dass es mit freiem Auge sichtbar ist. Das trächtige Weibchen ist ausser der gewöhnlichen Epidermis noch mit einer besonderen, festen, nicht durchscheinenden Haut hedeckt, welche an der Oberfläche rauh ist, sich leicht herunterschaben lässt und offenbar dazu dient, die im Innern des Körpers vorhandenen Eier und Jungen vor dem Austrocknen und allenfallsiger Beschädigung zu schützen. Sobald die Eier und die Embryonen ihre Reife erlangt haben, stirbt das Weibchen ab. Indem die Eier sich in grosser Menge bilden, immer mehr an Grösse zu- nehmen und einerseits sich in dem erweiterten Eierstock und anderseits in der Leibeshöhle ansammeln, erhält das Weibchen die charakteristische eitronenförmige Gestalt. Während eines einzigen Sommers können fünf bis sieben Generationen entstehen und ist daraus zu ermessen, welch un- geheure Menge von einem Individuum entstammen können. Man zählt im Durchschnitt eirca 300 Eier, resp. entwickelte Embryonen im Leibe des Weibchens. Charakteristisch ist die Endform des Weibchens: dieselbe ist etwas kleiner und die weiche, weissfarbige Körperhaut wandelt sich in eine braune, lederartige, feste Hülle um. Entwicklung des Männchens. Aus dem zarten, unbeweglichen Larvenstadium entwickelt sich durch eine sehr complieirte Metamor- phose nach mehrmaliger Häutung das Männchen. Dasselbe durchbricht nach vollkommener Entwicklung die Larvenhaut, verlässt die Wurzel und sucht das Weibchen behufs Befruchtung auf. Hierauf geht das Männchen bald zugrunde. Die Metamorphosen des Männchens dauern vier bis sechs Tage, während die ganze Entwicklung der Nematode, vom Ei ange- fangen bis zur geschlechtlichen Reife, vier bis fünf Wochen währt. Das entwickelte Männchen ist 0°8 bis 1 mm lang und 0'025 mm dick: es besitzt eine schlangenähnliche Gestalt und ist mit einem starken, hohlen, eirca 0:03 mm langen Stachel versehen (auch das Weibchen besitzt einen solchen, der aber nicht glatt ist wie beim Männchen, sondern der Länge nach quer gestreift), mit dessen Hilfe die Nema- tode das Zellgewebe öffnet und den Zellsaft aussaugt. Die geschlechtslosen Thiere bleiben sehr lange Zeit lebensfähig, auch wenn ihnen die geeignete Nahrung fehlt; sie sind daher sehr schwer aus einem Felde zu entfernen, selbst wenn man mehrere Jahre lang Früchte baut, die ihnen nicht zusagen. Bei der Organisation ihres Körpers, die sie befähigt, leicht in die feinen Würzelchen der Rübe eindringen zu können und bei der ungeheuren Menge ihres Auftretens ist es natürlich, dass sie sich zu den gefährlichen Rübenfeinden ent- wickeln mussten, als welche man sie jetzt nach Gebühr kennt. Wo sie in bedeutender Menge auftreten, dort sinken die Erträge in erheb- licher Weise, selbst wenn die Aecker in guter Kraft stehen; ferner enthalten auch die von Nematoden behafteten Rübenwurzeln immer weniger Saecharose als normale gesunde Rüben. Es zeigt sich auch bald auf dem Felde an dem Aussehen der Pflanzen das Resultat der Thätigkeit dieser Thiere. Im Juli bemerkt man nämlich an den normal entwickelten Rübenbreiten einzelne Stellen mit lichterer Färbung; die Blätter verlieren ihr frisches Grün, ihren Glanz, sind von matter Oberfläche und erscheinen schlaffer. Die äusseren Blätter werden im weiteren Verlaufe mehr und mehr gelblich, fleckig, senken sich zur Erde und sterben schliesslich ganz ab. Die inneren Blätter wachsen anfangs wohl nach, erreichen aber nicht die normale Grösse. Bei intensiverem Auftreten der Krankheit sterben endlich auch die inneren Blätter ab, der Kopf der Rübe wird schwarz und die Pflanze geht schliesslich zugrunde. War die Infection nur eine gelinde, so bleiben doch die Rüben klein, häufig kurz und treiben eine Menge feiner Wurzelfasern. Eine Fäulniss tritt nur infolge anderer Verwun- dung ein und wird durch verschiedene Mikroorganismen fortgesetzt. Bei geringerer Infection können sich die Rüben gegen den Herbst zu insoferne erholen, als sie neue Herzblätter bilden, die allerdings nicht die normale Grösse erhalten und von dunkelgrüner Farbe sind. Derartig erholte Rüben fallen durch ihre kleinen, intensiv grünen Blattrosetten umsomehr auf, als die gesunden Rüben bereits dem teifezustande sich zu nähern beginnen. Bei starker Infeetion können sich die ersten Anzeichen der Krankheit schon anfangs Juni durch den Rückgang einzelner Pflanzen geltend machen. Die beschädigten tüben lassen sich schwer aufbewahren, nachdem sie sich in den Miethen sehr rasch zersetzen, wobei natürlich der Zuckergehalt bedeutend zurückgeht. Die Nematoden sind in der Auswahl ihrer Nahrungspflanzen gar nicht wählerisch, denn man kennt eirca 200 Pflanzenarten, welche sie befallen. Manche Pflanzen werden bald mehr, bald weniger, bald gar nicht von den Nematoden inficirt, wie z. B.: Bohnen, Erbsen, Weizen, Thimothee, französisches Raigras. Mais bleibt nematodenfrei, dagegen befällt die Nematode sehr stark den Hafer. Besonders stark und all- gemein werden Zucker- und Runkelrübe, Turnips, Spinat, Melde, Gänsefuss, Raps, Rübsen, Kohlrabi, Senf, Hederich, Gartenrettig, Kornrade u. s. w. von den Rüben-Nematoden befallen. Immerhin gibt es aber doch noch eine grosse Anzahl von Pflanzen, — 185 — auf welchen bis jetzt Nematoden nicht vorgefunden wurden und zählen Kühn und Hollrung 167 Pflanzen. Wir nennen hier z. B. nur: Cichorie, Kopfsalat, echte Kamille, Ringelblume, Sellerie, Petersilie, Kümmel, Anis, Möhre, Kartoffel, Tabak, Paprika, Bilsenkraut, Klee, Luzerne, Seradella, Esparsette, Lupine, Hanf, Lein, Hopfen, Zwiebel, Spargel, Gurke u. s. w. Kühn theilt je nach der Sicherheit, mit welcher die Pflanzen von den Nematoden befallen werden, dieselben 1. in solche, welche regelmässig und bestimmt von denselben befallen werden; 2. in jene, auf denen die Nematoden nur unregelmässig auf- treten; 3. in Pflanzen, welche nur vereinzelt heimgesucht zu werden pflegen und 4. in Unkrautpflanzen. Hier trifft man die Nematoden am zahlreichsten auf dem Hederich, dem Ackersenf und der Kornrade an. Bekämpfung. Bei der Gefährlichkeit dieses kleinen, unschein- baren, weitverbreiteten und dafür umso gefährlicheren Rübenfeindes war natürlich das Bestreben der Forschung schon lange darauf gerichtet, ausreichende Bekämpfungsverfahren zu ermitteln und fehlt es daher auch an verschiedenen Vorschlägen nicht. Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes und bei dem Interesse, welches er für den Rübenbauer haben muss, führen wir in Kürze die verschiedenen Vorschläge an. Nachdem der Schädling keine Austrocknung verträgt, so wäre es möglich, durch häufige und zweckmässige Bearbeitung des Bodens bei trockener Witterung seine Entwicklung und Vermehrung wesent- lich zu beeinträchtigen. Die Versuche liessen sich nach dem Vor- schlage von Vanhha ungefähr folgendermassen durchführen: Nach der Ernte der Vorfrucht wird der Boden mit einem Rayolpflug bei sehr trockener Witterung gewendet, einige Tage hindurch der Sonne und dem Winde ausgesetzt und hernach, sobald er trocken geworden ist, einigemale hintereinander geeggt. Nach zwei oder drei Tagen wird der Boden mittels eines mehrschaarigen Pfluges oder Cultivators seicht gelockert und nach dem Austrocknen wieder umgeeggt, hernach mit einem Exstirpator tief exstirpirt und ausgetrocknet. Sobald der Boden seine Gahre erreicht hat — in circa drei bis vier Wochen — wird der ganze Process von Neuem wiederholt. Eine vollständige Ausrottung lässt sich von diesem Verfahren freilich nicht erwarten, allein wenn diese Operationen mehreremale hintereinander bei trockener Witterung und einige Jahre hindurch wiederholt werden und während dieser Zeit nur solche Pflanzen zum Anbau kommen, welche den Nematoden keine Nahrung bieten, z. B. die Cichorie, der Lein, die Kartoffel, die Hülsenfrüchte u. dgl. und der Boden stets frei von Unkraut gehalten wird (speciell von Hederich, Ackersenf und Kornrade), so lässt sich nicht leugnen, dass sich die Zahl der Nematoden bedeutend verringern und die Rentabilität des Bodens wenigstens so weit erhöhen liesse, — 186 - dass es möglich wäre, die Zuckerrübe wieder neu zu bauen. Vahha räth weiter an, auf grossen Grundstücken Zuckerrüben oder andere inelinirende Pflanzen nicht früher als nach mindestens fünf Jahren anzubauen. Sehr gut liesse sich diese Art der Vertilgung mit der Kühn’schen Fangpflanzenmethode verbinden. Da Vanha ferner ge- funden hat, dass die jungen Nematoden in kürzester Zeit (zwei bis vier Tagen, öfters gar schon nach 18 Stunden) in Wasser zugrunde gehen, so wäre vielleicht dort, wo es durchzuführen wäre, eine Ueberfluthung der Felder nach der Ernte von Erfolg begleitet. Von chemischen Mitteln hat man eine ganze Reihe vorgeschlagen und auch praktisch versucht, doch haben die meisten nicht nur keinen Erfolg gebracht, sondern sogar eine ungünstige Entwicklung der Pflanzen herbeigeführt. Dies gilt vor Allem von dem Ammoniakwasser aus den Leuchtgasfabriken, welches man, nach wiederholten Veröffent- lichungen Willot’s, mit Erfolg angewendet haben will. Meine Ver- suche haben gerade das Gegentheil erwiesen, indem die Nematoden nur zum Theil vernichtet wurden (in vielen Fällen war überhaupt keine Wirkung zu constatiren), dafür aber die Entwicklung der Pflanzen in enormer Weise eine Schädigung erlitt. Jedenfalls ist vor einer An- wendung des Gaswassers nur eindringlichst zu warnen. Bezüglich des Schwefelkohlenstoffes hat Hollrung ausgedehnte Versuche durch- geführt, welche gelehrt haben, dass dieses Mittel zur Vertilgung voll- kommen geeignet ist, sofern es gelingt, dasselbe zu einer gleich- mässigen Vertheilung in den Ackerboden zu bringen. Der allgemeinen Anwendung steht aber der Preis gegenüber, welcher den Schwefel- kohlenstoff für grössere Flächen zu theuer macht. Es ist daher seine Anwendung nur zur Beseitigung sogenannter Nester in sonst gesunden Ackerplänen und für die Entseuchung der Abschipperde zu empfehlen. Markwald hat sich ein Verfahren zur Vernichtung der Rüben-Nema- toden mittels saurer Calciumsulfitlauge patentiren lassen (D. R. P. Kl. 45, Nr. 98.286) und besteht dieses Verfahren darin, dass man mittels eines Erdbohrers zwischen den einzelnen Rübenreihen 2 bis 3 Fuss tiefe Löcher bohrt und in diese, am besten. mittels einer geeigneten Spritze, die Caleiumsulfitlauge einführt. Es wird nun gas- förmige, schweflige Säure frei, die zum Theil entweicht und ungemein stark auf Nematoden einwirkt. Der Rest der schwefligen Säure oxydirt sich zu Schwefelsäure und wirkt weiter auf das sich ausscheidende Caleiumsulfit ein und zerlegt dieses, das, wie alle schwefligsauren Salze, durch Säuren leicht angreifbar ist, in Kalk, mit dem es sich zu Caleium- sulfat verbindet und schwefligejSäure, die den Process von Neuem beginnt. Der zuletzt bleibende Rest von schwefligsaurem Kalk oxydirt sich im Boden ebenfalls zu schwefelsaurem Kalk, so dass am Schlusse der — 197 — Reaction weder schweflige Säure, noch Schwefelsäure, sondern ledig lich der für den Pflanzenwuchs günstige schwefelsaure Kalk im Boden zurückbleibt. Wenn auch nicht zu leugnen ist, dass schweflige Säure auf Nematoden einwirkt, so hat sich aber dieses Verfahren, so weit bis jetzt Berichte vorliegen, wenig bewährt. Dasselbe ist auch mit einer Masse der Fall, welche im Boden Schwefelwasserstoff entwickelt. Auch durch Acetylengas, erzeugt durch Auslegen von Caleiumcarbid- stiickehen in den Ackerfurchen, gelang es nach Hollrung nicht, die Nematoden auch nur annähernd zu vernichten. Das Einlegen von mit Erdölen getränkten Lappen (gewöhnliche Putzlappen aus Maschinen- fabriken) hat hier ebenfalls gar keinen Erfolg gehabt, wie wir bereits bei den Bekämpfungsmitteln gegen die Erdraupe (siehe pag. 164) hervor- gehoben haben. Gegen die Anwendung von Kochsalz zur Vernichtung der Nematoden muss entschieden gewarnt werden, weil dadurch die Produetionskraft des®Bodens auf Jahre hinaus vernichtet werden kann. Es ist daher zu ersehen, dass die vorgeschlagene Anwendung der chemischen Mittel zur Bekämpfung der Nematoden entweder gar keinen Erfolg bringt oder doch — wie beim Schwefelkohlenstoff — wegen des hohen Preises sich der allgemeinen Verwendung oder der Benützung auf grossen Flächen entzieht. Das Ausbrennen des Bodens ist wohl ein wirksames, aber sehr kostspieliges Mittel. Bezüglich der Anwen- dung des Kalkes äusserte sich Hollrung in folgender Weise: „Zur Beseitigung der Rübenmüdigkeit ist in neuerer Zeit die Anwendung einer Aetzkalkdüngung vielfach empfohlen worden. Gebrannter Kalk ist dank seiner ätzenden Eigenschaften der einzige Düngstoft, welcher die Nematoden direct zu vernichten im Stande ist. Um aber die voll- ständige Reinigung des Ackers hiemit zu erreichen, müsste die zur Verwendung kommende Kalkmenge eine sehr hohe sein. Die Aetz- kalkdüngung wird deshalb nur eine Linderung der Rübenmüdigkeit herbeiführen können, und so die Erträge erhöhen, denn die Rübe selbst hat kein Bedürfniss nach Kalk; jedenfalls ist eine Düngung mit Staubkalk auf nematodenhaltigen Rübenäckern empfehlenswerther als eine Kainitdüngung; 15 bis 209 pro Morgen — 30 bis 40 g Kalk per Hektar dürften ein passendes Quantum sein. Unter den Medien, welche geeignet sind, eine Ausbreitung des Nematodenübels zu veranlassen, befinden sich auch zwei in Verbindung mit dem Betriebe von Zucker- fabriken entstehende: die Abfallerde (Abschipperde), sowie der Fabriks- schlamm. Die Abfallerde wird nach Kühn mit Aetzkalk, im Verhältniss von 1:6, sicherer 1:4, gemischt, und die Nematoden darin getödtet.') ‘) Um diese Wirkung vollkommen zu erreichen, ist mehrmaliges Um- und Durch- einanderstechen des betreffenden Quantums Erde durchaus erforderlich. Die Einwirkung des Kalkes hat möglichst lange, am besten einen ganzen Winter über anzudauern, Wird der nematodenhaltige Fabriksschlamm beständig unter der Einwirkung eines Schlammwassers von der Alkalität 0:13 gehalten, so wird derselbe vollständig von Nematoden gereinigt. Die Grenze der Alkalität schwankt zwischen 02 bis 0'13. Die den Anforderungen entsprechende Alkalität dürfte wahrscheinlich bei 0:05 liegen. Die Kalisalze in der Menge, wie dieselben in der Praxis als Düngemittel Verwendung finden können, sind nicht im Stande, eine Verminderung der in rübenmüden Böden vorhandenen Nematoden herbeizuführen. Man wird aber aus Allem den Schluss ziehen dürfen, dass eine Kainit- dingung im Grossen und Ganzen in sehr trockenen Jahren auf rüben- müden Böden von sichtbaren Erfolgen begleitet ist.“ Im Uebrigen wurde in neuester Zeit nochmals vorgeschlagen, eine starke Aetz- kalkgabe als Düngung zu verabreichen, um die Nematoden abzuhalten. Hollrung hat jedoch damit keinen Erfolg erzielt, sondern es hat sogar der Kalk, indem er einzelne Rüben für ’einige Zeit zu einem Wachsthumsstillstand veranlasste, nachtheilig gewirkt. In Bezug auf die Anwendung der Kalidüngung zur Be- kämpfung, resp. zur Eindämmung der Nematoden sind in letzteren Jahren verschiedene Ansichten geäussert worden und hat Hellriegel diese Frage mit dem Hinweise eingeleitet, dass es Fälle geben kann, in welchen der Reichthum, resp. die Armuth eines Bodens an Kali in einem näheren Zusammenhang mit der Intensität des auf demselben erwachsenen Nematodenschadens steht und dass dann auch die Zufuhr dieses Stoffes durch Düngung direct sich nützlich erweisen kann. Hellriegel hat auch gefunden, dass die Nematoden nicht allein durch Aussaugung die Rüben schädigen, sondern, dass sie vielmehr in zweiter Instanz die Pflanzen im Wachsthum hindern, und derjenige Stoff, der hier am meisten in Betracht kommt, ist eben das Kali, welches bis unter den Maximalbedarf der Pflanze herabgedrückt wird. Es ent- hielten z. B. die am schwersten durch Nematoden geschädigten Rüben vierzehnmal weniger Kali als die gesunden. Aus diesem Grunde könnte also in manchen Fällen durch eine Kalidüngung wenigstens dieser zweiten Schädigung, welche die Rübe im Wachsthum erleidet, entgegengewirkt werden. Allerdings ist aber auch zu beachten, dass für eine Kalidüngung die Zusammensetzung des Ackerbodens mass- gebend ist, ferner das Verhalten der Kalisalze, sich in demselben auf verschiedene Art zu verbreiten und, zusammenhängend mit beiden Eigenschaften, die salzhaltende, d.i. die Absorptionskraft des Bodens. Daraus erklärt sich auch der des Oefteren beobachtete Misserfolg der Kalidüngung. Doerstling erwähnt, dass in der Knauer’schen Feldmark starke Kalidüngungen auf Aeckern, welche mit Nematoden bevölkert waren, EI den Ertrag nicht im Mindesten heben konnten; ausserdem wurde auch der Zuckerertrag vermindert. Vibrans hat dagegen gefunden, dass die Zuckerrüben die Einwirkung von Nematoden überstehen, wenn ihnen das Kali in einer leicht assimilirbaren Form gegeben wird, und erscheint das kohlensaure Kali, wie dies z. B. in der Schlempekohle gegeben wird, eine geeignete Verbindung zu sein, wenn zugleich eine Beigabe von leicht löslicher Phosphorsäure nicht fehlt. Vibrans glaubt auch, dass bei Verwendung von kohlensaurem Kali die Wirkung gleich im ersten Jahr hervorzutreten scheint. Die ganzen Bestrebungen laufen also wieder darauf hinaus, was schon mit dem Auftauchen der Nema- todenfrage vielfach ventilirt und bekämpft wurde, dem Ackerboden Kali zuzuführen, woran er infolge eines zu häufigen Anbaues der Zuckerrüben erschöpft ist, um dadurch die letzte Ursache der Rüben- müdigkeit zu bannen. Hollrung hat namentlich die Versuche Vibrans' einer Nachprüfung unterzogen und gefunden, dass es bei allen durch- geführten Düngungsversuchen nicht möglich gewesen ist mit Hilfe des kohlensauren Kalis, habe dasselbe die Form von kohlensaurer Kali- magnesia oder von Schlempekohle, eine Behebung der Rübenmüdigkeit des Ackerbodens zu erreichen. Es kann daher die Frage, ob Kalisalze ein Speeificum gegen die vom Auftreten der Nematoden begleitete Rübenmüdigkeit sind, aufs Neue verneint werden. Hellriegel war nun dagegen der Ansicht, dass möglicher Weise grosse Mengen Kali- salze in kurzer Zeit vom Boden nicht in die der Rübe zusagenden Form umgesetzt werden und damit der Rübe nichts nützen konnten. Hollrung hat deshalb die Versuche unter Anwendung schwacher Kainitdüngung wiederholt und ist auch hier das Resultat kein be- friedigendes gewesen, so dass er daher der Ansicht ist, dass auch eine fortgesetzte Behandlung der Rübenmüdigkeit mit kleinen Kali- düngungen — die sogenannte indirecte Bekämpfung — nicht die er- hoffte Hilfe zu bringen vermag. Gaillot ist wieder der Ansicht, dass die praktische Lösung der Nematodenfrage nur im Wechsel des Anbaues mit verschiedenen Feld- früchten liegt. Es ist am besten, die inficirten Felder mit Pflanzen zu bebauen, welche gegen Nematoden sicher sind. Gaillot hat ferner die Absicht ausgesprochen, die Versuche der Anwendung von Grün- düngung mit Nachtschatten (Solanum nigrum) fortzusetzen, nachdem dieselben ein sehr heftiges Gift, das Solanin, enthalten, durch welches, wie es scheint, die Nematoden getödtet (?) werden. Ueber diese Ver- suche ist weiter nichts bekannt geworden. Wir kommen nun zur Beschreibung der Fangpflanzen- methode, welche von Kühn empfohlen, und die seinerzeit als das einzige Heil angesprochen wurde. Das Prineip dieser Methode ist, eh ee dass man Pflanzen, deren Samen nicht zu theuer kommt, die sich reichlich bewurzeln und die von den Nematoden besonders stark be- fallen werden, anbaut. Wenn die jungen Nematoden in die Wurzel eingewandert und unbeweglich geworden sind, werden die Pflanzen ausgeackert, um deren Wurzeln auszutrocknen, wodurch die Nematoden zugrunde gehen. Als geeignetste Fangptlanze hat sich der Sommer- rübsen oder Raps erwiesen. Zum Gelingen der Methode ist es erfor- derlich, dass alle Vorschriften, welche Kühn gibt, minutiös befolgt werden, dass man mit der Lebensweise der Nematoden selbst vertraut ist, und dass Ausdauer und Accuratesse zu den Haupttugenden des Experimentators gehören. Werden diese Bedingungen erfüllt, dann ist ein sicherer Erfolg zu erwarten, wenn nicht — dann ist das Ex- periment ein zweischneidiges Schwert, das statt zu einer Decimirung der Nematoden, zu einer Vermehrung derselben führen kann. Kühn gibt folgende Vorschriften: „Die Aussaat auf von Nematoden infieirten Feldern muss eine reichliche (bis 38 kg Sommerrübsen per Hektar) sein, am besten mittels Drillsaat eimgebracht. Der Boden muss gut vorbereitet und genügend erwärmt sein, um einen gleichzeitigen, regel- mässigen und raschen Aufgang der Saat zu erzielen. Als geeignetste Zeit des Anbaues empfiehlt sich daher die Mitte April (vom 10. bis 15. April. Das Hauptaugenmerk ist nun darauf zu legen, dass der richtige Zeitpunkt zur Zerstörung der Fangpflanzen und dadurch der in den Pflanzen eingewanderten Nematoden wahrgenommen werde. Ohne Handhabung des Mikroskopes wird man hiebei immer mehr oder weniger im Dunklen tappen. Es ist der richtige Zustand der in die Fangpflanzen eingewanderten Nematoden zu erkennen, wenn die Nema- todenlarven im unbeweglichen Stadium sich befinden, was auch an den Würzelchen durch Anschwellungen unter dem Mikroskop bei einiger Uebung zu erkennen ist. Nach dem Aufgang der Rübsensaat (eirca zehn Tage nachher) soll schon mit der Untersuchung der sorg- lich mit einem Spaten ausgehobenen (nicht ausgerissenen) Pflänzchen begonnen werden, und sind die daran hängenden Erdklümpchen nicht abzuklopfen, sondern abzuspülen, eventuell mittels einer Spritzflasche wegzuspülen. Es ist nun weiter Aufgabe des Beobachters, dass er jenen Zeitpunkt wahrnimmt, wo die in den Fangpflanzen am meisten entwickelten Larven den zulässig spätesten Entwicklungszustand zeigen. Bei den männlichen Thieren ist dies der Fall, wenn die Aus- bildung derselben innerhalb der Larvenhaut zwar noch nicht vollendet, aber doch so weit vorgeschritten ist, dass man die Anfänge der Bil- dung eines schlanken, aalförmigen Würmchens durch die Larvenhaut wnehr oder weniger deutlich beobachten kann. Das Weibchen ist ferner zu jener Zeit bewegungslos, in der es der Geschlechtsreife nahe ist, — LO: — zu welcher Zeit es die Birnform annimmt. Wie oben schon erwähnt, soll das Zerstörungswerk beginnen, sobald die eingewanderten Larven durch das Schwellen ihres Leibes die Epidermis der Rübenhaut heben. Man soll aber nicht warten, bis diese berstet. Um die Untersuchung der feinen, von der Erde befreiten und mittels der Scheere abge- schnittenen Würzelchen des Rübsen zu erleichtern, werden dieselben vorher in eine Lösung von Jod in Jodkalium gelegt, wobei die Nema- toden dunkelbraun, die Faserchen der Wurzel dagegen nur hellbraun gefärbt werden. Diese Jodlösung besteht aus 509 Jodkalium und 5 y reinem Jod auf 500 9 destillirten Wassers.“ Bei der mikroskopischen Untersuchung darf man sich aber von den an den Wurzelfasern haftenden Wurzelhauben nicht beirren lassen, da dieselben dunkel gefärbt sind; doch sind sie dadurch erkenntlich, dass sie schwarz punktirt sind, nicht so scharfe geradlinige Umrisse besitzen und zellige Theilung haben. Die zur Untersuchung bestimmten Rübsenwurzeln dürfen nur kastanienbraun gefärbt sein, infolge dessen man sie aus der Jodlösung herausnimmt und eine halbe Minute in einen Teller mit Wasser legt. Man trocknet sie dann mittels Lösch- papier ab, legt sie auf den Objectträger, gibt etwas Glycerin mit einem Glasstab darauf, bedeckt mit dem Deckgläschen und das Object ist zur mikroskopischen Untersuchung geeignet. Durch dieses Ver- fahren unterscheidet man ganz genau die Entwicklungsstadien der Nematode und ist bei einiger Uebung die Verwechslung mit den Wurzelhauben ganz ausgeschlossen. Praktisch einen Anhaltspunkt zur Vernichtung der Fangpflanzen zu geben, ist schwer und unverlässlich, ja gefährlich. Witterungs- verhältnisse können diesen Zeitpunkt nach 35 Tagen, aber auch schon nach 25 Tagen eintreten lassen. Geht man zu früh ans Werk, so ist der Erfolg gering, weil noch viel zu wenig Larven sich eingebohrt haben; vernichtet man dagegen die Fangpflanzen zu spät, so ist die Entwicklung der Larven zu weit vorgeschritten, die Männchen haben ihre Larvenhaut verlassen und die Weibchen sind schon befruchtet. Auch das Mittel, sich nach der Entwicklung der Blätter der Fang- pflanzen zu richten, ist ohne mikroskopische Controle aus oben ange- gebenen Gründen gefährlich; ob sich das vierte oder fünfte Blatt rascher oder langsamer entwickelt, hängt doch von Umständen ab, die, nicht berücksichtigt, die ganze Sache illusorisch machen können. Kurz, wer nicht zu mikroskopiren versteht oder nicht jemand Ver- lässlichen an der Seite hat, lasse die Sache lieber ruhen. Ist also dieser Zeitpunkt durch einen fachgeübten Kenner bestimmt, dann heisst es ohne Zögern mit Hintanstellung der anderen Arbeiten an die Vernichtung dieser ersten Fangpflanzensaat zu schreiten, wobei — 192 °— das von Kühn vorgeschriebene Verfahren strenge einzu- halten ist. Man grubbert das Feld am besten mit dem eigens von Kühn für diesen Zweck construirten Grubber kreuz und quer und hebt so alle Pflanzen aus dem Boden, worauf ein oder mehrere Eggenstriche folgen; alsdann lässt man das Feld unberührt und das Kraut abwelken. Man sehe darauf, dass möglichst alle Pflanzen mit den Wurzeln an die Oberfläche kommen, auch auf tieferen Stellen, in welchem Falle Frauen mit Handhacken nachzuhelfen haben. War die Saat infolge ungünstiger Witterung bis zu der eben beschriebenen Entwicklung der Nematodenlarven zu hoch gewachsen, so wird es angezeigt sein, diese Saat zuerst abzumähen und dann zu entfernen. Das Abwelken der Wurzeln wird in zwei Tagen genügend fortge- schritten sein, dann ackere man mit dem Sack’schen Pflug und Vorschar so tief, dass alles Kraut sammt Wurzeln so tief zu liegen kommt, dass alle etwa noch vorhandene Lebensthätigkeit alsbald unter der 25 bis 30 cm tiefen Erddecke erstickt werden muss. Ohne zu zögern, bereite man das Feld für die zweite Fangpflanzensaat vor. Unter denselben Bedingungen, wie oben beschrieben, wiederholen sich die weiteren Operationen; ein stark von Nematoden inficirtes Feld verlangt zur gründlichen Reinigung eine viermalige, selbst fünfmalige Wiederholung. Es sei bemerkt, dass bei späteren Saaten die erwähnten Anschwellungen immer schwieriger zu constatiren sind, man warte aber niemals länger, als bis sich das vierte Blatt (die Kotyledonen nicht mitgerechnet) entwickelt hat, und das fünfte eben hervorkommt. Ist man nicht in der Lage, alle seine stark inficirten Aecker auf ein- mal so zu behandeln, so isolire man den mittels Fangpflanzen ge- reinigten Theil durch einen Graben, der bis 09 m tief und in der Sohle 0:5 m breit ist. Den Boden des Grabens bedeckt man mit Aetzkalk, der nach Regenwetter ermeuert werden muss. An den Seitenwänden des Grabens entfernt man die daselbst etwa wachsenden Unkräuter, speciell Ackersenf und Hederich. Man muss auf alle mögliche Weise verhindern, dass in ein mit so grossen Auslagen ge- reinigtes Feld aus den Nachbarfeldern die im Boden weiter wandernden Nematoden wieder auftreten. Grosse Hoffnungen kann man bei Ver- nichtung der Nematoden auf die insectenvertilgenden Eigenschaften gewisser Pilze setzen, um verderbenbringende Epidemien unter denselben hervorzurufen:; so machte Kühn auf Tarichium auxiliare als Zerstörer der Nematoden aufmerksam; ebenso ist Isaria destructor in Vorschlag gebracht worden. Andere wiesen auf Eutomophtora calliphora, Eut. radicans hin, wozu jedoch Hollrung bemerkt: „Leider sind die hoch- interessanten Vorschläge praktisch schwer ausführbar und theuer.“ Um die Kosten der Nematodenvertilgung durch Fangpflanzen, wobei — 193 — für ein ganzes Jahr die Ernte verloren geht, zu verringern, meint Kühn, dass es rathsam wäre, zwischen zwei Generationen von Fangpflanzen eine Hanfernte einzuschieben, indem man vor der Hanfsaat im Früh- jahre eine und nach Aberntung derselben im Herbste noch ein oder zwei Fangpflanzensaaten ausführt. Doch da entstand die Frage, wohin mit dem Hanf? Als billigere Methode, speciell auf Feldern, die noch nicht gar zu arg rübenmüde sind, empfahl Kühn die mit einer Kartoffelernte combinirte Fangpflanzenmethode. Darüber berichtete dieser Forscher im Jabre 1891 wie folgt: „Wir haben Aussicht, durch den Kartoffelbau (die Sorten Andersen und Herman bewährten sich vorzüglichst) nach zwei Frühjahrspflanzensaaten die Entwicklung der Nematoden dauernd zu beschränken und ihre Vermehrung ausreichend niederhalten zu können, um alle drei Jahre eine nach Quantität und Qualität volle, normale Rübenernte zu gewinnen. Nur darf man nicht verlangen, dass nur durch die vor den Kartoffeln auszuführenden zwei Fangpflanzensaaten ein starker, rübenmüder Acker wieder völlig rübensicher werden solle. Wo die Rübenerträge per Hektar bis 200 4 und darunter gesunken sind, da ist das Opfer eines Brachjahres mit vier Fangpflanzensaaten unerlässlich. Wo aber die Nematoden noch wenig um sich gegriffen haben, wo die Erträge sich noch nicht so tief vermindert haben, da wird sich höchst wahrscheinlich durch Kar- toffelbau mit zwei Fangpflanzensaaten im Frühjahr allein schon nicht nur weiteres Sinken der Erträge verhüten, sondern allmälig die volle, normale Ertragsfähigkeit zurückgewinnen lassen. Man begnüge sich aber nicht mit einer Fangpflanzensaat, wo deren zwei im Frühjahr ausgeführt werden können, denn es finden sich bei der zweiten Saat eher noch mehr Larven als in der ersten, weil die zweite Saat gerade in die Entwicklungszeit fällt, welche deren Einwanderung in die Wurzeln fördert.“ Ueber das Wesen dieses Verfahrens theilt Hollrung Folgendes mit: „Fangpflanzen werden, sobald es die Witterung und sonstige Um- stände für empfehlenswerth erscheinen lassen, ausgeführt und nach einer durch die mikroskopische Untersuchung der Pflänzchen fest- zustellenden Frist in der als bekannt vorauszusetzenden Weise zerstört. Unmittelbar hernach werden die Kartoffeln gelegt, am besten 18 Zoll. 47 cm im Quadrat, und zum zweitenmal Fangpflanzen zwischen die Kartoffelreihen eingesäet. Die Zerstörung der Rübsenpflanzen erfolst diesmal mit der Furchenegge und der Handhacke. Von Wichtigkeit ist die Auswahl der nach den Fangpflanzen anzubauenden Kartoffel- sorte. Die Versuche ergaben, dass es durchaus nicht nothwendig ist, frühreife Sorten anzubauen. Die besten Resultate sind mit Athene und Simson erzielt worden. Die weisse Nassengrunder ist für lehmige 13 — 194 — Böden empfehlenswerth. Die Netz- und Kreuzkartoffel, die frühe Blaue, sowie die Daber'sche Kartoffel haben sich zu diesem Zwecke als vollkommen unbrauchbar erwiesen. Zwischen dem Auslegen der Kartoffeln und dem Einbringen der Fangpflanzenzwischensaat lässt man zweckmässig acht Tage verstreichen; ist das nicht thunlich, so markire man die Saatkartoffelreihen durch eingelegte Gerstenkörner.“ Soweit nun über das Wesen der Fangpflanzenmethode, über welche wir im Interesse der Sache so eingehend als möglich berichtet haben. Vor Allem muss aber noch einmal betont werden, dass zum Gelingen der Methode die Vorschriften von Kühn in peinlichster Weise eingehalten werden müssen, um nicht zu einem Misserfolg zu kommen. In grösseren Wirthschaften wird es nothwendig sein, dass sich ein im Mikroskopiren geübter Beamter in der kritischen Zeit zumindest täglich eine Stunde mit der Untersuchung der Pflanzen beschäftigt, wobei so viele Pflanzen als möglich zur Untersuchung kommen müssen. Für kleinere Wirthschaften liegt darin allerdings ein Haken, umsomehr, als man von den Kleingrundbesitzern kaum die Intelligenz für die richtige Durchführung der Fangpflanzenmethode er- warten kann. Ausserdem kann nicht verschwiegen werden, dass Um- stände eintreten können — und darauf hat für unsere Verhältnisse Postelt hingewiesen — dass die Methode unter ungünstigen Ver- hältnissen vollkommen versagen kann. Postelt hält es namentlich in Bezug auf unsere ungünstigen klimatischen Verhältnisse für gewagt, fünf Fangpflanzensaaten in einem Jahre machen zu wollen und auf jeden Ertrag des Feldes in diesem Jahre zu verzichten, und es hat demnach der Fangpflanzenbau, als Zwischencultur auf mehrere Jahre vertheilt, mehr wirthschaftliche Berechtigung. Wenn der Landwirth seine Felder soweit wieder hergestellt hat, dass wiederum erträgliche Ernten gewonnen werden, so ist jederzeit aber Vorsicht am Platz, um nicht wieder das Unglück ein zweitesmal heraufzubeschwören. Man hüte sich also, Abfallerde von Rüben, die einem anderen noch rübenmüden Boden entstammt, auf ein gereinigtes Feld zu bringen; man vermeide überhaupt in einem solchen Falle die Verwendung von Zuckerfabrikscompost jeglicher Art. Auch Futter- reste solcher Rüben können die Nematoden wieder verschleppen. Ein unglaublich rasches Verbreiten der Nematoden hat die Verwendung von Samenrüben im Gefolge, wenn solche von mit Nematoden befallenen Grundstücken stammen — kurz, Vorsicht ist in jeglicher Hinsicht geboten. Auch wird es sich empfehlen, auf durch Fangpflanzen von Nematoden gereinigte Grundstücke bezüglich der zu bauenden Cultur- gewächse Rücksicht zu nehmen, als solche eine grössere oder geringere. Geneigtheit zeigen, von Nematoden besucht zu werden. Man vermeide. — 15 — daher in erster Linie, Rübe auf Rübe zu bauen oder Hafer als Nach- frucht zu wählen; früher sind schon mehr oder weniger nematoden- sichere Pflanzen erwähnt worden. Die Aufsicht hat streng darauf zu seheu, dass solche Felder von Unkraut, speciell von Hederich, Acker- senf, Kornrade und Melde rein gehalten werden. Selbst die Rübe kann aufsolchen Feldern dazu benützt werden, die noch vorhandenen Rüben- Nematoden zu vermindern, indem man zum Rübenbau sehr reichliches Saatgut, z. B. 40 bis 42 kg per Hektar aussäet, dadurch viele Pflanzen heranzieht, die dann beim Vereinzeln je nach der Witterung drei bis vier Wochen nach dem Auflaufen ausgezogen, und so als wirkliche Fangpflanzen benützt und dann vom Felde entfernt werden. Man hüte sich übrigens auch vor einem forceirten Rübenbau, der unter Umständen unangenehm werden kann, denn Hollrung hat die überraschende Beobachtung gemacht, dass jedwedes Foreiren des Rübenbaues, auch in solchen Gegenden, welche von der Rüben-Nema- tode verschont zu sein glauben, die Gefahr der Rübenmüdigkeit her- aufbeschwört. Cerveny empfiehlt in neuerer Zeit Zea-Mais als Fangpflanze für Nematoden und Stoklasa hat dies thatsächlich durch einen Versuch bestätigt gefunden, will aber auf Grund eines einzigen Versuches den Mais zu dem gedachten Zwecke noch nicht direct empfehlen. Ueber den gegenwärtigen Stand der Nematodenfrage hat sich Hollrung im Vorjahre in sehr bemerkenswerther Weise geäussert. In der Provinz Sachsen, die ja eigentlich als das Heimat- land, als das Mutterland der Nematode angesehen wird (wenn dies nach Hollrung auch einer gründlichen Correetur unterworfen werden muss, nachdem die Rüben-Nematode von Haus aus über ganz Deutsch- land verbreitet war), scheint dieser Schädling in seinem Umsichgreifen zum Stillstande gelangt zu sein. Das seinerzeitige Anwachsen zu einer Calamität war nur durch den foreirten Anbau der Zuckerrübe und sonstiger Früchte, welche die Rüben-Nematoden annehmen, das sind namentlich Kohlgewächse, Hafer, möglich. Eine Verschleppung durch die Fabriken kann als ausgeschlossen betrachtet werden, nachdem die Fabriken genügende Mittel besitzen, ihre Rückstände von Nematoden zu befreien. Die Bekämpfung auf dem Felde durch direete Mittel — Fangpflanzenmethode, Schwefelkohlenstoff —. ist gegenwärtig nicht empfehlenswerth, da dieselben theils zu umständlich, theils zu theuer sind. Dagegen ist Hoffnung vorhanden, dass bei Anwendung der so- genannten indirecten Mittel, d. h. also mit Hilfe tiefer Bearbei- tung, schon bei passender Auswahl der Vorfrüchte, bei einer zeitigen Bestellung und naturgemäss auch bei einer guten Düngung der Zuckerrübe eine Verringerung der Rübenmüdigkeit im Laufe der \ 13° 196, — Jahre erzielt werde. Darauf hin blickt Hollrung verhältnissmässig guten Muthes in die Zukunft. Zum Schluss sei noch auf einen neuen Gesichtspunkt auf- merksam gemacht, den Wilfarth zur Bekämpfung der Nematoden ins Auge fasst. Wilfarth will eine gegen Nematoden widerstands- fähige Rübenrasse erziehen. Die ungünstigen Wirkungen der Nema- toden auf die Rübe drücken sich aus durch geringe Grösse, schlechte beinige Form und geringen Zuckergehalt. Es sind also auf einem ver- seuchten Felde diejenigen Rüben auszusuchen, die diese Eigenschaften nicht haben, also normale, gutgeformte, mit hohem Zuckergehalt. Diese Rüben müssen zur Samenzucht verwendet werden. Das Aus- suchen darf nicht nach vollendeter Ernte, etwa aus den Miethen, ge- schehen, sondern muss an Ort und Stelle, wo sich in der Nachbar- schaft zahlreiche Nematoden vorfinden, vorgenommen werden. Die aus diesen Mutterrüben gewonnenen Samen sind auf nematodenhaltiges Land zu bringen und im Herbst ist wieder die Auslese zu machen und so fort. Wilfarth glaubt, dass bei consequenter Auslese schliess- lich das Ziel erreicht werden muss, eine Rasse zu züchten, die eini- germassen widerstandsfähig gegen Nematoden ist. Wenn man dann ferner die richtige Ernährung der Rübe nicht ausser Acht lässt, dann wäre die Nematodenfrage in der Hauptsache gelöst. 2. Die Knöllehen-Nematode. Heterodera radieicola. (Müller.) Diese Nematodengattung — Knöllchen-Nematode, auch Wurzel- älchen genannt — unterscheidet sich von den Rüben-Nematoden (Heterodera Schachtii) kaum wesentlich in Form und Grösse, nur sind die Weibchen nach Vahha von robusterer und unregelmässigerer Form. Das Vorderende derselben ist kegelförmig oder cylindrisch. Das Männchen erreicht eine Länge von 1 bis 15mm und eine Dicke von 0'024 bis 0'039 mm. Heterodera radieicola ist bis jetzt auf Rübe nur selten beobachtet worden und wurde speciell in Oesterreich-Ungarn nach der Mittheilung von Stoklasa überhaupt nur einmal beobachtet. Ueber das Auftreten in Russland macht Tarnani einige Mittheilungen und hat er auf Rüben neben Heterodera Schachtii auch Heterodera radicicola aufgefunden. Der Schaden war nur ein geringer, wie man überhaupt auch in anderen Ländern von grösseren Beschädigungen nichts gehört hat. Da aber ein stärkeres Auftreten mit der Zeit doch nicht ausgeschlossen erscheint, so muss des Thieres Erwähnung gethan werden. Auf mit dieser Nematodenart infieirten Zuckerrüben aus Italien fand Vanha an den Wurzeln zahlreiche Anschwellungen bis zur Hasel- nussgrösse vor; im Innern dieser Knöllchen finden sich viele kleine weissliche Punkte, die trächtigen Weibchen von H. radieicola. Die En knolligen Auswüchse dürften entweder durch den Reiz, welchen die Würmer in dem Gewebe ausüben, oder vielmehr durch giftige Aus- scheidungen, welche das wachsende Wurzelgewebe zu Umbildungen anspornt, hervorgerufen werden. Es muss aber noch einmal besonders hervorgehoben werden, dass die durch Heterodera radicicola verur- sachten Anschwellungen mit dem „Wurzelkropf“ der Rüben nichts zu thun haben und verweise ich in Bezug auf diese Krankheit auf die früheren Mittheilungen auf pag. 83. Nach den Untersucuungen von J. Stoklasa unterscheidet sich H. radieicola im Stadium des trächtigen Weibchens bezüglich der Dimensionen von der Rüben-Nematode (H. Schachtii) gar nicht. Ueber- haupt ist der ganze Organismus nicht nur des Weibchens, sondern auch des Männchens der entwickelten H. radicicola analog jenem der Rüben-Nematode. In dem Knöllchen findet die Entwicklung des Weibchens und des Männchens, sowie der Befruchtungsact statt. Durch das Absterben des Weibehens und weiterer Entwicklung der Jungen vermehren sich die Wurzelknöllchen. Wenn die Larven den Mutter- körper und die Eier verlassen, dringen sie nicht immer in den Boden, sondern leben entweder in den Intercellularräumen oder in den Gefässbündeln weiter und bilden in der Nähe neue Knöllchen. Für die Zuckerrübe sind diese T'hiere gefährliche Parasiten, nachdem sie ım grosser Menge auf einer Pflanze auftreten können, und daher sicher die vitalen Processe im Organismus der Zuckerrübe stören. Die Ver- suche von Stoklasa haben speciell gezeigt, dass die mit Knöllchen behaftete Rübe eine schwächere Entwicklung nicht nur der Wurzel, sondern auch des Blattwerkes aufgewiesen hat. Aus den Erfahrungen des bis jetzt einmal in Böhmen beobachteten Falles geht auch hervor, dass der Ertrag des inficirten Feldes um die Hälfte kleiner war, als der des gesunden Nachbarfeldes. H. radieicola greift ausser der Runkelrübe und dem Hafer auch andere Pflanzen an, die von H. Schachtii verschont bleiben, wie Cichorie, Möhre, Kleearten, Rispengras, Kümmel, Gurke, Kopfsalat, Weberkarde, Birnbaum, Weinstock, Waldrebe, Sojabohne, Strandhafer, Wolfsmilch, Wegerich, Tomaten, Löwenzahn und Quecke. Auffallend ist, dass die H. radicicola die Wurzelknöllchen na- mentlich im sandigen Boden mit ungewöhnlicher Energie treibt, da- gegen aber, wie es scheint, im Thonboden abstirbt. Bekämpfung. Da dieses Thier in seinem Auftreten auf der Zuckerrübe noch sehr wenig studirt ist, so lassen sich auch keine Bekämpfungsmassregeln angeben. Glücklicherweise gehört die Knöll- chen-Nematode jetzt noch zu den harmlosen Schädigern der Zucker- rübe und hat daher keinen Grund zur Beunruhigung gegeben. Zr 3. Rüben-Nematoden der Gattung Dorylaimus. (Tafel XXIV.) Die Rüben-Nematoden, Heterodera Schachtii, welche, wie sich aus der Mittheilung über dieselben ergibt, zu den gefährlichsten Rübenfeinden zu zählen sind, haben aber noch zahlreiche Bundes- genossen, welche mit ihnen nahe verwandt sind und die ebenfalls, wie einige Forscher behaupten — was allerdings von anderer Seite nicht direct zugegeben wird — die Zuckerrüben und andere Gewächse in ausserordentlicher Weise schädigen. Es betrifft dies die Gattung Dorylaimus, von welcher man bis jetzt 52 Arten kennt, die zum grössten Theil nur im. Wasser leben und daher den Pflanzen nicht schädlich sind. Durch die neueren Forschungen von J. Vanha sind jedoch einige Arten aufgefunden worden, die schon eine ziemliche Verbreitung gefunden haben und bedeutende Pflanzenschädiger sind. Von der gewöhnlichen Rüben-Nematode unterscheidet sich Dorylaimus vorzugsweise dadurch, dass er bei Weitem grösser ist, einen bedeutend mächtigeren Stachel besitzt, und dass die befruchteten Weibehen nicht anschwellen. Letzterer Umstand macht eine Constatirung an den er- krankten Pflanzen sehr schwierig, wozu noch kommt, dass Dorylaimus nicht ruhig an den Wurzeln sitzt, sondern nur das Zellgewebe mit dem starken Stachel öffnet und aussaugt. Der Wurm ist frei beweglich und wandert leicht aus. Vahha hat nun die folgenden Dorylaimen- arten gefunden, die als Pflanzenschädlinge auftreten. a) Dorylaimus condamni. Der bald 3mm, bald wieder 10 mm lange und nur 0'112 mm dicke Wurm besitzt einen schlanken, walzenförmigen, sehr fein lang- gestreiften, am Hinterende stumpf abgestutzten Körper mit glatter Oberfläche. Die den Körper bedeckende Haut ist fest und ausserdem durch Längs- und Quermuskeln verstärkt, so dass der Wurm gegen äussere Einflüsse sehr gut geschützt erscheint. Besonders charakteri- stisch für die Gattung Dorylaimus ist der eigenthümliche Stachel, welcher in der Mundhöhle liegt, beweglich ist und bis zur Hälfte seiner Länge aus dem Munde vorgestreckt werden kann. Der Stachel ist hohl, sehr stark und ähnlich einer Schreibfeder schief zugeschnitten. Mittels desselben öffnet der Wurm das Zellgewebe der Wurzelfasern und saugt den Zellsaft aus, der durch die Höhlung des Stachels in die Speiseröhre gelangt. Die stossweise Bewegung des Stachels er- folgt durch mehrere Muskelfasern am hinteren Ende des Stachels. Die junge Larve besitzt zwei Stacheln, von denen der eine kleiner und etwas seitwärts gelegen ist. So lange der Hauptstachel funectionirt, — 19 — kann der kürzere nicht vorgestossen werden, sondern dient nur als Reservestachel, welcher an die Stelle des Hauptstachels tritt, wenn dieser abgenützt, resp. bei der Häutung mit abgeworfen worden ist. Die Thiere unterscheiden sich nur durch die Geschlechtsorgane. Die Eier reifen im Mutterleibe und werden bei einer Länge von ungefähr 0:25 mm von. dem Weibchen einzeln abgelegt, so dass sie sich erst im Boden zu Embryonen entwickeln. Da die Eier einzeln zur Entwicklung gelangen und einzeln abgelegt werden, häufen sie sich im Mutterleibe nicht an, infolge dessem die trächtigen Weibchen der Dorylaimen weder anschwellen, noch ihre Beweglichkeit verlieren. Die Weibchen des Dorylaimus sind bei Weitem zahlreicher als die Männchen, welche bei vielen Arten noch gänzlich unbekannt sind. Die Gattung Dory- laimus ist wohl nicht so fruchtbar wie die Heterodera, doch entwickeln sich dagegen die Eier rascher, indem sie zur vollkommenen Reife nur etwa vier bis fünf Tage bedürfen. b) Dorylaimus incertus. In der inneren Organisation und der Körperform zur Gattung Dorylaimus gehörig, übertrifft diese Art alle bekannten Arten an Grösse. Sie pflegt durchgehends länger als 9 mm zu sein und erreicht manchmal sogar eine Länge von 15 mm. Der Stachel weicht von jenem der vorigen Art wesentlich ab. Er ist gleichfalls stark, röhrenförmig und vorne schief zugeschnitten, aber seine Wände sind bedeutend dicker, das Lumen schmal, er selbst nicht gegliedert. Das Männchen ist bisher unbekannt. Diese Art kommt gemeinschaftlich mit D. con- damni, jedoch in viel geringerer Zahl an denselben Wirthspflanzen vor. c) Dorylaimus makrodorus. Diese Art ist 4mm lang und dem D. condamni sehr ähnlich. Ganz eigenthümlich ist aber der Stachel von Nähnadelform, der in der langen Mundhöhle liegt und an Länge die Stacheln aller übrigen Dorylaimen. übertrifft. Derselbe ist stark und am Vorderrande be- sonders fest und kurz zugespitzt. Er ist ungegliedert und wird am hinteren Drittel seiner Länge etwas weiter; er ist gleichfalls hohl und stellt zugleich ein Röhrchen dar, durch welches die flüssige Nahrung in die Speiseröbre übergeht. Etwa in der halben Länge ist in der Mundhöhle ein chitinöser Ring angebracht, durch welchen der Stachel geht, und welcher jedenfalls den Zweck hat, einerseits dem Stachel die Führung zu geben und anderseits eine zu weite Empor- stülpung desselben aus der Mundhöhle zu verhindern. Ernährungsweise der Dorylaimen. Die Dorylaimen ernähren sich namentlich vom Safte der feinen Wurzelfasern und des jüngsten Gewebes und ist nach der Ausrüstung des Mundes eine andere Art — 200 — der Nahrungsaufnahme gar nicht möglich. Der Wurm bohrt sich jedoch nicht in das Zellgewebe ein, sondern er sitzt nur frei an der Wurzel und kann leicht von einer auf die andere übersiedeln. Aut diese Weise ist Dorylaimus im Stande, mehr Wurzeln und Pflanzen zu befallen und auszusaugen, als die Heterodera-Nematoden. Nach den Beobachtungen von de Man ist die Vermuthung nicht unbe- rechtigt, dass die Dorylaimen auch von thierischer Nahrung leben können und auch ihre natürlichen Feinde haben. Art und Weise der Pflanzenbeschädigungen. Die an Dorylaimus kranken Rüben sind von der an Heterodera erkrankten äusserlich gar nicht zu trennen, sondern nur durch genaue Unter- suchung ihrer Wurzelfasern und des Erdreiches zu unterscheiden, wozu eine starke Lupe erforderlich ist. Die infieirten Rüben bleiben klein, verkürzen sich gewöhnlich am unteren Ende und setzen zahl- reiche Wurzelfasern an, von denen viele braun werden und absterben, jedoch nicht anschwellen. Die Getreidearten und die Gräser werden ebenfalls an den Wurzeln geschädigt und dadurch am Wachsthum zurückgehalten. Auf den Kartoffeln scheinen die Dorylaimen eine Art Kräuselkrankheit zu verursachen; die Blätter rollen sich mehr oder weniger ein, die Kartoffelstauden bleiben in ihren Gipfeln im Wachs- thum zurück und die Blätter werden von unten gelb und welk. Verbreitung der Dorylaimen. Die Dorylaimen sind fast über ganz Europa und auch in den übrigen Welttheilen stark verbreitet. Vanha fand diese Schädlinge an verschiedenen Orten Deutschlands, namentlich in der Provinz Sachsen auf Zuckerrüben und Kartoffeln, ferner in Frankreich. Besonders stark ist das Auftreten in Böhmen und Mähren, wo Vanha den Schädling auf Zuckerrüben, ferner auf Futterrüben und Weizen constatirte. In Niederösterreich wurden die Wurzelfasern junger Fortsetzlinge, u. zw. der Eiche und der Kiefer, befallen, welche eintrockneten. In Ungarn schädigt D. condamni die Zuckerrüben bei Bieske, Vanhha fand ihn auch auf dem Gute Illava und der Domäne Sombor; auch in Croatien wurden diese Thiere mit den Enchyträiden zusammen gefunden. In Südwest- und Westruss- land hat Tarnanı das Auftreten der Dorylaimen constatirt, doch haben dieselben bis jetzt nur geringe Verbreitung gefunden und ist der Schaden ohne Bedeutung. Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass die Dorylaimen eine noch weit grössere Verbreitung gefunden haben und sind daher weitere Forschungen nothwendig. Da diese Schädlinge sich infolge ihrer Kleinheit leicht der Beobachtung ent- ziehen und ausserdem gefährliche Feinde der verschiedenen landwirth- schaftlichen Culturpflanzen, besonders aber der Zuckerrübe sind, so ist ein genaues Studium ihrer biologischen Eigenthümlichkeit eine — 201 — Nothwendigkeit, da es nur auf diese Weise möglich ist, Bekämpfungs- mittel zu finden. Bekämpfung. So weit die Kenntnisse bis jetzt reichen, ist die Bekämpfung eine sehr schwierige. Die Thiere besitzen einen festen Körperbau, so dass sie jedem Unwetter Stand halten können; sie vertragen ferner Trockenheit und grosse Nässe und, was noch weiter für die Bekämpfung in die Waage fällt: sie können sich nicht nur von den Wurzeln der verschiedenen Culturpflanzen, sondern auch von denjenigen der Unkrautpflanzen ernähren. Vahnha fand die Dory- laimen bis jetzt auf Zuckerrüben, Futterrüben und deren Samenrüben, auf Kartoffeln, allen Getreidearten, namentlich Hafer, auf verschie- denen Gräsern, jungen Waldsetzlingen (Eichen und Nadelhölzern), im Wiesenboden und endlich auf manchen Unkräutern, wie Kornblumen. Schafgarbe, Flöhkraut, Hohlzahn u. s. w. Wirksame Vertilgungsmittel kennt man bis jetzt noch nicht. Die Fangpflanzenmethode kann hier keine Anwendung finden, nachdem die Dorylaimen niemals unbeweglich werden, ferner in das Jellgewebe der Pflanzen nicht eindringen und sehr schwer zu be- obachten sind. Auch der Fruchtwechsel kann so lange keinen Erfolg haben, bis man nicht gewiss weiss, welche Pflanzen von den Thieren befallen und welche gemieden werden. Vanha ist aber der Ansicht. dass starke Düngung mit Aetzkalk und Saturationsschlamm Aus- sicht auf Erfolg bietet. 4. Neue Rüben-Nematoden der Gattung Tylenchus. (Bast.) Obwohl über diese Rübenschädlinge noch keine ausführlichen Beschreibungen vorliegen, so verweisen wir doch der Vollständigkeit halber kurz auf dieselben, da sie, soweit die Beobachtungen vorliegen, auf der Zuckerrübe und anderen zahlreichen Culturpflanzen, wie Kartoffeln, Hafer, Raps und Rübsen, Kohlrabi, Carfiol, Kohl, Roth- klee, Luzerneklee u. a. Verheerungen hervorrufen und eine ungeahnte Verbreitung besitzen. Nach den Studien von J. Vanha ist es ausser Zweifel gestellt (obwohl dies von Seite anderer Forscher noch be- stritten wird), dass man diesen neuen Feinden der Gattung Tylenchus mehrere Krankheiten verschiedener Culturgewächse zuzuschreiben hat, u. zw. sind sie als Urheber folgender Krankheiten mit Bestimmtheit zu nennen: Trockenfäule der Rübe, Stengelfäule des Kartottelkrautes, Trockenfäule der Kartoffeln, Kleemüdigkeit des Bodens für Luzerne und Rothklee, Stengelfäule und Schwarzwerden der Lupine und anderer Krankheiten, deren Studium noch nicht vollständig abge- schlossen ist. Die Tylenchus-Arten, von welchen Vanha 25 neue Arten — 202 — entdeckte, sind bezüglich ihrer Form und Grösse der Heterodera Schaehtii ähnlich, unterscheiden sich jedoch dadurch, dass sie in keinem Entwicklungsstadium anschwellen, somit ihre 'Schlangen- form und Beweglichkeit stets behalten, daher auf den Wurzeln nicht fest sitzen bleiben, sondern ihr ganzes Leben lang herumwandern. (leich den Dorylaimen sind auch diese Würmer durchgehends mit mächtigen, vorstreckbaren Stacheln versehen, mittels welchen sie das gesunde Zellgewebe verwunden, um den flüssigen Zellinhalt auszu- saugen. Diese Stacheln sind hohl und dienen nicht bloss als Waffe, sondern auch als Ernährungsorgane. Die Mundöffnung ist so klein, dass der Stachel kaum hindurchgehen kann, so dass eine andere als parasitische Ernährung bei ihnen kaum möglich ist. Infolge ihrer Beweglichkeit erschwert sich ihr Studium und ihre Beobachtung un- gemein und erklärt sich daraus, dass sie bis in die letzten Jahre un- bekannt geblieben sind. In grösserer Menge sind sie unter dem zünd- schwammartigen Gewebe der infieirten Stellen und in dem einge- sunkenen Unterhautgewebe, wo die zugewanderten Würmer die Eier ablesen und aus denselben neue Würmer in grösserer Zahl hervor- gegangen sind. In den gesunden Rübentheilen oder zu Beginn der Fäulniss: können die Tylenchus-Nematoden nur durch scharfes und andauerndes Nachforschen entdeckt werden. Diese Tylenchus-Arten sind nur ein wenig grösser als Hete- rodera; auf dem Vorderkörper haben sie eine schwach eingeschnürte Kappe, der Hinterleib ist stumpf abgestutzt. Die kurze Speiseröhre trägt einen Bulbus (Kropf). Das Weibchen hat seine Geschlechtsöffnung ungefähr am hinteren Viertel. der ganzen Länge. Andere Arten sind kleiner, etwa 0'5 bis 0'8 mm lang und kaum 002 mm dick. Eine zweite Art zeichnet sich auffällig durch ihr kurz zugespitztes Hinterende aus, während eine dritte Art durch ihr lang ausgezogenes und scharf zugespitztes Hinterende charakterisirt wird. Der Körper ist kegel- förmig und die Speiseröhre hat keinen Bulbus. Vanha hat durch weitere Infectionsversuche festgestellt, dass (die Nematoden der Gattung Tylenchus wirkliche Parasiten und keine Saprophyten der Rüben und anderer Pflanzen sind. Von vielen T'ylen- chus-Arten ist bereits mit Sicherheit bekannt, dass sie die alleinige Ursache verschiedener Pflanzenkrankheiten sind, wie z. B. Anguillula devastatrix (Kühn), die Ursache der Roggenstockkrankheit, eine. Ne- matode, welche auch bei Hafer, Buchweizen, Rothklee, Luzerneklee, Distel, Zwiebel und Hyacinthen die Verkümmerung der Pflanze ver- ursacht. Es müsste daher nach Vahha Wunder nehmen, dass gerade Jene Arten derselben Nematoden, welche mit denselben Waffen aus- gerüstet sind und dieselbe Lebensweise führen, welche aber auf — 1.203 — der Rübe vorkommen, ohne jeden Grund als secundäre Begleiter, wie Frank der Ansicht ist, erklärt werden sollten. Da alle Ty- Jenchus-Nematoden, wie oben bemerkt, im Stande sind, mittels ihres mächtigen Stachels das gesunde und feste Zellgewebe öffnen zu können, so besteht darin der grosse Unterschied zwischen den wahrhaft schädlichen Würmern — den Tylenchus-Nematoden — und den un- ‚ schädlieben oder nicht parasitären Nematoden, welche auf bereits faulende, somit durch andere Organismen zerstörte und erweichte Substanzen angewiesen sind. Ihr schädlicher Charakter äussert sich noch markanter darin, dass sie Vanha auch in noch gesundem Zell- gewebe, wo noch kein Pilz oder ein anderer Schädling vorhanden war, constatiren konnte. Es ıst dies ein Beweis, dass diese Thiere nicht als eine secundäre Erscheinung, sondern als die wahre Ursache einer Krankheit zu betrachten sind. Nach Vanha sind die Tylenchus- Nematoden im Stande, den Wurzelbrand zu verursachen und hat man in ihnen die wahren Schädiger nicht nur der Rübe, sondern auch anderer Culturpflanzen zu erblicken; es ist daher nicht ein Zufall oder g, wenn sie an einer kranken Pflanze vorkommen. Frank bestreitet gegenüber Vanha nicht die Möglichkeit, dass auch die Zuckerrüben durch Tylenchus-Arten beschädigt werden können, doch hat, seiner Ansicht nach, Vanha diesen Beweis nicht feststehend erbracht, da er über das Fehlen eines Pilzmyceliums in den wurzel- brandigen Pflanzen keine genügenden Angaben erbracht hat. Die Forscher sind also über die schädliche Natur der Tylenchus- Nematoden für die Zuckerrübe noch nicht einig. Jedenfalls erscheint es aber doch geboten, diesen Thieren mit Misstrauen entgegenzutreten eine Folgeerscheinun und sie zu bekämpfen. Bekämpfung. Eine starke Aetzkalkdüngung dürfte als Präser- vativmittel nicht ohne Erfolg bleiben. Auf jeden Fall müsste es aber von Erfolg sein, die inficirten Rüben auszustechen und zu vernichten, was auch bei der Rübenernte im Grossen leicht durchführbar ist. Vanha ist bei seinen Untersuchungen, wie oben erwähnt, zur Er- kenntniss gekommen, dass dieselben Tylenchus- Arten, welche die Trockenfäule der Rüben verursachen, eine der hauptsächlichsten Ursachen des Wurzelbrandes sind. Der Wurzelbrand, dessen Ur- lieber die Nematoden der Gattung Tylenchus sind, äussert sich in der Weise, dass der unterirdische Stengel der Rübenkeimpflanze entweder nur in dem unteren Theile oder in seiner ganzen Länge bis zu den Blättern hinauf oder auch nur stellenweise fault, anfangs braun und durchsichtig, allmälig aber schwarz wird und mitihm auch alle Wurzel- fasern absterben, während die Blätter noch grün bleiben. Die Krank- heit tritt bald nach dem Keimen, manchmal auch noch bevor die Rübe a DR aufgeht, ein. Bevor noch äusserlich etwas zu sehen ist, wird die Wurzel allmälig weich, indem das ganze Parenchymgewebe derselben durch den aus den verwundeten Zellen herauskommenden Saft durch- sichtig wird und fault. Erhalten bleiben nur die centralen Gefäss- bündel, welche noch die Weiterbeförderung der Nährstoffe vermitteln und den Ausgangspunkt einer neuen Vegetation bilden, wenn die Krankheit vorüber ist. Ist die Infeetion zu stark, so stirbt das ganze Pflänzehen ab. Der von den Pilzen verursachte Wurzelbrand unter- scheidet sich von dem, welcher durch die Nematoden hervorgerufen wird, dadurch, dass der Stengel sich mehr schwärzt und der Brand bis zu den Blättern hinaufreicht. Als Schutzmittel gegen diese Art des Wurzelbrandes empfiehlt Vanha: 1. diehte Saat; 2. Anfeuchten des Samens mit Wasser oder Düngerjauche und Wiederabtrocknen, oder das Beizen desselben in einer 2°/,igen Lösung von Kupfervitriol und Kalk durch circa 24 Stunden; 3. gutes Austrocknen des Bodens; 4. ausgiebige Düngung mit stick- stoff- und phosphorhaltigen Düngemitteln oder gutem Stall- oder Compostdünger und Holzasche ; 5. fleissiges Behacken. Vanha hat Tylenchus-Nematoden an zahlreichen Orten in Böhmen und Mähren gefunden, u. zw. am häufigsten die ersten zwei Arten, seltener die dritte Art. 9. Die Enchyträiden. (Tafel XXLV.) Die Enchyträiden gehören in die Classe der Gliederwürmer, zur Ordnung der Oligochäten und kennt man bis jetzt über 40 Arten. Einzelne dieser Arten sind nun gefährliche Feinde nicht nur der Zuckerrübe allein, sondern auch vieler landwirthschaftlicher Cultur- pflanzen geworden, so dass sie zu den gefährlichen Pflanzenschädigern gezählt werden müssen. Genauere Kenntniss über diese Thiere ver- danken wir F. Vejdovsky und J. Vaüha und hat namentlich Letzterer ihr Auftreten an den verschiedenen landwirthschaftlichen Culturpflanzen, sowie ihre Verbreitung näher studirt. Die Enchyträiden treten als Schädiger auf sämmtlichen Rüben- arten, Kartoffeln, sämmtlichen Getreidearten, Wiesengräsern und ver- schiedenen Unkräutern (Kornblume, Knöterich, Hohlzahn u. dergl.) auf. Am meisten gefährdet sind die Zuckerrüben zur Zeit des Keimens und im ersten Stadium ihrer Entwieklung und bilden die Thiere, wie Vanha ebenfalls behauptet, eine der zahlreichen Ursachen des Wurzelbrandes. Grossen Schaden verursachen sie aber durch das Aus- fressen des keimenden Samens von angebauten Rübenknäueln, so dass die Rübe nur sehr unvollkommen aufgeht und häufig von Neuem gesäet — 205 — werden muss. Die aufgegangenen jungen Rübenpflänzchen werden von den Enchyträiden theils an den feinsten Wnrzelfasern, theils an den jungen Stengeln befallen. Im späteren Stadium der Entwicklung wird die Zuckerrübe insofern geschädigt, als sie im Wachsthum zurück- bleibt, verkümmert und klein bleibt; auch verlieren die Blätter ihr frisches Grün. Die Enchyträiden sind weisse, fadenförmige Würmer, die je nach der Art 5 mm, 15 bis 20 mm lang sind, von walzenförmigem, zahl- reich gegliedertem Körper. Der ganzen Länge nach trägt derselbe auf der Bauch- und Rückenseite kurze, stumpf endigende Borstenbündel zu je 2 bis 10 Borsten. Zwischen dem ersten und zweiten Segment befindet sich auf der Bauchseite ein Mundeinschnitt, der durch eigene Muskeln erweitert und geschlossen werden kann. Im zweiten Segment liegt der musculöse Schlundkopf (Pharynx), welcher durch starke Muskelbänder auch emporgeschnellt und wieder zurückgezogen werden kann; er dient dem Thiere als Fangapparat, mit welchem es sich der Nahrung bemächtigt, ist handförmig ausgehöhlt, mit einer Guticulahaut überzogen und kann durch Vorschnellung bedeutend erweitert werden. Neben dem Pharynx sieht man zwei kleine, gleichfalls rasch vor- streckbare, messerförmige Stilette; dieselben stellen Waffenorgane dar, mit denen der Wurm das feine Pflanzengewebe öffnet, um sich dessen Inhaltes zu bemächtigen. Die Enchyträiden bedienen sich aber auch ihres musculösen Schlundkopfes zum Ergreifen der Nahrung, insbesondere dann, wenn letztere aus jungem und zartem Gewebe besteht. Bei älteren Geweben müssen die messerförmigen Stilette mithelfen. Bezüglich der weiteren Anatomie hat Vanha eine Darstellung gegeben, welche hier nicht von weiterem Interesse ist. Hervorgehoben sei nur, dass die Enchyträiden hermaphroditische Würmer sind und sich daher selbst befruchten können, was für ihre Erhaltung und Vermehrung nicht ohne Bedeutung ist. Die fertigen Eier lösen sich vom Eierstock ab und geht die weitere Entwicklung zum Embryo im Boden vor sich, daher dieselbe wenig bekannt ist. Man findet reife Eier in bedeutender Menge an den Wurzelfasern junger Zuckerrüben. Die Entwicklungs- dauer vom reifen Ei bis zu geschlechtlich reifen Würmern dauert ungefähr sechs Wochen. | Das regste Leben führen die Enchyträiden im Frühjahr und ersten Sommer; bei feuchtem Wetter sind sie ziemlich nahe der Erd- oberfläche, bei trockenem Wetter hingegen zumeist tief an den Pflanzen- wurzeln zu finden. Sie scheuen das Licht und kommen während des Tages nur vorsichtig an die Oberfläche. Im Herbst und im Winter wandern sie in die Tiefe, schlingen sich knäuelförmig aneinander und — 206 — halten Winterruhe. Die grösseren Arten der Enchyträiden wissen sich auch ohne Pflanzen zu erhalten, indem sie aus der Erde die organischen Substanzen verzehren. Bemerkenswerth ist auch, dass diese Thiere die Fähigkeit besitzen, verletzte und verlorengegangene Theile wieder zu ersetzen. Nach den Beobachtungen von Vanha sind die Enchyträiden namentlich in Mähren und Böhmen mehr verbreitet als die Rüben- Nematode selbst. In Ungarn vermichteten sie ganze Weizenfelder auf dem Gute des Prinzen von Bayern in Särvär, in der Umgebung von Bieske traten sie mit Dorylaimen zusammen auf, ferner wurden sie auch bei Illava (in der Slovakei) auf Zuckerrüben beobachtet. Ausser in Oesterreich-Ungarn wurden sie auch in Deutschland (hier von Doering in dem südwestlichen Theil der Provinz Sachsen, wo sie einen ausgedehnten Schaden verursachten), Frankreich, Italien und Russland (ohne aber bis jetzt irgend welchen nennenswerthen Schaden verursacht zu haben) gefunden. Beobachtungen liegen auch aus Nord- amerika vor und bei der Nordenskjöldischen Expedition hat man sie selbst auf dem nördlichen Eismeere gesammelt. Daraus ist zu ersehen, dass wir es hier mit allgemein ver- breiteten und gefährlicheren Feinden der meisten landwirthschaftlichen Culturpfianzen zu thun haben, als man vermuthen könnte. Ich habe übrigens die Enchyträiden zusammen mit Rüben-Nematoden gefunden und war nach den durchgeführten Untersuchungen nicht zu zweifeln, dass erstere vorzugsweise an den geringen Erträgen des betreffenden Feldes Schuld trugen. Es wurde allerdings von verschiedenen Seiten daran gezweifelt, dass die Enchyträiden ebenfalls Parasiten der Zucker- rübe sind, sowie man gegen die Tylenchus-Nematoden und die Dory- laimen in puncto ihres Parasitismus Zweifel hegt. Vor einiger Zeit hat aber Stoklasa durch Vegetationsversuche nachgewiesen, dass die Enchyträiden in die Kategorie der gefährlichen Parasiten der Zucker- rübe gehören. Nach diesen und anderen Beobachtungen der letzten Jahre dürfte also nicht daran zu zweifeln sein, dass die Enchyträiden doch den Zuckerrüben gefährlich werden können und ist daher jeden- falls genaue Beobachtung und Vorsicht geboten. Bekämpfung. Auf Grund gewisser Eigenschaften der Schäd- linge empfiehlt Vaüha folgende Schutz-, resp. Vertilgungsmittel: 1. Starke Düngung mit Saturationsschlamm und mit Aetzkalk. 2. Mit gutem Erfolge wurde bei trockener Witterung die Austrocknung des Bodens durch entsprechende Bearbeitung versucht. Dies kann erzielt werden, wenn durch Tiefackerung bei trockener Witterung die unteren Schichten der Ackerkrume nach oben gekehrt, und wenn der Boden ausgetrocknet ist, zweimal in verschiedenen Richtungen exstirpirt wird, — 207 -— damit der Boden und die Wurzeln austrocknen. Bei leichteren Böden genügt nach. der Tiefaekerung zwei- bis dreimaliges Exstirpiren bei trockener Witterung, während bei bindigeren Böden der Tiefackerung noch eine Seichtackerung nachfolgen und dieselben nach einigen Tagen wenigstens dreimal tief exstirpirt werden müssen. Die Wirkung wird umso grösser sein, wenn der Boden stark mit Kalk gedüngt wird. 3. Angemessene Düngung mit künstlichen Düngstoffen, namentlich mit stiekstoff-, phosphorsäure-, eventuell auch kalihaltigen Dünge- mitteln, damit eine üppige und rasche Entwicklung der Pflanzen herbeigeführt wird. 4. Häufiger Fruchtwechsel, insbesondere auch Einschränkung der Cultur der befallenen Pflanzen. 5. Dichte Saat. Diese Bekämpfungsmittel empfehlen sich auch bei den Dorylaimen und sind ohne grosse Kosten durchführbar. Doering liess, angeregt durch die von Vanha ad 2 empfohlene Bekämpfungsmassregel, ein verseuchtes Rübenfeld, welches bei 40 cm Reihenweite auf 18cm Rübenentfernung in der Reihe mit der Hand gedippelt worden war und im Vorjahre ebenfalls Rüben getragen hatte, nachdem die Rübe eine Kopfdüngung von 30 Pfund Chilisalpeter per Morgen erhalten hatte, nach Eintritt trockener Witterung, Mitte Mai, so tief als möglich, bis dicht an die Pflanzenbüschel heran, hacken. Die Fehlstellen auf dem Rübenfelde wurden mit in 2%,iger. Bordolaiser Brühe gebeizten Rübensamen durch Nachlegen ergänzt. Durch das tiefe Hacken wurde ein Theil der Enchyträiden der Oberfläche des Ackers zugeführt und ging durch die Einwirkung der Sonne und Luft ein. Drei Tage nach dem Streuen des Chilisalpeters, bezw. nach dem Hacken hat ein leichter Gewitterregen den Chilisalpeter aufgelöst und scheint die beizende Kraft dieses Salzes die noch im Boden sich befindenden Enchyträiden ebenfalls zum Theil vernichtet zu haben. Die Methode hat sich nun im Allgemeinen als zweckentsprechend gezeigt, wenn sich auch noch einige Enchyträiden vorfanden, auch den in Bordolaiser Brühe gebeizten Rübensamen angriffen und den Kern aus dem Rübenknäuel mit ihrem vorschnellenden Stachel aussogen. In der zweiten Hälfte des Mai und anfangs Juni trat aber Dürre ein und mit dieser schwanden die letzten Enchyträiden. Doering glaubt, dass die Enchyträiden häufig durch den Rübensamen verschleppt werden. Finden sich diese Würmer im Rübensamen vor, dann ist derselbe anf jeden Fall als zur Saat untauglich zu verwerfen und sofort durch Verbrennen zu vernichten. Vanha entgegnet Doering, dass die Enchyträiden kein Vertrocknen vertragen und somit eine Verschleppung durch den Samen nicht stattfindet. Demgegenüber hat nun Doering die Beobachtung gemacht, dass Enchyträiden, welche sich in ein Rübenknäuel eingebohrt hatten, noch nach acht Tagen lebend waren — 208 — (die Rübenknäuel befanden sich in einer Schachtel), während die anderen, frei in der Schachtel befindlichen in kürzester Zeit eingingen. Wie lange Enchyträiden, die sich in ein Rübenknäuel eingebohrt haben, vermögen, in einem Sack mit Rübensamen sich aus einem Knäuel in das andere hineinzubohren und sich daher vor Austrocknung zu schützen, um so das Leben fortzusetzen, lässt sich nicht beurtheilen. Die Rübenknäuel sind nicht ganz trocken: ob nun diese Feuchtigkeit für das Leben der Enchyträiden genügt, müsste erst untersucht werden. Derartige Untersuchungen liegen bis jetzt nicht vor, so dass diese nicht unwichtige Frage noch nieht entschieden ist. Zum Schlusse sei bemerkt, dass ausser dem Maulwurf auch der Regenwurm als thierischer Feind der Enchyträiden gilt. l Wan ae: Ger Es i Puppe. (die vofa | l), wäh ee frei in der Schanktel befindlichen in kürzester Zeit ı ng Wie lange EEE OEREE Bra sin DIESE Ba Ba De een le BE jotat bee so dass d "nicht mnwichtige Frage nouk wiekt entschieden ist. | Zum Schlanse sei bemerkt, dam wusser dem Wanlwurf auch (der Regenwurm als RR Ka der geilen gilt. m '° ee a 4 A LT a ArSurt: Die thierischen Feinde der Zuckerrübe” _ Tafel XV. N Maikäfer. Eneerline. IEASHTE: „Die thierischen Feinde derZuckerrübe’”’ Tafel XVII Ir Suft: „Die thierischen Feinde der Zuckerrübe” Tafel XXX. Te ———— _ Haarmaul- Bogenfurchenrüssler. Ligusterlappenrüssler. Rauher Blattkäfer. Larve. Puppe. Nebeliger Schildkäfer. Erdfloh. Kohlerdfloh. Rapserdfloh. A.Stft: „Die thierischen Fe inde derZuckerrübe‘ Tafel XX. ;Rübenblattwespe. Still: „Die thierischen Feinde der Zuckerrübe” Tafel XXI taupe Flöhkraut-Eule. der Ypsilon-Eule. wi Puppe und Made der Runkelfliege. der Gartenhaarmücke. Runkelfliege © . ” A. Stift: „Die thierischen Feinde der Zuckerrübe. Tafel XXI. Maulwurfsgrille. Moosknopfkäfer Ohrw IpPIKaler. VUnrwurm. Getupfter Tausendfuss. Tafel XXI. Kr) . inde derZuckerrübe hen Fe >. Süuft-- . ie thierise „BD Entwickiung der Rüben-Nematode (Heterodera Schachtii) nach Strubell ol fl ER IUTH.KUNSTANSTALTv. FRIEDRICH SPERL.\WIEN IA | ‚ N Be ® ie Tafel XXW. Stift: A „D ie thierischen Feinde derZuckerrübe” Enchytraeus ? nach Vaäha. NR N tu)? N Öl AR N Kir, IV. vi Stift, Anton/Die Krankheiten der Zuckerr 5 00031 0498 ren BEIEEHFATT _— ee