S NN - — u r T a ͤ T— cb b > >43 Er — NC Eu 5 7 er cu 8 n I 0 . SPHYRAPICUS VARIUS Baird. -WURMSPECHT -Yellow-bellied Sapsucker. 2. CGOLAPTES AURATUS Vie. - GOLDSPECHT Fes 3. MELANERPES CAROLINUS Ridsw. -CAROLINASPECHT - Red-bellied Woodpecker. . MELANERPES ERYTHROCEPHALUS Sw. - ROTHKOPHSPECHT - Red-headed Woodpecker. 5. MELANERPES FORMICIVÖRUS BAIRDI Ridsw.-SAMMELSPECHT California Woodpecker. >. GEOPHLCEUS PILEATUS Cab. =-HAUBENSPECHT - Pilested Woodpecker. Die Nordamerikaniſche Vogelwelt. Von Heinrich Nehrling, Kuftos des öffentlichen Muſeums in Milwaukee, Mitglied der allgemeinen deutſchen ornithologiſchen Geſellſchaft zu Berlin, Active Member of the American Ornithologists’ Union, 2c. Unter künſtleriſcher Mitwirkung von Prof. Robert Ridgway vom Smithſonſchen Inſtitut und National-Mluſeum in Waſhington, Prof. A. Göring in Leipzig, und Akademiemaler Guſtav Mützel in Berlin. JAN 22 1979 LIBRARIES Milwaukee, Wis. Verlag von Geo. Brumder. 1891. Seinen lieben Schul- und Jugendfreundinnen Fräulein Hedwig Schlichting und Fräulein Else Schlichting in Milwaukee, widmet dieſes Werk, in dankbarer Anerkennung ihrer großen Verdienſte um das— ſelbe, als ein Zeichen ſeiner Verehrung und Freundſchaft, Der Verfaſſer. Das Lied der neuen Welt. T- ſagt, es mangle Blumenſchein 00 Dem Ahrenfeld im Weſten; Und Düfte ſänken nicht im Hain Von blütenſchweren Aſten. Ihr klagt, der Wald ſei liederarm Und ſtünd' in totem Schweigen; Es zwitſch're nicht der Vögel Schwarm Auf maiengrünen Zweigen. Zwar feht ihr nicht am Bachesrand Die duft'gen Veilchen ſprießen, Doch ernſt von ſchroffer Felſenwand Den ſtolzen Lorbeer grüßen. Und wenn die Nachtigall nicht klagt Im Ephen alter Feſten, Der Robin ſingt, ſobald es tagt, Ein Lied dem weiten Weſten. Auch hier ſchmückt Duft und Glanz die Flur, Im Wald tönt helles Pfeifen, Man muß die neue Weiſe nur Mit Herz und Sinn ergreifen. Aus der beſchwingten Sänger Herz Spricht ihres Volkes Seele, Drum träumt im Lied von Liebesſchmerz Die deutſche Philomele. Doch aus des Robins frohem Sang, Dem Morgengruß der Sonne, Klingt hell des Weſtens Thatendrang, Der Freiheit ſüße Wonne. Wilhelm Müller, New Pork. Vorwort. ugeregt durch die idylliſche, da— mals noch halbwilde Um— gebung meines Geburtsortes, 1 empfand ich ſchon in meinen e eine e Jugendtagen NE Liebe zu den Schönheiten der Vogelwelt mächtig an. Da ich faſt täglich im Walde und Felde, im Sumpfe und in der Wieſe, an Bächen und Quellen und am mit Gebüſch geſäumten See umherſtreifte, ſo kannte ich bald die meiſten in jener Gegend brütenden Vögel, ohne jedoch ihre eigentlichen Namen zu kennen. Erſt viel ſpäter gelang es mir durch Selbſtſtudium, auch in die wiſſenſchaftliche Vogel— kunde einzudringen. Die Werke unſerer großen Altmeiſter, eines Wilſon, Audubon und Nut— tall, waren mir in der Jugend unbekannt und auch ſpäter lange Zeit, ihres hohen Preiſes wegen, nicht erreichbar. Kleine Handbücher mußten vorerſt genügen, um die Namen der beobachteten Vögel kennen zu lernen. Brehms „Leben der Vögel“ erſchloß mir die ganze Poeſie der Vogelwelt. Mit welchem Ent— zücken wurden dieſe Schilderungen geleſen und wieder— geleſen! Im Jahre 1877 hatte ich die Freude, das ausgezeichnete Werk „North American Birds“, von Baird, Brewer und Ridgway, welches mir mein Verleger, Herr Georg Brumder, eigenhändig überbrachte, meiner Bibliothek hinzuzufügen. Später gelang es mir auch, die Werke Wilſons und Audubons anzuſchaffen. Es litt mich bald nicht mehr im Norden. Die glühenden Schilderungen Au dubons entfachten eine ſich immer mehr ſteigernde Sehnſucht nach dem Süden. Anfangs des Jahres innige Natur, und beſonders zog mich die 1879 reiſte ich zunächſt nach Texas; ſpäter ſiedelte ich mich im ſüdweſtlichen Miſſouri an. Ich habe mich über acht Jahre im Süden aufgehalten, habe nament— lich der texaniſchen Vogelwelt meine Aufmerkſamkeit geſchenkt, berührte aber auf meinen Streifereien auch Arkanſas, das Indianer-Territorium, Kentucky, Ten— neſſee, Alabama, Georgia, Florida und Louiſiana. Allerwärts war es die Vogelwelt mit ihrer Umgebung, zu welcher ich mich beſonders hingezogen fühlte. Die ganze Poeſie liegt im lebenden Vogel, wie er ſich in ſeinem Wohngebiete zeigt. Hier wurde es mir klar, daß man nur dann einen Vogel wirklich kennt, wenn man mit den Bäumen und Blumen, den Jahreszeiten, dem Klima und anderen Verhältniſſen ſeines Aufent— haltes genau vertraut iſt. Meine erſten ſchriftſtelleriſchen Verſuche fallen in das Jahr 1875. Damals ſandte ich dem Haupt— redakteur der „Germania“ in Milwaukee, Herrn Georg Köppen einige Aufſätze über hieſige Vögel, doch war meine Hoffnung auf Aufnahme derſelben nur gering. Schon nach wenigen Tagen erhielt ich jedoch einen Brief vom genannten Herrn, der in freundlicher, aufmunternder Weiſe zu neuer Thätigkeit aufforderte. Herrn Köppen habe ich es beſonders zu danken, daß ich Schriftſteller geworden bin, daß ich unabläſſig auf der einmal betretenen Bahn weiter— ſchritt. Auch die Herren Karl Dänzer vom „Anzeiger des Weſtens“, Oswald Ottendorfer von der „New Yorker Staats-Zeitung“, W. Kemm— ler vom „Weſtboten“, E. Maunhardt vom „Weſten“ und der „Illinois Staats-Zeitung“, Dr. H. Dümling vork der „Abendſchule“ u. a. unter⸗ ſtützten mich kräftig in meinem Beſtreben und ver— öffentlichten eine Anzahl meiner Schilderungen aus der nordamerikaniſchen Vogelwelt. Eine gute Auf— VIII nahme und Beurteilung fanden meine Arbeiten in den deutſchen Fachzeitſchriften. Herr Dr. Karl Ruß veröffentlichte in der „Gefiederten Welt“, Dr. Anton Reichenow im „Ornithologiſchen Centralblatt“, Dr. Jean Cabanis im „Journal für Ornitholo- gie“, Hofrat Dr. K. Th. Liebe in der „Ornitholo⸗ giſchen Monatsſchrift“, Dr. F. C. Noll im „Zoolo— giſchen Garten“, Dr. Karl Müller in Halle in der „Natur“ und H. Röhl in der „Zeitſchrift für Ornithologie“ Schilderungen des amerikaniſchen Vogellebens aus meiner Feder. Durch dieſe Arbeiten wurde ich recht eigentlich in die wiſſenſchaftliche Welt eingeführt. Es entſpann ſich nicht nur mit den genannten Herren, ſondern auch mit Dr. A. E. Brehm, Dr. Otto Finſch, Oberamtmann Ad. Nehrkorn, Eugen von Schlechtendal, W. Thienemann, Dr. Aug. von Pelzeln, Bif- Vorwort. tor Ritter von Tſchuſi zu Schmidhoffen, Dr. Karl Bolle, Heinr. Schacht, Dr. G. Dieck, Geheimrat Prof. Dr. Felix Dahn und anderen wiſſenſchaftlichen und litterariſchen Größen Deutſchlands ein reger Briefwechſel, welcher ſehr förderlich auf meine Arbeiten wirkte. Einſt an einem ſchönen Maiabende des Jahres 1880 ſaß ich mit einem Freunde, Herrn Otto Hennig, jetzt in Fort Smith, Ark., auf der Veranda meines Hauſes in Houſton, Texas. Es war eine jener herrlichen ſüdlichen Nächte, wie man ſie ſich ſchöner nicht denken kann. Der Duft der vielen Blumen, der Nachtgeſang der Spottdroſſel und des Kardinals, die laue, kühle Luft wirkte faſt berauſchend auf Herz und Gemüt. An dieſem Abende faßte ich, aufgefordert durch meinen Freund, den Entſchluß, ein volkstümliches Werk über unſere nordamerikaniſche Vogelwelt zu ſchreiben. Unabläſſig wurde nun in meiner freien Zeit gearbeitet. Herr Akademie-Maler Guſtav Mützel in Berlin und Prof. A. Göring in Leipzig erklärten ſich bereit, einen Teil der in Aus— ſicht genommenen Tafeln zu malen. Was ſie geleiſtet, beweiſen die durchweg guten Abbildungen dieſes Werkes. Mein Freund, der berühmte Ornitholog ington, ſandte mir eine Anzahl feiner herrlichen Aquarelle, welche an natürlicher Auffaſſung und poeſievoller Darſtellung alles übertreffen, was über- haupt auf dieſem Gebiete geleiſtet worden iſt. Im Jahre 1885 faßte der „Verein deutſcher Journaliſten und Schriftſteller“ in Milwaukee den | Herausgabe meines geplanten Werfes zu ermöglichen. Beſonders ließen es ſich die Herren Köppen, Krez und der jetzige amerikaniſche Generalkonſul in Wien, Herr Julius Goldſchmidt, angelegen ſein, in dieſer Richtung für mich zu wirken. Der ſoeben erwähnte, auch in Deutſchland hochberühmte Dichter General Konrad Krez, forderte in einem treff— lichen Gedichte das Deutſchtum hüben und drüben zur Subſkription auf das Werk auf. Ein anderer deutjch- amerikaniſcher Dichter, Herr H. Ruhland in Chi- cago, ließ ein ähnliches ſchwungvolles Gedicht erſchei— nen, welches, wie auch das des Herrn Krez, in der deutſchamerikaniſchen Preſſe einen kräftigen Wiederhall fand. Dieſer deutſchamerikaniſchen Preſſe von Ozean zu Ozean und von den Geſtaden des Golfs bis nach Canada möchte ich hiermit meinen herzlichſten Dank für ihre Bemühungen ausſprechen. — Um die Heraus— gabe meines Werkes zu ermöglichen, berief mich Herr Krez, damals Bundes -Zollkollektor, im April 1887 nach Milwaukee, wo ich im Zollamte eine Stelle erhielt, welche mir freie Zeit genug ließ, um weiter zu arbeiten. Später wurde ich, namentlich durch die Bemühungen der Herren Muſeumsräte Chriſtian Preuſſer und Adolf Meinecke, als Kuſtos an das von ihnen hauptſächlich gegründete hieſige öffentliche Mu— ſeum berufen. — Nicht nur die Ornithologen des ganzen Landes und Deutſchlands, ſondern auch Dichter und Schriftſteller, wie Herr H. A. Rattermann in Cineinnati, Theodor Kirchhoff in San Francisco, Frank Siller in Milwaukee, W. L. Shoemaker und Alfred Schücking in Waſh— ington u. a. haben viel zum Gelingen dieſes Werkes einem Guſſe fertigzuſtellen. beigetragen. Als im Mai 1889 Herr Georg Brumder den Verlag meiner „Vogelwelt“ übernahm, war der größte Teil des Materials geſammelt, aber noch bedurfte es vieler Arbeit und Sichtung, um alles in Da ich oft meine ganze Kraft auf meine eigentliche Berufsarbeit konzentrieren mußte und häufig auch durch Krankheit am Arbeiten verhindert war, ſo ſtellten die Damen Fräulein Hed— und Künſtler Robert Ridgway, am Smithjon- | ſchen Inſtitut und am National-Muſeum in Waſh⸗ Beſchluß, durch Sammlung von Unterſchriften die wig und Elſe Schlichting einen großen Teil des Manuffriptes druckfertig, arbeiteten das Regiſter aus und laſen einen Teil der Korrektur. In letzterer Arbeit unterſtützte mich auch Herr Chr. Körner ſehr kräftig. Originalarbeiten für das Werk lieferten mir Herr Otto Widmann in St. Louis, Mo., Frl. Hedwig Schlichting, Herr und Frau Zimmermann in Paſo Robles, Cal., Herr Pflü— ger in Portland, Oregon, Herr Gault in Chicago, 5 Vorwort. 12 Herr Krez, Herr H. A. Rattermaunn in Cincin— nati und Herr H. Ruhland in Chicago. Allen Mitarbeitern und Förderern dieſes Werkes ſage ich hiermit meinen innigſten Dank. das verſtändnisvolle Entgegenkommen des Verlegers, Herrn Georg Brumders, und meines alten Freundes Auguſt Roß hervorzuheben, welche es ſich angelegen ſein ließen, dieſes Werk würdig und gediegen auszuſtatten, und dabei weder Mühe noch Koſten ſcheuten. Was nun die Schilderungen ſelbſt betrifft, ſo wäre zu bemerken, daß ich namentlich den volkstüm— licheren, zahlreicheren Vögeln meine Aufmerkſamkeit zugewandt habe. Jede Schilderung iſt ein in ſich abgeſchloſſenes Ganze. Ich habe es verſucht, den Vogel darzuſtellen, wie er uns in der Freiheit ent— gegentritt. Daß hie und da Wiederholungen unter— laufen ſind, liegt in der Natur dieſer Behandlungs— weiſe. Mit Genugthuung habe ich erfahren dürfen, daß mein Streben von maßgebender Seite, von dem ſtrengen Forſcher nicht minder, wie von dem Natur- freunde, dem Dichter und Schriftſteller auerkaunt und gefördert worden iſt. — Belehrungen über einzelne Irrtümer, die ſich trotz aller Sorgfalt und Vorſicht eingeſchlichen haben könnten, werde ich jederzeit mit lebhafteſtem Danke entgegennehmen. Die „Vogelwelt“ iſt für alle berechnet, welche Sinn für die Schönheiten unſeres amerikaniſchen Vaterlandes haben, welche ſich für das Ideale und Schöne zu begeiſtern vermögen. Wenn ich mir ver— gegenwärtige, wie vielerlei, das ſich ſpäter nur als Gedächtniskram und Ballaſt erweiſt, in unſeren Volks— ſchulen gelehrt wird, wie wenig Rechnung man aber dem Herzen und Gemüte trägt, wie wenig die Kinder von den Schönheiten unſerer einheimiſchen Natur lernen, ſo möchte ich wünſchen, daß dieſes Werk in die Hände recht vieler Eltern, Lehrer und ganz beſonders in die Hände der Jugend kommen möge. „Während der brave Deutſche“, ſchreibt „Frau Anna“ im Milwankee, den 20. Juli 1891. „Sonntagsblatte der New Porker Staatszeitung“, „ſein Fleckchen Heimatserde über alles verehrt, an jeden Strauch und Baum und auch an die rote Kirchturm— ſpitze ſich eine traute Jugenderinnerung für ihn knüpft Nicht verſäumen will ich es, au dieſer Stelle noch mit ganz beſonderem und aufrichtigem Danke und ſelbſt das ödeſte Heideland ihm lieb und wert geweſen, keunt die amerikaniſche Jugend keine Liebe zur Natur. Und doch iſt dieſes amerikaniſche Vater— land nicht ärmer an Schönheiten, wie die deutſche Muttererde ſie beſitzt. Auch hier leuchtet die Sonne über wogenden Feldern und grünenden Wäldern, ſchimmerndem Waſſer und blühenden Auen. Unſere Kinder aber — ſie haben keinen Sinn für das holde Walten der Natur; fie ſchlendern durch den Wald und vernehmen nicht ſein vielſagendes Rauſchen, die lieb— lichen Vogelſtimmen, das geheimnisvolle Murmeln des Baches; ſie ſehen und ſind doch blind. Keinen Hauch empfinden fie von all dem Zauber der wechjeln- den Landſchaftsbilder, der traumvergeſſenen Stille, welche über dem blauumwölkten Horizont, dem ſilber— glänzenden Waſſerſtreifen, den farbenſatten Thälern und den dunkelabgrenzenden Hügelketten ausgebreitet liegt. Sie keunen nicht das wunſchloſe Genügen, welches, die Muttererde und ihre lebenden Geſchöpfe durchdringend . . . . auch uns mit ſtiller Seligkeit erfüllt, ſodaß wir dem Schöpfer aus ganzer Seele dafür danken möchten, daß er die ſchöne Natur geſchaffen zur Freude und Erquickung für die müde Menſchheit. . . . An uns iſt es, den echten deutſchen Sinn für Wald und Flur und Vogelgeſang, für ländliche Stille und luſtiges Wandern, den offenen Blick für jedes zarte Blättchen und jede duftende Blüte an Stelle des nervöſen, ungeſunden Treibens zu ſetzen — dann werden unſere Kinder erſtarken an Seele und Körper, ſie werden jedes Fleckchen der amerikaniſchen Erde liebgewinuen, wie unſere Voreltern einſt unſer deutſches Vaterland liebgewonnen hatten.“ Möge dieſes Werk dazu beitragen, unſerer herr— lichen Vogelwelt im beſonderen und der ſchönen Natur im allgemeinen viele Freunde zu gewinnen. In dieſem Sinne iſt es geſchrieben und in dieſem Sinne möge es wirken. Der Verfaller, Liſte der Tafel I. G. Mützel. Seite No. 1. Merula migratoria SEHR, Wanderdroſſel. Robin 8 2¹ 2. Turdus aonalaschkae Pallasii B Einſied lerdroſſel. Hermit Thrush.......... . 17 „ >. Hesperocichla nevia Ridgw. Buntdroſſel. Waried Thrush!!! laser acer bannen 26 „ I. Turdus fuscescens Steph. e Wil- son's Thrush, Veery.. ........ ES „ 5. Turdus mustelinus Gmel. Walddroſſel. Wood Dhruslz . —:ͤ2k˙¹Fn 8 „ 6. Turdus ustulatus Swainsonii Ridgw. Sänger- droſſel. Olive-backed Thrush... 14 Tafel II. A. Göring. Mimus polyglottus Boje. Spottdroſſel. Mockingbird 31 Tafel III. R. Ridgway. Galeoscoptes carolinensis Cab. Katzenvogel. Catbird 41 Tafel IV. A. Göring. No. 1. Phainopepla nitens Selat. . Plhainopepla.. 2 5 ae De „ 2. Campylorhynchus bei Kaktus⸗ ſchlüpfer. Cactus Wren... 1 „ 3. Oroscoptes montanus Bad Bagtrofil, Sage Thrasher. 5 29 „ J. Harporhynchus 8 Ba, Arizona⸗ Braundroſſel oder Wüſtendroſſel. Crissal Dbrahlerr!k DZ, Tafel V A. Göring. No. 1. Ampelis cedrorum Gray. Cedervogel. Cedar- Bird 8 261 „ 2. Parus bicolor Linn. Haubenmeiſe. Tufted Witmou s 8 91 „ 3. Sayornis Phoebe Stejn. Hauspiwi. Phoebe. 523 „ 4. Harporhynchus rufus Cab. Braundroſſel. Brown Thrasher. 2 47 „ 5. Sialia sialis Haldem. Blauvogel, Hüttenſänger. Mäunchen. Bluebird. 8 „ 6. Sialiasialis Haldem. lands, üttenfänger. Weibchen. Bluebird ....... „ 63 7 1. eee Sugſperlnn. Bong Sparrow. ——— an een 1081 Tafel VI. R. Ridgway. Polioptila ewerulea Sclat. Mückenfänger. Männchen, Weibchen und Neſt. Blue-gray Gnatcatcher......... 77 Tafel VII. R. Ridgway. Regulus satrapa Licht. Satrap. Männchen und Weib— chen. Golden-erowned Kingl et 86 Tafel VIII. R. Ridgway. Pealtriparus minimus Bonap. Buſchmeiſe. Männchen, Weibchen und Neſt. Bush Tit.. . 108 Tafeln. Tafel IX. R. Ridg w se Seite Catherpes mexicanus conspersus Ridgw. Da oder Felſenzaunkönig. Canon Wren... 90 118 Tafel T. R. Ridgway. Protonotaria eitrea Baird. Goldſänger. Prothonotary War ble ] Tafel XT. G. Mützel. .1. Compsothlypis americana Cab. 3 mit Neſt. Parula Warbler. 156 2. Helminthophila pinus Ridgw. Blauſlügel⸗ ſänger, auf einer blühenden Kalmia lati- folia. Blue-winged Warble r. 149 3. Mniotilta varia Vieill. Kletterſänger. Black- And- White Warble n na. 140 4. Helminthophila chrysoptera Ridgw. Gold— flügelſänger. Golden-winged Warbler..... 151 5. Helmitherus vermivorus Bonap. Wurmſänger. Worm-eating Warbler . . . 147 Tafel XII. A. Göring. .1. Dendroica Blackburnie Baird. Prachtſänger. Blackburnian Warbler . 184 2. Dendroica maculosa Baird. e Magnolia Warbler . 25 3 3. Dendroica striata Baird. Danfünger Er poll Warbler. 927 5 82 4. Dendroica an Ba Kaſtanienſänger. Bay- breasted Warbler. eos . 180 5. Dendroica pensylvanica Parker Hedenfänger. Chestnut-sided Warbler . 178 6. Dendroica virens Baird. Grünſäuger. Black- throated Green Warbler.......................... 190 Tafel XIII. G. Mützel. .1. Dendroica dominica Baird. Gelbkehliger Sän— ger. Yellow-throated Warbler . 4186 2. Dendroica discolor Baird. Prärieſänger. Prairie War blen, dh 3. Dendroica e Baird. Palmenſänger. Palm Warbler... Re . 196 4. Sylvania pusilla Nult. Zwergſänger. Wilson' s Warbler...r........... 2 5. Dendroien 00 Gay anfingen Myrtle Warbler.. Be 168 6. Dendroica one Ba Baufänger, Ce lean Warbler... 156 7. Geothlypis itiadelphte Beni Trauerſänger. Mourning Warbler... 2% . 210 S. Sylvania canadensis Ber Gürtelfänger, Ganadıan ple? 222 Tafel XIV. G. Mützel. to. 1. Geothlypis trichas Cab. Gelbkehlchen. Mary- land Vellow-throat . E 212 2. Dendroica cœrulescens Baird. Cauada-Sänger. Black- thiroated Blue Warbler . — — . — ñ — Liſte der Tafeln. Seite No. 3. Geothlypis formosa Ridgw. Keutucky-Sänger. Pentek Wahlen as ranceen 208 „ 4. Sylvania mitrata Nutt. . Hooded Warbler. 85 V „ 5. Setophaga e . Rotſchwänzchen. Annen Renk 225 „ 6. Seiurus aurocapillus Sw. Ofenvogel. Ovenbird 200 Tafel XV. A. Göring. No. 1. Dendroica estiva Baird. Sommer- oder Gartenſänger. Yellow Warbler 162 „ 2. Vireo noveboracensis Bonap. Buſchvireo. White-exed Vire 040 Bean ernaren 244 „ 3. Ieteria virens Baird. Schwätzer. Yellow- Dre bl hesnusseree 214 „ 4. Vireo olivaceus 1 Waldvireo. Red-eyed Nies 22231 „ 5. Spinus ar Goldſtieglitz. American Goldfinch... 323 8 n Waſſerfänger. age Waſſerdroſſel. Louisiana Water Thrush... 206 Tafel XVI. R. Ridgway. Vireo flavifrons. Gelbkehliger Viredo. Männchen ſingt, Weibchen im Neſte. Vellow-throated Vireo.. ........ 238 Tafel XVII. G. Mützel. 8 No. 1. Cyanoeittaeristata Str. Blauhäher. Blue Jay 493 „ 2. Molothrus ater Gray. Kuhvogel. Männchen. WORDS NEE Sees sur dansk en sic 443 „ 3. Molothrus ater Gray. . Weibchen. EON 8 443 „ 4. Lanius ludovicianus 9 10 Dorndreher. Logger-head Shrike 255 „ 5. Scolecophagus eyanocephalus Cab. Blaukopf⸗ ſtärling. Brewers's Blackbird. 77 „ 6. Quisealus quiscula ænus Stejn. Bronzeſtärling. Be elfe 483 Tafel XVIII. G. Mützel No. 1. Chelidon erythrogaster Stejn. Scheunen— ſchwalbe. Barn Swallow. 276 „ 2. Progne subis Baird. Martinſchwalbe. Weib⸗ chen. Purple Martin... 2 267 „ 3. Progne subis Baird. karnſcnalke. Männ⸗ chen. Purple Martin. er . 267 94 en ron Baird. Trauff chwalbe. rr earenesen nie 273 „ 5. Chætura pelagica Steph. Schoruſteinſegler. E rede fees nen surserene 554 „ 6. Tachyeineta bicolor Cab. Wald- oder Baum— ſchwalbe. Tree Swallow. .. .. . 280 Tafel XIX. R. Ridgway. Piranga rubra Vieill. Sommertangara. Männchen und Weibchen. Summer Ta nager 295 Tafel XX. G. Mützel. No. 1. Sialia mexicana Swains. Californiſcher Hütten— ſänger. California Bluebird . 69 „ 2. Sialia arctica Nutt. Gebirgshüttenſänger. Rocky Mountain Bluebird. 69 „ 3. Piranga ludovieiana Rich. Goldtangara. Louisiana Tanager.................- en 292 XI Seite No. 4. Myiadestes Townsendii Cab, Klarino. Towns- end's Solitaire e (N) „ e . Stein. Schwarzköpfiger Kernbeißer. Black-headed Grosbeak ... .. 415 „ 6. Carpodacus mexicanus frontalis Ridgw. Haus= fink. House Bincheeuss ever 83908 „ 7. Pipilo chlorurus Baird. Grünſchwänziger Erdfink. Green-tailed Towhee............... 400 Tafel XXI. G. Mützel. No. 1. Coccothraustes vespertina Swains. Abendkeru— beißer. Evening Grosbeak.. 2 . 301 „ 2. Parus atricapillus Linn, Shwasstonfmeilt Chickadee .. Re 2 = „ 3. Acanthislinaria N Birlenzeiſig. Redpoll 3 „ 4. Loxialeucoptera. Weißbindiger Kreuzſchnabel. White-winged Crossbill.. 1 „ 5. Sitta carolinensis Lath. Carolina Spechtmeiſe. White-breasted Nuthate 109 „ 6. Pinicola enucleator Cab. Hakengimpel. Pine Gros bed Ges aber dnennersnse en se 303 Tafel XXII. R. Ridgway. Leucostiete atrata Ridgw. Schwarzer Roſenfink. Mänu— chen und Weibchen. Black Leucostiete. 317 No le — {=} 22 1 Tafel XXIII. G. Mützel. Junco hyemalis Sclat. Winterfink. Junco..... 372 Spizella socialis Bonap, Haarfink. Chipping Sparrow... .. 5 Spizella Be Bon. Waldfink. Field Sparrow. n Amphispiza Bien a e Schwarzkehliger Ammerfink. Black-throated Sparrow. . 375 Pooc:etes gramineus Baird. Abendfink. Vesper Sparro7///˖/7 347 Ammodramus savannarum passerinus Ridgw. Grashüpferfink. Grasshopper Sparrow ... 343 Ammodramus sandwichensis savanna Ridgw. Savannenfink. Savanna Sparrow. 342 Tafel XXIV. A. Göring. Chondestes grammacus 8 Lerchenfink. Lark Sparrow... ii] Zonotrichia 1 1 Tranerfink. Harris’ Sparrow „535 Zonotrichia albicollis 1 Buſchfink. White-throated Sparro' ww 360 Zonotrichia leucophrys Swains. AN White-crowned Sparrow. 30 Peucea zstivalis Cab. Balmetofat, re wood Sparrow REIN Passerella iliaca 5 Fuchsfinkl. Fox Sparrow. 4 390 Tafel XXV. A. Göring. Piranga erythromelas Vieill. Scharlachtan— gara. Scarlet Tanager .. . .. . . ..... 285 Habia ludovieiana Stein. Rojenbrüftiger Kern— heißer. Weibchen. Rose-breasted Grosbeak 409 HabialudovieianaStejn. NRojenbrüftiger Kern— beißer. Männchen. Rose-breasted Gros- J ͤ 409 XII ſte der Seite No. 4. Pipilo erythrophthalmus Vieill. Erdfink. Männchen. Chewink, Tow lle .. 395 „ 5. Pipilo erythrophthalmus Vieill. Erdfink. Weibchen. Chewink, Towhee. .. 395 Tafel XXVI. A. Göring. No. 1. Trochilus colubris Linn. Rubinkolibri. Männ⸗ chen. Ruby-throated Hummingbird. 541 „ 2. Trochilus colubris Linn. Rubinkolibri. Weib⸗ chen. Ruby-throated Hummingbird ..... 541 „ 3. Cardinalis cardinalis Licht. Kardinal. Weib— chen. Cardinal. 88 ne ANZ „ 4. Cardinalis cardinalis Licht. nt Männ⸗ chen: Gardin !!!! 8 402 „ 5. Conurus carolinensis Less. e Garolina. Paroqueb rtrtt ee „ 6. Thryothorus 1 nn. Carolina⸗ Schlüpfer. Carolina Wren................ 120 Tafel XXVII. R. Ridgway. Spiza americana Ridgw. Schildammer. Männchen ſingt, Weibchen auf dem Neſte. Diekeissel 434 Tafel XXVIII. G. Mütze l. No. 1. Passerina eiris Vieill. Papſtfink. Painted BFFFJHlHlHCVCVCVTUT ae eeRRr use 424 | „ 2. Passerina eyanea Vieill. Da Männ⸗ chen. Indigobird. 1 „ 3. Passerina eyanea Vieill. Indigofink. Weib⸗ chen Ina obir de 421 „ 4. Passerina amœna Gray. 5 Lazuli Minen 33 „ 5. Guiraca cterulea Swains. Bl auer d Kernbeißer. Blue'Grosbeake. ee 8 416 Tafel XXIX. A. Göring. No. J. Dolichonyx oryzivorus Swains. Bobolink. Mäuuchen. Bobolink 440 „ 2. Dolichonyx oryzivorus Swains. Bobolink. Weibchen. Bobolink.. 297 25 440 „ 3. Xanthocephalus xs 1 Ine 0 Gel lb⸗ kopfſtärling. Yellow-headed Blackbird. 447 „ I. Agelaius phoeniceus Swains. Rotflügelſtärling. Red-winged Blackbird. 450 „ 5. Sturnella magna Swains, Wieſenſtärling Meadow afk 8 2892 455 Tafel XXX. A. Göring. No. 1. Icterus galbula Coues. Baltimore-Oriol. Männchen. Baltimore Oriole 469 „ 2. Ieterus galbula Coues. Baltimore-Oriol. Weibchen. Baltimore Oriole 469 „ 3. Tyrannus tyrannus Jordan, rönigsvogel insb.; 511 „ J. Ieterus spurius Bonap. Gartenoriol. Orchard Dee „ n 406 Tafeln. * Seite Tafel XXXI. A. Göring. No. 1. Ieterus Bullocki Bonap. Goldoriol. Bullock’s Ol TERN „ 2. leterus parisorum Boban. ET Scott's Oriole... N e AB. „ 3. Ieterus eucullatus Nelsoni Biden, Nelſons⸗ Oriol. Nelsons Orieles 465 „ 4 Pyrocephalus rubineus mexicanus Coues. Rubintyrann. Vermillion Flycatcher. . 53 No. Trochilus Anna Jard. Trochilus rufus Gmel. Goldkolibri. Tafel XXXII. A. Göring. 1. Milvulus forficatus Swains. Scherentyrann. Seissor-tailed Flycatcher . 507 2. Cardellina rubrifrons Selat. Maskenſänger. Red-faced Warbler. . . .. 228 3. Embernagra rufivirgata Lawr. Texasfink. Texas Sparrow. 394 4, Auriparus Haris N Goldmeiſe. N 106 5. Nanthoura luxuosa Bonap. Grünhäher. Green Tafel XXXIII. A. Göring. .1. Myiarchus crinitus Licht. eee Crested Flycatcher.. 20 2. Ceryle aleyon Bonap. Königsſiſcher. Belted Kingfisher........... RR OR era 595 3. Chordeiles virginianus Swains. lu Nighthawk. Ne .. 566 4. Coceyzus americanus en Regenkuckuck. Yellow-billed Cuckoo. 85 602 5. Contopus virens Cab. Waldpiwi. Wood: Pas 528 6. Empidonax acadicus Baird. Akadiatyrann. Acadian Flycat eber. 831 Antrostomus voeiferus Bonap. Whippoorwill. Whip⸗poor-Will ee 551 =] Tafel XXXIV. N. Ridgway. Silberkolibri. Männchen, Weibchen und Neſt. Anna's Hummingbird......... 547 Tafel XXXV. R. Ridgway. Männchen, Weib— chen und Neſt. Rufous Hummingbird ..eeeseceeeeeneee 549 Tafel XXXVI G. Mützel. . 1. Sphyrapieus varius Baird. Wurmſpecht. Yellow-bellied Woodpecker . .. 574 . Colaptes auratus Vig. Goldſpecht. Flicker... 590 3. MelanerpescarolinusRidgw. Carolina-Specht. Red-bellied Woodpecker. . . e, 987 4, Melanerpes erythrocephalus Swains. Rotkopf⸗ ſpecht. Red-headed Woodpecker 579 5. Melanerpes formieivorus Bairdii Ridgw. Sam- melſpecht. California Woodpecker. 583 6. Ceophlaus pileatus Cab. Se Pile- ated Woodpecker . DT, Einleitung. — — N: gm Gebiete der Vereinigten Staa⸗ ten iſt die Vogelwelt durch 2 hochintereſſante Arten über- aus reich vertreten. Auch in der neuen Welt jubelt's in der ſchönen Zeit des Yah- res, wenn alles grünt und blüht, aus allen Zweigen. Ohne die gefiederten Sänger würde uns die Natur öde und tot erſcheinen. Sie ſind die eigentliche Poeſie der Landſchaft in noch höherem Grade, als es Bäume, Sträucher und Blumen ſind. Um ein harmoniſches und ſchönes Ganze zu bilden, gehören Pflanzen- und Vogelwelt zuſammen. Wo die Vogelwelt reich vertreten iſt, wird ſich auch ſtets ein üppiger Pflanzenwuchs zeigen. Die pflanzenarmen, trockenen Gegenden des Weſtens ſind auch arm an Vögeln. Überall freilich, wohin wir auch gehen mögen, finden wir dieſe fröhlichen Weſen, An dem einen Orte ſind ſie zahlreich, an dem anderen ſelten, je nachdem ſich der Menſch ihnen freundlich oder feindlich gegenüberſtellt. Das Gebirge herbergt andere Vögel als das Thal, die Prärie andere als der Wald, der Süden andere als der Norden, der Oſten andere als der Weſten unſeres Landes. Hinauf in die ſtille Welt der Nadelwälder der Sierra Californiens oder der Gebirge Oregons treibt es den Forſcher und Naturfreund. Die grünen Matten, die Madrona- und . 11 e liegen längſt unter ihm. Das Brauſen der Waſſerfä Der Vogel im allgemeinen. Rauſchen der Gebirgsſtröme iſt verſtummt. Er wähnt ſich einſam und verlaſſen. Da ertönt plötzlich neben ihm ein Geſang, ſo volltönend und ſchmelzend, daß er entzückt dem Orte zueilt, von welchem er erſchallt. Es iſt der Klarino, der Sänger des Hochgebirges, welcher die Einſamkeit ſo angenehm unterbricht. Auf den einen Sänger folgen bald mehr, ſodaß Berg und Thal wiederhallt von bezaubernden Jubelklängen. Ein anderer beſucht das Gebiet des Nellowftone. Das Sprudeln und Brauſen, das Donnern und Stöhnen der von Fels zu Fels ſtürzenden Waſſermaſſen erfüllt ſeine Seele mit erhabener Bewunderung. Kein leben— des Weſen wähnt er in der Nähe. Neben ihm aber hüpft und flattert, luſtig ſeine Weiſen ſingend und ſich kühn in den weißen Giſcht des herabfallenden Waſſers ſtürzend, der Romantiker der Vogelwelt, die Waſſeramſel. Er durchwandert die weiten, ebenen Prärien. Nirgends ſieht er einen Baum oder Strauch, der ihm als Landmarke dienen könnte. Ein Gefühl des Unendlichen beſchleicht ihn. Über ihm der blaue Himmel, um ihn her das wogende Grasmeer. Nir— gends gewahrt ſein Auge einen Vogel, doch dicht neben ihm, im Graſe verborgen, wirbelt der Wieſenſtar ſeine fröhliche Weiſe, und er weiß nun, daß ſein Herz nicht das einzige iſt, welches in dieſer Einſamkeit ſchlägt. Wohl giebt es in allen dieſen Ortlichkeiten auch noch andere Tiere, allein ſie vermögen es nicht, ihrer Umgebung ein beſtimmtes Gepräge aufzudrücken: dies allein vermag nur der Vogel durch ſein heiteres Weſen, ſeine Gefiederſchönheit und ſeinen Geſang. Selbſt in der Nacht verleihen manche Vögel der Land— XIV ſchaft eine poeſievolle Weihe. Wir ſteigen an einem lauen Juniabende auf einen bewaldeten Berg in der Nähe eines kleinen Landſees Wisconſins, um von hieraus den Aufgang des Mondes zu beobachten. Kühl und rein iſt die Luft, erfüllt von dem Dufte der Waldblumen. Wir ſetzen uns auf einen alten, bemooften, auf dem Boden liegenden Baumſtamm. Alles um uns her iſt geheimnisvoll ſtill. Doch dieſe Ruhe währt nur kurze Zeit. Erſt leiſe, dann immer lauter und lauter werdend, ertönt ein unbeſchreiblich ſchmelzender Geſang. Wir lauſchen mit Entzücken den feierlichen Tönen des unſichtbaren Sängers, den wir ſofort als die Rötel- oder Wilſons-Droſſel erkannt haben. Der klagende Geſang des roſenbrüſtigen Kernbeißers hallt ebenfalls durch die ſtille Abendluft, und der anheimelnde Ruf des Whippoorwill miſcht ſich in dieſe Klänge. Unten im See plätſchern und quaken die Wildenten, die Teichhühnchen laufen trip— pelnd über die Blätter der Waſſerlilien, und im Randgebüſch ertönen einzelne zarte Töne der Katzen— droſſel. Da erſcheint der Mond am Horizonte, ſein ſilbernes Licht über die Landſchaft gießend. Alle Pracht der Städte und alle von Menſchenhand geſchaf— fene Herrlichkeit erſcheint nichtig und klein gegen ein ſolches Bild der Natur. Im Süden gewinnt ein ſolches Bild noch an Poeſie und Schönheit. Unvergeßlich werden mir die Einleitung. in der Küſtengegend des Golfs von Mexico verlebten Frühlingsmonate in der Erinnerung ſein. Wenn dort die großblumige Magnolie ihre wachsweißen, köſtlich duftenden Blüten entfaltet, wenn Theeroſen, Gardenien, der Nachtjasmin, Theeoliven, Bananen— magnolien, Chinabäume und eine Menge anderer Blumen die Abendluft mit berauſchendem Wohlgeruche erfüllen, dann möchte man ein Dichter fein, um der ganzen Pracht Worte verleihen zu können. Die Abenddämmerung weicht in dieſen Breiten bald der hereinbrechenden Nacht. Kühl und erquickend weht die Luft vom nahen Golf herüber. Vorerſt lagert eine geheimnisvolle Stille über der Natur. Doch bald vernehmen wir von allen Seiten unvergleichlich herrliche Töne. Es iſt des Südens gefeierte Philo— mele, die Spottdroſſel, welche ſich jetzt von allen Seiten hören läßt. Da fällt mir ein Wort meines Freundes, des Herrn Adolf Meinecke, ein, der mir einſt aus dem Hochlande Georgias ſchrieb: „Der Geſang der Spottdroſſel iſt herrlich, unvergleichlich. Allerwärts macht ſie ſich bemerkbar, ſingt ohne Scheu. Sie iſt dem ſelbſtändigen amerikaniſchen Mädchen gleich, das in blendender Schönheit ſelbſtbewußt, kokettierend, dreiſt auftritt. Der Geſang der deutſchen Nachtigall dagegen iſt das Spiegelbild der reizenden, beſcheidenen, liebenden, gemütvollen deutſchen Jung— frau.“ Verbreitung. Da unſere großen Gebirge von Norden nach Süden und nicht von Oſten nach Weſten laufen, ſo können ſich unſere Vögel ungehindert von Süden nach Norden verbreiten. Viele in Louiſiana und Texas brütende Vögel niſten auch noch in den Nord— ſtaaten und ſelbſt in Britiſch-Amerika. Die natürliche Grenze der Verbreitung nach Weſten hin bildet das Felſengebirge. Daher kommt es auch, daß wir in Arizona, Californien, Oregon, Waſhington u. ſ. f. eine ganz andere, obgleich ähnliche, Vogelwelt, als im Oſten finden. Der Süden, wie der Weſten und Oſten, hat jedoch ſeine eigentlichen Charakter— vögel. Die gefeierte Sängerin der Südſtaaten, die Spottdroſſel, kommt auch noch in Californien vor. Der ferne Weſten herbergt eine ganze Anzahl Kolibris, während öſtlich vom Felſengebirge nur eine einzige Art auftritt. Californien und andere Teile des Weſtens ſind die Heimat der Braun- oder Sichel— ſchnabeldroſſeln, der Erdfinken, des Trauerſchnäppers, des Goldoriols, des Hausfinken und vieler anderer. Außer der Spottdroſſel herbergt der Süden noch eine große Anzahl Charaktervögel. Im Randgebüſch der Waldſäume und in den Dickichten der Stechpalmen tummeln ſich zahlreiche, prächtig rote Kardinäle. Die Orangengärten bevorzugt der Papſt- oder Para- diesfink; die alten Franzoſen Louiſianas nannten ihn „Nonpareil“, d. i. den Unvergleichlichen. Auch Gartenoriole, blaue Kernbeißer und Sommertangaren kommen hier in großer Anzahl vor. Im Norden und Oſten ſind die Vögel faſt ebenſo ſchön gefärbt. Jeder Ort hat ſeine charakteriſtiſchen Bewohner. Auf den gras- und blumenreichen Wieſen ſchwirren zahl— reiche Bobolinks ſingend in der Luft. Im Schilf— ſumpf treibt ſich der ſchöne Rotflügel umher; im Geäjt der hohen Ulmen tummelt ſich der herrliche Baltimore— Oriol; auf den hochgelegenen Viehweiden treibt der Abendfink ſein Weſen, und in den Bäumen und Büſchen der Flüſſe niſten Bootſchwänze geſellig beiſam— men. Die Schilfſümpfe der großen Prärien find das eigentliche Wohngebiet des ſchönen Gelbkopfſtärlings. Einleitung. ELDER Sarbenprächtige Vögel. Unſere nordamerikaniſchen Vögel find im allge- | und Papſtfinken, au den zum Teil glühend orange— meinen prachtvoll gefärbt. Die ſchönſten Sänger ſind allerdings in ein einfaches, doch oft reiches Ge— wand gekleidet. Andere hervorragende Sänger dagegen ſind ſehr gefiederprächtig. Ich erinnere nur an den roten Kardinal, an die prachtvolle Sommer-, Schar— lach- und Louiſiana-Tangara, an den herrlichen roſenbrüſtigen und blauen Kernbeißer, au den Indigo— | roten Baltimore-Vogel, an den Gold-, Yucca- und Gelbſteißoriol. Auch der Rotflügel, der Gelbkopf, der Rotkopfſpecht, die meiſten Waldſänger gehören zu den Vögeln, welche in ihrer Farbenpracht an die Tropen erinnern. Der in Texas häufig vorkommende, herrliche Scherentyrann wird ſeiner Schönheit halber geradezu der „texaniſche Paradiesvogel“ genannt. Hervorragende Sänger. Man hat behaupten wollen, daß Nordamerika wohl ſehr farbenprächtige Vögel, aber nur wenige hervorragende Sänger beſitze. Ein Prüfen der nach— folgenden Lebensſchilderungen unſerer Vögel und ein genaues Selbſtbeobachten in der freien Natur wird den Naturfreund eines beſſeren belehren. Viele Vogelfreunde in Deutſchland ſtellen unſere Spott— droſſel über die Nachtigall. Welchen Eindruck der Geſang der Spottdroſſel in ſtiller Nacht hervorbringt, hat kein Dichter ergreifender geſchildert als Walt Whitman. Die Katzen- und Braundroſſel ſind ganz wundervolle Sängerinnen in den Gärten und Dickichten des Nordens. Der Wald hallt im Mai und Juni wieder von den bezaubernden Flötentönen unſerer Wald-, Sänger- und Einſiedlerdroſſel. Der Ofen vogel iſt ebenfalls ein ganz vorzüglicher Sänger. Die Sommer- und Scharlachtangara haben einen ſehr ſchönen, droſſelartigen lauten Geſang, den man im Walde gehört haben muß, um ihn zu würdigen. Manche Vogelfreunde, jo Frau Olive Thorne | Miller, ſtellen das Lied des Klarino oder Klarinett- vogels ſelbſt über den Geſang der Spottdroſſel. Der roſenbrüſtige und ebenſo der blaue Kernbeißer, der Singſperling, namentlich aber der Carolina-Zaun— könig, der Purpur- und Hausgimpel, der Diſtel— und Goldſtieglitz, der Hüttenſänger und andere find zu unſeren beſten Singvögeln zu zählen. In dem Geſange unſeres Bobolink oder Klingklangvogels liegt dieſelbe Poeſie als im Lerchenliede. Der Bal— timore-Vogel und alle andern Oriole laſſen ihre ſprudelnden, lebensluſtigen Töne ungemein fleißig erſchallenn. Der Kardinal, ein Prachtvogel erſten Ranges, iſt auch ein hervorragender, fleißiger Sänger. Wo er häufig iſt, erklingt ſein rollender Geſang von allen Seiten, ſeinem ſchönen Wohngebiete ein hoch poetiſches Gepräge aufdrückend. I In Deutſchland, wo man ſchon ſeit Walther | von der Vogelweide die Vögel als eine der ſchönſten Gaben des Himmels anſieht und ſie liebt und ſchützt, ſingen ſie ganz in der nächſten Umgebung des Menſchen. Kein Wunder, daß die deutſchen Dichter den tauſendſtimmigen Sängerchor im Wonnemonat Mai ſo ſchön beſungen haben. Hier ſind die Ver— hältniſſe aber ganz andere. In den deutſchen Schulen wird der Jugend die Liebe zur Vogelwelt eingeprägt, das Gemüt ausgebildet; in den hieſigen Volksſchulen weiß man davon nichts. Die Vögel ſind hier einer fortwährenden Verfolgung ausgeſetzt. Jeder gefieder— ſchöne, auffallende Sänger wird von einer rohen, gemüt- und gefühlloſen Jugend mit Steinwürfen und Gummiſchleudern verfolgt, jedes zu erlangende Neſt geplündert. In Scharen ziehen die böſen Buben, namentlich in der Nähe der Städte, hinaus auf die Vogeljagd. Es iſt daher kein Wunder, daß ſich die Vögel beim Anblick eines Menſchen ſcheu verſtecken und ſchweigen. Wo man aber die gefiederten Sänger ſchützt, da lohnen ſie es durch ihren Geſang und ihre Zutrau— lichkeit. Da jubiliert's und trillert's aus tauſend Kehlen. Der Wald hallt wieder von den herrlichſten Waldgeſängen, und noch nach Einbruch der Nacht ruft der Whippoorwill feine melancholiſch-anmutige Weiſe. In der Vogelwelt iſt das Männchen der redende, das Weibchen der ſchweigende Teil“), ebenſo wie das Männchen ſtets ſchöner und farbenprächtiger gekleidet iſt als das Weibchen. Nur das Männchen fingt, und nur ausnahmsweiſe, wie z. B. bei unſerem roten Kardinal, auch das Weibchen. Doch auch im beſten Falle bleibt das Lied des letzteren mangelhaft. Die Singfähigkeit iſt bei den verſchiedenen Vögeln ſehr verſchieden. Jede Art hat ihre eigene Weiſe und einen gewiſſen Umfaug der Stimme, jede Art hat ihre „) Bei Ausarbeitung der Einleitung iſt vielfach das ausgezeichnete Werk „Das Leben der Vögel“, von Dr. A. E. Brehm, zu R gezogen worden. D. V. — XVI Künſtler und Stümper. ſingen faſt immer beſſer als die der Ebene. So hat man beobachtet, daß die Katzendroſſeln in den Rhododendron- und Kalmiendickichten der Alleghanies unvergleichlich ſchöner ſingen, als die der Prärien von Illinois. Viele Arten ſingen nur ihre eigenen Die Vögel des Gebirges Weiſen, während andere es verſtehen, fremde Töne in ihren Geſang aufzunehmen. Der Vogelkenner weiß ſofort die verſchiedenen Vögel ſeines Reviers an ihrem Geſange zu unterſcheiden. Das Lied des Singſper— lings, des Abendfinken, des Indigovogels, des Kar— dinals, des Goldſtieglitz u. a. nennt man einen Schlag, weil die einzelnen Geſangesteile ſcharf und beſtimmt vorgetragen und deutlich abgeſetzt werden. Das Lied des Dreſchers, der Katzen- und Braundroſſel, des Klarino, der verſchiedenen Droſſeln iſt ein wirklicher Geſang, „da die Töne fortwährend wechſeln, ohne Einleitung. ſich klar zu einer Strophe zu geſtalten“. Der Schlag, obwohl ſehr verſchieden und in hohem Grade der Abänderung fähig, iſt den Vögeln mehr oder weniger angeboren, während der Geſang durch das Hören guter Töne ſich immer mehr vervollkommnet. Kein einziger Singvogel reiht die Töne immer in gleicher Weiſe aneinander, ſondern er verbindet fie unter ſich zu ewig neuer Folge, und gerade dadurch erhebt ſich der Vogelgeſang ſo hoch über das eingelernte Lied, dadurch wirkt er ſo bezaubernd auf uns. — Der Eindruck, den der Schlag und Geſang auf jeden fühlenden Menſchen macht, iſt namentlich im Früh— ling, in früher Morgenſtunde und in der Stille der Nacht, ein unbeſchreiblicher. Schon der Geſang allein, ganz abgeſehen von der Gefiederpracht und der herrlichen Belebung der Natur, ſollte die Vögel des Schutzes und der Fürſorge des Menſchen verſichern. Neſtbau und Eier. Ein weiterer Zug aus dem Leben unſerer Vögel, welcher des Menſchen Bewunderung je und je erregt hat, iſt der Neſtbau. Iſt das Männchen mit beſon— derer Farbenpracht und mit der Gabe des Geſanges bedacht, ſo iſt es das Weibchen bezüglich der Baukunſt. Die Beobachtung der bauenden und brütenden Vögel gehört zu den ſchönſten Freuden des Forſchers und Naturfreundes. „Ihm iſt ein weites Feld geöffnet, und er kann tiefe Blicke in den inneren Haushalt der Natur thun. Faſt jede Vogelart hat ſo ihre eigene Weiſe, jede zeigt etwas Eigentümliches. Das geſellige und ungeſellige Leben eines Vogels wird kaum bei einer anderen Gelegenheit ſo deutlich kund und offen— bar.“ Auch die Neſter ſelbſt ſind ſo verſchieden, daß ihre Betrachtung allein ſchon eine außerordentlich anziehende Beſchäftigung iſt. Die meiſten Vögel wählen ſich ein ſcharf abge— grenztes Wohngebiet, in welchem ſie kein zweites Paar ihrer Art dulden, obwohl andere Vögel ſich ganz in ihrer Nähe anſiedeln dürfen. Fällt es einem anderen Pärchen derſelben Art ein, die Grenze zu überſchreiten, ſo wird es von dem ſtets wachſamen Männchen ſofort vertrieben. Im Mittelpunkte dieſes Brutgebietes wird das Neſt angelegt. Es giebt jedoch auch viele Arten, wie z. B. die Sumpfzaunkönige, die meiſten Schwalben und Stärlinge, viele Waſſervögel, die Carolina-Sittiche, die Wandertauben u. a., welche ſich gerade während der Brutzeit zu mehr oder weniger großen Kolonien vereinigen und dann ein Neſt neben das andere bauen. Die Spechte zimmern ſich eine Niſtſtätte in die Baumſtämme, die ſpäter den nützlichen Höhlenbrütern: den Hüttenſängern, Meiſen, Hauben— tyrannen, Zaunkönigen als Erbteil zufällt. Es giebt jedoch auch in unſerer nordamerikaniſchen Vogelwelt Schmarotzer, welche nicht ſelbſt brüten, ſondern ihre Eier in die Neſter anderer Vögel ſchmuggeln und ihnen das Ausbrüten derſelben und die Aufzucht der Jungen überlaſſen: es ſind dies unſere häufig vor— kommenden Kuhvögel. — Die einfachſten und verſteck— teſten Neſter bauen die auf der Erde brütenden Vögel. Der Whippoorwill legt ſeine zwei Eier auf den weichen Waldmoder. Die meiſten kleinen Singvögel, welche auf die Erde bauen, niſten fo verſteckt, daß oft alles Suchen vergebens iſt. Zu dieſen gehört beſon— ders der Bobolink, der Abendfink, der Grundrötel, der Grashüpferſperling u. a. Dieſe alle bauen in irgend eine Erdvertiefung ein mit wenig Kunſtſinn herge— ſtelltes Neſt. Hübſchere und dauerhaftere Neſter bauen die in Büſchen und Bäumen brütenden Vögel. Manche Arten haben ſeit der Beſiedlung Amerikas durch die Europäer ihre Niſtweiſe vollſtändig geändert. Die ſchöne Martinſchwalbe, welche einſt in Baumhöhlun— gen des Waldes niſtete, brütet gegenwärtig nur noch in von Menſchenhand hergeſtellten Niſthäuſern des Hofraumes und Gartens, und die Traufſchwalbe, ein urſprünglicher Bewohner hoher Felſenklippen, legt ihre Neſter heute nur noch unter Dachtraufen an. Der Schornſteinſegler oder Swift, einſt in hohlen Bäumen brütend, niſtet heute regelmäßig in Schorn— ſteinen, an deren innere ſenkrechte Wände er ſein aus kleinen Zweigen bejtehendes Neſt mit feinem leim— artigen Speichel anklebt. — Zu den beſten Neſtkünſt— lern gehört der ſchöne Baltimore-Vogel. Sein beutel— förmiges, oft faſt ganz aus den Schwanzhaaren der Pferde und Kühe, oft auch aus hanfartigen Faſern, Bindfaden, Schnüren außerordentlich künſtlich geweb— tes Hängeneſt ſteht gewöhnlich hoch oben in den ſchwanken Seitenäſten der Ulmen, des Ahorns u. f. f. Ahnlich baut auch der Gartenoriol, doch ſteht fein | Neſt niedriger und iſt auch ausſchließlich aus grünem Gras gebaut. Paſo Robles, Cal., ſandte mir ein Neſt des califor— niſchen Goldoriol, das ganz aus baumwollenen Fäden, welche die genannte Dame zu dem Zwecke an einem Baume befeſtigt hatte, gebaut war. Nußerlich glich es ganz der Webeart eines ruſſiſchen Handtuches. Ganz vorzügliche Neſter bauen die Vireos. Deren Frau Sophie Zimmermann in zierliche Hängebauten jtehen ſtets in horizontalen Seitenäſten der Büſche und Bäume, wo man ſie meiſt | erſt findet, wenn die Blätter gefallen find. Nachdem ſchon das Weibchen mit Legen begonnen hat, verziert das Männchen die Außenſeite mit Moos, Flechten, Spinnenneſtern, feiner Birkenſchale und weißem Mulm. Faſt alle Waldſänger der Sippe Dendroica | bauen prächtige, warme und künſtliche Neſter. Der | Akadiatyrann baut ſein hübſches Neſt aus den Blüten— kätzchen der Hickorybäume; wo aber Bartflechten wachſen, baut er es ausſchließlich aus dieſen. Eben— falls aus Bartflechten beſteht das ſchöne Hängeneft | des Flechten- oder Moosſängers (Siehe Tafel XI). Das ſchöunſte Neſt aller unſerer Vögel baut aber Einleitung. XVII ohne Zweifel der Rubinkolibri. Dieſer ſchillernde Schwirrvogel verfertigt fein außerordentlich kunſt— volles, walnußgroßes Neſtchen ſtets aus Pflanzenwolle, polſtert es mit Wolle von Farnkräutern aus und überkleidet die Außenſeite mit platten Borkeuflechten. Es ſteht regelmäßig ſattelförmig auf einem fingerdicken Aſte. Ganz ähnlich, nur bedeutend größer, iſt das Neſt des Mückenfängers (Tafel VI). Die Buſch— meiſe baut ein beutelförmiges, langes, ſchönes und feſtes Neſt, mit ſeitlichem Schlupfloche (Tafel VIII). Die Eier der Vögel ſind ſo ſchön gefärbt, daß ſie auch das Jutereſſe des ſonſt achtlos an der Natur Vorübergehenden wachrufen. Betrachten wir ein Katzendroſſelneſt! Es ſteht in jenem dichtverſchlun— genen Jelängerjelieber, in jenem falſchen Jasmin oder in einer Heckenkirſche. Biegen wir die Zweige vorſichtig zur Seite, ſo bietet ſich uns ein überraſchen— der Anblick. Wir ſehen gerade herab auf das aus dunklen Stoffen gebaute und mit ſchwärzlichen Wur— zeln ausgelegte Neſt. Auf dieſer dunklen Unterlage ruhen die vier glänzend blaugrünen Eier, einen wahr— haft entzückenden Anblick gewährend. Einen ganz eigentümlichen Eindruck machen die ſehr bunten Eier des Haubentyrannen, da ſie ſtets in einem faſt ganz aus Schlangenhaut gebauten Neſte liegen. Sehr ſchön ſehen auch die Eier des Haarfinken, die des Baltimore-Vogels, des Rotflügels u. a. im Neſte aus. Die Spechte legen ſämtlich glatte, glänzendweiße Eier. — Die Schönheit der Vogeleier hat von jeher die Sammelluſt erregt, namentlich der Kuaben. Doch davon weiter unten. Sbarakter der Vögel. Bei näherer Beobachtung werden wir finden, daß der Charakter und die Eigenſchaften einer jeden Vogel— art verſchieden ſind. Der eine iſt heiter, der andere melancholiſch. Man keunt zänkiſche und friedliebende, geſellige und ungeſellige, freche und beſcheidene, zutrau— liche und ſcheue, offene und verſteckte, gemeine und edle, redliche und hinterliſtige, ſtolze und anſpruchs— loſe, ſaufte und heftige, neugierige und zurückgezogene, tapfere und feige, kurz liebenswürdige und unliebens— würdige Charaktere. Die meiſten kleinen Säuger der Wieſe, des Feldes, Waldes und Gartens ſind lebens fröhliche, liebenswürdige Weſen. Unſer jetzt ſo häu— und Raufboldigkeit. Der Königstyraun und die figer Spatz iſt ein Bild von Frechheit, Verſchmitztheit | Martinſchwalbe find tapfere Ritter, die im offenen, ehrlichen Kampfe es ſelbſt mit dem größten Raubvogel aufnehmen. Der Blauvogel iſt ein Bild liebens— würdigen, ſanften Weſeus. Alle Droſſeln find edle Vögel nach Färbung, Geſtalt und Benehmen. Der Hauszaunkönig, und überhaupt alle Schlüpfer, ſcheinen fortwährend an hochgradiger Nervoſität zu leiden. Der Blauhäher und alle ſeine übrigen Verwandten ſind eitle, ſchön gekleidete, prahleriſche Gecken und gleichzeitig feige, verſchmitzte und gemeine Gauner. Krähe und Elſter übertreffen an Liſt und Schlauheit faſt alle unſere Vögel. Die Katzendroſſel und alle gebüſchliebenden Sänger ſind ſehr neugierig. Die meiſten Finken ſind geſellig und friedliebend. Der Kuhvogel iſt ein ſchleichender, unehrlicher Schmarotzer, der mit bewundernswerter Schlauheit ſeine Eier in die XVIII Neſter anderer Vögel einzuſchmuggeln weiß. Die Tangaren ſind ſtolz und vornehm und meiden gefliſ— ſentlich die Geſellſchaft des gewöhnlichen Geſindels. Die Fröhlichkeit prägt ſich im Charakter der meiſten Vögel durch ihre Lieder aus. Nur der Wald- und Hauspiwi ſcheinen durch ihre Töne einen tiefen Welt— ſchmerz, ein unſagbares Leid auszudrücken. — „Der Vogel kennt keine Sorge, keine drückende Enge; er beſitzt alles, was er bedarf und kaun ſich wenden, Einleitung. wohin er will. Für ihn hat vielleicht jeder Tag ſeine eigene Plage, nicht aber der kommende Morgen ſeine Sorgen.“ — Alle Vögel ſind ſehr reinlich. Der Name „Schmutzfink“ iſt eine Beleidigung für ſie. Sie dulden, ſo lange ſie munter ſind, nicht die geringſte Nachläſſigkeit ihres Gefieders; nicht allein jede Feder, ſondern auch jede Faſer einer Feder befindet ſich ſtets in muſterhafter Ordnung. Der Sinn für Reinlichkeit und Ordnung iſt ihnen angeboren. Das tägliche Leben. Werfen wir einen Blick auf das tägliche Leben unſerer gefiederten Sänger. „Kein anderes Tier verſteht es, ſo heiter und fröhlich und ſo viel zu leben als der Vogel. Ihm iſt der längſte Tag kaum lang, die kürzeſte Nacht kaum kurz genug.“ Alle Vögel erwachen früh aus dem kurzen Schlummer der Nacht. Noch liegt tiefes Dunkel ringsumher über Feld und Flur. Oſten das herannahende Morgengrauen: da grüßen ſie ſchon in holder Sängerluſt den neuen Tag. Sie ſind frühere Verkünder desſelben als das Morgenrot, früher noch als das fahle Morgengrauen. Die Schwalben zwitſchern bereits vor Anbruch des Tages unterm Scheunendache, der Martin ſtreckt das Köpf— chen aus dem Niſtkaſten, laut in die laue Morgenluft hineinſingend. Der Robin flötet in lauten Jubeltönen vom hohen Wipfel herab, und im Jelängerjelieber— dickicht muſiziert die Katzendroſſel. Wenn der Land— mann kurz vor Sonnenaufgang, ſeinem Geſpann folgend, auf den Acker zieht, wird er von einer großen und verſchiedenartigen Sängerſchar von allen Seiten begrüßt: „Sie alle ſingen ihr Morgenlied mit nüch— ternem Magen, erſt nach Sonnenaufgang nach Nah— rung ausſchauend. Während der Brutzeit wird der erſte Teil des Morgens zum Erbauen des Neſtes verwendet. Steigt die Sonne höher und höher, dann tritt eine Pauſe im Geſang ein, die bei vielen Vögeln bis zum ſpäten Nachmittage währt. Nur dann und wann hört man noch einzelne Töne. Während der Mittagszeit ſingt faſt kein einziger Vogel. Die fleißig— ſten Sänger ſind die Vireos, die auch zur Mittagszeit, ſelbſt bei Sturm und Regen, eifrig ſingen. Die Spottdroſſel des Südens ſingt zeitweilig fortwährend, Tag und Nacht. Nach dem Singen ſuchen ſie nach Nahrung, dann halten ſie im ſchattigen Inneren eines Kaum zeigt ein lichter Schimmer im fernen. Dickichts, oder im Laubwerk der Bäume Raſt, oder fie bringen ihr Gefieder in Ordnung. — Allerdings ändert die Witterung das Benehmen der meiſten Vögel faſt vollſtändig. „Ihr Betragen iſt ein treues Abbild des Himmels: iſt er heiter, ſo ſind ſie es auch, iſt er trübe, fo werden auch fie verſtimmt und unſtet.“ Anu regneriſchen, kalten Tagen, wenn die meiſten In— ſekten ſich in ihre Schlupfwinkel verkrochen haben, beanſprucht das Aufſuchen der Nahrung ihre ganze Zeit. Man hört dann faſt keinen Geſang, und ihr ganzes Thun und Treiben verrät Niedergeſchlagenheit und Mutloſigkeit. Sobald aber die Sonne wieder ihre Wärme herabſtrahlt, kehrt der alte Frohſinn wieder. — Alle Vögel baden gerne, ſei es im Sande, im Staube oder Waſſer. — Nach dem Bade fühlen ſie ſich ungemein behaglich. Dieſe Reinigung iſt ihnen allen ein Lebeusbedürfnis. — Gegen den ſpäten Nach— mittag hin erſchallt der Geſang wieder von allen Seiten, der namentlich gegen die Abenddämmerung überaus eifrig und eindrucksvoll erklingt. Sobald es zu dunkeln beginnt, ſucht jeder ſeine Schlafſtelle auf. „Früh zu Bett und früh aufſtehen“, gilt bei allen Vögeln als Regel. Die jungen Vögel werden von den alten mit der größten Fürſorge und Aufopferung gefüttert und rein gehalten. Auch nachdem ſie das Neſt verlaſſen, werden ſie von den alten mit Nahrung verſorgt, bis ſie ihre Selbſtändigkeit erlangt haben. Nach der Brutzeit, von Ende Juli bis in den Auguſt hinein, iſt alles ruhig. Wir hören nur noch ſelten einen Singvogel und ſehen auch nur wenige. Die meiſten erſcheinen ruppig und unordentlich. Es iſt dies die Zeit der Mauſer oder des Federwechſels. Sie können jetzt nicht gut fliegen, darum verſtecken ſie ſich im Gebüſch oder Gras, bis die Federn wieder gewachſen ſind. — —— ͤ ee —— Einleitung. XIX — Wanderung. Eine eigene Poeſie liegt über dem Leben unferer | Vögel. Ihr Flug in den ſonnigen Himmelsraum, ihr Wiegen auf ſchwankendem Zweig, ihr Verſtecken in Wald und Feld, ihr Geſang mit den tauſenderlei Variationen, jeder Einblick in ihr Leben, Weben und Thun zieht ein ſinniges Gemüt an, ſtimmt es ernſt und ſtimmt es froh. Ja, die Sehnſucht und das Hoffen des Menſchen, dieſe beiden Grundlagen, auf welchen ſich ein gutes Stück der echten Poeſie aufbaut, ſie werden beeinflußt von zwei der wichtigſten Ereigniſſe aus dem Leben unſerer Vögel, deren Fortzug im Herbſt und deren Wiederkehr im Frühling. Der kurze, heiße Sommer unſeres Nordens iſt vorüber. Die Tage werden fühlbar kürzer, die Nächte immer kühler. Rein und erquickend weht die Luft, und ein tiefes Blau zeichnet die Färbung des Himmels aus. Die zarten, ſilberglänzenden Sommerfäden ziehen ſacht an uns vorüber wie ein lichter Traum der hingeſchwundenen Sommerzeit. Eigentümlich iſt fer— ner ein ſchleierartiger, aber ſo überaus dünner Nebel, daß man ihn nur an entfernt liegenden Gegenſtänden wahrnimmt. Er beeinträchtigt keineswegs die oft wunderbare Schönheit des in dieſer Jahreszeit herr— ſchenden Klimas, das ſich durch eine überaus wohl— thuende Weichheit und Wärme der ruhigen und fried— lichen Luft auszeichnet. Allerwärts blühen jetzt die Aſtern, Enziane und Goldruten, weiter ſüdlich die Kuopfaſtern (Ziatris) und andere Herbſtblumen. Die Blätter des Sumachſtrauches, des Zuckerahorns und der Fünfblatt⸗ oder Jungferurebe (Ampelopsis) färben | ſich prachtvoll rot. Wir fühlen des Indianerſommers hohen Reiz. Es durchzieht unſere Seele ein halb freudiges, halb wehmütiges Gefühl. Heimlich weckt leiſer Vogelſang aus Büſchen und Bäumen gleichſam ein ſtilles Echo in uns. Wir ſehen bereits Ende Auguſt die Schwalben ſich ſammeln, dann fortziehen. Es iſt, als zöge unſer Herz mit ihnen in die weite Ferne. Die Rotflügel und Bootſchwänze ſammeln ſich, und die ſchwarzen Schwärme dieſer Vögel ziehen ebenfalls in ſüdlicher Richtung davon. Dieſes Fort— wandern der Vögel ergreift auch das fühlende Men ſchenherz mächtig! das Gezwitſcher und der leiſe Sang in Buſch und Baum. Jene heimlichen Stimmen, dieſer Zug in der Luft — wir ahnen ihre Sprache, wir fühlen ihre Deutung. Die Stimmen ſprechen aus was der Zug bekundet: Lebe wohl, wir ziehen in die Ferne zur wärmenden Sonne und kommen mit ihren belebenden wendigkeit. Strahlen wieder zur Heimat!“ Zwei Urſachen ſind es, welche das Wandern der Vögel bedingen: Mangel au Nahrung und unbegrenzter Reiſetrieb. — Der Zug iſt den meiſten Vögeln Lebensbedingung, Not— Aber er entſteht nicht etwa erſt durch die Erfahrung des Vogels bei Mangel an Nahrung und Wärme, ſondern er iſt dem Vogel von Natur eigen. Noch iſt Überfluß an Nahrung in der Heimat und doch ziehen ſie fort, unaufhaltſam fort in die Fremde. Jung und alt, wilde, wie in der Gefangenſchaft aufgezogene fühlen dieſen mächtigen Trieb in ſich. Der Vogel im Käfig wird um die Zugzeit unruhig und wild. Er frißt wenig und gönnt ſich Tag und Nacht keine Ruhe, lockt und ſingt bisweilen in unbe— | friedigtem Drange, und dieſe Unruhe dauert bis zum Ende der Zugzeit und beginnt wieder aufs neue mit der Zeit des Rückzuges. Gewöhnlich ziehen alle unſere kleinen Vögel des Nachts, und ſo können wir auch an unſeren Gefangenen während der Zugzeit ein fort— währendes Flattern im Käfig wahrnehmen. Sobald die Zugzeit der Wildlinge vorüber iſt, wird auch unſer Käfigvogel wieder ruhig. Das zeigt deutlich, daß der Wandertrieb dem Vogel mit der Geburt als unvertilg— bare Eigentümlichkeit geworden iſt. Doch nicht alle Vögel wandern. Es giebt Standvögel, welche jahrein, jahraus in ihrer Heimat bleiben. Zu dieſen gehören faſt alle Häher, die Meiſen, verſchiedene Raubvögel u. a. Andere ſtreichen, wenn die Nahrung knapp zu werden beginnt, von einem Orte zum andern, ohne ſich an die Witterung zu kehren. Man nennt dieſe Strichvögel. Finken verſchiedener Art, Specht— meiſen, viele Spechte u. a. gehören in dieſe Kate— gorie. Die meiſten unſerer Sommergäſte ſind aber eigentliche Zugvögel. Viele derſelben finden ſchon in den Südſtaaten eine paſſende Winterherberge. In den dichten, immergrünen Dickichten der Fluß- und Bachniederungen und der Waldränder Floridas, Louiſianas, Texas' und anderer Golfſtaaten wimmelt es den ganzen Winter hindurch von unzähligen Vögeln, meiſt Finkenarten. Die zarten Inſektenvögel über wintern zahlreich in Süd-Mexico, Guatemala, Nica- „Dem Wanderdrange entquillt ragua, Coſta Rica, Honduras, Weſtindien und ſelbſt im nördlichen Südamerika. Der Robin der nördlichen Gärten findet ſich im Winter in den Wäldern der Golfregion, während die im Gaisblattſtrauche brütende Katzendroſſel und der auf hohen Ulmen niſtende Baltimore-Oriol ſich in den Bäumen und Dickichten Centralamerikas umhertummeln. Die Schwalben, XX Einleitung. welche unter unſeren Dächern und in den Niſthäus— chen brüten, tummeln ſich im Winter über dem Waſſer des Orinoco, des Amazonenſtromes und des Mag— dalena, wo ſie zwiſchen Palmen und anderen Tropen— bäumen munter dahinfliegen. Manche Arten bleiben nur ſo lange im Norden, als das Brutgeſchäft dauert. Spät im Mai, wenn die Bäume blühen und ihr zartes Laub zu entfalten beginnen, ziehen die kleinen, buntgefärbten Waldſänger nördlich. Aufangs Juni erreichen die meiſten erſt ihre nördlich von uns gelegene Heimat. Sie bauen, brüten, ziehen ihre Jungen auf und erſcheinen bereits im September wieder, um bis Mittel- und Südamerika zu wandern. Andere Vögel trennen ſich ſpät von der Heimat und kehren früh zurück. Der Vogel, welcher zuerſt fortzieht, kommt zuletzt wieder, und derjenige, welcher uns am ſpäteſten verläßt, ſtellt ſich am früheſten wieder ein. Auch die einzuſchlagende Richtung des Zuges iſt den Vögeln angeboren. Sie können ſich darin gar nicht irren, wenngleich es oft vorkommt, daß ſie durch plötzlich auftretende Stürme in andere Gegenden ver— ſchlagen werden. Zunächſt ziehen ſie den großen, ſüdlich laufenden Flüſſen, welche man als die eigent— lichen Heerſtraßen der Vögel bezeichnen kaun, nament— lich den Miſſiſſippi entlang, dann halten ſie eine mehr ſüdweſtliche Richtung inne, um nach Texas und Mexico zu gelangen. Eine direkt ſüdliche Richtung würde ſie in den offenen Golf geraten laſſen. Da in Europa die Zugrichtung eine ganz andere iſt, ſo wird es nie gelingen, deutſche Singvögel, welche in Agypten und Inner-Afrika überwintern, öſtlich vom Felſengebirge einzubürgern. Über den Zug und über die ſogenann— ten „Vogelwellen“ (Bird-waves) hat kein anderer Ornitholog jo genaue Beobachtungen augeftellt als Herr Otto Widmann in St. Louis, Mo. Die⸗ Der Menfch und die Schon aus dem vorſtehenden iſt erſichtlich, wie wichtig die Vögel im Haushalte der Natur, wie innig ihre Beziehungen zum Meuſchen find, Ohne fie | würden die ſchädlichen Inſekten ſo überhand im Gar— ten, in Wieſe, Feld und Wald nehmen, daß wir uns ihrer kaum zu erwehren vermöchten. Die Getreide- arten und andere Kulturpflanzen haben ein ſo großes Inſektenheer im Gefolge, daß ſich die Vögel als deſſen eigentliche Bekämpfer bald einſtellen, wo immer der Menſch ſich niederläßt. Nur wo dieſes Gleichgewicht durch Verfolgung der gefiederten Freunde zerſtört ſelben finden ſich in dem ausgezeichneten Werke W. W. Cookes, „Bird Migration in the Mississippi Valley“. (Washington: Government Printing Office. 1888.) Einige Vögel wandern einzeln, andere paar- oder familienweiſe und viele in großen Scharen. Die meiſten Arten ziehen auch hinſichtlich der Geſchlechter getreunt, die Männchen voran, die Weibchen mehrere Tage ſpäter. — In der Fremde brütet kein einziger unſerer Vögel. Die Winterherberge iſt ihnen wirklich eine Fremde. Sie ſind dort ſcheu, leben zurückgezogen, ſingen nicht und denken nicht an Neſtbau und Brüten. Erſt wenn ſie wieder in ihrer Heimat angelangt ſind, kehrt die alte Luſt und Freude, die alte Zutraulichkeit und der Geſang zurück. Sie zogen unruhig und wehmütig, doch unaufhaltſam in die Fremde, viel friſcher und fröhlicher kehren ſie heimwärts. Ihr Drang iſt dann ſo heftig, daß ſie oft zu früh heimkehren, wenn noch kaltes Wetter vorherrſcht und kaum erſt Nahrung zu finden iſt. Als Regel kann man aufſtellen, daß alle großen Vögel bei Tage, alle kleinen des Nachts ziehen. Letztere erheben ſich ſo hoch in die Luft, daß man ſie nicht ſehen, ihre Lockſtimmen aber deutlich vernehmen kann. Sind die Nächte trübe und ſchwül, ſo führt ſie das elek— triſche Licht auf Türmen, namentlich auf Leuchttürmen, und auch das elektriſche Licht in den Straßen der Städte irre. Geblendet umflattern fie zu Hunderten dasſelbe, zerſtoßen ſich die Köpfe oder geraten in die offene Flamme. Dies iſt ein ungeheurer, unerſetzlicher Verluſt. Der Zug iſt es alſo, welcher uns der Wälder Schmuck und des Haines Sänger nimmt und wieder— bringt, unſere Seen, Teiche, Bäche, Wieſen und Felder entvölkert und von neuem belebt, deſſen Schmerz und Luſt wir teilen, wenn wir Abſchied von den Vögeln nehmen und ſie wieder begrüßen. Vögel. Ihr Nutzen. wird, vermehren ſich die Inſekten mit einer ſolchen Schnelligkeit, daß faſt alles verwüſtet wird. Als vor mehreren Jahren die Wanderheuſchrecke im Weſten in Menge auftrat, fanden ſich die Vögel in Scharen ein, um ſie zu bekämpfen. Man bedauerte nur, daß ſie nicht zahlreicher waren. Die im Frühling zu Tau— ſenden ſich in den blühenden Obſtgärten aufhaltenden Waldſänger verzehren ausſchließlich die ſich in den Blüten, am Geäſt und auf den Blättern findenden Inſekten. Ohne ſie wäre eine gute Obſternte nicht denkbar. Die Meiſen und Baumläufer ſuchen aus — Einleitung. den Baumritzen die Juſekteneier und Larven mit der eigentlichen Vertilger des Diſtel- und Klettenſamens. größten Geſchicklichkeit ab. Es gehören Tauſende der kleinen Schädlinge dazu, um den Magen dieſer Vögel zu füllen. Die Spechte ſind die wahren Wohlthäter des Waldes. Das geſunde Holz greifen ſie niemals an, fondern nur immer diejenigen kranken Stellen, in welchen ſich Kerfe eingeniſtet haben. Die Katzen-, Spott⸗ und Braundroſſel, der Robin und Baltimore— Oriol ze. find außerordentlich nützlich, da fie nicht nur das Ungeziefer von den Pflanzen ſelbſt wegnehmen, ſondern auch vom Boden abſuchen. Sie begehren allerdings einen kleinen Teil der Beeren und Kirſchen, aber das iſt ihr wohlverdienter Lohn. Ohne ihre Mithülfe würde der Obſtzüchter überhaupt keine Früchte ernten können. Der Blauvogel und die Zaunkönige leben ebenſo wie alle kleinen Waldſäuger, die Meiſen, Mückenfänger, Vireos und Schwalben, ausſchließlich von Inſekten. Der Bobolink iſt einer unſerer nützlichſten Vögel der Wieſen, weil er faſt ausſchließlich von Grashüpfern lebt. Die Dienſte des Rotflügels, des Gelbkopfſtärlings, des Wieſenſtars u. a. für die Landwirtſchaft ſind gar nicht hoch genug anzu— ſchlagen. Die Finkenarten entfalten ihre nutzbrin— gende Thätigkeit auch noch in anderer Richtung. Sie vertilgen nicht nur zahlloſe Inſekten, ſondern im Herbſt und Winter und zeitig im Frühling auch Unmaſſen von Unkrautſämereien. Die Goldſtieglitze, welche ſo oft die Salat- und Kohlſämereien angehen, ſind die Ganz außerordentlich nützlich werden aber faſt alle in unſerem Buche genannten Vögel, wenn fie Junge haben, denn dieſe werden meiſt mit Inſekten aufge— füttert und bedürfen deren eine ganz unberechenbare Menge. Selbſt der ſehr auf Beerenobſt erpichte Ceder-Seidenſchwanz erſetzt hundertfach den Schaden, welchen er anrichtet, durch das Vertilgen von Raupen und Käfern. Für den verſtändigen Leſer bedarf es keiner weiteren Aufzählungen. Er weiß, daß die Vögel unentbehrliche Ordner und Erhalter des Gleichgewichts in der Natur find; es bedarf für ihn keiner Erinnerung, um den uns durch ſie unmittelbar und mittelbar geſtifteten Nutzen erkennen zu laſſen. „Ihr ganzes Leben gewährt uns und allen anderen hochſtehenden Geſchöpfen eine ununterbrochene Folge von Wohl— thaten; allüberall und immer ſcheinen ſie darauf bedacht zu ſein, das Schädliche zu vernichten, oder ſeinen Einfluß aufzuheben. Sie ſind treue Wächter der Ordnung, des höchſten aller Geſetze; treulich, unabläſſig warten ſie ihres Amtes, erfüllen ſie ihren Beruf. Und wie ſelten wird ihr Wirken vom Menſchen gewürdigt! Nur allzu häufig greift er ſchonungslos und mit frevelnder Hand ein, das Gleichgewicht zu zerſtören, welches ſie ver— mitteln: — und Verderben iſt die unausbleibliche Folge davon.“ Zu ſeinem eigenen Vorteil ſollte der Farmer, Gärtner und Obſtzüchter dieſe nützlichen Weſen auf alle nur denkbare Weiſe hegen und pflegen. Vogelfreunde. Vögel in den Gärten. Daß der Nutzen der Vögel allgemein anerkannt wird, beweiſen die Geſetzgebungen faſt aller Staaten; denn faſt alle haben mehr oder weniger zweckent— ſprechende Geſetze zum Schutze der Vögel erlaſſen. Viele unſerer Vögel ſind volkstümlich und erfreuen ſich des Schutzes und der Liebe aller. Der Blauvogel, deſſen Kleid zugleich an das Azurblau des Himmels und der Erde bräunliches Gewand erinnert, der Robin, der Spottvogel, der Baltimore-Oriol, der Bobolink, der Singſperling und Haarvogel, der Gold— ſtieglitz, die Martin- und Scheunenſchwalbe, der texaniſche Paradiesvogel, der californiſche Hausgimpel, der Goldoriol und viele andere ſind die Lieblinge des amerikaniſchen Volkes. Im allgemeinen darf man rückhaltlos behaupten, daß keine andere Tierklaſſe ſo des Menſchen innigſte Zuneigung erfährt als die Vögel. „Die Säuger ſind die Nutztiere des Men— ſchen, die Vögel deſſen Vergnügungstiere. Jene müſſen zollen und geben, wenn ſie von Menſchen nicht vertilgt werden wollen, dieſe genießen eine Be— vorzugung vor allen übrigen Tieren: ſie beſitzen des Menſchen Wohlwollen und Liebe. Die Anmut ihrer Geſtalt, die Schönheit der Farben, die Schnelligkeit und Behendigkeit ihrer Bewegungen, der Wohllaut ihrer Stimme, die Liebenswürdigkeit ihres Weſens ziehen uns unwiderſtehlich an.“ Der edle Menſch iſt ein Freund der Vögel und war es von jeher. Es ketten ihn Bande an dieſe lieblichſten aller Geſchöpfe, welche ſich nie lockern, ſondern immer feſter ziehen. Außer in den Städten, hält man wenige unſerer Vögel im Käfig. Der Naturfreund geht lieber hinaus aufs Land, um ſich an den Vögeln im Freien zu ergötzen. Und doch hat die Stubenvogel-Liebhaberei ihre Berechtigung, aber nur dann, wenn die Vögel in den Käfigen aufs gewiſſenhafteſte und beſte verpflegt werden. Ich habe manchmal 75 bis 100 Stück XXII Einleitung. unſerer Vögel auf einmal gepflegt und mich an ihrem Thun und Treiben, an ihrer Zutraulichkeit, beſonders aber an ihrem Geſange erfreut. Da ich in meinen Schilderungen nur wenig Rückſicht auf das Gefangen— leben unſerer Sänger und deren Pflege nehmen konnte, ſo verweiſe ich auf Dr. Karl Ruß' „Handbuch für Vogelliebhaber“ (zwei Bände) und deſſen großes Prachtwerk „Die fremdländiſchen Stubenvögel“. Herr Dr. Ruß hat wie kein anderer, namentlich auch in ſeiner Zeitſchrift „Die gefiederte Welt“, über das Gefangenleben der Vögel, über deren Pflege und Zucht berichtet. — Man hält hier ſehr oft den Robin, den Indigo- und Papſtfinken, ganz beſon— ders aber den Kardinal und die Spottdroſſel in der Gefangenſchaft. Den letzten beiden Vogelarten wird jo nachgeſtellt, daß ſie in dem nördlichſten Teile ihres Verbreitungsgebietes faſt ganz ausgerottet ſind. Wenn dieſe beiden herrlichen Vögel in den Süd— ſtaaten nicht ganz verſchwinden ſollen, ſo müſſen bald ſtrenge Geſetze zu ihrem Schutze erlaſſen werden. Man führt dieſe beiden Sänger jährlich in großer Anzahl auch in Deutſchland und in andere euro— päiſche Länder ein. — Auch die Katzendroſſel, den Blauhäher (einer der vorzüglichſten Käfigvögel), die Braundroſſel und andere hält man hie und da im Bauer, aber nur in den Städten. Auf dem Lande hat es jeder Natur- und Vogelfreund in der Hand, zahlreiche Sänger an ſich zu ketten, ſo ſehr auch deren Anzahl allerwärts abgenommen hat. „Wenn der Menſch den ſich ihm nähernden Vögeln freundlich entgegenkommen wollte“, ſagt Brehm, „ſo würde ſeine Geſellſchaft von ihnen eifrig aufgeſucht werden. Der frohſinnige Vogel kann nicht mißtrauiſch ſein; er kann es aber werden, wenn ſein Vertrauen gemiß— braucht wird. Gewöhnlich offenbart er große Zutrau— lichkeit gegen andere Geſchöpfe und kommt ohne Scheu zu ihnen heran, — auch zu dem Menſchen. Bei genauerem Bekanntwerden mit dieſem muß er leider häufig das Gefährliche eines innigen Umgangs mit ihm kennen lernen — und wird dann ebenſo ſcheu, als er früher furchtlos war.“ Eine große Anzahl Vögel ſiedelt ſich mit Vorliebe am gebüſchreichen Wald— ſaume an. In Wieſen finden wir, neben dem Bobo— link, häufig den Savanna- und Grashüpferfinken und den Schildammer. Die Felder ſind die Heimat des Wieſenſtars, des Abendfinken u. a. Will ſich der Menſch in ſeiner nächſten Umgebung an zahlreichen Vögeln erfreuen und deren Geſange lauſchen, ſo darf er es nicht allein bei dem Anpflanzen von Obſt— und Zierbäumen bewenden laſſen. Er muß namentlich — g —— — — recht viele paſſende Zierſträucher anpflanzen. Je dichter veräſtelt und belaubt dieſe ſind, deſto lieber halten ſich die kleinen Sänger in ihnen auf, deſto lieber bauen ſie ihre Neſter in dieſelben. Im Norden ſollte man den falſchen Jasmin (Mock Orange), die Heckenkirſche (Upright Honey-suckle), wilde Apfelbäume, Weiß— dorn, Hartriegel, Holunder, Schneebeeren, wilde Stachelbeerſträucher, die kletternden Gaisblattarten, Cedern, Tannen, Fichten, Kiefern u. ſ. f.; im mitt— leren Gebiete und im Oſten neben den genannten auch noch Rainweiden (Privet), Rhododendron, Aza— leen, Kalmien, Gewürzſträucher (Caxolina Allspice), Schueeflockenbäume (Fringe-tree), Oſage-Orangen, Chriſtusdorn (Honey Locust) und als Kletterpflan— zen die Trompetenliane und Wiſtarien anpflanzen. In der Golfregion giebt es eine ſolche Fülle herrlicher immergrüner Sträucher, Bäume und Schlingpflanzen, daß es zu weit führen würde, dieſelben hier anzu— führen. In meiner Jugend brüteten ſehr viele verſchiedene Vogelarten auf unſerem Yande, bei Howards Grove, Sheboygan Co., namentlich am kleinen See. Die Vögel wurden nicht nur eifrig geſchützt, ſondern ſie fanden auch im allerwärts ſich findenden Gebüſch paſſende Aufenthalts- und Niſtorte. Am 8. Juni dieſes Jahres beſuchte ich, nach einer Abweſenheit von zwanzig Jahren, meinen Geburtsort wieder. Doch welche Veränderung zeigte ſich meinen erſtaunten Blicken! An Stelle der einſtigen hohen und breiten Ulmen, der Gebüſche und Dickichte, welche ſich am Ausfluſſe entlang zogen, finden ſich jetzt wohlgepflegte Felder. Von den Scharen der einſt hier brütenden Vögel war nur noch wenig zu ſehen. Nur am Südufer des Sees, auf dem Berge und an der Quelle, dann auch noch am Weſtufer, findet ſich ein Saum von Gebüſchen und teilweiſe auch noch Wald. Hier ſind noch dieſelben Vögel anzutreffen, welche ich in meiner Jugend ſo oft beobachtete. In dem nahen Howards Grove lebte einſt viele Jahre hindurch ein großer Natur- und Vogelfreund, Herr Ernſt Schlich— ting. Man kannte ihn weit und breit unter dem Namen „Buſchkönig“, nicht nur wegen ſeines großen Waldbeſtandes, ſondern auch wegen feiner imponieren— den Erſcheinung. Bei ihm ſah ich als Knabe zuerſt eine große Anzahl Käfigvögel, namentlich auch ſolche aus dem Süden. Der genannte Herr verſtand es vortrefflich, Naturfreunde anzuregen und zu begeiſtern. Bei einem alten Schulfreunde, Herrn Ferdinand Neumeiſter, konnte man ſo recht ſehen, welchen Einfluß der alte Herr bezüglich der Vogelwelt ausgeübt. * ꝶ6ð‚ e ⅛¼— — m ³qͤyB̃ ˙ !4IÄI. ²⁵ Einleitung. — — —— — —Lu————ͤæꝗ¶ t —ͤ—-—ñ— — — un Der große, aus Sträuchern, Obſt- und Zierbäumen beſtehende Garten ſchwärmte von Vögeln der verſchie— denſten Art. Da wird keine Katze und kein Raubzeug geduldet. Der genannte Schulfreund iſt ein wirklicher Gaſtfreund der Vögel geworden, dem das ſchöne Gedicht von E. Friſch aus der Seele geſprochen iſt: „Ihr lieben Wandergäſte, Euch lad' ich gaſtlich ein; Bewirtet auf das beſte, Willkommen ſollt ihr ſein! Frei ſollt ihr bei mir wohnen, Und ſingen ſollt ihr frei; Eu'r Haus will ich verſchonen, Euch ſchützen will ich treu. Euch öffne ich die Pforten, Euch meines Herzens Schrein; Kommt zu mir allerorten, Fieht mir ins Herz hinein; Ins Herz mit euren Klängen, Ins Herz mit eurer Luſt, Ins Herz mir mit Geſängen Aus eurer Dichterbruſt.“ Dieſer Garten beweiſt, wie gern ſich die Vögel in der Nähe des Menſchen anſiedeln, wenn man ſie ſchützt und das Raubzeug fernhält. Um die blühenden Roßkaſtanien ſchwärmten Kolibris, im Gelaube der Apfelbäume tummelten ſich Baltimore-Oriole, Wald- I und Säugervireos, Gartenſänger, Waldpiwis, Klein— tyrannen und Goldſtieglitze. Katzen- und Braun— droſſeln brüteten ebenſowohl als Robins und Ceder— vögel in denſelben. Sogar ein Pärchen der ſonſt fo mißtrauiſchen Bootſchwänze hatte ſein Neſt in die Spitze eines Obſtbaumes gebaut. Haarfinken hüpften uns faſt vor den Füßen umher. Blauvögel, Sing— ſperlinge, Zaunkönige, Martin- und Scheunenſchwal— ben konnte man in der Nähe hören, und ſelbſt Regen— kuckucke, Würger, Königsvögel brüten zeitweilig in dem Garten. Herr Neumeiſter klagte, daß ihm die dort gleichfalls ſchon zahlreichen Sperlinge viele Not machten, da ſie die Brutſtätten der Zaunkönige, Blauvögel und Martinſchwalben, wo ſie zahlreich und ſtark genug ſeien, in Beſitz nähmen. — Auch in anderen Gegenden des Landes, namentlich im Süden, fand ich ſolche Vogelfreunde, welche ihren Lieblingen Pflege und Schutz zuteil werden ließen. Leider iſt deren Zahl aber noch viel zu klein, um Einfluß auf den Stand unſerer kleinen Vögel zu haben. Es iſt die Pflicht eines jeden Landmanns, Gärtners, Natur— und Vogelfreundes, dafür zu ſorgen, daß die Vögel ſeiner Umgebung durch Belehrung und durch Anbrin— gen von Niſtkäſten und Anpflanzen von Bäumen und Ziergeſträuch geſchützt werden. Einbürgerungsverſuche mit ausländifchen Vögeln. Der Deutſche, der ja vorzugsweiſe Gemütsmenſch iſt, hat es je und je empfunden, daß ſich für die Vögel ſeiner Heimat hier kein rechter Erſatz bieten will. Mit Sehnſucht denkt er an jene Zeiten zurück, da Philo— melens Klage den Hain durchdrang, der Lerche Jubel— triller aus der Bläue des Himmels herabklang, der ähnlich, nur ſonniger; Stürme find unbekannt. An Amſel Flötentöne, des Schwarzplättchens Liebeslied, des Buchfinken Schlag Berg und Thal wiederhallen Dieſe Liebe zur alten Heimat und zu den ließen. Sängern holder Jugendzeit war auch die Urſache, daß man an verſchiedenen Orten ſogenannte Einbürger— ungsvereine gründete. Zunächſt verſuchte man es leider mit dem Spatzen, der an Schädlichkeit die meiſten unſerer Vögel übertrifft. Die Stimmen deutſcher Ornithologen, eines Ruß, Thienemann und anderer gegen die Einführung dieſes Vogels fanden keinen Wiederhall. Einbürgerungsverſuche mit deut— ſchen Singvögeln machte der Acclimatiſationsverein in Cincinnati und Herr Karl Dänzer in St. Louis. Auch in Boſton und New York wurden derartige geſetzten Vögeln hat ſich nur der Stieglitz in Boſton und New Pork heimiſch gemacht und mancherorts vielleicht auch die Lerche. Ganz anders fiel ſogleich der erſte Einbürgerungsverſuch mit deutſchen Singvögeln in Portland, Oregon, aus. Das dortige Klima iſt ungemein mild, nie ſehr kalt. Es iſt dem Englands der Spitze des „Vereins zur Einführung nützlicher deutſcher Singvögel in Oregon“ ſteht der Bankier Franz Dekum, während Herr C. F. Pflüger heimiſchen Säuger zu ſchützen beſtrebt iſt. als Sekretär fungiert. Letzterer iſt ein überaus thätiger Mann, der mit großer Energie arbeitet und auch auf geſetzlichem Wege die eingeführten und ein— Über die im Jahre 1889 eingeführten deutſchen Singvögel teilt mir Herr Pflüger brieflich das folgende mit: „Im Frühling 1889 wurden von unſerem Vereine etwa dreihundert Pärchen deutſcher Singvögel importiert und freigelaſſen, beſtehend aus den folgenden Arten: Nachtigallen, Schwarzplättchen, Schwarz— Verſuche unternommen. Von den vielen damals aus- amſeln, Singdroſſeln, Dompfaffen, Buchfinken, Hänf- 1 XXIV Einleitung. lingen, Stieglitzen, Zeiſigen, Feld- und Heidelerchen, Staren, Rotkehlchen, Wachteln, Kreuzſchnäbeln, Berg— finken, Goldammern und verſchiedenen Grasmücken. Nachdem ſich die Vögel von der langen Reiſe erholt hatten, wurden dieſelben an verſchiedenen Stellen der Umgebung Portlands freigelaſſen. — Mauche derſel— ben blieben in und bei der Stadt. Es wurde allge— mein wahrgenommen, daß ſie brüteten und ſpäter mit ihren Jungen umherflogen. Viele der Vögel verbrei— teten ſich auch, ſofort nach ihrer Freilaſſung, über angrenzende Counties des Staates, wo ebenfalls beobachtet wurde, daß ſie ſich gleich Fortpflanzten- Die Lerchen ließen wir auf Wieſen und Weizenäckern frei. Unſeres Wiſſens ſind die Vögel bereits über den ganzen Staat Oregon verbreitet, und ſelbſt im Staate Waſhington bemerkte man fie in verſchiedenen Ort— ſchaften. Namentlich im Laufe des letzten Jahres zeigte es ſich, daß das Unternehmen mit Erfolg gekrönt war. Die Sänger ſind nicht nur von ihrer Wander— ſchaft zurückgekehrt, ſondern ſie haben ſich ſchon ſo vermehrt, daß man ſie nicht nur bei Portland, ſondern | I | auch überall im Staate ſehen kann. — Bei Milwaukee, einem kleinen Städtchen bei Portland, wurden im September 1890 zwanzig bis dreißig Lerchen auf Im hieſigen Stadtparke haben Erſtere einmal geſehen. Stieglitze, Hänflinge und Zeiſige gebrütet. wurden ebenfalls am Mount Tabor, in Fulton nahe Portland und in Molalla, in Clackamas County, bemerkt. In Peſadena, bei Portland, dem Herrn H. Doſch gehörend, brüteten Schwarzamſeln, Sing- tierte ſchon letzten Herbſt 48 Paar Feldlerchen, 24 P. droſſeln, Schwarzplättchen und Stieglitze. Häuflinge wurden ſehr häufig in Eaſt Portland geſehen, und könnte ich noch viele Plätze anführen, wo 1890 unſere | deutſchen Singvögel gehört und beobachtet wurden. Dieſes alles beweiſt, daß das Unternehmen ein groß- artiger Erfolg war. — Klima und Futter ſind den | | deutſchen Vögeln in Oregon ſehr günftig. Das | Klima iſt hier ſo mild, daß anzunehmen iſt, daß viele Vögel gar nicht fortziehen, ſondern auch den Winter über hier bleiben.“ In einem Briefe vom 19. März 1891 berichtet Herr Pflüger, daß bereits die Roſen im Februar mit Blühen angefangen, daß der Winter überaus ſchön und mild geweſen ſei. Er ſchreibt dann weiter: „Im Frühling 1890 fiel etwas Schnee. Man ſah dann die Schwarzamſeln mit amerikaniſchen Robins geſellſchaftlich umherfliegen. Viele der eingeborenen Amerikaner ſtaunten die ſchwar— zen Vögel mit den gelben Schnäbeln, ſonſt ganz den Robins gleichend, an; denn ſie hatten ſie vorher noch nie geſehen. Bei Portland haben ſich die Amſeln viel aufgehalten und gebrütet. Auch die Singdroſſeln hört man jetzt ſchon täglich ſingen. Buchfinken wurden im Laufe dieſes Frühlings zum erſtenmal letzten Sonntag (den 15. März) von Herrn F. Bickel beobachtet. Der genannte Herr iſt ein großer Vogel— freund, und er freute ſich wie ein Kind, als er ſie wieder ſah. Der Stieglitz iſt hier eleganter und ſchöner gefärbt als in Deutſchland. Dieſes mag in der Nahrung und in dem milden Klima begründet ſein. Die Stare haben hier noch nicht in Niſtkäſten, ſondern an den Rändern der Wälder gebrütet. Soviel ich erfahren konnte, haben auch ſie ſich gut vermehrt.“ Herr Franz Dekum, der das erſte Unter— nehmen ſo kräftig unterſtützte, hat auch jetzt wieder, im Vereine mit Herrn Pflüger und den anderen Herren vom Einbürgerungs-Vereine für einen neuen Nachſchub deutſcher Singvögel geſorgt. Man impor— Nachtigallen, 48 P. Droſſeln, 24 P. Buchfinken, die man wohl zeitig in dieſem Jahre freigelaſſen hat. — Jedenfalls würden alle dieſe Vögel auch in Californien ausgezeichnet gedeihen, doch hat man es dort, wie mir Herr P. F. Reiſer ſchreibt, noch nicht vermocht, einen Einbürgerungs-Verein zu gründen. Vogelfeinde. Der Deutſche, der das Herz auf dem rechten Flecke hat, iſt immer ein Freund und Beſchützer der Vögel geweſen, wenn er auch zeitweilig dem jagdbaren Gefieder in edler Waidmannsluſt mit Pulver und Blei nachſtellte. Auch hier in der neuen Heimat hat er ſeinen Einfluß zu gunſten der Vögel geltend gemacht. Man hat den Vogelkundigen oft den Vor- Feind der Vögel iſt der gewöhnliche Sammler, der wurf gemacht, daß ſie zu viele Vögel für die Wiſſen— ſchaft erbeuteten. Leider find Bälge in Muſeen für die Wiſſenſchaft nötig, aber der wahre Ornitholog iſt ſtets auch ein wahrer Freund und Beſchützer der Vögel, der nicht unnütz das Leben eines ſo munteren Ge— ſchöpfes nimmt. Aus den Schriften unſerer großen Ornithologen Ridgway, Coues, Allen, Brew— ſter, Merriam u, a. wird man ſtets eine Liebe für dieſe herrlichen Geſchöpfe durchfühlen können. Der Ausſtopfer (Taxidermiſt) und der Eier ſuchende Knabe. u Fuge 2 pe ze) Einleitung. XXV Im ganzen Lande, namentlich in der Nähe größerer gejehen und unter Beihülfe eines Freundes getötet Ortſchaften und Städte, giebt es große und kleine und ihr Neſt beraubt habe. Ein Sammler in Maſſa⸗ Buben — erſtere oft graubärtige Geſellen, welche nach chuſetts prahlt mit den von ihm geſammelten Neſtern allem ſchießen, was da kreucht und fleucht. Tauſende und Gelegen des zierlichen Moos- oder Flechtenſängers. der kleinen, nützlichen Vögel fallen dieſen rohen und Er ſammelte in einem Jahre zwei, im nächſten Jahre gemütloſen Menſchen zur Beute. In Scharen ziehen fünf, im folgenden vier und im nächſten wieder vier die böſen Buben hinaus auf die Vogeljagd, jeden ihnen Gelege. In einem Jahre raubte er von einem einzigen in den Weg kommenden Sänger tötend, jedes gefun- Baume drei Neſter. Ein anderer Sammler brüſtet ſich dene Neſt plündernd. Eine ganze Anzahl ſogenannter damit, hundert Gelege des Sumpfzaunkönigs an einem oologiſcher Zeitſchriften, meiſt von unerfahrenen Jüng- Tage geraubt zu haben; ein dritter, daß er in einem lingen oder geldgierigen Händlern herausgegeben, Jahre über tauſend Gelege verſchiedener Vögel geſam— fordern geradezu auf, die ganzen Gelege, und deren melt habe, und ein vierter, daß er an einem einzigen recht viele, zu ſammeln. Der berühmte Schriftſteller Tage dreißig Gelege des Schwätzers ‚gefrabjcht‘. Unter und Naturfreund, John Burroughs, zieht in dem Einfluſſe dieſer Sammelwut iſt ein eigenartiges ſeinem hochintereſſanten Buche „Signs and Seasons“ Geſchäft entſtanden, das fi) von Jahr zu Jahr mit großem Mute und kräftiger Sprache gegen dieſe vergrößert.“ In das hieſige Muſeum kommen ſehr Neſträuber und Vogelmörder los. Er ſchreibt: „Zu | oft Knaben, welche ganze Cigarrenkiſten geraubter den ſchlimmſten Feinden unſerer Vögel muß man die Vogeleier zum Verkauf anbieten oder dieſelben beſtim— ſogenannten Sammler zählen, Menſchen, welche im | men laſſen wollen. Würden die beſtehenden Geſetze Namen der Wiſſenſchaft Neſter plündern und deren ſtrenge durchgeführt, fo würden die beſten Freunde des Erbauer töten. Nicht der eigentliche Ornitholog iſt Farmers ſich bald wieder vermehren, und der Gemüts— zu den Vogelfeinden zu zählen: Niemand iſt mehr | voheit der Jugend würde geſteuert. „Ich kann es darauf bedacht, die Vögel zu ſchonen, als er — ſondern einem gereiften Ornithologen verzeihen“, ſchreibt der ‚Pſeudo-Vogelkundige“, deſſen Laune ſich gerade Burroughs weiter, „wenn er ſich eine Sammlung den Vögeln zuwendet. Weil es Mode iſt und weil anlegt, und wenn er ſich mit einem oder zwei Eiern er ſich gerne den Anſtrich eines Forſchers geben möchte, begnügt . . ., aber dem profeſſionellen Neſträuber oder legt er eine Eier- und Balgſammlung an. In den Balgjäger ſollte entweder durch Geſetze, oder wenn meiſten Fällen iſt dieſe Art Sammler jedoch darauf das nicht fruchtet, mit Hunden und dem Schießgewehr bedacht, die zerbrechlichen Überbleibfel des Waldes und | fein elendes, Verderben bringendes Handwerk gelegt Gartens zu verkaufen. Das Berauben der Neſter werden.“ und das Töten der Vögel wird für ihn zum Geſchäfte. Die Farmer und andere Landbewohuer ſollten es Syſtematiſch geht er an die Arbeit, unſere Sänger zu auf keinen Fall dulden, daß ſich Eier- und Balg— morden und auszurotten. Jedes Städtchen hat einen | ſammler auf ihrem Grundeigentume umhertreiben. oder mehrere dieſer Vogelräuber, und jedes Neſt Ganz in der Weiſe, wie oben Burroughs geſchrieben, meilenweit im Umkreiſe wird von dieſen Strolchen hat der Dichter Joaquin Miller jedem Strafe beraubt. . .. Sie zerſtören vorſätzlich das Leben und angedroht, welcher in vogelfeindlicher Abſicht ſeinen den Geſang unſerer Wälder. Gewiſſe fogenannte ſchönen Landſitz und Waldbeſtand in Californien naturgeſchichtliche (oologiſche und ornithologiſche) Zeit- betritt. Welche Mühe giebt ſich der Landmann und ſchriften vermitteln den Verkehr zwiſchen dieſen menſch- Gärtner feine Felder und ſeinen Garten gut zu pflegen, lichen Wieſeln. Sie berichten darin ihre Erfahrungen zu bearbeiten und zu düngen, die Pflanzen von Unkraut bezüglich des Beraubens der Neſter und des Hinmor- frei zu halten u. ſ. f. Gerade ſo ſorgfältig ſollte er dens der Vögel. Ein ſolcher Sammler erzählt mit aber auch fein, feine beſten Freunde, die Vögel, zu Behagen, wie er einen Obſtgarten durchſtreift, jeden ſchützen, zu hegen und zu pflegen. Baum unterſucht, und, wie er glaube, nicht ein Neſt Noch empfindlichere Verluſte fügt aber die Mode zurückgelaſſen habe. Sollte ſich ein ſolcher Gauner in uuſeren Vögeln zu. Millionen der lieblichſten Sän⸗ meinem Obſtgarten ſehen laſſen, es würde ihm ſchlecht ger, meiſt in den häßlichſten und geſchmackloſeſten ergehen. — Ein anderer weidet ſeine Augen an einer Stellungen, finden an den Hüten meiſt herzloſer Anzahl Connecticut⸗Sänger — ſeltene Vögel — Frauenzimmer als Schmuckgegenſtände Verwendung. welche er in einem Jahre hingemordet. Ein dritter Die beſten Dichter und Dichterinnen der Gegenwart, berichtet, daß er eine Spottdroſſel in Connecticut die edlen Frauen hüben und drüben, die Ornithologen XXVI Einleitung. aller Länder haben ſich mit Abſcheu gegen dieſe Mode ausgeſprochen, aber jeden Winter ſcheint ſie von neuem aufzuleben. Unter der Überſchrift „Des Sängers Lohn. Eine Vogel-Klage.“ veröffentlichte der Dichter R. Schmidt-Cabanis in Berlin die folgenden trefflichen Verſe: „Im Frühling durchtönt mein Lied den Hain, Des Wand'rers Seele zu erquicken, Dafür fängt man im Berbſt mich ein, 'nen Damenhut mit mir zu ſchmücken. Von früh bis ſpät zu des Schöpfers Preis Fur Sommerszeit gilt's muſizieren, Dafür läßt man in Schnee und Eis Im Winter mich darben und frieren! So reicht voll Dankbarkeit die Welt Den wohlverdienten Lohn dem Sänger, Und hat ihm noch gnädig die Wahl geſtellt: Ob Hungertod — ob Dogelfänger! — Nun will ich flattern zum öden Wald, Ihm klagen meine kleinen Schmerzen: Weht auch der Sturm dort rauh und kalt, Weit kälter weht's aus Menſchenherzen!“ Hier in unſerem Lande tötet man für den Schmuck der Hüte die ſchönſten und herrlichſten Sänger, wie Schar— lachtangaren, Baltimore-Oriole, Waldſänger, Kar— dinäle, Cedervögel u. a., und dies meiſt zur Zeit, wenn ſie Junge im Neſte haben, die dann elend verhungern müſſen. Und dieſe Herzloſigkeit geſchieht im Namen der Mode! In Deutſchland und England haben ſich edle Frauen ſchon längſt an die Spitze geſtellt, dieſe greuliche und barbariſche Mode zu bekämpfen, und der Erfolg iſt ein großer geweſen. Hier hat die „Audubon Society“ es ſich zur Pflicht gemacht, die Vögel zu ſchützen und gegen die Modetyrannei vorzugehen: Der erſtere Anſtoß ging von dem Vogelſchutz-Komitee der „American Ornithologists’ Union“ aus, und die ausgezeichnete Zeitſchrift „Forest and Stream“ nahm die ganze Sache kräftig in die Hand. Die beſonders zu dieſem Zwecke gegründete, ganz vorzüg— lich und ideal redigierte Zeitſchrift „The Audubon Magazine“ ging leider an Mangel von Unterſtützung ein. Die Dichterin Celia Thaxter in Boſton brachte in der genannten Zeitſchrift unter der Über— ſchrift „Die Herzloſigkeit der Frauen“ einen gemüt— vollen Artikel, der ungemein viel Gutes gethan hat. Auch Frl. Florence A. Merriam, Herr Eugene P. Bicknell und andere traten mächtig der bar— bariſchen Mode entgegen. Letzterer ſchreibt: „Solange die Nachfrage nach Vogelbälgen für Hüte anhält, ſolange werden auch Vögel zu dieſem Zwecke geſchoſſen werden. Geſetze können wenig dagegen ausrichten. . .. Nur ein einziges Mittel giebt es, dieſer Grauſam— keit Halt zu gebieten: Mißbilligung dieſer Mode vonſeiten der Damenwelt ſelbſt. Unſere Frauen und Töchter haben es in der Hand, ihre Stimme dagegen zu erheben. Man laſſe fie nur ſagen: ‚Wir wollen keine Hüte mit Vogelbälgen! und Hunderte und Tauſende von Vogelleben werden jedes Jahr ver— ſchont. Die Mode wird dann ganz von ſelbſt zu Grabe getragen. Die Damen ſollten zu Vereinen zuſammentreten und vereint wirken.“ Die meiſten der gebildeten Frauen haben fühlende Herzen, und es bedarf nur der Aufklärung und Anregung, um die Grauſamkeit aus der Welt zu ſchaffen. Auffallend ijt es hierzulande, daß gebildete, gemütvolle deutſche Frauen ſich ſtets geweigert haben, Vogelbälge an den Hüten zu tragen, und auch unter den Amerikanerinnen giebt es deren ſehr viele. Wie ſehr die Unſitte vor einigen Jahren eingeriſſen war, erſieht man aus den Mitteilungen eines Vogelfreundes, der in einigen Stunden in den Straßen New Porks 153 unſerer Sänger an Frauenhüten zählte. In ſehr vielen Fällen konnten die Bälge nicht identifiziert werden, ſonſt würde die Anzahl doppelt ſo groß geweſen ſein. „Glauben die Damen wirklich“, ſchreibt Celia Thaxter, „daß vertrocknete, mit Arſenik vergiftete, unnatürlich zugeſtutzte Vogelleichen, welche ſie zu tragen lieben, ſchön find? Das kann kaum möglich ſein, denn die Vögel verlieren mit ihrem Leben auch ihre Schönheit. Heute ſah ich eine Art Matte, welche mit den Köpfen unſerer Sänger beſetzt war. Die Schnä— bel ſtanden aufrecht, und das ganze war an einem Hute befeſtigt. Zwanzig hingemordete Waldſäuger auf einem Hute, um der Eitelkeit Genüge zu leiſten, und unter dem Hute anſcheinend ein ſanftes und zufriedenes Geſicht. Möglicherweiſe rechtfertigte ſich dieſe Dame damit, daß nach den Modenachrichten aus Paris ‚Vögel mehr als je‘ getragen würden, aber das entſchuldigt ſie keineswegs. Ein jedes fühlendes Frauenherz wird mit Abſcheu ſich von ſolcher Grau— ſamkeit abwenden.“ „Nicht die Pſeudo-Sammler allein“, ſchreibt Herr Burroughs, „find für die ſchnelle Abnahme unſerer wilden Vögel zu tadeln, ſondern eine große Verant— wortlichkeit liegt auf einer ganz anderen Volksklaſſe, der Inhaber von Putzgeſchäften. Ein falſcher Ge— ſchmack bezüglich der Kopfbedeckung wird unſeren Sängern ebenſo verhängnuisvoll, als eine falſche Rich— tung in der Wiſſenſchaft. Man ſagt, daß ſich der Handel mit den Bälgen unſerer ſchön befiederten Sänger für Putzzwecke jährlich in die Hundert— Einleitung. XXVII. tauſende belaufe. Mir erzählte eine Mittelsperſon, daß | Boden! Und er bſt die glücklich dem Neſte entflogenen ſie von den Sammlern eines einzigen Diſtrikts inner— halb vier Monaten 70,000 Bälge gekauft habe. Es iſt ein barbariſcher Geſchmack, der einen ſolchen Schmuck verlangt, und ich kann wirklich nicht begreifen, wie eine Frau oder ein Mädchen, das auf Edelſinn und Bil— dung Anſpruch macht, auf der Straße mit den Skalpen unſerer hingemordeten Sänger ſich ſehen laſſen kann.“ Herr W. Staats⸗Zeitung“: „Furchtbar wurde unter den nord— amerikaniſchen Singvögeln in den letzten Jahren infolge der bekannten barbariſchen Mode, die Hüte mit Vögelbälgen zu beſetzen, aufgeräumt; denn nicht nur für den einheimiſchen Bedarf, ſondern auch für das Ausland, namentlich für Pariſer Geſchäfte, wurden amerikaniſche Vögelchen in der Zahl von Millionen getötet. eine Art künſtlichen Pelzes hergeſtellt wird, ſendet man eine Maſſe kleiner amerikaniſcher Vögel.“ Vor einigen Jahren erhielt ein hieſiger Ausſtopfer von einem New Porker Geſchäftshauſe den Auftrag, fünfhundert Kolibris zu ſchießen, und dieſen Auftrag erhielten noch viele andere derartige Leute. Nicht bloß die Kolibris dieſes, ſondern auch die der benachbarten Counties wären nötig geweſen, um den Bedarf zu decken. — Meine freundlichen Leſerinnen werden ohne Zweifel wahre Vogelfreundinnen fein und es verab- | ſcheuen, Vögel an den Hüten zu tragen. Das vorſtehende verdanke ich hauptſächlich meiner Mitarbeiterin Frl. Hedwig Schlichting. Damit iſt aber der Gegenſtand noch lange nicht erſchöpft. Wer ſich noch mehr für die Sache intereſſiert, den verweiſe ich auf „The Audubon Magazine“ (Zwei Bände. 1888, 1889. New Vork: Forest and Stream Publishing Co.). Außer dem Menſchen ſind es namentlich die Katzen, welche unzählige Vögel in der Nähe des Men— ſchen wegfangen. „Niemand wird es beſtreiten können“, ſchreibt Herr Dr. Karl Ruß, „daß die in Feld und Wald umherſtrolchende, Katze an allen freilebenden Vögeln geradezu unermeß— lichen Schaden anrichtet, daß lediglich durch ſolche ſich umhertreibende Katzen leider vielfach die größten und ſchönſten Gärten, Haine und Anlagen von Vögeln völlig entvölkert werden.“ Eine Katze, welche einmal an Vogelfleiſch gewöhnt iſt, rührt nur noch ausnahms— weiſe Mäuſe an. Allerwärts lauert ſie auf ihre Beute. Schon die erſten Laute der jungen Brut locken das raubgierige Tier herbei. Ein Sprung — und vernichtet liegt das friedliche Heim des Vogels am machen. Rapp ſchreibt in der „Illinois Auch an Pariſer Fabriken, wo Jaungen erliegen noch in ungeahnter Zahl dem tücki— ſchen Feinde. Mit Pulver und Blei iſt wenig zu Gift zu legen hat ſeine großen Bedenken. „Nur die hölzerne Klappenfalle mit doppelten Flügeln, wie man ſie im kleineren Maßſtabe gegen Mäuſe und Ratten anwendet, bewährt ſich und ſchließt jede Gefahr aus, zu töten, was man nicht töten wollte. . . . Es verſteht ſich übrigens von ſelbſt, daß dieſe Falle nur dann ihre Wirkung thut, wenn ſie mit dem richtigen Köder verſehen iſt. Nur ein Köder iſt es übrigens, der volle Anziehungskraft beſitzt: Baldrian— wurzel, friſch und getrocknet aus der Apotheke. Dem Geruch dieſes Mittels ſcheint auch der ſchlaueſte, welterfahrenſte Kater nicht widerſtehen zu können.“ („Gefiederte Welt“, 1882, p. 243). Auch Wieſel, Minks, Eichhörnchen, Stinktiere, Waſchbären, Opoſ— ſums und Mäuſe vertilgen eine Menge Vögel und deren Bruten. In den Südſtaaten verurſachen Schlangen einen unberechenbaren Schaden unter den brütenden Vögeln. In Texas kamen ſie zum offenen Fenſter hereingekrochen, um meine Käfigvögel zu ver— ſchlingen. Sie kletterten in die Niſtkäſten der Blau— vögel, Martins, Zaunkönige und Meiſen, um das brütende Weibchen ſamt den Eiern zu verzehren. Dabei ſind ſie ſo ſchnell, daß man ihrer kaum habhaft werden kann. Unter den Vögeln find die Blauhäher (Blue Jays) und alle übrigen Häher ſchlimme Neſträuber; ebenſo ſchlimm ſind auch Krähen und Elſtern. Der Würger fängt auch manchen nützlichen Sänger. Dieſe alle, beſonders aber den Blauhäher, darf man nicht in Gärten und Parkanlagen dulden. Eulen und kleine Habichte lichten ebenfalls ſtark die Reihen unſerer ein— heimiſchen Vögel. Sehr ſchädlich iſt auch der deutſche Sperling, da er jeden Niſtkaſten für ſich in Beſchlag nimmt, den freibrütenden Vögeln das Niſtmaterial ſtiehlt und ſie vertreibt. Der wahre Vogelfreund wird dafür zu ſorgen wiſſen, daß das Raubzeug aus halb verwilderte ſeinem Garten und Hain ferngehalten werde. Von allen Seiten ſtürmt auf die Sänger des Haines, der Wieſe und des Waldes Ungemach herein. Auf der Reiſe gehen Tauſende zu Grunde, namentlich durch das Licht der Leuchttürme und das hoch ange— brachte elektriſche Licht auf den Türmen und in den Straßen der Städte. Als man auf dem Waſſerturme und auf dem Turme des Ausſtellungsgebäudes in Milwaukee noch elektriſches Licht brannte, ſtießen ſich jährlich Tauſende der kleinen nützlichen Vögel während ſchwüler, dunkler Nächte die Köpfe ein. Zu Hunderten umſchwärmten ſie, geblendet von den weithin leuchtenden XXVIII intenſiven Strahlen, die Flamme. Des Morgens konnte man Hunderte, ja Taufende der toten Vögel- chen auf dem Boden finden. So iſt es allerwärts, wo ſich Leuchttürme finden, wo elektriſches Licht einge— führt iſt, beſonders an der atlantiſchen Küſte. In den ſchwülen, dunklen, regneriſchen Nächten im Sep— tember und Oktober hörte ich regelmäßig die Stimmen ſüdlich ziehender kleiner Sänger. Sie flogen nicht Einleitung. Flammen. Ganz beſonders verderblich für unſere kleinen Vögel und deshalb auch für die Landwirtſchaft, für den Vogel- und Naturfreund, hat ſich die von den Franzoſen geſchenkte Freiheitsſtatue im Hafen von | N | hoch dahin und umſchwärmten, wie Falter und andere Inſekten, die in den Straßen angebrachten elektriſchen New Pork erwieſen. Tauſende und aber Tauſende der kleinen Sänger finden an ihr jährlich ihren Tod, da das hoch oben befindliche elektriſche Licht ſie ſchon von weitem herbeizieht. Vielleicht wäre dem Übel dadurch abgeholfen, daß man in einer gewiſſen Entfernung von der Flamme ein dichtes Drahtgeflecht anbringt. Vogel ſchuttz. Die Landleute, Gärtner, Natur- und Vogel— freunde, überhaupt alle diejenigen, welche die Poeſie der Natur lieben, können für ihre Lieblinge, die Vögel, viel Gutes wirken. „Es iſt ſchon oft darauf hinge— wieſen worden“, ſchreibt Herr E. Michelſen, Direktor der Landwirtſchaftsſchule in Hildesheim, „wie ſehr wir in unſeren Gärten und Feldern im Kampfe gegen die ſchädlichen Inſekten der Beihülfe der Inſekten freſſenden Vögel bedürfen. Ebenſo oft iſt betont worden, wie ſehr die Unſitte des Neſteraus— nehmens im Widerſpruch ſteht mit der ſo oft geprie— ſenen Bildung des neunzehnten Jahrhunderts. Trotz— dem kann die Warnung vor dem genannten Unfuge nicht oft genug wiederholt werden, da derſelbe an gar vielen Orten im Schwunge iſt. Wir haben Geſetze, welche den Behörden und ihren Organen es an die Hand geben, mit Strafe gegen die Neſter ausnehmenden Buben vorzugehen; aber dieſe Geſetze werden, wie der Augenſchein zeigt, nicht mit aller Entſchiedenheit gehandhabt, ſodaß ſchon nach dieſer Richtung ſehr viel geſchehen könnte. Durchgreifender Erfolg kann freilich durch gedruckte Geſetze und polizeiliche Beſtrafung der Übelthäter nicht erzielt werden. Dazu bedarf es viel— mehr der allgemeinen Beihülfe der Eltern und der Schule. Beide müſſen es als ihre Pflicht erkennen, benden Natur und zu den befiederten Sängern ins— beſondere ins Herz zu pflanzen. Und ich meine, daß ſolches auch nicht ſchwer iſt. Sind doch die Vögel, von dem Nutzen ganz abgeſehen, eine Zierde der lebenden Natur, ausgezeichnet vor allen anderen lebenden Ge— ſchöpfen durch die Freiheit des Fluges, die Pracht des Gefieders und die Gabe des Geſanges. . . . Die Sucht vieler Knaben, Eierſammlungen anzulegen, iſt allge- mein bekannt und beruht in der jedem Knaben inne— wohnenden Jagd- und Suchluſt; nichtsdeſtoweniger iſt dieſe Art der Sammlungen nicht nur eine wiſſenſchaft— lich unnütze, ſondern als eine ſchädliche Spielerei zun, bezeichnen, und bleibt es daher die Pflicht der Lehrer, den Sinn der Knaben auf andere Gebiete zu leiten, wozu Pflanzen- und Mineralreich genügendes Material liefert.“ — Das Sammeln von Vogeleiern wirkt anſteckend, verrohend auf die Knaben, und ſchon darum ſollte es von den Eltern und Lehrern aufs ſtrengſte beſtraft werden. Im vorſtehenden iſt ſchon wiederholt darauf hingewieſen worden, daß man Vogeljäger unter keinen Umſtänden auf ſeinem Grund— beſitze leiden ſollte. — Um die Vögel zu ſchützen, iſt es auch nötig, daß man das Gebüſch und die Dickichte an Zäunen (Fenzen), an Bächen und Flüſſen und an ſumpfigen Stellen ſtehen laſſe, da ſonſt die kleinen Sänger keine Niſtplätze mehr finden und aus der Gegend fortziehen. Auch in den Gärten wird noch viel zu wenig dichtes Ziergeſträuch und Schlinggewächſe angepflanzt. Im Winter, bei tiefem Schnee, wenn die hochnordiſchen Wintergäſte keine Unkrautſämereien mehr finden können, wird der Vogelfreund ihnen Heuſamen, Brotkrumen, gekochte Kartoffeln u. ſ. w. reichen, bis die Zeit der Not vorüber iſt. Dicht an meiner erſten Wohnung in Freiſtatt, Miſſouri, hatte ich in folgender Weiſe einen Futterplatz für die Vögel der heranwachſenden Jugend Liebe zu der uns umge- hergerichtet: An einer gebüſchfreien Stelle hatte ich dichtes Reiſig ausgebreitet. Bei ſehr kaltem Wetter und tiefem Schnee ſtreute ich Hirſe (Millet), gekochte Kartoffelſchalen, Hanf, Sonnenblumenkerne und Brot— abfälle zwiſchen das Reiſig. Bald ſtellten ſich dann auch Winter-, Buſch-, Kron-, Fuchs-, Baum- und andere Finken, ſowie Meiſen und Zaunkönige ein, um ſich zu ſättigen. Auch der räuberiſche Blauhäher zeigte ſich oft, aber er wurde nie geduldet. Die Vögel wurden ſo zahm, daß ſie ſchon herbeigeflogen kamen, wenn ich noch eine Strecke entfernt war. — 1 Einleitung. Eleanor m m en a a I Sn re ee . . —— Aber auch die Wohnungsnot treibt viele Vögel aus der Nähe des Menſchen. Niſthöhlungen, alte hohle Aſte u. ſ. f. Die moderne Kultur läßt weder Dickichte, noch Gebüſche an Zäunen und in Sümpfen ſtehen, noch duldet ſie alte hohle Bäume, ja ſogar keinen Obſtbaum im Garten, in dem ein Aſtloch einem Höhlenbrüter gute Zuflucht gewähren könnte. Wir ſehen gegenwärtig ſehr wenig Meiſen, Hüttenſänger, Zaunkönige, Martinſchwalben und Haubentyrannen, und zwar iſt hiervon der Grund ganz allein, daß ſie keine Niſtſtätten finden. In Deutſchland hat man, namentlich in Thüringen, ſchon längſt angefangen, recht viele Niſtkäſten auf Bäumen der Alleen, auf Obſtbäumen des Gartens und auf Pfoſten und Stangen anzubringen. Berühmte Ge— lehrte und Schriftſteller wie Dr. K. Th. Liebe („Winke betreffend das Aufhängen der Niſtkäſten für Vögel.“ 6. Auflage. Gera. 1889), Dr. Karl Ruß (Dr. C. W. L. Glogers Schriften über Vogelſchutz. „Anleitung zur Hegung der Höhlenbrüter.“ Leipzig. 1880) u. a. haben es nicht unter ihrer Würde gehalten, in der beſchriebenen Richtung zu wirken. In mehreren Fabriken Deutſchlands werden Niſtkäſten im großen hergeſtellt. Hier weiß man von derartigen Dingen nichts. Höchſtens begnügt ſich hie und da ein Knabe damit, ein mehr oder weniger zweckentſprechendes Martinhaus zu zimmern und es auf einem Gebäude anzubringen, oder er richtet eine gebrechliche Cigarren kiſte oder irgend eine anderes, oft recht unpaſſendes Käſtchen her, um es auf einem Baume anzubringen. Im Süden höhlen die Neger Flaſchenkürbiſſe aus, um ſie an Stangen zu befeſtigen. Stets wird man die Freude haben, ſie von ſeinen Lieblingen bezogen zu ſehen. Im Süden ſieht man ziemlich häufig Vogelhäuschen auf mit Marechal Niel-, Cherokee- oder Bankſta-Roſen, ass min, Bignonien und anderen Pflanzen überrankten Gartenlauben. Herr Widmann in St. Louis hatte ſtets eine große Anzahl Martinhäuſer in feinem Hof— raume in St. Louis, und jetzt auf ſeinem Landſitz hat er deren auch für andere Vögel angebracht. Herr Baum— gärtner hat mitten in ſeinem Garten in Milwaukee Hüttenſänger, Waldſchwalben und Zaunkönige in ſeinen Niſtkäſten brütend. Der genannte Vogel- und | Blumenfreund hält aber auch mit kräftiger Hand böſe Buben, Spatzen und Katzen fern. An der Weſt-Negua in Texas brüteten zahlreiche Vögel in den Niſtkäſten, welche ich auf den Bäumen meiner Umgebung und auf Stangen befeſtigt hatte, und in Südweſt-Miſſouri war dies in noch größerem Maßſtabe der Fall. Dort XXIX brüteten zahlreiche Blauvögel (Hüttenſänger), Meiſen, In meiner Jugend gab es nach allen Richtungen hin alte Bäume mit Sänger-Zaunkönige, Martinſchwalben, Haubentyran nen, Lerchenfinken, Hauszaunkönige und ſelbſt Gold— ſpechte in den auf Bäumen und Pfoſten angebrachten Niſtkäſten. Die auf dieſer und der folgenden Seite bildlich dargeſtellten Niſtkäſten ſind die zweckent— ſprechendſten. Niſtkäſten. Die Niſtkäſten No. 1, 8, 9 und 10 ſind der Broſchüre Dr. K. Th. Liebe's „Winke betreffend das Aufhängen von Niſtkäſten“, alle übrigen Dr. Karl Ruß' „Schutz den Vögeln!“ entnommen. Niſtkaſten No. 1 beſteht aus einem Stücke hohlen Baumſtamm. Bringt man ihn an Dachgiebeln und unter Traufen an, ſo brüten Martinſchwalben ſehr gerne in einem ſolchen; doch auch Blauvögel und im Weſten Haus— finken niſten gerne darin. No. 2 iſt der paſſendſte Niſtkaſten für Blauvögel. Er beſteht ganz aus Bret— tern, iſt viereckig und hat vorne einen auf- und zuſchiebbaren Einſatz. No. z iſt ſechseckig, iſt mit Borke umkleidet und hat an einer Seite ein Thürchen. No. 4 und z beſtehen ebenfalls aus Brettern. Beide ſind ſechseckig. Die verſchiebbaren Einſätze haben den Zweck, hie und da den Inhalt zu beſichtigen. Dieſe alle eignen ſich für Blauvögel, Martinſchwalben, Haubentyrannen; im Süden für Lerchenfinken, Be— wids- und Carolina-Zaunkönige und im Weſten für Hausfinken. Man bringt fie hauptſächlich auf Bäu— men an, doch kann man ſie auch auf Pfoſten befeſtigen. No. 6 und 7 eignen ſich namentlich für Haustyrannen und im Süden für die bereits genannten Zaunkönige. No. 8, 9 und 10, aus hohlen Baumſtämmen ange fertigt, zeigen eine ſchwache Umkleidung von Dornen, um das Raubzeug fernzuhalten; doch ſollte dieſe bedeutend dichter ſein. No. 8 und 10 ſind für Zaun— könige und Meiſen, No. 9 für Hausfinken und größere Zaunkönige beſtimmt. In allen dieſen Käſten niſten auch gerne Spatzen und dieſe muß man fernzuhalten ſuchen. Das Flugloch ſollte für Blauvögel, Martin— ſchwalben und Haubentyrannen einen Durchmeſſer von 13 bis 2 Zoll haben, muß aber für kleinere Vögel entſprechend kleiner ſein. — — re s . MERULA MIGRATORIA Swains. . TURDUS AONALASCHKAE PALLASII Rıdew. . HESPEROCICHLA NAEVIA Ridgw. . TURDUS FUSCESCENS Steph. . TURDUS MUS TELINUS Gmel. . TURDUS USTULATUS SWAINSONII Ridgw. WANDERDROSSEL.— Robin. EINSIEDLERDROSSEL.— Hermit Thrush. BUNTDROSSEL. — Varied Thrush. ROTHELDROSSEL. - Wilson’s Thrush,Veery. WALDDROSSEL. — Wood Thrush. SANGERDROSSEL. -— Olive-backed Thrush. Die Thrushes. gabe, einen Vogel, deſſen ſämt— liche Körperteile in möglichſt e harmoniſchen, in möglichſt pro- portionierten Verhältniſſen zu einander ſtehen, alſo einen Leinwand zu entwerfen, er wird nicht umhin können, mehr oder weniger die N Geſtalt einer Droſſel darzuſtellen. Die Is 128 0 1 Droſſel ſcheint mir in jeder Hinſicht den „Vogel an ſich“, wie ſich ein Philo— ſoph ausdrücken würde, zu repräſentieren. Hier einige Andeutungen dieſer Behaup— tung: lang, nicht kurz, nicht plump, nicht fein, nicht gerade, nicht gekrümmt; die Stirn weder flach, noch plötzlich aufſteigend, der ganze Kopf, die Augen, der Hals, Körper, Flügel, Beine, Krallen, Schwanz, alles an der Droſſel trägt dieſes Gepräge der mittleren Ver— hältniſſe und der größten Ebenmäßigkeit.“) Billig nehmen daher dieſe hervorragenden Vögel die erſte Stelle in unſerem Buche ein. Man kann die Droſſeln, ihrer kosmopolitiſchen Natur halber, als echte Weltbürger bezeichnen, denn einzelne Arten von ihnen leben auf der ganzen Erde. Sie ſind allerdings am artenreichſten in der nörd lichen gemäßigten Zone vertreten, doch kommen manche Arten auch noch in den Tropen vor. Sie leben eben— ſowohl in tiefer Waldeseinſamkeit, als in der Nähe | des Menſchen, ſiedeln ſich im Laubholz- und Nadel— *) Vrgl. Dr. 3 1879, p. 406. Altum „Unſere Droſſeln“ im „Neuen Buch der Welt“, Vogel im reinſten Ausdrucke auf der Der Schnabel der Droſſel iſt nicht | eigentlichen Droffeln. Turdidae. walde an, gehen hoch in das Gebirge hinauf, leben aber gleichwohl auch zahlreich in der Ebene. Unſere einheimiſchen Arten haben ihre eigentliche Heimat in den Nordſtaaten der Union; hier ſingen ſie ihre Jubellieder, hier brüten ſie. Am weiteſten ſüdlich gehen Wander- und Walddroſſel, die beide noch zahl— reich in den Gebirgen Südcarolinas und von da bis Arkanſas brüten. Weiter nach Süden hin dringen ſie aber während der Brutzeit nicht vor. Auch in der Färbung der Droſſeln herrſcht eine wohlthuende Harmonie. Ihre beſcheidenen Farben— töne, meiſt grau und bräunlich, werden durch lebhaftere Zeichnungen (Kaſtanienbraun, Schwarz, Weiß, Gelb) gehoben; die „Droſſelzeichnung“ hat ſich ſogar den Rang eines erminus technieus er— worben. — Man kann ſie weder große noch kleine Vögel nennen, ſie halten auch hierin die Mitte. ſind ſamt und ſonders kräftige und ausdauernde Flieger, tummeln ſich geſchickt im Geäſt der Bäume und Gebüſche, benehmen ſich aber auch außerordentlich gewandt auf dem Boden, auf den ſie ſehr oft herab kommen. Auf dieſem hüpfen ſie abſatzweiſe mit gro— ben en a umher. Wenn ſich ihnen ffä zeigt, ſo ſchnellen ſie den Sin nach 115 ad zucken gleichzeitig mit den Flügeln nach unten. Dies iſt ein ſehr eigentümlicher Zug aller eigentlichen Droſſehn. — Größere Entfernungen auf Bäumen überſpringen ſie, indem ſie die Flügel zur Hülfe nehmen. Gewöhnlich fliegen ſie nur von Buſch zu Buſch, von Baum zu Baum, während der Zugzeit aber erheben ſie ſich hoch in die Luft und fliegen nun mit außerordeutlicher Schnelligkeit dahin. Ihre Sie Bee 2 Die eigentlichen Droſſeln. Sinne ſind ſchärfer entwickelt, als dies bei den meiſten andern Vögeln der Fall iſt, namentlich gilt dies vom Gehör und Geſicht. Das leiſeſte Geräuſch vernehmen ſie, und ihr Auge gewahrt ſchon in ziemlicher Ent— fernung die kleinen Kerbtiere. In geiſtiger Be— ziehung ſtehen ſie hoch über allen andern Vögeln. Sie ſind ſehr klug, da, wo ſie den Menſchen kennen gelernt haben, auch liſtig, nicht bloß ſcheu, ſondern auch vorſichtig, dreiſt und doch mißtrauiſch. Sie wiſſen Freund und Feind genau zu unterſcheiden und werden im Walde zu Warnern für andere Vögel, ſelbſt für Säugetiere, wenn ſich Gefahr naht. Die Liebe zu ihrer Brut iſt ſehr entwickelt und mutvoll greifen ſie nicht ſelten jeden ſich dem Neſte nahenden Feind an. Eine ebenfalls ſehr charakteriſtiſche Eigen— ſchaft iſt ihre Neugier. Sie achten auf alles, was um ſie her vorgeht, namentlich aber erregt alles Fremd— artige ſofort ihre Aufmerkſamkeit. Neugierig kommen ſie herbei, halten den Kopf horchend etwas ſeitwärts, nähern ſich wieder eine kleine Strecke, halten ſich dabei aber doch immer in wohlgemeſſener Entfernung. Ihre Neſter ſind weder nachläſſig noch künſtleriſch aufgeführt. Innen zeigt der Bau eine napfartig geformte Töpferarbeit, von außen lockeres Material. Die Eier ſind gewöhnlich der Grundfarbe nach grün— blau, bei manchen Arten braungefleckt, bei den meiſten ohne Zeichnung. Obwohl von einigen Verwandten der Unter— familie (Spottdroſſeln) im Geſange übertroffen, ſtehen ſie doch in dieſer Hinſicht hoch über faſt allen Vögeln. Es iſt lediglich Geſchmacksſache, ob jemand den Ge— ſang der Spottdroſſel oder das Lied der Einſiedler— droſſel vorzieht. Die ſonore, kräftige Stimme aller unſerer eigentlichen Droſſeln durchſchallt die ganze Gegend und ſteht ſowohl in der Klangfarbe, als auch in ſeiner ſtrophiſchen Ausgeſtaltung nur wenigen Vögeln nach und erhebt ſie unvergleichlich hoch über die Lautäußerungen des großen Haufens. So hoch ihre äſthetiſche Bedeutung auch ſein mag, welche ſie durch ihren wundervollen Geſang und ihre anmutige Munterkeit in die freie Natur hinein— tragen, ihr Hauptgewicht liegt in ihrer Nahrung. Obwohl fie zeitweiſe auch Kleinobſt (Kirſchen, Erd-, Him- und Brombeeren) verzehren, ſo beſteht ihre Hauptnahrung zu allen Zeiten doch aus Inſekten, namentlich ſolchen, die auf dem Boden leben und welche dem Obſtzüchter und Farmer ungemein ſchäd— lich werden.“) Der Nutzen der Droſſeln und anderer kleiner Juſektenvögel iſt gar nicht hoch genug anzu— ſchlagen. Darum Schutz, Hegung und Pflege allen kleinen Vögeln! ; Für den Käfig eignen ſich alle unſere Droſſeln ganz vorzüglich. Auf dieſen Punkt komme ich bei der Beſchreibung jeder einzelnen Art noch beſonders zurück. Man teilt die eigentlichen Droſſeln neuerdings in drei Sippen: 1. Turdus mit 5 Arten; 2. Merula mit 2 Arten ; 3. Hesperoeichla mit 1 Art. *) Zu dieſer Familiencharakteriſtik wurden diesbezügliche Arbeiten Altums und Brehms benutzt. * — N —— = BD Die Walssroffel, Wood Thrush. Turdus mustelinus GMEL. T Safe J. Vogel 5. Oft im Sommer klingt es fort: „Eolie — Eolie !” Wiederholt dies eine Wort Singt's ein kleiner Vogel dort, Ruft ſein Lieb von Ort zu Ort „Eolie!“ Singt er, wie er ſehnend harrt, Dieſe ſüße Melodie „Eolie — Eolie!“ Tönt es voll wie Flötenklang „Eolie — Eolie!“ Lauſcht der Bach die Wieſ' entlang, Lauſcht der Wald am Bergeshang, Wilder Blumen Berz durchdrang „Eolie!“ Tönt bis Sonnenuntergang Dieſe ſüße Melodie „Eolie — Eolie!“ Alfred Schücking. ie romantiſchen Wälder des mittleren und nörd- finden ſich murmelnde Quellen und rauſchende Wald— lichen Wisconſin, Michigan, der Neuengland- bäche. Bald betreten wir feuchteres Terrain und ſtaaten und der Gebirgszüge der Alleghanies bieten ſumpfige Ortlichkeiten, die nicht nur mit allerlei dem Naturfreund unzählige Genüſſe. Schon die dichtem Gebüſch, Bäumen und Farnkräutern, ſon— Verſchiedenheit und Abwechslung der Bodenoberfläche dern auch mit hübſchen immergrünen Erikaceen, und die Mannigfaltigkeit der Baumarten fest in namentlich mit Andromeden!) und Kronsbeeren, Erſtaunen. Da finden wir Hemlockfichten, Balſam- ebenſo mit üppig wuchernden, immergrünen Heidel— tannen, Weißkiefern!), Ahorne, Ulmen, Birken, beerbüſchen dicht bejtanden ſind. Die kleinen Teiche Buchen, Eſchen, Eichen, Linden, Eiſen- und Hopfen- und Landſeen, welche man hin und wieder trifft, bäume, Hickory-, Butter- und Walnußbäume u. a. erhöhen den Reiz des Landſchaftsbildes. Es iſt dies im bunten Durcheinander. Der balſamiſche Duft eine idylliſche, poeſiereiche Welt, die nur ſelten durch der Nadelholzbäume und der vielen Waldblumen einen Mißton geſtört wird. Ueberall herrſcht die erfüllt die Luft ringsumher. Allerwärts, wohin das augenehmſte Abwechslung und doch die vollkommenſte Auge ſchaut, erblickt es dichte Gebüſche und Nadel- Harmonie! Vom frühen Morgen bis zum ſpäten holzdickichte. Der ganze Waldboden iſt wie mit Abend hallt es in dieſen Waldungen wieder von dem einem weichen grünen Teppiche belegt: hier ganze Geſange faſt unzähliger Vögel. Man vernimmt den Strecken Fichtenmoos ?), dort große Plätze Winter- klagenden und in dieſer Umgebung doch jo unbe— grün s), prächtige, ſtark duftende Maiblümchen“) und ſchreiblich wohlklingenden Geſang des roſenbrüſtigen Waldimmergrün ), der vielen verſchiedenartigen Kerubeißers, die ſchallenden Töne des Erdfinken oder Farnkräuter gar nicht zu gedenken. Allerorten „Tſchiwink“, die aus den Laubholzbäumen herab 1) Pinus strobus. 2) Lycopodium dendroideum. ) Gaul- a theria proeumbens. 4) Epigaea repens. 5) Chiogenes hispidula. | 1) Andromeda polifolia u. A, calyculata. 4 Die Walddroſſel. erklingenden Lieder verſchiedener Vireos und Wald— ſänger. Auch die Wanderdroſſel und mehrere Spechte, der Waldpiwi und die Scharlachtaugara laſſen ſich hören. Im Gebüſch der Sümpfe erklingen die un— vergleichlichen Lieder der Einſiedlerdroſſel (Hermit | Thrush), und auch die Rötel- oder Wilſonsdroſſel (Veery) läßt ſich in der Ferne hören. Dieſe beiden Droſſeln ſind die Primadonnen unſerer Wälder, wahre Meiſterinnen des Geſanges; ſie gehören zur | den beſten Singvögeln überhaupt, aber übertroffen werden ſie in mancher Hinſicht noch von der in dieſem Gebiete am zahlreichſten vorkommenden Wald— droſſel, die man auch als amerikaniſche Singdroſſel, Edeldroſſel und Wald- nachtigall bezeichnen hört. Als ich in ſpäteren Jahren, von Sehnſucht ge— trieben, immer weiter ſüdlich wanderte, hoffte ich noch ſchönere Landſchaftsbilder, ſchönere Wälder, ſchönere Pflanzen, eine herrlichere, reichere Vogelwelt zu fin- den, aber ich wurde in meinen Erwartungen gründlich getäuſcht, und je weiter ich ſüdlich kam, deſto mehr empfand ich dieſe Täuſchung. In Texas, dem ſo lange erſehnten Ziele meiner Wünſche, fand ich nir— gends, was ich gehofft: eine halbtropiſche Pflanzen— und Vogelwelt. Anders iſt dies freilich ſchon im ſüdlichen Louiſiana und wahrhaft tropiſche Land— ſchaftsbilder zeigen ſich dem erſtaunten Reiſenden in Süd⸗Florida. Die Wälder derjenigen Gegenden des Südens, in welchen ich mich aufgehalten, halten keinen Vergleich mit denen des Nordens aus. Der dieſen eigene Reiz, die unwiderſtehliche Anziehungskraft fehlt hier faſt ganz. Wohl bietet die Pflanzenwelt ſtellen— weiſe viel Intereſſantes, wohl fand und bewunderte ich die wirklich herrlichen Magnolien'), das lang von den Baumäſten herabhängende „spanische Moos“ ), die eigentümlichen Formen der Palmenlilien (Yucca) und Kakteen; wohl fand ich viele mir noch fremde Vögel, darunter die Geſangskönigin Spottdroſſel: aber für den in romantiſcher Umgebung aufgewach— ſenen Nordländer bot dies alles keinen Erſatz. Die rechte Poeſie, das Idylliſche findet ſich nur in den Wäldern des Nordens und Oſtens und in den Ge— birgszügen der Alleghanies, wo unſere Walddroſſel ſich ihre Heimat erkoren hat, wo ſie brütet und ihre herrlichen Lieder erſchallen läßt. Nirgends ſelten, auch nirgends gerade zahlreich, kommt die Walddroſſel vom Atlantiſchen Ozean bis zum Miſſiſſippi und von den Nordſtaaten bis ſüdlich 1) Magnolia grandiflora. 2) Tillandsia usneoides, nach Arkanſas und den Gebirgen Nord- und Süd— carolinas regelmäßig vor. — Ihr eigentliches Wohn— gebiet iſt der mit Untergebüſch reichlich beſtandene Wald, wie ich ihn in der Einleitung kurz skizziert habe. Mit Vorliebe ſiedelt ſie ſich in deſſen ſchattigem In— nern, fern vom Leben und Treiben des Menſchen, an. Die tiefe halbdunkele Waldeseinſamkeit, mit ihrer Ruhe und ihrem Frieden, ſagt ihr beſonders zu. Hier hört man auch den unbeſchreiblich herrlichen, wunder— vollen Geſang vom erſten Grauen des Morgens an bis zum Eintritt der Abenddämmerung erſchallen. Meiſt wählt ſie ſich etwas dunkele, gebüſchreiche, niedrig gelegene Waldungen, in der Nähe des Waſſers, zum Wohnſitz, doch meidet ſie auch hohe Gebirgs— wälder nicht. In den Gebirgen Nordcarolinas brütet ſie mit Vorliebe in den herrlichen, jenen Gegenden jo eigentümlichen Rhododendrondickichten.!) — Ich fand ſie am häufigſten in den an Flüſſen und Bächen ſich hinziehenden Gehölzen des nördlichen Illinois. Hier wählt ſie ſich immer ſolche Waldſtrecken zum Aufenthalt und Brutreviere, welche gruppenweiſe mit dichtem Unterholz beſtanden ſind. In meinem Hei— matſtaate (Wisconſin) iſt ſie ein etwas ſcheuer Vogel, der in der Regel im tiefen Innern der Wälder brütet, im nördlichen Illinois dagegen weicht ſie bedeutend von dieſer Gewohnheit ab. Wohl brütet ſie hier noch nicht in unmittelbarer Nähe des Menſchen, in Gär— ten, ich habe aber gelegentlich Neſter dicht hinter einer Obſtpflanzung im angrenzenden Walde gefunden. Im Oſten hat man ſchon wiederholt das Neſt in Gärten entdeckt, und nach mir gewordenen Mittei— lungen des Herrn O. Widmann brütet ſie gar nicht ſelten noch innerhalb der Stadtgrenze von St. Louis, im Staate Miſſouri. In Nord-Illinois und Wisconſin erſcheint ſie ſelten vor Mitte Mai, oft wohl noch einige Tage ſpäter, zu einer Zeit, wenn die Bäume anfangen, ihre erſten Blütenknospen zu öffnen. Gewöhnlich hält ſie ſich in den erſten Tagen nach ihrer Ankunft im dichten Untergebüſch auf. Wenn man nicht oft das weithinſchallende, flötende „Eo-lie“ oder „Hallolih“ hörte, ſo wüßte man kaum, daß ſie ſchon heimgekehrt, denn ſie hält ſich merkwürdig verſteckt. Außer dem gewöhnlichen ſangesartigen Rufe hört man auch oft ein ſchmatzendes „Tack“ oder ein zuſammenhängendes, ſchnell hintereinander ausgeſtoßenes „Tucketucketucke— tuck“, welches beſonders oft kurz nach der Ankunft erklingt und wahrſcheinlich als Lockton gelten ſoll. 1) Rhododendron maximum, R. Catawbiense, R. punetatum. Ir) — nun kehrt. Die Walddroſſel. 5 Nur beim Singen ſetzt ſie ſich frei, wie alle eigentlichen Droſſeln, meiſt in die Spitze eines Bau mes und läßt von hieraus ihren herrlichen Geſang ertönen. Gewöhnlich wählt ſie ſich ziemlich weit vom Neſte einen ſolchen Sitz, zu dem ſie ſehr oft wieder— Wird ſie geſtört, ſo taucht ſie ſchnell hinab in die Untergebüſche. Sehr zahlreich brütete ſie früher in dem etwa ſechzehn Meilen ſüdlich von Chicago gelegenen Schützenpark, und auch am Calumet-Fluß. Ebenſo zahlreich war fie in dem Walde am Desplaines. Dieſer beſteht dort meiſt aus Eichen, hohen Ulmen, Linden und Eſchen. Rebendurchſchlungene, ſchön ge— formte dichte Weißdornbäume, Schneeball- und Hart— riegelarten, Haſelnußgebüſche und wilde Apfelbäume!) bilden das Unterholz. Dieſes Untergebüſch ſteht grup— penweiſe beiſammen, bildet dann dichte Dickichte, läßt auf anderen Stellen jedoch große Strecken des Wald— bodens frei. An derartigen etwas dumpfen Ortlich- keiten ſiedelt ſich unſere Walddroſſel regelmäßig an. — Etwa anfangs Juni beginnt ſie mit dem Neſtbau. Alle von mir gefundenen Neſter ſtanden von vier bis ſechs, ſelten bis zu fünfzehn Fuß vom Boden. Am 17. Juni 1876 entdeckte ich das erſte Neſt in der Nähe einer menſchlichen Wohnung. Es war auf einem am Rande des Waldes ſtehenden wilden Apfelbaume, dicht hinter einem Obſtgarten angelegt und ſtand etwa drei— zehn Fuß vom Boden. Als ich in der Nähe hinter einem Baume verſteckt das abweſende Weibchen zurück erwartete, ſah ich einen Kuhvogel verſtohlen hinein— ſchlüpfen. Nur einige Augenblicke verweilte er im fremden Neſte, dann entfernte er ſich ebenſo verſtohlen und begab ſich lautlos und eilend zu der ſich in der Nähe umhertreibenden Schar ſeiner Genoſſen. Als ich nachſah, fand ich das dichtgefleckte Schmarotzerei neben den zwei einfarbig grünblauen Eiern der Wald— droſſel. — Alle in demſelben Jahre gefundenen Neſter ſtanden tiefer im Waldesinnern. Im Juni des fol— genden Jahres fand ich ſie beſonders zahlreich brütend in dem Teile des vom Desplaines durchfloſſenen Wal— des, welchen man damals allgemein unter dem Namen „Haſes Park“ kannte, einer herrlichen Waldſtrecke, die nun ſchon ſeit Jahren in große Friedhöfe um— gewandelt worden iſt. — Hier fand ich dieſe Sängerin zahlreicher als je zuvor, ſelbſt häufiger als die Wander— am zahlreichſten vorkommende Brutvogel. Auf einer etwa anderthalb Acre umfaſſenden Waldſtrecke, welche 1) Pyrus coronarius. teilweiſe von hohen breiten Waldbäumen beſchattet wurde und wo ſich ein Dickicht an das andere reihte, ſand ich in kurzer Zeit drei Walddroſſelneſter. Zwei ſtanden in unmittelbarer Nähe eines ziemlich umfang reichen Dickichts, in welchem ſich zwei Katzendroſſel neſter und eins des Regenkuckucks befanden. Das eine auf der Oſtſeite des Dickichts angelegte Neſt ſtand ganz in der Nähe eines Katzendroſſelneſtes auf einem kleinen Bäumchen, etwa fünf Fuß vom Boden und enthielt drei Eier. Dieſer in den gabelförmigen Aſten angelegte Bau war loſe aus Baſt, Pflanzen— ſtengeln, Halmen und alten Blättern hergeſtellt; dann folgte eine napfförmige, aus ſchwarzer Erde auf— geführte Mulde, welche mit zarten Wurzeln und etlichen Hälmchen ausgelegt war. — Das zweite auf der Nordſeite des Dickichts angelegte Neſt war kaum fünfzig Schritte vom vorigen entfernt. Es ſtand in einem kleinen, mit ſcharfen Stacheln bewehrten Bäumchen, etwa ſechs Fuß vom Boden und enthielt erſt zwei Eier. Es unterſchied ſich in der Bauart kaum von dem erſten. — Das dritte endlich entdeckte ich auf dem ſogenannten „Indianerhügel“, einer klei— nen Erhöhung im Walde, welcher früher den India— nern als Begräbnisſtätte gedient haben ſoll. Es war in einen dichten Weißdornbuſch (Crataegus) gebaut, ſtand ſechs Fuß vom Boden und enthielt vier grün— blaue Eier. Es war viel ſorgfältiger gebaut als die beiden erſten. Die Außenſeite beſtand aus Halmen, alten Blättern und Baſt; die Neſtmulde war aus ſchwarzer Erde, glatt getüncht, halbkugelförmig und die innere Auskleidung beſtand aus feinen dunkel— braunen Würzelchen und einigen Hälmchen. Das brütende Weibchen zeigte wenig Scheu. Man konnte es faſt mit der Hand berühren, ehe es das Neſt verließ. Ohne einen Angſtruf auszuſtoßen, verſchwand es im Gebüſch und lautlos kehrte es zum Neſte zurück, wenn man ſich entfernt hatte. Merkwürdigerweiſe ließ ſich auch das Männchen nicht in der Nähe des Neſtes ſehen. — In Wisconſin bevorzugt die Walddroſſel zur Anlage des Neſtes junge Weißkiefern und Hem— lockfichten. Es ſteht dann gewöhnlich vier bis acht Fuß vom Boden und dicht am Stamme auf einem wagerechten Aſte. — Das Gelege beſteht aus vier, ſeltener aus fünf rein grünblauen Ciern. Der gewöhnlich aus der Spitze eines Wald— droſſel. Nach der Katzendroſſel (Catbird) war fie der baumes herab erſchallende Geſang gehört zu den vor⸗ züglichſten aller Vögel überhaupt, und in dieſer Hinſicht ſteht unſer Vogel der berühmten deutſchen Singdroſſel (Turdus musicus) nicht nur nicht nach, ſondern ebenbürtig an der Seite, übertrifft ſie in L 6 Die Walddroffel. mancher Beziehung vielleicht noch. Das Lied dieſer wirklichen „Waldnachtigall“ unſerer Wälder läßt ſich mit Worten nicht ſchildern: man muß es ſelbſt in der friſchen freien Natur gehört haben, wenn man ſich von demſelben einen rechten Begriff machen will. Nicht alle Walddroſſeln ſingen gleich herrlich; manche leiſten nur Mittelmäßiges, von andern hört man faſt weiter nichts, als das flötende, aus drei Silben be— ſtehende „„S-o-Lie”. Da, wo dieſe Droſſel zahlreich iſt, hallen in der That die Wälder wieder von dieſem herrlichen Dreiklange. Die Sängerinnen der gemiſch— ten Wälder Wisconſins ſingen viel ſchöner, als die in Miſſouri vorkommenden. Diejenigen der herrlichen, mit Rhododendron, Kalmien, Azaleen, Gewürz-) und Schneeflockenſträuchern?) beſtandenen, von Bä— chen durchrauſchten Gebirgsgegenden Nord- und Südcarolinas ſollen noch herrlicher ſingen. Ohne Zweifel hat die Umgebung viel Einfluß auf den Ge— ſang. — Das Walddroſſellied zeichnet ſich namentlich durch Fülle, Abwechslung, Reinheit der Töne, Man— nigfaltigkeit der Strophen und Feierlichkeit aus. Man wird unwillkürlich an die lieblichen Töne eines guten Saiteninſtrumentes erinnert, wenn man ſie ſingen hört. Während bei den meiſten dieſer Droſſeln das Lied etwas Fröhliches, Lautes, Erhebendes hat, giebt es auch manche, deren Geſang leiſe, weich, faſt melancholiſch dahinfließt. Zu dieſem Geſange paßt auch ihre edle Haltung und Geſtalt, die einfache und doch reiche Färbung ihres Gefieders, ihr vornehmes Weſen. Sie iſt in Wahrheit die „Geſangskönigin“ unſerer nördlichen Wälder. — Ich meinesteils ziehe den Geſang dieſes edlen Vogels dem Taggeſange der flüchtigen, immer heiteren und etwas leichtſinnigen, alles nachahmenden Spottdroſſel vor. — Alle unſere Vogelkundigen und Geſangeskenner reden mit wahrer Begeiſterung von ihr. „Ich weiß nicht“, ſchreibt Audubon, „mit welchem Tonwerkzeuge ich den Geſang vergleichen ſollte, denn ich kenne kein einziges, welches jo harmonisch und klangvoll wäre. Abwech— ſelnd erhebt es ſich zu voller Kraft und fällt dann in anmutiger Folge zu einem kaum vernehmlichen Ge— flüſter herab.“ — Genauer beſchreibt Nuttall das Lied: „So ſchwierig, wenn nicht unmöglich es er— ſcheinen mag, einen Begriff von der Eigentümlichkeit des Geſanges dieſes tonreichen Einſiedlers zu geben, darf man doch ſagen, daß unter den einzelnen Klängen die jubelnden Silben „Aroih, Aroih“ abſonderlich fließend hervorſtechen und von einem in zwei unter— I) Calycanthus floridus. 2) Chionanthus Virginica, ſchwärzlich gefleckte Unterſeite laſſen ſie als kleine brochenen Takten wiederholten Triller gehoben wer— den.“ — Man vernimmt den Geſang dieſer köſtlichen Sängerin gleich nach ihrer Aukunft. Nachts erſcheint ſie und mit dem Grauen des Morgens kündet ſie ihre Ankunft im Walde durch ihre Lieder an. Auch noch nach dem Erglühen der Abendröte und bei dunkelem und trübem Wetter hört man ſie ſingen. Welchen Eindruck ein ſolcher Geſang auf den fühlenden Men— ſchen macht, ſchildert uns Audubon in ſeiner lebendigen, feſſelnden Weiſe: „Der Walddroſſel bin ich großen Dank ſchuldig, ſie liebe ich ganz beſon— ders. Wie oft hat ihr heller Geſang, wenn er nach einer ruheloſen Nacht mitten im Walde ſich hören ließ, meine erſchöpften Lebeusgeiſter wieder aufgerich— tet! Schlecht geſchützt gegen die Gewalt des Stur— mes unter meiner haſtig aus Zweigen errichteten Hütte, gezwungen, das kaum angezündete Feuer wie— der verlöſchen zu laſſen, weil der Regen in Strömen herabfloß, habe ich ſchreckliche Nächte verlebt. Ich ſah weder Himmel noch Erde; es ſchien, als wenn eine neue Sündflut hereingebrochen ſei, und nur einzelne Blitze erhellten die ſchwarze Nacht, welche durch den ſchnell vorübergehenden Lichtſtrahl nur noch ſchauer— licher wurde. Die Bäume krachten und ſeufzten unter der Gewalt des wütenden Sturmes, der die Wipfel zerſchellte und an ihren Wurzeln rüttelte. Fern den Meinen, abgeſchnitten von allen Menſchen, glaubte ich manchmal dem Untergange nahe zu ſein und verwünſchte ſchon die Stunde, in welcher ich mich zu meinem abenteuerlichen Leben entſchloſſen hatte. Aber früher als ich, hatte dieſe Droſſel die erſten Zeichen des anbrechenden Morgens erſpäht, und ihr ſtarker und freudiger Klang machte auch mein Herz wieder ſtark und freudig. Mit heißer Andacht ver— nahm ich dies Morgenlied und ſegnete die Hand des Schöpfers, welcher ſie in die einſamen, dichten Wälder ſetzte, um mich zu tröſten und zu lehren, daß der Menſch nie verzweifeln ſoll.“ — Die Walddroſſel kann man als das Urbild unſerer Droſſeln bezeichnen. Sie vereinigt nur gute, keine geringen Eigenſchaften in ſich. Ihre ganze Haltung, alle ihre Bewegungen ſind elegant, ihr Be— nehmen edel und vornehm. Ihr Flug iſt aus— dauernd, gewandt und ſchnell, ihre Bewegungen im Geäſt der Bäume ſind leicht und geſchickt. Sie iſt klug und vorſichtig, viel weniger geſellig als die Wanderdroſſel, iſt daher auch keinen ſolchen Verfol— gungen ausgeſetzt. Ihr einfaches Kleid trägt ſie immer glatt. Die mattbräunliche Oberſeite, die weiße, — —— — en —— a en 22 — . 4 —— — —— ::: —7j—7röt,t1k.———— — ?ñ1i04ĩ Singdroſſel erſcheinen. Sie ſteht unter allen unſeren Droſſeln dieſer deutſchen Sängerin jedenfalls am nächſten, doch it ſie anſehnlich kleiner, denn ihre Länge beträgt bloß acht Zoll, während jene ungefähr zehn Zoll mißt. Wie alle Droſſeln, ſo gehört auch ſie zu den nützlichſten Vögeln. Inſekten bilden den Hauptbe ſtandteil ihrer Nahrung. Namentlich ſind es allerlei Würmer, Larven und Käfer, welche ſie zumeiſt vom Auch Beeren aller Art, beſonders Boden aufſucht. Heidel-, Him-, Brom- und Hollunderbeeren und andere im Walde vorkommende Beerenfrüchte ver— zehrt ſie. Die Jungen werden ausſchließlich mit Inſekten aufgefüttert. Das Männchen, welches das Weibchen beim Neſtbau wenig, beim Brüten gar nicht unter— ſtützt, beteiligt ſich an der Aufzucht der Jungen fleißig. Da jährlich nur eine Brut gemacht wird, jo ſtehen die Jungen noch lange nach dem Ausfliegen unter der Obhut der Alten. Die ganze Familie ſcheint ſich in der Regel bis zur Zugzeit zuſammenzu— halten; dann finden ſich wohl noch einige Familien der Nachbarſchaft ein, geſellen ſich ihr zu und gemein— ſchaftlich wird dann, ſo etwa Mitte bis Ende Sep tember die Reiſe nach dem Süden angetreten. In Texas erſcheinen fie nach meinen Beobachtungen ſehr zahlreich anfangs Oktober, zur Zeit, wenn die roten, balſamiſchen Beeren der Magnolia grandiflord aus den Fruchtzapfen einladend hervorleuchten. Das Fleiſch ſoll durch dieſe Früchte einen eigentümlichen Wohlgeſchmack bekommen, weshalb viele Tauſende jährlich von den franzöſiſchen Kreolen Louiſianas weggeſchoſſen werden. Man nennt dieſe und andere Droſſelarten dort allgemein „Grassets“. An geſchützten Stellen überwintern ſchon bei Houſton (Texas) viele, beſonders da, wo Magnolien, Stechpalmen, langnadelige Kiefern und andere immer grüne Bäume und Büſche ihnen Schutz gewähren. Zahlreicher überwintern ſie wahrſcheinlich in dem weniger von rauhen Nordwinden heimgeſuchten Louiſiana und in Florida. Von hieraus dehnt ſich ihre Winterheimat bis nach Guatemala, Honduras, Cuba und Jamaica aus; auch auf den Bermudas iſt fie Wintergaſt. — Ihr Brutgebiet iſt ſchon oben in kurzen Umriſſen angegeben. Es iſt das Gebiet zwiſchen dem Atlantiſchen Ozean und dem Miſſiſſippi. Nach Norden hin dringt ſie nicht weit vor, iſt ſchon im nördlichen Neuengland ſelten. Nach Brewer brütet ſie noch in Georgia, jedenfalls aber nur in den Die Walddroſſel. 7 Gebirgsgegenden des nördlichen Teiles des Staates. In Südweſt-Miſſouri habe ich fie vereinzelt in Law— rence County, bei Freiſtatt, gefunden. Allen beob— achtete ſie in Kanſas und Dr. Coues führt ſie als einen Vogel des nördlichen Dakota auf. Ganz vorzüglich eignet ſich die Walddroſſel für den Käfig. Als ich mich noch im Norden aufhielt, habe ich ſtets einige dieſer Droſſeln gepflegt, alt ein— gefangene ſowohl, als aus dem Neſte aufgezogene. Friſch gefangene gebärden ſich anfangs recht ungeſtüm, bleiben auch oft noch lange Zeit nachher wild und miß— trauiſch, werden aber endlich durch liebevolle Behand— lung und ſorgſame Pflege ſehr zutraulich und zahm. Will man Freude an dieſer edlen Sängerin erleben, ſo iſt es unbedingt nötig, daß man ihr einen geräumi— gen, oben gewölbten Käfig anweiſt und ſie ſorgſam, füttert und rein hält. Dann lohnt ſie auch alle Mühe reichlich durch ihren köſtlichen Geſang, den ſie oft ſchon von Ende Februar bis in den Juli hinein ununterbrochen erſchallen läßt. Man füttert ſie mit einem aus gleichen Teilen beſtehenden Gemiſch von Spottdroſſelfutter (Mockingbird Food) und ge— riebenen gelben Rüben (Möhren), dem man noch eine kleine Portion getrocknete Ameiſenpuppen hinzufügt. Mehlwürmer, hie und da Beeren und Obſt, ſind zu ihrem Wohlbefinden als Zukoſt durchaus nötig. Merkwürdig iſt es, daß viele Männchen im Käfig nur ſehr wenig, manche gar nicht ſingen wollen. Ich glaube, die Urſache hiervon iſt die unrichtige, oft ganz Auch im Geſellſchaftskäfig ſingt ſie nicht. Will man den Geſang hören, ſo muß man ſie allein in einem Käfig halten. Viele Männchen laſſen im Bauer weiter nichts hören, als ihr lautes „E-o-lie, Eos lie“ und werden dadurch endlich läſtig. — In Deutſch— land, wo die begeiſterten Vogelfreunde und -pfleger ſehr zahlreich ſind, ſcheint man ſie bis jetzt noch wenig zu beachten, wahrſcheinlich, weil man dort noch nie ihren vollen ſchönen Geſang im Käfig gehört hat. Brehm ſcheint ſie nur im Geſellſchaftskäfig gehalten zu haben und Dr. Ruß führt ſie in ſeinem „Hand— buche der fremdländiſchen Stubenvögel“ nur an (unter der Bezeichnung „Mäuſedroſſel“), berichtet aber weiter gar nichts betreffs des Geſanges. — Aus dem Neſte aufgezogene Junge werden überaus zahm und zuthunlich, ſtehen aber Wildfängen ganz entſchieden im Geſange nach. Oft kommt es vor, daß man meint, ein Männchen zu haben, während es doch ein letzterem ganz gleichgefärbtes Weibchen it. 8 Die Röteldroſſel. Namen: Walddroſſel, Sing-, Edeldroſſel, Waldamſel, Waldnachtigall, „Mäuſedroſſel“ (Ruß). Wood Thrush, Wood Robin, Wood Night- ingale, Song Thrush. Merle tanné (D’Orbigny), Grive des Bois Flüte | (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus mustelimus Gmel., Aud., Nutt., ete. Turdus melodus Wils., T. densus Bonap., Merula mustelina Rich., Hylo- cichla mustelina Brd. Die Nötelsroffel. Turdus fuscescens STEPH. Veery, Tawny Thrush. Tafel J. 8 Norden unſeres Landes iſt der Juni der 5 eigentliche Frühlingsmonat. Jetzt erſt er— ſcheinen die zahlreichen Kinder Floras in voller Pracht, jetzt erſt zeigt ſich auch die Vogelwelt von ihrer ſchön— ſten Seite. Alle, auch die zarteſten Sänger, ſind aus fernen ſüdlichen Ländern heimgekehrt, alle tragen ihr prächtiges Hochzeitskleid, alle ſingen und jubeln, faſt alle brüten. — Wir ſitzen in ſtiller Abenddämmerung auf einem der vielen am Boden liegenden, mit Moos bedeckten halbverfaulten Baumrieſen im Walde. Eine geheimnisvolle Stille, ein tiefer Friede liegt über die— ſem nördlichen Waldgebiet. Der liebliche Duft der vielen blühenden Bäume und Sträucher erfüllt die Luft. Zarte Anemonen), Wintergrün, verſchiedene Heidegewächſe, Farnkräuter und andere intereſſante Pflanzen ziehen unſere Aufmerkſamkeit auf ſich. Aus den Klärungen tönt das Abendgeläute der heimkehren— den Herde an unſer Ohr. In der Ferne erklingt der klagende Geſang des roſenbrüſtigen Kernbeißers. Da 1) Anemone nemorosa. Beſchreibung: Oberſeite lohbraungrau, am reinſten auf dem Kopfe, am Bürzel und Schwanz in Olivenfarbe übergehend. Unterſeite weiß, an der Bruſt ſchwach mattgelb angehaucht, faſt allerwärts mit großen hervor— tretenden gerundeten oder dreieckigen ſchwärzlichen Flek— ken gezeichnet; Federn der Ohrengegend hervortretend dunkel und weiß geſtrichelt. Schnabel ſchwärzlich braun, mit fleifchfarbenem oder gelbem Rande am hinteren Teile des Unterſchnabels; Füße fleiſchfarben. Weibchen weder in Größe noch Färbung vom Männchen zu unter— ſcheiden. Die Jungen ſind bald nach dem Ausfliegen den Alten durchaus ähnlich. Größe 73-8 Zoll (ca. 20 Cm.) Vogel 4. „Dein denk' ich immer mit ſtiller Luſt, Die du ſo oft geſchwellt mir die Bruſt, Wenn die Sonne niedergegangen: Und bin ich jetzt in dem grünen Wald, Wenn dein begeiſtert Lied ihn durchhallt, Nimmt es mir die Seele gefangen.“ Friſch. erſchallt ganz unerwartet in unſerer Nähe ein lieblicher ſchmelzender Geſang, erſt leiſe, getragen, dann immer lauter, freudiger, feuriger, jauchzender! Jeder Ton iſt von ganz bezauberndem Wohlklange! Wir werden nicht müde, der herrlichen Sängerin zu lauſchen, aber die ſchnell hereinbrechende Dunkelheit und der laute Ruf des „Whippoorwill“ gemahnt uns zum Auf— bruch. Von allen Seiten vernehmen wir jetzt dieſen wundervollen Geſang, denn eine Sängerin reizt die anderen zu immer größerem Wetteifer. — Die Ton— künſtlerin, welche von Naturfreunden oft für die Walddroſſel gehalten wird, iſt die Rötel-, Wil— ſons- oder Fuchsdroſſel, ein auf der Oberſeite loh- oder rotbrauner Vogel. Sie iſt in manchen Gegenden der Nordſtaaten viel zahlreicher als die Walddroſſel, iſt daher mancher— orts auch ein ziemlich bekannter und ſehr beliebter Vogel. Das beweiſen ſchon die volkstümlichen Na— men, welche man ihr gegeben. Man nennt ſie ge wöhnlich „Veery“ oder auch „Cheeury“, nach ihrem wie „Tſchiuh“ klingenden Lock- und Angſtrufe. Nach — der rotbraunen Färbung der Oberſeite nennt man ſie „Tawny Thrush“ (lohfarbene Droſſel) und „Nightingale“ nach ihrem Geſange. Der Vogel kundige nennt ſie nach Wilſon, dem Altmeiſter nord amerikaniſcher Ornithologie, „Wilson's Thrush“, Weiter weſtlich, in den deutſchen Anſiedlungen Michi gans und Wisconſins, it von den kleineren Droſſel arten nur die Wald-, vielleicht auch die Einſiedler droſſel einigermaßen bekannt. Wie es ſcheint, wird die Röteldroſſel hier meiſt mit der Walddroſſel ver wechſelt. Sie iſt namentlich in den Wäldern Wis conſins kein ſeltener Vogel, iſt in den ausgedehnten feuchten, mit Untergebüſch reichlich beſtandenen Wald ſtrecken noch zahlreicher als jene. Am häufigſten be obachtete ich ſie während der Zugzeit im nördlichen Illinois. Sie kommt da etwa in der zweiten Mai— woche in kleinen Flügen aus dem Süden an, verweilt eine kurze Zeit und zieht dann nördlicher. Nur wenige Pärchen bleiben zurück, um zu brüten. Mitte bis Ende September trifft man ſie wieder auf ihrer Wanderung nach dem Süden. Obwohl im Brutge biete ein ſcheuer, zurückgezogener Vogel, kommt ſie doch während der Zugzeit oft in größere Gärten, ſelbſt ſolche kleinerer Ortſchaften. In dem meiner Wohnung nahe gelegenen Nachbarsgarten in Harlem (Oak Park, Id.), in welchem viele kleine und mittel hohe Nadelholzbäume und Zierſträucher ſtanden, fan— den ſich unter vielen, dieſen Garten beſuchenden Vogelarten auch regelmäßig eine kleine Anzahl Wil ſonsdroſſeln ein. Am Tage ſuchten ſie den Boden, auch unter den Gebüſchen, nach Nahrung ab; abends zogen ſie ſich in die dichten Nadelholzbäume zurück, wo fie gegen die ſelbſt im Mai noch recht kalten Weſt und Nordwinde trefflich geſchützt waren. Am liebſten ziehen ſie an bewaldeten Bach- und Flußufern ent lang. — Sie erſcheinen in Houſton (Texas) ſchon zeitig im Oktober. Die beerenartigen Früchte der Magnolien, ſpäter die verſchiedener Stechpalmen und viele andere dienen ihnen jetzt teilweiſe zur Nahrung. Manche überwintern wohl an den geſchützten, dicht mit immergrünem Strauchwerk beſtandenen Ufern der Buffalo⸗Bayou; die meiſten find aber Ende Oktober ſchon in den Tropen angelangt. In den Hammock Wäldern Floridas überwintern ſehr viele, doch ziehen die meiſten nach Cuba, Panama, Guatemala, ſelbſt bis nach Südamerika. Nach von Pelzelus An— gaben hat Natterer ſie im Dezember bei San Vincente im Inneren Braſiliens angetroffen. Auch in Europa ſoll ſie als Irrgaſt erlegt worden ſein. — Ihr Brutgebiet iſt größer als das der Walddroſſel, Die Röteldroſſel. 0 9 denn es dehnt ſich vom Atlantiſchen Ozean weſtlich bis über den Miſſiſſippi weit in das Felſengebirge hinein aus. Man beobachtete ſie, namentlich in Colorado und Utah, bis zu einer Höhe von 8000 Fuß (2460 Meter) im Gebirge. Henſhaw fand Neſter faſt in der angegebenen Höhe. Sie iſt alſo auch ein echter Gebirgsvogel, bevorzugt hier aber meiſt die Thäler der Gebirgsbäche. So 1 ſie Ridg wap in ziemlicher Anzahl am Provo, Bären- und Weberfluſſe in Utah. — In Wisconſin iſt ſie ſtellenweiſe ein zahlreicher Brutvogel; ſeltener ift ſie im nördlichen Illinois, da es hier an den ihr zuſagenden Ortlichkeiten mangelt. Im ſüdlichen Neuengland iſt ſie nach dem „Robin“ die häufigſte Art der Familie. Im nördlichen Neu— england iſt ſie dagegen ſchon ſelten. Zahlreich iſt ſie auch im Adirondac-, Catskill- und im eigentlichen Alleghanygebirge. In letzterem trifft man ſie wäh rend der Brutzeit ſüdlich bis Nord-, wohl auch bis Südcarolina. Brewſter hat neuerdings über die Vögel der Gebirgsregion des weſtlichen Nord carolina einen ſehr intereſſanten Bericht geliefert.“) Er fand die Röteldroſſel bei Highlands und am Black Mountain in einer Höhe zwiſchen 3500 und 5000 Fuß. Wie die Walddroſſel, ſo zieht auch ſie die un vergleichlich herrlichen Rhododendrondickichte in der Nähe der Flüſſe und Bäche allen andern Ortlichkeiten vor. In dieſen verſchlungenen Gebüſchen war ſie viel zahlreicher als in den Wäldern des Nordens. Ihre Rufe waren lauter, ſchärfer, und durchdringen der als dies bei den in Neuengland vorkommenden Vögeln derſelben Art der Fall iſt. Auch ihr Geſang war klarer, abwechſelnder und viel ſchöner. Unſere Röteldroſſel iſt nach meinen Erfahrungen ſcheu und vorſichtig, noch zurückgezogener und ein— ſamer als die Walddroſſel, findet ſich daher auch nur ſelten in von Menſchen oft betretenen Waldbezirken. In der Regel findet man ſie nur in tiefſter Waldes— einſamkeit. Zum Wohn- und Brutgebiet wählt ſie ſich ähnliche, nur noch feuchtere Ortlichkeiten als die Verwandte. Man kann die Walddroſſel als die Be— wohnerin der höheren und niedrigen, die Röteldroſſel als die Bewohnerin der feuchten und die Einſiedler droſſel als die Bewohnerin der naſſen Waldſtrecken des nördlichen Wisconſin bezeichnen, obwohl alle drei oft dicht nebeneinander vorkommen. Der Aufent haltsort unſerer Röteldroſſel gehört zu den lieblichſten und ſchönſten Bezirken des ganzen Waldes. Immer findet fie ſich in der Nähe des Waſſers, ſeiſes an einem „) Vrgl. „Auk*' 1886, No. 1 und 2 (p. 94—112, 173—1 78) 2 en, 10 Die Röteldroſſel. ſich durch dichtes Buſchwerk ſchlängelnden, rauſchenden Bache, an einer ſprudelnden, kühlen Quelle oder an einem Waſſertümpel. Die Vegetation iſt an ſolchen Stellen immer eine ſehr üppige, dichte, aber es fehlt auch an ganz freien, nur mit Moos, Lykopodien und Wintergrün)) bewachſenen Stellen nicht. Man ſtaunt über die prächtigen Farne), über die mancherlei, hier nur in voller Pracht entwickelten Edorchideen“) über die vielerlei Blumen am Bachrande, aus denen die roten und blauen Lobelien“) beſonders prächtig her— vorleuchten. Die oft rieſigen, breiten Waldbäume beſchatten ganze Dickichte von Heidelbeerbüfchen?), wilden Stachelbeer-), Spier-) und Hartriegelſträu— chern). Befindet man ſich in der Region der gemiſch— ten Wälder, ſo erhöhen die Kiefern- und Hemlock— dickichte den Reiz noch ganz bedeutend. In den durch die Hochbäume fallenden Sonnenſtrahlen ſpielt ein Heer von Moskitos, Myriaden von Mücken, Libellen und anderen Inſekten. Der ganze Waldboden iſt von alten, mit grünem Moos dicht überwachſenen, faſt zu Humus verfaulten Baumſtämmen bedeckt. Man ſinkt oft bis an die Kniee in den Moder, aber gerade dieſer iſt die Triebkraft der ſo üppig empor— geſchoſſenen Pflanzenwelt. Ich habe nirgends im Süden ein ſolches friſches Grün, eine ſolche üppig entwickelte ſchöͤne Vegetation geſehen. So iſt das Wohngebiet unſerer Röteldroſſel beſchaffen. Hier findet das Weibchen das um einige Tage vorausgeeilte Männchen wieder, hier erſchallt der herrliche Geſang, hier wird das Neſt gebaut und die Jungen erzogen. In dieſer ſtillen Waldein ſamkeit muß man ſie ſuchen, wenn man ſie kennen lernen will. Daß ſich aber in dieſer Abgeſchloſſenheit nicht ſo leicht menſchliche Ein— dringlinge einfinden, dafür ſorgen die ungeheuren Schwärme ſtechbegieriger blutdürſtiger Moskitos. Ich glaube, daß gerade der von ihr gewählte Aufenthalts- ort es verſchuldet, daß man ſie für ſeltener hält, als ſie thatſächlich iſt. In Wisconſin findet man anfangs Juni das Neſt. Es ſteht immer auf oder nahe am Boden, oft unter einem dichten Buſche oder Nadelholzbäumchen, oder zwiſchen den Stämmchen einiger unlängſt aus der Erde hervorgeſproßten Schößlinge, immer aber ſo, daß es von oben oder von einer Seite geſchützt iſt. Als Unterlage dienen eine dicke Schicht alter Blätter, dann folgen Pflanzenſtengel, Halme, Reben- und 1) Pyrola rotundifolia. 2) Osmunda einnamomea. 3) Are- thusa bulbosa, Calopogon pulchellus, Spiranthes. 4) Lobelia cardinalis, L. syphilitica. 5) Gaylussaeia frondosa. 6) Ribes la- eustre. 7) Spiraea opulifolia. 8) Cornus stolonifera u. C. sericea. Baſtfaſern, Moos und oft auch feine Hemlockzweige, innen iſt es meiſt mit feinen Hälmchen und Baſt, ſogar mit einzelnen Pferdehaaren ausgelegt. Es iſt ein im Verhältnis zum Vogel großer Bau und nicht ſo nett und ſchön, als man es von einer ſo edelen, vornehmen Sängerin erwarten ſollte. Sie baut ziem— lich verſteckt und das Neſt iſt deshalb durchaus nicht leicht zu finden. Das Weibchen verläßt die Eier auch nur, wenn man es faſt mit dem Fuße berührt. Es iſt ein reizender Anblick, den brütenden Vogel mit ſeinen großen klugen Augen, verborgen unter dem Geäſt eines überhängenden dichten Heidelbeerbuſches oder Farnwedels zu beobachten. Ganz dicht am Stamme, auf einer Unterlage alter Blätter und Kiefernnadeln, umgeben von Moos und zarten Walopflänzchen, ſteht dieſer Bau. Schauen wir hinein in das Neſt, ſo gewahren wir 4 bis 5 einfarbig hell grünblaue Eier. Sehr ausnahmsweiſe baut fie auch etwas höher in die Zweige von Sträuchern, und einigemal iſt es auch vorgekommen, daß man braungefleckte Eier gefunden hat. Nur das Weibchen brütet, das Männchen ſingt indes ſeine ſchönſten Weiſen. Sobald die Jungen erbrütet ſind, beteiligt ſich auch letzteres an der Auf— zucht derſelben. Kommt man während dieſer Zeit an den Bau, ſo laſſen ſie ängſtlich ein traurig bittendes „Tſchiup“ hören. Der Angſtruf klingt ſcharf wie „Zup“. Auch hört man oft ein melodiſches „Woit, woit“, welches wohl als Lockruf gilt. — Die Jungen werden mit allerlei Würmern und anderen auf dem Boden lebenden Inſekten aufgefüttert und aus ſolchen beſteht auch hauptſächlich die Nahrung der Alten. Später verzehren ſie auch allerlei Beeren, wie ſie gerade der Wald bietet. Die Röteldroſſel iſt eine der köſtlichſten Sänger— innen ihrer traulich-ſtillen Waldesheimat. Sie iſt in Wahrheit eine Rivalin der Wald-, Einſiedler- und Sängerdroſſel. Man weiß nicht, welcher man die Palme zuerkennen ſoll! In vieler Hinſicht erinnert der Geſang an die Walddroſſel, doch iſt er nicht ſo laut und volltönend, ſcheint jedoch etwas abwechſelnder zu ſein. — Alle ihre Töne zeichnen ſich durch beſon— deren Wohllaut und Schmelz aus und dabei ſingt ſie ſo eifrig und anhaltend, daß man ſie oft noch lange nach Sonnenuntergang hören kann. Dadurch hat ſie mancherorts in Neuengland den Namen Nachti— gall (Nightingale) erhalten. Nuttall giebt den Geſang durch folgende Silben wieder: „Vihu, vihu, vihu, wi-oh, wis- eh, wiehu, wihu, wilile, wilile, wilill, wililill“, wobei er aber zugleich bemerkt, daß man ſich eine falſche Vorſtellung von dem Liede machen würde, — — ren ao Die Grauwangendroſſel. 11 wollte man von der ſcheinbaren Eintönigkeit dieſer Laute auf das Ganze ſchließen. Oft hört man auch deutlich die Laute „Woit, woit“ aus dem Geſange heraus, und ſie ſind es beſonders, welche kräftig und mit wundervoller Harmonie hervorgebracht werden. Ridgwahy, der den Geſang der Röteldroſſel in den Gebirgen Utahs gehört hat, beſchreibt denſelben ſehr genau. Er übertreffe weit den aller übrigen Wald— droſſeln und habe eine unbeſchreiblich zarte metalliſche Klangfarbe. Die in Gebirgsgegenden lebenden Sing— vögel ſingen in der Regel bedeutend ſchöner, als die in den Wäldern der Ebene. Daß dies auch bei der Wilſonsdroſſel der Fall iſt, beweiſt die ſchon angeführte Beobachtung Brewſters, der ſie zahlreich in den ſchönen Gebirgsgegenden Nordcarolinas fand. — Beim Singen ſetzt auch ſie ſich, wie alle unſere Droſſelarten, auf einen erhöhten Sitz, gewöhnlich in die Spitze eines Baumes. Der Flug und ihr Laufen auf dem Boden iſt durchaus droſſelartig. Auch in ihrem ganzen Thun unterſcheidet ſie ſich nicht von den andern kleinen Walddroſſeln. Sie iſt nie beſonders geſellig, auch im Winterquartiere nicht. Der Zug findet nachts ſtatt; am Tage geht ſie ihrer Nahrung nach. — Von der ähnlichen Walddroſſel unterſcheidet ſie ſich durch ihre geringe Größe. Das Hauptkennzeichen iſt aber die fuchsrötliche Oberſeite. Für die Gefangenſchaft eignet ſie ſich ebenſogut, wie die übrigen Arten. Sie iſt in der erſten Zeit ihres Gefangenlebens ſehr wild und ſtürmiſch, lernt aber ihren Pfleger bald kennen und legt endlich alle Scheu ab. Alles, was ich in dieſer Beziehung über die Walddroſſel geſagt, gilt auch von ihr. — Die kleinen Droſſeln (ich habe hier die fünf unter dem Namen Walddroſſeln [Hylocichla] be> kannten Arten: die Wald-, Rötel-, Grauwangenz, Einſiedler- und Sängerdroſſel im Auge) ſind ſehr liebenswürdig und friedfertig, vertragen ſich gut mit andern Vögeln, laſſen aber im Geſellſchaftskäfig ihren köſtlichen Geſang nie oder doch nie im vollen Um— fange hören. Will man ſich an ihren Liedern er— freuen, ſo muß man ſie einzeln in einem geräumigen Käfig halten und es an ſorgfältiger Pflege nicht fehlen laſſen. Dann gehören dieſe kleinen Droſſeln, die zu den herrlichſten Sängerinnen der Vogelwelt zählen, zu den dankbarſten Stubenvögeln, welche der Vogel— liebhaber halten kann. In Deutſchland ſcheint man ſie gar nicht zu kennen. Dr. Karl Ruß führt ſie in ſeinem „Handbuche der fremdländiſchen Stuben— vögel“ nur an (unter dem Namen Braundroſſel). Brehm beſchreibt ſie in ſeinem Werke „Gefangene Vögel“ unter dem auch von mir gewählten Namen Röteldroſſel. — Namen: Röteldraſſel (Brehm), Wilſons-, Fuchsdroſſel, lohfarbene Droſſel, Braundroſſel (Ruß), „Nachtigall“ (in Neuengland). Veery, Wilson's Thrush, Tawny Thrush, Chee- ury, „Nightingale“ (Merle grivette). Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus fuscescens Steph., T. Wilsonii Bonap., Aud., Cab., Turdus minor Sw., T. brunneus Brewer, Hyloeichla fuscescens Ridgw. Beſchreibung: Männchen, Weibchen: Oberſeite durch- aus rotbraun, keine Variation in der Farbe. Unter— ſeite weiß, mattgrau angeflogen; Kehle und Oberbruſt hervortretend mattgelblich angehaucht; Kinn und Kehle meiſt ungefleckt; auf der Oberbruſt wenige kleine pfeil— förmige braune Flecken; auf der Unterbruſt einige matt— graue Flecken. Schnabel oben dunkel, unten hell. Weibchen kaum merklich kleiner. Länge 7 bis 72 Zoll. Die Grauwangenoͤrofſel. Alice's Thrush. x — an war lange Zeit unſchlüſſig, ob man dieje | A 8 Droſſel als gute Art oder nur als eine Varietät der Sängerdroſſel aufzufaſſen habe. Die „American Ornithologists’ Union“ hat ſich nun neuerdings Ridgways Anſicht angeſchloſſen und fie für eine ſelbſtändige Art erklärt. Sie unterſcheidet Turdus Aliciae BAIRD. ſich von der Sängerdroſſel durch bedeutendere Größe, längeren und ſchmaleren Schnabel, längere Flügel und durch hervortretenderes Grün des olivenfarbigen Rückens. Der gelbe Augenring jener fehlt ganz. Das am meiſten ins Auge fallende Merkmal ſind jedoch die grauen Wangen. Auch in ihrem Weſen, 12 Die Grauwangendroſſel. Bicknells Vavietät. in der Niſtweiſe, namentlich aber im Geſange weicht ſie von der genannten Art ab. Die eigentliche Heimat der Grauwangen— oder Alicedroſſel iſt der hohe Norden Amerikas. Sie verbreitet ſich von Labrador bis zu den Aleuten, einer Inſelgruppe des Behring-Meeres. Selbſt bis zu dem nordöſtlichen Teile Sibiriens wandert ſie hin— über.“) Am zahlreichſten ſcheint fie an der Mündung des Mackenzie und in anderen Gegenden des Polar— kreiſes zu brüten. Am großen Sflavenjee und am Anderſonfluſſe iſt ſie ebenfalls Brutvogel. Coues fand ſie zahlreich brütend in Labrador. Wie weit ſie ſich während der Brutzeit nach Süden verbreitet, iſt noch unbekannt, doch ſcheint feſtzuſtehen, daß ſie nicht in den Vereinigten Staaten brütet. Hier, doch nur in den alpinen Regionen des Oſtens, wird ſie von einer Varietät (Turdus Aliciae Bieknelli) vertreten. McFarlane ſammelte im hohen Norden eine große Anzahl Neſter mit Gelegen und ſandte ſie an das Smithſonian Inſtitut in Waſhington. Faſt alle ſtanden in niedrigen Bäumen, zwei bis ſieben Fuß vom Boden. Einzelne wurden ausnahmsweiſe auch auf der Erde gefunden. Dieſe Bauten ſind ziemlich feſt aus Seggen, Blättern, zarten Stengeln von Equiſateceen, Gras, Baſtfaſern und Grasriſpen gebaut. Bei manchen war die Mulde aus einer dicken Lage Erde hergeſtellt, ganz ähnlich wie bei den Neſtern der Wanderdroſſel. — Die Eier, deren Zahl gewöhn— lich vier iſt, ſind der Grundfarbe nach grün, vötlich- braun gefleckt. Während der Zugzeit im Herbſt und Frühling iſt ſie ein gewöhnlicher Vogel der Wälder. Sie er— ſcheint in Wisconſin im September und zieht, ohne lange zu zögern, ſüdlich bis nach Cuba, Coſta Rica u. ſ. f. Im Frühling erſcheint ſie etwa Mitte Mai und verweilt dann oft bis in den Juni hinein. Zu dieſer Zeit hat man auch Gelegenheit, den wirklich herrlichen, klangvollen, ſchmelzenden Geſang zu hören. Er unterſcheidet ſich von dem aller übrigen kleinen Droſſeln, ſteht jedoch dem der Einſiedlerdroſſel am nächſten. Während letztere aber mit ihren tiefſten Tönen beginnt und mit den höchſten Tönen endigt, fängt die Alicedroſſel mit den höchſten an und ſchließt mit den niedrigſten. So wenigſtens verſichert Bre- wer. Das Lied erklingt leiſer, entfernter, als das der Olivendroſſel. Ich habe in Chicago mehrere im Käfig gehalten, aber keine gab ihren vollen ſchönen Geſang zum beſten. „) Siehe Stejneger, ‚„‚Analecta Ornithologiea‘, Auk J, p. 166. Bi: Wie alle unſere kleinen Walddroſſeln, ſo iſt auch dieſe wenig geſellig. Ich habe nie mehr als zwei beiſammen geſehen. Sie iſt ſcheu und ſucht nicht leicht die unmittelbare Nähe menſchlicher Wohnungen auf. Ihre zum größten Teil aus Inſekten beſtehende Nahrung ſucht ſie meiſt vom Boden, zwiſchen alten Blättern, auf. Im Herbſt dienen ihr auch vielerlei Beeren, namentlich der Schneeballſträucher (Vibur- num pruneifolium u. a.), Hülſen (Jer), ſpaniſche Maulbeeren (Callicarpa americana) und mit Vor— liebe Kermesbeeren (Phytolacca decandra) zur Nah— rung. Namen: Grauwangen⸗- oder Alicedrojfel. Grey-cheeked Thrush, Alice’s Thrush. Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus Aliciae Brd. (1858). T. Swainsoni Aliciae Coues (1872), T. ustu- latus Aliciae Coues (1882). Beſchreibung: Männchen und Weibchen oberſeits dunkel olivengrün; Seite des Kopfes aſchgrau; Kinn, Kehle und Unterſeite reinweiß; Seiten der Kehle und quer über die Bruſt mit pfeilförmigen, dunkelbleifarbigen Flecken gezeichnet. Länge 8 Zoll. Vicknells Grauwangendroſſel. Bicknell's Thrush. Turdus Aliciae Bicknelli Ripa wav. Mehr als die eigentliche Art intereſſiert uns die von Bicknell im Juni 1881 im Catskill— Gebirge in New-York aufgefundene Lokalraſſe, die von Ridgway nach ihrem Entdecker benannt wurde. Der genannte Ornitholog fand dieſen Vogel faſt auf der Spitze des Slide Mountain, in Ulſter County (N. P.). Die genaue Höhe iſt nicht angegeben, doch dürfte es in einer Höhe von etwa 4000 Fuß geweſen ſein (der höchſte Punkt der Catskills beträgt 4,205 Fuß). Wo der Boden nicht zu felſig war, fanden ſich Papierbirken (Detula papyracea) und noch häufiger Vogelbeerbäume. Auch die gelbe Birke (B. Le fand ſich in dieſen Höhen noch, aber nur in kleinen Exemplaren. In den dichten Gebirgswaldungen weiter abwärts war ſie zahlreicher und größer. Auf allen Seiten gewahrte man die weißen Blüten eines Schneeballſtrauches ( Miburnum lantanoides). Weiter unten hatte dieſer ſchon längſt ausgeblüht. Ein an— derer charakteriſtiſcher Strauch war die nördliche Junibeere (Amelanchier camadensis oligocarpa). Weiter abwärts findet ſich nur die Varietät botry- apium, aber hier oben zeigte ſich nur die gut unter— ſchiedene nördliche Form. In dem dicken, feuchten Mooſe, welches die Felſen bedeckte und deren Riſſe | füllte, fanden ſich nördliche Pflanzen mehr oder weni— » i N i E Eu Die Grauwangendroſſel. Bicknells Varietät— 13 ger häufig. Der Zwergkornus (Cornus canadensis) wuchs an manchen Stellen ſo dicht und üppig, ſeine weißen Brakteen zeigten ſich in ſolcher Menge, daß er ganze Beete zu bilden ſchien. Auch der zart violet— blühende Sauerklee (Oxalis acetosella), der Goldfaden (Coptis trifolia), die kleine Sternblume (Trientalis americanus) fanden ſich hier. Außer den kleinen gelben Glocken der Olintonia borealis und einigen purpurn angehauchten Blumen waren alle übrigen Blüten um dieſe Zeit weiß. Auf mehr offenen Stellen fanden ſich liebliche Farnkräuter (Aspidium spinu- losum) und mit dieſen zugleich wuchſen auf dem Kamme häufig Gebirgsgoldruten (Solidago thyr- soidea). Die häufigſten Bäume, die Balſamtannen und Papierbirken, waren niedrig, nie höher als fünf— undzwanzig Fuß. Aus den Nadelbäumen erſchallten die Rufe der Spechtmeiſe (Sitta canadensis) und die Töne des gelbbäuchigen Zwergtyrannen (Empidonaw flavi- ventris). Der kurze Geſang des Magnolienſängers (Dendroica maculosd) und das Lied des Trauer— ſängers (Geothlypis philadelphia) ließ ſich hören. Meiſen (Parus atricapillus), Winterzaunkönige, Purpurfinken und Schnee- oder Winterfinken (Junco hyemalis) kommen hier mehr oder weniger zahlreich vor. Auch die Töne des Buntſängers (Dendroica striata) vernahm man. Der ſonore Geſang mehrerer Droſſeln, namentlich der Einſiedler- und Sänger— droſſel, hallte durch dieſe Gebirgswaldungen. Hier fand Bicknell auch die in der Ueberſchrift genannte Varietät der Grauwangendroſſel ziemlich zahlreich. Später fand ſie auch Brewſter zahlreich auf dem Mount Waſhington in Neuengland, in einer Höhe von 3000 Fuß aufwärts. Ihr Lieblingsaufenthalt ſind dort die Tannendickichte. Letzterer giebt eine prächtige Schilderung der alpinen Fauna und Flora des Mount Waſhington und teilt dann ſchließlich ſeine Beobachtungen über dieſe Droſſel mit”). In Ge *) „Bulletin of the Nuttall Ornithological Club.“ Vol. VIII, 1883, p. 12—17. Bicknell’s Thrush in New England. By William Brewster. ſellſchaft verſchiedener nordiſcher Vögel, wie Winter— finken, weißkehlige Ammerfinken, Naſhvilleſängern be— wohnt ſie faſt die Spitzen der White Mountains, namentlich da, wo Nadelhölzer, Zwergbirken, Blau beerſträucher ( Vaceinium caespitosum), Ledumbüſche u. ſ. w. ſtehen. Der Geſang iſt, nach Bicknell, mehr gleich— förmig und weniger abwechſelnd, als der der Sänger— droſſel. Er iſt mehr zurückhaltend, man könnte fagen bauchredneriſch. Jedenfalls iſt auch ſie eine gute Sängerin, die den herrlichen Gebirgswaldungen jener Gegenden das rechte Leben verleiht. Obwohl im allgemeinen die kleinen Droſſeln in ihrem Thun und Treiben mehr oder weniger überein— ſtimmen, ſo kann man doch ſagen, daß Bicknells Droſſel ſcheuer, lärmender und raſtloſer in ihren Bewegungen iſt, als die nahe verwandte Sänger— droſſel. Langille berichtet Näheres über die Niſtweiſe dieſer Form. Er fand ſie zahlreich brütend auf mehreren kleinen Inſeln ſüdweſtlich von Nova Scotia. Die Neſter waren in den Tannendickichten, welche dieſe Droſſel ausſchließlich zu bewohnen ſcheint, außer— ordentlich ſchwer zu finden. Sie ſtanden einige Fuß vom Boden, dicht am Stamme eines Nadelholz— baumes, und waren äußerlich aus verſchiedenen Moosarten, einzelnen Zweigen, Pflanzenſtengeln und Würzelchen gebaut und innen mit feinem Gras aus— gelegt. Die Außenſeite war ſtets ein grüner Moos— klumpen und das Innere hellbraun. Die Eier ſind hell bläulichgrün, braun gefleckt. In jenen Gegenden herrſchen im Sommer feuchte Nebel vor. Die Feuch— tigkeit iſt dem Wachstum der Mooſe beſonders günſtig und ſo geſchieht es auch, daß das Moos der Außen— | jeite dieſer Neſter ruhig fortwächſt. Alte Neſter er— ſcheinen deshalb innen und außen wie hübſche Moos— körbe, ſo ſchön ſind ſie mit üppigen Kryptogamen verziert. Außer dieſer Droſſel brütete auf dieſen Juſeln auch der Buntſänger (Dendroica striata) ſehr zahlreich. Die Olive-backed Thrush. Tafel J. lle unſeren kleinen Walddroſſeln ziehen aus Nadel- und Laubholzbäumen beſtehende ge— miſchte Waldungen allen anderen zum Aufenthalt vor. Beſonders da, wo ſich viele Hemlockfichten, Balſam- oder Schwarztannen finden, deren Aſte bis faſt auf den Boden herabreichen, trifft man ſie zeit— weilig zahlreich an. Eine Vorliebe für Nadelholz zeigen ſie auch während der Zugzeit. Man trifft ſie in der Regel da, wo Tannen und Fichten als Zier— bäume angepflanzt ſind. In ihnen ſind ſie auf— gezogen, in ihnen finden ſie den beſten Schutz gegen die Unbilden der Witterung, in ihnen können fie ſich leicht gegen ihre vielen Feinde verbergen. In den mit Koniferen bepflanzten Baumgärten der ſonſt ſo einförmigen Prärien des nördlichen Illinois war es, wo ich zuerſt dieſe kleine Droſſel in größerer Anzahl beobachtete. Die Sänger-, Swainſons- oder Oli— vendroſſel iſt im größten Teile der Vereinigten Staaten nur Zugvogel. Ihre eigentliche Heimat, ihr Brutgebiet, dehnt ſich vom 44. Grad nördlicher Man hat ſie Breite bis zu den Polargegenden aus. alſo da zu ſuchen, wo die Einſiedlerdroſſel brütet, doch dringt ſie weiter nach Norden hin vor. Ich habe dieſe kleine bewegliche Art faſt jedes Jahr in Wis— conſin, Illinois, Miſſouri und, obwohl ſelten, in Texas während der Zugzeit beobachtet. Im letzt— genannten Staate erſcheint ſie aus dem Süden etwa Mitte April, in Wisconſin ſelten vor dem erſten Mai, eher noch etwas ſpäter. Sie zieht paarweiſe oder in kleinen Geſellſchaften von vier bis ſechs Stück, ver— weilt nur kurze Zeit und zieht dann nördlicher in ihre Heimat. Etwa Mitte September erſcheinen die erſten Sängerdroſſeln wieder im nördlichen Illinois, noch zahlreich und anfangs Oktober ſind ſie alle, bis auf einzelne Nachzügler, ſüdlich gezogen. — Furcht— los und ohne Scheu beſucht dieſe Droſſel die Gärten und kommt dabei ganz in die unmittelbare Nähe Vornehmes, Edles in ihrem Benehmen. Hängeroͤrofſel. Turdus ustulatus Swainsoni RIDG WAV. Vogel 6. menſchlicher Wohnungen. In Oak Park (Harlem), bei Chicago, kam ſie während der Zugzeit täglich mit mehreren Finkenarten unter das Küchenfenſter meiner Wohnung, um nach Nahrung zu ſuchen. Wurde ſie durch ein verdächtiges Geräuſch verſcheucht, ſo flog ſie gewandt und hurtig der nächſten Nadelholzgruppe zu, um ſich jedoch gleich im nächſten Augenblicke wieder auf dem Boden niederzulaſſen. Während der Wander— zeit hält ſie ſich am liebſten an gebüſchreichen Wald— rändern in der Nähe des Waſſers auf, aber auch inmitten des Waldes, ſelbſt wenn derſelbe wenig Gebüſche aufweiſt, trifft man ſie. An Flüſſen und Bächen kann man ſie im Frühling und Herbſt zeit— weilig häufig finden. Man ſieht ſie gewöhnlich nach Droſſelart ſchnell und raſtlos umherlaufen und nach ihrer Hauptnahrung, Inſekten, ſuchen. Die alten Blätter unter Bäumen und Gebüſch werden beſonders genau durchſucht. Im Herbſt bilden allerlei Beeren einen nicht geringen Beſtandteil ihrer Nahrung. Auch friſchgegrabenes Gartenland ſuchen ſie nach Inſektenlarven und Würmern ab und dabei zeigt ſie ſich ganz wie der „Robin“, läuft eine kurze Strecke über den Boden dahin, ſteht plötzlich ſtill, ſchnellt den Schwanz nach oben und zuckt mit den Flügeln nach unten, horcht aufmerkſam, den klugen Kopf etwas ſeitwärts gekehrt, nimmt hier einen Wurm, dort einen Käfer auf und ſo geht es fort, bis das ganze Stück durchſucht iſt. Dabei entgeht nichts ihrer Aufmerk— ſamkeit; jeder fremdartige Gegenſtand wird aus wohlgemeſſener Entfernung neugierig betrachtet. Trotz ihrer Dreiſtigkeit iſt ſie doch ein vorſichtiger, mißtrauiſcher Vogel, der Gefahren gut auszuweichen weiß. Ich kenne wirklich keine Vögel, welche ſo klug und hübſch in die Welt ſchauen, wie dieſe kleinen Ende des genannten Monats find fie in Miſſouri Trotz ihrer Einfachheit liegt doch etwas Sie ſind Droſſeln. wahre Bilder von Lieblichkeit und Anmut. Im Gezweig der Bäume iſt die Olivendroſſel ſehr gewandt. Der Flug iſt leicht und ſchnell. In * Die Sängerdroſſel. 15 ihrem ganzen Thun und Treiben kennzeichnet ſie ſich auf den erſten Blick als echte Droſſel. — Anfangs Oktober erſcheint ſie im ſüdöſtlichen Texas, beſucht mit anderen Arten die Magnolien, um die in Zapfen ſtehenden, beerenartigen, balſamiſchen Früchte zu ver— zehren. Das Fleiſch ſoll davon einen angenehmen Geſchmack erhalten, ſodaß ihnen beſonders franzöſiſche Kreolen nachſtellen, um ſie, wie ein Schriftſteller ſagt, „ihrer Luſt und Freßgier“ zu opfern. Namentlich wird dieſe ſchändliche Schlächterei bei New Orleans betrieben, wo man dieſe Art, nebſt Wald- und Rötel— droſſel zu Tauſenden erlegt. Die Einſiedlerdroſſel entgeht nur dadurch einem gleichen Schickſale, daß ſie bedeutend ſpäter erſcheint. — Iſt die Witterung an— genehm, ſo verweilt auch die Sängerdroſſel noch, ſobald aber die erſten Nordwinde über die texaniſchen Prärien ſauſen, zieht ſie ſüdlicher. Sie wandert nicht nur bis ins Innere Mexicos, ſondern bis nach Guatemala, Coſta Rica, ſelbſt über den Iſthmus von Panama, ins Innere Südamerikas, wo ſie in Ecua dor, ſelbſt in Peru und Braſilien überwintert. Als Irrgaſt iſt ſie auch ſchon in Europa, auf der kleinen Nordſee-Inſel Helgoland, erlegt worden. Keine unferer Droſſeln hat ein jo ungeheures Verbreitungs— gebiet als dieſe, denn ſie brütet nördlich bis zu den Polargegenden und überwintert ſüdlich bis zum Aquator. Vielleicht überwintern manche ſchon in Florida. Auf Cuba iſt ſie ein ſeltener Wintergaſt. Wie ſchon bemerkt, dehnt ſich ihr Brutgebiet vom 44. Grad nördlicher Breite an bis zum großen Sklavenſee (Great Slave Lake) und Fort Yukon hin aus, und vom Atlantiſchen Ozean erſtreckt es ſich bis weſtlich zum Humboldt-Gebirge und dem Colum bia. Im Gebirge geht ſie während der Brutzeit viel weiter ſüdlich als in der Ebene. Catskill⸗Gebirge im öſtlichen New Pork iſt ſie mit Bicknells⸗ und der Einſiedlerdroſſel ein gewöhnlicher Brutvogel. Wahrſcheinlich findet ſie ſich auch noch viel weiter ſüdlich in den Alleghanies. in Colorado brütet ſie ebenfalls. Die erſten erſcheinen dort etwa am 10. Mai; etwa Mitte des genannten Auf den Höhen der Bei Denver Monats ſchwärmt es nicht nur in den Dickichten, ſondern auch in offenen Sumpfgegenden von diejen | Droſſeln. Noch im Oktober beobachtete man ſie dort | im Gebirge, als ſchon fußhoher Schnee den Boden bedeckte. Sie trieben ſich in Geſellſchaft anderer Vögel in der Nähe der heißen Schwefelquellen des Middle Park umher, ohne Zweifel angelockt durch die Wärme des Waſſers. — Ridgway fand die Sänger— 0 | | fie zu den gewöhnlichſten Brutvögeln zählt. In den Caſions fand er fie zahlreich brütend und aus den ſelben erſchallte fortwährend der Geſang. In den Dickichten, welche die Flüſſe und Bäche ſäumten, fan den ſich etwa fünf bis ſechs Fuß vom Boden zahl— reiche Neſter; ſie ſtanden in Weiden und anderen Büſchen, nahe am Waſſer. Weſtlich vom Humboldt— Gebirge fand er ſie nicht mehr. Der Geſang iſt, nach ſeiner Meinung, dem der Walddroſſel ähnlich, jedoch nicht ſo laut, höher und ſilberhell. Dieſe Droſſel iſt ebenfalls eine herrliche Sängerin. Dies wird durch alle Beobachter, welche Gelegenheit hatten, den Tönen zu lauſchen, beſtätigt. Das Lied ſoll nach anderen Vogelkundigen mehr dem der Einſiedlerdroſſel | gleichen, doch iſt es ganz verſchieden von demſelben, ſodaß ein geübtes Ohr den Unterſchied bald merkt. Es iſt gedehnter, die einzelnen Töne folgen mit mehr Regelmäßigkeit aufeinander, doch iſt es nicht ſo ſchmel— zend und laut. „In den Wäldern der White Mount— ains“, bemerkt Minot, „ſingen ſie faſt den ganzen Sommer hindurch und faſt zu allen Tageszeiten, denn die alten Waldungen New Hampſhires ſind immer kühl und ſchattig. Sie ſingen des Morgens und bei Sonnenuntergang am eifrigſten, ſtimmen hierin alſo ganz mit der Walddroſſel überein, und ſetzen ſich häufig beim Singen auf einen erhöhten Punkt. gewöhnliche Ton iſt ein angenehmes, etwas tiefes, ſchnell ausgeſtoßenes „Witt“. Der Geſang iſt went ger abwechſelnd als der ihrer nächſten Verwandten, erklingt etwa in derſelben Weiſe, erinnert aber an mittelmäßig ſingende Walddroſſeln, hat überhaupt mehr Ahnlichkeit mit dem Geſauge dieſer als einer anderen Art.“ Die Olivendroſſel brütet zahlreich in Maine, New Hampfhire und Vermont. Sie wählt ſich ähn— liche Örtlichkeiten zum Aufenthalt, wie die Einſiedler droſſel, bevorzugt aber mehr den offenen, weniger mit Untergebüſch bewachſenen feuchten Wald. Durch die Färbung ihrer Eier unterſcheidet ſie ſich, mit Aus nahme der Alicedroſſel, von allen anderen Arten. Das Neſt ſteht in der Regel fünf bis ſechs Fuß vom Boden, doch fand Kennicott in den Polargegenden viele, die nur zwei Fuß hoch ſtanden. Sie beſtehen, je nach der Gegend, aus verſchiedenem Material: aus Moos, Flechten, Blättern, Rindenſtücken und feinen Faſern, aber die den Neſtern der Wander- und Wald droſſel ſo charakteriſtiſche Erdlage fehlt. Manche erhalten durch das Hypnum-Moos ein ſehr eigen tümliches Ausſehen. Zur inneren Auskleidung Der droſſel ſehr zahlreich im Wahſatch-Gebirge, woſelbſt dienen ihnen, laut Minot, oft die kohlſchwarzen, 16 Die Oregon-Sängerdroſſel. haarähnlichen Faſern einer gewiſſen Moosart. Häu— fig ſtehen die Neſter auf Tannen und niedrigen Bäu— men, gelegentlich an einem Waldpfade. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach grünlichblau, über und über braun gefleckt. Nur dieſe Varietät, die eigentliche Art und die Grauwangendroſſel, ſowie die ſchöne, im Weſten lebende Buntdroſſel legen ge— fleckte, alle übrigen eigentlichen Droſſeln aber nur einfarbige grünblaue Eier. Ich habe mehrere Exemplare dieſer Art jahre— lang im Käfig gehalten. Bei freundlicher Behand— lung und zweckmäßiger Pflege gewöhnten ſich die Wildlinge trotz ihres anfänglich ſtürmiſchen Weſens bald ein, wurden ſogar recht zahm und zutraulich. Die zahlreichen Wildlinge, welche ich in Chicago nach und nach erhielt, wurden nach kurzer Zeit faſt alle ſo zutraulich, daß ſie dargereichte Mehlwürmer und Fliegen aus der Hand nahmen. Ihre Lebhaftigkeit, ihr munteres regſames Weſen, ihre Verträglichkeit mit ihresgleichen und anderen Vögeln, ihr glattes, hübſches Gefieder und andere hervorragende Eigen— ſchaften machen ſie zu ſehr angenehmen Stubenvögeln. Ein beſonders zutrauliches Pärchen hielt ich in einem geräumigen Gefellfchaftsfäfig mit Hüttenſängern, Baltimorevögeln, Einſiedler- und Katzendroſſeln und verſchiedenen Ammerfinken zuſammen. Beide jagten ſich ſpielend oft ſtundenlang im Käfig umher, wobei ſie oft ihren melodiſchen Lockruf, ein langgezogenes „Tuiht“, hören ließen. Der Verfolgte hüpfte ge— wöhnlich auf den Boden herab, drückte ſich nieder und hielt die Flügel in zitternder Bewegung. Der andere blieb auf der unterſten Sitzſtange, ſich ebenſo gebär— dend, wobei beide die beſchriebenen melodiſchen Rufe hören ließen. — Wenn man ſie mit ihresgleichen oder mit anderen Vögeln zuſammenhält, kommt der ſchöne Geſang nicht zur Geltung, ja es ſingt dann nur ſehr ſelten einmal eine. Nur wenn man ſie allein in einem geräumigen Bauer hält und ſorgſam pflegt, darf man erwarten, die köſtlichen Töne zu hören. Ich habe im Laufe der Jahre nur zwei gehabt, welche ihren vollen herrlichen Geſang erſchallen ließen. Das Tonſtück iſt voller Abwechslung, etwas klagend, aber doch überaus lieblich. Daß es große Ahnlichkeit mit dem Geſange der anderen Arten hat, kann ich nicht gerade behaupten. Man merkt es dem Liede an, daß es nicht für das enge Zimmer geſchaffen iſt. Es gehört in den ſtillen Wald, wo das ſanfte Geflüſter in den Nadelholzbäumen, das Säuſeln im Laubwerk, das Rauſchen der Bäche und das Murmeln der Quellen die rechte Begleitung dazu bildet. Nur, wenn man den Geſang hier vernimmt, kann man ihn recht beurteilen und würdigen. Dasſelbe gilt aber auch von dem Geſange aller unſerer kleinen Droſſeln. Namen: Sänger-, Swainſons-, Olivendroſſel. Olive-backed Thrush, Swainson's Thrush, Swamp Robin, Little Thrush (Pennant). Grive de Swainson (L. M.), Merle de Swainson (D. & G.) Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus Swainsoni Cab., T. ustulatus Swainsoni Ridgw., Turdus minor Gmel., T. solitarius Wils., T. olivaceus Giraud, Merula Wil- soni Swains., Hylocichla ustulata Swainsoni Ridgw. Beschreibung: Männchen und Weibchen gleich. Oberſeite rein olivenfarben. Unterſeite weiß, an den Seiten mit olivenfarbenem Anflug ; die Kehle, Bruſt, Kopfſeiten und Seiten des Halſes mattgelblich angeflogen. Die ganze Unterſeite mit zahlreichen großen ſchwärzlichen Flecken gezeichnet; Kehle nicht gefleckt; gelblicher Ring um das Auge; Rachen gelb; Schnabel ſchwarz; Iris dunkelbraun. Länge 7 bis 72 Zoll. Weibchen etwas kleiner, 64 Zoll. Die Gregon-Hängeroͤroſſel. Oregon Thrush, Russet-backed Thrush. Turdus ustulatus Nur. Dieſe in der Küſtengegend des Stillen Ozeans vorkommende Droſſel wird als die eigentliche Art, die vorige nur als Varietät dieſer angeſehen. Sie brütet von Alaska bis Californien und zieht im Winter ſüdlich bis nach Guatemala. Ridgway, der eine der wichtigſten wiſſenſchaftlichen Regierungs-Expedi— tionen im Jahre 1867, unter Clarence King, als Naturforſcher begleitete, fand dieſe Droſſel in der Sierra Nevada und redet mit Begeiſterung von ihrem Geſange. Er hörte ihn in einer Höhe von 5000 Fuß allerwärts aus den dichtbewachſenen Bergſchluchten heraus erſchallen, aber nur ſelten ſah er die Sängerin. Dr. Cooper fand das Neſt dort etwa Mitte Juni. Es ſtand gewöhnlich auf einem kleinen horizontalen Aſte, war ein aus Zweigen, Gräſern, Wurzeln und Blättern hergeſtellter feſter, an der Außenſeite ganz mit grünen, jener Gegend ſo eigentümlichen Hypnum— Mooſen bedeckter Bau. Die Eier ſtimmen mit denen der Sängerdroſſel durchaus überein. In der Sierra und in dem Küſtengebirge Cali— forniens ſingt ſie beſonders am frühen Morgen und zur Abendzeit. Ihr Geſang ſchallt in jubelnden Chören hundertſtimmig von den Hochwäldern jener herrlichen Gebirge und bringt überaus fröhliches Leben in den jtillen Ernſt der großen Gebirgsland ſchaften, die an Pracht und Erhabenheit mit denen der Schweiz wetteifern, ſie in vieler Beziehung aber noch übertreffen. — Sie ſcheint in allen bewaldeten Gebirgsgegenden Californiens, Oregons und Waſh ingtons ein häufiger Brutvogel zu ſein. — Sie unter Die Einſiedlerdroſſel. ſcheidet ſich hauptſächlich durch braunere Färbung der Oberſeite. Namen: Oregon-Sängerdroſſel. Russet-backed Thrush, Oregon Thrush. Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus ustulatus Nult,, Hyloeichla ustulata Ridgw., T. Swainsoni ustulatus Coues. Die Linfieslersroffel, Hermit Thrush. Turdus aonalaschkae Pallasii RıDGwAY. Tafel J. als das „Dornröschen“ unſerer Vogelwelt bezeichnen. Ihre Reize ſind mannigfaltig, aber nur ſelten iſt es einem begeiſterten Beobachter und Vogel— liebhaber vergönnt geweſen, in die Einſamkeit ihrer nordiſchen ſumpfigen Waldbezirke einzudringen. Will man ſie in der ornithologiſchen Literatur aufſuchen, ſo hat man ſich durch einen faſt undurchdringlichen Wirrwarr verſchiedener wiſſenſchaftlicher Namen, fal ſcher Angaben und Mißverſtändniſſe aller Art hin durchzuarbeiten. Die Verwechslungen und immer wieder abweichende Benennungen dauerten fort bis in die Gegenwart. Erſt jetzt iſt es gelungen, eine all gemein zuſagende, aber durchaus nicht ſchöne wiſſen ſchaftliche Benennung zu finden. Im öſtlichen Gebiete der Vereinigten Staaten gehört die Einſiedler-, Zwerg- oder Sumpf— droſſel, auch einſame Droſſel wenigſtens zeitweilig, im Frühling und Herbſt, zu den bekannten, ziemlich zahlreich vorkommenden Vögeln. Gewöhnlich verwechſelt man ſie mit der ähnlichen, etwa gleichgroßen Sängerdroſſel, von der ſie ſich jedoch auf den erſten Blick durch den rötlichbraunen Schwanz unterſcheidet. Hält man dieſes charakteriſtiſche Merk— mal feſt, ſo kann man ſich in der Art gar nicht irren. Man nennt fie deshalb auch rotſchwänzige Droſſel (Rufous-tailed Thrush). Auch unter ſcheidet ſie ſich von der auf der Oberſeite einfarbig olivengrünlichen Sängerdroſſel noch dadurch, daß ſie im Frühling volle zwei Wochen früher erſcheint und im Herbſt zwei oder drei Wochen ſpäter durchzieht. — genannt, Vogel 2. Unſere Einſiedlerdroſſel iſt nur im nördlichſten Teile der Union Brutvogel, in den mittleren Staaten iſt ſie während des Durchzugs zahlreich und die ſüdlichen Staaten bilden ihre Winterherberge. Im nördlichen Illinois beobachtete ich ſie jedes Jahr in kleinen Flügen oder paarweiſe etwa anfangs bis Mitte Oktober, im ſüdweſtlichen Miſſouri Ende des ge— nannten Monats. Zutraulich und furchtlos kommen ſie dann oft auch in die Gärten, ganz in die Nähe der Wohnungen, wo ſie auf dem Boden zwiſchen alten Blättern nach verborgenen Kerbtieren umherſuchen. Am häufigſten traf ich ſie an gebüſchreichen, etwas tief und feucht gelegenen Waldrändern, welche wäh rend dieſer Zeit der Tummelplatz einer großen Anzahl verſchiedenartiger, aus dem Norden kommender oder nördlich ziehender Vögel ſind. Beſonders Ammer— finken, wie Fuchs-), Busch), ron) und Winter— finken!) u. a. find zu dieſer Zeit ihre ſteten Genoſſen. Von allen kleinen Droſſelarten kehrt ſie zuerſt wieder aus der Winterherberge zurück. Schon Mitte April ſah ich in Wisconſin und Illinois einzelne und kleine Geſellſchaften auf ihrer Reiſe in ihr Brutgebiet. In dem ſehr waldreichen Wisconſin iſt ſie, wenigſtens im nördlichen Teile, Brutvogel. Oft hält ſie ſich acht bis vierzehn Tage auf, ehe ſie ſich zum Weiterziehen entſchließt. Sie kommt dann mit großer Regel— mäßigkeit täglich in dasſelbe Gebüſch oder in denſelben Garten. Bei aller Zutraulichkeit iſt ſie doch ſehr klug, vorſichtig und auf alles aufmerkſam, ſodaß ſie 1) Passerella iliaea. 2) Zonotrichia albicollis. 5) Zonotrichia leucophrys. 4) Junco hyemalis. 2 3 18 Die Einſiedlerdroſſel. meiſt rechtzeitig aller ihr drohenden Gefahr entgeht. In Texas, in der Umgegend von Houſton und von da bis weſtlich nach Auſtin iſt ſie einer der gewöhnlich— ſten Wintergäſte. Sie hält ſich in dem dichten Ufer— gebüſch an Bayons, Flüſſen und Bächen, am Wald— rande des Tieflandes und in der Nähe der Felder auf, immer aber da, wo ſich außer den oben genannten Vogelarten auch Hunderte von Kardinälen, viele Erdfinken !), Braundroſſeln?), Schwätzers) und Kron— ſänger“) umhertreiben. Auch hier ſucht fie den größten Teil ihrer Nahrung vom Boden auf, ver— zehrt aber auch viele Waldbeeren, namentlich die der Myrtenſtechpalme (L/ myrtifolia). Wenn man in den Monaten November bis Februar in ſolche, zum großen Teil aus immergrünen Bäumen und Büſchen (wie z. B. die prächtigen Magnolien, Stechpalmen, Kirſchlorbeer, Wachsmyrten, Lorbeerſträucher | Per- sea carolinensis] u. ſ. f.) beſtandene geſchützte Ortlich— keiten kommt, ſo fliegt ein ganzes Heer der verſchieden— artigſten Vögel vom Boden auf und ſetzt ſich in die Bäume und Büſche. Alle verhalten ſich vollkommen ſtill, nur unſere Einſiedlerdroſſeln laſſen ein leiſes „Wiuh“ vernehmen. Als ich im einſamen Wald— häuschen an der Weſt Yegua (Lee Co., Tex.) wohnte, hatte ich während des ganzen Winters die beſte Ge— legenheit, dieſe Droſſeln ganz in meiner Nähe zu beobachten. Sie hielten ſich hier zu Hunderten in dem Gebüſch auf. Nie ſah ich mehr als fünf bis zehn Stück beiſammen und dieſe waren noch ge— wöhnlich über einen ziemlich großen Flächenraum verbreitet. Auf den Warnungsruf dieſer ſehr wach— ſamen, klugen Droſſeln ſtürzten ſich nicht nur alle übrigen derſelben Art ins nächſte Dickicht, ſondern auch die Schwärme der verſchiedenen Finkenarten und anderer Vögel verſtanden den Ruf ſehr wohl und flüchteten ebenfalls ſchleunigſt in die Dickichte. Ich fing hier mehrere in Meiſenkäſten, auf deren Böden ich friſche Erde geſtreut hatte. Einen Geſang habe ich von ihnen während des Winters und während der Zugzeit nie vernommen. Schon Ende Februar und anfangs März verlaſſen die erſten das ſüdöſtliche Texas und Mitte des letztgenannten Monats ſcheinen auch die letzten Nachzügler nördlich gezogen zu fein. Auch in Louiſiana, Miſſiſſippi, Alabama, namentlich aber in Florida überwintern ſie zahlreich. Man hat ſie oft ſchon im ſüdlichen Illinois und bei unſerer Bundeshauptſtadt Waſhington während des Winters 1) Pipilo erythrophthalmus. 2) Harporhynchnus rufus. 3) Icteria virens. 4) Dendroica coronata. beobachtet, ja noch viel weiter nördlich kommt fie ver— einzelt als Wintergaſt vor. Das Brutgebiet der Einſiedlerdroſſel erſtreckt ſich etwa vom 44. Grad nördlicher Breite nordwärts. Sehr zahlreich iſt ſie in Maine, ebenſo im ſchönen Adirondac- und Catskill-Gebirge in New Pork, wahr— ſcheinlich auch in Canada, ferner vom mittleren Wis— conſin, Michigan und Minneſota nördlich. Weſtlich trifft man ſie bis hinein in das Felſengebirge. In Colorado kommt ſie in einer Höhe von 1000 oder 1200 bis 8000 Fuß vor. Sie erſcheint dort Ende Mai, Mitte Juni iſt ſie zahlreich, bewohnt dann die dichtbewachſenen Gebirgsſchluchten und Wälder, aus welchen der herrliche Geſang fleißig heraus erſchallt. — In Maine und Nova Scotia, wo ſie ein zahl— reicher Brutvogel iſt, wählt ſie ſich immer die dichten, ſumpfigen, üppig mit vielerlei Pflanzen beſtandenen ſchattigen Wälder, durch die nur ſelten ein Sonnen— ſtrahl zur Erde gelangt, zu ihrem Wohngebiet. Man nennt ſie deshalb auch in jenen Gegenden Erd— ſumpfdroſſel (Ground Swamp Robin und Swamp Robin). Vom mittleren Wisconſin nord— wärts, wo es an ähnlichen Gegenden wie in Maine nicht mangelt, iſt ſie ohne Zweifel ebenfalls Brut— vogel. Die ſehr üppig bewachſenen, oft ſehr großen einſamen Sumpfgegenden jenes Staates ſind jedoch bis jetzt noch ſelten von einem Ornithologen betreten worden. Fern vom Thun und Treiben des Men— ſchen, in tiefſter Waldeseinſamkeit, im Halbdunkel der Bäume und Büſche erſchallt fleißig der köſtliche Ge— ſang. So herrlich und wundervoll iſt dieſer, daß der Volksmund im romantiſchen Adirondac-Gebirge die Sängerin Sumpfengel (Swamp Angel) nennt. Unſere älteren großen Ornithologen, Wilſon und Audubon, haben wohl nie den Geſang der Ein— ſiedlerdroſſel in ihrer eigentlichen Heimat gehört. Wie es ſcheint, haben ſie die kleinen Droſſelarten oft miteinander verwechſelt. Der erſte Vogelkundige, welcher dem Geſange dieſer Droſſel volle Gerechtigkeit widerfahren läßt, war Nuttall. Er ſtellt ſie neben die Nachtigall und ſagt, daß ſie im Klang und der Lieblichkeit der Töne ſelbſt die Walddroſſel übertreffe. — Burroughs, deſſen Beobachtungsgebiet zumeiſt die bis zum Gipfel mit Hemlockfichten und anderen Bäumen bewachſenen Adirondaes ſind, ſchildert den Geſang wie folgt: „Wenn ich den Wald betrete und den unbedeutenden Sängern lauſche oder die ruhige Natur um mich her betrachte, ſo dringt aus der Tiefe des Waldes ein Geſang an mein Ohr, den ich für den ſchönſten aller Vögel halte: der Geſang der Ein— —— ———— — ———— U ͤdä— J ———ñ—ñꝑ˖!Fkö——————x—xßÄͤ—·—k-ñj I —-ĩœ Die Einſiedlerdroſſen. 19 ſiedlerdroſſel. Ich höre ihn oft, wenn ich noch in der Ferne, manchmal noch eine Viertelmeile entfernt bin, dann freilich nur die lauteſten Teile desſelben. Durch den Chor der Zaunkönige und Waldſänger ſchallt er hindurch, rein und ruhig, feierlich und bezaubernd. Es iſt vielleicht mehr ein Abend- als ein Morgenlied, obwohl ich es zu jeder Tageszeit hören kann. Es erſcheint einfach und doch kann ich die geheimnisvolle Bezauberung desſelben nicht begreifen.“ Er giebt ihn durch folgende, ſchwer ins Deutſche zu über— tragende Worte wieder: „O spheral, spheral! O holy, holy! O clear away, clear away! O clear up, clear up!“ welche mit den ſchönſten einleitenden Tönen und Trillern vermiſcht werden. „Es iſt nicht jener ſtolze glänzende Geſang,“ ſchreibt er weiter, „wie ihn beiſpielsweiſe der roſenbrüſtige Kerubeißer vorträgt, es iſt das Lied ſtiller, lieblicher Ein ſamkeit! von der nur edle Seelen wiſſen. Vor Mondſcheine zu betrachten. Ich war noch nicht auf dem Gipfel angelangt, da erſchallte eine kurze Strecke von mir der Abendgeſaug der Einſiedlerdroſſel. Als ich dieſem Liede lauſchte, im einſamen Gebirge, da erſchien der Mond am Horizonte. Mir erſcheint aller Pomp der Städte, alle Pracht der Civiliſation gering, niedrig, gegen dieſe Erhabenheit und Pracht der Natur.“ — Wie die Nachtigall, ſo führt auch unſere Sängerin in dieſer Einſamkeit eine ſehr ver— ſteckte Lebensweiſe. Die faſt endloſen, dem Beob— achter oft ganz unzugänglichen, weit ab von Eiſen— bahnen und fahrbaren Landſtraßen, in überdies noch äußerſt dünn bevölkerten Landſtrichen gelegenen Sumpfgegenden und die abgeſchloſſenen Gebirgs— wälder ſind ihre Lieblingsaufenthaltsorte. Hier, unter der ſchützenden Decke dichter Gebüſche, Farn— kräuter und Nadelholzbäume lebt ſie, hier legt ſie auch das Neſt an und zwar ſo verſteckt, daß nur wenige Vogelkundige es bis jetzt gefunden haben. Es bewirkt Frieden und ruhige Freude, einigen Abenden erſtieg ich das Gebirge, um die Welt im Wilſon, Audubon und Nuttall haben nie ein Neſt dieſes Einſiedlers entdeckt. Die Art und Weiſe des Bauens, der Standort des Neſtes, die Eier ſtimmen ſo mit denen der Röteldroſſel überein, daß man den Vogel ſelbſt am Neſte geſehen haben muß, um vor Verwechslungen ſicher zu ſein. Der Bau ſteht immer auf oder nahe am Boden, ruht auf einer Unterlage alter Blätter und iſt aus Pflanzenſtengeln, Baumbaſt und Gras gebaut; außen iſt dies Material gröber, innen feiner. Es mißt etwa drei Zoll in der Höhe und iſt fünf Zoll breit. faſt zwei Zoll tief. Die Eier find einfarbig grünblau. Brewer fand ein Neſt in Nova Scotia ganz in der Nähe einer Wohnung, aber auf fo ſumpfigem Terrain, daß er nur ſchwer an dasſelbe gelangen konnte. Wir find mit dem Fortpflanzungsgeſchäft und überhaupt mit dem Leben der Einſiedlerdroſſel im Brutgebiete noch wenig bekannt. Auch iſt letzteres nach ſeiner ganzen Ausdehnung noch nicht genau feſt— geſtellt. — Wahrſcheinlich brütet ſie im Alleghany— Gebirge noch zahlreich. Bicknell fand die von ihm entdeckte und nach ihm benannte Varietät der Grau— wangendroſſel, die Sängerdroſſel und die Einſiedler— droſſel während der Brutzeit zahlreich im Catskill— Gebirge. Der Flug, ihr ganzes Thun und Treiben ſtimmt vollſtändig mit dem der kleinen Droſſeln überein. Ihre Nahrung, welche ſie zum größten Teil vom Boden aufſucht, beſteht hauptſächlich aus Inſekten. Im übrigen bieten ihr die vielerlei Beerenarten ihres ſumpfigen Wohngebietes Abwechslung in den Nah— rungsſtoffen. — Im Käfig wird die Einſiedlerdroſſel bei liebevoller Pflege bald recht zutraulich. Sie iſt in den erſten Tagen ihres Gefangenlebens ſehr ſtürmiſch und wild, legt aber dieſe Scheu bald ab. Ich habe viele gehalten und faſt alle wurden ſo zutraulich, daß ſie Mehlwürmer aus der Hand nahmen. Zuerſt hielt ich ſie mit Sänger- und Katzendroſſeln, Hüttenſängern und anderen Vögeln in einem großen Geſellſchafts— käfig. Sie vertrugen ſich ganz vortrefflich mit ihren Genoſſen, waren immer fröhlich und munter, ließen aber keinen Geſang hören. Da Männchen und Weibchen ganz gleich gefärbt ſind, ſo dauerte es lange, bis ich ein ſingendes Männchen herausfinden und in einem Einzelkäfig unterbringen konnte. Aber auch hier dauert es oft über ein Jahr, bis man den wirk— lichen Geſang vernehmen kann. Sie beginnt etwa anfangs April mit Singen, zuerſt nur leiſe, zwit— ſchernd, abgeriſſen, dann aber, ſo etwa anfangs Mai, laut und voll. Am lauteſten und auhaltendſten ſingt ſie ſehr früh am Morgen und ſpät am Abend. Die Töne ſind alle ſo voller Schmelz, ſo bezaubernd lieb— lich, daß ſie jedermann begeiſtern müſſen. Leider hört ſie ſchon Ende Juni wieder mit Singen auf. Um es auch dem gewöhnlichen Vogelfreund leicht zu machen, die mehr oder weniger ähnlich gezeichneten im Oſten der Vereinigten Staaten vorkommenden kleinen Droſſeln ſogleich zu unterſcheiden, ſo führe ich Die Neſtmulde üt hier die Hauptkennzeichen auf: Die Walddroſſel iſt auf der Oberſeite graubraun, am Rumpf und Schwanz olivengrünlich. 20 Die Einſiedlerdroſſel. Die Röteldroſſel iſt auf der Oberſeite ganz roſt— oder lohbraun. Die Sängerdroſſel iſt auf der Oberſeite ganz olivenfarben. Die Grauwangendroſſel unterſcheidet ſich durch die graue Zeichnung der Wangen. Die Einſiedlerdroſſel iſt oberſeits olivenfarben, am Rumpf und Schwanz roſtbraun. Namen: Einſiedlerdroſſel, Sumpfdroſſel zc. Hermit Thrush, Solitary Thrush, Rufous:tailed Thrusb, Ground Swamp Robin. Grive solitaire (Le M.), Merle solitaire. Turdus Pallasii Cab., Turdus soli- Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus aonalaschkae Pallasii Ridg., tarius Wils., Turdus minor Bonap., Merula solitaria | Sw., Hylocichla unalascae Pallasii Ridgw. Beſchreibung: Oberſeite bräunlicholivenfarben, am Rumpf und Schwanz in Roſtrötlichbraun übergehend. Unter— ſeite weiß, an den Seiten mit olivengrauem Anfluge; am Hals und auf der Bruſt mattgelblichweiß, allerwärts mit zahlreichen großen dunkelen Flecken gezeichnet; Kehle ungefleckt. Ein gelblicher Ring um das Auge. Rachen gelb. Iris braun. Weibchen gleichgefärbt. Länge 7 bis 7} Zoll. Die Beſchreibung unſerer kleinen Droſſeln mit ihren Varietäten bietet nicht geringe Schwierigkeiten. Beſonders mühſam iſt es, ſich durch die ornitholo— giſche, dieſen Gegenſtand behandelnde Litteratur hin— durchzuarbeiten, da man mehrere, einander ſehr nahe ſtehende, ja oft ganz gleiche Vögel zu verſchiedenen Arten erhoben und mit beſonderen Namen belegt hatte. Erſt in der neueſten Zeit hat unſere „Amer— ican Ornithologists' Union“ eine ſichere Grundlage geſchaffen. — Außer der beſchriebenen Einſiedlerdroſſel führen ältere ornithologiſche Werke noch zwei, dieſer faſt durchaus ähnliche Droſſeln als ſelbſtändige Arten auf. Audubon gab einer wenig kleineren weſt— lichen Form den Namen Turdus nanus (Zwerg— droſſel, Dwarf Thrush), und ſpäter wurde eine wenig größere, ebenfalls aus dem Weſten kommende Form Turdus Audubonäi (Audubon’s Thrush) ge— nannt. Die eigentliche öſtliche Art hatte von Wil— ſon den Namen Turdus solitarius erhalten, welcher von vielen Ornithologen auch acceptiert worden war, da aber ſchon früher Lin ns einer anderen Art dieſen Namen gegeben hatte, Prioritätsrechte in der wiſſen— ſchaftlichen Nomenklatur aber berückſichtigt werden müſſen, ſo nahm man allgemein die Benennung des gelehrten deutſchen Ornithologen Prof. Dr. Jean Cabanis, Turdus Pallasii, an, welche er zu Ehren des berühmten Reiſenden und Naturforſchers Pal (a8, gewählt hatte. Ridgway, der berühmte Kurator des Smithſonian Juſtituts in Waſhington, der als gelehrter Syſtematiker und genialer Künſtler gleich hoch ſteht (wie die ſchönen, zum Teil von ihm gemalten Tafeln dieſes Werkes zeigen), fand, daß die kleine weſtliche Form ſchon im Jahre 1788 von dem deutſchen Ornithologen Gmelin Turdus aoma- laschkae war benannt worden, alſo früher als die öſtliche Einſiedlerdroſſel. Er nahm daher die zuerſt benannte als die eigentliche Art, die beiden ſpäter benannten Einſiedlerdroſſeln aber nur als Varietäten derſelben an. Die eigentliche Art iſt alſo: Die kleine Tinſiedler- oder Swergoͤrofſel. Western Hermit Thrush, Dwarf Hermit Thrush. Turdus aonalaschkae GMEL. Sie bewohnt das weſtliche Gebiet der Vereinigten Staaten, von Unter-Californien bis nach Sitka und Kodiak in Alaska. Nach den Beſchreibungen Benz nauts und Lathams, zweier bedeutender Orni— thologen des vorigen Jahrhunderts, nannte ſie Gme— hin wie bereits angegeben. Man weiß über ihre Lebensweiſe, Neſtbau, Geſang u. ſ. f. noch nichts Ge— naueres. Nach Anthony brütet ſie in Waſhington County, Oregon, und von da nordwärts. Sie ſtimmt jedenfalls bis in allen Einzelheiten mit der Einſiedlerdroſſel überein. Andnbons Sinfiedlerdroffel. Audubon's Hermit Thrush. Turdus aonalaschkae Auduboni Rınaw. Dieſe Varietät, welche man nach dem unzutref— fenden Namen Swainſons „NMerula silens“, Schweig- oder Stümperdroſſel (Brehm) genannt hat, bewohnt das Felſengebirge faſt von der nördlichen Grenze der Union an bis ſüdlich hinein nach Mexico, wo ſie, nach Sumichraſt, in allen Gebirgswäldern zahlreich iſt. Er fand ſie zu allen Jahreszeiten bei Mayoapam und Drizaba bis zu einer Höhe von 2500 Meter (etwas über 8000 Fuß) im Gebirge. Daß auch ſie ſich in ihrer Lebensweiſe nicht von der öſtlichen Einſiedlerdroſſel unterſcheidet, beweiſt der mexicaniſche Name „Solitario“. Ridg— way fand ſie zahlreich im Wahſatch-Gebirge, da ſie aber in den mit Tannen und anderen Bäumen be— ſtandenen einſamen Gebirgsſchluchten ſehr zurückge— zogen lebt, ſo hatte er keine Gelegenheit, ſie genauer kennen zu lernen. Obwohl man noch wenig über den Geſang weiß, ſo darf man doch von vornherein D annehmen, daß auch ſie, gleich ihren Verwandten, eine ausgezeichnete Sängerin iſt. Der Name „Schweig— oder Stümperdroſſel“ hat keinenfalls Berechtigung. Namen: Audubons Einſiedlerdroſſel. Audubon's Hermit Thrush, Rocky Mountain Dwarf Thrush, Rocky Mountain Hermit Thrush. Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus aonalaschkae Auduboni Ridgw., T. Auduboni Brd., Turdus silens Selat., Merula silens Swains. Die Wanderdroſſel. 21 (Die Rot- oder Weindroſſel (Red Wing Thrush — Turdus iliacus LIN N.) gehört eigentlich nicht hier— her. Sie iſt ein Vogel Europas, namentlich in Deutſchland wohlbekaunt, brütet ausſchließlich im nördlichen Europa und Aſien, auch auf der Inſel Island, und hat ſich von da ſchon öfter nach Grön— land verflogen. Sie wird darum in den Liſten unſerer nordamerikaniſchen Vögel mit aufgezählt.] Die Wansersroffel, Robin. Merula migratoria Sw. T N a) Loc ſchlummern die erſten Frühlingsblümchen ag unter Schnee und Eis, noch ſtürmen und toben rauhe Nord- und Weſtwinde durch den nörd— lichen Teil unſeres Landes. Verbdet, ja ausgeſtorben erſcheint die ganze Natur. Nur einzelne, aus dem hohen Norden eingetroffene gefiederte Wintergäſte treiben ſich im niederen Gebüſch umher. Goldhähn— chen, Kreuzſchnäbel und Birkenzeiſige wiegen ſich auf den mit Schnee bedeckten Aſten der Tannen und Fichten. Da erſchallt ganz unerwartet ein lauter jubelnder Geſang von der Spitze einer nahen Ulme herab. Dort auf jener ſchönen dunkelgrünen Edel— tanne ſitzt noch ein zweiter dieſer Sänger! Es ſind ſoeben heimgekehrte Wanderdroſſeln, welche mit Tafel J. ſchallenden Jubelgeſängen, trotz Eis und Schnee, das Nahen des Lenzes verkündigen. — Man kann dieſe ſchöne Droſſel recht eigentlich als des „Frühlings Botin“ bezeichnen, da ſie zu den erſten Ankömmlingen gehört, welche aus dem Süden eintreffen. Sie macht ihr Erſcheinen im Norden manchmal ſchon vor Mitte März, gewöhnlich trifft die Mehrzahl aber erſt am Ende des genannten Monats ein. Durch die oft noch wochenlang anhaltende rauhe Witterung und durch Nahrungsmangel wird fie manchmal wieder | zum Rückzug gezwungen. Meiſt aber hält ſie trotz des winterlichen Wetters aus, ſucht ſich auf ſchnee— freien Plätzen ihre Nahrung und belebt durch ihren lauten Geſang ihr Wohngebiet. Der ganze April iſt im Norden der Union noch ein recht rauher, ab— Vogel 1. wechſelnder Monat. Erſt der ebenfalls noch recht kühle Mai bringt für unſere früh heimgekehrten Vögel beſſere Zeiten, reichliche Inſektennahrung. Wohl keiner der hieſigen Vögel iſt ſo zum bevor— zugten Liebling des amerikaniſchen Volkes geworden, wie die Wanderdroſſel. Die erſten Einwanderer in Maſſachuſetts, die „Pilgerväter“, nannten ſie Robin (oder Robin Redbreast) und dachten dabei an das trauliche, von ihnen ſo ſehr geliebte Rotkehlchen ihrer engländiſchen Heimat. Die Liebe zu dieſem und deſſen Name gingen auf die etwas ähnlich gefärbte Wanderdroſſel ihrer neuen Heimat über. In den Neuengland-Staaten wird ſie darum bis heute be— ſonders hoch geſchätzt und auf alle Weiſe gehegt und geſchützt. Dank dieſes Schutzes hat ſie ſich nicht nur ſehr vermehrt, ſie hat ſich auch in Dörfern, ſelbſt in Städten zahlreich angeſiedelt. Auch ihre Zutraulich— keit dem Menſchen gegenüber, ebenſo wie ihr frühes Eintreffen aus dem Süden, ihr volltönender flötender Geſang und ihre weite Verbreitung tragen nicht wenig zu dieſer Wertſchätzung bei. Nur wenige Vögel haben ein ſo weites Ver— breitungsgebiet: vom Plateau von Mexico bis hin— auf zur nördlichen Polarzone, vom brauſenden Geſtade des Atlantiſchen Ozeans bis zur Küſte des Stillen Weltmeeres kommt ſie vor. Keine einzige unſerer eigentlichen Droſſeln hat in den Vereinigten Staaten eine ſo weite Verbreitung, und keine kommt ſo regelmäßig und zahlreich vor, wie die Wander 22 Die Wanderdroſſel. droſſel. Einzelne berühren auf dem Zuge nach den Tropen Mexico, Weſtindien und Mittelamerika; ſelbſt in Europa iſt ſie wiederholt eingetroffen. Im unwirtlichen Grönland und auf den Inſeln des Behring-Meeres hat man ſie ebenfalls beobachtet. Die große Mehrzahl überwintert in den an den Golf von Mexico angrenzenden Südſtaaten. Ich beobachtete ſie zu Tauſenden geſellig in den Wäldern der Fluß— niederungen von Texas und in den Hammockwäldern Floridas, wo ſie an den Beeren der Stechpalmen!) und der Baumheidelbeere') den ganzen Winter hindurch reichlich Nahrung fanden. Nach Mitte Februar ſah ich ſie häufig in den Zuckerrohrfeldern und in den ausgedehnten Cypreſſenſümpfen des ſüdlichen Loui— ſiana. In milden Wintern trifft man einzelne an geſchützten Ortlichkeiten ſelbſt in den Nordſtaaten, wo ſie ſich von übriggebliebenen Waldbeeren nähren. Häufiger überwintern ſie ſchon in den Mittelſtaaten. — In Wisconfin iſt fie allerwärts ſehr zahlreich. In den herrlichen, idylliſchen, von Bächen durchrauſchten Wäldern jenes Staates iſt ſie faſt ebenſo gemein, als in den ſchon längſt kultivierten Gegenden. Im nörd— lichen Illinois iſt ſie gleichfalls ein ſehr gewöhnlicher Brutvogel, ebenſo in Südweſt-Miſſouri. Im letzt— genannten Staate erſcheint ſie, je nach der Witterung, von anfangs bis Ende Februar. Im ſüdöſtlichen Texas iſt ſie nur Wintergaſt. Alle unſere eigentlichen Droſſeln ſind, mit nur wenigen Ausnahmen, furchtſam und ſcheu; ſie ziehen ſich vom Getriebe des Menſchen zurück in tiefe Waldeseinſamkeit; dort iſt ihre eigentliche Heimat. Anders iſt dies alles bei der Wanderdroſſel. Ob— wohl auch ſie urſprünglich ein echter Waldvogel iſt, ſo hat ſie ſich doch jetzt allerwärts dem Menſchen ange— ſchloſſen, und bei aller ihr eigenen Vorſicht und Klug— heit iſt ſie doch recht zutraulich und furchtlos. Man findet ſie allerorten in Wald und Feld, Wieſe und Sumpf, auf Bergen und in Thälern, im Garten und ſelbſt noch hoch oben im Gebirge. Wo größere und kleine Bäume und Unterholz nicht zu dicht beiſammen— ſtehen, kann man ſie regelmäßig antreffen. Ihr Lieb— lingsaufenthalt ſind aber mit Wald und Feld abwech— ſelnde Gegenden, Obſtgärten, Baumpflanzungen und die Ränder des Waldes und der Sümpfe. Aber auch im tiefen Innern des Waldes fehlt ſie nicht ganz, kommt ſelbſt zahlreich noch in mit Bäumen beſtan— denen Sümpfen vor, giebt aber da, wo ſie es haben kann, mit Nadel- und Laubholzbäumen gemiſchten 1) Ilex Opaca, I Dahoon, I. myrtifolia. reum (Sparkleberry ) 2) Vuceinjum arbo- Waldungen den Vorzug. In den baumloſen Prä— rien des Weſtens iſt ſie jetzt, ſoweit dieſelben unter Kultur gebracht worden ſind, ein regelmäßiger Be— wohner der Obſt- und Baumgärten. Schon Mitte April bei leidlichem Wetter beginnt in Wisconſin das Wanderdroſſelpärchen mit dem Neſtbau, im ſüdweſtlichen Miſſouri, in den Ausläufen des Ozark-Gebirges, ſchon Ende März und anfangs April. In Wisconſin fand ich dasſelbe gewöhnlich in einer Höhe von zwei bis dreißig Fuß vom Boden in den verſchiedenſten Stellungen und Ortlichkeiten: auf Bäumen, hohen Baumſtumpfen, in dem noch mit Erde verſehenen Wurzelwerk vom Sturme nieder— geworfener Bäume, in den Ecken der Riegelfenzen, auf dem Gebälk alter unbewohnter Blockhäuſer, in alten Scheunen und Ställen, auf allerlei Obſt- und Zier— bäumen, auf mit der wilden Rebe und anderen Schlingpflanzen überrankten Gartenlauben u. ſ. f. Mit beſonderer Vorliebe baut ſie in dichte Nadelholz— bäume der Gärten, namentlich in Edel- und Hemlock— tannen !), wahrſcheinlich weil ſie hier mehr als anders— wo vor Katzen geſchützt iſt. Übrigens bekundet ſie bei der Wahl ihres Niſtortes nicht immer die nötige Vorſicht, denn der Bau ſteht ſehr oft ganz frei in einem Baume, ſodaß man ihn ſchon von weitem ge— wahrt, in den Ecken der Riegelfenzen ganz dicht an Fahrwegen und Straßen und in unmittelbarer Nähe von Wohnungen. Es beſteht äußerlich aus Halmen, Pflanzenſtengeln und Baſtſtreifen; dann folgt eine dicke Lage Erde, welche immer zu einer platten, halb— kugelförmigen Neſtmulde geformt und mit feinen Heuhalmen ausgelegt iſt. Da der ziemlich große Bau gewöhnlich frei auf einem horizontalen Aſte ruht, ſo bietet die Auffindung desſelben keinerlei Schwierig— keiten. Das Gelege beſteht aus vier und fünf, manch— mal auch aus ſechs Eiern, welche einfarbig grünlich— blau ſind. Das Weibchen brütet allein, wird auch nicht vom Männchen mit Futter verſorgt, weshalb es täglich auf kurze Zeit das Neſt verläßt, um Nahrung zu ſuchen. Dagegen hält das Männchen in der Nähe des Neſtes Wache und ſingt dabei ſeine ſchönſten Lieder. Nach etwa vierzehntägiger Bebrütung ſchlüp— fen die Jungen aus, die nun von beiden Eltern mit Futter verſorgt und treu gepflegt und verteidigt werden. Auf die erſte Brut folgt im Norden ge— wöhnlich noch eine zweite, weiter ſüdlich oft auch noch— eine dritte. Das Männchen iſt während der Brut— zeit auf alles achtſam, und kein Feind entgeht ſo leicht 1) Abies excelsa und A. ennadensis. 3 rr * -r ENT ETW WETTER PN feiner Wachſamkeit. Der laute, ſchrille, eifrig und | ſchnell ausgeſtoßene, wie „Pips, pips“ klingende Warnungsruf kündigt ebenſowohl die vorſichtig um herſchleichende Katze, das im Untergebüſch ſchnüffelnde Stinktier, den im Aſtwerk der Bäume umherſtrolchen— den Waſchbär, als auch den ſich im Fluge nahenden Räuber an. Aber dabei bleibt es nicht. Sie greift auch jeden Eindringling mutig an, ſobald er ſich ihrem Neſte naht. Auf den Angſtruf des Männchens kommen gewöhnlich alle in der Nähe brütenden Wanderdroſſeln herzu, um ſich am Kampfe zu be— teiligen. Beſonders ſuchen ſie durch lautes Schreien, Schnabelhiebe, blitzſchnelles Vorüberfliegen und an— dere Manöver den Feind zu ſchrecken und zum Rück— zuge zu bewegen. Kleinere Räuber ergreifen auch faſt immer die Flucht. — Einſt als kleiner Schulknabe erkletterte ich in meiner Heimat Wisconſin einen etwa zwölf Fuß hohen Baumſtumpf, um ein auf dem— ſelben angelegtes Robinneſt zu beſichtigen. Schon beim Hinaufklettern flog mir das wütende Pärchen laut ſchreiend am Geſichte vorüber. Das Angſtgeſchrei brachte in kurzer Zeit noch zwei bis drei andere Pär— chen herzu, von denen ich nun tapfer und nachdrück— lich angegriffen wurde, einige flogen mir ſogar ins Geſicht, andere mit dem Schnabel laut klappernd dicht an mir vorüber, ſodaß ich eiligſt herabſpringen und die Flucht ergreifen mußte. Am kampfesmutigſten ſind die vom Menſchen entfernt brütenden Wanderdroſſeln, deren Angriffe ich ſpäter noch oft zu erleiden hatte. Merkwürdig, aber erklärlich iſt es, daß man in Gärten das Neſt in der Regel getroſt unterſuchen darf, ohne daß ſich die Vögel dabei im mindeſten ängſtlich und kampfesmutig gebärden. Durch die Erfahrung ſind ſie ohne Zweifel zu der Ueberzeugung gekommen, daß ſie niemand hier zu behelligen beabſichtigt. — Außer dem Warnungsruf vernimmt man im Brutgebiete noch verſchiedene andere charakteriſtiſche Rufe. „Durick-ick-ick-ick““ ſehr ſchnell ausgeſtoßen und „Tuck⸗tuck-tuck“ ſind gewöhnliche Laute. Während dieſer Zeit erſchallt auch der wirklich melodiſche, angenehme Geſang am lauteſten und eifrigſten. Sie verdient es in Wahrheit, des „Früh— lings Botin“ genannt zu werden. Iſt ſie doch die erſte Sängerin, welche hoch von den Wipfeln der Bäume herab den baldigen Einzug des Lenzes ver— kündigt! Dieſe Lieder, obwohl einfach und an ſpruchslos, verfehlen zu einer ſolchen Zeit und in der noch ſchneebedeckten, ſtilltraurigen Landſchaft ihre Die Wanderdroſſel. 23 nach Frühlingsluft und Blumenduft ſehnende Men— ſchenherz. — Bezeichnend iſt auch die Art und Weiſe ihres Geſanges. Während ſich viele, ja die meiſten Vögel beim Singen ein verſtecktes, lauſchiges Plätzchen wählen, ihren Geſang auch mit lebhaften Bewegungen begleiten, wählt ſich die Wanderdroſſel immer einen freien Sitzplatz, gewöhnlich in der Spitze eines Baumes und läßt von hieraus ihren Geſang oft ſtundenlang erſchallen. Ruhig ſitzt ſie dann da, den Schnabel gen Himmel gerichtet. Sie iſt auch eine ſehr fleißige Sängerin. Am eifrigſten und anhaltendſten ſingt ſie des Morgens in aller Frühe, ſobald es im Oſten dämmert und abends oft noch lange nach dem Erglühen der Abendröte. Aber auch während der | heigen Mittagszeit im Juni und ſelbſt noch im Juli habe ich einzelne ſingen hören. Zwiſchen den ver— ſchiedenen Sängerinnen iſt ein großer Unterſchied: manche ſingen vortrefflich, befriedigen auch den Kenner in hohem Grade, andere bleiben dagegen hinter ſolchen Künſtlerinnen erheblich zurück. Die vorzüglichſten Sängerinnen fand ich in den romantiſchen gemiſchten Wäldern Wisconſins, wo das Rauſchen der Quellen und Bäche und das Säuſeln des Windes in den Kiefernnadeln des Sanges Begleitung bildete, die am wenigſten begabten in den einförmigen Schwarzeichen— beſtänden (Black Jacks) des ſüdweſtlichen Miſſouri. Manche Geſangeskenner und auch unſer unvergleich— licher Audubon vergleichen ihren Geſang mit dem der deutſchen Amſel oder Schwarzdroſſel (Merula vulgaris) und behaupten, daß das Lied beider Vögel ſehr ähnlich ſei. Nach meinen Erfahrungen, die ſich allerdings nur auf gefangene Amſeln erſtrecken, iſt dies nur bedingungsweiſe richtig, ſofern nämlich nur die Stimme, der Ton an ſich, in Betracht kommt. Beide haben eine laute, flötende herrliche Stimme, aber der Geſang der Amſel iſt anhaltender, abwech— ſelnder, der der Wanderdroſſel kürzer, einförmiger. Die Amſel iſt einer der allerbeſten, herrlichſten Sing— vögel und ſchon der Vergleich beider läßt ſchließen, daß auch unſere Wanderdroſſel mit zu den beſten Sängern zählt. — Was den Geſang dieſer Droſſel noch beſonders wertvoll macht, iſt der Umſtand, daß ſie den ſelben in unmittelbarer Nähe des Menſchen erſchallen läßt, wo der Naturfreund während der ſchönſten Zeit des Jahres den rechten Genuß davon haben kann. Das laute, flötende, ſehr melodiſche, in feierlichem Tempo vorgetragene Lied erinnert un— willkürlich an einen ruhig dahinfließenden Kirchen— Wirkung nicht: Sie bringen unbeſchreiblich fröhliches Leben in die verödete Natur und Freude in das fi) | choral. Da fie beim Singen in der Regel hoch ſitzt und von hieraus der Geſang weithin erſchallt, ſo 24 werden auch andere in der Nähe vorkommende Männ— chen zum Wetteifer gereizt. Bald hört man drei, vier und noch mehr gleichzeitig ſingen. Gewöhnlich iſt dies während der Abenddämmerung der Fall und man hört dann oft eine ganze Anzahl miteinander wetteifernder Wanderdroſſeln, deren Lieder von allen Seiten wiederhallen. Ruhig fließen dieſe dahin, wie laute Lobgeſänge. Was wäre ein Garten des Nordens ohne ſie, die fröhliche Sängerin! Sie hat darum auch viele Freunde. Der Farmer, wenn ihm nicht ganz aller Sinn für die Schönheit der Natur abgeht, freut ſich, wenn ein Pärchen dieſer ebenſo ſchönen als geſangeskundigen Droſſeln feinen Garten als Wohngebiet erkoren hat. Wenn er mor— gens mit Tagesgrauen an ſeine Arbeit geht, ſind ſie es, welche ihm den erſten Morgengruß entgegen— bringen. Doch die Wanderdroſſel iſt auch ein ſehr nütz— licher Vogel. Ihre während des größten Teiles des Jahres aus Inſekten beſtehende Nahrung ſucht ſie zumeiſt vom Boden auf. Es ſind hauptſächlich allerlei Würmer, z. B. die ſehr ſchädlichen Schneide— würmer (Cut-worms), Spannraupen (Measuring Worms), Grashüpfer und Heuſchrecken, Cikaden, Schnecken, Regenwürmer, die jo ſchädlichen Bohrkäfer der Obſtbäume und viele hundert andere Arten, welche ihre Nahrung bilden. Noch viel nutzbringender wird ihre Thätigkeit, ſobald die Jungen erbrütet ſind. Sie verbrauchen dann eine ganz ungeheure Anzahl Kerb— tiere und zwar faſt immer ſolche, welche den Pflan— zenwuchs, die Obſt- und Zierbäume auf alle erdenk— liche Weiſe ſchädigen und denen gegenüber der Menſch macht- und ratlos daſteht. Dies gilt allerdings auch von den meiſten übrigen einheimiſchen gefiederten Gartenbewohnern, von den Katzen-, Spott-, Braun— droſſeln, von den Blauvögeln, Vireos, Baltimore— vögeln und vielen anderen in ganz gleichem Maße. Wenn unſer Robin dann auch zur Zeit der Kir— ſchen- und Beerenreife einen kleinen Tribut erhebt, fo iſt dieſer nur als wohlverdienter Lohn für ſeine Nütz— lichkeit anzuſehen. Das Wenige, was er an Beeren, Kirſchen, Trauben und anderen Früchten verzehrt, ſteht zu ſeinem großen Nutzen in gar keinem Verhältniſſe. Da er, außer der Zugzeit, auch nirgends in Scharen, ſondern immer nur paarweiſe vorkommt, ſo iſt leicht erſichtlich, daß der Schaden nicht groß ſein kann. „Die Wanderdroſſel“, ſchreibt Coues, der ausge— zeichnete Forſcher und gründliche Kenner unſerer nordamerikaniſchen Vogelwelt, „verzehrt allerdings gerne Beeren und weiche Früchte jeder Art und dieſe Die Wanderdroſſel. bilden auch in der kalten Jahreszeit den Haupt— beſtandteil ihrer Nahrung. Einige kultivierte Beeren— früchte des Gartens werden ebenfalls von ihr ver— zehrt, ja ſie verlangt davon einen beſtimmten Teil als ihren Lohn. Aber der Schaden, den ſie auf dieſe Weiſe verurſacht, iſt nur gering gegen den Nutzen, den ſie durch Vertilgung ſchädlicher Inſekten gewährt. Das Vorurteil, welches manche gegen ſie auszu— ſprechen ſich berechtigt glauben, iſt völlig grundlos. Die Maſſenſchlächterei dieſer Vögel, welche noch in vielen Gegenden jährlich betrieben wird, iſt ebenſo un— ſinnig wie roh. Nur wenige machen ſich einen Be— griff von der enormen, ganz unberechenbaren Menge der Inſekten, welche die Wanderdroſſeln jährlich ver— zehren. Man hat durch genaue, ſorgfältig angeſtellte Beobachtungen feſtgeſtellt, daß die noch im Neſte be— findlichen Jungen jeden Tag mehr Kerbtiere verzeh— ren, als ihr eigenes Gewicht beträgt. Wenn man nun bedenkt, daß einige Millionen Pärchen Wanderdroſſeln eine, zwei und ſelbſt drei Bruten jährlich machen und in jeder Brut vier bis fünf, ſelbſt ſechs Junge großziehen, ſo wird man mir zugeben müſſen, daß die Menge der Inſekten ſich thatſächlich jeder Berechnung entzieht. Ich zweifle auch nicht daran, daß der wäh— rend der Brutzeit gebrachte Nutzen ihnen den Schutz des Menſchen zuteil werden laſſen müßte, wenn die Alten auch während des ganzen Jahres ausſchließlich von Gartenfrüchten lebten. Aber auch während die— ſer Zeit bilden tieriſche Stoffe, Inſekten, den Haupt— beſtandteil ihrer Nahrung. Von der Zeit ihres Kom— mens zeitig im Frühling an, alſo lange vorher, ehe irgend eine Frucht reift, verbreiten ſie ſich über friſch— gepflügte Felder, über Wieſen, Raſenplätze und Parke, wo ſie eifrig mit dem Abſuchen von allerlei Würmern, Käfern und deren Larven beſchäftigt ſind. Dieſe In— ſekten würden ſich ſpäterhin dem Landmann als un— beſiegbar erweiſen, würde ihren Verheerungen nicht von vornherein durch ein nützliches Heer von Wander— droſſeln ein Ziel geſetzt. Es iſt ein Glück, daß die guten Dienſte dieſes Vogels immer mehr anerkannt werden, dank der zeitgemäßen Belehrungen vieler Ornithologen über die Lebensweiſe unſerer Vögel. Unter ihnen iſt wohl keiner thätiger und erfolgreicher in ſeinen Bemühungen geweſen als Pr. Brewer in Boſton. Der Robin ſteht jetzt in vielen Staaten unſeres Landes unter dem Schutze der Geſetze, wenig— ſtens während eines Teiles des Jahres. Hoffen wir, daß dieſe Geſetze immer ſchärfer und nachdrücklicher zur Ausführung gelangen. Als jagdbares Wild be— ſitzt die Wanderdroſſel ohnehin, außer bei ‚müßigen K jungen und alten Kindern‘, keine Anziehung, und ihr Werth als Nahrungsmittel iſt ganz bedeutungs Die Wander los. Es ſind wichtige, in der Natur der Sache begründete Urſachen vorhanden, welche die Wander droſſeln unter den Schutz der Staatsgeſetze ftellen | ſollten.“ Von wilden Früchten verzehrt unſer Robin ſehr gern Hollunderbeeren, auch die wie Unkraut wuchern den Kermesbeeren (Phytolacca decandra, engl. Poke— berries), ebenſo Heidel-, Him-, Brom- und Erd— beeren. In Florida ſind ſie während des Winters ungemein häufig in den Hammockwäldern, wo es viele Baumheidel- und Hülſenbeeren (lex) giebt, zu finden. Von dem ſchönen roten Safte der Kermes beere erſcheint ihr Gefieder der Unterſeite oft ganz rot gefärbt. Vom frühen Morgen bis zum ſpäten Nachmittag ſieht man ſie in ununterbrochener Thätigkeit. Nur während der heißen Tageszeit hält ſie ſich ruhiger. Ihr Flug iſt leicht, ſchnell und gewandt, nicht ohne Aumut und Zierlichkeit. Wenn man während der Wanderzeit oft zwei- bis dreihundert Stück ſchnellen Fluges hoch über den Waldbäumen dahineilen ſieht, dann findet man es erklärlich, daß ſie ein ſo un geheures Gebiet in kurzer Zeit zu durchziehen imſtande ſind. Im Geäſt der Bäume weiß ſie ſich ſehr geſchickt zu bewegen und auf dem Boden iſt ſie vollſtändig zu Hauſe. Auf demſelben läuft ſie ſchnell umher, ſteht oft einen Augenblick ſtill, ſchnellt den Schwanz, zuckt zu gleicher Zeit mit den Flügeln nach unten, richtet den Kopf ſeitwärts, um zu horchen, und eilt dann weiter. Dieſes Schnellen mit dem Schwanze, das Zucken mit den Flügeln, dieſes Laufen auf dem Boden iſt allen echten Droſſeln eigen. Gegen den Herbſt hin ſchlagen ſich die Robins zu mehr oder minder großen Geſellſchaften zuſammen und ziehen dann ſüdlicher. Mit Vorliebe ſuchen ſie nun die Anwaldungen, d. i. die Wälder der Fluß niederungen auf und ziehen in dieſen, meiſt den ſüdlich laufenden Flüſſen entlang, dem Süden zu. Eine ſolche Heerſtraße iſt namentlich der Miſſiſſippi. Wäh— rend der Zugzeit und auch in der Winterherberge ſind ſie ſehr ſcheu; nur ſelten kommen ſie dann in die Nähe einer menſchlichen Wohnung, halten ſich viel— mehr am liebſten im Innern größerer Wälder auf, wo ſie auf dem Boden unter alten Blättern nach Nahrung ſuchen. Wie alle unſere kleinen Vögel, hat auch die Wanderdroſſel viele Feinde. In den Gärten ſtellen ihr und ihren Jungen umherſtrolchende Katzen nach, | | droſſel. 25 im Walde Eichhörnchen, Waſchbären, Opoſſums und viele Raubvögel. Ihr gefährlichſter Feind iſt aber der Menſch. In Wisconſin kennen ſie viele deutſche An ſiedler nur unter dem Namen „Krammets-“ oder „Kranzvögel“ und als ſolche werden ſie leider dort noch oft gejagt und verſpeiſt. Aus meiner Jugend— zeit weiß ich, daß viele Hunderte faſt zum Ausfliegen fähige Junge aus den Neſtern geraubt und in der Küche verwendet wurden. Einem ſolchen rohen Unfuge ſollte allerwärts durch ſtrenge Ausführung der betreffenden Vogelſchutzgeſetze Einhalt gethan werden. Ganz vorzüglich eignet ſich der Robin zum Stubenvogel. Eine dieſer Droſſeln in einem ge räumigen, oben gewölbten Käfige iſt für das Auge ein reizendes Bild. Man hält ſie ziemlich häufig gefangen und ſie zeigt ſich auch als ein recht dank— barer, ausdauernder Stubenvogel. Schon Wilſon berichtet, daß eine Vogelfreundin eine Wanderdroſſel aufgezogen und ſiebzehn Jahre im Käfig gehalten habe; ſchließlich ſei ihr durch eine Katze ein vor zeitiges Ende bereitet worden. Man füttert ſie mit Spottdroſſelfutter, unter welches man einen kleinen Teil geriebene gelbe Rübe (Möhre) miſcht, giebt ihr oft und reichlich Mehlwürmer, und als Zukoſt Obſt und Beeren. Sie iſt auch im Käfig eine fleißige Sängerin, aber der Geſang iſt für das Zimmer eigentlich doch etwas zu laut. In den Vogel handlungen, ſo bei Herrn Kämpfer in Chicago, gilt eine gut ſingende Wanderdroſſel etwa zehn Dollars. Sie iſt ein kluger, fröhlicher, dem Pfleger äußerſt zugethaner Vogel und nach der Spott— droſſel iſt ſie der beliebteſte Käfigvogel der Auglo— Amerikaner. Namen: Wanderdroſſel, Robin, Rotbruſt, amerikaniſche Amſel, „Krammets-“ und „Kranzvogel“ bei den Nieder— deutſchen in Wisconſin. Robin, Robin Redbreast, Migratory Thrush, Red-breasted Thrush. Litorne de Canada (Buff.), Merle od Rouge-gorge du Canada (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus migratorius Linn., Planestieus migratorius Henry, Merula migratoria Swains. Beſchreibung: Oberſeite dunkelolivengrau, auf dem Kopf in Schwarz übergehend; die oberen Schwanzdecken ſchwärzlich; Unterſeite mit den unteren Flügelfedern reich kaſtanienbraun; Kehle weiß, ſchwarz geſtrichelt; drei weiße Flecken an den Augenlidern. Untere Schwanz— decken und After weiß, mehr oder weniger mit Grau gemiſcht; die Enden der äußeren Schwanzfedern weiß; 4 A Nr * 26 Die Buntdroſſel. Mund gelb; Schnabel reichgelb, oft mit dunkelerer | Spitze; Füße ſchwärzlich; Fußſohlen gelb; Augen dunkelbraun. Weibchen ähnlich aber matter. Die Jungen ſind leicht an der ſchwärzlich gefleckten Unterſeite und an dem dunkel gefärbten Schnabel zu erkennen. Länge 10 Zoll; Flügel 5 bis 53, Schwanz 4 bis 43 Zoll. Merula migratoria propingua RIDG. iſt eine im Weſten vorkommende Varietät. Merula confinis RDG W. (weſtliche Wander— droſſel) kommt in Untercalifornien vor. Sie iſt wenig bekannt, weicht in der Lebensweiſe wohl auch kaum von dem Robin ab. Die Buntoͤroſſel. Varied Thrush. Tafel J. > , Pi; Art iſt die ſchönſte aller unſerer Droſſeln. N Sie bewohnt das nordweſtliche Gebiet der Union und brütet von Waſhington nordwärts bis Alaska, kommt aber, wenigſtens zeitweilig während der Zugzeit, auch in Californien vor. Die Kapitän Cook auf ſeiner dritten Weltreiſe begleitenden Naturforſcher entdeckten ſie am Nootka Sunde— Von Latham und Pennant wurde ſie dann zuerſt beſchrieben und von letzterem auch abgebildet. Gmelin, ein berühmter deutſcher Naturforſcher, gab ihr 1788 den lange Zeit gebräuchlichen Namen Turdus naevius. Auch Pallas, Swainſon und Leſſon beſchrieben und benannten ſie. Alle dieſe Naturforſcher wußten aber nichts über ihre Lebensweiſe und Eigentümlichkeiten zu berichten. Erſt Nuttall und Townsend haben uns über dieſe ſchöne Art Näheres mitgeteilt. Erſterer be— obachtete ſie zuerſt in den weſtlichen Ausläufern der Felſengebirge, am Columbia, ziemlich zahlreich im Oktober. Den Winter über trieben ſie ſich in Geſellſchaft von Robins umher. Sie ſtrichen in kleinen Flügen durch den Wald, ſetzten ſich oft auf niedrige Bäume, verhielten ſich aber ganz ruhig und benahmen ſich wie ſcheue zurückgezogene Vögel. Zeitig im Mai zogen fie wieder nördlich. Nach Towus— end iſt ihr Geſang von dem der Wanderdroſſel ſehr verſchieden. Er iſt lauter, ſchriller, die Töne folgen ſchneller aufeinander. Am eifrigſten ertönt der übri— gens angenehme Geſang kurz vor ihrer Abreiſe nach dem Norden. — Sie iſt auch während der Brutzeit Hesperocichla naevia RIDG WAV. Vogel 3. ein ſcheuer Vogel, verläßt ſelten die herrlichen dichten Nadelholz- und Hochwälder jenes Gebiets, ſingt eigentlich auch nur in ihnen, wird aber im Winter oft durch hohen Schnee gezwungen, den Wald zu verlaſſen und die ſchneefreie Küſte aufzuſuchen, wo ſich ihr reichlich Nahrung bietet. Es ſcheint zu ihren Eigen— tümlichkeiten zu gehören, daß ſie ſo gern in kurzen Abſätzen in flüchtiger flatternder Weiſe fortfliegt, ſich einmal auf dem Boden, dann wieder auf Fenzen, Büſchen und Bäumen niederläßt. Die Anſiedler in Port Townsend nennen ſie die gefleckte, gemalte und Golddroſſel (Spotted, Painted or Golden Robin). Das am meiſten hervortretende, auf den erſten Blick ins Auge fallende Kennzeichen der Buntdroſſel iſt der breite ſchwarze Halbmond auf der Bruſt. Mehrere Forſcher fanden die Buntdroſſel zahl— reich in Alaska. Hier entdeckten auch Dall und Minor die erſten Neſter. Erſterer fand den Bau dort ſchon am 22. Mai in einem Weidenbuſche, etwa zwei Fuß vom Boden. Andere Neſter fand Lum in Waſhington. Nach ihm brütet der Vogel im Juni, baut auf niedriges, im Winter unter Waſſer ſtehendes, im Sommer trockenes Terrain. Man findet das Neſt oft in den Aſten eines umgefallenen Baumes oder in einem kleinen Buſche, in der Regel nur drei bis ſechs Fuß vom Boden. Es beſteht aus feinem Moos, Pflanzenſtengeln und Flechten. Erde und Lehm ſcheint bei der Herſtellung nicht benutzt zu werden. Die Eier ſind der Grundfarbe nach grünblau, ſehr hervortretend umberbraun gefleckt. Man findet in Waſhington allerwärts in den Dickich— ten des Tieflandes die Neſter, während man am frühen Morgen und abends bis in die Nacht hinein den herrlichen Geſang aus dem dichten Walde er— ſchallen hört. In der Gegend von Nulato (Alaska) trifft fie etwa Mitte Mai ein und bevorzugt zum Aufent— halt einſame Gegenden, beſonders mit Büſchen be- ſtandene Flußufer. Bei San Francisco iſt ſie im Winter zahlreich und auch im ſüdlichen Californien überwintern viele. Der Vogel, nach welchem Herr Mützel das auf unſerer Tafel dargeſtellte Bild gemalt, ſtammt aus Portland, Oregon. — Einzelne Exemplare haben ſich ſchon bis nach Maſſachuſetts, Long Island und New Jerſey verflogen. Jeden— falls brütet ſie auch zahlreich in Britiſch-Amerika. Sir John Richardſon fand ſie z. B. bei Fort Franklin unter dem 65. Breitengrade. Auch am großen Sklavenſee und den Mackenzie entlang dürften ſie vielleicht zahlreich ſein. — Für den Käfig wird auch ſie ſich ohne Zweifel vorzüglich eignen. Namen: Buntdroſſel (Brehm), Columbia Robin, Gold— und Alaskadroſſel. Varied Thrush, Varied Robin (Ridgw.), Co— lumbia Robin (Lewis & Clarke), Thrush-like Mock- Die Buntdroſſel. bird (Sw.), Spotted Thrush (Lath.), Spotted Robin, Painted Robin und Golden Robin der Anſiedler. Wiſſenſchaftliche Namen: Hesperoeichla naevia Ridg- way Pr. U. S. Nat. Mus. III, 1880, 166. Turdus naevius Gmel. S. N. I, pt. II, 1788, 817. Lath. I. O. I, 1790, 331, Kittlitz Kupfert. III, 1833, 21 pl. 25 fl. l. Vieill. O. A. S. II, 1807, 10. Aud. O. B. IV, 1838, 489; V, 1839, 284, pls. 369 & 433 u. ſ. w. Turdus auroreus Pallas Z. R. A., I, 1831. 448. Orpheus meruloides S. & R., F. B. A. II, 1831, 187 pl. 38. Mimus meruloides Lesson. Rev. Zool. III, 1840, 273. Beſchreibung: Männchen auf der Oberſeite dunkel ſchieferfarbig; Flügel und Schwanz ſchwärzlich, mit mehr oder weniger olivenfarbigem Anflug; kleinere und größere Flügeldecken orangefarbig gerandet, ſodaß zwei deutlich hervortretende Binden entſtehen. Ein breites ſchwärzliches Band läuft halbmondförmig über die Bruſt. Streifen hinter dem Auge; Augenlider und die Unterſeite ſchön orangebraun; Bauch weiß mit ockerfarbigem An— flug. Schnabel ſchwarz. Weibchen ähnlich, aber matter, die Oberſeite und das Bruſtband dunkelgrau. Jungen dem Weibchen ähnlich, doch iſt der Halb— mond auf der Bruſt nicht deutlich ausgeprägt. Länge 93 bis 10 Zoll. In Größe und Form der Wanderdroſſel ähnlich, doch auf den erſten Blick durch den ſchwarzen Halbmond auf der Bruſt und durch die orangenbraunen Flügelbinden zu unterſcheiden. Die Hpottdrofſeln. Thrashers. In die eigentlichen Droſſeln reihe eich die Spottvögel, * wenn auch nicht im Ein— . Der, mit dem jetzigen von x unſerer „American Orni— f thologists' Union“ ange— nommenen Syſteme. Es ſind ſämtlich Vögel, welche in ihrem Bau und in mancher Hinſicht auch in ihrem Beneh— men Ahnlichkeit mit den Zaunkönigen haben und jetzt vielfach zu der Familie der Schlüpfer gezählt werden. In ihrer Lebensweiſe und hinſichtlich des Geſanges erinnern ſie dagegen ſehr an die Droſſeln. Es ſind geſtreckt gebaute, langſchwän— zige, ſehr lebhafte Vögel. Ihr kräftiger Schnabel iſt mittellang, oft ſichelförmig oder ſonſt gebogen. Die Füße ſind verhältnismäßig lang und kräftig, vorne mit ſieben Schildern getäfelt. Die Flügel ſind kurz und gerundet, viel kürzer als der lange Schwanz. Am Schnabelgrunde befinden ſich haarige Borſten. Das weiche Gefieder iſt nicht grell gezeichnet, aber doch trotz ſeiner Mattfarbigkeit reich, nach Alter und Geſchlecht nur wenig verſchieden. Die Familie iſt in den Tropen durch ſehr viele Arten vertreten und geht überhaupt kaum über die Nordgrenze der Vereinigten Staaten hinaus. Die meiſten Arten leben, ſofern unſer Land in Betracht kommt, in Arizona. Sie ſind Inſektenvögel, welche ſich aber zeitweilig auch von ver— ſchiedenen weichen Beeren nähren. Im Gegenſatze zu den Droſſeln, welche im eigentlichen Sinne des Wortes Waldvögel find, bewohnen die Spottvögel die 5 Mıminae. Dickichte, gebüſchreiche Waldränder und Gärten, nie das tiefe dunkele Innere des Waldes. Der Regel nach halten ſie ſich mehr und näher am Boden auf als die eigentlichen Droſſeln. Die umfangreichen, kunſtloſen Neſter ſtehen in der Regel in Büſchen, nie hoch vom Boden. Die Eier, 3 bis 6 an Zahl, ſind gewöhnlich gefleckt. Nur zwei Arten, die Katzen— und die Wüſtendroſſel, legen einfarbige blaugrüne Eier. — In dieſer Familie iſt die Gabe des Geſanges am freigebigſten ausgeteilt. Sie übertrifft, was Kraft, Ausdehnung und Wohlklang der Stimme an— geht, alle anderen Vögel. Manche Arten ahmen auch die Töne anderer Vögel nach und verweben ſie in ihren Geſang. Wir beſitzen im Gebiete der Vereinigten Staaten die folgenden vier Sippen: 1. Oroscoptes BIRD. Berg- oder Salbeidroſſeln. Flügel und Schwanz ſind gleich lang, erſtere mehr geſpitzt, als das ſonſt in dieſer Familie der Fall iſt. Die erſte Schwungfeder nur halb fs lang als die zweite; die dritte, vierte und fünfte ſind gleich lang und bilden die Spitze des Flügels. Die Federn des Schwanzes ſind nur wenig ſtufenweis geordnet. Schnabel viel kürzer als der Kopf, nicht gebogen, am Grunde behaart. Nur eine Art dieſes Genus, O. montanus, iſt be: kannt. 2. Mimus Bolk. Spottdroſſeln. Schnabel viel kürzer als der Kopf, im ganzen wenig gebogen, am Ende gekerbt. Schwanz gerundet, länger als die Flügel, Außenfedern geſtuft. Flügel gerundet. Das Bein geſchildert. Nur eine Art trifft man im Gebiete der Vereinigten Staaten. — — — — — 4 } 8 1. PHAINOPEPLA NIT ENS Sclat. 795 2. CAMPYLORHYNCHUS BRUNNEICAPILLUS Gray. — 3. OROSCOPTES MONTANUS Baird. Fr TRAUERVOGEL. CACTUSSCHLÜPFER. SALBEIDROSSEL. 4. HARPORHYNCHUS CRISSALIS Baird. — WÜSTENDROSSEL. — Phainopepla. Cactus Wren. Sage Thrasher. Crissal Thrasher. — N Die Bergdroſſel. 29 3. Galeoscoptes Ca ANIS. Katzendroſſeln. Nur eine Art bewohnt den Oſten, Norden und Schnabel, Schwanz, Flügel wie bei Mimus. Die Süden unſeres Landes; die bei weitem größte Zahl £ * D Bez er Ar in fern C - 5 2 Schilder am Bein ſind manchmal abweſend. Die Fär— e 5 e ee 10 bung vorherrſchend aſchgrau. Nur eine einzige Art iſt As Wr a OR bekannt. Der auf Cuba lebende, von Cabanis, Brehm*), man un 5 1 Er Brewer und anderen zu dem Genus Galeoscoptes ges SE . N gen 1 e zählte Rotfußſpötter, wird gegenwärtig von den meiſten eee Ornithologen zu dem Genus Mimocichla gezählt und Fe San 1) Harporhynchus rufus CAB. 2) H. longirostris CA». 4. Harporhımehus CABanıs. Sichelſchnabel- oder 3) H. curvirostris Cag. (mit der Varietät H. cur. . N Palmeri Rınaw.). Braundroſſeln; Dreſcher. r ) Der Schnabel iſt eigentümlich, bei manchen Arten 5) H. cinereus XAN TUS. gerade und kürzer als der Kopf, bei anderen übertrifft er 6) H.redivivus Can. den Kopf an Länge und iſt ſenſen- oder ſichelförmig ge— 7) H. Lecontei Boxar. bogen. Füße groß und kräftig; ſie laſſen erkennen, daß 8) H. erissalis BaIRD. ſich dieſe Vögel viel auf dem Boden aufhalten. Flügel und Schwanz gerundet, letzterer länger als erſtere. Die Die erſten beiden oder drei Arten haben einen kurzen, kurzſchnäbeligen Arten ſind am reichſten gefärbt und am die nächſten zwei Arten einen mittellangen und endlich hervortretendſten gefleckt, die lang- und ſichelſchnäbeligen die letzten drei einen langen, gebogenen, ſichelförmigen ſind ſehr einfach und manchmal ganz ungefleckt. Schnabel. 8 8 5 > a9 a Die DBergsroffel. Mountain Mockingbird. Oroscoptes montanus BAIRD. Tafel IV. Vogel 3. ie Bergdroſſel oder Gebirgsſpott- und Clarke bezeichnend geheißen, aufhält, trifft man droſſel iſt ein den weſtlichen Gebirgen der unſere Bergdroſſel am häufigſten. Sie ſcheint in Vereinigten Staaten eigentümlicher und dort häufiger | Nevada und Utah a am zahlreichſten . vorzukommen, Vogel. Sie bewohnt jedoch nicht die Berge ſelbſt, findet ſich nördlich bis Waſhington, östlich bis zu den ebenſowenig die Gebirgshalden, ſondern die in den- ſchwarzen Bergen (Black Hills), ſüdöſtlich bis Auſtin ſelben ſich findenden Ravinen, die größeren und und San Antonio in Texas, wo ſie, jedoch nur im kleineren Gebirgsthäler, namentlich aber die oft bis Winter vereinzelt, in der Mesquit⸗ und Pfoſteneichen— ins Ungeheure ausgedehnten, mit ſogenannten Salbei— region zwiſchen dem Brazos und n e ſträuchern (Artemisia, Sage) bewachſenen Artemiſia- fen wird. Mein Freund, e 8- ebenen, weshalb ſie Ridgway lieber Salbei— dorf, welcher im Winter des Jahres 1879 mit einer droſſel (Sage Thrasher) genannt wiſſen will. Handelsgeſellſchaft Mexico bejuchte, brachte nebſt Auf dieſen großen Plateaus des Weſtens, wo fait Pfäfſchen (Sporophila Mörelehii cn), n nichts als dieſer wilde Salbei wächſt und wo ſich von (Carpodacus ‚ronialis Gray), eee (Nan- Vögeln nur noch häufig das Salbeihuhn, das „Huhn ura luwuosa By. ), Papageien, Blaudroſſeln en der Ebenen“ (Cock of the Plains), wie es Lewis notis eaerulescens SW.) auch einige Gebirgsdroſſeln mit, welche nach ſeinen Erfahrungen in der Stadt Mexico zu den gewöhnlichſten Käfigvögeln zählen. — | Ein gemeiner Vogel iſt fie auch in einzelnen Teilen *) Brgl. Brehm „Gefangene Vögel“, Bd. II, p. 125—127. 1) Centrocereus ureophasianus Swains. 30 Die Bergdroſſel. Californiens. Ridgway fand fie ſchon am 24. März häufig bei Carſon City, Nevada. Wie ſo viele weſtliche Vögel, wurde auch dieſer im Jahre 1835 von Towusend entdeckt, als er mit Nuttall das Gebiet des Columbia erforſchte. Townsend, ein tüchtiger Sammler, und Nuttall, ein ausgezeich— neter Beobachter, ein ebenſo berühmter Ornitholog wie Botaniker, gaben auch zuerſt eine ziemlich aus— führliche Beſchreibung des Freilebens unſeres Vogels. Oberflächlich betrachtet, ähnelt ſie in der äußeren Erſcheinung der Spottdroſſel. Namentlich hat ſie durch ihre längsgefleckte Unterſeite eine große Ahnlich— keit mit den Jungen genannter Art. In ihren Eigentümlichkeiten, in ihrem ganzen doch ganz bedeutend ab. Mit Vorliebe hält ſie ſich auf dem Boden auf, von welchem ſie auch den größten Teil ihrer Nahrung aufſucht, erinnert alſo in dieſer und noch in mancher anderen Hinſicht an die eigentlichen Droſſeln. Ridg— way ſah ſie gewöhnlich in der Spitze eines Salbei— ſtrauches ſitzen und hörte dabei ihren leiſen Geſang, wobei ſie den Kopf nach allen Seiten hin drehte und wachſam Umſchau hielt. Näherte man ſich ihr, ſo verſchwand ſie in dem Buſche, auf welchem ſie ſaß, indem ſie plötzlich nach unten tauchte. Suchte man aber nach ihr, ſo gewahrte man ſie endlich ſingend etwa hundert Yards von dieſer Stelle, in der Gegend, von der man ſoeben gekommen war. Dieſer eigen— artige, kreiſende, verborgene, jedenfalls nahe am Boden durchs dichteſte Gebüſch führende Flug iſt ein charakteriſtiſcher Zug der Bergdroſſel. Am 9. April war ſie einer der häufigſten Vögel der Umgegend von Carſon City. licher Geſang. Die Männchen zeigten beim Fliegen ein eigentümliches Flattern und Zittern, ließen fleißig ihren Geſang ertönen und wenn ſie ſich irgendwo, beſonders auf Umzäunungen und Büſchen nieder— ließen, hoben ſie die Flügel auf dem Rücken, ſodaß ſich dieſelben faſt berührten und hielten dieſelben beim Geſange auch in zitternder Bewegung. dieſe Vögel allerwärts häufig in den wilden Salbei— ſträuchern geſehen wurden, war es doch ſchwierig, ihre Neſter zu finden. — Auf dem ſtädtiſchen Friedhofe hatte man alle Salbeibüſche aus der Erde gezogen und an verſchiedenen Stellen auf Haufen geſchichtet; gerade auf dieſen Haufen nun konnte man die Ge— birgsdroſſeln gewöhnlich beobachten. Bei gelegent— lichem Umherſtreifen wurde ein Weibchen mit Bau— ſtoffen im Schnabel bemerkt, als es gerade in einem Thun und Treiben, weicht ſie aber von der nahen Verwandten Von allen Seiten erſchallte ihr herr Obwohl dieſer Salbeihaufen verſchwand. Aber nur dadurch ward es möglich, das inmitten desſelben angelegte Neſt zu entdecken, daß man jeden Zweig einzeln hinwegnahm. Es enthielt, obwohl noch unvollendet, doch ſchon ein Ei, und in ſeiner ganzen Bauart glich es manchen Neſtern der Braundroſſel, nur war es nicht ganz ſo umfangreich. Die einzelnen Büſche wurden von Ridgway ſorgfältig wieder an ihren Ort gelegt und das Neſt nicht weiter ge— ſtört. Als er dann durchs Salbeigeſträuch ſtädti— ſcher Plätze ging, entdeckte er noch einige Neſter in ähnlichen Ortlichkeiten, wie das erſte. Sie ſtan— den im dichteſten Gezweig, gewöhnlich 24 Zoll (60 Em.) vom Boden, gelegentlich auch in einer kleinen Vertiefung desſelben unter Büſchen. Alle waren ſehr verſteckt angelegt. In der Regel verließ der Vogel das Neſt in aller Stille, noch ehe ſich jemand demſelben näherte. Grobe Zweige, beſonders dornige Stengel verſchiedener Salbeigebüſche bilden die Grundlage des Baues, feinere Baſtſtreifen der— ſelben Pflanzen, Würzelchen, Stückchen Haſenfell die innere Auskleidung. In allen Fällen iſt es ſorg— fältig verborgen angelegt. Nuttall war wohl der erſte Ornitholog, welcher das Neſt dieſer Art gefunden und beſchrieben hat. Nachdem er den Geſang als ſehr angenehm, dem der Braundroſſel ähnlich geſchil— dert, ihr auch die Gabe der Nachahmung zugeſchrieben, berichtet er, daß er das Neſt in einem Wurmholz— jtrauche!) am Rande einer Schlucht gefunden habe. Es enthielt vier emeraldgrüne Eier, welche mit großen, rundlichen, dunkelolivenfarbenen, am dicken Ende am dichteſten ſtehenden Flecken gezeichnet waren. Das Neſt war aus dünnen Zweigen und Stengeln hergeſtellt und innen mit Baſtſtreifen und Büffelwolle ausgelegt. Alle ſpäteren Beobachter ſtimmen mit Nuttalls Angabe, daß die Bergdroſſel den Geſang anderer Vögel nachahme, nicht überein. Auch bei in Ge— fangenſchaft gehaltenen beobachtete man nie, daß ſie wie Spott- und Katzendroſſel, fremde Töne nach— ahmten. Sie hat ſelbſt einen vorzüglichen eigenen Geſang, der überaus herrlich und wohltönend, laut und abwechſelnd iſt. Er iſt dem der Braundroſſel ähnlich, nur nicht ſo laut, aber ſehr lang ausgedehnt, lieblich und fröhlich. Jedenfalls iſt nach der Spott— droſſel gerade dieſe Art einer der wertvollſten Käfig— vögel, da ihr Geſang während eines großen Teiles des Jahres ſehr fleißig erſchallt. 1) Artemisia. = Die Spottdroffel. 31 Namen: Berg-, Gebirgs-, Salbeidroſſel, Gebirgsſpott— weißlich, mit mehr oder weniger mattbräunlichem An— vogel. flug, allerwärts mit dreieckigen dunkelen Flecken, welche Mountain Mockingbird, Sage Thrasher. auf der Bruſt am größten ſind und am dichteſten ſtehen, gezeichnet; klein und ſelten ſind dieſe Flecken an Kehle Wiſſenſchaftliche Namen: Orpheus montanus, Tur- und Bauch, fehlen manchmal ganz. Flügel erdbraun, dus montanus Aud., Mimus montanus Bp., Oroscoptes mit zwei weißlichen Querbinden; Schwanz erdbraun; montanus Brd. die äußeren Schwanzfedern weiß gerändert und gefleckt; I die übrigen (das mittlere Paar ausgenommen) weiß Beſchreibung: Oberſeite aſchgrau oder bräunlichaſchgrau, gefleckt. Schnabel und Füße ſchwarz. Weibchen ähn— jede Feder mit undeutlich dunkler Mitte; Unterſeite | lich. Länge 8 Zoll. j Die Spottöroffer. Mockingbird. Mimus polyglottus Bork. Tafel I. Innen ſich auch die ſüdlichen Wälder an Lieblich- ſehr breiten Pittoſporumbüſche!) und die prächtig keit mit den romantiſchen, von Bächen und blühenden Granatſträucher, welche oft mit dem immer— ſprudelnden Quellen durchrauſchten idylliſchen Wald- grünen, gelbblühenden Carolinajasmin?) dicht über— bezirken des Nordens und Oſtens der Union nicht und durchwachſen find. Bignonien?), Trompeten— meſſen, jo übertreffen doch die Gärten der Golfregion lianen!) und chineſiſche Wijtarien?) ſchlingen ſich nicht die der nördlichen Landesteile an Pracht und Schön- ſelten, rieſigen Tauen vergleichbar, bis in die Spitzen heit bei weitem. Neben den ſchönſten einheimiſchen | der höchſten Bäume, während Prärie- und durch die Pflanzenformen hat man beſonders die aus Japan Kunſt der Gärtner entſtandene Noiſetteroſen“), ver— und China berückſichtigt. Es tritt dem Beſchauer eine ſchiedene Gaisblattarten“ ſich bis zu einer Höhe von faſt tropiſche Pracht und Fülle entgegen. Als ich zwanzig Fuß emporranken. Bankfiarojen?) legen anfangs Mai des Jahres 1879 nach Houſton im ſüd- ſich wie eine ſchützende Decke über Laubengänge, und öſtlichen Texas kam, betrachtete ich mit Staunen die die einheimiſche, immergrüne, mit furchtbaren Stacheln üppigen Bananen, die verſchiedenen Palmen, die herr- bewaffnete Cherokeeroſe“) klettert über Zäune und lichen Amaryllis (Hippeastrum, Ritterſterne), die | Mauern und bildet bald einen undurchdringlichen, pittoresken Yuccas- oder Palmenlilien“) und die in ſchützenden Wall. In den Straßen der Stadt ſtehen vollſter Blütenpracht ſtehenden ſchönen Magnolien. ſchirmförmige „Chinabäume“ 0), Traubenmyrten 1), Ich konnte mich kaum trennen von den mit weißen Lebenseichen u. a., meiſt ſehr dicht mit „ſpaniſchem ſtarkduftenden Blüten bedeckten Gardenien?) und den | Moos“ behangen. — Noch viel herrlicher find die herrlichen auſtraliſchen Myrtaceen (Arten der Gat- Gärten auf der Halbinſel Florida. In ihnen bilden tungen Oallistemon, Melaleuca, Metrosideros u. ſ. f.). Palmen, Cykadeen, indiſche Azaleen, Kamelien, Gar— Die üppig emporgewachſenen Oleander- und Lorbeer | denien, Orangen- und Citronenbäume den eigentlichen büjche, die dichtſtehenden Myrtenhecken, die ſchön Anziehungspunkt. Herrliche Hakenlilien (Crinum dunkelgrün belaubten Loquatss), die Kannas und | giganteum, & amabile, C. Moorei, C scabrum), eine Fülle anderer Sträucher und Bäume verliehen Ritterſterne in prachtvollſter Färbung, feurig blühende dieſen Anlagen von vornherein ein halbtropiſches ——..ſ— 4 Ji 1 11 1 N 0 10 7 Gepräge. Eine eigentümliche Pracht entfalten die oft 1) Pittosporum tobira. 2) Gelsemium sempervirens. 8) Big- | nonia capreolata. 4) Tecoma radicans. 5) Wistaria chinensis. 1) In ſechs Arten vertreten: Vucen filamentosa, V. aloöfolia, | 6) Lamarque, Marechal Niel, Chromatella u. a. 7) Beſonders Loni- V. gloriosa, V. tilifera, V. Treeuliana und V. Draconis. 2) Gardenia cera Halliana. 8) Rosa Banksiana. 9) Rosa laeyigata. 10) Melia florida (Cape Jessamine). 3) Eriobotrya Japonien. Azederach. 11) Lagerstroemia indica. I» Hibiskus und eine große Anzahl Schlingſträucher ziehen hier vornehmlich unſere Aufmerkſamkeit auf ſich. Kein Wunder, daß die Spottdroſſel ihre ab— gelegenen Dickichte und Waldränder verläßt und ſich in ſolchen Anlagen mit Vorliebe anſiedelt. Faſt jeder mit Bäumen und Zierſträuchern beſtandene Garten her— bergt ein Pärchen und nirgends, ſelbſt nicht draußen in Wald und Gebüſch ſah ich ſo viele dieſer Vögel, als in den größeren Gartenanlagen Houſtons und anderer ſüdlicher Städte. Noch zahlreicher beobachtete ich ſie in den herrlichen Orangegärten Floridas. — In meinen früheren Beobachtungsgebieten, in Wis— conſin und im nördlichen Illinois, kommt die Spott— droſſel nicht vor; im ſüdlichen Teil des letztgenannten Staates gehört ſie aber ſchon zu den gewöhnlicheren Vögeln. Zuerſt beobachtete ich ſie anfangs März (1879) in und bei Auſtin, der romantiſch gelegenen Staatshauptſtadt von Texas. Aus allen Gärten der Stadt und aus allen Gebüſch- und Baumgruppen der Umgegend ertönte ihr lauter, jubelnder Geſang, aller— wärts machte ſie ſich durch ihr dreiſtes, hervorthuendes Weſen und ihr häufiges Vorkommen bemerkbar. Sodann traf ich ſie, obgleich weniger zahlreich, in der Pfoſteneichenregion zwiſchen dem Brazos und Colo— rado, beſonders in den „Bottoms“ (Niederungen) der Bäche (Creeks) und Regenbäche (Branches), wo es an Unterholz und Randgebüſchen nicht fehlte. Häufiger war fie an der Weſt Negua und in den Lebenseichengruppen weiter öſtlich. Sie iſt an vielen Orten eine ſtete Genoſſin der ſehr häufigen roten Kardinäle. Am zahlreichſten fand ich ſie in der Küſtenregion in und bei Houſton, an den Ufern der Bayous und Flüſſe. In letztgenannter Stadt iſt ſie faſt zum halben Hausvogel geworden. Faſt beſtändig ſieht man ſie, allerwärts macht ſie ſich bemerklich. Ein großer Teil zieht mit Eintritt kalten Wetters ſüdlicher, um den Winter in der Terre Caliente (der heißen Zone) Mexi- cos zu verbringen, während einzelne jahrein, jahraus in ihrer Heimat bleiben, alſo Standvögel ſind. Viele kommen auch aus nördlicheren Gegenden, um hier im dichten Gebüſch der Gärten und im ſchützenden immer— grünen Ufergebüſch der Buffalo- und Whiteoak— Bayous zu überwintern. Schon Mitte oder Ende Februar kehren viele aus ihrer Winterherberge zurück, und nun beginnt auch wieder der volle Geſang, der im April und Mai ſeinen Höhepunkt erreicht und bis zu der im September ſtattfindenden Mauſer erſchallt. Wie alle Vögel, ſo ſingen auch ſie kurz vor und wäh— rend der Brutzeit am eifrigſten. Ich hörte viele noch 32 Die Spottdroſſel. im September und Oktober, einzelne ſogar noch um Weihnachten und Neujahr ſingen. In den Früh— lingsmonaten, namentlich im April und Mai, ſingen viele auch des Nachts ihre ſchönſten Weiſen und zwar nicht nur in mondhellen, ſondern oft auch in ganz finſteren Nächten. Zwiſchen zwei und drei Uhr mor— gens beginnen die meiſten Männchen mit dem Ge— ſange. Erſt beginnt ein einzelnes aus einer mit Moos behangenen Magnolie, von der Spitze der mit Bankſiaroſen bewachſenen Gartenlaube oder aus einem mit wonnig duftenden gelben Noiſetteroſen durchwach— ſenen Chinabaume ſeinen Geſang erklingen zu laſſen. Ein anderes in der Nähe weilendes Männchen läßt ſich, dadurch angeregt, ebenfalls hören. Die anfangs nur leiſe vorgetragenen Strophen werden immer lauter, voller und abwechſelnder, immer mehr Sänger fallen in den Chor ein, ſodaß man nicht ſelten fünf bis ſechs verſchiedene zu gleicher Zeit vernimmt. Dabei feuern ſie ſich gegenſeitig immer mehr an und der eine ſucht wetteifernd jeden anderen zu überbieten. Es ſind dies unvergleichlich herrliche Vogelkonzerte, die in der Stille der Nacht, wenn die ganze Natur ſchweigt und im Schlummer liegt, einen wohlthuenden und tiefen Eindruck auf den Hörer machen. Wenn der Tag fern im Oſten graut und bald darauf der Himmel ſich rötet, dann ſingen alle Spottvögel eifrig und auch die Kardinäle und Papſtfinken fallen ein in den Jubelchor und begrüßen mit ihnen das bald am Hori- zont erſcheinende Tagesgeſtirn. Nur ſelten laſſen ſie ſich während der heißen Mittagszeit hören; die große Mehrzahl ſchweigt dann, und erſt gegen den ſpäten Nachmittag hin fällt der volle Chor wieder ein. Viele ſingen bis nach Eintritt der Abenddämmerung, bis in die Nacht hinein. Oft habe ich dieſem Geſange an ſchönen Maiabenden voller Entzücken gelauſcht, wenn laue Lüfte erfriſchend vom Golf herüberwehten, wenn der hier viel heller ſcheinende Mond die Abendland— ſchaft beleuchtete und die ganze Luft von dem faſt be— rauſchenden Dufte blühender Magnolien, des ſehr ſtark riechenden Nachtjasmins !), der Chinabäume, des Oleanders, der Gardenien und vieler anderer Bäume und Sträucher erfüllt war! Selbſt andere Vögel, namentlich Kardinäle und Haubenmeiſen, werden durch dieſen Nachtgeſang zum Wetteifer angeſpornt, ſodaß auch ſie ihre Töne erklingen laſſen. — Den ſchönſten Geſang haben ohne Zweifel dieſe Nachtſänger. Der— ſelbe iſt faſt nur eigenes Produkt, mit Einmiſchung von nur wenigen fremden Tönen. Ganz anders iſt der 1) Cestrum Parqui, C. nocturnum u. a. * er nn > ——— u u MIMUS POILNYGLOTTUS BOIE. DIE SPOTTDROSSEL. Mockingsbird. Taggeſang. Er iſt nicht jo ruhig, lieblich und melan— choliſch, ſondern lauter, lärmender, wechſelvoller, eifriger und feuriger. die meiſt täuſchend nachgeahmten Töne einer ganzen Reihe von Vögeln. Trotzdem iſt er immer überaus herrlich, bei jedem Vogel verſchieden, bei dem einen zum Entzücken, bei dem anderen ſchriller und nicht ſo reichhaltig, ſtets jedoch iſt er außerordentlich angenehm und feſſelnd. — Am ſchönſten ſingen alte Männchen, während jüngere oft noch ſtümperhaft und nicht fo wohlklingend ihre Töne hervorbringen. Doch auch ſie vervollkommnen ſich ſehr ſchnell. Es iſt bewun— dernswert, mit welcher Fertigkeit fie ſelbſt rauhe und unangenehme Töne, wie z. B. das Knarren einer Thür oder einer Wetterfahne, das Geſchrei des Blau— hehers oder der Krähe, die Töne der Nachtſchwalbe!) und viele andere nicht nur täuſchend nachahmen, ſondern auch ſo abändern und in ihren Geſang einflechten, daß ſie alles Unangenehme und Rauhe verlieren. Die meiſten Spottdroſſeln begannen bei und in Houſton ihren Geſang mit dem lieblich melancholiſchen Liede des Blauvogels oder Hütten— ſängers. Dann folgten in der Regel die ſchmel— zenden Töne des Carolina-Zaunkönigs?), der Geſang des Kardinals, derjenige verſchiedener Vireoarten, häufig auch das „Piwi, piwi“ des Haustyrannens) und der Ruf der „Chuckwillswidow“ ). Alle dieſe Töne werden ſo täuſchend nachgeahmt, mit den eigenen Lauten zu einem ſo herrlichen Tonſtücke ver— webt, meiſt durch gar keinen Mißton geſtört, der Ge— ſang behält immer einen ſolchen Reiz der Neuheit, daß man gar nicht müde wird, zuzuhören. Beſonders gefiel mir immer der Geſang, welcher auf ganz meiſterhafte Weiſe das ſanfte Gewirbel des Hütten— ſängers, das flötende „Dju, dju“ des Kardinals, das glockenreine, unvergleichlich melodiſche „Switut, ſwi— tut“ des Carolina-Zaunkönigs, das laute „Hüdel— düdeldüdel“ der Haubenmeiſe wiedergab. Ich habe die angeführten Vogelſtimmen oft von einzelnen alten Männchen gehört und muß Nuttall vollſtändig beiſtimmen, wenn er von einem ähnlichen Geſange Man vernimmt in kurzer Zeit Die Spottdroſſel. jagt, daß es wahrhaft erſtaunlich ſei, mit welcher Lieb- lichkeit alle dieſe Töne zu einem Geſange vereinigt ihrem Sitzplatze niederläßt, ſchwingt ſie ſich oft ſin— | gend, tänzelnd, ſpringend und flatternd mit einem würden. — Sehr ſchnell hintereinander fol- gende Töne, wie wir ſie von den meiſten Finken— vögeln hören, kann ſie nicht nachahmen. Der Schlag des „Nonpareil““), des Lerchenfinken“) u. ſ. f. wird 1) Chordeiles virginianus Sw. 2) Thryothorus ludovieianus. 3) Sayornis phoebe Stejn. 4) Antrostomus earolinensis. 5) Passe- rina eiris. 6) Chondestes grammacus. | 33 deshalb auch nie aus einem Spottvogelliede heraus— erklingen. Meine vieljährigen Beobachtungen haben mich gelehrt, daß unſere Spottdroſſel in der Regel nur die Töne nachahmt, welche ſie in ihrer Umgebung gerade vernimmt. Den ganzen Winter hindurch hörte ich einzelne während der wärmeren Tage ſingen. Der Geſang beſtand in dieſer Zeit aber meiſt aus eigenen Tönen und war ganz anders, als der ſpäter erklin— gende. Sobald der erſte Blauvogel ſingt, hört man meiſt deſſen Lied aus dem Geſange herauserſchallen. Später, wenn die Martinſchwalben ) erſcheinen, hört man ſehr oft, wie die Spottvögel deren ſanges— artiges Gezwitſcher nachahmen. Sobald die Kar— dinäle und Carolina-Zaunkönige ihren vollen Ge— ſang ertönen laſſen, hört man auch deren Lieder aus dem Spottdroſſelgeſange wiederhallen. Es ſcheint, als fielen ihr die alten, wohlbekannten Töne erſt wieder ein, ſobald ſie dieſelben hört. — Nicht ſofort iſt die Nachahmung eine fehlerloſe. Da fliegt z. B. plötzlich ein Raubvogel ſchreiend vorüber. auf dem nächſten Schornſtein in ausgelaſſenſter Freude ſingende Spottdroſſel hat aber deſſen Töne bereits aufgegriffen und giebt ſie in etwas anderer Klangfarbe wieder, endlich beim dritten oder vierten Verſuch gelingt es ihr, ſie vollkommen und täuſchend nachzuahmen. Bald lernen es auch die anderen von ihr, und in kurzer Zeit weben alle in der Nähe leben— den Sängerinnen dieſe Töne in ihre Lieder. — Auch die Katzendroſſel ahmt fremde Töne mit Meiſterſchaft nach, ſie ſteht aber hinſichtlich der Verſchmelzung der Die vielen fremden Laute zu einem Ganzen, zu einem ſchönen Geſange, weit hinter der Spottdroſſel zurück. Die unangenehmen und rauhen Töne behalten bei der erſteren das Unangenehme und Rauhe bei, während die letztere ſie vollſtändig umbildet und etwas Neues daraus ſchafft. Beim Singen ſetzt ſich unſere „Königin des Geſanges“ ziemlich hoch und frei, meiſt in die Krone eines Baumes, auf einen Schornſtein, auf die Spitze eines Blitzableiters oder einer Wetterfahne und auf die Firſt des Daches. Eine in der Krone einer blühenden Magnolie ſitzende ſingende Spottdroſſel iſt eine beſonders reizende Erſcheinung. Ehe ſie ſich auf Anſatze in die Höhe und läßt ſich dann erſt mit niederhängenden, zuckenden Flügeln, ausgebreitetem Schwanze und herabhängenden Beinen in einem 1) Progue subis. 1 34 Die Spottdrofjel. Bogen nieder, nun ihren vollen Geſang beginnend. Sie iſt in der Frühlingszeit ein Bild ausgelaſſenſter Freude und Beweglichkeit. Ihren Geſang begleitet ſie ſtets mit lebhaften Bewegungen. Sie dreht den Kopf dabei ſehr ſelbſtbewußt nach rechts und links, wippt gelegentlich mit dem Schwanze, zuckt mit den Flügeln, hebt letztere auf den Rücken, ſodaß ſie ſich mit den Ellbogen faſt berühren, ſchwingt ſich ſingend raſch in die Höhe und läßt ſich ſingend wieder auf demſelben Sitzplatze nieder. Eine beſonders herrlich ſingende Spottdroſſel beobachtete ich am 11. Juli 1889 in einem der ſchönſten Gärten Houſtons. Sie flog in freudigſter Erregung von der einen Seite der Straße zur andern, ließ ſich jetzt auf dem Boden, dann auf einem Baume, zuletzt auf dem Zaune nieder und ließ dabei fortwährend ihren herrlichen Geſang erſchallen. Es ſcheint gerade, als ſei ſie ſich bewußt, daß ſie die „Königin des Geſanges“ iſt, denn ſie ſetzt ſich immer hoch und frei und macht ſich allerwärts bemerklich, ebenſowohl in volkreichen Städten, als bei der einſamen Blockhütte des Anſiedlers. Wenn ſie nicht ſingt, hält ſie ſich meiſt im Gebüſch und im dichten Gelaube kleiner Bäume auf. Man hat ſich über den Geſang der Spottdroſſel lange hin- und hergeſtritten, bis man zu einem end gültigen Urteile gelangt iſt. Neuerdings ſind auch die hervorragendſten deutſchen Geſangeskenner zu der Anſicht gelangt, daß man die Spottdroſſel, wie Dr. Karl Ruß ſagt, „als die vorzüglichſte Sän— gerin unter allen Vögeln erachtet.“ „Nicht der ſanfte Ton der Flöte iſt es“, ruft Audu— bon begeiſtert aus, „nicht der Ton irgend eines anderen Werkzeuges, welchen man vernimmt, wenn man ihrem Liede lauſcht, es ſind die klangreicheren Laute der Natur ſelbſt. Die Tonfülle des Geſanges, die verſchiedene Betonung und Abſtufung, die Aus— dehnung der Stimme, das Glänzende des Vortrags ſind unerreichbar. Es giebt wahrſcheinlich keinen Vogel in der Welt, welcher ſo viel tonkünſtleriſche Be— fähigung beſitzt, wie dieſe von der Natur ſelbſt ge— ſchulte Königin des Geſanges. Mehrere Europäer haben behauptet, daß das Lied der Nachtigall dem der Spottdroſſel gleichkomme. Ich meinesteils habe beide oft gehört, in der Freiheit ebenſowohl wie in der Ge— fangenſchaft, und ſtehe nicht an, zu erklären, daß die einzelnen Töne der Nachtigall ebenſo ſchön ſind wie die, welche die Spottdroſſel hervorbringt: — der Nachtigall Stückwerk aber zu vergleichen mit der vollendeten Begabung des Spottvogels, iſt meiner Anſicht nach abgeſchmackt.“ — Brehm fügt dieſen Worten Audubons noch Folgendes hinzu: „In einem ſtimme ich dem ausgezeichneten Forſcher bei: vergleichen laſſen ſich die Lieder beider Vögel nicht, ſchon weil das eine ein Schlag, das andere ein Geſang iſt. Jedes hat feine beſonderen Schönheiten: der Schlag der Nachtigall die geſchloſſene Rundung der Strophen, das Aufjauchzende der Töne; das Lied der Spottdroſſel die außerordentliche Mannig— faltigkeit, welche einen geradezu ununterbrochenen Wechſel der einzelnen, kaum in erkennbare Strophen abgeteilten Gänge des Ganzen bedingt, und die that— ſächlich unübertroffene oder unerreichte Kunſtfertigkeit, anderer Vögel Lieder ganz oder teilweiſe unter den eigenen Geſang zu verweben und jene Laute mit wirk— lich bewunderungswürdiger Meiſterſchaft zu vertönen, zu läutern und, wenn man will, zu vervollkommnen. Im Schlage der Nachtigall hört man einzelne Stro— phen klar und beſtimmt heraus und iſt imſtande, ſie durch Silben, wenn auch nicht wiederzugeben, ſo doch einigermaßen deutlich zu machen: im Geſange der Spottdroſſel kehren zwar auch beſtimmte Gänge wie— der, niemals aber mit derſelben Regelmäßigkeit, wie im Schlage der Nachtigall und ebenſowenig in einer mindeſtens annähernd eingehaltenen Reihenfolge. Alles ſprudelt hier bunt und kraus durcheinander, ohne jedoch jemals anmutiger Schönheit zu entbeh— ren. Wie ein Fluß von Tönen und Weiſen ſtrömt dieſes Lied dahin, immer neu, immer feſſelnd und deshalb in der That in beſonderem Grade bezaubernd, der vorüberrauſchenden Welle vergleichbar, welche die— ſelbe zu ſein ſcheint und doch ununterbrochen eine andere iſt.“ Dieſes meiſterhafte Urteil Brehms ſtimmt ſo vollkommen mit meiner eigenen Überzeu— gung überein, daß ich es nicht unterlaſſen konnte, es hierher zu ſetzen. Einer der beſten deutſchen Geſangeskenner, der Juſtizrat Pr. Golz in Berlin, welcher längere Zeit eine Spottdroſſel, anſcheinend einen Wildfang, beſaß, konnte ſie unmittelbar mit den ausgeſuchteſten Sproſ— ſern!) und Nachtigallen vergleichen und urteilt über den Geſang wie folgt: „Die erwähnte Spottdroſſel, erſichtlich alt und außerordentlich ſcheu, wurde wäh— rend ihres zweijährigen Berliner Lebens von allen Vogelliebhabern angeſtaunt. Sie rechtfertigte alles, was Audubon erzählt und hierorts bis dahin für eitel Übertreibung galt, weil alle bisher verhörten Spottdroſſeln Stümper geweſen waren. Wäre ſie zu vervielfältigen geweſen, man hätte ſie ſofort als 1) Lusciana philomela, auch Aunachtigall genannt. — — Gründungsgegenſtand für eine neue Aktiengeſellſchaft erworben. Der Vogel kam nach Angabe des Vogelhändlers Brune, welcher ihn in St. Petersburg aufkaufte, aus New Orleans und ließ ſich nicht vor Anfang Mais, dann aber ſofort laut und bis Ende Septembers, wo die Mauſer eintrat, vernehmen: und zwar aus— nahmslos ohne mißtönende Zwiſchenrufe, in einer ſolchen Fülle und Schönheit des Tons und mit einer ſolchen Beweglichkeit von Zunge und Kehle, daß im Zimmer und auf einer langen Vogelgallerie im Freien zahlreiche Meiſterſänger anderer Vogelarten tief in Schatten geſtellt wurden. Und darunter befanden ſich viele bewunderte alte Steinrötel und Sproſſer, welche zu den ſeltenen Oleur- und Vopackvögeln zählten. Sein Vortrag war förmlich organiſierte Muſik und von wirklich unerſchöpfter Mannigfaltig— keit. Daß nur die einzelnen Töne, nicht aber die Touren feſtſaßen, wie beiſpielsweiſe ein Finkenſchlag, ſondern während des Singens umgebildet wurden, und dies ganz nach der jeweiligen Stimmung des Sängers, war ſtetig wahrzunehmen. Was von dieſem Liede dem Vogel eigentümlich und welche melodiſche Strophen entlehnt waren, mochte niemand beſtimmen. Cabanis, welcher in den Carolinas viele Wildlinge gehört hat, behauptete, dieſer Vogel habe bei ſeinem früheren Pfleger offenbar Heidelerchen, Nachtigallen und graue Grasmücken nachahmen lernen, denn deren Lullen, Waſſerrollen und Flötentouren wären naturgeſetzlich ihm ſchwerlich Dem ſei nun, wie ihm wolle: | das Zeug hat eine Spottdroſſel, Aller höchſtes angeboren worden. im Vogelgeſange zu leiſten; dies bewies dieſer Vogel. Ein namhafter Tondichter wurde ſchließlich auf— gefordert, entſprechend den Becklerſchen Notenreihen auſtraliſcher Sänger etwas aus dieſem Geſange zu fixieren. Er fand dies aber nach längerem Verhöre ganz unmöglich und gab ſchließlich, nachdem er die Becklerſchen Noten durchmuſtert und dann kurz zuvor und teilweiſe gleichzeitig mehrere Meiſterſänger aus dem Geſchlechte unſerer Nachtigallen, Sing— droſſeln und gelehrten Stubenfinken belauſcht hatte, nur folgendes Urteil ab: Im Vortrage dieſer Spottdroſſel läßt ſich eine ſo lange und klare Tonleiter, als Beckler von dem auſtraliſchen „Magpie? mitteilt, nicht nachweiſen; an Mannigfaltigkeit der Tonreihen übertrifft ſie aber alle Beckler ſchen Aufzeichnungen. Was die Nachti— gallen und Singdroſſeln anlangt, ſo ſind wohl ein Die Spottdroſſel. zelne ihrer Töne annähernd oder gleich wohllautend; ſie alle bewegen ſich aber innerhalb eines kleinen Rin— ges der Melodien, halten die einzelnen Töne bei deren Wiederholung nicht feſt, ziehen ſie vielmehr ‚porta- menta di voce“ ineinander und verdunkeln dadurch die muſikaliſche Architektonik derartig, daß vom Vor— trage eigentlicher Melodien nicht wohl geſprochen werden kann. Dieſe Spottdroſſel hingegen zeigt reine Terzen, Sexten, Quinten, reine über den Sekunden— ſchritt hinaus wachſende Triller und überall eine metallreine oder doch — in anderen Touren — ſaftige Stimme, und dabei eine Höhe des Wechſels in den Übergängen von einer Klauſel zur anderen, von glän— zender Schärfe zu ſchmelzender Klage, daß man über ſolche Begabung wirklich in Erſtaunen gerät.“ *) Zum Schluſſe will ich noch einen unſerer hervor ragendſten amerikaniſchen Ornithologen, Herrn Otto Widmann, urteilen laſſen. Er ſchreibt mir fol gendes: „Meine perſönliche Erfahrung geht dahin, daß ich wirklich nicht alle Spottvögel für gute Sän— ger halten kann. Unter den Käfigvögeln habe ich ſogar ſchon mehr ſchlechte als gute Sänger gehört. Abgeſehen von der Verſchiedenheit in individueller Anlage erklärte ich mir das ſchlechte Singen dadurch, daß es eben dem Vogel an Gelegenheit gefehlt hat, etwas Gutes zu hören. Der Spottvogel iſt und bleibt ein Nachahmer. Hört er Gutes, jo ahmt er Gutes nach, hört er wenig oder nichts Gutes, ſo wird ſein Geſang monoton und ſchlecht ſein. Die meiſten Spottvögel, die jung aus dem Neſte genommen und in der Stadt aufgezogen werden, ſind ſchlechte Sänger. Wie ſollte es auch anders ſein? Der Berliner Sän ger, der bei Nachtigall und Sproſſer war, hat ſeine weltberühmte Vollkommenheit durch die feine Ge— ſellſchaft erlangt und die guten Sänger im Freien haben ihr reichhaltiges Repertoir durch das Zu— ſammenleben mit andern Vögeln. Daß ſich der Geſang des Spötters nicht mit dem herrlichen Geſang der Nachtigall meſſen kann, iſt eine ausgemachte Sache. Der Geſang der Nachtigall ſteht weit erhaben über allem, was ich bis jetzt von Vögeln gehört habe, und am Spottdroſſelgeſange finde ich erſt Gefallen, ſeitdem ich die Vögel kenne, deren Stimmen er nach ahmt. Im Freien höre ich ihn ſehr gerne, bin auch ſchon oft fünf bis zehn Minuten ſtehen geblieben, um ihm aufmerkſam zuzuhören, aber es bleibt bei kühler Bewunderung der wirklich ſtaunenerregenden Nach— ahmungskunſt. Der Schlag der Nachtigall dagegen, *) Aus Dr. E. A. Brehm, „Gefangene Vögel“. Bd. II, p. 19. eu 36 Die Spottdroſſel. den ein eigenartiger Zauber umgiebt, hat mich im tiefſten Innerſten getroffen, entzückt und begeiſtert, bleibt mir unvergeßlich und ich muß geſtehen, daß ich ihm eine Art Heimweh verdanke.“ Ihren Aufenthalt wählt ſich die Spottdroſſel nie im tiefen Innern des Waldes, ſondern ſie ſucht gebüſchreiche Waldränder, Dickichte der Prärien, die mit Gebüſch umrandeten Sümpfe zum Aufenthalt aus. Unſer ſchönes Bild, das nach einem von Prof. Göring gemalten Original hergeſtellt iſt, führt uns ins ſüdweſtliche Texas, in eine Gegend, wo Yuccas und Kakteen die vorherrſchenden Pflanzen ſind, denn auch dort iſt unſer Vogel zahlreich. — Am liebſten ſiedelt ſie ſich in Gärten, dann auch in mit Wald und Fel— dern abwechſelnden Gegenden an. Die meiſten Pär— chen beobachtete ich brütend etwa eine Meile ſüdlich von Houſton, in einer etwas niedrigen Gegend, wo ſich allerwärts die günſtigſten Plätze zum Aufenthalt und zum Niſten fanden. Dieſe an die ebene Prairie grenzende Wald- und Gebüſchſtrecke beſteht meiſt aus von Waſſer-, Sumpf- und Roteichen, Ulmen und einzelnen Waſſertupelos zuſammengeſetzten Baum— gruppen. An anderen Stellen treten die ſchön be— laubten pyramidenförmigen Amberbäume! zu großen Gruppen zuſammen. Dazwiſchen erheben einzelne auf freien Plätzen ſtehende langnadelige Kiefern ihre Kronen hoch in die Luft. Einzelne der Waldbäume ſind mit Muſtangreben und Bignonien bis in die Spitze bewachſen, während viele andere mit Tilland⸗ ſien?) maleriſch behangen find. Zwiſchen dieſen Baumgruppen finden ſich oft ganz freie, nur mit Gras bewachſene Stellen, oder es treten Buſchwerk und Dickichte inſelartig auf. In der Mitte dieſer Gebüſchinſeln erheben ſich in der Regel kleine Bäume wie Ulmen, Seifenbäume?), Kanthoxylum, Faul— bäume), Hartriegel“) und andere, welche dicht mit Schlingpflanzen, namentlich mit den ſonderbar ge— formten grotesken Berchemia volubilis, Trompeten— bignonien!) und Giftſumach!) durchrankt und über— wachſen ſind. Ein Kranz dichter Büſche, beſonders Schneeballarten ), lagert ſich um die größeren Sträucher und Bäume. Immergrüne, mit ſcharfen Stacheln bewehrte Stechwinden?), eine Geisblatt— art“) und Paſſionsblumen !!) legen ſich, einem ſchützenden Dache gleich, über das Außengebüſch. In das Innere ſolcher Dickichte iſt ſchwer einzu— 1) Liquidambar styraeiflua. 2) Tillandsia usneoides. 3) Bu- melia lanuginosa. 4) Rhamnus carolinensis. 5) Cornus florida. 6) Tecoma radicans. 7) Rhus toxicodendron. S) Viburnum molle, V.dentatum, V. pruneifolium. 9) Smilax laurifolia. 10) Lonicera | grata. 11) Passiflora incarnata, dringen, beſonders wenn ſich auch noch die mit ſcharfen, nach hinten gebogenen Stacheln bewehrten Brombeerbüſche oder die mit furchtbaren Dornen bewaffneten ſehr dichten, durcheinandergeſchlungenen immergrünen Cherokeeroſen am Rande der Dickichte vorfinden. Nur mit großer Mühe und Anſtrengung gelangt man durch dieſe Ränder; man zerreißt dabei auch das ſtärkſte Zeug, bleibt oft in den Dornen hängen, ohne vorwärts oder rückwärts kommen zu können und darf in vielen Fällen froh ſein, wenn man den Rückzug mit blutig zerkratzter Haut endlich glücklich bewerkſtelligt hat. Das gehört auch zu den „Leiden und Freuden“ eines Forſchers! Überaus glücklich iſt man aber, wenn man endlich eine be— ſondere Beobachtung macht, wohl gar einen ſeltenen Vogel brütend findet. — Stellenweiſe finden ſich hier auch Perſimonen ), Saſſafrasbäumchen?), Stech— palmen?) und niedrige Fächerpalmen ). Die Dik— kichte werden von einer großen Anzahl Vögel zum Aufenthaltsort, Brut- und Schlafſtätten erkoren, kein Vogel kommt aber in ihnen ſo zahlreich vor, wie Kardinal und Spottdroſſel. Faſt in jedem einzelnen dieſer inſelartigen Dickichte hat ſich während der Brut— zeit ein Pärchen feſtgeſetzt und verteidigt es tapfer gegen jedes andere ſeiner Art, während es andere Vögel oft dicht neben ſich duldet. So baut der Kardinal ſehr oft in denſelben Baum oder in die unmittelbare Nähe ihres im Dickicht befindlichen Neſtes, und auch der Schwätzer, der blaue Kern— beißer, der Papſtfink, Vireos, Gartentrupiale, Loui— ſiana-Zaunkönige u. a. brüten häufig genug in demſelben Dickicht. Hier fand ich immer zuerſt die Kardinäle brütend; dann, wenn das liebliche Wachtel— blümchen“) feine duftenden Blüten entfaltet hatte, wußte ich, daß es Zeit ſei, nach den mit Moos und Flechten dekorierten Beutelneſtern der Buſch— vireos zu ſuchen, welche gewöhnlich am Rande der Dickichte in einem Schneeballbuſche hingen. Dann folgten Schwätzer und blaue Kernbeißer und endlich die Spottdroſſeln in der Reihe der Brutvögel. — In der beſchriebenen Gegend fand ich am 9. April (1880) das erſte Neſt, während ich anfangs Mai in derſelben Ortlichkeit wenigſtens zwanzig Neſter entdeckte. — Mit Vorliebe ſiedelt ſie ſich jedoch immer in der Nähe des Meuſchen an. In den Orangengärten Floridas fand ich ſie ungemein zahlreich, ebenſo im ſüdlichen Louiſiana. Selbſt in Dörfern und Städten des Südens iſt ſie ein gewöhnlicher, wenn nicht der 1) Diospyros virginica. 2) Sassafras officinale. 3) Ilex Opaca. , 4) Sabal Adansoni, 5) Mitchella repens, :: 5 gewöhnlichſte vogel. In den Baumgärten des ſüd— weſtlichen Miſſouri iſt ſie ebenfalls ziemlich zahlreich und belebt dieſe mit Katzen-, Braun- und Wander— droſſeln aufs ſchönſte. Sie iſt jo munter, furchtlos und zutraulich, daß ſie ſich allerwärts, wo ſie den Menſchen als Freund und Beſchützer kennen gelernt hat, dieſem anſchließt. Sobald der Anſiedler inmitten des tiefen Urwalds ſein ärmliches Blockhaus errichtet, begrüßt die Spottdroſſel dieſen erſten Schritt der vor— dringenden Kultur mit ihrem Jubelgeſange, und wenn er ſpäter ein Stück Land gerodet und darauf Bäume und Büſche angepflanzt hat, ſiedelt ſie ſich in denſelben ohne Scheu an. Sie iſt allerwärts ein treuer Genoſſe des Menſchen, von der ſüdlichſten Grenze ihres Ver— breitungsgebietes an bis zur nördlichſten. Da wo man ſie ſchützt, legt ſie ihr Neſt nicht gerade verſteckt an, in der Regel aber wählt ſie doch ein ſchutzbietendes dichtes, womöglich recht ſtacheliges Gebüſch zum Niſtplatz. An ſolchem Buſchwerk iſt in den ſchönen Gärten des Südens kein Mangel. Mit Vorliebe baut fie in Florida, Louiſiana und auch in Californien in die Orangenbäume oder, wo dieſe feh— len, in Kletter- oder Cherokeeroſen und in Gleditſchien (Honey Locust). Auch in dichten Bankſiaroſen, in Jasminbüſchen, Bergcedern, Granatſträuchern und in den mit Sternjasmin !), Bignonien, Wiſtarien durch— ſchlungenen Gartenbäumen findet man ſehr oft das Neſt. In Florida baut ſie ſehr gern in die oft ſech— zehn Fuß hohen und ebenſo breiten Kamelien, in die dichten indiſchen Azaleen, in Magnolien und in die Krone hoher Palmen?). In Texas und auch in Miſſouri legt ſie ſehr gern ihr Neſt in die Oſage— Orangen- oder Bogenholzhecken?) an. Auch in Weiß— dornbüſche und ſelbſt in die mit furchtbaren Stacheln verſehenen Feigenkakteen!), die in Texas jo häufig ſind, baut ſie ihr Neſt. Oft fand ich es in den Ecken der Riegelfenzen und auch ganz frei auf einem Baume, ſodaß man es ſchon von weitem ſehen konnte. Stets ſtanden dieſe ziemlich offenen Neſter in der Nähe des ihnen freundlich geſinnten Menſchen. Mit großer Vorſicht weiß ſie es aber, wenn es ſein muß, zu ver— ſtecken und vor unberufenen Eindringlingen zu ſchüt— zen. In Kakteen, auf Yuccas, inmitten der ſtache— Die Spottdroſſel. ligſten, dichtbelaubteſten Büſche, im Inneren der Dickichte findet man es oft. Nicht ſelten entdeckte ich es auch auf größeren, horizontalen, ſehr dicht mit „ſpaniſchem Moos“ behangenen Aſten größerer Bäume, wo man von einem Neſte und von einem 1) Rhynchospermum jasminoides. clura aurantiaca. 2) Sabal Palmetto. 3) Ma- 4) Opuntia Engelmanni, 37 brütenden Vogel auch nicht das Geringſte ſehen konnte. Nur wenn man zufällig an einem ſolchen Aſte ſchüt— telte und der brütende Vogel abflog, fand man dann den ganz aus Moos hergeſtellten und im Moos ver— ſteckten Bau. Andere, mehr oder weniger freiſtehende Neſter waren ganz mit Dornzweigen umlegt. Wieder andere waren auch von oben mit Dornen bedeckt. Die klugen Vögel wiſſen ſich bei der Anlage des Baues alſo ſehr wohl in die gerade obwaltenden Verhältniſſe zu ſchicken. Ein Pärchen, dem das freiſtehende Neſt einmal zerſtört wurde, wird in der Folge immer an einen verſteckten Ort bauen. — Die Außenſeite des Neſtes beſteht meiſt aus Zweigen, ſtarken Halmen und Pflanzenſtengeln, ſehr oft auch aus Dornenzweigen; innen iſt es mit feinen Hälmchen ausgelegt. Einzelne Neſter fand ich auch, bei deren Bau Erde verwendet worden war. In der Nähe der Wohnungen benutzt ſie auch alte Lappen, Bänder, Schnüre, Papier und Federn als Niſtmaterial. Das Neſt ſteht nie hoch über der Erde, meiſt drei bis ſieben Fuß, ſelten höher. Das Gelege beſteht aus vier bis fünf, manchmal auch aus drei, ſehr ſelten aus ſechs Eiern, welche der Grundfarbe nach hellgrünlich-blau und mit ſchokolade— und rötlichbraunen Tüpfeln und lilafarbenen Scha— lenflecken gezeichnet ſind. Dieſe Flecken ſind ziem— lich groß und gleichmäßig über das ganze Ei ver— teilt; manchmal ſtehen ſie am dicken Ende am dichteſten, kranzartig. Nach etwa vierzehntägiger Bebrütung ſchlüpfen die Jungen aus. Das Männ— chen iſt zu ſehr mit Singen beſchäftigt, als daß es ſich am Neſtbau oder an der Zeitigung der Eier beteiligen könnte. Es ſitzt gewöhnlich in der Spitze eines Baumes oder auf dem Dache und ſingt, ſchaut ſich aber ſtets nach allen Richtungen hin um und hält Wache. Mutig verteidigt es das Neſt gegen jeden Eindringling. Katzen, Hunde, Rinder und andere Tiere, manchmal ſelbſt der Menſch, werden von ihr mutig angegriffen, ſobald ſie in die Nähe des Neſtes kommen. Dabei läßt ſie melodiſche, wie „Puih, puih“ klingende Angſtrufe und bei der Verteidigung und auch ſonſt am Neſte ſchrille ſchmatzende, wie „Zapp“ klingende Töne hören. In Houſton beobachtete ich, wie ſie einzelnen Aasgeiern, die ſich in der Nähe ihres Niſtortes niedergelaſſen hatten, um der Ruhe und Verdauung zu pflegen, fortwährend ſchreiend um den Kopf flogen und heftig nach ihnen ſtießen, ſodaß dieſen großen Vögeln, die zuerſt gar nicht weichen wollten, endlich doch nichts anderes übrig blieb, als das Feld zu räumen. Oft greift ſie auch im Verein mit Königsvögeln fliegende Räuber an und verfolgt — 38 ſie weithin. Die Jungen werden faſt nur mit In— ſekten aufgefüttert. Hierbei hilft jedoch das Männchen fleißig mit. Im Süden werden regelmäßig zwei, im Norden nur eine Brut jährlich gemacht. Die Jungen der erſten Brut ſind der Mehrzahl nach Männchen, die folgende Brut meiſt Weibchen. Der Flug der Spottdroſſel iſt nicht beſonders geſchickt und ausdauernd, iſt namentlich ſchwerfällig, wenn ſie weite freie Strecken überfliegt; doch iſt ſie immer noch ein beſſerer Flieger als die Katzen— und Braundroſſel. Sehr geſchickt weiß ſie ſich da— gegen in ihrem Brutgebiete fliegend von Baum zu Baum, von Dickicht zu Dickicht zu bewegen. Im Geäſt der Bäume und Sträucher iſt ſie vollſtändig zu Hauſe. Hat ſie größere Strecken zu überfliegen, ſo erhebt ſie ſich etwas über die Kronen der Waldbäume und fliegt dann ziemlich ſchnell dahin. — Auf den Boden kommt ſie häufig herab, läuft auf diefem, | ähnlich den eigentlichen Droſſeln, jedoch mit geſtelztem Schwanze gewandt umher und ſucht hier auch den größten Teil ihrer zumeiſt aus Kerbtieren beſtehenden Nahrung auf. Inſekten durchſucht. Will ihr ein Kerf entfliehen, ſo läuft ſie ihm ſchnell nach oder fängt ihn geſchickt hüpfend und flatternd. Beſonders ſind es Erd— würmer, kleine unbehaarte Raupen, Käfer, Tag- und Nachtſchmetterlinge, Larven, Spinnen und viele an- Sie liebt auch allerlei Früchte, namentlich Feigen, die Sehr dere Inſekten, welche ihr zur Nahrung dienen. Beeren des Hollunders, Brombeeren u. ſ. f. erpicht iſt ſie auf die etwa kirſchengroßen Beeren einer wildwachſenden roten Pfefferart!), welche man des— halb geradezu Vogelpfeffer nennt. In Texas und auch in Miſſouri verzehren ſie mit Vorliebe die ſaftigen Beeren der Kermesſtaude?). Durch den ſchönen purpurroten Saft dieſer Beeren färbt ſich das Ge— fieder am Hals, an der Bruſt und in der Nähe des Schnabels ganz rot. Im Herbſt und Winter werden im Süden auch die Früchte der „mexicaniſchen Maul— beere“ ), der Stechpalmen ), der Magnolien und die ſehr häufigen Miſtelbeeren “), welche auch von der Wanderdroſſel nicht ungern verzehrt werden, gefreſſen. Herr A. Fries in Jackſonville, Florida, erzählte mir, daß ſie auch die Beeren eines Strauches, welchen man dort unter dem Namen „Sparkle-berry“®) kennt, ſehr gerne verzehren. Er hat eine Menge die— 1) Capsicum. 2) Phytolacca decandra. 3) Callicarpa ameri- cana. 4) Ilex. 5) Phoradendron flavescens. 6) Baumheidelbeere (Vaceinium arboreum), Dabei werden die alten Blätter und alle Winkel unter ſchattigen Gebüſchen genau nach Die Spottdroſſel. ſer ſchönen Sträucher in ſeinem am St. Johns ge— legenen Parke gerade zu dem Zwecke ſtehen laſſen. Selbſt Robins kommen im Winter in großen Scharen herbei, um ſich an dieſen Beeren gütlich zu thun. Die Spottdroſſel iſt ein ſo munterer und beweg— licher Vogel, daß ſie auch ohne ihren köſtlichen Geſang die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich lenken würde. Durch ihr Nachahmungstalent und ihren ſchallenden Geſang macht ſie ſich allerwärts ſogleich bemerklich, wo ſie auch vorkommen mag. Der Südländer iſt ihr meiſt in hohem Grade zugethan. Die meiſten ſüdlichen Plantagen- und Gartenbeſitzer leiden es nicht, daß ein in ihren Anlagen brütendes Spottdroſſelpärchen irgendwie behelligt wird. Sie weiß ſich aber auch, wie kein anderer unſerer Vögel, die Liebe und das Wohlwollen des Menſchen zu erwerben. Ihr fröh— liches Weſen, ihre außerordentlich entwickelte Nach— ahmungsgabe, ihr wundervoller Geſang und nicht zum kleinſten Teile ihre Zutraulichkeit machen ſie zu dem beliebteſten und am meiſten gehegten Vogel unſe— res Landes. Es iſt ein überaus reizendes, einen un— vergeßlichen Eindruck machendes Bild, wenn ſie mor— gens in aller Frühe in der Spitze eines mit goldenen Früchten geſchmückten Orangebaumes, in einer einen berauſchenden Wohlgeruch aushauchenden Magnolie, in einer herrlich blühenden Kamelie oder Azalee dicht am Fenſter des Schlafzimmers ſitzt und hier ihren köſtlichen Geſang erklingen läßt. Ode und tot wür— den die herrlichen ſüdlichen Gärten ohne dieſe Sänge— rin ſein. Sie verleiht ihnen das rechte Leben, ſie iſt recht eigentlich die Poeſie derſelben. Wie zutraulich und zahm die Spottdroſſel bei freundlicher Behandlung wird, möge folgendes Bei— ſpiel zeigen. In Texas hatte ich unter einer Anzahl aus dem Neſte aufgezogener Spottvögel auch ein ſehr zahmes Weibchen im Käfig. Im nächſten Frühling gab ich dieſem die Freiheit, aber es hatte durchaus keine Luſt, ſich zu entfernen. Oft kam es in mein Zimmer geflogen, ſetzte ſich beim Eſſen ſogar auf den Tiſch, hielt ſich aber beſonders gerne bei den im Garten ſpielenden Kindern auf. Mehrmals trug ich es meilenweit fort, aber es kehrte ſogleich wieder zurück. Arbeitete ich im Garten, ſo hüpfte es auf dem Boden umher, um bloßgelegte Inſekten auf— zuſuchen. Jeden Abend kehrte es freiwillig in ſeinen Käfig zurück. Dies mochte einige Wochen gedauert haben, als ſich ein Männchen zu ihm geſellte. Nun blieb es oft längere Zeit weg, doch kam es auf einen beſtimmten Ruf ſogleich herbeigeflogen, ſetzte ſich auf meine Schultern oder auf den Arm und nahm Wür⸗ mer und Käfer zutraulich aus der Hand. kehrte es auch jetzt noch in den Käfig zurück. Eines Morgens gewahrte ich, daß es Halme in eine Ecke einer Riegelfenz trug und hier fand ich das bereits ziemlich vollendete Neſt. Sobald es mit Legen be— gann, blieb es abends ganz weg. daß man es getroſt ſtreicheln konnte, ohne daß es das Neſt verließ. Leider ſollte meine Freude an dem zu— traulichen Tierchen nicht lange währen. Eines Mor— gens, kurz vor der Erbrütung der Jungen, fand ich das Neſt zerſtört und von meinem zahmen Vogel war nichts mehr zu ſehen. Jedenfalls hatte eine Hühner- oder Baumſchlange den Vogel nebſt Gelege verſchlungen. Nur das Männchen flog, traurige Töne ausſtoßend, noch in der Nähe umher. Frau Harriett Beecher Stowe, die berühmte Verfaſſerin von „Onkel Toms Hütte“, erzählt in ihrem kleinen Buche „Palmetto Leaves“, daß auch wilde Spottdroſſeln manchmal recht zahm werden. Ein junger Mann aus Maſſachuſetts hatte ſeiner Geſundheit halber das milde Klima Floridas aufge— ſucht und ſich in der Nähe St. Auguſtins ein Heim gegründet. Dort fand ihn die genannte Schrift— ſtellerin. Mit ſeiner Mutter bewohnte er ein nettes kleines Häuschen, das von Grasplätzen und wilden Waldpflanzen umgeben war. Mit den Vögeln ſtan— den dieſe Leute auf beſonders freundſchaftlichem Fuße. Sie hatten dieſelben aus den nahen Wäldern herbei— gelockt und auf einen beſtimmten Ruf kamen ver— ſchiedene, namentlich Spottvögel, in Scharen herbei, ließen ſich auf ihren Schultern nieder und nahmen das Futter aus der Hand. - Trotzdem die Spottdroſſel ein jo nützlicher Vogel iſt, trotzdem ſie eine ſo hohe äſthetiſche Bedeutung hat, ſo gehört doch gerade der Menſch, der rohe, herz- und gefühlloſe, unwiſſende Menſch, der keinen Sinn für die Schönheiten der Natur hat, der ſich ebenſowenig belehren laſſen will, zu ihren bitterſten Feinden. Weil ſie für ihre, durch die Vertilgung einer zahlloſen Menge ſchädlicher Inſekten geleiſteten Dienſte nun auch von verſchiedenem Obſt und Beeren einen kleinen Anteil nimmt, ſo werden jährlich viele weggeſchoſſen. In der Nähe von Houſton, wo ſie ſich in Feigen- und Weingärten verirrt, zerreißen viele Farmer die Neſter, vernichten die Eier und töten die Jungen. Einen Gärtner, der ſie maſſen— weiſe tötete, bat ich, ihm einen einfachen Fallenkäfig überreichend, mir einige Spottvögel einzufangen. Schon nach einigen Tagen erhielt ich dreizehn Stück (auch einzelne Gartenoriole und Sommertangaren) Die Spottdroſſel. Abends Es brütete ſo feſt, 39 und kurze Zeit nachher weitere dreißig, die alle in dem mit Feigen geköderten Fallenkäfig eingefangen worden waren. Es waren zum größten Teil junge Vögel, nur etwa ein Viertel waren alte. Den Weibchen gab ich ſogleich die Freiheit wieder, und nur einzelne der ſchönſten Männchen behielt ich. Sie ge wöhnten ſich aber in dieſer Zeit ſehr ſchwer ein. — Im ſüdweſtlichen Miſſouri iſt ſie der beſondere Lieb ling der deutſchen Farmer, und da ſie hier auch ſonſt wenige Feinde hat, ſo vermehrt ſie ſich ziemlich ſchnell. In der Nähe größerer Ortſchaften holt man Hunderte von Jungen aus den Neſtern, um ſie aufzuziehen. Im Süden, wo ſie noch vor wenigen Jahren ſehr zahlreich war, nimmt die Zahl dieſer herrlichen Sänger bereits in Beſorgnis erregender Weiſe ab, und weiter nördlich, wo ſie ohnehin nie ſehr zahlreich auftrat, iſt ſie faſt ausgerottet! „Aus Louiſiana“, ſchreibt Herr Karl Dänzer, „kommen Klagen über das Verſchwinden der Spottdroſſel. Dort wie über— all werden die Vögel von böſen Buben, halbwüchſigen und ausgewachſenen, jahraus jahrein weggeknallt und da ſich unſere Sängerin gerne in der Nähe menſch— licher Wohnungen aufhält, ſo wird ihr dieſe Vogel— jagd beſonders verderblich. Dazu kommt dann noch der böſe Umſtand, daß die Spottdroſſel ihres Geſanges wegen gerne in Käfigen gehalten wird und einen hüb— ſchen Preis bringt. Infolgedeſſen werden ihre Neſter eifrigſt aufgeſucht und die jungen halbflüggen Vögel herausgenommen. Wagenladungen von Vögeln wer— den alljährlich von Süd nach Nord verſchickt. — In St. Louis und Umgegend war ſie noch vor einigen Jahren ſehr häufig. Sie iſt aber bereits ſelten ge— worden. Aus den öffentlichen Parken iſt ſie, mit kaum einer Ausnahme, gänzlich verſchwunden — trotz der ſtrengen Geſetze, welche in Miſſouri zum Schutze der Vögel beſtehen. Dieſe Geſetze ſind eben, ſoweit ihr Vollzug von der löblichen Polizei abhängt, ein toter Buchſtabe. Wir erinnern uns keines ein— zigen Falles, in welchem die Polizei wegen Über— tretung des Vogelſchutzgeſetzes eine Verhaftung vor— genommen hätte. — Wenn es in der bisherigen Weiſe fortgeht, ſo werden alle Vögel, die durch ihren Geſang oder ihr Gefieder die Vogeljäger reizen, in den Ver— einigten Staaten in nicht ferner Zeit gänzlich aus— gerottet ſein, beſonders in der Nähe großer Städte. Nur die allerſtrengſten Geſetze, unterſtützt durch eine thatkräftige öffentliche Meinung, könnten Abhülfe ſchaffen. Die Vogelſchutzgeſetze ſollten überall ver ſchärft werden und das Publikum, beſonders die Farmer, ſollten den Vollzug derſelben auf alle 40 Die Spottdroſſel. Weiſe unterſtützen und fördern helfen. Die Ver— ſendung von lebenden einheimiſchen Vögeln von einem Staate in den andern und ebenſo die Verſendung von Vögelbälgen, die zu Modezwecken hunderttauſend— weiſe ſogar ins Ausland verſchickt werden, ſollte durch Bundesgeſetze bei ſchwerer Strafe verboten werden. — Nur außergewöhnliche und unnachſichtlich gehand— habte Geſetze können der entſittlichenden, ſchändlichen Zerſtörungswut, welche die Landſchaft des anmutigſten Teiles der gefiederten Welt zu berauben droht, mit Erfolg Halt gebieten.“ Ich füge dieſen zeitgemäßen Worten eines gemüt— vollen Naturfreundes noch hinzu, daß namentlich auch die ganze Preſſe des Landes, dann aber auch die Schule den Vogelſchutz und die Ausführung der be— treffenden Vogelſchutzgeſetze kräftig in die Hand neh— men ſollte. Eltern und Lehrer, die Geiſtlichen und die Zeitungen können in dieſer Richtung unendlich viel Gutes ſtiften. Die Roheit muß ſchwinden und einer edlen gemütvollen Sinnesart weichen! Außer böſen Buben und menſchlichen Neſt— räubern hat die Spottdroſſel noch viele andere Feinde. Die Schlangen (beſonders die im Süden häufigen Hühnerſchlangen), ferner die Peitſchenriemenſchlangen (Coach-whips), vernichten unzählige Bruten. Auch das liſtige Opoſſum findet mit ſeiner ſcharfen Spür— naſe nur zu leicht das Neſt, und auch Waſchbären, Eichhörnchen, Blauheher, Krähen und in den Gärten die umherſtrolchenden Katzen zerſtören viele Bruten. Man hält die Spottdroſſel hier häufiger im Käfig als irgend einen anderen Inſekten freſſenden Vogel. Dagegen ließe ſich wenig einwenden, wenn nicht die Mehrzahl der jährlich aus den Neſtern ge- nommenen Vögel durch nachläſſige, ſchlechte Pflege zu Grunde ginge. Bei vielen iſt das Halten eines Spottvogels Modeſache. Sie nehmen, weil es den. Die Schublade muß täglich gereinigt und mit andere ihnen vormachen, die Jungen aus, hängen den Käfig in der Nähe des Neſtes auf und laſſen dieſelben von den Alten auffüttern. Dann, wenn ſich die Eltern nicht mehr um ihre Sprößlinge | bekümmern, geht einer nach dem andern ein, und im Frühling iſt gewöhnlich keiner mehr am Leben. Dann wiederholt ſich die Geſchichte von neuem. Niemand ſollte eine ſolche Sängerin im Küfig halten, der nicht Luſt und Liebe hat, ſie gut, aufs beſte zu verpflegen. — Wildlinge hält man hier faſt nie, und doch ſind ſie viel wertvoller als Neſtvögel. Gewöhnlich werden die ſchon etwas befiederten, noch den Schnabel ſperrenden Jungen von den Händlern aus den Neſtern geholt. Dieſe werden z. B. in Houſton und anderen ſüdlichen Städten für 15 bis 25 Cents von Negerknaben feilgeboten. Der er— fahrene Händler weiß Männchen und Weibchen ſchon im Neſte genau voneinander zu unterſcheiden; letztere läßt er im Neſte liegen. Die Jungen werden nun mit einem breiartigen Gemiſch von hartgekochtem Ei und Kartoffeln aufgefüttert, und dieſes Futter bildet auch (wenigſtens im Süden) den Hauptbeſtandteil ihrer Nahrung für ihr ſpäteres Gefangenleben. An— fangs und Mitte Juni treffen bereits große Sendun— gen junger Spottdroſſeln in Chicago und New Pork ein. Ganz junge Vögel bringen einen Preis von fünf Dollars per Stück, für einige Monate alte be— zahlt man acht Dollars, für einjährige fünfzehn und für mehrjährige fünfundzwanzig Dollars und mehr, und bei dieſen Preiſen finden ſie ſchnell Abnehmer. Auch im Norden füttert man ſie anfangs mit Kar— toffeln und Ei, ſpäter aber bekommen ſie das all— gemein unter dem Namen „Spottvogelfutter“ be— kannte Gemiſch *), welches mit geriebener gelber Rübe (Möhre) vermiſcht wird; auch ſetzt man noch getrocknete Ameiſeneier und oft auch Roſinen und Korinthen hinzu. Auch ſollte man ihnen reichlich Mehlwürmer, wenigſtens 20 bis 30 Stück täglich, ferner verſchiedene Beeren, wie ſie die Jahreszeiten gerade bieten, Obſt und hie und da eine Schote roten Pfeffer reichen. Ich habe im Süden oft be— obachtet, daß ſie letzteren mit wahrem Wohlbehagen freſſen. Die ſogenannten Spottvogelkäfige, welche man meiſt benutzt, ſind ziemlich groß und oben ge— wölbt; ſie ſind oft recht elegant und entſprechen ihrem Zwecke vollſtändig. Das Futter muß täglich wenig— ſtens zweimal friſch zubereitet werden; im Winter, wenn es nicht leicht ſäuert, genügt vielleicht eine ein— malige Zubereitung. Für frisches Trinkwaſſer muß immer geſorgt und oft auch Badewaſſer gereicht wer— trockenem friſchen Sande beſtreut werden. Tauſende junger Spottvögel werden jährlich nach Europa ausgeführt, namentlich durch die Ge— brüder Reiche in New York. In Deutjchland ſchätzt man dieſe Vögel ganz außerordentlich hoch. Man hat dort ſchon mehrfach in Käfigen glückliche Bruten erzielt. Hier in den Vereinigten Staaten *) Das Spottvogelfutter (Mockingbird- food) beſteht gewöhnlich aus: Getrocknetem Rinderherz -- 1 Teil, Mohn mehl lee Altem Weißbrot oder Zwieback (Crackers).. 1 Gemahlenem Hanf Maismehl. Schmalz. III. 175 GALEOSCOPTES CAROLINENSIS Cab. Nee Catbird. giebt man ſich nur ſelten die Mühe, die Spottdroſſel zu züchten. Die Preiſe richten ſich in Deutſchland nach dem Geſauge; da die Begabung eine ſehr ver ſchiedene iſt, manche Vorzügliches leiſten, andere ſich aber nicht beſonders auszeichnen, ſo variieren dieſelben außerordentlich. Die Sängerin zeichnet ſich nicht durch Far- benpracht aus. Grau auf Ober- und Unterſeite, ſchwärzlich an den Flügeln und Oberſchwanz, mit einem weißen Spiegelfleck auf den Flügeln, ſind ihre Farben. Männchen und Weibchen find oft ſchwierig zu unterſcheiden. Wohl bietet der bekannte größere oder kleinere weiße Spiegelfleck auf den Flügeln einen Anhaltspunkt zur Beſtimmung des Geſchlechtes, aber ein ſicheres, ganz unfehlbares Kennzeichen iſt es nicht. Je ſchöner und reiner die Farben ſind, je mehr Weiß ſich auf den Flügeln und Schwanz zeigt, je dunkeler die übrige Färbung dieſer iſt, deſto ſicherer hat man ein gut ſingendes Männchen vor ſich. Das Weibchen erſcheint, beſonders am Kopf und an der Bruſt, heller und iſt auch kaum merklich kleiner; der Spiegelfleck iſt kleiner, darum weniger hervortretend. Hat der er— fahrene Kenner viele Spottvögel vor ſich, ſo iſt es ihm ziemlich leicht, die Geſchlechter zu unterſcheiden. — Daß die Spottdroſſel ein überaus kluger, hochbegabter Vogel iſt, beweiſt ſchon ihr feuriges, edelblickendes Auge. Dieſes iſt jedoch verſchieden gefärbt. Bei Jungen iſt die Iris blaugrau, bei anderen hellgelb Die Katzendroſſel. 41 und bei Alten ganz gelb. Der Schnabel alter Vogel iſt mehr gebogen und ſehr kräftig, ſodaß ſie damit ſehr empfindlich beißen können. — Schon im Fluge unter— ſcheidet ſich die Spottdroſſel durch den nur dann recht deutlich ſichtbaren reinweißen Spiegelfleck der Flügel ſofort von anderen Vögeln. Ihr Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich vom Atlan— tiſchen Ozean bis zum Pacific und vom mittleren Illinois, Indiana, Pennſylvanien u. ſ. f. bis ſüdlich nach Florida, Weſtindien und Mexico. Andere ver— wandte Arten kommen auf Weſtindien, in Mittel— und Südamerika vor. Namen: Spottvogel, Spottdroſſel, „Mimulus“. Mockingbird, Mimie Thrush. Merle moqueur (franz.), „Centzontli“ und „Chin— chontle“ (in der Nahuatl-Sprache Mexicos). Wiſſenſchaftliche Namen: Mimus polyglottus Boie, Turdus polyglottus Gmelin, Orpheus polyglottus Swainson. Beſchreibung: Oberſeite aſchgrau; Unterſeite grau- oder mattweiß, Flügel und Schwanz ſchwärzlich, erſtere mit großem weißem Spiegelfleck; die äußeren Schwanzfedern faſt ganz weiß, das nächſte Paar weiß gefleckt. Der Spiegelfleck der Flügel iſt beim Männchen größer als beim Weibchen, ebenſo iſt das Weiß auf den Schwanz— federn ausgedehnter; Weibchen etwas kleiner. Schnabel und Füße ſchwarz. Iris bei jungen Vögeln blaugrau, bei alten gelb. Jungen bräunlichgrau auf der Oberſeite; Unter— ſeite gefleckt. Die Länge variiert zwiſchen 10 und 11 Zoll. Die Katzenoͤroffel. Catbird. Galeoscoptes carolinensis CABANIS. Tafel III. it der Beſiedelung Amerikas durch die Euro päer haben ſich alle früheren Verhältniſſe unſeres Landes in nie geahnter Weiſe ſchnell geändert. Mit Rieſenſchritten iſt die Kultur vom Atlantic bis zum Pacific vorgedrungen. Die Ureinwohner, deren Wigwams noch vor dreißig bis vierzig Jahren zahl— reich öſtlich vom Miſſiſſippi anzutreffen waren, ſind verſchwunden. Entweder find jene einſt mächtigen Indianerſtämme, welche Prärie und Urwald bevöl— kerten, ganz ausgeſtorben oder man hat die traurigen Überreſte derſelben auf ihren Reſervationen und im Indianer-Territorium zu ſuchen. Dörfer und Städte ſtehen jetzt da, wo einſt die einfache Hütte des roten Mannes ſtand, und ſeine Jagdgründe ſind in reich tragende Getreidefelder und Wieſen umgewandelt. Die einſtigen Urwälder, welche ſich tagereiſenweit über 49 Die Katzendroſſel. 5 ! ein mächtiges Gebiet erſtreckten, in deren ſtetes Halb— dunkel nur ſelten ein Strahl der Sonne durch die dichten Baumkronen drang, ſie haben der Axt des weißen Mannes weichen müſſen. Die baumloſen, grasreichen Prärien des Weſtens, auf welchen ſich noch vor wenigen Jahrzehnten zahlreiche Rudel der flüchtigen Gabelantilope tummelten, auf denen Tau— ſende von Büffeln graſten, auch ſie zeigen heute ein vollſtändig verändertes Bild. Das einſtige unüber— ſehbare, blumenreiche Grasmeer iſt dahin; an feiner | Stelle ſehen wir wogende Getreidefelder, wohl— gepflegte Obſtgärten und Baumpflanzungen. Alle größeren Vierfüßler und die jagdbaren Vögel: die Prärie- und Waldhühner, wilde Puter u. a. ſind in allen dichter beſiedelten Landesteilen faſt aus— gerottet. Andere Tiere dagegen, namentlich die kleineren Vögel, haben ſich dem Kulturmenſchen näher angeſchloſſen. Die gefiederten Waldbewohner führten ſich bei dem Anſiedler als alte Bekannte ein und fan— den eine freundliche Aufnahme. der vordringende Pionier niederließ, im einſamen Urwalde oder auf der öden Prärie, im Gebirge oder Thale, fanden ſie ſich ein. Sobald ſich im Urwalde das einfache Blockhaus des erhob, ſang im Norden die Wanderdroſſel, im Süden der Spottvogel Jubellieder. Wenn in der ein— förmigen, baumloſen Prärie die erſten Obſt- und Zierbäume ihre Blüten und Blätter entfalteten, wenn die angepflanzten Nadelholzbäume üppige emporſandten, dann ſtellten ſich auch Vireos, Wald ſänger, verſchiedene Droſſeln und Finken ein. Bei der ungeheuren Ausdehnung unſeres Landes ſind freilich die gefiederten Gartenbewohner in den ver— ſchiedenen Landesteilen verſchieden. Am auffallendſten iſt der Unterſchied zwiſchen dem Oſten und dem fernen Weſten, denn hier legt ſich das Felſengebirge als natürliche Scheidewand dazwiſchen. Kaum beachtens— wert iſt dagegen der Unterſchied zwiſchen Nord und Süd, denn hier hat die Verbreitung freien Spielraum, da fie kein großer von Oſt nach Weſt laufender Ge- birgszug hemmt. Die Zahl der Vögel, welche ſich dem Menſchen angeſchloſſen hat, iſt eine ziemlich be— deutende. Einer der zahlreichſten und bekannteſten gefiederten Gartenbewohner iſt die in den Nord-, Oſt— und Mittelſtaaten vorkommende Katzendroſſel. Die Katzendroſſel gehört zu meinen be ſonderen Lieblingen. von Kindheit auf kenne, an den ſich ſo viele Erinne— rungen aus jener glücklichen Zeit knüpfen. Sie ver dient es aber auch, jedermanns Liebling zu ſein. Nordſtaaten betrachten. Triebe Iſt ſie doch ein Vogel, den ich Schon ihre Zutraulichkeit und ihr liebenswürdiges Weſen müſſen für fie einnehmen. Durch Farben— pracht zeichnet ſie ſich allerdings nicht aus, aber ein anmutiger hübſcher Vogel iſt ſie doch. Das feine aſch- oder ſchiefergraue Gefieder mit ſchwarzer Kopf— platte, Flügeln und Schwanze und der kaſtanienbraune große Fleck am Unterbürzel kennzeichnen ſie auf den erſten Blick. Sie hat einige Ahnlichkeit mit dem deutſchen Schwarzplättchen oder Mönch, und manche deutſche Anſiedler bei Chicago, namentlich Thüringer, bezeichnen ſie wirklich mit erſterem Namen. — Auch ſie iſt eine herrliche Sängerin, die man leider noch viel zu wenig beachtet und ſchätzt. Man kann ſie mit Recht als die Vertreterin der Spottdroſſel in den Sie iſt in vielen Gegenden einer der zahlreichſten, bekannteſten Vögel, und ihre Zuthunlichkeit geht jo weit, daß fie ſich mit beſonderer Vorliebe in Gärten, oft in unmittelbarer Nähe der Häuſer anſiedelt. Allerwärts, wo ſich Durch das Vertilgen einer großen Menge Inſekten wird ſie außerordentlich nützlich, und es gilt in dieſer Hinſicht von ihr ganz dasſelbe, was ich bei der Wanderdroſſel angegeben habe. Dieſe einleitenden Bemerkungen mögen vorerſt genügen, neuen Ankömmlings um unſere Katzendroſſel von vornherein als einen unſerer hervorragendſten Vögel einzuführen. Ihr Verbreitungsgebiet iſt ſehr groß. Sie kommt vom Atlantiſchen Ozean weſtlich bis nach Utah und Wyoming, ſelbſt bis nach Oregon und Waſhing— ton, nördlich bis zum Red River des Nordens und zum Saskatchewan (etwa bis zum 54. Grad nörd— licher Breite), ſüdlich bis nach Mexico, Panama und Cuba vor. Sie iſt namentlich im öſtlichen, nörd— lichen und mittleren Teile der Union zahlreich, im fernen Weſten dagegen ſelten. In Colorado, wo ſie im Gebirge bis zu einer Höhe von 7500 Fuß vor— kommt, ſcheint ſie noch ziemlich zahlreich zu ſein. Im Süden, in der Nähe des Golfs von Mexieo iſt fie nach meinen Erfahrungen allerwärts ein ſeltener Vogel. Sie iſt in Texas nur während der Zugzeit häufig, während der Brutzeit und auch als Winter— gaſt iſt ſie ſelten. In Wisconſin, Illinois, Miſſouri und in den Gebirgsgegenden des nördlichen Arkanſas gehört fie zu den bekannteſten und zahlreichſten Brut— vögeln. In Texas erſcheint ſie aus ihrer Winterherberge anfangs April, im ſüdweſtlichen Miſſouri jedenfalls nicht vor Ende dieſes Monats, im nördlichen Illinois etwa am 10. Mai, in Wisconſin ſelten vor dem 15. des genannten Monats. Selbſtverſtändlich richtet ſich ihre Ankunft nach der Witterung. Nach Herrn D Widmanns Angabe erſcheint ſie in St. Louis, Mo., mit ziemlicher Regelmäßigkeit am 24. April, je nach der Frühlingswitterung auch um einige Tage früher oder ſpäter. Wenn die Kirſchbäume anfangen zu blühen, dann erwarte ich auch die Katzendroſſel und ich habe mich in meinen Erwartungen noch nicht ge— täuſcht. Nach der Ankunft ſind ſie zumeiſt ziemlich ſcheu und leben zurückgezogen in Dickichten und Untergebüſch, wo ſie ſich meiſt nahe am oder auf dem Boden aufhalten. Sobald aber die Bäume wieder im friſchen ſaftigen Grün prangen, kehrt auch die alte Zutraulichkeit wieder, das muntere fröhliche Thun und Treiben beginnt aufs neue. erſchallt nun auch wieder, gewöhnlich von der Spitze eines Baumes oder Buſches herab, der fröhliche, eigentümliche Geſang, während er bisher nur leiſe, gedämpft aus irgend einem Verſteck heraus erklang. Die Katzendroſſel iſt ein Vogel der Gebüſche und Dickichte. Man trifft ſie an gebüſchreichen Wald— rändern, in mit Sträuchern beſtandenen naſſen und ſumpfigen Stellen, in Hainen und Obſtanlagen und in mit Zierſträuchern bepflanzten Gärten zahlreich. In trockenen Waldgegenden, wo ſich kein Unterholz findet, auf Bergen und fern vom Waſſer begegnet man ihr nicht. Gebüſche und Dickichte bilden ſtets ihr Wohn- und Brutgebiet, und je dichter und ver— ſchlungener dieſe ſind, je näher ſie am Waſſer liegen, deſto lieber ſind ſie ihr. Flüſſen ſich hinziehenden Gehölzen der Prärien iſt ſie beſonders regelmäßig und zahlreich anzutreffen, und zwar bewohnt ſie hier nicht ſowohl die den Wald ſäumenden Gebüſche, ſondern mehr die ſchattigen ver— ſchlungenen Dickichte im Innern desſelben, wo Wald— droſſeln, Vireos, Schwätzer, roſenbrüſtige Kernbeißer, Erdfinken und Braundroſſeln ihre nächſten Nachbarn ſind. Die Waldesdickichte ſtehen gewöhnlich gruppen— weiſe in den oft kaum eine Meile breiten Waldſtreifen und beſtehen zumeiſt aus Hartriegel-, Schneeball-, Stachelbeer-, Haſelnuß- und ſtacheligen Brombeer— büſchen, aus deren Mitte in der Regel einige mit wildem Wein überwachſene wilde Apfelbäume oder Weißdornbüſche hervorragen. Hier, wo ſich die ge— fiederte Sängerſchar auf verhältnismäßig kleinem Raume zuſammendrängt, hat auch die Katzendroſſel ſich ihren Wohnſitz erwählt, hier iſt ſie auch vor den Nachſtellungen vieler Feinde am ſicherſten. Im wald— reichen Wisconſin, wo ſich allerwärts paſſende Niſt— plätze finden, iſt ſie mehr über ein weites Gebiet zer— ſtreut. Ihr Niſtrevier iſt dort auch bedeutend größer, In den an Bächen und Die Katzendroſſel. Von allen Seiten als in den kleinen Präriegehölzen von Illinois. — Wir finden darum unſere Katzendroſſel auch beſonders zahlreich in Präriegärten, wo Obſt- und Zierbäume, namentlich aber dichte Zierſträucher, wie wilder Jas min!) und die ſchönen Heckenkirſchen?), Gewürz ſträucher?), Deutzien, Spierſträucher, Forſythien, hochgewachſene dichte Zierſtachelbeerſträucher ), Je längerjelieber und andere Schlingpflanzen ſtehen. Auch wo einzelne dichte Edeltannen und Hemlock fichten angepflanzt ſind, findet ſie ſich ein. In den Präriegegenden des ſüdweſtlichen Miſſouri, wo die Obſtbäume ziemlich dicht gepflanzt, wo ſie ebenfalls ſehr dicht belaubt und veräſtelt ſind und ihre Zweige bis zur Erde herabhängen laſſen, trifft man ſie regel mäßig. Sie bewohnt hier mit Spott-, Braun- und Wanderdroſſeln zuſammen ſolche Aulagen. Auch in den ſtacheligen Bogenholzhecken (Osage Orange), mit welchen die Farmer ihre Felder umgeben, ſiedelt ſie ſich ſehr gerne an. In früheren Waldgegenden, wo das Anpflauzen von Bäumen und Sträuchern erſt in neuerer Zeit beginnt, findet ſie ſich ein, ſobald ihr die Sträucher Schutz und paſſende Standorte für das Neſt bieten. Ihre Zutraulichkeit dem Menſchen gegenüber iſt ſo groß, daß ſie oft ganz nahe am Hauſe einen Niſtplatz wählt. Im dichten Gebüſch einer Gartenecke, in einem mit Schlingpflanzen überrankten Buſche oder Dickichte des Gartens ſiedelt ſie ſich mit ziemlicher Gewißheit an, ſofern ihr ſonſt die Umſtände dies als zweckmäßig erſcheinen laſſen. Ich fand ſie ſelbſt ſchon auf einer kleinen, ſehr dichten Edeltanne ganz in der Nähe einer Hausthür an einem Garten— wege brütend. In den Neuengland- und Oſtſtaaten, wo man in neuerer Zeit große Beete von Rhododen— dron ?), Kalmien !“) und Azaleen) nebſt anderen ähn— lichen Pflanzen anlegt, aus deren Mitte ſich im Som— mer prachtvolle Goldband- ), Humboldt-), Waſhing— ton- 0), Leoparden- u) und Wieſenlilien!) in wunder— barer Ueppigkeit erheben, findet unſere liebliche Sän— gerin die ſchönſten und paſſendſten Niſt- und Wohn— gebiete. Die immergrünen Alpeuroſen und Kalmien ſind ſo dicht belaubt, ſo veräſtelt und ſtehen ſo dicht zuſammen, daß ſich unſer Vogel gar keine geſchützteren Ortlichkeiten zur Anlage des Neſtes wählen kann. — In Nordcarolina, Virginia und Peunſylvanien brü tet ſie mit Vorliebe in den wilden herrlichen Rhododen— 1) Philadelphus coronarius. 2) Lonicera tartarica, L. Lede- bourii, L. fragrantissimum, L. xylosteum. 3) Calycanthus flori- dus. 4) Ribesaureum, R. Gordonianum. 5) Rhododendron maxi- mum, R. punctatum und Gartenbhybriden von R. catawbiense, 6) Kal- mia latifolia. 7) Azalen enlendulacea, A. nudiflora, A. viscosa und Hybriden von A. pontiea. 8) Lilium auratum 10) L. Washingtonianum. 11) L. pardaliuum. 9) L. Humboldtii. 12) L. superbum. 44 Die Katzendroſſel. drondickichten, welche die Flüſſe und Bäche ſäumen. Wenn ſie nicht durch böswillige Menſchen, durch Katzen oder anderes Raubzeug vertrieben wird, kehrt ſie jedes Jahr in dasſelbe Dickicht des Waldes, in dasſelbe Gebüſch des Gartens zurück. An manchen Strophen und Eigentümlichkeiten des Geſanges kann man faſt immer erkennen, ob es das alte Pärchen oder ein anderes iſt, welches den alten Wohnſitz einnimmt. Das Neſt findet ſich in der Regel ziemlich nahe am Boden. Gewöhnlich wird zur Anlage desſelben ein dichtes Gebüſch gewählt, oft auch ein niedriges dichtes Bäumchen inmitten eines Dickichts. Das Pärchen bewohnt ein kleines Dickicht für ſich und duldet kein anderes in dem einmal beſetzten Gebiet. Iſt es jedoch groß, ſo beherbergt es oft mehrere Pärchen nebeneinander. Am Desplaines, in der Nähe von River Foreſt, im nördlichen Illinois, fand ich einſt anfangs Juni auf einem etwa zwei Aere großen gebüſchreichen Flächenraume ſechs bis ſieben Neſter. In einem umfangreichen, von hohen Wald— bäumen überſchatteten Dickicht fand ich zwei Neſter dieſes Vogels, mehr im Innern ein ſolches des Regenkuckucks!) und am Rande ſtanden zwei Wald droſſelneſter. Ganz in der Nähe hatten auch ein Pärchen roſenbrüſtige Kernbeißer, Schwätzer, Braun— droſſeln und Erdfinken?) ihre Neſter. Obwohl an derartigen Ortlichkeiten das Wohngebiet eines jeden Pärchens nur klein iſt, findet doch ſelten Streit ſtatt. Anders iſt dies zur Zeit der Ankunft, denn dann giebt es oft ernſtliche Zuſammenſtöße, bis jedes ſich ein Wohngebiet erkämpft und in demſelben feſtgeſetzt hat. — Der Bau ſteht faſt immer nur zwei bis drei Fuß von der Erde; nur einigemal fand ich das Neſt bis zu einer Höhe von zehn Fuß. Immer ſteht es im Innern eines Strauches, wo es von oben und unten und von den Seiten durch dichtes Laubwerk gegen Sonnenschein und Regen geſchützt, namentlich aber den Blicken der Feinde entzogen iſt. Und doch gehört gerade das Neſt der Katzendroſſel zu dem be kannteſten aller Vogelneſter, denn fie verrät durch ihr ängſtliches Geſchrei nur zu oft den Standort des ſelben. Man braucht dann nur die Zweige des Buſchwerks etwas ſeitwärts zu biegen, um den charak teriſtiſchen Bau mit ſeinen glänzenden grünen Eiern vor ſich liegen zu ſehen. Das Neſt iſt ein eigentüm licher, ziemlich feſter und hübſcher Bau. Alle von mir in Wisconſin, Illinois und Texas gefundenen Neſter waren einander in jeder Hinſicht ähnlich, ſodaß I) Coceygus amerieanus. 2) Pipilo erythrophthalmus | die Beſchreibung des einen faſt auf alle paßt. Nur die im ſüdweſtlichen Miſſouri gefundenen wichen in betreff des Baumaterials etwas von jenen ab. Außerlich beſtehen faſt alle aus Pflanzenſtengeln, klei— nen Zweigen, Baſt und Würzelchen, beſonders aber aus dünnen breiten Grasblättern, nach dem Rande zu aus Würzelchen und Baſt, beſonders ſolchem von Weinreben; als Zwiſchenlage ſindet ſich in den meiſten eine Schicht Blätter, die in Gärten oft durch Papier— ſtücke erſetzt wird. Die Mulde beſtand bei den meiſten von mir unterſuchten Neſtern aus einer Lage ſchlam— miger ſchwarzer Erde und die innere Auspolſterung aus geſchmeidigen faſt ganz ſchwarzen Würzelchen. Ich habe in Wisconſin und Illinois kein Neſt gefunden, in dem nicht die eigentümliche, aus ſchwarzen feinen Wurzeln beſtehende Auskleidung vorhanden geweſen wäre. — In den Neſtern des ſüdweſtlichen Miſſouri fehlt die Erdlage meiſt, aber an deren Stelle findet ſich weißer Mulm, und die ſchwärzlichen Wurzeln ſind durch feinere zimmetbraune erſetzt. Die Breite des Baues beträgt gewöhnlich fünf bis ſechs Zoll, die Hohe dreieinhalb Zoll. Die Neſtmulde iſt drei Zoll breit, zwei Zoll tief. Die prachtvoll glänzend emerald— grünen Eier heben ſich wundervoll gegen das dunkele Wurzelwerk, auf dem ſie ruhen, ab. Ihre Zahl be— trägt in der Regel vier, ſehr ſelten fünf. Das Weib— chen brütet allein, während das Männchen faſt un— aufhörlich nicht allzuweit vom Neſte ſingt und Wache hält. Sobald ſich irgend etwas Verdächtiges dem Neſte naht, läßt es ſeine lauten, ſehr eigenartigen, wie „Däh“ oder „Deh“ klingenden Laute hören, umflattert und umhüpft ängſtlich den Eindringling und ſucht ihn auf allerlei Weiſe vom Neſte fern zu halten. Dieſe ängſtlichen, dem Geſchrei junger Katzen nicht ganz unähnlichen Töne klingen ſo bittend und wehmütig, daß der gefühlvolle Vogel— freund ſchnell einen Blick auf Neſt und Eier wirft und dann ſchleunigſt das Gebüſch oder Waldesdickicht verläßt. Es genügt oft ſchon, das Dickicht, welches das Neſt birgt, zu ſtreifen, um die Vögel zum lauten Aufſchreien zu bewegen. — Als ich einſt an— fangs Mai den Wald am Spring Creek (in Harris County, Texas) durchſtreifte, hörte ich ein gedämpftes „Deh, dev ih“, welches mich ſogleich überzeugte, daß in der Nähe eine von mir bis dahin in Texas noch nicht beobachtete Katzendroſſel ſein müſſe. Als ich einige Schritte weiter ging, hörte ich wieder das Ge— ſchrei, doch konnte ich nirgends einen Vogel erblicken, denn der Wald war dicht und die Aſte der Bäume von unten bis oben mit „ſpaniſchem Moos“ be— Die Katzendroſſel. 45 hangen. Als ich nun, nach allen Seiten Umſchau haltend, einige Minuten ſtillſtand, gewahrte ich etwa zehn Fuß über mir auf einer jungen Eiche ein Neſt, das ſich bei näherer Unterſuchung ſogleich als ein Katzendroſſelneſt erwies. Es enthielt erſt ein Ei und war ganz den ſchon beſchriebenen Neſtern ähnlich, nur war es an der Außenſeite zum Teil aus „ſpaniſchem Moos“ gebaut. Die Vögel waren ſo ſcheu, daß ſie nicht in die unmittelbare Nähe des Neſtes zu kommen wagten. Auch ihr charakteriſtiſches Geſchrei ertönte viel leiſer und auch ſeltener, als ich dies im Norden wahrgenommen habe. Man ſollte kaum glauben, daß die im nördlichen Teile des Landes ſo zutrauli chen, liebenswürdigen Katzendroſſeln im Süden jo wild, mißtrauiſch, ſcheu und zurückgezogen, ſo ganz anders in ihrem Benehmen ſind, als ſich dies hier zeigte. beſchriebenen, ein Beweis, daß die Vögel auch ſchon im Vorjahre hier gebrütet hatten. — Sie iſt im ſüd— öſtlichen Texas jedenfalls ein ſehr ſeltener Brutvogel, denn ich habe ſie nirgends, weder vorher noch nachher, während der Brutzeit geſehen, obwohl ich faſt täglich im Walde umherſtreifte. Der Kuhvogel ſucht gelegentlich auch ſein Ei in dem Katzendroſſelneſte unterzubringen, allein die klugen Vögel entfernen es, ſobald ſie es gewahr werden; ſo wenigſtens behaupten mehrere Beobachter. Ich habe nie ein Kuhvogelei in einem Neſte diejes | Vogels gefunden. — Herr Widmann in St. Louis fand einſt ein Ei des Regenkuckucks, eines Vogels alſo, der eigentlich nicht zu den Schmarotzern zählt, ſondern in der Regel ſelbſt baut und brütet, im Neſt einer Katzendroſſel. — Die Brutzeit dauert dreizehn Tage. Sobald die Jungen ausgeſchlüpft ſind, be teiligt ſich auch das Männchen an deren Aufzucht. Es iſt erſtaunlich, welche Menge von kleinen Würs | mern, Raupen, Käfern, Spinnen, Grashüpfern und anderem ſchädlichen Ungeziefer die Alten fort und fort herbeiſchleppen müſſen. Das Neſt iſt ſtets rein, und auch unter demſelben am Boden findet man keinen Schmutz. Nachdem ſie nämlich den Jungen irgend ein Inſekt gebracht, nehmen fie jedesmal die in einer leichten Hülle befindlichen Exkremente mit fort und laſſen dieſelben eine Strecke weit vom Neſte fallen. Der Flug der Alten iſt dann ganz anders, unſicher, zögernd, bis ſie ſich der unreinlichen Aufgabe entledigt haben. Das Zu- und Hinwegtragen nimmt, wenn die Jungen einige Tage alt ſind, faſt den ganzen Tag kein Ende. Im ſüdlichen Miſſouri ſchreitet das Pärchen, nachdem die Jungen der erſten Brut das Ein altes Neſt fand ich dicht bei dem ſoeben ſchreien, Eier und Junge beſichtigen. I 0 Neſt einige Tage verlaſſen haben, gelegentlich noch zu einer zweiten Brut. Das Männchen bewacht, warnt, füttert und führt die ausgeflogenen Jungen, bis es ſich wieder an der Aufzucht der nächſten Brut zu beteiligen hat. Die erſte jetzt ſelbſtändige Brut wird dann ihrem Schickſal überlaſſen. Daß die Alten ihre Brut außerordentlich lieben, bemerkt man, ſobald man an das Neſt kommt. Wehmütig ſchreiend und klagend, mit geſträubten Federn und hängenden Flü geln umflattern ſie den Eindringling, ja ſie verteidigen ihr Neſt gegen kleine Raubtiere, Schlangen u. ſ. f. mit Mut und Aufopferung, ſodaß ſie ſelbſt dabei Ge— fahr laufen, in die Krallen einer räuberiſchen Katze oder in den Rachen einer häßlichen Schlange zu geraten. In meinem Garten brütete mehrere Jahre ein Pärchen in einem ſchönen dichten Schneebeeren ſtrauche!), der von anderen ſeiner Art umgeben war und dachartig überhing. Hier hatte ich nun Ge— legenheit zu beobachten, wie ſcharfſinnig ſie Freund und Feind zu unterſcheiden wiſſen. Sie ließen, ſelbſt von den Kindern, ohne äugſtlich zu werden und zu Wußten ſie es doch, daß man ſie ſchützte und daß ſelbſt die Kinder ſie liebten! Sobald aber eine ihnen unbekannte Perſon in die Nähe des Baues kam, fingen ſie ſo laut, ängſtlich und anhaltend zu ſchreien an, daß ſogar die Hühner ängſtlich gackerten und die Glucken ihre Küchlein eiligſt in Sicherheit brachten. — Im Walde dient fie anderen Vögeln, ſelbſt Vierfüßlern als Warner. Die Katzendroſſel gehört zu unſeren vorzüglich ſten Sängern. Vom Tage ihres Kommens bis nach der Brutzeit läßt ſie fleißig ihren Geſang hören. Derſelbe iſt reichhaltig, abwechſelnd, ſehr melodiſch und eigenartig. Obwohl auch ſie ein ausgezeichnetes Nachahmungstalent beſitzt, ſo verwebt ſie in der Freiheit doch viel weniger fremde Töne in ihren herrlichen Geſang, als man es erwarten ſollte. Ihre eigenen Töne find immer vorherrſchend, ſelbſt dann, wenn ſie viele fremde Laute mit ihren eigenen zu einem lieblichen, frohſinnigen, heiteren Liede ver— webt. Als vollendete Spötterin ahmt fie das „Eolie“ der Walddroſſel, einzelne Töne aus dem Liede der Braundroſſel, das Lied des Blauvogels, den Ruf des „Whippoorwill“, das Pfeifen der Baumwachtel und viele andere Töne täuſchend nach. Wenn ich in früheren Jahren im Gebüſch und in den Dickichten der Wälder umherſtreifte, wurde ich oft durch ver 1) Symphoricarpus glomeratus, 46 Die Katzendroſſel. ſchiedene Töne der Katzendroſſel ſo getäuſcht, daß ich mich nach Vögeln umſah, die entweder in dieſer Ortlichkeit überhaupt nicht vorhanden oder weit weg waren. So war ich einſt erſtaunt, am hellen Mittag den Ruf des „Whippoorwill“ zu hören, den man doch ſanſt erſt nach Einbruch der Nacht vernimmt. Als ich mich nun genauer umſah, bemerkte ich eine Katzen— droſſel, welche dieſe Laute täuſchend nachahmte. Ein andermal, als ich den dichten Wald am Desplaines durchſtreifte, vernahm ich inmitten eines Dickichts eine Strophe aus dem Geſange des Bobolink und als ich nach dieſem nur auf den baumloſen Wieſen und Prärien vorkommenden Vogel ſuchte, wurde ich die Urheberin dieſer täuſchend nachgeahmten Töne, eine oft zum Boden herab, läßt hier einzelne Töne hören, Katzendroſſel, gewahr. — Meiſt läßt ſie die fremden Laute für ſich hören, ohne ſie in ihren eigenen herr— lichen Geſang zu verflechten. — Wie bei anderen Singvögeln, ſo gilt auch bei ihr die Regel: Nicht alle Männchen ſind Meiſter des Geſanges. Es giebt auch unter den Katzendroſſeln gute und mittelmäßige Sänger, Künſtler und Stümper. Hier im ſüdweſt⸗ lichen Miſſouri (Freiſtatt, Lawrence Co.) hörte ich verſchiedene Katzendroſſeln, die alle unangenehmen Töne abzuändern und zu vermeiden wußten, die nur die ſchönſten Touren fremder Geſänge mit ihrem eigenen Liede verbanden. Ich wurde mehrmals irre, ob die Sängerin eine Katzen- oder Spottdroſſel ſei, denn beide Arten kommen hier in den Gärten ſo zahl— reich vor, daß man eine gutſingende Katzendroſſel ſchon mit einem mittelmäßig begabten Spottvogel verwechſeln kann. In den ſiebziger Jahren hielt ich eine Katzendroſſel im Käfig, die nicht nur einen außer— ordentlich ſchönen eigenen Geſang hatte, ſondern die es auch im Nachahmen fremder Töne mit vielen Spottdroſſeln aufnahm. Sie ließ den Ruf des „Whippoorwill“, Strophen aus dem Liede der Wald— droſſel, die Töne des Erdfinken häufig hören und bildete daraus, mit ihren eigenen Tönen vermiſcht, ein ganz meiſterhaftes Tonſtück. Später, als ich mir ein Pärchen Wellenpapageien!) angeſchafft hatte, ahmte ſie auch das liebliche Geplauder dieſer Vögel nach. Beim Geſange ſetzt ſie ſich faſt immer in die Spitze eines Baumes oder Buſches, begleitet denſelben auch durch mancherlei Bewegungen. Auch das Ge— fieder ſträubt ſie beim Singen, ganz in der Weiſe, wie dies unſer genialer Künſtler auf ſeinem Bilde (Tafel III) wiedergegeben. Sie fliegt auch ſingend 1) Melopsittacus undulatus. flattert ſchließlich ins Dickicht zum Weibchen und er- ſcheint wieder ſingend in der Spitze eines Strauches. Am fleißigſten ſingt ſie morgens in aller Frühe und gegen Abend. In ihrem ganzen Thun und Treiben zeigt ſie wenig Scheu. Sie iſt einer unſerer zutraulichſten Vögel, aber doch weiß ſie vorſichtig und klug die Ver— hältniſſe zu beurteilen. In einem Garten, wo man viele dichte Zierſträucher angepflanzt hat, wo man ſie gerne ſieht, ſie ſchützt und hegt, legt ſie alle Furcht ab, kommt ſelbſt in die Schlinggewächſe der Veranda, in die Gebüſche und Bäume am Fenſter und lugt von hier aus nicht ſelten in die Stube hinein. Ihre an— mutige glatte Haltung, ihre Zutraulichkeit, ihr Ge— ſang, ihr keckes Stelzen mit dem Schwanze, ihre Nützlichkeit müſſen für ſie einnehmen. Sie bringt Leben, heiteres, fröhliches Leben in die nördlichen Gartenanlagen und erſetzt in ihnen die Spottdroſſel. Der Flug iſt ziemlich ſchnell, geſchieht aber meiſt in ſanften Wellenlinien nahe über den Boden dahin. Gewöhnlich vermeidet ſie es, über weite freie Strecken zu fliegen; meiſt fliegt ſie von Buſch zu Buſch, breitet dabei den Schwanz etwas aus und erſcheint dadurch als unbeholfener Flieger. Ihre kurzen Flügel be— fähigen ſie auch läugſt nicht zu einem ſolchen ge— wandten Fluge, wie er den eigentlichen Droſſeln eigen iſt, aber doch hat ſie ſich als Irrgaſt ſchon nach Europa verflogen, wo ſie auf der Nordſeeinſel Helgo— land (am 18. Oktober 1840) von Gätke erlegt worden iſt. Die Nahrung wird meiſt vom Boden, aber auch vom Laubwerk der Büſche und Bäume aufgeſucht. Sie beſteht zum größten Teil aus den verſchiedenſten Inſekten, wie Würmern, Raupen, Larven, Käfern, Tag- und Nachtſchmetterlingen u. a. Der Nutzen, welchen die Katzendroſſel durch die maſſenhafte Ver— tilgung des ſchädlichſten Ungeziefers bringt, kann gar nicht hoch genug angeſchlagen werden. Es iſt aller— dings nicht zu leugnen, daß ſie auch gerne Beeren aller Art und namentlich Kirſchen frißt, aber für eine Beere oder Kirſche vertilgt ſie Tauſende von Inſekten. Ihre Hauptkoſt iſt und bleibt ſtets das ſchädliche Un— geziefer. Letzteres arbeitet freilich mehr im Verbor— genen, ſodaß der oberflächliche, gedankenloſe Menſch die ungeheure Verwüſtung, welche es anrichtet, kaum ſieht. Man ſollte die Katzendroſſel und alle kleinen Vögel auf alle nur erdenkliche Weiſe hegen und pflegen. Der große Nutzen, welchen die gefiederten Sänger bringen, wird ſich bald genug zeigen. Wo . IT HE u — * * Da een. die Vögel fehlen, kann man kaum noch einen gefunden Apfel ziehen; Kirſchen und Weintrauben, Birnen und Pfirſiche ſind wurmſtichig; die Erdbeeren werden angefreſſen und ſelbſt das Gemüſe mißrät meiſt. Die Mahnung: „Schutz den Vögeln“ kann gar nicht eindringlich und oft genug wiederholt werden. — Im Herbſt und auf der Reiſe dienen den Katzendroſſeln neben Kerbtieren auch allerlei wilde Beeren zur Nah— rung. Etwa Ende September ziehen ſie aus dem Norden fort dem Süden zu. Im ſüdlichen Miſſouri ſieht man Mitte Oktober keine mehr. Sie wandern meiſt in kleinen zerſtreuten Geſellſchaften oder einzeln des Nachts. Leider hat dieſer liebliche, wertvolle Vogel viele Feinde. Die Katzen zerſtören viele in Gärten an— gelegte Neſter, und im Gebüſch der Wälder und Sümpfe vernichten Stinktiere, Waſchbären, Opoſ— ſums, Blauheher (Blue Jays) und Schlangen viele Bruten. Namentlich aber iſt es der Menſch, der mancherorts dieſe Vögel haßt und verfolgt. Böſe Buben zerſtören die Neſter und vertreiben die Alten mit Knüppeln und Steinen. Dieſe Mißachtung und Verfolgungswut iſt hauptſächlich in ihrem, vielen Menſchen unangenehmen, katzenähnlichen Rufe be— gründet. Die beſcheidene Färbung, die ich für mein Teil ſehr hübſch und angenehm finde, und der auch keineswegs hübſche Name „Katzendroſſel“ (Catbird) mögen ebenfalls mit Urſache dieſes Haſſes ſein. Die Verfolgungswut iſt leider ein bezeichnender Zug eines großen Teils der amerikaniſchen Jugend. Kaum darf ſich ein Vogel zeigen, ſo wird er auf empörende rohe Weiſe mit Steinen verfolgt. Sobald der halb— müchſige Junge einen Schießprügel tragen kann, geht Die Braundroſſel. 47 es in den Wald auf die Vogeljagd. — Auch der Gärt— ner und Obſtzüchter verfolgt unſern Vogel oft, weil letzterer für ſeine Mühe auch einen kleinen Lohn be— anſprucht. Ein denkender Obſtzüchter pflanzt lieber einige Bäume mehr und gönnt den Inſektenvertilgern gern ihren Anteil. — Sie hat auch zahlreiche Freunde. In vielen Gärten begrüßt man ihr Erſcheinen mit Freuden. Der ſinnige Naturfreund ſucht ſie in feiner Nähe heimiſch zu machen. Für den Käfig eignet ſie ſich ganz vorzüglich, da ſie nicht nur durch ihre Liebenswürdigkeit, ihr zutrauliches Weſen, ihre Ver träglichkeit mit anderen Vögeln, ſondern vornehmlich durch ihren ſchönen Geſang erfreut. Ich habe nur Wildlinge, nie Neſtjunge, gehalten. Sie gewöhnten ſich bald ein und wurden bei liebevoller Pflege recht zahm. Man pflegt fie ganz in der Weife, wie die Spottdroſſel. Katzendroſſel, Katzenvogel. Catbird, Cat Flycatcher (Penn.), Merle Cat- bird, Chat. — Zorzal gato, auf Cuba. Merle à derriere roux (D’Orb.). Namen: Wiſſenſchaftliche Namen: Muscicapa carolinensis L. (1766), Turdus carolinensis Licht. (1823), Orpheus carolinensis Aud. (1839), Mimus carolinensis Gray (1856), Felivox carolinensis Bonap. (1853), Lucar lividus Bartr. (1791), Turdus lividus Wils. (1810), Orpheus lividus Blas. (1862), Turdus ſelivox Vieill. (1807), Orpheus felivox Sw. (1831), Mimus felivox Bonap. (1838), Galeoscoptes carolinensis Cab. (1850). Beſchreibung: Allgemeine Färbung fahl oder ſchiefer— graublau; Krone des Kopfes, Schwanz, Schnabel und Füße ſchwarz; Flügel ſchwärzlich; untere Schwanz— decken und Afterfleck kaſtanienbraun. Weibchen nicht verſchieden. Jungen rußig; die ſchwarze Kopfplatte noch wenig oder gar nicht ſichtbar. Länge 83 bis 9 Zoll. Die Braunoͤrofſel. Brown Thrush, Thrasher. Harporhynchus rufus Ca». Tafel V Vogel 4. * E. iſt ein ſchöner Junimorgen. Im lichten Mor 6” genſchimmer liegt die ebene grasreiche Prärie des nördlichen Illinois vor uns. Die Einförmigkeit derſelben wird nur in der Ferne durch Waldſtreifen Oft muß man meilenweit wandern, unterbrochen. um in ein ſolches Gehölz zu gelaugen, aber ein Gang dahin bietet für den Vogel-, überhaupt für den Natur freund viel Vergnügen und Freude. Auch in der ſcheinbar toten Prärie herrſcht fröhliches Vogelleben. Hunderte von Bobolinks ſchweben ſingend über dem 48 Die Braundroſſel. r T..... d nn Ba ne Grasmeer, Wieſenſtärlinge trillern fröhlich ihren | Walde, in dem dichten Buſchwerk an Fenzen und Morgengeſang, Savannenfinken ſchaukeln ſich, ihr Gefieder glättend, auf emporgeſchoſſenen Stauden, Schildammern zwitſchern unaufhörlich ihre rauhen Töne und erſetzen durch Eifer, was denſelben an Wohlklang abgeht. Auch ein Präriehuhn huſcht hie und da durchs Gras, uns erinnernd, daß die Zeit bald kommen werde, da auch dieſes ſchöne Wildhuhn aus den grasreichen Fluren verſchwunden ſein wird. Die ganze Prärie iſt mit gelben, weißen und blauen Blumen überſäet. Canada !) und Wieſenlilien ?), auf deren ſtarken Stengeln ſich die Weibchen des Bobolink wiegen, erhöhen durch ihre große Anzahl und Farben— pracht den Reiz der feuchten Grasebenen. — Endlich ſind wir am Rande des Gehölzes angelangt. Ein in den Stauden und hohem Gras ſich aufhaltendes Gelb- kehlchen ſingt uns jubelnd entgegen. In den nun folgenden, den Saum des Waldes bildenden Haſel— nuß⸗ und Brombeerſträuchern, Schneeball- und Hart— riegelgebüſchen halten ſich zahlreiche Sommerſänger?) und Indigofinken auf. Von einer einzeln ſtehenden Ulme des Waldrandes erſchallt der laute Geſang des wie eine feurige Kohle aus dem Laube hervorleuchten— den Baltimore-Oriol, deſſen äußerſt künſtliches Hänge— neſt hoch oben im ſchwanken Gezweig vom Winde hin und her geſchaukelt wird. Noch einige Schritte weiter, und wir ſind im eigentlichen Brutgebiete unſerer Braundroſſel und vieler anderer buſchliebender Vögel angelangt. Auf dieſe kleinen Randgebüſche folgen in der Regel dichte, oft mit wildem Wein oder der Waldrebe!) überwachſene wilde Apfelbäume und mit ſcharfen Dornen bewehrte Weißdornbüſche ). Dazwiſchen ſtehen, erſt vereinzelt, dann nach dem Innern zu immer dichter werdend, Eichen, Ulmen, Walnuß⸗ und Hickorybäume, Linden und Eſchen. Da dieſe Gehölze ſich meiſt an Flüſſen und Bächen hinziehen, auch ſtreckenweiſe mit dichtem Untergebüſch bewachſen ſind, ſo drängt ſich in ihnen eine große An— zahl verſchiedenartiger Vögel zuſammen. Sie bilden auch den Lieblingsaufenthalt der Wald-, Rötel- und Katzendroſſel, des prachtvollen roſenbrüſtigen Kern— beißers, mehrerer Vireos, des Wald- und Hauben— tyrannen!), des Rotſchwänzchens!) u. ſ. f. Beſon⸗ ders zahlreich iſt aber die Braundroſſel an derartigen Ortlichkeiten, ohne ſich indes auf fie allein zu be- ſchränken. — Auch in gebüſchreichen Viehweiden am 1) Lilium canadense. ) Lilium superbum. 3) Dendroica nestiva. 4) Clematis virginica. 5) Crataegus punctata und C. Crus- gulli. 6) Contopus virens und Myiarchus erinitus. 7) Setophaga ruticilla. namentlich zahlreich in den Oſagehecken, welche die Felder umgeben, findet man ſie. Ihr Aufenthaltsort ſind immer dichte Gebüſche in der Nähe des Waſſers oder doch nicht allzuweit von demſelben. Je rebenumſchlungener, je dornreicher dieſe Dickichte ſind, deſto lieber werden ſie von ihr bezogen. Als ſchlechter, ſchwerfälliger Flieger iſt ſie an ſolchen Ortlichkeiten vortrefflich gegen ihre vielen Feinde geſchützt und hier findet ſie auch ſtets den Tiſch reichlich gedeckt. Solange unſer Vogel in der Heimat weilt, finden ſich hier Inſekten aller Art in Menge und ſpäter reifen verſchiedene Beeren, ſodaß ſie nie Mangel zu leiden hat. Im tiefen Inneren des Wal— des, in großen Sümpfen und in nur wenig mit Gebüſch und Bäumen beſtandenen Gegenden kommt ſie nicht als Brutvogel vor. In Wisconſin iſt ſie nicht ſo zahlreich wie in Illinois. Im ſüdweſtlichen Miſſouri gehört ſie zu den gewöhnlichſten Vögeln. In Texas beobachtete ich ſie häufig als Wintergaſt, namentlich war ſie an der Buffalo-Bayou bei Houſton, im Gebüſch am Brazos und Colorado und an der Weſt-Negua ein ſehr zahlreicher Wintervogel. Sie lebte hier ſehr verſteckt und zurückgezogen im dichteſten immergrünen Geſträuch. In den vielen ſich auf dem Boden findenden Inſekten und mancher— lei wilden Beeren bietet ſich ihr den ganzen Winter hindurch reichlich Nahrung. Sie entzieht ſich fort— während den Blicken des Beobachters und iſt ſo ſcheu, daß ſie nur ſelten das ſchützende Untergebüſch verläßt. Auch im Brutgebiete iſt ſie ziemlich ſcheu und vorſichtig, brütet auch nur ausnahmsweiſe in Gärten. Wo ſich in letzteren dichte, zuſammen— hängende, aus Zierſträuchern gebildete Dickichte fin— den, ſiedelt ſie ſich gerne an. Wo ſie es haben kann, giebt fie ſolchen Bäumen und Sträuchern, deren Aſte bis zum Boden herabhängen, den Vorzug. Als kräftiger Vogel macht ſie ihr Erſcheinen im Brutgebiete ziemlich früh, im nördlichen Teile des— ſelben ſchon ſicher vor anfangs Mai, aber man wird ſie dann ihrer Zurückgezogenheit wegen ſelten gewahr. „Die Ankunftszeiten dieſer beiden Vögel, der Katzen— und Braundroſſel“, ſchreibt mir Herr Widmann, „liegen, was St. Louis betrifft, weit auseinander. Ich bin gewohnt, die Braundroſſel als einen der erſten Sänger zu begrüßen, wenn die Bäume noch kahl ſind und alles noch recht winterlich ausſieht, während die Katzendroſſel zu denen gehört, welche warten, bis die Bäume und Sträucher grün find. In den Jahren 1879 zund 1880 ſah ich die erſte Die Braundroſſel. Braundroſſel am 29. März, im Jahre 1878 ſogar ſchon am 22. desſelben Monats. Freilich war der Frühling im genannten Jahre außerordentlich zeitig eingetreten, denn am 12. März war dieſelbe Mag— nolie, die ſonſt erſt anfangs April, dieſes Jahr (1881) erſt am 24. April in Blüte kam, ſchon in voller Blumenpracht.“ — Im ſüdweſtlichen Miſſouri, bei | Freiſtatt, in einer Höhe von 1200 Fuß über dem Meeresſpiegel, erſcheint ſie gewöhnlich anfangs April; bis zum 14. April ſind alle in ihren alten Wohn— gebieten angelangt. — Sie ziehen des Nachts paar— weiſe oder einzeln, im Herbſt auch in kleinen Geſell— ſchaften, ſcheinen ſich aber wenig umeinander zu be— kümmern, denn eine jede zieht, ohne Rückſicht auf die andere zu nehmen, ihren eigenen Weg. zuerkannt werden müſſen, Bald nach ihrem Erſcheinen im Brutgebiete läßt ſie von der Spitze eines Baumes oder Buſches herab ihren Geſang erklingen. Zuerſt ſind es nur einzelne leiſe, gleichſam gedämpfte Töne, welche man ver- nimmt. zu wechſeln oder ſo viele und abſonderliche Sprünge und Bewegungen zu machen, wie die Spott- und Katzendroſſel. Es iſt dies nicht der volle, laute Ge— Sie ſitzt dabei ruhig, ohne ihren Platz oft ſang, welchen man ſpäter oft ſtundenlang vernimmt, es ſcheint vielmehr ein Studieren und Einüben zu ſein. Oft unterbricht ſie ſich, hört mit Singen auf, fliegt auf den Boden herab, läuft auf demſelben um— her, um allerlei Würmer aufzuſuchen, kratzt auch in altem, halbvermodertem Laube nach ſolchen und be— ginnt bald darauf wieder von einem anderen erhöhten Sitzplatze aus mit Singen. Einige Tage nach ihrer Ankunft vernimmt man dann den vollen Geſang. Zuerſt erklingt er nur ſelten, ſobald aber der Früh ling mit ſeiner Blütenpracht und lauen Luft ein. zieht, ſobald die Mehrzahl der zarteren gefiederten Sänger aus dem Süden anlangt, erſchallt er von allen Seiten. Einige Wochen lang iſt er dann der auffallendſte und am feurigſten erſchallende Geſang. Er hat alle Eigenſchaften, welche ein guter Geſang haben muß: er iſt voller Gefühl, zuerſt etwas leiſe, flüſternd, ſauft klagend, dann wieder laut, ſtark und voll, überaus reich an Abwechslung und Verſchmel zung der verſchiedenen Strophen ineinander. Wie ein klarer, ſanft rauſchender Strom flutet er dahin. Oft klingt er wie eine ſanfte Klage, wie Sehnſucht, dann wechſeln die Töne plötzlich, ſie werden lauter, voller, lebhafter, ſchmetternder, jauchzender, wie ein Lobgeſang. — Dieſer, namentlich Ende Mai und anfangs Juni im vollen Feuer erklingende Geſang ift | unbeſchreiblich herrlich. Er beſteht ganz aus eigenen b 49 Tönen; nie miſcht ſie fremde Laute ein. Nur der, welcher Gelegenheit hatte, den Tönen der Braun— droſſel in ihrem ſchönen idylliſchen Wohngebiete zu lauſchen, wenn alles ringsumher blüht und grünt, wenn die ganze Natur in Freude und Wonne ſchwelgt und die gefiederte Sängerſchar unbeſchreiblich fröh— liches Leben in das Laub- und Gebüſchlabyrinth bringt, kann ſich einen rechten Begriff von dieſem ſchmelzenden, im feierlichen Andante vorgetragenen Geſange machen. Sie iſt einer unſerer allerbeſten, herrlichſten Singvögel und wetteifert mit Wald-, Rötel-, Katzen- und Spottdroſſel. Ihr Geſang an ſich iſt bedeutend ſchöner als der der genannten Vögel, und ihr würde die Palme ſelbſt vor der Spottdroſſel wenn die Geſangeszeit eine längere wäre. Sie macht ſich durch ihre Töne nur einige Wochen bemerklich, dann vernimmt man ihre Lieder nur noch ausnahmsweiſe. Wenn die Katzendroſſel mit Singen beginnt, hört die Braun— droſſel ſo ziemlich wieder auf. — Während ihrer kur— zen Geſangeszeit iſt die Braundroſſel jedoch eine ſehr fleißige Sängerin. Vom Grauen des Morgens bis nach dem Erglühen der Abendröte, bis der „Whip— poorwill“ ſeine klagenden Rufe ertönen läßt, hört man ſie ſingen. Manchmal kommt es auch vor, daß eine einzelne in mondhellen Nächten ganz leiſe und klagend ſingt. Dieſer, eine ſtille Sehnſucht aus— drückende Nachtgeſang macht während dieſer Zeit, wenn alles ringsumher ſchweigt und im tiefen Schlummer liegt, einen ganz wunderbaren Eindruck. Solche Nachtſänger giebt es aber nur wenige. Häu— figer ſind ſchon ſolche, welche frühmorgens um etwa drei Uhr beginnen, zu einer Zeit alſo, wenn es ſich wieder im Wald und Gebüſch zu regen beginnt, wenn auch die erſten Töne der Wanderdroſſel ertönen und der roſenbrüſtige Kernbeißer ſeinen melancholiſchen lieblichen Geſang durch den ſtillen dunklen Wald hallen läßt. — Beim Singen ſitzt ſie immer frei und oft auch ziemlich hoch in der Spitze eines Baumes, oder auf einem hohen Pfahl oder Telegraphenpfoſten. Ihre Haltung iſt dabei edel und ſtolz; klug und ſelbſt— bewußt blicken die Augen. Wird ſie geſtört, ſo läßt ſie ſich plötzlich bis faſt zum Boden nieder und ver ſchwindet im nächſten Dickicht, oder ſie fliegt nahe am Rande des Gebüſches oder einer Hecke über den Boden dahinſtreichend, einer anderen Stelle zu, nun ihren Geſang von neuem beginnend. Gewöhnlich wetteifern die Männchen eines Reviers von erhöhten Sitzplätzen aus miteinander. Außer ihrem Liede vernimmt man noch häufig D 50 Die Braundroſſel. ihren Lock- und Warnungsruf, der wie „Dju“ oder „Jiu“ klingt, und auch ein ſcharfes, ſchmatzendes oder fauchendes „Tſchät“ laſſen ſie hören, beſonders wenn man ſich dem Neſte nähert. Etwa Mitte Mai ſieht man im nördlichen Illinois das Pärchen oft an Gebüſchen und Hecken dahinfliegen. Eins folgt dem anderen dicht über den Boden dahin. An der rötlichbraunen Färbung der Oberſeite und dem langen, ebenfalls rötlich— braunen Schwanze, ſowie an dem niedrigen, un— beholfen ſcheinenden Fluge ſind ſie leicht zu erkennen. Bei der Wahl des Niſtgebietes finden oft ernſte Kämpfe ſtatt, denn junge Pärchen dringen gern in das an und für ſich ſchon ziemlich kleine Brutrevier alter Vögel ein. Am Ende des Maimonats hat ſich jedes Pärchen einen Niſtplatz gewählt und nun wird auch mit dem Neſtbau begonnen. Das wachſame Männchen duldet jetzt in dem ſcharf abgegrenzten Gebiete kein zweites ſeiner Art. Das verhindert aber nicht, daß ſie ſich gegenſeitig zu Hülfe eilen, ſobald der Angitruf eines anderen, das langgezogene ängſtliche „Tſchiu-uh“ und das ſchmatzende „Tſchät“ erklingt. — In den Bogenholzhecken (Osage Orange), welche die Präriefarmer um ihre Felder angelegt haben und die ſich oft meilenweit an der Landſtraße hin— ziehen, fand ich nicht ſelten auf einer eine (engliſche) Meile langen Strecke fünf bis ſechs Neſter. In dieſen ſtachelichten Hecken ſtehen ſie in einer Höhe von drei bis fünf Fuß vom Boden ſo verſteckt in dem dichten Laubwerk und Geäſt, daß man ſchon genau ſuchen, meiſt die Zweige ſeitwärts biegen muß, um ſie deutlich ſehen zu können. Sie ſind hier auch trefflich gegen Menſchen und Tiere geſchützt, denn man kann, ohne ſich an den ſcharfen Dornen die Hände zu zer— kratzen und das Zeug zu zerreißen, ſchwer zu den— ſelben gelangen. Katzen, Waſchbären, Eichhörnchen und andere vierfüßige Neſterplünderer müſſen von Am häufigſten findet dieſen Bauten fern bleiben. man es an gebüſchreichen Waldesſäumen und in mit Dickichten beſtandenen Viehweiden. Auch an ſolchen Ortlichkeiten baut ſie in der Regel ſehr verſteckt in das Innere von Weißdornbüſchen, wilden Apfelbäumen und mit mancherlei Schlinggewächſen überwucherten Dickichten, oft acht bis zehn, ſelbſt bis zu fünfzehn Fuß hoch vom Boden; gewöhnlich ſteht der Bau | aber nur zwei bis fünf Fuß über der Erde. Im ſüd— weſtlichen Miſſouri fand ich ſogar oft das Neſt auf der Erde in Reiſighaufen oder zwiſchen niedrigem Geſtrüpp. hinter der Freiſtatter Schule, wo täglich mehr als man glauben mußte, dort ſei das Neſt. Eins ſtand ganz dicht an einem Fußpfade fünfzig Kinder oft vorübergingen. Es war, ganz gegen die ſonſtige Gewohnheit dieſes Vogels, in eine kleine Erdvertiefung zwiſchen etwas altes Reiſig gebaut. Das brütende Weibchen war ſo zutraulich, daß man es betrachten oder an ihm vorübergehen konnte, ohne daß es das Neſt verließ. So furchtlos und zutraulich find dieſe ſonſt ſehr vorſichtigen, miß— trauiſchen Vögel aber nur da, wo ihnen Schutz zuteil wird und wo ſie ſich deshalb vollſtändig ſicher fühlen. — Die meiſten Neſter fand ich in den eingangs dieſes Lebensbildes beſchriebenen Waldesſäumen des nörd— lichen Illinois. Nachdem ſich hier das Pärchen ein ziemlich verſtecktes Niſtplätzchen im Dickicht oder im rebenüberſchlungenen wilden Apfelbaum gewählt hat, beginnt das Herbeiſchaffen der Niſtſtoffe. Zuerſt werden grobe Pflanzenſtengel und Halme, wenn es ziemlich frei ſteht, wohl auch dornige Zweige und feinere Reiſer herbeigetragen; dann folgt das eigent— liche, aus Blättern, Halmen, Baſt und feinen Wur— zeln beſtehende, innen mit feinen faſerigen, hellbräun— lichen Wurzeln ausgelegte Neſt. Das Ganze iſt ein umfangreicher, ſtarker, feſt in den Zweigen und Aſten der Sträucher und Bäume angelegter Bau. Die Neſt— mulde iſt ſchön glatt und tief. Das Männchen trägt zum Teil die Niſtſtoffe herbei, während dem Weibchen die Herſtellung des Baues obliegt. Etwa anfangs Juni, im ſüdweſtlichen Miſſouri anfangs Mai, findet man das aus vier bis fünf Eiern beſtehende Gelege. Die der Grundfarbe nach grünlichen oder ſchmutzig weißen Eier ſind über und über ſehr dicht mit feinen braunen Flecken gezeichnet. Ich fand mehrere Gelege, welche jo dicht roſtbraun gefleckt waren, daß man kaum die Grundfarbe erkennen konnte. — Das Weib chen brütet allein, das Männchen hält eine Strecke vom Neſte entfernt Wache. Sobald es Gefahr merkt, läßt es ſeinen leiſen Warnungsruf ertönen, worauf das Weibchen das Neſt verſtohlen verläßt und im dichten Gebüſche davonhuſcht. Mit welcher Klugheit die Braundroſſeln ihr Neſt geheim zu halten wiſſen, mußte ich in früheren Jahren oft erfahren. Kam ich in das Niſtgebiet eines Pärchens, ſo ließ das Männ— chen alsbald ſeinen Warnungsruf hören; das Weib— chen fand ſich bald, indem es durch das dichteſte Ge— büſch über den Boden hüpfte, bei ihm ein. Beide ließen nun in einem beſtimmten Dickicht fortwäh— rend klägliche Angſtrufe hören, flogen im Gebüſch hin und her, hüpften ſchreiend auf und ab, ſodaß Nach langem Suchen fand ich aber nichts und nun merkte ich auch, daß die liſtigen Vögel nirgends mehr zu — — —— t — — —N—— f — — — — - p ne —— —äwQ— ſehen waren. — Findet man aber zufällig den Bau in einem Dickicht, in welchem man ihn nicht zu finden gehofft, ſo ſieht man das Pärchen nicht in der Nähe. Sind aber Junge im Neſte, ſo kommt es voller Angjt und Aufregung herzu und ſchreitet nicht ſelten ſogar tapfer zum Angriff. Klug wiſſen ſie auch die ſchon ausgeflogenen Jungen verborgen zu halten. hungrigen Schreier ſitzen gewöhnlich im dichten Ge— zweig der Dickichte und rufen, ein ſchmatzendes „Tſchip“ ausſtoßend, faſt beſtändig nach Futter. Oft hörte ich dieſe bettelnden Rufe dicht neben oder über mir, aber auf den Warnungsruf des wachſamen alten Männchens verſtummten fie ſofort und die klugen Vögelchen hielten ſich auch ſolange mäuschen— ſtill, bis alle Gefahr vorüber war. Nur zufällig ſieht man hie und da eins ſitzen. — Die Liebe der Alten zur Brut iſt ſehr groß. Katzen, kleinere Raubtiere und Schlangen werden, ſobald ſie ſich in die Nähe des Neſtes wagen, mutig angegriffen und nicht ſelten ſogar erfolgreich in die Flucht geſchlagen. Mit lautem Geſchrei hüpfen ſie im Gebüſch umher, um den Feind vom Neſte hinwegzuſcheuchen. Auch andere Braundroſſeln kommen, durch die Augſtrufe angelockt, herzu, um ſich am Kampfe gegen den Eindringling Dieſe zu beteiligen. — Die Jungen verlaſſen das Neſt oft ſchon, wenn ſie noch nicht vollſtändig befiedert, wenn die Schwung- und Schwanzfedern nur erſt wenig entwickelt ſind. Kommt der Beobachter an ein Neſt halbbefiederter Jungen, ſo hüpfen dieſelben nach allen Seiten hin aus dem Neſte, ſpringen am Boden dahin und verſchwinden im niedrigen Buſchwerk, im Gras und in den Stauden. Wenn man am nächſten Tage wieder an dieſelbe Stelle kommt, ſieht und hört man weder von den Alten noch von den Jungen etwas. Verhält man ſich aber eine Zeitlang ganz ruhig, ſo vernimmt man öfters ein leiſes Locken, die Alten erſcheinen mit Futter und verſchwinden damit im oberen Teile der dichten, verſchlungenen, mit wildem Wein wie mit einem Dache überwachſenen Dickichte. Hier unter dem Laubdache haben die Jun gen ein paſſendes Verſteck gefunden und hier halten ſie ſich auch verborgen, bis ſie die Flügel beſſer ge— brauchen können. — Im Norden wird nur eine, in Süd⸗Miſſouri und anderen gleichweit oder weiter ſüdlich gelegenen Gegenden zwei Bruten jährlich ge— macht. Unbemerkt, meiſt von Dickicht zu Dickicht und im Gebüſch an Bächen und Flüſſen entlang, ziehen die Braundroſſeln etwa anfangs Oktober aus dem Nor— den fort. Als ihre Winterherberge hat man die Die Braundroſſel— 51 Südſtaaten anzuſehen, namentlich die, welche an den mexikauiſchen Golf grenzen. In Texas beobachtete ich fie während des ganzen Winters, vom Dezember bis zum März. Sie halten ſich gewöhnlich in der Nähe des Waſſers auf, wo ſich Dickicht an Dickicht reiht. Beſonders da, wo Magnolien, Stirfchlorbeer, Myrtenhülſen !), dichte Brombeer- und mexikaniſche Maulbeerbüſche, Cherokeeroſen und Schlingpflanzen verſchiedener Art ſtanden, fand ich ſie häufig. Auf dem Boden finden ſich vielerlei Juſekten und deren Larven, und die Gebüſche bieten ihnen als Zukoſt mancherlei Beeren. In Geſellſchaft von Einſiedler— droſſeln, Kronſängern?), Erd-, Buſch- und Kron finfen !) führt fie im dichteſten Buſchwerk ein äußerſt verſtecktes Leben. Sie iſt hier ſo ſcheu und weiß ſich den Blicken ſo geſchickt zu entziehen, daß man ſie nur ſelten gewahr wird. Auch ihren Ruf vernimmt man im Winterquartiere nur ſelten. In Florida über— wintert ſie beſonders zahlreich in den ſogenaunten „Hämmockländereien“. Dieſe beſtehen meiſt aus hohen dichtſtehenden Laubholzbäumen und dichtem immergrünen Untergebüſch, namentlich aus niedrigen Sägepalmen ), Baumheidelbeeren, Stechpalmen, Lor— beer, Stechwinden “), Carolinajasmin !“) u. ſ. f. Der Flug iſt kurz und ſchwerfällig, geſchieht meiſt nahe über den Boden dahin und iſt nur über kurze Strecken hin ausgedehnt. Die kurzen Flügel befähigen ſie auch zu keinem ſchnellen, weiten Fluge. Gewöhnlich fliegt ſie von einem Gebüſch zum andern, wobei ſie fortwährend ihren Schwanz ausbreitet und faltet. Wenn ſie während der Zugzeit weite Strecken zu überfliegen hat, ſo erhebt ſie ſich ziemlich hoch in die Luft, und fliegt dann raſch dahin. Da fie ein jo unbeholfener Flieger iſt, ſo iſt es um jo merkwürdiger, daß fie ſich ſchon nach Europa als Irrgaſt verflogen hat. Auf jener ſchon mehrmals genannten Nordſee inſel Helgoland erlegte fie Gätke im Herbſt 1838. Auf dem Boden ſind alle ihre Bewegungen ge wandt und kräftig, wozu die ſtarken Füße wejentlic) beitragen. Hier läuft ſie in ſchnellen Sprüngen um her, ſchnellt dann auch oft mit dem langen Schwanze. Im alten Laubwerk ſcharrt ſie wie ein Huhn umher. Einen großen Teil ihres Yebens bringt ſie auf dem Boden zu, ſucht von ihm auch ihre faſt ausſchließlich aus Kerbtieren beſtehende Nahrung auf. Sie iſt viel weniger Beerenfreſſer, als alle anderen vorherbeſchrie benen Arten, thut deshalb in Gärten nie Schaden, 3) Pipiloerytlro ) Suba! 1) Ilex myrtifolia. 2) Dendroica coronata., phthalmus, Zonotrichia albieollis und Z. leucophrys. 5) Smilax. 6) Gelsemium sempervirens, | serrulata. ST 8 nimmt kaum eine Kirſche oder Weinbeere hinweg und verzehrt nur im Winter, wenn Inſektennahrung ſpär— lich iſt, auch allerlei Beeren, beſonders ſolche, welche auf oder nahe am Boden wachſen. Es bedarf an dieſer Stelle wohl kaum der Erwähnung, daß die Braundroſſel zu unſeren nützlichſten Vögeln zählt. Ihrer Nützlichkeit, noch mehr aber ihres köſtlichen Ge— ſanges wegen verdient ſie allerwärts Schutz und Hegung. Ihr Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich vom Atlan— tic bis zum Felſengebirge, wo fie noch in einer Höhe von 7500 Fuß angetroffen wird. Nach Norden hin ſoll ſie bis zum 54. Grad nördlicher Breite, bis zum Red River des Nordens, dem Winnepegſee und bis zum Saskatchewan vorkommen. Coues fand ſie brütend bei Pembina, alſo an der Nordgrenze unſeres Landes. Häufig ſcheint ſie indes im nördlichen Teile ihres Wohngebietes nicht zu ſein, denn ich fand ſie im nördlichen Wisconſin ſchon ſehr ſelten, und auch im nördlichen Neuengland hat man ſie nirgends zahlreich Die Braundroſſel. | [ ſingt, kaun ich dahin beantworten, daß ihr Geſang mich vom März bis Auguſt erfreut, d. h. bis die Mauſer anfängt. Sie ſingt laut und anhaltend und macht während der Liebeszeit ganz eigentümliche Be— wegungen, indem ſie mit aufgeblähtem Gefieder, den Schwanz nach Art der Welſchhühner breitend, den Kopf ſenkend mit kurzen Schritten umherläuft. Ob— gleich der Vogel ſich ſonſt nicht anfaſſen läßt, jo weicht er in dieſer Stimmung nicht aus und hört kaum auf angetroffen. Wie weit ſie ſich während der Brutzeit nach Süden hin verbreitet, iſt mit Sicherheit nicht an— zugeben. Wahrſcheinlich brütet ſie vom nördlichen Texas, Louiſiana, Alabama und Georgia nordwärts. Sie tritt nicht allerwärts zahlreich auf, iſt vielmehr hier häufig und anderswo faſt ganz unbekannt. Sie überwintert nicht ſüdlich von Texas und Florida, wird aber am Rio Grande und im fernen Weſten durch eine Anzahl anderer nahe verwandter Arten vertreten. Für die Gefangenſchaft eignet ſich die Braun— droſſel ſehr gut, nur muß man ihr einen großen Käfig auweiſen und es an ſorgſamer Pflege nicht fehlen laſſen. Alteingefangene Männchen bleiben in der Regel ſcheu und ängſtlich, laſſen auch nur bei beſon— ders guter und freundlicher Behandlung ihren vollen, ſchönen Geſang der Freiheit erklingen. Am beſten iſt es, wenn man Neſtjunge heranzieht, da dieſe nicht nur ſehr zahm, ſondern erfahrungsgemäß auch ganz vor— züglide Sänger werden. „Ich habe“, ſchreibt mir Herr Konſul Emil Dreier in Chicago, „viele | Braundroſſeln vom Neſte großgezogen, und faſt alle wurden ausgezeichnete Sänger. Einzelne ſingen ſo laut wie ein Spottvogel und meiner Anſicht nach noch ſchöner.“ So zahm werden vom Neſte aufgepäppelte Junge, daß man ſie ſpäter ohne Schwierigkeit zum Ein- und Ausfliegen gewöhnen kann. Aber auch alt— eingefangene können recht zahm werden. Mein Freund Herr W. Kemmler in Columbus, Ohio, beſaß einen ſolchen Vogel, von dem er mir folgendes mitteilt: „Ihre Anfrage, ob meine Braundrojjel | | I | zu fingen, wenn man ihn erfaßt. Auch wenn er jeinen Geſang ſchon eingeſtellt hat, erhebt er denſelben doch mit größter Regelmäßigkeit wieder, ſobald er mich heimkommen ſieht, hört aber ſofort auf, wenn ich um die Ecke bin. Im Dezember ſchon fängt er wieder an, in leiſen Tönen ſeine Strophen zu ſingen, aber erſt im Februar oder März läßt er ſeinen Ge— ſang auf einmal voll und laut ertönen. Jeden Sonntag, wenn ich acht auf ihn geben kann, darf er aus dem Käfig und eine Zeitlang im Garten umher— fliegen oder laufen, wobei er ſich meiſtens mit dem Fangen von Juſekten und Ausſcharren von Würmern beſchäftigt. Er kommt indeſſen bald wieder allein in ſeinen Käfig.“ Alle Braundroſſeln, auch Wildlinge, zeigen in der Gefangenſchaft ebenſo wie in der Freiheit eine ganz beſondere Zierlichkeit und Anmut in ihren Be— wegungen und ein ſtets glattes, ſchmuckes Gefieder, vorausgeſetzt, daß man ſie verſtändnisvoll und mög— lichſt naturgemäß verpflegt. Die Haltung iſt eine ſo ſtolze, wie ſie ſelbſt der Spottdroſſel nicht eigen iſt. — Meine gefangenen Braundroſſeln, welche in großen Käfigen untergebracht waren, hielten ſich bei dem für alle Inſektenvögel gereichten Spottdroſſelfutter, das mit einem Drittel geriebenen Möhren vermiſcht wurde und bei einer Zukoſt von Obſt und Mehlwürmern ganz vorzüglich. Auch verlangen ſie täglich friſchen Sand und friſches Trink- und Badewaſſer. Namen: Braundroſſel, Dreſcher, Sandſpottvogel, Sichel— ſchnabel, Rotſpötter (Brehm), Heckendroſſel, roter Spottvogel. Brown Thrush, Thrasher, Brown Thrasher, Sand Mockingbird. Ferruginous Thrush (Penn.), Fox-colored Mockbird (Swains.), Ferrug inous Mock- ingbird (Aud.), French Mockingbird. Grive rousse (Le Moine, „Ois. Canad.“ ). Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus rufus (1758), Aud., Wils., Vieill., Bonap., Orpheus rufus Swains. (1831), Orphea rufa Gould (1834), Mimus rufus Gray (1838), Toxostoma rufum Cab. (1847), Harporhynchus rufus Cabanis (1850), Coues, Baird, Allen, Ridgway, Merriam u. ſ. f. Antimimus rufus Sund. (1872). — — ee — —ꝗ ͤ 6er Beſchreibung: Männchen, Weibchen oberſeits einfarbig roſtrot mit Bronzeglanz. Unterſeite weißlich, mehr oder weniger mit bräunlichem Anflug, beſonders an den Seiten und der Bruſt; allerwärts auf der Unterſeite längliche, dunkelbraune Läugsflecken, welche an der Seite der Kehle kettenartig nach dem Unterſchnabel zu laufen; Kehle und Bauch ſind ungefleckt; zwei weißliche Querbinden auf den Flügeln; letztere kurz; Schwanz lang (über 5 Zoll). Schnabel ſchwarz, der Unterſchnabel am Grunde gelb; Füße mattfleiſchfarben; Iris gelb. Länge 11 Zoll. Die mexikaniſche Braundroſſel. Mexican Brown Thrasher. Texas Thrasher. Harporhynchus longirostris Can. Die texaniſche oder mexikaniſche Braundroſſel iſt eine etwas langſchnäbeligere Varietät der vorigen. In der Lebens- und Niſtweiſe unterſcheidet ſie ſich wenig von der eigentlichen Art. Auch die Färbung iſt ſehr ähnlich, doch iſt die Ober— ſeite mehr rötlichbraun anſtatt fuchsrot, die Unterſeite iſt faſt reinweiß mit wenig bräunlichem Anflug. Die Flecken ſind groß, ſehr zahlreich und ſchwärzlich, auſtatt dunkelbraun. Sie kommt beſonders zahlreich am unteren Rio Grande, bei Browusville und von da bis Corpus Chriſti vor und iſt Standvogel. Die unmittelbare Nähe des Menſchen meidend, bewohnt ſie mit Vorliebe dichte ſchattige, und mit ſcharfen Stacheln bewaffnete Kaktus- oder Opuntien-Gebüſche. Nach Sennett, der beſonders das Vogelleben am Rio Grande erforſcht hat, iſt ſie dort faſt ebenſo zahlreich wie die Spottdroſſel, nur hält ſie ſich verborgener. Der Geſang, obwohl nicht ſo laut, erſchien ihm viel lieblicher als der jener. Er fand die Neſter in einer Höhe von vier bis acht Fuß vom Boden, beſonders in Opuntien (Feigenkakteen), Yuccas, Chaparral und ſehr zahlreich im Untergebüſch unter größeren Bäu— men. Nie ſtanden ſie frei, ſondern immer im In— neren, „im Herzen“ der Büſche und Dickichte. Sie waren ſo feſt in die dornigen Sträucher hineingebaut, daß man ſie unbeſchädigt nicht herausnehmen konnte. Der Spottvogel und die Sichelſchnabeldroſſel!) bauen dort ähnliche Neſter und in ähnliche Ort— lichkeiten, ſodaß man die Bauten der drei Vögel weder nach Standort noch Baumaterial voneinander unterſcheiden kann. Die Eier ſind der Grundfarbe nach mattgrünlichweiß, über und über mit feinen, am dicken Ende am dichteſten ſtehenden, bräunlichen Flek— 1) Harporhynchus ceurvirostris. Braundroſſeln. 53 ken gezeichnet. Bei manchen Gelegen iſt die Grund— farbe kaum noch zu erkennen. Ihre Hauptnahrung bilden Iunſekten, dann auch allerlei Beeren, namentlich die des Komobaumes. Namen: Mexikaniſche oder lexaniſche Braundroſſel. Mexican Brown Thrush, Texas Thrasher. Wiſſenſchaftliche Namen: Orpheus longirostris Lafr. IR. Z. 1838, 55. Toxostoma longirostre Cab. Wiegm. Arch. 1847, I. 207. Mimus longirostris Selater P. Z. S. 1856, 294. Harporhynehus longirostris Ca- banis Mus. Hein. 1850. Baird Birds N. Am. 1858, 352 pl. III. B. B. & R. Harporhynehus rufus longirostris Ridgw. N. Am. B. I p. 39. Die Branndroffel des Kap St. Tukas. Saint Lucas Thrasher. Harporhynchus einereus XANTUS. Dieſe Art verdient hier keine beſondere Be— inſel Unterkalifornien, vielleicht auch mehr im In— nern Mexicos, vorkommt. Xautus fand ſie zahl— reich bei Kap St. Lukas, wo ſie die ſandigen, wüſtenartigen, nur mit Kakteen beſtandenen Flächen bewohnt. Die Neſter ſtanden faſt immer in ſtache— ligen Saftpflan zen. Beſchreibung: Die Färbung der Oberſeite iſt aſchbräun— lich; Unterſeite bräunlichweiß, mit ſcharf hervortretenden Weförmigen dunkelbraunen Flecken, die auf der Bruft am größten ſind; Kehle nicht gefleckt; Flügel mit zwei weißlichen ſchmalen Bändern; äußeren drei Schwanz— federn mit einem weißen Fleck auf der Innenfahne. Länge 10 Zoll. Vendires⸗Braundroſſel. Bendire's Thrasher. Harporhynchus BDendirei CobEs. Im Jahre 1872 entdeckte mein hochgeſchätzter Freund, Captain Bendire, dieſe Art bei Tueſon, Arizona, welche nun in der Wiſſenſchaft zu Ehren dieſes tüchtigen Forſchers deſſen Namen trägt. Sie ſcheint ſehr ungleichmäßig verbreitet und nur an be ſonders bevorzugten Ortlichkeiten zahlreicher zu fein. Später fand ſie Henſhaw bei Camp Lowell. In ihrer Lebensweiſe und in ihrem ganzen Thun und Treiben iſt ſie den anderen Braundroſſeln ähnlich. Während die anderen Arten meiſt in den jenem Terri torium ſo eigentümlichen Kakteen niſten, ſcheint dieſe — lieber in Mesquitſträuchern und Bäumen, manchmal dreißig Fuß vom Boden, zu brüten. Die Eier ſind grauweiß, und ſind mit zahlreichen Punkten und Flecken von bräunlicher und lila- oder lavendelartiger Farbe verſehen. Namen: Bendires-Braundroſſel. Bendire's Thrasher, Arizona Thrasher. 54 Die Sichelſchnabeldroſſel— Wiſſenſchaftlicher Name: Harperhynchus Bendirei Coues, Am. Nat. VII, 1873, 330.— B. B. R., N. A. B., III 1874, 500. Coues, B. C. V. 1878, 67-70. Beſchreibung: Ganze Oberſeite einfarbig matt graubraun, Schwingen ſchmal roſtbräunlich gerandet; Unterſeite bräunlichweiß, faſt reinweiß am Bauch und der Kehle; die Bruſt mit zahlreichen pfeilförmigen graubraunen Flecken gezeichnet. Länge 91 Zoll; Flügel 4, Schwanz 41 Zoll. Die Hichelſchnabeloͤrofſel. Curve-billed Thrasher. Harporhynchus curvirostris Ca». ie Sichelſchnabeldroſſel iſt namentlich in Mexico 8 heimiſch, verbreitet ſich aber nördlich bis zum Rio Grande. In der Grenzgegend des ſüdlichen Texas iſt ſie ein ebeuſo häufiger Vogel, wie die Spott— droſſel. Es iſt dies dieſelbe Art, welche ſo oft den Dichter Konrad Krez durch ihren Geſang erfreute, als er während des Bürgerkrieges am Rio Grande ſtationiert war, und von der er ſingt: „Man hört die Droſſel, die mit ſüßem Laut Im Chaparral ſingt, wenn der Morgen graut, Den Ziegenhirten weckend, deſſen Haus Ein Buſch iſt, überſpannt mit Ochſenhaut.“ - Weit ſcheint fie ſich jedoch nicht in das Innere von Texas zu verbreiten, denn ich fand ſie nie bei Houſton und anderen gleich weit nördlich gelegenen Punkten. Man findet ſie mehr im offeneren Waldland, wo dor— nichte Dickichte (ſogenannte Chaparrals) und Kakteen die zerſtreut ſtehenden Bäume umgeben, ferner in den Gebüſchen des Waldrandes und in den Kaktushecken, welche die mexikaniſchen Jacals (Gehöfte) umgeben. Couch und Dr. Heermaun rühmen ihren Geſang als ganz vorzüglich. Sennett beſchreibt die Niſtweiſe ſehr genau. Er fand die Neſter oft ganz in der Nähe menſchlicher Wohnungen, ſelbſt in Außengebäuden, am häufigſten jedoch in den mit furchtbaren Stacheln bewaffneten Opuntien. „Am 10. Mai (1877)“, ſchreibt er, „kam ich an einen Feigenkaktus, der mich durch ſeine Größe in Er— ſtaunen ſetzte. Der Stamm war ſo dick, wie der Körper eines Mannes, und einzelne Zweige waren ſo hoch über mir, daß ich darunter hinwegreiten konnte. Während ich dieſen Rieſenkaktus betrachtete und zu— fällig mit meiner Flinte die Zweige ſeitwärts bog, be merkte ich ganz im Juneren ein Neſt dieſer Droſſel, das vier Eier enthielt. Es ſtand etwa fünf Fuß vom Boden, und obgleich oben ganz frei, war es doch von allen Seiten durch die langen Stacheln der Opuntia geſchützt.“ Die Neſter ſtehen, wie geſagt, faſt immer in Kakteen, ausnahmsweiſe auch in Mesquitſträuchern und anderen dornigen Büſchen. In der Bauart ſtimmen ſie ganz mit Spottvogelneſtern überein, doch ſind fie, laut Dr. Merrill, faſt immer mit gelbem Stroh ausgelegt, was dem Bau ein eigentümliches Ausſehen verleiht. Die drei bis vier Eier ſind der Grundfarbe nach grünlich, ſehr dicht mit feinen braunen Flecken gezeich— net. Wie es ſcheint, unterſcheiden ſie ſich kaum von Braundroſſeleiern. Die Nahrung beſteht größtenteils aus Inſekten. Etwa Ende Mai werden die kleinen ſchwarzen, beeren— artigen Früchte des Komobaumes reif, welche von die— ſen und ähnlichen Vögeln ſehr gern gefreſſen werden. Durch den purpurnen Saft dieſer Beeren färbt ſich das Gefieder au Kehle und Bruſt und am Schnabel hervortretend rot. Namen: Sichelſchnabeldroſſel, Kaktusdreſcher— Curve-billed Thrasher. Wiſſenſchaftliche Namen: Orpheus curvirostris Sw. (1827), Mimus curv. Gray, Toxostoma curvirostre Selat. (1857), Toxostoma vetula Wagl. (1831), Har- porhynchus eurvirostris Cab. (1850). Beſchreibung: Oberſeite einfarbig bräunlichgrau, ganz wie bei der Spottdroſſel, Flügel und Schwanz dunkler und reiner braun; Unterſeite mattweiß mit ockerfarbe— nem Anflug, mit rundlichen bräunlichgrauen Flecken, welche an der Bruſt am zahlreichſten ſind; Kehle fait reinweiß, ungefleckt; zwei weiße Querbinden auf den Flügeln; Schwanzfedern weißgefleckt; Schnabel ſchwarz, Füße dunkelbraun. — Männchen und Weibchen gleich. Länge 11 Zoll. — n * — —— 2 — 8 — — 33 Palmers-Braundroſſel. Palmer's Thrasher. Harporhynchus curvirostris Palmeri Rınaw. Die Heimat von Palmers- Sidel- ſchnabeldroſſel beſchränkt ſich Hauptjüchlich auf Arizona. Dr. Heermann entdeckte fie bei Tueſon. Nach Bendire iſt ſie in ihrem ganzen Thun den andern Braundroſſeln ähnlich. Sie niſtet in Kakteen, Mesquitſträuchern und anderen niedrigen Büſchen. Die Eier (in der Regel nur drei) ſind mattgrünlich— blau, gleichmäßig dicht rötlichbraun gefleckt. — Hen— ſhaw fand fie zahlreich in der traurigen Wüſten— gegend bei Camp Lowell in Arizona, meiſt in Geſell— ſchaft von H. Bendirei und II. cerissalis. Sie bewohnte mit Vorliebe die Ränder der Mesgquit— dickichte, wo man ſie oft auf dem Boden umherhüpfen und nach Inſekten ſuchen ſah. Hunderte von Neſtern fand der genannte Forſcher in „Cholla“- Kakteen, doch waren ſie zu der Zeit (September) leer. Namen: Palmers-Braundroſſel ıc. Wiſſenſchaftliche Namen: Hurporhynchus curviros- Iris Palmeri Ridgw. Befchreibung: Der vorigen ähnlich, doch iſt die Unterſeite mehr grau, roſtfarbig angeflogen. Nur wenn man von jeder Varietät typiſche Exemplare vor ſich liegen hat, ſieht man deutlich den Unterſchied. Die californiſehe Vranndroſſel. California Thrasher. Harporhynchus redivivus Can. Dieſer Dreſcher iſt ein Bewohner Californiens, doch kommt er nicht im ganzen Staate vor, ſondern in der Küſtenregion; dort iſt er jedoch zahlreich. Gambel entdeckte ihn bei Monterey. Später fand ihn Dr. Heermann häufig im ſüdlichen Cali fornien. Ihren Lieblingsaufenthalt wählt ſich auch dieſe Braundroſſel, wie alle Arten der Sippe, in möglichſt dichtem Untergebüſch. Namentlich in Dik— kichten der Bergabhänge trifft man ſie. Dieſe ſind oft ſo dornig, daß man faſt nicht hindurchkommen Braundroſſeln. 55 kann. Sie iſt an derartigen Ortlichkeiten Stand— vogel, denn man findet ſie da jahraus jahrein. Mit dem langen ſichelförmigen Schnabel verſteht ſie es vortrefflich, den auf dem Boden unter altem Laub und Gras verſteckten Inſekten beizukommen. Sie iſt ein ſcheuer Vogel, der ſich nicht leicht beobachten läßt. Neuerdings aber ſcheint auch ſie ſich dem Menſchen mehr anzuſchließen. Der Geſang wird von allen Vogelkundigen, welche ihn zu hören Gelegenheit hatten, ganz außer— ordentlich hochgeſchätzt. Heermann rühmt ihn als eine wahre Flut verſchiedenartiger Melodien und Colonel MecCall redet mit Begeiſterung von dem ſelben. Er ſei ſo außerordentlich lieblich, ſo klar und ſchmelzend, „daß man die Sängerin wohl an die Spitze der zahlloſen Singvögel ſtellen könne, welche die Wälder Amerikas beleben“. Sie ſei ebenſo be ſcheiden und vornehm zurückgezogen in ihrem Thun als vorzüglich im Geſange. Die Niſtweiſe iſt nicht von der anderer Arten verſchieden. Auch ſie wählt zur Anlage des Neſtes ein möglichſt dichtes, oft ſehr ſtacheliges Gebüſch. Mitten in dieſes baut ſie ihr Neſt. Dasſelbe beſteht äußerlich aus Zweigen und Pflanzenſtengeln und iſt innen mit ſeineren Hälmchen und oft auch mit etwas Moos ausgelegt. Die Eier ſind der Grundfarbe nach bläulich oder bläulichgrün, mehr oder weniger dicht bräunlich gefleckt. Ihre Nahrung beſteht hauptſächlich aus In— ſekten, dann auch aus allerlei Beeren, wie ſie ihr Wohngebiet hervorbringt. Namen: Californiſche Braundroſſel, californiſcher Drejcher. California Thrasher. Wiſſenſchaftliche Namen: Harpes rediviva Gamb. (1545), Toxostoma rediviva Gamb. (1547), Harpo- rhynehus redivivus Cab. (1848). Beſchreibung: Nirgends gefleckt. Flügel ſehr kurz, ge— rundet, viel kürzer als der Schwanz. Oberſeite dunkel— olivenbraun; Flügel und Schwanz ähnlich, aber mehr reinbraun; Unterſeite etwas matter als die Oberſeite; Bauch roſtbräunlich; Kehle weißlich; Federn an der Augen- und Ohrengegend ſchwärzlichbraun mit ſcharfen weißen Schaftſtrichen. Iris gelb. Länge 113 Zoll. Der Wuma-Drofeber. 3 Leconte’s or Yuma Thrasher. ie Heimat des Yuma-, Lecontes- oder Wüſtendreſchers erſtreckt ſich über das Colorado- und Gilathal in Arizona und Süd,-Cali— fornien bis hinein nach Sonora. In den Wüſten— gegenden der genannten Gebiete iſt ſeine eigentliche Heimat zu ſuchen. Dort fanden ihn Stephens und Dr. Mearns in den letzten Jahren ziemlich zahlreich. Erſterer traf ihn in der Coloradowüſte Süd⸗Californiens. Die ſüdliche Pacifiebahn führt am nördlichen Rande der größtenteils noch unter dem Niveau des Meeres gelegenen Wüſte entlang. Bei der Station Indio wurde ausgeſtiegen. Einige Eiſen bahnarbeiter und Indianer ſind die einzigen Be— wohner dieſer Gegend. In unmittelbarer Nähe der Station ſtehen kleine Mesquitbäume und andere Sträucher, und einige Meilen nördlich davon befinden ſich Hügel mit mehreren Palmenhainen !). Das Klima iſt ungemein trocken, die Gegend ſehr waſſer— arm. Das Queckſilber des Fahrenheitſchen Thermo— meters erreicht ſchon im April 100 Grad im Schat— ten, und im Juli und Auguſt ſteigt es ſogar bis 130 Grad. Stephens ging am 26. März 1884 zunächſt nach Agua Caliente, einer warmen Quelle, einige Meilen ſüdlich von der Eiſenbahn gelegen. Etwa ein halbes Dutzend Indianer kultivieren an dieſer Quelle einige Aere Land. Das ſich hier findende friſche Grün thut dem Auge ordentlich wohl, nachdem es lange Zeit weiter nichts geſehen als ſtarre Kakteen der Wüſte. Er ſah in der Nähe der Quelle einen Kolibri?) und beobachtete deren ſpäter noch mehrere, fand auch ein altes Neſt der Goldmeiſe ?). Am Morgen des 27. beſuchte er etwa ſechs Meilen von Agua Caliente einen in einem Canon gelegenen großen Palmenhain. In einigen großen Larreabüſchen, ungefähr eine Meile von der Quelle entfernt, hörte er einen Vogel fingen: die Yuma— Braundroſſel. Sie war ſehr ſcheu, ſchlüpfte von dem trockenen Stengel, auf dem ſie ſaß, herab auf den Boden, lief mit emporgerichtetem Schwanz ſchnell 1) Washingtonia filifera, 2) Calypie costae 3) Auriparus flaviceps, Harporhynchus Lecontei BoNAP. davon, und ließ ſich nicht wieder blicken. Ehe er die Palmengruppen erreichte, gewahrte er Gambels-Wach— tel“), die Schopfwachtel?) und die Bergwachtels). Im Palmenhain hatten namentlich Haus— finken“) ihre Heimat. Zwiſchen den Maſſen alter trockener Palmenblätter, die dicht unter den grünen Wedeln um den Stamm hingen, fanden ſich viele Oriolneſter. Es wurden mehrere Palmen erklettert, um dieſe Neſter zu beſichtigen, wobei es ſich heraus— ſtellte, daß ſie ausſchließlich von den ſtarken, hanf— artigen Faſern der Palmenblätter gebaut waren; ſchönere, wärmere Neſter kann man ſich kaum denken. Alle waren an der Unterſeite der vertrockneten Blätter, zwiſchen die ſich vom Winde hin- und herbewegenden Faſern der Blattenden gebaut. Nur eins war an die Unterſeite eines grünen Blattes befeſtigt oder genäht. Es ſtand dreißig Fuß vom Boden und war nicht zu erreichen. Faſt alle waren die flachen taſſenförmigen Neſter des Kapuzenoriols?). Nur eins, größer als die anderen, ſchien vom Yuccaoriol“) gebaut worden zu fein. Keine der Beutelneſter von Bullocks-Oriol“) fanden ſich. Einige der Bauten waren, wahrſcheinlich von einer kleinen Maus, mit Palmenſamen gefüllt. Außer einzelnen Bullocks-Trupialen waren keine Stärlinge zu ſehen. In der Nähe dieſes Palmenhaines, zwiſchen Talg— holzſträuchern und Chollakakteen, und auch in anderen Teilen der Wüſte ſammelte er mit größter Mühe und Anftrengung einige Juma-Braundroſſeln. Die Vögel ſcheinen zahlreich zu ſein, ſind aber außer— ordentlich wild und ſcheu, dazu ſchlau und vorſichtig, dem Boden, auf dem ſie ſich meiſt aufhalten, täuſchend ähnlich und ſehr ſchnelle Läufer, die im Nu zwiſchen den ungeheuer ſtacheligen großen Kakteen verſchwin— den. Hier fand er auch das umfangreiche Neſt in einem Chollakaktus. Es ſtand in der Mitte desſelben, war aber verlaſſen und voller Sand, der vom Winde hineingeweht worden war. 1) Lophortyx Gambeli. 2) L. californicus. 3) Oreortyx pic- tus plumiferus. 4) Carpodacus frontalis. 5) Icterus eucullatus. 6) Icterus parisorum, 7) I. Bullockii ' ur un Die Arizona: Dr. Mearns fand diefe Art, die man ſehr bezeichnend Wüſtendreſcher nennen könnte, in der Wüſte zwiſchen Phönix und Maricopa in Süd Arizona. Er beſuchte dieſe von Bergen eingeſchloſſene Gegend Ende März 1885. Am Fuße der Berge ſtehen wahre Wälder von Rieſenkakteen. Einige Meilen vom Gila paſſierte man eine Schleuſe des Fluſſes, an welcher einige Baumwollpappeln, etwas Schilf und Rohr und grünes Gras ſtand. Das übrige der Landſchaft war vollſtändig graslos; nur Salbeibüſche und Kakteen!) bedeckten den Boden. Dazwiſchen fan— den ſich Flächen weißen Sandes, von dem die Sonne furchtbar heiß zurückſtrahlte. Ein ſeltenes Ziejel?) fand ſich hier zahlreich, und viele weißliche Eidechſen und Hornufröſche bewegten ſich auf dem Boden. Hier im Sande zeigten ſich auch die erſten Lecontes-Dreſcher. Sie liefen mit geſtelztem, auf den Rücken gehaltenem Schwanze umher und waren kaum von ihrer Um gebung zu unterſcheiden. Beide liefen in Zickzack bewegungen faſt ſo ſchnell wie ein Laufkuckuck durch das Strauchwerk und die Kakteen, dabei nur ſelten die Flügel gebrauchend. Mit vieler Mühe gelang es, das Pärchen zu ſammeln. — Namentlich bei Mari copa ſchienen dieſe Dreſcher nicht ſelten zu ſein. Sie ſangen gewöhnlich von der Spitze eines Mesquit— ſtrauches herab ſo laut, daß man es wohl eine Meile weit hören konnte. Nur ſchwer konnte man ſich jedoch dem Sänger nähern. Gewöhnlich verſchwanden ſie, ſobald ſie ſich beobachtet ſahen, im Strauchwerk und Kaktusdickicht. Am eifrigſten ſingen ſie morgens; ſobald die Sonne höher ſteigt, verſtummt der Geſang. Die Arizona— Red-vented Thrasher. Tafel IV. Hein Gebiet unſeres Landes bietet dem Natur rt forſcher und Naturfreund jo viel des Eigen— tümlichen als Arizona. Seine hohen, felſigen, auf dem Kamme meiſt kahlen, erzreichen Gebirge, ſeine wüſtenartigen waſſerloſen Ebenen, die Flußthäler mit ) Opuntia, Echinocereus, Cereus und Echinoeaetus. 2) Sper- mophilus tereticaudus. Nr "oje Braundroſſel. 57 Auch zwiſchen Maricopa und Cafe Grande wurden ſie beobachtet. Am 3. April erreichte der Forſcher einen hohen turmartigen Berg, den Picacho Peak, der ſchon ſeit mehreren Tagen ſichtbar, ihm als Land marke gedient hatte. Hier fand ſich ein wahrer Kaktuswald, beſtehend aus „Sohuaras“ ) und Baum kakteen (wahrſcheinlich Opuntia arborescens). Zwi— ſchen letzteren fanden ſich die Neſter aller drei Wüſten dreſcher. Das der Yuma Braundroſſel ſtand in einem Chollakaktus, etwa ſieben Fuß vom Boden. Ein anderes fand ſich in einem Mesquitſtrauch, ſechs bis acht Fuß von der Erde. Der aus feinen Pflan— zeuſtengeln und Gräſern beſtehende Bau ruhte auf einer Unterlage loſe zuſammengefügter Zweige und war immer mit Gras und einigen Federn ausgelegt. Die Grundfarbe der Eier iſt grünlichblau, mehr oder weniger dicht mit bräunlichen und lavendel— farbenen Pünktchen und Flecken gezeichnet. — Bis jetzt ſind im ganzen etwa zwei Dutzend Exemplare dieſer Braundroſſel geſammelt worden. Namen: Lecontes-, Yumas, Wüſtendreſcher oder -Braun- droſſel. Leconte’s Thrasher, Yuma Thrasher. Wiſſenſchaftliche Namen: Toxostoma Lecontei Lawr. (1851), Harporhymchus Lecontei Bonap. (1854), Har- porhynchus redivivus Lecontei Coues (1872). Beſchreibung: Goues bejchreibt dieſe Art kurz „als eine gebleichte Wüſtenform“ von Harporhynchus redivivus. Oberſeite bleich aſchbräunlich; Unterſeite viel heller; Kehle weiß; Backen und Zügel weißlich, dunkel gefleckt. Iris gelblich. — Größe der vorigen. 2 Vraunoͤroſſel. Harporhynehus erissalis HENRY. Vogel 4. ihrem ſpärlichen Baumwuchs, waren bis in die Gegen— wart hinein der Tummelplatz eines der berüchtigſten Indianerſtämme, der Apaches. Um dieſe im Zaume zu halten, hat man eine ganze Anzahl Forts angelegt. Durch die Armeeärzte und höheren Offiziere ſind wir 1) Cereus giganteus. 58 Die Arizon a— x B namentlich näher mit der Naturgeſchichte dieſes höchſt charakteriſtiſchen Gebietes bekannt geworden. Hier waren Dr. Elliott Coues, Captain Charles Bendire, Dr. Henry einſt thätig. — Das Klima von Arizona iſt heiß und trocken, in der kurzen Winterzeit ſehr abwechſelnd. In den heißen Mona ten ſteigt das Thermometer in den Thälern oft bis zu 120 und 130 Grad Fahrenheit im Schatten. Quellen und waſſerreiche Flüſſe find ſehr ſpärlich. Die Vege— tation der wüſtenartigen Ebenen beſteht faſt nur aus zahlreichen Kaktusarten. Hier iſt die eigentliche Hei— mat des Rieſenkaktus oder der Petehaya )), der nicht ſelten eine Höhe von 60 Fuß erreicht und auf den Neuling einen ganz gewaltigen Eindruck macht. Die übrigen Kakteen, namentlich die Igelkaktusarten (ſo z. B. Eehinoeaetus Wislizenii), Dpuntien und Echino— cereus-Arten zeichnen ſich nicht durch Höhe, ſondern durch ihren großen Umfang und furchtbare Beſtache— lung aus. Auch Nuccas, Agaven und vielerlei ſtacheli— ges Geſtrüpp (Chaparral) findet ſich hier. Nur in den Flußthälern iſt der Pflanzenwuchs üppiger und man nigfaltiger. Trotz des Waſſermangels und der ein förmigen Vegetation iſt doch die Vogelwelt ſehr reich und herrlich vertreten. Verſchiedene Kolibris, Tru piale?) und mehrere andere echt tropiſche Arten fin— den ſich hier. Keine Vögel ſind aber zahlreicher als die verſchiedenen Erdfinken?) und Braundroſſeln ), die man deshalb als die eigentlichen Charaktervögel Arizonas bezeichnen kann. Unter letzteren iſt beſonders die Arizona Braundroſſel (Red-ventel Thrasher, Orissal Thrasher) ein hochintereſſanter Vogel. Da ich dieſe Art nicht ſelber beobachten konnte, jo laſſe ich hier die Lebensbeſchreibung, welche der Armeearzt Dr. E. A. Mearns giebt, folgen *). „Ich traf dieſen Dre ſcher“, ſo berichtet er, „zuerſt am 24. März 1884 etwa fünfzehn Meilen öſtlich von Prescott, als ich von Fort Whipple nach Fort Verde ritt. Als wir des Morgens Whipple verließen, war der Boden mit Schnee bedeckt, aber ein Ritt von wenigen Meilen, wobei wir mehrere hundert Fuß abwärts ſtiegen, brachte uns in ein anderes Klima. Wir ſahen ge legentlich einige dieſer Braundroſſeln in dem zwerg artigen Eichengeſtrüpp, doch ihre Zahl vermehrte ſich, als wir das Verdethal erreichten. „Der Arizona-Dreſcher iſt im ganzen Verde Tiefland häufig und bevorzugt Mesquitdickichte und ) Cereus giganteus. 2) Teterus. 5) Pipilo. 4) Harporhynehus. ) „Auk“, Vol. III, July 1886, No. 3, Pp. 292—299. vaundrojjel. die Nähe des Waſſers zum Aufenthalt. Wir bemerkten ſogleich, daß er einen Geſang von ſehr großer Ausdeh— nung und Lieblichkeit beſitzt, etwa von der Stärke des Spottvogelgeſanges, aber von ſolcher Gleichmäßigkeit und Abwechslung, daß ihn die Spottdroſſel wohl darum beneiden könnte. Er gehört zu den wenigen Vögeln, welche wirklich ſingen und teilt in dieſem Ter— ritorium dieſe ſeltene Gabe mit den drei nächſten Ver— wandten: Bendires-, Palmers- und Lecontes-Braun— droſſel. Der Geſang beſteht nicht aus lieblichen Trillern, ebenſowenig aus einem Gemiſch melodiſcher Töne, wie wir ſie z. B. von dem Spottvogel zu hören gewohnt ſind, ſondern aus reinen, gleichmäßig auf— einander folgenden Klängen, welche er von der Spitze eines der höchſten Büſche herab erſchallen läßt. Er läßt dabei den langen Schwanz gerade ſo abwärts hängen, wie die Braundroſſel des Oſtens. Die Ge ſangeszeit dauert länger als die irgend einer anderen Art, mit welcher ich bekannt bin. Seine ſchönſten Lieder läßt dieſer Dreſcher während der Paarungszeit, im Februar, März und April, hören, ja er ſingt mit Ausnahme zweier Monate, Juli und Auguſt, das ganze Jahr hindurch. In den genannten Monaten erreicht die Hitze ihren Höhepunkt, das Gefieder des Vogels iſt dann gebleicht, faſt weiß, und die Federn ab— getragen und zerriſſen von den dornichten Chaparral— büſchen, zwiſchen und unter welchen er ſeine Nahrung und auch etwas Schutz gegen die heißen Sonnenſtrah— len ſucht. Im Winter genügt der warme Sonnen— ſchein eines Tages, um den vollen Geſang zum Aus— bruch zu bringen, welcher zufällig durch plötzlichen Eintritt von Kälte und Schnee zum Stillſtand ge kommen war. Zuerſt erklingen einige zögernde Töne, die jedoch genügen, uns zu überzeugen, daß er wirklich fingen kann; dann hört man gedankenvolle, etwas flüchtige Laute, bis die tropiſche Sonne ihr Recht be auſprucht und die Paarungszeit herannaht, zu welcher Zeit das harmoniſche Selbſtgeſpräch zu einem heiteren würdevollen Geſange wird, welcher Aufmerkſamkeit und Bewunderung zugleich erregt. Dieſer Dreſcher iſt ein ſcheuer Vogel, der nur ſingt, wenn er ſich allein und ſicher vor Beobachtung wähnt. Anders iſt dies in der Nähe der Rancheros, denn da verliert er ſeine Wildheit ganz und wird recht zahm und zutraulich. Nach der Herbſtmauſer, wenn Beeren, wilde Trauben und andere Nahrungsſtoffe häufig ſind, findet ein merkwürdiges Wiederaufleben des Geſanges, jtatt. Er hat keinen lauten Lockruf, wie die anderen Arten. „Er lebt, wie die anderen Braundroſſeln, ſehr viel auf dem Boden und läuft hurtig von Buſch zu Die Arizona-Braundroſſel. Buſch, oft ſeinen langen Schwanz dabei empor— haltend. Er klettert von Zweig zu Zweig bis in die Spitzen der höchſten Büſche, um zu ſingen, und huſcht durch die dichten, ſtacheligen Dickichte mit überraſchen— der Gewandtheit. Obwohl gewöhnlich ein ſcheuer Vogel, wird er doch zeitweiſe ganz zutraulich. Er macht in der Regel wenig Gebrauch von ſeinen kurzen, gerundeten Flügeln, doch unternimmt er gelegentlich weite Flüge über einen Canon oder ein Thal, indem er ſeine Flügel dann auf ähnliche Weiſe gebraucht, wie Gambels-Wachtel. „Noch vor Ende April wurden junge Vögel be— obachtet, welche bereits gut fliegen konnten und an— ſcheinend ſelbſtändig waren, ein Beweis, daß dieſe Art früh im Jahre brütet. Wie bei den meiſten Vögeln dieſes warmen Klimas, iſt ſeine Brutzeit un— gewöhnlich ausgedehnt. Ich fand das Neſt zuerſt am 3. Juli in einem Salbeiſtrauch nahe am Boden. Es wurde durch das eigentümliche Benehmen des Männ— chens verraten. Das Weibchen ſaß auf drei Eiern, aber es verſchwand überraſchend ſchuell zwiſchen dem Gebüſch auf dem Boden. Ein anderes Neſt wurde am 14. Juli in einer alleinſtehenden Mesquitgruppe entdeckt. Es ſtand auf dem horizontalen Aſte eines großen Mesquitſtrauches, war ziemlich frei angelegt und war wegen ſeines Umfanges leicht zu ſehen. Es enthielt zwei Eier, denen des ‚Robin‘ in der Färbung ganz ähnlich. Dieſes Paar hatte auch noch eine Brut nicht ſelbſtändiger Jungen zu verſorgen. Zwei Tage ſpäter enthielt das Neſt vier Eier. . . . . Das erſte Neſt bei Fort Verde wurde am 18. Februar gefunden. Der höchſte Thermometerſtand war während dieſer Zeit 75 Grad, der niedrigſte 55 Grad Fahrenheit. Das Neſt ſtand ſattelförmig in der Gabel eines Mesquitbuſches, etwa vier Fuß vom Boden und war teilweiſe von den dornigen Zweigen eines benachbarten Strauches geſtützt. Es ruhte auf einer Schicht Reiſig und einem Wall dorniger Zweige; im Inneren dieſer Barrikade ſtand das eigentliche, napfförmige, mit Ausnahme einiger Federn ganz aus Pflanzenmaterial gebaute Neſt. Der hauptſächlich aus feinem ge— bleichtem Gras, Pflanzenſtengeln und Baſt bejtehende | Bau war ſehr warm und kompakt. waren einfarbig blaugrün. . . . . „Der Lieblingsaufenthalt dieſer Braundroſſel ſind gebüſchreiche Ortlichkeiten in der Nähe des Waſſers, Die zwei Eier namentlich in den niederen Thälern, doch ſteigt fie | auch an den mit Eichen beſtandenen Vorbergen bis zu einer Höhe von 5000 Fuß empor und im Herbjt | manchmal noch etwas höher. Das Verde-Thal liegt 59 in einer Höhe von 3500 Fuß über dem Meere und hat ein viel wärmeres Klima als die angrenzenden Meſas und Vorberge, welche im Winter oft mit tiefem Schnee bedeckt find. Obwohl man fie hin und wieder an den mit Schnee bedeckten Bergeshalden ſieht, ſo ſteigen doch die meiſten während des kälteren Wetters bis in die Thäler nieder. Ich habe ſie nach einem Schneeſturm zahlreich am Ufer des Verde Fluſſes geſehen, wo ſie auf dem bloßen Sande nach Nahrung ſuchten. Im Winter kann man ſie in den blätterloſen Bäumen und Sträuchern viel häufiger ſehen; ſie iſt übrigens im Verde-Thal daun auch viel zahlreicher, als im Sommer. „Viele, welche hier überwintern, ziehen hinauf in die Region der Zwergeichen, wo ſie zahlreich brüten, ſofern ſich Waſſer in der Nähe findet. Schon Ende Februar wandern die meiſten in ihre eigentliche Heimat und nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl bleibt zurück. Mitte März haben ſich alle zurückbleibenden ein Niſtgebiet gewählt und ſind mit der Brut beſchäf tigt. In dem angrenzenden Hochlande brütet ſie ſpät im Frühling. Neſter mit friſchen Eiern fanden ſich am Ufer des Big- und Aſh-Creek, in einer Höhe von 5000 Fuß, Mitte Mai. Einige ftanden in Eichenbüſchen, nur eins war in einer ſchwanken Weinrebe, etwa ſechs Fuß vom Boden, augelegt. „Die rotbürzelige Braundroſſel iſt ein Alles freſſer. Sie nährt ſich größtenteils von Beeren und wilden Trauben. Eine Art Weißdorn (‚haw‘) wächſt häufig am Rio Verde und die grünen, roten und endlich bereift-blauen Beeren dieſes Strauches werden gerne von ihr gefreſſen. Inſekten bilden allerdings zu jeder Jahreszeit den Hauptbeſtandteil ihrer Nahrung. „Ich fand dieſen Dreſcher mäßig zahlreich in der Nähe des Fort Mojave im Mai und zwar ebenſowohl auf der Nevada- als auf der Arizona-Seite des Colo rado. Auch in der Nähe der Nadelfelſen (Needles) weiter am unteren Colorado, in Californien, wurde er beobachtet. . . Dr. Palmer fand ihn bei Saint George im ſüdlichen Utah brütend. — Er iſt im Agua Fria-Thale, weſtlich vom Rio Verde, ſehr zahlreich und dieſem entlang bis dahin, wo er ſich mit dem Rio Gila vereinigt. Am Gila beobachtete ich ihn öſtlich bis zu dem Punkte, wo der San Carlos in denſelben mündet. Zwiſchen den traurigen, öden Sandhügeln der Indianer-Reſervation hörte ich viele ſingen. Nördlich traf ich ihn bis zum Tonto Baſin. Andere fanden ihn längs des Gila in New Mexico, aber ich beobachtete ihn weiter öſtlich bei Deming (New 60 Der Waſſerſchwaätzer. Mexico) am trockenen Bette des Mimbres-Fluſſes, Hanz in der Nähe des Punktes, wo die Art zuerſt von Dr. T. C. Henry entdeckt wurde.“ Dieſe Entdeckung fand im Jahre 1858 ſtatt. Im Jahre 1863 erbeutete der durch ſeine zahlreichen Schriften bekannte deutſche Reiſende Balduin Möllhauſen ein zweites Exemplar bei Fort Numa. — Die Art ſcheint faſt in ganz Arizona und von da ſüdlich bis ins Innere Mexicos an geeigneten Ortlichkeiten vorzukommen. Mein Freund, Herr Captain Charles Bendire, fand dieſe Braundroſſel bei Tucſon ziemlich zahlreich. Er entdeckte während der letzten Märzwoche 1872 nicht weniger als ſechs Neſter. „Der Bau“, ſchreibt er, „beſteht äußerlich aus trockenen Zweigen, von welchen manche gut einen Viertelzoll dick ſind; die innere Auskleidung iſt aus trockenen, morſchen Faſern einer Art wilden Haufs oder Asklepias hergeſtellt. In keinem Neſte fand ich Wurzeln, Blätter oder Haare. Die Neſtmulde iſt drei Zoll breit, zwei Zoll tief. Kein Neſt ſtand höher als drei Fuß vom Boden. In zwei Fällen fand ich den Bau in einem dichten buſchigen Dickicht wilder Johannisbeeren (Wild Currant); zwei wurden in einem Eiſenholzſtrauche entdeckt. Die gewöhnliche Zahl der Eier beträgt, ſonderbar genug, zwei (Dr. Mearns fand zwei bis vier und giebt als die ge— wöhnliche Zahl des Geleges drei an). Dieſe ſind ungefleckt, einfarbig emeraldgrün.“ Namen: Arizona- oder rotbürzelige Braundroſſel (N.). Red-vented Thrasher, IIenry's Thrush, Cris— sal Thrasher. Wiſſenſchaftliche Namen: Toxostoma erissalis Henry, Pr. Philadelphia Acad. X, 1858, 117 (New Mexico). Harporhymehus erissalis Brd. Birds N. Am. 1858, p. 350. Atlas 1860 pl. 82. Cooper, Birds Cal. I, 1870, 18. B. B. & R., N. Am. Birds I, 1874, p. 47; III, 1574, p. 500. Coues, Birds Col. Val., 1878, p. 73, lig. 13. Beſchreibung: Oberſeite faſt ganz einfarbig aſchbraun; Unterſeite wie die Oberſeite, nur um eine Schattierung heller und reiner aſchfarbig; untere Schwanzdecken und After kaſtanienrot, daher ſehr kontraſtierend mit der übrigen Färbung. Kehle und Seiten des Unterſchnabels weiß, mit ſcharfen ſchwarzen, in zwei Reihen ſtehenden eckigen Flecken; Backen und Augengegend weißlich ge— leckt. Schnabel ſchwärzlich; Füße dunkelbräunlich; Iris bräunlich ſtrohgelb (nie reingelb). Die Länge beträgt 12 Zoll; Flügel etwa 4 Zoll, der lange Schwanz etwa 6 Zoll; Schnabel 12 Zoll. Weibchen und Junge nach der erſten Mauſer dem Männchen gleich. Sie gehört zu den ungefleckten Braundroſſeln, iſt am kaſtanienbraunen Afterfleck ſogleich kenntlich, ähnlich wie die Katzendroſſel. Sie erſcheint thatſächlich einem rieſenhaften gebleichten Katzenvogel nicht unähnlich. [Es folgen nun eine Anzahl anderer zur Familie der Droſſeln zählender, oder doch denjelben nahe ſtehender Vögel. Der Wafferfchwätzer American Water Ouzel. M. o im Felſengebirge und der Sierra Nevada die Gebirgsbäche brauſend, toſend und 9 über die Felſen ſtürzen, wo ſich in den engen Gebirgsthälern rauſchende Waſſerfälle finden, da lebt jahraus, jahrein als echter Romantiker unſerer Vogelwelt der amerikaniſche Waſſerſchwätzer oder die Waſſeramſel (American Dipper). Das Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich nördlich bis zum Yukon, ſüdlich bis nach Guatemala. Seinen Auf enthalt wählt er ſich immer an klaren, kühlen Ge— Cinclus mexicanus SWAINS. birgsbächen, an Waſſerfällen und Mühlen, ftets in den ſchönſten romantiſchen Gegenden, wo das Waſſer bald mit hellgrünen Cedern bekränzt, bald von den herrlichen Nadelhölzern jener Gegenden eingefaßt iſt, immer aber da, wo das Rauſchen und Brauſen des Gewäſſers ſich mit feinem lauten Geſange miſcht. Reines, klares Waſſer, mit ſteinigem, kieſigem oder felſigem Untergrund, gehört zu ſeinen Lebensbedin— gungen, und er meidet aus dieſem Grunde auch alle trüben Gewäſſer, ebenſo die Flüſſe und Bäche der Ebene, ! "3 E . Der Wafjerihmwäßer. kommt auch nicht an den Gebirgsſeen vor. Nur die Wildbäche und Gebirgsſtröme belebt er; zu ihnen gehört er wie die Felſen, die bemooſten Steine, die dunkelgrüne Ufervegetation und bildet die ſchönſte Zierde des rauſchend und ſchäumend über die Felſen ſtürzenden Waſſers. Er iſt Standvogel, der ſein Wohngebiet faſt nie verläßt; höchſtens ſteigt er an den Gebirgsbächen auf und nieder: im Sommer bis zur Schneegrenze hinauf, im Winter weiter abwärts, aber nie hinab bis zur Ebene. Man ſieht ihn meiſt auf einem mit Moos über— wachſenen Steine des Üferrandes oder auf einem aus dem Waſſer hervorragenden Felsſtücke ſitzen. dürre Aſte und Pfähle wählt er ſich zu feiner Warte, vonwo aus er ſeine Jagd auf Waſſerinſekten betreibt. Auch Einzeln oder paarweiſe bewohnt er ſein Gebiet, nie trifft man mehr als zwei an einer Ortlichkeit. entfalten dieſe Vögel nun vom Morgen bis zum Abend eine regſame Thätigkeit, durchfliegen gelegent— lich das ſchäumende, vom Felſen herabſtürzende Waſ— ſer und laufen trippelnd auf dem Geſtein umher, gehen mit geſtelztem Schwänzchen in ſeichtes Waſſer, bis dieſes, immer tiefer und tiefer werdend, endlich über ihnen zuſammeunſchlägt. Hier im naſſen Element halten ſie ſich oft ziemlich lange auf, ehe ſie wieder zum Vorſchein kommen. Viele Ornithologen behaup— ten, daß die Waſſeramſel auf dem Boden unter dem Waſſer dahin lñaufe. entgegen ſagt aber Maegillivray und mit ihm Coues, dies ſei nicht möglich, da das ſpezifiſche Gewicht des Körpers gerin— ger als das des Waſſers ſei. Nur gleichſam flie— gend fer es dem Vogel möglich, ſich unter dem Waf ſer fortzubewegen, wobei die kurzen Flügel die Stelle der Ruder vertreten. — Dem Eine ganz reizende Schilderung des Vogels giebt an der Außenſeite ſtets benetzt, mindeſtens immer feucht gehalten wird, ſodaß das Moos, aus welchem Brehm in ſeinem „Leben der Vögel“. Er ſchreibt: „Wer dem Treiben des Waſſerkönigs oder Waſſer— ſchwätzers in einem Gebirgsbache zugeſchaut, hat | ſicherlich in ſeinem Herzen eine gelinde Regung von Neid verſpürt. Denn er hat ſehen müſſen, daß ſich der muntere Geſell gerade da am liebſten aufhält, wo es am ſtärkſten ſchäumt und brauſt, ſprudelt und ziſcht, wo die Waſſerfälle donnern und rauſchen. Dort ſitzt er minutenlang ruhig auf einem feuchten, von Waſſerflechten überjponnenen Steine; plötzlich erſpäht er etwas — und im Nu geht's ins Waſſer. Erſt watet er nur; aber das Bächlein nimmt immer mehr und mehr an Tiefe zu; das Waſſer ſteigt ihm bis an den Hals, an den Kopf. Was thut's? Mag Hier | | 61 ebenſo ruhig unter dem Waſſerſpiegel als auf feſtem Lande am Ufer dahin; er fliegt durch den tollſten Waſſerſturz, taucht luſtig in die Tiefe: — und wenn er wieder aus Tageslicht kommt, rollt das an ſeinem Gefieder hängende Waſſer in glitzernden Perlen von ihm herab. Er iſt auf der Erde heimiſch, mit dem Waſſer vertraut, in der Luft bekannt: drei Elemente ſind ſein eigen — er beherrſcht, er bezwingt ſie.“ Wird er geſtört, jo ſtürzt er ſich ſogleich ins Waſſer, und ſelbſt die noch nicht ausgeflogenen Jun— gen retten ſich bei drohender Gefahr ſofort dadurch, daß ſie wie Fröſche in das Waſſer hüpfen. Die oft ſo kalten Wildbäche ſind ſelbſt im Winter ſein Tum— melplatz; er übertrifft hierin die meiſten eigentlichen Waſſervögel, die derartige Ortlichkeiten, des kalten Waſſers wegen, meiden. Die Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus In ſekten. Manche, namentlich Fiſchzüchter, behaupten, daß die Waſſeramſeln auch von kleinen Fiſchen leben. Von dem nächſten Verwandten, der in Europa leben— den Waſſerdroſſel, ſagt Macgillivray: „Ich habe den Mageninhalt einer großen Anzahl Waſſerſchwätzer unterſucht und zwar zu allen Jahreszeiten, habe aber nie etwas anderes gefunden als Zymmeae!), Aneyli?), Coleoptera und Körnchen Kies.“ Auch Baron Eugen von Homeyer hat eine „ſtattliche Reihe von Waſſer— ſtaren unterſucht, aber bei keinem Fiſchreſte gefunden, was doch unmöglich wäre, wenn die Hauptnahrung dieſes Vogels aus Fiſchen beſtände“. Unſere Waſſer— | amfel ſucht ihre Nahrung meiſt von der Oberfläche des Waſſers und vom Geſtein und Moos ab. Nach den Beobachtungen verſchiedener Ornitho logen brütet der Waſſerſchwätzer zweimal jährlich. Immer ſteht das Neſt dicht am Waſſer, oft ſo dicht, daß es von dem ſtaubigen, umherſpritzenden Giſcht es gebaut iſt, anſtatt zu vertrocknen, üppig fortwächſt. „Eins der vollkommenſten und ſchönſten Neſter, welches ich ſah, iſt ein Neſt dieſer Art“, ſchreibt Dr. Coues, „das mir Dr. Hayden nach der Rückkehr von einer ſeiner letzten Forſchungsreiſen zeigte. Es iſt ein eleganter grüner Moosball, fo groß wie der Kopf eines Mannes, iſt ſchön gewölbt und hat einen ſeitlichen Eingang.“ Cooper be— ſchreibt ein ähnliches Neſt, welches zwiſchen den Wur zeln eines großen Lebensbaumess) nahe an einem Mühldamme angelegt war. Es enthielt am 5. Juli 1) Schnecken. Dr. Taſchenberg ſchreibt Zimnaea. 2) Desgleichen. es über ihn wegfließen — ihm gilt es gleich! Er läuft | 3) Arborvitae. 62 Der Waſſeuſchwätzer. Du halbflügge Junge. Die alten zutraulichen, furcht— loſen Vögel waren an das Geräuſch der Mühle und an die Geſellſchaft des Menſchen gewöhnt. Man liebte ſie ſehr und erfreute ſich an ihrem munteren, anziehenden Weſen. Schon einmal hatten ſie in demſelben Neſte im ſelben Jahre eine Brut groß— gezogen. Ein Neſt, welches Holmes in der Nähe des Myſtie Lake in Montana entdeckte, ſtand auf einer Felskante unter einem Waſſerfall. Es war aus Moos gebaut, maß faſt einen Fuß im Durchmeſſer, war ſechs Zoll hoch und wurde durch das ſtaubfeine umher ſpritzende Waſſer an der Außeuſeite beſtändig naß gehalten; innen jedoch war es trocken und warm. Die Vögel mußten, um zu demſelben zu gelangen, gerade durch das herabſtürzende Waſſer fliegen. Stevenjon fand den Waſſerſtar nahe Ber— thouds Paß im Felſengebirge brütend und ſammelte dort Neſt und Eier desſelben. „Es ſtand am Rande eines kleinen Gebirgsbaches. Der Vogel war nicht beſonders wild, hatte auch ſein Neſt nicht weit von einer Sägemühle angelegt, in welcher mehrere Männer beſchäftigt waren, welche täglich den Vogel in ſeinem Thun und Treiben beobachten konnten. Ja, einer der Arbeiter wurde ganz traurig, als er vernahm, daß ich den Vogel geſchoſſen und Neſt und Eier gefammelt | hatte. War es doch eine beſondere Freude für ihn geweſen, täglich nach dem Neſte zu ſehen und die Vögel zu beobachten.“ — So erfreut auch dieſer Vogel das Herz des ſinnigen Menſchen in den wilden Ge birgslandſchaften der Felſengebirge!l Dieſes Neſt ſtand auf einem Schwartenbrett, etwa vier Fuß vom Rande des Waſſers, war äußerlich aus grünem Moos hergeſtellt und innen mit trockenen Halmen ausgelegt. Der Vogel flog oft hinein ins Waſſer, tauchte unter, kam dann wieder zurück ans Ufer und ſchüttelte das Waſſer vom Gefieder ab, wodurch das Moos an der Außenſeite des Neſtes immer feucht und in wachſendem Zuſtande erhalten wurde. Dies wiederholte ſich täg— lich mehrmals und das Neſt nahm nicht nur durch das wachſende Moos an Umfang zu, ſonders es wurde auch dichter und feſter. — Die Eier ſind reinweiß. Der Flug ſoll dem des Königsfiſchers ähnlich ſein. Er geſchieht pfeilſchnell, geradeaus, gewöhnlich in gerader Linie über das Waſſer dahin. Wenn er | auf feiner Warte, einem Steine, Felſenvorſprunge, Baumſtamme oder Pfoſten ſitzt, wippt er beſtändig mit dem Schwanze. Dann erſchallt auch regelmäßig der laute und ſehr abwechſelnde, ſchwätzende Geſang, der ſich in dem Brauſen und Toſen des nieder— ſtürzenden Waſſers verliert. Auch ſelbſt im Winter == läßt er feinen ſchönen Geſang oft genug hören. Es iſt leicht erklärlich, daß dieſer das Romantiſche liebende Vogel ſich die Liebe und das Wohlwollen auch des ge— wöhnlichen, oft rauhen Bewohners jener Gebirgs— regionen erwerben muß. — In Deutſchland hat man in neuerer Zeit gegen die beiden ſchönſten Zierden der dortigen Gebirgsbäche, gegen Waſſerſchwätzer und Eisvogel, eine wirklich unverzeihliche Verfolgung vonſeiten der Fiſchzüchter und Fiſchereivereine in Scene geſetzt und ſelbſt die bedeutendſten Ornithologen vermögen dieſer unſinni— gen Verfolgungswut gegenüber bis jetzt noch wenig auszurichten. Hoffen wir, daß die ſchönſte Zierde der Gebirgsſtröme und Wildbäche, der rauſchenden und brauſenden Waſſerfälle unſerer Felſengebirge und der Sierra Nevada nie durch die Mißgunſt und Feind— ſchaft des Meuſchen zu leiden haben möchte! Namen: Waſſerſchwätzer, Waſſerdroſſel, Waſſeramſel, Waſ— ſerſtar. — American Dipper, Water Ouzel. Wiſſenſchaftliche Namen: Cinelus Pallasii Bonap. Ann. Lyc. N. V. II, 1826, 439. Bonap. Am. Orn. II, 1828, 173, pl. 16, fig. 1. Cinelus mexicanus Swains. Philos. Mag. I, 1827, 308. B. B. & R., N. A. B. I, 1874, 56, pl. 5, fig. 1. — Coues, B. N. W. 1874, 10. — Coues, B. C. V. 1878, p. 84-90, ete. Hydrobata mexicana Baird, B. N. A., 1858, 229, ete. Cinelus americanus, S. & R., F. B. A. II, 1831, 173.— Nuttall, Man. I, 1832, 569. — Audubon, O. B. IV, 1831. — Aud. B. A. II, 1841, 182, pl. 137. Cinelus unicolor Bp., C. Mortoni Towns. Beſchreibung: Männchen und Weibchen im Sommer ſchieferbleifarben, unterſeits heller, auf dem Kopfe ruß— braun. Flügel- und Schwanzfedern rötlich. Augen— lider gewöhnlich weiß. Schnabel ſchwarz. Füße gelb— lich. Länge 6 bis 7 Zoll. Flügel 33 bis 4 Zoll, Schwanz etwa 2] Zoll. Winterkleid: Auf der Unterſeite gewöhnlich heller als im Sommer, indem die Enden der Federn weißlich ſind; auch die Schwungfedern ſind auffallend weiß gerandet. Der Schnabel iſt am Grunde gelblich. Jugendkleid: Je nach dem Alter auf der Unterſeite mehr oder weniger weißlich, häufig matt zimmetbraun angeflogen; die Kehle iſt gewöhnlich faſt ganz weiß; der Schnabel meiſt gelb; die weißen Spitzen der Flügel— federn ſind deutlich wahrnehmbar und in manchen Fällen ſind auch die Schwanzfedern ähnlich. [Das Blaukehlchen, Oyanecula suecia 3REHM (Blue-throated Warbler), ein europäiſcher Vogel, iſt in Alaska und Der graue Stein ſchmätzer, Suxicola oenamthe Becust. (Stone Chat, Wheatear), eben- falls ein in Europa häufiger Vogel, iſt in Grönland, Labrador, Alaska, Nova Scotia, Maine, Long Island und Bermuda als Irrgaſt beobachtet worden. 2 Bluebird. Safe W. Hüttenſänger nennt man dich, blauer Vogel! Weil du, großer Städte Gebäude meidend, Vor den kleinen Häufern des Landmanns gern dein Einfaches Lied ſingſt. Fwanzig Sommer warſt du mein trauter Nachbar. Wenn der Schnee zu ſchmelzen begann, dann kamſt du Mit dem Tauwind, einer der Herolde des Nahenden Frühlings. Wenn ich dann dich hörte bei Tagesanbruch, Hauchte ich ein Loch in den Froſt am Fenſter, Und ergötzte mich an dem Anblick deines Schönen Gefieders. Aber heuer biſt du hier ausgeblieben, Du und alle deines Geſchlechts. Vergeblich Hab ich dich erwartet, dein Weibchen oder Eines der Deinen. Haben Vogelſchinder euch aufgelauert Und euch umgebracht, um mit euren Bälgen Roher und geſchmackloſer Frauenzimmer Hüte zu ſchmücken d Oder iſt die Stadt*) euch zu groß geworden d Hat die ſchrille Pfeife der Dampfmaſchine, Hat der Rauch und Lärm der Fabriken euch das Niſten verleidet d Viel iſt freilich anders geworden, ſeit ich Einen blauen Vogel zum erſtenmale In Wisconſin locken und ſingen hörte, Als ich noch jung war. Auf den ſonſt mit Waldung gekrönten Hügeln Überzieht den Grund nun ein Steinkleeteppich, Der mit weißen Blüten getupft iſt, die von Bienen umſchwärmt ſind. 5 och iſt der Winter nicht vorüber. Eis deckt 6 noch die Flüſſe und Seen, ein weißer Schuce— mantel die Erde. Auf den mit Schnee bedeckten Zweigen jener Tanne wiegen ſich in blutiges Rot ge— kleidete Kreuzſchnäbel. Zarte Goldhähnchen und lär mende Meiſen hüpfen emſig durchs Geäſt. Viele die— ſer nordiſchen gefiederten Wintergäſte machen noch ) Sheboygan. Der Hütten fänger. Sialia siulis HALDEM. Vogel 5 und 6. Wo im Sumpf wohlriechende weiße Cedern, Oder ſchwarze Eſchen geſtanden waren, weiden wiederkäuende Rinder oder Tummeln ſich Fohlen. Aus den glatt gewalzten und ſaubren Feldern Sind die alten Stumpfen ſchon längſt verſchwunden; Schnelle Roſſe ziehen den Pflug anſtatt der Langſamen Ochſen. Spurlos, wie die Schatten der Wolken, ſind des Landes Ureinwohner dahin geſchwunden, Nicht einmal ein Kreis in dem Kaſen zeugt vom Einſtigen Wigwam. Nicht mehr fallen Schwärme von wilden Tauben In die Weizenfelder, die Saat verwüſtend; Korn iſt ficher vor dem Rackuhn, vor Bären Sicher das Ferkel. In ein Gartenfeld iſt der Wald verwandelt, Dörfer ſind zu Städten herangewachſen, Bäche ſind vertrocknet und Flüſſe ſind zu Bächen geworden. Kings um mich herum iſt die Welt verändert, Uenne doch ich ſelber den Grund nicht länger, Wo ich früher jagte, warum denn ſollte Man ſich da wundern, Wenn die Wandervögel den Weg verfehlen, der wenn mein Nachbar, der Büttenſänger, Einen ſtillen Platz für die Brut ſich auf dem Lande geſucht hat, Wo die Luft noch rein iſt, wo Flocken Ruß noch Nicht ſein himmelblaues Gewand beſchmutzen, wo die Nacht noch Nacht iſt und müden Weſen Heilſamen Schlaf bringt. Konrad Krez. keine Anſtalt uns zu veriaſſen. Da erſcheint ganz unerwartet beim erſten Frühlingswehen der lieblichſte aller unſerer gefiederten Gartenbewohner, der Blau vogel oder Hütteuſänger. Er iſt einer der erſten Ankömmlinge aus ſüdlichen Gegenden, ein wahrer Bote des nahenden Frühlings. Bei günſtigem Wetter erſcheint er in den Nordſtaaten oft ſchon an fangs März und manchmal ſogar ſchon Ende Februar. Aber nur zu häufig kommt es vor, daß in den Mona— 64 Der Hüttenſänger. ten März und April noch kaltes Wetter und ſtarker Schneefall eintritt und wochenlang anhält. Der Frühling hat lange zu kämpfen, bis er als Sieger ſeinen Einzug mit lauen Lüften und wärmerem Wet— ter halten kann. Bei Eintritt ſtarken Schneefalls und anhaltend ſtürmiſchen kalten Wetters haben dieſe lieblichen Vögel dann oft die bitterſte Not zu leiden. Gar mancher kommt vor Hunger um. Andere über— ſtehen alle Not glücklich, während die meiſten wieder ſüdlich ziehen, um jedoch bei Eintritt einiger warmer Tage ſogleich wieder in ihrem Wohngebiete zu ſein. Während der kalten Tage, wenn ihnen die Nahrung | knapp wird, klingen alle ihre Töne ſchwermütig, über- aus traurig, faſt wie bittend, doch beim erſten warmen Sonnenſtrahl ſcheint alle Not vergeſſen. Lieblich und fröhlich ertönt jetzt der Geſang. Fortwährend hört man nun das ſaufte Gewirbel, und munter bewegt ſich der Vogel von Baum zu Baum, fliegt herab auf die Erde, flattert dann auf die Zäune und Dächer und laßt dabei faſt unausgeſetzt ſeine, das Herz des finni- gen Menſchen fröhlich ſtimmenden Lieder erklingen. Nachts ſucht er ſich in Baumhöhlungen, Niſtkäſten, ſelbſt in Schornſteinen vor der Ungunſt des Wetters zu ſchützen. Oriol, bei keinem unſerer übrigen Vögel auch nur annähernd beobachtet habe. — Alle Eigentümlichkeiten des Hüttenſängers ſind ſo hervorragend und feſſelnd, ſo einzig in ihrer Art, alle ſeine Bewegungen ſo an— mutig und lieblich, ſein ganzes Weſen ſo zutraulich und furchtlos, ſein Geſang ſo melodiſch und gemüt— voll, ſein Gefieder ſo prächtig gefärbt, daß man wohl die Liebe und das Wohlwollen des naturfreundlichen Menſchen gegen ihn, die Sehnſucht, mit welcher er noch vor dem Beginn des Frühlings erwartet wird, begreift. Man wird ſeiner nie müde und überdrüſſig, und man ſollte meinen, daß auch der gemütsärmſte, ſprödeſte Menſch gegen dieſes reizende, liebliche Ge— ſchöpf Liebe und Zuneigung gewinnen müßte. Aus meiner frühen Jugendzeit kann ich mich noch deutlich erinnern, wie in meinem Heimatsſtaate Wisconſin ein Pärchen jahrelang in einem etwa zwölf Fuß hohen alten Baumſtumpf der Landſtraße, ganz in der Nähe unſeres Gartens, brütete, und mit welcher Sehnſucht ich jedes Jahr die Ankunft des Pärchens erwartete. So lieb wurde mir der Hütten ſänger, daß ich ihn, als ich ſpäterhin jahrelang in Städten wohnte, faſt be— Das Männchen erſcheint einige Tage früher als | das Weibchen. Der Zug findet des Nachts ſtatt, denn man ſieht die Heimgekehrten immer zuerſt mor— gens in ihrem Wohngebiete, wo am Abend vorher noch nicht ein einziger zu bemerken war. Sofort nach ſeiner Ankunft läßt er ſeinen angenehmen, lau- ten, wirbelnden Geſang vernehmen. Fröhlich wird ſeine Heimkehr von jung und alt begrüßt. Gar manche Landleute haben zweckentſprechende Niſtkäſten auf Bäumen und Pfoſten befeſtigt und dieſe werden nun zunächſt in Augenſchein genommen. Während das Weibchen in der Nähe auf einem Baume ſitzt, be giebt ſich das Männchen auf die vor dem Flugloche des Brutkäſtchens angebrachte Sitzſtange und lugt hinein, immer ſeinen wirbelnden Geſang dabei erklin— gen laſſend. Dann ruft es mit den zärtlichſten Tönen auch das Weibchen herzu, umhüpft es mit in flatternder Bewegung gehaltenen Flügeln und ſchlüpft endlich in das Käſtchen. Nachdem es einige Augen blicke in demſelben verweilt, begiebt ſich auch das Weibchen hinein. Man kann ſich kaum ein reizen— deres, lieblicheres, feſſelnderes Bild denken, als ein Pärchen dieſer prachtvollen, munteren, fröhlich ſin— genden Vögel am Niſtkaſten! Das Mäunchen zeigt eine ſo rührende Sorgfalt, eine fo zärtliche Liebe gegen die Genoſſin, wie ich ſie, außer beim Baltimore ſtändig im Käfig hielt und nie längere Zeit ohne feine — Geſellſchaft recht fertig werden konnte. Jedes Jahr kehrt das Pärchen, wenn ihm kein Unfall begegnet, ins alte Wohngebiet zurück und brütet in der Regel auch wieder in derſelben alten Baumhöhle, in demſelben hohlen Pfoſten oder Niſt— kaſten, in welchem es ſchon früher ſeine Eier unter— gebracht und ſeine Nachkommenſchaft großgezogen. — Sein Lieblingsaufenthalt ſind Obſtgärten und Baum— pflanzungen in der Nähe des Menſchen, vorausgeſetzt, daß ſich hier paſſende Niſtkäſten vorfinden. Sonſt ſiedelt er ſich in allen mit Feld und Wald abwechſeln— den Gegenden an, namentlich an Waldrändern, wo es viele von Gold- und Rotkopfſpechten gezimmerte Baumhöhlungen gieht. Im waldreichen Wisconſin beobachtete ich ihn viel zahlreicher als in den Prärie— gegenden von Illinois, welche in der Regel nur von ſchmalen, ſich an Flüſſen und Bächen hinziehenden Streifen Waldes beſtanden ſind. Intelligente Far— mer, welche die außerordentliche Nützlichkeit der Vögel zu ſchätzen wiſſen, Vogel- und Naturfreunde, ſuchen ihn in den Gärten der Prärie oft durch auf Obſt⸗ und Zierbäumen angebrachte Brutkäſten an ſich zu feſſeln. In der Präriegegend bei Freiſtatt im ſüd⸗ weſtlichen Miſſouri waren jedes Jahr faſt alle für die Blauvögel beſtimmten Niſtkäſten meines Gartens und des unmittelbar daranſtoßenden Waldrandes bewohnt, ſodaß ein Pärchen oft nicht mehr als hundert Schritte | | | | 5 AMPELIS CEDRORUM Gray. PARUS BICOLOR Limn. SAYORNIS PHOEBE Stejn. HARPORHYNCHUS RUFUS Cab. SIALIA SIALIS Haldem. 8 » Y - = MELOSPIZA FASCIATA Scott. CEDERVOGEL HAUBENMEISE HAUSPIWI BRAUNDROSSEL HÜTTENSÄNGER ‚BLAUVOGEL * * SINGSPERLING Cedarbird. Tufted Titmouse. Phoebe. Brown Thrasher. Bluebird (male). > (female) Song Sparrow. von dem andern entfernt brütete. In Texas iſt er Standvogel, gehört aber dort zu den ſelteneren Vögeln, iſt auch längſt nicht fo zutraulich und men- ſchenfreundlich als im Norden. In den Orangen— gärten Floridas dagegen ſcheint er ſich recht heimiſch zu fühlen, denn ich beobachtete ihn in dieſen zahlreich. Das Innere des Waldes meidet er, und ebenſo— wenig brütet er in dicht beſiedelten Ortſchaften und Städten. Im Norden beginnen die meiſten Pärchen anfangs Mai mit dem Neſtbau, im ſüdweſtlichen Miſſouri anfangs April und in Texas und Florida ſchon Ende Februar. Im Norden werden gewöhnlich zwei Bruten, weiter ſüdlich oft ſogar drei jährlich gemacht. — Zur Anlage des Neſtes benutzt der Blau— vogel immer ſchon vorhandene Höhlungen, in un bebauten Gegenden mit Vorliebe verlaſſene Specht löcher und in Ermangelung dieſer auch hohle Stum pfen, Pfoſten und Aſtlöcher. beſiedelten Landesteilen werden immer am liebſten Niſtkäſten angenommen und wo dieſe fehlen, wählt er ſich hohle Fenzpfoſten und Stumpfen mit dem Ein— gange von oben, oder irgend einen hohlen Riegel der Riegelfenzen mit ſeitlichem Schlupfloche, zur Anlage des Neſtes. Durch zweckentſprechende, auf Bäumen angebrachte Brutkäſten kann man dieſe lieblichen Vögel allerwärts in den Gärten heimiſch machen. — Hat ſich das Pärchen nach langem zwitſcherndem Be— raten endlich eine paſſende Höhlung gewählt, ſo wird fleißig Niſtmaterial, beſonders Baſtfaſern, Heuhalme, manchmal auch einige Federn, eingetragen und daraus das mit wenig Kunſtſinn verfertigte Neſt gebaut. Die vier bis fünf, manchmal auch ſechs Eier ſind einfarbig hellblau. Bei Houſton in Texas fand ich im Frühling 1880 ein Gelege reinweißer Eier. Die Jungen ſchlüpfen nach zwölf- bis dreizehntägiger Bebrütung aus. Mäunchen und Weibchen ſcheinen ſich gleich— mäßig am Neſtbau zu beteiligen, dem letzteren liegt jedoch allein das Ausbrüten der Eier ob. Es wird. während der Brütezeit jedoch vom Männchen oft gefüttert. — Während das Weibchen brütet, entfernt ſich das Männchen nie weit vom Neſte, kommt oft mit erbeuteten Inſekten herzugeflogen, ſitzt vor dem Schlupfloch, oft ins Innere lugend und dem Weibchen ſeine ſchönſten Weiſen vorſingend und dabei die Flügel in flatternder, zitternder Bewegung haltend. Ein im Garten, ganz in der Nähe einer Wohnung brütendes Pärchen Hüttenſänger bietet ein idylliſches, anziehen des, liebliches Familienbild dar und gewährt dem ver— ſtändnisvollen Beobachter durch ſein ganzes Thun und Treiben die ſchönſte Unterhaltung und viele Der Hüttenſänger. 65 In den ſchon längft | 0 Freude. In noch höherem Grade iſt dies der Fall, wenn die Jungen den Eiern entſchlüpft ſind. Dann beginnt auch für das zärtliche, fürſorgliche Männchen die eigentliche Arbeit. Den ganzen Tag iſt es nun in regſamer Thätigkeit; faſt jede Minute fliegt es mit Kerbtieren herzu, um Weibchen und Junge zu ätzen. Dank der guten Pflege wachſen dieſe ſchnell heran. Wenn dieſelben ein Alter von vier bis fünf Tagen erreicht haben, verläßt auch das Weibchen längere Zeit das Neſt, um die hungrigen Sprößlinge mit füttern zu helfen. Es iſt thatſächlich ſtaunens— wert, welche Menge von Würmern, Fliegen, Raupen, Nachtſchmetterlingen, Käfern und anderen Inſekten nötig find, um den Hunger der Jungen zu befriedigen. Fortwährend fliegen die Alten ab und zu, faſt jede Minute wird irgend ein Inſekt herbeigetragen. So geht es fort vom früheſten Morgen bis zur Abend— dämmerung. Gerade neben meiner Wohnung im ſüdweſtlichen Miſſouri befand ſich ein in einer jungen Eichengruppe angebrachter Brutkaſten und in dieſem niſtete ein Hüttenſängerpärchen. Es war von der Veranda des Hauſes nur etwa fünf Schritte ent— fernt, ſodaß ich ohne Mühe alle Vorgänge am Neſte beobachten konnte. Gerade in dieſer Baum— gruppe hatten die Kinder ihren Spielplatz. Eine viel benutzte Hängematte fand ſich ebenfalls hier. Das Pärchen Blauvögel und ebenſo ein Garten— oriol-Pärchen, das ſein Hängeneſt in einer kleinen dichten Eiche hatte, ließ ſich aber weder durch den Lärm und Jubel der Kinder, noch durch die ſich hin- und herbewegende Hängematte im geringſten ſtören. Gerade damals, als ich dieſe Skizze ſchrieb (am 12. Mai 1886), befanden ſich Junge im Neſte. äſſi Kamen ſie mit dem Schnabel voll Futter, ſo ſetzten ſie ſich erſt auf die Spitze oder in die Seitenäſte eines Baumes, hielten ſorgſam Umſchau und flogen dann hurtig auf das Sitzhölzchen des Niſtkaſtens, von hier aus fütternd. Dann wartete der Vogel einen Augenblick und ſchlüpfte endlich hinein, kam aber ſogleich wieder mit den Exkrementen des ſoeben gefütterten Sprößlings heraus, flog damit eigentümlich flatternd und unſicher eine Strecke weit und ließ ſie fallen. Dann eilte er auf den nächſten Baum oder Zaun, um ſich den Schnabel abzuwetzen. Das Pärchen verhielt ſich in der Nähe des Neſtes ganz ruhig, ließ keinen Laut hören und nahte ſich demſelben nur verſtohlen, um es nicht zu verraten. Werden die Eier oder Jungen von Eichhörnchen, Schlangen oder anderen Feinden geraubt, dann iſt es 9 66 0 wahrhaft rührend, mit welcher Traurigkeit das Pär— chen tagelang die alte Niſtſtätte umfliegt. Alle Töne klingen jetzt unbeſchreiblich wehmütig. Oft er Hüttenſänger. wird jedoch dieſelbe Höhlung wieder für die folgende | Brut benutzt, beſonders wenn es an paſſenden Niſt— ſtätten fehlt; oft genug verläßt aber das Pärchen nach ſolchem Unglücksfall die Ortlichkeit ganz. Sind die Jungen der erſten Brut glücklich ausgeflogen, ſo folgt nach kurzer Zeit, noch ehe dieſelben ganz ſelb— ſtändig geworden ſind, eine zweite, manchmal auch noch eine dritte. Während das Weibchen zum zweitenmal brütet, verſorgt und führt das Männ— chen die ausgeflogenen Jungen. Es iſt ein ungemein feſſelndes Bild, wenn das Männchen die vier bis fünf oder ſechs bettelnden Jungen in der Nähe des Brut— | Heimat, find ſcheu, ſehr ängſtlich und argwöhniſch und laſſen nur ſelten einen Laut von ſich hören. Ihre Nahrung beſteht während des Winters aus allerlei Inſekten und, wenn dieſe ſpärlich ſind, auch aus Beeren. — Im Brutgebiete verzehrt der Blau— vogel faſt nur Inſekten, die er meiſt vom Boden auf— ſucht. Beſonders ſind es Erdwürmer, Raupen, Heu— ſchrecken, Heimchen, Käfer, Tag- und Nachtſchmetter— linge und Schnecken, welche ihm zur Nahrung dienen. Auf der Erde läuft er nicht droſſelartig umher; er bleibt vielmehr auf einer Stelle ſitzen, bis er dieſelbe durchſucht hat, dann begiebt er ſich ſpringend auf eine häuschens mit Futter verſorgt! Selbſt wenn die Jungen der zweiten Brut den Eiern bereits ent— ſchlüpft ſind, betteln die mittlerweile vollkommen ſelb— ſtändig gewordenen Jungen der erſten Brut noch um Atzung. Findet endlich die dritte Brut ſtatt, ſo ſchlagen ſich die Jungen der erſten Bruten mehrerer in derſelben Gegend angeſiedelter Hüttenſänger zu Flügen von dreißig bis vierzig Stück zuſammen und ſuchen die benachbarten Viehweiden und Felder auf. In Wisconſin ſah ich ſtets im Auguſt und September ſolche Geſellſchaften, namentlich in brachliegenden, mit hohen Königskerzen!) beſtandenen Feldern, leichten aber langſamen, oft ziemlich hohen, ſchwebenden, zögernden Fluges umherſtreifen. Häufig ließen ſie ſich auf dieſen ſtockartigen Pflanzen nieder, dabei fort— während traurig klingende, ſchwermütige Töne, etwa wie „Duwieh“ oder „Du-weh-weh“ ausſtoßend. Gewöhnlich im September und Oktober geſellen ſich auch die Jungen der letzten Brut und die Alten hinzu, ſtreifen in ſehr loſen, über ein großes Gebiet zer— ſtreuten Geſellſchaften noch eine Zeitlang, bis etwa Mitte Oktober, in der Gegend umher und ziehen dann bei Eintritt kalten Wetters ſüdlicher, mit melan— choliſch klingenden Tönen von der Heimat Abſchied nehmend. Manche überwintern ſchon in den Mittelſtaaten, die meiſten wählen jedoch die an den Golf von Mexico grenzenden Südſtaaten zu ihrer Winterheimat. Hier trifft man fie in großen Flügen auf Baumwollens, Zuckerrohr- und Maisfeldern und an Waldesſäumen. In großer Anzahl traf ich ſie in den Monaten No— vember bis Februar im ſüdöſtlichen Texas. In der 1) Verbascum Thapsus; engl. Mullein. andere Stelle, um es hier ebenſo zu machen. Fliegt gerade ein Inſekt an ihm vorüber, jo fücht er das— ſelbe laufend oder flatternd zu erhaſchen. Wir ſehen, der Hüttenſänger vereinigt nur gute, keine ſchlechten Eigenſchaften in ſich. Schon die erſten Anſiedler Neuenglands fühlten ſich zu dem reizenden Vogel hingezogen. Sein ganzes Weſen, ſein Thun und Treiben erinnerte ſie an das geliebte Rotkehlchen ihrer engliſchen Heimat und ſie naunten ihn darum auch „blaues Rotkehlchen“ (Blue Robin). Es ſcheint mir der Wahrheit gemäß, wenn man be— hauptet, daß keiner unſerer gefiederten Sommergäſte ſich einer ſolchen allgemeinen Beliebtheit erfreut, als gerade er. Dann erſt folgt die Spottdroſſel, im Norden die Wanderdroſſel, der Kardinal, der Bobo— link, der Feuertrupial oder Baltimorevogel. Das ſind die Lieblinge des gewöhnlichen Volkes, der Liebhaber, der Kenner, der Forſcher fügt ſelbſt— verſtändlich dieſen noch eine große Anzahl anderer Arten hinzu. Zu des Hüttenſängers Beliebtheit trägt zunächſt feine harmloſe Zutraulichkeit dem Menſchen gegenüber, ſodann fein anmutiges liebliches Weſen und ſein häufiges Vorkommen, ſchließlich auch ſeine eigentümliche Farbenpracht viel bei. Auf dem Rücken des Himmels Atherblau, auf der Unterſeite der Erde bräunliches Gewand! Welcher unſerer Vögel hätte eine ähnliche auffallende Farbenzuſammenſtellung auf— zuweiſen? Keiner unſerer gefiederten Gartenbewohner zeigt eine ſolche Anhänglichkeit an den Menſchen, wie er. Er iſt in der That zum halben Hausvogel ge— worden. Wenn im Urwalde das einfache Blockhaus des Anſiedlers entjteht, fo iſt er es, der, von Stumpf zu Stumpf fliegend, ſeine Lieder ſingt. — Wie kaum ein anderer Vogel, verdient er auch die Liebe und das Wohlwollen des Menſchen im höchſten Grade. Fremde benehmen ſie ſich ganz anders als in der Vertreibt man die Spottdroſſel, den „Robin“, den wie ein glühendes Flämmchen im grünen Gelaube der Bäume leuchtenden Baltimore-Oriol nur zu oft aus Der Hüttenfänger. den Gärten, weil fie hie und da auch Beeren, Kirſchen und Trauben als wohlverdienten Lohn für ihre Mühe und Arbeit beanſpruchen, den Blauvogel kann man nie beſchuldigen, daß er ſich in dieſer Hinſicht Über griffe zu Schulden kommen läßt. Er wird nie und auf keinerlei Weiſe ſchädlich; ſein Nutzen, den er durch das Vertilgen eines großen ſchädlichen Inſektenheeres bringt, iſt dagegen ganz unberechenbar. Mit bewundernswerter Zähigkeit hält der Blau vogel an dem einmal gewählten Niſtgebiete feſt. Eiferſüchtig wird jeder andere derſelben Art aus dem | Brutreviere vertrieben. Oft geraten zwei Männchen dann ernſtlich aneinander, und bei ſolchen Raufereien kommt es manchmal vor, daß ſie ſich ſo feſt ineinander verbeißen und mit den Krallen feſthalten, daß ſie aus der Luft herab auf den Boden wirbeln, wo man ſie dann ohne Mühe greifen kann. Das wachſame Männchen greift jeden Feind tapfer an, der ſich an das Neſt heranwagt. Wenn ich als kleiner Knabe das Neſt unterſuchte, flogen mir die Alten nicht ſelten mutig ins Geſicht. — Durch ſeine furchtloſen Angriffe verſcheucht er manchen Feind vom Neſte. Ich be— obachtete oft, wie es der ſchlimmſte Neſterplünderer unſerer Vogelwelt, der Blauheher (Blue Jay), ver— ſuchte, Eier und Junge aus den Brutkäſten zu rauben. Schon befand ſich der Räuber vor dem Flugloche. Da erſchienen plötzlich die alten Blau— vögel und griffen ihn ſo mutig und nachdrücklich an, daß er ſchreiend in den Wald floh. — Ein noch ſchlimmerer Feind iſt der in der Nähe der Städte ſchon ungemein zahlreich vorkommende europäiſche Sperling. In dem Maße wie ſich dieſe Vögel ver— mehren, in demſelben Maße nehmen die Hüttenſänger und auch andere einheimiſche Vögel an Zahl ab. Bei Chicago, wo der Spatz ſich ſchon ins Ungeheure vermehrt hat, ſah ich faſt unzähligemal, wie ſie die Bruthäuschen, welche ehedem die lieblichen Blauvögel inne hatten, für ſich in Auſpruch nahmen. Selbſt wenn ein ſolcher Niſtkaſten ſchon von den rechtmäßigen Eigentümern wochenlang bewohnt wurde, drangen dieſe Proletarier erſt paarweiſe auf die ſchon brütenden Blauvögel ein, wurden aber von dieſen gewöhnlich mutig aus der Nähe vertrieben; dann erneuerten ſie jedoch ſcharenweiſe ihre Angriffe, ſodaß endlich die Hüttenſänger nach tapferer Gegenwehr doch der Über- macht weichen und das liebgewordene Heim räumen mußten. vereinzelt da, ſie werden vielmehr durch die aller unſerer Ornithologen beſtätigt. Thatſache iſt es, daß gegenwärtig da, wo die Sperlinge ſchon zahlreich ſind, 67 was namentlich in der Nähe großer Städte der Fall Dieſe meine Beobachtungen ſtehen nicht iſt, kaum noch Blauvögel brütend angetroffen werden. Früher niſtete gar manches Hüttenſängerpärchen im ſchönen Lincoln Park am Seeufer der Nordſeite Chi— cagos. Herr De Vry, der Superintendent desſel— ben, ein großer Naturfreund und Beſchützer der Vögel, hatte an verſchiedenen Stellen Niſtkäſten an— bringen laſſen. Heute ſieht man dort keine mehr. Seitdem der Spatz ſich, dank der ihm gewordenen Pflege, ins Ungeheure vermehrt hat, ſind ſie ver— ſchwunden. Wo früher der ſanfte wirbelnde Geſang des Hüttenſängers erklang, hört man heute nur noch das unſchöne „Schilp“ des Sperlings, dieſes „Anar— chiſten der Vogelwelt“. Herr H. Baumgärt— ner, ein ebenſo großer Vogel- als Blumenfreund, teilte mir kürzlich mit, daß trotz des zahlreichen Vor— kommens der Spatzen, jedes Jahr ein Hüttenfänger- pärchen in ſeinem mitten in der Stadt Milwaukee ge legenen Garten brüte. Nach mancherlei Verſuchen habe er gefunden, daß die Sperlinge Niſtkäſten, in denen nur ein Flugloch, aber kein Sitzhölzchen unter demſelben angebracht ſei, nicht annähmen, während gerade die Blauvögel ſolche mit Vorliebe bezögen. Er benutze kleine hölzerne Farbenfäßchen, bohre ein etwa 14 Zoll großes Flugloch, etwa 4 oder 5 Zoll von oben, hinein und befeſtige ſie an Stangen oder auf Bäumen. Sei kein Sitzholz am Flugloche, ſo könne ſich der Sperling gar nicht oder nur mühſam halten, während der Blauvogel ſehr gewandt aus— und einfliege. — Jedenfalls leiſten auch aus Brettern hergeſtellte Niſtkäſten ohne Sitzholz ebenſo gute Dienſte. Wer Hüttenſänger in ſeinem Garten haben will, ſollte ſich dieſe Erfahrung zu nutze machen. Jeder Natur- und Vogelfreund, jeder Garten— beſitzer ſollte es ſich angelegen ſein laſſen, die Blau— vögel zu hegen und zu pflegen. Dieſes kann auf zweierlei Weiſe geſchehen. Zunächſt dadurch, daß man allerwärts auf Obſt- und Zierbäumen zweckent— ſprechende Niſtkäſten anbringt, und dann zweitens in der Weiſe, daß man zur Verminderung ſeiner zahl— reichen Feinde geeignete Maßregeln ergreift. Beſon— ders dürfen die mordſüchtigen Hauskatzen und räube riſche Blauheher nicht in den Gärten geduldet werden, und auch der Vermehrung der Sperlinge muß Einhalt gethan werden. Für die Gefangenſchaft eignet ſich unſer Hütten— ſänger ganz vortrefflich. Man pflegt ihn in derſelben Weiſe, wie die Spottdroſſel. In Deutſchland ſchätzen ihn die Vogelliebhaber ganz außerordentlich hoch; es ſind dort ſchon öfters Junge im Käfig erzogen 68 Der Hüttenſänger. worden. Dr. A. Frenzel und Regierungsrat Das Weichfutter, welches bei mir die Hüttenſänger E. von Schlechtendal geben in der „Monats- ſchrift des deutſchen Vereins zum Schutze der Vogel— welt“ (1880, No. 11, 12) ausführliche Beſchreibun— gen ihrer Züchtungserfolge. Letzterer ſchreibt, daß ein Männchen länger als ſieben Jahr in feinem Be— ſitze geweſen ſei. Vor ihm habe es Dr. Liebe, der es aus dem damals unter Brehms Leitung ſtehenden Berliner Aquarium erhalten habe, beſeſſen. Er ſchreibt dann wörtlich: „In dieſem Sommer nun winkte das Mäunchen ſo verliebt mit den prächtig blauen Flügeln, und das Weibchen ſuchte ſo eifrig nach kleinen Hälmchen, daß ich endlich den beiden einen Niſtkaſten und etwas Heu in den Käfig gab — mehr braucht ja ein Hüttenſänger-Pärchen nicht, um glücklich zu fein. Das Weibchen war anfangs wohl etwas ſchüchtern, aber das Männchen lockte jo viel und ſo dringlich, daß es bald ans Werk ging und eifrig Heu in den Kaſten zu tragen begann. Das Weibchen beſorgte den Neſtbau allein, das Männchen ſah flügelzuckend und lockend ihm zu. In kürzeſter Friſt war das einfache Neſt hergerichtet, das Weibchen wurde unſichtbar, und bald ließ das freudige Gebah— ren der alten Vögel erkennen, daß kleine Hüttenſänger vorhanden waren. kleinen Hüttenſänger, wenn ſie endlich das Niſthäus— chen verlaſſen, und ſehen uns mit ihren großen Augen ſo recht treuherzig an. Ihre Zutraulichkeit geht ſo weit, daß man bei ihrer Fütterung ſich mit beteiligen kann. Verſtehen ſie es aber erſt, ſelbſt einen Mehl— wurm zu bewältigen, ſo kommen ſie ihrem Pfleger — wenn er ihnen Mehlwürmer hinhält — arglos auf die Hand geflogen. Die Eltern aber, auch wenn ſie ſelbſt ſehr zahm ſind, bleiben doch immer vorſichtig und erheben ihre warnende Stimme, ſobald ſie glau— ben, daß irgend eine Gefahr droht. Dadurch werden dann die Kinderchen mit der Zeit auch etwas vorſich— tiger und verlieren etwas von ihrer kindlichen Un— befangenheit. Wachſen die Söhne dann aber heran und vertauſchen im Herbſt das bunte Kinderkleid mit der blauen 60% virilis — dann iſt der alte Hütten— ſänger der Anſicht, daß der Mann hinaus muß ins feindliche Leben. Er giebt das dem Sohne dann ziemlich deutlich zu verſtehen und wenn dieſer dem väterlichen Winke nicht folgen kann, weil das Käfig— gitter ihn feſthält, dann dringt der heftige Vater mit ſcharfen Schnabelhieben auf den Armſten ein, und es iſt dann dringend geboten, ſchleunigſt den Sohn zu entfernen, wenn man ihn nicht blutend in einer Käfigecke tot oder dem Tode nahe finden ſoll. . . . Sie find ganz allerliebſt, dieſe erhalten, beſteht aus einem Gemiſch von getrockneten Ameiſenpuppen, gekochtem und geriebenem Rinder— herz, geriebenem Weiß- und Eierbrot, geriebener Mohrrübe und einem Zuſatz von geſtoßenem Hanf, Mohumehl und Maikäferſchrot, daneben werden Mehlwürmer und Korinthen, im Sommer auch Beeren und friſche Ameiſenpuppen verabfolgt. Für die Neſtjungen erhielten die Vögel reichlich kleine Mehlwürmer und friſche Ameiſenpuppen, neben dieſen noch getrocknete aufgequellte Ameiſenpuppen mit ein wenig fein geriebenem Eierbrot vermiſcht.“ — Das Verbreitungsgebiet des Blauvogels erſtreckt ſich über die öſtlichen Vereinigten Staaten, Canada und Nova Scotia, weſtlich bis zum Felſengebirge, ſüdlich durch Mexico bis Guatemala, Cuba und Ber— muda. Der mexikaniſche Blauvogel, S. sialis azurew B. B. & R. (Azure Bluebird) unterſcheidet ſich von der ſoeben beſchriebenen Art nur dadurch, daß das Blau des Rückens einen leichten Anflug von Grün zeigt. Der Blauvogel Guatemalas, S. sialis guatemalae Rıpaw. (Guatemala Blue- bird) iſt oberſeits ſehr tief kobaltblau, ſonſt aber wie der mexikanische Hüttenſänger gefärbt. Namen: Blauvogel, Hüttenſänger, Sialie (Frenzel), Blaues Rotkehlchen, Blauer Sänger, Blaue Grasmücke (Dr. Schüller). Bluebird (Catesby), Blue Redbreast (Edw.), Blue Warbler, Cottage Warbler, Blue-backed Red breast Warbler (Penn.), Common Bluebird, Eastern Bluebird, Wilson’s Bluebird, American Bluebird, Red-breasted Bluebird. Rouge-gorge bleue de la Caroline (Buff.), Fau- vette bleue et rousse (Le M.). El azulejo in Guatemala. Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla sialis Linn. S. N. I, 1758, 187. — Motacilla sealis Gmelin, S. N. I, 1788, 989. — Ficedula salis Schaeffler, Mus. Orn. 1789, 36. — Sylvia sialis Lath., I. O. II, 1790, 522. Vieill., O. A. S. II, 1807, 40, pls. 101, 102, 103. Wilson, A. O. I, 1808, 56, pl. 3 und andere. — Saxicola sialis Bonap., Ann. N. Y. Lyc. II, 1826, 89. — Ampelis sialis Nuttall, Man. IJ, 1832, 444. — Sialia sialis Haldeman, “Trego’s Geog. of Penn.” 1843, 77. Baird, B. N. A. 1858, 222. Coues, B. N. W. 1874, 13. B. B. & R. I, 1874, 62, pl. 5, fig. 4. Coues, B. C. V. 1878, 77, ete.— Luseinia sialis Giebel, Vögel 1860, 44. — Sialia Wilsonii Swains., Zool. Journ. III, 1827, 173. — Erythaca (Sialia) Wilsonii S. & R., F. B. A. II, 1831, 210. — Sialia azurea Sw., Rubecula carolinensis Briss., Orn. III, 423. Beſchreibung: Männchen im Hochzeitskleide: Oberſeite ein reiches Azurblau (reines Kobalt), die Enden der Schwingen ſchwärzlich; Kehle, Bruſt, Seiten des Kör— pers tief kaſtanienbraun; Bauch weiß. a | Hüttenſänger. 69 Winterkleid: Blau der Oberſeite unterbrochen durch | Namen: Californiſcher Hüttenſänger oder Blauvogel. rötlich braune Federenden oder bräunlich verwaſchen; Unterſeite etwas matter; das Weiß am Bauch ausge— dehnter. Weibchen: Das Blau der Oberſeite gemiſcht und verwaſchen mit matt⸗rötlichbrauner Farbe, nur auf dem Rumpfe, Schwanze und Flügeln rein blau. Unterſeite matter und roſtbräunlicher, am Bauche mehr weiß als beim Männchen. Kaum merklich kleiner. Jugendkleid: Braun, Flügel und Schwanz blau, der Rücken mit ſcharfen weißlichen Schaftſtrichen gezeich— net. Faſt die ganze Unterſeite gleichmäßig weißlich und bräunlich gefleckt. Ein weißer Ring um das Auge. Länge 63 bis 7 Zoll; Flügel 37 bis 4 Zoll; Schwanz 27 bis 3 Zoll. Der californiſehe Hüttenſänger. California Bluebird. Sialia mexicana SWAINSON. Karel XN, Vogel 1. Der californiſche Blauvogel vertritt die gewöhnliche Art im Weſten der Vereinigten Staaten, vom Felſengebirge bis zum Pacifie. Man findet ihn ſehr zahlreich in Californien und Arizona, weniger häufig in Colorado. In Utah hat man ihn bis jetzt nicht gefunden. Sumichraſt beobachtete ihn in den alpinen Regionen des Popocatepetl, andere Forſcher in Cordova und Kalapa in Mexico. Nördlich kommt er bis Waſhington vor. Kennerly berichtet im zehnten Bande der prachtvoll ausgeſtatteten, von der Regierung herausgegebenen „Paciie Railroad Reports“, daß er dieſen ſchönen Blauvogel den Rio Grande aufwärts und von da bis zum Colorado in den Monaten November bis Januar in großen Flügen beobachtet habe. In demſelben Werke ſchreibt Heermann, daß dieſer Hüttenſänger in Californien gerade ſo häufig ſei, als die gewöhnliche Art im Oſten der Union, habe auch ganz dieſelben Eigentümlich— keiten und brüte ebenfalls in allerlei Höhlungen. Das Männchen iſt ebenſo fröhlich, läßt ſeinen Geſang ebenſo fleißig erklingen, iſt dem Weibchen ebenſo treu— lich zugethan und füttert und umflattert es ebeuſo häufig als der Hüttenſänger des Oſtens. Nach Nuttall iſt der Geſang dieſer Art ſchön und ab— wechſelnd, alle anderen Forſcher behaupten dagegen übereinſtimmend, daß derſelbe nicht ſo angenehm und fröhlich erklinge, wie der der öſtlichen Art. Er ſtimmt im allgemeinen ſo ſehr in ſeinem ganzen Weſen mit der ſchon beſchriebenen Art überein, daß ich mich füglich einer längeren Lebensbeſchreibung enthalten kann. California Bluebird, Mexican Bluebird, West- ern Bluebird. Wiſſenſchaftliche Namen: Sialia mexicana Sw. & R., F. B. A. II, 1831, p. 202. Kennerly, P. R. R. R., X, 1859, p. 23. Cooper, B. Cal. I, 1870, 28. Coues, 3. N. W. 1874, 14. B. B. & R., N. A B. I, 1874, 65, pl. 5, fig. 2. Coues, B. Col. Val. 1878, p. 80. — Sialia occidentalis Towns., Journ. Phila Acad. VII, 1837, p. 188 (Columbia River). Nuttall, Man., I, 2nd Ed., 1840, 513. Newb., P. R. R. R. VI, 1857, 80. — Sylvia occidentalis Aud., O. B. V, 1839, 41, pl. 393. — Sylvia caeruleocollis Vigors, Zool. Voy. Blos- som, 1839, 18, pl. 3. Beſchreib ung: Altes Männchen reich dunkel-ultramarin— blau einſchließlich des Kopfes und ganzen Halſes. Ein purpurs⸗kaſtanienbrauner Fleck auf der Mitte des Rückens; Bruſt und Seiten kaſtanienbraun. Bauch und After matt bläulich oder bläulichgrau Schnabel und Füße ſchwarz. Weibchen oben mattblau, Rücken bräunlich, Kehle fahlbraun. Jugendkleid wie bei den Jungen der gewöhnlichen Art. Größe des vorigen. Der Gebirgshüttenſänger. Rocky Mountain Bluebird. Sialia aretica Swaıns. Tafel XX, Vogel 2. Der Gebirgshüttenſänger wurde im Juli 1825 von Sir John Richardſon bei Fort Franklin in Britiſch-Amerika entdeckt. Sein Ver— breitungsgebiet beſchränkt ſich namentlich auf die Fel— ſengebirge und erſtreckt ſich nach Norden hin bis zum großen Bären-See, ſüdlich bis nach Arizona und Texas. Auf Tafel 35 des zehnten Bandes der „Pacific Railroad Reports“ iſt dieſer Vogel ſehr ſchön und naturgetreu abgebildet. Er baut ſein Neſt in Höhlungen der Bäume und, nach Ridgway, der ihn zahlreich im Oſt-Humboldt-Gebirge fand, auch in die Felsſpalten ſteiler Bergabhänge. Dr. Wood houſe und Colonel MeCall fanden ihn in Neu— Mexico in der Umgegend von Santa FE fehr häufig in den von Landleuten ausgehängten Niſtkäſten brü— tend. Ridgway, der ihn auch bei Virginia City in Nevada häufig autraf, ſagt, daß der Geſang ſehr angenehm, aber ſchwächer als der der öſtlichen Art ſei. Namen: Gebirgshüttenſänger, Gebirgsblauvogel. Arctic Bluebird, Rocky Mountain Bluebird. Wiſſenſchaftliche Namen: Erythaca (Sialia) aretica Sw. & R., F. B. A. II, 1831, p. 209, pl. 39. — Sialia arelica Nuttall, Man. II, 1834, Baird, P. R. N. R 5705. 70 Der Klarino. R. X, 1859, 13, Pl. 35. Kennerly, P. R. R R. N, blau, am Bauche allmählich in Weiß übergehend. Enden 1859, 24. Heermann, P. R. R. R. X, 1859, 44, der Schwingen ſchwärzlich. Schnabel und Füße ſchwarz. Coues, B. N. W. 1874, p. 14. B. B. & R., N. A. B. I, 1874, 67, pl. 5, fig. 4. Coues, B. C. V. 1878, p. 82. — Sylvia arctica Audubon, O. B. V, 1839, 38, pl. 393. — Sialia macroptera Brd, (1852). | | Jugendkleid wie bei den vorigen Arten. Weibchen: Nur am Bürzel, Flügeln und Schwanze blau, ſonſt bräunlichgrau; Bauch und untere Schwanz— ſedern weiß. Ein weißer Augenring. Beſchreibung: Männchen auf der Oberſeite ſchön azur— 28 5 0 0 blau, heller als die anderen Arten, mit leichtem grün— Größe 7 Zoll; Flügel 43 Zoll; Schwanz 3 Zoll. lichen Anflug. Unterſeite heller und mehr grünlich— Die Eier aller Hüttenſänger ſind hellblau, ungefleckt. Der Klarino. Townsend’s Solitaire. Myiadestes Townsendii CABanıs. Tafel NX. Vogel 4. in den Leſer mit einem unſerer merkwürdigſten nur ſelten berührt. Aus den Mitteilungen aller e Vögel, unſerer hervorragendſten Sänger be- Forſcher geht hervor, daß er Standvogel iſt und nur kannt zu machen, muß ich ihn in den fernen Weſten hie und da unbedeutend ſtreicht. Merkwürdiger— unſeres Landes, in das Felſengebirge und die Sierra weiſe herrſcht über dieſen herrlichen Singvogel, der in Nevada führen. Hier auf den einſamen, nur mit ſeiner allerdings wenig zugänglichen Gebirgsheimat Wachholderſträuchern (Cedern) ſpärlich bewachſenen recht zahlreich iſt, betreffs der Lebensweiſe, beſonders Gebirgshalden, in den Gebirgsthälern und Canons aber bezüglich des Niſtens noch ein gewiſſes Dunkel. Schluchten) lebt fern vom Getriebe des Menſchen Neſt und Eier waren bis in die Gegenwart unbekannt, der Klarinettvogel oder Klarino, auch bis es einem nur gelegentlich ſammelnden öſtlichen Schnäpper- oder Cederdroſſel genannt, ein Touriſten glückte, beides zu finden, nachdem Ridg— ebenſo eigentümlicher als im hohen Grade anziehender way einige Jahre vorher Net und Junge entdeckt Vogel. Man weiß bis heute noch nicht recht, welche hatte. Stellung im Syſtem man ihm anzuweiſen hat. Zuerſt Das erſte Exemplar dieſer Art wurde bei Fort zählte man ihn zur Familie der Seidenſchwänze und | George (Aſtoria) von Brotſchie geſammelt und bildete eine eigene Unterfamilie, bis Dr. Elliott Townsend zum Geſchenk gemacht, der den Vogel Coues, die eigentümlich gefleckte Bruſt der Jungen ſpäter Audubon gab, damit derſelbe in deſſen großem — wie bei jungen Droſſeln — und die wundervolle | Prachtwerke bildlich dargeſtellt und beſchrieben werde. Gabe des Geſanges berückſichtigend, ihn den Droſſeln Wann dies war, weiß ich nicht genau anzugeben, zuzählte. Um ihn in dieſer Familie bequem unter- glaube aber, daß es anfangs der dreißiger Jahre war. bringen zu können, bildete er eine eigene Unterfamilie, Über die Lebensweiſe wußte man damals nichts. Myiadestinae. Von den eigentlichen Schnäpper- —Erſt durch die mehrere Decennien ſpäter von der Re— droſſeln giebt es zehn bekannte Arten, welche ſämtlich gierung ausgeſandten wiſſenſchaftlichen Expeditionen, das tropiſche Amerika bewohnen. Nur dieſe eine Art | denen eine ganze Anzahl der tüchtigſten Fachmänner kommt in den Vereinigten Staaten vor. beigegeben war, wurde Näheres über Towusends Die Heimat des Klarino hat man im weſtlichen Fliegenſchnäpperdroſſel bekannt. Da ich Teile unſeres Landes zu ſuchen, wo er von den öſt- Selbſtbeobachtetes nicht mitteilen kann, ſo laſſe ich die lichen Vorbergen des Felſengebirges bis zum Pacific Berichte einiger in dortiger Gegend thätig geweſener und nördlich bis Britiſch-Columbia gefunden wird. Forſcher folgen, wie fie ſich zum Teil in den pracht— Er iſt ein echter Gebirgsvogel, der die flachen Ebenen | voll ausgeſtatteten Bänden der „Pacific Railroad No 9 Der Klarino. 7 zul Reports“, namentlich in Band VI. und X., dem Ergebnis jener wiſſenſchaftlichen Expeditionen, finden. „Dieſen Vogel, ebenſo wie Maximilians Heher“, berichtet Newberry, „fanden wir im Thale des Des Chutes, aber dort ſehr zahlreich. Er bewohnt weder die dichten Wälder, noch die ganz von Bäumen entblößten Prärien, ſondern wählt ſich zum Aufent- halt die mit zerſtreuten Tannen und Cedern beſtan— denen Ortlichkeiten. Wir begegneten dem Vogel zuerſt im Canon des Mptolyas-Fluſſes am Fuße des Mount Jefferſon. Als wir unſeren Weg mit un— endlichen Schwierigkeiten am Rande eines Abgrunds bahnten, wurde meine Aufmerkſamkeit auf den herr— lichen Geſang eines mir unbekannten Vogels gelenkt, von welchem einige auf den Tannen und Eedern, die einen unſicheren Halt in den Felsſpalten am Rande der Klippen hatten, ſaßen. Der Geſang war ſo klar, voll und melodiſch, daß er der eines Spottvogels zu ſein ſchien. Die Sänger ſelbſt konnte ich nicht genau genug ſehen, um mir ein Urteil über die Verwandt ſchaft zu bilden. Am nächſten Tage folgten wir dem Laufe des Fluſſes in der Niederung des Canon. Den ganzen Tag hallte dieſe tiefe Gebirgsſchlucht wieder von dem herrlichen Wechſelgeſange Hunderter und Tauſender dieſer Vögel. Sie waren jedoch ſchwer zu erkennen, da ſie unſcheinbar gefärbt waren und die Gewohnheit hatten, auf einem über das Waſſer hän— genden oder in einer hervorſpringenden Felſenritze ſtehenden Baume zu ſitzen, vonwo aus ſie oft in kur— zen Rundflügen, ganz nach Art der Fliegenfänger, auf Inſekten Jagd machten. Zwei Tage ſpäter, im Canon des Pſuc⸗ſee⸗que, eines Gebirgsbaches, deſſen teraſſenförmige Uferwände nur ſpärlich mit niedrigen Bäumen der weſtlichen Ceder') beſtanden waren, fand ich dieſe Vögel zahlreich und hatte die beſte Gelegen heit ſie zu ſehen und zu hören, beobachtete ſie auch ſtundenlang, während fie nach Nahrung ſuchten und ſangen. . . .. Mit dem früheſten Morgengrauen begannen ſie ihre Lieder, und bei Sonnenaufgang hallte das ganze Thal wieder von dem herrlichſten Geſange. Nie und nirgends habe ich herrlicheren Wechſelgeſang gehört, als hier. Er zeichnet ſich nicht durch beſondere Abwechslung aus, aber jeder Ton iſt ſehr klar und lieblich, das ganze Lied rein und ſprudelnd und ebenſo natürlich und begeiſternd als das des Sängerfinken. Zu jener Zeit (am 30. Sep tember) nährten ſich die Vögel von Wachholderbeeren. Sie waren ſehr ſcheu, und man konnte ſie nur erben 1) Juniperus oceidentalis. ten, wenn man ſich in der Nähe der von ihnen am meiſten beſuchten Bäume, hinter einem Buſche ver ſteckt hielt. Am Gefieder konnte ich keinen Unterſchied zwiſchen Männchen und Weibchen wahrnehmen.“ „Ich ſah nur einige dieſer Art“, ſchreibt Coo per, „am weſtlichen Abhange des Gebirges (Sierra Nevada) in der Nähe des Gebirgskammes. war im September 1863. Die Seltenheit des Wach holderſtrauches am weſtlichen Gebirgsabhange, nament lich nach Norden hin, ſcheint die Urſache zu ſein, daß die Vögel dort nicht häufiger ſind, denn nach überein ſtimmenden Berichten findet man ſie allerwärts, wo jene Bäume (Wachholder oder Cedern) in Menge wachſen, namentlich in den Gebirgsketten des großen inneren Beckens („Great Interior Basin“) und von da nördlich und ſüdlich. Obgleich einfach im Gefieder und zurückgezogen in der Lebensweiſe, iſt doch gerade dieſer Vogel einer der intereſſanteſten des ganzen weſtlichen Gebietes; denn gerade wie die nicht allzu entfernte Verwandte, die Nachtigall, erſetzt er durch ſeinen herrlichen Geſang, was ihm an Gefieder ſchönheit abgeht. Als ich ſie zuerſt im Felſengebirge ſah, ſchienen ſie einfache, ruhige Fliegenfänger zu ſein, und meine Verwunderung war darum um ſo größer, als ich ſie in der Sierra Nevada zuerſt ſingen hörte. Wenn ich nicht, um mich zu überzeugen, ſogleich einen erlegt hätte, ſo hätte ich kaum glauben können, daß ein Vogel, den man zur Familie der faſt ſtummen Seidenſchwänze und Trauerſchnäpper zählte, einen ſo kräftigen, wechſelvollen und lieblichen Geſang hervor— bringen könne. Das Lied des Klarino kann ich mit keinem in den Vereinigten Staaten gehörten Vogel geſange vergleichen, denn es iſt durchaus eigentümlich und ſehr originell. Er übertrifft den der Spottdroſſel an Lieblichkeit, beſitzt die melancholiſche Klangfarbe des Walddroſſelgeſanges, jedoch ohne die Unterbrechungen, und ſtimmt am beſten mit der Beſchreibung des Ge— ſanges der Nachtigall überein.“ Allerwärts, wo in den weſtlichen Gebirgen Cedern wachſen, ſcheint auch dieſe herrliche Gebirgs— ſängerin heimiſch zu ſein. Man fand ſie auch in Neu-Mexico, Arizona, und Allen beobachtete ſie in Colorado, wo ſie bis zur Grenze des Baumwuchſes vorkommt. „Dieſe ausgezeichnete Sängerin“, er gänzt Trippe, „it in den Gebirgen Colorados Standvogel. Man kann ſie zu allen Zeiten des Jahres von den niedrigen Thälern bis hinauf zur Grenze des Baumwuchſes, ja, im Hochſommer noch über dieſelbe hinaus, bis hinauf zur höchſten Grenze der Vegetation, wo nur noch ſtrauchartige Weiden a: Dies wc 12 und Cedern wachſen, antreffen. Sie iſt nie ein zu— traulicher Vogel, meidet vielmehr geflijjentlich die Nähe menſchlicher Wohnungen und unter Kultur be— findlicher Felder und ſucht ſich die felſigſten Gebirgs— halden, die dunkelſten Canons zum Lieblingsaufent— halte aus. Auch das tiefe düſtere Innere dichter Wälder meidet ſie, obwohl man ſie dort gelegentlich antreffen mag. Während des Winters nährt ſie ſich von Beeren und ſolchen Inſekten, wie ſie zu erlangen ſind; während der wärmeren Jahreszeit bilden allerlei Inſekten, welche fie mit der Gewandtheit des geſchick— teſten Fliegenfängers zu erbeuten weiß, den Haupt— beſtandteil ihrer Nahrung. Sie iſt nicht geſellig, lebt gewöhnlich nur einzeln, und paarweiſe erſt, wenn die Niſtzeit etwa anfangs Mai beginnt, bis zur Zeit, da die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben. — Häufig ſetzt ſie ſich auf die Spitze eines trockenen Aſtes oder Baumes, um vorüberfliegenden Kerfen auf— zulauern und mehrmals kehrt ſie, nachdem ſie ihre Beute erhaſcht hat, auf den einmal gewählten Sitz— platz zurück. Ihr Flug hat einige Ahnlichkeit mit dem des Cedervogels, mit welchem fie auch ſonſt vieles gemein hat. Im Sommer und Herbſt hört man ihre Stimme nur ſelten, ſobald aber der Winter naht und die Wälder öde und faſt verlaſſen find — nur einige Meiſen und Spechtmeiſen ſind noch da — fängt ſie an, gelegentlich einen einzelnen glockenreinen Ton, den man ziemlich weit hören kann, auszuſtoßen. Da dieſe Vögel ſehr ſcheu ſind, ſo blieb mir der Sän ger, den ich faſt jeden Morgen aus dem Thale des Clear Creek hören lonnte, längere Zeit ein Rätſel. Während der Mitte und am Ende des Winters, als es zu ſchneien anfing, ſang die Schnäpperdroſſel mit wahrer Luſt und Wonne und wählte ſich als Sitzplatz eine auf einer Anhöhe ſtehende Kiefer, hoch über den Thälern. Die Felder und Haine, Hügel und Thäler der öſtlichen Staaten können ſich keiner ſo hervor ragenden Sängerin rühmen. Es iſt ein Geſang, in welchem die Töne des Purpurfinken, der Walddroſſel und des Winterzaunkönigs vereinigt zu ſein ſcheinen. Gleich einem ſilberhellen, brauſenden Waſſerfalle, gleich einem rauſchenden Gebirgsbache ſtrömt er her— nieder ins Thal und erfüllt Wälder und Schluchten. Zuerſt ſingt ſie nur an ſchönen klaren Morgen, iſt ſie aber einmal im Gange, ſo hört man ſie zu jeder Tageszeit, auch während des rauheſten Wetters. Oft, wenn ich am Ende des Winters in den ſchmalen, ſich vielfach windenden Gebirgspfaden dahin wan— derte, wurde ich durch plötzlich hereinbrechendes Un— wetter und Schneeſtürme gezwungen, hinter dem Der Klarino. nächſten Baume oder vorſpringenden Felſen Schutz zu ſuchen. Bei ſolchen Gelegenheiten habe ich oft dem Geſange dieſes Vogels gelauſcht und darüber Kälte und Näſſe vergeſſen. Während des Frühlings, ſobald die anderen Vögel ihre Lieder beginnen, wird ſie ſtill, gleichſam als verachte ſie es, in den Chor gewöhnlicher Sänger mit einzuſtimmen. Im Mai beginnt fie mit dem Neſtbau, zeitiger als faſt irgend ein anderer Vogel hieſiger Gegend. Zu dieſer Zeit verläßt ſie die Thäler und beſchränkt ihren Aufenthalt auf die nur teilweiſe bewaldeten Bergrücken.“ Daß die Schnäpperdroſſel nicht nur im Winter ſingt und, wie Trippe meint, während der Brut— zeit ſchweigt, ſondern dann noch eifriger und herr— licher ſingt, beweiſen die Beobachtungen anderer Forſcher zur Genüge. Als ſich Henſhaw einſt im Juni am Baldy Peak, Colorado, aufhielt, ſah er in den Nadelwäldern bis zu einer Hoͤhe von 10,000 Fuß häufig dieſen Vogel. Sein Benehmen erinnerte ihn an den Hüttenſänger. Über den von ihm gehörten Geſang während der Brutzeit urteilt er wie folgt: „Neben einem lauten, ſchmelzenden Lockrufe hat die Schnäpperdroſſel einen herrlichen, ſchmetternden Geſang, welcher gewiſſermaßen an den des Purpurfinken erinnert, denſelben aber an Kraft, Lieblichkeit und Abwechslung weit übertrifft.“ Ob— gleich genannter Ornithologe ſorgfältig nach dem Neſte ſuchte, hatte er doch nur inſofern Erfolg, ſich zu überzeugen, daß die Vögel in Felsſpalten brüten. Die Vorliebe für derartige Ortlichkeiten und die eigen— tümliche Unruhe, welche fie hier bekundeten, beſtätigten ſeine Annahme. Später ſah er ſie im öſtlichen Ari— zona und in Neu-Mexico. Sie hatten ihre Jungen erbrütet, verließen nun die hochgelegenen Nadelholz— wälder, ihren Sommeraufenthalt, und begaben ſich weiter hinab, wo fie ſich an den mit Pinons und Cedern bewachſenen Bergabhängen aufhielten. Er fand zum größten Teil, neben einigen Jnuſekten, Wachholderbeeren in ihren Magen. „Obwohl der Klarino während des Sommers ein zurückgezogener Vogel iſt — denn man ſieht nie mehr als ein Pär— chen an einem Orte — ſo lebt er doch im Herbſt gewiſſermaßen geſellig, da ſie ſich nun zu kleinen Geſellſchaften von fünf bis zehn Stück zuſammen— ſchlagen. Am alten Krater (Old Crater), vierzig Meilen ſüdlich von Zuni, fanden ſich große Ge— ſellſchaften an der einzigen Quelle guten friſchen Waſſers, das ſonſt meilenweit im Umkreiſe nicht zu finden war. Hunderte ſah man auf dem vulkaniſchen Geſtein ſitzend, auſcheinend zu ängſtlich, um ſich D hinunter zu wagen und ihren Durſt zu ſtillen, da wir unſer Lager in der Nähe der Quelle aufgeſchlagen hatten. Den Geſang konnte man auch jetzt noch hören (kim November und Dezember); er war auch zu dieſer Zeit noch ſehr lieblich, aber nicht ſo wechſel reich und volltönend, als während des Frühlings.“ Lord beobachtete den Klarinettvogel oder die „Einſame“ (Solitaire) während des Monats Novem— ber, als die Blätter ſchon abgefallen, Schnee die Erde bedeckte und die Kälte anfing, ungemütlich zu werden, bei Colville, auf britiſchem Gebiete. Seine Aufmerk— ſamkeit wurde auf einen für dieſe rauhe Jahreszeit ungewöhnlichen, dem der europäischen Singdroſſel nicht unähnlichen Geſang gelenkt. Bald entdeckte er denn auch etwa zwanzig Stück dieſer wundervollen Sänger, welche ſich in Weißdornbüſchen aufhielten. Über die Brutweiſe dieſes Vogels beſitzen wir bis jetzt nur außerordentlich dürftige Berichte. Das erſte Neſt fand der berühmte Ornitholog und Künſtler Prof. Robert Ridgway im Juli 1867. Es ſtand in einer tiefen Ravine am weſtlichen Abhange der Sierra Nevada, in einer Höhe von 5000 Fuß. „Dieſer Bau“, ſchreibt er, „befand ſich in einer am oberen Teil einer ſenkrechten Felswand befindlichen Ritze, einer von Bergleuten angelegten Schleuſe, durch welche ein nicht unbedeutender Gebirgsbach hinab— rauſchte. Das etwa einen Fuß über dem Waſſer ſtehende Neſt war ſo groß wie das einer Braundroſſel und auch ähnlich gebaut. Als wir uns demſelben näherten, war das Weibchen ſehr aufgeregt, flog vor uns her und lief auf dem Boden wie eine Droſſel dahin; für eine ſolche hielten wir den Vogel zuerſt auch. Sein Erſcheinen und Be— nehmen iſt durchaus droſſelartig. Sogar nachdem wir Exemplare erbeutet und identifiziert hatten, wurden wir zu dieſer Annahme durch den durchaus droſſel artigen gleitenden, geräuſchloſen Flug und durch das droſſelartige anmutige Laufen auf dem Boden ver— leitet.“ Erſt im Juli des Jahres 1876 fand ein öſtlicher Touriſt, Lamb von Holyoke (Maſſ.) Neſt und Eier und zwar in Summit County, Colorado, in einer Höhe von 10,000 Fuß. Es ſtand am Rande eines von Bergleuten angelegten Grabens und wurde teil weiſe durch überhängendes Wurzelwerk verborgen. Außerlich beſtand es aus langen, trockenen Gras halmen und war ſo loſe und nachläſſig gebaut, daß dieſelben fußlang herabhingen. Der brütende Vogel verließ das Neſt und ſetzte ſich auf die nächſte Kiefer. Nach einigen vergeblichen Verſuchen gelang es, den Es enthielt vier Junge.“ er Klarino. 73 ſelben durch Überdecken mit dem Hute auf dem Neſte zu fangen. Die vier Eier ähnelten denen des Wür gers, waren der Grundfarbe nach matt- oder bläulich— weiß, dicht mit rötlichbraunen Flecken geſprenkelt. Auch Captain Charles Bendire, früher viele Jahre als höherer Armee-Offizier im wilden Weſten ſtationiert, um räuberiſche Indianer und noch ſchlim— meres weißes Raubgeſindel im Schach zu halten, ſpricht mit Begeiſterung vom Geſange unſeres Kla rinettvogels, erkennt aber auch zugleich die Wichtigkeit und Bedeutung desſelben für die Gefangenſchaft. „Weder hier noch in den Vereinigten Staaten, noch in Europa“, ſchreibt er, „kenne ich einen Vogel, der einen melodiſcheren, abwechſelnderen Geſang hätte als er, und ich bin noch ſehr im Zweifel, welche Art leichter im Käfig zu halten ſein würde, er oder die Spottdroſſel, da er ſich im Winter von den Beeren der gewöhnlichen Ceder nährt. . . . Der Geſang iſt, wie bereits bemerkt, außerordentlich melodiſch, ſanft und ganz eigenartig, und wenn ich in Betracht ziehe, daß ich ihn nur im Herbſt und Winter vernahm, wie muß er da erſt während der Liebeszeit ſein! Wir haben in der That keinen Vogel hier, der ihm im Geſange gleichgeſtellt werden könnte.“ Die vielen eifrigen Vogelliebhaber Deutſchlands haben bis jetzt das Glück noch nicht gehabt), dieſe vorzügliche Sängerin zu pflegen. Soviel ich weiß, iſt ſie nur im Hamburger zoologiſchen Garten vor— rn handen (unter dem Namen Piilogonys Townsendii). Namen: Klarino, Klarinettvogel, Schnäpper-, Fliegen- fänger-, Cederdroſſel, einſame Droſſel (Solitaire). Townsend’s Flycatching Thrush, Townsend’s Solitaire, Townsend’s Ptilogonys (Audubon). Wiſſenſchaftliche Namen: Ptilogonys Townsendii Audubon, O. B. V, 1839, pl. 419, fig. 2. Nuttall, Man. I, 1840, 361. Aud., B. A. I, 1840, 243, pl. 69.— Culeivora Townsendii De Kay, N. V. Zool. II, 1844, 110. — Myiadestes Toumsendii Cabanis, Arch. f. Nat. 1847 (J, 208, und alle neueren Ornithologen. Beſchreibung: Männchen und Weibchen überall matt— bräunlich-aſchgrau, unterſeits heller, mehr gebleicht an Kehle, Bauch und Unterbürzel. Flügel ſchwärzlich; die inneren ſekundären Flügelfedern weiß geſäumt und gefleckt; die Schwungfedern an deren Baſis ausgedehnt loh- oder fuchsrötlich. Schwanz ebenfalls ſchwärzlich, das mittlere Paar mehr wie der Rücken; die äußere Schwanzfeder weiß gerandet und breit weiß getupft, die nächſte ſchmaler weiß getupft. Ein weißer Ring um das Auge. Schnabel und Füße ſchwarz. Auge braun. — Junge unterſeits gefleckt. — Länge 8 Zoll. Flügel und Schwanz etwa gleich lang, 4 bis 43 Zoll. „) Nach Dr. K. Nuß wurde zum erſtenmal ein Pärchen Klarinetten vögel auf der Ausſtellung des Vereins „Ornis“ in Berlin (21. bis 25. Januar 1887) gezeigt. Sie waren von Reiche in New Vork nach Deutſchland ausgefuhrt worden und erregten großes Intereſſe. 10 Der Black-crested Flycatcher. Tafel IV. Faſt kein Staat unſeres Landes bietet für den ö Naturforſcher ein in jeder Hinſicht ſo günſti— ges Feld für ſeine Thätigkeit, als Californien. Auf geologiſchem, zoologiſchem und botaniſchem Gebiete finden ſich die reichſten Schätze. Auch der Natur— freund, wie überhaupt jeder Gebildete, muß entzückt ſein über die vielen Reize, mit welchen hier die ganze Natur ausgeſtattet iſt. Die großartigen Gebirgs— landſchaften der Sierra Nevada, die prachtvoll roman— tischen, dichtbewaldeten Thäler und engen Canons des Küſtengebirges, die herrlichen Gebirgsſeen und die vielen von Felſen herabſtürzenden Bergſtröme, die Gruppen der Rieſenbäume, das berühmte Yoſemite— Thal, alles iſt majeſtätiſch, großartig und doch be— zaubernd ſchön. Ungemein reich an lieblichen und prächtigen Erſcheinungen iſt namentlich die Pflanzen— welt. Die Berge ſind faſt bis auf die Spitzen, ſofern ſie nicht über der Schneelinie liegen, mit Nadelwald bewachſen. In den Schluchten und Thälern findet ſich eine Flora, wie ſie, mit Ausnahme vielleicht von Florida, in keinem Teile der Union angetroffen wird. Neben der prachtvollen Waſhington- oder Silberlilie, Humboldt-, Leoparden- und Citronenlilie!) des Ge— birges finden ſich herrliche Schmetterlingstulpen?) in vielen Arten. In den Thälern iſt ein immergrüner Strauch faſt ſchöner als der andere. Man ſchaue nur die Manzanitas?) und Madronas ), den califor- niſchen Lorbeer“), den Lorbeerdorn“) u. ſ. f. an! Dazu geſellen ſich prächtig blühende Creanothusbüſche, liebliche Garryen ), Alpenroſen ?), Pickeringien !), immergrüne Eichen, prächtige Nadelholzbäume, Farne und niedrige liebliche Blümchen. Es ſind dies nur einige der echten Charakterpflanzen Californiens. Nur wenige dieſer ſchönen Kinder Floras gedeihen in den Gärten und Parks des Oſtens der Union, trotz der enten Pflege, die ihnen von Gärtnern und 1) Lilium Washingtonianum, L. Humboldtii, L. pardalinum, L. Parryi. 2) Calochortus. 5) Aretostaphylos glauca. 4) Arbutus Menziesii. 5) Oreolaphne californiea. 6) Photinia arbutifolia. 7) Garrya eliptica. 8) Rhododendron oceidentalis. 9) Picker- ingia montana. Trauer vogel. Phainopepla nitens SCLATER Vogel 1. Blumenfreunden zuteil wird. Daß auch die Tier— welt hier reich vertreten iſt, läßt ſich von vornherein erwarten. Namentlich iſt die Ornis ſehr artenreich und faſt ganz verſchieden von der des Oſtens. Wir werden noch Gelegenheit haben, eine ganze Anzahl californiſcher Vögel durch Wort und Bild kennen zu lernen. Einen echten Charaktervogel Californiens, der aber auch in Arizona und einigen anderen weſt— lichen Gebieten vorkommt, will ich dem Leſer in dieſer Skizze fie Es iſt dies der Trauervogel oder Trauerſchnäpper, ein Vogel, deſſen gan— zes Gefieder tiefſchwarz iſt. Eine Haube ziert ſeinen Kopf, und auf jedem Flügel befindet ſich ein weißer Spiegelfleck, den man jedoch nur deutlich ſieht, wenn er fliegt. Wie bereits bemerkt, kommt der Trauervogel namentlich in Californien vor. Zahlreich iſt er be— ſonders im Santa Clara-Thale bei Santa Paula, im Yoſemite-Thale und im ſüdweſtlichen Teile des ge nannten Staates, wo ſich bewaldete Schluchten, ſo— genannte Canons, finden. In Arizona, Neu-Mexico, im ſüdweſtlichen Texas, Mexico und ſelbſt in Nevada kommt er ebenfalls, doch anſcheinend viel weniger zahlreich vor. a „Während ich in Arizona umherſtreifte“, ſchreibt Coues, „und einmal nach Indianern, das andere Mal nach Vögeln ſuchte, bemerkte ich oft einen Sän— ger, den ich damals noch nicht kannte, welchen ich aber für die große Medizin halten konnte, weil er mir immer beharrlich entging: das eine Mal bot ſich eine ausgezeichnete Gelegenheit, ihn zu erbeuten, aber wir hatten Befehl, nicht zu ſchießen, aus Furcht, von den Indianern entdeckt zu werden, das andere Mal, wenn geſchoſſen werden durfte, ließ er ſich nicht nahe kom men. Es war ein prachtvolles Geſchöpf, der Farbe nach glänzendſchwarz, mit weißen Spiegelflecken, einen auf jedem Flügel, nur wenn er flog, ſicht bar. Wenn man ihn im dichten Chaparral unſtet, kräftig, aber doch leicht umherfliegen ſah, jo erinnerte ſein Benehmen an die Spottdroſſel. Einmal ſuchte Der er ſich mit ausgebreiteten Flügeln und Schwanze auf irgend einem hervorragenden Zweige im Gleichgewicht zu halten; daun flog er hinaus in die Luft, um ein vorüberfliegendes Inſekt zu erbeuten, oder er entzog ſich den Blicken dadurch, daß er in das ſichere Innere eines Dickichtes flog. Manchmal vernahm man einen ziemlich rauhen, ängſtlichen Ton von dieſem wilden, ruheloſen Vogel, und einmal hatte ich Gelegenheit, einem herrlichen Tonſtücke zu lauſchen, von welchem ich mit Beſtimmtheit weiß, daß es von dieſem geheim— nisvollen Fremdlinge herrührte. Es fing an zu dämmern. Die Scene war der Lagerplatz einer Ge— ſellſchaft Spione und Soldaten, welche von einem ergebnisloſen Streifzuge gegen die Indianer, welche unſer Fleiſch erbeutet hatten und damit entflohen waren, zurückkamen. Die Soldaten waren damit be— ſchäftigt, den verſtümmelten und halb verkohlten Leich— nam eines Kameraden zu begraben, der einige Tage vorher von den Indianern auf dieſer Stelle getödtet und zum Teil verbrannt worden war, um deſſen Überbleibſel dann die Wölfe geſtritten. Der Vogel, „das gute oder böſe Omen“ erſchien im dunkelen Gewande und ſang ein ſolch ergreifendes Grablied, daß jedes Herz davon gerührt wurde. Der Lagerplatz war ſtiller als ſonſt, und wir alle begaben uns zeitig zur Ruhe. Dies war das letzte Mal, daß ich den merkwürdigen Vogel ſah und hörte. In der un— mittelbaren Umgebung des Fort Whipple (Arizona) gehört er eher zu den ſeltenen, als zu den gewöhn— lichen Vögeln; weiter ſüdlich iſt er zahlreicher.“ Unſerer Fauna wurde der Trauerſchnäpper zuerſt durch Colonel MeCall zugezählt, der ihn 1852 auf einem Streifzuge von Vallecita bis El China in Californien fand. Am Laufe eines Gebirgsbaches, deſſen klares Waſſer von knorrigen und buſchigen Eichen beſchattet wurde, beobachtete dieſer um die Naturgeſchichte unſeres Landes hochverdiente Offizier etwa ein Dutzend der dunkelgefärbten Vögel, welche in den oberen Aſten eifrig damit beſchäftigt waren, Inſekten zu jagen. Leicht und anmutig im Fluge, doch weniger gewandt in ihren Bewegungen als die eigentlichen Fliegenfänger, ſtiegen ſie hoch in die Luft, glitten dann gewandt wieder hernieder auf ihre Warte, wobei der glänzendweiße Flügelfleck im Son— nenſchein förmlich erfunkelte und zum glänzenden tiefen Schwarz des übrigen Körpers einen ſehr auf— fallenden Kontraſt bildete. Als er ſich ihnen näherte, wurden dieſe ſchlankgebauten Vögel ängſtlich, ſtell— ten ihre Flugſpiele ein und flogen nach den Berg— abhängen, um dort in dem verkümmerten Gebüſch, Trauervogel. we id) deſſen Wurzeln in den Felſen um Halt kämpften, ihre Luftſpiele fortzuſetzen. Raſtlos folgte jedoch unſer Forſcher den launenhaften Flüchtlingen und er beutete endlich, nachdem er abgeſtiegen und mühſam über Felſen geklettert war, ſeine erſten Trophäen für die Wiſſenſchaft. — Der Vogel war eigentlich ſchon ein Jahr früher von Dr. Heermann am Coſumnes— fluſſe in Californien entdeckt worden, wo er Alte und Junge geſammelt hatte. Später fand er ihn in der Coloradowüſte, nahe der kleinen Lagune. Der Vogel ſaß gewöhnlich auf einem Mesquitbuſche, bewegte dabei faſt fortwährend den Schwanz, wie dies die Fliegen— fänger in der Regel auch thun, und flog gelegentlich in unregelmäßigen Wendungen und Zickzacklinien durch die Luft, um Inſekten zu fangen. Als er ſich dem Colorado näherte, ſah er Geſellſchaften von zwanzig bis dreißig Stück, von denen viele ihre Flug ſpiele entfalteten und einen ziemlich großen Lärm dabei machten. Einen höchſt eigentümlichen Eindruck macht dieſer Vogel wohl auf jeden, der ihn zuerſt ſieht. Ridg— way beſchreibt feine diesbezüglichen erſten Eindrücke wie folgt: „Bei verſchiedenen Gelegenheiten hörte ich aus den Cedern- und Pinienwäldern der Gebirgs— höhen des weſtlichen Nevada einen Ton, der den lang— gezogenen, klagenden Rufen des Nuttall-Spechtes jo ähnlich war, daß ich als Thatſache in mein Notizbuch eintrug, dieſer Specht komme öſtlich bis zur Sierra vor. Ich konnte längere Zeit nie den Hervorbringer dieſer Töne ſehen. Endlich am 27. Juni 1868, als wir die Soda-Seen der Carſonwüſte erforſchten, hatte ich Gelegenheit, ihn ganz in der Nähe zu beobachten. Aus einer Schlucht jener merkwürdigen Gegend er— klang der ganz bekannte Ton, und ich machte mich ſogleich daran, den Vogel zu ſuchen. Da er auf der Spitze eines Fettholzſtrauches frei daſaß, ſo war er bald entdeckt, aber bei meiner Annäherung ergriff er ſogleich die Flucht, und trotz aller Liſt und Vorſicht hielt er ſich ſtets außer Schußweite, obgleich er mich durch häufiges Anhalten immer weiter lockte. Er ſetzte ſich ſtets in die höchſten Zweige der Büſche und bei jedem Auffliegen ließ er den ſchon erwähnten raſſelnden Ruf hören. So hatte ich denn endlich den Vogel, nach welchem ich ſo lange geſucht, vor mir. Ich war ganz erſtaunt, daß es nicht der genannte Specht war, ſondern ein Vogel, den ich noch nie lebend geſehen hatte.“ Seine Nahrung entnimmt der Trauerſchnäpper ebenſowohl dem Pflanzenreiche als der Inſektenwelt. Wie ſchon bemerkt wurde, iſt er ein ganz vorzüglicher 76 - Inſektenfänger, aber obgleich Kerbtiere den größten Teil ſeiner Nahrung bilden, ſo frißt er doch auch, wenn es ſein muß, Beeren. Er bevorzugt zum Auf— enthalt ſolche Gegenden, wo die Miſtel häufig wächſt, da die Beeren dieſer Schmarotzerpflanze mit Vorliebe von ihm verzehrt werden. Man fand ihn ferner zahlreich da, wo kleine wilde Pflaumen!) und wilder Wein) häufig wuchs. Captain Bendire fand im Frühling des Jahres 1872 in der Umgegend von Tueſon in Ari— zona vierzehn Neſter des Trauerſchnäppers, welche alle je nur zwei Eier enthielten; in drei Fällen enthielt das Neſt nur je ein Ei. Einige der Bauten ſtanden ſattelförmig auf Aſten, andere zwiſchen dem Stamme und der losgetrennten Rinde desſelben und noch andere in jungen Mesquitſchößlingen. Herr B. W. Evermann, einer meiner Korreſpondenten, fand den Trauerſchnäpper ziemlich zahlreich im Santa Paula Canon (Californien) brütend; ebenſo im Ojai— Thale und im Si-Sa Canon in Ventura County. Das erſte von ihm gefundene Neſt ſtand in einer californiſchen Yebenseiche?), etwa zwölf Fuß vom Boden. Es war in das äußerſte Ende eines horizon— talen Aſtes gebaut. Die Mulde des flachen, loſe zuſammengefügten Baues war etwa zweiundeinhalb Zoll breit und einen Zoll tief. Es beſtand haupt— ſächlich aus kleinen Zweigen und Pflanzenſtengeln, welche mit Blütenkätzchen der Eiche vermiſcht waren. Auch etwas Schafwolle befand ſich in dem Baue. Er fand im ganzen ſieben Neſter, welche ſämtlich in Yebengeichen in einer Höhe von vier bis dreißig Fuß vom Boden ſtanden. Ein anderer Korreſpondent fand in derſelben Gegend Neſter in Pfeffer-“) und blauen Gummibäumen?) und in Hollunderſträuchern. — Von den ſieben von Evermann gefundenen Neſtern enthielten ſechs je drei und das ſiebente ein Ei. Dieſe gehören zu den ſonderbarſten Eiern un— ſerer Vogelwelt. Die Grundfarbe iſt ein trübes Weiß mit einem kaum merklichen grünen Anflug. Sie ſind auf der ganzen Oberfläche ſcharf mit kleinen, aber deutlichen dunkelpurpurbraunen Flecken gezeichnet, die ſo dunkel ſind, daß man ſie nur bei hellem Lichte 1) Prunus demissa. 2) Vitis incisa. 3) Quercus agrifolia. ) Schiuus molle. 5) Eucalyptus globulus. Der Trauervogel. von Schwarz unterſcheiden kann. Zbwiſchen dieſen Flecken finden ſich eingeſtreut feine, hell- und dunkel— ſchieferfarbige, weniger hervortretende Schalenpunkte. Am dicken Ende bildet die Zeichnung einen dichten Kranz. Bei Santa Paula ſcheint er namentlich abends, nachdem die Sonne hinter den Bergen verſchwunden iſt, zu ſingen. Es iſt ein tiefer, melancholiſcher, aber doch lieblicher, bezaubernd ſchöner Geſang, welchen man dann vernimmt. Obwohl ich dieſen Vogel hier unter den Droſſeln aufführe, ſo bin ich doch der Überzeugung, daß die „American Ornithologists' Union“ recht hat, wenn fie ihm in der Familie der Seidenſchwänze!) einen Platz anweiſt. Seine ganze Form und Lebens— weiſe erinnert viel mehr an letztere, als an die Droſ ſeln. In der Syſtematik folge ich hier lediglich dem Kataloge des Smithſonian Inſtituts vom Jahre 1884. Namen: Trauervogel, Trauerſchnäpper, ſchwarzer Fliegen— fänger. Black Flycatcher, Blick Ptilogonys, Shining- erested Flycatcher, Shining Ptilogonys, Crested Shin- ing-black White-winged Flysnapper (Coues), Phaino- pepla (A. O. II.) - Wiſſenſchaftliche Namen: Ptiliogonys nitens Swain- son (1838), Heermann P. R. R. R. X, 1859, 38. — Cichlopsis nitens Baird, B. N. A. 1858, p. 320. — Phainopepla nitens Selater, P. Z. S. 1858, 543. Baird, B. N. A. 1858, 923. Baird, U. S. Mex. Bound. Surv. II, pt. II, 1859. Kennerly, P. R. R. R. X, 1859, 25. Cooper, B. Cal. I, 1870, 131. A. O. U. Code & Check List, 1886, p. 295. — Phaenopepla nitens Coues, Ibis 1865, 163. — Coues, B. N. W. 1874, 95. B. B. & R., N. A. B. I, 1874, 405, pl. 18, fig. 3, 4. Coues, B. Col. Val. 475, 1878. — Hypothymis nitens, Lafr., Lep- turus galeatus Less. Beſchreibung: Männchen tief glänzendſchwarz, mit ſtahl— blauem oder grünem Glanze. Weißer Flügelfleck. Füße und Schnabel ſchwarz. Haube ſehr hervortretend. Weibchen bräunlichgrau, unterſeits matter; Flügel und Schwanz ſchwärzlich; Flügelfleck viel kleiner oder ganz fehlend; anſtatt deſſen die Schwingen, Deck- und Schwanzſedern weiß geſäumt. Jungen wie das Weibchen; manchmal ſind faſt alle Federn derſelben weiß geſäumt. Länge 71 Zoll. Flügel 33 bis 3}, Schwanz 3} bis 4! Zoll. 1) Ampelidae. — 2Ä—ê—ꝓ— — AM POLIOPTILA CAERULEA MÜCKENFÄNGER. Blue-gray Gnatcatcher. Scelat. 2 } 72 — 8 s eigentlichen Hänger. Warblers, Kinglets, and Gnatcatchers. See. ieſe große Familie iſt na 8 * mentlich in der alten Welt durch mehrere hundert Arten vertreteu, während kaum zwanzig in Amerika vorkom men. Droſſeln an, unterſcheiden ſich von dieſen hauptſächlich nur durch ihre ge ringe Größe. Wer eine genaue wiſſen ſchaftliche Diagnoſe dieſer Gruppe wünſcht, den verweiſe ich auf die ſyſte Sie ſchließen ſich eng an die matiſchen Werke von Ridgways) und Coues ). In Nordamerika wird dieſe altweltliche Familie durch folgende drei Sippen vertreten: 1. Polioptila Scrarer. Mückenfänger. (Gmat- catchers.) Drei Arten. 2. Regulus Cuvrer. Goldhähnchen. (King- lets.) Drei Arten. 3. Phyllopseustes Meyer. Sänger. (War- blers.) Eine Art. 2 N = er Der Müchenfänger. Blue-gray Gnatcatcher. Polioptila caerulea SCLATER. Tafel VI. * E. war an einem ſchönen Apriltage des Jahres 4 1886, als ich mich am Ufer des großen Apopka⸗Sees in Florida befand. Der herrliche Wald an deſſen Ufern bot eine überraſchende Abwechslung gegen den etwas einförmigen, offenen, nur mit Kie fern, Zwergpalmen und niedrigen Erikaceen (Heidel beeren) beſtandenen Nadelholzwald. Man nennt dieſe nur aus Laubholz beſtehenden tiefgelegenen Waldungen in Florida „Hämmock-Wälder“. Präch tige breite Lebens- und Waſſereichen, glänzend be laubte immergrüne Magnolien und Gordonien, hohe Palmen und andere ſüdliche Bäume bilden den Hauptbeſtandteil dieſer Waldungen. Rieſige Wein reben, Bignonien, Carolina-Jasmin und andere Lianen ſchlingen ſich über Büſche und Bäume. Die Baumäſte ſind teilweiſe mit Farnkräutern, Orchideen, A Manual of North American Birds. % Key to North American Birds. 78 Der Mückenfänger. Tillandſien (Air Plants) und ſpanuiſchem Moos be— wachſen. Hakenlilien!) und Schöngilgen?). Der See, deſſen bräunliches Waſſer von Fiſchen wimmelte, iſt einer der größten des an Seen ſo reichen Staates, und an ſeinen Ufern befanden ſich ebenſowohl angepflanzte als auch natürliche Orangenhaine. Wie letztere ent— ſtanden ſind, weiß man nicht mit Gewißheit. Wahr— ſcheinlich iſt es, daß die Orange ſchon vor mehreren hundert Jahren durch die Spanier eingeführt wurde und dann hier in dieſem günſtigen Klima verwilderte. Von Vögeln ſah ich hier nur Tillandſienſängers) und namentlich viele blaugraue Mückenfänger, welche ſich meiſt hoch oben in den Kronen der rieſigen Magnolien und Lebenseichen umhertummelten. Am folgenden Tage (12. April) durchſtreifte ich mit meinem Freunde, Herrn L. Hartmann, die Um— gebung der deutſchen Anſiedlung Gotha. Wir waren am Long Lake geweſen und befanden uns jetzt vor einem etwas tiefer gelegenen anſcheinend ſehr ſeichten Gewäſſer. Die ganze Oberfläche desſelben war mit Blättern der duftigen gelben Waſſerlilie“) und der gelben Teichrofe?) bedeckt. Teichhühnchen liefen trip— pelnd über die Blättermaſſe und an den ſeichten Ufern ſah man hie und da einen Schlangenhalsvogel oder einen Reiher. Außer dem Geſange der Spottdroſſel hörte man faſt keinen Laut. Der Wald beſtand hier meiſt aus Kiefern und nur in der Nähe des kleinen Sees traten Eichen und einige andere Laubholzbäume vereinzelt auf. Als ich hier eine Zeit lang ſinnend meine Blicke über die Waſſerlilienfläche ſchweifen ließ, gewahrte ich ein Pärchen ſehr kleiner hurtiger Vögel, die ſich wiederholt an den dünnen Stämmen am Ufer feſtklammerten, um Flechten von der Borke zu löſen. Ganz überraſcht war ich, als das Pärchen gerade auf den Baum zuflog, in deſſen Nähe ich ſtand. Als ich emporſah, gewahrte ich, kaum neun Fuß vom Boden, das ſchöne mit Flechten verzierte, mir wohl— bekannte Neſtchen des blaugrauen Mückenfängers. Der Lieblingsaufenthalt dieſes winzigen Vögel— chens ſind die mit hohen Bäumen beſtandenen Hoch— wälder der Mittel- und Südſtaaten, und man gewahrt | es deshalb nur ſelten an ſo dünn und mit niedrigen Bäumen beſtandenen Ortlichfeiten, wie es hier der Fall war. Seine hübſche zwergartige Geſtalt, ſeine außer ordentliche Fluggewandtheit im Erbeuten von Fliegen 1) Crinum americanum. ) Hymenocallis carribaea, II. crassi- folium ete. 5) Dendroica dominica. 4) Nymphaea flava 5) Nuphar advena, Am Ufer des Sees ſtanden eine Menge und Mücken, ſein ſehr eigentümlicher Geſang und ſeine nur von wenigen Vögeln erreichte Kunſtfertig— keit im Neſtbau müſſen unſere Aufmerkſamkeit und Bewunderung in hohem Grade erregen. Den Syſte— matikern hat dies eigenartige Zwergvögelchen von jeher Schwierigkeiten bereitet, und auch heute wiſſen viele nicht recht, welche Stellung im Syſtem ſie ihm anweiſen ſollen. Coues und Ridgway, unſere bedeutendſten Syſtematiker, zählen es zur Familie der altweltlichen Sänger (Sylviidae). „Die Stellung dieſer Sippe in der Familie der Sylvidien iſt gerade keine gute“, ſchreibt Coues, „jedoch beſſer, als wenn man ſie den Meiſen anreiht, wie dies manche thun. Ich würde mich gar nicht darüber wundern, wenn die Musscikapidien der alten Welt die nächſten Verwandten der Mückenfänger wären.“ — Dieſe kleine, aus etwa zwölf Arten beſtehende Sippe iſt Amerika eigentümlich, verbreitet ſich aber hauptſächlich über Central- und Südamerika. Nur drei Arten kommen in den Vereinigten Staaten vor: eine im Oſten, die beiden anderen im Weſten. Im Süd— weſten treffen jedoch alle drei Arten zuſammen. Ich habe den Mückenfänger, mit Ausnahme Wisconſins, in allen meinen Beobachtungsgebieten, von Illinois bis Texas und Florida ſtellenweiſe ziem— lich zahlreich gefunden. Im nördlichen Illinois be— obachtete ich ihn im Sommer, aber nur kurze Zeit. Er fand ſich in den ſchönen, zumeiſt aus Eichen, hohen Ulmen, Wallnuß- und Hickorybäumen beſtehen— den parkähnlichen Gehölzen, welche ſich an den Bächen und Flüſſen hinziehen. Er gehört aber dort zu den jeltenften Vögeln und bis hierher ſcheint auch feine Verbreitung nach Norden hin zu reichen. Zahlreich traf ich dann das allerliebſte Vögelchen, das kleiner noch als ein Goldhähnchen iſt, durch den langen Schwanz aber größer erſcheint, in allen Teilen von Texas, namentlich in den mit hohen Bäumen beſtan denen Auwaldungen (Bottomwäldern) der Flüſſe und Bäche. Auch in Miſſouri beobachtete ich es zahlreich. Es iſt viel häufiger, als man gewöhnlich annimmt, denn es entzieht ſich, als ein meiſt in den Kronen hoher dichtbelaubter Bäume lebender Vogel, gern den weniger geübten Blicken. Nur dem mit dem Leben dieſes winzigen Vogels vertrauten Beobachter wird es nicht ſchwer, ihn hoch oben im luftigen Reviere auf— zufinden. Ich ſah ihn gewöhnlich während der Brut— zeit in den rieſigen Sykamoren, Ulmen, Eichen und Magnolien. Am zahlreichſten beobachtete ich den Mücken— fänger bei Houſton, Texas, während der Zugzeit im we Herbſt und Frühling. Einige überwintern dort ſogar in den Magnolien und Stechpalmen, welche die Ufer der Bayous ſäumen. Während dieſer auch im ſüdöſtlichen Texas oft empfindlich kalten Jahres— zeit, beſonders wenn ein eiſiger „Norther“ eintritt, kommt das ſonſt nur in hohen Baumwipfeln lebende Vögelchen in das niedrige immergrüne Buſchwerk, um hier Nahrung und Schutz gegen die rauhe Witterung zu ſuchen. Zuweilen erſcheinen einzelne auch in der Stadt, wo ſie ſich in den Bäumen und Sträuchern der Gärten munter umhertreiben. Gewöhnlich ſieht man ſie dann in Geſellſchaft von Goldhähnchen, Meiſen und Kronſängern. Zu ganz beſonderer Zierde gereicht der Mücken Der Mückenfänger. 79 fänger ſeinem Wohngebiete aber im Frühling und Sommer, wenn die Waldbäume blühen und im grü nen Blätterſchmucke prangen. Fortwährend iſt er dann damit beſchäftigt, vorüberſchwirrende Inſekten zu fangen, und dies geſchieht mit einer ſolchen Schnelligkeit und Gewandtheit, mit einer ſolchen An— mut aller Bewegungen, wie ſie ſonſt von keinem unſerer Vögel erreicht werden dürften. Auch zu ſeinem Jagdgebiete wählt er ſich mit beſonderer Vor liebe die Kronen hoher Waldbäume, vonwo aus er aber ſehr häufig in ſchnellen Zickzacklinien bis faſt zum Boden herabkommt. Sobald die herrlichen, ſchönbelaubten und noch prächtiger blühenden Mag nolien etwa Ende April ihre köſtlich duftenden Blüten kelche öffnen, dann kommen die Mückenfänger regel mäßig in dieſe Bäume, da hier der Tiſch reichlich für ſie gedeckt iſt. In den großen weißen Blumen ſchwärmt es jetzt von kleinen Kerbtieren, welche den ſüßen Nektar aus den Blüten ſaugen. Jeden Augenblick faſt kann man beobachten, wie der Mückenfänger fliegend und flatternd, faſt wie ein Kolibri, nur mit häufigen Zickzackbewegungen, Käfer und andere kleine Kerbtiere aus den Blumen hervor holt. Beſtändig fliegt er von Aſt zu Aſt, ſich kaum einen Augenblick Ruhe gönnend, nimmt eilenden Fluges bald ein Inſekt von einem Blatte oder einer Blüte hinweg, hängt ſich manchmal verkehrt an ein Aſtchen oder an die Baumrinde und durchſucht, be ſtändig dabei flatternd, jede Ritze der Borke nach Käfern und iſt im nächſten Augenblick ſchon wieder damit beſchäftigt, fliegende Inſekten aus der Luft, links und rechts, oben und unten zu erbeuten. So geht es vom Morgen bis zum Abend, ohne Raſt noch Ruhe. In dieſem munteren Thun und Treiben kaun man ihn oft lange Zeit beobachten, da er ziemlich zu traulich iſt und nicht leicht die Flucht ergreift; aber kaum vermag das Auge den pfeilſchnellen Bewegungen zu folgen, denn er ſitzt keinen Augenblick ganz ruhig, immerwährend fliegt er durch das Gezweig der Bäume, den Inſekten nach. Die gewöhnlichen Töne, welche er beim Umherfliegen hören läßt, ſind ſchnell und durchdringend und klingen wie „Rih-rih-rih“ oder auch „Tzistzi-tzi“. Dieſe ſchrillen, während der Brutzeit von allen Seiten erklingenden Laute geben erſt den rechten Begriff von der Häufigkeit des Vogels. In mancher Hinſicht erinnert der blaugraue Fliegenfänger an die Waldſänger, beſonders an das Rotſchwänzchen, den Kalmienſänger und andere, die ja alle überaus gewandt und anmutig in ihren Be wegungen ſind und auch eine große Geſchicklichkeit im Erbeuten von Inſekten zeigen. Bei genauer Be obachtung jedoch unterſcheidet er ſich ganz bedeutend von ihnen, denn ſie alle ſind im Vergleiche mit ihm im Fangen fliegender Juſekten nur Stümper. Er iſt viel raſtloſer, hurtiger und fliegt ſehr ſchnell und ruck— weiſe, wenn er ſeine Nahrung aus der Luft aufnimmt. Er fliegt hin und her, nach oben und unten, und führt dabei fortwährend die kürzeſten und jäheſten Wendungen und Zickzacklinien aus. Bei allen dieſen Bewegungen ſpielt der lange, meiſt fächerartig aus— gebreitete Schwanz eine große Rolle. Es iſt ſehr unterhaltend und feſſelnd, wenn man den Vogel bei ſeinem pfeilſchnellen Auf- und Abfliegen, bei den im Zickzack ausgeführten Wendungen beobachten kann. Jetzt iſt er oben in der Krone des Baumes, im näch— ſten Augenblick fliegt er hoch über dieſelbe hinaus, nun ſtürzt er ſich in allerlei Zickzackbewegungen und Rundflügen bis faſt zum Boden herab, und das alles geſchieht mit einer wahrhaft erſtaunlichen Schnellig keit, mit einer bewundernswerten Anmut und Ge ſchicklichkeit. Noch feſſelnder iſt das Bild, wenn ſich ein halbes Dutzend auf einem Baume umhertreibt, wie dies oft vor und nach der Brutzeit der Fall iſt. Im Auguſt verläßt das alte Pärchen mit den ſelbſtändigen Jungen den eigentlichen Lieblingsauf enthalt in den Wäldern der Niederungen. Zahlreich kommen ſie dann in die höher gelegenen Wälder und ſelbſt ungemein häufig in die Obſtgärten. An der Weſt Yegua (Lee County, Texas), wo fie ſehr zahl reich brüten, verlaſſen ſie das Brutrevier, ſobald die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben, ſtreifen im Pfoſteneichenwalde umher und kommen dann auch ſtets in die Gärten der Farmer, wo ſie nicht nur die Bäume und Riegelzäune ſchwirrend und flatternd nach Nahrung durchſuchen, ſondern auch an die Feu— ſter fliegen, um hier auf Spinnen und verborgene 80 Der Mückenfänger. Inſekten Jagd zu machen. Sie ſind dann ebenſo zutraulich, wie die Goldhähnchen. Einen Laut habe ich bei dieſen nach der Brutzeit ſtattfindenden Streife— reien nie vernommen; ſtill und lautlos iſt die ganze Schar mit dem Erbeuten von Inſekten beſchäftigt. Verriete ſie ihr fortwährendes Hin- und Herfliegen nicht, ſo würde man ſie kaum gewahr. Dies Umher— ſtreichen dauert gewöhnlich bis zum November, und dann ſind ſie auch durch Zuzug aus dem Norden am häufigſten. Sobald aber die erſten kalten Polar— wellen über die texaniſchen Fluren fegen, zieht die Mehrzahl ſüdlich, und ſo treibt jeder folgende Nord— ſturm andere vor ſich her in ſüdliche Gegenden, bis nur noch einzelne Nachzügler übrig bleiben, von denen einzelne an geſchützten Ortlichkeiten den Winter ver— bringen. Mexico ſcheint die bevorzugte Winterherberge der Mückenfänger zu ſein. Dort, wo die anziehendſten, koſtbarſten aller Pflanzengebilde, die auf Aſten ſchma— rotzenden Baumorchideen ihre wundervollen Blüten feenhaft herabhängen laſſen und neben Lianen dem Walde ein zauberhaftes Anſehen verleihen, da tum— meln ſich jetzt unſere Zwergvögel mit Tauſenden nörd licher Wintergäſte umher. Er zieht hinab bis Gua temala, Cuba, den Bahamainſeln u. ſ. f. Schon Ende März und anfangs April kommen die meiſten in Texas wieder an. Am 18. April gewahrte ich den erſten im ſüdweſtlichen Miſſouri. Im öſtlichen Teile der Union verbreiten ſie ſich nördlich bis zum Con— necticutthale. In ſeinem Verzeichniſſe der Vögel Michigans giebt Gibbs an, daß er zahlreich im genannten Staate bis nördlich zum 44. Breitengrade brüte. Hier muß man ſich freilich der Thatſache erinnern, daß Michigan ein ſehr mildes, gleichmäßiges Klima beſitzt, das wir unter gleicher Breite weder in Wisconſin, noch auch viel weiter ſüdlich im nörd lichen Indiana und Illinois wiederfinden. Nach Weſten hin verbreitet er ſich bis zum Stillen Ozean. Keiner unſerer älteren Ornithologen berichtet etwas von dem Geſange des Mückenfängers und auch die meiſten neueren gehen mit Stillſchweigen über dieſen Punkt hinweg. Erſt Maynard, der nament— lich in Florida ſammelte, berichtet ausführlicher hierüber. „Zeitig im Winter“, ſchreibt er, „hörte ich von dieſen Vögeln keinen anderen Ton, als ein janftes, liſpelndes „Si-ſi“ und bis zum 4. Februar des Jahres 1871 hatte ich keine Ahnung davon, daß dieſe Vögel auch noch einen eigentlichen Geſang haben. Ich wanderte am genaunten Tage auf einem ſchmalen Pfade durch einen ſogenannten Hämmock (fo werden in Florida gewiſſe Strecken des Waldes genannt, welche flach ſind, meiſt auch tiefer liegen als ihre Um— gebung und mit Laubholz beſtanden ſind), welcher ſich hinter dem alten Fort Miami findet. Einen Augen— blick hielt ich inne, um ein Weibchen des Mücken— fängers zu beobachten, als ich einen tiefen Geſang vernahm, welcher wie das Echo eines mir noch un— bekannten Liedes irgend eines Vogels erklang. Ich lauſchte aufmerkſam, konnte aber zu keiner Gewißheit kommen, von welchem Vogel es herrühre. Eben that ich einige Schritte vorwärts, als ich den Geſang noch deutlicher vernahm. Diesmal ſchien er von oben herab zu tönen und als ich in die Höhe ſah, bemerkte ich ein Männchen dieſer Art, das hurtig in den kleinen Bäumen, welche den Wald ſäumten, von Zweig zu Zweig hüpfte. Obgleich ich nur eine kurze Strecke von dem Sänger entfernt war, hielt ich es doch für nötig, die Vibrationen der Kehle des Vogels zu be— obachten, um jeden Zweifel auszuſchließen. Er war wirklich der Sänger, und nichts konnte beſſer mit der feinen Zeichnung und der Größe des winzigen feen— haften Vögelchens harmonieren, als dieſer klare Ge— ſang, welcher die Luft mit lieblichen, anhaltenden Wohllauten erfüllte. „Ich war ganz erſtaunt, denn ich hätte nie ge— glaubt, daß irgend ein Vogel die Fähigkeit beſitze, ſo ſanfte tiefe Töne, von denen jeder zugleich mit einer ſolchen Deutlichkeit hervorgebracht wurde, erklingen zu laſſen, ſodaß das Ohr jeden Teil des bewunderungs— würdigen, abwechſelnden Tonſtückes deutlich vernehmen konnte. Ich beobachtete ihn noch eine Zeitlang, aber er ließ ſich nicht ſtören, er hielt im Singen nicht inne, außer wenn er ein Inſekt in der Luft fing. Der wohltönende Geſang ſchien das Weibchen zu erfreuen, denn es kam immer näher herzu und ließ ſich auf dem ſelben Baume nieder, auf welchem das Männchen ſaß. In demſelben Augenblicke aber ließ es ſeinen War— nungsruf ertönen und flog davon, und das Männ— chen folgte ihm in kurzer Entfernung. Als ich weiter wanderte, konnte ich noch den murmelnden Liebes— geſang hören, bis er ſich nicht mehr von dem ſanften Rauſchen der Blätter umher unterſcheiden ließ. Seit jener Zeit habe ich den Geſang dieſes Vogels nur noch ſelten vernommen und nur noch einmal ſo ſchön. Dies war ein Jahr ſpäter. Wir waren den Wakiva— Bach hinaufgerudert, als ein Pärchen Mückenfänger über uns dahinflog und ſich endlich ganz in unſerer Nähe auf einem Baume niederließ. Das Männchen begann ſeinen lieblichen Geſang und ſetzte denſelben — — D auch fort, ſolange wir zuzuhören vermochten. In einer ſolchen Ortlichkeit werden die Vögel gewiß nicht oft beobachtet; befanden wir uns doch inmitten eines ungeheuren Cypreſſenſumpfes, welcher ſich meilenweit rings um uns her ausdehnte, und außer dem heiſeren er Mückenfänger. Gebrüll des Alligators oder dem rauhen Geſchrei eines einſamen Reihers vernahm man nur ſelten einen Laut. Hier in dieſer düſteren Brtlichkeit, wo man nur ſeltſame, rauhe Töne hörte, klang dieſes Lied beſonders lieblich.“ Auch ich habe den Geſang des blaugrauen Mückenfängers in Texas und in den Magnolien und Palmen am Apopka-See in Florida oft gehört und ſtimme dem genannten Sammler vollſtändig bei. Als ich am 17. April 1881 einem Regenbache (Branch) entlang der Weit-Negua zuwanderte, um nach Vireo— Neſtern zu ſuchen und die nach Norden ziehenden verſchiedenen Waldſänger zu beobachten, hörte ich aus einem dichten Weißdornbäumchen einen flüſternden, ziemlich tiefen, wechſelreichen und anhaltenden Ge— ſang, aber er erklang ſo leiſe, daß man ihn in einer Entfernung von zehn Schritten nur undeutlich ver— nehmen konnte. Er war ſo abwechſelnd, lieblich und eigenartig, daß ich ihn zuerſt für einen leiſen Geſang der Katzendroſſel hielt. Endlich wurde ich den Sän— ger gewahr und war nicht wenig überraſcht, den blau— grauen Mückenfänger vor mir zu haben. — Mit * 0 Singen hielt er nur inne, wenn er in allerlei hurtigen Wendungen nach Inſekten flog. Weibchen waren immer dicht beiſammen. Oft fingen ſie auch größere Käfer und Falter. Dieſe wurden erſt ſchnell an einen Aſt oder an den Stamm geſchlagen, um ſie mundgerecht zu machen. Männchen und Auch noch andere leiſere Töne, wie „Djeh“ klingend, vernahm man, und auch dieſe erinnerten an die gewöhnlichen Laute der Katzendroſſel. Da die Vögelchen durchaus nicht ſcheu waren, ſo ließen ſie ſich leicht beobachten. Ich hörte von dieſer Zeit an den Geſang täglich bis Ende Mai und namentlich oft am Bluff-Creek, der nicht weit von meiner Wohnung in die Weſt-Yegua mündete. Dort hielten ſich die Mückenfänger in den hohen Ulmen, Pecannußbäumen, Zürgel (Hackberry) und Waſſereichen, welche zum Teil dicht mit „ſpaniſchem Moos“ bewachſen waren, auf. Wenn der Geſang aus den Kronen der Bäume herab ertönt, ſo verliert er ſich in dem Rauſchen der Blätter, ſodaß man unten nur liſpelnde Töne vernimmt. Das Lied hat aber, trotz ſeiner merkwürdigen Tiefe und geringen Stärke, etwas unbeſchreiblich Anziehendes und Liebliches. Das Neſt des blaugrauen Mückenfängers iſt ein | | 81 wahres Meiſterwerk in der Baukunſt der Vögel. Herr Ridgway hat die Vögel ſowohl als das Net fo naturwahr und künſtleriſch vollendet dargeſtellt, daß eine Beſchreibung desſelben kaum nötig iſt. — Es iſt ein zierlicher, kunſtvoller, ſehr ſchöner und feſter Bau, der meiſt ſehr hoch, gewöhnlich fünfzig bis ſechzig Fuß vom Boden, in den ſchwanken Spitzen hoher Wald— bäume ſteht. Das in der Einleitung erwähnte, bei Gotha in Florida gefundene Neſt iſt das niedrigſte, welches ich geſehen habe. — Nur der, welcher mit dem Leben und den Gewohnheiten dieſes Zwergvogels ver traut iſt und der außerdem über viele Geduld verfügt, vermag das außerordentlich ſchöne Kunſtwerk, das, von unten geſehen, eher einem mit Moos bedeckten natürlichen Auswuchſe als einem Neſte gleicht, zu finden. Es iſt verhältnismäßig groß und ſteht ge wöhnlich in den dünnſten aufrechtſtehenden Aſtchen. Manchmal ſteht es auch ſattelförmig auf einem ziem lich dicken horizontalen Aſte. Coues ſchreibt, nachdem er die Eigentümlich keiten dieſes nächſt dem Kolibri kleinſten unſerer Vögel mit gewohnter Meiſterſchaft geſchildert hat, wie folgt: „Tage vergehen in dieſer fortwährenden Raſtloſigkeit, bis mit dem wärmeren Wetter der vorſchreitenden Jahreszeit auch andere Gefühle in die Bruſt des kleinen Sängers einziehen. Die ſchrillen Locktöne verwandeln ſich nun in lieblichen leiſen Geſang, der ſo tief erklingt, daß man ihn in größerer Entfernung nicht zu hören vermag und doch wird derſelbe ſo fehlerlos und ſelbſtbewußt vorgetragen, daß dem Sänger keine untergeordnete Rolle im gefiederten Sängerchor gebührt. Etwas ſpäter können wir dann auch, wenn unſer Auge ſcharf iſt und wenn wir etwas Beobachtungsgabe beſitzen, das außerordentlich pracht volle Neſt des ‚Blaugrauené entdecken, einen Bau, der nicht verfehlen wird, unſere Bewunderung und unſer Erſtaunen zugleich zu erregen. Außer dem Neſte des Kolibri kann kein anderes mit dieſem in der Baukunſt unſerer Vögel einzig daſtehenden Kunſt werke verglichen werden. Es iſt ein ſcharfſinnig her geſtellter Bau, der Schönheit und Zweckmäßigkeit zugleich in ſich vereinigt. Obwohl aus vielen Stoffen beſtehend, iſt es doch äußerſt dauerhaft und elegant, und vor Beobachtung iſt es durch dasſelbe Material, welches ihm ſo zur Zierde gereicht (Flechten und Moos), geſchützt. „Treu ſeinen Eigentümlichkeiten, niſtet der Vogel hoch oben auf Bäumen, in der Regel wenigſtens zwanzig Nards (60 Fuß) vom Boden, ſein Neſt in dünne Zweige bauend. Gewöhnlich iſt es ſo in 11 82 Mückenfänger. die dünnen Zweige gewebt, daß es fortwährend vom Winde hin- und hergewiegt wird. Damit die Eier durch das ſtarke Hin- und Herſchaukeln nicht heraus— fallen können, iſt die Neſtmulde ſehr tief und die Off— nung etwas enge; die beutelförmige Neſtmulde er— weitert ſich nach unten zu etwas. Nußerlich gleicht es einem abgeſtumpften Zapfen. Es iſt verhältnismäßig lang (manchmal 33 Zoll), unten faſt ebenſo breit, und der Durchmeſſer des Eingangs beträgt etwa 2 Zoll. Die Neſtwand iſt dicht und warm aus den weichſten Pflanzenſtoſſen, wie Faſern, Diſtelwolle und ähnlichen Stoffen, unter welchen ſich gelegentlich auch Spinnen— neſter befinden, gefilzt. Die ganze Außenſeite wird ſehr ſchön und künſtlich mit Flechten (Lichnen) wie mit Stuccoarbeit überzogen, welches den doppelten Zweck. hat, deſſen Schönheit zu erhöhen, als dasſelbe auch einem natürlichen Auswuchſe ähnlich erſcheinen zu laſſen. In eine ſolche niedliche Wiege werden vier bis fünf, manchmal auch ſechs, der Grundfarbe nach weiße, mit gleichmäßig über das ganze Ei verteilten, rötlich- oder umberbraunen und lilafarbenen Flecken und Punkten gezeichnete Eier gelegt. In einem ſo geſchützten Neſte bringt der Mückenfänger gewöhnlich ſeine Brut ungeſtört auf. Nur den Kuhvogel und den Ornithologen hat er zu fürchten, und vor dieſen Fein den vermag auch keine Kunſt zu ſchützen. Der para ſitiſche Kuhvogel hat vielleicht eine Eutſchuldigung vorzubringen, könnte er nur um ſeine Beweggründe gefragt werden. Der Vogelkundige kann ſich recht fertigen, wenn er angiebt, daß dieſe kleine Lebensſkizze des blaugrauen Fliegenfängers nicht vollſtändig wäre, wenn er ihn nie feines Neſtes und feiner Eier beraubt hätte.“ Nach Dr. Gerhardt ſchreitet der Mücken fänger im nördlichen Georgia etwa Mitte Mai zur Brut. Der Vogel iſt dort ſo häufig, daß er oft fünf Neſter an einem Tage fand und ſelten ſtand eines niedriger als ſechzig Fuß vom Boden. Der genannte deutſche Naturforſcher ſagt, daß es die beſtgebauten Neſter ſeien, welche er in dieſem Lande gefunden. Dies ſei ebenſowohl in Bezug auf Dauerhaftigkeit und Schönheit, als auch hinſichtlich der Neſtöffnung der Fall, denn letztere ſei fo enge, daß auch beim ſtärk, ſten Winde unmöglich ein Ei herausrollen könne. Namen: Mückenfänger, blaugrauer Mücken- oder Fliegen fänger. Blue-gray Gnatcher, Blue-gray Flycatcher (Audubon), Little Blue-gray Flycatcher (Edwards), Orrulian Warbler and Gray-throat Warbler (Lath.). Figuier gris-de-fer (Buffon), Culeivore gris de fer (d’Orb.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla caerulea Linn. S. N. I, 1766, 357. — Sylvia caerulea Lath., J. O. II, 1790, 540. — Culeivora caerulea d’Orb., Ois. Cuba 1539, 90. — Sylvania caerulea Nuttall, Man. 2nd Ed. I, 1840, p. 337. — Polioptila eaerulea Selat., P. Z. S. 1855, 11. B. B. & R., N. A. B. I, 1874, 78, pl. 6, f. 5. Coues, B. C. V. 1878, 101 ff., u. ſ. w. — Motaeilla caerulea Gmel, S. N. I, 1788, 992. — Muscicapa caerulea Bonap., Journ. Phil. Acad. IV, 1824, 172. Oulieivora eaerulea Audubon, B. A. I, 1840, 244, pl. 70. — Motaeilla cana Gmel., S. N. I, pt. II, 1788, 973. — Sylvia cana Lath., J. ©. II, 1790, 543. — Regulus griseus Bartr., Trav. Fla. 1791, 291. — Culi— eivora mexicana Bonap. 1550. — Polioptila mexicana Selat. — Fieedula pennsylvanica einerea Brisson. Beſchreibung: Männchen graublau, fast reinblau auf der Krone, weißgrau am Bürzel. Vorderſtirn ſchwarz, mit ſchwarzen Zügelſtreifen über dem Auge; Ränder der Augenlider weiß und über dieſen ein weißlicher Strich, der an den ſchwarzen Zügelſtreifen grenzt. Unterſeite weiß, matt bleifarbig ſchattiert, namentlich an der Bruſt; Flügel dunkelbraun, die Außenfahnen weißgrau, die Innenfahnen weiß gerändert; Schwanz kohlſchwarz, die Außenfeder ganz oder faſt ganz weiß, die nächſte halb weiß, die dritte mit weißer Spitze. Weibchen ihm ähnlich, doch matter und mehr grau blau; der Kopf wie der Rücken, kein Schwarz. Länge 43 bis 5 Zoll. Flügel 2 bis 25 Zoll, der Schwanz ſo lang wie die Flügel. Der bleifarbige Mückenfänger. Plumbeous Gnateatcher. Polioptila plumhea Baırn. Dieſer Mückenfänger kommt im Thale des Gila und Colorado in Arizona vor, iſt aber ſo ſelten und noch ſo wenig bekannt, daß ich über Lebens- und Niſtweiſe nichts anzugeben vermag. Jedenfalls wird er dem vorſtehend beſchriebenen durchaus ähnlich fein. Dr. Kennerly entdeckte ihn im Jahre 1854 am Bill Williams River, Arizona, und im ſelben Jahre noch wurde er von Prof. Spencer Baird wiſſen ſchaftlich beſchrieben. Namen: Bleigrauer oder bleifarbiger Mücken oder Fliegen— fünger. Plumbeous Gnatcatcher, Lead- colored Fly- eateher, Lead- colored Gnateateher, Arizona Gnat— eatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Polioptila plumbea rd. P. Phil, Acad. VII, 1858, 118. Baird B. N. A. 1858, 382. Atlas 1860, pl. 33, fig. 1, ete. Beſchreibung: Männchen oberſeits wie P. caerulea, nur matter und mehr grau; kein Schwarz an der Stirn; ein kurzer ſchwarzer Streif über dem Auge und unter dieſem ein anderer weißer. Außere Schwanzfeder mit der ganzen Außenfahne weiß und auch die Spitze der Innenfahne iſt weiß, die nächſten beiden Federn weiß zugeſpitzt. — Das Weibchen hat keinen ſchwarzen Strich über dem Auge, iſt überhaupt noch matter gefärbt. Länge 43 bis 5 Zoll. — ne ar Der californiſche Mückenfünger. Black-tailed Gnatcatcher. Polioptila californica BrEWSTER. Dieſe Art wurde von Captain MeCowu bei Ringgold Barracks, Texas, im Jahre 1851 entdeckt und von G. N. Lawreuce beſchrieben. Ver— ſchiedene Sammler fanden den Vogel daun von Texas bis nach Californien, von San Diego bis nach Kap St. Lukas in Untercalifornien. Captain Bendire beobachtete ihn bei Tueſon in Arizona und Dr. Co o- per im Winter bei Fort Mojave und San Diego. Sein Geſang wird als etwas rauh beſchrieben. Er ſoll dem Zaunföniggefange nicht unähnlich fein, namentlich aber an das Lied des Prärievireo !) erin nern. In feiner Lebeusweiſe ſtimmt er ganz mit der öſtlichen Art überein. Alle Glieder dieſer Sippe ge hören zu unſeren kleinſten Vögeln, bewohnen faſt ausſchließlich die Wälder und erinnern in ihrem raſt loſen Suchen nach kleinen Juſekten an die Goldhähn chen. Xantus fand dieſe Art ziemlich zahlreich bei Kap St. Lukas und hatte auch das Glück, einige o%) Ruby-crowned Kinglet. er im Herbjt, wenn die Blätter der Bäume und Sträucher ſich rot färben und in allen Farbentönen ſchillern, aufmerkſam die ſüdlich ziehen— den Vögel beobachtet, dem wird das hübſche, muntere, ſehr kleine Rubingoldhähuchen kaum entgehen. Ge— hört es doch während dieſer Zeit in den Nord- und Mittelſtaaten zu den zahlreichſten und furchtloſeſten Wanderern. In Wisconſin und im nördlichen Illi nois beobachtete ich es von Mitte bis Ende Oktober, und im ſüdöſtlichen Texas traf es in der Regel Mitte November ein. In kleinen Geſellſchaften ſich zuſam— menhaltend verweilten viele den Winter hindurch, während die Mehrzahl weiter ſüdlich bis ins Junere Mexicos und bis nach Guatemala zog. Das Rubingoldhähnchen iſt ein Bewohner der Nadelwälder des hohen Nordens und deshalb ein ſel— 1) Vireo Belli. Das Rubingoldhähnchen— | p. 106, ete. 83 Neſter zu finden. Dieſe ſtanden gewöhnlich in einer ſchönen holzigen Schliugpflauze!) und waren ſo feſt in die kleinen Zweige derſelben gewebt, daß man ſie nicht herausnehmen konnte, ohne ſie zu zerreißen. In der Form und Größe waren ſie ganz denen des blaugrauen Verwandten ähnlich. Auch in der Färbung der Gier iſt kein auffallender Uuterſchied bemerkbar. Namen: Californiſcher Mückenfünger. Black-tailed Gnatcatcher, California Black- capped Gnateatcher, Black-headed Gnateatcher, Wiſſenſchaftliche Namen: Oulieivora Lawr. Ann. Lye. N. V. V, 1852, 124. atricapilla Polioptila melanura Lawr. Ann. Lyec. N. V. VI, 1856, 168. Cooper, B. Cal. I, 1870, 37. B. B. & R., N. A. B. I, 1874, 81, pl. 6, fig. 7. Coues, B. Col, Val. 1878 Polioptila californica Brewster, Bull. Nutt. Orn. Club VI, 1881, p. 103. Beſchreib ung: Die ganze Kopfplatte tief ſchwarz. Schwanz wenig weiß; nur die Außenfahne der erſten (und die Spitze der Innenfahne), ebenſo die Spitze der zweiten und dritten Feder weiß. Sonſt iſt der ganze Schwanz glänzend tiefſchwarz. Größe der vorigen. ubingoloͤhähnchen. Regulus calendula LICHT. tener Brutvogel in den Vereinigten Staaten. Nur in den Gebirgen des Oſteus und Weſteus ſcheint er zu den gewöhulicheren Brutvögeln zu zählen. Mit Sicherheit glaube ich aunehmen zu dürfen, daß es in den Nadelwäldern des nördlichen Michigan, Wiscon ſin und Minneſota Brutvogel iſt. Im nördlichen Illinois iſt es namentlich im Herbſt und auch im Frühling ſehr zahlreich. Während es jedoch im Herbſt mit der Weiterreiſe oft wochenlang zögert, zieht es im Frühling, ſo etwa Mitte April, ohne lange zu ver weilen, ſeiner Heimat zu. Zum Aufenthalt wählen die immer in größeren oder kleineren Geſellſchaften ziehenden Vögel während der Zugzeit buſchreiche Waldſäume, Obſtgärten und beſonders ſolche Baum anlagen, in welchen ſich viele Nadelholzbäume finden. Zeitweiſe ſind ſie in den mit Tannen, Fichten, Kiefern, 1) Antigonon leptopus 84 Das Rubingoldhähnchen. Wachholder und Lebensbäumen bepflanzten Gärten und Parkanlagen ſehr zahlreich. Hier entfalten die allerliebſten kleinen, immer munteren, ſtets beweg— lichen, im hohen Grade zutraulichen und furchtloſen Vögelchen ein überaus anziehendes Bild regen Lebens. Niedrige Gebüſche, Dickichte, Hecken, überhaupt alles niedrige Strauchwerk meiden ſie gewöhnlich. Da— gegen bilden mittelgroße und hohe Bäume ihren eigentlichen Tummelplatz. In Texas ſah ich ſie im Jahre 1880 zuerſt Ende November in den rieſigen Sykomoren oder Platanen, beſonders zahlreich jedoch in allen immergrünen Bäumen. Auch hier bevor— zugten ſie Nadelholzbäume, beſonders die Weihrauch— kiefer!) und die Bergeeder?); aber auch in den herr— lichen Magnolien und in den immergrünen Kirſch- lorbeerbäumen ſah ich ſie in Geſellſchaft verſchiedener Meiſen und des Mückenfängers ſich fröhlich umher— tummeln. Da ſie eine Annäherung bis auf wenige Schritte geſtatten, ſo konnte ich ſie dort leicht und lange in ihrem Thun und Treiben beobachten. Ihre Zutraulichkeit gereicht ihnen in den ſüdlicheren Stä— dten freilich oft genug zum Verderben. In Houſton ſchoſſen rohe Straßenjungen mit einer Art Gummi ſchleuderk) gar manches Goldhähnchen tot. Ver— ſchiedenemal ſah ich einzelne mit einem zerſchmetterten Beine oder Flügel ſich mühſam durch die Aſte bewegen. Man ſieht die Vögel kaum einen Augenblick ſtill daſitzen. Sie klettern wie die Meiſen an wagerechten Aſten entlang, hüpfen und flattern durch die dünnen, dichtſtehenden Zweige, nehmen ſchwirrend und flat— ternd von den Aſten, Blättern, von der Borke und aus der Luft Inſekten auf, und ſo geht es fort vom Grauen des Morgens bis zum Eintritt der Abend— dämmerung. Auf den Boden kommen ſie nicht oft herab. So aumutig und jo flink fie im Geäſt der | Bäume ſind, jo unbeholfen find fie auf dieſem. Ihre Bewegungen auf demſelben kann man weder Laufen noch Hüpfen nennen, es iſt vielmehr ein raſtloſes Flattern, ohne daß ſie dabei recht von der Stelle kom— men. Der Flug iſt überaus anziehend, leicht und ſchnell, dehnt ſich aber nur ſelten über größere Strek— ken hin aus, iſt auch nicht ſehr hoch. Am liebſten fliegt die muntere Zwerggeſellſchaft im bunten Durch— einander von einem Baume zum anderen. Beim Wandern wählen ſie ſich ſtets waldreiche Strecken, be— ſonders ſolche längs der Flüſſe und Bäche. ſind ſie heiter und fröhlich, lieben die Geſellſchaft 1) Pinus taeda. 2) Juniperus occidentalis. Auch „Nigger-“ oder „Beau- Shooter“ genannt, Immer ihresgleichen und des nächſtverwandten Satrap, ſodaß man ſie faſt immer in größeren Scharen beiſammen ſieht. Nur während des Frühlingsdurchzuges, wenn noch unerwartet ſtarker Schneefall und Kälte eintritt, verlieren ſie etwas von dem ſonſt unverſiegbaren guten Humor und hüpfen dann, ſichtlich ermattet, mit aufgeblaſenem Gefieder umher. In der Erregung und Angft ſtoßen ſie ein ſchnelles ſcharfes „Sri-ſri— ſri“ oder „Sis-ſi-ſi“ aus, erſt einer, dann die meiſten übrigen der Geſellſchaft, und alle ſträuben die Federn der Kopfplatte, ſodaß man das ſchöne Rubinrot, wel— ches dem Zwergvogel den Namen verliehen, deutlich hervorleuchten ſieht. Eine beſonders gute Eigenſchaft des Rubingoldhähnchens iſt feine Zutraulichleit. In Oak Park, bei Chicago, waren ſie ſo zuthunlich und furchtlos, daß ſie ſich nicht nur in den meiner Woh— nung am nächſten ſtehenden Tannen und Lebeus— bäumen faſt den ganzen Tag munter und fröhlich umhertummelten, ſondern auch regelmäßig in großer Anzahl in denſelben übernachteten. Zur Schlafſtätte diente ihnen namentlich eine ſehr dichte Edeltanne vor dem Fenſter, auf welche des Abends der Schein der Lampe fiel. So zutraulich und dreiſt ſich dies Goldhähuchen dem Menſchen gegenüber auch zeigt, jo furchtſam und ſcheu iſt es, ſobald ſich einer ſeiner Feinde, ſei dies nun ein kleiner Raubvogel oder ein Blauheher und Würger, hören oder ſehen läßt. Kopflos ergreift dann die ganze Geſellſchaft die Flucht. Schrecken und Entſetzen prägt ſich dann in ihrem ganzen Benehmen, beſonders aber in dem jetzt häufig erklingenden Angſtrufe aus und nach allen Richtungen hin fährt die Schar auseinander. Erſt wenn die Gefahr vollſtändig vorüber iſt, finden ſie ſich nach und nach zögernd wieder zuſammen. Die hervorragendſte Eigenſchaft des Rubingold— hähnchens iſt jedenfalls ſein ganz außerordentlich jtarfer, melodiſcher Geſang. Nicht nur Audubon, der ihn eingehend beſchreibt, ſondern auch faſt alle anderen vogelkundigen Beobachter find feines Lobes voll. Während des Frühlingsdurchzuges kann man ſich leicht den Genuß verſchaffen, beſonders in ſolchen Ortlichkeiten, wo ſich viele Nadelholzbäume finden, dem kleinen Sänger in früher Morgenſtunde zu lauſchen. Gewöhnlich ſitzt der Vogel dann in der Spitze eines Baumes, hüpft langſam mit in zittern— der Bewegung gehaltenen Flügeln im dichten Geäſt umher, ſträubt die Kopffedern und läßt dabei laute, jubelnde, überaus wohlklingende Töne hören. Es iſt wirklich erſtaunlich, daß ein ſo kleines, kaum vier Zoll großes Vögelchen ſo ſtarke, ſonore Laute hervorzu— bringen vermag. Wenn man bedenkt, daß der Ge ſang in den oft noch recht rauhen Apriltagen ſchon ſo voll und lieblich erklingt, wie herrlich muß er da erſt im Brutgebiete ſein! Ich will es hier verſuchen, das Lied, wie ich es oft gehört habe, durch Buchſtaben wiederzugeben. Es klingt etwa jo: „Tſchisuh, tſchi-uh, tſchi-uh, tſchi-uh, tſchuh, tſchuh, tſchuh, tſiht, tſiht, tſiht, ti-ſit, ti-ſit, ti-ſit.“ Dieſe Laute erklingen nicht immer in der hier gegebenen Reihen— folge, ſie werden vielmehr oft abgeändert. Als ich ſie vor vielen Jahren zuerſt hörte, glaubte ich eine Droſſel zu vernehmen. In der That erinnert das Lied ſehr an die kleinen Droſſeln; in gewiſſer Hin— ſicht jedoch ähnelt es ebenſo ſehr dem Geſange des Carolina-Zaunkönigs. Bis zur neueſten Zeit konnte man das Brut gebiet des Rubingoldhähnchen nicht genau angeben und über das Brutgeſchäft war noch gar nichts be kannt. Erſt der Eifer und die Aufmerkſamkeit der im ſernen Weſten ſammelnden Forſcher hat in dieſer Hin ſicht weſentlich Neues zu Tage gefördert. Mit ziemlicher Sicherheit kann man annehmen, daß ſich das Brutgebiet dieſes Vogels vom nördlichen Neuengland und der anderen unter gleicher Breite liegenden Staaten der Union bis nördlich nach Labra dor, Grönland, des Hudſonbai-Gebietes und Alaska erſtreckt. Man will das Neſt auch im weſtlichen Teile New⸗Norks gefunden haben. Sehr wahrſcheinlich iſt es, daß dies Goldhähnchen im Adirondac- und Cats— kill⸗Gebirge brütet, doch iſt darüber Gewiſſes noch nicht bekannt. Sicher iſt dagegen, daß es im Felſen gebirge brütet. Mehrere unſerer tüchtigſten Orni thologen und Sammler haben in den letzten Jahren dort Neſter gefunden. Es bevorzugt zum Aufenthalt die hohen Gebirgsregionen bis zu einer Höhe von 10,000 Fuß, und iſt in Colorado, New-Mexico und ſelbſt in Arizona während des Sommers beobachtet worden. „Dieſe Art“, ſagt Henſhaw, „brütet in den dichten Tannen- und Fichtenwaldungen der Ge— birge Colorados und auch in Arizona, ebenſowohl in den White Mountains als auch ſüdlich bis zum Mount Graham. An beiden genannten Ortlichkeiten ſah ich die Alten die noch im Neſtkleide befindlichen Jungen herumführen, und zwar noch am 1. Auguſt. Im Gebirge, in der Nähe von Fort Garland (Colo rado) waren dieſe Vögel im Juni ganz gewöhnlich. Die Nadelwälder bis zu einer Höhe von 10,000 Fuß hallten um dieſe Zeit wieder von dem lieblichen, herr lich modulierten Geſange dieſer Goldhähnchen. Als ich am 11. Juni einen Ausflug ins Gebirge machte Das Rubingoldhähnchen. 85 und mich in der Nähe des Rio Grande befand, ent- deckte ich ein faſt fertiges Neſt, welches auf einem der niedrigſten Zweige einer Tanne ſtand und ohne Zwei fel dieſem Goldhähnchen angehörte.“ Herr Scott fand am 20. Juni 1878 ein Neſt mit fünf Eiern bei Twin Lakes (Lake Co., Colorado). Der Vogel war in dortiger Gegend zahlreich und einer der gewöhnlichſten Singvögel, welchen man allerorten im Gebirge hören konnte. Am 20. Juni ſah er ein Weibchen Niſtſtoſſe nach einer Tanne tragen, Als er genau nachſuchte, entdeckte er das faſt vollen dete Neſt. Als er am 25. d. M. wieder nachſah, waren fünf Eier darin. „Das Neſt war an den Nadeln und einem kleinen Zweige befeſtigt, halb hängend und ähnelte einem Waldvireoneſte!) ehr. Im Verhältnis zum Vogel iſt es ſehr groß. Es beſteht äußerlich aus der Rinde des Salbeiſtrauches ?) und grünem Moos; beide Stoffe ſind feſt ineinander gefilzt. Das Junere iſt mit Federn und Haaren ausgelegt. Die Neſtwand iſt auch außen ſehr weich und wohl einen halben Zoll dick. Der Bau iſt vier Zoll lang, drei breit; die Neſtmulde iſt drei Zoll tief und zwei breit. . . . Es ſtand in den äußerſten Zweigen, etwa zwölf Fuß vom Boden. Die Eier ſind von ſchmutzigweißer Grundfarbe, mit braunen Punk ten leicht gefleckt, welche am dicken Ende am meiſten hervortreten.“ Am 18. Juni 1881 fand Dr. Mer vill ein Neſt des Rubingoldhähnchens im Big Horn Gebirge, 7700 Fuß über dem Meere. Es fand ſich in einer Fichte, etwa achtzehn Fuß vom Boden auf einem kleinen Aſte dicht am Stamme. Mehrere kleine Zweige waren in die Wandung mit hineingebaut. „Es iſt ein ſehr hübſches, gutgebautes Neſt mit weichen, dicken Wandungen. Mit Ausnahme der inneren Auskleidung, welche aus feſt in die Seiten und den Boden hineingewebten Federn von Richard jons- Huhn beſteht, iſt es aus feinen Rindenfaſern, kleinen grünen Moosteilchen, Faſern von Stau den, einigen Federn, Spinngeweben und kleinen Tei len von Weſpenneſtern gebaut und das Ganze hat eine kugelförmige Geſtalt.“ Es enthielt acht der Grund farbe nach rahmweiße Eier. Punkte und Flecken fehlen anfcheinend ganz. Dieſer Bau ſtand jo nahe an der Wyoming- und Montang-Greuze, daß kaum anzugeben iſt, in welchem der beiden Gebiete es eigent lich gefunden wurde. Die Nahrung dieſer Vögel beſteht ausſchließlich aus allerlei kleinen Inſekten, welche ſie meiſtens von 1) Vireo olivacea. 2) Artemisin BA ni; 86 Der Satrap. der Rinde, von den Zweigen und Blättern abjuchen. Auch fliegende Kerbtiere werden hin und wieder ge— fangen. Als ich noch in Chicago wohnte, haben ſowohl die als eifrige Vogelfreunde bekannten Herren Dr. Reinhold, Geueralkouſul E. Dreier und Apo theker Woltersdorf, als auch ich ſelbſt oft Ver— ſuche gemacht, die Vögel für die Gefangenſchaft zu * 9 gewinnen, aber alle Verſuche ſchlugen fehl. Kamen: Rubingoldhähnchen, Rubinkronſänger (Brehm). Ruby-crowned Kinglet, Ruby-erowned Wren (Edw.), Ruby-erowned Warbler (Penn.). Roitelet rubis (Buff.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motaeilla calendula Linn , S. N. I, 1766, 357. — Sylvia calendula Lath., J. O. II, 1790, 549. — Regulus eulendula Licht., Verz. 1823 Aud., Nutt., Baird, Coues, B. B. & R., u. ſ. w. — Reguloides calendula Bonap., C. A. I, 1850, 292. — Phyllobasileus calendula Cab., Mus. Hein. I, 1851, 33. — Cortliylio ealendula Cab., J. f. O. I, 1853, 83. — Regulus eristatus alter vertice rubini coloris Bar— (ram, Trav. Florida 1791, 292. — Regulus rubineus Vieillot, O. A. J. II, 1807, 49, pls. 104, 105. Beſchreibung: 5 Oberſeite olivengrün, heller gelblich am Bürzel; Flügel und Schwanz dunkel, gelblich ge— randet; Flügel zwei weiße Querbinden. Unterſeite gelblichweiß oder gelblich- oder grünlichgrau; weißer Ring um das Auge. Das Hauptkennzeichen iſt der reich ſcharlachrote (oder rubinrote), teilweiſe verborgene Scheitelfleck. Ob auch das Weibchen dieſen Fleck hat, iſt noch nicht mit Sicherheit ſeſtgeſtellt. Länge 43 Zoll. Flügel 2 bis 23 Zoll, Schwanz 11 Zoll. Jungen den Alten ähnlich, aber ohne den roten Scheiteljleck. Der Hatrapß. Golden-erowned Kinglet. Regulus satrapa LicHT. Tafel VII. * E. iſt Winter. Die Erde hat ſich in ihr weißes 6 Schneekleid gehüllt. Nur wenige unſerer ge— fiederten Lieblinge laſſen ſich ſehen oder hören. Die meiſten ſind ſüdlicher gezogen; die zurückgebliebenen ſuchen im dichteſten Gebüſch Schutz gegen die Unbilden der Witterung. Doch die Winterlandſchaft iſt nicht ganz verödet. Gelegentlich ſieht man einzelne Meiſen und in deren Geſellſchaft oft zahlreiche Goldhähnchen mit gelber Kopfkrone, kleine winzige Vögel, wahre Zwerge unſerer Vogelwelt. Man iſt erſtaunt, wie es möglich iſt, daß dieſe anſcheinend ſo zarten Vögelchen eine ſolche Kälte von oft 20 bis 30 Grad Fahrenheit unter Null zu überſtehen vermögen. Mit geſträubtem Gefieder, ſichtbar von der Kälte und dem ihre Nah rung verdeckenden Schnee leidend, hüpfen ſie traurig von Zweig zu Zweig. Herrn Ridgways Bild verſetzt uns mitten hinein in eine ſolche Winterland— ſchaft und zeigt uns ein Pärchen dieſer Vögel, wie ſie mit geſträubtem Gefieder umherhüpfen. In Wisconſin und Illinois iſt der Satrap, das Feuerköpfchen oder das Gelbkron— goldhähnchen ebenſo häufig in der Zugzeit an— zutreffen, wie das Rubingoldhähuchen. Es erſcheint | | | etwa um dieſelbe Zeit und wird auch oft in deſſen Ge ſellſchaft angetroffen. Daß auch dieſe Art in den Nadelholzwäldern des hohen Nordens und der Ge birge zu Hauſe iſt, beweiſt ſeine auch während der Zugzeit zur Schau getragene Vorliebe für Koniferen. Im mittleren Wisconſin beobachtete ich ſie ſtets nur in Weymouthkiefern- und Hemlockwäldern, in Illinois zogen ſie die mit Nadelholzbäumen bepflanzten Zier— gärten und Parke allen anderen entſchieden vor und im ſüdöſtlichen Texas traf ich ſie immer nur in dem mit langnadeligen Kiefern beſtandenen ausgedehnten Waldungen. Nur dann kommen ſie auch in die ent- blätterten Laubholzbäume, wenn fie Nahrungsmangel dazu treibt oder wo Nadelholzbäume nicht häufig ſind. Er wandert nicht ſo weit ſüdlich, wie das Rubingold hähnchen, überwintert oft ſchon in den Nordſtaaten, zahlreich in den Mittel- und wohl am häufigſten in den Golfſtaaten. In Texas beobachtete ich den Satrap längft nicht fo zahlreich als den ſchon mehr mals genannten Verwandten. Mit Vorliebe hält ſich dieſes Goldhähnchen im Hochwalde auf, wo es ſich in der Regel hoch oben in den Wipfeln der Bäume munter und fröhlich umher— VII ö u REGULUS ATRAPA Licht. SATRABP. Golden-crowned Kinglet. RAN LERNEN. 0 a DER INH and HERR, Fa 1 treibt. In feinem ganzen Thun und Treiben ſtimmt es ſo mit dem Rubingoldhähnchen überein, daß eine ausführliche Lebensbeſchreibung überflüſſig iſt. — Auch dem europäiſchen Goldhähnchen!) iſt es ganz | ähnlich und von ihm in ſeinem Thun und Treiben und ebenſo in der Niſtweiſe wenig verſchieden. Der gewöhnliche Laut iſt ein ſcharfes „Sri, ſri, ſri“, wel ches oft wiederholt, ſchnell hintereinander ausgeſtoßen wird. Der Geſang, den man oft während der Früh lingsdurchreiſe vernehmen kann, iſt leiſe, flüſternd, aber doch recht melodiſch und ausgedehnt. Häufig unterbricht er denſelben durch fein ſcharfes „Sri“ oder „Siſiſi“. Er iſt ſo leiſe, daß man ſchon ganz in der Nähe ſein muß, um ihn zu hören. Er iſt darum auch ganz verſchieden von dem lauten, ſchmetternden, ſehr melodiſchen Geſange des Rubingoldhähnchens und im Vergleich mit demſelben faſt bedeutungslos. Im nördlichen Illinois kamen auch dieſe Vögel in der Zugzeit regelmäßig in die Tannen und Cedern an meiner Wohnung, wo ich die beſte Gelegenheit hatte, die zutraulichen Vögelchen ſtundenlang zu be obachten. Flatternd und ſchwirrend flogen ſie durch das dichteſte Geäſt, hingen ſich verkehrt an die dünn ſten Zweige, durchſuchten die Aſte und Furchen der Rinde unaufhörlich nach Kerbtieren und trieben ſich bei günſtigem Wetter neckend und jagend durch die Zweige der Bäume und Büſche. Das Brutgebiet dieſes Goldhähnchens hat man in den Nadelwäldern Britiſch-Amerikas und unſerer Nordſtaaten zu ſuchen. Ferner bewohnt er zahlreich die öſtlichen Gebirge, ſüdlich bis nach Nord-Carolina. Dort fand ihn neuerdings Brewſter, einer unſerer geiſtreichſten und unermüdlichſten Forſcher. Sie | hielten ſich hoch oben im Gebirge in den Spitzen der | Balſamtannen auf und waren ſehr zahlreich). Auch im Felſengebirge, ſoweit dasſelbe mit Nadelholz— wäldern gekrönt iſt, findet er ſich. Nidgway fand ihn im Weſt-Humboldt-Gebirge, Cooper in der ſchönen, romantiſchen Sierra Nevada Californiens. Nach Süden hin ſtreicht er von hieraus bis nach Ori zaba in Mexico, doch iſt nichts über ſein Vorkommen in Guatemala und Centralamerika, wo das Rubin goldhähnchen während der Winterzeit zahlreich an zutreffen iſt, bekannt. Nördlich von Colorado ſcheint es allerdings im Gebirge Brutvogel zu ſein. Nut tall beobachtete am 22. Mai 1835 am Columbia, wie es ſeine Jungen fütterte und dieſelbe Beobachtung 1, R. eristatus. ) Siehe „Auk““ Vol. III, p. 177 Der Satrap. 87 machte Cooper am Puget-Sund. X ord, der Neſt und Eier auf Vancouver gefunden haben will, beſchreibt den Bau als beutelförmig, am äußerſten Ende eines Tannenzweiges hängend. In Labrador fand Audubon den Satrap im Auguſt in Geſell ſchaft der Jungen. Von dorther ſtammt auch das in Cabanis „Journal für Ornithologie“ *) abgebil | dete und von Bädeker beſchriebene Ei dieſes Vogels, überhaupt die erſte genaue Beſchreibung, die wir über dieſen Gegenſtand beſitzen. Brewer berichtet über ein in der Umgegend von Bangor (Maine) gefundenes Neſt ſehr eingehend im IV. Bande des „Bulletin of the Nuttall Ornithological Club“ (1879, p. 96-99). Dieſes Neſt enthielt zehn Eier, ſtand etwa ſechs Fuß vom Boden und war beutelförmig. Außer lich war es aus weichem Moos gebaut und innen mit Haaren und Federn ausgekleidet. Die Länge des ſelben betrug 44 Zoll, die Offnung 14 Zoll, die Tiefe der Neſtmulde 2 Zoll. — Minot beſchreibt ein von ihm in den White Mountains in New Hampſhire ge fundenes Neſt dieſes Goldhähnchens. Es ſtand vier Fuß vom Boden, hing in dem ausgebreiteten Aſte einer Hemlockfichte und war feſt in die Zweige gebaut. Der ballförmige Bau war oben offen und beſtand aus Moos, unter welches kleine Blattteilchen gemiſcht waren; innen war es hauptſächlich mit Federn aus gelegt. — Dies ſind alle Mitteilungen, welche mir über die Niſtweiſe dieſer Art bekannt geworden find. Das ſehr ſchöne kunſtvolle Neſtchen iſt in den dichten Nadelholzwaldungen, wo es jedenfalls in der Regel ſehr hoch und verſteckt angelegt iſt und außerdem ſehr ſeiner Umgebung gleicht, außerordentlich ſchwer zu finden. Daher kommt es ohne Zweifel, daß wir noch jo wenig über das Brutgeſchäft dieſes ſonſt jo häu figen Vögelchens wiſſen. Die Eier ſind rahmweiß und ſo undeutlich mit lehmfarbigen Flecken gezeichnet, daß dieſelben nur einen ſchmutzigen Anflug zeigen. Dieſe Flecken ſcheinen ſich nicht auf, ſondern in der Schale zu be finden. Die Beſchreibung Bädekers, daß es kleine niedliche Eier mit lehmgelben Flecken auf weißem Grunde ſeien, iſt alſo unzweifelhaft richtig. Namen: Satrap, Gelbkrongoldhähnchen, Safrangoldhähn chen, Feuerköpfchen. Golden-erowned Kinglet, American Golden erestel Kinglet (Audubon), Golden-erestel Warbler Fiery-erowned Wren. Roitelet huppé (Je M.) 88 Der Satrap. Wiſſenſchaftliche Namen: Regulus satrapa Licht, (1823), und alle neuen Syſtematiker. — Sylvia regulus Wils., A. O. I, 1808, 126, pl. 8, fig. 2. — Regulus eristatus Bartram, Trav, Fla. 1791, 291. Vieill., O. A. S. II, 1807, 50, pl. 107. Bonap., Nutt., Aud. — degulus tricolor Nutt., Man. I, 1823, 420. Beſchreibung: Männchen oben olivengrünlich, am aus— geprägteſten am Bürzel. Unterſeite matt grauweiß. Flügel und Schwanz dunkel, gelblich gerandet; zwei weiße Querbinden auf den Flügeln. Der Scheitel iſt feuriggelb (daher der Name Feuerköpfchen), reichgelb ge: randet, dies Gelb wieder ſchwarz gerandet, dies Schwarz endlich grauweiß gerandet. Füße und Schnabel ſchwärz— lich. Weibchen und Junge ähnlich, doch fehlt der feurige Fleck auf der Kopfkrone. Etwas kleiner als das vorige. Größe etwa 4 Zoll. Eine Lokalraſſe dieſer Art, Regulus salrapa olivacea BRD., lebt in den Gebirgen der Küſten region Californiens und von da nördlich, iſt jedoch noch wenig bekannt. Eine dritte Art, A. obseurus RTDG WAV, wurde zuerſt 1876 von dem genannten Forſcher beſchrieben. Lebt auf der Guadelupe Inſel Unter-Californiens. Das von Audubon beſchriebene und abgebil— dete Cuviers-Goldhähnchen, A. Curvierii Aun., iſt bis jetzt von keinem anderen Ornithologen beobachtet worden. Es wird deshalb in den neueren ſyſtemati— ſchen Werken gar nicht mehr mit aufgeführt. [Von der Gattung Phyllopseustes will ich hier nur Kennicotts-Sänger, P. borealis Meves, kurz erwähnen. Er iſt ein Bewohner des nordöſtlichen Aſiens, ſtreicht aber gelegentlich herüber in unſer Territorium Alaska. Ob er dort brütet, iſt nicht bekannt.] Die Meifen. Tits and Nuthatches. „ ie bis jetzt bekannten eigent— 8 lichen Meiſen (etwa 70 Arten) verbreiten ſich über die : ganze nördliche Man trifft fie in Europa, Aſien, Afrika und Amerika an und jeder Erdteil hat wieder ſeine eigenen charak— teriſtiſchen Arten. Sie gleichen ſich alle mehr oder weniger in ihrem Benehmen, in ihrem ganzen Thun und Treiben. Nur in der Niſtweiſe weichen die ver— bedeutend voneinander ab, denn der eine Teil wählt ſich Baumhöhlungen, namentlich Aſt- oder verlaſſene Spechtlöcher, zur An— lage des Neſtes, während andere Arten äußerſt künſtliche beutelförmige Hängeneſter weben. Pardae. und ſäubern die Obſt- und Zierbäume von Inſekten— eiern, ja fie verſtehen es vortrefflich, die in den Ritzen Erdhälfte. ſchiedenen Sippen oder Geſchlechter ganz Bäume und Gebüſch giebt. Faſt alle ſind kräftige Vögel, die ohne Schaden ſtrenge Kälte zu ertragen vermögen. Da ſie außerdem auch ſo ziemlich alles Nahrhafte freſſen, ſo iſt es ihnen leicht, zu irgend einer Zeit eine ihnen dienliche Nahrung zu finden. Daher kommt es auch, daß ſie nicht eigentlich Zugvögel ſind, ſondern nur in der Gegend umher— ſtreifen. Sie alle gehören zu den nützlichſten Vögeln. Im Winter kommen ſie ſcharenweiſe in die Gärten der Borke verborgenen Kerfe und Larven hervor— zuholen. In den Vereinigten Staaten kommen, einſchließ— lich der Spechtmeiſen (Sitta), 19 Arten vor. Davon kommen merkwürdigerweiſe nur vier eigentliche und drei Spechtmeiſen auf den Oſten (bis zum Felſen— gebirge), dagegen zehn Arten eigentliche und eine Spechtmeiſe auf den Weſten und Südweſten der Union. Sie alle ſind Waldvögel im eigentlichen Sinne des Wortes, die nur da auftreten, wo es Man teilt die im Gebiete der Vereinigten Staaten vorkommenden Arten der Familie in folgende Sippen: 1. Chamaea GAMBEL. Erdmeiſen. Eine Art. 2. Parus Line. Eigentliche Meiſen oder Waldmeiſen. Zehn Arten. 3. Psaltriparus BoNA ARTE. Buſch- oder Beutelmeiſen. Drei Arten. 4. Auriparus BAR. Goldmeiſen. Eine Art. 1 Vier Arten. 5. Sitta LIN NB. Spechtmeiſen. © Die & — Ground Tit, Wren Tit. Y: Lie Erd- oder Schlüpfermeiſe gehört zu den noch nicht ſo genau über ſie unterrichtet, als es zu wünſchen wäre. Selbſt in den bedeutendſten neueren ornithologiſchen Werken iſt wenig über ſie geſagt. Sie vereinigt ebenſowohl Eigenſchaften der Zaun— könige wie der Meiſen in ſich. Nach den Beſchrei— bungen verſchiedener Beobachter ähnelt ſie in ihrem Thun und Treiben mehr den Zaunkönigen, lebt im niederen Gebüſch, ſtelzt den Schwanz wie ein Schlüp— fer, wippt mit demſelben hin und her und hält ſich viel auf dem Boden auf. Gam bel entdeckte dieſe eigentümliche Meiſe in Californien und beſchrieb ſie im Jahre 1845, nannte fie zuerſt Parus fasciatus, gab ihr aber im folgenden Jahr den oben genannten, noch heute gebräuchlichen wiſſenſchaftlichen Namen. Das Verbreitungsgebiet dieſes Vogels iſt klein, denn es erſtreckt ſich nur über die Küſtenregion Californiens von Fort Tejon bis San Diego oder vom Thale des Sacramento bis nach Unter-Californien und weſtlich etwa bis zur Sierra Nevada. Der Vogel lenkte des genannten Forſchers Aufmerkſamkeit zuerſt durch die anhaltend lauten, knarrenden, unangenehm ſchallen— den Töne, welche er faſt beſtändig aus den Feldern abgeſtorbener Seufſtauden und anderen ähnlichen Ort⸗ lichkeiten erklingen ließ, auf ſich. Er fand dann dieſen charakteriſtiſchen Vogel und nannte ihn „Wren Tits (Zaunkönig- oder Schlüpfermeiſe). Derſelbe hielt ſich immer nahe über dem Boden auf, war ſchwer zu Ge ſicht zu bekommen und entging jeder Annäherung da durch, daß er in die dichteſten Unkrautbüſchel ſchlüpfte, jedesmal, wenn man ſich ihm näherte ganz eigenartige Laute erſchallen laſſend. Wenn man ihn ruhig be— obachtet, ſieht man ihn nach Juſekten ſuchen, indem er ſeitlich an den trockenen Pflanzenſtengeln und Sträuchern emporklettert. Dies geſchieht in der Weiſe der Meiſen, doch wippt er dabei mit dem lan— gen Schwanze und hält ihn gerade aufrecht wie die Zaunkönige. Gelegentlich läßt er auch langſame, ein— förmige, ſingende Laute, die wie „Pih-pih-pih-pihp“ klingen, hören. Außer dieſen beſitzt er aber auch einen aus pfeifenden, abwechſelnden Tönen beſtehen C bharaktervögeln Californiens, doch find wir | roͤmeiſe. Chamaeca fasciata GAMBEL. den Geſang. Im Frühling hört man oft, wie ſich die verſchiedenen Pärchen gegenſeitig rufen und ant— worten. Zu dieſer Zeit klingt das Liedchen auch nicht ſo einförmig wie ſonſt, ſchließt dann auch mit einem verlängerten Triller. laſſen ſie ſogleich ihre eigentümlich ſchallenden Schrei— töne hören. Cooper beobachtete die Erdmeiſe zahlreich weſt lich der Sierra Nevada auf den trockenen Ebenen, im „Chaparral“ und an mit Untergebüſch beſtandenen Bergabhängen, aber nicht in den Wäldern. In der letzten Aprilwoche fand er ein Neſt mit Eiern in der Nähe von San Diego. Der Bau ſtand in einem Strauche, etwa drei Fuß vom Boden, und beſtand äußerlich aus Stroh und Zweigen, welche gut mit Federn durchflochten waren. Das Innere war mit Gras und Haaren ausgelegt. Die Eier waren grün— lichblau. Dies iſt die einzige mir bekannte Nachricht | über die Niſtweiſe der fo intereſſanten Erdmeiſe. Ihre Färbung iſt ſo einfach, ihre Lebensweiſe ſo ver— ſteckt, daß ſie, außer dem Forſcher und dem beſonderen Vogelfreunde, ſelbſt in ihrer Heimat niemand kennt und beachtet. An der weißen Iris, die ebenſo auf fallend iſt, als beim Buſch- oder weißäugigen Vireo, iſt ſie ſehr leicht kenntlich. Namen: Erdmeiſe, Schlüpfer- und Zaunkönigmeiſe— Ground Tit, Wren Tit, „Ground Wren‘. Wiſſenſchaftliche Namen: Chamaea faseiata Ganb,., Pr. A. N. Se. III, 1847. Cassin, III. I, 1853, 39, pl. VII. Cooper, Birds Cal. I, 39. — Parus faseiatus Gamb. Beſchreibung: Dunkelbraun mit olivenfarbenem Anflug, am reinſten auf dem Kopfe; Flügel und Schwanz reiner braun, undeutlich mit zahlreichen Querbändern gezeich- net. Unterſeite matt zimmetbraun, Kehle und Bruſt undeutlich dunkel geſtrichelt. Schnabel und Füße braun. Iris weiß. Geſchlechter gleich. Länge 6.20 Zoll. Flügel 2.30, Schwanz 3.50 Boll. Eine wenig abweichende Varietät, C. faseiata Henshawi RIDGWAY (Pallid Wren Tit), lebt im Inneren Californiens. Sobald ſie geſtört werden, N: SS. ! f Die Haubenmeiſe. Tufted Titmouse. Tafel V. Parus hicolor LIN N. Woſgel 2. H ls ich anfangs März 1879 zuerſt die Pfoſten eichengegend in Lee County, Texas, durch— ſtreifte, war die Haubenmeiſe einer der erſten Vogel, welche ich keunen lernte. In kleinen Scharen begleitete ſie mich auf Tritt und Schritt durch den Wald. Sie iſt im ganzen Waldgebiete von Texas anzutreffen und einer der gemeinſten und häufigſten Vögel. in die unmittelbare Nähe menſchlicher Wohnungen und läßt dabei ihre melodiſch-melancholiſchen, ſehr verſchiedenartigen Töne hören. In der Stadt Hous ton iſt ſie während des Winters ungemein häufig, doch fehlt ſie auch im Sommer nicht ganz, da einzelne Pärchen in den auf Bäumen angebrachten Niſtkäſten oder in Aſtlöchern brüten. Ich kenne, außer dem Blauheher, keinen Vogel, der der Haubenmeiſe an lärmendem Weſen gleichkäme. In den einſamſten traurigſten Waldgegenden, wo ſich ſonſt kein Vogel ſehen und hören ließ, traf ich dieſe Meiſe, welche durch ihre Geſchäftigkeit und ihre weithin tönende Stimme die fehlenden gefiederten Waldbewohner erſetzen zu wollen ſchien. Alle ihre Töne klingen laut, flötend und angenehm, werden aber durch ihre Einförmigkeit, noch mehr aber durch ihren melancholiſchen Anſtrich und durch den Eifer, mit welchem ſie hervorgebracht werden, dem Hörer bald läſtig. Gewöhnlich vernimmt man ein mit großer Kraft hervorgebrachtes „Hüdel düdeldüdeldüdel“ und „Tzü-ſü-ſü-ſü“, auch „Pitta pitta-pitta“. Oft hört man aber auch ein aus dieſen und anderen Tönen zuſammengeſetztes, ſchwer zu be ſchreibendes, weithin hörbares ſangesartiges Gemiſch. So belebt ſie den einförmigen Pfoſteneichenwald auf ganz eigenartige Weiſe und iſt regſam und munter vom früheſten Morgen bis zum Abend. Selbſt während der heißen Mittagszeit, wenn alle anderen Sänger ſchweigen, wenn nur noch einige Vireos die Stille des Waldes hie und da unterbrechen, hört man noch von allen Seiten die. Tone der Haubenmeiſe. — Dabei giebt ſie auf alles acht, iſt außerordentlich neu— gierig, kommt ſelbſt ganz in unmittelbare Nähe des Beobachters und läßt, wenn man ſich auffällig be Ohne Scheu kommt ſie in die Gärten, ſelbſt wegt, einen lauten ſchallenden, ſchnarrenden Ruf er tönen, welchen alle Waldbewohner ſehr wohl kennen und welcher bewirkt, daß ſie eiligſt ihren Rückzug an treten. Dadurch wird ſie dem Beobachter, noch mehr aber dem Sammler und Jäger äußerſt läſtig. Im Geäſt der Bäume klettert ſie raſtlos und ſehr geſchickt und ſchnell umher, hängt ſich an die Unterfeite wage— rechter Aſte und au die Baumrinde, jede Furche und Ritze der Borke nach Nahrung durchſuchend. Letztere beſteht hauptſächlich aus Inſekten, deren Eiern und Larven, doch verzehrt ſie auch gern ölhaltige Säme— reien, beſonders Hanf- und Sonnenblumenkerne, verſchmäht zeitweiſe auch Beeren nicht, aus denen fie jedoch wohl nur die Kerne zu erlangen ſucht, ja man redet ihr ſogar nach, daß fie oft an das in die Luft zum Trocknen ausgehängte Fleiſch komme und an demſelben herumhacke. In die Gärten kommt ſie regelmäßig, um hier Baum für Baum nach Nahrung abzuſuchen. Dabei kümmert ſie ſich auſcheinend wenig um das Thun und Treiben der in der Nähe oder vielleicht unter ihr ſich befindlichen Arbeiter, bemerkt in Wirklichkeit aber jede ihrer Bewegungen und ergreift bei verdächtiger Annäherung ſchleunigſt die Flucht. Im Winter lebt ſie geſellig in kleinen Scharen und dieſe durchſtreifen daun in ununterbrochener Thätigkeit ihr Wohngebiet. Dieſe kleinen Geſellſchaften leben aber durchaus nicht friedlich zuſammen, ſondern nur zu oft kommt es zu Zank und Streit und nicht ſelten auch zu ernſtlichen Raufereien, nach welchen der Sie ger im vollen Bewußtſein feines erlangten Triumphes regelmäßig in den lauteſten Tönen ſeine Stimme erſchallen läßt, gleichſam als wolle er den übrigen Genoſſen Kunde ſeines Erfolges geben. Von Mitte April an ſieht man ſie meiſt nur paarweiſe, häufig auch einzeln umherſtreifen. Des Nachts und bei Eintritt ſchlechten Wetters ſuchen ſie ſich Baumhöhlungen zum Aufenthalt aus und dazu bietet ihnen der Pfoſteneichenwald mit ſeinen an Aſt— und Spechtlöchern reichen Bäumen hinreichende Ge Mitte April, in vielen Fällen auch noch War legenheit. bedeutend früher, beginnt die Paarungszeit. ſchon vorher das Männchen ein immer munterer, lärmender, kampfesmutiger Geſell, ſo iſt dies jetzt in noch viel höherem Maße der Fall. Mit geſträubter Haube, in ſtolzer Haltung, kühn und ſelbſtbewußt ſtreift es in ſeinem kleinen Brutgebiete umher, jedes andere Mäunchen ſeiner Art aus demſelben ver— treibend und ſelbſt viel größere Vögel tapfer an— greifend. So habe ich oft beobachtet, wie das Männ— chen den ſchöngekleideten Gauner unſerer Vogelwelt, den neſterplündernden Blauheher (Blue Jay) mutig aus dem Gebiete vertrieb. namentlich die Schreieule und der amerikaniſche Uhu Aber auch Raubvögel, zum Flugloche hineinlugend. werden geneckt und verfolgt, ſobald ſie ſich blicken laſſen. Zur Anlage des Neſtes wählt die Haubenmeiſe immer Höhlungen, Aſt- ſowohl als von Spechten gezimmerte Niſtlöcher. Letztere, namentlich wenn fie vom Carolina-Specht hergeſtellt ſind, zieht ſie allen anderen vor. Manche Vogelkundige behaupten auch, daß fie in Ermangelung paſſender Bruthöhlungen ſelbſt ſolche, ſogar in feſtes geſundes Holz, meißele, doch ſcheint dies noch ſehr der Beſtätigung zu be— dürfen. Ich habe dieſe Meiſe immer da zahlreich ge— funden, wo Aſt- und Spechtlöcher häufig waren; wo dieſe ſelten waren, zeigten ſich auch nur wenige dieſer Vögel. Je tiefer und umfangreicher die Höhlung iſt, deſto mehr Niſtſtoffe werden eingetragen. Zunächſt trägt ſie Halme, ſpaniſches Moos und Baſtfaſern ein, dann folgen eine Menge Federn und Haare. Ob— wohl dieſe Stoffe, wie dies ja bei allen Höhlenbrütern der Fall iſt, loſe zuſammengeſchichtet ſind, ſo iſt der Bau doch ſehr weich und warm. Die Zahl der Eier beträgt ſechs bis acht, in der zweiten Brut oft nur fünf, in der dritten drei und vier, welche auf weißlichem Grunde mit einigen lavendelfarbigen Scha— Die Haubenmeiſe. konnte ich auch nirgends ein Aſt- oder Spechtloch ent— decken. Die gänzliche Abweſenheit dieſer und anderer Höhlenbrüter fand alſo hierin ſeine Erklärung Zeitig im folgenden Frühling ſtellte ich nun in der Nähe meiner Wohnung am Waldrande und im Garten zahlreiche Niſtkäſten — zunächſt für meine Lieblinge, die Blauvögel, beſtimmt — auf. Sie alle wurden zwiſchen den Aſten und an den Stämmen der Bäume befeſtigt. Kaum waren die Niſtkäſten angebracht, als ſich auch ſchon einige Haubenmeiſen zeigten, zunächſt behutſam die Käſten umhüpfend und dann vorſichtig Es war auffallend, wie ſcheu, ängſtlich und ſtill ſich dieſe in Texas fo dreiſten, zutraulichen, lärmenden Vögel hier benahmen. Kaum leuflecken und einer Menge gleichmäßig über das Ei | vertheilter feiner, roſtroter Tüpfelchen gezeichnet ſind. Sobald der Neſtbau beginnt und auch während der Brut ſind die Alten ſehr ſtill; nur ganz verſtohlen nähern ſie ſich dem Neſte, um es nicht zu verraten. Sobald die Eier erbrütet ſind, iſt das Pärchen un— ins Geſicht. aufhörlich damit beſchäftigt, die zahlreiche Nachkom- menſchaft mit Futter zu verſorgen und das Neſt rein zu halten. Als ich mich anfangs Oktober 1882 im ſüdweſt— lichen Miſſouri dicht am Walde niederließ, vermißte ich beſonders die lärmende Haubenmeiſe. ſehr harten, knorrigen, unſchönen Schwarzeichen!) 1) Quercus nigra, Black Jack liegen ſie einen kleinlauten Ruf hören. Sie ver: ſchwanden dann und zeigten ſich wochenlang nicht mehr. Schon glaubte ich, ſie ſeien aus der Gegend fortgezogen, als ich eines ſchönen Maitages eine Haubenmeiſe mit dem Schnabel voll Futter in einem bisher unbeachtet gelaſſenen Brutkaſten verſchwinden ſah. Ganz heimlich und unbemerkt hatten ſie alſo ihre Jungen erbrütet. Als ich den etwa vierzehn Fuß hoch vom Boden angebrachten Niſtkaſten unter— ſuchte, fand ich ſieben Junge, die in der dritten Mai— woche glücklich ausflogen. Solange ich mich am Brutkaſten aufhielt, waren die Alten ſehr äugſtlich und aufgeregt und ließen ſehr rauhe, ſchnell ausge— ſtoßene, wie „Hädädädä“ klingende Rufe vernehmen. Etwa zwanzig Schritt von dieſer Stelle hatte ich einen vorne halb offenen, für den Sängerſchlüpfer!) berech— neten Niſtkaſten nur etwa ſechs Fuß hoch vom Boden angebracht. Hierhinein wurde das zweite Neſt ge— baut, nachdem die Jungen der erſten Brut ihre Selb— ſtändigkeit erlangt hatten. Auch dieſen Bau fand ich durch Zufall. Als ich am 20. Juni den Kaſten an— ſtreichen wollte, flog das Weibchen heraus und mir Es lagen fünf Eier in dem ſehr ſchönen, faſt ganz aus Menſchen- und Tierhaaren gebauten weichen Neſte. Auch dieſe Brut wurde glücklich zum Ausfliegen gebracht und ſpäter trieb ſich die ganze, aus vierzehn Köpfen beſtehende Familie munter im Walde umher. Sie waren ſchon etwas zutraulicher, ließen auch ſchon oft ihre Rufe hören, zeigten ſich aber doch noch immer von einer ganz anderen Seite, als die in Texas lebende, lärmende Haubenmeiſe. Durch NRiſtkäſten habe ich nicht nur dieſe Art, ſondern auch In den die Carolina-Meiſe und den Haubentyrann?) damals ganz in meiner Nähe angeſiedelt. Da es faſt ganz an 1) Thryothornus Bewicki; ſudlicher Hauszaunkönig. chus cerinitus, 2) Myiar- 1 — 0 W ˙ A Die texaniſche Haubeumeiſe— Baumhöhlungen fehlt, jo werden dieſe ſehr gerne bezogen. Der Flug der Haubenmeiſe geſchieht ruckweiſe, hüpfend, in der Regel nur von Baum zu Baum, dehnt ſich deshalb ſelten über weite baumloſe Flächen aus. Wie alle Meiſen, ſo zeichnet auch ſie ſich durch Unſtetigkeit und Raſtloſigkeit aus, iſt dabei aber immer heiter und vergnügt. Fliegend, kletternd, hüpfend und ſpringend durchſucht ſie in ununter— brochener Geſchäftigkeit die Bäume, Gebüſche, Zäune und Stumpfen nach Inſekten und deren Eiern und Larven. Nicht nur die Borke und die Zweige werden von ſchädlichem Ungeziefer geſäubert, ſondern auch die Blätter und Blüten. Dabei kommt ſie oft kletternd und fliegend bis faſt zum Boden herab. Ihre Thätig— keit in Obſtgärten iſt daher von ſehr großem Werte. An die Gefangenſchaft gewöhnt ſie ſich bald, be— gnügt ſich mit trockenen Ameiſenpuppen und Spott vogelfutter, aus welchem ſie die ihr zuſagenden Be— ſtandteile ſorgfältig ausſucht, verzehrt auch Hanf, Mohn, Nußkerne und einzelne Sämereien, und lebt mit anderen Käfiggenoſſen ihrer Größe ziemlich ver— träglich. Sobald man aber noch ein Männchen der— ſelben Art in den Käfig bringt, iſt des Raufens und Streitens kein Ende. Auch im Bauer iſt ſie immer fröhlich und munter, dreiſt und doch vorſichtig, über— aus ſchlau und liſtig und unterhält den Pfleger eben— ſowohl durch ihr flinkes, raſtloſes Weſen, ihre ge— ſchickten Kletterübungen, ſowie auch durch ihre lauten melodiſchen Töne. Des Nachts ſitzt ſie mit geſträub tem Gefieder, den Kopf unter den Flügeln verbergend, auf der Sitzſtange, wo ſie wie ein Federball ausſieht. Bringt man einen kleinen Niſtkaſten im Käfig an, jo ſchläft ſie regelmäßig in dieſem, indem ſie ſich auf dem Boden desſelben in einer Ecke zuſammenkauert. — Ich habe ſie immer ſehr leicht in Meiſenkäſten gefangen. 93 Dieſe einfach gezeichnete Meiſe iſt Standvogel; fie verweilt alſo jahrein, jahraus im Brutgebiete, wo ſie im Winter mit ihresgleichen, der Schwarzkopf- und Spechtmeiſe, und ſelbſt in Geſellſchaft kleiner Spechte täglich ein gewiſſes Gebiet nach Nahrung ſuchend durchſtreift. Sie findet ſich in allen Südſtaaten vom Atlantiſchen Ozean bis zum Felſengebirge, nördlich bis zum Connecticut-Thale, Pennſylvanien, dem ſüd— lichen Illinois, Miſſouri und Kanſas. Im ſüdlichen Illinois iſt ſie, nach den Mitteilungen Herrn Ridg— ways, im Winter ein ſtändiger Bewohner der Farm— gehöfte, während ſie in anderen Teilen ihres nörd lichen Verbreitungsgebietes zu den ſcheueſten Vögeln zählt. Namen: Haubenmeiſe, Hollenmeiſe, Schopfmeiſe (Brehm). Tufted Titmouse, Crested Titmouse, Toupet Titmouse (Pennant). Mesange bicolore (Temm.). Wiſſenſchaftliche Namen: Parus bicolor Linn., S. N. I, 1766, 340. Gmel., Lath., Audubon, Wilson, Nuttall, Max. von Wied, und „American Ornitholo- gists' Union“ 1886. — Lophophanes bicolor Bonap., C. A. I, 1850, 228. Cass., Baird, B. B. & R., Coues, Allen, ete. — Baeolophus bicolor Cab., Mus. Hein. I, 1850, 91. — Parus cristatus Bartram, Trav. Fla. 1791, 292. — Lophophanes missonriensis Brd., B. N. A. 1858, 384. Beſchreibung: Männchen und Weibchen gleich. Oberſeite aſchgrau, Rücken oft mit mattem olivenfarbenem An— flug; Flügel und Schwanz reiner und dunkler blei— farbig; Seiten des Kopfes und ganze Unterſeite dunkel— weißlich, an den Seiten kaſtanienbraun verwaſchen. Ein ſchwarzer Fleck am Vorderkopfe am Grunde der Haube. Schnabel bleiſchwarz; Füße bleifarbig. Länge 6 bis 6.50 Zoll. Flügel wenig über 3 Zoll, Schwanz etwas über 3 Zoll. Die Jungen haben wenig oder kein Schwarz vor der Haube, und die Seiten zeigen nur wenig Kaſtauien— braun. N 8 0 SS 5 395 Die texanilche Haubenmeiſe. Iarus atrieristatus CASSIN. Black-crested Titmouse. _ Ne Mai des Jahres 1881 U verließ ich die G im ſüdöſtlichen Texas gelegene Stadt Hous ton, um etwa 120 eugliſche Meilen weiter weſtlich in den Hinterwald zu ziehen. Ein primitives, im Pfoſteneichenwalde errichtetes Bretterhäuschen wurde | | bezogen, um darin faſt zwei Jahre zu wohnen. Un vergeßlich wird mir jene Zeit ſein. Ging doch nun der ſo lange gehegte Wunſch, die freie, kaum noch berührte texaniſche Natur nach möglichſt vielen Seiten hin kennen zu lernen, in Erfüllung. Das Leben hier 94 Die texaniſche Haubenmeiſe. fing auch gleich recht hinterwäldleriſch an. Da eine Umzäunung fehlte, ſo ſchlugen die zahlreich im Walde lebenden Borſtentiere des Nachts ihr Lager unter dem Hauſe auf, was zur Folge hatte, daß die ohnehin ſchon häufigen luſtigen „Springinsfelde“, (proſaiſch „Flöhe“ genannt) in unglaublicher Anzahl erſchienen, auf dem Fußboden, munter umherhüpften und anderweitig die Geduld der Bewohner auf die Probe ſtellten. Skorpione ver— ſchiedener Größe krochen an den Wänden umher und ſpazierten zur Abwechslung des Nachts oft dem ahnungsloſen Schläfer über das Geſicht. Wehe, wenn ſie dann geſtört wurden. Ein ſehr ſchmerz— hafter Stich war dann die Folge. Außer dieſen waren noch viele Weſpen ebenfalls Mitbewohner des Hauſes. Die ſehr gefürchteten Tauſendfüßler oder Skolo— pender!) waren gleichfalls ſtark vertreten, und in der Nähe der Wohnung lebten in kleinen Erdhöhlen ſehr viele Buſchſpinnen, von den Anſiedlern gewöhnlich „Taranteln“?) genannt. Dieſe ſehr biſſigen Spin— nen werden von den Anſiedlern mehr gefürchtet als die Giftſchlangen. — Sehr läſtig wurden mir die un— in den Betten und Kleidern zähligen großen Roſtameiſen ), welche man auch die „ackerbautreibenden“ genannt hat. Die Kinder wur— den gewöhnlich, wenn fie in der Nähe ihrer Neſter ſpielten, ſo gebiſſen, daß ſie vor Schmerz laut auf— ſchrieen. Hühnchen, junge Gänſe und Enten wurden durch dieſe Biſſe gelähmt, oft ſogar getötet. Scharen— weiſe krochen fie in die im Zimmer und auf der Veranda hängenden Vogelkäfige, um Hirſe und Ka— narienſamen zu holen und in ihre Baue zu tragen. Weder Schwefel, noch Petroleum und Theer rottete dieſes Ungeziefer aus. Als großer Pflanzen- und Blumenfreund hatte ich Gardenien, Myrten, Lager— ſtrömien, Erythrinen, Roſen und namentlich prächtige Amaryllideen (der Gattungen Hippeastrum, Orinum und Paneratium) angepflanzt, aber oft war eines ſchönen Morgens kein grünes Blättchen mehr zu ſehen. Die Nachtameiſen hatten das Laub abgebiſſen, zerſtückelt und in ihre oft eine halbe Meile entfernten Baue getragen. — Zecken oder Holzböcke (Wood Ticks) bohrten ſich in großer Anzahl in die Haut, aus welcher ſie nur ſehr ſchwer und nicht ohne Schmerzen zu entfernen waren. Am ſchlimmſten trieben es jedoch die kleinen, faſt mikroſkopiſchen Blutzecken (Red Bugs), die zu Tauſenden durchs Zeug und von da in die Haut drangen, hier ein unausſtehliches Jucken verurſachend. Nur durch ein 1) Centipede. 2) Mygale Hentzi. 3) Myrmica malefaciens. Bad von Salzwaſſer oder durch Einreiben mit Petro— leum konnte man endlich Herr über dieſe kleinen Plagegeiſter werden. — Ich habe nirgends ſo viele Schlangen gefunden als in Texas und namentlich hier an meinem Wald— häuschen waren ſie ungemein zahlreich vertreten. Eine ſehr gemeine, giftige, nie ausweichende und obendrein noch dem Boden ſehr ähnlich gefärbte Art war die Kupfer- oder Mokaſſinſchlange. Der erſte Beſuch, den ich in der neubezogenen Wohnung em— pfing, war eine rieſige Hühnerſchlange, welche des Abends gerade neben mir zum geöffneten Fenſter hereinkroch. Dies kam ſpäter noch ſehr oft vor und ſelbſt hinter Büchern, Schränken und ſogar in Betten niſteten ſich dieſe häßlichen Kriechtiere ein. Meine Käfigvögel wurden in der Stube von kleinen, hurtigen Baumſchlangen erwürgt und dann verſchlungen. — Doch man gewöhnte ſich ſchließlich an dieſes an Eut— behrungen und Unannehmlichkeiten jo reiche Hinter— waldsleben. Vieles wurde nach und nach auch anders und beſſer. Eine dichte Umzäunung wurde hergeſtellt, ein hübſcher Garten angelegt. Schweine und Flöhe, Tauſendfüßler und Taranteln verſchwanden nach und nach. Nur Ameiſen, Skorpione, Moskitos und Schlangen blieben. Doch das Bild hat auch eine ſehr lichte Kehrſeite. Unbeſchreiblich herrlich war hier die Lenzeszeit im Februar, März und April. Der ſonſt ſo einförmige Pfoſteneichenwald ſchien dann in einen herrlichen Garten verwandelt zu ſein. Ich habe nirgends ein für meine ornithologiſchen Beobachtungen ſo reiches Feld gefunden als hier. Unvergeßlich wird mir daher jene Zeit ſein, trotz der vielen Entbehrungen, trotz der Abgeſchloſſenheit, trotz des vielen Ungeziefers und des Fiebers. In der Nähe brüteten ſehr zahlreich texa— niſche Paradiesvögel!), Kardinäle, Papſtfinken und blaue Kernbeißer, Haubentyrannen, Lerchenfinken, Spottvögel, Schwalbenweihen 2), Aasgeier, Eulen, Haubenſpechte, Sommertangaren und viele andere Vögel. Oft wurde in den ſchönen kühlen Frühlings- nächten durch die lauten Rufe der „Chuckwillswidow“s) oder durch die rauhen Töne des amerikaniſchen Uhn oder der Schreieule, welche auf dem Dache ſaßen, der Schlaf unterbrochen. — Hier lernte ich auch eine Anzahl Vögel kennen, die ich vorher noch nicht be— obachtet hatte. Zu dieſen gehört auch die texaniſche Haubenmeiſe oder die ſchwarzhaubige Meiſe, ein Vogel, der hier die öſtliche Grenze ſeines 1) Milvulus forficatus. stomus carolinensis, 2) Elanoides forficatus. 3) Autro- — 2 — en Verbreitungsgebietes zu berühren ſcheint. Schon im ſüdöſtlichen Texas hatte ich mich nach ihr umgeſehen, doch hatte ich erſt hier in Lee County das Glück, ſie näher kennen zu lernen. Sie iſt an ihrer glänzend— ſchwarzen Haube ſehr leicht von der ſonſt ganz ähn— lichen, gewöhnlichen Haubenmeiſe zu unterſcheiden. Auch in ihrem Weſen, in ihrem ganzen Thun und Treiben unterſcheidet ſie ſich nicht von jener, doch ſcheint ſie dieſelbe an Dreiſtigkeit und lärmendem Weſen noch zu übertreffen. Die Töne, welche ſie faſt beſtändig von Mitte Februar bis in den Mai hinein erſchallen läßt, ſind auch denen der vorigen ähnlich, nur noch etwas ſangesartiger und lauter. Alle Ornithologen und Sammler, welche ſich im weſtlichen Texas und am Rio Grande aufgehalten haben, fanden auch dieſe Meiſe mehr oder minder zahlreich. Entdeckt wurde ſie in Texas von J. W. Audubon, dem Sohne unſeres größten und be— rühmteſten Ornithologen. Caſſin gab in ſeinem Prachtwerke „Illustrations of the Birds of Texas, California, etc.“ auch eine gute farbige Abbildung von ihr. Die ausführlichſten Berichte über ihr Frei— leben geben uns Sennett, der ſie am unteren Rio Grande zahlreich brütend fand, und Werner, wel— cher ſie in Comal County beobachtete. Ohne indes weiter auf die Mitteilungen anderer Vogelkundigen mich zu ſtützen, will ich es verſuchen, hier einige ſelbſtgemachte Beobachtungen kurz wieder— zugeben. Als ich am 25. April 1882 ein Vireoneſt am Rande eines in die Weſt-Yegua mündenden Regenbaches fand, die Vögel aber nirgends ſah, Jo lehnte ich mich an einen Baum, vonwo aus ich die Vireos bequem am Neſte beobachten konnte. Als ich ſo ruhig daſtand, mit unabgewandten Blicken nach dem ſchönen, mit Moos und Flechten dekorierten Neſtchen ſchauend, kam eine dieſer Meiſen ganz in meine Nähe. Sie ſetzte ſich zunächſt auf einen kleinen Strauch, flog dann jedoch herab auf den Boden und wurde endlich ſo dreiſt, daß ſie ſich an meinem Bein— kleide feſtklammerte. Sobald ich mich rührte, flog ſie wieder zurück auf den Strauch, mich ſtets neugierig betrachtend. Als ſie ſich genugſam überzeugt zu haben ſchien, daß ihr keine Gefahr drohe, kam ſie wieder, kletterte auf meinem Rücken auf und ab und hämmerte an manchen Stellen kräftig mit dem Schnabel. Sie ſuchte offenbar Waldinſekten, namentlich Zecken oder Holzböcke, die ſich hier in ungeheuerer Anzahl finden, von den Kleidern ab. Wenn ich mich auffällig bewegte, flog ſie einige Schritt fort, kam aber immer gleich wieder. Als ich mich Die texaniſche Haubenmeiſe— 95 ſchließlich nach einem am Boden liegenden Baum ſtamm begab, um mich auf demſelben niederzulaſſen, folgte ſie mir auch dorthin, kletterte auf die Schulter, lief hämmernd auf dem Rücken hin und her und ſetzte ſich endlich ſogar auf den Hut. Solange ich mich in dieſem Waldesteile aufhielt, war auch dieſe Meiſe immer in meiner Nähe. Als ich meinen Weg dann durch den Wald fortſetzte, flog ſie noch eine Strecke nach, laut „Wät-wät-wät-wät“ ſchreiend. — In der Nähe meiner Wohnung hielt ſich ſtets während der Brutzeit ein Pärchen auf. Sie waren wenig ſcheu, ließen ſich daher leicht beobachten. — Man ſah ſie oft an irgend einem Aſte oder an der Baumrinde eifrig hämmern. Es geſchah dies, um Teile der Borke zu entfernen und nach darunter verborgenen Inſekten und deren Eiern zu ſuchen, um Kerne aufzuhämmern und größere Inſekten zu zerkleinern. Dieſes Häm mern iſt eine Eigentümlichkeit aller Haubenmeiſen. Wie die meiſten Meiſen, ſo iſt auch dieſe Art ein Höhlenbrüter. Ihr Neſt fand ich einigemal ganz in der Nähe meiner Wohnung. Durch ihr lautes Weſen und ihre Angſtrufe, namentlich wenn räuberiſche Blauheher in ihr Gebiet kamen, verriet ſie ſelbſt den Standort desſelben. Es iſt in der Regel fünf bis zwanzig Fuß hoch von der Erde in Aſt- und Specht— löchern angelegt, beſteht aus einigen wenigen Halmen, Federn, Haaren, Schlangenhaut und Stückchen Haſen fell. Ein Pärchen fing ſchon Ende März an, in einen von mir auf einer Pfoſteneiche befeſtigten Niſt kaſten Bauſtoffe einzutragen, brachte auch trotz aller Befehdungen vonſeiten der ſüdlichen Hauszaunkönige ſeine Brut zum Ausfliegen. Das Weibchen ſitzt jo feſt, daß man es erſt faſt berühren muß, ehe es das Neſt verläßt. Die 6 bis 7 Eier find reinweiß, hübſch mit rötlichbraunen Flecken, welche am dicken Ende am dichteſten und kranzartig ſtehen, gezeichnet. Zwei Bruten werden in der Regel jährlich gemacht. In Lee County iſt ſie ein ziemlich ſeltener Vogel, weſtlich iſt ſie jedoch recht zahlreich. Sie iſt Stand vogel, durchſtreift aber im Winter in kleinen Geſell ſchaften ein ziemlich großes Gebiet. Namen: Texaniſche Haubenmeiſe, ſchwarzhaubige Meiſe— Texas Titmouse, Black-erested Titmouse. Wiſſenſchaftliche Namen: Parus atrieristatus Cass., Proceedings A. N. Se., Philadelphia, V, 1850, 105, pl. 2. — Lophophanes atrieristatus Cassin, Illustra- tions I, 1853, 13, pl. 3 ete. Beschreibung: Haube ſchwarz, lang und zugeſpitzt. Ober ſeite aſchgrau. Ein breites Band an der Stirn ſechmutzig weiß. Unterſeite grauweiß, Seiten kaſtanienbraun; die Haube beim Weibchen nicht ſo intenſiv ſchwarz als beim Mäunchen. — Länge 5.25 Zoll. Die einfarbige Haubenmeiſe. Plain Titmouse. zieſe der gewöhnlichen Haubenmeiſe ähnliche, aber durchaus einfarbige, aſchgraue Meiſe vertritt die genannte Art im Küſtengebiete des Stillen Ozeans, verbreitet ſich aber von da öſtlich bis zum weſtlichen Texas. Sie iſt einer der häufigſten Vögel Califor— niens, wo ſie das ganze Jahr hindurch vorkommt. Gambel entdeckte ſie in der Nähe von Monterey. In Geſellſchaft verſchiedener anderer Vögel flog ſie raſtlos in den immergrünen Eichen jener Gegend umher. Alle waren ununterbrochen thätig und durch— ſuchten jeden Aſt nach Kerbtieren. Dr. Eliott Coues, der ſie in Arizona be obachtet hat, giebt eine ſo anziehende Schilderung derſelben, daß ich nicht umhin kann, dieſelbe hier im Auszuge folgen zu laſſen. Er ſchreibt: „Im ganzen Becken des Colorado wird die wohlbekannte Hauben— meiſe der öſtlichen Staaten durch die einfarbige Schopf— meiſe vertreten, einen eigentümlich ſchmutzig gefärbten Vogel, deſſen einförmig mattes Gefieder auch nicht durch einen einzigen anderen Farbenton unterbrochen wird. Sie bewohnt nicht nur einen Teil des weſtlichen Texas, das ganze Neu-Mexico, Arizona und gleiche Breiten Californiens, ſondern auch Teile Colorados, Utahs und Nevadas. Wie weit ſie ſich nach Norden hin verbreitet, iſt zur Zeit noch nicht genau anzugeben, aber man darf wohl annehmen, daß ſie bis zur Mitte der drei genannten, nebeneinander liegenden Gebiete vorkommt. Wie weit ſie ſich nach Süden hin ver— breitet, iſt auch noch nicht bekannt. Wie weit ſich aber ihre von Felſen zerklüftete Heimat auch ausdehnen mag, ſoviel iſt gewiß, daß das Thal des großen Colo— rado des Weſtens als ihre eigentliche Heimat anzuſehen iſt und daß ſie dort als Standvogel vorkommt. „Sie gehört zu den zahlreichen Entdeckungen Gambels, welcher ſie bei Monterey in Californien fand, als ſie ſich in den immergrünen Eichen jener Gegend umhertrieb. alle Forſcher, welche den Südweſten unſeres Landes durchreiſten, angetroffen und Mitteilungen über fie | gemacht. Hier ſeien nur Woodhouſe, Heer mann, Xantus, Cooper, Aiken, Ridg— way und Henſhaw genannt, lauter Namen, welche mit der Ornithologie jenes intereſſanten Ge Seit jener Zeit haben fie faſt Parus inornatus GAMRB. — — 2 bietes innig verknüpft und in ornithologiſchen Kreiſen alle wohlbekannt ſind. Während ich als Armee— arzt in Fort Whipple ſtationiert war, beobachtete ich während des Winters häufig Trupps dieſer Meiſe; — über die Sommerzeit ſchweigt mein Tagebuch, doch habe ich nie bezweifelt, daß ſie dort Standvogel iſt. Faſt alle Beobachter machten die Erfahrung, daß ſie mit Vorliebe in den große Flächen bedeckenden, ſtrauch— artigen immergrünen Eichen ſich aufhalten. In meinem „Prodomo' nannte ich fie ausdrücklich eine die immergrünen Eichen bewohnende Art, welche die Kiefern (pines) meide und die offenen Bergabhänge belebe, und das iſt eine durchaus richtige Angabe. Dort befand ſich zu meiner Zeit (und ſo mag es jetzt auch wohl noch ſein) gerade hinter dem Fort eine große Eichenſtrecke, wo ich zu jeder Zeit faſt das ganze Jahr hindurch dieſe Meiſe antreffen konnte. Dieſer ſtrauchbewachſene Bergesabhang war einer meiner Lieblingsaufenthaltsorte, nicht deshalb, weil ich hier etwas beſonders ornithologiſch Intereſſantes zu fin— den hoffte, ſondern aus dem Grunde, weil ich hoffen durfte, hier nicht mit den Ureinwohnern (Navajos und Apache-Indianern) des Landes zuſammenzu— ſtoßen; denn dieſer Platz ließ ſich vom Fort aus vollſtändig überblicken und er war viel ſicherer, als die Gebirgsſchluchten und Ravinen zu beiden Seiten, wohin ich mehr als einmal mußte, um den nackten, noch blutenden Körper eines unſerer Soldaten, welcher hier von den Apaches meuchlings getötet worden war, mit hereintragen zu helfen. Dies war in den Jahren 1864 und 1865, als die ſchlimmſten Leiden— ſchaften zwiſchen Rothäuten und Bleichgeſichtern ent— feſſelt waren und gegenſeitig die größten Schandthaten verübt wurden. Zu jener Zeit war dort das Studium der Ornithologie eine ſehr heikle Sache, da man ſtets plötzlich unterbrochen werden konnte, weil man fort— während auf ſeiner Hut ſein mußte; ſicherlich war es damals ein ſehr bedenkliches Vergnügen. . . . . Als ich Gambels-Meiſe, die ‚ungejchmickte‘ zuerſt be— obachtete, ſuchte ich immer nach charakteriſtiſchen Merk— malen, welche ſie von der öſtlichen Verwandten beſon— ders unterſcheiden ſollten, doch war ich erfolglos. An Eigentümlichkeiten fehlt es ihr allerdings nicht, denn wenig Vögel find ſelbſtbewußter, zänkiſcher, gehen ſo leicht zum Angriff über als die ganze Familie der Meiſen; aber das iſt die charakteriſtiſche Eigenſchaft aller Arten, und es iſt wenig vorhanden, wodurch ſich die eine Art von der anderen in Betragen und in der Lebensweiſe unterſcheidet. Kurz, die einfarbige Schopf meiſe iſt das vollkommene Ebenbild unſerer gewöhn lichen bekannten Haubenmeiſe und in dieſem Satze iſt auch die ganze Lebensbeſchreibung derſelben enthalten.“ Das Neſt legt ſie ebenfalls in Aſt- und Specht— löchern an. Die Eier ſind auf weißem Grunde mit feinen mattrötlichen Flecken unregelmäßig gezeichnet. Namen: Einfarbige Haubenmeiſe, einfarbige Schopfmeiſe, Gambels Haubenmeiſe, californiſche Haubenmeiſe. Plain Tit mouse, Gray-tufted Titmouse, Gam- bel’s Titmouse, California Tit mouse. Wiſſenſchaftliche Namen: Parus inornatus Gamb., Pr. Phila. Acad. II, 1843, 265. A. O. U., Code and Check List, 1886, p. 333. — Lophophanes inornatus Brd., und die meijten neueren Werke von Coues, B. B. R u. . f. Beſchreibung: Bleigrau, nirgends hervortretende ſon— ſtige Farben. — Die Jungen ähnlich. — Größe fait 6 Zoll. Man unterſcheidet neuerdings drei Lokalraſſen dieſer Art: Parus (Lophophanes) inornatus Gun,, welche in Californien und dem weſtlichen Oregon vorkommt. P. (L.) inornatus griseus RID W., in Neu— Mexico, Colorado, Arizona und Nevada vorkommend und P. (L.) inornatus eineracens RIDGW., des un— teren Californien. Das neue ſyſtematiſche Werk unſeres leitenden Ornithologen der Jetztzeit, Robert Ridgways Meiſen. „Manual of North American Birds“ giebt die genauen Diagnoſen dieſer Varietäten. Vollwebers-Haubenmeiſe. Bridled Titmouse. Parus Wollweberi HENRY. Wollwebers-Haubenmeiſe wurde im Jahre 1850 von drei der bedeutendſten Ornithologen beſchrieben, zunächſt von Prinz Lucian Bonaparte. Dann beſchrieb fie Caſſin unter dem Namen Parus annerus und ſchließlich Cabanis in „Museum Heincanum“ unter der Benennung Lophophanes galeatus. Nur wenig iſt bisher über das Freileben dieſer Art mitgeteilt worden, und über das Brutgeſchäft wiſſen wir noch gar nichts, doch wird man kaum fehl gehen, wenn man annimmt, daß ſie ſich in keiner 97 Hinſicht weſentlich von den anderen Haubenmeiſen unterſcheidet. Kennerly und Balduin Möll hauſen fanden dieſe Meiſe zuerſt am Pueblo Creek in New Mexico, ſpäter in den Nadelholzbäumen des Azteken-Gebirges, wo ſie in den dichten Gebüſchen von Zweig zu Zweig hüpfte, überhaupt beſtändig in Bewegung war. Nach Dr. Coues iſt fie bei Fort Whipple in Arizona Standvogel und faſt noch häu figer als die ſchon beſchriebene einfarbige Hauben meiſe. Man findet ſie in allen mit Gebüſch und Bäumen beſtandenen Ortlichkeiten, namentlich aber in Eichendickichten und in dem Geſtrüpp (Chaparral) der Bergabhänge. Sie iſt über ganz Arizona, New Mexico und Wejt-Teras verbreitet und kommt ſüdlich bis nach Oaxaca und Orizaba in Mexico vor. Sie ſcheint geſelliger als die anderen Haubenmeiſen zu ſein, da man oft Scharen von fünfundzwanzig und mehr Exemplaren beiſammen ſieht, doch vereinigt ſie ſich ſelten mit anderen Arten. Eine beſondere Eigen— art zeigt ſie darin, daß ſie nur ſelten auf den Boden herabkommt, um Inſekten und andere Nahrungsſtofſe aufzunehmen. Sie iſt kleiner und zierlicher als unſere anderen Haubenmeiſen, auch iſt ihre Stimme nicht ſo laut und ſchrill, obwohl auch ſie alle ihre Laute mit beſonderer Kraft und mit Nachdruck her— vorbringt. Von allen übrigen nächſten Verwandten (Lophophanes) unterſcheidet fie ſich ſofort durch ihre ganz verſchiedene Färbung, indem ſie in dieſer Hinſicht ganz der europäiſchen Haubenmeiſe (Parus eristatus) gleicht. Namen: Wollwebers-Haubenmeiſe. Bridled Titmouse, Wollweber's Titmouse. Wiſſenſchaftliche Namen: Lophophanes Wollweberi Bonap. (1850), Cass., Brd., B. B. & R., Coues, Cooper, ete. — Parus Wollweberi Henry, Pr. Philad. Acad. VII, 1855. A. O. II., Code and Check List 1886. — Parus annexus Cass. — Lophophanes galeatus Ca- banis (1850). Beſchreibung: 5 2 Oberſeite olivengrau, Flügel und Schwanz dunkler; Unterſeite weißlichgrau. Haube ſchwarz, mit einem centralen grauen Felde; Kehle ſchwarz; Kopfſeiten, Backen und ein Streif über dem Auge weiß; ein ſchwarzer Streif, hinter dem Auge be— ginnend, vereinigt ſich bogenförmig mit dem Schwarz der Kehle. — Länge 5 Zoll. Die Bergmeife. Mountain Chickadee. Parus montanus GAMB. Die eigentliche Heimat der noch ungenügend be- kannten Bergmeiſe hat man in den alpinen Re— gionen des Weſtens der Union zu ſuchen. Dort be wohnt ſie die ungeheueren Nadelholzwälder von 8000 13 L 98 Die Schwarzkopfmeiſe. Fuß aufwärts bis zur Grenze des Baumwuchſes. Im Winter treibt ſie der Schnee herab in die Ge⸗ birgsthäler, ſogar in ſüdlichere Gegenden, wo ſie ſich dann in den die Ufer der Flüſſe ſäumenden Weiden und Baumwollpappeln (Cottonwood) umhertreibt. Gambel entdeckte ſie auf ſeiner Forſchungsreiſe weſtlich von Santa FE in Neu-Mexico, und von da traf er ſie in allen Gegenden der Felſengebirge bis nach Californien. reich in den Tannen des öſtlichen Abhanges der Sierra Nevada, Coues in allen aus Koniferen beſtehenden Wäldern Arizonas und Neu-Mexicos. Brewer beſchreibt ein von C. A. Allen in der Sierra Nevada (in Placer County, Cal.) gefundenes Neſt dieſer Art, und dies iſt die einzige Beſchreibung, welche ich von den Eiern und dem Neſte dieſer Art in unſerer orni— thologiſchen Litteratur finden konnte. Das fragliche Neſt wurde am 11. Juni 1879 in der verlaſſenen Höhlung eines weſtlichen Spechtes!) gefunden. Höhlung befand ſich in einem alten Tannenſtumpf Ridgwapy beobachtete ſie zahl- Die etwa ſieben Fuß vom Boden. Das brütende Weib⸗ chen verließ auch dann das Neſt nicht, als ſchon die halbe Seite des Stumpfes mit der Axt hinweggehackt war. Man mußte es ſchließlich in die Hand nehmen, um zu den Eiern zu gelangen. Deren Zahl betrug ſieben; ſie waren der Grundfarbe nach kalkweiß und ohne Flecken. Nur eins war dicht mit rötlichbraunen feinen Punkten gezeichnet. Das Neſt beſtand aus einem dichten Filz kleiner Pelzſtücke und Haare. Namen: Bergneife, Mountain Chickadee, White-browed Chickadee. Wiſſenſchaftliche Namen: Parus montanus Gamb., Pr. Phila. Acad. I, 1843, 259. Cassin, III. I, 1853, 18, ete. — Poecile montanus Coues, Pr. Phila. Acad. XVIII, 1866, 79. Beſchreibung: Männchen und Weibchen gleich, wie bei allen Meiſen. Oberſeite aſchgrau, Unterſeite grauweiß; Sei— ten des Kopfes und Halſes weiß; Kopfplatte und Kehle ſchwarz; ein weißer Streif läuft durch die ſchwarze Kopfplatte. — Länge 5 Zoll; Flügel wenig über 2.50 Zoll, Schwanz etwas kürzer. Die Hehwarzkopfmeiſe. Black- capped Chickadee. At A. den wenigen den Nordoſten der Union be— S wohnenden Meiſen iſt die Schwarzkopf meiſe die bei weitem bekannteſte und häufigſte Art. Sie iſt in Neu-England und in faſt allen Nordſtaaten ein zahlreicher Brutvogel. Nach Weſten hin verbreitet ſie ſich bis zum Felſengebirge und nördlich bis nach Alaska. Wie weit ſie nach Süden hinab geht, iſt mit Sicherheit nicht anzugeben, da viele Beobachter die— ſelbe mit der ähnlichen Carolina-Meiſe verwechſelt haben. In manchen Teilen Wisconſins iſt ſie ein ge— wöhnlicher Brutvogel. Ich fand ſie dort an Wald— rändern, in der Nähe der mit Him-, Brom- und einzelne oft die wie „Tſchicka-dih-dih-dih“ klingen- Heidelbeergebüſchen, Haſelnuß- und anderen Sträus | chern umrandeten Sümpfe, namentlich da, wo viele alte Bäume mit Aſt- und Spechtlöchern vorhanden waren. Dagegen zeigte ſie ſich im Sommer nie in 1) Pieus albolarvatus. arus atrıcapillus Linn. Gärten, überhaupt nie in der Nähe menſchlicher Woh— nungen, wo ſie doch im Herbſt und Winter regelmäßig ſich einſtellte. Im nördlichen Illinois brütete ſie nur ſehr vereinzelt. Nur einmal, im Oktober des Jahres 1874, ſah ich fie zahlreich in Walde am Des Plaines, ganz in der Nähe des Städtchens Maywood. Die munteren, beweglichen Vögel ſuchten die Körner der dort in Menge vorkommenden Waldſonnenblumen ). Sie nahmen dabei alle möglichen Stellungen an, ſetzten ſich auf die kleinen Köpfe, klammerten ſich ſeit— lich an die Stengel oder hingen ſich, den Kopf ab— wärts, an die Unterſeite der Zweige. Dabei ließen den, ziemlich lauten Töne eifrig hören. Dieſe Laute haben ihr auch den volkstümlichen Namen „Tſchicka— dih“ (Chickadee) erworben. — Sie iſt ein ſehr leb— hafter, beweglicher Vogel und im Klettern ein vollen— ) Helinnthus disvarieatus. Die Schwarzkopfmeiſe. deter Meiſter. Im Oſten unſeres Landes, beſonders in Neu-England iſt ſie einer der bekannteſten Vögel. Sie bewohnt dort zahlreich die Wälder, beſchränkt ſich aber nicht auf dieſe allein, ſondern kommt im Winter in großer Anzahl in die Nähe menſchlicher Woh— nungen, in die Gärten, ſelbſt in Außengebäude, ſucht gelegentlich ſogar die Neſter des Haustyrannen (Phoebe Bird) unter „Piazzas“ auf, um ſich in 99 zwungen, es endlich in die Hand zu nehmen, um das Neſt genau unterſuchen zu können. Das mutige Tierchen ließ keine Klagelaute hören, ſondern warf ſich mutig und hingebend zwiſchen die Jungen und den vermeintlichen Feind. Als man es wieder frei— gelaſſen hatte, entfloh es nicht, ſondern nahm ſogleich ihnen gegen die Unbilden der Witterung zu ſchützen oder in denſelben zu ſchlafen. auch im Sommer regelmäßig in Gärten an, wo ſie, wenn ſich paſſende Niſtſtätten in denſelben befinden, auch brütet. Ein hohler Fenzpfoſten inmitten eines unter Kultur befindlichen Feldes, ein alter Baum— ſtumpf an der Landſtraße, ein hohler Baumſtamm im Dort trifft man ſie fäller, belebten Hofe eines Farmers, ſelbſt das Aſtloch in der Außenwand eines Hauſes werden von der Schwarz— kopfmeiſe als Niſtſtätten gewählt. Im Winter dehnen ſie, nach Nahrung ſuchend, ihre Wanderungen ſogar bis in die Mitte großer Städte aus und benehmen ſich hier gerade ſo dreiſt, ſo ganz ohne Scheu, als wären ſie da zu Hauſe, als befänden ſie ſich in der Abgeſchloſſenheit des Waldes. Im bunten Durch— einander fliegt die Schar durch die Straßen- und Gartenbäume. oder Larven von Inſekten verborgen fein könnten, wird genau durchſucht. Brewer berichtet, daß einſt ein Pärchen ſein Neſt über einem mit einem Dache verſehenen Brunnen angelegt habe, aus welchem ſehr häufig und zu jeder Jede Ritze der Baumrinde, wo Eier Tageszeit mit einem an einem Stricke befeſtigten imer Waſſer heraufgezogen wurde. Obwohl nun das Rad, welches durch den darauf befindlichen Strick beim Waſſerziehen in Bewegung geſetzt wurde, ſich nahe am Neſte befand, zeigte das Pärchen doch keinerlei Furcht, und ſelbſt als die Jungen ſchon ausgeflogen waren, kehrte die Familie des Nachts und bei ſchlechtem Wetter immer wieder in das Neſt zurück. Wie alle Meiſen, ſo zeichnet ſich auch dieſe durch beſonderen Mut und große Liebe gegen ihre Jungen Als Beweis hierzu diene folgender Fall: Zus | aus. fällig ſah man in Brookline (Maſſ.) eine dieſer Meiſen in der Höhlung eines alten an der Landſtraße ſtehenden Baumſtumpfes verſchwinden. Letzterer war ſo morſch, daß man mit Leichtigkeit die Spitze ab— brechen konnte, wodurch das Neſt vollſtändig bloß— gelegt wurde. Das Weibchen blieb jedoch ruhig ſitzen, rührte ſich nicht von der Stelle, ſodaß es mit der Hand hinweggeſchoben werden mußte. Zweimal nahm es ſeinen Platz wieder ein und man war ge— 1 einen eigentümlichen Schmelz beſitzen. ſeinen Platz wieder auf dem Neſte ein, um die ſieben Jungen unter die ſchützenden Flügel zu nehmen. Dabei ſah es die Eindringlinge mit nicht zu über— treffendem Mute an. Im Winter beſuchen ſie oft die Lager der Holz— werden ſehr zahm und nehmen jede Ge legenheit wahr, Nahrung von ihnen zu erlaugen, oft mit traurig klingenden Tönen darum bettelnd. Obwohl ſie alles Genießbare verzehren, ſo ſind es doch Inſekten, welche ſie vor jeder anderen Nahrung bevorzugen, und der Nutzen, den ſie dadurch beſonders den Farmern, Gärtnern, Obſtzüchtern und Wald beſitzern bringen, iſt ein unberechenbar großer. Eier der Juſekten, Larven, Raupen, Schmetterlinge, über— haupt Kerbtiere in allen Lebenszuſtänden werden von ihnen vertilgt. Keine Puppe iſt zu groß, um dem kräftigen Schnabel Widerſtand zu leiſten, kein Ei iſt ſo verborgen, das von dem ſcharfen Auge nicht auf gefunden werden könnte. Brewer ſah einſt, wie eine dieſer Meiſen die Puppe der großen Bären— raupe!) ergriff und damit davonflog. Wenn ſie nach Nahrung ſuchend das Geäſt der Bäume durchklettern, ſcheinen ſie oft die Nähe des Menſchen gar nicht zu beachten, da ihre ganze Auf merkſamkeit auf ihre nutzbringende Thätigkeit gerichtet iſt. In Wahrheit bemerken ſie jedoch alles, was um ſie her vorgeht. Dies kann man beobachten, wenn ſich eine Katze, ein Eichhörnchen und anderes Raub— zeug auf dem Schauplatze ihres Thuns blicken läßt. Dieſe ungebetenen Gäſte werden in der Regel lärmend und ſchreiend in ſicherer Ferne umhüpft. Die Töne, welche man hierbei vernimmt, klingen wie „Dädä dädä“, ſind rauh und ſchrill und werden überhaupt bei jeder Erregung ausgeſtoßen. Außer dieſen Lauten beſitzt die Schwarzkopf- oder Plattmeiſe auch noch verſchiedene andere, von denen einzelne überaus lieblich klingen. So hört man im Frühling kurz vor der Paarungszeit häufig nur zwei Töne, einen hohen und einen niedrigen, welche wie „Zi-hih“ klingen und Verſchiedene Töne, wohlklingende und rauhe, werden oft auch zu einem ganz anmutigen zwitſchernden Liedchen vereinigt. 1) Leucarctia acraca, 100 Das Neſt ſteht immer in Höhlungen, namentlich in Specht- und Aſtlöchern, nie hoch vom Boden. Man kann auch dieſe Meiſe leicht durch paſſende Niſt— käſten, welche jedoch ein möglichſt kleines Flugloch haben müſſen, in Gärten und Baumanlagen heimiſch machen. Der Bau iſt ſtets ſehr weich aus Haaren, Pelzteilchen, weichen Federn, feinen Hälmchen und Moos gefilzt. Obwohl loſe zuſammengefügt, iſt er doch ſehr weich und warm, ſodaß Eier und Junge in demſelben ſehr wohl gegen die Einflüſſe der abwech— ſelnden Witterung geborgen ſind. — Die Eier, ſechs bis acht an Zahl, find der Grundfarbe nach weiß, dicht mit feinen, kleinen rötlichbraunen Flecken, welche am dicken Ende dicht und kranzartig ſtehen, gezeichnet. Wie es ſcheint, macht ſie jährlich nur eine Brut. Namen: Schwarzkopfmeiſe, Plattmeiſe (Brehm). Black-capped Chickadee, Black-capped Tit- MOUSE. Wiſſenſchaftliche Namen: Parus atricapillus V., Syst. Nat. I, 1766, 341, und faſt alle anderen Ornitho— logen. Poecile atricapilla Bonap. Consp. 1850, 230. Parus palustris Nutt. Man. I, 1852, 79. Beſchreibung: & oben bräunlich-aſchgrau, unten weiß— lich, bräunlichweiß an den Seiten; Flügel und Schwanz aſchgrau, mehr oder weniger grauweiß gerandet. Kopf— platte und Kehle ſchwarz, Seiten des Kopfes weiß. Länge 5 Zoll. Flügel 2.50, Schwanz 2.50 Zoll. Die lang ſchwänzige Schwarzkopf— meiſe, Parus atricapillus septentrionalis ALLEN (Long-tailed Chickadee). Dieſe ſich nur durch ihren auffallend langen Schwanz von der Schwarz— kopfmeiſe unterſcheidende Varietät vertritt die eigent— Die Carolina als gute Art beſchrieben, Meiſe. liche Art in der Region des Miſſouri, in Kanſas und im Felſengebirge, wo ſie bis zu einer Höhe von 8000 bis 11,000 Fuß im Gebirge emporſteigt. Südlich verbreitet ſie ſich bis in die Gebirgsgegenden Mexicos, nördlich bis zum Winnipeg-See und Fort Simpſon in Britiſch-Amerika, öſtlich bis nach Kanſas und ver— einzelt ſelbſt bis zum ſüdweſtlichen Miſſouri. Har— vis, welcher Audubon auf ſeiner Forſchungsreiſe nach dem oberen Miſſouri begleitete, fand ſie zuerſt am Nellowftone, dreißig Meilen oberhalb ſeiner Ver— einigung mit dem Miſſouri. Zuerſt von Audubon entzog ihr Allen neuer— dings nach Vergleichung vieler Exemplare die ge— ſonderte Artſtellung. 5 In den Niederungen des oberen Miſſouri gehört ſie zu den wenigen Vögeln, welche den dortigen harten Winter zu ertragen vermögen. Man hat ſie dort in Geſellſchaft von Baumfinken !“) beobachtet. Aller— wärts in Kanſas, wo es Wald giebt, ſcheint ſie vor— zukommen. Ich beobachtete ſie in Südweſt-Miſſouri vereinzelt. Sie unterſcheidet ſich in keiner Hinſicht von der beſchriebenen eigentlichen Art. Die weſtliche Schwarzkopf meiſe, P. atri- capillus oceidentalis CoUES (Western or Oregon Chickadee), vertritt die eigentliche Art in Oregon und Waſhington, wo fie namentlich die Küſten region bewohnt. Sie ſcheint beſonders im Thale des Wil— lamette und bei Fort Vancouver häufig zu ſein. Sie unterſcheidet ſich in der Färbung inſofern von der Schwarzkopfmeiſe, als die Oberſeite mehr dunkelgelblichbraun erſcheint; der bräunliche Anflug der Unterſeite iſt auch dunkler, das Weiß mehr gelblich. Die Carolina-Meiſe Carolina Chickadee. N N Pa genauer als die Schwarzkopfmeiſe habe ich 2 die obengenannte, in Texas und Südweſt— Miſſouri ſehr häufige und zu allen Zeit und in faſt allen waldigen Ortlichkeiten vorkommende Art kennen gelernt. In großer Anzahl ſtreift ſie, beſonders im Winter, durch jede mit Gebüſch und Bäumen beſtan— dene Gegend, ſei dies nun der zuſammenhängende Parus carolinensis Aub. Wald oder der gebüſchreiche Sumpf, die Lebenseichen— gruppen der Prärien oder die Baumgärten der Land— bewohner. Auch in kleine Ortſchaften und ſelbſt in das Junere der Städte kommt ſie, jeden Strauch, jeden Baum eifrig nach Kerbtieren durchſuchend. In 1) Spizella monticola, Die Carolina Auſtin und Houfton iſt fie ein ſtändiger Bewohner der größeren Obſt- und Ziergärten. — Geſelligkeit iſt eine der hervorragendſten Charaktereigentümlichkeiten dieſer Art; denn man ſieht ſie außer der Zugzeit immer in kleinen Flügen, oft auch mit Haubenmeiſen, Goldhähnchen und kleinen Spechten zuſammen. In kleinen zerſtreuten Geſellſchaften durchſtreichen ſie täg— lich ein gewiſſes Gebiet. Im Winter ſind ſie nament— lich in den dichten geſchützten Wäldern der Niederun— gen zahlreich. Gegen den Frühling hin löſen ſich die Geſellſchaften auf und jedes Pärchen begiebt ſich nun wieder in ſein altes Wohngebiet oder wählt ſich ein neues, falls es ein junges Paar iſt. Während ihrer winterlichen Streifzüge hört man faſt beſtändig ihr „Tſchickadidi“, ſobald aber die erſten Lenzeslüfte lau vom Golf herüber zu wehen beginnen, ſobald die erſten Blumen ſich im Wald und auf der Prärie eutfalten, da tritt auch eine Anderung in den Tönen der Carolina-Meiſe ein. Die wenigen Laute werden nun vielfach vertönt und gewiſſermaßen zu einem durchaus nicht unangenehmen Liedchen verwebt. Allerdings verirren ſich nur zu oft auch rauhe Laute dazwiſchen; ſie erſetzt aber durch Eifer und Fleiß, was ihr an Kunſtfertigkeit und Tonreichtum abgeht. Herrlich find beſonders zwei Töne, welche wie „Hi-dü, hi-dü“ klingen. Der erſte Ton iſt hoch und lang gezogen, der zweite niedrig und kurz. Zwiſchen dieſen Tönen und den beiden nachfolgenden wird immer eine kurze Pauſe innegehalten. und durchdringend, ſo rein und ſchmelzend, haben eine jo melancholiſch-anziehende Klangfarbe, daß man gar nicht müde wird, ihnen zuzuhören. Ich habe dieſe eigentümlichen Töne nur kurz vor der Brutzeit vernommen, ſpäter aber nicht mehr. oder Angſt läßt ſie rauhe, ſchnell aufeinanderfolgende, wie „Höhdödödöds“ klingende Rufe hören. Der Wald ijt ihre eigentliche Heimat, namentlich da, wo es an alten Bäumen und Spechtlöchern nicht fehlt. In Texas bevorzugt ſie entſchieden den Pfoſten— eichenwald; in Südweſt-Miſſouri kommt ſie mit Vorliebe in den unſchönen Schwarzeichenbeſtänden vor, ohne indes andere Waldſtrecken ganz zu meiden. Ihr Vorkommen hängt zunächſt und hauptſächlich von der Menge der ſich zum Neſtbau eignenden Baumhöhlungen und erſt in zweiter Linie von der Häufigkeit der Inſekten ab. Wo es ganz an Niſt— höhlungen, alten Specht- und Aſtlöchern fehlt, trifft man ſie nicht. Als ich ſie im ſüdweſtlichen Miſſouri im Walde dicht hinter meiner Wohnung umherſtreifen ſah, nirgends aber in den knorrigen, noch jungen Sie ertönen ſo lieblich Bei Erregung Meiſe. 101 Schwarzeichen Aſtlöcher oder ſonſtige Höhlungen fand, brachte ich auf den Waldbäumen in der Nähe meines Hauſes kleine längliche, mit einem kleinen Schlupf— loche verſehene Niſtkäſten an, und bald hatte ich die Freude, dieſelben von Meiſen bewohnt zu ſehen. Sie ſind ſo furchtlos, ja dreiſt, daß ſie ſelbſt ganz in unmittelbarer Nähe der Häuſer brüten, ſich ohne Scheu auf den Obſtbäumen und Zierſträuchern umhertummeln und dieſelben von ihren Zerſtörern, den verderblichen Inſekten, ſäubern. Mit ganz be ſonderer Geſchicklichkeit wiſſen ſie die Eier der Kerfe aus den verborgenſten Ritzen der Borke hervorzu— holen. — In Texas fand ich das Neſt immer in hohlen Zaunpfoſten, Stumpfen und in Aſt- und Specht— löchern der Pfoſteneichen. In Houſton brütete ſie ſogar in hohlen Bergeevern der Straßen und Gär— ten. Sie bevorzugt ſtets zur Anlage ihres Baues ausgehöhlte horizontale Aſte, mit dem Schlupf loche von unten oder von der Seite. In Ermange— lung ſolcher nimmt ſie aber faſt mit jeder Höhlung vorlieb, wenn nur das Schlupfloch möglichſt klein iſt. Das Neſt iſt immer aus ſehr weichen Stoffen herge ſtellt. Die Grundlage beſteht aus etwas Moos und Hälmchen, Faſern und Baumwolle. Das Innere iſt mit Fellſtückchen von Kaninchen und allerlei weichen Haaren ſehr dick ausgepolſtert. Die fünf bis acht Eier ſind klein, ſehr rund, der Grundfarbe nach glän— zendweiß und faſt ganz gleichmäßig dicht mit rötlich braunen Punkten und Flecken gezeichnet. Auch ſie zeigt eine große Liebe zu ihrer Brut, weicht nicht vom Neſte, ſodaß man ſie oft mit der Hand gewaltſam ent fernen muß, wird deshalb aber auch nur zu oft eine Beute der Schlangen. Größere Tiere können ihr in der Niſthöhle nicht viel anhaben, denn einerſeits iſt das Flugloch in der Regel ſehr enge und andererſeits iſt die Höhlung ſechs bis zwölf Zoll tief. — Es iſt ſehr intereſſant, das Pärchen in feiner Thätigkeit beim Aufziehen der Jungen zu beobachten. Unaufhörlich tragen die Alten kleine Würmer, winzige Käfer, Lar— ven, Inſekteneier und andere tieriſche Stoffe herbei, welche ſie ſtets an den Aſten und der Baumrinde ab— ſuchen. Dieſe Thätigkeit dauert vom früheſten Mor— gen bis nach Sonnenuntergang. Auf die Erde kom men ſie höchſt ſelten herab, um nach Nahrung zu ſuchen, da ihnen Bäume und Sträucher alles bieten, was ſie zum Lebensunterhalt bedürfen. Sie iſt darum, wie alle Meiſen, einer unſerer nützlichſten Vögel und verdient des Menſchen Freundſchaft in hohem Grade. Im Winter verzehrt fie auch Hanf 102 und Sonnenblumenkerne, die ſie mit ihrem kräftigen Schnabel geſchickt aufzuhämmern verſteht. Der Flug dieſer wie überhaupt aller Meiſen geſchieht mit ſcheinbarer Anſtrengung in hüpfenden Bogenlinien. Nur ſelten und ungern verlaſſen ſie den ſchützenden Wald und die Gebüſche, um größere freie Strecken zu überfliegen. Meiſt bewegen ſie ſich nur von Baum zu Baum, von Gebüſch zu Gebüſch. Beim Überfliegen größerer baumloſer Strecken ver— raten ſie Angſt und Zaghaftigkeit. Sehr wohl läßt ſich auf ſie, ſowie auf unſere übrigen Meiſen, an— wenden, was Naumann in dieſer Beziehung von einer deutſchen Art, der Baummeiſe, ſagt: „An ihrem Zaudern ſieht man, wie ungern fie weitere Strecken durchfliegen. Lange und unter un— aufhörlichem Locken hüpft die unruhige Geſellſchaft im Gezweig des letzten Baumes auf und ab, jetzt erheben ſich einzelne in die Luft zur Weiterreiſe, ſehen aber, daß die anderen ihrem Rufe nicht zu folgen wagen, kehren daher um, und wieder andere machen die Probe, bis ſie endlich im Ernſte alle aufbrechen, und auch die Säumigen eilen, ſich der Geſellſchaft anzu— ſchließen. Will man ſie necken, ſo darf man nur ein ſchnelles, ſtarkes Brauſen mit dem Munde hervor— bringen und dazu einen Hut oder ſonſt etwas in die Höhe werfen oder einen ſummenden Stein unter ſie ſchleudern, und im Nu ſtürzen alle wieder auf den eben verlaſſenen Baum oder ins nächſte Gebüſch herab, und das Spiel fängt nach und nach von neuem an. Dieſes Benehmen gründet ſich auf eine grenzen- loſe Furcht vor Raubvögeln. Daher erſchreckt ſie auch jede ſchnell vorüberfliegende Taube und jeder andere größere Vogel, den ſie in der Überraſchung für einen Stößer anſehen, weil ſie wohl wiſſen, daß ihr ſchlechter Flug ſie im Freien immer zur gewiſſen Beute desſelben macht.“ Das Verbreitungsgebiet der Carolina-Meiſe er— ſtreckt ſich vom Atlantiſchen Ozean bis nach Kanſas und Texas. Nach Norden hin trifft man ſie bis zum mittleren Miſſouri, Süd Illinois und dem Diſtrikt Columbia. Carolina-Meiſe heißt ſie deshalb, weil ſie in Süd-Carolina zuerſt beobachtet wurde. Namen: Carolina-Meiſe, ſüdliche Schwarzkopfmeiſe. Carolina Chickadee, Southern Chickadee. Wiſſenſchaftliche Namen: Poecile carolinensis Bonap. Parus carolinensis Aud., Beſchreibung: Männchen und Weibchen gleich gefärbt. Ganz der Schwarzkopfmeiſe ähnlich, aber kleiner, zarter; das Schwarz auf der Kehle reiner, ſchärfer und ausge— Meiſen. dehnter. Rücken bräunlich aſchgrau; Unterſeite weiß, an den Seiten bräunlichweiß. Länge 4.50 Zoll; Flügel 2.50 Zoll, Schwanz 2.40 Zoll. | Parus meridionalis SCLAT. iſt eine der vorigen ähnliche, im nördlichen Mexico vorkommende Art. Da ſie nahe an der Grenze lebt, ſo dürfte ſie auch gelegentlich in unſer Gebiet herüberſtreichen. Parus einetus Bonn. iſt eine ſibiriſche Meiſe, die vielleicht hin und wieder bis nach Alaska herüber— ſtreift. . s 8. 875 Die Wald- oder Hudſonmeiſe. Hudsonian Chickadee. Parus hudsonicus FORSTER. Dieſe ſehr lebhafte, intereſſante Art bewohnt das Britiſche Amerika vom Atlantiſchen bis zum Stillen Ozean, kommt aber auch im äußerſten Nordoſten der Union, in Maine, New Hampſhire und Vermont, teils als Brut-, teils als Strichvogel vor. Da ſie weder in ihrem Thun und Treiben, noch auch in der Niſtweiſe von den übrigen höhlenbrütenden Arten ab— weicht, jo iſt eine ausführliche Schilderung überflüſſig. Namen: Waldmeiſe, Hudſonmeiſe. Hudsonian Titmouse, Hudson Bay Chickadee, >rown-capped Chickadee. Wiſſenſchaftliche Namen: Parus hudsonicus Forster. Beſchreibung: Geſchlechter gleich. Oberſeite olivenbraun, unten weißlich, an den Seiten in Hellkaſtanienbraun übergehend; Krone brauner als der Rücken. Kehle ſchwärzlichbraun. Länge 5 Zoll. Die amerikaniſche Tannenmeiſe. Chestnut-backed Titmouse, Parus rulescens Tous. Die Nadelholzwälder Waſhingtons find die eigentliche Heimat dieſer Meiſe. Dort, namentlich in den Wäldern am Columbia, iſt ſie zahlreich. Sie iſt Standvogel und ſtreicht nur im Winter unbedeutend. Man ſieht ſie während der kalten Jahreszeit geſellig und lärmend mit Verwandten und Goldhähnchen ganz nach Art der übrigen Meiſen umherſtreichen. Da ſie Gambel im Winter bei Monterey, Califor— nien, traf, ſo iſt anzunehmen, daß ſie auf den Höhen des Küſtengebirges und der Sierra Nevada brütet. Heermann ſah bei San Francisco ein Pärchen ſeine Jungen füttern, doch iſt ſie dort ſelten. Über die Niſtmeiſe iſt wenig belannt, doch iſt von vorn— herein anzunehmen, daß dieſe von der Verwandten durchaus nicht verſchieden iſt. Sie brütet inmitten der dichten Wälder ihrer Heimat. Nördlich verbreitet ſie ſich bis nach Sitka in Alaska. — Die in Califor— nien lebende Bergmeiſe nennt Ridgway P. rufescens neglectus. Namen: Tannenmeiſe, amerikaniſche Tannenmeiſe, Nötel- meiſe, rotrückige Meije. Chest nut- backed Titmouse. Die Buſch— Teast Tit, Bush Tit. Die Buſch- oder Beutelmeiſe. Wiſſenſchaftliche Namen: ooͤer 103 Parus rufescens Towns., Poeeile rufescens Bonap. Beſchreibung: Männchen und Weibchen gleich. Der ganze 9 ganz Kopf, Hals, Kehle bis zur Bruſt rußbraunſchwarz; Seiten des Kopfes und Nackens, oberer Teil der Bruſt und der mittlere Teil des Körpers weiß; Rücken und Seiten dunkelkaſtanienbraun. Länge 4.75 Zoll, Flügel 2.3 über 2 Zoll. 5 Zoll, Schwanz etwas Beutel meiſe. Psaltriparus minimus BoNAPr. Tafel VIII. Halifornien iſt ein Wunderland. Das wußten ſchon die alten ſpaniſchen Miſſionare, die ſich einſt vor Jahrhunderten unter den Indianern dieſes Gebietes niedergelaſſen. Auch heute noch, nachdem das Rennen und Jagen nach Gold längſt vorüber iſt, hat es ſeine unwiderſtehliche Anziehungskraft nicht verloren. Gerade jetzt ſtrömen jährlich Tauſende von Touriſten, ſelbſt aus der alten Welt, hinein ins Goldland, um ſich an der majeſtätiſchen Natur zu er— freuen, und viele Tauſende anderer ziehen hin, um ſich dort, in einem der herrlichſten Klimata der Erde, für immer eine Heimat zu gründen. Und wohl kein Land der Erde vereinigt auf einem verhältnismäßig ſo kleinen Raume eine ſolche Menge herrlicher Natur— ſcenerien. Der ſtolzen Sierra Nevada kann man nur die Alpen an die Seite ſtellen und an Romantik, an Schönheit übertrifft ſie dieſe noch. Über der Schnee— linie finden ſich die wundervollſten Gletſcherbildungen, unter derſelben die herrlichſten Wälder. Meiſt ſind es aus vielerlei Arten beſtehende Nadelwälder, welche dicht die Bergabhänge bedecken, während in den Thä— lern und Schluchten Laubholzbäume und Sträucher vorherrſchend ſind. Rauſchend, brauſend, toſend, donnernd und ſchäumend ſtürzen ſich die Wildbäche und Gebirgsſtröme über die Felſen hinab, unaufhörlich weiter eilend der Südſee zu. Gebirgsſeen von un— beſchreiblicher Klarheit liegen da vor dem erſtaunten Reiſenden und prächtige Wälder ſpiegeln ſich in ihren Waſſern. Dazu kommt noch das milde Klima, die reine Luft, der tiefblaue Himmel! Wer hätte nicht ſchon von dem einzig daſtehenden Yoſemite-Thal *) mit ſeinen ſtolzen Scenerien und brauſenden Waſſer— fällen, nicht ſchon von den Rieſenbäumen !), von denen einzelne über dreihundert Fuß Höhe und hundert Fuß im Umfang haben, geleſen! Und ſteigt man hinab in die Thäler der Gebirgsſtröme, ſo wird man von einer faſt tropiſchen Pracht immergrüner Bäume und Sträucher überraſcht ſein. — Die Gärten mit ihren Palmen, ihrer Roſenpracht, Eukalyptus- und Pfeffer— bäumen, Orangen, mit ihren Akazien, rieſig ent— wickelten Hakenlilien?), Kallas, Amaryllideen, üppig wucherndem Pampasgras und vielen anderen Pflan— zen, erregen fort und fort das Erſtaunen des aus anderen Gegenden kommenden Naturfreundes. Un— fruchtbare trockene Ortlichkeiten ſind mit rieſigen Kak— teen und Palmenlilien (Yucca) beſtanden. Es würde zu weit führen, wollte ich auch nur den Verſuch machen, ein oberflächliches Bild der Pflanzen- und Tierwelt zu entwerfen. — So verſchieden die Pflan- zenwelt von der des Oſtens iſt, ſo verſchieden, ja noch verſchiedener iſt auch die Tierwelt und eigentümlich iſt es, daß wir das Rieſenhafte und Zwergartige ſo nahe beiſammen finden. Der Grizzlibär‘) iſt der Rieſe ſeines Geſchlechts. Er bewohnt noch heute die unzu gänglichſten Gebirgsgegenden, während der Elkhirſch“) ſchon faſt ganz ausgerottet iſt. Noch findet ſich aber das Tier mit ſeinem großartig entwickelten, oft mit ſechzehn *, Yo-Semite iſt ein indianiſcher Name und heißt Grizzlibär. 1) Sequoia gigantea. 2) Crinum. 3) Ursus ferox oder horribilis. 1) Cervus eanadensis. 104 Die Buſch- oder Beutelmeiſe. Enden gezierten Geweih im nördlichen Teile der Sierra. Auf den Höhen des genannten Gebirges thront der californiſche Geier), einer der größten Vögel der Erde, während in den bewaldeten Schluchten Schopf— wachteln ihr Weſen treiben und an den Lilien und tauſend anderen Blumen etwa ſieben verſchiedene Kolibriarten munter umherſchwirren. Von den vielen Californien und den angrenzen— den Gebieten eigenen Vogelarten iſt die kleine Buſch— meiſe oder die californiſche Beutelmeiſe eine der anziehendſten und intereſſanteſten. Das Verbreitungsgebiet dieſer Art erſtreckt ſich über das Küſtengebiet des Stillen Ozeans von Fort Steilacoom bis Fort Tejon. Entdeckt wurde ſie von dem uner— müdlichen Townsend im Jahre 1837. Gambel | fand ſie außerordentlich häufig während des Winters in Californien, wo ſie die um dieſe Zeit ſo ſtillen Wälder in geſchäftigen lärmenden Scharen durchzogen. Eifrig ſuchten dieſe raſtloſen, fleißigen Vögel, oft in Geſellſchaft mit Goldhähuchen, im Wald und Gebüſch nach Kerbtieren, wobei ſie alle nur denkbaren Stellun- gen annahmen. Sie ließen ein beſtändiges Gezwitſcher hören, waren aber ſo mit Suchen nach Nahrung be— ſchäftigt, daß ſie alle Gefahr ganz außer acht ließen. Ja es war nichts Außergewöhnliches, wenn der For— ſcher von einer Geſellſchaft vollſtändig umgeben war, ſodaß er ſie faſt mit der Hand greifen konnte. — Sie iſt in ihrem Thun und Treiben andern Meiſen durch- aus ähnlich, ſodaß nur ſchwer Unterſchiede zu entdecken ſind. Towusend berichtet, daß fie am Columbia in Waſhington Standvogel ſei. Sie hüpfen dort vor— zugsweiſe im niedrigen Gebüſch umher, hängen ſich, wie andere Meiſen, an die Zweige und laſſen in ſchneller Aufeinanderfolge wie „Tſchich, tſchiſt-tſi-twi““ klingende Töne vernehmen. Die ſo einfach gezeichneten Beutelmeiſen beneh— men ſich in ihrem Wohngebiete, wie alle Glieder der Familie, aufs lebhafteſte, unterſcheiden ſich in ihrem Thun und Treiben auch nicht weſentlich von den anderen Verwandten. Während aber alle unſere eigentlichen Meiſen Höhlenbrüter ſind, gehören die Glieder dieſer Sippe zu den ausgezeichnetſten Künſt— lern unter den Vögeln. Sie alle bauen ſchöne, dauer- hafte beutelförmige Hängeneſter mit ſeitlichem Ein— gange, ſtehen hierin alſo der europäiſchen Beutel— meije?) ſehr nahe. Prof. Ridgway, einer unſerer bedeutendſten jetzt lebenden Ornithologen und gleich— zeitig ein genialer Künſtler, hat es verſtanden, den 1) Pseudogryphus californicus. 2) Aegithalus pendulinus. Vogel mitſamt dem Neſte in jeltener Naturtreue wiederzugeben (ſiehe unſere Tafel), ſodaß eine Be— ſchreibung faſt überflüſſig erſcheint. Das Neſt iſt mit bewunderungswürdiger Kunſt— fertigkeit gewebt und zuſammengefügt, und die Her— ſtellung eines ſolchen Prachtbaues erfordert nicht nur außerordentliche Geſchicklichkeit, ſondern auch lange, unermüdliche Arbeit. Man behauptet, daß der Bau volle drei Wochen in Anſpruch nimmt. Gewöhnlich findet man das beutelförmige Kunſtwerk in den dün— nen Zweigen der Büſche und Bäume, oft nur wenige Fuß vom Boden. Es iſt nie korbähnlich, alſo oben offen, wie die ebenfalls ſehr kunſtvollen Neſter der Vireos, ſondern es iſt ein verhältnismäßig langer, oben geſchloſſener Bau, mit ſeitlichem Eingange. Dr. Cooper meint, das Neſt ſei ein mit ſo viel Mühe und Fleiß hergeſtellter Kunſtbau, daß es den Anſchein gewinne, als habe nur eine ganze Geſellſchaft dieſer Vögel ein ſolches Werk vollenden können. Er fand die Buſchmeiſe das ganze Jahr hindurch in der Nähe von San Francisco, und Neſter fand er ſchon am 1. März bei San Diego. — Das Neſt iſt in der Regel ſechs bis neun Zoll lang, drei bis dreieinhalb Zoll breit, das Schlupfloch ein Zoll im Durchmeſſer. Es iſt aus ſehr weichen Stoffen, Moos und Flechten, feinen Hälmchen, faſerigen Wurzeln, Baſt, baum— wollähnlichen Pflanzenſtoffen gewebt, innen mit wei— chem Material und einer Menge Federn ausgelegt, von denen einige oft ſchon am Eingange des Schlupf— loches bemerkt werden. Das Gewebe iſt in der Regel jo vollkommen, daß die Neſtwand von außen jehr glatt und feſt erſcheint, auch ſind die Wandungen ſo dick, daß innen der Raum nur klein iſt. Es er— hält durch die Flechten und das Moos, von welchen Stoffen es meiſt an der Außenſeite gebaut iſt, eine ſchöne grünlichgraue Färbung, ſodaß es eher einem natürlichen Moosklumpen oder einem Aſtauswuchſe als einem Neſte ähnlich ſieht. — In Ventura County, Californien, kommt dieſe Meiſe, laut Mitteilungen Evermanns, zahlreich vor. Sie baut dort mit Vorliebe in dichte Yebenseichen”), etwa acht Fuß vom Boden. Er fand dort ein Neſt, das 21 Zoll lang war. Die Breite oben betrug 1.75 Zoll; einen Fuß von oben iſt es am breiteſten, nämlich 3 Zoll, und unten, nahe an der Rundung, beträgt die Breite 2.50 Zoll. Der Eingang befindet ſich 5.50 Zoll von oben. Die Tiefe der Niſthöhle beträgt 7 Zoll, der Durchmeſſer des Schlupflochs dreiviertel Zoll. *) In Californien nennt man Quercus agrifolia Lebenseiche, während dieſer Name Auereus virens der Südſtaaten allein zukommt. Buſchmeiſen. Nuttall beobachtete die Buſchmeiſe etwa Mitte Mai an den Ufern des Willamette in Oregon. ſuchten beſtändig in den niedrigen, den Wald ſäumen— den Büſchen nach Kerbtieren und waren durchaus nicht ſcheu. Ein Männchen war um die Sicherheit ſeines Neſtes ſo beſorgt, daß es dasſelbe unbewußt verriet, indem es unſern Forſcher gerade dorthin führte, wo es ſtand. Es hing in einem niedrigen Buſche, vier Fuß vom Boden, und enthielt ſechs rein— weiße Eier. Im Juni beobachtete er im dunkeln Walde bei Vancouver einen Flug von zwölf Stück, welchen er durch Nachahmung ihrer Rufe zu ſich heranlockte, wo dann die einzelnen ein beſtändiges klagendes Gezwitſcher hören ließen. Ein Neſt, wel— ches Nuttall dem berühmten Forſcher Audubon ſchenkte, iſt in deſſen großem Werke über nord— amerikaniſche Vögel abgebildet. Die Geſellſchaften halten im Winter immer treu zuſammen. Sobald eine ihren Augſtruf hören läßt, kommen alle ängſtlich herbei, und wenn eine der Ge— ſellſchaft getötet worden iſt, hüpfen die übrigen ſchreiend herzu. ſich faſt mit der Hand greifen laſſen. Im Frühling löſen ſich die Scharen auf, und jedes Pärchen ſucht dann das alte Brutgebiet wieder auf. Sie Namen: Buſchmeiſe, Beutelmeiſe, californiſche Beutelmeiſe. Bush Tit, Least Bush Tit, Least Tit, Chestnut- crowned Titmouse, Least Titmouse. Wiſſenſchaftliche Namen: Parus minimus Towns. (1857), Audubon, Gamb. — Poeeile minimus Bonap. (1850). — Psaltria minima Cass., III. (1553). — Psal- iriparus minimus Bonap. (1854), ete. A. O. U., „Code and Check List“ (1886). Beſchreibung: 6 2 mattbleifarbig, oft mit einem bräun— lichen oder olivenfarbigen Anfluge; die Kopfkrone her— vortretend dunkler (haar- oder nelkenbraun); Unterſeite ſchmutzig- oder bräunlichweiß. dunkel. Füße und Schnabel ſchwarz. — Länge etwa 4 Zoll; Flügel 2 Zoll, Schwanz ein wenig länger. Sie ſind dann jo furchtlos, daß fie | Flügel und Schwanz | (Zwei Varietäten dieſer Art, Psaltriparus mini- mus californieus Rınaw. und P. minimus Grindae Rıpaw. find neuerdings von Ridgway von der ausführlich beſchriebenen Art abgeſondert worden.“ Die eigentliche Art lebt darnach von Nord-Californien bis Waſhington, die erſtgenannte Abart in Californien und die zweite in Untercalifornien. | Die bleigraue Buſchmeiſe. Lead-colored Bush Tit. Psaltriparus plumbeus BAıRD. Diefe von Kennerly und Möllhauſen zu— erſt am kleinen Colorado und Bill-Williams-Fork ent— deckte Art iſt noch wenig bekannt. Sie verbreitet ſich 105 durch das Felſengebirge bis nördlich zum Green River in Wyoming und Oregon und weſtlich bis zum Hum boldt-Gebirge in Nevada; wie weit ſie ſich nach Süden hin verbreitet, iſt noch nicht bekannt. „Ob ſie überhaupt ſüdlich zieht“, ſchreibt Coues, der ſie in Arizona beobachtet hat, „weiß ich aus Erfahrung nicht, möchte aber glauben, daß ſie da, wo ſie vor— kommt, Standvogel iſt. Im Gebiete des Colorado verweilt ſie jahrein, jahraus. Zieht man die beiden Buſchmeiſen, die kleine und die bleigraue, in Betracht, jo wird man finden, daß das Verbreitungsgebiet beider faſt gleich iſt, doch geht die erſtere am Stillen Ozean weiter nördlich, als die mehr im eigentlichen Gebirge vorkommende bleigraue Art. „Die ſeltſamen kleinen Elfen waren ſehr zahl— reich bei Fort Whipple, wo ich ſie das ganze Jahr hindurch ſah. . . . Obgleich in der Region des Nadel holzwaldes vorkommend, mieden ſie doch den Tannen— wald, hielten ſich vielmehr in dem Eichengeſtrüpp der Bergabhänge, in dem Unterholz der Bachniederungen und in den zahlreichen Gebirgsſchluchten auf. Sie ertrugen auſcheinend ohne den geringſten Nachteil eine außerordentliche Kälte, die manchmal größeren und ſtärkeren Vögeln, beiſpielsweiſe Raben, verhängnis— voll wurde. Sie waren mitten im Winter ebenſo geſchäftig und munter als zu jeder anderen Zeit. Ich wunderte mich oft darüber, daß dieſe kleinen winzigen Vögel ſo viel Wärme haben, um ein ſolches Klima ertragen zu können. Wahrſcheinlich hängt damit, ſo dachte ich, ihre beſtändige Geſchäftigkeit zuſammen. . . Ihre Nahrung während dieſer Zeit beſteht aus man— cherlei kleinen Sämereien und verſchiedenen Inſekten. Sie ſuchen namentlich nach kleinen Käfern, Larven und Eiern, welche ſich in den Ritzen der Borke ver— borgen halten, und dieſe ihre Hauptbeſchäftigung hält ſie beſtändig in Bewegung. So fleißig ſind ſie mit Suchen nach Futter beſchäftigt, ihre aufregende Jagd nimmt fie jo in Auſpruch, daß fie kaum beobachten, was um ſie her vorgeht. Sie ſind ungemein geſellig, und die Geſelligkeit, allen Meiſen ſo eigentümlich, er— reicht bei ihnen ihren Höhepunkt, ſodaß man Flüge von vierzig bis fünfzig Stück, manche ſagen ſogar bis hundert Stück, nach der Brutzeit ſehen kann. Dieſe beſtehen aus zahlreichen Familien, die ſich nach der Brutzeit mit andern ihrer Art zuſammenſchlagen und in ein freundſchaftliches Verhältnis treten. Oft wenn ich im Gebüſch umherſtreifte, ſah ich mich plötzlich von einem ganzen Schwarm dieſer geſchäftigen Vögel um— ringt, die ich oft gar nicht gewahr wurde, bis ihr merkwürdiges Gezwitſcher meine Aufmerkſamkeit auf 14 106 fie lenkte. Wenn ich ſtill daſtand, kamen fie dicht an mich heran und zeigten ſich ſo furchtlos, als wenn ich ein Baumſtumpf wäre, dabei mich durchaus außer acht laſſend. . . . Sie ſind ein drolliges Völkchen, voll unſchuldiger Würde, geſichert durch das Bewußt— ſein, daß ſie ihre Klugheit vor Thorheit bewahrt. Über die Niſtweiſe iſt bis jetzt noch nichts bekannt ge— worden, doch kann man mit Sicherheit annehmen, daß dieſe Art hierin ganz der kleinen Buſchmeiſe gleicht.“ | Die Goldmeiſe. Namen: Bleigraue Buſchmeiſe. Plumbeous Bush-Tit, Lead- colored Tit, Leaden Titmouse, Plumbeous Titmouse, Lead-colored Titmouse. Wiſſenſchaftliche Namen: Psaltria plumbea Baird (1854), Psaltriparus plumbeus Brd. (1858). Beſchreibung: Männchen und Weibchen rein bleifarben, die Kopfplatte ebenſo; Seiten des Kopfes matt bräun— lich; Unterſeite wie bei P. mminimus, nur noch reiner. Länge 4.50 Zoll. Die Goloͤmeiſe. Verdin. Tafel XXII. as Wohngebiet dieſes höchſt intereſſanten Vogels erſtreckt ſich über die ſüdlichen Gegenden der Union. Namentlich ſind es die Grenzgegenden des ſüdlichen Californien, Arizona und Texas, wo man ihn trifft. Er kommt vom Geſtade des Pacific bis zur Mündung des Rio Grande vor und verbreitet ſich ſüdlich bis ins Innere Mexicos. Obwohl Neſter und Eier der ſchönen Goldmeiſe von vielen Ornithologen und Sammlern gefunden worden ſind, ſo wiſſen wir bis jetzt doch nur wenig über ihre Lebensweiſe, über ihr Thun und Treiben. In dem erwähnten Grenz— gebiete ſcheint ſie in allen geeigneten Ortlichkeiten zahlreich vorzukommen, denn alle Sammler, ſo Xan tus, Heermann, Kennerly, Cooper, na mentlich aber Sennett haben ſie dort gefunden und über ſie berichtet. Da ich ſelbſt ſie im ſüdöſtlichen Texas nicht fand, ſo folge ich in meiner Schilderung namentlich den beiden letztgenannten Ornithologen. Bemerkt ſei hier nur noch, daß ſie die höher und nördlicher gelegenen Gegenden Neu-Mexicos und Arizonas nicht bewohnt. Coues hat ſie bei Fort Whipple (Arizona) nie geſehen. ein wahrer Charaktervogel ihrer nichts weniger als 7. Die Goldmeiſe iſt ſchönen Heimat, nicht nur ihres häufigen Vorkom⸗ mens, ſondern namentlich auch ihrer Eigentümlich— keiten halber. Sie gehört zu den beſten Neſtbauern unſerer Vögel, denn ihr Bau iſt ſtets ein vollendetes Kunſtwerk. Sehr häufig fand Xantus dieſe Meiſe in Untercalifornien bei Kap St. Lukas. Sie iſt | | | Auriparus flaviceps BAIRD. Vogel 4. dort unter allen Vögeln der zahlreichſte Brutvogel. Er ſammelte in einem Sommer (1859) über hundert Eier. Das Neſt beſchreibt er als eine äußerlich aus Zweigen gebaute große, runde Maſſe, welche inwendig mit Pflanzenwolle und Federn ausgelegt ſei; das Schlupfloch befinde ſich an einer Seite, nahe am Boden des Baues. Er fand dieſen eigentümlichen Bau in den äußerſten Zweigen der Mesquitbäume, in Akazien und Mimoſen in verſchiedener Höhe, manchmal nur zwei bis drei Fuß, oft auch viel höher vom Boden. Im Thale des Colorado und Mojave in Californien fand Cooper viele Neſter, von denen er eins näher beſchreibt: „Am 10. März beobachtete ich ein Pärchen beim Bauen. Zunächſt ſtellte es eine faſt runde Wandung, die Außenſeite, aus dornigen Zweigen des Mesquitbuſches, in welchen das Neſt in der Regel auch gebaut wird, her; dann wurde es mit weicheren Zweigen, mit Pflanzenwolle, Blättern und Federn ausgelegt. Die Außenſeite wurde mit Dornen bedeckt, bis es faſt die Größe eines Mannskopfes erhielt. Außerlich maß es 9 Zoll in der Länge, 5.50 Zoll in der Breite; die Höhlung war 4.50 Zoll tief, 2.70 Zoll breit, die Offnung an der Seite war gerade groß genug, das Vögelchen hineinſchlüpfen zu laſſen. Am 27. März fand ich das erſte Neſt, welches Eier enthielt, und dann noch viele. In allen Fällen fand ich vier (andere ſagen vier bis ſechs) hellblaue, mit zahlreichen kleinen braunen Flecken, welche am dicken Ende am dichteſten ſtanden, gezeichnete Eier, jedoch Pe warn — — — 2 Die Goldmeiſe. hatten einige ſehr wenig Flecken, waren auch der Grundfarbe nach noch heller. Größe 0.60 X 0.40 Zoll. Ein Gelege, welches ich beobachtete, wurde in zehn Tagen erbrütet und in zwei weiteren Wochen waren die Jungen jo weit flügge, daß fie das Neſt verlaſſen konnten.“ Er berichtet auch noch, daß die Töne der Goldmeiſe denen anderer Meiſen ähneln. Wenn ſie auf höheren Zweigen ſitze, laſſe ſie einen lauten Ruf und liſpelnde, wie „Tſchii-tu-tu!“ klin— gende Laute hören. Kennerly fand dieſe Vögel am Rio Grande, wo fie die niedrigen Mesquitbüſche der Bergabhänge zu bewohnen ſchienen. ſehr wild, flogen ſchnell und eine weite Strecke, ehe ſie ſich niederließen. Kantus, der, wie bereits erwähnt, dieſen charakteriſtiſchen Vogel bei Kap St. Lukas häufig fand, beobachtete ſchon bei ſeiner Ankunft am 4. April völlig flügge Junge, obwohl andere noch brüteten und auch damit fortfuhren bis zur Mitte des Monats Juli. Das Neſt fand ſich an verſchiedenen Ortlichkeiten. Einmal hing es an einem blätterloſen Zweige nur drei Fuß von der Erde, ein andermal fand er es aber auch zwanzig Fuß hoch vom Boden in einer Akazie. Bei allen Neſtern fand ſich das Schlupfloch am untern Teile derſelben. Die bei weitem intereſſanteſten Berichte und Schilderungen giebt uns Sennett). Er fand den Vogel zahlreich bei Lomita am untern Rio Grande in Texas, in einer noch wilden, wenig angebauten und beſiedelten Gegend. „Meine erſte Befanntichaft mit dieſer Art hier machte ich am 28. April, als ich ein neues Neſt derſelben entdeckte. Es enthielt noch keine Eier, wurde deshalb auch nicht weiter beachtet. Am nächſten Tage ſuchte ich dies Neſt wieder auf, fand darin ein Ei und in der Nähe das Pärchen. Während das Weibchen im Gebüſch ein- und aushüpfte, offenbar dadurch ſeine Angſtlichkeit über meine Auweſenheit am Neſte zeigend, ſang das Mäunchen, indem es in den höchſten Zweigen hin- und herflog, ſo laut es konnte. Ich beobachtete ſie wenigſtens eine halbe Stunde, dann verſchwanden ſie. Nach fünf Tagen beſuchte ich das Neſt wieder, da ich hofſen konnte, daß nun das Gelege vollſtändig ſei. Ich näherte mich behutſam und ſchüttelte dann den Buſch, auf welchem ſich das Neſt befand, aber kein Vogel flog heraus. Als ich mit dem Finger hineinlangte, fühlte ich drei Eier und noch etwas, das ich für einige loſe Federn hielt. Man denke ſich aber mein Erſtaunen und Erſchrecken, als mir plötzlich etwas direkt aus dem Neſte ins Geſicht flog, ſobald ich *) „Bulletin of the United States Geological and Geographical Survey of the Territories. Vol. IV, v. Sie waren 107 meinen Finger aus der Offnung gezogen. Es war das Weibchen, welches dann einige Angſtrufe hören ließ, auf welche das Männchen antwortete; dann waren aber beide nicht mehr zu ſehen. Nochmals unterſuchte ich jetzt das Neſt und bemerkte deutlich vier Eier. Ich wollte ſowohl die Vögel als auch die Eier haben und beſchloß, bis zum folgenden Tage zu warten. Doch ſonderbares Mißgeſchick! Als wir uns am nächſten Tage dem Neſte näherten, flog das Weibchen, noch ehe wir in die Nähe kamen, heraus. Ich erbeutete das Männchen und ging dann zurück zum Neſte, aber es war — leer, nirgends die geringſte Spur von einem Ei! Meiner Meinung nach kann nur das Weibchen die Eier entfernt haben, wozu es wahrſcheinlich durch die Störung und durch Furcht bewogen worden iſt. Aber warum befand es ſich dennoch im Neſte? Zur ſelben Zeit fanden wir noch ein zweites Neſt mit drei Eiern und als wir es am folgenden Tage wieder aufſuchten, war ebenfalls kein Ei mehr vorhanden. Wir waren im Unterſuchen dieſes Neſtes ſehr vorſichtig geweſen. Iſt es möglich, daß durch die geringſte Berührung die Eier verlaſſen, vernichtet werden? Zwei andere Neſter, welche wir fanden, waren oben aufgeriſſen; wahrſcheinlich war dies durch Heher oder anderes Raubzeug geſchehen. Aus ſechs neuen Neſtern, welche wir zwiſchen dem 28. April und 10. Mai fanden konnten wir nur ein Ei, welches ſcheinbar unbefruchtet war, erlangen. Am 1. Mai wurde mir ein Neſt mit drei faſt dem Aus— fliegen nahen Jungen gebracht. Die Neſter dieſer Vögel ſind wirklich bewundernswert und übertreffen nach meiner Meinung die Bauten aller anderen Vögel unſerer Fauna. Man denke ſich deren Größe, die zwiſchen vier und zehn Zoll variiert und ebenſo ver— gegenwärtige man ſich den Vogel, der nur wenig größer als ein Kolibri iſt! Die Form des Neſtes iſt flaſchen- oder retortenähnlich, mit der Mündung unten an einer Seite. Ich fand das Neſt immer an einem (in einem Falle an zwei) wagerechten Aſte hän— gen. Es beſteht aus dornigen Zweigen, welche mit Waldmoos, Gras und Baſt durchwebt ſind. Aus— gelegt iſt es mit der feinſten Pflauzenwolle und Federn, welche nicht loſe hineingelegt, ſondern wie eine Matte gewebt ſind. Nicht nur bedecken ſie das ganze Innere des Neſtes, ſondern auch den Hals bis zur Mündung. Die Entfernung vom Schlupfloch bis zu den Eiern beträgt manchmal ſechs Zoll. Ge— wöhnlich wird zur Anlage des Neſtes das äußerſte Ende eines ins Auge fallenden Aſtes eines Buſches gewählt. Hier wird der Bau dann von jedem Nord 108 Die Goldmeiſe. wind (‚Norther‘) frei hin- und hergeſchaukelt, bis es im Laufe der Zeit in Stücke zerfällt. „Die einzige Ortlichfeit, wo wir die Nefter fanden, war offener Chaparral' auf höher gelegenem Terrain, wo Kakteen und dornige blätterloſe Büſche, Junko genannt, ſtanden und wo ſich zerſtreute Baumgruppen mit einzelnen Bäumen, darunter der dunkelgrüne Ebenholzbaum (ebony) von reſpektabler Größe be— fanden. Die Vögel, welche man gelegentlich ſah, ſind keineswegs häufig.“ Im fünften Bande des oben genannten Werkes ergänzt Sennett ſeine früher gegebenen Mitteilun— gen über die Ornis des unteren Rio Grande, nach— dem er noch darauf aufmerkſam gemacht, daß die von ihm geſammelten Exemplare der Goldmeiſe bedeutend prachtvoller gefärbt ſeien, als die von Kap St. Lukas, dem Coloradothal u. ſ. w., wie folgt: „Etwa die Hälfte der von mir geſammelten Alten wurden im Neſte gefangen. Dies klingt gewiß ſeltſam, wenn man nicht mit dem Baue bekannt iſt. Wer aber ein ſolches geſehen hat, wird leicht begreifen können, warum ſich der Vogel in demſelben ſo ſicher fühlt. Ein kleiner Knabe brachte mir eines Tages einen Vogel dieſer Art, und als ich ihn fragte, wie er den— ſelben erlangt, antwortete er bezeichnend: „Ich fing ihn, als er schlief.“ Nur die Eigentümlichkeit des Brütens kann ich beſchreiben, ſonſt weiß ich den noch ungenügenden Kenntniſſen über dieſe Art faſt nichts Neues hinzuzufügen. Die Vögel ſind ſo winzig, zugleich auch ſo ſcheu, ſie ſchießen bei Annäherung ſo— fort ins nächſte dichteſte Gebüſch, daß man in der Regel nur einen flüchtigen Blick nach ihnen werfen kann. Ich habe ſie nie nach Nahrung ſuchen ſehen, habe auch diesmal den Geſang nicht gehört, und nur im vorigen Jahre hörte ich ihn einmal. Es iſt über— haupt ſchwer, wenn nicht unmöglich, die Lebensweiſe eines ſo zwergartigen Vögelchens, das ſolche unzu— gängliche Ortlichkeiten bewohnt, kennen zu lernen. Er wählt ſich feinen Aufenthalt auf Anhöhen, die trockener und weniger fruchtbar ſind, als die alluvia— len Niederungen, und wo weder Chaparral noch Gras gedeiht, wo aber zahlreiche Kakteen verſchiedener Arten und dorniges Geſtrüpp wuchern, wo gelegent— lich auch verkrüppelte dornige Bäume eingeſtreut ſind. Dies alles bildet zuſammen ſo ungeheure Labyrinthe, in welchen hie und da auch noch in Verſuchung füh— rende freie Plätze vorkommen, welche Pfade zu ſein ſcheinen, die aber nirgends hinführen, als in die Ver— wirrung. Dieſe Stellen ſind auch ſo dicht mit krie— chenden Kakteen bewachſen, welche mit ſo ſcharfen Dornen bewehrt ſind, daß fie ſelbſt einen ‚Nanonen- jtiefel‘ durchdringen würden. Die größte Vorſicht iſt nötig, wenn man die Wege und Pfade, welche durch dieſe Labyrinthe führen, verläßt, um ſich nicht zu ver— irren. Eine glühende, faſt im Zenith ſtehende Sonne und die kurze Ausſicht, die man allerwärts hat, machen das Studium des Freilebens der Goldmeiſe noch ſchwieriger. Das Neſt iſt nicht ſchwer aufzu— finden, aber ſich in den Beſitz desſelben zu ſetzen, iſt oft außerordentlich ermüdend und beſchwerlich. Wenn man es dann endlich erreicht hat, iſt kein Vogel zu ſehen oder zu hören. . . . „Ein Neſt, welches man an ſeinem Platze läßt, wird ſchwerlich wieder aufzufinden ſein, oder wenn man ſeinen Inhalt unterſucht hat, wird es höchſt wahrſcheinlich ſelbſt von den Alten ſeiner Eier beraubt werden. Obwohl wir alle Goldmeiſen erbeuteten, welche uns in den Weg kamen, ſo hätten wir doch noch viel mehr ſammeln können, wenn es uns beſon— ders darum zu thun geweſen wäre. Die, welche wir erlegten, hielten ſich in niederem Gebüſch auf. In ähnlichen Ortlichkeiten fanden ſich auch ſchwarzkehlige Finken!) und Buſchvireos?) und gelegentlich ein Waldſänger. Das Neſt iſt ein Wunder in der Bau— kunſt der Vögel. Es iſt ein hohler Ball, der aus drei Wänden beſteht. Die äußere Wand iſt aus dor— nigen Zweigen und etlichen Blumenſtengeln netzartig geflochten und an einem grünen Zweig befeſtigt; die zweite Wand iſt ein dichtes Flechtwerk, etwa einen halben Zoll dick, beſtehend aus Blumen, Blumen— ſtengeln und Moos; die innere Wandung endlich be— ſteht aus Federn, welche genügend mit der mittleren Wandung verwebt ſind. Die Form des Neſtes iſt verſchieden, denn man findet vollſtändig runde bis zu retortenförmigen, aber der Hals oder die Offnung findet ſich immer an einer Seite unten. Die Größe variiert zwiſchen acht bis zehn Zoll an der Außenſeite; der Durchmeſſer der Neſtmulde beträgt drei Zoll und der der Offnung einen Zoll. Die Cier ſind ſchön erbſengrün (bald matter, bald dunkler) und mit un— regelmäßigen kleinen braunen Flecken und Spritzen bedeckt, welche am dünnen Ende ſpärlich, am dicken Ende aber manchmal ſo dicht ſtehen, daß ſie die ganze Oberfläche bedecken; in der Regel bilden ſie aber am dicken Ende einen Kranz.“ Holterhoff fand den Vogel in der Colorado-Wüſte in Califor— nien, etwa hundert Meilen nördlich von Fort uma, brütend. Die Neſter waren gewöhnlich in Mesgquit— 1) Amphispiza bilineata. 2) Vireo noveboracensis. Po uw —— — — ne VII PSALTRIPARUS MINIMUS Bp. BUNSICELVLEN SE. Bush- Hit. Rn la, a a D büſche gebaut, Manneskopfes. er Neſter. Auch bei Tueſon, Arizona, fand Namen: Goldmeiſe. Verdin, Yellow-headed Verdin. Wiſſenſchaftliche Namen: Aegithalus flaviceps Sund. (1850). — Psaltria flaviceps Sclat., P. Z. S. (1856). — Paroides flaviceps Brd. B. N. A. (1858). — Aegithalus Die Spehtmeije. ballrund und von der Größe eines | 109 flaviceps Heerm. P. R. R. R. X, (1859). — Psaltri- parus flaviceps Selat. — Auriparus flaviceps Baird, R. A. B. (1864). Coues, B. B. & R, ete. — Coniros- trum ornatum Lawr., Ann. Lye. N. V. V, (1852). Beſchreibung: Geſchlechter gleich. Oberſeite aſchgrau; Unterſeite mattweißlich; Flügel und Schwanz fuchsröt— lich, mit weißlichen Rändern; der ganze Kopf gelb; kleine Flügeldecken reich kaſtanienbraun; Schnabel ſchwärzlich. — Länge 4 Zoll. Die Hpechtneiſe. White-breasted Nuthatch. ie Unterfamilie der Spechtmeiſen oder Klei— 7. Hinſicht ebenſowohl an die eigentlichen Meiſen, als an die Spechte. Man könnte darum auch gar keinen paſſenderen Namen finden, als die deutſche Bezeich— nung Spechtmeiſe. Die Sippe Sitta, zu welcher alle unſere im Gebiete der Vereinigten Staaten vor— kommenden Kleiber zählen, beſteht aus vierzehn Arten, welche ſich alle über die Nordhälfte der Erde, über Europa, Aſien und Nordamerika verbreiten. Das Genus Sitella iſt dem Feſtlande Auſtraliens, Acanthr- sitta Neuſeeland, Dendrophila dem ſüdlichen Aſien eigentümlich. Die Spechtmeiſe iſt einer der lebhafteſten, munterſten Vögel ihres Wohngebietes. Faſt aller— ber (Sittinae, Nuthatches) erinnert in vieler wärts, wo ſie vorkommt, iſt ſie Standvogel, oder in den nördlichen Teilen ihres Wohngebietes Strich— und Wandervogel. Im mittleren Wisconſin, wo es große Strecken gemiſchter Waldungen giebt, iſt ſie ein gewöhnlicher, im nördlichen Illinois dagegen nur ein ſeltener Brutvogel, häufiger aber iſt ſie während des Winters, zu welcher Zeit ſie mit kleinen Spechten, namentlich aber mit Schwarzkopfmeiſen munter um— herſtreift. Im erſtgenannten Staate ſcheint ſie wäh rend der Brutzeit die gemiſchten Wälder dem reinen Laub- oder Nadelwalde vorzuziehen. Von ihrem Wohngebiete aus unternimmt ſie auch häufig Ausflüge in die Umgegend, kommt ſelbſt häufig in die Obſt gärten und durchſucht hier jeden Baum genau und ſorgfältig nach Kerbtieren. In den Gehölzen, wo zwiſchen niederem Buſchwerk, namentlich in Haſelnuß büſchen, alte Baumſtumpfen und morſche Bäume mit Aſt⸗ oder Spechtlöchern ſtehen, trifft man ſie an. Sitte carolinensis GMEL. Durch ſeine gedrückte Haltung und durch das Ein— ziehen des Halſes gewinnt unſer Vogel ein ſehr ge— lungenes Ausſehen. Dies iſt aber nur der Fall, wenn er ruhig auf einer Stelle ſitzt. Sobald er ſich bewegt, an den Bäumen und Stumpfen in Schraubenlinien mit überraſchender Leichtigkeit umherklettert, hurtig und gewandt alle nur denkbaren Stellungen annimmt, dann wird man eines andern überzeugt. Chr. L. Brehm ſchildert auf meiſterhafte Weiſe die Eigentümlichkeiten der europäiſchen Spechtmeiſe, welche bis ins kleinſte auch auf unſere Arten paßt: „Bald hüpft der Kleiber an den Bäumen hinauf, bald an ihnen herab, bald um ſie herum, bald läuft er auf den Aſten vor und häugt ſich an ſie an, bald ſpaltet er ein Stückchen Rinde ab, bald hockt, bald fliegt er, dies ununterbrochen in einem fort, ſodaß er nur, um ſeine Stimme hören zu laſſen, zuweilen etwas aus— ruht. Seine Stellung iſt gedrückt; er zieht faſt immer den Hals ein, die Füße an und trägt die weichen und langen Federn locker aufeinanderliegend, wodurch er, zumal ſein Schwanz kurz iſt, ein plumpes und un— geſchicktes Ausſehen bekommt; den Schnabel hält er bald wagerecht, bald geſenkt. Sein Flug iſt leicht, doch nicht ſehr ſchnell, mit ſtark ausgebreiteten Schwin gen und raſcher Flügelbewegung nicht ſelten flatternd. Er fliegt gewöhnlich nicht weit in einem Zuge; daran iſt aber nicht das Unvermögen, ſondern der Umſtand ſchuld, daß er faſt immer, um von einem Baum zum andern zu gelangen, keine weite Strecken in der Luft zurückzulegen braucht.“ Von allen unſeren Vögeln halte ich die Specht meiſen für die beſten Kletterer. Sie übertreffen in Beweglichkeit alle anderen Vögel, und die Spechte D 110 Die Spechtmeiſe. könnte man im Vergleich mit ihnen ruhige Vögel nennen. Durch die ſtarken, mit verhältnismäßig langen kräftigen Krallen bewehrten Füße, iſt es ihnen möglich, ſchnell und überaus gewandt und leicht in allen nur erdenklichen Stellungen umherzuklettern. Von unten an klettern ſie oft bis in die Wipfel der Waldbäume und laſſen dabei ein lautes „Kenk, kenk“ oder „Kank, kank“ ſehr regelmäßig ertönen. Sie ſind fajt beſtändig mit dem Aufſuchen nach Nahrung be— ſchäftigt. Dieſe beſteht, wie bei den Meiſen, aus allerlei kleinen in und unter der Rinde verborgenen Inſekten, deren Eiern und Larven, und gerade um dieſe zu erlangen, nimmt der Vogel alle möglichen Stellungen an, hängt ſich an wagerechte Aſte und zwar ſo, daß es ſcheint, als ſitze er auf der Unterſeite des Aſtes feſt, klettert in verkehrter Stellung, den Kopf nach unten, am Stamme hinunter, dann wieder in Schraubenlinien wie ein Specht hinauf. Spechte können auch am Stamme hinunter klet— tern, dies geſchieht aber rückwärts; mit dem Kopfe aber nach unten gekehrt ſich abwärts nach dem Boden zu bewegen, iſt ihnen nicht möglich. Beſonders kurz vor oder nach der Brutzeit vernimmt man häufig die trompetenartigen, wie „Ge, he, he, he“ klingenden Töne; dieſelben ſind den Trompetentönen des auſtra liſchen Zebrafinken!) ſo ähnlich, daß ich ſie oft kaum voneinander unterſcheiden konnte. Während dieſer Zeit neckt und jagt ſich das Männchen auch mit dem Weibchen in Schraubenlinien um den Stamm herum und von einem Baum zum anderen. Durch dieſes muntere Weſen und durch die fortwährend erklingen den Trompetentöne bringt es frohes Leben in den von ihm bewohnten Wald. Eude April wird das alte Wohngebiet wieder auf— geſucht oder ein neues erwählt, wobei es manchmal ohne Kampf mit ſeinesgleichen nicht abgeht. Der Kappenkleiber, wie er auch genannt wird, iſt ein Waldvogel, deſſen Vorkommen ſich auf baumreiche Gegenden beſchränkt. Er bewohnt ebenſowohl das tiefe Innere des Waldes, als den Saum desſelben, ſofern ſich hier viele alte morſche Bäume und Baum— ſtumpfen finden. Namentlich alte Linden, Buchen und Zuckerahorne, in denen ſich Aſtlöcher finden, dienen ihm zur Anlage des Neſtes. Gewöhnlich meißelt er ſich in einem morſchen Baume, in einem dicken Aſte oder in dem alten, oberen abgeſtorbenen Teil einer Buche ſelbſt ſeine Niſthöhle. Beide Vögel arbeiten abwechſelnd ſehr eifrig, aber während das 1) Stagonopleura guttata. eine die morſchen Holzſtücke loshackt, bringt fie das andere eine Strecke weit fort, damit das Neſt nicht verraten wird. Manchmal dürfte es auch vorkommen, daß unſere Spechtmeiſe ſchon vorhandene Höhlun— gen, z. B. alte Spechtlöcher, zur Anlage des Neſtes wählt. Die Niſthöhlung ſteht in verſchiedener Höhe vom Boden, manchmal nicht mehr wie fünf, oft aber auch bis dreißig Fuß. Die Tiefe iſt ebenfalls ſehr ver— ſchieden, denn manche Höhlungen ſind acht bis zwölf Zoll, andere ſogar bis zu zwanzig und noch mehr Zoll tief. Das Innere iſt ſehr warm und dicht mit Pflanzenwolle, Federn, Viehhaaren und Pelzſtückchen kleiner Säugetiere ausgelegt. Die Höhlung an ſich iſt im Innern nicht beſon— ders glatt, darum wird eine ſehr dicke Lage aus dieſem weichen Stoffe hergeſtellt. Das Eingangsloch iſt oft ziemlich groß, aber es wird nicht durch Lehm und klebrige Erde verengert, wie dies der deutſche Kleiber!) gewöhnlich thut, ſondern tes wird unverändert gelaſſen. Doch iſt das Schlupfloch in den meiſten Fällen ziem— lich klein. Die vier bis fünf Eier ſind auf weißem Grunde dicht und gleichmäßig mit rötlichbraunen Flecken und Tüpfeln gezeichnet. Die Nahrung beſteht aus kleinen Kerbtieren in allen Lebenszuſtänden und im Winter vielleicht auch aus kleinem Geſäme. Im Frühling, wenn die Tulpenbäume*) blühen, findet ſie ſich bei denſelben ein, um die hier durch die Blüten angezo— genen Inſekten zu erbeuten. Während des Winters kommt ſie auch ſehr oft in die Obſtgärten und reinigt ſie von ſchädlichem Ungeziefer. Sie iſt dann dem Menſchen gegenüber ſehr dreiſt und zutraulich und läßt ſich in ihrem Thun und Treiben leicht beobachten. Im Winter hält ſie ſich am liebſten in Tannenwäldern und in mit Nadelholz— bäumen beſtandenen Gärten auf, weil ihr hier am meiſten Schutz gegen die rauhe, kalte Witterung ge— boten wird. Des Nachts ſchlafen ſie meiſt in irgend einer Baumhöhlung oder in einem Aſtloch. Viele ziehen ſüdlich bis nach Florida, Texas und anderen Südſtaaten. Das Verbreitungsgebiet dieſer Art er— ſtreckt ſich über das öſtliche Nordamerika bis weſtlich zum Miſſouri und zum Felſengebirge. Namen: Spechtmeiſe, Carolina-Spechtmeiſe, Kappenkleiber. White-breasted Nuthatch. Wiſſenſchaftliche Namen: Sitta carolinensis Lath. etc. — S. aculeata Cass. (1856). 1) Sitta caesia. 2) Lirodendron tulipifera, see PERS —— 2 — 3 Spechtmeiſen. Beſchreibung: 7 2 Kopfkrone glänzendſchwarz, beim Weibchen dunkelgrau; Seiten des Kopfes weiß; Unter— ſeite weiß; untere Schwanzdecken kaſtanienbräunlich; das übrige Gefieder matt bläulichgrau. — Länge etwa 6 Zoll. Eine Varietät, S. carolinensis aculecta CoVES (Slender-billed Nuthatch), bewohnt das Gebiet der Felſengebirge ſüdlich bis ins Innere Mexicos. Die Canada-Spechtmeiſe. Red-bellied Nuthatch. Sitta canadensis Lin. Die eigentliche Heimat dieſer hübſchen Specht— meiſe haben wir im hohen Norden zu ſuchen. Nur wenige brüten in den Nordſtaaten; dagegen iſt ſie auf britiſchem Gebiete, im Felſengebirge und in Waſhing ton, wohl auch in der Sierra Nevada, zahlreich. Auf ihrem Zuge berührt ſie die meiſten Staaten der Union, iſt namentlich im Winter in den Südſtaaten häufig, wo ſie ſich in Geſellſchaft von Meiſen und kleineren Spechten in den Nadelholzwäldern umhertreibt. Viele verweilen auch im Winter in den nördlichen Staaten, kommen häufig in die Gärten, ſelbſt in die Garten anlagen größerer Städte und ſcheinen von der Kälte nicht im geringſten zu leiden. In der Lebens- und Niſtweiſe unterſcheidet ſich die Canada-Spechtmeiſe nicht von der vorigen. Ihre Töne ſind ähnlich, nur bedeutend höher. Namen: Canada⸗Spechtmeiſe, Canada-Kleiber, Buntkleiber. Red-bellied Nuthatch. Wiſſenſchaftliche Namen: (1766). Beſchreibung: Oberſeite rein aſch- oder bleiblau. Außere Schwanzfedern ſchwarz, weiß gefleckt. Unterſeite matt roſtfarbig; Kinn weiß. Kopfkrone und ein Streif durchs Auge ſchwarz; ein Streif über dem Auge weiß. Flügel dunkel, leicht aſchgrau gerändert. Weibchen und Junge ähnlich, nur iſt das Schwarz am Kopfe heller oder nicht vollſtändig. — Länge 4.50 bis 4.75 Zoll. Sitta canadensis Linn. Die braunköpfige Spechtmeife. Brown-headed Nuthatch. Sit ta pusilla Larn. Das Verbreitungsgebiet dieſer Art beſchräukt ſich auf die Südſtaaten, vom Atlantiſchen Ozean an bis weſtlich nach Texas. Als ich mich an der Weſt Yequa in Texas aufhielt, beobachtete ich dieſe ſehr lebhafte Art zahlreich in der Nähe meiner Wohnung. Sie unterſcheidet ſich in der Lebensweiſe durch nichts von den Schon beſchriebenen Arten, läßt auch durchaus ähnlich klingende Laute hören, iſt aber ſcheuer und ängſtlicher. Mit Vorliebe treibt ſie ſich in den Kro— nen der Bäume umher, wo ſie beſonders an den Aſten nach Kerfen ſucht. Im Winter hält ſie ſich in nl kleinen Geſellſchaften mit verſchiedenen Meiſen, Gold hähnchen und Spechten zuſammen, bevorzugt dann aber zum Aufenthalt mehr die Wälder der Fluß- und Bachniederungen. Neſt und Eier zeigen durchaus nichts Eigentümliches; ſie ſtimmt auch hierin voll— ſtändig mit ihren Verwandten überein. Namen: Braunkopfige Spechtmeiſe. Brown-headed Nuthatch. Wiſſenſchaftlicher Name: Sitta pusilla Lath. (1790). Beſchreibung: Oberſeite aſchblau; Kopfkrone und Hinter— hals haarbraun, welches im Nacken durch einen weißen Fleck geteilt erſcheint; Auge mit Braun umgeben; Unter— ſeite ſchmutzigweiß. — Länge 4 Zoll. Die Swergſpechtmeiſe. Pygmy Nuthatch. Sitta pygmaea VIGoRrs. Dieſe kleine Spechtmeiſe kommt vom öſtlichen Abhange der Felſengebirge bis zum Stillen Ozean und vom 49. Grad nördlicher Breite bis ſüdlich nach Mexico, Xalapa und Vera Cruz vor. Namentlich iſt ſie in Californien häufig, lebt nach der Brutzeit wie die Meiſe in mehr oder weniger großen Geſellſchaften von fünfzig bis hundert Stück und verbreitet ſich paarweiſe erſt kurz vor der Brutzeit wieder über ihr Heimatsgebiet. Sie ſucht ihre Nahrung mehr in den Kronen der Bäume. Hinſichtlich des Neſtes und der Eier unterſcheidet fie ſich wenig oder gar nicht von der Cauada-Specht— meiſe. Es ſcheint als habe Captain Feilner von der Vereinigten Staaten Armee (der bald darauf von Sioux-Indianern in Dakota getötet wurde), Neſt und Eier dieſer Art bei Fort Crook in Californien entdeckt. Als Aufenthalt zieht dieſe Art den Nadel holzwald dem Laubholze vor, fehlt jedoch auch in die ſem nicht ganz. Durch ihre Geſelligkeit, durch ihr raſtloſes Weſen und ihre Lebhaftigkeit, beſonders aber durch ihre eigentümlichen Töne bringt ſie friſches fröhliches Leben in die Gebirgswälder. Namen: Zwergſpechtmeiſe. Pygmy Nuthatch, California Nuthatch. Wiſſenſchaftliche Namen: Sitte pygmaea Vigors (18539). — Sitta pusilla pygmaea Allen (1872). Beſchreibung: Oberſeite aſchgraublau; Kopfplatte und Hinterhals olivenbraun; Unterſeite ſehr verſchieden, von Schmutzigweiß bis Rötlichbraun. — Länge 4 Zoll. [Die Baumläufer, zu denen der nun fol gende Vogel gehört, bilden eine eigene kleine Familie, Certhüidae, welche aus etwa einem Dutzend verſchie— dener Arten beſteht. Unſer gewöhnlicher Baum läufer vertritt die Familie in Amerika. Der Banmlänfer. Brown Creeper. nſer B Baumläufer ſtimmt mit der europäiſchen Art in jeder Hinſicht, nicht nur in der Fär— bung, ſondern auch in der Lebensweiſe und allen ſeinen Eigentümlichkeiten überein. Allerwärts, wo ſich große geſchloſſene Wälder mit rauhrindigen hohen Wald— bäumen finden, namentlich in den ausgedehnten Weiß— kiefern, Ahorn- und Eichenwäldern des mittleren und nördlichen Wisconſin, kommt unſer Vogel vor. Er verbreitet ſich hauptſächlich über den nördlichen Teil unſeres Landes, geht aber im Sommer bis zum Win— nipeg-See und Neufundland, ſelbſt bis nach Labrador (57. Grad nördlicher Breite) nach Norden hinauf, ſtreicht und wandert im Winter ſüdlich bis in die Golfſtaaten, wo ich ihn an der Weſt-Yegua in Texas als ziemlich zahlreichen Wintergaſt beobachtete. Ebenſo verbreitet er ſich vom Atlantiſchen bis zum Stillen Ozean. Im Sommer findet er ſich aber nur in den nördlichen Teilen unſeres Landes. Wer mit unſerem Waldbeſtande bekannt iſt, weiß, daß ſich die ſchönſten majeſtätiſchen Waldungen, dicht beſtanden mit hohen himmelanſtrebenden Baumrieſen, nur im nördlichen, nordöſtlichen und weſtlichen Teile (Cali— fornien, Oregon und Waſhington) befinden. Wohl hat auch der Süden ſeinen eigentümlichen Wald und manche Bäume (ich erinnere nur an die Platane und den Tulpenbaum) ſind ebenſo rieſenhaft, aber er hält keinen Vergleich mit dem nördlichen Urwalde aus, deſſen gewaltige Weymouthkiefern, rieſenhafte Eichen, Ahorne, Ulmen und Linden, mit tief gefurchter rauher Rinde, dicht beiſammen ſtehen, und der ſofort den Eindruck des Erhabenen, Großartigen, Gewaltigen macht. Hier hat man auch die eigentliche Heimat unſeres Baumläufers zu ſuchen, hier kann man ihn an geſchützten Ortlichkeiten zu den Standvögeln zäh— len, obwohl er über ein weites Gebiet ſtreicht. In meiner Heimat Wisconſin, da wo die Nadel— holzregion anfängt, iſt er ein regelmäßig verbreiteter Vogel, der jahrein jahraus vereinzelt in ſeinem Wohn— gebiete bleibt. Nur wenn rauhes Wetter und ſtarker Schneefall eintritt, ſucht er geſchützte Ortlichkeiten auf. Die meiſten wandern aber ſüdlich. Im Sommer findet man ihn vorzugsweiſe im tiefen Inneren ge gärten der Ortſchaften. Certhia ſamiliaris americana RıDGWw. ſchloſſener Wälder, wo er ſich ein ziemlich großes Brutgebiet abgegrenzt hat. In ſeiner Nähe findet man in der Regel auch noch Meiſen und kleine Spechte, Carolina- und Canada-Spechtmeiſen und verſchiedene Waldſänger, mit denen er friedlich lebt und nach der Brutzeit auch in ihrer Geſellſchaft den Wald weithin durchſtreift. Im nördlichen Illinois habe ich ihn nie während der Brutzeit beobachtet, dagegen regelmäßig im Frühling von anfangs bis Mitte April und im Herbſt von Ende Oktober bis anfangs November. Ich ſah ihn dann regelmäßig paarweiſe, nie einzeln oder in kleinen Flügen, in den Obſt- und Baum— Sie waren ſo zutraulich, daß ſie ganz in die Nähe der Wohnungen kamen und ſich leicht beobachten ließen. Auch im Brutgebiete iſt er nicht ſcheu, doch iſt es manchmal ſchwer, den kleinen Vogel von der bräunlichen Borke der Weiß— kiefern zu unterſcheiden, ſo vollſtändig harmoniert ſeine Färbung mit der Baumrinde. Er iſt fort— während in Bewegung, doch iſt er ruhiger und nicht ſo haſtig in ſeinem Thun und Treiben, wie es die ewig beweglichen Spechtmeiſen ſind. Er iſt ein ſehr gewandter Kletterer, der vom Morgen bis zum Abend die verſchiedenen großen Bäume ſeines Aufenthalts nach Nahrung durchſucht. Dabei zeigt er in ſeinem Weſen etwas Liebliches, Anziehendes, Harmloſes und Zutrauliches. Bei alledem iſt er aber immer wach— ſam und vorſichtig, begiebt ſich an die entgegengeſetzte Seite des Stammes, wenn man ſich ihm nähert, und läuft immer höher an demſelben hinauf. In der Regel ſetzt er ſich unten an einen dicken Baum, läuft in Schneckenlinien an dieſem zu bedeutender Höhe empor und fliegt dann von oben ſchnell herunter an einen andern Stamm, um es hier ebenſo zu machen. An kleinen Aſten und an der Unterſeite größerer habe ich ihn nie umherklettern ſehen. Das Klettern ge— ſchieht ganz in der Weiſe der Spechte und er ſtützt ſich dabei, ebenſo wie dieſe, auf ſeinen kräftigen, aus ſteifen Federn beſtehenden Schwanz, der ihm dabei ſehr weſentliche Dienſte leiſtet. Die Ritzen der Borke werden genau nach verborgenen Inſekten, deren Eier und Larven durchſtöbert, wozu ihm der ſchlanke ge— Der Baumläufer. 113 bogene und ſcharf zugeſpitzte, wenngleich ſchwache Schnabel ausgezeichnete Dienſte leiſtet. Doch kann er mit demſelben nicht, wie die Spechtmeiſen, Rinde loshacken und Löcher in das morſche Holz bohren und meißeln, um auf dieſe Weiſe Würmer zu erbeuten, aber aus den engſten Ritzen der Baumrinde vermag er, wie mit einer feinen Zange, die Inſekten aus ihrem Verſteck hervorzuholen. Während er eifrig die verſchiedenſten Bäume ſeines Wohngebietes durchſucht, vernimmt man oft auch ſeine gewöhnlichen, etwas fein und ſchnarrend wie „Zri, zri, zri“ oder auch wie „Sit, ſit, ſit“ klin— genden Laute. Auch beſitzt er einen kurzen, wie „Bibi bibibäterihtih“ klingenden, ganz angenehmen Geſang. Während des Winters und in der Zugzeit habe ich nie einen Laut vernommen, nur kurz vor, während und kurz nach der Brutzeit hörte man Töne wie die angegebenen. Früher glaubte man, daß der Baumläufer in allerlei Baumhöhlungen, Aſtlöchern u. ſ. w. niſte, jetzt weiß man aber, daß dies nur ausnahmsweiſe ge ſchieht, daß er in der Regel ſein Neſt in Lücken, welche ſich zwiſchen abgelöſter, dicker Baumrinde und dem Stamme finden, anlegt. Bäume, an denen die Rinde vom Stamme ſich gelöſt hat, die aber oben und unten noch feſtſitzt, ſodaß etwa eine fauſtgroße Offnung ent— ſteht, finden ſich in allen großen Wäldern zahlreich. Meiſt ſind es Weißkiefern und Fichten, in welchen ſich ſolche Ritzen in der Rinde finden. Der Eingang iſt meiſt ſehr klein. Brewſter fand das Neſt immer in alten Balſamfichten, doch baut er jedenfalls auch in alte Birken- und Ulmenſtumpfen, welche ebenfalls zwiſchen Stamm und abgelöſter Rinde günſtige Niſt gelegenheiten bieten. Aus den Mitteilungen, welche Dreſſer über die Niſtweiſe des europäiſchen Baum— läufers macht, wiſſen wir, daß dieſer in der Regel in ganz gleiche Örtlichkeiten fein Neſt baut. Dasſelbe ſteht von fünf bis zu fünfzehn Fuß vom Boden. Es iſt ſo verſteckt angelegt, daß man es nur mit Mühe und oft nur ganz zufällig findet. An derartigen Ortlichkeiten iſt es ſelbſt dem Raubzeug ſchwer, es zu entdecken, und es iſt deshalb erklärlich, daß erſt in neuerer Zeit die Niſtweiſe dieſes Vogels genauer be— kannt wurde. — Die Größe des Baues richtet ſich nach der Höhlung zwiſchen Stamm und Borke. Die Grundlage desſelben beſteht gewöhnlich aus feinen Zweigen, dann folgen eine Menge Baſtfaſern und Flechten; die Neſtmulde beſteht aus feinen weichen Rindenfaſern und von Federn wilder Vögel. Die Zahl der Eier beträgt in der Regel ſechs. Dieſelben ſind der Grundfarbe nach reinweiß, rötlichbraun ge fleckt, am dichteſten am dicken Ende. Des Abends ſucht der Baumläufer Aſtlöcher, Ritzen und Baumhöhlungen auf, um in ihnen zu ſchlafen. Namen: Baumläufer, Baumrutſcher. Brown Creeper, Creeper, Tree Creeper, Com- mon Creeper, American Üreeper. Grimpereau commun (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Certhia familiaris Lath. (1755). — Certhia rufa Bartr. (1791). — Certhia ame- ricana Bp. (1838). — Certhia familiaris rufa Ridgw. (1575). — C. familiaris americana Ridgw. (1873). Beſchreibung: cs Gefieder weich und loſe, oberjeits dunkelbraun, jede Feder in der Mitte weißlich geſtrichelt; Bürzel roſtbraun; Unterſeite ſeidenartig weiß; weißer Strich über dem Auge; Schwanzfedern in der Mitte braun, gelblichbraun gerandet; Flügel mattrötlich ge— bändert; Schnabel ſo lang wie der Kopf. Länge 5 50 Zoll. Im ſüdlichen Arizona, Mexico bis Guatemala kommt die Varietät Certhia familiaris mexicana B. B. & R. (1874), vor. 15 Die Daunlönige oder Wirens. . ie Zaunkönige oder Schlüp— I fer ſind Amerika eigen— „ tümlich und find deshalb als 5 wahre Charaktervögel der weſt— lichen Halbkugel zu bezeichnen. Von den faſt hundert bekannten Arten bewohnt der größere Teil das wärmere Amerika. finden ſich in der alten Welt, eine, der gewöhnliche Zaunkönig ( Troglodytes par- vulus) in Europa, eine andere (I. fumi- gatus) in Japan. Sie alle haben in ihrem Thun und Treiben, in ihrem ganzen Weſen, in ihrer Geſtalt etwas Ahnliches. Alle leben nahe am Boden im Untergebüſch, im Schilf und Rohr der Sümpfe, in dichten Kakteen oder zwiſchen Fels trümmern u. ſ. w. Hohe Bäume und deren Kronen meiden ſie, ebenſo Wälder, in denen es an Unter— gebüſch fehlt. Sie durchkriechen oder durch— ſchlüpfen ihr Wohngebiet, die dornigſten Büſche | Nur eine oder zwei Arten | und Kakteen, die Reiſighaufen, Hölzſtöße, das Rohr“ und die Binſen der Sümpfe und die Felstrümmer | mit nur ihnen eigener Meiſterſchaft. Sie alle ſind dreiſte, ſelbſtbewußte, neugierige, kecke, mutwillige, dabei aber ſtets vorſichtige und auf ihre Sicherheit bedachte Vögel. Ihr Temperament iſt ſehr reizbar, ſie werden ſehr leicht erregt, daß ſie nicht nur ärgerlich ſchelten, wenn man in ihr Gebiet kommt, ſondern auch mit anderen kleinen Vögeln ſehr oft im Streit leben. Alle Schlüpfer ſind auch ſehr laute Vögel, die ! Schlüpfer. Troglodytidae. gewöhnlich kräftige, oft rauhe Rufe erklingen laſſen, und faſt alle Arten beſitzen einen herrlichen ſchmel— zenden Geſang. Einzelne von ihnen gehören zu den allerbeſten Sängern der Erde. Ich erinnere nur an den Flageoletvogel (Oyphorhinus musieus) der Wende— kreisländer Amerikas. Die Neſter faſt aller Zaunkönige zeigen wenig Kunſtſinn, denn ſie ſind meiſt loſe zuſammengeſchichtet und aus groben und feinen Stoffen hergeſtellt. Keine einzige Art der Familie zeichnet ſich durch Farbenpracht aus, fie alle find im Gegenteil ſchlichte Vögel, meiſt in Braun und Grau gekleidet. Rot, Blau, Gelb und Grün ſind in dieſer Familie nicht vertreten, doch darf man ſie alle als recht hübſche, anmutige Vögel bezeichnen. Unſere Syſtematiker teilen die in den Vereinigten Staaten vorkommenden Zaunkönige oder Schlüpfer in ſechs verſchiedene Geſchlechter: 1. Campylorkynehus SPIx. Arten. 2. Salpinctes CABANIS. Arten. Kaktusſchlüpfer. D Felſenzaunkönige. DD 3. Calherpes BIRD. 1 Art. 4. Thryothorus Sängerzaunkönige. Gebirgszaunkönige. VTEILLOT. 3 Arten. Buſch⸗ oder 5. Troglodytes VIEILLOT. könige. 3 Arten. 6. Cistolhorus CABANIS. 2 Arten. Eigentliche Zaun— Sumpfzaunkönige. ö Cactus Wren. Tafel IV. 5 lan kann das Grenzgebiet des Südweſtens der f Union vom unteren Rio Grande bis nach Californien als die Kaktusregion unſeres Landes be— zeichnen. Der ganze Landſtrich iſt überaus trocken und waſſerarm, da monatelang kein Tropfen Regen die durſtige Erde tränkt. Die Vegetation iſt infolge— deſſen eine ſehr einförmige. Stachelige Mesquit— Kakteen, im Verein mit einzelnen Agaven und Pal— menlilien (Yucca) finden ſich überaus zahlreich und drücken dem Landſchaftsbilde ein ſtarres eigentümliches Gepräge auf. Die Feigenkakteen oder Opuntien mit ihren dicken ſtacheligen Blättern erreichen hier die Höhe kleiner Bäume, während die mit angelhaken— artigen Dornen verſehenen Igelkakteen!) in der Ferne wie große Fäſſer erſcheinen. Überragt werden ſie von den höheren Palmenlilien und dem Rieſenkaktus Ari— zonas?), der eine Höhe von 40 bis 50 Fuß erreicht. Oft iſt es ganz unmöglich, in die Kaktusdickichte ein— zudringen, da die ſcharfen Dornen ſelbſt durch ſtarkes Leder dringen und die kleinen Stacheln ſich maſſen— weiſe tief in die Haut einbohren. Dieſes Gebiet iſt jedoch ein wahres Eldorado verſchiedener Vögel, von denen namentlich der Kaktusſchlüpfer zahlreich iſt. Als echter Zaun— könig lebt er nahe am Boden in verſchiedenen Kakteen, die er trotz ihrer furchtbaren Beſtachelung mit unnach— ahmlicher Meiſterſchaft durchſchlüpft. Durch ſeinen heiteren Geſang, ſein überaus lebhaftes, munteres Weſen, namentlich aber durch ſein häufiges Vorkom— men bringt er fröhliches Leben in das ſcheinbar öde, ausgeſtorbene Landſchaftsbild. Die Ornithologen Europas, welche nur nach ausgeſtopften Exemplaren urteilen konnten und von ſeiner Lebensweiſe nichts wußten, hielten ihn aufäng lich für eine Art Baumläufer oder Specht, weshalb 1) Echinocaetus. 2) Cereus giganteus. Kaktuszaunkönig oder ſträucher, namentlich aber furchtbar ſcharf bewehrte | Der Kaktuszaunkönig. Campvlorhynchus brunneicapillus GRAY. Vogel 2. ihm De Lafresnaye (1835) auch den wiſſenſchaft— lichen Namen Pieolaptes brunneicapillus gab. Selbſt Caſſin hielt nicht nur dieſen Namen in ſeinem Prachtwerke: „Illustrations of the Birds of Texas, California, ete.“ (18531856) feſt, ſondern er ließ den Vogel ſogar in kletternder, ſpechtartiger Stellung bildlich darſtellen. Dr. Heermann, welcher dieſen Zaunkönig in der Wüſte zwiſchen dem Tejon-Paß und dem Mojave-Fluß im ſüdlichen Californien be— obachtete, berichtete zuerſt eingehend und genauer über ſein Thun und Treiben und über ſeine Lebensweiſe. | Ganz nach Art anderer Schlüpfer durchkrieche er nahe | am Boden die Dickichte, Kaktusbüſche, Reiſighaufen und andere Ortlichkeiten ſehr gewandt, ſuche hier auch ſeine aus allerlei Inſekten beſtehende Nahrung haupt— ſächlich vom Boden und unter alten Blättern auf, nehme aber auch allerlei Kerfe von dem grünen Blatt werk und aus den Blüten ab. Zu ſeinem Aufent— halte wähle er ſich die dürrſten und ödeſten Gegenden des Südweſtens, wo nur Kakteen in wunderbarer Üppigfeit ſich entwickeln, wo man aber ſonſt kaum eine andere Pflanze finde. Das Landſchaftsbild gewinne durch das viele vulkaniſche Geröll und die Lavaflächen noch ein ab— ſchreckenderes Ausſehen, als es ſchon habe. Doch ſchienen gerade derartige Ortlichkeiten unſerem Schlüp— fer zuzuſagen, denn er trete da am zahlreichſten auf und allerwärts in den Kaktusdickichten ſehe man die großen Neſter. „Hier wählt ſich dieſer Zaunkönig“, jagt Coues, „ſein Niſtgebiet und baut allerwärts ſein Neſt in die dornige Einfaſſung dieſer abſtoßenden Vegetation. Er baut, ganz nach der Weiſe der Schlüpfer, ein umfangreiches, bequemes Neſt, und wenn viele Pärchen in einer Ortlichkeit brüten, ſo ver— leihen dieſe charakteriſtiſchen Bauten der Gegend ein eigentümliches Ausſehen, ebenſo wie die Neſter einer Kolonie Sumpfzaunkönige dem wogenden Rohre und den Binſen ein beſonderes Gepräge aufdrücken. Der . 116 Der Kaktuszaunkönig. Bau iſt weder kugel- noch taſſenförmig, er iſt vielmehr wie ein Beutel oder eine Taſche geformt, doch iſt ſeine Stellung eine ganz eigenartige. Man wird ſich er— innern, daß die meiſten Beutelneſter zwiſchen den Zweigen hängen. In dieſem Falle jedoch ähnelt es einer platten Flaſche oder richtiger, es gleicht einer Saugflaſche, mit welcher viele Mütter (und ich glaube auch manche Väter) bekannt ſind. Der Bau liegt auf ſeiner platten Seite zwiſchen dem Kaktusgezweig. Er beſteht aus Gräſern und Zweigen, und das Innere iſt weich mit Federn ausgekleidet. Einſchließlich des verdeckten Einganges oder des ‚Halſes der Flaſchee, welcher zur eigentlichen Neſtmulde führt, iſt es zehn bis zwölf Zoll lang und etwas mehr als halb ſo breit. Die Eier, vier bis ſechs an der Zahl, ſind der Grund— farbe nach weiß, aber ſo dicht mit lachsfarbigen Flecken überſäet, daß dem ganzen Ei ein Anflug dieſer Farbe eigen iſt.“ Seunett ſand den Kaktusſchlüpfer zuerſt bei Hidalgo in Texas, etwa hundert Meilen oberhalb der Mündung des Rio Grande in den Golf von Mexico, dort wo die reichlich mit Kakteen beſtandenen Vor— berge anfangen. Weiter öſtlich auf ebenem, niedrigem Boden beobachtete er auch nicht einen einzigen dieſer Zaunkönige. Auf einer Anhöhe, welche dicht mit rieſigen Kaktusarten bedeckt war, traf er ihn in ſolcher Anzahl, daß er zeitweilig mehr als ein Dutzend auf einmal ſah, und in einem Zeitraum von ein paar Stunden fand er mit ſeinen zwei Begleitern etwa fünfzig Neſter in allen Stadien der Entwicklung, erſt angefangene bis zu ſolchen, welche ſchon faſt völlig flügge Junge enthielten. Die Neſter waren immer groß, gewöhnlich in die Feigenkakteen gebaut, wo ſie leicht aufzufinden waren. Im Flug erinnert der Vogel an die Droſſeln. Wenn man ihn eine Strecke vom Neſte trifft, iſt er nicht ſcheu und läßt ſich leicht beobachten; kommt man ihm aber zu nah, ſo flüchtet er in das nächſte Dickicht, wo er verſtohlen umher— ſchlüpft und ſeinen Unwillen durch lautes anhaltendes Schelten zu erkennen giebt. Der Geſang iſt ſehr laut und ſchrill, Sennett hält ſich aber nicht für be— ruſen, ihn näher zu beſchreiben. Er beobachtete, wie ſie die Samenkörner der Erdkakteen (Mammillaria), Würmer und Larven vom Boden aufſuchten: die Schnäbel vieler waren ganz mit Erde bedeckt. Sehr ſchwierig iſt es, die Vögel am Neſte zu beobachten, da ſie hier ſehr ſcheu ſind. — Daß die Zaunkönige ihre Neſter nicht ausſchließ— lich in Kakteen bauen, beweiſen Sennetts Be— obachtungen zur Genüge. Er fand mehrmals das Neſt auf Junko-, Ebenholz- und Mesquitſträuchern. „Am 21. Mai“, ſchreibt er, „fand ich zwei leere Neſter auf einem Ebenholzbaume, etwa zehn Fuß vom Boden und an demſelben Tage ein drittes in einer auf einem Mesquitbaume wachſenden Miſtel, wenig— jtens ſechzehn Fuß von der Erde. Mehreremal unter— ſuchte ich Neſter auf Junkobäumen, welch letztere man häufiger buſchförmig als baumartig ſieht. Dieſe Büſche beſtehen aus einer Maſſe grüner Dornen, ſind ganz ohne Blätter und ſo voller Harz, daß ſie ſelbſt im grünen Zuſtande, wenn ſie voller Saft ſind, ohne weiteres brennen, wenn ſie angezündet werden. Die in Kakteen befindlichen Neſter ſtanden nie niedriger als drei Fuß vom Boden, gewöhnlich aber vier Fuß und mehr.“ Namen: Kaktuszaunkönig, Kaktusſchlüpfer. Cactus Wren, California Cactus Wren. Wiſſenſchaftliche Namen: Picolaptes brunneicapillus Lafr. (1835). — Campylorhynchus brumneicapillus Gray (1847), etc. Beſchreibung: Schwierig zu beſchreiben, in der Natur jedoch leicht kenntlich. Rücken graubraun, ſchwarz und weiß getüpfelt oder gefleckt, da jede Feder ein weißes Feld hat, das mehrmals ſchwarz gezackt iſt; Kopfkrone dunkel— braun; über dem Auge ein weißer Streif; Unterſeite weiß, nach hinten zu langſam in zimmetbraun über— gehend; Kehle und Vorderbruſt mit zahlreichen großen runden, dichtſtehenden ſchwarzen Flecken gezeichnet, das übrige der Unterſeite mit kleineren ovalen ſchwarzen Flecken ſpärlich gezeichnet; Flügel bräunlich, die Schwungfedern weißlich gefleckt oder gewellt; mittlere Schwanzfedern bräunlich oder ſchwärzlich gewellt; die nächſten Schwanzfedern ſchwärzlich, die übrigen breit weiß gebändert. Weibchen ähnlich. Länge 8 Zoll. E 3 Der Felfenzaunlönig. Rock Wren. Salpınctes obsoletus CABANIS. 2 war übertrifft das Felſengebirge an wilder Große an bis hinab zur Ebene findet. Er iſt jtändiger Be— 8 artigkeit die Alleghanies und die Sierra wohuer der Haufen loſen Felſengerölls, wie es aller— Nevada, doch das Romantiſche und Liebliche jener | wärts an den felſigen Abhängen und Gebirgshalden fehlt hier faſt ganz. Die Sierra iſt mit den herr- umherliegt, ſucht auch in ihnen feine Nahrung, er— lichſten Nadelwäldern beſtanden, während die Alle- brütet hier feine Jungen und verbirgt ſich hier auch ghanies bis auf den Kamm mit verſchiedenen Laub- | vor Gefahr. Kurz nach ſeiner Ankunft iſt er ſcheu, holz- und Nadelbäumen, namentlich aber mit immer- wird jedoch bald dreiſter, ſogar zutraulich, indem er grünen Rhododendren und Kalmien geſchmückt ſind. die Steinhaufen an den Schachten ganz in der Nähe Kahl und öde, teilweiſe ſelbſt waſſerarm, find viele | der Bergmannswohnungen nach Inſekten durchſucht. Gegenden der Felſengebirge. Keinen Strauch erblickt | Selten wagt er ſich weit hinweg von feinem felſigen das Auge; nur wenige Gräſer und verſchiedene Kak: Wohngebiete, doch beſucht er gelegentlich die Land— teen ſind die einzigen Vertreter des Pflanzeureiches. ſtraßen, um auf Kerbtiere zu fahnden und hüpft Kaum ſollte man glauben, daß in den zerriſſenen manchmal ſogar auf den Dächern der Hütten und Felſen und in den loſen Geröllhaufen irgend ein leben- Waſſermühlen umher. Beim Singen ſetzt er ſich mit des Weſen anzutreffen ſei. Es ſcheint auch alles wie | Vorliebe auf die Kanten der Felſen und auf Stein— ausgeſtorben. Doch da ſchlägt plötzlich ein lauter | haufen. Sein Lockruf klingt eigentümlich ſchnurrend melodiſcher Geſang an unſer Ohr, jo lieblich und und wird ſchnell wiederholt. Der Geſang iſt ſehr ſchmelzend, jo heiter und wohlgemut, daß ſich unſerer ſchön, ſtärker und lieblicher als der des Hauszaun— ſofort eine andere, beſſere Stimmung bemächtigt. Wir königs, iſt jedoch nicht jo abwechſelnd. Spät im 5 blicken uns nach dem Sänger dieſer Gebirgsöde um Herbſt erſcheint fein Federkleid von dem beſtändigen und gewahren auf einem nahen Felſenhaufen ein Umherkriechen zwiſchen den Steinen ganz abgeſtoßen. kleines Vögelchen, das wir ſogleich als Zaunkönig Im September verläßt er dieſe Gegend.“ erkennen. Mit erhobenem Schnabel und geſtelztem „Dieſer Schlüpfer kommt“, laut Coues, „im Schwänzchen ſitzt er da und trillert fein Liedchen. Coloradothale in allen geeigneten Ortlichkeiten zahl Doch nähern wir uns ihm, jo verſchwindet er in den reich vor und fein lebhaftes Thun und Treiben, ſowie Steinhaufen mit mäuſeartiger Geſchwindigkeit ebenjo | feine lauten Töne laſſen ihn unter dem andern kleinen ſchnell wie er gekommen. Außer ihm kommen nur einfach gekleideten Gefieder beſonders charakteriſtiſch wenige andere Vögel in dieſen öden Gebirgsgegenden erſcheinen. Man findet ihn faſt allerorten, gleichviel vor. Die meiſten ziehen die waſſerreichen mit Ge- | ob die Gegend bewaldet oder öde und kahl iſt, doch büſchen und Bäumen beſtandenen Bergregionen, wie zieht er felſige Gegenden voller Spalten und Ritzen ſich deren auch im Felſengebirge zahlreiche finden, allen anderen vor. Verſtohlen wie eine Maus kriecht allen andern entſchieden vor und auch der Felſen- er hier umher, nur geſchieht dies mit noch mehr Be— ſchlüpfer beſchränkt ſich nicht ausſchließlich auf die hendigkeit, oder er hüpft und flattert von Stein zu oben beſchriebenen öden Ortlichkeiten. Er verbreitet | Stein. Da dieſer Zaunkönig die öden wilden, noch ſich vom 49. Grad nördlicher Breite bis hinein nach wenig beſiedelten Gegenden der weſtlichen Gebirge be— Mexico und von den großen weſtlichen Ebenen bis | wohnt, fo hält man ihn für zurückgezogen und ſcheu. zum Geſtade des Pacific, ſich ſtets Gebirgsgegenden Man hat jedoch Urſache zu glauben, daß er mit der zum Wohngebiete wählend. Namentlich in Colorado Zeit, wenn ſein Wohngebiet dichter befiedelt fein wird, ſcheint er zahlreich zu fein. Er erſcheint bei Idaho ebenſo zutraulich wird, wie der Hauszaunkönig.“ Springs im genannten Staate, etwa am 20. Mai, Gelegentlich brütet er ſchon in den Hütten der Berg— wie uns Trippe mitteilt. „Am häufigſten brütet leute und „Squatters“ und ſelbſt das Strauchwerk der er dort in einer Höhe von 6500 bis 9500 Fuß, ſelten | Gärten ſucht er ſchon oft auf. Das Material, aus höher, obwohl er ſich des Sommers von 12,000 Fuß welchem er ſein Neſt baut, iſt wie bei allen Zaun— 118 Der weißkehlige Zaunkönig. königen, ſehr gemiſchter Art. Zweige, Pflanzenſtengel, Halme, Baſt, Moos und Wolle bilden die Außenſeite, Haare und andere feine Stoffe die innere Auskleidung. Gewöhnlich baut er unter Felſenvorſprünge oder in Felsſpalten. Die Zahl der Eier beträgt von vier bis ſieben. Merkwürdig iſt deren kugelige Form und die kryſtalliſche Reinheit und Glätte der Schale. Der weiße Grund iſt nur ſpärlich mit hervortretenden rötlichbraunen Flecken gezeichnet, welche gewöhnlich am dicken Ende kranzartig beiſammen jtehen. In den trockenen felſigen Gegenden Californiens, namentlich im ſüdlichen Teile des Staates, iſt der Felſenzaunkönig eine gewöhnliche Erſcheinung. Auch in Utah, Arizona, Neu-Mexico, Wyoming und Ore— gon kommt er vor, ebenſo im ſüdweſtlichen Texas und im mexicaniſchen Staate Coahuila. Ridgway fand ihn in der Sierra Nevada gleichmäßig verbreitet. Seinen Aufenthalt bilden dort felſige Gebirgshalden, doch war er nicht ausſchließlich auf dieſe angewieſen. Bei Carſon City in Nevada beobachtete er ihn namentlich im Durcheinander am Boden liegender Baumſtämme und bei Virginia City traf er ihn häufig in alten Gebäuden und Waſſerleitungen der Bergleute. Namen: Felſenzaunkönig, Felſenſchlüpfer. Rock Wren, Rocky Mountain Wren. Wiſſenſchaftliche Namen: Troglodytes obsoletus Say, Long's Ex. R. Mts. (1823). Aud. — Myiothera ob- soleta Bp., A. O. (1825). — Salpinctes obsoletiss Cab. (1847), etc. Beſchreibung: 2 Oberſeite bräunlichgrau, fein weiß und ſchwarz gefleckt; Bürzel zimmetbraun; Unterſeite ſchmutzigweiß; Bruſt und Kehle undeutlich geſtrichelt; Unterſchwanzfedern dunkel gewellt; Schwanz wie der Rücken. Ein mattweißlicher Strich über und hinter dem Auge. — Länge faſt 6 Zoll. Der Felſenſchlüpfer der Inſel Guadelupe und Untercaliforniens wird jetzt als ſelbſtändige Art aufgefaßt unter der Bezeichnung &. guagelupensis Rrpaw. Näheres über feine Lebensweiſe vermag ich nicht mitzuteilen, doch darf man von vornherein an— nehmen, daß er ſich nicht weſentlich von den be— ſchriebenen Verwandten unterſcheidet. Der weißkehlige Dannkönig. Canon Wren. (Catherpes mexicanus conspersus RIDGWAY. Tafel IX. Janz beſonders glücklich darf ſich der Verfaſſer dieſes Werkes ſchätzen, zu ſeinem Unternehmen die Mitwirkung Prof. Ridgways, des Kuſtos am Smithſonſchen Inſtitute, unſeres bedeutendſten Syſte— matikers, ſowie eines der berühmteſten Ornithologen überhaupt, erlangt zu haben. Des Forſchers geniale Künſtlerhand hat es verſtanden, eine ganze Anzahl unſerer Vögel in vollkommener Naturwahrheit dem Leſer vor die Augen zu führen. Vortrefflich gelungen iſt ihm aber das Bild dieſes Zaunkönigs, den er auf ſeinen Forſchungsreiſen in der Sierra Nevada und im Küſtengebirge Californiens hinreichend zu beobach— ten Gelegenheit hatte. Der weißkehlige oder Cam onſchlüpfer iſt namentlich im Felſengebirge zahlreich, wo er die ſoge— nannten Canons, die tiefen Felsſchluchten und ⸗klüfte allen anderen Ortlichkeiten vorzieht. Früher glaubte man, ſein Vorkommen beſchränke ſich nur auf Mexico und einen kleinen Teil unſeres ſüdweſtlichen Grenz— gebietes; neuere Forſchungen haben aber dargethan, daß er, außer in Teilen von Texas, Neu-Mexico und Arizona, auch in Colorado, Nevada, Utah und Cali— fornien auftritt. Coues fand ihn nicht bei Fort Whipple in Arizona, während er ihn weiter ſüdlich in demſelben Gebiete fand. Daß er nicht in der ge— nannten Ortlichkeit vorkommt, hält unſer Forſcher für eine Folge der topographiſchen Bodengeſtaltung und nicht der geographiſchen Lage. „Es fanden ſich“, ſchreibt er, „um das Fort herum genug Felſen (denn Felſen ſind, wie Reptilien und Kakteen, ein natür— liches Produkt Arizonas), die gerade für den Felſen— ſchlüpfer paſſend waren; aber dieſer unmittelbaren IX CATHERPES MEXICANUS CONSPERSUS Rid FELSENZAUNKOÖNIG. Canön Wren. * GM. SW. HER) ur * N 1 Umgebung fehlen die eigentümlichen Felſenabgründe, an denen viele Teile des Territoriums ſo reich ſind. Sie find ähnlich, aber kleiner wie der Grand Kanon des Colorado, welcher die wunderbarſte Felſenſchlucht ganz Amerikas iſt. Dieſe Felſenklüfte, gebildet aus maſſiven Felsmaſſen, allein ſcheinen den Gewohn— heiten des Canonſchlüpfers zu entſprechen.“ In der— artigen Ortlichkeiten fanden ihn auch Allen, Aiken, Ridgway, Henſhaw und Minot. Letzterer fand in Manitou, im Staate Colorado, auch das Neſt, und ihm verdanken wir auch die erſte genaue Beſchreibung der Niſtweiſe dieſes Zaunkönigs. Es ſtand in der Felſendecke einer Höhlung, etwa zehn Fuß vom Boden, und zwar in einer Niſche des Felſens. Die vertikale Offnung war ſo enge, daß er feine Hand nicht hindurch bringen konnte, um zum Neſte zu gelangen. Es war ſo verſteckt angelegt, daß nur die Angſtlichkeit der Vögel und einzelne herab— hängende Zweige den Standort desſelben verrieten. Nur mit Hilfe eines geſchickten Arbeiters, welcher Stücke vom Felſen loshämmerte, konnte er Neſt und Eier erlangen. Der Bau ähnelte dem des Wald— piwi!). Er beſtand äußerlich aus Zweigen, Stengeln, alten Blättern und war innen mit Pflanzenwolle, ſeidenartigen Geſpinſten und einigen Federn aus— gelegt. Die Grundfarbe der Eier war kryſtallweiß, ſpärlich mit mattbraunen Flecken und Punkten ge— ſprenkelt; am dichteſten ſtanden die Flecken am dicken Ende. Der Geſang iſt laut und fröhlich. Der mäch— tige Eindruck, welchen derſelbe auf den Hörer macht, wird in den tiefen ſich ſchlängelnden Canons noch dadurch verſtärkt, daß derſelbe wie ein Echo an jeder Seite der ſteilen maſſiven Felswände abprallt, bis er endlich in der Ferne erſtirbt. Durch keine Beſchrei— bung kann man von dieſem Geſange eine richtige Vorſtellung gewinnen. Er gehört in die wilde, öde Scenerie, in welcher der Vogel lebt. Das Lied beſteht aus einer Aufeinanderfolge raſcher, abgeſchloſſener, unterſchiedlicher Laute, welche hoch beginnen und mit einem tiefen Tone enden. 1) Contopus virens. Der weißkehlige Zaunkönig. | | 119 Obwohl dieſer ausgezeichnete Schlüpfer mit großer Gewandtheit und auf anziehende Weiſe ſeine Felſenheimat fern vom Treiben des Menſchen belebt, jo find doch auch ſchon Fälle bekannt geworden, daß er ſich dem Menſchen angeſchloſſen hat, die Wohnungen deſſelben aufſuchte, in Mauerritzen ſein Neſt anlegte und ſelbſt Niſtkäſten, wie ſie für Blauvögel, Schwalben und den Hauszaunkönig ausgehängt worden waren, zur Anlage ſeines Neſtes benutzte. Dreſſer, der das Neſt des Canonjchlüpfers im weſtlichen Texas fand, erzählt, daß ein Pärchen ſich in der Nähe San Antonios eine Druckerei, ein altes halb zerfallenes Gebäude, zum Niſtplatz gewählt habe. Durch ihre angenehmen Eigenſchaften waren ſie zu Lieblingen der Arbeiter geworden. Schon im vorhergehenden Früh— ling hatte dasfelbe Pärchen ein Neſt in eine alte Mauer in der Nähe gebaut und Junge großgezogen, welche ſehr dreiſt und zutraulich geworden waren. Auf Dr. Heermanns Rancho an der Medina ſam— melte er Eier ſowohl von dieſer Art, als auch vom Louiſiana- und Bewicksſchlüpfer, indem er Cigarren kiſtchen mit eingeſchnittenem ſeitlichem Flugloch auf hing, in welchen dann die Vögel ihre Neſter aulegten. Namen: Weißkehliger Zaunkönig, Cafonzaunkönig oder Sanonjchlüpfer. White-throated Wren, Caüon Wren, White- throated Rock Wren. Wiſſenſchaftliche Namen: Troglodytes albifrons Brd. (1852). — Troglodytes mexicanus Heerm. (1853). — Catherpes mexicanus Brd. B. N. A. (1858). — Cather- pes mexieanus conspersus Ridgw., Am. Nat. (1873). A. O. U., „Code and Check List“ (1886). Beſchreibung: 9 Oberſeite braun, allerwärts mit kleinen dunklen und weißen Flecken getüpfelt; Schwanz rein zimmetbraun, mit zahlreichen ſchmalen, etwas zick— zackartigen ſchwarzen Linien quer gebändert; Kinn, Kehle und Vorderbruſt reinweiß; das übrige der Unter— ſeite in reiches Braun übergehend. Schnabel und Füße ſchwärzlich. Länge 5.50 Zoll; Flügel und Schwanz ein wenig über 2 Zoll. Die eigentliche Art (Catherpes merxicamus) iſt häufig in Mexico, baut in Orizaba in die Häuſer, unter die Dächer und in Riſſe alter Mauern. AS » a BER Ne Der Carolina-Saunkönig. Carolina Wren. ! ohl keine Gegend unſeres großen weiten Lan— des iſt ſo reich, nicht nur an lieblichen, reizend ſchönen landſchaftlichen Partien, Thryothorus ludovicianus BoNAP. Tafel XXVVI. Vogel 6. Es iſt ein Dögelein, das ſingt — „Lieb, mein Lieb, mein Lieb!“ Des Dögleins Namen weiß ich nicht, Weiß nur, daß mir's zum Herzen fpricht, Wenn laut es ſingt ſein klein Gedicht — „Lieb, mein Lieb, mein Lieb!“ Im lauen Lenze hör' ich's oft — „Lieb, mein Lieb, mein Lieb!“ Und wenn die Luft voll Wolken war, Im Winterwind die Sweige bar, Doch ſang's von Liebe immerdar — „Lieb, mein Lieb, mein Lieb!“ Dem Döglein gleich ſingt auch mein Berz — „Lieb, mein Lieb, mein Lieb!“ Gb trüb, ob klar und blau die Luft, Ob Bäume kahl, ob Maienduft: Es ſingt doch fort — und Dich es ruft — „Lieb, mein Lieb, mein Lieb!“ Was braucht es Worte mehr als dies — „Lieb, mein Lieb, mein Lieb!“ Und ſänge ich viel Monden lang, Was zeigte mehr des Herzens Drang Als dieſer einfache Geſang — ſondern namentlich an prächtigen, ganz eigentümlichen Gär— ten, wie Süd⸗Carolina und die noch ſüdlicher ge— legenen Landſtriche. In der Gegend von Spartans— burg beginnen die Vorberge der hier beſonders romantiſchen Alleghanies. Flüſſe und Bäche ſind eingefaßt mit dichten immergrünen Rhododendren (Alpenroſen), Kalmien und Andromeden, ſowie mit verſchiedenen Azaleen. Nur wer dieſe zu den Heide— gewächſen (Erikaceen) gehörigen Pflanzen in Blüte geſehen hat, kann ſich einen rechten Begriff von deren großartiger Pracht machen. Sie ſtehen oft ſo dicht und verſchlungen, daß man ſich kaum einen Weg durch dieſelben bahnen kann, und je höher man ins Gebirge vordringt, deſto friſcher und üppiger erſchei— „Lieb, mein Lieb, mein Lieb!“ Nach W. L. Shocmaler von Alfred Schücking. nen ſie. Gewürzſträucher!), Schneeflocken-) und Schneeglöckchenbäumes) und Hülſen (Holly), letz— tere mit dunkelimmergrünen ſtacheligen Blättern und dicht veräſtelten Zweigen bilden das gewöhnliche Unter— holz des Waldes. Allerwärts ſind die Bäume und Sträucher mit Trompetenblumen, Waldreben, wildem Wein, namentlich aber mit guirlandenartigen Kokels— ſträuchern“) über- und durchwachſen. Auch im Winter behält dieſer teilweiſe immergrüne Wald noch ſeine Pracht, ja dieſelbe ſcheint durch die feurigen Beeren— büſchel des Kokelsſtrauches und der Hülſen noch er— höht zu werden. Und dringt man weiter hinab zum Atlantic, dann verſchwinden allerdings die Rhodo— dendren und Kalmien, an deren Stelle treten aber großblumige und Sumpfmagnolien?). Letztere iſt zwar 1) Calycanthus floridus. 2) Chionanthus virginica. diptera. ) Coceulus earolinianus. 5) Magnolia glauca. 5) Halesia 22 4 nee re a ——— — 3 — LI mit Magnolia grandiflora in ihrer Erſcheinung nicht zu vergleichen, aber die rahmweißen, taſſenförmigen Blüten hauchen einen entzückenden Duft aus, der den der Verwandten an Schönheit und Stärke noch übertrifft. Nach der Küſte zu treten dann auch noch Zwergpalmen und eine große Anzahl anderer ſchöner Sträucher und Bäume hinzu. — Doch wir dürfen dieſe Gegend nicht verlaſſen, ehe wir, wenigſtens im Geiſte, den Gartenanlagen einen Beſuch abgeſtattet haben. In dieſer Hinſicht zeichnen ſich beſonders Aiken, Auguſta (Georgia), Charleston und andere Städte aus. Der Naturfreund im allgemeinen, beſonders aber der Blumenfreund wird faſt überwältigt von dem Anblick, der ſich ihm hier bietet. Wer nur Kame— lien, indiſche Azaleen und Theeroſen als Gewächs— hauspflanzen kennt, kann ſich gar keinen Begriff machen, welche Schönheit, welch edle Form dieſelben hier im Freien erlangen. Kamelien von zehn bis dreißig Fuß Höhe ſind keine Seltenheit. Vom März bis zum Mai ſind ſie mit den prachtvollſten weißen bis hochroten Blüten überſäet. Die dicken leder— artigen Blätter ſind faſt handgroß. Indiſche Azaleen von acht bis fünfzehn Fuß Höhe und derſelben Breite treten uns in überraſchender Schönheit und im man— nigfachſten Blüten reichtum, vom zarteſten Weiß bis zum feurigſten Rot, entgegen. Thee- und Noiſette— roſen (namentlich Chromatella, Lamarque und die herrliche Marſchall Niel) ſcheinen hier ihre eigentliche Heimat gefunden zu haben, denn ſie blühen faſt das ganze Jahr hindurch. Der Duft, den ſie, neben Pittoſporum, Gardenien und Olſträuchern, ausſtrö men, iſt unbeſchreiblich wonnig. Wenn ſich zu den genannten noch der ſehr ſchöͤne immergrüne Bananen— ſtrauch (Magnolia fuscata) hin zugeſellt, der zwar un— ſcheinbar braun blüht, aber einen köſtlichen, durch— dringenden Duft ausſtrömt, dann wirkt es faſt wie berauſchend, und glaubt man ſich eher in eine Märchen— welt, als in die Wirklichkeit verſezt. Der Drayton— ſche Garten in Charleston iſt wegen ſeiner Azaleen— und Kamelienmaſſen, wegen ſeiner Roſen und Magno— lien und ſeiner landſchaftlichen Schönheit weltberühmt. Dieſe Region, die man mit vollem Rechte die Region der Kamelien, Azaleen, Roſen und Magno— lien nennen könnte, erſtreckt ſich bis hinein nach Flo— rida und am Golf entlang bis nach New Orleans. Hier findet ſich die eigentliche Heimat des Carolin a— Schlüpfers, eines unſerer beſten Singvögel, deſſen ſchmelzende Lieder aus allen Dickichten des Waldes und Waldſaumes heraus tönen und der neben Kar— dinal, Spottvogel und Papſtfink (Nonpareil) zu den Der Carolina— Zaunkönig. häufigſten Bewohnern des Waldes zählt. Er kommt | auch häufig in die Gärten und fühlt ſich in den Kamelien-, Azaleen- und Roſendickichten ganz wohl. Er iſt freilich nicht ganz ſo zutraulich und menſchen freundlich, wie der weiter nordweſtlich und weſtlich vorkommende Sängerzaunkönig und der Hauszaun— könig des Nordens. Die Heimat unſeres Schlüpfers erſtreckt ſich nicht nur auf die beſchriebenen Regionen, ſondern man findet ihn auch in Texas, im Indianer-Territorium und Arkanſas; auch in Virginien, Pennſylvanien und New-Jerſey hat man ihn beobachtet. Sein eigent liches Wohngebiet ſind die Dickichte des Waldes und je dichter und verſchlungener dieſe ſind, deſto ſicherer und wohler fühlt er ſich in ihnen. Namentlich die mit Schlingpflanzen bedeckten Sträucher werden be— vorzugt. In Reiſighaufen und Palmengeſtrüpp, in dem dichten Moos, mit welchem viele Bäume be wachſen ſind, ſowie in den Dickichten ſtacheliger Pal— menlilien (Yucca) iſt er ebenfalls zu Haufe. Mit mäuſeartiger Gewandtheit weiß er ſich in denſelben zu bewegen. Einmal hört man ihn von einem er— höhten Sitzplatz aus laut jubeln und ſingen, dann, namentlich wenn er ſich beobachtet glaubt, taucht er plötzlich hinab und verſchwindet nahe am Boden im dichteſten Gebüſch. Schon im nächſten Augenblick aber ſingt er aus einer anderen Richtung. Oft hört man mehrere gleichzeitig ſingen, denn das Wohngebiet eines jeden Pärchens iſt klein, da ihnen auch der kleinſte Raum der Dickichte genug des täglichen Brotes zu ſpenden vermag. In ſein Brutgebiet läßt er andere ſeiner Art nicht ungeſtraft eindringen. In dieſer Hinſicht iſt er ein ſtreitſüchtiger, lauter, kampfesluſtiger Vogel. Wenn irgend etwas Fremdartiges in ſein Wohngebiet kommt, hört man fortwährend ſeine ärgerlichen ſchnarrenden Töne. Er kommt aus der Aufregung gar nicht heraus, bis man glücklich die Grenze ſeines Reviers wieder überſchritten hat. Der Geſang übertrifft an Schönheit den aller mir bekannten Zaunfönige. Die Töne ſind jo melo- diſch, ſo rein und ſchmelzend, ſo ſtark und voll, daß man erſtaunt ſtehen bleibt, um zu lauſchen. Gerade wenn alles um ihn her blüht und in Wonne ſchwelgt, ſingt er am lauteſten, eifrigſten und ſchönſten. Ich habe ihn ſelbſt abends noch lange nach Sonnenuntergang gehört. Oft webt er auch fremde Töne in ſein Lied, doch geſchieht dies längſt nicht in dem Umfange, wie viele Vogelkundige anzunehmen ſcheinen. Einzelne Laute aus dem Geſang des Kardinals, der Spottdroſſel und wohl auch der Wald- und Braundroſſel webt er 16 122 oft in fein Lied, doch werden dieſelben jo abgeändert, daß man ſie kaum wiedererkennt. Ich habe den Carolina-Zaunkönig ſehr häufig in Texas beobachtet, ich habe ſeinen Liedern bei Vermillion— ville und New O Penſacola und im dichten Walde des Chattahoochee, am St. Johns und in den Hämmockwäldern an den Ufern des Lale Apopka in Florida gelauſcht, nie habe ich aber einen Sänger gehört, der mehr als einige wenige fremde Töne nachgeahmt hätte. Übrigens habe ich auch keine zwei gehört, die vollkommen im Geſang übereinſtimmten: Jeder ſingt anders, doch in der Weiſe, daß das Charakteriſtiſche, Kennzeichnende bleibt. Der Kenner weiß ſofort, daß es ein Carolina-Zaun— könig iſt, der ſingt, und kein anderer Vogel. Die Spottdroſſel weiß ſeine Töne täuſchend nachzuahmen, den eigentümlichen metalliſchen Schmelz vermag ſie aber nicht wiederzugeben. Das Neſt legt er mit Vorliebe in Baumhöhlun— gen an. In Texas baute er gerne in die Niſtkäſten, welche ich auf Bäumen in der Umgebung meiner Wohnung angebracht hatte. Auch in alte Schuppen, Scheunen und Ställe baut er oft, doch thut er dies nur da, wo er den Menſchen als Freund und Be— ſchützer kennen gelernt hat. In dichtem Buſchwerk, namentlich in Schlingpflanzen findet man den Bau ebenfalls gelegentlich. Derſelbe beſteht aus einer loſe zuſammengefügten Maſſe von groben Halmen, Baſt, Moos und Federn. Die innere Auskleidung beſteht zumeiſt aus Haaren und Federn. Das Nett iſt ge wöhnlich gewölbt und mit ſeitlichem Eingange verſehen. Die ſechs bis ſieben Eier ſind glänzend rötlichweiß, ziemlich dicht und gleichmäßig mit purpur- und rötlich— braunen und ſchieferfarbigen Flecken gezeichnet. Ge— wöhnlich werden zwei Bruten jährlich gemacht. Im ſüdlichen Teile der Vereinigten Staaten iſt vertönt und unſer Zaunkönig Standvogel. rleaus im ſüdlichen Louiſiana, bei Der Sängerſchlüpfer. Die ganze Familie zieht ſich bei Eintritt kälteren Wetters in den dichteſten Teil des Waldes, in die geſchützten Dickichte zurück. Hier leben ſie mit Tauſenden von anderen nördlichen Vögeln zuſammen, bis ſanfte Frühlingsluft und das Erwachen der erſten Blümchen das Kommen der ſchön— ſten Jahreszeit anzeigt. Eigentlich geſellig ſind ſie auch im Winter nicht. Wohl trifft man an einer Ortlichkeit oft eine größere Anzahl, doch kümmert ſich keiner um den andern, ſondern jeder einzelne geht ſeinen Geſchäften nach. Eine Ortlichfeitsform aus Süd-Florida nannte Ridgway Thryothus ludovieianus miamensis (Flo— rida Wren). Sie iſt bei Miami im füdöftlichen Florida gemein, unterſcheidet ſich jedoch nicht weſent— lich von der Stammart. Wer ſich über alle nicht gewöhnlichen Formen unſerer Vögel näher unter— richten will, den verweiſe ich auf das vorzügliche Werk Ridgways „A Manual of North Ameri- can Birds“ (Phila. 1887, J. B. Lippincott Co.). Namen: Garolina-Zaunfonig, Spötterzaunkönig, Spötter— oder Spottſchlüpfer, Carolina-Schlüpfer. Carolina Wren, Mocking Wren, Great Caro- lina Wren. — Troglodyte de la Louisiane (Bull.), Troglodyte des Roseaux (Vieill.) Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla troglodytes var. Gmel., S. N. (1788). — Sylvia ludoviciana Lath., I. O. II, (1790). — Troglodytes ludovicianus Licht. (1523), Bonap., Aud,, Nutt., Max v. Wied., ete. — Th thorus ludovieianus Bonap., C. G. L. (1535). Coues, Allen, B. B. & R., Brewster, Merriam und A. O0. U. „Code and Check List“ (1886). Beſchreibung: 2 9 Oberſeite rötlichbraun, am aus— geprägteſten am Bürzel; ein weißer Strich über dem Auge, der oben mit Dunkelbraun begrenzt iſt; Kehle weißlich; das übrige der Unterſeite matt gelblichroſt— braun; Schwanz braun, ſcharf dunkel gewellt oder ge— bändert; Schwingen ebenſo. Länge 6 Zoll; Flügel 2.60, Schwanz 2.45 Zoll. Der Hängerſchlüpfer. Bewick’s Wren. Ler Sänger-, Sing- oder Bewicks-Zaun⸗ könig iſt im ſüdlichen Teile der Vereinigten Staaten ebenſo zum halben Hausvogel geworden, wie weiter nördlich der Hauszaunkönig. In den ſchönen dichten, halb tropiſchen, immergrünen Gärten der Stadt Houſton (Texas) iſt er einer der gewöhn— Thryothorus Bewickii BAIRD. lichſten Vögel. Ebenſo beobachtete ich ihn in New Orleans und anderen Städten des Südens. Sobald im April die kühlen Nordwinde nachlaſſen, wenn die gelbblühende Jasminbignonie!) ihre trompetenförmi— gen Blüten geöffnet hat und die Luft mit köſtlichem 1) Gelsemium sempervireus, Dufte erfüllt, wenn die hier im Freien jahrein jahr- aus ſtehende prachtvoll rot blühende Amaryllis!) ihre großen, ins Auge fallenden Blüten entfaltet hat: dann iſt auch dieſer muntere und zutrauliche Sänger beſouders laut und lebhaft. Er trägt wie wenig andere Vögel zur Belebung dieſer herrlichen Anlagen, in denen Gardenien?), Pittoſporum, Aucuba, Skim— mia, Lorbeer, Oleander, Bankſiaroſen, Magnolien, japaneſiſcher Spindelbaum ), Myrten, Epheu, japa— niſches Geisblatt, ſämtlich immergrüne Sträucher, vorherrſchen, in hohem Grade bei. Denkt man ſich zu dieſen prächtigen Geſträuch und Bäumen noch die chineſiſche Wiſtarie, welche hier wahre Rieſenformen erreicht und ſich über die höchſten Bäume ſchlingt, die Lebensbäume und Cedern, die Orangen- und Kampferbäume, die prächtigen Thee, Noiſette- und Bourbonroſen, die dicht mit Blüten bedeckten Granat ſträucher, ſo hat man ein mattes Bild jener ſüdlichen Gartenanlagen. . Dieſe an immergrünem Strauchwerk ſo reichen Gärten ſcheinen der Lieblingsaufenthalt unſeres Zaun— königs zu ſein, denn hier fand ich ihn zahlreicher als irgendwo ſonſt. Die niedrigen immergrünen Büſche, die dichten Roſenhecken und Schlingpflanzen bilden ſeinen bevorzugten Tummelplatz. Hier treibt er ſich ohne Scheu ganz in der Nähe menſchlicher Wohnun— gen umher, läßt ſich in ſeinem Thun und Treiben wenig ſtören und ſchlüpft bei Gefahr ſogleich in das dichteſte Gebüſch. Er iſt nicht ſo ſcheu und zurück gezogen wie der Carolina-Schlüpfer, ſucht ſich auch nicht ſo zu verbergen, iſt auch weniger flink und raſt los in ſeinen Bewegungen. Doch beſchränkt ſich ſein Vorkommen nicht nur auf die ſchönen Gartenanlagen ſüdlicher Städte, auch dort, wo der Menſch ſtumpf ſinnig nur pekuniärem Gewinne nachjagt, wo kein Sinn für das Schöne und Edle in der Natur vor— handen iſt, wo kaum ein Zierſtrauch oder ein Bäum chen angepflanzt wird, auch da findet ſich unſer Sän gerſchlüpfer. Irgend ein alter Stall, ein zerfallenes Blockhaus, ein Mais-, Baumwollen- oder Holzſchup pen dient ihm dann zur Wohnung, alte Reiſighaufen, Eichengeſtrüpp und Holzſtöße bilden dann ſeinen Tummelplatz. Da er allerwärts ein Vogel iſt, der ſich durch ſeinen ſchallenden Geſang, ſeine Zutraulichkeit und ſein keckes Benehmen bald bemerklich macht, jo war er auch einer der erſten Vögel, welchen ich in Texas kennen lernte. Als ich ſpäter, im Herbſt des Jahres 1) Ilippeastrum equestre und andere. 2) Gardenia florida (Cape Jasmine). 3) Euonymus japonica. Der Sängerſchlüpfer. 123 1882, ins ſüdliche Miſſouri überſiedelte, war er wiederum einer der erſten und zahlreichſten der ſich in meiner Nähe anſiedelnden Vögel. Auf wenige Schritte darf man ſich ihm nahen, wenn er auf einer Umzäunung in der Spitze eines Strauches oder Bäumchens, auf einem Pfoſten oder auf ſonſt einem erhöhten Gegenſtande ſitzt und eifrig ſingend jetzt weniger wachſam als ſonſt iſt. Kommt man aber in ſeine unmittelbare Nähe, ſo ſchießt er pfeilſchnell bis faſt zum Boden herab, ſchlüpft ins nächſte Dickicht, um ſich gleich darauf in ſchallendem Geſange von einer anderen Seite vernehmen zu laſſen. Kennt man den Sänger nicht, jo bleibt man unwill— kürlich ſtehen, um den lauten wohltönenden Strophen zu lauſchen. Der Geſang beſteht immer aus ſehr kräftigen Tönen, welche regelmäßig aufeinander folgen und mit großer Reinheit und unbeſchreiblichem Schmelz hervorgebracht werden. Als ich ihn zuerſt hörte, wurde ich ſofort an den Geſang des Sänger finken oder Singſperlings erinnert, doch iſt das Lied von etwas anderer Klangfarbe. Mit dem des Caro lina-Schlüpfers hat es wenig Ahnlichkeit. Es iſt nicht ſo wechſelvoll und reich an verſchiedenen Ver tönungen und Variationen, wie dies hinſichtlich des Geſanges jenes Zaunkönigs der Fall iſt. Auch webt der Sängerſchlüpfer nach meinen Erfahrungen nie fremde Töne in ſeinen kurzen, gewöhnlich nur aus einer ſich oft wiederholenden Strophe beſtehenden Ge— ſang. — Sitzt der Sänger im dichten Gelaube eines Baumes oder Buſches, ſo macht das Lied einen wirk— lich wunderbaren Eindruck. Die Töne ſcheinen dann im Blätterdome zu wiederhallen, die Stärke derſelben wird bedeutend abgeſchwächt, und ſie gewinnen dann etwas Sanftes, unbeſchreiblich Liebliches. Doch ich will erzählen, wie ich die Bekauntſchaft des Vogels machte. Als ich einſt im Monat März, bald nach meiner Ankunft in Texas, den einförmigen Pfoſteneichenwald zwiſchen dem Brazos und Colorado durchwanderte, die um dieſe Zeit ſo üppige Waldflora bewunderte und die vielen neuen fremdartigen Ein drücke zu bewältigen verſuchte, hörte ich von einem nahen im primitivſten Zuſtande ſich befindenden Farmgehöfte inmitten des Waldes einen lauten Ge— ſang zu mir herüberſchallen. Unwillkürlich blieb ich ſtehen, um dieſen eigenartigen klangvollen Tönen zu lauſchen, und näherte mich dann langſam und leiſe dem mir unbekannten Sänger. Er ſaß auf einem Zaunpfahl, kaum zehn Schritt von einer bewohnten Blockhütte. Mit herabhängendem Schwänzchen und emporgerichtetem Schnabel ſaß er da und ließ ſeinen 7 124 Der Sängerſchlüpfer. kurzen, aber herrlichen Geſang eifrig erſchallen. Wohl alten, zerfallenen Gebäuden. Das Neſt fand ich in eine Viertelſtunde hörte ich ihm zu. Als ich ihm den verſchiedenſten Ortlichkeiten. In Ermangelung dann aber immer näher kam, hüpfte er ſatzweiſe auf | von Baumhöhlungen und Niſtkäſten baut er auf dicke dem Zaune entlang und verſchwand dann endlich Balken, in alte Kiſten, Fäſſer, Flaſchenkürbiſſe, Rei— unter dem Dache des armſeligen Blockhauſes. — ſighaufen, Holzſtöße, Schlingpflanzen u. ſ. w. Bei Später hatte ich in unmittelbarer Nähe meiner einem Gärtner in der Nähe von Houſton hatte ein Wohnung an der Weſt Negua täglich im Frühling Pärchen ſein Neſt in die Taſche eines auf der Veranda und Sommer Gelegenheit, dieſem Geſange zu lau- hängenden alten Rockes gebaut und ein andermal in ſchen. Wo er ſich ſicher fühlt, ſetzt er ſich beim Sin- | die zum Trocknen aufgehängten Salatbüſchel. Nicht gen immer frei auf einen erhöhten Gegenſtand, wo er ſelten findet man es auch in einem auf dem Boden ſich aber vor Gefahr fürchtet, flüchtet er ſich in die liegenden Ofenrohre. An der Wet Jegua fand ich dichteſten Hecken oder in das dunkele Laub der immer- das Neſt über der Thüre eines bewohnten Hauſes im grünen Sträucher und läßt dann von hieraus feine | Innern der Stube. Andere ſtanden in Kiſten, in wel— 1 Töne erklingen. Seine gewöhnlichen lauten, lär- chen Handwerkszeug aufbewahrt wurde, auf Küchen— menden, namentlich kurz vor und während der Brut ſchränken u. ſ. w. der Häuſer. Das erſte Neſt, wel— zeit erklingenden Rufe lauten wie „Awitawitawit- ches ich überhaupt fand, ſtand über einer Thür im awitah“, und ſchon durch dieſe macht er ſich da, wo er Schlaf- und Arbeitszimmer eines Apothekers. Nur vorkommt, bald bemerklich. — Mit dem früheſten auf Umwegen konnten die Vögel zu dieſem Neſte ge— Morgengrauen beginnt er mit Singen, ſchweigt auch langen. Sie flogen zunächſt durch eine zerbrochene während der heißen Tageszeit nicht ganz und läßt ſich [Scheibe in das obere Stockwerk, von hier aus hüpften beſonders laut wieder gegen den Abend hin verneh- | fie auf die nach unten führende Treppe und von dieſer men. Auch im Sommer, wenn Texas ſehr von flogen ſie durch ein oder zwei Zimmer zum Neſte. Trockenheit und Dürre geplagt iſt, wenn die meiſten Bei meiner Wohnung an der Weſt Jegua befeſtigte Vögel ſchweigen oder die Nähe des Waſſers aufgeſucht ich verſchiedene Niſtkäſten auf Bäumen, und ich hatte haben, läßt ſich noch oft dieſer Schlüpfer hören. Die bald die Freude, ſie alle bewohnt zu ſehen. — Steht Nähe des Menſchen liebt er außerordentlich, kommt das Neſt in Niſtkäſten oder Baumhöhlungeun, ſo beſteht ebenſowohl an die elende Blockhütte des Anſiedlers im es nur aus feinem, loſe zuſammengeſchichtetem Mate— Walde, als an die parkartig umgebene, mit halb und rial, namentlich aus Baſtfaſern, Federn, Schweins— ganz tropiſchen Pflanzen gezierte Villa des Kauf- borſten und allerlei Haaren; ruht es aber auf ebener manns in oder bei der Stadt. Er iſt zum halben Fläche, ſo iſt es nicht nur ein ſehr umfangreicher Bau, Hausvogel geworden und übertrifft an Zutraulichkeit Tes beſteht daun auch, wenigſtens äußerlich, aus ſehr und häufigem Vorkommen noch den nördlichen Haus- rauhen Stoffen, aus einzelnen dünnen Zweigen, zaunkönig. Ein beſonders gern geſehener Gaſt iſt er Nindenſtücken, Pflanzenuſtengeln, Blättern und Blü— ſelbſtverſtändlich in den ſchönen, wohlgepflegten, na- tenkätzchen von Eichen. Innen iſt es ſtets mit aller— mentlich mit japanischen Pflanzen beſetzten Gärten | lei weichem Material, namentlich mit Baſtfaſern, des ſich für das Schöne in der Natur intereſſierenden Haaren, Federn, Schlangenhaut und Baumwollen— Pflanzen- und Vogelfreundes. In einem dichten flöckchen ausgelegt. Die Form eines ſolchen auf Pittoſporumbuſche, in Bankſiaroſen oder verborgen ebener Fläche ſtehenden Neſtes iſt immer backofen— im dichten japaniſchen Geisblatt ſteht oft ein kleines förmig gewölbt und mit ſeitlichem Eingange verſehen, Niſtkäſtchen, welches regelmäßig von ihm bezogen in Niſtkäſten und Höhlungen dagegen fehlt dieſe Wöl— wird, oder man hat ſolche auf mit Schlingpflanzen bung faſt immer oder ſie iſt doch nur ſchwach ange— umgebenen Pfoſten, auf oder in einer Gartenlaube deutet. Die vier bis ſieben Eier find im friſchen oder auf Zierbäumen angebracht. Dieſe Niſtkäſten Zuſtande glänzend roſaweiß, ausgeblaſen reinweiß, ſind in der Regel wenig kunſtvoll gearbeitet. Meiſt ziemlich gleichmäßig mit hellbraunen und mattſchiefer— muß eine leere Cigarrenkiſte dieſem Zwecke dienen. farbenen oder lilaartigen Flecken gezeichnet. Die Auch bei der rauhen Hütte des Auſiedlers im Walde Form der Eier iſt eine ſehr rundliche. und bei dem Präriefarmer iſt unſer Zaunkönig ein Frühzeitig im April dieſes Jahres (1883) baute gern geſehener Brutvogel. Hier niſtet er in der ein Pärchen in der Nähe meiner Wohnung im ſüdweſt— Regel unter dem Dache des Hauſes ſelbſt, in Ställen, lichen Miſſouri ſein Neſt in das Strohdach eines alten Holz- und Wagenſchuppen, Rauchhäuſern und in zerfallenen Stalles. Die ſieben Eier wurden in drei— 1 N = * Der Sängerſchlüpfer. 1: zehn Tagen gezeitigt und nach weiteren vierzehn Tagen verließen die Jungen das Neſt. Als ich einſt gegen Abend den Bau unterſuchen wollte, hüpften ſie nach allen Seiten hin aus dem Neſte und verkrochen ſich mit mäuſeartiger Gewandtheit im hohen Unkraut und im dichten Graſe. Die Alten zeigten ſich ſehr beſorgt und flatterten ängſtlich ſchreiend und ärgerliche ſchnar— rende Rufe ausſtoßend ganz in der Nähe umher, wenn man das Neſt beſichtigte. Wenn eine Katze oder ein Blauheher ſich in der Nähe blicken ließ, ſo ſchritten ſie laut ſchreiend mutig zum Angriff über. — Noch am 20. September ließ das alte Männchen ſeinen Geſang recht fleißig ertönen. Die Jungen der erſten und auch die der zweiten Brut hielten ſich in den Reiſighaufen und niederem Geftrüpp des nahen dichten Eichenwaldes verborgen und wagten ſich nur ſelten hinaus ins Freie. Kardinäle, Erdfinken und Indigovögel waren jetzt ihre beſtändigen Genoſſen. Die aus allerlei Inſekten beſtehende Nahrung wird hauptſächlich vom Boden unter den Garten— büſchen und auch von dieſen ſelbſt abgeſucht. Kleine Würmer, Käfer, Ameiſen, namentlich Blattläuſe und Spinnen bilden den Hauptbeſtandteil ſeines täglichen Speiſezettels. Der Flug iſt ſchneller als der anderer Zaunkönige und dehut ſich nicht ſelten über ziemlich bedeutende Strecken hin aus. von Buſch zu Buſch oder er hüpft ſatzweiſe ſehr ſchnell auf einer Fenz nahe am Boden dahin. iſt er an geſchützten Ortlichkeiten Standvogel, die meiſten ziehen jedoch kurz vor Eintritt heftiger kalter Nordwinde, etwa Ende November, ſüdlicher, um erſt anfangs bis Mitte März wiederzukehren. Wahr— ſcheinlich ziehen alle Brutvögel ſüdlicher und ihre Stellen werden von aus dem Norden kommenden ein Am liebſten flattert er In Texas genommen, wie dies ja auch bei den Spottdroſſeln der Fall iſt. — Auf dem Boden iſt er vollſtändig zu Haufe | und ebenſo auch im dichteſten Buſchwerk. Auf der Erde hüpft er geſchickt umher, ſchnellt bei jeder Be— wegung mit dem Schwanze nach beiden Seiten, duckt ſich, richtet ſich wieder etwas empor und läßt, wenn Gefahr im Anzuge iſt, ſeine ſchrillen Angſt- und Warnungsrufe ertönen, welche alle in der Nähe brü— tenden Gartenvögel und ſelbſt die Hühner verſtehen, was ſie durch eifriges Gackern und aufmerkſames Lauſchen kund thun. Auch in die höheren Bäume kommt er oft. Jeder Winkel im Garten und Hofe wird von dieſen zu— traulichen, neugierigen Vögeln durchſucht. Gewöhn lich ſieht man ſie paarweiſe. Männchen und Weibchen halten treu zuſammen und wo das eine iſt, da iſt in 1 80 der Regel auch das andere. In den meiſten Fällen hüpft das Männchen mit geſtelztem, hin und her wippendem Schwänzchen voran und das Weibchen folgt ihm, genau dieſelben Bewegungen nachahmend. Letzteres brütet allein, wird aber vom Männchen be— wacht und hie und da auch mit Nahrung verſehen; auch giebt es ihm feine klangreichſten Töne zum beſten. Am Neſtbau und beim Auffüttern der Jungen be teiligen ſich beide. In Texas finden in der Regel drei, in Miſſouri zwei Bruten jährlich ſtatt. Im öſtlichen Gebiete der Vereinigten Staaten iſt der Singſchlüpfer ſelten. Baird fand ihn brütend bei Carlisle (Pennſylvania), Gerhardt in den ge— birgigen Gegenden des nördlichen Georgia, aber nicht zahlreich. In Maryland, Virginia, Nord- und Süd— Carolina und in Florida hat man ihn nicht gefunden. Erſt am Miſſiſſippi wird er zahlreich. In Louiſiaua gehört er zu den gewöhnlichſten Vögeln und von da verbreitet er ſich nördlich bis zum ſüdlichen Illinois, wo ihn Ridgway am Wabaſh bei Mount Carmel zahlreich fand. In Texas fand ich ihn allerwärts in der Küſtengegend des Südoſtens, in der ebenen einförmigen Savanne, in der wellenförmigen, mit dichten Lebenseichengruppen beſtandenen Prärie, im Pfoſteneichenwalde und in der Mesquit- und Kaktus— region des trockenen Weſtens als einen der gewöhn lichſten Vögel. Auch im ſüdweſtlichen Miſſouri findet man faſt in jedem, ſeinen Neigungen zuſagenden Farmgehöfte ein Pärchen dieſer traulichen Vögel. Namen: Süngerſchlüpfer oder Sängerzaunkönig, ſüdlicher Hauszaunkönig, Bewicks-Zaunkönig, Singſchlüpfer. Bewick’s Wren, Long-tailed House Wren, Southern House Wren. Wiſſenſchaftliche Namen: Troglodytes Bewickii Aud., O. B. I, (1831). — Thryothorus Bewiekii Bonap. (1838). — Telmatodytes Bewickii Cab., Mus. Hein. (1550). Beſchreibung: Beide Geſchlechter oberſeits dunkel rot— braun; Schwingen außen und die beiden mittleren Schwanzfedern dunkel in der Quere gebändert; Unter— ſeite ſchmutzig grauweiß, an den Seiten graubräunlich. Länge 5.50 Zoll; Flügel 2.25, Schwanz 2.50 Zoll. Außer der ausführlich beſchriebenen Art finden ſich im Weſten noch einige nur wenig in der Zeichnung, in der Lebensweiſe jedoch gar nicht abweichende For men. Vigors-Sängerſchlüpfer, Tryothorus Dewickii spilurus hi (Vigor's Wren) findet ſich in der Küſtenregion des Stillen Ozeans von Britiſch— Columbia ſüdlich bis nach Untercalifornien und Mexico. 126 5 er Hauszaunkönig. Bairds-Sängerſchlüpfer, Tryothorus | BDewickii Bairdi Rıpaw. (Baird's Wren) hat feine Heimat vom ſüdlichen Texas bis Arizona, nördlich bis zum mittleren Kauſas, Colorado, dem ſüdlichen Utah und verbreitet ſich ſüdlich bis ins Innere Mexicos. Dieſe Varietäten, die eigentlich nur für deu Syſtema— tiker von Fach Intereſſe haben, führe ich hier nur kurz an. Eine dritte Art der Sippe, der Guadelupe— Zaunkönig, Thryothorus brevicaudus Rıpaw. (Guadelupe Wren) findet ſich auf der Inſel gleiches Namens. Der Hauszaunkönig, House Wren. \ er unter den Leſern kennt nicht dieſes kleine E%kecke Königlein, dieſen Zwergvogel, der mit mäuſeartiger Geſchwindigkeit beſtändig ſein kleines Reich: die Zäune, zerfallene Gebäude, Reiſighaufen, Holzſtöße, das niedere Buſchwerk der Gärten, ſelbſt Ställe und Außengebäude durchkriecht und durch— ſchlüpft! Mit geſtelztem Schwänzchen, überaus keck, ſich bückend und wieder emporrichtend, hüpft der kleine Monarch umher, erſcheint auf feinem Throne, einem Holzhaufen oder Buſche, überblickt mit feinen klugen Augen ſeines kleinen Reiches Grenzen, zwitſchert mit mächtiger Stimme fein Liedchen und verſchwindet ebeuſo ſchnell wieder, wie er gekommen. Seinen Stroh- und Blätterpalaſt errichtet er in unmittel— barer Nähe des ihm freundlich und wohlwollend ge— ſinuten Menſchen. Er iſt einer unſerer bekannteſten und zahlreichſten Vögel. Iſt er doch während der Brutzeit über den ganzen nördlichen Teil unſeres großen Landes verbreitet, und im Süden iſt er im Winter einer der gewöhnlichſten Vögel. Allerwärts im Norden iſt er des Meuſchen treuer Gefährte. Er umjubelt und umhüpft die im Urwald ſoeben errichtete Hütte ebenſowohl, wie das mit Zier— ſträuchern und Blumen umgebene Wohnhaus in den ſchon längſt beſiedelten Landesteilen. iſt der Wald mit ſeinen am Boden liegenden faulen— Urſprünglich den Baumrieſen, das verſchlungenſte Gebüſch und zerriſſene Felsmaſſen fein Wohngebiet; ſobald ſich der Menſch aber im Walde niederläßt, iſt er einer der erſten Vögel, welcher ſich zutraulich ihm anſchließt. In Wisconſin, wo er zu den gewöhnlichſten Vögeln gezählt werden muß, habe ich ihn nie fern von Men— ſchen im Wald und Gebüſch geſehen, ſondern er be— vorzugt dort immer Farmgehöfte und Gärten zum | | Troglodvtes aedon VIEILL. Aufenthalt. Wo es an dichtem Gebüſch mangelt, ſind ihm auch alte zerfallene Gebäude, Reiſighaufen und Holzſtöße recht, nur muß etwas vorhanden ſein, wo ſich unſer Zwergvogel eiligſt verſtecken und wo er ſtets Unterſchlupf und Schutz finden kann; denn ſo keck er ſich auch gebärdet, jo graziös er auch mit ge— ſtelztem Schwänzchen ſein Herrſchergebiet durchmißt, jo große Furcht hat ev doch vor allen ſeinen Feinden, und er hat, wie alle Könige, deren nicht wenige. So mutig und ärgerlich er auch in reſpektvoller Entfer— nung zanken kann, ſo ſchuell entſinkt ihm der Mut, wenn ſich wirklich Gefahr naht. Dann kriecht und ſchlüpft er mit mäuſeartiger Gewandtheit und mit einer Schnelligkeit, wie fie eben nur Zaunkönigen eigen iſt, in ſeine Verſtecke, wo er vor aller Gefahr meiſt trefflich geſchützt iſt. Faſt jedes ländliche Kind, das nicht ſtumpfſinnig an der Natur vorübergeht, kennt den zwergartigen, immer gut gelaunten Geſellen, jeder Landmann, deſſen Gemüt und Gefühl durch das Materielle nicht gänzlich erſtickt iſt, weiß ihn zu ſchätzen, und der Naturfreund hat an dem ganzen Thun und Treiben dieſes fröhlichen Königleins ſeine wahre Freude. Ruhelos, ohne Raſt durchwandert er ſein Wohn— gebiet, durchſucht mit harmloſer Dreiſtigkeit jedes Verſteck, alle Ecken und Winkel, ja ſeine Neugierde geht ſo weit, daß er ſelbſt in Häuſer und Ställe kommt, unter Krippen und Raufen umherkriecht, allerwärts Spinnen und anderes Ungeziefer ſuchend. Sein ganzes Weſen iſt höchſt anziehend und ſeine harmloſe Zutraulichkeit, ſeine ewig gute Laune, ſein heiterer Geſang muß auch das ſprödeſte Herz ihm freundlich ſtimmen. Der Flug iſt kurz und geht faſt immer nahe über den Boden dahin; iſt aber ſo ſchnell, — Ver Hauszaunkönig. daß man eher eine Maus als einen Vogel dahinhuſchen zu ſehen glaubt. Nur auf kurze Augenblicke bekommt man das kleine Vögelchen zu ſehen, denn es kennt ſeine Verſtecke genau und weiß ſie ſchleunigſt zu er— reichen. Aber auch hier verweilt er nur einige Augen— blicke, zeigt ſich plötzlich auf der Spitze eines Zaun- pfoſtens, auf einem Reiſighaufen, in einem Buſche, auf der Spitze eines Gebäudes, ſchmettert ſein Lied— chen, direkt ſich nieder, richtet ſich auf, ſtelzt das kurze Stummelſchwänzchen und verſchwindet ebenſo ſchnell wie er erſchienen. Wo er ſich ſicher glaubt, ſetzt er ſich gelegentlich auch auf die Firſte eines Daches, auf einen Pfahl oder auf ſonſt einen erhöhten Gegenſtand und jubelt laut und lieblich, ſobald er aber ſeine Strophe beendet hat, beginnt das Umherſchlüpfen von neuem. Er iſt ſehr neugierig und jeder fremdartige Gegenſtand erregt ſeine ungeteilte Aufmerkſamkeit. Vorſichtig naht er ſich dieſem, reckt den Hals empor, duckt ſich nieder, ſchlüpft auf die Seite, umkreiſt ihn und nähert ſich endlich ganz oder er flieht, ſobald ſich dieſer be— wegt. Die ihm freundlich geſinnten Menſchen ſeines Brutgebietes kennt er genau, weiß ſie von Fremden ſofort zu unterſcheiden und legt ihnen gegenüber keinerlei Scheu und Furcht an den Tag. In ſeinem Brutgebiete überfliegt er nur ſelten und ungern größere Strecken. Sein Flug iſt auch ſehr ſchwerfällig und fördert wenig. Es iſt darum merkwürdig, daß ſich ſeine Wanderung ziemlich weit ſüdlich, bis in die Golfſtaaten, erſtreckt. Die meiſten überwintern in den vom mexicaniſchen Golf beſpülten Staaten, in Florida, Alabama, und denen des Miſſiſ— ſippithales, in Miſſiſſippi, Louiſiana und Texas. In letzterem Staate fand ich ſie den ganzen Winter über zahlreich. Ob ſie bei ihrer Reiſe immer von Buſch zu Buſch fliegen, im dichten Graſe und Schilf dahin— ziehen oder ob ſie ſich auch höher in die Lüfte zu er— heben vermögen, kann ich nicht angeben, bezweifele aber letzteres. Der Flug aller Zaunkönige, welche ich beobachtete, iſt ſchlecht und geſchieht imer in kur— zen Zickzacklinien. Unfer Königlein iſt ſich feines ſchlechten Fluges auch wohl bewußt; das beweiſt er beſonders in der Winterherberge, in der Fremde. Ich fand ihn in Texas nur immer da zahlreich, wo dichte und jeden freien Augenblick faſt benutzt er, um ſein Liedchen zum beſten zu geben. Der Geſang iſt eigent immergrüne Gebüſche, wie Stechpalmen, Wachsmyrten, Smilax, dichtes hohes Gras und Dickichte aller Art ſich nebeneinander fanden, und dieſe verließen ſie faſt nie. Man konnte ſie aus denſelben auch nicht heraus— treiben, denn ſie ſchlüpften gleich wieder hinein und gebrauchten dabei faſt nie ihre Flügel. Dieſer in ſeinem Brutgebiete ſo zutrauliche, dreiſte Vogel zeigt 127, ſich in der Winterherberge ſehr ſcheu und ängſtlich, ſodaß man ihn faſt für eine andere Art halten könnte. Ich habe ihn im Süden nie in der Nähe des Menſchen geſehen. Der buſchreiche Waldrand, Dickichte der Wälder, dichtes Ufergebüſch und dicht bewachſene Bergſchluchtem ſind dort ſeine Aufenthaltsorte. Schon frühzeitig, etwa Mitte Februar, verläßt die Mehrzahl das ſüdliche Texas. Wie ſchlecht aber der Flug fördert, erſieht man aus ſeiner ſpäten An— kunft im Norden. Ich habe ſie nie vor Ende April und anfangs Mai im nördlichen Illinois und Wis conſin beobachtet. Erſt, wenn unſer Zaunkönig wieder zu Hauſe iſt, fühlt er ſich frei und heimiſch. Seine alte Munterkeit, Keckheit, Lebensluſt und Zutraulichkeit kehrt wieder, ſobald er in ſeiner Heimat angekommen iſt. Mit jubelndem Geſange verkündigt er ſeine Heimkehr und alt und jung begrüßt den traulichen Menſchenfreund, den winzigen Säuger mit Jubel. Das alte Wohn gebiet wird nun zunächſt nach allen Richtungen hin durchſucht. Man ſieht es, der Herrſcher kennt ſein Königreich genau. Er hat jetzt auf ſeiner Hut zu ſein, denn freche Eindringlinge ſeiner Art wollen ihm ſein Gebiet oft genug ſtreitig machen; da muß er tapfer kämpfen und ſeine Grenzen verteidigen. Wohl bleibt er Sieger, aber er muß es dulden, daß ein Teil ſeines früheren Reiches verloren geht, daß ſich andere Mäunchen, die doch auch regieren wollen, an ſeines kleinen Reiches Grenzen feſtſetzen. Aber wehe ihnen, wenn ſie es wagen ſollten, noch fernerhin in ſein Wohngebiet einzudringen. Mit wuchtigen Schnabel— hieben werden ſie tapfer in die Flucht geſchlagen. So— bald der Neſtbau beginnt, tritt Friede ein, der dann auch nur noch ſelten geſtört wird. Oft vernimmt man die lieblichen, reizenden Wettgeſänge zweier und auch dreier benachbarter Zaunkönige, in welchen fie ſich gegenſeitig immer mehr anfeuern und einer den andern durch Eifer und Kraft der Stimme zu über bieten ſucht. Die Töne ſind ſo ſtark und werden mit einem ſolchen Feuer hervorgebracht, daß man erſtaunt, wie ein ſo kleines Vögelchen ſolche ſtarke Laute hervor— zubringen vermag. Er ſingt von ſeiner Ankunft an bis die Jungen das Neſt verlaſſen haben ſehr eifrig, lich mit Worten gar nicht zu beſchreiben. Er beſteht aus ſehr lauten trillernden, abwechſelnden, höheren und tieferen Tönen, iſt aber nur kurz. Wenn er ſingen will, verläßt er gewöhnlich ſeinen Aufenthalt nahe am Boden und ſetzt ſich auf irgend einen etwas 128 Der Hauszaunkönig. erhöhten Gegenſtand. Hier trillert er ſein Liedchen, ſchlüpft wieder umher, ſingt im nächſten Augenblick wieder auf einer anderen Stelle und ſo treibt er es vom Morgen bis zum Abend. Sein Lockruf klingt ſchnarrend und auch wie „Zerrrrrrr“, ſein Warnungs— ruf iſt ein ſich ſchnell wiederholendes „Zuckzuckzuck.“ Etwa Ende Mai ſchreitet das Pärchen zum Neſt— bau. Mannigfach find die Ortlichkeiten, welche zur Anlage des Neſtes gewählt werden. Am liebſten werden allerlei große und kleine Niſtkäſten, in allen möglichen Formen gearbeitet, angenommen, beſonders wenn ſie an Gebäuden, auf Stangen und auf Bäumen befeſtigt ſind. Durch dieſe Niſtkäſten kann man ihn leicht in Farmgehöften anſiedeln. Oft kämpft er mit Blauvögeln und Purpurſchwalben um dieſe, und erſtere werden manchmal ſogar aus ihren Brutkäſten von ihm vertrieben. Er iſt in dieſer Hinſicht ein herrſchſüchtiger Geſell, der keine Gnade kennt, wenn— gleich beide Vogelarten zu dem Adelſtande ſeines kleinen Gebietes zählen. Viel zu ſchaffen machen ihm die Proletarier ſeines Reiches und der Vogelwelt, die von Europa eingeführten Sperlinge. Sie vertreiben nicht nur die trauten Hüttenſänger aus ihrem Wohn— gebiet, ſondern fie dringen oft ſcharenweiſe in die Wohnungen der Hauszaunkönige und jagen ſie davon. Außer Brutkäſten wählt er ſich auch Baum— höhlungen, Aſtlöcher, Geſimſe der Ställe und Scheunen u. ſ. w. zur Anlage des Neſtes; ja man hat es ſelbſt ſchon in alten Flaſchen, Rockärmeln und Rocktaſchen gefunden. Meine Schulfreundin, Fräulein Hedwig Schlichting, erzählte mir, daß ein Hauszaunkönig in ihrer Gartenlaube, in der ſie faſt täglich mit Hand— arbeiten oder Leſen beſchäftigt war, in einen alten Holzſchuh baute, der in ihrer Nähe auf einem Brette ſtand und in welchem vom Gärtner Bindfäden, Baſt und ſtarke Schnur aufbewahrt wurde. Den Inhalt eignete er ſich als ganz ſelbſtverſtändlich für Niſt— material zu. Er ſtimmt in dieſer Hinſicht ganz mit dem Sän— gerſchlüpfer überein. Iſt ihm die Höhlung oder der Niſtkaſten zu groß, ſo weiß er ſich zu helfen. Er trägt dann eine ſolche Menge des verſchiedenſten Baumaterials ein, daß die Höhlung vollſtändig damit ausgefüllt wird. Zuerſt werden allerlei grobe Stoffe, wie Zweige, Stengel, Halme, Blätter, Schnüre, Läpp chen, Baſtfaſern u. ſ. f. eingetragen und daraus das äußere Neſt geformt. In dieſen Außenbau wird das eigentliche Neſt aus feinen Faſern, Hälmchen, Haaren und Borſten, beſonders aber aus Federn hinein gebaut. Manche Neſter ſind erſtaunlich groß und man begreift kaum, wie ſo kleine Vögel eine ſolche un— geheure Maſſe grober Bauſtoffe zuſammenzuſchleppen vermögen. Man behauptet, daß manchmal etwa ein Buſhel Material eingetragen werde. Dieſes Aus— füllen einer größeren Höhlung mit Bauſtoffen geſchieht jedenfalls deshalb, damit ſich kein Feind ſo leicht ein— ſchleichen kann. Iſt die Höhlung klein, ſo wird auch nur wenig und auch weicheres Baumaterial verwendet. Merkwürdig iſt es, daß auch dann das Neſt nur ver— hältnismäßig klein iſt, wenn in einem größeren Niſt— kaſten ſich ein kleines Schlupfloch befindet. Die Neſter ſind immer gewölbt und mit kleinem ſeitlichem Schlupfloch verſehen. — Gewöhnlich werden Cigarren— kiſtchen für ihn ausgehängt und er kommt dann ſogar in Ortſchaften und Städte, um zu brüten. So fand ich einmal ein Neſt zwiſchen der Außen- und Innen— wand eines Hauſes, dicht an einer ſehr belebten Straße. Die ſechs bis neun Eier ſind der Grund— farbe nach rötlichweiß, aber dieſe wird durch die ſehr dicht ſtehenden, feinen rötlichbraunen Flecken, unter denen ſich auch einzelne lilafarbene befinden, faſt voll— ſtändig verdeckt. Ihre Form iſt ſehr rundlich (etwa zwiſchen 58 9.48 und .64%.52 Zoll). Während das Weibchen brütet, ſingt das Männchen faſt unauf— hörlich und ſehr fleißig trägt es für das brütende Geſpons auch allerlei kleine Raupen, Würmer, Spin— nen, Käfer und Fliegen herzu. Seiner außerordent— lichen Wachſamkeit entgeht jetzt nicht jo leicht etwas. Rechtzeitig entdeckt es meiſt alle Gefahr und kündet dies durch laute Warnungsrufe an. Beſonders erregt wird es, wenn ſein und aller unſerer kleinen gefieder— ten Gartenbewohner Hauptfeind, die Katze, ſich blicken läßt. Nur zu viele der in der Nähe des Meunſchen brütenden Vögel fallen dieſem Vogelräuber in die Krallen, ſonſt müßten auch die Hauszaunkönige viel häufiger ſein, als ſie es ſind. Viele kommen jeden— falls auf ihrer Reiſe nach dem Süden, oder von da zurück nach der Heimat, um. Es wird gewöhnlich nur eine, unter Umſtänden auch zwei Bruten jährlich gemacht. Die Jungen werden mit großer Liebe ge— pflegt, bis ſie lange nach dem Ausfliegen ihre Selb— ſtändigkeit erlangt haben. Einen beſonders ſchönen Zug mütterlicher Liebe des Hauszaunkönigs teilt mir der däniſche Konſul in Chicago, Herr Emil Dreier, mit: „Ein Freund in Lake View wollte ein in einem Cigarrenkiſtchen brütendes Pärchen dieſer Vögel fan— gen. Er nahm deshalb das Neſt, welches ſchon Junge enthielt, heraus und that es in einen Fang— käfig. Bald war auch das Weibchen gefangen, aber — — — Der Winterzaunfönig. leider hatte es bei dieſer Gelegenheit ein Bein ge— brochen. Das Neſt mit den Jungen wurde deshalb wieder in die Cigarrenkiſte zurückgebracht, und auch das unglückliche Weibchen ließ man wieder fliegen, nachdem das gebrochene Bein im Kniegelenk amputiert und zur Verhütung des Verblutens verbunden worden war. Zwei Tage darnach ſah ich ſelbſt das arme ein beinige Weibchen die Jungen weiter füttern.“ — Bis zum Wegzug in die Winterherberge werden die Jun— gen geführt und gewarnt. Ende September oder Anfang Oktober tritt alt und jung die Reiſe nach dem Süden au. Das Verbreitungsgebiet unſeres Haus zaun königs iſt ſehr groß. Während der Brutzeit kommt er im ganzen Norden der Union vor, bis ſüdlich nach St. Louis, wo er mit dem Sängerſchlüpfer oft in einem Gehöfte brütet. Doch iſt er nicht allerwärts gleichmäßig verbreitet. Oft findet man ihn in einer Gegend zahlreich und in einer anderen gar nicht. Maynard giebt an, daß er auch in Florida brüte, doch bezweifele ich dies. Audubon beſchreibt in ſeinem Werke unter dem Namen Waldzaunkönig (7. americamus,; Wren) einen Schlüpfer, der jedoch mit dieſer Art durchaus identiſch iſt, obwohl er in den Wäl— dern Maines lebt und etwas dunkler gefärbt erſcheint. Von den weſtlichen hohen Ebenen (Plains) bis zum Stillen Ozean, kommt eine ſehr ähnliche Varietät, Parkmans Zaunkönig (I. addon Parkmani Cons) vor; er iſt aber unſerer öſtlichen Art ſo ähnlich, daß man ihn kaum als Varietät gelten laſſen kann. Verbreitungsgebiet unſeres Hauszaunkönigs erſtreckt ſich alſo über die ganzen Vereinigten Staaten, über Waldland und Prärie, über Thal und Gebirge. Das Namen: Haus zaunkönig, gewöhnlicher Zaunkönig, Schlüp— fer, Waldzaunkönig. House Wren, Wood Wren. Wiſſenſchaftliche Namen: Troglodytes aedon Vieill. O. A. S. II, 1507, pl. 107. Aud., Nutt. Coues, B. B. & N., und A. O. U., „Code and Check List“ (1886). — Troglodytes fulvus Nutt. (1832). — T. Brewer (1837). — Motacilla domesticea Bartram, Travels Fla. (1791). — Sylvia domestica Wils. (1808). — Troglodytes domestieus Coues. americana Beſchreibung: Beide Geſchlechter gleich. Oberſeite braun, dunkler auf dem Kopf, hervortretender am Bürzel und Schwanz; Unterſeite mattweißlich, am reinſten am Bauche, undeutlich und unregelmäßig dunkel gefleckt, an den Seiten dunkel gebändert; Flügel, Schwanz und oft auch der Rücken dicht dunkel gewellt; undeutlich-weiß— licher Streif über dem Auge. Länge etwa 5.00 Zoll; Flügel 2.00 Zoll, Schwanz 1.90 Zoll. Der WVinterzaunkönig. Winter Wren. 41 er Winter- oder Schneezaunkönig unter 00 zT, ſcheidet ſich faſt durch nichts von der gewöhn lichen europäiſchen Art. Man ſah ihn früher als eine Varietät von dieſem an, und die Beſchreibungen, welche man von ihm publiziert hat, paſſen auch faſt vollſtändig auf unſeren Winterzaunkönig. In un— ſerem Lande iſt er ein echter Waldbewohner. Die prächtigen dunkelen Nadelholzwälder des Nordens, in denen ſich dichtes Untergebüſch findet, ſind ſeine eigentliche Heimat. Im mittleren Wisconſin habe ich ihn an derartigen Ortlichkeiten oft beobachtet, aber nie habe ich ihn während der Brutzeit in der Nähe des Menſchen angetroffen. Er iſt ein ſcheuer zurück— gezogener Vogel, der ſeinen Lieblingsaufenthalt, die dichten immergrünen Wälder, nur ſelten und ungern Troglodytes hiemalis VIEILL. verläßt. Er iſt da, wo er vorkommt, viel häufiger, als man gewöhnlich anzunehmen pflegt, denn durch ſeinen Aufenthalt unter dem dichteſten Gebüſch am Boden und durch ſeine Scheu entzieht er ſich ſehr leicht der Beobachtung. Hier in ſeinem wunder— ſchönen Herrſchergebiete, wo würziger Duft der Tan— nen und Fichten die Luft erfüllt, wo Farnkräuter und weiches Moos, Wintergrün !), Maiblümchen?), Hei delbeerbüſche u. ſ. w. den kühlen Waldboden bedecken, wo Quellen ſprudeln und Bäche rauſchen, da führt unſer Schneekönig ein gerade jo ruhe- und raſtloſes Weſen, wie der Hauszaunkönig in der Nähe des Menſchen. „Kaum iſt die Nacht dahin, kaum kündigt 1) Gaultheria procumbens. 2) Epigaea repens. 17 130 ° ſich der Tag durch die Morgenröte an, da ertönt auch ſchon ſein lauter ſchmetternder Morgengruß, um alle die Schläfer zu wecken, welche, den Kopf unter den weichen Schwingen verborgen, noch träumen und ſäumen im ſicheren Verſtecke. Sie müſſen heraus in die friſche, ſtärkende Morgenluft, zu des Tages zwin— genden Geſchäften, um dem Hohne zu entgehen, den der kleine Wecker in immer neuen und ermunternden Strophen über ſie ausgießt. Nun, da er ſie alle auf— gerüttelt hat und alle mit ihm vereint den Morgen begrüßen, geht er rüſtig an ſein Tagewerk. Zunächſt gilt es, einen friſchen Trunk zu thun, wozu ihm der rauſchende Wildbach ſein ſilberklares Naß liefert, Auf einem Steine oder auf einer aus dem Waſſer ragenden Baumwurzel ſich drehend und neigend ſchlürft er eiligſt den koſtbaren Trunk, eilt dann mit einem lauten „rr, zrrzrrzrre einem vornüber— hängenden Erdufer zu, um in dem wirren Wurzel— geſtrüpp nach allerhand Kerfen, wie Spinnen, Fliegen und ſonſtigem Geſchmeiß zu fahnden.“ So ſchreibt Schacht in einer ſeiner prächtigen Schilderungen der Vögel des ſchönen Teutoburger Waldes, und voll— ſtändig paßt das Geſagte auch auf unſeren Zaunkönig. In den dichten Wäldern Wisconſins, wo große, mit Moos überwachſene Baumſtämme in allen Sta— dien der Fäulnis umherliegen, wo faſt mannshohe Farnkräuter aus dem Moder hervorragen, da iſt der Winterzaunkönig ein regelmäßiger, wenngleich nicht häufig vorkommender Brutvogel. Trotz eifrigen Suchens iſt es mir nicht gelungen, ein Neſt zu finden. In den ſchönen Adirondacks und im Alleghany gebirge iſt er ein ziemlich zahlreicher Brutvogel. Er ſcheint für das Schöne und Romantiſche des Gebirges, für die klaren Wildbäche und ſprudelnden Quellen eine ganz beſondere Vorliebe zu haben. Dort, wo reicher Humus die Gebirgshalden und Schluchten be deckt, wo die herrlichſten aller Sträucher, die Alpen— roſen oder Rhododendren!) und Kalmien ?) überaus üppig gedeihen und dem Gebirge einen wundervollen Reiz verleihen, da iſt auch der Lieblingsaufenthalt unſeres Winterzaunkönigs. „Einſt“, ſchreibt Audubon, „als ich durch einen der dichteſten Teile des dichten und verſchlunge nen großen Tannenwaldes bei Mauch Chunk in Pennſylvanien wanderte, zu einer Zeit, da ich beſon ders vor giftigen Reptilien (Klapperſchlangen) auf meiner Hut ſein mußte, hörte ich plötzlich den lauten Geſang dieſes Vogels an mein Ohr dringen, und er 1) Rhododendron maximum, R. punetatum und R. catawbieuse. 2) Kalmia latitolia, Der Winterzaunkönig. machte einen ſo fröhlichen Eindruck auf mich, daß ich bald alle Gefahr außer acht ließ. Durch die hohen Dornbüſche und durch die immergrünen Alpenroſen arbeitete ich mich hindurch, um dieſen Vogel aufzu— ſuchen, deſſen Neſt ich in der Nähe wähnte. Aber er führte mich oft irre, ſchlüpfte hier durchs dichteſte Ge— büſch, ſang in meiner Nähe ſein Liedchen und ließ ſich gleich darauf aus der entgegengejegten Richtung ver— nehmen. Nach vieler Mühe und langem Suchen be— merkte ich endlich, daß er ſich am Wurzelwerk eines Baumes niederließ. Zugleich ließ er auch einige Töne ſo ſchön und lieblich erklingen, wie ich ſie vor— her noch nicht vernommen hatte. Plötzlich erſchien neben ihm ein zweiter Zaunkönig, eilte dann aber gleich weiter, und auch der, welchem ich ſo lange ge— folgt, verſchwand. Meine Augen feſt auf die davon— eilenden Vögel gerichtet, erreichte ich bald den Platz, wo ſie verſchwunden waren. Ich bemerkte nun eine mit Moos und Flechten bedeckte Erhöhung, ähnlich einem Auswuchſe, wie man ihn ſo oft an unſeren Waldbäumen gewahrt, nur mit dem Unterſchiede, daß die Offnung dieſes Moosklumpens vollſtändig rund, rein und glatt war. Ich ſteckte meinen Finger hinein und fühlte das Picken eines Schnabels, wobei zugleich ärgerliche Laute ausgeſtoßen wurden. Kurz, ich hatte zum erſtenmal in meinem Leben das Neſt des Winter— zaunkönigs vor mir. Nußerlich maß es ſieben Zoll in der Länge, vier Zoll in der Höhe; die Dicke der aus Moos und Flechten beſtehenden Wandung betrug faſt vier Zoll.“ Innen war dieſes Neſt mit Pelz— ſtücken von Haſen und mit einigen Federn des Wald— huhns!) ausgelegt. Minot fand das Neſt in den White Mountains und andere Beobachter entdeckten es ziemlich zahlreich in Maine. Ein in letzterem Staate gefundenes Neſt ſtand im Moos an der Seite eines am Boden liegen— den faulenden Baumſtammes. Ein Büſchel Farn— kräuter ſtand gerade vor dem Eingange, und nur da durch wurde es entdeckt, daß der brütende Vogel ſchnell aus dem Farnkraut herausflog. — Die Neſter ſind ſtets gewölbt, mit ſeitlichem Eingange verſehen und ſind zum größten Teil aus Moos gebaut. — Die Eier ſind der Grundfarbe nach reinweiß, mit feinen rötlichbraunen und einzelnen dunkleren Flecken ge— zeichnet. Spät im Herbſt ſieht man die Winterzaunkönige oft in der Nähe menſchlicher Wohnungen. Die mei— ſten ziehen ſüdlicher und nur wenige bleiben zurück. 1) Bonasa umbellus. Perg D Der Sumpfzaunkönig. 131 Gewöhnlich halten ſie ſich während dieſer Zeit in | im Winter beim Liede des Zaunkönigs das Herz nicht Holzhaufen auf. Im Winter von 1882 auf 1883 aufgeht in der Bruſt, der iſt ein trauriger, freudloſer hielt ſich ein Pärchen beſtändig bei meiner Wohnung Menſch.“ (Brehm). im ſüdweſtlichen Miſſouri auf. Wohlgemut und immer munter ſchlüpften ſie auch im kälteſten Wetter raſtlos in den alten Schuppen, Ställen und ſelbſt in den Ritzen der Blockküche umher. Das Männchen Namen: Winterzaunkönig. Winter Wren. — Proglodyte d'hiver (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia troglodytes Wils. A. O. I, (1508). — Anorthura troglodytes Coues, Key ſang auch während der ärgſten Schueeſtürme und in (1872). Troglodytes hiemalis Vieill. (1819). A. O. U. der größten Kälte ſein Liedchen laut und fröhlich. „Code and Check List“ (1886). — Anorthura hyema- = EI a A 0 lis ©. & P. (1861). — Troglodytes europaeus Bonap. „In den Wintermonaten macht dieſer Geſang einen 5 me EEE Fe © 3 Fr 4 — 8 (1824). — Troglodytes parvulus var. hyemalis Ridgw. außerordentlichen Eindruck auf das Gemüt des Men— (1873). — Anorthura troglodytes hyemalis Stearns & ſchen. Die ganze Natur ſtill und tot, die Bäume Coues, N. E. Bird-Life (1881). entlaubt, die Erde unter Schnee und Eis begraben, | Beschreibung: Geſchlechter gleich. Tiefbraun, am dun alle andern Vögel ſchweigſam und verdrießlich, nur kelſten auf dem Kopfe, am hellſten am Bürzel und 8 89 855 ; . Schwanze, undeutlich dunkel gewellt oder quer ge— er, art e fat heiter und wohlgemut und 1 gebändert; Flügel matt, dunkel gebändert; mehrere der das Lied im Munde: ‚Es muß doch Frühling werden äußeren Schwungfedern weißlich gebändert. Ein Strich — das ungefähr ſind die Gedanken, welche jedem über oder am Auge und undeutliche Striche am Kopf kommen müſſen, ſelbſt dem erbärmlichſten und trocken— md ‚Halje weißlich; Unterſeike moftbramn; Bauch Sei⸗ 5 . in daß 7 6 ten und Unterſchwanzdecken mattweißlich gebändert. n Phi e nie begreifen will, DER Er eine Länge etwas über 4 Zoll. Flügel 1.75, Schwanz dichteriſche Anſchauung der Natur berechtigt iſt. Wem 1.25 Zoll. Der Humpfzaunkönig. Long-billed Marsh Wren. Cistothorus palustris BIRD. Enn großer Sumpf, ein mit moorigen Ufern um ſcharenweiſe in den Spitzen der ſtärkſten Rohrſtengel, and gebener Teich oder Landſee liegt vor uns, um ihr Gefieder glättend und auf ihre Weiſe muſizierend. kränzt mit einem faſt undurchdringlichen Dickicht von Auch einzelne Wildenten und andere Waſſervögel Seggen, Binſen, Schilf und Kolbenrohr, welches letzt laſſen ſich ſehen. An dem fortwährenden Zittern des tere oft mannshoch ſich über den Waſſerſpiegel erhebt. dichten Schilfes und Rohres ſehen wir, daß auch noch Weiter vom Ufer entfernt ſehen wir ganze Strecken andere Geſchöpfe hier ihr Weſen treiben. Mit ge— der weißen Waſſerlilie!), der gelben Teichrofe’) und ſpaunter Aufmerkſamkeit blicken wir nach jenen Stel des Pfeilkrautes. Wir legen uns in früher Morgen- len hin, wo es ſich am meiſten bewegt; wir ſehen ſtunde zu ſtiller Beobachtung an das Ufer. Dichter auch oft ein unſcheinbares Vögelchen mit mäuſeartiger Nebel lagert noch über der Schilf- und Waſſerfläche, Gewandtheit durchs Rohr ſchlüpfen, aber umſonſt er— tot und öde erſcheint uns dieſes Gebiet — aber es warten wir, daß es auffliegt und ſich zu erkennen ſcheint nur ſo. Wir brauchen nicht mehr lange zu giebt. Es ſind Sumpf- oder Rohrzaunkönige, warten, da regt und bewegt es ſich. Der Nebel ſteigt welche hier oft in zahlreichen Geſellſchaften ihr Weſen höher und höher, die Sonne erſcheint am Horizonte treiben. Die Schilf- und Rohrſümpfe, die moorigen gehüllt in glühendes Morgenrot, die weißen Waſſer- Ufer der Teiche haben für die meiſten Menſchen wenig lilien erheben ihre duftenden Blüten aus dem kühlen Anziehungskraft, daher kommt es auch, daß die Vögel, Elemente, ſcheue Sumpfhühnchen laufen in zierlichen welche dieſe Ortlichkeiten bewohnen, außerhalb ſehr Bewegungen über die breiten Blätter der Teich- und enger Kreiſe wenig bekannt ſind. Außer dem eifrigen Waſſerlilien, Rotflügel und Gelbkopftrupiale erſcheinen Beobachter kennt daher auch niemand unſeren Sumpf— — zaunkönig recht, und doch iſt er in mehr als einer 1) NJymphaen odorata, 2) Nuphar advena, Hinſicht ein recht intereſſauter Vogel. 132 Der Sumpfzaunkönig. Sein Verbreitungsgebiet ſcheint ſich faſt über die ganze Union zu erſtrecken. Wo ausgedehnte ſchilf— beſtandene Sümpfe vorhanden ſind, da iſt auch des Sumpfzaunkönigs Heimat. Gewöhnlich wohnen Not flügel und Gelbköpfe dicht neben ihm, und dieſe ſonſt jo zänkiſchen Stärlinge ſcheinen ihn auch in keiner Weiſe zu behelligen. Findet man doch oft die Neſter dieſer Vögel und Zaunkönigsneſter dicht bei einander. Etwa anfangs Mai, manchmal auch ſchon Ende April, er— ſcheinen ſie, aus dem Süden kommend, in ihrer Som merheimat, aber nicht in Geſellſchaften, ſondern ein— zeln oder paarweiſe. Im nördlichen Illinois, wo der Vogel ziemlich zahlreich iſt, erſcheint er um die angegebene Zeit; weiter ſüdlich kommt er ſelbſtver ſtändlich früher an. Ende Mali ſchreitet er zum Neſt— bau. Unter allen Zaunkönigen zeichnet er ſich in die ſer Beziehung aus, und man darf ihn getroſt zu den Baukünſtlern unſerer Vögel zählen. Zur Anlage des Neſtes wählt er mit Vorliebe große Schilfſtrecken und Rohrflächen, wo das Waſſer etwa ein bis zwei Fuß tief iſt. Gewöhnlich finden ſich dann noch mehr Sumpfzaunkönige ein, ſodaß eine Art Kolonie entſteht; doch leben ſie nicht geſellig, ſondern jeder geht, ohne ſich um den andern zu küm— mern, ſeinen eigenen Geſchäften nach. Das Neſt wird faſt immer in einen beſonders dichten Schilf— büſchel, etwa einen halben bis zwei Fuß über dem Waſſerſpiegel gebaut. Verſchiedene Schilf- und Rohr— ſtengel laufen durch die Wandungen, ähnlich wie bei den Rotflügelneſtern. Die Geſtalt des Baues iſt länglichrund, etwa von der Form und Größe einer Kokosnuß. Es wird aus naſſen langen Halmen ge— baut und auch innen iſt es mit jeinen Halmen aus— gelegt. Das ganze zum Außenbau verwendete Ma— terial wird aus dem Waſſer aufgeſucht und in naſſem Zuſtande verwebt; eine Lage Schlamm findet ſich ebenfalls in vielen Neſtern. Das Innere iſt immer aus feineren Halmen gebaut; Federn und dergleichen weiche Stoffe habe ich darin nie gefunden. An einer Seite, mehr nach dem oberen Ende zu, befindet ſich das etwa daumengroße Schlupfloch, aber es iſt manch— mal gar nicht zu ſehen und man muß ſchon das Bau— werk genau anſchauen, um es ſogleich zu finden. Herabhängende und durcheinander laufende Halme verdecken die Offnung faſt ganz und der Vogel kann nur herein und hinaus, wenn er ſie zurückſchiebt. Dieſe Zaunkönigsneſter ſind ſehr feſt gebaut, erſcheinen aber, da äußerlich nur grobes Material zu ſehen iſt, nicht beſonders zierlich. In der Bauart, Größe und Geſtalt gleichen ſie manchen Neſtern afrikaniſcher Webervögel. In den ausgedehnten Salzmärſchen an der Küſte des Atlantiſchen Ozeaus brütet er noch häu— figer als im Inneren des Landes. Manche Orni— thologen geben an, daß man nicht ſelten fünfzig Neſter auf dem Flächenraum eines Ackers finde. Herr J. N. Clark in Old Saybrook (Connecticut) ſchreibt mir, daß dieſe Vögel ſehr zahlreich an der Mündung des Connecticut brüten. Die Neſter ſtehen dort ge— wöhnlich zwei Fuß über dem Waſſerſpiegel, ſodaß auch die ſtärkſte Flut ſie nicht erreichen kann. Neſter, welche er nebſt Eiern für mich in dortiger Gegend ſammelte, unterſcheiden ſich in keiner Weiſe von denen, welche man in den Märſchen und Sümpfen von Illinois, Wisconſin und Michigan findet. Es iſt nicht ſchwer, dieſe kugelförmigen Bauten im Schilf und in den Seggen zu finden, aber dieſelben zu unterſuchen oder zu ſammeln iſt oft mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft, denn für Kähne iſt in der Regel das Rohr und das Schilf zu dicht und das Waſſer zu ſeicht, und zum Hineinwaten iſt der Boden meiſt zu ſchlammig. Die ſechs bis zehn Eier ſind ſehr dunkel gefärbt; ſie find jo dicht mit ſchokoladefarbenen Flecken ge— zeichnet, daß man glauben könnte, dies ſei die Grund— farbe. Doch giebt es auch heller gezeichnete Exemplare, wie dies Eier meiner Sammlung darthun. Das brütende Weibchen iſt in dem künſtlichen Neſtball vor— trefflich gegen Regen, Kälte und ſelbſt vor Feinden geſchützt. Auch die nie raſtenden Männchen ſcheinen ſich Vergnügungsneſter, oder ſolche zum Schutz gegen Regen und rauhes Wetter und zum Schlafen zu er— bauen, denn man findet viel mehr Neſter als zur Auf— nahme der Gelege nötig ſind. Das ganze Thun und Treiben charakteriſiert dieſe Vögel als echte Zaunkönige. Raſtlos und ge— wandt klettern ſie beſtändig im Rohr und Schilf um— her, gewöhnlich dicht über dem Waſſerſpiegel. In die Spitze der Stengel kommen ſie nur, um ihre rauhen Töne zu zwitſchern oder um Umſchau zu halten. Sehr ſelten, ja faſt nie hat man Gelegenheit, ſie in ihrem Gebiete umherfliegen zu ſehen. Sie ſind nicht ſcheu und man kaun ſie vom Ufer oder von einem Kahn aus leicht in ihrem Thun und Treiben beobachten. — Die Nahrung beſteht ausſchließlich aus Waſſerinſekten, welche ſich in ihrem Wohnorte in ungeheurer Anzahl finden. Wann er aus dem Norden wegzieht, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Wahrſcheinlich treten ſie ſchon zeitig im September ihre Wanderung an. An— fangs November kann man ſie in großer Anzahl in we ͤ— — ¶ —ĩjĩꝓ— Der Rohrzaunkönig. 133 dem hohen Gras und Rohr an der Golfküſte in Texas | kommt, ſtoßen ſie einige rauhe ſchnarrende Töne aus, ſehen. Manche ſcheinen hier an geſchützten Ortlich ſchelten auch fortwährend ſehr eifrig, bis man ſich keiten auch zu überwintern, die meiſten ziehen aber wieder entfernt hat. ſüdlicher bis nach Mexico und ſelbſt bis nach Namen: Sumpfzaunkonig, Langſchnäbeliger Moorzaun— Guatemala. fz 1 sr a x könig. Der Gejang, den man oft aus einem Dutzend Long-bilted Marsh Wren, Marsh Wren, Salt Kehlen zu gleicher Zeit vernimmt, iſt nicht jo ſchön Water Marsh Wren. und reichhaltig wie der anderer Zaunkönige. Er be Wiſſenſ chaftliche Namen: Motacilla palustris Bartr., ſteht aus einem Gemiſch melodiſcher und rauher Trav. Fla. (1791). — Certhia palustris Wils., A. O. Töne, aber der Sänger erſetzt durch Eifer, was ihm (1810). — Troglodytes palustris Bonap. (1824), Aud., 8 55 £ etc. — Thryothorus palustris Bonap. (1838). — Cisto- an Begabung mangelt. Wer könnte von einem thorus palustris Brd., B. N. A. (1858), etc. A. O. U., Vogel, der in einer Ortlichkeit lebt, wo das Lied der „Code and Check List“ (1886). — Thryothorus arun— Fröſche, namentlich das Gebrüll des Ochſenfroſches, dinaceus Vieill. (1819). — Telmatodytes palustris faſt unaufhörlich während der Frühlingszeit ertönt, Bas. auch etwas Hervorragendes erwarten! Er ſelbſt thut Beſchreibung: Geſchlechter gleich. Oberſeite reinbraun, e e Scwän chen, hält es | ungebändert; die Mitte des Rückens ſchwärzlich, ſehr 5 nn ſehr 1 85 ig, ei das p . es hervortretend weiß geſtrichelt; Kopfkrone faſt über den Rücken, zieht den Kopf etwas ein und dunkelbraun, über dem Auge ein weißer Streif. Unter— ſingt dann in dieſer komiſchen Stellung ſeine kurzen ſeite weiß oder weißlich, an den Seiten bräunlich ver— Strophen. Andere klettern ſingend an den Nohr— waſchen; Schwanz wie der Rücken, aber gleichmäßig - : f A ser 3 dunkel quer gebändert. ſtengeln auf und ab, wieder andere hüpfen zirpend Länge etwa 5 Zoll. Flügel fait 2 Zoll, Schwanz über ihre runden Neſter. Wenn man in ihr Gebiet etwa 2 Zoll. Der Rohrzaunloͤnig. Short-billed Marsh Wren. Cistothorus stellaris CABANnIS. er Nohrzaunnfönig oder der Riedſchlüp- Seinen Aufenthalt wählt er ſich in ganz gleichen fer iſt in der äußeren Erſcheinung dem Ertlichkeiten wie der Sumpfzaunkonig, doch beſchränkt vorigen ſehr ähnlich, und wenn beide Vögel, wie dies | er ſich nicht auf dieſe allein, ſondern lebt auch in klei— | oft genug vorkommt, ein und dieſelbe Ortlichkeit be- neren Schilfſümpfen und Waſſertümpeln und ſelbſt wohnen, daun iſt es auch dem Kenner nicht leicht, in ſumpfigen Wieſen. In dem ſchilf- und rohrreichen beide Arten ſogleich voneinander zu unterſcheiden. Calumet-See bei Kenſington in Illinois fand ich ihn Nichtsdeſtoweniger iſt der Unterſchied doch größer, als unter Rotflügelu und Gelbköpfen brütend. In klei— man gewöhnlich anzunehmen pflegt, fo groß, daß neren Sümpfen find gewöhnlich Rotflügel, in naſſen manche Syſtematiker glaubten, zwei verſchiedene Ge. —Wieſen zahlreiche Bobolinks ſeine Nachbarn. Er iſt nera bilden zu dürfen. jedenfalls viel häufiger, als man gewöhnlich an— Ju den Prärieſümpfen (Sloughs) von Illinois, nimmt; aber ſeine verſteckte Lebensweiſe, noch mehr an den Teichen und moorigen Ufern kleiner Landſeen aber feine unſcheinbare Färbung entziehen ihn den in Wisconſin iſt der Riedſchlüpfer ein regelmäßiger Blicken der meiſten Menſchen. Nur der eifrige Be— Brutvogel, doch tritt er meiſt nur paarweiſe, nie, wie obachter, welcher Wälder, Wieſen und Sümpfe durch— der vorige, in zahlreichen Geſellſchaften beiſammen ſtreift, findet ihn da, wo er vorkommt, bald. — Ich lebend auf. Hier führt er ein ziemlich verſtecktes fand ihn auch in den Marſchen der Golfküſte in Leben im dichteſten Schilf und Rohr und im hohen Texas, konnte aber kein Neſt finden; doch ſcheint er Wieſengraſe. Darum iſt er auch weniger bekannt dort Brutvogel zu ſein. Am häufigſten it er im wie der vorige, und ſelbſt die Vogelkundigen kennen —Miſſiſſippi-Thale. Er verbreitet ſich nördlich bis ihn noch nicht ſo genau, wie es zu wünſchen wäre. nach Manitoba, öſtlich bis Maſſachuſetts und von da 134 Der Rohrzaunkönig. ſüdlich bis nach Georgia. In Wisconſin brütet er ziemlich zahlreich, und namentlich häufig fand man ihn in den Koſhkonong-Märſchen. Sein Neſt findet man ebenfalls in Rohr-, Schilf- und Grasbüſcheln und es gleicht auch in der Form und Größe ganz den Neſtern der Sumpfzaunfönige. Es beſteht äußerlich aus langen ſtarken Grashalmen; innen iſt es mit feineren Hälmchen und wohl auch mit etwas Pflanzenwolle ausgelegt. Die Zahl der Eier beträgt von ſechs bis acht. Während aber die Eier des vorigen dicht gefleckt ſind, ſo zeigen die des Ried— ſchlüpfers eine reinweiße Grundfarbe ohne Flecken. Im Norden erſcheint er etwa Mitte Mai und im Oktober zieht er wieder ſüdlich. Schon am 24. Oktober ſah ich ſie zahlreich in den Baumwollenfeldern des Südens. Ein eiſigkalter „Norther“ ſauſte über Texas dahin und eine große Menge verſchiedener Vögel erſchien kurz vor und mit ſeinem Eintritt. In dem hohen Gras der Baumwollen- und Maisfelder zeigten ſich die Ried- oder Wieſenzaunkönige beſonders zahlreich, aber ſie waren ſo ungeſchickte Flieger, viel— leicht auch von der weiten Reiſe etwas erſchöpft, daß man ſie mit Händen greifen konnte. Wo das Gras höher und nicht ſo verworren war, ſchlüpften ſie mit mäuſeartiger Gewandtheit am Boden dahin. Eins dieſer kleinen Vögelchen welches ich mit der Hand gefangen hatte, brachte ich in einen ziemlich geräumi— gen Käfig, um es einige Tage zu beobachten. Es blieb auch in der Gefangeuſchaft munter und fröhlich, ſtelzte das Schwänzchen und verzehrte die dargebotenen Ameiſenpuppen ohne Scheu, ſelbſt dann, wenn ich den Käfig in der Hand hielt. Da ich fürchtete, das zarte Thierchen möchte ſterben, ſo ließ ich es bald wieder fliegen. Nicht lange hatte ich Gelegenheit, dieſe kleinen Riedſchlüpfer in den Baumwollenfeldern zu beobachten; ſchon mit oder vor Eintritt des nächſten ſtarken kalten Nordwindes waren ſie ſüdlicher gezogen. Viele erſchienen noch im November aus dem Norden und dieſe blieben meiſt den ganzen Winter über im dichten hohen Gras der Baumwollenfelder, oder im Rohr und Schilf an den Fluß- und Bachufern. Das ſüdliche Louiſiana mit ſeinen ausgedehnten Seggen-, Rohr- und Schilfſtrecken und mit ſeinem milden, weniger abwechſeluden Klima, bildet eine vorzügliche Winterherberge für viele und gewiß auch für dieſe Vögel. Namen: Rohr- oder Riedzaunkönig. Short-billed Marsh Wren, Freslı Water Marsh Wren. Wiſſenſchaftliche Namen: Troglodytes stellaris Licht. — Cistothorus stellaris Cabanis, Mus. Hein. (1850). A. O. C., „Code and Check List“ (1886). — Troglodytes brevirostris Nutt., Man. I, (1832), Aud., Bp., etc. Beſchreibung: Geſchlechter gleich. Oberſeite braun, Kopfkrone und Rücken ſchwärzlich, ſcharf weiß ge— ſtrichelt; Unterſeite weißlich, über der Bruſt reinbraun verwaſchen; Seiten ebenſo; ein weißlicher Strich über dem Auge; Flügel und Schwanz wie beim vorigen. Länge 4.50 Zoll; Flügel und Schwanz etwa 1.70 Zoll. But an re | — a nee ie Dir Beer P Wagtails. ieſe namentlich über die alte nn wi ml e nur 1 bis zehn der über hundert Arten zählenden Gruppe entfallen auf die neue Welt, von denen die meiſten im bohen Norden leben, alſo kaum für uns Intereſſe haben. Man teilt die Familie in drei Sippen: American Pipit. vier Arten Pieper oder Spitzlerchen zu den Charaktervögeln, in unſerer amerikaniſchen Ornis dagegen ſpielen ſie durchaus keine Rolle. Der ebenfalls in Europa häufige Wieſenpieper (A. pratensis) be— wohnt den hohen Norden Amerikas und eine andere Art, der amerikaniſche Pieper, brütet häufig in Labrador und anderen Teilen des britiſchen Gebietes, kommt im Frühling und Herbſt in vielen Teilen der ) Der * vom Atlantic bis Pacific vor. achſtelzen und Opitzlerchen. Motacillidae. Die in Deutſchland, überhaupt im nördlichen Europa vorkommende beliebte ſtelze, Motaeilla alba L. (White Wagtail) findet ſich hie und da in Grönland, wird daher in den Verzeichniſſen der nordamerikaniſchen Vögel mit aufgeführt. ganzen Bach Die gelbe Bachſtelze, Budytes flawus Gray (Yellow Wagtail), ebenfalls ein gewöhn licher, ſehr hochgeſchätzter Vogel Europas, kommt in Alaska vor. 1. Motacilla LIN NE. Bachſtelzen Es iſt dies jedoch nicht die eigentliche Art, AL 2. Budytes CuvIer. ) etz ſondern eine Varietät, die ſibiriſche gelbe 4 3. Anthus BHOIHT STEIN. Spitzler | Bachſtelze, Dudytes flavus leucostriatus STEIN. chen oder Pieper. 4 Arten, (Sibirian Yellow Wagtail). Pi Anthus pennsylvanicus 'THIENEM. Union als Zugvogel vor und überwintert in den ſüd— lichen Staaten, Mexico und Guatemala. Nördlich ver breitet er ſich bis nach Grönland und ebenſo kommt er Ich habe ihn während des ganzen Winters einzeln, paarweiſe und in kleinen Flügen auf den Prärien bei Houſton in Texas be obachtet. Auf allen freien Plätzen der Stadt ſelbſt und auf den Straßen trieben ſie ſich nach Art der Hornlerchen zahlreich umher. Einzelne kamen täglich in meinen Hofraum, wo fie den Kehricht und die Küchenabfälle nach Nahrung durchſuchten. Sie laufen ganz wie die Lerchen auf dem Boden umher, wippen dabei aber bejtändig mit dem Schwanze. Die Erde verlaſſen fie ſelten und auf Bäumen, Zäunen oder Pfoſten ſieht man ſie faſt nie. Ich beobachtete ſie in Texas nie vor dem erſten November, von da an aber den ganzen Winter hindurch bis anfangs März, zu welcher Zeit ſie in Flügen bis zu zwanzig Stück nörd— lich zogen. Unſer Pieper brütet in großer Anzahl in Labra— dor. In der Nähe der Küſte findet man das Neſt dort häufig auf mit Moos bedeckten Felſen und ebeuſo in tiefen Thälern. Es ſteht in der Regel am Fuße einer Felſenwand, eingebettet in dunklem Pflanzenmoder, und iſt aus Gräſern ſchön geformt. Die vier bis ſechs weißen Eier ſind der Grundfarbe nach dunkel— ſchokoladebraun und mit nicht deutlich zu unter— ſcheidenden ſchwarzen Linien und Strichen gezeichnet. Die Neſter ſind faſt ganz aus groben trockenen Grä— ſern loſe zuſammengefügt. Audubon beſchreibt die Grundfarbe der Eier als dunkelrötlichbraun, mit zahlreichen noch dunkleren Flecken, Punkten und Linien. — Mit Ausnahme der Kronfinken (Zonotri- chia leucophrys) ſind die Pieper oder Spitzlerchen dort die zahlreichſten Landvögel. Wahrſcheinlich brütet dieſer Vogel auch in den öſtlichen Gebirgen der Union. Thatſache iſt es, daß er im Felſengebirge Colorados brütet, denn Allen fand dort auf dem Mount Lincoln kaum flügge Junge und zwar inmitten der Schneefelder über der 136 Die Prärie- oder Miſſouri-Lerche. N | | Baumgrenze. Wahrſcheinlich brütet er auch im Wahſatch-Gebirge. — Spät im September und an— fangs Oktober kommen ſie in großen Flügen in Wis— conjin und im nördlichen Illinois aus ihrer nordi— ſchen Heimat an, doch iſt der unſcheinbare Vogel, außer dem Forſcher, Liebhaber und Sammler faſt nie— mandem bekannt. Viele überwintern ſchon in den Mittelſtaaten. Namen: Pieper, amerikaniſcher Pieper, Spitzlerche, Polar— pieper (Thienem.), Graupieper. American Pipit or Titlark, Prairie Titlark, Reddish-brown Titlark, Brown Lark, Red Lark (Penn.), Hudsonian Wagtaıl (Lath.), Louisiané Lark (Latham). Farlouzanne (Buff.), Aloutte aux joues brunes de Pennsylvanie (Buff., Hist. Nat. des Ois. V.), Alouette pipe (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Alauda ludovieiana Gmel. (1788). — Anthus ludovieianus Licht. (1838), Nutt., Aud., Coues, Brd., B. B. & R., ete. — Motaeilla hud- sonica Lath. (1790). — Anthus pipiens Aud. (1832). — Alauda rufa Wils. (1812). — Anthus spinoletta Bp. (1526). — Anthus pennsylvanicus Thienemann, Rhea II, (1849). A.O.TT., „Code and Check List“ (1856). Beſchreibung: Geſchlechter gleich. Oberſeits olivenbraun, die meiſten Federn mit dunkler Mitte. Flügel ſchwärz— lichbraun, Schwung- und Deckfedern mattbraun geran— det. Schwanz ſchwärzlich, die mittleren Federn wie der Rücken, die zwei oder drei äußeren zum Teil weiß; Strich über und Ring um das Auge und ganze Unter— ſeite bräunlichweiß; die Bruſt, die Seiten des Halſes und der Unterſeite olivenbraun gefleckt. Länge 6.25 bis 7.00 Zoll; Flügel 3.25 bis 3.50, Schwanz 2.75 bis 3.00 Zoll. Die Prärie- oder Miſſouri-Derche. Sprague’s Pitlark. m die Prärie- oder Miſſonri-Lerche in ihrer Heimat kennen zu lernen, müſſen wir die Steppen und Prärien Dakotas und des Sas— katchewan aufſuchen. Dort, wo noch vor wenigen Jahren die gefürchteten Sioux den Büffel jagten, wo noch beute weite faſt gänzlich unerforſchte Gebiete lie gen, iſt ihre Heimat. Mutig und unaufhaltſam wälzt ſich gerade jetzt der Strom der Einwanderung Anthus Spraguei BAIRD. in dieſes Präriegebiet, denn der äußerſt fruchtbare Boden hat für den Ackerbauer viel Verlockendes. Die Winter Dakotas ſind aber lang und zeichnen ſich durch eine ſibiriſche Kälte aus. Dazu kommt noch der Holzmangel der meiſten Präriediſtrikte. Meilen— weit kann man umherſchauen, ohne auch nur einen Baum oder Strauch zu entdecken. Doch auch in dieſen Steppengegenden, welche im Sommer mit J a a BE hohem, dichtem Gras beſtanden find, finden wir manche intereſſante gefiederte Bewohner. Der wert vollſte von allen, ein wahrer Charaktervogel dieſer ausgedehnten Prärie, iſt die Prärie- oder Miſ— ſouri-Lerche. Ihr Brutgebiet ſcheint ſich von Nebraska nörd lich bis ins Gebiet des Saskatchewan zu erſtrecken, weſtlich bis zum Felſengebirge, öſtlich vielleicht bis Minneſota. Im Jahre 1843 von Audubon bei Fort Union entdeckt, hörte man Jahrzehnte nichts mehr von ihr. Nachdem ein engliſcher Offizier ſie auf britiſchem Gebiete zahlreich beobachtet hatte, fand Dr. Coues dieſelbe 1873 ebenfalls ſehr zahlreich, und zwar dicht an der nördlichen Grenze Dakotas, und Prof. Allen fand im ſelben Jahre im Yellow ſtone-Gebiete das Neſt. Man kann ſie als die Vertreterin der deutſchen Feldlerche in Amerika betrachten, ſowohl hinſichtlich ihrer Lebensweiſe als auch in Hinblick auf ihren vor züglichen Geſang, obwohl ſie zu einer ganz verſchiede— nen Vogelfamilie gehört. Ob das Lied das der be— rühmten europäiſchen Sängerin erreicht, werden ſpä tere genaue Beobachtungen zu entſcheiden haben. Die wenigen Ornithologen, welche den Geſang hörten, ſprechen mit Begeiſterung von demſelben. — Sie kommt nie in Waldgegenden, ſondern immer in der weiten freien Prärie vor, wo fie mit Bairds-Finken!) und Kaſtanienammern?) den Hauptbeſtandteil der Prärieornis ausmacht. Schon Audubon berichtet, daß ſie in dieſem Gebiete, namentlich am Miſſouri, zahlreich ſei, und neuere Beobachtungen haben dies beſtätigt. Er fand im Auguſt Geſellſchaften junger Lerchen von acht bis zwölf Stück. Die Lebensweiſe ſtimmt ganz mit der der Feldlerche überein. „Verſchiedene Male“, ſo ſchreibt er, „ſuchte mein Freund Harris auf der Erde nach dieſen Vögeln; verleitet durch den Geſang, der aus dem Graſe der Prärie zu kommen ſchien, welche ſie ſonſt faſt beſtändig bewohnen. Endlich, nachdem wir vergeblich weit in der Prärie umher— gewandert waren, ſchauten wir empor. Da ſahen wir mehrere der herrlichen Geſchöpfe in vollem Ge— ſange und beobachteten, wie ſie immer höher und höher ſtiegen, ſodaß wir ſie kaum noch mit dem Auge wahrnehmen konnten, ja einzelne verſchwanden in der dünnen reinen Luft jener Region vollſtändig. Auf dem Boden liefen ſie trippelnd umher, ſtanden oft ſtill und duckten ſich nieder, um unſere Bewegungen 1) Ammodramus Bairdii. 2) Calcarius ornatus. Die Prärie- oder Miſſouri- Lerche. N zu beobachten; manchmal richteten ſie ſich auch empor und drehten ſich uns zu.“ Der Flug iſt ſchnell und wellenförmig. Erſt, wenn ſie etwa dreihundert Fuß emporgeſtiegen ſind, beginnen ſie mit dem Geſange und halten damit oft fünfzehn bis zwanzig Minuten an. Dann drücken ſie die Flügel an und fallen plötzlich gleitend herab ins Präriegras. Dieſe Mitteilung Audubons ergänzt Coues wie folgt: „Der Geſang iſt unnachahmlich, unver gleichlich! Kein Wunder, daß Audubon durch den ſelben zur Begeiſterung hingeriſſen wurde. Vom Neſte oder aus dem Graſe emporſteigend, erſcheint uns dieſer kleine Vogel einfach, in die unſcheinbarſten Farben gekleidet. Als kleiner Punkt ſteigt er in dieſer endloſen Fläche mit zitternden Bewegungen der Flügel gerade empor, bis er im blauen Ather verſchwindet. Von hier aus ſendet er ſeine wundervollen frohen Töne, welche aus dem Himmel ſelbſt zu kommen ſcheinen, zurück zur Erde, um den Müden zu erfreuen, den Niedergeſchlagenen und Betrübten zu tröſten und ſelbſt den Stumpfſinnigen und Gemütsarmen wenig ſtens auf einige Augenblicke ſeinen niedrigen Gedanken und Gefühlen zu entreißen. Keinen anderen Vogel geſang unſeres Landes kann man mit den wunder vollen Tönen dieſer Sängerin vergleichen. Es ſcheint etwas Überirdiſches, von oben Herabkommendes in dieſem Geſange zu liegen. Die Töne ſind unbeſchreib lich, aber wenn man ſie einmal gehört hat, kann man ſie nicht wieder vergeſſen. Ihr Umfang und Schall iſt wirklich wunderbar. Obwohl weder beſonders laut und ſchrill, ſcheint doch die ganze Luft mit lieb lichen Wohllauten erfüllt zu ſein, und die fröhliche Melodie klingt oft lange Zeit ununterbrochen fort. Nur eine verhältnismäßig kurze Zeit im Jahre ver nimmt man das Lied und nur während der Brutzeit und ſtets im Fluge erſchallt es.“ Das Neſt iſt im Präriegraſe ſchwer zu finden. Es ſteht in einer kleinen Vertiefung des Bodens, ge wöhnlich an oder in einem Grasbüſchel, und iſt faſt ganz aus Halmen gebaut, an einer Seite etwas ge wölbt. Das Weibchen brütet ſo feſt, daß es nur das Neſt verläßt, wenn man faſt darauf tritt. Die vier bis fünf Eier ſind grauweiß, dicht mit feinen dunkelen Flecken gezeichnet. Nach der Brutzeit ſchlagen ſich Alte und Junge zu ziemlich großen Flügen zuſammen, und nach Mitte September iſt keine Prärielerche mehr im nördlichen Dakota zu finden. Man war lange Zeit im unklaren, wo dieſe Lerchen eigentlich überwintern. Daß ſie ihre Reiſe bis zum ſüdlichen Texas ausdehnen, glaubte in 18 138 Die Prärie- oder Miſſouri- Lerche. ornithologiſchen Kreiſen niemand, bis ſie im Jahre 1877 Sennett bei Galveſton und zwei Jahre ſpäter Schreiber dieſes zahlreich bei Houſton beobachtete. Sie erſchienen in den erſten Tagen des Novembers, hielten ſich einige Tage auf Fahrwegen und in der feuchten Prärie auf, verſchwanden aber bald wieder. Sie waren in ihrem Benehmen dem Graupieper (Titlark) ähnlich, flogen ſehr raſch und meiſt niedrig über den Boden dahin, erhoben ſich aber, wenn ſie eine größere Strecke überfliegen wollten, hoch in die Luft. Sie zeigten ſich ſehr ſchen. Wurden ſie ver— ſcheucht, ſo liefen ſie eine ganze Strecke geradeaus, ehe ſie ſtillſtanden oder aufflogen. — Jedenfalls über— wintern dieſe Lerchen allerwärts, wo der Erdboden nicht fortwährend mit Schnee bedeckt iſt. Man dürfte ſie des Winters nicht nur in allen Präriegegenden von Texas, ſondern auch im Indianer-Territorium und Kanſas zu ſuchen haben. —! —œ7— een) Prärie- oder Miſſouri⸗Lerche. 8 Sprague's Pipit, Missouri Lark, Missouri Sky- lark, Sprague's Lark. . Namen: Wiſſenſchaftliche Namen: Alauda Spragueii Aud., B. A. VII, (1844), pl. 486. — Agrodoma Spraguei Brd. (1852). — Neocorys Spraguei Selat., (1557). — Anthus Spraguei Erd. (1564) und A.O.U., „Code and 5 Check-List‘‘ (1886). g Beſchreibung: Geſchlechter gleich. Oberſeite bräunlich, jede Feder matter braun gerandet, namentlich am Halſe, welcher gelblich verwaſchen erſcheint. Unterſeite matt— weiß; ein Kragen von ſcharf hervortretenden ſchmalen braunen Flecken über der Bruſt und an den Seiten der— ſelben; an den Ohren und über dem Auge ein weißlicher Streif; Schwanzfedern, außer den mittleren, dunkel— braun; die äußere weiß, die zweite weiß, die innere Fahne braun; die äußeren Schwungfedern weiß geran— det; zwei mattweiße Bänder auf den Flügeln; Schnabel und Füße gelb, Oberſchnabel braun. Länge 6.00 bis 7.00 Zoll; Flügel 2.50 Zoll. 228 3.35 Schwanz — eh ——EAñ—᷑ÿ ... * —— ..... m Wood Warblers. I ohne Zweifel zu unſeren 995 intereſſanteſten, ich möchte ſa— . gen, feenhafteſten, bezaubernd— ſten Vögeln. Mit wenigen Aus— nahmen ſind ſie alle buntgezeichnete Ge— ſtalten, immer ſchön und geſchmackvoll, oft prachtvoll und außerordentlich auf fallend gefärbt. Selbſt wenn die Farben matter ſind, zeigt ihre Zuſammenſtellung die angenehmſte Harmonie, welche ganz mit dem edlen Weſen dieſer Vögel im * Einklange ſteht. Die meiſten Arten haben je nach der Jahreszeit ein anderes Kleid; die Geſchlechter ſind ſelten gleich gefärbt und die Jungen zeigen wiederum andere Farben. Obwohl ſie alle Sänger ſind, ſo giebt es doch unter ihnen wenige hervorragende Künſtler. Die meiſten laſſen ein helles, eigenartiges Gezwitſcher hören, bei jeder Art verſchieden, bei faſt allen aber eine merkwürdige Familienähnlichkeit zur Schau tragend. Wir alle kennen das fröhliche Gezwitſcher des Sommer— ſängers, das liebliche Liedchen des Gelbkehlchens! Die Arten der Sippe Droſſelſänger (Serurus) erinnern durch ihren lauten ſonoren Geſang an die Droſſeln, ſie bilden daher auch durch ihr Lied ebenſo wie durch ihre Färbung das Bindeglied zwiſchen dieſen und den Waldſängern. Die meiſten Waldſänger bauen koſige, feſte, künſtliche Neſter. Dies gilt namentlich von allen eigentlichen, ſowie vom Flechtenſänger. Eine Art, der Goldſänger, iſt ein echter Höhlenbrüter; Wurm-, Droſſel-, Erd- und Buſchſänger legen ihren Bau auf | Valdſänger. Mniotiltidae. der Erde an; dieſer it daher auch, wie alle Erdneſter, loſe zuſammengefügt. Faſt keine unſerer Vögel kommen und gehen ſo regelmäßig, als die Waldſänger, keine ſind zu gewiſſen Zeiten in den Bäumen und Büſchen des Waldes und Gartens ſo zahlreich, aber auch keine ſind dem gewöhnlichen Menſchen ſo unbekannt als ſie. Ich habe es mir daher zur beſonderen Aufgabe gemacht, ſie möglichſt genau zu beſchreiben. Auf den Tafeln X, XI, XII, XIII, XIV und teilweiſe auf Tafel NV find die prächtigiten und intereſſanteſten, im ganzen 30 Arten, ſehr ſchön und naturgetreu ab \ gebildet. ihnen. Die meiſten Waldſänger erſcheinen im Frühling, wenn die Bäume blühen, wenn der Wald grün wird, und dann ſchwärmt es eine Zeitlang förmlich von Sie ſcheinen beſonders dazu beſtimmt, das Gleichgewicht in der Natur aufrecht zu erhalten, indem ſie beſtändig die Bäume von Juſekten, faſt ihre ausſchließliche Nahrung, ſäubern. Sie beſuchen die Gärten, wenn im Süden die Orangen- und Pfirſich-, weiter nördlich die Kirſch-, Birn- und Apfelbäume in Blüte ſind. Scheinbar achtlos tummeln ſie ſich in den duftenden, zarten Blütenbüſcheln, wo es jetzt von verderbenbringenden Inſekten ſchwärmt, und ſind faſt in ununterbrochener Thätigkeit, in jede Ritze der Borke lugend, jedes Blatt unterſuchend, jeden Blütenkelch von Ungeziefer ſäubernd. Gerade ſie ſind darum die beſten Freunde der Obſtgärtner. Wenn man die Waldſänger kennen lernen will, braucht man nur an einem ſchönen Maitage in einen blühenden Apfelgarten zu gehen und man wird nicht lange nach den bunten, mit den Tropenvögeln an Farbenpracht r 140 Der Kletterfänger. wetteifernden kleinen Sängern zu ſuchen haben. Ein— 3. Helinaia Aupuzox. Gras- oder Ried— zelne Arten halten ſich mit Vorliebe hoch oben in den jünger. 1 Art. Baumwipfeln auf, andere umflattern die Baum 4. Helmitherus Rarınzsqun. Wurmſäuger. ſtämme und dickeren Aſte der Waldrieſen und noch 1 Art. 5 andere treiben ſich mit Vorliebe im verworrenen dichten Buſchwerk der Dickichte umher, während ein anderer Teil ſich im Staudenwerk des Bodens, im Moos und 5. Helmintophila Iuba wax. Buſchſänger. S Arten. im alten vermoderten Laubwerk aufhält. 6. Compsothypis CABANISs. Meiſenſänger. Dem Obſtzüchter und Landmann ſind die Wald- 2 Arten. ſänger von unberechenbarem Werte; dem Natur— | 7. Dendroica Gray. Eigentliche Waldſänger. freunde find fie ſchon in äſthetiſcher Hinſicht die an- 2 Strien. mutigſten kleinen Elfen der Vogelwelt, einerlei ob er ihre hübſche Geſtalt, ihre bunte Färbung oder ihre Lebensweiſe ins Auge faßt; dem Forſcher ſind ſie ganz 9. Geothlypis CABanıs. Erdſänger. 6 Arten. beſondere Lieblinge, welche ihn begeiſtern und ent— zücken, deren Thun und Treiben er gar nicht müde 5 wird zu ſtudieren. 11. Sylvania NUTTALL. Prachtſänger. 3 Arten. Wir teilen dieſe hochintereſſante, artenreiche Fa— 12. Setophaga Swarsson. Schnäpperſänger. milie, wie fie in den Vereinigten Staaten vorkommt, 3 Arten. in folgende 15 Sippen: S. Seiurus SWAINSON. Droſſelſänger. 3 Arten. 10. Ieteria VIEILTOT. Schwätzer. 1 Art. N 13. Oardellina Duos. Maskenſänger. I Art. 1. Mniotilta Vreitror. Kletterwaldſänger. 1 Art. 2. Protonotoria BIRD. Goldſänger. 1 Art. 15. Basileuterus CABANIS. Tropenſänger. 1 Art. l4. Ergatieus BaırDd. Rubinſänger. 1 Art. Der Kletterfänger. Black and White Warbler. Mniotilta varıa VIEILL. Tafel NI. Vogel 3. 4 II. den gebüſchreichen, ſchattigen Wäldern Wis- keit zu ſuchen. Ich fand ihn während der Brutzeit cConſins, wo die Wald- und Röteldroſſel ihre von den Nadelholzwäldern Wisconſins bis zu den herrlichen Lieder erſchallen laſſen, wo Waldvireos, gemiſchten Wäldern von Texas. Während des Som— Erdfinken und Droſſelſänger ſich im friſchen Grün mers von 1883 brütete ein Pärchen in dem dichten der Bäume oder auf dem mit Moos, Wintergrün Walde unmittelbar hinter meiner Wohnung im ſüd— und Farnkräutern bewachſenen Boden tummeln, wo weſtlichen Miſſouri. Die Vögel trieben ſich ganz in nicht zu weiter Ferne eine Quelle aus dem Geſtein furchtlos in den Schwarz- und Pfoſteneichen am hervorſprudelt oder ein Bächlein rauſcht, da finden Haufe und den Obſtbäumen des Gartens umher. wir regelmäßig, obwohl nicht häufig, unſere bunten Die Heimat des Kletterſängers erſtreckt ſich Kletterſänger, ein liebliches, ſehr munteres vom Atlantiſchen Ozean bis weſtlich zum Miſſouri Vögelchen. Auch am gebüſchreichen Waldesſaum in und nach Kanſas. Nördlich verbreitet er ſich bis in der Nähe der Felder und ſelbſt in der unmittelbaren die Pelzgegenden, iſt jedoch ſchon im nördlichen Neu— Umgebung menſchlicher Wohnungen, in Sümpfen England ziemlich ſelten. Den Winter verbringt er und Wieſen kommt er vor; ſein eigentliches Wohn- in Mexico, den Bermudas und in Florida. In gebiet hat man aber mehr in der tiefen Waldeinſam- Texas traf ich im Winter keinen Vogel dieſer Art, da 7 U > u PROTONOTARIA CITREA BAIRD GOLDSÄNGER. Prothonotary Warbler. COMPSOTHLYPIS AMERICANA Cab. HELMINTHOPHILA PINUS Ridow. MNIOTILTA VARIA Vieill. HELMINTHOPHILA CHRYSOPTERA Ridew HELMITHERUS VERMIVORUS Bp NI ME IS ENSAHN GER BLAUFLÜGELSÄNGER. KLETTERSÄNGER. GSOLDFLÜGELSÄNGER. WURMSÄNGER. Parula Warbler Blue-winged Warbler. Black and white Warbler. Golden-winged Wa rbler. Worm-eating Warbler. 92 D die kalten heftigen Nordwinde faſt alle Inſektenvögel ſüdlicher treiben. Sie ziehen ſchon im September in kleinen Flügen ihrer Winterherberge zu, erſcheinen erſt Ende März wieder in Texas, ſind in der erſten und zweiten Aprilwoche beſonders zahlreich und ſind Ende des genannten Monats faſt alle dem Norden zugeeilt. Nur wenige Pärchen bleiben zurück, um zu brüten. In Wisconſin und Nord-Illinois erſcheinen viele in der zweiten, die meiſten aber erſt in der dritten Woche des Mai. Sie wandern im Frühling meiſt paarweiſe, finden ſich aber gewöhnlich in der Geſell ſchaft zahlreicher anderer Waldſänger. Man hielt ihn früher für eine Art Baumläufer (Certlvia), und der Altmeiſter nordamerikaniſcher Or— nithologie, Wilſon, beſchrieb ihn auch als ſolchen in feiner berühmten „American Ornithology.“ Da er in feiner äußerlichen Erſcheinung dem Baum— läufer gleicht und auch wie dieſer an den Stämmen und Aſten kletternd umherſucht, ſo iſt dieſe Annahme erklärlich. Nähere Bekanntſchaft mit ihm und ſeiner Lebensweiſe ließ jedoch das Irrige dieſer Annahme er— kennen. Sein ganzes Thun und Treiben und ſein Geſang kennzeichnet ihn als erſten Waldſänger. Am beſten kann man ihn während des Frühlingdurchzugs beobachten, wenn er in den blühenden, jetzt von In— ſekten ſchwärmenden Obſtbäumen ſich munter umher— treibt. Gewandt klettert er an den Baumſtämmen, oft Schraubenlinien beſchreibend, auf und ab, begiebt ſich an die dickeren Aſte, allerwärts aus Ritzen und Riſſen der Rinden ſchädliche Kerbtiere und deren Eier und Larven abſuchend, klettert hie und da auch in das kleinere Gezweig, unterſucht jedes Blättchen und jeden Blütenbüſchel, und flattert den fliehenden Käfern und Fliegen geſchickt nach, weiß ſich ſeiner Beute alſo auch fliegend zu verſichern. Auch auf den alten Baum— ſtämmen, auf Zäunen und im Wurzelwerk am Boden ſchlüpft er umher. Er hält ſich beim Umherſpähen nach Juſckten nie lange auf einer Stelle auf, denn dazu iſt er viel zu unruhig. Haſtig flattert er viel— mehr von Aſt zu Aſt, von Baum zu Baum, ſich auf einer Stelle nur immer kurze Zeit aufhaltend. Nur die Baumſtämme und dicken Aſte werden lange und ſorgfältig durchſucht. Allerlei Käfer, Würmer, Flie— gen, Spinnen, kleine Raupen, Schmetterlinge, deren Eier und Larven bilden ſeine Nahrung. Obgleich man nicht berechtigt iſt, den Geſang weder laut noch auch abwechſelnd zu nennen, ſo muß man ihn doch zu den charakteriſtiſchen Säugern unſe— rer Wälder zählen. Durch ſeine Lieblichkeit und durch das fleißige Erklingen wird er beſonders wert er Kletterſänger. 141 voll. Der Sänger füllt ſeine Stelle im gefiederten Chor unſerer Waldmuſikanten daher ſehr gut aus. Wenn es überhaupt möglich iſt, den Geſang eines Vogels durch Buchſtaben wiederzugeben, ſo könnte man ihn vielleicht durch folgende Laute verdeutlichen: „Wih,zſisſi-ſi-ſi-ſi-ſi“. Der erſte Ton wird etwas langgezogen, die übrigen folgen ſchnell aufeinander; alle Töne ſind hoch, hell und rein. Er ſingt ſtets während des Umherkletterns. Wenn er ſingt, hält er in ſeinem Thun und Treiben einige Augenblicke inne, wirbelt ſein Liedchen und klettert, hüpft und flattert dann ſogleich weiter, um es im nächſten Augenblicke zu wiederholen. Die Töne erinnern an den Geſang mancher anderer Waldſänger und nur der mit den verſchiedenen Arten vertraute Kenner merkt den Unterſchied. Am eifrigſten erklingt das Liedchen Ende Mai und in den beiden erſten Wochen des Juni. Der Lockruf klingt wie „Zip“, der Angjt ruf tönt ſchriller. Trotz der Gewandtheit ſeiner Bewegungen herrſcht doch in ſeinem Weſen etwas Ruhiges, Würde volles, eine charakteriſtiſche Eigentümlichkeit auch vieler anderer Waldſängerarten. — Da der Kletterſänger ein ſehr zutraulicher, durchaus nicht ſcheuer Vogel iſt, ſo gehört er zu den bekannteren Erſcheinungen unſerer Wälder. Sein Neſt legt er ſehr verſteckt neben einem mit Moos bewachſenen, am Boden liegenden Baum— ſtamme, an einem Farn- oder Staudenbüſchel, an einem Steine, im Wurzelwerk eines Baumes oder alten Stumpfes au. Auch in Baumhöhlungen hat man es wiederholt gefunden. Es iſt ein ſehr hübſcher, aus Blättern, Gräſern, Moos und Baſtfaſern be ſtehender Bau, welcher innen mit Wolle von Farn— kräutern und anderen weichen Pflanzenſtoffen, manch— mal auch mit Haaren weich ausgelegt iſt. Die vier bis ſechs Eier ſind der Grundfarbe nach rahmweiß, über und über mit rötlichbraunen Punkten geſpren— kelt, zwiſchen welchen einige größere dunkelbraune Flecken ſtehen. Die Jungen werden ſorgfältig auf— gefüttert, gepflegt und nach dem Ausfliegen bis zum Antritt der Reiſe nach dem Süden geführt. Das Neſt ſieht ſeiner Umgebung ganz ähnlich. „Ich war oft vergeblich in den Wald gegangen“, ſchreibt Burroughs, „und hatte kein beſonderes Neſt ge funden. Nun ging ich zum letztenmal hinein, um ihm einen Abſchiedsbeſuch zu machen, aber dabei fand ich mehrere Neſter. Ein Baumläuferſänger ließ plötz— lich ſeinen Warnungsruf hören, als ich mich inmitten des dichten Waldes einem morſchen Baumſtumpf näherte. Er ſetzte ſich auf denſelben, ließ ſchrille 142 Der Goldſänger. Töne hören, lief an den Seiten auf und nieder und verließ den Platz nur mit Widerſtreben. Das Neſt, welches drei faſt völlig flügge Junge enthielt, war auf dem Boden unten an den Stumpf gebaut, und zwar nahm es eine ſolche Stellung ein, daß die Färbung der Jungen vollſtändig mit den umherliegenden Rindeuſtückchen und Zweigteilen übereinſtimmte. Ich mußte ſcharf hinſehen, um ſie ſogleich zu finden. Sie hockten dicht zuſammengedrängt im Neſte, ſobald ich aber meine Hand nach ihnen ausſtreckte, huſchten ſie mit lautem Augſtgeſchrei davon, welches die Alten ſofort faſt bis in den Bereich meiner Hand brachte. Das Neſt war nur aus etwas trockenem Gras auf eine dicke Unterlage alter Blätter gebaut.“ Unglücklicherweiſe wählt der ſchädliche Kuhvogel gerade häufig das Neſt des Baumläuferſängers, um ſein Ei ihm anzuvertrauen. Dadurch gehen jährlich ſehr viele Bruten dieſer lieblichen kleinen Waldſänger zu Grunde. Ridgway fand bei Mount Carmel in Illinois ein Neſt dieſer Art, welches zwei eigene und vier Kuhvogeleier enthielt und Trippe fand ſogar eins mit fünf Eiern des Paraſiten. Unſere Waldſänger ſind überhaupt nirgends häufig; durch dieſe in großen Schwärmen ſich umhertreibenden Kuh— vögel, deren Junge ſie erbrüten und aufziehen müſ— ſen, während die eigene Brut dadurch zu Grunde geht, werden ſie noch viel ſeltener. Ich entferne ſchon ſeit Jahren die fremden Eier und jungen Kuh— vögel aus den Neſtern, wo ich ſie finde. Auch die alten Schmarotzer ſollten weggeſchoſſen werden, wo ſie ſich zeigen. Der Flug unſeres bunten Sängers iſt ziemlich gewandt, ſchnell und anhaltend. Während der Zug— zeit erhebt er ſich hoch in die Luft und fliegt dann raſch dahin. Sobald die Mauſer anfangs September glücklich überſtanden iſt, zieht das Pärchen mit den Jungen dem Süden zu. Für die Gefangenſchaft eignet ſich dieſer wie faſt alle Waldſänger vortrefflich. Ein Vogelliebhaber in Chicago, Herr L. Wolters— dorf, erhielt im Herbſt 1878 einen Vogel dieſer Art, welcher in einem geräumigen Käfig, in welchem ſich auch einzelne große Stücke Baumrinde befauden, untergebracht wurde. Er gewöhnte ſich ſehr bald ein, ging ohne befondere Umſtände an das gereichte Spott- droſſelfutter, kletterte faſt beſtändig an der Baum— rinde umher und kroch des Abends hinter dieſelbe, um zu ſchlafen, was anzudeuten ſcheint, daß er auch im Freileben ſich irgend eine Höhlung zur Nacht— ruhe aufſucht. Durch ſeine einfache Schönheit und ſein liebliches Weſen machte er ſeinem Pfleger viele Freude. Namen: Kletterſünger, Baumläuferſänger, Kleibwald— ſänger (Brehm). Black and White Warbler, Black and White Creeper, White-poll Warbler (Penn.), Üreeping Warbler, Northern Creeping Warbler (Nutt.), Black and White Creeping Warbler, Small Black and White Bird (Sloane). Figuier varié de St, Dominque (Buff.), Grimper- eau varié, Mniotille varie (Vieill.) Wiſſenſchaftliche Namen: Motaeilla varia L., S. N, I, (1766). — Sylvia varia Lath. (1788). — Oerthia varia Vieill. (1807). — Mniotilta varia Vieill. (1816), Aud., Nutt., ete. — Nectarinia varia Halın. — Cer— thia picta Bartr., Trav. Fla. (1791). — Certhia macu- lata Wils. (1811). — Oxiglossus maculatus Sw. (1827). Beſchreibung: Schwarz und weiß. Oberſeite ſchwarz, weiß geſtrichelt; Unterſeite weiß, Bruſt und Seiten ſchwarz geſtrichelt; Krone und Kopfſeiten weiß; Streif über dem Auge weiß; Flügel und Schwanz ſchwarz, erſtere mit zwei weißen Querbinden; mehrere äußere Schwanzfedern weiß gefleckt. Weibchen ähnlich, doch ſind die ſchwarzen Flecken der Unterſeiten undeutlich. Länge 5.30 Zoll; Flügel 2.80, Schwanz 2.20 Zoll. Der Goloͤſänger. Prothonotary Warbler. Protonotaria cıtrea BAIRD. Sotel N. 0 ſüdlichen Illinois und Indiana, da wo ſich ergießen, findet ſich eine ſehr reiche Vogelwelt, ein wahres Vogelparadies. Der prächtige, aus hohen Bäumen beſtehende Wald, die waſſerreichen Sümpfe der White River und Patoka in den Wabaſh und Teiche, die ausgedehnten Dickichte bieten zahl— reichen Vögeln ausgezeichnete Aufenthaltsorte. Nir— gends ſind wohl die Waldſänger zahlreicher vertreten, C als im ſüdlichen Indiana, in den Counties Knox, Gibſon u. ſ. f., und in den angrenzenden Teilen von 9 — * —— . . — — —————— — — r Der Goldjänget, Illinois. Als den prachtvollſten aller hier brütenden Waldſänger muß man den Goldſänger bezeichnen, deſſen eigentliche Heimat wir hier zu ſuchen haben. Sein Wohngebiet ſind die ausgedehnten Teiche und Sümpfe in der Nähe der Flüſſe und Bäche, wo zahlreiche Weiden und Cypreſſen im Waſſer umher— ſtehen. Wollen wir ihn kennen lernen, ſo müſſen wir uns einen leichten Kahn verſchaffen und damit hinaus fahren in die Teiche, Seen, Waſſertümpel und Sümpfe. Wir wählen uns zu unſerer Beobachtungs— tour einen ſonnigen, warmen Tag in der letzten Mai woche oder anfaugs Juni. Vor uns liegt eine ſtille Waſſerfläche, welche faſt ringsumher wie von einer | Mauer mit den ſchönſten Waldbäumen umgeben iſt. Knopfſträucher und andere Büſche umſäumen die Ufer. Hinderniſſe auf dem Waſſer dahin. wir von den üppigen Blättern der wohlriechenden Aber nicht lange gleitet unſer Canoe ohne Bald werden Waſſer- und der gelben Teichlilien und von den ſchönen Cabombas!) in unſerer Ruderfahrt aufgehal— ten. Nur mühſam gelangen wir vorwärts, unſere Augen ſchweifen mit Entzücken über dieſe Waſſerlilienflächen. Allerwärts regt und bewegt es ſich. Zierliche Waſſerhühnchen laufen neckiſch ſpielend über die breiten Blätter dieſer Waſſerpflanzen. Braut— enten und andere Waſſervögel fliegen von allen Sei— ten auf, während ihre Jungen nach allen Richtungen hin entfliehen. Reiher waten gravitätiſch durchs ſeichte Gewäſſer. Aus dem nahen Walde tönen die Stimmen zahlloſer Vögel zu uns herüber. langſame, feierliche Geſang der Walddroſſel, die lieb— liche, milde Weiſe der Waſſerdroſſel, das Gehämmer der Spechte, das Liedchen des Kentuckyſängers, der emphatiſche Geſang des Kalmienſängers, das mono tone „Pitta, Pitta“ der Haubenmeiſe, das Gezwit ſcher des Blauſängers dringt an unſer Ohr. Aus allen Teilen des mit Weiden beſtandenen Teichrandes erſchallt aber der ſchöne Geſang des Goldſängers. An vielen Stellen der Teich-, Fluß- und Sumpf aber Der ränder nehmen Weiden die Stellen der Knopfſträucher ein. Dieſe ſtehen gewöhnlich nicht ſehr dicht beiſam— men, und zwiſchen den grünen Stämmen findet man auch allerwärts trockene, morſche Weidenſtumpfe, in welchen ſich zahlreiche Spechtlöcher finden, die jedoch ſchon längſt von ihren früheren Baumeiſtern und Eigentümern verlaſſen ſind. In ſolchen Gegenden brütet oft ein Pärchen Goldſänger neben dem andern, ſodaß man gar nicht ſelten zwanzig Neſter nahe bei 1) Cabomba caroliniana, | 143 ſammen findet. In den größeren Höhlungen und im Geäſt der Weidenbäume brüten Bootſchwänze, und auch einige Spechte und Carolina-Meiſen ſieht man in der Nähe. Außer dem Forſcher, Sammler und Jäger ſtört ſelten ein Menſch die Ruhe und den Frie— den dieſer Sumpf- und Waldlandſchaften. Wer mit offenem Auge und Herzen in dieſe Gebiete eindringt, wer nicht proſaiſche Gefühle mitbringt, wird reichlich für alle Mühe eutſchädigt durch den Naturgenuß: durch die bezaubernden Reize der Natur und durch das Leben und Treiben in dieſen abgelegenen Wald bezirken. Sobald in der dritten Woche des April im unteren Wabaſh warmes Wetter eintritt und die Bäume ſich belauben, erſcheint mit zahlreichem Sän— gergefolge unſer Goldſänger. Zuerſt ſtill und ſcheu, wird er bald lebendig und laut. Kurz nach ſeinem Eintreffen, welches etwa am 20. April erfolgt, gewahrt man allerwärts die anziehendſten und anmutigſten Erſcheinungen der nordamerikaniſchen Ornis, die Waldſänger. Oben im friſchen Grün der Wald— bäume bewegt ſich der glänzende Blauſänger!) und der Tillandſienſänger?). Munter flattert das ſchnelle Rotſchwänzchen !) und der Kalmienſänger!“) durchs niedrige Gebüſch und Geäſt der Bäume, Kaum ver mag man ihren ſchnellen Zickzackbewegungen mit den Augen zu folgen. Buſch-“) und Sommerſänger“) treiben ſich mit Vorliebe am Waldrande umher, und das Gelbkehlchen ') ſowie der Kentuckyſänger?) beleben das niedere Geſtrüpp des mit Gebüſchen umrandeten Waldſaumes. Auf dem mit Moos bewachſenen Waldboden hat der Droſſelſänger') und am Rande der Sümpfe ſein Vetter, der Waſſerſänger !) fein Standquartier. Unter allen dieſen hier brütenden ſchönen Sommergäſten iſt aber der Goldſänger der leuchtendſte und auffallendſte. Da wo Weiden!) beiſammen ſtehen, iſt er einer der gewöhnlichſten und charakteriſtiſchen Vögel. Er findet ſich allerwärts, namentlich an den Ufern der Teiche des Cypreſſen ſumpfes. Hier trifft man ihn in großer Anzahl, gewöhnlich in Kolonien brütend. Die beiden Fak— toren, welche ſtets ſein Vorkommen bedingen: Waſſer und Baumhöhlungen, finden ſich hier allerwärts. Fern vom Waſſer findet man ihn nie. Man entdeckt nicht ſelten Neſter, welche hundert und mehr Schritte vom Ufer entfernt ſind, betrachtet man aber die Ort⸗ ı) Dendroiea cnerulea. 2) Dendroica dominiea. 3) Setophaga ruticilla. 4) Sylvania mitrata. 5) Helmintophila chrysoptera. 6) Dendroica aestiva. 7) Geothlypis trichas. 8) Geothlypis for- mosa. 9) Seiurus aurocapillus. 10) Seiurus motaeilla, 11) Salix nigra, 144 Der Goldſänger. lichkeit genau, jo wird man finden, daß von hier erft | ganz kürzlich das Waſſer zurückgetreten iſt. Allerwärts aus den Weiden und Knopfſträuchern erſchallt während der Brutzeit der Geſang aus den Kehlen zahlreicher Männchen. Wie glühende Funken leuchten hierbei die herrlichen Vögel aus dem Gelaube der Bäume und Büſche hervor. Man kann ſich von der wunderbaren Pracht dieſer glänzenden Waldſänger gar keine rechte Vorſtellung machen, wenn man ſie nicht lebend in ihrem Wohngebiete geſehen hat. In dem gelblichgrünen Laubwerk der Weiden tritt das grelle Gelb nicht beſonders hervor, wenn er aber auf“ alten, moosbewachſenen Baumſtämmen und Stumpfen umherhuſcht oder wenn er über das dunkle Waſſer dahinfliegt, dann erglühen ſeine Farben förmlich. Bald nach der Ankunft beginnt auch die Paarungszeit. Mancher heiße Kampf entſpinnt ſich nun zwiſchen verſchiedenen Männchen. Oft geraten ſie ſo aneinander, daß ſie auf die Erde herabfallen. Bald hat ſich aber faſt ein jedes ein Weibchen und eine Niſtſtätte erkämpft und friedlich wohnen dann oft viele Pärchen nebeneinander. Jetzt erſchallt auch der Ge— ſang am eifrigſten. Laut und heiter ertönt das Lied— chen, ebenſowohl während der heißen Mittagszeit und bei wolkigem Himmel, als in den ſtillen Morgen- und Abendſtunden. Durch ſeine ſchallenden, faſt ſchrillen Töne trägt er außerordentlich viel zur Belebung ſeines Wohngebietes bei. Er hat auch noch einen beſonders ſanften, lieblichen Geſang, den er nur in der Nähe des Weibchens hören läßt und der anſcheinend nur während des Fluges hervorgebracht wird. Obwohl tief und leiſe, iſt er doch außerordentlich lieblich und ähnelt den Waſſerrollen guter Harzer-Kanarienvögel. Der Flug geſchieht dabei mit zitternden Bewegungen, indem er mit emporgerichtetem Kopfe und ausgebrei— tetem Schwanze dem brütenden Weibchen zueilt. Der Lockton iſt ein ſanftes „Tſchip“; der Warnungsruf klingt ſchriller. Wenige Vögel gleichen dem Goldſänger an Leb— haftigkeit. Kein Eckchen ſeines Wohngebiets iſt vor— handen, das nicht täglich wiederholt durchſucht wird. Jetzt ſingt er von der Spitze einer über das Waſſer hängenden Weide aus, wobei er bewegungslos im gelblichgrünen Gelaube ſitzt, ſich wohl bewußt, welchen Schutz ihm dieſes gewährt. Im nächſten Augenblick ſehen wir ihn durchs Gezweig dicht über dem Waſſer oder auf angeſchwemmtem und treibendem Holze um— herhüpfen. Dabei kehrt er einmal über das andere ſeine orangegoldige Bruſt oder den grünlichgelben Rücken dem Beobachter zu, breitet den weißgelben — . . — —— Schwanz aus und hält die Flügel in zitternder Be— wegung oder er ſucht eifrig nach Nahrung. Letztere ſucht er ſich faſt ſtets am oder über dem Waſſer, auf moosbewachſenen Baumſtämmen und im an— geſchwemmten Holze. Oft klettert er auch wie der Baumläuferſänger an den Baumſtämmen umher. Juſekten aller Art, namentlich Spinnen und Käfer, bilden ſeine Nahrung. Der Flug iſt ſehr leicht und ſchnell. Wenn er größere Strecken zu überfliegen hat, ſo erſcheint er hoch und ſanft wellenförmig. Der Goldſänger iſt ein Höhlenbrüter. Unſere älteren großen Ornithologen Audubon, Wilſon und Nuttalhl wußten wenig von ſeiner Lebens- und nichts von ſeiner Niſtweiſe. Erſterer beſchreibt das Neſt falſch, wenn er angiebt, es ſtehe in einer Aſtgabel u. ſ. w. Erſt in den letzten Jahrzehnten hat man Genaueres über Neſt und Eier erfahren. Goß ſcheint das erſte Neſt in Neoſho Falls (Kanſas) gefunden zu haben. Ihm folgte Dr. Palmer, welcher den Vogel in der Kiowa-Agentur (Indianer-Territorium) brü— tend fand. Am zahlreichſten fanden ihn Ridg way und andere im unteren Wabaſh-Gebiet als Brut— vogel. Alle Neſter, welche man bisher entdeckte, ſtan— den in Baumhöhlungen der verſchiedenſten Art. Meiſt ſteht es in verlaſſenen Spechtlöchern in einer Höhe von zwei bis fünfzehn Fuß über dem Waſſer oder über dem Boden. Auch in Aſtlöchern findet es ſich häufig. In Indiana und Illinois iſt es faſt immer in einem alten morſchen Weidenſtumpf angelegt und beſteht aus weichem grünem Moos, welches das Weibchen von alten Baumſtämmen ſammelt. Es wird dabei faſt immer vom Männchen begleitet; letzteres ſcheint ſich aber am Bau nicht zu beteiligen. Ein hübſcher An blick iſt es, wenn das Männchen im Flugloche ſitzt und nur ſeinen Kopf und die goldgelbe Bruſt zeigt. Die Form und Größe des Neſtes iſt je nach der Größe der Neſthöhle verſchieden. Die Bauten ſind, wie alle in Höhlungen angelegten, nicht beſonders ſchön und feſt. Ein typiſches Neſt liegt mir beim Schreiben dieſes Lebensbildes vor. Es ſtand in einem Baumſtumpf, ſieben Fuß vom Boden nahe am Ufer des White River in Indiana und enthielt am 30. Mai vier Eier, welche jetzt mit dem prächtigen Männchen meine Sammlung bereichern. Dieſes Neſt beſteht aus einer kompakten Maſſe grünen, weichen Mooſes und iſt innen mit feinen Wurzeln und Pflanzenſtengeln ausgelegt. Manche Neſter ſind auch mit Blättern, Haaren und Federn ausgekleidet. Auch bei St. Louis iſt der Goldſänger ſtellen— weiſe ein gewöhnlicher Brutvogel. In der Nähe des —— 2 — N Swainſons-Sänger. 145 kleinen Creve Coeur Lake ſcheint er namentlich zahl- eigentliche Heimat iſt aber das mittlere Miſſiſſippi reich zu fein. Als ich dort mit meinem Freunde, thal, das Gebiet des unteren Wabaſh und feiner Herrn Widmann, am 25. Juni 1886 umherſtreifte, Nebenflüſſe. fand ich ein Neſt in einer alten, mit Giftſumach über— | wachſenen hohlen Weide dicht am Rande des Waſſers. Namen: Goldſänger, Weidenſänger. Es enthielt Junge. Man ſah dort viele Alte, welche Prothonotary Warbler, Willow Warbler, hoch oben in den Bäumen und in den im Wafjer | Canary Warbler, Orange Warbler, Orange-throateil 595 5 8 8 8 E Warbler, Golden Swamp Warbler, Prothonotary ſtehenden Weiden ihre nach Nahrung ſchreienden . Swamp Warbler. * füttern Jungen fütterten. Figuier Protonotaire, Figuier à gorge orangée Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach (Pufl.), Fauvette Protonotaire, Fauvette à gorge glänzendweiß, mehr oder weniger dicht rötlichbraun orangee (Vieill.), Fignier à ventre et téte jaunes de gefleckt. Es findet jährlich nur eine Brut ſtatt, und | asian LEINE zeitig im September ſchon zieht die Familie ſüdlich. | Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla eitrea Bodd. ee e e 8 5 4 3 (1783). — Mniotilta eitrea Gray (1848). — Protono- Ihre Reiſe dehnen ſie ſüdlich bis nach Panama aus. laria eitrea Brd., B. N. A. (1858), ete. — Helminto- Er iſt wahrſcheinlich in noch manchen anderen phaga eitrea Cab. — Motacilla protonotarius Gmel. wenig ornithologiſch erforſchten Gegenden des Miſ— (178). — Sylvicola protonotarius Lath. (1790), Wils,, ſiſſippi⸗ ns Ohiothales ebenſo zahlreich, wie am | 14510 Aud. — Helinaia protonotaria Aud., B. A. | unteren Wabaſh. Im ſüdweſtlichen Miſſouri iſt er a RR Beſchreibung: Prachtvoll, ins Auge falle au allen geeigneten Örtlichfeiten durchaus nicht ſelten, e mn Zuge staltend golggelh, | au der Unterſeite matter werdend, auf dem Rücken in und auch im ſüdöſtlichen Texas iſt er Brutvogel. Gelblicholivengrün übergehend, am Rumpfe ſich in Aſch— Im öſtlichen Teile unſeres Landes iſt er ſelten, da blau abändernd; die meiſten Schwanzfedern mit großen gegen dürfte er in den meiſten Südſtaaten ziemlich Wen gezeichnet. (Siehe unſere ſchöne Ab— dung). zahlreich fein. Weſtlich verbreitet er ſich bis nach Länge 5.30 Zoll; Flügel fat 3 Zoll, Schwanz 2.25 Kanſas und zum Indianer -Territorium, feine Zoll. Swainſons-Hänger. Swainson’s Warbler. Helinaia Swainsonmii Aup. \ * ot wenige unſerer Vögel haben eine jo Jahre 1884 gelang es einem unſerer tüchtigſten und eigenartige Geſchichte, als dieſer nach dem erfolgreichſten Forſcher, W. Brewſter von der berühmten engliſchen Ornithologen Swainſon ge- Harvard Univerſität, den Vogel wieder, und zwar nannte Waldſänger. Im Jahre 1832 von Dr. J. ziemlich zahlreich in Süd-Carolina aufzufinden. Seine Bachmann bei Charleston in Süd-Carolina ent- im „Auk“ (1885, Band II, p. 65—80) erſchienene deckt und dann von Audubon beſchrieben und ab prächtige Schilderung iſt für unſer Werk leider zu gebildet, blieb er faſt vierzig Jahre lang ganz unbe— lang, um ſie vollſtändig wiedergeben zu können. kannt, denn keiner der neuen Vogelkundigen fand ihn | Über die eigentliche Heimat, das Brutgebiet des Sän— wieder. „Ich wurde“, ſo ſchreibt Bachmann, gers ſchreibt er wie folgt: „zuerſt durch feinen aus fünf bis ſechs Tönen be- | „Während es außer Zweifel ſteht, daß man den ſtehenden und in Zwiſchenräumen von fünf bis ſechs | Vogel zeitweiſe im Geſträuch trockener Wälder und Minuten erklingenden Geſang, auf ihn aufmerkſam. ſelbſt in offenen Gegenden, wie Orangegärten, trifft, Die Töne waren laut und rein, mehr einem Pfeifen ſo iſt es doch anderſeits gewiß, daß ſich feine eigent— als einem Geſange ähnlich.“ Erſt in den legten liche Heimat während der Brutzeit auf die dicht be— Jahren beobachtete man einzelne Exemplare in Geor- | wachjenen Sümpfe beſchränkt. In Carolina, wie gia, Florida, Alabama, Cuba und Jamaica, und im überhaupt im Süden, hat das Wort Sumpf einen 19 —— 146 Swainſons-Sänger. weiteren Sinn. Da der Swainſons-Sänger in der Wahl ſeines Sommerheims ſehr eigen iſt, ſo iſt eine nähere Erklärung nötig. Sümpfe, welche er bewohnt, kennt man dort unter dem Namen ‚Pine-Jand galls‘ (Kiefernwaldniede— rungen). Es iſt gewöhnlich eine Niederung im ſonſt ebenen Terrain, durch welche ſich ein Bach windet, der ſtellenweiſe mit wohlgeformten erhöhten Ufern ge— ſäumt iſt, oder der ſich ſtreckenweiſe teilt und mehrere träge Kanäle und Tümpel bildet, welche mit Waſſer— lilien bedeckt und mit Rohr und Buſchwerk umrandet erſcheinen. Seinen Weg durch den Wald hin zeigt dieſer Waſſerlauf deutlich an durch die Laubholz— bäume, welche infolge der angeſchwemmten reichen Erde und durch die Feuchtigkeit oft eine gewaltige Höhe erreichen. Am Boden liegen morſche, halbver— faulte Baumſtämme. Ein üppiger Unterwuchs von großblumigem Hartriegel“), Saſſafras und Schnee— ballſträuchern bedeckt den Boden. Durch die vielen Schlingpflanzen, namentlich wilde Weinreben und Stechwinden, wird dies Untergebüſch oft faſt ganz undurchdringlich. Dieſe Streifen Laubholzwaldes — Auwaldungen im kleinen — ſind ſelten mehr als einige Ruten breit. Sie können meilenweit in grader Richtung fortlaufen, doch ſind die in ihnen verborge— nen Bäche nur klein und münden bald in größere, welche wiederum ihr Waſſer bald mit dem größerer Flüſſe miſchen. Die mehr ausgedehnten, gewöhnlich Die beſondere Art der an Flüſſe grenzenden Sümpfe ſtehen zeitweiſe unter Waſſer, welches die zarten Pflanzen hinwegſchwemmt und beim Zurücktreten eine dicke Schicht Schlamm zurückläßt. Hie und da bilden ſich an derartigen Ortlichkeiten Tümpel ſtehenden Waſſers. Solche Ortlichkeiten eignen ſich vortrefflich zum Wohngebiete für Gold- und Kapuzenſänger, welche, obgleich Sumpfliebhaber, doch keineswegs Bodenvögel ſind. In dieſen Sümpfen wird man nach dem Swainſons— Sänger vergeblich ſuchen, außer etwa an den Außen— ſäumen oder auf inſelartigen Erhöhungen, die vom Hochwaſſer nicht berührt werden. Vier Faktoren ſind es, um es kurz zu ſagen, die das Vorkommen unſeres Vogels bedingen: Waſſer, dicht verſchlungene Dickichte, Rohrſtrecken und ein üppiger Wuchs halb— aquatiſcher Pflanzen. „Alle vier Faktoren finden ſich nun in den ſo— genannten ‚Pine-Jand galls‘. Dieſe Laubholzſtrei— fen mit ihren kühlen Schatten, fließendem Waſſer und ihrer üppigen Vegetation ziehen eine große An— 1) Coruus florida. zahl Gebüſch liebender Vögel an; ſie ſchwärmen ſtets von Kardinälen, Buſchvireos, Carolina-Zaunkönigen und Kapuzenſängern, während man gelegentlich auch Gelbkehlchen, hie und da eine ihre flötenden Töne weithin durch den Wald hallen laſſende Walddroſſel, oder einen im Gebüſch trillernden Papſtfinken be— obachtet. Aus den angrenzenden Kiefern klingt der liebliche Geſang des gelbkehligen Waldſängers, der mutwillig-ausgelaſſene Ruf des Haubentyrannen und noch mehr aus der Ferne die unvergleichlichen Töne des hier zahlreichen Bachmanns-Finken. „Am frühen Morgen, noch ehe die Sonne die zarten reifartigen Tautropfen von den Wedeln der Zwergpalme geküßt hat, noch ehe ſie eingedrungen iſt in den noch kühlen, mit Wohlgerüchen erfüllten Sumpf, kann man an einer ſolchen Stelle wohl fünf— zig Vögel gleichzeitig ſingen hören. Das Durch— einander wirkt zunächſt verwirrend auf den Hörer, doch das an Vogelgeſang gewöhnte Ohr wird bald die verſchiedenen Sänger heraushören, und einige darauf verwendete Minuten geben dem Vogelkundigen ſo— gleich ein Bild des ihn umgebenden Vogellebens. Aus dem Vogelkonzert wird man, wenn man glücklich iſt, auch den Geſang vom Swainjons-Sänger ver— nehmen, ein Tonſtück ſo eigentümlich in ſeiner Art, daß es ſelbſt dem Uneingeweihten auffallen muß, und das man, wenn man es einmal genau gehört hat, nicht leicht wieder vergißt. Es beſteht aus einer Reihe klarer, ſchallender Töne, von denen die erſten vier langſam und in derſelben Höhe, die übrigen — fünf oder ſechs mehr gleichmäßig in abſteigender Skala, wie die des Caßon-Zaunkönigs, hervorgebracht werden. Im allgemeinen erinnert das Lied an das der nördlichen Waſſerdroſſel. Es iſt ſehr laut, ſehr ſchmelzend, überaus lieblich und ſchön, gleichzeitig von unbeſchreiblicher Zartheit, und klingt in der Seele des Hörers nach, noch lange nachdem es verklungen iſt. „Noch eine andere Eigenſchaft hat der Geſang. Er klingt in ſo hohem Grade bauchredneriſch, daß es oft ſehr ſchwer iſt, die Richtung anzugeben, aus welcher er kommt. Man geht arglos dorthin, wo der Vogel ſingt, aber plötzlich erſchallt das Lied hinter uns. Man geht wieder zurück und das Umgekehrte iſt der Fall. Jetzt erſchallt er zur Rechten, dann zur Linken, im nächſten Augenblick in den Baumſpitzen und gleich darauf im Gebüſch vor unſeren Füßen. Ungeduldig läuft man hierhin und dorthin, läßt ſonſt alles außer acht und iſt dabei in Gefahr, in den Moraſt zu geraten oder von einer verſteckten giftigen Molaſſinſchlange gebiſſen zu werden. Endlich kehren Der Wurmſänger. wir ermattet vom vielen erfolgloſen Umherſuchen mit der Überzeugung auf unſeren Ausgangspunkt zurück, daß der Sänger ſeinen Platz fortwährend wechſele, gleichſam Verſtecken mit uns ſpiele. Verhalten wir uns ruhig, ſo werden wir ihn zufällig ſtill auf dem Seitenaſte eines niedrigen Buſches ſitzen ſehen, wo er wahrſcheinlich auch ſchon früher geſeſſen hat, ganz in ſein mit Eifer hervorgebrachtes Lied vertieft. Manch— mal fliegt er auch vor dem Beobachter von Zweig zu Zweig her, ſich ſtets mehr oder weniger im dichten Laubwerk verborgen haltend. „Obwohl ein eifriger, feuriger Sänger, iſt er doch gleichzeitig launiſch und unzuverläſſig. Oft kann man ſtundenlang in ſeinem Wohngebiet warten, ſogar früh morgens oder ſpät am Nachmittag, ohne auch nur einen einzigen Ton von ihm zu hören. Aber wenn die Begeiſterung ihn ergreift, dann flutet die herrlichſte Melodie durch den Wald, und ſo ſchnell nacheinander ertönt daun das Lied, daß man kaum eine Pauſe merkt. In dieſer Weiſe habe ich ihn ſchon zwanzig Minuten ſingen hören, obgleich der eigentliche Geſang kaum eine halbe Minute dauert. Solche Aus— brüche des Geſanges können zu jeder Zeit, ſelbſt am Mittag eintreten; ich habe ihn ſogar im ſchwülſten, düſterſten Wetter gehört, als der Wald vom Regen und Nebel triefte. „Wenn er nicht ſingt, iſt er ein ruhiger, zurück— gezogener Vogel, der die meiſte Zeit auf dem Boden im dunkelſten Teile ſeines Lieblingsſumpfes zubringt, wo er in den halbverfaulten Blättern und in den üppig emporgeſchoſſenen Waſſerpflanzen nach kleinen Käfern, ſeiner Hauptnahrung, umherſucht. Alle ſeine Bewegungen ſind gleitend und anmutig, ſein Laufen mehr ein Gehen. Wenn er vom Boden aufgejagt wird, fußt er in der Regel auf einem Aſte und nimmt dann ganz die Stellung an, wie eine aufgeſcheuchte Droſſel. In Erregung zuckt er mit dem Schwanz, | läßt die Flügel hängen und ſträubt die Kopffedern, Bo 147 aber er bewegt nie den Schwanz in der Weiſe, wie das Gelbkehlchen oder wippt mit demſelben wie der Droſſelſänger.“ Das Neſt ſteht in bambusartigem Rohre!) über dem Waſſer. Wayne fand es in einer Höhe von vier bis acht Fuß, über ſtehendem ſowohl als fließendem Waſſer. Nußerlich beſteht dasſelbe aus gebleichten Blättern des Rohres, oft auch aus ſolchen der Waſſer— eiche, Stechpalme und aus Pflanzenſtengeln. Junen iſt es mit Kiefernadeln, Moosfaſern, ſchwarzen feinen Würzelchen und Pferdehaar ausgelegt. Oft erſcheint der Bau jo umfangreich wie ein Bootſchwanzneſt. Die Eier find gewöhnlich einfach weiß, mauchmal leicht, manchmal dicht braun gefleckt. Seine Färbung harmoniert ſo mit dem Boden, daß ſelbſt das ſchärfſte Auge ihn leicht überſieht. Wie die meiſten dickichtliebenden Vögel, iſt auch er ſehr neu— gierig, ſo neugierig, daß man ihn, nachdem man ſich verſteckt, durch Nachahmen eigentümlicher Laute dicht an ſich heranlocken kann. Wie es ſcheint, bevorzugt unſer Sänger die Küſtengegend. Die Beobachtungen unſeres Gewähr— mannes wurden ganz in der Nähe Charlestons ge— macht. Gewiß iſt es, daß Swainſons-Sänger auf Cuba und Jamaica überwintert, denn auf letzterer Juſel fand ihn Dr. Gundlach, auf letzterer Newton ſchon zeitig im Herbſt und im Winter. Namen: Swainſons⸗Sänger, Swainſons-Sumpfſänger. Swainson’s Warbler, Swainson's Swamp Warbler. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia Swainsonii Aud,, O. B. II, (1834). — Vermivora Swainsonii Bonap. — Helinaia Swainsonii Aud., B. A. III, (1841), — Hel- mitherus Swainsonii Bonap. Beſchreibung: Oberſeite olivenbraun, mehr rötlichbraun auf der Kopfkrone; Unterſeite weißlich, gelblich ver— waſchen; Streif über dem Auge bräunlichweiß. Länge 5.50 bis 6.50 Zoll; Flügel etwa 2 Zoll, Schwanz ebenſo lang. Der Wurmfänger. Worm-eating Warbler. Tafel XI. ber den Wurmſänger weiß ich aus eigener Erfahrung wenig zu berichten. In meinem | Heimatsſtaate Wisconſin ſah ich ihn nie. Im ſüd— lichen Illinois und Indiana findet er ſich zahlreich am r lu m. Helmitherus vermivorus By. Vogel 5. Wabaſh und White River, ebenſo im dichten Walde des Kaskaskia. Bei St. Louis kommt er, nach den Mitteilungen des Herrn Widmann, zahlreich vor. 1) Arundiuaria. 148 Der Wurmſänger. Er iſt dort und auch wohl anderwärts ausschließlich ein Bewohner dicht mit Bäumen und Gebüſch be— ſtandener Bergabhänge, in der Nähe von Flüſſen, Seen und Sümpfen; die Sümpfe ſelber bewohnt er | dort aber nicht. Zahlreich ſcheint er auch in manchen Teilen Pennſylvaniens und New Jerſeys zu ſein. In Texas beobachtete ich ihn nur während des Früh— lingsdurchzugs von anfangs bis Mitte April. Keiner 9 zug 9 | Boden liegenden, mit Moos überwachſenen Baum— unſerer Vogelkundigen ſcheint Gelegenheit gehabt zu haben, das Leben unſeres Vogels nach allen Seiten hin kennen zu lernen, denn alle Mitteilungen über ihn ſind kurz und unvollſtändig. Der Wurmſänger iſt keineswegs ein unintereſ— ſanter Vogel. Zwar iſt er nicht, wie faſt alle anderen Arten ſeiner Familie, in glänzende Farben gekleidet, aber doch muß man ihn als einen recht hübſchen Vogel bezeichnen. Sein Wohngebiet ijt der dichte, dumpfe, gebüſchreiche Wald in der Nähe des Waſſers. Sümpfe, welche teilweiſe austrocknen, und Teichränder bewohnt er ebenfalls häufig. Im ſüdlichen Illinois und In— Erde umherſucht, harmoniert ſeine Färbung vollſtän— dig mit dem alten Blätterwerk, ſodaß es nicht leicht iſt, ihn da zu beobachten. Auch wenn er im Gezweig der Büſche ſich umhertreibt, ſieht man ihn nur ſelten, da er ſich den Blicken des Beobachters geſchickt zu ent- ziehen weiß. — Am beſten kann man ihn kennen lernen, wenn man ſich in ſeinem Brutreviere, trotz Moskitos und dumpfer Waldluft, auf einem am ſtamme niederläßt und nun geduldig auf das Thun und Treiben der gefiederten Sängerſchar acht giebt. Bald wird man ihn etwas neugierig in der Nähe umherhüpfen ſehen. Jetzt ſchlüpft er hurtig durchs dichteſte Gezweig, unterſucht die Blätter, zieht eine grüne Raupe, welche ſich an der Unterſeite eines Blattes eingeſponnen und dieſes ſchon zum Teil ge— freſſen hat, aus ihrem Verſteck hervor, ſingt dann ſein Liedchen, fliegt einem davoneilenden Inſekt nach, läßt diana findet man ihn gewöhnlich in der Nähe des ſchönen Goldſängers. Den Wald verläßt er nie. In der Regel findet man ihn im tiefen Inneren größerer Waldſtrecken, fern vom Menſchen und gerade dort iſt er am zahlreichſten, wohin ſich ſelten eines Menſchen Fuß verirrt. Schon das ſumpfige Terrain, noch mehr aber die während der Sommermonate hier ſo ungemein häufigen Moskitos ſorgen dafür, daß die meiſten Menſchen und ſelbſt auch oft der Beobachter fern bleibt. Dies iſt auch der Grund, weshalb wir mit feiner Lebensweiſe und ſeinen Eigen— tümlichkeiten nicht ſo bekannt ſind, wie es zu wünſchen wäre. Er iſt ein kluger und ſehr gewandter Vogel. Schnell und hurtig weiß er ſich im Gezweig der Bäume zu benehmen. In die Spitzen hoher Wald— bäume geht er ſelten, er bevorzugt mehr das niedere Geäſt und die Gebüſche, kommt auch oft auf den Boden herab, um Jagd auf Würmer, Spinnen und anderes Ungeziefer zu machen. Wer gewohnt iſt, die Vögel geduldig in der freien Natur zu beobachten, wird Wilſon zuſtimmen, wenn er angiebt, daß der Wurmſänger ſich ſehr gern in abgebrochenen Aſten, an denen das dichte trockene Laub noch feſtſitzt, zu ſchaffen mache und daß man ihn oft in deu trockenen Blättern raſcheln höre. Jedenfalls fahndet er hier nach Spinnen und Käfern. Seine Nahrung ſucht er ebenſowohl im grünen Blätter- und Blütenſchmuck der Bäume und Gebüſche, als auch aus dem alten modernden Laub des Waldbodens. Wenn er auf der | ſich dann plötzlich auf den Boden herab und läuft auf demſelben wie ein Droſſelſänger!) umher. Man überzeugt ſich auch bald, daß er ſeinen Namen ganz mit Recht trägt, denn er fahndet unaufhörlich nach Würmern und grünen Raupen. Der Geſang iſt kurz und einfach, trägt aber doch zur Belebung ſeines dumpfen, mit üppigem Pflanzen— wuchs bedeckten Wohngebietes bei. Er iſt dem des Zirpfinken oder „Chippy“ ſehr ähnlich, und wenn man im Walde die Töne dieſes Vogels zu hören glaubt, ſo kann man ſicher ſein, daß es ein Wurm— ſänger iſt, der ſingt. Im ſüdweſtlichen Miſſouri, wo er ein ziemlich zahlreicher Vogel der Fluß- und Bach— niederungen iſt, erſcheint er etwa anfangs Mai. Das Neſt ſteht immer auf dem Boden zwiſchen altem Laub und iſt ſehr ſchwer aufzufinden. Jackſon fand mehrere Neſter bei Weſtcheſter (Pennſylvanien). Sie ähnelten denen des Droſſelſängers, beſtanden äußerlich aus Blättern, namentlich aus Buchenblättern, und waren immer mit feinem Haarmoos ) ausgelegt. Dieſe Bauten ſtanden an dicht bewaldeten Berg— abhängen in der Nähe rauſchender Bäche. Neſter, welche man im ſüdlichen Illinois und Indiana fand, waren ebenfalls auf einer Unterlage alter Blätter angelegt und beſtanden nur aus wenig Gras und Haaren. Das Weibchen brütet ſehr feſt und läßt ſich nur vom Neſte verſcheuchen, wenn man es faſt mit dem Fuße berührt. Die vier bis fünf rein-kryſtall⸗ weißen Eier ſind mit feinen rotbraunen Flecken, welche am dicken Ende am dichteſten ſtehen und am 1) Seiurus, ) Polytrichium, WALDSÄNGER IN DER WINTERHERBERGE WARBLERS IN THEIR WINTEROUARTERS. . Dendroica Blackburniae. 2. Dendroica maculosa. 3.Dendroica striata. 4. D. castanea. 5. D.pennsylvanica. 6.D.virens. LE F Der blauflügelige Buſchſänger. 149 größten ſind, gezeichnet. — Sein Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich während der Brutzeit über den mittleren Teil der Vereinigten Staaten nördlich bis zum ſüd⸗ Bachmann's Warbler. Helmintophila Bachmani Rınaw. * E. + 2 e | — lichen Neu-England, weſtlich bis nach Kanſas und Er wurde, wie ſchon der Name andeutet, von dem Indianer⸗Territorium. Seine Winterherberge Dr. J. Bachmann im Jahre 1833 bei Charleston, haben wir in Mexico, Coſta Rica, Weſtindien und in | S. C., entdeckt. Dieſe Sängerart iſt bis heute in Florida zu ſuchen. den Sammlungen noch ſo ſelten, daß kaum die aller— 5 : größten ein Exemplar beſitzen. Über feine Lebens— Namen: Wurmſünger. e e ; 31 Ne ; 5 1 4 weiſe iſt ſehr wenig, über das Niſten gar nichts Worm- eating Warbler, Worm-eating Swamp bek Ru. F ie Ta aD N Warbler. bekannt. Br ae einer der tüchtigſten Vogel— F Ip or Jets * * CH o dei H Demi-fin Mangeur de vers (Bufl.), Pitpit vermi- fundigen der Jetztzeit, der mehrere Jahreszeiten in Charleston verlebte und dort Swainſons-Sänger Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla vermivora W . ſcheint dieſe Art nicht dort gefunden Gmel. (1788). — Sylvia vermivora Lath. (1790), Wils., | zu haben. Jedenfalls iſt er auch in ſeinem urſprüng— Nutt., Aud. — Helinaia vermivora And,, B. X. (1841). lichen Fundorte ſehr ſelten. Seine Heimat ſcheint ſich „ Helmitherus vermivorus Brd. (1858). auf die Küſtengegend Süd-Carolinas und Georgias Beſchreibung: Sehr leicht kenntlich an den 4 ſchwarzen, zu erſtrecken. ſcharf hervortretenden Streifen des Kopfes. Allgemeine Färbung olivenbräunlich, Kopf und Unterſeite mehr Beſchreibung: Die Färbung der Oberſeite iſt olivengrün; gelblich. Zwei der ſchwarzen Streifen laufen durch die | Fleck an der Stirn ſchwarz: Kinn tiefgelb; Kehle Kopfkrone, einer durch das Auge. | ſchwarz; das übrige der Unterſeite tiefgelb. Länge Länge 5.50; Flügel 2.75 Zoll, Schwanz 2 Zoll. | 4.50 Zoll. | Bachmanns-Hänger. vore (Vieill.), Figuier de Pennsylvanie (Briss.). Der blauflügelige Buſchſänger. Blue-winged Warbler. Helmintophila pinus RDGWAV. cel I. Vogel 2. lie Sippe der Buſchſänger (Hemintophila Indianer-Territorium während der Brutzeit ver— Rıpaway) unterſcheidet ſich im Thun und breitet. Er erſcheint etwa vom 5. bis zum 15. Mai Treiben und in der ganzen Lebensweiſe wenig von | im feiner Heimat, je nachdem die Vegetation vorau— den eigentlichen Waldſängern (Dendroica Gray). geſchritten iſt, und je nach der Lage feines Wohn— Ein bedeutender Unterſchied tritt uns eigentlich nur gebietes. Nie ſieht man ihn in Geſellſchaften, ſondern in der Niſtweiſe entgegen; denn während letztere ſehr immer nur einzeln und paarweiſe. Gelegentlich be— ſchöne, kunſtreiche Neſter in aufrechtſtehende Gabel- merkt man auch einen einzelnen unter den Scharen zweige hoher Waldbäume und Büſche bauen, legen anderer nördlich ziehender Waldſänger. Gewöhnlich die Buſchſänger ihre ziemlich kunſtloſen Bauten faſt ſucht er in den Spitzen der Bäume nach Juſekten, immer auf der Erde an. Ihr Wohngebiet iſt nicht kommt ſelten in die unteren Zweige und faſt nie zum das tiefe Innere der Wälder, ſondern mehr die Wald- Boden herab. Mit dem ſcharfen Schnabel holt er ſäume, Sumpfränder und die mit einzelnen Bäumen gewandt allerlei kleine Käfer und andere Kerfe aus und Büſchen beſtandenen, etwas tief gelegenen Wieſen den Ritzen der Baumrinde und aus den dichten und Viehweiden in der Nähe des Waſſers. Blütenbüſcheln hervor. Obwohl der Flug äußerſt Einer der ſchönſten der Sippe iſt der blau geſchickt und ſchnell iſt, ſieht man ihn doch ſelten einem flügelige Buſch- oder Einſiedlerſänger, fliegenden Kerfe nacheilen. Der hohe, kurze, etwas welcher ſich über das mittlere Gebiet der Union vom laute und ſchrille, einförmige Geſang erſchallt während Atlantic bis weſtlich nach Jowa, Kanſas und dem | der Monate Mai und Juni ſehr häufig aus den 150 R Spitzen der Bäume herab. Er klingt wie „Arre, ärre“, ſteigt etwas in die Höhe und fällt dann wieder. Derſelbe hat große Ahnlichkeit mit dem Liede des gelb— flügeligen Grasfinken. Er iſt nicht ſcheu und läßt ſich daher leicht beobachten. Während der Blütezeit der Obſtbäume trifft man ihn in verſchiedenen Teilen unſeres Landes oft in den Gärten, wo er ſtill und lautlos ſeiner Kerbtierjagd obliegt. Seinen Aufenthalt wählt ſich dieſer ſchöne Buſch— ſänger an gebüſchreichen Waldſäumen, wo hohes Gras, Farnkräuter und Buſchwerk den Boden bedeckt. Nach meinen Erfahrungen zieht er feuchtes Terrain dem höher gelegenen trockenen faſt immer vor. An ſolchen Ortlichkeiten trifft man ihn wenigſtens im ſüd— weſtlichen Miſſouri, wo er Brutvogel iſt, faſt immer. Wo er ſich in trockenen Ertlichkeiten niederläßt, iſt fließendes Waſſer ſtets in der Nähe, ſei dies nun ein rauſchender Bach oder eine klare, im Gebüſch ver— borgene Quelle. Manchmal genügt ihm eine kleine Baumgruppe oder ſelbſt ein einzeln ſtehender Baum inmitten einer Wieſe oder Viehweide zum Aufenthalt, nur müſſen ſich einzelne Sträucher und Gras, viel— leicht auch Farnkräuter und alte am Boden liegende Baumſtämme vorfinden, damit er ſein Neſt möglichſt verſteckt aulegen kann. Unſeren älteren Ornithologen war, wie es ſcheint, die Niſtweiſe dieſer Art nicht be— kannt, denn die Mitteilungen, welche fie hierüber bringen, ſtimmen mit den Beobachtungen neuerer Forſcher nicht überein. Ich ſelbſt habe bisher kein Neſt entdecken können und nur einzelne Vogelkundige ſind ſo glücklich geweſen, die Brutweiſe dieſer Art zu erforſchen. Ein Neſt, welches Ridg way bei Mount Car— mel, im ſüdlichen Illinois, wo der Vogel häufig iſt, fand, ſtand in einem Strauchbüſchel auf der Erde in der Ecke eines Feldes. Es war, wie faſt alle Erdneſter, ein loſer Bau, hauptſächlich aus breiten dünnen Baſt— faſern der Linde gebaut und innen mit feinen Gras— halmen ausgelegt. Am Creve Coeur See bei St. Louis iſt er ein ziemlich gewöhnlicher Vogel. Ich ſah ihn dort am 25. Juni vier ſchon ausgeflogene Junge führen und mit Futter verſorgen, hörte auch den Ge— ſang oft. Am meiſten Glück ſcheint ein alter Be— obachter, Clark in Saybrook, Connecticut, in dieſer Hinſicht gehabt zu haben. Folgende Mitteilung ver— danke ich dieſem trefflichen Beobachter: „Letzten Sommer (1882) fand ich ein Neſt dieſes kleinen Buſchſängers in einem mir durchaus neuen Standort, nämlich auf naſſem, moorigem Terrain, tief im Innern des Waldes. Die alten Ahornbäume er blauflügelige Buſchſänger. waren hier vor etwa zwei Jahren abgehauen worden und zwiſchen den mit Ausſchößlingen gezierten Stum— pfen waren Sumpfgräſer und Stauden empor— geſchoſſen. Ich traute meinen Augen kaum, als das Weibchen faſt unter meinen Füßen aus dem groben Sumpfgraſe davonhuſchte. Es flatterte etwa zehn Fuß weit und ſetzte ſich dann ruhig auf einen niedrigen At. Nicht einmal einen Angftruf vernahm man. Ich glaubte erſt ein Maryland-Gelbkehlchen vor mir zu haben, denn ich befand mich in einer ſolchen Ortlich— keit, wo ich oft die Neſter dieſer Art gefunden hatte. Der Bau ſtand auf dem Boden und war dem des Gelbkehlchens nicht unähnlich, nur war er bedeutend umfangreicher. Die Unterlage beſtand hauptſächlich aus Kaſtanien- und Buchenblättern, dann folgten Rebenfaſeru und das Innere war mit feinen Halmen hübſch ausgelegt. Dies Neſt enthielt fünf Eier, wäh— rend andere, welche ich fand, zwei, drei und vier Stück enthielten. „Ein früher gefundenes Neſt ſtand im Gras etwa vier Zoll vom Boden, ein anderes im Gebüſch, etwa zwölf Zoll von der Erde, und ein drittes war etwa vier Fuß hoch in einem wilden Roſenbuſche an— gelegt. Das letzte Neſt endlich ſtand auf dem feuchten Sumpfboden. Es iſt alſo ſchwer anzugeben, welches eigentlich der Standort des Neſtes iſt. Kein früher gefundenes Neſt ſtand in einem Sumpfe: eines fand ich ſogar ziemlich hoch oben an einem Bergabhange. Am 15. Juni 1871 fand ich ein Neſt in einem kleinen wilden Roſendickicht; das Weibchen brütete ſo feſt, daß ich es faſt mit der Hand berühren konnte, ehe es abflog. „Langſam flatterte es, ſich flügellahm ſtellend, hinweg. Die Grundfarbe der Gier iſt ein zartes Roſa— weiß. Die Flecken, welche gewöhnlich klein und über das ganze Ei zerſtreut erſcheinen, ſind hell- oder zimmetbraun und ſtehen am dickſten Ende am dichteſten. „Der Vogel iſt während der Zugzeit hier (im ſüdlichen Connecticut) ganz gewöhnlich und der Be— obachter kann den einfachen Geſang während der wärmeren Tage Mitte Mais regelmäßig vernehmen, zu welcher Zeit ſie gewöhnlich aus dem Süden er— ſcheinen. Sie ſitzen dann oft in der Spitze eines kleinen Baumes und laſſen ihren an die vaute man— cher Juſekten erinnernden Geſang häufig ertönen. Sobald die Brutzeit herannaht, werden ſie ſeltener oder ruhiger. Ich glaube das erſtere annehmen zu müſſen, da ich ſie während der Brutzeit gewöhnlich ziemlich laut und unruhig fand, wenn ich in ihr Brutrevier kam. Für das letztere ſpricht der Umſtand, Der Goldflügelſänger. daß fie etwas weiter nördlich ſelten find oder ganz fehlen. Seit meiner vor etwa zwölf Jahren mit dieſer Art gemachten Bekanntſchaft, habe ich ihn jedes Jahr in bedeutender Anzahl während des Frühlings beobachtet. Ich habe mich oft über einen Satz in Samuels Werke) gewundert, nach welchem der Autor ‚einen Flug dieſer Vögel bei Dedham (Maſſa— chuſetts) geſehené haben will, da doch unter allen unſeren Vögeln dieſe Art eine der einſamſtené iſt. Ich habe nie einen Flug, nie mehr als ein Pärchen beiſammen geſehen.“ Da man während des Winters keinen Sänger dieſer Art in Weſtindien, dagegen aber ſehr zahlreich vom öſtlichen Mexico bis ſüdlich nach Guatemala be— obachtet hat, ſo iſt anzunehmen, daß ſie während des Zuges über Texas reiſen, alſo im Frühling eine nord— öſtliche, im Herbſt eine ſüdweſtliche Richtung inne— halten. Er iſt auch wirklich in Texas, namentlich während des Frühlingdurchzugs von Mitte bis Ende 151 April ein ſehr häufiger Vogel. Weſtlich verbreitet er ſich während der Brutzeit bis nach Jowa, Kanſas und dem Indianer-Territorium. Namen: Blauflügeliger Buſchſänger, Blauflügelſänger. Blue-winged Warbler, Blue-winged Yellow Warbler, „Pine Creeper“. Figuier des Sapins (Buff.), Fauvette jaune aux ailes bleues (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Certhia pinus Linn. (1766). — Sylvia pinus Lath. (1790). — Vermivora pinus Sw. (1857). — Helmintophaga pinus Bid. (1858). — Helmintophila pinus Ridgw. (1882). — Sylvia soli- taria Wils. (1810). — Helinaia solitaria Aud., ete. Beſchreibung: Ein reizendes Vögelchen! Oberſeite gelblich-olivenfarbig, an den Flügeln und Schwanze in Schieferblau übergehend; die Kopfkrone und ganze Unterſeite reichgelb; ein kleiner ſchwarzer Streif durchs Auge; Flügel mit zwei weißlichen oder gelblichen Quer— bändern; Schwanz mit mehreren großen weißen Flecken. Schnabel und Füße ſchwarz. Länge 5 Zoll; Flügel 2.50, Schwanz 2.25 Zoll. Der Goloͤflügelfänger. Golden winged Warbler. Tafel XI. 3 15 vielen Gegenden Wisconſins finden ſich in ſchon längſt unter Kultur befindlichen Lände— reien kleinere oder größere Sumpfſtrecken, welche man als wertlos faſt in ihrer Urſprünglichkeit liegen ge— laſſen hat. Das Terrain iſt oft ſo moorig, daß die obere mit Gras bedeckte Bodenſchicht ſich bei jedem Schritt auf- und niederbewegt. Hohe Ulmen beſchatten das dichte, niedrige Gebüſch, wilde Balſaminen, Erd— orchideen, Lobelien, üppige Farnkräuter, aber auch übelriechende, breitblätterige Stinktierpflanzen!) finden ſich zahlreich. Hier iſt die eigentliche Heimat des Sumpffinken, des Gelbkehlchens und anderer Wald— ſänger, unter welchen man hie und da, aber überall ſelten, den ſehr ſchönen Goldflügelſänger autrifft. Das Verbreitungsgebiet dieſer Art ſtimmt mit dem des vorigen ziemlich überein, nur verbreitet er ſich etwas weiter nördlich, ſodaß man ihn auch noch ziem— lich regelmäßig in Maſſachuſetts und Wisconſin an— trifft. ) Birds of New England. 1) Symplocarpus foetidus Nutt. Helmintophila chrysoptera RIDGw. Vogel 4. Feuchte buſchreiche Waldränder, mit Gebüſch be ſtandene Wieſen und Sümpfe ſind der Lieblingsauf— enthalt dieſes ſchönen Vogels. Er erſcheint in Wis— conſin nicht vor Mitte Mai, gewöhnlich zu der Zeit, wenn die Apfelbäume in voller Blüte ſind. Bei einiger Aufmerkſamkeit trifft man ihn einzeln oder paarweiſe ziemlich regelmäßig. Da er nicht ſcheu und furchtſam iſt, ſo, kann man ihn leicht beobachten. Schon von weitem kennzeichnet er ſich durch ſeine Färbung: die goldgelben Flügelbänder und die ebenſo gefärbte Kopfkrone, die ſchwarze Kehle, den ſchwar— zen Streif durch die Augen, und die ſchieferblaue Oberſeite. In ſeiner Lebensweiſe unterſcheidet er ſich wenig von der vorigen Art. Man ſieht ihn ebenſo— wohl in dem niedrigen Buſchwerk als in den höheren Zweigen der Bäume nach Juſekten umherſuchen. Er brütet von Georgia bis nach Vermont und Wisconſin und zwar ſteht das Neſt immer auf dem Boden. Dr. Gerhardt entdeckte den Bau in den Gebirgsgegenden des nördlichen Georgia unter Gras— büſcheln, Büſchen und niedrigem Tannengeſtrüpp. 152 Der Arizona-Sänger. — Der Gebirgsſänger. In Maſſachuſetts fand man Neſter in Sümpfen oder ganz in deren Nähe unter Farnkräutern, Stauden und kleinen Büſchen. Ein Neſt, welches Warren bei Newton (Maſſ.) fand, ſtand in einem Sumpf am Rande eines kleines Waldes. Es war etwa zwei Zoll über den naſſen Boden gebaut und ſtand unter den Blättern einer Stinktierpflanze. Außerlich beſtand es aus trockenen Eichen- und Ahornblättern, welche mit Rebenfaſern untermiſcht waren. Innen war es mit Rebenfaſern und ein wenig Gras ausgelegt. Es glich ganz dem Neſte des Gelbkehlchens. Maynard entdeckte in dortiger Gegend ein Neſt, welches auf grünem Erdmoos ſtand und durch Farnkräuter und ſchlanke Stauden verdeckt wurde; doch konnte er es deutlich ſehen, als er aufrecht davor ſtand. Es beſtand aus großen Eichenblättern und Rebenfaſern und war nicht beſonders glatt mit Hälmchen und einigen Pferdehaaren ausgelegt. Es war nicht annähernd ſo hübſch als man es von einem ſo kleinen eleganten Vogel erwarten ſollte. Die vier bis fünf Eier ſind rein kryſtallweiß, rötlichbraun gefleckt, ziemlich dicht am dicken, ſpärlich in der Mitte und am dünnen Ende. Leider ſchmuggelt auch der Kuhſtar ſeine Eier nur zu oft in die Neſter dieſer Vögel. Frühzeitig im September ziehen die Goldflügel— ſänger dem Süden zu. Man findet ſie im Winter zahlreich in Centralamerika ſüdlich bis nach Neu— Granada in Südamerika. Ferner überwintern ſie auf Cuba und vielleicht auch auf anderen Antillen. Während der Brutzeit trifft man ihn vom Atlantiſchen Ozean bis weſtlich zum Miſſiſſippi, Texas u. ſ. f. Namen: Goldjlügelfünger. Golden-winged Warbler, Blue Golden-winged Warbler. Golden-winged Swamp Warbler, Golden- winged Flycateher (Edw.), Yellow-fronted Warbler (Lath.) Figuier aux ailes dorees (Buff.), Figuier cendré u gorge noir de Pennsylvanie (Briss.), Fauvette chry- soptere (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla chrysoptera Linn. (1766). — Sylvia chrysoptera Lath. (1790), Wils., Nutt., Aud. (O. B.).— Vermivora chrysoptera Bonap. —- Helmintophaga chrysoptera Cab. (1850), Brd., B. B. R., Coues, ete. — Helmintophila chrysoptera Ridgw. (1882). — Motaeilla flavifrons Gmel. (1788). — Sylvia flavifrons Lath. (1790). — Parus alis aureis Bartr., Trav. Fla. (1791). Beſchreibung: Oberſeite aſch- oder ſchieferblau; Unter— ſeite weiß, oft gelblich verwaſchen; Kopfkrone und zwei Querbänder auf den Flügeln reichgelb; Seiten des Kopfes weißlich mit breitem ſchwarzem durchs Auge laufendem Streif; großer ſchwarzer Fleck auf der Kehle; auf Tafel V. weiße Flecken an mehreren Schwanzſedern. Weibchen auf dem Rücken und Flügeln gelblich-olivenfarbig ver— waſchen; die eigentümlichen Flecken auf dem Kopfe und der Kehle mehr undeutlich. Länge wenig über 5 Zoll; Flügel 2.50, Schwanz 2.25 Zoll. — Der Arizona-Hänger. Lucy's Warbler. Helmintophila Luciae Rınaw. Der Arizona- Sänger wurde im Jahre 1862 bei Fort Mojave in Arizona von Cooper entdeckt. Die Vogel hielten ſich meiſt in den Mesquitbüſchen auf, wo ſie nach Inſekten ſuchten. In Fort Whipple brütet er, denn Dr. Coues fand dort ausgeflogene Junge. Am 19. Mai (1872) fand Bendire das Neſt bei Tueſon. Es enthielt vier kleine weiße, rot— braun gefleckte Eier und war zwiſchen den Stamm und die loſe abſtehende Rinde eines trockenen Mes— quitbaumes, etwa vier Fuß vom Boden, gebaut. Abgebildet wurde dieſer Vogel zuerſt in El- liots Prachtwerke „Birds of North America“ Man hat ihn bis jetzt nur in Arizona, namentlich im Coloradothale, gefunden. Beſchreibung: Rein aſchgrau. Unterſeite weiß, mit ſchwach rahmfarbenem Anfluge an der Bruſt; ein reich kaſtanienbrauner Fleck auf der Kopfkrone; obere Schwanz— decken ebenfalls reich kaſtanienbraun; Ring ums Auge weiß. — Länge 4.50 Zoll; Flügel 2.25, Schwanz 2.00 Zoll. Der Gebirgsfänger. Virginia's Warbler. Helmintophila Virginiae RınawaY. Dieſer Vogel findet ſich in den Gebirgsgegenden Neu-Mexicos, Arizonas, Utahs u. ſ. f. in dem Eichen— geſtrüpp, Cedern und Tannen der Bergabhänge, Ge— birgshalden und Schluchten. Ridgway fand das Neſt in Utah (9. Juni 1869). Es ſtand auf einer Unterlage alter Blätter am Boden zwiſchen dichtem Eichengebüſch. Es fand ſich am Abhange einer engen Gebirgsſchlucht, durch welche ein Gebirgsbach rauſchte, und ſtand in einer Vertiefung, ſodaß der Neſtrand mit dem Boden in gleicher Linie lag. Außerlich war es von Baſt des „Gebirgs-Mahagony“, feinen Gras— halmen, Wurzeln und Moos gebaut, innen mit dem— ſelben Material und kleinen Pelzſtücken und Haaren ausgelegt. Die vier Eier waren der Grundfarbe nach weiß, ziemlich dicht mit braunen und purpurnen Flecken, am dicken Ende kranzartig gezeichnet. In den Gebirgen Colorados iſt er ſo häufig, daß er zeit— weilig alle anderen Waldſänger an Zahl übertrifft. Dias ne * 3: * Der Naſhville-Sänger. 153 Bis zu einer Höhe von 7500 Fuß ſteigt er während Beſchreibung: Oberſeite einſchließlich des Kopfes blei— der Brutzeit an den Gebirgsabhängen empor, wäh- grau; Unterſeite mattweiß; der Schwanz und ein der Zu er in die Tl ler ira & Fleck auf der Bruſt gelb, was ganz auffallend en 95 in die Thäler herab. K mit der übrigen Färbung kontraſtiert; Ring ums Auge | | iſt ein ſcheuer Vogel und ſein Neſt legt er ſehr vers | weiß; kaſtanienbrauner Fleck auf der Kopfkrone. — ſteckt an. | Länge 4.75 Zoll; Flügel 2.25, Schwanz 2.25 Zoll. — Der Naſhpille-Hänger. — Nashville Warbler. Helmintophila ruficapılla RI ůhh̃ wav. f ler Naſhville-Sänger, welcher recht hübſch | Tetts) nicht ſelten. Sie find dort während ihres zwei— iſt, ſich aber nicht durch Lebhaftigkeit und bis dreiwöchentlichen Aufenthalts im Frühling in den Munterkeit auszeichnet, gehört während der Zug- | Dbjt- und Ziergärten zahlreich, wo fie eifrig in den zeit zu den häufigſten Arten ſeiner Familie. Seine jungen Blättern und Blüten nach Kerfen umher— Heimat fängt etwa da an, wo im Norden das Brut- ſuchen. Faſt alle ziehen. nördlicher und nur einzelne gebiet des Goldflügelſängers aufhört; doch verbreitet bleiben und ziehen ſich in die Wälder zurück, um zu er ſich, namentlich in Gebirgsgegenden, ziemlich weit | brüten. Er ſah manchmal drei bis vier Männchen, ſüdlich. Als feine eigentliche Heimat hat man die während einer Stunde Wanderns durch den Wald. Tannenwälder von Neu-England und Wisconſin Der Geſang ähnelt dem des Pennſylvania-Sängers nördlich bis nach Labrador und gelegentlich nach ſo ſehr, daß man ihn faſt nicht von dem dieſes Vogels Grönland anzuſehen. In vielen Gegenden des Fel- unterſcheiden kann. Am 31. Mai fand er ein Neſt, ſengebirges und der Sierra Nevada trifft man ihn mit vier friſchen Eiern, welches in eine Vertiefung des ebenfalls. In Wisconſin iſt er Brutvogel, aber nir- Bodens gebaut war, ſodaß der Neſtrand faſt mit der gends zahlreich. Etwa Mitte Mai erſcheinen fie dort Erde gleich ſtaud. Durch die Pflanzenſtengel und und find etwa vierzehn Tage ſehr gewöhnlich. Ende das trockene Gras des vorigen Jahres wurde es ge— des genannten Monats ſind die meiſten dem Norden ſchützt und verdeckt. Es beſtand aus feinen Wurzeln, zugezogen und nur einige wenige Pärchen ſind zurück- trockenen Grashalmen und einigen Pferdehaaren und geblieben, um zu brüten. Man kann wohl den 40. war äußerlich mit feinem grünem Moos überdeckt. Breitengrad als ſüdliche Grenze ihres Brutgebietes Am 5. Juni des folgenden Jahres fand er faſt auf bezeichnen. In Texas ſah ich ſie etwa Mitte April, derſelben Stelle wieder ein Neſt, welches dem be— zu einer Zeit, als ſchon alles grünte und blühte. ſchriebenen durchaus ähnlich war. Es ſtand an einer Eiligſt, ohne lange zu verweilen, zogen ſie dem Norden mit Moos bewachſenen Erderhöhung am Rande eines zu, während noch viele andere Vogelarten mit dem jungen Gehölzes. Die Eier dieſes Buſchſängers ſind Weiterziehen zögerten. weiß, am dicken Ende mit feinen lilafarbenen Flecken Sie brüten in den mit Gebüſch beſtandenen dicht gezeichnet und mit einem Kranze ziemlich grober Tannenwäldern des Nordens zahlreich und ſcheinen rötlichbrauner Flecken beſetzt. Auch das übrige des eher trockene als feuchte Ortlichkeiten zur Anlage des Eies iſt ziemlich ſpärlich mit bräunlichen Punkten Neſtes zu bevorzugen. In den dichten Nadelholz: | gezeichnet. dickichten leben ſie ziemlich ſtill und verborgen, und Etwa Ende September ziehen dieſe Vögel ſüdlich legen hier ihre Neſter, wie alle Glieder dieſer Sippe, und man kann ſie dann noch viel zahlreicher beobach— auf dem Boden an. Der kuuſtloſe Bau beſteht aus ten, als während des Frühlingsdurchzugs. Auch um Blättern, Baſtfaſern und oft faſt ganz aus Tannen dieſe Zeit trifft man ſie außerordentlich zahlreich in nadeln; innen iſt er mit Cederbaſt, Taunennadeln, größeren Obſtgärten. Sie ſind nach meinen Be Hälmchen und gelegentlich mit Haaren ausgelegt. obachtungen ziemlich geſellig. Nach Allen brüten ſie bei Springfield (Maſſachu— Wilſon, der Altmeiſter amerikaniſcher Vogel— 20 a Der kunde, entdeckte ihn 1811 bei Naſhville in Teneſſee; daher ſchreibt ſich auch ſein gewöhnlicher Name „Naſh— ville- Sänger“. Naihoille- Sänger. Nashville Warbler, Nashville Worm-Eater, ete. — Fauvette Nashville (Vieill.). Namen: Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia ruficapilla Wils., A. O. (1811). — Motacilla ruficapilla Gray (1848). — Helmintophaga ruficapilla Brd., B. N. A. (1858). — Helmintophila rufieapilla Ridgw. (1882). — Sylvia rubricapilla Wils, A. O. (1812), Nutt. — Vermivora rubricapilla Bonap., (1838), Nutt. — Helinaia rubri- capilla Aud. (1839). — Sylvia nashvillei Vieill. (1823). Buſchſänger mit orangenbrauner Krone. Beſchreibung: Oberſeite olivengrünlich, heller am Bürzel, aſchfarbig am Kopf, mit einem verſteckten kaſtanien— braunen Fleck auf der Krone; Unterſeite gelb, matter am Bauch, olivenfarbig an den Seiten. Flügel und Schwanz ohne weiße Querbänder. Länge 4.50 bis 5.00 Zoll; Flügel bis 2.50, Schwanz bis 2 Zoll. Der im Weſten vom Felſengebirge bis zum Pacific vorkommende Naſhville-Sänger iſt nicht die eigentliche Art, ſondern eine Abart, jetzt unter dem Namen Calaveras-Sänger, IT. ruficapilla gut- turalis Rınaw. (Calaveras Warbler) bekannt. Der Duſchſanger mi Orange-erowned Warbler. HL ice Buſchſänger, welcher ſich hauptſächlich durch die ſtark verborgene orangegelbe Kopfkrone ©) orangenbrauner Krone. Helmintophila celata Rıpcw. von dem vorigen unterſcheidet, iſt namentlich zur Zeit | { zur Zeit der Wanderung ein häufiger Vogel des Miſſiſſippi— thales und des Weſtens bis zum Pacific, ohne indes ganz im Oſten zu fehlen. Art im hohen Norden und in entjprechend hohen Ge— birgsgegenden des Weſtens. Ich habe ihn während der Zugzeit häufig von Wisconſin bis Texas be— obachtet, am zahlreichſten im Herbſt, etwa anfangs Oktober, in Texas Ende des genannten Monats. ſtimmt in ſeiner Lebensweiſe und in ſeinem ganzen Weſen mit den anderen Verwandten dieſer Sippe überein; namentlich ähnelt er in Größe und Färbung und in ſeinem ganzen Thun dem Naſhville-Sänger, ſodaß es oft ſchwierig iſt, beide Arten in einer kleinen Entfernung voneinander zu unterſcheiden. Etwa Mitte Mai trifft er auf ſeiner Durchreiſe nach dem Norden in Wisconſin ein, zu einer Zeit, wenn auch die meiſten übrigen Waldſängerarten nördlich ziehen. Brutvogel iſt auch dieſe Er Da um dieſe Zeit alles grünt und blüht, auch der ganze Wald und die Obſtgärten von dieſen verſchiede— nen Vögeln ſchwärmen, ſo wird dieſes ſtille, unſchein bare Vögelchen nur zu leicht überſehen. Wie viele andere ſeiner Verwandten, ſo tritt auch er nicht jedes Jahr gleich häufig auf, ja ich habe ihn in manchem Jahre trotz eifrigen Suchens nicht finden können. Noch mehr als die anderen Arten ſeines Geſchlechts bevorzugt er niedriges Gebüſch in der Nähe von | | | Bächen und Flüſſen. Sie find ziemlich ſchnell in ihren Bewegungen, laſſen, wenn man ſich ihnen nähert, oft ein ſchmatzendes „Tſchip“ hören und ſind im nächſten Augenblicke im dichten Laubwerk ver— ſchwunden. Am beſten laſſen ſie ſich mit einem Feld— ſtecher auf blühenden Apfelbäumen beobachten, wenn man ſich in einer kurzen Entfernung ruhig verhält. Im Weſten findet man ihn von Kap St. Lukas bis hinauf nach Alaska. Nach Cooper brütet er in der Sierra Nevada, nach anderen Beobachtern auch im Felſengebirge, wo er bis zu einer Höhe von 11,000 Fuß emporſteigt. Kennicott fand die Neſter zahlreich längs des mächtigen Yukon. Sie ſtanden immer auf dem Boden, gewöhnlich in dichten Maſſen kleiner Gebüſche. Auch am großen Sklaven— ſee fand er im Juni Neſter. Die Bauten dieſer ark— tiſchen Gegenden ſind nach Unterſuchungen dieſes Forſchers verſchieden von denen, welche man weiter ſüdlich findet. Sie ſind kleiner, feſter gebaut und wärmer. Sonft find fie, wie dies bei Erdneſtern ge— wöhnlich der Fall iſt, groß im Verhältnis zum Vogel. Außerlich beſteht der Bau aus Baſtfaſern, feinen Stengeln und Halmen und innen iſt es mit feinen Gräſern, Moos und manchmal auch mit Pelzſtückchen weich ausgepolſtert. Die vier bis fünf Eier find weiß, am dicken Ende kranzartig mit braunen und purpur— nen Flecken ziemlich dicht gezeichnet; auf der übrigen Fläche der Schale ſind die Zeichnungen ſpärlicher. Im Winter findet man ihn von Florida und 1 * Der Wanderſänger. Texas ſüdlich bis nach Mexico. Schon im ſüdlichen Texas überwintert er in den geſchützten immergrünen Dickichten der Flüſſe und Bayous zahlreich, zieht aber nach Eintritt ſehr rauher Nordwinde ſüdlicher, oder ſucht mehr im Juuern der Wälder Schutz. Namen: Buſchſünger mit orangenbrauner Krone. Orange-crowned Warbler, ÖOrange-crowned Swamp Warbler, Orange-crowned Vermivora. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia celata Gray (1523), Sylvicola celata Rich. (1836). — Vermivora celata Bonap. (1838). — Helinaia celata Aud. (1839). — Mniotilta celata Gray (1845). — Helmitherus celata 155 Bp. (1850). — Helmintophaga celata Brd. (1858). — Helmintophila celata Ridgw., Bull. Nutt. Orn. Club VII, (1882). Beſchreibung: Oberſeite meiſt einfarbig olivengrün; Unterjeite grünlichgelb, an den Seiten olivenartig ver— waſchen; ein verſteckter (manchmal fehlender) orangen brauner Fleck auf der Kopfkrone; gelblicher Augenring und Streif über dem Auge. Länge 4.50 bis 4.75 Zoll. Eine Varietät, II. celata lutesceens BrEWSTER (Lutescent Warbler), bewohnt die Küſte des Pacific, nördlich bis Kadiak, Alaska. Der Wanser[änger. Tennessee Warbler. j s iſt dies derſelbe Buſchſänger, den Prinz ng Maximilian zu Neuwied im „Journal für Ornithologie“ (1858) als Sylvicola missuriensis aus der Gegend des oberen Miſſouri beſchreibt. Dies iſt jedoch die Weſtgrenze ſeines Verbreitungsgebietes, denn er iſt mehr eine öſtliche Art. Neuerdings hat ihn Aiken in El Paſo County, Colorado, zahlreich während der Zugzeit gefunden, gerade in einer Gegend, wo die Weſtgrenze vieler öſtlicher Vogelarten, z. B. des Meiſenſängers, Hüttenſäugers, Indigovogels, des Baltimoretrupials und anderer zu ſuchen iſt. Im Oſten iſt er ein regelmäßiger, wenngleich nicht ſehr zahlreich vorkommender Vogel; dagegen iſt er im durchzugs häufig. Auch er brütet im hohen Norden, doch hat man ihn auch ſchon in verſchiedenen Gegenden Neu-Englands, ferner am nördlichen Ufer des Oberen— Sees (Lake Superior) brütend gefunden. Am letzt— genannten Orte fand Barnſton bei Michipicoton— ein Neſt, welches aus trockenen Grashalmen loſe zu— ſammengeſchichtet und auf die Erde gebaut war. Ein anderes Neſt, welches man bei Springfield (Maſſ.) fand, ſtand nahe am Boden in dichtem niedrigem Gebüſch und war aus feinen Pflanzenfaſern, Gras, Moos und ähnlichem Material gebaut und innen mit Haaren ausgepolſtert. Die Eier ſind reinweiß, bräun— lich und purpurn gefleckt, namentlich kranzartig am dicken Ende. Die Wanderſänger welche ich von Wisconſin nl 1 1 RT Helmintophıla peregrina RıpGw. bis Texas, namentlich im Mat und September häufig fand, ziehen mit Vorliebe in dem niedrigen Gebüſch an Bächen und Flüſſen entlang, kommen aber auch ziemlich regelmäßig in größere Obſtgärten, um in dem grünen Laubwerk und Blütenbüſcheln nach In— ſekten zu ſuchen. Selten vernimmt man während dieſer Zeit einen Laut. Still und geräuſchlos kommen ſie und ſtill und unbemerkt ziehen ſie wieder ab. Auch dieſe Art gehört zu den unſcheinbaren, wenig in die Augen fallenden Waldſängerarten. Er ähnelt den beiden vorher beſchriebenen Arten nicht nur in ſeinem Weſen, ſondern auch in der Färbung, namentlich zur Herbſtzeit. Außer dem Ornithologen kennt daher faſt niemand dieſe und die beiden vorhergehenden Arten. So weit der Wanderſänger im Frühling nördlich zieht, ſo weit dehnt er in der Wanderzeit ſeine Reiſe nach Süden hin aus. Er brütet im nördlichen Nord— amerika und überwintert im nördlichen Südamerika (Colombia), ferner in Panama, Coſta Rica, Guate— mala, dem ſüdlichen Mexico, Cuba u. ſ. w. Wanderſänger, Tenneſſee-Sänger. Tennessee Warbler, Tennessee Swamp War- bler, Tennessee Vermivora. Fauvette du Tennessce. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia peregrina Wils. (1811). — Sylvicola peregrina Rich. (1836). — Vermi-— vora peregrina Bonap. (1838). — Helinaia peregrina Aud., (1839). — Mniotilta peregrina Gray (1848). — Helmitherus peregrina Bp. — Helmintophaga pere- grina Cab. (1850). — Helmintophila peregrina Ridgw., Bull. Nutt. Orn, Club. VII, (1882). Namen: 156 Der Flechten— Beſchreibung: Männchen oberſeits gelblich-oliven— farbig; Ohrengegend, Augenring weiß; Unterſeite matt— weiß. Flügel und Schwanz dunkel, ſcharf gelblich ge— randet. Füße und Schnabel ſchwarz. ohne aſchfarbige Kopfkrone, oder doch nicht ſo rein aſch— farbig; die ganze Unterſeite mehr oder weniger gelblich. Länge 4.50 —4.75 Zoll; Flügel 2.75, Schwanz 2 Zoll. Die folgenden als gute Arten beſchriebenen Buſchſänger führt das Handbuch „American Orni- thologists' Union’s Code and Check List“ als hypothetiſche Vögel an: Lawrences-Buſchſänger, Helmäintophila Lawreneii RIDbaw. (Lawrence’s Warbler). Ein Exemplar wurde in New Jerſey erlegt. Man glaubt, Parula Warbler. m den freundlichen Leſer mit einem unſerer intereſſauteſten, lieblichſten und ſchönſten Vö— gel, mit einem meiner befonderen Lieblinge bekannt zu machen, muß ich ihn hinausführen in den weiten, ſchönen Wald, dorthin, wo lange Bartflechten oder graugrünes „Moos“ die Aſte der Bäume dicht be— decken. Auf dem feuchten Waldboden wuchern Erd— orchideen und Farnkräuter, immergrüne prachtvoll blühende Kalmien, Andromeden und Maiblümchen ) ſtehen allerwärts umher. Das eigentliche Gepräge erhält dieſer Wald aber erſt durch die üppig in langen Büſcheln oder Bärten herabhängenden Flechten. Die Aſte der Bäume ſind von oben bis unten mit dieſen graugrünen Epiphyten bedeckt. Die eine Art (Usnew barbata var. hürta) zeichnet ſich durch Länge und Zartheit aus; man findet ſie faſt in allen Küſten— ſtaaten des Atlantiſchen Ozeans und des mexikani— ſchen Golfs, von Neu-England bis hinunter nach Texas. Beſonders in hochgelegenen Gegenden, na— mentlich in den Alleghanies, iſt ſie häufig. Die zweite Art (Usnea trichodea) iſt rauher und findet ſich hauptſächlich auf den Bäumen der Sümpfe. *) Epigaea repens (Trailing Arbutus), Se NIE Weibchen oder Moosſänger. daß es eine Kreuzung zwiſchen ZI. pinus und Ac soptera iſt. Brewſters-Buſchſänger, II. leucobron- chialis Rıpaw. (Brewster’s Warbler) wurde zahl— reich im ſüdlichen Neu-England, im unteren Hudſon— thale, in New Jerſey, Virginien, Michigan u. ſ. f. beobachtet. Man nimmt an, daß auch dies eine Kreu— zung zwiſchen N pinus und H. chrysoptera iſt, doch dürfte es auch eine ſelbſtändige Art ſein. Der Cineinnati-Buſchſänger, MH. ein- ‚ einnatiensis Rıpaw. (Cincinnati Warbler) wurde bei Gineinmati in einem Exemplar beobachtet. Nach Ridgwapy iſt er wahrſcheinlich eine Kreuzung zwi— ſchen H. pinus und Geothlypis formosa. Der Flechten- oder Moosfänger. Compsothlypis americana Ca». Welt ile Weiter im Innern unſeres Landes, im mittleren und nördlichen Teile des Miſſiſſippithales, habe ich dieſes Moos nirgends gefunden, dagegen iſt es im Pfoſten— eichenwald in Texas häufig anzutreffen. Allerwärts nun, wo ſich dieſe Flechten finden, kommt auch dieſer Waldſänger vor. Der Moos-, Flechten- oder Meiſenſän— ger iſt da, wo er vorkommt, nicht ſelten, ja man kann ihn vielerorts zu den beſonders charakteriſti— ſchen Waldvögeln zählen. Er erſcheint in ſeinem Wohngebiete immer erſt, wenn die Obſtbäume in voller Blüte ſtehen. In Texas, wo er ſtrichweiſe ein zahlreicher Vogel iſt, beobachtete ich ihn im Frühling zuerſt etwa Mitte März. Im nördlichen Illinois und Wisconſin erſcheint er aber gewöhnlich erſt in der zweiten Woche des Mai. Sie kommen mit vielen anderen Arten zu gleicher Zeit an, aber immer erſt, wenn der Frühling mit Blütenduft und Waldesgrün wirklich ſeinen Einzug gehalten hat. Einer „mächti— gen Welle“ vergleichbar, erſcheinen die zahlreichen Waldſänger aus ihrer Winterherberge, ſich langſam nach Norden hin bewegend. Im Walde und Obſt— garten ſchwärmt es daun einige Wochen von ihnen. —— D vorher thätig war. Das verhältnismäßig ſpäte Erſcheinen dieſer verſchie— denen Waldſängerarten hat mehrfache Gründe. Erſt, wenn die Bäume in voller Blütenpracht ſtehen, finden ſich die ihnen faſt ausſchließlich zur Nahrung dienen— den Inſekten in Menge; erſt jetzt tritt wirklich das für dieſe zarten Vögel ſo notwendige wärmere Wetter ein. Ferner entzieht das friſche Grün der Bäume und die Blüten derſelben die meiſt in prächtigen Far— ben prangenden Vögel auch vortrefflich den Blicken raubgieriger Feinde. Die gewöhnlich einzeln oder paarweiſe ziehenden, Der Flechten- oder Moosſänger. ſelten in Geſellſchaften vorkommenden Moosſänger ſind während der Zugzeit beſonders furchtlos und zu— Schattenbäume, ſelbſt in das Ziergeſträuch in der Nähe der Wohnungen. Sie hüpfen beſtändig von Zweig zu Zweig, häugen ſich oft auch an die Unter— ſeite der Obſt- und Blütenbüſchel wie Meiſen, ver— folgen aber auch, obwohl ſeltener, Kerbtiere durch das Blätterwerk und in der Luft, indem ſie denſelben in allerlei Zickzackbewegungen nacheilen. Sie vereinigen alſo in gewiſſer Beziehung die Eigenſchaften der Meiſen und Waldſänger in ſich. Wenn der Flechten— ſäuger ein Inſekt in der Luft erbeutet hat, ſo kehrt er ſofort meiſt in denſelben Baum zurück, in welchem er Blütenbüſchel nach Ungeziefer ab, und kletternd, flat— ternd und fliegend weiß er auch die verborgenſten Kerbtiere aus den Blütenkelchen hervorzuziehen. Manchmal hält er ſich vierzehn Tage in einem größe— ren Garten auf, ehe er weiter zieht, verſchwindet dann aber ebenſo ſtill und ſchnell, wie er erſchienen. Ende Mai und anfangs Juni findet man ihn dann in ſeinem eigentlichen Wohngebiete, im ſchatten— reichen Walde. Am liebſten hält er ſich nun in den hohen Ahorn- und Walnußbäumen, Eichen, Ulmen, Linden, Cedern und Cypreſſen auf, treibt ſich ſelbſt in Nadelholzbäumen umher, kommt aber jetzt faſt nie ins niedere Geſträuch oder Unterholz, ſelten ſogar in die unteren Zweige großer Waldbäume herab. Aller— wärts, wo dichte Flechten von den Aſten herabhäugen, im Hochwalde ſowohl als in den gebüſchreichen, feuch- | ten Waldſtrecken der Niederungen, in Cypreſſenſümpfen und in dem aus Laub- und Nadelholzbäumen be ſtehenden gemiſchten Walde, von der Küſte bis in die Höhenzüge der Alleghanies, kommt er zahlreich vor. Schon an ſeinem Thun und Treiben in dieſen Ort— lichkeiten kaun man beobachten, daß er ſich mit Vor— liebe auf ſolchen Bäumen, welche dicht mit Flechten bewachſen ſind, umhertreibt. Mit der Geſchicklichkeit Beſonders gern ſucht er die einer Meiſe weiß er ſich in dem Büſchel kletternd fort zubewegen, häufig durchkriecht er dieſelben, macht ſich überhaupt, namentlich wenn die Brutzeit beginnt, fort und fort in dieſen Epiphyten zu ſchaffen. In der Nähe meiner Wohnung an der Weſt-Yegua in Texas befand ſich ein Waldſtreifen, deſſen einzelne Bäume, lauter Pfoſteneichen, ſehr dicht mit Bartflechten be— hangen waren und auch das dem Süden ſo eigen— tümliche ſpauniſche Moos!) wucherte überaus üppig auf den meiſten Bäumen der Vegua-Niederung. Hier, wo der Vogel zahlreich war, bot ſich mir die beſte Ge— legenheit, ihn im Freileben zu beobachten. Ich wurde ñzuerſt auf ihn aufmerkſam, als ich von allen Seiten traulich. Ohne Scheu kommen ſie in die Obſt- und den trillernden, zirpenden, ſehr einfachen Geſang hörte. Das ziemlich laute, eifrige, wie „Zirrrirrrirrrirrih“ klingende Liedchen ließ er faſt jeden Augenblick er— ſchallen. Er trieb es hier gerade, wie im Frühling in den Obſtgärten, nur mit dem Unterſchiede, daß er jetzt als eifriger Sänger auftrat, während ich früher nie einen Laut von ihm vernommen hatte. Man kann ſich kaum ein anmutigeres Vögelchen denken, als den Meiſenſänger in ſeiner Flechten- und Moosheimat. Beſtändig iſt er mit Suchen nach Nah— rung beſchäftigt. Unaufhörlich hüpft er von Aſt zu At: jetzt ſitzt er einen Augenblick ſtill, wirbelt mit emporgerichtetem Schnabel ſein Liedchen, klettert im nächſten Augenblick in den Flechten umher, ſingt wieder, flattert hinaus in die Luft, ſeine Beute durch allerlei Zickzackbewegungen erhaſchend, und trillert im nächſten Augenblick wieder. Durch dieſes muntere Thun und Treiben, namentlich aber durch den Ge— ſang verleiht er dem Walde einen beſonderen Reiz. Als ich einſt am 23. April in den mit Flechten be— hangenen Bäumen eines in die Weſt-Yegua münden— den Regenbachthales umherſtreifte, beobachtete ich dieſe Vögel beſonders häufig in den blühenden Weinreben, welche ſich bis in die Spitze der höchſten Waldbäume emporgeſchlungen hatten. Die meiſten waren gerade mit dem Neſtbau beſchäftigt und man konute ſie aller— wärts in den dichten Flechten umherkriechen ſehen. Die Neſter des Flechtenfängers find ſo wunder— voll, ſo ſchön, ſo einzig in ihrer Art, daß ſie eine ge— nauere Beſchreibung erheiſchen. Er wählt ſich zunächſt immer einen beſonders dichten Flechtenbüſchel eines etwa fingerdicken oder noch dünneren horizontalen Aſtes. In dem herabhängenden Barte formt er ſein wundervolles Neſtchen. Dies iſt leicht gethan. Die elaſtiſchen weichen Flechtenfaſern werden mit einander verwebt, oder er läßt ſie auch in ihrer natür— 1) Tillaudsia usneoides, Der Flechten- oder Moosſänger. lichen Form, ſtellt an einer Seite ein kleines, kaum ſichtbares Schlupfloch her und formt ſich im Inneren des Büſchels die Niſthöhle. Da dieſe Moosbüſchel, in welchen die Neſter angelegt ſind, ſich äußerlich durch nichts von den anderen, an demſelben Aſte oder au Nebenzweigen befindlichen unterſcheiden, ſo iſt es be— greiflich, daß ein Bau nur ſchwer zu finden iſt. Nur wenn man die Vögel, oft nach langem geduldigem Beobachten, aus einem ſolchen Flechtenbüſchel heraus— kommen oder in denſelben ſchlüpfen ſieht, oder wenn ſie an einer Stelle ängſtlich umherflattern (wenn man ſich ihnen nähert), entdeckt man es ziemlich leicht. Es ſteht gewöhnlich acht bis fünfundzwanzig Fuß vom Boden und iſt immer ein herabhängender, oben und unten gewöhnlich geſchloſſener Bau, mit kleinem, run— dem ſeitlichen Schlupfloche. Zuerſt ſieht es äußerlich noch unvollſtändig aus, während aber das Weibchen legt und brütet, baut das Männchen die Außenſeite immer mehr aus, ſodaß es nach ſeiner Vollendung als eines der ſchönſten und eigentümlichſten aller Neſter gelten darf. Manchmal finden ſich auch einzelne ein— gewebte Haare im Inneren und oft auch etwas Pflan— zeuwolle. Hin und wieder findet man auch Neſter, welche oben offen ſind; dieſe ähneln dann in der Form den Vireoneſtern. Auch in den Dimenſionen zeigen ſich, je nach der Größe des Moosbüſchels, in welchen ſie ſtehen, große Verſchiedenheiten. Kein ein- ziges Neſt meiner Sammlung gleicht dem andern in der Größe. Eines zeichnete ſich durch beſondere Schön— heit vor allen anderen aus. Es fand ſich auf einem jungen Ahornbaume eines waſſerreichen Sumpfes, etwa neun Fuß vom Boden. Der dichte Flechten— büſchel, in welchen es gebaut iſt, mißt acht Zoll in der Länge und fünf und ein halb Zoll in der Breite. Das kleine, kaum ſichtbare Schlupfloch findet ſich drei Zoll von oben. das Flechtenneſt.) Jeder Luftzug bewegt dieſe hän— genden Kunſtbauten hin und her. Manche Neſter ſind außerordentlich lang. So teilt mir mein hochgeſchätzter Freund Herr F. M. Wade mit, daß ihm ein Neſt gebracht worden ſei, welches 21.50 Zoll lang war. Er berichtet weiter, daß die Flechtenſänger manchmal ſo zahlreich in einer Ortlichkeit vorkämen, daß ſie eine Art Brutkolonie bildeten. Im Jahre 1881 fand er in einer nur aus etlichen Bäumen beſtehenden Baumgruppe bei Nor— wich, Connecticut, fünf bis ſechs friſche Neſter und Es iſt ein beutelförmiger, nur aus Flechten beſtehender Bau, von welchem jedoch auch an der Unterſeite das Moos bartförmig herabhängt. | (Siehe Tafel XI, Vogel 1, und gerade unter ihm mehrere alte. — Es iſt klar, daß dieſe Flechtenneſter dem Vogel vor vielen Feinden ausgezeichnet Schutz gewähren. Schlangen, Eichhörnchen, Blauheher und anderes Raubzeug vernichten ſelten die Neſter dieſer Vögel, wie ich mich in Texas, wo faſt die Hälfte aller Neſter von dieſem Raubzeug zerſtört werden, über— zeugt habe. Namentlich iſt es dem ſchädlichen Kuh— vogel nicht leicht möglich, ſeine Eier in dieſen Neſtern unterzubringen. Das zahlreiche Vorkommen des Meiſenſängers in vielen Gegenden erſcheint daher er— klärlich. Da unſer Vogel aber auch in Gegenden vorkommt, wo weder Flechten noch Moos die Baum— äjte ziert, jo war es mir rätſelhaft, in welcher Weiſe der Moosſänger an derartigen Ortlichfeiten niſtet. Einer unſerer hervorragendſten Ornithologen, Herr Otto Widmann in St. Louis, giebt mir hierüber brieflich Aufſchluß. Er ſchreibt: „Das Neſt des Meiſenſängers habe ich dieſes Jahr (1885) endlich gefunden, und zwar an einem Orte, wo ich es nicht geſucht hätte. Sie kennen die oft wulſtigen Konglo— merate von Stroh, Reiſig, dürrem Laub u. ſ. f., die an Baumzweigen hängen, welche das Hochwaſſer der Bäche erreicht hat. In einem ſolchen Büſchel fand ich das Neſt, über dem Waſſer hängend, am Ende eines Birkenzweiges. Im übrigen iſt es gebaut wie andere Neſter des Moosſängers, nur mit dem Unterſchiede, daß hier das vom Waſſer angeſchwemmte Stroh und andere Stoffe die Stelle der Flechten vertritt.“ Die fünf bis ſechs Eier ſind glänzend weiß, matt hellbraun und lila gefleckt; am dicken Ende ſtehen die Flecken dichter, kranzartig. Die Alten zeigen ſich ſehr beſorgt und ängſtlich, wenn man in die Nähe des Neſtes kommt. Mit großer Liebe werden die Jungen gepflegt und in Gefahr verteidigt, nach dem Ausfliegen bis zum Wegzuge nach dem Süden geführt. Im September tritt alt und jung die Reiſe gemeinſchaft— lich nach dem Süden an. Ihre Winterherberge wäh— len ſie ſich in Mexico, Guatemala, Weſtindien und Florida. Iſt ſchon der Flug im Brutgebiet ſchnell und gewandt, ſo iſt das während der Zugzeit beſon— ders der Fall, denn er erhebt ſich dann hoch in die Luft und fliegt nun geſchickt dahin. Sein Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich vom Atlan— tiſchen Ozean bis weſtlich nach Nebraska, ſelbſt bis zu den Vorbergen der Felſengebirge. Nördlich kommt er bis nach Britiſch-Amerika vor. In Wisconſin und in Illinois iſt er nicht ſelten, und auch im ſüdlichen Miſſouri beobachtete ich ihn zahlreich während der Brutzeit. In denjenigen Südſtaaten, wo keine Bart— flechten wachſen, entſpricht das „ſpaniſche Moos“ ganz feinem Zwecke. Ridgway fand ihn brütend bei Mount Carmel in Illinois; auch in Süd-Carolina und Georgia iſt er Brutvogel. Namen: Meifen:, Flechten- oder Moosſänger. Parula Warbler, Yellow-backed Warbler, Blue Yellow-backed Warbler, Particolored Warbler, Moss Warbler, Creeping Titmouse (Penn.), Finch Creeper (Catesby), Louisiana Warbler (Lath.). Figuier cendré & collier (Buff.), Fauvette à collier (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Parus americanus Linn. (1758). — Motaeilla americana Gmel. (1788). — Syl- via americana Lath. (1790). — Sylvicola americana Rich. (1836), Parula americana Bonap. (1838). — Compsothlypis americana Cab., Mus. Hein. I, (1859). — Sylvia torquata Vieill. — Sylvia pusilla Wilson (4811) Beſchreibung: Männchen oben aſchblau, Rücken mit einem großen goldbraunen Flecke; Kehle und Bruſt gelb, mit einem tiefbraunen oder ſchwärzlichen Flecke; Bauch, Augenlider, zwei breite Querbinden und mehrere Flecke an den Schwanzfedern weiß. Obwohl die Färbung ziemlich variiert, ſo iſt doch der liebliche Vogel ſo auf— fallend, daß man ihn nicht leicht verwechſeln kann. Weibchen ähnlich, doch iſt das Blau des Rückens nicht ſo rein, und der eigentümliche Fleck auf dem Rücken und der Bruſt iſt nicht ſo ſcharf hervortretend. Länge 4.50 — 4.75 Zoll. Flügel 2.30, Schwanz 1.75 Zoll. N — 2 6 2 Sennetts-Meifenfänger. Sennett's Warbler. Compsothlypis nigrilora SrEIx. Im Frühling des Jahres 1877 entdeckte Scı- nett am Rio Grande im ſüdlichen Texas einen ſehr intereſſanten Meiſenſänger, welchen Coues unter rſänger. dem Namen Parula nigrilora beſchriebs). Er zeigte ſich dem vorigen in ſeinem Thun ſehr ähnlich, hielt ſich mit Vorliebe in den höchſten Spitzen der Wald— bäume auf und ließ ſeinen lauten, weithin ſchallenden Geſang fleißig ertönen. Obwohl dieſe Art nicht ſelten war, ſo fand man doch nur ein Neſt. Dieſes, ein außerordentlich ſchöner und intereſſauter Bau, ſtand in den dichten Zweigen einer Baumorchidee, welche etwa acht bis zehn Zoll lang war und von dem dünnen Aſte eines Baumes herabhing. Es war ein— fach in den dichten Orchideenbüſchel hineingebaut und an einer Seite, zwiſchen zurückgebogenen Blättern, fand ſich das kleine Schlupfloch. Die Neſtmulde be— ſtand aus weichen baumwollähnlichen Holzfaſern. Ein ſtärkeres, ſichereres Neſt läßt ſich kaum denken. Die Herſtellung eines ſolchen Baues dürfte wenig Zeit erfordern, und die Auswahl eines Niſtplatzes nimmt ebenfalls wenig Zeit in Anſpruch, denn Tau— jende dieſer Orchideen hängen anmutig von den halbabgeſtorbenen Baumäſten hernieder. Sicherlich wählt ſich dieſer Vogel auch die lang herabhän— genden Tillandſien zur Anlage ſeines Neſtes. Mer— rill fand in einem ſolchen Moosbüſchel ein Neſt mit Jungen in der Nähe von Brownsville in Texas. Die Eier ſind denen des Flechtenſängers ſehr ähnlich. Beſchreibung: Der Vogel iſt dem vorigen ähnlich, doch ſind die Augenlider und die ganze Ohrengegend tief— ſchwarz. Die Unterſeite iſt gelb, an Kehle und Bruſt reich orangengelb, doch fehlt hier der dem vorigen ſo charakteriſtiſche orangen-kaſtanienbraune Fleck. Größe des vorigen. Der Tigerfänger. Cape May Warbler. Dendroica tigrina BAIRD. = HA, dieſer Schöne, ſeltene Waldſänger kommt N mit anderen Arten während der Blütezeit der Obſtbäume gelegentlich in die Gärten des Nor— dens. Etwa Mitte des Maimonats kann man ihn hier einzeln in Geſellſchaft anderer Waldſänger be— obachten. Weder in Wisconſin noch in Illinois habe ich ihn zahlreich geſehen. Im Herbſt habe ich ihn nie beobachtet. Sein Brutgebiet hat man in den nörd— lichſten Gegenden der Union und in Britiſch-Amerika zu ſuchen. Eigentümlich iſt es, daß dieſer Vogel auch auf mehreren weſtindiſchen Inſeln brütet. Wenig weiß ich aus eigener Beobachtung über den Tigerſänger mitzuteilen. Er ſchlüpft und hüpft ganz wie andere Waldſängerarten durchs Geäſt *) Vergl. „Bulletin of the United States Geological and Geo- graphical Survey“. Vol. V, p. 11. 160 Der Tigerſänger. der blühenden Apfelbäume, erbeutet auch geſchickt im Fluge vorüberfliegende Inſekten, kommt faſt nie auf den Boden herab und läßt bei ſeinem Suchen nach Kerfen ſehr ſelten einen Laut hören. Häufiger noch als in Gärten gewahrt man ihn auf Hochbäumen der Fluß- und Bachniederungen, wo er dem Auge kaum wahrnehmbar ſich in den Kronen der höchſten Ulmen und Eichen umhertreibt. Es gehört ſchon ein geübtes Auge dazu, ihn hoch oben im Gelaube der Bäume von anderen Arten zu unterſcheiden. Dieſer Art eigentümlich iſt die ſchwärzliche Kopfplatte, die orange— braunen Ohrflecken und die ſchwärzlichen hervor— tretenden Längsflecken auf der Bruſt und auf den Seiten. mand. Außer dem Fachmanne kennt ihn faſt nie- Ende Mai ſind alle nördlicher gezogen. Zahlreich ſcheint er im nordoſtlichen Teile unſeres | Laudes zu brüten. „Bei einem Beſuche in den ausgedehnten Nadelholzwaldungen des nördlichen Maine“, ſchreibt Maynard, „war ich überraſcht, dieſe prachtvollen kleinen Sänger dort häufig zu finden. Sie bewohnen die Kronen der ſehr hohen Fichten und Tannen, oft mehr als hundert Fuß in der Luft. beſchäftigt, wo es faſt unmöglich war, einen zu ſehen. Der lebhafte und abwechjelnde Geſang der Männchen aber, welcher durch die mit Wohlgerüchen erfüllte Luft herniedertönte, ſich mit anderen harmoniſchen Tönen vermiſchte und welcher hier in dieſer Waldeseinſamkeit beſtändig während des angenehmen Juniwetters er— ſchallte, bewies uns ihre Anweſenheit, obwohl wir die Sänger ſelbſt nicht ſehen konnten. Der Tigerſänger brütet ohne Zweifel in den Spitzen dieſer dichten Nadelholzbäume, denn wir erlegten mehrere Weibchen, welche Zeichen des Brütens an ſich trugen. Auch be— obachteten wir ein ſolches, welches außerordentlich unruhig war, ſobald wir uns einer gewiſſen Tanne näherten, aber obwohl wir dieſen Baum erkletterten und genau durchſuchten, konnten wir doch kein Neſt entdecken. Dieſer Sänger iſt im öſtlichen Maſſachu— ſetts außerordentlich ſelten, da er während der Zug— zeit mehr durch das Innere des Staates zieht. — Dieſe Sänger waren im November auf Key Weſt, Die Vögel waren fortwährend in dem hohen dichten Nadelwerk mit Suchen nach Inſekten Florida, ſehr zahlreich, bewohnten ganz in der Nähe der Häuſer die Gärten, wo ſie in den tropiſchen Bäu— men und Sträuchern nach Inſekten umherſuchten. Sie zeigten durchaus keinen Argwohn, hingen ſich oft an die den Seitenweg überhängenden Aſte, nur wenige Fuß von Vorübergehenden entfernt. Sie ſcheinen mehr den bewohnten Teil der Inſel zu be— vorzugen, denn ich fand ſie nur ſelten in bewaldeten Strecken. Die Mehrzahl verließ die Inſel vor dem 1. Dezember, einige jedoch verweilten den ganzen Winter hindurch. Im Frühling ſind ſie in ganz Florida häufig, wo man ſie in Geſellſchaft anderer Sänger faſt in jedem Hummocke beobachten kaun.“ Über die Brutweiſe iſt noch ſehr wenig bekannt. Min ot berichtet, daß ein Neſt in der Nähe Boſtons gefunden worden ſei. Neſt und Eier gleichen, nach ſeiner Angabe, denen des Gartenſängers. Baily fand ein Neſt im Sommer 1871 an den Richardſon— Seen im nordweſtlichen Maine. Es ſtand nicht ganz fünf Fuß vom Boden in einer niedrigen Tanne und enthielt ein Ei. Der Tigerſänger verbreitet ſich während der Brutzeit nördlich bis zur Hudſon-Bai und dem Win— nipeg-See. Aber auch in dieſen nördlichen Regionen ſcheint noch kein Vogelkundiger das Neſt gefunden zu haben; in der ganzen mir vorliegenden ornithologi— ſchen Litteratur wenigſtens kann ich nichts hierüber finden. Während der Zugzeit trifft man dieſen Sänger nur im öſtlichen Teile der Vereinigten Staaten weſtlich bis zum Miſſiſſippi. — Merkwürdig iſt es, daß dieſer Vogel, der nur die allernördlichſten Teile unſeres Landes während der Brutzeit bewohnt, als Brutvogel auch in den Tropen, nämlich auf der Junſel Jamaica, San Domingo und anderen weſt— indiſchen Juſeln gefunden worden iſt. Turn— bull erhielt Bälge, Neſter und Eier von der Inſel San Domingo, ſodaß an der Richtigkeit der An— gabe gar nicht gezweifelt werden kann. March giebt in einem Berichte über die Vögel Jamaicas an, daß dieſer Waldſänger beſtändig und zwar in allen Altersſtufen die Mangrove-Sümpfe der Inſel und die Bäume der Flußufer bewohne. Während der Som— mermonate war er in der Gegend von Healthfhire und am großen Salzteich (Great Salt Pond) häufig und auch zu anderen Zeiten war er ſehr regelmäßig über die Inſel verbreitet. Er fand mehrmals Neſter mit Eiern, doch giebt er nichts über die Niſtplätze an. Dieſe Bauten, welche augenſcheinlich von Bäumen oder Büſchen genommen ſind, waren 3.25 Zoll breit, 2.50 Zoll hoch; die Neſtmulde war im Verhältnis zum ganzen Bau ungewöhnlich groß und tief. Sie waren aus langen Streifen dünnen flachsähnlichen Baſtes gebaut und innen mit ebenſolchen Stoffen ausgekleidet. An der Außenſeite fanden ſich auch dünne Stückchen Moos, Flechten und feine Teilchen äußerer Rinde von Laubholzbäumen eingewebt. Das ganze bildet einen ſehr eigentümlichen feſten Bau. 11 — * NER Die Eier ſind rötlichweiß, mit verſchiedenartigen brau— nen Flecken gezeichnet, welche am dicken Ende einen Ring oder Kranz bilden. Namen: Tigerſänger, Kap May-Sänger. Cape May Warbler, Cape May Wood War- bler, Spotted Yellow Warbler (Lath.), Spotted War- bler (Penn.). Figuier tacheté de jaune (Buff.), Fauvette tigrée (Vieill.), Bec-fin à joues rousses (D’Orb.), Fauvette du Cap May (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla tigrina Gmel. (1788). — Sylvia tigrina Lath. (1790). — Mniotilta tigrina Gray (1848), — Dendroica tigrina Baird, B. N. A. (1858). — Periglossa tigrina Brd. (1865). — Sylvia maritima Wils., A. O. (1812), Nutt. — Sylvi- cola maritima Jard. (1832), Nutt., Aud. — Certhiola maritima Gosse. — Mniotilta maritima, Rhimamphus maritimus Gundlach, etc. Beſchreibung: Männchen oberſeits gelblich-olivenfarben mit dunklen Flecken; Krone ſchwärzlich; einen orangen— braunen Ohrenfleck; einen ſchwarzen durchs Auge lau— ſenden Streif; Bürzel reich gelb; Unterfeite reich gelb, an den Seiten orangenbräunlich angeflogen; an Bruſt und Seiten hervortretend ſchwarz geſtrichelt; weißer Flügelfleck; drei Paar große weiße Schwanzflecken. Weibchen ähnlich, doch fehlt die auffallende Kopf— zeichnung mehr oder weniger; Flügelfleck kleiner, ebenſo Schwanzflecken; Unterſeite matter mit undeutlichen Strichen und Flecken. Länge 5.00 —5.25 Zoll; Flügel etwa 2.50, Schwanz 1.75 Zoll. Der Hlivenſänger. Olive Warbler. D. olivacca BRD. Dieſer Schöne, noch wenig bekannte Waldſänger wurde zuerſt von Giraud in feinen „Sixteen new species of North American Birds“ (1841, Tafel 7, Fig. 2) abgebildet und als in Texas vor— kommend beſchrieben. Auch in Caſſins „Illustra— tions of the Birds of Texas, California, etc.“ (1855) wurde er abgebildet und beſchrieben. Lange Zeit wüßte man von dieſer Art weiter nichts, als was die beiden genannten Ornithologen kurz angegeben hatten, ja man bezweifelte ſehr, daß dieſe Art über— haupt in dem Gebiete der Vereinigten Staaten vor— komme. Wohl war der Vogel von manchen Samm— lern in Mexico erbeutet worden, z. B. am Popocate— petl. Sumichraſt hatte ihn aus der alpinen Region Der Olivenſänger. des Orizaba ans Smithſonſche Inſtitut geſchickt und Sclater und Salvin führten ihn als in Cor— dova, Oaxaca, Xalapa und Vara Paz vorkommend auf, aber bis zum Jahre 1875 war kein Exemplar im Gebiete der Union gefunden worden. In dem ge— nannten Jahre war Henſhaw ſo glücklich, ihn in Arizona zu entdecken. „Während eines dreitägigen, vom 1. bis 4. Auguſt dauernden Beſuches am Mount Graham“, ſo ſchreibt genannter Ornitholog, „wurde er nicht beobachtet; als wir am 19. September nach hier zurückkehrten, waren viele Arten, die im Auguſt häufig geweſen, ſüdlich gezogen, fehlten alſo entweder ganz oder wurden von aus dem Norden zugewanderten Individuen vertreten. Die ſonſtige Stille des Wal— des wurde wie durch Zauber von Hunderten von Stimmen gefiederter Wanderer unterbrochen, welche in lärmenden Geſellſchaften ihren Weg nach dem Süden fortſetzten. Den folgenden Tag, nachdem unſer Zelt hier aufgeſchlagen worden, brachte Aut ter, ein Mitglied unſerer Expedition, ein prachtvolles Exemplar dieſer Art, welches er aus einer vom Boden aufgeſcheuchten Schaar Audubons-Sänger und Win— terfinken geſchoſſen hatte. Mit den übrigen Vögeln hatte auch er am Boden nach Nahrung geſucht, war dann auf den niedrigen Aſt einer Tanne geflogen, wo er ſtill ſitzend einen ſehr ſchönen, überraſchend melo— diſchen, aus pfeifenden Tönen beſtehenden Geſang erklingen ließ.“ An den folgenden Tagen erbeutete Henſhaw ſelbſt noch mehrere Exemplare. Die Vögel ſchienen auf ihrer Wanderung nach dem Süden begriffen zu ſein. Wahrſcheinlich brüten ſie in der hohen Nadelholzregion Arizonas und Neu-Mexicos. Namen: Olivenſünger. Olive Warbler, Olive-backed Warbler, Orange- breasted Warbler, Olive-headed Warbler. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia olivacea Giraud (1841). — Sylvicola olivacea Brd. (1852). — Rhimam- phus olivaceus Sclat. (1856). — Dendroica olivacea Brd., B. N. A. (1858). — Mniotilta olivacea Gray (1869). — Peucedramus olivaceus Coues (1875). — Sylvia taeniata (1847). Beſchreibung: Männchen, Oberſeite aſchgrau, mehr oder weniger olivenfarbig; Kopf, Kehle und Bruſt orangen— oder ſafrangelb; breiter, ſchwarzer, durchs Auge lau— fender Streif; Flügel und Schwanz ſchwärzlich; Bauch und Seiten weißlich, olivenfarbig angeflogen. Weibchen matter. Länge etwa 5 Zoll. Yellow Warbler. Tafel XV. S T % Der Hommer- oder Gartenfänger. Dendroica aestiva BAIRD. Vogel 1. . iſt Ende Mai. Die Büſche und Bäume der 67 ländlichen Gärten des Nordens ſtehen in voller Blütenpracht. Neben einheimiſchen Sträuchern grünt und blüht die dichte Heckenkirſche !). Prächtige Erifa- ceen?) blühen an den feuchten Rändern der Sümpfe und Teiche. Der wilde Apfelbaum?) des Waldſaumes hat ſeine wohlriechenden roſaroten Blütenbüſchel ent— faltet und die meiſten Sträucher und Waldbäume ſtehen gleicherweiſe im vollen Blüten- und Blätter— ſchmuck. Schon die meiſten gefiederten Sommergäſte ſind heimgekehrt, manche ſind ſogar ſchon mit der | Brut beſchäftigt, andere beginnen mit dem Neſtbau. Beobachten wir genau, ſo werden wir in den blühen— den Büſchen und Zierſträuchern, namentlich aber in den in voller Blüte ſtehenden Obſtbäumen, in den Dickichten der Sümpfe, hoch oben im ſaftigen Grün der Waldbäume zahlreiche kleine, bunt befiederte, ver— ſchiedenartige Vögel, oft von wunderbarer Farben— pracht, eifrig nach Kerbtieren ſuchen ſehen. Sie flattern hin und her, nehmen eiligen Fluges vorüber— ſchwirrende Inſekten auf, hängen ſich nicht ſelten ſogar an die Unterſeite kleiner Zweige, haſchen hüpfend, ſchwirrend und flatternd kleines Ungeziefer aus den Blütenbüſcheln hinweg, laſſen dabei aber nur ſelten einen leiſen Ton hören. Still ſind ſie er— ſchienen, ſtill und lautlos gehen ſie ihren Geſchäften nach, und nach kurzer Zeit ſind die meiſten ebenſo ſtill wieder verſchwunden. Es ſind dies Wandergäſte, welche ſämtlich zur Familie der Waldſänger gehören, einer der intereſſanteſten und artenreichſten Familien aller unſerer Vögel. Merkwürdig iſt es, daß die meiſten Arten, namentlich die eigentlichen Waldſänger, die in Farbenpracht oft an die Tropen erinnern, ſehr weit hinauf nach Norden ziehen, um zu brüten. Ihre Heimat ſind die nördlichſten Teile der Vereinigten Staaten und Britiſch-Amerika bis hinauf zum Polar— kreis, wo die Wälder aufhören und nur noch niedriges Geſtrüpp, zwergartige Birken und Weiden, deren Stelle vertritt. Die Waldſänger im engeren ) Lonicera tartarica und L. xylosteum. 2) Andromeda und Azulea. 3) Pyrus coronarius. Sinne (Dendroica, zu denen man auch die beiden vorigen zählt) verbreiten ſich hauptſächlich über das öſtliche Nordamerika, ſind dagegen im weſtlichen Teile nur durch wenige Arten vertreten. Sie alle ſind wahre Prachtvögel, die Lieblinge des Beobachters und Sammlers. Die Neſter aller dieſer Vögel ſtehen in Aſtgabeln und ſind überaus künſtlich aus weichem und feinem Material gebaut. Wie ſchon erwähnt, erſcheinen ſie ſpät im Frühling, immer erſt, wenn die Obſtbäume in Blüte ſtehen und wenn wirklich wär— meres Frühlingswetter eingetreten iſt. Unberechenbar iſt der Nutzen, welchen ſie dadurch bringen, daß ſie die Blüten von verderblichen Kerfen reinigen. Schon im September ziehen ſie wieder ſüdlich. Merkwürdig iſt es auch, daß gerade diejenigen Arten, welche am weiteſten nach Norden ziehen, im Winter im Inneren Südamerikas gefunden werden. Die bekannteſte Art der ganzen Sippe iſt der | Eitrone, Sommer-, Garten- oder Gelb: ſänger, ein prächtiges Vögelchen, das oben gelblich olivengrün, unten goldgelb, mit braunen Längs— ſtreifen, gezeichnet iſt. — Ich fand es als Brutvogel ziemlich zahlreich von Wisconſin bis Texas. Im erſt— genannten Staate erſcheint es etwa in der zweiten Woche des Mai, zur Zeit der Obſtbaumblüte, wenn der ganze Waldſängerſchwarm nach dem Norden zieht. In Texas trifft der Sommerſänger nicht vor Mitte April ein. Am liebſten ſiedelt er ſich in kultivierten | | | Gegenden an, namentlich in größeren Gärten und Baumpflanzungen, in dem Gebüſch feuchter Wieſen und in mit Sträuchern und Bäumen beſtandenen Sümpfen, welche von Feldern oder Viehweiden um— geben ſind. In den Gärten ſind es namentlich Philadelphusbüſche, Heckenkirſchen und Apfelbäume, in welchen er ſich anſiedelt. Am Waldrande treibt er ſich mit Vorliebe in Haſelnußgebüſchen, Hart— riegel- und Schneeballſträuchern umher. Einzelne | mittelgroße, dichtbelaubte Bäume müſſen ſich aber ganz in der Nähe der Gebüſche finden, auf welche er ſich zeitweilig zurückziehen kann. Obwohl er nir— | gends ein ſeltener Vogel it, obwohl er oft ganz in N . . N A mn D unmittelbarer Nähe des Menſchen brütet, ſo iſt er doch nur wenig bekannt. Die meiſten verwech— ſeln ihn mit dem Goldzeiſig und manche halten ihn ſogar für einen wilden Kanarienvogel. Das prächtige Vögelchen iſt jedoch an den braunen Längsſtreifen auf der gelben Unterſeite leicht zu erkennen. Gewöhnlich ſieht man ihn in den Obſtbäumen, im Gebüſch und mittelhohen Waldbäumen munter nach Juſekten umherſuchen. Dabei ſind alle ſeine Bewegungen höchſt elegant, zierlich und gewandt, wie die aller Waldſänger. Langſam hüpft und kriecht er durchs Laubwerk, nimmt allerlei Kerfe von den Blü— ten und Blättern, ſelbſt von der Rinde ab und fliegt gelegentlich auch vorüberſchwirrenden Inſekten nach, die er geſchickt erbeutet. Häufig kommt er hinab ins niedere Gebüſch, in die Zierſträucher der Gärten und in die Schlingpflanzen, ſelten aber ſah ich ihn auf dem Boden. Bei dieſem Suchen nach Nahrung läßt er oft ſeinen lauten, hellen und angenehmen, jedoch kurzen Geſang ertönen, ohne dabei ſtill zu ſitzen und ohne ſich dadurch in ſeiner Jagd auf Kerbtiere ſtören zu laſſen. Das Liedchen iſt dem des Gelbkehlchens ), namentlich aber dem des Pennfylvania- Sängers?) ähnlich, und ſelbſt der Nenner vermag es nicht immer ſogleich zu unterſcheiden. Im Vergleich mit unſeren hervorragenden Meiſtern iſt der Gartenſänger aller— dings kein großer Künſtler; aber er erſetzt durch Fleiß, was dem Geſange an künſtleriſchem Reichtum fehlt. Obwohl kurz, iſt das Liedchen doch recht wohl— klingend und heiter, und dadurch belebt er ſein Wohn— gebiet aufs ſchönſte. Das ohne Angſtlichkeit in den Blütenbüſcheln der Zierſträucher und Obſtbäume um— herſuchende, ſingende goldgelbe Vögelchen iſt eine ganz reizende Erſcheinung. er Sommer- oder Gartenſänger. Etwa Ende Mai wählt ſich jedes Pärchen in der Spitze eines Buſches oder kleinen Bäumchens, ge— wöhnlich zwei bis fünfzehn Fuß vom Boden, einen paſſenden Niſtplatz. Innern des Waldes oder der Dickichte, meiſt am Waldesſaum, am Rand der Dickichte, in einzeln ſtehenden Gebüſchen und in Gärten, oft ganz in der Nähe menſchlicher Wohnungen oder dicht an einem Wege des Gartens. In der Regel iſt der kleine zier— liche, ſehr künſtliche Bau ganz im dichten Gelaube verſteckt, ſodaß man ihn nicht leicht findet. Jasmin— und Hartriegelgebüſche, Heckenkirſchen und andere Selten findet man das Neſt im dichtbelaubte Zierſträucher, ferner die Haſelnußbüſche des Waldſaumes, der Blut-) und Sumpfhartriegel“) 1) Geothlypis trichas. stolonifera. 2) Dendroica penusylvanica. 4) Cornus paniculata. 3) Cornus” | 163 am Rande größerer Diefichte werden mit Vorliebe zur Anlage des Neſtes gewählt. Als ich mich im Juli 1878 bei meinen Eltern in Sheboygan County (Wis— conſin) aufhielt, beobachtete ich ein Pärchen dieſer Sänger, welches ſein Neſt in die Spitze eines dichten Heckenkirſchenſtrauches baute, genauer. Das Weib— chen war der eigentliche Baukünſtler, während das Männchen den größten Teil der Niſtſtoffe herzutrug. Zunächſt wurden lange weiche flachsartige Faſern herbeigeſchafft und daraus das Neſt unter fortwäh— vendem Drehen geformt. Mit dem Schnabel wickelte es die Faſern und Fäden von Baumwollenzeug um die dünnen Zweige der Aſtgabel und brachte ſie in die richtige Lage. Zur inneren Auskleidung wurde feine Pflanzenwolle, Wolle von Farnkräutern, Federn und einzelue Haare verwendet. In etwa vier Tagen war das ſchöne Neſtchen fertig, obwohl die Vögel nur in den frühen Morgenſtunden und ſpät nachmittags beim Bauen beobachtet wurden. In der übrigen Zeit des Tages ſah man ſie nicht in der Nähe des Neſtes. Dieſes Neſt ſtand nur wenige Fuß vom Wohnhauſe, dicht am Fenſter und ganz in der Nähe eines häufig benutzten Gartenweges. Vier dünne Aſtchen liefen durch die Wandungen. Im nördlichen Illinois bauen dieſe Vögel mit Vorliebe in Philadelphus-Büſche!) und Apfelbäume, auch in Oſage-Oraugenhecken, ſelten höher als vier bis ſieben Fuß vom Boden; doch fand ich gelegentlich auch das Neſt in einer Höhe von zwanzig Fuß. Ein vor mir liegendes Neſt aus dem nördlichen Illinois, das ich anfangs Juni 1876 in der Nähe des Desplaines in einem Haſelnußbuſche des Wald— randes fand, war ganz verſteckt in den oberen Teil des Strauches gebaut, ſodaß die dichtſtehenden Blät— ter über demſelben ein ſchützendes Dach bildeten. Von oben konnte man es nicht ſehen und auch von allen Seiten war es durch dichte Büſche geſchützt. Die Außenſeite dieſes Baues beſteht aus ſehr feinen glänzenden Faſern einer Asklepias-Art, innen iſt es mit ebenſolchen Faſern und einer dicken Lage feiner Pflanzenwolle ausgepolſtert. Bei Calumet (Illinois) fand ich ein Neſt in einem ziemlich ſpärlich belaubten, ganz vereinzelt ſtehenden wilden Kirſchenſtrauch. Es ſtand nur etwa achtzehn Zoll vom Boden. Viele andere Neſter, welche ich fand, und auch ſolche aus Ohio und anderen Teilen der Union ſind alle ähnlich gebaut, nur ſind manche mit einer dicken Lage roſtbräunlicher Wolle des Zimmetfarns ausgelegt. 1) Jasminſtrauch (Mock Orange). 164 Stets iſt das Neſt ein dichter gefilzter, künſtlicher, aus feinem Material hergeſtellter, feſter Bau, der lange Zeit Wind und Wetter zu widerſtehen vermag. Trotzdem es in der Spitze ſchwanker Sträucher ange— bracht iſt, können ihm die um dieſe Jahreszeit häufig auftretenden Gewitterſtürme, welche ſonſt ſo vielen Neſtern zum Verderben gereichen, wenig anhaben. Die Neſtmulde iſt jo tief, daß die Eier beim Hin- und Herſchwanken nicht leicht herausrollen können. Die vier bis fünf Eier find der Grundfarbe nach weiß mit grünlichem Auflug, oft auch reinweiß oder grauweiß, mit verſchiedenen braunen und lila-artigen Farben— tönen gefleckt und gepunktet. Am dichteſten und größten ſind die Flecken am dicken Ende. Sie ſind den Eiern mehrerer anderer Waldſänger ſo ähnlich, daß ſie mit Sicherheit nicht von ihnen zu unter— ſcheiden ſind. Häufig legt der Kuhſtar, der Erzvagabund un— ſerer Vögel, ſein Ei in das Neſt des Gartenſängers. Oft genug findet man das Schmarotzer-Ei, noch ehe das Neſt ganz fertig iſt und noch ehe er ſelbſt ein Ei hineingelegt hat. Nuttall beobachtete nun zuerſt, daß der Sommerſänger das fremde Ei ſozuſagen ein— mauert, d. h. er baut auf das erſte Neſt ein zweites und läßt das Kuhvogel-Ei unten liegen. Dieſe Be— obachtung iſt durch andere Ornithologen beſtätigt worden. So berichtet Brewer folgendes: „Nut— | tall giebt an, daß das Kuhvogel-Ei mit den übrigen | Eiern ausgebrütet werde, wenn es hineingeſchmuggelt wurde, als ſchon eigene Eier in demſelben vorhanden waren. Dies ſtimmt jedoch nicht mit meinen Be obachtungen überein. In mehreren Fällen verzichtete | der Sommerſänger durchaus darauf, das Kuhvogel— Ei auszubrüten und opferte lieber ſelbſt die eigenen Eier. Soviel ich weiß, ſetzt er ſich nie und unter | feinen Umſtänden auf das fremde Ei, um es zu zeitigen. Ein gewiſſer Inſtinkt, man möchte faſt ſagen Verſtand, ſcheint die klugen Vögel zu lehren, mit welchem Eindringling ſie es zu thun haben, und | deshalb verlaſſen fie lieber das eigene Gelege, als daß ſie einen ſolchen Paraſiten erbrüten. Kommen ſie in dieſe Verlegenheit, ſo werden nach meinen Beobach— tungen die eigenen Eier nebſt dem Kuhvogel-Ei zus | gedeckt und ein neues Neſt wird nun auf das erſte gebaut. Einſt deckte dasſelbe Pärchen Sommerfänger | zweimal das eingeſchmuggelte Ei zu, ſodaß eigentlich drei Neſter aufeinander gebaut wurden; jedesmal war das Kuhvogel-Ei erfolgreich eingeſchloſſen worden. Dieſes dreiſtöckige Neſt war ſieben Zoll hoch und - um — 2 | bejtand zum größten Teil aus Baumwolle, Das | en Der Sommer- oder Gartenſänger. vun rn u Schmarotzer-Ei war ſtets zwei Drittel Zoll hoch mit Bauſtoffen bedeckt und beide Eier waren auch, ſchein— bar abſichtlich, zerbrochen.“ Dies klingt ſehr ſchön, entſpricht aber der Wirk— lichkeit doch nicht ganz. Ich habe gerade auf dieſen Punkt meine Aufmerkſamkeit gerichtet und gefunden, daß der Gartenſänger gelegentlich ebenfalls das Schmarotzer-Ei ausbrütet und den jungen Kuhvogel fürſorglich aufzieht. Sowohl in den Neſtern habe ich junge Kuhvögel geſehen als auch beobachtet, wie die Alten den ſchon ausgeflogenen Paraſiten mit Futter verſorgten. In den Nordſtaaten findet jährlich nur eine, weiter ſüdlich jedoch ſicherlich zwei Bruten ſtatt. Das Weibchen brütet allein, wird aber vom Männchen oft gefüttert und bewacht. Damit das Neſt nicht verraten werde, hält ſich das Männchen nicht in unmittelbarer Nähe, ſondern gewöhnlich nahe bei in einem größeren dichtbelaubten Baum oder in einem kleinen Dickicht auf. Von hieraus hält es Wache und zeigt jede Ge— fahr an. Kommt man in die Nähe des Baues, ſo eilt das Männchen, Angſtrufe ausſtoßend, herbei und hüpft beſorgt umher, ſucht auch den Feind hinweg— 8 zulocken. Der brütende Vogel ſitzt ſo feſt, daß man ihn nicht leicht vom Neſte verſcheuchen kann. Ge— wöhnlich verläßt er dasſelbe erſt, wenn man die Hand nach ihm ausſtreckt. In den Gärten ſind es ſehr zu— trauliche, liebliche Vögel, die ſich keineswegs vor dem Menſchen fürchten, und in der Nähe der Wohnungen laſſen ſie ſich auch leicht beim Brutgeſchäft beobachten. Die Jungen werden in den erſten Tagen ihres Lebens mit winzigen Inſekten, beſonders mit Blattläuſen, kleinen Spinnen, Mücken u. a. gefüttert. Späterhin tragen ihnen die Alten auch kleine unbehaarte Rau— pen, kleine Falter, Käfer und andere Juſekten zu. Mit großer Liebe und Fürſorge nehmen ſie ſich ihrer Brut an und legen große Angſt an den Tag, wenn ſich dem Neſte etwas Verdächtiges naht. Etwa vier— zehn Tage nach dem Ausbrüten verlaſſen die Jungen das Neſt und werden von den Eltern bis faſt zur Zeit des Wegzugs in ſüdliche Gegenden geführt. Außer einem leiſen „Ziet“ vernimmt man jetzt nur noch ſelten einen Ton. Schon im ſüdlichen Pennſylvanien und Illinois macht der Gartenſänger jährlich zwei Bruten. Vom Tage ſeiner Ankunft bis zum Wegzug in ſeine ſüdliche Winterherberge entfaltet dieſer ſchöne Vogel eine überaus nutzbringende Thätigkeit. Wie ei | ſchon bemerkt, beſucht er im Mai mit vielen anderen Arten der Familie die blühenden Obſtbäume, welche — Der Sommer- gerade um dieſe Zeit von einem ungeheuren Inſekten— heere angegriffen werden. Aus den Blütenbüſcheln werden nun hauptſächlich allerlei Inſekten flatternd aufgenommen. Die ganze, ſehr artenreiche Familie der Waldſänger wird nie und nirgends ſchädlich, ſie ſind im Gegenteil alle ſehr nützlich und übertreffen hierin faſt noch die Meiſen. Es iſt darum von un— berechenbarem Wert, daß gerade zur Zeit der Obſt— baumblüte alle dieſe Waldſänger nördlich ziehen. — Späterhin werden allerlei Kerbtiere hauptſächlich aus dem Gelaube abgeleſen. Es ſind beſonders kleine Raupen, allerlei Käfer (welche den Obſtbäumen und Früchten ſo verderblich werden), Blattläuſe, Spinnen und Würmer, Inſekteneier u. ſ. w., auf welche fie fahnden. Fliegende Inſekten werden geſchickt in der Luft erbeutet, doch fliegen ſie nur wenige Fuß hinaus aus dem Geäſt. Der Flug iſt gewandt und zierlich, zur Zugzeit auch ziemlich hoch, doch dehnt er ſich während der Brutzeit ſelten über weite Strecken hin aus, führt ge— wöhnlich nur von Baum zu Baum, von Gebüſch zu Gebüſch, iſt aber auch dann ſchnell und gewandt und entbehrt anmutiger Wendungen nicht. — Wie alle kleinen Vögel, ſo hat auch der Gartenſänger viele Feinde, welche fortwährend ſeine Reihen lichten. In den Gärten wird häufig die Brut eine Beute der Katze. Schlangen, Blauheher und Würger ſuchen gleicher— weiſe die Brut zu vernichten. Der Sperlings- und Taubenfalk und andere Raubvögel, auch kleine Eulen fangen viele weg. Etwa Ende September zieht unſer Sänger ſüd— lich, und zwar dehnt er ſeine Reiſe bis nach Mexico, Centralamerika, Weſtindien, ja ſelbſt bis nach Ecuador und Cayenne in Südamerika aus. Während der Brutzeit iſt er faſt über ganz Nordamerika verbreitet, von Texas bis hinauf zu den Polarländern. Schon am 15. Mai fand man ihn bei Fort Franklin unter dem 66. Breitengrade. In Alaska iſt er nach Dall eine gewöhnliche Erſcheinung während der Brutzeit. Nach Kennicott u. a. iſt er in den äußerſten Polargegenden ein zahlreicher Vogel, der dort ſein Neſt faſt immer in Weiden, zwei bis fünf Fuß von der Erde, anlegt. Gewöhnlich findet man es in der Nähe des Waſſers. Auch in Waſhington iſt er zahlreich, und Dr. Elliott Coues fand ihn im Coloradothale. Er verbreitet ſich alſo vom Atlantie bis zum Pacific. Im fernen Süden, auf den An— tillen, in Mexico und ſüdlicher wird er von meh— u X u; oder Gartenſänger. 165 reren wenig abweichenden, verwandten Arten *) ver- treten. Für die Gefangenſchaft eignet ſich der Garten— ſänger vorzüglich. Ein Männchen, welches ſich im Desplaines (im nördlichen Illinois) gebadet hatte und ſo durchnäßt war, daß es nicht fliegen konnte, wurde leicht mit der Hand gefangen und mir über— bracht. Es gewöhnte ſich ſchnell ein, zeigte ſich nicht ſo ſtürmiſch, wie viele andere friſchgefangene Vögel und nahm bald das gereichte Spottdroſſelfutter, Mehl— würmer und Ameiſeneier an. Ich habe ſpäterhin noch mehrere eingewöhnt und ſie alle gingen ohne Umftände ans Futter. Wenn man fie ſorgſam wie die feinen Inſektenfreſſer pflegt, ſo zeigen ſie ſich als liebenswürdige, gefieder-ſchöne, ausdauernde Käfig— vögel. Mehlwürmer, Fliegen und andere Juſekten nehmen ſie bald aus der Hand. Auch in der Ge— fangenſchaft läßt das Mäunchen ſeinen kurzen Geſang fleißig hören. Namen: Sommer: oder Gartenſänger, Citron-, Gelbſän— ger, Citronenvogel. Yellow Warbler, Summer Warbler, Summer Yellowbird, Golden Warbler, Yellow Warbler, Yel- low-poll Warbler, Blue-eyed Yellow Warbler, Citron Warbler (Sw. & Rich.), Yellow Wren or Willow Wren (Nuttall), Children's Warbler, Rathbone's Warbler (Audubon), Yellow Titmouse (Catesby). Fauvette tachetde de rougeätre (Vieill.), Figuier tachete, Figuier de Caroline (Buff.), Fauvette jaune (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla aestiva Gmel. (1788). — Sylvia aestiva Lath. (1790). — Sylvicola aestiva Sw. & R. (1831). — Mniotilta aestiva Gray (1848). — Rimamphus aestivus Cab. (1850). — Den- droica aestiva Brd., B. N. A. 1858. — Parus luteus Bartr. (1791). — Sylvia flava Vieill. (1807). — Sylvia eitrinella Wils. (1810). — Sylvia Rathbonia, S. Child- renii, Aud., etc. | Beſchreibung: Männchen goldgelb oder citrongelb; Rücken gelblich-olivengrünlich, mit häufigen dunkelen Strichen; Bruſt und Seiten ſcharf orangenbraun geſtrichelt; Flügel und Schwanz dunkel, jede Feder gelb gerandet. Schnabel hornblau; Füße braun. Weibchen und Junge matter gelb; die orangenbraunen Striche matter, vereinzelt oder ganz fehlend. Länge etwa 5 Zoll; Flügel 2.50 Zoll, Schwanz 2 Zoll. ) Auf Jamaica finden fi zwei nahe verwandte Arten: Dendroica pelechia Cass. und P. co BRD.; auf Cuba und den Bahamas P. vetechta Gundlach; auf Barbadoes P. capitalis Lawr.; in Neu- Granada D. Vieillotii Cass.; in Panama D. WVieillotii rufigula; in Mexico D. Vieillotii Bryanti. Selbſt auf Galopagos lebt eine nahe verwandte Art, D. aureola SCLAT. Der Canada-Hänger. Black-throated Blue Warbler. Dendroica caerulescens BIRD. Safe Vogel 2. Lie anziehendſten und lieblichſten Erſcheinungen aller unſerer Vogel find die Waldſänger. Ihr Farbenreichtum, ihr anmutiges ſtolzes Beneh— men, ihr intereſſanter Frühlingszug (auch teilweiſe ihr Herbſtzug), die ungeheuren Wanderungen, welche ſie jährlich zweimal unternehmen, einmal hinauf in das arktiſche Nordamerika, wo die Mehrzahl brütet, und von da hinab nach Central- und Südamerika, wo ſie überwintern, ihre meiſt ſchönen, oft außerordentlich lünſtlichen Neſter ſtempeln fie in Wahrheit zu den anziehendſten Erſcheinungen der nordamerikaniſchen Ornis. Dem Laien freilich ſind ſie meiſt unbekannt. Sie ſind klein, halten ſich gewöhnlich im dichten Ge— laube und in den Blütenbüſcheln der Bäume ver— einzelt auf und thun ſich auch nicht durch beſondere Zutraulichkeit und durch lauten charakteriſtiſchen Ge— ſang hervor. Die Lebensweiſe im Brutgebiete, ua— mentlich aber die Niſtweiſe mancher Arten iſt ſelbſt dem eifrigen Vogelkundigen noch gar nicht oder doch nur wenig bekannt. In dieſe Kategorie gehört auch der Canada- oder der ſchwarzkehlige Blau— ſänger, ein während der Zugzeit ſehr zahlreicher Vogel des Oſteus der Union. Im nördlichen Illinois und Wisconſin erſcheint dieſer ſehr hübſche Waldſänger etwa Mitte Mai und oft auch noch etwas ſpäter, und Mitte September zieht er wieder ſüdlich. Er iſt geſelliger als die meiſten anderen Arten ſeiner Familie und erinnert in dieſer Hinſicht an den Kron-) und Palmenfänger?), iſt auch viel Schneller in feinen Bewegungen und leb— hafter als andere Arten, benimmt ſich aber doch immer als echter Waldſänger. Zahlreich kommt er während des Frühlingsdurchzuges in die gerade in voller Blüte ſtehenden Obſtgärten, treibt ſich in dieſen oft bis in die letzten Tage des Mai umher und zieht dann nördlicher in ſein Brutgebiet. Er iſt während dieſer Zeit ein ziemlich zutraulicher Vogel, kommt ſelbſt in die größeren Gärten kleiner Ortſchaften und läßt ſich, weun man ſich ruhig verhält, leicht beobach 1) D. coronata. 2) D palmarum. ten. Seine Bewegungen ſind ſehr zierlich. Ge— wandt durchhüpft er das Geäſt und die Blütenbüſchel, verfolgt fliegende Inſekten pfeilſchnell und nimmt ſolche auch hurtig im Fluge vom Boden auf. Man ſieht gelegentlich auch zwei beſonders erregte Männ— chen ſich ſpielend durchs Geäſt und Laubwerk jagen, wobei ſie allerlei Zickzackbewegungen und die jäheſten Wendungen ausführen. Im Gebüſch und Dik— kicht des Waldſaumes und der Sümpfe ſind ſie ihrer bewunderungswürdigen Schnelligkeit und Raſtloſig— keit halber ſchwerer zu beobachten als andere Arten der Sippe. Dies gilt aber eigentlich nur vom Herbſt— zuge, zu welcher Zeit ſie ſehr ſelten die Gärten be— ſuchen und ſich auch nur kurze Zeit in einer Ortlichkeit aufhalten. Ein reizendes Bild iſt es, wenn der Canada-Sänger zugleich mit Grün-, Bunt, Pracht, Magnolien-, Kaſtanien- und anderen Waldſängern in einem blühenden Apfelbaume nach Inſekten ſucht, wie man dies zuweilen beobachten kaun. Ohne einen Laut von ſich zu geben, iſt die ganze Geſellſchaft mit dem Erbeuten der verſchiedenſten Kerfe beſchäftigt. Nur der Canada-Sänger kann nicht lange ruhig ſein, denn er läßt entweder ſeinen Lockruf oder ſeinen leiſen unbedeutenden Geſang ertönen, oder er fliegt hurtig davoneilenden Inſekten nach, wobei er den Schnabel hörbar wie ein Fliegenfäuger zuſammenklappen läßt. Im Frühling trifft man die Mäunchen auch oft in den Kronen der Waldbäume, wo ſie ihren nur auf kurze Entfernung hörbaren Geſang erklingen laſſen. Die Geſellſchaften übernachten gemeinſam auf einem Baume, und ſobald es Tag wird, verbreiten ſie ſich über ein kleines Gebiet, ſodaß man gewöhnlich nur zwei bis vier Stück beiſammen ſieht. Am Abend bringt ſie der Lockruf, welcher nicht laut, aber durch— dringend wie „Zwiet“ klingt, alle wieder zuſammen. Der Flug iſt ſehr geſchickt und dehnt ſich oft über weite Strecken hin aus. Während der Zugzeit iſt er hoch und geſchieht in janften Wellenlinien. — Das Verbreitungsgebiet des ſchwarzkehligen Blau— ſängers erſtreckt ſich über die öſtlichen Vereinigten Staaten bis weſtlich zum Miſſiſſippi-Thale. Er —ä̃— nn —— . ——ů—ů—ů— brütet von den Nordſtaaten und Neu-England nörd⸗ lich und jedenfalls auch in den Gebirgsgegenden der Mittelſtaaten weiter ſüdlich. Die Rhododendron— dickichte und Sümpfe der Gebirgsgegenden Nord— Carolinas ſchwärmen während der Brutzeit förmlich von Canada-Sängern. Allerwärts, wo dieſe immer— grünen Alpenrojen ſtehen, findet er ſich und zwar in einer Höhe von 3200 bis zu 4500 Fuß über dem Meere. Wahrſcheinlich iſt er allerorten Brutvogel, wo Rhododendren zu dichten Dickichten zuſammen— treten. Im Winter findet er ſich im ſüdlichen Flo— rida, auf den Bahama-Inſeln, beſonders häufig auf Jamaica, Cuba und San Domingo. Kein Forſcher und Sammler hat ihn bis jetzt in Mexico oder Cen— tralamerika beobachtet. Herr C. M. Jones fand drei Neſter bei Eaſtford, Connecticut, das erſte am 8. Juni 1874. „Dieſes Neſt ſtand im tiefen Inneren des Waldes, nahe am Fuße eines Hügels am Sumpfe. Es war in eine niedrige Kalmie!) gebaut. Etwa fünf Zoll vom Boden teilte ſich der Strauch in drei Aſte und in dieſer Gabel ſtand das Neſt. feſter, äußerlich aus Rebenfaſern, einigen Zweigen und Würzelchen beſtehender Bau. An vielen Stellen war es mit einer rötlichen, wolligen Subſtanz, wahr— ſcheinlich Cocons, überkleidet. Das Innere war mit kleinen ſchwarzen Würzelchen und Haaren ausgelegt. Es enthielt vier Eier. Das zweite Neſt fand ich am 13. Juni. Es war etwa achtzig Ruten (rods) vom erſten entfernt, ſtand auf ebenem Terrain und nahe Dieſes Neſt ſtand nicht ſo nahe am Boden, etwa nur 12 Zoll, und war ebenfalls in am Sumpfland. eine Kalmie gebaut. Ich habe in dieſem Jahre 1881 das Glück gehabt, ein drittes Neſt des Canada-Sängers zu entdecken. Wie die anderen beiden, ſo fand ſich auch dieſes in einer großen Waldſtrecke. Es ſtand an einem Bergabhange nahe am Sumpflande, durch welches ein kleiner Bach lief und war in einen Kalmia- ſtrauch etwa zehn Zoll vom Boden gebaut. Es ruhte auf zwei langen, ſchlanken, faſt horizontalen Zweigen. Die vier Eier waren ſtark bebrütet, obgleich ich das Neſt ſchon am 7. Juni fand. Dieſer Bau war etwa zwei Meilen von der Ortlichkeit, in welcher ich die erſten Neſter fand, entfernt und es iſt daher kaum anzunehmen, daß ſie nur zufällig hier brüten. Sie niſten wahrſcheinlich in beſchränkter Anzahl durch ganz Neu-England, aber wenn ſie allerwärts ihre Neſter in ſolchen abgelegenen, verſteckten Ortlich— 1) Kalmia latifolia. Es war ein Der Canada-Sänger. 167 keiten wie hier anlegen, jo find ſie nur ſchwer zu ent— decken. Dazu kommt noch, daß das Neſt nahe am Boden gut verſteckt angelegt iſt und daß der brütende Vogel, wenn er geſtört wird, ſchnell vom Neſte ſchlüpft und im dichten Untergebüſch verſchwindet, ſodaß man ihn kaum gewahrt. In keinem Falle habe ich das Mäunchen in der Nähe des Neſtes geſehen oder gehört. Im Juni 1873 hörte ich den Geſang in der Gegend, wo ich im folgenden Jahre die Neſter fand.“ Die drei bis fünf Eier ſind rahmweiß, im friſchen Zuſtande mit roſarötlichem Anfluge, und find mit zerſtreut ſtehenden braunen Flecken gezeichnet, welche gewöhnlich am dicken Ende kranzartig ſehr dicht ſtehen, oft aber auch das ganze Ei bedecken. Als ich im Juni 1872 bei Plymouth (Sheboy gan Co., Wisconſin) im ausgedehnten Walde und Sumpfe umherſtreifte, fand ich ein Neſt dieſer Art in einem kleinen Strauche!) inmitten eines Sumpfes. Bluthartriegel, Eſchen, Erlen, Farnkräuter, wilde Stachel- und Heidelbeerſträucher bildeten die Um— gebung. Kein Sonnenſtrahl traf dieſes im tiefſten Dunkel ſtehende, in eine aufrechte Aſtgabel gebaute, etwa zwölf Zoll von der Erde angelegte ſchöne Neſtchen. Es beſtand der Außenſeite nach aus feinen flachsartigen Faſern, Spinnenneſtern und Pflanzenwolle, innen war es mit feiner Wolle von Farnkräutern, Diſtelwolle, Baſtfaſern und Haaren ausgelegt. Es enthielt vier Eier. Die Alten ließen ſich, ſo lange die Eier noch nicht erbrütet waren, nicht am Neſte blicken, ſobald aber Junge da waren, konnte man ſie, wenn man ſich ruhig verhielt, ohne Schwierig— keit beobachten. Später, als die Sprößlinge faſt flügge waren, zeigten ſie ſich ſehr beſorgt und hüpften in geringer Entfernung mit hängenden Flügeln ängſt— lich umher. — Nach De la Sagra ſoll der Canada— Sänger auch auf der Inſel Cuba brüten. Er be— richtet, daß dort Junge erlegt worden ſeien. Auf der Inſel Jamaica hält er ſich während des Winters in den Gebirgsgegenden an den Rändern großer Wälder auf. Daß der Vogel auch große Kälte zu ertragen vermag, beweiſt ein Pärchen, welches in Boſton, Maſſ., überwinterte. Das eigentliche Brutgebiet dieſer Art liegt nörd— lich von den Vereinigten Staaten, und man dürfte ihn wohl allerwärts da finden, wo der Grünſänger vorkommt. Eine ſolche Vorliebe für den Tannen— wald, wie ſie dem Grünſänger eigen iſt, ſcheint er nicht zu haben. Die niederen Sträucher der Sumpf— 1) Dirca palustris. 168 ränder des tiefen Waldes find feine Niſtorte. Für die Kalmie, jene prächtige immergrüne Erikacee, Scheint er eine ganz beſondere Vorliebe zu hegen. Dieſer ſchöne Strauch bedeckt im ſüdlichen Neu-England und in den Gebirgsgegenden der Alleghanies oft weite Strecken, ſodaß es ſchwer iſt, in den immergrünen Dickichten Vögel zu beobachten und Neſter zu finden. Da die Vögel im nördlichen Illinois während des Herbſtzuges im September ſehr zahlreich ſind, ſo müſſen ſie in ihrem Brutgebiete weiter nördlich häufig ſein. Aufangs Oktober 1877 erhielt ich von einem Freunde ein Pärchen dieſer reizenden klei— nen Waldſänger, welches nahe bei Chicago gefangen worden war. Sie waren ſchon eingewöhnt, ver— zehrten das mit geriebenen Möhren vermiſchte Spott— droſſelfutter gern und verſchmähten auch getrocknete Ameiſenpuppen nicht. Ich hatte das Pärchen in einen ziemlich geräumigen Käfig gethan und in demſelben hüpften ſie faſt beſtändig munter umher oder ſie klet— terten an der Decke deſſelben entlang. Überhaupt zeigten ſie in ihrem ganzen Thun und Treiben, daß ihnen das Leben in der Gefangenſchaft behage. Sie wurden bald zutraulich, flatterten nicht mehr fo un— geſtüm im Käfig umher, wie ſie das anfangs gethan, und nahmen ſchließlich Fliegen, Spinnen und Mehl— würmer aus der Hand. Dieſes geſchah auf eigen— tümliche Weiſe, nicht ſitzend, ſondern fliegend. man einen Mehlwurm durch die Sproſſen des Bauers, ſo ſtießen ſie heftig darnach, wobei man das Zuſam— menklappen des Schnabels deutlich hören konnte und - Hielt [ ĩ³ĩé?ͤ EEE Der Kronſänger. kehrten dann wieder zur Sitzſtange zurück, aber nicht, um nun in Ruhe den Leckerbiſſen zu verzehren, denn der war ſchon verſchwunden, ſondern um wieder, wie gewöhnlich, in ihrer anziehenden Weiſe umherzu— hüpfen. Wurden Kerbtiere auf den Käfigboden ge— ſtreut, ſo nahmen ſie auch dieſe flatternd auf. Namen: Canada-⸗Sünger, ſchwarzkehliger Blauſänger. Black-throated Blue Warbler, Canadian Warbler, Pine-swamp Warbler, Blue Flycatcher (Penn.), Blue-gray Warbler (Lath.), Black-throated Warbler (Lath.), Olive Warbler (Gosse). Figuier bleu (Buff.), Fauvette bleuätre de S. Do- mingue (Buff.), Fauvette des pins marccagenx (Vieill.), Bec-fin bleuätre (D'Orb.) Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla canadensis L. 1766. — Sylvia eanadensis Lath. 1790. — Sylvicola canadensis Rich. 1836, Aud. — Dendroica canadensis Baird 1856. — Motacilla eaerulescens Gmel. 1788. — Dendroica eaerulescens Brd. 1865. — Sylvia pusilla Wils. 1812. — Sylvia macropos Vieill. — Sylvia sphagnosa Bonap. — Sylvicola pannosa Gosse, ete, Beſchreibung: Männchen oberſeits einfarbig ſchieferblau, im ſchönſten Hochzeitskleide mit einigen ſchwarzen Strichen auf dem Rücken; Unterſeite reinweiß; die Seiten des Kopfes bis über die Augen, Kinn, Kehle und Seiten des Körpers tiefſchwarz; Flügel dunkel, ſchieferblau gerandet, mit großem weißem Flecke. Schnabel und Füße ſchwarz. Weibchen ganz ver— ſchieden; dunkel-olivengrünlich, mit leichtem bläulichem Anfluge; Unterſeite matt dunkelgelblich; kenntlich durch einen weißen dreieckigen Fleck an der Baſis der Schwung— federn. Länge etwa 5 Zoll; Flügel 2.50, Schwanz 2 Zoll. Der Aronfänger. Myrtle Warbler. Tafel XIII. Lan hat oft und nicht mit Unrecht den Herbſt wegen feines wunderbaren Farbenreichtums als die ſchönſte Jahreszeit der nördlichen und mitt— leren Vereinigten Staaten bezeichnet. — Wahrhaft bezaubernd ſind die Tage des Indianerſommers im Oktober. Lau weht die Luft, die Strahlen der Sonne brennen oft noch heiß herab. Kühl, fröſtelnd ſind dagegen die Nächte. Durch dieſe extremen Tem— peraturverhältniſſe kleidet ſich unſer aus ſehr ver— ſchiedenen Baum- und Straucharten beſtehender Laub Dendroica coronata GRAY. Vogel 5. wald in die herrlichſten, feurigſten Farben. Das vielgeſtaltige Laubwerk, ja ſelbſt die Kräuterdecke ſchil— lert in gelben, roten und braunen Nuancen in den zarteſten und wundervollſten Uebergängen. Am groß— artigſten zeigt ſich die Farbenpracht im Laubwerk der verſchiedenen Eichen, in den Ahorn- und Sumach— arten, welche in den ſtrahlendſten Farben von Grün, Gelb, Orange-, Purpur-, Blut- und Feuerrot pran— gen. Im Laubwerk niederer Bäume miſcht ſich Gelb, | Not und Braun zu ſchönen Farbenkontraſten. Nichts — N 7 3 be, ö 2 ; \ 1. DENDROICA DOMINICA Baird 2. DENDROICA DISCOLOR Baird. 3. DENDROICA PALMARUM Baird. 4. SYLVANIA PUSILLA Nutt. 5. DENDROICA CORONATA Gray. 6. DENDROICA CARRULEA Baird. 7. GEOTHLYPIS PHILADELPHIA Baird. 8. SYLVANIA CANADENSIS Ridsw. _ GELBKEHLIGER SÄNGE _ PRAIRIESÄNGER _ PALMENSÄNGER _ ZWERGSÄNGER _ KRONSÄNGER _ BLAUSÄNGER _ TRAUERSÄNGER _ GÜRTELSÄNGER R 75 Prairie Warbler. Palm Warbler. Wilson’s Warbler. Myrtle Warbler. Cerulean Warbler. Mourning Warbler. Canadian Warbler. x Yellow-throated Warbler. D x iſt aber ſchöner als die vielen von unten bis oben in ſtrahlendes Scharlach gehüllten Baumſtämme. Es iſt das Laub einer ſehr häufigen Schlingpflanze, der Jungfernrebe!), welche, jetzt in feurige Tinten ge kleidet, ſich vom Boden bis in die höchſten Spitzen der Waldbäume windet. — Wolkenlos ſpannt ſich das blaue Athermeer über Wald und Feld. Was durch die Hitze und Trockenheit des Sommers erſchlaffte, prangt jetzt wieder in grünen und bunten Farben— tönen. Sobald ſich der Wald in dieſe feurigen Farben zu hüllen beginnt, erſcheinen aus dem hohen Norden große Flüge verſchiedener Zugvögel. Yu allen Dik— kichten, Gärten und Zaunecken wimmelt es von Winter), Kron- ) und Buſchfinken “). Die meiſten Waldſänger ſind, ohne lange zu ſäumen, ſchon vor drei bis vier Wochen durchgereiſt. dafür deſto länger im Frühling, wenn die Bäume im ſchönſten Blütenſchmuck prangen. Mit den genann— ten Ammerfinken faſt zugleich erſcheint in großen Scharen der Kronſänger aus feinem hochnordiſchen Brutgebiete. Faſt den ganzen Monat Oktober hin— durch belebt er die Gärten und das Buſchwerk des Waldſaumes und der Sümpfe aufs angenehmſte. Er macht es umgekehrt wie die anderen Arten: er ver— weilt in Wisconſin und Illinois im Herbſt oft lange Zeit, zieht aber im Frühling in der Regel ohne langes Verweilen dem Norden zu“), während andere Arten der Sippe dann oft wochenlang mit dem Weiterziehen zögern. Während des Herbſtzuges hat man die beſte Ge— legenheit, dieſen lieblichen Vogel kennen zu lernen. Ende September und anfangs Oktober erſcheinen große Flüge. Morgens iſt oft der ganze Garten, alle Bäume und Sträucher von ihnen belebt. Mit Rotkäppchenſängern“) und den genannten Finken— vögeln ſind ſie jetzt faſt die einzigen Vögel, welche Gärten und Buſchwerk beleben. Am liebſten treiben ſie ſich in größeren Obſtgärten umher, wo es auch an einzelnen immergrünen Zierbäumen, Hemlock-, Bal— ſam- und Edeltannen und Weißkiefern nicht mangelt. Abends wählen ſie ſich die Nadelbäume zu Schlaf— plätzen, da ſie hier gegen rauhes Wetter und allerlei Feinde am beſten geſchützt ſind. Die Kronſänger haben, ebenſo wie viele andere Arten der Familie, eine 1) Ampelopsis quinquefolia. 2) Junco hyemalis. 3) Zonotri- chia leucophrys. 4) Zonotrichia albicollis. 5) Dendroica palmarum. *) Im Jahre 1884 beobachtete ich dieſe ſchönen, lebensfrohen Vögel von Mitte April bis in den Mai hinein ſehr zahlreich. Mit anderen Arten belebten fie namentlich die blühenden Apfelgärten des ſüdweſtlichen Miſſouri. Sie verweilen“ er Kronſänger— 169 ganz beſondere Vorliebe für Nadelholzbäume. Sie übernachten oft ſcharenweiſe friedlich mit Winter finken zuſammen auf einem Baume. Sobald der Morgen graut, beginnt ein einzelner mit leiſem „Zwiet“ die Schläfer zu wecken, welche nun die Köpfe unter den Flügeln hervorziehen und lebhaft in die mit Reif bedeckten Zweige hinauslugen. Doch ſie ſäumen und träumen nicht lange im lieb lichen dunklen Nadelgrün. Sobald der erſte Lockruf am frühen Morgen ertönt, rühren ſich alle, und in kurzer Zeit haben fie ſich über die Bäume und Sträu cher des Gartens zerſtreut, ſodaß man, wenn man nur die einzelnen ſieht, kaum ahnt, welche Schar eigentlich oft auf einem einzigen kleinen Nadelbaume übernachtet. Sie kommen auf die niedrigen Bäume und Büſche herab, flattern in denſelben hin und her, fliegen pfeilſchnell einem vorüberfliegenden Inſekt nach, erheben ſich dann in allerlei Zickzacklinien in die Luft und laſſen ſich auf einem höheren Baume nieder, den ſie nun augenſcheinlich genau nach ver— borgenen Kerfen durchſuchen. Oft kommen ſie auch an die Fenſterſcheiben geflogen oder ſie flattern ſogar zum offenen Fenſter hinein in die Stube, wenn ſie im Inneren Fliegen oder Spinnen gewahren. Von allen eigentlichen Waldſängern (Dendroica) iſt er der raſtloſeſte Inſektenfänger, die ſchnellſte und unruhigſte Art. Er wechſelt ſeinen Platz viel häufiger als andere Arten und erinnert in mancher Hinſicht an den Mückenfänger!). Die aus Juſekten beſtehende Nah— rung ſucht er im Herbſt von den Blättern, aus den Ritzen der Borke und ſelbſt vom Boden auf, fängt auch häufig fliegende Kerbtiere. Im Frühling durch— ſucht er mit Vorliebe die Blütenbüſchel der Obſtbäume und Zierſträucher nach ſolchen. Mit großer Geſchick lichkeit ſchweifen ſie von Baum zu Baum, von Strauch zu Strauch. Am liebſten halten ſie ſich während des Frühlingsdurchzugs in deu oberen Aſten hoher Bäume auf und kommen nur in die Büſche herab, wenn in dieſen der Tiſch reichlicher für ſie ge deckt iſt. Der Flug iſt ſchnell, ausdauernd, ſanft wellenförmig und anmutig. Mit Leichtigkeit über fliegen ſie während der Zugzeit, hoch durch die Luft hin, weite Strecken. Jeden Tag durchſtreifen ſie mit großer Regelmäßigkeit eine beſtimmte Ortlichkeit, bis ſie weiter ziehen. Sobald ſich die prachtvollen Far bentöne des Waldes in unſcheinbares Braun ab ändern und die Blätter der meiſten Bäume zu fallen beginnen, was immer mit Eintritt ſtarker Fröſte ge ſchieht, zieht die Mehrzahl ſüdlich. 1) Polioptila enerulea. 209 170 Der Kronſänger. Dieſer Sänger iſt die kräftigſte Art der Familie. meiſten hoch nach Norden, in die arktiſchen Regionen Man kennt zahlreiche Beiſpiele, daß einzelne ſchon in Neu-England und in den Nord- und Mittelſtaaten überwintert haben. Die Mehrzahl zieht aber weit ſüdlich bis hinab nach Guatemala, Honduras, Mexico und Weſtindien. Viele überwintern an geſchützten Ortlichkeiten ſchon in den Mittelſtaaten, zahlreiche in den milden Gegenden der an den mexicaniſchen Golf angrenzenden Südſtaaten. In Houſton, Texas, iſt er einer der gewöhnlichſten Wintervögel größerer Gärten, wo dichte Bergeedern!), Orangenbäume, Kirſchlorbeer, Magnolien und andere immergrüne Bäume dicht beiſammen ſtehen. Am zahlreichſten fand ich ihn im dichten Buſchwerk der Buffalo-Bayou und in den Magnolien, Stechpalmen und anderen immergrünen Bäumen des Spring Creek. In Houſton kamen ſie ſelbſt in die immergrünen japaniſchen Loniceren?), welche an den Verandas und Portikos der Häuſer ſich emporſchlingen. Er trifft dort zuerſt etwa Mitte November ein, gewöhnlich kurz vor oder nach Eintritt eines in Texas ſo gefürchteten naßkalten Nordſturmes. Dieſe Vögel haben dann von der rauhen naßkalten Witterung viel zu leiden, ſodaß ſie oft ins dichte Ge— ſträuch an Häuſern, in Cedern, Retiniſporen, Pitto— ſporum und Orangenbäumen kommen, um Schutz zu ſuchen. Oft ſah ich ſie auf der Südſeite der Haus— dächer ſitzen, um ſich zu ſonnen. Einſt an einem kalten Wintertage?) ſah ich einzelne in Geſellſchaft des Schwätzers!) auf einem alten Kehrichthaufen nach Futter ſuchen. In den Wäldern der Flüſſe, Bayous und Bäche halten ſie ſich zahlreich da auf, wo die Hülſe (Holly) in Menge wächſt, denn fie finden in dem dichten immergrünen Laubwerk Schutz gegen rauhes Wetter und die jetzt in Menge reifenden Beeren bieten ihnen reichlich Nahrung. Ebenſo findet man die Kronſänger ſehr zahlreich in den Wachsmyrten— dickichten)), ſodaß man ihn mancherorts geradezu Myrtenſänger (Myrtle Bird) nennt. Auch die Bee— ren dieſes Strauches dienen ihnen, wenn die Inſekten ſpärlich werden, zur Nahrung. In den Kieferwäldern des ſüdöſtlichen Texas, wo im Winter der Tannen— ſänger ziemlich zahlreich iſt, habe ich ſie nie beobachtet. Etwa Mitte April, nachdem die Männchen das ſchöne Hochzeitskleid angelegt haben, ziehen ſie wieder nörd— lich. Zu Ende genannten Monats und anfangs Mai erſcheinen die erſten im nördlichen Illinois. Ohne ſich beſonders lange aufzuhalten, ziehen die ) Das Thermometer zeigte an dem Tage 18 Grad Fahrenheit. 1) Juniperus montana. 2) Lonicera japonica. 3) Icteria virens. 4) Myrica carolinensis. nach Alaska, in die Nähe des nördlichen Eismeeres, in die Länder, welche an die Hudſonsbai grenzen, nach Nova Scotia u. ſ. w. In den Vereinigten Staaten brüten ſie gleichfalls, namentlich in Maine und in den Gebirgsgegenden New Hampſhires und weiter ſüdlich. Merkwürdig iſt es, daß dieſer haupt— ſächlich im hohen Norden brütende Vogel auch auf der tropiſchen Inſel Jamaica als Brutvogel vor— kommen ſoll. Das Verbreitungsgebiet dieſes Wald— ſängers iſt demnach ſehr groß. Im hohen Norden kommt er vom Atlantiſchen bis zum Stillen Ozean vor und von den Geſtaden des nördlichen Eismeers verbreitet er ſich ſüdlich bis nach ven Antillen und Centralamerika. Das Neſt hat man erſt in neuerer Zeit zahlreich gefunden. Im Smithſonſchen Inſtitut in Waſhing— ton befinden ſich mehrere Exemplare aus den ark— tischen Gegenden. Ein ſolches vom Yukon in Alaska wurde am 7. Juni gefunden. Es war ziemlich rauh aus Pflanzenſtengeln, Grashalmen und Würzel chen gebaut und mit Federn ausgelegt. Ein anderes aus der Nähe des nördlichen Eismeeres, öſtlich vom Anderſonfluß, iſt ganz aus weichen Pflanzenfaſern gebaut und innen mit einigen Hälmchen ausgelegt; es ſtand auf einer Tanne, etwa ſechs Fuß vom Boden. Maynard fand dieſe und noch manche andere” Waldſängerart im nördlichen Neu-England brütend. „Ich kann mich“, ſchreibt dieſer Sammler, „noch gut des erſten gefundenen Neſtes dieſes Sängers erinnern. Einſt, als ich mit Herrn H. B. Baily in jungen Fichten und Tannen nach Neſtern des Winterfinken umherſuchte, fand genannter Herr einen Bau in einem Baume nahe über dem Boden, welchen wir, ſeiner ge— ringen Größe halber, ſogleich für das Neſt eines Waldſängers hielten. Noch ehe ich das Neſt genau angeſehen hatte, ſtellte ſich ein kleiner, von Zweig zu Zweig flatternder, laut ſchreiender, ſich ſehr ängſtlich gebärdender Vogel ein, den ich ſogleich erlegte, da die Nacht am Hereinbrechen war, und ich auch nicht den geringſten Zweifel hegte, daß dies der rechtmäßige Eigentümer des gefundenen Neſtes ſein müſſe. Als ich ihn aufnahm, bemerkte ich erſt, daß es der Ten— neſſee-Sänger war, ein Vogel, deſſen Niſtweiſe noch ganz unbekannt war. Natürlich waren wir hoch er— freut über unſere Entdeckung. Als wir aber das Neſt genauer beſichtigten und die großen Eier darin ge— wahrten, wurde unſere Freude etwas gedämpft. Die Thatſache, daß das Neſt auf einem Baume ſtand, ſprach ebenfalls dagegen, daß es dem getöteten Vogel . Audubons-Kronſänger. 171 angehöre, da die anderen Glieder der Sippe Buſchſän— ger (Helmintophila) ihre Neſter auf den Boden bauen. Bald darauf fanden wir mehrere ähnliche Neſter, welche alle dem Kronſänger angehörten. Gewöhnlich wählen ſich dieſe Vögel ſehr niedrige Bäume, in welche ſie bauen, doch fand ich ausnahmsweiſe auf Grand Menan ein Neſt in einer Fichte, welches etwa zwanzig Fuß vom Boden ſtand.“ In der Regel ſteht es in irgend einem kleinen Nadelholzbäumchen nahe am Boden. Die Neſter, welche Maynard im nördlichen Maine fand, ſtan- den immer in jungen Fichten, etwa vier Fuß vom | | | Boden und enthielten zeitig im Juni vier Eier. Sie beſtanden äußerlich immer aus feinem flachsartigen Material, Baſtfaſern, Spinnengeweben, feinen Wür— zelchen und Pflanzenwolle und waren innen mit | Haaren oder Federn weich ausgelegt. Ein Net, wel ches ich aus der Gegend von Bangor in Maine er- hielt, beſteht aus feinem flachsartigen Material und Baſtfaſern, Hälmchen, Papierſtücken, etwas Birken- ſchale, feinen Hemlockzweigen und allerlei Spinnen und Raupengeweben; innen iſt es mit Pflanzenwolle, feinen Würzelchen, Haaren und Federn ausgelegt. Es iſt nicht ſo ſchön, wie die Bauten der meiſten übrigen Arten der Sippe. Die Eier ſind der Grundfarbe nach reinweiß, oft mit bläulichem Anflug, mit purpurnen und braunen Flecken gezeichnet. Die Zahl derſelben beträgt vier bis ſechs. Das ganze Weſen des Kronſängers iſt lieblich und angenehm. Man ſieht's ihm gleich an, daß er | zur feinen Geſellſchaft unſerer Vögel, zu den Wald— ſängern zählt. In der Gefangenſchaft iſt er leicht zu erhalten, wenn man es an der notwendigſten Pflege nicht feh— len läßt. Mehlwürmer, getrocknete Ameiſenpuppen, Spottdroſſelfutter mit gelben Rüben vermiſcht, bildet hier ſeine Hauptnahrung. Beeren rührt er nach meinen Erfahrungen in der Gefangenſchaft gar nicht an, wenn es ihm an dem obengenannten Futter nicht mangelt. Der Geſang iſt einfach, aber recht wohlklingend, und ähnelt dem anderer Waldſänger. Hält man ein Männchen allein in einem Käfig, ſo läßt er denſelben recht fleißig hören. Der gewöhnliche Laut während der Zugzeit iſt ein gedehntes „Zwiet“, bei Gefahr und Augſt ein ſchrilles „Zitt“ oder „Zirt“. Wahrſcheinlich brütet dieſer Vogel auch in den noch wenig ornithologiſch erforſchten Nadelholzgegen— den des nördlichen Wisconſin und Michigan. Namen: Kronſünger, Myrtenſänger, Gelbbürzeliger Sänger. Myrtle Warbler, Myrtlebird, Vellow-erowned Warbler, Yellow-erowned Wood Warbler, Yellow- rumped Warbler, Grasset Warbler (Penn.), Yellow- rump, Virginian Titmouse (Lath.), Belted Warbler (Penn.), Umbrose Warbler. Figuier couronn& d'or (Buff.), Fauvette couronné dor (Vieill.), Mesange à croupion jaune (Bufl.), Figuier grasset, Fauvette ombrée de la Louisiané, ete. Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla coronata Linn. (1766). — Sylvia coronata Lath. (1790), Wils. — Sylvi- cola coronata S. & R., Nutt., Aud. — Mniotilta coro- nata Gray (1848). — Rhimamphus coronatus Cab. (1550). — Dendroica eoronata Gray (1842), — Sylvia umbria Gmel. — Parus virginianus L. — Motacilla eineta Gmel. — Parus uropygeo luteo Catesby, Car. I, 1771. — Sylvia pinguis Lath., ete, Beſchreibung: Männchen oberſeits ſchieferblau, Schwarz geſtrichelt oder längs gefleckt; Unterſeite weiß, Bruſt und Seiten ſtark ſchwarz längs gefleckt; Kehle reinweiß; Seiten des Kopfes ſchwarz; Augenlid und Streif über dem Auge weiß. Rumpf, die Mitte der Krone und Seiten der Brust reichgelb. Flügel mit zwei weißen Quer— binden; Schwanz weiß gefleckt. Füße und Schnabel ſchwarz. Länge 5.50 bis 5.75 Zoll. Flügel 3, Schwanz 2.50 Zoll. Weibchen (auch das Männchen im Winterkleide) oberſeits mehr mattbraun, ſchwarze Striche und Flecken der Unterſeite mehr undeutlich oder fehlend. An dem gelben Rumpfe oder Bürzel ſind die Vögel jedoch ſtets kenntlich. Andnbons-Kronfänger. Audubon's Warbler. Dendroica Auduboni BAIRD. Audubons-Kronſänger iſt eine der weni— gen Arten der Sippe, welche dem weſtlichen Teile der Union angehören. Er iſt der nächſte Verwandte des Kronſängers, dieſem ſehr ähnlich, nur noch ſchöner. Im ganzen Gebiete der Felſengebirge und der Sierra Nevada ſcheint er Brutvogel zu ſein und iſt dort die bei weitem häufigſte Art des Geſchlechtes. Als Ge— birgsvogel verbreitet er ſich während der Brutzeit ſüdlich bis nach Arizona, nördlich bis zum Saskatche— wan, ja er dürfte ſelbſt in Alaska kaum fehlen. Townsend und Nuttall entdeckten ihn am Co— lumbia. Letzterer berichtet, daß er ihn zuerſt Mitte April geſehen habe und daß der Geſang dem des Gartenſängers ähnele, nur ſei er noch lauter. Sie blieben auch im Sommer dort, brüteten in den ſchat— tigen Fichten an den Säumen von Prärielichtungen, wo an zahlreichen Inſekten kein Mangel war. Am 8. Juni ſchon beobachtete er ausgeflogene Junge, welche große Bäume, namentlich Waſſereichen und die niedrigen Aſte rieſiger Fichten zum Aufenthalt bevor Sr, zugten. In den Gebirgen Colorados kommt er von 9000 bis 9500 Fuß aufwärts bis zur Grenze des Pflanzenwuchſes vor. In Idaho erſcheint er aus ſeiner Winterherberge etwa Mitte Mai, wandert hoch hinauf ins Gebirge, um zu brüten, legt ſein Neſt in den dichten Fichtenwaldungen der Bergabhänge au, verläßt dieſe mit den erbrüteten Jungen im Auguſt, wird in den Thälern und niedrigen Gegenden im September häufig und verſchwindet im Oktober. In einzelnen Teilen des Gebirges brütet er ſüdlich bis nach Arizona und bevorzugt zur Anlage des Neſtes die verkrüppelten Nadelhölzer in einer Höhe von 8000 bis 10,000 Fuß bis zur Schneegrenze. Dr. Cooper fand Junge am Tahoe-See in Californien. Ge nannter Forſcher glaubt, daß ſie in allen Teilen der ſchönen Sierra Nevada brüten. Große Scharen dieſer Art überwintern in Süd-Californien. Da die weſt— lichen Küſtenſtaaten ein überaus mildes Klima haben, ſo iſt anzunehmen, daß zahlreiche auch in der Gegend des Columbia überwintern, denn er ſteht an Ausdauer der öſtlichen Art durchaus nicht nach. Die erſten Neſter fand Hepburn auf Van— couvers Island. Sie waren groß im Verhältnis zum Vogel und waren auch nicht aus beſonders feinem Material gebaut. Ein ſolches, welches Dr. Merrill am 17. Juni 1881 im Bighorn-Gebirge in Montana fand, ſtand etwa ſieben Fuß vom Boden in einer. jungen Tanne, in einer Höhe von 6500 Fuß über dem Meere. Es ſtand nahe am Stamme zwiſchen zwei Aſtchen und war vier Zoll hoch und vier Zoll breit, innen 1.50 Zoll breit, 1.75 Zoll tief. Außer— lich beſtand es aus vielen kleinen Zweigen und feinen Baſtſtreifen; dann folgte eine dicke Lage gut mitein— ander verwebter Pflanzenſtengel, Rindenfaſern und Tannennadeln. Feine faſerige Wurzeln, Haare und Der Magnolienſänger. einige Federn bildeten die innere Auskleidung. Das Eigentümlichſte am Neſte waren in den Rand gewebte, etwas in die Höhe ſtehende Federn vom Richardſons— Huhn, welche das brütende Weibchen ganz vortrefflich verſteckten. Dieſe Federn fanden ſich rund um den Rand und ließen nur eine kleine Stelle, welche augen— ſcheinlich zum Ein- und Ausſchlüpfen diente, frei. Die Grundfarbe der fünf Eier war grünlichweiß; ſie waren ſpärlich über und über mit kleinen Flecken und Punkten von ſchwarzer, brauner und lavendelartiger Farbe gezeichnet. Letztere herrſchte vor und bildete einen unregelmäßigen Kranz am dicken Ende. Größe 68 *. 53 Zoll. Captain Charles Bendire, damals in Fort Klamath, Oregon, teilt mir brieflich mit, daß dieſe Art zahlreich in der Nähe des Forts brütet. „Sie niſten in Tannen. Letztes Jahr (1882) fand ich mehrere Neſter mit Jungen und ein Gelege in un— mittelbarer Nähe meines Poſtens. Dieſes Jahr be— obachtete ich, mit Ausnahme eines Pärchens, welches in einer Gruppe von Nadelholzbäumen auf dem Paradeplatze niſtete, keine in unmittelbarer Nähe des Forts.“ Namen: Audubons-Kronſänger. Audubon's Warbler, Audubon's or Western Yellowrump. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia Auduboni Towns. (1837). — Sylvicola Auduboni Bonap. (1838). — Mnio- tilta Auduboni Gray (1848). — Dendroica Auduboni Brd., B. N. A. 1858. — Dendroica coronata var, Audubonii Ridgw. (1873). Beſchreibung: Männchen oberſeits rein aſchblau, ſchwarz längs gefleckt. Fleck mitten auf der Krone, Bürzel, Kehle, und ein Fleck an jeder Seite der Bruſt reichgelb. Bruſt ziemlich ſchwarz. Im übrigen Y. coronata ſehr ähnlich. Der Magnolienſänger. Magnolia Warbler. Dendroica maculosa BaAırD. Sarel XII. 2 Is ich meinen erſten Frühling im ſüdlichen 5 Texas verlebte, fiel mir beſonders der un— merkliche Übergang von einer Jahreszeit zur anderen auf. Die immergrünen Bäume und Sträucher, die verſchiedenen ſchon im Februar blühenden Blumen, Vogel 2. die mancherlei intereſſanten Kakteen und Palmenlilien (Yucca), die üppig den Waldboden bedeckenden Pal— mettos, die faſt beſtändig wehende Golfluft und der tiefblaue wolkenloſe Himmel ließ bei mir einen tiefen nachhaltigen Eindruck zurück. Häufig machte ich Aus— — nen — — — D flüge in die Umgebung der Stadt Houſton, beſonders in eine Gegend, wo Mitte April das liebliche Wachtel blümchen!) ſeine weißen duftenden Blüten geöffnet hatte und wo es ganze Strecken zwiſchen vielerlei Gebüſch den Boden bedeckte. An manchen Stellen ſchlingt ſich dort der immergrüne, gelbblühende, ſehr wohlriechende Carolina-Jasmin?) durchs Geſträuch und mit der ebenfalls immergrünen Stechwinde ver— einigt, macht er die kleinen Dickichte zu angenehmen Aufeuthaltsorten für Kardinäle, Papſtfinken, Schwät— zer und andere kleine Vögel. Am meiſten aber zieht um dieſe Zeit die herrliche Magnolie) den Natur freund an. Während dieſer prächtigſte Baum des Südens, die Lebenseiche, Stechpalme), der Kirſch lorbeer den ganzen Winter hindurch in ihrem tief— grünen Gewande prangen, werfen ſie teilweiſe im April dasſelbe ab. Wie im Herbſt der nördliche Wald in die ſchönſten, feurigſten Tinten getaucht zu ſein ſcheint, ſo zeigt auch das dicke lederartige, abfallende Laub der Magnolie, aber erſt im Lenz, allerlei rote und gelbe Farbentöne. Ende April ſind dieſe pracht— vollen Bäume ganz mit großen weißen, wonnig duften— den Blüten bedeckt und man kann ſich dann kaum ein ſchöneres Frühlingsbild denken als die weißen Blumen im dunkelgrünen glänzenden Gelaube. Schon Ende März ſtehen die übrigen im Herbſt ihr Laub ab— werfenden Bäume und Sträucher wieder im vollen friſchen Blätterſchmuck. Faſt täglich bieten ſich dem Auge des aufmerkſamen Beobachters neue Über— raſchungen. Tritt man in den Wald, jo begegnet man allerwärts nördlich ziehenden, von der Reiſe er— müdeten, nach Nahrung ſuchenden gefiederten Wan— derern. Kleine Scharen von Mitraſängern?), Rot— ſchwänzchen, Wurmſängern und anderen findet man in dem Buſchwerk mehr im Walde, während in dem Geſträuch des Waldſaumes ſich große Geſellſchaften von Winter-, Buſch-, Kron- und Erdfinken, Katzen— droſſeln und andere nördliche Brutvögel noch umher— treiben. Obwohl der Wald ſchon vor vier Wochen ſein grünes Gewand angelegt hat, zögern zahlreiche dieſer Vögel doch noch oft bis anfangs Mai, ehe fie ſich zur Reiſe in ihre nördliche Heimat entſchließen. Die ſchönſten und intereſſanteſten Vögel finden ſich jetzt aber in den blühenden Magnolien, wo der Tiſch reichlicher für ſie gedeckt iſt als anderswo. Unzählige Kerbtiere in allerlei Arten und Größen zeigen ſich in den geöffneten Magnolienblüten. Kolibris und Mückenfänger durchſchwirren und durchflattern zahl— 1) Mitchella repeus. 2) Gelsemium sempervirens. 3) Magnolia grandiflora. 4) Ilex. 5) Sylvania mitrata. Der Magnolienſänger. 173 reich das Geäſt, während prächtige Waldſänger in großer Anzahl zwiſchen den Blüten umherklettern, fliegen und hüpfen, um Juſekten zu erbeuten. Keine Waldſängerart fand ich hier in den Magnolien aber ſo zahlreich als dieſen Prachtvogel, den ich Magno— lienſänger neunen will. Wilſon, der ihn eben— falls in dieſen Charakterbäumen des Südens beobach— tet hat, nannte ihn Sylvia magnolia. Gewöhnlich ſieht man ſie anfaugs Mai in kleinen Scharen und in Geſellſchaft anderer Arten nach dem Norden ziehen. Am zahlreichſten beobachtete ich ihn im Mai des Jah— res 1882 an der Welt Yegua in Texas. Ich laſſe hier deshalb einen Abſchnitt aus meinem Tagebuche folgen. „Am 5. Mai 1882. Der ganze Wald der Nie derung an der Weit Negua ſchwärmte heute von nördlich ziehenden Vögeln. Die Waldſängerarten waren ſo zahlreich, wie ich ſie bis jetzt noch nicht be— obachtet habe. Die gewöhnlichen Tone des gelbkeh— ligen und Flechtenſängers ſind jetzt fortwährend zu hören; ſie ſind, wie auch die laut und eifrig ſingenden Papſtfinken, Buſch- und Waldvireos hier Brutvogel. Auch der Louiſiana-Schlüpfer ließ fi hören. Ein Pärchen fütterte und führte eine ganze Schar faſt ſelbſtändiger Jungen, um deren Sicherheit ſie ſehr ängſtlich beſorgt waren, als ſie mich erblickten. Die Haubenmeiſe, ebenſo die Texas-Haubeumeiſe und die Carolina-Meiſe führten ihre erſte Brut ebenfalls durch den Wald. Eine Schar Cedervögel, etwa drei ßig Stück, flog pfeilſchnellen Fluges vorüber gen Norden, während einige Schlangenhalsvögel!) gegen Süden zogen. Mehr im Dickicht der Niederung fielen mir zunächſt die zahlreichen Gelbkehlchen, von denen eins ſich durch einen ängſtlichen ſchnarrenden Ton beſonders bemerkbar machte, auf. Sie ſuchten auf dem Boden und den niedrigen Stauden nach Nahrung. Als ich in die teilweiſe von hohen Wald— bäumen beſchatteten, aus Weißdorn), Stechpalmen!) und anderen Büſchen beſtehenden Dickichte, welche meiſt mit wildem Wein, Stechwinden und Trom— petenlianen“) überwachſen waren, kam, wimmelte es hier thatſächlich von Waldſängern. Zunächſt ge— wahrte ich auf dem Boden den Wafjerfänger?) und zwei Sängerdroſſeln. Am zahlreichſten zeigte ſich aber eine prachtvolle Erſcheinung, der Magno— lienſänger, ein unbeſchreiblich herrliches Bild von Schönheit und Farbenpracht. Die gelbe Kehle, die hervortretend ſchwarzen Längsſtreifen auf der gelben 1) Anhinga anhinga. 2) Crataegus spathulata. 5) Ilex myrti- folia. 4) Tecoma radicans. 5) Seiurus motacilla Bruſt, der breit ſchwarz gerandete Schwanz kennzeich— | neten ihn deutlich. Er ſuchte in den Spitzen der höheren Büſche und kleinen Bäume nach Nahrung. Die ganze Haltung iſt edel und ſtolz. waren durchaus nicht ſcheu. Hoch oben in den Wald— bäumen beobachtete ich ſie nicht. der hohen und breiten Ulmen, der Sumpfeichen und Maulbeerbäume, namentlich aber in den ſchönen Zürgelbäumen (Hackberry), welche dicht mit blü— henden Trompetenlianen bewachſen waren, tummelte ſich ein luſtiges Völkchen, doch war es keine leichte Sache, die Vögel in den vom Wind hin- und her— bewegten Zweigen zu beobachten. Namentlich waren es Pracht-, Bunt- und Blauſänger, welche ſich hier Kaſtanien- und Grünſänger hielten oben aufhielten. ſich mehr im niedrigen Gebüſch auf. Der Wald die— ſes Tieflandes iſt jetzt überhaupt ſo zahlreich von Vögeln bevölkert, wie ich das noch nie und nirgends bis jetzt beobachtet habe. und Papſtfinken, die Vireos jubelten, Meiſen lärm— ten, Zaunkönige ſchmetterten, und die Spottdroſſeln muſizierten in den mannigfachſten Tönen. In den Maulbeerbäumen, welche voll reifer ſchwarzer Beeren hingen, und in den mit reifen Früchten bedeckten Brombeerbüſchen thaten ſich Sommertangaren, Spott Der Tag war droſſeln und Papſtfinken gütlich. allerdings heute ein wundervoller. Nachdem es faſt zwei Monate nicht geregnet hatte, goß es geſtern Abend in Strömen herab. abgekühlt. ich keine mehr. Im nördlichen Illinois und Wis— conſin erſcheint er nach meinen Beobachtungen nie vor dem 15. Mai, gewöhnlich in der Zeit, wenn die Obſtbäume der Gärten in voller Blüte ſtehen. „Der Magnolienſänger erſcheint in Maſſachu— ſetts“, laut Brewſter, „etwa am 15. Mai. Während der folgenden zwei oder drei Wochen ſind ſie in allen ihnen zuſagenden Ortlichkeiten zahlreich. Weidendickichte an den Ufern der Flüſſe und Teiche und andere feuchte Plätze bevorzugen ſie am meiſten, aber es iſt auch nicht ungewöhnlich, daß man viele von ihnen in den Wäldern des höher liegenden Lan- des findet, namentlich wo junge Kiefern und andere Nadelholzbäume dicht beiſammen ſtehen. Ihre Nah— rung beſteht während dieſer Zeit ausſchließlich aus Inſekten, hauptſächlich aus zahlreichen Diptera-Arten. Der Magnolienſänger. Ich ſah etwa zwei Dutzend Exemplare nahe beiſammen, und alle In den Spitzen Dazu ſangen die Kardinäle Dadurch hat ſich die Luft Tier- und Pflanzenwelt feierte darum heute auch einen beſonderen Feſttag.“ — Schon in den nächſten Tagen waren die meiſten Magnolien ſänger nördlich gezogen, und am 9. Mai beobachtete Die Männchen ſingen beſonders an hellen warmen Morgen fleißig. Sie miſchen ſich ohne Unterſchied unter alle andern ziehenden Waldſänger, aber ich habe nicht ſelten auch große Geſellſchaften geſehen, welche nur aus dieſer Art allein beſtanden, ſodaß fünfzig Exemplare in einem kleinen Waldſtrich geſammelt wurden. Am 15. Juni ſind außer einigen Nachzüg— lern alle nördlicher gewandert. Wenn wir ihnen nach Norden hin folgen, ſo werden wir einige wenige Pärchen in den Gebirgsgegenden des ſüdlichen Maine und New Hampfſhire als Brutvögel wiederfinden. Im Juli des Jahres 1875 fand ich ſie in Geſellſchaft des Prachtſängers!), des Winterfinken?), des Sa— trap°), und anderer Vögel des canadiſchen Faunen— gebietes auf Mount Monadnock (New Hampſhire), fünfzehn Meilen von der Maſſachuſetts-Grenze, brü— tend. Im ganzen Gebiete der White Mountains in New Hampſhire ſind ſie während des Sommers aller— wärts zahlreich, aber erſt wenn wir in die Nähe des Umbagog-Sees im weſtlichen Maine kommen, finden wir ſie gleichmäßig über Hoch- und Tiefland ver— breitet. In dieſer Region folgt der Sommer dem Winter auf dem Fuße nach, ſodaß faſt gar kein Früh— ling eintritt. Als ich in Upton am 25. Mai 1876 ankam, war das Eis der Seen erſt vor vier Tagen aufgebrochen. Nicht ein Blättchen hatte ſich entfaltet, ſelbſt nicht an den am meiſten geſchützten Stellen, und der Schnee lag noch maſſenweiſe in den Schluchten und an nördlichen Blößen. Trotzdem waren ſchon viele Waldſängerarten angekommen und auch der Magnolienſänger war zahlreich vertreten. „Sie hielten ſich in der Nähe der Gebäude auf, und obwohl der Tag warm war, zeigten ſie ſich doch ganz ſtill. Dutzende konnte man zu gleicher Zeit an Düngerhaufen hinter Ställen und an dem Abzugs— kanal umherhüpfen ſehen. Alle zeigten in ihrem Thun und Treiben eine gewiſſe Mißſtimmung, als ob fie ihre Kühnheit bereuten, jo früh in eine noch jo kahle öde Heimat zurückgekehrt zu ſein. Als ich einen kleinen Spaziergang in den Wald machte, fand ich denſelben noch unbewohnt. Nur einige Meiſen, Spechte und früh heimgekehrte Finken gewahrte ich. Im Laufe der nächſten Woche zeigte ſich ein wunder— voller Wechſel. Zuerſt kleideten ſich die Birken, dann die Ahorne, Buchen und Pappeln ins feinſte friſche Grün. Die Junibeere)) und der Mosostierſtrauch?) hüllten ſich in ein weißes Blütenmeer und erſchienen 1) D. Blackburniae. 2) Junco hyemalis. 4) Amelanchier canadensis, 3) Regulus satrapa. 5) Cornus eireinata, Der Magnolienſänger. in der Ferne wie weiche Sommerwolken, welche durch das Geäſt der Bäume hindurchſchimmerten. Unter der Menge wilder Blumen des Waldbodens waren ſchöne Dreiblattarten, ſowohl von der purpurfarbigen') als auch von der großblumigen weißen Art?) die auf fallendſten. Bienen ſummten in den Blüten und Schmetterlinge flatterten durch die kleinen Lichtungen des Waldes. Alles war friſch und lieblich, die ganze Natur frohlockte über die Ruhe und den Sommer frieden. So fand hier während einer Woche ein Wechſel ſtatt, wozu weiter ſüdlich dreimal ſo viel Zeit nötig iſt. Gleichen Schritt mit der Vegetation hielt die Ankunft der Vögel. Hunderte erſchienen täglich, zogen weiter nördlich oder ſiedelten ſich in ihrem alten wohlbekannten Wohngebiet an. Der ganze Wald hallte wieder von ihren Liedern. Während der nächſten Woche waren alle Waldſänger und die meiſten andern kleinen Vögel mit dem Neſtbau beſchäftigt. Dann kam die Ernte des Eierſammlers, und Seltenheiten waren jetzt an der Tagesordnung. Aber wie kurz war alles dies! Etwa ein Dutzend Tage und die Jungen waren erbrütet. Der Wald ſchwärmte von Moskitos, ſchwarzen Fliegen und anderen blut— dürſtigen Inſekten und die', Saiſoné war vorüber. Nichts blieb übrig, als ein Paket geſammelter Schätze, und dieſe ſicher nach Hauſe zu bringen zu ſpäteren Studien und Vergleichungen, war jetzt der einzige Gedanke. „Doch ehe wir eine Beſchreibung der Eier und andere trockene Mitteilungen geben, wollen wir noch einmal in den Wald zurückkehren, um einige Zeit am Neſte zu verweilen. Wir werden es wahrſcheinlich an jenem alten Waldwege finden, denn da ſind die alten Bäume teilweiſe beſeitigt, es dringt das Sonnenlicht ziemlich ungehindert hindurch und die Vögel lieben ſolche Plätze. Man wird ſelten das Waldesinnere ſo von Vögeln bevölkert finden als den Waldesſaum und die Lichtungen. Die Vögel ſtehen in dieſer Hinſicht nicht allein. Auch der Menſch wählt ſtets die Ufer der Flüſſe, der Teiche und des Meeres zum erſten Anſiedelungspunkt in neuen Gegenden und ich glaube, dies geſchieht nicht ſowohl in Hinſicht auf den pekuni— ären Nutzen als auch deshalb, weil er hier, wo Sonne und friſche Luft freien Zugang haben, freier aufatmen kann. Unter den Vögeln giebt es freilich auch Aus nahmen von dieſer Regel, denn manchen eigenſinnigen Geſellen iſt keine Stelle des Waldes zu abgeſchloſſen und dunkel. 1) Trillium erectum, 2) T. grandiflorum. nicht Prachtſtücke? „ 173 „Während ich der einen Seite des Waldpfades folge, unterſuchſt Du, lieber Leſer, die andere Seite. Dieſe kleinen Fichten- und Tannendickichte ſind des Magnolienſängers Lieblingsplätze, und nach den zahl reichen ſingenden Männchen zu urteilen, ſind unſere Ausſichten auf Erfolg beſonders gut; aber Du mußt wiſſen, daß unter drei bis vier Männchen dieſer Art nur ein einziges mit einem Weibchen beglückt iſt. Du haſt alſo Urſache, Dir nicht allzu große Hoffnung zu machen. Es ſind das muntere Hageſtolze, die ſich mehr ſpielend als ernſtlich durch das Geäſt der Bäume jagen und die ihren eigentümlich lieblichen Geſang von allen Seiten hören laſſen. . . . Ha! ſchon habe ich eins gefunden. Dort ſingt das Männchen ſo munter in der am Boden liegenden Baumkrone und hier, faſt unter meiner Hand, ſitzt ſein beſcheidenes Weibchen auf dem Neſte. Sei behutſam, jenen Aſt nicht zu ſchütteln, damit Du es genau anſchauen kannſt, ehe es davonfliegt. Sieh, wie die dunklen Augen glänzen und wie der Rücken auf und nieder pulſiert! Unter jenen aufgeblaſenen Federn ſchlägt ein warmes kleines Herz voller Furcht und Angſtlich— keit, aber tapfer hält es aus. Nun nähere ich ruhig meine Hand. Sieh, ich berühre es faſt mit meinen Fingerſpitzen. Aber im nächſten Augenblicke iſt es fort. Wie ſchnell huſcht es, kaum meiner Hand ent— gangen, über den Neſtrand hinweg. Ein oder zwei ſchwache Rufe, und das Männchen iſt an ſeiner Seite. Nun ſchau in das Neſt! Sind die vier Eier Roſigweiß die Grundfarbe, mit hübſchen umber- und lilafarbenen Flecken und einigen zerſtreut ſtehenden ſchwärzlichen Punkten. Sieh, wie liſtig der Bau verſteckt iſt! Auf einem wagerechten, mit Nadeln beſetzten Aſte ganz nahe am Stamm der kleinen Tanne ſteht er. . . . „Faſt ſtets findet man das Neſt in einer Tanne oder Fichte und ſelten ſteht es höher als fünf bis ſechs Fuß vom Boden. Die Durchſchnittshöhe be— trägt nicht über vier Fuß, und ich habe Neſter ge funden, welche nur zwölf Zoll über der Erde ſtanden. Es iſt eigentlich nur auf die horizontalen Aſtchen geſetzt, ſodaß man es unbeſchädigt herabnehmen kann. Bevorzugte Niſtſtellen ſind die Ränder der Waldpfade, Wege, die an Wälder grenzen und die in ſchon ge klärtem Lande aufgeſchoſſenen kleinen Nadelholz— bäume. Ausnahmsweiſe findet man es auch im Innern des Waldes, wo es in manchen Fällen in der Spitze einer jungen Hemlocktanne zehn oder fünfzehn Fuß vom Boden angelegt iſt. Einmal entdeckte ich es mitten im Inneren des Waldes, auf dem horizontalen 1 einer Tanne, wenigſtens dreißig Fuß vom Boden. — Der Bau beſteht aus einer Unterlage feiner Zweige; Hemlockzweige werden bevorzugt. Dann folgt eine Lage rauhes Gras oder trockene Pflanzeuſtengel. Der innere Bau beſteht faſt immer aus feinen, dem Pferde— haar ähnlichen Wurzeln einer gewiſſen Pflanze. Ich habe über dreißig Neſter unterſucht und bei allen dieſe ſchwarze Wurzeln gefunden. Eins enthielt wirk— lich einige Pferdehaare als Auskleidung, aber auch bei dieſem herrſchten die feinen Würzelchen vor. Dieſe einfarbige kohlſchwarze Auskleidung kontraſtiert ſcharf mit der helleren Außenſeite der Neſtes. Das Ganze iſt loſe zuſammengefügt und hat entfernte Ahnlichkeit mit dem Neſte des Gartenfinken !). Unter den Neſtern der Waldſänger ſteht ihm vielleicht das des Pennſyl vania-Sängers?) am nächſten . . . . „Die Legezeit variiert, je nach der Jahreszeit, zwiſchen dem 8. bis zum 15. Juni. Vier Eier bilden in der Regel das Gelege; in manchen Fällen findet man auch drei und einmal wurden fünf gefunden. Sie find etwa .62 Zoll lang und „50 Zoll breit. Die Geſtalt iſt rund-oval und die Grundfarbe, nach dem Ausblaſen des Inhalts, rahmweiß. Tief umber braune Flecken, mit kleinen eingeſtreuten lilafarbenen und braunen Punkten bilden die Zeichnung; dieſe Flecken ſtehen am dicken Ende am dichteſten. Manche Eier ſind über und über mit bräunlichen Flecken ge— ſprenkelt . . . Gier dieſer Art find in vielen Fällen nicht von denen des Grün-), Hecken-) und Prärie— ſängers !) zu unterſcheiden. „Während des Herbſtdurchzuges findet er ſich im öſtlichen Maſſachuſetts vom 21. September bis zum Zugſtraße innehalten. Der Blau- oder Azurſänger. 30. Oktober, aber ihre Anzahl iſt jetzt mit der großen Menge des Frühlingsdurchzuges nicht zu vergleichen. Die große Mehrzahl muß wohl eine mehr ſüdliche Die Ortlichkeiten, welche er während des Herbſtes beſucht, ſind etwas von denen des Frühlingszuges verſchieden. Wir finden ihn jetzt meiſt an den Bergabhängen im Eichengeſtrüpp und zerſtreut ſtehenden Birken und in Geſellſchaft des Kron- ) und Buntſängers?).“ Ein Neſt, welches ich aus Upton, Maine, erhielt, iſt dem von Brewſter beſchriebenen ganz gleich, aber es iſt ſo dünnwandig und ſo loſe zuſammen— gefügt, daß man hindurchſehen kann. Namen: Magnolienſünger, Fleckenwaldſänger (Brehm). Magnolia Warbler, Black-and-Yellow War— bler, Yellow-rumped Flycatcher (Edw ) Figuier tacheté de Pennsylvanie (Bufl.), Fauvette a tete cendrée (Vieill.) Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla maculosa Gmel. (1758). — Sylvia maculosa Lath. (1790). — Sylvicola maculosa S. & R. (1831), Aud. — Mniotilta maculosa Gray (1848). — Rhimanphus maculosus Cab. (1850). — Dendroica maculosa Brd., B. N. A. 1858. — Sylvia magnolia Wils., A. ©. 1811. Beſchreibung: Prachtvogel erſten Ranges. Männchen auf dem Rücken ſchwarz; meiſt ſind die Federn oliven— farbig gerändert. Bürzel ſehr ſchön gelb; Kopfkrone rein aſchfarbig; ſchwarzes Band von der Stirne aus an den Kopfſeiten unter dem Auge entlang laufend. Ganze Unterſeite reich gelb, quer über der Bruſt und an den Seiten ſchwer ſchwarz längs-gefleckt; untere Schwanz— decken weiß; weiße Flügelbänder laufen gewöhnlich ineinander; Weibchen ähnlich, doch iſt die ganze Färbung matter, weniger anſehnlich. Der Blau- ooer Asurfänger. Cerulean Warbler. Tafel XIII. IE prachtvolle Blauſänger iſt namentlich im mittleren Gebiete der Union häufig. Die Wälder des Tieflandes am Miſſiſſippi, am Ohio und Wabaſh ſind ſeine eigentliche Heimat. Im öſtlichen Teile der Vereinigten Staaten iſt er ſehr ſelten. Veſtlich verbreitet er ſich bis zum Felſengebirge, nörd— DJ 1) Spizella sociulis. 4) D. discolor -) Dendroica pensylyanica, 3) P. virens. | | | | Dendroica caerulea BAIRD. Vogel 6. lich bis nach Connecticut. Er überwintert auf Cuba, in Central- und Südamerika. In den Hochwäldern des Miſſiſſippi und feiner Nebeuflüſſe, namentlich am Ohio, Wabaſh und Miſ— ſouri, trifft man den Blau- oder Azurſänger während der Sommermonate zahlreich. Er hält ſich meiſt in den dichtbelaubten Urwaldsrieſen dieſer Auwaldungen, 1) Dendroica coronata. 2) P. striata. 66 Der Blau in den gigantiſchen Tulpenbäumen, Platanen, Ulmen und Ahornbäumen auf, ſodaß man ihn ſchwer be— obachten und nur mit einem guten Feldſtecher von anderen Arten unterſcheiden kann. In den Blättern und Blüten, namentlich der Tulpenbäume, ſucht er nach Art auderer Waldſänger nach Juſekten. Ich habe den Vogel zahlreich in den Waldungen des Tief— landes im ſüdweſtlichen Miſſouri und auch bei St. Louis beobachtet. Der liebliche, laute Geſang er— ſchallt im Juni faſt fortwährend aus den hohen Baumkronen herab und trägt, da der Vogel ziemlich zahlreich iſt, nicht wenig zur Belebung des Waldes bei. Derſelbe klingt deutlich wie „Di- di-disdditeritih“ und wird ſchnell und ſehr eifrig ausgeſtoßen und oft wiederholt. — Er erſcheint im ſüdweſtlichen Miſſouri in den letzten Tagen des April, wenigſtens hört man um dieſe Zeit zuerſt den Geſang. Nidgway giebt an, daß der Blauſänger ſehr zahlreich in den Wäldern des Tieflandes am Wabaſh und White River in Indiana und Illinois ſei. In dem Bottomwalde des Kaskaskia ſoll er ebenfalls zahlreich ſein. Da der Vogel ſich faſt beſtändig in den Kronen der höchſten Waldbäume aufhält und hier auch ſein Neſt anlegt, ſo iſt es bis jetzt nur wenigen Beobachtern geglückt, das ſelbe zu finden. Das erſte Neſt fand Booth im Juni 1873 bei Drummondville (Ontario) nicht weit vom Niagara-Falle. Es ſtand in einer großen Eiche, fünfzig Fuß vom Boden und neun Fuß vom Stamme in einem dünnen Aſtchen, ſodaß man nur mit den größten Schwierigkeiten zu demſelben gelangen konnte. Es maß an der Außenſeite 2.50 Zoll bei einer Höhe von 1.25 Zoll. Der Durchmeſſer der Neſtmulde be— trug 2 Zoll, die Tiefe 1 Zoll. Es war ſehr feſt aus feinen Baſtfaſern, feinen Hälmchen und Tannen— nadeln, welche mit flachsartigen Pflanzenfaſern ver miſcht waren, gebaut; ebenſo fand ſich Wolle, Stück— chen von Wespenneſtern, Moos und Flechten loſe an der Außenſeite. Innen war es mit feinen Stengeln und Tannennadeln ausgelegt. — Ein zweites Neſt fand Bryant am 16. Mai 1878 bei Mount Carmel in Illinois etwa fünfundzwanzig Fuß vom Boden. Auch dieſes Neſt, welches vier Eier enthielt, war äußerlich teilweiſe mit Flechten bedeckt. — Prof. J. A. Allen beſchreibt ein drittes Neſt: „Das Muſeum der vergleichenden Zoologie, Cambridge, Maſſachu— oder Azurſänger. ſetts, erhielt kürzlich ein Neſt mit vier Eiern des Blauſäugers, welches in Eaſt Penfield (Monroe Co., New Nork) am 7. Juni 1878 geſammelt worden war. Dasſelbe ſtand in einer Aſtgabel einer kleinen Eſche, etwa zwanzig Fuß vom Boden. Es iſt ein hübſcher, feſter, äußerlich aus feinem trockenen, aſchgrauen Gras beſtehender Bau; dieſes Material iſt mit Spinnengewebe beſonders haltbar gemacht und mit Teilchen einer weißlichen Flechte überkleidet. Innen iſt es mit Baſtfaſern und feinem Gras von rötlich brauner Farbe ausgelegt. Es iſt alſo äußerlich grau, innen rötlichbraun.“ Die Eier ſind der Grund— farbe nach rahmweiß, dicht mit rötlichbraunen Flecken gezeichnet. Dieſe Flecken ſind ziemlich groß und ſtehen dicht, ſodaß ſie teilweiſe die Grundfarbe etwas verdecken. Bei manchen Eiern ſtehen die Flecken nicht ſo dicht und ſind auch nicht ſo groß. Auch Audubon beſchreibt das Neſt, aber jeden— falls hat er es mit dem einer anderen Art verwechſelt. Nach ſeinen Mitteilungen iſt es in eine Aſtgabel eines niedrigen Baumes oder Strauches gebaut und halb hängend. Die Eier beſchreibt er als reinweiß, mit einigen rötlichbraunen Flecken am dicken Ende. Dieſe Angaben ſtimmen mit den oben angeführten Mit— teilungen in keiner Hinſicht überein. Kamen: Blau- oder Azurſänger. Cerulean or Caerulean Warbler, Azure War- bler, Blue-green Warbler, White-throated Blue Warbler. Fauvette bérylle (Vieill.), Fauvette des Peupliers (Vieill.), Fauvette bleuätre (Le Moine). Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia caerulea Wilson (1510). — Sylvicola caerulea Sw. — Dendroica caeru- lea Bra. (1858). — Sylvia rara Wils. (1811). — Sylvia azurea Steph. (1817). — Hypothimis azurea Boie (1828). — Sylvia bifaseiata Say (1823). — Sylvia populorum Vieill. (1825). Beſchreibung: Oberſeite azurblau mit ſchwarzen Stri— chen; Unterſeite reinweiß, mit blauen oder blauſchwar— zen Strichen an der Bruſt und den Seiten; Flügel mit zwei weißen Querbinden; faſt alle Schwanzfedern weiß gefleckt. Schnabel und Füße ſchwärzlich. Weibchen und Junge weniger hervortretend gefärbt. Das Blau des Rückens meiſt unrein, grünlich an— geflogen; das Weiß der Unterſeite gelblich verwaſchen. Größe etwa 5 Zoll. Der Heckenſänger. Chestnut-sided Warbler. Tafel XII. ie Waldränder des nördlichen und mittleren * Allinois ſind, namentlich an feuchten und naſſen Stellen, meiſt mit einem breiten Saume dichter Gebüſche und Dickichte eingefaßt. Haſelnußgebüſch, Brombeergeſträuch, mit wildem Wein überwachſene kleine Bäume bilden gemeinlich den äußerſten Rand, und es folgen dann die größeren, breiten, bizarren Formen verſchiedener Weißdornarten, dichte wilde Apfelbäume, hohe baumartige Schneeballgebüſche und einzelne größere Bäume, in der Regel Ulmen und Eichen. Dieſer äußere, aus Dickichten, zerſtreut ſtehenden Gebüſchen, mit wildem Wein überrankten Bäumchen beſtehende Waldrand iſt der Lieblingsauf enthalt einer großen Anzahl kleiner Vögel. Hier iſt die Katzen- und Braundroſſel zu Hauſe, hier ertönen vom Morgen bis zum Abend die ſchallenden Laute des Erdfinken, von hier aus erklingt auch der eigen— tümliche pfeifende Ruf des Whippoorwill durch die laue Sommernacht. Der Buſchvireo hängt ſein künſtliches Beutelneſt an die dünnen Zweige der Ge— büſche, und auch der Sommerſänger baut ſein kleines Neſtchen verſteckt unter das ſchützende Laubdach. Ein Bewohner dieſer Ortlichkeiten iſt auch der Hecken— ſänger, ein ſehr elegantes, aber nirgends zahlreich auftretendes Vögelchen. Zahlreicher traf ich ihn im mittleren Wisconſin, wo ich ihn jedoch nur in den dort häufigen, mit ſehr verſchiedenartigem Gebüſch beſtandenen Sümpfen, inmitten der Viehweiden, Wieſen und Felder beobachtete. Nie ſah ich ihn weit von Klärungen oder im Innern des Waldes, nie auf trockenem Terrain, wo Waſſer nicht in der Nähe war. Sein hier gewählter Aufenthaltsort iſt für den Natur— freund, der ſich inſonderheit auch für die Schönheiten in der Pflanzenwelt intereſſiert, nicht ohne Reize, ob wohl die Schwärme von Moskitos jeden Enthuſias— mus im Keime zu erſticken drohen. Beſonders waſſer reich ſind dieſe mit ſchwarzer Moorerde angefüllten Sumpfſtrecken während der Brutzeit nicht, und der Beobachter kann daher ohne beſondere Schwierigkeiten bis ins Innere eindringen. Die auf dem Boden im bunten Durcheinander umhecliegenden alten, faſt zu Humus verfaulten Baumſtämme ſind üppig mit vieler— | Dendroica pensylvanıca PARKER. Vogel 5. lei Pflanzen, namentlich Farnkräutern und Moos, dicht bewachſen. Erdorchideen !), dieſe wunderbarſten, poeſievollſten Kinder Floras, die verſchiedenen Arten Lilien ?), Lobelien“) und andere Pflanzen zeigen ſich an allen Seiten. Nur mit Anſtrengung gelangt der Wanderer durch die dichten Heidel- und Stachelbeer— büſche, durch die mit blutroter Rinde gezierten Blut— hartriegel, durch die dichtſtehenden Weidenhartriegel “), Schneeballſträucher, Weiden, Tamarack und Balſam— tannen. Hier iſt es, wo wir unſeren Sänger in ſeiner eigentlichen Heimat beobachten können. Er trägt außerordentlich zur Belebung derſelben bei, nicht nur durch ſeinen fröhlichen Geſang, ſondern auch durch ſein munteres Weſen. In ſolchen Gegenden hat jedes Pärchen nur ein kleines Brutgebiet; meiſt genügt ein Dickicht, mit einigen größeren Bäumen in der Nähe. Dicht daneben hat ſich oft ein zweites Pärchen oder andere kleine Vögel angeſiedelt. Nicht ſelten findet man das prachtvolle kleine Hängeneſtchen des Buſchvireo“) in demſelben kleinen Dickicht, in welchem der Bau des Heckenſängers verborgen iſt. Unſer Vogel iſt noch wenig bekannt und auch der ge— wöhnliche Naturfreund findet ihn ſelten, da er ſich in dem dichten dunklen Laubwerk der dicht verzweigten, oft noch mit der Waldrebe“) oder mit wildem Wein überwachſenen Gebüſche ſehr geſchickt zu verbergen weiß, namentlich dann, wenn das Neſt in der Nähe iſt. Der mit dem Thun und Treiben dieſes Sängers ver— traute Beobachter findet ihn aber da, wo er vorkommt, bald auf. In der zweiten Maiwoche, wenn er mit anderen Arten ſeiner Familie in die blühenden Obſt— bäume kommt, läßt er ſich dagegen ohne beſondere Schwierigkeiten beobachten. So zutraulich wie der Gartenſänger, der ſein ſchönes Neſtchen oft genug in einen Philadelphusbuſch oder eine Heckenkirſche des Gartens baut, iſt er freilich nicht. Mir iſt kein Fall bekannt, daß je ein Pärchen dieſer Vögel ſein Heim in einem Garten gegründet hätte. 1) Cypripedium spectabile, Cypripedium pubescens, C. parvi- florum, Platanthera eiliaris, Corallorhiza adonthorhiza, Arethusa bulbosa, Calopogon pulchellus, ete. 2) Lilium canadense, L. su- perbum. 3) Lobelia cardinalis, L. syphilitieca. 4) Cornus eirci- nata. 5) Vireo noveboracensis. 6) Clematis virginica. D Wie alle anderen Arten, ſo erſcheint auch er erſt ſpät im Jahre, etwa in den letzten Tagen der zweiten Maiwoche. Der Frühling muß jedenfalls vollſtändig eingezogen ſein, wenn er erſcheint. Im nördlichen Teile unſeres Landes iſt es anfangs Mai in der Regel noch recht rauh, die Vegetation iſt noch weit zurück, die Blüten- und Blattknoſpen der Obſt- und Wald bäume ſchwellen nur langſam. Erſt in der Mitte des Wonnemonats wehen gewöhnlich die erſten lauen Frühlingslüfte. Nach überraſchend kurzer Zeit ſtehen die vorher ſtarren Baumformen des Gartens und Waldes im ſchönſten Blätter- und Blütenſchmuck und nun erſcheinen auch die vielerlei zarten Inſektenvögel und mit ihnen der Heckenſänger. Gewöhnlich ſieht man ihn einzeln oder paarweiſe, nie in größerer Anzahl beiſammen. Während der letzten Woche des Meat iſt er ſchon mit dem Neſtbau beſchäftigt und anfangs Juni findet man vollzählige Gelege. Das Neſt ſteht ſtets in einer aufrechtſtehenden Aſtgabel, zwei bis acht Fuß vom Boden. Es ſteht faſt immer am Rande der Dickichte, in der Spitze eines dichtbelaubten Buſches, jedoch ſo, daß die oberen Blätter es dachartig über— decken. Hartriegelgebüſche !), Schueeballgeſträuch ?) und Haſelnußgebüſche ſind beliebte Niſtſträucher und im nördlichen Illinois baut er oft genug auch in die Bogenholzhecken (Osage Orange), welche die Felder umſäumen. Nur in ſeltenen Fällen niſtet er in einem Nadelholzbaume, obwohl es in dem nördlichen Teile ſeines Brutgebietes an Hemlock- und Balſamtannen in der Nähe der Sümpfe und in dieſen ſelbſt nicht mangelt. ein Pärchen ſein Neſt in einer Fichte des Bachrandes anlegte. man ihn in der Brutzeit nicht. Nach meinen Er— fahrungen zieht er gebüſchreiches Tiefland in der Nähe von Quellen und Bächen zur Anlage des Neſtes an— deren Ortlichkeiten immer vor. Von weitem geſehen, Nur Minot führt ein Beiſpiel an, daß Auf Bergen und weitab vom Waſſer findet ähnelt das Neſt dem des Sommerſängers, bei näherer Unterſuchung jedoch unterſcheidet es ſich weſentlich von demſelben. In der Größe iſt der Unterfchied nur gering, aber das benutzte Material iſt viel rauher und nachläſſiger zuſammengefügt. Die innere Auskleidung beſteht nie aus Wolle von Farnkräutern und anderen baumwollartigen Stoffen, ſondern aus Halmen und Würzelchen. Neſter meiner Sammlung aus Wis— conſin, Illinois und Maſſachuſetts find ſich alle ſehr ähnlich. Außerlich beſtehen ſie aus Grashalmen, Baſtfaſern verſchiedener Bäume, Papierſchnitzeln und 1) Cornus. 2) Viburnum. er Heckenſänger. 78 feinen Wurzeln; innen ſind fie mit feineren Hälm chen, faſerigen Würzelchen und einzelnen Pferde— haaren ausgelegt. Sie waren mit Spinnengeweben und feinen Pflanzenfaſern gut an die gabelförmigen Zweige, in welchen ſie ſtanden, befeſtigt. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach weißlich, mit purpur- und rötlichbraunen Punkten und Flecken ge zeichnet. Gewöhnlich ſind dieſe Flecken über das ganze Ei zerſtreut, ſtehen aber am dicken Ende am dichteſten, oft einen Kranz bildend. — Viele Bruten dieſes lieb— lichen Waldſängers gehen jährlich dadurch zu Grunde, daß der Kuhſtar ſein Ei in das Neſt legt. Die eigenen Eier werden gewöhnlich mit erbrütet, aber der junge Kuhſtar ſchnappt den rechtmäßigen Jungen alles Futter hinweg, ſodaß ſie bald verhungern. Der Geſang ertönt im Brutgebiete ſehr häufig. Er iſt laut und wohlklingend, aber kurz und dem anderer Arten ſehr ähnlich. Die ſchnell aufeinander folgenden Töne haben ein entſchieden heiteres, Wohl— behagen ausdrückendes Gepräge. Sie ſind denen des Gartenſängers ähnlich. Nur das ſcharfe, geübte Ohr des lange im Freien die Vögel beobachtenden Orni— thologen vermag den Geſang beider Arten ſogleich voneinander zu unterſcheiden. Während er am eifrig ſten nach Inſekten ſucht, ſingt er, ohne in ſeinem Thun inne zu halten, am fleißigſten. In der Zug— zeit hört man den Geſang nicht. Nur den Lock— ruf, ein leiſes „Witt“ vernimmt man hie und da. — Ju ſeinem ganzen Thun und Treiben hat er mit dem Kronſänger viel Ahnlichkeit. Unaufhörlich hüpft und ſchlüpft er durch das Geäſt der Bäume und Büſche und jagt ſehr oft auch nach vorüberfliegenden Kerb— tieren. Räupchen, allerlei Käfer, Blattläuſe, Motten, Spinnen, die Larven und Eier vieler Kerfe bilden ſeine Hauptnahrung. Während der Zugzeit ſcheinen auch mancherlei Beeren und ſelbſt Sämereien nicht ganz verſchmäht zu werden. Dann hält er ſich auch oft in großen Bäumen auf. In der Brutzeit dagegen ſieht man ihn meiſt im Gebüſch und in kleinen Bäumchen. Auf den Boden kommen ſie nur herab, wenn ſie Niſt— material zu ſuchen haben. Der Flug iſt ſehr gewandt und ſchnell, im Brutgebiet gewöhnlich nur von Buſch zu Buſch, während des Zuges aber erhebt er ſich hoch in die Luft und fliegt dann raſch dahin. Das Brutgebiet erſtreckt ſich hauptſächlich über die nördlichen Staaten, weſtlich bis zum Rande der großen Ebenen und zum Teil auch über die Mittel ſtaaten. Auch in Neu-England iſt er zahlreich, und im ſüdlichen Illinois brütet er, nach Ridgway, in den Eichenbeſtänden und Präriedickichten häufig. Nörd D lich von den Vereinigten Staaten ſcheint er ſelten vorzukommen. Früh im September ziehen ſie familien— weiſe dem Süden zu. Ende des genannten Monats trifft man ſie ſchon zahlreich in den Wäldern der Niederungen des füdöftlichen Texas. Sie verbringen den Winter in Mexico (Talapa, Oaxaca), Honduras, Coſta Rica, Guatemala bis Panama. Außer auf den Bahamas überwintern ſie anſcheinend nicht in Weſt— indien. Heckenſänger, gelbgekrönter Waldjänger. Chestnut-sided Warbler, Quebee Warbler (Penn.), Yellow-crowned Warbler. Figuier A poitrine rouge (Buff.), Fauvette à tete jaune (Vieill.), Fauvette aux cötes chataines (Le M.). Namen: Wiſſenſchaftliche Namen: "Motacilla pensylvanica I.. (1766). — Dendroica pensylvanica Parker (1871). | Beſchreibung: er Kaſtanienſänger. Sylvia pennsylvanica Wils. (1810). — Mniotilta penn- sylvanica Gray (1848). — Dendroica pennsylvanica Brd. (1858). — Motacilla icterocephala L. (1766). — Sylvicola ieterocephala Rich. (1836). — Dendroica icterocephala Sclat. (1869). Altes Männchen auf dem Rücken ſchwarz und mattgelb geſtrichelt; ganze Kopfkrone gelb, weiß eingefaßt, dann ſchwarz umſchloſſen; Seiten des Kopfes und Halſes und ganze Unterſeite weiß, mit großem ſchwarzem Fleck an der Kopfſeite; eine Kette von auf— fallenden kaſtanienbraunen Strichen an den Seiten des Körpers; Flügelbinden weißlich oder gelblich, gewöhnlich in einen orangegelben Fleck übergehend; Schwanzfedern weiß gefleckt; Schnabel ſchwarz, Füße braun. Altes Weibchen nicht jo prächtig; Farben matter. Junge ganz verſchieden, oberſeits gelblichgrün, unter— ſeits reinweiß; die charakteriſtiſche kaſtaunienbraune Zeich— nung an den Seiten nur leicht angedeutet. Länge 5 bis 5.25 Zoll; Flügel 2.50, Schwanz 2 Zoll. Der Kaſtanienſänger. Bay- breasted Warbler. Dendroica castanca BRD. Dafel NIT. = lle Waldſänger zieren und beleben eine von ihnen bevorzugte Ortlichkeit während ihres Frühlingszuges in hohem Grade. Zwar zeigen ſie ſich nicht frei, wie viele andere Vögel, ſchlüpfen und flattern vielmehr durchs dichtbelaubte Gezweig, von einem Baum zum anderen, größere Zwijchenräume meiſt ängſtlich meidend, kündigen ihr Vorhandeuſein dem aufmerkſamen Beobachter jedoch durch ihre große Anzahl während einiger Wochen des Maimonats an, während ſie dem achtloſen Laien durchaus entgehen. Eine beſondere Anziehungskraft, ein hoher Reiz iſt ihnen allen eigen, welcher in ihrem eigentümlichen lieblichen Weſen und in ihrer oft wunderbaren Schön heit hauptſächlich ſeinen Grund hat. Ihr Reiz wird noch durch die ſie umgebende Natur, welche zur Zeit ihrer Durchreiſe nach nördlichen Regionen im ſchön— ſten Feſtgewande prangt, erhöht. Kommen fie doc) im nördlichen Teile unſeres Landes erſt an, wenn Bäume und Sträucher im ſchönſten Blätter- und Blütenſchmucke ſtehen, wenn auf dem dichtbeſchatteten Waldesboden wunderſchöne Maiblümchen !), Winter-?) und Immergrün), Wachtelbeeren ), Farnkräuter und 1) Ep hispidula. ten repeus. 2) Gaultheria procumbens, 4) Mitchella repeus. 5) Chiogenes Vogel 4. andere Kinder Floras das Herz des fühlenden Men— ſchen für die Pracht und Herrlichkeit der Natur aufs höchſte begeiſtern. Kein Wunder, wenn man dieſe lieblichen Vögel in dieſer holden Lenzeszeit, im Blumenduft und wonniger Waldesluft mit ganz be— ſonderem Auge anſchaut und ihnen ein erhöhtes Intereſſe entgegenbringt! Unter den Scharen der nördlich ziehenden Wald— ſänger wird der geduldige Beobachter auch oft den Kaſtauienſänger bemerken, einen Vogel, der ſich durch das ſchöne Kaſtanienbraun der Kopfplatte, Kehle, Bruſt und Seiten, welches gegen das angrenzende Weiß, Schwarz und Grau beſonders hervortritt, kenn— zeichnet. Die tiefgelben Farbentöne, wie ſie bei dem Pracht-, Magnolien-, Sommerſänger und anderen Arten der Familie ſo häufig ſind, zeigen ſich bei ihm nicht, daher iſt es auch ſchwieriger, ihn im dichten Laubwerk der Bäume aufzufinden. Mau hält ihn deshalb allgemein für ſeltener, als er in Wirklichkeit it. In Wiscouſin iſt er in der dritten oder vierten Maiwoche in manchen bevorzugten Waldſtrecken durchaus nicht ſelten, und ſelbſt in den blühenden Obſtbäumen iſt er regelmäßig anzutreffen. Am zahl— reichſten beobachtete ich ihn anfangs Mai im ſüd— * u a — — > —— — ee ns D öſtlichen Texas. Als ich am 5. Mai (1881) in einer kleinen Waldſtrecke, welche hauptſächlich aus dicht— ſtehenden jungen Eichen und eingeſtreuten, mit Schlingpflanzeu verſchiedener Art überwucherten Dik— kichten beſtand, nach den Neſtern des blauen Kern beißers und Papſtfinken ſuchte, gewahrte ich eine be deutende Anzahl dieſer Sänger in den niedrigen Aſten der Eichen nach Nahrung ſuchen. Der ganze Wald ſchwärmte von Grün-, Bunt-, Pracht, Magnolien— und anderen Sängern, aber dieſe Art ſchien die zahl— reichſte von allen zu ſein. — Geſellig im eigentlichen Sinne des Wortes ſind die Kaſtanienſänger nicht, wenigſtens ſah ich nie mehrere dicht beiſammen. Jeder geht, ohne ſich viel um den andern zu küm— mern, ſeinen Geſchäften nach. Laugſam durchhüpft und durchſchlüpft er das dichte Laubwerk, nimmt hier eine grüne Raupe, dort eine Spinne oder ſonſt ein Infekt hinweg, durchſucht das ganze Gezweig an ſcheinend genau, langſamer und mit mehr Ruhe als viele andere Arten, und fliegt dann dem nächſten Baume zu. Hoch oben im Geäſt ſah ich ihn nie und ebenſowenig ſah ich ihn fliegende Inſekten erbeuten. Nie hörte ich irgend einen Laut von ihm, obwohl er im Brutgebiete einen angenehmen Geſang erklingen läßt. Zutraulicher als viele andere Arten, ließ er ſich ganz in der Nähe beobachten. Nach etlichen Tagen waren alle nördlicher gezogen. Um den 20. Mai etwa erſcheint er in Wisconſin, wo er in einzelnen Waldbezirken in faſt jedem Jahre zahlreich auftritt. Auch in den blühenden Obſtbäumen größerer Gärten findet er ſich ein, da in ihnen der Tiſch reichlich für ihn gedeckt iſt. Ein großes Heer ſchädlicher Juſekten, welches an den Blättern, der Rinde, namentlich aber an den Blüten der Obſtbäume ſein durch Menſchen— hand nicht zu hemmendes Zerſtörungswerk begonnen hat, wird zum größten Teil durch die gerade nördlich ziehenden Waldſänger, wenn auch nicht gänzlich ver— nichtet, ſo doch in den gebührenden Schranken gehal— ten. Der Nutzen dieſer kleinen Wanderer iſt gar nicht hoch genug anzuſchlagen. Unſer Kaſtanien ſänger kommt nicht in ſo großer Anzahl in die Obſt— gärten, wie Grün-, Bunt- und Canada-Sänger; wenn man aber genau beobachtet, ſo wird ſich bald Gelegenheit finden, ihn kennen zu lernen. Seine kaſtanienbraune Färbung der Bruſt und Kopfplatte kennzeichnet ihn auch den minder Eingeweihten. Auch hier verhält er ſich ruhiger wie die übrigen Arten. Ohne einen Ton auszuſtoßen, ohne irgend welches Geräuſch fahndet er auf Kerbtiere. Stehen dicht belaubte Bäume in der Nähe des Hauſes, ſo kommt Der Kaſtanienſänger. j 181 er furchtlos auch in dieſe. Nadelholzbäume verſchie dener Art zieht er allen anderen vor. Sobald die Sonne untergeht, verſammeln ſich kleine Geſellſchaf ten, um in ihnen die Nacht zu verbringen. Wie bei anderen Arten, ſo iſt auch bei dieſen Sängern alles intereſſant, alles feſſelnd. In den letzten Maitagen ziehen die letzten nördlicher in ihr Brutgebiet. — Schon im September treffen ſie in Geſellſchaft ihrer Jungen im Gebiete der Vereinigten Staaten wieder ein, ziehen aber jetzt, ohne zu zögern, ihrer Winter— herberge zu. Sie wandern bis hinab nach Central— amerika und bis hinein ins Innere Südamerikas, wo man ſie in Colombia gefunden hat. Auch in Guate— mala und Panama überwintert er, doch hat man ihn bisher nicht in Mexico“) und auf keiner der weſtindi ſchen Inſeln im Winter beobachtet. Während der Zugzeit kommt er nur im öſtlichen Gebiete der Ver einigten Staaten, weſtlich bis zu den großen Ebenen, vor. Eigentümlich iſt die Richtung des Zuges. „Dieſe Art“, jagt Maynard, „ebenſo wie der Trauer=') und Wanderſänger?), ſcheint eine von anderen Arten ganz abweichende Zugſtraße zu haben. Die öſtlichen und Mittelſtaaten meidend, zieht die Mehrzahl den großen Seen entlang durch Ohio, dann durch das ſüdliche Illinois, dem Miſſiſſippithale zu. Weiter ſüdlich verlaſſen ſie dieſes, ziehen hinein nach Texas und von da nach Mexico bis hinab nach Central— amerika, wo ſie überwintern. Bei ihrer Zurückkunft halten ſie mehr eine ſüdliche Linie inne, wandern der atlantiſchen Küſte entlang bis zum ſüdlichen Neu— England, wo ſie im Connecticut-Thale hinauf ziehen und ſo gewöhnlich das öſtliche Maſſachuſetts nicht be— rühren.“ Das Brutgebiet des Kaſtanienſängers ſcheint mit dem Fichten- und Tannenwalde des nördlichen Teiles der Union zu beginnen. Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich annehme, daß er ſchon im nördlichen Wisconſin, Michigan und Minneſota Brutvogel iſt. Buſch fand in der That bei Cold— water am Superior-See Neſt und Eier dieſer Art. Nördlich erſtreckt ſich das Brutgebiet bis zur Hudſons— bai (nicht nördlich bis Alaska oder Grönland). Schon im nördlichen Neu-England iſt er ein ziemlich zahl „) Ohne Zweifel iſt der Kaſtanienſänger auch zeitweiſe in Mexico häufig, denn die Scharen dieſer durch Texas ziehenden Vögel kommen ohne Frage aus dieſem Gebiete. Man darf wohl annehmen, daß auch dieſer Sänger in dem tropiſchen, ornithologiſch noch wenig erforſchten Mexico überwintert. 1) Geothlypis philadelphia. 2) Helminthophila peregrina. 8 182 Der Buntſänger. cher anderen Waldſängerart, ſo verdanken wir auch Die Eier ſind der Grundfarbe nach bläulichgrün, über die des Kaſtanienſängers Maynard die beſte mehr oder weniger dicht mit braunen Flecken gezeich— und ausführlichſte Schilderung. Am Umbagog-See net. Bei manchen Eiern ſtehen dieſelben kranzartig in Maine iſt er einer der häufigſten ſeiner Familie, dicht. Einzelne Eier ſind an der Spitze ungefleckt. — kommt dort in allen bewaldeten Gegenden vor und Der Geſang, den unſer Gewährsmann im Brut— bevorzugt zum Aufenthalt die Spitzen hoher Wald- gebiete zu hören Gelegenheit hatte, iſt dem des Bunt— bäume. Am 3. Juni fand er am Umbagog ein gerade ſängers ähnlich, die letzte Strophe hat aber täuſchende fertiges Neſt, welches auf dem wagerechten Seitenaſte Ahnlichkeit mit dem Geſange des Rotſchwänzchens ), einer Hemlocktanne, etwa zwanzig Fuß vom Boden nur klingt ſie nicht ſo feurig. und ſechs Fuß vom Stamme entfernt, angelegt war. Es ſtand auf einem Baume, dicht an einem Wald— pfade. Am 8. Juni enthielt es drei friſche Eier. Ein zweites Neſt, welches er an einem dicht bewaldeten Bergabhange fand, ſtand fünfzehn Fuß von der Erde Namen: Kaſtanienſünger. Bay- breasted Warbler, Autumnal Warbler. Fauvette d'automne (Vieill.), Fauvette A gorge baie (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia castanea Wilson, und war in der Anlage dem erſten in jeder Hinſicht A. O. (1810). — Sylvicola castanea Rich. (1836). — ähnlich. Beide waren verhältnismäßig groß, etwa Mniotilta castanea Gray (1848). — Dendroica casta- ned Baird, B. N. A. (1858). — Sylvia autumnalis 6 Zoll breit, 3 Zoll hoch, mit einer etwa 3 Zoll breiten, 1.5 oll tiefen Neſtmulde ähnelte g NORA 5 5 b 55 10 ; 85 0 N 5 n Beſchreibun g: Schöner, auffallender Vogel. Altes den Bauten des Purpurfinken. Außerlich beſtanden Männchen auf dem Rücken grauolwenfarbig, dicht fie aus feinen Zweigen des Hackmatack!), welche mit ſchwarz geſtrichelt; Vorderkopf und Kopfſeiten ſchwarz, langen hängenden Baumflechten?) vermiſcht waren. einen großen kaſtanienbraunen Fleck nn eine 8 ur SEE ER | ere kaſtanienbraune Farbe zeigt ſich am Kinn und ER 80010 an rem | mattere fa] ne Farbe zeit . ien 5 ara 2 ME BUBEN ERTL, Surzeln, | an der Kehle, welche ſich mit mehr oder weniger Unter: Samenkapſeln von Moos!) und Stückchen Kann | brechungen an der ganzen Seite hinzieht; das übrige chenpelz ausgelegt. Ein Neſt, welches Deane eben. der Unterſeite iſt bräunlich-weiß; Flügel mit weißlichen - „ — — Nuerhn ayıp » Inder S oder 51 . dort fand, enthielt ſechs Eier und war von demſelben Querbänbern; äußere Schwanzfedern weiß gerleit. Merlot da e gan einer Schnabel und Füße ſchwärzlich. — Weibchen ähnlich, N er gebaut, nur ſtand es noch höher in einer mit weniger und matterem Kaſtanienbraun. Hemlocktanne. Länge 5.50 Zoll; Flügel 2.80, Schwanz 2.25 Zoll. Wils., A. O. (1811). 2 ö N, 2 58 . Der Buntfänger. Black-poll Warbler. Dendroica striata BIRD. Tafel XII. Vogel 8. er Buntſänger gehört zu den letzten An ein zahlreicher Vogel und erfreut durch ſein munteres kömmlingen aus dem Süden. Er erſcheint liebliches Weſen, namentlich aber durch ſeine Zu— im mittleren Wisconſin ſelten vor Ende Mai, in traulichkeit jeden Naturfreund. In manchen Jahren Texas gewöhnlich in den letzten Tagen des April, oft trifft man ihn in großer Anzahl, während er in au— aber erſt anfangs Mai. In den Gärten und Nadel- deren nicht ſo häufig iſt. Er hält ſich am liebſten im holzwäldern von Wisconſin ſieht man dieſen nicht Walde, beſonders im gemiſchten Nadelholzwalde auf, gerade ins Auge fallenden, aber doch recht hübſchen wo er ſich in den Zweigen der Bäume, ganz in der Waldſänger oft noch in der erſten Woche des Juni Weiſe des Grünſängers, umhertreibt. Er iſt während umherſtreichen. Während ſeiner Durchreiſe iſt er in des Tages faſt immer mit der Jagd auf allerlei In— manchen Ortlichkeiten auch in größeren Obſtgärten, ſekten beſchäftigt, welche er von den Blättern, Blüten 1) Tamarack (Larix americana). 2) Usnea. 3) Cladonia. | 1) Setophaga ruticilla, —— ee er — — —— u weten — — ee —— ! ꝰæ“?. —— ———— — . — ——„k— — a und der Rinde abſucht und die er oft auch geſchickt aus der Luft zu erbeuten weiß. Ju der zweiten Woche des Juni ſieht man im mittleren Wisconſin keinen Buntſänger mehr. Sie alle ſind dem arktiſchen Nordamerika zugezogen, wo ſie in Alaska und nördöſtlich bis Grönland brüten. Südlich erſtreckt ſich ihr Brutgebiet bis zur Nord grenze der Vereinigten Staaten und nach Maine, wo ſie ſchon ziemlich zahlreich niſten. Im Winter findet man ſie auf den Bahamas, Cuba und nament— lich in Südamerika (Neu-Granada und ſelbſt bis Chili, denn der von Landbeck Dendroica atri- capilla benannte Vogel dürfte mit unſerer Art iden tiſch fein). Weſtlich verbreitet er ſich bis Nebraska und Colorado. Audubon fand das Neſt in Labrador. Es be ſtand äußerlich aus grünem und weißlichem Moos und Flechten, welches Material mit groben Halmen gemiſcht war; innen war es mit dunkelfarbigem, haarähnlichem Moos und mit einer dicken Lage von Federn des Weidenhuhnes und Enten ausgelegt. Die Neſtmulde war 1.50 Zoll tief, 2 Zoll breit. Es ſtand in einem Dickicht niedriger Fichten und war in eine Aſtgabel nahe an den Stamm gebaut. Brewer beobachtete dieſe Vögel zahlreich in der Gegend von Eaſtport und auf Grand Menan. Sie bewohnen dort die dichten ſumpfigen Nadelholzwälder, welche von dem Geſange dieſer Waldſänger wieder— hallen. Alle Neſter, welche er fand, ſtanden in dichten Fichten, etwa acht Fuß vom Boden und mitten im Nadelwerk, ſodaß man ſie kaum bemerkte. Sie waren im Verhältnis zum Vogel groß, hatten dicke Wan dungen und eine kleine Neſtmulde. Sie maßen 5 Zoll in der Breite und 3 Zoll in der Höhe; die Neſt mulde war 2 Zoll breit, 1.25 Zoll tief. Dieſe Neſter beſtanden aus dünnen Aſten, Cladoniaflechten, ſchlan ken Würzelchen und feinen Seggen und waren mit Grasriſpen ſorgfältig ausgelegt. Die fünf Eier waren reinweiß, über und über mit rötlichbraunen, purpur nen und lavendelfarbenen Flecken gepunktet und ge ſprenkelt. Der Buntſänger. 183 Lockhart fand am 9. Juni bei Fort Yukon ein Neſt mit fünf Eiern. Alle Neſter in dortiger Gegend waren kleiner und auch mit wärmeren Stoffen ausgelegt, als die oben beſchriebenen. Me Farlane fand Neſter bei Fort Anderſon, ebenfalls im arktiſchen Nordamerika, welche aus feinen Zweigen und Gras beſtanden und inwendig mit ſchwarzem haarähnlichen Moos ausgelegt waren. Auch fand er einzelne Neſter auf dem Boden, und eins ſchon mit vollzähligem Gelege am 1. Juni. Obwohl der Buntſänger einer der allerletzten Vögel iſt, welche aus der Winterherberge erſcheinen, ſo iſt er doch nicht, wie dies in der Regel der Fall iſt, einer der erſten, welche wieder ſüdlich ziehen. Sie erſcheinen zahlreich erſt Ende September, zu einer Zeit alſo, wenn ſchon das Hauptheer der Waldſänger fern im Süden weilt, kurz vor der Ankunft der Kron- und Palmenſänger. Bis Mitte Oktober ſieht man ein— zelne ſich noch im Norden umhertreiben. Der Geſang, obwohl kurz und nicht beſonders laut, iſt doch recht angenehm und wohlklingend, dem anderer Arten durchaus ähnlich. Namen: Buntſänger, Schwarzkäppchen, Schwarzkäppchen— Sänger. Black- poll (Forster), Fauvette strice, Fauvette tailor (Vieill.), Fauvette rayce (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Muscicapa striata Forster (1772). — Motacilla striata Gmel. (1788). — Sylvia striata Lath. (1790). — Sylvicola striata S. & R. (1851). Mniotilta striata Gray (1848). — Rhimanphus striatus Cab. (1855). — Dendroica striata Brd., B. N, A. (1858). Beſchreibung: Altes Männchen auf der Oberſeite grausolivenfarbig, ſchwarz längs gefleckt; Kopfkrone glänzendſchwarz. Unterſeite weiß, mit einer vom Kinn bis zum Schwanz laufenden Kette ſchwarzer Flecken; Flügel dunkel, jede Feder grünlich oder weißlich gerandet; zwei weiße Flügelbinden; Schwanz wie die Flügel, mit kleinen weißen Flecken an den äußeren Federn. Weib— chen ähnlich, doch fehlt die glänzendſchwarze Kopf— platte; dieſe iſt wie der Rücken gefärbt; Unterſeite grün— lichgelb verwaſchen. Länge 5.25 bis 5.50 Zoll; Flügel 2.80, Schwanz 2.25 Zoll. Warbler, Striped Klycatcher Der Prachtfänger. Blackburnian Warbler. ae anıT: Dendroica Blackburniae BAIRD. Vogel 1. 1 — ( J m April, wenn in der Küſtengegend des ſüd 6 öſtlichen Texas die Magnolie ihre großen, duftigen, weißen Blüten geöffnet hat, verſammelt ſich, beſonders wenn mehrere dieſer ſchönen immergrünen Bäume zu Gruppen zuſammentreten, eine große An zahl Vögel, um hier, wo ſich ein großes Heer von allerlei Inſekten zuſammengefunden, nach Nahrung zu ſuchen. Der Mehrzahl nach ſind es Waldſänger, welche auf ihrer Reiſe nach dem hohen Norden be— griffen ſind. Ein ſolcher, der ſich regelmäßig in den blühenden Magnolien zeigt, iſt der Pracht- oder Hemlockſänger, der ſchönſte der ganzen Familie. Sowie die Jahreszeit vorſchreitet, zieht er mit zahl— reichem Gefolge anderer Arten nördlicher, denn es iſt Thatſache, daß ſeine Frühlingsreiſe ganz mit dem Blühen der Bäume zuſammenhängt. Etwa am 15. bis 20. Mai finden wir ihn im nördlichen Illinois und Wisconſin, wo gerade die Obſtbäume in voller Blüte ſtehen, wo auch im Wald wilde Apfelbäume!) ihre duftenden roſaroten Blütenbüſchel geöffnet haben. Obwohl er faſt lautlos nach allerlei Inſekten fahndet, kann man ihn doch da, wo er vorkommt, bald finden. Leuchtet doch das feurige Orangenrot der Kehle, Oberbruſt und Kopfſeiten, welches gegen das angren— zende tiefe Schwarz ſcharf abſticht, aus dem dunklen friſchen Gelaube der hohen Waldbäume und aus den weißen und rötlichen Blüten der Gartenbäume wie ein glühender Funken hervor! Häufig iſt dieſer Prachtvogel nirgends, doch habe ich ihn in Wisconſin und Illinois viel zahlreicher be obachtet, als in Texas. Er erſcheint im mittleren Wisconſin gewöhnlich erſt in der dritten Woche des Mai und verweilt oft bis Ende des Monats. Ge wöhnlich ſieht man ihn einzeln oder doch nur in kleinen Flügen bis zu acht Stück, die ſich am Tage über ein größeres Gebiet verbreiten und des Nachts, wo ſie es haben können, in einer dichten Edel-, Hem lock- oder Balſamtanne ſchlafen. Während feines Durchzuges bevorzugt er große Waldbäume mit 1) Pyrus coronaria. wenig oder gar keinem Untergebüſch zum Aufenthalt. Linden, Ulmen und Ahornbäume ſcheinen ihm am meiſten zuzuſagen. Er hält ſich faft immer hoch oben in der Spitze auf und kommt während des Herbſt— zuges nie in kleine Bäume oder niedriges Buſchwerk herab. Während der Frühlingsreiſe dagegen findet man ihn gewöhnlich in blühenden Bäumen und Büſchen und er läßt ſich dann ſelbſt nicht abhalten, die Obſtbäume der Gärten zu beſuchen. Er bewegt ſich im Gezweige mit großer Gewandtheit, hüpft und ſchlüpft geſchickt von einem Aſte zum anderen, hängt ſich an die dichten Blütenbüſchel, erbeutet flatternd aus den großen Blumen der Magnolien allerlei Kerfe, fliegt in allerlei Zickzackbewegungen vorüberſummen— den Juſekten nach und entfaltet ſo eine vielſeitige anziehende Thätigkeit. Er iſt nicht jo ſtürmiſch in ſeinen Bewegungen wie Canada- und Kronſänger, erinnert in ſeinem Thun vielmehr an den Garten— und Grünſänger. Der Geſang, den er auf ſeiner Durchreiſe nur ſelten hören läßt, bietet nichts Charak— teriſtiſches und iſt nur von einem geübten Ohre von dem anderer Arten zu unterſcheiden. Gewöhn— lich findet man ihn mit Grün-, Bunt-, Kaſtanien-, Magnolien- und Canada-Sängern zu gleicher Zeit und oft auch auf einem Baume. Seine überraſchende Farbenpracht läßt ihn als einen Vogel der Tropen erſcheinen, und er gehört in der That zu den Pracht— erſcheinungen unſerer Vogelwelt. Der Flug über freie Strecken iſt hoch, wellenförmig und gewandt. In Wisconſin find zu Anfang des Juni alle verſchwunden und in ihr weiter nördlich gelegenes Brutgebiet gewandert. Wahrſcheinlich brüten ſchon manche im nördlichen Teile des genannten Staates, wo es an ihren Lieblingsaufenthaltsorten, den Hem— locktannenwäldern, nicht mangelt. Zahlreich dürften ſie in der Region des Oberen-Sees (Lake Superior) und im waſſer- und waldreichen nördlichen Minne— ſota brüten. Die meiſten freilich haben ihre Som— merheimat in den britiſchen Beſitzungen. In Neu— England brüten ſie ſchon vereinzelt in Connecticut, ferner in Maſſachuſetts, New Hampfhire und nament— ni u — lich in Maine. Im Adirondac-Gebirge iſt er ein ge wöhnlicher Sommervogel, wo er in hohen Tannen brütet. Brewſter fand ihn neuerdings während der Brutzeit zahlreich in den Gebirgsgegenden Nord Carolinas in einer Höhe von 3000 Fuß über dem Meere. Auch dort bewohnt er die Fichtenwälder, wie im hohen Norden. Während der Zugzeit findet man ihn vom Atlantiſchen Ozean bis zum Felſengebirge, ſelbſt bis nach Utah und Neu-Mexico. Er überwin— tert im öſtlichen Mexico, in Centralamerika und ſelbſt in Südamerika, wo man ihn in Ecuador und Colom— bia gefunden hat. Auch auf den Bahama-Inſeln kommt er im Winter vor. Er iſt im Brutgebiete ein Bewohner der Nadel wälder. Das Neſt ſteht immer ſo hoch und ſo ver— ſteckt im Gezweig einer Hemlocktanne, daß es bis jetzt nur erſt einigen Forſchern gelungen iſt, dasſelbe zu finden. Wir wiſſen über die Niſtweiſe nur wenig mehr als was uns Audubon, der unermüdliche, mit Liebe und Begeiſterung zur Vogelwelt ausgerüſtete Forſcher und Künſtler, mitgeteilt hat. Wir haben jetzt freilich ein Heer von Sammlern, die alles weg— ſchießen, was ihnen in den Weg kommt, die faſt jedes Neſt und Gelege mitnehmen, entweder, um es zu ver— Der Prachtſänger. 185 zwanzig Fuß vom Boden und enthielt Junge. Das zweite Neſt, welches er in der Nähe der Stadt Boſton in einem Hemlocktannenwalde fand und welches eben— falls Junge und ein unerbrütetes Ei enthielt, war auch etwa zwanzig Fuß vom Boden angelegt. Das Ei war weiß, mit lilafarbenen und rötlichbraunen Flecken gezeichnet, welche am dicken Ende am dichteſten ſtanden. Das Neſt beſchreibt er unerklärlicherweiſe nicht. — Bei Üpton in Maine iſt er ein gewöhnlicher Brutvogel, bevorzugt dort ſtets die aus hohen Bäu— men beſtehenden Nadelwälder und brütet zweifellos in hohen Tannen, wo jedoch das Neſt durch das herab— hängende Moos verborgen wird und deshalb ſchwer aufzufinden iſt. In dieſen Wäldern ſieht man ſie ſtets in den höchſten Zweigen nach Nahrung ſuchen. Auch nach Maynards Angaben brütet dieſer ſchöne Vogel in den höchſten Spitzen der Nadelholzbäume in ſchwanken Seitenäſten. Dies iſt alles, was bis jetzt über die Niſtweiſe dieſer ſchönſten Waldſängerart bekannt iſt. Uuſere Kenntnis derſelben iſt alſo noch ſehr lückenhaft. Hoffen wir, daß ſich bald ein Ornithologe findet, der kaufen oder aus einer unverſtändigen Sammelwut ihrem Kabinett einzuverleiben. Jene edle, mit Poeſie verbundene Begeiſterung für die Vogelwelt, wie ſie Wilſon, Audubon und Nuttall eigen war, wie fie jetzt noch Coues, Brewſter, Ridgway, Allen und einigen anderen Ornithologen eigen iſt, findet man noch ſelten. Um einen Vogel genau ken nen zu lernen, dazu gehört viele Geduld und genaues Beobachten, was beides den meiſten jetzigen Samm— lern abgeht. Bachmann ſcheint das erſte Neſt dieſer Art im Jahre 1833 in Lanſingburg (New Pork) gefunden zu haben. Audubon fand den Prachtſänger im nord öſtlichen Maine, in Neu-Braunſchweig, auf den Mag— dalenen, in Neu-Fundland und Labrador als Brut— vogel. Ein Neſt mit drei Eiern, welches genannter Forſcher von MeCulloch in Halifax erhielt, war | äußerlich aus verſchiedenen weichen Stoffen gebaut, innen mit feinen Baſtſtreifen, einer dicken Lage Federn und Haaren ausgelegt. eines kleinen Baumes in der Nähe eines Baches, nur fünf Fuß vom Boden. Von den neueren Ornitho logen ſcheint Minot am meiſten Glück mit dieſer Art gehabt zu haben, denn er fand zwei Neſter, eins im nördlichen New Hampſhire, das andere in der Nähe Boſtons. Erſteres ſtand in einer Taune, etwa | Es ſtand in der Aſtgabel | | Geduld und Begeiſterung genug beſitzt, dieſe ſchöne Art in ihrer nordiſchen Heimat aufzuſuchen und zu beobachten. Namen: Prachtſänger, Blackburns-Sänger. Blackburnian Warbler, Hemlock Warbler, Orange-throated Warbler. Fauvette Blackburn, Traquet Blackburn, Fau— vette & croupion noir (Vieill.), Fauvette automne. (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla Blackburniae Gmel. (1788). — Sylvia Blackburniae Lath. (1790). — Sylvicola Blackburniae Jard. (1832). Mniotilta Blackburniae Gray (1848). — Rhimanphus Black- burniae Cab. (1850). — Dendroica Blackburniae Brd., B. N. A. 1858. — Sylvia parus Wils. (1812). — Sylvia melanorhoa Vieill. (1807). Beſchreibung: Altes Männchen Prachtvogel erſten Ranges. Der ſchönſte aller unſerer Waldſänger! Oberſeite einſchließlich des Schwanzes und der Flügel ſchwarz, der Rücken weißlich oder gelblich geſtrichelt; auf den Flügeln ein großer weißer Fleck; mehrere der äußeren Schwanzfedern zum größten Teil weiß. Kronenfleck, Augenlider, Streif über dem Auge, Kehle und Bruſt prachtvoll feurig-orangenrot, auffallend kontraſtierend mit der angrenzenden tief— ſchwarzen Färbung. Seiten ſchwarz gefleckt, Bauch weißlich oder gelblich. Schnabel und Füße ſchwarz. Weibchen: Das Schwarz auf der Oberſeite durch Olivenbräunlich, das feurige Orangenrot durch Gelb erſetzt. Herbſt- und Winterkleid auch beim Männchen matt, weniger auffallend. Länge 5.25 bis 5.50 Zoll; Flügel 2.75, Schwanz 2 Zoll. 24 Der gelbhehlige oder Anfänger. Vellow-throated Warbler. Dendroıca Tafel XIII. er zahlreichſte Waldſänger der ſüdlichen Auwal— dungen des Tieflandes und der Nadelwälder it der gelbkehlige oder Auſänger. Ich fand ihn nur immer da zahlreich, wo die Tilland— ſie oder das „ſpaniſche Moos“ aufs üppigſte die Bäume bedeckte. In dieſen lang von den Aſten herabhängenden Moosbüſcheln legt er auch gern ſein außerordentlich ſchwer aufzufindendes Neſt an. Er hält ſich meiſt hoch oben in der Spitze der Bäume | auf, hüpft langſam umher, durchſucht jeden Blatt- büſchel nach Nahrung, fliegt gewandt davoneilenden Kerfen nach und läßt dabei fortwährend ſeinen ziem— lich lauten, anderen Waldſängern durchaus ähnlichen Geſang fleißig erſchallen. Ich fand ihn am zahl— reichſten, wo Pecannußbäume, Ulmen, Waſſer- und Sumpfeichen, Magnolien, Tupelos und andere Wald— bäume ſtanden. Oft, wenn ich mich im April und Mai in dieſem Walde befand und nur mühſam einen Weg durch das Gewirr von Lianen, mexikaniſchen Maulbeerſträuchern, Myrtenſtechpalmen, Malvavis— kusbüſchen!) und einer Fülle von üppigen Stauden bahnte, hörte und ſah ich dieſen Sänger hoch über mir. Woche des März im ſüdöſtlichen Texas und zieht im Oktober wieder ſüdlich. auch dieſem Waldſänger begegnete, ſo habe ich trotz eifrigen Suchens doch nie ein fertiges Neſt mit Eiern finden können. Nur davon überzeugte ich mich, daß er im „ſpaniſchen Moos“ brütet, wo es faſt zur Unmöglichkeit wird, ein Neſt zu finden. Wo dieſes die Aſte der Bäume bedeckt, findet man die Neſter vieler Vogelarten in demſelben. So fand ich den Bau des Kardinals, Papſtfinken, des Biſchofs, des Spottdroſſel, des Gartenoriols und anderer, ſogar zweier Raub— Scherentyrannen, Lerchenfinken, der vögel: des Schwalben- und Miſſiſſippi-Weihen in dieſen Moosguirlanden. Die Zahl der Feinde aller kleinen Vögel iſt im Süden außerordentlich groß. Namentlich ſind es verſchiedene Schlangenarten, 1) Malvaviscus Drummondi. Er erſcheint etwa in der dritten oder vierten So oft und ſo häufig ich dominica BIRD. Vogel 1. Waſchbären, Opoſſums und Eichhörnchen, welche Eier und Junge vernichten. Befinden ſich die Neſter aber in dieſem Moos, ſo ſind ſie vor allen dieſen Feinden ziemlich ſicher. — Eine hübſche Beſchreibung des Auſängers giebt Brewſter: „Es iſt merkwürdig“, ſchreibt dieſer Forſcher, „daß ein Vogel, wie der Auſänger, der über die ganzen ſüdlichen Vereinigten Staaten ſo gleich— mäßig verbreitet erſcheint, noch ſo wenig bekannt iſt. Dr. Brewer leitet die Beſchreibung dieſer Art in feiner „History of North American Birds“ (Vol. I, p. 241) mit der Bemerkung ein, daß die— ſelbe ſehr ungenau bekannt ſei, und giebt dann die un vollſtändigen Angaben Wilſons, Audubons und Nuttalls wieder. Obwohl ich mich keiner ſehr langen Bekanntſchaft mit dieſer Art rühmen kann, ſo verging doch während einer fünf- oder ſechs— wöchentlichen Exkurſion im letzten Frühling (1877) kaum ein Tag, daß ich nicht einen oder mehrere Exemplare beobachtet hätte. Ich fand ihn zuerſt am 14. März im Kiefernwalde bei Melonville in Florida. Sie hielten ſich in Geſellſchaft von Tan— nenſängern!), Kleibern und Spechten auf. Wäh— rend eines den Wakiva hinauf unternommenen Aus— fluges vom 19. bis 23. März hörte ich oft einen Waldſänger in den Cypreſſen ſingen, den ich aber wegen der Undurchdringlichkeit des Sumpfes und der gewaltigen Höhe der Bäume nicht einmal ſehen konnte. Als ich eine Woche ſpäter mit dem Dampfer den St. Johns hinunter fuhr, hörte ich ſowohl aus den Cypreſſenſümpfen als auch aus den offenen Kie— fernwäldern den mir damals noch unbekannten Ge— ſang eines Vogels, obwohl ich ziemlich gewiß war, daß es dieſe Art ſein müſſe. Erſt als ich nach St. Marys in Georgia kam, zeigte es ſich, daß meine An— nahme richtig war. Dort hatte ich vom 6. April bis zum 4. Mai häufig die Gelegenheit, die Lebensweiſe dieſes Sängers kennen zu lernen, denn er war in allen ihm zuſagenden Ortlichkeiten, wenn auch nicht 1) D. Vigorsi. . Der gelbkehlige oder Auſänger. gerade der häufigſte, ſo doch der am gleichmäßigſten verbreitete Waldſäuger. Zur Zeit meiner Ankunft waren die Männchen im vollen Geſange. Einzelne hielten ſich in den mit Moos bedeckten Lebenseichen der Ortſchaft auf, doch war der offene Tannenwald ihr bevorzugter Aufenthalt. Dort bewohnten ſie mit der Sommertangara “), dem Tannenſänger, der braunköpfigen Spechtmeiſe?) und verſchiedenen Spech— ten die ſchönen ſüdlichen Kiefern. Ihre Vorliebe für dieſe Bäume war ſo groß, daß ich mich außer denen, welche ich in den Cypreſſenſümpfen des oberen St. Johns und der wenigen, welche die Eichen des Städtchens bewohnten, nicht erinnern kann, einen einzigen in irgend einem anderen Baume geſehen zu haben. Dieſe entſchiedene Vorliebe für die Kiefer war für mich ſo kennzeichnend, daß ich bei mehr als einer Gelegenheit den Geſang als Wegweiſer benutzte, um mich aus dem Dickicht hinaus zu arbeiten. Ich war ſtets gewiß, daß ich, wenn ich dem Geſange folgte, das offene Kiefernland erreichen würde. Faſt alle Schriftſteller, welche den gelbkehligen Sänger beobachtet haben, vergleichen ſeine Bewe— gungen mit denen des Baumläuferſängers). Zuerſt war ich zu derſelben Annahme geneigt, als ich aber mit Muße die Vögel beobachtete und ſtundenlang ſorgfältig die Lebensweiſe ſtudierte, ſah ich ein, daß mein erſter Eindruck nicht der richtige war. Ihre Bewegungen ſind viel langſamer, als die des Baum— läuferſängers und man bemerkt weniger von dem ſchmiegenden, kriechenden Weſen des letzteren. Sie bringen allerdings die meiſte Zeit beim Suchen nach Nahrung auf größeren Aſten zu, aber dies geſchieht viel mehr in der Weiſe des Tannenſängers. Ihre Bewegungen ſind mehr hüpfend als kriechend. Ich habe ſie nie von den Wurzeln aus am Stamme hinauf laufen ſehen, bis zu den oberſten Zweigen, wie Au dubon dies beſchreibt, aber gelegentlich beobachtete ich, wie ſie ſich kurze Zeit an der Borke angeklammert feſthielten, um irgend ein Inſekt zu erbeuten, wie dies auch der Blauvogel und viele Waldſänger thun. Am meiſten ſieht man ſie in den oberſten Zweigen nach Inſekten fahnden, und einen großen Teil ihrer Zeit verbringen ſie in den äußerſten Spitzen der Zweige, wo ſie ihre Nahrung in den in Büſchelu ſtehenden Kiefernadeln ſuchen. Ihre glänzendgelben Kehlen ſtechen wunderbar gegen das dunkle immergrüne Nadelwerk ab und dieſe Farbe läßt ſie in gewiſſer | Hinſicht den Prachtfängern “) ähnlich erſcheinen. Sie 1) Pira ‚a rubra. 2) Sitta pusilla, 3) Mniotilta varia. 4) Den- | droica Blackburuiae. 187 ſind nicht beſonders fleißige Sänger. während der heißen Tageszeit ſelten, ſelbſt wäh— vend der Paarungszeit nicht. Der Geſang iſt ſehr hübſch; man kann ihn vielleicht durch die Silben „Twſistwſi-twſistwſi-ſi“ wiedergeben; die letzten beiden Töne ſind hoch und werden jäh abgebrochen. Das Liedchen ähnelt am meiſten dem des Nafhville- Sängers), fängt faſt auf dieſelbe Weiſe an, endet aber anders und iſt viel lieblicher. Beide Geſchlechter ſtoßen ein anderen Waldſängern ähnliches, nur ſchär— feres Zirpen aus. Mitte April zeigte ſich bei St. Marys eine merk— liche Abnahme dieſer Art, was wohl teilweiſe daher rührte, daß ich ſo viele Exemplare ſammelte. Doch war dies nicht der alleinige Grund, denn ich überzeugte mich, daß die Mehrzahl nördlicher gezogen war. Einige Pärchen blieben zurück, ſodaß auf etwa hundert Acker Kiefernwald ein Pärchen kam. Als ich bei St. Marys am 18. April gerade ein Weibchen erlegen wollte, bemerkte ich, daß es Baumaterial im Schnabel trug. Ich folgte ihm und war ſo glücklich, ein halb— fertiges Neſt zu finden. Ich beſuchte dieſe Stelle oft, beobachtete aber, daß die Vögel faſt immer in der Nähe auf den Kiefern nach Nahrung ſuchten, obwohl das Neſt vollendet zu ſein ſchien. Endlich erſtieg am 2. Mai ein Freund den Baum und fand, daß das Weibchen ſchon brütete. Es blieb feſt auf dem Neſte ſitzen und flog auch nicht ab, als der Aſt unter der ſchweren Laſt ſich auf und nieder beugte. Erſt als es faſt mit der Hand berührt wurde, huſchte es hinweg. Es flog auf einen kleinen Baum in der Nähe und ſah lautlos und ſcheinbar unachtſam zu, als das Neſt mit ſeinem Inhalte herabgelaſſen wurde. Männchen ſang in der Nähe. Der Bau ſtand fünf— unddreißig Fuß vom Boden auf einem ſtarken hori— zontalen Aſte der ſüdlichen Kiefer, welche etwas ver— einzelt und nahe an einem „Hummock“ ſtand. Es war platt auf den Aſt gebaut (nicht ſattelförmig), etwa in der Mitte zwiſchen Stamm und der äußerſten Spitze. Durch ſeidenartige Faſern war es an der rauhen Rinde befeſtigt. Es beſtand äußerlich aus einigen kurzen Zweigen und Rindenſtreifen, welche mit ſpaniſchem Moos und ſeidenartiger Pflanzenwolle vermiſcht waren. Die Auskleidung beſtand aus einigen haarähnlichen Moosteilen und weicher, baumwoll— artiger Pflanzenwolle. Das Ganze iſt ein hübſcher, feſter Bau, einfach in ſeiner Erſcheinung und von grauer, nicht auffallender Färbung. Die vier Eier Ich hörte ſie Das 1) Helminthophila ruficapilla D 188 Der Arizona-Sänger. waren von grauweißer Grundfarbe, mit feinen matt— lilafarbenen, dünnſtehenden aber gleichmäßig verteilten Flecken gezeichnet. Einige dunklere größere Flecken zeigten ſich am dicken Ende und gelegentlich einige Linien oder Striche von dunkelbrauner Farbe auf der übrigen Eifläche.“ Namen: Gelbkehliger oder Auſänger. Yellow-throated Warbler, Vellow-throated Gray Warbler, Yellow-throated Wood Warbler, Bottom Warbler (Texas), Hammock Warbler (Fla.), Pensile Warbler (Lath.), Jamaica Warbler, St. Do- mingo Warbler. Cou-jaune (Buff.), Fauvette u cou jaune (Vieill.), Bec-fin & gorge jaune (D'Orb.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla dominica L. (1766). — Sylvia dominica Lath. (1790). — Mniotilta dominica Gray (1848). — Dendroica dominica Brd. (1865). — Dendroica supereiliata Brd. (1858). — Syl- via pensilis Lath. (1790), Nutt., Aud. — Sylvicola pensilis Rich. — Rhimanphus pensilis Cab. — Den- droica pensilis Selat. Motacilla flavicollis Gmel. Beſchreibung: Altes Männchen auf der Oberſeite einfach graublau; Kinn und Kehle hervortretend gelb; Unter— ſeite weiß; Vorderkopf, manchmal faſt die ganze Krone, Backen, Seiten der Kehle und zahlreiche Flecken auf der Bruſt ſchwarz. Ein Streif von den Naſenlöchern über und hinter dem Auge, ein Halbmond unter dem Augen— lide, die Seiten des Halſes hinter dem ſchwarzen Backen— fleck und zwei weiße Querbinden auf den Flügeln weiß; äußere Schwanzfedern mit weißen Flecken. Weibchen ähnlich. Länge etwas über 5 Zoll; Flügel 2.60, Schwanz 2.30 Zoll. Der im Miſſiſſippi-Gebiet lebende Auſänger iſt die Varietät Dendroica dominiea albilora BAIRD (Sycamore Warbler), welcher ſich durch den wei— ßen Streif über dem Auge auszeichnet. Der auf unſerem Bilde, Taf. XIII, dargeſtellte Vogel iſt dieſe Varietät. Der Arisona-Hänger. Grace's Warbler. Dendroica Graciae CouEs. Dieſer 1864 von Dr. Elliott Coues in Ari- zona entdeckte Sänger wurde von ihm feiner Schweſter Grace zu Ehren Dendroica Graeiae genannt. In Elliots koſtbarem Werke über neuere nordamerika— niſche Vögel wurde dieſe Art abgebildet. Er iſt ein ſehr naher Verwandter der etwa um dieſelbe Zeit in Portorico entdeckten neuen Art, des Adelaide— Sängers (Y. Adelaidae Brv.) und des alten Au— ſängers (D. dominica). Dieſe Art iſt ein echter Ge— birgsvogel, der in dem Nadelwalde des Felſengebir— ges Arizonas durchaus nicht ſelten zu ſein ſcheint. Leichten Fluges jagt er in den dünnen Aſten hoher Koniferen nach Inſekten. „Bei Fort Whipple kom— men ſie etwa am 20. April an und verweilen bis etwa zur dritten Woche des September, um welche Zeit ſie ihre Reiſe nach dem Süden antreten. Anfangs Mai etwa paaren ſie ſich, und ich glaube, daß wenigſtens in manchen Gegenden zwei Bruten jährlich ſtattfinden. Ich habe nie das Neſt finden können, aber ich zweifle nicht, daß ſie hoch oben in den Nadelbäumen, die ſie ſo ſehr lieben, brüten. Sie halten ſich nicht nur faſt beſtändig in den Koniferen auf, ſondern ſie bevor— zugen in der Regel die Spitzen, die oberſten Zweige dieſer majeſtätiſchen Bäume, von denen manche ſo hoch ſind, daß es ſchon ein guter Flintenſchuß ſein muß, der bis an die unterſten Aſte gelangt.“ (Coues.) Hier oben, wo ſie hinreichend geſchützt ſind, führen ſie ein munteres Leben, hüpfen und ſchlüpfen in den Nadelbüſcheln umher und fangen gewandt vorüber— fliegende Juſekten. Die Jungen werden bis zur Selbſtändigkeit geführt, und dann ihrem Schickſale überlaſſen. Verſchiedene Familien ſchlagen ſich end— lich zuſammen und wandern den Gebirgshalden her— nieder in die Gebirgsthäler oder nach dem Süden, wenn leiſes Geflüſter und Brauſen in den Tannen— und Kiefernnadeln verrät, daß rauhe kalte Stürme herannahen. Der Geſang dürfte ſich kaum von dem der Mehrzahl der Sippe unterſcheiden. Coues be— zeichnet ihn als ein aus klaren, pfeifenden, lauten Tönen beſtehendes Lied, das herzhaft ertöne und das man ſo ſtark und klar von einem ſo winzigen Vogel nicht erwarte. Auch andere im Südweſten thätige Forſcher haben bisher noch kein Neſt finden können. In den hohen Nadelbäumen jener Gebirgsregionen iſt es ge— wiß kein Leichtes, den Bau zu entdecken. Namen: Arizonag-Sänger, Grace-Sänger. Grace’s Warbler. Wiſſenſchaftlicher Name: Dendroica Graciae Coues (1865). Beſchreibung: Oberſeite bläulichaſchgrau; die Mitte des Rückens ſchwarz geſtrichelt; Kopfkrone mit dichten ſchwarzen Flecken beſetzt; Streif über dem Auge vorne gelb, hinten weiß; ein Streif vom Auge bis zur Schna— belwurzel ſchwarz, darunter gelb, ebenſo die Kehle und Bruſt gelb; das übrige der Unterſeite weiß, an den Seiten ſcharf ſchwarz gefleckt; zwei weiße Flügelbinden. Weibchen matter, ſonſt ähnlich. j Größe des vorigen. — —— D— — — — 4 — ———— — — * unten — 3 —— — „ „ 2 2 Der ſchwarzkehlige Grauſänger. — Der teranijche Grünſänger. Der ſehwarzkehlige Grauſänger. Black-throated Gray Warbler. Dendroica nigrescens BRD. Dieſer Sänger wurde von Towusend im Gebiete des Columbia entdeckt. Er iſt dort nach Audubons-Sänger der zahlreichſte der Sippe und ſcheint mehr den Laubholzwald zum Aufenthalt zu bevorzugen. Am Columbia brütet er. Das Neſt, welches Townsend fand, beſtand ausſchließlich aus langen Flechten (Usnea), welche in jener Gegend jo häufig von den Bäumen herabhängen. dort zeitig im Mai. Wahrſcheinlich brütet er in allen | Er erſcheint ihm zuſagenden Teilen der Felſengebirge und der Sierra Nevada. Ridgway ſah den Vogel in den Tannen⸗ und Cedernwäldern des Oſt-Humboldt— gebirges in Nevada mit faſt ſelbſtändigen Jungen umherſtreifen. Wahrend der texaniſche Grünſänger, der Ein— ſiedler und Townusends-Sänger dem eigentlichen Grünſänger (D. virens) in der Färbung ähneln, jo unterſcheidet ſich dieſe Art doch ganz bedeutend in der Zeichnung. Der ſchwarzkehlige Grauſänger ver— breitet ſich durch das Felſengebirge bis zur nördlichen Grenze der Union, weſtlich bis zum Stillen Ozean, ſüdlich bis nach Mexico, wo er überwintert. Namen: Der ſchwarzkehlige Grauſänger. Black-throated Gray Warbler. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia nigrescens Towns. (1837). — Sylvicola nigrescens Aud. (1839). — Rhi- manphus nigrescens Cab. (1850). Dendroica nigres- cens Brd., B. N. A. (1858). Beſchreibung: Oberſeite bläulich-aſchgrau, teilweiſe ſchwarz gefleckt; Kopf, Kinn und Kehle tiefſchwarz; das übrige der Unterſeite weiß, an den Seiten ſchwarz gefleckt; ein ſcharf hervortretender Fleck vor dem Auge gelb, ein breiter Streif hinter dem Auge weiß; ein weißer Streif von der Schnabelwurzel an der Halsſeite nach hinten laufend; zwei weiße Querbinden auf den Flügeln; Flügelfedern bräunlich, weiß gerandet; Schwanz bräun— lich, äußere Federn weiß gefleckt. Weibchen ähnlich, matter. Länge etwa 5 Zoll. Der texanifche Grünſänger. Golden-cheeked Warbler. Dendroica chrysoparia SCLAT. & Sax. Dieſe Art iſt dem vorigen ſehr ähnlich, nur noch ſchöner. Er wurde zuerſt im Jahre 1860 von den beiden großen britiſchen Ornithologen Sclater und Salvin beſchrieben, und als ſeine Heimat wurde Guatemala angegeben. Im Jahre 1876 wurde er in Rowleys „Ornithological Miscellany“ ausführ- lich beſchrieben und ſehr gut abgebildet. Schon Dr. Heermann und Dreſſer fanden dieſen Grün— ſänger im ſüdweſtlichen Texas. Am meiſten Glück hatte aber der Sammler Werner, der den Vogel nicht nur zahlreich beobachtete, ſondern dem es auch glückte, Neſter und Eier zu finden. Während ſeines Aufenthalts in den Gebirgs— gegenden Comal Countys fand er dieſen Waldſänger zahlreich in den Cederdickichten. Die Vögel, in jeder Hinſicht dem mehr gewöhnlichen Grünſänger ähnlich, waren fortwährend in Bewegung, unterſuchten jeden Aſt nach Juſekten und fingen hie und da auch fliegende Kerfe. Am 13. Mai fand er nach vieler Mühe und langem Suchen ein Neſt in einem beſonders dichten Cederndickicht. Es enthielt drei Eier und eins des Kuh— ſtärlings. Im ganzen fand er vier Neſter, die ſich in der Bauart durchaus glichen. Alle ſtanden in ſenk— rechten Aſtgabeln von Bergeedern !) von zehn bis acht— zehn Fuß vom Boden. — Die Neſter beſtanden äußer— lich aus feinem Cedernbaſt, etwas Gras und Würzel— chen, hanfartigen Faſern und eingewebten Spinnen— neſtern. Das Innere war ſehr ſchön mit Haaren und Federn (beſonders Kardinalfedern) ausgelegt. ANußerlich ſtimmte die Farbe der Neſter ganz mit den grauen Cederſtämmen überein. Die Breite des Baues beträgt 3.50 Zoll, die Höhe ebenfalls faſt 3.50 Zoll, die Breite der Neſtmulde 1.60 Zoll, die Tiefe 2 Zoll. Die Grundfarbe der Eier iſt ein mattes Weiß und dieſelben ſind allerwärts mit rötlich— braunen Flecken und mit lavendelfarbigen Schalen— flecken bedeckt. Der texaniſche Grün ſänger iſt allerwärts in den Cederndickichten und Wäldern ein ziemlich zahlreicher Vogel. In Lee County, wo ich mich faſt zwei Jahre aufhielt, iſt er regelmäßig in den Cedern anzutreffen, doch iſt es mir nicht gelungen, ein Neſt zu finden. Der Geſang iſt kaum von 1) Juniperus montana, 190 Der Grünſänger. dem feines Verwandten zu unterſcheiden Das Das Verbreitungsgebiet dieſer Art erſtreckt ſich Wohngebiet des Vogels hat nichts mit den ſchönen | von Texas bis nach Guatemala. Hemlock- und Balſamtannenwäldern, in denen der [Zeſchreibung: Dem Grünſänger ähnlich. Kopf und Ober— eigentliche Grünſänger ſingt und niſtet, gemein, ſeite ſchwarz, Federn olivengrünlich gerandet, dadurch die Die Cedern auf den Kalkſteinfelſen ſind nur ſpärlich Grundfarbe verdeckend; Bürzel ſchwarz; Kopfſeiten bis belaubt, aber dicht veräſtelt; außer ihnen und ver— zum Schnabel gelb, ringsum ſchwarz eingeſchloſſen; 5 Sue x 5 ee Kehle und Oberbruſt ſchwarz; das übrige der Unterſeite ſchiedenen Kaktusarten zeigt ſich faſt kein Baum und werß; ſchwarzer, durchs Auge laufender Streif; zwei Strauch. weiße Querbänder auf den Flügeln. Länge etwa 5 Zoll. Der Grünſänger. Black-throated Green Warbler. Dendroıca wirens BAIRD. Tafel XII. Vogel 6. n der Nähe meines Geburtsortes in Wisconſin belegt; verſchiedene Farne erheben ihre zierlichen liegt ein romantiſches, von bewaldeten Bergen Wedel fünf bis ſechs Fuß empor. Die Sümpfe ſind umrahmtes Becken klaren Waſſers. Jetzt iſt dieſer mit Heidel- und Kronsbeerbüſchen und anderen See, der Elkhart Lake, ein von Touriſten häufig be- Sträuchern dicht beſtanden. Für den Naturfreund ſuchter Ort, an deſſen Ufern ſich ſtattliche Hotels findet ſich in dieſen romantiſchen Nadelholz- und erheben und deſſen blaue Fluten von kleinen Ver- gemiſchten Wäldern dieſer Region noch manches An— gnügungsdampfern durchfurcht werden. Vor kaum ziehende. Mit donnerartigem Geräuſch fliegt das fünfzig Jahren ſchaukelten ſich die leichten Candes des Wald- oder Buſchhuhn!) vor dem Beobachter auf einſt mächtigen Indianerſtammes der Winnebagos und kleine ſchön befiederte Vögel ſieht und hört man noch auf dieſem Gewäſſer, und in dem mächtigen Ur- allerwärts. Es ſind namentlich verſchiedene Wald— walde an ſeinen Ufern ſtanden deſſen zahlreiche Wig- | jünger, welche ſich hier augeſiedelt haben. Die zahl— wams. Die roten Söhne der Wildnis haben längſt reichſte Art der ganzen Familie, mit Ausnahme des den Boden ihrer Väter räumen müſſen und mit ihnen Ofenvogels ?), iſt der Grünſänger, deſſen Brut— verſchwunden ſind die prächtigen Wälder, welche ſich gebiet hier mit dem Tannenwalde zu beginnen ſcheint. tagereiſenweit nach allen Seiten hin erſtreckten. Frü⸗ Seinen lieblichen Geſang läßt er in dieſen Nadelwäl— her, als die Natur in der Umgebung des Sees noch dern fleißig ertönen, fleißiger als die anderen Wald— unberührt daſtand, als die Axt des weißen Mannes | jünger. Man ſieht ihn gewöhnlich hoch oben in den noch nicht aufgeräumt hatte unter den Urwaldrieſen, Tannen und Fichten nach Nahrung ſuchen. Niemand welche ſich in ſeinem Waſſer ſpiegelten, war es hier ſtört hier in den abgelegenen Gegenden, in der Nähe noch romantiſcher, als es heute iſt. Der ſchöne Wald- der vielen kleinen Landſeen und Teiche das idylliſche beſtand der Berge iſt zum größten Teil verſchwunden Leben dieſer ſchönen Vögel. und nur dichte Cederndickichte an den Bergabhängen, Sie erſcheinen in ihrem Brutgebiete etwa Mitte Lärchen- und Lebensbaumſümpfe in der Nähe erinnern Mau in kleinen Geſellſchaften von zwei bis zehn Stück. noch an den früher fo ausgedehnten Urwald. In Am 21. April ſah ich ſie zuerſt im ſüdöſtlichen Texas, geringer Entfernung finden ſich auch noch prächtige wo ſie ſich jedoch nur wenige Tage aufhielten. Nahe Hemlock- und Balſamtannenwälder und auch die an der Poſtſtation Roſe Hill (Harris Co.) liegt eine Weißkiefer fehlt nicht. Ich habe nirgends, vom mitt- aus jungen Eichen beſtehende dichte Waldſtrecke, in leren Wisconſin bis nach Louiſiana und Texas, eine welcher ſich hie und da faſt undurchdringliche Brom— ſolche herrliche Pflanzenwelt geſehen als hier. Der beerdickichte finden, aus welchen um dieſe Zeit das Waldboden iſt mit Moos, Wintergrün und anderen“ ——— Walopflanzen wie mit einem weichen grünen Teppich 1) Bonasa umbellus. 2) Seiurus aurocapillus, 2 f N 1 — feurige Lied des Papſtfinken und der laute Geſang des Balſamtannenwälder feine eigentliche Heimat. Kardinals beſonders eifrig erſchallte. In den jungen Eichen ſchwärmte es von nördlich ziehenden Wald— ſängern, namentlich zogen aber die zahlreichen, in kleinen Flügen von acht bis zehn Stück wandernden Grünſänger meine Aufmerkſamkeit auf ſich. Sie reiſten in Geſellſchaft vieler anderer Waldſängerarten, kamen nie in das niedere Gebüſch, ſondern hielten ſich immer in dem höheren Gezweig größerer Bäume auf. Am zahlreichſten fand ich ſie aber in den blühenden Magnolien. Da ſich in den faſt tellergroßen, weißen, lieblich duftenden Blüten zahlreiche Inſekten ein— finden, ſo ſind die Magnolien um dieſe Zeit faſt be ſtändig von einer großen Anzahl kleiner Vögel, unter welchen die Waldſänger das größte Kontingent ſtellen, bevölkert. — Im ſüdweſtlichen Miſſouri und im nörd— lichen Illinois iſt der Grünſänger mit anderen Arten oft ſehr zahlreich in blühenden Obſtgärten anzutreffen. In der ganzen Tannenregion Wisconſins, die an kühlen Quellen, rauſchenden Bächen, prächtigen Landſeen und Teichen ſo reich iſt, wo ſich im Sommer ein zahlreiches Inſektenheer einfindet, da iſt auch die Heimat unſeres Vogels. Auch im Oſten, namentlich in Maſſachuſetts, iſt er ziemlich zahlreich während der Brutzeit, und von hieraus verbreitet er ſich bis hinein nach Britiſch-Amerika. Er ſcheint aber nicht wie andere Arten bis in die Polargegenden vorzudringen. In den Alleghanies verbreitet er ſich in der Brutzeit ziemlich weit ſüdlich bis nach Nord-Carolina. Hem— lock- und Balſamtannen find ſeine Lieblingsbäume, vielleicht auch Weißkiefern, und wo dieſe zu dichten Wäldern zuſammentreten, findet er ſich am zahlreich— ſten. Auch in gemiſchten Wäldern trifft man ihn, während er den reinen Laubholzwald nur in der Zug— zeit aufſucht. In der Weiſe anderer Waldſänger ſucht er das Geäſt, die Nadeln und Blätter nach In— ſekten ab und fängt gelegentlich auch fliegende Kerfe. Der Flug iſt leicht, wellenförmig und ſchnell. Mauch— mal ſieht man ihn wie eine Meiſe au einem Blüten büſchel hängen, um Inſekten aus den Kelchen hervor— zuholen. Der Geſang iſt kurz, aber laut und wohltönend und übertrifft den der meiſten anderen Arten an Wohlklang. Er erſchallt im Brutgebiet ſehr fleißig von Ende Mai bis Juli. Da der Grünſänger während der Zugzeit zu den gewöhnlichſten Erſcheinungen feiner Familie zählt, jo muß er in vielen Gegenden des Nordens ein häufiger Brutvogel ſein. Wie ſchon erwähnt, ſind die dun— kelen, einſamen und doch ſo ſchönen Hemlock- und Der Grünſänger. 191 Da er ſich hier meiſt hoch oben in den dichten Kronen dieſer Bäume zu ſchaffen macht und da auch fein Nejt anlegt, jo iſt er nur dem kundigen Beobachter näher bekannt. Zahlreich hat man ihn in Neu-England brütend gefunden, und namentlich hat uns Minot eine genaue Beſchreibung ſeines Thuns und Treibens während der Brutzeit gegeben. Alle Neſter, welche man fand, ſtanden in hohen Nadelholzbäumen, im dichten Walde. Ein ſolcher Bau meiner Sammlung aus dem mittleren Wis— conſin fand ſich in dem horizontalen Seitenaſte einer Tanne, ziemlich hoch vom Boden. Es iſt ein ſehr ſchöner, künſtlicher, kleiner, nur aus weichen Stoffen hergeſtellter Bau. Nußerlich beſteht er aus flachs— artigen Faſern, einer Menge feiner Fäden von weißem Baumwollenzeug, einzelnen Halmen und Spinnen— neſtern. Innen iſt er mit einer dicken Lage roſt— brauner Wolle von Farnkräutern ausgelegt. „Das Neſt“, ſchreibt Minot, „ſteht gewöhnlich in der äußerſten Spitze eines horizontalen Seitenaſtes einer Tanne, in einer Höhe von dreißig bis fünfzig Fuß vom Boden (manchmal auch niedriger). Man findet den fertigen Bau im Juni, manchmal ſchon in der erſten, manchmal aber auch erſt in der letzten Woche des genannten Monats. Er beſteht äußerlich aus feinen Pflanzenfaſern, feinen Teilen der Rebe trockenem Gras und ſolchem feinen Material, wie es der Vogel gerade erlangen kann. Innen iſt es mit Wolle, Federn, Pflanzenwolle, gewöhnlich aber mit Haaren und feinem Pflanzenmaterial ausgepolſtert. Die Grünſänger ſuchen ihre Nahrung haupt— ſächlich im Geäſt der Nadelholzbäume, ſind beſtändig in Bewegung und ruhen nie in der Weiſe der viel weniger beweglichen Tannenſänger. Sie halten ſich auf einer Stelle gewöhnlich mehrere Minuten auf und fliegen dann oft eine ganze Strecke weit zu einer anderen, bleiben aber nie lange in einer Baumgruppe. Obgleich beweglich, ſind ſie doch nicht ſo raſtlos wie viele andere Waldſänger, ſind vielmehr etwas bedäch— tig in ihrem Thun. Ihr Treiben hat immer etwas Anziehendes, und ihre Töne übten immer einen ge— wiſſen Zauber auf mich aus. Sie ſcheinen an war— men Sommertagen durch ihren Geſang einzuladen, ſich auf den über den Boden zerſtreuten Tannennadeln niederzulaſſen, zu ruhen und zu träumen, wenn die Moskitos eine ſolche Ruhe nur zuließen. Die Grün— ſänger ſind, mit Ausnahme vielleicht der Tannen— ſänger, nach meinem Dafürhalten, die anziehendſten der Familie. Beſonders anmutig macht ſie der lieb— 192 liche, anheimelnde, oft wiederholte Geſang, welchen man von der Zeit ihrer Ankunft an faſt den ganzen Sommer hindurch vernimmt. Er bildet die Beglei— tung zu dem Rauſchen der Tannen, welchem ich nie müde werde zu lauſchen. Sie zeigen gerade eine ſolche Vorliebe für die Tannen, wie ſie mir eigen iſt. Das Majeſtätiſche dieſer Bäume, deren Anmut und Friſche während des ganzen Jahres, deren Pracht im Sommer, wenn nach einem tüchtigen Schauer die untergehende Sonne ihre Strahlen auf dieſelben ſen— det, ihre Schönheit im Winter, wenn ihre mit Schnee oder glitzerndem Eis bedeckten Aſte bis faſt zum Boden herabhängen, deren Geflüſter und ſanftes Rauſchen im Frühling und Sommer, ihr Brauſen und Stöhnen während der Frühlings- und Herbſt— ſtürme, ſchließlich ihr aromatiſcher Duft machen ſie zu den ſchönſten unſerer Waldbäume.“ Die Zahl der Eier beträgt vier bis fünf. Sie ſind weißlich, mit rötlich- oder umberbraunen und purpurnen Flecken, am dichteſten am dicken Ende, gezeichnet. Frühzeitig im Herbſt ziehen ſie familienweiſe Sie kommen dann gar nicht oder doch nur ſüdlich. ausnahmsweiſe in die Obſtgärten, wandern mit Vorliebe in den hohen Waldbäumen der Flüſſe und Bäche dahin und find nach kurzer Zeit verſchwunden. Schon in der zweiten Woche des Oktober ſieht man ſie in Texas, und ſchon am 20. desſelben Monats dürften die meiſten aus dem Gebiete der Union ver— ſchwunden ſein. Sie überwintern in Mexico, Cen— tralamerika bis ſüdlich nach Panama und auf Cuba. Während der Zugzeit trifft man ſie vom Atlantic bis weſtlich zu den großen Ebenen (Plains), und während der Brutzeit von den Gebirgsgegenden der Mittel— ſtaaten bis hinein nach Britiſch-Amerika, ſelbſt ge— legentlich bis nach Grönland. Bemerkt ſei hier noch, daß Gätke auch dieſen Vogel als Irrgaſt (am 18. Ok— tober 1858) auf der Nordſee-Juſel Helgoland erlegte. Namen: Grünſänger. Black-throated Green Warbler, Green War- bler, Black-throated Green Flycatcher (Edw.). Figuier à gorge noir de Pensilvanie (Briss.), Fignier à cravatte noir (Buff.), Fauvette à eravatte noir (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla virens Gmel. (1788). — Sylvia virens Lath. (1790), Wils., Aud., Nutt. — Sylvicola virens Rich. (1836). — Mniotilta virens Gray (1848). — Rhimanphus virens Cab. (1859). — Dendroica virens Brd., B. N. A. (1858). Beſchreibung: Altes Männchen auf Rücken und Kopf: krone rein gelblich-olivengrün; Vorkopf und Kopfſeiten reich gelb mit olivenfarbigen durchs Auge laufenden Townusends-Sänger. Strichen; Kinn, Kehle und Bruſt tiefſchwarz; ſchwarze Längsflecken an den Seiten; das übrige der Unterſeite weiß, mehr oder weniger gelblich angeflogen; Flügel und Schwanz dunkel, erſtere mit zwei weißen Querbinden; drei äußere Schwanzfedern faſt ganz weiß. Schnabel und Füße ſchwarz. Weibchen ähnlich, aber nicht ſo her— vortretend gefärbt. Länge etwa 5 Zoll; Flügel 2.50, Schwanz 2 Zoll. TCowusends-Hänger. Townsend's Warbler. Dendroica Townsendii BRD. Dieſe Art gehört dem weſtlichen Teile der Union an. Im Anfang der dreißiger Jahre dieſes Jahr— hunderts machten zwei wiſſenſchaftlich gebildete Män— ner, der als Ornitholog und Botaniker berühmte Nuttall und der Ornitholog Townsend eine Erforſchungsreiſe durch den Kontinent, welche in ornithologiſcher und botaniſcher Hinſicht reiche Er— gebniſſe aufzuweiſen hat. Zu den vielen auf dieſer überaus beſchwerlichen Reiſe entdeckten neuen Arten gehört auch dieſer Waldſänger. Sie fanden ihn in der Nadelholzregion des Columbia. In den höchſten Zweigen der rieſigen Fichten ſuchten dieſe Vögel, ganz nach der Art anderer Waldſänger, nach Inſekten. Der Weſten unſeres Landes iſt überaus reich an den prächtigſten Fichten und Tannen, welche zu dichten Wäldern zuſammentreten und die alle eine ganz un— geheure Höhe erreichen. Wahrſcheinlich iſt es, daß dieſe Sänger ſich über dieſe Nadelholzregion zer— ſtreuen und hier brüten, aber in den Baumrieſen der Beobachtung entgehen. Nördlich hat man ſie bis Sitka (Alaska) gefunden und im Winter ſüdlich bis nach Guatemala. Wahrſcheinlich brütet dieſe Art auch in der Tannenregion der Sierra Nevada in Californien. Über die Niſtweiſe beſitzen wir noch keine Nachricht. Namen: Towusends-Sänger. Townsend’s Warbler, Townsend’s Wood Warbler. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia Townsendii Nutt. (1837), Aud. — Sylvicola Townsendi Bonap. (1838), Aud. — Dendroica Toumsendi Brd., B. N. A. (1858). Beſchreibung: Ganze Oberſeite gelblich olivengrün, dunk— ler als bei D. virens, allerwärts dunkel geſtrichelt, namentlich auf der Kopfkrone, wo das Schwarz vor— herrſcht; Seiten des Kopfes glänzend gelb, einen großen ſchwarzen Fleck einſchließend, in welchem gelbe Augen— lider hervortreten; Kinn, Kehle, Bruſt und zum Teil die Seiten gelb; die Seiten der Bruſt und des Körpers ſchwarz geſtrichelt; Bauch weiß; zwei weiße Querbinden auf den Flügeln. Länge etwa 5 Zoll; Flügel 2.30, Schwanz 2 Zoll. I ———— . ———˖ð˖vßr ² i ? u — 3 —r en ——ͤ . — en — — Der Tannenſänger. Der Sinſieoͤlerſänger. Western Warbler, Hermit Warbler. Dendroica occidentalis BAIRD. Derſelbe verbreitet ſich vom Felſengebirge weſt— lich bis zum Pacific. Nuttall und Townsend fanden ihn im nordweſtlichen Teile der Vereinigten Staaten, namentlich in den Wäldern am Columbia. Er iſt ein ſcheuer, einſamer Vogel, der zurückgezogen in den ſtillſten Teilen des Nadelwaldes lebt. Er ſcheint die höchſten Zweige der gigantiſchen Fichten jener Region ſich zum Aufenthalt auszuwählen. Über n ten identifiziert. die Niſtweiſe iſt noch nichts bekannt. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia oceidentalis Towns. (1837). — Sylvicola oceidentalis Bonap. (1838), Aud, Nutt. — Mniotilta occidentalis Gray (1848). — Den- droica oceidentalis Brd., B. N. A. (1858). — Dendroica peridentalis Coop. (1869). Beſchreibung: Oberſeite aſchgrau mit olivenfarbigem An— | fluge, dicht ſchwarz geſtrichelt; Unterſeite weiß; Kopf— krone und Kopfſeiten reich gelb, erſtere mit ſchwarzen Flecken; Kehle und ein durchs Kinn laufender Strich ſchwarz. — Länge 4.75 bis 5.00 Zoll; Flügel 2.50, Schwanz 2.25 Zoll. 193 Kirtlanoͤs-Hänger. Nirtland's Warbler. D. Kirtlandı BRD. Dies iſt eine ſehr ſeltene und noch wenig be— kannte Art. Entdeckt wurde dieſer Waldſänger im Jahre 1851 von Dr. J. P. Kirtland bei Cleve— land, Ohio. Genannter Vogelkundige ſammelte ihn im Mai in der Nähe der Stadt. Ein anderes Exem— plar (eigentlich das erſte) wurde 1841 von Dr. Cabot von Boſton auf dem Meere zwiſchen den Inſeln Cuba und Abaco erlegt, doch wurde dieſes erſt einige Jahre nach der Beſchreibung des von Kirtland geſammel— Seit jener Zeit ſind noch mehrere bei Cleveland und in anderen Gegenden Ohios, in Michigan, Wisconſin, den Bahama Inſeln u. f F- beobachtet worden. Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvicola Kirtlandi Baird (1852). — Dendroica Kirtlandii Baird (1858). Beſchreibung: Oberſeite ſchieferblau, auf der Kopfkrone mit ſchmalen, auf dem Rücken mit breiteren ſchwarzen Flecken; ein ſchmales Stirnband, Streif zwiſchen der Schnabelwurzel und dem Auge und ein ſolcher unter demſelben ſchwarz; der hintere Teil der Augenlider weiß. Unterſeite rein gelb, am Schwanze faſt weiß; die Bruſt mit kleinen ſchwarzen Flecken, Seiten mit ſchwarzen Strichen verſehen. Lange 5.50 Zoll; Flügel 2.80, Schwanz 2.50 Zoll. Der Tannenfänger. Pine Warbler. ie Familie der Nadelhölzer iſt in den Vereinigten Staaten durch eine große Anzahl von Arten vertreten. Von Florida bis nach Maine und vom ſüdlichen Californien bis hinauf nach Waſhington finden wir ausgedehnte Nadelholzwälder. Im Süden find es eigentlich nur Kiefern, jo namentlich die Pech-, Gelb-, Weihrauch- und langnadelige Kiefer), welche zu ungeheuren Wäldern zuſammentreten. Pracht— vollere Wälder bilden im Norden die Weißkiefer?) und die Hemlock- und Balſamtannen. Nur in der Mitte unſeres Landes, ſo namentlich in Illinois, Jowa, Kanſas, Nebraska, Miſſouri u. ſ. w. fehlt es an aus— gedehnten Nadelholzwaldungen. 1) Pinus rigida, P. mitis, P. taeda und P. australis. strobus. 2) Pinus Dendroica Vigorsi STEIN. Ein mehr den Kiefern- als den Tannenwäldern angehörender Vogel iſt die Art, welche ich mit dem Namen Kiefern- oder Tannenſänger belegen möchte. Er findet ſich von Florida bis Maine, kommt auch in Canada, Michigan, Wisconſin und wahr— ſcheinlich auch in Minneſota vor und verbreitet ſich weſtlich bis zum unteren Miſſouri und nach Kan— ſas. Er brütet von den „Carolinas“ nördlich und überwintert zum größten Teil in den an den Golf grenzenden Südſtaaten von Florida bis Texas. Wäh— rend der Brutzeit und in der Winterherberge findet er ſich nur in den immergrünen Wäldern, während der Zugzeit jedoch kommt er auch in Laubholzwälder und Obſtgärten, wenn keine Nadelholzwälder in der Nähe ſind. Ich habe ihn jedes Jahr während des Frühlings— 25 194 Der Tannenſänger. durchzuges im ſüdweſtlichen Miſſouri beobachtet, wo | er hauptſächlich in den Obſtgärten zu ſehen war. In den aus langnadeligen Kiefern beſtehenden Nadel— wäldern nördlich und öſtlich von Houſton in Texas war er während des ganzen Winters ein ſehr zahl- reich vorkommender Vogel. — Auf Bermuda hat man ihn ſpät im September beobachtet, aber alle ver— ſchwanden einige Wochen ſpäter. Auf den Bahama— In ſeln iſt er ein regelmäßig vorkommender Wintergaſt. Nach meinen Erfahrungen iſt er in Wisconſin während der Brutzeit durchaus nicht ſelten. Im nördlichen Illinois habe ich ihn nur während der Zugzeit beobachtet, dann aber ziemlich zahlreich. Im ſüdlichen Teile des genannten Staates brütet er nach Ridg way und zwar in den Laubholzwäldern, da dort Nadelholz fehlt. Selbſt gelegentlich überwintern ſoll er dort. Er erſcheint im Norden etwa zur ſelben Zeit, wenn der Palmenſänger durchzieht, alſo etwa Mitte bis Ende April. Er hat es nicht ſo eilig mit dem Weiterziehen wie letzterer und der Kronſänger, ver— weilt im Gegenteil ziemlich lange, oft bis Mitte Mai. Sie leben in kleinen zerſtreuten Geſellſchaften; oft finden ſie ſich auch mit den beiden genannten Arten zuſammen. Mitte Mai ſind aus dem nördlichen Illinois auch die letzten Nachzügler verſchwunden. Die prächtigen Nadelholzwälder Wisconſins und Michigans ziehen ſie den einförmigen Präriegehölzen von Illinois weit vor. Sie bilden das eigentliche Wohn- und Brutgebiet, die eigentliche Heimat unſerer Vögel. — Zahlreicher und in größeren Geſellſchaften zieht er im Herbſt durch, ein Beweis, daß in den dunklen immergrünen Nadelholzwäldern die meiſten Jungen glücklich zum Ausfliegen gelangt ſind. Häu— fig kommt er anfangs Oktober in die Obſtgärten und treibt ſich mit Kron- und Palmenſängern munter im Geäſt umher, während Winter-, Fuchs-, Kron-, Buſchfinken u. a., auch Purpurgimpel und Tannen— zeiſige (Spinus pinus) den Boden ſowohl als das Geſträuch und die Bäume auf das angenehmſte be— leben. Uunſer Vogel erinnert in vieler Hinſicht an das Rotkäppchen. Häufig kommt auch er auf den Boden herab, treibt ſich im niederen Gebüſch umher, unter- ſucht meiſenartig die unteren Aſte großer Bäume, wo er flatternd, fliegend, hüpfend und kletternd allerlei Kerfe zu erbeuten weiß. Sehr oft hängt er ſich an die Borke großer Baumſtämme und an die Unterſeite der Aſte wie ein Baumläufer, jede Ritze in der Rinde genau durchſuchend; gleich darauf hält er ſich wie ſchiedenſten Töne vernehmen. eine Meiſe kletternd an einem dünnen Zweige feſt, im nächſten Augenblick ſchon eilt er einem vorüber— ſummenden Kerfe fliegend nach und endlich flattert er auf den Boden herab, um ſitzend einen Wurm auf— zunehmen. An den ſchönen warmen Tagen des In— dianerſommers im Oktober, im nördlichen und mitt— leren Teile unſeres Landes, nächſt dem blumen- und duftreichen Junimonat, die ſchönſte Zeit des ganzen Jahres, ſieht man die geſelligen Vögel ſich oft ſpielend und neckend verfolgen. Durchs Geäſt der Bäume, durchs Strauchwerk, nahe über dem Boden dahin geht die Jagd, bis ſie ſich in der Spitze eines größeren Baumes niederlaſſen. Sie zeigen dadurch hinlänglich, mit welcher Anmut und Gewandtheit ſie zu fliegen vermögen. Der Kiefernſänger iſt der einfachſte und un— ſcheinbarſte, zugleich auch der kräftigſte und größte ſeiner Sippe. Er verträgt darum die Kälte beſſer, als die zarteren nahen Verwandten. Viele über— wintern ſchon an geſchützten Stellen in den Mittel— ſtaaten, die Mehrzahl in den Südſtaaten, wo ihnen die ausgedehnten Kieferuwaldungen ein ausgezeich— netes Winterquartier bieten. Bei Houſton ſieht man fie gewöhnlich hoch oben in den laugnadeligen Kiefern, wo ſie im Geäſt umherſchlüpfen, klettern und kriechen. Häufig ſieht man fie am Stamme umherklettern. Dies iſt ein ſehr charakteriſtiſcher Zug in der Lebens— weiſe dieſes Vogels. Wenn die eiſigkalten Nord— ſtürme mit einer ſolchen Gewalt durch die Bäume fegen, daß faſt kein lebendes Weſen im Walde ſich vor Kälte ſchützen kann, ſo ſuchen ſie im niederen Gebüſch an Bergabhängen, in Ravinen und Schluchten und ſelbſt im immergrünen Gebüſch der Gärten Schutz vor Wind und Wetter. — Neben Inſekten und deren Eiern ſcheinen ſie in der Winterherberge auch kleine Beeren, Samen von Lebensbäumen und Cedern zu freſſen. Maynard fand ſie häufig als Wintergajte in Florida. „Wenn man“, ſchreibt er, „durch die Kiefernwälder Floridas wandert, wird man oft plötz— lich bemerken, daß die Bäume voller Vögel ſind, während kurz vorher noch kein einziges lebendes Weſen zu ſehen war. Auch das Ohr wird die ver— Neben den lauten rauhen Rufen der Spechte und Spechtmeiſen und den wohltönenden Lauten der Hüttenſänger wird man gelegentlich auch den langſam ausgeſtoßenen Triller des Tannenſängers vernehmen. Hunderte dieſer kleinen Vögel finden ſich in jedem vorüberziehenden Vogelheer, aber nur wenige derſelben geben einen Ton von ſich. Geſchäftig ſuchen ſie hoch oben in den Der Tann Kiefern nach Nahrung, hängen ſich an die braunen | Stämme, wo ſie jede Ritze durchſuchen und laſſen fich | gelegentlich auch im Gras des Bodens nieder. Nicht lange bleiben fie in einer Ortlichkeit, bald ziehen fie | weiter. So wandern große Vogelmaſſen gleich Wellen vorüber, den ganzen Winter über durch die Kiefern— wälder ſtreichend. Gewöhnlich beſteht die Hälfte der ſtreichenden Vögel aus Tannenſängern. Von den Tauſenden dieſer Art, welche in Florida überwintern, bleiben nur einige zurück, um zu brüten. Schon Mitte März ziehen die meiſten wieder ihrer nördlichen Heimat zu.“ Das Neſt iſt wohl immer auf einem Nadelholz. baume angelegt, und zwar ſteht es in der Regel ziem— lich hoch und iſt ſo gebaut, daß man es von unten nicht gut ſehen kann. Brewſter fand am 28. Mai (1872) in Cambridge, Maſſ., ein Neſt mit vier Eiern und einem des Kuhſtars, das fünfzehn Fuß vom Boden auf dem horizontalen Aſte einer Gelbkiefer angelegt war. Vom Stamme war es ebenfalls etwa fünfzehn Fuß entfernt und ſtand zwiſchen drei oder vier aufrecht ſtehenden Büſcheln Kiefernnadeln. Im Verhältnis zum Vogel war es ſehr groß und umfang— reich. Grobe Pflanzenſtengel und trockene Zweige bildeten den Außenbau; dann folgten feine Wurzeln, Schnuren, Pflanzenwolle verſchiedener Arten und zu— letzt eine dicke Lage großer weißer Federn des Haus— huhns und eine dünne Lage Pferdehaar. Nuttall fand am 7. Juni ein Neſt bei Mt. Auburn, Maſſ. Es ſtand etwa vierzig Fuß vom Boden auf einer virginiſchen Ceder in den faſt aufrecht ſtehenden Zweigen eines dichten Aſtes und war ein ſehr dünner, niedlicher Bau. Der hauptſächlichſte Stoff, welcher benutzt worden war, war Polygonum tende (Knotengras). Die drahtähnlichen Stengel dieſer Pflanze waren mit flachsartigen Faſern einer Asclepids-Art vermiſcht und durchflochten; auch Rau— pengeſpinſte fanden ſich. Die innere Auskleidung be— ſtand aus Borſten, feinen Wurzelfaſern, einer Lage Wolle von Farnkräutern und einigen Fäden. Nut— tall ſah noch mehrere Neſter, welche alle in ähnlicher Weiſe hergeſtellt waren. Andere Neſter wurden bei enſänger. 195 Woburn, Maſſ., gefunden, eins am 8. Mai mit vier Eiern, drei andere zwiſchen dem 8. und 24. Mai. Alle ſtanden auf Seitenäſten der Notkiefer‘). Auch der Sammler Welch fand mehrere Neſter bei Lynn, Maſſ. Sie alle zeigen dieſelbe Bauart, wie die be— ſchriebenen, unterſcheiden ſich aber etwas hinſichtlich des Baumaterials. Die vier Eier ſind weiß mit röt— lichem Auflug, rötlichbraun gefleckt und mit lilafarbe— nen Schaleuflecken, welche am dicken Ende am dich— teſten ſtehen, verſehen. Der Geſang iſt von geringer Bedeutung, bietet aber im Vergleich mit dem anderer Arten doch man— ches Eigentümliche. Er beſteht aus einem Gemiſch zwitſchernder, liſpelnder und pfeifender Töne; letztere ſind laut und melodiſch, die erſteren bedeutungslos. Wenn er ſeine Töne zum beſten geben will, ſitzt er ſtill auf einem Aſtchen. Daß auch dieſe Art ſich vorzüglich für die Stube eignet, beweiſt eine Angabe Nuttalls. Er erhielt ein Männchen, welches bald jo zahm wurde, daß es nicht nur Fliegen, kleine Regenwürmer und gehacktes Fleiſch annahm, ſondern dieſe Stoffe auch aus der Hand holte. Dieſer Art nahe ſteht der cubaniſche Tan— nenfänger, Dendroica pitlyophila BRD., welcher anſcheinend nur auf Cuba vorkommt. Namen: Kiefern- oder Tannenſünger. Pine Warbler, Pine-creeping Warbler, ““Vig- or's Vireo” (Nutt.). Fauvette des Sapins (Vieill.), Fauvette des Pins (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia Vigorsii Aud. (1832). — Vireo Vigorsii Nutt., Man, (1832). — Den- droiea Vigorsiü Stejn., Auk, 1885. — Sylvia pinus Wils. (1811). — Sylvicola pinus Jard. (1832). — Den- droiea pinus Brd. (1858). Beſchreibung: Oberſeite olivengrün, ebenſo die Seiten des Kopfes und Halſes; Unterſeite ſchön gelb; Bauch und untere Schwanzdecken weiß; Augenlider und Strich unter dem Auge undeutlich gelb; Flügel und Schwanz braun. Weibchen ähnlich. Länge 5.50 Zoll; Flügel 3, Schwanz 2.40 Zoll. 1) Pinus resinosa. Der Palmenfänger. Palm Warbler. Dendroica palmarum BAIRD. Tafel XIII. C NI. an den mexicaniſchen Meerbuſen angrenzenden Staaten ſind die Winterherberge vieler nörd— licher Vögel, und alle gebüſchreichen, vor rauhen Nordwinden geſchützten Stellen ſchwärmen in der Regel von den verſchiedenartigſten gefiederten Sän— gern. Die beerentragenden Büſche, wie Stechpalmen, die immergrünen Kirſchlorbeerbüſche, die faſt undurch— dringlichen Smilaxgewinde, die Bergeederndickichte, Brombeerſträucher, namentlich aber die dicht ſtehenden großen, vier bis fünf Fuß hohen ſtacheligen Opuntien bieten den kleinen gefiederten Sängern nicht nur vor— trefflichen Schutz gegen die rauhen Nordſtürme, ſon— dern noch mehr gegen allerlei gefiederte und vierfüßige Räuber. Auch an Inſektennahrung tritt hier ſelten Mangel ein. Zaunkönige, Goldhähnchen, Meiſen, Wander-, Einſiedler- und Braundroſſeln, Winter-, Kron- und Buſchſänger, Wald- und Erdfinken, Kar— dinäle und viele andere Finkenvögel finden ſich an der— artigen Ortlichkeiten, namentlich an den gebüſchreichen Rändern des Waldes, den ganzen Winter hindurch in ungeheuren Scharen. Auch unſer Rotkäppchen oder Palmenſänger trifft man an ähnlichen Ort— lichkeiten mehr oder minder häufig als Wintergaſt. Er erſcheint in der Regel erſt ſpät im Oktober und den ganzen November hindurch, alſo zu einer Zeit, wenn die meiſten übrigen näheren und ferneren Verwandten ſchon längſt dem fernen Süden zugewandert ſind. Nur den Kronſänger ſieht man noch zahlreich im Ge— büſch und im Gezweig der Bäume umherflattern. Viele Palmenſänger ziehen im Dezember ſüdlicher, eine große Anzahl bleibt aber zurück, um zu über— wintern. Die Wanderung ſcheint mehr von der Nah— rung, als von der Witterung abzuhängen. Sah doch Dr. C. Hart Merriam ſchon am 18. April, als noch etwa ein Fuß hoch Schnee die Erde bedeckte, dieſe Vögel in Connecticut. In dem für den Süden rauhen Winter des Jahres 1880 auf 1881, als nicht ſelten das Thermo— meter auf +25, ſelbſt auf +18 Grad F. fiel, zogen Vogel 3. auch die meiſten Palmenſänger ſüdlich, wahrſcheinlich weil die ſonſt ſo zahlreichen Kerfe für unſere Vögel unerreichbare Verſtecke aufgeſucht hatten. — Gewöhn- - lich ſieht man ſie mit vielen kleinen Vögeln zuſammen, ſelten einzeln. Ende März ſind die meiſten ſchon wieder nördlicher gezogen. Sie gehören nach meinen Beobachtungen mit zu den erſten der ganzen Wald— ſängerfamilie, welche in Wisconſin und im nördlichen Illinois ihr Erſcheinen machen. Wenn das Wetter nur einigermaßen frühlingsmäßig iſt, erſcheint der Vortrab dort Ende April, die große Mehrzahl in den erſten Tagen des Mai. Schon am 15. Mai ſind alle, bis auf einzelne Nachzügler, ihren hochnordiſchen Brutgebieten zugeeilt. Der Durchzug geht ſchnell von ſtatten. Im ſüdweſtlichen Miſſouri ſind ſie vom 18. April bis zum 12. Mai gewöhnlich zahlreich. — Während der Herbſtwanderung ſieht man ſie in Wisconſin in der Regel zuerſt am 1. Oktober, immer zu derſelben Zeit, wenn die Winterfinken ihr Er— ſcheinen machen. — Als ich noch in Oak Park bei Chicago wohnte, kamen jedes Jahr zahlreiche Scharen dieſer Sänger in den großen, mit Gebüſch und Nadelholzbäumen dicht beſtandenen Nachbarsgarten. Keine der hier um dieſe Zeit ankommenden Vogel— arten zeigte ſich jo furchtlos, zutraulich, anmutig und liebenswürdig als dieſer Sänger. Man kann ſich während des Herbſtdurchzuges kaum einen zu— traulicheren Vogel denken, als das Rotkäppchen. Ohne Scheu kommt er an die Fenſter geflogen, flattert an dieſen umher, um auf Inſekten zu fahnden und fliegt, wenn die Fenſter offen ſind, oft bis ins Innere der Häuſer, um Fliegen und Spinnen zu erbeuten. In ſeinem ganzen Thun und Treiben unter— ſcheidet er ſich ganz bedeutend von den eigentlichen Waldſängern, denn dieſe alle bevorzugen zum Auf— enthalt die Bäume, oft die Spitzen der höchſten Wald— rieſen, kommen nicht beſonders häufig ins niedere Geſtrüpp und äußerſt ſelten auf den Boden herab. Ganz anders iſt dies mit dem Palmenſänger. Er # treibt ſich nie im hohen Gezweig der Waldbäume, dagegen häufig im niederen Gebüſch nahe am Boden und am häufigſten auf dieſem ſelbſt herum. Auf demſelben hüpft, flattert und fliegt er ſehr geſchickt von Winter- und Buſchfinken, welche geſchäftig nach Nahrung ſuchen. Auch unſer Sänger ſucht nach In— ſekten, es geſchieht dies aber in ganz eigentümlicher Weiſe. Er hüpft und flattert hurtig durchs Gebüſch, fliegt plötzlich mit großer Schnelligkeit zum Boden herab, hüpft, ſpringt und flattert auf demſelben raſt— los umher, eilt fliegenden Kerfen nach und iſt ſchon im nächſten Augenblick wieder im Gebüſch. Sein Hauptjagdgebiet iſt der Boden, auf dem er den größten Teil ſeiner Nahrung erbeutet. Alle ſeine Bewegungen ſind ſehr geſchickt und ſchnell. An dem eigentümlichen ſchnellen Flattern, Hüpfen und Fliegen über den Boden dahin kann man ihn leicht erkennen. Wenn er einige Augenblicke ſtill ſitzt, ſo wippt er beſtändig mit dem Schwanze. Um das Thun und Treiben dieſer hübſchen Waldſänger recht kennen zu lernen, muß man ſie an einem ſchönen warmen Tage des Indianer— ſommers (im Oktober), wenn ſich das Laub der Bäume in die ſchönſten farbigen Tinten kleidet, beobachten. Während der Herbſtzeit laſſen ſie ſich dann auch ſehr leicht mit Leimruten fangen, gewöhnen ſich im Käfig raſch ein und werden ſo zutraulich, daß ſie Mehlwürmer aus der Hand nehmen. — Der Gefang iſt von ziemlich untergeordneter Bedeutung. Man hört ihn nur an ſchönen ſonnigen Tagen während der Frühlingsreiſe und dann nur ſelten. Er iſt kurz, aber ziemlich laut und wohlklingend, unterſcheidet ſich aber nicht weſentlich von dem anderer Arten ſeiner Sippe. Im Herbſt verweilen ſie im nördlichen Illinois ziemlich lange. Sie übernachten mit Vorliebe in dichten Nadelholzbäumen und beginnen ſehr früh morgens ihre Thätigkeit. Im Süden ſind ſie wäh— rend der in der Regel ſehr ſchönen Winterszeit ſtets fröhlich und munter; ſobald aber ein naßkalter Nord— wind eintritt, ſitzen ſie mit aufgeblaſenem Gefieder traurig da. Ihre Nahrung beſteht zum größten Teil aus allerlei Inſekten, doch nehmen ſie im Notfall auch kleine Beeren und ſelbſt Sämereien an. Noch ſehr wenig wiſſen wir über die Brutweiſe dieſer Art. Vereinigten Staaten als Brutvogel. ornithologiſchen Litteratur kann ich keine Angabe fin— den, daß ein Neſt in den Vereinigten Staaten entdeckt worden wäre. Sein Brutgebiet erſtreckt ſich von der Der Palmenſänger. Er findet ſich ſehr ſelten im Gebiete der In der ganzen 197 Nordgrenze Maines an bis nach Labrador, der Hud— ſons-Bai u. ſ. w. Brewer fand ihn bei Halifax in Nova Scotia brütend. Er iſt meines Wiſſens der | einzige eigentliche Waldſänger (Dendroica), der auf umher und miſcht ſich gelegentlich unter die Scharen dem Boden niſtet. „Das Rotkäppchen“, ſchreibt der eben genannte Forſcher, „wählt ſich gewöhnlich zum Niſtplatz den Rand eines ſumpfigen Dickichts und baut ſtets auf den Boden. Das Neſt iſt nicht groß. Die Wandungen ſind dicht und werden mühſam von feinem Material hergeſtellt, namentlich von feinem trockenen Gras, Baſtſtreifen, Stengeln feiner Pflan— zen, Aypmım- und anderen Flechten. Innen iſt es mit Pflanzenwolle und Federn weich ausgelegt.“ Kennicott fand am 18. Juni ein Neſt des Rotkäppchens bei Fort Reſolution im hohen Norden. Es ſtand auf einer kleinen Erhöhung des Bodens im Sumpfe und enthielt fünf Junge. Die Eier be— ſchreibt Ridgway als ziemlich oval, mattweiß, mit blaſſen braunen Flecken am dicken Ende. Nach Brewer ſind ſie der Grundfarbe nach gelblich oder rahmweiß; die purpur-, lila- und rötlichbraunen Flecken ſtehen hauptſächlich am dicken Ende. Neuerdings hat Boardman eine kurze Be— ſchreibung der Niſtweiſe dieſes Vogels gegeben. Er iſt einer der gewöhnlichen Waldſänger bei St. Stephens in New Brunswick, dicht an der Nordgrenze des Staa— tes Maine. Ein von ihm geſammeltes Neſt mit Eiern wird ſo beſchrieben: „Der Bau ſtand auf dem Boden. Er iſt loſe zuſammengefügt, beſteht zunächſt aus Pflanzenſtengeln und Gräſern, dann folgen Teile von Moos, Raupengeſpinſte, feine Gräſer und Haare, und das Ganze iſt dick mit feinen Wurzeln und Kie— ferunadeln ausgepolſtert. Die zwei Eier waren von zarter weißer Grundfarbe, mit mattroſarötlichem An— fluge. Sie waren am dicken Ende mit feinen rötlich— braunen Punkten und Flecken gezeichnet.“ Das Verbreitungsgebiet während der Zugzeit erſtreckt ſich über den ganzen Oſten Nordamerikas vom Atlantiſchen Ozean bis zum unteren Miſſouri. Er überwintert von Nord- und Süd-Carolina ſüdlich und iſt namentlich auf den Bahamas, Cuba, Jamaica und San Domingo ein häufiger Wintergaſt. Der Name Palmenſänger iſt eigentlich nicht zu— treffend, da unſer Vogel im hohen Norden brütet. Allerdings tummelt er ſich in der Winterherberge auf den Palmen Floridas und der Tropen, weshalb auch die aus Lathams Namen „Palm Warbler“ ent- ſtandene Benennung hier beibehalten wurde. Zu— treffender iſt die Bezeichnung Rotläppchen oder Rotkäppchenſänger. 198 T Nach unſeren neueſten ſyſtematiſchen Werken giebt es zwei Formen dieſer Art: den eigentlichen Palmenſänger und den gelben Palmenſänger, D. palmarum hypochrysea (Yellow Palm Warbler). Erſterer findet ſich im Innern des Landes, nördlich bis zum Sklavenſee, letzterer kommt an der atlanti— ſchen Küſte nördlich bis zur Hudſons-Bai vor. Namen: Palmenſänger, Rotkäppchen oder Rotkäppchen— ſänger. Palm Warbler, Yellow Red-poll Warbler. Zimbelé ou Fausse Linote (Buff.), Fauvette bim- belé (Vieill.), Bec-fin bimbelé (D’Orb.), Fauvette à tete rouge (Le M.). er Prärieſänger. Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla palmarum Gmel. (1788). — Sylvia palmarum Lath. (1790). — Sylvicola palmarum Rich. (1836). — Mniotilta palmarum (1548). — Dendroica palmarum Baird (1858). — Syl- via petechia Wils. (1812). — Sylvicola petechia S. & R. (1831), Aud., etc. Beſchreibung: Kopffrone kaſtanienbraun; das übrige der Oberſeite bräunlichgrau, am reinſten bräun— lich am Bürzel; obere Schwanzdecken, äußerer Rand der Flügel und der Schwanzfedern grünlichgelb; ein Strich über dem Auge und die ganze Unterſeite, einſchließlich der unteren Schwanzdecken, ſchön gelb; Bruſt und Seiten fein aber undeutlich rötlichbraun geſtrichelt; keine weißen Flügelbinden; viereckige weiße Flecken an der Spitze der zwei äußeren Schwanzfedern. Weibchen faſt ganz gleich. Länge 5 Zoll; Flügel 2.50, Schwanz 2.25 Zoll. Der Prärieſänger. Prairie Warbler. Tafel XIII. Dendroica discolor BAIRD. Vogel 2. 2 Ea im dichten Gebüſch felſiger Weide— lländereien lebt der kleine hübſche Prärie— ſänger. Selten kommt er in die Nähe des Men— ſchen, auch daun nicht, wenn viele Waldſängerarten zur Zeit der Obſtbaumblüte die Gärten aufſuchen. Außer dem Forſcher und Sammler kennt ihn faſt niemand. Er iſt ein mehr dem mittleren Gebiete der Vereinigten Staaten angehörender Vogel, ſcheint aber im Süden ſeines Brutgebietes, namentlich in Georgia häufig zu ſein. Nach Norden hin verbreitet er ſich bis Maſſachuſetts, Michigan und Wisconſin, nach Weſten bis nach Kanſas. Im nördlichen Illinois beobachtete ich ihn während der Brutzeit. Wo felſige, mit Gebüſch beſtandene Ortlichkeiten fehlen, ſiedelt er ſich in den Dickichten der Prärien und Viehweiden an, kommt auch an gebüſchreichen Waldesſäumen vor, meidet aber entſchieden alle feuchten, naſſen und ſum— pfigen Ortlichkeiten. Am liebſten ſind ihm trockene, hochgelegene, mit niederem Strauchwerk bejtandene Gegenden. Er iſt ein Schöner Vogel und unter allen Wald— ſängern einer der kleinſten und lebhafteſten. Ge— wöhnlich ſieht man ihn im niedrigen Gebüſch nach allerlei Räupchen, Käfern, Spinnen, Inſekteneiern und Larven, Motten und dergleichen umherſuchen. Von anderen Arten der Sippe unterſcheidet er ſich hauptſächlich dadurch, daß er ebenſo häufig Juſekten aus der Luft als von dem Blattwerk und den Blüten der Bäume zu nehmen ſcheint. Faſt jeden Augenblick ſieht man ihn aus dem Gebüſch etwa acht bis zehn Fuß in die Höhe und nach allen Seiten hin fliegen, um vorüberſummende Kerfe zu erbeuten. Dabei führt er nicht ſelten die ſchnellſten Wendungen und Zickzackbewegungen aus, wenn es gilt, ein ſchnell davoneilendes Inſekt zu fangen. Dieſes häufige Enmpor⸗- und Hin- und Herfliegen iſt ihm eigentümlich, wenigſtens habe ich es bei keiner anderen Art der Sippe beobachtet. Ein aufmerkſamer Beobachter und Naturfreund kann ihn dann leicht erkennen und da, wo er vorkommt, auffinden. Er iſt ein ſehr zurück— gezogen lebender Vogel, der ſelten das ausgedehnte Gebüſch ſeines Brutgebietes verläßt. Im Norden ſeines Wohngebietes macht er ſein Erſcheinen etwa in der zweiten oder dritten Maiwoche, im ſüdweſtlichen Miſſouri kommt er etwa vierzehn Tage früher an. Im letzteren Staate bewohnt er vornehmlich die dicht— ſtehenden Haſelnußgebüſche, welche in felſigen Ge— genden des Ozarkgebirges oft meilenweite Strecken bedecken, entgeht in ihnen aber nur zu leicht der Beobachtung. — Der Flug iſt ſchnell und gewandt, während der Brutzeit niedrig, nur von Buſch zu Buſch, während der Zugzeit aber hoch. Anfangs Der Präriefänger. Juni wird im Norden mit dem Neſtbau begonnen. | Zur Anlage deſſelben wählt er eine Aſtgabel eines niedrigen, meiſt dichtbelaubten Strauches, nur wenige Fuß vom Boden. Alle Neſter dieſer Art, welche ich ſah, waren ſehr ſchön und feſt aus weichem Material hergeſtellt. Ein beſonders ſchöner Bau meiner Sammlung wurde am 13. Juni 1879 von Purdie bei Weſton, Maſſ., geſammelt. Es ſtand in einer aufrechtſtehenden Aſtgabel und iſt äußerlich zumeiſt aus feinen flachsartigen Faſern und ähnlichen Stoffen und einigen Baſtfaſern, welche mit Raupen- und Spinnengeweben vermiſcht und verfilzt ſind, gebaut. Ebenſo finden ſich eingewebte ſchwarze Federn und Pflanzenwolle, wahrſcheinlich vom Zimmetfarn, in den Wandungen. Innen iſt es mit Wolle von Farn— kräutern (ſolcher, wie ſie der Kolibri zur Auskleidung ſeines Neſtes benutzt), Schweinsborſten und einigen ſchwarzen Federn ausgelegt. Es iſt etwa 2 Zoll hoch, 2.75 Zoll breit; die Tiefe der Neſtmulde beträgt 1.33, die Breite 1.75 Zoll. Die Eier ſind der Grundfarbe nach weiß, unregelmäßig mit rötlich— braunen und lilafarbenen Flecken gezeichnet. Der Geſang, welchen man ſehr häufig während der Brutzeit vernimmt, iſt ganz charakteriſtiſch. Er iſt zuerſt liſpelnd, wird aber immer ſtärker und endigt mit einem ſehr lauten Tone. Der kaum vernehmbare erſte Ton iſt leiſe und tief, die folgenden ſind immer höher und lauter, der letzte iſt der ſtärkſte und höchſte. Man kann ihn vielleicht durch folgende Silben wieder— geben: „Wisſisſis-ſi-ſi-ſi-ſi-ſih“. Gewöhnlich er— ſchallt er aus dem Gebüſch heraus, ohne daß man den Sänger ſelbſt gewahr wird. Wilſon und Audubon ſcheinen mit der Niſtweiſe dieſer Art nicht bekannt geweſen zu ſein, denn ſie beſchreiben das Neſt als hängend und auch die Beſchreibung der Eier ſtimmt nicht mit unſeren jetzigen Erfahrungen. Das Neſt iſt nie hängend in horizontale Zweige gebaut, dagegen könnte man es wohl mit Minot als „halbhängend“ bezeichnen. Nuttall giebt die erſte richtige Beſchreibung des Baues. Er fand mehrere, beſchreibt eins jedoch be— ſonders genau. Dieſes war in einer aufrechtſtehenden Aſtgabel angelegt und beſtand aus feineren Fafern der roten Ceder, Asklepiasfaſern und Raupengeſpinſten und war ſehr dick mit Pflanzenwolle von Gnaphalium plantagineum ausgelegt. Viele Neſter find auch ſehr dick mit Pferdehaaren ausgepolſtert, während andere nur eine dicke Auskleidung mit Wolle von Farn— kräutern zeigen. Welch fand ein Neſt bei Lynn, Maſſ, in einer wilden Roſe, nur wenige Fuß vom 199 Boden. Dr. Gerhardt fand dieſen Waldſänger ſehr zahlreich im nördlichen Georgia. Sie erſchienen dort etwa am 10. April, bevorzugten zum Aufenthalt die Bergabhänge, wurden aber auch in jeder offenen gebüſchreichen Ortlichkeit angetroffen. In vielerlei Buſch- und Baumarten fand er die Neſter, ſelbſt auf den niedrigen Aſten der Pfoſteneichen, etwa vier bis ſieben Fuß vom Boden. Etwa Ende Auguſt und anfangs September zie— hen ſie wieder ſüdlich. Ihre Winterherberge ſcheinen namentlich die weſtindiſchen Sufeln zu fein. Dr. Gundlach beobachtete ihn als Wintergaſt auf Cuba und Bryant fand ſie häufiger auf den Bahamas als er ſie je zuvor in den Vereinigten Staaten geſehen hatte. Newton beobachtete ſie auf der Inſel St. Croix vom 10. September bis zum 27. März. Nach March kommen ſie das ganze Jahr hindurch auf der Inſel Jamaica vor, doch ſind ſie während des Sommers dort nicht zahlreich. Sie waren häufig in den Gärten, in welchen Malphigia glabra ſtand, wo ſie kleine Inſekten von den Früchten dieſer Bäume abſuchten. — Goſſe hält dieſe Vögel nur für Win— tergäſte genannter Inſel, die etwa am 18. Auguſt erſcheinen und am 11. April wieder von der Juſel verſchwunden ſind. Er beobachtete ſie in niedrigen Gebüſchen und krautartigen Pflanzen nahe der Land— ſtraße und nahe am Boden, wo ſie jeden Stengel und Zweig nach Inſekten durchſuchten. Auch hier er— beuteten ſie häufig Inſekten in der Luft. Für die Gefangenſchaft eignet ſich der Prärie— ſänger, wie alle Arten der Familie, gut. Herr Con— ſul Dreier in Chicago hat mehrere längere Zeit ge— pflegt und ſich an deren Schönheit, munterem Weſen und ihrer Zutraulichkeit erfreut. Namen: Prärieſänger. Prairie Warbler, Red-backed Warbler (Gosse). Fauvette discolore (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia discolor Vieill. (1807). — Sylvicola discolor Jard. (1832). — Mniotilta discolor Gray (1848). Dendroica discolor Brd. (1858). — Sylvia minuta Wils. (1811). Beſchreibung: Oberſeite gelblich olivenfarben, der Rük— ken mit einem Felde rötlicher hervor- tretender Flecken; Vorkopf, Strich über dem Auge, zwei Flügelbinden und ganze Unterſeite reich gelb; Seite des Kopfes mit einem halbmondförmigen ſchwar— zen Flecke; von dieſen ſchwarzen Flecken aus läuft eine Kette ſchwarzer Striche an der Unterſeite hin; auf den Innenfahnen der äußeren Schwanzfedern große weiße Flecken. — Geſchlechter faſt gleich. Länge etwa 5 Zoll; Flügel 2.25, Schwanz 2 Zoll. Der Sfenvogel. Ovenbird. Seile DULV. iv befinden uns im nördlichen Teile meines Heimatſtaates Wisconſin, in den unge— \ 7 mein herrlichen Waldungen, wie ſie jener Region eigen ſind. Der Wald beſteht aus einem bunten Ge— miſch zahlreicher verſchiedener Baumarten, doch iſt das Nadelholz vorherrſchend. Rieſige Weißkiefern überragen weit die übrigen Waldbäume, und ſoweit das Auge reicht, gewahrt man am fernen Horizont die Kronen dieſer Rieſen, deren Stämme oft zu zwei Dritteln vom Boden aus ohne Aſte ſind. Wo die Weißkiefer fehlt oder ſpärlich vorhanden iſt, tritt die ſchöne Hemlockfichte zu den prächtigſten Wäldern zu— ſammen; doch findet man allerwärts im Nadelholz— walde eingeſtreute Laubholzbäume, namentlich Zucker— ahorn, Buchen, Birken, Linden, wilde Kirſchbäume, Butternuß-, Eiſen- und Hopfenbäume. Verlaſſen wir die mit vieler Mühe und Arbeit urbar gemachten Klärungen, die neu eingerichteten Farmen, ſo brau— chen wir nicht allzu große Strecken zurückzulegen, um inmitten des Urwaldes zu ſein. Es entrollt ſich unſeren erſtaunten Blicken ein eigentümliches Vegeta— tionsbild, ein wundervolles Naturgemälde, voller Leben und Reize. Im ſchattigen Waldesdunkel wech— ſeln Berge und Thäler, für uns undurchdringliche, waſſerreiche, mit dichtem Schilf oder Gebüſch oder auch mit weißen Cedern, noch häufiger aber mit Tamarack (Lärche) beſtandene Sümpfe), romantiſche, fiſchreiche, kleine, rings von dichtbewaldeten Bergen eingeſchloſſene Landſeen. Aus den Bergen ſprudeln kühle Quellen hervor, und nie verſiegende Bäche rau— ſchen durch den Wald dahin. Nur mit Mühe und Auſtrengung gelangen wir vorwärts. Unſere Schritte werden häufig gehemmt durch die vielen am Boden liegenden Baumſtämme, die wir allenthalben im Walde in allen Stadien der Zerſetzung erblicken. Hier liegt ein erſt kürzlich vom Sturm entwurzelter Urwaldsrieſe, deſſen Wurzeln, noch mit Erde ver— ſehen, zehn bis zwölf Fuß ſenkrecht emporragen. Dort gewahren wir einen etwa zwei bis drei Fuß ) Von den deutſchen Anſiedlern nach dem engliſchen Worte Swamps „Schwämme“ genannt. Serurus aurocapıllus SWAINS. Vogel 6. hohen, mit Moos, Farnkräutern und anderen Pflan— zen dicht bewachſenen langen ſchmalen Hügel, und deren begegnen wir noch einer großen Anzahl. Dieſe ſind weiter nichts, als faſt ganz zu Humus verfaulte Baumſtämme. Stellt man ſich auf einen ſolchen, ſo glaubt man auf einem weichen Schwamme zu ſtehen. Außer Baumfällern betritt ſelten ein Menſch dieſe Waldſtrecken und tiefe Einſamkeit herrſcht ringsum— her. Wintergrün hat ſich über die Erde gebreitet und prächtiges Fichtenmoos bedeckt ſtreckenweiſe wie eine dunkelgrüne weiche Matte den Waldboden, während an feuchteren Strecken oft 3 bis 5 Fuß hohe Farne, Andromeden, Heidelbeerſträucher, Hartriegel und an— dere Büſche einen ſchönen und ſehr üppigen Wuchs zeigen. Die dick aufgeſchichteten trockenen Nadeln des Waldbodens erfüllen die Luft mit ſtärkendem aro— matiſchen Dufte. In das geheimnisvolle Rauſchen der Nadelholz— bäume miſcht ſich das metalliſche, weithin durch den Wald hallende „Tſchiwink“ des immer fröhlichen ſchönen Erdfinken, während aus der Spitze einer Fichte herab der wundervolle, in dieſer idylliſchen Um— gebung doppelt bezaubernde Geſang des roſenbrüſtigen Kernbeißers hernieder tönt. Aus dem Dunkel einer in der Nähe befindlichen niedrigen Tannengruppe ſchallt der unbeſchreiblich liebliche, klangreiche Geſang der Einſiedlerdroſſel, und aus der Ferne ertönt das nicht minder wonnige Lied der Röteldroſſel an unſer Ohr. Doch das regſte Vogelleben finden wir nicht in der Tiefe des Waldes ſelbſt, ſondern an den Rän— dern desſelben, in der Nähe von Klärungen, Wieſen und Viehweiden, während im tiefen Innern nur das gewaltige Gehämmer eines einſamen Haubenſpechtes unſere Aufmerkſamkeit auf ſich lenkt. Das Vogel— leben in dieſer an Abwechslung und landſchaftlicher Schönheit ſo reichen Gegend iſt hier überraſchend mannigfaltig, und einen hohen Genuß bietet es, in den Wäldern umherzuſtreifen. Ich habe die Gehölze und Wälder von Illinois, die ausgedehnten üppigen „Bottoms“ (Auwaldungen) des Südens und die der — en. Ser ee 1. GEOTHLYPIS TRICHAS Cab. 2. DENDROICA CAERULESCENS Brd. 3. GEOTHLYPIS FORMOSA Ridgw. = SYLVANIA MITRATA Nuttall. SETOPHAGA RUTICILLA SwWains. SEIURUS AUROCAPILLUS Swanıs. Berggegenden des weſtlichen Texas und Miſſouri durchwandert, aber nirgends hat ſich vor mir ein ſo liebliches, harmoniſches Bild entrollt. Nicht fern von Waldrändern, wo es an Unter— gebüſch und Waſſer in der Nähe nicht fehlt, findet ſich gewöhnlich eine ganze Anzahl verſchiedener Vögel ein. Der Ofenvogel. | | | | | | | | | Beſonders fällt uns ein eigentümlicher, lauter, ſchmel- zender Geſang auf, der aus dem nächſten Gebüſch oder Dickicht zu erſchallen ſcheint. Wir nähern uns vor— ſichtig dieſer Stelle, aber gleich darauf vernehmen wir den Geſang aus der Richtung, von welcher wir ſoeben kamen; dann ertönt er über uns, dann neben uns. Er iſt ſo eigenartig laut und reich an Wohllauten, ſo feſſelnd, daß wir geduldig ausharren und beobachten, bis endlich der kleine unbekannte, in unſcheinbare Farben gekleidete Sänger entdeckt iſt. Es iſt der Droſſelſänger, die Goldkrondroſſel oder der Ofen vogel, ein in ſolchen Ortlichkeiten ziemlich gewöhnlicher Vogel, den man oft hört, aber nur ſelten oder doch nur flüchtig ſieht, denn er hält ſich meiſt unten am Boden auf, wo ſein Gefieder mit den bräun— lichen Blättern und Taunennadeln vollſtändig über— einſtimmt. man ihn in der Regel nur flüchtig und auf kurze Augenblicke ſchauen kann. Erſt, wenn man öfter ſein Brutgebiet beſucht und der Vogel ſich von der Harm— loſigkeit des Wanderers überzeugt hat, geht er ohne Scheu ſeinen Geſchäften nach, und man kann ihn dann leicht beobachten. Auch im nördlichen Illinois kommt der Droſſel— ſänger an geeigneten Ortlichkeiten, in trockenen Wald— ſtrecken, die aber Abwechslung an verſchiedenem Ge— ſtrüpp, Untergebüſch und Waldbäumen bieten müſſen, vor. Im einförmigen Eichenwald und deſſen gleicher weiſe aus knorrigem Eichengeſtrüpp beſtehendem Unter— holz wird man vergeblich nach ihm ſuchen, dagegen trifft man ihn ziemlich ſicher in ſolchen Waldſtrecken, wo Eichen, Ulmen, die ſchwarze Waluuß, Linden, wilde Apfelbäume und Weißdorn zu ziemlich dichten Wäldern zuſammentreten, in denen Schneeball- und Hartriegelgebüſche, namentlich aber Stachelbeer- und Haſelnußſträucher das Unterholz bilden. Allerdings trifft man ihn hier verhältnismäßig ſelten. Zahlreich tritt er erſt in den Nadelwäldern der Nordſtaaten auf. Sein Aufenthalt ſind jene dunklen, ſchattigen Wälder, die ich oben in kurzen Umriſſen zu ſchildern verſucht. Im Schatten der Fichten und Tannen in den ausge— dehnten Waldesdickichten lebt er gewöhnlich ganz in der Nähe eines rauſchenden Waldbaches oder einer Er weiß ſich auch im dichten Untergebüfch ſo ſchnell zu bewegen, ſo gewandt zu verbergen, daß aus dem Berge hervorſprudelnden kühlen Quelle. Dieſe Ortlichkeit verläßt die Goldkrondroſſel während des Sommers nicht mehr, hier nur brütet ſie, hier nur läßt ſie ihren melodiſchen Geſang fleißig erklingen. Ihres unſcheinbaren Gefieders und ihrer verſteckten Lebensweiſe halber wird ſie leicht überſehen, und außer dem Sammler und dem vogelkundigen Beobachter kennt ſie faſt niemand. nois und Wisconſin etwa vom 5. bis 10. Mai, im ſüdweſtlichen Miſſouri etwa am 19. April, je nach der Witterung auch etwas früher oder ſpäter. Sie zögern oft über eine Woche, ehe ſie weiter ziehen, und der ganze Wald erklingt dann von ihren gewöhnlichen einfachen Trillern. Die erſten Töne dieſes trillern— den Geſanges erklingen leiſe und ſcheinen aus der Ferne zu kommen, während die letzten laut ſind und den Sitzort des Vogels alsbald verraten. Sie ziehen in Zügen von zehn bis fünfzehn Stück und mehr, und halten ſich meiſt am Boden im Walde auf. zuerſt Aukommenden wandern alle nördlich, die letzten Ankömmlinge ſind die Brutvögel der betreffenden Gegend. Mit anderen Arten der Familie kommt er hie und da auch in die Obſtgärten, doch ſind ſolche Fälle nicht gerade häufig. In der dritten oder vierten Woche des Mai hat er ſein Brutgebiet bezogen. Hier findet man ihn meiſt am Boden, wo er unter Gebüſch in alten Blättern und in dem grünen Erdmoos nach Würmern und allerlei Inſekten ſucht. Mit unnach— ahmlicher Fertigkeit läuft er auf demſelben in eigen— tümlichen Abſätzen und Sprüngen umher, huſcht oft Die ſo geſchickt und ſchnell dahin, daß ihn der mit ſeiner Lebensweiſe nicht bekannte Beobachter eher für einen kleinen Vierfüßler, beiſpielsweiſe für das etwas ähn— lich gefärbte Erdeichhörnchen (TV striatus), als für einen Vogel halten dürfte. Sein Laufen iſt ſehr aumutig und ſchnell, wozu er beſonders durch die zart ſcheinenden, aber doch recht kräftigen hellfleiſchfarbenen Füßchen befähigt wird. Überhaupt ſind alle ſeine Bewegungen hurtig und zierlich, und dabei wippt er, namentlich in Erregung, eifrig mit dem Schwanze. Er iſt im Brutgebiet ziemlich ängſtlich und ſcheu, ſo— daß man ſich ihm nur ſelten auf einige Schritte zu nähern vermag. Scheucht man ihn aus dem Dickicht auf, ſo läuft er unaufhaltſam eine beträchtliche Strecke über den Boden dahin, fliegt dann in das Geäſt der Büſche, oft auch in die höheren Bäume, wo er un beachtet und ſicher den Eindringling beobachten kaun. Während der Zugzeit, beſonders im Herbſt, ſcheint er jedoch alle Vorſicht außer acht zu laſſen. Zutraulich 26 kommt er in die Gärten, ſelbſt ganz in die Nähe der Wohnungen und oft auch an die Fenſter, um Juſek— ten aufzuſtöbern. bertage flog im Innern der Stadt Chicago ein präch— tiges Männchen zum Fenſter hinein in die Stube, um nach Spinnen und Fliegen zu ſuchen. Als man es fangen wollte, flog es ſo ungeſtüm an eine Fenſter— ſcheibe, daß es ſich tötlich verletzte. In den erſten Tagen nach ſeiner Ankunft in der Heimat verhält ſich der Droſſelſänger ziemlich ruhig, ſobald er ſich aber wieder eingelebt hat, wird er immer lauter. Sein Lockton ſchallt nun weithin. Er ver— birgt ſich jetzt auch nicht ſo ängſtlich in dem faſt un— durchdringlichen Dickicht, ſondern ſetzt ſich häufig in die Büſche und in das untere Geäſt großer Wald- bäume, manchmal auch in die Spitzen derſelben und läßt hier ſeinen eigentlichen klangreichen Geſang fleißig ertönen. Auch hierbei ſpielt das Wippen mit dem Schwanze eine nicht unbedeutende Rolle. Sobald ſich aber der eigenartig bewegliche Sänger entdeckt ſieht, fliegt er zum Boden herab und verſchwindet im Einſt an einem warmen Septem⸗ 202 Der Ofenvogel. nächſten ſchattigen Dickicht, von dem aus gleich darauf ſein Lied, wie aus einer anderen Richtung kommend, erklingt. Dieſer Geſang gehört zu den allerbeſten Vogelliedern. Er fängt leiſe an und endet ſehr laut und volltönend, zeichnet ſich durch einen wunderbaren Schmelz aller Laute, wenn auch nicht gerade durch beſonderen Tonreichtum, aus und wird fleißig vorge— tragen. Alle Töne haben etwas ganz Charakteriſti— ſches, wundervoll Harmonierendes, an die Droſſeln Erinunerndes, und dabei werden ſie mit großem Fleiß und Eifer hervorgebracht, ſodaß das Wohngebiet des Vogels vom frühen Morgen bis zum dämmernden | Zwielicht des Abends von den lauten Wohlklängen wiederhallt. Außerdem hat der Geſang auch die merkwürdige Eigenſchaft, daß man den Sänger ganz in der Nähe wähnt, während er doch eine anſehnliche Strecke entfernt iſt. Ein anderes Mal ſitzt er ganz in der Nähe und ſingt, während man ihn in der Ferne ſucht. Oft erklingt das Lied wie ein ſauftes Echo, und vergeblich blicken wir uns nach dem kleinen Sänger um, denn er ſitzt diesmal hoch oben im dunk len Geäſt einer Tanne oder eines anderen Wald— baumes. Sein Geſang iſt ſo verſchieden von den Liedern der übrigen Waldvögel, daß man ihn nur einmal gehört zu haben braucht, um ihn bei ſpäterer Gelegenheit ſogleich wieder zu erkennen. — Außer dieſem Geſang läßt er, namentlich während der Zug— zeit, einige anderen Waldſängern ſehr ähnliche Triller hören. Der eigentliche ſchöne Geſang iſt auch den meiſten Vogelkundigen nicht bekannt, und nur Bur— roughs giebt in feinem kleinen, anziehend geſchrie— benen Buche: „Wake Robin“ eine richtige Beſchrei— bung desſelben. Als echter Waldvogel baut er ſein Neſt ſtets in den Wald, und zwar bevorzugt er nach meinen Beobachtungen immer den Nadelholzwald, wo ſolcher vorhanden. Hier im Duft der Tannen, Fichten und Kiefern iſt es auch, wo er ſein Neſt ſo verſteckt als möglich anlegt. Es ſteht immer in einer kleinen Vertiefung des Bodens zwiſchen dem Wurzelwerk der Bäume und Büſche oder am Fuße eines niedrigen Strauches. Andere Neſter ſtehen im Dickicht am Stamm eines Baumes oder anderer Pflanzen, wo ſie durch das umherſtehende Gras, die Farnkräuter oder Blätterwerk vor Entdeckung geſchützt ſind. Einige Neſter aus der Nadelholzregion liegen mir beim Ab— faſſen dieſes Lebensbildes vor. Es ſind eigentümliche und, wie alle Erdneſter, ziemlich große und loſe Bau— ten, teilweiſe backofenartig überwölbt und mit ſeit— lichem Eingang verſehen. Die Unterlage beſteht aus einem Gemiſch trockener Blätter, Blätterrippen und Kiefernnadeln (von Pinus strobus); das Innere iſt mit Kiefernnadeln und einigen langen, ſehr feinen ſchwarzen Wurzeln und hie und da einer Grasriſpe ausgelegt. Sie haben, obwohl eines ſchon am 17. Juni 1867 geſammelt wurde, den eigentümlichen aromatiſchen Duft, wie er jenen Nadelholzwäldern während des Sommers eigen iſt, beibehalten. — Der Unterlage nach ſind alle Neſter aus trockenen Blättern gebaut, und in vielen findet ſich auch Moos. Die in Laubholzwäldern geſammelten enthalten anſtatt der Kiefernnadeln feine Grashalme. Die meiſten Neſter ſind backofenförmig gewölbt (daher auch der volkstüm— liche Name „Ofenvogel“); doch giebt es auch ſolche, bei denen von einer Wölbung wenig oder nichts zu ſehen iſt. Dieſer verſchiedenartige Neſtbau iſt leicht erklärlich. In der Regel ſind alle etwas freiſtehenden Neſter überwölbt, während den in dichterem Gebüſch ſtehenden gewöhnlich dieſe Wölbung fehlt, da fie eines ſolchen Schutzes, welcher bei den freiſtehenden Neſtern von größtem Nutzen iſt, nicht bedürfen. Das Weibchen brütet allein und läßt ſich nicht leicht vom Neſte verſcheuchen. Selbſt wenn man die Hand nach ihm ausſtreckt, bleibt es noch ſitzen, bis man ihm ſo nahe kommt, daß man glaubt, es greifen zu können; dann huſcht es, ſich flügellahm ſtellend, wie eine Maus am Boden dahin und iſt im nächſten Augenblick im Dickicht verſchwunden. Bald darauf klettert es eine Strecke davon in einem niedrigen — . . ——— — — —ꝓ — . — —E—ä— HEN „„en — 1ue — Der Ofenvogel—, Buſche in die Höhe und nähert fih nun, immer von Aſt zu Aſt hüpfend, äugſtliche Klagetöne aus— ſtoßend dem Neſte wieder. Auch das Männchen iſt herbeigeeilt und beide zeigen ſich ſehr beſorgt und ängſtlich, namentlich wenn ſchon Junge vorhanden find, und die Augſtrufe, ein helles melodiſches „Tſchick“ T oder „Glück“ und ein melodiſches „Tſchiuh“ erklingen fort und fort, indem die Vögelchen den Eindringling umhüpfen. Die Eier, gewöhnlich vier an Zahl, ſind glänzend weiß, ſehr dicht mit kleinen rötlichbraunen, etwas helleren und dunkleren Flecken, am dicken Ende am dichteſten ſtehend, gezeichnet. Sie ähneln denen des Spötterſchlüpfers ſo ſehr, daß man beide kaum voneinander zu unterſcheiden vermag. Während das Weibchen brütet, ſingt das Männchen ſeine ſchönſten Weiſen, wobei es auf einem am Boden liegenden be— mooſten Baumſtamm oder in der Spitze eines Buſches ſitzt. Hier und da trägt es auch dem Weibchen eine kleine grüne Raupe, einen Käfer und andere Inſekten zu. Während dieſer Zeit erſchallt der Geſang des Droſſelſängers beſonders laut, feurig und abwechſelnd. Das Männchen fett ſich jetzt ſogar oft in die Baum— wipfel, ſteigt ſingend in die Luft und läßt ſich ſingend wieder herab. Auch ſingt es während der Brutzeit oft des Nachts und beſonders ſchön während und nach der Abenddämmerung. Der Flug iſt kurz, aber ſchnell. In ſeinem Wohngebiet überfliegt er ſelten größere Strecken, be— wegt ſich hier vielmehr nur von einem Gebüſch zum anderen, was jedoch ſehr ſchnell und geſchickt geſchieht. Nur während der Zugzeit erhebt er ſich bis über die Spitzen der Waldbäume und fliegt nun, anſcheinend ohne beſondere Auſtrengung, ſchnell dahin. Sein Laufen auf dem Boden erinnert an die Droſſeln, iſt aber bedeutend ſchneller. Er hält ſich beſonders gern in altem Laube auf und man hört dann das Raſſeln desſelben ſehr deutlich. In ſeinem ganzen Weſen iſt er ein lieblicher, angenehmer Vogel, der auch ohne ſeinen eigentümlichen Geſang, allein durch ſein anziehendes munteres Thun und Treiben, ſich Freunde erwerben muß. Seine Nahrung beſteht in allerlei Waldinſekten, die er nicht nur vom Boden, ſondern gleich den anderen Arten ſeiner Familie, ebenſo aus dem Gelaube der Büſche, aus den Blütenbüſcheln und gelegentlich auch im Fluge erbeutet. Ob er auch von den in feinem Brut— gebiet überaus häufigen Heidelbeeren!) lebt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen, doch dürfte man wohl zu der Annahme berechtigt fein. 1) Gaylussacia und Vaccinium. 203 Der Hauptfeind des Droſſelſängers iſt der Kuh— ſtar, der nur zu oft das verſteckt angelegte Neſt aus— findig zu machen weiß, um fein Ei hineinzuſchmuggeln. Nicht ſelten findet man ſogar zwei und drei Eier dieſes ſchädlichen Schmarotzers in einem Neſte. Gerade dieſer Vogel wird von dem Paraſiten heimgeſucht, und da die eigene Brut dadurch ſtets zu Grunde geht, ſo leuchtet es ein, warum ſo viele unſerer kleinen Vögel mit jedem Jahre ſeltener werden. Namentlich in den dicht beſiedelten Gegenden nimmt die Zahl der Kuh— ſtare in Beſorgnis erregender Weiſe von Jahr zu Jahr zu, ja ihre Zahl iſt thatſächlich bis ins un— geheure angewachſen, ſodaß für alle kleinen Vögel ernſtliche Gefahr droht. Etwa Ende September oder anfangs Oktober ziehen die Droſſelſänger ſüdlich und Mitte des letzt— genannten Monats dürften alle aus unſerem Lande verſchwunden ſein. Ihre Winterherberge haben wir auf den weſtindiſchen Juſeln Cuba, Jamaica, San Domingo, ferner in Mexico bis Centralamerika und auch auf den Bermudas zu ſuchen. Nach May— nard verweilen viele im halbtropiſchen Florida, wo ſie in der erſten Woche im September erſcheinen und bis etwa zum 15. April zu beobachten ſind. Auf Jamaica hat unſer Vogel in Goſſe einen guten Beobachter gefunden; er erſcheint nach ſeinen Be— obachtungen dort ſpät im September und verläßt die Inſel etwa am 20. April wieder. Nach Norden hin kommt er bis Alaska vor, weſtlich verbreitet er ſich bis zum Felſengebirge. Sir John Richardſon fand ihn brütend am Saskatchewan, Kennicott am 15. Juli am Engliſh River. Wie weit nach Süden hin ſich ſein Brutgebiet erſtreckt, iſt mit Sicherheit nicht anzugeben, doch dürfte man vielleicht Philadelphia als ſüdliche Greuze annehmen können. Unſere älteren Ornithologen und auch manche neue reihen dieſe Sängerart, überhaupt das ganze Genus Seiurus, den Droſſeln an, und wenn man den ſitzenden und droſſelartig auf dem Boden umher— laufenden Vogel beobachtet, ſo iſt ihm eine gewiſſe Ahnlichkeit mit den kleinen Walddroſſeln nicht ab— zuſprechen; noch deutlicher tritt die Ahnlichkeit in der Färbung hervor, ſodaß ich früher, oft getäuſcht, den Ofenvogel mit der Einſiedlerdroſſel verwechſelte. Wenn man aber den Vogel genau in ſeinem Thun und Treiben, namentlich wenn er im Gebüſch und in den Bäumen nach Inſekten ſucht, beobachtet, ſo wird man bald bemerken daß man es mit einer Sängerart, mit einem Gliede der großen charakteriſtiſchen Familie unſerer Waldſänger zu thun hat. D Namen: Droſſelſänger, Ofenvogel, Goldkrondroſſel. Ovenbird, Golden-erowned Thrush, Golden- erowned Accentor, Golden-crowned Wagtail. Land Kick-up (auf Jamaica). Grive grivette (Vieill.), Petite Grive de St. Po- mingue (Buff.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla aurocapilla Linn, (1766). — Turdus aurocapillus Lath. (1790). — Sylvia aurocapilla Bonap. (1524). — Seiurus die- capillus Swains. (1827). — Enicocichla aurocapilla er Waſſerſänger. Gray (1841). — Henicoecichla aurocapilla Cab. (1850). Motacilla canadensis Bodd. (1783). — Turdus minimus Bartr. (1791). — Turdus coronatus Vieill. (1807). Beſchreibung: Ganze Oberſeite, einſchließlich der Flügel und des Schwanzes, einfarbig hell olivengrün, ohne irgend eine andere Zeichnung; die Kopfkrone orangen— braun, an den Seiten über dem Auge durch einen ſchwar— zen Streif begrenzt. Unterſeite reinweiß, an der Bruſt und den Seiten dicht dunkel (droſſelartig) gefleckt; weißer Augenring; Füße fleiſchfarben. Geſchlechter gleich. Länge 6 bis 6.50 Zoll; Flügel 3, Schwanz 2.75 Zoll. Water Thrush. N N ft dicht neben dem Wohngebiete des Ofenvogels a iſt die Heimat ſeines nächſten Verwandten, | des Waſſerſängers. Im nördlichen Teile der Vereinigten Staaten, namentlich in Neu-England, Michigan, Wisconſin und Minneſota iſt unſer Vogel an gewiſſen Ortlichkeiten ein regelmäßig und ziemlich zahlreich vorkommender Sommergaſt. Selten wird ſein eigentliches Wohngebiet von eines Menſchen Fuß betreten, und nur der begeiſterte Pflanzen- und Vogel— freund findet einen hohen Genuß darin, mit vieler Mühe und oft großen Schwierigkeiten in die Moos-, | Moor- oder Tamarackſümpfe einzudringen. Noch mit beſonderer Freude denke ich an meine ſchon vor langen Jahren unternommenen Streifzüge in dieſe Sümpfe und Wildniſſe zurück. Folge mir der freund— liche Leſer einmal im Geiſt auf einer ſolchen Wande— rung. Wir brauchen nicht lange zu ſuchen, denn aller— wärts im nördlichen und mittleren Wisconſin findet man dieſe Sphagnum- oder Torfmoosſümpfe, welche gewöhnlich ſehr dicht mit Heidelbeerſträuchern, Krons— beeren !), Weißecedern, Rhodoras?), Pfefferfträuchern ?), verſchiedenen Andromeden ), dichten Stachelbeerſträu— chern, Bluthartriegel, Wintergrün, Farnkräutern, Krugpflanzen s), mancherlei Erdorchideen, Lobelien u. ſ. w.sbeſtanden find. Schon der Aublick dieſer eigentümlichen ſchönen Kinder Floras entſchädigt reichlich für alle Mühe, und doch ſind die aufgezählten nur ein kleiner Bruchteil der wirklich dort vorkom— 1) Oxycoccus macrocarpus. 2) Rhodora canadeusis. 3) Clethra aluifolia. 4) Andromeda polifolia und racemosa. 5) Sarracenia purpurea. Der Wafferfänger. Serurus novehboracensis BONAP. menden Arten. Aber man bemerkt in dieſer Ortlich- keit bald auch reizende gefiederte Bewohner. Da huſcht eilfertig der Canada-Sänger durchs niedere Gebüſch, dort flattert ein kleiner Fliegenfänger, der gelbe Zwergtyraun!), Inſekten fangend durch die Luft; die Einſiedlerdroſſel ſingt ihre ſchönſten Weiſen nur hier in dieſer Einſamkeit. Einer der lieblichſten Sänger dieſer Moorſümpfe, der beſte nach der Ein— ſiedlerdroſſel, iſt der Waſſerſänger, ein Vogel, der in Größe ſowohl, als auch in der äußeren Erſcheinung dem Ofenvogel gleicht. — Sieh, dort läuft er über den Boden dahin, eifrig mit dem Schwanze wip— pend, jetzt verſchwindet er unter dem dichten immer— grünen Krousbeerenſtrauch (Cranberry). Schon läßt er ſich einige Augenblicke wieder beobachten und zeigt zugleich, daß ſein Name ein richtig gewählter iſt, denn er ſchreitet hin und her durchs Waſſer, ſetzt ſich dann auf einen Strauch oder Baum und beginnt nun ſeinen wirklich köſtlichen Geſang. Sein Vorkommen beſchränkt ſich jedoch nicht allein auf die Sümpfe, ich fand ihn auch an Bächen, Teichen und Landſeen als Sommergaſt. Sie erſcheinen in kleinen Geſellſchaften etwa Mitte Mai in ihrem Brutgebiete. Auch während der Zugzeit halten ſie ſich mit Vorliebe in der Nähe des Waſſers auf. Sie überwintern in Mexico, Cen— tralamerika bis hinein nach Südamerika, wo man ſie in Braſilien gefunden hat, ferner auf faſt allen weſt— indiſchen Inſeln; einzelne überwintern ſchon in den 1) Empidonax Haviveutris. u ne EERTTE A ET ee u rt EEE De WE * * —— — —— . ⏑˖[˙-e..— 1 — SE ni £ Südſtaaten, nördlich bis zum ſüdlichen Illinois. Während der Brutzeit verbreitet er ſich von den nörd— lichen Staaten bis nach Alaska. Gewiß ein ſehr merkwürdiger Vogel, deſſen Verbreitungsgebiet ſich von dem in der heißen Zone liegenden Braſilien bis zum arktiſchen Amerika zeitweiſe erſtreckt. Die Oſt— grenze dieſes Gebietes iſt der Atlantie, die Weſtgrenze das Felſengebirge, doch kommt er auch in Colorado und Arizona vor. Ridgway fand viele im De— zember und Januar an geſchützten Stellen der Fluß— niederungen im ſüdlichen Illinois; ſie erſcheinen dort ſchon im Auguſt. March beobachtete ſie zeitig im Auguſt ſchon auf der Inſel Jamaica, während nach meinen Beobachtungen die Mehrzahl erſt Anfang September durch das nördliche Illinois zieht. conſin zum Neſtbau. Die Ortlichfeiten jedoch, wo die Vögel brüten, ſind oft faſt unzugänglich, wenig— ſtens iſt dies meiſt in den großen Sümpfen der Fall. Überaus vorſichtig muß man vorgehen und trotzdem liegt man oft ganz unerwartet im Waſſer oder im tiefen Schlamm. Der geringſte Fehltritt wird auf dem ſchwammigen Boden oft verhängnisvoll. Hier in dieſen Sumpfſtrecken, wo ſelten ein Sonnenſtrahl zum feuchten Boden dringt, wo immer die tiefſte Ein— ſamkeit herrſcht, lebt die Waſſerdroſſel ungeſtört und ſorglos, ſich immer am Boden oder im niedrigen Ge— büſch aufhaltend. Mit der Gewandtheit einer Maus läuft ſie hier umher, ſodaß das Auge ihren Bewegun— gen kaum zu folgen vermag, doch kommt ſie häufig in die Büſche und Bäume, um zu ſingen. Wenn dieſer laute, herrlich klingende Geſang nicht von allen Seiten erſchallte, ſo müßte man den Vogel für ſeltener halten, als er thatſächlich iſt. Der Geſang gehört jedenfalls zu den beſten der Lieder aller Waldvögel. Er iſt dem des Ofenvogels ähnlich, aber doch wieder ver— ſchieden und ein geübtes Ohr wird beide Singweiſen bald unterſcheiden können. Außerdem vernimmt man oft auch noch ſcharfe ſchrille Warnungs- und Angſt— rufe und einen leiſen wohlklingenden Lockton. Der Vogel iſt ebenſo lebhaft und munter wie der Droſſel— ſänger, doch iſt er im Brutgebiete außerordentlich ſcheu und vorſichtig, ſucht ſich, ſobald man ſich ihm nähert, zu verbergen und kommt, namentlich wenn er Junge hat, nicht ſobald wieder zum Vorſchein. Eine hübſche Charakteriſtik giebt uns Maynard: „Sie ziehen durch Maſſachuſetts“, ſchreibt er, „um die Mitte des Mai, und bevorzugen die Sümpfe zum Aufenthalts— Der Waſſerſänger. Untergebüſch verborgen hielten. 205 dern von Waſſerläufen gewöhnlich anſiedelten und zwiſchen der Maſſe umgefallener Bäume und dichtem Sie ſind thatſächlich ſo ſcheu, daß ſie nur ſelten dieſe undurchdringlichen Ortlichkeiten verlaſſen, und wenn der Geſang der Männchen fie nicht verriete, jo würde man kaum glauben, daß ſie ſo zahlreich ſind. Sie brüten auch in dieſen ſumpfigen Ortlichkeiten. Das Neſt ſteht an der Seite eines alten umgefallenen Baumſtammes oder im Wurzelwerk eines Baumes, gewöhnlich im immerwährenden Schatten dichter immergrüner Bäume. Es iſt ſelten gewölbt wie das des Ofen— vogels. Während das Weibchen brütet, hält ſich das Männchen immer in der Nähe auf, und der Angler, der in dieſe Wildnis, die ſo ſelten eines Menſchen Anfangs Juni ſchreitet er im nördlichen Wis- | Fuß betritt, eindringt, um gefleckte Forellen zu fangen, hört ſeinen unbeſchreiblich herrlichen, lieblichen, wir— belnden Geſang, der noch herrlicher, melodiſcher tönt, weil das neugierige Auge den Sänger nicht zu ent— decken vermag. So geht's den ganzen langen Sommer— tag hindurch, inmitten der Gebirgsthäler, wo ſich des Vogels Lied in das Rauſchen des kühlen Waſſers miſcht und mit dem ſanften Wehen der Lüfte, die von Wohlgerüchen der Tannen und Fichten erfüllt ſind, vereinigt.“ Da der Waſſerſänger in ſolchen faſt undurch— dringlichen, ſumpfigen Dickichten brütet, ſo hat man das Neſt bis jetzt noch verhältnismäßig ſelten ge— funden. Am zahlreichſten fand man ihn in Maine und Alaska brütend. Neſter aus verſchiedenen Teilen der Polargegenden befinden ſich im Smithſonſchen Inſtitut. Sie beſtehen aus Moos, kleinen Zweigen und Hälmchen und ſind innen mit feinerem Material ausgelegt. Der Bau ſteht immer auf der Erde und iſt für die Größe des Vogels ziemlich umfangreich. Die vier bis ſechs kryſtallweißen Eier ſind mit rötlich— braunen, dunkelbraunen und lilafarbenen Flecken ge— zeichnet. — Bald nach der Brutzeit verläßt die ganze Familie ihr mooſiges Wohngebiet, die faſt unzugäng— lichen Cedern- und Tamarackſümpfe, die dichten Ge— büſche an den Seen, Flüſſen und Bächen, und zieht dem Süden zu. Sie ſind um dieſe Zeit nicht ſo ängſt— lich und mißtrauiſch, aber es erfordert doch geduldiges Beobachten, um ſie näher kennen zu lernen. — Im Flug ſtimmt er ganz mit dem Ofenvogel überein, ſeine Nahrung jedoch nimmt er auch zum Teil aus dem Waſſer auf; vorſichtig trippelnd watet er hinein, wippt eifrig mit dem kurzen Schwanze und orte. Im Juni fand ich ſie zahlreich am Umbagog-See fahndet dabei auf allerlei Waſſerinſekten, Mollusken in Maine, wo ſie ſich im dichten Walde an den Rän- u. ſ. w. 206 Die Louiſiana-Waſſerdroſſel. Der von Illinois bis Californien lebende Wajjer- | Wilienfchaftliche Namen: Motaeilla noveboracensis Des 28 f f = * — 78 — Sylvie 1 sis 790). — ſänger ift die Abart Grinnells-Waf ſerſänger, Ser (1788). — Sy lvia F Lath. (1790) 9 5 x 555 5 1 5 Turdus noveboracensis Nutt. (1832). — Seiurus nove- S. noveboracensis motabilis RID W. (Grinnell’s boracensis Bonap. (1838). — Henicocichla novebora- Water Thrush). censis Cub. (1848). — Seiurus naevius Coues (1877). Namen: Waſſerſänger, Nördliche Waſſerdroſſel. Beſchreibung: Ganze Oberſeite, einſchließlich der Flügel Water Thrush, Small-billed Water Thrush, und des Schwanzes, einfach dunkel olivenbraun, un— New York or Aquatic Water Thrush, Aquatic Wood- gefleckt; Unterſeite matt ſchwefelgelb, allerwärts dicht Wagtail, Aquatie Accentor, Bessy Kick-up und River dunfelsolivenbraun gefleckt und geſtrichelt; die Flecken Pink (Gosse). ſind am kleinſten an der Kehle, am größten an den Fauvette brune (Vieill.), Fauvette pipi (Vieill), Seiten; ein langer, mattweißlicher Streif über dem Grive de rouisseaux ou Hochequeue (Le M.), Fauvette Auge. tachetee de la Louisiane (Bufl.). Länge etwa 6 Zoll; Flügel 3, Schwanz 2.25 Zoll. Die Touiſiana-Vaſſeroͤrofſel. Louisiana Water Thrush. Serurus motacılla BonAr. Tafel XV. Vogel 6. nuvergeßlich werden mir jene Tage bleiben, die am Fuße der Anhöhe dicht am Waſſer, zwitſcherten ich mit einem unſerer tüchtigſten Vogelkun- Wurmſänger ihre einfachen Weiſen. Beſonders fiel digen, ſchärfſten Beobachter und beſten Geſangs- mir aber ein Vogel auf, den ich allerdings ſchon in beurteiler, Herrn Otto Widmann in St. Louis, Texas und im ſüdweſtlichen Miſſouri beobachtet hatte, verlebte. Nach allen Seiten hin wurden Streifzüge deſſen Neſt ich aber nie vorher geſehen. Es war die unternommen. Einmal ging es über den „Vater der Waſſerdroſſel. Als wir am Bergabhange, dicht Ströme“, den Miſſiſſippi, nach Illinois, ein anderes am Waſſer, im Schatten hoher Platanen und Ulmen Mal hinunter in die reizend ſchöne Gegend von | ruhten und den verſchiedenen Sängern um uns her Monteſano Springs, dann an den Merrimac und lauſchten und ſie in ihrem Thun und Treiben be— | Rock Creek, in den herrlichen Tower Grove Park obachteten, kam eine Waſſerdroſſel über den See in und den berühmten, einzig in Amerika daſtehenden unſere Nähe geflogen, einen Wurm im Schnabel hal— botaniſchen Garten. Am 25. Juni 1886 machten tend. Als ſie unſerer anſichtig wurde, ſetzte ſie ſich wir eine Exkurſion nach den Creve Coeur-Seen, einer | am Rande des Waſſers nieder, lief dann auf und ab, mir damals noch gänzlich unbekannten, ſehr vogel- wippte mit dem Schwanze, denſelben gleichzeitig bald reichen Gegend. Der Tag war günſtig, obwohl breitend, bald faltend, und gebahrte ſich recht ängſtlich. etwas warm. Schon als wir den Saum des die Herr Widmann bemerkte, daß dieſe Art in der Um— Seen begrenzenden Waldes betraten, ſchallten uus gegend von St. Louis und auch anderwärts ihr die mannigfaltigſten Töne entgegen. Hoch oben in Neſt faſt regelmäßig in Uferwände baue und daß den Waldbäumen trillerten Azur- und gelbkehlige ſich auch hier ein ſolches befinden müſſe. Als ich Sänger, Wald- und Gelbbruſtvireos. Aus der Ferne hinabkletterte, flog der Vogel, laute Klagetöne aus— tönten die herrlichen Klänge des roſenbrüſtigen Kern- ſtoßend, ſchnell davon. Ich brauchte nicht lange zu beißers und der Walddroſſel. Im Gebüſch ſangen ſuchen. Gerade vor mir, ziemlich hoch oben in der Schwätzer, Katzendroſſeln, Buſchvireos und Kapuzen- etwa ſieben Fuß hohen Uferwand, ſah ich in einer ſänger, und aus den im Waſſer ſtehenden Weiden kleinen Erdniſche zwiſchen dichtem herabhängenden ſchallten die lieblichen Töne zahlreicher Goldſänger Wurzelwerk eine Blättermaſſe. In dieſe war das und die melodiſchen Lieder mehrerer Sängervireos. eigentliche, aus Hälmchen, zarten Wurzeln, Moos Am großen Creve Coeur-See befindet ſich an der und Pflanzenjtengeln beſtehende Net hinein gebaut. einen Seite ein hoher, dicht mit Bäumen und Gebüſch | Wer mit der Niſtweiſe dieſes Vogels nicht bekannt iſt, beſtandener ſteiler Berg, ein ſogenannter „Bluff“, hätte hier keineswegs das Neſt vermutet. Es enthielt von dem aus man in der Ferne den gewaltigen Miſ- vier ſchon ziemlich flügge Junge. ſouri dem „Vater der Ströme“ zueilen ſieht. Hier, Wie der Wurm-, Kapuzen-, Gold- und Blau- I. DENDROICA AESTIVA Bd. 2. VIREO NOVEBORACENSIS Bonap. - 3. ICTERIA VIRENS Bd. +. VIREO OLIVACEUS Bonap. 5. SPINUS TRISTIS Stejn. 6. SEIURUS MOTACILLA Bonap. BUSCHVIREO SCHWÄTZER WALDVIREO GOLDSTIGLITZ WASSERSÄNGER GARTENSÄNGER er are ie nl Yellow Warbler. White-eyed Vireo. Yellow-breasted Chat. Red-eyed Vireo. American Goldfinch. Louisiana Water-Thrush. Die Louiſiana-Waſſerdroſſel. ſänger, ſcheint dieſer Vogel bei St. Louis, dann auch im ganzen ſüdlichen Illinois und Indiana zahlreich zu brüten. Daß er in der Gegend des Wabaſh und White River an allen ihm zuſagenden Ortlichkeiten Sommergaſt iſt, wiſſen wir aus den Mitteilungen Ridgways und Brewſters. im ſüdlichen Indiana zahlreich, und ich laſſe hier einen Abſchnitt aus einem feiner unübertrefflichen Lebensbilder ſeltener und intereſſanter hieſiger Vögel folgen. „Ich hatte das Glück“, ſo ſchreibt er, „im verfloſſenen Frühling (1878) Neſter dieſes Droſſel— ſängers in Knox County (Indiana) zu finden. Der erſte am 6. Mai entdeckte Bau enthielt ſechs leicht be— brütete Eier. Der Standort desſelben war der Rand eines einſamen Waldteiches im tiefen Innern eines Letzterer fand ihn Cypreſſenſumpfes nahe am White River. Ein großer Baum war in das ſeichte Waſſer gefallen und die noch an den Wurzeln haftende Erde bildete eine nahezu ſenkrechte, etwas unregelmäßige Wand von etwa ſechs Fuß Höhe und zehn bis zwölf Fuß Breite. Nahe an dem oberen Rande dieſer Wand befand ſich in einer Höhlung zwiſchen den feineren Wurzeln das Neſt, welches ſchon ſeiner Lage und des eigenartigen Bau— materials wegen außerordentlich auffällig war. Sein Standort wurde zuerſt durch das Weibchen verraten, welches heraushuſchte, als ein Mitglied unſerer Ge— ſellſchaft wenige Fuß davon vorbeiſtrich. Es ſetzte ſich eine kleine Strecke entfernt auf einen niedrigen Aſt, ſtieß ſeine ſchrillen Warnungsrufe aus und ließ den Schwanz in der gewöhnlichen eigentümlichen Weiſe zittern, bekundete aber ſonſt anſcheinend wenig Angſt. Das betreffende, mir jetzt vorliegende Neſt iſt im Verhältnis zum Vogel außerordentlich groß und umfangreich. Die Außenwandungen beſtehen aus einer dichten Maſſe feuchter alter Blätter, welche durch den an ihrer Oberfläche haftenden Schlamm feſt aneinander geklebt ſind. . . . In einer Ecke dieſer Blättermaſſe, ganz hinten, befindet ſich das eigentliche Neſt, eine hübſch gerundete, napfförmige Vertiefung, welche nahezu 2.50 Zoll breit und ebenſo tief iſt. Dieſes innere Neſt beſteht aus kleinen Zweigen und grünem Moos, mit einer kreisförmig angeordneten Auskleidung trockner Gräſer und einigen Haaren von Eichhörnchen und anderen kleinen Vierfüßlern. Ein zweites am 8. Mai gefundenes Neſt ſtand an einer ganz ähnlichen Ortlichkeit, nur war es oben gegen Regen und ſpähende Feinde durch einen großen wei- ßen Schwamm geſchützt. „Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach glänzend weiß, fleiſchfarbig angehaucht. Um das | ſtumpfe Ende befinden ſich zahlreiche große, aber ziem— lich regelmäßige Tupfen von dunklem Umberbraun nebſt ſchwächeren Nebenzeichnungen von blaſſer Laven— delfarbe, während auf dem übrigen Teile der Ober fläche rotlohbraune Punkte dicht verſtreut ſind.“ In den Südſtaaten, namentlich im Miſſiſſippi— Thale, iſt der Waſſerdroſſel eigentliche Heimat. Hier fand ſie auch zuerſt Wilſon auf ſeiner Forſchungs— reife von Philadelphia nach New Orleans zu Anfang dieſes Jahrhunderts. „Die Rohrbrüche, Sümpfe, „Flußufer und die Einſamkeit waſſerreicher Wälder Tenneſſees, Miſſiſſippis und Louiſianas“, ſo ſchreibt er, „ſind ihr eigentliches Wohngebiet. Sie ſind ſehr leicht an ihrem Geſange zu erkennen, der ſich durch Stärke, Lieblichkeit und große Lebendigkeit der Töne, die ſehr hoch aufangen und faſt unbemerkbar ſtufen weiſe ſinken, bis ſie kaum noch zu vernehmen ſind, auszeichnet. Dabei ſitzt der Sänger auf dem mitt— leren Aſte eines am Fluß- oder Bachufer ſtehenden Baumes und läßt den weithin hörbaren Geſang her— vorſprudeln. Er iſt ſo außerordentlich lieblich und ausdrucksvoll, daß ich nie müde wurde, zuzuhören, wenn ich die Rohrbrüche, ſeinen gewöhnlichen Auf— enthaltsort, kreuzte.“ In den Fluß- und Bachniederungen des ſüd— weſtlichen Miſſouri habe ich die Waſſerdroſſel jedes Jahr beobachtet. Sie hält ſich meiſt am Boden auf, läuft auf demſelben droſſelartig umher, ſetzt ſich aber beim Singen in irgend einen kleinen Strauch. Wäh— rend der letzten Maiwochen und anfangs Juni hallt ihr ganzes Wohngebiet wieder von den herrlichſten, lieblichſten Klängen, die denen der beiden zuerſt ge— ſchilderten Droſſelſänger ähnlich, aber doch wieder ganz verſchieden von denſelben ſind. Jedenfalls ge— hört dieſe Philomele zu unſeren beſten Sängern, nähert ſich in dieſer Hinſicht ſogar der Einſiedler— droſſel, doch iſt die Klangfarbe des Liedes eine weſent— lich verſchiedene. In der Lebensweiſe ähnelt ſie den beiden früher beſchriebenen ſo ſehr, daß eine eingehende Beſchrei bung überflüſſig erſcheint. Namen: Louiſiana⸗Waſſerdroſſel, Waſſerdroſſel, langſchnä— belige Waſſerdroſſel. Louisiana Water Thrush, Large-billed Water Thrush, Large-billed Accentor, Warbler Thrush. Grive hochequeue (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus motacilla Vieill. (1807). — Seiurus motaeilla Bonap. (1850). — Henico- eichla motaeilla Cab. (1857). — Turdus ludovicianus Aud. (1832). — Seiurus ludovieianus Bonap. (1838). — Henicoeichla ludoviciana Selat. (1861). — Henico- eichla major Cab. (1850). 208 Beſchreibung: Der vorigen Art ähnlich, aber größer. Oberſeite dunkel olivenbraun; Unterſeite weiß, mehr oder weniger rahmgelblich (nie ſchwefelgelb) verwaſchen; die dunklen Flecken ſpärlich, matt und nie ſcharf hervor— tretend; Kehle und Bauch ungefleckt. Länge 5.75 bis 6.40 Zoll; Flügel von 3 bis 3.15, Schwanz bis zu 2.15 Zoll. Der Connecticut-Hänger. Connecticut Warbler. Geothlypis agilis GREGG. Dies iſt ein prächtiges kleines Vögelchen, ſcheint aber allerorten recht ſelten zu ſein. Ich habe es nur in Wisconſin während des Frühlingsdurchzugs einige— mal geſehen. Es hielt ſich im niedrigen Gebüſch auf und benahm ſich in demſelben ganz wie ein Gelb— kehlchen. Wilſon entdeckte den Vogel in Conneec— ticut und beobachtete dann ſpäter noch mehrere bei Namen: Der Kentucky-Sänger. Philadelphia. Sie lebten in niedrigem Strauchwerk, waren außerordentlich lebhaft und blieben kaum einen Augenblick auf derſelben Stelle ſitzen. Audubon fand ſie in New Jerſey, in der Nähe Philadelphias. Auch in Neu-England ſind ſie gelegentlich ziemlich zahlreich beobachtet worden. — Ihr Brutgebiet liegt nördlich von den Vereinigten Staaten. Connecticut⸗Sänger. Connecticut Warbler, Connecticut Wood Warbler. Fauvette agile (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia agilis Wils. (1812). — Trichas agilis Nutt. (1540). — Sylvicola agilis Jard. (1832). — Oporornis agilis Brd. (1858). — Geothlypis agilis Gregg. (1870). Beſchreibung: Olivengrün, am Kopfe in Aſchgrau über: gehend; Kinn, Kehle und Bruſt bräunlich aſchgrau; das übrige der Unterſeite gelb, an den Seiten olivenfarbig; weißer Ring ums Auge. Länge 5.50 Zoll; Flügel 2.75, Schwanz 2 Zoll. Der Kentucky-Hänger. Kentucky Warbler. Salat l lichen Louiſiana und ſüdöſtlichen Texas find meiſt mit einem faſt undurchdringlichen Wirrwarr | von Büſchen, Schlingpflanzen und moosbehangenen Bäumen geſäumt. Im ſeichten Waſſer ſelbſt ſtehen Cypreſſen, Waſſertupelos !), Knopfſträucher ?), Pinck— neyen?) und Weiden, während am Rande verſchiedene Eichen, Schwarzbirken und Amberbäume aufs üppigſte gedeihen. Dann folgen die prächtigen Stechpalmen oder Hilfen*), Magnolien, Gordonien, Wachsmyrten und andere immergrüne Bäume, unter welchen Ulmen, Eſchen und Eichen zahlreich zerſtreut ſind. Auch eine große Anzahl beerentragender Schneeballſträucher und Hartriegel finden ſich. Der ganze Wald, namentlich die größeren Bäume und die Gebüſche in der Nähe des Waſſers, ſind oft ſo dicht mit Schlingpflanzen über- und durchwachſen, daß man kaum durchzu— dringen vermag. Bis in die Baumſpitzen rankt 1) Nyssa unillora. 2) Cephalanthus oceidentalis. pubens. 4) Ilex opaca. 3) Pnekneya Geothlypis formosa RIDGW. Vogel 3. lie Flüſſe, Bäche, Bayous und Sümpfe des ſüd- guirlandenartig der Lorbeerſmilax!) und ebenſo die Trompetenbignonie?), deren orangeroten Blüten— büſchel in üppigſter Fülle und Pracht herabhängen. Am merkwürdigſten erſcheint dem Neuling die grotesk durcheinander geſchlungene Berchemie?). Dieſe über— aus geſchmeidige Liane ſieht man hier in allen mög— lichen Formen. Einmal ſtehen die zahlreichen, aus einem Wurzelſtock emporgeſchoſſenen glatten, grün— lichen Stämme aufrecht, wie andere Bäume, und erſt weiter oben verſchlingen ſie ſich miteinander oder wickeln ſich feſt um einen aufrecht ſtehenden Baum und deſſen Aſte; ein anderes Mal verwickeln ſich gleich über dem Boden zwei, drei und mehr Stämme mit— einander, ſodaß das Ganze das Ausſehen eines ge— drehten Taues erhält, oder ſie ſchlingen ſich ſo feſt um einen Baumſtamm, als wollten ſie dieſen erdrücken. Wilder Wein, namentlich die köſtliche Trauben liefernde Scuppernong- oder Muscadinrebe, Geisblatt, Gift— 1) Smilax laurifolia. bilis, engl. Supple Jack. 2) Tecoma radicans. 3) Berchemia volu- BEER Der D Kentucky-Sänger. ſumach, Carolina-Jasmin!) und rankende, ſtark be— ſtachelte Brombeerſträucher machen die Walddickichte oft ganz undurchdringlich. Die Vogelwelt iſt an der— artigen Ortlichkeiten ſehr reich. Ganze Scharen kleiner Schnee- und Blaureiher ſieht man im Waſſer umherwaten. laufen. In den Randdickichten ſchwärmt es von Kardinälen, Papſtfinken, Spottvögeln, Schwätzern und Zaunkönigen. den mit Palmettos, Stauden und Gras beſtandenen Ortlichkeiten, aber immer in der Nähe des Waſſers | und in der Nähe der geſchilderten Waldgegenden, trifft man einen Vogel zahlreich, deſſen Bekanntſchaft ich hier zuerſt machte: den Schmuck- oder Kentucky— Sänger. Nirgends traf ich dieſen Vogel ſo zahlreich, als im ſüdöſtlichen Texas. Dort kann man kaum eine ſumpfiges Gebüſch, kaum einen mit niederem Geſtrüpp bewachſenen Waldesſaum betreten, ohne einige dieſer lieblichen Vögel zu ſehen oder zu hören. Er iſt dort jedenfalls der zahlreichſte der ganzen Familie. Au— fangs verwechſelte ich ihn mit dem ſehr ähnlichen, in den ſelben Ortlichkeiten vorkommenden und in der | Lebensweiſe mit ihm übereinſtimmenden Maryland— Gelbkehlchen. Bei eingehender Beobachtung fand ich die Unterſchiede jedoch bald heraus. Der Schmuck— ſänger iſt bedeutend ſtärker und gedrungener gebaut, iſt in ſeinen Bewegungen nicht ſo ſchnell und hurtig und hat einen viel ſtärkeren, angenehmeren Geſang. Ich fand ihn zuerſt Ende April am Spring Creek, im nördlichen Teile von Harris County (Texas). Ich ſah das Vögelchen an allen geeigneten Ortlichfeiten paarweiſe oder einzeln. Es hält ſich immer niedrig über der Erde im Gras, in Stauden und niedrigem Gebüſch auf, wo es ſich mit viel Anmut und großer Gewandtheit bewegt. Es iſt nicht ſehr ſcheu und läßt ſich leicht in ſeinem Thun und Treiben beobachten, wenn man ſich ruhig verhält. Wenn es ſingen will, ſetzt es ſich in die Spitze einer Staude oder eines niedrigen Buſches und läßt von hieraus mit empor— gehobenem Schnabel ſein Liedchen erklingen. Sänger ermüdet oder wird er geſtört, ſo taucht er hinab ins dichte Gras und Unkraut. Ich habe den Vogel wiederholt zehn bis fünfzehn Minuten lang auf einer Stelle ſitzen ſehen und ſeine Töne zum beſten geben hören. Das Liedchen beſteht aus fünf bis ſechs 1) Gelsemium sempervirens. Schlangenhalsvögel beleben mehr das tiefere Waſſer, während auf den Blättern der Waſſer— lilien mehrere Arten Waſſerhühnchen munter umher Neſter, ſchwer zu entdecken. In den Waldlichtungen und an Iſt der 209 lauten, ſehr melodiſchen lieblichen Tönen, welche nach kurzen Pauſen fort und fort wiederholt werden. Der Geſang klingt etwa wie „Tſchulistſchuli-tſchuli-tſchu— lit“, wobei der Nachdruck immer auf der zweiten Silbe liegt. — Am liebſten ſcheint er ſich in dem niedrigen Zwergpalmengeſtrüpp umherzutreiben, denn ich fand ihn an derartigen Ortlichkeiten am zahlreichſten. Ein Neſt konnte ich in Texas jedoch trotz eifrigen Suchens nicht finden. Es iſt, wie alle am Boden ſtehende Dagegen hatte ich im ſüdweſtlichen Miſſouri mehrmals Gelegenheit, Neſt und Eier zu ſehen. Die Vögel bauen ſtets auf die Erde, nahe an einem Grasbüſchel, unter eine dichte Staude oder Farnkräuter und unter niedrige Büſche. Nie findet man den Bau im dichten Walde ſelbſt oder in Dickichten, ebenſowenig aber auch in offenen baum— und gebüſchloſen Ortlichkeiten. Wald, mit Gebüſchen und Dickichten und Waſſer muß in der Nähe ſein, wo der Schmuckſänger ſeine Heimat wählt. Das Neſt iſt feuchte gras- und ſtaudenreiche Waldgegend oder ein ein ſehr großer und loſer aus Stengeln, Halmen und Moss beſtehender, auf einer Unterlage alter Blätter ruhender Bau. Innen iſt es mit feinen Hälmchen ausgelegt. Vollzählige Gelege findet man in Südweſt— Miſſouri ſchon in der zweiten Maiwoche. In Texas ſah ich in der dritten Woche desſelben Monats ſchon ausgeflogene Junge. Die vier bis fünf Eier ſind glänzend kryſtallweiß, über und über ziemlich gleich— mäßig dicht mit dunkel- und rötlichbraunen Flecken gezeichnet. Bei St. Louis, im ganzen ſüdlichen Illinois und Indiana iſt der Kentuckyſänger ein zahlreicher Sommergaſt. Nach Norden hin verbreitet er ſich, aber ſehr vereinzelt, bis zum ſüdlichen Michigan, New York und Neu-England. Im ſüdlichen Illinois und Indiana bewohnt er vorzugsweiſe das dichtere Untergebüſch und die Stauden der Wälder, zwiſchen Stumpfen und umherliegenden Baumſtämmen. Nach Ridgway erſcheint er bei Mt. Carmel, Ill., Ende April. Das Neſt hat er ſelbſt dort nicht gefunden, doch habe ich aus jener Gegend, aus dem gegenüber— liegenden Indiana, Neſt und Eier erhalten. Er rühmt den Geſang und vergleicht ihn mit dem des Kardinals. Der Lockruf erinnere an den Hauspiwi ). Dr. Gerhardt beobachtete den Schmuckſänger zahlreich im nördlichen Georgia und fand dort auch oft das Neſt. Wilſon beobachtete ihn von Kentucky bis zur Mündung des Miſſiſſippi, und Audubon berichtet, daß dies die gewöhnlichſte und häufigſte Waldſängerart Louiſianas ſei. Aus dem allen iſt 1) Suyornis phoebe. 52 erſichtlich, daß unſer Vogel feine eigentliche Heimat Wiſſenſchaftliche Namen: in den Südſtaaten der Union hat. Ich ſah ihn ſchon anfangs April zahlreich im Walde bei Chattahoochee und Jackſonville (Florida), doch kann ich nicht an— geben, ob er dort brütet. Nach Weſten hin verbreitet er ſich bis zum Indianer-Territorium und Kanſas. Den Winter verbringt er in Panama, Guatemala, Cuba u. ſ. f. Namen: Kentucky⸗ oder Schmuckſänger. Kentucky Warbler, Kentucky Flycatching Warbler. — Fauvette du Kentucky. Der Trauerſänger. Sylvia formosa Wils. (1811), Aud. — Sylvicola formosa Jard. (1832). — Myiodioctes formosus Aud. (1839). — Oporornis for- mosa Brd. (1558). — Geothlypis formosa Ridgw., Pr. U. S. Nat. Mus. VIII (1885). Beſchreibung: Oberſeite rein olivengrün; Krone ſchwarz; Streif über dem Auge reich gelb (dieſer läuft halbmond— förmig um das hintere Auge); ein ſehr hervortretend ſchwarzer Streif von der Schnabelwurzel aus unter dem Auge und am Halſe hinlaufend; ganze Unterjeile glänzend gelb. Größe 5.75 Zoll; Flügel etwa 2.80, Schwanz 2 bis 2.20 Zoll. Der Trauerfänger. Mourning Warbler. Tafel XII. En am 16. Mai des Jahres 1882 ftreifte ich and des Morgens in aller Frühe wie gewöhnlich im texaniſchen Walde umher, um meine gefiederten Lieblinge in ihrem Thun und Treiben zu beobachten. Faſt alle Zugvögel waren ſchon längſt ihrer nördlichen Heimat zugezogen und die Standvögel eifrig beim Niſten oder mit der Aufzucht der Jungen beſchäftigt. Der ganze Wald hallte wieder von einem tauſend— ſtimmigen Sängerchor. Der Boden der ſonſt ſo einförmigen, nur aus Pfoſten-, einzelnen Schwarz— eichen und Hickory beſtehenden Waldung war wie mit einem bunten Teppich belegt. Flammenblumen (Phlox), Cereopſis (Schöngeſicht) und andere liebliche Blumen verliehen dem Bilde einen reizenden Anblick. Die Bäume, zum Teil mit wildem Wein und Trom— petenbignonien berankt, ſtrichweiſe auch mit dichten Guirlanden grüngrauer Bartflehten!) behangen, zeigten ſich jetzt im ſchönſten üppigſten Grün. In den Bartflechten machten ſich Meiſen- oder Flechten— ſänger zahlreich bemerkbar, während Kolibris an den herabhäugenden Büſcheln feurig orangeroter Trom— petenblumen unausgeſetzt umherſchwirrten. Ganz bezaubert von der herrlichen Natur, von den vielerlei ſchönen Pflanzen und von dem Chor jubelnder Sänger, unter denen ſich Kardinäle und Spottvögel beſonders bemerklich machten, hatte ich einem kleinen 1) Usnen barbata. Geothlypis philadelphia BIRD. Vogel 7. vor mir ſingenden Vögelchen wenig Beachtung ge— ſchenkt. Doch jetzt kam es dicht an mich heran und ließ jubelnd ſein Liedchen erklingen. Ganz überraſcht betrachtete ich den kleinen kecken Vogel und ſah ſofort, daß es ein prächtiges Männchen des Trau er— ſängers war. Er hielt ſich meiſt im unteren Geäſt der Bäume auf, flog von da herab in die niedrigen Gebüſche, um große glatte grüne Raupen hervor— zuholen. Dabei ließ er fortwährend feinen hellen, lauten, überaus lieblichen Geſang hervorſprudeln. Er war ſo zutraulich, daß ich ihn etwa eine halbe Stunde beobachten konnte. Obwohl der nächſte Ver— wandte des ewig beweglichen, mißtrauiſchen Gelb— kehlchens, iſt er doch in ſeinen Bewegungen weniger ſchnell und munter und weniger furchtſam. Wahr— ſcheinlich hatte er ſich auf ſeinem Zuge nach dem Norden verſpätet. Als ich am nächſten Tage dasſelbe Revier durchſtreifte, fand ich den kleinen Nachzügler nicht mehr. Jedenfalls hatte er in der Nacht ſeine Reiſe nach der nördlichen Heimat fortgeſetzt. Allerwärts ſcheint der Trauerſänger ein ſeltener Vogel zu ſein, doch trifft man ihn in mäßiger Anzahl vom Atlantiſchen Ozean bis weſtlich zu den großen Ebenen. Im Miſſiſſippi-Thale iſt er viel häufiger als im Oſten unſeres Landes. Am zahlreichſten iſt er jedoch im nördlichen Teile ſeines Verbreitungs— gebietes, in Minneſota und Dakota, wo er aber kaum vor den letzten Maitagen eintreffen dürfte, und wo er M illivrays- Sänger Macgillivrays Sänger. 211 ähnliche Ortlichkeiten bewohnt wie das Gelbkehlchen. fümpfen Minneſotas beobachtete, konnte nirgends ein Zu ſeinem Aufenthalt wählt er immer feuchte, ſum- | Net finden. f pfige, waſſerreiche, mit vielem niedrigen Gebüſch, Un— In den Gebirgen Pennſylvaniens, dann auch kraut und hohem Gras beſtandene Gegenden. Ich in denen New Yorks und Neu-Englands iſt der habe ihn im Sommer mehreremal in den Sümpfen Trauerſänger Brutvogel. Am Umbagog-See in des nördlichen Wisconſin geſehen, doch war es an der- Maine fand man ihn ziemlich zahlreich. Wie faſt artigen, mit niederem Gebüſch, Torfmoos!), Krons- alle Waldſänger, ſo zieht auch er im Winter ſehr weit beeren und anderen Pflanzen bewachſenen waſſer- ſüdlich bis nach Coſta Rica, ſelbſt bis Neu-Granada reichen moorigen Örtlichkeiten ſchwer, ihn näher ken- in Südamerika. nen zu lernen. „Wahrſcheinlich“, ſo ſchreibt Coues, „iſt er am Red River zwiſchen Dakota und Minneſota häufiger als irgend wo anders. Weſtlicher habe ich ihn nicht beobachtet. Er bewohnt das dichte Buſchwerk der | Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia Philadelphia Flußufer und iſt ſchwer zu beobachten; das Weibchen e ee ar 850 ’ en 2 Geothlypis philadelphia Brd., B. N. A. 1858. ſchwerer als das Männchen, denn letzteres jest ſic Beſchreibung: Oberſeite gelblich olivengrün, am Kopfe doch gelegentlich hoch auf einen Baum, um zu ſingen. in Aſchgrau übergehend; Unterſeite rein gelb; Bruſt Das Neſt wird ſehr verſteckt angelegt, denn trotz und Kehle mehr oder weniger tief ſchwarz; (gewöhnlich eifrigen Suchens in Örtlichfeiten, wo es ſtehen mußte, erſcheint der Vogel ſchwarz verjchleiert, daher der Name wurde es doch nirgends entdeckt.“ Auch Trippe, Trauerſänger); Flügel dunkel, gelblichgrün verwaſchen. 85 ER Länge 5 bis 5.50 Zoll; Flügel und Schwanz etwa der den Trauerſänger zahlreich in den Tamarack— 2.25 Zoll. Namen: Trauerſänger. Mourning Warbler, Mourning Ground Warbler. Fauvette petit-deuil (Vieill.). Macgillivravs-Dänger. Maegillivray's Warbler. Geothlypis Macgillivrayı BaıRD. ieſer hübſche, dem vorigen ſehr ähnliche Erd- Dickicht in der Nähe der Flüſſe und Bäche, in welches fänger bewohnt den weſtlichen Teil unſeres er auch ſtets vorſichtig und ängſtlich ſich zurückzieht, Landes, namentlich die Gebirgsgegenden Arizonas, wenn etwas Verdächtiges ſich zeigt. Californiens, Nevadas, Utahs, Colorados, Dregons In Nuttall fand Macgillivrays-Erd— und Waſhingtons bis ins Innere Britiſch-Columbias. ſänger zunächſt einen ausgezeichneten Beobachter, Nach Oſten hin verbreitet er ſich bis zu den Vorbergen und wir ſind über ihn und ſeine Lebensweiſe viel beſſer der Felſengebirge. Seine Winterheimat haben wir unterrichtet, als über den hauptſächlich im oberen von Mexico bis Centralamerika zu ſuchen. Salvin Miſſiſſippi-Thale und am Red River des Nordens fand ihn zwiſchen den Vulkanen Agua und Fuego lebenden Trauerſänger. Der genannte Forſcher be— in Guatemala ziemlich häufig. Er bewohnt dort richtet, daß er einer der gewöhnlichſten Sommergäſte die Säume der tropiſchen Wälder und die Ränder der der Waldungen und Ebenen des Columbia ſei, wo er Klärungen. zeitig im Mai erſcheine und faſt bis zum Eintritt des Am häufigſten ſcheint er am Columbia in Oregon Winters verweile. Er hält ſich nahe am oder auf dem und Waſhington zu fein, wo ihn auch Nuttall und Boden auf, wo er feine Nahrung meiſt zwiſchen dem Towusend entdeckten. Dort iſt er wohl ebenſo niederen Gebüſch erbeutet. Am 12. Juni wurde ein häufig, wie das Gelbkehlchen im Oſten. Auch er ift | Neſt gefunden. Es beſtand hauptſächlich aus Baſt⸗ ſcheu und lebt zurückgezogen im faſt undurchdringlichen faſern des Lebensbaumes und war mit langen draht— ähnlichen Pflanzenſtengeln ausgelegt. Dasſelbe ſtand 1) Sphagnum. nahe am Boden, in den alten moosbedeckten Aſten N 212 Das Gelbkehlchen. einer umgefallenen Eiche und war durch einen langen ſagt, daß der Geſang ſehr munter und angenehm Bartflechtenbüſchel teilweiſe verdeckt. Es war ähnlich klinge, daß er den Schnabel emporrichte und mit aber weniger künſtlich als das des Gelbkehlchens ſchwellender Kehle ſinge. Nuttall giebt an, daß er gebaut. gewöhnlich ein lautes, ſchmatzendes „Klink“ ertönen Alle Neſter dieſes Erdſängers, welche Dr. Ken- laſſe. Ein Männchen ſang nach kurzen Pauſen nerly am Puget Sund fand, ſtanden auf der Erde „Wiſch-wiſch-tiuh“ und endete dann mit „Wit-wit- und alle waren faſt ausſchließlich von dem prächtigen wit-witiuh“. Noch ein anderes fang „Wiſcht-wiſcht— weichen Moos, das jener Gegend fo eigentümlich iſt, wiſcht-i wiſcht-t'ſchiuh“. Prof. Allen, der ihn hergeſtellt. Ridgway fand den Vogel zahlreich in Colorado beobachtete, rühmt den Geſang als ſehr brütend im Wahſatch-Gebirge (Parleys Park), Utah. lieblich, hell und laut. „Dieſe Art“, ſa 9 ausſchließlich d 7 8 5 fe jagt 5 e Bas das Namen: Macgillivrays⸗Sünger. Unterholz an den Bergſtrömen der Canons und Macgillivray’s Warbler, Maegillivray's Ravinen. Zwiſchen den Stauden derartiger Ortlich— Ground Warbler, Tolmie’s Ground Warbler. keiten wurden zahlreiche Neſter gefunden. In feinem | Wiſſenſchaftliche Namen: Sylvia Macgillivrayi Falle ſtanden ſie auf der Erde ſelbſt, obwohl ſie alle Aud. (1839). — Trichas Maegillivrayi Aud. (1839). — 195 debe ( > en ’ 9 Geothlypis Mucgilirανꝗ Brd., B. N. A. 1858. — Geo- nahe an derſe ben aupelegt Waren. Sie e meiſt | thlypis philadelphia var. Macgillivrayi Allen (1872). an aufrecht ſtehenden Pflanzenſtengeln befejtigt, ſtan— — Trichas Tolmaei Nutt. (1840). — Trichas vegeta den gelegentlich auch in einem Dornbuſche etwa ein Bonap. (1850). bis zwei Fuß vom Boden.“ Die Eier, gewöhnlich Beſchreibung: Oberſeite, einſchließlich der Flügel und 2 85 a 258055 Fi s S 368. rei pengrün: rſeite alänze vier an Zahl, find der Grundfarbe nach rötlichweiß, 6k!!! 8 Beer i 8 20 gelb, an den Seiten olivenfarbig verwaſchen; der ganze unregelmäßig dunkelbraun, lila und rötlichbraun ge— Kopf und Hals, Kehle und Oberbruſt rein aſchgrau; fleckt und geſchnörkelt. Je kleiner die Flecken, deſto Augenlider weiß, Ohrengegend dunkel. Unterſcheidet dichter ſcheinen ſie zu ſtehen, während ſie, wenn ſie ſich von G. philadelphia hauptſachlich und auf den U in lier das bene | erſten Blick durch die weißen Augenlider. groß 1 0 ine} 1 . | LE | Länge 5 bis 5.75 Zoll; Flügel 2.38, Schwanz Schon Townsend, der Entdecker des Vogels, 2.28 Zoll. Das Gelbhehlchen. Maryland Vellow-throat. Geothlypis trichas Ca». Tafel XIV. Vogel 1. ie verſchiedenen Waldſänger haben ſich recht bekannt machen. Wir brauchen es nicht in weiter € eigentlich in ihr Wohngebiet geteilt. Wäh- | Ferne zu fuchen. Ein Gang zum nächſten Bache, rend die einen das Gebüſch freier Strecken, Wald- zum nahen, mit Gebüſch beſtandenen Sumpfe oder ränder und Gärten bewohnen, wählen ſich andere eine Wanderung durch die niedrig liegenden, hie und mehr das abgeſchloſſene einſame Waldesdunkel und da mit Gebüſch und üppig emporgeſchoſſeuen Stauden das Gebüſch der Sümpfe zum Aufenthalt; während beſtandenen Wieſen bieten überdies an einem warmen ji) die einen hoch oben im luftigen Gezweige der | Junitage dem Naturfreund einen hohen Genuß. Die Baumkronen tummeln und andere die höheren Zweige ſtolzen Wieſen- und Canada-Lilien leuchten uns ſchon der Dickichte bevorzugen, treiben ſich wieder andere im aus der Ferne entgegen. Allerwärts am Bachrande niederen Buſchwerk und ſelbſt auf dem Boden umher. ſtehen die prächtigen, erſt ſpäter blühenden roten und Zu den letzteren gehört auch unſer zu der Gruppe der blauen Lobelien. An recht ſumpfigen Stellen des Erdſänger zählendes, allbekanntes und weit verbrei- | langjam fließenden Waſſers finden ſich eine Menge tetes Gelbkehlchen. wohlriechender weißer Waſſerlilien und gelber Teich— Wollen wir es näher kennen lernen, jo müſſen | vofen, deren breite Blätter in früher Morgenſtunde wir uns zunächſt mit feinem Aufenthaltsorte näher | der Tummelplatz einer Familie ſchnellfüßiger Teich— . 1 Das Gelbkehlchen. 213 hühnchen find." Hohe Farnkräuter, dichte Stachel- hängenden Zweigen der Sträucher und Bäume. Eine beerſträucher und mannigfache andere Gebüſche ſäumen nicht nur die Ufer, ſondern es erſtrecken ſich dieſelben auch über große Flächen des Tieflandes. An dieſen halbwilden Ortlichkeiten, wo Stauden, Gras, Faru kräuter, Brom- und Stachelbeerbüſche am dichteſten ſtehen, werden wir nicht vergeblich nach dem Gelb— kehlchen zu ſuchen haben. Dort klettert ſchon ein ſcheues Männchen an einem Stengel empor, neu— gierig Umſchau haltend. Die gelbe Kehle und Unter— ſeite, der tiefſchwarze durchs Auge laufende Streif und der olivengrünliche Rücken kennzeichnen es ſofort. Es iſt an derartigen gebüſchreichen Stellen in der Nähe des Waſſers zahlreich, ja man kann es mancher— orts als den häufigſten aller Waldſänger bezeichnen. Hier lebt es nahe am und auf dem Boden zwijchen Farnkräutern, Geſträuch und Gras wie ein Zaun— könig. Seine einfache Schönheit und ſeine Munter— keit machen es zu einer der reizendſten Erſcheinungen ſeines Wohngebietes. Da es immer nahe am Boden zwiſchen einer dichten, üppig entwickelten Pflanzenwelt lebt, und da es ſehr ſchnell in ſeinen Bewegungen iſt, ſo iſt es nicht gerade leicht zu beobachten. Man muß oft lange geduldig warten, bis man ſeiner anſichtig wird. Wenn man auf ſeinem Beobachtungspoſten ausharrt, ſo wird man endlich die beſte Gelegenheit haben, das reizende Vögelchen genauer kennen zu lernen. Es legt zuletzt auch alle Scheu ab und läßt ſich oft lange in ſeinem Thun und Treiben beobachten, iſt dabei jedoch ſtets vorſichtig und verſchwindet im dichten Graſe oder niederen Gebüſch, ſobald man eine verdächtige Bewegung macht. Im Norden iſt es mit keinem anderen Vogel zu verwechſeln; im Süden lebt jedoch ein ähnlicher, aber größerer, gedrungener ge— bauter Vogel in ganz denſelben Ortlichkeiten, der Kentucky-Sänger, der nicht nur in feiner Lebensweiſe dem Gelbkehlchen gleicht, ſondern ihm auch in der Färbung ſehr ähnlich iſt. Aus dem Hin- und Herbiegen des Graſes und der Stauden und aus dem von allen Seiten erklin— genden Geſange erſieht man, wie zahlreich dieſe Vögel in vielen Ortlichkeiten ſind. büſche beſucht das Gelbkehlchen während der Brutzeit faſt nie; ſelten ſteigt es höher als vier Fuß empor. Das Weibchen lebt ſo verſteckt, daß man es nur ſelten gewahrt. Der Flug und alle Bewegungen ſind ſchnell und anmutig. des Gartenſängers ). Bäume und höhere Ge- Mit ganz befonderer Geſchick- lichkeit weiß es ſich auf dem Boden, unter den Büſchen und zwiſchen den dichten Stauden zu benehmen. Am liebſten tummelt es ſich auf den über dem Waſſer beſondere Gewandtheit beſitzt es, ſich an aufrecht ſtehenden Stengeln und Grashalmen feſtzuhalten und an ihnen emporzuklettern. Häufig trifft man es auch an Waſſergräben und Quellen. Trockene Gegenden, Berge und das Innere der Wälder meidet es. Der Geſang iſt, obwohl kurz, doch ſehr laut, hell, wohlklingend und beſonders fröhlich. Die ein— zelnen Töne erklingen meiſt in ſchneller Aufeinander— folge. Das Liedchen verleiht dem Aufenthaltsorte dieſer Vögel ein recht heiteres Gepräge. Man kann es etwa durch folgende Silben wiedergeben: „Wied— wied-wied-ſit-ſit-ſit.“ Die erſten zwei oder drei Töne werden langſam, die übrigen in ſchnellerem Tempo hervorgebracht. Dieſer Geſang, der kurz vor und während der Brutzeit ſehr fleißig erklingt, hat nach meinem Dafürhalten viel Ahnlichkeit mit dem Nach Herrn Widmann, der ſchon ſeit vielen Jahren das Freileben unſerer heimiſchen Vögel ſtudiert und ein ganz ausgezeichneter Geſangskenner iſt, klingt das Lied wie „Wiſchi, wiſchi, wiſchi, wih“ oder „Windmüller, Windmüller, wih“. Ich fand das Gelbkehlchen auf meinen Wande— rungen vom mittleren Wisconſin bis zum ſüdlichen Texas als Brutvogel. Es geht jedoch noch viel weiter nördlich, bis zum 50. Grad nördlicher Breite. Ken— nicott traf es bis zum „Lake of the Woods“. In den Vereinigten Staaten trifft man es vom At— lantie bis zum Pacific. In den Gebirgsthälern der Felſengebirge und Sierra Nevada ſcheint es ebenfalls allerwärts vorzukommen. Die Südſtaaten ſcheint es meiſt nur auf dem Zuge zu berühren, doch glaube ich, daß es in vielen Gegenden auch Brutvogel iſt. Im ſüdöſtlichen Texas brütet es an allen ihm zuſagenden Ortlichkeiten zahlreich. Ich fand es dort zwiſchen den niederen Palmettos, Stechpalmen, allerlei Schling— gewächſen, Gras u. ſ. w. ziemlich regelmäßig. Auch in den übrigen, ornithologiſch noch wenig erforſchten Südſtaaten dürfte es Brutvogel ſein. In Wisconſin erſcheint es Mitte Mai, im ſüdweſtlichen Miſſouri Ende April und in Texas anfangs April. In den Nordſtaaten beginnt es mit dem Neftbau in den letzten Maitagen, und anfangs Juni findet man vollzählige Gelege. Das Neſt wird immer unter einem Buſche, an einem Gras- und Stauden— büſchel auf die Erde gebaut, und es iſt, trotz der Häu— figkeit der Vögel und trotzdem ſie in vielen Gegenden zwei Bruten machen, ſehr ſchwer zu finden. Es ſteht 1) Dendroica aestiva. Der Schwätzer. in der Regel auf einer Lage alter Blätter unter einem dichten Buſche, unter den überhängenden Wedeln von Farnkräutern, zwiſchen Stauden oder in Reiſighaufen, oft in einer kleinen Vertiefung des Bodens. Es iſt ein ziemlich loſer umfangreicher Bau. Grobe Gras— halme, Baſtfaſern, Pflanzenſtengel und Blätter bilden die Außenſeite, feinere Hälmchen und Baſt, manch⸗ mal auch Haare, die innere Auskleidung. Oft iſt der Bau auch dachartig überwölbt und nur an einer Seite mit einem Eingange verſehen. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach rein weiß und nur ſpärlich mit verſchiedenen braunen Flecken, am dichte— ſten am dicken Ende, gezeichnet. Oft findet man auch ein oder mehrere Kuhvogel-Eier in einem Neſte. Die Jungen werden mit vieler Liebe und Sorgfalt ge— pflegt, ſpäter längere Zeit geführt und vor Gefahr gewarnt. Wenn man an das Neſt kommt, zeigt das Pärchen eine große Angſtlichkeit und läßt traurig klingende Angſtrufe ertönen. Das Gelbkehlchen iſt kein geſelliger Vogel, und auch während des Herbſtzuges trifft man immer nur kleine loſe Geſellſchaften beiſammen; keiner ſcheint ſich viel um den anderen zu bekümmern. Wenn ſie fortziehen, was in Wisconſin etwa Ende September ſtattfindet, blühen die zahlreichen Goldruten!) und Aſtern. Im ſüdlichen Miſſouri findet man ſie Mitte Oktober auf ihrer Reiſe nach dem Süden, wenn Gen— ttane”), blaue Lobeliens) und andere Herbſtblumen in ſchönſter Blüte ſtehen. Einige Nachzügler ſcheiden nicht vor Anfang November. Im ſüdlichen Texas verweilen ſie an geſchützten Stellen oft bis zum De— zember. Als ihre Winterherberge hat man Mexico, Centralamerika, Cuba, Jamaica und die Bermudas anzuſehen. — Das in den Oſtſtaaten, öſtlich von den Allegha— nies, vorkommende Gelbkehlchen iſt die eigentliche Art, während das im Miſſiſſippi-Thale und weſtlich auf— tretende das weſtliche Gelbkehlchen, Geothly- is trichas occidentalis BREWSTER (Western Yel- low-throat) iſt. Namen: Gelbkehlchen, Maryland-Gelbkehlchen. Maryland Yellow-throat, Yellow-breast War- bler (Penn.), Orange-thighed Warbler (Penn.), Black- cheeked Yellow-throat (Gosse), Black-masked Ground Warbler (B. B. & R.). Figuier de Mariland (Briss.), Figuier aux joues noires (Vieill.), Fauvette à poitrine jaune de Louisi- ane (Buff.), Fauvette trichas (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus trichas Linn. (1766). — Sylvia trichas Lath. (1790). — Geothlypis trichas Cab., M. H. (1850). — Sylvia marylandica Wils. (1808). — Trichas marylandica Nutt. (1840). — Sylvia Roscoe Aud. (1832). — Trichas Roscoe Nutt. (1840). — Trichas brachidactylus Swains. (1838). Beſchreibung: Oberſeite olivengrün, am Kopfe in Aſch— grau übergehend; Flügel und Schwanz braun, jede Feder olivengrün gerandet; Kinn, Kehle und Bruſt, untere Flügel- und Schwanzdecken reich gelb; Bauch matt weißlich; ein breiter Streif an der Stirn und an den Kopfſeiten tief ſchwarz, oben grauweiß begrenzt. Weibchen ohne das Schwarz und Aſchgrau, einfacher. Länge 4.75 bis 5.50; Flügel und Schwanz etwa 2 bis 2.10 Zoll. Der Schwäher. Yellow-breasted Chat. Tafel NV. A N.. aaa, iſt ſehr reich an eigentümlichen ge- 6° fiederprächtigen und geſangskundigen Vögeln. Alle Farben und namentlich die grellen, wie Rot und Orangegelb, ſind in den mannigfachſten Abſtufungen vertreten. Die Färbung vieler unſerer gefiederten Sommergäſte wetteifert in Wahrheit mit der Blumen 1) Solidago. 2) Gentiana puberula und G. Andrewsii. 3) Lobe- lia syphilitica. Icteria virens BAIRD. Vogel 3. Schmelz), der Edelſteine Funkeln), des Himmels Atherblaus), des Morgens Purpurglut:). Und nicht nur denen, welchen ein einfaches Kleid beſchieden iſt, ſondern auch vielen farbenprächtigen Vögeln iſt die bewunderungswürdige Gabe des Geſanges in reichem Maße zu teil geworden. Ein Vogel, der Schönheit, Tonreichtum und 1) Waldſänger. 2) Kolibris. 3) Blauvögel. 4) Tangaren. u a — a € — — 3 e N are — 2 9 * 4 “ Der Schwätzer. Abſonderlichkeit in ſich vereinigt, iſt der Schwätzer oder Plauderer. Er iſt ein urkomiſcher Geſell, ein ausgeprägter Sonderling unter den gefiederten Bewohnern der Gebüſche und Dickichte. Als echter Charaktervogel ſeines Wohngebietes fällt er durch ſein zahlreiches Vorkommen, durch ſeine Schönheit, durch und durch ſein höchſt ſonderbares Betragen auf. Er iſt deshalb auch dort, wo er zahlreich vorkommt, eine einem jeden Vogelfreund bekannte Erſcheinung. Sein Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich während der Brutzeit nördlich bis nach Dakota, Michigan und dem Connecticut-Thale, doch iſt er ſchon im nördlichen Illinois, Indiana und Ohio ein ſeltener Brutvogel, während er in den ſüdlichen Teilen der genannten Staaten ſehr zahlreich iſt. Weſtlich verbreitet er ſich bis nach Kanſas. Eine ganz ähnliche langſchwänzigere Varietät kommt von da bis zum Großen oder Stillen Ozean vor. Ich traf ihn vereinzelt im nördlichen Illinois brütend und ebenjo im ſüdöſtlichen Texas; am zahlreichſten fand ich ihn im ſüdweſtlichen Miſ— ſouri. Hier beobachtete ich ihn in allen mit Gebüſch der verſchiedenſten Art und mit Dickichten beſtandenen Gegenden, namentlich an Waldrändern und im Ge— büſch in der Nähe des Waſſers. Feuchte, naſſe Ort— lichkeiten meidet er nach meinen Beobachtungen ſtets. Alte Viehweiden mit Dickichten, die gebüſchreichen Waldesſäume, das Buſchwerk an Zäunen und andere halbwilde Ortlichkeiten wählt er ſich zu ſeinem Lieb— lingsaufenthalt. An ſolchen Plätzen gehört er zu den häufigſten Brutvögeln. In ſeiner Nähe finden ſich gewöhnlich Waldfinken !), Kardinäle, Erd- und In— digofinken, Buſch- und Prärievireos?) und andere buſchliebende Vögel. Er erſcheint im ſüdweſtlichen Miſſouri nie vor Ende April und im nördlichen Illi— nois ſelten vor dem 15. Mai. Der Frühling muß jedenfalls vollſtändig eingezogen ſein, wenn Schwätzer ihr Erſcheinen machen ſollen. Die Männ— chen treffen zuerſt ein, halten ſich aber ſo verſteckt im bereits dicht belaubten Gebüſch, daß man ſie nur ſelten gewahr wird. Die erſten Tage nach ihrer Ankunft verhalten ſie ſich vollkommen ſtill, wenn aber etwa zwei bis ſechs Tage ſpäter die Weibchen eintreffen, dann kann das Vorhandenſein des Schwätzers nicht länger verborgen bleiben. Sein charakteriſtiſches, bauchredneriſches und überaus komiſches Geſchwätz verrät ihn ſofort. Es erklingt zunächſt nur in den frühen Morgenſtunden und abends beim Dämmer— 1) Spizella pusilla. 2) Vireo noveboracensis und V. Belli. die | | 215 ſchein, wahrſcheinlich, um vorüberziehende Weibchen anzulocken. Sobald dieſe eingetroffen ſind, beginnt erſt das rechte Leben und es bietet dann einen beſonderen Reiz, die Vögel in ihren Brutrevieren zu beobachten. Am beſten werden wir den Schwätzer kennen lernen, wenn wir ihn in ſeinen Lieblingsaufenthalts— die Verſchiedenheit und Eigentümlichkeit ſeiner Töne orten aufſuchen. Es iſt ein herrlicher, ſonniger Mai— tag. Die ſanfte reine Luft läßt uns die ſehr unan— genehme abwechſelnde Witterung des März und April vergeſſen; eine ziemlich gleichmäßige Temperatur herrſcht nun in dieſer Gegend, den Ausläufern des Ozark-Gebirges in Lawrence County, Miſſouri. Die große fruchtbare Spring River Prärie, in deren Mit— telpunkt Freiſtatt — mein damaliger Wohnort — liegt, wird ringsumher von Wald begrenzt, deſſen Rand oft mit Gebüſchen und Dickichten geſäumt iſt. Hie und da finden ſich auch ehemalige Waldſtrecken, welche, obwohl die Bäume abgehauen worden ſind, doch nicht unter Kultur gebracht wurden. Allerwärts liegen die alten Aſte umher, und auch zum Teil verfaulte Baumſtämme ſieht man in Menge. Üppig find auf ſolchen verwilderten Landflächen dichte Gebüſche und junge Bäume emporgeſchoſſen. Namentlich die ſchönen Schneebeeren-) und Stachelbeerſträucher und dichte Roſenbüſche, ferner mit wildem Wein überrankte Dickichte, Brombeerſträucher, kleine Perſimonen- und Sumachbäume nehmen jetzt die Stelle des früheren, freilich ſehr einförmigen Schwarzeichenwaldes ein. Hier, beſonders wo die Gebüſche an den Wald gren— zen, iſt der Schwätzer zahlreich. Wir können ihn gar nicht überſehen, trotz der vielen anderen Vögel, die an ſolchen Tagen bejonders fröhlich ſind und trotz— dem unſer Vogel ſehr bemüht iſt, ſich den Blicken zu entziehen. Wir ſind kaum in das Gebüſch eingedrungen, da vernehmen wir ſchon einige kurze, laute, ſehr tiefe Pfiffe und höchſt eigentümliche Laute, welche an— ſcheinend als Warnungsrufe gelten ſollen. Seiner Wachſamkeit entgeht unſer Kommen nicht leicht, und er kommt uns wohl eine Viertelmeile ärgerlich ſchel— tend durchs Gebüſch entgegen, wobei er aber ſtets acht giebt, wohl gehört, aber nicht geſehen und entdeckt zu werden. Nun folgt ein verſchiedenartiges Gemiſch, einmal lauter, dann wieder leiſer bellender, knurrender und ſchnurrender, gurgelnder, ſprudelnder, ſchnat— ternder, flüſternder und flötender Töne. Einmal meint man, ein ſanftes Geflüſter, dann ein lautes Schelten und dann wieder das Lachen einer fröhlichen 1) Symphoricarpus glomeratus. 216 Der Schwätzer. Kinderſtimme zu vernehmen. ſeinem Niſtorte nähern, deſto ärger ſchimpft er. Er nennt dich einen Lump, einen Friedensſtörer, einen hartherzigen Menſchen, ſagt dir, daß eine Schlange oder ſonſt ein Ungetüm im Dickicht ſitze, mahnt dich, Kletterroſen ſteht es oft. umblickſt, namentlich dann, wenn du die Bekannt- auf deiner Hut zu ſein, ſodaß du dich recht erſchrocken ſchaft des ſonderbaren Geſellen bisher noch nicht ge— macht haſt. Lange Zeit ſchaut ſich der Beobachter vergeblich nach dem Hervorbringer dieſer ſonderbaren ſcheltenden Töne um, aber er wird ihn nicht gewahr. Die Töne klingen auch ſo bauchredneriſch und ſind ſo irreleitend, daß ſie einmal neben, einmal über und ein anderes Mal hinter uns hervorgebracht zu werden ſcheinen. Endlich erblicken wir ihn auf dem Gipfel eines kleinen Baumes oder Strauches ganz in unſerer | Nähe. Er ſchnellt verächtlich mit dem Schwanze, dreht uns dann ebenſo verächtlich den Rücken zu und verſchwindet nach einigen Augenblicken wieder im tief— ſten Dickicht, um das frühere Treiben abermals zu | beginnen. Doch unſer Schwätzer iſt auch ein ganz guter Sänger, der es ſogar verſteht, wohltönende Laute anderer Vögel in ſeinen Geſang einzuweben. Doch macht er von ſeinem Nachahmungstalente nicht oft Gebrauch. Sobald das Weibchen zu brüten beginnt, weiß er ſich vor Freude und Erregtheit kaum zu faſſen. Es leidet ihn nun nicht mehr länger im Untergebüſch. Suchte er ſich früher auf alle Weiſe den Blicken des Beobachters zu entziehen, ſo ſteigt er jetzt mit herab— hängenden Beinen über die Büſche und Bäume in die Luft, um ſeinen Geſang zum beſten zu geben. Man ſieht oft mehrere Männchen gleichzeitig in die Luft ſteigen, die ſich nun wetteifernd gegenſeitig im Geſange zu überbieten ſuchen. Dieſes, aus ſprudelnden, wohl— klingenden, ſchnell aufeinanderfolgenden Tönen be— ſtehende Lied iſt wegen ſeiner Originalität ſchwer zu beſchreiben. Es iſt durchaus charakteriſtiſch und mit dem keines anderen mir bekannten Vogels zu ver— wechſeln. Während einiger Wochen ſingt er ſehr eifrig und ſelbſt der Einbruch der Nacht kann ihn nicht zum Schweigen bringen. Ich habe ihn oft nach dem Nächten eifrig ſingen hören. Das Neſt findet man faſt immer in irgend einem Dickichte, in ganz ähnlichen Ortlichkeiten, wie ſie die iſt nicht gerade verſteckt angelegt. Oft ſteht es in Schneebeerenſträuchern, die ſich zur Anlage desſelben Je mehr wir uns Viehweiden. als Wintergaſt beobachtet hat. Erglühen der Abendröte und ſelbſt in mondhellen durch ihre dichte Veräſtelung und ſehr dichte Belau— bung beſonders eignen, und iſt dann von allen Seiten und auch von oben ſo geſchützt, daß man es nur durch Zurückbiegung der Zweige entdeckt. Auch in den ebenfalls ſehr dichten Stachelbeerſträuchern!) und In dicht mit Wein über— rankte Brombeer- und andere Büſche baut der Schwätzer ebenfalls gern. Der Bau iſt ziemlich groß, aber doch zierlich und feſt. In der Größe ähnelt er dem Katzendroſſelneſte, doch iſt dieſes aus ſehr dunklem Material gebaut, während das Schwätzerneſt aus viel helleren Stoffen zuſammengefügt iſt. Außerlich be— ſteht es aus alten Blättern, Baſtfaſern, Würzelchen und Heuhalmen, innen iſt es mit feineren Hälmchen oder Gräſern, oft auch mit zarten Würzelchen aus— gelegt. Am liebſten baut der Schwätzer in die Ge— büſche des Waldrandes und in die Dickichte der Die Zahl der Gier beträgt vier, doch findet man manchmal auch fünf, oft auch nur drei. Sie ſind der Grundfarbe nach glänzendweiß und ziemlich dicht mit bräunlichen Flecken und Punkten gezeichnet und mit matt lilafarbenen Schalenflecken verſehen. Bei manchen Gelegen ſteht die Zeichnung ſehr zerſtreut, aber dann ziemlich dicht und kranzartig am ſtumpfen Ende. Die Alten ſind ſehr ängſtlich und lajjen ſich nicht in unmittelbarer Nähe des Neſtes ſehen, wenn man die Eier beſichtigt. Eine kleine Strecke davon hört man aber die ärgerlichen und ſcheltenden Töne des Männchens fortwährend er— klingen. Mutiger ſind ſie, wenn die Jungen erbrütet ſind. Es findet jährlich nur eine Brut ſtatt. Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus allerlei Inſekten, die ſie meiſt von den Gebüſchen ihres Wohn— gebietes und oft auch vom Boden aufſuchen. Aus den Nordſtaaten ziehen die Schwätzer ſchon anfangs September, aus Miſſouri Ende des genannten Mo— nats fort. Im Oktober trifft man ſie zahlreich in Texas. Die Mehrzahl zieht aber weiter bis ins Innere Mexicos, nach Yucatan, Guatemala, Coſta Rica und anderen Teilen Centralamerikas. Auffallen muß es, daß man ihn noch nirgends in Weſtindien Daß er ſchon im ſüd— öſtlichen Texas an geſchützten Stellen überwintert, hatte ich mehrfach Gelegenheit zu beobachten. Im immergrünen Dickicht an der Buffalo-Bayou ſah ich | den ganzen Winter hindurch einige. Katzendroſſel zur Anlage ihres Baues wählt. Es ſteht in der Regel zwei bis vier Fuß vom Boden und Selbſt als das Thermometer am 3. Januar 1881 auf +18° F. zeigte, kamen einzelne in die Stadt Houſton, wo ſie 1) Ribes rotundifolium. Der Mitraſänger. 917 mit dem Kronſänger auf einem alten Kehrichthaufen, zeitig ſchickte er mir ein von feiner Hand gemaltes auf dem auch die Küchenüberreſte ihren Platz fanden, Aquarell dieſes Vogels, welches ganz deutlich unſeren nach Nahrung ſuchten. Sie ſahen allerdings traurig | Schwäger kennzeichnet. aus und ſchienen offenbar ſehr von dem naßkalten | SI AAN DAR N: 8 Wetter zu leiden. | Eine Varietät, der langſch wänzige S ch wät⸗ zer, Icteria virens longieauda Coukꝝs (Long-tailed Chat), kommt von den großen Ebenen weſtlich bis zum Pacific vor. Der Schwätzer iſt ein ſehr geeigneter Vogel für den Käfig. Er gewöhnt ſich ſchnell ein, nimmt leicht ein paſſendes Erſatzfutter an und zeigt ſich ſehr aus— dauernd. Auf Mehlwürmer iſt er ſehr erpicht. Ein 5 £ 905 W > Namen: Schwätzer, Plauderer. mit geriebenen gelben Rüben vermiſchtes Spottdroſſel— Yellow-breasted Chat, Chat, Yellow-breasted futter, dem auch etwas getrocknete Ameiſeneier zugeſetzt Icteria, Chattering Flycateher (Penn.). werden, jagt ihm am beſten zu. Einer der eifrigſten Merle verd de la Caroline (Buff.), Ieterie dumi- Vogelfreunde Chicagos, Herr Generalkonſul E. cole (Vieill.). dan 5 N be e S e 0 Sun r beſaß längere Zeit einen Schwätzer, der in Wiſſenſchaftliche Namen: Turdus virens Linn. (1758). der Nähe jener Stadt gefangen worden. Er hatte — Icteria virens Brd. (1865). — Museicapa viridis fich bald in ſein Los gefunden, lebte ſehr verträglich Gmel. (1788). — leteria viridis Bp. (1825). — Garrulus mit den übrigen Käfiggenoſſen und war der Stolz rd LERNT: ? ee 9 Ne (1791). — Ieteria dumicola Vieill. (1807). — Pipra ſeines Beſitzers. Auch nach Deutſchland gelangte er polyglotta Wils. (1808). — Ieteria auricollis Bp. ſchon mehreremal. In der großartigen Vogelſamm— (1850). — Jeteria Velasquezi Bp. (1837). — Merida lung des Herrn Regierungsrat E. von S ch lech⸗ viridis carolinensis Briss. (1760). — Icteria longieauda 7 20 - AR . R Lawr. (1853). — leteria virens longicauda Coues tendal, einer der begeiſtertſten Vogelliebhaber, die (4872) Deutſchland je beſeſſen, war er zweimal vorhanden. 1 5 1 2 1 A Neid * 1 8 5 * N orſoi pr 1 11 . = „Unter der Bezeichnung Warbler“, ſo ſchrieb er mir, eſchreibung: Ganze Oberſeite reich olivengrün; Unter ſeite brillant gelb, Bauch und Unterbürzel weiß; Streif „erhielt ich vor einiger Zeit einen hübſchen olivengrü über dem Auge und unteres Augenlid weiß; unter dieſem nen Vogel mit ſchwefelgelber Unterſeite (Zeteria virens), weißen Streif und unter dem weißen Augenlid ſchwärz— der durch zutrauliches Weſen und ſehr lauten Geſang, lich, dann wieder ein weißer Streif; Schnabel und Füße bläulichſchwarz. Weibchen und Junge ähnlich, nur zuſammengeſetzt aus pfeifenden (flötenden) und ſchnar 1 renden Tönen, ſich auszeichnet. Es iſt ein allerliebſtes Länge 7 bis 7.50 Zoll; Flügel und Schwanz etwa Vögelchen nach Farbe, Geſtalt und Weſen.“ Gleich- 3 bis 3.25 Zoll. f kr 4 nr Der Mitrafänger. Hooded Warbler. Sy/vanıa mitrata Nur. Tafel XIV. Vogel 4. ie feuchten Wälder und die Sümpfe des mitt- häufig wachſen, wie dies im öſtlichen Kentucky, Ten— leren Gebietes unſeres Landes find in den neſſee, Süd-Carolina, Virginien, Pennſylvanien und Monaten Mai und Juni unvergleichlich ſchön. Die namentlich im ſüdlichen Connecticut der Fall iſt. Wie große Anzahl verſchiedener Baum- und Straucharten, Flammen glühen in dieſer Zeit die feurigen Blüten die vielen hochintereſſanten Farnkräuter, die mannig- der Feuer- oder Flammenazaleen!) an den Rändern fachen zarten Blumen, welche in üppiger Fülle den | der feuchten Wälder und Sümpfe. Die ebenfalls Boden bedecken, ſind ſchon hinreichend, jeden Natur- ſehr ſchönen Pfingſt-) und Sumpfazaleen!) erſetzen freund zur Begeiſterung anzuregen. Beſonders rei — 1) Azalea calendulacea ; Flaming Piuxter. 2) A. nudiflora; zend ſind ſolche Stellen, wo Azaleen und Kalmien Pinxter Flower. 3) A. viscosa ; Swamp Honeysuckle. 28 218 durch Wohlgeruch, was ihnen an feuriger Farben- pracht abgeht. Ganze Strecken des dunkeln Wald— bodens ſind mit Kalmiendickichten beſtanden. Schon an ſich ſind dieſe immergrünen, breitblättrigen dichten Büſche ſehr ſchön; wenn ſie aber ihre weißen und rötlichen Blütenglocken geöffnet haben, dann iſt ihre Pracht wirklich bezaubernd.) Man findet die Azaleen, Kalmien und andere ſchöne Büſche von Georgias Ge— birgswäldern bis nördlich nach Tenneſſee, Kentucky, New Jerſey und dem ſüdlichen Neu-England. An vielen Stellen, beſonders in Nord-Carolina, Virginien und Pennſylvanien treten noch verſchiedene Alpen— roſen!) mit ihren breiten ſchönen Blättern und herr— lichen Blüten hinzu. Namentlich in den Sümpfen und feuchten Stel— len der Wälder, wo Azaleeen, Andromeden, nebſt einer Menge anderer Gebüſche, und beſonders die immergrünen Kalmien den Boden bedecken, findet man auch eine große Anzahl ſehr intereſſanter und prächtiger Vögel, die dieſen reizenden Ortlichkeiten erſt die rechte Poeſie verleihen. Verſchiedene Vireos, Rotſchwänzchen, Zwergtyrannen, Erdfinken, Blau-, Sommer- und Kentucky-Sänger beleben Wald und Gebüſch vom frühen Morgen an bis zum Erglühen der Abendröte. Einige Flechten ſänger treiben ſich in den lang herabhängenden Bartflechten umher; Kar— dinäle, Goldzeiſige und Indigofinken, Katzen- und Braundroſſeln laſſen hier ungeſtört ihre herrlichen Lieder erklingen. Beobachten wir aufmerkſam, ſo werden wir in den Kalmiendickichten einen Vogel ge— wahren, der in dem dunklen Gelaube förmlich erglüht. Da er hin und her flattert, auf und ab fliegt und um die Büſche und durch dieſelben die jäheſten Wendun— gen und Zickzacklinien ausführt, jo können wir ihn längere Zeit nicht genau ſehen. Endlich ſitzt er einen Augenblick ſtill. Die ſchwarze Färbung der Kehle, der Bruſt und des Hinterkopfes, der prachtvoll gelbe Vorderkopf, die ebenſo gefärbten Kopfſeiten und die gelbe Unterſeite, die olivengrüne Oberſeite laſſen ihn ſofort als den Mitra-, Kalmien-, Kapuzen oder Schnäpperſänger erkennen. Der Mitraſänger iſt ein echter Waldvogel, den man regelmäßig in dem dichten Gebüſch feuchter Wäl— der in der Nähe des Waſſers antrifft. Er bewohnt hier die verſchlungenen Gebüſche, während ſein naher Verwandter, das Rotſchwänzchen, die großen Bäume bevorzugt. Da, wo ſeine Lieblingsſträucher, die Kal— ) Auf Taf. XI. iſt eine blühende Kalmie (Kalmia latifolia; Mount- | ain Laurel) ſehr naturgetreu abgebildet. 1) Rhododendron; Mountain Bay. | | | I 1 Der Mitraſänger. mien und Azaleen, fehlen, nimmt er auch mit Schnee— beerenbüſchen, Hartriegel, wilden Schneeballſträuchern und anderen zu Dickichten zuſammentretenden Ge— büſchen vorlieb. Am Waldrande trifft man ihn faſt nie, dagegen zahlreich in mit Bäumen und Gebüſch beſtandenen moorigen Sümpfen. Er iſt nirgends ein gewöhnlicher Vogel, und deshalb ſtellen ihm Eier— ſammler und Balgkrämer außerordentlich nach. Die Heimat dieſes Prachtvogels erſtreckt ſich während der Brutzeit von Michigan bis Texas und von Connecti— cut bis Florida. Am zahlreichſten kommt er im mitt— leren und ſüdlichen Teile der Union vor, ſcheint aber weſtlich nicht über Kauſas hinauszugehen. Im nörd— lichen Illinois iſt er ein recht ſeltener Vogel; dagegen iſt er im ſüdlichen Teile des genannten Staates, na— mentlich dort, wo in den Flußuniederungen eine Art Rohr), mehr oder weniger dicht ſtehend, den Unter— wuchs bildet und wo eine Galium-Art ſich über das— ſelbe erhebt, zahlreich. Auch im ſüdlichen Indiana, in Kentucky und Tenneſſee kommt er zahlreich vor. Ich fand ihn während der Brutzeit auch im ſüdöſt— lichen Texas und im ſüdweſtlichen Miſſouri. Er erſcheint in letztgenannter Gegend etwa an— fangs Mai. Jedenfalls muß bei ſeiner Ankunft der Frühling vollſtändig eingezogen ſein, Bäume und Büſche müſſen im vollen Blüten- und Blätterſchmucke ſtehen. Er iſt ein Vogel, der beſonders durch ſein eigentümliches Umherfliegen in den Dickichten, durch ſeine Raſtloſigkeit, durch ſeine ſehr ins Auge fallende Farbenpracht und nicht minder durch ſeinen abſonder— lichen Geſang die Aufmerkſamkeit des Beobachters auf ſich lenken muß. Nur wenige befiederte Buſchbewoh— ner beleben ihr Wohngebiet ſo wie er. Wo ſich die in der Einleitung beſchriebenen Dickichte finden, ſei dies in der Nähe eines Teiches, eines Fluſſes, eines rauſchenden Baches oder einer klaren Quelle, da wird man auch nicht lange nach ihm zu ſuchen haben. Freilich iſt es oft nicht leicht, ihn in den verworrenen, ſtachelichten, mit Schlingpflanzen durchwachſenen Dik— kichten des Waldes, wo ein Heer von Moskitos dem Beobachter beſtändig um die Ohren ſummt, oder in der immergrünen Kalmienmaſſe zu beobachten. Unſer Vogel iſt ein überaus gewandter Inſekten— fänger. Es ſind nur fliegende Kerbtiere, die ihm zur Nahrung dienen. In ſeinem Wohngebiete wimmelt es auch faſt beſtändig von Mücken- und Moskito— ſchwärmen. Hier führt er auch ein überaus fröhliches Leben, iſt immer in Bewegung, fliegt nach vorüber ſummenden Kerfen und erbeutet ſie mit großer Ge— 1) Arundinaria. D ſchicklichkeit, wobei er die jäheſten Wendungen, die wunderbarſten Zickzacklinien beſchreibt. Dann fliegt er durch die Dickichte, über dieſelben hinweg, um die— ſelben herum, gleitet über den Boden dahin, ſchlägt oft ſogar in der Luft Purzelbäume und läßt dabei auch häufig ſeinen Geſang und ſeinen Lockruf, ein ſcharfes „Tſchip“, hören. Ein eigentlich ſcheuer Vo— gel iſt er nicht, aber wegen der Schnelligkeit der Be- wegungen iſt es ſchwer, ihn längere Zeit zu beobach— ten, denn einmal iſt er hier, einmal dort, und im nächſten Augenblick ſchon iſt er hinter dem Dickicht verſchwunden. Man hat viel häufiger Gelegenheit, den zwar keineswegs bedeutenden, doch überaus mun— teren, fröhlichen, ſprudelnden Geſang zu hören, als den Sänger ſelbſt zu ſehen. — Sein Flug erinnert in jeder Hinſicht an die echten Fliegenfänger, ebenſo ſeine Lebensweiſe; aber ſeiner Geſtalt und ſeinem Geſange nach iſt er ein echter Waldſänger. fliegend auch von den Blättern und Blüten der Büſche Inſekten hinweg. Fliegen, Mücken, Tag— und Nachtſchmetterlinge, Bremſen, Käfer aller Art, Spinnen, Raupen und Blattläuſe bilden den Haupt— beſtandteil ſeiner Nahrung. Beim Fliegen breitet und faltet er beſtändig fächerartig den Schwanz. Sehr intereſſant iſt die Niſtweiſe dieſes Wald— ſängers. Wohl kein Beobachter hat beſſere Gelegen heit gehabt, deſſen Brut- und Lebensweiſe kenuen zu lernen, als J. N. Clark in Old Saybrook, im ſüd— lichen Teile des Staates Connecticut Fluß gleiches Namens ſich in den Ozean ergießt. finden ſich in jener Gegend alte, aus Kaſtanien, Buchen und Birken beſtehende Wälder, deren Unter— holz zum großen Teil aus Kalmiendickichten beſteht. In dieſen Gebüſchen fand er nun, gewöhnlich in der Oft nimmt er dort, wo der ES er Mitraſänger. einem Roſenbuſche angelegt war. 219 äußerlich aus feinen gebleichten Blättern, einigen Blütenkätzchen und etwas Baſt. Mit Spinnen- und Raupengeweben iſt es gut an den Aſten befeſtigt. Der Neſtrand beſteht aus feinen Baſtfaſern und das Innere iſt mit tiefſchwarzen feinen Würzelchen aus— gelegt. Durch das dichte Laubwerk war es von oben und von den Seiten volljtändig geſchützt. Das zweite Neſt iſt noch ſchöner gebaut. Es ſteht ebenfalls in einer aus drei Aſtchen beſtehenden Gabel; die Zweige ſind teilweiſe in die Neſtwand hineingebaut. Die Außenſeite beſteht aus einem Gemiſch glänzend weiß— gelblicher Schale der gelben Birke, Baſtfaſern, Spin— nen- und Raupenneſtern; das Innere iſt mit bräun— lichen Wurzeln ausgelegt. Beide Neſter ſind ſehr feſt, nett und ſauber gearbeitet. Sie gehören zu den ſchönſten Bauten, welche ich bis jetzt geſehen. Jedes Neſt iſt drei Zoll hoch und ebenſo breit; die Tiefe der Neſtmulde beträgt zwei und die Breite derſelben eben— falls zwei Zoll. Bei den vielen Neſtern, welche Clark fand, war die Auskleidung immer verſchieden. Meiſt beſtand ſie aus Wurzeln, manchmal aus feinem Baſt, auch aus Hälmchen und Pferdehaaren. Be— ſonders häufig ſind ſie mit Birkenſchale und Wolle von Farnkräutern dekoriert. Alle Neſter ſtanden in Kalmien, mit Ausnahme eines einzigen, welches in Auch andere Vögel niſten mit Vorliebe in dieſen Sträuchern, namentlich auch der Canada-Säuger. Da ſich unſer Vogel ſehr gerne in ihnen anſiedelt, dieſelben auch in jeder Hin— ſicht zu unſeren prachtvollſten Sträuchern gehören und deshalb ganz zu der Schönheit dieſes Waldſängers paſſen, ſo wäre der deutſche Name „Kalmienſänger“ letzten Woche des Mai, fertige Neſter und vollzählige Gelege. Der Bau war in der verſchlungenen immer— grünen Maſſe und in dem dichten Laubwerk nicht leicht zu finden. Die Kalmien ſtehen um dieſe Zeit meiſt in voller Blüte; zwiſchen ihnen zeigen ſich die teils prächtigen Geſtalten der Farne und unten auf dem mooſigen Boden breitet ſich das Maiglöckchen !), Wintergrün ?), Fichtenmoos ?), Wachtelblümchen!) gleich einem weichen Teppich aus, während ſprudelnde Quellen dem nahen Bache zueilen. Der Bau ſteht ein bis zwei Fuß vom Boden. Ich erhielt von dem genannten Ornithologen zwei prächtige, jedoch ver ſchieden gebaute Neſter. Das eine iſt in eine aus drei Zweigen beſtehende Aſtgabel gebaut. 1) Epigaea repens. 2) Gaultheria procumbens. 3) Lycopodium. 4) Mitchella repens. H 1 Es beſteht ſehr zutreffend. Andere Neſter meiner Sammlung ſind bei weitem nicht fo ſchön und dauerhaft als dieſe in den Kalmien angelegten Bauten. Ein Neſt, das ich von Herrn Otto Widmann in St. Louis erhielt, iſt ein ziem— lich loſer, äußerlich aus dünnen weichen Grasblättern, einigen Rindenſtückchen von Pflanzenſtengeln, unter— miſcht mit feinen flachsähnlichen Faſern, beſtehender Bau. Junen iſt es mit feinen Hälmchen ausgelegt. Ganz ähnlich ſind auch die Neſter im ſüdweſtlichen Miſſouri gebaut. Dieſelben ſtehen gewöhnlich in Schueebeerenſträuchern. — Die drei bis vier, vielleicht auch fünf Eier des Geleges ſind der Grundfarbe nach glänzend weiß und zeigen am dicken Ende kranzartig ſtehende hellbraune Flecken und Punkte; auch auf der übrigen Fläche ſtehen vereinzelte Flecken und winzige Pünktchen zerſtreut. Herr Widmann, ein ſcharfer Beobachter und 7 0 Der Mitraſänger 220 Der Mitraſänger. gründlicher Kenner unſerer Vogelwelt, ſchreibt mir folgendes: „Der Kalmienſänger iſt hier (bei St. Louis) Brutvogel, aber mehr dem Ohr als dem Auge wahrnehmbar, denn er hat ein beſonderes Talent, ſich den Blicken zu entziehen. Er hält ſich meiſt niedrig zwiſchen Gebüſch auf, nicht in den Büſchen, ſondern um die Büſche herumhüpfend und flatternd und im Fluge ſeine Beute aufnehmend. Auch ſein Geſang iſt betrügend; obſchon laut, iſt es doch ſchwer, ſogleich zu ſagen, woher der Schall kommt, ja es hat mich ſogar ſchon eine halbe Stunde gekoſtet, den Sänger zu Geſicht zu bekommen, obgleich er ſo nahe bei mir erklang, daß ich glaubte, den Vogel greifen zu können. Oft wußte ich nicht, war er über, neben, hinter oder gar unter mir im dichten Buſchwerke. Das Neſt ſteht einige Fuß vom Boden, nicht gut verſteckt und wird viel vom Kuhvogel heimgeſucht; daher iſt es ſchwer, ein gutes Gelege zu bekommen. Das Neſt, welches ich Ihnen ſchicke, habe ich am 21. Mai ge— ſammelt. Es enthält drei Eier und eins des Kuh— ſtärlings. Ich hatte das Paar jedoch ſchon ſeit dem 10. im Auge. An dem Tage hatte es ein fertiges Neſt mit einem Ei des Kuhvogels, welches ich heraus— nahm. Am 14. hoffte ich ein volles Gelege anzu— treffen, aber es enthielt nur eins vom rechtmäßigen Eigentümer und eins vom Kuhvogel. Da die Vögel nicht mehr zu ſehen waren, nahm ich alles weg. Am 16. hatten fie ſchon wieder angefangen zu bauen, am 18. war das Neſt fertig und drei Tage ſpäter enthielt es die oben erwähnten drei Eier. Eigentlich hätte ich noch einen Tag warten ſollen, vielleicht wäre noch ein Ei dazugekommen, was ich jedoch bezweifele, denn wenn Vögel ihres erſten Neſtes beraubt werden und gleich darauf wieder legen, ſo iſt die Zahl der Eier gewöhnlich etwas geringer als die Zahl des erſten Geleges. Namentlich beim Akadiatyraunen (EMpI“̃ dona acadieus) habe ich dies wiederholt beobachtet. „Der Geſang dieſes Vogels iſt mir ſehr wohl in der Erinnerung; er beſteht aus zwei Teilen: „Dioioi — di ſui fang‘; häufig hört man nur einen dieſer beiden Teile, alſo ‚di ſui ſang' oder auch dioisdioi, dioi-dioi“ oder ‚dioi oi of. Da die Töne immer ſcharf und klar vorgetragen werden, ſo haben ſie etwas Auffallendes, ähnlich den Geſängen der Seiurus- Arten (Droſſelſänger) und können nicht verfehlen, die Aufmerkſamkeit eines jeden zu erregen. Einzelne Judividuen variieren in der Schärfe und Deutlichkeit der Ausſprache, aber die Töne laſſen den Sänger ſtets erkennen. Bei ‚disoisoi' ſteigt die Stimme, während ſie bei „di-ſui-ſangé ebenſo wieder fällt. Der Geſang iſt kurz, aber ſehr munter und friſch. Er trifft das Ohr faſt wie eine Frage und daher wohl auch das Auffallende!“ Dr. Gerhardt fand den Kalmienſänger auch im nördlichen Georgia brütend. Er baut dort in die Eichen, nahe an Bäche, und vollzählige Gelege findet man Mitte Mai. Er berichtet, daß das Neſt dem des Indigofinken ähnlich ſei. Audubon lobt beſonders den Geſang. Bei Savannah erſcheinen ſie etwa am 30. März. Im Norden findet nur eine Brut, im Süden dagegen jährlich zwei ſtatt. Zeitig im September verlaſſen fie ihre Heimat und ziehen dem Süden zu. Sie überwintern auf Cuba, Jamaica, den Bermudas, in Mexico und Centralamerika. Namen: Mitraſänger, Kalmien-, Kapuzen- oder Schnäp— perſänger. Hooded Warbler, Mitred Warbler, Hooded Flycatching Warbler, Selby's Sylvan Flycatcher, Mi- tred Sylvan Flycatcher, Hooded Titmouse (Catesby). Fauvette mitree (Vieill.), Gobe-mouche eitrin de la Louisiane (Buff.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla mitrata Gmel. (1788). — Sylvia mitrata Lath. (1790). — Setophaga mitrata Jard. (1832). — Wilsonia mitrata Bonap. (1838). — Sylvania mitrata Nutt. (1840). — Myiodi- octes mitratus Aud. (1839). — Myioctonus mitratus Cab. (1850). — Museicapa eucullata Wils. (1511). — Muscicapa Selbyi Aud. (1831). — Parus cucullo nigro Catesby (1771). Beſchreibung: Oberſeite rein gelblich-olivengrün; Unter— ſeite reich gelb, etwas verwaſchen an den Seiten; Kopf und Hals tief ſchwarz, eine tief gelbe Maske am Vorder— kopfe und den Kopfſeiten einſchließend; die drei äußeren Schwanzfedern mit großen weißen Flecken; Schnabel ſchwarz an der Wurzel mit deutlich ausgeprägten Bor— ſten verſehen. Weibchen ähnlich, aber die ſchwarze Kappe weniger ausgeprägt. Länge 5.25 Zoll; Flügel 2.75, Schwanz 2.25. Der Dwerglänger. Wilson’s Warbler. Tafel XIII. Sylvanıa pusilla Nurvr. Vogel 4. er Zwerg- oder Wilſons-Sänger iſt während der Zugzeit in faſt allen Gegenden der Union vom Atlantic bis ins Felſengebirge ein zahlreicher Vogel. Ende April und noch eher be— obachtete ich ihn in den blühenden Magnolien des ſüdöſtlichen Texas; anfangs Mai ſah ich ihn im ſüd— weſtlichen Miſſouri, und Mitte desſelben Monats traf ich ihn im nördlichen Illinois und Wisconſin. Viele verweilen im letztgenannten Staate bis in die letzten Maitage, verſchwinden dann aber plötzlich. Gewöhnlich ſieht man ſie paar-, im Herbſt auch wohl familienweiſe, im niederen Gebüſch feuchter Wald— ränder, in Sümpfen und anderen buſchreichen Ort— lichkeiten ſehr munter auf fliegende Inſekten Jagd machen. Er unterſcheidet ſich in ſeinem Thun und Treiben von den beiden übrigen der Sippe gar nicht. Während er im öſtlichen Teile unſeres Landes nur als Zugvogel auftritt, iſt er in den Gebirgs— gegenden des Weſtens Brutvogel. Ob er in den öſtlichen Gebirgszügen, vielleicht in den Neuengland Staaten brütet, iſt noch ungewiß, da kein Vogel— kundiger ihn bisher dort als Brutvogel gefunden hat. Man darf aber annehmen, daß Maine, New Hamp— ſhire und Vermont die ſüdliche Grenze ſeines Brut— gebietes bilden. Von da an iſt er bis nach den Hud— ſonsbai-Ländern und Alaska allerwärts ein zahlreicher Sommergaſt. Mehrere Forſcher ſammelten Neſter und Eier am Yukon, bei Sitka und Kadiak in Alaska. Ob— wohl ich keine nähere Angabe des Standortes der Neſter finde, ſo ſcheint es doch, als wären dieſelben auf der Erde angelegt geweſen. — Audubon fand den Vogel in Labrador brütend. Das Neſt ſtand am äußeren Ende eines horizontalen Zweiges im dichten Nadelwerk einer Zwergfichte nur wenige Fuß vom Es beſtand aus Teilen trockenen Mooſes Boden. und zarten Tannenzweigen. Innen war es mit feinen Pflanzenwurzeln ausgelegt. Es war feſt mit den Zweigen und Nadeln, in welchen es ſtand, ver— bunden. Die vier Eier waren rein weiß und zeigten rötliche und braune Flecken, welche am ſtumpfen Ende einen Kranz bildeten. Die Alten gebärdeten ſich ſehr unruhig und ängſtlich, klappten den Schnabel hörbar zuſammen und brachten einen traurig klingenden Ton hervor. Auch Nuttall hatte Gelegenheit, den Vogel (wohl die Varietät S. pusilla pileolata) in Oregon zu beobachten. Er erſcheint dort zeitig im Mai oder auch früher. Der Forſcher nennt ihn „das rechte Gegenſtück“ unſeres brillanten und munteren Gelb— jängers (Dendroica aestiva). Dies kann ſich jedoch nur auf die vorherrſchend gelbe Farbe beziehen, da er in der Lebensweiſe ſehr von ihm abweicht. Der Ge ſang klingt wie „Tſch-tſch-tſch-tſchih “. Der ge— wöhnliche Ruf iſt kurz und laut. Er ſchien ſehr furchtlos und zutraulich zu ſein, und hielt ſich haupt— ſächlich in Gebüſchen auf, wo er geſchäftig nach In— ſekten umherſuchte. Am 12. Mai fütterten einzelne Pärchen ihre völlig flüggen Jungen. Am 16. des— ſelben Monats fand er ein Neſt mit vier erſt wenig bebrüteten Eiern in einem Elſebeerbuſche (service bush). Es war ſehr geſchickt in einem Büſchel Bart— flechten (Usnea) verborgen, beſtand hauptſächlich aus Hypnum-Moos und war mit einer dien Lage trock— ner feiner Gräſer ausgepolſtert. Als man fich dem Weibchen näherte, ſchlüpfte es vom Neſte und lief auf dem Boden wie eine Maus dahin. „Der Zwergſänger“, ſagt Prof. Allen, „iſt ein gewöhnlicher Vogel der ſubalpinen und alpinen Regionen der Gebirge Colorados, wo er von 8000 Fuß aufwärts bis zur Baumgrenze brütet. In den Zwergweiden und anderem niederen Geſträuch, wel— ches eine kurze Strecke über der Baumgrenze wächſt, fanden wir ihn bei weitem häufiger als andere In— jeftenvögel. Er war hier ſogar zahlreicher, als mehr aufwärts, und kann deshalb als ein echter Alpenvogel bezeichnet werden. Obwohl offenbar hier brütend, konnten wir doch kein Neſt finden. Er zeigt große Augſt, wenn man in ſein Wohngebiet kommt, und während unſerer Streifzüge durch ſein Gebiet konnten wir faſt beſtändig ein oder mehrere Pärchen ſchelten hören.“ D — Hier im Staate Colorado und zwar bei Seven Lakes am Pikes Peak, etwa zwölf Meilen von Mani— tou, in einer Höhe von 11,000 Fuß über dem Meere, fand ihn Minot brütend. Er ſchreibt: „Am 22. Juni fand ich das Neſt von Wilſons-Schwarzkäpp— chen, aber nicht, wie ich zuverſichtlich gehofft, in einem Strauche, ſondern auf dem Boden. Ich unterſuchte namentlich einen Sumpf, wo dieſe Vögel zahlreich waren, genau und ſcheuchte ſchließlich ein Weibchen auf. Ich unterſuchte ſogleich den Platz und fand zu meiner Freude das Neſt. Es ſtand am Rande des Sumpfes auf der Erde unter den niedrigen, ausge— breiteten Aſten einer Zwergweide zwiſchen alten trocke— nen Gräſern. Es beſtand aus Gras, war mit feineren Grashalmen und einigen Haaren ausgelegt und enthielt fünf Eier. Dieſelben waren der Grund— farbe nach matt weißlich, dicht mit dunkel-roſtbraunen und einigen lilafarbigen Punkten und am dicken Ende mit etlichen großen Flecken gezeichnet. Der Sumpf war zu ausgedehnt, um ihn nach allen Richtungen hin genau zu durchſuchen; ſonſt hätte ich wohl noch andere Neſter gefunden. Die Männchen, welche ich ſah — im ganzen wohl ein Dutzend — hielten ſich mehr oder weniger geſellſchaftlich zuſammen, und 222 Der Gürtelſänger. flatterten fort und fort durchs Gebüſch. . .. Die Färbung des Geſichtes, beſonders der Backen, war das ſchönſte reichſte Goldgelb.“ Von den großen weſtlichen Ebenen bis zum Pacific, nördlich bis Alaska kommt die Varietät, S. pusilla pileolata Rıpaw. (Pileolated Warbler) vor. Namen: Zwergſünger, Wilſons-Sänger, Wilſons-Schwarz— käppchen. Wilson's Warbler, Green Black-capped Fly- catcher, Wilson’s Flycatching Warbler, Wilson’s Green Black-capped Flycatching Warbler (Coues), Green Black-capped Warbler (Nutt.). Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa pusilla Wils. (1811). — Wilsonia pusilla Bp. (1838). — Sylvania pusilla Nutt. (1840). — Myioctonus pusillus Cabanis (1850). — Myiodioctes pusillus Sclat. (1856). — Sylvia Wilsonii Bonap. (1824). — Museicapa Wilsonii Aud. (1834). — Myiodioctes Wilsonii Aud. (1839). Beſchreibung: Oberſeite rein gelblich-olivengrün, Krone glänzend ſchwarz; Vorkopf, Kopfſeiten und ganze Unter— ſeite reich gelb. Beim Weibchen und den Jungen iſt die ſchwarze Kappe undeutlich oder ſie fehlt ganz. Länge faſt 5 Zoll; Flügel 2.25, Schwanz 2 Zoll. Die Varietät S. pusilla pileolata Ridgw. iſt ähnlich, aber die Farben ſind noch glänzender. Der Gürtelfänger. Canadian Warbler. Sylvanıa canadensıs RIDGW. Hotel III. Taf alle Arten der Fliegenfänger- oder Schnäpper- waldfänger (zu denen auch die beiden Sippen Sylvania und Setophaga gehören) find Bewohner des tropiſchen Amerika, von Mexico bis tief in das Innere Südamerikas. Sehr reich iſt dort die Wald— ſängerfamilie an derartigen Vögeln vertreten, über deren Lebensweiſe wir jedoch nur ſehr dürftige Be— richte beſitzen. Von den wenigen nordamerikani— ſchen Arten verbreiten ſich einzelne bis faſt zu den arktiſchen Regionen. Zu dieſen gehört der Gürtel— ſänger oder Canada-Schnäpper. Er iſt ein prächtiger kleiner Vogel, der bis zum Winnipeg-See, ſogar bis zum 54. Grad nördlicher Breite nach Norden hinauf geht. Während der Zugzeit iſt er in den Vereinigten Staaten vom Atlantiſchen Ozean bis zu Vogel 8. den großen weſtlichen Ebenen häufig. Ich fand ihn während dieſer Zeit namentlich im nördlichen Illinois und in Wisconſin zahlreich. Gewöhnlich erſcheinen ſie in den Nordſtaaten Mitte Mai, verweilen bis zu den letzten Tagen des Wonnemonats und verſchwinden dann ebenſo unbemerkt wie fie gekommen. Mit au— deren Familiengenoſſen beſucht er gern die blühenden Obſtgärten. Sein Brutgebiet erſtreckt ſich von Wis— conſin und Maſſachuſetts nordwärts; er gehört alſo dem canadiſchen Faunengebiet an. Die Gürtelſänger ſind überaus lebhafte, muntere Vögelchen, die man nicht nur leicht an ihrer Färbung, ſondern vorzüglich an ihrem Weſen erkennen kann, ſodaß eine Verwechſelung mit anderen Arten nicht ſehr leicht möglich iſt. Während die eigentlichen Der Gürtelſänger. 9% Waldſänger (Dendroica) umherhüpfen und -ſchlüpfen, gelegentlich geſchickt. auch fliegende Inſekten auf- nehmend, treibt es unſer Gürtelſänger ganz anders. Fortwährend flattert er um die Blütenbüſchel, um die Sträucher und Bäume und um die Dickichte herum, die jäheſten Wendungen, die geſchickteſten Schwen— kungen und Zickzacklinien ausführend. Dann geht es hinauf in die Luft, dann ebenſo ſchnell ſenkrecht hinab bis faſt zum Boden, wo er ſich auf einem Aſtchen niederläßt, um im nächſten Augenblicke ſchon wieder das Spiel zu beginnen. Er iſt nicht ſcheu und man kann ihn in ſeinem Thun und Treiben oft lange be— obachten. Im nördlichen Wisconſin, wo er Brutvogel iſt, wählt er zu ſeinem Aufenthalt ſtets das Gebüſch und die Waldſäume niedriger waſſerreicher Gegenden, nie dagegen Wälder, in denen gar kein oder nur ſpärliches Untergebüſch vorhanden iſt. Naſſe Wieſen mit vielen Gebüſchen und Dickichten, namentlich mit Sümpfen umgebene kleine Landſeen, Teiche und Bäche bilden feinen Lieblingsaufenthalt. Sein Brutgebiet ſcheint in Wisconſin da anzufangen, wo die Nadelholzregion mit ihren romantiſchen Scenerien, Bergen und Thä— lern, Teichen und Seen, rauſchenden Bächen und kühlen Quellen und unwegſamen Cedern- und Ta— marackſümpfen und faſt undurchdringlichen Erlen— moräſten beginnt, wo Farne, Krugpflanzen, Heidel- und Kronsbeerſträucher aufs üppigſte gedeihen. Auch im nördlichen Neu-England, von Maſſachuſetts an, iſt er an derartigen Ortlichkeiten Brutvogel. Oft findet man mehrere Pärchen in einer Ortlichkeit, gewöhnlich aber trifft man nur ein Paar in einem ziemlich großen Gebiete, und man kann oft weite Strecken zurücklegen, ehe man ein zweites findet. Der Geſang iſt laut und ſchnell und klingt dem des nahverwandten Kapuzenſängers nicht unähnlich, iſt ebenſo lebhaft, betrügend (bauchredneriſch) und ſpru— delnd. Die Niſtweiſe des Gürtelſängers iſt noch immer nicht genügend bekannt. Neſter, welche in Maſſa— chuſetts gefunden wurden, ſtanden in Sümpfen auf neſter gebaut. Kiefernnadeln, Teile morſcher Blätter, Rebeufaſern, feine Halme und Würzelchen bilden deren Beſtandteile. In Burroughs mehrfach erwähntem kleinen Buche „Wake Robin“ finde ich eine Schilderung der Niſtweiſe dieſes Sängers, die ich zur Ergänzung | dieſes Lebeusbildes hier vollſtändig folgen laſſe: „In einer kleinen, ganz von Bäumen und Sträuchern Si freien Lichtung des Waldes gehe ich hinunter an den Bach, um meine Hände ins Waſſer zu tauchen. Als ich hinabklettere, huſcht ein kleiner matt ſchieferblauer Vogel, keine drei Fuß von meiner Hand entfernt, ſich flügellahm ſtellend, im Graſe davon und ſetzt ſich dann auf den nächſten Buſch. Da ich ihm nicht folge, ſon— dern in der Nähe des Neſtes verweile, ſtößt er ein ſcharfes „Tſchip' aus, welches das Männchen ſogleich herbeibringt. Ich ſehe ſofort, daß es der Gürtel— ſänger iſt, doch finde ich nirgends in den ornitho— logiſchen Werken eine Angabe, daß derſelbe auf die Erde baut. Doch hier ſteht vor mir das meiſt aus trockenem Graſe in eine ſeichte Erdvertiefung der Ufer— bank gebaute, keine zwei Fuß vom Waſſer entfernte Neſt. Es liegen zwei Junge darin und ein kleines geflecktes Ei, das gerade aufbrechen will. Doch welche Überraſchung bietet ſich unſeren Blicken! Welches Rätſel iſt hier zu löſen? Eines der Jungen, viel größer als das andere, macht ſich ſo breit, als ob ihm allein das Neſt gehöre; es hält ſeinen geöffneten Schnabel weit über den ſeines Genoſſen empor, ob— gleich beide augenſcheinlich gleichen Alters oder nicht älter als einen Tag ſind. Ja, jetzt iſt's mir klar: die alte Geſchichte vom Kuhvogel, der, ohne zu bauen und zu brüten, doch in ſeiner Art fortbeſteht. Den Eindringling am Kopfe faſſend, laſſe ich ihn bedächtig ins Waſſer fallen, nicht ohne einen Anflug von Schadenfreude, als ich ſeinen vor Kälte zuckenden, nackten Körper ſtromabwärts treiben ſehe. Gräßlich! wirſt du ſagen. Dann iſt die Natur auch gräßlich. Ich nehme ein Leben, um das Leben zweier edlerer Vögel zu retten. In weniger als zwei Tagen hätte der dickleibige Schmarotzer den Tod der zwei rechtmäßigen Kinder herbeigeführt. So greife ich ein, um Unglück zu verhüten und das Gleich— gewicht wieder herzuſtellen. „Es iſt eine uns unverſtändliche Abſonderlichkeit der Natur, daß ein Vogel ſeine Eier in den Neſtern anderer Vögel unterbringt, um der Mühe des Neſt bauens, Brütens und Aufziehens der Jungen über— hoben zu ſein. Die Kuhvögel nehmen ſtets ihre Zu— flucht zu dieſem liſtigen Streiche, und wenn man ihre große Anzahl in Betracht zieht, muß man geſtehen, daß die kleine, oben erwähnte Tragödie ſich oft abſpielt. In Europa bietet der Kuckuck einen parallelen Fall, und auch in dieſem Lande legen die Regenkuckucke ihre Eier gelegentlich einmal in das Neſt eines Robin oder einer anderen Droſſel. Der Kuhvogel bringt ſeine Eier faſt immer in den Neſtern kleinerer Vögel, als er ſelbſt iſt, unter. Sein Ei iſt gewöhnlich das 224 Der Gürtelſänger. erſte, welches erbrütet wird. Der junge Kuhvogel überragt die andern rechtmäßigen Kleinen, und wenn Futter gebracht wird, kommt ihm der Hauptteil zu. | Er wächſt überraſchend ſchnell heran, breitet ſich be— quem aus, als ob ihm allein das Neſt gehöre, füllt dasſelbe dann faſt ganz, und die halb verhungerten und halb erdrückten rechtmäßigen Jungen fterben | bald. Die Alten tragen die kleinen toten Körper fort, nun das Schmarotzerkind mit ungeteilter Sorg- falt fütternd und pflegend. „Die Waldſänger und überhaupt die kleineren Inſektenvögel leiden hauptſächlich durch dieſen Para— ſiten, obwohl ich hin und wieder ſein Ei auch in den Neſtern des Winterfinken fand. Einſt ſah ich hoch oben in einem Waldbaume einen kleinen Grünfänger den viel größeren jungen Kuhvogel füttern. Ein alter Landmann, den ich darauf aufmerkſam machte, war höchlich überraſcht, daß ſo etwas ohne ſein Wiſſen in ſeinem Walde ſich zutrage. „Man kann während der Brutzeit in allen Teilen des Waldes die Kuhvögel ſtill umherſchleichen ſehen, genau nach allen Seiten hin Umſchau haltend, in welchen Neſtern ſie ihre Eier unterbringen können. Eines Tages, als ich beobachtend auf einem Baum— ſtamme ſaß, ſah ich einen ſolchen in kurzen Flügen durch die Bäume ſich nach und nach dem Boden nähern. Etwa fünfzig Schritte von mir verſchwand er hinter einem Strauche, ſich augenſcheinlich auf der Erde niederlaſſend. Nachdem ich einige Augenblicke gewartet, ging ich behutſam jener Richtung zu. Als ich den Weg etwa halb zurückgelegt hatte, verurſachte ich beim Gehen zufällig ein Geräuſch, der Vogel flog auf und als er meiner anſichtig wurde, eilte er ſchnell aus dem Walde. Beim genauen Durchſuchen der Stelle fand ich ein einfaches aus Gras und Blättern hergeſtelltes, teilweiſe unter einem auf dem Boden liegenden Aſte verborgenes Neſt. Es fanden ſich in demſelben drei Eier und ein viertes war hinaus— geworfen worden. Der Gedanke liegt nahe, daß ſehr wahrſcheinlich der Kuhvogel, wenn er ein vollzähliges Gelege findet, ein Ei hinauswirft und an deſſen Stelle das ſeinige legt. Als ich dasſelbe Neſt einige Tage ſpäter wieder beſuchte, war noch ein zweites Ei hinaus— geworfen, aber kein weiteres Kuhvogel-Ei fand ſich vor. Das Neſt war von den rechtmäßigen Eigen— tümern verlaſſen worden, denn die Eier waren kalt. „Im Juli ſchlagen ſich die in derſelben Gegend großgewordenen dunkelbraunen Kuhvögel zu kleinen Flügen zuſammen, welche bis zum Herbſte zu ziemlich großen Schwärmen anwachſen. „Doch kehren wir nach dieſer Abſchweifung zu unſerem Gürtelſänger zurück. Letzterer iſt ein aus— gezeichneter Singvogel. Sein Liedchen iſt lebendig, lieblich, fröhlich, und in gewiſſer Hinſicht erinnern einzelne Töne an den Kanarienvogelgeſang, obgleich dieſelben im Vergleich mit letzterem ſehr gebrochen und unvollkommen klingen. Während des Singens flat— tert er mit vermehrter Lebhaftigkeit umher und iſt zu glücklich, um ſich ſtill zu verhalten. „Seine Lebensweiſe iſt ſehr kennzeichnend. Er hat die Gewohnheit, allerhand hübſche Verbeugungen zu machen, wenn er den Beobachter entdeckt. Seiner Haltung und Färbung nach iſt er ein ſehr eleganter Vogel. Der Rücken iſt von bläulich bleigrauer Fär— bung, welche nach der Krone zu faſt in Schwarz über— geht. Die Unterſeite von der Kehle an iſt zart hell— gelb mit einem über die Bruſt laufenden Gürtel ſchwarzer Längsflecken. Er hat ein hübſches Auge, welches mit einem hellgelben Ringe umgeben iſt. — Die Alten ſind über meine Anweſenheit ſehr auf— gebracht und laſſen ihr ängſtliches Zirpen, welches die Aufmerkſamkeit ihrer ſympathiſchen Nachbarn er— regt, fortwährend ertönen. Einer nach dem andern eilt herzu, um zu ſehen, was ſich ereignet. Der ſchwarzgelbe Sänger (Magnolienſänger) hält eine Zeitlang inne, eilt dann aber weiter. Hecken- und Prachtſänger kommen ebenfalls. Das Maryland— Gelbkehlchen lugt ängſtlich aus dem niedrigen Gebüſch, durch ein trauriges „Zip-zipé ſein Mitgefühl aus— drückend. Der Waldpivi kommt ſtracks auf den Baum über uns geflogen und der rotäugige Vireo (Wald— vireo) zaudert und zögert augenſcheinlich ſehr ver— wirrt, indem er den Beobachter mit neugierigen, un— ſchuldigen Blicken mißt. Aber alle verſchwinden wieder, einer nach dem andern, ohne dem unglück— lichen Pärchen ein Wort des Troſtes oder der Er— mutigung zu ſpenden. Ich habe bei Vögeln dieſes Mitgefühl — wenn es wirklich Mitgefühl und nicht bloß Neugierde iſt — oft gefunden. „Als ich eine Stunde ſpäter an dieſelbe Stelle kam, fand ich alles ſtill und das Weibchen auf dem Neſte. Je mehr ich mich dem Baue nähere, deſto feſter ſcheint es zu ſitzen, die Augen werden größer und blicken unbeſchreiblich wild und ſchön. Es bleibt ſitzen, bis ich nur noch zwei Schritte entfernt bin, dann flattert es davon wie vorhin. In der kurzen Zwiſchen— zeit iſt auch das dritte Ei ausgeſchlüpft, und die klei— nen Neſtlinge erheben den Schnabel und ihre Köpf— chen, ohne von einem fremden Bettgenoſſen überragt und gedrückt zu werden. Eine Woche ſpäter, und ſie — en — Das Rotſchwänzchen. 225 ſind ausgeflogen — ſo kurz iſt die Kindheit der Vögel. Und ein Wunder iſt es, daß ſie ſelbſt in dieſer kurzen Zeit vor Stinktieren, Nörzen (Minks) und Moſchus— ratten, denen ſolche junge Vögelchen wahre Leckerbiſſen ſind, glücklich entkommen.“ Zeitig im Herbſt, Ende September etwa, ziehen die Gürtelſänger mit vielen anderen Waldſängerarten ſüdlich. Sie ſind nicht geſellig, doch findet man in einer gleichen Ortlichkeit oft viele Individuen. Ihre Winterherberge hat man in Mexico, Centralamerika, bis nach Ecuador in Südamerika zu ſuchen. Namen: Gürtelfünger, Canada-Schnäpper. Canadian Warbler, Canada Flycatcher, Cana- dian Flycatching Warbler, Bonaparte’s Flycatching | Warbler, Spotted Flycatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Muscicapa canadensis L. (1766). — Myiodioctes canadensis Aud. (1839). — Euthlypis canadensis Cab. (1850). — Sylvania cana- densis Ridgw. (1855). — Sylvia pardalina Bonaparte (1824). — Myiodioctes pardalina Bonap. (1850). — Muscicapa Bonapartei Aud. (1831). — Setophaga Bo- napartii Sw. & R. (1831). — Wilsonia Bonapartei Bp. (1838). — Myiodioctes Bonapartii Aud. (1839). — Syl- vania Bonapartii Nutt. (1840). Beſchreibung: Oberſeite aſchblau; Krone mit vielen ſchwarzen pfeilförmigen Flecken verſehen; Streif über dem Auge, Augenlider, ganze Unterſeite gelb; Unter— ſchwanzdecken weiß; Ohrengegend ſchwarz mit ſchwarzer Fortſetzung an den Seiten des Halſes; ein Gürtel ſchwarzer Längsflecken an der Bruſt, welche den ſchönen Vogel ſogleich kennzeichnen; Schnabel ſchwärzlich; Füße fleiſchfarben. Weibchen und Junge ähnlich, doch ſind die ſchwarzen Flecken undeutlich. — Länge etwa 5.25 Zoll; Flügel 2.50, Schwanz 2.25 Zoll. Das Rotſchwänzchen. American Redstart. Setophaga ruticilla SWN s. ie Vereinigten Staaten Nordamerikas herbergen eine ſo artenreiche und farbenprächtige Vogel— welt, wie ſie außerhalb der Tropen in keinem Lande des gemäßigten Gürtels der Erde gefunden wird. Unſere großen Wälder, weiten Prärien, grasreichen Wieſen und gebüſchreichen Sümpfe ſind in der ſchönen Jahreszeit nicht nur reich an herrlichen Blumen, ſie ſind auch von vielen farbenprächtigen Vogelarten aufs anmutigſte belebt. Der Geſang, der in tiefer Wal— deseinſamkeit ſowohl als in der Nähe menſchlicher Wohnungen erklingt, ſteht dem Vogelgeſange anderer Länder in keiner Hinſicht nach. — Wenn der Be— obachter durch das Gebüſch blühender Rhododendren, Azaleen, Kalmien, Andromeden und anderer ſchön blühender Sträucher der Gebirgszüge und feuchter Gegenden des Oſtens wandert, gewahrt er allerorten die glänzenden Geſtalten verſchiedener Waldſänger. Wenn er ſich ermüdet auf einem alten, moosbedeckten Baumſtamme des nördlichen Waldes zwiſchen Farn— kräutern, Lykopodien, Maiblümchen !), Erdorchideen und Wintergrün niederläßt, vernimmt er das unbe— ſchreibliche Lied der Wald- und Röteldroſſel, oder es 1) Trailing Arbutus. Vogel 5. ertönen im Waldesdunkel die bezaubernden Klänge des Droſſelſängers oder der unbeſchreiblich herrliche Geſang der Einſiedlerdroſſel. In der Golfregion belebt die Spottdroſſel, der Kardinal, der Papſtfink und der blaue Kernbeißer die prächtigen Gärten, in denen indiſche Azaleen, Kamelien, Gardenien, mit Carolina-Jasmin durchwachſene Pittoſporumbäume, Myrten, Oleander, Palmen, Roſendickichte und Orangenbäume, nebſt einer Fülle anderer tropiſcher Gewächſe ſtehen, vom frühen Morgen bis zum ſpäten Abend aufs angenehmſte; während die minder be— zaubernden und doch ſo reizenden baum- und gebüſch— reichen landſchaftlichen Anlagen des Nordens durch Wander-, Katzen- und Braundroſſeln, Hüttenſänger, Baltimore-Vögel und eine ganze Anzahl anderer Arten belebt werden. Die nördlichen Wieſen und Prärien, in denen Canada-, Wieſen- und Kelchlilien!) ihre ſtolzen leuchtenden Blumen öffnen, hallen im Mai und Juni wieder von den ſchallenden Liedern fröh— licher Bobolinks und dem Geſange des Wieſenſtars. Wenn wir zur Zeit, da die Blüten der wilden Weinſtöcke den Wald mit einem durchdringenden Wohl— 1) Lilium canadense, Lilium superbum und Lilium phila- delphicum. 29 geruche erfüllen, beobachtend zwischen den hohen ſchat— tigen Bäumen dahinwandern, ſo werden wir oft ein zum Teil in glühende Farben gekleidetes Vögelchen in dem Geäſt hin und her flattern und hüpfen ſehen; meiſt erbeutet es in allerlei Zickzackbewegungen, wie ein echter Fliegenfänger, Inſekten in der Luft. Die vorherrſchend tiefe ſchwarze Färbung, namentlich aber die leuchtende glühend oder orangerote Farbe des Schwanzes, der Flügel und Bruſtſeiten heben ſich wunderbar gegen das friſche Blattgrün der Bäume und gegen die weißlichen und rötlichen Blüten ab. Beim Hin- und Herfliegen und Flattern breitet es ge— wöhnlich den Schwanz fächerartig aus. Namentlich im nördlichen und mittleren Teile unſeres Landes iſt es ein gewöhnlicher Waldvogel und ſehr leicht kenntlich. Es iſt das amerikaniſche Rot- ſchwänzchen, einer unſerer farbenprächtigſten und zahlreichſten Waldvögel. Der Name iſt freilich nicht ganz zutreffend, da der Schwanz nur teilweiſe rot iſt. Die erſten angelſächſiſchen Einwanderer, die gewiß an den Gartenrotſchwanz (Rutieilla phoenieura) ihrer engliſchen Heimat dachten, nannten ihn aber Redstart (Rotſterz). Man findet dieſen Waldſänger zahlreich im öſt— lichen Nordamerika. In Neu-England iſt er ein ge— wöhnlicher Vogel, und in Wisconſin und im nörd— lichen Illinois beobachtete ich ihn zahlreich. Ich fand ihn beſonders in den prächtigen Waldſtrichen am Desplaines bei Chicago, die damals unter dem Na— men „Haſes Park“ allgemein bekannt waren, jedes Jahr regelmäßig, und auch im ſüdweſtlichen Miſſouri, in den Höhenzügen des Ozark-Gebirges, fand ich ihn als Brutvogel. In Texas beobachtete ich ihn nur auf ſeiner Durchreiſe, doch iſt es möglich, daß er im nördlichen Teile des genannten Staates auch brütet. Weſtlich verbreitet er ſich bis zum Felſengebirge und Utah. Nach Norden trifft man ihn bis über den 60. Grad nördlicher Breite hinaus. Roß fand ihn bet Fort Simpſon, Kennicott und Lockhart bei Fort Reſolution. In Texas treffen die Rotſchwänz— chen Ende April und anfangs Mai ein, im nördlichen Illinois vom 15. bis 20. des genannten Monats, und am 6. Juni beobachtete ſie Kennicott am Winnipeg See, und am 14. desſelben Monats fand er bei Fort Reſolution ein Neſt mit vier Eiern. Da das Rotſchwänzchen in allen ihm zuſagenden Ortlichkeiten zahlreich iſt, ſo gehört es zu den Wald— ſängern, deren Lebensweiſe ziemlich genau bekannt iſt. Schon von Wilſon und Audubon iſt es aus— führlich geſchildert worden. Der Natur- und Vogel— Das Rotſchwänzchen. freund, der gewöhnt iſt, im Sommer oft den Wald zu beſuchen, lernt dieſen reizenden Waldbewohner in der Regel bald kennen. Es iſt nicht der trockene, aus wenig Unterholz und niederen Bäumen beſtehende Wald, wo wir ihn aufzuſuchen haben, ſondern es ſind die mit hohen Bäumen, wie Zuckerahorn, Buchen, Linden, Hickory- und Pekannußbäumen, Ulmen und Eichen u. ſ. f. beſtandenen Waldſtrecken, nameutlich die Niederungen an Seen, die Wälder, durch welche ſich Bäche und Flüſſe ſchlängeln oder in denen kühle Quellen aus der Erde hervorſprudeln, wo wir ihn finden werden. Auch an Bergabhängen und ſelbſt im Gebirge trifft man ihn. Am häufigſten iſt er in den Nordſtaaten, ſüdlich bis nach Tenneſſee und Ar— kanſas Brutvogel. Ob er auch in den Südſtaaten brütet, weiß man bis jetzt noch nicht mit Beſtimmt— heit, da dieſe ornithologiſch noch wenig erforſcht ſind. Man findet das Rotſchwänzchen meiſt dort, wo Wald— und Röteldroſſel, Akadiatyrann, Goldbruſt- und Waldvireo, Kalmien-, Blau- und Droſſelſänger leben. Er iſt alſo ein echter Waldbewohner. Vor dem Menſchen hat er wenig Scheu, und er brütet manchmal in deſſen Nähe, wenn die Wohnung im Walde ſteht oder von einer dichten Baumpflanzung umgeben iſt. Ein nur einigermaßen aufmerkſamer Beobachter kann ihn da, wo er wirklich Brutvogel iſt, kaum überſehen. Er iſt ein ſo munterer, ſtets beweg— licher, ein durch ſeine glühenden Farben ſo ins Auge fallender Vogel, daß ihn auch der minder ſcharfe Be— obachter bemerken muß. Auch ſein heller eigentüm— licher Waldſängertriller verrät ihn leicht. Dieſer Geſang klingt wie „Si, ſi, ſi, hitzi, hitzi, hitzi“ (die drei erſten Silben kurz), wird fleißig zum beſten ge— geben, iſt feurig und laut, aber kurz und nicht jo wohlklingend als der vieler anderer Waldfänger. Man ſieht den Vogel meiſt immer von Aſt zu Aſt flatternd hüpfen und hüpfend flattern, oder er fliegt ſchnell in allerlei Zickzackbewegungen nach unten, dann ebenſo ſchnell wieder nach oben, verſchwindet jetzt im dichten Laubwerk, erſcheint im nächſten Augenblick wieder auf einem dicken Aſt, fliegt hinaus in die Luft, fortwährend kleine ſpielende Inſekten fangend, wobei er den Schnabel hörbar zuſammenklappen läßt; bei dieſem Thun und Treiben ſingt er fortwährend. Bei ſeinem Umherflattern und Hüpfen faltet und breitet er den Schwanz fächerartig, ähnlich wie der Kalmien— ſänger, nur noch auffallender. — Das Männchen treibt ſich meiſt im oberen dichten Geäſt umher und kommt ſelten in unmittelbare Nähe des Bodens. Auch das Weibchen ſieht man kurz nach der Ankunft und ſpäter, wenn die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben, in den hohen Aſten ſich umhertummeln. Wenn es die Jungen jedoch mit Futter zu verſorgen hat, ſieht man es ſehr oft dicht über dem Boden in allerlei Zickzacklinien dahinfliegen, um Inſekten auf— zunehmen. Erde die Inſektenjagd leichter und ergiebiger, als höher oben. In Wisconſin findet man das Neſt anfangs Juni in einer Höhe von fünf bis zwanzig Fuß und ſelbſt noch höher vom Boden; in der Regel ſteht es jedoch acht bis zehn Fuß hoch. Es iſt meiſt in eine aus drei aufrecht ſtehenden Aſten gebildete Gabel eines Baumaſtes oder Buſches gebaut und hat nicht nur in der ganzen Anlage, ſondern auch hinſichtlich des Materials große Ahnlichkeit mit dem Neſte des Sommerſängers. Manchmal ſteht es auch auf einem dicken wagerechten Aſte ſattelförmig, iſt dann aber faſt immer an ein kleines Aſtchen befeſtigt. Es iſt je nach dem Material, das ſich ihm darbietet, entweder ein ſchöner und feſter oder ein rauher und loſer Bau. Neſter aus dem Norden und Oſten des Landes zeich— nen ſich durch beſondere Schönheit und Feſtigkeit aus. Sie ſind der Außenſeite nach aus feinen flachs- oder hanfartigen ſilberweißen Faſern, etwas Baſt und einigen Hälmchen, welche mit Pflanzenwolle durchfilzt ſind, gebaut; auch Spinnengewebe und eine beträcht— liche Menge brauner Wolle von Farnkräutern, wie ſie viele andere Waldſänger und namentlich Kolibris zum Neſtbau verwenden, findet ſich in vielen Neſtern. Die innere Auskleidung beſteht aus ſehr verſchiedenen Stoffen. Manche Neſter ſind mit feinen Faſern, andere mit Diſtelwolle und Wolle von Farnkräutern, auch mit Pferdehaaren und feinen Heuhalmen aus— gepolſtert. In der Nähe menſchlicher Wohnungen verwenden die Rotſchwänzchen auch Baumwolle, Schnuren, kleine Papierſchnitzel, ſeidene und baum— wollene Fäden u. ſ. w. Die Neſter aus dem ſüd— lichen Illinois und Miſſouri, welche ich zu unter— ſuchen Gelegenheit hatte, ſind meiſt nicht ſo ſchön. Sie beſtanden äußerlich aus ziemlich rauhen Baſt— faſern, welche mit Spinnenneſtern vermiſcht waren, und enthielten eine Auskleidung von feinen Faſern und Hälmchen. Die vier bis fünf Eier find der Grundfarbe nach weißlich, dicht mit hellbräunlichen Tüpfeln und Punkten und lavendelfarbigen Schalen— flecken gezeichnet; am ſtumpfen Ende ſteht die Zeich— nung am dichteſten und kranzartig. Das Weibchen ſcheint allein zu brüten. Die Brut wird mit großer Liebe vom Männchen bewacht, Wahrſcheinlich iſt hier in der Nähe der as Rotſchwänzchen. 227 — vom Weibchen mit allerlei kleinen Inſekten gefüttert. Leider hat dieſer ſchöne Vogel auch oft den Kuhvogel aufzuziehen, wodurch jedesmal die eigene Brut zu Grunde geht. — Nachdem die Jungen das Neſt ver— laſſen haben, treiben ſie ſich mit den Alten im oberen Geäſt der Bäume umher, bis im September die Reiſe nach dem Süden erfolgt. Im ſüdweſtlichen Texas treffen die erſten anfangs Oktober ein. Sie ziehen familienweiſe nach Mexico, Central-, ja ſelbſt nach Südamerika, wo man ſie in Ecuador als Wintergäſte beobachtet hat. Ebeuſo überwintern fie auch auf den weſtindiſchen Inſeln. Das Männchen erhält ſein leuchtendes Prachtkleid erſt im dritten Jahre. Im erſten Herbſte, wenn ſie ſüdlich ziehen, ſieht es dem Weibchen ähnlich; wenn es im folgenden Jahre aus dem Süden zurückkehrt, unterſcheidet es ſich deutlich von letzterem, doch zeigt es noch kein tiefes Schwarz und Rot. Erſt in der nächſten Mauſer, wenn es etwas über ein Jahr alt iſt, tritt ein tiefes Schwarz auf. Wenn es im folgenden Jahre wieder erſcheint, ſieht es ziemlich bunt aus, denn die reinſchwarzen Federn wechſeln mit braunen, oliven- und ſchiefer— farbenen ab, und das frühere Gelb hat ſich in Oran— genrot umgewandelt. Im dritten Jahre endlich zeigt ſich das Männchen in ſeinem ſchwarz-weiß-orange— farbenen Gefieder. Namen: Rotſchwänzchen, amerikaniſches Rotſchwänzchen, Rotſterz. American Redstart, Redstart, Redstart Fly- catcher, Reddish-tailed Flycatcher, &e. Petit noir-aurore (Buffon), Moucherolle dore (Vieill.), Gobe-mouche noir et aurore (D’Orb.), Rouge-queue des Etats-Unis (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Motacilla rutieilla Linn. (1758). — Muscicapa rutieilla L. (1766). — Sylvania rutieilla Nutt. (1832). — Selophaga rulieilla Swains. (1827). — Rutieilla americana Bartr. (1791). Beſchreibung: Prachtvogel erſten Ranges. Männchen glänzend blauſchwarz; Bauch und Bruſt weiß; Seiten der Bruſt, ein großes Feld in der Mitte der Flügel und des Schwanzes feurig orangenrot; dieſes feurige Oran— genrot bildet einen ſcharfen, ſehr auffallenden Kontraſt zu dem angrenzenden tiefen Blauſchwarz; Schnabel und Füße ſchwarz. Beim Weibchen iſt das tiefe Schwarz des Männchens durch Olivengrau oder Bräunlich und das feurige Orangenrot durch Gelb erſetzt. Länge 5 bis 5.50 Zoll; Flügel und Schwanz 2.25 bis 2.50 Zoll. Das gemalte Kotfehwänschen. Painted Redstart. Setophaga picta Sw. Das gemalte Rotſchwänzchen oder auch der gemalte Fliegenſchnäpper kommt im ſüd— lichen Arizona in derſelben Gegend vor, wo der Maskenſänger lebt. Mein Freund Captain Ben— dire fand ihn zuerſt im Jahre 1872 am 4. April bei Tucſon. Henſhaw traf ihn dann in dem Jahre 1873 und 1874 als ziemlich gewöhnlichen Brutvogel des Territoriums, denn er beobachtete ihn vom Juli bis September. „Dieſes ſchöne Rotſchwänzchen“, ſchreibt der letztgenannte Forſcher, „iſt bis jetzt nur im ſüdlichen Teile Arizonas, wo es über einen beträchtlichen Flächen— raum als Sommervogel verbreitet iſt, beobachtet wor— den. Es ſcheint weder die hohen Gebirge noch auch das Tiefland zu bewohnen, ſondern den Raum zwi— ſchen dieſen beiden Extremen, die felſigen, ſpärlich mit Eichen bewachſenen Hügel. Über die Brutweiſe iſt noch nichts bekannt, aber daß es in der genannten Junge im erſten Gefieder und unter Leitung der Alten am 21. Juli bei Rock Canon und am 29. Auguſt bei Camp Crittenden geſehen . . . . Ihre Bewegungen Der Maskenſänger. ſind denen des gewöhnlichen Rotſchwänzchens ganz ähnlich und auch in der äußeren Erſcheinung gleichen ſich beide Arten. Mit halbgeſchloſſenen Flügeln und ausgebreitetem Schwanze bewegt es ſich ſchnell auf den Aſten entlang, fliegt hie und da hinaus in die Luft nach fliegenden Inſekten und kehrt dann wieder ins Geäſt zurück, ſein Suchen nach Kerbtieren hier fort— ſetzend. Sie ſind beſtändig in Bewegung und ver— weilen nur ſelten längere Zeit auf demſelben Baume. Nicht ſelten ſieht man ſie an einem Baumſtamme hängen, wo ſie auf einen Wurm oder ein winziges Juſekt Jagd machen, das die ſcharfen Augen in einer Ritze der Borke erſpäht haben.“ Über die Brutweiſe ſind genaue Angaben bis jetzt nicht vorhanden. Beſchreibung: Glänzend ſchwarz, Mitte der Bruſt und Gegend brütet, unterliegt keinem Zweifel, habe ich doch Bauch reich karminrot; Augenlider, großer Flügelfleck, fait die ganze äußere Schwanzfeder, ein Teil der zwei nächſten und der Unterbürzel weiß; Schnabel und Füße ſchwarz. Länge 5 Zoll; Flügel und Schwanz 2.75 Zoll. Der Red-faced Warbler. Cardellina ruhbrifrons SCLAT. Tafel XXXII. Maskenfänger. Vogel 2. [m Jahre 1841 ließ Giraud ein mit ſechzehn erſcheinen. Trotz der bis zu ſeinem Tode feſtgehal— tenen beſtimmten Behauptung des Autors, daß ſämt— liche Vögel wirklich in Texas geſammelt worden, fanden ſeine Angaben doch wenig Glauben, da kein Vogelkundiger dieſe Arten dort auffinden konnte. Dagegen fand man ſie faſt alle im angrenzenden Mexico. Neuerdings gewinnen Girauds Angaben dadurch eine gewiſſe Wahrſcheinlichkeit, daß man meh— rere Arten in Arizona, Neu-Mexico und einige ſelbſt am Rio Grande in Texas beobachtet hat. Von den farbenprächtigſten Arten, wie Selophaga miniata, ) A Description of sixteen new Species of North American Birds, described in the Annals of the New York Lyceum of Natural History. By Jacob P. Giraud Jr. Collected in Texas 1838. Farbentafeln verſehenes Werk über ebenſo viele neue, meiſt ſehr farbenprächtige texaniſche Vögel?) Ergatieus ruber, Basileuterus culeivorus und B. Belli, hat man noch keinen im Gebiete der Union erlegt, dagegen fand man den ſchon beſchriebenen gemalten Fliegenſchnäpper (Setophaga pieta) und den Mas- kenſänger im Grenzgebiete unſeres Landes. Mit dem Maslkenſänger machte uns Henſhaw näher bekannt. Er ſammelte im ſüdlichen Arizona zahlreiche Exemplare, nicht nur Männchen und Weib— chen, ſondern auch Junge, ein Beweis, daß der pracht— volle Vogel dort brüten muß. — Das Vorkommen dieſer tropiſchen Art in Arizona kaun eigentlich nicht ſehr überraſchen, da ſie ein gewöhnlicher Bewohner der Gebirgszüge Mexicos iſt und zweifellos dieſen entlang bis ins Gebiet der Union folgt. Er fand ſie an zwei Ortlichfeiten, welche etwa hundert Meilen voneinander entfernt ſind, nahe Camp Apache und Mount Graham. Er nimmt an, daß ſie in allen Gebirgsgegenden Arizonas bis wenigſtens zu den White Mountains nördlich vorkommen. Unter dem Datum des 1. Juli 1874 ſchreibt er wie folgt: „Während ich eines ſpäten Nachmittags in den Nadelwäldern umherſtreifte, zogen einige ängſt— liche, aus dem dichten Nadelwerk einer Fichte kommende Rufe meine Aufmerkſamkeit auf ſich. Ein Robin kam im nächſten Augenblick herausgeflogen, welchem ein kleiner Vogel kampfesmutig folgte. Als er nach kurzer Zeit zurückkehrte, rief er mit einigen ſeine Be— friedigung ausdrückenden Lauten mehrere Junge zu— ſammen, von deren Auweſenheit ich nun zuerſt etwas merkte. Der alte Vogel fing an, nach Futter zu ſuchen, bewegte ſich im Aſtwerk wie eine Meiſe, fing hie und da auch fliegende Inſekten, welche er ſogleich den ihm von Aſt zu Aſt folgenden, nach Futter bettelnden Jungen gab. Da ich mich bald überzeugte, daß mir dieſe Vögel völlig fremd waren, ſo erlegte ich erſt den alten Vogel, das Männchen, und zwei Junge. Das Weibchen, welches nun auch erſchien, führte die zwei übrig gebliebenen Sprößlinge eiligſt hinweg. „Als ich einen halben Mouat ſpäter Mount Gra— ham beſuchte, fand ich den Maskenſänger nicht nur wieder, ſondern er zeigte ſich dort auch als gewöhnlicher Vogel, denn Flüge von zehn bis fünfzehn Stück waren in den Kiefern und Tannen keine Seltenheit. Sie bevorzugten dieſe Bäume faſt ausſchließlich zum Auf— enthalt und wurden nur ſelten in den die Ströme ſäumenden Büſchen beobachtet. und in ihren Eigentümlichkeiten zeigen ſie ein ſeltenes Gemiſch verſchiedener Vögel, ähneln den eigentlichen Waldſängern in einer Hinſicht, erinnern dann wie— der an die Rotſchwänzchen (Sefophaga), und viel— leicht noch mehr gemahnen ſie an die weniger an— mutig ſich bewegenden bekannten Meiſen. Ihr Lieb— Der Masfenfänger. * In der Yebensweife | 229 lingsjagdrevier ſcheinen die äußerſten Spitzen der Fichtenäſte zu ſein. Schnell bewegten ſie ſich über die kleinen Zweige und zwar geſchah dies mit einem eigen— tümlichen aber beſtändigen ſeitlichen Wippen mit dem Schwanze. — Wenn ſie ſo beſchäftigt ſind, nament— lich, wenn ſie ſich hoch über dem Beobachter aufhalten, könnte man ſie leicht für einen geſchäftig nach Nahrung ſuchenden Trupp Meiſen halten. Allem Anuſchein nach ſuchen fie meiſt ſitzende Inſekten vom Gezweig der Bäume ab, doch ſind ſie auch ausgezeichnet dazu befähigt, ihre Nahrung fliegend in der Luft zu erbeuten und dies führen ſie ganz in der Weiſe aus, wie die Rotſchwänzchen. Sie ſcheinen die Geſelligkeit zu lieben, denn ich fand ſie gelegentlich mit Audubons— Kronſänger zuſammen. Auch deren kurze Flüge von Baum zu Baum ahmten ſie nach, kamen, um fliegende Juſekten zu erbeuten, auch hie und da bis zu den um— gefallenen Bäumen und ſelbſt bis zum Boden herab. Ihre Laute ähneln ganz denen des Kronſängers, nur ſind ſie rauher und lauter.“ Über den Geſang, ſowie über Neſt und Eier iſt noch nichts bekannt. — Unſer Vogel iſt nach einem von Henſhaw auf Mount Graham geſammelten Exemplare gemalt. Namen: Maskenſänger. Red-faced Warbler. Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa rubrifrons Giraud (1841), — Setophaga rubrifrons Brd. (1852). — Cardellina rubrifrons Selat. (1855). Beſchreibung: Oberſeite aſchgrau; Bürzel weiß; Flügel und Schwanz etwas dunkler aſchgrau; Unterſeite, von der Bruſt an, weiß, an den Seiten mehr oder weniger aſchgrau und roſenrot verwaſchen; der ganze Kopf, Kopfſeiten und Oberbruſt glänzend rot; Hinterkopf und Backen, die Augen und Ohren einſchließend, tief ſchwarz. Länge 5 Zoll; Flügel 2.35, Schwanz 2.50 Zoll. Vireos. 5 der Waldſänger reihen wir I die ebenfalls Amerika eigen— s tümlichen Vireos!), die u = man in manchen ornitho- logiſchen Werken auch als Grünlinge (Greenlets) und Yaub- würger bezeichnet findet. Wir be— halten den Namen Vireo bei, da er bereits volkstümlich geworden iſt. Schnabel dieſer Vögel iſt ziemlich kräf— tig, kürzer als der Kopf und an der Spitze ſcharf herabgebogen (in dieſer Hinſicht an die Würger erinnernd, daher „Laubwürger“), an der Seite mit Borſten verſehen. Die Füße ſind kräftig, die Flügel mittelmäßig lang, mehr oder weniger gerundet; manchmal ſind ſie länger als der Schwanz und dann ziemlich ſcharf zugeſpitzt. Der Schwanz iſt kurz. Es ſind ſämtlich kleine Vögel, gewöhnlich zwiſchen fünf bis ſechs Zoll lang, einfach gefärbt, oberſeits meiſt olivengrünlich, unterſeits matt— gelblich und weißlich. Die Geſchlechter ſind nicht voneinander zu unterſcheiden, und auch die Jungen tragen kein beſonderes Jugendkleid. Die Familie iſt namentlich in Südamerika durch zahlreiche Sippen vertreten. Die eigentlichen Vireos kommen hauptſächlich in den Vereinigten Staaten vor, doch hat auch Mexico, Weſtindien, zum La Plata, ſeine eigenen Arten. — Sie alle ſind intereſſante und angenehme kleine Vögel. Ihre ein— fache Färbung harmoniert mit dem Laubwerk der Bäume, zwiſchen welchen ſie ſich tummeln, vollſtändig. Sie ſind, ſowohl was Arten- wie Individuenanzahl *) Sollte eigentlich „Vireonen“ heißen. Der Südamerika, bis im Gebiete der Vereinigten Staaten. Vireos. Vireonidae. anbetrifft, häufig genug, um dem Walde ein beſon— deres Gepräge aufzudrücken; ſie bilden daher einen Hauptbeſtandteil unſerer Waldornis. Die größeren Arten, wie Wald-, Sängers, Goldbruſt-, Einſiedler— und Philadelphia-Vireo, bewohnen die großen Bäume des Hochwaldes, die Schattenbäume der Parkanlagen, Alleen und Gärten, während die kleineren Arten, wie Buſch-⸗, Prärie-, Schwarzkopf- und Huttons-Vireo, mehr das niedere dichte Gebüſch bevorzugen. Ihre Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus Inſekten, doch verſchmähen ſie zeitweilig auch Beeren nicht. Sie alle ſind Zugvögel, die mit der Regelmäßigkeit der Wald— ſänger fortziehen und heimkehren. Jeder Landesteil der Union hat ſeine beſonderen Arten und manche von ihnen gehören zu unſeren zahlreichſten und auf— fallendſten Sommergäſten. Nur wenige überſchreiten die Nordgrenze unſeres Landes. Sie alle ſind ge— ſchäftige Vögel, unermüdlich in der Jagd auf Inſekten, verſtändig und klug und ſehr geſangskundig. Mit großer Tapferkeit verteidigen ſie ihre Brut, und ihre Wachſamkeit im Walde geht ſo weit, daß ſelbſt andere Vögel durch ſie gewarnt werden. Alle bauen außer— ordentlich künſtliche, meiſt prachtvoll mit Moos, Flech— ten, Birkenſchale und Cocons dekorierte korbartige Beutel- und Hängeneſter, die ſie an den wagerechten Seitenäſten der Bäume und Büſche befeſtigen. Die Eier aller Arten ſind weiß und ziemlich ſpärlich braun gefleckt. Früher teilte man die in der Union lebenden Arten in drei Sippen. Die größeren nannte man Vireosylvia, andere Lanivireo und die kleinen Leo. Jetzt erkennt man nur noch den letzten Namen an. Es leben zwölf Arten nebſt einigen Varietäten Der Walsvireo. Red-eyed Vireo. Tafel XV. . J n meiner Jugend waren die Wälder Wisconſins noch poeſievoller und romantiſcher als heute. Damals zogen die neuen Anſiedler zeitig im Lenze hinaus in den Wald, um die großen und ſchönen Ahornbäume anzubohren und aus dem reichlich flie— ßenden Safte den heute nur noch wenig bekannten Ahornzucker durch Einkochen zu gewinnen. Gegen— wärtig ſind die Ahornwälder faſt ausgerottet, oder die einſtigen ſchönen hohen Bäume ſehen kränklich und kraftlos aus. Was iſt aus dem Wintergrün, dem Maiblümchen (Trailing Arbutus), dem tiefgrünen ſchönen Fichtenmoos, das einſt ganze Strecken des Bodens meines heimatlichen Waldes bedeckte, gewor— den? Menſchenhand hat auch dieſe und viele andere Pflanzen faſt ganz ausgerottet. Dem Wintergrün wird wegen ſeines aromatiſchen Saftes nachgeſtellt, das wohlriechende Maiblümchen wird während der Blütezeit mit Stumpf und Stiel aus dem Boden ge— zogen und in die Städte geſandt, und das Fichten— moos wird fuderweiſe auf den Weihnachtsmarkt ge— bracht. Zu jener Zeit gab es auch noch ſchöne Buchenwälder, welche zeitweilig von ungeheuren Schwärmen der Wandertaube belebt waren. Nicht jedes Jahr konnte man dieſe Tauben beobachten: in manchen aufeinanderfolgenden Jahren ſah man gar keine, in anderen nur einzelne. Oft, wenn ſie fünf, ja ſelbſt zehn Jahre ganz gefehlt hatten, traten ſie plötzlich in ſolchen Maſſen auf, daß die ziehenden Schwärme förmlich die Luft verdunkelten. Nicht zu Tauſenden, ſondern zu Millionen belebten ſie die Gegend. Es war ein impoſanter Anblick, wenn dieſe Schwärme ſich des Morgens in dichtgeſchloſſenen Maſſen nach allen Richtungen hin verteilten und abends in eben ſolchen Schwärmen wiederkamen. Verſchiedenemal brüteten ſie in dem Walde nahe mei ner elterlichen Wohnung. Die Neſter, welche oft in großer Anzahl auf einem Baume angelegt wurden, waren aus Zweigen gebaut und enthielten faſt immer nur ein Ei. — Heute iſt dies alles anders. Die frü— here Poeſie ſcheint mit den Indianern, mit den alten Anſiedlern, mit den Wäldern und Wandertauben ver- Vireo olivaceıus BoNAP. Vogel 4. ſchwunden zu ſein. Ja, der Dichter Konrad Krez, der ſeit vielen Jahren in dieſer Gegend lebt, hat recht, wenn er ſingt: „Rings um mich herum iſt die Welt verändert; kenne ich doch den Grund nicht länger, wo ich einſt jagte.“ Selbſt die Menſchen ſind anders ge— worden, anders in ihren Anſchauungen, anders in ihrem Denken und Streben. Die alten wettergeſtähl— ten deutſchen Anſiedler fühlten ſich inmitten des Ur— waldes, in ihrer auf eigener Scholle ſtehenden Block— hütte und hinter dem von langſamen Ochſen gezoge— nen Pfluge glücklicher und zufriedener, als die jetzige, in behäbigen Verhältniſſen lebende Generation. — Tritt man heute in die ſpärlichen Überreſte des ein— ſtigen Urwaldes, ſo herrſcht faſt Totenſtille. Die vielen Spechte, welche ehemals durch ihr lautes Ge— trommel den Wald belebten, die roſenbrüſtigen Kern— beißer, die zinnoberroten Tangaren, die balzenden Waldhühner, die ſchönen Brautenten ſind faſt aus— gerottet oder ſo ſcheu, daß ſie ſich weder ſehen noch hören laſſen. Nur ein alter Sänger aus der Jugend— zeit läßt ſeinen lauten Geſang erſchallen wie ehedem. Es iſt der Wald- oder Rotaugen vireo. Er bewohnt hauptſächlich den Oſten der Union bis zum Miſſiſſippi, verbreitet ſich aber auch weſtlich bis zum Felſengebirge. Nach Norden hin dehnt ſich ſein Wohngebiet bis zur Hudſons-Bai und noch nördlicher aus. In Florida, auf den Antillen, in Mexico und Gentralamerifa überwintert er. Wisconſin beobachtete ich ihn von Jugend auf zahl— reich, und von da fand ich ihn bis nach Texas als ge— wöhnlichen Brutvogel. Je nach der Lage ſeiner Heimat erſcheint er früher oder ſpäter aus ſeinem Winterquartiere. In Texas trifft er ſchon anfangs April, im nördlichen Illinois und Wisconſin gewöhn— lich nach Mitte Mai ein. Sein Wohngebiet iſt der Wald, aber nicht der mit niedrigen Bäumen und dichtem Untergebüſch beſtandene, ſondern der Hoch wald, in welchem breite, hohe, dicht belaubte Bäume und wenig Untergebüſche ſtehen. Aber auch in den Baumgruppen der Gärten, in Parken, ſelbſt in den Alleen der Städte ſiedelt er ſich gelegentlich an. Im In 6 Lincoln- und Humboldt-Park in Chicago habe ich ihn öfters geſehen. In Wisconſin begegnet man ihm nie im Tieflande, ſondern immer in dem ſchönen hochge— legenen, aus zahlreichen Baumarten beſtehenden Laubwalde, am häufigſten, wo Zuckerahorn, Buchen, Eichen, Ulmen, Hickory, Linden, Birken, Eiſen⸗, Hopfen-⸗, Wall- und Butternußbäume, hie und da auch Eſchen, Pappeln, wilde Kirſchbäume und andere im bunten Gemiſch zu jenen prächtigen Waldungen zuſammentreten, wie ſie meinem Heimatsſtaate eigen ſind. Hier in dieſen Wäldern wird man unſeren Vireo während der Brutzeit zahlreich antreffen, und hier er— ſchallt auch faſt unaufhörlich von Mai bis September der unbeſchreiblich klangreiche, anheimelnde Geſang dieſes Vogels. Auch in den gemiſchten Wäldern des nördlichen und mittleren Wisconſin, wo zwiſchen Laubholzbäumen auch Weißkiefern und Hemlockfichten ſtehen, iſt er ein zahlreicher Sommergaſt. Dagegen meidet er den reinen Nadelholzwald ganz. Im nördlichen Illinois iſt er in den einförmigen, dichten Eichengehölzen ſelten, während er in den üppigen Waldungen am Desplaines und Calumet zahlreich iſt. Namentlich fand ich ihn in Haſes Park, bei Harlem, mit Wald-, Katzen- und Braundroſſelu, Scharlachtangaren, Wald- und Zwergtyrannen und anderen Vögeln zahlreich brütend. Als ich dann ſpäter die Wälder des ſüdlichen Texas betrat, zeigte ſich meinen erſtaunten Blicken eine von der nördlichen ganz verſchiedene Vegetation. niſchem Moos“ guirlandenartig behangenen Wald— bäume drücken hier dem ganzen Landſchaftsbilde ein fremdes, eigentümliches Gepräge auf. Neben Lor— beer- und Waſſereichen ſtehen hier oft Stechpalmen (Jen), Kirſchlorbeer, Pekannußbäume, rieſige Plata— nen, langnadelige Kiefern, während gigantiſche Lianen, namentlich wilder Wein, bis in die höchſten Spitzen der Waldbäume emporklettern. Manches fremde Tier, manche an die Tropen erinnernde Pflanze lernte ich hier kennen; aber gleich zum erſtenmal, als ich hier umherwanderte, um das Vogelleben dieſer fremd— artigen Welt kennen zu lernen, jubelte mir der Wald— vireo als alter Bekannter feinen Sängergruß ent— gegen. Dies war in den letzten Tagen des April, als der Wald von nördlich ziehenden Waldſängerarten ſchwärmte, als alles grünte und blühte, jubelte und zwitſcherte, als die herrliche Magnolie und eine An— zahl anderer Bäume und Sträucher mit Blüten be— deckt waren, deren Duft die Luft erfüllte. — Man kann im ganzen öftlichen Gebiete der Vereinigten Schon die mit „Spas | 232 Der Waldvireo. Staaten kaum eine Waldſtrecke finden, in welcher man nicht dieſen angenehmen Waldbewohner anträfe. Durch ſeinen Geſang macht er ſich da, wo er vor— kommt, dem Beobachter bald bemerklich, doch iſt es nicht leicht, den ſingenden Vogel hoch oben im dichten Gelaube zu erſpähen. Aus dem dichten Blätterwerk tönt der Geſang hernieder, jo glockenrein, von jo unbeſchreiblichem Wohlklange und ſo abwechſelnd, daß er jeden Vogel— freund überraſchen und bezaubern muß. Er gehört jedenfalls zu den eigentümlichſten Geſängen, welche man im Walde hört, und hat alle die Eigenſchaften, welche ein guter Geſang haben muß: er iſt kräftig, melodiſch und wird außerdem ſehr fleißig zum beſten gegeben. Er erklingt faſt ununterbrochen vom frühen Morgen an, noch ehe die erſten Strahlen des auf— gehenden Tagesgeſtirns auf die Baumwipfel fallen, bis zu der Zeit, da dasſelbe zur Rüſte geht. Dann erſt begiebt ſich der unermüdliche Sänger zur Ruhe, und andere Töne treten an ſeine Stelle, nämlich die nächt— lichen Rufe des in den Wäldern Wisconſins ſo zahl— reichen Whippoorwill. Obwohl das Lied des Wald— vireo nur aus wenigen Tönen beſteht, auch durch häufige kurze Pauſen unterbrochen wird, ſo iſt es doch nicht einförmig, ja es liegt etwas Unbeſchreibliches in demſelben. Ungekünſtelt, feierlich, immer klang— reich ſtrömt es dahin, und ſtundenlaug wird es faſt ohne längere Unterbrechung vorgetragen. Mit dem Geſang der Wald- und Nöteldrofjel wetteifert ſein Lied im ſtillen friedlichen Walde; freilich kann er ſich mit ſolchen hervorragenden Sän— gern nicht meſſen. Wenn man früh morgens im Juni jene prächtigen aus verſchiedenartigen Bäumen beſtehenden Wälder des Nordens betritt und nun die Stimmen eines zahlreichen befiederten Sängerchors, der Geſang der genannten Droſſeln, der kaum minder herrliche des Ofenvogels, das klagende Lied des roſen— brüſtigen Kernbeißers, die pfeifenden lieblichen Töne des Waldtyrannen (Wood Pewee), das weithin tönende „Tſchi-wink“ des Erdfinken und das wie Trommelſchlag dazwiſchen klingende Gehämmer zahl— reicher Spechte dem Beobachter entgegen tönt: immer und immer wird er den Geſang des Waldvireo rein und klar durch das übrige Stimmgewirr hindurch vernehmen. Werden auch die Spitzen der Waldbäume von einem brauſenden Sturm hin- und herbewegt, ſodaß vor dem Rauſchen der Blätter und dem Krachen und Stöhnen der Urwaldsrieſen kaum eine Stimme zu hören iſt, ſo ſucht doch der Waldvireo alles dieſes laut ſchmetternd zu übertönen. Wenn in den heißen N Der Waldpire Der Waldviren 233 Tagen des Juli und Auguſt die Sonne faſt im Zenith zu ſtehen ſcheint, wenn alle übrigen Sänger im ſchattigen Waldesdunkel der Mittagsruhe pflegen und nur ausnahmsweiſe der Laut eines aus der Ruhe aufgeſcheuchten Vogels zu hören iſt, ſo läßt doch dieſer Vireo feine eigenartigen, nie den Reiz verlierenden Töne faſt unaufhörlich erklingen. Auch bei trübem Wetter, wenn der Himmel be— wölkt und der Wald düſter iſt, wenn faſt alle übrigen Vögel ſchweigen und nur der räuberiſche Blauheher (Blue Jay) ſein lautes, rauhes „Tſcheh, tſcheh“ durch den Wald hallen läßt, ſo hört man doch den Geſang unſeres Vireo, den ſelbſt das Rollen des Donners und das Zucken der Blitze nicht zum Schweigen bringt. ſchweigt er; ſobald aber dieſer etwas nachläßt, iſt er der erſte Sänger, deſſen Töne wieder durch den er— friſchten Wald hallen. Während die meiſten Vögel nach beendigter Brutzeit mit Singen aufhören, läßt ſich doch der Waldvireo noch im Auguſt oft genug hören und ſelbſt im September, wenn er ſich ſchon zur Reiſe nach dem Süden anſchickt, läßt er noch kurze Abſchiedstöne erklingen. Während des Singens ſitzt Zweig, unterſucht jedes Blatt, jede Blüte nach Nah— rung. Erbeutet er ein Inſekt, jo entſteht eine momen- tane Pauſe, ſobald er aber ſeine Beute verzehrt hat, ertönt auch ſein Lied wieder. Wenn er eine Zeitlang mit Singen inne hält, merkt man, daß eine Haupt— ſtimme im Waldkonzerte fehlt und erwartungsvoll lauſcht man auf das Wiedereinfallen derſelben. Am lauteſten und wechſelvollſten iſt der Geſang im Juni, während der Brutzeit. Mit wahrer Freude müſſen die Töne jeden erfüllen, der um dieſe Zeit unſere herr— lichen nördlichen und öſtlichen Wälder durchſtreift, jeden, der nur einigermaßen Sinn für die Schönheit und Herrlichkeit der Natur hat. Der Volksmund in Neu⸗England nennt unſeren Vireo bezeichnend „Whip Tom Kelly“, weil man meint, dieſe Laute aus dem Geſang herauszuhören. Da unſer Vogel gewöhnlich hoch oben im dicht— belaubten Gezweig umherhüpft, ſich auch nicht durch auffallende Farben bemerklich macht, ſo iſt er den meiſten Menſchen ſo gut wie unbekannt. Seine Tritt heftiger Regen ein, dann dicht belaubten Kronen der alten Urwaldsrieſen auf zufinden. Seine Nahrung ſucht der Rotaugenvireo ſtets im Blattwerk der Bäume, wie alle anderen Vireos, nur ſuchen die kleineren Arten ihre Beute in den niedrigen Bäumen und Büſchen. Gewöhnlich erhaſcht er die verſchiedenen Inſekten hüpfend, zuweilen ſchnell nach denſelben flatternd. In der Regel nimmt er auf oder unter den Blättern oder an den Zweigen ſitzende Kerbtiere auf, dabei den Hals nach oben und unten, nach rechts und links lang ausſtreckend. Um die meiſt ſitzenden und kriechenden Inſekten aufzunehmen, be— darf es ſchneller und ſtürmiſcher Bewegungen nicht. Wir ſehen daher unſeren Vogel in der Regel mit Würde langſam und bedächtig durchs Blätterwerk hüpfen, wodurch er ſehr an die eigentlichen Wald— ſänger (Dendroica) erinnert. Er weiß jedoch auch einen die Flucht ergreifenden Käfer, einen vorüber— fliegenden Schmetterling oder Falter durch ſchnelles Flattern oder Fliegen geſchickt zu fangen. Seltener als die Waldſänger erbeutet er in der Luft fliegende Inſekten, und nur dann geſchieht dies häufiger, wenn ihm die Blätter und Zweige keine genügende Ausbeute er nicht ruhig da, er hüpft vielmehr von Zweig zu | mehr bieten. Jedes Blatt, jede Knoſpe, jeder Zweig und mit Vorliebe auch die Blüten werden ſorgfältig nach Juſekten durchſucht. Hauptſächlich ſind es kleine Raupen, Käfer, Tag- und Nachtſchmetterlinge, Blatt— läuſe, Spinnen und eine große Anzahl anderer Kerb— tiere, welche er verzehrt. Nur ausnahmsweiſe frißt er Beeren, z. B. die in den nördlichen Wäldern häufig vorkommende Junibeere ). Dies geſchieht aber nur dann, wenn ſich bei lang anhaltendem Regenwetter oder im Herbſt die Inſekten in ihre Schlupfwinkel verkrochen haben. Auf den Boden kommt er nur ſelten herab. Ganz beſonders zeichnet ſich der Waldvireo jedoch durch ſeinen überaus künſtlichen Neſtbau aus. Alle Bauten der Vireos gehören zu den ſchönſten, eigen— tümlichſten, ſorgfältigſt hergeſtellten Neſtern unſerer Vögel und zeichnen ſich ſtets durch ihre eigentüm— liche Beutelform von allen anderen aus. — In der Regel beginnen ſie Ende Mai mit Bauen. In Texas findet man ſchon Mitte April fertige Neſter. Stets wird zur Anlage des Baues der Wald, oft auch der oberſeits olivengrünliche Färbung harmoniert vor- trefflich mit dem Laubwerk der Bäume. Nur wenn er ganz in der Nähe iſt, bemerkt man, daß er doch ein recht hübſcher, lieblicher Vogel iſt. ſo furchtlos und zutraulich, ließe er ſich nicht ſo leicht beobachten, ſo wäre er nur ſchwer in den Wäre er nicht Park und Hain, ſeltener die Bäume in den Straßen der Stadt gewählt. Der eigentliche Wald, mit wenig oder gar keinem Unterholz, wo die Bäume hoch und breit und dicht belaubt ſind, iſt als eigentliche Heimat 1) Amelanchier eanadensis. Der 8 Vireo. unſeres Vogels zu betrachten. Namentlich legt er ſein Neſt gern in Zuckerahornen, Ulmen, Birken, Buchen, Eiſen- und Hopfenbäumen, gelegentlich auch in Linden, Eichen und Hartriegelbäumchen an. In Gärten findet man es oft in den äußeren Zweigen größerer Apfelbäume. ſieben, doch auch bis zu zwanzig Fuß vom Boden, und in Wisconſin ſah ich es gelegentlich auf rieſigen Ulmen in den äußerſten ſchwanken Seitenäſten derſelben, we— nigſtens vierzig bis fünfzig Fuß von der Erde hängen. Immer wird zur Anlage desſelben ein dünner, gabel— förmiger, wagerechter Seitenaſt gewählt. Wenn man während der Brutzeit fleißig die Wälder durchſtreift, wird man gelegentlich den Kunſtbau in einer Höhe von ſechs Fuß finden, ſodaß man es faſt mit dem Kopfe berührt. das Baumaterial verſchieden, immer aber iſt das Neſt ein äußerſt kunſtvoller, ſchöner, ſtarker Bau. In der Region der gemiſchten Waldungen Wisconfins, wo die ſchöne Papierbirke “), jener Baum, deſſen Rinde ehemals den Indianern zur Herſtellung ihrer leichten Canoes diente, häufig vorkommt, wird das Neſt zus | nächſt korbartig aus Faſern des Eiſenbaumes, der wilden Rebe und hanfähnlichen Faſern verſchiedener Pflanzen hergeſtellt, welches Material durch eingewebte | Spinnenneſter und Raupengewebe recht feſt und halt— bar gemacht wird; mit Raupengeſpinſten und Faſern iſt es auch an den gabelförmigen Zweigen befeſtigt. Am auffallendſten und ſchönſten iſt aber die Außenſeite gebaut: mit kleinen Teilchen von Wespennejtern, Papier, dicken ſeidenartigen Spinnen- und Raupen cocons, namentlich aber mit ſchneeweißer, weicher, ge— kräuſelter Birkenſchale iſt es dekoriert und zwar ſo feſt und dicht, als wären dieſe Stoffe durch den Der ° Philadelphia Vireo. ieſer in der Färbung dem Sängergrünling außerordentlich ähnliche Vireo verbreitet ſich namentlich über den Norden unſeres Landes von Maine weſtlich bis zum oberen Miſſouri, nördlich bis zur Hudſons-Bai, ſüdlich im Winter bis Coſta Rica. | Wohnungen. 10 Betula papyraces a. Gewöhnlich ſteht es ſechs bis ſchleimartigen Speichel des Vogels aufgeklebt. We— niger ſchön iſt das Innere hergeſtellt. Oft beſteht die Auskleidung ausſchließlich aus den trockenen Nadeln der Weißkiefer, oft auch aus den Rindenfaſern des Eiſenbaumes und der wilden Rebe. — Die in Texas gefundenen Neſter waren weſentlich verſchieden, ſofern das Material in Betracht kommt. Sie beſtanden meiſt aus Faſern und „ſpaniſchem Moos“, waren innen mit Hälmchen und Flechten ausgelegt und äußerlich mit Bartflechten und Raupencocons de— koriert. Die vier, ſelten fünf Eier ſind der Grund— farbe nach rein weiß und nur mit wenigen ſchwärz— lichen und hellbraunen Flecken und Punkten gezeichnet. Für die Gefangenſchaft eignet ſich unſer Vireo — Je nach der Lage der Ortlichkeit iſt | ſehr gut. Er gewöhnt fich leicht ein, wenn man ihn mit Spottdroſſelfutter, Mehlwürmern und Ameiſen— puppen füttert, und dauert bei dieſer Koſt lange aus. Namen: Waldvireo, Rotaugenvireo, rotäugiger oder oliven— farbener Grünling (Dr. Schüller). Red- eyed Vireo, Red-eyed Greenlet, Red-eyed Flycatcher (Penı.) Moucherolle olive (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa olivacea Linn. (1766). — Lanius olivaceus Licht. (1823). — Vireo olivaceus Bonap. (1826). — Vireosylvia olivacea Bonap. (1850). — Phyllomanes olivacea Cab. (1850). — Museicapa sylvicola Bartr. (1791). — Vireo vires- cens Vieill. (1807). — Museicapa oculis rubris Catesby (1771). N Beſchreibung: Oberſeite, Hals- und Kopfſeite gelblich olivenfarbig; Flügel und Schwanz dunkler; Kopfkrone aſchgrau, begrenzt durch einen ſchwarzen Streif, unter welchem ſich ein langer, über das Auge hinziehender weißer Streif findet; ein durchs Auge laufender dunkler Streif. Ganze Unterſeite weiß, an den Seiten grünlich— gelb verwaſchen. Iris ſehr auffallend rot. Länge 6 Zoll; Flügel 3.20, Schwanz 2.35 Zoll. Philadelphia-Vireo. Vireo philadelphicus BIRD. zahlreich zu fein. Ich beobachtete ihn im mittleren Wisconſin ebenſo zahlreich als den Sängervireo, aber immer im Hochwalde, nie in der Nähe menſchlicher | Er ſcheint namentlich im nördlichen Miſſiſſippi-Thale Eine ſchöne, hochpoetiſche Beſchreibung giebt — —. BE a D einer unſerer leitenden wiſſenſchaftlichen Ornitho— logen, Herr Brewſter, in der Vierteljahrsſchrift des „Nuttall Club““) Genannter Forſcher fand ihn zuerſt im Jahre 1872 am Umbagog-See in Maine. Später traf er ihn bei Upton in demſelben Staate und im Jahre 1879 wieder an dem bereits genannten See, aber zahlreicher als das erſte Mal. Er ſchreibt: „Am 27. Mai wurden zwei Exemplare, ein Pärchen, beobachtet. Zu der Zeit hatten ſich nur die ſehr früh— zeitig brütenden Vögel halbwegs in ihren Standorten feſtgeſetzt, während die ganze Gegend noch voller Zug— vögel war. Noch eine Woche, und die letzten Wan— derer waren verſchwunden, und auch dieſer Vireo, auf den meine ganze Aufmerkſamkeit gerichtet war, ſchien mit ihnen gezogen zu ſein. In den nun mit Laub bekleideten Wäldern hörte man nur den milden klaren Geſang des Einſiedler- und die lieblichen Töne des Rotaugenvireo, und ſie ſchienen hier auch die einzigen Vertreter ihrer Familie zu ſein. Doch endlich, als ich eines Tages ausgeſtreckt im Schatten einiger jun— ger Pappeln lag, zog ein ſingender Vireo über mir durch einen eigentümlichen Ton meine Aufmerkſamkeit auf ſich. Ich horchte ſcharf, aber der Geſang floß dahin in der alten mir bekannten Weiſe des Wald— viren. „Nur ein Rotauge! ſagte ich zu mir ſelbſt und ſank in die frühere Träumerei zurück. Doch der charakteriſtiſche Ton ließ ſich abermals hören, und bald lag denn auch der Vogel ganz gegen mein Ge— fühl zu meinen Füßen — ein Philadelphia-Vireo. .. „Die Lebensweiſe dieſes Grünlings ſcheint nur wenig bekannt zu ſein, und ſelbſt Pr. Coues und Nelſon, welche ihn beide verhältnismäßig zahlreich gefunden, ſchweigen über dieſen Punkt faſt gänzlich, und auch die ganze einſchlägige Litteratur giebt uns wenig Belehrung über ſein Thun und Treiben. Das iſt auch nicht überraſchend, wenn wir bedenken, daß der Vogel eigentlich nur während der Zugzeit, wenn er ruhig und zurückgezogen lebt, beobachtet wurde. „Am Umbagog-Sce erjcheint der Philadelphia— Vireo gewöhnlich in der letzten Maiwoche oder, wenn die Witterung ungünſtig iſt, zeitig im Juni. Sie kommen mit den letzten Scharen der Waldſänger, wenn die Waldbäume die erſten zarten Blüten hervor— ſprießen laſſen, wenn der Moostierſtrauch mit ſchnee— weißen Blüten bedeckt iſt. Man findet ſie um dieſe Zeit meiſt einzeln, obgleich ſie nicht ſelten in Geſell— ſchaft verſchiedener Waldſänger angetroffen werden. Einige Zeit nach ihrer Ankunft ſind ſie ſehr ſtill, und „Bulletin of the Nuttall Ornithological Club! Vol. V, 1880, P. 1—7. Der Philadelphia-Vireo. obwohl ſie nicht furchtſam und ſcheu ſind, leben ſie doch ſo zurückgezogen und unbemerklich, daß man von ihrer Gegenwart oft keine Ahnung hat. In ihren Bewegungen ſtimmen ſie ganz mit den übrigen Arten der Sippe überein. Ein Zweig über uns bewegt ſich, und wir ſehen die matt citrongelbe Bruſt, welche voll— kommen mit der Farbe des friſch hervorbrechenden Laubes übereinſtimmt. Dann gewahren wir den ganzen Vogel. Dem Aſte langſam entlang hüpfend, ſchaut er genau nach jeder Seite desſelben wie ein Kurzſichtiger, ganz in derſelben Weiſe wie alle Vireos. Gelegentlich erbeutet er auch in den ſich entfaltenden Blättern eine unglückliche Spaunraupe, welche mit derſelben, alle Bewegungen des Vogels charakteriſie— renden Ruhe verzehrt wird. Man ſieht bald, daß nichts dieſen Gleichmut des kleinen gefiederten Philo— ſophen zu ſtören vermag — doch plötzlich fliegt er hinaus in den Sonnenſchein, um ein dem menſchlichen Auge nicht wahrnehmbares Inſekt zu erbeuten. Im nächſten Augenblicke ſchon iſt er nur noch undeutlich zwiſchen dem Geäſt der Bäume zu ſehen. Es iſt nur wenig Hoffnung vorhanden, ihn wiederzufinden, da ſein Geſang um dieſe Zeit noch nicht aus dem Chor der in den knoſpenden und blühenden Dickichten ſin— genden Vögel erſchallt. „Aber ſobald dichtes Laub die Bäume ſchmückt und der Frühſommer ins Land kommt, fällt auch er mit ein in den tauſendſtimmigen Chor fröhlicher Sommergäſte. Während der Brutzeit iſt auch er ein ebenſo unermüdlicher Sänger wie ſein rotäugiger Vetter. Ich habe ſein fröhliches Lied den ganzen Tag hindurch gehört, während ein düſterer Sturm den von Regen triefenden Wald hin- und herbewegte, und auch während der heißeſten Junitage, ſelbſt in der Mittagszeit hält er ſelten längere Zeit mit Sin— gen inne. Auch kaltes, ſtürmiſches Wetter ſcheint keinen Einfluß auf ihn auszuüben. Ich erlegte einen in einer hohen Gelbbirke, als der Nordwind die ſtärk— ſten Bäume wie kleine Gebüſche hin- und herbewegte. Der Aſt, auf welchem ſich der kleine Sänger feſthielt, wurde auf- und niedergeworfen und die ganze Baum— ſpitze vom Sturme förmlich gepeitſcht, und doch hielt er kaum einen Augenblick im Geſange inne, obwohl derſelbe oft nahezu vom brauſenden Sturme erſtickt wurde. „Wenngleich der Philadelphia-Vireo in der Fär— bung kaum vom Sängergrünling zu unterſcheiden iſt, ſo hat doch der ganze Geſang gegen alle Erwar— tungen keine Ahnlichkeit mit dem dieſer Art, iſt im Gegenteil dem des Waldvireo täuſchend ähnlich, ſodaß 2 er = x 236 Der Sängervireo. kaum das feinste Gehör einen Unterſchied wahrzuneh— men vermag. Die Töne fangen gewöhnlich etwas höher an, manche Strophen ſind ſchwächer und das Ganze etwas weniger zuſammenhängend. Doch ſind dieſe Unterſchiede ſo fein, daß man ſie nur wahr— nimmt, wenn beide Vögel nebeneinander ſingen. Der Philadelphia-Vireo hat einen ihm eigentümlichen ſehr ſcharfen, doppelſilbigen hohen Ton, welcher unregel— mäßig, aber nicht gerade ſelten in den Geſang einge— flochten wird. . .. „Obwohl der Vogel während der Brutzeit in der Umgebung des Umbagog-Sees gleichmäßig ver— breitet erſcheint, kommt er doch weniger im dichten zuſammenhängenden Walde vor. In der erſten Zeit nach ſeiner Ankunft beſucht er die jungen Schößlinge auf geklärtem Lande. Sein Lieblingsaufenthalt ſind aber die wilden Kirſchbäume und Graubirken an Landſtraßen, felſige, mit ſchwarzen und gelben Birken bewachſene Anhöhen, die verſchiedenen kleinen Bäume und Büſche, welche den Waldrand ſäumen, verlaſſene Farmen, wo kühle Haine üppiger Papierbirken und Ackern emporgeſchoſſen ſind und mit ſonnigen Lich— tungen abwechſeln. Wo man ihn auch finden mag, immer macht er ſich, wie alle größeren Vireos, mehr in den Spitzen und oberen Aſten der Bäume zu ſchaf— fen und kommt kaum in die Dickichte herab. „Nach der Brutzeit, wenn die Buchen ſich braun färben, wenn die vereinzelt am See ſtehenden Ahorn- bäume in den feurigen Farbentönen des Herbſtes zu | glühen beginnen, vereinigt ſich unſer Vireo mit den gemiſchten Geſellſchaften von Waldſängern, Finken, Spechten, Meiſen u. a. welche zu dieſer Jahreszeit durch die Wälder Maines ſtreifen. Sie beſuchen dann auch die Gebüſche und Dickichte, und es iſt durchaus nicht ungewöhnlich, daß man bei ſolchen Gelegenheiten auch andere baumliebende Vögel, wie Kaſtanien-, Tiger-, Pracht- und Meiſenſänger, Klei- ber, Goldhähnchen und viele andere, mit Winter— zaunkönigen, Waſſerdroſſeln und Gürtelſängern in den Dickichten an Waldpfaden, an den Ufern der Teiche und Flüſſe vereinigt findet. Ich weiß kaum einen intereſſanteren Anblick als ſolche Vogelſcharen, beſonders an einem hellen September-Morgen, ehe die Sonne über den Baumſpitzen erſchienen iſt. Das dunkle Laubwerk der Erlen und Schneeballſträucher iſt wie bereift von unzähligen feinen Tautropfen, die in ſprühenden Schauern herabfallen, wo ein Wald- ſänger hüpft oder ein Specht an den ſchlanken Stämmchen hämmert. Gelbe, goldige und ſcharlach— rote Kleiber zeigen ſich fortwährend im glitzernden Gelaube, während ein beſtändiges Raſſeln und Ge— zirpe in einem der Dickichte eine große Anzahl anderer gefiederter Lieblinge vermuten läßt. Es iſt ein über— aus liebliches Bild, dieſe Sammlungen von Vögeln in der ſtillen Waldestiefe, mit ihren himmelanſtreben— den Tannen und Fichten. Dann hört man auch das Ticken zahlreicher Bohrwürmer — der Zeitmeſſer der Natur — wie ſie die Stunden der morſchen Stämme ringsumher zählen.“ Über die Brutweiſe teilt Brewſter nichts mit, da er wohl eine Anzahl alter Neſter in den äußerſten Zweigen von Birken und Pappeln fand, mit Sicher— heit jedoch nicht angeben kann, ob ſie dieſer Art ange— hörten. Es iſt aber von vornherein anzunehmen, daß Neſt und Eier ganz den übrigen größeren Arten der Familie ähnlich ſind. Namen: Philadelphia-Vireo. Philadelphia Vireo, Philadelphia Greenlet, Brotherly-love Vireo. Wiſſenſchaftliche Namen: Vireosylvia philadelphica Cass. (1851). — Vireo philadelphicus Brd. (1858). Beſchreibung: Oberſeite matt olivenfarbig, am ausge— prägteſten am Bürzel, auf der Kopfkrone in Aſchgrau übergehend, welche Farbe nicht, wie bei F. olivaceus, durch Schwarz begrenzt iſt; über dem Auge ein matt weißer Streif; Unterſeite ſehr matt gelblich, an Kehle und Bauch faſt weiß. Im allgemeinen F. gilvus ſehr ähnlich. Länge 5 Zoll; Flügel 2.70, Schwanz 2.25 Zoll. Der Hängervireo. Warbling Vireo. Vireo gilvus Bonar. N Ser der von Europa herübergebrachte Sperling ſich bis ins ungeheure vermehrt hat, niſten nur noch wenige einheimiſche Vogel in den Baum— alleen und Parkanlagen unſerer Großſtädte. Jeden auf Bäumen und Häuſern angebrachten Niſtkaſten nehmen dieſe gefiederten Anarchiſten in Anſpruch. | Blauvögel, Purpurſchwalben, Zaunkönige und andere Höhlenbrüter werden da, wo der Spatz heimiſch ge— — — 2 — 3 — Der Sängervireo.' worden it, regelmäßig ihrer Niſtſtätten beraubt. Aber auch unſeren übrigen kleinen Vögeln wird der Sper— ling durch feine Zankſucht, Raufluſt, Frechheit und Aufdringlichkeit läſtig. Verhältnismäßig am wenig— ſten leiden die in den Spitzen hoher Bäume brütenden Arten. Fehlen vieler Vogelarten dem Mangel an Bäumen und dichtem Strauchwerk zu; aber es iſt Thatſache, daß auch in ſolchen Städten, wo Bäume und Sträu— cher in Menge vorhanden ſind, die einheimiſche Vogel— welt nur durch wenige Arten vertreten iſt. durchwandere während der Brutzeit nur einmal die prächtigen Parkanlagen Chicagos, und man wird ſich von der Wahrheit des Geſagten bald überzeugen können. Dem Sperling wird man auf Schritt und Manche Beobachter ſchreiben das gänzliche 237 Man findet den Sängervireo vom Atlantiſchen Ozean bis zum Pacific. Nach Norden hinauf geht er bis Fort Simpſon und der Selkirk-Anſiedlung, ſüdlich bis Mexico und den mittelamerikaniſchen Staaten, wo er überwintert. Ich habe ihn in Texas während der Brutzeit nirgends beobachtet, doch fand ihn Würdemann niſtend bei Calcaſieu im ſüdlichen Man Tritt begegnen, wo find aber die Oriole, Blauvögel, Katzendroſſeln, Schwalben und andere ſich mit Vor— liebe dem Menſchen anſchließenden Vögel? Straßen und größeren Gartenanlagen verſchiedener Stadtteile Milwaukees find mit herrlichen Schatten- bäumen bepflanzt, die hier erfahrungsgemäß viel beſſer gedeihen, als in irgend einer anderen Großſtadt des Landes. Nirgends ſah ich ſo ſchöne, große, breite, dichtveräſtete Ulmen als hier, nirgends auch ſo ſchöne Zuckerahorne, Birken, Roßkaſtanien und Vogelbeer— bäume. Obwohl erſt ſpät im Mai ſich mit Blättern ſchmückend, ſpenden ſie doch den ganzen, in dieſen Breiten beſonders heißen Sommer hindurch den ſchön— ſten Schatten, und wenn im Herbſt ſich das tiefe Grün in grelles Rot, Gelb und Rotbraun abändert, dann iſt der Anblick ein bezaubernd ſchöner. Nur während der Zugzeit und im Winter ſuchen viele Vögel dieſe Bäume auf, während der Brutzeit ver— irren ſich aber nur wenige hierher. Außer Schwärmen von Spatzen ſah ich nur einzelne Robins, Zaunkönige und Sommerſänger und hin und wieder einen Gold— zeiſig. Trotz eifrigen Suchens war es mir nicht möglich, einen anderen Vogel zu entdecken, bis mich meine Mitarbeiterin Frl. Hedwig Schlichting auf den Sängervireo aufmerkſam machte. Da— mals, etwa Ende Mai, erſchallte der laute, herrliche Geſang nur vereinzelt aus dem jungen üppigen Grün, doch als es anfangs Juni wärmer wurde und laue Lüfte die Aſte der Ulmen hin und her fächelten, ver— nahm man das Lied allerwärts in der Stadt, wo ſich hohe Bäume fanden. Ich beobachtete ihn den ganzen Sommer hindurch, namentlich in den ſchönen breiten, an beiden Seiten der Straßen ſtehenden Ulmen, deren Aſte ſich in der Mitte des Fahrwegs berühren und unter denen man wie unter einem Gewölbe dahingeht. Die Louiſiana. Im Oſten und Norden der Union ſcheint er beſonders zahlreich zu ſein. Ich fand ihn in den Parkanlagen Chicagos, andere Vogelkundige beobach— teten ihn als faſt den einzigen einheimischen Vogel in Boſton, Philadelphia u. ſ. f. Allerwärts in den nördlichen Städten ſcheint er die Ulme, weiter ſüdlich den prächtigen Tulpenbaum oder die noch prächtigere Magnolie zum Aufenthalt vorzuziehen. — Man kann ihn als echten Stadtvogel bezeichnen, da er die Nähe des Menſchen ſelbſt in bevölkerten Städten dem Aufenthalt im Walde vorzieht. Aus dem Menſchen— gewühl und Wagengeraſſel ſcheint er ſich wenig zu machen. Da er nicht neugierig iſt und ſeine ſchlichte, olivengrünliche, mit dem Laubwerk der Bäume voll— kommen harmonierende Farbe ihn auch nicht leicht auffinden läßt, ſo iſt er in den Städten und Ort— ſchaften verhältnismäßig ſicherer als im Walde, wo Raubvögel und kleine Vierfüßler fortwährend nach Beute ſuchen. — Da er ſich überdies beſtändig in den Kronen der Bäume aufhält, ſo wiſſen nur wenige Menſchen etwas von ſeiner Anweſenheit. Nur der Naturfreund und der mit dem Leben dieſer kleinen unſcheinbaren Vögel vertraute Beobachter weiß ihn da, wo er vorkommt, leicht aufzufinden, da der laute, ſchöne Geſang ihn bald verrät. Seine Ankunft erfolgt erſt jpät im Lenze — im Norden unſeres Landes ſo etwa am 20. Mai — wenn die Bäume in voller Blütenpracht ſtehen, wenn alles grünt und duftet, wenn die Sonne ihre warmen, be— lebenden Strahlen auf die noch vor kurzer Zeit grau und öde erſcheinende Erde niederſendet. Auf das kalte wechſelhafte Frühlingswetter folgt der dem Norden ſo eigene tropiſche Sommer. Der Übergang von der Kälte zur Wärme und Hitze iſt ein äußerſt ſchneller. Die zarteren Vögel erſcheinen alle erſt, wenn wirklich der Lenz mit Blüten- und Blätterpracht und wär— merem Wetter eingezogen iſt, und mit ihnen erſcheint auch der Sängervireo. — Seinen Aufenthalt wählt er immer hoch oben in den Bäumen, wo er langſam im Geäſt, auf und unter den Blättern, in den Blüten und an der Borke nach Inſekten umherſucht. Mand)- mal eilt er auch einem davoneilenden Käfer nach, ſelten jedoch ſucht er ſeine Nahrung fliegend zu erbeuten. 238 Der Goldbrujtviren. Fortwährend erſchallt bei dem Suchen nach Inſekten auch der liebliche Geſang. Bald nach der Ankunft ſchreitet das Pärchen zum Neſtbau. Anfangs Juni, weiter ſüdlich natürlich früher, findet man das prächtige Beutelneſtchen. Es ſteht gewöhnlich ganz in der Spitze, 30 bis 60 Fuß vom Boden, in den äußerſten dünnen Zweigen, wo man es wohl hängen ſieht, es aber ſelten erlangen kann. Es iſt dem des Waldvireo ſo ähnlich, daß eine ausführlichere Beſchreibung überflüſſig iſt. Von oben iſt es gewöhnlich durch einen dichten Blattbüſchel ſo— wohl gegen Regen und Sonnenſchein, als auch gegen die ſpähenden Augen der Naubvögel geſchützt. In der Nähe menſchlicher Wohnungen laſſen ſich die Vö— gelchen oft bei ihrer mühſamen Arbeit beobachten. Sie bauen am eifrigſten ganz in aller Frühe und ſpät am Nachmittage. Die Eier ſind von denen des Gelb— bruſtvireo kaum oder gar nicht zu unterſcheiden. Sie ſind der Grundfarbe nach rein weiß und nur ſpärlich mit ſcharf hervortretenden dunkelbraunen Flecken ge— zeichnet. — Während das Weibchen brütet, hält das Mäunchen ſorgſame Wache, gewöhnlich in der Spitze desſelben Baumes, auf dem das Neſt ſteht. Läßt ſich ein räuberiſcher Vogel, vielleicht ein Würger oder Blauheher in der Nähe nieder, ſo ſtößt das Pärchen ein lautes Jammergeſchrei aus. Mutig wird der Friedensſtörer angegriffen und nicht ſelten erfolgreich in die Flucht geſchlagen. Obwohl die Höhe des Neſtes gegen manchen Feind ſchützt, gegen den paraſitiſchen Kuhſtar ſchützt fie nicht, denn er weiß nur zu oft fein Ei in dieſe Kunſt- und Prachtbauten zu ſchmuggeln; er ſcheint es zu wiſſen, was für treue Pflegeeltern dieſe Vireos ſind. Von den verhältnismäßig wenigen Vogelarten, welche ſich den Menſchen anſchließen, iſt der Sänger vireo einer der edelſten und vorzüglichſten, denn fein Geſang iſt jo wohllautend und klar, jo rein, ſauft und abwechſelnd, daß man gar nicht müde wird, ihm zu lauſchen. Wir haben allerdings hervorragendere Sänger, aber das Lied dieſes Vireo iſt einzig in ſeiner Art, ganz verſchieden von dem anderer Vögel. Unter allen unſeren Vireos ſteht er in dieſer Hinſicht obenan, und er iſt jedenfalls zu unſeren beſten Sing— vögeln zu zählen. Darin ſtimmen auch alle unſere Forſcher überein. „Kein Name“, ſagt Audubon, „hätte dieſer Art mit größerem Rechte beigelegt wer— den können, als Sängervireo.“ Das Männchen ſingt vom Morgen bis zur Nacht „ſo lieblich und mild, mit ſo viel Klangfülle und Sauftheit des Tones und ſo zart, daß man glauben möchte, es trage ſeine Lieder einzig und allein vor zur eigenen Genug— thuung, ohne den leiſeſten Wunſch, die Aufmerkſam— keit eines Nebenbuhlers zu erregen.“ Namen: Süängervireo, Singgrünling. Warbling Vireo, Warbling Greenlet, War— bling Flycatcher, Griseous Flycatcher (Steph.). Moucherolle gris (Vieill.), Fauvette grise des Etats-Unis (Vieill.), Vireo ou Moucherolle gris (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa gilva Vieill. (1807). — Sylvia gilva Vieill. (18517). — Vireo gilvus Bonap. (1824). — Vireosylvia gilva Cass. (1851). — Museicapa melodia Wils. (1812). — Vireo Swainsoni Brd. (1858). — Vireosylvia Swainsoni Brd. (1866). — Vireo gilvus var. Swainsonii Coues (1874). — Vireo- sylvia gilva Swainsonii Ridgw. (1873). Beſchreibung: Oberſeite grünlich, aſchfarbig verwaſchen, am ſchönſten am Bürzel, auf der Kopfkrone in Aſchgrau übergehend; weißlicher Zügelſtreif über dem Auge; Unterſeite matt weißlich, mit ſchwachem gelblichen An— fluge an den Seiten. Länge 5 Zoll; Flügel 2.80, Schwanz 2.25 Zoll. Der Goloͤbruſtpires. Yellow-throated Vireo. Vireo fNavifrons VIEILL. Tafel XVI. y E. war in den erſten Tagen des April im Jahre 67 1886, als ich wider Willen längere Zeit in River Junction, einem kleinen Dorfe am Chatta— hoochee im nördlichen Florida, verweilen mußte. Die Flüſſe waren durch anhaltenden Regen ſo geſtiegen, daß ſie nicht nur das ganze angrenzende Tiefland unter Waſſer geſetzt, ſondern auch die Eiſenbahn— brücken teils hinweggeriſſen, teils ſehr beſchädigt hat— XVI VIREO FLAVIFRONS VIEILL. ö GELBKEHLIGER VIREO. Yellow-throated Vireo. ten. War die Reiſe durch das an landſchaftlichen Schönheiten ſo reiche nördliche und mittlere Georgia ſehr intereſſant geweſen, ſo unangenehm war es mir, mich hier in dieſer von Sümpfen eingeſchloſſenen Gegend auf unbeſtimmte Zeit aufhalten zu müſſen. Ich ſehnte mich darnach, den berühmten Suwanee, den majeſtätiſchen St. Johns und die Heſperiden— gärten und Fächerpalmenhaine des ſüdlichen Florida kennen zu lernen. Indes konnte ich hier nicht un— thätig ſein. Die Luft war lau und mit dem herrlich ſten Dufte angefüllt, die Bäume prangten im ſaftig— ſten Grün, und ein tauſendſtimmiger Chor nach der nördlicheren Heimat ziehender Sänger ließ ſich hören. Es klang gleichſam als Einladung, in dieſe noch un bekannte Welt einzudringen. Und ich habe den Auf— enthalt hier nie bereut. Der Wald beſtand zumeiſt aus langnadeligen Kiefern, aus breitblättrigen ſehr großen Magnolien, aus Eichen, Amberbäumen und Ulmen, während niedrige, ſchön rot blühende Roß— kaſtanien, aromatiſch duftender Lorbeer“), Baum— heidelbeeren?), mit dichten ſtacheligen Blättern ver— ſehene Hülſen, weißblühende Schneeglöckchen-), wohl riechende Styrax-) und Sternanisſträucher“) das Unterholz bilden. An manchen Stellen wuchſen zahlreich rötlichweiß blühende Azaleen“) und ſelbſt einzelue Sträucher der feurigroten Flammenazalee“) fand ich hier. In den Gärten verblühten die letzten Kamelien, und die erſten Knoſpen der ſtark und lieb— lich duftenden Gardenien öffneten ſich. Der Wald ſchwärmte von nördlich ziehenden Vögeln, doch fiel mir ein Sänger durch ſeine große Anzahl auf, den ich ſonſt nur immer vereinzelt geſehen hatte. Es war dies der ebenfalls auf der Reiſe nach dem Norden begriffene Goldbruſt- oder Gelbbruſtvireo. Sie ſangen ſo laut und anhaltend, daß ſie mir ſo— gleich auffielen; beſonders vernahm man das charak— teriſtiſche „Giri, giri“, mit welchem der Geſang an— fängt, von allen Seiten. Sonſt ſind dieſe Vireos auf ihrer Reiſe ſehr ſchweigſam, und ich kann mich nicht erinnern, je zuvor den Geſang während des Frühlingszuges vernommen zu haben. In Florida und auch in anderen Südſtaaten iſt der Goldbruſt— vireo nicht Brutvogel. Seine Heimat erſtreckt ſich über den ganzen Oſten der Union bis weſtlich nach Kanſas, nördlich bis Wisconſin, Maine u. ſ. w. In Florida, auf Cuba, namentlich aber im ſüdlichen 1) Persea carolinensis. 2) Sparkle-berry. 3) Halesia tetraptera. 4) Styrax pulverulentum. 5) Illieium floridanum und I. parvitlora. 6) Azalea nudiflora. 7) Azalea calendulacea. er Goldbruſtvireo. 939 Mexico, Coſta Rica, Guatemala und Centralamerika überwintert er. In ſeiner Sommerheimat erſcheint dieſer Vogel etwas früher als ſeine Vettern, die Sänger- und Waldvireos. Ich beobachtete ihn im mittleren Wis conſin ſchon am 11. Mai, an demſelben Tage, als auch die Baltimore-Vögel angekommen waren. Er wählt ſich ebenſowohl den Hochwald als auch die Haine und größere Gärten zum Wohngebiete. In Wisconſin und im nördlichen Illinois fand ich ihn oft in Obſt⸗ und Baumgärten brütend, während er nach den Angaben meines Mitarbeiters, des Herrn Otto Widmann, bei St. Louis mit Vorliebe den Hochwald bewohnt und faſt nie die unmittelbare Nähe des Menſchen aufſucht. Der Goldbruſtvireo iſt einer meiner Lieblinge, weil er zu denjenigen Vögeln gehört, die ich von Jugend auf ganz in der Nähe meiner elterlichen Wohnung zu beobachten Gelegenheit hatte. Vor dem Hauſe befand ſich ein ſchöner kleiner Hain, beſtehend aus einzelnen hohen Ulmen, vielen Zuckerahorn— bäumen, mehreren Eichen und Eſchen. Robins, Katzendroſſeln, Cedervögel, Carolina-Tauben, Kö— nigstyrannen, Goldzeiſige und Gartenſänger waren ſtändige Sommergäſte, während Wald-, Einſiedler— und namentlich Goldbruſtvireos faſt jedes Jahr ſich einſtellten, um zu niſten. Von allen Vireoarten waren ſie die zutraulichſten und ſchönſten. Sie ſan— gen ohne Scheu ganz in der Nähe des Hauſes, trieben ji) häufig in den größeren Apfelbäumen umher und hingen ihre prächtigen Korbneſtchen an irgend einen Außenzweig eines Zier- und Obſtbaumes. An der ſchönen reingelben Bruſt waren ſie immer ſogleich be merklich. Während der Bau im Walde oft ſehr hoch von der Erde ſteht, war er hier ſelten höher als ſieben bis zwanzig Fuß angelegt. Das Pärchen baut ge meinſchaftlich, doch iſt das Weibchen der eigentliche Baukünſtler. In den erſten Tagen ſchreitet die Ar— beit nur langſam voran, da das Auffinden paſſender Niſtſtoffe oft viele Zeit in Anſpruch nimmt. Zunächſt werden allerlei feine Baſtfaſern, einzelne Hälmchen, in der Nähe der Wohnungen auch einzelne baum wollene Zeugfafern geſammelt, um die dünnen Aſt— chen geſchlungen und mit Spinnen- und Raupen— geweben noch beſonders befeſtigt. Unter fortwähren— dem Hin- und Herbewegen oder Drehen entſteht dann das korb- oder beutelförmige durchſichtige Gerippe des Baues. Nun folgen flachsartige Faſern, Stücke von Weſpenneſtern, feine Birkenſchale, namentlich aber Spinnen- und Raupengewebe, welche an der Außen 240 ſeite befejtigt werden. Die innere Auskleidung be— ſteht meiſt aus feinen Rindenfaſern, manchmal auch aus Kiefernnadeln. Die Vögel bauen gewöhnlich nur in den frühen Morgenſtunden und gegen Abend. Es dauert meiſt fünf bis ſechs Tage, bis der Bau ſo weit fertig iſt, daß das Weibchen legen kann. Während letzteres auf dem Neſte ſitzt, iſt das Männchen damit beſchäftigt, die Außenſeite zu verzieren, wie dies auch die übrigen Vireoarten, die ich zu beobachten Gelegen— heit hatte, thun. Spinnen- und Raupenneſter, be— ſonders aber Flechten, wie ſie ſich an der Rinde der Bäume findet, werden herbeigetragen und ſorgſam an der Außenſeite befeſtigt oder mit dem Speichel des Vogels aufgeklebt. Die Flechten oder Mooſe ver— leihen dem kunſtvollen Korbneſtchen ein allerliebſtes Ausſehen. Sie ſind jedoch nicht ſo regelmäßig, dicht und glatt auf der Außenſeite angebracht, wie dies bei den wundervollen Bauten des Kolibri, Mückenſän— gers und Waldpiwi der Fall iſt. Der Zweck dieſer grünlichen Flechtenverzierung ſcheint zu fein, das Neſt einem natürlichen Auswuchſe oder einem Moosklum— pen ähnlich erſcheinen zu laſſen, um die Feinde zu täuſchen. Herr Prof. Ridgway hat das Neſt mit dem brütenden Weibchen und ſingenden Männchen ganz prächtig dargeſtellt, ſodaß eine weitere Beſchrei— bung überflüſſig erſcheint. Die vier, ſelten fünf Eier find von denen des Rotaugen-, Einſiedler- und Sän— gervireo nicht zu unterſcheiden. Die Grundfarbe iſt ein reines Weiß; die dunkelbraunen Flecken treten ſcharf hervor, doch ſind ſie nur ſehr ſpärlich über das Ei zer— ſtreut und finden ſich hauptſächlich am ſtumpfen Ende. Das Männchen hält in der Nähe Wache. Ob— wohl es faſt ununterbrochen ſingt und nach Inſekten ſucht, entgeht doch ſo leicht nichts ſeiner Aufmerkſam— keit. Ab und zu bringt es auch dem Weibchen einen Wurm, eine Spinne oder ſonſt einen Leckerbiſſen. Andere ſeiner Art duldet er durchaus nicht in ſeiner Nähe, dagegen ſcheint er ſich um die übrigen gefie— derten Nachbarn wenig zu kümmern. Vor Raub— tieren haben dieſe Vögel große Furcht, ſcheinen auch aus dem Grunde die Nähe des Menſchen aufzuſuchen, weil ſie ſich hier ſicherer fühlen. Sie wiſſen in Gärten ſehr genau zwiſchen Feind und Freund zu unterſcheiden und gewöhnen ſich ſehr leicht an die ihnen wohl— wollenden Menſchen. Ohne auch nur einen Angſtruf auszuſtoßen, ließen die in unſerem Garten brütenden | Goldbruſtvireos mich an das Neſt herankommen. — Betreten jedoch Feinde das Gebiet, oder zeigt ſich irgend ein Raubtier, dann will das Klagen und Jam— mern gar kein Ende nehmen, und das entrüſtete Der Goldbruſtvireo. Männchen fliegt dem Eindringling ſogar ins Geſicht, um ihn von der Beſichtigung des Neſtes abzuhalten. Von einem ſolchen Fall erzählt Dr. Brewer: „Ein Pärchen dieſer Vögel baute ſein prächtiges moos— bedecktes Neſtchen in den Aſt eines den Croquetplatz überhängenden Apfelbaumes nur wenige Schritte von meiner Wohnung. Der Bau wurde dadurch ent— deckt, daß mir das mutige Männchen, als ich demſelben zu nahe kam, ins Geſicht flog. Dies ereignete ſich, noch ehe das Neſt Eier enthielt. Da man den Spiel— platz häufig benutzte, ſo wurde das Pärchen anfangs ſehr geſtört. Doch es gewöhnte ſich bald an die Ge— ſellſchaft und das Weibchen verließ das Neſt nicht, ſelbſt wenn das Spiel unter demſelben ſtattfand, welches dann oft nicht mehr als einen Fuß von den Köpfen der Spieler entfernt war. Noch ehe der Bau ganz vollendet war, fing das Weibchen an zu legen. Das emſige Männchen war dann fortwährend damit beſchäftigt, die Außenſeite mit Flechten und Moos zu verzieren oder feinen Geſang zum beten zu geben. Dieſe Pflichten wechſelten ab mit dem häufigen Er— beuten von Inſekten, welche pünktlich dem Weibchen zugetragen wurden. Der Geſang war wechſelreich, lieblich und ergreifend ſchön. Minder kräftig, als die Töne verſchiedener anderer Arten, die des Sänger— vireo vielleicht ausgenommen, weiß ich doch von keinen, die ſo bezaubernd ſind.“ Obwohl ſich das Lied mit dem herrlichen Ton— ſtück des Sängervireo nicht meſſen kann, iſt es doch überaus lieblich und klangvoll, abwechſelnd und an— haltend. Erhöht wird der Wert desſelben noch, weil es nicht bloß im feierlichen Waldesdome, ſondern häufig auch in Hainen und Obſtgärten erſchallt. Es fängt immer mit „Giri, giri“ an, was ſehr auffällt, da es deutlich ausgeſprochen wird. Dann folgen einige aufſteigende Töne, die nach einer kurzen Pauſe wieder fallen, vielfach abgeändert werden, welche aber durch eine Beſchreibung nicht zu verdeutlichen ſind. Der Geſang wird in etwas langſamer, gedämpfter Weiſe vorgetragen, büßt aber dadurch keineswegs an Schönheit ein, beſonders wenn in ſeiner Nähe gleich— zeitig der heitere Geſang der Katzendroſſel, das fröh— liche Lied des Goldzeiſigs und die Töne noch anderer Sänger erklingen. Nuttall ſagt ganz richtig, daß der Goldbruſtvireo oft in Geſellſchaft ſeines rotäugigen Vetters den Wald belebe und in Gemeinſchaft mit dieſem ſinge, wodurch ſein ſchwächerer, tieferer Geſang im Vergleich mit den lauten fröhlichen Tönen des letzteren einen eigentümlichen Reiz erhalte, namentlich am Mittag der heißeſten Tage, zu welcher Zeit faſt Der Einſiedlervire Der Einſiedlervireo. 241 alle übrigen Sänger des Waldes ſchweigen. Wie alle ſingt er faſt ununterbrochen. Im Herbſt ſoll er hie anderen Grünlinge, ſingt auch er vom frühen Mor- Hund da auch kleine Beeren verzehren. gen bis zum Sonnenuntergang, doch fällt ſein Geſang * 5 Be ; Namen: l ireo, hliger Vire iger nie fo auf, wie der des Waldvireo. damen: Goldbruſtvireo, gelbkehliger Vireo, gelbkehliger Grünling oder Laubwürger, Goldbruſtgrünling. Auffallend iſt es, daß die älteren und auch manche Yellow-throated Vireo, Yellow-throated neuere Forſcher angeben, daß der Goldbruſtvireo hoch Greenlet. oben in den Waldbäumen feine Nahrung ſuche, ſehr Fauvette à gorge dorée (Vieill.), Gobe-mouche Jaunätre de New York (Vieill.), Vireo à front jaune (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: reo flavifrons Vieill. (1807). — Lanivireo flavifrons Lawr. (1868). — Vireo- zurückgezogen lebe und die Nähe des Menſchen meide. Dies trifft ohne Zweifel für manche Gegenden zu; ich ſelbſt machte im ſüdweſtlichen Miſſouri die Er— fahrung, daß er dort ſtets den Hochwald und nie die sylvia flavifrons Brd. (1866). — Muscicapa sylvicola Nähe des Menſchen aufſucht, dagegen fand ich ihn in Wils. (1808), Wisconſin und Nord-Yllinois in vielen größeren, Beſchreibung: Ein ſchöner Vogel, welcher auf der Ober— ihm zuſagenden Obſt- und Baumgärten. Bemerken . ln: FFF will ich an dieſer Stelle auch, daß dieſer ſchönſte un- ge geh b en 8 ſerer Vireos nach meinen Erfahrungen viel ſeltener Stirn, Zügelſtreif über dem Auge und Augenring gelb iſt, als der Wald- und Sängervireo. wie die Kehle; Ohrengegend, Flügel und Schwanz t, Seine fast ansſchleſlich ee | 8 5 zwei breite weiße Flügelbinden; Schwanzfedern Nahrung ſucht auch er aus den Blüten, auf und i . BE Sn e = Länge 5.75 bis 6 Zoll; Flügel 3 Zoll, Schwanz unter den Blättern und vom Gezweig ab. Dabei 2.25 Zoll. Der Tinſieoͤlervires. Blue-headed Vireo. Vireo solitarius VIEILL. % n den mit Gebüſch geſäumten Wäldern des mitt- halt meiſt entfernt von Wohnungen wählt. Sein leren und nördlichen Wisconſin, namentlich ganzes Weſen, ſein Geſang paßt auch ſo recht zu den aber an den buſchreichen Rändern der an Wieſen und zwei Haupteigentümlichkeiten des ſommerlichen nörd— kultiviertes Land grenzenden Sümpfe, kann man hie lichen Waldes, der Waldesſtille und Waldeskühle. und da den blauköpfigen oder Einſiedler- Nirgends könnte der Geſang ſo zur Geltung kommen vireo beobachten. Er ſcheint mehr derartige Ortlich- Tals hier, wo er mit dem ſchmelzenden Liede des Ofen— keiten, als das tiefe Innere des Waldes ſelbſt und die vogels, mit den klagenden Tönen des roſenbrüſtigen hohen Bäume zu bevorzugen. Doch iſt er, obwohl Kernbeißers und mit den wundervollen Lauten der er ſich vom Atlantiſchen Ozean bis zu den großen Wald- und Röteldroſſel ſich miſcht. Der Gejang tft weſtlichen Ebenen verbreitet, nirgends ein zahlreicher ganz verſchieden von dem des Wald- und Sänger— Vogel, fehlt in vielen Gegenden ſogar ganz. Sein | vireo, ähnelt aber in mancher Hinſicht dem des Gold— Brutgebiet bilden hauptſächlich die nördlichen Staaten; bruſtgrünlings. Er iſt laut, überaus lieblich und in dem mittleren und ſüdlichen Gebiete unſeres großen reich an Abwechslung, doch werden einzelne Strophen Landes kommt er nur in der Zugzeit vor. Im Winter ſehr oft wiederholt, wodurch das Lied etwas einförmig zieht er ſüdlich bis Guatemala und Weſtindien (Cuba). wird. Die Töne folgen etwas ſchnell aufeinander, Da, wo er vorkommt, macht er ſich bald durch ſodaß man fie mit Recht einen wilden Waldgeſang feinen lauten wilden Geſang bemerkbar. Er iſt nicht nennen kann. Wie alle mir bekannten Vireoarten, tt gerade ſcheu und läßt ſich ebenſo leicht beobachten als auch er unermüdlich im Hervorbringen ſeiner Töne. andere Arten. Seinen Namen „Einſiedlervireo“ trägt Die Brutweiſe dieſes Vireo hat namentlich Dr. er mit Recht, da er ſich faſt nirgends in des Menſchen Brewer genau beſchrieben. Verſchiedene Neſter, nächſter Umgebung anſiedelt, ſondern ſeinen Aufent- welche in Lynn und Hingham, Maſſ., gefunden wur— 31 242 Der Einſiedlervireo. den, ſtimmen in der Bauart überein. Sie ſind denen anderer Grünlinge ähnlich, ſind nach Brewers Ur— teil vielleicht etwas loſer zuſammengefügt und auch nicht ſo gut an den Zweigen befeſtigt. Eins hing in einer jungen Eiche, etwa zwölf Fuß vom Boden. Außerlich war es aus Streifen der Schale von Gelb— und Graubirken, Flöckchen Wolle und trockenem Gras gebaut. Die Mulde war mit trockenen Nadeln der Weißkiefer ausgelegt. Ein anderes Neſt hing in einem Hickoryſchößling nur zwei Fuß von der Erde. Im mittleren Wisconſin fand ich zwei Neſter dieſer Art, die ſich einander ſehr ähneln. Eins hing an einer jungen Eſche, ein anderes in einem Schneeball— ſtrauche, wohin nur ſelten ein Sonnenſtrahl drang. Die Wandungen waren ziemlich dick aus Haſelnuß— kätzchen, feiner Birkenſchale und Pflanzenwolle ge— filzt, außen mit Birkenſchale, vielen Spinnen- und Raupencocons, einigen Wollflöckchen und Eichenkätz— chen verziert, innen mit Rebenfaſern ausgelegt. Beide ſtanden an den Rändern größerer Sümpfe. In der Größe ſtimmen ſie ganz mit Waldvireoneſtern überein, und auch die Eier ſind denen anderer größerer Vireos ganz ähnlich. Daß ſich auch dieſe Art gelegentlich den Menſchen anſchließt, beweiſt eine Angabe Brewers. „Im Sommer 1870“, ſchreibt er, „baute ein Pärchen auf einen nur wenige Schritte von meiner Wohnung ſtehenden Zwergbirnbaum. Sie waren anfangs ſehr ſcheu, geſtatteten nicht, daß man ihnen bei ihrer Arbeit zuſchaute und hörten ganz mit Bauen auf, wenn ſich jemand in der Nähe des von ihnen gewählten Baumes zu ſchaffen machte. Bald nach der Vollendung des Neſtes fand ich zwei Kuhvogel-Eier in demſelben, welche ich herausnahm. Trotz dieſes Eingriffs legte das Weibchen doch nur zwei Eier. Letzteres wurde immer zutraulicher, ließ mich nahe herankommen und verließ das Neſt nicht eher, als bis ich meine Hand nach demſelben ausſtreckte. Klagetöne, wie ſie der Buſchvireo ausſtößt, hörte man nicht, auch verteidigte es ſich nicht, wie der Gelbbruſtvireo. Ruhig blieb es in der Nähe, mich mit beſorgten Blicken beobachtend, bis ich den Platz verließ. Unglücklicherweiſe wurde das Neſt von einem ſchwarzſchnäbeligen Kuckuck ge— plündert und meine Hoffnung, das Aufziehen der Jungen zu beobachten, war ſomit zunichte geworden.“ Im fernen Weſten, am Pacific, wird dieſe Art durch eine Varietät, Caſſins-Vireo (eo soli- tarius Cassinit HENSH.), und im Felſengebirge durch den bleifarbigen Vired (V. solitarius plumbeus ALLEN) vertreten. Beide unterſcheiden ſich in der Lebensweiſe gar nicht und in der Färbung wenig von der eigentlichen Art. Namen: Einſiedlervireo, Blaukopfvireo, Einſiedlergrünling. Solitary or Blue-headed Vireo or Greenlet. Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa solitaria Wils. (1810). — Vireo solitarius Vieill. (1817). — Vireo- sylvia solitaria Brd. (1866). — Lanivireo solitarius Allen (1869). Beſchreibung: Oberſeite olivengrün; Krone und Seiten des Kopfes ſcharf hervortretend bläulich-aſchfarbig; ein weißer von der Schnabelwurzel aus um das Auge laufender Streif; Unterſeite reinweiß, an den Seiten olivenfarbig angeflogen; Unterflügel und die unteren Schwanzfedern gelblich; zwei weißliche oder weißgelb— liche Flügelbinden. Schnabel und Füße bleifarbig. Länge 5.50 Zoll; Flügel 2.75, Schwanz 2.25 Zoll. Der Bartvireo, Vüreo altilogquus barbatulus Coups (Florida Vireo, Black-whiskered Vireo): Dieſer zuerſt bei Charlotte Harbor in Florida be— obachtete Vogel iſt namentlich über die Bahama— Inſeln und Cuba verbreitet, dürfte aber auch in manchen noch wenig erforſchten Teilen des ſüdlichen Florida nicht ſelten ſein. Der Geſang wird als ganz ausgezeichnet gerühmt, und in der Lebensweiſe gleicht er ganz den anderen größeren Arten ſeiner Familie. Die Oberſeite iſt matt olivenfarbig; auf der Krone aſchgrau; ein weißer Zügelſtreif; Unterſeite weiß. Hauptkennzeichen iſt der ſchwärzliche an der Seite der Kehle hinlaufende, bartartige Streif. Der gelbgrüne Vireo, Vireo flavoviridis BRD. (Yellow-green Vireo), iſt ein Bewohner Me— ricos bis Panama, verbreitet ſich aber nördlich bis zum Thale des Rio Grande. Ga ; * EB 1 Der Schwarz kopfpires. Black- capped Vireo. En zur ſelben Zeit, als Dr. Elliott Coues | — in ſeinem ausgezeichneten Werke „Birds of | the Colorado Valley“ ſchrieb, daß nur vier ge— ſammelte Exemplare dieſes Vogels bekannt ſeien, wurde er nicht nur zahlreich in Texas beobachtet, ſon dern auch Lebens- und Niſtweiſe wurde ziemlich genau bekannt. Der Schwarzkopfvireo gehört Texas an, wo ihn Woodhouſe am 26. Mai 1851 am Rio San Pedro, einem Nebenfluſſe des Rio Grande ent— deckte. In dem ſchon mehrfach genannten Pracht— werke Caſſins wurde er einige Jahre ſpäter in Lebensgröße dargeſtellt. Mehrere Exemplare wurden dann auch im nördlichen Mexico geſammelt. Später fand ihn Ragsdale in Medina und Comanche County. Das Verdienſt, das Net dieſes Vireo zuerſt ge- funden zu haben, gebührt dem Sammler Werner aus South Bethlehem, Penn. Er befand ſich im Jahre 1878 in Comal County, Texas. Etwa 23 Meilen nordweſtlich von Neu-Braunfels, an der Guadelupe ſah er zuerſt den Vogel. „Sie waren hier nicht ſehr zahlreich“, ſchreibt er, „denn ich be— obachtete während meines ſechswöchentlichen Aufent— halts auf meinen Streifzügen in einem Gebiete von. zehn Meilen im Umfange nicht mehr als zehn bis zwölf Stück. Der eigentümliche Geſang des Männ— chens erregte ſogleich meine Aufmerkſamkeit, und ich wußte auch ſofort, daß ich einen Vireo vor mir hatte. vorzugen, wenigſtens fand ich ſie immer an derartigen Ortlichkeiten. Niedriges Buſchwerk iſt ihr Lieblings— aufenthalt und ihre Neſter hängen nicht höher als drei bis vier Fuß von der Erde. Sie waren ungemein lebhaft, ja ruhelos, flatterten beſtändig von Buſch zu Buſch, ſangen und ahmten ſogar anderen Vögeln nach wie Miniatur-Spottvögel. Mit großer Liebe waren ſie ihrer Brut zugethan, und das Weibchen kugelige Form erhält. Sie ſcheinen die gebirgigen Gegenden zu bes zeigte ſich fo furchtlos, wenn es auf dem Neſte ſaß, daß ich es wiederholt faſt mit der Hand berühren konnte, ehe es ſeinen Platz verließ. Einmal erlegte ich Vireo atricapillus WOODHOUSE. einen vom Neſte abfliegenden Vogel, und es zeigte ſich bei näherer Unterſuchung, daß es ein Männchen war. Dies berechtigt wohl zur Annahme, daß Männchen und Weibchen ſich beim Bebrüten der Eier ablöjen. Das erſte Neſt fand ich am 6. Mai. Es hing in einer kleinen Lebenseiche und enthielt vier Eier. Einige Tage ſpäter entdeckte ich ein zweites Neſt mit vier Eiern und eine Woche ſpäter ein drittes mit drei Jun— gen. Letztere ließ ich nach genauer Beſichtigung un— geſtört.“ Auch Rickſecker in Nazareth, Penn., erhielt aus jener Gegend Neſter und Eier. Bis auf wenige weſentliche Einzelheiten ähneln alle Neſter denen der übrigen Virebarten. Die Wandungen find unge— wöhnlich dick und feſt gefilzt; das Eingangsloch iſt mehr zuſammengezogen, die Seiten überwölben die Mündung ein wenig, ſodaß das Ganze eine etwas In der Größe ähneln ſie Weißaugen- und Prärievireoneſtern. Sie ſind haupt— ſächlich aus Streifen rötlicher Cedernrinde, ferner aus einer Lage feiner gebleichter Blätter, einigen groben Halmen, einzelnen Blütenkätzchen und mehreren Spin— neucocons gebaut. Dieſe Stoffe ſind gut mitein ander vermiſcht. Mit Pflanzenfaſern, Spinnen- und Raupengeweben und Schafwolle find ſie au die dünnen gabelförmigen Zweige befeſtigt. Die innere Aus— kleidung beſteht aus feinen Grashälmchen und Wur— zeln. Wie alle übrigen Vireos, ſo gehört auch er zu unſeren beſten Neſtkünſtlern. Ganz verſchieden von denen anderer Vireos find aber die Eier. Ihre Färbung iſt reinweiß ohne irgend welche Zeichnung. Obwohl ich mich ſchon zwei Jahre in Texas auf— gehalten und auch die Gegend von Auſtin u. ſ. f. be— ſucht, hatte ich doch dieſen Vogel noch nicht kennen gelernt. Bei Houſton kamen Wald-, Buſch- und Prärievireo vor, aber nach dieſer Art hatte ich mich vergeblich umgeſchaut. Als ich im Mai des Jahres 1881 an die Weſt-Yegua in Lee County überſiedelte, ſollte ich bald Gelegenheit finden, den Texas-Vireo kennen zu lernen. Viele Vogelarten, deren Neſter ich 244 bei Houſton, wo faſt alle Bäume mit ſpaniſchem Moss dicht behangen find, nicht finden konnte, fand ich hier brütend. Der texaniſche Paradiesvogel, der Lerchen- und Papſtfink und viele andere brüteten hier in des Menſchen nächſter Umgebung zahlreich. Am 6. Auguſt begab ich mich in die Niederung eines Regenbaches, wo Weißdornbüſche, Hülſen, Schneeball— und Hartriegelgeſträuch, mexikaniſche Maulbeeren, wilde Pflaumenbäume von mit wildem Wein, Stech— winden und Trompetenlianen überrankten Eichen, Ulmen, Pekannuß- und Zürgelbäumen (Hackberry) überſchattet wurden. Da ſich in Texas nach der Brutzeit an derartigen ſchattigen mit Dickichten be— ſtandenen Örtlichkeiten die meiſten Vögel zuſammen— finden, jo lenkte ich jetzt meine Schritte hierher, ver— folgte den Lauf des Regenbaches (branch) bis zu deſſen Mündung in die Weſt-Yegua, an welcher ich ebenfalls noch oft meilenweit entlang ging. Um dieſe Zeit iſt es in Texas faſt immer ſehr heiß und trocken, die meiſten Bäche ſind vertrocknet, die Quellen ver— ſiegt. Auch in der Weſt-Yegua ſtanden nur noch hie und da einige Tümpel fauligen mit einer grünen Decke überzogenen Waſſers. Sommertangaren tum— melten ſich oben in den Bäumen, der Haubenſpecht trommelte mit kräftigen Schlägen an den morſchen, wurmſtichigen Bäumen, der Waldvireo ſang noch eifrig ſeine ſchönen Weiſen, und im Untergebüſch wimmelte es förmlich von den ſchönen roten Kar— dinälen und Papſtfinken. Der Waldpiwi ſaß auf ſeiner Warte, im ſchattigen Dunkel der Bäume, hie und da fein jangesartiges „Pisuh“ und „Pi-wih“ ausſtoßend und oft unter dem ſchützenden Blätter— dache vorüberſummenden Kerbtieren nachfliegend. Ich mochte etwa eine Stunde umhergewandert ſein, als ich von mehreren Seiten ganz eigentümliche fremde Töne hörte, die jetzt aus dem dichten Buſchwerk, gleich Der Buſchvireo. darauf aus den höheren Bäumen zu kommen ſchienen. Meine Aufmerkſamkeit wurde dadurch im höchſten Grade erregt und ſofort ſuchte ich den kleinen Sänger zu erſpähen. Dies war jedoch mit Schwierigkeiten verbunden, denn je mehr ich mich näherte, deſto mehr ſchien er ſich den Blicken entziehen zu wollen. Die Töne — Geſang kann man es nicht nennen — er— klangen fortwährend, aber ſo ſeltſam, ſo eigentümlich zwitſchernd, aber auch ſo betrügend, daß ich ſtunden— lang vergeblich ſuchte. Ich wußte nicht, ob der Sän— ger über mir im Gezweig der Bäume oder neben mir im Dickicht ſich aufhielt. Endlich ſah ich ihn in einem kleinen Baume raſtlos umherhüpfen. Wie ſtaunte ich, als ich den Schwarzfopfvireo vor mir hatte! An— ſcheinend mußte er in der Nähe gebrütet haben, denn ich ſah eine ganze Familie, vier Junge und die beiden Alten, in dem Buſchwerk und kleinen Bäumen umher— ſuchen. Die ſchnurrenden Laute klangen kräftig wie „Zirp-ah-wi-ah-wirrr“ und „Hrir-ah-hu-hu— krurrr“. In ſeinem ganzen Benehmen erinnert er an den Weißaugenvireo. Im nächſten Frühling fand ich ihn in den Lebens— eichengruppen der San Autonio-Prärie, einige Meilen von der Negua entfernt. Hier hörte ich auch den lauten ſprudelnden Geſang. Ein Neſt konnte ich aber nirgends finden, obgleich ich fleißig darnach ſuchte. Texas- oder Schwarzkopfvireo. Black-capped Vireo, Black-headed Vireo, Texas Vireo. Namen: Wiſſenſchaftlicher Name: Freo alricapillus Woodh. (1852). Beſchreibung: Krone und Seiten des Kopfes ſchwarz; Ring um das Auge und Streif vom Auge bis zur Schnabelwurzel weiß; das übrige der Oberſeite oliven— grau; Unterſeite weiß, an den Seiten mattgrünlich ver— waſchen; Flügel und Schwanz ſchwärzlich; zwei weiß— liche Flügelbinden; Schnabel und Füße ſchwarz; Iris rot.— Länge 4.75 Zoll; Flügel 2.25, Schwanz faſt 2 Zoll. 2.25, Der Buſchpireo. White-eyed Vireo. Safe NV. E. iſt ein lieblicher Junitag. Gehen wir deshalb ng hinaus in die freie Natur, nicht in den ſchönen aus Laub- und Nadelholzbäumen beſtehenden Hoch— wald, auch nicht in die Gehölze der Bergabhänge, ſondern lenken wir unſere Schritte diesmal auf niede— Vireo novehoracensis BoNAP. Vogel 2. 5 res Terrain, an ſumpfige Waldesſäume und in Dik— kichte, wo Hartriegelgebüſche!), Schneeballgefträuch?), Weiden, Brom-, Heidel- und Stachelbeerſträucher 1) Cornus stolonifera und C. sericen (Dogwood). dentatum, V. prunifolium u. a, 2) Viburnum Der Buf dicht beiſammen jtehen, über- und durchwachſen mit Smilax, wildem Wein und der Waldrebe ), wo ferner Clethras?), Azaleen s), teils immergrüne Andromeden | und andere ſchöne Sträucher dieſen Strecken eine un— geahnte Lieblichkeit verleihen, wo ſich im Norden Katzen- und Braundroſſeln, Gelbkehlchen, Sommer-, Hecken- und Droſſelſänger, weiter ſüdlich Spottdroſ— ſeln, Kardinäle, Schwätzer, Kalmia-, Kentucky- und Waſſerſänger, Papſtfinken, blaue Biſchöfe, Carolina— Schlüpfer und andere kleine Vögel in großer Anzahl finden, da iſt auch die Heimat des Weißaugen— oder Buſchvireo. Tiefland rauſcht, wo es an mit Gebüſchen dicht be— Da, wo kühle Quellen aus den Bergen hervorſprudeln, wo ein munterer Bach durchs ſtandenen ſumpfigen Strecken nicht fehlt, da werden wir dieſen kleinen Vogel zahlreich antreffen. Zuſam⸗ menhängende Wälder, buſchloſe Sümpfe inmitten des Waldes, dunkle, von hohen, dicht ſtehenden Bäumen überſchattete Dickichte, trockene und bergige Ortlich— keiten meidet er ſtets. Am liebſten ſind ihm feuchte, recht dicht mit vielerlei Gebüſchen beſtandene Wald— ränder und ſumpfige, gebüſchreiche Strecken inmitten kultivierten Landes. An dergleichen Srtlichkeiten fand ich ihn von Wisconſin bis zum jüdöftlichen Texas zahlreich brütend. In der Umgegend von Chicago findet man ihn namentlich am Desplaines und Calumet, doch tritt er hier viel ſeltener auf, als weiter ſüdlich. vorkommt, tritt er in der Regel zahlreich auf. chvireo. 245 gurgelnden Töne. Dieſe klingen tief wie „Zri-zri— Die letzte Silbe wird mit aller Macht aus— geſtoßen und charakteriſiert den ganzen Ruf. Sein Wohngebiet iſt außerordentlich belebt, nicht durch ihn allein, ſondern auch durch ſeine zahlreichen Nachbarn, die ebenſo die ſchützenden Dickichte in der Nähe des Waſſers lieben, wie er ſelbſt, und die alle miteinander in Frieden und Eintracht leben, ja die füreinander eine gewiſſe Teilnahme an den Tag legen. Schreit eine Katzendroſſel laut auf, dann iſt bald eine ganze Schar gefiederter Nachbarn bei ihr, ſie umringend und ſich nach der Urſache ihres Geſchreies erkundigend. Der Buſchvireo iſt ſicher dabei, wenn er in der Nähe ſein Neſt hat. Im Innern der Dickichte hält er ſich häufig auf, doch iſt der Rand derſelben als ſein eigentliches Wohngebiet zu bezeichnen. In Texas erſcheint er anfangs April, im ſüd— lichen Miſſouri Ende April und im nördlichen Illi— nois etwa in der zweiten Maiwoche. Er kommt ge— wöhnlich in ſeinem Brutgebiete an, wenn die Büſche und Bäume gerade in voller Blüte ſtehen. Hätte er nicht ſo einen lauten eigentümlichen Ruf und einen ganz eigenartigen Geſang, ſo würde man das un— ſcheinbare Vögelchen in den Blüten und im üppigen jungen Grün kaum auffinden können. Da, wo er Ich fand oft auf dem Flächen raum eines Ackers fünf bis Am häufig⸗ ſten iſt er im ſüdlichen Illinois, in Pennſylvanien, Kentucky, Teuneſſee und von da bis nach Florida, Louiſiana und Texas. kommt er als Brutvogel mancherorts ziemlich zahl— reich vor. bis zum Red River in Dakota. obachtete ich ihn in Texas. Bei Houſton war er nicht zahlreicher als der Prärievireo, aber an der Weſt Jegua (Lee County) war er häufiger als alle Vireos zuſammen genommen. man ihn bald auffinden. Im ſüdlichen Neu-England Nach Coues verbreitet er ſich nördlich | Am häufigſten bes Da, wo er vorkommt, kann Er geht nicht hinauf in die Kronen hoher Waldbäume, um zu ſingen und auf Inſekten Jagd zu machen, wie der Wald-, Sänger und Goldbruſtvireo; fein Aufenthalt find immer die grünlichen Bartflechten, Moos und Spinnengeweben. dichten niederen Büſche. Dieſe belebt er, in dieſen tummelt er ſich umher; an irgend einem Außenzweige eines Buſches hängt auch das überaus künſtliche, ſorgſam bewachte Beutelueſt, nie hoch, oft nur zwei, gewöhnlich aber drei bis vier Fuß vom Boden. bald verrät ſich unſer Vireo durch feine gewöhnlichen 1) Clematis virginiana. 3) Azalea viscosa und A. calendulacea, 2) Clethra alnifolia. Sehr ſechs brütende Pärchen. Au der Weſt-Yegua in Texas fand ich im dichten Ufergebüſch auf einer kaum eine Meile langen Strecke im Jahre 1882 über vierzig Neſter, und ich zweifele nicht daran, daß ich noch mehr hätte finden können, wenn ich beſonders darnach geſucht hätte. Er wählte hier mehr das ſchattige Gebüſch des Waldes, nament— lich die Weißdornbüſche!) und die mexikaniſchen Maulbeerſträucher?) zu Niſtplätzen. Auch in herab— hängenden Ulmen und Sumpfeichen fand ich das Neſt gelegentlich. Die hier gefundenen Bauten ſind die ſchönſten, welche ich bis jetzt geſehen habe, und ſie unterſcheiden ſich auch durch das Material, aus wel— chem ſie gebaut ſind, von allen anderen meiner Sammlung. Sie beſtehen zum größten Teile aus Es liegen mir bei Abfaſſung dieſes Lebensbildes etwa zwölf in Texas geſammelte und ebenſo viele nördliche Neſter vor. Kein einziges gleicht aber dem anderen vollſtändig, jedes iſt verſchieden. In der Form ſtimmen alle überein. Es ſind längliche, 1) Crataegus spathulata. 2) Callicarpa umericana, 246 beutelförmige, von einer horizontalen Aſtgabel eines Buſches herabhängende Kunſtwerke, gewöhnlich von oben vor Regen und Sonnenſtrahlen durch dichtes Blattwerk geſchützt. Ein beſonders typiſches Nejt | fand ich am 12. Mai 1882. Es ſtand in einem Weißdornbuſche im Dickichte an einem Regenbache etwa drei Fuß vom Boden. Es war in das äußerſte Ende einer horizontalen Aſtgabel gebaut und beſteht aus Bartflechten und feinem Erdmoos, dann folgen feine weiche Blätter, die mit Spinnengeweben und Raupenneſtern feſt aneinander haften. Die Außen— ſeite iſt mit Flechten, Moos, Blatt- und Rindenteil— chen und einer Menge feiner Mulmſtückchen, alles mit Spinnen= und Raupengeweben befeſtigt, dekoriert. Ausgelegt iſt es mit Bartflechten und Hälmchen. Die meiſten übrigen texaniſchen Neſter ſind mit Bartflech— ten, Raupen- und Spinnenneſtern an den kleinen Zweigen, zwiſchen welchen ſie hängen, befeſtigt, und alle ſind an der Außenſeite aufs ſchönſte mit Flechten, wie ſie ſich an der Rinde der Bäume befinden, mit Erdmoos und Blattteilchen dekoriert. Die in Menge zur Verwendung gelangenden Spinnenneſter und Raupengewebe geben dem Material einen feſten Halt, ſodaß ſie mehrere Jahre Wind und Wetter Trotz zu bieten vermögen. Neſter aus dem Norden der Vereinigten Staaten ſind ähnlich, äußerlich nur mit Mulm und Moos, einige auch ſehr ſchön mit feiner blendend weißer Birkenſchale verziert; ihnen fehlen aber die Büſchel grünlicher Bartflechten, welche die Schönheit der terca- niſchen Neſter weſentlich erhöhen. Die Buſchvireo— neſter ſind in Form und Größe denen des Prärievireo | ähnlich. Die übrigen größeren Vireos bauen kurze, breitere Neſter. Die Durchſchnittslänge der Buſch— vireoneſter iſt 4.50 Zoll, die Breite oben 2.25 Zoll; nach der Mitte zu ſind ſie etwas breiter. Die Neſt— mulde iſt faſt 2 Zoll tief, der Eingang oben 1.75 Zoll breit. Der Bau ſteht immer in den Spitzen horizon— taler Seitenäſte, gewöhnlich am Rande der Dickichte. Mehrere Neſter, die ich in Wisconſin fand, waren innen mit Kiefernnadeln ausgelegt. Überhaupt iſt das Innere der Vireoneſter nie ſo ſchön und weich ausge— polſtert, als man das der prachtvoll verzierten Außen— ſeite nach ſchließen könnte. Alle Neſter ſtanden in einer Höhe von zwei bis fünfzehn Fuß. Sobald der Bau fertig iſt, beginnt das Weibchen mit Legen. Man ſieht jetzt noch wenig von einer Verzierung, ja der Bau zeigt überhaupt noch ein recht unfertiges Ge— präge. Das Männchen trägt nun erſt allerlei Moos, Flechten und andere Stoffe herzu, um damit die Der Buſchvireo. Außenſeite zu bekleiden. Weil man auch häufig kleine Papierſtücke von Zeitungen im Außenbau des Neſtes findet, ſo legte Wilſon dem Vogel ſcherzend den Namen „Politiker“ (Politician) bei. Wenn man in das Brutgebiet des Buſchvireo kommt, wird er ſehr erregt und ſchimpft entrüſtet aufs eifrigſte über den Störenfried. Das ſonſt ſchon ſehr oft erklingende „Zri-zri-zrrrrrr“ ertönt jetzt noch viel häufiger, wird auch vielfach abgeändert, denn man vernimmt auch Laute, welche wie „„Zri- zrrrr-ih“ und „Zitl-ti-zitl-ti-zrrrr“ klingen. Im Norden, beſonders an warmen ſchwülen Junitagen, jubelt und ſingt die Vogelſchar mit beſonderem Eifer in dieſen niedrigen Dickichten, und der Buſchvireo nimmt unter ihr eine der erſten Stellen ein. Wenn die Katzendroſſeln, Gelbkehlchen, Schwätzer und andere Mitbewohuer dieſer Ortlichkeiten ſchweigen, weil ihnen die Aufzucht ihrer Brut keine Zeit mehr zum Singen läßt, ſo läßt doch er beim Suchen nach Nahrung fort— während ſeine Töne erſchallen. Nur wenn er mit dem Schnabel voll Futter den Jungen zueilt, ſchweigt er einige Augenblicke. Selbſt in der heißen Mittags— zeit läßt er ſich nicht ſtören. Solange er durchs Ge— zweig hüpft und nach Nahrung ſucht, ſprudelt ſein abwechſelnder, lauter, ſehr eigentümlicher, von andern Vögeln ganz verſchiedener Geſang hervor. Die erſten Tage nach feiner Ankunft hört man nur feinen ges wöhnlichen Ruf; ſobald er ſich aber wieder eingelebt hat, läßt er ſeinen vollen Geſang erklingen. Dieſer, obwohl dem des Wald- und Sängervireo in Schmelz und Lieblichkeit nachſtehend, gehört ohne Zweifel zu den ſchönſten Vogelgeſängen, welche man in dieſen niedrigen Dickichten vernimmt. Er iſt laut, abwech— ſelnd und ernſt, und was zumeiſt in die Wagſchale fällt, iſt der Fleiß, mit welchem er vom Tage ſeines Kommens bis zur Zeit ſeines Wegzuges, wenn die Blätter ſeiner heimatlichen Büſche anfangen ſich gelb und rot zu färben, was etwa Mitte September ge— ſchieht, vom Morgen bis zum Abend hervorgebracht wird. Die Töne ſind oft tief und klagend, etwas leiſe, daun wieder laut und ſchallend, daß man ſich wundern muß, wie ein ſo kleiner Vogel ſolche kräftige Laute hervorzubringen vermag. „Sein Geſang“, ſagt Brewer, „iſt ernſter und lauter als der irgend einer anderen öſtlichen Art der Familie und zugleich von der größten Mannigfaltigkeit. Er beginnt in der erſten Zeit nach ſeiner Ankunft als ein einfaches leiſes Gezwitſcher, erhebt ſich jedoch im Mai zu einer ſehr anſprechenden und eigentümlichen Folge unregelmäßi— ger Töne, von denen einige ein ſehr ſanftes Geflüſter doch der Buſchvireo munter weiter. ner, kräftiger Geſtalt. Der Buſchvireo. 247 ſind, während andere mit ſo viel Kraft und ſo ſchrill ausgeſtoßen werden, daß man ſie kaum einem ſo klei— nen Vogel zuſchreiben möchte.“ Im Weſten erinnert der Geſang etwas an den ſeines Vetters, des Prärievireo. Nur ſelten wird das Lied unterbrochen, oft nur ſo lange, bis der erbeutete Käfer, Schmetterling u. ſ. w. verſchlungen, den Jun— gen oder dem Weibchen zugetragen worden iſt. — An warmen Mai- und Junitagen, wenn plötzlich dunkle Wolken aufſteigen, wenn in kurzer Zeit der Regen in Strömen hernieder rauſcht, wenn andere Vögel ſtill unter dem dichten Laubdache der Bäume ſitzen, ſingt Nur wenn der Regen ſtundenlang anhält, ſucht auch er ſchweigend Schutz im dichten Gebüſch. Durch finſteres trübes Wetter, durch Sturm, Donner und Blitz läßt er ſich ebenſowenig im Geſange ſtören als der Waldvireo und andere Arten, ſingt auch, wenn der Regen vor— über iſt, wenn Gebüſche und Bäume noch voller Tropfen hängen, munter und kräftig weiter. Der Buſchvireo iſt leicht kenntlich. Er iſt ein einfacher, aber hübſcher Vogel von kleiner, gedrunge— An den gelben Flügelbinden, gelbem Augenringe und den gelben Seiten der Bruſt und des Bauches iſt der ſonſt einfach dunkel-aſchgraue, oben olivengraue Vogel leicht kenntlich; das ſicherſte Erkennungszeichen iſt aber die weiße Iris, wes— halb man ihn auch „Weißaugenvireo“ nennt. — Da gebiet betritt, fällt er gewöhnlich bald auf. Er iſt ein eigentümlicher, liebenswürdiger Vogel, der ſich leicht beobachten läßt. Wenn der Beobachter im Oſten unſeres Landes durch die im Juni blühenden, auf niedrigem Lande ſtehenden, feurig orangerot blühenden Azaleen!) geht und deren Farbenpracht und die Fülle der übrigen ſehr ſchön entwickelten Büſche und Dik— kichte bewundert, dann wird er auch bald den Buſch- vireo gewahr werden, der durch jeden auffälligen Gegenſtand herbeigelockt wird. Oft kommt er, jede Gefahr außer acht laſſend, bis auf wenige Schritte herzu, und zwar geſchieht dies ganz ſtill, verſtohlen; keinen Laut läßt er dabei hören, nur den Kopf ſtreckt er eigentümlich horchend, von einer Seite zur andern. Während der Brutzeit und im Brutreviere ändert ſich jedoch die Sache; dann kann man ſich ihm nicht nähern, ohne daß er laut aufſchreit und eifrig ſchim— pfende Töne des Unwillens hören läßt. Nach der Brutzeit iſt er wieder ebenſo furchtlos wie vorher, 1) Azalea calendulacea ; Flaming Pinxter. 247 und wenn man ſich ruhig verhält, kommt er auch jetzt ganz in unmittelbare Nähe des Beobachters. Alle in dieſen Dickichten lebende Vögel ſind ſehr neugierig, aber unſer Buſchvireo übertrifft ſie in dieſer Hin— ſicht alle. Es wird jährlich nur eine Brut gemacht. Die vier, ſeltener fünf Eier ſind rein weiß, nicht ſehr dicht mit lavendel- und dunkelbraunen Flecken gezeichnet. Am dichteſten ſtehen die Flecken am dicken Ende. Sehr häufig legt auch der Kuhvogel ſeine Eier in die Neſter des Buſchvireo, ja man findet oft zwei und drei Stück dieſes ſchädlichen Schmarotzers in einem Neſte. Die alten Buſchvireos legen große Beſorgnis an den Tag, wenn man ſich dem Neſte naht. Schreiend und flat— ternd umhüpfen ſie den Eindringling und ſuchen ihn durch allerlei Manöver vom Neſte wegzuloden. Die Angſtrufe klingen traurig wie „Puih-puih“ und wer— den ſchnell nacheinander ausgeſtoßen. — Die Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus Inſekten, welche das Blattwerk und Gezweige der Büſche beleben, aus Käfern, kleinen Raupen, Motten, Spinnen, Inſekten— eiern und Larven; gelegentlich werden auch fliegende Käfer erbeutet. Der Flug iſt kurz aber nicht un— geſchickt, oft ſchnell und jah, während der Zugzeit auch ziemlich hoch. Während der Brutzeit bewegt er ſich nur von einem Buſche und von einem Dickicht zum andern, und zwar geſchieht dies mehr hüpfend als fliegend. er ſehr neugierig iſt, wenn der Beobachter ſein Wohn- Mitte September zieht er wieder ſüdlich und ob— ſchon viele die Golfſtaaten, namentlich Florida, zu ihrer Winterherberge wählen, zieht die Mehrzahl doch ſüdlich bis nach Guatemala. In Texas habe ich nir— gends einen Buſchvireo im Winter beobachtet. Auf den Bermudas und auf Cuba, jedenfalls auch auf den Bahama-⸗Inſeln, iſt er Standvogel. Buſchvireo, Sumpfvireo, weißäugiger Vireo. White- eyed Vireo, White- eyed Greenlet, Green Wren (Bartram), Little Domestic Flycatcher, Hanging Flycatcher (Lath.), Green Flycatcher (Penn). Namen: Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa novebora- censis Gmel. (1788). — Vireo noveboracensis Bonap. (1821). — Museicapa cantatrix Bartr. (1791). — Vireo eantatrix Wils. (1810). — Vireo musicus Vieill. (1807). Beſchreibung: Oberſeite olivengrünlich; Unterſeite weiß, an den Seiten der Bruſt und des Bauches gelb, ebenſo der Unterbürzel; von der Schnabelwurzel bis zum Auge glänzend gelb, und ein Ring um dieſes ebenfalls ſchön gelb; zwei breite gelbliche Flügelbinden; Schnabel und Füße bleifarbig; Iris auffallend weiß. Länge 5.50 Zoll; Flügel etwa 235, Schwanz Huttons-Vireo. Hutton's Vireo. Vireo Huttoni Cass. Dieſe Art iſt Californien eigentümlich. Sie ſcheint namentlich die immergrünen Eichen, die „Lebens— eichen“ !) der Californier zu bewohnen. Über die Niſtweiſe macht Cooper eine kleine Mitteilung.“) „Huttons-Vireo“, ſchreibt er, „brütet in der Um— gebung von Santa Cruz, jedoch nicht häufig. Er iſt zurückgezogen in ſeiner Lebensweiſe, daher werden Neſter und Eier nur ſelten gefunden. Am 10. April 1874 hatte ich das Glück, ein hängendes Neſt zehn Fuß vom Boden in dem trockenen Aſte eines Maß— holderbaumes?) zu finden. Am 30. März fand ich ein zweites Neſt, welches acht Fuß vom Boden in den dünnen Zweigen eines californiſchen Kaffeebaumes?) hing. Der brütende Vogel zeigte ſich ſo furchtlos, daß er erſt das Neſt verließ, als ich ihn faſt mit der Hand berührte. Er ſetzte ſich auf einen in der Nähe ſtehen— den Baum, ſtieß einen wie ‚Twi-eh' klingenden Ton e eee H 248 Der Prärievireo. I aus, welchen er alle drei bis vier Sekunden wieder— holte. Das Neſt iſt ein hübſcher feſter Bau, beſteht aus feinen Pflanzenfaſern, Stückchen Papier und Gras und iſt äußerlich mit grünem und grauem Moos bedeckt. Innen iſt es mit feinem Gras aus— gelegt. Die Eier, gewöhnlich vier an Zahl, ſind weiß — mit einem leichten rötlichen Hauch, wenn ſie noch friſch ſind. Die feinen rötlichbraunen Flecken ſtehen am dichteſten am ſtumpfen Ende.“ Eine wenig abweichende Varietät, Stephens— Vireo (Nreo Huttoni Stephens BREWSTER), ver- breitet ſich über das ſüdliche des weſtlichen Mexico und Untercalifornien. Namen: Huttons-⸗Vireo. Hutton's Vireo, Hutton's Greenlet. Wiſſenſchaftlicher Name: Nreo Huttoni Cass. (1851). Beſchreibung: Oberſeite olivengrün, matter und mehr aſchgrau auf dem Kopfe und an den Kopfſeiten; Flügel mit zwei weißlichen Binden; Unterſeite grauweiß. Länge 4.70; Flügel 2.35, Schwanz 2 Zoll. Der Prärievireo. Bell's Vireo. artenreiche Vogelwelt kennen zu lernen, ſon— dern ich machte auf meinen Kreuz- und Querzügen auch die Bekanntſchaft vieler läſtiger, unangenehmer, ja gefährlicher Tiere. Kaum konnte man ſich auf dem Boden oder auf einem alten Baumſtamme im Walde ruhig der Beobachtung hingeben, ohne von einem Heer von Ameiſen und Moskitos beläſtigt und ge— biſſen zu werden. Holzzecken (Wood Ticks) drangen maſſenhaft durch die Kleider, um ſich tief in die Haut zu bohren, aus welcher ſie nur gewaltſam entfernt werden konnten. Unzählige kleine, faſt mikroſkopiſche Blutzecken (Red Bugs) verurſachten am ganzen Kör— per ein unausſtehliches Jucken, wenn man nicht die Vorſicht gebraucht hatte, ſich vorher mit Petroleum einzureiben. Streifte man die loſe Rinde eines Bau— mes, ſo gewahrte man eine ganze Schar Skorpione, und unter Steinen und faulem Holze wimmelte es oft *, Siebe „Bulletin of the Nuttall Ornithological Club“, Vol. III, 1878, p. 68. 1) Quercus agrifolia. 2) Negrundo. 3) Frangula. a Texas hatte ich nicht nur Gelegenheit, eine jehr | Vireo Bellii AUDUBOoN. von Tauſendfüßlern oder Skolopendern. Aus kleinen runden Erdhöhlungen lugten begierig die feurig-grünen Augen der Buſchſpinne oder Tarantel hervor. Wehe, wenn man das Unglück hatte, von ihr gebiſſen zu werden! Harmlos, obwohl von manchen gefürchtet, waren die zahlreich im Graſe lebenden Hornechſen oder Hornfröſche und die vielen hurtigen, über Steine und Zäune, Zweige und Blätter und an Baum— ſtämmen emporlaufenden kleinen grünen und geſtreif— ten Eidechſen. Dagegen hatte man vor den vielen Schlangen ſtets auf ſeiner Hut zu ſein, obgleich nur die wenigſten von ihnen giftig ſind. Auf dem Lande kommen ſie nachts durch die offenen Fenſter in die Wohnzimmer gekrochen, um ſich hinter Büchern und Schränken, namentlich aber in Betten heimiſch zu machen. Es ſind dies die oft ſehr großen Hühner— oder Eierſchlangen. Oft war ich in Gefahr, von einer giftigen Mokaſſinſchlange gebiſſen zu werden, wenn ich mit der Hand im niedrigen Gebüſch umherſuchte oder wenn ich mich arglos auf dem Boden nieder— gelaſſen hatte. Mehrmals lag eine ſolche zuſammen— Para Der Prärievireo. 249 geringelt, den Kopf emporſtreckend, angriffsbereit dicht neben mir, wo ſie aber ihrer dem Boden und alten Laubwerk ſehr ähnlichen Färbung halber nicht geſehen worden war. Auf in Waſſer liegenden Baumſtämmen oder am Rande der Sümpfe und Bäche gewahrte ich oft ganz in meiner Nähe die ſehr gefährliche, nie ausweichende, kurze, dicke, überaus häßliche ſchwarze Waſſernatter oder Waſſermokaſſinſchlange. Dieſe Giftſchlangen ſind ſehr träge, laufen nie raſch und er— klettern nie Büſche und Bäume. Die ebenfalls oft geſehene Klapperſchlange iſt viel harmloſer, da ſie vorher warnt, wenn man in ihre Nähe kommt. Un— gemein häufig ſind die dünnen langen, ſehr ſchnellen Kletter- oder Baumſchlangen (Coach-whips), ein wahrer Schrecken aller Vögel, weil ſie jedes in ihrem Bereich liegende Vogelneſt plündern. Einſt am 15. April 1881 ſuchte ich die ſüdlich von Houſton gelegene, mit zahlreichen kleinen, inſelartigen Dickichten beſtan— dene, ebene Prärie auf, um nördlich ziehende Wanderer, beſonders aber um die jetzt mit dem Neſtbau beſchäf— tigten Kardinäle und Spottvögel zu beobachten. Oft auf Händen und Füßen mußte ich durch die mit dichten ſtacheligen Schlingpflanzen durchwachſenen Dickichte kriechen. Als ich eben inmitten eines ſolchen ein Kar— dinalneſt gefunden, hörte ich am äußerſten Rande des Strauchwerks plötzlich ſchrille Angſtrufe ertönen. Eine ganze Anzahl ſchreiender Vogel ließ ſich gleich darauf hören und als ich ſo ſchnell als möglich auf den Schau— platz der Unruhe eilte, wurde mir die Urſache des Jammergeſchreies klar. Eine feſt im Gezweig liegende Baumſchlange hielt ein noch lebendes Kardinalweibchen in gräßlichen Umſchlingungen gefangen. Ein grauen— vollerer Anblick in dieſer ſo friedlich und idylliſch ſcheinenden Natur läßt ſich kaum denken. glückliche Vogel wehrt ſich tapfer, aber immer feſter windet ſich die häßliche Amphibie um ihr Opfer, bis das Leben entflohen iſt. Das mutige Männchen und zahlreiche andere Mitbewohner der Dickichte ſind hülfs— bereit herbeigeeilt, um die Schlange tapfer anzugreifen, aber fie weiß ſich mit weit geöffnetem Rachen ſehr ge ſchickt und nach allen Seiten hin ziſchend und züngelnd zu verteidigen. — Doch der erwürgte Vogel ſoll nicht ungerächt bleiben. Ein kräftiger Schlag auf den Rük— ken macht die Beſtie hülflos, ein zweiter zerſchmettert ihr den Kopf. — Unter den die Schlange angreifenden Vögeln gewahrte ich zwei ſich beſonders ängſtlich ge— bärdende kleine Sänger, die ſich auch noch nicht be— ruhigen konnten, als der Feind ſchon tot am Boden Ich entdeckte denn auch bald den Grund ihrer lag. Angſt. Der un⸗ \ Ganz in der Nähe, wo ſich die oben geichil- derte Tragödie abgeſpielt hatte, hing ein prächtiges, unter Blättern und Zweigen teilweiſe verborgenes Beutelneſtchen — ein Vireoneſt — aber welcher Art es angehörte, mußte erſt die nähere Beobachtung der Vögel feſtſtellen. Nachdem die Schlange von mir ge— tötet worden, hatten ſich die meiſten Vögel wieder ent— fernt. Es herrſchte bald wieder vollkommene Ruhe, und nur das Kardinalmännchen jammerte noch in den klagendſten Tönen um den Verluſt der Gattin. Auch die Vireos waren wieder ruhig, als ich mich eine kurze Strecke vom Neſt entfernt hatte. Von hier aus be— obachtete ich mit einem Feldſtecher den Bau. Das Weibchen nahm gleich wieder ſeinen Platz im Neſte ein, und das Männchen ſuchte im Dickicht und in den Schlingpflanzen nach Kerbtieren, fortwährend feinen Geſang dabei erklingen laſſend. Ich hielt den Vogel anfangs für einen Buſch- oder Weißaugenvireo, doch hatte der Geſang etwas Schnurrendes, durchaus Fremdartiges, auch zeigte ſich nichts von einer weißen Iris und von gelblichen Farbentönen. Der Sänger ähnelte dagegen ſehr dem Singvireo, nur war er be— deutend kleiner und erſchien ſchlanker. Wie groß war meine Überraſchung und Freude, als ich mich über— zeugte, daß ich es mit Vögeln zu thun hatte, die ich im Freileben bisher noch nie geſehen! Es waren Prä— rie- oder Bells-Vireos, ſehr einfach gezeichnet, aber wie alle Grünlinge, höchſt anziehende, intereſ— ſante Vögel. Wie zierlich und nett waren alle Be— wegungen, wie neugierig und klug blickten die kleinen Augen in dem Geäſt und Blätterwerk umher, wie ſprudelnd ertönte der Geſang, und was für ein reizen— des Bild gewährte das im kunſtvollen Neſtchen zwiſchen Blüten und Blätterwerk ſitzende Weibchen! Obwohl in der Färbung dem Sängervireo gleichend, ähneln ſie in ihrem ganzen Thun und Treiben dem Buſch— grünling doch außerordentlich. Bei allen dieſen klei— nen, unſcheinbar gefärbten Vogelarten iſt eine ge— wiſſenhafte Sorgfalt im Beobachten geboten, um ſicher vor Verwechſelungen zu ſein. — Der Bau ſtand ganz am äußerſten Rande des Dickichts in einem wage— rechten dünnen Aſtchen eines blühenden Schneeball— ſtrauches), nur etwa drei Fuß vom Boden. Es zeichnete ſich durch ſehr kunſtvolle Bauart aus, beſtand weſentlich aus breiten, weichen, gebleichten Gras— blättern und alten Blattrippen und war mit Moos und Spinnengeweben an zwei gabelförmigen Zweigen befeſtigt. An der Außenſeite war es mit pferdehaar— ähnlichen Fäden des ſpauiſchen Mooſes, hauptſächlich aber mit einer Menge breiter grünlicher Baumflechten, I) Viburnum dentatum. 32 jeidenartigen Spinnen- und Raupenneſtern und mit ſchönem weichen grünen Moos verziert. Obwohl ſchon drei Eier im Neſte lagen, war doch die Außen— ſeite nicht ganz fertig, denn ganz an dem Unterteile hingen noch Moos und Flechten loſe herab. Wie es ſich zeigte, lag die äußere Verzierung dem Männchen ob, das auch in den nächſten Tagen damit zu Ende kam. Die Neſtwandung war verhältnismäßig dick und ſehr feſt gefilzt; die Mulde war ziemlich klein und mit zarten Rindenfaſern ausgepolſtert. Die Länge des Baues betrug 5, die Breite 2.75 Zoll. Die Mulde war 2 Zoll tief und 1.75 Zoll breit. Die reinweißen Eier waren namentlich am ſtumpfen Ende mit kleinen, vereinzelt ſtehenden dunkel- und rötlich— braunen Flecken gezeichnet. Dies Neſt ſtand kaum zehn Schritt von dem vorerwähnten Kardinalneſte, und jedenfalls brüteten noch andere Vögel in der Nähe, deren Bauten ich jedoch wegen der Dichtigkeit der Gebüſche nicht finden konnte. Einmal mit dem Vogel bekannt, fand ich ihn nun in allen größeren Präriedickichten brütend. — In den folgenden Tagen bis in den Mai hinein zogen viele kleine Sänger und andere zarte Inſektenvögel gleich einem ungeheuren | Strome nordwärts ihrer Heimat zu. Noch nie habe ich in den in der Prärie zerſtreut ſtehenden „Bos— quets“, wie man dieſe inſelartigen Dickichte in Texas | nennt, ſo viele verſchiedene Vogelarten beiſammen geſehen. — Am 24. April entdeckte ich noch ein zweites Neſt dieſer Art. Es ſtand am Rande eines Gehölzes in einem zum größten Teil aus Stech— winden !), Brombeerſträuchern, jungen Ulmen, Saſſa— frasbäumen und anderen Straucharten beſtehenden Gebüſch. In der Nähe fand ſich ein dicht mit der ſehr ſtacheligen immergrünen Cherokeeroſe eingehegtes Feld. Es war etwa vier Fuß vom Boden in einer überhängenden Ranke eines Brombeerſtrauches an— gelegt und ähnelte dem beſchriebenen ganz außerordent— lich, nur war es ein wenig kleiner. Die vier Eier unterſcheiden ſich von denen des beſchriebenen Geleges dadurch, daß drei derſelben nur mit ganz vereinzelt ſtehenden kleinen Pünktchen am dicken Ende gezeichnet ſind und faſt ganz weiß erſcheinen. Nur eins iſt ziemlich gleichmäßig mit hervortretenden Flecken ge— zeichnet. Das ſich ebenfalls im Neſte befindliche Kuhvogel-Ei iſt bedeutend kleiner, als es ſonſt der Fall iſt, erſcheint ſehr dicht gefleckt und ähnelt ſehr einem Kardinal-Ei. Einige Monate ſpäter ſandte mir Herr Otto Widmann eine ganze Anzahl Neſter mit einem L 1) Smilax laurifolia, 250 Der Prärievireo. ausführlichen Begleitſchreiben. Auch ein Neſt des Prärievireo fand ſich in der Sendung. „Bells— Vireo“, ſo ſchreibt genannter Forſcher, „iſt hier bei St. Louis die häufigſte Art der Gattung. Ihr Wohnort iſt das wilde Geſtrüpp, das dornichte Dik— kicht auf unkultiviertem Lande, wie es auch innerhalb der Stadtgrenze noch ſo häufig iſt, namentlich auf unebenem Terrain in den ſogenaunten ‚Sink-holes‘, tiefe keſſelartige Gruben oder Vertiefungen mit unter— irdiſchem Abfluß. Dieſe Senkgruben find hier ſehr zahlreich und werden auch auf kultiviertem Lande meiſtens unberührt liegen gelaſſen, ſind deshalb im Sommer von manchen Vögeln ſehr geſuchte Niſtplätze. Außer Bells-Vireo finden ſich auch Wald- und In— digofinken, Katzen- und Braundroſſeln, Zwergfliegen— fänger und, wenn Wald in der Nähe iſt, auch Erd— finken und Kardinäle, ebenſo wie Schwätzer regelmäßig vor. Im Winter ſind dieſe Plätze der Zufluchtsort aller kleinen Vögel, und wenn man bei rauhem widri— gen Wetter nirgends einen Vogel ſieht, ſo muß man ſie an ſolchen geſchützten Ortlichkeiten ſuchen, und man wird ſie zu Dutzenden beiſammen finden. „Der Geſang dieſes Vogels iſt ſo eigentümlich und auffallend, daß, wenn man ihn auch nicht zu Ge— ſichte bekommt, ſeine Gegenwart doch leicht zu kon— ſtatieren iſt. „Da- witzi, da- witzi, da- witzi, dawiia— oder kürzer ‚Witi, witzi, Witt, wiiak geht es immer fort, wird aber ſo raſch vorgetragen, daß ich, die Uhr in der Hand, ſchon ſiebzehnmal in einer Minute gezählt habe und dennoch zwiſchenein Pauſen von mehreren Sekunden eingetreten waren. Das Neſt ſteht ſtets niedrig im Gebüſch von zwei bis vier Fuß vom Boden und enthält gewöhnlich vier Eier.“ Das von Herrn Widmann mitgeſandte Neſt war am 27. Mai (1881) gefunden worden. Es iſt 3 Zoll lang, 2.50 Zoll breit. Dieſer Bau beſteht zum größten Teil aus zarten Halmen und Baſtfaſern, iſt an der Außenſeite hauptſächlich mit kleinen alten Blattſtücken, Teilchen von Weſpenneſtern, Zeitungen und Spinnengeweben, aber nicht mit Moos oder Flechten überkleidet. Die vier Eier unterſcheiden ſich von den in Texas gefundenen nur durch die mehr roſt⸗ als dunkelbräunlichen Flecken. — Ich fand in Südweſt-Miſſouri, wo dieſer Grünling häufiger iſt als alle anderen Arten zuſammengenommen, viele Neſter in dem Eichengeſtrüpp der Prärien. Sie alle \ gleichen genau dem eben beſchriebenen. Schon anfangs April erſcheint dieſe Art mit dem Weißaugenvireo faſt zu gleicher Zeit im ſüdöſtlichen Texas. Ende April ſieht man ihn zuerſt in den . , Dickichten der Prärien des ſüdweſtlichen Miſſouri. Er iſt auch in Kanſas, Jowa, Nebraska, bis zum Felſengebirge ein zahlreicher Vogel. und Californien vertritt ihn eine wenig abweichende Varietät, Leo Belli pusillus. Nach Oſten hin verbreitet er ſich bis zum öſtlichen Illinois, nach Nor— den hin bis zum mittleren Teile genannten Staates. — Er überwintert namentlich im Innern Mexicos und ſüdlicher. In ihrem Wohngebiete ſind die Vögel nicht ſcheu, jedoch ſehr vorſichtig, ſtrecken den Hals in die Höhe, wenn ſie einen fremdartigen Gegenſtand ge— wahren, und flüchten ſchleunigſt in die Dickichte, wenn ſich wirklich Gefahr zeigt. Zu bedauern iſt es, daß faſt alle Vireos von den ſchädlichen Kuhvögeln ſo oft heimgeſucht werden, wo— durch jährlich diele Tauſende von Bruten dieſer nütz— lichen Vögel zu Grunde gehen. Der Schaden iſt ein ganz ungeheurer, wenn wir bedenken, daß alle Vireos nicht nur zu unſeren lebhafteſten, ſangeskundigſten, anmutigſten, ſondern auch zu den allernützlichſten Vögeln zählen. Namen: Prärievireo, Bells-Vireo. Bell’s Vireo, Bell’s Greenlet, Prairie Vireo. Wiſſenſchaftlicher Name: Vireo Bellii Aud. (1844). Beſchreibung: Dem Sängervireo ſehr ähnlich, nur viel kleiner. Oberſeite gelblich-olivengrün, dunkler auf dem Kopfe, am ausgeprägteſten am Bürzel; Unterſeite gelb— lich, an Kehle und Bauch in Weißlich übergehend; ein weißlicher Streif von den Naſenlöchern bis zum Auge, und ein weißer Ring um dasſelbe; Flügel mit zwei weißen Querbinden. Länge nicht ganz 5 Zoll; Flügel 2.12, Schwanz 2 Zoll. Der Swergvireo. Least Vireo. Der Zwergvireo wurde von Dr. Elliott Coues in Arizona entdeckt. Der geiſtreiche Forſcher ſchreibt hierüber folgendes: „Ich kann mich noch ſehr wohl der Zeit erinnern, als ſich mir zuerſt ein Exem— plar des berühmten Audubonſchen Werkes öffnete. Es erſchien mir wie eine Offenbarung. Mit welcher Spannung ſetzte ich mich hin, um mich in dieſe wun— dervolle Geſchichte zu vertiefen! Und welche Verzweif— lung bemeiſterte ſich meiner, als ich zu den Vireos kam! Dieſer Name war mir ein Geheimnis ohne Sinn, ein fremder Klang, ganz anders wie Droſſel, Waldſänger oder Sperling, und da fanden ſich eine ganze Anzahl Vireo Bellii pusillus RipGw. von dieſen kleinen Fabelweſen und alle gleich grünlich! Ich würde die Idee verſpottet haben, wenn mir je— In Arizona Der Zwergvireo. — Der Grauvireo. 251 mand geſagt hätte, daß es noch mehr Vireos in der Welt gäbe, als Audubon gekannt und daß ich noch ſelbſt je einen neuen entdecken ſollte, wäre mir als ein fieberiſcher Traum erſchienen. „Das erſte Exemplar von Vireo pusillus wurde am 6. Juni 1865 am Date Creek in Arizona erlegt, aber unter Umſtänden, die mir keine Zeit ließen, den Vogel genauer zu beobachten. Ich habe ihn auch nie wieder während meines Aufenthaltes in Arizona ge— ſehen. Wir marſchierten ſchnell und unbequem, denn wir machten einen Ausfall gegen die Apachen, wie das gelegentlich von unſerem Hauptquartier, Fort Whip— ple, aus geſchah. Während des Marſchierens drang der laute melodiſche Geſang eines Vireo an mein Ohr, und ich ſäumte nicht, ihn zu erlegen. Der Vogel ſchien hier zu niſten, obgleich die Gelegenheit dazu nicht gerade günſtig war.“ — Heimat: Californien, Arizona, bis ſüdlich nach Kap St. Lukas. Wiſſenſchaftliche Namen: Vireo pusillus Coues (1861). — Vireo Bellii pusillus Ridgw. (1885). Beſchreibung: Oberſeite einfach grau; Unterſeite weißlich, an den Seiten gelblich; ein weißer Streif von den Naſen— löchern bis zum Auge und um dieſes herum; zwei weiße Querbinden. Länge etwa 5 Zoll; Flügel 2.15, Schwanz 2.10 Zoll. Der Grauvireo. Gray Vireo. Vireo vicinior Couks. Dieſer Vireo verbreitet ſich vom weſtlichen Texas bis zum ſüdlichen Californien, ſcheint aber in Arizona zahlreicher als anderswo vorzukommen. Dr. Coues entdeckte ihn im Jahre 1866 bei Prescott, Arizona. Nicht die Gebirgshöhen und ebenſowenig die Thäler wählt er ſich zur Heimat. Felſige Hügel, welche mit einem ſpärlichen Wuchs niedriger Sträucher bewachſen ſind, bilden dagegen ſeinen Lieblingsaufenthalt. Hen— ſhaw, der die ausführlichſte Lebensbeſchreibung dieſer Art geliefert hat, lobt den Geſang in folgender Weiſe: „Derſelbe gehört zu den ſchönſten der ganzen Familie. Vielleicht kann man ihn mit den feinſten Tönen des Einſiedlervireo vergleichen, und zu der Schönheit und Verſchiedenheit der Strophen dieſes Vogels tritt der ganze Zauber und die Lieblichkeit des Ausdruckes des Gelbbruſtvireo-Geſanges.“ Namen: Grauvireo, Arizona-Vireo. Gray Vireo, Arizona Vireo. Wiſſenſchaftliche Namen: Vireo vieinior Coues (1866). Beſchreibung: Dem Zwergvireo ſehr ähnlich; unterſcheidet ſich von ihm hauptſächlich durch die grauweiße Ohren— gegend und durch das faſt gänzliche Fehlen der weißen Flügelbinden. Länge 5.75; Flügel 2.60, Schwanz 2.50. Shrikes. as Würgergeſchlecht iſt weit verbreitet und kommt in vor. Wo es Büſche giebt und Bäume, wo Anger und Felder an Waldungen angrenzen — mögen es Myrten oder Erlen, Palmen oder Bir— ken, Oliven oder Kieſern ſein, aus denen letztere zuſammengeſetzt ſind, mag des Menſchen fleißige Hand in kluger Berech— nung nach forſtwiſſenſchaftlichem Modus die Pflanzungen beſorgen, mag es der Natur des Urwaldes überlaſſen bleiben, aus dem im Kampf ums Daſein Ge— fallenen und Überwucherten Neues auf der alten Stelle aufwachſen zu laſſen — überall dort giebt es Würger und allenthalben wird gewürgt. Das Würgervolk iſt, in allen ſeinen Familien und Nebenfamilien an— geſchaut, ein buntes Volk: Schwarz und Weiß, Grau und Braun, Grün, Gelb und Rot, vom dunklen Roſt— Lanidae. rot bis zum hellen duftigen Roſa, — alſo faſt alle Farben — ſind im Gewande der Würger des Erd— balls vertreten. Die Geſtalt dieſer Vögel iſt ebenſo zierlich als kräftig, der Schnabel gedrungen, an der Wurzel gerade, vorne hakig, ſpitz und ſcharf, an der Wurzel mit abſtehenden Borſten verſehen, alſo ſchnurr— bärtig; die Füße ſind kräftig mit ſpitzen Krallen be— wehrt. Die Nahrung dieſer Vögel iſt bloß anima— liſcher Natur. Körner und Beeren ſind ihnen ein Greuel, aber Fleiſch, Fleiſch, das iſt ihre Luſt, ſei es das zarte Muskelgefaſer eines eben ausgeſchlüpften Vogels, ſei es der ſaftige Fleiſchbrei eines wohl— ſchmeckenden Kerbtieres. Bei der Zurichtung ihrer Speiſetafel zeigen ſich die meiſten Würger geradezu grauſam, ja einzelne fangen mehr als ſie freſſen kön— nen, ſpießen kleine lebende Tiere an Dornen, wo ſie oft tagelang zappeln, ehe ſie ſterben oder ver— zehrt werden. Teils ſind ſie Zugvögel, teils Stand-, reſp. Strichvögel. Landſtreicher ſind ſie alle mit— einander.“) Der Raubwürger. Northern Shrike. . 19 enn im nördlichen Illinois tiefer Schnee die weite Prärie bedeckt, wenn eiſige Nord— und Weſtwinde über die ebene, im Sommer fo gras— und blumenreiche Fläche dahinſauſen, dann ſieht man nur ſelten einzelne Vögel. Nur die bunten Schnee ammern fliegen in großen Schwärmen wohlgemut | | Lanius borealis VIEILL. umher; ihnen ſcheint die größte Kälte und das ärgſte Schneegeſtöber wenig auszumachen, denn in ihrer nordiſchen Heimat, den Polargegenden, herrſcht ähn— *) Siehe W. Thienemann, „Die deutſchen Würger“ in der „Monatsſchriſt des deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“, Jahrg. VI, 1881, p. 149 u. 150. Der Raubwürger. 253 liches Wetter vor. In den ausgedehnten, jetzt freilich ganz kahlen Hecken der Oſageorangen, wo den ganzen Sommer hindurch reges Vogelleben herrſchte, wo Neſter in großer Anzahl ſtanden, erſcheint jetzt alles wie tot und verödet. Einzelne kleine Finken halten ſich freilich immer an ſolchen geſchützten Stellen auf, namentlich Baumfinken, auch einzelne Winter- und Buſchfinkeu. ſolcher Hecken, beſonders da, wo ſich unten auf dem Boden kleine Vögel umhertreiben, einen ganz un- ſchuldig ausſehenden, teilnahmslos in die Welt blik— kenden Vogel ſtill und ruhig daſitzen. Der regungs— los aufgebäumte Wintergaſt ſcheint die unter ihm ſich auf dem Boden tummelnden Vögel gar nicht zu be— achten. Plötzlich ſchießt er aber wie ein Blitzſtrahl unter die nichts ahnende, nach Nahrung ſuchende kleine Schar, und im nächſten Augenblick ſchon trägt er ſein blutendes Opfer hinauf in die Hecken, wo er ihm zunächſt den Schädel aufhackt und das Gehirn mit Gier frißt; dann ſpießt er den getöteten Vogel zum ſpäteren Gebrauch auf einen ſcharfen Dorn. Der Räuber, deſſen Bekanntſchaft wir ſoeben gemacht, Häufig ſieht man ganz in der Spitze iſt der Raubwürger, auch großer Würger, Metzger- oder Fleiſchervogel genannt. Er räumt unter den kleinen Wintervögeln tüchtig auf, mehr als mancher eigentliche Raubvogel, und da er in der Regel nur einen kleinen Teil ſeines Raubes verzehrt, ſo tötet er viel mehr Vögel, als er zur Nah- rung bedarf. Den Rumpf der kleinen Opfer findet man oft ganz unverſehrt auf ſcharfe Dornen aufge- ſpießt, während der Kopf fehlt. Hie und da fängt er allerdings auch ein unglückliches Mäuschen, das ſich zu weit von ſeinem Schlupfloch weggewagt, doch iſt das nicht allzu oft der Fall. — In Wisconſin und im nördlichen Illinois iſt dieſer Würger im Winter nicht ſelten. wenn Winter-, Buſch- und Kronfinken, Palmen- und Kronſänger aus ihrem nordiſchen Brutgebiet erſchei— nen, und verweilt bis Mitte April. Sein Aufenthalt Er kommt etwa anfangs Oktober an, ſind meiſt ſolche Stellen, wo ſich dieſe kleinen Vögel zahlreich aufhalten, alſo Hecken, Gebüſche und Dik— kichte in Wieſen, Sümpfen und Feldern, gebüſchreiche Ränder der Wälder und Obſtgärten. dann meiſt in der Spitze eines Buſches oder kleinen Bäumchens, und wenn man ihn dann ſo ſtill und harmlos daſitzen ſieht, kann man kaum glauben, daß er zu ſolchen blutigen Übelthaten fähig iſt. Doch wenn er pfeilſchnell herabſchießt, wenn der Todesſchrei eines unter ſeinen Krallen und Schnabelhieben ſter— benden lieblichen Vögelchens ertönt, dann kommt man Da ſitzt er zur Überzeugung, daß man es mit einem gefährlichen Räuber und Mörder zu thun hat. Er trägt ſeinen Namen „Raubwürger“ mit Recht, da er viel mehr Vögel tötet, als er verzehren kann. Seine Galgen ſind die ſcharfen langen Dornen der Hecken. Man nennt ihn darum mancherorts geradezu „Galgen— vogel“. Oft ſpießt er noch lebende Vögel grauſam auf, ſodaß ſie ſich elend zu Tode zappeln müſſen. So— lange er ſich noch friſche Nahrung erbeuten kann, rührt er die auf Dornen geſpießte nicht an, wenn aber Nahrungsmangel eintritt, verzehrt er auch dieſe. Meiſt ergreift er ſeine Beute mit dem Schnabel und den Krallen zugleich, indem er von oben auf ſie herab— ſtößt. Manchmal fängt er auch fliegend davoneilende ermattete Vögel im freien Felde. Vogelfänger fangen dieſen Räuber oft mit dem Fallenkäfig, in welchem ſie einen Lockvogel untergebracht. Der Fangkäfig wird in der Nähe einer Hecke, in welcher der Würger ſeine Warte hat, aufgeſtellt. Bald ſtößt dieſer denn auch herab auf den Lockvogel und iſt gefangen. So erhielt mein Freund, Herr Konſul Emil Dreier in Chicago, im Winter 1879 drei dieſer Würger, welche auf die angegebene Weiſe gefangen worden. Da es ihm an paſſenden Käfigen mangelte, ſperrte er ſie alle drei in ein großes Bauer. Es dauerte aber nicht lange, ſo lag einer, durch Schnabelhiebe des ſtärkſten betäubt, auf dem Boden; der Kopf wurde dann angehackt und das Gehirn verzehrt. Auch der dritte Inſaſſe wurde von dem ſtärkeren Räuber ſeiner eigenen Art getötet und zum Teil gefreſſen. Oft ſieht man ſie auch im Winter in Obſtgärten und Baumpflan zungen, noch häufiger aber auf Tele— graphendrähten und -pfoſten, immer jedoch an ſolchen Stellen, wo in der Nähe ſich Bäume und Büſche finden. Schlauheit und Raubgier, Grauſamkeit und Verwegenheit, manchmal aber auch rechte Dumm— dreiſtigkeit, das ſind die hervorſtechendſten Charakter— eigenſchaften dieſes Raubwürgers. Die letzte Eigen— ſchaft offenbarte er wiederholt dadurch, daß er auf Käfigvögel herabſtieß. Es ſind ſelbſt Fälle bekannt, daß er heftig gegen eine Fenſterſcheibe flog, um den im Innern des Zimmers hängenden Kanarienvogel zu erbeuten. Brutvogel iſt er weder im nördlichen Illinois noch in Wisconſin. Er iſt da nur in manchen Wintern zahlreicher, in andern ſeltener Wintergaſt. Aus Kälte und Schnee ſcheint er ſich wenig zu machen. Sein dichtes Federkleid ſchützt ihn vortrefflich gegen die Einflüſſe der Witterung. Man ſieht ihn immer 254 Der nur einzeln, nie geſellſchaftlich, und mit Zähigkeit Hält er an dem einmal gewählten Jagdgebiete feſt, wo man ihn täglich als echten Raubritter auf ſeiner Warte ſitzen ſieht. — Häufiger als im Weſten ſcheint er in Neu-England zu ſein, und ſelbſt in Städten, z. B. in Boſton und New Haven, hat man ihn zahlreich be— obachtet.*) Sie leben dort hauptſächlich von den ſchon zur Landplage gewordenen europäiſchen Sperlingen, und manche Ornithologen gaben ſich deshalb der mehr als ſanguiniſchen Hoffnung hin, daß die Würger die | Zahl der Sperlinge nicht nur bedeutend vermindern, ſondern dieſe gefiederten Proletarier wohl gar aus— | rotten könnten. Das find jedoch ſehr trügerijche | Hoffnungen! Der Spatz iſt ein Schlauberger, der auch dieſem Feinde zu entgehen weiß. Dagegen fallen ihm unſere einheimiſchen Finken leicht zur Beute, be— ſonders Winter-, Baum-, Buſch-, Kron-, und Tannenz finken, Hornlerchen und andere. Sie gehen im Winter ſüdlich bis nach Washington, Kentucky, Kanſas, Co— lorado, Arizona und Nord-Californien. Er brütet von Maine nordwärts bis zu den Polargegenden. Das Neſt fand MeFarlane am 11. Juni 1863 bei Fort Anderſon. Es zeichnet ſich durch Symmetrie und Feſtigkeit aus; der Grundlage nach beſtand es aus Zweigen und einzelnen Pflanzen— ſtengeln, dann folgten lauter warme weiche Stoffe, namentlich Federn, feine Eiderdaunen, weiches Moos und Flechten. Die Eier ſind der Grundfarbe nach matt hellgrünlich und mit dunkelpurpurnen, lehm— farbenen und rotbraunen Flecken marmoriert und ge— ſtrichelt. Der Raubwürger verſteht es ziemlich gut, die Stimmen anderer Vögel nachzuahmen, doch hat man nur ſelten Gelegenheit, dies zu hören. Faſt den gan- zen Winter hindurch iſt er ſtill und läßt ſelten einen Laut ertönen. Dies ändert ſich jedoch kurz vor der Abreiſe nach dem Norden, etwa anfangs bis Mitte ) Verſchiedene Beobachter fanden dieſen Würger im Winter ziemlich zahlreich in Chicago und Milwaukee; er iſt durchaus nicht ſcheu und fängt Sperlinge ganz in der Nähe der Wohnungen. | 1 Raubwürger. April. Die ſchwierigen Teile des Geſanges der beſten. und Spottdroſſelfutter. meiſten Vögel ahmt er nur ſtümperhaft nach. Da— gegen imitiert er täuſchend die einfachen Töne des Blauvogels, den Ruf des Goldzeiſigs, das Geſchrei der Katzendroſſel und des Blauhehers, namentlich aber den Schrei eines Raubvogels. Auch im Käfig giebt er ſeine eigenen und allerlei nachgeahmte Töne zum Dieſer Vogel eignet ſich nur für beſondere Liebhaber als Stubengaſt. Ich konnte mich nie mit dem räuberiſchen Geſellen befreunden. Die meiſten verhungern lieber, als daß ſie das dargebotene Futter annehmen. Wenn man ihnen lebendige Vögel und Mäuſe reicht, ſo töten und freſſen ſie dieſelben ohne Umſtände. Meine Würger fraßen, nachdem fie ſich mit ihrem Loſe ausgeſöhnt, am liebſten rohe Rind— fleiſchſtückchen, Mehlwürmer, Spinnen, Heuſchrecken, Grillen u. ſ. f., gewöhnten ſich ſchließlich an Quark In der Freiheit leben ſie auch von mancherlei Kerbtieren. — Dadurch, daß ſie allerlei kleine Vögel in großer Anzahl töten, werden ſie ſehr ſchädlich und verdienen deshalb keine Scho— nung. Namen: Raubwürger, großer Würger, nordiſcher Würger. Northern Shrike, Great American Shrike, Butcher-Bird, Great Butcher Shrike, White Whisky- john. Pie-grieche boréale (Vieill.), Grand Ecorcheur (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Lanius excubitor Forst. (4771). — Lanius borealis Vieill. (1807). — Callurio borealis Brd. (1858). — Collyrio borealis Brd. (1866). — Lanius septentrionalis Bonap. (1826). Beſchreibung: Oberſeite aſchblau, am Bürzel heller; Unterſeite rein weiß, immer mehr oder weniger dunkel gewellt; ein tiefſchwarzer Streif von der Schnabelwurzel bis zum Auge und unter dieſem noch eine Strecke an der Kopfſeite dahinlaufend; über dem ſchwarzen Streif grau— weiß; Flügel ſchwarz, mehrere der Schwungfedern mit weißen Spitzen; Schwanz ſchwarz, die äußere Feder faſt ganz weiß, die nächſten drei oder vier weiß zugeſpitzt. Schnabel und Füße bleiſchwarz. Länge etwa 10 Zoll; Flügel 5.50, Schwanz etwa 4 5.60 Zoll. 1 * Der Dornöreber. Loggerhead Shrike. Tafel XVII. E. Landſtreicher und Räuber iſt auch unfer | Dorndreher, Neuntöter oder Loui— ſiana-Würger. Er findet ſich überall, wo es an Büſchen und Bäumen in Feldern, Wieſen und Vieh— weiden nicht fehlt. Obwoh' nirgends zahlreich, iſt er doch in vielen Gegenden unſeres Landes ein regel- mäßiger Sommergaſt, der in allen ihm zuſagenden Man unterſcheidet zwei | Ortlichkeiten vorkommt. Formen dieſer Art: den eigentlichen Louiſiana— Würger (in der Überſchrift Zanius ludovieianus genannt) und den Weißbür zelwürger (L. ludo- vieianus exeubitorides). Wenn man nicht gerade einzelne ausgeprägte Exemplare, ſondern eine große Anzahl vor ſich hat, ſind ſolche kaum voneinander zu unterſcheiden. Die erſtgenannte Varietät verbreitet ſich über die ſüdatlantiſchen und Golfſtaaten bis nach Texas; die zweite hat ihr Wohngebiet von Texas bis zum Saskatchewan und von Michigan, Wisconſin und Illinois bis nach Oregon, ſüdlich bis zur Stadt Mexico, nach Orizaba und Oaxaca. einen noch der anderen Varietät anzugeben, da beide ſtellenweiſe ineinander übergehen. In Neu-England, Ohio, Illinois u. ſ. f. hat man z. B. beide Lokal— raſſen, wenn überhaupt von ſolchen die Rede ſein kann, gefunden. Mit der eigentlichen Art bin ich nicht recht be— kannt, dagegen kenne ich den Weißbürzelwürger genauer. In den beſiedelten Teilen von Wisconſin, Illinois und Miſſouri fand ich dieſe Form, wenn auch nirgends zahlreich, ſo doch ziemlich regelmäßig. Jedes Jahr brütete ein Pärchen in dem parkartigen Garten meiner Eltern in Wisconſin. Aulage ihres Neſtes gewöhnlich einen breiten baum— Doch find ges | naue Grenzen des Verbreitungsgebietes weder der | Sie wählten ſich zur artigen Weißdornbuſch. Ich war ſehr erfreut über die zutraulichen Vögel. Bald lernte ich jedoch ihre Raubgier kennen, und ſie wurden dann nicht mehr geduldet. Später fand ich ſie in den Bogenholz— hecken, Honigakazien und Robinien des nördlichen Illinois ſehr zahlreich brütend. Faſt keine paſſende Ortlichkeit von Wisconſin bis Texas iſt zu finden, wo Lanius ludovicianus LINN. Vogel 4. ſich nicht ein Pärchen dieſer Vögel anſäſſig gemacht hätte. Unter Kultur befindliches Land ſcheint ihm am beſten zuzuſagen. Auf Viehtriften, an mit Weiß— dornen und wilden Apfelbäumen beſtandenen Wald— rändern und beſonders an Landſtraßen, Eiſenbahnen und in Gärten ſiedelt er ſich gerne an. Beſondere Vorliebe zeigt er für Telegraphenſtangen und drähte. An der Landſtraße bilden Zauupfoſten feine Lieblings— ſitze, und in den Gärten wählt er ſich die Spitze irgend eines Obſt- oder Zierbaumes zu ſeiner Warte, wenn ihn Freund Königsvogel, der ſelbſt derartige Plätze liebt, nicht eines andern belehrt. In Illinois ſind es namentlich die an den Landſtraßen und in den Feldern ſich hinziehenden Bogenholzhecken, welche der Würger zur Beſiedelung wählt. Hat er ſich in der Nähe von Menſchen niedergelaſſen, ſo verhält er ſich ziemlich ſtill, und nur hie und da verrät das Angſt— geſchrei eines trauten Gartenvogels oder die Jammer— töne der Niſtvögel, daß ſich der Räuber unter ihnen befindet. Er erſcheint im Norden etwa Mitte April und verläßt die Gegend etwa anfangs Oktober; viele verlaſſen aber auch ſchon Mitte September ihre Hei— mat. Sein Kommen begleitet er nicht mit Jubel— liedern, wie Hüttenſänger, Wander-, Braun-, und Katzendroſſel u. a. Still zieht er in ſein altes Wohn— gebiet ein, wo man ihn dann auf einem erhöhten Sitzplatze ſitzen ſieht. Er ſieht ganz harmlos aus, als könnte er kein Wäſſerchen trüben. Unkundige verwechſeln ihn oft mit der Spottdroſſel, da er ihr in der Färbung etwas gleicht. Letzterer iſt jedoch ein ſehr lebhafter fröhlicher Vogel, während der Würger meiſt wie ein Duckmäuſer in die Welt ſchaut. Ohne irgend welche lebhafte Bewegung ſitzt er ruhig da und wippt höchſtens zeitweilig mit dem Schwanze. Auf— merkſam ſpäht jedoch der nur ſcheinbar unachtſame Vogel nach Beute. Seine Raubgier und Mordluſt erwacht, ſobald er in der Nähe einen kleinen Vogel oder ſonſt ein Tierchen bemerkt. Seiner Aufmerk— ſamkeit entgeht nichts ſo leicht. Der über ihn dahin— fliegende Buſſard und Aasgeier wird ebenſowohl be— Der Dorndreher. merkt, als der nicht weit von ihm ſitzende Taubenfalk. Dem Menſchen traut er durchaus nicht und es iſt oft ſchwer, dem wachſamen Vogel ſich bis auf Schußweite zu nähern. rauhen, wilden Warnungsruf aus, den alle übrigen Vögel und ſelbſt Säugetiere kennen. Seine Raubgier und Mordluſt kennt keine Gren— zen; ſie erwacht, ſobald er ein Tier gewahrt, das er bezwingen kann. Schnell ſtürzt er herab und packt das Opfer, anſcheinend mit den Krallen und dem Schnabel zugleich, ziemlich ſicher und trägt es zu ſeiner Warte. Oft ſieht man ihn auch ſchnell über den Bo— den dahinfliegen, oder er hält ſich rüttelnd über einer Stelle, ſcharf nach unten ſpähend; dann ſtürzt er ſich pfeilſchnell herab auf ſeine Beute. Zu ſeinem Wipfel— zweige zurückgekehrt, verzehrt er dieſelbe ſogleich oder ſpießt ſie an ſcharfe Dornen, wozu ihm die furchtbare Bewehrung der Honigafazie, die Stacheln der Oſage— Iſt Gefahr vorhanden, fo ſtößt er ſeinen orangen und des Weißdorns die beſte Gelegenheit bieten. ten von den ſo aufgeſpeicherten Tieren Gebrauch; die Wie es ſcheint, macht auch er ſpäter nur ſel- meiſten findet man vielmehr verdorrt und verweſt das | hängen. Manches liebliche Vögelchen, auch junge Mäuſe, kleine Fröſche, Käfer, Heuſchrecken, Spinnen und Würmer finden ſich aufgeſpießt an Stacheln. Merkwürdig iſt es, daß ſich die kleinen Vögel ihm ſo zutraulich und furchtlos nahen und in ſeiner Nähe ahnungslos herumhüpfen. Beſonders wenn ſich der Räuber im Singen übt und ſeine nachgeahmten Töne zum beſten giebt, hüpfen die kleinen Sänger in ſeiner Nähe von Aſt zu Aſt. Entweder kümmern ſie ſich gar nicht um ihn oder ſie wollen ſich ihm geſellig an— ſchließen. Plötzlich ergreift er den zutraulichſten und würgt ihn mit wahrer Mordluſt zu Tode. Er iſt in der That ein Würger! Sein Opfer iſt nicht gleich tot, wie bei den eigentlichen Raubvögeln, ſondern es wird langſam und qualvoll erwürgt; oft wird es noch lebendig aufgeſpießt, wo es ſich elend zu Tode zappelt. tagelung mit dem qualvollſten Tode. — In feinem gierigen Eifer ſchießt er freilich oft fehl. Er verfolgt Käfer und andere zählebige Tiere ringen oft dann wohl den fliehenden Vogel, aber dieſer weiß ſich meiſt rechtzeitig ins dichte Gebüſch zu retten. Auch bei ihm iſt Schlauheit mit Raubgier, Mordluſt mit Grauſamkeit und verwegener Dumm | dreiſtigkeit verbunden. anſiedelt, iſt es mit dem idylliſchen Vogelleben vorbei. Alle kleinen Vögel verlaſſen nach und nach das Ge— biet. Er würgt die Alten, wo er ſie findet, holt die Wo er ſich in einem Garten Jungen aus den Neſtern und fäuft ſelbſt die Eier aus. — In dem ſchönen Baum- und Obſtgarten meiner Eltern verließen alle übrigen Vögel das Re— vier, nachdem ſich ein Würgerpaar in demſelben an— geſiedelt hatte. Wo zuvor der unermüdlich ſingende Wald⸗ und Gelbbruſtvireo ihre wonnigen Töne hatten erſchallen laſſen, wo ehedem deren künſtliche Beutel— neſter von dichtem Zuckerahorn und Apfelbäumen herabhingen, wo Goldzeiſige, Garten- und Sänger— finken, Zwergtyrannen und Katzendroſſeln fröhliches Leben in den Garten brachten, wo im Jasminſtrauch oder in der Heckenkirſche des Sommerſängers künſt— liches Neſt geſtanden hatte, war bald Stille und Ode eingekehrt. Dieſelben Beobachtungen machte ich ſpäter noch oft, ſowohl in Illinois, als auch in Miſſouri und Texas. Vögel von der Größe der Hüttenſänger und ſelbſt Katzendroſſeln würgt er. Auch er frißt mit Vorliebe das Gehirn und ſpießt das übrige auf. An einem Tage holt er oft ſämtliche Jungen aus einem Neſte, um dieſelben aufzuſpießen. Er iſt ſchlimmer als ein Raubvogel, denn dieſer tötet nie mehr, als er zur Nahrung gerade nötig hat. Wie dummdreiſt und raubgierig zugleich er iſt, beweiſt eine Mitteilung Ridg ways. Ein ſolcher Räuber ſtieß nach einem im Käfig befindlichen Kanarienvogel, der außer ſich vor Angſt im Bauer umherflatterte und den Kopf durchs Gitter zwängte, wo er jedoch ſogleich von dem kräftigen Schnabel des Würgers gepackt und abgeriſſen wurde. Hat man dieſen Raubgeſellen einmal verfolgt und iſt er glücklich entgangen, ſo kann man ſich ihm ſpäter nur noch ſelten bis auf Schußweite nähern. Kommt man dann in ſein Gebiet, ſo bemerkt er es ſofort, läßt ſich pfeilſchnell bis faſt zum Boden herab, fliegt über dieſen ſchnell dahin und erreicht bald einen Platz, wo er ſicher iſt. Da, wo man ihn nicht be— helligt, kümmert er ſich um das Thun und Treiben der Menſchen wenig, ſitzt vielmehr oft in unmittel— barer Nähe des Hauſes auf ſeiner Warte. In Texas ſah ich ihn oft auf Blitzableitern, Schornſteinen und Dachfirſten ſitzen. Will man in einem Garten Sing— vögel haben, ſo muß man dieſen Raubmörder, ebenſo wie Katzen, Blauheher und andere Räuber, mit allen zu Gebote ſtehenden Mitteln fern halten. In Wisconſin fand ich das Neſt gewöhnlich in Weißdornbüſchen, ſechs bis zehn Fuß vom Boden, wo es in der Regel ſo in Dornen ſtand, daß man nur ſchwer zu demſelben gelangen konnte; oft fand ich es auch in Apfel-, ſelten in Pflaumenbäumen. In Illinois und Miſſouri ſtand es meiſt in Bogenholz— hecken (Osage Orange), wo man nur ſchwer und XVI. 1. CYANOCITTA CRISTATA Strickl. - BLAUHEHER. - Blue Jay. 2. MOLOTHRUS ATER Gray. 6 - KUHVOGEL 5 - Cowbird (Male). 3. 55 55 9 5 „ N = 0 ( Female). . LANIUS LUDOVICIANUS Linn. - DORNDREHER. = Loggerhead Shrike. 5. SCOLECOPHAGUS CYANOCEPHALUS Cab, - BLAUKOPFSTÄRLING. - Brewers Blackbird. 6. QUISCALUS QUISCULA AENUS Stejn. = BRONZESTARLING. - Bronzed Grackle. Der Dorndreber. 957 JJ... ee nicht ohne die Hände gehörig zu zerkratzen, zu dem- ſüdlichen Illinois beobachtete, berichtet, daß man ihn ſelben gelangen konnte. — In Texas ſteht es ſehr oft in Honigakazien. Dieſe Bäume ſind ſelbſt am Stamm ſo dicht mit furchtbaren Stacheln bewehrt, daß es ein nutzloſes Beginnen iſt, Neſt und Eier zu ſammeln. Iſt das Neſt im nördlichen Illinois an Waldesſäumen angelegt, jo ſteht es faſt immer in Weißdorn- oder wilden Apfelbäumen. In allen Fällen iſt es möglichſt geſchützt angelegt, wird des— halb auch nicht ſo leicht, wie die Neſter vieler unſerer kleinen nützlichen Vögel, von böſen Buben zerſtört, und Eier und Junge werden nur höchſt ſelten eine Beute der Blauheher, Krähen und Schlangen. Ge— wöhnlich kommt die Brut glücklich auf. Der Bau beſteht ſeiner Grundlage nach aus dünnen ſtachelichten Zweigen, Halmen, Pflanzenſtengeln, Zeug- und Papierſtückchen, Moos, Baſtfaſern u. ſ. f.; dann folgen meiſt Tierhaare, Federn, flachsartige Faſern, und das Innere iſt mit feinen Faſern, Haaren, Pelz— ſtücken und faſt immer ſehr dick mit Federn ausgepol— ſtert. Die Höhe des Neſtes beträgt etwa vier, die Breite ſieben Zoll. Die Neſtmulde iſt ziemlich tief und ſchön geformt. Die Eier, manchmal fünf, meiſt ſechs und ſelbſt ſieben an Zahl, ſind hellgrünlichweiß mit hell- und dunkelbraunen und lilafarbenen regel— mäßig verteilten Flecken gezeichnet. Während der Brut hört man ihn oft ſeine zum Teil nachgeahmten Strophen zum beſten geben. Der gewöhnliche Ruf iſt ein heiſeres „Gwä, gwä“, doch hört man dieſen nur, wenn er warnt oder in Augſt iſt. Einen eigenen Geſang ſcheint er nicht zu haben, wenigſtens habe ich ihn nur immer einige rätſchende Töne hervorbringen hören. Sehr häufig webt er dagegen die Laute anderer Vögel ein, aber auch in dieſer Beziehung ſcheinen ſeine Fähigkeiten nur von untergeordneter Bedeutung zu ſein. Die meiſten nachgeahmten Töne werden nicht getreu wiederge— geben. Am beſten gelingt ihm noch der Ruf der Katzendroſſel, die Töne einzelner Raubvögel und ein— zelne Laute aus dem Geſange des Singſperlings, wel— ches er alles im bunten Durcheinander hervorbringt. Ridgway, der dieſen Würger zahlreich im dort oft mit der Spottdroſſel verwechſele, da er beſon— ders im Fluge durch ſeine weißen Spiegelflecken auf den Flügeln dieſer etwas ähnele. In Gegenden, wo man die Spottdroſſel nicht hinreichend kennt, nimmt man oft junge Würger aus dem Neſte, um ſie als junge Spottdroſſeln zu verkaufen. Sie ſind im Win— ter in Texas häufiger als im Sommer; man ſieht ſie dann meiſt paarweiſe oder einzeln. Wie aus vorſtehendem zu erſehen iſt, kann ich dem Würger nichts Gutes nachrühmen. Wenn er auch hie und da ſchädliche Kerbtiere verfolgt, ſo iſt doch ſeine Schädlichkeit viel größer. In Gärten und Parken, wo man mit vieler Mühe eine Schar gefieder— ter Bewohner angelockt hat, tritt er als Räuber und Mörder auf, der keine Schonung verdient. In kur— zer Zeit wird er, wenn man ihn nicht wegſchießt, auch aus der größten Anlage faſt alle kleinen Vögel ver— trieben haben. Im Küſtengebiete Californiens kommt eine ganz ähnliche Form, Lanius ludovieianus Gambeli RıpG- WAY, vor. Namen: Dorndreher, Neuntöter, Louiſiana-Würger. Loggerhead Shrike, Loggerhead, Louisiana Shrike, Carolina Shrike, Southern Shrike. Pie-grieche de la Louisiane (Le M.), Pie-grieche ardoisee (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Lanius ludovieianus Linn. (1766). — Collyrio ludovieianus Brd. (1858). — Collu- rio ludovieianus Brd. (1866). — Lanius garrulus Bar- tram (1791). — L. ardosiacus Vieill. (1807). — Lanius carolinensis Wils. (1811). Beſchreibung: Oberſeite ſchiefergrau, etwas heller am Bürzel; Unterſeite weiß; ein tiefſchwarzer von der Schnabelwurzel durchs Auge laufender Streif. Sonſt wie L. borealis, nur kleiner. Länge nicht ganz 9 Zoll; Flügel und Schwanz etwa 4 Zoll. m. Die Varietät hat folgende Namen: Weißbürzel-Würger. White-rumped Shrike. Lanius carolinensis Sw. (1827). — L. exeubitorides Sw. (1831). — Collyrio excubitoroides Brd. (1858). — Collurio exeubitoroides Brd. (1866). — Lanius ludo- vieianus exeubitorides Coues (1872). eidenſchwänze. Waxwings or Chatterers. ie Seidenſchwänze oder | >) Schmuckvögel haben ein reiches, ſeidenweiches, glat- tes Gefieder. Sie zählen des— halb auch zu den ſchönſten un— ſerer Vögel. Der Kopf iſt mit einer Haube geziert, die je nach der Gemüts— ſtimmung bald liegend, bald aufrecht getragen wird. Sie ſind mittelgroß, ge— drungen gebaut, haben einen kurzen, (4. cedrorum), ſich auf Amerika beſchränkend, und wenig gewölbten, an der Spitze ge— krümmten Schnabel, ziemlich kurze ſtarke Füße, mäßig lange, aber ſpitze Flügel, welche ſie zu einem ſchnellen, anhalten- den, gewandten Fluge befähigen. Die eigentlichen Seiden ſchwänze (Ampelis) haben an den Schaftſpitzen der Armdecken hornige, prachtvoll rot gefärbte ſiegel— lackartige Plättchen. Die Familie beſteht nur aus wenigen Sippen und Arten. Ein Anzahl Vögel, welche man früher in dieſer Familie untergebracht, hat man wieder von ihnen getrennt. Gebiete der Vereinigten Staaten vor: die eigentlichen Seidenſchwänze (Ampelis), und die Trauervögel (Phainopepla). Letztere reihte man früher den Droſ— ſeln an. Auch in unſerem Buche iſt die frühere Ridgwayſche Einteilung (ſiehe „Nomenclature Nur zwei Geſchlechter kommen im vernimmt man hie und da. Ampeliduae. of North American Birds, chiefly contained in the United States National Museum. By Robeıt Ridgway. Washington: 1881“) der Be- quemlichkeit halber beibehalten worden. Man findet die Beſchreibung des Trauervogels auf Seite 7476 (Tafel VI, 1). — Bei den eigentlichen Seidenſchwän— zen ſtimmen die Geſchlechter in der Färbung überein. Die Sippe zählt nur drei ſich ähnelnde Arten: den gewöhnlichen Seidenſchwanz (Ampelis garrulus), im hohen Norden der Erde vorkommend, den Cedervogel den japaniſchen Seidenſchwanz (l. japonica), in Japan auftretend. Alle Arten, beſonders aber die erſtgenannte, ſind ſehr unregelmäßig in ihrem Kom— men und Gehen, weshalb man ihr in England auch den Namen Zigeuner (Bohemian) gegeben hat. — Ihre Nahrung beſteht zumeiſt aus Inſekten, zum großen Teil aber auch aus allerlei Beeren. Ein Hauptzug ihres Weſens iſt die Geſelligkeit. Man gewahrt ſie faſt immer nur in Flügen von zwanzig bis hundert Stück und mehr. Obwohl man die Seidenſchwänze auch Zwit— ſcherer (Chatterers) nennt, jo haben ſie doch keinen auffallenden Geſang. Nur leiſe flüſternde Töne Es ſind eigentümlich ſtille Vögel, deren ganzes Weſen etwas geheimnisvoll Anziehendes hat. Der Heioͤenſchwanz. Bohemian Waxwing. UT y Menn der frische Schnee den Boden deckt | E und der Nebel das Gezweig mit ſchneeig glitzerndem Rauhreif überzogen hat, erhält das Schwarzgrün des Nadelwaldes einen Farbenkontraſt von wunderbarer Wirkung. Wird dabei das Wetter hell, ſodaß allmählich die Wärme der aufſtrebenden Sonne den Rauhreif zu löſen anfängt und ſich die rauhen Eiskryſtalle glätten, dann geſellt ſich noch das zauberiſch buntfarbige Diamantgefunkel der gebroche— nen Lichtſtrahlen dazu. Nichts gleicht dann einem Vogelbeerbaume, der vom Herbſt herein noch einen Teil ſeiner goldgelben Blätter und die ſchaxlachroten Beerentrauben gerettet hat. Märchenhaft mutet uns ſolcher Farbenreichtum an: wir verſinken in ein träu— meriſches Hinſchauen und verwundern uns gar nicht, wenn plötzlich eine Anzahl faſt droſſelgroßer, ſchlanker Vögel hereinfliegt in das knorrige Gezweig des Vogel— beerbaumes, welche ihre mit Kronen geſchmückten Köpfe gar ſtolz tragen und mit goldenen Spangen und roten Korallenkettchen am Arme jo ſchön zu dem feenhaften Baumpalaſt paſſen. „Die vornehmen Gäſte, welche Deutſchland, Eng— land und die nördlichen Vereinigten Staaten nur von Zeit zu Zeit einmal im Winter beſuchen, wenn hoch im Norden ihre Beerenernte gerade ſchlecht ausgefallen, haben keineswegs immer das Herz des Menſchen erfreut: in den Zeiten des finſterſten Aberglaubens begrüßte man ſie im Gegenteil mit ſcheuem Schreck als Vorboten einer Peſtilenz und nannte ſie daher Peſt— vögel. Bisweilen, wenn die Tiere infolge eines über ganz Mittel- und Nord-Europa ausgedehnten, auhal— tenden, harten Winters nach Süden gewandert, mag allerdings wohl der ſchlimme Winter peſtartige Seu— chen veranlaßt haben, wie ſich das ſtatiſtiſch nachweiſen läßt; bei alledem aber hat im Volke eine freundlichere und aufrichtigere Anſchauung Platz gegriffen und nennt dasſelbe die unſchuldigen Vögel in den meiſten Gegenden unſeres Vaterlandes Seidenſchwänze oder auch Winterdroſſeln. „Eine Droſſel iſt unſer Vogel nun aber nicht: er iſt es weder nach ſeinem inneren Bau und nach ſeiner Stimme, noch nach ſeiner Bekleidung und Fuß— und Schnabelbildung. Ampelis garrulus LIN N. „Die hochelegante Färbung des weichen Gefie— ders erinnert an den Norden und an die Tropen: die Grundfarbe iſt ein von lichten Tönen bis zum Schwarz ſich abſtufendes Gemiſch von Aſchgrau, Wein— rot und Kaſtanienbraun, welches in ſeinen zarten Nu— ancierungen und Übergängen einen recht wohlthuenden und milden Eindruck macht, und daneben tritt Gelb und Scharlachrot ſo grell und doch ſo anmutig vor, wie bei irgend einem bunten Vogel der Wendekreis— länder. Dabei aber iſt die Federentwicklung eine ganz eigentümliche: die Schäfte der Steuer- und Armſchwungfedern ſind über die Fahne hinaus ver— längert und bilden dort flache, elliptiſche, hornartige Plättchen von glänzend ſcharlachroter Farbe. Wenn man aus dem Gefangenleben hier einen Schluß auf das Waldleben ziehen darf, dann verlieren ſich dieſe Plättchen im Juli, alſo nach der Hochzeit und er— ſcheinen erſt bei Gelegenheit der Mauſer wieder. Es iſt dies ein analoger Prozeß, wie ihn viele andere Vögel durchmachen, bei denen im Frühling von den Fahnen ein ſchmaler Rand abbricht, ſodaß ſich die gewöhnliche Farbe in das ſchöne Hochzeitskleid um— ändert. „Ihr Flug fördert fie ſchuell genug und be— ſchreibt im Freien weite Bogenlinien, wie es etwa der Flug der Spechte thut, nur daß die Linie der letzteren weniger ſchön geſchwungen und — sit veαννẽỹlα . — eckiger iſt. Überhaupt iſt der Flug des Seiden— ſchwanzes, namentlich auch der kurze Flug innerhalb des Geäſtes, ſehr weich wie der Flug aller Vögel mit weichem Gefieder. Auch in den Zweigen bewegt ſich der Vogel nicht ungeſchickt — zwar etwas langſam wegen der verhältnismäßig kurzen Beine, aber dabei ganz graziös und mit lebendigem Mienenſpiele. Bei allen Vögeln prägen ſich die Gefühlserregungen und Stimmungen im Geſichte aus, wie jeder geübte Beob— achter weiß; aber diejenigen, welchen der Schöpfer das Haupt mit einem Federkrönchen oder einer Holle geſchmückt hat, beſitzen in dieſem Schmucke ein außer— ordentlich geeignetes Organ, ihre Gefühle auszu— drücken. Man ſtudiere nur das Hollenſpiel unſeres gewöhnlichen Cedervogels, des Kardinals, des Blau— hehers und der Haubenmeiſe! Der Seiden ſchwanz D 260 Der Seidenſchwanz. iſt in dieſer Beziehung ebenfalls ganz beſonders be— gnadigt. Wenn im Frühjahr das Männchen um das Weibchen wirbt, dann weiß es durch Bücklinge, durch Sträuben der einzelnen Federpartien im Ge- ſichte und durch das bewegliche Heben und Senken des Schopfes ſo beredt zu ſprechen, daß das Weibchen bald in ähnlicher Weiſe mimiſch ſeine Gegengefühle äußert. In dieſer Zeit läßt das Weibchen auch ſeinen Geſang ertönen — ein anmutendes Durcheinander von weichen trillernden, zirpenden, pfeifenden Tönen. Das Männchen ſingt etwas lauter und bei gutem Wohlſein das ganze Jahr hindurch, wenn auch in der übrigen Zeit nicht ſo anhaltend und energiſch als im Frühjahr. Beide Gatten ſind ſehr anhänglich und zärtlich: nicht nur, daß ſie ſich gegenſeitig oft lieb— koſend den Kopf krauen und in den Federn neſteln, ſie ſitzen, fliegen und hüpfen auch ſtets dicht beiſammen. Sind ſie je einmal auf Augenblicke getrennt, ſo ver— einigt fie ein zitternd-pfeifender Lockton ſofort wieder, | ganz genau auf unſern ſchönen, wohlbekannten Ceder— und wie ſie aneinander gedrängt ruhen und ſchlafen, ſo freſſen ſie auch neidlos in friedlichſter Eintracht beiſammen. Auch nach der Brutzeit halten die Gatten zuſammen, wenigſtens thun ſie es in der Gefangen— ſchaft, und während ihres Winteraufenthaltes bei uns kann man im Schwarm, während er vom Freſſen ausruht, ein paarweiſes Abſondern gewahren, welches darauf hindeutet. Friſch gefangen in den Käfig gebracht, weiß er ſich ſehr ſchnell zurecht zu finden: ſtatt zu toben und ſich am Gitter Schnabel und Federn zu zerſtoßen, ſieht er ſich erſt ſtaunend, dann neugierig um, fliegt zum Futternapf herab, falls dieſer mit Beeren beſchickt iſt, nimmt dann ein Bad und ſetzt ſich kalten Blutes auf das Sprungholz, um dort zu ruhen und ſein ſchönes Gefieder in die nötige Ordnung zu bringen. Er empfiehlt ſich als Stuben— vogel dadurch nicht minder wie durch ſeine Schönheit und durch die Art, wie er ſein Gefieder ſchmuck und ſauber zu erhalten weiß, durch ſeine Dauerhaftigkeit ebenſo wie durch ſeine unverwüſtliche Verträglichkeit auch anderen ſchwächeren Vögeln gegenüber. Nur muß man ihm folgende Bedingungen gewähren: ſein Wohnraum muß möglichſt groß fein, damit er frei fliegen kann; ferner muß man ihn nicht einzeln, ſon- dern wenigſtens paarweiſe oder noch beſſer in kleinen Flügen halten, und endlich muß man, um der Reinlich— keit willen, den Schiebkaſten oder Fußboden dick mit Sand beſtreuen und außerdem an den Stellen, wo es nötig iſt, kleingeſchnittenes Moos auflegen. Das Fut— ter, welches Brehm in ſeinen „Gefangenen Vögeln“ vorſchreibt, und welches ich ſelbſt mit geringen Modi— fikationen immer angewandt habe, beſteht in geriebener roher Möhre (dem Haupterſatz für Beeren), Würfeln von gekochter Möhre und von Kartoffel, kleingeſchnit— tenem getrocknetem Obſt, friſchen Beeren aller Art, getrockneten und in warmem Waſſer gequellten Bee— ven, Wachholderbeeren und etwas Weichfutter, wie es die Inſektenfreſſer bekommen. Möglichſte Abwechs— lung iſt nötig, und dabei oft friſches Waſſer zum Trinken und Baden. Mindeſtens alle zwei Tage iſt der Käfig zu reinigen. So behandelt dauern die Vögel viele Jahre aus, wenn man ſie vor ſtarkem Zuge ſchützt und ihnen im Sommer etwas Schatten ver— ſchafft. Wer ihnen auf ſolche Weiſe eine behagliche Exiſtenz nicht verſchaffen kann, der ſoll ſie nicht ge— fangen halten.“ Ich habe die vorſtehende Schilderung Dr. Lie— bes ſo genau wiedergegeben, weil ſie des Lehrreichen und Schönen ſo viel enthält und weil namentlich faſt alles, beſonders auch das vom Käfigleben Geſagte, vogel oder Carolina-Seidenſchwanz paßt. In ſehr ſtrengen kalten Wintern kommen oft große Schwärme in die Nordſtaaten der Union. Man hat ſie hie und da ſogar ſüdlich bis Philadelphia, Ohio, Illinois, Nebraska, Colorado und ſelbſt Arizona beobachtet, doch überſchreiten ſie nur ſelten die nördlichen Grenzſtaaten. In Wisconſin kommen ſie gelegentlich ſehr zahlreich vor. Da die Vögel in ihrer menſchenleeren nordiſchen Heimat mit dem Treiben des „Herrn der Schöpfung“ keine Bekanntſchaft gemacht haben, ſind ſie in der erſten Zeit nach ihrer Ankunft ſehr zutraulich und werden deshalb maſſenweiſe getötet. Sehr wahr ſchreibt Brehm in dieſer Beziehung: „Es kommt vor, daß man ſie in dem einen Winter da, wo ſie ſonſt ſehr ſelten erſcheinen, wochen-, ja monatelang in großer Menge trifft, und wahrſcheinlich würde das viel öfter geſchehen, glaubte ſich nicht jeder Bauer berechtigt, ſeine erbärmliche Jagdwut an dieſen harm— loſen Geſchöpfen auszulaſſen; die Schönheit derſelben erſcheint, wie man meinen möchte, dem ungebildeten, rohen Menſchen ſo unverſtändlich, daß er nichts anderes zu thun weiß, als ſie zu vernichten.“ Während der Brutzeit verbreitet er ſich über den ganzen Norden der Erde. Obwohl ſeit Jahrhunderten bekannt, wußte man doch nicht, wo und wie er niſtet, bis vor wenigen Jahrzehnten (1857) Wolley Neſt und Eier in Lappland fand. Der genannte Orni— tholog nahm ſich vor, ohne dieſes Neſt nicht nach England zurückzukehren, und ſcheute weder Mühe noch Koſten, um fein Ziel zu erreichen. Nur wenige Jahre ſpäter (1861) fand Keunicott Neſt und Eier bei Fort Yukon in Alaska. Jedenfalls brütet unſer Vogel im arktiſchen Amerika häufig. Richard— ſon beobachtete die Seidenſchwänze am großen Bären— ſee zuerſt am 24. Mai. Zu der Zeit hatte der Früh— lingstau die Beeren des Arbutus und Vaceinium + bloßgelegt. Sie blieben nur wenige Tage, und keiner der Indianer wußte, wo ſie brüteten, keiner hatte je das Neſt geſehen. Auch am Saskatchewan wurden ſie häufig beobachtet. Dr. Coues erlegte am 19. Auguſt 1874 einen jungen Vogel dieſer Art im Felſengebirge unter dem 49. Breitengrade. Der Vogel war ſo jung, daß kein Zweifel darüber beſtehen kann, daß er in der Gegend erbrütet wurde. Es war dies im dichten Nadelholzwalde etwa 4200 Fuß über dem Meeres ſpiegel. Das Neſt ſteht gewöhnlich in Wachholder und anderen Koniferen, iſt aus feinen Zweigen, Würzel— chen und Federn gebaut und mit Federn ausgelegt. Der Cedervogel. Die drei bis fünf Eier ſind matt dunkelbläulich oder matt purpurgrau, mit zahlreichen dunkelbraunen, ſchwärzlichen und purpurnen Punkten beſtreut. Namen: Seidenſchwanz, gemeiner Seidenſchwanz, europäi— ſcher Seidenſchwanz. Bohemian Waxwing, European Uhatterer, European Waxwing, Waxen Chatterer. — Grand Jaseur, Jaseur de Boh&me, Jaseur d’Europe. Wiſſenſchaftliche Namen: Ampelis garrulus Linn. (1766). — Bombyeivora garrula Temm. (1815). — Bombyeilla garrula Vieill. (1823). — Garrulus bohe- mieus Gesn. (1617). — Bombyeilla bohemica Briss. (1760). Beſchreibung: Kopf mit einer Haube geſchmückt. Ganzes Gefieder ſeidenartig weich, aſchbraun, am Bürzel reiner aſchfarbig; untere Schwanzdecken kaſtanienbraun; Stirn und Kopfſeiten reich orangebraun; ſchmales Stirnband, ein durchs Auge laufender Streif und die Kehle tief— ſchwarz; Flügel ſchwarz, die einzelnen Federn weiß oder gelb gerändert; Schwanz ſchwarz, breit gelb gerandet; an den Spitzen der Schwanzfedern und der kleinen Flügeldecken ſtehen rote, ſiegellackartige harte Plättchen. Länge 7.50 bis 8 Zoll; Flügel 4.50, Schwanz 2.50 Zoll. Cedar Bird. Tafel V. ie Natur bietet dem gemütvollen Menſchen un— © zählige Genüſſe und immer neue Reize. Das Schöne, Angenehme, Liebliche in derſelben zieht un— widerſtehlich au, und der Naturfreund ſeinerſeits ſucht nur zu oft auch ſeine beſonderen Lieblinge in ſeine Nähe zu feſſeln. In der Stadt iſt das freilich nur in kleinem Maßſtabe und teilweiſe ausführbar, deſto leichter läßt es ſich dagegen auf dem Lande ins Werk ſetzen, wenn der Naturfreund Geſchmack und Bildung genug beſitzt, die äſthetiſche Seite herauszufinden. Er wird ſein Heim mit Blumen, Gebüſchen und Bäumen der verſchiedenſten Art umgeben und dabei nicht nur Rückſicht auf ſchöne, lieblich duftende Blüten, ſondern namentlich auch auf ſchöne Belaubung und dichten Wuchs nehmen. Zierbäume und Sträucher gehören vor und neben das Haus, Obſtbäume und der Ge— müſegarten hinter dasſelbe. Nördliche Gärten kann man freilich nicht ſo einrichten, daß ſie das ganze Jahr hindurch, wie das an der Golfküſte und in Der Ceoͤer vogel. Ampelis cedrorum GRAY. Boge J. Florida und Californien der Fall iſt, reizend und ge— nußreich erſcheinen. Dazu gehören die tropiſchen und halbtropiſchen Pflanzen, welche jenen Gegenden haupt— ſächlich ein ſo zauberhaftes Gepräge aufdrücken. Wo die Heidepflanzen (Pricacaea) gedeihen — wie das in den Neuengland- und den Mittelſtaaten der Fall iſt — kann es faſt nichts Schöneres geben, als ein fogenanntes „amerikaniſches Beet“ (Moorbeet) mit ſeinen herrlich blühenden, breitblättrigen immergrünen Rhododendren, Kalmien und Andromeden, mit ſeinen lieblich duftenden pontiſchen und amerikaniſchen Aza leen und anderen derartigen Pflanzen, aus deren Mitte ſich, wenn dieſe ſchon längſt verblüht ſind, üppig emportreibende Goldband-, Waſhington-, Humboldt-, Leoparden-, Canada-, Wieſen- und Prachtlilien er— heben und ihre prachtvollen, oft lieblich duftenden Blüten entfalten. Die mancherlei Magnolien (von denen im Norden allerdings nur eine Art, Magnolia | glauca, mit ihren taſſenförmigen, wachsweißen, ſtark 262 2 duftenden Blüten, gut gedeiht), die Jasminbüſche, Heckenkirſchen, Jelängerjelieber, Weigelien, Deut— zien, Spierſträucher, japaneſiſcher Schneeball!) und viele andere, nebſt Nadel- und Laubholzbäumen, wer— den ihm im Verein mit einem guten Obſtgarten eine Fülle von Vergnügen und Freude bereiten, nament— lich dann, wenn die Vögel, bei denen der Schwerpunkt ihrer Bedeutung ohne Zweifel in der herrlichen Be— lebung der Natur liegt, ſich zahlreich eingeſtellt haben. In den Gartenanlagen, in welchen ſich dichtes Buſch— werk, Nadel- und Laubholzbäume, zahlreiche Niſt— käſten für Blauvögel und Meiſen und geräumig ein— gerichtete Schwalbenhäuſer für „Martins“ finden, da werden wir eine große Anzahl verſchiedener Vogel— arten antreffen. Machen wir in den erſten Tagen des Junimonats einen Rundgang durch eine ſolche Anlage des Nordens, ſo werden wir beobachten, daß ſchon die meiſten gefiederten Lieblinge mit der Brut, viele ſogar ſchon mit dem Auffüttern der Jungen beſchäftigt ſind. Die ganze Natur hat ihr Feſttags— gewand angelegt, und fröhliches Leben herrſcht rings— umher. Die Pflanzenwelt ſteht gleicherweiſe in voller Pracht. Aber immer fehlt noch ein gefiederter Gartenbewohner, zugleich einer der ſchönſten und eigentümlichſten, der ſeinen alten Platz noch nicht wieder eingenommen hat. Der Landſtreicher treibt ſich noch in der Fremde, vielleicht gar noch im fernen Süden auf Palmen und zwiſchen Orchideen umher. Endlich erſcheint er. Lautlos, ſchnellen Fluges eilt er dahin, läßt ſich dann, wie auf Kommando, mit ſeinen Genoſſen auf der Spitze eines hohen Baumes nieder, von wo aus er, etwas emporgerichtet, mit ausgeſtrecktem Halſe und geſträubter Kopfhaube Um— ſchau hält. Es iſt der Ceder vogel oder der kleine Seidenſchwanz, Cederſeidenſchwanz, Ca— rolina-Seidenſchwanz oder Kirſchvogel, welcher ſo ſpät ſeinen Einzug hält. Er iſt jedenfalls einer der letzten, wenn nicht der letzte Ankömmling aus dem Süden. Der Cedervogel gehört im Norden der Union zu den volkstümlichſten Vögeln — das beweiſen ſchon ſeine vielen Namen. In Wisconſin, wo ich ihn von Jugend auf beobachtet habe, gehört er zu den gewöhnlichſten, zahlreichſten Gartenvögeln. Er unter— ſcheidet ſich von dem namentlich im Norden Europas und im arktiſchen Amerika vorkommenden Seiden— ſchwanz durch geringere Größe; auch fehlen ihm die gelben Flügelſtreifen. Das Gefieder und der Grundton ſeiner Färbung iſt dasſelbe. Der ſonder— 1) Viburnum plicatum, er Cedervogel. bare Geſell iſt leicht erkenntlich. Das ganze Gefieder iſt eigentümlich ſeidenweich und glatt, die Färbung hochelegant, der Vogel ſelbſt eine prächtige Erſchei— nung. Den Kopf ziert eine hübſche Haube, die er meiſt aufrecht trägt und durch welche ſich ſeine Gefühlserregungen und ſeine Stimmung ausprägt. Das Verbreitungsgebiet dieſes ſchönen Vogels iſt ſehr groß. Er kommt nördlich bis zum 54. Grad nördlicher Breite, ſüdlich bis nach Mexico und Cen— tralamerika vor. In den letztgenannten Ländern überwintert er, ebenſo auf Jamaica, Cuba und den Bermudas. Er brütet am zahlreichſten in den Nord— ſtaaten der Union, doch ſoll er auch weit nach Süden hin während der Brutzeit vorkommen. Die genaue Grenze iſt mit Sicherheit nicht anzugeben, da er ein ſehr unregelmäßig vorkommender Vogel iſt. Man ſagt, daß er ſüdlich bis nach Florida brüte. In Britiſch-Columbia am Pacific und in Waſhington und auch in Nevada iſt er Brutvogel. Auch in ſeiner Wanderung zeigt er ſich als vollendeter Sonderling, der ſich durchaus an keine beſtimmten Regeln bindet. Während viele Hunderte, ja Tauſende ſeiner Art weithin nach Süden ziehen, bleiben große Geſellſchaften zurück in der Heimat, durchſtreifen dieſe mehr oder weniger und ſcheinen ſelbſt durch die ſtrengſte Kälte nicht im geringſten zu leiden. Dies iſt namentlich der Fall, wo er ſeine Lieblingsnahrung: Cederbeeren oder auch Wachholder- und Kronsbeeren, Ebereſchen u. ſ. w. findet. Der Flug iſt überaus leicht und anmutig. Dieſe ausgezeichnete Flugfähigkeit läßt es erklärlich erſcheinen, daß ſie den mexikaniſchen Meer— buſen mit Leichtigkeit überfliegen und die Antillen beſuchen. Selbſt in Europa hat man ihn als Irrgaſt erlegt. Ebenſo unregelmäßig iſt ſeine Ankunft im Brutgebiete, doch habe ich ihn in Wisconſin nie vor Ende Mai, gewöhnlich erſt anfangs Juni an ſeinen Standorten beobachtet. Am 27. April ſah ich die erſten nördlich wandernden Cedervögel, einen großen Flug von etwa hundert Stück, auf einer Platane mitten in der Stadt Houſton in Texas. Lautlos, mit geſträubter Haube, ſaßen meine alten Bekannten da, flogen aber nach kurzem Aufenthalt wieder davon. Am 6. Mai desſelben Jahres ſah ich große Flüge am Spring Creek im ſelben Staate, und am 7. Mai 1883 beobachtete ich große Scharen im ſüdweſtlichen Miſ— ſouri. Viele mögen ſchon zeitig im Frühling in der Heimat eintreffen, ſie ſtreifen aber noch lange in der Gegend raſt- und ruhelos umher, ehe ſie ſich zum | Niſten entſchließen. Schon längſt haben die übrigen Voögel Junge, viele ſind bereits mit der zweiten und D dritten Brut beſchäftigt, Purpurſchwalben ſchlagen ſich ſogar ſchon zuſammen, und noch immer macht unſer Cedervogel keine Anftalt zum Brüten. Selten geſchieht es vor Ende Juni, meiſt erſt im Juli und Auguſt; ſelbſt anfangs September ſand ich noch Neſter, und Brewer entdeckte noch im Oktober ein ſolches mit unerbrüteten Eiern. Sein Niſtgebiet wählt er ſich in mit Waldland und Klärungen, Bergen und Thälern, Wieſen und Dickichten abwechſelnden Gegenden. Beſonders in Wisconſin fand ich den Vogel häufig, und namentlich im Tieflande gehört er zu den gewöhnlichſten Er— ſcheinungen. Goldzeiſige vorkommen, da trifft man auch ihn. Neſt fand ich hier meiſt am Rande der Dickichte auf Das einem einzeln ſtehenden Bäumchen, und oft entdeckte ich fünf bis ſechs Neſter auf einem Flächenraum von Wo Katzendroſſeln, Sumpffinken und vier bis fünf Ackern; am regelmäßigſten fand ich den Bau aber in Baumpflanzungen und Obſtgärten in der Nähe menſchlicher Wohnungen. Ganz in der Nähe meines elterlichen Hauſes, auf den horizontalen Aſten kleiner Eichen und auf Apfel- und Birnbäumen, in der Spitze dichter Heckenkirſchſträucher, etwa ſechs bis acht Fuß vom Boden, konnte man jedes Jahr Neſter finden. Hier fand ſich auch alles, was ſich dieſe intereſſanten Vögel nur wünſchen konnten: große Zuckerahorne und Ulmen, Linden, dichte Eichen, Eſchen, Junibeeren ), dichte Zierſträucher und Schling- | pflanzen und eine Menge Kerbtiere und Beeren. In den nahen Sümpfen wuchſen Him-, Brom- und Stachel-, Heidel- und Kronsbeeren, wilde Kirſchen und Holunder. In nicht zu weiter Ferne fanden ſich auch Ceder- und Wachholderbeeren in Menge. — Meiſt baut er ſein Neſt auf dichte wagerechte Aſte und in aufrecht ſtehende Aſtgabeln der Laub— holzbäume, aber auch in Tannen und Cedern findet man es oft. Es ſteht gewöhnlich nur ſechs bis acht Fuß, in ſehr ſeltenen Fällen auch bis zu zwanzig Fuß von der Erde. am 10. Juli 1877 im Garten meiner Eltern in She— boygan County, Wisconſin, fand, ſtand etwa ſechs Fuß vom Boden in dem wagerechten Aſte eines Apfel— baumes. Es iſt ein ſehr ſchöner, warmer, feſter Bau, welcher äußerlich aus Grashalmen, dünnen Wurzeln und Pflanzenſtengeln, welche mit Schafwolle gut vermiſcht waren und dadurch feſt aneinander hafteten, beſtand. Der Neſtrand beſtand ebenfalls aus einem Gemiſch von Schafwolle und Hälmchen. Die tiefe ſchöne Neſtmulde war mit feinen braunen Würzelchen 1) Amelanchier canadensis. Ein typiſches Neſt, welches ich er Cedervogel. 263 ausgelegt. Die Breite betrug 5, die Höhe 3.12 Zoll; die Neſtmulde mißt 2.75 Zoll, bei einer Tiefe von faſt 2 Zoll. Ein in Illinois gefundenes Neſt war ebenſo gebaut, nur fehlte die Schafwolle. Ich fand meiſt vier, ſelten fünf Eier im Neſte. Dieſe ſind der Grundfarbe nach ſchmutzig oder ſchiefer bläulich und ſind über und über mit ſtark hervor tretenden ſchwarzen und dunkelbräunlichen Punkten und matten Schalenmarmorierungen gezeichnet. Die Flecken und Punkte ſind gleichmäßig über die ganze Oberfläche des Eies verteilt, ſtehen aber nirgends ſehr dicht. Die Bebrütung der Eier dauert dreizehn Tage. Die Jungen werden meiſt mit Inſekten, beſonders mit Käfern aufgefüttert und wachſen ſchnell heran. In den Exkrementen unter und oft auch im Neſte ſelbſt findet man ganze Mengen von Flügeldecken harter großer Käfer, Kopf und Beine vieler anderer Inſekten und die Kerne wilder Kirſchen, Kornus— beeren u. ſ. f. Die ungeheure Menge unverdauter Überreſte von Maikäfern und anderen ſchädlichen Juſekten iſt wirklich erſtaunlich. Freilich frißt er auch gern Kirſchen und Beeren, aber ſeine Haupt— nahrung ſind doch Inſekten, namentlich vertilgt er auch zahlloſe der den Bäumen jo ſchädlichen Spann— raupen und viele andere Pflanzenverderber, um derentwillen man vergeblich den europäiſchen Sper— ling eingeführt hat. An Kirſchen, weniger an Beeren, thun ſie freilich etwas Schaden, beſonders wenn nur wenige vorhanden ſind, aber da ſie immer nur paar— weiſe während der Brutzeit vorkommen, ſo iſt der Schaden kein großer. Mancherorts nennt man ihn geradezu Kirſchvogel (Cherry Bird), doch könnte man ihn mit noch mehr Recht Holunder- und Eber— eſchenvogel neunen, denn dieſe Beeren verzehrt er noch viel lieber. Außer den genannten liebt er auch Schlingen- (Viburmum), Hartriegel-, Juni- und andere kleine Beeren, und von dieſen kann er aller— dings ziemlich viel vertilgen. Man hat ihn deshalb, aber ganz mit Unrecht, einen gewaltigen Freſſer ge— nannt. Der meiſt ſehr geringe Nahrungswert, den die Beeren haben, macht es natürlicherweiſe notwen— dig, daß er größere Mengen von Nahrung einnehmen muß, und daher nennt ihn der Laie gefräßig. — Merk— würdig und zugleich ſehr bedauerlich muß es erſchei— nen, daß man auf alle Weiſe dieſen ſchönen Vogel wegen ſeiner Liebhaberei für Kleinobſt niederſchießt. Jeder beſchränkte Obſtzüchter, jeder dumme Junge glaubt ſich berechtigt, ſeine erbärmliche Schießwut an dieſen harmloſen Geſchöpfen auslaſſen zu dürfen. Dieſer Roheit und Verfolgungswut iſt es zuzuſchrei— 264 Der Cedervogel. ben, daß in vielen Gegenden des Oſtens dieſer viel mehr nützliche als ſchädliche Vogel, der überdies jedem Obſt⸗ und Ziergarten zum beſonderen Schmucke ge— reicht, ſchon ſeltener wird. — Wer den Cedervogel in ſeiner Nähe beobachten kann, wird bald bemerken, daß er die häßlichſten Raupen, die viele andere Vögel gar nicht berühren, die ſchädlichſten Käfer und ſelbſt flie— gende Inſekten in großer Menge vertilgt. Seiner Vorliebe für Kirſchen iſt leicht dadurch abzuhelfen, daß man einen oder zwei Kirſchbäume mehr anpflanzt. Er iſt ein ſehr kluger Vogel, der der Gefahr wohl aus dem Wege zu gehen weiß. einen Raubvogel. Er duckt ſich, ſobald dieſer heran kommt, und ſchießt dann pfeilſchnell hernieder zum Boden oder ins dichte Gebüſch, dem Räuber das Nachſehen laſſend. Nur ſeinem Erzfeinde, dem Menſchen, traut er zu viel, und nur zu oft gereicht ihm dieſe Zutraulichkeit zum Verderben. Seine Eigenſchaften ſind ſamt und ſonders her— vorragend, feſſelnd und anziehend. Er iſt in der That eine herrliche Gartenzierde, ein Vogel, den man ſchon in äſthetiſcher Hinſicht ſeiner Schönheit, Anmut und ſeines lieblichen Weſens halber ſchützen ſollte. Faſt ſcheint es, als wäre ſich dieſer Seidenſchwanz ſeiner Schönheit bewußt, denn ohne irgend welche Angſtlichkeit zu zeigen, läßt ſich der Schwarm bei ſeiner Ankunft auf einem einzeln ſtehenden Baume nieder, wo man ihn dann oft längere Zeit leicht be— obachten kaun. Mit erhobener Haube, aufrechter ſtolzer Haltung ſitzen ſie da, keiner läßt auch nur das geringſte Gezwitſcher hören; dabei blicken ſie mit ihren ſchönen klugen Augen bald nach der einen, bald nach der anderen Seite. Wie auf Verabredung ver— läßt der ganze Schwarm den Baum und läßt ſich auf einem anderen nieder. Friedlich und einträchtig leben ſie beiſammen, und was der eine thut, das thut in der Regel auch der andere. Der ganze Schwarm Schon von weitem erkennt er fliegt nach Nahrung aus, der ganze Schwarm begiebt ſich zur Tränke, und ebenfo wählt er ſich ein gemein— ſchaftliches Nachtquartier. Der Flug iſt äußerſt ge— wandt, ſchnell und anmutig, geſchieht in weiten Bogen— linien und führt oft in bedeutenden Höhen dahin. Im Gezweige der Bäume hüpft er geſchickt umher, dagegen ſind ſeine Bewegungen auf dem Boden, auf welchen er übrigens nicht oft herabkommt, weniger gewandt. Bei allem ſeinem Thun ſpielt die Kopfhaube eine große Rolle, denn ſie iſt ein außerordentlich geeig— netes Organ, dadurch ſeine Gefühle auszudrücken. Es iſt dies ganz ebenſo bei unſerem Kardinal, beim Blau— heher, bei der Haubenmeiſe, ja bei allen mit Hauben gezierten Vögeln. Freude und Schmerz, Angſt und Zutraulichkeit, Haß und Liebe, Mißtrauen und Be— haglichkeit, alles prägt ſich durch die Haube aus. Gewöhnlich ſind die Cedervögel ſehr ſtill und ruhig und nur ſelten vernimmt man, wenn man ſich in ihrer Nähe befindet, leiſe liſpelnde Töne Einen Geſang beſitzen ſie nicht; nur ſanfte leiſe flüſternde Locktöne laſſen ſie während der Brutzeit hören. Im Brutgebiete ſind ſie gewöhnlich ſo ſcheu und führen ein ſo geräuſchloſes und verſtecktes Leben, daß nur ein aufmerkſamer Beobachter ihrer gewahr wird. Männ— chen und Weibchen halten treu zuſammen und auch während der Zugzeit laſſen die Pärchen nicht von— einander. Eine eigentümliche Beobachtung machte ich einſt in unſerem Garten in Wisconſin. Hoch oben in einer Ulme begann anfangs Juli ein Pärchen Wander— droſſeln ein Neſt für die zweite Brut zu bauen. Herrlich ſang das Männchen in den Morgen- und Abendſtunden vom Wipfel herab. An einem der nächſten Tage ſah ich, daß in einem unbewachten Augenblicke ein Pärchen Cedervögel ſchnell und ge— räuſchlos herzuflog und jeder mit einem Schnabel voll Niſtmaterial, das ſie vom Wanderdroſſelueſte ſtahlen, zum eigenen Baue eilten. Auf einem Ahorn, dicht vor dem Hauſe, hatte ein Pärchen Goldbruſtvireos ſein künſtliches Hängeneſt erbaut, welches ich beſonders zu ſchützen bemüht war. Plötzlich hörte ich die kläg— lichen Angſtrufe des Vireo, und noch ehe ich es hin— dern konnte, hatten die Cedervögel den Kunſtbau zerzauſt und trugen die Niſtſtoffe hinweg. Ebenſo machten ſie es mit einem Neſte des Goldzeiſigs. Ich habe das ſonſt nie wieder und auch vorher nicht beob— achtet, und glaube, daß es eine individuelle Untugend dieſes einen Pärchens war. Eine beſonders hervorragende Eigenſchaft auch dieſes kleinen Seidenſchwanzes iſt die Geſelligkeit. Sobald die Brutzeit beendigt iſt und die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben, ſchlagen ſie ſich zu Scharen von dreißig bis fünfzig, ſelbſt zu hundert und noch mehr zuſammen und durchſtreifen weite Länder— ſtrecken. Sie halten ſehr feſt zuſammen, und nur während der Brutzeit, etwa ſechs Wochen im Jahre, leben ſie paarweiſe. In der Gefangenſchaft zeigt ſich der Cedervogel als intereſſanter, liebenswürdiger und zahmer Vogel. Friſchgefangene fliegen durchaus nicht ſo ſtürmiſch im Käfig umher, wie die meiſten anderen einge— ſangenen Vögel, gehen gewöhnlich ohne Umſtände an den Futternapf und laſſen ſich auch ohne Mühe 1 u a D —— ——— * mit der Hand greifen. Wenn man ſie mit einem Gemiſch von Spottdroſſelfutter und geriebener gelber Rübe (Möhre), zu gleichen Teilen, und nur hier und da mit etwas Beeren und Obſt füttert, ſo ver— urſachen ſie durchaus nicht mehr Mühe als andere Inſektenvögel auch. Wenn man ſie freilich nur mit Beeren, gekochten Äpfeln und Kartoffeln und in Milch eingeweichtem Brote füttert, ſo müſſen die Vogel allerdings viel freſſen, und zuletzt tritt Durchfall ein, ſodaß ſie große Unreinlichkeit verurſachen. Ich habe viele gehalten, und habe mich bei geeigneter und naturgemäßer Nahrung nie über Gefräßigkeit und Unreinlichkeit zu beklagen gehabt. Herr E. von Schlechten dal, einer der allerbeſten deutſchen Vo— gelwirte, iſt ganz derſelben Anſicht. „Mir iſt ſehr wohlbekannt“, ſchreibt er, „daß man in Liebhaber— kreiſen auf unſeren europäiſchen Seidenſchwanz wenig gut zu ſprechen iſt, weil der Stoffwechſel bei ihm in ganz überraſchendem Maße von ſtatten geht und es faſt zu den Unmöglichkeiten gehört, einen mit mehre ren Seidenſchwänzen beſetzten Käfig leidlich rein zu halten, aber unſer Cedervogel iſt weit kleiner, wie ſein Vetter, und die Reinhaltung ſeines Käfigs macht nicht mehr Schwierigkeit als bei Hüttenſängern, Bül— büls und ähnlichen Vögeln. — Ich kann für meine Perſon den Cedervogel gut leiden, und habe mich — er Cedervogel. 265 je länger ich ihn beſeſſen — deſto mehr mit ihm befreundet.“ Einer von Herrn von Schlechten— dals Cedervögeln war ſo zahm, daß er ihn, als er einſt entflohen war, mit dem vollen Futternapfe herbeilockte; er ſetzte ſich auf deſſen Rand und ließ ſich ruhig in das Bauer tragen. Namen: Cedervogel, Kirſchvogel, Cederſeidenſchwanz, Spin- nenvogel, kleiner Seidenſchwanz, amerikaniſcher Seiden— ſchwanz. Cedar Waxwing, Cedar Bird, Cherry Bird, Spider Bird, Carolina Waxwing, Cedar Waxwing. Jaseur du Cèdre (Vieill.), Jaseur de la Caroline (Buff.) — Coquantelotl (Mexico). Wiſſenſchaftliche Namen: Ampelis garrulus Bartr. (1791). — Bombyeilla cedrorum Vieill. (1807). — Ampelis cedrorum Gray (1849). — Ampelis americana \Vils. (1808). — Bombyeilla americana Licht. (1830). — Bombyeilla carolinensis Briss. (1760). — Ampelis carolinensis Gosse (1847). Beſchreibung: Gefieder prachtvoll, weich und zart; Kopf ſehr auffallend gehäubt. Die Färbung geht von reinem Aſchgrau des Bürzels und Schwanzes allmählich in Aſch— braun und an der Bruſt und am Kopfe in Rötlichzimmet— braun über; der Bauch iſt gelblich, die unteren Schwanz— decken weiß; Stirn, ganze Augengegend und Kehle ſammetſchwarz, ein Streif am Unterſchnabel und feiner Strich unter dem Auge weiß; an den Flügeln und an den Spitzen der Schwanzfedern ſiegellackartige, harte rote Plättchen; Schnabel und Füße bleifarbig. Länge 6 bis 7 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 2.25 Zoll. Arten der Schwalben verbreiten ſich über die ganze Erde. Man findet ſie eben— ſowohl im hohen Norden, als in den Tropengegenden, doch ſcheinen ſie den gemäßigten Erdgürtel zu bevor— zugen. — Wo der Menſch ſich feſte Wohnſitze gründete, ſchloſſen ſich ihm dieſe lieblichen Geſchöpfe an. Durch ihre Anmut, Fluggewandtheit, Unſchuld, 7 Friedfertigkeit, Zutraulichkeit, Geſellig— Ri feit und durch ihr heiteres Gezwitſcher erfreuen ſie ihn, durch das Wegfangen unzähliger ſchädlicher und läſtiger Inſekten werden der fühlende edle Menſch ein treuer Freund und Beſchützer geweſen, und er wird es ſtets bleiben. Mit Sehnſucht erwartet er im Frühling ihre Ankunft, traurig ſieht er ſie im Spätſommer oder Herbſt von ſich ſcheiden. Die Dichter aller Zeiten und Völker haben dieſe fröhlichen, meuſchenfreundlichen Vögel beſungen, ja in alten Zeiten und bei unſeren Vor— fahren galten die Schwalben als „heilige Vögel“, die man nicht behelligen durfte. — Außer der Uferſchwalbe haben ſich alle unſere nordamerikaniſchen Arten dem Menſchen mehr oder weniger innig angeſchloſſen, haben die Wälder und Felsklüfte verlaſſen und ihre Niſtweiſe vollſtändig geändert. Nichts iſt beſſer bekannt, als Ankunft und Weg— zug unſerer Schwalben. Wir wiſſen ganz genau, wann ſie ſüdwärts ziehen und wo ſie überwintern. er fie ihm nützlich. Von jeher ift ihnen darum auch Die Schwalben. Swallows. - Zrrundinidae. Die Purpur-, Scheunen- und Traufſchwalben, die unter dem Dache oder in unſeren Vogelhäuschen niſten, tummeln ſich in der kalten Jahreszeit über den Palmen Braſiliens, über dem Waſſer des Magdalenenſtromes, des Orinoco und Amazon, die Waldſchwalbe überwintert zum Teil ſchon im ſüd— lichen Florida. Trotzdem taucht immer und immer wieder die Behauptung auf, daß die Schwalben im Waſſer, im Schlamme, ähnlich wie die Fröſche, überwintern. Bände find darüber ſchon geſchrieben worden, gelehrte Geſellſchaften haben ſich damit be— faßt, aber zu einem auch nur annähernd befriedi— genden Ergebniſſe iſt man bis jetzt noch nicht gelangt. Thatſache iſt es, daß die Schwalben in den Tropen überwintern, Thatſache iſt es anderſeits aber auch, daß man ſchon öfter erſtarrte Schwalben im Waſſer gefunden hat. Ob dieſe jedoch noch lebensfähig ſind, ob überhaupt eine im Schlamm und Waſſer ſich findende Schwalbe je wieder zum Vorſchein gekommen, iſt eine offene Frage. Ich ſelbſt habe nie eine im Waſſer gefundene Schwalbe geſehen. Unſer Raum erlaubt es nicht, näher auf dieſen Gegenſtand einzu— gehen. Ich verweiſe auf die geiſtreiche diesbezügliche Arbeit meines hochgeſchätzten Lehrers und Freundes, Dr. Elliott Coues, wie fie ſich in deſſen Werke: „Birds of the Colorado Valley“ (Washington 1878) Seite 364 bis 450 findet. Wie jeder wahre Ornithologe, tritt Dr. Coues auch ſtets kräftig für den Vogelſchutz ein. „Der herrliche gewandte Flug“, ſchreibt er, „iſt für gewiſſe Schützen manchmal eine Verſuchung, ihre Kunſt auf die Probe zu ſtellen. Doch mögen es ſich alle ſolche geſagt ſein laſſen, daß ſie Die Martinſchwalbe. nicht nur ein Verbrechen an der Natur begehen, Man teilt unſere heimiſchen Arten in folgende ſondern auch frevelhaft und unmenſchlich handeln. | Geſchlechter: Ohne Not das Leben eines Geſchöpfes 8 5 5 1. Progne Borg. Purpurſchwalbe. Eine Art. rauben, iſt eine Roheit, ein Verbrechen an an der Natur‘ Die Wahrheit dieſes Satzes ii 15 75 5 a Sine Ar müſſen wir anerkennen, auch wenn kein Funken Ge Eine Art. fühl ſich in unſerem Herzen regt. Und wer könnte es 3. Chelidon FORSTER. Hausſchwalbe. Eine I für möglich halten, daß es Menſchen giebt, die dieſen Art. nützlichen, ſchönen, fröhlichen Vögeln nachſtellen!“ 4. Tachyeineta CaBAanıs. Waldſchwalbe. Zwei Mögen e3 fich alle gefühlloſen Menjchen, die ganze Arten. Geſellſchaft der Tagediebe und Sonntagsjäger, welche | 5. Clivieola FORSTER. Uferſchwalbe. Eine nach Schwalben ſchießen, gejagt ſein laſſen, daß | Art. dieſe Vögel für die menſchliche Geſellſchaft einen viel 6. Stelgidopteryc BRD. Rauhflügelige Schwalbe. größeren Wert haben, als ſie ſelbſt!“ Eine Art. Die Martin ſchwalbe. Purple Martin. Progne subis BIRD. Tafel XVIII. Vogel 2 u. 3. 6 A. Gebiete des mexikaniſchen Golfs iſt der April allen Seiten hören, fliegen ſingend in die Luft und der eigentliche Wonnemonat, die ſchönſte poeſie- laſſen ſich ſingend wieder herab. Hie und da laſſen reichſte Zeit. Dann weht die Luft am laueſten und Kardinäle und Zaunkonige, anſcheinend noch ſchlaf— ſtärkendſten, dann duften die Blumen am lieblichſten, trunken, einige Töne vernehmen. Sobald es im dann ſingen die Vögel am eifrigſten und lauteſten. Oſten tagt, wird es auch in unſerem im Garten ſtehen— Um die Natur in ihrer ganzen Schönheit und Friſche den Schwalbenhauſe rege. Anfangs klingen die trau— zu bewundern, erheben wir uns früh morgens gegen ten, ſangesartigen Laute noch leiſe und vereinzelt, aber vier Uhr von unſerem Lager und treten hinaus in die mit der zunehmenden Helle ertönen ſie immer häufiger friſche, weiche, mit den herrlichſten Wohlgerüchen an- und lauter. Bei dieſem Gezwitſcher ſtecken die Männ— gefüllte Luft. Im Garten und an der Veranda blühen chen die ſchwarzen Köpfe aus den Fluglöchern in die die Königinnen aus dem Reiche der Blumen, die köft- friſche Morgenluft. Nach kurzer Zeit kommt eine lichſten Theeroſen, die man im Norden nur mühſam nach der andern heraus, das Gefieder in der Morgen— in Gewächshäuſern ziehen kaun. Die wonnig duften- ſonne glättend und dabei fröhlich zwitſchernd. Dann den Gardenien, Theeoliven !), Bananenfträucher?), geht es laut muſizierend hinaus in ihr eigentliches Oleander und Orangenbäume, Myrten und noch mit Element, die Luft. Es iſt ein munteres, reges, fröh— glänzend zinnoberroten Beeren geſchmückte Ardiſien liches Leben, das die zwölf unſer Martinhäuschen und viele andere Sträucher ſtehen in voller Blüte. bewohnenden Pärchen in den Garten und das Gehöft Der Nachtjasmins) erfüllt die Luft mit dem ſtärkſten bringen. Auch die Blauvögel, Haubenmeiſen und und herrlichſten Wohlgeruch. Noch vermögen wir die Zaunkönige erſcheinen vor ihren Niſtkäſten, aber ſie Gegenjtände um uns her nicht zu unterſcheiden, da fliegen erſt eine Strecke hinweg, um den Anbruch des noch tiefe Nacht über der Natur lagert. Nur ein neuen Tages durch lauten Geſang zu begrüßen. Dieſe kaum merklicher Streif im fernen Oſten deutet an, alle und die übrigen kleinen harmloſen Gartenvögel daß der Anbruch des neuen Tages nicht mehr fern iſt. tragen ungemein viel zu den Annehmlichkeiten des Spottdroſſeln, in vieler Beziehung die entzückendſten Landlebens bei, keine aber in der Weiſe, wie die trau— gefiederten Sängerinnen der Erde, laſſen ſich von lichen, am liebſten in Kolonien beiſammen brütenden BE ; Purpurſchwalben oder „Martins“. Wie ſchil— 1) Olea fragrans. 2) Magnolia fuscata, 3) Cestrum nocturnum 2 — R Er und C. Parqui, lert das glänzend blauſchwarze Gefieder in den ſchön⸗ 268 Die Martinjchwalbe. ſten purpurnen und violetten Farbentönen, wie reizend und feſſelnd iſt ihr Flug, wie anheimelnd und lieblich klingt das melodiſche laute Gezwitſcher, und welch fröhliches Leben bringen ſie dadurch und durch ihr fortwährendes Ab- und Zufliegen in Gehöft und Gar— ten! Der Stadtbewohner und Yangjchläfer hat kaum eine Ahnung von den Reizen der ländlichen Natur und von dem Idyll, das ſich in früheſter Morgenſtunde vor unſeren Augen entfaltet. Wie zufrieden und glück— lich könnten doch die Menſchen ſein, wie ſchön könnten ſie ſich in der herrlichen Natur einrichten, wenn ihre Blicke weniger auf das Reale und mehr auf das Ideale, auf das Schöne und Edle gerichtet wären! Unſer Martinhäuschen ſteht auf einem ziemlich hohen Pfoſten, an dem ſich eine prächtig blühende japaniſche Schlingpflanze!) und Jasmin emporſchlän— gelt. Ringsumher ſtehen niedrige, aber üppige Fieder— und Fächerpalmen, Dracänen, Kallas, namentlich aber Haken) und Pankrazlilien?) und Ritterſterne ). Die drei letztgenannten Pflanzenformen, echt tropiſche Amaryllideen, vertreten im Süden die eigentlichen Lilien, die hier nicht mehr recht gedeihen wollen. Die Haken- und Pankrazlilien zeichnen ſich meiſt durch köſtlichen Wohlgeruch, die Ritterſterne oder Ama— ryllis durch großen Farbenreichtum und edle Form aus. Von dem glühendſten Rot bis zu den zarteſten weißlichen und gelblichen Farbentönen ſehen wir fie gerade jetzt vor uns. Am ſchönſten ſind die leuchten— den zinnoberroten Sorten, denn wenn die Sonne auf ſie ſtrahlt, ſcheinen ſie mit unzähligen feinen Gold fünkchen bedeckt zu ſein. Aber noch ſchöner und glänzender ſchillert das Gefieder unſerer Purpur— ſchwalben, die jetzt im vollen Morgenſonnenſchein beſonders munter aus- und einfliegen. Keine unſerer Schwalben iſt ſo beliebt, keine ſo bekannt als der Martin. Allerwärts, von der Küſte des atlantiſchen Meeres bis zu der des Pacific und von Florida und Texas bis zu den Polargegenden kommt er vor, allerwärts in dieſem weiten Gebiete, wo ſich Gelegenheit zur Anſiedlung findet, hat er ſich dem Menſchen angeſchloſſen, ſei dies nun an der ärm— lichen, inmitten des Urwaldes errichteten Blockhütte oder an der einfachen Erdwohnung auf der weiten baumloſen Prärie des fernen Weſtens. Selbſt in Dörfer und Städte kommt er zutraulich, und aller— orten iſt er ein beſonderer Liebling des Volkes, deſſen Kommen mit Sehnſucht erwartet und freudig begrüßt wird und deſſen Wegzug Trauer verurſacht. Keine 1) Rhynchospermum jasminoides. 2) Crinum. 3) Hymeno- callis und Pancratium. 4) Hippeastrum (Amaryllis), unſerer Schwalben hat ſich jo innig dem Menſchen angeſchloſſen als ſie. Alle anderen Arten ſind in ihren Anſprüchen heikler und brüten nur da, wo die Gelegenheit beſonders günſtig iſt. Die Martin— ſchwalbe nimmt ebenſowohl vorlieb mit den ausge— höhlten Flaſchenkürbiſſen an den Negerhütten des Südens, als mit den prächtigen, wohleingerichteten Bruthäuſern in den ſchönen Garten- und Parkanlagen des Pflanzers und reichen Kaufherrn. Steht ihr kein Brutkaſten zur Verfügung, jo leiſten Balken unter Seitenwegen, hervorſtehende Bretter an Dachgiebeln zur Anlage des Baues gute Dienſte. An Bäumen angebrachte Niſtkäſten nimmt ſie nur ſehr ſelten an; am liebſten ſind ihr ſolche, welche ein unbehindertes Zu- und Abfliegen geſtatten. Im nördlichen Teile des Landes erſcheint ſie vereinzelt ſchon Ende April. Die erſten Ankömm— linge ſind immer alte Männchen, welche ihr altes Wohngebiet durchfliegen, die alte Niſtſtätte beſichtigen und dann wieder auf einige Tage verſchwinden. Es ſind dies die Kundſchafter, welche jedenfalls wieder zum Hauptſchwarm zurückkehren. Erſt einige Tage ſpäter erſcheinen die übrigen. In Texas und Florida fällt ihre Ankunft in die letzten Februartage, im ſüd— lichen Miſſouri beobachtete ich das rekognoszierende Männchen am 14. März, während die nächſten erſt am 26. März desſelben Monats ankamen. Durch ihr lautes ſangartiges Gezwitſcher macht ſie ihre Heim— kehr ſogleich bekannt. Von dem alten Bruthäuschen ergreifen ſie ſofort Beſitz, wenn nicht ſchon eine Ko— lonie Sperlinge ſich in demſelben eingeniſtet hat. Iſt letzteres der Fall, dann beginnen in der Regel ernſte Kämpfe. Sind die gefiederten Proletarier zahlreich, dann unterliegt unſere kühne Schwalbe nur zu oft, ſodaß ſie ſich nach einem andern Heim umſehen muß. Oft aber beſiegt ſie ihre Feinde und dieſe ziehen, nach— dem ſie manche Feder gelaſſen, ſchimpfend ab. Mit lautem Jubel verkündet ſie dann ihren Sieg, ſteigt hoch in den blauen Ather, wo ſie uns noch als kleiner Punkt erſcheint, manchmal dem Auge auch ganz ent- ſchwindet und kommt nach einigen Augenblicken laut zwitſchernd wieder zurück zum Niſthäuschen. — O wohl ſie keinen Unterſchied zwiſchen Hoch- und Tief— land machen, ſiedeln ſie ſich doch am liebſten da an, wo Waſſer in der Nähe iſt, namentlich bilden Bäche, Teiche, Flüſſe und Seen ihr bevorzugtes Jagdgebiet. Oft ſieht man ſie ſtundenlang über den Waſſerſpiegel dahinfliegen, um Juſekten zu erbeuten, um zu trinken und fliegend ein Bad zu nehmen. In großen Scharen fliegen ſie auch über baum- und gebüſchloſe Sümpfe, un nung — 2 — 22 — 1. CHELIDON ERYTHROGASTER Stejn. 2.3. PROGNE SUBIS Brd.? 6 4. PETROCHELIDON LUNIFRONS Brad. 9. CHAETURA PELAGICA Steph. 6. TACHYCINETA BICOLOR Cab, SCHEUNENSCHWALBE. MARTINSCHWALBE. TRAUFSCHWALBE. SCHORNSTEINSEGLER. BAUMSCHWALBE. Barn Swallow. Purple Martin (2 female,ömale) Cliff Swallow. Chimney Swift. Tree Swallow. Die Martins . | Die Martinſchwalbe. 269 da ſich in der warmen Jahreszeit an derartigen Ort lichkeiten ſtets ein unendliches Heer von Moskitos, Mücken und anderen kleinen Juſekten verſammelt. Im Norden müſſen die heimgekehrten Martins oft noch großen Mangel leiden, denn ausgangs April und anfangs Mai iſt es gewöhnlich noch recht rauh und kalt, die ganze Vegetation iſt noch weit zurück, fliegende Inſekten ſind vorerſt nur in beſchränkter Anzahl zu haben. ſtundenlang mit aufgeblähtem Gefieder ſtill und trau— rig da. Mitte Mai endlich wehen wärmere Lüfte. Die ſchwellenden Knoſpen entfalten ſich überraſchend Ihnell. Wie mit einem Zauberſchlage ändert ſich die ganze Natur. Ende des Monats ſteht alles in voller Blüte und im üppigſten grünen Blätterſchmuücke. Gras und Unkraut ſchießt kräftig empor, und damit zuſammenhängend feiert ein unendlich großes arten reiches JInſektenheer ſeine Auferſtehung. Der Tiſch iſt nun für alle kleinen Vögel reichlich gedeckt. Fröh lich zwitſchert und jubelt die ganze Sängerſchar, be ſonders laut und munter aber unſere ſchöne ſchillernde Martinſchwalbe. Nun wird auch mit dem Neſtbau begonnen. Strohhalme, alte Blätter, Pflanzenſtengel, dünne Zweige, Federn, Schnuren und alte Läppchen werden in buntem Durcheinander eingetragen und daraus das Neſt ziemlich loſe zuſammengeſchichtet. Die Mulde wird mit Federn des Hofgeflügels oder auch mit Baſt oder Baumwollenflöckchen weich aus— gepolſtert. Ohne Scheu kommen ſie bis an die Haus thüre, um hingeſtreutes Niſtmaterial aufzunehmen. Wie Hüttenſänger (Bluebirds), Haubentyrann, verſchiedene Zaunkönige und Meiſen, ſo iſt auch ſie ein echter Höhlenbrüter. Vor der Beſiedlung Amerikas durch europäiſche Kulturvölker brütete ſie in Baum— höhlungen, namentlich in Aſt- und Spechtlöchern, ge— legentlich auch in Felſenritzen. Als Dr. Elliott Coues die Vogelwelt Arizonas ſtudierte, war die Schwalbe dort ihrer urſprünglichen Niſtweiſe noch treu. Sie lebten in großen Kolonien und brüteten in Höhlungen, welche die fleißigen „Carpinteros““ (Spechte) eigens für ſie gezimmert zu haben ſchienen. Zellenartig fanden ſich dieſe Löcher in den hohen Nadelholzbäumen neben- und übereinander. Fiel es den Spechten ein, ſelbſt eine dieſer Höhlungen zu beziehen, ſo lebten ſie friedlich mit den Schwalben zuſammen. Damals hauſten noch wilde Indianer— horden in jenem Territorium. — Sobald dasſelbe mehr beſiedelt ſein wird, werden auch dort die Martins ihre Lebensweiſe ändern und ſich dem Menſchen anſchließen. Nirgends in den länger beſiedelten Landesteilen brütet Da ſitzen dann unſere Purpurſchwalben oft unſere Schwalbe noch in den Baumhöhlungen des Waldes. Nur da, wo der Meunſch lebt und ſeinen Ge— ſchäften nachgeht, ſcheint fie ſich heute wohl zu fühlen. Jeder Niſtkaſten mit genügend großem Flugloche ſcheint ihren Wünſchen zu entſprechen, auch wenn er anſcheinend noch ſo unzweckmäßig und primitiv zu— ſammengefügt iſt. Da ſie faſt immer geſellig beiſam men brütet, ſo ſind ihr mit zahlreichen Abteilungen verſehene Schwalbenhäuſer am liebſten. Oft niſten zwanzig bis dreißig Pärchen friedlich nebeneinander, und das bunte, anziehende, muntere Treiben einer ſol— chen Schar im Garten und Gehöfte iſt überaus feſſelnd und unterhaltend. Je mehr man die prächtigen, friedlichen und fröhlich zwitſchernden Vögel beobachtet, deſto lieber gewinnt man ſie. — Andere Höhlenbrüter, namentlich der ſchöne Blauvogel, werden nicht ſelten von den Purpurſchwalben aus ihren Niſtkäſten ver— trieben. Dies iſt jedoch nicht der Fall, wenn man für beide Vogelarten genügend ſorgt, für die Hüttenſänger Niſtkäſten nur mit einer Abteilung in Zier- und Obſt— bäumen des Gartens befeſtigt, für die Purpurſchwalben Bruthäuſer mit ſechs bis zehn recht geräumigen Niſt— abteilungen in Gärten auf Pfoſten oder auch auf Scheunen und Ställen anbringt. Die Purpurſchwalbe braucht nur wenige Tage zum Bau ihres Neſtes. Die vier bis ſechs Eier ſind rein weiß, ganz ohne Flecken. Die Brutzeit dauert etwa dreizehn Tage. Nur gelegentlich wird das Weib— chen beim Brüten vom Männchen abgelöſt. Die Jungen werden mit großer Zärtlichkeit von den Alten gefüttert, und zwar mit Inſekten, namentlich Fliegen, Libellen, Motten u. ſ. f., ſpäter auch mit Grashüpfern und Käfern. Es gewährte mir immer viel Freude, die Alten beim Füttern der Sprößlinge zu beobachten. Wenn eine ganze Anzahl beiſammen brütet, dann will das Ab- und Zufliegen, das Gezwitſcher und Lärmen gar kein Ende nehmen. In der Regel gelangen die Jungen glücklich zum Ausfliegen; nur durch anhal— tendes naſſes Wetter, wenn die Alten nicht nach Futter ausfliegen können, leiden ſie oft große Not. — Zu— nächſt wagen ſich die flüggen Jungen hinaus, vor oder auf den Niſtkaſten, halten Umſchau in der ihnen noch unbekannten Welt, fliegen auch wohl bis auf die nächſten Dächer, kehren aber frühzeitig am Nach mittag wieder in das Neſt zurück. Am nächſten Mor— gen werden unter aufmunterndem Locken und Zwit ſchern der Alten ſchon kurze Ausflüge unternommen, und ſchon am dritten und vierten Tage tummeln ſie ſich wie die Alten munter und fröhlich in der Luft umher, kehren aber allabendlich in das Bruthaus 270 zurück. Dies dauert etwa zehn bis vierzehn Tage. Jeden Abend bringen die Eltern unter viel Lärm und Gezwitſcher die Jungen in das Neſt, verweilen bis zum Eintritt der Dunkelheit und eilen dann, die Sprößlinge allein zurücklaſſend, auf den gemeinſchaft— lichen Schlafplatz, wo Hunderte und Tauſende alter Vögel übernachten. Kein anderer amerikaniſcher Ornithologe hat das Leben der Purpurſchwalbe, ihr Kommen und Gehen und alle ſonſtigen Eigenſchaften ſo genau und bis in die kleinſten Einzelheiten beobachtet, als mein Freund Herr Otto Widmann in St. Louis. er es doch verſtanden, zahlreiche Pärchen dieſer Schwalbe in ſeine Nähe zu locken. Namentlich über den Wegzug hat er ſehr intereſſante Forſchungen veröffentlicht, die ich wegen Mangel an Raum jedoch nur im Auszuge wiedergeben kann. Bei St. Louis übernachten die Martins in den Weidendickichten am Illinoisufer des Miſſiſſippi. Sobald die Jungen eine größere Gewandtheit im Fliegen erlangt haben, kreuzen auch ſie des Abends den „Vater der Ströme“. „Von der Zeit an wird das Innere der Schwalben— häuſer nicht mehr betreten, doch kommen ſie während der nächſten Wochen jeden Morgen noch auf kurze Zeit auf die Dächer derſelben. Die Regelmäßigkeit dieſer Beſuche hält nicht lange an. Pauſen treten Obwohl in der Stadt wohnend, hat ein: bei heißem trockenem Wetter find die Beſuche kurz, bei kühlem Wetter hören ſie ganz auf; aber ein ſchwüler, regneriſcher Tag treibt ſie zurück ins Niſt— revier, in dem ſie fröhlich ſingend umherfliegen. Nach dem 10. Auguſt ſieht man ſie während der Tageszeit | jelten, in ungeheuren Scharen aber des Abends. ſammeln ſich auf Baumſpitzen, Kirchtürmen und anderen hohen Gegenſtänden, welche ſie etwa eine halbe Stunde lang wie Bienen umſchwärmen. Eine Meile im Umkreiſe iſt die Luft mit Martinſchwalben Sie angefüllt, welche bald eine dichte, ſäulenartige Maſſe von vielen Tauſenden bilden, hin- und herfliegen, zunächſt ſich über die ‚Bluffs‘ bewegen, dann den Miſſiſſippi kreuzen, dann mehrmals im Kreiſe umher— fliegen, ſich dabei aber den Weidendickichten am jenſeitigen Ufer immer mehr nähernd. Da es bereits dunkel geworden iſt, kann man ihr Eindringen in die Weiden nicht ſehen, doch kann man den Augenblick, wenn dies ftattfindet, ganz genau an dem ängſtlichen Geſchrei im Schlafe geſtörter Krähen und Stärlinge (Blackbirds), die ſich in denſelben Dickichten ſchon lange vorher zur Ruhe begeben, hören. — Dieſe ungeheuren Scharen Purpurſchwalben kommen nicht aus einer Stadt oder mehreren Counties. Aus dem | | | | | | | | | Die Martinſchwalbe. halben Miſſouri und Illinois müſſen ſie zuſammen— kommen, um ſolche Schwärme zu bilden. Aber noch iſt die Zugzeit nicht eingetreten, doch kann man dies als das Vorſpiel derſelben betrachten. Dieſe Schlaf— plätze ſind der Ausgangspunkt vieler Tauſende gen Süden und die Ruheſtation vieler anderer Tauſende, die in der letzten Woche des Auguſt und anfangs September durchziehen. — Nach dem 12. Auguft werden unſere Schwalben außerordentlich aufgeregt und geheimnisvoll unruhig. Nach ein paar Wochen beſuchen die Alten ihre Brutkäſten noch einmal, doch nicht mit fröhlichem Geſang wie im Frühſommer, ſondern ſcheinbar nur, um vor ihrer Abreiſe einen letzten Blick auf den Schauplatz glücklich verlebter Tage zu werfen. Etwa am 24. Auguſt tritt die Zugzeit ein. Dann ſieht man ſie nicht mehr auf dieſer Seite des Miſſiſſippi ſich ſammeln, und für den St. Louiſer ſind dann die Martins ſehr ſelten geworden. Anders jedoch bei dem Kundigen! Komm mit mir über den Miſſiſſippi, und ich will dir ſo viele Martins zeigen, wie man ſie in ſolcher Anzahl ſonſt im ganzen Leben nicht beiſammen ſieht! „Es iſt am 25. Auguſt, ſechs Uhr abends. Nur vereinzelte Martins ſind auf dieſer Seite des Miſ— ſiſſi Sie fliegen gen Oſten, und wir nehmen einen Kahn, um ihnen zu folgen. Nach einem anſtrengenden Rudern von zehn Minuten nähern wir uns dem Oſtufer des mächtigen Stromes. Aber welcher Anblick bietet ſich uns hier? Hunderte, ja Tauſende von Schwalben ſegeln niedrig über den Waſſerſpiegel dahin, und Hunderte von ſilbernen Waſſertropfen ſpritzen empor von der dunkeln Ober— fläche des dem Golfe zueilenden Stromes: die Martins nehmen jetzt ihr Bad. Einige Ruder— ſchläge noch, und wir ſind an der Sandbank an der Illinois-Seite des Fluſſes, gerade gegenüber von Süd-⸗St. Louis, und gerade nördlich von der Arſenal— Inſel. Eine große Strecke feiner, friſch auge— ſchwemmter, faſt trockener Flußſand, frei von jeg— licher Vegetation, liegt vor uns. Es iſt jetzt halb ſieben Uhr. Seit unſerer Ankunft hat ſich die ganze Luft mit Martinſchwalben angefüllt. Von allen Seiten kommen ſie herbei, hoch in der Luft und über dem Waſſer ſchweben ſie, und alle ſtreben dem einen Ziele zu: dem äußeren Rande der Sandbank, wo auf einer wenig Acker großen Fläche ſchon Zehntauſende in feierlicher Stille, vielleicht in heimlicher Beratung ſitzen. Zehntauſend dicht zuſammenſitzende Schwal— ben iſt ein ſeltener Aublick, und wir beobachten ſie deshalb ſcharf. Sie ſind nicht beſonders ſcheu; viele Die Martinjchwalbe. 9 laſſen ſich nur wenige Schritte vor uns nieder, wo wir jede ihrer Bewegungen wahrnehmen können. Sie ſitzen ſtill, und wir beobachten nur, daß einzelne einige Körnchen Sand aufpicken. Der einzige Grund ihrer Zuſammenkunft hier iſt, zu entſcheiden, ob die Reiſe nach dem Süden jetzt ſtattfinden, oder ob der Schlafplatz in den nahen Weiden wieder aufgeſucht werden ſoll. Es iſt bereits 6.45, und die Dunkelheit tritt ein. Der Rauch der Stadt zieht ſich herüber, und nach einigen Minuten wird es vollſtändig finſter ſein. Sollten unſere Schwalben vielleicht auf dem Sande ſchlafen? hier! Sieh, dort! Vier Vögel kommen über die Weiden geflogen! Es ſind die Kundſchafter. Laſſen ſie nicht einen eigentümlichen Ruf hören, einen Ruf, den man nie an den Niſthäuſern vernimmt? Sie ſind jetzt alle vier über uns, ziehen ihre Kreiſe über den Weiden, und laſſen ſich dann ebenfalls auf dem Sande nieder. Sofort brechen ganze Scharen auf, und in weniger als einer Minute haben ſie alle die Sandbank verlaſſen, fliegen über die Oberfläche des Waſſers, dann gegen die Inſel, dann hoch über die Weiden, und in einigen Minuten iſt alles ſtill und dunkel. Die Martins ſind zur Ruhe gegangen, und wir wollen ſie nicht ſtören. Es würde auch große Mühe verurſachen, in dieſe Dickichte einzudringen. Die Weiden ſind etwa zwanzig Fuß hoch und ſtehen dicht zuſammen. Der Boden iſt ſumpfig und teil— weiſe mit augeſchwemmtem Holze bedeckt. Wir wollen verſuchen, die Martinſchwalben morgen früh, wenn ſie die Weiden verlaſſen, zu beobachten. Wir treten um fünf Uhr in die friſche Morgenluft. Die Sterne ſind verſchwunden bis auf wenige beſonders hell ſtrahlende. Wir ſtehen auf den Hügeln (Blufts), der Sandbank gerade gegenüber. Das erſte Morgen— grauen zeigt ſich im Oſten, während noch dunkle Nacht im Weſten lagert. Dies iſt der Augen— blick, wo die Martins ihre Nachtquartiere verlajjen. Schon kommen ſie über den Fluß. Zuerſt vernimmt man nur einige Stimmen, daun immer mehr, und zuletzt iſt die ganze Luft von den kurzen Rufen der Martinſchwalben erfüllt. Sie ſcheinen unter, vor und über uns zu ſein, aber wir mögen unſere Augen noch ſo ſehr anſtrengen, wir ſehen keine einzige. Es iſt noch zu dunkel, und die Vögel ſind zu hoch über uns. Einige Minuten ſpäter iſt die Mehrzahl vor— übergezogen, aber es wird heller, und wir ſehen ein— zelne Nachzügler hoch über uns im Zenith, den übrigen in nördlicher oder weſtlicher Richtung folgend. Noch einige Minuten, und alle Martius ſind ver— Eine halbe Stunde ſitzen ſie bereits ſchwunden, und man ſieht dann keine mehr bis um fünf Uhr nachmittags. „Wenn die Zugzeit begonnen hat, kommen ſie ſtets gegen fünf Uhr an, meiſt nahe über dem Waſſer dahinfliegend. Verhältnismäßig wenige kommen hoch durch die Luft herzu. Sobald einige hundert zu ſammen ſind, ſetzen ſie ſich auf den Sand, doch ſind ſie ſehr ruhelos, ändern beſtändig ihre Sitzplätze und fliegen oft hoch in die Luft, um ſich nach einigen Augenblicken wieder auf derſelben Stelle niederzu laſſen. Wenn wir fie von einem gewiſſen Punkte ſüdlich von der Sandbank beobachten, werden wir wahrnehmen, daß ſich nicht alle wieder niederſetzen. Nach einigem Umherkreiſen löſt ſich ein Teil von der Schar los, richtet ſich gen Süden und verſchwindet. Obgleich die Anzahl mehrere Wochen lang dieſelbe zu bleiben ſcheint, merken wir doch von Anfang an, daß fortwährend Veränderungen eintreten. Schon am 1. September machen wir die Wahrnehmung, daß wir es faſt nur noch mit jungen diesjährigen Vögeln zu thun haben. Die Alten, wenigſtens die alten Männchen, find jchon faſt alle ſüdlich gezogen. „Ein intereſſanter Anblick iſt es, wenn die Pur— purſchwalben von der Sandbank aufgeſcheucht werden. Die vielen Tauſende fliegen in einer dichten Maſſe nach rechts und links in die Höhe, bilden zwei mäch— tige Säulen, welche ſich über dem Miſſiſſippi in der Form eines Wirbels wieder vereinigen, auf- und niederſchweben und dann wie eine dichte Wolke hin— und herfliegen, bis ihnen endlich die eintretende Dunkelheit einen ſicheren Rückzug geſtattet. Am 7. und 8. September waren die Scharen noch immer jo groß oder größer als je zuvor. Nach ſchwülem, zum Teil ſtürmiſchem Wetter trat am 9. und 10. Septem— ber kalter Nordweſtwind ein. Das Thermometer fiel auf 66° Fahrenheit, und am 11. September abends verſammelten ſich die Martins zum letzten— mal auf der Sandbank. Ihre Zahl war viel kleiner als ſonſt, und als ſich die Schar um ſechs Uhr von der Sandbank erhob, kehrten nur wenige zurück. Am 12. desſelben Monats ſaß keine mehr dort, aber einige hundert ſammelten ſich über dem Waſſer, ganz in der Nähe, und verſchwanden dann langſam in ſüd— licher Richtung. Dasſelbe war an den folgenden Abenden der Fall. . . . Die letzten ſah ich am 18., keinen mehr am 19. September.“ Ich ſelbſt habe mit Herrn Widmann an einem ſchönen Auguſtabende eine Kahnfahrt über den „Vater der Ströme“ gemacht, um die Purpurſchwalbe zu beobachten. Es hat dem genannten Forſcher viele Die Mühe und unendliche Geduld gekoſtet — doch auch angenehme Stunden bereitet — bis er zu ſolchen genauen wiſſenſchaftlichen Ergebniſſen betreffs des Fortzuges der Purpurſchwalbe gelangte. Dem Naturfreunde auf dem Lande iſt es ein Leichtes, dieſe prächtige Schwalbe an ſich zu feſſeln. Er hat nur nötig, zweckmäßige Niſtkäſten aufzuſtellen. Meiner Anſicht nach ſind kleine Häuſer mit ſechs bis zehn geräumigen Abteilungen (10 Zoll lang, ebenſo breit und hoch) für dieſe geſellig brütenden Vögel am geeignetſten. Herr Widmann hatte in ſeinem Hof— raum etwa dreißig einzelne Niſtkäſten an ebenſo vielen hohen Pfoſten befeſtigt, und faſt jeder war bewohnt. Die Niſtkäſten und Schwalbenhäuſer müſſen ſo ein— gerichtet fein, daß man fie leicht öffnen kann, um jie | im Frühjahr vor Ankunft der Vögel zu reinigen. Auch dürfen ſie bei ſtarkem Regen das Waſſer nicht hindurch laſſen. Der Flug der Purpurſchwalbe iſt leicht und kühn, anmutig und ſchnell. In gerader Linie erhebt ſie ſich hoch in die Luft, faſt bis an die Wolken, dann läßt ſie ſich in allerlei Zickzackbewegungen und Wen— dungen bis faſt zum Boden herab, fliegt über dieſen gleitend dahin, dann über den Waſſerſpiegel, dabei das naſſe Element häufig berührend, dann wieder hin und her, auf und ab, rechts und links. Leſer, der Flug unſerer Schwalbe iſt eigentlich gar nicht zu beſchreiben, jo abwechſelnd, jo feſſelnd, jo unvergleichlich ſchön iſt er. zwitſchernden Schar an einem warmen Frühlingstage zu, wenn Tauſende von Blumen um dich her blühen und ihren köſtlichen Wohlgeruch aushauchen, wenn die Sonne hinter glühenden Wolken am Horizonte verſchwindet, und du wirſt den Flug wirklich unbe— ſchreiblich ſchön nennen. Beſonders feſſelud iſt es, wenn ſie hoch oben im blauen Ather ihre Kreiſe und Zickzacklinien ziehen und dann plötzlich zwitſchernd herab zum Bruthauſe gleiten, und ſingend ſich vor und auf demſelben niederlaſſen. Oft ſieht man ſie hoch oben, ohne daß ſie die Flügel viel dabei ge— brauchen, lautlos dahingleiten oder ſegeln, und zwar geſchieht dies ſo ſchnell, daß man ſie für Segler halten könnte. Sehr lieblich und angenehm klingt das ſangesartige Gezwitſcher, das ſie namentlich auf dem Niſtkaſten und während des Fluges fleißig hören laſſen. Ganze Scharen hört man fröhlich muſizieren, beſonders in den frühen Morgenſtunden. Die Töne Ja, lieber | Schau nur der fröhlich Martinſchwalbe. ſind ſehr melodiſch und laut, und werden vom Tage ihres Kommens bis zum Ende der Brutzeit fleißig zum beſten gegeben. Die Martinſchwalbe gewährt nicht nur durch ihre Schönheit und Friedfertigkeit, durch ihr munteres, fröhliches Thun und Treiben jedem Menſchen, der noch ein Herz in der Bruſt hat, Freude und Unter— haltung, ſie iſt auch in hervorragender Weiſe nützlich. Nicht nur lebt ſie ganz ausſchließlich von Inſekten, ſie wird auch zur Beſchützerin des Hühnerhofes. Mutig und kühn greift ſie jeden fliegend ſich nahen— den Räuber an und vertreibt ihn weit über die Gren— zen ihres Reviers. So eifrig und anhaltend verfolgt ſie ihn, daß er ſich nicht leicht zum zweitenmal in die Nähe dieſer tapferen Vögel wagt. Sie gleicht in dieſer Hinſicht ganz dem mutigen Königsvogel, ij ihm aber durch ihre Fluggewandtheit weit überlegen. Merkwürdig iſt es, daß dieſe ſchöne Schwalbe aus dem Oſten Neu-Englands, namentlich aus der Gegend Boſtons, nach und nach ganz verſchwunden iſt. Man hat es an nichts fehlen laſſen, um ihr den Aufenthalt ſo bequem als möglich zu machen. Die für ſie beſtimmten Niſthäuſer nahm die Waldſchwalbe, eine viel weniger ſchöne und geſaugeskundige Art, für ſich in Beſitz. Auch aus vielen Städten, wo ſie ſouſt häufig war, iſt ſie verſchwunden, doch iſt der alleinige Grund hiervon nur in dem Umſtande zu ſuchen, daß die ſich bis ins Ungeheure vermehrenden Sperlinge jeden Niſtkaſten, jedes Schwalbenhaus beſetzen und durch gemeinjchaftlihe Abwehr ſich auch den Beſitz derſelben zu wahren wiſſen. Namen: Martinſchwalbe, ſchwarze Schwalbe. Purple Martin, Purple Swallow, Purple Swift (Penn.), Great American Martin (Edw.), Canada Swallow (Lath.), Violet Swallow (Lath.), Black Swallow and Blackbird Swallow (Vulg.). Hirondelle bleue (Le M.), Martinet de la Caro- line (Briss.), Hirondelle bleue de la Louisiane (Buff. ). Martin, Purpurſchwalbe, Wiſſenſchaftliche Namen: Hirundo subis Linn. (1758). — Progne subig Baird (1865). — Hirundo purpurea L. (1766). — Progne purpurea Boie (1526). — Hirundo violacea Gmel. (1788). — H. versicolor Vieill. (1807). Beſchreibung: Altes Männchen glänzend blau— ſch war z. Weibchen und Junge matter ſtahlblau; Uuterjeite weißlich, mehr oder weniger grau geſtrichelt oder gewellt. Schnabel und Füße ſchwarz. Schwanz gegabelt. Länge 7.50 Zoll; Flügel 6, Schwanz 3.50 Zoll. Die Geſellſchafts- oder Traufſchwalbe. Cliff or Eave Swallow. Tafel XVVIII. N enn die Schwalben heimwärts ziehen“; dieſe Worte eines viel geſungenen Liedes fielen mir ein, als ich im letzten Teile des Auguſtmonats die ungeheuren Scharen ſich zur Reiſe nach dem Süden ſammelnder Schwalben beobachtete. Sie ziehen fort, aber nicht „heimwärts“, ſondern ſüd— wärts geht es, fort in die Fremde. Ihre Heimat iſt da, wo ſie den Sommer verbrachten, wo ſie brüteten und ſangen. — Unter den großen Scharen von Schwalben bemerken wir zahlreiche Scheunen- und Purpurſchwalben, die Mehrzahl beſteht aber aus Ge— ſellſchafts-, Trauf- oder Mauerſchwalben. Daß letztere Art eine der bekannteſten und häufigſten iſt, beweiſen ſchon ihre vielen Namen, denn ſie heißt auch Felſen-, Klippen- und Lehmſchwalbe, und die deutſchen Landleute kennen ſie unter dem bezeichnenden Namen „Dreckſchwalbe“. Weil ſie in großen Kolonien friedlich beiſammenwohnt, nannte ſie Audubon den „Republikaner“. Sie iſt die lärmendſte und geſelligſte aller unſerer Schwalben. Wo ſie vorkommt, trifft man ſie in großer Anzahl. Das Verbreitungsgebiet der Traufſchwalbe iſt ein ſehr großes. Sie kommt in ihr zuſagenden Gegenden vom Atlantic bis zum Pacific vor, und von den Polargegenden bis nach Panama. Im Sommer iſt ſie von Texas bis zum Yukon in Alaska, und bis nach Nova Scotia Brutvogel. Wo das Land bewohnt iſt, baut ſie jetzt regelmäßig unter die wandern, ehe man wieder eine Anſiedlung trifft. Im in einzelnen Pärchen, ſondern immer in größeren Dachtraufen, und zwar nach meinen Erfahrungen nie Geſellſchaften. In unbewohnten Gegenden errichten ſie ihre Lehmpaläſte dicht neben- und untereinander an Felſenwänden und hohen ſteilen Uferabhängen, wo ſie von oben überdeckt ſind. ich ſie in Wisconſin, weniger zahlreich in Illinois und Miſſouri und mancherorts ziemlich häufig in Texas. In Wisconſin findet man viele Farmgehöfte, die in der Ferne einem kleinen Dörfchen gleichen. Da ſteht neben dem geräumigen Wohnhauſe oft noch eine Käſefabrik, ein Fruchthaus, ein oder zwei Scheu— Beſonders häufig fand Petrochelidon lunifrons CAB. Vogel 4. nen werden die künſtlich aus Lehmklümpchen gemauer— ten Neſter gebaut. Gewöhnlich ſiedelu ſich viele Pärchen unter einer Dachtraufe an, wo dann ein Neſt dicht neben das andere gebaut iſt. Es iſt nichts Seltenes, zwanzig bis hundert unter einer Dachtraufe zu zählen. Wo dieſe Schwalbe noch ihrer urſprüng— lichen Niſtweiſe treu geblieben iſt, baut ſie gewöhnlich an die Wände überhängender Felſen, wo dann nicht, wie unter den Dachtraufen, ein Neſt neben dem andern ſteht, ſondern ſie hängen hier, Zellen vergleich— bar, dicht neben-, unter- und übereinander. — Wo ſie ſich einmal feſtgeſetzt hat, hält ſie mit Zähigkeit an der einmal gewählten Ortlichkeit feſt, auch wenn ihre Neſter mutwillig zerſtört werden; immer baut ſie dieſelben wieder auf. Doch giebt es genug Aus— nahmen, und die ganze Kolonie zieht dann fort, um ſich eine beſſere Heimat unter liebevolleren Menſchen zu gründen. In bewohnten Gegenden ſiedeln die Geſellſchafts— ſchwalben ſich ſtets da an, wo ſie hinreichend Nahrung und gutes Niſtmaterial finden. Am liebſten ſind ihnen Gegenden, wo Wälder mit Feldern abwechſeln, wo Tiefland mit vielem Waſſer, und recht klebiger Lehm in Menge vorhanden iſt. Ortlichkeiten, in denen der zur Herſtellung der Neſter notwendige Lehm fehlt, meiden ſie. Oft findet man große Kolo— nien unter den Dachtraufen mehrerer Scheunen einer Nachbarſchaft; dann kann man aber oft viele Meilen Norden iſt ſie neben Martin- und Scheunenſchwalben die bekannteſte Art der Familie, und man findet ſie dort allerwärts, wo Berg und Thal, Wald und Feld, kleine Landſeen und Bäche miteinander abwechſeln. Etwa anfangs Mai trifft ſie im Norden bei gelinder Witterung ein. Iſt das Wetter noch kalt, ſo verzögert ſich ihre Ankunft oft noch um eine Woche. Sie nehmen gleich wieder Beſitz von ihren alten Niſtſtätten. Die vielen ab- und zufliegenden ſchreienden Schwalben bringen ein eigentümliches Leben in das ſonſt jo ſtille Farmgehöft. Ihre Töne nen und Ställe. Unter den Dachtraufen der Scheu— ſind nicht angenehm und lieblich, wie der Geſang der 35 Scheunen- und Martinſchwalbe. Man vernimmt gewöhnlich nur ein rauhes, häufig hervorgebrachtes „Krurr“. Aus Hunderten von Kehlen ſchallen uns dieſe Töne vom Anbruch der Morgendämmerung bis zum Erglühen der Abendröte entgegen. Der Hof ſchwärmt den ganzen Tag von hin- und herfliegenden Traufſchwalben. Einem Naturfreunde bringt dieſes muntere bunte Leben und Treiben eine Fülle von Vergnügen und Freude, und um keinen Preis möchte er das fröhliche Leben der Schwalbenſchar ſtören. Es giebt aber auch gemüt- und gefühlloſe, rohe Menſchen, denen es unausſtehlich iſt, und die deshalb die trau— lichen Schwälbchen bitter haſſen und verfolgen, die ihnen nicht geſtatten wollen, daß ſie ihr Heim unter ihrer Dachtraufe anlegen und welche die Neſter zer— jtören, wo ſich die Gelegenheit dazu bietet. Bei ihrem Erſcheinen ſind die meiſten alten Neſter heruntergebröckelt, und nur noch einzelne kleine Überreſte verraten ihren einſtigen Sitz. Mit dem Bau kann auch nicht gleich begonnen werden, denn das Wetter iſt in der erſten Hälfte des Mai in den Nordſtaaten gewöhnlich noch gar rauh und unbeſtän— dig, und der ganze Tag muß dazu verwendet werden, um Luftinſekten, die jetzt noch ſelten ſind, zu erbeuten, da wohl auf Bäumen und Büſchen, am und im Boden das große ſchädliche Inſektenheer ſein Zer— ſtörungswerk begonnen hat, ſich jedoch noch nicht zahlreich hinauswagt in die rauhe Luft. Erſt in der letzten Maiwoche wird ernſtlich mit dem Bau des Neſtes begonnen, und es bietet dann einen eigen— artigen Reiz, die emſigen Vögel hierbei zu beobachten. Man kann ſich ganz in die Nähe ſtellen und ihnen bei ihrer Arbeit zuſchauen, denn ſie laſſen ſich dabei durchaus nicht ſtören. Ebenſo interejjant iſt es, wenn man hinaus in die Nähe des Waſſers geht, wo ſich naſſer Lehm in Menge findet, um ſie hier zu beob— achten. Ihre frohe Laune und Lebhaftigkeit iſt jetzt aufs höchſte geſtiegen, und ein unaufhörliches Ge— zwitſcher und ein fortwährendes Hin- und Herfliegen verrät, daß ſie in voller Bauthätigkeit ſind. Eine große Anzahl iſt in der nächſten Pfütze verſammelt, während andere dicht über den Waſſerſpiegel dahin— fliegen. Vorſichtig, um die kleinen Füßchen nicht allzuſehr zu beſchmutzen, mit etwas emporgehobenem Schwänzchen, trippelt eine ganze Reihe rings um die Pfützen, um Lehmklümpchen mit dem Schnabel aufzunehmen. Dieſe werden im Schnabel ſo lange hin- und hergedreht, bis ſie eine kugelige Form ange— nommen haben, und dann geht's fort zum Niſtplatze, wo ſie dieſelben vorſichtig an die Wand kleben. Die 00. SE 274 Die Geſellſchafts- oder Traufſchwalbe. unermüdlichen Vögel ſind in den Morgenſtunden, wenn ſie bauen und dabei ab- und zufliegen, Bienen— ſchwärmen zu vergleichen. So werden einige Stun— den täglich zum Bauen verwendet, während ſie in der übrigen Zeit ſich mit dem Fang fliegender Inſekten beſchäftigen. Sie arbeiten nur in den ſonnigen Vormittagsſtunden, und in verhältnismäßig kurzer Zeit iſt die Grundlage des Neſtes fertig. Unaus— geſetzt können übrigens die Vögel nicht bauen, da jede Lage Erdklümpchen erſt gehörig austrocknen muß, ehe eine neue hinzugefügt werden kann. Gewöhnlich bleibt das eine des Pärchens, meiſt das Weibchen, im angefangenen Neſte zurück; ſobald das Männchen mit einem neuen Erdkügelchen erſcheint, wird es freudig mit flatternden Flügelbewegungen und eifrigem Gezwitſcher begrüßt, die Bürde wird ihm abgenommen und an Ort und Stelle kunſtgerecht angefügt. Iſt die Witterung ſonnig und warm, ſo iſt der Bau in etwa vier Tagen ſoweit fertig, daß nur noch die innere Auskleidung desſelben übrig bleibt. Da muß dann der Hühnerhof aus der Verlegenheit helfen, und Federn werden nun in Menge herbeigetragen. Doch iſt das Schwalbenpärchen nicht gerade wähleriſch, denn auch feine Hälmchen, Schnuren, Lumpenſtücke, Papierſchnitzel und andere Dinge, welche im Hofe herumliegen, werden zur Auspolſterung der Neſt— mulde benutzt. Gewöhnlich ſind ſie mit röhrenför— migem Schlupfloche verſehen, ſind flaſchen- oder vetortenförmig, alſo ganz zu, mit länglichem Gin: gange, und zwar iſt dieſer nach unten gekehrt. Dr. Coues nennt dieſe Schwalben darum „die gefiederten Söhne der Temperenz, die als Zeichen ihres Geſell— ſchaftsverbandes eine mit dem Halſe nach unten gekehrte offene Flaſche tragen.“ Dieſe flaſchen— förmigen Neſter habe ich oft in Wisconſin geſehen; auch fand ich viele, bei denen der Hals nicht gerade ausgeprägt, ſondern nur angedeutet war. An Felſen— klippen und ſteilen Uferwänden ſoll die Flaſchenform noch mehr hervortreten, als dies unter Dachtraufen der Fall iſt. Es find ſelbſt Fälle bekaunt geworden, daß die Traufſchwalben ganz von ihrer urſprüng— lichen Niſtweiſe abwichen und Neſter bauten, welche wie die der Scheunenſchwalben oben offen waren. Ein eifriger Vogelfreund unterſtützte ſie im Bauen dadurch, daß er ein Brett unter die Dachtraufe nagelte. Die Folge war, daß ſie nun aus Lehm oben offene Neſter herſtellten, die ſie mit Gras, Blättern, Federn, Wolle und anderem weichen Material warm auspolſterten. Die Neſter haben gerade keine große Dauerhaftigkeit, und es kommt ſelbſt hie und da - Die Geſellſchafts— Unwetter einzelne herabfallen. Hinſicht mit den feſten, jahrelang zur Brut dienenden Neſtern der Scheunenſchwalben feinen Vergleich aus. Wenn man im Herbſt einige herabnimmt, jo wird man wahrnehmen, daß ſie leicht zerbröckeln. Man glaubte früher, daß der Speichel des Vogels auch beim Bau dieſer Neſter eine große Rolle ſpiele. Ohne Zweifel feuchtet er die Lehmkügelchen mit Speichel an, derſelbe ſcheint aber nicht die Eigenſchaft zu beſitzen, das Neſt beſonders haltbar zu machen. — Dieſe Art und die Scheunenſchwalbe ſind die einzigen Schwalben unſeres Landes, welche keine Höhlenbrüter find. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach weiß, ſpärlich mit rötlichbraunen Flecken und Punkten gezeichnet; ſie ſind denen der Hausſchwalbe ſo ähnlich, daß ſie mit Sicherheit nicht von denſelben zu unter— ſcheiden ſind. Im hohen Norden findet nur eine, weiter ſüdlich jedoch manchmal zwei Bruten jährlich ſtatt. — Sit der Lärm, den eine Schar Traufſchwalben ſchon beim Bauen der Neſter macht, groß, fo iſt er faſt betäubend, wenn Junge in denſelben ſind, namentlich aber, wenn ſie ausfliegen. Das Gezwitſcher nimmt dann den ganzen Tag kein Ende. Man hört nun nicht nur das gewöhnliche „Krurr“, ſondern auch ein heiſeres „Tſcherr“. Gerade dieſe rauhen Laute werden ihr oft verderblich. Leute, welche morgens gerne lange ſchlafen, fühlen ſich durch eine in der Nähe befindliche Kolonie Traufſchwalben in ihrer Ruhe geſtört, und von rauher Hand werden dann oft Hunderte von Neſtern zerſtört. traulichkeit dem Menſchen gegenüber oft übel belohnt; und doch iſt ſie ein überaus nützlicher, unſchuldiger Vogel. — Mancherorts glaubt man ſteif und feſt den Unſinn, daß die Neſter dieſer Art Brutjtätten der Wanzen ſeien. So wurden einſt und werden vielleicht noch heute Hunderte von Neſtern der Traufſchwalbe an den Getreideſpeichern in Winona, Minneſota, und an den Scheunen der Farmer zerſtört. Glücklicherweiſe ſind ſolche Fälle unverſtändiger mutwilliger Zerſtörung ſelten und der gemütvolle Landmann freut ſich, wenn ſie ſeine Gaſtfreundſchaft annehmen. Viele ſind ihnen in der Weiſe behülflich, daß ſie Bretter unter die So wird ihre Zu— | Dachtraufe nageln, damit fie ihren Neſtern einen feſteren Halt zu geben vermögen. Wie alle Schwalben, ſo iſt auch ſie außerordentlich nützlich. Mit Vorliebe fliegen ſie unter dem Vieh in Viehhöfen umher, da ſich hier eine unendliche Menge oder Traufſchwalbe. 275 während der Brutzeit vor, daß durch Stürme und von Fliegen, Moskitos, Mücken und Bremſen findet. Sie halten in dieſer Durch ihre große Anzahl und ihre Lebhaftigkeit belebt ſie das Farmgehöft wie kein anderer Vogel. Auch ihre Friedfertigkeit iſt zu bewundern. Oft brüten Hunderte nebeneinander und doch bemerkt man nie Zank und Streit. Sie leben in vollkommenſter Harmonie. Mit Recht könnte man, wie Min ot bemerkt, eine ſolche Kolonie „Philadelphia“ (Bruder— liebe) nennen. Schutz darum dieſer und allen unſeren Schwalben! Große Aufregung entſteht, wenn ſich ein Fremder in die Nähe ihrer Neſter begiebt, und einen betäubenden Lärm verurſachen ſie, wenn man ſich den Bauten mittelſt einer Leiter nähert. Sie umfliegen den Ein— dringling dann in ſo dichten Schwärmen, daß er ſich bald entferut. — Ihr Flug iſt gut, aber nicht fo abwechſelnd und ſchön, als der der Scheunen- und Martinſchwalbe. Gewöhnlich fliegen ſie niedrig über dem Boden oder über dem Waſſerſpiegel dahin, erheben ſich ſelten zu bedeutenden Höhen und nur dann, wenn ſie in den unteren Luftſchichten keine Inſekten mehr finden. Sie unterſcheidet ſich leicht von anderen Arten durch den weißlichen oder bräunlichweißen Halbmond am Vorderkopf. Die Kehle und die Seiten des Kopfes ſind tief kaſtanienbraun; die Oberſeite iſt ſtahlblau; der Schwanz iſt nicht gegabelt. Namen: Geſellſchafts- oder Traufſchwalbe, Dreckſchwalbe, Klippen-, Felſen-, Mauer-, Lehmſchwalbe, Republikaner. Cliff Swallow, Eave Swallow, Republican, Mud Swallow (Vulg.), White-fronted Swallow, Rocky Mountain Swallow. z Wiſſenſchaftliche Namen: Hirundo lunifrons Say (1823). — Cecropis lunifrons Boie (1828). — Petro- chelidon lunifrons Baird (1865). — Hirundo opifex De Witt Clinton. — H. republicana Aud. (1824). — H. fulva De Witt Clinton (1824). — Herse fulva Bp. (1850). — Petrochelidon fulva Bp. (1854). — H. Swain- soni Sclat. (1858). — Petrochelidon melanogastra Cab. (1850). Bejchreibung: Oberſeite glänzend ſtahlblau; blauſchwarzer Fleck an der Kehle; das Schwarz des Rückens und Kopfes durch einen grauen Halskragen unterbrochen; Bürzel roſtrötlich; ein weißlicher oder braunweißlicher Halbmond an der Stirn; Kehle und Kopfſeite ſehr ſchön und auffallend tief kaſtanienbraun; das übrige der Unterſeite matt braungrau, am hellſten am Bauche; Flügel und Schwanz ſchwärzlich, faſt glanzlos. Schna— bel und Füße ſchwärzlich. Geſchlechter gleich. Länge etwa 5.25 Zoll; Flügel 4.25, Schwanz 2.25 Zoll. Die Hcheunenſchwalbe. Barn Swallow. Tafel XVIII. bezeichnen. Keine blickt ſo unſchuldvoll in die Welt, keine iſt ſo lieblich und voller Sanftmut wie ſie. Nur die Martinſchwalbe möchte ich ihr an die Seite ſtellen. Sie iſt beſonders der Liebling der eingewanderten Deutſchen, weil ſie in ihr die Edel- oder Stachel— ſchwalbe (Zfirundo rustica) ihrer alten Heimat wieder— zufinden glauben. Sie iſt in Wirklichkeit mit dieſer auch ſehr nahe verwandt und ſtimmt in allen weſent— lichen Punkten mit ihr überein. Ihre hervorragenden Eigenſchaften: das unbedingte Vertrauen zum Men- ſchen und ihre Zuneigung zu ihm, ihr unſchuldiges und doch ſo fröhliches Weſen, ihre Friedfertigkeit und Geſelligkeit, ihr unbeſchreiblich prächtiger Flug, ihr liebliches, ſangartiges, gemütliches Gezwitſcher müſſen ihr die Liebe aller Naturfreunde und die Teilnahme ſelbſt des gleichgültigſten Menſchen ſichern. Kein Wunder, daß man ſie allerwärts auf dem Lande gerne ſieht und ihr die Anſiedlung auf alle Weiſe zu erleichtern ſucht. Ihre Heimat umfaßt den größten Teil Nord— amerikas, vom Atlautiſchen bis zum Großen oder Stillen Ozean und vom Tafellande Mexicos bis hinauf zu den Polargegenden; ſelbſt in Alaska und Grönland iſt ſie beobachtet worden. Innerhalb dieſes ungeheuren Flächenraumes tritt ſie jedoch nicht gleich regelmäßig und häufig auf. Im öſtlichen Teile Chelidon erythrogaster STEIN. Vogel 1. Glückliche geliebte Schwalbe! Überall biſt du willkommen, In dem Vorden biſt du Bote Warmen Wetters, und im Süden Kommt mit dir der kühle Winter. Könnte ich fo leicht wie du doch Meine Wohnung wählen, wo es Nicht zu heiß und nicht zu kalt iſt, So wie du im grünen Norden Sommers wohnen, wenn im Süden Feld und Raſen ausgedorrt find, So wie du im grünen Süden Winters leben, wenn im Norden Flur und Wieſe zugeſchneit ſind! Konrad Krez. der Union iſt ſie zahlreicher als in den vom Pacific beſpülten Geſtaden Californiens und Oregons. Im Norden findet man ſie häufiger als in vielen Gegenden des Südens. In Wisconfin fand ich fie ſtets ſehr zahlreich. Gewöhnlich brüteten dort drei bis vier Pärchen in einer Scheune friedlich nebeneinander. Im nördlichen Illinois fand ich ſie meiſt nur in ein— zelnen Pärchen in Scheunen und Ställen brütend; im ſüdweſtlichen Miſſouri brütet ſie zahlreich an der Außenſeite der Häuſer und Ställe unter der Dach— traufe, und auch in manchen Gegenden von Texas fand ich ſie zahlreich, in anderen fehlte ſie dagegen faſt vollſtändig. Den Winter verbringt fie in Central-, namentlich aber in Südamerika. Die Ankunft der Scheunenſchwalbe im Brut— gebiete richtet ſich ganz nach der Witterung. Einzelne erſcheinen in Wisconſin manchmal ſchon in der letzten Hälfte des Aprilmonats, die Mehrzahl folgt aber erſt im Mai, wenn wirklich wärmeres Wetter eintritt. Wenn es auch im Sprichwort heißt: „Eine Schwalbe macht keinen Sommer“, ſo können wir doch beim Erſcheinen der erſten Scheunenſchwalbe mit Gewißheit den baldigen Einzug der ſchönen Jahreszeit erwarten. Im ſüdweſtlichen Miſſouri beobachtete ich ihr Ein— treffen aus dem Süden ſo etwa am 20. April, in Texas am 1. April. Nach Sir John Richardſon erreichen ſie Fort Chippeweyan unter dem 57. Grade nördlicher Breite am 15. Mai. — Vor der Beſiedlung Amerikas durch die Europäer niſteten unſere Scheunenſchwalben in hohlen Bäumen, unter den Vorſprüngen der Felſen, an Klippen, in Erdhöhlungen, Felſenritzen und ähnlichen Ortlich— keiten. Und auch heute noch hält ſie in unſeren weſtlichen Gebirgen an ihrer primitiven Niſtweiſe feſt. Aber auch dort, wo unſere Schwalbe ein Felſen— und Höhlenbewohner iſt, wird ſie ihre Niſtweiſe bald ändern, denn auch jene Gegenden werden nach und nach beſiedelt und ſind es zum Teil ſchon jetzt. Sobald die Axt des fleißigen Auſiedlers erſchallt, den Anfang einer neuen Zeit verkündend, ertönt auch das Gezwitſcher dieſes traulichen Menſchenfreundes wie ein Echo, und ſobald das primitive Blockhaus inmitten des Waldes errichtet iſt, hängt ſie auch ſchon laut zwitſchernd unter der Dachtraufe, in der Spitze des Giebels oder am Dachſparren, um ſich einen paſſenden Platz für ihren Erdpalaſt auszuſuchen. Sie iſt in der erſten Zeit des Pionierlebens nebſt Hüttenſänger und Wanderdroſſel (Bluebird und Bobm) während der Sommermonate faſt der einzige fröhliche gefiederte Gaſt in dieſer Einſamkeit. Sie bringt durch ihr munteres Leben und Gezwitſcher Zufriedenheit und Lebensluſt in die armſelige Block— hütte. Später ſtellen ſich dann auch noch andere Gäſte ein, namentlich Martin ſchwalben, häufig auch Traufſchwalben, der Hauszaunkönig, der „Piwi“, die ſangeskundige Katzendroſſel und andere gefiederte Gartenbewohner. Unſere Scheunenſchwalbe zeigt bei der Wahl ihres Niſtplatzes einen gewiſſen Eigenſinn, denn nicht allerwärts auf dem Lande trifft man ſie, und Städte und kleine Ortſchaften meidet ſie in der Regel ganz. Am liebſten ſind ihr Scheunen mit Giebelöffnungen, welche ein freies, unbehindertes Ein- und Ausfliegen geſtatten, und welche recht rauhe Sparren haben, an denen ſie leicht ihr Lehmneſt befeſtigen kaun. In den ſtattlichen, neumodiſchen, mit Türmchen verſehenen Scheunen, welche, anſtatt einer kleinen Giebelöffnung, Die Scheunenſchwalbe. 277 ſchwalbe. Ruhige Ortlichkeiten, wo man ſie nicht ſtört, wählt ſie ſich zu Niſtplätzen. Sie iſt keines wegs ſcheu, und ihr Gezwitſcher miſcht ſich ſehr oft in das Lachen und Jubeln einer fröhlichen Kinder— ſchar. — Ich unterſtützte in meiner Jugend dieſe lieb— liche Schwalbe dadurch, daß ich Brettchen quer in die mit einem kleinen Fenſter verſehen ſind, brütet ſie ebenfalls nicht; nur wenn man eine Scheibe aus jedem Fenfter herausnimmt, ſodaß ſie bequem ein— und ausfliegen kann, ſiedelt ſie ſich an. mit recht „Scheunenſchwalbe“, deun man trifft ſie wenigſtens in Wisconſin, Illinois, Neu-England ꝛc. faſt nur in Scheunen brütend. In der Regel findet man ein bis drei Pärchen, wenn die Scheune groß iſt, auch manchmal acht bis zehn Pärchen friedlich nebeneinander wohnen. Sie iſt in ihren Anſprüchen heikler als die allerwärts vorkommende Purpur— Sie heißt Spitze der Sparren nagelte. Durch die ſich bildende Offnung ſchob ich dann ein etwa drei Zoll breites Brettchen, das an jeder Seite etwa ſechs bis acht Zoll hervorragte. Auf dieſes Brett, meiſt zu beiden Seiten der Sparren, wurden daun die Neſter gebaut und faſt immer ſo viele, als Brettchen angebracht waren. An glatten Sparreu können ſie nur ſelten ihr Neſt befeſtigen, und ich beobachtete wiederholt, daß der oft mehrere Pfund ſchwere Bau herabfiel. Au rauhen äſtigen Gegeuſtänden ſitzt er dagegen ſehr feſt, und ſie benutzen dieſe darum mit Vorliebe. Im ſüdweſtlichen Miſſouri baut ſie in der Regel unter Dachtraufen und in der Spitze der Dachgiebel, wo der Bau dann von oben und an den Seiten durch das vorſpringende Dach geſchützt iſt. — Alte Pärchen kehren jedes Jahr zum alten Neſte zurück. Mir ſind Fälle bekannt, daß ein und dasſelbe Neſt jahrelang benutzt wurde. Es wird dann nur etwas ausgebeſſert, gewöhnlich auch mit einer neuen Auspolſterung weicher Federn verſehen, nachdem die alte ſtaubige zuvor entfernt worden iſt. Solche Pärchen ſchreiten bald nach ihrer Ankunft zum Eierlegen, während junge noch tage-, ja wochenlang mit dem Aufſuchen eines paſſenden Niſtplatzes und mit der Herſtellung des Neſtes beſchäftigt ſind. Jene machen gewöhnlich (in Südweſt-Miſſouri) zwei, dieſe nur eine Brut. Der Bau des Neſtes erfordert viele Zeit und Mühe. Zunächſt werden fortwährend kleine lehmige Erd— klümpchen mit dem Schnabel herbeigetragen, mit dem klebrigen Speichel befeuchtet und kranzartig an die Sparren geklebt. Dann wird ein Klümpchen an das andere gemauert und, um ihnen mehr Halt und Feſtig— keit zu geben, mit feinen Heuhälmchen, Haaren und Federn vermiſcht. Bei gutem Wetter vollendet das Pärchen in etwa acht Tagen den Bau, tritt aber anhal tendes Regenwetter ein, ſodaß ſie nicht mehr ausfliegen können, oder ihre ganze Zeit durch das Erbeuten der nötigen Nahrung in Anſpruch genommen iſt, ſo wird es oft erſt in vierzehn Tagen fertig. Die aus Erd— klümpchen beſtehende Neſtwand iſt etwa einen Zoll dick, das Innere wird faſt immer mit feinen Hälmchen und Federn ausgelegt. Wird das Neſt an glatte Flächen gebaut, ſo ruht es oft an einer ſtarken, nach unten ſpitz zulaufenden Unterlage oder Stütze von 278 Grundfarbe nach rein weiß, mit wenigen vereinzelt ſtehenden rötlich- und dunkelbraunen Flecken gezeich— net. Sie find denen der Traufſchwalbe (Eave Swallow) ähnlich, unterſcheiden ſich aber durch feinere Flecken, ſind auch etwas kleiner. Das Weibchen brütet allein, wird aber hie und da vom Männchen abgelöſt und regelmäßig mit Futter verſorgt. Bei längerem regneriſchen Wetter kann es nicht genug Nahrung herbeiſchaffen, und das Weib— chen iſt dann gezwungen, ſelbſt nach Futter auszu— fliegen. Dadurch wird jedoch die Brutzeit oft um mehrere Tage verlängert. Bei guter Witterung ſind die Jungen in etwa zwölf Tagen erbrütet. Sie wachſen unter günſtigen Witterungsverhältniſſen raſch heran. Sobald ſie völlig befiedert ſind, ſetzen ſie ſich auf den Neſtrand, fliegen dann auf die Balken und endlich in der Scheune umher, bis ſie von den Alten hinaus ius Freie geleitet werden. Eine kurze Zeit ſitzen ſie gewöhnlich auf der Dachfirſte und ſchauen ſich von hier aus die Welt an. Dann wagt ſich das eine, bald auch die übrigen hinaus ins Luftmeer. Jubelnd werden ſie von den zwitſchernden Alten immer höher und höher in den blauen Ather geführt, werden von ihnen im Fluge gefüttert und im Inſek— tenfangen unterrichtet. Schon nach einigen Tagen beherrſchen ſie ihr Element vollſtändig, ſodaß ſie von den Alten kaum zu unterſcheiden ſind. Allabendlich werden ſie zum Niſtorte zurückgeführt, wo die ganze Familie übernachtet. Wird noch eine zweite Brut gemacht, ſo geſchieht dies, ſobald die Jungen der erſten das Neſt verlaſſen haben. Ich fand von an— fangs Juni bis Mitte Juli friſche Gelege. Während das Weibchen brütet, ſitzt das Männ- chen oft auf dem Neſtrande und läßt hier ſein liebliches, ſehr melodiſches „Witt, witt“ oder „Widiwittwitt“ und ſein ſangartiges Gezwitſcher, das etwas ungemein Anmutiges und Gemütliches hat, hören; auch im Fluge erklingt dasſelbe während und vor der Brutzeit fortwährend. Wenn mehrere Pärchen zuſammen in einer Scheune brüten, dann iſt dieſes Gezwitſcher beſonders lieblich und feſſelnd. Unter allen uunſeren Schwalben bringt dieſe Art die lieblichſten Töne hervor, die man mit Recht einen Geſang nennen darf. Selbſt die Purpurſchwalbe mit ihrem lauten voll— tönenden Geſange ſteht ihr, was Zartheit und Wohl— laut der einzelnen Töne betrifft, nach. Durch mancherlei Umſtände wird der Reiz des Schwalben— liedes in den Augen der Landleute noch erhöht. Iſt ſie doch zum halben Hausvogel geworden, deſſen Die Scheunenſchwalbe. hänglichkeit ganz beſonders anzieht. Bei vielen Völkern iſt ſie ein heiliger Vogel, dem nur rohe Gemüter ein Leid zufügen. Noch ehe der Morgen graut, wenn nur erſt fern im Oſten die Dämmerung ſich durch einen hellen Streif ankündigt, wenn die meiſten übrigen Vögel noch ſchlummern und keiner einen Laut von ſich giebt, läßt dieſe Schwalbe ſchon unter dem Dache in völliger Dunkelheit ihr Gezwitſcher erklingen. Freilich ertönt es erſt nur leiſe und ab— geriſſen, aber immer lauter und zuſammenhängender wird ihr Liedchen. Sobald es tagt, ſchwingt ſich das Männchen hinaus ins Gehöft, fliegt namentlich meiſt ganz nahe über dem Boden dahin, zwiſchen den von Inſekten geplagten Tieren umher, Moskitos, Mücken, Fliegen und Bremſen erbeutend. Ich glaube, gerade die in Viehhofen jo unendlich zahlreichen fliegenden Inſekten ſind die Urſache, weshalb dieſe und andere Schwalben ſich dem Menſchen ſo innig augeſchloſſen haben. Sobald es Tag wird, erhebt ſie ſich höher in das Luftmeer, hier nun ihren Inſektenjagden obliegend, bis die hereinbrechende Dunkelheit ſie gemahnt, ſich in das Innere der Scheune zurückzuziehen. Sie iſt der Lieblingsvogel unſerer Landleute nicht minder wie die ſtolze Purpurſchwalbe. Sie verleiht, wie dieſe, dem Landleben einen ganz beſonderen poetiſchen Reiz. Was Naumann von der deutſchen Edelſchwalbe ſagt, paßt auch vollſtändig auf ſie: „Wer ſich öfters eines ſchönen Sommermorgens im ländlichen Gehöfte erfreute, wird mir beiſtimmen müſſen, daß gerade dieſe Schwalbe mit ihrem obſchon ſchlichten, doch fröhlichen aufmunternden Geſange viel zu den Annehmlichkeiten eines ſolchen beiträgt.“ Der Lockruf iſt ein zärtliches „Witt, witt“, der Warnungston ein durchdringendes „Wieht“, und in der Angſt ſtößt ſie ein ſchnelles, lautes „Zerr“ oder „Tſcherr“ aus. Eine andere hervorragende Eigen— ſchaft iſt ihre Friedfertigkeit untereinander. Von Streit und Zank gewahrt man ſelbſt in großen Siedelungen nichts. Sanft und einträchtig leben ſie zuſammen, doch ſind harmloſe Neckereien und Hin— und Herjagen in der Luft nicht ausgeſchloſſen. Die Nahrung unſerer Scheunenſchwalbe beſteht aus fliegenden Inſekten. Namentlich ſind es Mos— kitos, Mücken, Fliegen, Bremſen, kleine Schmetter— linge, Libellen, kleine Käfer u. ſ. w., welche ſie fängt. Solche mit giftigen Stacheln, wie Bienen und Weſpen, werden nicht verzehrt. Ihr äußerſt feines Geſicht erkennt auch ſchon in der Ferne die ihr zur Nahrung dienenden Inſekten unfehlbar. Schon in bedeutender Die Scheunenſchwalbe— 279 Entfernung nimmt das ſcharfe Auge das kleinſte fliegende Kerbtier wahr. Beſonders gern treibt ſie ſich in der Nähe des Viehes umher, wo ſich ſtets ein zahlloſes Jnſektenheer anſammelt, fliegt an Schaf— herden, an Ställen vorüber und umkreiſt das Geſpann des pflügenden Landmanns. Als ich Ende Auguſt (1882) durch die mit Gras beſtandenen Yebenseichen- | prärien zwiſchen der Weſt-Yegua und Giddings, Texas, fuhr, umkreiſten Dutzende dieſer Art das Fuhrwerk, um die durch das Fahren aufgeſcheuchten Motten und Grashüpfer aufzunehmen. Lautlos geſchah dies freilich, denn die Tauſende, welche ich gewahrte, waren auf ihrer Wanderung nach dem Süden. Nach der Brutzeit ſind ſie überhaupt ohne Geſang. Sehr häufig ſieht man ſie dicht über dem Waſſerſpiegel, über Moräſte und ſumpfige Strecken dahinfliegen, da ſich hier dichte Mückenſchwärme, Eintagsfliegen, Moskitos, Libellen u. ſ. w. umher— treiben. Bei regneriſchem trübem Wetter fliegt ſie niedrig über den Boden dahin, weil ſich jetzt die | Inſekten meiſt in den unteren Luftſchichten aufhalten. Bei gutem Wetter und wolkenloſem Himmel erheben ſich die Mückenſchwärme hoch in die Luft, und man ſieht daun auch unſeren Vogel hoch oben im blauen Ather dahinfliegen. Da ſie fortwährend in Bewegung iſt, ſo braucht ſie ſehr viel Nahrung, und ſie erbeutet ſolche, ſolange ſie umherfliegt. Wenn mehrere Tage anhaltende, naſſe, kühle Witterung eintritt, was in den Nordſtaaten Ende Mai und anfangs Juni gerade nichts Seltenes iſt, ſo leiden dieſe und alle übrigen Schwalben ſichtlich Not. Traurig, mit aufgeblaſenem Gefieder, ſitzen ſie da. Die Inſekten ſind aus der Luft verſchwunden und haben ihre, für unſere Luft- vögel unerreichbaren Schlupfwinkel aufgeſucht. Da ſie ſitzend keine Nahrung zu erbeuten vermag, ſo kann ſie auch die in den Blüten und auf den Blättern ſich aufhaltenden Inſekten nicht aufnehmen. Sie verſuchen es darum oft, durch raſches Vorüberfliegen Kerbtiere aus den Bäumen aufzuſcheuchen und ſie zum Fliegen zu bewegen. Die Not iſt beſonders groß, wenn ſchon Junge im Neſt ſind, denn dieſe bedürfen täglich eine ungeheure Anzahl Inſekten. Oft ver— ſchluckt ſie dann verhältnismäßig große Käfer und Schmetterlinge, doch ſpeit ſie die unverdaulichen Überreſte, die Flügel, Flügeldecken, Beine und Köpfe, zu Gewöllen geballt, wieder aus. Gutes Wetter deckt den Tiſch ſehr reichlich für ſie, und eine Zeit großer Not tritt glücklicherweiſe doch nur ſelten für dieſe lieblichen Luftbewohner ein. Sie fliegt am ſchnellſten, gewandteſten und ab— hindurch. Kirchendache. wechſelndſten von allen unſeren Schwalben. Der Flug geht auf und nieder, hin und her; dabei ſchwenkt ſie nach allen Seiten, führt die prächtigſten Zickzack— linien und die jäheſten Wendungen aus, ſenkt ſich in kurzem Bogen bis faſt zum Boden oder zum Waſſer— ſpiegel herab und erhebt ſich ebenſo zu einer bedeu— tenden Höhe, und dies alles mit erſtaunlicher Leichtig— keit und unbeſchreiblicher Anmut. Die Bewegungen ſind ſo ſchnell, daß ihnen kaum das Auge zu folgen vermag. Fliegend erbeutet ſie ihre Nahrung, fliegend trinkt und badet ſie, fliegend ſingt und zwitſchert ſie auch zumeiſt. Durch die oft ſehr engen Offnungen in den Giebeln der Scheunen fliegt ſie, ohne anzuſtoßen, Wo dieſe Schwalbe vorkommt, kann man ſie von anderen Arten ſehr leicht an dem langen gabelförmigen Schwanze unterſcheiden; dieſer iſt in der Mitte tief gekerbt und nur an den Seiten weit hervorſtehend. Der Kundige erkennt ſie ſchon in der Ferne am Flug. Ein Hauptkennzeichen iſt die ſchöne kaſtanienbraune Farbe an Bruſt und am Vorderkopf; die Oberſeite zeigt ein ſchillerndes tiefes Stahlblau. — Auch iſt ſie ein mutiger Vogel, der nicht ſelten große Raubvögel tapfer angreift und vertreibt. Wie untereinander, ſo leben ſie auch mit anderen Vögeln ſehr friedlich. Der Haustyrann oder „Piwi“ und die Traufſchwalbe brüten häufig mit ihr unter einem Dache, und ganz in der Nähe bewohnen oft zahlreiche Purpurſchwalben ihr Bruthaus. — Auf dem Boden weiß ſie ſich geſchickter zu benehmen, als unſere übrigen Arten. Im Sommer (1884) beobachtete ich ein unter der Dachtraufe einer Kirche brütendes Pärchen genauer; täglich kam es in die Nähe meiner Wohnung, wo es ſich auf dem Boden niederließ. Trippelnd liefen ſie hier umher, und es war mir zuerſt rätſelhaft, was die Vögel hierher zog. Als ich jedoch genauer zuſah, bemerkte ich, daß ſie große Mengen kleiner auf dem Boden umherzerſtreuter Kalkteilchen und Sand aufſuchten. Sie verſchluckten davon manchmal recht anſehnliche Stücke. Dieſe Stoffe ſind zur Schalenbildung der Eier und zur Bildung des Knochengerüſtes der Jungen unbedingt nötig. Am 22. Auguſt etwa ſammeln ſich im ſüd— weſtlichen Miſſouri die Scheunenſchwalben zu großen Flügen. Still, ohne auch nur einen Laut auszuſtoßen, rüſten ſie ſich zur Wanderung. Alle Familien der Umgegend, etwa ein Schwarm von einigen hundert Stück, ſammeln ſich allabendlich auf dem nahen In meinem Garten blühen um die Zeit gerade meine Lieblingsblumen, die japaniſchen Gold— 280 Die Waldſchwalbe. band- und Prachtlilien und auch die ſchlanke Lilie!“ hat ihre Blüten geöffnet, aber ſtill und ruhig iſt's umher; das Purpurſchwalbenhaus, auf und in dem noch vor wenigen Wochen fröhliches Leben herrſchte, ſteht verlaſſen da, und in einigen Tagen ſchon werden auch die großen Schwärme der Scheunenſchwalbe dem Süden zugeeilt ſein. Sie ziehen bis nach Südamerika, um zu überwintern, und vermöge ihres ſchnellen Fluges haben ſie bereits in wenigen Tagen ihre Winterherberge erreicht. Sie ziehen in ungeheurer Höhe, dem Auge kaum wahrnehmbar, dahin und ſind unterdeſſen fortwährend mit Inſektenfang beſchäftigt. Ich glaube nicht, daß ſie auch des Nachts wandern. Brewer berichtet, daß ſie ſüdlich bis Braſilien, ſelbſt bis nach Paraguay ziehen. Auf dem Plateau von Mexico iſt ſie Standvogel. Im Sommer geht ſie bis Die BN Tree Swallow. Tafel XVIII 2 A us der Nähe Boſtons und aus anderen Teilen E Neu Englands iſt die Purpurſchwalbe aus unerklärlichen Gründen verſchwunden. Die für ſie hergerichteten, oft ſehr ſchönen Schwalbenhäuſer ſtehen aber deshalb nicht leer. Eine andere Art, die Wald⸗, Baum, Zweifarben- oder Weiß— bauchſchwalbe hat ihre Stelle eingenommen. Ich habe ſie in der Überſchrift „Waldſchwalbe“ genannt, weil ſie urſprünglich und auch noch heute zum größten Teil in alten Baumhöhlungen des Waldes, wie ſie Spechte zahlreich herſtellen, brütet. Am häufigſten iſt ſie in den ausgedehnten Anwaldungen der Flüſſe, weshalb man ſie im hohen Norden geradezu Fluß— ſchwalbe (River Swallow) nennt. In Wisconſin beobachtete ich ſie am häufigſten an Mühlteichen. Durch abgedämmte Bäche und Flüſſe ſind dort oft große Waldſtrecken unter Waſſer geſetzt worden. In— folgedeſſen ſind die Waldbäume abgeſtorben. Stürme haben die morſchen Aſte hinweggeriſſen, und nur kahle, hohe Stumpfen voll Spechtlöcher ſind übriggeblieben. 1) L. Maczimowiezii. zum 67. Grad nördlicher Breite, ſelbſt bis nach Grön— land nördlich. Namen: Scheunen- oder Hausſchwalbe. Barn Swallow, American Barn Swallow. Hirondelle rousse (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Bodd. (1783). Hirundo erythrogaster var. horreorum Coues (1874). — H. rufa Gmel. (1788). — Ceeropis rufa Boie (1844). — Hirundo horreorum Barton (1799). — Hirundo rustica „Aud.“ (1834). — H. americana Wils. (1812). — Chelidon erythrogaster Stejn. (1882). Beſchreibung: Oberſeite glänzend ſtahlblau; Stirn und Unterſeite kaſtanienbraun, am tiefſten und ſchönſten an der Bruſt; ein unvollſtändiger Kragen läuft um den Hals; Schwanz tiefgegabelt; Schwanzfedern mit meh— reren weißen Flecken. Schnabel und Füße ſchwarz. Geſchlechter gleich. Länge 6 bis 7 Zoll; Flügel 4.50 bis 5, Schwanz 3 bis 5 Zoll. Val oͤſchwal be. Tachycineta hicolor Car. Vogel 6. In dieſen Höhlungen brüteten unſere Waldſchwalben jedes Jahr in ſehr großer Anzahl. Ich habe nie in Wisconſin beobachtet, daß ſich dieſe Art dem Men— ſchen angeſchloſſen hätte. Im nördlichen Illinois iſt ſie nur ſpärlich vorhanden, weil es dort an alten aus— gedehnten Waldungen fehlt. In Miſſouri und Texas habe ich ſie ebenfalls nur ſelten beobachtet. Sie verbreitet ſich während der Brutzeit etwa vom 38. Grad nördlicher Breite bis nach Alaska, un vom Atlantiſchen bis zum Großen oder Stillen Ozean. Richard ſon 7 8 ſie am Mackenzie, unter dem 65. Breitengrade, in hohlen Bäumen brütend. Dall traf fie in Alaska von Fort Yukon bis zum Meere. Zahlreich iſt ſie auch in vielen Teilen der Felſengebirge und in der Sierra Nevada, und kommt von da bis zum Tafellande Mexicos brütend vor. Im Winter iſt ſie im halbtropiſchen Florida und im ſüdlichen Californien als Wintergaſt beobachtet worden. Auch in anderen Golfſtaaten ſoll ſie gelegentlich während der rauhen Jahreszeit angetroffen worden ſein. Im ſüdlichen Texas habe ich ſie im Winter nicht geſehen, doch dürfte ſie am Rio Grande vereinzelt während Hirundo erythrogaster ie Die Waldſchwalbe. dieſer Zeit auftreten. In Mexico, ſüdlich bis Centralamerika, auf Cuba und anderen weſtindiſchen Inſeln und Bermuda iſt ſie im Winter häufig. Als Irrgaſt hat ſie ſich ſchon bis nach England verflogen. Kapitän Bendire fand fie bei Tueſon in Arizona brütend, und Ridgway traf fie zahlreich in Nevada. In den Baumwollenpappeln (Cotton— wood) des unteren Truckee, nahe Pyramid-Lake, waren ſie im Mai häufig, und jedes Aſtloch ſchien von einem Pärchen beſetzt zu ſein. Sie waren gerade mit dem Neſtbau beſchäftigt und kamen gewöhnlich in den Hofraum des Reſervationsgebäudes, um Niſt— material zu ſammeln. Federn, Papierſchnitzel, Läpp— chen, Stücke von Schnuren wurden aufgenommen und unter zufriedenem Gezwitſcher zum Neſte ge— tragen. Sie waren hier nicht allein auf die Flußteile beſchränkt, ſondern man traf ſie gleich häufig bis hoch Höhe von 8000 bis 9000 Fuß zahlreich waren. Auch im Thale des Sacramento, nur wenige Fuß über dem Meeresſpiegel gelegen, fand ſie der genannte Forſcher. In Carſon City, Nevada, beobachtete er, daß ſie hier I ihre Lebensweiſe ſchon zum Teil geändert hatten, denn ſchwalbe, und es iſt kaum zu hoffen, daß ſie ſelbſt in er fand Neſter unter Traufen, hinter den ſogenannten Wetterbrettern und unter Portikos. Sie iſt die kräftigſte aller unſerer Schwalben, und vermag deshalb Wind und Wetter wie keine andere Trotz zu bieten. Das zeigt ſchon die Wahl ihrer Winterherberge, welche zum Teil die Golfſtaaten umfaßt, denn hier tritt noch oft genug recht rauhes und naßkaltes Wetter ein. Schwalben, welche in ihrer Heimat aus dem Süden ankommt. Erſcheint ſie doch manchmal vereinzelt, wenn noch Eis und Schnee den Boden deckt. Sie kommt in größerer Anzahl in den nördlichen Staaten etwa anfangs April an, manchmal auch erſt in den letzten Tagen des genannten Monats, immer aber etwas früher als die Purpurſchwalbe. Wenn letztere erſcheint, ſind die für ſie beſtimmten Niſtkäſten und Schwalbenhäuſer oft ſchon von der Waldſchwalbe in Beſitz genommen, und dieſe iſt ſo kampfesmutig und verteidigt die eroberte Niſthöhlung mit einer ſolchen Hartnäckigkeit, daß der Martin abziehen muß. Zähigkeit an den Baumhöhlungen in den ausgedehn— ten Waldungen des Tieflandes feſthalten, ſo haben ſie doch in manchen Gegenden ihre frühere Niſtweiſe gänzlich geändert. Sie haben ihre Brutplätze in den Wäldern verlaſſen, haben ihre Scheu und Zurück- gezogenheit abgelegt und ſich dem Menſchen innig Sie iſt auch die erſte aller | 281 angeſchloſſen. In der Umgegend von Boſton wird ſie nicht mehr in den Wäldern als Brutvogel ange— troffen. Sie iſt in den Städten des öſtlichen Maſſa— chuſetts häufiger als irgend eine andere Schwalbe. Die Niſtkäſten, welche man dort für die edle, ſchönere, liebenswürdigere, friedfertigere und ſangeskundigere Martinſchwalbe herrichtete, dienen jetzt ihr zu Niſt— ſtätten. — Doch gelingt es nicht allerwärts, die Waldſchwalbe in die Nähe des Menſchen zu ziehen. Die meiſten Verſuche ſind im Gegenteil von durchaus keinem Erfolge begleitet geweſen. Trotz der ſcheinbar ſehr wohl eingerichteten Niſtkäſten und der geeigneten Ortlichkeit bleiben ſie dem Menſchen fern, halten an ihrer alten Niſtweiſe feſt und leben zurückgezogen. So war es auch in Wisconſin. Dieſe ſchönen Schwalben, die ich ſo gerne als Bewohner meiner | Vogelhäuſer begrüßt hätte, brüteten in den Ulmen hinauf in das Wahſatch-Gebirge, wo ſie noch in einer und Eichen des Tieflandes wie vordem. Wo noch große Wälder vorhanden ſind, in denen ſich zahlreiche Höhlungen in Bäumen finden, hält ſie feſt an ihrer urſprünglichen Niſtweiſe, ſobald dieſe Bedingungen jedoch fehlen, ſucht ſie die Nähe des Menſchen auf. — Sie verdient alſo noch immer den Namen Wald— beſiedelten Gegenden ihrer Niſtweiſe gänzlich entſagt, wie dies Scheunen-, Trauf- und Purpurſchwalben ſchon längſt gethan. Nur die Vernichtung ganzer großer Waldſtrecken dürfte eine weſentliche Verän— derung in dieſer Hinſicht zur Folge haben. Wo ſich einmal ein Pärchen in der Nähe des Menſchen niedergelaſſen hat, da finden ſich in der Regel noch viele ein. Bald ſind alle Brutkäſten von ihnen beſetzt. In den ländlichen Gegenden des öſtlichen Neu-England iſt ſie nicht ſo häufig als in den Städten, wahrſcheinlich weil ſie in letzteren weni— ger von anderen Vögeln geſtört wird. Während der Brutzeit ſind ſie nicht ſo geſellig und friedfertig, ſondern zänkiſcher, eiferſüchtiger und kampfesluſtiger untereinander als andere Schwalben. Jedes Pärchen bewacht ſeine Bruthöhle und läßt kein anderes in die Nähe kommen. Daher kommt es auch, daß in Brut— häuſern, in welchen früher oft fünfzehn bis zwanzig Pärchen Purpurſchwalben in ſchönſter Harmonie Obwohl die Waldſchwalben noch mit großer | Pärchen Waldſchwalben niſten. unſere übrigen Schwalben. nebeneinander brüteten, jetzt nur ein, höchſtens zwei Diejenigen, welche ſich in der Nähe des Menſchen anſiedeln, werden bald zahm und zutraulich, ja ſie übertreffen hierin alle Raſch lernen ſie die ver— ſchiedenen Familienglieder kennen, und das von dieſen geſpendete Niſtmaterial nehmen ſie bereitwilligſt an, 36 282 fliegen ſogar dicht heran, um es aufzunehmen. Brewer erzählt, daß ein Pärchen, welches jedes Jahr von den Kindern Niſtmaterial empfing, ſo zahm wurde, daß es dieſes faſt aus der Hand hinwegholte. Das Weibchen dieſes Paares brütete auch ſo feſt, daß man es mit der Hand vom Neſte nehmen konnte; ſobald es wieder freigelaſſen wurde, kehrte es ſofort zum Neſte zurück. Der Bau iſt immer aus recht weichem Material hergeſtellt und iſt, obwohl loſe zuſammengeſchichtet, doch recht warm und weich. Auch wenn die Brut ſchon längſt begonnen hat, bringt das eine oder das andere des Pärchens noch hin und wieder eine Feder mit, um ſie dem ſchon vorhandenen Niſtmateriale zuzufügen. Die Grund— lage des Neſtes beſteht aus langen weichen Heu— halmen, Blätterrippen und Federn; die Neſtmulde wird ſehr dick mit Federn ausgepolſtert, ſodaß dieſe die drei bis fünf rein weißen Eier oft verdecken und den Blicken entziehen. — Im Walde wählen ſie ſich immer alte Specht- oder Aſtlöcher nicht nur am Saum, ſondern auch im tiefen Innern desſelben. Der Flug der Waldſchwalbe iſt ſehr gewandt und abwechſelnd. Er ſteht, was Anmut und Ab— wechslung angeht, nur der Scheunenſchwalbe nach. Schon in der Ferne iſt ſie an ihrer rein weißen Unter— ſeite, und an dem glänzend ſtahlgrün ſchillernden ſchwärzlichen Rücken leicht kenntlich. ſie über den hohen Waldbäumen dahin, dann zwiſchen den Kronen derſelben umher, läßt ſich herab bis zum Waſſerſpiegel, über den ſie gleitend dahineilt, und erhebt ſich gleich darauf wieder zu ſo bedeutenden Höhen, daß ſie faſt dem Auge entſchwindet. Raſtlos fliegt In der Regel ſieht man fie dicht über den Waldbäumen | ſchnell und gewandt dahinfliegen. — Die in der Nähe des Menſchen vorkommenden fliegen auch gern über den Waldbäumen dahin, ihr eigentliches Jagdrevier iſt aber das Farmgehöft und deſſen Umgebung. Ende Auguſt ſammeln ſie ſich zu großen Schwär— men und Mitte September etwa verlaſſen fie die nörd- | lichſten Teile unſeres Landes. Was dieſe Schwalbe beſonders charakteriſiert, iſt ihre nun völlig veränderte Lebensweiſe. Man trifft ſie nämlich jetzt in ſehr großer Anzahl da, wo die Wachsmyrten !) beſonders üppig gedeihen, und man weiß jetzt mit Sicherheit, daß ſie die Beeren dieſes Strauches zeitweilig gerne freſſen. Schon Wilſon und Audubon berichteten hiervon, aber deren Angaben fanden wenig Glauben. Durch die neuerdings gemachten Beobachtungen 1) Myrica cerifera. Die Waldſchwalbe. Maynards werden deren Berichte jedoch vollſtändig beſtätigt. Wilſon ſah viele Hunderte auf den Wachsbüſchen der ſandigen Ufer bei Great Egg Harbor. Audubon erzählt, daß Tauſende während des Winters im ſüdlichen Louiſiana angetroffen werden. „Viele ſuchen des Nachts in Höhlungen der Gebäude Schutz, die meiſten ziehen jedoch nach den Seen, um die Nacht in den Myrtenbüſchen zu ver— bringen. Etwa bei Sonnenuntergang verſammeln fie ſich, indem fie ihre Lockrufe erklingen laſſen, und in kurzer Zeit haben die Schwärme das Anſehen von Wolken erlangt. Sie ziehen nun den Seen oder der Mündung des Miſſiſſippi zu. Die Bewegungen und das Kreiſen in der Luft ſind wirklich prachtvoll. Erſt ſcheinen ſie aus bedeutender Höhe zu rekognoszieren, dann ſtürzen ſie ſich plötzlich wie ein Wirbel zuſammen, laſſen ſich in einer Spirallinie mit erſtaunlicher Schnel— ligkeit herab, ſodaß ſie ganz das Anſehen einer Trombe oder Waſſerhoſe haben, bis ſie ſich wenige Fuß von den ‚eiriers‘*) ſchnell nach allen Richtungen hin ver— breiten und ſich auf den Büſchen niederlaſſen. Ihr Gezwitſcher und das durch ihre Flügelbewegungen verurſachte Geräuſch kann man die ganze Nacht hin— durch hören.“ „Nachdem die Jungen das Neſt verlaſſen haben“, ſchreibt Maynard, „verſammeln ſie ſich am Geſtade des Meeres zu ungeheuren Schwärmen. In den letzten Jahren iſt die Zahl der ſich hier verſammelnden Waldſchwalben bis ins Ungeheure angewachſen, und ich habe die Luft über den weiten Sümpfen bei Ipswich, Maſſ., ſo von ihnen angefüllt geſehen, daß es faſt unmöglich war, die Flinte nach irgend einer Richtung hin abzuſchießen, ohne nicht eine oder mehrere zu treffen. Ich hielt immer dafür, daß die große Inſekten— menge, welche hier am Salzwaſſer im letzten Teile des Sommers vorkommt, die Urſache dieſer ungeheuren Zuſammenſcharung ſei, bis ich zufällig einen anderen Grund entdeckte. Eines Auguſttages wanderte ich zwiſchen den Hügeln der Küſte umher, als ich große Geſellſchaften Baumſchwalben über einigen Wachs— myrtenbüſchen, welche hier ſehr häufig wachſen, umher— flattern ſah. Neugierig, zu erfahren, was ſich die Vögel in dieſen Sträuchern zu ſchaffen machten, ſchoß ich einige, und war ſehr überraſcht, den Magen ganz mit den aromatiſchen Wachsmyrtenbeeren angefüllt zu finden. Die Beeren haben etwa die Größe ſchwarzer Pfefferkörner, ſind aber mit einer wachsartigen Sub— *) So heißen die Wachsmyrtenbüſche bei den franzöfiihen Kreolen Louiſianas. Jedenfalls iſt hier eine andere Art, nämlich Myrica caroli- nensis, gemeint, denn nur dieſe fand ich im ſüdlichen Louiſiana. — Die Gebirgs- oder Prachtſchwalbe. ſtanz überzogen, welche das „Wachsmyrtentalg“ des Handels liefern. Dieſes wurde ehemals zur Her— ſtellung von Kerzen benutzt und wird in einzelnen Teilen unſeres Landes wohl auch jetzt noch zu dieſem Zwecke verwendet. Ich habe ſeit jener Zeit viele unterſucht und gefunden, daß es eine Thatſache iſt, daß ſich dieſe Art auch von den Beeren der Wachs— myrte nährt. Eine Unterſuchung dieſer Frucht wäh— rend des Prozeſſes der Verdauung zeigte, daß nur die äußere wachsartige Umhüllung zur Nahrung dient, während das harte Innere wieder ausgeworfen wird.“ Trotz ihrer Schönheit und Munterkeit übt die Waldſchwalbe doch keineswegs eine ſolche Anziehungs— kraft auf den Naturfreund aus, als die Martin- oder Scheunenſchwalbe. Ihr fehlt dazu die weſentliche Eigenſchaft: der Geſang. Ihre Töne, die übrigens nicht beſonders fleißig und eifrig erklingen, ſind etwas rauh und gurgelnd. Sie ſtehen etwa in der Mitte zwiſchen den lieblichen Lauten des Martin und den tiefen rauhen Tönen der Traufſchwalbe. Auch zeigt ſie nicht ſo eine anziehende, friedliche Geſelligkeit, wie die anderen Arten. Ihr fehlt die Poeſie der Martinſchwalbe ganz und gar, und ſie vermag dieſe daher in keiner Beziehung zu erſetzen. Namen: Wald⸗ und Baumſchwalbe, Fluß-, Weißbauch-, Zweifarbenſchwalbe. Tree Swallow, White-bellied Swallow, Wood Swallow, Black and White Swallow, Green-blue Swallow. Hironde le bicolore ou ä ventre blanc (Le M.). Hirondelle bicolore (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Hirundo bicolor Vieill. (1807), Nutt., Aud., ete.—Herse bicolor Bonap. (1850). — Tachyeineta bicolor Cab. (1850). — Petrochelidon bicolor Selat. (1857). — Hirundo viridis Wils. (1802). — Iridoprocne bicolor Coues, Unterſeite Schwanz Beſchreibung: Oberſeite glänzend ſtahlgrün; rein weiß; Schnabel und Füße ſchwarz; ſchwach gegabelt. Länge 6 Zoll; Flügel 4.50 bis 5 Zoll; 2.50 Zoll. Schwanz Die Gebirgs- oder Prachtſchwalbe. Violet-green Swallow. Tachyeineta thalassina CABANIS. Die Gebirgs- oder Prachtſchwalbe, die ſchönſte unſerer einheimiſchen Arten, bewohnt die Gebirgsgegenden des Weſtens vom Felſengebirge bis zur Küſte des Stillen Ozeans, nördlich bis Britiſch— Amerika, ſüdlich bis Guatemala. Wie ihre nächſte Verwandte, die Waldſchwalbe, iſt auch ſie ein Höhlen— 283 brüter. Wo es an paſſenden Niſthöhlungen in Bäumen nicht fehlt, kommt ſie vor. Viele Forſcher haben ſie eingehend beobachtet, ſo Nuttall und Townsend am Columbia, Gambel in Califor— nien, Bullock in Mexico, Allen in Colorado, Ridg way in Utah, Henſhaw in Neu-Mexico und Coues am oberen Miſſouri und in Arizona. „Als ich im Jahre 1864 in Neu-Mexico war“, ſchreibt der letztgenannte Forſcher, „fand ich die violettgrüne Schwalbe ſehr häufig im Raton-Gebirge. Mir fiel ihre große Ahnlichkeit mit der Waldſchwalbe auf, namentlich iſt ſie ihr in der Art und Weiſe des Fluges ähnlich. Ich beobachtete auch, daß die Vögel als weißrumpfig erſcheinen, da doch in Wahrheit der Bürzel gerade ſo gefärbt iſt, wie die ganze Oberſeite. Während des Fluges liegen nämlich die blendend weißen Seitenfedern über dem Rumpfe, ſodaß ſie ſich an der Schwanzwurzel faſt berühren und ſo den Ein— druck hervorrufen, als ſeien die Vögel weißbürzelig. Die Wirkung der drei Farben — Violett, Grün und Weiß — iſt überraſchend. Im folgenden Jahre konnte ich bei Fort Whipple in Arizona mich dem Studium dieſer Schwalben beſonders hingeben. außerordentliche Schönheit dieſer Art muß ſelbſt den ſtumpfſinnigſten Menſchen anziehen. Sie niſteten in bedeutender Anzahl in den Nadelholzwäldern in der Nähe der Befeſtigung (Fort). Gewöhnlich bevor— zugten ſie die Ränder des Waldes und legten ihre aus Grashalmen und Federn beſtehenden Neſter in natür— Die lichen Baumhöhlungen oder Spechtlöchern au, doch verſchmähten ſie auch die Laubholzbäume der Berg— abhänge nicht ganz. Sie brüten mit Vorliebe in Kolonien. In dieſer hochgelegenen Gegend kommen ſie in der zweiten oder dritten Märzwoche an und verweilen bis ſpät in den September. Ich halte ſie für die zahlreichſte dort vorkommende Art der Familie, als rechte Charaktervögel der Nadelholzregion Arizo— nas.“ Im ſüdlichen Colorado fand Allen große Kolonien, in einer Höhe von 10,000 Fuß über dem Meeresſpiegel, wo ſie in verlaſſenen Spechtlöchern und ſelbſt in Felsſpalten, in Geſellſchaft des weiß— kehligen Seglers (White-throated Swift) brüteten. Über das Niſten in Felshöhlungen giebt uns Nidg— way eine genaue Beſchreibung. Er fand die Gebirgs— ſchwalben häufig im Mai bei Pyramid-Lake, Nevada, wo ſie in den Felsſpalten ein- und ausflogen. Später, im Juli, fand er ſie in den Kalkſteinfelſen der Ruby Mountains, wo ihre Neſter in horizontalen Spalten, der Hand meiſt nicht erreichbar, ſtanden. Sie waren aus Zweigen und Stroh gebaut und mit Federn D 284 Die ausgepolſtert. Dieſe Schwalbe war hier nicht der einzige Felſenbewohner. Eine Geſellſchaft weiß— kehliger Segler (Mieropus melanoleueus), Klippen— und Scheunenſchwalbe hatte ſich ebenfalls die Fels— ſpalten zu Niſtſtätten erkoren. — Es ſind bereits einzelne Fälle bekannt geworden, daß auch dieſe Art ſich dem Menfchen näher angeſchloſſen hat. Jeden— falls wird auch ſie ſich ihm ebenſo innig anſchlie— ßen, wie es Martin-, Scheunen-, Trauf- und Waldſchwalben ſchon gethan haben, ſobald jene Gegenden dichter beſiedelt ſein werden. In manchen Teilen Californiens ſoll ſie bereits Niſtkäſten in | Uferſchwalbe. Farmgehöften zur Anlage des Neſtes mit Vorliebe wählen. Wiſſenſchaftliche Namen: Hirundo thalassinus Sw. (1827). — H. thalassina „Aud.“ (1838). — Chelidon thalassina Boie (1844). — Herse thalassina Bonap, (1850). — Tachyeineta thalassina Cab. (1850). — Petrochelidon thalassina S. & S. (1859). Beſchreibung: Oberſeite reich und doch zart ſammetartig grün, ein wenig purpurn gemiſcht; Unterſeite ſeidenartig weiß; alle Farben ohne eigentlichen Glanz. Füße und Schnabel ſchwarz. Länge 5 Zoll; Flügel 4.50, Schwanz 2 Zoll, wenig gegabelt. Die Yferſchwal be. Bank Swallow. a jur ſehr wenige unſerer Vögel kommen auch auf G anderen Erdteilen vor. Man hat allerdings ſchon verſchiedene Arten in Europa angetroffen, aber nur als Irrgäſte, welche auf unaufgeklärte Weiſe dorthin verſchlagen worden waren. Gefiederte Kos— mopoliten im eigentlichen Sinne des Wortes giebt es nur eine kleine Anzahl. Zu dieſen zähle ich in erſter Reihe die Ufer-, Sands, Waſſerſchwalbe. Mit Ausnahme Auſtraliens, Polyneſiens und eines Teiles Südamerikas bewohnt ſie die ganze Erde, iſt im Sommer im Norden, im Winter in den Tropen häufig. Sie verbreitet ſich von Guatemala bis zur Mündung des Mackenzie und vom Atlantiſchen bis zum Großen oder Stillen Ozean. Auf dem Zuge berührt ſie ſogar Braſilien, wie dies ja auch von der Martin- und der Scheunen— ſchwalbe bekannt iſt. In der Größe ſtimmt ſie mit der Gebirgsſchwalbe überein, doch ſcheint ſie zarter zu ſein als alle übrigen Arten, denn ſie erſcheint, wenn auch nur um wenige Tage, ſpäter als andere Schwal— ben, zieht auch eher wieder fort. Witterung fällt ihre Ankunft in Wisconſin in die erſte Maiwoche, und anfangs September ſchon dürfte man im genannten Staate kaum noch einige Nach— zügler beobachten. Wie ſchon ihr gewöhnlicher Name andeutet, bewohnt ſie mit Vorliebe die Ufer der Flüſſe, Teiche und Seen, doch kommt ſie häufig auch an den ſteilen Wänden der Eiſenbahnen vor, vorausgeſetzt, daß hier Erd⸗ oder Bei günftiger | Clivicola riparia STEJNEGER. der Boden ſandhaltig iſt, denn nur in ſolchen vermag ſie ihre Niſthöhlungen zu graben. Steinige und aus hartem Lehm beſtehende Uferwände meidet ſie, ebenſo wie die ebenen Präriegegenden. Stets richtet ſich ihr Vorkommen nach der Beſchaffenheit der Gegend. Meilenweit kann man oft wandern, ohne eine einzige Uferſchwalbe zu gewahren, während an andern Ortlichkeiten Tauſende umherfliegen. Die ſteilen Wände an Flüſſen, Seen und Eiſenbahnen ſind oft mit Hunderten von Niſtlöchern verſehen, ſodaß man ſie mit einer Wabe und die geſchäftigen, ab- und zufliegenden Vögel mit einem Bienenſchwarm ver— gleichen kann. Dall traf ſie ſehr zahlreich in Alaska. An einer ſteilen Erdwand zählte er über 700 Niſt— höhlen. Richardſon fand Siedelungen Tauſender an der Mündung des Mackenzie und Dr. Alfred E. Brehm ebenfalls Tauſende am unteren und mittleren Ob in Sibirien. In den Uferwänden des Miſſiſſippi brütet ſie mancherorts ungemein zahlreich, und an den Ufern der Galveston-Bai in Texas fand ich große Scharen oft ganz in der Nähe der ebenſo niſtenden Grauſchwalbe brütend. Die Uferſchwalbe, die einzige unſerer einheimiſchen Arten, welche ſich nirgends dem Menſchen angeſchloſſen hat, iſt ſtets ſehr geſellig, ein Charalterzug fat aller Schwalben, der jedoch bei dieſer Art beſonders ausgeprägt iſt. Man trifft ſelten weniger als fünf bis zehn, gewöhnlich zwanzig und vierzig, ausnahmsweiſe aber auch hundert und noch mehr Pärchen als Siedler in einer Erdwand. Alte Die Uferjchwalbe. Pärchen beſſern nur die alten Höhlungen wieder aus, junge müſſen ſich dagegen mühſam im harten Erdreich neue graben. Sie legen dieſelben ſo hoch an, daß keine Überſchwemmung zu denſelben gelangen kann, und vom oberen Rande ſind ſie in der Regel auch ſo weit entfernt, daß ſie ihre Feinde nicht leicht zu erreichen vermögen. Sehr ſchön beſchreibt Nau— mann die Niſtweiſe: „Es grenzt ans Unglaubliche“, ſo ſchildert dieſer größte deutſche Vogelkundige, „und muß unſere Bewunderung in hohem Grade erregen, ein ſo zartes Vögelchen mit ſo ſchwachen Werkzeugen ein ſolches Rieſenwerk vollbringen zu ſehen, und noch dazu in ſo kurzer Zeit; denn in zwei bis drei Tagen vollendet ein Paar die Aushöhlung einer im Durch— meſſer von vier bis ſechs Centimeter weiten, am hinteren Ende zur Aufnahme des Neſtes noch mehr erweiterten, in wagerechter oder wenig aufſteigender Richtung mindeſtens einen, oft aber auch bis zwei Meter) tiefen, gerade in das Ufer eindringenden Röhre. Ihr Eifer und ihre Geſchäftigkeit bei einer ſolchen anſtrengenden Arbeit grenzt ans Poſſierliche, beſonders wenn man ſieht, wie ſie die losgearbeitete Erde höchſt mühſam mit den Füßchen hinter ſich aus dem Innern der Höhle hinausſchaffen und hinaus— räumen und beide Gatten dabei hülfreich ſich unter— ſtützen. Warum ſie aber öfters mitten in der Arbeit den Bau einer Röhre aufgeben, eine andere zwar fertig machen, aber dennoch nicht darin niſten und dies vielleicht erſt in einer dritten thun, bleibt uns rätſelhaft; denn zu Schlafſtellen benutzt die ganze Familie gewöhnlich nur eine, nämlich die, worin ſich das Neſt befindet. Beim Graben ſind ſie ſehr emſig, und die ganze Geſellſchaft ſcheint dann aus der Gegend verſchwunden, denn alle ſtecken in den Höhlungen und arbeiten darin. Stampft man mit den Füßen oben auf den Raſen über den Höhlen, ſo ſtürzen ſie aus den Löchern hervor und die Luft iſt wieder belebt von ihnen. Wenn die Weibchen erſt brüten, ſitzen ſie noch viel feſter und laſſen ſich nur durch Störung in der Röhre ſelbſt bewegen, herauszufliegen, daher leicht fangen. Am hinteren Ende der Röhre, ungefähr einen Meter vom Eingange, befindet ſich das Neſt in ) Ein Meter gleich 39 Zoll: alſo etwas uber drei Fuß. 285 einer backofenförmigen Erweiterung. Es beſteht aus einer ſchlichten Lage feiner Hälmchen von Stroh, Heu und zarten Würzelchen, und ſeine Aushöhlung iſt mit Federn und Haaren, auch wohl etwas Wolle ausgelegt, ſehr weich und warm.“ — Die vier bis fünf, manch— mal auch ſechs Eier ſind rein weiß. Der Flug der Uferſchwalbe iſt nicht ſo abwechſelnd und anmutig als der der übrigen Arten. Man hat ihn nicht mit Unrecht mit dem ſchwankenden Fluge eines Schmetterlings verglichen, doch iſt er immerhin noch ſchnell und ſchön, führt gewöhnlich nahe über dem Boden oder über das Waſſer dahin, doch geht es manchmal auch in die höheren Luftſchichten, wenn ſich in der unteren die Ausbeute an Inſekten als nicht genügend erweiſt. Von einem Geſang kann man bei ihr nicht reden. Ein ſchwaches „Zerr-zerr“ iſt alles, was man hört. Sie entfernt ſich von ihren Anſiede— lungen ſelten weit, betreibt ihre Inſektenjagd vielmehr in unmittelbarer Nähe derſelben und belebt daher öde, ſonſt an Vögeln arme Ströme und Sümpfe, Seen und Teiche in anmutender Weiſe ebenjo wie ihre Niſtlöcher an einförmigen Ufern und Wänden an Eiſenbahnen jedes Auge feſſeln. In zahlreichen Siedelungen fliegen vom Morgen bis zum Abend faſt ununterbrochen Hunderte, ja Tauſende der behenden Vögel auf und nieder, verſchwinden in den Höhlungen, erſcheinen wiederum, um es wie zuvor zu treiben. Es ſind liebliche, überaus friedfertige Vögel, die man nie miteinander ſtreiten und mit anderen Vögeln kämpfen ſieht. Um letztere kümmern ſie ſich in keiner Weiſe, laſſen ſelbſt Raubvögel unbehelligt, wenn dieſe durch ihr Gebiet fliegen. Uferſchwalbe, Sand-, Erd- und Waſſerſchwalbe. Bank Swallow, Sand Martin, Sand Swallow. Namen: Hirondelle de rivage (Buff.), Cotyle riverain (Degl. & Gerbe). Wiſſenſchaftliche Namen: Hirundo riparia Linn. (1755). — Cotyle riparia Boie (1826). — H. riparia americana Max v. Wied (1858). — Clivicola riparia Stejn. (1882). Beſchreibung: Oberſeite mäuſebraun ohne Glanz; Unter— ſeite weiß, durch ein bräunliches Halsband unterbrochen; Schnabel und Füße dunkel. Geſchlechter gleich. Länge unter 5 Zoll; Flügel 4, Schwanz 2 Zoll, letzterer ſehr wenig gekerbt. Die Sranfchwalbe. Rough-winged Swallow. Stelgidopteryx serripennis BAIRD. eine Schwalbe iſt in und bei Houſton, Texas, ſo zahlreich wie die Grauſchwalbe. Der nur einigermaßen geübte Beobachter kann dieſe Art nicht leicht mit einer anderen Schwalbe ver— wechſeln. Schon der verhältnismäßig langſame, meiſt niedrig über den Boden dahinführende Flug, das ſtille Weſen, beſonders aber ihre graue Färbung kennzeichnet ſie ſofort. — Obwohl über einen großen Teil unſeres Landes verbreitet, iſt ſie doch noch nicht lange bekannt. Audubon fand ſie zuerſt am 20. Oktober 1819 in ſeinem Heimatſtaate Louiſiana, nahe Bayou Sara, aber wie es ſcheint, hielt er ſie damals nicht für verſchieden von der Uferſchwalbe, denn erſt viel ſpäter, als er ein Pärchen aus Süd-Carolina erhielt, beſchrieb er ſie als neue Art. Später wurde ſie in vielen Gegenden der Vereinigten Staaten, vom Atlantiſchen bis zum Stillen Ozean, häufig gefunden. Im Oſten geht ſie nicht viel weiter nördlich als New Jerſey, und wird nur gelegentlich im ſüdlichen Neu- England (Connecticut) angetroffen. Am häufigſten iſt ſie im weſtlichen Gebiete der Vereinigten Staaten, wo fie ſich nördlich bis nach Britiſch-Columbia ver- In den Südſtaaten iſt ſie mancherorts die breitet. häufigſte Art der Familie, ſcheint überhaupt dort an manchen Stellen die weniger zahlreiche Uferſchwalbe zu vertreten. Nach Cooper iſt ſie in Californien, nach Dr. Coues in Arizona und nach Henſhaw in Colorado und bei den Pueblos von Zuni in Neu- Mexico häufig. Ridgwap beobachtete fie in Utah. Südlich verbreitet ſie ſich durch Mexico bis nach Guatemala. Im Miſſiſſippi-Thale geht fie nördlich bis zum ſüdlichen Illinois. Dort zeigte mir Herr Widmann in einer ſteilen Eiſenbahnwand eines durchſtochenen „Bluffs“, gerade St. Louis gegenüber, zahlreiche Bruthöhlen, als ich mit ihm die dortige Gegend durchſtreifte. Im ſüdlichen Texas erſcheint fie etwa Mitte April, und anfangs Mai beginnt ſie mit dem Brut— geſchäft. Menſchen zutraulich angeſchloſſen, brütet in Houſton und Galveston ohne Scheu in den Ritzen hoher Back— ſteingebäude, auf Geſimſen und in Höhlungen der Holzhäuſer, unter Brücken u. ſ. f. Selbſt in Niſt— Wie ſchon bemerkt, hat auch fie ſich dem käſten ſoll ſie öfters bauen. An derartigen Ortlich— leiten iſt das Neſt bald fertig. Halme, Stroh, Fäden, Garn, Federn und andere Stoffe werden in buntem Durcheinander eingetragen und daraus das Neſt loſe zuſammengeſchichtet. Die meiſten brüten jedoch in den ſandhaltigen Uferwänden der Buffalo-Bayou. Seltener habe ich ſie im Junern von Texas beob— achtet. Nur einmal fand ich ſie häufig bei La Grange, wo ſie in den Ritzen der hohen Felſenwände des Colorado niſteten. Wählen fie ſich die Uferwände zur Niſtſtätte, ſo ſind ſie genötigt, ſelbſt eine Niſt— höhlung mühſam zu graben, und dies geſchieht dann ganz in der Weiſe der Uferſchwalbe. Doch niſten fie nie in jo großen Siedlungen, die Niſthöhlen ſtehen auch nicht ſo dicht beiſammen als bei jenen, ſind viel mehr zerſtreut, auch gehen ſie bei der Arbeit längſt nicht mit einer ſolchen Sorgfalt zu Werke, und die Eingangslöcher zeigen auch nicht die ſymmetriſche runde Form, ſind mehr oval und nicht ſo glatt ge— arbeitet als die der Uferſchwalbe. Die Röhren find in der Regel zwei bis drei Fuß tief, auch wohl noch tiefer, laufen etwas ſchräg in die Höhe, damit kein Regenwaſſer eindringen kann, und endigen in einer backofenförmigen Erweiterung, dem eigentlichen Neſt— raume. Aus Halmen und Federn bauen ſie ſich ein weiches Neſtchen, in dem man faſt immer fünf, ſeltener vier, rein weiße Eier findet, die ſich von denen der Uferſchwalbe wohl nicht unterſcheiden. Wie es ſcheint, werden im Süden jährlich oft zwei Bruten gemacht, denn ich fand noch ſpät im Juli flügge Junge in den Neſtern. — Nach der Brutzeit ſieht man Hunderte in den Straßen Houſtons umherſchwärmen, nament— lich in der Nähe der Viehhöfe, wo ſich ſtets eine unglaubliche Menge fliegender Inſekten findet. Wäh— rend der Monate Juli und Auguſt beobachtete ich die meiſten. Schon im September wurden ſie ſeltener, und anfangs Oktober war die Mehrzahl ſchon der Winterheimat zugewandert. Die Nahrung beſteht aus kleinen fliegenden In— ſekten, beſonders Bremſen, Fliegen, Motten, Mücken, namentlich aber aus Moskitos, denn dieſe kommen in Houfton von anfangs März bis faſt zu Weihnachten in unendlicher Menge vor, und ſind neben Wanzen, Der Bahama Flöhen und Schaben (Cockroaches) die Haupt— quälgeiſter des Menſchen. Der Flug iſt langſam und ſchwirrend — nicht ſchwankend wie der der Ufer— ſchwalbe. Die unteren und mittleren Luftſchichten ſind ihr eigentliches Jagdgebiet, doch vermag ſie ſich zeitweilig auch zu bedeutenden Höhen aufzuſchwingen, und dann ſcheint ihr Flug mehr einem ſanften Selten läßt die Grauſchwalbe Schweben zu gleichen. einen Laut von ſich hören. Nur ein leiſes „Zirr“ ſtößt ſie hin und wieder aus, doch iſt dies nur auf ganz kurze Strecken vernehmbar. ſelten weit von ihren Niſtſtätten und die Ufer der ſeichten Galveston-Bai, und dieſe ſelbſt ſind während der Brutzeit oft von Hunderten belebt. In Gal— veston ſah ich ſie in großer Anzahl über den Wellen des mexikaniſchen Golfs dahinfliegen. Namen: Grauſchwalbe, rauhflügelige Schwalbe. Rough-winged Swallow. Wiſſenſchaftliche Namen: Hirundo serripennis Aud. (1838). — Cotyle serripennis Boie (1844). — Stelgidop- | teryx serripennis Baird (1865). Beſchreibung: matter, am Bauche grauweiß; Flügel und Schwanz dunkler als die Oberſeite; kein Halsband; Schnabel und Füße ſchwärzlich. Etwas größer als die vorige. Die tropiſche Familie der Honigſauger oder Honigkriecher (Cberebidae, Honey Creepers) iſt in den Vereinigten Staaten durch den beſonders auf den Bahama-Inſeln, dann auch auf den Florida Keys und der Küſtengegend Floridas bis nördlich nach Charlotta Harbor vorkommenden Bahama-Honig— kriecher (Certhiola bahamensis ReıcH., Bahama Honey Creeper) vertreten. wenig beobachtet worden, daß ich weder über Niſt— noch Lebensweiſe etwas mitzuteilen vermag. Ich wähle daher den bequemen Ausweg, eine ähnliche genau bekannte Art Jamaicas (C. flaveola) näher zu beſchreiben, da ich vorausſetzen darf, daß der Bahama⸗-Honigkriecher in allen weſentlichen Punkten mit dieſer übereinſtimmt. Genannte Art, auf Jamaica Bananenquit, Honigſauger und jchwarz- | gelber Kriecher (Banana Quit, Honeysucker, Black-and- Yellow Oreeper) genannt, hat in Goſſe einen guten Beobachter gefunden. Vögelchen iſt nicht viel größer als ein Kolibri und Sie entfernt ſich Oberſeits glanzlos mäuſegrau; Unterſeite Der Vogel iſt noch fo | Das | Honigfriecher. 287° wird oft in Geſellſchaft desſelben beobachtet, da er die Blumen ebenſo gerne unterſucht wie dieſer, wenn— gleich in ganz verſchiedener Weiſe. Anſtatt wie die Kolibris vor den Blumen ſich fliegend und ſchwirrend zu halten, kriechen und klettern ſie an denſelben umher, denn ihre kurzen Flügel geſtatten ihnen nicht, es jenen gleich zu thun. Geſchäftig von Zweig zu Zweig hüpfend, durchſuchen ſie jede Blüte. Dies ʃgeſchieht auf die verſchiedenſte Weiſe. Oft hängen ſie ſich an die Unterſeite der Blütenbüſchel, um mit ihren gekrümmten Schnäbeln und den eigenartig geformten Zungen das Innere des Blumenkelches zu erreichen, denn zahlreiche kleine Juſekten finden ſich immer in den Blüten. Die Vögel ſind wenig ſcheu, kommen zutraulich in die blühenden Sträucher der Gärten und laſſen ſich hier leicht beobachten. Goſſe erwähnt einen Moringabaum, der dicht an ſeinem Fenſter, an dem er ſeinen Schreibtiſch hatte, ſtand, und der das ganze Jahr hindurch ſehr reichlich ſeine wohlriechenden Blüten öffnete. Dies ſchien der Lieblingsbaum der kleinen Honigkriecher zu fein, und ſie ließen ſich durch ſeine Anweſenheit nicht ſtören. Während des Umherkriechens ſtoßen ſie weiche liſpelnde Töne aus. Der Bau ſteht gewöhnlich in niedrigen Bäumen und Büſchen, in denen ſich die Neſter der braunen Weſpen finden, und zwar ſtehen ſie oft ganz in deren Nähe. Der Forſcher meint, dies ſei eine ganz beſon— dere Art von Inſtinkt, wenn nicht Verſtand, denn kein Feind wage ſich ſo leicht in die Nähe dieſer | furchtbar bewaffneten Inſekten. — Die Brutzeit fällt in die Monate Mai, Juni und Juli. Am 4. Mai beobachtete er einen Honigkriecher mit einem Flöckchen Seidenbaumwolle im Schnabel und fand dann auch das angefangene Neſt in einer Lantana camara. Der Bau iſt ſtets kugelförmig, auch oben zu, und nur an einer Seite unten findet ſich ein kleines Schlupfloch. Die Wandungen ſind dick, beſtehen aus Halmen, welche unregelmäßig mit Asklepiaswolle vermiſcht ſind, und innen iſt es mit ſehr weichen Stoffen ausgepolſtert. Ein anderes Neſt ſtand auf einem über den Weg hängenden Aſte einer Bauhinia, ein drittes in einem Lantanaſtrauch. Die Eier ſind weißlich, am dicken Ende dicht rötlich gefleckt. Beſchreibung: Die Oberſeite des Bahama-Honigkriechers iſt bleigrau; Schwanz und Flügel mit weißen Flecken; Mitte der Unterſeite gelb, das übrige weiß; Oberbürzel gelb; Streif über dem Auge weiß. Die Tangaren. Tanagers. welche dem Walde zu ganz beſonderer Zierde gereichen. x W Sie verbreiten ſich über den 5 u größten Teil Amerikas, von Britiſch-Amerika bis Para— guay und vom Atlantic bis zum Pacific, gehören aber vorzüglich dem tropiſchen Teile des genannten Erdteils an. Sie ſtehen, der Form des Schnabels nach, Hinſicht aber auch an die Waldſänger. Ich möchte an dieſer Stelle beſon— ders den Mahnruf ergehen laſſen, ſchützen! Waäldern Wisconſins den Finken nahe, erinnern in anderer dieſe Tanagrıdae. herrlichen Vögel, welche unſeren Wäldern einen ganz wunderbaren Reiz verleihen, doch auf alle Weiſe zu Einſt waren die Scharlachtangaren in den zahlreich, heute ſieht man ſie nur noch ſelten. Wo ſind dieſe Prachtvögel geblieben? Um die Hüte roher und gefühlloſer Frauenzimmer zu ſchmücken, hat man ihnen auf alle denkbare Weiſe nachgeſtellt und ſie mancherorts, wie ſo viele andere Vögel, faſt ausgerottet. Mit pietätvoller Fürſorge ſollte man die Schönheiten der Natur vor Vandalis— mus ſchützen, und vor allem ſollte man die Singvögel, die wahre Poeſie unſerer Wälder, Gärten, Wieſen und Felder, aufs eifrigſte hegen und pflegen. Die Scharlachtangara. Scarlet Tanager. Tafel XXV. 97 ie Tangaren gehören zu den farbenprächtig— ſten Vögeln der Erde. Ihr Kleid wetteifert mit des Regenbogens Farbenreichtum, mit des Abendrotes Glut, mit der Blumen Schmelz und Pracht. Die etwas über dreihundert Arten der Familie ſind ſämtlich auf Amerika beſchränkt. Sie gehören deshalb ebenſo zu den Charaktervögeln unſeres Piranga erythromelas VIEILI. Vogel 1. vogelreichen Erdteils wie Waldſänger, Vireos, Stär— linge, Kolibris, Tyrannen und andere. Die große Mehrzahl der Familie bewohnt die Tropen von Mexico bis Süd-Braſilien; nur wenige Arten verbreiten ſich bis ins Innere der gemäßigten Zone. Dort, wo unter der tropiſchen Sonne die Victoria regia ihre rieſigen Blätter auf dem Waſſer ausbreitet ; | | | | * % 3 1 | | und ihre gleichfalls rieſigen Blüten entwickelt, wo die | „Königin der Nacht“ ſich entfaltet und ihren berau— ſchenden Duft ausſtrömt, wo Palmen und andere Tropenbäume die Flußufer ſäumen und unwegſame Urwälder bilden, bis hinauf ins kühle Gebirge, wo Schatten und Kühle liebende Fuchſien ſich an den Bäumen emporſchmiegen, wo wundervolle Orchideen und Aroideen als Epiphyten ihre feenhaften, eutzückend ſchönen Blüten auf den dickeren Aſten der Waldbäume entfalten, wo die Edelſteine der Vogelwelt, vielgeſtaltige Kolibris, die Fuchſien, Orchideen und blendend roten Bignonien umſchwirren, da iſt die Heimat der meiſten Tangaren. Alle lieben den Wald oder doch wenig— ſtens baum- und buſchreiche Gegenden, alle meiden die Pampas und baumloſen Ortlichfeiten. Das Gefieder faſt aller Arten iſt jo farbenreich und glänzend und deshalb ſo in die Augen fallend, daß ſelbſt der gleich— gültigſte Menſch davon entzückt werden muß. Schon ihrer Gefiederpracht halber gehören ſie zu den hervor— ragendſten Vögeln der Erde. Neben ihrer Gefieder— ſchönheit beſitzen aber auch viele einen guten, manche ſogar einen ganz vorzüglichen Geſang. Nur etwa fünf Arten verbreiten ſich bis ins Innere der Union. Davon kommen zwei, die Scharlach- und Sommer— tangara, auf den Oſten, zwei, die Louiſiana- und rotbraune Tangara, auf den Weſten. Eine Art (Euphonia elegantissima) hat man bis jetzt nur an der Grenze zwiſchen Mexico und den Vereinigten Staaten und, wie ich glaube, noch nie im Gebiete der Union beobachtet. Unfere bekannteſte und ſchönſte Art iſt die Scharlachtangara, welche ich als den brillanteſten, vornehmſten, am meiſten ins Auge fallenden Vogel der nordamerikaniſchen Ornis bezeichnen möchte. Das herrliche, feurige Scharlachrot des Männchens iſt ſo grell und hervorleuchtend, es ſticht ſo wundervoll gegen das tiefe Schwarz des Schwanzes und der Flügel ab, daß ſelbſt der ſonſt achtlos an der Natur Vorübergehende davon entzückt wird. Geſangeskundig, vornehm-zurückgezogen in ihrem Weſen, zierlich in allen ihren Bewegungen, dreiſt und zutraulich in der Nähe des ihr freundlich geſinnten Menſchen, das ſind die hervortretendſten Charaktereigeuſchaften dieſer Tangara. Von allen Arten verbreitet ſie ſich am weiteſten nach Norden, bis zum Winnipeg-See und Maine. Wie weit ſie nach Süden hin Brutvogel iſt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Ich habe ſie weder in Texas noch im ſüdweſtlichen Miſſouri als Brutvogel gefunden. Am zahlreichſten beobachtete ich ſie von meinen früheſten Jugendjahren an in den Die Scharlachtangara. 289 Laubholz- und gemiſchten Wäldern Wisconſins. Später traf ich ſie regelmäßig als Brutvogel in den Eichengehölzen des nördlichen Illinois. Sie iſt nirgends ein zahlreicher Vogel, kommt jedoch in allen ihr zuſagenden Ortlichkeiten vor und verbreitet ſich ziemlich regelmäßig über das ganze Waldgebiet. Ihre wundervolle, prächtig rote Färbung, welche in der Freiheit, wenn die Strahlen der Sonne darauf ſcheineu, einen eigentümlichen Glanz hat, läßt fie da, wo ſie vorkommt, bald auffinden, obwohl ſie ſtill und zurückgezogen im Gelaube der Bäume lebt und niemals durch lautes und lebhaftes Weſen die Aufmerkſamkeit auf ſich lenkt. Das eigentliche Wohngebiet dieſes Prachtvogels iſt der Wald, namentlich der Saum desſelben. Die Waldbezirke, in denen ſich etwas Untergebüſch, hoch ſich in die Bäume ſchlängelnde Lianen und hohe, dicht belaubte Bäume finden, wählt ſie zu ihrem Lieblings— aufenthalt. Dort, wo ſelten ein Sonnenſtrahl durch das dichte Laubwerk der rieſigen Waldbäume herab zum Boden zu dringen vermag, wo die Walddroſſel in tiefſter Einſamkeit ihre herrlichen Lieder erklingen läßt, wo der Erdfink, der roſenbrüſtige Kernbeißer, Waldpiwis, Vireos u. a. ihre Nachbarn ſind, findet man ſie regelmäßig. Da Sperlings- und Tauben— falken, die Schrecken aller kleinen Vögel, namentlich an den äußerſten Waldrändern vorkommen, ſo führt das Männchen mehr im Junern des Waldes eine mög— lichſt verſteckte Lebensweiſe, wo Laubwerk, Untergebüſch, beſonders auch hoch in die Bäume ſich windende Wein— reben dasſelbe den Augen gefiederter Räuber entzieht. Das grünlichgelbe Weibchen ſtimmt ſo vollkommen mit ſeiner Umgebung überein, daß man es nur ſelten gewahr wird. Es iſt noch ſtiller und zurückgezogener als das Männchen. Wo ſich die Scharlachtangara ſicher fühlt, ſiedelt fie fi) manchmal auch in großen Obſtgärten und Baumpflanzungen an. In einem am Walde gelegenen großen Obſtgarten beobachtete ich mehrere aufeinander folgende Jahre ein Pärchen und am Rande des Gehölzes noch ein zweites Paar. Die Männchen ſcheinen nicht eiferſüchtig und zänkiſch zu ſein, denn man konnte ſie oft friedlich zuſammen nach Futter ſuchen ſehen. Sie waren durchaus nicht ſcheu, ließen ſich bis auf wenige Schritte nahe kommen und längere Zeit in ihrem Thun und Treiben beobachten, ohne daß ſie das Weite ſuchten. Der Warnungsruf eines kleinen Waldvogels, der Schrei eines gefiederten Räubers, ja jeder fremdartige Laut ſetzt ſie jedoch in ſolche Angſt, daß fie kopflos jo ſchuell wie möglich das Laubwerk der Bäume zu erlangen ſuchen. 290 Die Scharlachtangara. Ihre Ankunſt im Brutgebiete erfolgt ziemlich ſpät, gewöhnlich erſt, wenn die Wanderung unſerer Waldfänger ihren Höhepunkt erreicht hat, in Wis— confin fo etwa in der dritten oder vierten Maiwoche. Die Weibchen kommen erſt in den letzten Tagen des Wonnemonats an. Im ſüdweſtlichen Miſſouri zieht ſie etwa am 18. Mai durch. Trotz ihrer kräftig erſcheinenden Geſtalt iſt die Scharlachtangara doch ein zärtlicher Vogel, und der Frühling muß bei ihrem Erſcheinen jedenfalls vollſtändig eingezogen ſein, die Bäume müſſen im jungen üppigen Grün prangen und laue, warme Lüfte müſſen wehen. Obwohl ſie das Weibchen dieſe Arbeit ganz allein. zu den ſpäteſten Ankömmlingen gehört, kommt es f doch vor, daß in den nördlichen Staaten Ende Mai und anfangs Juni noch tagelang anhaltende naßkalte Witterung eintritt. In ſolchen Zeiten halten ſich die meiſten Kerbtiere in ihren Schlupfwinkeln verbor— gen. Waldſängern, Vireos und anderen gefiederten Waldbewohnern ſchadet dieſes kühle Wetter auſcheinend wenig; munter tummeln ſie ſich im Gezweig, die Kerfe aus den Ritzen der Borke und aus den Blüten— kelchen hervorholend, luſtig fingen fie ihre Weiſen. Die Scharlachtangaren jedoch ſitzen mit aufgeblähtem Gefieder ſtill und traurig da. Nicht ſelten findet man ſie während ſolcher Witterung tot am Boden liegen. — Die eigentümlichen Witterungsverhältuiſſe unſeres nördlichen Landesteiles üben überhaupt auf Vogel— und Pflanzenwelt einen großen Einfluß aus. Einen eigentlichen Frühling giebt es kaum. Kalt und wechſelvoll bleibt es bis zum Ende des ſogenannten Wonnemonats, und ohne merklichen Übergang tritt dann die tropiſche Sonnenhitze des Sommers ein, die ſich immer mehr ſteigert und im Juli und Auguſt ſo drückend wird, daß man ſich davon in den Süd— ſtaaten, wo es nachts ſtets kühl iſt und am Tage faſt beſtändig kühle Winde Erfriſchung bringen, keinen Begriff machen kann. Wo ſich noch vor wenigen Wochen nur kleine Pflänzchen zeigten, iſt anfangs Juni ſchon der ganze Boden bedeckt, und üppig wuchern Gras, Stauden und Blumen ſchnell empor. ſteht es ſo weit vom Stamm, daß man es gar nicht erreichen kann. Es iſt das nachläſſigſte, vergäng— lichſte Neſt, welches ich im Norden von irgend einem auf Bäumen und Büſchen brütenden Vogel gefunden habe. Pflanzenſtengel, Baſtfaſern und Blätter— rippen ſind in der Nähe des zum Niſten beſtimmten Platzes bald gefunden. Aus dieſen Stoffen wird der Bau loſe zuſammengeſchichtet, und zwar verrichtet Das Neſt iſt ſo dünn und durchſichtig, daß man von unten das Blau des Himmels hindurchſchimmern ſieht. Ich habe namentlich in Wisconſin und Illinois oftmals Neſter gefunden, und ſie alle ſtanden mehr am Rande, nie im Inneren des aus Buchen, Eichen, Ahorn, Eiſen- und Hopfenbäumen beſtehenden Wal— des. Alle waren ſehr loſe und durchſichtig gebaut. Die vier bis fünf dünnſchaligen Eier find der Grundfarbe nach mattgrünlich-blau, mehr oder weni— ger dicht mit rötlichen und dunkelbraunen und lila— farbenen Flecken gezeichnet. Man findet das Neſt meiſt auf Eichen, Linden, Buchen und Eiſenbäumen, weiter ſüdlich oft auch auf dicht verzweigten Aſten der Tulpenbäume. Nie fand ich es in kleinen Bäumen oder Büſchen. Iſt es in einem Obſtgarten angelegt, ſo ſteht es gewöhnlich hoch oben im Innern eines Apfel- oder Birnbaumes. Die Jungen werden in der erſten Zeit auch vom Männchen mitgefüttert. Letzteres zeigt ſich nicht gerne in unmittelbarer Nähe des Neſtes, aber doch hält es Wache und iſt ſtets ſehr um Weibchen und Junge beſorgt. Wenn man Ende Juni die Wälder durch— ſtreift, vernimmt man ſtets, wenn man ſich einem Tangarenneſte nähert, ein flüſterndes Zwitſchern und ein rauhes Schnarren. Es ſind dies die Angſt- und Warnungsrufe des wachehaltenden Männchens, das man aber nur ſelten in unmittelbarer Nähe ſieht. Kommt man dicht an das Neſt, ſo hüpft das Pärchen, leiſe Angſtrufe ausſtoßend, aufgeregt im oberen Gezweig der Bäume umher. Kleine gefiederte Räuber, wie Blauheher, werden oft mutig angegriffen, wenn Das unendlich zahlreiche Inſektenheer beginnt nun mit aller Macht ſein Zerſtörungswerk. In jedem Gebüſche finden jetzt auch die zarteſten Vögel den Tiſch reichlich gedeckt. Alle Not hat nun ihr Ende erreicht — auch für die Scharlachtangaren. Kalte Tage ſind nun nicht mehr zu befürchten. Etwa in der zweiten Juniwoche findet man das Neſt. Es ſteht immer auf einem horizontalen Seiten— aſte eines meiſt hohen, dicht belaubten Waldbaumes, etwa fünfzehn bis vierzig Fuß vom Boden. Oft hatte, hing ich ſie in demſelben an einer Kiefer des ſie dem Neſte zu nahe kommen. Die Liebe zur Brut iſt außerordentlich entwickelt. Darüber hat ſchon der Altmeiſter der amerikaniſchen Vogelkunde, Wilſon, uns Näheres mitgeteilt. „Als ich eines Morgens durch einen Obſtgarten wanderte“, ſo erzählt er, „fing ich eine junge Scharlachtangara, die erſt kürzlich das Neſt verlaſſen haben mußte. Ich trug ſie eine halbe Meile weit, um ſie meinem Freunde W. Bar— tram zu zeigen. Nachdem ich einen Käfig erlangt Die Scharlachtangara. botaniſchen Gartens auf, nur wenige Fuß vom Neſte eines Gartenoriols, da ich die Hoffnung hegte, daß die Trupiale ſo mitleidig und zartfühlend ſein würden, für den kleinen Fremdling mit zu ſorgen. Aber wie bei ſo vielen Menſchen, fing das Mitleid bei ihnen an und hörte auch bei ihnen auf. Der arme verwaiſte Vogel wurde gänzlich unberückſichtigt gelaſſen. er von mir kein Futter annahm, beſchloß ich, ihn wieder dort hinzubringen, wo ich ihn gefunden, aber Da nachmittags ſtellte ſich eine Scharlachtangara ein, jedenfalls eines der Eltern, flatterte am Käfig herum und verſuchte ſich hinein zu zwängen. Als ſie dies unmöglich fand, flog ſie davon, kehrte aber bald wieder mit Futter im Schnabel zurück. Sie fütterte bis Sonnenuntergang und ſuchte ſich dann einen Schlaf platz in den oberen Aſten desſelben Baumes, auf dem der Käfig hing. Morgens mit Tagesanbruch begann der alte Vogel ſchon wieder mit Füttern, trotzdem ihn die Trupiale bekämpften. Am dritten oder vierten Tage zeigte er ſich ſehr beſorgt und lockte mit den kläglichſten Tönen den Gefangenen, ihm zu folgen. Dies war dem Gefühle meines gutherzigen Freundes zu viel. Er holte eine Leiter, nahm den Käfig herab und gab der jungen Tangara die Freiheit. Fröhlich flogen nun beide von dannen.“ Wenn die Jungen das Neſt verlaſſen, ſehen ie dem alten Weibchen ganz ähnlich; ſie ſind daun oberſeits olivengrünlich, unten grünlichgelb. im folgenden Jahre legen die jungen Männchen das glänzende Prachtkleid an. Aber auch das alte Männchen verfärbt ſich bald nach der Brutzeit. Schon Mitte Juli ſieht man einzelne gelbliche Federn an der Bruſt, anfangs Auguſt ſieht es ſchon recht bunt aus, und Mitte des genannten Monats verraten nur noch einzelne rote Spitzen an den Federn das einſtige Schöne Hochzeitskleid. Ende Auguſt kaun man das aus der Mauſer hervorgegangene Männchen mit Sicherheit nur noch an den ſchwärzlichen Flügeln und Schwanze erkennen. Kurz vor und während der Brutzeit hört man auch oft den wirklich ſchönen Geſang. Er iſt keines— Erſt wegs unbedeutend, gehört vielmehr zu den fröhlichſten Klängen, welche im Juni unſere ſchönen Wälder durch— tönen. Gleich nach ihrem Erſcheinen im Brutgebiete läßt ſie ihre ſonoren flötenden Töne hören. Sie ſetzt ſich dabei ſtets hoch und frei in die Spitzen der Wald— bäume und läßt von hier aus lange Zeit mit etwas emporgerichtetem Schnabel laut und eifrig ihren Ge— ſang erklingen. Als ich einſt an einem lieblichen Juni— tage eine inmitten der Prärie des nördlichen Illinois S 291 gelegene Waldſtrecke beſuchte, um ein hier ſich auf— haltendes Pärchen Fiſchadler zu beobachten, hörte ich plötzlich aus dem Wipfel eines nahen Baumes einen lauten, freudigen, droſſelartigen Geſang erſchallen. Ich hielt den Sänger anfangs für einen Robin, das Fremdartige, Sprudelnde der ſchnell aufeinander fol— genden Töne machte mich jedoch ſtutzig. Es war eine beſondere Überraſchung für mich, als ich in dem Sänger die farbenprächtige Scharlachtangara erkannte. Sie ließ ſich durch meine Anweſenheit durchaus nicht jtören, ſondern ſang nach kurzen Pauſen immer wieder von neuem, und dies dauerte wohl eine gute halbe Stunde. Später habe ich dann noch oft Gelegenheit gehabt, mich an dem Liede dieſer Sängerin zu erfreuen. Sie ſingt allerdings nur kurze Zeit im Jahre, aber dann ſo laut und anhaltend, ſo melodiſch und fröhlich, daß man ganz entzückt der prachtvollen Sängerin lauſcht. Sie gehört eutſchieden zu den beſten Sän— gerinnen unſeres Waldes, deren einzelne Töne Ahn— lichkeit mit verſchiedenen Lauten der Wanderdroſſel (Robin) und des Baltimore-Oriol haben. Sie ſind reich an Wechſel und machen einen gemütlichen, fröhlichen Eindruck. — Der Flug der Scharlachtangara iſt ausgezeichnet. Schnell und aumutig durchfliegt fie ihr Wohngebiet, und hoch erhebt ſie ſich in die Luft, wenn ſie eine größere Strecke zu überfliegen hat. Ihre Nahrung beſteht hauptſächlich aus Juſekten, gegen den Herbſt hin größtenteils aus kleinen Beereufrüchten, wie ſie gerade der Wald bietet. Auf den Boden kommt ſie oft herab, läuft gelegentlich ſogar dem Pflüger nach, um bloßgelegte Würmer aus der Furche aufzuſuchen. Ihre Bewegungen ſind gewöhnlich etwas langſam und ruhig. Ihre Haltung zeigt ein eigentümlich vornehmes Weſen. Schon früh im September ziehen ſie, wahr— ſcheinlich familienweiſe, ſüdlich. Der Geſaug iſt dann ſchon längſt verſtummt und nur der Lockruf, ein charakteriſtiſches „Tſchipä-räsrih, tichip-ä-rä-rih” oder ein einfaches „Tſchip-tſchurr“, vernimmt man noch manchmal, bis auch dieſer endlich nicht mehr zu hören iſt. Still, ſang- und klanglos geht's der Fremde zu. Alle tragen jetzt das grünlichgelbe Kleid des Weibchens und ſind deshalb im grünen Gelaube der Waldbäume ſchwer aufzufinden. Sie ziehen ſehr weit ſüdlich, bis nach Vera Cruz, Coſta Rica, ja ſelbſt bis Bogata, Ecuador, Neu-Granada (nach Hartlaub) und anderen Teilen Südamerikas. Nach Gundlach kommen ſie auf der Inſel Cuba im Oktober aus dem Norden an, ziehen jedoch noch ſüdlicher und erſcheinen im April wieder auf ihrem Durchzuge. Auch auf 0 92 Die Goldtangara. Jamaica überwintern fie nicht, wie dies d’ DOrbiguy | verſichert; fie berühren, nach Albrecht, nur auf dem Frühlingsdurchzuge bisweilen die Inſel. Uuſere Scharlachtangara hat in Braſilien eine Verwandte, die Purpurtangara oder Tapiranga, welche ihr ſehr ähnlich iſt und früher auch oft mit ihr verwechſelt wurde. Schon Wilſon wies auf die glänzend ſcharlachrote Gefieder, gehoben durch tiefes Schwarz, leuchtet förmlich aus dem grünen Gelaube der Waldbäume hervor. Sie ſucht ſich jedoch unſeren Blicken auf alle Weiſe zu entziehen. Es ſcheint, als wiſſe ſie es, daß es böſe, gefühlloſe Bubenjäger genug Unterſchiede hin. Der Schwanz unſerer Tangara ift etwas gegabelt, bei der braſilianiſchen Art etwas gerundet. Dieſe verändert ihr Kleid nie, während die Scharlachtangara ſich jedes Jahr zweimal verfärbt. Unſere Tangara iſt ein ganz vorzüglicher Käfig— vogel, und bei ſorgſamer naturgemäßer Pflege iſt fie auch nicht ſchwer zu erhalten. Friſchgefangene gehen faſt ebenſo ſchnell an den Futternapf wie Cedervögel. Allerlei Beeren, getrocknete Feigen, Roſinen und ein Miſchfutter, wie es zarte Inſektenvögel beauſpruchen, nebſt einigen Mehlwürmern täglich, genügt, um ſie geſund und lebensfroh zu erhalten. Leider verlieren die prächtigen Männchen ihre herrliche Farbe, die nach jeder Mauſer matter und unfcheinbarer zum Vorſchein kommt. Männchen im Prachtgefieder ſind teuer, während man ſie im Winterkleide oft billig in den Vogelhandlungen haben kann. Sie iſt ein ſehr fried— fertiger Vogel und verträgt ſich auch mit den kleinſten afrikanischen und auſtraliſchen Prachtfinken gut. Bei Gefangenen darf man aber keine großen Erwartungen betreffs des Geſanges hegen. Nur einzelne abgeriſſene Töne, vom eigentlichen Geſange ganz verſchieden, hört man. Um eine rechte Vorſtellung von ihrer Schönheit und ihrem Liede zu erhalten, muß man ſich hinaus in den herrlichen Wald begeben, aufmerkſam lauſchen | und ſie in ihrem Thun und Treiben beobachten. Dort nur wird man ihren Geſang und ihre Farben— pracht recht bewundern können. Das prächtige, giebt, welche ihr ernſtlich nachſtellen. Nur zu häufig wird ſie ihrer Schönheit halber von unverſtändigen Menſchen weggeſchoſſen, fie, die ſchönſte Zierde, der herrlichſte Bewohner unſerer nördlichen Wälder. — Es iſt ebenſo wahr als bedauerlich, betrübend und empörend, daß der Menſch, der gefühllofe, rohe Menſch, gerade das Herrlichſte in der Natur zu zerſtören ſucht! Man ſollte ſchon ihrer außerordent— lichen Pracht halber die Scharlachtangara ſorgfältig ſchützen. Sie iſt aber auch ein ſehr nützlicher Vogel und verdient deshalb den Schutz des Menſchen noch mehr. Blauheher und Eichhörnchen zerſtören oft das Neſt, und kleinere Raubvögel ſtellen ihr häufig nach. Sobald ſie jedoch das auffallende Hochzeitskleid mit dem unſcheinbaren grünlichen Reiſe- oder Winter— gewande vertauſcht hat, iſt ſie vor gefiederten Räubern verhältnismäßig ſicher. Namen: Scharlachtangara, Rotvogel. Scarlet Tanager, Black-winged Redbird, Scar- let Black-winged Tanager, Red Tanager, Canada Tanager, Scarlet Sparrow. Tangara écarlate (Le M.), Pyranga rouge et noir (Vieill.), Tangara du Canada (Bufl.). Wiſſenſchaftliche Namen: Tanagra rubra Linn. (1766), Wils., Nutt.. Aud. — Pyranga rubra Vieill. (1807), Aud., Bp., Brd., Coues, B. B. & R. ete. — Phoenieosoma rubra Cab. (1850). — Piranga erythro- melas Vieill. (1819). Beſchreibung: Männchen: Prachtvoll ſcharlachrot, mit tiefſchwarzen Flügeln und Schwanze. — Weibchen: Oberſeits rein olivengrün, unterſeits rein grünlichgelb. Länge 7.25 Zoll; Flügel 4.00, Schwanz 3 Zoll. Die Goloͤtangara. Louisiana Tanager. Tafel XX. Piranga ludoviciana RIC. Vogel 3. & 5 u Zeit Wilſons, des „Vaters der amerifa- | man damals noch nichts. In Jowa, Miſſouri und nniſchen Ornithologie“, zeigte unſer Land ein ganz anderes Bild als heute. Von den jetzigen Minneſota, wo ſich heute allerwärts wohlangebaute | Yandgegenden und junge aufblühende Städte finden, | Staaten Indiana, Illinois, Wisconſin u. ſ. f. wußte | in Kanſas, Nebraska und Dakota, wohin ſich ge- Summer Tanager 2 = — — 5 — AR — * — mi — — \ Ki PIRANC ö SOMMERTANGARA. I. SIALIA MEXICANA Swains. -CALIFORNISCHER HÜTTENSÄNGER -California Bluebird. 2. SIALIA ARCTICA Nutt. - GEBIRGSHÜTTENSÄNGER -Mountain Bluebird. 3. PIRANGA LUDOVICIANA Rich -COLDTANGARA -Louisiana Tanager. +. MYADESTES TOWNSENDII Cab. -KLARINO -Townsends Solitaire. 5. HABIA MELANOCEPHALA Stejn. -SCHWARZKÖPFIGER KERNBEISSER -Black-headed Grosbeak .. 6. CARPODACUS MEXICANUS FRONTALIS Ridsw--HAUSFINK House Finch. 7. PIPILO CHLORURUS Baird. -GRÜNSCHWÄNZIGER ERDFINK -Green-tailed Towhee. 75 ar, N 12 * 4 er BES 1 LE dar . 1 15 2 7 a * X fu 2 3 ” * N N 9 * 7 5 n I BE Te nn 8 8 5 * * 7 A * 1 * £ u = wa“ N 1 \ | = | u — — m Pr * . ˙· ̃ w ] _ on 2 ) a 2 a nr ene 72 188 Die Soldtangara. genwärtig ein ungeheurer Strom von Einwanderern ergießt, hauſten noch vor wenigen Jahrzehnten große In dianerſtämme, wild und kampfesmutig. Mutige Trapper oder Pelzjäger, der Mehrzahl nach franz | zöſiſcher Abſtammung, geſtählt an Körper und Geiſt, waren in den erſten Jahrzehnten dieſes Jahrhun— derts faſt die einzigen Weißen, welche jene unge— heuren Prärien und Wälder durchſtreiften. Miſſiſſippi, dem „Vater der Ströme“, und auf den dunklen Fluten des Miſſouri, deren Waſſer heute von prächtigen Dampfern durchfurcht wird, ſchaukelten ſich damals nur die leichten Kandes der Indianer. Wo früher über die weiten baumloſen, aber gras reichen Prärien unzählige Büffel gen Süd oder Nord wanderten, wo ſich Hirſche und Gabelantilopen tum— melten, da brauſt heute das Dampfroß unaufhaltſam dem Felſengebirge, und über dieſes und die Sierra Nevada dahin, der Küſte des Pacific, dem „goldenen Thore“, zu. Der Name Y-o-u-i-j-i-a-ı-a erſtreckte ſich auch damals noch vom halbtropiſchen Ufer des mexikaniſchen Golfs bis zur Nordgrenze des heutigen Dakota. Es war in den Jahren 1804 bis 1808, da unternahmen zwei mutige, allen Strapazen der Wild— nis Trotz bietende Männer, Lewis und Clarke, eine Forſchungsreiſe vom Oſten unſeres Landes bis zu den Quellen des Miſſouri, und dann den Columbia hinab bis zum Pacific. Dieſe überaus mühevolle und beſchwerliche Reiſe machte damals in der ganzen gebildeten Welt großes Aufſehen. Das von den beiden Genannten veröffentlichte Reiſewerk „Travels to the Source of the Missouri and across the American Continent to the Pacific Ocean“, das zuerſt 1814 erſchien, erlebte bis zur Jetztzeit zahlreiche Auflagen, und wurde in alle bedeutenden neuen Sprachen überſetzt. Zu den Ergebniſſen dieſer Forſchungsreiſe gehört auch die Eutdeckung mehrerer neuer Vogelarten, von denen Clarkes-Heher, Lewis'-Specht und die Louiſiaua— Tangara in Wilſons „American Ornithology“ beſchrieben wurden. Wie faſt alle Tangaren, ſo iſt auch ſie durch beſondere Gefiederſchönheit ausgezeichnet. Der Name | „Louiſiana-Tangara“ iſt freilich heute nicht mehr zu— treffend, denn jenes Gebiet, welches man damals unter der Bezeichnung Louiſiana kannte, iſt längſt in anders benannten Staaten und Territorien aufge— gangen und im heutigen Staate Louiſiana kommt fie nicht vor. und Scharlachkopf (Crimson-headed Tanager) Neues über dieſen Vogel geſchrieben wurde. weiter ſchob die Civiliſation ihre Vorpoſten, mutige Auf dem Ich habe fie deshalb Goldtangara dort zu verbergen. 293 genannt. Über ihr Vorkommen berichtet Wilſon, daß fie in jenen „entlegenen Teilen Louiſianas“, in den ausgedehnten Landſtrichen des Miſſouri, zwiſchen den Oſage- und Mandan-Nationen lebe. Decennien vergingen nun, ehe wieder etwas Immer Pioniere, nach Weſten hin vor. Es entſtanden neue Anſiedlungen, neue Städte, neue Territorien, neue Staaten. Mit dem Vorſchreiten der Kultur wuchſen dann auch unſere Kenntniſſe der Tier- und Pflanzen— welt des Weſtens. Uuſer unvergleichlicher Audu— bon ſtand auf dem Gipfel ſeines Ruhmes und das Erſcheinen ſeines ebenſo unvergleichlichen Haupt— werkes: „The Birds of America“ (1827-1838) hatte bei allen Naturforſchern, Vogelkundigen, Vogel— freunden, überhaupt bei allen Litteratur- und Kunſt— freunden, ja bei allen Gebildeten berechtigte Bewun— derung und Freude zugleich hervorgerufen, aber über die Vögel des Weſtens konnte er aus eigener Beob— achtung wenig mitteilen. — Im Anfang der dreißiger Jahre machten zwei Naturforſcher, der als Botaniker und Ornitholog gleich große Nuttall und der vogelkundige Townsend, eine ebenſo beſchwerliche als au wiſſenſchaftlichen Ergebuiſſen reiche Forſchungs— reiſe nach dem Columbia. Dieſe beiden waren nach Lewis und Clarke die erſten, welche die Goldtangara in jenen Gegenden zahlreich fanden. Die Beobach— tungen dieſer Forſcher und einige gute Farbenbilder dieſes Vogels brachte dann Audubon in den Schluß— heften ſeines großen Werkes. Einen hübſchen Bericht giebt Dr. Suckley, ein von der Regierung angeſtellter Forſcher, der eine der Pacific-Eiſenbahn-Expeditionen mitgemacht hat. „Dieſe ſchöne Tangara“, ſo ſchreibt er, „iſt zu ge— wiſſen Zeiten in der Gegend von Fort Steilacoom ziemlich zahlreich. Im Jahre 1854 machte nur eine beſchränkte Anzahl ihr Erſcheinen, während ich im Sommer 1856 leicht hundert Exemplare hätte ſam— meln können. Ich hatte oft Gelegenheit, fie zu beobachten, doch habe ich ſie nie auf kleine Büſche oder auf den Boden herabkommen ſehen; ſelbſt in den niedrigeren Aſten großer Fichten zeigten ſie ſich nicht oft. Der Lieblingsaufenthalt dieſer Art, wenig ſtens dort, wo ich beobachtete, waren die Rotfichten, die in der wiſſenſchaftlichen Welt unter dem Namen Abies Douglas bekannt find. Sie ſcheinen die Ränder der Wälder zu bevorzugen und gehen nur ſelten in das tiefe Innere, außer um ſich bei Gefahr Bei Fort Steilacoom ſieht man 294 Die rotbraune Tangara. ſie im Frühſommer ſich gewöhnlich hoch oben in den Fichten ſonnen, von einem Baume zum andern eilen oder ſich in den Eichen!) der benachbarten Prärie niederlaſſen. fleißig nach Inſekten umher. find fie nicht ſcheu. Die Männchen ſitzen dann häufig auf einem niedrigen Aſte und erfüllen die Landſchaft mit ihrem fröhlichen, lieblichen Geſange.“ Er fand in deren Magen Überreſte von Koleopteren, namentlich Teile eines größeren Käfers (Duprestis), der die Douglasfichten ſchädigt. Cooper fand die Goldtangara am Puget Sund im Staate Waſhington zahlreich. Sie ſei namentlich an Flußufern und in der Nähe der Prärien gewöhnlich; der Geſang ähnele dem der Scharlachtangara, erinnere auch an den der Wanderdroſſel und klinge entfernt, obwohl der Vogel in der Nähe ſei. Prof. Allen fand ſie in Colorado. Sie iſt dort die einzige Art ihrer Sippe und kommt von der Ebene bis zu einer Höhe von 8000 Fuß im Gebirge vor. Auch dieſer Forſcher berichtet, daß ſie ſowohl in der Lebensweiſe als auch im Geſange der Scharlachtangara auffallend ähnele. Im ſüdlichen Colorado fand ſie Henſhaw in den Baumwollen— pappeln der Flüſſe, in einer Höhe von 7500 Fuß, und noch viel häufiger in den Tannen bis zu 10,000 Fuß über dem Meere. Auch im ſüdlichen Arizona fand er ſie zahlreich, und am Gila beobachtete er ſie noch Mitte Oktober, zu welcher Zeit ſie ſüdlich zog. Ridgway war der erſte Ornitholog, welcher Neſt und Eier entdeckte und auch außerdem noch ganz beſondere Beobachtungen machte. In ſeiner Eigen— ſchaft als Naturforſcher einer von der Regierung aus— geſandten, von Clarence King geleiteten Expe— dition, machte er ihre Bekanntſchaft in der Sierra Nevada. Das dem Geſange der Scharlachtangara ähnliche Lied erregte zuerſt ſeine Aufmerkſamkeit, als er ſich inmitten des ſchönen Nadelholzwaldes der Sierra aufhielt. In allen waldigen Diſtrikten be— gegnete er ihr beſtändig, ebenſo in den Weiden und Baumwollenpappeln (Cottonwocd) der Flußthäler, wie in den Cedern und Pinons der Gebirgshöhen. Im Mai traf er ſie in Geſellſchaft des ſchwarzköpfigen Kernbeißers (Habia melanocephala) und des Gold— oriols (Zeterus Bullochii) häufig in den Dickichten der Weiden und Büffelbeeren im Truckee-Thale, nahe Pyramid-Lake, wo ſie die Knoſpen des Fettholz— ſtrauches?) verzehrten. Später im Sommer konnte man die klagenden Laute der Jungen in den Nadel— 1) Quercus Garryana. 2) Obione. Später in der Jahreszeit fuchen fie | Während der Brutzeit holzwäldern des Humboldtgebirges hören, wo ſie die fleiſchigen Früchte einer Weißdornart, welche in jener Gegend im Überfluß wächſt, verzehrten. Sie zeigten ſich hier in Geſellſchaft von Spechten, Cedervögeln, beiden Kreuzſchnäbeln und verſchiedenen anderen Vögeln. Auch er beobachtete, daß ſie in Lebensweiſe und im Geſange der ſchon wiederholt genannten Verwandten gleicht. Doch mache ſich in dem gewöhn— lichen Rufe ein Unterſchied bemerklich, denn dieſer laute bei der Goldtangara wie „Plit-it“, während der der Scharlachtangara wie „Tſchipp-ra-rih“ klinge. Am 9. Juni fand er in Parleys Park, Utah, das Neſt dieſer Art. Es war in das äußerſte Ende eines horizontalen Aſtes einer Tanne des Waldes gebaut, und beſtand äußerlich aus einigen Zweigen und trof- kenen drahtähnlichen Stengeln und war faſt ganz mit feinen Wurzeln ausgelegt. Es iſt, wie die Neſter der anderen Arten, ebenfalls ein lockerer, dünner, kunſt— loſer Bau. Die drei bis vier Eier ſind der Grund— farbe nach rein grün. Die Zeichnungen ſtehen etwas ſpärlicher als bei den Eiern unſerer andern Tangaren, doch zeichnen ſie ſich durch ihr dunkles Kolorit aus; namentlich treten die Punkte am dicken Ende, wo ſie ſich häufen, ſcharf hervor. Namen: Goldtangara, Louiſiana-Tangara, rotköpfige Tangara. Louisiana Tanager, Orimson-headed Tanager. Pyranga à face rouge (Vieill.). Wiſſenſchaftliche Namen: Tanagra ludoviciana Wils. (1811). — Piranga ludovieiana Rich. (1837).— Phoe- | nicosoma ludovieianum Gieb. (1876). — Pyranga ery- | thropis Vieill. (1519). —Tanagra columbianus Brewer (1840). Beſchreibung: Mäunchen: Mitte des Rückens, Flügel und Schwanz ſchwarz; zwei gelbliche oder weißliche Flügelbinden; der ganze Kopf bis faſt zur Bruſt ſchar— lach- oder zinnoberrot; Unterſeite und das ganze übrige Gefieder gelb. — Weibchen: Oberſeits olivengrünlich, am dunkelſten auf der Mitte des Rückens, am hellſten am Bürzel; Unterſeite mehr gelblich. Länge: 7 Zoll; Flügel 3.75; Schwanz 3 Zoll. Die rotbraune Tangara. Piranga hepatica Swaıns. Hepatie Tanager. Die rotbraune Tangara iſt ein Bewohner der Gegenden des ſüdlichen Felſengebirges, von wo aus ſie ſich hinein nach Mexico und ſüdlich bis Guate— mala verbreitet. Schon lange zuvor von Swainſon als ein Vogel Mexicos beſchrieben, fand ſie Dr. S. W. Woodhouſe im San Fraucisco-Gebirge, wenn 7 — _ Die Sommertangara. ich nicht irre im Jahre 1853. Sie iſt dann ſpäterhin in Neu-Mexico und am zahlreichſten in Arizona von Dr. Coues und Henſhaw beobachtet worden. Aus deren Mitteilungen geht hervor, daß ſie ſich in keiner Weiſe von den ausführlicher beſchriebenen Arten unterſcheidet. Sie wurde namentlich in den Nadel— wäldern des Gebirges beobachtet und ſchien in der Nähe der mexikaniſchen Grenze am zahlreichſten zu ſein. Das Neſt iſt ein ebenſo loſer Bau, als das der anderen Arten, und die Eier ſcheinen auch nicht weſentlich anders gefärbt zu ſein. Namen: Rotbraune Tangara, Lebertangara. Hepatic Tanager, Liver-colored Tanager. Wiſſenſchaftliche Namen: Piranga hepatica Swains., Kennerly l'. R. R. R. X, Whipple’s Route. Birds— Plate 31 (ſehr ſchön abgebildet). Coues, Birds Col. Valley. 1878, p. 355—359. — Phoenicosoma hepatien Cab. — Pyranga Azarae Woodh. — Tanagra dentata Licht. Beſchreibung: Altes Männchen oben mattrot mit grauem Anflug. Unterſeite hell zinnoberrot, an den Seiten ſtark braunrot angeflogen. Kopfkrone, obere Schwanzfedern und Flügelränder hervortretend braunrot. — Das Weib— chen iſt auf der Oberſeite olivengrünlich, der Rücken mehr grau. Unterſeite grünlichgelb, an den Seiten hervortretend olivengrünlich. — Junge oberſeits oliven— grünlich, Rücken mit dunklem Anflug, Unterſeite gelblich, Bruſt und Seiten deutlich ſchwärzlich geſtrichelt. Länge 7.30 bis 8.20 Zoll. Die Hommertangara. Summer Redbird. Piranga rubra VIEILL. SEE NINE, eine mir bekannte Stadt des Südens iſt jo reich 6) an herrlichen Bäumen und halbtropiſchen Gartenanlagen als Jackſonville in Florida. Der weiße, ärmlich ausſehende Sandboden ſcheint der Vegetation ungemein förderlich zu ſein, denn die angepflanzten Alleen von Lebens- und Waſſereichen dürften kaum irgendwo ihresgleichen finden. und breit, üppig belaubt und dicht veräſtet, bilden dieſe Bäume eine wahre Zierde der ganz nach nörd— lichem Muſter gebauten Stadt. Hatte ich ſchon die prächtigen Kameliengärten Penſacolas bewundert, die mit köſtlichem Roſenduft erfüllten Gartenanlagen Tallahaſſees beſonders reizend gefunden, hier ſchien alles, was die ſüdlich gemäßigte und ſubtropiſche Zone Schönes an Pflanzenformen zu bieten vermag, vereinigt zu ſein. Pittoſporum, Gardenien, Banana— und Theeolivenſträucher, ſonſt nur buſchartig wach— ſend, zeigten ſich hier als dichte mit wonnig duftenden Blüten geſchmückte kleine Bäume, während Bambus— gruppen, Kampferbäume, Magnolien, Bananen, Orangen- und Citronenbäume, namentlich aber Sago⸗ ), Kokos), Dattel- und verſchiedene Fächer— Groß palmen den Gärten ein entſchieden tropiſches Gepräge | verliehen. Einen unvergeßlich tiefen Eindruck hinter 1) Cycas revoluta. 2) Cocos australis.“ ließ der erfte an einem ſchönen Aprilmorgen unter— nommene Spaziergang durch den ſchönſten Stadtteil. Die Luft war angefüllt von dem Dufte der rieſig entwickelten Theeroſen und des an den Häuſern ſich emporſchlingenden Jasmin. Als ich an einer beſonders ſchönen Gartenanlage ſtill ſtand, um die mächtigen ſtammförmigen, über dem Boden ſtehenden Zwiebeln der Hakenlilien!) und die blühenden Amaryllis zu bewundern, erſchallte aus der Spitze einer großen Magnolie der laute ſchöne, mir wohlbekannte Geſang der Sommer- oder Feuertangara als Morgen— gruß entgegen. Unbekümmert um die vielen Spazier— gänger, die der kalte Winter des Nordens hierher getrieben, fang fie ihre Lieder. Ich gewahrte fie dann in allen Teilen der Stadt, wo es große Bäume gab, nirgends aber ſo zahlreich, als in St. Nicholas, Jackſonville gerade gegenüber. Dort hat ſich ein einſtiger „Neunundvierziger“ und wohlbekannter Journaliſt, Herr Albert Fries !), ein idylliſches Heim inmitten des Urwaldes geſchaffen. Ehe man zum Wohnhauſe gelangt, hat man eine mehrere Acker große parkartige Anlage zu paſſieren. In der Nähe des 1) Crinum giganteum, C. amabile und C. asiaticum. *) Im Jahre 1848 und ’49 Redakteur und Herausgeber des „Rheiniſch— Weſtf. Courier“. 296 Die Sommertangara. Eingangs zu derſelben ſtehen dicht mit ſcharfſtacheligen | fie ſich in den blühenden Magnolien und Gordonien Blättern bewehrte, verzweigte Palmenlilien oder Juccas. Die herrlichen immergrünen Magnolien, Gordonien und amerikaniſchen Lorbeerbäume ſpenden, im Verein mit Ulmen, Amberbäumen, Hickory und anderen Waldbäumen, ſtets kühlen Schatten. Untergebüſch iſt zumeiſt entfernt, doch finden ſich allerwärts noch Gruppen von Baumheidel- oder Sparkelbeerbäumchen, Stechpalmen, Schneeglöckchen und Styraxbüſchen, ſowie Azaleen und Lorbeerkirſch— bäume. Trompetenlianen, Bignonien und wilder Wein klettern allerwärts an den zum Teil mit Moos behangenen Baumrieſen empor. Dann tritt man hinaus in den Orangengarten und erreicht nach kurzem Gang das mit rieſigen Magnolien und Lebenseichen umgebene Wohnhaus, von deſſen Veranda aus man einen herrlichen Überblick über den St. Johns (San Juan nannten ihn die Spanier) und das gegenüber— liegende Jackſonville hat. In dieſer Parkanlage ſchwärmt es von Vögeln, dank des Schutzes, den hier die gefiederten Sänger des Waldes vom Beſitzer, der ein begeiſterter Naturfreund iſt, genießen. Kardinäle, Spottvögel und Papſtfinken find beſonders zahlreich. Im Winter thun ſich Robins, Braundroſſeln, Hütten— ſänger und viele andere an den Sparkel- und Hülſen— beeren gütlich. Keinen Vogel hörte ich aber ſo laut und anhaltend ſingen, als die ziemlich zahlreich vor— kommenden Feuertangaren. Jedenfalls waren die meiſten auf ihrer Reiſe begriffen, denn ihr Brutgebiet erſtreckt ſich nördlich bis New Jerſey und ſelbſt bis zum Connecticut-Thale, Ohio, Indiana, Illinois und Miſſouri. Nur in vereinzelten Fällen kommt ſie als Brutvogel in den nördlichſten Teilen der vier zuletzt genannten Staaten vor: ihre eigentliche Heimat ſind die Südſtaaten, namentlich diejenigen, welche an den Golf grenzen. Ich lernte ſie in Texas kennen, wo ſie hauptſächlich den Pfoſteneichenwald bewohnt, ohne indes die ſchattigen Hochwälder der Fluß- und Bach— niederungen zu meiden. beobachtete ich ſie ebenfalls oft. Nach Weſten verbreitet ſie ſich bis zu den großen Ebenen. Den Winter verbringt ſie auf Cuba, im öſtlichen Mexico, Central— amerika und dem nördlichen Südamerika. Im Weſten der Union wird ſie durch eine wenig abweichende Varietät (P. rubra Cooperi Rıpaw.) vertreten. Sie gereicht dem Walde des Südens nicht in dem Maße zur Zierde, wie die glänzender und intenſiver rote Scharlachtangara dem nördlichen, doch hebt ſich ihr feuriges Gefieder von dem Dunkelgrün der Bäume wunderbar ab. Beſonders herrlich erſcheint ſie, wenn Das Im ſüdlichen Miſſouri oder im dunkeln Blattwerk der Lebenseichen zu ſchafſen macht. Ihr Hochzeitskleid iſt mit wenigen Worten beſchrieben. Das Männchen iſt einfarbig zinnoberrot, am dunkelſten und matteſten auf der Ober-, am glänzendſten auf der Unterſeite. Das Weibchen iſt bräunlich-olivenfarbig, unterſeits mattgelblich. Von Weitem geſehen und oberflächlich beobachtet, ähnelt fie (das rote Männchen) dem Kardinal, und das gewöhnliche Volk des Südens verwechſelt ſie auch fortwährend mit dieſem. Viele neunen ſie geradezu den „Kardinal ohne Haube“. Durch ihr helleres Rot, ſowie durch das Fehlen der Kopfhaube unter— ſcheidet ſie ſich auf den erſten Blick von dem genannten Vogel. Unſere Tafel XIX, nach einem von der genialen Meiſterhand Prof. Robert Ridgways gemalten Aquarell hergeſtellt, macht jegliche Beſchrei— bung überflüſſig. Es iſt eines der ſchönſten je erſchie— nenen Vogelbilder und übertrifft au poetiſcher Auf— faſſung und Genauigkeit, wie alle von Ridgway gemalten Tafeln, ſelbſt die Audubons. Der Hintergrund ſtellt eine Landſchaft des unteren Wabaſh im ſüdlichen Illinois dar. Obwohl dieſe Tangara einer der gewöhnlichſten und auffallendſten Vögel der ſüdlichen Wälder iſt, berichten doch die meiſten Forſcher nur wenig über ihren Geſang und ihre Lebensweiſe. „Ich fand ſie“, ſchreibt Prinz Maximilian von Wied, „in den großen Waldungen am ſüdlichen Ohio und am Miſſiſſippi, wo ſie auf einem ſechs bis neun Fuß hohen Strauche ſaß, ruhig und lautlos, ohne einen Ton von ſich hören zu laſſen, wie die meiſten braſili— aniſchen Tangaren. Der ſchöne rote Vogel fällt angenehm ins Auge und iſt durchaus nicht ſchüchtern. An der Stelle, wo der Ohio ſich mit dem Miſſiſſippi vereinigt, waren an beiden Ufern große geſchloſſene Waldungen, in denen nur eine kleine Anfiedelung von wenigen Gebäuden den Holzwuchs unterbrach. Hier ſahen wir lebende junge Bären, deren Mütter ganz in der Nähe erſchoſſen worden waren, und gegenüber am anderen Ufer vertieften wir uns in den am Boden zwar ziemlich freien, im übrigen aber dunkelſchattigen erfriſchenden Hochwald. Während ſchöne Schmetter— linge in großer Anzahl umherflogen, fiel unſer Blick doch zunächſt auf die vielen zinnoberroten Tangaren, welche, ſtill auf den niedrigen Zweigen ſitzend, uns nahe herankommen ließen; mehrere Pärchen wurden erlegt und es währte nicht lange, ſo fand ich auch ein Neſt derſelben, auf welchem der weibliche Vogel ſitzen blieb und ſich ganz in der Nähe betrachten ließ. Das Die Sommertangara, Neſt ſtand etwa zehn Fuß hoch vom Boden in einer | Aſtgabel, und da das Stämmchen zu dünn war, ſo konnten wir es leider nicht näher betrachten, zumal die Schiffsglocke bereits die zerſtreuten Paſſagiere zurück— rief.“ Während meines vierjährigen Aufenthalts in brechung. Dabei iſt fie keineswegs ſcheu, denn ihre Lieder erklingen oft ganz in der Nähe einer menſch— erwähnte, inmitten der Stadt. Texas und während meiner Reiſen in den Südſtaaten hatte ich die beſte Gelegenheit, den ſchönen Vogel kennen zu lernen. Die Sommertangara zieht ſtets trockene Waldſtrecken denen des naſſen Tieflandes vor, doch iſt ſie auch in allen Wäldern der Fluß- und | einheimiſchen. Bachniederungen, ſofern dieſelben nicht ſumpfig find, | zahlreich. Bächen und Bayous, wo die ſchöne Lorbeereiche !, Pfoſteneichen, Ulmen, Magnolien, Amber- und Tul— penbäume ſtanden, welche oft dicht mit „ſpaniſchem Moos“ behangen waren, wo ſich mexikaniſche Maulbeeren, Saſſafras, Schneeball, Hart— riegel und Hülſen fanden, ein ziemlich gewöhnlicher Vogel. Hier, wo Lerchenfinken, Kardinäle, Spott— Zaunkönige ihre nächſten Nachbarn waren, ſchien ſie ſich beſonders wohl zu fühlen. Pfoſteneichenwalde, zwiſchen dem Brazos und Colo— rado, war ſie einer der gewöhnlichſten Vögel. In den Lebenseichengruppen der Prärien dagegen trifft man ſie ſelten, wahrſcheinlich weil es hier an Waſſer mangelt. Sie erſchien in meinem Beobachtungsgebiet, etwa unter dem 30. Grad nördlicher Breite, ungefähr am 20. April, gerade als die großblumige Magnolie ihre erſten Knoſpen öffnete, als die kleinen nördlichen Waldſänger zahlreich wurden. Buſchvireo hatte dann gerade ſein künſtliches, mit Moos verziertes Hängeneſtchen vollendet. Männchen treffen einige Tage früher ein als die Weibchen. In Florida beobachtete ich ihre Ankunft dagegen ſchon in der erſten Aprilwoche. — Hoch oben in den Wipfeln der Bäume ſitzen nun die Männchen und jubeln ihre ſchönſten Weiſen. Ganz abgeſehen vom Geſange würde ſchon ihre beſtechende Farben— pracht die Aufmerkſamkeit des Naturfreundes erregen, und dies umſomehr, da ſie ſich nirgends zu verbergen ſuchen. Doch noch mehr als die Farbenpracht feſſelt der wirklich köſtliche droſſelartige Geſang. Derſelbe iſt mannigfaltiger, lauter, feuriger und melodiſcher als der der Scharlachtangara. Stundenlang ſitzt ſie auf einem Baumwipfel und ſingt faſt ohne Unter— 1) Quercus imbricaria. Auch im einförmigen Der weißäugige oder Die Sie waren namentlich bei Houſton an den als Unterholz lichen Wohnung und ſogar, wie ich ſchon oben Die einzelnen Töne folgen ſchuell aufeinander, ſind flötenartig, laut, etwas metalliſch, vereinigen ſich aber zu einem fröh— lichen herrlichen Liede. Manche Vogelkundigen, jo Dr. Brehm, ſprechen den Tangaren vollſtändig allen Geſang ab. Dies mag bei den eigentlichen tropiſchen Arten zutreffen, nicht aber bei den hier Getroſt darf ich behaupten — und alle unſere Beobachter werden mir beiſtimmen müſſen — daß die Scharlach- und Sommertangara unſern beſten Sängern zuzuzählen ſind. Sie ſingt am eifrigſten früh am. Morgen und ſpät nachmittags; ſchweigt aber auch während der heißen Tageszeit nicht ganz. Dagegen iſt die Geſangszeit ſehr kurz. Am eifrigſten ſingt ſie gleich nach der Ankunft und während das Weibchen brütet. Sobald die Jungen aus den Eiern geſchlüpft ſind, verſtummen ihre Lieder. vögel, Gartentrupiale, blaue Kernbeißer, Carolina— Ihr gewöhnlicher Ruf iſt ein lautes, etwas rauhes „Tſchicki-tſchucki-tſchuck!. Später, wenn die Jungen das Neſt verlaſſen haben, hört man von beiden Eltern ſehr oft ein durchdringendes „Tſchrr-räd— dät-dät“. Dieſe Laute werden hoch oben in den | Waldbäumen, wo das Auge den Vogel kaum im dichten Laubwerk wahrzunehmen vermag, ausgeſtoßen. Wenn ſich die in Büſcheln ſtehenden Knoſpen der orangerot blühenden Trompetenliane geöffnet haben, dann iſt es faſt unmöglich, unſeren roten Vogel aufzufinden. Das Neſt dieſer Tangara findet man in Texas anfangs Mai. Zum Niſtplatz wählt ſie mit Vorliebe am Waldesſaum, nicht allzufern vom Waſſer, einen ziemlich großen Baum. Auf Pfoſteneichen, Hickory— und Amberbäumen, Magnolien u. ſ. w. wählt ſie ſich zur Anlage des Baues einen dichtbelaubten wage— rechten Aſt, ziemlich weit vom Stamme. Am äußerſten Ende desſelben legt ſie ihr Neſt verſteckt an, wenigſtens iſt es von unten nur ſelten deutlich ſichtbar. von mir gefundenen Neſter ſtanden immer in einer Höhe von fünfzehn bis zwanzig Fuß, doch iſt es auch gelegentlich nicht mehr als ſechs bis ſieben Fuß vom Boden angelegt. Der Bau, den das Weibchen ohne Beihülfe des Männchens herſtellt, iſt ebenſo nachläſſig und loſe zuſammengefügt wie der der Scharlach— tangara. Die Wandungen ſind ſo dünn aus Heu— halmen und etwas Baſt gebaut, daß man vielfach hindurchſehen kann. Es iſt daher nicht zu ver— wundern, daß gar manches Neſt durch Stürme und 38 Die 298 Die Sommertangara. Regengüſſe zerſtört wird. Die vier bis fünf Eier find | in der Färbung von denen der Verwandten gar nicht zu unterſcheiden, doch ſind ſie etwas größer. Sie ſind ſehr dünnſchalig, der Grundfarbe nach grünlich | und ziemlich dicht, namentlich am ſtumpfen Ende, mit | verſchiedenen braunen Flecken gezeichnet. Ich habe oft tagelaug ſuchen müſſen, ehe ich ein Neſt fand. Nur durch das ängſtliche Gebahren der Alten wird der Standort desſelben manchmal verraten. Wo die Bäume dicht mit ſpaniſchem Moos oder Bartflechten | bewachſen ſind, iſt es oft ſehr ſchwierig, den Bau zu entdecken. Er beſteht an derartigen Ortlichkeiten auch faſt ganz aus Moos, und unterſcheidet ſich durch nichts von ſeiner Umgebung. Dieſe Tangaren ſind ſehr zutraulich, wenn man ſie nicht behelligt. Sie bauen ſehr gerne in die Gärten, wenn ſich in denſelben größere Bäume, wie Magnolien, Lebenseichen, Cedern und Honigafazien (Honey Locust), finden. In den höheren Zweigen der Magnolien und Lebens- eichen, in welche fie mit Vorliebe zu bauen ſcheinen, iſt das Neſt vor Beraubung ziemlich ſicher, denn es iſt von unten, von oben und von der Seite durch dichtſtehende, große immergrüne Blätter trefflich ge ſchützt. In den größeren Gärten Houſtons habe ich ſie oft geſehen. Sie kam ohne Scheu in die ſchirm— förmigen Chinabäume, Pittoſporum- und Granat- ſträucher, in die mit Wiſtarien überrankten Catalpas und namentlich gerne in die Feigenbäume, wenn ſich reife Früchte auf denſelben vorfanden. f Die Sommertangara verzehrt ebenſowohl Obſt und Beerenfrüchte aller Art als Juſekten. Die Nahrung der Jungen beſteht faſt ausſchließlich aus Inſekten. Sie ſucht letztere meiſt vom Gelaube und Geäſt der Bäume ab. Hauptſächlich ſind es Käfer, Würmer, unbehaarte Raupen, Schmetterlinge, Nacht— falter und Fliegen, auf welche ſie fahndet. Später, wenn die Jungen ausgeflogen ſind, verzehrt ſie die Beeren verſchiedener Schneeballſträucher, wilde Kir— ſchen, Maulbeeren, Holunder- und Kronsbeeren und die aromatiſchen Früchte des in ſüdlichen Wäldern ſo häufigen mexikaniſchen Maulbeerſtrauches. Ein Leckerbiſſen für ſie ſind aber reife Feigen. Ich fing in Texas oft Sommertangaren in Fangkäfigen, die mit Feigen geködert waren. Sie gingen ohne Um— ſtände ans Futter und gewöhnten ſich ſchuell ein. Bei einer Pflege, wie man ſie Spottdroſſeln zu teil beſchloß, daß gewöhnliche Sammler und Händler mit werden laßt, hielten fie jahrelang aus. Auch das Männchen dieſer Art verliert nach der Brutzeit das prächtige zinnoberrote Hochzeitskleid und | legt das unſcheinbare grünlichgelbe des Weibchens an. Anfangs September beginnt die Reiſe nach dem Süden, und Ende des genannten Monats ſind auch die letzten Nachzügler ihrem Winterquartier zugeeilt. Die Sommertangara hat viele Feinde. Sehr gerne ſchmuggelt der Kuhvogel ſein Ei in ihr Neſt. Die eigene Brut geht dadurch zu Grunde, während der Schmarotzer wohlgenährt das Neſt der Pflege— eltern verläßt. Blauheher, Eichhörnchen, Oppoſſums, Waſchbären und namentlich Schlangen vernichten nur zu häufig das Gelege und verzehren die Jungen. Doch der ſchlimmſte Feind iſt der Menſch. Ihre beſtechende Schönheit macht ſie nur zu oft zur Ziel— ſcheibe roher und gefühlloſer Schützen. Der „Mode— teufel“ und die krankhafte Sucht vieler, Sammlungen anzulegen, obwohl dieſe für ſie nicht den geringſten Wert haben, da ſie weder Vogelfreunde, noch Vogel— kundige ſind, können als Hauptgrund angegeben werden, daß dieſe Vögel immer ſeltener, namentlich im nördlichen Teil ihrer Sommerheimat, auftreten. Man ſieht unſere farbenprächtigen Tangaren häufiger als andere Vögel in den Schaukäſten der Putzläden ausgeſtellt. In den Glaskäſten mit ausgeſtopften Vögeln ſind ſie faſt immer vorhanden. Nirgends ſind dieſe herrlichen Geſchöpfe, welche im Walde Auge und Herz erfreuen, ihres Lebens mehr ſicher, allerwärts lauert Tod und Verderben auf ſie. Sogar während der Brutzeit, wenn ſich Junge in den Neſtern befinden, ſchießt man ſie weg. Gefühl und aufrichtige Freude an den Schönheiten der Natur, Begeiſterung für unſere herrliche Vogelwelt, wie ſie einem jeden wahren Vogelkundigen eigen ſein muß, ſind dem gewöhnlichen amerikaniſchen Sammler unbekannte Begriffe. Ich kenne eine ganze Anzahl ſolcher „Sammler“, die jährlich drei- bis viertauſend kleine Vögel wegſchießen, die jedes Gelege mitnehmen, ohne auch nur von fünfzig Arten die Namen, von kaum einer Art den richtigen wiſſenſchaftlichen Namen zu kennen. Werke unſerer großen Forſcher, eines Au— dubon, Wilſon, Nuttall, Baird, Coues, Nidgway ſind ihnen kaum dem Namen nach bekannt, dagegen werden fleißig die Zeitſchriften für Eierſamm— ler und Bücher ähnlichen Schlages geleſen. — Haben ſie einen Vorrat geſammelt, ſo verkaufen ſie denſelben an die Modewaarenhändler. Recht wohl gethan hat darum die amerikaniſche ornithologiſche Vereinigung („American Ornithologists' Union“), als ſie Bälgen nicht in ihren Verband aufgenommen werden ſollen und daß ſie ferner einen Ausſchuß für Vogel— ſchutz ernannt hat. Den Ornithologen allein iſt es 1 3 . 1 Die Sommertangara. zu danken, daß eine beſondere Geſellſchaft zum Schutze unſerer Vögel, die „Audubons-Society“, gegründet wurde, die ſich bereits über das ganze Land verzweigt und Tauſende von Mitgliedern zählt. — Doch laſſen wir zum Schluſſe Coues noch reden. Er ſchreibt: „Die Tangaren ſind ihrer Schönheit und verſchieden— artigen Farbenpracht halber berühmt. Sie gehören deshalb auch zu den Vögeln, welche man in Glaskäſten der Ausſtopfer und der Putzgeſchäfte, ſowie als Hut- verzierung moderner ‚Damen‘, welche zu abjchref- kenden Beiſpielen einer rohen Geſchmacksverirrung herabgeſunken find, ſieht. Dieſer verfehlte Geſchmack huldigt nur zu oft rohen Zieraten. Früher trug man höchſtens ausgewählte Federn, welche ſich ent— weder durch Schönheit der Farbe oder durch Anmut ihrer Form auszeichneten; aber die Luſt am Rohen und Gefühlloſen, welche unſeren modernen Damen eigen iſt, brach unter verſtärkten krankhaften Symp— tomen neuerdings aus, und dieſe krankhafte Sucht hat es dahin gebracht, daß ſich Weiber in ornitholo- giſche Muſeen verwandeln ließen. Ich zählte einſt an der Kleidung einer indianiſchen Squaw die Federn von nicht weniger als fünfzehn verſchiedenen Vögeln. Ihr Mann dagegen hatte eine aus den Krallen des Grizzlibärs und menſchlichen Fingerſpitzen beſtehende Halsverzierung. Sitten! Der Putz dieſer Wilden erſchien mir nicht ſo abgeſchmackt, als der einer anderen Frau, die ich bald darauf zu ſehen Gelegenheit hatte. Auf ihrem Buſen ruhte eine mit Gold verzierte Tigerkralle, und Doch andere Verhältniſſe, andere 299 von den Ohren herab hingen ebenſolche, Verzierungen. Das Haar hatte ſich in den hinteren anatomiſchen Bau eines grünen Reihers (gewöhnlich Shitepoke genannt) geniſtet, und an ihren Lenden war ein lebendiger Pudel an einem langen blauen Bande befeſtigt. Dieſe Toilette würde noch mehr Effekt gemacht haben, wenn die lilienweiße Schminke in Streifen, anſtatt in gleichmäßiger Lage aufgetragen geweſen wäre und wenn ſich in der Naſe ein Ring von Knochen oder Fiſchbein befunden hätte.“ Namen: Sommertangara, Sommerrotvogel, Zinnobertan— gara, Feuertangara, Flachsvogel, Miſſiſſippi-Tangara. Summer Tanager, Summer Redbird. . Tanagra du Mississippi (Buff.), Pyranga rouge (Vieill.), Tanagra vermillon (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla rubra Linn, (1758). — Muscicapa rubra (1766). — Piranga rubra Vieill. (1807). — Tanagra aestiva Gmel. (1788). — Pyranga aestiva Vieill. (1819). — Phoenicosoma aestiva Cab. (1850). — Tanagra mississippensis Gmel. (1788).— Pyranga mississippensis Max v. Wied (1858). Merula marilandica Bartr, (1791). Beſchreibung: Altes Männchen prachtvoll zinnoberrot. Weibchen oberſeits matt olivengrünlich, unterſeits gelb— lich. Siehe unſer prachtvolles Bild von Prof. Ridg-⸗ way (Taf. XIX), Männchen und Weibchen darſtellend. Länge 7.50 Zoll; Flügel 3.69, Schwanz 3.00 Zoll. Die Varietät heißt: Coopers⸗Sommertangara, Cooper's Tanager. Pyranga Cooperi Ridgw. (1869). — Pyranga aestiva Cooperi Coues (1872). — Piranga rubra Coo- peri Ridgw. (1885). — — x Finches, Sparrows, etc. Familie der Finken ) verbreitet ſich in zahl— reichen Arten über die ganze Erde, von den Gleicherländern bis zu den Polargegenden. Von den etwa neunzig in den Vereinig— ten Staaten vorkommenden Arten finden ſich Vertreter am Meere, in den Mär— ſchen und Sümpfen, Feldern, in den Gärten, ſelbſt in volkreichen Städten, auf den einſamen baumloſen Prärien und im Hochgebirge. ie lich paarweiſe, ſchlagen ſich im Herbſt zu mehr oder minder großen Flügen zuſammen und ziehen geſellſchaftlich ſüdlich. Die meiſten finden in den Südſtaaten eine ihnen zuſagende Winterherberge, viele ziehen aber bis in die Tropen, während einzelne jahrein jahraus Standvögel ſind. Ihre Nahrung beſteht vom Spätherbſt an aus dem verſchiedenſten Geſäme, namentlich aus Unkraut— und Grasſämereien, im Frühling und ausſchließlich aus Inſekten. Außer dem von Europa eingeführten Sperlinge iſt keiner unſerer Finken eigent— lich ſchädlich; die meiſten ſind durch das Vertilgen von Unkrautſämereien und allerlei Kerbtieren ſogar von ſehr großem Nutzen für die Landwirtſchaft. — Viele unſerer Finken haben einen herrlichen Geſang. Ich erinnere nur an das Lied des Singſperlings, des Goldzeiſigs, des roſenbrüſtigen Kernbeißers, des Papſt- und Indigofinken und des roten Kardinals. Die meiſten haben ein einfaches aber reiches Federkleid, auf Wieſen und Während der Brutzeit leben fie gewöhnz eG ie Finken. Sommer fait | Fringülidae. während eine ganze Anzahl Prachtvögel erſten Ranges ſind. Durch ihren Geſang, ihr lebhaftes, munteres und zutrauliches Weſen und ihre Schönheit beleben ſie faſt alle Ortlichkeiten, ſelbſt das Innere des Waldes, auf die angenehmſte Weiſe, wie das aus den nach— folgenden Lebensbildern erſichtlich ſein wird. Anſpruchsloſigkeit und leichten Zähmbarkeit halber eignen ſie ſich mehr als alle anderen Vögel für den Käfig des Vogelfreundes. Nicht nur die lieblichen zwergartigen Prachtfinken (wie Elſterchen, Band-, Zebra-, Diamantfinken ꝛc.) Afrikas, Aſiens und Auſtraliens, der von den Kanarien eingeführte Kana— rienvogel, ſondern auch viele unſerer einheimiſchen Finken, wie Kardinal, Papſt- und Judigofink, der roſenbrüſtige Kernbeißer u. a. find bei allen Vogel— liebhabern, beſonders in Deutſchland, außerordentlich hochgeſchätzt. — Man teilt die in den Vereinigten Staaten vorkommenden Finken in folgende Sippen: Eine Art. Eine Art. Eine Art. Purpurgimpel. Vier 1. Coceothraustes Brıss. Kernbeißer. 2. Pinicola VIEILL. Fichtengimpel. 3. Pyrrhula Brıss. Gimpel. 4. Carpodacus Kaup. 5. Loxia LIN N. Kreuzſchnäbel. Zwei Arten. 6. Leucostice S WINS. Roſenfinken. Vier Arten. 7. Acanthis BEOHSTEIN. Birkenzeiſige. Zwei Arten. 8. Spinus KocH. Zeiſige. Fünf Arten. 9. Curduelis Brıss. Stieglitze. Eine Art. Ihrer mm. D re e ler} . COCCOTHRAUSTES VESPERTINA Sw. - ABENDKERNBEISSER . PARUS ATRICAPILLUS Linn. - SCHWARZKOPFMEISE . ACANTHIS LINARIA Bonap. = BIRKENZEISIG . LOXIA LEUCOPTERA Gmel. = WEISSBINDIGER KREUZSCHNABEL . SITTA CAROLINENSIS Lath. = CAROLINA SPECHTMEISE . PINICOLA ENUCLEATOR .Cab. - HAKENGIMPEL - Evening Grosbeak. = Chickadee. - Redpoll. White Winged Crossbill. White-breasted Nuthatch. Pine Grosbeak, 10. Passer Brıss. Spatzen. Zwei Arten. 11. Plectrophenax SrN. Eine Art. 12. Calcarius BECHSTEIN. ) Sporenammern. 13. Rihynchophanes Baıkn. “ Vier Arten. Schneeammern. 14. Poocaetes BaırD. Grasfinken. Eine Art. 15. Ammodramus Swaıns. Uferfinken. Elf | Arten. 16. Chondestes SWAINSoN. Lerchenfinken. Eine Art. 17. Zonotrichia Swaısson. Buſchfinken. Sechs Arten. 18. Spizella BonaPARTE. Haarfinken. Sieben Arten. 19. Junco WAGLER. Winterfinfen. Sieben Arten. 20. Amphispiza Couks. Dornfinfen. Zwei Arten. 21. Peucaea AUDUBoN. Sechs Arten. Nadelwaldfinken. Der Abendkernbeißer. 301 22. Melospiza BAR“. Arten. 23. Passerella SwaINSON. Fuchsfinken. Eine Art. 24. Embernagra LESSO N. Texasfinken. Eine Art. 25. Th VIEILI. Erdfinken. Sechs Arten 26. Cardinalis Boxar. |) 27. Pyrrhuloxia Box AP. Singſperlinge. Vier Kardinäle. Zwei Arten. 28. Habia RETOII. Kernknacker. Zwei Arten » 29. Guiraca SWAINSON. Eine Art. 30. Passerina VIEILLOT. Farbeufinken. Vier Arten. 31. Sporophila CAR. Blaue Kernbeißer. Pfäffchen. Eine Art. 32. Euetheia REICH. Cubafinken. Eine Art. 33. Spiza BONF AP. Schildammer. Eine Art. 34. Calamospiza BONAP. Eine Art. Lerchenammer. Der Abenoͤhernbeißer. Evening Grosbeak. Coccothraustes vespertinus GAMB. Tafel XXI. tztjährige Herbſtwald war beſonders farben— reich, denn der erſte ſtarke Froſt hatte allen Bäumen und Sträuchern ein anderes Kleid verliehen, deſſen Farbenpracht weithin leuchtete und jedes Auge erfreute. Auf dieſen ſchönen Herbſt folgte ein recht ſtrenger Winter. Doch auch unſere, von ſo vielen gefürchtete kalte Jahreszeit Wisconſins iſt nicht ganz ohne Reize.“ „Bäume und Zierſträucher ſind zwar ihres Schmuckes beraubt, aber die Ebereſchenbäume (Moun- tain-ash) hängen noch voller Beerenbüſchel, an denen ſich unſere gefiederten Wintergäſte, welche die Stelle der ſchon längſt ſüdlich gezogenen eingenommen haben, nach Herzensluſt laben. Sobald die Sonne aufgegangen iſt, ſind unſere Bäume von lieblichen das Gefieder nicht glatt, was man wohl der ſtrengen Vögeln belebt. ſchwänze in großen Scharen. Anfangs Januar erſchienen Seiden— Nachdem ſie 0 | Vogel 1. geſättigt, flogen ſie davon und kehrten zwei-, auch dreimal des Tages wieder. Mitte Februar, an einem ſehr kalten und hellen Morgen, hatten ſich einige Pärchen wohl ſehr ſeltener, herrlicher Vögel dieſen zugeſellt, nämlich Abendkernbeißer aus den unermeßlichen Urwäldern Britiſch-Amerikas, die mit den Schwärmen kamen und wieder mit ihnen davonflogen. Wie zierlich und gewandt alle Bewe gungen der Seidenſchwänze ſind, brauche ich wohl nicht zu ſagen. Die des Abendkernbeißers ſind nicht ſo leicht, auch iſt ſein Weſen ruhiger und zutraulicher als das ſeiner Gefährten. Während erſtere äußerſt haſtig und flink bei der Mahlzeit waren, genoß er die Vogelbeeren in aller Ruhe und Behaglichkeit. So oft ich den Abendkernbeißer beobachten konnte, lag Kälte zuſchreiben konnte. Ich ſah dieſe Vögel nur Der dreimal, daun kamen die Seidenſchwänze wieder allein bis Mitte April; da waren die Beeren auf den Bäumen verzehrt, und ſuchten ſie nun die auf, welche ſie, als ſie noch in großen Maſſen vorhanden waren, auf den Boden geworfen hatten.“ So ſchreibt mir eine begeiſterte Naturfreundin, Fräulein Hedwig Schlichting. Die ſeltenen, nur von wenigen Naturforſchern beobachteten Pracht— vögel kamen ohne Scheu in die Gärten inmitten der Stadt Milwaukee, wo ſie in den Vogelbeerbäumen dicht am Fenſter leicht beobachtet werden konnten. Sie be richtet über noch einen Flug von etwa vierzehn Stück, der ſich in der Nähe der Stadt gezeigt hat. I jelben Zeit etwa wurde auch ein kleiner Flug im ſchönen Lincoln-Park in Chicago geſehen. Nur ſehr ſelten laſſen ſich die Abendkernbeißer während des Winters im nördlichen Teile der Union ſehen. Ihre Heimat erſtreckt ſich, wie im vorſtehenden ſchon angedeutet wurde, über die Urwälder Britiſch- Amerikas, vom Lake Superior nordwärts. School— craft entdeckte ihn im Jahre 1823 bei Saulte Sainte Marie im nördlichen Michigan. Cooper beſchrieb ihn einige Jahre ſpäter, und deſſen Schil— derung des überaus prachtvoll und eigenartig gezeich— neten Vogels fand nicht nur in der engliſchen Litteratur eine weite Verbreitung, ſondern wurde auch mehrfach ins Deutſche und Franzöſiſche überſetzt. In Deutſch— land wurde der Abendkernbeißer namentlich durch Okens „Iſis“ (Bd. 25, 1832, p. 1073) näher bekannt. Nach Sir John Richardſon, der ihn in den Regionen des Saskatchewan fand, bewohnt er dort die Zuckerahornwälder, und deshalb ſollen ihn die Cree-Indianer geradezu Zuckervogel (Seeſe— basquit⸗pethayſiſch) nennen. In dem bedeutenden Werke Richardſons und Swainſons: „Fauna Boreali- Americana“ fin det ſich ein ganz in der Weife | des letztgenannten Autors gemaltes Bild des Vogels. Die Heimat des Abendkernbeißers beſchränkt fi | jedoch nicht ausſchließlich auf genannten Landſtrich, ſondern er findet ſich vornehmlich in den Gebirgs— waldungen der Felſengebirge und der Sierra Nevada, ſüdlich bis faſt zur Stadt Mexico. Namentlich zahlreich hat man ihn im Staate Waſhington beob— achtet. Er ſcheint die Nadelwaldungen des Gebirges allen anderen vorzuziehen und iſt dort Standvogel. Townsend fand ihn am zahlreichſten in den Wäl— dern am Columbia. Nach unſerem Gewährsmann kann man die dortigen Nadelholzwälder zu irgend einer Tageszeit kaum betreten, ohne nicht Scharen derſelben zu beobachten. Sie ſind ſehr geſellig, und Zur Abendkernbeißer. nur höchſt ſelten ſieht man einen einzelnen. Die Nahrung beſteht aus Nadelholzſamen, Knoſpen und Inſekten. Meiſt tummeln fie ſich hoch oben im Geäſt jener Urwaldsrieſen, wie ſie den dortigen Landſtrichen eigen ſind. Der Geſang ähnelt, nach den übereinſtimmenden Berichten verſchiedener Beobachter, in mancher Hin— ſicht dem der Wanderdroſſel, doch wird er in einem viel ſchnelleren Tempo vorgetragen. Eigentümlich iſt es, daß man noch heute wenig mehr über die Lebensweiſe dieſes Kernbeißers weiß, als vor fünfzig Jahren, und daß wir über das Neſt und die Eier, und über die Ortlichfeit, wo er brütet, noch gar keine Kenntnis beſitzen. Jedenfalls niſtet er in den ausgedehnten menſchenleeren Wäldern des Nordens, und in den einſamen Gebirgswaldungen der Sierra und der Felſengebirge, in deren Abge— ſchloſſenheit nur ſelten eines Menuſchen Fuß dringt. Die Gebirge ſind von unſeren bedeutendſten Orni— thologen, wie Ridgway, Coues, Allen u. a., vielfach durchforſcht worden, über eine große An— zahl der ſeltenſten Vögel haben ſie uns Lebens— beſchreibungen gebracht, doch das Brutgebiet des Abendkernbeißers iſt nicht bekannt geworden. Wahr— ſcheinlich baut er in die Spitzen der ſehr hohen dicht— ſtehenden Nadelbäume, wo das Neſt und der Vogel ſelbſt nur ſchwer zu entdecken ſind. Daß ſie fernab vom Menſchen, in völliger Abgeſchloſſenheit ihre Jungen erbrüten, beweiſt ihre, faſt allen nordiſchen Vögeln eigentümliche Zutraulichkeit, denn ſie haben von der Tücke des Menfchen und deſſen Zerſtörungs— wut, ſelbſt des Schönſten und Herrlichſten der Natur, leine Ahnung. Ohne Scheu kommen ſie während des Winters ſelbſt in die Gärten der Städte, wo ſie zum Vergnügen verfolgt und weggeſchoſſen werden. Durch die Erfahrung gewitzigt, weicht dieſe Zutrau— lichkeit jedoch bald einer mißtrauiſchen Furcht und einer kopfloſen Scheu. Der Abendkernbeißer iſt einer unſerer aller— ſchönſten und eigentümlichſten Vögel, den man nur einmal geſehen zu haben braucht, um ihn für alle Zeiten wiederzuerkennen. In jeder Sammlung fällt er ſofort durch ſeine reiche und doch einfache Gefieder— pracht auf. Schwarz, Weiß, Gold, gemiſcht mit reichen braungoldiggrünen, unbeſchreiblich ſchönen Schattierungen, ſind ſeine Farben. Sie laſſen den Sänger der Nacht als die verkörperte Poeſie aus dem Lande der niedergehenden Sonne, dem fernen Weſten, erſcheinen. Die Phantaſie begeiſterter Naturfreunde hat ihn zu einem wahren Wundervogel geſtempelt, 13 2 und dies um ſo mehr, je weniger unſere Forſcher und Reiſenden imſtande waren, die Kenuntniſſe über ihn zu vermehren. Comes nennt ihn den Vogel des Sonnenuntergangs, weil ſeine Farben mit dem Er— glühen der Abendröte Ahnlichkeit haben, wogegen das reine Weiß ſeiner Flügel an den kommenden Tag erinnere. Seinen Namen hat er jedenfalls von ſeinem herrlichen, meiſt in feierlichen Abendſtunden erklingenden Geſauge. Manche Beobachter behaupten allerdings, daß er nur am Tage ſinge und abends ſich zur Ruhe begebe, doch dürfte ſich dies als unrichtig erweiſen. Gerade unter den dickſchnäbeligen Finken — ich erinnere nur an den roſenbrüſtigen und ſchwarzköpfigen Kernbeißer, ſowie an den Kardinal — giebt es eine ganze Anzahl, die nicht nur während des Tages, ſondern am ſchönſten in der feierlichen Stille und Ruhe des Abends und der Nacht ſingen. Eigentümlich iſt auch ſein Erſcheinen im Norden der Union. Jahre können vergehen und kommen, ohne daß ein einziger im nördlichen Gebiete der Der Hakengimpel. Vereinigten Staaten beobachtet wird. Plötzlich treten aber an gewiſſen Ortlichkeiten, namentlich in Minne— ſota, Wisconſin und dem nördlichen Illinois, Scharen auf, ohne daß man eigentlich genau weiß, woher ſie kommen und wohin ſie gehen. Meiſt ſind ſie in Geſellſchaft der gewöhnlichen Hakengimpel und Seideu— ſchwänze. Wahrſcheinlich werden ſie weniger durch 303 Kälte, als durch Nahrungsmangel, aus ihrer eigent— lichen Heimat ſüdlich getrieben. Vielleicht hängt auch ihr Erſcheinen in gewiſſen Gegenden mit dem Vor— handenſein reichlicher Nahrungsſtoffe zuſammen. Nach den Angaben Frl. Hedwig Schlichtings war der Winter von 1886 auf 1887 nicht nur beſonders ſtrenge in Wisconſin, ſondern die Vogel— beeren, der Hauptnahrungsſtoff dieſer nordiſchen Wintergäſte, waren auch ſo gut geraten, wie kaum je zuvor. Oſtlich hat man den Vogel vereinzelt nur bis Ohio und ſüdlich bis zum mittleren Illinois beob— achtet. Im Weſten geht er viel weiter ſüdlich, brütet ſogar in der kalten Region des Gebirges bei der Stadt Mexico. Namen: Abendkernbeißer, Zuckervogel. Evening Grosbeak. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla vespertina Coop, (1825). — Coccothraustes vespertinus Gamb. (1847). llesperiphona vespertina Bonap. (1850). Beſchreibung: Dunkel olivenfarbig mit gelbem Anflug; am tiefſten vorne, auf der Kopfkrone in Schwärzlich über— gehend, am hellſten an der Unterſeite; Stirn, Strich über dem Auge, Oberbürzel und untere Schwanzdeck— federn gelb; Flügel und Schwanz ſchwärzlich; die Arm— ſchwingen meiſt weißlich; Schnabel grünlich gelb. Weibchen ähnlich, matter. Länge 7 50 bis 8.50 Zoll; Flügel 4 bis 4.50 Zoll; Schwanz 2.25 Zoll. Der SHakengimpel. Pine Grosbeak. Sarel XXI. E. iſt ein düſterer Wintertag. Dicke Wolken, 6” trübe und ſchwer, ziehen am Himmel dahin. In großen dichten Flocken wirbelt der Schnee her— nieder, alles mit einem weißen Mantel bedeckend. Die Zweige der Nadelholzbäume biegen ſich bereits unter der Schneelaſt. Kein gefiedertes Weſen ſcheint jetzt den Garten zu beleben, denn die einſt ſo fröhlichen Sommergäſte ſind längſt dem Süden zugeeilt. Weh— mütig haben wir ſie ſcheiden ſehen, und ſehnſüchtig erwarten wir die Heimkehr der erſten Frühlingsboten. Aber der Winter hält lange an in dieſen nördlichen Pinicola enucleator CAB. Vogel 6. Teilen unſeres großen Landes, und es werden noch viele Wochen vergehen, ehe der erſte Ankömmling uns fröhlich ſingend die Lenzesbotſchaft bringt: „Es muß doch Frühling werden!“ — Wir ſtehen am Fenſter, dem Flockengewirbel zuſchauend, aber im Geiſte weilen wir dort, wo eine große Anzahl unſerer Vögel den Winter verbringt und wo auch wir einſt manchen Winter verbrachten. Dort, in der Nähe des mexikani ſchen Golfs, wo immergrüne dichte Hülſen, Magno lien, Gordonien und dichte mit Moos behangene, laubabwerfende Bäume ſtehen, in den Orangengärten 304 Der Hafengimpel. Louiſianas und Floridas, im Palmengeſtrüpp und im erbeutete ein junges Männchen bei Upton, Maine. dichten Untergebüſch der Wälder tummeln ſich jetzt Tauſende unſerer nördlichen Vögel, und ſie alle finden hier reichlich Nahrung und trefflichen Schutz vor den Unbilden der Witterung. Treten auch hin und wieder kalte Nordwinde ein, ſo ſind ſie doch nur von kurzer Dauer. Meiſt iſt das Wetter angenehm und erquickend. So in Gedanken an vergangene Zeiten verſunken, haben wir es gar nicht bemerkt, daß ſich ein Flug Vögel ganz in der Nähe des Hauſes auf einer dichten Tanne niedergelaſſen hat. Es ſind ſtattliche graue, rot angehauchte Vögel, darunter auch einzelne ganz rote. Welch herrlichen Anblick gewähren dieſe anmutig im mit blendend weißem Schnee bedeckten Gezweig umherhüpfenden und kletternden Wintergäſte! Es ſind Hakengimpel, Fichtenkernbeißer, Tannen— oder Fichtengimpel, welche erſt kürzlich aus ihrer hochnordiſchen Heimat angekommen find, um bei uns den Winter zu verbringen. Man ſieht in ihrer Geſellſchaft auch oft Birkenzeiſige, Kreuzſchnäbel, Seidenſchwänze, Cedervögel und gelegentlich auch Abendkernbeißer. Nur in kalten ſchneereichen Wintern kommt der Hakengimpel in den nördlichen Teilen der Vereinigten Staaten vor. Man trifft ihn dann oft ſüdlich bis zum nördlichen Illinois und Ohio, gelegentlich ſelbſt im öſtlichen Pennſylvanien und in Maryland. Seine eigentliche Heimat ſind die Nadelholzwälder des Nordens bis hinauf zum Polarkreiſe. Dort, in ſtiller Abgeſchloſſenheit, fern vom Getriebe des Menſchen, ungeſtört von umherſtrolchenden menſchlichen Neſt räubern, erzieht er ſeine Jungen. Hier, im Dufte der Nadelholzwälder, erſchallt auch ſein ſehr melo— diſcher Liebesgeſang. Ganz in ſeiner Nähe brütet wahrſcheinlich auch der in voriger Skizze geſchilderte Abendkernbeißer, die beiden Kreuzſchnäbel, Gold— hähnchen, Seidenſchwänze und viele unſerer Wald fänger. — Auch im Nordoſten, in Maine, am Godbout— Fluſſe in Canada, auf den Magdalenen-Inſeln, im Felſengebirge in einer Höhe von 10,000 bis 11,500 Fuß über dem Meere, und auch in der Sierra Nevada Californiens iſt er Brutvogel. Sind die Berichte über | den in Europa lebenden Hakengimpel ſchon ſehr dürftig, ſo ſind es die unſerigen noch viel mehr. Viele Reiſende und Sammler geben wohl an, daß ſie ihn im Brutgebiet zahlreich gefunden, kein einziger liefert aber einen genauen Bericht. Boardman fand ein ganz aus Moos gebautes Neſt bei Calais in Maine. Purdie beobachtete in New Hamſhire Ende Juli, wie die Alten ihre Jungen fütterten, und Brewſter Trippe und andere Ornithologen fanden die Vögel zahlreich während der Brutzeit in den hohen Gebirgs— wäldern des Weſtens. Der Hakengimpel iſt einer der wenigen Vögel, deren Verbreitungsgebiet ſich über den ganzen Norden der Erde erſtreckt. Das nördliche Europa, Aſien und Amerika iſt als ſeine Heimat zu betrachten. Allerwärts ſind es Nadelwälder, welche er zum Aufenthalt wählt. Ich hatte in Wisconſin und Illinois oft Gelegen— heit, dieſe ſchönen Vögel zu beobachten. Sie erſchienen in Flügen von fünf bis dreißig Stück ſpät im Herbſt oder anfangs Winter, manchmal auch erſt im Januar. Sie kommen nicht regelmäßig, und es vergehen oft Jahre, ehe man ſie wieder ſieht; dann aber kann es auch vorkommen, daß man ſie in mehreren aufeinander folgenden Wintern beobachtet. Sie verlaſſen erſt dann ihre Heimat, wenn die ihnen zur Nahrung dienenden Sämereien und Beeren ſchlecht geraten ſind oder wenn tiefer Schnee ihren Tiſch verdeckt. Wie alle aus jenen menjchenleeren Gegenden kommenden Vögel, ſind auch die Hakengimpel außer— ordentlich zahm und zutraulich. Man kann ſich ihnen ohne Mühe bis auf wenige Schritte nähern und ſie leicht mit Schmetterlingsnetzen faugen. Werden aus einem Fluge einige geſchoſſen, jo fällt es gewöhnlich den übrigen gar nicht ein, das Weite zu ſuchen, ſondern ſie kommen ſogar aus Neugierde oft näher zu ihrem Verderber. Furchtlos beſuchen ſie die Gärten, um an den Bäumen hängen gebliebene Apfel, mit beſonderer Vorliebe aber Ebereſchenbeeren zu verzehren. Auch Sämereien aller Art dienen ihnen zur Nahrung, und gegen den Frühling hin freſſen ſie auch Baumknoſpen. Wo Nadelholzbäume ſtehen, tummeln ſie ſich mit beſonderer Vorliebe in dieſen. In den Gärten des nördlichen Illinois, wo neben einheimiſchen Hemlock— und Balſamfichten auch die europäiſche Edeltanne (Norway Spruce) und verschiedene andere Nadel— holzbäume zur Zierde und zum Schutz angepflanzt worden ſind, finden ſich die ankommenden Scharen | Hafengimpel zuerſt ein, zur Nachtzeit ruhen ſie ſtets in ihnen, kehren nach ihren Streifereien auch immer wieder dahin zurück. In Milwaukee kommen ſie häufig in die größeren mit Nadelholz und Vogelbeer— bäumen beſtandenen Gärten. In einem Fluge von vierzig Stück ſieht man ſelten mehr als zwei bis drei ganz rote Vögel. Viele zeigen allerdings einen ſchönen roten Anhauch, aber nur am Kopfe oder an den Flügeln. Während des Winters kommt der Vogel nur ſelten auf den Boden Der Purpurgimpel. 305 herab, benimmt fich auf demſelben auch etwas unbe- Käfig geweſen. Nicht ein einziger flog ungeſtüm und holfen, dagegen tummelt er ſich im Gezweig der wild im Käfig umher. Diejenigen, welche den Früh— Bäume mit überraſchender Geſchicklichkeit. Er iſt ein ling erlebten, ſangen auch fleißig. Das Liedchen, geborner Turner, wie Kreuzſchuäbel und Birkenzeiſige obwohl kurz und etwas leiſe, war doch recht wohl es auch find. Der Flug it mittelmäßig, geſchieht in klingend und abwechſelnd, und fo eigenartig, daß ich Wellenlinien, iſt ziemlich hoch und vor dem Nieder- nicht weiß, mit welchem Vogelgeſange ich es ver— ſetzen ſchwebend. Während des Winters vernimmt gleichen ſoll. man nur den ſauft melodiſch klingenden Lockton. e e ee ee e e Gegen den Frühling hin hört man auch einzelne Pin Groben abgeriſſene Strophen des Geſanges, die überaus rein, ſauft, flötend und abwechſelnd ſind und ſelbſt bei kaltem Wetter ertönen. Wenn ſchon in der Fremde ſolche Wohllaute erſchallen, wie herrlich muß dann erſt der Geſang in den Wäldern des Nordens, der Heimat des Hakengimpels, erklingen! Wüiſſenſchaftliche Namen: Loxia enucleator Linn. (1755). — Pyrrhula enueleator Aud. (1838). — Cory- thus enucleator Bonap. (1838). — Pinicola enucleator Cab. (1851). — Coceothraustes canadensis Briss. (1760). — Pinicola canadensis Cab. (1551). Beſchreibung: Männchen karminrot, matter am Bauche; auf dem Rücken ſchwärzlich geſtrichelt; Flügel und In dem kalten Winter des Jahres 1877 auf Schwanz dunkelbräunlich, weiß gerandet; Flügel mit 1878 fanden ſich große Scharen dieſer Vögel in zwei weißen Querbinden. Schnabel und Füße ſchwärz— Illinois ein. Viele wurden gefangen und in den | lich. Weibchen aſchgrau, unterjeits matter, auf dem x 5 > 8 > a ; Kopf und Bürzel bräunlichgelb. Vogelhandlungen Chicagos zu zwei Dollars das Das Rot des Männchens iſt übrigens ſo verſchieden, Stück feil geboten. Die meiſten gingen infolge des daß manche ganz rot überhaucht ſcheinen, während andere ſchnellen Temperaturwechſels ein, da man ſie aus der air w nn e 7 7 . = Länge! oll; Flügel 4.50, Schwan 5 Kälte ſogleich in die warme Stube gebracht hatte. , sata n Alle verſchmerzten den Verluſt ihrer Freiheit ſehr | Caſſins-Gimpel, Cassin’s Bullfinch, leicht, gingen ohne Umſtände an das gebotene Futter Pyrrhula Cassini BAIRD, ein dem deutjchen Doms und gebärdeten ſich ſo, als wären fie ſchon jahrelang im pfaffen ähnlicher Vogel, lebt in Alaska. Der Purpurgimpel. Purple Finch. Carpodacus purpureus BAIRD. 7 . iſt ein lieblicher ſonniger Junimorgen. Kühl See im hellen Sonnenſchimmer, und feine bewegten nd weht der Oſt vom Michigan herüber. In den Wellen glitzern in den Strahlen des Tagesgeftivns. feuchten Wieſen ſteigt eine Anzahl Bobolinks ſingend Wie eine unüberſehbare Fläche liegt er vor uns, und empor, Rotflügel zwitſchern im Schilf der Sümpfe, nur die ſeine Wellen durchfurchenden Dampfer, Segel— allerwärts herrſcht fröhliches Vogelleben. In den ſchiffe und Fiſcherbarken unterbrechen die Fernſicht. zahlreichen Märſchen und Sümpfen blühen Heidel-, Hier, bei Sheboygan etwa, fängt das eigentliche Kronsbeer-, Andromeden- und Spierſträucher. Ca- Wohngebiet des Purpurgimpels an. Die Nadel— nadalilien werden in kurzer Zeit ihre prachtvollen holzregion iſt feine eigentliche Heimat, beſonders da, Blütenknoſpen öffnen. Die dicht ſtehenden Wacholder? wo Felder Gärten, Baumpflanzungen, Wieſen und ſträucher und die Weißkiefern der Bergabhänge ver- Viehweiden mit Waldland abwechſeln. Die Nähe breiten einen durchdringenden, aromatiſchen Duft. des Menſchen liebt er ganz beſonders. Früher, als Wir befinden uns in der Gegend Wisconſins, wo die | hier noch alles Urwald war, als der Menſch feine Nadelholzregion ihren Anfang nimmt, aber nur noch vernichtende Hand noch nicht an die rieſigen Weiß ſpärliche Überreſte des einſt majeſtätiſchen Urwaldes kiefern, Hemlockfichten, Eichen und Ahorne gelegt ſind geblieben. Das meiſte Land befindet ſich jest | hatte, beobachtete man keine Purpurgimpel. Erſt unter Kultur. Vor uns liegt der blaue Michigan- viel ſpäter, als man Baumpflanzungen und Obſt— 39 306 Der Purpurgimpel. gärten anlegte, ſtellten ſich einzelne Pärchen ein, und jetzt dürfte man ihn hie und da in vielen Gegenden des nördlichen Wisconſin brütend finden. Sein eigentliches Brutgebiet erſtreckt ſich vom nördlichen Wisconſin, Michigan und Minneſota nordwärts. Nadelholzbäume ſind faſt ſtets, namentlich aber während der Brutzeit ſein Lieblingsaufenthalt; hier nur ſingt er, hier nur errichtet er die Wiege für ſeine Nachkommenſchaft. Weißkiefer, Hemlockfichte, Balſamtanne, Ceder und Wacholderſträucher ſich finden, ſiedelt er ſich an. Seitdem der Schönheitsſinn der Landbewohner ſich etwas mehr ausgebildet hat, ſodaß ſie es nicht beim Anpflanzen von Obſtbäumen bewenden laſſen, ſondern ihr Augeumerk auch auf ſchöne Sträucher und Nadel— holzbäume richten, ſiedelt ſich unſer Purpurgimpel auch ſtets in Gärten an. Er verbreitet ſich aus dieſem Grunde heute auch viel weiter nach Süden, als dies ehemals der Fall war, denn man findet ihn jetzt ſchon vereinzelt in den angepflanzten Nadel— holzbäumen in der Umgegend Chicagos brütend. Auch Brewer berichtet, daß er früher bei Boſton, Maſſ., ſelten geweſen ſei, durch die Anlagen von Gärten und Nadelholzpflanzungen habe er ſich jedoch zahlreich angeſiedelt. Nicht weniger als ſieben Pärchen brüteten in einem Jahre in ſeinen Anlagen bei Hing— ham. Auf einem Baume hatten ſich ſogar zwei Pärchen angeſiedelt, und das eine Neſt ſtand ganz oben in der Spitze einer Tanne, wenigſtens ſechzig Fuß vom Boden. — Er verbreitet ſich nach Norden hin bis zum Saskatchewan und Labrador und vom Atlantiſchen bis zum Stillen Ozean. Ein alter ausgefärbter, ganz mit Roſa oder Scharlachrot überhauchter Purpurgimpel iſt eine prachtvolle Erſcheinung. Jüngere Männchen ſind weniger hervortretend rot gezeichnet. Die Haltung iſt ſtolz, das Weſen lebhaft und liebenswürdig, der Geſang laut, ſprudelnd und abwechſelnd; dazu geſellt Allerwärts im Norden, wo die ſeinem Sitz in die Luft. Das Lied iſt ganz eigen— tümlicher Art und ſchwer zu beſchreiben. Es iſt ſehr ſchnell, fröhlich, ſprudelnd und außerordentlich melo— diſch. Auch das Weibchen ſingt bis kurz vor der Legezeit faſt ebenſo fleißig als das Männchen. Am eifrigſten ſingen ſie von ihrer Ankunft bis zur Zeit, wenn die Eier erbrütet ſind; ich habe einzelne aber auch im Herbſt und Winter ſingen hören. N Anfangs Juni findet man im Norden fertige Neſter und vollzählige Gelege. Zur Anlage des Baues wird faſt immer ein dicht veräſtelter horizon— taler Außenzweig eines Nadelholzbaumes gewählt. Ausnahmsweiſe hat man es auch in Obſtbäumen gefunden, und auch Wacholder, Thujen, Cedern und andere Bäume werden zu Niſtplätzen gewählt. Es ſteht gewöhnlich von fünf bis dreißig Fuß vom Boden, oft auch höher. Auch in Städte kommt er um zu brüten, wie mir dies Herr J. N. Clark, ein alter tüchtiger Beobachter in Saybrook, Conn., mitteilt. Auf einer Balſamtanne im Garten feines Nachbars brütete mehrere Jahre ein Pärchen. Die von mir unterſuchten Neſter aus der Nadelholzregion beſtanden zum größten Teil aus feinen Hemlockzweigen, einzel— nen Pflanzenſtengeln und Halmen, und waren innen mit Fäden von weißem Zeug, Hälmchen, Pflanzen— wolle und Haaren ausgelegt. Andere waren meiſt von Wurzeln und Baſtfaſern gebaut und innen mit Federn, Zeugſtückchen und Haſenfell ausgekleidet. Das Neſt iſt von unten ſelten deutlich wahrzunehmen und deshalb ſchwer zu finden, aber der Beobachter kann es bei einiger Achtſamkeit leicht entdecken, wenn er den bauenden Vogel beobachtet. Ein hervortretender Charakterzug im Leben dieſes Vogels iſt ſeine Geſelligkeit. Sobald die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben, ſchlagen ſich mehrere Familien zu kleinen Flügen zuſammen, welche dann in Geſellſchaſten von zwölf bis zwanzig ſich die weitere Eigenſchaft, daß er dem Menſchen gegenüber zutraulich und furchtlos iſt. In den Nordſtaaten erſcheint er gewöhnlich Mitte April, manche kommen aber ſchon Ende März an. Durch ſeinen lauten jubelnden Geſang macht er ſich da, wo er vorkommt, bald bemerklich. Gewöhnlich ſetzt er ſich dabei in die Spitze einer Fichte oder Tanne und läßt von hier aus ſeinen Geſang mit empor— gerichtetem Schnabel, lebhaftem, tänzelndem Hin⸗ und Herbewegen des Körpers, und oft mit geſträubter Kopfhaube, ertönen; er erhebt ſich beim Singen, wenn die Brutzeit heranrückt, auch wohl flatternd von Stück gemeinſam die Gegend durchſtreifen. Man vernimmt nur einen Lockruf, der dem des Blauvogels ähnlich, aber noch einen klagenderen Anſtrich hat. Etwa anfangs Oktober begeben ſie ſich auf die Wan— derung, indem ſie nun langſam dem Süden zuziehen. Sehr häufig kommen ſie jetzt in die Gärten, wo ſie nach Unkrautſämereien ſuchen. Slhaltige Körner, namentlich Hanf- und Sonnenblumenkerne, ziehen fie im Herbſt und Winter allen anderen vor. Um dieſe Zeit erſcheinen im nördlichen Illinois auch die Winter-, Buſch-, und Kronfinken, aber der Purpurfink miſcht ſich nie unter dieſe Scharen. Jene ſuchen ihre Nah— rung vom Boden auf, während er dieſelbe von Hanf— Der Purpurgimpel. ſtengeln und Sonnenblumenſtauden ſammelt. Höch— ſtens macht er mit deu ſcheuen, dieſelbe Nahrung liebenden Goldzeiſigen Gemeinſchaft, beſonders im Frühling, und man ſieht ihn mit dieſen gelegentlich ſelbſt auf dem Boden nach Nahrung ſuchen, weun in Bäumen und Büſchen keine ſolche mehr zu finden iſt. Seine Wanderung dehnt ſich nicht weit nach Süden hin aus. Sehr viele verweilen ſchon im ſüdlichen Illinois und im ſüdlichen Neu-Eugland und Miſ— ſouri, die meiſten ziehen aber bis nach Arkanſas, den beiden Carolinas, Georgia u. ſ. w. In Texas habe ich ihn nie beobachtet. Im Norden ihrer Winter— herberge ſtreichen ſie von einem Orte zum anderen, bevorzugen auch jetzt die Nadelholzbäume zum Auf— enthalt und ziehen ſich nachts ſtets in dieſelben zurück. Während ihrer Frühlingsreiſe verweilen ſie oft lange, namentlich wenn es im April noch viel Eis und Schnee giebt, Iſt das Wetter jedoch angenehm, jo ziehen fie Schnell durch. Mit Hanf und Sonnenblumenſamen habe ich oft Purpurgimpel gefangen. Ein guter Lockvogel lockt oft den ganzen vorüberfliegenden Flug hoch aus der Luft auf den Fangkäfig herab. Sie ſcheinen ſich wenig aus dem Verluſte der Freiheit zu machen, denn ſie fliegen nicht ängſtlich im Käfig umher, gewöhnen ſich ſchnell ein, fügen ſich überhaupt leicht ins Unver— meidliche. Man darf den Purpurgimpel getroſt zu den allerbeſten Käfigvögeln zählen, denn ſein ſprudelu— der Geſang, ſeine Zutraulichkeit, ſein munteres, fröh— liches Weſen und ſeine Ausdauer ſtellen ihn in die erſte Reihe der ſich für die Gefangeuſchaft eignenden Vögel. Nur ſchade, daß ſeine Schönheit ſo vergäng lich iſt! Schon durch das öftere Berühren mit der Hand verliert das ſchöne Karminrot feinen Glanz, und ſchon nach einigen Wochen iſt kaum noch ein Anflug davon vorhanden. Au Stelle des ſchönen Rotes tritt ſpäter ein mattes Iſabellgelb. Trotz dieſes Verluſtes iſt er auch dann noch ein recht hüb— ſcher, ſtattlicher vogel. Im Herbſt des Jahres 1875 fing ich in meinem Garten ein prächtiges Mäunchen, welches ich etwa vier Jahre pflegte. Bei meinem” Wegzuge nach Texas erhielt es Herr Pr. W. Rein— hold, einer der eifrigſten Vogelwirte Chicagos, bei dem es noch weitere vier Jahre lebte. Es war ein überaus fleißiger Sänger, der nur eine kurze Zeit während der Mauſer ſchwieg, ſonſt aber das ganze Jahr hindurch ſeinen lieblichen Geſang zum beſten gab. Ich hielt ihn mit Zebrafinken, japaneſiſchen Mövchen und anderen kleinen Finken zuſammen, und mit allen lebte er friedfertig und ſang auch im 307 fäfi Durch ölhaltige Sämereien, wie Hauf, wird er zu leicht fett und geht dann zu Grunde. Man ſollte ihn darum nur mit einem Gemiſch von Hirſe, Sonnenblumenkernen, ungehülſtem Reis, Kanarienſamen und Rübſen füt tern, mit einer Zugabe von Kuoſpen und Grünzeug. Der Name Purpurgimpel oder Purpurfink iſt durchaus nicht zutreffend. Er ſchreibt ſich von einem fehlerhaften Bilde in Catesbys Werke her. Das Rot hat keine Ahnlichkeit mit Purpurfarbe, es iſt vielmehr ein deutliches Roſa-, ſelbſt ein intenjives Karminrot, namentlich am Kopf und auf dem Rücken, doch iſt es da durch die dunkle Grundfarbe abge— ſchwächt. Der californiſche Purpurfink (Califor- nia Purple Finch; Jornieus BAIRD) verbreitet ſich über die Küſteuregion Carpodacus purpureus c des Weſtens vom Columbia bis zum ſüdlichen Californien. Er unterſcheidet ſich wenig von der beſchriebenen Art, Namen: Purpurgimpel, Purpurfink. Purple Finch, Eastern Purple Finch, Linnet, Hemp-bird, Sunflower-bird. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla purpurea Gmel. (1788). — Haemorrhous purpurea Sw. (1837). — Ery- throspiza purpurea Bonap. (1838). — Carpodacus purpureus Gray (1844). Beſchreibung: Männchen variiert ſehr. Rot, am in— tenſivſten auf dem Kopfe, dunkel verwaſchen auf dem Rücken, am Bürzel und Bauch in Weiß übergehend. Flügel und Schwanz dunkel, jede Feder rötlich gerandet. Gewöhnlich ſcheint der Vogel rot überhaucht zu ſein. Die rote Farbe variiert vom Roſa- bis zum intenjiviten Kaminrot. In der Gefangenſchaft werden die roten Farbentöne gelblich. — Weibchen zeigt kein Rot. Hauptfarbe olivenbraun, weißlich geſtrichelt. Bauch und Bürzel weißlich. Länge 6 Zoll und mehr; Flügel 3.12; Schwanz 2.85 Zoll. Caſſins-Purpurgimpel (Cassin's Purple Finch; Carpodacus Cassini Baıkp) bewohnt die Gebirgsgegenden des Weftens von Colorado bis zum Stillen Ozean, iſt aber in der Sierra Nevada, im Humboldt- und Wahſatch-Gebirge am häufigſten und verbreitet ſich ſüdlich über das Hochland von Mexico, wo man ihn in den Nadelholzwäldern des Orizaba gefunden hat. Er iſt die größte und ſchönſte Art der ganzen Sippe. Die Berichte über feine Lebeusweiſe ſind kurz und ſpärlich. Cooper fand ihn in großer Anzahl am Tahoe— See in Californien, doch berichtet er wenig über ihn. Im Juni 1869 beobachtete Ridgway dieſe Vögel im Wahſatch-Gebirge, in Parleys Park, Utah, fand ſie auch dort brütend. Ein Neſt ſtand etwa vierzig Fuß vom Boden in einer an einem Canonjtrome ſtehenden Baumwollpappel. Es war ein flacher, aus Würzelchen und Zweigen beſtehender, innen mit dem— ſelben, aber feinerem Material und etwas Moos und Baumwolle ausgelegter Bau. Am zahlreichſten beobachtete er ihn in den Nadel- wäldern der Sierra Nevada, in der Nähe von Carſon City. Auch er zieht entſchieden den Nadelwald vor, Nicht nur das Männchen, ſondern auch das Weibchen ſingt. Der Geſang ähnelt dem des Purpurgimpels, doch iſt er ſchöner und melodiſcher. Am 4. April Der Hausgimpel. waren ſie bei Carſon City ſo häufig, daß ihr Geſang faſt betäubend wirkte. Namen: Caſſins Purpurgimpel. Cassin's Purple Finch. Cassini Wiſſenſchaftliche Namen: Baird (1854). Carpodacus Beſchreibung: Männchen: Oberſeits graubraun, jede Feder mit dunkler Mitte, hie und da rötlich angeflogen; Kopfkrone karminrot; Bürzel einfarbig matt roſarot; Kehle und Bruſt roſarot; das übrige der Unterſeite weißlich. — Weibchen: Oberſeits olivengrau; Seite des Kopfes grau, dunkel geſtrichelt. Unterſeite weißlich, hervortretend dunkel geſtrichelt. Etwas größer als der Purpurgimpel Der Hausgimpel. House Finch; Burion. Tafel IX, er edle Menſch iſt Freund, wahrer Freund der Vögel, und er war es von jeher, wenn er auch den Räubern unter ihnen mit Pulver und Blei entgegentritt. Es ketten ihn Bande an dieſe lieb— | lichen befiederten Weſen, an dieſe Beleber unſerer Gärten und Wälder, Wieſen und Felder, welche ſich nie lockern, ſondern immer feſter ziehen. Die Liebe und Zuneigung, welche er gegen die Vögel hegt, iſt gleichſam ein Erbteil früherer, vergangener Zeiten; denn ehe der Forſcher ſeine befiederten Lieblinge und ihr Treiben helauſchte, that es der Dichter, der ſchlichte Menſch. Der eine wie der andere ſah den Vogel mit Kindesaugen an, ließ ſich hinreißen von der Schönheit ſeines Gefieders und der Aumut ſeines Weſens, flog mit ihm im Geiſte über Berg und Thal, durch Land und Meer, dichtete ihm ſeine Lieder, ſeine Klänge nach im innerſten Herzen, erprobte die Freuden der Gaſt— freundſchaft an ihm, nahm ihn in ſeine Wohnung auf und folgte der verlockenden Luſt, den Flüchtigen mit Netz und Schlinge an ſich zu feſſeln. So knüpfte ſich der Freundſchaftsbund, welcher noch heutigen Tages in voller Kraft beſteht.“) * Brgl. Brehm „Leben der Vögel“, p. 328. Carpodacus mexicanus frontalis RDG w. Vogel 6. Zu den ganz beſonderen Freunden des Menſchen gehören in erſter Reihe die Gartenvögel. Keine ſind beliebter und werden freudiger begrüßt als die Schwalbe, als Hütteuſänger, Robin, Baltimore-Oriol und andere. Einer der lieblichſten und zutraulichſten Vögel des Weſtens, der die Freundſchaft des Menſchen in hohem Grade genießt, iſt der Hausfink oder Hausgimpel, ein in Neu-Mexico, Arizona, Californien und Mexico zahlreich vorkommender Vogel. Die Auglo-Amerikaner nennen ihn dort Ado— befink (Adobe Finch), während ihn die Mexikaner unter der Bezeichnung Burion kennen. Die Hausfinken ſind außerordentlich zahm, bauen wie europäiſche Sperlinge an die Häuſer, Kirchen und andere Gebäude in jede Ecke und Niſche, wo ſie Halt für das Neſt finden können und kommen ſelbſt an die Wohnungen, um nach Nahrung zu ſuchen. In der Hauptſtadt Neu-Mexicos, Santa FE, wo fie außer— ordentlich zahlreich ſind, werden ſie faſt nie von den Einwohnern geſtört. Sobald der Morgen graut, beginnen ſie ihren lieblichen reinen Geſang, ein hervorragendes melodiſches Tonſtück, welches ſie zu Lieblingen aller machen muß. Ridgway fand ihn häufig in Salt Lake City Der Hausgimpel. in der Umgebung des Pyramiden-Sees; in letzt— genaunter Ortlichkeit brüteten ſie in den Ritzen der Felſen. und namentlich in Los Pinos, bei Albuquerque am Rio Graude. Der Vogel brütet dort unter Portikos, Traufen, in Schuppen und auf Bäumen. „Wenn der Winter unſerer nördlichen Himmels— ſtriche in feiner Strenge nachgelaſſen hat“, ſchreibt Caſſin, „und die Jahreszeit einer glänzenden Sonne und neu aufſproſſender Blumen zurückkehrt, wird keiner ihrer erſten Vorboten mit freudigeren Empfindungen bewillkommt, als dieſe wiedererſcheinenden zutraulichen Vögel, welche wie der Zaunkönig, der Blauvogel und der Haustyrann es lieben, in die unmittelbare Nähe unjerer Wohnungen zu kommen und dort eine paſſende Stelle zu ſuchen, wo ſie ihr Neſt bauen und ihre Jungen groß ziehen können. Sie nehmen die Gaſtfreundſchaft des prunkvollen Palaſtes nicht minder in Auſpruch, als die des einfachſten Häus— chens, und in beiden werden ſie mit gleicher Freude begrüßt. Unter allen ſolchen Vögeln erſcheint kaum eine Art durch ihre Zutraulichkeit ſo bemerkenswert, als der kleine Hausfink, deſſen Heimat die weſtlichen Staaten und Territorien der Vereinigten Staaten ſind. Er nähert ſich nicht nur den menſchlichen Wohnungen ohne Furcht und macht eine Gewohnheit daraus, in paſſenden Räumlichkeiten und anderen Gebäuden eine Niſtſtätte zu beziehen, ſondern er ſucht ſogar in beträchtlicher Anzahl ſolche anſcheinend wenig für ihn geeignete Ortlichkeiten auf, wie es Ortſchaften und Städte doch ſind. In mehreren derſelben, in Californien und Neu-Mexico u. ſ. f. iſt er überdies zahlreich zu finden und gilt eutſchieden als ein Liebling der Bevölkerung.“ Der Hausfink nun iſt die Art, welche Gambel den „karminſtirnigen Finken“ (Crimson - fronted Finch) nennt und ſo ſchildert: „Dieſer niedliche Sänger ward zuerſt in Neu-Mexico beobachtet, namentlich in Sauta FE, wo er häufig und ſehr zutraulich iſt, ſich in Höfen und Gärten aufhält und ſein Neſt unter die Portale der Häuſer und in Schup— pen baut. Im Juli waren die Jungen flügge. Unter einem langen Schuppen am Marktplatze ſtanden außerordentlich viele Neſter, und die alten Vögel ſetzten ſich uus zuweilen, während wir vor der Thür ſtanden, dicht vor die Füße, um Krümchen für ihre Jungen aufzuleſen. In Californien trifft man ſie ebenfalls in großer Anzahl an, und hier ſind ſie nicht minder zahm. Sie werden von den Californiern ebenfalls ‚Burions‘ genannt. Den Winter hindurch Coues beobachtete ſie häufig in Arizona | 309 leben ſie in Scharen an buſchigen Bergabhängen, Hecken, Weinbergen und in Gärten, wo ſie ſich von verſchiedenen Sämereien nähren und zuweilen an den Trauben Schaden verurſachen ſollen. Früh im März erfolgt die Paarung, und bald ſieht man ſie eifrig mit dem Bau der Neſter beſchäftigt. Sie zeigen dabei, obwohl oft getäuſcht, das vollſte Vertrauen zum Menſchen und niſten beſtändig an den Häuſern und auf vorſpringenden Balken, unter Thorwegen, an Dachrinnen, in Scheunen und Käſtchen oder in irgend welchen Winkeln, welche ſie vorfinden. Ein Neſt erblickte ich in einem über der Thür aufgehängten Samenkaſten. Sie bauen in Gärten auch auf wage— rechte Zweige der Bäume, und ſehr viele Neſter werden in den Weinbergen angelegt. Jedem anderen Platze aber ziehen ſie die Balken unter Schuppen und an den Häuſern vor und lohnen, wenn man es ihnen geſtattet, mit ihren lieblichen Liedern, welche den ganzen Som— mer hindurch vom Dache herab in der Nähe des Neſts ertönen. Das letztere beſteht aus kleinen Reiſern und Pflanzenſtengeln, Weidenkätzchen und Flaumfedern und wird es auch vorzugsweiſe aus Federn, Baum— wolle oder Wolle nebſt einigen trockenen Reiſern und Gras zuſammengefügt und ebenfalls mit Pferdehaar ausgelegt. Fünf Eier, bisweilen von einfach bläulich— weißer Farbe, meiſteus mit wenigen zerſtreuten dunkel— braunen Tüpfelchen und Strichen am ſtumpfen Ende, bilden gewöhnlich das Gelege. Mauchmal findet man auch bloß vier Eier und nicht ſelten zeigen dieſe nur auf einem Ende wenige Fleckchen. Uu moglich iſt es, mit Worten den Gefang dieſes Orpheus des Weſtens zu ſchildern, und obwohl Californien viele gute Sänger, unter anderen den Spottvogel beſitzt, ſo hat es doch keinen aufzuweiſen, deſſen Lied das Herz mehr erfreute oder dem Ohre melodiſcher und zärtlicher erklänge, als das dieſes Finken.“ Der Vogel wurde zuerſt von Colonel Me Call mit der dieſem Forſcher eigenen Genauigkeit beſchrie— ben. „Ich fand dieſen lieblichen kleinen Finken“, jo ſchreibt er, „in Santa Fé, wo er im März zu niſten begann, obwohl das Wetter noch winterlich war und häufiger Schneefall noch länger als einen Monat hindurch immer wiederkehrte. Trotzdem horte der Geſang des Männchens nicht auf. Die Klänge mahnten mich oft an die ſanften Töne des Haus— zaunkönigs und ebenjo an das helle Schmettern des Kanarienvogels. Die Männchen vom vorigen Jahre waren bereits gepaart und fangen nicht minder fleißig als die älteren, doch trugen ſie noch nicht ihr volles Gefieder und hatten wenig oder nichts von dem Rot, 310 Der Dausgimpel. welches den vollig erwachſenen Vogel auszeichnete. Die Neſter befanden ſich in den ſchon genannten Ortlichkeiten und waren außer den bereits aufgezählten Stoffen auch aus langen Baumwollenfäden und Stückchen alten Zeuges, kurz aus unzähligen Reſten und Abfällen dicht gefilzt. Mitte April wurden die Jungen der erſten und erſt Mitte Auguſt die der dritten Brut flügge. Vor Ende September waren aber faſt alle aus der Umgebung der Stadt verſchwun— den. Als ich in Neu-Mexico wohnte, beobachtete ich ſtets eine liebenswürdige Zartheit im Weſen dieſes lebhaften kleinen Sängers und dieſelbe trug ihm die volle Zuneigung aller, ebenſo die des reichen Land— beſitzers als des ärmlichen Tagelöhners ein; denn dieſelbe fröhliche Melodie, welche zur Mittagszeit dem Ohre des erſteren ſchmeichelte, während er ſich in ſeiner Hängematte ſchaukelte, begrüßte auch den letzteren, wenn er bei Tagesanbruch auf Arbeit ging. Dieſe vertrauliche Zahmheit bewog mich dazu, ihm den Namen ‚Hausfinké beizulegen. Auch ſein Be— nehmen gegen andere Vögel erſcheint mild und fried— fertig und ich will nur ein Beiſpiel hiervon erzählen. Auf der Piazza des Hauſes, welches ich bewohnte, hatte ſich eine ganze Anſiedlung dieſer Vogel gebildet. Als die Jahreszeit milder wurde und die zarten Vögel vom Süden anlangten, erſchien auch ein Pärchen Scheunenſchwalben und begann inmitten jener Neſter das ſeinige zu erbauen. Eine ſolche Zudringlichkeit würde doch die meiſten anderen Vögel zur Befehdung der Eindringlinge erregt haben. Ganz anders aber benahmen ſich die kleinen Hausfinken. Zuerſt wichen ſie und ſchienen die Fremdlinge mit Mißtrauen auzu⸗ ſehen; als dieſe aber ruhig in ihrer Arbeit fortfuhren, wurden ſie von ihnen durchaus nicht geſtört und ſo ſah ich die ganze Geſellſchaft in voller Eintracht niſten. „Seine Nahrung beſteht, je nach den Jahres- ) ) zeiten, in Knoſpen, Früchten, verſchiedenen Gräſer— und Kräuterſämereien, welche letztere er, oft mit dem Kopfe nach unten oder ſeitwärts an die ſchwanken Stengel ſich klammernd, aus den Kapſeln holt. Auch Inſekten verzehrt er anſcheinend zu jeder Zeit. In dem Zuſtande als halber Hausvogel zu Santa Fe | ſchien er übrigens nichts Eßbares zu verſchmähen. Mit dem Schluß des Sommers ſcheint er ſich in Scharen zuſammenzuſchlagen und in der Weiſe der nächſten Verwandten, des Purpurgimpels, zu wan— dern; die Schwärme ziehen dann für den ganzen Winter fort nach Mexico und wahrſcheinlich auch nach Mittelamerika.“ Als das Vorſtehende bereits geſchrieben war, ſandte mir Herr W. Zimmermann in San Miguel, San Luis Obispo County, Cal., eine ganz reizend geſchriebene Skizze über den Hausfinken, welche ich zur Vervollſtändigung meiner Schilderung und zur Richtigſtellung manch zweifelhafter Angaben hier folgen laſſe. „Von den im mittleren Californien vorkommen— den Singvögeln iſt der Hausfink wohl am zahlreichſten vertreten. Die Winterſtürme und die in der Regel damit verbundenen ſtarken Regengüſſe ſind immer noch in vollem Gange. Die Eichen ), die haupt— ſächlich in der Nähe von Flüſſen zahlreich vorkom— menden Baumwollpappeln und die breitäſtigen Pla— tanen mit ihren mächtigen knorrigen Stämmen ſind noch unbelaubt; aber auf den Feldern und Hügeln zeigt ſich ſchon ſeit Wochen das ſaftigſte Frühlingsgrün und von Blumen blühen bereits einige Arten der Kruziferäen (ich habe am 15. Jan. 1889 bei San Miguel in San Luis Obispo County blü— hende Capsella bursa pastoris und Lepidium nitidum gefunden), da erjcheint auch ſchon bei uns der Haus— fink in großen Scharen. So wurde ich zu Anfang Februar 1889 durch einen lauten jubelnden Geſang ins Freie gerufen und fand zu meiner großen Freude eine zahlreiche Finkeuſchar um die Waſſergefäße ver— ſammelt, die ich für die Vögel an den Zweigen der benachbarten Bäume aufhänge. Aber der Aufenthalt der Gäſte war nur von kurzer Dauer, und raſch, wie ſie gekommen, verſchwanden ſie auch wieder, um neuen Scharen platzzumachen. Nach acht bis zehn Tagen erſchienen dann die alten Auſiedler der vorhergehenden Jahre, was aus der genauen Ortskenntnis der Tier— chen leicht zu erkeunen war. In einigen Wochen entjtand nun zwiſchen den Männchen, der Weibchen wegen, häufig heftiger Streit, der ſich ſpäter mit gleicher Erbitterung fortſetzte, als es ſich um den Beſitz der alten Brutſtätten handelte. Wenn dieſe wichtigen Fragen nun erledigt ſind, beginnt der Bau der Neſter allen Eruſtes. Häufig habe ich beobachtet, wie ein Pärchen einen Niſtplatz, den es nicht ohne ſchweren Kampf erworben, nach einigen Tagen frei— willig aufgab, um ſich ein beſſeres Quartier zu ſuchen, wie es denn auch nicht ſelten vorkommt, daß das Vogelpaar nach der erſten oder zweiten Brut mit dem Bau eines neuen Neſtes an einem geſchützteren Ort beginnt. — Die vorhandenen Neſter, die allen Winterſturmen Widerſtand geleiſtet, werden nun 1) Quercus corbata. u ˙O Tu nn nn El an ne en ru ——— — Der Hausgimpel. herabgeworfen, und das Weibchen beginnt mit der Arbeit allein, dabei wird es immer vom Männchen begleitet, das an dem Fortſchritt des Neſtes das regſte Intereſſe nimmt. „Die Unterlage des Baues beſteht zunächſt aus zarten Pflanzenſtengeln, die ſich je nach der Jahreszeit ändern, worauf nun die ſogenannte Mulde mit feinem Material auswattiert wird. *) „Auffällig iſt es, daß ſich der Vogel um dieſe Periode nur zu gewiſſen Zeiten in der Nähe ſeines Neſtes ſehen läßt. In der kühleren Frühlingszeit geht er erſt zwiſchen acht und neun Uhr des Morgens an die Arbeit, die täglich zwei bis drei Stunden dauert, bis das Neſt fertig iſt. Wenn man nun, wie das z. B. bei mir der Fall iſt, den Vögeln allerlei Baumaterial anweiſt, ſo wird die gute Abſicht ſofort begriffen, aber man begegnet dabei erſtaunlichen Neigungen und ganz eigentümlichem Geſchmack. Der Vogel holt ſich das Baumaterial lieber aus der Ferne, als daß er das ihm zunächſt liegende benützt. Er zieht auch die glatten weißen Fäden, die ich in Bündel— chen an die Aſte der Bäume binde, allen übrigen vor. Schwarze, rote und blaue Fäden berückſichtigt er nie; wie ich denn überhaupt die Beobachtung gemacht, daß auch andere Vögel eine entſchiedene Abneigung gegen Farben haben. Eine mir gehörige Spottdroſſel, die ſich ausgedehnter Freiheiten im Zimmer erfreute, konnte ſich nie mit den hellblauen Aufſchlägen meines Hausrocks verſöhnen. Sie flog mir ſofort auf den Armel, wenn ich mir's in dem Rock bequem machen wollte und gab durch heftige Schnabelhiebe und Ziſchen ihren großen Arger kund. „Die Finken benützen gern die für ſie hergerich— teten Brutſtätten in der Nähe der menschlichen Wohnungen. Unter dem Dach, ſogar unmittelbar über der Hausthür, ſchlagen ſie ihr Quartier auf und ziehen, unbekümmert um den ſie umgebenden Lärm, ihre Jungen groß. Der Vogel iſt überhaupt ſehr zutraulich und ſcheint wenig Furcht zu kennen. Wäh— rend des letzten Frühjahrs kamen des Vormittags eine Woche lang regelmäßig zwei bis drei Pärchen durch das offen ſtehende Feuſter in mein Wohnzimmer und trieben ſich dort ſtundenlang herum. Auf den Bäumen ums Haus habe ich zahlreiche runde Blech— ) En typiſches Neſt beſchreibt Frau Sophie Zimmermann ausführlicher: „Mit zarten Wollblümchen (Meropus californicus) wird der Anfang im Neſtvau gemacht; dann kommen gelbe Blümchen (Baeria graeilis), welche hauptſächlich zur Zierde der Außenſeite dienen. Auf dieſe folgt eine Linum-Art und dann roſarot blühende Stengel von Briogonum Whrightii und ſolche von E. elongatum, wovon die Neſter einen rojaroten Schimmer haben. Die Auskleidung beſteht aus zartem Pflanzenmaterial, je nach der Jahreszeit verſchieden.“ 311 gefäße, dicht mit Spitzenflechten !), Laub und Reiſern verdeckt, angebracht, und ſie ſehen und Beſitz davon ergreifen, iſt in der Regel eins beim Vogel, der in einer ſolch koſigen Mooshütte vor jeder Witterungs unbill trefflich geſchützt iſt. „Kürzlich war es mir vergönnt, die Jungen aus einem Neſt ausfliegen zu ſehen, das ich meinem Feuſter gegenüber auf oben beſchriebene Weiſe her— gerichtet hatte. Die Mutter ſtand morgens früh davor und rief und lockte. Da ich den Tag vorher ſchon bemerkt hatte, wie groß die Jungen bereits waren, erwartete ich deren Ausfliegen. Es dauerte auch nicht lange, bis das ſtärkſte heraushüpfte, und ſofort kamen vier Nachbarinnen von verſchiedenen Seiten neugierig herbeigeflogen. Nach kurzem Beſinnen ſchwang ſich das Junge friſch und frei empor und flog, von den fünf Weibchen begleitet, davon. Den ganzen Tag riefen nun die Eltern ins Neſt hinein, doch es regte ſich nichts mehr darin. Am nächſten Morgen wiederholte ſich das Rufen. Das Weibchen ſtand unten, das Männchen oben. Da wagte ſich endlich das zweite heraus, bald darauf folgten das dritte und vierte. Das Neſthäkchen aber ſank beim erſten Flug verſuch auf den Boden, erreichte jedoch die es beſtändig durch Zurufen ermunternden Eltern, ehe ich es auf heben konnte. Nun war es öde, ſtill und verlaſſen ums Neſt, in dem ſo viel reges Leben und Treiben geherrſcht hatte. „Vor zwei Jahren blieb zufällig an einem Baum— alt im Garten ein alter Wams über Nacht Hängen, und wer beſchreibt mein Erſtaunen, als am nächſten Morgen ein Hausfinkenpaar die offenſtehende Seiten— taſche in Beſchlag genommen und bereits mit dem Neſtbau begonnen hatte. Ich arrangierte ſofort die zweite Taſche entſprechend und hatte die Befriedigung, innerhalb einer Stunde ein zweites Pärchen im Beſitz der neuen Wohnung zu ſehen. Seitdem ſind in den beiden Neſtern je von vier bis ſechs Bruten groß geworden. „Da, wo dem Hausfinken derartige Hülfe nicht zu teil wird, baut er an einen ſchattigen Platz im Gebüſch oder auf Bäumen, mindeſteus vier bis ſechs Fuß vom Boden entfernt. Das Weibchen legt vier bis fünf hellgrüne Eier, die ſpärliche dunkelbraune marmorierte Flecken und Linien zeigen und brütet zwölf bis dreizehn Tage. Des Nachmittags verläßt es in der Regel auf kurze Zeit das Neſt, um Speiſe und Trank zu ſuchen. Während der Brutzeit hält 1) Ramalina reliformis (Lace Lichen). ſich das Männchen gewöhnlich in der Nähe des Neſtes auf und ſingt dem Weibchen die ſchönſten Lieder vor; oder auch eine Anzahl Männchen, manchmal fünfzehn bis zwanzig, verſammeln ſich öfters in der Mitte des Tages auf einem Baum und ſuchen ſich in gegenſeitigem Wettgeſang zu übertreffen. Sie haben ja jetzt Zeit und Muße dazu. Das Haus iſt beſtellt, Mutter Natur hat den Tiſch mit Körnchen und Inſekten jeder Art reichlich gedeckt, und ‚er ſorget nicht für den kommenden Morgen.“ — Sonſt läßt ſich der Hausfink ſchon früh des Morgens, etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang in Gemeinſchaft mit den Königsvögeln, Oriols, Wieſenſtärlingen und anderen Sängern hören. Der Geſang iſt nicht beſonders kunſtvoll, aber ungemein waldfriſch und melodiſch und erinnert an den Schlag der deutſchen Buch- und Diſtelfinken. Wenn die Gatten einander locken, ſo laſſen fie ein zartes ‚Pip, pip!“ hören. Das Männ⸗ chen nimmt regen Anteil an der Aufzucht der Jungen, unterweiſt ſie im Fliegen und führt ſie ans Waſſer, wie denn dieſe Finken überhaupt ein wahres Muſter einer liebenden Familie ſind und die Zärtlichkeit der Gatten: kaum der Elternliebe nachſteht. „Solange der Hausfink unter dem Schutze des Königsvogels ſteht, drohen ihm wenig Gefahren. Leider zieht aber der letztere ſchon anfangs Juli von dannen, und nun beginnen die ſchweren Zeiten für unſere Finken. Ihre ärgſten Feinde ſind die Elſtern und die californiſchen Heher. Man hört plötzlich ängſtliche Rufe — die indeſſen nur einem geübten Ohre verſtändlich ſind — eilt hinaus und findet in der Regel tote Neſtlinge auf dem Boden. Die ganze Harmonie der reizenden Idylle iſt mit einemmal grauſam geſtört, und es bleibt nichts anderes übrig, als die garſtigen Räuber wegzuſchießen. Der Gedanke nur gereicht dem Vogelfreunde zur Beruhigung, daß mindeſtens drei Bruten unbeläſtigt groß geworden ſind. „In ſeiner äußern Erſcheinung iſt der Vogel außerordentlich zierlich und hübſch. Kopf, Hals, Bruſt und Rücken des Männchens ſind erdbeerrot, die Bruſt und der hellgraue Leib haben eine ſchöne Zeich⸗ nung von kurzen Linien, Flügel und Schwanz ſind dunkelgrau. Beim Weibchen fehlt die rote Zeichnung. „Der Hausfink kommt an dieſer Küſte von Oregon bis etwa zum 28. nördlichen Breitengrade vor. Er überwintert an den ſüdlichen Grenzen der Vereinigten Staaten und im nördlichen Teile von Untercalifornien und verläßt Mittel-Californien ſchon gegen Ende Juli. Der Hausgimpel. neſtern u. ſ. f. „In der Gefangenſchaft habe ich nie Gelegenheit gehabt, den Hausfinken zu beobachten, weil es mir mehr und mehr widerſtrebt, Vögel in Käfigen zu halten. Wer ſich eine wirkliche Freude und einen echten reinen Genuß bereiten will, der ſtudiere das Vogelleben in der freien Gottesnatur und hege und pflege die liederreichen Sänger, wo er nur immer kann. Zimmervögel nehmen in der Regel viel Zeit und Mühe in Anſpruch, die man lieber den Hunderten auf den Bäumen zuwenden ſoll. Nur unter dem ſchattigen grünen Blätterdach iſt des Vogels wahres Glück, und dort auch nur gedeiht er wirklich. Das gilt wenigſtens vom ſonnigen Californien.“ Zu bemerken hätte ich hier noch, daß der in Californien, überhaupt im Südweſten lebende Haus⸗ gimpel von dem Mexicos inſofern verſchieden iſt, als er eine Varietät von dieſem bildet. Dr. Cooper fand Neſter bei San Diego auf Bäumen, Baum⸗ ſtämmen und Felſen, auf Fenzriegeln, im Innern der Fenſterladen, in Höhlungen der Wände unter Ziegeln und Dachſtroh, in Scheunen und Heuſchobern, im Material eines Raubvogelneſtes, in verlaſſenen Oriol⸗ Leider verfolgt man ihn in Califor⸗ nien, weil es ihm manchmal einfällt, einige Knoſpen zu verzehren. Der Menſch iſt ein wahrer Zerſtörer, wenn er glaubt, daß ihm ein kleiner Schaden zugefügt wird. Daß die Vögel ihm durch Vertilgung ſchäd⸗ licher Inſekten unberechenbar große Dienſte leiſten, überſieht er ganz. Die Hausfinken zählen zu den beſten Stuben⸗ vögeln, welche der Vogelliebhaber halten kann. Zwar verlieren ſie ihre ſchöne rote Farbe, aber ſie erfreuen faſt das ganze Jahr hindurch durch ihren wirklich ausgezeichneten Geſang, der nach meinem Urteil viel Ahnlichkeit mit dem unſeres öſtlichen Purpurgimpels beſitzt. In den Vogelhandlungen des Oſtens ſieht man ihn ſelten, und wenn er wirklich vorhanden iſt, ſo hält man ihn für einen gewöhnlichen Purpurfinken. Mein Freund, Herr Apotheker Woltersdorf in Chicago, der anfangs 1879 mit einer Handelsgeſell⸗ ſchaft Mexico beſuchte, brachte nebſt vielen anderen Vögeln auch einige ſchöne Hausgimpel aus der Haupt⸗ ſtadt Mexicos mit, die lange Zeit durch ihren Geſang, ſowie ihr zutrauliches Weſen erfreuten. Namen: Hausgimpel, Hausfink, Adobefink. House Finch, Adobe Finch. — Burion. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla frontalis Say. (1824). — Pyrrhula frontalis Bonap. (1825). — Ery- throspiza frontalis Bonap. (1838). — Carpodacus fron- talis Gray (1844). — Carpodacus familiaris MeCall (1852). — Carp. rhodocolpus Cab. (1851). — Carpoda- D eus frontalis rhodocolpus Ridgw. (1875). — Carpoda- cus mexicanus frontalis Ridgw. Man. (1887). Eine etwas kleinere, mehr rote, im Untercalifornien lebende Form heißt C. frontalis ruberrimus Ridgw, Beſchreibung: Männchen, Kopf, Hals, Bruſt, Bürzel karminſcharlach- oder erdbeerrot; das Rot ſtreckt ſich manchmal auch über die ganze Unterſeite, mit Ausnahme Der amerikaniſche Kreuzſchnabel. 313 des weißlichen Bauches und der dunkelgefleckten Seiten. Der Rücken und die Kopfkrone ſind dunkelbräunlich, rot verwaſchen; Flügel und Schwanz bräunlichgrau. — Weibchen ähnlich, aber ohne Rot; Bruſt und Bauch weißlich, dunkel geſtrichelt; Oberſeite bräunlichgrau, dunkel geſtrichelt. Länge etwa 6 Zoll; Zoll. Flügel 3.08; Schwanz 2.57 Der amerikaniſche Kreuzſchnabel. American Crossbill. Wenn die Blumen längſt erſtorben Vor der weißen Winternacht, Hat ein Döglein auf der Fichte Erſt fein kleines Neſt gemacht. Loxia curvirostra minor RIDGWAY. Ach ein blutigrotes Döglein Brütet in der Wildnis Graus, Unter den beeiſten Zweigen Still und heiß die Jungen aus. Kreuzesſchnabel, Wundervogel, Gar zu oft fällſt du mir ein, Schau ich in die ſtarre Wildnis, In die öde Welt hinein. undervogel nennt der Dichter unſeren Kreuz— ſchnabel, und man muß zugeben, daß dieſe Bezeichnung eine zutreffende iſt. Er iſt in Wahrheit ein ſolcher. In den freundlichen Märchen und lieblichen Sagen ſpielt er von jeher eine Haupt— rolle. Er iſt der Zigeuner unter den Vögeln, der Papagei unſerer Nadelwälder, deſſen Geſang und deſſen Liebe auch im Winter blüht, wenn Eis und Schnee die Erde und die dichten Zweige der Tannen deckt. Als die eigentliche Heimat dieſer Vögel darf man jene hochnordiſchen einſamen ungeheuren Fichten, Tannen- und Kieferwälder anſehen, welche ſelten von eines Menſchen Fuß betreten werden. Hier ſcheinen ſie in großer Anzahl vorzukommen. Doch ſind ſie nicht an ein beſtimmtes Gebiet gebunden, ſie wandern vielmehr faſt beſtändig, und man ſieht ſie oft in Gegenden, wo man ſie vorher nie beobachtet hat. Ebenſo geheimnisvoll verſchwinden ſie wieder. Man hat ihnen deshalb auch den recht bezeichnenden Namen „Zigeunervogel“ beigelegt. Von ihrer Nahrung, dem Nadelholzſamen, ſind ihre Wanderungen abhängig. Gerät dieſer gut, ſo bleiben ſie, gerät er nicht, dann wandern ſie weiter und oft in dicht beſiedelte Gegen— den, wo man ſie vorher noch nicht geſehen hat, ja, ſie brüten ſogar hier und verſchwinden wieder, ohne daß J. Moſen. man weiß, wohin ſie gehen. Sie finden ſich überall und nirgends, erſcheinen in einzelnen Jahren maſſen— haft in Waldungen, in denen ſie Jahre hindurch fehlten, ſiedeln ſich an, verweilen Monate, brüten und verlaſſen die Wälder wieder, um es anderswo ebenſo zu treiben. In Amerika hat man ſie nach Süden hin bis Mexico beobachtet. Unzweifelhaft regelt das Gedeihen der Nadelholzſämereien in beſtimmten Gegenden ihr Kommen und Gehen, ihr Seßhaft— werden oder Durchwandern. Man muß ſich dies regelloſe Umherſtreifen ſo deuten, daß ſich größere oder geringere Flüge von ihnen während des ganzen Jahres auf der Wanderung befinden, die Waldungen durchſtreifen und ſich da anſiedeln, wo ihnen die Samen der Nadelholzbäume eine reichliche Ernte verſprechen, diejenigen Gegenden aber, in denen dies nicht der Fall iſt, überfliegen, ohne hier bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Damit im Einklange ſteht, daß ſie in den ungeheuren Waldungen des Nordens oder in jenen der Hochgebirge häufiger und regel— mäßiger auftreten, als in den vielfach unterbrochenen Wäldern der Ebene, in denen gute Samenjahre ſelten und ſie ſelbſt größeren Störungen ausgeſetzt ſind, als dort. Damit im Einklange ſteht ferner, daß ſie von Jahr zu Jahr da ſeltener werden, wo die +0 314 Der amerikaniſche K reuzſchnabel. Ausrottung der Nadelwälder in bedauerlicher Weiſe um ſich greift, wie dies gegenwärtig in unſeren Nord— ſtaaten der Fall iſt. In Europa findet man die Kreuzſchnäbel oft ſehr weit ſüdlich, ſo in Spanien und Griechenland; ja ſie überfliegen ſelbſt das Mittel— meer, um ſich im Atlas und in den Gebirgen Klein— aſiens umher zu treiben. So weit ſüdlich dehnt unſer gewöhnlicher Kreuzſchnabel allerdings ſeine Reiſe nicht nach Süden hin aus, da ganz ungeheure Prärien im mittleren Teile des Landes ſeine Wanderungen hem— men. Sein eigentliches Wohngebiet hat man da zu ſuchen, wo Hemlockfichten, Balſamtannen und ver wandte Arten ſich zu ungeheuren Wäldern vereinigen. Seltener fand ich ihn in den vorherrſchend aus Weiß— kiefern (White Pine) und Laubholzbäumen beſtehen— den Wäldern des mittleren Wisconſin als Brut vogel. Im Gebirge kommt er ziemlich weit nach Süden hin vor, denn er findet ſich in den Alleghanies ſüdlich bis Virginien, Nord- und Südcarolina und Georgia. Bei dem nomaͤdiſchen Leben dieſes Vogels wäre es nicht unwahrſcheinlich, wenn er ſich ſelbſt bis nach Florida verirrte. Wir finden ihn ferner im Felſengebirge vom hohen Norden an bis nach Mexico und wahrſcheinlich bis nach Guatemala, aber immer im Hochgebirge, wo Nadelhölzer reichlich wachſen. In der Sierra Nevada Californiens iſt er ebenfalls häufig. Cooper fand ihn im Winter an der Küſte, wo er ſich von dem Samen der Schwarzfichte nährte. Im Frühling und Sommer zogen ſie ſich ins Hoch gebirge zurück, um zu brüten. In der Sierra bewoh nen ſie die Fichten- und Rotholzwälder. Im Gebirgsſtaate Colorado kommt er von 7000 Fuß an aufwärts bis zur Waldgrenze vor. Man ſieht dort gelegentlich Flüge bis zu hundert. Er niſtet dort im April oder Mai, je nach der höheren oder niederen Lage ſeines Brutreviers, immer zu der Zeit, wenn der Winter dem auch hier einziehenden Frühling weichen muß. Im Juni ſieht man dann Geſell ſchaften von Jungen und Alten umherſtreichen. Durch ihre lebhaft rote Färbung und ihr lautes Gezwitſcher ziehen ſie die Aufmerkſamkeit des Beob— achters auf ſich. Sie ſind nicht ſcheu und kommen oft in die Bäume größerer Ortſchaften und Städte. Ihre Nahrung beſteht hier hauptſächlich aus Tannen und Birkenſamen; desgleichen verzehren ſie auch die Kerne der Hagebutten und ſelbſt Beeren, namentlich von Cedern und Wacholdern. In den beſiedelten Gebirgsgegenden New Yorks hat man beobachtet, daß ſie auch gerne Salz freſſen. Wie ſo vieles im Leben der Kreuzſchnäbel, ſo hat auch das Brutgeſchäft ſein Eigentümliches. Unſer Vogel bindet ſich in dieſer Hinſicht an keine Regel, und es kann vorkommen, daß man Neſter zu jeder Jahreszeit findet. Eine beſtimmte Zeit läßt ſich nicht angeben, obwohl man annehmen kann, daß unter günſtigen Verhältniſſen die Brut in unſere Frühlings— monate fällt. Er brütet dann aber meiſt ſehr früh, im März und April, in Monaten alſo, die im Gebirge und in unſeren Nordſtaaten ihres rauhen Klimas halber noch unbedingt dem Winter zugezählt werden müſſen. Außer dieſen beiden Monaten giebt es nicht einen einzigen im ganzen Jahre, in welchem man nicht Kreuzſchnabelneſter findet. Leider iſt die Keunt— nis der Niſtweiſe dieſes Vogels noch ſehr lückenhaft. Man weiß, daß er die nordiſchen Nadelwälder zahl— reich bewohnt und dort brütet, aber nur wenige Neſter und Eier ſind bis jetzt in unſere Sammlungen ge— langt. In Maine fand man Neſter nicht nur in dichtem Nadelholz, ſondern auch in Laubholzbäumen. Sie beſtanden zum Teil aus Bartflechten, welche die Baumäſte, von denen ſie bartförmig herabhängen, zieren. Dies war im Februar, doch fand man auch ſolche von Januar bis Juli, jedoch nicht jedes Jahr. Boardman erhielt dort oft erfrorene Eier. In Eaſt Randolph, Vermont, fand Paine zeitig im März ein Neſt mit Eiern, welches in den oberen Aſten einer natürlich ganz blätterlos daſtehenden Ulme angelegt war. Das Wetter war ſehr kalt, und Schnee bedeckte die Erde. Der brütende Vogel war ſo furchtlos, daß man ihn mit der Hand vom Neſte entfernen mußte. Als dieſer Sammler gerade mit dem Neſte in der Hand den Baum herabklomm, kam das Weibchen wieder herbei geflogen und ſetzte ſich auf die Eier, um ſie vor der Kälte zu ſchützen. — Vor einigen Jahren fand Bicknell den Vogel im unteren Hudſon-Thale in New York brütend. Er entdeckte das in der Spitze einer Ceder angelegte Neſt am 22. April; am 30. enthielt es drei Eier. An der Außen— ſeite des Baues zeigte ſich zunächſt eine loſe Lage Cederrinde, dann folgten feine Tannenzweige, daun kleine Moosſtückchen, Blätter, Gras, Schnuren, baumwollartige Stoffe u. ſ. 5. Innen beſteht es aus einem dichten Filz feiner Stoffe und etwas Pferde— haar. Man hätte das innere Neſt ohne Schaden aus ſeiner Grundlage oder dem äußeren Bau nehmen können. Die Eier ſind der Grundfarbe nach grünlich, am dünnen Ende faſt fleckenlos, am dicken jedoch mit unregelmäßigen lavendelfarbigen Flecken und Punk— ten, untermiſcht mit einigen ſtark hervortretenden dunkelpurpurbraunen Flecken, gezeichnet. Der amerikaniſche Kreuzſchnabel. Zur Gewinnung der, faſt nur aus Nadelholz— ſämereien beſtehenden Nahrung iſt ihnen der ſtarke gekreuzte Schnabel durchaus nötig, da es bedeutende Kraft und große Geſchicklichkeit erfordert, die Tannen— und Kiefernzapfen aufzubrechen, um die wohlverbor genen Kerne zu erlangen. Gewöhnlich ſieht man fie in allen möglichen Stellungen an den Zapfen hängen und eifrig arbeiten. Durch dieſe harzige Nahrung wird das Fleiſch faſt unverweslich, die Leiche zur Mumie. Am zahlreichſten beobachtete ich dieſe Art und auch den weißbindigen Kreuzſchnabel im Winter 1877 auf 1878 im nördlichen Illinois. Ganze Schwärme kounte man ſelbſt im Lincoln Park in Chicago umher— ſtreichen ſehen, oft in Geſellſchaft der bereits ge— nannten Verwandten, der Birkenzeiſige und Haken— gimpel. Mit Vorliebe ließen ſie ſich in den ange— pflanzten Fichten, Tannen, Kiefern, Cedern, Thujen nieder, aber da ihnen dieſe nicht genug Nahrung boten, waren fie genötigt, auch andere Baumſämereien und ſelbſt Unkrautgeſäme aufzuſuchen. Gleich den übrigen Finkenvögeln, welche aus den menſchenleeren Gegenden des hohen Nordens kommen, zeigen auch ſie ſich in der erſten Zeit nach ihrer Ankunft überaus zutraulich und furchtlos. Ohne Scheu nähern ſie ſich menſchlichen Wohnungen bis auf wenige Schritte, und viele finden ihren Tod, namentlich in Ortſchaften und Städten, durch die Steinwürfe eiuer rohen, ge— fühlloſen Straßenjugend, welche mit einer wahren Zerſtörungswut über alle auffallenden lebenden Weſen herfällt. — Die Kreuzſchnäbel ſind ſehr geſellig, und man ſieht deshalb auch faſt immer nur größere Geſell— ſchaften beiſammen, die untereinander in ſchönſter Harmonie leben. Ihre große Anhänglichkeit anein— ander wird ihnen nur zu oft verderblich. Ein einge— bauerter Kreuzſchnabel lockt oft einen ganzen vorüber— fliegenden Flug aus der Luft herab, ſodaß man ohne Mühe mit einem guten Lockvogel eine beliebige Anzahl fangen kann. — Bei ihren Streifzügen im Winter kann man ſo recht ihre Eigentümlichkeiten kennen lernen. Wie die Papageien klettern ſie an den Aſten entlang, ſich ebenſowohl mit dem Schnabel als mit den Füßen feſthaltend, hängen ſich an die Tannen zapfen, hüpfen langſam und anmutig durch das mit Schnee bedeckte immergrüne Gezweig, dabei regelmäßig ihr lockendes Gezwitſcher ausſtoßend. Ihre Bewe— gungen auf dem Boden ſind dagegen langſam und unbeholfen; ſie kommen auch nicht häufig auf den— ſelben herab. Der Reiz ihrer Erſcheinung wird noch erhöht durch die herrliche rote Farbe vieler, die in der alſo Nadelholzſämereien zu bieten vermag. 315 öden Winterlandſchaft, in dem mit Schnee bedeckten Nadelholzgezweig erſt ſo recht zur Geltung kommt. Der Flug iſt ſchnell, leicht und anhaltend, ähnlich dem des Goldfinken, und geſchieht in hüpfenden Wellen— linien, wenn größere Strecken zu überfliegen jind. Während des Fluges ſtoßen ſie oft ihre eigentüm— lichen, nicht durch Buchſtaben wiederzugebenden, rau hen, etwa wie „Zrit“ oder „Zrrrirt“ klingenden Lockrufe aus. Der Geſang iſt unbedeutend, aber doch kaun man ihm ſeine Beiſtimmung nicht verſagen, namentlich im Winter, wenn er bei Schnee und Eis erklingt. Einzelne ſehr melodiſche, jedoch etwas leiſe flötende Töne, die oft durch den rauhen Lockruf unter— brochen werden, bilden das Liedchen, das unſer Vogel auch in der Gefangenſchaft fleißig hören läßt. Will man eine rechte Vorſtellung von demſelben gewinnen, ſo muß man den blutrot überhauchten Vogel in der Spitze einer mit Schnee bedeckten Tanne ſeine Töne zum beſten geben hören. Auch das Weibchen ſingt, doch minder anhaltend. Ich habe zahlreiche Kreuzſchnäbel im Käfig gehal— ten, die ich meiſt ſelbſt eingefangen. Der Fang macht viele Freude, weil man, wenn erſt einer eingefangen wurde, bald einer ganzen Anzahl habhaft werden kann. Sie gewöhnen ſich ohne weiteres ein und werden ſehr zahm und zutraulich, doch verliert das Männchen bald ſein prachtvolles Rot unwieder— bringlich. Durch ihre Zutraulichkeit, ihr friedfertiges Weſen untereinander und mit anderen Vögeln, ihr beſtändiges Klettern an der Käfigdecke und am Gitter, werden ſie ſehr angenehme und unterhaltende Zimmer— genoſſen. Die größte Schwierigkeit in ihrer Pflege beſteht darin, daß man ihnen nicht, oder doch weuig— ſteus nicht auf die Dauer ihr naturgemäßes Futter, Hanf wird ihnen oft verderblich, da ſie ſich daran leicht zu fett freſſen, und Rübſamen, Hirſe, Mohn, Hafer ꝛc. iſt ein äußerſt unzureichender Erſatz. Bei deu meiſten Liebhabern und der ſorgſamſten Pflege halten ſie ſich deshalb auch nur ſelten länger als zwei Jahre. Namen: Amerikaniſcher oder Fichtenkreuzſchnabel. American C.ossbill, Red Crossbill. Wiſſenſchaftliche Namen: Loxia curvirostra Forst. (1772), Nutt., Aud. — Curvirostra americana Wils. (1811). — Loxia americana Bp. (1838). — Loxia eur- virostra americana Coues (1872). — Loxıa minor Brehm (1853), — Loxia curvirostra minor Ridgw. (1885); Beſchreibung: Altes Männchen mattrot (von lachs- bis zinnoberrot), am ſchönſten auf dem Rücken; Flügel und Schwanz ſchwärzlichbraun. Weibchen oberſeits matt grünlich-olivengrau; Bürzel und Krone glänzend grün 316 Der weißbindige Kreuzſchnabel. lichgelb. Unterſeite grau, grünlichgelb verwaſchen. Schnabel gekreuzt. Länge 6 Zoll; Flügel 3.30, Schwanz 2.25 Zoll. Der in Colorado, im ſüdlichen Arizona und dem Hochlande Mexicos lebende Kreuzſchnabel iſt nur eine Abart, welche unter dem Namen Loxia curvirostra Stricklandi Rıpaw., mexikaniſcher Kreuz— ſchnabel (Mexican Crossbill), bekannt iſt. Der weißbinoͤige Kreuzſchnabel. White-winged Crossbill. Tafel XXI. ährend man in mehreren aufeinanderfolgen— den Wintern in Wisconſin und Nord— Illinois keinen einzigen weißbindigen oder weiß— flügeligen Kreuzſchnabel beobachten kann, tritt er in anderen ſehr zahlreich auf. Am häufigſten beobachtete ich ihn im Winter von 1877 auf 1878. In großen Scharen kamen ſie in die Vorſtädte Chicagos, wo fie ſich von anfangs Dezember bis zum Februar aufhielten. einige Tage, ſelbſt auf einige Wochen, ſtellten ſich aber immer wieder ſcharenweiſe ein. Sie waren ebenſo zutraulich wie die gewöhnlichen Kreuzſchnäbel, nährten ſich von dem Samen der Fichten, Tannen, Cedern, Thujen (Lebensbäume), kamen häufig auf die Un— krautſtengel und ſelbſt auf den Boden herab, wo ſie die von mir zwiſchen Reiſig geſtreuten Hauf- und Sonnenblumenkerne aufſuchten. Aus den noch auf den Bäumen befindlichen erfrorenen Apfeln holten ſie die Kerne hervor, und auch den Vogelbeerbäumen wurden häufige Beſuche abgeſtattet. Zeitweiſe ver— ſchmähen fie auch Juſekten nicht, denn man hat wiederholt den Magen mit Würmern angefüllt ge— funden. Nadelholzſämereien bilden aber ihre eigent— liche Nahrung. Am veizendften ſind dieſe ſchönen Vögel im Winter, wenn fie in Scharen, oft mit Abendkern— beißern, Cedervögeln, Hakengimpeln und Birken— zeiſigen, vereinigt ſind. Sie bilden zu jeder Zeit eine Zierde der Waldbäume, wenn aber der Winter die Herrſchaft führt und dicker Schnee die Zweige bedeckt, dann nimmt ſich die Geſellſchaft wahrhaft prächtig aus. Ganz wunderbar heben ſich dann die blutig— roten Vögel von dem düſteren Nadelgrün und dem weißen Schnee ab und verwandeln den ganzen Wipfeln Manchmal verſchwanden ſie auf Loxiei leucoptera GMEL. Vogel 4. zu einem Chriſtbaum, wie er ſchöner nicht gedacht werden kann. Zu ihrer anſprechenden Färbung geſellt ſich ihr friſches, fröhliches Leben, ihre ſtille, aber beſtändige Regſamkeit, ihr gewandtes Auf- und Niederklettern, ihr Schwatzen und Singen, um jeder— mann zu feſſeln. Auch dieſer Kreuzſchnabel gehört den Nadelholz— waldungen des hohen Nordens Amerikas an, wo er ſich von Ozean zu Ozean verbreitet. Während der vorige ziemlich zahlreich in der Union brütet, ſcheint dieſe Art auch im Winter kaum über den 40. Grad nördlicher Breite ſüdlich zu wandern, und während der Brutzeit dürfte er im ganzen nördlichen Gebiete äußerſt ſelten ſein. Wenn man ſich das zigeuner— artige Umherwandern aller Kreuzſchnäbel vergegen— wärtigt, ſo iſt es wohl denkbar, daß man ihn hin und wieder auch in den hohen Gebirgswäldern der nörd— lichen Vereinigten Staaten brütend finden dürfte. Dr. C. H. Merriam, einer unſerer tüchtigſten Or— nithologen, berichtet thatſächlich, daß er Standvogel im Adirondac-Gebirge ſei, und derſelbe Forſcher fand ihn in beſchränkter Anzahl in Point des Monts, Canada, im Juli 1881; im Juli des folgenden Jahres beobachtete er dort jedoch nicht einen einzigen. Boardman fand ein Neſt mitten im Winter bei Calais in Maine. Prof. Ridgway beobachtete ihn am 12. Auguſt im Oſt-Humboldt-Gebirge. Die Niſtweiſe dürfte kaum von der des gewöhn— lichen Kreuzſchnabels abweichen. In der Gefangenſchaft gewöhnen ſie ſich raſch ein. Ich verlor von ſieben Stück friſchgefangenen Vögeln in der erſten Woche zwei, wahrſcheinlich in— folge der Stubenwärme. Die übrigen waren und blieben munter und ſchienen auch im Sommer nicht * * ‘ 3 re a u Tr en ER '91214S09n97 Yoejg MNIJSN3ISOY NZN V MHS MOdIN VILVNATLV ATLo ILS 0024“ 1844 IXX von der Hitze zu leiden. Als Erſatzfutter erhielten ſie Kanarienſamen, Sonnenblumenkerne, Hafer und etwas Hanf, grüne weiche Schößlinge von Laub- und Nadelholzbäumen. Wie die Papageien kletterten ſie fortwährend an der Käfigdecke umher, brauchten beim Fortbewegen auch den Schnabel und hingen ſich gerne an die Seitenwände, wo fie die Sitzſtaugen benagten. Sie waren ſo zutraulich, daß ſie ohne Scheu auf die in den Käfig geſtreckte Hand kamen, um Sämereien herauszunehmen. Sie vertrugen ſich ſehr gut, ſo— wohl mit ihres gleichen, als mit den übrigen Käfig— bewohnern. Den Geſang habe ich in der Freiheit nie gehört, dagegen ſangen drei meiner gefangenen Männchen ſehr eifrig. Das Yiedchen iſt weit melo— —— ';. Der ſchwarze Roſenfink. 317 diſcher und reichhaltiger als das des Fichtenkreuz ſchnabels, die Töne reihen ſich mehr aneinander und werden ſeltener durch den gewöhnlichen Lockruf unter— brochen. Namen: Weißbindiger oder weißflügeliger Kreuzſchnabel. White-winged Crossbill. Wiſſenſchaftliche Namen: Lozxia leucoptera Gmel. (1758). — Curvirostra leucoptera Wilson (1811). Beſchreibung: Männchen karminrot, auf dem Rücken dunkel verwaſchen; von der Mitte des Bauches bis zu den unteren Schwanzdecken weißlich; Flügel und Schwanz ſchwärzlich; zwei auffallende weiße Flügel— binden. — Weibchen bräunlichgrau; Bürzel bräunlich— gelb. Schnabel gekreuzt. Länge 6.25 Zoll; Flügel 3.5 ; Schwanz 2.60 Zoll. Der ſchwarze Nofenfink. Black Leucosticte. Leucostiete atrata RDG w. Tafel XXM. B Ay emertensmert iſt es, daß drei unſerer größten und genialſten Ornithologen auch gleichzeitig als hervorragende Künſtler berühmt ſind. Wilſon, ein armer ſchottiſcher Weber, kam im Jahre 1794 in dieſes Land. Als begeiſterter Naturfreund gab er ſich ganz dem Studium der Vögel ſeiner neuen Heimat hin, während er im Winter Schule hielt. Obwohl ſchon bei Jahren, lernte er doch mit großer Mühe noch zeichnen und malen und brachte es in dieſer Kunſt jo weit, daß er im Aufange dieſes Jahrhunderts ein dreibändiges Prachtwerk über amerikaniſche Vögel herausgeben konnte, das zum Beſten gehört, was über— haupt auf dem Gebiete der Vogelkunde publiziert worden iſt. Übertroffen wird Wilſons amerika— niſche Ornithologie freilich weit durch Audubons großes Foliowerk und durch deſſen ſiebenbändiges, mit 500 Farbentafeln geſchmücktes Werk „Birds of America“. Der Forſcher zog jahrelang durch die nordamerikaniſchen Wälder, um ſeine Lieblinge zu malen und zu beobachten. Die ganze Natur mit ihrem Blütenſchmuck und Duft, mit ihren kühlen Quellen und rauſchenden Bächen, mit ihrer ganzen Poeſie tritt in dieſem Werke vor die Seele des Leſers. Da atmet man keine tote Muſeumsluft, ſondern die reine, herrliche Luft unſerer Wälder und Wieſen, Felder und Gärten. Audubons Beſchreibungen ſind ſo unübertrefflich, ſo bezaubernd ſchön, daß keine Litteratur etwas Ähnliches aufzuweiſen hat. Unter den neueren amerikaniſchen Ornithologen möchte ich ihm in dieſer Hinſicht Prof. W. Brewſter in Cam bridge an die Seite ſtellen. Ein wahrer Jünger Audubons aber iſt Prof. Ridg way, Kuſtos der ornithologiſchen Abteilung des Smithſonſchen In— ſtituts in Waſhington. Er iſt namentlich als ſtrikter wiſſenſchaftlicher Syſtematiker berühmt, und neben Dr. Coues iſt er der bedeutendſte amerikaniſche Vogel— kundige der Gegenwart. Aber er iſt gleichzeitig auch ein genialer Künſtler. Ganz ohne Unterricht hat er es dahin gebracht, ſeine Lieblinge aufs naturgetreueſte darzuſtellen. Was Kolorit, wiſſenſchaftliche Genauig keit und Natürlichkeit angeht, übertrifft er ſelbſt Audubon, wie dies die von ihm gemalten Tafeln dieſes Werkes darthun. Um meine Arbeit zu fördern, ſandte er mir Ende des Jahres 1886 ein prachtvolles Aquarell zum Geſchenk, das ein Pärchen der ſehr ſeltenen, noch nie abgebildeten ſchwarzen Roſen finken darſtellte. Ich verweiſe den freundlichen Leſer auf unſere Tafel. Die Vogel ſitzen zwiſchen Der grauföpfige Rofenfinf. Gras und Geſtein, und in der Ferne türmen ſich hohe Gebirge auf. Obwohl jetzt im Winterkleide, zeichnen ſie ſich doch durch eigentümliche Farbenpracht aus. Wie ſchön mögen ſie da erſt im Hochzeitskleide ſein! Anmutig iſt auch ihr Flug und ihr ganzes Benehmen. Dieſe ganze Sippe Leucostictè iſt längſt nicht jo bekannt, als es wünſchenswert wäre. Es ſind ſämt— lich Schöne, hochintereſſante Vögel, die während des Winters in den Gebirgsgegenden des Weſtens vor— kommen, im Frühling aber wieder in ihre nördliche Keine einzige Art kommt im Oſten Heimat ziehen. unſeres Landes vor. Die Heimat aller iſt im nord— weſtlichen Amerika zu ſuchen, und einzelne Arten von ihnen treten ſogar im nördlichen Aſien auf. Eine der ſchönſten, wenn nicht die prächtigſte Art iſt der ſchwarze Roſenfink. Unfere ſchöne, naturgetreue Abbildung macht eine ausführliche Beſchreibung des Gefieders überflüſſig. Man kennt ihn erſt ſeit dem Jahre 1874, obwohl ſchon im Jahre 1870 (Septem ber) ein Exemplar in dem Uintah-Gebirge geſammelt wurde. „Zu jener Zeit“, ſchreibt mir Herr Prof. Ridg way, „war dieſes intereſſante Genus, mit Ausnahme von Leucostiete griseonucha BRANDT, nur wenig bekannt, und wahrſcheinlich fanden ſich in den öffent— lichen Muſeen und Privatſammlungen keine zwei Dutzend Exemplare. 1875, während der Schreiber dieſes mit den Vor— ſtudien zu ſeiner Monographie dieſer Sippe*) beſchäf- Im Winter von 1874 auf ſich zweifelhaften Vermutungen hinzugeben, tigt war, hatte er Gelegenheit, mehr als vierhundert Exemplare zu unterſuchen, unter ihnen eine große Anzahl L. tephrocotis SWAINSON, L. teplurocotis littoralis BIRD und L. australis ALLEN, dar— unter auch drei L. atrata Rıpaway. Über die Hälfte dieſer Vögel waren mir von Herrn Aiken, damals in Fountain, jetzt in Colorado Springs, Colorado, leihweiſe überlaſſen worden. Gegenwärtig ſind die drei oben genannten Arten und auch L. gri- seonaicha nicht mehr ſelten in den Sammlungen ver— treten, dagegen iſt der ſchwarze Roſenfink (L. atrata) noch immer ſehr rar; auch hat man bis jetzt noch keine Nachricht über ſein Brutgebiet. Bei dem gegen— wärtigen Stand unſerer Keuntniſſe wäre es müßig, doch ſcheint es wahrſcheinlich, daß ſeine Sommerheimat in den unbekannten Regionen der Felſengebirge Britiſch— Amerikas oder vielleicht ſogar in denen unſeres eige— nen Landes zu ſuchen iſt.“ Namen: Schwarzer Roſenfink. Black Leucosticte, Black Rosy Finch, Black Gray-erowned Leucostiete, Aiken’s Leucosticte. Wiſſenſchaftliche Numen: way (1574). Leueostiete atrata Ridg- Beſchreibung: Männchen: Hauptfarbe ſchwarz, am Hin— terkopfe aſchgrau; ein großer Teil der Flügel, des Bür— zels und des Bauches prachtvoll roſenrot; Schwingen und Schwanzfedern zum Teil roſa geſäumt; Schnabel gelb, mit ſchwärzlicher Spitze. — Weibchen verſchieden, nicht ſo tiefſchwarz, weniger rot, dagegen mehr weiß. — Länge 6.50 bis 7.00, Flügel 4.05, Schwanz 2.98 Zoll. Der granköpfige Doſenfink. Gray-crowned Leucosticte. 6 4 8 ſenfink iſt ein Bewohner des Nordweſtens Nordamerikas, Im Winter tritt er im Gebiete der Felſengebirge, namentlich in Montana und Colorado, in großen Scharen auf, brütet aber von der Nord— grenze der Union nordwärts. Über die Niſtweiſe ‚er granföpfige oder graugekrönte Ro *) Monograph of the Genus Leucosticle SWAINSON, or Gray- erowned Purple Finches. By Robert Ridgway. Bull. U. S. Geol. and Geogr. Surv. Terr., No. 2, sec. ser., pp. 51—82 (May 11, 1875). Leucosticte tephrocotis SWAINS. dieſes Vogels iſt noch gar nichts, über ſeine Lebens— weiſe erſt wenig bekannt. Swainſon giebt in dem Werke „Fauna Boreali- Americana“ eine ſehr ſchöne Abbildung, doch berichtet er ſonſt wenig über dieſen von Richardſon entdeckten Vogel. Erſt durch Trippe, Dr. Merrill und Leutenant Shu— feldt haben wir Näheres erfahren. „Währeud des Winters“ ſchreibt erſterer, „beob— achtete ich mehrere Flüge dieſer Roſenfinken in der D Nähe Central Citys, wo ſie in trockenen Gräben und Gärten nach Nahrung ſuchten und ſich gerade wie Sporenammern betrugen. Obwohl ich mich ſorgfältig im ganzen Gebiete nach ihnen umſah, fand ich ſie doch nur hier. iſt der graugekrönte Roſenfink im Gebirge, oberhalb der Waldgrenze zahlreich. Er geht noch höher hinauf als der Pieper und wird gewöhnlich in der Umgebung der Schneefelder und zugefrorener Seen nahe der Ge— birgskämme angetroffen. Er iſt an ſolchen Ortlich— keiten ziemlich ſcheu, obgleich er im Winter ſehr zahm iſt. Der Flug geſchieht in Wellenlinien und iſt dem der Kreuzſchnäbel ähnlich. Der einzige Ton, den ich hörte, klingt wie Tſchurrs und ähnelte dem gewöhn— lichen Rufe der Scharlachtangara. Ende September ſieht man kleine Flüge von zwei oder drei Familien, die ſich ſpäter in der Jahreszeit mit anderen ihrer Art zu großen Scharen vereinigen. Bis Ende Oktober oder Mitte November verweilen ſie oberhalb der Waldgrenze; nur dann kommen ſie herab, wenn die Winterſtürme über die Gebirgskämme dahinſauſen und brauſen. In ihrem Gebahren erinnern ſie an die Ammern, ſchwärmen beſtändig wie dieſe von einem Orte zum andern, nähren ſich von den Samen der Gräſer und des Unkrautes, ruhen nie länger ats einen Augenblick auf einer Stelle und wirbeln in dichten Aus Maſſen beſtändig umher wie die Schneevögel.“ dem Vorſtehenden ſcheint hervorzugehen, daß dieſe Finken hoch oben in den Gebirgen Colorados brüten. Bis heute iſt Sicheres darüber jedoch noch nicht bekannt geworden. „Dieſe Finken“, ſchreibt Dr. Merrill, „wur— den hier zuerſt kurz vor Weihnachten beobachtet, als ſchwere Schneeſtürme und ſehr kaltes Wetter — das Thermometer verſagte gelegentlich ſeinen Dienſt — viele Vögel in unſer Fort (Fort Shaw, Montana) trieb, wo ſie Schutz und Nahrung ſuchten. Schnee— ammern und Hornlerchen waren am häufigſten, und zu ihnen geſellten ſich noch Birkenzeiſige und dieſe Roſenfinken. Während des kälteſten Wetters fanden dieſe Vögel, wenn ſie nicht nach Nahrung ſuchten, Schutz in den verlaſſenen Neſtern der Traufſchwalben, welche ſich unter den Dachtraufen der Ställe befanden. Dies iſt eine Eigentümlichkeit, die ich bei keinem andern Vogel beobachtete.“) Von der Zeit an bis jetzt, etwa zwei Monate, waren die Vögel recht zahlreich, aber ) In Texas beobachtete ich häufig, daß bei kaltem Wetter Winter— ſinken, weißkehlige, Kron- und Waldfinten Schutz in den alten Neſtern der Kardinäle, Spottvogel u. j. f. ſuchten und ſehr oft auch in ihnen über- nachteten. D. V. er grauköpfige Roſenfink. Während des Sommers und im Herbit 319 nur während der Schneeſtürme; ſie erſcheinen in der Nähe der Gebäude etwa eine oder zwei Stunden nach dem erſten Schneefall und verweilen, bis der Sturm vorüber iſt. Man ſieht ſie nun ein oder zwei Tage unter den Unkrautſtengeln des Militärpoſtens, und dann verſchwinden ſie bis zum Eintritt des nächſten Sturmes. Sorgfältiges Suchen nach ihrem Auf enthalt in der Zwiſchenzeit führte zu keinem Ergebnis. Sie ſind ſehr zahm und geſellen ſich oft zu Ammern und Lerchen. Im Garten des Forts ſieht man ſie nur allein oder mit Birkenzeiſigen vereinigt. Hier ſind ſie ſehr ruhelos, erheben ſich, ſcheinbar ohne Urſache, beſtändig in die Luft und laſſen ſich ſogleich faſt auf derſelben Stelle nieder. Der einzige Ton, welchen ich hörte, iſt ein melodiſches „Tſchiet'.“ Holden fand dieſen Vogel in den ſchwarzen Bergen (Black Hills) in einer Höhe von 8,000 Fuß über dem Meere, aber ebenfalls nur während der fültejten Zeit des Jahres. Einen intereſſanten Bericht über das Gefangen leben des Roſenfinken oder Roſenammers, wie wir ihn wohl genauer bezeichnen könnten, giebt Leutenant Dr. R. W. Shufeldt im „Bulletin of the Nuttall Ornithological Club“ (Vol. VI, p. 177 und 178). Er ſchreibt: „Als ich in Fort Fetterman, Wyoming, ſtationiert war, fing ich im Frühling 1881 acht gut befiederte geſunde grauköpfige Roſenfinken. Es ſchienen vier richtige Pärchen zu ſein . . . Sie wurden in einem ziemlich geräumigen Käfig unter— gebracht. Der Boden desſelben war mit Raſen belegt worden. Ich bezweckte zweierlei: einmal wollte ich beobachten, wie ſie ſich zum Hochzeitskleid verfärbten, und zum andern beabſichtigte ich ſie, womöglich, zum Brüten zu bringen. Groß war meine Freude, als ich ſah, daß fie ſich ſchon nach einigen Tagen vollſtändig eingewöhnt hatten und anſcheinend zufrieden und glücklich waren. Vorüberziehende Genoſſen wurden herbeigelockt. Dieſe ließen ſich auf den Zäunen, auf dem Boden und ſelbſt auf dem Käfige nieder. Das Gefieder ſchien für dieſe Jahreszeit vollkommen zu ſein; die ganze Färbung desſelben war eine ſehr dunkle. Meine Gefangenen wurden mit Kanarien— ſamen, geſtoßenem Weizen, Flachsſamen und ſpäter im Jahre mit Salat und zarten Blättern gefüttert. Da der Raſen fortwährend erneuert wurde, erlangten ſie ohne Zweifel auch viele Inſekten. Sie hatten ſich ſo an meine Perſon gewöhnt, daß ſie fröhlich zwit ſcherten, weun ich morgens mit Futter und Waſſer erſchien. Ganz beſonders angenehm war es ihnen weun ich fie mit einer Gießkanne überbrauſte. Sie ee D 320 ſonnten ſich auch gerne, und die Männchen gaben gelegentlich ihren tiefen, einfachen Geſang zum beſten. Dieſer war ganz verſchieden von dem pfeifenden Lock— ton, mit welchem ſie einſt ihre vorüberziehenden Ge— noſſen aus der Luft herabgelockt hatten. „Mitte Mai hatten alle Roſenfinken die Gegend verlaſſen. Der Frühlingszug war vorüber, und das Wetter wurde ſehr warm. Schwalben brüteten, und die übrigen Vögel ſchickten ſich au, ihrem Beiſpiele zu folgen. Ich richtete ihren Käfig ſo bequem wie möglich her. Neſter anderer Vögel von derſelben Größe wurden in das Bauer gethan, aber ſie wurden ſtets noch an demſelben Tage vollſtändig zerzauſt. Mitte Juni war es bereits und noch machten ſie nicht die geringſte Anſtalt zum Niſten. waren ſie ſo zahm, daß ſie mir die Sämereien aus der Hand holten und ſich auf den Fingern niederließen, wenn man ſie durch die Sproſſen ſteckte. . .. Am 10. Juli öffnete ich die Thüre ihres Gefängniſſes und gab ihnen die Freiheit wieder. . . . Anfangs Mai ſchien das Gefieder am ſchönſten zu ſein; jetzt war es um einige Farbentöne heller. . . .“ Eine Varietät, Leucostiete tephrocotis littoralis Covzs (Hepburn’s Leucosticte), bewohnt die Küſtengegend des Stillen Ozeaus. Namen: Grauköpfiger Roſenfink. Gray-crowned Leucostiete, Gray-crowned Finch. | Anfangs Juli er Birkenzeiſig. Wiſſenſchaftliche Namen: Leucostiele tefirocolis Swains. (1831). — Erythrospiza tephrocotis Bonap. (1838). — Fringilla tephrocotis Nutt. (1834). Beſchreibung: Hauptfarbe tief zimmetbraun; großer Fleck am Hinterkopf ſchwarz (im Winter grau); oft ſind alle Federn roſarot (im Winter karminrot) gerändert; Spitzen der Schwanzfedern mit breitem roſa- oder karminrotem Rande. Im Sommer iſt der Schnabel ſchwarz, im Winter gelb. — Länge etwa 6.50 Zoll; Flügel 411, Schwanz 3.00 Zoll. Der ſchokoladenbraune Roſenfink (L. griseonucha BON A.; Aleutian Leucosticte) be- wohnt die Aleuten und Prybilof-Inſeln, ſowie Kadiak, Unalaſchka und die Commander-Inſeln. Die Farbe des Vorderkopfes iſt ſchwarz, die Kehle dunkel, der übrige Teil des Kopfes aſchgrau; das übrige Gefieder ſchokoladenbraun mit kaſtanienbraunem Aufluge an der Bruſt. Die Federn des Hinterkörpers ſind zum teil roſarot gerandet. Der braunköpfige Roſenfink (L. austra- is RIDG WAY, Brown-capped Leucosticte) bewohnt das Felſeungebirge Colorados von 10,000 Fuß auf— wärts; im Winter kommt er herab in die Thäler und wandert ſüdlich bis zum nördlichen Mexico. Er iſt noch wenig bekannt. Die Hauptfärbung ſpielt ins Lohfarbene hinüber; am tiefſten iſt die Färbung an der Kehle, oft mit roſarotem Aufluge; Kopfkrone ſchwärzlich. Weibchen ähnlich, nur viel heller und der roſarote Auflug weniger hervortretend. Der Birkenzeiſig. Redpoll Linnet. Dae Wen der häufigſten Vögel Wisconſins, des 46 nördlichen Illinois und aller Nordſtaaten während des Winters iſt der Birken- oder Meer— zeiſig, den man mancherorts auch unter dem Namen Leinfink kennt. Er kommt in manchen Jahren ſchon im November aus ſeiner hochnordiſchen Heimat an; gewöhnlich erſcheint er jedoch erſt im Dezember und manchmal auch erſt im Januar. Wie bei faſt allen nordiſchen Vögeln, jo herrſcht auch in feinem Kommen und Gehen große Unregelmäßigkeit, denn Acanthis linarıa BON. Vogel 3. man beobachtet ihn oft jahrelang nicht, während er plötzlich zu Tauſenden in den Gärten und Wald— rändern auftritt. Unzweifelhaft hängt ſein Zug mit dem Geraten ſeiner Nahrung zuſammen. Iſt in ſeiner Heimat, jenen menſchenleeren und einſamen Polargegenden, der Birken- und Erlenſamen gut geraten, ſo wandert er nicht ſüdlicher, ſtreicht höchſtens mehr oder minder umher, während er ſich andernfalls zum Wandern in ſüdlichere Gegenden aufmachen muß. Dann überſchreitet er auch die Nordgrenze der Ver. Der Birkenzeiſig. Staaten und erſcheint plötzlich in faſt unendlicher Anzahl, wo man ihn vorher jahrelang nicht geſehen hat. Die Kälte ſcheint dieſe Vögel nicht ſüdlicher zu treiben, denn man ſieht ſie oft in ſehr kalten ſchnee— reichen Wintern gar nicht, während fie in einem ſehr milden Winter in großer Anzahl zu beobachten ſind. Das Verbreitungsgebiet dieſes kleinen Zeiſigs iſt größer als das der meiſten anderen nordiſchen Vögel, denn er kommt im ganzen Norden der Erde innerhalb des Polarkreiſes vor. Im Gebiete der Union hat man ihn bisher nicht brütend gefunden, während er auf den Alpen Mittel-Europas Brutvogel iſt. Hier bewohnen ſie die höchſten Teile des Gebirges, wo nur noch niedrige Gebüſche, namentlich Alpeuroſen (Rho dodendron) und verkrüppelte Nadelholzbäume ſtehen. An derartigen Ortlichkeiten fand ihn Tſchudi in der Schweiz, Hanf in Steiermark. In unſeren Hochgebirgen, namentlich in denen Neu-Englands und im Felſengebirge brütet gar mancher Vogel, deſſen Heimat ſonſt in den Polargegenden zu ſuchen iſt, und es iſt daher nicht unwahrſcheinlich, daß auch der Birkenzeiſig gelegentlich in dieſen vorkommt. In ſeiner arktiſchen Heimat bewohnt er in der Regel die nur aus verkrüppelten Bäumen beſtehenden Birken— waldungen. Man findet ihn im nördlichen Amerika, vom Atlantiſchen bis zum Großen oder Stillen Ozean, als Brutvogel. Während ſeiner Wanderung kommt er häufig bis in die Nordſtaaten und Neu-England, zieht aber ſelten ſüdlich bis nach Philadelphia. Im Weſten bevorzugt er die Gebirgsgegenden und zieht hier ziemlich weit ſüdlich. Namentlich iſt er in Colo— rado bis zu einer Höhe von 10,000 Fuß zahlreich. Als ich noch in Oak Park (Harlem), einem ſchönen Vorſtädtchen Chicagos, wohnte, hatte ich mehrere Winter hintereinander Gelegenheit, die Bir— kenzeiſige in meiner unmittelbaren Umgebung zu beobachten. An meine Wohnung grenzte ein größerer, dicht mit Obſt- und Nadelholzbäumen beſtandener Garten, welchen viele Vögel, beſonders während der Zugzeit, mit Vorliebe aufſuchten. Auch die Birken— zeiſige tummelten ſich in großen Scharen im Geäſt der Sträucher und Bäume umher. Im Winter 1875 auf 1876 waren ſie ſehr zahlreich. Die erſten erſchienen Mitte November, aber noch Ende Dezember trafen große Schwärme aus dem Norden ein. Es befanden ſich unter dieſen Scharen ſehr viele, die durch ihr prachtvolles, rotüberhauchtes Gefieder auffielen. Sie kamen ohne Scheu bis in die unmittelbare Nähe meiner Wohnung, flogen ſogar an die Fenſter und nahmen die auf das Fenſterbrett geſtreuten Säme reien furchtlos hinweg. Die Unkrautſtengel (eine Art Ambrosia) hingen voll von Birkenzeiſigen. In allen möglichen Stellungen ſuchten ſie aus den Unkraut- und Hanfſtengeln einige Körner zu erbeuten. Geſchickt wie die Meiſen kletterten ſie an ihnen herum. Die Scharen der wirklich allerliebſten, ſchöngefärbten, munter umherfliegenden und fortwährend zwitſchern— den Vögel brachten fröhliches Leben in die öde, eiſige Winterlandſchaft. Einen beſonders wohlthuenden Eindruck machte ihre Furchtloſigkeit und heitere Zu traulichkeit. In ihrer nordiſchen Heimat, wo nur ſelten ein Menſch ihr Brutgebiet betritt, haben fie keine Gelegenheit, den Herrn der Schöpfung keunen zu lernen. Sie legen deshalb auch eine auffallende Argloſigkeit bei ihrem Eintreffen an den Tag. Auf wenige Schritte laſſen ſie ſich nahe kommen und ſehen den Menſchen treuherzig an, ohne Böſes zu ahnen. Durch ſchlimme Erfahrungen werden ſie aber bald gewitzigt und die frühere Furchtloſigkeit verwandelt fih dann in Mißtrauen und große Vorſicht. Sie ſind ſehr geſellig. Man ſieht faſt immer Flüge von mehreren hundert Exemplaren, die treu zuſammen halten, und ſehr friedfertig untereinander und mit anderen Vögeln leben. Gewandt in allen ihren Bewegungen, ſind ſie auch gute Flieger, die ziemlich ſchnell in kurzen Wellenlinien dahineilen und nur beim Niederſetzen die Flügel ſchwebend ausbreiten. Ihre Nachtruhe halten ſie immer in den dichten Nadelholzbäumen. Früh morgens, ſobald der Tag graut, ſind ſie auch wieder munter. Fröhlich und guten Mutes fliegen fie auch in der ſtreugſten Kälte, von der ſie anſcheinend nicht im geringſten zu leiden haben, umher, um nach Nahrung zu ſuchen. Mag auch der rauhe Weſtwind über die kahle Prärie fegen, mag der Schuee in dichten Flocken herniederwirbeln, oder glitzerndes Glatteis Bäume und Sträucher überziehen. Ihr Lockton, der etwas rauh wie „Tſchett“ oder „Tſchett-tſcherett“ klingt, ertönt den ganzen Winter hindurch. Durch dieſe Rufe halten ſich die Vögel zuſammen. Hier ſitzt eine ganze Schar auf einer Birke oder Erle, um den Samen derſelben zu ſuchen; dort treiben ſich ganze Geſellſchaften im dichten Gezweig der Tannen umher; andere tummeln ſich in den Unkrautſtengeln, während wieder andere auf dem Schuee ſitzen, um die herabgefallenen Säme reien aufzuſuchen. Auf der Erde ſind ihre Bewegun— gen nicht gewandt. Unter den Scharen der Birken zeiſige finden ſich oft auch Fichten- und Goldzeiſige, Kreuzſchnäbel, Tannengimpel und Meiſen. Durch 41 das Vertilgen von Unkrautſämereien werden dieſe Vögel überaus nützlich. Im Territorium Alaska iſt der Birkenzeiſig Standvogel. Man fand ihn bei Nulato und St. Michaels während des ganzen Jahres zahlreich. Das Neſt ſteht dort in Büſchen nahe am Boden. Sie beginnen etwa am 15. Mai mit dem Bau desſelben. Es beſteht äußerlich aus Moos und trockenem Gras und iſt innen gewöhnlich mit Haaren ausgelegt. Bei St. Michaels, wo ſich keine Bäume und nur wenige Sträucher finden, bauen ſie ſehr oft ins Gras. In den Küſtengegenden brütet er im Juni. Als Niſtort bevorzugt er Birken, Erlen und Weiden. Die Eier ſind bläulichweiß, braun gefleckt. Ende Auguſt und September treiben ſie ſich in kleinen Flügen in der Nähe der Anſiedelungen umher, und ſchon im Oktober verlaſſen ſie ihre Heimat. Ich habe zahlreiche Birkenzeiſige in der Gefan— genſchaft gehalten, ſowohl einzeln als auch in Geſell— ſchaften ihresgleichen und anderer Vögel. Sie laſſen ſich durch die einfachſten Fangvorrichtungen leicht berücken, namentlich wenn man einen guten Lockvogel hat. Ich habe nicht nur Vögel der eigenen Art, ſondern auch Gold- und Fichtenzeiſige zu dieſem Zwecke benutzt. Sobald ſie den Lockruf hören, kehrt der ganze Flug, der eben eiligſt dahinflog, um und läßt ſich in der Nähe des Lockvogels nieder. Einige ſetzen ſich ſogar auf den Fangkäfig und unterhalten ſich eifrig zwitſchernd mit dem Eingekerkerten, füttern ihn auch aus dem Kropfe und umhüpfen ihn von allen Seiten. Ich fing an kalten Wintertagen in kurzer Zeit oft zwanzig Stück und mehr. Die ſchön— ſten roten Männchen behielt ich, während die übrigen die goldene Freiheit wieder erhielten. Sie gewöhnen ſich raſch ein, ja fie benehmen ſich gerade jo, als ſeien ſie immer im Käfig geweſen. Am liebſten freſſen ſie ölhaltige Sämereien, namentlich Hanf-, Mohn-, Rüb und Leinſamen. Sobald der heiße Sommer kommt, gehen freilich viele, oft die Hälfte, ein, die übrigen dauern aber, einmal an die Hitze gewöhnt, lange aus. Im Frühling 1881 ſchickte mir ein Freund, der dänische Konſul Herr Emil Dreier, einer der eifrigſten Vogelfreunde Chicagos, eine Sendung Vögel nach Houſton, Texas, darunter auch einige Birkenzeiſige. Sie überſtanden mehrere Jahre die heißen, trockenen texanijchen Sommer ſehr gut und zeigten ſich ſtets fröhlich und munter. Der Geſang dieſes Zeiſigs iſt von wenig Bedeu— tung. Ich habe keinen anderen Geſang, als ein Ge Der Birkenzeiſig. miſch melodiſcher Töne, welche fortwährend durch ihre rauhen tſchätſchernden Laute unterbrochen wurden, gehört. Doch find fie auch ohne Geſang, ſchon allein durch ihr munteres, ſtets heiteres, zutrauliches Weſen, angenehme Käfigvögel, die ſich die Liebe eines jeden Vogelfreundes erwerben müſſen. Namen: Birkenzeiſig, Meerzeiſig, Leinfink. Redpoll, Common Redpoll, Dusky Redpoll, Redpoll Linnet. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla linaris Linn. (1758). — giothus linaria Cab. (1851). — Acanthis linaria Bonap. (1850). — Linaria minor Swainson & Richardson (1831). Beſchreibung: Männchen: Oberſeits bräunlichgrau, jede Feder mit dunkelbraunem Längsfleck; Stirn grauweiß; Kopfplatte ſchön dunkelkarminrot; Kehle ſchwarzbraun; Hals und Oberbruſt karminrot; Bauch karminrot, weiß und braun gefleckt; zwei weiße Querbinden. Weibchen ohne Rot. Länge 4.50 bis 5 Zoll; Flügel 290; Schwanz 2.33 Zoll. Eine Varietät, Holbölls Birkenzeiſig (Acanthis linaria Holbellii BRERHM; llolboell’s tedpoll), kommt in den Küſtengegenden des nörd— lichen Europa und Aſien (von Norwegen bis Japan) und in einzelnen Teilen der Küſte Alaskas vor. Man hat ſie im Winter bei Quebec in Canada beob— achtet. Eine zweite Ortlichkeitsform, der große Bir— kenzeiſig, (Acanthis linaria rvostrata Couks; Greater Redpoll), bewohnt das ſüdliche Grönland, wandert im Winter ſüdlich bis Labrador und Mani— toba, vereinzelt ſogar bis Neu-Eugland, dem Hudſon— Thale und dem nördlichen Illinois. Brewſters Birkenzeiſig (Acanthis Brew- steri Rıpaw.; Brewster’s Linnet) iſt eine ſelbſt— ſtändige Art, doch kennt man bis jetzt nur ein Exemplar, das in Waltham, Maſſachuſetts, geſammelt wurde. Der grönländiſche Birkenzeiſig (Acan- this Hornemanni Hore.; Greenland Redpoll) mit der Varietät A. Hornemanmii exilipes CoS (Hoary Redpoll) können kaum Berückſichtigung finden, da letzterer nur ausnahmsweiſe, die eigentliche Art nie die Nordgrenze unſeres Landes berühren. Sie alle ſind dem ausführlicher beſchriebenen Birken— zeiſige ſowohl in der Färbung, als beſonders auch in der Lebens- und Niſtweiſe ähnlich. Der Goloͤſtieglitz, American Goldfinch. Tafel XV. A % giner der traulichſten, bekannteſten und beliebteſten Gartenvögel des Nordens und Oſtens der Vereinigten Staaten iſt der Goldſtieglitz oder Goldzeiſig, den man auch unter den Namen Diſtel- und Goldfink, Trauerzeiſig, ame— rikaniſcher Stieglitz und wilder Kanarien vogel kennt. Schon aus dieſen verſchiedenen Beuen— nungen erkennt man, daß unſer Vogel eine volkstüm— liche Erſcheinung iſt. und andere Europäer halten gewöhnlich unſere Vögel für wenig beachtenswert, weil hier gerade diejenigen Vogelarten fehlen, welche ſo innig mit ihren erſten Jugenderinnerungen verknüpft ſind. Dem Goldzeiſig jedoch bringen fie ein beſonderes Intereſſe entgegen, weil ſchon ſein Lockruf und Geſang, namentlich aber ſeine Lebensweiſe an einen der beliebteſten deutſchen Vögel, den Stieglitz erinnert. Der Diſtelfink iſt aber auch in jeder Hinſicht ein allerliebſter Vogel. Er iſt einer unſerer jchönjten, anmutigſten und angenehmſten Gartenvögel und ein vorzüglicher Sänger. Von alt und jung wird er deshalb auch geliebt wie Hüttenſänger, Wanderdroſſel und Baltimore-Oriol. Das Verbreitungsgebiet des Goldzeiſigs iſt ſehr groß; es erſtreckt ſich vom Atlan— tiſchen bis zum Stillen Ozean und vom Golf von Mexico und Texas bis hinauf in die Pelzgegenden. Innerhalb dieſes großen Gebietes kommt er aller— wärts, wenigſtens zeitweilig, vor. Ich fand ihn am zahlreichſten brütend in Wisconſin, dann auch ziemlich zahlreich im nördlichen Illinois, in der Umgebung Chicagos; auch im ſüdweſtlichen Miſſouri und im nördlichen Arkanſas iſt er durchaus kein ſeltener Vogel. In allen Teilen von Texas und im ſüdlichen Louiſiana traf ich ihn in großen Scharen während der Die eingewanderten Deutſchen Wintermonate, doch nie im Sommer. — Da fid) | ſeine Verbreitung während des Herbſtes und Winters hauptſächlich nach der vorhandenen Nahrung richtet, jo findet man fie in manchen Gegenden zahlreich, während man ſie in anderen nicht antrifft. In manchen Wintern, namentlich in milden, ſind ſie oft zu ſehen, während ſie in anderen ganz fehlen. Noch um Weihnachten und Neujahr beobachtete ich in Sinus tristis STEJN. Vogel 5. Wisconſin und Illinois vereinzelte Goldzeiſige. Doch ſind dies Vögel, welche aus hochnordiſchen Gegenden kommen. Die eigentlichen Brutvögel ſind wohl ſämtlich weiter ſüdlich gezogen, und erſt im April und Mai erſcheinen ſie in den Nordſtaaten wieder. Unſer Diſtelfink iſt ein ſehr geſelliger Vogel, den man den größten Teil des Jahres in kleinen Geſell— ſchaften beiſammen ſieht. Bis zur Paarungszeit bleiben ſie vereinigt: etwa Ende Mai trennen ſie ſich, und jedes Pärchen ſucht nun ſeinen alten Niſtort wieder auf. Von Ende April bis Mitte Mai etwa iſt die Fangzeit; alle ſpäter gefangenen gehen faſt regelmäßig ſchon nach einigen Tagen ein. Da ſie dann ſchon abgepaart ſind, können fie den Verluſt der Freiheit nicht mehr verſchmerzen. An ihrem melodiſchen gewöhnlichen Rufe, der wie „Ziwitt“ klingt, kann man ſie gleich nach ihrer Ankunft in der Heimat erkennen. Der Lockruf klingt überaus lieblich wie „Zirrih, zirrih“ und wird ſehr häufig ausgeſtoßen, namentlich wenn die Vögel auf Bäumen ſitzen oder wenn ſich die Geſellſchaften etwas zerſtreut haben. Während des Fluges laſſen ſie regelmäßig ihr eigentümliches „Zih-fiff-iff-iff, zih-fiff-iff-iff“ hören. Kurz vor der Brutzeit ſingt das Männchen auch ſehr oft im Fluge. Singend fliegt es dann oft hinaus in die Luft, beſchreibt einen kurzen Bogen und läßt ſich ſchwebend und dabei fortwährend ſingend wieder auf einem nahen, wohl auch auf demſelben Baume, von welchem es aufflog, nieder. ; Der Goldſtieglitz iſt eine reizende Erſcheinung, beſonders wenn er furchtlos in der Nähe des Menſchen ſich ſein Wohngebiet erkoren hat. Er iſt ſchön, leb— haft, jeder ſeiner Töne klingt lieblich und angenehm, ſein ganzes Weſen iſt anziehend und liebenswürdig. Kein Wunder daher, daß er zu den Lieblingsvögeln des Menſchen zählt! Der Geſang iſt außerordentlich ſchmelzend, wohllautend und wechſelvoll und gehört jedenfalls zu den beſten Geſängen, welche man von Finkenvögeln vernehmen kann. Audubon ver— gleicht ihn mit dem Liede des deutſchen Stieglitz. „Während ich in England und Frankreich weilte“, ſchreibt er, „habe ich oft mit Vergnügen geglaubt, daß 324 Der Goldſtieglitz. es unſer Goldzeiſig und nicht der Stieglitz ſei, welchen ich hörte, und als ich dann nach Amerika zurückgekehrt war, rief wiederum der Geſang des erſteren alle Erinnerungen an Europa in mir wach.“ Ich habe oft gefangene Stieglitze ſingen hören und muß ge— | jtehen, daß der Geſang beider Vögel viel Ahnlichkeit hat, namentlich iſt der Lockruf täuſchend ähnlich. Der Geſang unſeres Goldzeiſigs aber iſt ſchmelzender, wohlklingender, lauter und wechſelvoller. Häufig leitet er ſein Lied mit dem ſchönen Lockrufe „Zirrih“ ein, dann folgt der eigentliche Geſang, der aus einer Reihe abwechſelnder lieblicher Töne beſteht und manch— mal mit dem ſchon erwähnten „Zih,-fiffiff-iff“ ſchließt. Dabei iſt er ein ſehr fleißiger Sänger, der vom Tage ſeiner Ankunft bis ſpät in den Auguſt hinein, wenn ſchon die meiſten anderen Vögel ſchwei— gen, ſingt. verſchiedenen Pärchen auch friedlich nebeneinander leben, ſo ſingen oft mehrere Männchen der Nachbar— Da eines jeden Gebiet nur klein iſt, die ſchaft gleichzeitig aus den Spitzen der Bäume und Büſche herab, wobei immer einer den andern zu über- bieten ſucht. Selten entſteht Zank und Streit, und man ſieht ſelbſt in der Brutzeit mehrere Männchen geſellig und friedlich umherfliegen. Flüge im Frühling auflöſen, werben die Männchen, oft mehrere, um ein Weibchen. Wetteifernd erklingen nun die ſchönſten Töne. Das umworbene Weibchen Sobald ſich die giebt bald dem einen, bald dem andern Männchen den Vorzug, bis es endlich, oft erſt nach mehreren Tagen, ſeine Wahl trifft. Lieblich und fröhlich zwitſchernd ſuchen ſich nun die neuen Pärchen ein paſſendes Brutgebiet aus. Am liebſten wählen ſie ſich in der Nähe des Menſchen ihr Heim und ziehen deshalb | Obſtgärten allen anderen Ortlichfeiten vor. Oft genug bauen ſie auch in Schattenbäume, beſonders in die ſchön belaubten und gut veräſteten Zuckerahorne, auch in größere Zierſträucher. Doch wählen ſie zur Anlage des Neſtes am liebſten Apfel-, Pflaumen- und Birnbäume. In Wisconſin, wo in meiner Jugend Obſtgärten noch zu den Seltenheiten gehörten, fand ich die Goldzeiſige ſehr häufig in einer tiefgelegenen Wieſe, durch welche mehrere Bäche dem nahen kleinen Landſee zufloſſen. Am Rande der Bäche und in der Wieſe ſelbſt ſtanden eine Menge junger Eſchenſchöß— linge, welche ihres dichten Laubwerks halber mit Vor— liebe zu Niſtorten gewählt wurden. Ganz in der Nähe meines elterlichen Hauſes bauten ſie in die Später fand angepflanzten wilden Pflaumenbäume. ich in den größeren Apfelgärten Wisconſins manchmal | fünf bis ſechs brütende Pärchen. Im nördlichen Illinois fand ich das Neſt in der Regel ebenfalls in Apfelbäumen und hie und da auch in italieniſchen Pappeln. Da die Vögel ungemein gern baden, ſo ſiedeln ſie ſich mit Vorliebe in der Nähe des Waſſers an, oder fliegen täglich einigemal zur Tränke und zum Baden. Weit vom Waſſer findet man ſie nie, auch nie in trockenen Berggegenden und im Innern des Waldes. Dagegen werden Waldränder, verwilderte Wieſen und Viehweiden mit vielem Gebüſch zahlreich von ihnen bewohnt. Ferner trifft mau ſie ſtets da häufig, wo es viele Diſteln giebt, denn Diſtelſamen iſt ihre Lieblingsnahrung. Das Pärchen ſchreitet nach der Auflöſung der Geſellſchaften jedoch noch nicht gleich zur Wahl eines Niſtortes und zum Neſtbau, ſondern es vergehen noch Wochen, ja Monate, bis es ſo weit kommt. Der Goldzeiſig gehört mit dem Cedervogel zu unſeren ſpäteſten Brütern. Was die eigentliche Urſache dieſes ſpäten Niſteus iſt, dürfte ſchwer zu ſagen ſein. Wohl reift um dieſe Zeit ſeine Lieblingsnahrung, der Diſtelſamen, in größerer Menge, aber da die Jungen teilweiſe doch auch mit Kerbtieren, Salat-, Kletten— und anderen Sämereien aufgefüttert werden, ſo iſt nicht leicht ein Grund für dieſe Thatſache zu finden. Die Mehrzahl der in Wisconſin und Nord— Illinois lebenden Goldzeiſige ſchreitet in der zweiten Woche des Juli, andere erſt im Auguſt zur Brut. Zur Anlage des Neſtes wird gewöhnlich eine aufrecht ſtehende Aſtgabel eines der ſchon genannten Bäume und Sträucher von fünf bis dreißig Fuß Höhe gewählt. In der Regel iſt es ſo angelegt, daß es gegen Regen und Sonnenſchein durch dichtes Blätterwerk einiger— maßen geſchützt iſt. Meiſt ſteht es in den aufrecht ſtehenden Seitenäſten der Bäume, ſodaß man es bei genauerer Kenntnis der Gewohnheiten des Vogels ziemlich leicht findet. Sind die Vögel aber ſcheu oder haben ſie ſchlimme Erfahrungen mit den Menſchen gemacht, ſo legen ſie es ſehr verſteckt an. Es iſt immer ein ſehr ſorgfältig hergerichteter, ſchöner, feſter und künſtlicher Bau, der äußerlich aus zarten Baſtfaſern, etlichen Hälmchen, hanfartigen Stoffen und anderem zarten Material gebaut und innen dick mit weicher Diſtelwolle ausgekleidet iſt; in Ermangelung dieſer wird es mit anderen weichen Stoffen ausgelegt. Am 3. Auguſt 1879 fand ich ein beſonders ſchönes Neſt in dem Obſtgarten meiner Eltern im mittleren Wisconſin. Es ſtand etwa ſieben Fuß vom Boden, in einer aufrecht ſtehenden Aſtgabel eines Apfelbaumes, nicht weit vom Wohnhauſe. Es war ganz den ſchon beſchriebenen Neſtern ähnlich, — beſtand aber an der Außenſeite hauptſächlich aus Schafwolle und Blütenkätzchen einer gewiſſen Pflanze. Ein zweites Neſt fand ich am 12. Auguſt ganz in der Nähe des erſten; es enthielt vier Eier, während in dem erſteren ſechs lagen. Nicht weiter als vierzig Schritte davon fand ich noch ein drittes, in einem aufrechtſtehenden Seitenaſt eines breiten Zuckerahorns angelegtes, etwa fünfzehn Fuß vom Boden entferntes Neſt. Alle dieſe Bauten waren ſich täuſchend ähnlich. Der Neſtbau erfordert etwa ſechs Tage Zeit. Die Bebrütung der Eier dauert elf bis zwölf Tage. Es findet jährlich, ſelbſt im ſüdweſtlichen Miſſouri, nur eine Brut ſtatt. Die vier bis ſechs Eier ſind ein— farbig mattbläulichweiß; ausnahmsweiſe ſollen auch bräunlich gefleckte Eier vorkommen. Die Alten ſorgen mit der zärtlichſten Liebe für die Jungen. Inſekten, aber auch kleine Sämereien von Diſteln, Kletten, Salat dienen den Jungen zur Nahrung. Große Angſt und Unruhe bemächtigt ſich der Alten, ſobald man an das Neſt kommt. Unter fortwährendem Augſtgeſchrei, das klagend wie „Hi— di-di-di“ klingt, umfliegen fie den Störenfried; dies iſt beſonders der Fall, wenn Junge im Neſte ſind. Letztere laſſen noch lauge nach dem Ausfliegen ihre wie „Ziwitt-ziwi“ klingenden Rufe hören. Mit dieſen Tönen umfliegen ſie, nach Futter bettelnd, die Alten, mit ihnen folgen ſie denſelben fliegend nach, von einem Orte zum andern. Die verſchiedenen Rufe der Goldzeiſige ſind ſtets ſo auffallend melodiſch, daß man ſie nur einmal gehört zu haben braucht, um ſie bei ſpäteren Gelegenheiten wieder zu erkennen. Viele Junge werden, ſobald ſie ausfliegen wollen, von Vogelliebhabern aus den Neſtern genommen, in einen Käfig geſperrt und zunächſt in die Nähe des Neſtes, dann an das Haus gehängt, wo ſie von den Alten bis zur Selbſtändigkeit gefüttert werden. Es giebt wenige Vögel, die mit einer ſolchen offen zu Tage tretenden Liebe an ihren Jungen hängen, wie die Goldzeiſige. Unaufhörlich ſind ſie auf deren Wohl bedacht. Auch das Pärchen hält treu zuſammen, und ſehr häufig füttert das Männchen das Weibchen, gerade ſo wie die Jungen, aus dem Kropfe, dabei fortwährend ſanfte liſpelnde Töne ausſtoßend. beobachten, wie ſie ſich gegenſeitig füttern. namentlich aus Diſtelſamen; auch da die Goldzeiſige am zahlreichſten, wo dieſe ihre Lieblingsnahrung in genügender Menge vorhanden iſt. Die Samen der das Land ſo furchtbar über- Auch in der Fremde, in der Winterherberge, kann man oft flattern. Der Goldſtieglitz. 325 32 wuchernden Canadadiſtel, beſonders aber die der ſehr ſcharf mit Stacheln bewaffneten Ackerdiſtel !), ferner Salat-, Kohl, Nüb-, Hauf- und allerlei Unkraut Sämereien bilden nebſt allerlei Inſekten ihre Nah rung. Die Gärtner und Hausfrauen ſehen deshalb nicht immer mit freundlichen Augen unſeren Diſtel— | finfen an und bedienen ſich verſchiedener Mittel, um ihn von den Samenbeeten fernzuhalten. Gewöhnlich wird ein Strohmann zurecht gemacht, dem man einen | alten Rock und ebenſolche Beinkleider anzieht, von welchen die Fetzen herunterhängen und im Winde Ein alter Hut, und in Ermangelung deſſen eine alte Frauenmütze, vervollſtändigen die Garderobe. Kaum aber iſt dieſe abſchreckende Geſtalt, die ſelbſt nervenſchwachen Perſonen Furcht einjagen könnte, ſich ſelbſt überlaſſen, als auch ſchon wieder einige Gold finken erſcheinen, um ſich das Schreckbild aus der Ferne anzuſehen. Haben ſie ſich von deſſen Harm— loſigkeit überzeugt, ſo beſuchen ſie, ohne ſich weiter um die Vogelſcheuche zu bekümmern, die Samenbeete wieder. — Trotz ſeiner Vorliebe für Salat- und Kohl— ſamen iſt er doch ein ſehr nützlicher Vogel. Sein Nutzen beſteht, wenn wir von ſeiner Schönheit, von ſeinem Geſauge und von feiner herrlichen Belebung des Gartens ganz abſehen, namentlich darin, daß er viele Jnſekten, beſonders aber eine ungeheure Menge ſchädlicher Dijtel- und Unkraut-Sämereien vertilgt. Unſer Goldzeiſig feſſelt den Beobachter nicht nur durch feine hübſche Geſtalt, feine Schöne Färbung und ſeinen lieblichen Geſang, ſondern auch in hohem Grade durch ſein ſtets heiteres und drolliges Weſen. Er iſt überhaupt ein unruhiger Vogel, den man bald hier, bald dort findet. Hauptſächlich belebt er Diſtelflächen in großer Anzahl. Wenn ſie auf Diſtelköpfen ſitzen und an denſelben, den Kopf nach unten hängend, umherklettern, wenn ſie dann auch dieſelben Kunſt— ſtücke an Kletten, Salat- und Hanfſtengeln ausführen, dann muß man die Geſchicklichkeit dieſer Vögel im Klettern bewundern. Nur den ewig unruhigen Meiſen ſind ſie in dieſer Hinſicht an die Seite zu ſtellen. Durch ihr ganzes Thun und Treiben fallen die Diſtelfinken allerwärts, wo ſie vorkommen, bald ins Auge. Schon der Flug läßt eine Schar dieſer Vögel von weitem erkennen. Derſelbe geſchieht über kleine Strecken hin in hüpfenden Bogenlinien, Ihre Nahrung beſteht zumeiſt aus Sämereien, | man findet deshalb it aber während der Zugzeit hoch, oft jo hoch, daß man die wandernden Vögel nicht ſehen, jondern nur an dem bekannten Rufe erkennen kann. Wenn 1) Cirsium lanceolatum. 326 Der Goldſtieglitz. ſie ſich niederlaſſen wollen, iſt der Flug ſchwebend. Außerhalb der Brutzeit ſieht man nur ſelten einen einzelnen, ſondern faſt immer Geſellſchaften von zehn faſt alle auf demſelben Baume nieder, erhebt ſich der eine, ſo folgen bald alle nach. Große Munterkeit und kleine klare Bäche, wo das Waſſer über Kies und Steine fließt und ganz ſeicht iſt. Hier nehmen ſie jeden Tag mehrmals ihr Bad und durchnäſſen ſich bis dreißig Stück. Setzt ſich der eine, fo laſſen ſich Behendigkeit bekunden ſie auch im Winter auf den Bäumen des Südens. Als ich einſt am 29. März 1880 durch eine der ſchönſten Straßen der Stadt Houſton, Texas, ging, hörte ich fortwährend leiſe Töne, die mir ſofort be— kannt vorkamen. In den ſchönen Lebenseichen, Magnolien und anderen immergrünen Bäumen, welchen ich zunächſt meine Aufmerkſamkeit zuwandte, gewahrte ich keine Vögel, als ich aber zufällig in einen großen prächtigen, halbtropiſchen Garten blickte, ſah ich eine große Anzahl Goldzeiſige auf dem Boden. Ihre Schnäbel waren ganz ſchwarz von der daran— haftenden Erde. Im folgenden Winter ſah ich ſelbſt mitten in der Stadt ganze Scharen auf den Sykomo— ren!), welche in den Straßen als Schattenbäume angepflanzt find, namentlich aber an den Ufern der romantiſch ſchönen Buffalo-Bayou häufig wachſen. Dieſe Bäume halten den ganzen Winter hindurch ihre eigentümlichen mit Samen angefüllten Frucht— bälle. Dieſer Samen bildet in der Winterherberge die Hauptnahrung der Goldzeiſige. An den Bällen hängend pickten ſie die Körner los, ſodaß die ganze Luft voll Wolle, in welche die Samen eingehüllt ſind, angefüllt war. Auch hierbei ließen ſie beſtändig ihr eigentümliches „Zih-fiff-iff-iff“ Hören. Solange noch Fruchtbälle an den Sykomoren vorhanden waren, konnte man ſie auch an der Buffalo-Bayou beobachten. Nachtruhe hielten ſie in den immergrünen Magnolien. Später, wenn die Nahrung ſpärlich zu werden be ginnt, kommen ſie in das Unkraut und endlich auf den Boden ſelbſt herab, um nach Nahrung zu ſuchen. — Sie kommen im ſüdlichen Texas Mitte November an und verweilen bis anfangs April. Viele überwintern ſchon im ſüdlichen Illinois, in Arkanſas u. ſ. w. Das Männchen verliert im Herbſt ſeine ſchöne gelbe Farbe, und erſt im Frühling bekommt es dieſelbe wieder. Auf dem Boden ſind die Goldzeiſige nicht beſon— ders behende. Solange ihnen die Bäume, Sträucher und Stauden genügend Nahrung bieten, ſieht man ſie ſelten auf der Erde. Während der heißen Jahres zeit baden ſie ſich gerne. Sie wählen dazu am liebſten 1) Buttonwood, Sycamore. dabei vollſtändig. Sie ſetzen ſich dann auf Baumäſte in die Strahlen der Sonne, um ihr Gefieder zu glätten und zu trocknen. Die ihnen eigene Unruhe und Raſtloſigkeit läßt ſie aber auch hier nicht lange verweilen. Der Goldzeiſig hat viele Feinde. In Gärten vernichten die räuberiſchen Katzen unzählige Bruten. Auch Blauheher, Würger, Krähen, Eichhörnchen und Schlangen ſtellen alt und jung nach. Raubvögel können ihm in der Luft wenig anhaben, denn er ſteigt in großen Bogenlinien immer höher hinauf, wohl wiſſend, daß ihm der Feind nichts anhaben kann, wenn er ſich über ihm hält. Der Sperlings— falk dagegen ergreift manchen auf Diſteln und Sträuchern nach Futter ſuchenden Goldfinken durch plötzliches Herabſchießen. Prinz von Wied nannte ihn gelben Stieglitz, weil er dem europäiſchen nicht nur in der Lebensweiſe gleiche, ſondern auch denſelben kleinen und bogigen Flug habe. Brehm nannte ihn Goldſtieglitz, nach meiner Meinung der allerzu— treffendſte Name. Bei den deutſchen Anſiedlern Wisconſins und anderwärts iſt er unter dem Namen „wilder Kanarienvogel“, ohne Zweifel ſeiner vor— herrſchend gelben Farbe wegen, bekannt. Er iſt einer der beliebteſten Stubenvögel, und das würde in noch viel höherem Grade der Fall ſein, wenn er länger im Käfig ausdauerte. Ohne erklärliche Urſache gehen die meiſten ſchon innerhalb eines Jahres ein. Wie ich ſchon zu bemerken Gelegenheit hatte, läßt man ein ganzes Neſt voll Junge durch die Alten auffüttern. Dieſe ſo aufgezogenen Jungen haben den Vorzug der längeren Ausdauer. Ich kannte einen ſolchen Goldſtieglitz, der neun Jahre im Käfig lebte und ſeine Pfleger durch Munterkeit und ſchönen Geſang das ganze Jahr hindurch, mit Ausnahme der Mauſerzeit, erfreute. Man füttert ihn mit Buchweizen, Rüb-, Mohn-, Salat-, Diſtel- und ſelbſt etwas Leinſamen, hie und da mit einigen Körnern Hauf und Grün— kraut. Für den Handel werden alte Männchen gleich nach der Ankunft aus dem Süden maſſenhaft gefan— gen. In den Chicagoer Vogelhandlungen, nament— lich bei Herrn F. Kämpfer, iſt er im Mai zahlreich zu haben. Reiche und L. Ruhe in New Pork führen jährlich Hunderte nach Deutſchland aus. Der Fang iſt ſehr leicht. Mit einem Kanarienvogel, Männchen oder Weibchen, oder mit einem Goldzeiſig 1 D ſelbſt, kann man ganze Flüge aus der Luft herablocken und zahlreiche fangen. Ich fing manchmal mit einem einigen Stunden mehr als ein Dutzend. Mal an ſollte man keine mehr fangen, da die Männ— chen dann den Verluſt der Freiheit nicht mehr ertragen. Gewöhnlich gehen ſie ſchon nach einem oder mehreren Tagen an Krämpfen zu Grunde. Thatſache iſt es, daß faſt alle altgefangenen Goldzeiſige trotz der beſten Pflege bald ſterben, was um ſo bedauerlicher iſt, da | dieſe Vögel nicht nur gute Sänger, ſondern in ihrem ganzen Weſen ſo ſehr zutraulich und außerordentlich liebenswürdig ſind. Im Frühling 1875 fing ich in Oak Park, meinem damaligen Wohnſitze, zwölf Stück, um mit ihnen Verſuche über ihre Ausdauer anzu ſtellen. Ich brachte ſie in meinen geräumigen, vier Fuß langen, fünf Fuß hohen und drei Fuß breiten Geſellſchaftskäfig zu anderen einheimiſchen Finken— vögeln. Mit dieſen lebten ſie ſehr verträglich. Sie waren immer in Thätigkeit und wurden bald die zutraulichſten aller meiner Vögel. Nach vier Wochen waren ſie ſchon ſo zahm, daß ſie auf die in den Käfig gehaltene Hand kamen, um die in derſelben befind- lichen Hanfkörner zu verzehren. Selbſtverſtändlich hatte nicht die ganze Geſellſchaft auf der Hand Platz. Es fand dann jedesmal eine harmloſe Rauferei ſtatt, ſodaß ſie manchmal den Arm entlang bis zur Schul— ter kamen. Ich konnte die Hand mit vier bis fünf darauf befindlichen Goldzeiſigen aus dem Käfig ziehen und in der Stube umhertragen, ohne daß einer der— ſelben einen Fluchtverſuch gemacht hätte. Solange ſich noch Hanfkörner vorfanden, blieben fie ruhig ſitzen. Leider ſollte meine Freude an den zahmen Tierchen nicht lange währen. Kaum hatte ich ſie ein halbes Jahr gepflegt, als einer nach dem andern, trotz aller Sorgfalt, ſtarb. Dieſe Erfahrung machen die meiſten Liebhaber. Wie es ſcheint, können ſie die Stubenwärme nicht ertragen; auch freſſen ſie ſich leicht zu fett. Als Stubenfutter iſt reiner Mohn, mit einem kleinen Zuſatz von Kanarienſamen und Hirſe, am empfehlenswerteſten; zur Abwechslung giebt man ihnen hie und da auch etwas Rüb— ſamen, gequetſchten Hauf und ſehr oft Grünzeug (Salat, Vogelmiere u. ſ. w.). In Deutſchland hat man von Goldzeiſigmännchen und Kanarienweibchen bereits glücklich Miſchlinge erzogen. Hauptmann Bödicker, dem dies geglückt, ſchreibt: Bruten ſind außerordentlich intereſſant, beſonders durch den ungemeinen Liebreiz, welchen das herrliche Vögelchen während der Niſtzeit entfaltet. Stunden er Gebirgsitiegliß. Von Mitte „Dieſe 327 lang ſitzt es mit halb herabhängenden Flügeln vor dem Neſte des brütenden Weibchens, und unterhält dies mit leiſem Gezwitſcher der zarteſten und ein ſchmeichelndſten Töne, dabei den blaßroten Schnabel ſoweit vorſtreckend, daß es den des Weibchens faſt berührt.“ Dasſelbe kann man ſtets auch in der Freiheit beobachten, wenn nämlich das Pärchen in unmittelbarer Nähe des Wohnhauſes, wie dies oft vorkommt, brütet. Namen: Goldſtieglitz, Goldzeiſig, Diſtelfink, Goldfink, wilder Kanarienvogel, gelber Stieglitz, amerikaniſcher Stieglitz, Trauerzeiſig, Salat-, Dijtelvogel. American Goldfinch, Yellowbird, Lettucebird, Saladbird, Thistlebird. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla tristis Linn. (1758). — Carduelis tristis Bonap. (1825), Aud., Nutt. — Chrysomitris tristis Bonap. (1838). — Astragalinus tristis Cab. (1851). — Spinus tristis Stejn. (1884). Beſchreibung: Männchen glänzend citrongelb ; Kopf— krone, Flügel und Schwanz ſchwarz. Kleinere Flügel— decken, ein Band über die Schwanzfedern und die Spitzen derſelben, die Innenfahnen der Schwanzfedern weiß. Weibchen oberſeits gelblichgrau, unterſeits grünlich— gelb; Flügel und Schwanz ähnlich wie beim Männchen. Länge 5.25 Zoll; Flügel 3.00; Schwanz 2.00 Zoll. Der Gebirgsſtieglitz Arkansas Goldfinch. Spinus psaltria SEIN. Der Gebirgsſtieglitz wurde auf der von Long geleiteten Erforſchungsreiſe nach dem Felſen— gebirge entdeckt und von Say im Jahre 1823 beſchrieben. Sein Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich vom nördlichen Californien und Oregon durch Utah, Colorado und — im Winter wenigſtens — bis nach Untercalifornien, Sonora, Arizona, Neu-Mexico und Weſt⸗Texas. Da er nirgends zahlreich zu fein ſcheint, ſo weiß man bis jetzt wenig über ſeine Lebens- und Niſtweiſe, doch dürfen wir vorausſetzen, daß er ſich weſentlich nicht vom Diſtelzeiſig unterſcheidet. Er nährt ſich beſonders von kleinem Samen, wie ihn die Kompoſiten jener weſtlichen Gegenden in Menge her— vorbringen, verſchmäht zeitweiſe Knoſpen und In— ſekten nicht, iſt immer heiter und vergnügt, klettert mit Meiſterſchaft an den Pflanzenſtengeln und in den Zweigen umher und iſt ſehr ſangeskundig. Am ausführlichſten berichtet Ridgway über dieſe Art. Während ſeiner Forſchungen im Wahſatch Gebirge wurde ſeine Aufmerkſamkeit auf die eigen tümlichen Töne dieſes Stieglitz gelenkt. Zuerſt fand er ihn im City Creek Canon bei Salt Lake City, wo man ſie zahlreich in den Geſellſchaften der Fichten— zeiſige fand. Der Geſang zeichnet ſich durch Stärke und klagende Klangfarbe aus. Der gewöhnliche Ruf iſt melodiſch, pfeifend und ſehr melancholiſch. Die Art war dort viel ſeltener als der Tannen- und Diſtelzeiſig. Das Neſt wurde am 22. Juni in Parleys Park im Wahſatch-Gebirge in der Spitze einer Weide gefunden. Dr. Cooper, der Kenner californiſcher Vögel, berichtet, daß er in der Küſtengegend ſelten, in den Thälern, mehr im Innern des Staates anſcheinend zahlreich ſei. Sie brüteten in beſchränkter Anzahl auch im Küſtengebirge nahe Santa Cruz. Die Lebensweiſe ſei der des Goldzeiſigs durchaus ähnlich, doch ſuchten ſie ihre Nahrung mehr auf der Erde und an den Unkrautſtengeln, als auf Bäumen, ſeien geſel— liger und blieben bis zum 1. Juni in Flügen ver— einigt. Auch der Geſang ſei dem des Goldzeiſigs ähnlich, nur ſchwächer. Xantus fand das Neſt bei Fort Tejon in den Zweigen eines „Obione“, etwa zehn Fuß vom Boden, und Canfield fand fie in ziemlicher Anzahl bei Monterey, Cal., brütend. Der Bau iſt ſehr ſchön und überaus kunſtvoll hergeſtellt. Die vier bis fünf Eier ſind grünlichweiß und unter— ſcheiden ſich durchaus nicht von denen des Goldzeiſigs, doch ſcheinen ſie etwas kleiner. Namen: Gebirgsſtieglitz. Arkansas Goldfinch, Rocky Mountain Goldfinch. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla psaltria Say (1523). — Carduelis psaltria Aud. (1839). — Chryso- mitris psaltria Bonap. (1838). — Spinus psaltria Stejn. (1884). Beſchreibung: Oberſeite, Hals und Kopf olivengrün; Kopfplatte ſchwarz; Schwingen und Schwanz ſchwarz. Unterſeite ſchön gelb. Länge 4.25 Zoll; Flügel 2.40; Schwanz 1.85 Zoll. an Der Arizona Goldzeiſig (Spinus psaltria arizone STEIN., Arizona Goldfinch) verbreitet ſich über das nördliche Mexico, Arizona, öſtlich bis zum weſtlichen Texas und Nuevo Leon, Mexico. Der mexikaniſche Goldzeiſig (Spimus psaltria mexicana STEIN.; Mexican Goldfinch), eine zweite Abart des Gebirgszeiſigs, verbreitet ſich vom ſüdlichen Texas durch ganz Mexico, ſüdlich bis Coſta Rica. Im weſtlichen Mexico kommt er jedoch nicht vor. Der californiſche Stieglitz. Der californifche Stieglitz. Lawrence's Goldfinch. Spinus Lawrencei STEJNEGER. Während wir im Oſten der Union nur zwei Stieglitze als Brutvögel beſitzen, den Gold- und Tan— nenzeiſig, ſo hat man im fernen Weſten deren vier, nämlich die beiden genannten und zwei nur jenen Gegenden eigentümliche Arten. Alle dieſe Vögel ſtim— men ſo in allen weſentlichen Punkten überein, daß ich nur auf das Lebensbild des Diſtelzeiſig zu verweiſen brauche. Auch der californiſche Goldſtieglitz weicht nicht beſonders von dem Urbilde der Sippe ab. Er iſt beſonders zahlreich in Californien, wo er die mit Gebüſch beſtandenen Bergabhänge zum Aufent— halt bevorzugt. Nur während der Brutzeit leben ſie in abgeſonderten Pärchen, die übrige Zeit des Jahres aber immer in großen Flügen beiſammen. Ihre Nahrung beſteht aus kleinem Geſäme, Blattknoſpen und wohl auch aus Inſekten. Im größeren Teile Californiens iſt er Standvogel, oder er ſtreift nur unbedeutend umher. Der Geſang iſt dem des Diſtelzeiſigs ähnlich, nur ſchwächer und höher. Das Neſt wird, laut Cooper, mit Vorliebe in die cali— forniſche Lebenseiche gebaut. Er hält ſie mehr für Waldvogel, als die Goldzeiſige, die ſich bekanntlich mit Vorliebe in Gärten anfiedeln. Im Colorado-Thale verzehren ſie den Samen der Artemiſie, jener in dieſen Gegenden ſchlimmer als Unkraut wuchernden Pflanze, die unter dem Namen wilder Salbei (Wild Sage) bekannt iſt. Der Bau beſteht aus ſehr feinen weichen Stoffen, als Tier-, und Pflanzeuwolle, feinen Hälmchen, Daunen und anderem weichem, feſt mit— einander verfilztem Material. Die Eier ſind grün— lichweiß, ungefleckt. Namen: Californiſcher Stieglitz, Lawrence-Stieglitz. Lawrence’s Goldfinch. Wiſſenſchaftliche Namen: Carduelis Lawrencei Cass. (1850). — Chrysomitris Lawrencei Bonap. (1853). — Spinus Lawrencei Stejn. (18S4). Beſchreibung: Kopfhaube, Seite des Kopfes bis faſt zum Auge, Kinn und Kehle ſchwarz. Faſt die ganze Ober— ſeite aſchgrau. Die Unterſeite grünlichgelb. Flügel und Schwanz ſchwärzlich. — Weibchen ähnlich, aber ohne die ſchwarze Mütze. Länge 4.70 Zoll; Flügel 2.75; Schwanz 2.30 Zoll. Pine Siskin. ür viele Vögel, wie für viele Menſchen hat der N Nadelholzwald eine große Anziehungskraft. Im geheimnisvollen Dunkel der Fichten, Tannen und Kiefern fühlen ſich zahlreiche Vögel am wohlſten. Der Laubholzwald iſt ihnen eine Fremde, und ſie halten ſich in ihm nur auf, wenn ſie durch die Ver— hältuiſſe dazu gezwungen werden. Dieſe gefiederten Nadelholzbewohner, unter denen der Tannengimpel, der Purpurfink, die beiden Kreuzſchnäbel und eine Anzahl Waldſänger die vornehmſten ſind, können als ſehr intereſſaunte Vögel gelten. Sie alle bewohnen die nordiſchen, von Menſchen nur ſelten betretenen Tannen- und Kiefernwaldungen. Hier, fern vom Getriebe des Menſchen, in tiefer Waldeseinſamkeit, brüten ſie auch. Ein ſolcher Bewohner des Nadel— waldes iſt auch unſer Tannen- und Fichten— zeiſig, ein Vogel, der in ſeinem Thun und Treiben, namentlich aber in ſeinem Lockrufe dem Goldſtieglitz ſehr ähnlich iſt. Sein eigentliches Wohngebiet iſt Britiſch⸗Amerika, vom Atlantiſchen bis zum Stillen Ozean, doch kommt er auch im nördlichen Neu— England und in den höheren Gebirgsgegenden als Brutvogel vor. Während des Winters verbreitet er ſich über einen großen Teil der Union, geht aber nicht weit nach Süden hinab. Gelegentlich ſtreicht er bis in die Kieferwaldungen Louiſianas und Texas. In Wisconſin und Illinois iſt er ein zahlreicher Winter— gaſt, doch tritt er dort im Frühling und Herbſt am häufigſten auf. des Jahres 1878, der einem äußerſt ſtrengen Winter voranging, beobachtete ich im nördlichen Illinois Flüge von mehreren hundert Stück. Viele gelangten damals in die Käfige der Vogel— freunde, und noch mehr kamen in den Vogelhandel. Mit einem Kauarienvogel oder Goldzeiſig als Lock— vogel, ließen ſie ſich leicht fangen. Sie gewöhnten ſich raſch ein, hatten aber anſcheinend ſehr von der Stuben— wärme zu leiden, doch ertrugen ſie die Gefangenſchaft leichter und hielten ſich beſſer als der Goldzeiſig. Eine Geſellſchaft munterer, immer beweglicher Fichtenzeiſige bietet in unſerem herbſtlichen Laud— ſchaftsbilde, wenn die Blätter in allen Farbentönen, Während des ſehr gelinden Herbſtes Der Tichtenzeiſig. Spinus pinus SrENEGER. vom hellſten Gelb bis zum tiefſten Purpur ſchimmern und das tiefe Dunkelgrün der angepflanzten Tannen wunderbar gegen dieſe Farbentöne abſticht, eine über aus reizende Erſcheinung. Ein zahlreicher Flug macht ſich an den Zapfen einer Hemlockfichte zu ſchaffen, denn dieſe Sämereien werden mit Vorliebe gefreſſen. Plötzlich läßt ſich derſelbe Flug ſchwebend in den Unkrautſtengeln nieder; kletternd, hängend und flat ternd wird auch hier nach Geſäme geſucht, während einzelne in Geſellſchaft von Winterfinken die herab gefallenen Körnchen aufpicken. Sie ſind nicht ſcheu, und wenn man ſie aufſcheucht, fliegen ſie nur den nächſten Bäumen und Büſchen zu. Dabei ſtoßen ſie regelmäßig ihren Lockruf aus, der dem des Goldſtieglitz ſehr ähnlich iſt, nur klingt er bedeutend wilder und ſchriller, etwa wie „Schri-ih“, und iſt von dem Kenner ſofort von dem melodiſchen „Zirr-rih“ des Diſtelfinken zu unterſcheiden. Die im nördlichen Illinois häufig zur Zierde angepflanzten Nadelholz— bäume bilden auch während der Zugzeit den Lieblings— aufenthalt des Fichtenzeiſigs. In ihnen ſucht er ſich ein lauſchiges Plätzchen zur Ruhe aus, vou hieraus unternimmt er auch ſeine täglichen Streifzüge in die Umgegend. Wehen rauhe Nord- und Weſtwinde, ſo iſt er hier im dichten Geäſt der Tannen genügend geborgen. Ihre Lieblingsbäume find die Balſam-, Edel- und Hemlocktannen, doch nehmen ſie in deren Ermangelung auch mit Kiefern, Wacholder, Lebens— bäumen und Cedern vorlieb. Der Flug iſt dem des Goldzeiſigs ganz ähnlich. Er iſt ziemlich hoch und geſchieht in hüpfenden Wellen— linien, wobei die Vögel meiſt auch ihre gewöhnlichen Rufe ertönen laſſen. In ihren Wanderungen zeigt ſich eine große Unregelmäßigkeit; oft ziehen ſie ſchon im März nördlich, und in anderen Jahren kaun man ſie noch ſpät im April beobachten. Manchmal ſieht man ſich mehrere Jahre vergeblich nach ihnen um, während ſie wieder in anderen ganz unerwartet zahlreich erſchei— nen. Im weſtlichen Teile der Union dehnt dieſer Zeiſig ſeine Streifzüge bis zum nördlichen Californien aus. Im Felſengebirge iſt er Brutvogel, und wahr ſcheinlich verbreitet er ſich ſüdlich bis nach Mexico, wo 42 330 ihn Sumichraſt im Hochplateau 6500 Fuß über dem Meere fand; er geht dort nicht unter 2000 Fuß herab, iſt in jenen ſchönen Gebirgsregionen ein gewöhnlicher Vogel und wird von den Mexikanern Domimiquito montero genannt. Wahrſcheinlich brütet er in allen Gebirgsgegen— den des Weſtens, wo Nadelholzwälder die Gebirge krönen. Mit Sicherheit iſt anzunehmen, daß er zahlreich in der Sierra Nevada vorkommt. Nach Nidgway, der ihn im Juli und Auguſt im Oſt Humboldt-Gebirge und ſpäter im Wahſatch-Gebirge beobachtete, iſt er dort zahlreich. Zu allen Zeiten iſt er in den genannten Gebirgsregionen ein geſelliger, in ſchwärmenden, lärmenden Geſellſchaften umherſtreifen— der Vogel. Die Neſter ſtanden in den Enden horizontaler Zweige, etwa zwanzig Fuß vom Boden. Wahrſcheinlich brüten die Fichten zeiſige auch in den Nadelwäldern des nördlichen Wisconſin und Michi— gan. Mit Sicherheit wiſſen wir, daß dies im nörd— lichen Maine und in den Gebirgsgegenden Vermonts und New Hampfſhires der Fall iſt. Auch in Cambridge, Maſſachuſetts, iſt er Brut— bogel. „Zeitig im Mai 1859“, ſchreibt Brewer, „baute ein Pärchen ſein Neſt in den Garten des Profeſſors Pierce in Cambridge, ganz in der Nähe der Univerſitätsgebäude. Am 9. desſelben Monats fand man den Bau mit einem bereits vollzähligen, aus vier Eiern beſtehendem, ſchon etwas bebrütetem Gelege. Das Neſt war drei Zoll hoch und vier Zoll breit. Die Tiefe der Neſtmulde, ſowie die Breite derſelben, betrug zwei Zoll. Die Unterlage desſelben beſtand aus loſe zuſammengefügtem Material; das eigentliche Neſt war ſehr hübſch und feſt gewebt und gefilzt. Die Außenſeite beſtand aus kleinen Zweigen des Lebensbaumes (Thuja), aus trockenen Stengeln Der deutſche Stieglitz. und feinen Tannenzweigen, Gras, Seggen, feinen Wurzeln, Wollflockchen und rauhem Haar. Die innere Ausſtattung beſtand aus feinen Wurzeln, krautartigen Pflanzen und dem Haar kleiner Vierfüßler. Die Eier waren der Grundfarbe nach hellgrün und namentlich am dicken Ende mit rotbraunen Flecken gezeichnet. Sie haben Ahnlichkeit mit denen der Birkenzeiſige.“ Andere Neſter waren ſehr hübſch und künſtlich aus Tannenzweigen gebaut und innen mit Haaren ausgepolſtert. Die Bauten ſind ſehr ſchwer zu finden, da ſie gewöhnlich hoch oben im dichten Geäſt wagerechter Zweige ſtehen, ſodaß man ſie von unten nicht ſehen kann. Auch während der Brutzeit kann dieſer Zeiſig der Geſelligkeit nicht eutſagen, denn er brütet oft, vielleicht regelmäßig, in Geſellſchaften, ſodaß eine große Anzahl dieſelbe Waldſtrecke oder denſelben Sumpf zum Brüten benutzt. Kreuzſchnäbel und verſchiedene Waldſänger finden ſich gewöhnlich auch noch an denſelben Ortlichkeiten brütend. Ihre Nahrung beſteht aus Nadelholz-, Unkraut⸗-, Birken-, Erlen- und weiter ſüdlich auch aus Syko— moren-Samen. Während der Brutzeit bevorzugen fie Inſekten. — Der Geſang iſt einfach, aber ſehr melo— diſch; die einzelnen Töne ſind laut und voll. Auch im Käfig ſingt er fleißig, jedoch nur kurze Zeit. Namen: Tannen, Fichtenzeiſig, Tannen- oder Fichten—⸗ Stieglitz. — Pine Siskin, Pine Finch, Pine Linnet. Dit Ball iſſenſchaftliche Namen: Fringilla pinus Wilson (1810), — Linaria pinus Aud. (1839). — Chrysomitris pinus Bonap. (1850). — Spinus pinus Stejn. (1884). Beſchreibung: Oberſeite bräunlicholivenfarbig. Unter: ſeite grauweiß, jede Feder hervortretend dunkel geſtrichelt. Die Innenfahnen der Schwanz- und Schwungfedern und deren Baſis ſchwefelgelb; zwei weißliche Flügel— binden. Schwanz ſtark gegabelt. Länge 4.75 Zoll; Flügel 3.00; Schwanz 2.20 Zoll. Der beutſche Stieglitz. European Goldfinch. Carduelis elegans STEPH. € er deutſche Dichter Nikolaus Lenau, welcher einſt mit den ſchönſten Idealen in dieſes Land kam, aber im Urwalde Ohios, unter fremden, ungebildeten Menſchen, unter ungewohnten und ungünſtigen Verhältniſſen und im Kampfe ums täg— liche Brot das Proſaiſche ſeiner Lage auf das bitterſte empfand, that bekanntlich den Ausſpruch: „Amerika iſt ein Land, in dem die Vögel nicht ſingen, die Blu— men nicht duften und die Menſchen kein Herz haben.“ Unter dem Eindrücke dieſer Worte betreten auch noch heute viele gebildete Deutſche unſeren amerikaniſchen Boden, aber ſie haben bald Gelegenheit zu erfahren, D daß es fich doch etwas anders verhält. amerikaniſche Frühling nicht den poetiſchen Reiz des deutſchen Lenzes, ſo ſingen doch auch hier die Vögel herrlich, duften viele unſerer Blumen lieblich, und wenn auch dem amerikaniſchen Volke das tiefe deutſche Gemütsleben abgeht, ſo kann man ihm doch anderſeits einen bedeutenden Wohlthätigkeitsſinn und eine that— ſächliche Meuſchenfreundlichkeit nicht abſprechen. — Unvergänglich iſt der Eindruck, den der deutſche Wald mit ſeiner Poeſie, mit ſeinem Vogelgeſange auf das jugendliche Gemüt gemacht hat; man darf daher auch nicht erwarten, daß der Einwanderer den hieſigen Naturſchönheiten von vornherein volle Gerechtigkeit widerfahren läßt. Als am Ende der vierziger Jahre dieſes Jahrhunderts die Hoffnung eines großen Teiles der deutſchen ſtudierenden Jugend, ein einiges, mäch— tiges Deutſchland zu gründen, ſich nicht erfüllten, fanden viele hochgebildete Männer in dieſem Lande der Freiheit eine zweite Heimat. Neben einer umfaſſenden klaſſiſchen Bildung, brachten ſie auch eine innige Liebe und das rechte Verſtändnis für die Schönheiten der Natur mit herüber. Voller Begeiſterung beſingt der deutſche Dichter Konrad Krez den „Frühling bei New Pork“, „Das Glück der Vögel“, den Hüttenſän— ger, die Naturſchönheiten Louiſianas und Arkanſas', und ſelbſt die ödeſten Landſtriche am Rio Grande mit ihrem allerdings reichen Vogelleben regen ihn noch dichteriſch an. Ein anderer „Achtundvierziger“, Herr Karl Dänzer in St. Louis, kennt kein größeres Vergnügen, als in der Umgebung der Stadt den Sängern ſeiner zweiten Heimat zu lauſchen. Wie kein anderer hat er in feinem „Anzeiger des Weſtens“ zur Kenntnis der Vogelwelt beigetragen und für den Schutz derſelben gewirkt. Auch Herr W. Rapp, Karl Schurz, Albert Fries, W. Kemmler u. a. wären hier noch namhaft zu machen. Alle deutſchen Naturfreunde ſind entzückt von dem zarten, glänzenden Himmelblau des Hütten— ſängers, von der tropiſchen Pracht des von Blume zu Blume ſchwirrenden Kolibri, von dem feurigen Oran— genrot des Oriol, von der bezaubernden Schönheit des Kardinal- und der Tangaren, von dem unver | gleichlichen Geſange des Spottvogels. Je länger ſie aber hier weilen, je mehr ſcheint es ihnen, als ob doch etwas fehle. Sie denken mit Sehnſucht zurück an ihre Heimat und an die Zeit, da Philomelens Klage den Hain durchſchauerte, der Lerche Jubeltriller aus der Bläue herniederſchallte, das Lied der Amſel das Thal durchhallte, da alles jubelte, alles prangte, alles duftete. Auch hier in der neuen Heimat möchten er deutſche Stieglitz. 331 Hat auch der | fie nicht das Lied der Nachtigall, den Flötenton des Dompfaffen, das Schmettern des Buchfinken, den Überſchlag des Schwarzplättchens, der Singdroſſel klangvolles Jubeln, des Hänflings, des Diſtelfinken, des Zeiſigs fröhliches Schlagen, der Amſel Frühlings botſchaft entbehren. Man gründete fogenannte Acclimatiſations-Vereine, welche es ſich zur Aufgabe machten, europäiſche Singvögel einzuführen und die ſelben an paſſenden Orten auszuſetzen. Reiche Naturfreunde, ſelbſt Anglo-Amerikaner, wurden für die Sache gewonnen. Bei Boſton, im ſchönen Ceutral-Park in New Pork und auf Long Island ließ man Stieglitze, Lerchen und — Spatzen ausſetzen. Am meiſten leiſtete in dieſer Hinſicht der Acclimati— ſations-Verein in Cincinnati, an deſſen Spitze die Herren Erkenbrecher und Armin Teuner ſtanden. Im Anfang der ſiebziger Jahre ließ man dort etwa 3000 verſchiedene Vögel, namentlich Lerchen, Meiſen, Buchfinken, Nachtigallen, Zeiſige, Stieglitze u. a. frei. Etwas ſpäter ließ Herr Dänzer etwa hundert Vögel im Lafayette-Park in St. Louis aus ſetzen. Dieſe Sänger ſchienen ſich überall wohlzube finden und ſangen ihre ſchönſten Weiſen. Dann kam der Winter heran; einer nach dem andern verſchwand, und ſeit jener Zeit hat man nichts mehr von ihnen geſehen. Wohin ſie gezogen, ob ſie ſich auf der Reiſe nach dem Süden verirrt und in den offenen Golf ge raten ſind, niemand weiß es zu ſagen. „In betreff der bisherigen Erfahrungen über die Einführung europäiſcher Singvögel in den Ver. Staaten“, ſchreibt Herr Dänzer, „vollen wir zu dem Obigen noch folgendes bemerken: Mit Ausnahme der Einbür— gerung des Sperlings haben ſich alle bisherigen Ver— ſuche erfolglos bewieſen. Der Hausſpatz iſt jetzt in einem großen Teile des Landes eingebürgert und ſo zahlreich geworden, daß er in der That ein Gemein— ſchaden geworden iſt. Der Feldſperling iſt aus der Stadt St. Louis, wo der Schreiber dieſes vor etwa zwanzig Jahren im Lafayette-Park neunzehn Stück fliegen ließ, faſt ganz verſchwunden, von ſeinem Vet ter, dem Hausſpatz, vertrieben, iſt aber im Feld und Wald in der Nachbarſchaft ziemlich zahlreich. In an deren Gegenden der Vereinigten Staaten exiſtiert der Feldſperling unſeres Wiſſens nicht. — Der Verſuch, den Edelfink, Zeiſig, Hänfling, die Kohlmeiſe, den Stieglitz, das Rotkehlchen zu acclimatiſieren, iſt, wie bereits oben erwähnt, in Cincinnati in größerem Maßſtabe gemacht worden, aber unſeres Wiſſens voll ſtändig erfolglos geblieben. Wenigſtens haben wir bei wiederholten Beſuchen trotz eifrigen Forſcheus 332 feinen einzigen dieſer Vögel bei Cincinnati entdecken können. Ein Verſuch im kleinen (mit etwa hundert Vögeln der oben genannten Arten), den Schreiber dieſes gleichfalls im Jahre 1870 in St. Louis gemacht hat, war ebenfalls erfolglos. Die Vögel verſchwan— den nach einigen Wochen (ſchon im Mai und Juni), zuletzt die Edelfinken (Buchfinken), die eine Zeitlang im Parke prächtig geſchlagen hatten. Ob der Verſuch mit den Feldlerchen als geglückt anzuſehen iſt, müſſen wir dahingeſtellt ſein laſſen. Dieſe ſind ſchon im vorigen und anfangs dieſes Jahrhunderts importiert worden und in einzelnen Teilen des Landes acclimati— ſiert geweſen, ſind aber wieder verſchwunden. Miß— glückt iſt, wenigſtens in Miſſouri, auch ein Verſuch mit der Einbürgerung der europäiſchen Wachtel . . .. Trotz dieſer Fehlſchläge ſollten die Verſuche nicht auf— gegeben werden. Die Vereinigten Staaten ſind groß und reich an Vögeln, aber ſie ſind doch viel ärmer an guten Singvögeln als Europa.“ Erklärlich iſt es, daß zarte Inſektenvögel, welche Europa im Herbſt verlaſſen und bis tief ins Innere Der deutſche Stieglitz. Afrikas ziehen, ſich in dieſem Lande auf der Reiſe verirren, weil ſie eine ganz andere, im Herbſt ſüdweſt— liche, im Frühling nordöſtliche, Richtung im Zuge innehalten müſſen. Dagegen ſind Buchfinken, Zei— ſige, Dompfaffen, Stieglitze, Goldammern, wohl auch Amſeln und Rotkehlchen, in Gegenden wie Cincinnati und St. Louis ohne Zweifel acclimatiſationsfähig, denn ſie alle vermögen, wenn es ihnen nicht an Nahrung gebricht, eine ziemlich ſtrenge Kälte zu ertragen. teils Strichvögel, welche ſelten weit ſüdlich ziehen. In unſeren Südſtaaten würden ſie eine ihren An ſprüchen vollkommen genügende Winterherberge fin- den. Wenn die Verſuche mit einer größeren Anzahl geſunder Vögel in einer paſſenden, gebüſch- und waſſerreichen, von Raubzeug geſäuberten Gegend gemacht werden, ſo iſt an einer erfolgreichen Einbür— gerung gar nicht zu zweifeln. Die kornerfreſſenden Vögel können mehr Kälte vertragen, als man gewöhn— lich annimmt. Im Oſten wurden wiederholt tropiſche Finken (unter anderen Amadina rubro-nigra aus Indien und Orithagra butyracca aus Afrika) mitten In Deutſchland ſind ſie teils Stand-, im Winter beobachtet. Dieſe, jedenfalls vor längerer Zeit aus dem Käfig entflogene Vögel, trugen keine Spur ihres früheren Gefangenlebens an ſich, denn ſie waren im vollkommenſten Gefieder, friſch und geſund. Einen Beleg für meine Behauptung bildet die vollſtändig geglückte Einführung des deutſchen Stieglitz in und bei Boſton und im Ceutral-Park in New York. Jahrelang hörte und ſah man nichts von den ausgeſetzten Exemplaren, bis man ſie endlich in Boſton zahlreich beobachtete und letztes Jahr im Central-Park in New Pork auch brütend fand; ſchon werden ſie dort zahlreich. Es iſt nicht unwahrſchein— lich, daß man fie ſpäter auch bei Cincinnati und St. Louis brütend finden dürfte. a Der Stieglitz iſt einer der ſchönſten und belieb— teſten europäiſchen Vögel, und es iſt daher erklärlich, daß man ihn einzubürgern beabſichtigt. Er verbreitet ſich vom mittleren Schweden aus über ganz Europa, über Nordoſtafrika und einen großen Teil Aſiens. Auf den kanariſchen Inſeln und Madeira trifft man ihn ebenfalls. Was von unſerem Goldzeiſige geſagt wurde, gilt auch von ihm. Sein Aufenthalt iſt nicht der eigentliche Wald, ſondern Obſtgärten, Alleen, Feldgehölze, Parks und Vorhölzer. Obwohl er mit geſteigertem Obſtbaue an Menge zunimmt, kommt er doch nicht allerwärts gleich zahlreich vor. In Deutſch— land ſcheint er überall mehr oder weniger zahlreich zu ſein. Das Neſt baut er in ganz ähnlichen Ortlich— keiten, wie unſer Goldſtieglitz. Man findet es namentlich auf Apfel-, Pflaumen- und Birnbäumen, doch legt er es auch auf Fichten und Tannen und anderen Waldbäumen an. Es ſteht zwölf bis fünfzig Fuß vom Boden und iſt meiſt ſehr verſteckt in die dichteſten Zweige gebaut. Äußerlich beſteht es aus zartem Moos, feinen Baſtfaſern, Hälmchen, Fäden und Inſektengeſpinſten und iſt innen mit Diſtelwolle, Wolle oder auch mit Pferdehaaren und Schweins— borſten ausgelegt. Am häufigſten ſteht es in den ſeitlichen Wipfeläſten der Bäume, wo man es von unten nicht ſehen kaun. Die Neſter ſtehen oft dicht an den Häuſern und werden doch nicht entdeckt. Im Central-Park New Porks brüteten die Vögel ſchon jahrelang, und doch war es lange Zeit nicht möglich, ein Neſt zu finden. Die vier bis fünf Eier find der Grundfarbe nach weiß oder bläulichgrün, ſpärlich mit violettgrauen Punkten bedeckt; am ſtumpfen Ende ſteht die Zeichnung dichter, kranzartig. Die Jungen werden mit kleinen Kerbtierlarven, ſpäter mit Juſekten und milchigen Sämereien gefüt— tert. Die Alten nähren ſich beſonders von Dijtel-, Kletten-, Wegerich-, Löwenzahnſamen, Rübſen, Lein— und Salatſamen; im Winter ſuchen ſie die Sämereien der Erlen und Birken auf, und wenn er hier häufiger wird, dürfte er ebenſo wie der Goldſtieglitz die Samenhülle der Platane und des Tulpenbaumes ausklauben. Nebenbei leben ſie auch von Inſekten. Mit großer Vorliebe beſuchen auch ſie die Diſtel— Der Hausſpatz. 333 flächen und picken kletternd die Körner aus den Boden kommt er als echter Baumvogel nicht oft herab. Blütenkoöpfen. Auf Bäumen und Büſchen weiß er ſich ſehr geſchickt Der Gejang iſt dem unſeres Goldſtieglitz ähnlich, zu benehmen und klettert im Geäſt faſt ebenſo gewandt nur nicht ganz ſo lieblich, einſchmeichelnd und ſchmel- wie eine Meiſe. Im Spätherbſt ſchlagen ſie ſich zu zend; dagegen iſt er lauter, fröhlicher und wird in kleinen Flügen zuſammen und ſtreichen dann im einem ſchnelleren Tempo vorgetragen. Auch er ſingt, Lande umher, nur wenig weiter ſüdlich ziehend. Zu— wie unſer einheimiſcher Goldzeiſig, oft, wenn er von meiſt iſt er ſchon in Deutſchland Standvogel. — Baum zu Baum fliegt. Der Lockruf iſt dem des Es wäre zu wünſchen, daß dieſer ſchöne Vogel recht genannten Vogels täuſchend ähnlich und wird ſowohl zahlreich ausgeſetzt würde, denn im Verein mit un im Sitzen als während des Fluges ausgeſtoßen. Bei ſerem Goldzeiſig würde er unſeren vogelarmen Parks Vogelliebhabern ſteht der Stieglitz ſeines Geſanges und anderen ſtädtiſchen Anlagen einen ganz beſon und in nicht geringerem Grade auch ſeiner Schönheit | deren Reiz verleihen. wegen in hohen Ehren. Er iſt ein überaus gelehriger, Namen: Stieglitz, deutſcher Stieglitz, Diſtelfink, Diſtelzeiſig. munterer und ausdauernder Käfigvogel, der in ſtets Goldfinch, European Goldfinch. wachſender Zahl auch als ſolcher eingeführt und in Wiſſenſch aft li che Namen: Fringilla carduelis Bm: den Vogelhandlungen leicht verkauft wird. Während 3 „ Z 58 Wade: e Ei duelis elegans Steph. — Carduelis germanica Brehm.“ unſer Goldzeiſig faſt regelmäßig im erſten Jahre Beſchreibung: „Geſicht und Stirn ſchön karminrot, ſeines Gefangenlebens. zu Grunde geht, dauert der Scheitel und Zügel ſchwarz, Schläfe weiß; Genickſeiten deutſche Stieglitz acht bis zehn Jahre aus. Man mondförmig ſchwarz; Genickmitte bräunlichweiß; Hin⸗ e it Rübſ 8 5 5 d terhals und Rücken angenehm gelblichbraun; Unter— füttert ihn mit Rübſen, Kanarienſamen, Hanf un ander geen dee weiß Dal und Sherkruil Mohn und giebt zur Abwechslung Wegerichkolben, hellbraun; Bruſtmitte weiß; Seiten düſterbraun; Flü— in Milch ſtehenden grünen Hafer und als Grünkraut gel tiefſchwarz, Schwingen weiß geſpitzt; Schwung— Vogelmiere, Salat, Obſt u. ſ. 7 Frisches Bad- und federn und hintere Deckfedern 3 gekantet, wodurch auf „ . e 88 jedem Flügel ein lebhaft gelbes Feld gebildet wird; Trinkwaſſer muß täglich verabreicht werden. Schwanz ſchwarzweiß geipibt." (Ruß.) Sein Flug iſt hüpfend-wellenförmig. Auf den Länge 5.25 Zoll; Flügel 3.00, Schwanz 2.05 Zoll. Der Hausſpatz. English Sparrow. Passer domesticus SCHAEFF. Ich nahm euch auf als Gäſte, Ihr zupft an allen Blüten, Ich hört' euch nützlich nennen. Ließ brüten euch im Veſte, | Und fchwer vor euch zu hüten Den Nutzen möcht' ich kennen! Hab' Futter euch geſtreut: Iſt, was zur Herbſteszeit Ein glattes Räuplein kaum O wie mich das nun reut! An ſüßer Frucht gedeiht. Leſt ihr von Strauch und Baum. Ihr habt mir frech vertrieben Auch kann's zum Horn mich reizen, Und dieſes nur gezwungen, Die Sänger all, die lieben, | Wenn ihr mit Gerſt' und Weizen Solange noch die Jungen Blauvogel Fink und Star *) Im Feld fo arg es treibt, In eurem Veſte ſchrei'n Und was hier heimiſch war. Daß mir das Stroh nur bleibt. Nach feinen Leckerei'n. Drum wird's nicht lange währen, Denn ihr verdient's nicht beſſer, So wird man euch erklären, | Unnütze Allesfreſſer, Trotz eurem Wehgeſchrei, Spitzbübiſch freches Pack, Im Land für vogelfrei. Voll Liſt und Schabernack. Julius Sturm. a der europäiſche Sperling, der Haus- Vögeln gehört, müſſen wir ihm in unſerem Buche ſpatz oder der gewöhnliche Spatz ge- notgedrungen einen Platz einräumen. Den erſten genwärtig zu unſeren zahlreichſten und bekannteſten Verſuch, Sperlinge hier einzubürgern, machte man im 3 Jahre 1850 in Brooklyn, N. Y. Es wurden zunächſt ) Kommt in Deutſchland vor; hierzulande vertritt die noch ſchönere und nützlichere Martinſchwalbe ſeine Stelle. acht Pärchen von England herübergebracht und im 334 Der Hausſpatz— ein. Ein zweiter im Jahre 1852 unternommener Verſuch glückte dagegen um ſo beſſer. Im genannten Jahre kaufte der amerikaniſche Generalkonſul Pike eine große Anzahl Spatzen in England und ſandte ſie per Dampfer nach New York. Ein Teil derſelben wurde im Frühling 1853 im Greenwood-Friedhofe in Brooklyn in Freiheit geſetzt und ein Aufſeher gemietet, dieſelben zu ſchützen. Sie gediehen aufs beſte und vermehrten ſich raſch. Im Jahre 1854 führte man ſie in Portland, Maine, im Jahre 1867 in New Haven, Conn., und in Galveston, Texas, ein. Die ſtädtiſchen Behörden Philadelphias ſetzten im Jahre 1869 tauſend Stück aus, und im ſelben Jahre führte man fie auch in Cleveland und Cincinnati ein. 1871 wurden die erſten nach San Francisco und 1873 verſchiedene Pärchen nach Salt Lake City gebracht. Das ſind nur wenige Daten, die ſich leicht verviel— fältigen ließen. Alle dieſe Sperlinge kamen entweder von Eng— land oder Deutſchland. Sobald ſie in den größeren Städten zahlreicher wurden, fanden ſich Spatzen— freunde, die ſie in kleinere Ortſchaften brachten. Ge— wöhnlich ſetzte man in ſolchen Fällen nur einige Pärchen zur Zeit aus. So erklärt ſich das über— raſchend ſchnelle Vordringen des Sperlings über einen großen Teil unſeres Landes. Die ausgeſetzten Vögel wurden mit Argusaugen bewacht, geſchützt, gefüttert, auf alle erdenkliche Weiſe gehegt und gepflegt. Dank dieſer Fürſorge vermehrten ſie ſich bis ins Ungeheure, ſodaß ſie heute thatſächlich zur Landplage geworden ſind. Hätte man nur unſeren ſchönen einheimiſchen Sängern, wie dem allerliebſten Blauvogel oder Hüttenſänger, der Martinſchwalbe, dem Robin, der Katzendroſſel, dem Zaunkönig und anderen einen ſol— chen Schutz, eine ſolche fürſorgliche Pflege angedeihen laſſen! Wie hätten es dieſe herrlichen Sänger gelohnt! Aber dieſe überaus nützlichen Inſektenvertilger wurden gleichgültig behandelt, zum Teil verfolgt. Ihre Brut— ſtätten nahm der Spatz in Beſitz, und heute hört man in den koſtſpieligen Parkanlagen unſerer Großſtädte nur noch das unſchöne „Schilp“ dieſes Anarchiſten und Raufbolds, dieſes Lumpen und Erzſchelmes der Vogelwelt. Alle anderen einheimiſchen Vögel find da, wo der Spatz häufig iſt, nur noch in beſchränkter Anzahl vorhanden oder ganz verſchwunden. Von dem großen Nutzen, den man ſich durch die Einführung des Sperlings verſprach, hat kein vorurteilsfreier Beobachter etwas gemerkt. Daß er während der Brutzeit eine Anzahl Inſekten vertilgt und im Winter auch mit Unkrautgeſäme vorlieb nimmt, iſt von keiner großen Bedeutung. In dieſer Hinſicht leiſten unſere einheimiſchen Vögel weit größere Dienſte. Kürzlich hat unſer Ackerbau-Ornithologe, Dr. C. Hart Merriam, eine auerkannte Autorität auf naturgeſchichtlichem Gebiete, unter Beihülfe des Herrn Walter B. Barrows ein Buch über den Spatzen herausgegeben ), welches unentgeltlich vom Ackerbau-Department in Waſhington zu haben iſt. Aufs gewiſſenhafteſte ſind alle Berichte über Nutzen und Schaden zuſammengeſtellt. Man kommt zu dem Schluſſe, daß der Spatz ein ſehr ſchädlicher Vogel iſt, eine Thatſache, die man in Deutſchland längſt wußte. Herr W. Thienemann einer der größten deutſchen Naturkundigen, ſchreibt in der von ihm redigierten „Monatsſchrift des deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt“: „Die Sperlingsfrage taucht immer hin und wieder einmal in den Zeitungen auf, trotz— dem die verſchiedenſten ornithologiſchen Autoritäten ihr Endurteil ziemlich übereinſtimmend abgegeben haben. Im allgemeinen dürfen wir dieſe Frage als abgeſchloſſen betrachten.“ Dieſes Endurteil aber lautet: „Der Spatz iſt ein ſehr ſchädlicher Vogel, zänkiſch, hinterliſtig und ver— ſchlagen. An Obſt und Feldfrüchten thut er empfindlichen Schaden. Am ſchädlich— ſten aber wird er dadurch, daß er alle übrigen nützlichen Vögel vertreibt und ſie ihrer Niſtſtätten beraubt. Seine Verfol— gung iſt geboten, ſeine Ausrottung aber unmöglich.“ Daß er Blütenknoſpen der Obſtbäume maſſen— weiſe verzehrt, iſt eine bekannte Thatſache, aber von keiner großen Bedeutung. Es bleiben doch noch genug übrig, und ſelbſt von dieſen verkümmern noch viele. Dagegen verurſacht er an reifen Erdbeeren, grünen Erbſen, Weintrauben und in Getreidefeldern großen Schaden. Die Blumenliebhaber ſehen ſich durch ihn ihrer erſten Frühlingsblümchen, der Krokus— blüten, beraubt, die er ganz beſonders gerne frißt. Wo ſich der Sperling feſtgeſetzt hat, iſt es kaum noch möglich, andere Vögel in der Nähe zu haben. Die für Blauvögel, Martinſchwalben, Zaunkönige und Meiſen beſtimmten Niſtkäſten nimmt er für ſich in Anſpruch. Meiſt hat er ſchon von denſelben Beſitz ergriffen, ehe dieſe Vögel im Frühling wieder— kehren. Gelingt es aber doch dem einen oder anderen Pärchen, ſich einen Niſtkaſten zu erobern, ſo weiß der „The English Sparrow in North America, Especially in its Relations to Agriculture.“ Washington: Goverument Printing Otlice. 1889. 5 D Spatz auch da Rat. Kann er allein nichts ausrichten, ſo handelt er dem Sprichworte gemäß: „Einigkeit macht ſtark.“ Von ganzen Scharen werden die ein heimiſchen Sänger angegriffen und nach heftiger Gegenwehr vertrieben. Ich ſah unzähligemal, wie ſie auf dieſe Weiſe die trauten Blauvögel und ſelbſt die tapfere Martinſchwalbe vertrieben, wie ſie in die Neſter der Zaunkönige und Meiſen eindrangen und Niſtmaterial und Junge heraus— warfen. Ich beobachtete ferner, daß ſie die Neſter der Vireos, Robins, Haarfinken, Singſperlinge, Goldfinken, Cedervögel, Baltimore-Oriole, Haus— tyrannen und Schwalben zerzauſten und zerriſſen, und das Baumaterial für ihre eigenen Neſter verwandten. Herr Otto Widmann beobachtete, wie ſie in Abweſenheit der Martins in deren Niſt— käſten eindrangen und die Eier fraßen. Dies alles kann jeder nur einigermaßen vorurteilsfreie Beob— achter ſehen, wenn er es nur ſehen will! Auch in Deutſchland haben alle Vogelfreunde dieſelbe Wahr— nehmung gemacht, und ſie dulden die Sperlinge nicht in ihren Anlagen, wenn ſie die Freude haben wollen, andere gefiederte Sänger in ihrer Umgebung zu haben. Wer unſere gefiederprächtigen Sänger in ſeinem Garten und Gehöfte haben will, muß dem Spatzen den Krieg erklären. Man muß ſeine Neſter zerſtören, wo ſie ſich finden, dagegen unſeren einheimiſchen Sängern allen Schutz und alle Pflege zuteil werden laſſen. Ausrotten wird man dieſes verſchmitzte Lumpengeſindel nicht mehr können. Daß jeder das Recht bekömmt, ihn wegzuſchießen, iſt eine höchſt gefährliche Maßregel. Am beſten ſtellt man dazu verantwortliche Leute an. Bei vielen, namentlich bei halbwüchſigen Jungen, kann nicht vorausgeſetzt wer— den, daß ſie eine genaue Kenntnis der Vogelwelt ihrer Umgebung haben. Gar oft benutzen dieſe die Gelegen— heit dazu, ihrer Jagdluſt zu frönen, und jedem ihnen vorkommenden Vogel den Garaus zu machen. So habe ich oft geſehen, daß man verſchiedene unſerer grauen Finkenvögel, z. B. den Singſperling, Fuchs-, Kron- und Buſchfinken angeblich für Sperlinge ge— halten und getötet hatte. Auch das Vergiften iſt nicht zu empfehlen. Dadurch würden viele unſerer einheimiſchen Vögel mit zu Grunde gehen. Man hat empfohlen, die jungen Sperlinge aus den Neſtern zu nehmen und ſie in der Küche zu verwenden; aber auch dies dürfte nicht anzuraten ſein, weil auch bald andere Vögel darunter zu leiden haben würden. Der Hausſpatz. 33 Da unſer Spatz jährlich zwei und drei Bruten macht, und dieſe mit kaum beſchreiblicher Liebe und Fürſorge groß zieht, ſo iſt ſeine überraſchende Ver— mehrung leicht erklärlich. Bezüglich des wahrheitsgemäßen beigefügten Gedichtes ſchreibt Julius Sturm an Paſt. W. Thienemann: „Vor langen Jahren ſandte ich Ihrem Herrn Vater ein Spatzengedicht, mit dem ich die Spatzen in Schutz nahm. Ihnen, dem Sohne, ſende ich das Gegenſtück. Ich habe meine Anſicht geändert, und bin aus einem Freunde ein Feind dieſes Lumpen— geſindels geworden, das man leider noch immer in Schutz nimmt. — Laſſen Sie uns gegen dieſes freche Pack ins Feld ziehen. Es werden immer noch genug übrig bleiben, auch wenn man ſie für vogelfrei erklärt.“ Das Verfolgen der Spatzen ſollte namentlich auf dem Lande, in Vorſtädten und Parkanlagen betrieben werden. In den großen Städten dagegen ſtellt ſich die Sache etwas anders. Hier iſt der Spatz faſt der einzige Vogel, und ſein Thun und Treiben bietet für manchen Naturfreund eine Quelle der Unterhaltung und des Vergnügens. „Wie oft habe ich mit Intereſſe den Schelm beobachtet“, ſchreibt ein Vogelfreund, „wenn er mit hängenden Flügeln, auf— geblaſenem Gefieder und zurückgebogenem Halſe laut ſchilpend ſeine ehrſame Gattin umhüpfte! Wie ſpaßig iſt's nicht anzuſehen, wenn er den langen Strohhalm zum Neſte ſchleppt, den er kaum forttragen kann! oder wenn er begierig auf den Beſitz eines ihm paſſend ſcheinenden Niſtſtoffes, der irgendwo feſthängt, zerrt und zieht, bis jener plötzlich abreißt und er rückwärts überſchlägt, worauf er ihn als Beute davonträgt!“ Wiſſenſchaftliche Namen: Passer domesticus Schaeff. (1759). — Fringilla domestica Linn. (1758). — Pyrgita domestica Cuv. (1829). Beschreibung: Oberſeite bräunlichgrau; Rücken ſchwarz geſtrichelt; Flügel mit zwei weißen Querbinden; Kinn, Kehle, Ohrengegend ſchwarz; kleine Flügeldecken kaſta nienbraun; Kopfkrone grau, an den Seiten des Kopfes ein großer ſchön kaſtanienbrauner Fleck. Länge etwa 6 Zoll; Flügel 2.90, Schwanz 2.40 Zoll. Der Berglpats. European Tree Sparrow. Passer montanus Koch. Der Bergſpatz, auch Feldſperling, Baum— und Waldſpatz genannt, findet ſich meines Wiſſens nur in und bei St. Louis. Als der Redakteur des „Anzeiger des Weſtens“, Herr Karl Dänzer, 336 Der Schneeammer. jeine Einbürgerungsverſuche mit deutſchen Singvögeln | machte, ließ er auch etwa zehn Pärchen Feldſpatzen im Lafayette Park in St. Louis in Freiheit ſetzen. Dies geſchah am 25. April 1870. Alle verließen jedoch den Park ſofort und wurden nicht mehr beobachtet. Erſt am 24. April des nächſten Jahres wurde ein einzelner Feldſpatz eine Meile öſtlich vom Parke geſehen. Bald gingen auch noch andere Berichte ein, und bis zum Jahre 1877 war der Feldſpatz im ſüdlichen Stadt— teile viel zahlreicher als der Hausſperling. Im genannten Jahre waren alle in Herrn Widmanns Hofraum angebrachten Niſtkäſten im Beſitz der Feld— ſpatzen. Im nächſten Jahre erſchienen die erſten Hausſpatzen und vertrieben die viel beſſeren, ruhigeren, liebenswürdigeren Feldſperlinge. Heute findet er ſich, vom Hausſpatz vertrieben, nur außerhalb der Stadt, wo er meiſt in Baumhöhlungen niſtet. „Dieſer Vogel“, ſchreibt Herr Widmann, „iſt ein viel annehmbareres Geſchenk als der Hausſpatz. Obgleich er in mancher Hinſicht dem Verwandten aleicht, ſo hat er doch nicht deſſen Raufboldigkeit, welche jenen jo verhaßt macht. Selbſtverſtändlich verteidigt er, wie alle Vögel, ſein Neſt gegen Eindring— linge. Nie greift er aber andere Vögel aus reiner Raufluſt an, wie dies der Hausſpatz thut. Ganz im Gegenteil ſcheint er ſich in der Geſellſchaft unſerer einheimiſchen Vögel wohlzufühlen, denn man kaun ihn im Winter oft mit Junkos und canadiſchen Baumſperlingen zuſammen nach Nahrung ſuchen ſehen Nur zwei Bruten werden jährlich gemacht, während der Hausſpatz oft drei — jedoch nicht vier bis ſechs, wie manche meinen — macht.“ 8 Wiſſenſchaftliche Namen: Passer montanus Koch (1816). — Pyrgita montana, Fringilla montana Linn. (1758). Beſchreibung: Auf den erſten Blick dem Hausſpatz ähn— lich. Oberkopf bis auf den Nacken matt kupferrot; Zügel, Kehle und ein Fleck auf der Wange ſchwarz; das übrige der Kopfſeiten weiß; auf den Flügeln zwei weiße Quer— binden; Rücken und Schultern bräunlich, ſchwarz ge— fleckt; Bürzel und Schwanz mäuſegrau; Unterſeite bräunlichweiß. Länge 5 50 Zoll; Flügel 2.80, Schwanz 2 40 Zoll. Der Hchneeammer. Snowflake, Snow Bunting. A [ 2 3 / 1 8805 man den Winter über im Süden weilt, 8 unter Orangenbäumen, Magnolien und Palmen wandelt, wenn man ſich an der Pracht herrlicher Kamelien, immergrüner Azaleen, indiſcher Rhododendren, Gardenien und einer Fülle anderer immergrüner Sträucher und Bäume erfreut, wenn man zwiſchen prächtig belaubten Dracänen, den gro— tesken Formen der Kakteen, herrlichen Amaryllideen, duftendem Heliotrop und Roſen, feurig blühenden Geranien und Hibiskus luſtwandelt und dazu die friſche, ſtärkende Golfluft einatmet, dann wünſcht man ſehnlichſt, daß es doch immer ſo bleiben möchte. Doch erfüllt ſich dieſer Wunſch, iſt man jahrelang genötigt, den Winter im Süden zuzubringen, dann tritt bei den meiſten Nordländern eine gewiſſe Sehn— ſucht nach einem Winter mit Schnee und Eis ein. Man gedenkt der wirbelnden Flocken, des die Wangen friſch und rot färbenden eiſigen Nordweſtwindes, des kalten und doch ſo lieblichen Weihnachtsabends mit | | Plectrophenax nivalıs SEN. feinen Freuden, der gemütlich warmen Wohnſtube. Ja, auch der nördliche kalte Winter hat ſeine Poeſie. Das habe ich oft im Süden erfahren müſſen. Wohl ſind die Bäume des nördlichen Waldes längſt blätter— los, und nur der Nadelwald prangt im düſteren Grün. Die gefiederten Sommerbewohner der Gär— ten, der Wieſe und des Waldes weilen ſchon längſt fern im Süden, und auch die nördlichen Schnee-, Buſch⸗, Kron- und Fuchsfinken find ſüdlicher gezogen. Immer eiſiger fegen die rauhen Nord- und Weſtwinde über die Prärien und Stoppelfelder. Auf den Seen und Teichen bildet ſich dickes Eis, und Schneeflocken wirbeln dicht herab. Bald iſt der Boden in ſeinen winterlichen Mantel gehüllt. Still und öde liegt freilich die weite Fläche da, aber es wird nicht lange ſo bleiben. Schuellen, gewandten Fluges erſcheinen plötzlich, den Schneeflocken gleich, zum größten Teil weißgefärbte Vögel in überaus dichten Scharen, welche ſich auf den Stoppelfeldern Wisconſins und Der Schneeammer. auf den Prärien des nördlichen Illinois niederlaſſen. boden dahin, immer nur zum Teil ſich niederlaſſend, Es find Schneeammern (Snow Buntings, Snow- indem die hinterſten fortwährend über die vornſitzenden flakes), welche, aus dem hohen Norden kommend, hinwegfliegen. — Es bietet einen feſſelnden Anblick, ſich zu Millionen über die nördlichen Teile der Union, ſüdlich bis Kentucky, verbreiten und hier während der kalten Jahreszeit, wenn wir nur noch ſelten gefiederte Lieblinge erblicken, einen beſonderen Reiz verleihen. Sie erſcheinen etwa Mitte Dezember oder auch erſt im Januar, gewöhnlich unſerem öden Landſchaftsbilde kurz vor oder mit Eintritt ſtarker Schneeſtürme oder großer Kälte, weshalb ſie gewiſſermaßen als Wetter— propheten gelten können. Ihre hochnordiſche Heimat verlaſſen fie erſt dann, wenn fußhoher Schnee die Erde bedeckt, ſodaß ſie keine Nahrung mehr finden. Gleich nach der Brutzeit ſcheinen ſie ſich zugroßen Schwärmen zuſammenzuſchlagen, die ſich zunächſt in den öden, menſchenleeren Gegenden ihrer Heimat umhertreiben. Solange ſie noch Futter finden, ziehen ſie nicht ſüdlich, ſobald dies aber anfängt ſpärlich zu werden, wandern ſie langſam dem Süden zu, und in ungeheuren die weißen, braungezeichneten Vögel über die kalte winterliche Landſchaft froh und wohlgemut dahineilen zu ſehen. Auch während der ſtrengſten Kälte ſind ſie heiter, und nichts ſcheint ihr munteres Weſen ſtören zu können. Auf dem Boden laufen ſie mit großer Gewandtheit lerchenartig umher. — Eine ſehr hervor— ragende Eigenſchaft iſt ihre Geſelligkeit. Nie ſieht man einzelne, ſondern immer große Schwärme. Sie leben unter ſich und mit anderen Vögeln ſehr friedlich. Ihr Nahrung beſteht bei uns im Norden aus allerlei Geſäme; namentlich ſind es die läſtigen Unkrautſämereien der Felder, welche ſie maſſenhaft vertilgen. Sie ſuchen dieſe ſtets vom Boden oder vom Schnee, oder auch von den Stengeln ab, die aus dem Schnee hervorragen. In ihrer Heimat leben ſie hauptſächlich von Inſekten, füttern mit ihnen auch \ ihre Jungen groß, verzehren nebenbei aber auch die Schwärmen überſchwemmen ſie endlich die nördlichen Staaten unſeres Landes. In ſehr milden, faſt ſchnee- loſen Wintern kommen ſie gar nicht oder doch nicht zahlreich vor; in Wisconſin vergeht jedoch kaum ein Winter, in welchem man nicht große Schwärme beob- Im genannten Staate habe ich ſie in achten kann. einer Reihe von acht Jahren regelmäßig jeden Winter geſehen und auch ſpäter faſt ebenſo regelmäßig im nördlichen Illinois. Im ſüdweſtlichen Miſſouri habe ich ſie nie beobachtet. Die Zeit ihrer Ankunft hängt mit der Witterung und der Nahrung zuſammen. Nie ſieht man ſie in waldigen Gegenden, ſondern ſtets auf weiten, ebenen Feldern und Prärien. ſie ſich auf Bäume, Sträucher oder Fenzen. ſind ſie von ihrer nordiſchen Heimat aus auch nicht gewöhnt, denn dort gedeiht kein Baum mehr, und nur verkrüppeltes Geſtrüpp bedeckt den Boden. ſten ſetzen ſie ſich auch während ihres Winteraufent— halts auf Steine und gefrorene Erdſchollen; doch ſieht man ſie kaum einen Augenblick ſtill ſitzen. Einer rieſigen Welle vergleichbar wälzt ſich der Schwarm über den Boden dahin, immer weiter ohne Ruhe und Raſt, bis er dem Auge entſchwunden iſt. Ihr Flug iſt überaus ſchön, leicht und kräftig und geſchieht in einer großen Wellen- oder Schlangenlinie. Wenn ſie größere Strecken überfliegen, ſo iſt derſelbe hoch, Nie ſetzen Dies Am lieb⸗ wenn ſie jedoch auf den grasreichen, jetzt ſchnee- bedeckten Prärien und Feldern nach Nahrung ſuchen, dann wälzen ſich die Schwärme, die oft aus mehr als tauſend Stück beſtehen, dicht über den Erd⸗ Sämereien der Gewächſe, welche die Einöden ihres Aufenthalts hervorbringen. Ihre eigentliche Heimat liegt innerhalb des ark— tiſchen Kreiſes. Man findet ſie in den nördlichen Ge— genden Amerikas, Aſiens und Europas. Ihr Brut— gebiet fängt etwa mit dem 65. Grade nördl. Breite an und erſtreckt ſich bis zu den Geſtaden des Polarmeeres. Im nördlichen Europa und Aſien iſt ihre Heimat die Tundra, nicht aber die eigentliche „Moosſteppe“ ſelbſt, vielmehr die in ihr ſich erhebenden, mit Geröll— halden bedeckten oder aus mächtigen Steinblöcken und Geröllmaſſen zuſammengebauten Hügel und Berge, die Flußthäler mit ſteil abfallenden Ufern, Inſeln, welche ſich jäh aus dem Meere erheben und ähnliche Ortlichkeiten. — An derartigen Plätzen findet man ſie auch in Alaska und dem nördlichen Britiſch— Amerika als Brutvögel. Selbſtredend kann der Schneeammer in jenen unwirtlichen Gegenden nur ſpät zum Niſten ſchreiten. Sie treffen etwa Mitte Mai in ihrer Heimat ein, und zu Ende dieſes Monats löſen ſich die ungeheuren Schwärme auf; aber noch ſind jene Gegenden winterlich gekleidet, und vor Ende Juni kann das Pärchen kaum an den Neſtbau denken. Endlich zieht aber auch hier der Frühling ein. Unſere Vögel ſuchen nun die ödeſten, ſteinigſten Ortlichkeiten auf, um ihre Neſter zu bauen. Man findet ſie unter Felſen, zwiſchen Steinen, in Felsſpalten, zwiſchen loſen Holzhaufen und ähnlichen Plätzen. Sie beſtehen aus trockenen Gräſern, Pflanzenſtengeln, Moos, Flechten, hie und da auch aus feinen Zweigen; innen 43 338 Der Sporenammer. find fie ſtets weich mit Hirſchhaaren und Federn aus— gepolſtert. Die Eier, gewöhnlich fünf an Zahl, ſind der Grundfarbe nach mattweiß, mit hellbraunen Flecken gezeichnet und geſprenkelt; die Flecken ſtehen am ſtumpfen Ende am dichteſten. Während des kurzen Sommers ihrer Heimat ſchwärmt es in jenen Gegen— den von Mücken, die namentlich zum Aufziehen der Jungen dienen. Gelegentlich ſcheinen auch einzelne Pärchen in Neu-England zu brüten. Audubon erwähnt ein in den White Mountains in New Hampfhire im Juli gefundenes Neſt mit Jungen, und Prof. Allen berichtet, daß ein Pärchen nahe Springfield, Maſſ., den Sommer verbracht und Junge aufgezogen habe. Auch Maynard nimmt an, daß ſie zuweilen in Maine und New Hampſhire brüten, denn man habe im Auguſt 1869 einen großen Flug am Mount Katahdin beobachtet. Wahrſcheinlich brüten ſie nicht jedes Jahr, ſondern nur zeitweilig hier im Nordoſten der Union. Während ihrer Anweſenheit im Winter laſſen ſie nur ſelten ihre Rufe vernehmen. Ein leiſer, etwas gezogener, wie „Ziet“ klingender Lockruf, namentlich aber ein helles „Zirr“ oder „Tſchirr“, das während des Fluges ausgeſtoßen wird, iſt alles, was man vernimmt. Der Geſang, den er in den hochnordiſchen Einöden ſeiner Heimat, aber auch im Käfig und ſogar während der Wanderung hören läßt, beſteht aus lauten zwitſchernden und pfeifenden Tönen, die ganz ange— nehm klingen, aber keineswegs als hervorragend zu bezeichnen ſind. Alle Verſuche, den ſchönen Schneeammer längere Zeit in Gefangenſchaft zu halten, ſchlugen mir fehl. Zeitweilig hatte ich drei bis vier Pärchen in einem geräumigen Geſellſchaftsbauer. Sie gewöhnten ſich raſch ein und gingen ohne Umſtände ans Futter. Zunächſt verloren ſie die ſchöne gelbbraune Farbe, welche ſich in ein düſteres Grau und Schwarz ver— änderte. Solange es noch kühl war, blieben ſie munter und fröhlich, ſobald aber, etwa Ende Juni, die tropiſche Hitze unſeres nördlichen Sommers ein— trat, ging einer nach dem andern ein. Hitze können dieſe Vögel durchaus nicht ertragen. Kein einziger überlebte den Sommer. In Deutſchland, wo der Sommer bei weitem kühler iſt, haben die Vogellieb— haber mehr Glück, da ſie ſich hier mehrere Jahre in guter Geſundheit erhalten laſſen. Man füttert ſie mit Hirſe (Millet), Kanarienſamen, Weichfutter und Grünkraut. Sie baden ſehr gerne, und man darf es daher nicht an friſchem Waſſer fehlen laſſen. Eine Varietät, P. nivalis Townsendii RIDGW. (Prybilof Snowflake), bewohnt die Prybilof-Inſeln, Alaska und Kamſchatka. Auf der Hall-Juſel im Behrings-Meer (hie und da die Weſtküſte Alaskas beſuchend) kommt P. e boreus RIDGw. (McKay’s Snowflake) vor. Namen: Schneeammer. Snowflake, Snow Bunting. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza nivalis Linn. (1766), Wils. — Plectrophanes nivalis Meyer. — Plectrophenax nivalis Stejn. (1882). Beſchreibung: Winterkleid ſehr ſchön weiß, teilweiſe roſtbraun gefleckt. Schwanz und Flügel ſchwärzlich oder dunkel verwaſchen. Hochzeitskleid rein weiß, der Rücken, der Schwanz und die Flügel ſchwarz gefleckt. Länge 7 Zoll; Flügel 4.50, Schwanz 2.75 Zoll. Der Sporenammer. Lapland Longspur. Calcarius lapponicus SEN. Auch der Sporenammer iſt, wie der vorige, ein „Bürger zweier Welten.“ Seine Heimat erſtreckt ſich über die Polargegenden der alten und neuen Welt, und obwohl dort häufig, iſt er während des Winters in den Vereinigten Staaten doch längſt nicht jo zahlreich, wie der Schneeammer. Seine Wande— rungen dehnt er bis zum ſüdlichen Illinois, Miſſouri, Kanſas, Kentucky, zuweilen ſelbſt bis nach Süd— Carolina hin aus. Ich habe ihn in Wisconſin und Nord-Illinois häufig beobachtet, oft in Geſellſchaft von Hornlerchen und Schneeammern, meiſt aber in kleinen Flügen von dreißig bis fünfzig Stück. Selten traf ich ihn in ſol— chen Scharen wie den Schneeammer. Sie ſind ruhiger in ihrem Weſen, machen ſich auch durch fortwährendes Hin- und Herfliegen nicht ſo bemerklich, ſind auch unſcheinbarer gefärbt, weshalb ſie auch längſt nicht ſo bekannt ſind als die Schneeammern. Es ſind eigent— lich nur Vogelkundige und eifrige Naturfreunde, welche dieſen Ammer näher kennen. In die Nähe der Farmgehöfte und an dieſe ſelbſt kommen fie in kalten Tagen oft, um nach Sämereien zu ſuchen. Am liebſten halten ſie ſich in baum- und buſchloſen Sümpfen auf, wo ihnen die Sämereien der Marſch— pflanzen reichlich Nahrung ſpenden. Im Flug und in ihrem ganzen Benehmen ſtimmen ſie ganz genau mit dem Schneeammer überein. Auf unſerem Erdteil ſind ſie namentlich in Alaska und Grönland zu Hauſe. Das Neſt findet man — — . '. . * Der Kragenammer, dort Ende Juni. Gewöhnlich ſteht es ziemlich ver— ſteckt unter einem Grasbüſchel, iſt aus Moos und Gras gebaut und ſchön warm mit Federn ausge— kleidet. Die vier bis ſechs Eier zeigen auf bräun— lichem Grunde kleine matte Flecken und feine dunkle Marmorierungen. Namen: Sporenammer, Lerchenammer, Sporenfink und Lappländer. Lapland Longspur. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla lapponica Linn. (1761). — Emberiza lapponica Swains. (1831), Aud. — Plectrophanes lapponicus Cabanis (1851). — Calcarius lapponiceus Stejn. (1882). — Fringilla calcarata Pall. (1793). — Centrophanes calcaratus Gray (1841). Beſchreibung: kleide ſchwarz; ein breiter Strich über und hinter dem Auge, Seiten des Halſes, und ein Fleck im Schwarz des Labraborthee!) Hinterkopfes, ſowie die ganze Unterſeite weiß. Am Hin— terhalſe, Flügel und Schwanz dunkel; Flügel braun gefleckt. ähnlich. Länge 6.25 Zoll; Flügel 3 90, Schwanz 2.80 Zoll. Der Schmuckammer. Smith's Longspur. Calcarius pietus STEJN. Der Schmuckammer iſt ebenfalls ein hoch— nordiſcher Vogel, welcher nur während des Winters das nördliche Gebiet der Vereinigten Staaten beſucht. Ich habe ihn in den Prärien des nördlichen Illinois häufig geſehen, gewöhnlich in ſolchen Ortlichkeiten, wo es eine Menge aus dem Schnee hervorragende Unkrautſtengel gab. Sie ſind faſt immer in großen Im Winter heller und dann dem Schneeammer | ſind der Grundfarbe nach matt weißlich, ziemlich +gleichmäßig hell- und dunkelbraun gefleckt. Kopf, Hals und Oberbruſt im Hochzeits- Scharen vereinigt und ſtreifen jeden Tag ziemlich | 339 raſtlos ein gewiſſes Gebiet ab. Wird gegen das Ende des Winters das Unkrautgeſäme knapp, dann kommt es auch vor, daß ſie ſich an die Heu- und Stroh— ſchober der Farmer wagen. Im Oſten der Vereinigten Staaten kommt der Schmuckammer nicht vor, dagegen iſt er von Illinois bis zu den großen weſtlichen Ebenen ein regelmäßiger Wintergaſt. Als ſein Brutgebiet haben wir nament— lich das Thal des Mackenzie und das Gebiet von da bis zum Thale des oberen Yukon und des nördlichen Eismeeres zu ſuchen. Das Neſt ſteht auf dem Boden, iſt äußerlich ſehr ſorgfältig aus trockenen Gräſern gebaut, und innen mit Federn, Daunen und weichem Gras ausgepolſtert. Manchmal fand man Neſter inmitten eines Beetes Es ſind dies ſehr ſchöne, in jenen Gegenden maſſenhaft wachſende immergrüne ſtrauch— artige Erikaceen. Die Eier, vier bis fünf an Zahl, Namen: Schmuckammer, gemalter Ammer. Smith's Longspur, Painted Longspur. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza picta Swains. (1831). — Plectrophänes pictus Aud. (1839). — Centro- phanes pietus Cab. (1851). — Calcarius pietus Stejn. (1882). — Pleetrophaues Smithi Aud, (1844). Beihreibung: Männchen, Kopfkrone und Seiten ſchwarz; ein Strich über dem Auge, ein Rand der ſchwarzen Backen und die Schläfen weiß; ganze Unterſeite hell roſtgelb; Schultern ſchwärzlich; weißer Flügelfleck. — Weibchen matter; das Roſtgelb und Schwarz fehlt ganz. Länge 5.50 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 2.75 Zoll. Der Kragenammer. Chestnut-collared Longspur. @\ Wom Oſten kommend gelangen wir durch frucht— bare reiche Präriegegenden der Staaten Illinois und Jowa, zu jenen einförmigen trockenen baum- und buſchloſen Hochebenen des weſtlichen Kanſas, Nebraska u. ſ. f. Dieſe Prärien haben einen reichen Boden, ſind aber ſehr waſſerarm, ſodaß Ackerbau kaum oder doch nur mühſam betrieben werden kann. Doch ſind dieſe Hochprärien deshalb nicht unbewohnt, denn die Viehzüchter haben dieſes Calcarius ornatus STEIN. ungeheure Gebiet für fich in Anſpruch genommen und führen hier mehr oder weniger ein Nomadenleben, indem ſie ihre großen Herden, je nach der Jahreszeit und dem Grasreichtum, entweder nach Norden oder Süden hin, bis nach Texas hinein, weiden laſſen. Einer der wenigen Vögel, welche dieſe trockenen Prärien beleben, iſt der Kragenammer. Allen 1) Ledum latifolium und Ledum palustre. 340 Der ſchwarzbrüſtige Ammer. traf ihn zahlreich im weſtlichen Kanſas, wo er durch- aus auf die trockenen Ebenen beſchränkt war. Sie ſcheinen in großen zerſtreuten Kolonien zu leben, denn er fand gewöhnlich viele Pärchen in einer Ortlichkeit, während man tagelang wandern konnte, bis man wieder ein Pärchen traf. Sie brüten auf dem Boden, wo ſie ein dünnes, aber hübſches Neſt von trockenen Gräſern und feinen Pflanzenftengeln bauen. Die Eier, gewöhnlich fünf an Zahl, ſind auf weißem Grunde mit rotbraunen Flecken und Strichen gezeich— net. Vollzählige Gelege fand man dort anfangs Juni. Dieſer Vogel hat die merkwürdige Eigen— ſchaft, mit „ſchwimmendem“, wellenförmigem Fluge hoch oben in der Luft den Beobachter zu umkreiſen; dabei ſtößt er fortwährend ſcharfe, aber doch melodiſche Töne aus. Er fand ihn im Winter von Fort Hays weſtlich bis faſt zur Grenze Colorados, woraus wohl der Schluß zu ziehen iſt, daß er dort Standvogel iſt. Weiter weſtlich im Gebirge fand man ihn nicht. Am ausführlichſten berichtet Dr. Coues über den Kragenammer. Er fand ihn ungemein häufig in den Präriegegenden des nördlichen Dakota, wo er dieſelben Ortlichkeiten wie Bairds-Fink und die Prärielerche bewohnte. Mit Sicherheit ſtellte genaun— ter Forſcher feſt, daß ſie dort regelmäßig zwei, auch wohl drei Bruten jährlich machen. Während des Sommers, wenn ſie brüten, ſind ſie ſehr zutraulich und furchtlos, im September jedoch, wenn ſie ſich zu großen Flügen zuſammenſchlagen, und dieſe ſich durch die aus dem Norden kommenden Schmuckammern noch verſtärken, werden ſie wilder, fliegen ſchneller und anhaltender und ſind dann nur ſchwer zu erlegen. Die Mäunchen laſſen während der Brutzeit einen recht angenehmen zwitſchernden Geſang hören, welcher im Fluge zum beſten gegeben wird. — Sie brüten nördlich bis zum Saskatchewan und ziehen ſüdlich bis nach Texas, New Mexico, Arizona und Mexico. Namen: Kragenammer. Chestnut-collared Longspur, Chestnut-col- lared Bunting, Black-bellied Longspur. Wiſſenſchaftliche Namen: Plectrophanes ornatus Towns. (1837). — Emberiza ornata Aud. (1839). — Centrophanes ornatus Cab. (1851). — Calcarius orna- lus Stejn. (1882). Beſchreibung: Männchen, Kopfkrone, ein ſchmaler Halbmond an den Kopfſeiten, ganze Bruſt und ein Teil des Bauches ſchwarz; Kehle und Seiten des Kopfes, Unterbauch und Unterſchwanzdecken weiß; ein breiter Halskragen kaſtanienbraun; das übrige der Oberſeite graubraun, dunkeler geſtrichelt. — Weibchen ähnlich, aber ohne die ſchwarze und kaſtanienbraune Färbung. Länge 5.25 Zoll; Flügel 3.20, Schwanz 3.30 Zoll. 1 Der ſehwarzbrüſtige Ammer. MeCown’s Longspur. Rhynchophanes MeCownii Bro. Einen in ornithologiſcher Hinſicht überaus gün— ſtigen Punkt hatte ich angetroffen, als ich mich einige Jahre in Lee County, Texas, aufhielt. Jahrein, jahraus traf ich hier Vögel, welche ich früher über— haupt noch nicht geſehen oder doch nur ungenügend kennen gelernt hatte. Im Sommer waren es die Brutvögel, welche meine volle Aufmerkſamkeit in Anſpruch nahmen, und im Winter die in großer Anzahl auftretenden Wintergäſte. Die Dickichte der Niederungen ſowohl, wie das Unkraut der Baum— wollen- und Maisfelder herbergte Tauſende nördlicher Vögel. In den Gebüſchen tummelten ſich große Scharen Fuchs-, Winter-, Buſch-, Kron-, Sing-, Sumpf, Erd-, Feld- und Gartenfinken und auch der Trauerfink (Zonotrichia querula), den ich vorher lebend noch nicht geſehen. Betrat ich daun die angrenzenden Mais- und Baumwollenfelder, ſo flogen Schwärme von Savannen-, Goldflügel-, Yecontes- und Henslows-Finken auf. Hier war es auch, wo ich ganze Scharen des ſchwarzbrüſtigen Ammers zuerſt ſah. Sie waren gewöhnlich in Geſellſchaften von zehn bis fünfzig Stück vereinigt, oft mit Bairds— und Savannenfinken zuſammen. Wurden ſie auf— geſcheucht, ſo flogen ſie ſchnell eine Strecke vorwärts, dann im Kreiſe umher und ließen ſich dann ſchnell wieder auf dem Boden nieder. Beim Fliegen ließen ſie einfache zirpende Laute hören, während ſie bei ihrem Umherſuchen auf dem Boden keinen Ton aus— ſtießen. Sie nährten ſich von Unkraut-Sämereien namentlich von den in einer ſtacheligen Kapſel einge— ſchloſſenen Körnern einer auf den Feldern häufigen Grasart. Ich beobachtete ſie nur im Januar und Februar. — Sein Brutgebiet erſtreckt ſich bis zum weſtlichen Kanſas, nördlich bis zum Saskatchewan. Er iſt einer der vielen Vögel, welche der Gegend zwiſchen dem Red River-Thale des Nordens und dem oberen Miſſouri eigentümlich find. Als echter Prärievogel niſtet er auf dem Boden im Graſe. Neſt und Eier erinnern ſehr an den Kragenammer. Während die Weibchen brüten, treiben ſich die Männchen fleißig ſingend in der Nähe des Neſtes umher. Sie ſteigen in die Luft und laſſen ſich ſingend wieder auf die Erde herab. Der Geſang iſt nach Coues' Meinung beſſer als der des Kragenammers. Wenn ſie, wie angegeben, in der Luft ſchweben, gleichen beide Arten Schmetter— lingen. Es iſt etwas Leichtes, Raſtloſes, Flatterndes in allen ihren Bewegungen. — Namen: Schwarzbrüſtiger Ammer, MeCowns-Ammer. McCown’s Longspur. Wiſſenſchaftliche Namen: Plectrophanes MeCownii Lawr. (1851). — Rhynchophanes Me Cownüi Brd. (1887). Beſchreibung: Kopfkrone, ein von der Schnabelwurzel aus laufender Streif und ein Halbmond auf der Bruſt ſchwarz; Kopfſeiten, Kehle und Unterſeite grauweiß; Oberſeite aſchgrau mit gelblichem Anfluge; kleine Flügel— decken aſchgrau, mittlere kaſtanienbraun. Weibchen ähnlich, aber ohne ſchwarze Zeichnung. Länge 5.50 Zoll; Flügel 3.60, Schwanz 2.50 Zoll. [Die nun folgenden Finken- oder Sperlings— vögel, einſchließlich der Sippe Embernagra, bezeichnet man als Ammerfinken (Spizelline). Faſt alle find intereſſante, obwohl einfach gezeichnete Sänger, echte Charaktervögel Amerikas. Sie bewohnen die Prärien und Savannen ebenſowohl, als die Felder und Wie— ſen, die gebüſchreichen Sümpfe ebenſowohl als die Ränder der Wälder und die Gärten. Viele unter ihnen zeichnen ſich durch herrlichen Geſang aus. Ich nenne in dieſer Beziehung nur den Singſperling, den Abend-, Wald-, Buſch-, Kron- und Fuchsfinken ꝛc. Haarvogel, Singſperling und Lerchenfink niſten mit Vorliebe in den Gärten. Jedenfalls tragen faſt alle Ammerfinken, teils durch ihren Geſang, teils durch ihr munteres Weſen, teils durch ihr zahlreiches Vorkommen zur Belebung der von ihnen bewohnten Gegend bei. Kein einziger dieſer Finken iſt ſchädlich; ſie gehören im Gegenteil zu unſeren nützlichſten Vögeln, da ſie eine unendliche Menge ſchädlicher Juſekten und im Herbſt, Winter und Frühling maſſeuweiſe kleine Unkrautſämereien vertilgen. ] Bairds-Fink. Baird's Sparrow. Ammodramus Bairdii GIEREL. Diefe von Audubon im Jahre 1843 am Jellowſtone entdeckte Art blieb bis zum Jahre 1873, alſo dreißig Jahre lang, faſt ganz unbekannt. Im Bairds-Fink. 341 genannten Jahre endlich fand Coues den Vogel zahlreich im nördlichen Dakota. „Es iſt ſchwer zu begreifen“, ſchreibt der erwähnte Forſcher, „daß dieſe Art dreißig Jahre lang der Beobachtung entgehen konnte. Wenn der Vogel wirklich ſelten wäre, ſo wäre das freilich nicht merkwürdig; aber es iſt jetzt feſtge— ſtellt, daß er in verſchiedenen Gegenden des Weſtens außerordentlich häufig iſt. Ich fand ihn nicht unmit— telbar am Red River des Nordens ſelbſt, aber ſobald ich das Pembina-Gebirge paſſiert hatte und in die endloſe Prärie kam, traf ich ihn. Ju einigen beſon— deren Ortlichkeiten war er zahlreicher als alle anderen Vögel zuſammen, und durch den ganzen Landſtrich vom Pembina-Gebirge bis zum Mouſe River bildete er mit der Prärielerche und dem Kragenammer das Trio der allergewöhnlichſten Vögel“ .... Der Geſang beſteht aus zwei bis drei Silben, welchen ein melo- diſcher, klingender Triller folgt. In der Lebensweiſe gleicht dieſe Art ſehr dem Savannenfinken. Bairds— Fink iſt nicht eigentlich geſellig, aber wie ſo viele andere Prärievögel bevorzugt er beſondere Ortlich- keiten und bewohnt ſolche dann in großer Anzahl. Das Neſt ſteht auf der Erde und iſt aus Gräſern gebaut. Die der Grundfarbe nach mattweißlichen Eier ſind über und über mit rötlichbraunen und ſchwärzlichen Flecken gezeichnet. Sie ſind denen des Abendfinken ſehr ähnlich. Während des Winters findet man dieſen Vogel zahlreich in Texas, New Mexico und Arizona. Außer in Dakota brütet er auch noch in Montana, nördlich bis zum Saskatchewan. Namen: Bairds⸗Fink. — Baird’s Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza Bairdii Aud. (1843). — Coturnieulus Bairdi Bonap. (1850). — Ammodramus Bairdiü Giebel (1572). Beſchreibung: Oberſeite grau, düſter geſtrichelt; die ſchwärzlichen Flecken der Krone durch einen gelblichen Streif geteilt; Unterſeite weiß, auf der Oberbruſt und den Seiten mit ſchmalen ſchwärzlichen Längsſtrichen. Länge 4.75 Zoll; Flügel 2.80, Schwanz 2.20 Zoll. Der Hapannenfinl. Savanna Sparrow. Tafel XXIII. n der Golfküſte von Texas ziehen ſich weit in das Land hinein erſtreckende, ungeheure, ebene, auch im Sommer teilweiſe ſehr feuchte Savannen hin. Dieſe Landſtriche ſind durchaus baum- und gebüſchlos; dagegen ſind ſie mit einem ſehr dichten Wuchs hoher ſchilfartiger Gräſer beſtanden. Dieſe einförmigen Savannen haben für den geiſtig regen Menſchen nur wenig Anziehendes. In ihnen herrſcht während des Sommers wenig Leben. Sobald freilich die ſtarken anhaltenden Herbſtregen eintreten und große Strecken der Prärie unter Waſſer geſetzt haben, dann zeigen ſie eine ganz andere Seite. Es wimmelt nun förmlich von Millionen von Enten, Gänſen, Schwänen, Kranichen und Reihern. Der zahlreichſte Sommergaſt dieſer Savannen iſt der nach ihnen genannte Savannenfink, ein kleines graues, unſcheinbares Vögelchen. Wegen ſeiner ſchlichten Färbung und ſeiner verſteckten Lebensweiſe überſieht man ihn leicht. Auch durch ſeinen Geſang fällt er nicht auf. Er iſt in allen niedrigen, ebenen, grasreichen Prärien ein zahlreicher Brutvogel und kommt als ſolcher von Texas bis Alaska, und von Florida bis Labrador vor. In der Umgegend von Chicago iſt er einer der gewöhnlichſten Vögel. Im Weſten wird er durch ganz ähnliche Arten oder Varietäten vertreten. Sein Lieblingsaufenthalt ſind die grasreichen, ſalzigen, feuchten Savannen in der Nähe des Ozeans und Golfs. Doch fehlt er auch in den großen Prärien im Innern des Landes nicht, ſofern dieſe feucht und grasreich ſind. Wie viele Prärievögel, ſo iſt auch er etwas unregelmäßig verbreitet. Streckenweiſe trifft man ihn in ungemein großer Anzahl niſtend, während man in einer anderen, ebenſo günſtig ſcheinenden Ortlichkeit meilenweit gehen kann, ohne auch nur ein einziges Pärchen zu ſehen. In Wisconſin und Nord⸗-Illinois erſcheint er gewöhnlich anfangs April, oft auch noch ſpäter. Ende Mai beginnen ſie mit dem Neſtbau. Zur Anlage des Baues wählen ſie eine kleine Vertiefung des Bodens, die gewöhnlich von dem Fußtritt eines Ammodramus sandwichensis savanna RıDGw. Vogel 7. Pferdes oder Rindes herrührt. Meiſt liegt der Neſt— rand mit ſeiner Umgebung in gleicher Linie. Er iſt ein ſehr loſer dünner, nur aus Gras und manchmal auch mit einigen Haaren ausgelegter Bau, der immer inmitten des dichten Graſes ſteht. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach mattgrünlichweiß, mit dicken rötlich- oder ſchokoladebraunen Flecken beſonders dicht am dicken Ende getüpfelt. Die Zeichnung iſt oft ſo dicht, daß man kaum die Grundfarbe zu erkennen vermag. Im allgemeinen kann man ſagen, daß die Eier denen des Abendfinken ähnlich ſind. Das Neſt wird ſo außerordentlich verſteckt gebaut, daß man nicht oft Gelegenheit hat, die Eier zu beſich— tigen. Nur wenn man in Texas Ende April oder anfangs Mai, im nördlichen Illinois aufangs Juni, die grasreichen niedrigen Prärien oder Savannen häufig durchſtreift, entdeckt man es öfter durch Zufall. Gewöhnlich ſitzt der brütende Vogel ſo feſt, daß er die Eier nicht eher verläßt, als bis man faſt auf ihn tritt. Dann aber huſcht er mit mäuſeartiger Ge— wandtheit, ſich lahm ſtellend, ſchuell durchs dichteſte Gras dahin und läßt ſich nicht mehr ſehen. Zum Auffliegen ſind die Savannenfinken jetzt nicht mehr zu bewegen, und wenn man je einmal einen aufſcheucht, ſo läßt er ſich ſofort wieder im dichten Graſe nieder. Die Männchen ſieht man um dieſe Zeit wohl oft auf der Spitze einer aus dem Graſe hervorragenden Staude ſitzen, um ihren einfachen Geſang erſchallen zu laſſen, doch tauchen auch ſie, ſobald ſie ſich beob— achtet wiſſen, ins dichte Grasmeer. — Während der Brutzeit verſuchen ſich die Männchen fleißig im Sin— gen; aber ſie ſcheinen ſich mit dem Verſuche zu begnü— gen, denn die Töne find und bleiben leiſe, abgeriſſen, zwitſchernd und ſtümperhaft. Einzelne Laute klingen melodiſch, das übrige iſt ein rauhes, unvollſtändiges Gezirp, das eher von einem Kerbtier, z. B. einer Cikade oder Grille, als von einem Vogel herzurühren ſcheint. Sonſt vernimmt man nur den Lockton, ein ſcharfes, ausgeprägtes „Tſchip“. Gewöhnlich ſitzt der Vogel dabei auf einer aus dem Graſe hervorragenden Staude. Die meiſte Zeit hält er ſich im dichten Graſe 232 | —b —-—b- - —y„-:,ͤ —: Der Grashüpferfink. verborgen, und es iſt darum keine leichte Sache, den jetzt jo ſcheuen, vorſichtigen Vogel beim Brutgeſchäft zu beobachten. Obwohl dieſer Vogel ſtellenweiſe ungemein zahl— reich auftritt, ſo verwechſelt ihn das Volk doch häufig mit dem Grasfinken, dem Gelbflügel und anderen ähnlichen grauen Vögeln. Ende Oktober find alle Savannenfinken aus dem Norden verſchwunden. Ihre Winterherberge ſind unſere Südſtaaten, vielleicht auch Mexico. Sie über— wintern zu Tauſenden in Geſellſchaft von Gras-, Gelbflügel-, Lecontes- und Henslows-Finken in den ſüdlichen Feldern, nie in Wäldern und Gebüſchen. Kleine Flüge kamen in Houſton ſelbſt an meine Wohnung, um die hingeſtreuten Körner aufzuſuchen. Ich fing mehrere für den Käfig ein, was ſehr leicht anging, da ſie recht dreiſt und zutraulich waren. Anfangs zeigten ſie ſich ungebärdig, gingen aber bald ans Futter und lebten mit den übrigen Ammerfinken, mit denen ſie zuſammenwohnten, ſehr verträglich. Da der Vogel aber kein Sänger iſt, auch ſich nicht durch Schönheit des Gefieders auszeichnet, ſo hat er für den Vogelliebhaber wenig Wert. Der eigentliche Savannenfink, A. sand- wichensis RIDGW. (Sandwich Sparrow), lebt an der Nordweſtküſte Nordamerikas, vom Columbia bis nach Unalaſchka. Savannenfink. — Savanna Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla savanna Wils. (1811), Aud. — Passerulus savanna Bp. (1838). — Ammodramus sandwichensis savanna Ridgw. (1885). Beſchreibung: Sehr einfacher, grauer Vogel. Oberſeite grau, dunkel geſtrichelt, am feinſten auf der Kopfkrone, Namen: 343 durch welche ein gelblicher Streif läuft; ein Strich über dem Auge, Augenlider und Rand der Ellbogen gelb. Unterſeite weiß, dunkel geſtrichelt. Länge 5.50 Zoll; Flügel 2.70, Schwanz 2.10 Zoll. Außer der beſchriebenen Art findet ſich im Weſten noch A. sandwichensis alaudinus Riba w., der von den großen Ebenen weſtlich bis zum Stillen Ozean vorkommt und ſich von da nördlich bis zu den Polar— gegenden verbreitet. Bryants-Savannenfink, A. sandwichen- sis Bryanti Rıpaw., findet ſich namentlich in den Salzmarſchen nahe der San Francisco-Bai in Cali⸗ fornien. Beldings-Fink, A. Beldingi Rınaw., be wohnt die Salzmarſchen des Stillen Ozeans, von Santa Barbara bis nach Todos Santos Island, Untercalifornien. Der langſchnäbelige Savannenfink, A. rostratus Cass., bewohnt ebenfalls die Küſten— gegend Californiens, und die Abart A. rostratus guttatus RTDGwW. vertritt die Art in Untercalifornien. Ammodramus princehs RID WAY Ipswich Sparrow) findet ſich an der atlantiſchen Küſte von Nova Scotia ſüdlich, im Winter bis Virginien. Alle dieſe Savannenfinken find ſich in Färbung und Lebensweiſe ſehr ähnlich, ſodaß ausführliche Lebensbilder überflüſſig erſcheinen. Sie ſpielen auch eine ziemlich untergeordnete Rolle, da ſie ſich weder durch guten Geſang, noch durch Gefiederſchönheit oder häufiges Auftreten hervorthun. Der Grashüpferfink. Grasshopper Sparrow. Ammodramus sa vannarum passerinus RıpGw. Tafel XXIII. Vogel 6. 2 fink zu unſeren gewöhnlichen Vögeln zählt, iſt er doch wenig bekannt. Nur die wenigſten Natur— freunde wiſſen ihn von anderen ähnlichen Vögeln zu unterſcheiden. Er lebt ſehr verſteckt im Graſe und Unkraut, kommt ſelten auf Umzäunungen und Büſche U der Grashüpfer- over Gelbflügel⸗ und ſetzt ſich nur während der Paarungszeit auf die Spitzen der höher emporragenden Unkrautſtengel, um ſein dem Gezirpe der Grashüpfer oder Heuſchrecken ähnliches Gezwitſcher hören zu laſſen. Sobald er ſich beobachtet glaubt, taucht er wieder hinab ins Gras und in die dichtſtehenden Stauden. Er zieht weder 344 Henslows-Fink. durch lebhaftes Weſen, lauten Geſang oder Farben— pracht die Aufmerkſamkeit des Beobachters auf ſich. Nur wenn wir durch grasreiche Felder und Wieſen gehen, namentlich durch ſandige unfruchtbare Flächen, lernen wir ihn näher kennen. Dann kommt es auch vor, daß wir zufällig das in eine kleine Erdvertiefung gebaute, aus feinen Gräſern beſtehende Neſt entdecken. Die vier bis fünf Eier ſind kryſtallweiß, verſchieden— artig braun gefleckt. Manchmal ſind die Flecken ziemlich gleichmäßig über die ganze Fläche verteilt, manchmal ſtehen ſie aber am dicken Ende kranzartig beiſammen. Die Eier ſind von denen aller kleinen Grundfinken verſchieden und ähneln eher Waldſänger— Eiern. Zu feinem Aufenthaltsorte wählt ſich unfer | kluges ſcheues Vögelchen nicht die feuchten Prärien und Wieſen, ebenſowenig die mit üppigem Timothy und Klee beſtandenen Felder, ſondern es ſiedelt ſich mit Vorliebe in ſandigen, kieſigen unfruchtbaren Strecken an, gewöhnlich da, wo weder Baum noch Buſch ſteht. Nur Königskerzen, Diſteln und ſonſtige Stauden, auch eine große Anzahl Blumen gedeihen hier aufs üppigſte, ſolange der Boden noch feucht genug iſt. Später freilich, im Auguſt und September, erſcheinen ſolche Gegenden öde und ausgeſtorben. Sein Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich vom Atlan— tiſchen Ozean weſtlich bis zu den großen Ebenen. In Wisconſin und Illinois bis nach Texas fand ich ihn als zahlreichen Brutvogel. In den Golfſtaaten, den Bahama -Inſeln, Cuba, Portorico u. ſ. f. überwintert er. Canada. Im fernen Weſten wird er durch eine Abart, Ammodramus savannarum perpallidus Rıpaw., vertreten, Namen: Grashüpferfink, Gelbflügelfink, Goldflügel. Grasshopper Sparrow, Yellow-winged Bunting. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla passerina Wils. (1811). — Coturniculus passerinus Bp. (1838). — Emberiza passerina Aud. (1839). — Fringilla savan- narum (Gmel.) Nutt. (1832). — Ammodramus suvan- narum passerinus Ridgw, (1885). Beſchreibung: Hauptkennzeichen: der auffallend gelbe Flügelrand. Oberſeite bräunlich, jede Feder mit ſchwärz— licher Mitte; Kopfkrone ſchwärzlich, mit gelblichem, braunverwaſchenem Mittelſtreif; am meiſten gelb vor dem Auge. Flügelbug gelb. Flügel- und Schwanz— federn weißlich geſäumt. Unterſeite bräunlichgelb, am Bauche faſt weiß; die Federn der Bruſt und der Seiten mit matter dunkler Mitte. Länge 5 Zoll; Flügel 2.40, Schwanz 2.00 Zoll. Nördlich verbreitet er ſich bis zum ſüdlichen wieder zum Auffliegen zu bewegen. Henslows- Fink. Henslow's Sparrow. Ammodramus Henslowi Gray. Henslows- Fink iſt ein feltener, noch wenig bekannter Vogel, der namentlich im Oſten unſeres Landes vorkommt, ſich aber ſpärlich bis zu den großen Ebenen nach Weſten hin verbreitet. Nördlich findet man ihn bis Ontario und im Winter in den Golf— ſtaaten. Ich beobachtete ihn in der Prärie des nörd— lichen Illinois, namentlich in der Nähe des Städtchens Oak Park, wo er in dem dichten Gras und Stauden— werk ziemlich zahlreich war, zahlreicher wie der Gras— hüpferfink. Er war während der Paarungszeit ziem— lich lebhaft, kam oft in die Spitzen der höheren Stauden, um ſeinen kurzen, trillernden, wenig melo— diſchen Geſang hören zu laſſen. Es ſind gewöhnlich nur drei Töne „Pi-pi-uh“ oder „Pit-utt“, die er mit zurückgeſchlagenem Kopfe zum beſten giebt. So— bald man ſich ihm nähert, verſchwindet er im dichten feuchten Graſe, und es iſt dann ſehr ſchwer, ihn Auf dem Boden, namentlich im Graſe iſt er vollſtändig zu Hauſe, läuft und flattert hier mit überraſchender Schnelligkeit dahin, iſt aber ein ziemlich ſchlechter Flieger. Seiner verſteckten Lebensweiſe halber hält man den Vogel für ſeltener als er iſt. So fand Ridg— way ihn zahlreich bei Waſhington, D. C., in einer Gegend, die ſchon nach allen Seiten hin ornithologiſch erforſcht worden war. Als ich mich in Texas aufhielt, fand ich ihn jeden Winter zahlreich im Gras der Mais- und Baum— wollenfelder in Lee County. Er war gewöhnlich in Geſellſchaft des Grashüpfer- und Lecontes-Finken und der Riedſchlüpfer. Das Neſt ſteht auf der Erde und iſt aus Gras gebaut. Die Eier ähneln denen des Gelbflügels. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza Henslowi Aud. (1831). — Coturniculus Henslowi Bonap. (1838). — Fringilla Henslowi Nutt. (1840). — Ammodramus Henslowi Gray (1849). Beſchreibung: Oberſeite gelblichbraun, zum Teil grün lichgelb verwaſchen; Schwingen, Bürzel und Schwanz— federn hervortretend dunkel kaſtanienbraun; ein an jeder Seite der Kopfkrone hinlaufender Streif aus ſchwarzen Flecken. Unterſeite hell bräunlichgelb; Flügelbug gelb; Bruſt und Seiten ſchwärzlich gefleckt. Länge 5.25 Zoll; Flügel 2.15, Schwanz 2.15 Zoll. W — = — e XXII. - JUNCO HYEMALIS Sclat. —_ WINTERFINK - Junco. . SPIZELLA SOCIALIS Bonap. — HAARFINK _ Chipping Sparrow. . SPIZELLA PUSILLA. Bonap. — WALDFINK Field Sparrow. AMPHISPIZA BILINEATA Coues. — SCHWARZKEHLIGER AMMERFINK _ Black-throated Sparrow. : POOCKTES GRAMINEUS Baird, — ABENDFINK Vesper Sparrow. AMMODRAMUS SAVANNARUM PASSERINUS Ridsw._ GRASHÜPFERFINK Grasshopper Sparrow. - AMMODRAMUS SANDWICHENSIS SAVANNA Ridew. _ SAVANNENFINK — Savanna Sparrow. Der Uferfink. ä — —— —ĩ 2 Tecontes-Fink. S Leconte's Sparrow; Leconte's Grashopper Sparrow. Ammodramus Lecontei GRAY. Lecontes-Fink lernte ich zuerſt in Texas kennen. Am 25. Oktober 1881 abends, gerade als ein heftiger „Norder“ zu wehen begann, flogen mehrere, durch das Licht angezogen, zum offenen Fenſter herein in die Stube. Bei näherer Unter— ſuchung ergab es ſich, daß dieſe kleinen gelblichgrauen Vögel Lecontes-Finken waren. Ich that ſie in den Käfig, wo ſie ſich jedoch äußerſt wild und ſcheu gebär— deten. Auch ſpäterhin wurden ſie nicht recht zahm. Sie ſetzten ſich ſehr ſelten auf die Sitzſtangen, blieben vielmehr immer auf dem Boden des Käfigs ſitzen. Den ganzen Winter hindurch beobachtete ich ſie im Gras und Unkraut der Felder. Sie liefen mit außer— ordentlicher Gewandtheit umher, ließen ſich aber nur ſelten einmal zum Auffliegen bewegen. Geſchah es, ſo flogen ſie wie eine ſchwer beladene Biene oder Hummel eine kurze Strecke dahin. Sie nähren ſich im Winter von allerlei Geſäme, ohne Zweifel auch von Inſekten. Er iſt in allen Golfſtaaten von Florida bis Texas ein zahlreicher Wintergaſt. Im Norden, in Manitoba, Dakota und Min— 345 neſota, iſt er Brutvogel. Zum Aufenthalt bevorzugt er feuchte grasreiche Prärien, wo er ein ziemlich ver ſtecktes Leben führt. In Manitoba bevorzugt er zum Aufenthalt feuchte, mit Riedgräſern und Weiden beſtandene Wieſen. Man nennt ihn dort „Willow tweete“. Da auch er ſich nicht durch auffallende Färbung und lauten Geſang auszeichnet, ſo hält man ihn für ſeltener als er iſt. Das Liedchen erinnert mehr an eine Heuſchrecke, als an einen Vogel, doch bringt er hin und wieder auch einen melodiſchen Ton hervor. Wenn er ſingt, ſitzt er auf der Spitze einer Staude. Das in feuchten, marſchigen Wieſen ange— legte Neſt ſteht auf dem Boden und iſt aus feinen Gräſern hergeſtellt. Die vier bis fünf der Grund— farbe nach weißlichen Eier ſind nicht beſonders dicht dunkelbraun gefleckt. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza Lecontei Aud. (1843). — Coturnieulus Lecontei Bonap. (1850). — Ammodramus Lecontei Gray (1549). Beſchreibung: Oberſeite hell gelblichbraun, ſchwärzlich— braun geſtrichelt; der Rand der Federn matt gelblich— weiß; Schwanzfedern dunkel, gelblich geſäumt. Unter— ſeite, Backen und ein breites Band über dem Auge ſchön rahmgelb; die Seiten bräunlich gefleckt; Kehle, Hals und Oberbruſt einfach rahmgelb, ohne Flecken. Länge 4.40 Zoll; Flügel 2.13 Zoll. Der Wferfink. Sharp-tailed Sparrow. Ammodramus caudacutus SWAINS. 7 er Uferfink iſt ein Bewohner der atlantiſchen Meeresküſte, von Prinz Edwards Island und Nova Scotia bis nach Nord-Carolina. Sein Wohngebiet ſind die grasreichen Salzmarſchen, welche vom Meere regelmäßig überflutet und durch die Ebbe wieder trocken gelegt werden. Meiſt haben dieſe Marſchen einen ziemlich feſten Untergrund, oft aber beſtehen ſie aus ganz weichem Schlamm, der nur durch das Wurzelwerk des darauf wachſenden Graſes zuſammengehalten wird. Beſucht der Beobachter und Forſcher dieſe feſt ſcheinenden Örtlichkeiten, fo wird er ſofort gewahr, daß der Boden unter ſeinen Füßen hin- und herſchwankt; oft giebt auch die obere Schicht nach, und er muß ein unfreiwilliges Schlamm— bad nehmen. Das dichte Marſchgras wird nie abge— mäht. Rinder und andere größere Vierfüßler beſuchen ſolche Ortlichkeiten nie, weshalb ſie einſam und tot erſcheinen. Das iſt aber gerade recht für unſeren Vogel, denn hier kann er ungeſtört leben und niſten. Die dichten Grasmatten ſind wunderbar zur Anlage des Neſtes geeignet. Oft findet man auf dem Flächen raum eines Ackers acht Neſter. Herr J. N. Clarke in Old Saybrook, Conn., ſammelte in den Salzmarſchen an der Mündung des Connecticut Neſter und Eier für mich. Die Neſter ſtehen dort auf dem Boden im dichten Graſe, doch ſo, daß ſie die Flut nicht erreichen kann. Sie ſind aus feinem Graſe gebaut und äußerſt verſteckt angelegt. „Beide, der Uferfink und auch der Meerfink (Ammo- dramus maritimus)”, ſchreibt Herr Clarke, „ſind hier gewöhnliche Sommervögel, welche in allen Salz— marſchen brüten. Bei dieſer Gelegenheit möchte ich auf eine falſche Angabe Samuels*) aufmerkſam *, Birds of New England. 44 346 Der Meerfink. machen. Genannter Autor ſagt, daß die Eier beider Arten nicht zu unterſcheiden ſeien. Ich muß jedoch jagen, daß keine Finken-Eier ſich jo leicht voneinander unterſcheiden als dieſe, da die Eier des Uferfinken faſt fo grau find, wie die der Hornlerche, während die des Meerfinken mehr den Kuhvogel-Eiern gleichen.“ Die Brutzeit fällt in die letzte Hälfte des Juni und dauert bis Mitte Juli. Während der Paarungszeit verſucht ſich das Männchen oft im Geſange, aber hier, in ſeiner am Meeresſtrande liegenden Sumpfheimat, wo das ſtete Brauſen und Rauſchen des Meeres faſt jeden anderen Laut übertönt, darf man kein hervor— ragendes Lied erwarten. Sprudelnd, etwas heiſer, nicht beſonders laut, ertönt das Gezwitſcher aus der Spitze der Marſchgräſer. „Zu dieſer Jahreszeit“, ſchreibt Maynard, „verbringen ſie den größten Teil im niedrigen Graſe, und nur gelegentlich er— ſcheinen ſie auf einem von der Frühlingsflut ange— ſchwemmten Haufen Holzes. Später findet man ſie in den hohen Seggen der Bachufer. Hier kann man ſie im September in großen Flügen ſehen, wo ſie ſich auch ganz anders zeigen, als während der Brutzeit. Zu allen Zeiten kann man ſie aber auf dem Schlamm umherlaufen ſehen, um nach kleinen Schaltieren und — ——— è— —— Waſſerinſekten zu ſuchen, welche vom zurücktretenden Waſſer bloßgelegt wurden; wenn jedoch die Flut immer höher ſteigt, ſetzen ſie ſich in die Spitzen der Gräſer und erfreuen ſich an dem herrlichen Sonnen— ſcheine jener lieblichen Herbſttage, welche der Seeküſte Neu-Englands einen ſo großen Reiz verleihen.“ Eine Abart, A. caudacutus Nelsoni ALLEN (Nel- son’s Sparrow), findet ſich in den Marſchgegenden des Miſſiſſippi-Thales. Ich fand ihn vor Jahren zahlreich an den Ufern des Calumet-Sees im nörd— lichen Illinois. Er brütete in Geſellſchaft der Sumpf— zaunkönige und Gelbkopftrupiale. Namen: Uferfink, Marſchfink, Seggen- und Riedfink. Sharp-tailed Sparrow, Sharp-tailed Bunting. Wiſſenſchaftliche Namen: Oriolus caudacutus Gmel. (1788). — Fringilla caulacuta Wils. (1811). — Pas- serina caudacuta Vieill. — Ammodramus ecaudacutus Swains. (1837). — Fringilla littoralis Nutt. (1832). Beschreibung: Oberſeite bräunlich-olivenfarben. Kopf bräunlich, an den Seiten ſchwärzlich geſtrichelt; Scheitel— ſtreif aſchgrau; Rücken dunkel gefleckt; ein Streif über dem Auge, ein ſolcher hinter der aſchgrauen Ohrengegend, und ein Band auf der Oberbruſt rahmgelb. Unterſeite weiß, auf der Bruſt und an den Seiten Schwarz geſtrichelt. Länge 5 Zoll; Flügel 2.30 Zoll. Der Meerfink. Seaside Finch. Ammodramus maritimus SWAINSON. II. Meerfink verbreitet ſich über die Salz— E marſchen der Küſtengegenden des Atlantiſchen Ozeans und des mexikaniſchen Golfs, von Maſſachu— ſetts bis Texas. Da der Vogel wie der vorige gerne in Kolonien brütet, ſo trifft man ihn nicht allerwärts gleich häufig. Von Herrn J. N. Clarke erhielt ich Neſter und Eier aus der Gegend von Saybrook, Conn., nahe der Mündung des Connectieut. der Küſte Sid-Carolinas und Georgias fand May— nard dieſe Art ſehr zahlreich. „Die Vögel“, jo ſchreibt er, „finden hier ihre Heimat in dem hohen Graſe. Da dieſes ſehr dicht wächſt, jo find fie voll— ſtändig in demſelben zu Hauſe und haben wenige oder leine Feinde. Ihre Zahl iſt ſo groß, daß die Salz— marſchen von ihnen ſchwärmen. Jeder Quadratacker herbergt Tauſende, und jede Quadratmeile Hundert— tauſende der kleinen grauen Vögel. Zuerſt bemerkte An tritt. Zur Zeit der Ebbe laufen ſie auf dem Schlamm ich nicht, daß die Meerfinken ſo häufig waren, da wir zur Zeit der Ebbe ankamen; ſobald aber die Flut eintrat und alles, bis auf einige höher gelegene inſel— artige Flächen, unter Waſſer ſetzte, ſah ich wie zahlreich ſie waren. Gewöhnlich leben ſie verſteckt, aber vor Eintritt der Flut ſuchen ſie die höher gelegenen Gras— flächen auf, kommen in die Spitzen der Seggen, wo ſie ſo lange verweilen, bis das Waſſer wieder zurück— umher, um Schaltiere und Waſſerinſekten aufzuſuchen. „Während der kalten Jahreszeit ſind ſie ſtill und laſſen nur hin und wieder ihren Warnungsruf erklin— gen. Als ich im Januar in Florida ankam, hörte ich ſie zum erſtenmal ſingen. Das Liedchen war mir wohlbekannt, da ich es häufig auf Cedar Keys gehört hatte, wo der Vogel häufig iſt und zeitig im Februar brütet. Dort hörte ich ihren Geſang abends und morgens und auch während des Tages, wenn das Wetter ſtürmiſch war. Das Lied beſteht aus vier Tönen, von denen die erſten beiden abgebrochen und ſcharf ausgeſtoßen werden, während die letzten mehr ineinander übergehen. Die erſten ſind tief und ſchnell, die letzten mehr lauggezogen und melodiſch. Im ganzen ähneln ſie den Lauten des Rotflügels ſo, daß ich zuerſt glaubte, ſie rührten von ihm her. Während des Singens zeigen ſich die Vögel ſehr auf— geregt, ſträuben die Federn, breiten den Schwanz aus, laſſen die Flügel herabhängen, werfen den Kopf zurück und gebärden ſich überhaupt jo, als koſte es ihnen unendliche Mühe, die Töne zum beſten zu geben. Der etwas rauhe Geſang ſcheint dem Weibchen ſehr zu gefallen, denn es iſt immer in der Nähe. „Außer dieſen Tönen läßt der graue Meerfink noch einen anderen zwitſchernden Geſaug hören, den er einige Fuß über dem Graſe flatternd hervorbringt. In Carolina niſten ſie nicht vor anfangs Juni, alſo nur wenig früher als in Connecticut. Das Neſt ſteht entweder auf dem Boden oder es iſt in niedrigen Büſchen und im Graſe befeſtigt. Sie erſcheinen im Norden Eude April und ziehen ſüdlich, ehe der Boden friert. Schon in Nord-Carolina find fie Stand— vögel.“ Jones fand in Connecticut manchmal recht kunſtvolle Neſter dieſer Art im hohen Salzgraſe. In Der Abend- oder Grasfink. 347 ſolchen Fällen war es ſtets kugelförmig, mit ſeitlichem Eingange, ähnlich dem Neſte des Sumpfzaunkonigs. Ebenſo fand er Neſter auf einer ſehr dicken Unterlage alten Graſes, und andere auf dem Boden. Letztere waren ſehr groß, die höher gebauten kleiner und zierlicher. | Die vier bis fünf Eier find weißlich, ſcharf umberbraun gefleckt. Namen: Meerfinf. Seuside Sparrow, Seaside Bunting. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla maritima Wils. (1811). — Ammodramus maritimus Swains. (1827). — Fringilla MeGillivrayi Aud. (1834). — Ammodramus MeGillivrayi Bp. (838). Beſchreibung: Ooerſeite aſchbraun, auf dem Rücken dunkler geſtrichelt; auf dem Scheitel einen matten aſchgrauen Streif; Unterſeite weiß, undeutlich dunkel geſtrichelt, namentlich auf der Bruſt; Flügelbug ſchwefel— gelb. — Länge 6.00 Zoll; Flügel 2.50 Zoll. Der bunte Meerfink, A. nigrescens Ridgw. (Black-and-white Seaside Finch), findet fich in den Salzmarſchen des öſtlichen Florida, namentlich am Indian River. Es iſt dies die ſchönſte und auf— fallendſte Art der ganzen Sippe. Er unterſcheidet ſich in der Lebensweiſe in keiner Hinficht von den beſchriebenen beiden verwandten Uferfinken. Der Abens- oder Grasfink. Vesper Sparrow. Tafel XXIII. aſt du, lieber Leſer, je den Geſang des Feld— finken vernommen? Wenn du in einer ländlichen Gegend mit breiten, hochgelegenen Vieh— weiden wohnſt, kannſt du ihn kaum überhört haben. Wilſon nannte ihn Grasfink und war offenbar unbekannt mit der Fülle ſeines Geſauges. Die zwei äußeren weißen Schwanzfedern und die Eigentümlich— keit, eine Strecke vor dir herzulaufen, um ſich zu verſtecken, wenn du durch die Felder gehſt, genügt, um ihn kennen zu lernen. Nicht in Wieſen und Obſtgärten, ſondern in hohen, ſanft wellenförmigen Weideländereien mußt du dich nach ihm umſehen. Poocztes gramineus BAIRD. Woge s Sein Geſang fällt am meiſten nach Sonnenuntergang auf, wenn andere Vögel ſchweigen. Darum hat man ihn paſſend auch Abendfink genannt. Der Far— mer, in der Dämmerung ſeinem Geſpann nach Hauſe folgend, vernimmt die lieblichſten Strophen des Liedes. Es iſt nicht ſo fröhlich und mannigfaltig wie das des Singſperlings, fondern ſanfter, milder, lieblicher und klagender. Denke dir die ſchönſten Teile des Geſan— ges des letzteren zu der lieblich vibrierenden Weiſe des Waldfinken, und du haſt das Abendlied des Vesper— finken, des Dichters und Sängers der ebenen unge— ſchmückteu Weiden. Gehe in jene weiten, ebenen 348 hochgelegenen Felder, wo die Rinder und Schafe graſen, und ſetze dich im Zwielicht des ſcheidenden Tages auf einen jener warmen, reinen Steine und lauſche dem Geſauge. Von allen Seiten, von nah und fern, aus dem kurzen Graſe, von welchem die Herden weiden, erklingt das Lied. Zwei oder drei lange, klare Töne des Friedens und der Ruhe, welche mit einigen gedämpften Trillern und tremulierenden Lauten enden, bilden den Geſang. Oft vernimmſt du nur einen oder zwei Töne — die leiſeren hat die janfte Briſe hinweggetragen. Welch ungekünſtelte, ungeſuchte Melodie! Sie gehört zu den eigenartig— ſten Tönen der Natur. Das Gras, die Steine und Stoppeln, die Furche, die ſtillen Herden und das warme Zwielicht in den Bergen, alles wird deutlich in dieſem Geſange ausgedrückt.“ So ſchreibt Burroughs in ſeinem feſſelnden Werkchen „Wake-Robin“ Er iſt ein begeiſterter Naturfreund, und alle ſeine Schilderungen tragen, trotz ihres hohen poetiſchen Anhauchs, den Stempel vollkommenſter Naturwahrheit an ſich. Auch ich habe den Vogel in den hochgelegenen Feldern, Grasflächen und Weideländereien Wisconſins von Jugend auf beobachtet und kann dem genannten Schriftſteller von ganzem Herzen beiſtimmen. Die Heimat unſeres Gras- oder Abend— finken erſtreckt ſich vom Atlantic bis zum Pacific. Die eigentliche Art iſt im Oſten häufig; im fernen Weſten wird er durch eine Varietät, den weſtlichen Grasfinken (P. gramineus confinis), vertreten. Nach Norden hin kommt er wenigſtens bis zum Gebiete des Saskatchewan vor. Er iſt nur in den nördlichſten Teilen unſeres Landes, ſüdlich bis Mary— land, dem ſüdlichen Illinois und anderen unter gleicher Breite liegenden Ortlichkeiten Brutvogel, während er in den Südſtaaten zu den häufigſten Wintergäſten zählt. In Wisconſin iſt er während der Brutzeit einer der zahlreichſten Vögel und übertrifft in dieſer Hinſicht noch den Sänger- und Geſellſchaftsfinken, und dasſelbe ſcheint in allen Nord- und Oſtſtaaten der Fall zu ſein. Allerwärts, wo ſich die Bedin— gungen zu ſeinem Lebensunterhalt günſtig geſtalten, und wo ſich ihm beſonders zuſagende Ortlichfeiten finden, trifft man ihn zahlreich. Im nördlichen Teile unſeres Landes läßt der Frühling oft lange auf ſich warten. Der März iſt noch immer ſehr rauh und iſt entſchieden den Wintermonaten zuzuzählen; ſelbſt im April ſcheinen Eis und Schnee noch die Herrſchaft zu führen, und oft noch Ende des genannten Monats tritt rauhes Der Abend- oder Grasfink. Schneegejtöber ein. Oft kommt es vor, daß die in den wechſelvollen Tagen des letzten Teiles des März erſchienenen Vögel, die Wanderdroſſeln, Blauvögel und Wieſenſtare, wieder umkehren müſſen, da ſie durch den friſchgefallenen Schnee ihrer Nahrung beraubt ſind. Auch der Grasfink gehört zu den erſten An— fommlingen aus dem Süden, der oft ſchon anfangs bis Mitte April erſcheint und welcher bei warmem Wetter und wirklicher Frühlingsluft mit den flötenden Tönen des „Robin“ (Wanderdroſſel), mit dem trau— lichen Gewirbel des Hüttenſängers und dem fröhlichen Geſange des Singſperlings wetteifert und ſo freudiges Leben in die noch öde, tote Winterlandſchaft bringt. Tritt auch plötzlich ſtarker Temperaturwechſel ein, der ſo manchem zum größten Teil von Inſekten lebenden Vogel zum Verderben gereicht, unſerem Grasfinken bietet ſich trotz Kälte, Eis und Schnee in den Büſchen und anderen Plätzen genügende Körnernahrung, und werden auch die Unkrautſtengel mit Schnee bedeckt oder mit einer Eiskruſte überzogen, ſo müſſen die Landſtraßen das zum Unterhalt Nötige liefern. Der um dieſe Zeit nicht beſonders oft erklingende Geſang des Grasfinken iſt namentlich jetzt als Frühlingsgruß eines der erſten Lenzesboten überaus ſchön und voll— tönend und ſteht dem des Siugjperlings, der von einem noch blattloſen Jasminſtrauche ſiungt, nicht viel nach. Beſonders in dieſer noch etwas an Sängern armen Zeit, da die Pflanzen noch unter einer dicken Schneedecke ſchlummern und nur verſtohlen ein ein— james Frühlingsblümchen feine Blütenkuoſpen aus dem ſchützenden alten Laube erhebt, iſt der Geſaug der erſten Lenzesboten doppelt angenehm. Da er ſich um dieſe Zeit ſelten in der Nähe menſchlicher Wohnungen aufhält, ſo iſt das Liedchen wenig auf— fallend. Erſt im Mai und Juni ertönt er laut und voll von allen Seiten, nun erſt ſeinem Wohn— gebiete ein bejonderes Gepräge aufdrückend. Den Monat April hindurch treiben ſich die Grasfinken noch geſellſchaftlich im alten Gras der Felder, auf Viehweiden und Landſtraßen umher. Ende des Monats jedoch wird ein paſſender Niſtplatz gewählt. Eine kleine Vertiefung iſt alles, was er zur Anlage des Neſtes beanſprucht. Er iſt einer unſerer erſten Brutvögel, denn ſchon aufangs Mai findet man vollzählige Gelege. In Wisconſin ſteht es immer in hochgelegenen Feldern, Viehweiden, in mit Timothy und Klee beſtandenen Grasflächen. Sehr zahlreich tritt er hier allerwärts auf, beſonders in der Nähe der Zickzackzäune. Auf dieſe ſetzt er ſich ſehr gerne, ſingt von ihnen herab ſeine Lieder und läßt ſich dann Der Abend- oder Grasfink. wieder ins Gras herab oder läuft vor dem Wanderer ſchnell daher, hält einen Augenblick aufmerkſam hor— chend inne, läuft wieder, etwas ſeitwärts ſich haltend, voran und verſchwindet endlich im dichten Gras oder ſetzt ſich auf einen Zaun. die Hornlerche dürfte ihm an Zahl gleichkommen. In feuchten Ortlichkeiten und Tiefländereien kommt er nicht vor. Auch in den flachen Präriegegenden des nördlichen Illinois trifft man ihn nicht, dagegen iſt er in den Wellenprärien zahlreich. Das Neſt baut er immer auf die Erde ins Gras, aber nie fand ich es an Grasbüſcheln und in Stauden, ſondern ſtets frei, oft ſogar in ſehr dünnſtehendem Graſe. „Das Weibchen baut ein einfaches Neſt im offenen Felde, ohne es auch nur durch einen Buſch, eine Diſtel oder einen Grasbüſchel zu bezeichnen und zu ſchützen. Vieh kann es in den Boden ſtampfen. Aber ich glaube, der Vogel hält die ihm von dieſer Seite dro— hende Gefahr für geringer, als eine andere. Stink— tiere und Füchſe haben eine merkwürdige Eigenſchaft, die das Vögelchen gar wohl kennt, und eine Erhö— hung oder Hecke oder dichter Graswuchs und Diſteln, welche Schutz und Deckung für Maus und Vogel gewähren könnten, werden von dieſen Räubern am meiſten durchſucht.“ (Burroughs.) Der Bau iſt ſchwer zu finden. Wenn man durch die Timothy— felder und Viehweiden geht, ſo wird man nicht ſelten beobachten, wie ein kleiner grauer Vogel mit mäuſe— artiger Geſchwindigkeit gerade vor den Füßen hinweg— huſcht. Er ſtellt ſich flügellahm, und man glaubt im erſten Augenblick, auf das arme Vögelchen getreten zu haben. Dies iſt jedoch nur Verſtellung, um die Aufmerkſamkeit vom Neſte ab- und auf ſich zu lenken und jo den ungebetenen Gaſt hinwegzulocken; dem wenn man genau zuſieht, wird man gerade an der Stelle, von welcher er hinweghuſchte, Neſt und Eier finden. Beides gleicht der Umgebung und dem Boden ſo, daß man ſchon genau zuſehen muß, um es ſogleich zu entdecken. Der Bau beſteht aus feinen Gras— und Heuhalmen und iſt innen mit feinen Hälmchen ausgelegt. Er erſcheint zierlich und dauerhaft, wenn man ihn aber aus der Erdvertiefung herausnimmt, ſieht man, daß alles nur loſe aneinandergefügt iſt. Er unterſcheidet ſich durch nichts von dem des Savan— nenfinken. Die vier bis fünf Eier find der Grund— farbe nach grauweiß und ſind ziemlich gleichmäßig dicht mit mehr oder weniger ſchokoladenbraunen Flek— ken gezeichnet. — Der Grasfink iſt ein zutraulicher, Du kannſt leicht darauf treten oder das I | 349 liebeuswürdiger Vogel, ſucht den Menſchen jedoch nicht auf, meidet aber auch deſſen Nähe nicht. Wenn die Ortlichkeit darnach iſt, findet man das Neſt oft dicht an Obſtgärten. Er iſt im Norden einer der gewöhnlichſten Vögel der Landſtraßen, und nur Während das Weibchen brütet, ſingt das Männ— chen ſeine ſchönſten Weiſen. Wenn man an einem ſchönen lauen Juni- oder Juliabend einen Spazier— gang durch die Viehweiden und Grasfelder macht, kaun man von allen Seiten die lieblichen Weiſen vernehmen. Ein ſolches Konzert iſt beim Erglühen der Abendröte, wenn ſich kein anderer Sänger mehr hören läßt, wenn alles ringsumher ſchweigt, in Wahrheit unbeſchreiblich ſchön. Gewöhnlich ſitzen ſie dabei auf Pfoſten und Zäunen, ſehr oft erklingt der Geſang aber auch aus dem Graſe. Au lauen Juni- und Juliabenden, namentlich während der Dämmerung, ſingt er am eifrigſten, und da ſich gewöhnlich eine ganze Anzahl brütende Pärchen in der Nähe finden, ſo hört man oft gleichzeitig den Geſang aus einem Dutzend Kehlen. Doch ſchweigt er auch morgens nicht. Dann fällt jedoch das Lied nicht ſo ins Ohr; die Stimmen vieler anderer Sänger übertönen jetzt ſeine Melodie. Der Geſang iſt nicht ſo laut und volltönend als der ſeines Verwandten, des Sängerfinken, wird auch nicht ſo ſprudelnd und fröhlich vorgetragen, zeichnet ſich aber durch beſondere Lieblichkeit, aumutende Zartheit und Feierlichkeit aus, beſonders in der Abenddämmerung, am Schluſſe des ſcheidenden Tages, zu welcher Zeit er von allen Seiten erklingt, macht er einen überaus lieblichen Eindruck auf den Hörer. Noch lange nachdem die Nacht herein— gebrochen iſt, vernimmt man noch einzelue flüſternde Töne, und noch länger klingen dieſe in der Seele des Naturfreundes nach. Nach meinem Dafürhalten übertrifft der Singſperling, was Fülle und Wohlklang des Geſanges angeht, den Grasfinken. Daß das Lied des letzteren einen tieferen, ich möchte ſagen freudig— ſehnſuchtsvollen Eindruck macht, liegt hauptſächlich an der Zeit des Singens. Er kommt in der Abend— dämmerung, da eine eigentümliche Stille, eine tiefe Ruhe über der Natur lagert, erſt recht zur Geltung. Der Flug iſt wellenförmig, niedrig und nur über kurze Strecken hin ausgedehnt. Da ſein eigentliches Wohngebiet der Boden der Grasländereien iſt, ſo iſt er auf demſelben vollſtändig zu Hauſe. Schnell und geſchickt läuft er auf demſelben umher, von ihm ſucht er ſeine Nahrung auf, auf ihm brütet und ſchläft er. Nie verbringt er die Nacht auf einem Baume oder Buſche, ſondern ſtets am Boden. Er iſt nicht ſo geſellig als die meiſten andern Ammerfinken, und man findet ſelten größere Geſellſchaften beiſammen. — Seine Nahrung beſteht im Frühling und Sommer hauptſächlich aus Inſekten, im Herbſt und Winter aus allerlei kleinen Gras- und Unkrautſämereien. Etwa Mitte bis Ende Oktober ziehen die meiſten aus dem Norden fort. Mit der übrigen Finkenſchar erſcheinen fie im November im ſüdöſtlichen Texas. Ende des genannten Monats und anfangs Dezember kommen die meiſten an. Sie ſuchen nicht, wie die Mehrzahl der Ammerfinken, die Dickichte und gebüſch— reichen Waldränder auf, ſondern leben mit Gold— flügel-, Savannen-, Lecontes- und Henslows-Finken zuſammen im dichten Gras der Baumwollen-, Mais— und Zuckerrohrfelder. Die vielen Unkrautſämereien, welche ſich hier finden, liefern ihnen den ganzen Winter hindurch reichliche Nahrung. Sie ſind in der Winterherberge ſehr ſcheu und huſchen bei jeder vermeintlichen Gefahr ins dichteſte Gras. Im ſüd— lichen Illinois, wo er nicht beſonders zahlreich vor— kommt, iſt er nach Ridgway Standvogel. Der Grasfink iſt einer derjenigen Vögel, welche der Laie mit mehreren anderen ähnlichen Arten verwechſelt, die alle unter dem Namen Erd- oder Grundfinken (Ground Sparrows) beim Volke be; kannt ſind. Schon durch ſeinen Geſang iſt er leicht kenntlich. Noch mehr fällt er durch ſein ſchnelles Voranlaufen vor dem Beobachter auf. Schon von weitem macht er ſich aber durch das hauptſächlichſte Der Lerchenfink. Erkennungszeichen, die zwei weißen äußeren Schwanz— federn, kenntlich. Ein weiteres Merkmal ſind die großen kaſtanienbraunen Flügelflecken (daher der in naturgeſchichtlichen Werken oft gebräuchliche Name Bay-winged Bunting). Für den Käfig eignet auch er ſich, wie alle Ammerfinken, vortrefflich, gewöhnt ſich ſchnell ein und ſingt, einzeln gehalten, auch ganz ausgezeichnet. Die weſtliche Varietät, P. gramineus confinis BAIRD, iſt in der Lebensweiſe gar nicht und in der Färbung kaum von ihm verſchieden. Ridgway berichtet, daß ſie in den weſtlichen hochgelegenen Landesteilen, namentlich in den grasreichen Abhängen der Felſengebirge, zahlreich ſei. Am Puget-Sund in Waſhington und wahrſcheinlich auch im nördlichen Californien brütet ſie ebenfalls. Namen: Abendfink, Vesperfink, Gras- und Feldfink. Vesper Sparrow, Grass Finch, Grass Sparrow, Bay-winged Bunting, Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla graminea Gmel. (1788). — Emberiza graminea Wils. (1811). — Zonotrichia gramine Bp. (1838). — Pooc:eles grami- neus Baird (1858). Beſchreibung: Ooerſeite hell gelblichbraun, allerwärts ſcharf dunkelbraun geſtrichelt. Unterſeite gelblichweiß, an den Seiten des Halſes und Körpers dunkelbraun geſtrichelt. Ein Fleck auf den Flügeln (die kleinen Flügeldecken) kaſtanienbraun. Die äu— ßeren Schwanzfedern weiß; zwei matte weiße Flügelbinden. Länge 6 25 Zoll; Flügel 3.10, Schwanz 2.50 Zoll. Der Tercheufinl. Lark Sparrow. Tafel XXIV. o reizlos und langweilig der ſüdtexaniſche Pfoſteneichenwald im Sommer auch erſcheinen mag: im Frühling, wenn die Blumen blühen und die Vögel ſingen, iſt er überaus ſchön und anziehend. Dies gilt beſonders von ſolchen Gegenden, wo der Wald mit Lebenseichen- und Mesquitprärien abwech- ſelt, wo ſich zerſtreute Farmgehöfte und Obſtgärten, Mais- und Baumwollenfelder finden. Zeitig im April zeigen ſich am Rande der Wälder die leuchtendroten Blütentrauben des ſtaudenartigen Korallenſtrauches ), und auf baumloſen Strecken fallen die großen gelben 1) Erythrina herbacea. Chondestes grammacus BONAP ARTE. Vogel 1. Blumen des Feigenkaktus!) ſchon von weitem in die Augen. Noch früher oder gleichzeitig blühen reizende Anemonen, wohlriechende kleine blaue Iridaceen?), verſchiedene Ritterſporne und tiefblaue Lupinen. Auf warmem Sandboden wuchern rote Flammenblumen'), verſchiedene Cereopſis (Schöngeſicht), nach Heliotrop duftende knollenwurzelige, niedrige Commelynen ), mit leuchtendroten Blütentrauben geſchmückte Gilien!) und viele andere jetzt in Gärten häufig gezogene Blumen. Auch im Sommer finden wir nach einem warmen Regen allerwärts im Walde zerſtreut die 1) Opuntia Engelmanni. 2) Nemastylis clestis. 3) Phlox Drummondii. 4 Commelyna, 5) Gilia coronopifolis weißen fternartigen Blumen dreier Amaryllideen ') und köſtlich duftende Pankrazlilien ?), welche wie durch Zauber aus der Erde emporgeſchoſſen zu ſein ſcheinen. Nach Eintritt der oft lange anhaltenden Trockenheit gewahren wir nur noch ſelten einige Blumen. Wohl treffen wir an feuchten Ufern der jetzt faſt ausgetrock— neten Bäche blendendrote Lobelien?), mattblaues Age— ratum“) und die prächtigen glockenförmigen, meiſt violettblauen Blüten verſchiedener Bartfadenarten!), auch hin und wieder eine gleichzeitig mit ſchönen roten Blumen und ebenſolchen Beeren geſchmückte ZTutenmalve‘), aber im höher gelegenen Wald und in der mit tiefen Erdriſſen verſehenen Prärie ſcheint die ganze Vegetation wie abgeſtorben. Wie ſchon bemerkt, iſt dies im Frühling ganz anders, doch es würde zu weit führen, wollte ich noch auf die verſchiedenen Bäume, auf die vielerlei Sträucher und Schlingpflanzen und auf die Hunderte verſchiedener kleiner Blumen, welche von März bis Juni Prärie und Wald ſchmücken, aufmerkſam machen. Die genannten ſind nur eine kleine Auswahl der am meiſten charakteriſtiſchen der Frühlings- und Som— merflora des ſüdtexaniſchen Pfoſteneichenwaldes. Im April hallt es in dieſen Ortlichkeiten wieder von einem tauſendſtimmigen Vogelkonzert, denn nicht nur die heimiſchen Arten, ſondern auch die nordwärts ziehenden Wanderer, in ihren oft prachtvollen, glän— zenden Hochzeitskleidern, laſſen aus Bäumen und Strauchwerk und ſelbſt aus der Luft herab jubelnde Töne erklingen. Lenken wir unſere Schritte dem nächſten Farmgehöfte zu! Das ärmliche, ungemüt— lich eingerichtete Block- oder Bretterhaus, und die noch elenderen Nebengebäude ſagen uns, daß hier ein echter Texaner wohnt. Außer einigen Pfirſich- und Feigenbäumen bemerken wir nur ein paar ſchatten— ſpendende Maulbeer- und Chinabäume. Wenn man in den Wäldern die herrlichen Bäume, Sträucher, Schlingpflanzen und Blumen geſehen hat, wenn man bedenkt, daß eine große Anzahl der ſchönſten halb— tropiſchen Zierſträucher, wie Gardenien, Myrten, Granatſträucher, Pittoſporum, die herrlichſten Thee— roſen, Ritterſterne, Hakenlilien u. ſ. f. hier im Freien üppig gedeihen, dann muß man ſich wirklich wundern, wie wenig Schönheitsſinn der gewöhnliche texaniſche Anſiedler beſitzt. — So wenig Bäume und Sträucher ſich in der Umgebung des Hauſes auch 1) Cooperia pedunculata, C. Drummondii und Habranthus Andersonii. 2) Hymenocallis galvestonensis. 3) Lobelia fulgens (mexicana). 4) Ageratum mexicanum. 5) Penstemon. 6) Malva- viscus Drummondii. ES Der Lerchenfink. 351 finden, die Spottdroſſel läßt ſich doch hören, der blaue Kernbeißer, der Kardinal, der Paradiesfink (Non— pareil), der Gartenoriol und der ſüdliche Hauszaun— könig jubeln und ſingen, während die ſchöne Martin— ſchwalbe zwitſchernd in der reinen lauen Luft ſich umhertummelt. Wenn Mesgquit- oder einige größere Bäume der Axt entgangen ſind, ſo können wir auch die Flugſpiele des texaniſchen Paradiesvogels und des Königstyrannen bewundern. Doch dies ſind alte Bekannte. Wir gewahren aber noch einen grauen Vogel, der uns auf den erſten Blick an den Sing— ſperling erinnert, der aber durch ſeine Aufgeregtheit und Lebhaftigkeit ſich ſofort als Unbekannter kenn— zeichnet. Laut und melodiſch, ſprudelnd und heiter erklingt ſein Geſang von der Spitze eines Zaunes oder Pfoſtens herab. Im nächſten Augenblick ſträubt er die Kopffedern und jagt dann ſpielend das Weib— chen in kurzen Rundflügen über den Boden dahin, dabei den Schwanz fächerartig ausbreitend. Die breit weiß geſäumten äußeren Schwanzfedern kenn— zeichnen ihn ſofort. Es iſt der Lerchen- oder Wachtelfink, ein Vogel, der in den ſüdtexaniſchen Gärten den Singſperling des Nordens, jenen lieb— lichen liederreichen Frühlingsboten, vertritt. Eigen— tümlich iſt es, daß dieſer hübſche geſangeskundige Vogel in Texas ſich ſo gerne in Gärten und Gehöften anſiedelt, wenn die Gelegenheit dazu günſtig iſt. Sein urſprüngliches Wohngebiet iſt die Prärie, aber nicht die baum- und buſchloſe Grasfläche, ſondern ſolche Örtlichkeiten, in denen ſich einzelne Büſche und Baumgruppen vorfinden, oder wo die Prärie an den Wald grenzt. Sein Lieblingsaufenthalt jedoch ſind die Baumwollen- und Maisfelder in der Nähe der Umzäunungen und am Saume der Gehölze. Im eigentlichen Walde ſiedelt er ſich nie an. In großer Anzahl beobachtete ich ihn in der Küſtengegend des ſüdöſtlichen Texas, namentlich bei Houſton und bei Roſe Hill, im nördlichen Teile von Harris County. In dieſer Gegend ſind die Bäume ſehr dicht mit grauem ſpaniſchen Moos behangen. Viele Vögel, beſonders Kardinäle, Gartenoriole, texaniſche Para— diesvögel, blaue Kernbeißer, Paradiesfinken und auch die Lerchenfinken bauen ſehr gerne in dieſe dichten Moosguirlanden, wo es jedoch ſelten glückt, ein Neſt zu finden. Die ſehr munteren Vögel konnte man an den Waldrändern in großer Anzahl beobachten, und der Geſang klang faſt fortwährend an das Ohr. Sie zeigten ſich hier jedoch ziemlich ſcheu und mieden die unmittelbare Nähe des Menſchen faſt gänzlich. Anders war dies, als ich im Mai 188 ! au die Der Lerchenfink. Weſt⸗Jegua in Lee County überſiedelte. Hier war die | Vogelwelt ſehr reich vertreten, und namentlich beob— achtete ich, daß der Lerchenfink nicht nur einer der zahl— reichſten, ſondern auch einer der zutraulichſten Vögel war. Wie ein halber Hausvogel trieb er ſich in den Gärten und Gehöften der Anſiedler umher. Später fand ich ihn im ſüdweſtlichen Miſſouri zahlreich, aber dort meidet er die Nähe des Menſchen faſt gänzlich. Der Lerchenfink verbreitet ſich über ein großes Gebiet der Ver. Staaten. Im Oſten kommt er nicht vor, ebenſowenig in den Nordſtaaten. Sein eigentliches Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich über das Miſſiſſippi— Thal ſüdlich bis Louiſiana und Texas. Im Winter trifft man ihn bis nach Centralamerika, im Sommer nördlich bis zum ſüdlichen Wisconſin und gelegentlich ſogar noch nördlicher. Ich fand im nördlichen Illinois im Jahre 1870 einmal das Neſt; er iſt dort jedoch ſehr ſelten. Bei St. Louis iſt er ſchon ein gewöhn— licher Vogel, und ebenſo im ſüdlichen Illinois, wo man ihn feiner eigentümlichen Kopfzeichnung halber Wachtelkopf (Quail-head) nennt; in anderen Ge— genden wird er Straßenvogel (Road-bird) ge— nannt, weil er ſich gerne auf Landſtraßen umhertreibt und in den Wegen dahinläuft. In Jowa, Kanſas und Nebraska iſt er ebenfalls häufig. Im Weſten, von Californien öſtlich bis zu den großen Ebenen, wird er | durch eine Abart, CVondestes grammacus strigatus, | vertreten. Dieſe Form, den weſtlichen Lerchen— finken, fand Coues zahlreich in Arizona, und Ridgway in Utah. bunten Kopfzeichnung halber Schlangenvogel (Snake- bird). Bei Salt Lake City bewohnt er in großer Anzahl die Artemifiaebenen (Sage Plains). Ebenſo fand ihn der letztgenannte Forſcher in den Eichengruppen u. ſ. f. und auch in Feldern und Wieſen bei Sacramento, Cal., ſehr häufig. Im ſüdlichen Texas erſcheinen die Lerchenfinken aus ihrer Winterherberge anfangs, manchmal auch erſt Mitte April, im ſüdweſtlichen Miſſouri in der dritten, ſeltener in der vierten Aprilwoche. Sie kom— men in kleinen Geſellſchaften an, die ſich gleich nach der Ankunft auflöſen. Viel Zank und Streit giebt es, wenn die einzelnen Pärchen ihre Niſtgebiete wählen und wenn ſie um die Weibchen kämpfen. die Vögel gepaart und die Niſtreviere gewählt ſind, tritt Ruhe und Frieden ein. Alle Ammerfinken ſind liebenswürdige, friedfertige und verträgliche Vögel, der Lerchenfink ſcheint jedoch eine Ausnahme zu machen, denn er iſt nach meinen Erfahrungen der ſtreit- und kampfluſtigſte von allen. Dort nennt man ihn ſeiner Sobald — ———— —ʒ—j6jv— —ñ̃ — — — cn Fröhliches Leben beginnt, wenn ſich alle Pärchen feſtgeſetzt haben. Spielend und ſingend verfolgt nun das Männchen ſein Weibchen am Rande der Gebüſche und an Waldſäumen entlang, oder über den Boden dahin. Oft ſteigen auch beide ziemlich hoch in die Luft und ſchießen ebenſo ſchnell wieder herab, wobei das Männchen laut und eifrig ſingt. Dieſe Spielerei ſieht man nach ihrer Ankunft und während der Brut— zeit oft. Der Schwanz mit ſeinen weißgeſäumten Außenfedern wird hierbei ſtets fächerartig ausge— breitet. Anfangs Mai wird in Texas mit dem Neftban begonnen. Zur Anlage des Baues wählen ſie die verſchiedenſten Ortlichkeiten. Brüten ſie auf Feldern und Viehweiden, dann ſteht er meiſt immer in einer kleinen Vertiefung des Bodens. Er iſt dann meiſt dünn, aber ſehr ſtark aus feinen, langen Würzelchen, etwas Gras und Pferdehaaren gebaut. Im ſüd— öſtlichen Texas baut er gerne auf die wagerechten Aſte der dicht mit Moos behangenen Bäume der Wald— ränder. Er ſteht dann inmitten eines Moosbüſchels und iſt nur aus wenigen Hälmchen, faſt ganz aus Moos gebaut. Siedelt er ſich in der Nähe des Menſchen an, ſo ſteht der Bau in der Regel auf den wagerechten Aſten dichtbelaubter Maulbeerbäume. Solche Neſter beſtehen äußerlich in der Regel aus einer dicken Schicht einer hübſchen, weißlichen, wol— ligen Pflanze !), welche ſehr weich und elaſtiſch iſt und von den meiſten Vögeln mit Vorliebe zum Neſtbau verwendet wird; dann folgen einige Pflanzenſtengel, Baſtfaſern, dünne Würzelchen, Bindfäden und feine Kuhhaare; innen iſt es immer mit Pferdehaaren ſchön und glatt ausgelegt. Derartige Neſter ähneln denen des Singſperlings, ſind aber ſchöner und dauerhafter gebaut. Andere Neſter fand ich in den Ecken der Riegelzäune und mehrere ſogar in Baum— höhlungen. Letztere beſtanden nur aus Halmen und Würzelchen und waren innen mit Haaren ausge— polſtert. Die vier bis ſechs Eier ſind der Grundfarbe nach glänzend weiß. Über die ganze Oberfläche ſind mattbräunliche, kaum hervortretende kleine Flecken und Pünktchen ziemlich gleichmäßig verbreitet, während ſich am dicken Ende kranzartig ſtehende, ſchwärzlich— braune Punkte. Striche, Zickzacklinien und Mar— morierungen finden. Dieſe faſt ſchwarzen Flecken laſſen ſich mit einem naſſen Läppchen leicht verwiſchen, ſodaß ein helles Kaffeebraun daraus wird. Abgeſehen von der Grundfarbe und der Größe, erinnert die Zeichnung an die Rotflügel-Cier. 1) Gunphalium. * Der Lerchenfink. 353 ͤ—— ͤ— — FEIERT In Texas werden meiſt zwei, im ſüdweſtlichen Miſſouri und wohl allerwärts im nördlichen Teile ſeines Verbreitungsgebietes nur eine Brut jährlich gemacht. Schon im Alter von zwei Monaten ver— ſuchen die jungen Lerchenfinken ihre Stimme. Sie ſitzen dabei in der Spitze der Büſche und zwitſchern eifrig und laut, aber es ſind nur unvollkommene, abgeriſſene Töne, welche ſie hervorbringen. Der Geſang des alten Lerchenfinken erſchallt vom Tage ſeines Kommens bis zur im Auguſt ein— tretenden Mauſer. Selbſt zur Zeit ſeines Wegzuges im Oktober kann man ihn hie und da noch ſingen hören. Das Lied iſt ſehr laut, wohlklingend, feurig, ſprudelnd und mit ſehr melodiſchen Flötentönen ver miſcht, enthält aber auch viele ſchnurrende Laute. Obwohl der Geſang von allen Beobachtern, welche ihn zu hören Gelegenheit hatten, ſehr gerühmt wird, ſo ſpricht doch das einfache Lied des Singſperlings mehr an. Manche Beobachter rühmen ihn als den beſten Sänger der Ammerfinken, ſtellen ihn ſogar dem Kanarienvogel an die Seite. Mit dem des gewöhnlichen Kanarienvogels mag der Geſang einzelne Töne gemein haben, von dem Geſange eines ſolchen der Harzer Raſſe iſt er grundverſchieden. Immerhin muß aber zugegeben werden, daß der Lercheufink zu den beſten Sängern unſerer ſüdweſtlichen Staaten zählt, denn ſein Lied iſt ſehr abwechſelnd, reich an lieblichen Tönen, fröhlich und wird ſehr eifrig zum beſten gegeben. — Unſer Fink iſt ein ſehr hübſcher, fröhlicher, munterer Vogel, welcher zur Belebung ſeines Wohn— gebietes im hohen Grade beiträgt. Sein Flug iſt ſchnell und geſchickt. In feinen Flugſpielen und dem fächerartigen Ausbreiten ſeines Schwanzes erinnert er an den Winterfinken, bei dem man während der Herbſtzugzeit im Oktober, an den warmen Tagen des Indianerſommers, Ahnliches beobachten kann. — Auf dem Boden iſt er ebenſo zu Haufe als im Geäſt der Bäume und Büſche. Die Nahrung beſteht während des Frühlings und Sommers faſt ausſchließlich aus Inſekten. Im Auguſt und September ſieht man ſie in großen Geſellſchaften in den Baumwollfeldern, wo ſie Jagd auf Baumwollſchmetterlinge und deren Raupen machen. Im Herbſt und Winter nähren ſie ſich ohne Zweifel von kleinen Sämereien. Etwa anfangs Oktober ſchon ziehen ſie ſüdlich. Nachzügler ſieht man noch bis Mitte des genannten Monats. Keiner überwintert in Texas. Sie ziehen bis zum ſüdlichen Mexico (Vera Cruz, Oaxaca) und wohl auch bis Centralamerika, um zu überwintern. Obwohl nicht farbenprächtig, muß man ihn doch als einen hübſchen, geſchmackvoll gekleideten Vogel bezeichnen. Er iſt jedenfalls einer der aumutigſten aller Ammerfinken. Seine Lebhaftigkeit, Flugge wandtheit, ſein Geſang und in vielen Gegenden ſeine Zutraulichkeit und ſein zahlreiches Auftreten machen ihn zu einem der intereſſanteſten und für den Vogel— freund wertvollſten Vogel. Bei Stubenvogellieb— habern erfreut er ſich großer Gunſt, weil er ſich leicht erhalten läßt, immer ſchmuck und glatt im Gefieder iſt und fleißig ſingt. In den erſten Tagen ſeines Gefaugenlebens iſt er ſehr ſcheu und wild, bei richtiger freundlicher Behandlung wird er jedoch bald zahm und zutraulich. Für den größeren Geſellſchaftskäfig eiguet er ſich nicht, da er ſehr geneigt iſt, ſich zum Herrn der ganzen Geſellſchaft zu machen und ein beſonderes Vergnügen darin findet, die übrigen Käfig genoſſen hin- und herzujagen. Im Einzelkäfi er, mit Ausnahme der Mauſerzeit, faſt das ganze Jahr. In manchen Gegenden ſchätzt man ihn als Käfigvogel ſehr hoch. So finden in Sacramento, Cal., laut Ridgway, junge Pärchen für vier Dol— lars per Paar willige Käufer. Man füttert ihn mit einem Gemiſch von Hirſe, ungariſchem Grasſamen, Kanarienſamen und reicht ihm als Zukoſt Mehl— würmer, etwas hartgekochtes Ei und Grünes (Vogel miere, Salat u. ſ. f.). Namen: Lerchenſink, Wachtelfink, Wachtelkopf, Straßen— vogel. Lark Sparrow, Lark Finch, Snake-bird (Utah), Potato Bird, Quail-head, Cotton Bird und Texas Song Sparrow (Texas). Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla grammaca Say (1825). — Chondestes grammacus Bonap. (1838). — Emberiza grammaca Aud. (1839). Beschreibung: Der Kopf iſt in auffallender Weiſe mit Kaſtanienbraun, Weiß und Schwarz bunt gezeichnet; Scheitel kaſtanienbraun, an der Stirn in Schwarz über gehend, durch einen weißen Mittelſtreif getrennt und von zwei ſeitlichen ſchmutzigweißen Streifen begrenzt. Ein ſchwarzer kurzer Strich vom Schnabel bis zum Auge, wird hinter demſelben matter; ein weiterer ſchwarzer Streif läuft unter dem Auge dahin; Ohrengegend kaſta— nienbraun. Oberſeite graubraun, auf der Mitte des Rückens ſchwarz geſtrichelt. Unterſeite weiß; von der Schnabelwurzel läuft ein ſcharf hervortretender Streif an der Seite der Kehle dahin; ein ſchwarzer Fleck mitten auf der Bruſt. Schwanz graubraun; die Außenfahne und ein ganzes Drittel der Innenfahne der äußerſten Schwanzfeder weiß; die nächſten drei Federn weiß ge— ſpitzt, die mittleren zwei ohne Weiß. Länge 6.50 bis 7.00 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 3.00 Zoll. ; 45 Der Trauerfink. Harris’ Sparrow. Tafel XXIV. Eu hervorragender, beſonders ins Auge fallender AZ3ug der texaniſchen Flora find die zahlreichen Kaktusarten, welche allerdings nur vereinzelt im öſtlichen, deſto zahlreicher aber im weſtlichen Texas auftreten. Die mit furchtbaren Stacheln bewehrten breitblätterigen, bis zu vier Fuß Höhe erreichenden, breite Büſche bildenden Opuntien!) finden ſich oft genug auch in der Küſtengegend. Weiter weſtlich tritt ein mehr liegender kleiner Feigenkaktus?) hinzu, und endlich in Lee County und weiter weſtlich finden wir den ſogenannten Brotfaftus®), den ſchöngeformten Nadelkiſſenkaktus“) (die Texaner nennen ihn bezeich— nend „Devil's Pin Cushion“), den prächtigſten aller texaniſchen Kakteen, den Zwergſäulenkaktus?) und andere. Letztere finden ſich meiſt maſſenweiſe auf ſteinigem Terrain des Pfoſteneichenwaldes. Viele dieſer Kakteen tragen Früchte, die ſehr gern von vielen Vögeln gefreſſen werden; auch von den Körnern derſelben leben verſchiedene Finkenarten teilweiſe. Streifzug in den Wald an der Weſt-Yegua machte, traf ich an dem ſteinigen Abhange derſelben, dort, wo nur Kakteen und Mesquitbüſche wuchſen, die erſten Trauerfinfen, Vögel, die ich bisher lebend noch nie geſehen hatte. Noch zahlreicher traf ich ſie in dem gebüſchreichen Waldſaume an der Weſt-Jegua ſelbſt. Die Weißdorn-, Stechpalmen- und Kirſchlorbeer— dickichte waren voll von dieſen Finken. Auch Tau— ſende von Winter-, Buſch-, Kron-, Waldfinken u. a. zeigten ſich hier. der Niederungen ſchützen die kleinen Vögel vortrefflich vor der Ungunſt des Wetters, und den brauſenden Nordwinden iſt in ſolchen Ortlichkeiten die Gewalt zum größten Teile genommen, ſodaß ſie den hier in ungeheurer Zahl überwinternden kleinen Vögeln wenig anhaben können. Auch die großen Scharen der tagsüber im Pfoſteneichenwalde umherſtreifenden Wandertauben ſuchten in dieſen Niederungen des 1) Opuntia Engelmanni. 2) O. Rafinesqui, 3) Mammillaria applanata und M. Nuttalli. 4) Echinocactus texensis, 5) Echino- cereus caespitosus. Zonotrichia querula GAMBEL. Vogel 2. h. Waldes des Nachts und während des kalten Wetters Schutz. Hier findet ſich die Mehrzahl der aus dem Norden kommenden gefiederten Wintergäſte ein, und es bietet ſich dann kaum ein beſſeres Feld für die Beobachtung als dieſe Dickichte, die mit wildem Wein, Stechwinden, Trompetenlianen oft dicht über— und durchwachſen ſind. Da ſieht man häufig die Einſiedlerdroſſel im trockenen halbverfaulten Laub— werk des Bodens umherſuchen. Braundroſſeln hüpfen ſcheu durch die Dickichte. Die unruhigen, neugieri— gen, lärmenden Zaunkönige ſchlüpfen mit geſtelztem Schwänzchen keck durchs Reiſig und die ſtacheligen Blattkakteen. Die in Scharen jetzt vorkommenden Goldſpechte beſuchen fleißig die im Übermaße vorhan— denen Ameiſenhaufen: kurz, es herrſcht in dieſen Ortlichkeiten in der Nähe der Felder ein überaus reges Leben. Gar manche ſeltene, in Manitoba, am Sas— katchewan, am Winnipeg-See, in der Red River— Region des Nordens vorkommende Vögel geſellen ſich Als ich am 14. November 1881, wie gewöhnlich, einen Dieſe teils immergrünen Dickichte \ hier zu Arten des mittleren und ſüdlichen Teiles der Union. Da ſieht man den Wald- (Spizella pusilla) neben dem lehmfarbigen Finken (S. pallida), den Kotflügel neben Blau- und Gelbkopfſtärlingen u. ſ. f. Gerade an dem bereits erwähnten Tage waren unge— heure Scharen nordiſcher Finkenvögel eingetroffen, die in Geſellſchaft zahlreicher Kardinäle im Gebüſche des Waldrandes und in den Dickichten der Niederun— gen umherſtreiften. Von allen den genannten Vögeln zog aber keiner derſelben meine Aufmerkſamkeit ſo auf ſich, wie der bereits erwähnte ſchöne, ſtattliche, mir noch ganz fremde Trauerfink. Ich hatte ihn nie im ſüdöſtlichen Texas geſehen, obwohl ich jeden Winter mich nach ihm umgeſehen hatte. Zunächſt war es ſchwer, die jedenfalls in der vorigen Nacht eingetrof— fenen Fremdlinge genau zu beobachten. Sie hielten ſich meiſt in den Gebüſchen des Waldſaumes auf, aber ſobald ich mich ihnen näherte, flogen ſie mehr wald— einwärts, wo die Gebüſche meiſt immergrün und ſehr dicht waren. In ſeinem ganzen Weſen und in ſeiner Lebensweiſe ſtimmt er ganz mit den anderen Buſch— finken (Zonotrichia) überein, doch ſcheint er nicht fo — 22 „ — Der geſellig zu fein. Ich habe nie mehr als ſechs bis ſieben Stück, dann aber immer in Geſellſchaft zahl- reicher anderer Ammerfinken beiſammen geſehen. | fliegen mit anderen Finken gemeinſchaftlich in die benachbarten Felder, wandern mit ihnen zur Tränke und treiben ſich in ihrer Geſellſchaft auf dem Boden unter den Dickichten und im Gebüſch der Fenzecken, nach Nahrung ſuchend, umher. Des Morgens, ſobald der Tag graut, ſind ſie ſchon munter, und wenn es hell wird, ſuchen ſie bereits nach Unkraut— ſämereien; des Abends ſuchen ſie möglichſt dichte Gebüſche zur Nachtruhe auf. Auch ſie ſcharren hühnerartig im alten Laub auf dem Boden um— her. Sie verweilen bis Ende März und anfangs April in Texas, dann ziehen ſie ihrer nördlichen Heimat zu. — Ihr Brutgebiet hat man am oberen Miſſouri in Dakota und von da nördlich und weſtlich zu ſuchen. Während ihrer Wanderung kommen ſie gelegentlich ſelbſt bis nach Wisconſin und Illinois. Ich traf ſie im Oktober zahlreich in den gebüſchreichen Waldesſäumen des ſüdöſtlichen Miſſouri in Geſell— ſchaft von Winter- und Buſchfinken. Coues fand dieſe Finken zahlreich in Fort Randall (Dakota). Sie ſtreiften in kleinen Geſell— ſchaften im Untergebüſch der Flußniederungen mit Erd- und Baumfinken umher. Der Winter wird bei Fort Randall ſehr grimmig, und das Queckſilber des Thermometers ſteht oft zwiſchen 30 bis 40° F. unter Null. Die Umgebung iſt flach, der Wind hat daher volle Gewalt; die ganze Gegend bietet während dieſer Zeit überhaupt einen traurigen, öden Anblick. Selbſt der Schutz, den das dichte Unterholz in den Niederungen und die Hügel und Bluffs bieten kön— nen, iſt bei einer ſolchen Kälte von wenig Bedeutung. Die eigentlichen Wintervögel kann man an den Fingern aufzählen. Da giebt's ſpitzſchwänzige Wild— hühner (Sharp-tailed Grouse) und Baumwachteln (Quails), obwohl letztere nicht ſelten erfrieren. Hin und wieder ſieht man ein einzelnes Präriehuhn. Trübſelig dreinſchauende Krähen fliegen ſchreiend um— her, und Elſtern lärmen in den Bäumen. Winter— finken und Hornlerchen ſieht man während eines Teiles des Winters, vielleicht auch einige Ammern. Flüge von Baumfinken u. ſ. w. machen ſich unter dem Gebüſch zu ſchaffen, fröhliche Meiſen tummeln ſich trotz der Kälte munter umher, und e | hämmern fo emſig als je an den alten Bäumen.“ Auch einen Würger ſieht man hie und da, doch damit endet auch das kurze Verzeichniß der Wintervögel. | Sie Trauerfink. 355 Der Trauerfink ijt hier weder Wintergaſt noch Brut— vogel, ſondern ſeine eigentliche Heimat iſt weiter im Norden zu ſuchen. Auch am Mouſe-River, unter dem 49. Grad nördlicher Breite fand ihn der genannte Forſcher nicht brütend. Sein Brutgebiet muß aljo im Innern der britiſchen Beſitzungen liegen. Die Trauerfinken halten ſich während der Zug— zeit und in der Winterherberge meiſt in der Nähe des Waſſers, an Flüſſen, Bächen und Teichen im Gebüſch auf, hier mit ihresgleichen und anderen Finken zuſam— menlebend. Am liebſten ſind ihnen die mit Dickichten und Gebüſchen aller Art beſtandenen Waldränder. Gewöhnlich ſetzen ſie ſich, wenn ſie aufgeſcheucht werden, in die oberſten Spitzen der Büſche, von wo aus ihnen ein freies Umherblicken möglich iſt. Ihre etwas rötlichbraune Färbung, ſowie die dunkele, ſchwärzliche Zeichnung auf dem Kopfe und an der Bruſt machen fie ſogleich kenntlich. Während des Winters vernimmt man nur ihren Lockruf, ein ſcharfes „Tſchip“, aber keinen Geſang. Im ſüdweſtlichen Miſſouri iſt er von Mitte Oktober bis zu Weihnachten gewöhnlich zahlreich. Bei Eintritt kalten Wetters zieht er dann ſüdlich und erſcheint etwa am 17. März wieder auf ſeiner Reiſe nach dem Norden. Über die Niſtweiſe kann ich Näheres nicht mitteilen, da bis jetzt kein Forſcher verläßliche Beobachtungen hierüber veröffentlicht hat. Ich habe in Texas viele dieſer Finken in Meiſen— käſten gefangen und längere Zeit im Käfig gehalten. Sie gewöhnten ſich ſchnell ein, gingen bald ans Futter, lebten unter ſich und mit anderen Vögeln ſehr ver— träglich und zeigten ſich immer glatt und ſauber im Gefieder. Sie ließen während einiger Monate auch ihren Geſang fleißig hören. Derſelbe iſt laut, gezogen, ſehr melodiſch und abwechſelnd und erinnert vielfach an das Lied des Kronfinken. Namen: Trauerfink, Harris-Fink, Kapuzenfink. Harris’ Sparrow, Black-hooded Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla querula Nutt. (1840). — Zonotrichia querula Gambel (1847 ).—Frin- gilla Harrisi Aud. (1843). — Fringilla comata Prinz Max. (1841). — Zonotrichia comata Bonap. (1850). Beſchreibung: Kapuze, Gegend vor dem Auge, dasſelbe einſchließend, Kehle und Oberbruſt tiefſchwarz; Kopf— ſeiten und Seiten des Halſes aſchgrau; Rücken rötlich— braun, jede Feder dunkelbraun geſtrichelt. Bruſt und Bauch reinweiß; Seiten hellbraun, dunkel geſtrichelt; ſchmale weiße Flügelbinden. Länge 7.00 Zoll; Flügel 3.40, Schwanz 3.65 Zoll Der Kronfink. White-crowned Sparrow. Zonotrichia leucophrys SWAINSON. Tafel XXIV. „Und dies iſt Herbft? So ſterben Wald und Flur? Wie iſt denn das Erwachen der Natur, Wenn noch ihr Tod ſich hüllt in ſolches Lebend“ Da rauſcht die Antwort aus des Waldes Schoß, Ein Windſtoß brauſt heran und noch ein Stoß, Und läßt ein Meer von Blättern niederbeben. nſer Weg führt uns diesmal in die Dickichte und Waldränder. Es iſt Mitte Oktober. Die Tage ſind noch warm und ſonnig, obwohl nachts gewöhnlich leichte Fröſte auftreten. Ein ſchleierartiger dünner Nebel, den man nur an entfernt liegenden Gegenſtänden wahrnimmt, kennzeichnet den jedes Jahr mit großer Regelmäßigkeit einſetzenden Indianer— ſommer. Er beeinträchtigt keineswegs die wunderbare Schönheit des in dieſer Jahreszeit herrſchenden Klimas, das ſich durch eine überaus wohlthuende Weichheit und Wärme der ruhigen und friedlichen Luft auszeichnet. Die wunderbar maleriſchen Effekte, welche durch die unglaubliche Mannigfaltigkeit des auf die verſchiedenartigſte Weiſe gefärbten, in den grellſten Farbentönen leuchtenden Laubes hervor— gebracht werden, machen einen tiefen Eindruck auf den denkenden, gefühlvollen Meuſchen. Noch blühen wundervolle tiefblaue Enziane!) im Graſe der Prärie; die letzten Aſtern ſind gerade im Verblühen, aber die dichten Schneebeerenſträucher ſind über und über mit roten, in dichten Büſcheln ſitzenden Beeren geſchmückt. Die Blätter der Sumachſträucher und des hoch in die Bäume ſich ſchlängelnden wilden Weins!) ſchillern in den ſchönſten roten Farbentönen. Es iſt Thatſache: der Indianerſommer erſetzt den faſt ganz fehlenden Frühling und erſtreckt ſich zuweilen bis in den Dezem— ber hinein, bis plötzlich eintretende Kälte aller herbſt— lichen Herrlichkeit ein jähes Ende bereitet. In hohem Grade anziehend iſt dieſe Jahreszeit für den Pflanzen- und Vogelfreund. Prächtig rot leuchten die Beeren verſchiedener Weißdornarten aus dem Gebüſche hervor. Die Früchte der Schneeball— arten ?), namentlich aber die eßbare, von Kindern ſehr 1) Gentiana puberula. 2) Ampelopsis quinquefolia. 3) Vibur- num opulus, V. Leutago. Vogel 4. Rings quillt es plötzlich auf wie Schleierflug, Schneewolken wehn daher im dichten Zug, Dom Vorden pfeift's, und trübe wird's und trüber. Der Taube Ruf verſtummt; und in den Fall Der Blätter rauſcht's wie leiſer Seufzerhall: Noch eine Nacht und alles iſt vorüber. f Udo Brach vogel. geliebte ſchwarze Schlinge“), die des Holunders und der wilden Reben, locken eine Menge Vögel herbei. Die lieblichen Andromeden, Rhodoras, Hartriegel und andere Gebüſche der Sumpfränder haben zum größten Teil ſchon ihre ſommerliche Schönheit eingebüßt. Doch ein munteres Leben herrſcht auch jetzt noch in allen Dickichten der Sümpfe, Wälder und Felder. Tauſende von verſchiedenen Ammerfinken, Kron- und Rotkäppchenſängern, Meiſen und Zaunkönigen, welche zum größten Teil aus dem Norden angekommen ſind, zeigen ſich hier, um den Indianerſommer durch ihre Auweſenheit, durch ihr munteres Thun und Treiben noch reizender zu machen. Sobald dieſer jedoch vorüber iſt, ſobald Kälte und Schneefall eintritt, zieht die Mehrzahl ſüdlicher. Eine der ſchönſten gefiederten Erſcheinungen des Indianerſommers, welche ſich durch Größe, elegante Haltung und namentlich durch einen reinweißen, deutlich hervortretenden Scheitelfleck aus— zeichnet, iſt der Kroufink oder der weißge— krönte Ammerfink. Er erſcheint in kleinen Geſellſchaften, nicht ſelten auch einzeln, etwa anfangs Oktober im mittleren Wisconſin und im nördlichen Illinois und verweilt bis zum November. Die meiſten erreichen das ſüd— weſtliche Miſſouri Ende Oktober, das ſüdöſtliche Texas Ende November, doch ſieht man einzelne dort auch ſchon Mitte des genannten Monats. Sie miſchen ſich in größerer Anzahl nie unter andere verwandte Arten, obwohl man fie zahlreich an deuſelben Ortlich— keiten beobachten kann. Jeder geht ſeiner eigenen Beſchäftigung nach, ohne ſich viel um andere Vogel zu bekümmern. Auffallend iſt es, daß man ihn nicht jedes Jahr gleich regelmäßig und zahlreich beobachtet. 1) V. pruneifolium, 1. CHONDESTES GRAMMACUS Bonap. 2. ZONOTRICHIA OUERULA Gamb. 3. ZONOTRICHIA ALBICOLLIS Swains. +. ZONOTRICHIA LEUCOPHRYS Swains. 5. PEUCBA R&STIVALIS Cab. 6. PASSERELLA ILIACA Swains. XXIV LERCHENFINK. TRAUERFINK. BUSCHFINK. KRONFINK. PALMETTOFINK. FUCHSFINK. j Lark Sparrow. Harris’ Sparrow. White -throafed Sparrow. White -crowned Sparrow. Pine-woods-Sparrow. Fox Sparrow. Ich habe manchmal im Herbſt nur einige Exemplare Der Kronfink. 500 | geſehen, während fie im Frühling häufig waren, und | einigemal machte ich auch die umgekehrte Beobachtung. nicht fehlt. Aber auch im Innern der Wälder, wo kleine Sonnenblumenarten!) und andere Kompoſiten wachſen, in den Hecken der Felder, in Gebüſchen, welche ſich in den Ecken der Riegelfenzen finden, im Gebüſch der Sümpfe trifft man ihn ſehr zahlreich. Faſt ganz lautlos gehen ſie hier ihrer Nahrung nach. Nur hie und da vernimmt man ein lockendes „Tſchi“. Bei Annäherung eines Menſchen oder eines ihnen verdächtig vorkommenden Gegenſtandes ſtürzen ſie eiligſt in das nahe Dickicht und kommen nicht eher wieder zum Vorſchein, bis alle Gefahr vorüber iſt. Es ſind ſchöne intereſſante Vögel, die ſich durch ihr glattes Gefieder und ihre anmutige Haltung auszeich— nen. Ihre Bewegungen auf dem Boden und im Gebüſch ſind ſchnell und geſchickt. Der Flug iſt ziemlich raſch, wird aber ſelten über größere Strecken hin ausgedehnt. Sie wandern des Nachts und fliegen über weite Strecken, ohne anzuhalten. So— bald der Tag graut, fallen ſie in die Gebüſche und Dickichte ein, um nach Nahrung zu ſuchen. Dieſe, welche aus allerlei Inſekten und kleinen Sämereien beſteht, ſammeln ſie vom Boden auf, wo ſie wie Hühner ſcharren, nur mit dem Unterſchied, daß ſie mit beiden Füßen zugleich ſchnell nach vorwärts und daun ebenſo ſchnell wieder rückwärts ſpringen, das alte Laub oder den Waldboden hinter ſich werfend. Wenn man an einem jener lieblichen Oktobertage, wenn die Luft rein und klar, der Himmel heiter, die Sonne warm und wohlthuend herabſtrahlt, in den Wald kommt, wird man ſelten verfehlen, den Kron— finken an gebüſchreichen Ortlichkeiten aufzufinden. Etwa Ende Oktober und anfangs November ſind die meiſten aus dem Norden verſchwunden, doch bleiben einzelne Nachzügler noch bis zu Ende des Monats November zurück oder ſie verweilen, wenn das Wetter gelinde, auch den ganzen Winter hindurch. Ich hatte das Glück, den Vogel in Geſellſchaft vieler anderer Arten in ſeiner Winterherberge zu beobachten. Namentlich im Gebüſch der Buffalo- | und White Oak-Bayou im ſüdöſtlichen Texas über— wintern Tauſende. Die Dickichte aus Stechpalmen, Magnolien, Knopfſträuchern, Hartriegel und Schnee— ballbüſchen, Lantanen, Achanien !?), Lorbeerkirſcheu, 1) Helianthus. 2) Malvaviscus Drummondii. 357 Zwergpalmen u. a. find in der Regel dicht mit Smilax, Carolina-Jasmin, Waldreben und anderen Lianen überwachſen, und in dieſen finden unſere Der Aufenthalt des Kronfinken iſt während des Herbſtdurchzuges der Rand der buſchreichen Wälder und Dickichte, wo es an Gras- und Unkrautſämereien nördlichen Vögel einen ſicheren angenehmen Auf enthalt. Der Kronfink erſcheint gewöhnlich kurz vor Eintritt eines jener eiſigen naſſen „Norder“, die vom November bis im März in Texas ſo häufig auftreten und welche die Urſache find, daß man in dieſem ſüdlichen Staat keine eigentliche halbtropiſche Vegetation erwarten darf, obwohl die Hitze, während des Sommers jedoch nur, wahrhaft tropiſch iſt. Gewöhnlich erſcheint der Vortrab im November, während die Mehrzahl erſt anfangs Dezember ein— trifft. Die immergrünen Dickichte, zwiſchen Magno— lien und anderen Bäumen, ſind jetzt voller Vögel. Hohes dichtes Bejengras!) und andere ſamentragende Gräſer ſtehen in deuſelben Büſchen, und an Junſekten iſt auch kein Mangel. Hier treiben ſich Kronfinken und viele andere Arten umher und beleben dieſe Ortlichkeiten aufs Angenehmſte. Im März rüſten ſich viele, anfangs April die meiſten zur Abreiſe in ihre Heimat. In den letzten Tagen des April beob— achtete ich fie im nördlichen Illinois. Die meiſten zogen bald nördlicher, viele andere verweilten jedoch bis Mitte Mai und noch länger; ſelbſt als der Zug der Waldſänger ſeinen Höhepunkt erreicht hatte, ſah ich noch kleine Geſellſchaften. Dann aber waren ſie plötzlich verſchwunden. Sie waren ſo zahm, daß ſie unter das Küchenfenſter kamen, um kleine Sämereien und Brotkrumen aufzuſuchen. Viele überwintern ſchon in den geſchützteren Teilen und Schluchten des Ozark-Gebirges im ſüdweſtlichen Miſſouri; doch ziehen auch von hier aus die meiſten weiter ſüdlich und erſcheinen ſpät im März wieder auf ihrer Durch— reiſe nach dem Norden. In den Oſtſtaaten ſcheint der Kronfink viel ſeltener zu ſein, als weiter im Innern des Landes. — Das eigentliche Wohngebiet dieſes ſchmucken Ammer— finken ſind die Gebüſche und Wälder des hohen Nor— dens. Er brütet etwa von der Nordgrenze der Union bis zu den Polargegenden. Audubon fand ihn häufig in Labrador. Er ſcheint dort ziemlich ſpät zu brüten, denn er fand das erſte Neſt erſt am 6. Juli. Es ſtand am Stamm einer niedrigen Fichte im Mooſe. Außerlich beſtand es aus trockenen Flech ten?) und war innen mit feinen Halmen und zarten gelben Wurzeln von Coptis trifolia (Gold— faden) ausgelegt. Alle Neſter, welche er fand, ſtanden 1) Andropogon macrourus. 2) Hypnum, 358 Der Kronfink. auf der Erde, meiſt in Moos eingebettet. Anfangs Auguſt ſah man die ausgeflogenen Jungen, und um Mitte des genannten Monats fing ſchon der Zug nach dem Süden an. Gegenden des Nordens find die mit niedrigen Koni— feren beſtandenen Waldſtrecken und die faſt undurch— dringlichen Nadelholzdickichte, wo der Boden mit einem weichen grünen Moosteppich belegt iſt. Auch Coues fand den Kronfinken als häufigen Brutvogel in Labrador. Er beobachtete ihn in allen bewaldeten Gegenden, doch ſchien er die tiefen, dicht bewaldeten und abgeſchloſſenen Schluchten (Ravinen), welche von hohen Felswänden eingeſchloſſen ſind, zu bevorzugen. In mehr offenen Gegenden beſchränkte ſich ſein Vor— kommen auf die Wacholder- und Fichtendickichte. Auch er fand das Neſt immer auf dem Boden, gewöhnlich in dichten Büſcheln niedriger Heide und noch häufiger in ſtrauchartigen Nadelbäumen. Er iſt im Brutgebiet ein ſehr lebhafter, fröhlicher Vogel und immer in Bewegung. Er läßt ſich ſelten auf einer Stelle nieder, ohne den Schwanz lebhaft zu bewegen und laut zu zirpen. Während das Weibchen brütet, ſetzt ſich das Männchen auf einen Baum oder Strauch in der Nähe, um ſeinen lauten angenehmen Geſang erſchallen zu laſſen. Er ſoll wie „Phi- dihi-dihdihdih“ klingen. Er beſteht aus etwa ſieben bis acht Tönen, deren erſtere klar, laut und wohlklingend ſind, wäh— rend die übrigen eine anmutig fallende Schlußſtrophe bilden. Ich kann den Geſang nur nach im Käfig gehaltenen Kronfinken beurteilen. Er ähnelt dem des Buſchfinken, iſt aber teilweiſe noch lauter und etwas ſchriller, die letzten Töne jedoch ſind ſehr ſauft, lieblich und überaus wohlklingend. Er iſt ein fleißiger Sänger, der ſich ſelbſt in der Nacht noch hören läßt. Im Gebiete der Vereinigten Staaten giebt es einzelne Ortlichkeiten, wo der Kronfink ebenfalls als zahlreicher Brutvogel vorkommt. In den hohen Gebirgsgegenden des Wahſatch-Gebirges fand ihn Ridgway ſehr zahlreich. Er iſt ein echter Charak— tervogel der dortigen Gegend und kommt ebenſo zahlreich vor, als irgend eine andere Art. Sie beſuchten zutraulich das Lager der Expeditions— Geſellſchaft am Parleys-Park, kamen häufig in das Zelt des Kochs, um Krumen aufzuleſen, und waren überhaupt ſehr zahm und furchtlos. Morgengeſang erfreute jedermann, und von allen wurden dieſe Vögel ſehr geliebt. Am 26. Juni fand man hier auch ein in einem Geraniumbüſchel ſtehen— des Neſt. Ihr lieblicher Sein Wohngebiet in jenen liefert uns Trippe einen intereſſanten Bericht. Er ſchreibt: „Der Kronfink erſcheint in den Thälern von Clear Creek County in der erſten und zweiten Maiwoche und wird dann bald recht zahlreich. Er bevorzugt die mit Strauchwerk bewachſenen Ufer der Gebirgsſtröme und ſteigt gelegentlich auch bis zu einer gewiſſen Höhe an den Gebirgshalden empor, in der Regel jedoch hält er ſich an die Bäche und Ströme. Wenn der Schnee ſchmilzt, ſteigt er höher hinauf, erreicht die Grenze des Baumwuchſes etwa Mitte Juni, geht hinauf bis zur äußerſten Grenze der Weiden und des Wacholders, und iſt dann nirgends mehr häufig, als in dieſen dichten die Baumgrenze ſäumenden Dickichten. Die meiſten brüten hier, aber einige niſten weiter abwärts bis zu 8500 Fuß, unter welcher Höhe jedoch keiner im Sommer vorkommt. Während der Brutzeit ähnelt er in der Lebensweiſe den Sängerfinken und ſucht ſeine Nahrung im Graſe und zwiſchen den trockenen Blättern der Dickichte. Er ſingt beſtändig im Juni und Juli und gelegentlich auch im Auguſt, ſetzt ſich dabei auf die Spitze eines hohen Buſches, auf den trockenen Aſt einer Tanne oder auf ſonſt einen über das Gebüſch hervorragenden Gegenſtand. Zeitweiſe ſingt er halbe Stunden lang und noch länger. Der Geſang iſt lebendig, ange— nehm, hell und klar, und man kann ihn häufig von zwanzig Sängern zugleich hören, was einen ganz beſonderen Eindruck macht. Während das Weibchen brütet, ſingt das Männchen den ganzen Tag über faſt ohne Unterbrechung. Sogar ſpät am Abend, lange nach Eintritt der Dunkelheit, ja, noch um Mitter— nacht; ſelbſt bis zwei Uhr morgens habe ich den Geſang gehört. Er iſt ſehr zutraulich; hatte doch ein Pärchen ſein Neſt wenige Fuß von unſerem Lager am Chicago Lake erbaut, und alle Unruhe und aller Lärm trieb das Weibchen nicht vom Neſte, während das Mäunchen die Krumen aufſuchte, welche wir faſt zu unſeren Füßen hinſtreuten. Er beginnt hier mit dem Neſtbau im Juli, und die Jungen werden etwa am 20. desſelben Monats erbrütet. Das Neſt ſteht auf der Erde in einer Gebüſchgruppe, beſteht aus rauhen Gräſern und Pflanzenſtengeln und iſt mit feinem Gras ausgelegt. Die Eier, gewöhnlich vier, ſind der Grundfarbe nach matt bläulichgrün, ſehr dicht mit rötlichbraunen Flecken und Punkten gezeichnet, welche am dicken Ende ſo dicht ſtehen, daß die Grundfarbe kaum zu erkennen iſt. Im Septem— ber beginnt er wieder abwärts zu ſteigen. Im Oktober iſt er in Idaho häufig, und im November iſt 9 a er verſchwunden. Herbſt keineswegs ſo häufig als im Frühling, zieht auch ſchneller durch, eine Eigentümlichkeit, welche auch viele andere Arten, wie der kleine Schnäpperſänger, Audubons-Sänger und andere mit ihm teilen.“ Im nördlichen Neu-England brütet der Kron— Er iſt in den tiefen Thälern im fink ebenfalls, jedoch nicht zahlreich. In Neu-Fund— land iſt er ſchon ein ganz gewöhnlicher Brutvogel. Man fand auch Neſter in Maine und Vermont. Ein im letzteren Staat gefundener Bau ſtand in einem Brombeer- und Ahorndickicht, etwa 3.50 Fuß vom Boden. Dieſes war in Größe einem Wanderdroſſel— neſte (Robin) ähnlich, hatte aber eine verhältnismäßig kleine Mulde. Die Eier ſind von denen des Buſch— finken nicht zu unterſcheiden. Für die Gefangenſchaft eignet er ſich vorzüglich. - Namen: Kronfink, Weißkronfink, Weißkronſperling. White-crowned Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza leucophrys Forster (1772). — Zonotrichia leucophrys Swainson (1831). — Fringilla leucophrys Aud. (1834). Beſchreibung: Stolzer, ſehr anmutiger Vogel. Breiten weißen Scheitel; daneben ein tiefſchwarzer Streif, der am Schnabel ſich verbreitert, dann durchs Auge läuft und jo einen über dem Auge hinlaufenden reinweißen Streif einſchließt; Seiten des Kopfes, Oberbruſt und Unterſeite aſchgrau, am hellſten, faſt weiß, an der Kehle und am Bauche. Die Mitte des Rückens kaſtanienbraun geſtrichelt. Sonſtiges Gefieder bräunlichgrau. Schna— bel und Füße rötlich. Weibchen ähnlich, aber kleiner. Länge 7.10 Zoll; Flügel 3.25 Zoll. Gambels-Buſchfink. Gambel's Sparrow. Zonotrichia Gambeli GAMBEL. Gambels-Buſchfink iſt ein Bewohner des Küſtengebirges von Californien nördlich bis nach Britiſh-Columbia. Ridgway beobachtete ihn in den Gebirgswieſen am Donner-See in der Sierra Nevada, in einer Höhe von 7000 Fuß über dem Meere. Er iſt dort ein ſehr zahlreicher Brutvogel. Aus allen Teilen der Wieſe erſchallte der Geſang, und ſo zahlreich brüteten die Vögel hier, daß der Forſcher in etwa fünfzehn Minuten eine ganze Anzahl Neſter fand. Der Bau ſtand regelmäßig unter einer Zwerg— weide auf dem Boden. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla Gambeli Nutt. (1840). — Zonotrichia Gambeli (1847). — Z. leucophrys var. Gambeli Allen (1872). Beſchreibung: Dem Kronfinken durchaus ähnlich, doch kleiner; die Ohrengegend und auch vor dem Auge grau. Der Kronfink Alaskas. Länge 6.25 Zoll; Flügel 2.83, Schwanz 3.08 Zoll. 359 Der Kronfink Alaskas. Intermediate Sparrow. Zonotriehia intermedia Rınaw. Der Kronfink Alaskas iſt, wie ſchon der deutſche Name andeutet, ein Bewohner unſeres nord— weſtlichen, früher zu Rußland gehörenden Terri— toriums Alaska. Er findet ſich dort allerwärts, wo Büſche und Bäume ſtehen. Er brütet bis zu den Ufern des Eismeeres und der Behring-See, findet ſich aber auch durch das ganze nördliche Britiſch-Amerika, und iſt allerorten ein ſehr gewöhnlicher zutraulicher Vogel. Am oberen Yukon erſcheint er etwa am 15. oder 20. Mai und beginnt mit dem Niſten einige Tage nach ſeiner Ankunft. Bei Nulato und Fort Nukon, ebenſo am Mackenzie- und Anderſon-River iſt er ein zahlreicher Brutvogel. Die Neſter ſtehen meiſt auf der Erde oder in niedrigen Büſchen und find dicht und warm mit Hirſchhaar und Federn ausgepolſtert. Ein von Nelſon am 1. Juni 1880 gefundenes Neſt beſtand äußerlich aus feinen Halmen und war innen mit Fichtenmoos (Club-moss) ausgelegt. Die vier Eier haben eine lehmweiße Grundfarbe, ſind aber über und über ſehr dicht mit kleinen rötlichbraunen Flecken gezeichnet; am ſtumpfen Ende ſteht die Zeichnung ein klein wenig dichter. Im Winter finden wir unſeren Vogel durch das ganze weſtliche Gebiet der Vereinigten Staaten, ſüdlich bis nach Mexico. Beſchreib ung: Unterſcheidet ſich vom Kronfinken dadurch, daß die Ohrengegend bräunlichgrau iſt und daß der weiße Streif über dem Auge durch grau erſetzt iſt. Der goldgekrönte Buſchfink. Golden-cerowned Sparrow. Zonotrichia coronata BRD. Der goldgekrönte Buſchfink unterſcheidet ſich auf den erſten Blick von anderen ähnlichen Arten durch den teilweiſe gelben Mittelſtreif der Kopfplatte. Sein Brutgebiet erſtreckt ſich vom nördlichen Califor— nien bis nach Alaska. Bei St. Michaels findet er ſich von Ende Mai bis etwa zum 15. Auguſt, zu welcher Zeit er mit den erbrüteten Jungen ſüdlich zieht. Sein Brutgebiet wählt er ſich im Erlengebüſch der Bergabhänge, wo die verſchiedenen gebüſchliebenden Vögel in den faſt undurchdringlichen verworrenen, knorrigen Dickichten vor Raubvögeln und anderen Feinden ausgezeichnet geſchützt ſind. Die Eier ſind denen des Kronfinken ganz ähnlich. Der Buſchfink. White-throated Sparrow. Zonotrichia albicollis BONAPARTE. Tafel XXIV. Vogel 3. MI. 8 N ährend der Monate September und Oktober fand ich den gebüſchreichen Wald an der Buffalo-Bayou bei Houſton und weiter weſtlich an der Weſt⸗Yegua und am Bluff Creek überaus reich belebt von ſehr verſchiedenen Waldſängerarten, die, aus hohen nördlichen Gegenden kommend jetzt auf ihrer Reiſe nach dem Süden waren. Lautlos fliegen die prächtigen Vögel im noch immer grünen Gelaube der Bäume, Inſekten fangend, umher. In kurzer Zeit ſind ſie alle dem Süden zugeeilt. In Mexico, namentlich aber in Guatemala, Nicaragua und anderen Teilen Centralamerikas, haben ſie ihre Winterherberge. Sie tummeln ſich den ganzen Winter hindurch in jenen prächtigen tropiſchen Wäldern umher, wo die Bäume mit den bezauberndſten Blumen der Erde, mit Orchi— deen, aufs herrlichſte geſchmückt ſind. Auch die glühendſte Phantaſie kann ſich keinen Begriff von der großartigen Pracht und Vielgeſtaltigkeit dieſer in der gemäßigten Zone (Tierra templada) liegenden Wälder mit ihren über zweihundert Arten Baumorchideen, mit ihren Anthurien, Fuchſien, Palmen und anderen tropiſchen Pflanzengebilden machen. — Auf die zarten Waldſänger folgen bald noch viele andere intereſſante Vogelarten, von denen viele in Texas überwintern. Im November verlieren die meiſten texaniſchen Bäume und Sträucher ihr Laub, und nur die Magnolie, Stechpalme !), Lorbeerkirſchbäume, Wachsmyrten, Bignonien?) und Carolina-Jasmin behalten ihre Blätter. Es giebt hier in der Nähe der Flüſſe, Bäche und Bayous ganz reizende Stellen, Dickichte aus Weißdornbüſchen und Stechpalmen, überwachſen mit wildem Wein, der Scuppernongrebe, Trompetenlia— nen; Bäume, an denen ſich wilde Reben, Bignonien, Smilax, Defumarien?) und andere Lianen empor— ſchlingen. Manche immergrüne Büſche find ganz mit Carolina-Jasmin und Stechwinden durchwachſen und machen entweder durch ihre Stacheln oder durch ihre Dichtigkeit jedes Eindringen in dieſelben unmög— lich. Dieſe Ortlichkeiten, im Sommer das Paradies I) Ilex. 2) Bignonia capreolata. 3) Deeumaria barbara. ar von Vireos, Schwätzern, Kardinälen, Spottdroſſeln und Zaunkönigen, bilden den Lieblingsaufenthalt der Ammerfinken und vieler anderer Vögel im Winter. Hier finden ſie den beſten Schutz vor rauhen Nord— ſtürmen und gefiederten Räubern; hier bietet ſich ihnen auch reichliche Inſektennahrung. Die Kardinäle und Zaunkönige ſind ſtändige Bewohner dieſer Ort— lichkeiten. Vom November an ſchwärmen aber dieſe Dickichte von vielerlei Vögeln. Namentlich find die Randgebüſche, welche an Mais-, Baumwollen- und Zuckerrohrfelder grenzen, voller gefiederter Winter— gäſte. Hunderte, ja, Tauſende der kleinen Wald— finken bergen dieſe Dickichte. Winterfinken kommen ſchaarenweiſe an. Im Walde ſelbſt ſieht man aller— wärts Erd- und Fuchsfinken, Einſiedler- und Braun— droſſeln. Die Schwärme hier überwinternder Finken verlaſſen dieſe Ortlichkeiten nicht gern und entfernen ſich nie weit von ihnen. Etwa vom 10. November bis Mitte April iſt der Buſchfink oder der weißkehlige Ammerfink einer der häufigſten und auffallendſten Vögel dieſer Ortlichkeiten. Man ſieht ihn immer in Scharen mit verſchiedenen Verwandten zuſammen. Auch jetzt noch bietet der Wald einen lieblichen Anblick; ſchimmern doch die glänzendroten Beeren der Stechpalmen!) aus dem dunkeln immergrünen Gelaube hervor. Wie die meiſten anderen Ammerfinken, ſo iſt eines Morgens auch der Buſchfink, ohne ſich vorher durch einzelne Individuen ſeiner Art anzukündigen, plötzlich da. Wo am Abend vorher noch keiner zu ſehen war, flattern jetzt Hunderte umher. „Wie er ankommt und ſcheidet“, ſchildert Audubon, „iſt mir völlig unbekannt. Ich kann nur jagen, daß plötzlich die Ränder der Felder, welche an Bäche und ſumpfige Ortlichkeiten ſtoßen und welche mit verſchiedenen Weinreben überwachſen und mit Sumachbüſchen, Dornen und höheren Grasarten beſtanden ſind, ganz von Geſellſchaften dieſer Vogel belebt ſind. Sie leben in beſter Eintracht in Scharen von dreißig bis fünfzig 1) Ilex myrtiſolia. Der Buſchfink. 361 —— —— — — — . — — ——ẽ— ͤ w3WVJD— ͥ Ä —— — . — — Stück zuſammen. Beſtändig fliegen ſie in den Dik— kichten auf und nieder, bewegen dabei häufig den Schwanz und ſtoßen einen Laut aus, der dem gewöhn— lichen Ruf aller Glieder der Familie ähnlich iſt. Aus den Hecken und Dickichten fliegt immer einer nach dem andern in ſchneller Aufeinanderfolge herab zum Boden, wo ſie dann in einer Entfernung von acht bis zehn Yards herumlaufen und hüpfend und mit den Füßen ſcharrend nach Nahrung, kleinen Sämereien, ſuchen. Dabei beobachten ſie die vollkommenſte Stille. Wenn das geringſte fremdartige Geräuſch ertönt, und häufig auch ohne irgend welche Veranlaſſung, fliegen ſie blitzſchnell in die ſchützenden Dickichte und zwar immer in den dichteſten Teil derſelben. Einige Augenblicke ſpäter, wenn fie ſich von der Gefahrlofig- | keit überzeugt haben, hüpft einer nach dem andern auf einen höheren Wipfelzweig hinauf und beginnt hier ſeinen zwar kurzen, aber außerordentlich lieblichen Ge ſaug. Eine wunderbare Sanftheit liegt in den Tönen, die ich dir, lieber Leſer, zu beſchreiben wünſche, aber nicht beſchreiben kann, obwohl ſie mir noch jetzt in der Seele nachklingen. Mir iſt es, als befände ich mich noch in denſelben Feldern, in welchen ich den Tönen ſo oft mit Entzücken gelauſcht habe. Sofort nach dem Singen kehrt jeder auf den Boden zurück, um das frühere Treiben fortzuſetzen. Dies Herabfliegen auf die Erde und Hinauffliegen in die Büſche wechſelt den ganzen Tag hindurch ab. Beim Beginn der Nacht ſtoßen ſie einen ſchärferen, mehr ſchrillen Ton aus, welcher durch die Silbe ‚Twite wiedergegeben werden kann und welcher in ziemlich ſchneller Auf— einanderfolge von der ganzen Geſellſchaft wiederholt wird. Dieſe Laute erklingen, bis der erſte Ruf einer Eule ſie ſo in Furcht ſetzt, daß ſie ſchweigen. Doch auch zur Mitternachtszeit, in ſchönen Nächten, habe ich hin und wieder das Gezwitſcher vernommen, gleichſam als wollten ſie ſich gegenſeitig verſichern, daß ſie alle noch wohl ſind. An warmen Tagen fliegt ein ſolcher Schwarm auch in die Wälder und ſucht ſich dort Futter an den Ranken des Weinſtockes, nimmt hier eine Beere hinweg, welche der Winter übrig gelaſſen hat, oder ſucht ſich dort andere Nahrung; niemals aber entfernen ſie ſich weit von ihren Lieblingsdickichten.“ Er erſcheint im nördlichen Illinois und in Wis— conſin etwa anfangs Oktober aus ſeiner nördlichen Heimat. Die buſchigen Waldesſäume, die Dickichte ſumpfiger Ortlichkeiten, Hecken in Feldern und nament— lich auch größere Obſtgärten ſuchen ſie während dieſer Zeit mit Vorliebe auf. Kleine Unkraut- und allerlei Grasſämereien find im Herbſt und Winter ihre Haupt- nahrung. Mitte Oktober kommen die erſten im ſüd— lichen Miſſouri an, wo viele in den geſchützten Thälern und Schluchten des Ozark-Gebirges überwintern. Das Leben in der Fremde iſt ein vielbewegliches, heiteres und fröhliches. Wenn man die Scharen der aus vielen Arten beſtehenden Wintergäſte, ihr friedfertiges Zuſammenleben, ihr ergötzliches Necken und Jagen durch das dichteſte Gebüſch beobachtet, dann ſchon muß man dieſe intereſſanten Vögel wirklich lieb gewinnen. Sie ſind immer lebendig und heiter, und ſelbſt ein rauher, naßkalter, tagelang anhaltender texaniſcher „Norder“ und das Erſcheinen gefiederter Räuber vermag ihre gute Laune nicht auf längere Zeit zu unterdrücken. Die meiſten verlaſſen das ſüdöſtliche Texas ſchon zeitig im März; ich habe aber an der Weſt⸗Yegua noch am 22. April zahlreiche Nachzügler in Geſellſchaft von Winter- und Erdfinken beobachtet, zu einer Zeit, da der ganze Wald vom herrlichſten Duft blühender Weinreben und vieler Waldblumen angefüllt war, als ſchon Buſchvireos, Mückenfänger und Meiſenſänger nebſt vielen anderen Vögeln mit der Brut beſchäftigt waren. Am Morgen des 23. April waren jedoch alle verſchwunden. Im nördlichen Illinois erſcheinen die meiſten Mitte bis Ende April, und die letzten Nachzügler verweilen bis Mitte Mai und noch länger, verſchwinden dann aber ebenſo plötzlich, wie ſie gekommen. Während des Frühlingsdurchzuges in Wisconſin und Illinois kommen ſie häufig in die Gärten und in unmittelbare Nähe der Wohnungen, um Körner und Inſekten zu ſuchen. Sämereien ſind jetzt draußen im und am Gebüſch faſt nicht mehr zu finden. Nur aus dieſem Grunde ſuchen ſie in Geſellſchaft vieler anderer Ammerfinken die Nähe des Menſchen auf. Sie kamen in jedem Frühling inmitten des Städtchens Oak Park in den gebüſchreichen Garten, an welchen meine Wohnung grenzte. Ich ſtreute jeden Morgen die Überreſte des Futters meiner Käfigvögel unter das Küchenfenſter. Bald kamen dann ganze Scharen dieſer Vögel, nebſt Krou- und Winterfinken, um zu traulich die Sämereien aufzuſuchen. Einmal daran gewöhnt, kamen ſie jeden Tag zur beſtimmten Stunde wieder, um ihren Anteil in Empfang zu nehmen. Das Brutgebiet des Buſchfinken erſtreckt ſich vom nördlichen Wisconſin, Michigan, New Hampfhire, Vermont und Maine bis zum 66. Grad nördlicher Breite. Seine Heimat iſt vornehmlich das britiſche Amerika bis zu den arktiſchen Regionen. Manche brüten ſchon in Maſſachuſetts, ein zahlreicher Brut vogel iſt er in den White Mountains in New Hamp— 46 ſhire. Brewer fand dort mehrere Neſter. Sie ſtanden immer auf der Erde, gewöhnlich durch umher— ſtehendes Gras geſchützt, oder waren unter Büſchen und Bäumen oder an einem umgefallenen Baume angelegt. In dieſer Gegend zeigten ſie noch ihre urſprüngliche Wildheit und Scheu, denn man fand ſie ſelten in der Nähe von Wohnhäuſern oder auf unter Kultur befindlichem Lande. den ſich ſogar an der Stadtgrenze in der Nähe der Häuſer und waren ebenſowenig ſcheu wie der Sän— gerfink. — Das Neſt ſteht gewöhnlich, aber nicht immer, auf dem Boden; manchmal iſt es auch in Büſchen angelegt. In der Regel ſteht es in einem Sumpfe oder in der Nähe eines ſolchen. Es iſt ein großer tiefer Bau, beſteht äußerlich aus Gras und Pflanzenſtengeln und iſt innen mit feineren Gras- hälmchen, Wurzeln, Federn, namentlich aber mit Haaren ausgelegt. Die Zahl der Eier variiert zwi— ſchen vier und ſieben, doch iſt fünf die gewöhnliche Anzahl. Die Grundfarbe iſt ein mattes Grün, und die meiſt dicken fuchs- und roſtbraunen Flecken ver— teilen ſich über die ganze Oberfläche. Manchmal ſtehen die Flecken nicht ſo dicht, ſodaß man die Grund— farbe deutlich erkennen kann, meiſt iſt dies aber nicht möglich, und das ganze Ei erſcheint dann faſt ein— farbig braun. Hört man ſchon während der Frühlingszugzeit einzelne ſehr melodiſche Töne, ſo hallt es im Brut— gebiete wieder von den Liedern zahlreicher Sänger dieſer Art. Der Geſang zeichnet ſich mehr durch Einfachheit und ſanfte Lieblichkeit, als durch Fülle und Reichtum der verſchiedenen Strophen aus. Die Be— wohner der Gebirgsgegenden Neu-Englands nennen ihn deshalb Peabody-Vogel (Peabody Bird), weil fein Geſang in ihren Ohren wie „Pea-a-body, a' body, a' body, a'body“ klingt. Mir ſcheint es, als könne der Geſang einigermaßen richtig durch fol— gende Laute wiedergegeben werden: „Wih-ah-tili, ah-Lli, ah-lili, ah-lil.“ Die erſten Töne find rein, hoch und laut, die letzten leiſer und tiefer. Bur— roughs meint, er habe dieſe Töne zuerſt nur für eine Art Vorſpiel gehalten, auf welches der ſchöne, eigentliche Geſang folgen ſollte; aber es blieb eben nur beim Vorſpiel. Der gewöhnliche Laut iſt ein ſchmatzendes „Tſchip“, welches leiſe ausgeſtoßen als Lockruf, ſchnell und laut hervorgebracht als Angſt— und Warnungsruf gilt. Der Flug iſt ziemlich ſchnell, aber er iſt meiſt niedrig und führt nur von Gebüſch zu Gebüſch. In Halifax, Nova Scotia, dagegen brüteten ſie in Gärten, fan- —ͤ——äů ͤ — 362 g Der Buſchfink. Während der Zugzeit jedoch erheben ſie ſich hoch in die Luft. Er iſt ein echter Bewohner der Gebüſche, die er faſt nie verläßt und je dichter dieſe ſind, deſto lieber ſind ſie ihm. Im hohen Norden ſcheint er namentlich die kleinen Nadelholzdickichte zum Aufent— halt zu wählen. Man findet ihn nie weit von Ge— büſchen und Dickichten. Auf dem Boden läuft er, wie alle Ammerfinken, außerordentlich gewandt um— her. Zierlich, anmutig, ſchnell und geſchickt ſind alle ſeine Bewegungen auf demſelben. Gerade dieſe Art habe ich oft gefangen und im Käfig gehalten, und er hat auch als Käfigvogel immer zu meinen beſonderen Lieblingen gezählt. Mit vielen anderen Ammerfinken und kleinen ausländiſchen Vö— geln hielt ich ihn zuſammen in einem Geſellſchaftskäfig. Schnell gewöhnte er ſich ein, zeigte ſich immer ſchmuck im Gefieder, lebte mit allen ſehr verträglich und zeich— nete ſich durch ſeine elegante Geſtalt und durch ſein gleichſam ariſtokratiſches Weſen vor den meiſten andern Finkenvögeln vorteilhaft aus. Auf einen Geſang darf Höchſtens laſſen ſie einige abgeriſſene Töne hören, die auch nicht die entfernteſte Ahnlichkeit mit dem eigent— lichen im Brutgebiete erklingenden Geſange haben. Um den ganzen, vollen Geſang zu hören, muß man ihn in Einzelhaft halten. Er wird dann alle auf ihn verwendete Mühe reichlich durch fleißiges Singen lohnen. Da die Geſchlechter ſchwierig voneinander zu unterſcheiden ſind, ſo iſt es ebenſo leicht möglich, ein nicht ſingendes Weibchen anſtatt eines Männchens gefangen zu halten. Ein ſicheres Kennzeichen eines alten Männchens iſt das während der Brutzeit ſich findende reine Schwarz auf der Krone, während junge Männchen und Weibchen dies Zeichen nicht haben. Wie alle kleinen einheimiſchen Vögel, ſo iſt auch der Buſchfink für die Landwirtſchaft außerordentlich nützlich. Im Frühling und Herbſt zerſtört er unzäh— lige, unter altem Laube ſich aufhaltende Inſekten, namentlich aber deren Eier und Larven. Auch von den ſehr ſchädlichen Unkrautſämereien vertilgt er eine un— geheure Menge. Er verdient deshalb, wie alle kleinen Vögel, den thatkräftigſten Schutz von Seiten des Menſchen. Leider werden alle unſere kleinen Vögel längſt nicht ſo geſchätzt als ſie es verdienen. Ihr Nutzen, ganz abgeſehen von ihrem Geſange und der herrlichen Belebung der Natur, iſt für den Landmann ganz unberechenbar groß. Namen: Buſchfink, weißkehliger Ammerfink, Weißkehlchen. White-throated Sparrow, Hedge Sparrow, White Throat, Bush Sparrow, Peabody Bird. es Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla albicollis Gme- lin (1788). — Zonotrichia albieollis Bona p. (1850). — Passer pennsylvanicus Briss. (1760). — Fringilla pennsylvanica Lath. (1790). — Zonotrichia pennsyl- vanica Bonap. (1835). Beſchreibung: Kehle auffallend reinweiß. Kopf— Baumfink. krone ſchwarz, durch einen weißen Mittelſtreif geteilt; ein gelber Streif von der Schnabelwurzel bis zum Auge „ der dann in Weiß übergeht und bis zum Hinterkopf läuft; 363 unter dieſem ein durchs Auge laufender ſchwarzer Streif; ein ſchwarzer Bartſtreif, der die weiße Kehle von der aſchgrauen Färbung der Kopfſeiten trennt; Flügelbug gelb; Rücken bräunlich, dunkel geſtrichelt; Flügel mit zwei weißen Querbinden; Bruſt aſchgrau, allmählig in Schmutzigweiß übergehend. — Weibchen ähnlich, aber matter; das Schwarz des Kopfes durch Braun erſetzt. Länge 6.50 bis 7 Zoll; Flügel 3.00 Zoll, Schwanz 3.00 Zoll. Der Baumfink. Tree Sparrow. ie tropiſche Sonnenhitze hält in den nördlichen Staaten nur einige Monate an. Bald, nur zu bald iſt der kurze Sommer dahin. Bereits im September treten leichte Nachtfröſte auf. folgende Jahreszeit mit ihrem wunderbaren Farben— reichtum iſt jedoch in dieſen Gegenden die ſchönſte des ganzen Jahres. Wenn man anfangs September durch die mit Gebüſchen, Feldern, Wieſen und Wäldern abwechſelnden Gegenden wandert, hört und ſieht man die unlängſt ausgeflogenen jungen Goldzeiſige zwit— ſchernd um Futter betteln. kommen um dieſe Zeit auch aus ihrem nördlichen Brutgebiete an, um dem Süden zuzuwandern. In den erſten Tagen des Oktober erſcheinen ungeheure Scharen verſchiedener Finken und Waldſänger; dann tritt der Indianerſommer ein mit ſeiner zauberiſchen Pracht. Die Blätter der Eichen, des Ahorns und anderer Waldbäume kleiden ſich in die feurigſten Farben und gemahnen durch dieſen feenhaften Schmuck an das Nahen des rauhen Winters. Ende Oktober und anfangs November ſind die meiſten Sommergäſte ſüdlich gezogen. Die Blauvögel haben ihren heimat— lichen Garten, die Schwalben ſchon längſt ihr lieb— gewordenes Vogelhaus und ihre Scheune verlaſſen, und auch Wander-, Katzen- und Braundroſſeln, Sänger- und Gartenfinken haben ſich auf die Reiſe gemacht. Bis auf wenige Nachzügler ſind endlich alle die trauten gefiederten Gartenbewohner des Sommers dem Süden zugeeilt, und auch die vom Norden zuge— Die nun Unzählige Waldſänger wanderten Finkenarten folgen ihnen bald, ſodaß Ende November nur noch ſehr wenig Vögel zu beobachten ſind. Doch es ſtellen ſich immer wieder neue Scharen anderer nordiſcher Arten ein, welche die Stellen der Spizella monticola BAIRD. weggezogenen einnehmen. Manche dieſer Vögel find ſchon früher eingetroffen, ſie ließen ſich bis jetzt aber nicht in unmittelbarer Nähe des Menſchen ſehen. Es ſind dies meiſt kleine graue, unſcheinbare Vögelchen, Baumfinken, welche vielleicht ſchon ſeit mehreren Wochen aus den Gegenden des großen Bären-Sees, den Ufern des Mackenzie oder gar aus Alaska gekom— men ſind. Zunächſt halten ſie ſich im Gebüſch der Waldſäume, in mit Dickichten beſtandenen Sümpfen, in Hecken und an Zäunen auf, da ſie hier vielerlei Sämereien finden. Kälte, beſonders aber Nahrungs— mangel, treiben ſie bald in die Nähe von Menſchen, wo ſie an Heu- und Strohſchobern, in Obſt- und Ziergärten den Tiſch reichlich gedeckt finden. Die Baumfinken kommen in Wisconſin gewöhn— lich Ende Oktober und anfangs November an, werden aber am Ende des genannten Monats beſonders häufig. Sie miſchen ſich oft unter andere Arten, bleiben aber am liebſten für ſich. Sie gleichen in ihrem Weſen ganz den nahe verwandten Garten— und Waldfinken. Wenn man im November durch das Gebüſch der Bachränder, der Waldſäume und durch verwilderte Viehweiden geht, wird man ſie regelmäßig antreffen. Wenig fallen ſie freilich durch ihre Erſcheinung, deſto mehr aber durch ihren auch im Herbſte erklingenden Geſang auf. An düſteren, trüben Tagen wird man allerdings keinen Laut von ihnen hören, aber an den ſchönen Tagen des oft ſich bis in die letzte Woche des November erſtreckenden Indianerſommers wird man oft den melodiſchen Lauten lauſchen können. Er iſt dann der einzigſte Sänger, welchen man hört. Hunderte flattern aus dem Gebüſch auf, wenn man ſie ſtört. Sobald ſtarker Schneefall eintritt und ihre Nahrung verdeckt, ziehen 90 55 82 364 Der Baumfink. die meiſten ſüdlicher und nur wenige bleiben in Wis— conſin und dem nördlichen Illinois an geſchützten Stellen, wo Unkraut und Buſchwerk beſonders dicht ſteht, zurück. Ihre Reiſe dehnen ſie nicht ſehr weit nach Süden hin aus, und nur wenige ziehen bis ins Innere von Tenneſſee und Arkanſas. Die Mehrzahl findet ſchon in den Mittelſtaaten zum Überwintern günſtige Ortlichkeiten. Überhaupt werden ſie nie durch Kälte, ſondern immer nur durch Nahrungsmangel ſüdlich getrieben. Ich ſah ſie in Wisconſin mitten im Winter bei einer Kälte von 25 bis 30 Grad F. unter Null noch wohlgemut umherhüpfen und Coues beobachtete ſie im nördlichen Dakota bei einer noch größeren Kälte anſcheinend fröhlich nach Nahrung ſuchen. Während ihres Aufenthalts in Wisconſin und Nord-Illinois ſah ich ſie gewöhnlich in der Nähe von Hecken, in den mit Gras und Strauchwerk beſtandenen Fenzecken, in den Unkrautſtengeln der Dickichte und in den Gebü— ſchen der Wälder. Da, wo im Sommer aus den Unkrautſtengeln die prächtige Wieſenlilie!) ſich erhebt und ihre bremmend orangeroten Blüten öffnet, wo bald nach dem Verſchwinden des Schnees die Blut— wurzel!) ihre weißen Blüten entfaltet, wo liebliche, doch geruchloſe Veilchen blühen und Drythronium canadensis mit feinen ſchön gefleckten Blättern und lilienartigen Blumen ſteht, wo ferner das ſchöne Dreiblatt?) unter den Büſchen verſtohlen hervorlugt, wo jetzt aber alles erſtorben zu ſein ſcheint und rauhe Winde darüber hinfegen, da findet ſich der Baumfink in großer Anzahl. Hier ſucht er ſeine Nahrung, oft in Geſellſchaft der Buſchfinken, faſt ausſchließlich vom Boden auf, und nur wenn Schnee die Erde deckt, ſieht man den einen oder den andern an einem Stengel hängen und an dieſem herumpicken; die andern ſitzen auf dem Schnee, um die herabfallenden Körnchen aufzuſuchen. Verdeckt der Schnee endlich auch dieſe Nahrungsquelle, dann werden unſere Vögelchen aller— dings gezwungen, entweder ſüdlich zu wandern oder die Nähe der Gehöfte aufzuſuchen. Das letztere geſchieht freilich nur dann, wenn ſie die Not dazu treibt, denn ſie meiden eher die Nähe des Menſchen, als daß ſie dieſelbe aufſuchen. Sie finden ſich dann namentlich an Heu- und Strohſchobern ein, wo es an allerlei Gras- und Unkrautſämereien nicht mangelt. Gelegentlich bei ſehr ſtrenger Kälte und tiefem Schnee kommt der ſonſt ſo ſcheue Vogel der hochnordiſchen menſchenleeren Gegenden ſelbſt in die Nähe der Küche, 1) Lilium superbum. 2) Sauguinaria canadensis. 3) Trillium grandiflorum, um hier allerlei Abfälle und von mitleidiger Hand ausgeſtreute Körnchen aufzuſuchen. Sie ſind im Winter namentlich im ſüdlichen Illinois und im ſüdlichen Miſſouri häufig, treiben ſich hier dann auch in Geſellſchaft vieler anderer Finken umher, mit dieſen Freud und Leid teilend. Nähert man ſich einer ſolchen Schar, ſo fliegen ſie alle dem nächſten Dickicht zu, aber während die anderen Finkenarten das Innere des ſchutzbietenden Dickichts zu gewinnen ſuchen, wählt ſich der Baumfink, ganz ſeinem Namen ent— ſprechend, die Spitze eines Baumes oder Buſches zum Sitzplatz, von hieraus Umſchau haltend. Gar mancher wird im Winter von dem mörderi— ſchen nördlichen Würger, der in der Spitze eines Baumes oder einer Oſage-Orangenhecke ſitzt und auf die unter ihm auf dem Boden und im Gras und Unkraut nach Nahrung ſuchenden Vögel lauert, gefangen und verzehrt oder auf Dornen geſpießt. Dies ſcheint während dieſer Zeit auch der alleinige Feind zu fein, der die munteren Vögel ernſtlich ge— fährdet. In Wisconſin beobachtete ich die Baum— finken, beſonders in milden Wintern, an einem klei— nen Landſee, welcher durch viele aus den Bergen her— vorſprudelnde nie zufrierende Quellen geſpeiſt wurde. Das Schilf, die Seggen und Binſen, welche am moorigen Ufer des Sees wuchſen, boten ihnen reichlich Nahrung, und die in der Nähe ſtehenden Kiefern— dickichte ſchützten ſie gegen Kälte und ſchneidende Winde. Schon an ſchönen Wintertagen fühlte ſich hie und da ein in der Spitze eines Baumes ſitzendes Männchen durch den hellen Sonnenſchein und die wärmere Luft angeregt, fein Lied oder doch einzelne Töne desſelben fröhlich erſchallen zu laſſen. Sobald aber Ende März die gerade heimgekehrten Blauvögel von ihren Niſtkäſten herab ihr trautes Gewirbel ertönen laſſen, wenn Wanderdroſſeln, Sängerfinken und Wieſenſtärlinge die Botſchaft des nahenden Frühlings aus dem Süden bringen, dann jubeln auch dieſe nordiſchen Gäſte dem Lenze entgegen. Nun ſingt's und klingt's oft von zehn, ja von zwanzig Baumſpitzen herab, ſo ſchön und lieblich, wie man ſich ein Frühlingskonzert kaum ſchöner vorſtellen kann. Der Geſang iſt laut und ſchallend, beginnt mit einigen hohen Tönen, fällt dann ſchnell tiefer herab und endet mit einem niedrigen lieblichen Gezwitſcher. Doch nicht lange haben wir die Gelegenheit, die Töne des Baumfinken zu hören. Zeitig im April ſchon verläßt die Mehrzahl die nördlichen Staaten, um in ihre nordiſche Heimat zu ziehen. Nachzügler trifft man freilich noch Ende des genannten Monats. Der Haarvogel oder Haarfink. Folgen wir ihnen in ihre Heimat, ſo müſſen wir ſie bis in jene menſchenleere Gegenden des Nordens begleiten, wo nur noch zwergartiges Geſtrüpp den Boden bedeckt. Auch hier zeigen ſich in ſchönen Erikaceen!), Steinbrecharten?) und Moos noch immer reizende Kinder Floras. Zwergweiden, Birken- und Erlengebüſche, nebſt Nadelhölzern ſäumen Flüſſe, Bäche und Seen. Nach Nordoſten zu, in Alaska, iſt die Pflanzenwelt freilich mehr entwickelt, und an deſſen Strömen, namentlich am Yukon, finden ſich noch ſchöne Wälder. eigentliche Heimat unſeres Vogels zu ſuchen. Er verbreitet ſich im Sommer von Labrador bis nach Namen: Baumfink. Alaska. vogel; ſeine Heimat liegt noch nördlicher. fand ihn zahlreich in Alaska, und Keunicott fand Neſt und Eier am )ukon. McFarlane traf ihn Am Saskatchewan iſt er noch nicht Brut— in großer Anzahl bei Fort Anderſon brütend. Die Mehrzahl der Neſter ſtand auf dem Boden, einige in Büſchen nahe an der Erde und nur wenige Fuß über derſelben. Sie waren aus trockenen Gräſern und Baumrinde loſe zuſammengefügt und innen mit Federn ausgelegt. Die auf dem Boden angelegten befanden ſich in der Regel in einem Grasbüſchel. Die Zahl der Eier betrug meiſt vier und fünf, doch wurden gelegentlich ſelbſt ſechs und ſieben gefunden. Sie ſind größer als die der übrigen der Sippe (Spizella) Dort oben haben wir die Abart Spizella monticola ochracea RRR WS TER, welche Biſchoff 365 und ähneln denen des Sängerfinken ſehr. Sie ſind blaßbläulich und mit verſchiedenen rötlichbraunen, ziemlich gleichmäßig verteilten Flecken geſprenkelt. Für den Käfig eignet ſich unſer Baumfink ſehr gut. In einem Geſellſchaftskäfig mit ſeinesgleichen, mit Winter-, Sänger-, Buſch-, Kron- und Fuchs— finken, zeichnet er ſich durch Zutraulichkeit und mun— teres Weſen aus. Bei ſorgſamer Pflege zeigt er ſich | ausdauernd und ſingt auch fleißig. Der in Alaska vorkommende Baumfink iſt die ſich über das weſtliche Nordamerika verbreitet. Tree Sparrow, Mountain Finch. Moineau du Canada (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla monticola Gmel. (1788). — Zonotrichia monticola Gray. Spinites monticolus Cab. (1851). — Spizellu monticola Baird (1358). — Passer canadensis Briss. (1760). — Emberiza canadensis Sw. — Spizella canadensis Bp. — Fringilla arborea Wils. (1810). Beſchreibung: Krone kaſtanienbraun; weißlicher Streif über dem Auge; Streif hinter dem Auge und Bartſtreif kaſtanienbraun; Rücken ſchwärzlich, bräunlich und aſch— grau geſtrichelt; Unterſeite weißlich, braun und grau verwaſchen; auf der Bruſt ein dunkler Fleck; zwei weiße Flügelbinden. Länge 6.25 Zoll; Flügel 3.00 Zoll; Schwanz wenig kürzer. Der Maar vogel oder Haarfink. Chipping Sparrow, Hairbird. Spizella socialis BONAPARTE. Tafel XXIII. Vogel 2. olange noch Urwald in der nächſten Umgebung des Auſiedlers vorhanden iſt, hat das Hinter— wäldlerleben einen gewiſſen poetiſchen Reiz. Poeſie ſchwindet aber mit dem Urwalde faſt gänz— lich. Selbſt in unmittelbarer Nähe des Hauſes muß jeder Baum, der zur Verſchönerung der Um- gebung außerordentlich viel beitragen würde, der vernichtenden Axt weichen. Strauch, liegt der Hofraum nun da. Jahre vergehen dann, ehe einige Obſtbäume angepflanzt werden. 1) Ledum palustre. 2) Saxifraga. Dieſe Kahl, ohne Baum und | Es iſt eine traurige Thatſache, daß auf dem Lande leider noch viel zu wenig zur Verſchönerung der nächſten Umgebung des Wohnhauſes gethan wird. Höchſtens find einige Obſtbäume vor das Haus, an— ſtatt hinter dasſelbe gepflanzt. Allerwärts liegen Holz— ſtücke, Bretter, Steine und Arbeitsgerätſchaften umher, und die im Hofraume und am Hauſe umherlaufenden Haustiere verraten uns, daß der Schönheits- und Ge— ſchmacksſinn des Eigentümers ſich noch auf der nie— drigſten Entwicklungsſtufe befindet. Anders iſt dies teilweiſe im Süden, wo früher reiche Pflanzer von ihren Reiſen in Europa nicht nur eine umfaſſende 366 Der Haarvogel Bildung, Geſchmack für ſchöne Gartenanlagen, ſon— dern auch zahlreiche prachtvolle Pflanzen zur Ver— ſchönerung ihrer Anlagen mitbrachten. In Süd— Carolina, Georgia, Florida, Alabama und Louiſiana giebt es in der That paradieſiſche Gärten. Findet man doch bei Charleston, Süd-Carolina, prächtige indiſche Azaleen von zwanzig Fuß Höhe und zwanzig Fuß Durchmeſſer und Kamelien von derſelben Größe. Im ſüdlichen Louiſiana, in der Gegend des hübſchen Vermillionville, Jeanerette, New Iberia u. ſ. w., ſah ich herrliche Anlagen. In Geſellſchaft der wunder— ſchönen einheimiſchen Magnolien), Gordonien'), Pal— mettos und Nuccas ſtehen Ardiſien, indiſche Azaleen, Kamelien, Theeſträucher, Lorbeerkirſchen, Euony— mus), herrlich duftende Gardenien, Jasmin, Mal— phigien, Guaven, Myrten, Melaleucen, Metroſideros, Photinien, japaneſiſche Mispeln, Granatſträucher, Oleander, Theeolivenſträucher ), Pittoſporum, Lau— rustinus, Bankſiaroſen, Palmen und viele andere. Dieſe alle ſind in feineren Gartenanlagen gewöhnlich und treten ſtellenweiſe zu dichten herrlichen Dickichten zuſammen. Obgleich dieſe prächtigen immergrünen Bäume und Sträucher im Norden nur in Gewächs— häuſern gedeihen, ſo bietet ſich doch in vielen ſchönen Nadelholzbäumen, wie Tannen, Wacholder, Cedern, Lebensbäumen und Rhododendron, Kalmien, Andro— meden u. a., eine ſolche Fülle herrlicher Gewächſe, daß man ſchon eine lange Liſte anfertigen müßte, um ſie alle zu nennen. Von Sträuchern ſieht man in nördlichen Gärten gewöhnlich nur den Schneeball— ſtrauch und Syringen (ſpaniſchen Flieder), die freilich in der Blüte herrlich, nach derſelben aber nicht mehr ſchön find. Der japaneſiſche Schneeball'), Hecken— kirſchen!), Weigelien, Hortenſien, Spierſträucher, Deutzien, Philadelphus (mehrere Arten), Schnee— flockenbaum, Gewürzſtrauch, ſchönblühende Stachel— beerſträucher) eignen ſich trefflich für nördliche Gär— ten. Doch wir geraten auf das allerdings mit dem Vogelleben ſo innig zuſammenhängende Gebiet der Landſchaftsgärtnerei. Nur dies ſei noch kurz bemerkt, daß ſchöne baum- und gebüſchreiche Anlagen, die hie und da mit ſauber und glatt gehaltenen Raſenflächen abwechſeln, nicht nur ihrem Beſitzer eine Fülle von Freude bereiten, ſondern auch den Wert des betreffen— den Eigentums ganz bedeutend erhöhen. Reicher ſind die ſüdlichen Gärten an ſchönen 1) Magnolia grandiflora und M. glauca. 2) Gordonia Lasian- thus. 3) Euonymus japonica. 4) Osmanthus fragrans. 5) Vibur- num plicatum. 6) Lonicera tartarica und L. xylosteum. 7) Ribes aureum, R. sanguineum, oder Haarfink. Pflanzen, reicher die nördlichen an verſchiedenen Vögeln. Unter den Vogelarten der dichtbepflanzten nördlichen Gärten iſt der Geſellſchafts-, Zirp— oder Gartenfink, Haarvogel oder Haarfink, wie man ihn gewöhnlich nennt, einer der häufigſten, zutraulichſten und bekannteſten. Allerwärts, in allen von Menſchen bewohnten Ortlichfeiten im Norden der Union iſt er ein zahlreicher Vogel. Zutraulichkeit iſt feine hervortretendſte Eigenſchaft. Ohne Scheu kommt er ſowohl in die Nähe der im Urwalde errich— teten Blockhütte, wie an das prächtige Laudhaus in den ſchon längſt beſiedelten Gegenden, vorausgeſetzt, daß ſich dichte Gebüſche vorfinden. Auf den baum— loſen Prärien des nördlichen Illinois hat er ſich zahl— reich eingeſtellt, ſobald die Anſiedler Bäume und Gebüſch anpflanzten, und dasſelbe iſt auch weiter weſtlich der Fall. Am zahlreichſten tritt er in den Nord- und Oſt-Staaten auf. Ich fand ihn von Wisconſin bis zum weſtlichen Miſſouri brütend. Nördlich verbreitet er ſich bis zum großen Sklaven— ſee, weſtlich bis zum Stillen Ozean. Im nördlichen Californien, Oregon und Waſhington iſt er faſt ebenſo häufig, als im Oſten. Ridgway fand ihn zahlreich brütend im Oſt-Humboldt-Gebirge, und in Arizona iſt er nach Coues ebenfalls ein gewöhnlicher Brutvogel.*) Die Südgrenze feines Brutgebietes iſt mit Sicherheit nicht anzugeben. In Texas traf ich ihn im Winter zahlreich, doch nie während der Brutzeit. Nach Gerhardt iſt er im nördlichen Georgia, nach Coues in Süd⸗Carolina Brutvogel, doch gehört er dort, wie auch im ſüdweſtlichen Miſſouri, durchaus nicht zu den gewöhnlichen Brutvögeln, kommt viel— mehr immer nur in beſchränkter Anzahl vor. Allerwärts, wo er vorkommt, ſiedelt er ſich in der Nähe des Menſchen an. Bietet ihm der Garten kein paſſendes Niſtgebiet, ſo ſucht er Gebüſche in Viehweiden, an Waldrändern und auf Kirchhöfen auf. In Wisconſin baute jedes Jahr ein Pärchen in den die Veranda ſchmückenden wilden Weinſtock an meinem elterlichen Hauſe, während gleichzeitig ein anderes Pärchen nicht weit davon in einer Wald— rebe und ein drittes in einem dichten Stachelbeer— buſche ganz in der Nähe des Hauſes ſein Neſt hatte. An meiner früheren Wohnung in Oak Park baute ein Pärchen regelmäßig in das Innere eines dichten Lebensbaumes. Am liebſten ſind ihm zur Anlage des Neſtes dichte Stachelbeerſträucher. In dieſen ſchönen Zierſträuchern brütet er oft ſo verſteckt ) Der im Weſten vorkommende Haarvogel iſt die Abart Spizella socialis arizonae. — im Innern, daß man ſchon ſehr ſorgfältig und genau ſuchen muß, um den Bau zu entdecken. Auch Wacholder, Cedern, Tannen und Fichten werden von ihm zur Anlage des Neſtes bevorzugt. Da, wo man, wie im Oſten, recht dichte Alpenroſen (Rhododendron), pontiſche Azaleen, Kalmien, Andromeden anpflanzt, legt er in ihnen ſeinen Bau gerne an. Auch in Heckenkirſchen, Jasminbüſchen, Weinreben, Jelänger— jelieber, Weißdorn, Johannisbeerbüſchen und anderem Strauchwerke ſiedelt er ſich an, wenn dasſelbe dicht iſt und die unteren Aſte faſt bis zum Boden herab— hängen. Ohne Scheu kommt er bis an die Haus— thüren, um Futter zu ſuchen. Man kann ihn ſo an ſich gewöhnen, daß er auf einen beſtimmten Ruf oder Pfiff herbeikommt, um die hingeſtreuten Körnchen aufzuſuchen. Wird er verſcheucht, ſo ſucht er ſich im nächſten dichten Gebüſch zu ver— bergen. Kein Wunder, daß jedermann einen ſolch zutraulichen, liebenswürdigen Vogel gern hat, ob— gleich er ſich weder durch Gefiederſchönheit, noch Geſangeskunſt auszeichnet. Der Gartenfink iſt darum auch viel bekannter als die meiſten anderen im Garten brütenden Vögel, die ſich ſo gern den beobachtenden Blicken entziehen. Unter dem Namen „Chipping Zird“ und „Chippy“ nach feinem Zirpen, und unter der Bezeichnung „Hairbird“ nach feinem hauptſächlich aus Haaren hergeſtellten Neſt, iſt er allgemein bei jung und alt bekannt. Unſer kleiner Fink iſt ein Zugvogel. Viele er ſcheinen im Norden ſchon Ende März, die meiſten aber erſt etwa Mitte April, und im Oktober ziehen ſie wieder ſüdlich. Doch kann man auch noch ſpät im November einzelne Nachzügler beobachten. Sie wan— dern in kleinen Flügen, finden ſich oft auch in Geſell— ſchaft anderer Ammerfinken. Gleich nach der Heim— kunft löſen ſich die Geſellſchaften auf, und jedes Pär— chen ſucht ſein altes Niſtrevier wieder auf. In einem großen Garten findet man oft drei bis vier Pärchen, doch iſt das Niſtgebiet eines jeden, obgleich klein, doch ſcharf abgegrenzt. Vor anfangs Juni findet man in Wisconſin ſelten ein Neſt mit einem vollzähligen Ge— lege. Der Bau iſt ſehr hübſch, ſteht immer niedrig, ſelten bis zu vier Fuß vom Boden. nach beſteht es aus feinen Wurzeln, Pflanzenſtengeln, Halmen und iſt inwendig mit einer dichten Lage von Haaren ausgepolſtert, ja, es giebt auch Neſter, welche ganz aus Haaren hergeſtellt ſind. Gewöhnlich macht der Haarfink jährlich zwei Bruten. Der Unterlage Jedes Gelege beſteht aus vier bis fünf Der Haarvogel oder Haarfink. kleinen, zartſchaligen, der Grundfarbe nach ſchön rw 367 grünen oder hellgrünlichblauen Eiern, die nicht beſon— ders dicht mit dunkelbraunen und ſchwärzlichen Flecken gezeichnet ſind. Gewöhnlich ſtehen dieſe Flecken am ſtumpfen Ende kranzartig dicht beiſammen. Die Jungen werden in den erſten Tagen ihres Lebens mit kleinen Fliegen, Motten, Würmern und anderen zarten Inſekten geäzt. Später erhalten ſie auch Käfer und namentlich grüne unbehaarte Raupen. Nach zehn, ſpäteſtens zwölf Tagen fliegen die Jungen aus, verlaſſen aber das dichte ſchützende Gebüſch nicht, bis ſie gut fliegen können. Seine Nahrung beſteht im Herbſt und Winter vornehmlich aus allerlei kleinem Geſäme, im Frühling und Sommer hauptſächlich aus allerlei kleinen Inſek— ten. Die Körner und der mannigfache Unkrautſamen werden meiſt vom Boden aufgeſucht, während die Käfer und Würmer vom Blattwerk der Bäume und Büſche abgeleſen werden. Oft verfolgt er auch fliegend und hüpfend ein die Flucht ergreifendes Juſekt. Wenn Junge im Neſte ſind, iſt ſeine Thätigkeit im hohen Grade nützlich, was man leicht bei den in der Nähe der Wohnung niſtenden beobachten kann. Eine Unmenge grüner unbehaarter Raupen, welche ſie aus dem Ge— laube der Obſtbäume abſuchen, werden den Jungen zugetragen. Auch allerlei Käfer und Würmer, die ſich auf Roſenbüſchen und Gartenblumen finden, werden vertilgt. Unſer Fink gehört darum zu den nützlichſten kleinen gefiederten Gartenbewohnern, der ſein Teil im Kampfe gegen das läſtige, ſchädliche Inſektenheer beiträgt. Der Geſang, wenn man bei ihm überhaupt von einem ſolchen reden darf, iſt von wenig Bedeutung und im Vergleich mit anderen Gartenſängern kaum der Beachtung wert. Eine Reihe zirpender Töne, welche ſchnell aufeinander folgen und die man eher mit dem Zirpen einer Grille oder Cikade, als mit den Tönen eines Vogels vergleichen kann, iſt alles, was man von ihm hört. Man hat dieſen Geſang auch mit dem ſchnellen Aufeinanderſchlagen kleiner Stein— chen und mit dem Geräuſch, welches durch ein Säck— chen Münzen hervorgebracht wird, verglichen. Doch was dem Liedchen an Wohllaut und Schönheit abgeht, wird durch beſonderen Fleiß und Eifer erſetzt. Ich habe oft ſchon um drei Uhr morgens aus den Weinreben und Jelängerjelieber, welche die Veranda zierten und in welchen das Neſt ſtand, das Liedchen erklingen hören, ja, in mondhellen Nächten fährt hie und da einer aus dem Schlafe auf und läßt ſein Gezwitſcher ertönen. Obgleich die Töne von ganz geringer Bedeutung ſind, füllen ſie doch eine 368 Der Waldfink. Stelle im allgemeinen Frühlingskonzerte unſerer Vögel aus. Der Flug iſt nicht beſonders geſchickt, und nur ſelten dehnt er ſich über größere Strecken hin aus. Dagegen weiß er ſich ſchnell und geſchickt von Gebüſch zu Gebüſch zu bewegen. Auf dem Boden iſt er voll— ſtändig zu Hauſe. Im Gezweig der Bäume und Büſche und ſelbſt im verſchlungenſten Rebengewinde weiß er ſich ebenfalls ſchnell und ſicher zu bewegen, ſucht auch in ihnen Schutz, ſobald er ſich verfolgt ſieht. Selten ſetzt er ſich auf hohe Bäume und dann nur in die unteren Aſte. Sein eigentliches Wohn— gebiet ſind die Gebüſche, und auch auf ſeiner Wan— derung nach dem Süden hält er ſich ſtets nur in ihnen oder in deren Nähe auf. Im September ſchlagen ſie ſich zu größeren oder kleineren Flügen zuſammen, und im Oktober ziehen ſie ſüdlich. Sie halten ſich nun faſt immer im Gebüſch der Waldesſäume auf, wo auch tauſende anderer Ammerfinken und andere Vögel jetzt vorkommen. Langſam rücken ſie nach Süden hin vor. Ende Oktober erſcheinen ſie zugleich mit Winter-, Kron— und Buſchfinken zuſammen im ſüdweſtlichen Miſſouri, und Mitte bis Ende November machen ſie in Scharen ihr Erſcheinen im ſüdöſtlichen Texas, wo ſie in den mit dichtem Strauchwerk beſtandenen Niederungen in großer Anzahl überwintern. Sie ſind beſonders an ſolchen Stellen häufig, wo ſich in der Nähe Mais-, Baumwoll- und Zuckerrohrfelder finden. Ich traf ihn in allen geeigneten Ortlichkeiten in ganz Texas zahl— reich im Winter, auch im weſtlichen Teile des Staates, aber ſein Leben in der Fremde iſt ein ganz anderes, als in ſeiner Heimat. Scheu und mißtrauiſch, ängſt— lich und furchtſam zeigt er ſich ſtets und überall. Als die hauptſächlichſten Feinde des Vögelchens ſind Katzen zu erachten, welche jede Brut vernichten, zu welcher ſie gelangen können. Für die Gefangenſchaft eignet er ſich vorzüglich, bietet aber, da er keinen eigentlichen Geſang hat, nur für beſondere Liebhaber Intereſſe. Seine Ausdauer, Munterkeit und ſein zutrauliches Weſen machen ihn recht empfehlenswert. — Von anderen Vögeln zeich— net er ſich auf den erſten Blick durch ſeinen ſchön kaſtanienroten Scheitelfleck aus. Die Oberſeite iſt grau, die Unterſeite aſchgrau. Worthens-Haarfink (Spizela Wortheni ı Rıpaw.; Worthen’s Sparrow) wurde in Neu— Mexico erſt neuerdings entdeckt, ſcheint aber felten zu ſein. Namen: Haarfink, Haarvogel, Gartenfink, Dorn-, Zirpfink. Chipping Sparrow, Chipping Bird, Chippy, Chipper, Hairbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla socialis Wils. (1810). — Spizella soeialis Bonap. (1838). — Emberiza soeialis Aud. (1839). — Spinites socialis Cab. (1851). Beſchreibung: Kopfkrone kaſtanienbraun, Stirn ſchwarz; Rücken bräunlich, jede Feder mit dunkler Mitte; über dem Auge ein weißlicher Streif; Zügelſtreif ſchwärzlich; Kehle und Bruſt reich aſchgrau; Bauch weißlich; zwei weiße Flügelbinden. Länge 5.75 Zoll; Flügel 3.00, Schwanz 2.50 Zoll. Der Walsfink. Field Sparrow. Spizella pusilla BONAPARTE. Tafel XXIII. Vogel 3. 1 t [m den Waldfinken, einen unſerer lieblichſten, geſangeskundigſten Vögel kennen zu lernen, muß uns der freundliche Leſer hinaus in des Wald— ſaumes gebüſchreichſten, verſchlungenſten Teil folgen. Wir befinden uns in den Ausläufern des Ozark— Gebirges, bei Freiſtatt im ſüdweſtlichen Miſſouri, in einer Gegend, wo unſer kleiner Fink einer der zahl— reichſten Brutvögel iſt. Wir dürfen ihn jedoch nicht im tiefen Waldesinnern, auch nicht im freien Feld und ebenſowenig in der offenen Prärie ſuchen, ſondern die gebüſchreichen Waldesſäume, die mit Dickichten beſtan— denen Lichtungen, namentlich aber die Waldſtrecken, wo der größte Teil der Bäume abgehauen iſt und wo nur noch einzelne umherſtehende Bäume und eine Menge Stumpfe übrig geblieben ſind, müſſen wir aufſuchen. Sein Wohngebiet hat etwas Wildes, D Verworrenes. Da wo früher große Bäume ſtanden, iſt jetzt dichtes Gebüſch aufgewachſen. hier am häufigſten die ſehr dichten, ſelten über drei Fuß Höhe erreichenden Schneebeerenſträucher!), zu denen ſich ſehr dichte Stachelbeer- ?) und Roſenbüſche?) geſellen. Die Dickichte wechſeln meiſt mit freien Strecken, Baumgruppen, Brombeer- und Haſelnuß dickichten, Gruppen von Perſimonbäumen, Sumach !“) und niedrigen Schwarzeichen ab und ſind ſehr oft mit wildem Wein oder Giftſumach') überwuchert. Hier, wo Schwätzer, Buſch- und Prärievireos, Kentucky— Sänger, Braundroſſeln, Indigofinken und Kardinäle ſich ihren Lieblingsaufenthalt gewählt haben, findet man auch den alle anderen hier vorkommenden Vögel an Zahl weit übertreffenden Zwerg-, Feld- oder Waldfinken. Gehen wir ein wenig weiter in den Wald, jo finden wir dichte Spierfträucher"), Hartriegel, Schneeballgebüſche, die ſchönen Saſſafraßbäumchen und häufig die liebliche gelbe Erdorchidee “), Farn— kräuter, Veilchen“), Claytonien ?“), Anemonen!) u. a. Hier iſt der Lieblingsaufenthalt der Gelbkehlchen, Kapuzenſänger, Katzendroſſeln und Kardinäle. Auch hier treffen wir noch manchmal den kleinen Wald— finken. Das tiefere Innere des Waldes meidet er aber ebenſowohl wie die freie Prärie. Dagegen find vernachläſſigte Viehweiden und Felder, das Gebüſch an Zäunen und manchmal ſelbſt Gärten, wenn ſich in ihnen Ziergeſträuch findet, ebenfalls ſein Aufent halt. Das Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich während der Brutzeit von Arkanſas und Virginien bis nördlich nach Wisconfin, Maine und dem ſüdlichen Canada, und vom Atlantiſchen Ozean bis weſtlich zum Miſ— ſouri. Im mittleren und ſüdlichen Wisconſin und Nord-Illinois gehört er zu den Vögeln, welche weder durch zahlreiches Vorkommen, noch durch Zutraulich— keit auffallen, im ſüdweſtlichen Miſſouri dagegen ſieht und hört man ihn allerwärts, und er zeigt ſich da auch keineswegs als ein ſcheuer, zurückgezogener Vogel. Er iſt allerorten im ſüdlichen Teile ſeines Brutgebietes ein häufiger Vogel, und in den Südſtaaten trifft man ihn den ganzen Winter hindurch Gegenden zu Tauſenden an. Sein Erſcheinen macht er im ſüdweſtlichen Miſ— ſouri etwa am 25. März bis zum Anfang April. 1) Symphoricarpus glomeratus. 3) Rosa setigera. 4) Rhus glabra. 5) Rhus toxicodendron. 6) Spi- ra opulifolia. 7) Cypripedium pubescens. 8) Viola pedata und V. cornuta. 9) Claytonia virginica. 10) Anemone nemorosa und A. thalietroides, er Waldfink. Man findet | in bufchreichen | Bis zum 16. April find auch die letzten Nachzügler 2) Ribes rotundifolium. | 369 und alle Weibchen eingetroffen. Einige Tage nach der Ankunft löſen ſich die oft ſehr großen Flüge auf, und jedes Pärchen ſucht nun ſein eigentliches Brutrevier wieder auf. Hecken, Dickichte und Strauchwerk, namentlich in alten Viehweiden und am Waldrande, werden mit Vorliebe zu Niſtplätzen gewählt. In größeren Gärten brütet er gelegentlich, doch meidet er am liebſten die unmittelbare Nähe des Menſchen. Ein Pärchen ſiedelt ſich oft in der Nähe des anderen an und manchmal findet man in einer Stunde ſechs bis acht Neſter. Je nach dem Breitengrad ſchreiten ſie früher oder ſpäter zur Brut. In Miſſouri findet man die meiſten Neſter mit noch friſchen aber vollzäh— ligen Gelegen Ende Mai, weiter nördlich anfangs Juni. Der Bau ſteht meiſt in ſehr dichten Büſchen und verſchlungenen Rebengewinden, von ein bis vier Fuß von der Erde; viele ſtehen jedoch auf dem Boden ſelbſt in Grasbüſcheln, am Fuße von Gebüſchen, unter Sträuchern und Stauden. Die meiſten Neſter, welche ich fand, waren in ſehr ſchönen, hier ſo häufigen dich— ten Schneebeerenſträuchern angelegt. Als ich am 26. Mai 1884 in dem in der Einleitung beſchriebenen Buſchwerk nach Neſtern des Schwätzers, Kentucky Sängers und Indigofinken ſuchte, fand ich meiſt den Bau des Waldfinken. Wenn man die dicht mit Blät— tern beſetzten, bis zum Boden herabhängenden feinen Zweige der Schneebeerenbüſche, durch die kein Sonnen— ſtrahl ins Innere zu dringen vermag, vorſichtig zurück— biegt, ſieht man das kleine hübſche Neſtchen vor ſich ſtehen. Erſt jetzt verläßt das Weibchen in der Regel ſein Neſt, indem es ſchnell auf der anderen Seite verſchwindet. Ich kenne keinen Strauch, der ſich durch gedrungeneren und dichteren Wuchs, dichtere und üppigere Belaubung auszeichnet, als dieſe Schneebeeren (von den Anſiedlern in Miſſouri Basket Vines genannt). Hier iſt der Vogel von allen Seiten vor den Blicken verderbenbringender Feinde vollſtändig geſichert. Auch andere Vögel, namentlich Indigofinken, Kardinäle, Schwätzer, Katzendroſſeln, Kalmienſänger und ſelbſt Braun— droſſeln wählen die Schneebeerendickichte ſehr gern zu Niſtplätzen. Der Bau ähnelt dem des Geſell— ſchaftsfinken, iſt aber weniger feſt gebaut und auch nicht mit ſo vielen Haaren ausgelegt. Er beſteht äußerlich aus Pflanzenſtengeln und Grashalmen und iſt immer mit Pferde- oder anderen Tierhaaren aus gelegt. Die auf die Erde gebauten Neſter ſind, wie alle Bodenneſter, nachläſſiger gebaut. Die meiſt vier, oft auch fünf Eier ſind der Grundfarbe nach weißlich oder bläulichweiß, auch grauweiß und ſind über und 47 über mit dunkelbraunen Flecken ſehr dicht gezeichnet. Sehr häufig findet man auch Kuhvogel-Eier in den Neſtern des Wald- oder Zwergfinken. Viele Pärchen machen im Juli noch eine zweite Brut. Was dieſen einfachen Vogel beſonders wertvoll macht und auszeichnet, iſt der wundervoll klingende, helle, volltönende Geſang. Er übertrifft, was Wohl— laut der einzelnen Töne angeht, noch den Sänger, Abend-, Buſch- und Kronfinken. Er gehört ohne Zweifel zu den beſten Sängern unſeres Landes. Ich habe ihn im Brutgebiete von der Zeit ſeiner Ankunft bis zum September gehört, und auch in Texas, in der Winterherberge, habe ich ſie den ganzen Winter hin— durch an ſonnigen Tagen ſingen hören. Richtungen erſchallt während der Brutzeit der Geſang, am eifrigſten morgens und am ſpäten Nachmittag, doch kann man ihn auch oft während der heißeren Tageszeit vernehmen. „Einer meiner Lieblings- finken“, ſchreibt Burroughs, „der jedoch ſonſt wenig beachtet wird, iſt der Wald- oder Buſch— ſperling, von den Ornithologen gewöhnlich Spizella pusilla genannt. In Größe und Form ſtimmt er mit dem Geſellſchaftsfinken überein, iſt aber weniger auffallend gezeichnet und von mehr mattrötlicher Färbung. Er zieht abgelegene, buſchige, Felder, wo er ſeinen Geſang am liebſten erſchallen läßt, allen anderen Ortlichfeiten zum Aufenthalt vor. Er fällt manchmal, namentlich im Frühling, ſehr auf. Als ich einſt an einem ſchönen Apriltage in dem noch blätterloſen Walde ſaß, hörte ich eine kurze Strecke von mir dieſe Vögel fingen und fie wiederholten dieſe Es war ein herrliches Lieder faſt eine Stunde lang. Stück Waldmuſik und wurde auf dieſer ſtillen Fläche noch mehr bemerklich und auffallend. Sein Geſang läßt ſich durch folgende Silben wiedergeben: „Figo, fi o, fi-o, fjuh, fjuh, fjuh, fi-fi-fi.“ Die erſten Töne ſind hoch und werden etwas gemächlich hervorgebracht, die anderen folgen dann immer ſchneller aufein- ander und enden leiſe und tief.“ Burroughs hat ein beſonderes Glück, verſchiedene Vogelſtimmen durch Buchſtaben wiederzugeben. Wer den Geſang des Waldfinken kennt, wird geſtehen müſſen, daß derſelbe durch die angeführten Silben getreu wieder— gegeben iſt. Das Lied iſt kurz und einfach, aber es hat einen unbeſchreiblichen Schmelz und Wohllaut Aus allen haideartige Der Waldfink. Stürme des Winters rauh und kalt über Feld und Wald brauſen. — Unſere älteren Ornithologen teilen faſt nichts über den Geſang mit und es ſcheint, als hätten ſie keine Gelegenheit gehabt, denſelben zu hören. Wahrſcheinlich war damals der Waldfink noch ſelten. Im September ſchlagen ſich alt und jung zu kleineren oder größeren Flügen zuſammen, und Ende Oktober geht die Reiſe ſüdwärts. Wenn auf der Prärie der herrlich tiefblaue Azur-Enzian !) und an den Bachrändern der intereſſante, aber weniger ſchöne, geſchloſſene Enzian?) blüht, dann beginnt die Reiſe nach dem Süden. Man ſieht ſie jetzt zu Hunderten mit anderen Finkenvögeln in den gebüſchreichen Wald— rändern, im Dickicht der Fluß- und Bachniederungen und in Hecken vereinigt. Sie ſind jetzt nicht beſonders ſcheu, jedoch ſehr vorſichtig und mißtrauiſch; ſie kom— men während des Zuges oft in größere Obſt- und Ziergärten. Der Flug iſt haſtiger als der des Verwandten, überhaupt ſind alle ihre Bewegungen ſchneller, unruhiger. Ich habe große Scharen die weiten baumloſen Prärien ziemlich hoch und über— raſchend ſchnell überfliegen ſehen. Etwa anfangs November beobachtete ich ſie zuerſt im ſüdöſtlichen Texas, wo ſie in allen ihnen zuſagenden Ortlichkeiten in ungeheuren Scharen überwinterten. Ich fand ſie vom November bis Ende März, namentlich in Gebü— ſchen und Dickichten und in dichtem, mit wildem Wein überranktem Buſchwerk und immergrünen Sträuchern, welche an Mais- und Baumwollfelder grenzten. Im Strauchwerk und in den immergrünen Dickichten der Weſt-Yegua- und Bluff-Creek-Niederungen fand ich ſie am häufigſten. Sie übertrafen an Zahl alle anderen Wintergäſte. Mit Kardinälen, Winter-, Buſch-, Kron-, Harris-, Geſellſchafts-, Sänger-, Sumpf, Fuchs- und Erdfinken beſuchten fie die angrenzenden Felder, um nach Unkrautſämereien zu ſuchen und des Nachts ſchliefen alle dieſe Finken und noch andere Vögel gemeinſchaftlich in den Stech— palmen!), Lorbeerkirſchbäumen und Dickichten. Die kleinen niedlichen Vögel ſind während des meiſt prachtvollen, frühlingsmäßigen, texaniſchen Winter— wetters beſonders lebhaft und fröhlich. Selbſtbewußt und eine bezaubernde Lieblichkeit, dabei iſt es laut und volltönend. Wenn man es einmal gehört hat, vergißt man es nicht ſo leicht wieder. Es klingt in der Seele des Beobachters noch lange nach, wenn der Sänger ſchon längſt im Süden weilt, wenn die ſitzen ſie mit geſträubten Kopffedern da oder ſie jagen ſich, ſchnelle zwitſchernde Töne dabei ausſtoßend, durch das Gebüſch. Man vernimmt an ſonnigen Tagen auch von allen Seiten aus den Spitzen der Büſche herab ihren lauten, pfeifenden Geſaug, der jedoch von demjenigen der Brutzeit ganz verſchieden und längſt 1) Gentiana puberula. 2) G. Andrewsii. 3) Ilex myrtifolia nicht jo wohllautend iſt. Er beſteht aus etwa ſechs pfeifenden Tönen, die fortwährend wiederholt werden und etwa jo klingen: „Zi- zi-wih-wih-wih.“ Aber auch dieſe einfachen Laute haben in dieſer Zeit, wo | faſt kein anderer Vogel etwas von ſich hören läßt, eine große Anziehungskraft für den Vogelfreund. Tritt kaltes Wetter oder rauher Nordwind ein, fo bieten ihnen die Dickichte der Fluß- und Bachniede— rungen vorzüglichen Schutz. Einſiedler- und Braundroſſeln, Schwätzer, Blauvögel, Hauben- und Carolina-Meiſen, Zaunkönige und andere Wintergäſte finden ſich hier ebenfalls zahlreich ein, und man kann ſich dann leicht einen Begriff von dem Thun und Treiben der bunten Vogelſchar machen. Die verſchiedenen Finken und Droſſeln ſuchen bei kaltem, naſſem Wetter ihre Nahrung meiſt unter den Gebüſchen vom Boden auf. Auf letzterem läuft der Waldfink mit großer Gewandtheit umher, ſucht auch von ihm den größten Teil ſeiner im Herbſt und Winter hauptſächlich aus kleinen Sämereien, im Frühling und Sommer zumeiſt aus Inſekten beſte— henden Nahrung auf. Ich habe in Texas gar manchen Waldfinken gefangen. Oft hatten drei bis vier ſich in der Falle ihrer Freiheit beraubt. Solange das Wetter warm war, ließ ſich keiner fangen, ſobald aber rauhe, naß— kalte Nordwinde eintraten, war der Fang leichter. Sie gewöhnen ſich raſch ein und zeigen ſich als lieb— liche, friedfertige, fleißig ſiugende, ausdauernde Vögel. Waldfink, Saumfink, Zwergfink, Feldfink, „Fio.“ Field Sparrow, Wood Sparrow oder Feo-Feo, „Feo“ (in Miſſouri). Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla pusilla Wils, (1810). — Spizella pusilla Bonap. (1838). — Emberiza pusilla Aud. (1839). — Spinites pusillus Cab. (1851). — Fringilla juncorum Nutt. (1832). Beſchreibung: Schnabel mattrot; Kopfkrone matt roſt— braun; Kopfjeiten aſchgrau; Ohrengegend roſtbräunlich— Unterſeite weiß; Bruſt und Seiten bräunlich verwaſchen. Zwei weißliche undeutliche Flügelbinden. Länge 5.75 Zoll, Flügel 2.50, Schwanz 2.60 Zoll. Namen: Der lehmfarbige Swergfink. Clay- colored Sparrow. Spizella pallida BONAPARTE. Der lehmfarbige Zwergfink verbreitet ſich von Jowa und Illinois weſtlich bis zum Felſen— gebirge, nördlich bis zu den Ebenen des Saskatchewan, ſüdlich (im Winter) bis Arizona, Mexico und Texas. Im letztgenannten Staate beobachtete ich ihn in Lee, Fayette und Baſtrop County in großer Anzahl vom November bis März. Er unterſcheidet ſich in der Goldfinken, Wander-, Der lehmfardige Zwergfink. 371 Lebeusweiſe wenig oder gar nicht von dem ausführlicher beſchriebenen Waldfinken. Der Geſang iſt etwas beſſer als der des Haar— vogels, klingt jedoch ziemlich einförmig. Das Neſt ſteht zwei bis ſieben Fuß vom Boden in Büſchen oder auf wagerechten Baumäſten, iſt äußerlich aus feinen Halmen gebaut und innen mit Haaren ausgekleidet. Die Eier ſind matt bläulichgrün, und namentlich am ſtumpfen Ende dicht dunkelbräunlich gefleckt. Im übrigen ähneln ſie denen des Haarvogels ſehr. Namen: Lehmfarbiger Zwergfink, Lehmfink. Clay- colored Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza pallida Swains. (1831), — Spizella pallid« Bonap. (1838). — Spinites pallidus Cab. (1851). — Emberiza Shattucki Aud. (1843). — Spizella Shattucki Bonap. (1850). Beſchreibung: Kleiner als der Haarfink. Oberſeite matt bläulichgelb, grau verwaſchen; der Rücken ſchwärzlich geſtrichelt. Unterſeite weiß; Bruſt und Seiten bräun— lich verwaſchen; an der Kehle einen undeutlichen ſchma— len braunen Strich; Krone mit einem matt aſchgrauen Streif; Streif über dem Auge weißlich. Schläfen bräunlichgelb, oben und unten dunkelbraun eingefaßt. Länge 4.75 Zoll. Brewers-Swergfink. Brewer's Sparrow. Spizella Breweri Cassın, Brewers-Zwergfink verbreitet ſich vom weſtlichen Abhange der Felſengebirge bis zum Stillen Ozean. Er erinnert in der Färbung an den lehm— farbigen Zwergfinken, doch ähnelt ſein Geſang mehr dem ſchönen Liede des Waldfinken. Ridgway beob— achtete ihn in Californien, in Feldern und buſchigen Weideländereien, meiſt in Artemiſiabüſchen. Er kommt ebenſowohl auf Bergen als in den Thälern vor. Bei Sacramento war er der zahlreichſte Finken— vogel; beſonders auf alten Feldern war er häufig. Der berühmte Forſcher lobt beſonders den ſchmelzen— den, feurigen Geſang und meint, daß er den jedes anderen Finken übertreffe, ſtehe an Kraft und Reich— tum der Töne nur dem des Lerchenfinken nach, über— treffe dieſen aber an Mannigfaltigkeit und Wohllaut. Das Neſt ſteht in der Regel in Salbeibüſchen, etwa drei Fuß vom Boden. Die Eier ſind hell bläulich— grün, mehr oder weniger dicht bräunlich gefleckt. Beſchreibung: Dem vorigen ähnlich. Kopfkrone ſchwärz— lich geſtrichelt. — Länge 5.00 Zoll. Der ſchwarzkehlige Zwergfink (Spizella atrigularis BIRD; Black-chinned Sparrow) lebt an der Südweſt-Grenze der Vereinigten Staaten und iſt wenig bekannt. Der Winterfink. Slate-colored Junco. Junco hyemalis SCLATER. Tafel XXIII. Dogel 1. SN III. texaniſche Winter wäre ſehr ſchön und ange— TE nehm, wenn ſich die allgemein unter dem Namen „Norder“ bekannten Polarwellen nicht ein— ſtellten. Da dieſe Nordwinde ſehr viel mit dem Erſcheinen und Weiterziehen der Vögel zu thun haben, ſo ſei mir geſtattet, einige Worte über dieſelben an dieſer Stelle zu ſagen. Die Nordſtürme treten in der Regel urplötzlich und mit einer ſolchen Gewalt auf, daß man ſich weit nach dem Norden verſetzt glaubt. Faſt immer geht dieſer Naturerſcheinung mehrere Tage lang eine drückende ſchwüle Hitze vorher, die zuletzt faſt unerträglich wird und welche dann die plötzlich eintretende kalte Temperatur um ſo fühlbarer macht. Eine tiefe Ruhe, eine geheimnisvolle Stille lagert über der ganzen Natur; kein Blättchen regt ſich. Dunkle, bleiſchwarze Wolken türmen ſich im Norden auf, und mit großer Schnelligkeit kommen ſie näher und näher. Mit ihnen bricht der „Norder“ herein. Schou ver— nimmt man aus der Ferne ſein Brauſen und Toben, ſchon ſieht man den aufgewirbelten Staub und die trockenen Blätter dahinjagen. Die Kälte wird gleich ſo fühlbar, daß man ſich in warme Kleider hüllt und dicht hinter den Ofen ſetzt, und doch kaun man kaum warm werden, denn die nur für den Sommer berechneten leichten Häuſer laſſen den eiskalten Wind ungehindert durch die Ritzen pfeifen. Noch viel unangenehmer iſt ein vom Regen begleiteter „Norder“, wie er im Herbſt und Winter oft vorkommt. Häufig fällt das Queckſilber des Fahrenheitſchen Thermo— meters um zwanzig bis dreißig Grad in einer Stunde. Ich habe bei dieſen texaniſchen Nordwinden mehr | gefroren, als in Wisconſin bei einer Kälte von 20° F. unter Null. Glücklicherweiſe halten dieſelben nur kurze Zeit, in der Regel nur drei, doch auch ſechs und ſelbſt neun Tage nacheinander, an. Nach— dem fie vorüber ſind, herrſcht wieder das ſchönſte Frühlingswetter. — Die Vorboten des bald ein tretenden Nordſturmes ſind die Scharen von Zug- vögeln, welche plötzlich erſcheinen. Die Ränder des Waldes, das Gras der Mais- und Baumwollfelder, die Gebüſche und Dickichte des Waldes wimmeln von kleinen Vögeln, während hoch oben in der Luft Kraniche ihre bekannten eigentümlichen Töne aus— ſtoßen, und wilde Gänſe und Euten ſüdlich ziehen. Spechte, Meiſen, Hüttenſänger und Zaunkönige ſuchen in Niſtkäſtchen, Baumhöhlungen und Aſt— löchern Herberge. Zu den zahlreichſten Vögeln, welche kurz vor Eintritt der herbſtlichen kalten „Norder“ erſcheinen, gehört der Winterfink, Junko oder Schnee— vogel, eine faſt in allen Gegenden unſeres Landes bekannte gefiederte Erſcheinung. Sie treffen im ſüd— öſtlichen Texas gewöhnlich anfangs November, viele auch ſchon Ende Oktober ein; die letzten Nach— zügler erſcheinen aber noch im Dezember. Ende November wimmeln alle Gebüſche und die Dickichte der Wälder von ihnen. Im ſüdweſtlichen Miſſouri kommen ſie ſchon Mitte Oktober, im mittleren Wis— conſin anfangs des genannten Monats an. Sie überwintern von den Mittelſtaaten an ſüdwärts, doch finden ſich manchmal einzelne Exemplare auch während der kälteſten Wintertage in Wisconſin, Nord-Illinois, Neu⸗England u. ſ. w. Obſchon nicht durch glänzende Farbenpracht ausgezeichnet, auch nicht durch tüchtige Leiſtungen in der Kunſt des Geſanges hervorragend, iſt der Junko doch ein überaus ſchmucker, angenehmer, lieblicher Vogel, der ſich die Liebe eines jeden nicht ſtumpfſinnig an der Natur vorübergehenden Menſchen erwerben muß. Er iſt in der That auch ein von alt und jung freudig begrüßter Herbſt- und Frühlingsgaſt. Im Norden der Union erſcheinen die erſten Ankömmlinge von Mitte bis Ende März, und die letzten Nachzügler verweilen bis Ende Mai. In Texas beobachtete ich noch am 22. April große Scharen dieſer Vögel, zu einer Zeit, als ſchon längſt alle dort einheimiſchen Vögel eingetroffen waren, als der Wald ſchon längſt ſeinen dichten grünen Blätterſchmuck angelegt hatte. Im Norden erſcheinen ſie im Herbſt wieder in den ſchönen Tagen des Indianerſommers. Während der Zugzeit halten ſich die Junkos in großen Scharen auf dem Boden in allerlei Gebüſchen Der Winterfink. 3 und Dickichten, vorzugsweiſe gern an Waldſäumen, Hecken, aber auch in mit allerlei Strauchwerk be— pflanzten Gärten auf. Selbſt in größeren Städten erſcheinen ſie, um in den Gärten Nahrung und Herberge zu ſuchen. Gar mancher muß freilich ſeine Argloſigkeit mit dem Leben oder mit dem Verluſte ſeiner Freiheit bezahlen. Unzählige dieſer reizenden, liebenswürdigen Vögel fallen hier auch den Katzen und anderem Raubzeug zur Beute. Aber der Winterfink in ſeinen Scharen hat nicht immer Leid zu erdulden, auch an Freuden und Freun— den fehlt's ihm nicht. lieben die trauten Vögel und thun ihnen kein Leid. Sie laſſen es gerne geſchehen, daß ſie ſich mit ihres— gleichen und nahen Verwandten an den Heuſchobern, vor Scheunen und in Gärten verſammeln, um die ſich hier findenden Unkrautſämereien aufzuſuchen. Der Winterfink iſt ein ſehr geſelliger Vogel und | nur ausnahmsweiſe ſieht man hie und da einmal einen einzeluen; man bemerkt vielmehr immer Geſell— ſchaften von zwanzig bis ſechzig, ſelbſt bis hundert und noch mehr. Außer den hochnordiſchen Arten kenne ich keinen einheimiſchen Finken, der ſo regel— mäßig und zahlreich auftritt und ſo geſellſchaftlich zuſammenlebt, wie unſer Junko. Wie es ſcheint, iſt er mit ſeiner Brut in ſeiner nördlichen Heimat ziemlich ſicher vor gefiederten und vierfüßigen Räu— bern und Schlangen. — Sie ſind ohne Zweifel die lieblichſten und anziehendſten aller Ammerfinken, ſofern ihr Benehmen und Weſen in Betracht kommt. Beſonders feſſelnd iſt ihr heiteres Spiel und ihre harmloſe Neckerei. Einige jagen ſich auf dem Boden hin und her, andere ſuchen ſich im Geäſt der Bäume und Büſche zu fangen, wieder andere verfolgen ſich fliegend in der Luft und entfalten, indem ſie dabei den Schwanz fächerartig ausbreiten und die ſchuce— weißen Federn in demſelben deutlich ſehen laſſen, eine überraſchende Pracht. Während der warmen Oktober— tage des Indianerſommers, wenn die Sommerfäden durch die ſaufte, weiche Luft wehen, kann man dieſes ſeltſame Spiel häufig beobachten. Oft ſteigt plötzlich einer pfeilſchnell in die Luft und ſtürzt, allerlei Zick— zackbewegungen ausführend, ebenſo ſchnell wieder herab, während dicht hinter ihm ein anderer, dieſelben Bewegungen genau nachahmend und den Schwanz fächerartig ausbreitend, folgt, bis ſich endlich beide auf einem Baume niederlaſſen, um bald von neuem dieſes eigenartige Flugſpiel zu beginnen. Bei derar— tigen Neckereien vernimmt man auch oft den Lockruf, welcher wie „Tuckstuck-tuck-tuck“ klingt und ſehr Die meiſten Yandbewohner | 373 raſch nacheinander ausgeſtoßen wird. Sonſt hört man in der Regel nur ein leiſes „Zipp“ oder „Zupp“. Der Geſaug iſt leiſe, aber wohlklingend, dem des Goldzeiſigs in manchen Tönen nicht ganz unähnlich. Nur in den Frühlingsmonaten bis etwa Ende Juli hat man Gelegenheit, denſelben zu hören. Auf dem Boden laufen die Vögel ſehr eilig, aumutig und geſchickt umher, und ebenſo beweiſen fie, daß ſie im Geäſt der Bäume und Büſche zu Hauſe ſind. Ihre Schlafplätze wählen ſie ſtets im dichten Gebüſch und mit Vorliebe im Gezweig der Nadelholz— bäume; beſonders gern übernachten fie auf Tannen, Fichten und Cedern, da ihnen dieſe vortrefflichen Schutz gegen die rauhen Frühlingswinde gewähren. Friedlich, dicht nebeneinander findet oft eine ganze Geſellſchaft auf einem ſolchen Baume Nachtherberge. Der Flug iſt raſcher und geſchickter als der irgend eines anderen mir bekannten Ammerfinken. Sie überfliegen oft hoch in der Luft dahin weite baumloſe Strecken. Die Nahrung, die im Brutgebiete faſt ausſchließlich aus Juſekten, in allen Lebenszuſtänden und in der Winterherberge aus allerlei kleinem Geſäme beſteht, ſuchen fie zumeiſt vom Boden auf. Auch ſie ſcharren, wie die übrigen Ammerfinken, auf der Erde hühnerartig umher. Ihre Reiſen legen ſie des Nachts zurück. Ich habe oft beobachtet, daß am Morgen ſich Scharen zeigten, wo am Abend vorher nicht ein einziger zu erblicken war, und ebenſo, daß abends noch Hunderte munter umherſpielten und nach Futter ſuchten, am folgenden Morgen aber nicht ein einziger mehr ſich blicken ließ. Da dieſe Vögel ſehr geſellig ſind, ſo iſt der Fang ein leichter. Ich habe oft an einem Tage Dutzende mit ganz einfachen Fallen gefangen. Sie find im Käfig ebenfalls ganz allerliebſte Vögel. Raſch gewöhnen ſie ſich ein, und lange Zeit kann man ſie bei einfacher Nahrung erhalten. Beſonders iſt ihr ſtets ſchmuckes, zier— liches Gefieder, ihr immer munteres, ſehr zutrauliches Weſen, ihre Ausdauer, ihre Verträglichkeit mit gleich— und andersartigen Vögeln, ihr auch im größeren Käfige ſich darbietendes Spielen und Necken unter— einander, was den Vogelliebhaber feſſeln und erfreuen muß. Letzteres kann man jedoch nur beobachten, weun man eine größere Anzahl beiſammen hält. Von allen unſeren Finkenarten zeichnet er ſich durch ſein immer glattes Gefieder, durch ſein munteres Umher— hüpfen und durch ſeine eigenartige Liebenswürdigkeit aus. Er fügt ſich, wenn man ihn in das Bauer zu anderen Vögeln bringt, ſogleich in ſein Loos, beginnt bald den Futternapf zu beſuchen, nimmt bei freund— licher Pflege nach einigen Wochen ſchon einen Mehl— wurm aus der Hand und zeigt ſeinem Pfleger gegen— über nur wenig Mißtrauen. Ich hielt mehrere, welche ſo zahm waren, daß ſie Niſtſtoffe aus der Hand nahmen und ſich damit im Käfig umhertrugen. Wenn ſich jemand gegen den großen Geſellſchaftskäfig lehnte, zupften ſie ihn an Kleidern und Haaren. Die Wärme konnten ſie ſehr gut ertragen, und auch an den heißeſten Sommertagen hatten ſie nicht von der Hitze zu leiden. Ich habe die Vögel auch in Texas jahrelang im Käfig gehalten und immer gefunden, daß ſie ſich zu dieſem Zwecke ganz vorzüglich eignen. Ihr Brutgebiet erſtreckt ſich über die nördlichen Teile der Union, Britiſch-Amerika und die Gebirgs— gegenden der Alleghanies. Wir finden ſie dort auf den höchſten Bergſpitzen, wo Kalmien, Andro— meden, Rhododendrons!), niedere Nadelholzbäume und anderes Untergebüſch ſteht. Im nördlichen Wisconſin, Michigan und in Maine brüten ſie ſehr zahlreich, ebenſo in den hochgelegenen Strichen von Maſſachuſetts, New-Hampfhire und Vermont. Auch zur Anlage des Neſtes bevorzugen ſie die Waldränder, die Säume der Waldwege, die dünn mit Bäumen, aber ziemlich dicht mit Gebüſch bewachſenen Gehölz— ſtrecken. Sie ſind faſt immer nur da zu finden, wo Nadelholz wächſt. Das Neſt ſteht gewöhnlich auf dem Boden an liegenden Baumſtämmen, an Stumpfen, Sträuchern und Grasbüſcheln, doch iſt es gelegentlich auch in den dichten Zweigen einer Tanne oder im Geäſt eines Buſches, nie hoch vom Boden angelegt. Es beſteht aus Halmen, Baſt und Kiefernadeln, und iſt innen mit feinen Hälmchen, oft auch mit Haaren ausgelegt. Die vier bis fünf Eier ſind matt-, grau— oder grünlichweiß, ziemlich dicht mit ſchokolade- und hellbraunen Flecken gezeichnet. Namen: Winterfink, Junko, Schneevogel. Slate- colored Junco, Snow Bird, Slate- colored Snowbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla hyemalis Linn. (1758). — Struthus hyemalis Bonap. (1838). — Niphæa hyemalis Aud. (1839). — Junco hyemalis Selat. (1857). — Fringilla hudsonica Forster (1772). — Fringilla nivalis Wilson (1810). Beſchreibung: Hauptfarbe reich aſchfahl oder ſchiefer— ſchwarzlich, welches ſich ebenfalls über Kehle und Bruſt erſtreckt und dann an der Unterbruſt und am Bauch plötz— lich in Reinweiß übergeht; die zwei äußeren Schwanz— federn weiß, die dritte weiß, ſchwärzlich gerandet; Schna— bel rötlichweiß. Weibchen matter. Länge 6.25 Zoll; Flügel etwa 3.00 Zoll. 1) Rhododendron Catawbiense und R. punctatum. Der Carolina Junko. Der Carolina-Junko. Carolina Junco. Junco hyemalis carolinensis BREWST. Der in den Gebirgshöhen Nord-Carolinas brü- tende Carolina-Junko iſt eine Varietät des eben beſchriebenen. Er unterſcheidet ſich von der eigent— lichen Art durch bedeutendere Größe, durch helleres, reineres, mehr ins Bläuliche ziehende Schiefergrau der Oberſeite und durch einen dunkler gefärbten Schnabel. Eutdeckt wurde er von Herrn W. Brewſter im Mai 1885 bei Highlands, Nord-Carolina. Auch auf den Black-Mountains im ſelben Staate fand er ihn zahlreich, und auch in anderen gleich hohen Gegenden der Gebirge dürfte er gefunden werden. Bei High— lands fand er ſich allerwärts, ſowohl an Riegelfenzen der Felder an den Landſtraßen, in den Rhododendron— ſümpfen, im offenen Walde und auf der mit Gras bewachſenen Spitze des Berges. Sie waren ſehr zutraulich und liefen vor den Pferden dahin. Auf den Black Mountaius war er der zahlreichſte Vogel von 4,300 Fuß an bis zur Spitze von Mitchells High-Peak. Die Eier ſind größer als die des ge— wöhnlichen Junko, ſonſt aber ganz ähnlich gefärbt. Auch das Neſt iſt größer, beſteht äußerlich aus gröbe— rem Material und iſt innen mit Pferdehaar ausge— polſtert. Man fand den Bau auf dem Boden und in einem Falle auch in einem Beerenſtrauche eines Gartens, vier Fuß von der Erde. Der Oregon-Junko (J hyemalis oregomus RI Dpdw.; Oregon Junco) brütet an der Küſte des Stillen Ozeans, von Californien bis Sitka nord— wärts. Die Färbung der Seiten iſt roſa- oder wein— farbig, die Oberſeite ſehr dunkel ſchieferartig; der Rücken und ein Teil der Flügel iſt umberbräunlich. Sonſt unterſcheidet er ſich nicht von der Stammform. Von den übrigen der Sippe wären noch folgende zu nennen: Der weißflügelige Junko (Junco Aikeni Rıpaw.; White-winged Junco) findet ſich in den Gebirgen Colorados und Wyomings und ſtreicht im Winter gelegentlich bis zum mittleren Kanſas. Das Hauptkennzeichen ſind die zwei deutlich ausgeprägten Flügelbinden. Die Färbung iſt mehr bleigrau. Im übrigen iſt er dem gewöhnlichen Junko ſehr ähnlich. Man weiß über die Niſtweiſe noch nichts; in der Lebensweiſe gleicht er ganz der gewöhnlichen Art. Der grauköpfige Jun ko (Junco camiceps Bain; Grey-headed Junco) verbreitet ſich durch Der ſchwarzkehlige Ammerfink. e das Felſengebirge, und brütet von Fort Bridger ſüd— wärts. Die Färbung der Oberſeite iſt roſtbraun, ganz anders wie die Bruſt, welche ebenſo wie der Kopf, der Hals und die Seiten, aſchgrau iſt. Bauch iſt weiß. Die Eier ſind rötlich- oder grünlich— weiß, ſehr fein rötlichbraun gefleckt, namentlich am ſtumpfen Ende. Der rotrückige Junko (Junco einereus dor- salis RIDG w.; Red-backed Junco) iſt dem vorigen ſehr ähnlich, nur ſind die Farben matter und gehen langſam ineinander über. Die Iris iſt gelb, während ſie bei dem vorigen und bei allen übrigen dunkel— bräunlich iſt. Seine Heimat findet ſich im ſüdlichen Felſengebirge, namentlich in New Mexico und Ari— zona. Die Eier find grünlichweiß, manchmal ſehr fein rotbraun gefleckt. Der Der Arizona-Junko (Junco einereus pal- liatus Rıpaw.; Arizona Junco) verbreitet ſich über das ſüdliche Arizona und die angrenzenden Gegenden Mexicos. Rumpf und Kopfplatte ſind rein aſchgrau, Unterſeite ebenfalls aſchfarbig, ſonſt den übrigen ähn— lich. Die Eier ſind einfarbig grünlichweiß. Der roſenſeitige Jun ko (Jumeo annectens BalRD; Pink-sided Junco) verbreitet ſich von Fort 375 Bridger im Felſengebirge nordwärts. Kopf, Hals und Bruſt rein bleigrau, die Augengegend iſt ſchwarz, der Rücken haarbraun. Die Eier ſind weißlich, matt rötlichbraun gefleckt; die Zeichnung ſteht am ſtumpfen Ende gewöhnlich ſehr dicht kranzartig. Der Junko Guatemalas (Junco alticola Sarv.; Guatemala Junco) bewohnt die Gebirgs— gegenden des genannten Landes. Der Guadelupe-Junko (Junco insularis Rıpaw.; Guadelupe Junco) bewohnt die Inſel Guadelupe Unter-Californiens. Bairds-Junko (Jumco Bairdi BELDING; Baird’s Junco) verbreitet ſich über die Gebirgsgegen— den Untercaliforniens. Dieſe Vögel gleichen ſich ſo in ihrer Lebens- und Niſtweiſe, daß eine eingehende Beſchreibung jeder einzelnen Art überflüſſig erſcheint. Wer ſich für die genaue wiſſenſchaftliche Diagnoſe jeder Art und Varietät dieſer Sippe und überhaupt aller in dieſem Werke behandelten Vögel intereſſiert, den verweiſe ich auf das ausgezeichnete, ſtreng wiſſenſchaftliche Werk Prof. Robert Ridgways: „Manual of North American Birds.” Philadelphia: J. P. Lippin- cott Company, 1887. Der Ichwarskehlige Ammerfink. Black-throated Sparrow. Tafel XXIII. Amphispiza bhilineata CouEs. Vogel 4. N. einem Regenbache in der Nähe der Weſt ZU Yegua, wo auf trockenem, kieſigem Boden verworrenes Dorngeſtrüpp zu dichten ausgedehnten Dickichten zuſammentrat und wo ganze Gruppen breitblätteriger, mit ſcharfen Dornen bewaffneter Feigenkakteen in reſpektvoller Entfernung zu bleiben gemahnten, fand ich im Juni des Jahres 1882 zum erſten Male den hübſchen, auffallend gezeich— neten ſchwarzkehligen Ammerfinken. Ich hatte eines Morgens meine ganze Aufmerkſamkeit einem Pärchen ſchwarzköpfiger Vireos und einigen Pärchen Meiſenſänger, welche ſich in den Bartflechten der wenigen Bäume umhertrieben, geſchenkt, als ſich plötzlich einer dieſer Finken, einen Wurm im Schnabel haltend, vor mir niederließ. Aber nur einen Augenblick konnte ich ihn ſehen; dann flog er hurtig davon und verſchwand im dichteſten, verworren ſten Strauchwerk. Ich hatte dann noch mehrere Mal Gelegenheit, ihn flüchtig zu ſehen, doch konnte ich ein Neſt nicht eutdecken. Vielleicht iſt er zahl— reicher, als man glaubt, denn er bewohnt Ortlichkeiten, welche ſelten von eines Menſchen Fuß betreten werden und in denen man nur mit viel Mühe und Zeitauf— wand umherſuchen kann. Weiter ſüdlich, am Rio Grande, hat ihn der vorzüglichſte Keuner der Vögel jener Region, 376 Der Salbei- oder Bells-Fink. Sennett, zahlreich beobachtet. „Ich fand dieſe Art“, jo ſchreibt der genannte Forſcher, „bei Lomita Ranch faſt in größerer Anzahl als das Jahr vorher bei Hidalgo. Er iſt der lieblichſte Sänger aller Vögel, welche die dornigen Büſche dieſer Gegend beleben, und ich habe mich willig der tropiſchen Sonnenhitze und der Gefahr der ſpitzen Dornen und Kaktusſtacheln ausgeſetzt, um den Tönen dieſes Sängers zu lauſchen. Bei Lomita fand ich im April friſche Gelege, während die im Mai entdeckten Neſter Junge enthielten. Das Neſt unterſcheidet ſich von früher beſchriebenen dadurch, daß es mehr oder weniger dick mit Pferde— haaren ausgelegt iſt. Ein Neſt ſtand gut ſechs Fuß vom Boden, die anderen ſtanden etwas niedriger, doch war keins ganz nahe über der Erde angelegt. Alle waren feſt und gut in Aſtgabeln gebaut. Mein dies— jähriges Beobachtungsgebiet zeigt viel weniger offene und unbewachſene Stellen; Kakteen und größere dornige Büſche bedecken ſehr dicht den von Chaparral freien Boden.“ — Die Eier ſind ungefleckt reinweiß, doch haben ſie im friſchen Zuſtande einen ſehr bemerk— lichen bläulichen Anflug. Das Heimatsgebiet unſeres Vogels erſtreckt ſich aber nicht nur über das ſüdöſtliche Texas und das nördliche Mexico, ſondern auch über Arizona, nördlich bis Nevada, Utah und den weſtlichen Teil Colorados. Namentlich zwiſchen dem Felſengebirge und der Sierra Nevada, in Utah, iſt er zahlreich. Nach Ridgway kommen beide Arten der Sippe, Amphispiza bilineata und A. Belli nevadensis) in den öden Salbeiebenen des großen Beckens (Great Basin) vor, und neben der Hornlerche ſind ſie faſt die einzigen Vögel, welche dieſe wüſtenähnlichen Gegenden bewohnen. Jede der beiden Arten hat ihre Eigentümlichkeiten. Sie unter— ſcheiden ſich durch ihre Lebensweiſe, noch mehr aber durch ihre Bewegungen und durch den Geſang vonein— ander. Sie verbreiten ſich über dieſelbe Gegend und kommen ſehr häufig in ein und derſelben Ortlichkeit vor. Während aber der ſchwarzkehlige Ammerfink auf die trockenen ſandigen Ebenen angewieſen iſt und gewöhnlich die öden Gegenden zwiſchen den Fluß thälern und dem Gebirge bewohnt, iſt der ver wandte Salbeifink faſt ganz auf das Salbeigebüſch der feuchten Thalgegenden beſchränkt. Letzterer iſt auch Standvogel und ſelbſt in den härteſten Wintern häufig, während der ſchwarzkehlige Ammerfink aus— ſchließlich Sommervogel iſt; er iſt einer der letzten ſcheuer als der Verwandte. „Er belebt mehr die wüſten Strecken und ſandigen Ebenen, wo ſich nur aus dem Süden heimkehrenden Vögel und iſt viel - T:. T.... 8 noch verkrüppeltes Salbeigeſtrüpp findet. Der Ge— ſang, obwohl einfach, iſt doch außerordentlich ſchön und wechſelvoll. Er kann vielleicht durch folgende Silben annähernd wiedergegeben werden: „Wut wut-zisisisisi-i.“ Die erſten zwei Töne ſind reich metalliſch, während der Schlußtriller niedriger und von dem denkbar ſchmelzendſten, vibrierenden Charak— ter iſt. Dieſer einfachſchöne Geſang erſchallt aus der Spitze eines Buſches und wird immer nach einigen Sekunden wiederholt.“ Namen: Schwarzkehliger Ammerfink. Black-throated Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza bilineata Cass. (1850). — Poospiza bilineata Selat. (1857). — Amphi- spiza bilineata Coues (1875). Beſchreibung: Oberſeite einfarbig aſchgrau, matt— bräunlich angeflogen; am reinſten bleifarbig oder fahl an den Seiten des Halſes und des Kopfes. Unterſeite weiß, bleigrau an den Seiten; Kopfkrone ſchwarz; Strich über dem Auge weiß, ebenſo das untere Augenlid; Zügelſtreif und untere Augengegend tiefſchwarz; dann folgt ein weißer Bartſtreif, der das Schwarz unter dem Auge von dem tiefſchwarzen Halbmond der Kehle und Oberbruſt trennt; Schwanz ſchwarz, die äußeren Federn weiß geſpitzt. Schnabel bläulich. Geſchlechter gleich. Länge 5.40 Zoll; Flügel 2.75, Schwanz 2.90 Zoll. Der Halbei- oder Bells-Fink. Bell's Sparrow. Amphispiza Belli Coves. Der Salbei- oder Bells-Fink verbreitet ſich über Californien ſüdlich bis Kap St. Lukas. Er bewohnt das Salbeigeſtrüpp und die verworrenen Dickichte auf trockenem Terrain, oft weit vom Waſſer entfernt. Das Neſt ſteht gewöhnlich in einem Strauche und iſt aus Gräſern und Pflanzeuſtengeln gebaut und innen mit Haaren ausgelegt. Die Eier ſind mattgrünlich, dicht rötlichbraun geſprenkelt. Beſchreibung: In der Färbung dem vorigen ähnlich, nur iſt die Kehle und Oberbruſt reinweiß; Stirn grau— ſchwarz; weißer breiter Fleck vom Schnabel bis übers Auge. Bruſt bleifarbig gefleckt. Der Salbeifink Mevadas. Sage Sparrow. Amphispiza Belli nevadensis RipG Wax. Wie ich ſchon erwähnte, kommt dieſer Fink gleichzeitig mit dem ſchwarzkehligen Ammerfinken in den Salbeiebenen Utahs zahlreich vor. Er ver— breitet ſich über die Salbeigegenden, nördlich bis zum ſüdlichen Idaho, Montana und Wyoming, öſtlich I de FK —ͤ_¹b.Rͤ..f TTT ⁵ ß ²»”A •b2 ²ẽůuͥmu;; ⁊ĩw — — jj ðO . é² 0 d K en bis Colorado und New Mexico, ſüdlich bis Mexico und | Alle Mitteilungen über dieſen Vogel ſind ſo kurz und unvollſtändig, daß Der Palmettofink. dem Innern Süd⸗-Californiens. ich nicht imſtande bin, auch nur ein kurzes Lebensbild dieſes Wüſtenvogels zu entwerfen. Das Neſt ſteht auf dem Boden unter Salbei— büſchen und beſteht aus der Schale der Salbeiſträucher und Grashalmen. Die Eier ſind grünlichweiß und namentlich am ſtumpfen Ende mit rötlichbraunen und einzelnen dickeren dunklen Flecken gezeichnet. Der Palmettofinl. Pine woods Sparrow. Tafel XXIV. Peucza zstivalis CABANIS. Vogel 5. J 1 5 er den nördlichen Nadelholzwald mit ſeinen 8 kühlen Quellen und rauſchenden Forellen— bächen, mit feinen Wintergrün- und Moosmatten kennt, wird auf den erſten Blick dem ſüdlichen Kiefern— walde nur wenig Intereſſe abgewinnen können, wird dieſe ſogenannten „Pine-barrens“ öde und langweilig finden. Da der Boden eben und ſandig iſt, ſo geht dieſen Waldſtrecken ſchon von vornherein jede land— ſchaftliche Schönheit und Großartigkeit ab. Die ſchlanken, nur in ihrer Spitze mit einer etwas ſpär— lichen Krone geſchmückten langnadeligen und Pech— kiefern ſtehen ſelten dicht beiſammen. Wenn nicht ein aus Laubholzbäumen beſtehender „Hammock“ die Fernſicht unterbricht, kann man oft eine halbe Meile weit ſehen. Dieſer offene, parkartige Charakter des Nadelwaldes zeigt ſich namentlich in Georgia und Florida mehr als anderswo. Von jenem geheimnis— vollen Halbdunkel des nördlichen Waldes merkt man hier nichts. Die belebenden Sonnenſtrahlen dringen, etwas abgeſchwächt, bis herab zur Erde. Der ärmlich ſcheinende Sandboden iſt daher mit einem dichten Teppich lieblicher, duftreicher Blumen, namentlich Haidepflanzen, bedeckt. Die zarten roten und weißen Glöckchen verſchiedeuer Heidelbeerſträucher werden noch übertroffen von den in einſeitigen, dichten Trauben ſtehenden wachsweißen duftenden Blüten der Glocken— ſträucher oder Andromeden, von den weißen und roten Azaleen, von immergrünen, roſarot blühenden Kal— mien und reizenden Bejarien und anderen Erikaceen. Dazwiſchen wuchern wohlriechende, auch im Norden vorkommende Mai- und Wachtelblümchen, neben echten Kindern des Südens. Immergrüne Farrenkräuter, Pankraz), Atamasco-) und Suwaneelilien ?) und 1) Hymenocallis lacera und II. erassifolia. 2) Zephyranthes Atamasco. 3) Zephyranthes Treatis. tauſend andere zarte Kinder Floras verleihen dieſen Nadelwäldern einen ungeahnten Reiz. Noch üppiger und artenreicher wird die Waldflora, je weiter man auf der Halbinſel Floridas nach Süden hin vordringt, wenn man in das Gebiet der kleinen und größeren, allerwärts im Kiefernwalde zerſtreuten, oft ſehr tiefen Landſeen kommt. Dieſe Seen, an denen ſich heute herrliche Orangengärten und villenartige Wohnhäuſer finden, haben klares, reines Waſſer und trockene, ſandige Ufer. Hie und da wird der Nadelholzwald durch etwas tiefer liegende, nur mit Laubholzbäumen beſtandene Flächen, ſogenannte „Hammocks“, unter— brochen. Ein Blick in dieſe meiſt aus immergrünen Bäumen beſtandenen Waldſtrecken lehrt uns, daß wir in einer halbtropiſchen Gegend weilen. Dicht ſtehen die Bäume, meiſt Magnolien, Lebenseichen und Gor— donien, beiſammen. Dickichte bedecken den Boden, Schlingpflanzen ſchlängeln ſich im bunten Wirrwarr über Buſch und Baum. Die hohen, gewöhnlich gruppenweiſe zuſammenſtehenden Fächerpalmen, die von Baumäſten herabhängenden Orchideen und die an den Stämmen und auf den Aſten wuchernden Luft— pflanzen“) verleihen dem Bilde ein entſchieden tropi- ſches Gepräge. Im eigentlichen Nadelholzwalde zeigt ſich ſelten ein Laubholzbaum, dagegen finden wir allerwärts vier bis fünf Fuß hohe, oft ganze Flächen bedeckende Sägepalmen ), deren ſchöne, ſaftiggrüne Fächerblätter an drei bis vier Fuß langen, mit Dornen ſcharf gezähnten Stielen ſtehen. Auch die noch niedrigeren Zwergpalmen!) finden ſich in Menge. Das Volk kennt dieſe kleinen Palmenarten nur unter dem Namen „Palmettos“. — Im Winter bilden dieſe Palmettodickichte die Winterherberge vieler nördlicher ) Bromeliaceen aus der Gattung Tillandsia. 1) Sabal serrulata. 2) S. Adansonii. 48 378 Vögel. Ich hoffte in ihnen auch zahlreiche Kardinäle zu finden, aber ich ſah nur einzelne. Nach meinen Erfahrungen iſt Florida ſehr arm an kleinen Brut— vögeln. Außer Carolina-Zaunkönigen beobachtete ich nur Spottvögel und Tyrannen zahlreich. Ein echter Charaktervogel des mit Palmen und anderem niedrigen Geſträuch beſtandenen Nadel— waldes iſt der Sommer- oder Palmettofink, auch Kiefern- oder Nadelwaldfink genannt. Er iſt allerwärts im Nadelwalde vom ſüdlichen Georgia bis ins Innnere Floridas häufig. Nie wird man ihn im Inneren der Laubholz- oder Hammock— wälder oder auf geklärtem Lande finden. Ich ſah und hörte ihn zuerſt bei Jackſonville in Florida und ſpäter noch zahlreicher in Orange County im ſelben Staate. Mit Vorliebe ſiedelt er ſich in den Waldſtrecken an, wo neben Grasbüſcheln und niedrigen Sträuchern aus der Familie der Erikaceen die ſchönen Sägepalmen ſich in Menge finden. So regelmäßig findet man ihn an derartigen Stellen, daß viele Anſiedler ihn geradezu „Palmettofink“ oder „Palmenvogel“ nennen. Wenn er ſich nicht durch ſeinen köſtlichen, lauten, hellen Geſang bemerklich machte, würde man den meiſt auf dem Boden lebenden, ſehr unſcheinbar gefärbten Vogel kaum gewahr werden. Seine bräunlichgraue Färbung ſtimmt ſo vollſtändig mit der Bodenfarbe, mit dem alten trockenen Gras und den grauen abgeſtorbenen Palmenwedeln überein, daß man ſchon ſehr ſcharfe geübte Augen haben muß, um den mit mäuſeartiger Behendigkeit dahinlaufenden Vogel zu ſehen. Er iſt ſo ſcheu, daß er ſogleich in das Gras und Palmen— geſtrüpp taucht, wenn er ſich beobachtet glaubt. Er iſt dann verſchwunden und nur ſchwer läßt er ſich jetzt zum Auffliegen bewegen. In der Nähe der im Walde zerſtreuten Orangengärten kann man ihn oft beobachten, doch kommt er nur ausnahmsweiſe in dieſelben. Der einſame Wald, wo außer ihm nur noch zahlreich der Carolina-Zaunkönig ſingt, wo verwilderte Herden Schweine und Rudel von Hirſchen umherſtreifen, iſt ſeine eigentliche Heimat. Lange ehe ich den Vogel dem Namen nach kannte, war mir fein Lied bekannt. Ich vernahm es zum erſtenmal in der Nähe Jackſonvilles. Zuerſt glaubte ich, einen Zaun— könig oder einen anderen, mir unbekannten Juſekten— vogel ſingen zu hören. Es war mir unmöglich, einen der Sänger zu ſehen, ſelbſt die Richtung, woher das Lied kam, konnte ich nicht genau beſtimmen. Daß er hoch oben in einer hohen Gelbkiefer ſaß, wußte ich, aber in welcher, war nicht zu ermitteln. Einft an einem frühen Morgen, als noch tauſend | Der Palmettofink. kleine Tautröpfchen Gras und Blumen bedeckten, hatte ich das Glück, den Vogel zu ſehen. Ich bewun— derte die prächtigen, orangengelben Knopfblumen !), die vollen, wachsweißen, ſüß duftenden Blütenzweige von Andromeda nitida und die Blütenknoſpen der Zwergpalmen, als gerade über mir aus der Spitze einer langnadeligen Kiefer der mir bereits bekannte Schlag herabtönte. Bald ließen ſich in der Nähe noch mehrere hören, doch ſaßen die Vögel ſo hoch, daß man ſie nur undeutlich ſehen konnte. Endlich, nachdem das Liedchen einige Minuten verklungen war, ließ ſich einer der Sänger herab auf den Boden. Ich über— zeugte mich nun bald, daß es der Sommerfink war. Der Schlag iſt außerordentlich lieblich und feſſelnd, klingt etwas metalliſch und iſt reich an Abwechslung. Der Vogel iſt ſo zahlreich, daß man ihn von allen Seiten ſingen hört. Der ſo liebliche Nadelwald, deſſen bezaubernde Blumenpracht und Schönheit man nur gewahr wird, wenn man darnach ſucht, würde einſam ſein ohne dieſen Sänger, der in ſeiner beſchei— denen Färbung ſo recht zu ihm paßt. Am eifrigſten ſingen ſie früh morgens und abends, aber kurz vor und während der Niſtzeit kann man den ganzen Tag den Schlag hören. Unter unſeren Ammerfinken, die ſämtlich in graue oder bräunliche, oft jedoch ſehr reiche Farben gekleidet ſind, giebt es ganz vorzügliche Sänger. Der hohe Norden und das Gebirge herbergen den Fuchs-, Buſch— und Kronfinken, die Gärten des Nordens den lieder reichen Singſperling, der Buſchwald der mittleren Region unſeres Landes den kleinen, herrlich ſingenden Waldfinken, das Salbeigeſtrüpp Utahs und Nevadas den Salbeifinken, die texaniſchen Felder und Gärten den feurig ſchlagenden Lerchenfinken und die Kiefern— wälder des Südens endlich den Palmettofinken. Jeder dieſer Vögel hat ſeine beſondere Anziehungskraft, ſeine beſonderen Eigentümlichkeiten auch hinſichtlich des Ge— ſanges. Das Lied des Palmettofinken hat einen metalliſchen Anſtrich, etwas an die Zaunkönige Erin— nerndes, dabei iſt es ſehr laut und hellklingend. Ich kann mir das Lied ohne das geheimnisvolle Rauſchen in den Kiefernadeln, ohne die Palmettos, die blühenden Azaleen und Andromeden und ohne die vielen anderen dieſen Wald ſo reich ſchmückenden Blumen gar nicht denken. Der Vogel iſt ſo zahlreich, daß man oft zufällig das Neſt findet. Man entdeckt es, wenn man langſam durch den Wald geht. Das Weibchen verläßt die Eier 1) Polygala lutea. Bachmanns-Sommerfink. 37 nicht eher, als bis man es faſt mit dem Fuße berührt. Dann erſt läuft es, ſich flügellahm ſtellend, hurtig wie eine Maus über den Boden dahin. Sieht man dann genau zu, ſo findet man den ſehr verſteckt angelegten Bau unter einem Grasbüſchel, unter den überhän— genden Zweigen eines dicht veräſteten Strauches oder unter einer Zwergpalme. Es beſteht aus Hälmchen und zarten Pflanzenfaſern. Die vier bis fünf Eier ſind reinweiß. Die Nahrung beſteht im Winter jedenfalls aus kleinen Sämereien, im Sommer aus Inſekten. Der Flug iſt haſtig und ſchnell, dehnt ſich gewöhnlich aber nur über kleine Strecken hin aus. Ob der Palmetto— fink im Winter ſeine Heimat verläßt und weiter ſüdlich zieht, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Namen: Palmettofink, Tannen, Nadelwald-, Sommerfink. Pine- woods Sparrow, Summer Finch, Palmetto Finch. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla aestivalis Licht. (1823). — F. aestiva Nutt. (1840). — Peucza zstivalis Cab. (1850). Beſchreibung: Oberſeite roſt- oder graubraun, ſchwärz— lich geſtrichelt; Unterſeite mattweißlich oder rahmweiß. Flügel und Schwanz ohne Weiß. Länge 6 Zoll; Flügel 2.35, Schwanz 2.57 Zoll. Bachmanns-Hommerfink. Bachman's Sparrow. Peucza zstivalis Bachmani BR. Bachmanns-Sommerfink iſt nur eine Varietät des vorigen, die ſich allerdings in der Fär— wenig von der Stammform unterſcheidet. Sie ver— breitet ſich von Nord-Carolina über die ſüdatlantiſchen und Golfſtaaten bis zum nördlichen Texas, nördlich bis Kentucky, Tenneſſee, Süd-Illinois und Indiana wenigſtens bis zum 40.“ nördlicher Breite). Der 3 Vogel wurde von Dr. Bachmann, einem deutjch- | lutheriſchen Pfarrer in Charleston, Süd-Carolina, und begeiſterten Naturforſcher und Freunde Audu— bons, entdeckt und in deſſen großem Werke (Bd. III, p. 113, P. 176) beſchrieben und abgebildet. „Im Monat April 1832”, ſchreibt Bachmann, „beobachtete ich bei Parkers Ferry am Ediſta-River in dieſem Staate einen Vogel, den ich vorher noch nicht geſehen hatte. Als ich mich in der Nähe der Stadt Charleston nach ihm umſah, fand ich ihn in kleiner Anzahl im Kiefernwalde (Pine-barrens) etwa ſechs Meilen nördlich von hier brütend. wechſelreicher, melodiſcher und höher. bung etwas, bezüglich des Geſanges aber jedenfalls 8 „Der Vogel ſcheint in Carolina ſeltener zu ſein als er iſt. Ich habe oft fünf bis ſechs während eines Morgenrittes gehört, aber ich fand es faſt unmöglich, ſie auch nur einen kurzen Augenblick zu ſehen; nicht weil ſie beſonders ſcheu geweſen wären, ſondern infolge der Eigentümlichkeit, daß ſie aus den hohen Baumſpitzen, in denen ſie ſingen, ſchnell herabtauchen und in dem hohen, ſtets in ſolchen Wäldern wachſen— den Beſengraſe verſchwinden. Sobald ſie den Boden erreicht haben, iſt es außerordentlich ſchwer, ſie wieder aufzuſcheuchen. Dies iſt entſchieden der lieblichſte Sänger, den ich aus der Familie der Finkenvögel kenne. Die Töne find im Verhältnis zur Größe des Vogels ſehr laut, und man kann ſie weithin durch den Nadelwald hallen hören, deſſen einziger Sänger er um dieſe Jahreszeit iſt. Anfangs November zieht er ſüdlicher, doch überſchreitet er wohl kaum die Grenze der Union. Wahrſcheinlich überwintern manche in Süd⸗Carolina, denn ich fand am 6. Februar, der kälteſten Zeit des Jahres, einen dieſer Vögel im alten Gras nur wenige Meilen von Charleston.“ Im ſüdlichen Illinois, wo der Vogel ebenfalls vorkommt und wo er „Oak-woods Sparrow“ heißt, hat er in Prof. Ridgway einen guten Beobachter gefunden. Er iſt dort ein nicht gewöhnlicher Brut— vogel, bewohnt alte Felder und ſetzt ſich, wenn er ſingen will, auf Fenzriegel oder abgeſtorbene Bäume, um ſeinen lieblichen Geſang hören zu laſſen. Auch dieſer Forſcher ſagt, daß er einer der ſchönſten Ge— ſänge ſei, welchen er gehört. Der Geſang erinnere ſehr an das Lied des Waldfinken, doch ſei er lauter, Er meint ihn durch folgende Silben wiedergeben zu können: „Ti i-1-1-1-1-1-1 Die erſten Töne bilden einen feinen hohen Triller, die letzte Silbe iſt abge— riſſen und metalliſch klingend. Er hörte ihn nie früh morgens oder abends, auch nie im Fluge, ſondern immer in den Mittagsſtunden der Monate Juni, Juli und Auguſt von einer Umzäunung oder einem alten Baume herab erklingen, ganz in der Weiſe des Waldfinken. — In der Niſtweiſe unterſcheidet er ſich jedenfalls nicht von der Stammform. Namen: Bachmanns⸗Fink, Tannenfink, Eichenwaldfink. Bachman’s Sparrow, Oak-woods Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla Bachmani Aud. (183). — Ammodramus Bachmanni Bonap. (1838). — Peucze Bachmani Aud. (1839). — Peucza zstivalis Bachmani Brewster (1885). Beſchreibung: Der vorigen Art ähnlich, nur heller; ober— ſeits roſtbraun geſtrichelt, während die ſchwärzlichen Stricheln oft fehlen. ©) Der Cassin's Sparrow. Mimoſen⸗ ooͤer Mesgquitfink. Peucza Cassini BAIRD. ie Prärien des ſüdweſtlichen Texas bieten dem Naturfreunde viel des Intereſſanten, da ſo— wohl Tier- als Pflanzenwelt überaus reich vertreten iſt. Die wellenförmige, meiſt ſehr gras- und blumenreiche Bodenfläche iſt nicht durchaus baum— und buſchlos. Lebenseichengruppen, Mesquitdickichte, Kaktus- und Grasflächen wechſeln miteinander ab. Das dunkle, glänzende Grün der Lebenseichen kon— traſtiert Scharf gegen das hellere, lebensvolle Gelblich— grün der Mimoſen und gegen die blumenreiche eigentliche Prärie. In den Monaten April bis Juni iſt es hier beſonders ſchön; ſpäter, wenn die Trockenheit eintritt, nimmt das Gras eine graugrüne Färbung an, die Fiederblätter der Mimoſen hängen ſchlaff herab, und weit und breit iſt dann in dieſer Prärie kein Tropfen Waſſer zu finden. Auch im Herbſt und Winter herrſcht hier wenig Leben. Die meiſten Vögel finden ſich dann entweder in den Dickichten der Wälder und deren Rändern oder im vertrockneten Gras der Baumwoll- und Maisfelder. In den Frühlingsmonaten dagegen, wenn die gelben Blüten der Mimoſen (Mesquit) ihren lieblichen Duft aushauchen, wenn zahlloſe Blumen die ärmlichſten Kiesflächen in bunte Beete umwandeln, dann ſingt und klingt es auch hier von allen Seiten. Einer der Charaktervögel derartiger Ortlichkeiten iſt der Mimo— ſeufink, Caſſins-Fink oder Caſſins-Sper— ling. Er iſt nicht ein Bewohner der baumloſen Grasfläche, ſondern er wählt ſich ſein Wohngebiet in den Mimoſendickichten, am Rande der Wälder und in der Nähe der Felder, namentlich an Umzäunungen. Ich fand ihn immer da, wo Mesgquitbüſche zahlreich waren. Da es hier an Waſſer mangelt, ſo iſt er faſt der einzige Vogel derartiger Ortlichfeiten. Seine nächſten Nachbarn ſind der ſehr zahlreich auftretende texaniſche „Paradiesvogel“ und der Gartenoriol, beides Vögel, welche mit Vorliebe in den Mimoſen brüten. An Waldrändern und Feldern geſellt ſich der Lerchenfink zu ihm. Namentlich im April und Mai kann man den Geſang zahlreicher Mimoſenfinken hören. Am eifrigſten ſingen ſie ſehr früh morgens und abends nach Sonnenuntergang bis tief in die Nacht hinein. Während der heißen Tageszeit wenn ſein Verwandter, der Palmettofink Floridas, am eifrigſten ſingt, hört man ihn ſelten. Der Geſang, welcher auch während des Fluges fleißig erklingt, erinnert ſehr an den des Palmettofinken, wie ich ihn in Florida gehört habe, hat aber auch Ahnlichkeit mit dem Liede des Waldfinken. Die Töne find hell, laut, abwechſelnd und ſehr wohlklingend. Der Vogel iſt in der Nähe der Mimoſenflächen ſo häufig, daß man oft eine ganze Anzahl fingen hören kann. Das Neſt ſteht nie in Sträuchern und Büſchen, in denen er ſingt, ſondern in der oſſenen Prärie, meiſt am Saume der Mesquitflächen. Ich fand es oft zufällig, wenn ich durch das Gras ging. Der brütende Vogel bleibt ſo lange ſitzen, bis man ihn faſt mit dem Fuße berührt, daun huſcht er ſchnell im Graſe davon. Der Bau ſteht in einer kleinen Erd— vertiefung und iſt aus feinen Halmen und einer weichen moosartigen Pflanze gebaut und innen mit feinen Hälmchen und manchmal auch mit Pferde— haaren und Schweinsborſten ausgepolſtert. Die vier, ſeltener fünf Eier ſind reinweiß, ohne Flecken. Der Mimoſenfink erſcheint zeitig im April, oft auch ſchon Ende März in ſeinem Brutgebiete und zieht im November wieder ſüdlicher. Ich habe die Vögel nur immer in kleinen Flügen, nie in größeren Geſellſchaften beiſammen geſehen. Der Flug iſt kurz und nicht beſonders gewandt. Er erinnert in dieſer Hinſicht und auch in ſeiner Färbung und in ſeinem Benehmen auf dem Boden an den Savannenfinken. Sein Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich vom nörd— lichen Mexico bis zum mittleren Kanſas. Namen: Mesquitfink, Mimoſenfink, Caſſins-Fink. Cassin’s Sparrow, Mesquit Finch. Wiſſenſchaftliche Namen: Zonotrichia Cassini Woodh. (1852). — Peucza Cassini Baird (1858). Befchreibung: Oberſeite grau, rein umberbraun und dunkel gefleckt; obere Schwanzdecken mit halbmond— förmigen dunkeln Flecken; Unterſeite weißlich, an der Bruſt und den Seiten bräunlich verwaſchen. Länge 6.50 Zoll; Flügel 2.60, Schwanz 2.75 Zoll. N 1 Der Dängerfink oder Dingfperling. Song Sparrow. Tafel V. Melospiza lasciata ScorT. — Vogel 7. Von der Schönheit des Frühlings und deſſen Poeſie bemerkt man in einer größeren Stadt ſehr wenig. Die Jahreszeiten kommen und gehen hier, ohne bei den meiſten Menſchen einen tieferen Eindruck zurückzulaſſen. Wie ganz anders iſt dies in der friſchen, freien Natur, im Walde und Felde! Der Stadtbewohner hat kaum eine Ahnung von der Freude und den zahlreichen Genüſſen, welche ſich dem wahren Naturfreunde zu faſt allen Jahreszeiten auf dem Lande darbieten. Im Frühling iſt es die erwachende Natur, welche ihn fort und fort feſſelt. Noch deutet kein laues Lüftchen, kein Blümchen das Nahen des Lenzes an, da bringt der Robin und Hüttenſänger aus dem Süd die erſte frohe Frühlings— kunde. Bald zeigen ſich dann auch die erſten Blüm— chen. Beſcheiden, verborgen in irgend einer ſonnigen Stelle erheben ſie ihre zarten, kaum ſichtbaren Blumenkelche. Rauhe Winde wechſeln mit lauer Luft ab. Die Knospen der Obſtbäume, der Weißdorn— ſträucher und des wilden Apfelbaumes im Walde beginnen zu ſchwellen. Immer mehr Sommergäſte erſcheinen aus dem Süden, immer reicher und auf— fallender werden die ſich öffnenden Blumen. Das hübſche Leberblümchen !), die Kuckucksblume ?), die Blutwurzel und eine große Anzahl anderer Blumen öffnen ſich au geſchützten Ortlichkeiten. Wenn die rötlichen Blütenknoſpen des wilden Apfelbaumes im Walde, der wilden Kirſchen und der Obſtbäume im Garten ſich entfalten, dann flattert's und zwitſchert's, ſingt's und jubelt's in dem duftenden Blütenmeer. Der Eindruck dieſes Bildes iſt ein ebenſo überwälti— gender, als wohlthuender und befriedigender. Selbſt der Gemütsarme bleibt davon nicht ganz unberührt. — Tauſende herrlicher Waldſänger ſuchen nach den ſich hier in unzählbaren Scharen aufhaltenden Inſek— ten. Wir brauchen nicht einmal weit zu gehen, um die Frühlingspracht recht genießen zu können. Der Naturfreund hat es verſtanden, ſeine Umgebung ſchön und anziehend zu geſtalten. Neben dem Nützlichen 1) Hepatica triloba. 2) Erythronium americanum. und Nötigen ijt das Angenehme und Schöne nicht vergeſſen worden. In der Nähe des Hauſes ſtehen einige der ſchönſten Bäume unſerer Wälder, breite hohe Ulmen, ſchön gewachſene Zuckerahorne, Birken und mit wildem Wein überrankte Weißdornbäume. Auf den blühenden Apfelbäumen und in den Zier— bäumen am Hauſe tummeln ſich fröhliche Meiſen, Zaunkönige und die prächtigen blauen Hüttenſänger. Sie niſten in den allerwärts auf den Bäumen ange— brachten Brutkäſten, während auf Gebäuden und auf Pfoſten im Garten Niſthäuſer für die ſchöne Martin— ſchwalbe angebracht ſind. Zierſträucher der mannig— fachſten Art, gruppenweiſe zuſammenſtehend, erfreuen durch ihren ſchönen dichten Wuchs, ihre zum Teil ſehr wohlriechenden Blüten, manche auch im Spätherbſt durch ihre zierenden Früchte, alle aber durch ihre ungezwungene geſchmackvolle Anordnung. Verſchie— dene Weigelien mit ihren vom zarten Weiß bis zum tiefen Rot ſich abſtufenden Blüten, Heckenkirſchen ), wilder Jasmin, Syringen, Gewürzſträucher, der Bluthartriegel, deſſen glänzendrote Rinde im Winter beſonders ſchön iſt, Stachelbeer- und Spierſträucher und eine Fülle anderer Büſche und Blumen ſind angepflanzt worden. Zur Zeit, wenn Bäume und Sträucher im ſchönſten Blütenſchmucke und üppigſten Grün ſtehen, zeigt ſich auch die Vogelwelt in ihrer ganzen Pracht und das Heer der Inſekten in feiner größten Mannigfaltigkeit. Wir lauſchen dem bezau— bernden Liede des Katzenvogels und der Braundroſſel, dem flötenden Geſange des Robin, dem anheimelnden Gezwitſcher der Martin- und Scheunenſchwalbe. Wir beobachten hoch oben im ſchwanken Gezweig einer Ulme den feurigen Baltimore-Oriol, wie er ſein künſtliches Hängeneſt webt. Wir biegen das dichte Gezweig einer Heckenkirſche oder eines Jasminſtrauches zurück und ſehen die glänzend emeraldgrünen Eier in dem mit dunklen Wurzeln ausgelegten Neſte des Katzenvogels. Die ſich hier aufhaltenden Vögel ſind zahlreich, aber es würde zu weit führen, wollte ich 1) Lonicera tartarica, beſonders aber L. Xylosteum, L. fragrun- tissima und L. Standishi. 2 Der Sängerfink oder Singſperling. 38 der Vireos, Robins, Blauvögel und anderer gedenken; nur andeuten kann ich, wo ich beſchreiben möchte. Dann kommt die wärmere Jahreszeit. Im Garten blühen die Lilien, und auch in der Wieſe zeigen ſich die leuchtenden Formen dieſer herrlichen Blume. Der Geſang der Vögel verſtummt immer mehr und mehr, da ſie jetzt vollſtändig von der Aufzucht der Jungen in Auſpruch genommen ſind. Endlich ſieht und hört man nur noch verhältnismäßig wenige unſerer gefiederten Sänger. Die meiſten halten ſich im dichten Gebüſch verborgen, um den Federwechſel oder die Mauſer durchzumachen. Iſt dieſe beendigt, ſo ſammeln ſie ſich langſam zu mehr oder weniger großen Schwärmen. Die Bobolinks, welche ſchon Ende Juli in Scharen umherziehen, ſind die erſten, welche die Gegend verlaſſen; dann folgen Ende Auguſt die Schwalben, und ſo zieht einer nach dem andern fort, unaufhaltſam fort, dem Süden zu. Im Oktober ſchwärmen die Gärten wieder von durchziehenden Spechtmeiſen, Goldhähnchen, Baum— läufern, Waldſängern und verſchiedenen Finkenvögeln, und dies dauert bis zum November. Herrlich ſind jetzt beſonders im Oktober die Tage des Indianer— ſommers. Das Laub vieler Bäume prangt in den herrlichſten Farbentönen. Sobald aber ſtarke Fröſte auftreten, fallen die Blätter bei jedem Windſtoß in dichten Maſſen herab. Auch die ſüdlich wandernden Vögel ſind jetzt bis auf wenige Nachzügler verſchwun— den. Später erſcheinen die hochnordiſchen Winter— gäſte, die Kreuzſchnäbel, Karmingimpel, Birkenzeiſige, Baumfinken und Würger in den Gärten, während über die Felder, Schneeflocken gleich, die dichten Scharen von Schneeammern wirbeln. Dies Bild des Kommens und Scheidens, des Werdens und Vergehens zog an meiner Seele vor— über, als ich meine Aufzeichnungen über einen unſerer bekannteſten und ſangeskundigſten Sommergäſte, den Sängerfinken oder Singſperling, durchlas. Der Sängerfink gehört zu den erſten Frühlings— boten des Nordens, denn er erſcheint faſt gleichzeitig und oft noch früher als die Wanderdroſſel und der Blauvogel. In Wisconſin beobachtet man ihn häufig ſchon anfangs bis Mitte März, die Mehrzahl erſcheint jedoch in den letzten Tagen des genannten Monats. Manche überwintern ſogar an geſchützten Stellen, und ſobald die Sonne glänzend herabſtrahlt auf den glitzernden Schnee, laſſen ſie einzelne Töne ihres Geſanges hören. Mitte März gewöhnlich hört man von allen Seiten den lauten, fröhlichen Geſang des Singſperlings. Er ſitzt dabei gewöhnlich auf der Spitze eines Pfoſtens oder auf einem Zaune, ſeltener auf einem Baume oder Strauche. Das Verbreitungsgebiet dieſes Ammerfinken erſtreckt ſich hauptſächlich über die öſtlichen Vereinigten Staaten und das ſüdliche Britiſch-Amerika, weſtlich bis zu den Vorbergen der Felſengebirge. Während der Brutzeit findet er ſich nicht ſüdlich vom 40. Brei— tengrade, dagegen geht er in den Alleghanies wahr— ſcheinlich ſüdlich bis zu den Rhododendron-Regionen Nord- und Süd-Carolinas. Wie weit er nach Norden hin vordringt, iſt mit Beſtimmtheit nicht anzugeben, doch iſt er noch am Winnipeg-See und am Saskatchewan ein gewöhnlicher Brutvogel. Als ſeine eigentliche Winterherberge hat man die Golf— ſtaaten anzuſehen. In den Nord- und Oſtſtaaten iſt der Sängerfink einer der bekannteſten und zahlreichſten Gartenvögel, und trotz ſeines unſcheinbaren prunkloſen Gefieders darf man ihn als einen der beliebteſten und volks— tümlichſten Sänger bezeichnen. Sein zahlreiches Vorkommen, ſeine Zutraulichkeit dem Menſchen gegenüber, noch mehr aber ſein herrlicher Geſang machen ihn zum Liebling jedes gefühlvollen Menſchen. Im Norden unſeres Landes kann man kaum einen mit Obſtbäumen und Ziergeſträuch bepflanzten Garten betreten, ohne ihn zu finden. Roſendickichte, wilde Stachelbeerſträucher, Jasmin und Heckenkirſchen, Spier- und Schueebeerenſträucher, auch dichte Tan— nen, Fichten und Wachholder ſind ſeine Lieblings— niſtplätze. In Neu-England, New Pork, Peunfyl- vanien und New Jerſey legt man jetzt häufig Moor— beete an und bepflanzt dieſe mit Rhododendren, Azaleen, Kalmien und anderen Erikaceen. Allerwärts, wo der Boden nicht kalkhaltig iſt, gedeihen dieſe zu den herrlichſten Gewächſen der Erde zählenden Pflanzen aufs üppigſte. Schon im weſtlichen New York und weiter weſtlich iſt die Erde ſo kalkhaltig, in Wisconſin und Nord-Illinois iſt der Winter jo ſtrenge, daß es vergebliche Mühe ſein würde, dieſe Sträucher im Freien auspflanzen zu wollen. Wo dieſe Moor— beetſträucher gedeihen, bilden ſie ein dichtes Blatt— und Zweiggewirr, daß ſich viele kleine Garten— vögel, wie Haarfinken, Citronſänger, Katzendroſſeln und namentlich auch Singſperlinge gerne in ihnen aufhalten. Mit Sicherheit kann man an derartigen Ortlich— keiten auf ſein Vorkommen rechnen, wenn nicht ſeine und aller Gartenvögel Hauptfeinde, die Katzen, eine Anſiedlung unmöglich machen. Man kann ſich kaum ein lieblicheres Bild denken, als einen ländlichen Garten, bepflanzt mit Schattenbäumen, gruppenweiſe zuſammenſtehenden Zierſträuchern, Beeten mit Rho— dodendren und Azaleen und mit denſelben abwech— ſelnden glatten Raſenflächen und Blumenbeeten. Eine ſolche Anlage wird regelmäßig von einer großen Anzahl kleiner Vögel aufgeſucht. Der Sängerfink, der Haarfink, Katzen- und Braundroſſel wählen ihr Heim im dichten niederen Strauchwerk; der Citron— ſänger liebt vornehmlich die Spitzen der Hecken— kirſchen und wilden Jasminbüſche; der Goldſtieglitz, der Sänger- und Waldvireo, der Cedervogel, der Robin, der Zwergpiwi wählen mit Vorliebe die Schattenbäume und den Obſtgarten. Auf einem im Geäſt eines Ahorn oder Apfelbaumes lauſchig verſteckten Niſtkaſten ſitzt fröhlich ſingend der Hütten- ſänger, während aus dem Geäſt einer Ulme oder eines Tulpenbaumes wie ein feuriger Funken der Baltimore-Oriol hervorleuchtet. Dutzende von Mar— tinſchwalben tummeln ſich laut zwitſchernd in der Luft und vor ihrem ſchönen, im Garten errichteten Brut— hauſe. Der Hauspiwi oder Phöbevogel ruft vom Haus- oder Scheunendache herab ſeinen Namen „Piwi“, „Phöbi“, während der Königstyrann in der Spitze eines Baumes Wache hält. Das iſt in kurzen Umriſſen ein oberflächliches Bild des Vogellebens eines nördlichen Gartens. Da leider den meiſten Landleuten aller Sinn für das Schöne abgeht, ſo findet man in deren Umgebung außer Obſtbäumen nur wenige Zierſträucher und Schattenbäume. Und doch ließe ſich eine hübſche Anlage ſo leicht und mit wenig Koſten herſtellen; ſie würde eine unverſiegbare Quelle von Freuden und Vergnügen bilden. Wo keine Bäume und Gebüſche in den Gärten vorhanden ſind, ſiedeln ſich auch keine Vögel an. Die Nähe des Menſchen liebt der Singſperling ganz beſonders. Aber auch in gebüſchreichen Wieſen, an Bachrändern, an mit Dickichten beſtandenen Waldſäumen finden wir ihn während der Brutzeit. Dagegen trifft man ihn nie an trockenen Ortlichkeiten, fern vom Waſſer, er zieht vielmehr tiefer gelegene Stellen, durch die ein rauſchender Bach fließt, oder eine ſprudelnde Quelle ſich ihren Weg bahnt, allen übrigen vor. Kälte ſcheint die gute Laune unſeres Vogels wenig zu beeinfluſſen, denn manche verweilen den ganzen Winter hindurch an geſchützten Stellen der Sümpfe, wo ſie munter umherhüpfen und ſich von dem auf den Schnee gefallenen Unkrautgeſäme nähren. Dies ſind jedenfalls Vögel aus hohen nördlichen Gegenden, und dasſelbe gilt auch von den im Frühling Der Sängerfink oder Singſperling. 383 zuerſt erſcheinenden. Dieſe ſind etwas ſtärker, der Geſang iſt auch lauter als bei den wahrſcheinlich zuletzt eintreffenden Brutvögeln. Gewöhnlich in der erſten Hälfte des März, an einem ſonnigen Morgen, hört man den erſten Sänger. Er ſitzt ruhig auf einem erhöhten Gegenſtande und ſingt mit emporgehobenem Schnabel ſeine Frühlingsbotſchaft. Einen ganz unbeſchreiblich wohlthuenden Eindruck macht dieſer Geſang, wenn noch alles ringsumher in Eis und Schnee gehüllt iſt, wenn noch kein Gras— hälmchen und Blümchen aus der kalten Eisdecke hervorlugt, wenn noch immer Kälte, Eis und Schnee den Menſchen ans Zimmer feſſeln. Aber auch dann, wenn hervorragende Sänger ihren Einzug gehalten, behält das Lied des Singſperlings einen hohen Wert. Man darf den Vogel ohne Frage zu unſeren beſten Sängern zählen, denn ſein Lied hat alle die Eigen— ſchaften, welche man von einem guten Schlage for— dert: Es iſt laut, wohlklingend, ändert vielfach ab, iſt bald leicht und ſprudelnd, bald ſtark und voll und wird ſehr fleißig vorgetragen. Hörte doch Minot den Geſang des Vogels in jedem einzelnen Monat des Jahres. „Das Lied des Sängerfinken“, fagt Nuttall, der ausgezeichnete Geſangesbeurteiler, „hat einige Ahnlichkeit mit einzelnen Teilen des Kanarienvogelgeſanges und wird faſt ohne Unter— brechung vorgetragen vom Tage der Ankunft bis zum Beginn des Winters. Wenn er eintrifft, zu einer Zeit, da das Wetter noch wechſelhaft und unbeſtändig iſt, klingt die Weiſe ſchwermütig und geht oft in ein eigentümliches leiſes und zartes Geflüſter über, wel— ches, wenn man ihm eine Zeitlaug zuhört, melodiſcher als der gewöhnliche Geſang und gewiſſermaßen als ſchwärmeriſches Träumen von beſſeren Zeiten er— ſcheinen will; bei Annäherung des Winters dagegen tönt das Lied wie eines Dichters Abſchied von der liebgewordenen Heimat. Wenn der Frühling vor— rückt, trägt der niemals beſonders lebhafte Sänger fein Lied lauter und eruſter vor. Er beginnt mit ſeinen gewöhnlichen Lauten und vermiſcht ſie mit einer Anzahl trillernder Töne, erhebt ſich aber auch oft über das Gewöhnliche und rundet ſeinen Geſang in höchſt gefälliger Weiſe ab. Weil aber der Vogel allgemein verbreitet iſt, und täglich ſich hören läßt, wird wenig Wert auf ſeinen angenehmen, heiteren und klaren Geſang gelegt.“ Der gewöhnliche, in den erſten Lenzestagen erſchallende Geſang klingt etwa wie „Schneid-ſchneid—— ſchneid-ſchneidzi-zi-zi-zi“, wird aber vielfach abge— ändert. Das anſcheinend kurze Lied iſt einer ganz 384 bedeutenden Abwechſelung fähig, und man wird nie müde, ihm zu lauſchen; es iſt immer neu, immer feſſelnd. Wie bei anderen Vögeln, ſo giebt es auch unter den Sängerfinken hervorragende und ſchlechte Sänger, Künſtler und Stümper. Auch auf die Ortlichkeit kommt hierbei ungemein viel an, denn manche Ge— genden beherbergen vorzügliche, andere nur unbedeu— tende Künſtler. Wie es ſcheint ſind die nördlichen Sänger viel wertvoller, als die weiter ſüdlich brüten— den. Wenn ein ſogenannter ornithologiſcher Schrift— ſteller, Gentry, den Sängerfinken ohne weiteres über den Kanarienvogel ſtellt, ſo beweiſt er damit nur, daß er nie einen guten Kanarienvogel gehört hat, und daß er überhaupt den Vogelgeſang nicht zu beurteilen vermag. Ich möchte dem Sänger— finken-Geſange auch alle Ahnlichkeit, die er nach Nuttall mit dem des Kanarienvogels haben ſoll, abſprechen. Er iſt durchaus verſchieden, ein Geſang ganz für ſich, den man mit dem keines mir bekannten Finken vergleichen kann. Schon morgens in aller Frühe begrüßt er den anbrechenden Tag mit lautem Jubelgeſange, und auch oft abends noch, nachdem die Sonne ſchon längſt untergegangen und auch das letzte Glühen der Abend— röte der Nacht gewichen iſt, hört man gelegentlich den feſſelnden Geſang. Oft ſingt er des Morgens dicht am Kammerfenſter ſeine lieblichſten Töne. Ein Pärchen dieſer Art hatte in einem dichten Roſen— ſtrauche in unmittelbarer Nähe unſeres Hauſes ſein Neſt angelegt, und jeden Morgen und Abend des Auguſtmonats ſang das Mäunchen dicht vor dem Fenſter meines Schlafzimmers von einem Pfoſten herab feine ſchönſten Weiſen. Der Geſang iſt jo eigentümlich, daß man ihn ſogleich wiedererkennt, wenn man ihn einigemal zu hören Gelegenheit hatte. Ich kenne im Norden keinen Vogelgeſang mit dem man ihn vergleichen könnte. Im Süden dagegen hört man einen Vogel, den Sänger- oder Bewicks-Schlüpfer, der einen ſehr ähnlichen Geſang hat. Der gewöhnliche Ton, welchen man namentlich auch in der Winterherberge vernimmt, iſt ein charak— teriſtiſches, ſchmatzendes „Tſchub“ oder „Tſup“, welches ihn ſofort kennzeichnet. Nur ſein naher Verwandter, der Sumpffink, hat einen durchaus ähnlichen Lockruf. Etwa anfangs Mai ſchreiten die erſten Pärchen zur Brut. Das Neſt wird meiſt in Büſche, manch— mal auch auf die Erde gebaut. In Gärten ſteht es meiſt in ſehr dichtem Strauchwerk, in ſtacheligen Der Sängerfink oder Singſperling. Roſenbüſchen, oder in ſolchen Sträuchern, deren dich— tes Laubwerk und dichte Veräſtelung ihm Schutz gegen allerlei Raubzeug gewähren kann. In Wieſen ſteht es oft auch unter Büſchen, in Grasbüſcheln, in Stachelbeerbüſchen, ſelten höher als drei Fuß vom Boden. In Gärten findet man es von einem bis zu acht Fuß von der Erde. — Minot berichtet auch von einem in einem alten Kruge angelegten Baue, und Stearns und Merriam von ſolchen in Baumhöhlen und Stumpfen. Auf dem Boden ſtehende Neſter ſind nachläſſiger gebaut, als in Büſchen angelegte. Dieſe finden ſich gewöhnlich in einer kleinen Vertiefung des Bodens, find aus Gras und Halmen gebaut und innen gewöhnlich mit Pferde— haar ausgelegt; manchmal beſteht die Auskleidung auch aus zarten Faſern und feinen Wurzeln. In Büſchen angelegte Neſter ſind feſter, ſchöner und ſorg— fältiger gebaut. Sie beſtehen äußerlich aus langen Halmen, Pflanzenſtengeln, Blattfaſern und Blättern, Papier u. ſ. f. und ſind innen regelmäßig mit Haaren ausgepolſtert. Sie ähneln ganz und gar den Neſtern des Lerchenfinken, welcher in Texas ſeine Stelle vertritt. Das Gelege beſteht aus vier bis fünf der Grund— farbe nach bläulichweißen Eiern, die mit ziemlich großen, dicht über das ganze Ei zerſtreuten roſt- und dunkelbraunen Flecken gezeichnet ſind. Oft ſtehen die Flecken ſo dicht, daß man kaum die Grundfarbe zu erkennen vermag. Nach etwa dreizehntägiger Bebrü— tung ſchlüpfen die Jungen aus, die zuerſt mit kleinen Würmern und unbehaarten Raupen, ſpäter auch mit Käfern, Nachtſchmetterlingen, Spinnen und anderen Inſekten gefüttert werden. Nur das Weib— chen brütet, das Männchen ſingt indes ſeine ſchönſten Weiſen und hält Wache. Sobald die Jungen erbrütet ſind, beteiligt es ſich ſehr rege an der Aufzucht der— ſelben. Nähert man ſich nun dem Neſte, ſo kommen die Alten ängſtlich ſchreiend herbei und umflattern den Eindringling, legen überhaupt große Sorge für die Brut an den Tag. Fortwährend ertönt das eigen— tümliche und melancholiſche „Tſchub“, bis man ſich wieder aus ihrem Gebiete entfernt hat. Die Brut wächſt raſch heran und verläßt etwa am vierzehnten Tage ihres vebens das Neſt. Kommt man haſtig aus Neſt, ſo fliegen die Jungen angſtvoll heraus, manch— mal viel zu früh, ſodaß ſie umkommen. 2 In den erſten Tagen nach dem Ausfliegen halten ſich die jungen Sängerfinken mit Vorliebe in Reiſig— haufen, dichtem Gebüſch und Schlingpfanzen verbor— gen, ſobald aber die Schwungfedern ein weiteres — . —ñäZ3 Mn ee — — — — — XXV. 7 1. PIRANGA ERYTHROMELAS Vieill. — SCHARLACHTANGARA. — Scarlet Tanager. 2.3. HABIA LUDOVICIANA Stejn & & 2 — ROSENBRUSTIGER KERNBEISSER._ Rose breasted Grosbeak. . 5. PIPILO ERYTHROPHTHALMUS Vieill & & N ERDFINK. — Chewink ‚Towhee. * 7 8 Dreh Der Sängerfink Fliegen geſtatten, bewegen ſie ſich von Buſch zu Buſch. Die Alten führen ſie noch eine Zeitlang, bis ſie ſelbſt für ſich zu ſorgen imſtande ſind. Dann ſchreitet das Pärchen noch in der Regel zu einer zweiten, in ſeltenen Fällen auch noch zu einer dritten Brut. In Wisconſin habe ich oft noch aufangs Auguſt friſche Gelege gefunden. Bald nach der Brutzeit verſammeln ſich ver ſchiedene Familien einer Gegend zu kleinen Geſell ſchaften. meiſten Ammerfinken ſind, iſt der Singſperling nicht. Sie halten ſich nun meiſt immer im Randgebüſch der Wälder, im Gebüſch großer Gärten und in Reiſig haufen auf und ziehen dann Mitte Oktober ſüdlich, gewöhnlich in Geſellſchaft vieler anderer Finken. Aber immer neue Scharen rücken aus dem Norden nach, ſodaß man noch anfangs Dezember, wenn noch kein ſtarker Schneefall eingetreten iſt, Sängerfinken beobachten kann. Es war am Morgen des 12. November 1881, als ich wie gewöhnlich in dem dichten mit Smilax überwucherten Gebüſch an der Weſt-Vegua umher— ſtreifte, um neu angekommene Vögel zu beobachten. Ich ſah große Scharen in voriger Nacht eingetroffener Buſchfinken und darunter auch die erſten Sänger finken. An den folgenden Tagen ſchwärmte das ganze Gebüſch an der Weſt-Yegua von Tauſenden verſchiedener Vögel, die ſich meiſt in den dichten immergrünen Dickichten aufhielten. Die Sänger— finken zeigten ſich auch häufig in den am Waldes— ſaume ſo zahlreichen Reiſighaufen in der Nähe der Mais- und Baumwollfelder. Mit Kardinälen und vielen anderen berſchiedenartigen Finkenvögeln beſuch— ten ſie die mit Unkraut, namentlich mit einer Art wilder Hirſe bejtandenen Felder. Wurden ſie aufge— ſcheucht, ſo flogen ſie eiligſt in die nahen Dickichte, wo ſie lautlos ſich verborgen hielten. Nur der Sän— gerfink ſaß mit geſträubten Kopffedern da, ſein indig— niertes „Tſchup“ hören laſſend. Er ſträubt überhaupt gern die Kopffedern, was ihm ein ſehr ſelbſtbewußtes, keckes Ausſehen verleiht. An dem mir von Jugend auf bekaunten Lockrufe erkannte ich immer die Sängerfinken ſogleich. Dieſen Ruf vernimmt man in den texaniſchen Dickichten der Waldränder und Flußuiederungen beſtändig von Mitte November bis anfangs März, zu welcher Zeit etwa die letzten Nachzügler nördlich ziehen. — In den Haſelnuß- und Schneebeerendickichten des Dark Gebirges im ſüdweſtlichen Miſſouri überwintern eben falls ſehr viele. oder Singſperling. kurze Strecken hin ausgedehnt. Der Flug iſt wellenförmig, niedrig und nur über Die Reiſe erfolgt gewöhnlich von Gebüſch zu Gebüſch, doch erheben ſie ſich auch hoch in die Luft und fliegen dann ſchuell dahin. Die Nahrung ſuchen ſie zum größten Teil vom Boden auf. Im Winter beſteht dieſelbe haupt— ſächlich aus allerlei kleinem Geſäme, namentlich aus den Unkrautſämereien der ſüdlichen Mais-, Baum— Ein eigentlich geſelliger Vogel, wie es die ſcheu und mißtrauiſch ſind. woll- und Zuckerrohrfelder. In Texas verzehren fie mit Vorliebe eine Grasſamenart, deren innerer meh— liger Kern mit einer äußerſt ſtacheligen Hülle um— ſchloſſen iſt. Im Sommer und Frühling bilden Juſekten ihre Hauptnahrung. Eigentümlich iſt es, daß gerade unſere im Norden ſo zutraulichen Gartenvögel im Winterquartier ſo Nur der Haustyraun macht davon eine Ausnahme. Beſonders wild zeigte ſich auch der Sängerfink, der bei jeder Annäherung ſchleunigſt im Juneren der Dickichte und Reiſighaufen verſchwand und auch ſobald nicht wieder zum Vor— ſchein kam. Im Brutgebiet dagegen gehört er zu den zutraulichſten Vögeln. Der Sängerfink eignet ſich vorzüglich für die Stubenvogelliebhaberei, und nicht nur im Geſellſchaftskäfig und in der Vogelſtube unter anderen Ammerfinken, ſondern auch im Einzel— käfig macht er ſeinem Pfleger Freude. In letzterem kommt namentlich ſein ſchöner Geſang recht zur Gel— ſingt jedoch nicht ſo anhaltend und oft. Mit anderen Vögeln lebt er ſehr friedlich. Ich hielt ihn ſelbſt mit Zebra-, Band-, Amarantfinken und Elſterchen zuſammen und die ganze Geſellſchaft vertrug ſich, nachdem ſie ſich einmal aneinander gewöhnt hatte, ſehr gut zuſammen. Die ärgſten Streiter waren und blieben die kleinen zwergartigen Elſterchen aus Afrika, denen ſelbſt die großen einhei— miſchen Erdfinken weichen mußten, wenn es an den Futternapf ging. Da der Singſperling im Garten in keiner Weiſe ſchädlich wird, ſo ſollte man ihn aller— wärts ſchützen und hegen. Ein Pärchen dieſer ſchlich— ten, geſangeskundigen Vögel gereicht ſeinem Wohnort zur ganz beſonderen Zierde. Bedauerlich iſt es, angelegte Neſter von Katzen zerſtört werden. umherſtreichenden Hauskatzen ſind überhaupt die ſchlimmſten Feinde unſerer kleinen Gartenvögel. In Wieſen ſind es Stinktiere, Minks, Wieſel und beſon— ders Schlangen, welche viele Bruten vernichten. Wenn man die Katzen fernhält, ſo kann man in allen ländlichen Gärten des Nordens den Sängerfinken 49 daß ſo viele in Gärten Die ohne Mühe an ſich feſſeln, vorausgeſetzt, daß man es nicht unterlaſſen hat, allerlei dichtes Ziergeſträuch an zupflanzen. Namen: Süngerfink, Singſperling. Song Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla ſasciata Gmel. (1788). — Melospiza faseiata Scott (1876). — Fringilla melodia Wils. (1810). — Zonotrichia melodia Bp. (1838). — Melospiza melodia Brd. (1858). Beſchreibung: Oberſeite bräunlich, ſcharf dunkelbraun und aſchgrau geſtrichelt; Kopfkrone kaſtanienbraun, ſehr fein ſchwarz geſtrichelt, Streif in der Mitte der— ſelben und über dem Auge grauweiß. Unterſeite weiß, ſchwärzlichbraun gefleckt; an der Bruſt ſtehen die Flecken ſo dicht, daß ſie als ein großer Fleck erſcheinen; Flügel und Schwanz bräunlich. Länge 6.50 Zoll; Flügel 2.58, Schwanz 3 Zoll. Im weſtlichen Gebiete unſeres Landes finden ſich eine ganze Anzahl Varietäten des Singſperlings, welche in Färbung und Lebensweiſe mehr oder weniger von der typiſchen Form abweichen. Da die Unter— ſchiede nicht bedeutend ſind, ſo erſcheint eine längere Beſchreibung jeder einzelnen Form überflüſſig. Der Gebirgs-Singſperling (Melospiza faseiata montana Hexsn.; Mountain Song Spar- row) hat längere Flügel und längeren Schwanz, kleineren ſchlankeren Schnabel; die Färbung iſt mehr grau und die Schaftſtriche der Unter- und Oberſeite ſchmaler. Seine Heimat ſind die Felſengebirge, weſt— lich bis Nevada, dem öſtlichen Oregon und Waſh— ington. Nach Prof. Ridgway iſt dieſer Sing— ſperling einer der häufigſten Vögel der fruchtbaren Teile des großen Beckens (Great Basin). Er be— wohnt hauptſächlich die Weidendickichte, doch findet man ihn auch in den Kolbenrohrſümpfen (tule sloughs) und in den Flußthälern. In jeder Hinſicht, in ſeinem Benehmen, vor allem aber in ſeiner Zu— traulichkeit erinnert er an den Singſperling des Oſtens. Wenn man ihn zum erſten Male hört, fällt die Fülle ſeines Geſanges und die ganze Weiſe des Schlages beſonders auf. Obwohl dem des öſtlichen Singſperlings ähnlich, iſt er doch wieder verſchieden. Er iſt nicht ſo laut, aber doch ſehr angenehm. Man kann ihn vielleicht durch folgende Silben wiedergeben: „Tſchatſcha-tſcha - tſcha-tſcha-wit-tur-rr-r-r-r— tut“. Im Wahſatch-Gebirge fand der genannte For— ſcher mehrere Neſter. Sie ſtanden immer in Weiden— dickichten in der Nähe der Flüſſe, gewöhnlich nur einen Fuß vom Boden, waren feſt aus grober Weidenrinde FFF!!! y en • 000 386 Singſperlinge. gebaut und innen mit Halmen und Pferdehaaren ausgelegt. Die Eier, gewöhnlich vier an Zahl, waren der Grundfarbe nach grünlichweiß, mit dicken rötlich— braunen und purpurnen Flecken gezeichnet. Heermanns-Sperling (M. faseiata Heer- man; lleermann’s Song Sparrow), nach dem um die weſtliche Vogelwelt ſehr verdienten deutſchen Forſcher Dr. Heermann benannt, bewohnt das Innere Californiens bis zur Oſtſeite der Sierra Nevada. Er iſt etwas größer als die typiſche Form, oberſeits dunkler, mit olivenfarbenem Anfluge; die Längsſtreifen der Unter- und auch der Oberſeite ſind ſchwärzer, ſcharf hervortretend. Er iſt in den califor— niſchen Gärten gerade ſo zutraulich wie die öſtliche Art. Auch an Bächen und Dickichten findet er ſich häufig. Sein Geſang und ſeine ganze Lebensweiſe ſoll beſtändig an den Singſperling des Oſtens erin— nern. „Heermanns-Siungſperling“, ſchreibt mir Frau Sophie Zimmermann aus San Miguel, Cal., „welcher ſehr der Stammform gleicht, war der erſte Vogel, deſſen Bekanntſchaft ich bei unſerer Hierherfunft im Oktober 1886 machte. Er kam immer zutraulich ans Haus und las die Bröckchen auf. Er hat einen friſchen lieblichen Geſang, den man im Sommer noch ſpät in der Nacht hört. Er baut auf den Boden. Die weißlichen Eier ſind braun gefleckt und im Ver— gleich zum Vogel ungewöhnlich groß. Ich fand dieſen Sommer (1889) ein niedliches Neſt unter einem ſehr niedrigen Eichbuſch mit drei Eiern darin. Durch das Auffliegen des Vogels bei meinem Nahen wurde ich darauf aufmerkſam. Im Früh- und Spät⸗ jahre ſieht man dieſe Singſperlinge immer in größeren Scharen beiſammen.“ Samuels-Singſperling (M. fasciata Sa- muclis BIRD; California Song Sparrow) iſt dem vorigen ähnlich, nur etwas kleiner, mit ſchwächerem Schnabel. Über dieſe Varietät iſt bisher wenig mit— geteilt worden. Der mexikaniſche Singſperling (M. fas- eiata mericana Rıpaw.) bewohnt das ſüdliche Me— rico, das Thal der Stadt Mexico u. ſ. f. Er iſt dunkler und reicher gezeichnet als irgend eine andere Form. Der Wüſten-Singſperling (M. fasciata fallax Bub.; Desert Song Sparrow) zeichnet ſich durch mehr roſtbraune Flecken der Unterſeite und mehr ins Bräunliche ziehende Färbung der Oberſeite aus. Er lebt in Arizona. ä —ͤ ee — s —-—y——ön . ——'¶—2 —ů— * — — —— — Der roſtbraune Singſperling (. fas- eiata guttata Baırp; Rusty Song Sparrow) vertritt die eigentliche Art im weſtlichen Oregon bis nach Britiſch-Columbia. Nach Dr. Cooper, dem beiten Kenner der Avifauna der Region des Stillen Ozeans, bewohnt dieſer Fink den nördlichſten Teil der Nord weſtecke unſeres Landes. Auch im nördlichen Califor— nien ſoll er vorkommen. Sowohl ſein Geſaug wie die ganze Lebensweiſe erinnert an die öſtliche Art. In der Gegend des Puget-Sund iſt er Standvogel. Er lebt dort hauptſächlich in den Dickichten am Rande der Prärie; andere finden ſich in dem angeſchwemmten Holz und Reiſig der Salzmärſche der Küſte, in Süm— pfen und in den Dickichten der Douglasfichten. Da jene Gegenden trotz des ſtarken Schneefalles ein ſehr mildes Klima haben, ſo iſt unſer Fink dort Stand vogel. Nach den Angaben des genannten Ornitho logen hört man den fröhlichen Geſang ebenſowohl an milden Wintermorgen als während des Sommers. Als Belohnung für die, welche ihm Schutz und Gaſt— freundſchaft gewähren, ſingt er feine ſchönſten Weiſen im Garten oder Gehöft. Er ſitzt dabei gewöhnlich auf einer „Fenz“ oder auf einem Pfoſten. Wenn man ihn nicht mutwillig ſtört, wird er ſehr zahm und Der Sumpffperling. 387 zutraulich. Das Neſt baut er ganz ebenſo wie der Singſperling. In der Beurteilung des Geſanges ſind die ver— ſchiedenen Beobachter geteilter Meinung. Manche ſagen, er ähnele dem des Sängerfinken ſo, daß man nicht ſagen könne, welches der beſte Sänger von beiden ſei. Dagegen ſagt Nuttall, einer der größten unſerer Forſcher und ein ausgezeichneter Geſanges feiner, das Lied dieſes weſtlichen Singſperlings ſei lieblicher und abwechſelnder. Er vernahm dasſelbe den ganzen Sommer hindurch und an jedem ſchönen Wintertage, namentlich des Morgens. Vom Sing— ſperling unterſcheidet er ſich hauptſächlich durch den roſtbraunen Ton ſeiner Färbung. Der rußbraune Singſperling (M. fas-' ciata h, BAIRD; Sooty Song Sparrow) iſt etwas größer als die eigentliche Form; der Grundton feines Gefieders iſt rußbraun. Seine Heimat iſt das ſüd— liche Alaska. Der Singſperling der Aleuten (M. ei- nerea Rıpaw.; Aleutian Song Sparrow) ähnelt dem vorigen, iſt aber bedeutend grauer. Er iſt eine ſelbſtändige Art und kommt auf den Aleuten und auch in Alaska vor. Der Dumpffperling. Swamp Sparrow. Melospiza georgina RI DOA. 1 10 den ſangesreichen, ſcheuen, verſteckt lebenden Sumpfſperling kennen zu lernen, müſſen wir jene halbwilden, mit den maunigfachſten Pflanzen beſtandenen, mit Wieſen und Feldern umgebenen Sümpfe aufſuchen, au denen die Nordſtaaten ſo reich ſind. In meinem Heimatsſtaate Wisconſin, . beſonders in Sheboygan County, iſt an derartigen Ortlichkeiten kein Mangel. Obwohl von den meiſten Menſchen gemieden, ſind ſie doch für den Pflanzen— und Vogelfreund wahre Fundgruben des Intereſ— fanten und Lehrreichen. Sehen wir uns einmal etwas genauer eine ſolche Srtlichkeit au! Ich wähle die Gegend, in welcher ich von früheſter Jugend auf eine überaus reiche Vogelwelt während der ſchönſten Zeit des Jahres beobachten konnte. Die Gegend iſt etwas bergig, aber kleinere und größere Sümpſe finden ſich nach allen Seiten hin. Der kleine, mit Bergen umgebene Landſee hat ſehr ſumpfige, marſchige Ufer. Der Ausfluß desſelben windet ſich durch niedriges, ſumpfiges Land. Der Boden ſchwankt unter unſeren Füßen auf und nieder. Die kühle, aus dem Berge hervorſprudelnde Quelle auf der Südweſt— ſeite des Sees läßt einen tiefroſtbraunen Bodenſatz zurück, der auf die Auweſenheit von Eiſen ſchließen läßt. Papierbirken und Ahorne ſtehen in ihrer Nähe, während oben auf dem Berge einſt mächtige Weißkiefern ſtanden. Nur am Rande des Waſſers ſteht dichtes Gebüſch; in einiger Entfernung iſt das ſelbe und die hohen Ulmen und Eſchen entfernt. Eine grasreiche Wieſe, frühzeitig im Jahre mit Dotterblumen dicht beſtanden, ſpäter mit Phlox und anderen Blumen, beſonders auch mit prächtigen Der Sumpffperling. Lilien!) beſäet, nimmt jetzt die Stelle des einſtigen findet er ſich von den Mittelſtaaten ſüdlich, iſt beſon— dichten Waldes ein. Hier brüten jährlich Hunderte von Bobolinks, deren herrlicher Geſang im Juni Berg und Thal durchhallt. Am ande des Ausfluſſes iſt das Waſſer von den Blättern der gelben Teichroſe?) und der wohlriechenden weißen Waſſerlilie “) bedeckt. Waſſerhühner, ihre Jungen führend, laufen auf dieſen Blättern zahlreich umher. Einſt brüteten hier auch wilde Enten in großer Anzahl. Euten, die Braut- oder Waldente, traf man damals zahlreich in hohlen Baumſtämmen brütend an. Die Jungen, nachdem fie dem Ei gerade eutſchlüpft waren, ließen ſich oft aus beträchtlicher Höhe, ohne den geringſten Schaden zu nehmen, herabfallen. Sie eilten dann inſtinktmäßig ohne weiteres dem nahen Waſſer zu. Im Schilf und in den Riedgräſern brüteten Rotflügel, und im Gebüſch und auf Bäumen Bootſchwänze in Menge. Ganz in der Nähe des Waſſers, wo das Gebüſch, beſonders der Blutſtrauch') und die wilden ſchwarzen, ſtarkriechenden Johaunis— beeren“), vereinzelt umherſtanden, wo ſich allerwärts kleine mit Waſſer umgebene Erderhöhungen und hohes Gras fanden, wo ſich das Stinkblatt“), eine üppig wuchernde Aroidee, die vote, herrliche Kardinalblume), Farnkräuter und im Graſe verborgen gelbe Veil— chen“) fanden, da traf man unſeren Sumpfſperling zu jener Zeit zahlreich. Es ſind nicht die mit dichtem Wald und Gebüſch beſtandeuen, ſondern die teilweiſe geklärten halbwilden Ortlichfeiten, wo man ihn findet. Am Rande ſumpfiger Bäche, in niedrigen, buſchigen Wieſen und Viehweiden, am Saume der hier zahl— reichen Tamarack- und Coedernſümpfe iſt er ſtets mehr oder weniger zahlreich anzutreffen. Selten findet man ihn weit ab von ſolchen Ortlichkeiten, nie trifft man ihn auf Feldern oder im höher ge— legenen Walde. Wenn man näher mit ihm bekannt iſt, findet man ihn leicht, da er an ſeinen Lieblings— aufenthaltsorten zahlreich iſt und ſich durch lauten, angenehmen, charakteriſtiſchen Geſang ſehr bemerklich macht. Die Unzugänglichkeit ſeiner ſumpfigen Hei— mat iſt die Urſache, daß er nicht ebenſo bekannt iſt, als ſein nächſter Verwandter, der Singſperling. Das Verbreitungsgebiet des Sumpfſperlings erſtreckt ſich über die nördlichen Staaten bis nach Neufundland, Labrador und Fort Simpſon, weſtlich bis zum Rande der großen Ebenen. Im Winter Lilium superbum und Lilium Canadense. 2) Nuphar advena., 3) Nymphza tuberosa. 4) Cornus stolonifera. 6) Symplocarpus foeditus Skunk Cabbage). 8) Viola pubescens. 5) Ribes floridum. 7) Lobelia cardinalis. Die ſchönſte unſerer ders in den Golfſtaaten häufig, beſucht regelmäßig Florida ſüdlich bis Miami, auch hier allerlei buſch— reiche, ſumpfige Gegenden aufſuchend und ein ſehr verſtecktes Leben führend. Ich habe ihn nicht im ſüdöſtlichen Texas beobachtet, doch dürfte er auch dort Wintervogel fein. Im ſüdlichen Louiſiana iſt er ein ſehr zahlreicher Wintergaſt, da er dort, namentlich in der Nähe des Miſſiſſippi, allerwärts ihm zuſagende Aufenthaltsorte findet. In den Märſchen und Sümpfen Mittel-Wis— conſins erſcheint er im Frühling etwa anfangs April. Er ſingt nicht ſogleich nach ſeiner Ankunft wie der Singſperling, ſondern hält ſich zunächſt in alten Reiſighaufen und Gebüſchen verborgen. Erſt Mitte des Monats hört man den lauten, wechjelnden, dem des Sängerfinken ähnlichen Geſang. Am eifrigſten ſingt er jedoch Ende Mai und den ganzen Juni hindurch. Es iſt geradezu auffallend, daß alle unſere Ornithologen über dieſes wirklich ausgezeich— nete Tonſtück ſo wenig mitteilen oder es ſelbſt ab— ſprechend beurteilen. Meines Wiſſens läßt ihm nur Minot volle Gerechtigkeit widerfahren. Der Ge— ſang kommt allerdings nicht ſo zur Geltung, wie das gemütvolle Frühlingslied des im Garten, oft noch in winterlicher Umgebung ſingenden Singſperlings. Die Natur iſt jetzt längſt erwacht, zahlreiche prunk— volle Blumen blühen in Wald und Wieſe. Aus dem nahen Gehölz erſchallt das Lied des roſenbrüſtigen Kernbeißers, die herrlichen Weiſen der Wald- und Röteldroſſel und aus den Dickichten der Wonne— geſang des Katzenvogels. Die Bobolinks ſteigen zu Dutzenden in die Luft, ihre unbeſchreiblich klang— vollen, metalliſchen Töne erklingen laſſend. Die Rotflügel beteiligen ſich ebenfalls durch ihre klaug— reichen Laute am Vogelkonzerte, und ſelbſt das rauhe „Käck, käck“ der Bootſchwänze ertönt von allen Seiten. Daß in dieſem vielfältigen Vogelchor das Lied des Sumpffinken nicht recht zur Geltung kommen kann, iſt erklärlich. Bei aller Kürze und Einfachheit zeichnet ſich das Liedchen unſeres Sängers durch Lieblichkeit, Reinheit und Klangfülle aus. Wer in der erſten Juniwoche an einem warmen, ſonnigen Tage das Brutgebiet desſelben betritt, wird überraſcht ſein von dem fleißig erklingenden, fröhlichen, gemütvollen Liede. Leider hört ihn nur der Vogelfreund und Forſcher in ſeiner ganzen Schönheit, denn einerſeits bleiben die meiſten Meuſchen dem abgeſchloſſenen Wohngebiete unſeres Vogels fern, und andererſeits läßt ji) unſer Sänger wegen ſeiner Scheu ſchlecht Der Saumfink. beobachten. „Die Sumpfſperlinge“, ſchreibt Minot, „übertreffen hinſichtlich der Verſchiedenheit und Schärfe der Töne alle unſere Finken. Sie gehören zu den beſten Sängern der Familie. Das „Tſchuck', die rauhen ſcheltenden Töne und der Geſang erinnern in gewiſſer Hinſicht an alle dieſe Laute des Katzenvogels. . . . . Während der Sängerfink haupt— ſächlich früh am Morgen ſingt, ſo läßt der Sumpf— ſperling verhältnismäßig ſpät am Tage, oft noch nach Eintritt der Dunkelheit, ſeine ſchönſten Töne erſchal— len. Ich hörte einen ſolchen Sänger, der aus dem Dickicht ſingend hervorſchoß, in die Luft flog, dann einen Kreis beſchrieb und endlich wieder im Dickicht verſchwand, auch hier noch einige abgebrochene melo— diſche Töne hervorbringend. Dann war alles ruhig.“ Sieht ſich unſer Vogel beobachtet, dann taucht er herab in die Gebüſche und ins Gras, oder er ver— ſchwindet in einem dichten Reiſighaufen. Er hält ſich ſehr viel auf dem Boden auf und weiß ſich auf dieſem mit großer Gewandtheit zu benehmen. Seine Nah— rung beſteht im Brutgebiete vornehmlich aus allerlei melodiſche Inſekten; im Herbſt und Winter nährt er ſich meiſt von kleinem Unkrautgeſäme. Ende Mai und anfangs Juni findet man in naſſen Ortlichkeiten oft in einem Grasbüſchel unter kleinen Sträuchern oder Farnkräutern das Neſt. Ge— wöhnlich ſteht es in einem beſonders dichten Gras— büſchel in der Nähe von Sträuchern und Stumpfen, oft auch an der Seite einer aus dem Waſſer hervor— ragenden Erderhöhung, wie ſie ſich in ſolchen Ortlich— keiten zu Tauſenden, eine neben der anderen, finden. Seltener baut der Sumpfſperling in Büſche. Der Bau! ähnelt ganz dem des Sängerfinken. Mußerlich beſteht 389 er aus Halmen und Pflanzenſtengeln, inwendig iſt er mit feinen Hälmchen, oft auch mit allerlei Thier— haaren, ausgelegt. Die vier bis fünf Eier ſind nicht mit Sicherheit von Singſperlingseiern zu unterſchei— den. Sie ſind der Grundfarbe nach weiß, oft grau— braun oder grün angehaucht, ziemlich dicht mit feinen braunen Flecken gezeichnet und mit dicken braunen Tüpfeln geſprenkelt, namentlich am ſtumpfen Eude. Die Vögel ſcheinen in Wisconſin jährlich zwei Bruten zu machen, denn ich fand noch oft im Juli friſche Gelege. Kommt man in die Nähe des Neſtes, ſo gebärden ſich die Alten ſehr ängſtlich und laſſen fort— während ein ſchnelles ſcharfes „Tſchub“ hören. Ende Oktober oder noch früher ziehen unſere Vögel in kleinen zerſtreuten Geſellſchaften ſüdlich. In den Südſtaaten finden ſie in dem teils immergrünen Gebüſch in der Nähe der Flüſſe, Teiche und Seen eine ihnen zuſagende Winterherberge. Sumpfſperling, Sumpffink. Swamp Sparrow. iſſenſchaftliche Namen: Fringilla georgina Lath. (1790). — Melospiza georgina Ridgw. (1885). — Frin- gilla palustris Wilson (1811). — Melospiza palustris Baird (1858). Beſchreibung: Mitte der Kopfkrone einfarbig kaſtanien— braun; Stirn ſchwarz; Scheitelſtreif, Seiten des Kopſes und Rückens aſchgrau. Hinter dem Auge ein brauner Streif; Federn des Rückens ſchwärzlich, roſtgelb geran— det. Unterſeite weiß, an den Seiten gelblichbraun ver— waſchen. An der Bruſt einige undeutliche Striche, welche nach den Seiten zu mehr hervortreten. Länge 5.75 bis 6.00 Zoll; Flügel 2.40, Schwanz 2.55 Zoll. Name: NN W᷑̃ Der Haumfink. Lincoln's Finch. ieſer dem Sing- und Sumpfſperlinge nahe ſtehende Fink verbreitet ſich vom Atlantiſchen bis zum Stillen Ozean, iſt aber im Oſten ſeines Wohngebietes viel weniger zahlreich als im Weſten. Obwohl man ihn bei Racine, Wis., und in den hohen Gebirgsgegenden des Oſtens und Weſtens der Ver— einigten Staaten als Brutvogel beobachtet hat, brütet er eigentlich doch nur nördlich von den Vereinigten Staaten. Labrador, die Gegend des Saskatchewan, | Melospiza Lincolni BAIRD. des Mackenzie und Alaska iſt als ſeine eigentliche Heimat anzuſehen. Nach Trippe brütet er im Felſengebirge Colorados von 9500 Fuß oder 10,000 Fuß aufwärts. Er erſcheint dort zeitig im Mai, lebt in Gebüſchen und Reiſighaufen in der Nähe der Bäche und erinnert in ſeinem ganzen Thun und Treiben an den Sängerfinken. Im Oktober verläßt er das Gebirge, zieht zunächſt herab in die Thäler, wo er ſich in den Gebüſchen der Bachränder einige Wochen 390 umhertreibt, und zieht daun ſüdlich. Ich traf ihn im Winter zahlreich in Texas, wo er ſich im Gebüſch der Waldſäume, mit vielen anderen Ammerfinken ver— einigt, aufhielt. Beſonders in der Nähe der Mais-, Baumwoll- und Hirſefelder, ſofern dieſe an den gebüſchreichen Wald grenzten, war er zahlreich. Er war geſelliger als Sänger- und Sumpffink, denn man konnte immer Flüge von zehn bis zwanzig Stück zuſammen ſehen. In einem Meiſenkaſten fing ich mehrere für den Geſellſchaftskäfig. Sie waren aber jo wild und unbändig, daß fie fortwährend kopflos im Bauer umherſtürmten und dadurch die anderen, ſchon recht zahmen Käfigbewohner aufregten und ängſtigten. Nach Prof. Ridgwapy überwintert der Saum fink ſchon im ſüdlichen Illinois in großer Anzahl. Der Fuchsfink. Ich fand ihn in den Haſelnuß- und Brombeerdickichten in den Thälern des ſüdweſtlichen Miſſouri ebenfalls als zahlreichen Wintergaſt. Da er ein ſehr unſchein— barer Vogel iſt, vielen anderen grauen Ammerfinken ähnelt und überdies auch ſehr ſcheu und zurückgezogen lebt, ſo wird er leicht überſehen. Überhaupt iſt es nur dem geübten Vogelkundigen möglich, ihn ſogleich zu unterſcheiden. Seine bevorzugten Aufenthaltsorte ſind die bu— ſchigen Waldesſäume, namentlich in der Nähe des Waſſers. In trockenen, waſſerarmen Gegenden wird man ihn vergeblich ſuchen. Der Saumfink wurde von Audubon in Labra— dor entdeckt. Er ſchreibt: „Eines Morgens, als die höher ſteigende Sonne ihr Beſtes that, um das öde Landſchaftsbild zu beleben, begab ich mich in eines jener eigentümlichen kleinen Thäler, wie ſie ſich dort hie und da finden. Das üppige Grün der Pflanzenwelt, die zahlreichen Blumen, mit welchen der Boden beſäet war, die quakenden Fröſche und die ungeheuren Mosquito— Der Fox Sparrow. Tafel XXIV. itte Oktober iſt im mittleren Gebiete unſeres E Landes vorüber. Mehrere leichte Fröſte haben die zarteſten Pflanzen vernichtet, doch finden ſich ſowohl in den Gärten als auch im Walde und | | ſchwärme und Fliegen verſchiedener Art ſcheinen einer ganz anderen, verſchiedenen Zone anzugehören. Wenn ſchon der Aublick dieſes bevorzugten Plätzcheus ange— nehm war, ſo waren die lieblichen Töne dieſes Finken doch noch angenehmer. Sie übertreffen an Stärke die jedes anderen mir bekannten amerikaniſchen Finken und erinnern ſowohl an den Geſang des Kanarien— vogels als an die Töne der Heidelerche Europas. Ich rief ſofort meine Gefährten herbei, und wir alle beob— achteten den Vogel, als er von Buſch zu Buſch flat— terte. Sobald er ſich auf einer anderen Stelle nieder— ließ, begann er auch wieder feinen Geſang. Er war ſcheuer und wilder als irgend ein anderer dieſelbe Region belebender Vogel . . . .. Die Lebeusweiſe dieſes lieblichen Sängers erinnert an den Singſper— ling. Wie dieſer, ſo läßt auch er ſich auf der Spitze hoher Gebüſche nieder und ſingt ſtundenlang; oder er taucht hinab in die Dickichte, hüpft von Zweig zu Zweig, bis er den Boden erreicht und ſucht auf dieſem Juſekten oder andere Nahrung.“ Man fand ihn brütend im Gebirge des Weſtens, namentlich zahlreich aber bei Fort Reſolution, Fort Simpſon, am Yukon, Fort Roe, Nulato und anderen Gegenden des arktiſchen Amerika. Neſt und Eier ſcheinen denen des Sumpfſperlings ſehr zu ähneln. Namen: Saumfink, Lincolns-Fink. Lincoln's Finch. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla Lincolni Aud. (1834). — Melospiza Lincolni Baird (1858). Beſchreibung: Dem Singſperling ähnlich, aber matter. Krone dunkel kaſtanienbraun, mit aſchgrauem Scheitel— ſtreif und ebenſolchem Streif über dem Auge; Rücken olivenbraun, ſcharf ſchwarz geſtrichelt. Unterſeite weiß; ein ſcharf hervortretendes braungelbliches Band auf der Bruſt, das ſich an den Seiten hinzieht; Bruſt, Kehle und Seiten des Körpers braun gefleckt. Länge 5.60 Zoll; Flügel 2.60, Schwanz 2.60 Zoll. Fuchsfink. asserella iliaca SWAIN SON. Vogel 6. Felde, beſonders an warmen, ſonnigen Stellen, noch viele Herz und Auge erfreuende Blumen und Pflanzen. An geſchützen Stellen der Gärten blühen noch Dahlien und prächtige Gladiolen, ſelbſt Veilchen und Vergiß— — Der Fuchsfink. meinnicht, wohlriechende Tuberofen, tief violettblaue Clematis und rote Tutenmalven. Die farbeuprächti— gen, in Töpfen ſtehenden Nerinen!) öffnen ihre leuch tenden Blütenkelche, und Cobäen!) zeigen die ſchönen Formen ihrer urnenartigen Blumen. wir hinaus ins Freie. Die Aſtern und Goldruten ſind noch immer ſchön, obwohl ihr Hauptflor im September zu ſehen war. After?) iſt die ſchönſte und ſtattlichſte von allen und namentlich auf warmem, reichem leichtem Boden ſehr farbenprächtig. Gelegentlich ſehen wir Gruppen mit mehr ins Roſarote ziehenden Blumen, doch ſind die violett- und purpurfarbigen die ſchönſten. Dieſe prächtige Art läßt ſich leicht in den Garten ver— pflanzen und blüht noch, wenn die Fröſte längſt die letzten Dahlien und andere Herbſtblumen vernichtet haben. Bei guter Kultur erreichen die ſtarken Stengel eine Höhe von ſieben bis acht Fuß und ſind dann mit großen Blütendolden geſchmückt. Lieblichkeit dieſer Blumen zieht Schwärme von Schmet— terlingen, unter ihnen den ſchönen Diſtelfalter (Pyra- meis cardın) und den noch ſchöneren roten Admiral P. Atalanta) an. Andere niedrige Aſtern ) wetteifern, namentlich in den ſandigen Kiefernwäldern New Jer— ſeys, an Schönheit miteinander. Die Goldruten, von denen es in den Vereinigten Staaten nahezu fünfzig Arten giebt, ſtehen namentlich an feuchten, ſchattigen Stellen noch in voller Blütenpracht. An ſumpfigen, moorigen Ortlichkeiten, zwiſchen harten Gräſern blüht die Goldblume ), eine auffallend ſchöne, tief goldgelbe Kompoſite. In ihrer Nähe finden wir oft eine kleine Orchidee“) mit wachsweißen, köſtlich duftenden Blüten. Die falſche Nachtviole”), eine Pflanze Weſtindiens, hat ſich ebenfalls hier heimiſch gemacht. Stattliche, vielverzweigte Exemplare mit ſchönen, purpurnen Blumen finden ſich im ärmlichſten Sandboden. Der Stengel und die Blätter hauchen einen mephitiſchen Geruch aus; daher bildet ſie gerade kein erwünſchtes Material für unſeren Strauß wilder Blumen. Es würde ein unvollſtändiges Bild unſerer Herbſtflora ſein, wollte ich die allerſchönſten und edel— ſten Blumen dieſer Jahreszeit, die Enziane, unberück— ſichtigt laſſen. Der ſchöne von Bryant beſungene gefranzte Enzian“) blüht allerdings ſchon früher, dagegen finden wir den hellblauen, geſchloſſenen En— 1) Nerine Sarniensis, N. corusca, N. Fothergilli, N. venusta u. a. 2) Cobaea scandens. 3) Aster Nova-Anglie. 4) A. concolor, A. spectabilis u. A. nemoralis. 5) Bidens chrysanthemoides ; Bur- Marigold. 6) Spiranthes cernua; Ladies’ Tresses. 7) Cleome pungens. 8) Gentiana erinita; Biue Fringed Gentian. Doch gehen Die neu- engländiſche Die Pracht und 391 ziau!) häufig an feuchten Stellen, während auf den Prärien des Weſtens, namentlich im ſüdweſtlichen Miſſouri, der prachtvolle tief indigoblaue Prärie— enzian?) gerade im Oktober häufig blüht. Ich habe es oft verſucht, dieſe Art in den Garten zu verpflanzen, aber die Wurzeln gehen ſo tief in die Erde, daß man faſt nie eine unbeſchädigte Pflanze erlangen kaun. Der Sumpfahorn, der Tupelo, der Amber— baum), das kletternde Fünfblatt ), der Sumach und viele niedere Sträucher zeigen eine Farbeupracht, welche nicht übertroffen werden kann. Namentlich herrlich iſt dieſer Farbenreichtum in den ſüdlichen Alleghanies, wo Berg und Thal abwechſeln und wo es an rauſchenden Bächen und ſteil abfallenden Fels— wänden nicht mangelt. Bezauberndere Landſchafts— bilder als dort kann man ſich kaum denken; man ſcheint in eine Märchenwelt verſetzt zu ſein. Viele Bäume und Sträucher ſind jetzt mit ihren reifen Früchten geſchmückt. Das dunkle Laubwerk der Stechpalmen (Holly) hebt ſich prächtig ab gegen die glänzendroten Beerenbüſchel. Die Alder!) fällt durch ihre tiefroten, dicht ſitzenden Beeren beſonders auf, und auch die wohlriechende Wachsmyrte!) hängt voller grauer, wachsartiger Früchte. Auch der kletternde Kokelsſtrauch'), die Tintenbeere, der Sumach, die Stechwinde!) tragen durch ihre verſchiedenen Früchte dazu bei, die abſterbenden Blätter zu verſchönern. Unſere Felder und Wälder ſind daher im Oktober farbenreicher als zu faſt irgend einer andern Zeit. Noch verſchönert wird die farbenprächtige Natur durch die jetzt zu Tauſenden ſüdlich ziehenden Wald— ſänger und die täglich aus höher nördlichen Gegenden erſcheinenden Schwärme verſchiedener Finkenvögel. Auf dem Boden, im beerenreichen Dickicht der Wald— ſäume und Bachränder, und hoch oben im Geäſt der Bäume tummeln ſich die jetzt nach dem fernen Süden ziehenden Sänger des Waldes, des Feldes, der Gärten und Wieſen. Wir haben bereits eine große Anzahl dieſer gefiederten Wanderer kennen gelernt. Beſuchen wir gegen Ende Oktober die Dickichte der Waldränder, ſo werden wir einzelne Vögel an— treffen, deren Färbung dem Grundton nach ein reiches tiefes Roſtrot iſt, welches durch hellere Farbentöne noch gehoben wird. Durch ſtolze, anmutige Haltung fällt dieſer Sperlingsvogel noch beſonders auf. Es iſt dies der Fuchs, Roſt- oder Edelammerfink. Im mittleren Wisconſin erſcheinen die Fuchs— 4) Virginia 7) Cocculus 1) G. Andrewsii. 2) G, puberula. 5) Sweet Gum. Creeper. 5) Ilex verticillata, 6) Myrica cerifera. Carolinus 8) Smilax. finken Mitte, im ſudweſtlichen Miſſouri Ende Oktober auf ihrer Reiſe nach dem Süden. An der Weſt-Yegua Der Fuchsfink. | in Lee County, Texas, kommen ſie etwa Mitte No- vember an. Hier verweilen ſie den ganzen Winter hindurch, wozu ihnen die dichten, ſtets immergrünen Gebüſche des Tieflandes reichlich Gelegenheit bieten. Es war am 20. November 1881, als ich morgens früh, wie immer, mein Beobachtungsgebiet durch— ſtreifte. Ein Rudel Hirſche lief nicht beſonders eilig im Gänſemarſche an mir vorüber. In allen Gebü— ſchen wimmelte es von in letzter Nacht angekommenen nördlichen Vögeln, ſelbſt in den dicht mit furchtbaren abgebrochene Töne, und dieſe ſehr wohlklingenden ſchmelzenden Laute laſſen erkennen, daß der Fuchsfink ein ſehr guter Sänger ſein muß. Anfangs März ſchon ſind die meiſten wieder ſüdlich gezogen. Im ſüdweſtlichen Miſſouri kommt die Mehrzahl in der zweiten und dritten Woche des März an. Ende deſſel— ben Monats beobachtete ich ſie im nördlichen Illinois und anfangs April in Wisconſin. Stacheln beſetzten Feigenkakteen !) machten ſich einzelne zu ſchaffen. Aus den nahen Gebüſchen und Dickichten ſchallte der fröhliche Geſang der kleinen, jetzt zu Tau— ſenden hier umherſchwärmenden Waldfinken und die Töne des Blauvogels; ſelbſt der Lockruf des Goldzei ſigs ertönte von allen Seiten. — Ich hatte hier etwa ein Dutzend Vogelfallen, gewöhnliche Meiſenkäſten, aufgeſtellt, und ſchon mancher Fink, von deſſen Vor— handenſein ich vorher keine Ahnung gehabt hatte, war gefangen worden. Lincolus-, Lecontes- und Hens lowsfinken, Einſiedlerdroſſeln und andere hatte ich auf dieſe Weiſe in meine Gewalt bekommen, und an dieſem Morgen hatte ich die Freude, einen prächtigen Fuchs— finken im Meiſenkaſten ſitzen zu ſehen. Bisher hatte ich den reichgekleideten Vogel noch nicht in Texas beobachtet. Von dieſem Tage an ſah ich ſie den ganzen Winter hindurch zahlreich, namentlich waren ſie an mit Gebüſch umſtandenen Feldern und an Umzäunungen am Bluff Creek und der Weſt-Yegua häufig. Sie ſondern ſich in der Regel von andern Finken ab, miſchen ſich überhaupt nicht gern unter andere Vögel. Man ſieht ſie meiſt einzeln oder in kleinen Geſellſchaften von zehn bis zwölf Stück, welche ſich über ein ziemlich großes Gebiet zerſtreuen. Sie wagen ſich nie weit von den ſchutzbietenden dichten Waldrändern hinweg, da ſie ſehr ſcheu und furchtſam find; doch laſſen fie ſich ohne Schwierigkeit fangen Auch hier halten ſie ſich gewöhnlich im Gebüſch auf. Wenn aber wieder ſtarker Schneefall eintritt und ihre Hauptnahrung, die Unkrautſämereien, verdeckt, daun kommen ſie auch in die Gehöfte der Farmer, um Futter zu ſuchen. Kein einziger Ammerfink iſt meiner Anſicht nach ſo ſchön, ſo intereſſant als dieſe Art, und keiner erreicht ihn im Geſange. Er und der Grundrötel find meine beſonderen Lieblinge aus der Familie der Ammerfinken. Seine kräftige, edle Geſtalt, ſein friedfertiges Weſen, fein herrlicher Geſang machen ihn zum hervorragendſten Gliede der Familie. Das fgeſchmackvolle, aus den ſchönſten Farbentönen zuſam— mengeſetzte Kleid und vor allem ſein vornehmes, abgeſchloſſenes Weſen berechtigen ihn gewiß zu dem Namen Edelammerfink. Der Geſang iſt ſehr melodiſch und abwechſelnd. Selbſt während des lieb— lichen, unſerem Lande ſo eigentümlichen Indianer— ſommers hört man hie und da einzelne Strophen, aber obwohl dieſe Töne einen überraſchenden Wohl— klang haben, ſind ſie doch mit dem eigentlichen Ge— ſange, den man kurz vor ihrer Abreiſe nach ihrem nordiſchen Brutgebiete und während der Brutzeit vernimmt, nicht zu vergleichen. Das Lied iſt ſo eigentümlich ſchön, daß man es gehört haben muß, um ſich von demſelben eine Vorſtellung zu machen. Es iſt volltönend, laut, reichhaltig, ſehr ſchmelzend und abwechſelnd, hat aber einen leicht melancholiſchen Anſtrich, der ihm gerade jenen abſonderlichen unbe— und gewöhnen ſich im Käfig raſch ein. Ihre Nahrung ſuchen ſie unter Büſchen im alten, halbverfaulten | Laubwerk, wo fie wie Hühner umherſcharren, oder fie begeben ſich in die angrenzenden Baumwoll-, Mais— und Hirſefelder, wo ſich Unkrautſämereien in Menge finden. Die genannte Ortlichkeit bietet einer großen Anzahl nördlicher Vögel nicht nur Schutz gegen kalte Nordwinde, ſondern auch reichlich Nahrung. Während ſonniger warmer Wintertage hört man oft einzelne 1) Opuntin. ſchreiblichen Reiz verleiht. Faſt jeder Vogel ſingt anders, aber doch ähnelt ſich das Tonſtück im allge— meinen ſo, daß man es von dem aller anderen Vögel leicht unterſcheiden kann. Den vollen Geſang läßt er erſt in feinem nordiſchen Brutgebiete hören, wie man das an gefangenen Fuchsfinken beobachten kann. Ende Mai und anfangs Juni iſt er ſehr geſanges— luſtig, daß ihn jeder Vogelgeſang, ſelbſt das Lärmen der Kinder und die raſſelnde Nähmaſchine zum Sin— gen anſpornt. Bisher hat man ihn noch in keinem Teil der Vereinigten Staaten brütend gefunden. Er zieht weit nördlich bis Labrador, den Hudſonsbailändern und Alaska. In der Union verbreitet er ſich während rer ee ee 8? der Zugzeit vom Atlantiſchen Ozean bis zum Miſ— ſouri, und von da dringt er in nordweſtlicher Richtung bis zum 68° nördlicher Breite, bis zur Mündung des Yukon, vor. Audubon fand ihn zuerſt brütend und zwar in Labrador. Das Neſt ſteht gewöhnlich auf der Erde, zwiſchen Moos und hohem Gras, in der Nähe zwergartiger Tannen, deren Aſte dasſelbe voll— ſtändig verbergen. Der im Verhältnis zum Vogel große Bau beſteht äußerlich aus trockenen Gräſern und Moos und iſt innen mit feinen faſerigen Wur— zeln, Federn verſchiedener Waſſervögel und wohl auch mit Eiderdaunen ausgelegt. Maynard fand ihn auf den Magdalenen-Inſeln im Golf des St. Law rence brütend. Die Neſter ſtanden auf dem Boden unter ſchützenden Aſten zwergartiger Nadelholzbäume. Auch er lobt den Geſang ſeiner Abwechslung, Lieblich— keit und Klarheit halber ſehr und ſtellt den Vogel in die Reihe unſerer beſten Sänger. — Im Nordweſten Amerikas, am Yukon, bei Fort Simpſon und Fort Anderſon, am Anderſon- und Schwanenfluſſe und in Der Fuchsfink. anderen arktiſchen Gegenden iſt der Fuchsfink ein zahlreicher Brutvogel. hochnordiſchen Gegenden durchforſchten und dort den Vogel beobachteten, ſteht das Neſt nicht nur auf dem Boden, ſondern auch auf Bäumen und Sträuchern bis zu acht Fuß Höhe. Die Eier ſind der Grund— farbe nach bläulichweiß, ſehr dicht mit roſtbraunen Zeichnungen gefleckt und marmoriert. Der Flug iſt niedrig, nicht beſonders geſchickt, dehnt ſich auch nicht über große Strecken hin aus. Auf dem Boden und im Gezweig der Büſche iſt er ſehr gewandt. Stört man ihn beim Suchen nach Nahrung, ſo fliegt er auf einen erhöhten Zweig, um Rundſchau zu halten und ſich von der Gefahr zu überzeugen. Iſt wirklich Gefahr vorhanden, ſo taucht er ſchuell ins Dickicht hinab, und man bekommt ihn ſobald nicht wieder zu ſehen. Wie alle Ammerfinken, ſo eignet auch er ſich ausgezeichnet für die Gefangenſchaft. Er iſt ein friedfertiger Vogel, der ſich wenig um das bunte, luſtige Volk im Geſellſchaftskäfig kümmert. Nur wenn man ihn allein in einem Bauer hält, kommt ſein Geſang recht eigentlich zur Geltung. Neben allerlei kleinen Sämereien muß man ihm auch Mehl— würmer, Obſt und Weichfutter reichen, ſonſt wird er leicht zu fett und geht ein. Ich habe ihn in mehreren Nach Reiſenden, welche jene 393 Gefiederſchönheit, ſeinem munteren Weſen und an ſeinem lieblichen Geſange erfreut. Namen: Fuchsfink, Fuchsſperling, Roſtfink, Roſtſperling. Fox Sparrow, Fox- colored Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla iliaca Merr. (1786). — Passerella iliaca Swains. (1837). — Fringilla rufa Wils. (1811).— Fringilla ferruginea Wils. (1812). Beſchreibung: Schöner, reichgefärbter Vogel. Oberſeite roſt- oder fuchsrot; auf dem Rücken mit großen, am Halſe und auf der Krone mit kleinen aſchgrauen Flecken; Flügel roſtrot, mit zwei weißen Querbinden; Unterſeite weiß, an Bruſt und Kehle mit Ketten roſt- und fuchs— brauner Flecken, welche hie und da ineinander übergehen, gezeichnet. Länge 7.00 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 3.02 Zoll. Varietäten des Fuchsfinken: Towusends-Fuchsfink (Passerella iliaca unalaschcensis Rınaw.; Townsend’s Sparrow) tft oberſeits mehr graubraun, mit vandyk-braunen Flecken auf der Unterſeite. Er brütet vom ſüdlichen Alaska bis Unalaſchka und iſt im Winter ſüdlich bis Süd— Californien anzutreffen. Der dickſchnäbelige Fuchsfink (Passerella iliaca megarhyncha Rıpaw.; Thick-billed Spar— row) iſt größer als die eigentliche Art, hat aber kürzere Flügel, einen kürzeren Schwanz und einen bedeutend dickeren Schnabel. Seine Heimat ſind die Gebirge Californiens mit Einſchluß des öſtlichen Abhanges der Sierra Nevada. Ridgway fand ihn zahlreich in den ſumpfigen, mit Erlen beſtandenen Ravinen der Sierra. Bei Carſon City hörte er in den ſumpfigen Dickichten in der Nähe der Gebirgsbäche auch den Geſang, den er als außerordentlich reich und abwech— ſelnd ſchildert. Da das Tonſtück dem der Wander— droſſel ähnlich iſt, ſo glaubte man erſt dieſen Vogel zu hören. Er hält den Vogel für den beſten Sänger der Familie; obwohl das Lied dem des Lerchenfinken an Abwechslung, Fröhlichkeit und Dauer nachſtehe, übertreffe es dasſelbe doch an Kraft und Schmelz der Töne. Der ſchieferfarbige Fuchsfink (P. M schistacea ALLEN; Slate-colored Sparrow) unter ſcheidet ſich von den übrigen Formen durch ſeinen kleineren, ſchlankeren Schnabel. Seine Heimat iſt das Felſengebirge, weſtlich bis zum großen Becken Exemplaren jahrelang gehalten und mich an feiner | (Great Basin). 50 Der T C Texas Sparrow. Tafel XXXII. C&S Fink. Embernagra rufivirgata LAWRENCH. Vogel 3. 0 N N. ſüdtexaniſche Landſchaft, ſofern die Gegend © des Rio Grande in Betracht kommt, zeichnet ſich durch beſonders eigentümliche Vegetation aus. Dornige Sträucher und Pflanzen herrſchen vor und treten zu faſt undurchdringlichen Dickichten, Chaparral genannt, zuſammen. Am meiſten fallen uns die eigentümlichen Formen der Palmenlilien, Agaven, baumartige Kakteen und die ſtarren, ſehr ſtacheligen Mimoſen und Akazien auf. Die prächtigſte dort vor— kommende Palmenlilie iſt Yucca Treeweana, welche an der Mündung des Rio Grande niedrige verkrüp— pelte Büſche bildet, weiter landeinwärts aber zu undurchdringlichen Dickichten zuſammentritt. Jedes der dichtſtehenden Blätter dieſer Art hat vorne einen langen, ſehr ſcharfen Stachel. Die Pflanze erreicht eine Höhe von dreißig Fuß, veräſtelt ſich nach oben hin und trägt aufrechtſtehende, mit Tauſenden weißer lilienartiger Blumen geſchmückte Blütenbüſchel. Eine andere noch intereſſantere Art, Yucca filifera, hat ſchönere Blätter und eigentümliche herabhängende, reich mit Blumen geſchmückte Blütenbüſchel. Dieſe Art kommt etwas ſüdlicher zahlreich vor. Man pflanzt beide häufig in texaniſchen Ziergärten und auch in Florida, in der Riviera und Süd-Italien an, wo ſie durch ihre ſchöne Form und ihren Blüten reichtum den Pflanzenfreund entzücken und mit Begeiſterung erfül— len und den Gartenanlagen ein tropiſches Gepräge aufdrücken. Reicher und intereſſanter, ja reicher und eigen— tümlicher als irgendwo in den Vereinigten Staaten iſt hier die Vogelwelt vertreten. tropiſchen Familien treffen hier mit denen der gemäßig— ten Zone zuſammen. Man ſehe nur einmal den zweiten Band des von der Regierung herausgegebenen Werkes „Mexican Boundary Survey“ (Vol. II, 1859) mit ſeinen prachtvollen Vogelporträts an, und man wird mir beiſtimmen. Durch neuere Forſcher, namentlich durch G. B. Sennett und Dr. J. C. Merrill, iſt unſere Kenntnis der Ornis jener Region ganz bedeutend erweitert worden. Glieder aus echt ſtanden im | | Einer der wenig befammten Vögel des unteren Rio Grande iſt der einfach gezeichnete Texas-Fink, oder der texaniſche Grünfink. Trotz ſeiner unſcheinbaren Färbung iſt er doch ein recht intereſſan— ter Vogel, welcher dort den Singſperling und Haar— vogel des Nordens und den Lerchenfinken des mittleren und ſüdweſtlichen Gebietes der Union zu vertreten ſcheint. Er iſt in der Gegend von Browusville und am Rio Grande weiter aufwärts ein ſehr gewöhnlicher Vogel, doch iſt er wegen ſeiner unſcheinbaren, ſeinen Aufenthaltsorten gleichenden Färbung nicht leicht zu beobachten. Herr Sennett teilt über ihn das Fol— gende mit: „Dieſer Fink gehörte zu den erſten Vögeln, welche wir bei Lomita (dem Rio Grande aufwärts) beobachteten. Wir ſahen ihn während unſeres Auf— enthaltes faſt beſtändig. Er iſt ganz zahm und zutrau— lich, und ſein Vorkommen beſchränkt ſich faſt ganz auf das niedrige Buſchwerk. Der Geſang beſteht aus einem oft wiederholten „Tſchip-tſchipstſchipé, welches langſam beginnt, dann immer ſchneller wird und endlich ineinander überzugehen ſcheint. Wenn man dieſe Töne einmal gehört hat, kann man bei jpäteren Gelegenheiten das Vögelchen ſofort wieder erkennen. Die Nahrung beſteht aus Inſekten und Sämereien, beſonders aber aus den Kernen der wilden Tomate. Mit dem Neſtbau beginnt er ſehr früh .. „Während der letzten drei Jahre wurden am unteren Rio Grande zahlreiche Neſter, ſowohl von Dr. Merrill als auch von mir gefunden. Der erjtgenannte fand ſie in der Nähe der Stadt Browus— ville und ich in großer Anzahl etwa ſiebzig Meilen dem Fluſſe aufwärts. Die ſtets gewölbten Neſter Innern der Büſche gewöhnlich zwei bis fünf Fuß vom Boden. Eins fand ich in einer dicht an der Landſtraße ſtehenden Gebüſchgruppe, welche von einem kleinen Baume überſchattet wurde; ein anderes in einer beſonders trockenen, mit Kakteen, verſchiedenen dornigen Büſchen und zerſtreut ſtehenden Mesquit- und Ebenholzbäumen (eine Art Akazie) bewachſenen Stelle, ganz in der Nähe der Neſter des langjchnäbeligen Dreſchers und des gelbfchnäbeligen Kuckucks. Am häufigſten fand ich aber die Bauten mehr am Walde in kleinen Vertiefungen, welche wäh— rend der naſſen Jahreszeit Waſſer enthalten, aber im Sommer mit Grasbüſcheln, Unkrautſtengeln und wilden Tomatoſtauden beſtanden find. Die Neſter find der Form nach faſt ganz rund, verhältnismäßig groß, beſtehen äußerlich aus trockenen Pflanzenſten— geln, Baſtfaſern, Gras und Blättern und find innen manchmal mit Haaren ausgelegt. Die Zahl der Eier beträgt vier. Zwei bis drei Bruten werden regelmäßig im Jahre gemacht. Einige vollzählige Gelege findet man im April, die meiſten anfangs Mai. . . . Noch Der Grundrötel. 395 am 5. Auguſt und am 7. Merrill friſche oder nahezu friſche Gelege bei Fort Browu. Die Eier ſind reinweiß; deren Durch— ſchuittsgröße beträgt S4 5.65 Zoll.“ September fand Dr. Namen: Texas⸗-Fink, teraniſcher Grünfink. Texas Sparrow. Wiſſenſchaftliche Namen: Lawr. (1851). — Zonotrichia plebeja Licht. (1856). Embernagra rufivirgata Beſchreibung: Oberſeite olivengrün; ein Streif an jeder Kopfſeite und ein Strich hinter dem Auge matt roſtbraun; ein aſchgrauer Scheitelſtreif. Unterſeite bläulichweiß; Bauch weiß. Flügelrand, untere Flügeldeckfedern gelb. Länge, 5.50 Zoll; Flügel 2.60, Schwanz 2.70 Zoll. N % ee Der Grunoͤrötel. Towhee; Chewink; Ground Robin. Tafel XXV. I. Erdfink oder Grundrötel gehört zu meinen beſonderen Lieblingen. Wenn ich ſeiner gedenke, dann fallen mir ſtets meine in der Jugend unternommenen Streifereien durch den Wald ein. Der klagende Geſang des prachtvollen roſen— brüſtigen Kernbeißers, das ſchmelzende Lied der Rötel— droſſel hallen mir wieder durch die Seele. Damals ſtanden noch große Waldſtrecken unberührt von der vernichtenden Axt des Auſiedlers da. Der aus zahl- reichen Baumarten beſtehende Wald bot namentlich Ende Mai und im Juni durch ſein friſches grünes Laubwerk ein reizendes Bild, deſſen Schönheit durch die eingeſtreuten einzelnen oder gruppenweiſe beiſam— menſtehenden Weißkiefern (White Pines) noch erhöht wurde. Das aromatiſche Wintergrün!) mit ſeinen dicken immergrünen Blättern und rötlichen Blümchen, gleichzeitig oft noch voller gewürzhafter roter Beeren hängend, das ſich am Boden hinſchlängelnde Wald— immergrün?) mit weißen beerenartigen Früchten, und die hübſche Blutwurzels), die ſtolzen Dreiblattarten, die Schirmpflan zes), Erdorchideen und verſchiedene Farnkräuter waren damals noch häufig zu finden. 1) Gaultheria procumbens (Wintergreen, Checkerberry, Box- berry). 2) Chiogenes hispidula (Creeping Snowberry). 3) San- guinaria Canadensis (Blood-root). 4) Podophyllum peltatum (May-apple). | Pipilo erythrophthalmus VTEILLOT. Vogel 4 u. 5. Ganze Waldſtrecken waren mit weichem dunkelgrünen, baumartigen Fichtenmoos bewachſen, während auf feuchten Stellen dichte Heidelbeerbüſche in Menge ſtanden. Die ſchönſte Pflanze, ſchon damals ſelten, war aber das duftende Maiblümchen oder der kriechende Arbutus (Trailing Arbutus) mit feinen büſchelweiſe beiſammenſtehenden weißlichen oder rötlichen wohl— riechenden Blüten und den hübſchen graugrünen Blättern. Dieſe Blume iſt ſo ſchön, ſo duftend, daß ſie oft von unſern Dichtern beſungen worden iſt. Kaum weniger lieblich war die hübſche Wachtelbeere ') mit immergrünen Blättern, wohlriechenden weißen Blüten und den ganzen Winter hindurch an den Zweigen hängenden roten Beeren. Der Blütenduft der Sträucher und Blumen, der ſtärkende Wohlgeruch der Nadelbäume und Birken wirkte mächtig auf das Gemüt und ließ einen unvergänglichen Eindruck zurück. Ich habe ſpäter wohlriechende Azaleen in den Wäldern Floridas, ſtolze Magnolien, kletternden, einen köſt— lichen Wohlgeruch ausſtrömenden Carolina-Jasmin am unteren Miſſiſſippi geſehen, und mich daran erfreut, aber das Zarte, Friſche, Liebliche fand ich nur in den eben beſchriebenen Wäldern. Gerade Ende Mai giebt es im friſchen grünen 1) Mitchella repens (Partridge-berry). 396 Walde des Nordens am meiſten zu ſehen und zu hören. Obwohl der Naturfreund allein, einſam durch den | Wald geht, jo giebt es für ihn doch Feine Einſamkeit. Jedes zarte Blümchen, jedes auffallende Blatt, jeder in Blüte ſtehende Strauch, jedes durch den Wald | hallende Liedchen des unter ſchützendem Blätterdache verborgenen Sängers mit ſeinem Echo regt ihn zur Freude und Begeiſterung an. Aus dem Gebüſch des Waldesinnern hören wir | den lauten Geſang des roſenbrüſtigen Kernbeißers, vom rauſchenden Waldbache herüber das Lied der Röteldroſſel, aus dem in der Nähe befindlichen feuchten Dickicht die Töne der Katzendroſſel zu uns herüber— klingen, während der unvergleichliche Geſang der Walddroſſel und das Lied des Waldvireo aus den mit Blättern bedeckten Bäumen herab erſchallt. Da— zwiſchen erklingt, gleichſam als heller Zimbelton, das überaus wohlklingende, weithinſchallende „Tſchiwink“ des Erdfinken, des Erd- oder Grundrötels. Dieſer unſeren Wäldern ſo charakteriſtiſche Vogel iſt durch feinen Ruf und durch ſchöne ſchwarze, weiße und kaſtauienbraune Färbung leicht kenntlich. Er iſt erſt vor kurzer Zeit, Ende April oder anfangs Mai, erſchienen. Im ſüdweſtlichen Miſſouri kommt er von Mitte bis Ende März an, je nachdem die Witterung iſt. Er iſt einer unſerer ſchönſten, anziehendſten, eigentümlichſten Waldvögel, allerwärts im mittleren und nördlichen Gebiete der Union zahl— reich und darum auch bei alt und jung eine wohl— bekannte Erſcheinung. Das beweiſen ſchon feine vielen volkstümlichen Namen. Man nennt ihn Tſchiwink, Schuwink, Pink-Pink, Tohi und Tſchorit nach feinem Rufe, Erdfink, Erd— und Grundrötel und Rötelfink nach ſeinem Aufenthaltsorte an und auf dem Boden und nach ſeiner Färbung. Im Engliſchen heißt er gewöhnlich Chewink oder Towhee, dann auch Charee, Joreet und Ground Robin und Marsh Robin. | Seinen Aufenthalt wählt er ſich ſtets im Walde oder an deſſen gebüſchreichem Saume da, wo recht viele Him- und Brombeerbüſche, Haſelnußſträucher, Hartriegel und Schueeballgebüſch, Weißdorn- und wilde Apfelbäume, dicht mit wildem Wein überrankt, ſtehen, zwiſchen welchen ſich Stumpfen und am Boden liegende ſchon verfaulte Baumſtämme finden und wo in der Nähe Waſſer vorhanden iſt, ſei dies nun ein rauſchender Waldbach, eine ſprudelnde Quelle oder ein Teich und Sumpf. Solche SErtlichkeiten ſind der Lieblingsaufenthalt unſeres ſchönen Erdfinken. Aber auch im Waldesinnern ſelbſt brauchen wir uns nicht m Der Grundrötel. vergebens nach ihm umzuſchauen. Im ſchattigen Untergebüſch, in eingeſtreuten Dickichten, wo der Boden mit Wintergrün, Maiblümchen, Wachtelbeeren und dem herrlichen Fichtenmoos auf weite Strecken hin wie mit einem weichen Teppich belegt iſt, wo aber auch alte, in allen Stadien der Fäulnis am Boden liegende Baumſtämme und unter dem niederen Buſch— werke alte halbverfaulte Blätter in dicken Lagen ſich finden, da iſt der Aufenthalt unſeres munteren Erd— finken ebenfalls. Hier erſchallt ſein Ruf von Ende April bis zum September von allen Seiten, und es würde eine Hauptſtimme im fröhlichen Waldkonzerte der Vögel fehlen, wenn man ihn nicht hörte. Sein nächſter Nachbar iſt gewöhnlich der roſenbrüſtige Kernbeißer und die Walddroſſel, der ſchönen nörd— lichen Wälder herrliche Sängerin. Unſer Erdfink wählt ſich in der Regel die trockenen Stellen ſeines Wohngebietes zum Niſtplatze, und ich kann mich nicht erinnern, ihn je in naſſen, ſumpfigen Ortlichfeiten getroffen zu haben, obwohl er ſich am Rande ſolcher findet. Im nördlichen Illinois fand ich ihn nur im feuchten Walde, nie in den trockenen, höher gelegenen, nur mit Eichen beſtandenen Präriegehölzen. Durch ſein munteres, raſtloſes Weſen und durch ſein lautes, metalliſches „Tſchi-wink“, welches in kurzen Zwiſchenräumen faſt unaufhörlich erklingt, macht er ſich bald bemerklich und er gehört darum auch zu den Vögeln, welche allgemein bekaunt ſind. Den größten Teil ſeines Lebens bringt er auf und nahe am Boden zu. Lebhaft hüpft er umher, dabei fortwährend mit dem ziemlich langen Schwanze wippend, beim Fluge denſelben fächerartig ausbreitend, ſetzt ſich einen Augenblick auf einen am Boden liegen— den Baumſtamm oder Stumpfen, feltener in die Spitzen der Gebüſche, faſt nie in die Spitzen großer Bäume, läßt dabei häufig ſeinen metalliſchen Ruf erklingen und verſchwindet plötzlich im dichteſten Ge— büſch auf dem Boden, um ſich nach einigen Augen— blicken auf einer anderen Stelle wieder zu zeigen. Sobald er unter den Gebüſchen verſchwindet, hört man das alte Laub raſcheln, denn er ſcharrt nach Hühnerart in der Weiſe vieler Ammerfinken, nach Nahrung in demſelben umher. So treibt er es vom Morgen bis zum Abend und feſſelt dadurch den auf— merkſamen Beobachter beſtändig. — Sein Scharren geſchieht wie beim Kron-, Buſch-, Fuchs- und anderen Finken auf ganz eigentümliche Weiſe. Er ſpringt mit beiden Füßen zugleich ſchnell vorwärts und ebenſo ſchnell wieder zurück, das alte Laub hinter ſich werfend. Die nun frei gewordene Stelle durchſucht er nach Der Grundrötel. Würmern, Käfern, Beeren und anderer Nahrung. In dieſer Weiſe ſucht er den größten Teil ſeiner Nah rung auf. Aufgeſcheucht oder ſonſtwie in ſeinem Thun und Treiben geſtört, läuft er mit großer Schnelligkeit eine Strecke weit auf dem Boden davon und taucht dann auf irgend einem alten Baumſtamme, Stumpf oder Reiſighaufen, Umſchau haltend, wie— der auf. Er iſt übrigens keineswegs ſcheu und zurückgezogen, weiß aber vorſichtig und klug der Ge fahr aus dem Wege zu gehen. Hat er ſich von der Harmloſigkeit des Beobachters überzeugt, jo kann man ihm ohne Mühe nahe kommen und ihn beobachten. Gewöhnlich brütet er nicht in unmittelbarer Nähe des Menſchen, er ſucht ſich vielmehr eine einſame Stelle des Waldes, die ſelten eines Menſchen Fuß betritt, zum Niſtgebiete aus. Im ſüdweſtlichen Miſſouri, wo der Pipilo (wie ihn die Ornithologen nennen) ein ſehr häufiger Vogel iſt, brüteten mehrere Pärchen ganz in der Nähe meiner Wohnung. Die überaus dicht wachſenden Schneebeerenſträucher, junge knorrige Schwarzeichen und ſtachelige Roſenbüſche boten ihnen auch ganz vorzügliche Verſtecke und ausgezeichnete Niſtplätze. Auch den Winter hindurch verweilten einzelne in dieſen Gebüſchen. 8 Einen hervorragenden Geſang hat unſer Rotel— fink nicht. Das Beſte feiner Leiſtung it und bleibt fein hoher, metalliſch klingender, lauter, überaus melodiſcher, vielfachen Abänderungen unterworfener Ruf „Tſchi— wink“ und „Wink“. Der einfache Geſang, den man kurz vor und während der Brutzeit hört, klingt wie: „Tſchi-wi-wi-wi-wink“ und „Wih-wih-wink;“ auch „Tſcho-wih-wink“ und „Wenk-wenk-wink“. Der Lockton iſt ein liebliches „Tſchuk“. Das eigentüm— liche „Tſchiwink“ oder „Tohi“, wie es viele zu hören glauben, wird vom Männchen und Weibchen gleich eifrig zum beſten gegeben. In der Regel ruft das eine, während das andere antwortet. Aufangs Juni findet man das Neſt. Es ſteht nach meinen Erfahrungen immer in ſehr dichtem Buſchwerk, ge— wöhnlich in einer Vertiefung des Bodens, ſodaß der Rand desſelben mit der Umgebung in gleicher Ebene liegt. Gelegentlich, wenn es in einem Gebüſch ſelbſt ſteht, iſt es auf die Erde gebaut. Die Unterlage des— ſelben beſteht aus alten Blättern, dann folgen lange Halme und Pflanzenſtengel, Rebenfaſern und feine Wurzeln, und innen iſt es gewöhnlich mit feinen Hälm— chen ausgelegt. Es iſt ein großer, wenig künſtlicher Bau. Die drei bis fünf, ſelten ſechs Eier find der Grundfarbe nach rein- oder ſchwach rötlichweiß, dicht mit kleinen matt- und rötlichbraunen Flecken, am dich— zwei Bruten zu machen. 397 teſten am ſtumpfen Ende, gezeichnet. Der Bau ſteht gewöhnlich da, wo man ihn nicht vermutet. Der Standort desſelben befindet ſich immer zwiſchen Ge— büſch an einem alten Baumſtamme, in einem Reiſig— haufen u. ſ. w. Er iſt ſtets ſehr verſteckt angelegt und deshalb ſchwierig zu entdecken. Durch die Liſt und Schlauheit der Alten wird das Auffinden oft zur Unmöglichkeit. Am leichteſten entdeckt man es, wenn man den brütenden Vogel zufällig aufſcheucht. Sich flügellahm ſtellend, huſcht dieſer durchs Dickicht dahin. Unterſucht mau die Stelle, von welcher er hinweglief und „flatterte, genau, jo wird mau ſtets das Neſt finden. Meiſt iſt er aber, noch ehe man an den Bau kommt, ſchon eine Strecke weit von demſelben ent fernt. Das ſtets wachſame Männchen läßt nämlich bei Gefahr ſeinen Warnungsruf ertönen und das Weibchen verläßt ſofort die Niſtſtelle. Sobald ſich letzteres eutferut hat, kaun der mit dem Leben dieſer Vögel nicht bekannte Beobachter das Suchen nur aufgeben, denn er wird ſicher durch die ſchlauen, ſich ängstlich ſtellenden Vögel, die beſtändig auf einer Stelle umherflattern und ſchreien, irre geführt. Kommt man in die Nähe der äugſtlich flatternden Vögel mit der feſten Hoffnung, nun das Neſt zu finden, jo fliegen ſie weiter und machen es auf einer entfern— teren Stelle ebenſo, bis ſie den Eindringling weit genug hinweggelockt haben. Triumphierend kehrt nun das Pärchen in ſein Niſtgebiet zurück. Wird das Neſt entdeckt, ſo ſind die Alten vor Angſt und Auf— regung ganz außer ſich. Ihr Geſchrei klingt ſo bittend und klagend, daß ſich der gefühlvolle Beob— achter ſo ſchnell wie möglich entfernt. Oft findet man ein, zwei und noch mehr Eier des Kuhvogels im Neſte des Erdrötels. Auch im Norden ſcheint er jährlich Während das Weibchen brütet wird es vom Männchen nicht nur treu gehütet, ſondern von ihm auch fürſorglich mit Futter verſehen. Nach dreizehntägiger Bebrütung ſchlüpfen die Jungen aus, die zunächſt vom Männchen mit Nahrung ver— ſorgt werden. Sie verlaſſen das Neſt noch ehe ſie fliegen können. Die erſte Zeit laufen ſie auf dem Boden umher, lernen ſich aber bald auf alte Stumpfen und Aſte ſetzen. Sie werden vom Männchen noch lange Zeit geführt, ſorgfältig bewacht und vor Gefahr gewarnt, während das Weibchen oft noch ein zweites Gelege zeitigt. Der Grundrbötel iſt ein ſchöner, lieber, friedfer tiger, munterer, nützlicher, mit einem Worte, ein hochintereſſauter Vogel. Mit anderen Finkenarten, wie Fuchs-, Krou- und Buſchfinken, zieht er ſüdlich. . 398 Der Grundrötel. Etwa Mitte Oktober treten fie von Wisconſin und Nord Illinois aus ihre Reiſe nach dem Süden an, aber nie trifft man ſie in großen Scharen, ſondern immer nur paar- und familienweiſe, in Flügen von zehn bis zwölf Stück, und ſelbſt dieſe kleinen Geſell— ſchaften zerſtreuen ſich noch über ein ziemlich großes Gebiet. Auch jetzt halten ſie ſich faſt immer im dich— ten niedrigen Gebüſch der Waldesſäume, in den Dickichten mehr im Innern der Wälder, in den gebüſchreichen Flußniederungen, in den Dickichten der Ravinen und Schluchten auf, ſind aber ſehr ſcheu und vorſichtig. Den ganzen November hindurch bis | Weihnachten beobachtete ich fie in Südweſt-Miſſouri, aber wenn kaltes Schneewetter eintrat, zogen ſie faſt alle ſüdlich. Im ſüdöſtlichen Texas erſcheinen die erſten Flüge in der Regel Mitte November. In kurzer Zeit ſind ſie an den aus Gebüſchen aller Art gebildeten Waldrändern und in den Dickichten der Fluß- und Bachufer ſehr zahlreich. Sie unternehmen dann auch mit anderen Finken Ausflüge in die angrenzenden Baumwollen- und Maisfelder, wo ſich vielerlei Grasſämereien in Menge finden. Nie wagen ſie ſich aber weit von ihren ſchützenden Gebüſchen hinweg ins freie Feld. 5 Die Hauptbeſtandteile der Nahrung unſeres Erdfinken ſind Würmer, Käfer, Spinnen u. ſ. w., welche ſich unter den alten halbverfaulten Blättern des Buſchwaldes reichlich finden. Im Spätherbjt Wisconſin, nicht ſo zahlreich in Illinois und verhält— nismäßig ſelten als Brutvogel in Texas. — In den Gebirgswaldungen der Alleghanies, von Pennſyl— vanien bis zu den mit den prächtigſten Rhododendren geſchmückten Gebirgsgegenden Nord- und Süd-Caro— linas, in Georgia und Alabama, in den ſandigen, eine reiche Vegetation aufweiſenden Wäldern New und Winter nährt er ſich zum größten Teil von Gras- und Unkrautſämereien. Ob er auch die in feinem | nördlichen Wohngebiete ſo häufigen Heidel-, Him— und Brombeeren verzehrt, konnte ich nicht in Erfah— rung bringen, doch beobachtete ich an gefangenen Grundröteln, daß fie dergleichen nicht anrührten. — Der Flug iſt nie hoch, ſondern führt niedrig über den Boden dahin; er breitet dabei den Schwanz fächer— artig aus, ſodaß die weißen Schwanzfedern gegen das tiefe Schwarz grell hervortreten. — Im Norden hat unſer Vogel unter den Menſchen nicht viele Feinde. Dagegen werden Stinktiere, Waſchbären, Wieſel und die ſchwarze Schlange der Brut ver— derblich. Sehr viele Bruten gehen jährlich durch die Aufzucht junger Kuhvögel zu Grunde. Im Süden ſtellt ihm namentlich der Menſch nach. Sobald ſie in Louiſiaua erſcheinen, werden Hunderte und Tauſende der jetzt ziemlich fetten Vögel für die Küche erbeutet. Die Heimat des Grundrötels erſtreckt ſich über die öſtlichen Vereinigten Staaten von Florida, Loniſi— ana und Texas bis zum 43. Breitengrade. Ich fand ihn am häufigſten im ſüdweſtlichen Miſſouri und Jerſeys und Delawares, in Ohio und Michigau, allerwärts iſt er einer der ſchönſten Charaktervögel der Wälder. Für den Käfig eignet ſich dieſer Fink ganz vorzüglich, verlangt aber eine ſorgfältige Pflege, da er ſonſt leicht zu fett wird und an Fettſucht zu Grunde geht. Einer der größten deutſchen Vogelwirte, Herr Regierungsrat E. v. Schlechtendal in Merſeburg, zählte dieſen Vogel zu ſeinen beſonderen Lieblingen und ſchrieb mir wiederholt mit wahrer Begeiſterung von ihm. Dr. Liebe in Gera hat ihn zuerſt glücklich gezüchtet. Der in den gebüſchreichen Wäldern Floridas häufig lebende Grundrötel iſt eine Varietät des eben beſchriebenen Erdfinken. Es iſt dies der weißäugige Grundrötel (P. erythrophthalmus Allet Couzs; White-eyed Towhee), in Florida gewöhnlich „Jor— ree“ genannt. Das Hauptkennzeichen iſt die weiße oder gelbliche Iris, während die eigentliche Art eine rote hat. Auch iſt er etwas kleiner. Sonſt ſtimmt er in jeder Hinſicht mit dem beſchriebenen überein. Namen: Grundrötel, Erdfint, Erdrötel, Tohi, Schiwink, Schuwink, Pink-Pink, Pipilo, Waldrötel. Towhee, Chewink, Ground Robin, Towhee Bunting, Towhee Bird, Marsh Robin, Pipilo. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla erythrophthal- mus Linn. (176). — Emberiza erythrophthalma Gmel. (1788). — Pipilo erythrophthalmus Vieill. (1824). Beſchreibung: Schöner, hochintereſſanter Vogel. Ganze Oberſeite, Kopf und Hals und der obere Teil der Bruit glänzend ſchwarz. Unterſeite weiß, was gegen das tiefe Schwarz ſcharf abſticht; an den Seiten reich kaſtanien— braun; untere Schwanzdecken fuchsbräunlich; große Flügeldecken und auch die kleineren an den Außenfahnen weiß; mehrere der äußeren Schwanzfedern weiß gezeich— net; Schnabel ſchwarz; Füße braun; Iris blutrot. Weibchen, anſtatt ſchwarz, graubraun, ſonſt dem Männ— chen ähnlich. Länge 8.50 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 4.00 Zoll. Der gefleckte Erdrötel (Pipilo maculatus SWAINS.; Mexican Towhee). Wie die meiſten Dreſcher und Braundroſſeln, ſo iſt auch die Mehr— zahl der Erdfinken auf den Weſten und Südweſten der Union und auf das angrenzende Mexico be— ſchränkt, während öſtlich vom Miſſiſſippi nur eine —— — — F Braundroſſel und ein einziger Erdfink vorkommt. — Alle Erdrötel ſind echte Charaktervögel der amerikani— ſchen Wälder und beleben dieſe in einer Weiſe, wie wenige andere Vögel. Sie ſind ſtets munter und fröhlich und laſſen ihre metalliſchen Töne weithin durch den Buſchwald hallen. Ihre Färbung iſt ge— wöhnlich ſchwarz und weiß, gehoben durch ein reiches Braun, welches mit mehr oder weniger matten Farben— tönen vermiſcht iſt. welche das Gebüſch unſerer weſtlichen Wälder während Erdfinken. 399 Der Sporen-Erdfink (Pipilo maculatus megalony® CousEs; Spurred Towhee) findet ſich Es ſind allerliebſte Vögel, ohne | der Schönsten Jahreszeit todt und poeſielos erſcheinen würde. und im Hochlande Guatemalas zu Haufe, dagegen kommen drei Varietäten desſelben im Gebiete der Vereinigten Staaten vor. Der arktiſche Erdfink (Pipilo maculatus arelicus CouꝝEs; Arctic Towhee) verbreitet ſich im vom Felſengebirge weſtlich bis zum Innern Califor niens, nördlich bis zum öſtlichen Waſhington, ſüdlich bis nach Mexico und Untercalifornien. Nach Ridg— way iſt er bei Salt Lake City ein zahlreicher Vogel. Das Neſt fand der Forſcher dort unter kleinen Eichen— gebüſchen auf dem Boden. Es beſtand faſt ganz aus trockenen Grasſtengeln und etwas Baſt. Die vier Eier waren der Grundfarbe nach kryſtallweiß, mit purpurnen und bräunlichen Tüpfelun und kleinen Punkten, namentlich dicht am ſtumpfen Ende, ge— Der in der Überſchrift genannte mexikaniſche Grundrötel iſt im ſüdlichen und mittleren Mexico zeichnet. Dr. Coues beobachtete ihn als Standvogel in Oregon, Cooper ebenſo im ſüdlichen Californien. Der Lieblingsaufenthalt dieſer Vögel in jenen Gegen— den ſind die Eichendickichte, wo ſie ſich meiſt im Unter— Sommer nördlich bis zum Saskatchewan, weſtlich bis zu den Vorbergen des Felſengebirges, öſtlich bis Ne— braska und dem Indianer-Territorium, ſüdlich im Winter bis nach Texas. In ſeiner Lebensweiſe unter— ſcheidet er ſich gar nicht, in ſeiner Färbung nur wenig vom öſtlichen Grundrötel, dagegen iſt ſein gewöhnlicher Ruf von dem bekannten „Tſchi-wink“ ganz verſchieden und erinnert mehr an den Ruf des Katzenvogels. Er iſt da, wo er vorkommt, ein gewöhnlicher Vogel. Die Flügel zeigen eine Anzahl weißer Flecken, der Rücken iſt mehr oder weniger weiß geſtrichelt. Im übrigen erinnert er ganz an die öſtliche Art. Das Neſt iſt gewöhnlich auf dem Boden unter einem Strauche angelegt. in gleicher Lage mit der Bodenoberfläche; die Ver— Der Rand desſelben ſteht tiefung, in welche es gebaut iſt, wird vom Vogel ſelbſt mit den Füßen ausgeſcharrt. Der Bau beſteht äußer— lich aus alten Blättern, Baſtfaſern und Grashalmen, innen iſt es mit feinen Hälmchen ausgelegt. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach weiß, mit leichtem grünlichen Anfluge. Die rötlichbraunen und lavendelfarbigen Tüpfel und kleinen Flecken ſtehen ziemlich dicht, namentlich am ſtumpfen Ende, wo ſie mehr oder weniger einen Kranz bilden. Manche Gelege ſind über und über ſo dicht gefleckt, daß man kaum die Grundfarbe erkennen kann. gebüſch auf dem Boden aufhalten. In Gegenden, wo man ſie nicht behelligt, werden ſie bald ſo zahm und zutraulich, daß ſie ſich in Gärten anſiedeln und in der Nähe der Häuſer ihre Neſter bauen. Der gewöhnliche Ruf ſoll mit dem des Katzenvogels viele Ahnlichkeit haben. Dieſe Abart iſt im allgemeinen dunkler als die vorige; die weißen Flecken ſind mehr beſchränkt, das Roſtbraun an den Seiten iſt tiefer. Die Krallen an den Zehen, namentlich an der hinteren, ſind beſonders ſtark ausgebildet. Der Oregon-Erdfink (Pipilo maculatus oregonus Cours; Oregon Towhee) verbreitet ſich über die Küſtenregion des Stillen Ozeans, von Cali— fornien bis Britiſch-Columbia. Seine Rufe ſollen längſt nicht ſo anheimelnd, gemütlich und lieblich klingen, als die der öſtlichen Art; ſonſt ſtimmt er aber mit derſelben ganz überein. Er iſt ein ſcheuer, zurückgezogener Vogel, niſtet in alten Reiſighaufen und in ſehr dichtem Gebüſch, und macht ſeine Anweſen— heit durch ſeine ſeltener erklingenden, rauhen Rufe kaum bekannt. — Die weißen Striche auf dem Rücken fehlen oder ſind kaum bemerkbar, und auch die übrigen weißen Flecken ſind mehr beſchränkt. Das Weiß auf den Flügeln zeigt ſich nur in kleinen, rundlichen Flecken. Er iſt größer als die übrigen Varietäten des gefleckten Erdrötels. Der auf der untercaliforniſchen Inſel Guadelupe lebende Erdfink (Pipilo consobrinus Rıpaw.; Guade- lupe Towhee) möge hier nur genannt jein. Der grünſchwänzige Srsfink. Green-tailed Towhee. Pıipilo chlorurus BIRD. Tafel XX. \ (ie der Trauerſänger, Klarino, Felſenſchlüpfer, der Salbei⸗ und Wüſtendreſcher und andere, ſo gehört auch der grünſchwänzige Erdfink oder der grünſchwänzige Grundrötel zu den echten Charaktervögeln des Weſtens. Seine eigentliche Heimat iſt das Felſengebirge, nördlich bis zum öſtlichen Oregon, Idaho und Montana, weſtlich bis zur Sierra Nevada, ſüdlich bis ins Innere Mexicos. Allerwärts, wo er ihm zufagende Ortlichfeiten findet, iſt er ſehr zahlreich. Fruchtbare, mit Gebüſch und Bäumen beſtandene Strecken des Gebirges herbergen ihn regel— mäßig. Prof. Ridgway beobachtete ihn zahlreich in den Ravinen der Vorberge der Sierra Nevada. Er war dort ein echter Charaktervogel der hohen Gebirgszüge, der bekannteſte Sänger, der zahlreichſte aller Finken, und fand ſich in allen gebüſchreichen Ortlichkeiten vom Fuße bis zum Kamme des Gebirges. Er iſt ausſchließlich Sommervogel und erſcheint bei Carſon City etwa Mitte April. Den gewöhnlichen Ruf dieſes Tohi beſchreibt er als ſehr eigentümlich, einem lieblichen Lachen ähnlich und ſehr melodiſch wie „Kiek-kiek“ klingend. Dieſer Ruf wurde ſtets aus— geſtoßen, wenn etwas Außergewöhnliches ſeine Auf— merkſamkeit erregte oder wenn man ſein Niſtgebiet betrat. Er hüpfte dann, die Federn ſeiner auffallend braunroten Kopfplatte ſträubend, mit emporgehobenem Schwanze zutraulich und furchtlos in der Nähe des Eindringlings umher. Der Forſcher bemerkt dann zum Schluſſe noch ausdrücklich, daß der grünſchwän— zige Tohi ein ausgezeichneter Sänger ſei, der, was Stärke und Abwechslung der Töne betreffe, dem Lerchenfinken nur wenig nachſtehe. Manchmal verrate das Lied einen leichten Anklang an den Geſang des Sänger- oder Bewicks-Zaunkönigs, ein anderes Mal ſcheine es Ahnlichkeit mit dem eines Farbenfinken (Passerina) zu haben und gelegentlich meine man eine Strophe des Lerchenfinken herauszuhören. Zeitig im Juli fand er ihn bei Auſtin in den Canons der Gebirge in großer Anzahl brütend und noch ſpäter in demſelben Monat fand er auch im Oſt— Humboldt-Gebirge einige Neſter. Dieſelben ſtanden ausnahmslos von achtzehn Zoll bis zwei Fuß vom Boden im dichten Gebüſch einer in den Canons ſehr häufig wachſenden Schneebeerenart. Die größte Anzahl der Eier betrug vier. Auch im Wahſatch— Gebirge war er ein gewöhnlicher Vogel, doch nicht ſo zahlreich als ſein Verwandter, der Sporen-Tohi (Pipilo maculatus megalony«). „Dieſer Erdrötel“, ſchreibt Prof. Allen, „it einer der intereſſanteſten Vögel, welche man auf dem erinnert. der Bergeshalden ebenſo zu Hauſe, wie im dichten bewaldeten Hochplateau des Weſteus trifft. Im Ge— birge Colorados findet er ſich vom Fuße der Berge bis zur Waldgrenze, und namentlich in den Gebirgsthälern iſt er einer der gewöhnlichſten Vögel. Er belebt haupt— ſächlich die feuchten, nahe am Waſſer gelegenen Dik— kichte, ſich durch einen ſehr eigenartigen, angenehmen Geſang bemerklich machend. In ſeiner Lebensweiſe ſowohl als im Geſange verrät er wenig Ahnlichkeit mit den Grundröteln oder Tohis, erinnert vielmehr an diejenige Gruppe der Ammerfinken, welche im Oſten vorzugsweiſe durch den weißkehligen Buſchfinken vertreten iſt.“ Auch in der Färbung erinnert er ſehr an den genannten Vogel, hat aber einen längeren Schwanz. © „In Clear Creek County, Colorado“, ſchreibt Trippe, „iſt der grünſchwänzige Tohi von den Thälern aufwärts bis faſt zur Waldgrenze ein zahl— reicher Vogel. Während der Brutzeit iſt er zwiſchen 7500 bis 9000 Fuß am häufigſten. Bei Idaho erſcheint er zeitig im Mai, wird bald ſehr zahlreich und verweilt bis Ende September oder anfangs Oktober. Er iſt ein fröhlicher, munterer Vogel, der in manchen ſeiner Bewegungen an die Zaunkönige Er iſt im loſen Geſtein und in den Felſen Gebüſch der Thäler. Da er hier ziemlich ſcheu und vorſichtig iſt, ſo iſt er immer darauf bedacht, daß zwiſchen ihm und dem Beobachter ein möglichſt großer Zwiſchenraum bleibt. Kommen Hunde und Katzen in ſein Niſtrevier, ſo läßt er, wie der Katzenvogel, laute ſcheltende Töne hören, dadurch alle gefiederten Nachbarn zur Hülfe herbeirufend. Wenn man ruhig — s- Bus vorübergeht, jo schleicht er ſich vom Neſte und verhält ſich vollkommen ſtill, bis er die Gefahr vorüber wähnt. . . . Der Geſang iſt ganz verſchieden von dem des öſtlichen Tohi, ſteht weit über demſelben und iſt ſehr ſchön. Das Neſt baut er in dichte Brom— beerbüſche und Dornenſträucher. Es werden jährlich zwei Bruten gemacht.“ Dr. Merrill beobachtete den Vogel auch bei Fort Klamath in Oregon. Er giebt au, daß ſich ſein Vorkommen nicht ſo ausſchließlich auf Gebüſche und Dickichte beſchränke, wie dies bei den andern Pipilos der Fall ſei. Neben ſeinem angenehmen Geſange und ſeinem Warnungsrufe höre man hin und wieder noch einen andern lauten, ſehr diſtiukten, wie „Miuh-wih“ klingenden Ruf. Die Eier ſind der Grundfarbe nach weiß, mit bläulichem Aufluge, über und über mit reichen rötlich— braunen Flecken geſprenkelt; am ſtumpfen Ende ſteht die Zeichnung dichter, kranzartig. Mauchmal ſtehen die Flecken ſo dicht, daß man die Grundfarbe kaum zu erkennen vermag. Namen: Grünſchwänziger Erdfink, grünſchwänziger Grund- oder Erdrötel. Green-tailed Towhee, Green-tailed Bunting. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla chlorura Aud. (15 9). — Zonotrichia chlorura Gambel (1843). — Pipilo chlorurus Baird (1858). Beſchreibung: Oberſeite matt olivengrünlich; Kopfkrone ſchön kaſtanienbraun. Stirn, Seiten des Kopfes und Halſes und Oberbruſt bläulich-aſchgrau; Kinn, Kehle | und ein Teil der Oberbruſt blendend weiß. Untere Schwanzdecken bräunlichgelb; obere Schwanzdecken und das Außere der Flügel olivengrün. Länge 7 Zoll; Flügel 3.20, Schwanz 3.65 Zoll. Der braune Erdfink, Pipilo fuscus SW. und jeine Abarteu. Der Typus dieſer Art findet ſich in Mexico bis faſt zur Grenze der Vereinigten Staaten. Er erinnert durchaus nicht an die beiden | ſich naheſtehenden ähnlichen Arten: den gewöhnlichen Grundrötel und den gefleckten Erdfinken. Die Ober— ſeite iſt graubraun. Ein weißer oder okerfarbiger Fleck an der Kehle iſt mit dunklen Längsflecken um— geben; die Mitte des Bauches iſt weiß. Länge 8 bis 9 Zoll. Der Caßon-Erdrötel (Pipilo fuscus meso- leueus Rıpaw.; Canon Towlıee) wurde 1854 von Dr. Kennerly entdeckt, iſt aber ein wenig bekannter Vogel, obgleich er in ſeiner Heimat, New Mexico und Arizona, ein zahlreicher Sommergaſt zu ſein ſcheint. Erdfinken. 401 Er niſtet gewöhnlich in dichten Cedern oder Zwerg— eichen. Die der Grundfarbe nach weißen, grünlich weißen oder matt bläulichen Eier find am dicken Ende mit ſchwärzlichen oder ſehr dunkelbräunlichen Flecken gezeichnet. Der Vogel unterſcheidet ſich von den übrigen Varietäten vor allem durch die hervortretende roſt— bräunliche Kopfplatte. Er iſt größer wie die Stamm form, und der Kontraſt zwiſchen der weißlichen Kehle und der übrigen Färbung iſt nicht ſo auffallend. Die Bruſt und Seiten ſind nicht ſo tiefgrau. Sonſt ſtimmt er mit der eigentlichen Form ziemlich überein. Der californiſche Erdfink (Pipilo fuseus ‚ erissalis Couꝝs; Californian Towhee) iſt, wie ſein Name jagt, ein Bewohner Californiens. Er gehört zu den gewöhnlichſten Vögeln der Gebüſche und Dif kichte der Wälder und iſt namentlich in der Nähe des Waſſers zahlreich. Beim Fliegen und Umherlaufen auf dem Boden wippt er nicht ſo auffallend mit dem Schwanze, welches bei dem öſtlichen Waldrötel ein ſo charakteriſtiſcher Zug iſt. Der Geſang dieſer Art iſt von wenig Bedeutung. Auch der gewöhnliche Ruf, den er im Frühling, wenn er von Gebüſch zu Gebüſch flattert, hören läßt, iſt ſchwach und erklingt ſelten. Er iſt mit dem lebhaften, ſchönen, ſtets durch ſein metalliſches, gemütvolles „Tſchi-wink“ auffallenden Erdrötel des Oſtens in keiner Hinſicht zu vergleichen. Er iſt ſehr dreiſt und zutraulich, läßt ſich daher leicht beobachten. Dr. Heermann fand das Neſt in einem über dem Sacramento hängenden Weinſtocke. Alle Neſter, welche Cooper fand, ſtanden in Büſchen, zwei bis vier Fuß vom Boden, und alle enthielten drei und nur eins vier Eier. Auch in niedrigen Bäumen und einmal ſogar in einem Weinſtocke an der Veranda eines Hauſes fand er den Bau. Derſelbe beſteht aus groben Zweigen, Baumrinde und Gras, und iſt innen mit feinen Würzelchen und Hälmchen ausgelegt. Die Eier find ihrer Grundfarbe nach grünlichweiß oder ſehr matt grünlichblau, und am ſtumpfen Ende mit dunkelbraunen oder ſchwärzlichen Flecken gezeichnet. Dieſe Varietät iſt dunkler als die übrigen, die Kehle iſt mehr zimmet- oder lohfarbig, Seiten mehr graubraun und der Bauch in der Mitte mehr matt— weißlich. Die unteren Schwanzdecken ſind tief loh— braun. Die Oberſeite iſt tiefer graubraun. Nur beiläufig ſei die dritte Abart, der St. Lukas-Tohi (Pipilo fuseus albigula CouveEs; St. Lucas Towhee) erwähnt. Seine Heimat iſt Unter: californien. Der Kardinal. Cardinal. Tafel XXVI. ragenden Eigenſchaften in ſich wie der rote Kardinal. Zeichnet er ſich doch gleicherweiſe durch prachtvolles, leuchtendes Gefieder, ſtolze Haltung und vortrefflichen Geſang aus. Betritt man in den Süd— ſtaaten während der Monate April und Mai die mit Gebüſchen und Dickichten beſtandenen Ortlichkeiten an Bächen und feuchten Stellen, ſo hört man den Geſang aus Dutzenden von Kehlen ringsumher ertönen, und zwar ſo laut und angenehm, ſo fröhlich und melodiſch, daß er den tiefſten Eindruck auf den Zuhörer macht. Und welche Pracht entfaltet dieſer Vogel im friſchen Gelaube der Büſche und Bäume durch ſeine leuchtend ſcharlachrote Farbe! Um ihn recht kennen zu lernen, . ohl ſelten vereinigt ein Vogel ſolche hervor müſſen wir ihn in ſeinem eigentlichen Wohngebiete auſſuchen. Es iſt Ende April. Die prachtvolle großblumige Magnolie ſeiner ſüdlichen Heimat hängt voller Blüten, welche durch ihre reinweiße Farbe aus dem dunklen, immergrünen Gelaube ſcharf hervortreten, und deren köſtlicher Wohlgeruch die ganze Luft erfüllt. Rieſig ſind die Lianen entwickelt. Der wilde Wein, in mehreren Arten, und die Bignonie!) ranken, rieſi— gen Tauen gleich, bis in die Spitzen der höchſten Waldbäume, während ſich das Fünfblatt?) und die Trompetenliane !) mit ihren kleinen Saugwurzeln feſt an die dicken Baumſtämme angeſchmiegt haben. Die letztere läßt ihre leuchtend orangeroten Blütenbüſchel anmutig von den Baumäſten herabhängen. Oft wird der Beobachter durch die feurigen Blüten getäuſcht, denn er glaubt, in der Ferne Tangaren oder Kardi— näle zu ſehen. läßt ihre ſchönen Blätterbüſchel guirlandengleich aus den hohen Bäumen herabhängen. Die ebenfalls immergrünen Lorbeerkirſchbäume, Stechpalmen und das niedere, ſehr dichte Gebüſch, die mit Carolina— Jasmin!) überwachſenen Dickichte verleihen dieſen 1) Bignonia capreolata. 2) Ampelopsis quinquefolia. 3) Te- coma radicans. 4) Smilax laurifolia. 5) Gelsemium sempervirens. dungen! Cardlinalis cardınalis LICHTENSTEIN. Vogel 3 und 4. Ortlichkeiten einen eigentümlichen Reiz. Ein überaus reiches Vogelleben findet ſich gerade jetzt in allen Gebüſchen und Dickichten des Waldes und in dieſem ſelbſt. Iſt doch jetzt die ganze gefiederte Waldſänger— ſchar auf der Reiſe nach dem Norden. Dort an jenen Blütenbüſcheln einer Trompetenliane ſchwirren Koli— bris ſummend umher. Jene mit Blüten wie mit Sternen bedeckte Magnolie ſchwärmt von jeltenen, prachtvoll gefärbten Wandergäſten. Vielerlei kleine Waldſängerarten ſuchen flatternd und ſchwebend win— zige JInſekten aus den duftigen Blumenkelchen. Unten in den mit Carolina-Jasmin, Geisblatt und der Waldrebe!) überrankten Gebüſchen und in den mit ſtachelichten Blättern verſehenen herrlichen Stech— palmen ?), ſelbſt in Yantanen’) und Zwergpalmen— geſtrüpp huſchen und flattern zahlreiche kleine Vögel umher. Dies dauert im ſüdlichen Texas etwa bis zum 10. Mai, dann ſind auch die letzten Nachzügler ihrer nördlichen Heimat zugezogen. Mitten in dieſem Leben und Weben erſchallt von allen Seiten der herr— liche Geſang der Spottdroſſel, die ſchmelzenden Lieder zweier Zaunkönige, das helle Gezwitſcher des Meiſen— ſängers, der Geſang des Buſch- und Prärievireos, das feurige Lied des Papſtfinken, der liebliche Geſang des blauen Kernbeißers, das plaudernde Lied des Schwätzers und die Töne des Gartenoriols, der Haubenmeiſe u. a. Hoch oben im blauen Ather zieht der Schwalbenweih (Elanoides forficatus) majeſtätiſchen Fluges feine Kreiſe. Wie reizend und feſſelnd find feine Wen— Wie ſchön ſticht das tiefe Blauſchwarz der Oberſeite und das reine Weiß der Unterſeite gegen Die dichte, immergrüne Stechwinde!) das tiefe Blau des Himmels ab! Obwohl ein Raub— vogel, beſchränkt ſich ſeine Thätigkeit doch meiſt nur auf das Wegfangen von Schlangen. Nur ſelten fängt er einen kleinen Vogel. Im nahen Gewäjjer tummeln ſich blaue und weiße Reiher, und auch der Anhinga oder Schlangenhalsvogel treibt ſich munter 1) Clematis eylindriaca. 2) Ilexcpaca (Holly). 5) Lantana Camara. gr umher. prachtvolle Scheerentyrann (Milwulus forficatus), der „texaniſche Paradiesvogel“, die Luft. Wohin man auch blicken mag, allerwärts entfaltet ſich ein überaus belebtes buntes Bild. So idylliſch dieſes Bild auf den erſten Blick erſcheinen mag, es hat doch auch ſeine Schattenſeiten. Gar mancher gefiederte Räuber fliegt Schrecken und Entſetzen verbreitend unter die fröhliche Sängerſchar. Im nahen Waſſertümpel lauert die ſchwarze, ſehr giftige Waſſerotter auf ihre Beute, und unter dem Gezweig der Büſche liegt zuſammen— geringelt, immer zum Beißen bereit, die giftige Moccaſinſchlange. Der dickhäutige Alligator bringt manchem argloſen Waſſervogel den Tod. Baum— kletternde Schlangen kriechen in überaus ſchnellen Wendungen durch das Geäſt der Bäume und Büſche, Vögel fangend und Neſter plündernd. Kein Vogel iſt in dieſen gebüſchreichen Ortlich— keiten ſo zahlreich, keiner fällt ſo auf und keiner ſingt ſo ſchmetternd, als unſer roter Kardinal. In jedem Hülſen- und Brombeergebüſch, in jeder Hecke, in jedem mit Untergebüſch beſtandenen Walde trifft man ihn. Wohin man ſich auch wenden mag, die prächtigen, auffallenden Vögel fliegen und flattern allerwärts durch das grüne Gezweig und durch die mannigfaltige Blätter- und Blütenfülle. Nur im Der Kardinal. Schrille Töne ausſtoßend, durchfliegt der | 403 ſcheuen Vögeln und meidet da in der Regel auch ganz die Nähe des Menſchen. Der Kardinal verbreitet ſich über ein ziemlich großes Gebiet. In allen von mir durchwanderten Gegenden von Texas traf ich ihn. Am häufigſten im Südoſten des Staates und im ſchönen ſüdöſtlichen Louiſiana. Hier wimmelte es im Februar förmlich von dieſen Vögeln, und alle Wachsmyrtendickichte, die Gebüſche in den Cypreſſenſümpſen, die Orangengärten und die heckenartig um die Felder gepflanzten Cherokee— Staaten. Roſen!) wurden in großer Anzahl von ihnen bewohnt. Zahlreich fand ich ſie auch im nördlichen Texas und in Arkanſas. Er verbreitet ſich vom Golf nördlich bis zum mittleren Illinois und Indiana. Vereinzelt fand er ſich auch ſchon in den nördlichen Teilen dieſer In Ohio und auch in Pennſylvanien, wo er ſchon bei Philadelphia ſelten iſt, ferner im ſüdlichen Neu⸗England iſt keiner dieſer ſchönen Vögel feines bäumchen u. ſ. w. hinreichend geſchützt iſt. texaniſchen Weſten, im eigentlichen trockenen, waſſer- armen Pfoſteneichenwalde, fand ich ſie ſeltener. Im Süden ſiedelt er ſich auch ſehr gerne in den größeren Gärten an, vorausgeſetzt, daß ſich in denſelben dichte Gebüſche und Dickichte finden. Immergrüne Bäume und Sträucher, wie Cedern, Lebensbäume, Gardenien, japaneſiſche Miſpeln!), Pittoſporum, Bankſiaroſen, Spindelſträucher?), japaneſiſches Geisblatt und aller— lei dichte Schlingpflanzen werden von ihm, wenn man ſie in dichten Gruppen zuſammengepflanzt hat, gern bezogen. mit den Verhältuiſſen zu rechnen weiß. Wo man ihn ſchützt oder doch nicht behelligt, wird er bald zutraulich und brütet dann oft in unmittelbarer Nähe des Hauſes, in einem Orangenbaume, im Myrtendickicht, in den Granatſträuchern oder in den dichten Bankſia— und Theeroſen; wo er ſich aber nicht ganz ſicher fühlt, wählt er ſich ein abgelegenes Cherokee-Roſen— dickicht oder eine dichte Ceder oder Schlinggewächſe in einer Ecke des Gartens, oder er meidet die Nähe des Menſchen ganz. Im nördlichen Teile ſeines Ver— Er iſt ein ſehr vorſichtiger Vogel, der wohl breitungsgebietes gehört er zu den ſelteneren und | 1) Eriobotrya Japonica. 2) Euonymus Japonica, Buſchwaldes zu Haufe. Lebens ſicher. Sobald ſich einer blicken läßt, find ſchon ein halbes Dutzend Flinten hinter ihm her. Im ſüdlichen Alleghany-Gebirge, wo er verhältnismäßig ſicher iſt, bevorzugt er die Ränder der Bäche, ebenſo die Gebirgsabhänge und die Schluchten, wo er in den Stechpalmen, Alpeuroſen ?), Kalmien!), Nadelholz— Früher kam er vereinzelt ſogar bis Maſſachuſetts vor, und zu Nuttalls Zeit brütete regelmäßig ein Pärchen im botaniſchen Garten zu Cambridge. Im ſüdweſtlichen Miſſouri ſind die Kardinäle nicht beſonders häufig, doch gehören fie zu den gewöhnlichſten und bekannte— ſten Vögeln. Sie ſind dort im Gebüſch in der Nähe der Flüſſe und Bäche, in den weite Strecken einneh— menden, teils mit wildem Wein durchwachſenen Haſel— nußdickichten und in den aus Schneebeeren ), Stachel— beer- und Roſenſträuchern beſtehenden Gebüſchen des Im Winter treibt ſie Nah— rungsmangel jedoch zahlreich in die Farmgehöfte. Sie ſtellten ſich daun zahlreich auf meinem, für allerlei Finkenvögel beſtimmten Futterplatze ein und verloren endlich ihre kopfloſe Scheu faſt vollſtändig. Bei St. Louis ſind ſie ebenfalls noch ziemlich zahlreich. Sie kommen im Winter regelmäßig in die jener Gegend ſo eigentümlichen tiefen, keſſelartigen Senklöcher (sink holes), ſofern dieſelben mit Gebüſch bewachſen ſind. Eigentlich häufig, ſodaß ſie der Landſchaft wie im Sü— den ein beſonderes Gepräge aufdrücken, ſind ſie jedoch nicht. Im nördlichen Florida fand ich den Kardinal beſonders zahlreich am Chattahoochee, am berühmten 1) Rosa levıgata. 2) Rhododendron maximum und R. Cataw- biense. 3) Kalmia latifolia. 4) Symphoricarpus glomeratus, 404 Suwance und am St. Johns, wahrend er weiter ſüdlich auf der Halbinſel nicht zahlreich zu ſein ſchien. Wo immer der Kardinal auch vorkommen mag, aller— wärts iſt er Standvogel; nur in den nördlichſten Teilen feines Wohngebietes treibt ihn manchmal hoher Schnee und dadurch verurſachter Nahrungsmangel dazu, unbedeutend zu ſtreichen. Gewöhnlich verweilt er an geſchützten Ortlichkeiten jahraus jahrein und nur im Winter, wenn der Schnee ſeine Nahrung im Walde verdeckt, wird er gezwungen, die Nähe des Menſchen: Weibchen abfliegt, zu finden. die Farmgehöfte, Maishäuſer, Heu- und Stroh- ſchober aufzuſuchen. Die nördlichen Kardinäle ſind viel ſcheuer, als die ſüdlichen, auch ſind ſie in ein dunkleres Rot gekleidet. Südliche Vögel ſind etwas kleiner und viel heller und feuriger rot; auch ſind ſie in ihren Bewegungen ſchneller. — Im Winter leben ſie immer in mehr oder weniger großen Geſell— ſchaften beiſammen, miſchen ſich auch unter allerlei andere Finkenvögel. Sie leben untereinander und mit anderen Arten ſehr verträglich. Sobald in Texas aber der Februar ſeinem Ende zuneigt, beginnen die Paarungskämpfe. Streit und gegenſeitige Verfol— gung iſt jetzt an der Tagesordnung. Endlich hat jedes Weibchen ſich ein Männchen erwählt. Viele Männchen ſind allerdings gezwungen, Junggeſellen zu bleiben, da es unter den Vögeln in der Regel viel mehr Männchen als Weibchen giebt. Die Geſellſchaf— ten löſen ſich jetzt ſchnell auf, und jedes Pärchen ſucht das alte Brutgebiet auf oder es wählt ſich ein neues. Jedes kleine Dickicht, ſofern es nur recht dicht iſt, genügt einem Pärchen. Wo die Vögel zahlreich ſind, wohnt ein Paar dicht neben dem andern. Ich habe in Texas gelegentlich auf dem Flächenraume eines Ackers acht bis zehn Neſter gefunden. Zur Anlage des Baues werden die verſchiedenſten Ortlichkeiten gewählt. Dickichte in der Nähe des Waſſers werden allen anderen vorgezogen. Ich fand den Bau in einzeln ſtehenden Weißdornbüſchen, in über kleine Brombeer- und Smilaxdickichten, in Cherokee-Roſen— büſchen. Am häufigſten fand ich den Bau in den gebüſchreichen Waldrändern. Viele Neſter entdeckte ich in den großen Baum- und Gebüſchgruppen der Prärie bei Houfton. Dieſe waren jo dicht mit Berchemia volubilis (Supple Jack), dornigem Smilax, noch dornigeren Brombeerranken, Geisblatt, Trompeten— lianen und Giftſumach' überwuchert, daß man nur auf 1) Rhus toxicodendron. Der Kardinal. Händen und Füßen kriechend in das Innere gelangen konnte. Das Neſt ſteht dann ſo zwiſchen Stechwinden und mit ſcharfen Dornen bewehrten Brombeerbüſchen, daß man, ohne ſich die Hände zu zerkratzen, nicht zu demſelben gelangen kann. Oft iſt es auch auf einem dicht mit ſpaniſchem Moos bewachjenen horizou— talen Aſt eines größeren Waldbaumes gebaut. Ver— borgen im Moos, von allen Seiten geſchützt, ſind ſo angelegte Neſter nur durch Zufall, wenn das brütende Sie ſind immer loſe und nachläſſig zuſammengefügt und nur, wenn ſie in „ſpaniſchem Moos“ ſtehen oder wenn ein Büſchel des— ſelben als Unterlage benutzt wurde, ſind ſie ſehr dauer— haft. Die Beſchreibung eines Neſtes genügt faſt für alle.—Einſt, am 24. April 1881, fand ich im Kiefern— walde bei Houſton, wo zwiſchen den ziemlich vereinzelt ſtehenden Weihrauchkiefern “), Ulmen, Amberbäumen und Eichen etwas Untergebüſch ſtand, ein typiſches Neſt des Kardinals. Nur ſchläugelndes, ſcharf be— wehrtes Brombeergebüſch fand ſich hie und da. Als ich in dieſer Waldſtrecke Vireos und Zwergtyrannen ſie bald auseinander. Bäume und Büſche geſchlungenen Weinreben, Caro: | lina-Jasmin, Jelängerjelieber, in dichten Cedern, in beobachtete, ſah ich kaum einige Schritte von mir ein Kardinalweibchen auf dem Neſt ſitzen. Der Bau ſtand etwa einen Fuß vom Boden im Brombeer— geſträuch und beſtand der Unterlage nach, wie faſt alle Neſter dieſer Gegend, aus etwas „ſpaniſchem Moos“, dann folgte eine Lage alter Ulmenblätter, Rinden— ſtückchen, Faſern und breite Grasblätter. Das Innere war mit feinen Hälmchen ausgelegt. Unter dem Neſte und rings um den Niſtſtrauch ſtanden liebliche, wohl— riechende weiße Blümchen in Menge, deren koſtlicher Duft aus dem dichten Blätterwerke ſtark hervor— ſtrömte. Es war dies die hübſche Wachtelbeere ), welche ſich hier aufs üppigſte entfaltet hatte. Die Kardinalneſter ſind nicht groß und aus rauhen Stof— fen zuſammengefügt. Nur das „ſpauiſche Moos“ verleiht ihnen Feſtigkeit, aber wo dieſes fehlt, fallen Die Zahl der Eier beträgt gewöhnlich drei, oft vier. Sie ſind der Grundfarbe nach weißlich, und ſind dicht mit aſchbräunlichen und lavendelfarbigen Flecken gezeichnet. Manche Eier gleichen vollſtändig denen des Würgers, andere denen des Kuhvogels. Das Weibchen brütet allein, wird aber vom Männchen bewacht, wohl auch hie und da mit Nahrung verſorgt. Nach vierzehntägiger Be— brütung ſchlüpfen die Jungen aus, welche von den Alten ſorgfältig mit Inſekten aufgefüttert werden; nach etwa zehn Tagen verlaſſen ſie das Neſt. Sie 1) Pinus Tæda. 2) Mitchella repens. S COLUBRIS Linn. 5 ** „ a1 5 3. CARDINALIS CARDINALIS Licht. 2 3 5 „ 5. CON URUS CAROLINENSIS Less. 'ICIANUS Bonap. 6. THRYOTHORUS LUDO 0 RUBINKOLIBRI » KARDINAL KAROLINASITTICH — KAROLINASCHLUPFER - Ruby-throated Hummingbird (male female). (male ) Carolina Paroquet, Carolina Wren. D werden nun in die dichteſten Dickichte geführt und meiſt vom Männchen gefüttert und bewacht, während das Weibchen ſich noch zu einer zweiten und in der Regel auch noch zu einer dritten Brut anſchickt. alten Männchen find während dieſer Zeit beſonders wachſam, fliegen, wenn man ſich dem Neſte nähert, ängſtlich mit geſträubter Kopfhaube, ein ſchrilles „Zipp“, ein äugſtliches „Tſchuh“ oder „Juh“ aus— Die er Kardinal. ſtoßend, ſchnell hin und her und rufen bei wirklicher Gefahr, z. B. wenn ſich eine der in Texas ſo häufigen Baumſchlangen dem Neſte naht, andere ihrer Art und ſelbſt verſchiedenartige Vögel, wie Spottdroſſeln und andere herbei. Neben ſeinem prächtigen Gefieder beſitzt unſer Kardinal auch einen ganz vorzüglichen Geſang. „In England”, ſchreibt Wilſon, „neunt man dieſen Vogel die ‚virginiſche Nachtigall‘, und er iſt, laut Latham, auch völlig zu dieſer Bezeichnung berechtigt, wegen der Klarheit und Mannigfaltigkeit der Töne, welche ſowohl in der Freiheit als in der Gefangenſchaft erklingen und ebenſo abwechſelnd als klangvoll ſind; von Be— ginn des März bis hinein in den September vernimmt man ſie. der Vogelgeſang unſerer Haine und Wälder viel Die allgemeine Anſicht in Europa iſt, daß geringer iſt, als der Europas; aber dies kann ich nicht gelten laſſen, da ich tauſendmal Vergleiche zwiſchen dieſem und jenem Erdteil auſtellen konnte. „Man kann freilich nicht vergleichen zwiſchen den Urwäldern Amerikas und den unter Kultur befindlichen Ländern Europas, denn es iſt eine bekannte Thatſache, daß es in erſteren nur ſelten Singvögel giebt. Wenn man aber gleiche Ortlichkeiten in den Vereinigten Staaten und in Europa in Betracht zieht, ſo wird man, wenn man gerecht ſein will, zugeben müſſen, daß dem weſtlichen Kontinent die Krone gebührt. Die wenigen Singvögel, welche bis jetzt von hier nach Europa gelangt find, erregen die Bewunderung der beſten Kenner. „Der Geſang des Kardinals iſt dem der Nachtigall vollſtändig gleich‘, urteilt Latham, und doch ſtehen dieſe Töne, ſo herrlich ſie auch erklin gen, noch weit unter denen unſerer Wald- und Braundroſſel. aber längſt als der Nachtigall ebenbürtig bekannt, und doch ſind die genannten nur ein kleiner Teil unſerer Singvögel. Könnten die Europäer nur ein— mal an einem Maiabende gegen Sonnenuntergang an unſeren Waldesſäumen lauſchen, ſie würden ſich vor Staunen und Bewunderung kaum faſſen können.“ Noch begeiſterter beſchreibt Audubon den Ge— ſang: „Wo der Kardinal erſcheint, überall iſt er Die unübertreffliche Spottdroſſel iſt 405 willkommen, jedermanns Liebling, weil ſeine Farbe ſo glänzend ſchön, ſein Geſang ſo reich und melodiſch iſt. Dieſer beginnt laut und klar und erinnert dann an die ſchönſten Töne des Flageolets; mehr und mehr ſinkt er aber, bis er zuletzt ganz leiſe erſtirbt. In der Zeit der Liebe wird das Lied mit aller Macht vorgetragen, und er iſt ſich dann ſeiner Überlegenheit durchaus bewußt; er ſchwellt die Bruſt, breitet den Schwanz fächerartig aus, ſchlägt mit den Flügeln und wendet den Kopf bald rechts, bald links, gleichſam als wolle er ſein eigenes Entzücken über die wundervollen Töne zu erkennen geben. Immer von neuem werden die Melodien wiederholt und der Sänger ſchweigt nur, um Luft zu ſchöpfen. Lange vorher, ehe die Sonne den Himmel im Oſten vergoldet, beginnt der Geſang und verſtummt nur, wenn das flammende Geſtirn ſo heiße Strahlen herabſendet, daß dieſe alles Leben in der Natur zu zeitweiliger Ruhe zwingen. Sobald aber die Natur wieder aufatmet, hebt das Lied von neuem an, und ſo kräftig, als habe der Sänger noch niemals ſeine Bruſt angeſtreugt, ruft er das Echo wach in der ganzen Nachbarſchaft. Nicht eher geht er zur Ruhe, als bis die Abendſchatten ſich um ihn her verbreiten. In dieſer Weiſe ſucht der Rotvogel Tag für Tag die Langweile des brütenden Weibchens zu vertreiben, und von Zeit zu Zeit ſtimmt auch dieſes, jedoch leiſer, mit der Beſcheidenheit ſeines Geſchlechtes, mit ein. Wenige von uns verweigern dieſem holden Säuger den Zoll der Bewunderung. Wie erfreulich iſt es, bei trüber Witterung, wenn das Dunkel ſchon die Wälder bedeckt und man die Nacht bereits hereingebrochen wähnt, daun plötzlich die herr— lichen, wohlbekannten Töne unſeres Lieblingsvogels erklingen zu hören! Gar oft iſt mir dieſes Vergnügen zu teil geworden, und um keinen Preis möchte ich es für immer miſſen.“ Dieſe Worte Audubons über den Geſang ſtimmen ſo vollkommen mit meinen eigenen Beobach— tungen überein, daß ich nur noch wenig hinzufügen kaun. Wer ſich ein richtiges Urteil über das Lied bilden will, muß den Kardinal in ſeinem Wohugebiete aufſuchen: in den Dickichten der Waldränder und der Bach- und Flußniederungen, in den größeren ſüdlichen Gärten, wo aus dem „dunklem Laub die Goldorangen glühen“, wo baumartige Kamelien, indiſche Azaleen, Myrten, Lorbeer, Thee- und Bankſiaroſen, Laures— tinus, Theeoliven !), Schlinggewächſe der verſchieden ſten Arten vorhanden ſind. Vom Februar bis zum 1) Olen fragraus. 406 Juli hört man hier aus allen Richtungen aus Dutzen— den von Kehlen die ſchmetternden Jubellieder. Wenn Der Kardinal. man dem Geſauge hier in der freien Natur aus allen Richtungen in ſeiner ganzen Fülle und Abwechslung, inmitten der duftenden mannigfachen Blumen und des dunkel-immergrünen Laubes, lauſcht, wird man einen ganz anderen Eindruck von demſelben bekommen, als wenn man in enger Stube einen Käfigvogel ſingen hört. Überhaupt klingt der Geſang im Zimmer oft zu laut und jchmetternd, wird in der Regel auch zu oft wiederholt. Die Begabung der einzelnen Sänger iſt ebenfalls ſehr verſchieden; manche leiſten Vorzügliches, andere ſingen monoton. Jeder unparteiiſche Vogel— freund, der den Geſang eines im Käfig lebenden Kar— dinals kennt, wird ihn als einen der hervorragendſten Sänger bezeichnen müſſen. diſch, laut, ſchmetternd, rollend und angenehm. Beim Singen ſträubt er immer die ſchöne Kopfhaube, ſodaß er dann einen prachtvollen Anblick gewährt. Man könnte den gewöhnlichen Geſang etwa durch folgende Silben wiedergeben: „Jihu-fihu-fihu-dju-dju- dju— dju-trrrrrrrrrr.“ Beſonders oft wird das wohlklin— gende „Jihu“ wiederholt; es erſchallt aus allen Büſchen, aus allen Ecken und Enden. Viele hängen dann ſogleich das ſchnurrende „Trrrrrrrr“ an und laſſen das „Dju“ weg, andere dagegen ſingen letzteres mehr, wieder andere laſſen am liebſten die ſchnurrenden Töne hören. Da der Geſang ſehr fleißig erklingt, ſo iſt er beſonders wertvoll. Wo die Kardinäle häufig ſind, hat man auch das Vergnügen, zahlreiche Nachtſänger zu hören. — Es iſt eine ruhige, warme Mainacht. Die von Südoſt herüberwehende Golf— briſe iſt angefüllt von dem Dufte der Gardenien, Magnolien und des Nachtjasmins !). Von fernher ertönt erſt leiſe, dann immer lauter und voller, der Geſang einer Spottdroſſel. Da können auch die Kardinäle nicht länger ſchweigen! Erſt fängt einer Herbſt kommen allerlei Beerenarten dazu. Das Lied iſt ſtets melo leiſe an; immer lauter ſchallen ſeine Töne durch die ſtille Nacht dahin; ein zweiter und dritter folgt wett— eifernd, bis es endlich von allen Seiten wiederhallt. Ich habe dies nicht nur in mondhellen, ſondern mehrmals auch in ganz dunklen Nächten gehört. Am ſchönſten fingen fie von etwa zwei Uhr morgens an bis zum Aufgang der Sonne, doch ſingen ſie nicht regelmäßig des Nachts, ja man hört oft lange Zeit keinen Nachtſänger; ſie wollen auf irgend eine Art durch andere Vögel angeregt ſein. Auch das Weibchen ſingt fleißig, aber die Töne ſind nicht ſo ſchön und 2) Cestrum Parqui und C. nocturum, abwechſelnd als die des Männchens. Beim Singen ſitzen ſie am liebſten frei auf einem Buſche oder auf einer Umzäunung, aber auch aus dem Junern dichter Dickichte hört man oft ihre Lieder ſchallen. Seine Nahrung beſteht aus vielerlei tieriſchen und pflanzlichen Stoffen. Im Frühling und Som— mer ſind es meiſt Inſekten, welche er verzehrt, im Ganz erpicht ſind ſie auf Heuſchrecken, und wo ſie dieſe in genügender Menge finden, rühren ſie kaum andere Nahrung an. Ich ſah ihn mit Begierde die aromatiſch riechende Beeren des mexikaniſchen Maulbeerſtrau— ches!), die der Stechpalme, der Schneebeerenſträucher u. ſ. w. verzehren. Man kann ſich kaum ein lieb— licheres Winterbild denken, als eine dichte dunkel— immergrüne Stechpalme, geſchmückt mit glänzendroten Beeren und belebt von zahlreichen roten Kardinälen. Im Spätherbſt und Winter ſind ſie zum größten Teil auf Körner angewieſen, wie ſich ſolche im Unkraut der Mais- und Baumwollfelder finden. Man ſieht ſie jetzt in großen Scharen in den die Wälder ſäumen— den Gebüſchen in der Nähe der Felder. Sobald die nördlichen, aus vielerlei Arten beſtehenden Ammer— finken ankommen, vereinigen ſich die Kardinäle mit dieſen zu mehr oder weniger großen Geſellſchaften. Sie beſuchen nun gemeinſchaftlich die angrenzenden Felder und Zuckerplantagen, um nach allerlei Un— krautſämereien zu ſuchen, doch wagen ſie ſich nie weit weg von den ſchutzbietenden Gebüſchen ins offene Feld. Sobald einer einen Warnungsruf ertönen läßt, eilt die ganze, bunte Geſellſchaft ins nächſte Dickicht, und nur wenn die Gefahr als grundlos erkannt oder vor— über iſt, fliegt einer nach dem andern wieder herab zum Boden. Die Nahrung wird meiſt von der Erde auf— geſucht. Sie treiben ſich faſt immer im niederen Gebüſch umher und ſetzen ſich ſelten in die hohen Aſte der größeren Waldbäume. Selten ſitzt dieſer unruhige Vogel lauge auf einer Stelle ſtill. In ſeinem ganzen Thun und Treiben ſpielt die Kopfhaube eine hervorragende Rolle und ſie verleiht ihm auch das ſtolze, ſelbſtbewußte Ausſehen. Gewöhnlich, wenn er ſich im Gebüſch oder auf der Erde umhertreibt und wenn er ſingt, trägt er fie aufrecht, bei Erregung, Augſt und Neugierde ſträubt er ſie. — Der Flug iſt kräftig, ziemlich ſchnell und geht nahe über den Boden dahin. Hat er größere Strecken zu überfliegen, ſo geſchieht dies etwas ſchwerfällig in großen Bogen— 1) Callicarpa Americana. Der Kardinal. „„ 8 linien. In der Regel fliegt er nie weit, meiſt von Buſch zu Buſch. Dem ſchönen roten Vogel wird von ſeiten des Menſchen ſehr nachgeſtellt. Tauſende werden jähr— lich für den Käfig gefangen; andere Tauſende wan— dern in die Hände der Großhändler, die ſie nach allen Weltgegenden hin ausführen. Namentlich in Deutſch— land iſt der Kardinal einer der beliebteſten Stuben— vögel. Man hat ihn dort ſchon häufig im Käfig und in der Vogelſtube gezüchtet. Er wird ebenſowohl ſeines ſchönen Geſauges als feines prächtigen Gefieders hal— ber geſchätzt. Ein geräumiger Käfig und abwechſeln— des Futter iſt zu ſeinem Gedeihen unbedingt nötig. Ein Gemiſch, beſtehend aus Hirſe, Sonnenblumen— kernen, ungehülſtem Reis, etwas Hafer und zerſtoßenen Mais ſagt ihm gut zu. ſtücke, Grünzeug (Salat u. ſ. f.), namentlich aber Mehlwürmer, Maikäfer, Heuſchrecken ſind zu ſeinem Wohlbefinden nötig. Freiheit nur dann Körner in großer Anzahl auf— nimmt, wenn er keine Inſektennahrung erlangen kann. Darum dauern auch nut im Winter gefangene gut aus und gewöhnen ſich ſchnell ein; ſpäter im Frühling und Sommer gefangene find nur äußerſt ſchwer an ein Erſatzfutter zu gewöhnen und gehen faſt regelmäßig zu Grunde. Leider ſtellt man unſerm Vogel im Süden auch des Fleiſches halber nach. Ich ſah mehrmals in Houſton Negerknaben, welche Dutzende an einer Schnur durch die Stadt trugen, um ſie zu verkaufen. — Während der Brutzeit vernichten beſonders Schlan— gen ſehr viele Bruten, und auch der Waſchbär, das Opoſſum, Eichhörnchen und, in den Gärten, die Katzen werden der Brut des Kardinals ſehr ſchädlich. Im Winter ſtellen ihnen die vielen aus dem Norden zuge— zogenen Raubvögel nach. Meines Erachtens ließe ſich keiner unſerer Vögel Weichfutter, Beeren, Obſt- x 885 e N eines alten Freundes einen weiten Spaziergang. Früh morgens wanderten wir zum Dörfchen hinaus. Nach Man bedenke, daß er in der 407 für verloren halten. Doch wer beſchreibt mein Erſtau— nen, als ich ſie am Morgen des achten Tages außen am Feuſter ſitzen ſah. So vorſichtig als möglich bemühte ich mich, den Flügel zu öffnen, aber ſie flogen, in der Morgenſonne förmlich erfunkelnd, dem nahen Walde zu und kamen, obgleich ich ſie mit allen möglichen Leckereien erwartete, nicht wieder zurück. Nach drei Wochen etwa zeigten ſie ſich in einem Nachbargarten, und der Verſuch, ſie mittelſt einer Spritze mit Waſſer zu erhaſchen, gelang leider auch nicht, weil ſie ſich, jo leicht in Deutſchland, England und anderen euro- päiſchen Ländern einbürgern, als der rote Kardinal. In Deutſchland ſind ſchon mehrfach Kardinäle aus dem Käfig entkommen und haben ohne Schaden den Winter gut überſtanden. Es ſei mir geſtattet, nur eine, der von Herrn Dr. Karl Ruß herausgegebenen „Gefiederten Welt“ entnommene diesbezügliche Mit— teilung hier dem Wortlaute nach wiederzugeben. Einem Vogelfreunde, R. Hoffmann, war in der Gegend von Stettin ein Pärchen entflogen. „Zwei Tage hin— durch“, ſchreibt dieſer, „harrte ich der Flüchtlinge am offenen Fenſter, jedoch vergebens und ſo mußte ich ſie obgleich völlig naß, doch noch in eine dichte Hecke ſtürzen und entkommen konnten. Dann blieben ſie durchaus verſchwunden. Ein recht ſtrenger Winter war eingekehrt und vorübergegangen, und ich be— trauerte meine ſchönen Vögel als längſt umgekommen. Im erwachenden Frühling machte ich in Geſellſchaft einem Marſch von drei Stunden Weges gelangten wir zu einem von Wieſe und Wald umgebenen Teiche und ſetzten uns hier auf den Raſen. Im Anſchauen der ſchönen Naturumgebung verſunken, bemerkte ich zwei Vögel, welche hurtig über unſern Köpfen dahinflogen und die ich im erſten Augenblick für Karmingimpel hielt. Um uns jedoch zu überzeugen, erhoben wir uns ſchnell und folgten ihnen ins nahe Kieferndickicht. Vorſichtig wandten wir uns der Stelle zu, wo ſie eingefallen waren, als uns plötzlich ein lauter, durch— dringender Schlag entgegentönte, welchen ich ſogleich als den eines roten Kardinals erkannte. Unwillkür— lich dachte ich dabei an meine Ausreißer. So drangen wir immer tiefer in das dichter werdende Gebüſch, als uns lautes Zirpen verriet, daß wir uns in der Nähe eines Neſtes befanden. Nach kurzem Suchen ent— deckten wir auf einem ſtruppigen Baume ein aus Halmen und Würzelchen gebautes Neſt mit zwei faſt flüggen jungen Kardinälen. Meine Freude kannte keine Grenzen. Unter einem Buſche verſteckt wollte ich nun beobachten, ob das Pärchen wirklich mein entflohenes ſei. In gleicher Weiſe hatte ſich mein Freund mir gegenüber gelegt. Nicht lange, da erſchienen die Erwarteten, und während das Männ— chen ſich auf den Buſch ſetzte, kam das Weibchen mir ſo nahe, daß ich es mit Sicherheit als das meinige erkannte und zwar daran, daß ihm die Vorderzehe am rechten Fuße fehlte, welche ihm ein Papagei einſt abgebiſſen hatte. Nach einigen Tagen begab ich mich wieder in Begleitung meines Freundes und mit Leim— ruten und Schlingen verſehen abermals dorthin, fing glücklich die Alten, nahm die Brut mit mir, und kann me 408 Der Teras-Kardinal. Schließlich berichten, daß die letztere auch glücklich in der Gefangenſchaft aufgefüttert wurde.“ Wie beliebt der Kardinal in Deutſchland iſt, beweiſt die Thatſache, daß allein der Tierhändler L. Ruhe in Alfeld jährlich etwa 2500 Männchen und 1000 Weibchen einführt. Namen: Kardinal, roter Kardinal, Kardinalvogel, vir— giniſche Nachtigall, Rotvogel. Cardinal, Cardinal Redbird, Cardinal Grosbeak, Virginia Nightingale. — Grosbee de Virginie (Buff. ). Wiſſenſchaftliche Namen: Loxia cardinalis Linn. (1758). — Coceothraustes cardinalis Vieill. — Frin- gilla cardinalis Nutt. (1832). — Cardinalis cardinalis Licht. (1854). — Cardinalis virginianus Bonap. (1838). Beſchreibung: Prachtvogel erſten Ranges. Kopfhaube; Schnabel rot; das ganze Gefieder gewöhnlich prachtvoll zinnober- oder kardinalrot; am dunkelſten auf dem Rücken, Bürzel und Schwanz. Ein ſchmales Band um die Schnabelwurzel, das ſich bis zum Auge und über das Kinn und einen Teil der Kehle ausdehnt, hier einen Halbmond bildend, tiefſchwarz. Weibchen: matter rot und dies nur auf den Flü— geln, dem Schwanze und der Kopfhaube; Oberſeite matt olivenfarbig; auf dem Kopfe gelblich angeflogen; Unter— ſeite bräunlichgelb, am dunkelſten an den Seiten des Kopfes und der Bruſt. Schwarz am Kopfe nur ange— deutet. Länge 8.50 Zoll; Flügel 4.00, Schwanz 4.50 Zoll. Der Arizona-Kardinal (Cr νuis cardi- nal is superbus RIDG WAY; Arizona Cardinal) iſt etwas größer als die gewöhnliche Art, die Färbung iſt noch ſchöner rot. Er verbreitet ſich vom ſüdlichen Arizona über das weſtliche Mexico bis Mazatlan in Mexico. Größe 9.40 bis 9.50 Zoll. Der St. Lukas Kardinal (C cardinalis igneus STEJN.,; St. Lucas Cardinal) iſt, wie ſchon jein Name andentet, in Untercalifornien, namentlich bei Kap St. Lukas zu Haufe. Die Färbung iſt heller wie die der öſtlichen Art und die Kopfhaube zinnober— rot. Er iſt kleiner als die Stammform. Größe 8.00 bis 8.50 Zoll. Der mexikaniſche Kardinal (C cardinalis coceineus Rıpaw.; Mexican Cardinal) iſt leuch— tender dunkelrot gefärbt. Er verbreitet ſich über das öſtliche und mittlere Mexico bis Mirador. Der Yucatan-Kardinal (C. cardinalis yucatanicus RIDG W.; Yucatan Cardinal) verbreitet ſich, wie fein Name andeutet, über Yucatan. Seine Färbung iſt heller und leuchtender, der Schnabel ſchwächer. Der Cozumel-Kardinal (C. cardinalis sa- turatus RIDGwW.; Cozumel Cardinal) findet ſich auf der Inſel Cozumel, Yucatan. Seine Färbung iſt dunkler als die der Stammform. Alle dieſe Kardinäle ſind ſich in der Färbung, in ihrem Thun und Treiben und im Geſange ſo ähnlich, daß man nur einen zu kennen braucht, um mit allen vertraut zu ſein. Außer dieſen Formen giebt es noch zwei gut unterſchiedene Arten. Die eine, der Colima-Kar— dinal (Cardinalis carneus Less; Colima Car— dinal), ein kaum bekannter Vogel, findet ſich im ſüd— weſtlichen Mexico. — Der Purpurkardinal (. phoeniceus GouLp; Venezuelan Cardinal) hat jeine Heimat auf Trinidad, in Venezuela, Colombia u. ſ. f. Die Färbung zeigt einen tiefen dunkelroten Ton; die Haube iſt größer und helmartig. Der Schnabel iſt nicht rot, wie bei unſerem roten Kardinal, ſondern bleigrau. Nach Dr. Karl Ruß iſt er ſchon | wiederholt in Deutſchland eingeführt worden. Der Texan Cardinal. Mir Kardinal, obwohl in feiner Heimat am CH unteren Rio Grande und im angrenzenden Mexico durchaus nicht ſelten, iſt noch ſehr ungenügend bekannt. Faſt alle Forſcher, welche jenen Gegenden ihre Aufmerkſamkeit zuwandten, jo Dr. Keunerly, Texas-Karöinal. Pyrrhuloxia sinuata BONA ARTE. Dr. Heermann, Dreſſer, Kapitän MeCown, Dr. Merrill und andere, haben ihn beobachtet, aber der Vogel iſt ſo ſcheu und mißtrauiſch, die Dickichte und Gebüſche in jenen Gegenden ſind ſo dornig, die Juſektenwelt iſt ſo reich an beißenden und — Der roſenbrüſtige Kernbeißer. 409 ſtechenden Arten, daß man es erklärlich finden wird, wenn wir über ihn wie überhaupt über die Vögel des „Chaparral“, wie die Mexikaner das dornige Geſtrüpp nennen, noch verhältnismäßig wenig wiſſen. Am ſtreicht, wenn kaltes Wetter eintritt, nur wenig ſüd— lich. Auch im ſüdlichen Arizona und in Untercalis | fornien kommt er vor. Bei Kap St. Lukas fand ihn Xantus brütend. — Im Winter lebt er in kleineren Geſellſchaften, im Sommer paarweiſe. In ſeiner Lebensweiſe ähnelt er dem roten Kardinal. Er hält ſich meiſt nahe am Boden, im dichten Gebüſch und in Reiſighaufen auf und iſt ſchwer zu beobachten. „Der Texas-Kardinal“, ſchreibt Sen- nett, dem wir die ausführlichſten und intereſſanteſten Nachrichten über die Vögel des unteren Rio Grande verdanken, „iſt bei Lomita ziemlich zahlreich. Wie es ſcheint, iſt er ebenſo wie der rote Kardinal Stand— vogel, denn er brütet ebenſo frühzeitig als dieſer. In der Lebensweiſe unterſcheiden ſich die beiden Kar— dinäle wenig, doch iſt der Texas-Kardinal mehr ein Bewohner der offenen, nahe Anſiedelungen gelegenen Gegenden. Er iſt ſtets ſcheu mißtrauiſch und man kann ſich ihm deshalb nur ſelten unbemerkt nähern. „Am 17. April fand ich dort ein Neſt mit vier Eiern. Es ſtand etwa fünf Fuß vom Boden, zwiſchen den Schößlingen eines Ebenholzſtumpfes, welcher allein in der Nähe einer aus Reiſig hergeſtellten Umzäunung einigen Würzelchen ausgelegt. Nio Grande iſt dieſer Kardinal Standvogel oder er | ſtand. Der ziemlich feſte Bau war verhältnismäßig klein, beſtand äußerlich aus trockenen Baſtfaſern, Gras und biegſamen Zweigen und war innen mit Die Eier ähneln einigermaßen in der Form denen des roten Kardinals, doch ſind ſie runder und unregelmäßig mit verſchiede— nen braunen und lavendelfarbigen Flecken gezeichnet, welche am ſtumpfen Ende ſehr dicht zuſammentreten, manchmal einen Kranz bilden, häufiger aber die ganze Fläche bedecken.“ Da dieſer Kardinal ſehr ſcheu iſt, ſo trägt er längſt nicht ſo zur Belebung ſeines Wohngebietes bei, wie fein ſchöner roter Vetter. Der Geſang iſt laut und fröhlich und erinnert ſehr an das Lied des roten Kardinals. Namen: Texas⸗Kardinal. Texan Cardinal, Texas Cardinal. Wiſſenſchaftliche Namen: Cardinalis sinuatus Bp. (1837), — Pyrrhuloxia sinuata Bonap. (1850). Beſchreibung: Kopfhaube, die Federn an der Schnabel— wurzel, Schwanzfedern und die Baſis der Schwanz- und Flügeldeckfedern dunkelkarmin- oder braunrot; das übrige der Oberſeite einfach grau. Kehle und Mitte der Unter— ſeite rein karminrot, Schnabel gelb oder orangengelb, im Winter mehr hornfarbig. Weibchen: Oberſeite wie beim Männchen, doch iſt das Rot der Haube, der Flügel und des Schwanzes weniger ausgedehnt und auch mat— ter. Die Unterſeite iſt hell bräunlichgelb. Länge 7.50 bis 8.75 Zoll. Der roſenbrüſtige Kernbeißer. Rose-breasted Grosbeak. Tafel XXV. Habia ludoviciana STEJNEGER. Vogel 2 u 3. Eine Ode. Roſenbrüſtiger Sänger des Lenz', Sänger des grünen Hains; Wenn der Hartriegel blüht, wenn am Strauch Ballen wie Schnee ſo weiß Lachen des Winters Flucht, dann grüßt dich Jubelnd mein Berz! Fern vom Lande der Jugend, verpflanzt in eine neue Welt, Hör' ich nimmer der Nachtigall Schlag, nimmer ihr ſüßes Lied Tönen elegiſch durch den ſtillen Frieden der Nacht. Heimweh treibt mich hinaus in den Wald, weg vom Geräuſch der Stadt. Auf die ſchlummernde Dämmerung gießt Luna den Silberſtrahl: Flüſternder Geiſterhauch durchbebet Sanft die Natur. —ę— ͤ ä. d . 410 Der roſenbrüſtige Kernbeißer. Rings verſtummt ruhen Wieſe und Flur, ſchon ſchweigt der Bobolink, Und die Wipfel verſinken in Schlaf; nur aus der Ferne ſchallt Noch des geſpenſt'gen Whippoorwills gell Pfeifender Ruf. Plötzlich klingt aus dem Ahorngebüſch, durch den beglückten Bain Süßer Abendgeſang an mein Ohr, wechſelreich, voll und klar, Töne voll Anmut, hold wie Atti's Schmelzendes Lied. Biſt du mir, Philomele, gefolgt über den Ozean d Oder haſt du die Schweſter geſandt, liebeerfüllt, auch hier Sehnende Herzen zu erfreu'n in Träumender Macht? ©, fo grüß' ich die Schweſter! Ich grüß' dich in der Schweſter, du Deutſche Nachtigall, die du mir einſt weihteſt die Jugendzeit! — Selige Stunden holder Wonne Walten auch hier! Sehnſucht weckt mir dein ſüßer Geſang, Schweſter der Nachtigall, Füllt begeiſtert das lauſchende Ohr, und die Erinn'rung preßt Thränen der Freude durch die Wimper Mir in den Bart. Rofenbrüftiger Sänger des Lenz', Sänger des grünen Bains; Wenn der Hartriegel blüht, wenn am Strauch Ballen wie Schnee ſo weiß Lachen des Winters Flucht, dann grüßt dich Jubelnd mein Berz! Cincinnati, den 18. Mai 1890. H. A. Rattermann. 0 un im Monat Auguſt, als ich mich mühſelig noch, nachdem die Töne verklungen waren, freute ich ng längs der Ufer des Mohawk-Fluſſes dahin- mich über ſie und in dieſer Freude ſchlief ich ein.“ ſchleppte, überkam mich die Nacht. Ich war wenig Mit dieſen hochpoetiſchen Worten leitet der bekannt in dieſem Teile des Landes und beſchloß des- unvergleichliche Audubon die Lebensbeſchreibung halb, da zu übernachten, wo ich mich gerade befand. eines unſerer ſchönſten und anziehendſten Vögel, des Der Abend war ſchön und warm; die Sterne ſpiegel- roſenbrüſtigen Kernbeißers, ein. Ich konnte ten ſich wieder im Fluſſe; von fernher tönte das es mir nicht verſagen, dieſelbe meiner Schilderung des Murmeln eines Waſſerfalles. Mein kleines Feuer prächtigen Vogels voranzuſtellen. war bald angezündet und ich neben ihm dahingeſtreckt. | Die vielen kleinen, meiſt von dichten Wäldern Als ich ſo in Gedanken verſunken umherblickte und die und Bergen umſchloſſenen Landſeen verleihen meinem Umriſſe der herrlichen Landſchaft ſich in Dunkel hüllen Heimatsſtaate Wisconſin einen ganz beſonderen Reiz. ſah, gedachte ich der fernen Heimat und der Meinigen So rauh und kalt hier gewöhnlich der Winter iſt, ſo und wünſchte ihnen eine gute Nacht. Indem ich das herrlich und lieblich iſt die kurze Sommerzeit. An abenteuerliche Leben eines Naturforſchers in den Wäl- einem ſolchen kleinen Landſee des mittleren Wisconſin, dern Amerikas an meiner Seele vorüberziehen ließ, da etwa, wo die Laubholzregion aufhört und die dankte ich meinem Schöpfer für die mir erwieſene Region der Nadelhölzer beginnt, war es, wo ich von Gnade, ſchloß meine Augen und befand mich bald in früheſter Jugend auf eine überaus reiche Pflanzen— einer geträumten Welt. Da plötzlich drang mir in und Tierwelt vor mir hatte. Herrlichere Wälder habe die Seele der Abendgeſang eines Vogels, ſo klangvoll, ich nirgends geſehen, als diejenigen, welche damals in fo laut wegen der Stille der Nacht, daß der Schlaf, dieſer Gegend zu finden waren. Heute ſieht man nur welcher ſich bereits auf meine Lider herabgeſenkt hatte, noch kleine Überreſte derſelben: die ſchönſten Wald wieder von hinnen floh. Niemals hat mich der Wohl- ſtrecken find unter der Axt des Anſiedlers für immer laut der Töne mehr erfreut. Er bebte mir durchs verſchwunden. An der Weſtſeite des Sees befand ſich Herz und machte mich glückſelig. Faſt hätte ich meinen der durchs feuchte Tiefland fließende Ausfluß. Die mögen, daß ſelbſt die Eule durch den ſüßen Wohllaut übrigen Seiten waren mit Bergen, welche damals erfreut war, denn ſie blieb ſtill dieſe Nacht. Lange noch dicht bewaldet waren, umgeben. Die moorigen i 1 Ufer waren zum größten Teil mit Hartriegel-, Schnee ball- und Erlengeſträuch, ferner mit Cſchen, Ulmen, Tamarack!) und Weiden beſtanden. In dieſe ſchöne Umgebung gehört als notwendige Ergänzung auch die gefiederte Welt, und ſie war thatſächlich auch überaus reich vertreten. Jede Ortlichkeit hatte ihre eigentüm— lichen Erſcheinungen: die Wieſe den Bobolink, das ſchilfreiche ſumpfige Ufer des Ausfluſſes den Rotflügel, Bootſchwanz und Sumpfzaunkönig, die Gebüſche und Dickichte beherbergten zahlreiche Katzendroſſeln, Ceder— vögel, Gelbkehlchen und Regenkuckucke; in den jungen Eſchentrieben brüteten Goldſtieglitze und Sommer— ſänger; in den hohen breiten Ulmen des Tieflandes tummelte ſich der Baltimore-Oriol umher, brachte durch ſeine lauten Töne fröhliches Leben in die Land— ſchaft und baute fein künſtliches Hängeneſt hoch oben in das ſchlanke Gezweig. Im Walde ſelbſt ſtanden oft Hunderte von Neſtern der Wandertaube, und das Buſch- und Waldhuhn (Donasa umbellus) traf ich oft in Geſellſchaft zahlreicher Jungen, welche mit überraſchender Schnelligkeit nach allen Seiten hin auseinanderſtoben, wenn ſie geſtört wurden. In feuchten und naſſen, nur noch mit wenig Gebüſch beſtandenen Ortlichkeiten lebte der Sumpffink, und im Uferſchilf des Sees brüteten verſchiedene Enten und Teichhühnchen, deren Jungen auf den breiten Blättern der Waſſerlilien hin- und herliefen. Braut- enten (Ai sponsa) brüteten damals noch zahlreich in alten hohlen Bäumen. Vorliebe nach einem an der Südſeite des Gewäſſers liegenden ziemlich ſteilen Berge. Weißkiefern, Birken, Buchen, Ahorne und vielerlei Geſträuch bildeten den Wald, deſſen Boden mit Moos, Lycopodien, Winter— grün), Dreiblattarten?), Schirmpflan zen oder Mai— äpfeln“) und vielerlei Farnkräutern bewachſen war. Quellen ſprudelten am Fuße des Berges hervor und bahnten ſich murmelnd und rauſchend ihren Weg in den See. Hier erſchallte den ganzen Sommer hin durch der herrliche Geſang der Wald- und Nötel- droſſel, des Purpurfinken und Grundrötels. Herrlich leuchtete das rote Gefieder der Scharlachtangara aus dem dunklen Gelaube hervor. Nichts feſſelte mich aber ſo ſehr an dieſes romantiſche Fleckchen Erde, als ein wunderſchöner Vogel, der in der Regel feinen lauten Geſang hoch oben aus dem Wipfel einer Weiß— kiefer herab eine lange Zeit erklingen ließ, ohne dabei 1) Larix Americana. hispidula. 3) Trillium. 2) Gaultheria procumbens und Chiogenes 4) Podophyllum peltatum, Ich wanderte Ende Mai und den ganzen Juni hindurch mit befonderer | | Der roſenbrüſtige Kernbeißer. 411 ſeinen Sitzplatz oft zu ändern. Die ſchöne rote Bruſt, das tiefe Schwarz des Kopfes und das ſauft hervortretende reine Weiß machten den Vogel ſogleich kenntlich. In Ermangelung eines beſſeren Namens nannte ich ihn damals Notbruſt. Erſt viel ſpäter, als ich die unvergleichliche Schilderung Audubous las, erinnerte ich mich meines alten Lieblings wieder und erfuhr ſeinen richtigen Namen. Der roſenubrüſtige Kerubeißer oder Ro— ſenbruſtknacker erſchien dort etwa in der zweiten Maiwoche, war aber nirgends zahlreich. Uunvergeßlich werden mir jene Tage bleiben, als ich in dieſer romantiſchen Natur deſſen Liedern lauſchen konnte. Man muß den Geſang dieſes Prachtvogels in ſeiner herrlichen Umgebung ſelbſt vernommen haben, um die Begeiſterung eines Audubon zu verſtehen. Noch herrlicher erklang das Lied in hellen Mondnächten, wenn die ganze Natur ringsumher in Schlummer lag und nur der Ruf des „Whippoorwill“ durch den Wald hallte. So ruhig und wehmütig und doch ſo lieblich klangen dieſe feierlichen Töne durch die ſtille Nacht, daß ich gar keine Worte finden kann, den Eindruck, welchen ſie hervorbrachten, zu ſchildern.“) Dieſer Kernbeißer gehört jedenfalls zu unſeren allerbeſten Sängern. Sein Geſang iſt voll, reich an Abwechslung, iſt laut und hat einen unvergleichlichen Schmelz und Wohlklang. Der Taggeſang ertönt be— zaubernd und lieblich; der Nachtgeſang, der beſonders in mondhellen Nächten unermüdlich erklingt, iſt wahr— haft entzückend und nicht zu beſchreiben; er iſt zwar etwas wehmütig, paßt aber wunderbar zur ſtillen Nacht, zur herrlichen aber jetzt düſteren Umgebung, zum melancholiſchen Rufe des „Whippoorwill“ und zum feierlichen Abendgeſange der Röteldroſſel. „Er ſingt“, ſagt Nuttall, einer unſerer beſten Geſangskenner, „mit all den verſchiedenen ergreifenden Tönen der Nachtigall, und es ſcheint, daß er durch ſein Lied ſelbſt in die höchſte Aufregung verſetzt wird. Die Strophen ſind bald ſchmetternd, laut, klar und voll, bald wieder klagend, bald lebhaft, zart, ſüß und gehalten, ſo daß ihn meines Dafürhalteus keiner unſerer Sänger, die Spottdroſſel allein ausgenom— men, zu übertreffen vermag.“ Selbſt Brehm, der doch nur nach gefangenen *) Ich habe dieſer Schilderung ein Gedicht meines hochgeſchätzten Freundes, H. A. Rattermann, vorangeſtellt. Dieſe zuerſt im „Sonn— tagsblatte der New Yorker Staatszeitung“ erſchienene, dem Vexfaſſer dieſes Werkes gewidmete Ode ſchildert den Eindruck, den der Geſang dieſes Vogels macht, ebenſo hochpoetiſch als naturwahr. _ W Der roſenbrüſtige Kernbeißer. 412 roſenbrüſtigen Kernbeißern urteilen konnte, läßt ihm volle Gerechtigkeit widerfahren. Er ſchreibt: „Der Geſang iſt ſehr wechſelreich und ſehr wohllautend, jeder Ton voll und klar, der Sänger ſelbſt während loſe und nachläſſig zufammengefügt. des Frühlings jo unermüdlich, daß er oft noch in tiefer Dämmerung oder bei Mondenſchein inmitten der Nacht ſich hören läßt.“ Seine Haltung im Sitzen iſt etwas ſteif, beim Singen nimmt er jedoch eine feierliche, anmutige Stellung an. Oft hebt und breitet er die Flügel dabei aus und bewegt ſich hin und her. Iſt der roſenbrüſtige Kernbeißer ſchon wegen ſeines herrlichen Geſanges eine beſondere Zierde unſerer Wälder, ſo iſt das durch ſeine außerordentliche Schönheit noch mehr der Fall. Der glänzendſchwarze Kopf und die ebenſo gefärbte Oberſeite, das blendende Weiß des Rumpfes und der Unterſeite, die roſen- oder karmin— rote Bruſt und Unterflügel machen ihn zu einem Prachtvogel erſten Ranges. Das Weibchen iſt mehr bräunlichgrau; ihm fehlt das auffallende Schwarz und das ſchöne Rot. Der Vogel fand ſich allerwärts im gemiſchten Walde Wisconſins, jedoch traf ich ihn nirgends zahl— reich. Als ich viele Jahre ſpäter in den Gehölzen des nördlichen Illinois umherſtreifte, wollte es mir nie glücken, gerade dieſen meinen Liebling wiederzufinden. Endlich ſah ich im Jahre 1876 in dem reizenden Vorſtädtchen Chicagos, Oak Park, ein etwas roſa angehauchtes Männchen. Es trieb ſich in den Schat— tenbäumen der zahlreichen größeren parkähnlichen An— lagen umher. Im nächſten Jahre, als ich mit einem dunkelbraunen Flecken gezeichnet waren. Sie waren ſehr dünnſchalig und glichen den Eiern der Schar— lachtangara. Das verhältnismäßig kleine Neſt war Es beſtand aus Heuhalmen, Pflanzenſtengeln, Rebenfaſern und Wurzeln, war aber an manchen Stellen durchſichtig. Spätere Neſter, welche ich am Des Plaines, am Calu— met und in den ſchönen tiefen, mit ſteilen Bergrändern begrenzten waldreichen Schluchten Wisconſins fand, waren meiſtens bedeutend umfangreicher, aber auch ſie waren aus grobem Material nachläſſig gebaut und ſtanden etwa ſechs bis fünfzehn Fuß vom Boden. Die innere Auskleidung beſtand meiſt aus Wurzeln, Rebenfaſern und Hälmchen. Das Mäunchen brütet abwechſelnd mit dem Weibchen. Das Pärchen iſt im Brutgebiet ſehr ſcheu und führt ein ziemlich verſtecktes Vogelfreunde, Herrn Woltersdorf, den ſchönen 9 x ) Wald am Des Piaines befuchte, fand ich in dem dichten feuchten Gehölze dieſen Kernbeißer an Ortlich- keiten, wo der Grundrötel, die Braun-, Katzen- und Walddroſſel ihre Lieder ſangen. Am 3. Juni 1877 fand ich in dem unter dem Namen Haſes-Park bekannten Walde das erſte Neſt. Es war dies an einer Stelle, wo ſich wenig Unterholz zeigte, wohin aber auch kein Strahl der Sonne dringen konnte. Außer Eichen, Hickorybäumen und Ulmen fanden ſich nur vereinzelte wilde Apfel- und viele breite Weißdornbäume, welche alle ſehr dicht belaubt waren.“ Auf einem ſolchen ſehr ſtachelichten Dornbaume ſah ich ſchon von weitem ein Neſt, auf welchem ein ſchwarzköpfiger, dickſchnäbeliger Vogel ſaß, den ich ſogleich als das Männchen des roſenbrüſtigen Kern— beißers erkannte. Fuß vom Boden ſtehenden Bau vier, der Grund farbe nach grünliche Eier, welche dicht mit vielen Es fanden ſich in dem etwa zwölf Leben im Untergebüſch des Waldes. Nach meinen Erfahrungen ſind unſerem Vogel gemiſchte Waldun— gen am liebſten, denn in dem dunklen Nadelholz der Tannen und Kiefern kaun er ſich am beſten verbergen. Er fehlt aber auch in dem reinen Laubholzwalde nicht, und es giebt Stellen, z. B. bei St. Louis, wo er ziemlich zahlreich brütet. Er iſt über ein großes Gebiet der Union verbreitet, iſt aber innerhalb dieſes Gebietes ſehr unregelmäßig verteilt. An manchen Stellen iſt er ziemlich zahlreich, an andern ebenjo zweckmäßig ſcheinenden findet er ſich gar nicht. Seine eigentliche Sommerheimat ſind die Oſt- und Nord— ſtaaten, weſtlich bis zum Rande der großen Ebenen, nördlich bis zum ſüdlichen Canada und Manitoba. Nach ſeiner, im Norden Mitte Mai erfolgten Ankunft ſtreift er mit dem Weibchen noch eine Zeit lang umher und beginnt in der letzten Maiwoche mit dem Neſtbau. Das Niſtgebiet jedes Pärchen iſt ziemlich groß; jedes andere derſelben Art wird unnachſichtig aus demſelben vertrieben. Seine Hei— mat wählt er ſich mehr im Innern des Waldes, wo Bäume und Sträucher aufs üppigſte entwickelt ſind und im friſcheſten Grün prangen. Durch ſeinen unvergleichlichen, weithin durch den Wald hallenden Geſang und durch ſeine Schönheit macht er ſich bald bemerklich. Er ſetzt ſich dabei ſtets frei, meiſt in die höheren Aſte oder in die Spitze eines Baumes, bleibt hier eine Zeitlang ruhig ſitzen, läßt ſich dann plötzlich nieder in das Buſchwerk, verſchwindet in demſelben und läßt bald darauf von einem andern Sitzplatze aus ſeinen Geſang erſchallen. Das Weibchen hält ſich mehr im niederen Buſchwerk verſteckt und nur ſelten hat der Beobachter Gelegenheit, es flüchtig zu ſehen. Ebenſo ſcheu iſt auch das Männchen während der — 2 — Der roſenbrüſtige Kernbeißer. Zugzeit und nachdem die Jungen ausgeflogen ſind. Dann verſtummt auch der Geſang, und man hat dann nur noch ſelten Gelegenheit, es zu ſehen. Nur beim 413 an DVogelliebhabern jo reichen Deutſchland iſt er in Singen ſcheint es alle Angſtlichkeit außer acht zu laſſen. Man kann es dann ganz in der Nähe beobachten. Am auffallendſten zeigt ſich ihre Furcht, wenn man an das Neſt kommt. Das Weibchen fliegt ſogleich davon; das Männchen bleibt allerdings auf dem Neſte ſitzen, bis man in die Nähe kommt, dann huſcht es aber hurtig ins nächſte Dickicht. Sie wagen es jetzt nicht, in unmittelbare Nähe ihres Baues zu kommen, laſſen aber eine Strecke davon entfernt ihre Angſt- und Klagerufe fortwährend ertönen. Mutig dagegen verteidigen ſie die Brut, wenn Blauheher oder andere Räuber ſich blicken lajjen. Im Norden machen ſie nur eine Brut, weiter ſüdlich, z. B. bei St. Louis, „ſorgt der Roſenbrüſtige“, laut Mitteilung meines Freundes, Herrn Otto Widmann, „in zwei Bruten für ſeine Unſterblich- keit.“ ihre Heimat, um ihrer Winterherberge: Cuba, Coſta Rica, Guatemala, Yucatan, Xalapa u. ſ. f., zuzu— ziehen. Viele überwintern ſelbſt in Südamerika, ſüdlich bis Ecuador. Er zieht in kleinen Geſell— ſchaften, wohl familienweiſe, ſüdlich, miſcht ſich aber nie unter andere Vögel. Der Flug erſcheint zuerſt etwas ſchwerfällig, geht aber, wenn er ſich in be— Schon im September verläßt die Mehrzahl deutender Höhe befindet, raſch von ſtatten und geſchieht | in ſauften Wellenlinien. oft herab, hüpft aber auf demſelben ungeſchickt umher. Gewandt bewegt er ſich dagegen im Geäſt der Bäume Auf den Boden kommt er und Büſche. — Seine Nahrung beſteht hauptſächlich aus Juſekten in allen Lebenszuſtänden und in vielerlei Arten. Selbſt Kartoffelkäfer frißt er begierig. Er ſucht feine Nahrung zum größten Teile vom Blatt— werk der Bäume und Sträucher, aber auch vom Boden auf. Auch zarte Knoſpen und junge Blätter ſoll er verzehren. Wahrſcheinlich lebt er auch von den vielerlei Beeren, die ſich ſo zahlreich in ſeinem Wohngebiete finden. Obwohl der roſenbrüſtige Kernbeißer nirgends ſchöner iſt als im Walde und nur hier ſeine hervor— ragende Eigenſchaften völlig zur Geltung kommen, obwohl er hier nur in ſeiner ganzen Pracht zu der ihn umgebenden Natur paßt und dieſer zur höchſten Rüben (Möhren) vermiſcht. Zierde gereicht, jo hat doch der Vogelfreund ſchon längſt ſeine Hand nach ihm ausgeſtreckt, um ihn an ſich zu feſſeln, zu pflegen und ſich an ſeiner Schönheit und ſeinem herrlichen Geſange zu erfreuen. In dem allen Vogelhandlungen faſt beſtändig zu haben. — Am zutraulichſten werden jung aufgezogene Rotbrüſte. Sie nehmen ihrem Pfleger nicht nur allerlei Inſekten aus der Hand, ſondern laſſen ſich auch zum Ein- und Ausfliegen gewöhnen. Liebenswürdigere Genoſſen kann man ſich kaum denken. Auch alt eingefangene werden bald recht zahm; ſie ſtürmen nie ſo ängſtlich im Käfig umher, wie das ſo viele andere friſch— gefangene Vögel thun, gewöhnen ſich im Gegenteil ſchnell an ihr Los. Alle gingen bei mir gleich aus Futter und wurden bei angemeſſener Pflege bald ſo zahm, daß ſie Mehlwürmer, Fliegen, Heuſchrecken und Spinnen aus der Hand nahmen. Auch deu Geſang laſſen ſie fleißig vom März bis Auguſt hören und ſelbſt des Nachts bei Licht und Mondſchein geben ſie ihre köſtlichen Töne fleißig zum beſten. Leider iſt dieſer Kernbeißer, trotz ſeiner kräftigen Geſtalt, ein weichlicher Vogel, der eine ſorgſame Pflege bean— ſprucht, dieſe aber auch reichlich lohnt. Reinlichkeit und ein geräumiger Käfig ſind die allererſten Bedin gungen, welche zu ſeinem Gedeihen nötig ſind. Ob— wohl er mit allen anderen Vögeln, auch mit den kleinſten afrikaniſchen und auſtraliſchen Finken fried— lich in einem Geſellſchaftskäfig zuſammenlebt, ſo ſollte man ihn doch immer allein unterbringen, denn im Geſellſchaftsbauer ſingt er faſt nie. Ich hielt ihn mit Winter-, Sänger-, Buſch- und Kronfinken, Blauvögeln, Wald- und Röteldroſſeln zuſammen, aber nur die im Einzelkäfig zeigten ein ſchönes Gefieder und ließen ihren herrlichen Geſang hören. Weibchen, die nicht ſingen und nicht ſchön gefärbt ſind, wird der wahre Liebhaber nicht halten, oder doch nur dann, wenn er Züchtungsverſuche machen will. Sie gehören in den Wald, um zu brüten. — Sehr große Sorgfalt erfordert die Auswahl des Futters. Die Mehrzahl der gefangenen roſenbrüſtigen Kern— beißer geht an Fettſucht zu Grunde; dieſe rührt von zu vielen öligen Sämereien her. Das beſte Futter iſt ein Gemiſch von Hirſe, Kanarienſamen, etwas Hafer, Sonnenblumenkernen und ungeſchältem Reis und eine Zukoſt von Obſt, Beeren, Vogelmiere, Knoſpen und Mehlwürmern. Manche Vogelfreunde füttern auch Spottdroſſelfutter mit geriebenen gelben Bei guter Pflege hält er jahrelang aus. Dr. Karl Ruß hebt in ſeinem Prachtwerke: „Die fremdländiſchen Stubenvögel“, hervor, daß die Meinungen der deutſchen Vogelliebhaber über den Geſang des roſenbrüſtigen Kernbeißers weit ausein— 414 Der roſenbrüſtige Kernbeißer— andergingen: in Lob und Tadel werde zu viel gethan und der rechte Weg der Wahrheit werde verfehlt. Das Sprichwort komme hier zur Geltung: „Über den Geſchmack läßt ſich nicht rechten.“ Er ſchreibt dann wörtlich: „Eine annähernd richtige Erklärung dürfte allerdings darin zu finden ſein, daß bei den Ausſprüchen über die Vogellieder doch zweifellos ganz beſondere Verhältniſſe gewichtig ſich geltend machen, und zwar vor allem die Stimmung des Hörenden, beeinflußt durch die Naturumgebung und Ortlichkeit, die Tageszeiten u. ſ. w. Wer einſam am Rande des Hochwaldes, zwiſchen Wieſen und blumigen Auen wandelnd in den wounigen Eindrücken eines lieblichen Frühſommerabends ſchwelgt, wird das Lied der Droſſel im hohen Föhrenwipfel ganz anders beurteilen, als der, welcher denſelben Vogel im engen Zimmer hört und von ſeinen laut ſchallenden Tönen ſich beläſtigt fühlt. Bedenken wir dazu noch, daß die meiſten der zu uns gelangenden Vögel entweder aus dem Neſte genommen und mit der Hand aufgefütterte Pfleglinge ſind, welche den urſprünglichen Geſang ihrer Art niemals gehört, alſo auch nicht gelernt haben, oder daß ſie durch den Faug und die Überfahrt arg miß— handelte Exemplare ſind, ſo wird ein ehrlicher Vogel— freund ſich wohl hüten, ihrer Fähigkeit und ihren Leiſtungen jeden Wert abzuſprechen, wie er ſich nicht leicht zu überſchwenglicher Begeiſterung durch dieſelben hinreißen läßt. Von dieſen Geſichtspunkten aus beurteilt, findet man den Geſang der Vögel ein und derſelben Art je nach abweichender Begabung, beziehungsweiſe je nach der Behandlung, überaus verſchieden. So auch bei unſerem roſenbrüſtigen Kernbeißer; der eine ſingt gut, der andere ſchlecht. Im ganzen iſt das Lied viel mehr lieblich, als von hervorragend küunſtleriſcher Bedeutung. Es ertönt als eine ſaufte, ſüße Klage . . . Beſonders aumutend dünkt ſie uns abends bei Mondſchein oder bei Lam— penlicht. — Auch die Züchtung dieſes Kernbeißers in der Gefangenjchaft habe ich wohl zuerſt erreicht. Das Pärchen baute ein ſehr großes, nichts weniger als kunſtvolles Neſt, entweder auf den Boden eines hoch hängenden Drahtkäfigs in eins der größeren Niſtkörbchen oder in ein leeres Harzerbauerchen. Im— mer wurde der Ort möglichſt hoch gewählt. Das Weibchen trug faſt allein die Bauſtoffe zuſammen und zwar mit Vorliebe halbtrockene Vogelmiere, und auf einen Haufen derſelben wurde daun aus Agavefaſern eine nur ſeichte, nicht beſonders künſtliche Mulde geformt und mit einigen Federn ausgelegt. Das Gelege beſtand faſt regelmäßig aus vier Eiern, und abweichend von den Angaben der Naturforſcher hin— ſichtlich des Freilebens brütete das Weibchen allein; ebenſo niſteten meine Vögel, und zwar habe ich im Laufe der Zeit mehrere Pärchen gehalten, faſt regel— mäßig zweimal im Frühjahre. Beide Gatten des Pärchens füttern die Jungen ſehr eifrig, und zwar anfangs vorzugsweiſe mit friſchen Ameiſenpuppen oder dem Gemiſch aus gequelltem Cierbrot, ſpäterhin faſt lediglich mit dem letzteren und eingeweichten Sämereien, auch nehmen ſie gern allerlei Kerbtiere, Mehlwürmer, Maikäfer, Fliegen u. ſ. f.“ Mein Freund, Herr Dr. W. Reinhold in Chicago, hielt jahrelang einen roſenbrüſtigen Kern— beißer, deſſen weiße Farbe ſich vollſtändig in ſchönes Rot verwandelt hatte. Namen: Roſenbrüſtiger Kernbeißer, Roſenbruſt, Rot— bruſt, Rotbruſt-Kernbeißer. Red-breasted Grosbeak. Wiſſenſchaftliche Namen: Loxia ludovieiana Linn. (1766). — Guiraca ludoviciana Swains. (1827). — Coc- cothraustes ludovieiana Rich. (1857). — Coccoborus ludovieianus Aud. (1839). — Goniophzxa ludovieiana Bowd. — Hedymeles ludoviciana Cab. (1851). — Zamelodia ludoviciana Coues (1850). — Habia ludo- vieiana Stejn. (1854). — Loxia rosea Wils. (1810). Beſchreibung: Prachtvogel erſten Ranges. Männchen auf der Oberſeite, einſchließlich des Kopfes und Halſes, tiefſchwarz; Bürzel und Unterſeite weiß; ein großer Fleck auf der Bruſt, die Seiten des Kopfes und die Unter— flügeldecken ſehr ſchön roſen-karminrot; Flügel und Schwanz ſchwarz, auffallend weiß gefleckt. Weibchen ganz verſchieden. Kein Weiß am Bürzel und Schwanze, kein Rot und kein Schwarz; Unterflügel, anſtatt rot, gelblich, ebenſo an der Bruſt. Oberſeite flachsbraun, dunkler geſtrichelt; Unterſeite weißlich, dunkler geſtrichelt. Länge 8.50 Zoll; Flügel 4.15, Schwanz 3.55 Zoll. | | | | | | — r — 2 nn en ww. Der ſchwarzkoͤpfige Kernbeißer. Black-headed Grosbeak. Safe NN 2 ern im Weſten, vom Felſengebirge bis zum Stil— len Ozean, nördlich bis Waſhington und ſüdlich bis ins Innere Mexicos, wird der Roſenbruſt— knacker durch den nicht ſo prächtig gefärbten, ſonſt aber ganz ähnlichen ſchwarzköpfigen Kernbeißer vertreten. Er bewohnt die herrlichen Gebirgswälder | 7 der Sierra Nevada, die dichtbewachſenen Bergeshalden, die Ravinen und Schluchten und die oft mit faſt un— durchdringlichem Urwald bedeckten Thäler der Gebirgs ſtröme des Felſengebirges. Verbreitungskreiſes ſcheint das mittlere Kanſas zu ſein, wo ihn Prof. Allen brütend fand. Im Tafel— lande Mexicos hat man ihn ebenfalls beobachtet. Dr. Coues fand ihn von Mai bis September in Arizona. Er ſcheint dort den Nadelwald zu meiden, dagegen findet er ſich in den mit Laubholz beſtandenen Navinen und den mit Weiden bewachſenen Ufern der Flüſſe. Der Forſcher nennt ihn einen brillanten Sänger, deſſen Lied dem des roſenbrüſtigen Kern beißers ſehr ähnele, aber auch mit dem Geſange des Baltimore-Vogels einige Ahnlichkeit habe. Der ge wöhnliche Ruf gleiche dem Lockton von Gambels— Wachtel ſo, daß man beide kaum voneinander unter— ſcheiden könne. Prof. Ridgway beobachtete ihn zahlreich in den Weidendickichten bei Sacramento und im Mai in großer Anzahl im Thale des Truckeefluſſes, wo er ſich in Geſellſchaft des Gold- oder Bullocks-Oriol, der Louiſiana-Tangara und anderer Vögel fand und die Kuoſpen des Fettholzſtrauches (Grease-wood) ver— zehrte. Er lebt hauptſächlich in den Weidendickichten längs der Ströme und in den Caßons. In der Lebensweiſe ſowohl als auch im Geſauge ſtimmt er vollſtändig mit dem roſenbrüſtigen Kernbeißer überein. Das Neſt fand der Forſcher in Weiden, etwa zehn Fuß vom Bodeu. Dr. Cooper berichtet, daß dieſer Kernbeißer bei San Diego in Californien etwa am 12. April erſcheine. Während des Sommers fer er in allen Gebirgsgegenden, ſowohl im Küſtengebirge als in der Der öſtliche Punkt ſeines | Habıa melanocephala STEJNEGER. Vogel 5. Sierra zahlreich. Wegen ſcines lauten lieblichen Geſanges halte man ihn oft in der Gefaugenſchaft. Im Küſtengebirge (Coast Range) ſei der Geſang beſonders ſchön. Die Männchen wetteiferten von den Spitzen der Bäume aus jo miteinander, daß Berg und Thal wiederhalle. Das Neſt fand er dort am 12. Mai. Es ſtand in einer Erle und war aus wenigen Zweigen und Pflanzeuſtengeln loſe zuſammen gefügt und mit Gras und Wurzeln ausgelegt. Die drei Eier waren auf matt bläulichweißem Grunde dicht braun gefleckt, am dichteſten am ſtumpfen Ende. „Wir hörten den lauten, kräftigen Geſang dieſes ausgezeichneten Vogels“, ſchreibt Nuttall, „zuerſt im mittleren Tafellande der Felſengebirge und an den oberen Nebenflüſſen des Colorado des Weſtens. Wir fanden ihn an allen weſtlichen Gebirgsſtrömen bis zu den Ufern des Columbia und von da bis faſt zum Stillen Ozean. In den dichten Wäldern des ge— nannten Fluſſes, inmitten der wildeſten Abgeſchloſſen— heit wurden wir häufig durch die unbeſchreiblichen Töne dieſes Sängers erfreut. Der Vogel iſt in jeiner einſamen und wilden Heimat ſcheu und miß trauiſch, ſodaß wir nur ſelten Gelegenheit hatten, den faſt feenhaften Sänger zu ſehen, der ſelbſt den düſter ſten Waldbezirken einen wunderbaren Zauber durch ſeinen unermüdlichen, die Wälder durchhallenden Geſang verlieh. Mit einer nur wahre Größe zierenden Beſcheidenheit und faſt mit der Angſtlichkeit der Nachtigall zieht ſich dieſer ſchͤne Sänger in die dunkelſten Dickichte und in den tiefſten, einſamſten Wald zurück. Sobald er den ihn ſuchenden Beob— achter gewahr wird, fliegt er eilig davon, ruft ſein Weibchen und verſchwindet dann im Dickicht, hier jo lange ſich vollkommen ſtill verhaltend, bis er alle Gefahr vorüber wähnt. Dann ſetzt er ſich vorſichtig auf einen erhöhten Zweig und ſingt von neuem das oft erklungene und doch ewig neue Loblied zum Preiſe des Schöpfers. Sein Geſang, der durchaus dem des roſenbrüſtigen Kernbeißers ähnelt, erſchallt vom früheſten Morgengrauen mit einigen Unterbrechungen 416 Der blaue Kernbeißer. bis in die Nacht hinein. Er iſt laut, abwechſelnd und wiht. Jede Silbe iſt ein lauter und doch zarter ſehr melodiſch, ſteigt einmal in angenehmer Weiſe und Triller von unbeſchreiblicher Lieblichkeit, nichts Nach— fällt dann wieder, bis er in den ſchmelzendſten Tönen gemachtes, ſondern eigene wilde Waldmuſik, vor leiſe erſtirbt. Wie das Lied der Nachtigall, jo klingt welcher die übrigen Waldesſänger ringsumher zu auch dieſer Geſang in der Seele des Hörers noch lange verſtummen ſcheinen. Der Robin ſcheint faſt der nach, erfüllt teils mit Sehnſucht und Wehmut, teils Schüler des ſchwarzköpfigen Kernbeigers, ſofern die mit beſtrickendem Zauber und Entzücken. Die legten | Ausdrucksweiſe in Betracht kommt, zu fein, doch iſt Töne ſind ſo klagend, daß es ſcheint als drückten ſie er im Vergleich mit dieſem Orpheus nur ein ſchwacher einen tiefen Kummer, ein unſagbares Leid aus; dann Stümper.“ erklingen ſie ganz leiſe und wehmutsvoll, einen ange— 15 Sübwarztöpſiger Kerubeiset, S 1 7 . 2 N 1 Namen: — 310 er Kernbeiße Schwarzkopf-Kern— nehmen Eindruck bei dem Hörer zurücklaſſend. Wir | Sa an in BIT beißer. ſehen den Sänger nur einen Augenblick. Er ſitzt Be Hesnea CRecDeRE F j I ji der Kr. 8 SEIT 5 h 5 un ee RL Aſte unter 5 Krone des Wiſſenſchaftliche Namen: Guiraca melanocephala Baumes, hebt den Kopf, ſchwellt die Kehle, bewegt Swains. (1827). — Coccothraustes melanocephala Rich. ſich flatternd hin und her und ſcheint ſelbſt von den (1836). — Coccoborus melanocephalus Aud. (1839). — ſüßen Lauten feiner Stimme begeiſtert hingeriſſen Hedymeles melanocephala Cab. (1551). — Habia — EIER 2 z 8 melanocephala Stejn. (1884). zu ſein. Selbſt der herzloſe Forſcher, der nur immer a 1 darauf bedacht iſt, neue Trophäen der Wiſſenſchaft zuzuführen, atmet erleichtert auf, wenn der Sänger Beſchreibung: Männchen am Kopfe und Halſe, am Kinn, auf Rücken, Flügeln und Schwanze ſchwarz; ein ſcharf hervortretender Kragen am Hinterhalſe, Bürzel waldeinwärts verſchwindet. | und Unterſeite bräunlich-orangerot oder ſelbſt zimmet— „Im Auguſt ſah ich ſie im Felſengebirge ihre i Er 3 a le I Unter⸗ Een a 75 5 - ürzel, Unterſchwanzfedern, Flügelbinde und einige ausgeflogenen gen welche ich en, N dich Flügelflecken und äußere Schwanzfedern reinweiß. Beim teſten Gebüſch aufhalten, füttern. Den Geſang, wie Weibchen iſt das Kinn, die Seiten der Kehle weiß; ich ihn im Urwald des Columbia hörte, kann man das Schwarz iſt durch Olivenbraun erſetzt; das Braun vielleicht durch folgende Silben wiedergeben: „Teht, 611 — 3 72 AS 0 . e . den Flügeln nicht ſo ausgedehnt und an den Schwanz— wiht, tiht, wiowit, tiht, wiowit, tiht, wiowit, werr. e ; x j 5 federn ganz fehlend. Manchmal ſchließt er auch mit den Silben, wiht, wiht, Länge 8 Zoll; Flügel 4.25, Schwanz 3.50 Zoll. Der blaue Kerubeiſzer. Blue Grosbeak. Guſraca cmrulen SWAINSON. Tafel NXVII Vogel 5. Las wahre Leben im nördlichen Walde erwacht Landes ändert ſich freilich das Bild, denn dort iſt der ererſt, wenn der Frühling feine Herolde, Sing- Wald faſt fortwährend durch Tauſende von Vögeln ſperling, Robin und Hüttenſänger, vorausſendet. belebt, die, wenn ſie auch nicht regelmäßig ſingen, Doch ſie ſind keine eigentlichen Waldvögel, ſeit der doch oft Teile ihrer Lieder hören laſſen. Gehen wir Kulturmenſch das Land urbar gemacht und Gärten im Januar und Februar hinaus in einen ſolchen angelegt hat. Erſt im Mai und Juni hallen dieſe Wald, ſo merken wir wohl, daß es auch hier Winter Wälder wieder von einem tauſendſtimmigen Chor- iſt. Die meiſten Bäume haben ihre Blätter ver— geſange. Kein einziger der Vireos, der Waldſänger, loren, und nur langnadelige Kiefern, Lebenseichen, Droſſeln, Tangaren, Spechte, Mückenſänger u. ſ. f. Lorbeerkirſchbäume, Hülſen, Magnolien und eine darf dem Walde fehlen, es würde uns ſonſt das herr: Anzahl Sträucher prangen im dunkelgrünen Ge— liche Tonwerk, welches ſie gemeinſchaftlich aufführen, wande. Wenn auch die blendendweißen, glitzernden unvollſtändig erſcheinen. — Weiter im Süden unſeres und kryſtallenen Farbentöne des nördlichen Winter— 2 waldes fehlen, jo macht doch dieſer Wald mit feinen Schwärmen munterer gefiederter Bewohner einen unbeſchreiblich freudigen Eindruck. Was kann ſchöner, bezaubernder ſein als jene prächtige, dichte, immer grüne Stechpalme, geſchmückt mit zinnoberroten Bee ren und belebt von einer Schar luſtig durchs Gezweig hüpfender roter Kardinäle! Iſt der Tag ſchön, ſo laſſen dieſe Prachtvögel von allen Seiten ihre rollenden lauten Lieder erklingen, ſodaß der ganze ſchöne Wald wiederhallt und auch andere Sänger zum Wetteifer angeſpornt werden. Der Carolina-Zaunkoönig ſingt im verworrenen immergrünen Dickicht in den ſchmel zendſten Tönen, und am Waldrande laſſen Hunderte der kleinen Waldfinken ihre hellen lieblichen Laute erklingen. Ohne dieſe Lieder würden die mit den intereſſanteſten Bäumen und Sträuchern beſtandenen Wälder uns öde und tot erſcheinen. Erſt die Vogel lieder verleihen ihnen die eigentliche Poeſie. Der Vogelgeſang iſt dem, der ihn verſteht und zu deuten weiß, ein Gedicht voller Leben und Friſche. Er wird uns Aufmunterung zur Freude, Heimatsgruß in der Fremde und verleiht uns Troſt in Leid und Trauer. Keine Muſik hat eine ſolche Macht und macht einen ſolchen tiefen Eindruck auf das Gemüt, als der erſte Frühlingsgruß des Blauvogels, die erſte Lenzesbot— ſchaft des Singſperlings und des Robin. Wie ſchwelgt das Herz in Wonne und Glückſeligkeit, wenn im Süden der feierliche Geſang der Spottdroſſel durch die ſtille, mit dem köſtlichſten Blumenduft erfüllte Nacht hallt! Von jeher iſt darum auch der wahrhaft gemüt— volle Menſch wahrer Freund und Beſchützer der gefiederten Sänger geweſen. Sie zu verfolgen und zu töten iſt ein Zeichen niederer Geſinnung, Gemüts— loſigkeit und Roheit. — Nicht unſere gefiederten Wald-, Feld- und Wieſenbewohner ſind es in erſter Reihe, welchen des Menſchen höchſte Liebe und Freundſchaft zu teil wird, ſondern diejenigen haben für ihn den meiſten Wert und bereiten ihm die größte Freude, welche ſeine Gaſtfreundſchaft beanſpruchen und ihn durch ihre Lieder in der Nähe ſeiner Wohnung während der ſchönſten Zeit des Jahres erfreuen. Keine unſerer Singvögel ſind im Norden ſo beliebt wie der Robin, die Katzendroſſel, der Hütteuſänger, Singſperling, Baltimore-Oriol und die Martinſchwalbe, keine er— freuen ſich in den ſüdlichen Gärten eines ſolchen Wohlwollens, wie Spottdroſſel, Kardinal, Farbenfink Der blaue Kerubeißer. (Nonpareil) und der ſchöne blaue Kernbeißer, ein Vogel, mit dem ich den freundlichen Leſer etwas genauer bekannt machen möchte. 417 Audubon beſchreibt ihn als einen ſcheuen, in ſumpfigen, unzugänglichen Gegenden lebenden Vogel; die nachfolgende Schilderung wird dagegen zeigen, daß dieſer Kernbeißer einer der gewöhnlichſten und zahl— reichſten Bewohner der größeren ſüdlichen Gärten iſt. Der blaue Kerubeißer oder der blaue Biſchof iſt eine der prächtigſten Erſcheinungen der ſüdlichen Ornis. Das Männchen zeichnet ſich durch glänzende, tief indigoblaue Färbung aus, welche auf Rücken und Schwanz am dunkelſten iſt. Das Haupt— keunzeichen iſt ein kleiner rötlichbrauner, ins Auge fallender Fleck am Flügelbuge. Das Weibchen iſt einfach hellbräunlich, am dunkelſten auf der Bruſt; der Schwanz zeigt im Sonnenſchein einen leichten bläulichen Anflug. Beide Geſchlechter haben große Ahnlichkeit mit dem Indigofinken, uur iſt letzterer bedeutend kleiner, und fehlt dem Männchen auch der braune Flügelfleck. In Texas gehört dieſer ſchöne Kernbeißer zu den gewöhnlichen, wenngleich nicht häufigen Vögeln, und ich hatte dort die beſte Gelegenheit, mit ihm genauer bekannt zu werden. Es war am 22. April 1879, als ich den erſten Biſchof in der Nähe des Ortchens Serbin (in Lee County) auf einer Umzäunung ſitzen ſah. Er war durchaus nicht ſcheu, ließ ſich leicht beobachten und verſchwand erſt, niedrig über dem Boden dahinfliegend, in einem Brombeerendickicht mehr feldeinwärts, als ich mich ihm auf mehrere Schritte genähert hatte. Zu Ende des genannten und anfangs des nächſten Monats hielt ich mich am Spring Creek, nördlich von Houſton, im ſüdöſtlichen Texas auf. Die Farmen dort liegen noch in der höheren Prärie, ziehen ſich aber am Walde hin und ſind ſtets eingezäunt. An dieſen Zäunen oder Riegel— fenzen, namentlich in den Ecken derſelben, ſtehen gewöhnlich, dichte Brombeerbüſche und Saſſafras— ſträucher, und ſolche finden ſich auch zahlreich in Vieh— weiden, am Waldrande und auf nicht kulturfähigen Stellen der Baumwollen- und Maisfelder. Dickichte bilden nicht nur den Lieblingsaufenthalt zahlreicher Kardinäle, Nonpareils und vieler anderer Vögel, fie ſind auch die eigentliche Heimat unſeres ſchönen blauen Kernbeißers. Die in der Nähe umher— ſtehenden, üppig wuchernden Kakteen, Palmenlilien ), die mit Lianen, namentlich mit der Trompetenliane?), Stechwinden ?) und wildem Wein überrankten Bäume und Büſche bieten ihm Nahrung und Schutz in reichem Maße. Dieſe 1) Yucca. 2) Tecoma radicans. 3) Smilax. 418 Der blaue Kernbeißer. Im Jahre 1889 fand ich in dieſer Gegend auch das erſte Neſt. Es ſtand nur drei Schritte von einem häufig benutzten Fahrwege der Landſtraße, in einem ſehr ſtacheligen Brombeerbuſche, etwa zwei Fuß vom Boden und war ſo verſteckt im dichten Blätterwerk verborgen, daß man es nur ſehen konnte, wenn man die Blätterbüſchel etwas zur Seite bog. Dieſes Neſt war ein ſehr ſchöner, feſter Bau und ganz anders, als ich es nach den geleſenen Beſchreibungen erwartet hatte. Die Außenſeite beſtand aus ziemlich breiten, langen Maisblättern, welche mit langen, feinen Wurzeln, großen Stücken Schlangenhaut und kleinen trockenen Blättern gemiſcht waren. Den Rand bildeten faſt nur Blütenkätzchen der Eiche, welche mit Spinnen- und Raupenneſtern haltbar gemacht waren; auch etwas Baumwolle fand ſich in der Außenwandung. hellbraunen Wurzeln glatt ausgelegt. Die drei ſchon etwas bebrüteten Eier waren einfarbig bläulichweiß. Alle ſpäter in dieſer Gegend gefundenen Neſter ſtanden an ähnlichen Ortlichkeiten und auch immer in der Nähe menſchlicher Wohnungen. Einige Neſter ent— hielten auch etwas Papier, Fäden, Läppchen, und im Inneren lagen oft einige Pferdehaare. Die Zahl der Eier betrug faſt immer vier. Da die Vögel meiſt in Das Innere war mit feinen den ſtark bewehrten Brombeerdickichten leben, jo lounte ich keine beſonderen Beobachtungen über die Lebens- weiſe und andere Eigentümlichkeiten machen. Dies ſollte mir etwa hundert Meilen weiter weſtlich, an der Weſt⸗Yegua, in Lee County, und im ſüdweſtlichen Miſſouri um ſo beſſer gelingen. Schon zur Zeit meiner Überſiedelung im Jahre 1881 fand ich zahlreiche Neſter in den Pfirſichgärten, aber alle enthielten bereits Junge, aus anderen war | die Brut ſchon ausgeflogen. Dieſe Neſter ſtanden von drei bis zwölf Fuß vom Boden und waren der Unter— lage nach meiſt aus feinen Pflanzenſtengeln, Pflan— zenriſpen, Läppchen, Spinnengeweben und anderen Stofſen gebaut und immer mit feinen Wurzeln aus— gelegt. Im folgenden Jahre machte mich ein ſich für meine Studien beſonders intereſſierender Landmann darauf aufmerkſam, daß die blauen Kernbeißer in ſeinem Pfirſichgarten beſonders zahlreich ſeien. Als ich mich daun am 13. Mai dorthin begab, zeigte er mir ein ſchönes Neſt, welches äußerſt geſchickt in einen Wurzelſchößling eines Pfirſichbaumes, nur etwa ſechs Zoll über dem Boden gebaut war. Rings umher ſtand dichtes hohes Unkraut, welches das Neſt gänzlich den Blicken entzog. Das Gelege beſtand aus vier Eiern, von denen täglich eins gelegt worden war. | — delrll. —— — a Dies Neſt war ein hochſt eigentümlicher, künſtlicher, ſehr ſchöner, äußerlich aus breiten, dünnen Pflanzen— blättern von Mais, einigen dünnen Stengeln und einer Menge Schlangenhaut hergeſtellter Bau. Es war an der Außenſeite dicht mit dunkelroſtbraunen Raupen— neſtern bekleidet, ſodaß es einen höchſt eigenartigen Aublick gewährte. Junen war es mit feinen Wurzeln ausgelegt. Die Vögel ließen ſich nicht in der Nähe des Neſtes ſehen. Einige Tage ſpäter fand ich ein anderes Net in einer ſehr veräſtelten Schwarzeiche, etwa zwölf Fuß vom Boden. Dieſer in einer hori— zontalen Aſtgabel ſtehende, halb hängende Bau war von unten und oben durch Blätter geſchützt, ſodaß ich ihn nur durch Zufall entdeckte. Er beſtand zum größten Teil aus Hüllenblättern von Maiskolben und elaſtiſchen Pflanzeuſtengeln, welche durch Spinnen— gewebe feſt aneinander hafteten. Innen war es mit feinen Maisblättern und Hälmchen ausgelegt. Ein weiteres Neſt entdeckte ich am Waldrande, ganz in der Nähe der Weſt-Hegua. Es ſtand in dem herabhän— genden Aſt einer Pfoſteneiche und weitab vom Stamme, war gut verborgen und für mich unerreichbar. Ich fand dann noch zahlreiche Neſter, aber alle in der Nähe menſchlicher Wohnungen; eins ſtand ſogar kaum fünf Schritt von einem Hauſe in einem Apfel— baume. Faſt alle Neſter enthielten vier Eier, nur einige drei, kein einziges fünf Stück. Die Zahl der in Pfirſichgärten oder ſonſt in menſchlicher Nähe gefundenen Neſter betrug im Jahre 1882 etwa fünf- undzwanzig. Die Landleute lieben den prachtvollen Vogel ſo, daß ſie nicht leiden, daß man ihn irgendwie ſtört. Die Neſter haben im allgemeinen große Ahn— lichkeit mit denen des Papſtfinken, nur ſind ſie bedeu— tend größer. Auch im ſüdweſtlichen Miſſouri brütet er zahlreich in Gärten. Die Neſter ſind wenig von den beſchriebenen verſchieden. Sie ſtehen hier meiſt in dichten Schneebeerenbüſchen, in Jasminſträu— chern“), Heckenkirſchen, japaniſchen Quittenſträuchern, auf Apfel- und Birnbäumen u. ſ. f. In der Nähe des Neſtes führt der blaue Kern— beißer ein ſo verſtecktes Leben, daß man ihn kaum gewahr wird. Weniger ſcheu iſt er da, wo er den Menſchen als Freund und Beſchützer kennen gelernt hat. Sehr früh am Morgen, oft ſchon vor Sonnen— aufgang, iſt das Weibchen eifrig damit beſchäftigt, Niſtſtoffe herbeizuſchaffen. Das Weibchen zeitigt ohne Beihülfe des Männchens die Eier, wird aber gelegent— lich von letzterem mit Nahrung verſorgt. Wenn man 1) Philudelphus coronarius. Be se) D leiſen Warnungsruf des in der Nähe fich aufhaltenden Männchens vernehmen. Das brütende Weibchen ſitzt in der Regel ſo feſt auf dem Gelege, daß es oft erſt ab fliegt, nachdem man die Hand nach ihm ausgeſtreckt hat. Ohne irgend welche Augſtrufe auszuſtoßen, fliegt es etwas geräuſchvoll dicht über dem Boden dahin und verbirgt ſich im nahen Dickicht. Die unſcheinbare Färbung entzieht es in der Regel den Blicken, während man das auffallend gefärbte Männchen bald bemerkt; aber auch letzteres iſt meiſt immer beſtrebt, ſich im dichteſten Pflanzengewirr aller Beobachtung zu ent ziehen. Das Pärchen hält treu zuſammen, und bald nachdem das Weibchen das Neſt verlaſſen und in irgend einem Dickicht Schutz gefunden hat, lockt es auch durch ein ziemlich lautes, metalliſch klingendes „Tſchuck, tſchuck“ das Männchen oder dieſes jenes herbei. Lockruf des Bobolink. Friſch, überaus ſprudelnd und lieblich begrüßt der Geſang des blauen Kerunbeißers das Tagesgeſtirn, um bald nach Sonnenaufgang zu verſtummen. Sel— ten vernimmt man ihn, wenn die Sonne am Mittags— himmel ſteht, und erſt, wenn ſich der Tag ſeinem Ende naht, ertönt derſelbe wieder lieblich durch die laue, mit Blumenduft erfüllte Abendluft. Gewöhnlich ſitzt er Dieſer Ruf hat große Ahnlichkeit mit dem Der blaue Kernbeißer. dabei in der Spitze eines Buſches, eines kleinen Bäumchens, auf Pfählen, Telegrapheupfoſten und drähten, doch erſchallt das Lied nicht ſelten auch aus dem Innern eines gebüſchreichen, ſicheren Verſteckes. Wenn man dem Geſange in ſeiner ganzen Fülle und Schönheit lauſchen will, dann muß man ſchon beim erſten Morgengrauen hinausgehen in ſein Wohn- gebiet. Man wird daun kaum müde, das zwar kurze, aber doch ſehr wechſelreiche, reine, melodiſche, etwas | metalliſch klingende Lied des Biſchofs zu hören. Das ganze Gepräge, die Klangfarbe des Geſanges hat etwas unbeſchreiblich Wohlthuendes, Eigentümliches. Manche Beobachter wollen eine Ähnlichkeit des Ge— janges mit dem des Indigofinken oder ſelbſt des Bobolink bemerkt haben; nach meinen Erfahrungen hat er weder mit dieſem noch mit jenem auch nur eine entfernte Ahnlichkeit. haben, der den Geſaug mit dem des Hausfinken vergleicht. Nach meiner Meinung ähnelt er dem Liede des Purpurgimpels. Der einfache Geſang klingt etwa wie „Tſchi-tſchi-woid-tſchi-tſchi“, wird aber jo mannigfaltig abgeändert, vertönt und ſprudelnd wie— dergegeben, daß man ſich durch dieſe Silben keinen Begriff von demſelben machen kann. Der Abend— Eher dürfte Cooper recht 419 geſang klingt etwas langgezogen und wehmütiger. Am eifrigſten hört man das Lied kurz vor oder wäh— rend der Brutzeit. Sobald das Männchen fich mit an der Aufzucht der Jungen beteiligt, hört man es immer feltener. Der blaue Kernbeißer iſt ein ſehr friedfertiger Vogel, der nur ſelten mit ſeinesgleichen in Kampf gerät. Das einmal erwählte Brutgebiet behauptet er freilich tapfer gegen Eindringlinge ſeiner Art. Eifer— ſüchtig vertreibt er jedes andere Männchen, welches ſich in ſeinem Bezirk ſehen oder hören läßt. Doch iſt das Brutgebiet eines jeden Pärchens nur klein, ſodaß oft mehrere Pärchen in einem Garten brüten. So fand ich in einem etwa zwei Acker großen Pfirſichgarten vier brütende Pärchen. Der Papſtfink niſtet oft in unmittelbarer Nähe des Biſchofs und auch der Garten— oriol hat ſein Neſt manchmal auf demſelben Baume angelegt. Seine Nahrung beſteht im Frühling und Sommer meiſt aus ſehr verſchiedenen Juſekten, und mit ſolchen werden auch faſt ausſchließlich die Jungen aufgefüttert. Dann erhalten die letzteren auch mancherlei Beeren, welche namentlich das Mäunchen herbeiſchafft, während das Weibchen ſich oft noch zu einer zweiten Brut anſchickt. Später ſchlagen ſich Alte und Junge zu kleinen, ſehr loſen Geſellſchaften zuſammen, durch— ſtreichen die Dickichte der Felder und Waldränder, leben jetzt zum Teil auch von allerlei Geſäme und ziehen endlich im Oktober ſüdlich in ihre Winter— herberge, als welche man verſchiedene Staaten des ſüdlichen Mexico, Yucatan, Coſta Rica, Guatemala und Cuba anzuſehen hat. Sein Aufenthalt im Brutgebiete und auch in der Winterherberge ſind immer niedrige Gebüſche, Dickichte, Obſtgärten und Zierſträucher. Das Innere des Waldes meidet er ebenſowohh als ſumpfige Flächen und unfrüchtbare, waſſerarme Gebirgsgegenden. Sehr gerne ſiedelt er ſich in der Nähe fließenden Waſſers an. Sein Flug von Gebüſch zu Gebüſch iſt niedrig, aber ziemlich ſchnell. Auf dem Boden, wo er den größten Teil feiner Nahrung ſuchen muß, benimmt er ſich ziemlich unbeholfen, hüpft in großen Sätzen von einem Sitzplatz zum andern, verweilt hier eine Zeitlang, bis er ihn abgeſucht hat und hüpft dann nach einer anderen Stelle. Im Gezweig der Bäume und in den Büſchen, ſelbſt im verſchlungenſten Dickicht bewegt er ſich ſchnell und gewandt. Sehr gern ſetzt er ſich in die Spitzen niedriger Büſche, wo er ſich auf— und niederſchaukelt. Im jüdöftlichen Texas erſcheint er ſelten vor 420 Der blaue Kernbeißer. dem 20. April, im ſüdweſtlichen Miſſouri nicht vor dem 9. Mai. — Eigentümlich iſt das ſcheue, zurück— gezogene Weſen dieſes Vogels und andererſeits auch die Zutraulichkeit, mit welcher er ſich während der Brutzeit dem Menſchen nähert. Klug und auf alles um ihn Vorgehende aufmerkſam, weiß er ſich ſchnell und geſchickt zu verbergen, kommt auch nicht eher wieder zum Vorſchein, als bis die Gefahr vorüber iſt. Da, wo man ihn ſchützt oder doch nicht behelligt, wird er bald ſehr zutraulich, läßt aber dabei nie eine gewiſſe Vorſicht außer acht. Er iſt darum auch nicht leicht zu fangen und geht ſelbſt in einen Fallenkäfig mit Lock— vogel ſchwer. Dieſer herrliche Vogel würde im Süden noch viel zahlreicher ſein, wenn nicht Hühner— und Baumſchlangen ſo außerordentlich viele Bruten vernichteten. Da ſchützt ihn auch die Nähe des Menſchen nicht vor Beraubung, und nur wenn man Blech dachartig um den Baum nagelt oder ein dickes Haarſeil um den Stamm windet, können dieſe gewandten widerlichen Reptile nicht zum Neſte gelan- langen. Zu den Hauptfeinden gehören auch die in Texas und Miſſouri ſo überaus häufigen, zu halben Haustieren gewordenen Blauheher (Blue Jays), welche die Eier und Jungen aus den Neſtern rauben. Die Heimat des blauen Kernbeißers erſtreckt ſich über die ſüdatlantiſchen und Golfſtaaten nördlich bis Pennſylvanien, Kentucky, Miſſouri und Kanſas. Eine größere hellere Form mit größeren und matteren braunen Flügelflecken findet ſich im weſtlichen Gebiete der Union, nördlich bis Colorado und Californien, ſüdlich bis ins Junere Mexicos. Eine dunkelblauere Varietät (G. exrulea conerea RIDG WAY) lebt im ſüdlichen Mexico, Guatemala, Centralamerika u. ſ. f. Für die Gefangenſchaft eignet ſich der blaue Kernbeißer ganz vorzüglich, gewöhnt ſich ſchnell ein, zeigt ſich ſehr ausdauernd, verlangt aber ein ziemlich abwechſelndes Futter. Ein Gemiſch aus unenthülſtem Reis, Kanarienſamen, Hirſe, Sonnenblumenkernen, etwas Hafer und einigen Körnern Hanf iſt ihm am zuträglichſten. Als Zukoſt reicht man Fliegen, Pfir— ſiche, Apfel- und Birnenſtücke, verſchiedene Beeren und täglich einige Mehlwürmer. Man hält ihn vor- züglich ſeiner prächtigen Färbung wegen im Käfig und ſieht erſt in zweiter Linie auf den Geſang. In den Vogelhandlungen Chicagos ſah ich ihn nie, da— gegen hatten die Händler an der Chatres-Straße in New Orleans einzelne Exemplare. Die zahlreichen franzöſiſchen Kreolen der Halbmondſtadt ſollen beſon— dere Liebhaber dieſer Vögel ſein. Sie nennen ihn „Le Grosbee ou Evéque bleu“ oder auch „Blue Pop“. Von hieraus ſind auch die erſten ſchon im vorigen Jahrhundert nach Frankreich gelangt. Au— dubon nahm einen ſehr gelehrigen Biſchof mit nach Edinburgh, und Bachmann hielt mehrere in ſeinem Vogelhauſe in Charleston, S. C.; ein Pärchen der- ſelben paarte ſich ab und nahm Beſitz von einem Kardinalneſt, in welches zwei Eier gelegt, aber durch Unfall zerſtört wurden. Ein in Südamerika lebender, namentlich in Braſilien zahlreicher Verwandter, der dunkelblaue Biſchof (Guiraca eyanca Scrar.), hat bei Dr. Ruß mit Erfolg geniſtet; es dürfte deshalb auch bei dieſer Art nicht ſchwer ſein, ſie bei angemeſſener Pflege in der Gefangenſchaft zur Fortpflanzung zu bringen. f Namen: Blauer Kernbeißer, blauer Biſchof. Blue Grosbeak, Blue Pop. Wiſſenſchaftliche Namen: Loxia cœrulea Linnzus (1758). — Guiraca chrulea Swainson (1827). — Gonio- phza czerulea Selnt. (1856). Beſchreibung: Glänzend indigoblau; dunkler auf dem Rücken; Federn an der Schnabelwurzel, Ohrengegend und Schwanzfedern ſchwarz; zwei Flügelbinden und auffallender Fleck am Flügelbug ſehr ſchön rötlich- oder kaſtanienbraun. Weibchen oberſeits gelblichbraun, un— terſeits bräunlichgelb. Länge 7.85 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 2.80 Zoll. — an unge: un 3 Indigobird. Tafel NXVII. Mir iſt, als könnte ich ſpüren Im Wald, im Dufte der Flur, Wie ſich die Kräfte rühren Der ſchaffenden Natur. 17 (ir befinden uns im ſüdweſtlichen Miſſouri. Es iſt ein prächtiger Maitag und die ſanfte, reine, erfriſchende Luft iſt mit dem köſtlichen Dufte blühender wilder Weinreben erfüllt. Wald viel weniger ſchön und intereſſant iſt, als in vielen anderen Gegenden des Landes — bilden doch verworrene unſchöne Schwarzeichen den Hauptbeſtand— teil desſelben — ſo iſt dagegen die Prärie ſehr blumenreich und der Waldesſaum mit einem Wall von verſchiedenem Buſchwerk eingefaßt. In den 0 Wenn auch der Randgebüſchen ſchwärmt es thatſächlich von kleinen Vögeln. Wir hören die Katzen- und Braundroſſel, den Schwätzer und Grundrötel, den Kardinal und Waldfinken, den Prärievireo und den blauen Kern— beißer ihre ſchönſten Weiſen ſingen. Es iſt dies ein Vogelkonzert, wie man es in den Nordſtaaten nie zu hören Gelegenheit hat. Der helle, ſehr wohl— klingende Schlag eines Vogels ertönt in dieſen buſch— reichen, halbwilden Ortlichkeiten ſo häufig, daß wir uns näher nach ihm umſehen. Die Sänger ſitzen in den höchſten Spitzen der Büſche und Bäume, ſpiegeln ihr tiefblaues Gefieder im Strahle der Sonne, erheben ſich wohl auch in ihrer Begeiſterung von den Zweig— ſpitzen ſingend in die Luft, fallen aber, ſobald ſie ſich beobachtet glauben, herab ins dichte Gebüſch. kanariengroße dunkelblaue Sänger iſt der Indigo— vogel, Indigo- oder Blaufink, auch oſt kurz— weg „Indigo“ genannt. wandter, der Nonpareil, wie der Kardinal und der ihm ſehr ähnliche aber bedeutend größere blaue Kern— beißer, ſo lebt auch dieſer Prachtvogel im dichten Gebüſch der Waldränder, in Dickichten der Felder und Der Wie ſein nächſter Ver— oft auch im Ziergeſträuch der Gärten. Dorngeſtrüpp, dichte Brombeerdickichte und Schneebeerengebüſche an den Rändern der Felder bilden feinen Lieblingsaufent— halt. In Miſſouri iſt er allerwärts, wo er zuſagende Ortlichkeiten findet, ſehr zahlreich, ebenſo in Arkauſas. 2 85 Der Insigofink. Passerina cyanea GRAY. Vogel 1 und 2. Ach, mir im Buſen ringt es So dunkel mächtig auch, Da brütet's und da klingt es Bewegt vom Frühlingshauch. E. Geibel. In Illinois und Wisconſin iſt er ſtellenweiſe ein gewöhnlicher Vogel, während man ihn in anderen ganz ähnlichen Ortlichkeiten vergeblich ſucht. Im ganzen Oſten der Union kommt er mehr oder weniger zahlreich vor. Im Weſten wird er vom Lazulifinken, im Süden vom Nonpareil vertreten. Ich habe ihn noch anfangs Mai im ſüdöſtlichen Texas beobachtet, doch glaube ich nicht, daß er dort brütet. Im Sommer trifft man ihn nördlich bis Maine und dem ſüdlichen Britiſch-Amerika, weſtlich bis zu den großen Ebenen. a Obwohl der Indigovogel in vielen Gegenden der Union zu den zahlreichſten Brutvögeln zählt, gehört er doch keineswegs zu den allbekaunten, volkstümlichen Erſcheinungen. Das dunkle obwohl prächtige Indigo— blau, welchem er ſeinen Namen verdankt, läßt ihn nicht ſehr in die Augen fallen. Nur, wenn er ſich in den Strahlen der Sonne ſpiegelt, hat das Blau einen eigentümlichen weißen und grünlichen Glanz. Aller— wärts, wo unſer Vogel auch auftreten mag, benimmt er ſich ſehr vorſichtig und mißtrauiſch; da, wo er ſich nicht ganz ſicher fühlt, lebt er außerordentlich ſcheu und zurückgezogen. Daher kommt es auch, daß er ſelbſt dort, wo er zahlreich auftritt, noch wenig bekannt iſt. Wie ich ſchon erwähnte, brütet er gern im Gebüſch der Gärten, aber auch dann weiß der Meuſch in den ſeltenſten Fällen etwas von ſeinem Vorkom men. So zahlreich iſt er freilich auch längſt nicht in den Gartenanlagen, wie fein Vetter, der Papſtfink, in den ſüdlichen Gärten. Der Indigofink erſcheint im ſüdweſtlichen Miſ— ſouri gewöhnlich Ende April und anfangs Mai, im nördlichen Illinois Mitte desſelben Monats, bei gelinder Witterung auch einige Tage früher. Herr Otto Widmann in St. Louis, einer unſerer beſten Beobachter, giebt über die Ankunft dieſes Vogels bei St. Louis den folgenden kurzen 422 Der Indigofink. Bericht: „28. April erſcheint das erſte ſingende Männchen; 29. ein kleiner Flug Männchen; 30. ſingende Männchen in einzelnen Ortlichkeiten; 5. Mai die Mehrzahl der Männchen und das erſte Weibchen erſcheinen; 6. Mai lärmende durchziehende Männ- chen überall. Dieſe zwei Tage (5. und 6. Mai) erreicht die Ankunft der Männchen ihren Höhepunkt. Am 9. Mai kam die Mehrzahl junger Männchen und faſt alle Weibchen an. Am 21. Mai begann der Neſtbau. Am 31. desſelben Monats gehörten ſie zu unſeren zahlreichſten und fleißigſten Sängern.“ Von allen Seiten hört man gleich nach ſeiner Ankunft den lauten, hellen, wohlklingenden, fröhlichen und vollen Schlag erſchallen, der nur den einen Fehler hat, daß er zu kurz iſt. Er iſt dem des Papſtfinken ſo täuſchend ähnlich, daß auch ein guter Geſangskenner ihn nicht immer unterſcheiden kann. Es iſt gewiß ſchwer zu entſcheiden, welcher von den beiden Vögeln der beſte Sänger iſt. Soll das Lied ſeinen Reiz nicht verlieren, ſo muß man es inmitten der grünen Büſche ſeines Wohngebietes hören. Er iſt freilich kein großer Künſtler, aber ſeine Töne ſind ſo lieblich, daß ſie jeder— mann gerne hört. Dazu kommt noch ſeine außer— ordentliche einfache Schönheit, ſeine Lebhaftigkeit und Munterkeit und ſeine anziehenden Bewegungen. Unſer Indigovogel iſt auch allerwärts ein ebenſo gern geſehener Gaſt, wie es der Papſtfink in den Orange— gärten bei den Pflanzern des ſüdlichen Louiſiana und Florida iſt. Er iſt ein ſehr fleißiger Sänger, der vom frühen Morgen bis nach Sonnenuntergang, mit Aus- nahme der heißen Mittagszeit, ſingt. Noch Ende Juli und anfangs Auguſt ließ er im ſüdweſtlichen Miſſouri von einem Telegraphenpfoſten herab, meinem Garten gegenüber, ſeinen Geſang fleißig erſchallen. Nur wenige Vögel ſangen um dieſe Zeit noch. Die Natur ſchien jetzt wie ausgeſtorben. Nur die blühen- den herrlichen Goldband- ), Pracht- ), Leichtlins⸗“) und Schönlilien ), Gladiolen, Tuberoſen, Cannas, Tritomas, Georginen u. ſ. w. erfreuten jetzt das Herz des Naturfreundes. Beim Singen ſetzt er ſich mit Vorliebe in die Spitzen eines Baumes oder Buſches, auf Pfoſten, Telegraphendrähte, ſelbſt auf Blitzableiter und Schornſteine. Merkwürdig iſt es auch, daß er nie früh am Morgen oder abends, jundern immer bei voller Sonne ſingt. Er läßt ſogar während der heißeſten Jahreszeit ſeinen Schlag am eifrigſten er- tönen. Gewöhnlich ſitzt er längere Zeit auf einer Stelle ſtill und ſingt. Blitzſchnell ſchießt er aber ins 1) Lilium auratum. 2) L. speciosum. 3) L. Leichtlinii. 4) L Maczimowiczii. nahe Buſchwerk herab, jobald er Gefahr merkt, dann ſchweigt er eine Zeitlang, aber ſobald er ſich wieder ſicher fühlt, jubelt er aus ſeinem Verſteck heraus ſeine ſchönſten Töne. Das Weibchen wird man ſelten gewahr, da es ſich im dichten, niederen Buſchwerk, nie hoch vom Boden, aufhält und durch ſeine bräunliche, wenig ins Auge fallende Zeichnung auch nur zu leicht dem Auge des Beobachters entgeht. Nur ſelten hört man den Lockruf, ein leiſes „Zip“, aus dem Brom— beer- und Haſelgebüſch heraustönen. Mitte Mai, im nördlichen Illinois Ende des— ſelben Monats, wählt ſich das Pärchen ſein Niſtgebiet. Das Männchen iſt ein ſehr eifriger, feuriger Kämpfer, das jedes andere ſogleich aus ſeinen Grenzen vertreibt. Gewöhnlich wird das Neſt in die Mitte eines Dickichts, mit Vorliebe in ſcharfbewehrte Brombeer- und Roſen⸗ büſche gebaut, aber auch in Haſelnuß- und Schnee— beereuſträuchern und in Schlingpflanzen wird es oft angelegt. Im ſüdweſtlichen Miſſouri werden haupt— ſächlich die ſehr dicht wachſenden Schneebeerenſträucher und die Kletterroſen!) zu Niſtplätzen erkoren, aber auch in jungen Schwarzeichen-Beſtänden fand ich es gelegentlich. Nie wählt er ſich das dunkle Innere der Wälder, ſondern mit Vorliebe deren gebüſchreiche Ränder, die Gebüſche an Zäunen und Waldfahr— dichten Zierſträucher der Gärten u. ſ. w. zur Anlage ſeines Neſtes. Nicht ſelten brüten Garten- und Heckenſänger, Buſch- und Prärievireos, Katzen- und Braundroſſeln, Schwätzer, Waldfinken, Grundrötel und andere ganz in ſeiner Nähe, oft in demſelben Dickicht. Alle von mir gefundenen Neſter waren denen des Papſtfinken ganz ähnlich, nur etwas größer. Der Bau beſteht äußerlich aus Halmen, Blättern, feinen Wurzeln, Baſtfaſern, Papierſtücken, Baumwolle, Federn, Haaren u. ſ. w. und iſt innen gewöhnlich mit feinen Würzelchen oder mit Haaren ausgelegt. Die vier bis fünf Eier ſind bläulichweiß und unge— fleckt. Das Neſt iſt gewöhnlich ſo verſteckt angelegt, daß es auch der aufmerkſame Vogelfreund und Beobachter nicht gerade oft entdeckt. Das Männchen ſingt ſelten in unmittelbarer Nähe desſelben, und das einfache Weibchen ſitzt unter dem das Neſt beſchattenden Blät— terdache ganz ſicher. Nur der Kuhvogel weiß es auf— zufinden und ſein Ei hineinzuſchmuggeln. Sonſt droht demſelben von gefiederten Räubern wenig Ge— fahr. Wenn das Weibchen das Neſt verläßt, ſo 1) Rosa setigera. | | | 1 | 1 H ! — —— TE X — —— 2 — — ———————— 2 2 Der Indigofink. geſchieht es ganz lautlos und noch ehe man in unmit— telbarer Nähe desſelben iſt. Es verſchwindet auf der entgegenſetzten Seite und eilt, nahe über dem Boden dahinhüpfend, in den Gebüſchen davon. Das Männ chen, welches ſich während des Singens meiſt in den Spitzen der Büſche aufhält, läßt bei jeder Gefahr ſofort ſeinen Warnungsruf ertönen. Sobald die Jungen erbrütet ſind, zeigt ſich das alte Pärchen ſehr beſorgt, umhüpft auch wohl ſchreiend den Eindringling. Die Eier werden in etwa zwölf Tagen vom Weibchen allein gezeitigt. Die Jungen werden ausſchließlich mit Kerb— tieren aufgefüttert und verlaſſen im Alter von zehn bis zwölf Tagen das Neſt. Sie bleiben bis zum Weg— zuge nach dem Süden mit den Alten vereinigt und halten ſich mit dieſen nur im dichteſten Gebüſch auf.“ Man hört ſie hier oft nach Futter ſchreien; ſobald aber der Warnungsruf des immer wachſamen Mäun— chens erklingt, verſtummt die hungrige Schar ſofort und dann kann das geübteſte Auge kaum einen der jungen „Indigos“ im Dickicht wahrnehmen. Sie machen in Illinois und auch im ſüdlichen Miſſouri nur eine Brut jährlich. Die Nahrung beſteht im Brutgebiete faſt aus— ſchließlich aus Inſekten, ſpäter werden auch einige Heidel- und Himbeeren verzehrt. Auch Juni-) und Holunderbeeren werden gerne gefreſſen. Der größte Teil der Nahrung, Juſekten in allen Lebenszuſtänden, wird von den Pflanzen des Wohngebietes abgeſucht, und der Boden bietet ihnen im Herbſt eine reiche Fülle von Unkrautſämereien. — Nach der Brutzeit leben ſie ſo verſteckt, daß man ſich ſchon ſehr ſorgfältig nach ihnen umſehen muß, wenn man einen finden will. — Der Flug iſt ſchnell und haſtig und führt meiſt niedrig über den Boden dahin. Während der Zugzeit erheben ſie ſich hoch in die Luft und fliegen dann in ſanften Wellenlinien ziemlich ſchnell dahin. Nachdem die Jungen die Selbſtändigkeit erlangt haben, tritt bei den Alten die Mauſer ein. Das Männchen verfärbt ſich nun ſo, daß nur noch geringe Spuren der prächtigen indigoblauen Farbe übrig bleiben; es iſt jetzt dem Weibchen ſehr ähnlich. Etwa Mitte September verlaſſen ſie die nördlichen Gegenden ihrer Heimat. Schon im Oktober werden ſie in Texas häufig; ohne jedoch lange zu verweilen, ziehen ſie ſüdlicher, bis ſie endlich in Guatemala, Coſta 1) Amelanchier Cunadensis. Rica, Cordova, Oaxaca, Cuba und andern Tropen: ländern das Ziel ihrer Reiſe, die Winterherberge erreicht haben. Ich fing den Indigovogel immer ſehr leicht mit einem im Fangkäfig untergebrachten Lockvogel bei ihrer Heimkehr aus dem Süden. Zu dieſer Zeit ſind die prachtvollen Männchen ſehr aufgeregt und eifer— ſüchtig, ſtürzen ſich mit Wut auf den vermeintlichen im Fallenkäfig befindlichen Nebenbuhler und ſind in überraſchend kurzer Zeit gefangen. Nach der Liebes— zeit im Herbſt laſſen ſie ſich auch mit einem Lockvogel nicht fangen. Die friſchgefangenen Indigofinken können ſich nur ſchwer in den Verluſt ihrer Freiheit finden. Tagelang ſtürmen ſie wild im Bauer umher, und nur durch freundliche Behandlung ſind ſie nach und nach ſo weit zu bringen, daß ſie ihre Scheu ab— legen. Von jeher iſt der Indigofink ein bevorzugter Liebling aller Vogelfreunde geweſen und ſchon im vorigen Jahrhundert kannte man ihn in Deutſchland. Jetzt wird er jährlich in großer Anzahl dort eingeführt und gehört deshalb zu den bekannteſten Stubenvögeln. „Kaum giebt es einen fremdländiſchen Stuben— vogel“, ſchreibt Dr. Ruß, „welcher als fo allbekannt und von alters her bis zur Gegenwart herab als ſo beliebt gelten darf, wie dieſer allerdings ſchöne, ein— farbig blaue, kanariengroße Fink.“ Er würde bei den deutſchen Vogelfreunden noch beliebter ſein, wenn er nicht ſo außerordentlich ſchwer in der Gefangenſchaft zum Niſten ſich anſchickte. Nur in Dr. Ruß' Vogel— ſtube iſt es geglückt, einige Bruten großzuziehen. Die Vogelhändler nennen den Vogel meiſt nur „Indigo“, während man ihn in Belgien und Frank— reich allgemein unter dem Namen Le Ministre fennt. Auf Cuba nennt man ihn Azulejo und auch Azulito. Namen: Indigofink, Indigovogel, Blauſink. Indigobird, Indigo Bunting, Blue Green Bird, Green Linnet. Linnet, Wiſſenſchaftliche Namen: Tanagra cyanea Linn. (1766). — Fringilla cyanen Wils. (1810). — Passerina cyanea Vieill. (1817). — Cyanospiza cyanea Baird (1858). Beſchreibung: Prachtvogel; ſchön indigoblau, an Kopf, Kehle und Bruſt mit ultramarinblauem Anfluge; übriges Gefieder mit grünlichem Schimmer; Ohrengegend und Kinn ſammetſchwarz. Weibchen oberſeits braun, unter— ſeits gelblichbraun. Länge 5.75 Zoll; Flügel 2.70, Schwanz 2.35 Zoll. 5 5.0, ie 0 Der Tazulifinl. Lazuli Bunting. Passerina amœna GRAY. Tafel XXXVIII. Vogel 4. V [ie alf alle zu der Sippe der Farbenfinken zählen | durchaus dem des Indigofinken. Man hält ihn in den Vögel, ſo iſt auch der Lazulifink Californien gern im Käfig und nennt ihn dort fälſch— eine ſchön gefärbte, hoch intereſſante Erſcheinung. lich oft „Indigovogel“. Ridgway, welcher ihn Während wir den Indigofinken im Norden und zahlreich in allen gebüſchreichen Gegenden Californiens Oſten, den Nonpareil im Süden unſeres Landes fand, nennt ihn das „genaue ee des Indigo— finden, müſſen wir, um den Lazulifinken kennen zu | finfen. Sowohl Allen als auch Trippe fanden lernen, den Weſten aufſuchen. Er iſt namentlich in den Lazulifinken in Colorado, wo er im Gebirge bis Californien zahlreich, verbreitet ſich von da durchs zu einer Höhe von 7000 bis 8000 Fuß vorkommt. Felſengebirge bis zu den großen Ebenen und ſüdlich Das hübſche und feſtgebaute Neſt ſteht in der bis ins Innere Mexicos. Wie weit er ſich nach Regel nur drei bis vier Fuß vom Boden und iſt meiſt Norden hin verbreitet, iſt mit Sicherheit nicht anzu- in Büſchen angelegt. Es beſteht aus feinen Wurzeln, geben, doch weiß man, daß er am Columbia, auf | Bajt, feinem Gras und iſt innen mit Pflanzenwolle Vancouver Island und in Britiſch-Columbia noch oder Haaren ausgelegt. Die vier bis fünf Eier ſind vorkommt. Auch er iſt ein ſehr ſchöner, oberſeits reinweiß und haben im friſchen Zuſtande einen leichten grünlichblauer, an der Bruſt kaſtanienbraun und am bläulichen Anflug. Bei Santa Cruz erſcheint er Bauche weiß gezeichneter Vogel, von der Größe des etwa am 12. April und am Puget Sund etwa am Indigo- und Papſtfinken. | 15. Mai. Sein Lieblingsaufenthalt find Gebüſche und Dickichte in der Nähe der Felder, auf Landſtraßen und am Saume der Wälder. Nach Cooper giebt es in Californien im Sommer kaum eine Baumpflanzung des offenen Landes, welche nicht von einem oder mehreren Pärchen dieſer prächtigen Vögel bewohnt Namen: Lazulifink. Lazuli Bunting, Lazuli Finch. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza amœna Say (1823). — Fringilla amona Aud. (1839). — Cyanospiza amceena Baird (1555). — Passerina amena Gray (1570). Beſchreibung: Oberſeite, Kopf, Kehle und Hals grünlich— wird. Obgleich das Weibchen ſehr ſcheu iſt und ſich blau; auf dem Rücken ſchwärzlich; oberer Teil der Bruſt ſchwer beobachten läßt, fingt das Männchen häufig matt kaſtanienbraun; an den Seiten ebenſo; Bauch ſein fröhliches Liedchen von der Spitze eines Baumes ae 80 e a oder Strauches herab. Nach den übereinſtimmenden und Schwanz mit bläulichem Anflug; Unterſeite weißlich. Angaben verſchiedener Beobachter ähnelt der Schlag Länge 5.50 Zoll; Flügel 2.90, Schwanz 2.60 Zoll. 2 a F. 28 2 8 AN Nr de 2 Der Anvergleichliche oder Papſtfinl. Painted Bunting; Nonpareil. Passerina ciris VIEILLOT. Tafel XXVIII. Vogel 3. enn man den Bewohner unſerer Südſtaaten blumige, immergrüne Art (Magnolia grandiflora) fragt, welches der ſchönſte Baum feiner verſteht. Und in der That, ſie iſt ein herrlicher Wälder ſei, jo wird er wohl immer antworten: die | Baum, einer der ſchönſten Bäume der Erde! In ihr Magnolie, unter welcher Bezeichnung er die groß- iſt die ganze bezaubernde Poeſie der ſüdlichen Wälder tv PASSERINA CYANEA Vieill.& I * * * . PASSERINA CIRIS Vieill. . PASSERINA AMOENA Gray. . GUIRACA CAERULEA Swains. XXVI INDIGOFINK. * e LAZULIFINK. BLAUER KERNBEISSER. Indigobird. * Painted Bunting. Lazuli Finch. Blue Grosbeak. N mr verkörpert. Schau fie nur an, lieber Leſer, wenn fie in voller Blüte ſteht. Du kannſt fie am unteren Laufe des „Vaters der Ströme“, des Miſſiſſippi, in ihrer ganzen Pracht ſchauen, wenn du Ende April auf einem jener mit dem größten Luxus ausgeſtatteten Dampfer dich der Halbmoudſtadt, New Orleans, naheſt. An den Ufern des St. Johns, in Florida, wirſt du nicht nur die im dunkeln Laube glühenden Goldorangen und die hohen Kronen der dort ein— heimiſchen Fächerpalmen, ſondern vor allem auch die prachtvollen Magnolienwälder bewundern. Man kann ſie getroſt den ſchönſten Baum der Vereinigten Staaten nennen, denn ſie beſitzt alle Eigenſchaften, welche ſie zu dieſer Bezeichnung berechtigen. Der Wuchs iſt überaus ſchön und ſtattlich, die Blätter ſind Der Papſtfink. 425 Gardeuien, der Olivenſtrauch, die Granatäpfelbüſche, verſchiedene Palmen und Amaryllis ſind uns alte Bekannte der nördlichen Gewächs- und Treibhäuſer, und auch die Theeroſen, welche den ganzen Garten durchduften, die Hibiskusſträucher, die neuſeeländiſchen Myrtaceen (Callistemon, Melaleuca, Metrosideros ꝛc.) ſind uns bekannt. Unter den ſchirmförmigen China— bäumen!) und Lebenseichen haben wir ſchon oft vor den heißen Sonnenſtrahlen kühlen Schatten und Ruhe gefunden. Uns fällt ein ziemlich üppiger, dichter, mit viel mehr langen als breiten lederartigen immergrünen groß, dick und glänzend immergrün, die Blüten find | ſehr groß (acht bis neun Zoll im Durchmeſſer), zart wachsweiß und hauchen einen köſtlichen Wohlgeruch aus. Im Herbſt zieren die in Zapfen ſitzenden roten, ſehr aromatiſch duftenden Früchte ebenfalls. In der Regel im feuchten Walde und an den Ufern der Flüſſe und Bäche wachſend, hat man dieſen herrlichen Baum jetzt allerwärts in den ſüdlichen Gärten als Zierbaum angepflanzt. Wenn ſich Ende April und anfangs Mai die weißen Blüten öffnen und die Luft mit dem herrlichſten Dufte erfüllen, wenn Hunderte nördlich ziehender Waldſänger ſich im Gezweig dieſer Bäume zu Schaffen machen, wenn Kardinal und Spottdroſſel ihre Jubellieder in ihr ſingen und Kolibris vor den Blüten hin und her ſchwirren, dann bleibt der Natur— freund entzückt und bewundernd ſtehen. — Doch ſie iſt nicht der einzige ſchöne immergrüne Baum der ſüdlichen Wälder. Die Silbermagnolie!) iſt hier ebenfalls häufig. Sie iſt kleiner, die Blätter ſind unanſehnlicher, aber die tulpengroßen, taſſenförmigen weißen Blüten ſind noch wohlriechender. Zu den prunkenden Bäumen der ſüdlichen Wälder gehört vor allem auch die prächtige Gordonie (Loblolly Bay) und die Stechpalme oder Hülſe (Holly) ?), welche namentlich im Winter, wenn die meiſten Bäume um ſie her ihr Laub verloren haben, durch ihren dichten Wuchs, ihre dunkel-immergrünen ſtacheligen Blätter und ihre glänzend ſcharlachroten Beeren ins Auge fällt. Der Anisſtrauch s), der Süßblattbaum“) und viele andere immergrüne Sträucher, Bäume und Kletterpflanzen der Wälder fallen uns während der Blütezeit der Magnolie auf. Doch werfen wir noch einen Blick in die Gärten. Die Orangen, Oleander, 1) Magnolia glauca. 2) Ilex opaca. 3) Illicum Floridanum u. | I. purviflorum. 4) Symplocus tinctoria. Blättern geſchmückter Strauch auf, deſſen kaum ſicht— bare, kleine braune, beſcheiden im Laubwerk verſteckte zahlreiche Blüten den ganzen Garten mit dem köſtlich— ſten Wohlgeruche erfüllen. Es iſt dies ebenfalls eine Magnolie, die Bananenmagnolie oder der Bananen— ſtrauch?), den man aus China zu uns gebracht hat. Noch verſchiedene andere immergrüne Sträucher fallen durch ihre Schönheit ins Auge, ſo nament— lich der mexikaniſche, mit wohlriechenden weißen Blüten geſchmückte Kleeblattſtrauch“) und der indiſche Roſenlorbeer?). Wollten wir des üppig wuchern— den Pampasgraſes, der Kamelien, der verſchiedenen Jasminarten, der rieſig entwickelten Hakenlilien (Orinum) und der vielen anderen, ſelten oder nie in nördlichen Gewächshäuſern anzutreffenden ſchönen Pflanzen der Gärten der Golfregionen gedenken, ſo würde dies hier mehrere Seiten füllen. Nur einen kleinen unvollſtändigen Umriß des tropiſchen Pflan— zenreichtums der ſüdlichen Wälder und Gärten wollte ich geben. Die ſüdlichen Gartenanlagen, Wälder und Wald— ränder erſcheinen uns aber noch reizender und poeſie— voller durch die zahlreichen Vögel, welche ſie beleben. Die Spottdroſſel darf in ihnen nicht fehlen. Ihr herrlicher Geſang erklingt Tag und Nacht in den duftenden, blühenden Magnolien und Theeroſen, in den Zier- und Obſtbäumen der Gärten. Der präch— tige rote Kardinal und der blaue Kernbeißer zieren ebenſowohl durch ihre Farbenpracht, wie durch ihren ſchönen Geſang. Der ſchönſte unter den Gartenvögeln des Südens, der ſchönſte aller unſerer Finken, ja man kann wohl ſagen aller unſerer Vögel überhaupt, iſt der Para— diesfink, Papſtfink oder Nonpareil, den man auch den Un vergleichlichen, Schmetter lings-, Pracht-, Farben- und Sonuenfinf genannt hat. Man ſchaue nur einmal jenes in der 1) Melia Azederach. 2) Magnolia fuscata. 3) Choisya teruata. I) Tabernemontaua coronaria, 54. 426 Der Papſtfink. Spitze eines blühenden Orangenbaumes ſitzende ausgefärbte Mäunchen an! Wie ſchillert das präch— tige Kobaltblau des Kopfes, wie glitzert das lebhafte Zinnoberrot in den Strahlen der aufgehenden Sonne, und wie ſticht es ab gegen das glänzende Grün auf Rücken, Flügeln und Schwanz! Man kann ſich die Überraſchung der Franzoſen, welche ſich am unteren Miſſiſſippi niederließen, denken, als ſie dieſen herr— lichen Vogel hier zuerſt ſahen. Sie nannten ihn darum auch Nonpareil (den Unvergleichlichen); ſpäter— hin bezeichneten ſie ihn auch mit dem Namen Le Pape (der Papſt), während ihn die ſchon dort anſäſſigen Spanier unter dem Namen Maripoſa (Schmetterling) kannten. Proſaiſcher, aber doch nicht ganz ſo pro— ſaiſch wie gewöhnlich, klingt der engliſche Name unſeres Vogels; man nennt ihn gewöhnlich Painted Finch oder Painted Bunting (gemalter Fink). Die Heimat des Unvergleichlichen ſind die Süd— ſtaaten, beſonders diejenigen, welche vom mexikaniſchen Golf beſpült werden; aber auch in denen der Küſte des Atlantiſchen Ozeans, in Georgia und Süd-Caro— lina, findet er ſich zahlreich, iſt jedoch ſchon im nörd— lichen Teile des letztgenannten Staates eine Seltenheit. Wie weit er im Miſſiſſippi-Thale nach Norden hin Brutvogel iſt, weiß ich mit Sicherheit nicht anzugeben. Thatſache iſt es, daß Ridgway einen einzelnen im ſüdlichen Illinois gefunden hat. Nach neueren Beob— achtungen iſt er bei Caddo im Indianer-Territorium ein zahlreicher Brutvogel und ebenfalls in Comanche County im ſüdlichen Kanſas. Aus Erfahrung kann ich berichten, daß er in Louiſiana und im ſüdöſtlichen Texas, weſtlich bis San Antonio und Auſtin, ein ſehr zahlreicher Brutvogel iſt. Im ſüdlichen Louiſiana, wo die erſten Anſiedler, die alten Franzoſen, einſt herrliche Plantagen angelegt haben, wo die dunkel— belaubten immergrünen Orangenbäume während des ganzen Jahres, hauptſächlich aber zur Zeit der Blüte und anfangs des Winters, ſolchen Anweſen den ſchön— ſten Schmuck verleihen, wo Palmen ihre luftigen Kronen erheben und Bananen, Granatbüſche und eine Menge anderes halbtropiſches Geſträuch die Gärten ſchmückt, da findet ſich der Papſtfink häufig. Auch in den Cherokeeroſen, mit welchen Zuckerrohr— und Baumwollenfelder eingezäunt ſind, ſowie in den Brombeerhecken und in den aus immergrünem Gebüſch beſtehenden Rändern der Cypreſſenſümpfe fehlte er nicht. Im ſüdöſtlichen Texas, in der Umgegend von Houſton, ſah ich ihn am häufigſten in den Brombeer— gebüſchen der Felder, an gebüſchreichen Waldesſäumen und in den inſelartigen Baum- und Geſträuchgruppen der Prärie. In der Stadt ſelbſt zeigte er ſich regel— mäßig, wo Orangenbäume, Granatſträucher, Kletter— und Bankſiaroſen, Bäume und Ziergeſträuch in Menge vorhanden war. Am zahlreichſten jedoch traf ich ihn etwa hundert Meilen weſtlich von Houſton, an der Weſt-Yegua in Lee County. Er fehlte hier keinem Waldſaume, keinem Dickicht, keinem Pfirſichgarten. An trockenen, waſſerarmen Örtlichfeiten, ſowie im Innern der Wälder und Sümpfe hält er ſich nicht auf. Allerwärts aber, wo er auch vorkommen mag, bevorzugt er die Nähe des Menſchen. In der Gegend des Rio Grande ſcheint er nicht zahlreich zu ſein. Er erſcheint aus ſeiner Winterherberge zu einer Zeit, wenn Bäume und Büſche ſchon ſeit etlichen Wochen im friſchen grünen Gewande prangen, zu einer Zeit, da ſchon viele andere Vögel die erſte Brut ausgebracht haben, etwa Ende März oder anfangs April. Mitte desſelben Monats ſind auch die letzten Nachzügler angekommen, und dann erſchallt der helle Geſang aus allen Richtungen. Die Männchen kom— men einige Tage früher an als die Weibchen. Ge— wöhnlich iſt um dieſe Zeit die ganze Prärie und ſelbſt der ſo öde, einförmige Pfoſteneichenwald wie mit einem bunten Teppich bedeckt. Tauſende der ſchönſten Blu— men ſchmücken den ſandigen Boden, meiſt jede Art für ſich gruppenweiſe beiſammen ſtehend. Die Palmen— lilien oder Yuccas erheben ihre mit zahlreichen weißen, glockenförmigen Blumen geſchmückte Blütenſchafte drei bis zehn Fuß empor, rote Erythrinen leuchten ſchon von weitem dem Beobachter entgegen. Der Boden iſt weit und breit mit unzähligen in verſchiedenen Schat— tierungen blühenden Flammenblumen (namentlich Phlox Drummondü) und die unfruchtbarſten Sand: blößen mit Gaillardien, Calliopſis, Ritterſpornen und Lupinen üppig beſtanden. Bald nach ſeiner Ankunft iſt der Nonpareil einer der lauteſten und kampfesmutigſten Vögel, er iſt aber doch überaus vorſichtig, ſodaß man ihn viel häufiger hört, als zu Geſicht bekommt. Schlau weiß er ſich im Gewirr der Aſte, im verſchlungenſten Reben— gewinde, im Juneren der faſt undurchdringlichen Dickichte und im ſchützenden Gelaube der Bäume und Büſche zu verbergen. Fühlt er ſich dagegen ſicher, ſo wendet er nur wenig Liſt an, ſich der Beobachtung zu entziehen; daun zeigt er ſich oft frei in den Spitzen der Zierſträucher, auf einer Magnolie, im Wipfel eines Orangenbaumes und ſelbſt gelegentlich einmal auf der Spitze des Daches oder auf dem Schornſtein. Hier fällt der prächtige Vogel freilich ſofort in die Augen und bietet in dieſer Umgebung ein überaus — — liebliches Bild. wärts liebt und bevorzugt! Vor einem Käfigvogel dieſer Art, deſſen Farben auch im günſtigſten Falle verbleichen, mindeſtens nicht mehr ſo glänzend ſind, zeichnet ſich ein im Freien lebender Papſtfink nach allen Seiten hin aus. Bewegungen ſind ſchueller und gewandter, der Ge— ſang iſt feuriger, abwechſelnder, lieblicher, und dazu denke man ſich die ſüdliche Landſchaft, den ewig tief— blauen Himmel, die ſtrahlende Sonne und die laue, erfriſchende, vom Golf herüber wehende Luft. Nur dann wird man ſich einen rechten Begriff vom „un- vergleichlichen“ machen können. Als ich im Norden den Vogel jahrelang im Käfig hielt, glaubte ich, er ſei zwar ein ſehr ſchöner Vogel, aber der Name „Unver— gleichlicher“ ſei doch eine Übertreibung; als ich ihn aber ſpäter in der Freiheit beobachtete, erſchien mir dieſer Name als ein glücklich gewählter. An einem ſchönen Maitage kann man wohl aus einem Dutzend Kehlen ringsumher den Geſang dieſer Vögel hören. Einzelne ſitzen beim Singen ſtill inmitten eines ſchützenden Dickichts, andere haben ihren Sitz in der Spitze irgend eines kleinen Bäum— chens oder Buſches erkoren, wo ſie ihr Prachtgefieder im Strahle der Sonne ſpiegeln, noch andere treibt die Erregtheit an, ſich ſingend in die Luft zu erheben oder ſie flattern und ſchweben dabei von einem niederen Sitzplatz zu dem Wipfel eines höheren Baumes hinauf. Wieder andere, angeregt durch den Geſang der Spott— droſſel oder durch den Schlag des Kardinals, ſingen ſogar eifrig in der Nacht. Das Liedchen iſt hell, rein, ſehr melodiſch und feurig, aber kurz und wenig ab— wechſelnd. Es erinnert ganz an den Geſang des Indigofinken und wird von jedermann gerne gehört. Der Papſtfink iſt ein ſehr fleißiger Sänger, der vom frühen Morgen bis ſpät abends ſingt und ſelbſt mittags, wenn die faſt tropiſche Sonne den meiſten übrigen Vögeln Schweigen gebietet, hört man oft noch ſeine Töne. Am Waldrand, im Garten oder im Dickicht grenzt ſich jedes Pärchen ein kleines Brutgebiet ab, welches gegen jeden Eindringling ſeiner Art verteidigt wird. Blitzſchnell ſchießt das Männchen auf letzteren herab und vertreibt ihn aus ſeinen Grenzen. Mit anderen Vögeln lebt er in der Regel ſehr friedlich. Ich fand oft Neſter des Lerchenfinken, des Gartenoriol, des blauen Kernbeißers und der Spottdroſſel in der Nähe eines Papſtfinkenneſtes. Dieſe verſchiedenartigen Vögel tragen, nachdem ſie ſich einmal aneinander gewöhnt haben, gleichſam Leid und Freud’ gemein- Kein Wunder, daß man ihn aller- Das Gefieder iſt lebhafter, die Der Papſtfink. | | | | | Z 0 Blätter befeſtigt. 427 ſchaftlich. Auf den Augſtruf des einen eilen die übrigen Bewohner des Brutgebiets ſchreiend herbei, und iſt ein Feind glücklich aus dem Gebiete vertrieben, daun jubeln alle. Gegen ſeinesgleichen iſt der Papſt— fink freilich ein ſehr heftiger, eiferſüchtiger, unverträg— licher Vogel. Ich habe die Neſter in ſehr verſchiedenen Ortlich— keiten gefunden. In Louiſiana und Florida brütet er am liebſten in Oraugenhainen; in Texas zieht er Pfirfihgärten vor. Der Bau ſteht in der Regel in einer dünnen, aufrecht ſteheuden Aſtgabel. Oft ſteht noch auf demſelben Baume das beutelförmige Hänge— neſt des Gartenoriol. Zahlreiche Neſter fand ich auch am Rande des Pfoſteneichenwaldes, in den äußerſten Enden wagerechter Aſte, wo ſie halb hängend im dichteſten Laube verborgen waren. Viele waren im ſtacheligen Brombeergebüſch und in den mit furcht— baren Dornen bewaffneten Cherokeeroſen, nur wenige Fuß vom Boden angelegt, während die auf Bäumen ſtehenden fich ſieben bis zwölf Fuß vom Boden befan— den. Auch in Zierſträuchern, Lebenseichen und Mag— nolien findet man oft den Bau. Es liegen mir etwa ſechzehn ſelbſt geſammelte Neſter dieſes Vogels aus Texas vor. Dieſelben ſind verhältnismäßig kleine, ſorgfältig gebaute Kunſtwerke, die einander alle mehr oder weniger ähneln. Nur einige weichen hinſichtlich der gewählten Bauſtoffe bedeutend von den meiſten übrigen ab. Faſt alle ſtanden auf wagerechten oder horizontalen und nur einzelne in aufrechtſtehenden Aſtgabeln. Als Unterlage dienen riſpeuartige Pflan— zen, moosartige, ſehr weiche Stengel (eine Art G- phalium), alte Blätter, weiche Halme und ſehr häufig Schlangenhaut, in der Nähe der Häuſer auch Papier— ſtückchen, Läppchen, Baumwolle, Zwirn, Garn u. dgl. Alles dies iſt mit Spinnenneſtern und Raupengeweben miteinander verbunden und haltbar gemacht und mit ſolchen iſt das Neſt auch an die kleinen Zweige und Junen iſt es mit feinen braunen Wurzeln, gewöhnlich aber mit Haaren ſchön ausgelegt. Alle Neſter der erſten Brut ſind faſt gleich groß, dick— wandig, feſt und zierlich gebaut, viel haltbarer und ſchöner als die größeren loſen Neſter des nahe ver— wandten Indigofinken. Ein höchſt eigentümliches Neſt meiner Sammlung beſteht faſt ganz aus rein weißen Gänſefedern, welche mit einigen langen Haaren, etlichen Pflanzenfaſern und Spinnengeweben vermiſcht find. Junen iſt es mit feinen Faſern, namentlich aber mit Pferdehaar, ausgelegt. Dieſer Bau ſtand in der aufrecht ſtehenden Gabel eines Pfirſichbaumes, nahe der Weſt-Yegua. Ein anderes Neſt hat als 428 Der Bapitiink, Unterlage eine vollſtändige Haut der Molkaſſinſchlauge, welche turbanartig gewunden iſt; in dieſem Gewinde ſteht dann der eigentliche Bau. In der Nähe menſch— licher Wohnungen ſind die Neſter der Grundlage nach meiſt aus Papier gebaut. Sie alle ſind in der Regel jo im grünen Laube verſteckt, daß es ſchon einige Beobachtungsgabe erfordert, ſie aufzufinden. Neſter wandiger und nicht ſo glatt ausgelegt. in der Regel ein unfertiges Gepräge. Die Zahl der Eier beträgt drei bis fünf, meiſt vier. Sie find der Grundfarbe nach perlweiß, ziemlich dicht mit feinen dunkel- und hellbraunen Flecken gezeichnet, welche am dicken Ende ſehr dicht kranzartig ſtehen. Das Weibchen baut nicht nur allein das Neſt, Sie tragen ſondern es zeitigt auch ohne Mithülfe des Männchens Letzteres ſingt in der Nähe des Neſtes, hält die Eier. Wache und trägt ab und zu der brütenden Genoſſin Kerfe herzu. Während dieſer Zeit iſt das Männchen ſehr aufgeregt und verfolgt jeden anderen ſeiner Art aufs heftigſte. Jeder andere Vogel, der in unmittel— bare Nähe ſeines Neſtes kommt, wird wütend ange— griffen und verfolgt. Das Weibchen brütet ſehr feſt und läßt ſich nicht leicht verſcheuchen. Es iſt unſchwer auf dem Neſte zu fangen, und wenn es abfliegt, ſetzt es ſich ganz in der Nähe auf einen Zweig, ohne ſich ſehr ängſtlich und aufgeregt zu zeigen. Auch den Angſtruf vernimmt man nur ſelten. unſcheinbare Färbung iſt das brütende Weibchen trefflich gegen verſchiedene Feinde geſchützt. Am Auffüttern der Jungen beteiligt ſich auch das Mäun— chen ſehr rege. Namentlich ſind es Inſekten, aus nahmsweiſe auch Pflanzeuſtoffe, welche zur Atzung der Jungen dienen. Nach dem Ausfliegen übernimmt das Männchen die Führung derſelben, bis ſie ſelb— ſtändig geworden ſind. Das Weibchen ſchreitet dann oft noch zu einer zweiten Brut. Ich habe mehrmals den Verſuch gemacht, in einen Käfig geſperrte ausge— flogene Junge durch die Alten auffüttern zu laſſen, wie ich das früher in Wisconſin oft mit Goldzeiſigen gethan; ſie ließen aber aus Scheu immer ihre Sprößlinge verhungern. Ich kenne außer dem Indigofinken keinen Vogel, der ſich gleich nach feiner Ankunft, vor und während der Brutzeit jo aufgeregt, wild und kampfesmutig zeigte wie der Unvergleichliche. Das Männchen iſt dann jo raſtlos und feurig, es flattert und wippt jo eigentümlich mit dem Schwanze, ſteigt ſingend in die Luft und fliegt von einem Dickicht zum andern, daß es alle Vorſicht und ſonſtige Scheu ganz außer acht zu Durch die laſſen ſcheint. Die erſte Brut findet anfangs Mai, die zweite im Juni ſtatt, und ſelbſt noch Ende Juli kann man zahlreiche Neſter mit Eiern finden. Der Papſtfink müßte viel häufiger fein als er es iſt, wenn nicht die vielen Schlangen unzählige Bruten vernich— teten. Oft waren Eier und Junge, welche ich noch kurz vorher geſehen, aus den Neſtern verſchwunden, und wenn ich näher nachſah, fand ich gewöhnlich eine Schlange zuſammengeringelt ganz in der Nähe des Neſtes auf einem Aſte ausruhen. Selbſt das brütende Weibchen fällt dieſen häßlichen Reptilien oft zur Beute. Die Nahrung unſeres Vogels iſt ſehr verſchieden— artig. Den Hauptbeſtandteil derſelben bilden Juſek— ten, welche er aus den Blüten, von den Blättern der Bäume und Büſche und vom Boden aufſucht. Von Früchten iſt er ebenfalls ein großer Freund. Vor allem liebt er reife Feigen, dann auch Bananen, Broms, Holunder- und Kermesbeeren, auch Pfirſiche und Birnen. Während der Herbſtzeit dienen ihm auch allerlei Sämereien zur Nahrung. Der Schaden, den er dem Obſt zufügt, iſt nur gering und ſteht mit dem Nutzen, den er durch Vertilgung ſchädlicher In— ſekten bringt, in gar keinem Verhältniſſe. Nach der Brutzeit ſcheinen ſich die verſchiedenen Familien zu ſehr loſen Geſellſchaften zuſammenzu— ſchlagen und gemeinſchaftlich dem Süden zuzuziehen. Im Juli und Auguſt reifen vielerlei Waldbeeren, ſodaß dann reichlich Nahrung für ſie vorhanden iſt. Im Oktober ziehen ſie dann ſüdlich in ihre Winter— herberge. Frantzius beobachtete fie im Winter in Coſta Rica, andere Forſcher und Sammler in Oaxaca, Vera Cruz, Yucatan, Guatemala, Honduras, Panama, Venezuela, Cordova. Dr. Gundlach fand ſie vom Oktober bis April auf der Juſel Cuba, wo fie ſich im Gebüſch, in Kaffeefeldern, an Bergrändern, beſonders da, wo Sträucher wuchſen, aufhielten. Sie waren um dieſe Zeit ſcheu, flogen ſchnell, aber nicht weit. Der Flug des Papſtfinken iſt immer ſchuell, gewandt, geradeaus, doch vermeidet er es gern, große baumloſe Strecken zu überfliegen. Wird er aber während der Zugzeit dazu gezwungen, ſo erhebt er ſich ziemlich hoch in die Luft und fliegt ſchnell in ſauften Wellenlinien dahin. Im Geäſt der Bäume und Büſche iſt er Meiſter; hier ſind alle ſeine Bewegungen äußerſt gewandt und anziehend. Auf dem Boden dagegen benimmt er ſich ziemlich unbeholfen. Lange auf einer Stelle ſtill ſitzen kann er nicht, er iſt vielmehr einer unſerer lebhafteſten, beweglichſten Vögel. Höchſteus wenn er ſingt oder ſein Prachtgefieder in der Morgen— nn —— —ͤ ne 22 — Be. ſonne glättet, ſitzt er eine Zeitlang ruhig. Befindet er ſich in der Spitze eines Baumes oder Buſches und ſieht ſich beobachtet, ſo ſtürzt er ſchnell herab und verſchwindet im nächſten Dickicht. Ich habe dieſe Vögel namentlich kurz vor der Brutzeit und zur Zeit, wenn die Feigen reifen, in den verſchiedenſten Fallen gefangen. Am leichteſten fängt man ſie gleich nach ihrer Ankunft mit einem Lockvogel. Sobald das um dieſe Zeit ſehr eiferfüchtige Männchen den vermeintlichen Nebenbuhler im Fangkäfig gewahrt, ſtürzt es ſich kampfesmutig auf denſelben und iſt, ehe es ſich verſieht, gefangen. Später kann man leicht Alte und Junge einfangen, wenn man als Lockmittel reife Feigen im Fangkäfig anbringt. Ich habe auf dieſe Weiſe viele gefangen. Männchen, welche man in der Vogelfalle anbringt, Auch mit ausgeſtopften Der Papſtfink. 429 häufig von den benachbarten Plantagen in die Stadt, entweder alt eingefangen oder als Neſtjunge. Ein reicher franzöſiſcher Pflanzer, der am Ufer des Miſſiſ— kann man, wie uns Audubon ausführlich beſchreibt, viele fangen. durch Erkundigungen bei Vogelfängern in New Orleans erfuhr, jetzt nur noch ſelten oder nie ange— wandt. Man fängt ihn dort jetzt allgemein mit einem Lockvogel, am liebſten mit einem ausgefärbten Männ— chen im Prachtkleide, weil daun der Fang am ergiebig— ſten iſt. Weibchen werden nur ſelten gefangen, oder wenn ſich ein ſolches fängt, läßt man es gewöhnlich wieder fliegen. Es iſt merkwürdig, mit welcher Sicher— heit die alten Vogelfänger dort die ganz jungen Männchen von den völlig gleichgefärbten Weibchen zu unterſcheiden vermögen. Auf den erſten Blick wiſſen ſie, ob ſie ein Männchen oder Weibchen vor ſich haben. Die meiſten in den Handel kommenden Papſtfinken werden im ſüdlichen Louiſiaua, namentlich in der Umgegend von New Orleans, gefangen. Als ich mich im Februar 1882 einige Wochen in New Orleans aufhielt, wunderte ich mich über die Dies Verfahren wird aber, wie ich bringt, zu reichen. allerwärts vor den Fenſtern und Thüren hängenden Nonpareils. Dieſe Vögel ſind dort mindeſtens ebenſo beliebt, wie anderwärts die Kanarienvögel, und die franzöſiſchen Kreolen ſcheinen ihren „Nonpareil“ vor allen andern Vögeln zu bevorzugen, denn gerade im franzöſiſchen Stadtteile ſieht man ihn am häufigſten. Selbſt in den Kaufläden zieren dieſe Vögel mit ihren Meſſingläfigen den Verkaufstiſch. 1810 machte der Altmeiſter der nordamerikaniſchen Ornithologie, Wilſon, auf feiner Reiſe nach New | Orleans dieſelben Beobachtungen. „Ich fand dieſe Vögel“, ſchreibt er, „ſehr häufig als Stubengenoſſen der franzöſiſchen Einwohner von New Orleans. Auſcheinend iſt dies der gewöhnlichſte Käfigvogel, welchen man dort hat. Die Neger bringen ſie ſehr Schon im Jahre ſippi, einige Meilen unterhalb Bayou Fourche wohnt, nahm mich mit in ſeinen großen prächtigen Garten, um mir ſein Vogelhaus zu zeigen. Unter vielen unſerer gewöhnlichen Vögel ſah ich auch mehrere Umnvergleichliche, von denen zwei Pärchen Neſter gebaut hatten und gerade brüteten.“ Wilſon nahm auch ſechs Stück mit nach Philadelphia. Sie wurden bald ſo zahm, daß ſie die ihnen von den Paſſagieren ge— reichten Fliegen aus der Hand nahmen. — Schon im vorigen Jahrhundert ſoll dieſer Vogel, wie Wilſon wahrſcheinlich nach Buffons Angaben erzählt, von den Holländern gezüchtet worden fein. Vieillot berichtet bereits, daß er von allen kleinen Vögeln Amerikas am häufigſten eingeführt werde und daß man ſelbſt damals ſchon glückliche Bruten von ihm erzielt habe. Neuerdings iſt er beſonders in Deutſchland ſchon öfter gezüchtet worden. In den Vogelhandlungen Chicagos iſt er ein gewöhnlicher Vogel und ſeines Prachtgefieders halber findet er leicht Käufer. In— folge unrichtiger Pflege verliert er bei ſorgloſen Lieb— habern ſeine glänzenden zarten Farben, wird gewöhn— lich auch von der einfachen Körnernahrung bald zu fett und geht ein. Ich habe in New Orleans Vögel dieſer Art geſehen, welche jahrelang im Käfig gelebt und doch nichts von ihrer Schönheit eingebüßt hatten. Hauptſache bei der Pflege iſt, ihnen neben Sämereien auch Mehlwürmer, Grünes (Salat, Reſeda), nament— lich aber Obſt, wie es die Jahreszeit gerade mit ſich Ich bemerkte, wie man ihnen Bananen, Apfelſinenſcheiben, Weintrauben, getrocknete Feigen und Beeren gab. Die Pflege iſt dann freilich etwas umſtändlich, aber man hat auch die Freude, ſeine Papſtfinken nicht nur lange am Leben zu erhal— ten, ſondern ſie auch im ſchönſten Prachtgefieder prangen zu ſehen. Das Geſäme, welches ſie gewöhn— lich erhalten, beſteht aus einem Gemiſch von Hirſe, Kanarieuſamen und Mohn. Hanf ſollten ſie niemals erhalten. Namen: Unvergleichlicher, Papſtfink, Paradiesfink, Farben— fink, Nonpareil, gemalter Fink, Schmetterlingsfink, Prachtſink, Sonnenfink. Painted Bunting, Painted Finch, Nonpareil, Paradise Finch, Pop, Red Pop. — Mariposa. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza eiris Linn. (1758). — Fringilla eiris Wils. (1811). — Passerina eiris Vieill. (1824). — Cyanospiza eiris Baird (1858). 430 Das teraniſche Pfäffchen. Beſchreibung: Einer der ſchönſten Vögel der Erde. Kopf und Hals herrlich ultramarinblau; Rücken grün; Schwanzfedern, kleinere Flügeldecken und die Außenfahnen purpurblau; Unterſeite zinnoberrot. Weib— chen oberſeits dunkelgrün, unterſeits gelblich. Junge wie das Weibchen. Länge 5.50 Zoll; Flügel 2.70, Schwanz 2.50 Zoll. Der vielfarbige Nonpareil. Varied Bunting. Passerina versicolor GRAY. Dieſer prachtvolle Farbenfink iſt nach Dr. Mer— rill am unteren io Grande in Texas durchaus nicht ſelten; da er jedoch den dichteſten ſtacheligen Chaparral bewohnt, ſo iſt es nicht leicht, ihn zu beob— achten. Faſt alle Sammler und Beobachter, welche jener Gegend ihre Aufmerkſamkeit geſchenkt, fanden ihn dort. In Mexico und namentlich in Untercali— fornien iſt der vielfarbige Nonpareil zahlreich und vertritt dort den Papſtfinken. Xantus fand am 5. Mai bei Kap St. Lukas ein Neſt mit drei Eiern. Es ſtand in einer Myrte, welche von einer ſteil abfal- lenden Bergwand herabhing. Ein zweites Neſt ftand in einer Schlingpflanze, etwa zehn Fuß vom Boden. Alle Farbenfinken ſind ſich in ihrem Thun und Treiben ganz ähnlich, und auch dieſe Art weicht von den ausführlicher beſchriebenen durchaus nicht ab. Namen: fink. Varied Bunting, Varied Finch. Vielfarbiger Nonpareil oder vielfarbiger Papſt— Le Pape versicolore (franz.), Prusiano in Mexico. Wiſſenſchaftliche Namen: Spiza versicolor Bonap. (1837). — Carduelis luxuosus Less. (1839). — Cyano- spiza versicolor Baird, Birds N. Am. (1858). — Pas- serina versicolor Gray, Handlist II, 1870, 97. Beſchreibung: Vorderkopf, Augengegend, kleine Flügel- decken und Bürzel lavendel- oder purpurblau; Mantel bräunlich-purpurrot; Hinterkopf rot, variiert von wein— bis zinnoberrot; Stirnband, Zügel und Bart ſchwarz; die Seiten des Kopfes und Halſes und die ganze Unter— ſeite purpurviolett oder fahl purpurrot; die Kehle ge— wöhnlich am intenſivſten. Weibchen dem des Indigo— oder Lazulifinken ähnlich. Oberſeite einfach bräunlich, Unterſeite grau-gelblichbraun. Es giebt noch eine Anzahl Farbeufinken, welche in Mexico heimiſch ſind, aber gelegentlich unſere Grenze berühren. Dahin gehört der blaue Far— benfinf oder der Türkisfink (Passerina parel- lind Rıpaw.; Blue Bunting). Es iſt ein prächtiger dunkelblauer Vogel, deſſen Vorderkopf, Augengegend, Backen, kleine Flügeldecken glänzend himmel- oder türkisblau gefärbt ſind. Seine eigentliche Heimat iſt das ſüdliche und öſtliche Mexico, nördlich bis zum io Grande. Eine Form (P. parellina indigotiea Rıpaw.) kommt im weſtlichen Mexico vor. Sumichraſts-Farbenfink (P. Sumichrasti Rıpaw.; Sumichrast’s Bunting) lebt im ſüdlichen Mexico (Tehuantepec), doch iſt uns nichts über ihn bekannt. Leclanchers-Farbenfink (P. Leclancheri Larr.; Leclancher.’s Bunting) iſt ein Prachtvogel erſten Ranges. Die Kopfkrone iſt leuchtend gelblich— grün; das übrige der Oberſeite türkisblau, Rücken mit grünlichem Anfluge; Augenlider und Unterſeite gelb, an der Bruſt in Orangegelb übergehend. Heimat dieſer Art iſt das ſüdweſtliche Mexico, nament— Die lich die Staaten Puebla, Tehuantepec bis Colima. Roſitas-Farbenfink (P. Rositae RIDGwW.; Rosita's Bunting) iſt ebenfalls im ſüdlichen Mexico zu Hauſe. Oberſeite reich kobaltblau, auf dem Kopfe in Purpurblau, nach hinten zu langſam in Himmel— blau übergehend; die Bruſt und der Bauch glänzend zinnoberrot; der Unterbürzel und die unteren Schwanzdecken zart roſafarben. Das texanifche Pfäffchen. Morellet’s Seed-eater. Lie Pfäffchen oder Papageiſchnäbelchen ſind meiſt kleine, dickſchnäbelige, einfach gefärbte Vögel— chen, welche ſich vom Braſilien verbreiten. Trotz ihrer Einfachheit erſchei— nen ſie immer ſchmuck und glatt, ſind fröhlich und ſüdlichen Texas bis Süd⸗ Sporophila Morelleti CABANnIS. munter und laſſen einen angenehmen Geſang hören. Viele von ihnen ſind deshalb wertvoll, weil ſie ſich zutraulich in der Nähe des Menſchen, in Gärten anſiedeln und hier ſowohl durch ihr zahmes liebliches Weſen, ſowie durch ihren Geſang erfreuen. Ihr Das teranifche Pfäffchen. 431 F ↄðↄ ⁵¼Ä⸗ 2 Aufenthalt iſt das niedere Gebüſch der Gärten, Feld— und Waldränder und der Sümpfe. Viele Arten gelangen bereits von Südamerika aus in die Käfige der deutſchen Vogelfreunde und erfreuen ſich dort großer Beliebtheit. — In Braſilien ſcheinen ſie, ſowohl hinſichtlich der Arten als auch der Individuen, am zahlreichſten aufzutreten. Dieſe Vögel würden kaum in den Rahmen dieſes Buches paſſen, wenn nicht im ſüdöſtlichen Texas eine Art Brutvogel wäre. Es iſt dies das texaniſche, mexikaniſche oder Morellets-Pfäffchen, ein winziges, der Grundfarbe nach ſchwarzweißes, dickſchnäbeliges Vö— gelchen. Es verbreitet ſich vom Rio Grande-Thale ſüdlich durch das öſtliche Mexico und Centralamerika bis Coſta Rica. In Mexico nennt man dasſelbe, laut Sumichraſt, „Frailecito“. Salvin, ein chen zahlreich bei Duenas und auch in Belize. Er entdeckte dort auch das Neſt und beſchreibt dasſelbe (ſiehe „Ibis“ 1859, p. 468) wie folgt: „Vor einigen fäff Nichts kann verſchiedener ſein, als der Bau dieſer Art und jener des von Newton ſo genau beſchriebenen zweifarbigen Pfäffchens. Das Neſt von S. Morelleti iſt, anſtatt des loſen, gewölbten, mit ſeitlichem Eingang verſehenen Baues von Sporophila bicolor, ein offener, ſchöner, durchſichtiger, aus feinen Wurzeln und Faſern hergeſtellter, innen mit Pferdehaar ausgelegter Bau. Es iſt eines der ſchönſten Neſter, welches ich kenne. Es ruht nicht auf einem Aſte, ſondern hängt wie das des Rohrſängers (Salicaria arundinacea) an meh- reren kleinen Zweigen.“ Doch ich kann, dank der Forſchungen Dr. Mer— rills und Sennetts, ein ziemlich vollſtändiges Bild dieſes intereſſanten kleinen Vogels geben. „Die— fer anziehende kleine Fink“, ſchreibt Merrill, „ut hier am unteren Rio Grande durchaus nicht ſelten, ja ich habe Grund anzunehmen, daß einige ſogar den Winter hier verbringen. Während der Brutzeit hat das Männchen einen ſehr lieblichen, fröhlichen Geſang, welcher dem des Indigofinken ähnlich, aber ſchöner iſt. Häufig hört man denſelben von der Spitze eines Strauches herabſchallen. Man ſieht die Vögel gewöhnlich in ſtacheligen Dickichten und Dornbüſchen, nie weit vom Waſſer entfernt. Sie ſind ſehr zutrau— lich und laſſen den Beobachter ganz nahe heran- kommen. Während des Jahres 1877 bauten zwei Pärchen ihre Neſter innerhalb Fort Browns. Ein faſt fertiges Neſt fand ich zeitig im Mai in einem Buſche, etwa drei Fuß vom Boden. Es hing nicht, ſondern ſtand auf einem kleinen Aſte, zwiſchen drei oder vier aufrechten Zweigen; es beſtand ganz aus eigentümlichen gelben Wurzeln. Noch ehe ſich Eier in demſelben fanden, wurde es von einem heftigen Sturme zerſtört. Ein zweites Neſt, welches ich am 25. Mai fand, ſtand in einem jungen Ebenholz— jtrauche (ebony-bush), etwa vier Fuß vom Boden; es wurde noch vor der Vollendung verlaſſen. Es war ein zarter, kleiner Bau, der ſowohl an den Seiten als auch unten durch kleine Zweige geſtützt wurde. Er beſtand aus ſehr feinem Gras, in welches einige Pferdehaare, ein oder zwei Blätter und ein kleines Läppchen eingewebt waren. Die Breite betrug 1.70, die Tiefe 1.50 Zoll. Beide Neſter waren offen und durchſichtig . . . . Ein drittes, welches am 5. Mai 1878 gefunden wurde, ſtand vier Fuß vom Boden, war teilweiſe hängend von feinen Würzelchen gebaut und enthielt drei Junge. — Die Magen der unter— ſuchten Exemplare enthielten kleine Sämereien.“ Rio Grande durchaus kein ſeltener Vogel ſei, doch ſei es ſo winzig, und die Gebüſche, Dickichte und die Stauden ſeien ſo dicht, daß man es leicht überſehe. Im übrigen ſei es zahm und furchtlos. Als Herr Apotheker Woltersdorf von einem Ausfluge nach Mexico anfangs des Jahres 1879 zurückkehrte, brachte er auch einige dieſer hübſchen Vögel mit. Sie waren ſehr zutraulich und erinnerten in mancher Hinſicht an die afrikaniſchen und auſtrali— ſchen Prachtfinken. Namen: Texaniſches Pfäffchen. Morellet’s Seed-eater, Little Seed-cater. Wiſſenſchaftliche Namen: Spermophila Morelleti Pucheran (1850) ete. — Sporophila Morelleti Cabanis (1851). Beſchreibung: Kopf und Kopfſeiten, Rücken, Flügel, obere Schwanzdecken und ein Band auf der Brujt ſchwarz; Bürzel bräunlich oder bräunlichgrau; Fleck unter dem Augenlid, Kinn, Kehle und ein breites Hals— band, die ganze übrige Unterſeite (mit Ausnahme des ſchwarzen Bruſtbandes) weiß oder mattweiß. — Weib— chen: Oberſeits einfach olivenfarbig, heller am Bürzel; zwei weißliche Flügelbinden; Unterſeite matt hell- oder graugelblich. — Junge: Sehr verſchiedenartig, teils ans Männchen, teils ans Weibchen erinnernd. Es ſcheinen mehrere Jahre nötig zu ſein, bis ſie vollſtändig ausgefärbt ſind. Der Grasgimpel. Grassquit. Euetheia Hhicolor Rınaway. Staate und meinen früheren Wohnorten in Texas Vergleiche anzuſtellen. In letztgenanntem Staate iſt die Vogelwelt, ſowohl an charakteriſtiſchen Arten als auch an Individuen, ungemein reich, dagegen iſt die Pflanzenwelt arm an tropiſchen Formen. In Florida findet gerade das Umgekehrte ſtatt: Die üppige tropiſche Vegetation wird nur von einigen charakteriſtiſchen Vögeln belebt. An Schönheit und Milde des Klimas, ſowie in geſundheitlicher Beziehung kann Florida aber nicht übertroffen werden. Die eigentlichen ſüdlichen Sänger, Spottdroſſel, Carolina-Zaunkönig, Kardinal und Nonpareil, finden ſich auch hier, dagegen fehlen der texaniſche Paradies— vogel, der blaue Kernbeißer, der Lerchenfink u. a. ganz. Einige Vögel kommen von den nahen weſt— indiſchen Juſeln herüber, find aber doch verhältnis— mäßig ſelten. Zu dieſen Wanderern gehört auch der Grasgimpel, ein auf den Bahama Juſeln zahl- T ſeln z reicher Vogel. Er gehört derſelben Vogelſippe an, wie der bei den Vogelliebhabern in Deutſchland in hohem Anſehen ſtehende Cuba-Fink (% canora). Henſhaw und Maynard fanden ihn im ſüdöſt— lichen Theile Floridas. „Obwohl in und bei Miami“, ſchreibt Maynard, „ſich gegenwärtig nur wenige Häuſer befinden, ſo iſt doch gerade dieſe Gegend ſchon vor vielen Jahren beſiedelt geweſen. Als Zeichen einer früheren Kultur finden ſich zerfallene Mauern, alte Brunnen u. ſ. f. Man ſagt, es hätten früher ten uns, daß der letzte derſelben bis vor kurzem hier gewohnt habe. Er war ein Spanier und einſt Führer einer ganzen Bande dieſer Verbrecher. Sie wohnten an den Ufern des Miami, da ihnen die Flußmündung einen ausgezeichneten Hafen und dieſe Gegend ein ſicheres Verſteck bot. Zu den Spuren einſtiger ſpaniſcher Kultur gehort auch die ehemalige Bebauung des Bodens. Eine ganze Strecke weit vom Fort iſt der Wald abgehauen worden. ährend meines Aufenthalts in Florida hatte A ich die beſte Gelegenheit, zwiſchen dieſem | Jetzt ſtehen auf dieſen Ackern allerdings wieder Büſche und Bäume, doch giebt es auch viele von Büſchen freie, nur mit Gras und Stauden bewachſene Blößen, welche einen Durchmeſſer von einigen Nards bis zu etlichen Ruten haben und welche mit dichtem Buſchwerk eingefaßt ſind. Die Bäume und Sträucher find fo dicht mit Schlingpflauzen bewachſen, daß ihre Form gänzlich verdeckt iſt. Dieſe dichten grünen Maſſen ſind mit den großen weißen Blüten der Mondwinde!) und deu purpurfarbigen einer Convolvulus-Art geſchmückt, während die oran— geufarbigen und gelben Blüten von Zantana eamarı die Luft mit ihrem eigentümlichen Dufte erfüllen. Wie man ſich leicht vorſtellen kann, ſind dieſe Dickichte voller Vögel und darum beſuchten wir auch dieſes liebliche Stück Erde mit beſonderer Vorliebe. — Hier war es, wo Henſhaw dieſen Grasgimpel fand. Als der genannte Herr durch die Lantanen eilte, um den Vogel zu holen, war die Luft um uns her ganz angefüllt von dem gewürzhaften Wohlgeruch dieſer Sträucher“, ſchließt Maynard feinen Bericht über dieſen Vogel. Ob er in Süd-Florida zahlreicher iſt, muß die Erfahrung lehren. Newton beobachtete dieſen Grasgimpel zahl— reich auf der Inſel St. Croix. Sie hielten ſich namentlich gern in der Nähe der Zuckerſiedereien auf, lebten geſellig in kleinen Geſellſchaften und tummelten ſich meiſt auf dem Boden im Graſe umher. Sie bauen gewölbte Neſter und legen dieſelben in Büſchen, Bambusdsickichten und in den an Häuſern angepflanz— ten Schlingpflanzen, ſelten höher als vier Fuß vom Boden, an. Sie beſtehen ganz aus trockenem Gras und find innen mit feinerem Material ausgelegt. Die ſeitliche Offnung iſt verhältnismäßig groß. Sie brüten dort von Mitte Mai bis Ende Juli. Die drei bis vier Eier find der Grundfarbe nach weiß, am dicken Ende rotbraun gefleckt. Nach Goſſe findet ſich dieſer Grasgimpel — er nennt ihn Schwarzgeſichtchen (Black-face) — auch auf Jamaica. Er erwähnt ein Neſt, welches I) Ipomea Bona-Nox. zwiſchen einer Maisſtaude und der Ahre angelegt war. Neſt und Eier unterſchieden ſich nicht von den beſchriebenen. Namen: Grasgimpel, Schwarggeſichtchen. Grassquit, Black-face Grassquit. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla zena Linn. (1758). — Fringilla bicolor L. (1766). — Spermophila bicolor Gosse. — Phonipara bicolor Newt. — Phoni— para zena Bryant. — Euetheia bicolor Gundl. (1874). Beſchreibung: bürzel in Grau übergehend; das übrige Gefieder iſt matt olivengrün. Weibchen: Kopf und Unterſeite matt olivengrau, ſonſt dem Männchen ähnlich. Größe 4 bis 4.25 Zoll. Von den Grasgimpeln wollen wir nicht Abſchied nehmen, ohne noch auf zwei weitere Arten aufmerkſam zu machen. Hayti und Porto Rico zahlreiche größere Cuba— Grasgimpel. Kopf und Unterſeite mattſchwarz, Unter Die eine Art iſt der auf Jamaica, Cuba, Fink, die Goldbraue oder das Gelbgeſicht⸗ chen (Buetheia olivacea; Yellow-face Grassquit). Goſſe giebt in feinem ausgezeichneten Buche „Birds of Jamaica“ von dieſem die folgende Beſchreibung: „Gleich hinter Bluefields findet ſich ein ſchmaler, mit Mauern eingefaßter Weg, der in die Landſtraße mündet, welche ſich in Zickzacklinien bis auf die Spitze der Bluefields-Bergkette windet. Dieſer ſchmale Weg beſitzt viel Anziehendes. An jeder Seite der Mauer ſtehen Bäume, welche angenehmen Schatten ſpenden und des Abends die Luft mit Wohlgeruch erfüllen. Die häufig angepflanzten Orangenbäume hauchen im Frühling den lieblichſten Duft aus, und im Herbft erfreuen fie das Auge durch ihre goldigen Früchte. Der ſtolze Chinabaum mit ſeinem ſchönen Laubwerk und ſeinen lilafarbigen, lieblich duftenden Blüten, der Zimmetbaum (pimento), dicht und glänzend belaubt, zeigt einen andern, aber nicht weniger ſchönen Charakter, als die genannten. Die verſchiedenen Eehites-Arten klettern an der Mauer empor und laſſen ihre leuchtenden Blüten herabhängen, während ſich die hübſchen gelben Blüten oder die roten Beeren der Banisteria am Fuße der Mauer finden. Die „Königin der Nacht“ rankt hier in dichten, verworz venen Maſſen über Bäume und Mauer, ihre präch— tigen weißen Blüten nur des Nachts öffnend. Hin und wieder gewahrt man die ungeheuren tonnenartigen Baue der Termiten. Die Steine der Mauer ſind dicht mit Flechten überzogen, und in den Ritzen wachſen verſchiedene 47% -Arten aufs üppigſte. Zur Linken türmt ſich dunkel und mächtig der Gebirgsrieſe empor, zur Rechten fällt das Auge auf runde bewal— 433 dete Hügel und Gruppen Zimmetbäume. Vor uns zu jeder Seite zeigen ſich die mit der Mauer umſchloſſenen Guinea-Grasfelder. Im Herbſt, wenn der Samen dieſes Graſes reift, ziehen die Grasgimpel in großen Scharen hier ein, um ſich an der mehlreichen Nahrung gütlich zu thun. . . . Herr Hill hatte die Güte, mir noch folgendes zu ſchreiben: ‚Meter dieſes Gras— gimpels werden mir oft gebracht, ohne daß man zwi— ſchen dieſer und der ſchwarzkehligen Art unterſcheidet. Ein Neſt ſtand im Garten in einem Nerium Oleander. Es wurde Ende Juli gefunden und nötigt mich zu der Bemerkung, daß ich keinen Unterſchied in den Neſtern der beiden Vögel ſehen kann. Sie ſind beide gewölbt, aus elaſtiſchen trockenen Gräſern gebaut und innen mit Pferdehaar ausgepolſtert. Das erwähnte Neſt ſtand in den aufrechtſteheuden Aſten des Oleander oder der Südſeeroſe (South Sea Rose), wie man die Pflanze auch nennt. Drei gabelförmige Zweige ſtützen es und ein dichtes Blätterdach überdeckt es. . . . Thatſache iſt, daß die Grasgimpel oft in Sträucher bauen, in welchen Weſpenneſter ſtehen und zwar ſteht dann der Eingang dicht an dem Neſte der gefürchteten Inſekten. Ich ſelbſt ſah ein ſolches Neſt vor etlichen Jahren. Man zeigte es mir, um die Niſtweiſe des gelbkehligen Grasgimpels zu charakteriſieren.“ „Die Grasfinken erinnern mich oft an die euro— päiſchen Sperlinge. Sie ſind ſehr geſellig, haben eine ausgeprägte Vorliebe für den Hausgarten und machen, wenn ſie halb- oder dutzendweiſe nach Nahrung ſuchen, vielen Lärm. Sie haben einen eigentümlichen, ſchrillen Ruf, und wenn das Gras reif iſt, wiegen ſich dieſe Zwergvögel — fie find kleiner wie Zaun— könige — auf den Halmen auf und nieder. . . . . Einſt bauten etliche zwanzig oder dreißig der gelb— kehligen Grasgimpel eine ganze Anzahl Neſter in einen großen Boababbaum.“ Der kleine Cuba-Fink oder der Gold— fragen (Euetheia canora CAB. Melodious Grass- quit) lebt auf Cuba. Das liebliche Vögelchen jteht bei allen Vogelliebhabern in Deutſchland in hohem Anſehen und iſt ſchon zahlreich gezüchtet worden. Es hat in ſeinem Weſen große Ahnlichkeit mit den auſtra— liſchen und afrikaniſchen Prachtfinken, iſt ſehr verträg— lich und anſpruchslos, zahm und zutraulich. Im Neſtbau und in ſeinen Eigentümlichkeiten ſtimmt er mit dem vorigen überein. Er zeigt einen breiten gelben Kragen, der über dem Auge anfängt und halb mondförmig über die Bruſt läuft. Kehle und Augen— gegend ſind ſchwarz, die Oberſeite iſt olivengrünlich, Unterseite hellgrau. Black-throated Bunting. Der Schiloammer. Spiza americana BON APART E. Tafel XXVII. Im April bietet die ſonſt jo einförmige Küſten— prärie des ſüdoöſtlichen Texas einen herrlichen Anblick. herrlichen Blumen überſäet. Namentlich ſind es die prächtig blühenden Flammenblumen !), Verbenen, Gilien, Ritterſporne, Ranunkeln?) und Anemonen! ), welche ganze Flächen bedecken. Allerorts zeigen ſich die über den Boden rankenden, gerade jetzt herrlich purpurrot blühenden und nach Honig duftenden Mimoſen ), deren feine gefiederte Blätter ſich bei der geringſten Bewegung zitternd zuſammenlegen. Eine andere Sinupflanze?) und eine niedrige ſtaudenartige Akazie“) find ebenfalls häufig. Coreopſis, namentlich C. coronata, Gaillardien, Lupinen, Lobelien und beſonders Jridaceen (hauptſächlich die liebliche Nemas- tylis colestina, Sisyrinchium mucronatum und &. bellum), oft von wunderbarer Schönheit, und noch eine große Anzahl weißer, roter und blauer Blumen, deren Aufzählung hier zu weit führen würde, laſſen die weite Savanne als einen prachtvollen bunten Teppich erſcheinen. Neben ſchilfartigen Gräſern findet ſich häufig das niedrige raſenbildende Bermudagras, das höhere Gama- und das dichte wuchernde Hofgras :); dann wieder ſehen wir größere, mit Kompoſiten und Zwerg— huccas) beſtandene Flächen. Je mehr wir uns dem Walde nähern, deſto regelmäßiger begegnen wir großen, breitblätterigen, mit furchtbaren Stacheln bewaffneten Feigenkakteen oder Opuntien. unachtſamen Hand, die mit einem ſolchen Kaktus in Berührung kommt! Die kleinen und großen Stacheln dringen tief ins Fleiſch. Spottdroſſeln bauen manch— mal ihr Neſt in einen ſolchen Kaktus und auch Zaun— könige nehmen oft, ſcheinbar ohne die Stacheln zu fürchten, in denſelben ihren Aufenthalt. Die vielen Kerbtiere, welche ſich in ihnen finden, ziehen ohne Zweifel viele Vögel an. Soweit das Auge reicht, iſt dieſelbe mit Die großen ſchwefelgelben Blüten beherbergen in ihren Kelchen eine große Menge kleiner JInſekten, weshalb man auch Kolibris in großer Anzahl dieſe Opuntien während ihrer Blütezeit um— ſchwirren ſieht. Auf höher gelegenen, ſandigen Strecken treten auch Sträucher, die der Texaner mit dem Namen „texaniſche Theepflanzen“ belegt hat, zu dichten, niedrigen Dickichten zuſammen. Allerorts in dieſer Prärie iſt der Schildammer der am häufigſten vorkommende Vogel, der durch ſein von allen Seiten erklingendes, jedoch wenig muſikali— ſches Gezwitſcher der ganzen Gegend ein eigentümliches Gepräge verleiht. Ich fand ihn nirgends häufiger als hier. Weiter weſtlich traf ich ihn ſeltener, dagegen gehört er in den Prärien des ſüdweſtlichen Miſſouri und im ſüdlichen Illinois zu den bekannteſten Brut— vögeln, und auch im nördlichen Illinois und in Wisconſin beobachtete ich ihn zahlreich. Allen fand ihn bis zum 47. Grad nördlicher Breite auf den Prärien des weſtlichen Dakota. Unter dem 44. Grad nördlicher Breite ſcheint er noch ein ziemlich gewöhn— licher Vogel zu ſein. Nach Weſten hin verbreitet er ſich bis nach Kanſas, Nebraska und Colorado; im Oſten bildet der Atlantic die Grenze feines Ver— breitungsgebietes. Im Winter findet man ihn weit im Süden: in Mexico, Guatemala, Coſta Rica, Nicaragua, Panama, ja, ſogar häufig in Neu— Granada und anderen Teilen Südamerikas. Wehe der 1) Phlox Drummondii, P. pilosa u. a. 2) Ranunenlus repens, | R. Texensis. 5) Anemona Caroliana. 4) Schrankia unicata 5) Schrankia angustata. 6) Acacia lutea. 7) Eleusine Indiea (Yard grass). 8) Yucca filamentosa. Von allen unſern Vögeln ijt der Schildammer einer unſerer letzten Ankömmlinge aus dem Süden, und er gehört auch mit zu den erſten ſüdlich wandernden Zugvögeln. Er erſcheint in Texas etwa Mitte April, im ſüdweſtlichen Miſſouri etwa am 28. desſelben Mo— nats, im mittleren Wisconſin nicht vor dem 15. bis 20. Mai. Die eigentliche Zugſtraße dieſer Ammern ſcheint das Miſſiſſippi-Thal zu ſein, von welchem aus fie ſich nach Oft und Weſt verbreiten. Obwohl er nicht in glänzenden, ſtrahlenden Farben prangt, ſo darf man ihn doch einen recht hübſchen Vogel nennen. Er fällt ſehr angenehm ins Auge und erinnert in der Färbung an den Wieſenſtar, weshalb er auch in einigen Gegen— den als kleine Wiefenlerche (Little Field Lark) bezeichnet wird. Wie bekannt der Vogel an vielen Orten iſt, beweiſen ſeine zahlreichen populären Namen (Dickeissel, Judas Bird, Judas Iscariot u. ſ. f.). Er kommt in großen Geſellſchaften an, und ſeine An— kunft kann auch dem weniger aufmerkſamen Beobachter kaum entgehen. Der ganze Schwarm ſetzt ſich auf irgend einen Obſtbaum oder läßt ſich auf einem ein— zeln ſtehenden Waldbaume nieder, wo jeder auf ſeine Weiſe ſeine lauten zwitſchernden Töne ſingt. Dieſes unmelodiſche, jedoch keineswegs unangenehme Stim— mengewirr kann man wohl eine Viertelmeile weit hören. Stundenlang faſt bleibt der Schwarm dicht beiſammen auf demſelben Baume ſitzen und wird gar nicht müde, das eigentümliche Konzert mit allem Eifer fortzuſetzen. Werden ſie geſtört, ſo fliegen ſie andern Bäumen und Buſchwerk zu und beginnen hier von neuem ihre Muſik. Dies dauert einige Tage, dann zieht der Schwarm nördlicher oder löſt ſich auf, und jedes Pärchen ſucht nun ſein Niſtgebiet auf. Die erſten Ankömmlinge ſind faſt lauter alte Mäunchen; die Weibchen und jungen Vögel erſcheinen einige Tage ſpäter. Im Norden ſind es meiſt Timothy- und Kleefelder, in Illinois, Miſſouri und Texas nur Präriegegenden, welche er ſich zum Aufent— halt auswählt. Die ganz freie, vollſtändig buſch- und ſtaudenloſe Ebene ſagt ihm nicht zu, ſobald aber ein Zaun oder Buſch vorhanden iſt, wo ſich das Männ— chen niederlaſſen, Wache halten und ſingen kann, da ſiedelt er ſich an. Wald-, Sumpf- und Berggegenden meidet er ebenfalls gänzlich. Er liebt weder zu hohe noch zu naſſe Gegenden; oft findet er ſich auch in Feldern ein. In der Umgegend von Houfton, Texas, trifft man ihn allerwärts in der Prärie, wo einzelne Sträucher und hohe Stauden aus dem hohen Graſe hervorragen. Er iſt da, wo er ſich angeſiedelt hat, bald aufzufinden. Sein ſehr zutrauliches, furchtloſes Weſen und andererſeits ſein auffallend lärmender Geſang und ſein häufiges Vorkommen in faſt allen geeigneten Ortlichkeiten feines Verbreitungsgebietes machen ihn bald bemerklich. Der Geſaug iſt freilich von wenig Bedeutung, wird aber von den meiſten Vogelfreunden in der freien Natur gerne gehört. Er beſteht nur aus einigen, ſich fortwährend wieder— holenden Tönen, die man vielleicht mit den Silben „Tſchättſchät - tichät tſchärrät - tſchät“ wiedergeben könnte. Ridgway giebt das Lied auch durch folgende Laute wieder: „Si, ſi, — dick, dickſiſſel, ſiſſel.“ Obwohl es ſchrill und monoton kliugt, Der Schildammer. 435 findet es doch ſeine Stelle im allgemeinen Frühlings— konzert der gefiederten Sänger. Wenn der Wind über das Grasmeer fegt, dann erklingt es in der Ferne liſpelnd und flüſternd, und vermiſcht ſich mit dem Gebrauſe des Windes und dem ſauften Säuſeln der ſich hin- und herbewegenden Blätter. Man kann den Vogel, ſelbſt da, wo er nur vereinzelt vorkommt, kaum überſehen, da er reichlich durch unermüdliche Ausdauer erſetzt, was dem Liede an Wohlklang und Reichhaltigkeit abgeht. Beim Singen ſitzt er ſtets auf einem erhöhten Gegenſtande, gewöhnlich in der Spitze eines niedrigen Buſches, auf einem Pfoſten oder Zaun und ſingt in eigentümlicher Stellung, den Schwanz etwas herabhängen laſſend, oft ſtundenlang in einem fort. Unſer Künſtler, Herr Prof. Ridg— way, hat die Stellung des Vogels ſo genau wieder— gegeben, daß jede weitere Bemerkung überflüſſig iſt. Da, wo ein Pärchen ſich niedergelaſſen hat, findet man gewöhnlich noch mehrere in der Nähe. Vor dem Menſchen legen ſie keine große Scheu an den Tag, brüten vielmehr oft in der Nähe der Gärten und Wohnungen. Ich fand das Neſt immer auf der Erde, gewöhnlich in oder an einem Grasbüſchel und an einer Staude in einer kleinen Bodenvertiefung. Selten ſind Erdneſter beſonders charakteriſtiſch und jo iſt auch dieſes uur ein loſe zuſammengefügter, aus Halmen und feinerem Gras beſtehender Bau. Ich fand es in Wisconſin in Timothy⸗, Klee- und Erbſenfeldern, eines ſogar am Waldrande, wo Kiefernnadeln den Boden bedeckten und ſonſt nirgends Gras und Buſchwerk zu ſehen war. In Illinois und Texas ſtanden alle Neſter im Gras der Prärie, im ſüdweſtlichen Miſſouri auch in Maisfeldern. Der Außenbau beſteht aus Pflanzen- ſtengeln, Maisblättern und Halmen, gewöhnlich aus letzterem, und iſt innen mit feinem Gras aus— gelegt. Das Gelege beſteht in der Regel aus vier, ſelten aus fünf einfarbig hellblauen Eiern, welche ſich durch nichts von Hüttenſänger-Ciern unterſcheiden. Manchmal ſollen die Eier auch leicht gefleckt ſein, mir ſind aber ſolche bis jetzt noch nicht vorgekommen. Von verſchiedenen Beobachtern wird mitgeteilt, daß der Schildammer manchmal ganz bedeutend von ſeiner eigentlichen Niſtweiſe abweiche, inſofern er nämlich den Bau nicht auf, ſondern über dem Boden anlege. So fand Velie im nordweſtlichen Illinois alle Neſter dieſer Art in dichten Grasbüſchelu einige Zoll vom Boden. Sie waren in die Spitzen des Strauß grafes!) gebaut. Die Wieſen, in welchen ſich dieſe 436 Neſter fanden, waren vollkommen trocken, ſodaß die Annahme, die Vögel hätten aus Furcht vor Ueber— ſchwemmung höher gebaut, durchaus ausgeſchloſſen iſt. Alle von mir in der Nähe Chicagos gefundenen Neſter ſtanden dagegen auf der Erde. weicht er, laut Dr. Hoy, bei Racine, Wis., vom gewöhnlichen Neſtbau ab. Genannter Ornitholog fand dort nie ein Neſt ganz nahe am Boden. Von neunzehn Neſtern, welche er in einem Jahre fand, ſtanden zehn in Stachelbeer-, vier in Dornbüſchen, eines in Himbeergeſträuch, drei in Brombeerranken und eins in einem wilden Roſenbuſche. Einige ſtan— den ſogar ſechs Fuß von der Erde. Nur eine Brut findet jährlich ſtatt. Das Neſt iſt in der Regel ſchwer zu finden. Ein zahlreicher Brutvogel iſt der Schildammer auch in Nebraska; beſonders häufig iſt er im ſüdlichen Illinois. Auch in Indiana und Ohio iſt er ein gewöhnlicher Vogel, ebenſo in Jowa. Dagegen ſcheint er im ganzen Oſten nicht zu den gewöhnlichen Brutvögeln zu zählen. Im ganzen Weſen und Benehmen ſoll unſer Vogel, laut Wilſon, ganz dem europäiſchen Gold— ammer (Emberiza eitrinella) gleichen. „Die Ahn— lichkeit“, bemerkt hierzu Herr Dänzer, „iſt un— verkennbar auch im Geſange. Doch iſt der euro— päiſche Goldammer etwas größer und glänzender im Gefieder. Das Männchen in Europa iſt ein ſehr ſchöner Vogel; auch iſt ſein Geſang melodiſcher. Der Schildammer bricht mitten in der Melodie ab.“ Prinz von Wied hält ihn für einen ruhigen Vogel, der ſich wohl ſtundenlang auf einem Strauche oder Baume aufhalte. Nach meinen eigenen langjähri— gen Beobachtungen gehört er zu denjenigen Vögeln, welche ſich durch Munterkeit beſonders auszeichnen. Nur wenn er ſingt, ſitzt er oft längere Zeit auf einer Stelle faſt unbeweglich da, ſonſt ſieht man ihn aber faſt fortwährend in Bewegung. Er hält ſich viel auf der Erde auf und feine anmutigen, ſchnellen ammer— artigen Bewegungen zeigen, daß er hier vollſtändig zu Hauſe iſt. Von ihr ſucht er auch den größten Teil der im Sommer aus Juſekten, im Herbſt zumeiſt aus | Noch bedeutender dichtem Graſe zu ſchaffen. Der Schildammer. Sämereien beſtehenden Nahrung auf. Beſonders gern machen ſie ſich in Fruchtfeldern, Stauden und in Des Nachts ſchlafen ſie in irgend einem dichten Grasbüſchel, einem Buſche oder irgend einer verzweigten Staude ihres Wohn— gebietes. Der Flug iſt meiſt kurz und geht niedrig über den Boden hin. Während der Zugzeit und wenn ſie größere Strecken zu überfliegen haben, iſt er aber hoch und ſchnell. — Bald nach der Brutzeit, wenn die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben, ſchlagen ſich die Familien einer Gegend zu mehr oder minder großen Scharen zuſammen und ziehen dann ſüdlich. Ich habe ſchon in der zweiten Woche des September im ſüdweſtlichen Miſſouri keine mehr geſehen. Sie reiſen meiſt ſchon in der letzten Auguſt— woche und anfangs September dem Süden zu. Obwohl ſich unſer Schildammer durch hervor— ragenden Geſang nicht auszeichnet, ſo empfiehlt ihn doch ſein hübſches Gefieder, ſeine Anſpruchsloſigkeit, Ausdauer und Friedfertigkeit zum Käfigvogel. Mit audern kleinen Vögeln verträgt er ſich muſterhaft, eignet ſich deshalb vorzüglich für den Geſellſchaftskäfig. Er gewöhnt ſich ſchnell ein und wird bald ſehr zahm und zutraulich. Von Towusends-Ammer (Spa Towns- | endi Rıpaw.; Townsend’s Bunting) iſt nur ein einziges Exemplar bekaunt, welches in Cheſter County, Penn., geſammelt wurde. Namen: Schildammer, amerikaniſcher Goldammer, Emmer— ling. . Black-throated Bunting, Dickeissel, Little Field Lark, Little Meadow Lark, Judas Bird, Judas Iscariot. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza americana Gmel. (1788). — Euspiza americana Bonap. (1838). — Spiza americana Ridgw. (1880). Beſchreibung: Seiten des Kopfes, des Halſes und der Nacken aſchgrau; Kopfkrone gelblich, ſchwach dunkel geſtrichelt; Strich über dem Auge, Unterbruſt und Rand der Flügel gelb; Kehle und Streif an der Seite der Kehle weiß; auffallender ſchwarzer Halbmond auf der Bruſt; kleine Flügeldecken kaſtanienbraun. Weibchen ähnlich. Länge 6.70 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 2.80 Zoll. BU. —— — 1811 2. VII SPIZA AMERICANA RIDGW. SCHILDAMMER. Dickcissel. 2 Der DTerchenammer Ser henammer. Lark Bunting. Calamospiza melanocorys S TEN EGER. @\ > (ährend des Winters halten ſich in der ebenen grasreichen Prärie bei Houſton, Texas, und in allen angrenzenden Counties eine große Anzahl nördlicher Vögel auf, welche ihre eigentliche Heimat in den großen weſtlichen Ebenen, in den Prärien Dakotas, Manitobas u. ſ. f. haben. Das dichte, jetzt verdorrte Gras bietet ihnen Schutz vor der Kälte, die reichlichen Sämereien und eine Menge Inſekten genügend Nahrung. Savannen -, Lecontes- und Henslows-Finken, Gelbflügel, Wieſenſtärlinge und eine Menge anderer Prärievögel trifft man hier von November bis April. Einer der häufigſten Wintergäſte war hier während des Winters von 1879 auf 1880 der Lerchenammer. Über ſeine Ankunft und ſeinen Wegzug konnte ich nichts in Erfahrung bringen. Ich ſah ihn am zahlreichſten im Dezember und Januar. Die meiſten ſcheinen ſüdli— cher zu ziehen, doch konnte man kleine Scharen bis anfangs Mai beobachten. Sie hielten ſich ſtets auf der ebenen baumloſen Prärie auf, waren ſehr ſcheu und vorſichtig und benahmen ſich auf dem Boden und im Fluge mit großer Geſchicklichkeit. Während ſehr kalter ſtürmiſcher Tage kamen fie auch in die Nähe der Farmer, an Heuſchober und auf die Landſtraßen. Ich ſah ſie immer allein, nie mit andern Vögeln vereinigt. Wurden ſie aufgeſcheucht, ſo flog die ganze Geſellſchaft wie auf Kommando davon, beim Auflliegen einige laute melodiſche Lockrufe ausſtoßend. Townsend und Nuttall entdeckten den Lerchenammer am 24. Mai 1837 auf ihrer großen Forſchungsreiſe durch den Kontinent, bald nachdem ſie den nördlichen Zweig des Plattefluſſes überſchritten hatten. Die eigentliche Heimat dieſes Charaktervogels der Prärien ſind die großen weſtlichen Ebenen vom mitt— leren Kanſas nördlich bis zur Nordgrenze unſeres Landes. Mancherorts iſt er ein ungemein zahlreicher Vogel, während er ſtreckenweiſe entweder ſelten iſt oder ganz fehlt. Wie ſein Name darthut, hat er in der Lebens— weiſe einige Ahnlichkeit mit den Lerchen. Die Schna belform erinnert an die Kernknacker, namentlich an AR * den blauen Kernbeißer, und ebenſo verſchieden wie bei der genannten Art find auch die Geſchlechter gefärbt. Aber noch merkwürdiger als alles dies iſt die nach der Brutzeit eintretende Verfärbung des Männcheus, hinſichtlich welcher er ganz dem Bobolink gleicht, mit dem auch das Hochzeitskleid große Ahnlichkeit hat. Auch der Geſang erſchallt meiſt im Fluge, wie dies ja ebenfalls beim Bobolink der Fall iſt. Nach Allen erinnert er in ſeinem Thun und Treiben an den Schwätzer. Unſer Vogel vereinigt alſo die Eigen— tümlichkeiten einer ganzen Reihe unſerer Singvögel in ſich. Dr. Coues fand ihn zahlreich von Kauſas bis zum Raton-Gebirge in Neu-Mexico. Etwa zwei Tage lang, von Fort Larned bis zum Gebirge, ſah er kaum einen andern Vogel als dieſen. Es war anfangs Juni, und die meiſten Vögel ſchienen zu brüten. Mauchmal hörte und ſah der Forſcher wohl ein Dutzend, welche ihren vollen fröhlichen Geſang hören ließen. Oft ſaßen die Sänger auf beſonders hohen, aus dem Gras- und Blumenmeere der Prärie her— ausragenden Stauden, meiſt aber ſtiegen ſie hoch in die Luft, hielten ſich, die Flügel in ſchneller und zitternder Bewegung haltend, eine Zeitlang in derſel— ben, hier ihre melodiſchen Töne hervorſprudelnd, bis ſie anſcheinend müde auf den Boden herabſanken. Es war beſonders intereſſant, mehrere ſingende Männchen gleichzeitig im fröhlichen Wetteifer immer höher und höher ſteigen zu ſehen. Die Eigentümlich— keit, beim Singen hoch in den blauen Ather zu ſteigen, iſt nicht der berühmten Feldlerche Europas allein eigen, ſondern ſie findet ſich bei verſchiedenen Vögeln, welche in ebenen offenen Gegenden leben, wo ſie keinen Strauch oder Baum oder einen andern erhöhten Sitzplatz beim Singen, wie die Waldvögel wählen können. Beim Bobolink, bei verſchiedenen weſtlichen Ammern, bei der Miſſouri-Lerche und anderen Prärie vögeln finden wir dieſe Eigenſchaft. — Der gewöhn liche Flug des Lerchenammers iſt niedrig, gleitend und führt ganz dicht über dem Graſe dahin. „Der Lerchenammer“, ſchreibt Allen, „muß, obgleich nur örtlich verbreitet und nicht überall in großer Anzahl auftretend, doch als einer der charak— nn teriſtiſchſten und intereſſanteſten Vögel der Ebenen bezeichnet werden. Gewöhnlich findet man während der Brutzeit eine gewiſſe Anzahl Pärchen nahe bei— ſammen, während man oft viele Meilen weit gehen kann, ohne ein einziges zu ſehen. Zu anderen Zeiten ſind ſie außerordentlich geſellig, und in be— deutenden Scharen ſtreichen ſie daun umher. Im Geſange und in der Weiſe des Vortrags ähnelt er dem Schwätzer ſehr, und wie dieſer Vogel ſteigt auch er zu bedeutender Höhe in die Luft, hält ſich durch eigentümliche Flügelbewegungen im Gleichgewicht, ſingt ſein Lied und läßt ſich dann plötzlich wieder zum Boden herab, um bald das Spiel von neuem zu beginnen. Er iſt ein vorzüglicher Flieger, der ſich am liebſten bei heftigem Winde in die Luft erhebt und daun auch am eifrigſten ſingt, eifriger als bei ruhigem Wetter. Ich fand im Juni und Juli verſchiedene Kolonien bei Fort Hays, ſpäter bei Cheyenne, Laramie und South Park und im hohen Tafellande zwiſchen letzterem Orte und Colorado City, ebenſo zwiſchen dieſer Stadt und Denver.“ Der Lerchenammer. 1 ausgelegt. Der Lerchenammer niſtet auf dem offenen Boden im Präriegraſe. Das Neſt iſt aus Gras und Pflan— zeuſtengeln zuſammengefügt, innen mit feinem Gras Die vier bis fünf Eier ſind bläulichweiß und ungefleckt wie die des Schildammers. In großer Anzahl brüten die Vögel auch in Wyoming am oberen Miſſouri, in der Gegend des Milkfluſſes u. ſ. f. Sie erſcheinen im mittleren Kanſas etwa am 10. Mai und einige Tage ſpäter trifft man ſie ſchon im ſüdlichen Dakota. Namen: Lerchenammer. Lark Bunting, White-winged Blackbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Fringilla bicolor Towns. (1837). — Calamospiza bicolor Bonap. (1838). — Cory- dalina bicolor Aud. (1839). — Dolichonyx bicolor Nutt. (1840). — Calamospiza melanocorys Stej n. (1885). Zeſchreib ung: Männchen ſchwarz, mit großem weißen Flügelfleck; Außenränder der Schwingen und Schwanz— federn weiß. Weibchen mattbraun, oberſeits dunkel geſtrichelt, unterſeits weißlich, auf der Bruſt nicht ſehr dicht ſchwärzlich gefleckt und geſtrichelt. Länge 6.50 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 3.20 Zoll. „eee le — Blackbirds, Orioles, etc. 3 tärlinge ſind echte Charakter— vögel Amerikas. Wie wenig I — N keit, namentlich aber durch ihre große Geſelligkeit ihr Wohngebiet. ſei es im Garten, in der Wieſe, im Felde, im buſchigen Tieflande und am Waldrande, allerwärts drücken ſie der von ihnen belebten Landſchaft ein beſonderes Gepräge auf. Mit Ausnahme der Oriole und Wieſenſtärlinge ſind alle Arten außerordentlich geſellig. Man ſieht ſie gleich nach der Brutzeit und während des Wanderus zu Tauſenden, ja zu Hunderttauſenden beiſammen. In dichten Schwärmen kommen ſie in der Heimat an, in noch dichteren ſcheiden fie. Im April ſieht man oft Hunderte auf einem einzeln ſtehen— den Baume ſitzen, wo jeder auf ſeine Weiſe ſingt und lärmt. Die geſelligſten find der Bobolink, Notflügel, Gelbkopf, Kuhvogel, die Glanzſtärlinge und Grakeln. Der gewöhnliche Mann kennt dieſe alle unter der nichtsſagenden Bezeichnung „Schwarzvögel“ (Black- birds). Der Baltimore- und der Gartenoriol, im Weſten der Goldoriol, gehören zu den prachtvoll— ſten Erſcheinungen unſerer Gärten und Parkanlagen. Der Bobolink unſerer Wieſen iſt ein herrlicher Sän ger, der wohl die deutſche Feldlerche durch ſeine bezaubernden Klänge zu erſetzen vermag. Der Rot flügel verleiht den Schilf- und Rohrſümpfen durch feine auffallende Schönheit und fein flötenartiges f andere Vögel beleben ſie durch s ihre Schönheit und Lebhaftig-⸗ Wo immer ſie auch auftreten mögen, Die Stärlinge /cteride. Singen erſt die wahre Poeſie. — Die Stärlinge ſind der Mehrzahl nach außerordentlich nützlich. Der Bobolink gehört im Norden zu den treueſten Freun— den des Landmanns, ebenſo der Kotflügel, Gelbkopf, die Glanzſtärlinge und Oriole. Die Grakeln thun am Mais hie und da großen Schaden, freſſen auch gerne Eier und Junge anderer kleiner Vögel. Das ſchädlichſte Glied der ganzen Familie iſt der Kuhvogel, der ſeine Eier in die Neſter anderer Vögel einſchmug— gelt und denen das Ausbrüten derſelben und das Aufziehen der Jungen überläßt, wodurch die Bruten der kleinen nützlichen Sänger regelmäßig zu Grunde gehen. Man kennt etwa 110 Arten Stärlinge, die ſich der Mehrzahl nach in den Tropen Amerikas finden. Wir unterſcheiden die folgenden Sippen: 1. Dolichonye SWAIN SON. Bobolink. Eine Art. 2. Molothrus SWAIINJSO N. Kuhſtärlinge. Zwei Arten. 3. Nanthocephalus Boxar. Gelbkopfſtärlinge. Eine Art. 4. Agelaius \TEILLOT. Arten. 5. Sturnella VIEILLOT, Wieſenſtärlinge. Eine Art. 6. Iclerus Brıssox. Oriole. Kotflügel. Drei Sieben Arten. 7. Scolecophagus SwAınsox. Glanzſtärlinge. Zwei Arten. 8. Quiscalus VIEILLOT. Bootſchwänze oder Grakeln. Drei Arten. Der Bobolink. Dolichonyx Bobolink. Tafel XXIX. N IN ächt dem Walde feſſelte mich in meiner Jugend nichts mehr, als die blumenreichen Wieſen des Tieflandes von Wisconſin. Hier blühte die Dotterblume maſſenweiſe, feurige Lobelien, Flammen— blumen und die Fürſtinnen aus Floras Reiche, die Wieſen- und die Canada-Yilie, zeigten ſich hier in ihrer ganzen Pracht und Üppigkeit. Fröhliches Leben herrſchte in und an dieſem Blumen- und Grasmeer. Zahlreiche Sänger ließen aus dem Geſträuch, aus den Dickichten am Rande der Bäche und aus dem wogenden Grasmeer ihre ſchallenden Lieder erklingen. Der eigentliche Beleber, die ſchönſte Zierde dieſer blu— menveichen Wieſen iſt aber der Bobolink, ein tief ſchwarzer, auf dem Rücken und am Nacken rahmweiß gefleckter Vogel. Erſt, wenn unſere Wälder und Wieſen den größten Teil ihrer gefiederten Bewohner zurück erhal— ten und viele derſelben ſchon längſt mit dem Brut— geſchäfte begonnen haben, erſcheint er, der eigentliche Beleber, die rechte Zierde unſerer nördlichen Wieſen. Es ſcheint, als wolle er erſt die Wieſen und Prärien im ſchönſten Grün prangen und vielerlei Arten der Wieſen- und Prärieblumen aufblühen laſſen, ehe er, die eigentliche Zierde der Grasebenen, einzieht. In Wisconſin erſcheint er zwiſchen dem 10. und 15. Mai. Da, wo es vorher ſtill war, erſchallt jetzt aus vielen Kehlen der lieblichſte Geſang, ein ſicheres Zeichen, daß nun der wirkliche Frühling mit lauer Luft und Blütenduft ſeinen Einzug halt. Die Männchen treffen einige Tage vor den Weibchen ein. Allerwärts machen ſie ſich jetzt bemerklich, teils durch ihr auffal— lendes Gefieder und ihr Umherſchwirren in der Luft, hauptſächlich aber durch ihren eifrigen, lauten Geſang. Der Bobolink gehört zu den zahlreichſten, bekann— teſten und beliebteſten Vögeln ſeiner Heimat. unſcheinbaren Weibchen fallen nicht auf, halten ſich auch vom Tage ihrer Ankunft an meiſt ſtill und verborgen im dichteſten Graſe auf, ohne indes ſich ganz abzuſchließen. Oft ſieht man ſie neben den Männchen auf einer aus dem Grasmeer hervorragen— Die oOrvyzIvorus SWAINSON. Ih Wogel 1 un. . ſiedelt er ſich in ſolchen Gegenden an, wo zahlreiche dicht über und über mit Flecken, Punkten, Zickzack— dem Bau zu nahe kommt, warnt das Männchen den Staude, auf einem Buſche und ſehr oft auf einer 8 nördlichen Prärien ſo eigen ſind. Die alten Männ— chen prangen im ſchönſten Hochzeitskleide, wenn ſie im Brutgebiete eintreffen; nur hie und da zeigen ſich bei jüngeren Männchen an der Bruſt einzelne Federn ä mit gelblichen Spitzen, und auch der Rücken iſt nicht 9 jener herrlichen Lilien ſitzen, wie ſie dieſen Wieſen und 5 | ganz ausgefärbt. Zu feinem Wohngebiete wählt ſich unſer Bobo— link immer nur feuchte, grasreiche Wieſen und niedrige Prärien; er ſiedelt ſich in ihnen meiſt kolonienweiſe an, denn auch während der Brutzeit kann er der Geſelligkeit nicht ganz eutſagen. Ein Pärchen brütet in der Regel dicht neben dem andern und oft füuf bis ſechs, ja ſelbſt zehn Pärchen auf dem Flächenraum eines Ackers. Selten trifft man ein einzelnes allein an. Ju Wisconſin bewohnt dieſer Vogel jede Wieſe des Tieflandes, im nördlichen Illinois jede feuchte Prärie in überaus großer Anzahl. Mit Vorliebe Wieſen mit Feld und Wald, Berg und Thal abwech— ſeln. Auf Bergen und unfruchtbaren Landſtrichen, ferner in trockenen, hochgelegenen Feldern, Grasflächen u; und Viehweiden trifft man ihn nicht; ebenſowenig N ſiedelt er ſich auf ſehr naſſen Wieſen und Sumpf— { ländereien an, welche leicht von Überſchwemmungen 1 heimgeſucht werden könnten. Obwohl die Neſter überaus ſchwer zu entdecken ſind, ſo fand ich in meinem Heimatſtaate doch jedes Jahr eine ganze Anzahl derſelben. Sie ſind kunſtlos aus Halmen in eine der ſeichten Erdvertiefungen, wie ſie gewöhnlich vom Vieh in den Boden getreten werden, gebaut. Immer ſtehen ſie im dichteſten Graſe. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach grau-, matt- oder grünlichweiß und meiſt ſehr ... linien und Marmorierungen von ſchokoladebrauner Farbe und matteren Schalenflecken gezeichnet. Das Weibchen baut und brütet allein, während das Männ— chen in der Nähe ſingt und Wache hält. Wenn man durch ein ängſtliches, metalliſches „Klink“ oder eee 1.2. DOLICHONYX ORYZIVORUS Swains ö & BOBOLINK. - Bobolink. 3. XANTHOCEPHALUS XANTHOCEPHALUS Jordan. — GELBKOPF-STÄRLING.— Yellow-headed Blackbird. 4. AGELAIUS PHOENICEUS Swains. ROTHFLÜGFL- STÄRLING. — Red-winged Blackbird. 5. STURNELLA MAGNA Swains. — WIESEN -STÄRLING.— Meadowtar!. ’ ee RE s * 2 ER £ * 1 . u a | | Der Bobolink. „Spink“, und ſo kommt es, daß man nur ſelten einmal ein Weibchen vom Neſte aufſcheucht, denn dieſes iſt meiſt ſchon vorher im dichten Graſe davon— gelaufen. Es zeigt ſich dann eine ganze Strecke weit vom Neſte in der ſchwanken Spitze einer aus dem Graſe hervorragenden Staude. Beide verſuchen auf alle Weiſe, durch Hin- und Herfliegen und andere Manöver den Beobachter irre zu leiten, und in den meiſten Fällen gelingt ihnen dies auch. Nach meinen Erfahrungen iſt das Bobolinkneſt von allen mir bekannten Vogelneſtern am ſchwerſten zu entdecken. Nur zufällig, wenn man häufig durch die Wieſen geht, findet man es, und man muß ſich dann aller— dings wundern, mit welchem Scharfſinn die Vögel ihren Bau zu verſtecken gewußt haben. Während dieſer Zeit iſt der Bobolink nicht nur ſeiner Schönheit und Munterkeit, ſondern namentlich ſeines Geſanges wegen eine der hervorragendſten Erſcheinungen unſerer gefiederten Welt. Will man ſich eine rechte Vorſtellung von dieſem Geſange machen, ſo muß man den Vogel da, wo er zahlreich iſt, Gehe mit mir hinaus in die Gras- aufſuchen. flächen, lieber Leſer. Dort in jener Wieſe, wo das Gras hin und her wogt, wo jene herrlichen Lilien in ihrem feurigen Rot ſtolz zu uns herüberleuchten, dort werden wir ihn zahlreich finden. Wir ſehen ſchon in der Ferne einen einzelnen über dem wogenden Grasmeere ſchwirren und vernehmen deutlich ſeine ſchmelzenden, glockenreinen Töne. Dann erhebt ſich ein zweiter und dritter in die Luft und endlich ſehen wir mehr als ein Dutzend hin und her ſchwirren, und alle ſingen in freudigſter Erregung. Iſt ſchon der Geſang eines einzelnen überaus wohlklingend und voller Schmelz, ſo iſt das Konzert, welches eine ganze Schar hervorbringt, wirklich unbeſchreiblich ſchön. Die lauten melodiſchen, abwechſelnden und ſchmelzen— den Töne ſprudeln hervor wie eine rauſchende unver— ſiegbare Quelle, klar und rein und wunderbar heiter und fröhlich. Sie werden in einer ſolchen ſchnellen Aufeinanderfolge hervorgebracht, daß die einzelnen Laute ineinander überzugehen ſcheinen. Nichts kann an einem ſchönen Junitage, wenn die Natur in ihrem Feſtkleide prangt, einen tieferen, fröhlicheren Eindruck machen, als eine über dem Gras meere hin- und herfliegende und ſchwirrende Schar jubelnder Bobolinks. Einen fleißigeren Sänger kenne Vom Tage ſeiner Ankunft bis zur Zeit, ich nicht. da die Jungen erbrütet ſind, ſingt er vom frühen Morgen, auch während der heißen Tageszeit, bis die Sonne zur Rüſte geht. Die Sangeszeit iſt jedoch nur eine kurze, denn ſie dauert ſelten über fünf Wochen. Während des Singeus erhebt er ſich gewöhn— lich in die Luft, ſingt aber auch von der Spitze eines Buſches oder font einer Staude herab und läßt gele— gentlich ſelbſt aus dem hohen Graſe einzelne Strophen erſchallen. Wenn er im Sitzen ſingt, richtet er die Federn des Hinterkopfes empor, breitet die Flügel und den Schwanz etwas dabei aus und wiegt ſich hin und her. Wenn er ſich ſingend in die Luft erhebt, ſchwirrt er langſam von einer Stelle zur andern, ſteigt aber nie hoch empor. Sein ganzes Thun und Treiben läßt uns ihn als vollendetes Bild der Glückſeligkeit und Sorgloſigkeit erſcheinen, und denſelben Eindruck macht auch der Geſang, den wir zu den hervorragendſten Leiſtungen auf dieſem Gebiete zählen müſſen und welcher den Bobolink unſeren beſten Geſangskünſtlern aureiht. Vergleichen läßt ſich dieſer Geſang mit keinem andern mir bekannten Vogelliede, denn er iſt in jeder Beziehung höchſt eigentümlich. Manche haben ihn mit dem der deutſchen Lerche verglichen. Faſt alle unſere Vogelkundigen ſtimmen im Lobe dieſes Liedes überein und das Volk ſeiner Heimat hat ihm ſchon (ängjt alle Gunſt, welche man einem hervorragenden gefiederten Sänger angedeihen laſſen kann, zugewandt. Unſer Bobolink iſt darum auch eine der volkstümlich— ſten Erſcheinungen aller unſerer Vögel. Das beweiſen ſchon ſeine vielen teils recht poetiſchen Namen. Nach ſeinem gewöhnlichen, wie „Bob o-link“ klingenden Rufe nennt man ihn allgemein Bobolink und Bob; auch Boblinkon, Robert von Lin- coln und Meadowwink (Wieſenwink) heißt er. Fräulein Hedwig Schlichting, welche in liebe— voller Hingebung ſchon von Jugend auf die Schön— heiten der Natur, namentlich die wildwachſenden Blumen und die Sänger des Hains, der Wieſe und des Gartens ſtudierte, teilte mir mit, daß man ihn in den deutſchen Anfiedlungen Wisconſins ziemlich all— gemein und zutreffend Klingklangvogel nenne— Auch den ſehr proſaiſchen Stinktiervogel (Skunk Blackbird) hat man ihm mancherorts beigelegt, weil er wie das Stinktier unten ſchwarz, oben ſchwarzweiß gefärbt iſt. Der von deutſchen Vogelhändlern ge— brauchte Namen „Paperling“ iſt eine Verſtümmelung der richtigen Bezeichnung Bobolink. Der Flug iſt in ſeiner Heimat ſehr ſchön, feſſelnd und leicht und zeichnet ſich durch allerlei Wendungen aus. Beſonders anziehend ſind die häufigen Flugſpiele zweier Männchen, die ſich über dem Graſe ſingend dahin jagen, oft jäbe Wendungen ausführen und ſich 56 ——— 442 endlich friedlich nebeneinander auf einem Buſche nieder- laſſen. Mit Vorliebe klammern ſie ſich an jtarfe Grashalme oder Stauden, meiſt in die Spitze, wo ſie ſich auf- und abwiegen. Er iſt in dem Grasmeer völlig zu Hauſe, denn er klettert in den Halmen mit vollendeter Meiſterſchaft umher. Auf dem Boden zeigt er ſich als echter Starvogel, läuft auf ihm ſehr geſchickt dahin und ſucht auf demſelben den größten Teil der aus Inſekten beſtehenden Nahrung. In ſeiner Heimat, alſo im nördlichen Teile der Union, wird der Bobolink nie ſchädlich, er gehört im Gegenteil zu den allernützlichſten Vögeln; denn ſeine Nahrung beſteht faſt nur aus Inſekten, wie Grashüpfern, Heuſchrecken, Würmern, Larven, Käfern, im Graſe und im Getreide lebenden Raupen, z. B. der ſehr ſchädlichen Armee— raupe und vielerlei anderem Ungeziefer. Noch nütz licher wird er, ſobald die Jungen erbrütet ſind. Dieſe werden nur mit Inſekten aufgefüttert. Sobald das Gras gemäht wird, laufen ſie ſcharenweiſe auf dem— ſelben umher, um Ungeziefer aufzuſuchen. Wenn das Gras zu Heu geworden iſt, ſo zieht ſich das ganze Inſektenheer in die nahen Gerſten-, Weizen-, Hafer— und Maisfelder, aber auch die Bobolinks folgen ihm in großen Schwärmen mit den ausgeflogenen Jungen nach, um es hier aufs neue zu bekämpfen. Sie ſehen es allein auf die Kerbtiere ab und thun in den Feldern auch nicht den geringſten Schaden. Das Niſten be— ginnt in Wisconſin etwa anfangs Juni. Gar manche ſpäte Brut wird unglücklicherweiſe durch die ſcharfe Seuſe der Mähmaſchine vernichtet, die meiſten Jun- gen ſind jedoch ſchon ausgeflogen und begeben ſich mit den Alten in die nahen Getreidefelder, wo ſie im ſchützenden Halmenwalde jo etwa in der zweiten Juli- woche ihre Selbſtändigkeit erlangen. Die Männchen verlieren nun ihr ſchönes Hochzeitskleid und vertaus | ſchen es mit dem ſchlichten des Weibchens. Sobald die Verfärbung beginnt, zeigt ſich der Bobolink von einer ganz anderen, ich möchte ſagen proſaiſchen Seite. Verſtummt ſind die ſüßen Lieder, das fröhliche Umher— ſich im Graſe und im Getreide, und die frühere Der Bobolink. — ——yt:- ͤ—ͤwm—— [jGEä—6——̃ — —— ——m14—üäͤẽ 2 Furchtloſigkeit iſt einer eigentümlichen Scheu gewichen. Endlich iſt die Verfärbung beendet. Alt und jung ſchlägt ſich nun zu ungeheuren Schwärmen zuſammen, welche noch eine Zeitlang in der Gegend umherſtreifen. Nur das melodiſche, lockende „Klink“ oder „Spink“ hört man noch oft. Endlich in einer ſtillen Nacht Ende Auguſt oder anfangs September hören wir hoch über uns wohlbekannte, wie „Spink“ und „Tſchink— | link-ink“ klingende Rufe. Es find die Scheidegrüße ziehen dagegen ins Junere Südamerikas. fliegen hat er eingeſtellt; anſtatt deſſen verſteckt er der in dieſer ſtillen Nacht ſüdlich ziehenden Bobolinks. Wir rufen ihnen einen ſehnſuchtsvollen Abſchiedsgruß nach und wüuſchen ihnen eine fröhliche Wiederkehr in die Heimat. Nachdem er ſeine Heimat verlaſſen hat, hält er ſich tagsüber meiſt im Schilf und Rohr der Fluſſe auf und zieht des Nachts ſüdlicher. Jetzt lebt er zumeiſt von dem in ſolchen Ortlichkeiten häufig wachſenden wilden Reis) und dem Samen anderer Sumpf— pflanzen, weshalb man ihn in dieſen Gegenden nur Rohrvogel (Reedbird) nennt. Die Vögel werden von dieſer Nahrung ſo fett, daß man ihnen jetzt ſchon auf alle erdenkliche Weiſe nachſtellt, um ſie für die Küche zu erbeuten. Unſer Sänger hat alſo auch hierin Ahnlichkeit mit der deutſchen Feldlerche, welche ja auch noch immer maſſenweiſe zum Verſpeiſen gefangen wird. Weiter ſüdlich fällt er in die Reis— felder ein, namentlich iſt dies in Süd-Carolina, Georgia und Louiſiana der Fall. Die ungeheuren Schwärme verurſachen oft bedeutenden Schaden in den Reisfeldern, und man hat berechnen wollen, daß dieſer ſich jährlich auf drei Millionen Dollars belaufe. Wir könnten dem aber als Gegenrechnung in die Wagſchale werfen, daß im Norden ſein Nutzen den Schaden im Süden doppelt und dreifach ausgleicht, ja, überhaupt gar nicht zu berechnen iſt. Die Pflan— zer nennen ihn hier Reisvogel (Ricebird). Auch hier werden die fetten Vögel, die ſich nur langſam fortbewegen können, maſſenweiſe erbeutet. Man ſchlägt fie nachts in ihren Ruheplätzen im Schilf und Rohr zu Tauſenden tot. Endlich, mit Eintritt des kalten Wetters, verläßt er die Vereinigten Staaten und fällt nun in den weſtindiſchen Inſeln millionen— weiſe ein. Auch dort hat er einen beſonderen Namen, nämlich Buttervogel (Butterbird). Eigentümlich iſt es, daß unſer Bobolink ſo ſehr weit ſüdlich zieht. Im Gebiete der Union überwintert keiner, und ſehr wenige in Mexico, Weſtindien und Centralamerika, die meiſten Wie weit er ſeine Reiſe in das Innere ausdehnt, hat noch kein Forſcher erkundet, ſicher iſt aber, daß man ihn in Braſilien, Paraguay, Bolivia und anderen Teilen Südamerikas gefunden hat; am 13. April fand man ihn noch in Südamerika. Das ſpäte Eintreffen unſeres im Norden hoch— poetiſchen, im Süden proſaiſchen Vogels erklärt ſich alſo durch ſeine weite Reiſe. Eine andere Eigentüm— lichkeit des Bobolinks iſt die, daß er nur im nördlichen 1) Zizania aquatica. RB Teile der Union und im ſüdlichen Britijch-Amerifa | brütet. Sein Brutgebiet erſtreckt ſich vom 42. bis 54. Grad nördlicher Breite und von den Neu-England— ſtaaten bis wahrſcheinlich nach Utah. Er iſt alſo ein eigentlicher Bewohner unſerer Nordſtaaten. Die Vogelliebhaber hier und über dem Ozean ſind zum größten Teil begeiſterte Freunde des Bobo— link und in großer Anzahl hält man ihn im Käfig. Tauſende werden alljährlich übers Meer nach Deutſch— land, England und anderen Ländern gebracht. Man fängt ſie gewöhnlich mit Netzen und Fangkäfigen mit Lockvogel. Er gewöhnt ſich bald ein und läßt ſeinen Geſang ſehr fleißig hören. gefangen, welche ſogleich, als ich ſie vom Boden in die Höhe hob, ſangen. Die meiſten vertragen ſich ſehr gut mit anderen kleinen Finkenvögeln und man darf ihn deshalb getroſt zu ihnen in das Geſellſchaftsbauer bringen. Vielen unſerer amerikaniſchen Liebhaber will es nicht glücken, Bobolinks länger als ein Jahr in der Gefangenſchaft zu halten, doch iſt das allein eine Folge unrichtiger Behandlung. Frühling und Sommer faſt nur Inſekten, im Herbſt und vielleicht auch im Winter größtenteils Körner frißt. Ein Miſchfutter von Kanarienſamen, Hirſe, verſchiedenen Grasſämereien, vielleicht auch unge— hülſtem Reis, dazu auch Weichfutter (Spottdroſſel— futter mit geriebenen gelben Rüben vermiſcht), Mehl— Ich habe oft Bobolinks Körner allein genügen nicht. Mau Der Kuhvogel. 443 würmer, Grünzeug, Obſt u. ſ. w. hat man ihm zu reichen. Von Körnern allein werden ſie zu fett und gehen dann faſt ſtets ein; Hauf ſollte man ihm nie geben. Faſt jedes Jahr während meines zehnjährigen Aufenthalts im nördlichen Illinois, beobachtete ich eine Abnahme dieſer Vögel, jedenfalls infolge der maſſen— haften Abſchlachtung im Süden. Je ſeltener aber dieſe ſchönen, hochſtehenden, geſangeskundigen Vögel werden, deſto mehr verlieren unſere Wieſen den ihnen eigenen poetiſchen Reiz, deſto mehr veröden fie zum großen Leidweſen des wahren Naturfreundes. Eine Lokalraſſe, Dolichonyz oryzivorus albinuch« Rıpaway, bewohnt die großen Ebenen öſtlich bis Dakota, nördlich bis Fort Garry und Manitoba, weſtlich bis nach Utah und Nevada. Namen: Bobolink, Paperling, Klingklangvogel, Neisvogel. Bobolink, Boblincon, Robert of Lincoln, Skunk- bird, Skunk Blackbird, Reedbird, Ricebird, Butter- bird, Ortolan. Wiſſenſchaftliche Namen: Emberiza oryzivora Linn. (1755) — Dolichonyx oryzivorus Swains. (1827). Beſchreibung: Männchen im Frühling tiefſchwarz; Nacken bräunlich-rahmgelb; Schulterblattgegend und Bürzel weiß, auf den oberen Schwanzfedern in helles Aſchgrau übergehend; die äußeren Schwungfedern gelb— lich gerändert; Schnabel dunkel hornfarbig; im Herbſt ganz verſchieden, dem Weibchen und Jungen ähnlich. — Weibchen auf der Unterſeite gelblich; oberſeits dunkel— braun, jede Feder gelblichbraun gerändert. Länge 7.70 Zoll; Flügel 3.80, Schwanz 3.15 Zoll. Tafel XVII. geſchrieben worden und über nichts ſind wir trotzdem mehr im unklaren, als über die ſchmarotzen— den Vögel, über diejenigen alſo, welche nicht ſelbſt bauen und brüten, ſondern ihre Eier in die Neſter anderer Vögel legen und dieſen das Ausbrüten der— ſelben und das Aufziehen der Jungen überlaſſen. Wohl kennen wir ihre Färbung, ihre Lebensweiſe, ihren Bau, aber der Grund, warum ſie nicht ſelbſt brüten, ſondern ihre Eier in andere Neſter legen und Joer nichts in der Vogelwelt iſt wohl mehr | Juhpogel. Cowbird, Cow-Blackbird. Molothrus ater GRAY. Vogel 2 u. 3. ſich um die Aufzucht ihrer Jungen durchaus nicht kümmern, iſt uns unbekannt. Wir ſtehen da vor einem Rätſel in der Natur, deſſen Löſung uns unmög— lich ſcheint. Am bekannteſten in dieſer Hinſicht iſt der europäiſche Kuckuck. Was darüber geſchrieben worden iſt, würde eine anſehnliche Bibliothek ausmachen. Unſere einheimiſchen Kuckucke, obwohl fie des Eigen— tümlichen genug bieten, brüten doch gewöhnlich ſelbſt; aber auch fie legen manchmal in andere Neſter, d. h. die eine Art in das Neſt der andern. Dagegen lebt 444 Der Kuhvogel. gerade in den Vereinigten Staaten ein ſolcher Paraſit, der durch ſeine ungeheure Anzahl und durch ſein furchtloſes Benehmen allerwärts bald ins Auge fällt. Es iſt dies der Kuhvogel, Kuhſtar, Kuühſtär— ling oder Viehſtar. ganzes Gefieder iſt glänzend ſchwarz, mit violettbrau— nem, auf dem Rücken grünlichem Schimmer. Das Hauptkennzeichen iſt der kaffeebraune Kopf und Hals. Das Weibchen iſt aſchbräunlich. In der Größe ſtimmt er mit dem Bobolink überein, nur iſt ſein Bau etwas gedrungener. Das Verbreitungsgebiet des Kuhſtärlings iſt ein ſehr großes, denn es erſtreckt ſich vom Atlantiſchen Ozean bis nach Californien und von Texas bis zum 60. Grad nördlicher Breite. — In Wisconſin und Nord-⸗Illinois erſcheinen die Kuhvögel gewöhnlich in der zweiten Hälfte des April, manchmal einige Tage früher, oft auch ſpäter. Alle ihre Bewegungen, ihr Flug, ihr Benehmen auf dem Boden, ihr Gang erinnert an den Rotflügel. Auch nachdem ſich die Scharen der übrigen Zugvögel aufgelöſt haben und die einzelnen Pärchen in ihr Brutgebiet übergeſiedelt ſind, bleiben die Kuhvögel in kleineren oder größeren Geſellſchaften beiſammen. Ohne ſich in einzelne Pär chen abzuſondern, durchſtreifen fie die Gegend, fich | meiſt in Viehweiden in der Nähe von Dickichten und Waldrändern aufhaltend. Gewöhnlich ſieht man ſie in Flügen von zehn bis zwanzig Stück, welche ſich am liebſten in Viehweiden in der Nähe der Kühe umher treiben. Daher ſchreibt ſich auch der gewöhnliche Name „Kuhvogel“. Hier kann man ſie in ihrem Thun und Treiben leicht beobachten. ſowohl aus den verſchiedenſten Körnern, als auch aus vielerlei Inſekten beſteht, ſuchen ſie größtenteils am Boden, namentlich aus dem Miſt der Weidetiere auf, aber ſie fliegen auch den Kühen und Schafen auf den Er iſt leicht kenntlich. Sein Ihre Nahrung, die eben- legen, ſo entfernt es ſich von der umherſtreifenden Kuhvogelgeſellſchaft. Ohne irgend einen Laut auszu— Rücken und ſuchen dieſen das läſtige Ungeziefer, die Zecken, Bremſen, Würmer, Moskitos ab, weshalb ſie von den Herdenbeſitzern nicht ungern geſehen werden. Oft ſieht man drei bis vier Stück auf einer Kuh umherſuchen, und dieſe fühlt ſich dadurch keineswegs beunruhigt oder beläſtigt, läßt ſich im Gegenteil das Ungeziefer mit dem größten Behagen abſuchen. Bei dieſem Thun und Treiben läßt ſich der Vogel nicht leicht ſtören, und wenn er von dem einen Tiere abgeſcheucht wird, läßt er ſich meiſt auf einem andern wieder nieder. Wird der ganze Flug verſcheucht, ſo fällt er nicht weit davon auf den Boden ein, ſobald die Gefahr beſeitigt ſcheint zur Viehherde zurückkehrend. Stets handelt die ganze Schar übereinjtimmend. | Fliegt der eine zum Boden herab, ſo folgen bald alle übrigen dieſem Beiſpiele; fliegt der eine fort, ſo folgen bald die andern in dichter Schar nach. Während der heißen Tageszeit im Sommer ſieht man ſie auf Zäu— nen oder Bäumen ausruhen, ſich recken und ſtrecken und das Gefieder glätten. Hierbei laſſen auch die Männchen ihre aus allerlei rauhen, gurgelnden, un— melodiſchen, unartikulierten Tönen beſtehendes Ge— zwitſcher hören, welches ſie mit mancherlei komiſchen Körperbewegungen, Recken des Halſes, Strecken der Beine und Ausbreiten der Flügel und des Schwanzes begleiten. Hierin gleicht er ganz dem Gelbkopf. Ihren Aufenthalt während der Brutzeit wählen die Kuhvögel immer da, wo viele kleine Vögel brüten, namentlich in der Nähe der Gebüſche und Dickichte, an Sümpfen und Waldrändern. Rätſelhaft erſcheint es, daß ſich nicht einzelne Männchen der Geſellſchaft mit einem Weibchen abpaaren, wie dies doch bei allen Vögeln der freien Natur der Fall iſt. Man ſieht niemals beide Geſchlechter treu zuſammenhängen, ſon— dern es herrſcht bei ihnen, wie ſich ein berühmter Ornitholog ausdrückt, „die ſogenannte freie Liebe, beziehentlich die Vielehe im ausgedehnteſten Maße.“ Jedes beliebige Männchen wird daher auch vom erſten beſten Weibchen angenommen. Es iſt dies eine Eigen— tümlichkeit, die ſich in der freien Natur bei nur ſehr wenigen, vielleicht bei gar keinem andern Vogel wieder— finden dürfte, und eine Erklärung hierfür iſt ſehr ſchwer zu finden. Vielleicht iſt dieſe Abſonderlichkeit darin begründet, daß die Vögel eben Schmarotzer ſind, die weder Neſter bauen, noch ſelbſt brüten und für ihre Jungen zu ſorgen haben. — Will das Weibchen ſtoßen, begiebt es ſich ſchleichend und verſtohlen, dabei aufmerkſam nach allen Seiten ſpähend, in die nächſten Gebüſche und Dickichte, wo zahlreiche kleine Vögel niſten. Mit einer gewiſſen Unruhe ſitzt es einige Augenblicke da, verſchwindet dann aber plötzlich am Boden oder im Innern des Dickichts, um nach einigen Minuten ebenſo ſtill und geräuſchlos wieder zu erſchei— nen. In derſelben ſchleichenden Weiſe begiebt es ſich wieder zu der noch in der Nähe weilenden Kuhvogel— ſchar. Sehen wir nun nach, ſo werden wir im Neſte eines Gelbkehlchens, eines Schwätzers, Vireos, irgend eines Finken u. ew. das eingeſchmuggelte Ei des Schma— rotzers finden. Stets legt das Kuhſtarweibchen ſein Ei in ſolche Neſter, deren Beſitzer gerade abweſend ſind. Nie wird es einen Vogel gewaltſam vom Neſte ver— treiben. Aber es iſt mindeſtens ſonderbar, um nicht e ee - 11 Der Kuhvogel. 445 wieder das Wort „rätſelhaft“ zu gebrauchen, daß die | Vögel, als er ſelbſt iſt, findet man gelegentlich das ſonſt ſo wachſamen Vögel ſich ſo ſtill verhalten, wenn ein ſolcher Schmarotzer in der Nähe ihrer Neſter umher— ſtrolcht, daß ſie es ſcheinbar gar nicht merken, wenn er in ihrem Neſte ſitzt. Wenigſtens habe ich nie beobach— tet, daß auch nur ein Warnungs- oder Angſtruf hörbar wurde, wenn ein Kuhvogel umherſuchte, während das Geſchrei doch gar kein Ende nehmen will, wenn ein anderer Vogel ſich in die Nähe verirrt; ſogar Vögel der eigenen Art dürfen ſich nicht unbemerkt und ungeſtraft in die Nähe eines fremden Neſtes wagen. So unbe— merkt und verſtohlen kann das Kuhvogelweibchen ſein Ei nicht in ein fremdes Neſt ſchmuggeln, daß dies nicht in vielen Fällen von den kleinen Vögeln bemerkt würde. Überaus komiſch iſt es freilich, wie ſich der Schmarotzer entfernt, nachdem er ſein Ei gelegt. Etwas haſtig, verſtohlen wie ein Dieb, wie einer, der etwas Böſes vollbracht, entfernt er ſich vom fremden Neſte und noch komiſcher iſt es, wie ſich dann die betrogenen Vögel benehmen. Das Weibchen naht ſich ahnungslos dem Neſte, um auf demſelben Platz zu nehmen. Da gewahrt es des Paraſiten Ei! Halb erſtaunt, halb erſchreckt ſtößt es ſeinen Angſtruf aus, und das Männchen eilt mit geſträubten Federn und hängenden Flügeln herbei. die Beſcherung, umhüpfen unter den eigentümlich— ſten Gebärden das Neſt und wiſſen ſich vor Verwun— derung ſcheinbar kaum zu faſſen. Endlich nimmt das Weibchen aber doch im Neſte platz, und damit iſt das Schickſal der eigenen Brut beſiegelt: ſie iſt verloren, während der Fremdling glücklich das Neſt verläßt. — Oft kann das Kuhvogelweibchen ſein Ei nicht gleich los werden, ſei es, daß es ein paſſendes Neſt nicht findet, ſei es, daß es in das Gebiet eines oder mehrerer Pärchen Katzendroſſeln gerathen iſt. Dieſe allein leiden es nicht oder doch nur in ſeltenen Fällen, daß ihnen fremde Eier eingeſchmuggelt werden. Voller Unruhe fliegt es dann hin und her, ſtreift ſtundenlang durch die Gebüſche, bis es endlich doch noch ein Neſt erkundet. In der Regel findet es jedoch bald ein Neſt, in dem es ſein Ei unterbringen kann. Gewöhn— lich werden die Eier in die Neſter kleinerer Vögel oder doch ebenſo großer gelegt, als er ſelbſt iſt. Beſonders werden alle Arten Vireos, Kleintyrannen, faſt alle Waldſänger, die meiſten Finken, alſo unſere allernütz— Beide ſchauen hinein auf | Kuhvogel-Ei, wie z. B. in den Neſtern der Wald- und Röteldroſſel, des Erdfinken und ſelbſt des Wieſenſtars. Allen ſah in Jowa ein Weibchen der Braundroſſel einen nahezu ſelbſtändigen jungen Kuhvogel füttern. Die meiſten kleinen Vögel nehmen das Schma— rotzer-Ei an und bebrüten es ſo ſorgfältig, als wäre es ihr eigenes. Gewöhnlich iſt das Kuhvogel-Ei etwas größer als die übrigen und kommt deshalb mit dem Körper des Bebrüters in eine nähere Berührung, erlangt deshalb mehr und gleichmäßigere Wärme als die übrigen. Dadurch wird es mit den andern nicht nur gleichmäßig gezeitigt, ſondern oft noch einige Tage früher. Merkwürdig iſt es auch, daß einige Eier des rechtmäßigen Eigentümers während der Brutdauer ſpurlos verſchwinden. Man findet dieſe oder deren Schalen weder unter dem Neſte, noch in der Nähe des ſelben. Oft ſind auch einzelne Eier faul, in den meiſten Fällen kommen aber doch einige Junge aus. Unauf— hörlich tragen nun die Alten Futter herzu, aber der junge Schmarotzer macht ſo lebhafte Bewegungen, ſchreit ſo anhaltend und iſt ſo unerſättlich, daß ihm ſtets der Hauptanteil zukommt. So geſchieht es, daß die rechtmäßigen Kinder ſchon in kurzer Zeit Hungers ſterben. Wenn aber auch das eine oder andere Junge noch eine Woche kümmerlich ſein Leben friſtet, ſo wächſt doch der junge Kuhvogel ſo raſch heran und macht ſich ſo breit im Neſte, daß er dieſes vollends erdrückt oder aus dem Neſte wirft. Alles Futter, welches die Alten herzutragen, ſchnappt er ſofort hinweg, ſodaß dieſe gar nicht imſtande ſind, für die eigenen Kinder mit zu ſorgen. Ich habe nie ein Neſt mit einem faſt flüggen Kuhvogel gefunden, in welchem noch eins der rechtmäßigen Jungen ſich befunden hätte. — Da gerade in bebauten Gegenden die Kuhvögel in unge— heurer Anzahl auftreten und ſich von Jahr zu Jahr in überraſchender Weiſe vermehren, ſo iſt der Schaden, der durch dieſe paraſitiſche Thätigkeit den kleinen Vögeln geſchieht, ein wirklich unberechenbarer. Die Zahl der kleinen Sänger, welche Wald, Feld, Wieſe, Gärten und Sümpfe ſo ſchön beleben, nimmt von Jahr zu Jahr ab. Eine der Haupturſachen iſt die ungeheure Anzahl der Kuhvögel. In der Nähe von Houſton, Texas, fand ich in jedem dritten Neſte, das lichſten Vögel von dem Schmarotzer heimgeſucht. Wenn man nun weiß, daß jedesmal die eigene Brut dieſer kleinen Kerbtierfreſſer zu Grunde geht, ſo kann man ſich einen Begriff von der Schädlichkeit des Kuh— ſtares machen. Aber auch in den Neſtern größerer ich unterſuchte, ein, ja ſelbſt zwei und drei Eier des Paraſiten, und andere Beobachter haben ſelbſt vier und fünf Stück in einem Neſte gefunden Brewer, einer unſerer beſten Ornithologen, behauptet, daß der Sommer- oder Gartenſäuger (Dendroica zestiva) unter keinen Umſtänden das 446 Der Kuhvogel. Schmarotzer-Ei annehme, ſondern er baue ein zweites, | ja ſelbſt drittes Neſt auf das erſte, jo das Kuhvogel-Ei gleichſam einmauernd. Gelegenheit, in Neſtern des genannten Sängers faſt flugfähige junge Kuhvögel zu finden. In vereinzelten Fällen dürfte die Behauptung Brewers wohl zu— Ich hatte dagegen mehrmals nach Futter ſuchen ſehen. treffen, obwohl ich ſelbſt nie dieſelbe Beobachtung | gemacht habe. Manche Vögel, wie der Waldvireo, bebrüten ſogleich das Schmarotzer-Ei, ohne ſelbſt zu legen. So reiht ſich Rätſel an Rätſel. Das Kuhvogel-Ei iſt in der Regel leicht von den übrigen im Neſte liegenden Eiern zu unterſcheiden. Es ähnelt ſehr den Eiern des roten Kardinals und manchmal auch denen des Würgers. Der Grundfarbe nach iſt es mattweiß, dicht und ſehr gleichmäßig mit feinen ſchokoladen— braunen Flecken gezeichnet. Im fremden Neſt kenn— zeichnet es ſich meiſt ſofort durch ſeine verſchiedenartige Färbung und oft auch durch ſeine bedeutendere Größe von den übrigen Eiern. Ich entferne ſofort jedes Kuhvogel-Ei und junge Kuhſtare aus den fremden Neſtern und vertilge die Alten, wo ſich die Gelegenheit dazu bietet. Die jungen Kuhſtärlinge werden von den Pflege— eltern mit großer Liebe und Selbſtaufopferung groß— gezogen. Bis zur Selbſtändigkeit des Fremdlings dauert dieſe Pflege. Dann begiebt dieſer ſich inſtinkt— artig, ohne ſich weiter um ſeine Pflegeeltern zu küm— mern, zu anderen ſeiner Art. Es entſtehen dann kleine Flüge, die ſich mit den umherſchweifenden leine mehr, ſah ſie aber deſto häufiger im November und wenn der Winter mild war, auch vom Dezember bis zum Februar. In Houſton kann man ſie in Ge— ſellſchaft der Blauköpfe zu Hunderten in den Straßen Selbſt in den bevölkertſten Stadtteilen und in den belebteſten Straßen ſieht man ſie im Winter ſehr häufig. Wie alle Stärlinge, ſo gewöhnt auch er ſich leicht an die Gefangenſchaft, hat aber für den gewöhnlichen Vogelliebhaber eigentlich keinen Wert, da er ſich weder durch angenehmes Weſen und ſchönen Geſang, noch durch Farbenpracht auszeichnet. Still und teilnahm— los ſitzt er meiſt da, verträgt ſich aber gut mit allen kleinen Vögeln. Für zoologiſche Gärten iſt er, beſon— ders wenn er truppweiſe zuſammengehalten wird, ganz alten Kuhvögeln vereinigen und endlich verſchwinden. Dieſes gewöhnlich im Juli plötzlich ſtattfindende Ver— ſchwinden iſt ebenfalls unerklärlich. Wohin ſie gehen, und warum dieſe Wanderung ſtattfindet, iſt bis jetzt noch unbekannt, wird aber durch die Beobachtungen aller Ornithologen, von Wilſon an bis zur neueſten Zeit, beſtätigt. ber wieder, oft ſieht man aber, wenigſtens im nörd— lichen Teile der Union, in dem Jahre keine Kuhvögel mehr. Auch in Texas beobachtete ich ſchon im Juni Manchmal erſcheinen fie im Septem am Platze. In Texas beobachtete ich eine etwas kleinere Varietät, den Zwergkuhvogel (Molothrus ater obscurus CouEs; Dwarf Cowbird) zahlreich. Im ſüdlichen Texas und in Mexico lebt der Erz- oder Bronzekuhſtar (Molothrus e“ AB.; Bronzed Cowbird), welcher ſchöner, glänzender, mit bronze— farbigem Anfluge gefärbt iſt. Auch in Südamerika hat dieſer Vagabund Vertreter. So findet man in dem größten Teil Braſiliens, in Paraguay, Bolivia und in den La Plata-Staaten den Seidenkuhſtar, in Guiana und Venezuela den Glanzkuhvogel und in Venezuela ebenfalls den Rieſenkuhſtar. Sie alle legen ihre Eier in fremde Neſter. Namen: Kuhvogel, Kuhſtar, Kuhſtärling, Viehſtar. Cowbird, Cow Blackbird, Cow-pen Bunting, Cow Bunting, Lazy Bird (Connecticut), Clod-hopper. Wiſſenſchaftliche Namen: Oriolus ater Bodd. (1783). Molothrus ater Gray (1570). — Fringilla pecoris Gmel. (1788). — Emberiza pecoris Wils. (1810). — Jeterus pecoris Bonap. (1524). — Molothrus pecoris Sw. (1831). Beschreibung: Männchen metalliſch glänzend ſchwarz; Kopf und Hals auffallend kaffeebraun. Weibchen hell— aſchbraun. Länge 8 Zoll; Flügel 4.40, Schwanz 3.40 Zoll. Yellow-headed Blackbird. Tafel XXIX. 2. den auffallendſten Erſcheinungen unſerer Vogel— welt muß man in erſter Reihe die Stärlinge oder u (allgemein unter dem Namen „Black- birds“ bekannt) zählen. Sie find Charaktervögel ihrer Heimat in des Wortes eigentlicher Bedeutung. Keine anderen gefiederten Schwärmen auf und machen ſich dadurch ſo bemerklich als ſie. Durch ihr tiefes, in mannigfachen Farben— tönen ſchillerndes, durch Rot, Gelb und Weiß oft noch gehobenes Schwarz, durch ihr lautes, lärmendes Weſen, namentlich aber durch ihre Geſelligkeit und ihr häufiges Vorkommen beleben ſie Wieſe, Wald, Sumpf, Prärie und Feld wie keine anderen Vögel. Gegen den Herbit hin ſchlagen ſie ſich zu ungeheuren Schwärmen zuſam— men, noch eine Zeitlang das Land durchziehend, dann endlich dem Süden zuwandernd. Das Geſagte bezieht ſich nicht auf diejenigen Gruppen der Stärlinge, zu denen der Baltimore-Oriol und die Wieſenſtärlinge gehören, ſondern auf die vorherrſchend ſchwarz gefärb— ten Glieder der Familie, namentlich auf unſeren die feuchten Wieſen durch feinen köſtlichſten Geſaug be— lebenden Bobolink, auf den die Sümpfe bewohnenden Rotflügel, auf den paraſitiſchen Kuhvogel, auf die Bootſchwänze u. a. Dieſe alle ſind echte Horden— vögel, welche außerhalb der Brutzeit in oft ungeheuren Scharen im Lande umherſchwärmen. Zu ihnen gehört auch der ſchöne Gelbkopf, Gelbkopftrupial, Gelbkopfſtar oder -ſtär ling oder gelbköpfiger Hordenvogel. Da er ſich nur unregelmäßig verbreitet, ſo iſt er mancher orts ein ſehr bekannter, vielerorts aber ein gänzlich unbekannter Vogel. Gewöhnlich findet er ſich da, wo ſich in den flachen, ausgedehnten Prärien große, waſſerreiche ſchilf- und rohrbewachſene Sümpfe und Märſche finden. Während der Rotflügel in jedem kleinen, mit Schilf, Binſen und Gebüſch beſtandenen Sumpfe vom Atlantiſchen bis zum Stillen Ozean und vom großen Sklavenſee in Britiſch-Amerika bis hinab zum tropiſchen Mexico und Guatemala vor— kommt, findet man den Gelbkopf nur an gewiſſen, ihm beſonders zuſagenden Ortlichkeiten, dann aber in Sommergäſte treten in ſo großen Der Gelbkopfſtärling. Xanthocephalus xanthocephalus JORDAN. Vogel 3. großer Anzahl geſellig zuſammeulebend und brütend. Das Vorkommen dieſes Stärlings hängt immer von der Ausdehnung der Sümpfe und Märſche ab. Auch der kleinſte mit Binſen und Rohr bewachſene Sumpf bietet für ein Pärchen Rotflügel alles zur Anſiedlung und zum Leben Erforderliche; für den in großen Geſell— ſchaften zuſammenlebenden Gelbkopftrupial aber ſind nur die ausgedehnteſten waſſerreichen Sumpfgegenden zur Aulage einer Brutkolonie paſſend. Man hat ihn bisher auch immer nur an derartigen Ortlichfeiten gefunden und zwar immer nur in den Märſchen der Prärie, nie in Waldgegenden, auch nicht dort, wo ſchon unter Kultur befindliches Land mit Wald wech— ſelt. Er iſt deshalb als echter Prärievogel zu bezeich— nen. Sein Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich von Texas und New Mexico an bis zum 58. Grad nördlicher Breite und von Illinois weſtlich bis zum Pacific. Innerhalb dieſes großen Gebietes ſind die Brut— folonien zerſtreut. Im mittleren Teile Wisconſins habe ich ihn nie geſehen, dagegen kommt er im Süden des genannten Staates an den ſumpfigen Ufern des Koſhkonong-Sees und ähnlichen Märſchen vor. In Jowa, Minneſota, Dakota und Manitoba findet man zahlreiche Kolonien. Ich beobachtete ihn in großer Anzahl in den Calumet-Märſchen des nördlichen Illi— nois, worauf ich weiter unten ausführlicher zurück— kommen werde. In Californien iſt er ſtellenweiſe ſehr häufig. Ridgway fand ihn dort faſt zahl— reicher als den Rotflügel, und ihre Neſter fanden ſich in faſt allen Binſenbüſchen. Ebenſo berichtet Dr. Cooper, daß ſie in den Niederungen der Flußthäler Californiens, namentlich in mit Sumpfgräſern be— wachſenen Wieſen und Märſchen vorkommen. Sie überwintern in zahlreichen Scharen im mittleren Gebiete dieſes Staates und einige wandern auch hinab bis zum Colorado-Thale und San Diego, ſelbſt bis nach Sonora und in das Innere Mexicos, doch glaubt er nicht, daß ſie während der Brutzeit im ſüdlichen Californien vorkommen. In der Nähe des Klamath— Sees in Oregon ſah man ſie ebeufalls umherſchwär— men, doch traf man ſie nicht am Columbia. Sir 448 John Richardſon fand den Gelbkopf zahlreich im | Rohrwalde war wirklich bewundernswert. Innern Britiſch-Amerikas bis zum 58. Grad nörd— licher Breite. 20. Mai. Dr. Coues fand ihn zu Tauſenden in den Märſchen bei Laguna in New Mexico brütend. Im Oſten der Union hat man ihn bisher nur verein— zelt als Irrgaſt gefunden. Als ich am 2. Mai 1879 die ſumpfige, mit hohen ſchilfartigen Gräſern beſtandene ebene Prärie der Küſtengegend von Texas durchſtreifte, ſah ich einen kleinen Flug dieſer prachtvollen Vögel auf einer Um— zäunung ſitzen, wo ſie auf ihre Weiſe ſangen und ihr Gefieder in Ordnung brachten. Dies war in der Nähe von Little Cypreß. Da ſie ſich noch ſo ſpät in dieſer Jahreszeit aufhielten, ſo iſt mit Sicherheit an- zunehmen, daß ſie ſtellenweiſe auch in Texas brüten. An ausgedehnten marſchigen Sümpfen fehlt es dort nicht, und die ganze Gegend ſchien mir als Aufenthalt und Brutort für dieſe Vögel ſehr geeignet zu ſein. Am 10. Juni 1878 machte ich mit Herrn L. Woltersdorf, einem eifrigen Chicagoer Vogel— freunde, einen Ausflug nach den etwa achtzehn Meilen ſüdlich von Chicago gelegenen Calumet-Märſchen, um die Brutanſiedlung der Gelbkopfſtärlinge aus eigener Anſchauung kennen zu lernen. Etwa eine Meile von Kenſington, ganz in der ebenen, offenen Prärie, ſahen wir ein ſeichtes, ſtilles, zum größten Teil mit Rohr bewachſenes Gewäſſer vor uns liegen, welches damals allgemein als „Calumet Lake“ und „Calumet Marshes“ bekannt war. Kein Baum, kein Strauch ſäumte dieſes Gewäſſer und weithin war auch weder Gebüſch, noch Gehölz zu ſehen; nur gegen Südweſt gewahrte das Auge, einige Meilen entfernt, den Schü— tzenpark, eine höher gelegene waldbeſtandene Gegend. Der Sumpf ſelbſt war mit einer Art Rohr, welches etwa ſechs bis acht Fuß hoch wird und einen glatten runden Stengel, mit keinerlei Seitenzweigen, hat, bewachſen. Schon von weitem ſahen wir die munteren präch— Sie erſchienen am Saskatchewan am tigen Vögel in großer Anzahl teils in den Niederungen nach Nahrung ſuchend umherlaufen, teils einzeln oder in kleinen Geſellſchaften Ausflüge in die benachbarte Umgebung unternehmen oder Niſtſtoffe ſammeln. Als wir uns den Ufern des Calumet-Sees näherten, hörten wir auch die eigentümlichen gurgelnden und pfeifenden Töne von allen Seiten. Hunderte trieben ſich vor uns munter und wohlgemut in dem hohen dichten Rohr umher und ließen ſich, auf den Stengeln ſitzend, von jedem Luftzuge hin- und herwiegen. Die Gewandtheit aller ihrer Bewegungen in dieſem dichten Auch fer— tige oder angefangene Neſter ſahen wir in großer Anzahl; ſie ſtanden aber meiſt ſo weit vom Ufer ent— fernt, daß man ohne weiteres nicht zu denſelben gelangen konnte. Ich verſuchte es, das nächſte Neſt watend zu erreichen, aber das Waſſer wurde immer tiefer, der Boden immer ſchlammiger, ſodaß ich unverrichteter Sache wieder umkehren mußte. Erſt vermittelſt eines kleinen Kahnes, welcher nur mühſam durch das dichtſtehende Rohr vorwärts zu bringen war, gelang es uns, eine Anzahl Neſter und Eier zu ſammeln. Die Bauten ſtanden oft nur wenige Schritte voneinander entfernt und waren meiſt nur wenige Zoll über dem Waſſerſpiegel in einen dichten Rohrbüſchel angelegt. Man gewahrte hier Neſter in allen Stadien der Entwicklung, vom gerade ange— fangenen bis zu halbfertigen und vollendeten. Es laufen in der Regel etwa ſechs bis acht Rohrhalme durch die Wandungen, die gut mit denſelben ver— bunden und umflochten ſind. Das Niſtmaterial des ziemlich kunſtvollen, feſten Baues beſteht zumeiſt aus langen groben, elaſtiſchen Halmen, die immer aus dem Waſſer aufgeſucht werden; das Innere iſt mit feinen Hälmchen ausgelegt. Die Bauten dieſer Trupiale ſind von viel roherem Material gefertigt und auch umfangreicher, als die der verwandten Rotflügel; ſie ſind jedoch feſter und beſſer mit dem Rohre, in das ſie gebaut ſind, verflochten, und daher auch dauerhafter. An den angefangenen und noch im Bau begriffenen Neſtern konnte man ſehen, daß die Vögel nur naſſes Niſtmaterial verwenden; auch ſah man ſie fleißig dieſe naſſen Stoffe herzutragen. In dieſer Brutkolonie hatten ſich auch einzelne Pärchen Rotflügel angeſiedelt, namentlich aber hatten zahlreiche Sumpfzaunkönige ihre Neſter künſtlich in das Schilf geflochten und gewebt. Nur ſehr wenige Pärchen der Gelbkopftrupiale hatten bereits mit Brüten begonnen, in den meiſten Neſtern lagen erſt ein bis zwei Eier, und in nur wenigen fand ſich ein vollzähliges Gelege von vier bis fünf Stück. Ein ſehr ſchöͤnes Neſt meiner Sammlung, das ich mir von dort mitgebracht habe, iſt 8 Zoll lang und 3 Zoll breit, die Neſtmulde 2.50 Zoll tief. Es enthielt drei Eier, der Grundfarbe nach matt graugrünlich, mit hell- und dunkelbraunen Tüpfeln gezeichnet, die am dicken Ende ſo dicht ſtehen, daß die Grundfarbe kaum erkennbar iſt. Adern und Marmorierungen, wie ſie die Eier der Rotflügel zeigen, fehlen hier gänzlich. Im Verhältnis zur Größe des Vogels erſcheinen die Eier klein, auch ſind ſie ſehr zartſchalig. Miriaden einer Eintagsfliege (Ephemera, May- oder June: fly) 5 Der Gelbkopfſtärling. Be}, Der Gelbkopfſtärling. ſchwärmten über dem Waſſer, am Ufer und in der Luft umher, ſodaß es faſt unmöglich war, vor ſich zu ſehen. So dicht ſetzten ſie ſich auf unſere Kleider, in das Geſicht und den Bart, daß man ganz von den ſelben bedeckt erſchien. Gerade dieſe Inſekten ſind aber für unſere Vögel ein Lieblingsfutter und während der Brutzeit ein Hauptbeſtandteil ihrer Nahrung. Fortwährend ſah man ſie damit beſchäftigt, dieſe Fliegen von den Rohrſtengeln und vom Boden aufzu— ſuchen. Aber auch andere Waſſerinſekten, Motten, allerlei ſchädliche Erdwürmer, Grashüpfer, Käfer und ſelbſt kleine Kruſtaceen bilden während der Brutzeit ihre Nahrung. Körner rühren die Gelbkopfſtärlinge während dieſer Zeit nicht an, aber gegen den Herbſt hin leben ſie außer von Kerbtieren auch von kleinem Geſäme. Am Getreide werden dieſe Stärlinge eben ſowenig ſchädlich wie die Rotflügel, ſie ſind im Gegen— teil dem Farmer von unſchätzbarem Nutzen. Es iſt erſtaunlich, mit welcher Gewandtheit ſich dieſe kräftigen Vögel im Rohrwalde zu benehmen wiſſen. Es gewährt einen Anblick eigentümlicher Pracht, wenn eine ganze Anzahl derſelben ſich vom wogenden Rohre hin- und herwiegen läßt. Man ſieht ſogleich, daß die Vögel hier zu Hauſe ſind, ſo leicht, ſo gewandt und anmutig ſind alle ihre Bewe— gungen. Stärlinge darum auch ihrem Wohngebiete, und es iſt nur zu bedauern, daß ſie nicht in allen Sümpfen vorkommen, daß ſich ihre Verbreitung nur über ein— 449 oder auf einem großen Baume nieder. Sie ſind faſt den ganzen Tag in Thätigkeit, vom frühen Morgen an bis Sonnenuntergang, und nur während der Mit— tagszeit laſſen ſie ſich auf Bäumen, gewöhnlich auf ein— zelnen oder gruppenweiſe zuſammen ſtehenden nieder, um hier eine kurze Zeit der Ruhe zu pflegen. Aber auch jetzt ſind ſie nicht vollkommen ruhig; hier glättet einer ſein Gefieder, ein zweiter reckt und ſtreckt ſich behaglich und andere folgen ſeinem Beiſpiele; dort läßt ein dritter feine krächzenden gurgelnden Töne hören, Zur ganz befonderen Zierde gereichen dieſe zelne wenige bevorzugte Ortlichkeiten erſtreckt. Auch der Flug iſt leicht und aumutig, geradeaus und dehnt ſich nicht über allzu weite Strecken hin aus. Beim Fliegen ſtößt er ein allen Hordenvögeln und anderen Familiengliedern eigentümliches lautes „Käck“ aus. Den größten Teil ihres Lebens bringen die Gelbkopf— trupiale auf dem Boden zu, da ſie von demſelben faſt alle Nahrungsſtoffe aufzuſuchen haben. Ihr Gang auf demſelben iſt gewandt und zierlich; ſie bewegen ſich ſchrittweiſe und nicken dabei fortwährend mit dem Kopfe. Man ſieht ſie gewöhnlich in kleinen Geſell— ſchaften auch während der Brutzeit am Boden umher— | laufen; ſelten gewahrt man ein Pärchen oder einen einzelnen allein. Außer der Brutzeit halten ſie ſich ſtets in großen Schwärmen zuſammen. Werden ſie dann aufgeſcheucht, ſo fliegen ſie in dichtgedrängten Scharen rauſchend erſt nahe am Boden dahin, erheben ſich daun höher und führen im Fluge oft ſchöne, feſſelnde Wendungen aus, nähern ſich dann wieder demſelben, gleiten gleichſam über ihn dahin und dann entweder wieder auf der Erde laſſen ſich und auch er findet bald zahlreiche Nachahmer, ſodaß endlich der ganze Schwarm ſich laut krächzend und ſchreiend unterhält. Lange ſitzen ſie jedoch nicht ſtill, bald ſieht man ſie wieder auf Viehweiden, namentlich aber auf feuchten Wieſen und in Niederungen Nahrung ſuchend umherlaufen. Sobald die Sonne am Uuter— gehen iſt, begeben ſie ſich nach ihren gemeinſchaftlichen Schlafplätzen. Dazu wählen ſie ſich in der Regel ebenfalls einzeln oder gruppenweiſe zuſammen ſtehende Bäume, und wo ſich größere Schilf- und Rohrſümpfe finden, wählen ſie nur dieſe zur Nachtruhe. Ohne viel Lärm laſſen ſie ſich in dichten Schwärmen in denſelben nieder, häufig kommt es aber vor, daß ſich mehrere auf einem Stengel niederlaſſen, der jedoch zu ſchwach iſt, das Gewicht zu tragen. Lärmend fliegen ſie dann wieder auf, und ihnen folgt gewöhnlich der ganze Schwarm, der dann noch einmal im Kreiſe dicht über dem Sumpfe dahinfliegt, bis er nach kurzem Fluge wieder in deuſelben einfällt. Schon beim erſten Morgengrauen wird es auf dem Schlafplatze wieder lebhaft. Laut und lärmend, ſobald es etwas heller wird, erhebt ſich der ganze Schwarm unter großem Tumult und allerlei abſonderlichen Kehltönen und begiebt ſich in die Umgegend, um Nahrung zu ſuchen. Allerwärts, wo man dieſe Vögel auch erblicken mag, zeigen ſie in allen ihren Bewegungen eine ſolche Aumut und Zierlichkeit, wie ſie ſich ſchwer beſchreiben läßt und wie ſie ſo vielen der Verwandten ebenfalls eigen iſt. Um ſich einen rechten Begriff von der ganzen Pracht dieſer Stärlinge machen zu können, muß man ſie in großen Geſellſchaften in der freien Natur, in ihrem Leben, in ihrem ganzen Thun und Treiben ſehen und beobachten. Von einem Geſange kann man beim Gelbkopf— trupial nicht wohl reden. Der Lockton iſt ein ein— faches „Käck“, wie es mit geringer Veränderung auch anderen Arten der Familie eigen iſt. Während aber der Rotflügel ſein Wohngebiet durch laute, klare, angenehm klingende Töne aufs ſchönſte belebt, läßt dieſer Hordenvogel nur rauhe, unmelodiſche Laute 57 450 hören. Recht fleißig läßt er allerdings dieſe Töne erklingen, aber ſie ſind ein wirklich ganz unbeſchreib— licher Wirrwarr tiefer und hoher, krächzender und gurgelnder, pfeifender und ſchnarrender Kehllaute. Auf den Zuhörer macht dieſes Tonſtück, welches mit einem ſeinesgleichen ſuchenden Eifer und Selbſt— bewußtſein hervorgebracht wird, zuerſt den Eindruck des Lächerlichen, noch mehr iſt dies der Fall, wenn man die Grimaſſen, mit denen dieſe Laute begleitet werden, beobachtet. Die ſonderbarſten Stellungen nimmt der Vogel dabei an; er reckt den Kopf nach hinten und empor, wie ein krähender Hahn, beugt denſelben nach vorn und nach hinten, nach unten und nach oben, duckt ſich, breitet die Flügel oder den Schwanz aus, ſtreckt einen Fuß von ſich, benimmt ſich überhaupt ſo, als koſte es ihn gewaltige Mühe und Auſtreugung, dieſe wunderlichen Kehllaute und gur— gelnden Töne hervorzubringen. Im Käfige hält man ihn hier lieber als ſeinen Verwandten, den Rotflügel, weil er eben ſeltener und wohl auch ſchöner iſt. Wenigſteus kommt das ſchöne Orangegelb bei ihm recht zur Geltung, während man das prächtige Rot auf den Flügeln des genannten Verwandten nur bemerkt, wenn er die Flügel aus— breitet oder ſich fliegend fortbewegt. Faſt alle Gelb— kopftrupiale, welche ich in Chicago im Vogelhandel ſah, waren in den Calumet-Märſchen gefangen worden. Eine große Anzahl wurde auch von der damals in Der Ü Red-winged Blackbird. Tafel XXIX. A7 \ / j ie der Bobolink eine Zierde der Wieſe genannt 83 wurde, ſo kann man den ſchönen Rot— flügel als einen Schmuck der an dieſelben grenzeu— den Schilf- und Rohrſümpfe bezeichnen. Ihnen verleiht er durch ſeine eigentümliche Pracht, durch ſeine Häufigkeit, beſonders aber durch ſein ebenſo heiteres als munteres Weſen das eigentliche Leben. Und auch er iſt nicht ohne das im Waſſer ſtehende Röhricht, ohne Schilf, Binſen und Seggen nicht zu denlen: beide gehören zuſammen, beide ſind aufs innigſte miteinander verknüpft. Da, wo Ende Mai Der Rotflügel. Chicago beſtehenden Zweighandlung des Herrn Reiche aufgekauft und an deſſen Großhandlung nach New Pork geſchickt, und von da fanden ſie ihren Weg nach Deutſchland, wo ſie gewiß vielen Vogelfreunden bekannt geworden ſein werden. Ich habe verſchiedene lange Zeit im Käfig gehalten und ſie mit Weich— futter, namentlich mit einem Gemiſch aus Maismehl und Ei, Mehlwürmern und Spottvogelfutter gepflegt. Sie zeigen auch in der Gefaugenſchaft ihr drolliges Weſen und geben auch ihre wunderlichen Töne fleißig, oft zum Überdruß zum beſten. Mit anderen Vögeln vertragen ſie ſich nicht und mit ihresgleichen nur, wenn der Käfig ſehr geräumig iſt. Namen Gelbkopfſtärling, Gelbkopf, Goldkopf, e Sumpftrupial. Yellow-headed Blackbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Icterus xanthocephalus Bonap. (1826). — Agelaius xanthocephalus Swains. & Rich. (1831). — Ieterus icterocephalus Bonap. (1855). — Xanthocephalus jeterocephalus Baird (1858). — Xanthocephalus zanthocephalus Jordan (1884). Beſchreibung: Männchen tiefſchwarz; der ganze Kopf, Hals und die obere Bruſt gelb, oft ſchön orangegelb; ſchwarzer Zügelſtreif; ein großer weißer Fleck auf dem Flügelrande. Weibchen kleiner, bräunlichſchwarz, mit wenig Weiß auf den Flügeln; das Gelb auf dem Kopfe iſt beſchränkt oder mit anderen Farben gemiſcht. Länge 10 bis 11 Zoll; Flügel 5.70, Schwanz 4.60 Zoll. otflügel. Agelaius phoeniceus SWAINSON. Vogel 4. ganze Strecken gelber Dotterblumen aus dem üppigen Blattwerk hervorſchauen, da, wo anfangs Juni unſere nördlichen zwei Irisarten ganze Teile des Sumpfes im ſchönſten Blau erſcheinen laſſen, wo Rohr, Schilf und Sumpfgras durch das ſchnell eintretende warme | I | | | | Wetter üppig emporſchießen, da haben wir auch nah — unſerem ſchönen Rotflügel uns umzuſehen. Schon von weitem tönt uns ſein lautes, wohl— klingendes „Konkurrrih“, ſein „Tüh-tüh“ oder auch ſein kräftiges „Käck, käck“ entgegen. Das ſchöne Zinnoberrot der Flügel, das ſich gegen das ſchillernde ei. Der Rotflügel. tiefe Schwarz wunderſchön abhebt, macht den Vogel ſchon in der Ferne zu einer ganz prachtvollen Erſchei— nung. Jeder kleine ſchilf- und waſſerreiche Sumpf, jeder Teichrand, die mit Rohr beſtandenen Ufer der Flüſſe und Bäche werden von ihm zahlreich bewohnt. Auch Sumpfzaunkönige, Waſſerhühnchen, mancherorts auch Gelbkopfſtärlinge, bewohnen mit ihm in großer Anzahl das nämliche ſumpfige Terrain. In Wiscon— ſin habe ich ihn von Jugend auf in allen Tiefländereien und Sümpfen gefunden und zwar häufiger als in irgend einem anderen Staate, in welchem ich Beobach— tungen machen konnte. Auch in Illinois gehört er zu den allergewöhnlichſten Vögeln. Selbſt die kleinen mit Rohr beſtandenen Prärieteiche (ſog. „Sloushs“) der ſonſt ſo einförmigen baum- und buſchloſen Prärie bewohnt er ſtets. ſehr häufig und auch im Sommer iſt er dort in allen ihm zuſagenden Ortlichkeiten anzutreffen, doch iſt er bei weitem nicht ſo zahlreich als im Norden. Aller— wärts, wo er vorkommt, fällt er auf, ſei dies nun durch ſeine große Anzahl — denn er brütet oft geſellig — ſei es durch ſein lebhaftes, lautes Weſen oder durch feine Farbenpracht. Er iſt eine der bekannteſten Erſcheinungen aller unſerer Vögel, ein wahrer Cha— raktervogel ſeines Wohngebietes, wie unſeres Landes überhaupt. Sein Verbreitungsgebiet iſt ſehr groß. Er be— wohnt das ganze gemäßigte Nordamerika und brütet von Texas nördlich bis zum Saskatchewan, nach einigen Forſchern ſogar bis zum großen Sklavenſee und Fort Reſolution. Ebenſo verbreitet er ſich vom Atlantic bis zum Pacific. In Wisconſin erſcheint er nach meinen Beobachtungen immer von Anfang bis Mitte April, im ſüdweſtlichen Miſſouri etwa Ende Februar oder anfangs März, doch ſah ich dort auch ſchon in den letzten Tagen des Januar große nördlich ziehende Flüge. Gewöhnlich erſcheinen ſie in Scharen von etwa dreißig bis zu mehreren Hunderten, halten ſich meiſt dicht zuſammen, gehen gemeinſchaftlich ihren Geſchäften nach, ſingen gemeinſchaftlich und ziehen gemeinſchaftlich weiter. genau dasſelbe, was der andere thut. Fliegt einer zum Boden herab, jo folgt ihm ſogleich der ganze Schwarm möglichſt dichtgeſchloſſen nach, ſingt der eine, oder reckt und ſtreckt ſich, ſo machen es die andern ebenſo. Mäunchen und nur einige Weibchen finden ſich dar— unter; auch Kuhvögel finden ſich manchmal zahlreich unter den Horden der Rotflügel, und ſelbſt Gelbköpfe findet man gelegentlich zahlreich unter ihnen. 451 An warmen März- und Apriltagen laſſen ſich dieſe nördlich ziehenden Schwärme ſehr oft auf einzeln ſtehenden Bäume nieder, wo nun jeder auf feine Weiſe laut und eifrig muſiziert. Die Rotflügel ſingen ihr „Tühs tüh“, rufen ihr melodiſches „Konkurrrih“, oder ſchreien ihr lautes, ſcharfes „Käck“, die Kuhvögel geben ihre gurgeluden, unartikulierten Laute zum beſten, und | ſchen. In Texas iſt er im Winter die Gelbköpfe endlich ſchreien im tiefſten Baß dazwi— Mephiſtos Worte in Göthes Fauſt: „Hörſt Du Stimmen in der Höhe, In der Ferne, in der Nähe? Ja, den ganzen Berg entlang Tönt ein wütender Saubergeſang. werden dann zur vollſten Wahrheit. Das Ganze macht durchaus keinen unangenehmen Eindruck, es iſt im Gegenteil ein allerdings eigentüm— liches, doch höchſt intereſſantes Vogelkonzert, das man ein Begleitungsſpiel des einziehenden Frühlings nen— nen könnte. Anfangs Mai etwa, weiter ſüdlich ſelbſtverſtänd— lich früher, löſen ſich die Schwärme auf, teilen ſich in kleine Flüge und dieſe ſuchen dann ihr altes Brut— gebiet wieder auf. Auch während der Brutzeit iſt der Rotflügel ein mehr oder weniger geſelliger Vogel. Ju ſehr kleinen Sümpfen brütet gewöhnlich nur ein Pärchen, in größeren dagegen wohnen oft zehn nahe beiſammen; ſo geſellig wie die Gelbköpfe ſind ſie jedoch nicht. Ich habe die Neſter immer nur in waſſerreichen Schilf- und Rohrſümpfen, im hohen Gras ſumpfiger Wieſen und im Uferröhricht der Teiche, Flüſſe und Bäche gefunden. Immer waren die Neſter künſtlich in die Rohr- und Sumpfgrashalme gebaut und ſtanden in der Regel vier bis ſechs Zoll über dem Waſſerſpiegel. Wo die Seggen und die Riedgräſer am dichteſten ſtehen, gewöhnlich mitten im Waſſer, wählt ſich das Pärchen ſeinen Niſtplatz. Oft ſteht der Bau in einem beſonders dichten, rings vom Waſſer umgebenen Schilfbüſchel, oft in einem ſolchen, der an große Flächen wohlriechender Überhaupt thut jeder faſt Waſſerlilien, gelbe Teichroſen oder an amerikaniſchen Lotus!) grenzt. Gewöhnlich laufen acht bis zehn Sumpfgrasſtengel durch die Wandungen des Baues. Das zum Bauen verwendete Material beſteht der ‚ Unterlage nach aus groben Schilf- und Grashalmen, In der Regel find die erſten Ankömmlinge welche aus dem Waſſer aufgeſucht werden. Dieſe laſſen ſich vermöge ihrer Weichheit und Biegſamkeit am beſten verwenden. Dann folgen Grasblätter und feine Heuhalme, und innen iſt es mit weichen, feinen 1) Nelumbium luteum. 452 Der Rotflügel. Hälmchen ausgelegt. Friſche Neſter find ganz naß, [klingenden Laute und durch fein ſcharfes „Käck“ auch aber man ſieht auf den erſten Blick, daß ſie feſt und dauerhaft ſind. Man iſt wirklich überraſcht von der Kunſtfertigkeit dieſer Vögel, wenn man ein jo ſauberes, glattes Neſt im wogenden Riedgraſe und im Schilfe vor ſich fieht. Männchen und Weibchen bauen gemeinſchaftlich, doch iſt das Weibchen der eigentliche Baukünſtler. alle in der Nähe brütenden Männchen herbei. So kommt es, daß manchmal eine ganze Anzahl den Beob— achter umſchweben und umſchreien. Iſt der Feind glücklich aus dem Bereiche ſeines Niſtgebietes heraus, dann jubelt er laut und anhaltend. Wird das Neſt zerſtört, ſo fliegt das Pärchen unruhig umher und ſchreit tagelang in den traurigſten Tönen. Behelligt Anfangs Juni findet man in Wisconſin fertige Neſter und in der zweiten Woche desſelben Monats 3 ) vollzählige Gelege. Im Norden habe ich nie Neſter im Gebüſch gefunden; nur in Texas fand ich anfangs Mai 1881 ein Neſt mit vier Eiern in einem ſcharf bewehrten Dornſtrauche. Andere Ornithologen, von Wilſon bis Coues, berichten übereinſtim— mend, daß er im Oſten auch in Büſche der Sümpfe (namentlich in Erlen) und ſelbſt auf den Boden baue. vom Boden. Eins war ſogar ein ſechs Zoll langes Hängeneſt und glich iu der Form dem des Baltimore— Oriol. Die Zahl der Eier beträgt in der Regel vier, doch findet man auch oft fünf. Sie ſind ſehr ſchön und tragen das charakteriſtiſche Gepräge aller Eier der Stärlingsfamilie. Die Grundfarbe iſt ein helles man es nicht, ſo läßt es den Beobachter, ohne viele Augſtrufe auszuſtoßen, in fein Gebiet kommen. Im Sumpfe brütende Rotflügel gehören zu den prächtigſten, bezauberndſten Bildern der Natur. Fort— während vernimmt man ihre Töne, fortwährend fliegen ſie hin und her und hierbei kommt erſt ſo recht ihre Pracht zur Geltung, nämlich die prachtvoll zinno— berroten Flügelflecken, welche ſich vom tiefen, in allerlei Farbentönen ſchillernden Schwarz wunderbar ab— Maynard fand das Neſt in Bäumen zwanzig Fuß heben. Es ſcheint, als ſei er ſich ſeiner Schönheit ſelbſt recht bewußt, denn ſelbſt während er auf Sträuchen ſitzt oder ſich auf Schilfſtengeln wiegt, breitet er die verwaſchenes Blau. Die Zeichnungen beſtehen aus allerlei Zickzacklinien, Marmorierungen, Schnörkeln, Punkten und Flecken von ſchwärzlichbrauner Farbe und ſtehen am ſtumpfen Ende am dichteſten. Der ſchwarz— braune Farbenton läßt ſich durch Waſſer leicht ver— wiſchen, ſodaß dann nur kaſtanien- und hellbraune Flecken zurückbleiben. Einen ängſtlicheren, ſorgſameren Wächter des Sumpfes kann man ſich kaum denken, als das Männ— chen dieſer Art. Während das Weibchen unten auf dem keineswegs ſehr verſteckt angelegten Neſte brütet, ſingt das Männchen ſeitwärts hin- und herfliegend ſeine ſchönſten Töne. Schon von weitem hört man Flügel und ſträubt die Federn, ſodaß man ſeine ganze Pracht deutlich wahrnimmt! Kein anderer Vogel, der Bobolink vielleicht ausgenommen, belebt ſein Brut— gebiet fo wie der Rotflügel. Wenn er nicht umher— fliegt, fit ev gewöhnlich in der Spitze eines Baumes oder Buſches, auf einem Pfoſten, auf einem nahen Zaune, oder er wiegt ſich in der Nähe des Neſtes auf einem Schilfſtengel. Nach vierzehntägiger Bebrütung entſchlüpfen die Jungen den Eiern. Sie werden nur mit Inſekten, namentlich mit Grashüpfern, Würmern, Käfern, Raupen und anderem ſchädlichen Ungeziefer aufgefüttert. Nach weiteren vierzehn Tagen ſind ſie ausgeflogen. Sie halten ſich eine Zeitlang im Schilf und in den im Waſſer ſtehenden Gebüſchen auf, bis ſie flugfähig geworden ſind. Schon nach etlichen Tagen folgen fie den lockenden Alten, die fie noch eine geraume Zeit füttern und vor Gefahr warnen. ſein helles, ſingendes „Tüh-Tüh“ und ſein melodiſches „Konkurrrih“ fortwährend ertönen. Fliegend und flatternd hält er ſich eine Zeitlang über dem Neſte, auch jetzt ſingend und jubelnd; jo geht es fort vom frühen Morgen bis zum Sonnenuntergange. Hierbei iſt der Flug langſam, flatternd und etwas ſeitwärts. Naht ſich irgend etwas Verdächtiges dem Neſte, dann iſt freilich die Augſt groß. Flatternd, ſchwebend und ängſtlich ſchreiend kommt er dem Eindringling ſchon von weitem entgegengeflogen, umfliegt und umflattert ihn hoch in der Luft in langſamen Kreiſen, fliegt dann eine Strecke weit fort, um ihn hinwegzulocken, und ruft durch ſeine kläglichen, langgezogenen, wie „Zih, zih“ wenig Feinde zu haben. Oft vernimmt man das heiſere „Käräckäck“ der Jungen von allen Seiten aus dem hohen Riedgraſe und Schilfe tönen, aber auf den Warnungsruf des alten, immer wachſamen Männchens tritt augenblick— liche Stille ein und man muß dann lange warten und ſich gut verſteckt halten, wenn man die hungrigen Schreihälſe wieder um Futter betteln hören will. Im Norden findet nur eine Brut, im Süden vielleicht zwei jährlich ſtatt. Die Jungen bleiben fortwährend bis zum Wegzuge mit den Alten vereinigt. Während der Brutzeit ſcheint der Rotflügel, außer böſen Buben, Ich habe oft Neſter in unmittelbarer Nähe der hügelartigen Bauten der — — — —— ͥ — —— — D Moſchusratte gefunden, aber nie beobachtet, daß dieſe die Neſter zerſtört hätte. Dagegen iſt die ſchwarze Waſ— ſerſchlange ein ſehr gefährlicher Feind der Brut. Im Süden iſt die Zahl der Feinde eine ſehr bedeutende. Der Geſang unſeres Vogels paßt ganz zu ſeinem Wohngebiete, den Schilf-, Ried- und Rohrſümpfen. Dieſe ſonſt für viele Menſchen wenig anziehenden Ortlichkeiten werden durch ihn aufs angeuehmſte belebt: ſein Geſang zeichnet ſich allerdings weder durch Abwechslung noch Kunſtfertigkeit aus, aber die ein zelnen Töne haben doch in dieſer Umgebung etwas Romantiſches, Poeſievolles, Reizendes, Liebliches. Sein gewöhnlicher ſangesartiger Ruf iſt das laute, | | recht angenehme „Tüh, tüh“, daun das ſehr melodiſche und wohlklingende „Konkurrih“, welches häufig durch ſein ſcharfes, heiſeres „Käck“ unterbrochen wird. Dieſe Töne vernimmt man von ſeiner Ankunft an bis zur Zeit, da die Jungen das Neſt verlaſſen, ſehr häufig, und ſie verleihen auch dieſen Ortlichkeiten, die ſonſt ſelten von einem angenehmen Vogelgeſange wieder— hallen, das rechte Leben. Der Flug iſt während dieſer Zeit ſehr gewandt, ſchwebend und flatternd, die ganze Haltung, namentlich im Sitzen, ſtolz und ſelbſtbewußt. Nachdem die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben, was etwa Mitte Juli der Fall iſt, ſchlagen ſich alt und jung der ganzen Gegend zuſammen; dieſe Schwärme vereinigen ſich wieder mit anderen, und ſo ſieht man ſie zu Tauſenden und aber Tauſenden bei— ſammen. Aus dem Kotflügel it nun ein echter Horden— vogel geworden. Die Schwärme treiben ſich meiſt im waſſerreichen Tieflande umher, ferner in friſchgemähten Wieſen und in Sümpfen, allerwärts damit beſchäftigt, Kerbtiere zu ſuchen. Zuweilen kommen ſie auch in Getreidefelder, namentlich in ſolche, welche mit Mais bepflanzt ſind, wo ſie, wie man ihnen nachſagt, die Spitzen der in Milch ſtehenden Maiskolben anpicken. Mit Gewißheit kann ich auch dies nicht behaupten, denn gerade zur ſelben Zeit und oft in denſelben Horden finden ſich auch Bootſchwänze oder Purpur— ſtärlinge, und dieſe ſind als Maisdiebe allgemein bekannt. Falls ſie auch einigen Schaden verurſachen, fo iſt dieſer doch nur gering und ſteht mit dem Nutzen, den ſie durch das Vertilgen einer großen Menge ſchäd- licher Juſekten bringen, in gar keinem Verhältnis. Ich bin in einer ländlichen Gegend aufgewachſen, wo die Rotflügel zu den häufigſten Brutvögeln zählten, ich kann mich aber nicht erinnern, daß dieſe Schwärme je am Getreide oder Mais den geringſten Schaden gethan hätten. Sie fallen allerdings häufig zu Tau ſenden in Getreide- und Maisfelder ein, ich habe er Rotflügel. 453 aber mit Sicherheit beobachtet, daß ihre Thätigkeit den Millionen ſich hier aufhaltenden Inſekten gilt, welche ſich aus den gemähten Wieſen und Grasflächen nach hier geflüchtet haben. Als vor einigen Jahren unſere weſtlichen Staa ten mit Schwärmen der Wanderheuſchrecken überzogen wurden, da waren es beſonders die Vögel und unter ihnen namentlich die Rotflügel, welche unter dieſem Ungeziefer aufräumten. Auch bei Locuſtplagen und ſelbſt beim maſſenhaften Auftreten der Armeeraupe haben ſich die Rotflügel als ſehr nützlich erwieſen, und man bedauerte nur, daß ſie nicht in größerer Anzahl vorhanden Waren. Von Körnern können ſie nur kleines Geſäme, wie es die Sumpffläche ihres Wohn— gebietes und die Winterherberge bietet, verzehren. Zu Wilfons Zeit wurden fie aufs unabläſſigſte verfolgt. Die Sumpfgräſer wurden des Nachts auge— zündet, und die in ihnen zur Nachtruhe eingekehrten Rotflügel verbrannten zu Tauſenden, und die erſchreckt Fliehenden wurden mit Knüppeln maſſenweiſe abge— ſchlachtet. Glücklicherweiſe hat dieſe barbariſche Ver— folgung in unſerer Zeit bedeutend nachgelaſſen, und eine günſtigere Meinung ſcheint ſich über dieſen Vogel Bahn gebrochen zu haben. Doch kommt es noch alljährlich vor, daß rohe Buben mit gieriger Mordluſt in die Schwärme dieſer und anderer nützlicher Vogel— arten ſchießen, nur um zu töten und ihrer Mordluſt mit rohem Behagen zu frönen. Jeder Farmer kann ſich ſelbſt leicht von des Rot— flügels Nützlichkeit überzeugen. Die größten Feinde des Landmanns ſind die Inſekten. Gegen das zu Millionen zählende Juſektenheer kann nur das gefie— derte Volk der Vögel erfolgreich wirken. Beim Pflü— gen und Eggen der Felder folgen gerade dieſe Vögel ſcharenweiſe dem Landmann, um bloßgelegte Inſekten und deren Larven und Eier zu verzehren, welche ſouſt in kurzer Zeit das Ergebnis ſeiner Arbeit vernichten würden. Den Nutzen des Rotflügels erkennend, hat man ihn auch in Auſtralien, in Neu-Seeland einge— führt, und ich darf hinzufügen, daß dieſer Acclima— tiſationsverſuch ſehr erfolgreich geweſen iſt, denn unſer Vogel hat ſich dort ohne weiteres fortgepflanzt. Von den Stärlingen, welche man allgemein mit dem Kollektivnamen „Blackbirds“ bezeichnet, ſind der Bobolink, der Rotflügel, der Gelb- und Blaukopf und endlich der Roſtſtärling entſchieden nützlich und darum zu ſchützen, während der paraſitiſche Kuhvogel und die verſchiedenen Bootſchwanzarten vorwiegend ſchädlich ſind. Etwa ziehen die ungeheuren im September 454 Rotflügel. Schwärme ſüdlich, aber nur langſam geht die Reiſe Namen: Rotflügel, Rotflügelſtärling, Sumpftrupial, vor ſich. Miſſiſſippi ſelbſt eine große Heerſtraße, an deſſen Ufern entlang ſie ihre Wanderung ausdehnen. Zu— gleich bietet ihnen das reiche Uferland des „Vaters der Ströme“ reichlich Nahrung. Es iſt ſehr anziehend, dieſe Schwärme zu beobachten. Mit einem faſt donner— artigen Geräuſch fallen ſie in das Rohr ein, und mit betäubendem Lärm erheben ſie ſich wieder und zwar immer in möglichjt dichten Maſſen. Sie fliegen jo dicht, daß rohe Schützen, die ein Vergnügen am Zer— ſtören und Hinmorden ſchöner unſchuldiger Weſen finden, oft zwanzig bis dreißig Stück mit einem Schuſſe erlegen. Ganz eigentümlich iſt jetzt ihr Flug. Während die oberen des Schwarmes im bunten Durcheinander ſchwebend langſam dahinfliegen, be— | 5 5 e ; En / Ne de gt h Thale, im ſüdlichen Californien und Arizona, ſüdlich wegt ſich die untere Schicht ſchneller, bis ſie einen Vorſprung erlangt hat, erhebt ſich dann langſam höher über die andern, und dieſe übernehmen nun die Rolle der erſteren, indem ſie unter ihnen hinweg— fliegen, um einen Vorſprung zu gewinnen. Mit Trauer blickt der Vogel- und Naturfreund dieſen ſüdlich ziehenden Sommergäſten nach, und mit Sehnſucht erwartet er ihre Wiederkunft im Frühling. Dieſen Schwärmen folgt immer eine Anzahl gefieder— ter Räuber, namentlich kleine Falken, welche ihre Reihen ſehr lichten. Etwa Ende Oktober und anfangs November erſcheinen ſie in der Küſtengegend des ſüd— öſtlichen Texas, wo viele überwintern. Die Mehr— zahl zieht aber noch ſüdlicher, bis nach Mexico und ſelbſt bis nach Guatemala. In dem milden, nicht ſo ſehr wie Texas von eiſigen Nordwinden heimgeſuchten Florida überwintern ſie zahlreich. Ich ſah ſie im Februar im ganzen ſüdlichen Louiſiana auf den Zucker— und Reispflanzungen, in Cypreſſen- und Rohrſümpfen ſich in großen Scharen umhertreiben. Für den Käfig eignet ſich der Rotflügel ſehr gut, da er aber ein ſo gewöhnlicher Vogel iſt, ſo befaſſen ſich nur wenig Liebhaber mit ſeiner Pflege. Nach Deutſchland wird er ziemlich zahlreich ausgeführt, und er iſt dort in jedem zoologiſchen Garten und bei vielen Liebhabern zu finden. Seine Haltung verurſacht keinerlei Schwierigkeiten, wenn Den im Miſſiſſippi-Thale lebenden iſt der | I | | | | | man berückſichtigt, daß er kein Körner, ſondern vor- nehmlich Inſektenfreſſer iſt, man ihn daher hauptſäch— lich mit Weichfutter, Maikäferſchrot ꝛc. füttern muß. Körnerfutter allein kann er nicht auf die Dauer ver— tragen, und größere Körner als Weizen, Mais, Gerſte und andere rührt er gar nicht an. Kanarienſamen verzehrt er zur Abwechslung. Sumpfrotflügel, Hordenvogel. Red-winged Blackbird, Red-winged Starling, Red-shouldered Blackbird, Swamp Blackbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Oriolus pheeniceus Linn. (1766). — Agelaius pheeniceus Vieill. (1516). — Icterus pheniceus Licht. (1823). — Sturnus predatorius Wils. (1811). Beſchreibung. Altes Männchen im Prachtkleide glänzend tiefſchwarz; kleine Flügeldecken prächtig zinnoberrot, mittlere Flügeldecken bräunlich. Schnabel und Füße ſchwarz; Iris braun. Weibchen oberſeits dunkelgrau— braun, jede Feder ſchmal graulich oder bräunlich gerän— dert, unterſeits weißlich, ſchwärzlich geſtrichelt; kleiner als das Männchen. Länge 9 Zoll; Flügel 4.35, Schwanz 3.75 Zoll. Im nordweſtlichen Mexico, im unteren Colorado— bis Mazatlan finden wir den Sonora-Rotflügel (Agelaius pheniceus sonorensis Rıpaw.; Sonoran ted-wing). Er iſt größer als die eigentliche Art, hat einen kleineren Schnabel und iſt etwas heller gefärbt. Das Weibchen iſt viel matter gefleckt als bei der beſchriebenen Art. Größe 9 Zoll. Im ſüdlichen Florida und auf den Bahama— Juſelu finden wir den Bahama-Rotflügel (A. pheeniceus Bryanti Rıpaw.,;, Bahama Red-wing), eine zweite Ortlichkeitsraſſe unſeres volkstümlichen Rotflügels. Er iſt etwas kleiner als dieſer, hat einen größeren Schnabel und iſt oben dunkler gefärbt. Größe 8 bis 8.50 Zoll. Der zweifarbige Rotflügel. Bicolored Blackbird. Agelaius gubernator BONXAPARTE. Der zweifarbige Rotflügel lebt in großer Anzahl in den Thälern Californiens, des weſtlichen Oregon, ſüdlich bis nach Mexico. Da die Schultern glänzend einfarbig karminrot gefärbt ſind und gegen das ſchillernde ſammetartige Schwarz ſcharf abſtechen, ſo könnte man ihn faſt für einen noch ſchöneren Vogel halten als den gewöhnlichen Rotflügel. Dr. Cooper. meint, weder in den Tönen noch in der Lebensweiſe einen Unterſchied zwiſchen dieſer Art und den vorge— nannten auffinden zu können. Das Neſt baut er ebenfalls in das Schilf der Sümpfe, in Weiden und Nur Hirſe und Büſche. Die Eier ſind matt grünlichweiß, dunkel— braun gefleckt und marmoriert, namentlich am ſtum— pfen Ende. Die Länge beträgt 9 bis 10 Zoll. Was ich über den Rotflügel ſagte, gilt auch vollſtändig von dieſem, dem nächſten und allen übrigen Arten der * 611i m D Sippe. Sie ſind herrliche Vögel und der Liebe und Freundſchaft des Menſchen wirklich wert. Sie find die Dichter der Sümpfe und Moorflächen, der naſſen mit Riedgräſern bewachſenen See- und Flußufer und verleihen ihnen das rechte Leben und die wahre Poeſie. Namen: Zweifarbiger Rotflügel, Karminſchulter-Stärling. Bicolored Blackbird, Blackbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Psaracolius gubernator Wagl. (1832). — Agelaius gubernator Bonap. (1838). — leterus (Zanthornus) gubernator Nuttall (1840). Beſchreibung: Altes Männchen ſchwarz, auch die mitt— Crimson-shouldered er Wieſenſtar. leren Flügeldecken an ihren Spitzen, die jedoch im Grunde ockerfarbig oder gelblich ſind. Die Schultern oder kleinen Flügeldecken reich karminrot. Weibchen oberſeits einfach dunkelbräunlich; die Kopfkrone, der Rücken matter geſtrichelt; Flügelfedern matt gerandet. Unterſeite dunkelbräunlich, mattbräunlich-grau geſtrichelt. Kinn und Kehle mattweißlich oder roſarötlich; letztere mit dreieckigen dunkeln Flecken gezeichnet. Länge 9 bis 10 Zoll. Der oͤreifarbige Kotflügel. Tricolored Blackbird. Agelaius tricolor BoN A ARTE. Der dreifarbige Rotflügel findet ſich vom ſüdlichen Californien bis zum weſtlichen Oregon. Ridgway fand ihn häufig in den Kolbenrohrſümpfen (tule swamps) bei Sacramento, wo er mit gewöhn— 455 lichen und zweifarbigen Rotflügeln und Gelbköpfen zuſammen dieſelben Ortlichkeiten bewohnte. Durch den weißen Streifen auf den Flügeln iſt er ſofort zu erkennen. Der Forſcher ſagt, daß er ſich auch durch ſeine Töne von den anderen nahen verwandten Arten unterſcheide. Dr. Heermann, der ihn ebenfalls häufig in Californien fand, berichtet, daß er im Nor— den des genannten Staates einen mehrere Acker großen, mit Weiden und Erlen beſtandenen, dicht am Waſſer gelegenen Brutplatz dieſer Art gefunden habe. Die Neſter, oft vier bis fünf in einem Strauche, beſtanden aus Halmen und Schlamm und waren innen mit feineren Hälmchen ausgekleidet. Er ſah im Winter in manchen ſumpfigen Örtlichkeiten fo große Schwärme, daß ſie faſt wie dichte Wolkenmaſſen erſchienen. Sonſt ähnelt er ganz der gewöhnlichen Art. Namen: Dreifarbiger Rotflü gel, californiſcher Rotflügel. Tricolored Blackbird, Red-and-white Shoul- dered Blackbird. Wiſſenſchaftliche Namen: leterus tricolor Nutt., Aud. — Agelaius tricolor Bonap. (1838). Beſchreibung: Altes Männchen prachtvoll glänzend blauſchwarz mit ſeidenartigem Gefieder; Schultern oder kleine Flügeldecken tief karminrot, die mittleren Flügel— decken weiß (im Winter rahmfarbig). Weibchen ebenfalls mit ſeidenweichem Gefieder, ſonſt dem des zweifarbigen Rotflügels ähnlich, nur grauer. Größe 8.50 bis 9 Zoll. Der Vieſenſtar. Meadow-lark. Sturnella magna SWAINSON. Tafel XXIX. Vogel 5. Die Prärie liegt im Sonnenſtrahl mit ſchimmernden Blumen bedeckt, Ein weicher Teppich, der glänzend ſich endlos rings erſtreckt, Im Winde wogt das lange Gras wie in dem Ozeane, Die langgedehnten Wellen zieh'n auf ungeheurem, unbegrenztem Plane. XN manchen Reiſenden als eine unerſchöpfliche Quelle von Vergnügen geſchilderte Küſtenprärie des ſüdöſtlichen Texas zu durchwandern! Endlich war das Ziel meiner Wünſche erreicht. Vor mir lag die ebene, blumen- und grasreiche, unendlich ſcheinende Fläche. Mir kamen unwillkürlich die Worte Alexander ie oſt hatte ich mich darnach geſehnt, die von Theodor Kirchhoff. von Humboldts in den Sinn: „Man glaubt den küſtenloſen Ozean vor ſich zu ſehen. Wie dieſer, erfüllt die Steppe das Gemüt mit dem Gefühl der Unendlichkeit, und durch dieſes Gefühl wie den himm— liſchen Eindrücken des Raumes ſich entwindend mit geiſtigen Anregungen höherer Ordnung.“ Der Ein— druck, deu eine ſolche ebene, endloſe Fläche, auf welcher 456 ſich nirgends ein Gegenſtand findet, auf welchem das Auge dauernd haften könnte, auf verſchiedene Men— ſchen macht, iſt ſehr ungleich. Den Gemütvollen ergreift allerdings zunächſt ein Gefühl der Unendlich— keit und freudige Stimmung beherrſcht ihn. Das Neue, Ungewohnte, das wogende Gras, der herrliche Blumenteppich, die ſauft vom Golf herüberwehende Luft, alles hat ſeine beſonderen Reize. Hat man aber tagelang darin zu verweilen, dann iſt es mit den „geiſtigen Anregungen höherer Ordnung“ vorbei und ein ungemein peinliches Gefühl der Einſamkeit und Verlaſſenheit ergreift den zartbeſaiteten Wanderer. Nirgends zeigt ſich eine Veränderung der Vegetation, nirgends landſchaftliche Reize, nirgends eine Wohn— ſtätte der Kultur! Über einem fort und fort der ewig tiefblaue Himmel! Still, ja geheimnisvoll liegt die unüberſehbare Fläche da. Die öde und geiſtes— tötende Gleichförmigkeit, wie ſie dieſer und allen großen Prärien eigen iſt, erträgt auf die Dauer nur der öde und geiſtesleere Menſch. Ich habe auch ſchon oft Waldeinſamkeit empfunden, aber ſie iſt nichts gegen dieſes Alleinſein in der weiten Prärie, denn dort iſt die Ausſicht durch Bäume beſchränkt und die Phantaſie kann ſich dahinter etwas Liebliches aus— malen, hier hat die Einbildungskraft nirgends einen Anhaltepunkt: es iſt als bewege man ſich in einer ausgeſtorbenen Welt.?) — Wenn ich oft meilenweit einſam durch die Savanne ritt und außer einigen Hornfröſchen und einzelnen, eilig durch das Gras huſchenden Savannenfinken faſt kein lebendes Weſen ringsumher erſpähte, dann erfreute mich oft der plötz— Der Wieſenſtar. — März, iſt alſo einer der erſten Ankömmlinge aus dem Süden, ein wahrer Frühlingsbote. Gleich nach ſeiner Ankunft ſieht man oft eine ganze Anzahl kleine Flüge von zehn bis zwanzig Stück auf einem Baume ſitzen, wo jeder auf ſeine Weiſe ſingt, wodurch ein recht an— genehmes Frühlingskonzert entſteht. Die Wieſen— ſtärlinge ſingen geſellſchaftlich jedoch nur, wenn das Wetter wirklich frühlingsmäßig iſt. Iſt die Luft rauh traurig nach Nahrung. lich aus dem Gras herausſchallende Geſang eines mir von Jugend auf bekannten Vogels ganz außerordent— lich. Freude über den Anblick eines Meuſchen ausdrücken zu wollen, denn er war vorher ſtill geweſen. Dieſer, an gewiſſen Ortlichkeiten zahlreich auftretende Vogel war der über ein weites Gebiet der Vereinigten Staa— ten verbreitete Wieſenſtar, deſſen Lebensbild ich hier zu zeichnen verſuchen will. Den Wieſenſtar, Lerchenſtärling, Wie— ſen- oder Prärieſtärling, oder die „Wieſen— lerche“ muß man als wahren Charaktervogel ſeines Wohngebietes bezeichnen. Allerwärts, auf Feldern und Wieſen, in Prärien und Brachen, iſt er heimiſch. Er zeichnet ſich durch ſeine Schönheit, Geſangeskunſt, angenehmes und zutrauliches Weſen und große Nütz— lichkeit aus. Er erſcheint im Norden oft ſchon Ende Vrgl. auch R. v. Schlagintwert, „Die Prärien“. Durch ſeinen fröhlichen Geſang ſchien er ſeine und kalt, dann ſchweigen ſie und ſuchen anſcheinend Wenn ein ganzer Flug auf einem Baume ſitzt, ſo bemerkt man gewöhnlich, daß ſie nicht nur ſingen, ſondern auch eifrig mit dem Glätten des Gefieders beſchäftigt find. Auch dies iſt ein ent- ſchieden ſtarartiger Zug und erinnert ganz an die übrigen Verwandten. Auch ſonſt zeigt ſich dieſer Vogel in ſeinem ganzen Thun und Treiben als echter Stärling. Bald nach der Heimkehr löſen ſich die Geſell— ſchaften auf, und jedes Pärchen wählt ſich ein paſſendes Brutgebiet aus. Am liebſten ſind ihnen die üppigen Klee- und Timothyfelder, Brachen, Viehweiden, Saat— felder, namentlich aber die Wieſen und grasreichen Prä— rien. In derartigen Ortlichkeiten fand ich ihn von Wisconſin bis nach Texas als zahlreichen Brutvogel. In Wisconſin findet man ihn allerwärts in bebauten Gegenden, wo Waldland mit Feldern abwechſelt. Er iſt auch in Illinois und Miſſouri zahlreich und über— wintert in den ſüdlichen Teilen der genannten Staaten ziemlich häufig. Als zahlreichen Wintervogel trifft man ihn in den Mais-, Baumwoll- und Zuckerrohrfel— dern von Texas, und im Sommer niſtet er ſtellenweiſe ziemlich häufig in den dortigen Prärien. Im ſüd— lichen Yonifiana ſah ich ihn im Februar in ungeheurer Anzahl anf den Zuckerrohrfeldern. Schon Mitte des genannten Monats ziehen viele wieder ihrer nörd— lichen Heimat zu. Auch im ſüdweſtlichen Miſſouri verbringen viele die kalte Jahreszeit. Sie halten ſich dann meiſt in Maisfeldern auf und wählen ihre Schlafplätze in den allerwärts im Felde zerſtreuten Maisſtrohhaufen, wo ſie gegen die Kälte vortrefflich geſchützt ſind. Nur wenn ſtarker Schneefall eintritt ziehen ſie weiter ſüdlich. Sie brüten von Texas und Florida bis nördlich nach Canada, weſtlich bis zu den Prärien von Jowa und Kanſas. In Cuba, Mexico und Südamerika wird er durch ſehr ähnliche Varie— täten vertreten. Als Irrgaſt iſt der Lerchenſtar, uach Sclater, ſchon in England erlegt worden. Der Zug ſcheint am Tage ſtattzufinden, indem ſie langſam nördlicher, bezw. ſüdlicher ziehen, hier eine Zeitlang ſich aufhaltend, dort eine Prärie oder — . 8 * 3. ICTERUS CUCULLATUS NELSONI Ridsw EROS BULLOCKI Bonap. N * EISEN xl ICTERUS PARISORUM Bonap. PYROCEPHALUS RUBINEUS MEXICANUS Coues. ein Feld nach Nahrung abſuchend. Oft erheben fie | ſich freilich hoch in die Luft und fliegen dann ziemlich ſchuell, aber ihr Flug iſt nie von langer Dauer. Bald läßt ſich einer nach dem andern in ganz beſon— ders günſtigen Ortlichfeiten wieder nieder, um nach Nahrung zu ſuchen. In Wisconſin wird Mitte Mai, im ſüdweſtlichen Miſſouri Mitte April und im zum Neſtbau geſchritten, und zwar wird der Bau vom Weibchen allein ausgeführt, während das Männ— chen jetzt aufs eifrigſte ſingt. Das Neſt ſteht immer auf der Erde. Gewöhnlich findet man es an oder in einem beſonders dichten Grasbüſchel in einer ſeichten Erdvertiefung. Der Unterlage nach beſteht es aus groben Halmen und innen iſt es mit feinen Hälmchen ausgelegt. Sehr oft iſt es backofenförmig gewölbt, doch iſt dies in der Regel nur dann der Fall, wenn es befindet. Meiſt iſt es ſo verſteckt angelegt, daß es nur ſchwierig zu entdecken iſt. In den meiſten Fällen findet man es nur durch Zufall, wenn man durch die Wieſen, Prärien, Viehweiden, Klee-, Timothy- und Saatfelder wandert. Das brütende Weibchen ſitzt ſehr feſt und verläßt das Neſt erſt, wenn man ganz in feine Nähe kommt. Dann läuft es ſchnell eine Strecke weit im Graſe dahin und ſetzt ſich endlich auf die nächſte Umzäunung oder auf ſonſt einen hervorragen— Der Wieſenſtar— 457 Der Lerchenſtar iſt in jeder Hinſicht einer unſerer wertvollſten Vögel. Wie prächtig glänzt die reichgelbe Bruſt mit dem ſcharf hervortretenden tiefſchwarzen Halbmond im Sonnenſchein eines lieblichen Frühlings— morgens! Wie ſtattlich iſt ſeine Erſcheinung, wie angenehm ſind alle ſeine Bewegungen! Und nun erſt die überaus gefühlvollen Töne. Wenn der Land— ſüdöſtlichen Texas in den letzten Wochen des März mann in der Frühe des Morgens mit ſeinem Geſpann hinauszieht ins Feld, ſo iſt es der Wieſenſtar, der ihm vom hohen Pfoſten herab oder auch in aufrechter ſtolzer Haltung vom Boden aus feine fchönften Töne eutgegentrillert. Faſt den ganzen Tag ſingt er, gleich— zeitig den Furchen entlang laufend, um bloßgelegte Würmer und anderes Ungeziefer aufzuſuchen. Aller— dings darf man den Geſang unſeres Stärlings weder reichhaltig noch abwechſelnd nennen, aber es liegt etwas überaus Liebliches, mächtig Feſſelndes, Bezau— ſich nicht an einem Grasbüſchel oder einer Staude berndes in ſeinem Liede. Dieſer Schmelz und dieſe Lieblichkeit muß die Aufmerkſamkeit eines jeden Natur— den Gegenſtaud. Kommt man zum zweitenmal zum Neſte, ſo wird man weder Weibchen noch Männchen in deſſen Nähe gewahren; erſteres iſt ſofort leiſe durch das Männchen gewarnt worden und iſt ſchleu— nigſt hinweggeeilt. Die meiſt immer nur vier, ſelten | auch fünf Eier find der Grundfarbe nach reinweiß und | nicht ſehr dicht mit hell- und dunkelbraunen Flecken gezeichnet. Schon Ende Mai fand ich in Wisconſin und im nördlichen Illinois in den meiſten Neſtern vollzählige Gelege. Nach etwa vierzehntägiger Be— brütung ſchlüpfen die Jungen aus, die von den Alten mit außerordentlicher Liebe und Sorgfalt aufgezogen werden. Auch das Männchen beteiligt ſich eifrig an der Aufzucht der Sprößlinge. Im Norden findet in der Regel nur eine, im Süden dagegen oft zwei Bru— ten ſtatt. Mit welch inniger Liebe die Alten an ihrer Brut hängen, beweiſt das traurige Geſchrei, wenn letzterer ein Unglück zuſtößt. Stunden-, ja tagelang ſuchen ſie mit den klagendſten und bittendſten Tönen nach den Jungen. Ebenſo untröſtlich zeigt ſich das Männchen, wenn das Weibchen weggeſchoſſen wurde, freundes auf ſich lenken, muß ſeinem Wohngebiete einen eigentümlichen Reiz verleihen. Wo er fehlt, ſcheint eine gewiſſe Ode vorzuwalten. Wenn er im Frühling erſcheint und ſeine Laute in winterlicher Landſchaft ertönen läßt, liegt etwas ſüß Melancholi— ſches in denjelben, ſobald aber das Wetter wärmer wird, klingen ſie heiter und fröhlich. Den tiefſten Eindruck macht er durch ſeinen Geſang, wenn mehrere, oft ein Dutzend, gleichzeitig von einem Baum herab ſingen, wie man das oft, wenn die Geſellſchaften im Frühling ankommen, hören kann. Faſt ſtundenlang ſitzt das Männchen auf einem Pfoſten, auf einer Umzäunung, ſeltener in der Spitze eines einzeln ſtehenden Baumes und ſingt. Auch wenn er auf dem Boden ſtarartig dahinſchreitet, oder wenn er ſich fliegend von einer Stelle zur andern bewegt, ſingt er ſehr oft. Der gewöhnliche Ruf klingt ſehr melodiſch wie „Hiseh hier, hieseh hier“. Die Nahrung ſucht er faſt ausſchließlich vom Boden auf. Sie beſteht im Frühling und Sommer aus den ſchädlichſten Inſekten, namentlich aus allerlei Erdwürmern, Larven, Käfern, Raupen, Tag- und Nachtſchmetterlingen, Grashüpfern, Heuſchrecken, Spinnen u. ſ. w., im Spätherbſt und Winter zum Teil aus Gras- und Unkrautgeſäme. Er iſt darum einer unſerer nützlichſten Vögel. Das Fleiſch hat von der Inſektennahrung einen eigentümlichen Geruch und Geſchmack, und dazu kommt noch, daß gerade der Wieſenſtärling äußerlich ſehr von Ungeziefer und und man ſollte meinen, daß auch das roheſte Gemüt | von ſolchen Trauertönen gerührt werden müßte. innerlich von Schmarotzern heimgeſucht wird, ſodaß es nicht gerade appetitlich iſt, ſie zu verſpeiſen. Bei . 58 — 458 Der weſtliche Wieſenſtatr. Houſton in Texas werden dieſe ſchönen, nützlichen Vögel nichtsdeſtoweniger häufig von Sonntagsjägern, die ſonſt nichts zu erbeuten wiſſen, geſchoſſen. Man | nennt ſie dort oft „Marslı Quails“, weil ſie im Fluge etwas Ahnlichkeit mit der Baumwachtel (Quail) haben. Wie ſehr dieſer Vogel durch Verfolgung ſeitens des Menſchen in den dichtbevölkerten Gegenden Neu-Englands an Zahl abgenommen hat, beweiſen die Mitteilungen der dortigen Ornithologen. Nur wenige Pärchen erblickt man dort, und dieſe wenigen find außerordentlich ſcheu und meiden die Nähe des Menſchen gänzlich. Der Flug iſt ſchwerfällig. Wenn er von einem Orte zum andern fliegt, jo eilt er ſchnell dahin, indem er ſeine Flügel raſch an den Körper ſchlägt und dann eine Strecke dahingleitet, wieder die Flügel anſchlägt | und dann wieder gleitet. Auf dem Boden iſt er voll- ſtändig zu Hauſe, auf ihm bringt er den größten Teil ſeines Lebens zu. Stolz und gemeſſen ſchreitet er dahin, ſingt und ruft dabei und ſucht nach Nahrung. und Rand der Flügel ſehr ſchön gelb; die Bruſt mit ſehr hervortretendem ſchwarzem Halbmond. Geſchlechter gleich. Weibchen kleiner. Größe 10 bis 11 Zoll; Flügel 5.00, Schwanz 3.50 Zoll. Der weſtliche Wiefenftar. Western Meadow-lark. St. magna neglecta ALLEX. Der weſtliche Wieſenſtar verbreitet ſich regelmäßig von Dakota, Nebraska, Kauſas und dem Indianer-Territorium weſtlich bis zum Pacifie, findet ſich jedoch gelegentlich auch in Jowa, Minneſota und ſogar in Illinois und Wisconſin und iſt in Manitoba und Britiſch-Columbia noch zahlreich. Er unter— ſcheidet ſich von der eigentlichen Art durch helleres, matteres Grau der Oberſeite, die ſchwarzen Flecken ſind weniger hervortretend; das Gelb der Unterſeite iſt matter und nicht ſo ausgedehnt. Ich habe die Vogel mit der eigentlichen Art zuſammen im ſüdlichen Sein Laufen erinnert an die Lerchen, ſein gewöhnlicher Gang aber und ſeine Haltung ſind entſchieden ſtar⸗ artig. Auf Bäume und Büſche ſetzt er ſich nicht gern, dagegen mit Vorliebe auf Pfähle und Pfoſten, Tele— graphenſtangen und -drähte, Umzäunungen und auf die Dächer der Scheunen und Ställe. — Wie faſt alle ſtarartigen Vögel, ſo iſt auch der Wieſenſtärling ein ſehr kluges Tier. Da, wo man ihm freundlich geſinnt iſt oder ihn doch nicht behelligt, iſt er ein zutraulicher furchtloſer Vogel, der ſich ganz in der Nähe des Men— Miſſouri beobachtet, konnte ſie aber nur ſchwierig in der Färbung, deſto leichter dagegen an ihren Tönen voneinander unterſcheiden. Dieſer Unterſchied in der Stimme wird von allen Beobachtern, von Lewis und Clarke herab bis auf die Forſcher der neueſten Zeit, hervorgehoben. „In der Nähe des kleinen Ortchens Deniſon in Jowa“, ſchreibt Allen, „fand ich dieſe Varietät ſchen anſiedelt und umhertreibt; wo man ihn hingegen verfolgt, da iſt er ſcheu, ſehr vorſichtig, lebt zurück- n N ; a1 dl» LEG e ee TED BOTH DL läſtigt ſuchten fie hier ihre Nahrung auf, und die gezogen und weiß dem Menſchen geſchickt aus dem Wege zu gehen. Für den Käfig eignet er ſich ſehr gut. Wenn man ihm einen großen Raum anweiſt, ihn ſorgſam wird er bald zahm und liebenswürdig, ſingt fleißig, iſt ſchön im Gefieder und dauert lange aus. Namen. Wieſenſtar, Wieſenſtärling, Wieſenlerche. Meadow-lark, Field-lark, Old Field-lark. beſonders zahlreich und zutraulich, hörte auch hier zum erſtenmal den Geſang. Sie zogen die Straßen und graſigen Wege, überhaupt die Nähe der Ort— ſchaft der entfernten Prärie vor. Durchaus unbe— Mäunchen trillerten von ihren gewöhnlichen Sitz— | | Wiſſenſchaftliche Namen: Alauda magna Linn. (1758). — Sturnella magna Swains. (1827). — Sturnus ludovieianus Linn, (1766). — Sturnella ludovieiana Sw. (1831), Beſchreibung: Jede Feder der Oberſeite ſchwärzlichbraun, bräunlichweiß geſäumt; ſchwärzlicher Streif hinter dem Auge; äußere Schwanzfedern weiß; die übrigen Schwanzfedern und die inneren Schwung- und Deck— federn ſchwärzlich, braun und grau gefleckt. Unterſeite | | plätzen, den Firſten der Hausdächer herab, ſtundenlang ihren wilden Geſang. Dieſer war mir ſo neu, ſo pflegt und zum größten Teil mit Weichfutter verſorgt, fremd, daß ich nicht die leiſeſte Ahnung hatte, wer der Sänger ſein konnte. Als ich ihn zwiſchen Morgen— grauen und Sonnenaufgang hörte, ſah ich den auf der Spitze des Courthauſes ſitzenden Sänger nicht. Er unterſcheidet ſich von dem Geſange des öjtlichen Wieſenſtars durch Stärke, Schmelz, Lieblichkeit und Wohlklang, iſt auch feuriger und wilder.“ Der mexikaniſche Wieſenſtar (Sturnella magna mexicand B. B. & R., Mexican Meadow- lark) iſt kleiner als die eigentliche Art, hat einen kleineren Schnabel und größere Füße. Man findet ihn im ſüdlichen Arizona, im Thale des Rio Grande, hauptſächlich aber im dſtlichen Mexico ſüdlich bis Guatemala. > Troupial. 1 I]: Sippe der Trupiale, Beutelſtare oder Gilbvögel (eus) iſt vorzugsweiſe im tropiſchen Amerika heimiſch, doch verbreiten ſich einige Arten auch bis ins Junere unſeres Landes. Sie ſchwärmen nicht ſo geſellig im Lande umher wie die Hordenvögel, Bootſchwänze und andere der Familie, ſondern leben meiſt nur paarweiſe zuſammen, erfreuen ebenſowohl durch ihre vorherrſchend gelbe, oft leuchtend orangerote Färbung, wie durch ihre reichhaltigen Lieder und ſind Erbauer äußerſt kunſtvoller Neſter, welche meiſt auf ſchwanken Seitenäſten hoher Bäume aufgehängt werden. Sie alle find Baumvögel, welche niederes Gebüſch und Dickichte meiden, dagegen Baum— gruppen, namentlich aber Obſtgärten zum Aufenthalt bevorzugen. Allerwärts, von Canada bis Braſilien, lernt man die herrlichen Vögel als eine der größten Zierden der dichtbelaubten Baumkronen kennen. Durch ihr überaus lebhaftes Weſen, ihre oft glühende Färbung, beſonders aber durch ihren lauten, klang— reichen Geſang beleben und ſchmücken ſie ihr Wohn— gebiet aufs ſchönſte. Sie alle ſind kluge, hochbegabte großer Zärtlichkeit aueinander. Das Jammern und Klagen, wenn eins oder das andere des Pärchens oder die Jungen getötet oder gefangen werden, kennt gar leine Grenzen. Man hat ſie als Kerbtierfreſſer zu bezeichnen, doch nähren ſie ſich zum Teil auch von Früchten der verſchiedenſten Art, richten deshalb unter Umſtänden wohl einigen Schaden an, verzehren jedoch ſonſt ſo viele ſchädliche Inſekten, daß ſie viel mehr nützen als ſchaden. Im Fluge und im Geäſt der Bäume benehmen ſie ſich ſehr gewandt, dagegen erſcheinen ſie auf dem Boden ziemlich unbeholfen. Man kann den gewöhnlichen Trupial nicht eigentlich als einen Vogel der Vereinigten Staaten bezeichnen, obgleich man ihn hie und da in der Union angetroffen hat, ſondern ſeine Heimat findet ſich in den Küſtengegenden des karaibiſchen Meeres, nament— Ieterus Vögel, und Männchen und Weibchen hängen mit Zärtlichkeit. er Trupial. icterus RDG WAV. lich in Venezuela, dann auch auf den weſtindiſchen Inſeln, wo er wahrſcheinlich eingeführt worden ijt. Audubon beobachtete ihn zuerſt bei Charleston, S. C. Als man den Vogel zuerſt ſah, ſaß er auf der Spitze eines Blitzableiters auf Bachmanns Hauſe. Einige Tage ſpäter beobachtete man dort noch mehrere. Obwohl lange nicht jo farbenprächtig als unſer Baltimore-Trupial, hält man ihn doch ſehr gerne im Käfig, weil er ſehr klug iſt, außerordentlich zahm und zutraulich wird und fleißig ſingt. „In der Gefangen— ſchaft“, ſchreibt Dr. Brewer, „wird der Trupial ſehr leicht zahm, gewöhnt ſich vollſtändig an ſeinen Käfig und zeigt ſich bald ſehr zärtlich gegen diejenigen, welche ihn füttern und pflegen. Er läßt laute, klare, wohlklingende pfeifende Töne hören, doch hört man ſelten einen zuſammenhängenden Geſang. Ein ſol— cher, welcher mehrere Jahre in der Gefangenſchaft gehalten wurde, hörte auf einen ihm gegebenen Namen und antwortete, wenn er von ſeiner Pflegerin gerufen wurde, jederzeit pünktlich mit Tönen unverkennbarer Sein Sinnen und Trachten ging be— ſtändig dahin, ſich aus ſeinem Käfige zu befreien, und er benutzte ſeinen ſcharfen Schnabel mit dem größten Geſchick, um dies zu bewerkſtelligen, kehrte aber, wenn er ſich wirklich befreit hatte, auf einen beſonderen Ruf wieder in den Käfig zurück“ Namen. Trupial. Troupial. Wiſſenſchaftliche Namen: Leterus vulgaris Daud. Oriolus ieterus Linn. (1766). — Jeterus icterus Ridgw., A. O. U. Code & Check List (1886). Beſchreibung: Kopf, Kehle, Bruſt, Rücken, Flügel und Schwanz ſchwarz; die mittleren und ein Teil der größe— ren Schwungfedern und breite Ränder der Flügeldecken weiß; das übrige Gefieder hochgelb; gelbes Nackenband. Iris gelbbraun. Nackter Fleck hinter dem Auge tiefblau. Schnabel und Füße hornſchwarz. Schwanz geſtuft. Größe 9 bis 10 Zoll. Ansubons-Öriol. Audubon’s Oriole. JI EN zexico mit feinen impoſanten, herrlichen Gebir— S gen und feuerſpeienden Bergen, mit ſeiner wundervoll entwickelten Pflanzenwelt und ſeinen paradieſiſchen Gärten hat auch eine ſehr reiche, hoch— intereſſante Vogelwelt. Während des Winters treffen wir dort eine große Anzahl unſerer einheimiſchen Vögel als Wintergäſte, und im Sommer bewohnen die prachtvollen Tangaren, Trogons und Kolibris, namentlich aber die feurigen, lauten Trupiale, deren Gefieder mit den koſtbaren Orchideen, Aroideen und anderen auffallenden Pflanzen wunderbar harmo— niert, die Wälder und Gärten der feuchten, heißen Thäler und der kühlen Gebirge. Viele dieſer Vögel verbreiten ſich nördlich bis zum Rio Grande, über— ſchreiten dieſen vielfach und dringen in unſer Gebiet (Texas, Arizona u. ſ. f.) ein. Zu dieſen gehort auch Audubons- oder der Schwarzkopftrupial. Er iſt der größte aller unſerer Trupiale oder Oriole, iſt aber hauptſächlich ein Bewohner Mexicos, wo | man ihn „Calandria“ neunt, ein Name, der auch ohne weiteren Unterſchied vier bis fünf anderen Tru— pialen beigelegt wird. Leutenant Couch fand dieſe Vögel mehr im Inneren Mexicos, namentlich im Staate Tamaulipas bei Charco Escondido. Männ— chen und Weibchen hängen bei allen Gilbvögeln mit der größten Zärtlichkeit aneinander und verlaſſen ſich auch in Lebensgefahr nicht. Dies beweiſt auch eine Beobachtung des genannten Sammlers. Er hatte das Männchen eines Paares dieſer Trupiale erlegt. Das Weibchen flog auf einen benachbarten Baum, anſcheinend unbekannt mit ſeinem Verluſte. Als es ſich aber von dem Tode desſelben überzeugt hatte, drückte es ſeine Klage in den ausdrucksvollſten Tönen aus, und bewies ſeine Teilnahme in ſo zu Herzen gehender Weiſe, daß Couch es verſchwor, fernerhin Vögel zu ſammelu. „Niemals“, bemerkt der genannte Beobachter, „hörte ich von einem Vogel Laute von ſo innigem und ſeelenvollem Ausdrucke wie von dieſem.“ Näheres über Lebens- und Niſtweiſe dieſes Trupials iſt uns durch Dr. Merrill und Herrn Sennett mitgeteilt worden. Oriol“, ſagt erſterer, „iſt am Rio Grande ein mittel— „Dieſer ſchöne Icterus Auduboni GIRAUD. mäßig zahlreicher Standvogel. Während der Some mermonate findet man ihn gewöhnlich im tieferen Walde in einiger Entfernung von Farmen und Wohnhäuſern, im Winter jedoch iſt er weniger ſcheu und zurückgezogen. Sie werden häufig von Mexika— nern gefangen und zum Kauf ausgeboten, doch ſangen diejenigen, welche ich pflegte, nicht im Käfig. In der Freiheit beſteht ihr gewöhnliches Lied aus lang— gezogenen, abwechjelnden, außerordentlich ſchmelzenden und lieblichen Flötentönen. Wenn man den Geſang einmal gehört hat, kann man ihn nicht wieder ver— geſſen.“ „Man kann nicht ſagen“, ſchreibt Sennett, „daß dieſer Oriol am unteren Rio Grande ſehr häufig ſei, aber er iſt auch keineswegs ſelten. Er lebt bei weitem zurückgezogener als alle ſeine dort vorkommen— den Verwandten. Wenn man ihn finden will, muß man den dichten mit viel Unterholz beſtandenen Wald in der Nähe der Lichtungen aufſuchen, etwa da, wo der Rio Grande-Heher zu wohnen liebt. Er iſt ein lieblicher Sänger, doch läßt er ſeine Töne nicht gerade oft erſchallen und ſingt nur, wenn er ſich unbeobachtet glaubt. Ich ſaß einſt am Rande des Waldes, um ein Pärchen Zaunkönige zu beobachten. Die einzigen Töne, welche ich vernahm, waren die rauhen Laute des genannten Hehers. Plötzlich aber erſchallte über mir ein Geſang, ſo lieblich und bezaubernd, daß ich wie feſtgebannt ſitzen blieb und lauſchte, alles andere um mich her vergeſſend. Bald ſah ich auch deu Sänger, wie er von Aſt zu Aſt flatterte und dabei ſeine wundervollen Laute erklingen ließ. Ich traue mir nicht die Fähigkeit zu, den Geſang eines Vogels zu beſchreiben, am allerwenigſten den dieſes Trupials. „Ich ſah dieſe Vögel gewöhnlich nur paarweiſe; einmal hatte ich aber Gelegenheit, im dichten Unter— gebüſch vier oder fünf ſich ernſtlich ſtreitende und mit einander kämpfende Männchen zu beobachten. Sie ſind in der Regel ſehr ſcheu, doch ließen ſie bei dieſer Gelegenheit alle Vorſicht außer acht. Wie manche andere Vögel, erſcheinen dieſe Trupiale bei näherer Beobachtung nicht ſo ſchön und anziehend, als draußen im dunklen Gelaube der Bäume. Das Gelb, Grün— WE ae 4 Su 1. MILVULUS FORFICATUS Swains. 2. CARDELLINA RUBRIFRONS Sclat. 3. EMBERNAGRA RUFIVIRGATA Lawr #. AURIPARUS FLAVICEPS Brd. 5. XANTHOURA LUXUOSA Bp. SCHEERENTYRANN. MASKENSÄNGER. TEXASFINK. SOLDMEISE. GRÜNHEHER. Scissor-tailed Flycatcher. Red-faced Warbler. Texas Sparrow Verdin. Green Jay. N i f ip, liche und Schwarz ſcheint daun mehr gemiſcht und tritt nicht ſo hervor. Käfigvögel, doch möchte ich bezüglich dieſer Art das Gegenteil des alten Sprichwortes behaupten und ſagen: ‚Ein Vogel im Gebüſch iſt mehr wert, als zwei in der Hand.““ Im folgenden Jahre (1878) fand ihn der For ſcher weiter aufwärts am Rio Grande, bei Lomita, zahlreicher und auch brütend. „Ich fand fie auch hier nicht ſo häufig, als andere Trupiale“, ſchreibt er, „aber einzelne konnte man ſtets beobachten. Er iſt außerordentlich ſcheu und lebt während der Brutzeit in der Abgeſchloſſenheit des Waldes. Das Auftreten dieſer Art im Verhältnis zu den übrigen Gilbvögeln geſtaltet ſich ſo: auf zwanzig Kapuzentrupiale (1 eueullatus) kommen zwölf Garten- (I. spurüus), fünf Gold- (J. Bullochi) und drei Audubous-Trupiale. Dieſes Jahr hatte ich auch das Glück, Neſt und Eier dieſer Art zu finden . . . Die Neſter, drei an Zahl, ſtanden im dichten Walde, zehn bis zwölf Fuß vom Boden in aufrecht ſtehenden Aſten. Sie waren ähn— lich, halbhängend gebaut wie die Neſter des Garten- oriol, beſtanden aus trockenen Gräſern und waren Man verkauft ſie oft als Der Gelbſteißoriol. 461 ſehr feſt und ſchön gewebt. Die Neſtmulde war etwa drei Zoll tief und am Rande ebenſo breit. „Die Eier ſind ſehr eigentümlich und ähneln keinen anderen jener Region. Die Grundfarbe iſt weiß, mit feinen braunen Schmitzen derartig beſäet, daß es ſcheint, als ſei die Oberfläche mit Staub bedeckt. Über dieſen Flecken, namentlich am ſtumpfen Eude, finden ſich Flecken und Punkte von tieferem Braun und auch Lila und dazwiſchen hieroglyphen— artige, faſt ſchwarze Marmorierungen. Einige ſind dichter und ſchwerer gefleckt als andere, doch ſind keine frei von den dunkeln, grotesken Linien, welche allen Eiern der Glieder der Familie eigen ſind. Sie ſind ſehr zartſchalig und im Verhältnis zum Vogel klein.“ Namen: Audubons⸗Oriol, Audubons-Trupial. Audubon's Oriole. Wiſſenſchaftliche Namen: Teterus Audubonii Giraud (1841). — Xanthornus melanocephalus Bonap. (1850). Beſchreibung: Kopf, Hals, Kehle, Schwanz und Flügel ſchwarz; das übrige des Gefieders gelb; weiße unter— brochene Flügelbinden. Weibchen ähnlich, doch matter. Schwanz geſtuft; Schnabel kräftig. Länge 9 bis 10.50 Zoll; Flügel 4.00 Zoll, Schwanz 4.50 Zoll. Der Gelbſteißoriol. Scott's Oriole. IJeterus parısorum BON ARTE. Tafel XXXI. 1 N * — — Wenn man die Stärlinge, die Kolibris, die Tyrannen und Waldſänger echte Charakter— vögel Amerikas nennt, fo kaun man die Palmenlilien europäiſchen Gärten. Die mit weißen Faſern beſetzten Blätter dieſer Art werden in Texas vielfach als Bindematerial benutzt. Man kennt ſie dort allgemein oder Yuccas, ebenſo wie Kakteen und Agaven, als eigentliche Charakterpflanzen unſeres Erdteils bezeich— nen. Wo ſie, wie dies im Südweſten unſeres Landes der Fall iſt, gruppenweiſe auftreten, verleihen fie der Landſchaft einen ganz eigentümlichen Reiz, ebenſowohl durch ihre auffallenden Blätter, wie durch ihre in großen dichten Büſcheln beiſammen ſtehenden lilien⸗ artigen Blüten. Die ſteifen nach allen Richtungen ſtehenden Blätter der meiſten Arten haben an ihrer Spitze einen ſcharfen, pfriemenförmigen Stachel, wes— halb man ſie vielerorts unter dem volkstümlichen Namen „Adams Nadeln“ oder ſpauiſche Bajonett— ſträucher (Adam's Needle, Spanish Bayonets, Vogel 2. Spanish Daggers) kennt. Eine kleine ſtammloſe Art, die ausdauerndſte von allen, findet ſich überall in den Südſtaaten und als Zierpflanze häufig auch in unter dem Namen Bandgras oder Bandyucca, doch ſollte fie gemäß ihres wiſſenſchaftlichen Namens Faſer— yucca!) heißen. Sie iſt da, wo fie den Winter über— dauert, eine Prachtpflanze erſten Ranges in den Gär— ten. Der Blütenſchaft wird mehrere Fuß hoch und trägt an feiner Spitze einen dichten Büſchel weißer Blumen; die Deutſchen in Süd-Illinois und Miſ— ſouri nennen ſie allgemein den „weißen Mann“. Au 1) Yucca filamentosa. 462 der Südoſtküſte unſeres Landes von Süd-Carolina bis Florida finden wir drei hochſtämmige Palmenlilien, von denen namentlich die Prachtyucca!) mit mehreren Abarten ſchön iſt, aber auch die Schwertyucca?) und die Traueryucca!) find ſehr intereſſant. Sie gedeihen in der Nähe der Küſte im ärmlichſten Sandboden und ſpielen in allen größeren Ziergärten des Südens eine große Rolle. Noch auffallendere Arten finden wir in den ärmlichſten, trockenſten Regionen des Weſtens, namentlich in Texas, Nord-Mexico, Arizona und Californien, und dort iſt es auch, wo ſie im Verein mit Kakteen und Agaven der Landſchaft ein ganz eigentümliches Gepräge aufdrücken. Viele Arten erreichen hier eine ganz bedeutende Höhe, und die mächtigen Blütenbüſchel, ſpäter die reifen Früchte, verleihen ihnen einen reizenden Schmuck. In Texas lernte ich zuerſt in der Umgebung Auſtins die ſchöne Baumyucca“) kennen. Sie iſt die ſchönſte aller bisher genannten Arten, doch wird ſie noch über— troffen von der am Rio Grande und Neu-Mexico zahlreichen Palmenyuccas), der „Palma“ der Mexi— kaner mit ihrem ſchönen Laubwerk und den mächtigen, herabhängenden Blütenbüſcheln. Sie erreicht eine Höhe von fünfzig Fuß und verzweigt ſich dann baum— artig. Ihrer Pracht halber hat man beſonders die beiden letzten Arten häufig in der Riviera angepflanzt. Die in Texas vorkommende ſtammloſe rotblühende Yucca‘) gehört einem nahe verwandten Geſchlecht an, erinnert aber in ihrer Tracht an die Palmenlilien. In Arizona und Süd-Californien findet ſich, grup— penweiſe zuſammen ſtehend, die Wüſtenyucca?) mit eßbaren Beerenfrüchten. Die unteren herabhängenden Blätter verunzieren die Pflanzen, dienen aber haupt— ſächlich unſerem Gelbſteiß-, Wüſten-, Yucca— oder Scotts-Oriol zur Anlage ſeines Neſtes, wie wir gleich ſehen werden. Dieſer ebenfalls ſchöne Trupial verbreitet ſich vom mittleren Mexico nördlich bis zum Rio Grande, iſt namentlich aber im ſüdlichen Arizona und Califor— gedeihen, häufig. Im mexikaniſchen Staate Vera Cruz nennt man ihn allgemein Calandria indio. Er kommt dort ebenſowohl in der gemäßigten wie in der alpinen Region vor. Xantus fand ihn zahl— reich bei Kap St. Lukas in Untercalifornien brütend. Am ausführlichſten berichtet aber Scott über ihn. „Während des Frühlings und Sommers 1884“, 1) Yucca gloriosa. 2) Yucca aloefolia. 3) Yucca recurvifolia 1) Yucca Treculeana, 5) Yucca filifera. 6) Hesperaloe Engelmanni. 7) Yucca baccata. Der Gelbſteißoriol. ſo ſchreibt dieſer, „hatte ich das Glück, die Bekannt: ſchaft dieſer noch wenig bekannten Trupiale zu machen. Die meiſten meiner Beobachtungen machte ich am San Pedro Abhange der Santa Catalina-Gebirge, in Pinal County, Arizona. — Hier erſcheint Scotts- Oriol Mitte April, ſich ſogleich durch ſein prächtiges Gefieder, noch mehr aber durch ſeinen ſchönen Geſang bemerklich machend. Wenige Vögel ſingen eifriger, ja ich kenne in den Oſt- und Mittelſtaaten keinen einzigen Vogel, den man ſo häufig hört. Die Männ— chen ſind ſelbſtverſtändlich die fleißigſten Sänger, doch beobachtete ich hin und wieder auch, daß einzelne Weibchen dieſelbe fröhliche Weiſe ertönen ließen, nur waren deren Töne ſanfter und leiſer. Vom früheſten Morgengrauen an und den ganzen Tag hindurch, ſelbſt während der Hitze des Nachmittags, iſt der Ge— ſang dieſes Trupials einer der wenigen Vogelgeſänge, welche man ſtets vernehmen kann. — Von der Zeit ſeiner Ankunft bis zum 29. Juli hörte ich den Geſang täglich, ja während der Tageszeit ſtündlich oft von vielen ringsumher zu gleicher Zeit. Man hat dieſe Art den Wüſtentrupial genannt, doch trifft meiner Meinung nach dieſer Name nicht zu, wie aus folgen— dem erſichtlich ſein wird. „Ein Canon, welcher hoch oben im Catalina— Gebirge ſeinen Anfang nimmt, teilt Hügel und Tafel— land durch ſeine tiefe Furche und vereinigt ſich dann mit dem San Pedro-Thale. Es iſt der obere oder höher gelegene Teil des Canon, in einer Höhe von 4000 bis 5000 Fuß, mit welchem wir es hier zu thun haben. Cajon iſt oft ziemlich ſchmal. Die Berge zu beiden Seiten ſind hoch, der Lebenseichen krönen die Berge oft bis zu ihrer Baſis. In der Schlucht ſelbſt finden ſich Baumwollpappeln (Cotton wood), Sykamoren und einige Cedern, während das Bett des jetzt ausgetrockneten Baches mit Gras bewachſen iſt. An den der Sonne ausgeſetzten Teilen trockuet der Bach ſchon zeitig im Mai aus, doch findet ſich im Baumwollpappelhaine eine meilenlange Strecke, wo nien, da wo die baumartigen Palmenlilien in Menge | das Waſſer beſtändig fließt. Und auch während der trockenſten Zeit bilden ſich im Bett des Baches zahl— reiche, immer mit Waſſer verſehene Tümpel. An dieſen Tümpeln und an den Strecken fließenden Waſſers iſt die Vogelwelt reich vertreten. Dies iſt ſicherlich keine Wüſte, und hier gerade iſt es, wo Scotts-Oriol vorkommt. Man findet in dieſer Oaſe nur wenige Kakteen und gar keinen Chollakaktus, welcher der angrenzenden Wüſtenregion jo charakte— riſtiſch iſt. „Nach dem 7. Auguſt verſtummte der Geſang, doch waren die Trupiale bis zum 10. desſelben Mo- nats zahlreich und auch noch in den drei folgenden Tagen ſah ich einzelne. Schon meinte ich, daß nun alle ſüdlich gezogen ſeien, doch als ich am 14. Sep— Der Gelbſteißoriol. tember während der Abenddämmerung an einer Yucca | vorüberging, wurde ein altes Männchen, das ſich hier ſeinen Schlafplatz erkoren, aufgeſcheucht.“ „Im Canon und am Bergabhange finden ſich viele Yuccas ), doch iſt keine höher als zehn Fuß. In einer ſolchen, dicht am Walde, und an einem der beſchriebenen Waſſertümpel, wo täglich Menſchen vor— übergingen, fand ich am 24. Mai das erſte Neſt. Es war ſorgfältig in den halb und ganz trockenen, am Stamme herabhängenden Blättern der Yucca verſteckt. Der Bau ſtand nur vier Fuß vom Boden und hing an fünf ſenkrecht herabhängenden Blättern. Er war halb hängend und beſtand äußerlich aus feinen Yuccafaſern und Gras und war innerlich mit feinen Gräſern und Baumwolle ausgelegt. Die ſehr dünne Wandung iſt am Boden einen halben, an den Seiten einen achtel bis einen viertel Zoll dick. Das ganze Neſt war ein loſes aber ſehr feſtes Gewebe. mulde betrug 3.50, die Breite 4 Zoll. waren der Grundfarbe nach bläulichweiß mit einem Kranze ſchokoladenbrauner und lilafarbiger Flecken am ſtumpfen Ende; einzelne helle und dunkelbraune Punkte waren über die ganze Oberfläche zerſtreut.“ Der genannte Vogelkundige fand an den folgen— den Tagen drei weitere Neſter, alle in herabhängende alte Blätter der Yucca gebaut. „Alle ſtanden nur etwa vier Fuß vom Boden und alle waren der Haupt— ſache nach aus den zähen Blattfaſern dieſer Pflanze gebaut. Da ſie zwiſchen dem Stamm und den herabhängenden Blättern angelegt ſind, ſo ſind ſie nicht leicht zu entdecken. in einer Platane etwa achtzehn Fuß vom Boden. Es war beutelförmig in die äußerſten Seitenzweige gebaut und beſtand zum größten Teile aus Pucca— faſern. des Baltimore-Oriol. bilden das Gelege. „Alle dieſe Neſter waren in zehn Minuten vom Hauſe aus zu erreichen und drei derſelben ſtanden nicht mehr wie 150 Yards voneinander entfernt. „Dieſer Trupial iſt hier zahlreich, und es iſt zu hoffen, daß er in einigen Jahren, wenn er mehr mit Vier, mauchmal nur drei Eier 1) Yucca baccata. Die Tiefe der Neſt-⸗ Die Eier Es ähnelte im allgemeinen ganz dem Neſte | | Ein fünftes Neſt fand er 463 dem Menſchen bekannt geworden iſt, ſein jetziges ſcheues Weſen ablegt und ſich wie andere Arten ihm innig anſchließt. Kurz nach ihrer Ankunft tummel— ten ſie ſich beſtändig in den das Haus überhängenden Eichen und nur wenn ſie ſich zu ſcharf beobachtet ſahen, wurden ſie ängſtlich. Yuccas mit herabhän— genden Blättern ſind ihre Lieblingsniſtſtätten, doch machen ſie auch Ausnahmen von dieſer Regel. Ich glaube annehmen zu können, daß auch die in den auf Eichen wachſenden Miſtelbüſcheln angelegten Oriol— neſter dieſer Art angehörten.“ Die auf unſerem Bilde dargeſtellte Palme, die californiſche oder Faſerpalme !), findet ſich namentlich zahlreich in Süd-Californien. Selbſt in der Colorado— Wüſte, einige Meilen ſüdlich von Agua Caliente, be— findet ſich ein großer Palmenhain, eine wirkliche Oaſe in der Wüſte. „Dieſer Palmenhain“, ſchreibt Ste— phens, „wurde namentlich von Hausfinken bewohnt. Unter den vielen alten herabhängenden Palmenblät— tern, über welchen ſich die lebenden nach allen Rich— tungen ausbreiteten, hingen viele Oriolneſter. Ich kletterte an verſchiedenen Stämmen hinauf, um ſie zu unterſuchen und fand, daß ſie faſt ausſchließlich aus den hanfartigen Faſern der Palmenblätter gebaut waren. Es waren nicht nur ſchöne, ſondern auch warme Neſter. Alle, ein einziges ausgenommen, hingen an der Unterſeite der maſſenhaft herabhän— genden trockenen Blätter. Nur eins hing an der Unterſeite eines grünen Blattes.“ Obwohl Ste— pheus meint, dies ſeien Neſter des Kapuzeutrupials geweſen, ſo ſcheint es doch, wenn wir die von Scott gefundenen, an PYuccas hängenden ähnlich gebauten Neſter vergleichen, daß es Bauten des Puccatrupials waren, welche ſich hier in Palmen fanden. Namen: Pucca⸗-, Gelbſteißoriol, Orange-, Palmenoriol, Gelbſteiß-, Yuccatrupial. Scott's Oriole, Yucca Oriole. Wiſſenſchaftliche Namen: Icterus parisorum Bonap. (1837). — Ieterus Seotti Couch (1554). — Nanthornus parisorum (1850). Beſchreibung: Männchen am Kopf, Halſe, Flügeln und Schwanz ſchwarz; Unterſeite, Bürzel oder Steiß, mitt— lere und kleine Flügelfedern und ganze untere Flügel— federn reich gelb; weiße Flügelbinde. Weibchen ober— ſeits olivenfarbig, dunkler geſtrichelt; Unterſeite gelblich mit grauem Anflug. 2 Länge 8.25 Zoll; Flügel 4.00, Schwanz 3.75 Zoll. 1) Pritchardiu filamientosa. Der Kapuzentrupial. Hooded Oriole. Jeterus cucullatus SWAINSON. J. ler Kapuzentrupial iſt einer der ſchönſten und anziehendſten Vögel der Region des unteren Rio Grande. In großer Anzahl bewohnt er dort alle mit Bäumen beſtandenen Ortlichfeiten und auch größeren Obſtgärten. Wie weit er ſich ins Innere von Texas verbreitet, iſt nicht bekannt, doch habe ich ihn bei Houſton, wo der weniger ins Auge fallende Garteuoriol ſehr zahlreich iſt, nicht beobachtet. Couch fand ſie häufig in den mexikaniſchen Staaten Tamau— lipas und Nuevo Leon, wo ſie gewöhnlich in Palmen— lilien oder Yuccas niſteten. Am ausführlichſten be— richten auch über dieſe Art Dr. Merrill und Sennett. „Dieſer zahlreichſte Oriol des unteren Rio Grande“, ſchreibt erſterer, „erſcheint dort etwa in der letzten Märzwoche. Er iſt nicht ſo zutraulich wie Bullocks-Oriol, bevorzugt vielmehr den Wald. Die Neſter ſind ſo charakteriſtiſch, daß ſie mit denen keiner anderen Art verwechſelt werden können. Man findet ſie nur an zwei Standorten. Am regelmäßigſten ſtehen ſie im dichten ſpaniſchen Moos, gewöhnlich nicht hoch vom Boden. Ein dichter Moosbüſchel iſt dann ausgehöhlt, und in dieſer Höhlung ſteht das aus demſelben Moos gebaute und mit haarähnlichem Moos ausgelegte Neſt. Der zweite Standort iſt ein mir dem Namen nach unbe— kannter, etwa ſechs Fuß hoher, unten faſt kahler Strauch, welcher an ſeiner Spitze mit zwei oder drei ſehr dichten Blattbüſcheln geſchmückt iſt. Dieſe dun— kelgrünen Blättermaſſen verbergen das in ihnen ange— legte Neſt wunderbar. Auch in dieſem Falle beſteht der Bau aus haarähnlichem ſpaniſchem Moos und iſt ebenfalls mit dieſem Material, auch wohl mit etwas Wolle und einigen Federn ausgelegt. Im Vergleich mit anderen Oriolneſtern ſind ſie ziemlich breit und flach gebaut, doch ſind die Wandungen, obwohl dünn und zart, feſt und dauerhaft. Manche Pär— chen legen ihre Neſter auch in Yuccas an, welche im Dünenſande der Meeresküſte häufig vorkommen. In dieſem Falle beſteht der Bau gewöhnlich aus den trockenen ſtarken Faſern genannter Pflanze, und iſt innen mit etwas Schaf- oder Diſtelwolle ausgelegt. Es iſt meiſt in die unteren herabhängenden Blätter gebaut und an zwei oder drei derſelben befeſtigt. Die Eier ſind gewöhnlich leicht von denen unſerer übrigen Oriole zu unterſcheiden, da ſie nicht mit ſo unregel— mäßigen Flecken und Schmitzen bedeckt ſind. Die Grundfarbe iſt weiß, mit ſehr leichtem bläulichem Aufluge. Die verſchiedenartigen braun- und lila— farbigen Flecken ſtehen hauptſächlich am ſtumpfen Ende, wo ſie einen unregelmäßigen Kranz bilden. Einige Gelege ſehen genau aus wie Bireveier. Die Größe beträgt etwa „82.59 Zoll.“ Noch intereſſanter und ausführlicher berichtet Sennett, der ihn etwas weiter aufwärts am Rio Grande fand. „Allerwärts, wo ſich nur einigermaßen Waldland findet“, jo ſchreibt er, „iſt der Kapuzen— Oriol ſehr zahlreich. Ich fand ihn häufiger als alle anderen Trupiale zuſammengenommen. Wie die an— deren Arten, jo variiert auch er, je nach der Jahres— zeit und dem Alter, ſehr in der Färbung, doch ſieht er auch im ſchönſten Gefieder in einiger Entfernung viel ſchöner aus als ganz in der Nähe. Dann ſticht die gelbe Kapuze wundervoll ab gegen die ſammetſchwarze Kehle. Die Vögel ſind ſehr lebhaft und ſo fleißige Sänger, daß der Wald den ganzen Tag wiederhallt von ihren Liedern. Die Schnäbel ſind mehr gebogen und ſpitzer als bei anderen Arten und vorzüglich geeignet, das haarähnliche Moos zu weben. Gewöhn— lich ſteht der Bau in einem Büſchel Moos !), welches von faſt allen Baumäſten herabhängt. Auch an Baumzweigen ſelbſt habe ich Neſter gefunden, doch woimmer ſich auch dieſelben befinden mochten, das unvermeidliche Moos bildete auch bei ihnen den Hauptbeſtandteil. Das ſogenannte „Moos“ iſt ſo dauerhaft, daß es jahrelang Wind und Wetter Trotz bietet, und daher kommt es, daß man zehn alte Neſter findet, ehe man ein neues entdeckt. Das Innere des ſpaniſchen Mooſes ſieht ſchwarz wie gekräuſeltes Pferdehaar aus, nachdem ſich die äußere graue Rinde 1) Tillandsia usneoides. a — Bir ——— — ase —— Nelſons— abgelöſt hat. Dieſer Trupial benutzt dieſes Pflanzen- haar in der Weiſe, daß er es im Innern eines lebenden Moosbüſchels ſehr geſchickt verwebt, woraus dann ein ebenſo ſchönes, als ſicheres und dauerhaftes Neſt ent— ſteht. Manche Neſter ſtehen in Maunshöhe, andere oft dreißig Fuß von der Erde. Die Vögel zeigen ſich ſehr ungebärdig und ängſtlich, wenn man an ihr Neſt kommt. Die Zahl der Eier beträgt vier, manch— mal fünf.“ Namen: Kapuzen⸗, Moostrupial, Kapuzenoriol. Hooded Oriole. Wiſſenſchaftliche Namen: Icterus euchllatus Swains. (1827), Cassin, Ill. I, II, 1853, 42, Pl. VIII. — Pen- dulinus eucullatus Bonap. (1850). Beſchreibung: Schwanz ſtark geſtuft (ſiehe unſere Abbil— dung). Flügel, ein ſchmales Band über dem Rücken, Schwanz, Augengegend, Kinn und Kehle tiefſchwarz; übriges Gefieder prachtvoll orangengelb; zwei weiße Flügelbinden; Rand der Schwungfedern weißlich. Das Gelb variiert übrigens bei verſchiedenen Vögeln fehr. Weibchen ohne den ſchwarzen Bruſtfleck; Oberſeite gelb— lichgrün, bräunlich auf dem Rücken; Unterſeite gelblich. Länge 7.00 bis 8.50 Zoll. Nelſons-Griol. Nelson's Oriole. Jeterus cucullatus Nelsoni RIDG WA. Tafel NNXT Vogel 3. Im Südweſten der Union, namentlich in Ari— zona, Süd⸗Californien, Untercalifornien und dem weſtlichen Mexico findet ſich eine nur wenig ab— weichende Abart, Nelſouns-Oriol. der Bruſt u. ſ. f. iſt ſafran-, nie oraugengelb. Die Eier ſind ſtärker gefleckt. Wir ſind über die Niſtweiſe dieſer Abart durch die Mitteilungen Scotts ſehr genau unterrichtet. zahlreich in derſelben Schlucht, in welcher der bereits beſchriebene Puccatrupial häufig war. Im zweiten Jahrgange des „Auk“ (pp. 159 bis 165) giebt er folgende Beſchreibung: „Dieſe Oriole erſcheinen hier in Pinal County, Arizona, etwa Mitte April und verweilen bis Ende September und einzelne ſogar bis Oktober. zeichnen ſich nicht gerade durch vorzüglichen Geſang aus, doch fallen ſie allerwärts durch ihre ſchöne Fär— bung und ihre lauten, ſchnarrenden Töne auf. Die— ſelben erinnern an die ähnlichen Laute des Baltimore— Oriol, doch ſind ſie mehr gezogen. Es werden jährlich zwei und nicht ſelten ſogar drei Bruten großgezogen. Die Alten ſind fleißige Arbeiter, wenn es gilt, das Neſt fertig zu ſtellen, und die Schnelligkeit, mit welcher Genannter Beobachter fand fie | Sie Oriol. 465 der mühſame künſtliche Bau beendet wird, ſetzt in Erſtaunen. Drei bis vier Tage genügen gewöhnlich, um die Arbeit zu vollenden. Die Zahl der Eier beträgt drei oder vier. Die zehn von mir gefundenen Neſter ſtanden in verſchiedenen Bäumen, in Baum— wollpappeln, Platanen und Eſchen. Alle zehn Neſter fanden ſich im Umkreis von einer Meile. Obwohl das Baumaterial leicht zu erreichen war, variieren die Neſter doch ſehr in ihrer Bauart. Einige ſind beutelförmig wie die des Baltimore-Vogels, andere ähneln mehr denen des Gartentrupials, während eins in aufrechten Zweigen angelegt war und in keiner Weiſe als ein Hängeneſt angeſehen werden kann.“ Von den zehn von Scott ausführlich beſchrie benen Neſtern ſei nur eins hier näher beſchrieben: „Dieſes, ein typiſcher Bau, ſtand etwa dreißig Fuß vom Boden und enthielt drei Eier. Es war beutelförmig und ziemlich umfangreich. Die Wan— dungen ſind nicht dick, außer am Boden und beſtehen aus Puccafaſern, welche ziemlich loſe verwebt find. Die innere Auskleidung beſteht aus demſelben, jedoch feinerem und weicherem Material. Das Neſt hängt an zwei Aſtchen, und eines derſelben, welches mit in die Wandung eingewebt iſt, iſt vier Zoll lang, das andere iſt mit dem Neſtrand verbunden. Die äußere Länge des Neſtes beträgt 6, die Tiefe der Neſtmulde 4 Zoll; die Offnung hat einen Durchmeſſer von 3 Zoll.“ Das Gelbe Die meiſten übrigen Neſter waren aus rauhem grünen Gras hergeſtellt, innen mit feinerem Gras ausgelegt; andere waren teilweiſe aus Gras, teilweiſe aus Yurccafajern gebaut. Manche waren auch mit etwas Baumwolle und Pferdehaaren ausgelegt. Bei einzelnen waren die Zweige, an welchen ſie hingen, mit in die Wandungen hineingebaut, doch waren mehrere auch echte, nur an einer horizontalen Aſtgabel befeſtigte Hängeneſter. Manche waren groß und erſchienen rauh, während andere ſchön und ſymmetriſch geformt waren. Sie jtanden meiſt 20 bis 45 Fuß, einige auch nicht höher als 12 bis 15 Fuß von der Erde. Andere Neſter, welche man im ſüdlichen Arizona fand, waren oft in den trockenen, herabhängenden Blättern der Yucca angelegt, wieder andere, namentlich in der Mesgquitregion, ſtanden in den paraſitiſch auf Baum— zweigen vorkommenden Miſteln. In den Palmen— hainen des ſüdlichen Californien findet man dieſen Trupial häufig mit dem Gelbſteißoriol zuſammen. Auch er niſtet dort in den alten herabhängenden Palmenwedeln. In Californien verbreitet er ſich nördlich bis Santa Barbara. 39 AN & 5 Der Gartenoriol. Orchard Oriole. Tafel XXX. Ieterus spurius BON A ARTE. Vogel 4. Wie herrlich leuchtet Mir die Natur! Wie glänzt die Sonne! Wie lacht die Flur! er Sinn für die Schönheiten der Natur iſt jedem das Gute und Edle liebenden Men— ſchen eigen. Wer möchte in dumpfer Stube zurück— bleiben, wenn der Mai und Juni draußen im Garten, Feld, Wieſe, Prärie und Wald ein herrliches Blüten— | meer hervorzaubert, wenn jeder Schritt dem offenen Auge neue Überraſchungen bringt, wenn unſere kleinen gefiederten Sänger ihre jubelnden Weiſen erklingen laſſen, wenn ein Meer von Farben und Tönen das ſtaunende Auge, das lauſchende Ohr ent— zückt und die laue Luft mit dem Dufte lieblicher Blumen erfüllt iſt! Wer ſich nicht mit den Sängern des Gartens, der Wieſe, des Feldes und Waldes befreundet, ent— behrt unendlich viel. Der Landbewohner namentlich ſteht auf ſehr niedriger Stufe, wenn ihn nicht Bande der Freundſchaft an die Vögel ſeiner Umgebung ketten. Sind ſie es doch, welche durch das Vertilgen ſchädlicher Jnſekten ihm von unberechenbarem Nutzen Es dringen Blüten | Aus jedem Zweig Und taufend Stimmen Aus dem Geſträuch. ſind, welche ihm in der Frühe des Morgens ihre Jubellieder ſingen, welche fort und fort durch ihr heiteres Weſen Leben und Frohſinn um ihn her ver— breiten und welche dadurch namentlich ſeiner Umge— bung einen hohen poetiſchen Reiz verleihen. Im Leben faſt jedes Naturfreundes ſpielt die Vogelwelt eine bedeutende Rolle. Nichts vermißt er in einer fremden Gegend mehr als ſeine alten gefiederten Freunde. Zieht er fort aus der Heimat in eine andere Gegend, in einen andern Staat, ſo fühlt er ſich vereinſamt und fremd, denn er kennt niemanden und niemand kennt ihn. Die Straßen, die Berge und Thäler, die Wälder, Bäche und Flüſſe, ſelbſt das Klima macht auf ihn einen fremdartigen Eindruck. Sehnſuchtsvoll richtet er ſeine Gedanken nach der einſtigen Heimat. Da dringt plötzlich ein wirbelnder, fröhlicher, bekannter Geſang an fein Ohr. Es iſt der Und Freud' und Wonne Aus jeder Bruſt. O Er’, o Sonne! O Glück, o Luſt! Göthe. Blauvogel, ein Genoſſe ſeiner Jugend, welcher ihn mit ſeinen ſchönſten Tönen begrüßt. Er ſchaut ſich näher um und gewahrt nun auch den Robin, den munteren Zaunkönig, die Katzendroſſel und Schwalbe, den Rotflügel und Wieſenſtar und andere, lauter alte Bekannte, welche mit ihm gekommen zu ſein ſcheinen, in Wahrheit aber längſt vor ihm da waren. So— gleich iſt das Heimweh vorüber; er fühlt ſich nicht mehr fremd und vereinſamt. — Kehren wir nach vielen Jahren aus fremden, fernen Zonen in unſere Heimat zurück, ſo finden wir die Vögel unſerer Jugendzeit noch ebenſo unverändert wie einſt, als das Leben noch heiter und ſonnig vor uns lag. Wir ſind vielleicht alt und grau geworden, des Lebens Stürme und Mühſale haben uns nicht verſchont, aber auf derſelben Ulme, wo einſt vor vielen Jahren der Baltimore-Oriol niſtete, niſtet er noch heute; die Katzendroſſel brütet noch im ſelben Jelängerjelieber— Dickicht; im Garten, der uns in der Jugend eine Welt war, tummeln ſich noch Robins, Hütteuſänger und alle die alten gefiederten Freunde von ehedem; im Felde trillert noch der Wieſenſtar, pfeift noch die Baumwachtel, bearbeitet der Goldſpecht noch mit ſeinem Schnabel die Ameiſenhaufen. Die Menſchen ſind uns fremd; die meiſten einſtigen Jugendgenoſſen ſind fortgezogen, andere deckt die kühle Erde, nur an den Vögeln ſcheinen die Jahre ſpurlos vorüberge— gangen zu ſein, nur ſie ſcheinen unverändert geblieben. — Welchen Eindruck der Geſang des Vogels auf das Gemüt des denkenden Menſchen macht, iſt ſchon mehr— fach erwähnt worden. Selbſt auf den Gleichgültigſten muß der Flug, die Geſtalt, die Färbung, das ganze Weſen des Vogels eine unwiderſtehliche Anziehungs— kraft ausüben. Wenn wir von einem idealen Stand— punkte aus urteilen, ſo ſtehen die Vögel höher als alle anderen Tiere. Die niederen Lebeweſen, von denen Ta me — b Der Gartenoriol. uns eine allzu tiefe Kluft trennt, aber auch höher entwickelte Tiere, wie die Affen, können uns wohl intereſſant erſcheinen, jedoch niemals erheben und begeiſtern. Die Erhabenheit des geſtirnten Abend— himmels, das Majeſtätiſche und Gewaltige des Hoch— gebirges, die ſcheinbare Unendlichkeit des Meeres, das Erwachen der Natur im Leuze, der Schmelz und Duft der Blumen haben ſtets den Menſchen erhoben und dichteriſch angeregt, nichts in der Natur iſt aber von den Dichtern aller Zeiten ſo vielfach und begeiſtert beſungen worden, als das gefiederte Volk der Vögel. Werden fie durch ihren Geſang doch ſelbſt zu Dichtern: Man muß nur ihre Lieder ohne Worte recht würdigen und zu deuten verſtehen. Ihr Flug, ihr Kommen im Frühling, ihr Scheiden im Herbſt, ihr ganzes Leben iſt voll der lieblichſten Poeſie. Dies gilt namentlich von den Singvögeln. Wir erinnern nur an die Boten des Frühlings, an Robin, Blauvogel und Singſperling, an den hurtigen Zaunkönig, an den feurig gekleideten Oriol, an die herrlichen Sän— gerinnen Spott-, Katzen- und Braundroſſel, an den Kardinal u. ſ. f. Zu den Vögeln, welche, wie die genannten, durch ihren Geſang, ihr munteres und zutrauliches Weſen und ihre Gefiederſchönheit jedermann erfreuen, gehört auch der Gartenoriol. Er iſt in der That einer unſerer lieblichſten und nützlichſten, fröhlichſten und munterſten Gartenbewohner. Im Norden, in Wis— conſin und Nord-Illinois, traf ich ihn nur vereinzelt, dagegen fand ich ihn in den Südſtaaten, namentlich in Texas und im weſtlichen Miſſouri, ſehr zahlreich. Im Oſten findet er ſich ſpärlich bis nach Maſſachu— ſetts, iſt ſtellenweiſe in Süd-Carolina und Georgia häufig, ſcheint ſich am zahlreichſten aber im Miſſiſſippi— Thale zu finden. Weſtlich verbreitet er ſich vereinzelt bis zu den Vorbergen des Felſengebirges, nördlich in einzelnen Pärchen bis nach Minneſota und Dakota. Im allgemeinen kann man ihn als einen echten ſüd— lichen Gartenvogel bezeichnen. In Texas fehlt er kaum in einem größeren Pfirſichgarten, in Louiſiana keinem Orangenhain, in Miſſouri keinem Apfelgarten. Auch in den dichten Zierbäumen in unmittelbarer Nähe der Wohnungen ſiedelt er ſich au, ebenſo in den Weiden der Bachufer, und in Texas mit beſonderer Vorliebe auch in den mit Mesquitbäumen bejtandenen „Mesquitprärien“. Im ſüdöſtlichen Texas beob— achtete ich ihn regelmäßig in den mit ſpaniſchem Moos behangenen Magnolien und Lorbeereichen, in Honigakazien und Amberbäumen (sweet-gum) in der Nähe der Farmwohnungen. Er erſchien dort 467 gewöhnlich Mitte April. Die erſten Ankömmlinge ſind ſtets alte Männchen, wie das ja bei faſt allen Vögeln der Fall iſt. Einige Tage ſpäter folgen die jüngeren Männchen, welche man leicht an ihrer unvollſtändigen Färbung erkennen kann, und endlich zuletzt, etwa am 22. April, kommen auch die Weib— chen an. Im ſüdweſtlichen Miſſouri treffen die erſten alten Männchen ziemlich regelmäßig am 28. und 29. April ein. Die fröhlichen auffallenden Sänger können dem Beobachter kaum entgehen. Zur Ver vollſtändigung dieſes Lebensbildes laſſe ich hier einen Abſchnitt aus meinem ornithologiſchen Tagebuche folgen: „Freiſtatt, Mo., den 28. April 1885. — Der Frühling iſt vollſtändig eingezogen. Allerwärts grünt und blüht es, die Vögel jubeln und ſingen von allen Seiten. Die Luft iſt merkwürdig rein und erfriſchend auf dieſem Plateau des Ozark-Gebirges, leider iſt aber der Südwind in dieſer Jahreszeit ſo heftig, daß die Obſtbäume alle nach Norden hin überhängen. Erſt Mitte Mai wird er zu wehen aufhören. Jetzt ſtellen ſich nach und nach auch die zärtlichſten unſerer gefie— derten Sänger ein. Als ich heute morgen durch den Obſtgarten ging, hörte ich zum erſtenmal in dieſem Jahre den Geſang des Gartenoriol. Das Mäun— chen ſaß in der Spitze im dichten Geäſt eines Apfel— baumes und ſang, ſich flatternd hin- und herwiegend, ſeine ſprudelnden Töne. Man kann ſich kaum ein reizenderes Bild denken, als dieſen Garten mit ſeinen gefiederten Bewohnern, von denen der Gartenoriol einer der anziehendſten iſt. Das tiefe Schwarz des Kopfes, des Rückens und des Schwanzes und das ſchöne Kaſtanienbraun der Unterſeite und des Bürzels kommt beim Singen recht zur Geltung. Das Lied erinnert mich immer an den Geſang des roſenbrüſtigen Kernbeißers, wie ich ihn vor vielen Jahren jo häufig in den Wäldern Wisconſins hörte. Die Töne folgen jo ſchnell aufeinander, daß ihnen das Ohr kaum folgen kann. Sie ſind ſprudelnd, ſehr wohlklingend, laut, abwechſelnd und fröhlich. Die Verſchiedenartigkeit, das laute Durcheinander der Töne, das Fröhliche, Heitere derſelben iſt ein treues Abbild des jetzt voll— ſtändig eingezogenen Frühlings. Als der Robin und Hüttenſänger zuerſt ſangen, blühte kaum irgendwo ein Blümchen, jetzt iſt der ganze Wald, die ganze Prärie mit den verſchiedenartigſten Kindern Floras geſchmückt. Die weiße Kuckucksblume!) und pracht 1) Erythronium album, 468 volle große Veilchen“) finden ſich in allen Ecken der „Zickzackzäune“. Auf der nahen Prärie blühen wohlriechende amerikaniſche Primeln oder Schlüſſel— blumen?) in Menge. Am Waldrande finden ſich Herzblumen?), Anemonen ), Podophyllum peltatum | (Scirmpflanzen), Thalietrum anemonoides und viele andere. Im Garten blühen Nareiſſen und Mai— glöckchen. Die Katzendroſſel ſingt ihre herrlichen Lieder. In jenem Jelängerjelieberdickicht ſcheint ſich die ebenfalls heute angekommene vorjährigen Neſte umzuſehen. fliegen im Niſtkaſten aus und ein, Auch die regſte Phautaſie könnte ſich dies Frühlings— bild nicht ſchöner ausmalen als es heute iſt. Luft iſt lau, die Sonne ſendet ihre Strahlen hernieder, aber es iſt nicht zu warm. Aus dem nahen Wald tönt der Geſang zahlreicher Kardinäle, aber auch lärmende Blauheher laſſen ſich hören. Die brütenden Blau— vögel haben fort und fort ihren Niſtkaſten gegen dieſe abgefeimten Neſträuber, die hier zu halben Haus— vögeln geworden, zu verteidigen. „9. Mai. — Der Gartenoriol läßt ſich jetzt von allen Seiten hören. Die Weibchen ſind bereits alle erſchienen, nachdem die Männchen ſchon ſechs bis acht Tage vorher angekommen waren. Es ſind präch— tige Vögel und ihre Zutraulichkeit geht ſo weit, daß ſie bis in die Eichen dicht an meiner Hausthür kom— men. Ich machte heute eine Fahrt nach dem vierzehn Meilen entfernten Sarcoxie, um Herrn Wild, einen beſonderen Vogel- und Blumenfreund, zu beſuchen. Unterwegs ſah ich ſehr viele Waldſänger, blaue Kern— beißer und auch einzelne Spottvögel. Im Garten blühen die wohlriechenden Heckenkirſchen“), und im verſchlungenen Jelängerjelieberdickicht ſchlüpft das Pärchen Katzendroſſeln aus und ein. „21. Mai. — Es brüten wenigſtens ſechs Gar— tenoriolpärchen in der Nähe meiner Wohnung. Fort und fort iſt der Geſang zu hören im großen Vogel— orcheſter. Mit faſt tauſendſtimmigen Jubelgeſängen Sängerin nach dem Die Hüttenſänger ihre Jungen ätzend. Die iſt und gleicht dann friſchem Heu. Zoueigen, waren alſo halbhängend angelegt. begrüßt der gefiederte Sängerchor die aufgehende Sonne. Kardinäle, Hüttenſänger, Zaunkönige, Meiſen, Tyrannen, Spechte, Robins, Katzen-, Spott-, Braun- und Walddroſſeln, Indigo-, Wald-, Lerchenfinken, blaue Kernbeißer, Martin- und Scheu— nenſchwalben, Gartenoriole, ſelbſt Blauheher, geben ſich alle Mühe, ihre lauteſten Töne hervorzubringen. Wie überaus reich iſt hier noch die Vogelwelt! Es 1) Viola pedata, V. sagittata. 2) Dodecatheon Meadia (Ameri- can Cowslip). 3) Dicentra cucullaria. 4) Anemone nemorosa. 5) Louicera xylosteum u. L. fragrantissima. Der Gartenoriol. wird nicht lange dauern, jo hat auch hier der Menſch— dieſes ſchöne Idyll zerſtört. Wie mit Argusaugen muß ich meine im Garten brütenden Spottdroſſeln bewachen. Dieſe Vögel ſind ſchon ziemlich ſelten geworden, weil faſt jedes Neſt ſeiner Jungen beraubt wird. „Heute fand ich das erſte Gartenoriolneſt. Es ſteht etwa ſechs Fuß vom Boden in einem jungen Maulbeerbaume und iſt beutelförmig wie ein Balti— more-Oriolneſt. Es iſt jo verborgen inmitten des dichten Gelaubes angelegt, daß nur ein geübtes Auge dasſelbe wahrnimmt. Wie alle Gartenoriolneſter, jo beſteht auch dieſes äußerlich aus Grasblättern und Hälmchen, welche ſtets grün verwendet werden. Die Vögel beißen das Gras friſch ab und weben und flechten daraus ein ſehr feſtes, korbartiges künſtliches Neſt. Trockene Gräſer finden keine Verwendung. Das Gras trocknet erſt, nachdem es verbaut worden Junen iſt der Bau ſtets mit feiner Pflanzenwolle oder Federn aus— gelegt. Wie die meiſten Neſter, ſo mißt auch dieſes drei Zoll in der Länge und iſt ebenſo breit. Gewöhn— lich iſt der Bau in drei bis vier Tagen vollendet. „Mit einer einzigen Ausnahme waren alle von mir in Texas gefundenen Neſter dieſem ganz ähnlich. Faſt alle ſtanden in halb aufrechten, halb wagerechten Es iſt ein Irrtum, wenn manche Ornithologen angeben, daß in Texas die warme Auskleidung den Neſtern fehle. Alle, welche ich zu unterſuchen Gelegenheit hatte, waren, ebenſo wie im Norden, mit Pflanzenwolle (meiſt Baumwolle) und mit Federn weich ausgelegt. Im füdöftlihen Texas fand ich einmal ein in einem ſpaniſchen Moosbüſchel angelegtes Neſt. Die herab— hängenden Moosfäden waren mit Gras durchflochten und ſo geformt, daß ein langer beutelförmiger Bau daraus entjtanden war. Innen war es mit etwas Baumwolle warm und weich ausgelegt. Ich zweifle nicht daran, daß die Vögel dort häufig ſo niſten, ſah ich ſie doch oft im dichten Moos umherſchlüpfen. „11. Juni. — Gartenoriolneſter überall. Ich fand ſogar eins in der Spitze einer dichten Kiefer, ganz dicht au einem Farmhauſe, wo es ſehr hübſch im dichten Nadelwerk verborgen war. Ein anderes ſtand nicht weit davon in einem Obſtbaume, ein drittes in einem Bogenholzſtrauche und ein viertes war auf einer großen Schwarzeiche, auf welcher ſich gleichzeitig ein Neſt des Robin und ziemlich oben in der Spitze ein ſolches des Königstyrannen findet. Ein fünftes Neſt iſt in einer kleinen, aus lauter jungen Bäumen beſte— 1. ICTERUS GALBULA Coues.d5 - BALTIMORE-ORIOL. Baltimore Oriole (male). ZIISTERUS GAULBURAT GC oues!2!N 9 x 5 4 (female). 3. TYRANNUS TYRANNUS Jordan. - KONIGSVOGEL. Kınsbird. +. ICTERUS SPURIUS Bonap. - GARTENORIOL. Orchard Oriole. 2 ir 7 nt 2 A Der Baltimore: Driol. henden Eichengruppe in unmittelbarer Nähe meiner Wohnung angelegt. Keine ſechs Fuß davon entfernt brüten Blauvögel in dem für ſie angebrachten Niſt— kaſten. Unter dieſen Bäumen ſpielen fortwährend die Kinder oder ſie ſchaukeln ſich in der gerade unter dem Oriolneſte befindlichen Hängematte, aber die zutraulichen Vögel laſſen ſich in ihrem Thun und Treiben durchaus nicht ſtören. Fort und fort hört man den lieblichen ſprudelnden Geſang; nur gegen den Nachmittag hin ſchweigen ſie. Sehr häufig ver— nimmt man auch ihre rauhen, ſchnarrenden, wie „Trrrrrrrr' klingenden Laute. Die Vögel zählen ohne Frage zu unſeren munterſten, fröhlichſten und lieblichſten Sängern. Faſt alle Neſter enthalten vier, mehrere auch fünf und einzelne drei länglichrunde, grünlich- oder bläulichweiße, mit dunkelbraunen Flek— ken, Schnörfelu und Schmitzen gezeichnete Eier. Am ſtumpfen Ende ſtehen die Flecken und Schnörkel am dichteſten, oft kranzartig.“ Die Liebe des Pärchens zu einander und zu ihrer Brut iſt ebenſo ſtark entwickelt, wie bei den anderen Trupialen. Wenn das eine des Paares von einem Unglück ereilt wird, ſo ſind die Jammer- und Klage— töne des überlebenden Teiles tagelang zu hören. den Jungen ein Unglück zugeſtoßen, ſo kennt die It Trauer der Alten gar keine Grenzen. Man ſollte meinen, daß ſelbſt das härteſte Herz durch ſolche flehende Klagetöne gerührt werden müßte. Der Flug des Gartenoriol iſt ziemlich ſchnell und gewandt. Auf den Boden kommt unſer Vogel nur ſelten herab, dagegen bewegt er ſich mit vollendeter Meiſterſchaft im Gezweig der Bäume. Seine Nah— rung beſteht zum größten Teil aus Inſekten, deren er eine Unmaſſe vertilgt. Ohne Zweifel gehört er zu den nützlichſten aller unſerer Vögel. Für den Käfig eignet er ſich, ebenſo wie der Baltimore-Vogel, ganz vortrefflich. Man füttert ihn wie die Spottdroſſel. Im Winter findet er ſich in Mittelamerika bis Panama. Das Männchen erlangt erſt im dritten Jahr ſein volles ſchönes Hochzeitskleid. Namen: Gartenoriol, Gartentrupial, brauner Oriol. Orchard Oriole. Wiſſenſchaftliche Namen: Oriolus spurius Linn. (1766). — Ieterus spurius Bonap. (1825). — Oriolus castaneus Lath. (1790). — Oriolus mutatus Wilson (1808). — Pendulinus aflinis Cass. (1867.) Beſchreibung: Altes Männchen: Kopf und Hals, Flügel und Schwanzfedern tiefſchwarz; Unterſeite, Bürzel und kleine Flügeldecken ſehr ſchön kaſtanienbraun; ſchmale weißliche Flügelbinde. Weibchen unterſeits gelblich, oberſeits olivenfarbig; zwei weiße Flügelbinden. Länge 7.25 Zoll; Flügel 3.20, Schwanz 3.20 Zoll. Der Valtimore- Oriol. Baltimore Oriole. Tafel XXX. er ſchönſte Waldbaum des Nordens und Oſtens unſeres Landes iſt die Ulme. Zwar trägt ſie kein immergrünes Laub, keine duftenden Blüten wie die ſtolze Magnolie des Südens, aber ihre ſehr breite, maleriſche Form, ihre dicht veräſtelten, ſauft herab— hängenden Zweige, ihr friſches, tiefgrünes Laubwerk machen ſie zu einer wirklich unvergleichlichen, majeſtä— tiſchen Erſcheinung. Als Schattenbaum iſt ſie un— übertrefflich. Selbſt der ſchöne Zuckerahorn kann in Schönheit der Form nicht mit ihr wetteifern. In vielen Städten pflanzt man jetzt mit Vorliebe die Ulme an, und ſelbſt auf dem Lande weiß man ihre Schönheit immer mehr zu würdigen. Im Tieflande des Nordens, wo ſie Raum genug hat, ſich auszu— Ieterus galbula Couks. Vogel 1 u. 2. breiten, erreicht ſie eine ungeheure Größe, doch gedeiht ſie auch ganz vorzüglich auf hohem Lande. Nament— lich entzückt die Weißulme (White Elm) durch ihre ſchöne Form und durch die Breite ihrer Krone jeden Naturfreund. Faſt ebenſo groß, aber nicht ganz ſo maleriſch, iſt die Korkulme (Cork Elm), während die dichtveräſtelte Rotulme (Slippery Elm) meiſt ein kleiner Baum bleibt. Die Ulme ſollte, nebſt dem Zuckerahorn, allerwärts in den Gartenanlagen auf dem Lande angepflanzt werden, da kein Baum dem Anweſen einen ſolchen Reiz verleiht wie ſie. In meiner Jugend ſtanden zwei prächtige Ulmen ganz in der Nähe unſeres Hauſes, während ſich vor demſelben einige Zuckerahorne, Eichen und Eſchen 470 fanden. Sobald dieſelben gegen Ende Mai im vollen friſchgrünen Blätterſchmück ſtanden, tummelte ſich ein Pärchen Baltimore-Vögel oder Balti— more-Oriole ſchnarrend und ſingend in deuſelben umher. Hoch oben in dem Wipfel webten ſie jedes Jahr ihr ſchönes Häugeneſt. Seit jener Zeit kann ich mir die Ulme nicht denken ohne dieſen herrlichen, in glühendes Orangerot und tiefes Schwarz gekleideten Vogel. Und in der That, beide ſcheinen auch zuſammen | lich. zu gehören; denn allerwärts wird man mit Vorliebe den Baltimore-Oriol in den Ulmen beobachten können. Seinen Aufenthalt wählt ſich dieſer Prachtvogel mit Vorliebe in der Nähe des Menſchen, vorausgeſetzt, daß ſich hier größere Bäume, kleine Haine oder Alleen nach Inſekten ſuchend umherhüpfen und klettern ſieht, finden. Unter Umſtänden ſiedelt er ſich auch in kleinen Ortſchaften und ſelbſt in Städten an. Er hat einen ausgeprägten Sinn für das Schöne, denn in Wis— conſin und Neu-England iſt er vornehmlich ein Bewohner des Tieflandes, wo ſich in Klärungen ein— zelue hohe und breite Ulmen finden. iſt es der ſchöne, den Magnolien nahe verwandte Tulpenbaum, auf welchem er ſich am liebſten umher— tummelt. Wälder, Sümpfe und Gebirgsgegenden meidet er. Im Norden und Oſten der Union kommt er allerwärts vor und iſt durch ſein herrliches Gefieder, durch ſeine große Zutraulichkeit dem Menſchen gegen— über, beſonders aber wegen ſeines außerordentlich Weiter ſüdlich kunſtvollen Neſtes und feines überaus melodiſchen Geſanges ein bevorzugter Liebling des Volkes. Schon am Morgen nach ſeiner Ankunft hört man den weithin tönenden Geſang, der nicht nur ſehr laut und flötend iſt, ſondern deſſen einzelne Töne auch einen wahrhaft bezaubernden Wohlklang beſitzen. Er iſt ſo ſchmelzend, ſo eigenartig, daß auch durch die beſte Beſchreibung keine richtige Vorſtellung von dem— ſelben gewonnen werden kann. von dem munteren, faſt unaufhörlich ſingenden Männ— chen, wie er aus dem friſchen Grün und aus dem duftigen Blütenmeer der Bäume herausſchallt, hören, um einen richtigen Begriff von ihm zu bekommen. Und nun erſt die Farbenpracht! Kohle leuchtet ſein feuriges, orangegelbes Gefieder aus dem Dunkelgrün der Bäume hervor und hebt ſich wundervoll gegen dasſelbe ab. Man nennt ihn des— halb auch recht bezeichnend Feuervogel, Feuer— trupial (Fire-bird) und Golddroſſel (Golden tobin). Kein einziger unſerer Baumvögel, mit Aus— nahme der Scharlachtangara, trägt in ſo hervorragen— der Weiſe ſeine Farbenpracht zur Schau, kein einziger iſt ſo lebhaft und munter, keiner ſo anziehend als Man muß ihn ſelbſt Wie eine glühende Der Baltimore-Oriol. dieſer an die Tropen erinnernde Prachtvogel. Was ihn aber dem Naturfreund noch beſonders wertvoll macht, iſt ſeine Zutraulichkeit und ſein furchtloſes Weſen dem Menſchen gegenüber. Durch ſeine laute Stimme, ſeine Lebhaftigkeit und durch ſein ſchwarzes und orangegelbes Gefieder macht er ſich da, wo er vorkommt, allerwärts bemerk— Er gehört darum auch zu den volkstümlichſten Erſcheinungen unſerer Vogelwelt. Sobald das Weib— chen erſcheint, begiebt ſich das Pärchen in das alte Brutgebiet. Die benachbarten Obſtgärten werden nun fleißig durchſucht. Die Vögel halten ſo treu zuſammen, daß man ſie faſt immer nur paarweiſe in den mit duftenden Blüten geſchmückten Obſtbäumen wobei das tiefe Orangegelb wunderbar gegen die ſaftig— grünen Blätter und die weißen und rötlichen Blüten— büſchel abſticht. Dabei läßt das Mäunchen ſehr oft den Schönen jubelnden, jetzt beſonders hell klingenden lauten Geſang erſchallen. Auch den ſehr lauten ſchnar— reuden Lockruf, der wie „Tſcharrrrrrrrrrrr“ tief und- anhaltend erklingt, hört man jetzt häufig, namentlich wenn ſich das Pärchen zeitweiſe getrennt hat. Selbſt während des Fluges ertönt dieſes Schnarren oft. Der Flug iſt leicht und zeichnet ſich durch ſchuelle Wendungen aus. Er durchfliegt ebenſo gewandt das Geäſt der Waldbäume wie die freie Luft. Große freie Strecken überfliegt er hoch in der Luft dahin und an— ſcheinend mit der größten Leichtigkeit. Er erinnert in dieſer Hinſicht etwas an die Droſſeln. Weniger geſchickt benimmt er ſich auf dem Boden, und man merkt es den auf demſelben ausgeführten Bewegungen ſogleich an, daß er hier nicht zu Hauſe iſt; er ſucht auch hier nur einen geringen Teil ſeiner Nahrung. Nur wenn es gilt, Würmer und Kerbtiere oder Niſt— ſtoffe aufzunehmen, fliegt er herab auf die Erde, hält ſich auf derſelben aber immer nur kurze Zeit auf. Sein Verbreitungsgebiet iſt ſehr groß, denn es erſtreckt ſich von Florida und Louiſiana nördlich bis in das britiſche Gebiet und vom Atlantiſchen Ozean bis weſtlich zum Felſengebirge. Zahlreich iſt er während der Brutzeit jedoch nur im Norden und Oſten bis zum Miſſiſſippi. Weſtlich vom „Vater der Ströme“ iſt er ein ſeltener Vogel. Von Kanſas bis zum Pacific erſetzt ihn der Goldtrupial. Im Süden, in der Gegend des Rio Grande, vertreten ihn mehrere andere prachtvolle Arten. Das ganze Gilb— vogelgeſchlecht iſt ein tropiſches, denn die Mehrzahl der etwa ſiebzig bekannten Arten bewohnt das heiße und mittlere Amerika; nur drei Arten dringen tiefer in das — / 1 I zu ſein. Gebiet der Vereinigten Staaten ein. Coues fand den Baltimore-Vogel zahlreich bei Pembina im nördlichen Dakota. Es wird allgemein angenommen, daß er auch in Texas brüte. Ich habe aber trotz eifrigen Suchens im ganzen ſüdöſtlichen Teile des genannten Staates, von Galveston bis Auſtin, nie einen Baltimore-Oriol geſehen, und ſelbſt während der Zugzeit habe ich nie einen beobachtet. ter, lebendiger, feurig gekleideter Vogel entgeht ſchon oberflächlicher Beobachtung nicht leicht; bei meinen nach allen Richtungen hin unternommenen Exkur— ſionen müßte ich auf ihn geſtoßen fein, wenn er als Brutvogel dort vorkäme. In den Südſtaaten ſcheint er überhaupt ſelten Ich fand ihn namentlich zahlreich in Wis— conſin und Illinois, wo ſich Baumpflanzungen, ein— zelne, ſtehen gebliebene Ulmen im Tieflande und lichte Waldränder fanden. Mit Vorliebe ſiedelt er ſich au kleineren Flüſſen und Bächen, überhaupt immer in Ein während der Brutzeit jo lau- der Nähe des Waſſers an. Im ſüdweſtlichen Miſſouri, wo der Gartentrupial zu den zahlreichſten Vögeln gehört, beobachtete ich ihn nicht. Männchen und Weibchen halten mit der größten Treue und Zärtlichkeit zuſammen, und überaus kläg— lich gebärdet ſich das eine, wenn das andere getötet oder auch nur weggefangen wurde. Tagelang ruft das beſorgte Männchen ängſtlich und flehentlich nach der verlorenen Gattin. Ich kenne keinen Vogel, der jo ſchmerzlich und ausdrucksvoll ruft und jammert, der eine ſolche Liebe und Anhänglichkeit zum Weibchen und umgekehrt zeigt, als dieſer Oriol. Einſt hatte ich ches eine Schnur zum Bau des Neſtes aus demſelben holen wollte. Das Männchen kam auf das ſchnar— rende Angitgefchrei des gefangenen Weibchens ſofort herbei, ſetzte ſich auf den Käfig, kletterte an allen Seiten umher, dabei die traurigſten Klagetöne aus— ſtoßend. Dann flog es zum nächſten Baum, kehrte aber ſogleich wieder um und blieb auch den ganzen Tag ſchreiend und ängſtlich lockend in der Nähe. Am folgenden Tage gebärdete es ſich ebeuſo traurig, war aber öfters kurze Zeit abweſend, um Würmer und andere Inſekten zu ſuchen und fie dem Weibchen herbeizutragen. Es ſchlief auf den nächſten Bäumen, und ſobald der Morgen graute, ſah man es jchon | wieder ſchreiend am Käfig umherklettern, und dieſe Fürſorge und Trauer dauerte tagelang fort, bis ich ihm die Freiheit wieder gab. Es lag in dieſen melo— Der Baltimore-Dviol. 471 diſchen Klagelauten etwas unbeſchreiblich Wehmütiges, Bittendes, Liebevolles. — Das ganze Weſen des 2 1 Baltimore-Vogels iſt überhaupt ſo anziehend, daß er ſich die Liebe eines jeden nicht gefühlloſen Meuſchen erwerben muß. In den Nordſtaaten ſchreitet das Pärchen Ende Mai und anfangs Juni zum Neſtbau. Auch hierin unterſcheidet ſich der Baltimore-Oriol von jedem andern unſerer Vögel, und die Kunſtfertigkeit, mit welcher er das lange, beutelförmige Neſt in die äußer— ſten Enden hoher ſchwankender Seitenäſte baut, hat ihn vornehmlich zu einem berühmten Vogel gemacht. Zur Anlage dieſes Kunſtbaues wählt er ſich mit Vor— liebe Ulmen, oft auch Eichen- und Ahornbäume, weiter ſüdlich gerne Tulpenbäume. Das Neſt ſteht gewöhn— lich 25 bis 50 Fuß vom Boden und immer in der äußerſten Gabel eines wagerechten Aſtes, wo es durch jeden Luftzug hin- und hergewiegt wird. Dagegen baut er in der Nähe des Menſchen, wo er ſich unter deſſen Schutze ſicher fühlt, oft nicht höher als zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß von der Erde. Da hängt dann das Neſt, dieſer überaus ſauber und feſt gewebte Kunſtbau, beutelförmig vom horizontalen Aſte her— nieder, weitab vom Stamme, ſodaß es oft gar nicht, oft auch nur mit Lebensgefahr zu erlangen iſt. Kein vierfüßiger Räuber wagt ſich ſo leicht an dasſelbe! Der feſte, fein gewebte Bau macht dem Pärchen begreiflicherweiſe viel Mühe und Arbeit. Nur müh— ſam ſind oft die paſſenden Stoffe zu finden, und nicht ſelten müſſen dieſelben weit hergeholt werden. Der eigentliche Baukünſtler iſt das Weibchen, während das Männchen einen großen Teil der Niſtſtoffe herzuträgt. Doch beteiligt ſich auch letzteres am Bau, und man ſieht beide oft an dem halbfertigen Neſte hängen und mit den Schnäbeln die lang herabhängenden Fäden und Pferdehaare einweben. Zuerſt werden lange flachs- und hanfartige Faſern, wahrſcheinlich von einer Seidelbaſtart, um zwei gabelförmige Zweige mehrmals herumgewunden, und von den herabhän— genden Faſern wird dann ein korbartiges Geflecht, das Neſtgerippe, hergeſtellt. In der erſten Zeit hän— gen von allen Seiten Fäden, Faſern, Schnuren und Haare herab, aber in verhältuismäßig kurzer Zeit haben die Vögel alle dieſe Stoffe zu einem kunſtreichen Neſte verwebt. Die richtige ſteife Form erhält es durch die langen, gut verwebten Pferde- und Rinder haare. Mit Vorliebe benutzen fie auch lange Schnüre, Zwirnsfäden, wollenes und baumwollenes Garn, Seidenfädchen, Läppchen u. ſ. w. Nicht ſelten iſt eine Schuur oder ein Garnſtück ſo lang, daß es ſich beim Forttragen in den Baumzweigen verwirrt, wo es der Vogel nur mit Mühe oder gar nicht wieder losmachen 479 Der Baltimore-Oriol. kann. Oft iſt es ſo lang, daß es tagelang dauert, bis es völlig eingewebt iſt. Dieſe Stoffe ſuchen ſie meiſt in Höfen und Gärten auf, und es iſt dann keine Schnur, kein Garn, kein Zwirnsfaden, welchen man draußen liegen läßt, vor ihnen ſicher. Man hat ſelbſt ſchon Fäden mit Nähnadeln, und ganze Rollen Seide in ihren Bauten gefunden. In vielen ländlichen Gegenden ſorgen wohlwollende Hände, namentlich Frauen, dafür, daß es unſeren Vögeln nicht an paſſenden Niſtſtoffen mangelt. Sie ſtreuen in die Gärten und Haine allerlei Fäden, Schnüre, Garn, Pferdehaare und andere Stoffe, welche ſtets von den Vögeln dankbar angenommen werden. Obwohl die fleißigen Vögel oft den ganzen Tag arbeiten, dauert es doch oft acht bis zehn Tage, ehe ſie den Bau vollendet haben. Da ſie nicht ſcheu ſind, ſo kann man ſie dabei leicht beobachten. Es iſt wirklich bewunderungswert, wie ſie hierbei zu Werke gehen, um die einzelnen Fäden zu verweben, wie ſie die flachsartigen Faſern um die Zweige wickeln und die herabhängenden verwirrten Schnüre, Zwirus— fäden und Haare geſchickt durch das Gewebe ziehen. Auch einzelne Halme und beſonders Pflanzenwolle finden beim Bau Verwendung; namentlich wird die Neſtmulde und die Wandungen dicht gefilzt, während der obere Teil des Baues dünn und durchſichtig iſt. Ich habe auch Neſter im Norden gefunden, welchen dieſe innere warme Auskleidung fehlte, ſodaß man von allen Seiten durch das feſte Gewebe hindurchſehen konnte. Nur die Neſtmulde war aus einigen Gräſern geformt. Bei manchen Neſtern herrſchen flachs- und hanfartige Stoffe vor, wieder andere zeigen beſonders Schnüre und Fäden, und eine dritte Klaſſe, die ſchönſten, ſind vornehmlich aus elaſtiſchen Roßhaaren gebaut. Im Süden webt der Baltimore-Vogel ſein Neſt hauptſächlich aus „ſpauniſchem Moos“, welches dicht und bartartig die Aſte der Bäume bedeckt. Dieſes Moos leigentlich kein Moos, ſondern eine den Ananas verwandte Bromeliacce), welches ganz dem ſchwarzen Pferdehaar gleicht, wenn die äußere wollige Umhüllung entfernt iſt, wird von vielen Vögeln gern zum Neſtbau benutzt. Es iſt eine allgemeine Annahme, daß unſer Vogel ſein Neſt im Norden regelmäßig auf die Südſeite des Baumes baue, während es im Süden auf der Nord— ſeite angelegt ſei. Betreffs erſterer Aunahme kann ich verſichern, daß ich in Wisconſin und Illinois den Bau ebenſo oft auf der Nord-, Oſt- und Weſt- als auf der Südſeite des Baumes gefunden habe. Ge— wöhnlich finden ſich über dem Neſte noch dichte Aſte SR 3 oder Blätterbüſchel, die es nicht nur gegen die heißen Sonnenſtrahlen und Regen ſchützen, ſondern auch dem ſcharfen Auge des durch die Luft ſegelnden Raubvogels entziehen. — Das Neſt variiert in der Länge zwiſchen ſechs bis acht Zoll. Oben iſt es ziemlich enge, nach der Mitte breiter, unten ſchön und ſymmetriſch gerundet. Die meiſten unſerer Vögel, welche prächtige Neſter bauen, filzen dieſelben aus verſchiedenen Stoffen, wozu ſie das feinſte Ma— terial benutzen, wie z. B. der Mückenfänger, der Waldtyrann und die verſchiedenen Kolibris. Auch die Vireos, welche ſamt und ſonders ganz wundervolle Neſter bauen, ſind Filzer. Unter den eigentlichen Webekünſtlern gebührt dem Baltimore-Oriol der erſte Platz in unſerer Vogelwelt. Sein Hängeneſt gehört zu den ſchönſten und dauerhafteſten aller Vögel über— haupt. Dieſer kunſtvolle Bau hat ihm an vielen Orten den Namen „Hängeneſt“ (Hang-nest) ver- ſchafft. Die vier bis ſechs Eier ſind weißlich, unregel— mäßig ſchwärzlichbraun marmoriert, punktiert, gewellt und gefleckt; eigentümlich ſind die dunklen Zickzack— linien, welche ſich mehr oder weniger vorfinden. Die Jungen, welche nach dreizehntägiger Be— brütung ausſchlüpfen, werden mit großer Liebe gepflegt und gegen allerlei Feinde mutig verteidigt. Eich— hörnchen, Waſchbären und Opoſſums können ſelten bis an das in die dünnſten ſchwankenden Seitenäjte gebaute Neſt gelangen und auch die allen kleinen Vögeln jo gefährliche ſchwarze Waſſerſchlange dürfte ſich kaum ſo hoch empor wagen. In der Nähe des Menſchen iſt auch er vor vielen gefiederten Räubern vortrefflich geſchützt; brüten doch meiſt ganz in ſeiner Nähe zwei tapfere Kämpen, nämlich der Königsvogel und die Purpurſchwalbe, welche jeden gefiederten Feind erfolgreich in die Flucht ſchlagen, ſobald er ſich in ihr Gebiet wagt. Nur die nächtlich umherſtreifen— den kleinen Eulen dürften Alte und Junge gefährden. Noch ehe die Jungen vollſtändig flugfähig ſind, klettern ſie am Neſte umher und wagen ſich nicht ſelten bis ins nächſte Geäſt. Dabei paſſiert es freilich manchmal, daß eins, welches ſich beſonders weit hin— auswagte, durch einen heftigen Windſtoß von ſeinem luftigen, ſchwankenden Sitze herabgeſchüttelt wird und durch den Fall zu Grunde geht. Aus dem tiefen Neſte ſelbſt, welches jeder Luftzug hin- und herwiegt, fällt ſo leicht keines heraus. Sie werden faſt aus— ſchließlich mit Jnſekten, welche die Alten aus dem Laubwerk der Bäume, aus den Blütenbüſcheln und vom Boden abſuchen, aufgefüttert. Mit Vorliebe 0 Der Goldoriol. 473 vertilgen fie die beſonders ſchädlichen Engerlinge (Canker-worms); Schneidewürmer und ſelbſt Spann— raupen werden von ihnen verzehrt. Sie ſind beſon— ders während der Blütezeit der Bäume und ſobald ſie Junge haben, unabläſſig mit der Jagd auf Kerbtiere beſchäftigt und zwar fahnden ſie gerade auf diejenigen, welche den Bäumen und dem Obſt gefährlich werden. Jeder kleine Wurm, jedes Inſekt, welches ſeine Eier in die Blüten legt, wird abgeſucht. Der Baltimore— Oriol iſt nicht nur ſeiner Schönheit und Munterkeit, ſeiner Zutraulichkeit und Kunſtfertigkeit halber, alſo vom äſthetiſchen Geſichtspunkte aus, ſondern vor— nehmlich ſeiner Nützlichkeit halber zu ſchützen. Ein Pärchen, welches Junge hat, vertilgt eine ganz unge— heure Anzahl ſchädlicher Raupen, Würmer, Schmet- terlinge u. ſ. w. Man ſagt ihm freilich auch nach, daß er reife Weintrauben anpicke, aber dies iſt ſchon deshalb nicht richtig, weil dieſe Vögel zur Zeit der Traubenreife bereits ihre Reiſe nach dem Süden au— getreten haben. Schon anfangs September ziehen die Baltimore— Vögel ſüdlich. Abweichend von anderen Familien— genoſſen, welche in ungeheuren Schwärmen wandern, ziehen fie nur in kleinen Flügen, und zwar reiſen fie | des Nachts, während ſie am Tage ihre Nahrung ſuchen. Der Flug iſt in dieſer Zeit ſehr hoch und geht raſch von ſtatten. Sie überwintern ſüdlich bis Panama und namentlich wählen ſie ſich Guatemala, Kalapa, Coſta Rica, Veragua, zu ihrem Aufenthalte, und auch in vielen Teilen Mexicos und auf Weſt— indien dürften ſie als Wintergäſte vorkommen. Sie tummeln ſich auf den mit wundervollen Baum- orchideen, Anthurien und Bromeliaceen bewachſenen Bäumen, an deren Stämmen ſich liebliche Fuchſien und Lianen emporſchwingen, in den Palmen und Orangengärten gerade ſo fröhlich umher, als in ihrem heimatlichen Brutgebiete. Unſer Oriol eignet ſich ganz vorzüglich zum Käfigvogel. Außer Spott- und Wanderdroſſeln werden Inſektenfreſſer hier noch wenig als Stuben— vögel gehalten, weil ihre Pflege mehr Zeit und Mühe koſtet, als die der Körnerfreſſer. Man findet daher auch den farbenprächtigen Baltimore-Vogel nur bei beſonderen Liebhabern. Man füttert ihn ebeuſo wie die Spottdroſſel, nämlich mit dem hieſigen Univerſal— futter (Mockingbird Food), und reicht als Zukoſt in Scheiben geſchnittene Apfel, Birnen, Weintrauben und Beerenfrüchte, wie ſie gerade die Jahreszeit mit ſich bringt. Soll ſich der Vogel wirklich im Käfig wohlfühlen, ſo dürfen Mehlwürmer und getrocknete Ameiſenpuppen, hin und wieder auch etwas fein geſchnittenes rohes Rindfleiſch auf ſeinem Speiſezettel nicht fehlen. Er wird in der Gefangenſchaft ſehr zahm und zutraulich, gewöhnt ſich vollſtändig au den Käfig und zeigt ſich ſeinem Pfleger gegenüber beſon— ders liebenswürdig. Er verträgt ſich nach meinen Erfahrungen auch ſehr gut mit anderen kleinen Vögeln, ſodaß man ihn dreiſt mit Hüttenſängern, Katzendroſſeln und Finkenvögeln zuſammenthun darf. Namen: Baltimore-Oriol, Baltimore-Vogel, Feueroriol, Hängeneſt, Golddroſſel, Feuer-, Baltimore-Trupial. Baltimore Oriole, Firebird, Hang- nest, Golden Oriole, Golden Robin, Hanging Bird. Wiſſenſchaftliche Namen: Coracias galbula Linn. (1758). — Leterus galbula Coues (1880). — Oriolus baltimore Linn. (1766). — Icterus baltimore Daud. (1810). — Hyphantes baltimore Cass. (1867). Beſchreibung: Einer unſerer herrlichiten vögel. Männ— chen am Kopfe, Halſe, auf der Mitte des Rückens, auf Flügeln und Schwanze ſchwarz; Unterſeite, Bürzel, Mehrzahl der Schwanzfedern, kleine Flügeldecken pracht— voll leuchtend orangegelb; weiße Flügelbinde. Weibchen viel weniger brillant; oberſeits olivenfarbig; unters ſeits matt-orangegelb; zwei weiße Flügelbinden. Länge 7.50 bis 8.15 Zoll; Flügel 3.70, Schwanz 3.10 Zoll. j Der Golsdoriol. Bullock’s Oriole. 5 Tafel XXXT. en größten Einfluß auf das Klima, und infolge— deſſen auch auf die Verbreitung der Pflanzen- und Tierwelt, üben die hohen Gebirgszüge. Im Oſten unſeres Landes ändert ſich nur allmählich die Ieterus Bullocki BON A ARTE. Vogel 1. Fauna und Flora, je weiter man nach Norden oder nach Süden vordringt, denn kein von Weſt nach Oſt laufender Gebirgszug hemmt ihr Vorſchreiten. Daher kommt es auch, daß die rauhen Nord- und Nordweſt— 60 47 Der Goldoriol. winde einen ungehinderten Lauf nehmen und den Zuckerplantagen Louiſianas, ſowie den Orangegärten und den tropiſchen Ziergewächſen Floridas oft ver— derblich werden. Die ganze ſüdatlantiſche und Golf— region würde an landſchaftlicher Schönheit, an Milde des Klimas und an Reichtum der Bodenerzeugniſſe Italien weit übertreffen, wenn eine ſolche Gebirgs— kette vorhanden wäre. Nach Weſten hin verbreiten ſich die meiſten Vögel bis zum Felſengebirge, welches den Weſten in von Norden nach Süden laufender Richtung durchſchneidet. Schon in den Vorbergen dieſes Gebirgszuges beginnt ſich die Pflanzen- und Tierwelt zu ändern. Am auflallendſten zeigt ſich der Unterſchied, nicht nur im Klima, ſondern auch in der Fauna und Flora, in Californien. Die Sierra Nevada mit ihren unvergleichlichen Nadelholzwäldern, mit ihren einzig daſtehenden Hainen von Rieſen— bäumen, mit ihren Gebirgsbächen, wundervollen Seen und Gletſchern iſt reich an eigentümlichen Pflanzen und Tieren. Hier, wo das Bergſchaf, der Grizzlybär, das Wapiti und der californiſche Geier hauſen, ſtehen die prächtigſten Wälder Amerikas. Dieſes romantiſche Gebirge iſt reich an ſchönen Sträuchern und Blumen. Die weißen duftenden Waſhington- ), die ihr nach— ſtehende Roſenlilie?), die ſehr üppige Humboldt-), die farbenprächtige Leoparden-) und die gelbe Citro— nenlilie?) verleihen ihren Standorten einen ungeahn— ten Reiz. Kaiſerkronen verſchiedener Arten finden ſich ebenfalls. Die kühlen ſchattigen Ufer der Gebirgs— bäche ſind mit Azaleen und Rhododendrons, mit reizenden Garryen, californiſchem Lorbeer, mit Lor— beerdorn, mit Carpenterien, Fremontien, Ceanothus und anderem Geſträuch geſüumt. Die zu den Heide— gewächſen gehörenden Manzanita- und Modronig- ſträucher haben durch ihre Schönheit und maleriſche Form ſtets das Intereſſe der Naturfreunde erweckt. Weiter unten in der Ebene zeigen ſich zu gewiſſen Zeiten des Jahres die mannigfachen, überaus farben— prächtigen Formen der Schmetterlingstulpen“), die leuchtenden Blüten der Eſcholtzien und eine große Anzahl anderer charakteriſtiſcher Blumen. Ebenſo verſchieden iſt auch die Vogelwelt. Findet ſich im Oſten der Vereinigten Staaten nur ein ein⸗ ziger Kolibri, ſo kommen im Weſten deren zehn ver— ſchiedene Arten vor. Zwei Blauvögel vertreten den trauten Hüttenſänger des Oſtens im fernen Weſten. Der Hausgimpel, der Klarino, der Trauervogel, die Bergdroſſel ſind echte Charaktervögel des Weſtens. Der 1) Lilium Washingtonianum. 2) Lerrabescens. 3) L. Hum- boldti. 4) L. pardalinum. 5) L. Parryi. 6) Calochortus. weſtliche Königsvogel iſt der öſtlichen Art ganz ähn— lich. Der feurige Baltimore-Oriol findet im Gol d— oriol, den man auch unter dem Namen Bullocks— Oriol und Golddroſſel kennt, einen Vertreter. Sein Verbreitungsgebiet erſtreckt ſich vom weſt— lichen Texas und Kanſas bis zum Stillen Ozean, nördlich bis Britiſch-Columbia, ſüdlich im Winter bis nach Mexico. Wie der Baltimore- und Gartenoriol, hat auch er ſich dem Menſchen angeſchloſſen und brütet jetzt mit Vorliebe in Hainen und Obſtgärten oft in unmittelbarer Nähe des Menſchen. Der ſchöne, in Californien ſehr zahlreiche Vogel iſt dort ebenſo beliebt, als im Oſten der Baltimore-Vogel, dem er in Färbung und Weſen ſehr gleicht. Herr Zimmermann in San Miguel, San Luis Obispo Co., Cal., hatte die Güte, mir die fol— gende Schilderung zu ſenden: „Seit Jahrhunderten hat hier niemand die Singvögel geſtört, und als wir uns vor etwa vier Jahren dahier anſiedelten, erſtaunten wir nicht wenig über die große Anzahl der befiederten Sänger. Wieſen— ſtärlinge, Singſperlinge, Hausfinken, Königsvögel, verſchiedene Spechtarten, Wachteln, wilde Tauben ſind in Legionen vertreten. Aber der ſchönſte Vogel der Gegend iſt doch unſtreitig der Goldoriol. Die Golddroſſel iſt gleich dem Königsvogel bei uns ein ſpäter Gaſt. Die Blütezeit der Weißeiche nähert ſich dem Ende, die ſchönſten Frühlingsblumen find bereits verblüht, die wogenden Ahrenfelder erfüllen ſchon den Landmann mit ſtolzen Hoffnungen auf eine reiche Ernte, wenn der Oriol und der Königsvogel endlich ankommen. Aber während letzterer mit dem Neſtbau und ſeiner ſonſtigen häuslichen Einrichtung wenig Umſtände macht und die Offentlichkeit durchaus nicht ſcheut, verbirgt ſich ſein Nachbar, der Oriol, dem Veilchen gleich, vor den Augen ſeiner Bewunderer. Sein ganzes Thun und Treiben iſt geheimnisvoll. Die erſte Brut der Hausfinken iſt bereits flügge, und ich kann immer noch nicht entdecken, daß der Oriol Anſtalten zum Neſtbau macht. Da, am 23. April, ſehe ich auf einmal hoch oben auf einer Eiche in der Nähe des Hauſes ein ſackförmiges Neſt ausgeſpaunt, dicht neben einem vorigjährigen. Ich eile raſch ins Haus, hole mir ein Fernglas, um dieſe intereſſante Arbeit, die ſchon einen fertigen Boden aufzuweiſen hat, genauer betrachten zu können, aber von dem Baumeiſter ſelbſt iſt auch keine Spur zu ſehen, eben— ſowenig wie bei meinen ſpäteren Beſuchen in der Nähe des Baumes. Nach zwei bis drei Tagen indeſſen iſt das Neſt fertig. Das Weibchen legt vier Bent zur ee Der Goldoriol. 47 bis fünf Eier, welche auf bläulichweißem Grunde mit braunen Flecken und Schnörkeln gezeichnet ſind. Sie ſind kaum von den Eiern des Baltimore-Oriol zu unterſcheiden. Die Vögel brüten oft zweimal im Laufe des Sommers. „Die Neſter hängen immer am äußerſten Ende eines dichtbezweigten Aſtes; manche derſelben ſind mit der Hand zu erreichen, andere an den höchſten Zweigen befeſtigt, die meiſten aber hängen in der halben Höhe des Baumes. Nur in Ausnahmsfällen findet man zwei Neſter auf einem Baum. Das Bau— material des Vogels richtet ſich ganz und gar nach ſeiner Umgebung; Roßhaar, Grasſtengel, ſpaniſches Moos, Hauffibern, Wolle, Baumwollfäden u. a. m. kommen dabei zur Verwendung. Der großen Anzahl der diesjährigen Neſter nach zu ſchließen, hat ſich im letzten Sommer manches neue Paar in unſerer un— mittelbaren Nachbarſchaft angeſiedelt, was ich dem Umſtande zuſchreibe, daß die Vögel bei uns reichliches Material, aus ausgezupften weißen Fäden oder Stück— chen Bindfaden beſtehend, an den Bäumen finden. Die Neſter ſind wirkliche Kunſtwerke in ihrer Art. Zuerſt windet der Vogel eine Anzahl ſtarker Fäden um zwei bis drei kleinere Aſte, zwiſchen die er ſein Neſt baut, und fährt daun mit der Arbeit nach unten fort. Das regelmäßige Gewebe gleicht einem ruſſi— ſchen Handtuch mit den Schlingen nach außen und ſieht aus, als wäre es von einer geſchickten Hand geſtrickt worden. — „Die meiſten Neſter ſind ſackförmig, und das größte, das ich maß, war beinahe elf Zoll lang. Man ſollte nun annehmen, daß in einer ſolchen Vertiefung den Neſtlingen nicht ſo leicht ein Unfall zuſtoßen könne. Aber während ich ſeit drei Jahren keinen einzigen ver— unglückten Königsvogel fand, jo ſchmucklos und einfach auch ſein Neſt gebaut iſt, ſo fielen doch alljährlich aus dem über unſerem Hausdach befindlichen Oriolneſt Junge herab, ehe ſie ganz flügge waren. Dieſelben ſind nicht gelb, wie ihre Eltern, ſondern ſie haben ein mattes Gefieder. Die Jungen werden mit allerlei Kerbtieren aufgefüttert. Die vielen gefiederten Inſek— tenfreſſer räumen hier herum gründlich unter dem Ungeziefer auf, und man ſieht kaum ein einziges angefreſſenes Blatt, während ich in der Nähe von San Francisco die Eichbäume öfters im Juni ſchon ihres ganzen Blätterſchmucks beraubt fand. „Geſellig iſt der Oriol durchaus nicht und ſieht man ihn hier nur einzeln oder paarweiſe. Am Waſſer hält er ſich nie länger auf, als er braucht, ſich zu baden, oder ſeinen Durſt zu löſchen. Sobald er ſich naht, machen ihm die ſich ſtets um das erfriſchende Naß herumtreibenden Hausfinken Platz, die ſich nach ſeinem Entfernen ſofort wieder um die für ſie auf einem Baume aufgeſtellten Gefäße ſcharen und ſich unter Scherz und Spiel die Zeit vertreiben. Die Schönheit ſeines orangegelben Kleides wird durch die ſchwarz- und weißgeſtreiften Flügel gehoben; über die Länge des Kopfes läuft ein ſchwarzer Streifen; der Schwanz iſt ſchwarz und orange-gelb. Das Weibchen iſt matter gefärbt. „Der Geſang des Oriols iſt zwar kurz, aber ungemein ergreifend. Seine melodiſchen, zarten, getragenen Motive kommen an Klangſchönheit den von Meiſterhand hervorgebrachten Tönen der oberen Violinlagen gleich und find ein hoher Genuß für jedes muſikaliſche Ohr. — Der Oriol hält ſich während der Sommermonate in Waſhington, Oregon und Califor— nien auf und überwintert ſüdlich der Vereinigten Staaten. Still und ohne Aufſehen, wie er gekommen, verläßt er uns auch wieder, nach etwa viermonatlichem Aufenthalte, in der erſten Hälfte des Juli. Und wahrlich, er hat die Zeit ſeiner Abreiſe gut gewählt! Wie mancher möchte ſich nun auch Flügel wünſchen, um mit ihm ziehen zu können, da jetzt die Tage kommen, von denen es in der Bibel heißt: „Und ſie gefallen uns nicht.“ Kein ſegenbringender, erfriſchender Regen erquickt uns während des ganzen Sommers, die Bäche und Flüſſe trocknen aus, die Fiſche ſind in die Bai von Monterey zurückgekehrt, das Queck— ſilber weiſt des Nachmittags auf 110 bis 115 Grad F. im Schatten, und wer loskommen kann, macht ſich ebenfalls auf die Wanderſchaft und geht mit ſeiner Familie auf einige Wochen an die dreißig Meilen entfernte Küſte des Stillen Ozeans, wo ſich an einigen beſonders geſchützten Stellen alljährlich in größeren und kleineren Zeltlagern ein ſorgloſes, fröhliches Völkchen herumtummelt — eine Erholung, wie ſie wohl in der Ausdehnung kaum in irgend einem andern Staate der Union getroffen wird.“ Dr. Coues beobachtete unſern Vogel zahlreich in Arizona. Er beſchreibt mehrere Neſter wie folgt: „Wahrſcheinlich haben die Jungen, welche in einem eigentümlichen Neſte großgezogen wurden, nie die romantiſche Umgebung, in der ihre Wiege ſtand, recht gewürdigt, aber ihre Eltern waren anſcheinend ein recht poetiſches Pärchen. Wenn ſie auch nicht unter einem Miſtelzweige liebkoſten, ſo hatten ſie ſich jedenfalls in einer Miſtel ein reizendes Heim erbaut. Dies Neſt hing in einem Büſchel Arceuthobinum oxycedri, einer häufigen Epiphyte der weſtlichen Ge 476 birge, welche dort die Miſtel vertritt und welche in mir ſtets liebliche Erinnerungen an das Weihnachts— feſt wachrief. Dieſer Bau war länglich beutelförmig, etwa ſechs Zoll lang, vier Zoll breit, und hing an einzelnen Zweigen der Pflanze, welche teilweiſe mit in das Neſt eingewebt waren. Das Baumaterial beſtand aus langen, weichen, ſilberglänzenden Pflanzenfaſern, welche kunſtvoll verwebt und gefilzt waren und einen auffallenden Kontraſt zu dem dunklen Laubwerk bil— deten. Einige Haare waren nach allen Seiten hin eingewebt, um den ſchönen Bau noch feſter und halt— barer zu machen, als er es ſo ſchon war. Innen fand ſich eine Auskleidung der denkbar weichſten Pflanzenwolle, namentlich ſolcher vom Knopfſtrauch und einer Asclepias-Art (Seidelbaſt). „Sowohl in der Form, als auch im Material ſtimmt ein anderes Neſt mit dem eben beſchriebenen ziemlich überein. Es hing auf einer Eiche, hübſch verborgen im Blätterwerk, hatte aber die Eigentüm— lichkeit, daß es auch oben zugebaut war und ein kleines Eingangsloch an der Seite hatte, gerade groß genug, um den Vogel hindurchſchlüpfen zu laſſen. Jeden— falls iſt ein ſo gewölbtes Neſt eine Ausnahme.“ Unſer Ackerbauornithologe, Dr. H. C. Merz riam, beobachtete Bullocks-Oriol häufig in Utah. „Sie bauen dort“, ſchreibt er, „ſchöne Hängeneſter, welche oft 10.50 Zoll lang ſind und aus feinen flachs— artigen Faſern, Hälmchen, Rebenbaſt gebaut und innen gewöhnlich mit Wolle ausgelegt ſind. Die erſten Bauten ſind ſtets ſehr feſt und ſorgfältig ge— webt, wenn aber die Vögel durch irgend einen Zufall gezwungen ſind, noch ein zweites Neſt aufzuführen, ſo iſt dies nicht ſo tief und ſchön, da es mit größerer Haſt hergeſtellt wird. Sie verbergen ihre Neſter in der Regel im dichten Laubwerk in der Spitze der Weiden, etwa acht bis zehn Fuß vom Boden, und in einer ſolchen Stellung, daß ſie der geringſte Windzug hin- und herwiegt.“ baut ſind. Gelegentlich brütet der Goldtrupial ſogar in Kolonien. So fand Lord in den Shaſta-Ebenen auf einer einzelnen, in der Nähe des Waſſers ſtehen— den Eiche eine ganze Anzahl Neſter. Jeder irgendwie paſſende Aſt barg ein Hängeneſt dieſes brillanten | Vogels. Dieſe Beobachtung wird durch eine ähnliche Ridgways beſtätigt. Genannter Forſcher fand dieſen Trupial weſtlich von den großen Ebenen außer— ordentlich häufig. Als er im Mai das Truckee-Thal nahe Pyramid Lake beſuchte, beobachtete er zahlreiche | Goldoriole in Geſellſchaft der Louiſiana-Tangara und I des ſchwarzköpfigen Kernbeißers. Ju gewiſſen Ort 0 lichkeiten fand ſich kaum ein Baum, der nicht ein oder mehrere Oriolneſter enthielt; auf einem Baume brüteten ſogar fünf Pärchen. Faſt ganz in derſelben Weiſe hergeſtellt wie die der öſtlichen Art, ſind die Neſter doch weniger hängend, da ſie in vielen Fällen in die oberen aufrechten Zweige der Baumſpitzen ge— Es iſt freilich häufig auch in den äußerſten horizontalen Aſten augelegt, wie das des Baltimore— Vogels, doch ſelten in ſo ſchöner Weiſe. Die Töne dieſes Oriol ſind denen der vorigen Art ähnlich, aber weder ſo ſchmelzend, noch ſo ſtark, als das fröhliche Flöten des Baltimore-Vogels. Er hält im ganzen dieſe Art für weniger anziehend als die öſtliche. Goldoriol, Bullocks-Oriol, Orangevogel. Bullock’s Oriole, Orange Bird, California Fire- bird, Hang- nest. a — Namen: Wiſſenſchaftliche Namen: Xanthornus Bullocki Swains. (1827). — Icterus Bullocki Bonap (1838). Beſchreibung: Oberſeite des Kopfes und Halſes, Rücken, Flügel, zwei mittlere Schwanzfedern, Zügelſtreif, Bart— ſtreif, Kehle ſchwarz; Unterſeite, Seiten des Kopfes und Halſes, Stirn, Strich über dem Auge, die äußeren Schwanzfedern und Bürzel orangegelb; breites Band auf den Flügeln weiß. Weibchen am Kopfe und Halſe gelblich-olivengrün; Rücken grau- olivenfarbig, mit ſchwarzen Strichen; Flügel dunkel; mittlere Deckfedern weiß; Unterſeite gelb, grau verwaſchen; Kehle ſchwarz; Schwanz wenig geſtuſt. Länge 8.00 Zoll; Flügel 4.00, Schwanz 3.40 Zoll. Der Moſtſtärling. Rusty Blackbird. Nordamerika, weſtlich bis zum Miſſouri, Da— kota, Nebraska, Kanſas, Texas u. ſ. f., gehört aber dem canadiſchen Faunengebiete an, da er von den brador bis Alaska. Scolecophagus carolinus RDG WAx. 4 Ler Roſtſtärling it ein Bewohner des öſtlichen nördlichen Staaten an nordwärts brütet. In Maine niſtet er bereits, aber nirgends häufig, dagegen iſt er ein zahlreicher Brutvogel von Nova Scotia und La— In den meiſten Gegenden der Der Blaukopfſtärling. 477 Union iſt er nur zeitweilig häufig und längſt nicht jo | daß fie irgendwie und irgendwo am Getreide Schaden bekanut wie die meiſten anderen. Während des Win— | verurſacht hätten. ters findet man ihn meiſt in großen Scharen in ſum- Das Neſt ſteht gewöhnlich in Büſchen, nahe am pfigen Gegenden der Golf- und ſüdatlantiſchen Staa- oder über dem Waſſer und nie hoch vom Boden. Es ten. Im ſüdöſtlichen Texas habe ich ihn oft unter beſteht aus groben Halmen, Pflanzeuſtengeln und den Flügen der blauköpfigen Stärlinge beobachtet. Moos und iſt innen mit feinen Hälmchen ausgelegt. Anfangs bis Mitte April, gelegentlich auch noch Das Smithſonſche Inſtitut erhielt Neſter und Eier früher, beobachtet man ihn im mittleren Wisconſin aus der Gegend des Auderſon-Fluſſes und Fort auf ſeiner Durchreiſe nach feinem nördlichen Brut- Yukon, und Nelſon beobachtete die Vögel ziemlich gebiete. Sie ſcheinen ſich nur kurze Zeit aufzuhalten, zahlreich an der Mündung des Yukon. da man ſchon nach mehreren Tagen keine mehr ſieht. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach Auch ſie ſammeln ſich oft auf allein ſtehenden Bäumen hellgrün und ſehr dicht mit rötlich und dunkelbraunen und muſizieren auf ihre Weiſe. Sie treiben ſich meiſt Flecken und feinen Punkten gezeichnet. Sie ſcheinen in der Nähe des Waſſers und in Sümpfen umher, ganz frei von den faſt allen Stärlings-Eiern charakte— woraus man wohl den Schluß ziehen darf, daß fie in riſtiſchen Zickzackflecken und Marmorierungen zu fein. ihrem Brutgebiete ebenfalls ſumpfige Ortlichkeiten Namen: Roſtſtärling, Roſtgrakel. bevorzugen. Wenn man die Vögel im Herbſt in ihren Rusty Blackbird, Rusty Grakle, „Black Robin.‘ roſtbraunen Kleidern ſieht, ſollte man kaum glauben, | Wiſſenſchaftliche Namen: Seolecopfagus carolinus daß das Hochzeitskleid im Frühling ſo prachtvoll ſein tidgw. (1885). — Scolecophagus ferrugineus Sw. & Rich. (1831). — Gracula ferruginea Wilson (1811). Beſchreibung: Altes Männchen einfach glänzendſchwarz mit grünlichem Schiller. Meiſt ſind die tiefſchwarzen könnte. Obwohl einfarbig ſchwarz, ſchillert es doch in den glänzendſten Farbentönen, nur hie und da einen bräunlichen Auflug zeigend. Federn der Oberſeite braun, die der Unterſeite bräunlich— Etwa anfangs Oktober erſcheinen ſie wieder in gelb gerändert, namentlich im Herbſt. Weibchen ober— 5 0 5 0 * En its roſtbr reits roſti rauſchwärzlich den Nordſtaaten, zeigen ſich auch jetzt meiſt nur in ſeits roſtbraun, unterſeits voftig und grauſchwärzlie 2 = A 5 5 c 1 82 0 fh I ar | gemiſcht; Schwingen und Schwanzfedern ſchwarz. Füße marſchigen Gegend en, wo ſie ſich von allerlei Inſekten | und Schnabel chmarz. Iris hellgelb. und Schilfſämereien nähren. Ich habe nie geſehen, Länge 9 Zoll und darüber. Der Dlankopfftärling. Brewer's Blackbird. Scolecophagus cyanocephalus CABXNIS. Tafel XVII. Vogel 5. B As im ſüdöſtlichen Texas zieht mit dem Anfang hier bietet ſich nicht nur reichlich Nahrung, ſondern 4 des Dezember der Winter ein. Allerdings auch Schutz gegen kaltes Wetter. — Andere Vögel geſchieht dies vorerſt nicht mit Eis und Schnee, ſon- aus nördlicheren Regionen nehmen nun die Stellen dern mit recht empfindlich kalten Nordwinden. Die der fortgezogenen ein. letzten Roſen der Gärten find verblüht, und auch die Während der ganzen Winterzeit, vom November Laubholzbäume verlieren jetzt ihre Blätter. Die bis April, ſah ich in der Stadt Houſton auf allen meiſten hier heimiſchen gefiederten Sänger weilen Straßen und freien Plätzen und ebenſo auf dem Lande bereits im tropiſchen Süd⸗Mexico und Centralamerika, in der freien Prärie wie auf dem Gehöſte des Farmers wo ſie ſich auf mit Orchideen, Aroideen und anderen einen Stärling, der ſich ſtets in großen Flügen zu— Schmarotzerpflanzen bewachſenen Bäumen tummeln. ſammenhielt und in Lebensweiſe und Eigentümlich— Die Spottdroſſeln laſſen es ſich in Orangenhainen keiten von änderen Arten ſeiner Familie oft ganz und zwiſchen Palmen wohl ſein. Alle anderen Vögel | bedeutend abwich, und doch in all ſeinem Thun und haben ſich in das dichte Gebüſch zurückgezogen, denn | Treiben wieder an die eine oder andere Art der u En 478 Der Blaufopfftärling. Stärlinge erinnerte. Dieſe ebenſo einfach ſchöne wie zukommen ſucht, oder die letzten fliegen über die Köpfe intereſſante Erſcheinung war der Blaukopf oder Brewers-Stärling, die Stahlgrakel oder der Stahlvogel. Wie keine Art der Familie hat dieſer Stärling alle Scheu und Furcht dem Menſchen gegenüber abge— legt, kommt in die Gärten und iſt ſelbſt während ſeines ganzen Winteraufenthaltes in den belebteſten Straßen zu ſehen. Man hat ſich auch ſo an ſeine Erſcheinung gewöhnt, daß es niemandem einfällt, ihn zu behelligen. In ſeiner Furchtloſigkeit und in ſeinem dreiſten Weſen kann ich ihn nur mit den hier einge— führten deutſchen Sperlingen vergleichen, mit denen er auch Schlauheit und Vorſicht, jenes genaue Unter— ſcheiden zwiſchen Freund und Feind, gemein hat. Zuerſt bemerkte ich den Blaukopf am 25. November 1879 auf einem freien Platze. Schon von weitem, als ich ſie in großen Geſellſchaften auf dem Boden umherlaufen ſah, fiel mir manches Fremdartige, Eigentümliche auf, was ich bei anderen Arten der Familie nicht ſo ausgeprägt gefunden oder überhaupt nicht beobachtet hatte. Als ich aber ganz in die Nähe kam, bemerkte ich, daß ich es mit Brewers-Stärling zu thun hatte. In ſeinem ganzen Thun und Treiben iſt er ein echter Starvogel, der jedoch ebenſowohl Eigenschaften der Sumpftrupiale (Agelavus) wie der Bootſchwänze (Quiscalus) in ſich vereinigt. Gewöhnlich halten ſich dieſe Stärlinge in Flügen von fünfzig bis hundert Stück zuſammen, beſchäftigen ſich meiſt auf dem Boden, auf welchem ſie ſehr geſchickt und anmutig umherlaufen. Sie kommen ſelbſt in die belebteſten Straßen, wo ſie oft unter den Wagen umhertrippeln, und ebenſo in unmittelbare Nähe der Häuſer und Ställe, um hier die Küchenabfälle und den Dünger nach Nahrung zu durchſuchen. Ihr Gang erinnert ganz an den des Rotflügels. Neben ihrer Furchtloſigkeit iſt ihnen jedoch eine große Vorſicht eigen, und ihrer Wachſamkeit entgeht ſo leicht nichts. So läßt der Schwarm den Menſchen ganz nahe an ſich herankommen, aber bei der geringſten auffallenden Bewegung erhebt ſich die ganze Geſellſchaft plötzlich und eilt in ſchnellem Fluge den nächſten Bäumen zu, auf welchen ſie ſich zerſtreuen, um jedoch im nächſten Augenblicke wieder zur Erde herabzufliegen. Dabei der vorderen hinweg. Jedes Plätzchen wird genau durchſucht und alles Genießbare aufgenommen. Be— ſonders häufig ſieht man ſie an den Straßengräben entlang laufen, wo jeder Wurm, jedes kleine Juſekt vertilgt wird. Beim Umberlaufen, das ganz in der Weiſe der übrigen unſerer Starvögel geſchieht, nicken ſie beſtändig leicht mit dem Kopfe. Ein— zelne halten auch oft einige Augenblicke im raſtloſen Laufen inne, ſtrecken ein Bein von ſich und breiten einen Flügel und den Schwanz aus. Iſt ihr Hunger geſtillt, ſo überläßt ſich die ganze Geſellſchaft eine Zeitlang der Ruhe, indem ſie ſich auf dichtbelaubten Bäumen, wie den hier häufigen prächtigen Mag— nolien, Lebens- und Waſſereichen niederlaſſen. Aber auch hier können ſie nicht lange völlig ſtill ſein. Einer fängt an ſich zu ſtrecken und zu recken, giebt einzelne zwitſchernde und pfeifende Laute von ſich. Sein Beiſpiel findet Nachahmung, und bald muſiziert die ganze Schar. Die Stimme eines einzelnen würde kaum Beachtung verdienen, fängt es aber an, aus fünfzig bis hundert Kehlen zu zwitſchern und zu pfei— fen, dann gewinnt dies eigentümliche Vogelkonzert au Bedeutung. Es bringt Leben in die ſtille Natur und verleiht der ſchönen ſüdlichen Landſchaft mit ihren vielen herrlichen, immergrünen Bäumen und Sträu— chern einen eigenen Reiz. Je mehr der Frühling naht, deſto ſangesluſtiger werden unſere Vögel, deſto lebendiger wird das Bild. | beſonders wenn auch einige Rotflügel ihre Töne mit ſind alle ihre Bewegungen zierlich und feſſelnd: ihr | Gehen auf dem Boden, ihre Stellung im Sitzen und ihr Flug. Gewöhnlich fliegen ſie, nachdem ſich ſchon vorher einige niedergelaſſen haben, in dichter Schar zur Erde, zerſtreuen ſich aber ſogleich über eine bedeu— tende Strecke, wobei immer einer dem andern zuvor zum beſten geben und die Spottdroſſel ihre vollen, herrlichen Lieder von allen Seiten erſchallen läßt. Stellen ſich jedoch die eiſigkalten Nordwinde ein, was meiſtens in den Monaten Januar und Februar ge— ſchieht, dann ſitzen die Stärlinge oft ſtundenlang unbeweglich in den dichteſten Bäumen und in dem Gebüſch der Schluchten, oder ſie laufen ſtill und traurig nach Nahrung ſuchend umher. Sobald dieſe Nordwinde, die in der Regel nie länger als drei Tage dauern, wieder vorüber ſind, tritt ſtets das ſchönſte Frühlingswetter ein, und mit ihm kehrt auch die heitere Laune und der alte Frohſinn unſerer Vögel zurück., Nun ſieht man ſie allerwärts in den Straßen wieder! umherlaufen und hört ihre gewohnten wie „Tſchenk“ klingenden metalliſchen Laute, welche ebenſowohl au den Rotflügel wie an den Bobolink erinnern. Der Flug des Blaukopfſtares iſt ſchnell, leicht und anmutig. Wie alle Stärlinge, fo ſiedelt auch er ſich gern in der Nähe des Menjchen au, wo Wald und Feld wechſelt, beſonders aber im tiefen Lande, wo er D 2 Waſſer in genügender Menge vorfindet. Im Innern der Wälder trifft man überhaupt keinen Stärling an, alſo auch ihn nicht. Sein bevorzugtes Wohngebiet ſind die Randgebüſche der Sümpfe, Teiche und Flüſſe, gebüſchreiche, große Gärten der Farmer und mit Dik— kichten beſtandene Waldesſäume. Unter den Schwärmen dieſer Vögel findet man häufig den Rotflügel, und in den Städten geſellen ſich Kuhvögel zu ihnen. Auf dem Lande ſieht man oft den ſehr ſchönen, aber ſeltenen Gelbkopf unter ihnen. Bootſchwänze vereinigen ſich nicht mit dieſer Art, da ſie den Winter in ſüdlicheren Gegenden zubringen und erſt anfangs März wieder zurückkommen, gerade zu der Zeit, da ſich die großen Geſellſchaften der Blauköpfe auflöſen. Der größte Teil zieht nun nördlich in die Heimat, die wenigen hier zurück— Flügen über das Land, um zu brüten. beginnen ſie mit dem Neſtbau. Kolonien, wie Gelbköpfe und Bootſchwänze, ſondern jedes Pärchen geht ſeinen eigenen Weg. abgegrenztes Brutrevier, wie es andere Vögel, z. B. Rotflügel, Kardinäle und Spottdroſſeln haben, kennen ſie nicht, denn oft ſtehen mehrere Neſter nahe beieinander, oft auf demſelben Baume. In den erſten Maitagen iſt der Bau fertig. Er ſteht in einem dichten, hohen Buſche oder in einem kleinen Bäumchen. Am Spring Creek, etwa dreißig Meilen nördlich von Houſton, fand ich ſie in einzelnen Pär— chen brütend. vor dem Kaufladen und der Poſt, ein kleines dichtes, etwa zehn Acker großes Wäldchen. er Blaukopfſtärling. 479 verlauf mitzuteilen. Nach ſpäteren Nachrichten ſollen jetzt in der ganzen Gegend keine mehr brüten. Unſer Vogel hat ein ſehr großes Verbreitungs— gebiet. Er brütet noch im nordöſtlichen Mexico bei Matamoras, laut Dreſſer, und ebenſo, aber wohl ſpärlich, am Saskatchewan in Britiſch-Amerika. In Arizona iſt er nach Coues Standvogel und in ganz Californien gehört er zu den gewöhnlichſten Vögeln. Ridgway fand fie in den Cedern einer Bergſchlucht am Pyramidenſee zahlreich brütend; die Neſter ſtan— den gut verſteckt auf dichten, horizontalen Zweigen. Auch auf Vancouver, in Britiſch-Columbia u. ſ. f. hat man dieſe Vögel zahlreich beobachtet. Über das Gefangenleben bin ich in der Lage, hier einige kurze Bemerkungen zu geben. Ich fing in Houſton mehrere Männchen und Weibchen, die ich bleibenden verbreiten ſich paarweiſe oder in kleinen Ende April | Sie brüten nicht in Auch ein der Pflege ziemlich anſpruchsvoll iſt. Dort ſteht auf offener Prärie, dicht Die Bäume, meiſt Pfoſteneichen, find noch jung, aber ſchlank emporgewachſen. Hunderte von gewöhnlichen und großen Bootſchwänzen hatten ſich dort angeſiedelt und unter ihnen fanden ſich auch einige Pärchen Brewers-Stärlinge. Das Neſt ſteht in der Regel fünf bis zehn Fuß von der Erde und iſt ein für die Größe des Vogels verhältnismäßig großer Bau. Außen iſt dasſelbe aus kleinen Halmen und Zweigen gebaut, innen mit feinen Halmen ausgelegt. Die vier bis fünf Eier find der Grundfarbe nach ſchmutziggrün, ſehr dicht mit vielen oft ineinander übergehenden hellbraunen Flecken gleichmäßig bedeckt. Die Zeich— nung ſteht bei manchen Gelegen fo dicht, daß die Eier faſt ganz braun erſcheinen. — Da ich dieſe Gegend nur von anfangs bis Mitte Mai beſuchen konnte, ſo weiß ich aus eigener Erfahrung nichts über den Brut— teils im Geſellſchaftskäfig unter gleich großen Vögeln unterbrachte oder einzeln hielt. Sie ſind munter, lebhafter und beweglicher als die meiſten anderen Stärlinge. Obwohl ſie ſich zuerſt recht ſtürmiſch gebärdeten, fanden ſie ſich doch bald in ihr Los, gingen ohne Umſtände aus Futter und fingen ſchon nach wenigen Tagen an ſich durch ihre Laute bemerkbar zu machen. — Schöne glänzende Färbung und Verträg— lichkeit mit ſeinen gleich ſtarken Genoſſen zeichneten ihn aus. In einer Sammlung Stärlingsvögel iſt er von Wert, für den gewöhnlichen Liebhaber hat er nicht viel Bedeutung, und dies um ſo weniger, da er in Schon ſeine Schnabelbildung zeigt, daß er mehr auf Inſekten als Körnernahrung angewieſen iſt. Und darauf hat man Rückſicht zu nehmen, wenn er nicht nach ganz kurzer Zeit eingehen ſoll. Er verlangt Weichfutter, ein Gemiſch vou geriebenen gelben Rüben und Spott— droſſelfutter, und als Zukoſt Ameiſenpuppen und Mehlwürmer, Grünkraut (Salat, Vogelmiere) und hie und da etwas friſches Obſt. Namen: Blaukopfſtärling, Stahlgrakel, Brewers-Grakel. Brewer's Blackbird, Blue-headed or Violet- headed Blackbird, Corral Bird. Wiſſenſchaftliche Namen: Psarocolius eyanocephalns Wagl. (1829). — Scolecophagus eyanocephalus Cab. (1851). — Quiscalus Breweri Aud. (1841). Beſchreibung: Männchen tiefſchwarz; Kopf ſchillert tief— ſtahlblau mit einem Anfluge von Purpurviolet; das übrige Gefieder ſchillert grün. Weibchen matter, einfach dunkel-ſchokoladenbraun. Iris beim Männchen auf: fallend gelb. Länge 10 Zoll; Flügel 5.30, Schwanz 4.40 Zoll Die großſchwänzige Grahel. Great-tailed Grakle. Air N (enn ich dieſes Vogels gedenke“, ſchreibt * 7 Sennett, „ſo geſchieht es ſtets mit einem Aufluge von Heiterkeit. Am Rio Grande iſt er aller— orten ſo häufig, wie der europäiſche Sperling in unſeren nördlichen Städten und in der Nähe des Menſchen faſt ebenſo zahm. Dieſe Grakel gehört ebenſo zum Leben Brownsvilles wie der Barrelero, welcher ſein Faß Waſſer dahinrollt, oder wie der täglich ſeine Runde machende berittene Bettler. In Dörfern und Ranchos kennt fie keine Furcht. Sie iſt immer laut, immer in Bewegung, an allen Orten und Enden. Jetzt treibt ſie ſich zwiſchen den Pferden an der Scheune oder zwiſchen dem Rindvieh auf der Weide umher, dann giebt ſie von den Bäumen herab ihre Töne zum beſten. Einmal ſtiehlt ſie von der Veranda oder aus dem offenen Fenſter Band zum Bau ihres Neſtes, dann wieder läuft ſie dem Pflanzer nach, um zu ſehen, wohin der Mais fällt. Trotz ihrer Dreiſtigkeit und Zahmheit können ſie die Stra— ßenknaben doch nicht in Schlingen fangen. Sie nimmt jedes Korn, jeden Köder, aber immer den rechten; ſie läuft durch allerlei Lumpen, aber nie dorthin, wo die Schlinge liegt. Sie zeichnet ſich durch allerlei Abſonderlichkeiten aus. Intereſſant und lächerlich zugleich iſt es, wenn ſich zwei Männchen auf dem Boden oder einem Dache gegenüber treten. Beide beginnen langſam den Kopf zu erheben, ihn nach allen Richtungen zu drehen, ſich dabei beſtändig im Auge behaltend, bis die Schnäbel endlich ſenkrecht in die Höhe ſtehen oder der Kopf faſt auf dem Rücken ruht. Nachdem dies abſonderliche Gebahren eine Zeit— lang gedauert hat, bringen ſie ihre Schnäbel nach und nach wieder in die richtige Lage, womit die Vorſtellung endigt. Kein Kampf oder Streit folgt auf dies eigen— artig komiſche Schauſpiel. „Trotz der Zutraulichkeit dieſer Bootſchwänze Linien, Flecken, Tupfen und Schmitzen. habe ich doch im offenen Chaparral andere derſelben Art beobachtet, welche ebenſo ſcheu und wild als andere Vögel waren. Der Flug iſt ziemlich langſam, und wenn ſie höher in die Luft fliegen wollen, ſo iſt dies mit Anſtrengung verknüpft; haben ſie ſich erſt bis zu einer gewiſſen Höhe erhoben, ſo iſt ihnen der große Ouiscalus macrourus SWAINSON. bootförmige Schwanz nebſt den breiten Flügeln zu einem anmutigen Fluge beſonders förderlich. „Dieſe Grafeln ſind ſtets geſellig. Eine große Anzahl brütet am Rio Grande, meiſt in zerſtreuten Kolonien, ähnlich wie die Rotflügel, doch ſtehen die Neſter höher und nicht ſo nahe am oder über dem Waſſer. Namentlich gern brüten fie in ‚Ebenholz— bäumen“. Wo auch dieſe Bäume vorkommen mögen, in Städten oder Ranchos, ſtets wird man Neſter, oft in großer Anzahl, in denfelben finden. Dicht an meinem Zimmer brüteten ſechs bis acht Pärchen auf einem ſolchen Baume. Sie brüteten ebenfalls zahl— reich in den jungen Weiden und dem dichten Stauden— werk der ‚Nofacas‘. In den Reiherſtänden, halb— wegs zwiſchen Brownsville und der Golfküſte, niſteten ſie gleicherweiſe häufig. Wir fanden die Neſter hier etwa zwei Fuß über dem Waſſer; wenn ſie in Bäumen angelegt waren, ſtanden ſie von vier bis dreißig Fuß vom Boden. Sie ähneln denen der Purpurgrakel und ſind nicht viel größer. Der Hauptſache nach ſind ſie aus Gräſern gebaut, doch werden auch, je nach der Ortlichkeit, Papier, Lumpen, Federn u. ſ. f. eingewebt; ſogar Schlamm wird mit hineingebaut, anſcheinend um den Bau feſter zu machen. Die Geſtalt der Eier iſt ſehr länglich, mit dem größten Durchmeſſer nahe am ſtumpfen Ende. Die Grundfarbe iſt grünlichweiß, mehr oder weniger purpurbraun gewölkt, meiſt bis zur Mitte, oft aber auch über das ganze Ei. Die Zeichnung iſt ſehr tief dunkelbraun; ſie beſteht aus Der Durch⸗ meſſer der Eier iſt im Durchſchnitt 1.27 5.87 Zoll.“ Ich fand den Vogel vereinzelt bei und in Hous— ton brütend. Es iſt die ſchönſte Art der Sippe, tiefſchwarz, über und über violett ſchillernd. Das Weibchen ſchillert mehr bräunlich-violettgrünlich. Sie erſcheinen in Houſton aufangs April und Ende März. Auch in Reiherkolonien fand ich ſie niſtend. Der Bau beſteht meiſt aus Halmen, oft auch ausſchließlich aus ſpaniſchem Moos. Ich habe nie mehr als drei, ſeltener vier Eier in einem Neſte gefunden. Männ— chen und Weibchen halten treu zuſammen, und erſteres gebärdet ſich beſonders ängſtlich, wenn man das Neſt Der große Bootſchwanz. unterſucht. Der Geſang iſt ein Gemiſch wohllau tender und krächzender Töne. Der lauge Schwanz kennzeichnet den Vogel ſofort, doch hat er viele Mühe, denſelben bei ſtarkem Winde in richtiger Stellung zu behalten. In meiner Liſte der Vögel des ſüdöſtlichen Texas iſt dieſer Vogel aus Verſehen nicht mit auf— gezählt.“) 481 Namen: Großſchwänzige Grakel. Great-tailed Grackle, Wiſſenſchaftliche Namen: Swains. (1838). — Chalcophanes maerurus Cab. (1851). Beſchreibung: Tiefſchwarz; Kopf, Hals, Rücken und ganze Unterſeite mit purpurblauem Schiller; Bürzel und obere Schwanzdecken mit grünem Schiller. Schnabel und Füße ſchwarz. Iris gelb. Länge 17.50 bis 20 Zoll; Flügel 8.00, Schwanz 8 bis 10.50 Zoll. Quiscalus macrourus Der große Jackdaw. a * 5 (enn man im April und Mai die ſumpfigen E Wald- und Präriegegenden des ſüdöſtlichen Texas beſucht, nehmen keine Vögel unſer Intereſſe ſo ſehr in Anſpruch, als die große Anzahl allerorten ſich zeigender Waſſervögel. Pelikanue und Schlan— genhalsvögel ſind allerwärts anzutreffen. Kleine Schmuückteichhühnchen“) ſind namentlich in ſolchen Sümpfen und Teichen gemein, wo neben Binſen und Schilf die ſtark duftende Waſſerlilie?), die gelbe Teichroſes) und die prachtvolle, wohlriechende gelbe Lotusblume) üppig gedeihen. Im ſeichten Gewäſſer ſolcher Örtlichkeiten ſieht man auch oft den prächtigen roſenroten Löffelreiher?) und zahlreiche kleine Schnee-“) und Blaureiher') umherwaten. Jeden Morgen kommen ſie aus den Wäldern herzu— geflogen, und gegen Abend ſuchen ſie dieſelben wieder auf. — Wollen wir die verſchiedenen Reihervögel in größter Anzahl kennen lernen, ſo müſſen wir den ſumpfigen Wald aufſuchen. Wir befinden uns am Spring Creek, einer deutſchen Anſiedlung im nörd— lichen Teile von Harris County. Die letzte April— woche iſt ein beſonders günſtiger Zeitpunkt, den Reiherſtänden einen Beſuch abzuſtatten. Schon vor Tagesanbruch haben wir die ſumpfige Bachniederung erreicht. Der Wald beſteht zumeiſt aus dichten Amberbäumen, Ulmen, Eichen und Pekannußbäumen, während dichte Hülſen oder Stechpalmen, Lorbeer— 3; Eiche Bulletin of the Nuttall Ornithological Club, 1882, Vol. VII, p. 6, 166, 222; Birds of South-eastern Texas. 1) Gallinula galeata,. 2) Nymphzxa odorata. 3) Nuphar advena, 4) Nelumbium luteum. 5) Ajaja ajaja. 6) Ardea candissima. 7) Ardea cwrulea. c ( 2. Bootſchwanz. Ouiscalus major VIEILLOT. kirſchbäume und rebendurchſchlungene Dickichte das | Unterholz bilden. An vielen Stellen der Niederungen haben ſich Teiche und Waſſertümpel gebildet, welche dicht mit Knopfſträuchern“) beſtanden find. Die Farbe des Waſſers iſt eine mattbräunliche. An trocke— nen, mit Untergebüſch bewachſenen Stellen ſtoßen wir gelegentlich auf eine von zahlreichen Jungen begleitete wilde Truthenne. Die ganze Geſellſchaft huſcht über— raſchend ſchnell in das dichteſte Gebüſch. Der alte Hahn hat ſich längſt vom Weibchen abgeſondert und führt mehr waldeinwärts ein möglichſt verſtecktes Leben. Nur ſelten vernimmt man um dieſe Zeit noch ſein Kollern. — Es iſt noch ziemlich ſtill in dieſem Teile des Waldes, denn die eigentlichen Sänger halten ſich mehr am Saume desſelben auf. Immer weiter dringen wir vor, ohne auf etwas Beſonderes zu ſtoßen. Da fliegt plötzlich ein ganzer Schwarm kleiner blauer Reiher aus den Gebüſchen des vor uns liegenden Sumpfes auf, und auch aus dem niedrigen Geäſt der Waldbäume erheben ſich ganze Schwärme kleiner Schneereiher. Die langbeinigen Vögel laſſen ſich nicht weit von ihrer Brutkolonie auf den Aſten der Waldbäume nieder. Faſt jeder Kuopfſtrauch enthält enthält drei bis vier grünblaue Eier. Sträucher und Bäume und der Boden iſt ringsumher vom Kote der Vogel weiß übertüncht. Faulende Fiſche und Schlan— gen verpeſten die Luft, und ein berühmter Ornithologe hat ganz recht, wenn er ſagt, daß es in einer ſolchen 1) Cephalanthus oceidentalis. 61 482 Reiherkolonie der „Unfläterei und des Geſtankes“ viel giebt. In den die Waſſerfläche ſäumenden Wald— bäumen brüten die kleinen Schneereiher zu Hunderten, während die Blaureiher im Vereine mit großen Boot— ſchwänzen die Büſche des waſſerreichen Sumpfes bewohnen. Neſt. Ich zählte wiederholt hundert bis zweihundert Neſter in einem Reiherſtande. Auch die großen blauen!) und die großen weißen ?), ſowie die grünen Reiher?) find zahlreich, doch brüten fie mehr auf hohen Bäumen dicht am Waſſer. Wenn wir die Ufer der Teiche und Flüſſe vorſichtig durchſuchen, ſo wird das Auge oft auch den ſchönen Nachtreiher ), den bunten Louiſiana-Reiher') und den Waldibis') gewahr werden. Auch ſie brüten hier zahlreich, aber nicht ſo geſellſchaft— lich wie die genannten. Eigentümlich iſt es, daß keiner dieſer Vögel einen Laut ausſtößt. In dieſen mit Knopfſträuchern beſtandeuen Ko— lonien der Blaureiher war es, wo ich zuerſt den ſchönen großen Bootſchwanz, die große Bootſchwanzgrakel beobachtete. Als die brü— tenden Reiher aufflogen, folgte ihnen auch ein Schwarm dieſer Vögel. Bei näherer Unterſuchung der im Waſſer ſtehenden Büſche fand ich, daß jeder von den Reihern freigelaſſene Strauch ein Grakelneſt enthielt. Sie ließen von den nächſten Bäumen aus ihre eigenartigen, von den andern Stärlingen ganz Faſt jeder horizontale Baumaſt hat ſein Mexico und des Atlantiſchen Ozeans. Der große Bootſchwanz. bekannt, indem ſie ſich auf einem großen Baume niederlaſſen und nun, jeder nach ſeiner eigenen Weiſe, zu muſizieren beginnen. Die Töne ſind melodiſcher und viel angenehmer als die der Purpurgrakel. Das prachtvolle tiefſchwarze Gefieder ſchillert im Strahle der Sonne in den ſchönſten ſtahlblauen, grünen und violetten Tönen. Den Schwanz tragen ſie während der Liebeszeit ebenſo bootförmig wie die übrigen Arten der Sippe. Die Heimat des großen Bootſchwanzes erſtreckt ſich über die Küftengegenden des Golfs von Nirgends ſcheint er ſich weit landeinwärts zu finden. Im ſüdöſtlichen Texas findet man ſelten vor anfangs Mai vollzählige Gelege. Das Neſt ſteht, wie bereits angegeben, häufig in Büſchen der Sümpfe, dann auch an den Rändern ſumpfiger Wälder und in Baumgruppen der Prärien. Es beſteht äußerlich aus groben Grashalmen, Pflanzenſtengeln und Moos verſchieden wie „Kri- kri-kri“ klingenden Laute hören.“ Sie ſchienen mit den Reihern im beſten Einvernehmen zu leben. — In derſelben Woche fand ich eine große Anzahl dieſer Grakeln in den Eichengruppen der Prärien in Geſellſchaft der Bronzeſtärlinge brütend. In ihrem ganzen Weſen, in ihrem Thun und Treiben ähneln ſie der Bronzegrakel, doch ſind ihre Töne viel höher und erinnern in keiner Weiſe an die nahen Verwandten. Sie erſcheinen im ſüdöſtlichen Texas ſelten vor Mitte März. und gehen in großen Schwärmen. Ihre Ankunft machen ſie ganz in der Weiſe wie andere Stärlinge 1) Ardea herodias. 2) Ardea egrella. 8) 4) Nyelicoraz nycelicorax maevius. 5) 6) Tanlalus loculator. Ardea wvirescens. Ard a tricolor rujfieollis. Auch fie kommen und iſt innen mit feinen Hälmchen ausgelegt. Die Eier ſind der Grundfarbe nach mattgrünlich, oft bräunlich verwaſchen und mit allerlei dunkelbraunen Flecken und Zickzacklinien gezeichnet. Audubon berichtet, daß ſich die alten Männchen von den Weib— chen abſondern, ſobald letztere mit Brüten beginnen. Als ich die Neſter unterſuchte, waren es ſtets beide des Pärchens, welche in die ängſtlichſten Klagetöne aus— brachen. Daraus geht wohl hervor, daß ſie ſich nicht immer abſondern. In den Mais- und namentlich in den Reis— feldern des Südens ſollen dieſe ſich bald nach der Brutzeit zu großen Schwärmen zuſammenſchlagenden Bootſchwänze ſehr ſchädlich werden. Namen: Großer Bootſchwanz. Jackdaw, Boat-tailed Grackle. Wiſſenſchaftliche Namen: Quiscalus major Vieill. (1819). Chalcophanes major Cabanis (1851). Beſchreibung: Tiefſchwarz; Kopf und Hals mit feinem purpurnen Schiller; untere Nackengegend und Rücken, grünſchillernd; Bürzel und obere Schwanzdecken pur— purn oder ſtahlblau. Unterſeite purpurblau ſchillernd. Schnabel und Füße ſchwarz; Iris gelb. Länge 15 Zoll; Flügel 7, Schwanz 6.50 bis 7 Zoll. = Der Bronzeſtärling. Bronzed Grackle. Tafel XVII. I 7 FIT eine unſerer Vögel treten in jo großen Schwär— men auf, wie die verſchiedenen Stärlinge (Blackbirds), keine ſind ſo geſellig, laut und lebens— froh, keine machen ſich ſo bemerklich wie ſie. Wohin man auch in unſerem großen Lande kommen mag, allerwärts wird man einzelne Schwarzvögel in großen Schwärmen umherwandern ſehen. Der geſanges— kundige Bobolink, der in andere Neſter legende Kuh— vogel, der prachtvolle Rotflügel und Gelbkopf, die hübſche Stahl- und Roſtgrakel kommen und gehen in großen Scharen und können ſelbſt während der Brut— zeit der Geſelligkeit nur teilweiſe entſagen. Noch übertroffen in dieſer Hinſicht werden dieſe Arten von den verſchiedenen Purpurſtärlingen oder Boot: ſchwänzen, welche man auch als Glanz, Schil— ler- und Maisgrakeln bezeichnet. Der in der Überſchrift genannte und auf Tafel XVII (6) abgebildete Vogel iſt nur eine Abart der eigentlichen Purpurgrakel (Quiscalus quiscula JORDAN), welche die atlantiſchen Staaten, von Flo— rida nördlich bis Maſſachuſetts, bewohnt. Die Florida-Grakel (Q. quiseula aglaeus STEINEGER) beſchränkt ſich auf die gleichnamige halbtropiſche Halb— inſel. Da alle dieſe Vögel nur in der Färbung etwas, im Thun und Treiben dagegen gar nicht von— einander abweichen, ſo genügt es, wenn ich nur die gewöhnlichſte Form, die hauptſächlich im Miſſiſſippi— Thale, öſtlich bis zu den Alleghanies und Neu— England, weſtlich bis zum Felſengebirge, nördlich bis zur Hudſons-Bai, ungemein häufige Bronze— grakel, den Bronzeſtar oder Krähenſtärling (Crow Blackbird), ausführlicher beſchreibe. Wenn in Wisconſin und Nord -Illinois die Herolde des Lenzes, Blauvogel und Robin, Singſper- ling und Wieſenſtar, ihren Einzug gehalten, ſo zögert auch die Bronzegrakel nicht mehr lange mit ihrer An— kunft. Wenn die Witterung günſtig iſt, erſcheint ſie bereits anfangs April, etwa um dieſelbe Zeit, wenn die Rotflügel, mit denen ſie ſich gelegentlich vereinigt, ein— treffen. Ouiscalus quiscula senus SENEGER. Vogel 6. ſich überdies durch lautes Weſen hervorthut, ſo kann der auf dem Lande wohnende Beobachter ihre Ankunft gar nicht überſehen. Die erſten Ankömmlinge ſind Männchen, welche vereinigt bleiben bis die Weibchen eintreffen, was etwa acht bis zehn Tage ſpäter der Fall iſt. Die großen, in dichten Maſſen ziehenden Schwärme löjen ſich dann in kleinere auf, welche die Gegend nach allen Seiten durchſtreifen. Ende April und anfangs Mai ſieht man ſie, wie viele andere Vögel, auf den friſchgepflügten Feldern ſtarartig um— herlaufen und nach blosgelegten Würmern und Yır- ſektenlarven ſuchen. Gegen Abend hin fliegen ſie in kleinen zerſtreuten Flügen von ſechs bis acht Stück ihren gemeinſchaftlichen Schlafplätzen zu. Letztere finden ſich faſt ſtets in Niederungen, gebüſchreichen Sümpfen und an den Rändern der Teiche und Flüſſe, ſofern dieſe mit Bäumen und Büſchen beſtanden ſind. Im nördlichen Illinois, wo derartige Ortlichfeiten fehlen, übernachten ſie nicht ſelten ſcharenweiſe in den Nadelholzbäumen der Gartenaulagen. Der Flug iſt geradeaus und erſcheint wegen des langen bootförmigen, fächerartig geſtuften, in der Mitte Vzartig nach unten gebogenen Schwanzes etwas ſchwerfällig. Von dieſer eigentümlichen Schwanz— form ſchreibt ſich auch der Name Bootſchwanz, Bootſchwanzſtärling u. ſ. f. her. Während des Fluges läßt er faſt immer ſein lautes „Käck“ ertönen, beim Umherlaufen auf dem Boden dagegen verhält er ſich vollkommen ruhig. Auf großen Bäu— men und in Büſchen hüpft er geſchickt umher, meidet aber Dickichte ebenſowohl als das dichte Innere dunkler Wälder. Sein Vorkommen beſchränkt ſich ſtets auf kultivierte, mit Feld und Wieſen, Wald und Sümpfen abwechſelnden Gegenden. Zur Zeit ſeiner Herbſtwanderungen trifft man ihn ſelbſt auf baum— und buſchloſen Prärien, ſofern ſich große Maisfelder Da fie in großen Schwärmen erſcheint und | vorfinden. Zank und Streit kommt bei dieſen Vögeln ſelten vor. Alle ſcheinen in vollkommenſter Übereinſtimmung zu handeln, wenn ſie auffliegen und ſich niederſetzen, 484 Der Bronzeftärling. wenn ſie wandern oder ruhen. Nur bei der Wahl der Weibchen find die überzähligen Männchen eifer ſüchtig ſodaß es oft zu ernſtlichen Kämpfen kommt. Sobald ſich aber die Paare vereinigt haben, hört der Streit auf und an deſſen Stelle tritt die vollkommenſte Eintracht. Jetzt verſuchen ſich die Männchen auch eifrig im Singen, doch bringen ſie, außer einzelnen angenehmen, nur rauhe krächzende Töne hervor. Ihrer ſtolzen und ſelbſtbewußten Haltung nach zu urteilen, ſcheinen ſie ſelbſt von ihrem Gezwitſcher ſehr eingenommen zu ſein. Im Strahle der Sonne ſchillert das einfache ſchwarze Hochzeitskleid jetzt in den ſchönſten blauen, emeraldgrünen, purpurnen, nament— lich aber in bronzenen Farbentönen. Keiner unſerer Vögel zeigt ſolche Vorliebe für den Mais oder das Welſchkorn wie unſere Bronze— grakel. Man nennt ſie in vielen ländlichen Gegen— den aus dieſer Urſache geradezu „Maisdieb“, „Mais— vogel“, „Maisſtärling“ u. ſ. f. Sobald dieſe für unſer Land ſo wichtige Getreideart gepflanzt iſt, ſieht man die Grakelu ſcharenweiſe in den Feldern umher— laufen. Die zarten, durch das loſe Erdreich brechen— den Keime ſind es zunächſt, auf welche ſie fahnden. Mit ihren ſcharfen Schnäbeln ziehen fie dieſelben aus dem Boden und verzehren das weiche Korn, während ſie den Keim ſelbſt gewöhnlich liegen laſſen. Daß ſie der Farmer daher mit ärgerlichen Blicken in ihrem Thun und Treiben beobachtet und blutig verfolgt, iſt erklärlich, muß er doch oft das ganze Feld ein-, ſelbſt zweimal nachpflanzen. Während der Brutzeit wählt die Grakel mit Vorliebe ihren Aufenthalt in ſumpfigen oder doch niedrigen, mit Feldern und Wieſen abwech— ſelnden Gegenden, von wo ſie leicht nach allen Richtungen hin Ausflüge unternehmen kann. Mit Gebüſch und einzelnen hohen Bäumen beſtandene Sümpfe, Viehweiden, Wieſen, immer in der Nähe des Waſſers, dann auch Waldränder, die Ufer der Flüſſe und Teiche, ſind ihre Lieblingsplätze. In den Präriegegenden von Illinois fand ich ſie zahlreich ſogar in größeren Obſtgärten, beſonders aber in den aus Weiden oder Nadelholzbäumen beſtehenden Schutz gürteln derſelben. — Auch ſie brüten faſt ſtets in Kolonien. Wo man ein Pärchen trifft, wird man ſtets noch eine ganze Anzahl derſelben finden. Ge— wöhnlich verteilen ſich viele Pärchen auf eine Baum— gruppe, doch findet man oft auf einem einzelnen Baume mehrere Neſter. In Texas brüteten in einer etliche Acker großen, mit jungen Eichen dicht beſtan denen Fläche der ſonſt baumloſen Prärie viele hundert Pärchen. — In Wisconſin beginnt fie etwa Ende Mai, in Texas bereits anfangs April mit dem Bau der Neſter. Dieſelben ſtehen faſt immer in Bäumen auf wagerechten Aſten oder dicht am Stamme in einer Höhe von ſechs bis dreißig Fuß vom Boden. In der Nähe des Menſchen niſten ſie ohne weiteres, wenn man fie unbehelligt läßt. In Illinois fand ich den Bau oft auf alten Apfelbäumen, in Weiden und Tannen, ja einigemal ſogar in Niſtkäſten der Gärten. In Houſton, Texas, brüteten ſie ſcharen— weiſe in den dichten breiten Waſſer- und Lebeus— eichen der Straßen und in den Magnolien und Sykamoren der ſich durch die Stadt ziehenden Buffalo-Bayou. In Wisconſin brüteten ſie ſtets in den Büſchen und Bäumen der inmitten der Klärungen unberührt liegenden halbwilden, waſſerreichen Tief— ländereien, oft auch im Wurzelwerk umgefallener Bäume und in den von größeren Spechten gezimmer— ten Baumhöhlungen. Der ſehr umfangreiche, aber feſte Bau beſteht äußerlich aus groben Halmen und Pflanzenſtengeln und iſt innen mit feineren Hälmchen ausgepolſtert. Mauchmal iſt die Mulde auch aus ſchwarzem Schlamm glatt und ſauber hergeſtellt und dann mit feinem Material ausgelegt. Selbſtver— ſtändlich ſind die in Baumhöhlungen angelegten Neſter nachläſſiger gebaut. Die vier bis fünf Eier find der Grundfarbe nach mattgrün oder grünlichblau, mit dicken, ſcharf hervortretenden hell- und dunkelſchwarz— braunen Flecken und Marmorierungen gezeichnet. Oft zeigen ſie einen roſtbräunlich-verwaſchenen Farbenton und auf dieſem die dunkelbraunen Flecken. Mitte Juni etwa ſind im Norden die Jungen erbrütet, und nun beginnt auch für die alten Männ— chen eine mühſame Zeit, da ſie ſich fleißig in der Auf— zucht derſelben beteiligen müſſen. Die Atzung der Sprößlinge beſteht faſt ausſchließlich aus auf dem Boden lebenden Inſekten und deren Larven. Der Nutzen, den ſie hierdurch bringen, wird aber durch ihre Plünderungen der Neſter kleinerer nützlicher Vögel, welche ſie der Eier und Jungen berauben, um damit die eigene Brut zu füttern, wieder mehr als aufgehoben. Sie treiben es in dieſer Richtung aller— dings nicht ganz ſo arg, als der fein gekleidete Gauner unſerer Vogelwelt, der Blauheher, aber der in dieſer Weiſe augerichtete Schaden iſt doch ein ſehr bedeuten— der. Die jungen Bronzeſtare zeigen ſich nach dem Ausfliegen als arge Schreihälſe. Wo Hunderte von Pärchen brüten, wirkt das laute „Käräckäckäck, käräckäckäck“ der kleinen Stummelſchwänze oft betäu— bend. Betritt man ein ſolches Dickicht, ſo tritt auf die Warnungsrufe der beſorgten Eltern ſofort die Der Bronzeſtärling. vollfommenjte Stille ein, und man kann dann lange ſuchen, ehe man einige der Jungen entdeckt. Dank der guten Pflege ſind ſie bald ſelbſtändig und vereini— gen ſich mit anderen ihrer Art zu großen Schwärmen. Die Alten, welche regelmäßig nur eine Brut groß ziehen, ſuchen, nachdem die Jungen ihre Selbſtändig— keit erlangt haben, abgelegene Dickichte auf, wo ſie ungeſtört ihre Mauſer durchmachen können. Iſt dieſe beendigt, ſo vereinigen ſie ſich mit den Jungen zu ganz ungeheuren Scharen, welche plündernd in die „Felder einfallen. Wolkenartig fliegen fie dahin. Die vorderen erheben ſich oft ziemlich hoch in die Luft, die hinteren fliegen unter ihnen weg, dann vereinigen ſie ſich wieder, um in dichtem Schwarme dahinzuziehen, bis ſie es gleich darauf wieder ebenſo machen. Für den Naturfreund haben dieſe dahin ziehenden Schwärme etwas Feſſelndes, nicht aber für den Landmaun. In Wisconſin fallen ſie im Auguſt in die Getreidefelder ein, verurſachen hier aber weniger Schaden, als man oft annimmt. Schlimmer ſind die Verwüſtungen, welche ſie im September in den Maisfeldern anrichten. Die friſchen, noch milchigen Kolben werden angehadt und oft bis zur Hälfte ihrer Körner beraubt. Um dieſelbe Zeit ſieht man ſie zu Millionen in den großen Maisfeldern der reichen Präriegegenden des mittleren Illinois und Jowa. Die Felder erſcheinen ſtellen— weiſe vollſtändig ſchwarz von der Menge der Vögel, und wenn ſie geſtört werden, verurſachen ſie durch ihr Auffliegen einen wirklich betäubenden Lärm, fallen aber auf einer anderen Stelle bald wieder ein. Sie fliegen ſo dicht, daß ein einziger Schuß oft zwölf bis zwanzig Stück tötet. Niemand kann leugnen, daß dieſe Stärlinge in den Maisfeldern großen Schaden anrichten. Dieſe Schwärme verwüſten viel mehr, als der im Norden ſo außerordentlich nützliche Bobolink in den Reisfeldern des Südens. Rotflügel, Gelbköpfe, Star- und Roſtgrakel werden nirgends ſchädlich, und dieſe ſollte man mit allen zu Gebote ſtehenden Mitteln ſchützen; die Purpurſtärlinge mit ihren Abarten verlangen aber eine ſcharfe Abwehr. Mitte Oktober ſieht man in Wisconſin ſelten noch Bronzeſtärlinge. Auch im ſüdweſtlichen Miſſouri ſind Ende des genannten Monats faſt alle ſüdlich gezogen. Anfangs bis Mitte November ſah ich in den Niederungen des Colorado und Brazos in Texas ungeheure Schwärme, die nicht aus Tauſenden, ſondern aus vielen Hunderttauſenden beſtehen muß— ten. Wovon ſie ſich hier in den Baumwoll- und Zuckerrohrgegenden nährten, war mir unerklärlich, denn ich ſah nur wenig Mais und dieſer war 485 zumeiſt eingeheimſt. Nach und nach verſchwinden die Schwärme, und um Weihnachten ſieht man im ſüd öſtlichen Texas keine mehr. Erſt anfangs März erſcheinen ſie wieder aus ihrer mehr ſüdlich gelegenen Winterherberge. Da ich nie eine Bronzegrakel wäh— rend der Monate Jauuar und Februar in Texas beobachtete, ſo iſt es um ſo merkwürdiger, daß man einzelne den ganzen Winter hindurch in Hennepin und Paris, Illinois, und Mount Carmel, Miſſouri, beobachtet hat.“) Namen: Bronzeſtärling, Purpurſtärling. Bootſchwanz, Bootſchwanzſtärling, gewöhnlicher Schwarzvogel, „Maisdieb“ der Farmer, Maisſtärling, Maisgrakel, Glanzſtar, Schillerſtar, Krähenſtärling. Bronzed Grackle, Common Blackbird, Com- mon Grackle, Crow Blackbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Quiscalus nus Ridgw. (1869). — Quiscalus purpureus ænus (1874). — Quis- calus quiscula amis Stejn. (1885). Beſchreibung: Gefieder tiefſchwarz, ober- und unterſeits bronzeſchillernd; Hals ſtahlblau, violett, purpur und grünlich ſchillernd; Flügel und Schwanz ſtets purpurn oder violettpurpurn, nie blau ſchillernd. Weibchen matter. Iris gelblich. — Größe etwa 12 bis 13 Zoll; Weibchen 11 bis 11.50 Zoll. Die eigentliche von Florida bis Maſſachuſetts vorkommende Art neunt man den gewöhnlichen Bootſchwanz, Purpurſtärling, Krähenſtär— ling u. ſ. f., Purple Grackle, Crow Blackbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Gracula quiscula Linn. (1758). — Chalcophanes quiscula Wagl, (1827). — Gracula purpurea Bartr. (1791). — Quiscalus pur- pureus Licht. — Quiscalus versicolor Vieill. (1819), Audubon, Nuttall. — Chalcophanes purpuratus Cab. (1851). — Quiscalus quiscula Jord. (1884). Beſchreibung: Ganzes Gefieder tiefſchwarz, mit violett— grünem oder ſtahlblauem Schimmer. Weibchen matter. Größe 12 bis 13 Zoll, Weibchen 11 bis 11.59 Zoll. Die in Florida vorkommende Varietät, die Florida-Grakel (Florida Grackle), verbreitet ſich über die ſüdliche Halbinſel Floridas und an der Golfküſte entlang bis Louiſiana. Wiſſenſchaftliche Namen: Quiscalus baritus Brd., B. W. A. (1858). — Quiscalus agleus Erd. (1566). — Quiscalus purpureus agleus Coues, Key (1872). — Quiscalus quiscula aglaus Stejn. (18885). Beſchreibung: Kleiner als die vorigen. ſehwarz mit verſchiedenfarbigem Schiller. Länge 10.50 bis 12 Zoll. Glänzend *) W. W. Cooke, Report on Bird Migration in the Mississippi Valley in the years 1884 and 1885. Washington: Government Print- ing Office. 1888. Die Nabenvögel. | Crows, Jays, kennzeichnen ſich durch kräf— ſtalt, großen, ſtarken, etwas gekrümmten Schnabel und kräftige Füße. Das Gefieder iſt ſehr verſchiedenartig, bei der einen Art einfarbig, bei den ande— ren bunt. Von den etwa zweihundert bekaunten Arten der Familie bewohnen viele die neue Welt. alle Breiten- und Höhengürtel der Erde in den Vereinigten Staaten vorkommen— den Arten ſind faſt ſämtlich Standvögel, die jahrein jahraus in ein und demſelben Gebiete verweilen, nur gelegentlich von einem Orte zum andern ſtreichend, je nachdem es der Überfluß oder Mangel an Nahrung erfordert. Den Rabenvögeln fehlt ein wohllautender, eigener Geſang; dagegen verſtehen ſie es vortrefflich, durch lautes, durchdringendes Geſchrei ſich bemerklich zu machen und ihr Wohngebiet zu beleben. Vielen iſt auch eine ausgezeichnete Nachahmungsgabe zuteil ge— worden, welche ſie in hervorragender Weiſe befähigt, eine Menge fremder Vogelſtimmen und Töne täuſchend nachzuahmen. Sie ſind überaus klug und liſtig, ſtehen in dieſer Hinſicht wohl über allen andern Vögelu. Der Gefahr wiſſen ſie ſtets aus dem Wege zu gehen, und iſt es oft ſehr ſchwer, ſich ihnen bis auf Schuß— weite zu nähern. Die Häher werden im Walde zu Warnern für alle übrigen Vögel und Säugetiere, daher ſind ſie dem Jäger ſehr läftig. Auch ſonſt find die Rabenvögel ausgezeichnet begabt. Sie gehen gut, fliegen leicht und anhaltend, wiſſen ſich geſchickt in dem bewohnen, nach dem Gleicher hin aber an Artenzahl bedeutend zunehmen. Die Magpies, etc. Corvide. Gezweig der Bäume zu benehmen und haben ein vor— treffliches Geſicht, ein ausgezeichnetes Gehör und einen tige, gedrungen gebaute Ge- Im allgemeinen kann man ſagen, daß ſie alle Teile und ſcharfen Geruchsſinn. Da ſie in des Wortes eigent— lichem Sinne Allesfreſſer ſind, ſo führen ſie ein recht bequemes Leben, wiſſen ſich alles nutzbar zu machen und ſpielen daher in ihrem Wohngebiete eine große Rolle. Aas iſt vielen ein Leckerbiſſen. Außerdem verzehren fie auch Körner, Früchte, Inſekten u. ſ. f. Die Eier und Jungen der kleinen Vögel werden, wo immer ſich Gelegenheit dazu bietet, aus den Neſtern geraubt und verzehrt. Sie alle ſind grauſame, mord— gierige Geſellen und verdienen keine oder doch nur ausnahmsweiſe Schonung. So ſchön die Häher auch im Walde ſein mögen, im Garten darf man ſie, ihrer Mordluſt halber, nicht dulden. Leider läßt man ſie zu viel gewähren. Die Farbenſchönheit, die Zier— lichkeit der Zeichnung, die Lebendigkeit des Weſens gewinnen ihnen mehr Freunde als ſie verdienen. Die Neſter ſtehen meiſt auf Bäumen. Es ſind ſtarke, aber rauhe Bauten, gewöhnlich aus Zweigen und Pflanzen— ſtengeln aufgeführt. Die Familie iſt in den Vereinigten Staaten durch folgende Sippen vertreten: 1. Corvus LINNF. Arten. 2. Piecicorvus BONAP. Raben und Krähen. Fünf Nußhäher. 3. Oyanocephahıs BONAPARTE. Eine Art. 4. Pica Brıssox. Eine Art. Pinonhäher. Elſtern. 5. Cyanoeitla STRICKLAND. Blauhäher. Zwei Arten. 6. Aphelocoma CABANIS. Arten. 7. Nanthoura BoxAr. Prachthäher. Eine Art. Uuglüds-, Flech⸗ Zwei Arten. Baumhäher. Vier 8. Perisoreus BONAPARTE. tenhäher. Zwei Arten. Der amerikaniſche Kolhrabe. American Raven. Corvus corax sinuatus RI DG WAV. Der Kolkrabe iſt namentlich im hohen Nor— den unſeres Erdteils, von Canada bis Alaska und Grönland, teils ein gewöhnlicher, teils ſogar ein häu- figer Vogel. Auch weſtlich vom Miſſiſſippi, befonders | im Felſengebirge, iſt er zahlreich. Ich habe nur einige— mal in Texas und Miſſouri Kolkraben geſehen. Dr. Coues beobachtete ſie im Winter bei Fort Whipple in Arizona in großen Scharen. Sie folgen im Weſten gewöhnlich den Viehherden, und ſobald ein Tier fällt, betrachten ſie es, ebenſo wie die „Coyotes“ oder Präriewölfe und Aasgeier, als ihr Eigentum. Auch an Schlachthäuſern finden ſie ſich mancherorts zahlreich ein, um die tieriſchen Abfälle zu verzehren. Sie ſind außerordentlich kluge Vögel, welche ſich nicht leicht überliſten laſſen. Ihre Neſter legen ſie entweder auf Felſen oder hohen Bäumen an. Dieſelben beſtehen äußerlich aus Zweigen und ſind innen oft mit Federn oder Gras ausgelegt. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach blaugrün, mehr oder weniger dicht dunkelbraun gepunktet und gefleckt. Die Krähe. 487 Wiſſenſchaftliche Namen: Ihre Hauptnahrung beſteht aus Aas, doch ver ſchmähen fie auch Junſekten nicht, und ſehr häufig verzehren ſie auch die Eier anderer Vögel. — In dicht beſiedelten Gegenden ſind ſie ſtets außerordentlich ſcheu, während ſie in weniger bewohnten Orten oft ſehr zahm und zutraulich ſind. Namen: Amerikaniſcher Kolkrabe. American Raven. Corvus sinuatus Wagl. (1829). — Corvus cor sinualus Ridgw, (1885). Beſchreibung: Tiefſchwarz, violett ſchillernd. Länge 24 bis 25 Zoll; Flügel 17, Schwanz 10 Zoll. Der weißhalſige Rabe leucus Couch; White-necked Raven) bewohnt (Corvus er ypto- das Thal des Rio Grande und Gila und verbreitet ſich von da in das Innere Mexicos. Bei Eagle Paß in Texas ſoll er häufig ſein. Mein Freund Captain Bendire fand ihn zahlreich bei Tueſon, Arizona. Über Lebens- und Niſtweiſe iſt erſt wenig bekannt. Die Krähe. Common Crow. Corvus americanus AÄUDUBON. y. rotz der Verfolgungen, welchen die gewöhn— liche, Raben- over Aaskrähe von jeher vonſeiten des Menſchen ausgeſetzt war, iſt ſie doch in faſt ganz Nordamerika, von Florida und Texas bis Nova Scotia und den arktiſchen Regionen und vom Atlantic bis zu den großen weſtlichen Ebenen, ein gewöhnlicher, allgemein bekannter Vogel. Am zahl— reichſten ſcheint ſie im Miſſiſſippi-Thale zu ſein, fehlt aber auch nirgends im Oſten des Landes. Ozean wird ſie von einer ganz ähnlichen Abart ver— treten. Ich fand fie brütend von Wisconfin bis Texas, dagegen beobachtete ich ſie nicht in den großen baumloſen Prärien von Illinois. Dies iſt erklärlich, wenn man weiß, daß das eigentliche Wohngebiet der Krähe der Wald oder mit Wäldern und Feldern abwechſelnde Gegenden ſind. Der Sicherheit wegen Er fie ſich am liebſten im Innern des Waldes an. Am Stillen ihrer Sicherheit überzeugt haben. Wo man ſie nicht behelligt, trifft man ſie auch in Vorhölzen, Waldſäumen und Baumgruppen des Tieflandes. Während der Brutzeit halten ſie ſich paarweiſe zuſammen und bewohnen dann gemein— ſchaftlich ein ziemlich großes Gebiet. Von ihren Standorten im Walde aus unternehmen ſie Streif züge nach allen Richtungen der Windroſe. Manch mal ſiedeln ſie ſich auch ganz in der Nähe des Men— ſchen an, doch müſſen ſie ſich dann vollſtändig von Im ſüdweſtlichen Miſſouri brütete jedes Jahr ein Pärchen in dem dicht hinter meiner Wohnung gelegenen Walde. Schon anfangs März konnte man beide Vögel zu ſammen im Brutreviere ſehen. Morgens flogen ſie, laute, krächzende, wie „Kräh, kräh“ klingende Töne ausſtoßend, in die benachbarten Felder und Vieh— weiden, um nach Futter zu ſuchen. Beſonders gern 488 trieben ſie ſich unter den Viehherden umher, zeigten ſich regelmäßig aber auch auf friſchgepflügten Feldern, wo ſie eifrig nach Würmern und Mäuſen ſuchten. Ihr Gang auf dem Boden iſt wackelnd, geſchieht ſchrittweiſe und ähnelt im allgemeinen dem der Stär— linge. Der Flug iſt leicht und ausdauernd. Man konnte ſich ihnen bis auf eine kurze Strecke nähern, kam ihnen aber etwas verdächtig vor, ſo ließen ſie ihr lautes „Kräh, kräh“ hören und flogen davon. Faſt nie konnte man ſich ihnen mit dem Gewehre in der Hand bis auf Schußweite nähern, und auch im Walde war es unmöglich, ſich unbemerkt au ſie heranzu— ſchleichen. Sie wußten vortrefflich zwiſchen Freund und Feind zu unterſcheiden. Ihre Klugheit und Wachſamkeit iſt die Urſache, daß dieſe Vögel, welche fort und fort der eifrigſten Verfolgung ausgeſetzt ſind, in den dichtbeſiedelten Landesteilen nicht ſchon längſt ausgerottet ſind. — Etwa Ende März oder anfangs April begann das erwähnte Pärchen mit dem Nejtbau. Das umfangreiche, aus Zweigen, Blättern und Pflanzenſtengeln gebaute, innen mit weicheren Stoffen ausgelegte Neſt ſtand ſtets in der Spitze einer Eiche, etwa dreißig Fuß vom Boden. Die Bäume ſtanden ſo dicht zuſammen und waren ſo veräſtelt, daß man es von unten nicht ſehen konnte. Die vier bis fünf ſehr länglichen, der Grundfarbe nach glänzend hellgrünen Eier waren mehr oder minder dicht dunkelbraun und ſchwärzlich gepunktet und gefleckt. Als ich am 9. Mai die Eiche beſtieg, fand ich die ſchon ziemlich großen, faſt vollſtändig befiederten Jungen vor. Die Alten zeigten ſich ſehr ungebärdig und umflogen ſchreiend das Neſt. — Sobald die Jungen erbrütet ſind, werden die alten Krähen außerordentlich ſchädlich. Die ſchreienden Sprößlinge ſind ſtets hungrig, betteln beſtändig um Nahrung und dieſe muß beſchafft werden. Würmer, Schlangen und Mäuſe genügen nicht mehr, daher plündern ſie jedes Vogelneſt, deſſen ſie habhaft werden können. Ja, ſie gehen förmlich auf die Suche nach ſolchen. Sie wagten ſich ſelbſt in meinen Hof, drangen auf die ſchlaueſte Weiſe in die Ställe und Schuppen, wo ſich Hühnerneſter befanden. ohne einen Laut auszuſtoßen, ſchlichen ſie ſich herau. Hatten ſie ein Hühnerneſt entdeckt, ſo wurde das erſte beſte Ei angebohrt, kunſtgerecht auf den Schnabel geſpießt und eilig fortgetragen. An einem Tage wurden oft ſechs bis acht Eier geſtohlen. Ich hielt damals eine kleine Anzahl Raſſehühner (Plymouth Rock) und freute e beſonders über die hübſche Herde kleiner Kücken. Doch deren Zahl nahm von Tag zu Liſtig, Die Krähe. — hinkamen. eines Raubvogels den größten Lärm machte, hatte ſich bisher nie hören laſſen. Da ſah ich eines Tages eine alte Krähe auf dem Zaune ſitzen und begierig nach unten ſpähen, wo ſich die jungen Hühnchen munter umhertummelten. Sie mochte einen Augenblick ſo ſpähend dageſeſſen haben, dann flog ſie herab, ließ ſich unter den Hühnern nieder, packte ein Kücken mit dem Schnabel und trug es ihren Jungen zu. Trotz aller Wachſamkeit wurden täglich Eier und Hühnchen geſtoh— len. Der Verſuch, die Übelthäter wegzuſchießen, blieb erfolglos, da ſie ſich immer außerhalb des Bereiches der Schußwaffe hielten. — Erſt als ſich ein Pärchen Königsvögel im Garten niederließ, hörten die Räu— bereien auf. Sobald ſich nur eine Krähe blicken ließ, wurde ſie ſo wütend von dieſen Vögeln angegriffen, daß ſie ſchreiend ſo ſchnell als möglich das Weite ſuchte. Seitdem waren nicht nur die Hühnereier und Kücken, ſondern auch die Vögel des Gartens und Waldrandes vor Plünderungen ſicher. — Als Alles— freſſer verzehren die Krähen auch Obſt und Körner, namentlich Mais. Als ich im Walde an der Weſt-Yegua in Texas wohnte, fand ich im Tieflande des genannten Flüß— chens zahlreiche Krähen geſellig brütend, d. h. es brüteten mehrere Pärchen, oft fünf bis ſechs in einer kleinen Waldſtrecke. Sobald man an das Neſt eines Paares kam, ließ dies ſein warnendes „Kräh, kräh“ hören und in kurzer Zeit hatten ſich alle übrigen der Gegend eingefunden, welche nun ebenfalls ſchreiend hin- und herflogen. Die Neſter waren hier aus Zweigen und ſpaniſchem Moos oder Bartflechten gebaut. In Texas ſieht man ſie ſelten in großen Scharen, da die im Norden brütenden nicht ſo weit ſüdlich wandern. Allerwärts finden ſich die Krähen bald da ein, wo ſich Aas findet. In Texas ſieht man ſie oft mit Aasgeiern zuſammen an gefallenem Vieh. In Nord⸗Illinois und ganz Wisconſin iſt die Rabenkrähe ebenfalls ein gewöhnlicher Brutvogel. Im Norden ſchlagen ſie ſich gegen den Herbſt hin zu ungeheuren Scharen zuſammen und wandern, ſo anfangs Oktober, langſam ſüdlich, namentlich dem Miſſiſſippi entlang, der ſo recht eine Heerſtraße für dieſe Vögel iſt. Sie erſcheinen bei St. Louis etwa Ende Oktober, viele auch erſt anfangs November. Zu vielen Tauſenden ſah ich ſie dort Ende Februar an den ſandigen Ufern des „Vaters der Ströme“, namentlich an der Illinoisſeite des Fluſſes. Etwa um dieſelbe Zeit erſcheinen ſie auch im ſüdweſtlichen Tag raſch ab, ohne daß ich mir erklären konnte, wo jie | Miſſonri, wo Tauſende während des Winters in dem Die alte Glucke, welche ſonſt beim Nahen bereits erwähnten Walde hinter meiner Wohnung die Nacht verbrachten. Auch während dieſer Zeit waren ſie außerordentlich wachſam. Sie ließen ſich erſt im Walde nieder, nachdem ſie mehrmals Späher voraus— geſchickt hatten. Dieſe flogen, ihr lautes „Kräh“ ausſtoßend, mehrmals über den Wald dahin und Die Fiſchkrähe. lehrten dann zum Schwarm zurück, der dann, meiſt erſt nach Einbruch der Nacht, lautlos im Nachtquartiere eintraf. Dieſe Führer oder Späher ſind beſonders ſchlaue, kluge Vögel. Sie ſcheinen in jedem Schwarm die Hauptrolle zu ſpielen. Morgens in aller Frühe haben ſie ſchon wieder ihr Nachtquartier verlaſſen und ſich in kleineren Flügen über das Land hin verbreitet. Im Oſten übernachten ſie ſehr häufig in Schilf- und Rohrſümpfen. Wovon die vielen Vögel während dieſer Zeit eigentlich leben, iſt mir rätſelhaft. Sie vertilgen jetzt allerdings eine Menge Mäuſe, denen ſie an ihren Löchern auflauern, aber Inſekten und Würmer ſind jetzt nicht ſo leicht zu haben, und Vogel— neſter find auch nicht zu plündern. Thatſache iſt es, je Hrhe 5 Frühli f je Hälfte ä ſcheidet ſich von der Rabenkrähe durch ihre geringere ihres Herbſtgewichtes eingebüßt haben. i dr Kirk zie bereits wieder in 6 f 0 Mitte bis Ende März ſind ſie bereits wieder in während jene eliva zwanzig Aoll int Wisconſin, anfangs April ſchon in Manitoba ange— langt. Die großen Scharen im Winter über die Felder laufender Krähen vertilgen eine ungeheure Menge ſchädlicher Inſekten, namentlich aber Mäuſe. Der von ihnen verübte Schaden fällt vorzugsweiſe in die Frühlingsmonate. Der friſchgepflanzte Mais wird von ihnen gern aus dem Boden gezogen; beſonders ſchädlich werden ſie aber durch das Ausplündern von Vogelneſtern und durch ihre Diebereien in Hühner— höfen. Doch mag der Nutzen und Schaden ſich wohl das Gleichgewicht halten. Schon von Audubon iſt Schonung dieſer Vögel dem Landmanne dringend empfohlen worden; wenigſtens ſollte man ihre Ver— folgung nicht allzu eifrig betreiben. Jung aus dem Neſte aufgezogene Krähen werden ſehr zahm und können frei umherfliegen, ohne daß ſie an ein Entweichen denken. Sie verſtecken ſehr gerne allerlei glänzende Gegenſtände und werden dadurch läſtig. Namen: Krähe, Rabenkrähe, Aaskrähe, „Rabe“. Common Crow, American Crow, Crow. Wiſſenſchaftliche Namen: (1834). Beſchreibung: Glänzend ſchwarz, violett ſchillernd. — Länge 19 bis 20 Zoll; Flügel 12 bis 13, Schwanz 8 Zoll. Corvus americanus Aud. Die Florida-Krähe (Corvus americamıs floridamus BIRD; Florida Crow), im Süden der Halbinſel heimiſch, unterſcheidet ſich von der eigent- lichen Krähe durch kürzere Flügel und kürzeren Schwanz und durch merklich größeren Schnabel und Füße. Die Krähe des Nordweſtens (Corvus caurinus BIRD; North-west Crow) unterſcheidet ſich wenig von der gewöhnlichen Rabenkrähe. Das Gefieder iſt weniger glänzend, auch iſt ſie etwas größer. Sie kommt von Waſhington bis Alaska vor. Die Fiſchkrähe. Fish Crow. Corvus ossifragus WıLson. Die Fiſchkrähe ift ein Vogel der Küſtengegend des Atlantiſchen Ozeans und des Golfs von Mexico, von Long Island bis New Orleans. Sie unter— Größe, denn ſie iſt nur etwa ſechzehn Zoll lang, Gutes kann ich von dieſer Art nicht berichten. Obwohl manche ſie für weniger ſchädlich halten als die Verwandte, ſo iſt es doch Thatſache, daß ſie unge— mein viel Schaden verurſacht. Sie plündert die Neſter kleiner nützlicher Vögel, wenn ſie Gelegenheit dazu hat, und fällt verwüſtend in die Obſtgärten ein. Beſondere Vorliebe hat ſie für reife Feigen, Trauben, Pfirſiche u. ſ. f. Ihre Hauptnahrung beſteht aus Seetieren, welche durch die Flut aus Land geſchwemmt werden. An den Flüſſen treiben ſich dieſe Krähen oft in großen Scharen umher, wo ſie die toten, faulenden, auf der Oberfläche des Waſſers treibenden Fiſche auf— nehmen. Daher ſchreibt ſich auch ihr Name „Fiſch— krähe“. Auch iſt ſie ein verſchlagener, kluger, räube— riſcher Vogel. Sie ſcheint mit Vorliebe in den Weihrauchkiefern (Loblolly Pine) etwa zwanzig Fuß vom Boden zu niſten. Der Bau beſteht aus Zweigen und iſt mit Gras und Moos ausgelegt. Die grünlichblauen Eier ſind dunkel- und hellbraun gefleckt. Beſchreibung: Glänzend ſchwarz, mit grünem und violet— tem Schimmer; am Bauch glänzend grün. Länge 15.50 Zoll; Flügel 10.50, Schwanz weniger als 7 Zoll. 5 Der Nuß häher. Clarke's Crow. Picicorvus columhbianus BONAPARTE. Mi intereſſante Rabenvogel wurde von Yewis | Nadelpolzjamen, doch nicht ſo ausſchließlich wie die und Clarke entdeckt und 1811 von Wil— ſon beſchrieben. Er ſcheint namentlich am Columbia häufig zu ſein, verbreitet ſich nördlich bis Alaska, ſüdlich bis Arizona und öſtlich durchs ganze Felſen— gebirge. Sein Wohngebiet ſind die großen Nadelholz— wälder der weſtlichen Gebirgsregion. Wo Koniferen fehlen, wird man auch den Nußknacker oder Clarkes-Krähe nicht finden. Nach Nuttall ähnelt er in der Lebensweiſe den Nußhähern Europas. Genannter Forſcher beobachtete ihn zahlreich in den Gebirgswäldern Waſhingtons und Oregons, während ihn Ridgway häufig in den Nadelwäldern der Sierra Nevada antraf. Nach ſeinen Angaben iſt der Vogel ſo auffallend, daß er ſofort die Aufmerkſamkeit Nußknacker. Letztere ſind außerordentlich klug, vor— ſichtig und ſcheu und laſſen ſich nur ſelten bis auf Schußweite nahekommen. Über den Neſtbau hat uns Captain Charles Bendire zuerſt genauer unterrichtet. Im Anfang der ſiebziger Jahre war er bei Fort Harney, Oregon, ſtationiert. Als eifriger Ornithologe ſchenkte er gleich von vornherein den Vögeln ſeines neuen Poſtens die des Beobachters erregt. Er hat nur wenig Ahnlichkeit mit andern Gliedern der Familie, dagegen erinnert ſeine ganze Erſcheinung, ſein Flug, ſeine Töne durch— aus an die Spechte, und er wird deshalb von den Auſiedlern geradezu als ſolcher bezeichnet. Wenn er unterſucht. auf der Spitze eines hohen abgeſtorbenen Baumes ſitzt | und ruhig umherſchaut, iſt er ſehr leicht mit einem Spechte zu verwechſeln. Es ſind lebhafte, bewegliche Vögel, welche einmal herab zum Boden fliegen, um Nahrung aufzunehmen, dann alte Stumpen unter— ſuchen und endlich hoch in den Spitzen der Nadel— bäume ſich niederlaſſen. Obwohl ihre Töne nicht ſo rauh ſind, als die dieſelben Ortlichkeiten bewohnenden Stellers-Häher, ſo muß man ſie doch als ſehr lärmende Vögel bezeichnen. Der gewöhnliche Ton klingt rauh und gurgelnd wie „Schurr-ſchurr“ und wird gewöhn— lich ausgeſtoßen, wenn mehrere auf einem Baume ſitzen. Gelegentlich läßt ein einzelner einige pfeifende Töne hören, welche ſofort von anderen beantwortet werden, ſodaß bald der ganze einſame Wald wieder— hallt. Ihre Nahrung beſteht zeitweiſe ganz aus dem Samen der weſtlichen Zirbelkiefer (Pinus ponderosa). Mit großer Geſchicklichkeit wiſſen ſie denſelben aus den Zapfen hervorzuholen, wobei ihnen die ſtarken Füße und Schnäbel außerordentlich gute Dienſte leiſten. Auch Maximiliaus- und Stellers-Häher leben von ungeteilteſte Aufmerkſamkeit. Hier fand er Clarkes— Krähe ungemein häufig, und da ſie ſich viel in den mit zahlreichen Spechtlöchern verſehenen Cedern um— hertrieb, ſo ſtand es bei ihm feſt, daß ſie ein Höhlen— brüter ſein müſſe. Jede Ceder der Umgegend, welche irgend welche Höhlung enthielt, wurde beſtiegen und genau unterſucht, jedoch ohne Erfolg. Die ballartigen Neſter auf den Kiefern hielt er für Eichhörnchenneſter, und da ſie ſtets ſehr hoch ſtanden und ſchlecht zu ihnen zu gelangen war, ſo wurden ſie auch weiter nicht Euttäuſcht beſchloß er, alles weitere Suchen aufzugeben, als er am 22. April einen dieſer Vögel eigentümlich fliegend aus einer großen Kiefer kommen ſah. Dieſer Baum hatte eine ſehr dichte Krone und war von unten auf verzweigt. Da er nichts von unten ſehen konnte, erkletterte er den— ſelben, fand aber kein Neſt und wollte ſchon wieder herabſteigen. Da fiel ſein Auge auf eines der bekann— ten „Eichhörnchenneſter“. Es ſtand etwa 25 Fuß vom Boden am äußerſten Ende eines ſtarken Aſtes. Er konnte von oben hineinblicken und ſah nun, daß er kein Eichhörnchen-, ſondern ein echtes Nußhäherneſt vor ſich hatte. Es enthielt ein Junges und zwei gerade bald gefunden, aber auch dieſes enthielt Junge. dem Aufbrechen nahe Eier. Ein zweites Neſt war nun Im nächſten Frühjahr begab ſich Bendire ſehr früh— zeitig auf die Suche. Am 15. März (1877), als der Schnee noch zwei bis vier Fuß tief im Walde lag, durchſtreifte er bereits das ganze Gebiet, doch fah er nicht einen einzigen Nußhäher. Beim Unterſuchen der Tannen- und Kiefernzapfen ergab es ſich, daß dieſe noch ganz grün waren. Da die Vögel aber faſt ausſchließlich von Nadelholzſamen leben, ſo war es klar, daß ſie die Gegend verlaſſen haben mußten. Erſt wer: im nächſten Jahre fand er wieder mehrere Pärchen und auch deren Neſter. Ein ſolches, welches er am 4. April 1878 fand, ſtand etwa vierzig Fuß vom Boden, in der äußerſten Spitze eines dünnen Aſtes und enthielt drei Eier. Ein zweites fand er am 8. April. Dieſes ſtand ebenfalls wie alle andern auf einer Kiefer, etwa ſechzehn Fuß vom Boden und enthielt zwei Eier, welche der Grundfarbe nach matt graugrün, unregel- mäßig dunkelgrau gepunktet und gefleckt waren. Die Neſter ſcheinen von unten klein, ſind aber ziemlich umfangreich. Sie ruhen auf einer Unterlage von Zweigen, meiſt von weißen Salbeiſtengeln; dann folgt das eigentliche, aus Grashalmen, Pflanzenfaſern, Hypnum⸗Mooſen und Cedernbaſt (von Juniperus occidentalis) hergeſtellte Neſt. Es iſt faſt immer in die äußerſten Zweige einer Kiefer gebaut und ſehr warm.“ Von unten ſind die Bauten in der Regel nicht leicht zu ſehen. Während der Nußhäher zu allen Zeiten ein geſel— liger, neugieriger und außerordentlich lärmender Vogel iſt, ſo zeigt er ſich während der Brutzeit von einer ganz anderen Seite. Vergeblich wird man auf ſeine Töne lauſchen. Er iſt jetzt ganz ſtill und ſehr ſcheu, ſodaß er ſelbſt da, wo er häufig iſt, leicht überſehen werden kann. | | | | | Maximilians- oder Pinonhäber. 491 Sammlern im ganzen Felſengebirge, ſüdlich bis Me— rico, nördlich bis ins Innere Britiſch-Amerikas, weſtlich bis zur Sierra Nevada und der Cascaden— Kette angetroffen worden. Nach den Angaben Prof. Ridg ways bewohnt der Pinonhäher ausſchließlich die Nußkiefern- und Cedernwälder der Gebirge. Er iſt ein echter Charak— tervogel jener Regionen, iſt außerordentlich geſellig und brütet ſogar in Kolonien. Im Winter ſchlagen ſie ſich zu großen Flügen zuſammen, welche ſtets beweglich und fortwährend ihre eigenartigen klagenden Töne ausſtoßend, das Land durchziehen. Es ſind ſehr auffallende Vögel, deren blaue Farbe an die Häher erinnert, deren Lebensweiſe und Erſcheinung aber ganz abweichend von dieſen iſt. Anſcheinend ſind ſie ebenſo wanderluſtig wie die Wandertauben, ihr Kommen und Gehen ebenſo ungewiß und plötzlich. Eines Tages findet man die lärmenden Geſellſchaften ſcharenweiſe in einer Waldesſtrecke, während man am folgenden Tage vielleicht keinen einzigen zu ſehen Gelegen— heit hat. Der Flug iſt ſehr geſchickt, dem des Robin ähn— Während desſelben ſtoßen ſie oft eigentümliche, Bei Carſon City fand unſer lich. elſterartige Töne aus. Forſcher die Vögel brütend. Sie ſcheinen ſehr zeitig zu niſten, denn die meiſten Neſter waren von den Jungen Namen: Nußhäher, Clarkes-Krähe, Nußknacker. Clarke’s Crow, Clarke's Nutcracker. Wiſſenſchaftliche Namen: Corvus columbianus Wils. (1811). — Nucifraga columbiana Aud. (1838) — Pieicorvus columbianus Bonap. (1850). Bejchreibung: Bläulich-aſchgrau, an der Stirn, an den Kopfſeiten und beſonders am Auge in Weiß übergehend, Flügel grünlichſchwarz; mittlere und kleine Flügeldeck— federn breit weiß zugeſpitzt; Schwanz weiß; die Innen— fahne der fünften und die ganze ſechste Schwanzfeder, wie auch die oberen Schwanzfedern grünlichſchwarz. Schnabel und Füße ſchwarz. Länge 12 Zoll; Flügel 7, Schwanz 4.30 Zoll. Maximilians- oder Pinonhäher. Maximilian's Jay. Cyanocephalus cyanocephalus STEJNEGER. Dieſer ſchöne und interefjante Vogel wurde von dem deutſchen Forſcher Prinz Maximilian von Wied entdeckt und in ſeinem ausgezeichneten Werke „Reiſe ins Innere Nordamerikas“ 1844 beſchrieben. Er fand ihn an einem Nebenfluſſe des oberen Miſſouri. Seit jener Zeit iſt er von vielen Vogelkundigen und vom Boden, bereits am 20. April verlaſſen, und nur ein einziges enthielt noch ſolche, aber auch dieſe waren vollſtändig befiedert. Sämtliche gefundenen Neſter ſtanden auf wagerechten Seitenäſten der Cedern. Näheres über die Niſtweiſe teilt uus Goß mit. Er fand Maximilians-Häher zahlreich in Colorado, in der Nähe von Fort Garland, brütend und zwar in einer Höhe von etwa 9000 Fuß. Die Neſter ſtanden alle im hochgelegenen offenen Walde, zwei derſelben ſogar an ſchrofſen Gebirgshalden, kein einziges im Thale oder im dichten Walde. Sie ſtanden auf wage— rechten Aſten kleiner Pinonbäume, fünf bis zehn Fuß und waren nicht beſonders verſteckt angelegt. Alle waren groß, rauh und tiefmuldig, beſtanden äußerlich aus Pflanzenſtengeln und Gras und waren innen mit Pflanzenfafern ausgelegt. Die brütenden Vögel ſaßen ſo feſt, daß ſie das Neſt erſt verließen, nachdem man den Aſt geſchüttelt hatte, und Goß hätte einige ſogar mit der Hand greifen können. Sie ließen ſich in der Nähe des Neſtes nieder, wo ſie mit geſenktem Kopfe und halb ausgebreiteten Flügeln ihre klagenden Töne ausſtießen. Das Gelege beſteht aus drei, meiſt aus vier, ſeltener aus füuf ziemlich ſpitz zulaufenden, bläulichweißen, mit kleinen, dunkel 492 braunen Flecken verſehenen Eiern; die Zeichnung ſteht am ſtumpfen Ende am dichteſten. Die Neſter, im ganzen neun an der Zahl, wurden vom 5 bis 11. Mai (1879) gefunden. Die Nahrung beſteht aus Cederbeeren, den Sa— men der Koniferen, Eicheln, vielleicht auch aus allerlei Beeren und Sämereien. Die Indianer nennen diefen Häher Wi-a (die Tochter des Coyote), wohl wegen der eigentümlichen Laute, die er ausſtößt. Die Elſter. Namen: Maximilians-Häher, Pinonhäher. Maximilian's Jay, Pinon Jay. Wiſſenſchaftliche Namen: Gymnorhinus cyano- cephalus Pr. Max Wied (1841). — Gymnokitta cyano- cephala Bp. (1850). — Cyanocephalus eyanocephalus Stejn. (1884). Beschreibung: Allgemeine Färbung ein mattes Blau; Kopf und Hals intenſiver blau, am dunkelſten auf dem Scheitel; Kinn und der obere Teil der Kehle weißlich, blau geſtrichelt. Länge 10 Zoll; Flügel 5.90, Schwanz 4.50 Zoll. Die Elſter. American Magpie. N. Verbreitungsgebiet unſerer amerikani— 2 ſchen Elſter umfaßt das nördliche Amerika, die großen weſtlichen Ebenen und das Felſengebirge, ſüdlich bis New Mexico und Arizona. Im Oſten der Union kommt ſie nicht vor, und auch in den am weſt— lichen Ufer des Miſſiſſippi gelegenen Staaten trifft man ſie nie oder doch nur ausnahmsweiſe. Ihren Aufenthalt wählt ſich die Elſter mit Vor— liebe in waldigen Flußniederungen, aber auch in den mit Bäumen und Strauchwerk bewachſenen Canons der Gebirge, in Gärten, ſelbſt in Gehöften und in der Nähe der Schlachthäuſer. Wo ſie Schonung erfährt, wird ſie ungemein aufdringlich und frech. Sie dringt ſelbſt in die Zelte der Jäger, ſchnappt ihnen das Fleiſch von den Tellern und geht im Beiſein des Menſchen an das ausgeweidete Wild. Wo dieſe Tiere häufig ſind, werden ſie durch ihre Aufdringlich— keit außerordentlich läſtig, ſodaß man ſich häufig genötigt ſieht, fie durch vergiftetes Fleiſch zu beſeitigen. An Schlachthäuſern findet ſie ſich, da ſie allerwärts Standvogel zu ſein ſcheint, namentlich im Winter ſcharenweiſe ein, um die tieriſchen Abfälle zu verzehren. Geſellig miſcht ſie ſich dann oft auch unter Raben und Krähen, vereinigt ſich aber am liebſten mit anderen ihrer Art zu kleinen oder größeren Flügen und durch— ſtreift mit dieſen ihr Wohngebiet. Ju ihrem ganzen Thun und Treiben erinnert ſie ebenſowohl an die Krähen als auch in mancher Hinſicht an die Häher. Sie geht ſchrittweiſe, erhebt aber dabei den langen Schwanz und bewegt ihn wippend. Im Fluge zeigt Pica pica hudsonica JORDAN. fie fich ſchwerfällig und unbeholfen, beſonders iſt ihr der lange Schwanz bei ſtarkem Winde ſehr hinderlich. Ohne Not überfliegt ſie deshalb nie größere Strecken, hält ſich vielmehr in der Nähe ſchutzbietender Gebüſche auf, in welchen ſie ſich geſchickt zu bergen weiß. An Klugheit und Scharfſinn ſteht ſie den Krähen und Hähern durchaus nicht nach, denn ſie unterſcheidet wie dieſe ebenſo genau zwiſchen gefährlichen und ungefähr— lichen Menſchen und Tieren und weiß ihnen faſt immer mit überlegter Schlauheit aus dem Wege zu gehen. Da wo ſie vorkommt, gehört ſie zu den bekann— teſten Vögeln, da ſie ebenſowohl durch ihre elegante Haltung und durch die Schönheit ihres bunten Gefie— ders wie durch ihr zahlreiches Vorkommen auffällt. Ihre Töne, welche beſonders im Frühling und Som— mer oft erklingen, ſind rauh, laut und unharmoniſch. Im Felſengebirge beginnen die Vögel bereits Ende März mit dem Neſtbau, doch dauert es oft mehrere Wochen bis ſie damit fertig werden. Dies kann uns nicht überraſchen, wenn wir einen ſolchen Bau einer genauen Unterſuchung unterwerfen. Wenn ſie ſich nicht ganz ſicher weiß, baut die Elſter in die Wipfel höherer Bäume, gewöhnlich aber in Büſche und Dik— kichte. Der Bau iſt außerordentlich groß. Dürre Reiſer und Zweige, oft mit Lehm untermiſcht, bilden die Unterlage; dann folgt die aus feinen Zweigen und Lehm hergeſtellte und mit feinen Wurzeln und Gras ſorgfältig ausgelegte Neſtmulde. Das ganze Neſt wird oben und an den Seiten, bis auf einen ſeitlichen, ſich windenden Zugang, mit einem Wall dorniger Zweige umgeben, welcher zwar durchſichtig iſt, den Der Blauhäher. brütenden Vogel aber doch vollſtändig vor Tag- und Nachtraubvögeln ſichert. 18 bis 20 Zoll breit. Die Eier, fünf, ſechs und ſelbſt ſieben an Zahl, ſind der Grundfarbe nach matt grün— lichblau, manchmal auch grauweiß, über und über mit braunen Flecken und lavendelfarbigen Schalenzeich— nungen verſehen. Die Nahrung der Elſter beſteht aus Inſekten aller Art, Schnecken, kleinen Wirbeltieren, Obſt, Beeren und Körnern. Während der Brutzeit wird ſie dadurch ſehr ſchädlich, daß ſie alle Neſter anderer, ihr gegenüber wehrloſer Vögel ausplündert. Nähe der Menſchen dringt ſie ſogar in die Hühner— höfe, um Eier und Hühnchen zu erbeuten. Lord, welcher als Naturforſcher eine der britiſchen weſtlichen Grenz-Expeditionen begleitete, berichtete, daß dieſe Vögel auf ganz grauſame Weiſe die Augen kranker Maultiere ausgehackt hätten. Während der For— Ein derartig gebautes Neſt, welches Aiken in Colorado fand, war 3 Fuß im Durchmeſſer. Gewöhnlich iſt der Bau aber nur etwa | In der aber ſtellenweiſe ſehr zahlreich. namentlich in den Eichen häufig war. Elſter, amerikaniſche Elſter. American Magpie, Magpie. Namen: Wiſſenſchaftliche Namen: Corvus hudsonicus Sab. (1823). — Pica hudsonica Bonap. (1838). — Pica pica hudsonica Jord. (1884). Beſchreibung: Hauptfarbe ſchwarz; Schultergegend und Bauch weiß; Bürzel grau; die ſchwarzen Schwanz— federn glänzend grün ſchillernd, an den Spitzen purpurn und violett; Flügel grün ſchillernd; die übrigen Flügel— federn mit blauem Schiller; Kehle weiß gefleckt. Länge 19 Zoll; Flügel 8.50, Schwanz 13 Zoll. Die gelbſehnäbelige Elſter. Yellow-billed Magpie. Pica Nuttalli Aupupon. Dieſe Art findet ſich nur in Californien, iſt dort Prof. Ridgway beobachtete ſie im Thale des Sacramento, wo ſie Sie war viel geſelliger als die vorhergehende Art, trieb ſich ſtets ſchungsreiſe Pikes durch New Mexico erſchienen : Die Neſter ſtanden ftets in den Wipfeln der Eichen; dieſe Elſtern zahlreich auf den Rücken halbverhungerter Pferde, um die wundgeriebenen Stellen aufzuhacken. Menſchen und Tieren ſtehlen ſie auf die verſchmitzteſte Weiſe die Nahrung. Daraus iſt erſichtlich, daß die Elſter zu den ſchädlichſten Vögeln zählt und die unnachſichtigſte verdient. Jung aus dem Neſte genommene Elſtern werden ſehr zahm, gelangen auch oft in die Vogel— handlungen unſerer Großſtädte. Indianerknaben des Weſtens ziehen, laut Nuttall, oft junge Elſtern auf, welche außerordentlich dreiſt, aber auch ſehr läſtig werden. ſcharenweiſe in den Eichengruppen umher und ließ beſtändig, ſowohl im Flug als auch bei ihrem Umher— klettern im Geäſt, ihre ſchwatzenden Laute hören. ſie unterſcheiden ſich in ihrer Bauart nicht von denen der gewöhnlichen Elſter. Auch die Eier ſind nicht ver— ſchieden. Jedenfalls iſt auch ſie ein ebenſo räuberiſcher, ſchädlicher Vogel als die Verwandte, verdient daher keinerlei Schutz, ſondern eher unnachſichtige Ver— Verfolgung ſeitens des Menſchen herausfordert und | folgung. Namen: Gelbſchnäbelige Elſter. Yellow-billed Magpie. Wiſſenſchaftliche Namen: Pica Nuttalli Aud. (1838). Beſchreibung: Schnabel und nackter Fleck hinter dem Auge gelb. Im übrigen der gewöhnlichen Elſter ähnlich. Länge 17 Zoll; Flügel 8.00, Schwanz 10 Zoll. Der Blauhäher. Blue Jay. Tafel XVII. N. Leben unſerer kleinen gefiederten Garten-, ihnen nicht immer Schutz vor nächtlichem Raubgeſindel. e Feld- und Waldbewohner iſt ein fortwährender Die Zahl ihrer Feinde iſt überraſchend groß. Cyanocitta cristata STRICKL. Vogel 1. Das Kampf ums Daſein. Stets ſind ſie von Gefahren weiß jeder Beobachter, welcher gewöhnt iſt, ſich in der umringt, und ſelbſt die ſtille dunkle Nacht gewährt freien Natur zu bewegen. Selbſt in den Gärten bietet 494 ihnen der Schuß des Menſchen nicht in dem Maße Sicherheit, als es zu wünſchen wäre. Haben ſie ihre Wanderung, welche vielen durch Wind und Wetter, beſonders aber durch das neuerdings in Städten und auf Leuchttürmen eingeführte elektriſche Licht verhäng— nisvoll wird, glücklich überſtanden, ſind ſie endlich in der ihnen lieb gewordenen Heimat angelangt, ſo gebärden ſie ſich allerdings ſo, als ſei nun alle Not und Sorge überſtanden, aber ſelbſt in den bevorzug— teſten Ortlichkeiten können ſie ſich nie dem Gefühle vollkommener Sicherheit hingeben. Im Walde iſt faſt kein Neſt vor den flinken Eichhörnchen, vor Waſchbären und Beutelratten ſicher. Im Gebüſch und Dickicht, beſonders aber auf dem Boden zerſtören verſchiedene Schlangen jedes Gelege, jede Brut, welche ſie finden. Das nächtlich auf Raub ausgehende Stinktier, das fliegende Eichhörnchen und die Eulen vernichten im Dunklen, was die Tagräuber übrig ließen. In den Gärten zerſtören die Katzen jedes Jahr zahlloſe Bruten und fangen die alten Vögel, wo ſich ihnen die Gelegenheit bietet. Die europäiſchen Sperlinge, welche man ſehr bezeichnend die „gefiederten Anar— chiſten der Vogelwelt“ genannt hat, rauben den ein— heimiſchen Sängern jede Niſtgelegenheit und vertreiben ſie ſtets, wo ſie ſtark genug dazu ſind. In der Nähe der Ortſchaften und Städte ſind die in Rudeln umher— ſtreifenden, mit Flinten bewaffneten halbwüchſigen Buben der größte Schrecken unſerer Sänger. Auf jeden auffallenden Vogel, welcher ſich zeigt, wird geſchoſſen, faſt jedes gefundene Neſt zerſtört. Auch unter dem kleinen einheimiſchen Gefieder ſelbſt findet ſich mancher heimtückiſche, mordluſtige Feind. Wie blutdürſtig der Würger unter den Mit— bewohnern ſeines Niſtreviers hauſt, wie ſchädlich der in fremde Neſter legende Kuhvogel, wenigſtens indirekt, iſt, mit welchem Wohlbehagen der Bootſchwanz Eier ausſäuft und nackte Vögelchen verſchlingt, haben wir bereits geſehen. Keiner der genannten treibt es aber ſo arg, keiner geht dabei ſo ſchlau und verſchmitzt, ſo grauſam und mordgierig zu Werke, als der Blau— häher. Er iſt der Stutzer unter unſeren Vögeln, ein ſchön gekleideter Gauner, dem man auf den erſten Blick gar nicht anſieht, was für ein abgefeimter Böſewicht er iſt. Der Vogel iſt in der That eine der ſchönſten Erſcheinungen unſerer Wälder und Gehölze. Seine vorherrſchend glänzendblaue Färbung, welche am hellſten und ſchönſten auf den Flügeln und dem Schwanze ausgeprägt iſt, wird durch die ſchwarzen Querſtriche und ſchneeweißen Ränder der Schwanz— Der Blauhäher. welches am Hinterkopfe beginnt und halbmondförmig über die bläulichgraue Bruſt läuft, gereicht ihm zu beſonderem Schmucke. Die bei feinen Streifereien faſt immer geſträubt getragene Kopfhaube verleiht ihm ein ſtolzes, ſelbſtbewußtes, tapferes Ausſehen. Trotz ſeines verwegenen Dreinſchauens iſt es mit ſeinem Mute aber nicht weit her. Kleinen Vögeln gegenüber weiß er ſich allerdings zum Herrn aufzuſpielen, weiß ſehr wichtig zu thun, fortwährend zu ſchnattern und zu ſchreien, iſt er allerwärts dabei, gleich ſtarken und ſtärkeren gegenüber iſt er aber der lächerlichſte, elendeſte Feigling, welchen man ſich denken kann. Bei ver— meintlicher Gefahr flieht er ſofort und ſchreit, wenn er angegriffen wird, aufs jammervollſte. Um dem freundlichen Leſer ein möglichſt getreues Bild des Thuns und Treibens des Blauhähers in ſeinem Brutgebiete zu geben, will ich es verſuchen, ſein tägliches Leben zu ſchildern. Im ſüdweſtlichen Miſ— ſouri wohnte ich mehrere Jahre dicht an einem aus verſchiedenen Eichen und Hickory beſtehenden Walde. Die mittelgroßen, meiſt von unten auf verzweigten Bäume ſtanden ſehr dicht. Faſt noch im Walde ſelbſt ſtand meine Wohnung. Vor derſelben befand ſich der Blumen-, und an einer Seite, gerade vor dem Walde, der aus Apfel-, Pfirſich-, KirſchF- und Birnbäumen beſtehende Obſtgarten. Allerwärts auf Zier- und Obſtbäumen hatte ich Niſtkäſten für Blauvögel, Meiſen und Zaunkönige angebracht. Nirgends fand ich die Blauhäher zahlreicher als in dieſem Walde, und faſt fortwährend, namentlich aber bei trübem warmem Wetter, konnte man ihr lautes „Käh“ oder „Keh, keh“ durch den Wald hallen hören. Mit großer Regel— mäßigkeit ſtreiften ſie während des Winters täglich einen Teil des Waldgebietes ab, kamen auch oft auf den Boden, um Nahrungsſtoffe aufzunehmen, ver— ließen aber faſt nie das Gehölz. In der kalten Jahreszeit nährten ſie ſich faſt ausſchließlich von Eicheln, welche ſie zwiſchen den Zehen feſthielten und mit den kräftigen Schnäbeln auf Baumäſten aufhämmerten. Auch die am Walde liegenden Maisſpeicher wurden aufgeſucht und die aus den Luftritzen herausſchauenden Kolben ihrer Körner beraubt. — Dieſe Häher ſind dort zu halben Haus— vögeln geworden, denn fie kommen furchtlos bis au die Hausthüre, um hingeſtreute Nahrungsſtoffe aufzu— nehmen. Sie zeigen ſich als ſehr wettergeſtählte Vögel, und hinſichtlich ihrer Nahrung ſind ſie in keiner Weiſe wähleriſch. Fraßen ſie doch ſelbſt rohe Kartoffelſchalen, allerlei Küchenabfälle und verfaulte und Flügelfedern noch gehoben. Das ſchwarze Band, und erfrorene, unter den Bäumen liegende Apfel. D Wüßte man nicht, welch grauſamer Raubgeſell dieſer Vogel iſt, ſo müßte man ihn wegen ſeiner Zutraulich— keit und Schönheit, wegen ſeines ſtolzen, lebhaften, unruhigen, liſtigen, außerordentlich klugen Beneh— mens, wegen ſeiner ausgezeichneten Nachahmungsgabe lieb gewinnen. In der That erregt ſein Thun und Treiben im Winter viel Vergnügen, im Frühling und Sommer dagegen, wie wir weiter ſehen werden, eitel Arger und Verdruß. Im Gezweig der Bäume benimmt er ſich außer— ordentlich gewandt, und ziemlich geſchickt weiß er ſich auch auf dem Boden zu bewegen. Strecken zu überfliegen hat, iſt ſein Flug ſchwerfällig und zögernd. Dieſe ſeine ſchwache Seite kennt der ſchlaue Vogel gar wohl, und er wagt ſich deshalb ohne Not nie ins Freie. Vor Raubvögeln, die ihm übrigens im Walde nicht beizukommen wiſſen, ihn aber bei längerem Fluge leicht ergreifen, hat er heilloſen Reſpekt. Bewundernswert iſt ſeine wirklich großartige Nachahmungsgabe. Sobald die warmen Frühlings: ſtrahlen des Tagesgeſtirns den Wald mit neuem Leben zu erfüllen beginnen, treten auch im Weſen des Blau— Wenn er größere er Blauhäher. nachzuahmen. 495 Gackern der Hennen weiß er auf das täuſchendſte Einſt ſaß ich eine gute Strecke vom Hauſe entfernt im Walde, um ein Pärchen Coopers— Habichte (Aceipiter Cooperi GRAY) an deren Neſte zu beobachten. Ich mochte etwa eine Viertelſtunde ruhig gewartet haben, als plötzlich in einem dichten Eichen— dickicht neben mir das Locken einer Glucke und gleich darnach das ängſtliche Gackern derſelben, als ſei irgend ein Räuber im Anzuge, ſich hören ließ. Als nun auch das äugſtliche Geſchrei eines Küchleins ertönte, lief ich ſo ſchnell wie möglich in das Dickicht, um den Räuber hinwegzuſcheuchen. Doch gewahrte ich nur einen Blauhäher, der verächtlich mit dem Schwanze wippte hähers Anderungen ein. Die laue Luft, die Blümchen des Frühlings, der ſchallende Geſang des Kardinals ſcheint auch ihn poetiſch zu ſtimmen, wenn überhaupt ein ſolcher Erzgauner einer gehobenen Stimmung fähig iſt. Man hört jetzt nicht nur ſein lautes durch— dringendes „Keh“ häufiger als ſonſt, ſondern auch und von ſeiner gut gelungenen Fopperei höchſt befrie— digt ſcheinend das Weite ſuchte. Als anfangs April ein Pärchen Hüttenſänger einen aus einem hohlen Baumaſte angefertigten Niſt— kaſten, ein zweites einen ſolchen aus Brettern bezog, beſchloß ich, die prächtigen Vögel nach Kräften zu ſchützen. Die Blauhäher durchſtreiften geſellig noch täglich den Garten und ſtatteten namentlich des Mor— gens in aller Frühe, oft zu dreien und vieren, den Brutkäſten ihren Beſuch ab. Die Hütten ſänger konn— ten ſich kaum der Raubgeſellen erwehren, denn dieſe verſuchten es fortwährend, in das Innere der Käſten zu gelangen, doch waren ihnen die Fluglöcher zu klein. Die Gauner verhielten ſich dabei vollkommen ſtill, und nur durch das Angſtgeſchrei der mutig kämpfenden Hüttenſänger wurde meine Aufmerkſamkeit auf die eine ganze Anzahl anderer getreu nachgeahmter Laute. Wenn man ihn die Töne des Katzenvogels, das „Kräh, kräh“ der Krähe, das Miauen einer Katze, das Bellen und Gewinſel eines jungen Hundes, die Angſt- und Lockrufe vieler Vögel nachahmen hört, ſo muß man ihn unzweifelhaft für einen der begabteſten und unter- haltendſten Spötter erklären. Je näher die Brutzeit heranrückt, deſto lauter wird er, deſto verſchiedenere Töne ahmt er nach. Wahrhaft komiſch wirkt es, wenn er jetzt den Ruf des Sperlingsfalken und gleich darauf das Angſtgeſchrei deſſen Opfers, oder das „Biäh, biäh” | des Rotſchwanz-Buſſards und bald darnach das Ge— ſchrei einer unter ſeinen Krallen verendenden Henne hören läßt. Erſteres hat zur Folge, daß die kleinen Vögel wie kopflos in die Büſche ſtürzen, und letzteres, daß die ganze Hühnerſchar und ſämtliches Hofgeflügel die Flucht ergreift, während der mutige Hahn in die Luft ſchaut, um den vermeintlichen Räuber zu erſpähen. Auf eine ſolche, ſcheinbar ſchadenfrohe Weiſe foppt er die kleinen Wald- und Gartenbewohner und das zahme Geflügel oft. Auch das Krähen des Hahnes und das | Vorgänge an den Brutkäſten gelenkt. Alles Drohen und Hutſchwenken aus der Ferne brachte ſie nicht außer Faſſung und nur mein Erſcheinen auf dem Schau platze der That veranlaßte fie, laut „Steh, keh“ ſchrei— end, abzuziehen. Dieſe Angriffe wiederholten ſich täglich, doch gelangte die Brut des einen Neſtes glücklich zum Ausfliegen, während die andere von den Blauhähern beim Ausfliegen getötet und ver— zehrt wurde. Mehrere Gelege der Haubenmeiſe ver— nichteten ſie um dieſe Zeit ebenfalls Etwa in der dritten Aprilwoche löſten ſich die Flüge auf. Jedes Pärchen wählte ſich nun ſein beſtimmtes Niſtrevier und ſtreifte dieſes täglich mehrmals ab. Außer dem gewöhnlichen Rufe hörte man nun auch rauhe ſchmet— ternde Töne und ein nicht unangenehmes, deutlich ausgeſprochenes „Friederike, Friederike“, welches täu— zelnd und mit lebhaftem Auf- und Niederbewegen des Körpers hervorgebracht wurde. Die Vögel waren ſo zahlreich, daß ich auf dem Flächenraum eines Ackers elf brütende Pärchen zählte. Ein Neſt wurde gerade vor der Küchenthüre auf einer Eiche, ein zweites 496 kaum zwanzig Schritte davon entfernt auf einem ſucht ihm auf alle Weiſe zu entrinnen, aber immer Hickorybaume angelegt. Die Neſter ſtanden ſämtlich in einer Höhe von zwölf bis vierzig Fuß vom Boden. Bei der Auswahl des Niſtplatzes und beim Bauen gehen ſie ſehr verſtohlen zu Werke, ſo verſtohlen, | | daß die meiſten Menſchen gar nichts davon wiſſen, wenn die Vögel in den nächſten Schattenbäumen vor ihrer Wohnung brüten. und lärmend, betragen ſie ſich im Niſtgebiete geheim— nisvoll ſtill, ſchleichend. Die Niſtſtoffe werden in Obwohl ſonſt laut der Regel morgens in aller Frühe geſammelt. Die Unterlage des ziemlich großen, feſten Neſtes beſteht aus Zweigen und groben Halmen; dann folgt meiſt eine Lage Lehm, dann Läppchen, Papier, Baumwolle, Halme, und das Junere iſt in der Regel weich mit Hälmchen und Federn ausgelegt. Mehr im Walde ſelbſt beſteht es faſt ausſchließlich aus Zweigen, Erde, Blättern und einer Auskleidung von feineren Hal— men. Die vier bis ſechs Eier ſind der Grundfarbe nach matt olivengrünlich, ſpärlich, aber ziemlich gleich— mäßig gefleckt. Sind ſie ſchon, bevor fie zum Niſten ſchreiten, arge Neſterplünderer, ſo werden ſie, wenn ſie ſelbſt Junge haben, zu außerordentlich verſchlagenen, mord— luſtigen Räubern. Alle im Garten und Walde brütenden kleinen Vögel haben mehr oder weniger von ihnen zu leiden. Sie führen ihre Raubzüge dann immer einzeln, nie geſellig aus, indem ſie ver— ſtohlen durch die Bäume und Gebüſche ſchleichen und ſorgfältig umherſpähen. In der Regel merken es die abweſenden, für ihre hungrigen Jungen Nahrung ſuchenden Vögel gar nicht, was an ihrem Neſte vor— geht. Kommen ſie dann zurück, ſo iſt der Räuber bereits wieder verſchwunden, aber eins oder das andere ihrer Jungen auch. Wiederholt gelang es ihm ſogar, die Neſter ſo wachſamer Vögel, wie Robin und Katzen— vogel es ſind, ihrer Jungen zu berauben. — Wo ſich die Gelegenheit bietet, ſaufen ſie die Eier aus, ver- ſchlingen ſie die nackten Jungen und morden auf grau— ſame Weiſe die erſt ausgeflogenen, noch unerfahrenen Stummelſchwänzchen. Selbſt die Jungen der Trauer— tauben töten ſie, indem ſie ihnen mit ihrem kräftigen Schnabel das Gehirn aushacken. Wird der Mord⸗ geſell von einem Robin oder einem anderen gleich— großen Vogel bei einer Unthat ertappt, ſo ergreift er, Zetermordio ſchreiend, die Flucht. Wehe ihm, wenn ihn ſein Erzfeind, der Beſchützer unſerer Gartenvögel, der Königstyrann, auf freiem Feld ertappt. Mit | wahrer Wut ſtößt diefer auf ihn herab; der Blau— häher ſchreit in feiner Todesangſt aufs jämmerlichſte, ganz am Platze. von neuem ſtößt er herab auf ihn, bis endlich der Feigling den Wald erreicht. Dort iſt er ziemlich ſicher, darum verläßt er dieſen ohne Not auch niemals. Aus dem Mitgeteilten geht zur Genüge hervor, daß der Blauhäher ein ganz außerordentlich ſchädlicher Vogel iſt, den man in Gärten und Parks, überhaupt in der Nähe des Menſchen nicht dulden darf. Im größeren Walde dagegen ſind einige wenige Pärchen Wo man ihn nicht behelligt, brütet er in ganz unmittelbarer Nähe der Wohnungen, wie das in ganz Südweſt-Miſſouri und auch in vielen Gegenden von Texas der Fall iſt. Da er zwei, manchmal auch drei Bruten jährlich macht und über— haupt durch ſeine außerordentliche Verſchmitztheit ſeinen Feinden geſchickt entgeht, ſo vermehrt er ſich vielerorts in beſorgniserregender Weiſe. Wenn man nicht wünſcht, daß unſere Gärten und Wälder ihrer eigentlichen Poeſie, der gefiederten Sängerſchar, be— raubt werden, ſo darf man dem Blauhäher keine Schonung zuteil werden laſſen. Wo man die Vögel einmal verfolgt hat, werden ſie ſehr ſcheu und vorſichtig. Es erfordert dann ſchon einen guten Jäger, um ihnen erfolgreich nachzuſtellen. Im Winter fängt man ſie leicht in Fallen, welche man mit Mais geködert hat. — Für die Gefangenſchaft eignen ſich jung aus dem Neſte genommene Blauhäher ausgezeichnet. Sie werden ungemein zahm, lernen die verſchiedenſten Töne nachahmen, gewähren durch ihr drolliges, kluges Benehmen viel Unterhaltung, werden überhaupt zu ganz beſonders wertvollen Lieb— lingen ihres Pflegers. Alt eingefangene dagegen bleiben ſtets ſcheu und mißtrauiſch. Der Blauhäher verbreitet ſich vom Atlantiſchen Ozean weſtlich bis zu den großen Ebenen, nördlich bis in die Pelzgegenden, ſüdlich bis Florida und Texas. Im Norden ſeines Wohngebiets iſt er Zug— oder Strichvogel, im mittleren und ſüdlichen Teile desſelben Standvogel. In Wisconſin, wo er ziemlich regelmäßig auftritt, aber die Nähe des Menſchen gewohnlich meidet, iſt er bereits teilweiſe Standvogel. Eine Varietät, Cyanocitia ceristata florincola Couzs, lebt in Florida. Namen: Blauhäher, Häher, Regenhäher. Blue Jay, Jay Bird. Wiſſenſchaftliche Namen: Corvus cristatus Linn. (1758), Wilson, Aud. — Garrulus eristatus Vieill. (1824). — Cyanura cristata Swains. (1831). — Cyano- corax eristatus Bonap. (1838). — Oyanoeitta eristata Strickl. (1845). * namentlich im Felſengebirge und in — ———ß— —— — P— —u—L— Beſchreibung: Hauptfarbe oberſeits ein helles Purpurblau; Flügel— und Schwanzfedern ultramarinblau; deren Innenfahnen Schwanz geſtuft. Haube ſpitz zulaufend. ſchwarz. Kleine Flügeldeck- und Schwungfedern, ſo— wie die Schwanzfedern breit weiß geſäumt. Mittlere zwei Schwanzfedern oberſeits blau, unterſeits ſchwarz, nicht weiß zugeſpitzt. Unterſeite weiß, an der Kehle pur— purblau, an den Seiten bräunlichbraun angeflogen. Ein ſchwarzer Halbmond auf der Oberbruſt, deſſen ſichelartige Spitzen ſich mit einem ſchwarzen, am Hin— terkopfe beginnenden Kragen vereinigen; ſchwarzer Zügelſtreif. Weibchen matter. n Länge 12.25 Zoll; Flügel 5.65, Schwanz 5.75 Zoll. Der amerikaniſche Tannenhäher. Steller's Jay. Cyanocitta Stelleri Cn. Die großen Nadelholzwaldungen des Weſtens, der Sierra Nevada, belebt ein naher Verwandter des öſtlichen Blauhähers, der Tannen, Stellers-, Ge— birgs- und fälſchlich ſelbſt Blauhäher genannt. Man trifft ihn von Alaska bis Guatemala, allerwärts die Gebirgswaldungen zum Aufenthalt wählend. Da die Vögel der verſchiedenen Gegenden in ihrer Färbung mehr oder weniger voneinander abweichen, ſo hat man ſie in ſechs verſchiedene Formen oder Varietäten getrennt. In ihrer Lebensweiſe jedoch gleichen ſie ſich ſo, daß das von dem einen Geſagte auch von dem andern gilt. Dr. Coues, welcher den langhaubigen Tannenhäher (die Varietät C. Stelleri macrolo- pha) ſehr zahlreich in den mit Nadelholz beſtandenen Gebirgswaldungen Arizonas beobachtete, entwirft von ihm das folgende Bild: „Alle Häher machen ihr Teil Lärm in der Welt. Sie ſind aufgeregt und ſtreitſüchtig über Kleinigkeiten, zanken über alles und halten die lebenden Mitweſen in beſtändiger Angſt und Aufregung. Auch dieſe Art ſteht in dieſer Hinſicht nicht hinter den Verwandten zurück. Zügelung ſeiner Leidenſchaften, Beſcheiden— heit im Auftreten kennt er nicht, ebenſowenig beſitzt er etwas von den vielen edlen Zügen, welche uns die kleinen Sänger ſo anziehend und wertvoll machen. Er iſt ein echter Gauner, zu jedem Abenteuer bereit, wenn es ihm nur Vergnügen und anderen Verderben bringt. Manchmal ſchleicht er allein umher, meiſt hat er jedoch eine Bande gleichgeſinnter Strolche um ſich, welche ſich gegenſeitig zu Unthaten aufmuntern, denn auch dieſer Häher iſt, wie alle Gauner, ein großer Feigling. Finden ſie etwas zum Plündern, ſo teilen ſie ebenfalls wie Gauner, indem jeder ſoviel nimmt Der amerikaniſche Tannenhäher. 497 als er bekommen kann . . . . Er verzehrt alles Eßbare. Man beſchuldigt ihn, daß er kleine Vögel töte und zerreiße, und ohne Zweifel thut er dies, wo immer ſich die Gelegenheit dazu bietet, doch glaube ich, daß dies nicht zu ſeinen beſonderen Gewohnheiten gehört. Da— gegen ſaufen ſie die Eier anderer Vögel mit wahrem Wohlbehagen aus und verſchonen ſelbſt die ſchönſten Neſter nicht. Können ſie fliegende Inſekten nicht erlangen, ſo giebt es doch fette Larven, und Käfer kommen ihnen auch nicht unrecht. Hauptſächlich find ie aber Vegetarianer, nähren ſich meiſt von Sämereien und verſchmähen Früchte und Beeren ebenſowenig. Im Gebirge, wo dieſes Vogels eigentliche Heimat iſt, bilden Nadelholzſamen ſeine Hauptnahrung. Obgleich eigentlich im Kiefernwalde heimiſch, unter— nehmen ſie doch auch Streifzüge in die Eichengehölze und Gederndicichte, um Eicheln und Cederbeeren zu ſuchen oder um ſich mit dem Woodhouſe-Eichelhäher zu ſtreiten oder die dort ſich aufhaltenden Finkenvögel zu drangſalieren. Wo man ihn auch antreffen mag, allerwärts tritt er als echter Prahlhans auf. Er iſt gehaßt und gefürchtet von andern Vögeln, welche er durch fortwährendes Geſchrei zum Schweigen bringt, oder mit einem Schein von Überlegenheit zu unter— werfen ſucht. Manche Arten, namentlich die Spechte, necken ihn beſtändig. Er ſucht ſie allerdings zu ver— folgen, aber ſie klettern ſchneller um den Aſt als er zu folgen vermag und lachen ihn von der entgegengeſetzten Seite aus, was ihn förmlich aus dem Häuschen bringt. Doch der Tannenhäher hat auch ſeine guten Eigenſchaften, und ich bekenne, daß ich ſelbſt ſeiner Duckmäuſerei meine Verwunderung nicht ganz ver— ſagen kann. Er iſt eine elegante, Aufſehen erregende Erſcheinung, ein zäher, wettergeſtählter, durchaus unabhängiger Geſell, der Sinn genug beſitzt, fein eigenes koſtbares Ich aufs beſte zu pflegen und vor Gefahr zu bewahren, wie jeder erfahren wird, der gerne ſeinen Balg haben möchte . . . . Seine Neu— gierde iſt ebenfalls noch zu erwähnen.“ In Colorado kommt dieſer Häher von 7000 Fuß aufwärts vor. Selbſt mitten im Winter trifft man ihn dort noch in einer Höhe von 10,000 Fuß. Über⸗ all im Gebirge iſt er unter dem Namen „Blauhäher“ bekannt. Durch ſeine lärmende Zutraulichkeit, ſein häufiges Vorkommen, ſeine prächtige Färbung lenkt er die Aufmerkſamkeit jedes Touriſten auf ſich. An den Wohnungen der Bergleute iſt er ebenſo zahm und zutraulich, wie der Blauhäher in Jowa und Kanſas. — Seine Töne ſollen noch rauher und auch tiefer als die des Blauhähers ſein. 63 498 Er niftet regelmäßig in Nadelholzbäumen. Der Bau beſteht aus kleinen Zweigen, Moos und Flechten, Nadeln von Koniferen, Halmen u. ſ. f. Die drei bis fünf Eier ſind matt bläulichgrün, tief ſchokoladen— farbig gefleckt. e Dies iſt die eigentliche Art, welche die Küſten— gegend des Pacifie von Nord-Californien bis Sitka, Alaska, bewohnt. Namen: Amerikaniſcher Tannenhäher, Fichtenhäher, Stel— lers-, Gebirgshäher. — Steller's Jay. Wiſſenſchaftliche Namen: Corvus Stelleri Gmelin (1788), Nutt., Aud. — Garrulus Stelleri Vieill. (1817). — Cyanurus Stelleri Swains. (1831), Coues, B. B. & R., Cooper. — Pica Stelleri Wagl. (1827). — Cyano- corax Stelleri Boie. — Cyanoeitta Stelleri Strickl., Cabanis (1851). Beſchreibung: Kopf, nebſt Haube, Rücken, Vorderbruſt, tiefſchwarz oder braunſchwarz; am Vorderkopf meiſt blau geſtrichelt; Rumpf und Unterſeite blau; Flügel und Schwanzfedern ſchön Berliner blau; ſchwarz geſtuft; Flügel- und Schwanzfedern quer gebändert Länge etwa 12 bis 14 Zoll. Der blauſtirnige Tannenhäher (Cyano eitta Stelleri frontalis Rınaw.; Blue-fronted Jay) unterſcheidet ſich von der Stammform durch eine bläulich-ſchieferfarbene Färbung des Kopfes, Halſes und Rückens. Dieſe Varietät bewohnt die Sierra Nevada von Fort Crook bis Fort Tejon. Beſchreibung: Die Haube iſt mehr oder weniger blau angeflogen, die Stirn hervortretend blau geſtrichelt; das Blau auf Flügel und Schwanz heller, himmelblau. Der langhaubige Tannenhäher (C. Stelleri macrolopha Riba wax; Long-crested Jay) kommt im ſüdlichen Felſengebirge nördlich bis zum ſüdlichen Wyoming vor, weſtlich bis Utah, ſüdlich bis Mexico. Beſchreibung: Dieſe Varietät hat über dem Auge einen ſcharf ausgeprägten weißen Fleck; die Striche an der Stirn ſind ſehr hellblau, oft reinweiß; Bruſt rußblau. Der Florida-Häher. Florida Jay. Aphelocoma Horidana CABANIS. Kein Staat unſeres Landes erinnert in ſo auf— fallender Weiſe an die Tropen als Florida. Die ſogenannten Hammock- oder Hummockwälder bergen eine Fülle der intereſſanteſten, halb und ganz tropiſchen Gewächſe, welche ſich, außer in Weſtindien, nur hier finden. Der ſandige Kiefernwald mit ſeinen Heide— pflanzen (namentlich Heidelbeeren, Andromeden, Der Florida-Häher. Bejarien, Azaleen, Kalmien), Farnkräuter u. ſ. w. würde mehr an die nördlicher gelegenen ſandigen Küſtenſtriche erinnern, wenn nicht die vielen Zwerg— palmen uns eines anderen belehrten. Dagegen iſt die Vogelwelt durchaus nicht charakteriſtiſch und längit nicht ſo reich an eigentümlichen und ſchönen Arten als Texas. Nur einen Vogel finden wir, der wegen ſeines zahlreichen, anſcheinend nur auf Florida beſchränkten Vorkommens als ein Charaktervogel dieſes Staates bezeichnet werden kann. Es iſt dies der Florida-Häher. Wir dürfen ihn weder im üppigen Hammock- noch im Kieferuwalde ſuchen, ſon— dern in den öden, ſehr ärmlichen Zwergeichen-Erhö— hungen (scrub oak ridges) der Küſtengegend. Die ſehr dicht ſtehenden verkrüppelten Eichen erreichen ſelten eine Höhe von acht bis zehn Fuß; meiſtens ſind ſie nur fünf Fuß hoch. in großer Anzahl, leben und brüten auch mehr oder weniger geſellig, treiben ſich zwiſchen Vieh umher, demſelben die Zecken (ticks) abſuchend, meiden aber ſtets die Nähe des Menſchen. Nach allem, was ich erfahren konnte, unterſcheidet er ſich in ſeinem Thun und Treiben nicht vom Blauhäher, iſt ebenſo laut, lärmend, liſtig, ſchlau und diebiſch wie dieſer, keun— zeichnet ſich aber ſogleich dadurch, daß ihm die Kopf— haube fehlt. Vogeleier und junge Vögel ſind ihm eine Deli kateſſe, doch lebt er hauptſächlich von Eicheln, Früchten, Inſekten uͤnd Sämereien. Das Neſt ſteht ziemlich verborgen in einer kleinen Eiche oder im Dickicht, iſt äußerlich von Zweigen, Würzelchen, Faſern der Palmenblätter gebaut und enthält vier bis fünf mattgrünliche, ſpärlich rot- oder roſtbraun gefleckte Eier. Florida-Häher. — Florida Jay. Wiſſenſchaftliche Namen: Corvus floridanus Bar- tram (1791). — Cyanoeitta floridana Bonap. (1838). — Aphelocoma floridana Cab. (1851). Beſchreibung: Kopf, Hals, Bruſt, Flügel, Bürzel und Schwanz blau; Rücken bläulichgrau; Vorderkopf und Kopfſeiten weißlichgrau; Kinn und Kehle matt aſchgrau Länge zwiſchen 11 und 12.50 Zoll. Schwanz geſtuft. Namen: — . Es, 2 Voooͤhoufe-Häher. Woodhouse's Jay. Aphelocoma Woodhousei RID WAx. Woodhouſe-Häher findet man in den mitt— leren Teilen der Felſengebirge, nördlich bis Oregon, Idaho und Montana, weſtlich bis Nevada und Oregon, ſüdlich bis Mexico. Wo man ihn nicht Hier finden ſich dieſe Häher - > Der Srünhäber. 499 behelligt, wird er bald zahm und zutraulich. Nach Thalhäher (Valley Jay), weil er ihn zahlreich im Dr. Coues iſt er in den Eichenwäldern Arizonas Thale des Sacramento beobachtete. Er bewohnte ſehr häufig; die Nadelwälder ſcheint er zu meiden. Er hauptſächlich Eichenbeſtände. Die Töne ſind ſchrill, iſt ein ebenſolcher Wegelagerer und Räuber wie alle ſchneidend; im übrigen, namentlich in ſeinen Gau— andern Häher auch. nereien, gleicht er ganz den andern Hähern. Er niſtet Das Neſt ſteht in Büſchen und Dickichten, beſteht im Buſchwerk und Bäumen, nie hoch vom Boden, oft äußerlich aus Zweigen und iſt innen mit feinen Wur- Tauch in der Nähe des Menſchen. — Gibbs fand ein zeln und Pferdehaaren ausgelegt. Die vier bis fünf | Neſt in einem Garten in Stockton, Californien. Es Eier find der Grundfarbe nach bläulichgrün, braun ſtand in einem dichten Jelängerjelieber oder Gaisblatt gefleckt, am dichteſten am ſtumpfen Ende. (Honey-suckle) und war äußerlich aus dornigen Zweigen der Oſage-Orange und innen mit Pflanzen— ſtengeln und Haaren ausgelegt. Die Vögel waren faſt zu halben Haustieren geworden und kamen ohne Scheu bis vor die Küchenthüre, um Eßbares Wiſſenſ chaft! iche Namen: Cyanoeitta Woodhousei aufzuſuchen. Die drei bis ſechs Eier find bläulich- Baird (1858). — Aphelocoma Woodhousei Ridgw. grün, nelkenbraun gefleckt. — Er frißt namentlich Eicheln, doch thut er an Gartenfrüchten auch ſehr viel Der Arizona-Häher (A. Sieberi arizon Rıpew.; Arizona Jay) kommt im füdlichen Arizona und New Mexico vor. Er iſt bis jetzt kaum bekannt. Beſchreibung: Oberſeite blau, Rücken ſchiefergrau mit bläulichem Anfluge; Unterſeite hell aſchgrau; Vorder— Schad kopf und Krone glänzend blau. — Größe etwa 12 Zoll. Schaden. Namen: Galifornifher Häher, Eichelhäher. California Jay. = en 2 88 1 Der californiſche Häher. Wiſſenſchaftliche Namen: Garrulus californicus Vig. California Jay. Aphelocoma californica CAnANIS. (1839). — Aphelocoma californica Cabanis (1851). Der californiſche H ä her bewohnt die Beſchreibung: Ganze Oberfeite ſchön ultramarinblau ; er 5 5 5 Rücken bräunlich-aſchgrau; Augengegend warz; Küſtengegend des Pacifie von Oregon bis zum ſüd— 5850 en man 5 . 5 105 . weißer Streif über dem Auge; Unterſeite bläulichweiß. lichen Californien. Ridgway nannte ihn den Länge 11 bis 12 Zoll. 2 F Der Grünhäher. Green Jay. Xanthoura luxuosa BON A ARTE. Tafel XXXII. Vogel 5. er Grün- oder Prachthäher iſt in ſeiner Am liebſten ſiedelt er ſich in baum- und buſch— Lebensweiſe den übrigen Arten der Familie reichen Gegenden, beſonders in den am Rio Grande jo ähnlich, daß eine ausführliche Schilderung über- | jo häufigen Chaparral au. Das Neſt ſteht meiſt im flüſſig iſt. „Von allen Vögeln des Rio Grande“, dichteſten Walde oder Gebüſche. „Das erſte Neſt“, ſchreibt Sennett, „iſt keiner ein ſolcher Gauner als ſchreibt Sennett, „fand ich am 28. April. Es dieſer. Ohne Erbarmen beraubt er die Neſter anderer ſtand auf einem nahe am Flußufer im dichteſten Ge Vögel, wo er nur Gelegenheit dazu findet.“ Er büſch ſtehenden Mesquitbaume, etwa fünfzehn Fuß iſt ein auffallend ſchöner Vogel, deſſen Farbenpracht vom Boden, war auf einer Aſtgabel angelegt, beſtand ganz an die Tropen erinnert. Seine Klugheit, Ver- aus Zweigen und war innen mit feinen Pflanzen— ſchlagenheit Liſt, Frechheit und Feigheit, fein ganzes ſtengeln ausgelegt . . . Ein Knabe, der mich begleitete, Thun und Treiben erinnert an den Blauhäher, und war mit dem ‚Pajaro verde‘, wie die Mexikaner den wie dieſer ſiedelt er ſich auch ganz in der Nähe des Vogel nennen, vollkommen vertraut und brachte mir Menſchen an, wenn er ſich ſicher fühlt. Wo man ihn bald noch zwei Neſter, welche er in kleinen Bäumen, verfolgt, iſt er ſehr mißtrauiſch und ſcheu. etwa neun Fuß vom Boden, entdeckt hatte. Am 30. 500 April ſcheuchte ich gleichzeitig eine rotſchnäbelige Taube und einen Grünhäher von ihren Neſtern und machte ſo einen doppelten Fund. Der Bau des Hähers ſtand etwa neun Fuß vom Boden in den äußeren Zweigen eines kleinen Baumes. Es beſtand ganz aus Zweigen und feinen Stengeln. Die zum Außenbau benutzten Reiſer waren ſehr dornig. Bei einer Höhe von vier Zoll maß dieſes Neſt neun Zoll in der Breite.“ Auf dieſe Weiſe waren faſt alle Neſter am unteren Rio Grande gebaut. Die drei bis vier Eier ſind der Grundfarbe nach matt lederfarbig oder grau— gelbbraun, manchmal matt gelblichweiß, dicht umber— braun gefleckt und getüpfelt; am ſtumpfen Ende ſtehen die Flecken gewöhnlich am dichteſten. Es werden jährlich zwei Bruten gemacht. „Der Rio Grande-Häher“, ſagt Dr. Merrill, „iſt bei Fort Brown und dem Rio Grande aufwärts ein gewöhnlicher Standvogel, doch ſcheint er ſich nicht weit ins Innere von Texas zu verbreiten. Er iſt ein lärmender, prächtig gekleideter Geſell, welcher ſich allerwärts durch ſein rauhes Geſchrei und ſein grünes und gelbes Gefieder bemerklich macht. Obwohl manchmal ſcheu, iſt er doch meiſt ſehr zahm und dreiſt, kommt dann ſogar in die Zelte oder holt ſich Futter von den in der Küche ſtehenden Tellern, wenn ſich dazu Gelegenheit bietet. Die Soldaten des Forts fangen ſie zahlreich in mit Mais geköderten Fallen, doch beſitzen ſie außer ihrer Gefiederſchönheit keine Anziehung als Käfigvögel.“ Nach Sumichraſt iſt er im mexnikaniſchen Staate Vera Cruz ſehr zahlreich, bewohnt ſowohl die heiße als die gemäßigte Zone und findet ſich ſelbſt noch am Fuße der kalten, in einer Höhe von 6000 Fuß über dem Meere. Seine eigentliche Heimat iſt das öſtliche Mexico, vom Rio Grande bis Vera Cruz und Pueblo ſüdlich. Namen: Grün: und Prachthäher, Rio Grande-Häher. Green Jay, Rio Grande Jay. — Pajaro verde (d. i. Grünvogel) am Rio Grande, Verde detoca, Sonaja, Pepe verde (mexikaniſche Lokalnamen). Wiſſenſchaftliche Namen: Garrulus luxuosa Lesson (1839). — Cyanocorax luxuosus Du Bus (1848). — | Xanthoura luxuosa Bonap. (1850), Cabanis, Baird. — Xanthoura incas var. luxuosa Bonap. Beſchreibung: Oberſeite grün; Unterſeite gelb, grünlich angeflogen; Unterſeite der Flügel und äußere vier Schwanzfedern primelgelb, mittlere vier Schwanzfedern grün, nach dem Rande zu in Blau übergehend; Seiten des Kopfes, Kinn und Kehle ſammetſchwarz; Kopfkrone, Stirn, Gegend unter dem Auge ſchön blau; Seiten des Vorderkopfes weißlich. Weibchen ähnlich; matter. — Länge 11 Zoll. Der CFanada-Häher. Jungen Der Canada-Häher. Canada Jay. Perisoreus canadensis BONAPARTE. Einer der gewöhnlichſten Vögel der nördlichen gemäßigten und kalten Zone Nordamerikas iſt der Canada- oder Unglückshäher. Namentlich in den Wäldern der Hudfonsbai- Negion, in den ſogenannten Pelzgegenden, ſüdlich bis Neu-England, New Pork, dem nördlichen Michigan und Minneſota ſcheint er häufig zu ſein. Alle Forſcher, welche in jenen Gegenden thätig waren, namentlich Richard— fon, MacFarlane, Biſchoff, Dall, Audu— bon, Boardman u. a., berichten ſehr ausführlich über ihn. In Labrador, Alaska und im Felſengebirge ſüdlich bis Arizona und Mexico wird er von nur wenig abweichenden Varietäten vertreten. Die eigent— liche Heimat aller dieſer Vögel iſt der mehr oder weniger dichte, ſchutzbietende Nadelholzwald, doch ver— ſchmähen ſie auch gemiſchte und zeitweilig ſelbſt Laubholzwaldungen nicht. Sie ſcheinen allerwärts Standvögel zu ſein oder doch nur engbegrenzte Gebiete ihrer Heimat zu durchſtreifen. In jenen menſchen— leeren Gegenden ſind ſie außerordentlich dreiſt, kommen ſelbſt in die Zelte der Pelzjäger und Fallenſteller, um nach Nahrung zu ſuchen, werden aber ſcheu und vor— ſichtig, wo man ſie wiederholt verfolgte. Es wird berichtet, daß ſie auf den Boden herabfliegen, um das für die Hunde beſtimmte Futter wegzuſtehlen, daß ſie das in den Indianerzelten hängende Fleiſch und getrocknete Fiſche angehen und ſelbſt den Köder aus den Fallen der Trapper holen. Auch ſie werden, wie alle Häher, durch das Plündern der Neſter kleiner Vögel ſehr ſchädlich. Sie niſten mit Vorliebe in Nadelholzbäumen, meiſt in Fichten, etwa zehn Fuß vom Boden. Das Neſt iſt in der Regel ziemlich verſteckt angelegt und beſteht zunächſt aus feinen Reiſern, welche als Unter— lage dienen; daun folgt das eigentliche, aus Gras, Moos, Haaren und Federn beſtehende Neſt. Nach Dall brüten ſie am Yukon ſehr frühzeitig im Jahre, denn er fand ſchon am 20. April ein Neſt mit faſt völlig flüggen Jungen. Die Eier, drei bis fünf an Zahl, ſind der Grundfarbe nach weißlichgrau oder bläulichweiß, ſehr fein ſchieferfarbig und braun gefleckt und getüpfelt. Man kann auch dieſen Häher, wie alle übrigen, als einen Allesfreſſer bezeichnen. Käfer, Larven, Würmer, Fleiſch, Brot, Eicheln und Nadelholz— ſämereien bilden feine Hauptnahrung. Vogeleier und junge Vögel gelten auch ihm als Leckerbiſſen. D x er Oregon-Häher. Daß er in jenen hochnordiſchen Gegenden einer der gewöhnlichſten, zutraulichſten Vögel fein muß, beweiſen ſchon ſeine vielen volkstümlichen Namen. Außer der in der Überſchrift angeführten Bezeichnung, nennt man ihn auch Moostiervogel (Moose Bird) und Aasvogel (Carrion Bird), weil er auch Aas gern frißt. Die Indianer kennen ihn unter der Bezeich- nung „Wiß⸗ka⸗chon“, woraus die Trapper in ihrem Jargon „Whiskey John“ und endlich „Whiskey Jack“ geformt haben. Unter letzterem Namen kennt man ihn jetzt im ganzen arktiſchen Amerika. Obwohl Richardſon angiebt, daß er in der Gefangenſchaft bald hinſieche, ſo iſt doch von vorn— herein anzunehmen, daß er bei naturgemäßer Pflege ebenſo gut ausdauert als andere Arten. Da er ein ſehr harter, wettergeſtählter Vogel iſt, ſo iſt klar, daß er anfangs Stubenwärme nicht vertragen kann, alſo kühl gehalten ſein will. Wiſſenſchaftliche Namen: Corvus canadensis Linn. (1766), Forster, Gmelin, Wilson, Nutt. — Garrulus canadensis Swains. & Rich, (1831), Aud. — Perisoreus canadensis Bonap. (1838), Cabanis, Baird, Coues &c. Garrulus brachyrhynchus Swains. & Rich., Nuttall. — Garrulus fuscus Vieill. (1817). Beſchreibung: Kopf, Hals und Oberſeite weiß; vom mittleren Teile der Kopfplatte bis zum Rücken bleifarben, durch einen weißlichen Kragen unterbrochen; das übrige der Oberſeite dunkel bleifarbig; Unterſeite grau, viel dunkler als die Bruſt und Kehle; Schwanz geſtuft, jede Feder an ihrer Spitze undeutlich weiß gerändert. Junge einfarbig grau. Größe etwa 11 Zoll. Die Varietät Perisoreus canadensis nigricapillus Rıpaw. (Labrador Jay) lebt in der Küſtengegend Labradors. Sie unterſcheidet ſich von der eigentlichen | 501 Art durch viel dunkleres Grau und ſchärfer hervortretendes Weiß. Schwarz und Der in Alaska lebende Canada-Häher (P. canadensis fumifrons RIDG w.; Alaska Jay) iſt mehr gleichmäßig dunkel gefärbt; das Weiß am Vorkopf hat einen bräunlichen oder gelblichen Auflug. Die im Felſengebirge lebende Form, (Y. cana- aensis capilalis BalRp; Rocky Mountain Jay) unterscheidet ſich durch einen reinweißen Kopf und Hals; der Hinterkopf iſt tief bleigrau; Rücken und andere Teile der Oberſeite heller blaugrün; Bruſt, Bauch und Seiten matt bräunlichgrau; Kehle matt— grau; Teile der Unterſeite mehr bräunlichgrau. Die— ſer Häher findet ſich im Felſengebirge ſüdlich bis New Mexico und Arizona, nördlich bis Britiſch-Amerika. Der Sregon-Häher. Oregon Jay. Perisoreus obscurus Ribewav. Ein ähnlicher Vogel iſt der Oregon-Häher. Man hielt ihn früher für eine Varietät des Canada— Hähers, betrachtet ihn jetzt aber als eine ſelbſtändige Art. Er lebt namentlich in Oregon, in der Sierra Nevada Californiens, nördlich bis Britiſch-Columbia. Er iſt ein zahlreicher, ſehr zutraulicher und kluger Vogel. Beſchreibung: Im allgemeinen gleicht er dem Canada— Häher. Die obere Hälfte des Kopfes iſt tief rußſchwarz; die Stirn bis zur Schnabelwurzel reinweiß; Rücken matt bräunlichgrau, variiert oft bis ſepiabraun; die Federn ſchmal aber deutlich weiß geſäumt; Flügel und Schwanz bräunlichgrau; ganze Unterſeite weiß. Länge 10 bis 11 Zoll. Die Serchen. I bar ili. Lark . erchen ſind recht eigentlich als Charaktervögel der alten Welt zu bezeichnen. Nur eine einzige Art, die Horn- oder Alpenlerche, iſt in einer Anzahl von Varietäten in Nordamerika anzutreffen. Etwa neun Arten bewohnen Europa; Aſien und Afrika haben, jeder Erdteil für ſich, mehr als die doppelte Anzahl aufzuweiſen. Im ganzen keunt man * 1 Die Leutſche Skylark. Alauda an hat es an zahlreichen Verſuchen nicht fehlen laſſen, die Zahl unſerer einheimiſchen Sing— vögel durch Einführung europäischer Arten zu ver— mehren. Leider that man gleich im Anfang einen Mißgriff, indem man den ſchädlichen Hausſperling einführte. Dieſer Proletarier unter den Vögeln ver— mehrte ſich in ſolchem Maße, daß er bereits zur Landplage geworden iſt. Aber auch andere Vögel verſuchte man einzuführen. Bei der Beſchreibung des deutſchen Stieglitz (Seite 330333) habe ich auf | die verſchiedenen, im großen unternommenen Verſuche, deutſche Singvögel in Cincinnati und St. Louis einzubürgern, Bezug genommen. Neuerdings dringt | die Kunde zu uns, daß es dem „Verein zur Ein— führung nützlicher deutſcher Singvögel“ in Portland, und Südſtaaten nicht zu zweifeln. etwa hundertundzehn Arten. Sie alle meiden Wälder und buſchreiche Gegenden, beleben dagegen das freie Land, bebaute Felder und Brachen, Prärien und Steppen und namentlich auch die Wüſten Aſiens und Afrikas. Sie ſind es, welche den oft einförmigen Gegenden Sang und Klang verleihen. In Nord— amerika ſind die folgenden Sippen vertreten: Eine Art. Eine Art mit ſieben I. Alauda ,LINNE. 2. Otocoris BON APART E. Varietäten. Feloͤlerche. arvensis LINN£. Dreg., gelungen ſei, eine große Anzahl deutſcher Sing— vögel in jener Gegend erfolgreich ſeßhaft zu machen. Wie mir Herr C. F. Pflüger, der Sekretär des Vereins, mitteilt, war der erſte, mit 300 Paaren unternommene Verſuch ein großartiger Erfolg. Er berichtet, daß dieſelben bereits zweimal, in 1889 und 1890, glücklich niſteten und manche Arten ſich ſchon recht bemerklich machen. Hierbei muß man bedenken, daß das Klima Oregons ein überaus mildes iſt. Schnee iſt, namentlich in den Bergen, allerdings häufig, aber ſtarke Fröſte treten doch nur ſelten ein. Wenn man die richtigen Vogelarten wählt, fo iſt an deren erfolgreichen Einbürgerung auch in den Oſt— Man darf zu dieſem Zwecke nur ſolche Vögel wählen, welche in Die deutſche Feldlerche. ihrer Heimat wenig oder gar nicht wandern, da die echten Zugvögel in den offenen Golf von Mexico geraten würden. würdig wäre die ſangeskundige Amſel oder Schwarz— droſſel; dann die verſchiedenen Meiſen, der Stieglitz, Zeiſig, Hänfling, Dompfaff oder Gimpel, der Edel— oder Buchfink und der Goldammer. Vielleicht würde das im ſüdlichen Europa überwinternde Rotkehlchen und das Hausrotſchwänzchen ſich ebenfalls einbürgern laſſen, da fie ſchon in unſeren Südſtaaten eine ihnen entſprechende Winterherberge finden würden. Ganz beſondere Aufmerkſamkeit ſollte man aber der deutſchen Feld- oder Himmelslerche ſchenken und fie allerwärts einzubürgern ſuchen, wo es das Klima und die Landſchaft geſtattet. Verſchiedene Vogelfreunde haben bereits Verſuche im großen gemacht, dieſe berühmte Sängerin des blauen Athers in unſerem Lande einzubürgern. Die Der Einführung gauz beſonders 503 waren es genug, um zu beweiſen, daß ſie die Strenge unſerer Winter zu ertragen vermögen. Wahrſcheinlich waren ſie nur unbedeutend geſtrichen und nicht ſüdlich gewandert. Während des Sommers wurden ſie nicht nur in Bergen, ſondern auch im angrenzenden Paſſaie County beobachtet. Im Sommer 1883 waren ſie ‚ zahlreicher als im vorhergehenden Jahre, ein Beweis, | | erſten Verſuche dieſer Art ſcheint man in Virginia gemacht zu haben. Weitere, aber erfolgloſe Verſuche machte man in Cincinnati und St. Louis. Etwa im Jahre 1860 ließ Herr J. Gorgas über hundert Stück bei Wilmington, Delaware, frei. Im Jahre 1870 wurden mehrere Pärchen auf Long Island, bei New Pork, in Freiheit geſetzt. Einen großartigen Ein bürgerungsverſuch machte Herr J. W. England, ein reicher New Yorker Zeitungsbeſitzer, auf feinem Land— ſitze in New Jerſey. Er teilte mir brieflich darüber folgendes mit: Im Jahre 1881 importierte er 42 Pärchen Feldlerchen, welche er Mitte April auf ſeinen Grasflächen bei Ridgwood, Bergen County, N. I., in Freiheit ſetzte. Mehrere Tage hielten ſie ſich geſellig zuſammen, dann trennten ſich einige Pärchen von der Geſellſchaft, aber die meiſten, etwa 50 Stück, blieben noch eine Zeitlang beiſammen, dann paarten ſich auch dieſe und zerſtreuten ſich ziemlich weit über die Um— gegend. Viele blieben jedoch in der Nähe des Platzes, wo ſie ausgeſetzt worden waren. Man ſah ſie täglich in den blauen Ather ſteigen und hörte ihren unver: gleichlichen Geſang herniederſchallen zur Erde. Die verſchiedenen Pärchen brachten rechtzeitig ihre Jungen auf. Von den zerſtreuten Vögeln fanden ſich manche in mehreren Teilen von Bergen County, ſogar bis nach Rutherford. Viele verweilten bis ſpät im Herbſt auf Herrn Englands Farm. Mit Eintritt des Winters ſchienen aber alle verſchwunden zu ſein. Zweifel wurden laut, ob ſich die Lerchen wohl je wieder in derſelben Gegend zeigen würden. Der Frühling kam und mit ihm die ſehnlich erwarteten Sängerinnen, aber nicht ſo viele, als man geglaubt hatte. Doch daß ſie feſten Fuß gefaßt und ihre Bruten erfolgreich zum Ausfliegen gebracht hatten. Nach dem vor einigen Jahren erfolgten Tode des Herrn England konnte ich weitere Nachrichten über ſeine Schützlinge nicht erhalten, doch iſt anzunehmen, daß ſich die Lerchen über ein weites Gebiet verbreitet haben. Nach eingezogenen Erkundigungen Dr. Hart C. Mer— riams, vom Ackerbau-Departement in Waſhington, iſt die Lerche gegenwärtig auf Long Island häufig. W. Dutcher berichtet, daß bei Flatbuſh, und von da öſtlich bis Flatlands, Feldlerchen zahlreich vorkom— men. Sie halten ſich in Grasflächen auf, wo ſie auch niſten. Bei Portland, Oregon, ließ man ſie auf Weizenfeldern frei, wo fie ſich ſtark vermehrten. Es iſt jetzt alſo feſtgeſtellt, daß ſich dieſer herrliche Sing— vogel wirklich heimiſch gemacht hat. Mit der Zeit dürfte er ſich auch in anderen Gegenden finden. Was der Feldlerche bei ihrer Einbürgerung zu ſtatten kommt, iſt ihre Fähigkeit, ſowohl große Hitze als Kälte zu ertragen. Kommt ſie doch in Europa vom hohen Norden bis zum Süden, ſelbſt bis nach Afrika vor. Auch in Grönland und den Bermudas hat man fie, laut Dreſſer und Sharpe, angetroffen. Sie bewohnt hauptſächlich die Felder und Wieſen der Ebene, doch geht ſie in der Schweiz auch ziemlich hoch ins Gebirge hinauf, wie wir dies aus den Mitteilungen Tſchudis wiſſen. Vorausſichtlich würde ſie ſich in den Prärien und Ebenen von Süd-Illinois, Miſſouri, Tenneſſee, Kan— ſas und in den Südſtaaten acclimatiſieren, da dieſe ihr alles zum Leben Erforderliche bieten. Namen: Feldlerche, deutſche Lerche, Himmelslerche. Skylark. Wiſſenſchaftliche Namen: Alauda arvensis Linn. Beſicchreibung: Oberſeite erdbraun, jede Feder fahlbraun geſäumt und dunkler ſchwarzbraun geſchaftet; Zügel, Augenſtreif und Kinn fahlweiß; Backen und Ohrengegend roſtbräunlich, dunkel geſtrichelt; Kehle, Kopf, Oberbruſt und Seiten ebenſo; Flügel und Schwanzfedern weiß geſäumt; die äußerſte Schwanzfeder weiß mit breitem ſchwarzen Innenrande, welcher auf der zweiten Feder jederſeits innen bis zum Schafte reicht. Länge etwa 7 Zoll. Zoll; Flügel 4.90, Schwanz 2.80 Die Horn- Alpen- oder Indianerlerche. Horned Lark, Shore Lark. Otocoris alpestris BONAPARTR. I.. Horulerche mit ihren verſchiedenen Abarten iſt einer der häufigſten und bekannteſten Brutvögel der Staaten Wisconſin und Illinois, und auch in den Prärien des weſtlichen Miſſouri iſt ſie ſehr zahlreich. In Texas, ſowohl in der Nähe von Houſton als auch weiter weſtlich an der Weſt— Jegua, traf ich fie im Winter in großen Scharen. Man kann ſie als echte Prärievögel bezeichnen, denn allerwärts in den Prärien von Wisconſin bis Texas iſt ſie heimiſch, und an den meiſten Orten iſt ſie ſogar Standvogel. Aber auch da, wo früher dichter Urwald ſtand, wo heute jedoch ſich Farm an Farm reiht, iſt ſie heimiſch geworden. Die ausgedehnten Felder, Viehweiden und Brachen bieten ihr hier allerwärts geeignete Aufenthaltsorte. In Wisconfin belebt ſie Berg und Thal und meidet nur das feuchte Tiefland und die Wälder. Trockenes Terrain ſcheint ihr am meiſten zuzuſagen. Am liebſten ſiedelt ſie ſich an Fahrwegen und Landſtraßen an. Im Sommer paddeln ſie ſich in denſelben, oft eine neben der andern, im Staube, wobei ſie ebenſo verfahren wie die Hühner, und im Herbſt und Winter ſuchen ſie hier in dem Pferdemiſt nach Nahrung, zu welcher Zeit ſie oft in Geſellſchaften von zehn bis fünfzig Stück beiſammen leben. Gewöhnlich laufen ſie, wenn ſie geſtört werden, eine Strecke auf der Landſtraße dahin, oder ſie ſetzen ſich auf einen in der Nähe befindlichen Zaun; wo dieſer fehlt, verſchwinden ſie ſeitwärts im dichten Graſe. Sehr ſelten ſetzen ſie ſich auf Bäume oder hohe Gegenſtände. Der Erdboden iſt ihr faſt beſtän— diger Aufenthaltsort. Unter allen unſeren Vögeln ſind ſie die erſten, welche mit Brüten beginnen. wenn noch auf vielen Stellen Schnee liegt, wenn der Boden noch hart gefroren iſt, findet man Neſter mit Eiern, und ſchon Mitte April fand ich im nördlichen Illinois bereits flügge Junge. Im ſüdweſtlichen Miſſouri brüten viele ſchon Mitte März. Das Neſt ſteht immer in einer kleinen Erdvertiefung. Es iſt einfach aus Halmen gebaut, innen mit feinerem Gras ausgelegt. Der Neſtrand ſteht faſt immer mit der Bodenoberfläche in gleicher Linie. Es iſt nicht leicht, das Neſt zu finden und meiſt iſt es nur Zufall, wenn Schon anfangs April, man wirklich eins entdeckt. Wenn man in die Nähe eines Neſtes kommt, huſcht der brütende Vogel, ſtets ſich flügellahm ſtellend, ſchnell im Graſe dahin, und wenn man die Stellen genau unterſucht, wird man regelmäßig den Bau finden. Weiter nördlich, in Labrador und anderen nordiſchen Gegenden, baut ſie das Neſt in das dichte Moos und die Flechten, welche dort den ſteinigen Boden bedecken. Die vier bis fünf Eier ſind grauweiß, ſehr dicht und gleichmäßig mit dunkelbraunen und matt- lilafarbenen Flecken beſäet. Es werden jährlich zwei Bruten gemacht. Die Jungen verlaſſen, ſobald ſie flügge geworden ſind, das Neſt und laufen wie junge Hühnchen davon. Zahlreich ſieht man die ſchwärzlich gezeichneten Vögel— chen eiligſt auf der Landſtraße dahinlaufen, und es bietet durchaus keinerlei Schwierigkeit, ſie mit der Hand zu fangen. Erſt geraume Zeit nach dem Aus— fliegen verſuchen ſie es, ihre Flügel zu gebrauchen. Während der Brutzeit vernimmt man auch ſehr häufig den Geſang. Sie ſteigt beim Singen, wie die Feldlerche und andere Arten, hoch in die Luft, ſo hoch, daß ſie oft das ſchärfſte Auge nicht zu erſpähen ver— mag. Ihr kurzes Liedchen iſt aber zu leiſe und unbe— deutend, als daß es einer Landſchaft ein beſonderes Gepräge aufdrücken könnte. Die Töne der Hornlerche haben etwas ſehr Eigentümliches, Täuſchendes an ſich. Oft weiß man nicht, ob der Vogel neben, hinter, über oder vor einem ſingt, während er doch hoch oben im blauen Ather ſchwebt. Sie ſingt oft auch während des Sitzens oder Umherlaufens auf dem Boden. Wäre der Geſang etwas lauter und abwechſelnder, ſo würde er als ein recht angenehmes Liedchen zu bezeichnen ſein. Geſellig durchſtreifen ſie im Herbſt und Winter ein weites Gebiet; namentlich trifft man ſie in Stop— pelfeldern, Viehweiden und Wieſen. Die meiſten ziehen nach Eintritt ſtarken Schneefalls ſüdlicher, weil ihnen die mit Schnee und Eis bedeckte Erde der Heimat nicht mehr genug Nahrung ſpendet. Viele jedoch blei— ben zurück und friſten ihr Leben auf den Landſtraßen. Des Nachts ſuchen ſie hinter einem Grasbüſchel Schutz gegen Wind und Kälte. Die Geſellſchaften dieſer Standvögel ſind aber nur klein; man ſieht in der Regel nur kleine Flüge von fünf bis ſechs Stück oder eu = auch einzelne, während die im Süden umherſtreifenden ſich in der Regel zu großen Geſellſchaften zuſammen ſchlagen. Ich habe ſie jeden Winter in Texas in ſehr großen Flügen geſehen. Die hochgelegenen Baum— wollfelder und die Prärien bilden hier ihren Lieblings— aufenthaltsort, aber auch auf den Landſtraßen ſieht man ſie regelmäßig. Wenn ſie auffliegen, laſſen ſie ſtets einen wie „Zitt“ oder „Zitz“ klingenden Ton hören. Die Nahrung beſteht im Sommer faſt ausſchließ— lich aus Inſekten, im Spätherbſt und Winter meiſt aus kleinem Geſäme aller Art, welches ſie vom Boden aufſucht. Ihr Flug iſt vortrefflich. In großen Bogenlinien fliegt ſie eiligſt dahin oder ſie ſteigt in ſchräger Richtung hoch empor, jubelt ihr Liedchen und fällt dann ſingend ſchnell zur Erde herab; unmittelbar über derſelben aber breitet ſie ihre Flügel aus, um die Wucht des Sturzes zu brechen. Wenn ſie in einer Gegend geſellig umherſtreift oder auf ihrer Wanderung begriffen iſt, dann zieht ſie hoch in der Luft dahin. Sie iſt ein friedfertiger Vogel. Vor dem Men— ſchen hat ſie wenig Scheu, doch kaun man ſie auch nicht gerade als vertrauungsvoll bezeichnen. Ich habe gar manche im Käfig gehalten und mich an ihrer Munterkeit, Genügſamkeit und friedlichem Weſen erfreut. Zuerſt ſind die Wildlinge allerdings recht ungeſtüm, fliegen mit großer Wucht an die Käfigdecke und zerſchmettern ſich, wenn dieſe nicht aus Zeug oder Wachstuch iſt, leicht den Kopf. Sie gewöhnen ſich aber ſchnell ein und find dann ſehr zutraulich und munter, halten ſich aber immer auf dem Käfigboden auf. Sie ſingen im Geſellſchafts— käfig nie und auch dann nicht, wenn mehrere ihres— gleichen in einem Bauer wohnen. Will man den Geſang hören, jo muß man fie einzeln halten. Wenn ich junge, um Futter bettelmde Vögel zu ihnen brachte, ſo fütterten ſie dieſe ohne Umſtände, wodurch mir oft Namen: Horn-, Alpen- oder Indianerlerche, Uferlerche. Horned Lark, Shore Lark. — Alouette de | Virginie (Le M.). Wiſſenſchaftliche Namen: Alauda alpestris Linn. — Eremophila alpestris Boie (1828). — Otocoris | alpestris Bonap. (1839). — Alauda cornuta Wilson (1808). — Eremophila cornuta Boie (1828). Beſchreibung: An den beiden, an jeder Seite des Hin— terkopfes ſtehenden langen Federbüſcheln oder „Hörnern“ iſt dieſer Vogel leicht kenntlich. Oberſeite braun, rötlich angehaucht. Unterſeite weißlich, an den Seiten bräun— lich. Ein Streif an Zügeln und Wangen und ein hals— bandartiger Fleck auf der Bruſt ſchwarz; Seiten des Die Horn-, Alpen- oder Indianerlerche. 505 i Kopfes und die ganze Kehle weißlich oder ſchwefelgelb; die mittleren Schwanzfedern braun, die übrigen ſchwärz— lich, die beiden äußerſten mit einem weißen Streif längs der Außenfahne. Im Winter fehlt der ſchöne roſarote Hauch, und das Schwarz iſt ſehr undeutlich. Länge 7.50 Zoll; Flügel 4.40, Schwanz 2.98 Zoll. Die eigentliche Hornlerche bewohnt das nördliche Nordamerika, einſchließlich der Hudſonsbai-Region und Labrador, Grönland und das nördliche Europa. Im Winter wandert ſie ſüdlich bis Illinois und bis zu den Carolinas. Eine mattere Form, Otocoris alpestris leucolsema STEJNEGER (Pallid Horned Lark), bewohnt das nordweſtliche Nordamerika, von Alaska ſüdlich bis faſt zur Grenze der Vereinigten Staaten. Überwintert ſüdlich bis Kanſas, Utah und Nevada. Die Präriehornlerche (O. alpestris prati- cola HENSH.; Prairie Horned Lark), nur wenig von der Stammform verſchieden, findet ſich als Brut— vogel im oberen Miſſiſſippi-Thale und in der Region der großen Seen. Dies iſt dieſelbe, welche ich des näheren geſchildert habe. Sie überwintert ſüdlich bis Virginia und dem nördlichen Texas. Die Wüſtenhorulerche (O. alpestris areni- cola HexsH.; Desert Horned Lark), iſt matter als die Art, hat aber eine grüngelbe Kehle. Sie lebt im Felſengebirge und im großen Becken (Great Basin). Die texaniſche Hornlerche (0. alpestris Giraudi HNSH.; Texan Horned Lark) mit rein— weißer Bruſt, brütet im öſtlichen und ſüdöſtlichen Texas. Die merifanifhe Hornlerche (O. alpestris chrysolema STEIN.; Mexican Horned Lark) iſt größer als die übrigen Formen; der Nacken und Bür— zel zimmetbraun. Bewohnt das Tiefland Mexicos, nördlich bis zum ſüdlichen New Mexico und Arizona, die mühevolle Arbeit des Auffütterns erſpart wurde. weſtlich bis zur Küſtengegend des ſüdl. Californien. Die in den Thälern des Inneren Californiens lebende Hornlerche (O. alpestris rubes HENSH.; Ruddy Horned Lark) iſt kleiner und ſchöner gefärbt als die übrigen; der Nacken, Bürzel u. ſ. w. ſind lebhaft roſt- oder lohbraun. Die geſtreifte Hornlerche (C0. alpestris strigata HEN sfH.; Streaked Horned Lark) iſt auf dem Rücken breit und hervortretend dunkel geſtrichelt, ſonſt O. alpestris rubed ähnlich. Sie lebt in der Küſtengegend Oregous und Waſhingtous, nördlich bis Britiſch-Columbia; im Winter ſüdlich bis Californien. 64 DJ 4, Tyrant Flycatchers. Yllyranırcı nennt man eine g ſehr artenreiche Gruppe amerikaniſcher Vögel. Es iſt dies gerade kein ſehr gut gewählter Name, denn die Art und Weiſe, wie ſie leben und ihre Nahrung erbeuten, läßt ſie als eigentliche amerika— niſche Fliegenfänger erſchei— nen. Zu Tyrannen über andere Vögel mögen ſich einzelne tropiſche ) Arten aufwerfen, nicht aber unſere nordamerikaniſchen. Unſer ge— wöhnlicher Königsvogel, ebenſo wie der Scherentyrann, ſind als die Boden herab. Die Tyrannen. Tyrannıda. Schnabel und Flügel find vorzüglich ausgebildet. Ihre Nahrung wird ſtets in der Luft und nur ausnahmsweiſe von Blüten und Blättern abgeſucht. Man hat ſie als dumme, tölpelhafte Geſchöpfe bezeichnen wollen, doch kann ſie nur ein oberflächlicher Beobachter als ſolche anſehen. ſind in That und Wahrheit klug, ſcharfſinnig, dreiſt Sie und unternehmend. In unſeren Gärten und Wäldern beſten Wächter unſerer Hühnerhöfe bekannt und daher“ von außerordentlichem Nutzen. Sobald ſie einen gefiederten Räuber erſpähen, fliegen ſie ihm mutig entgegen und ſchlagen ihn regelmäßig in die Flucht. Ich habe nie geſehen, daß ſie kleineren Vögeln, die oft in demſelben Baume niſten, irgendwie gefährlich werden. Inmitten ihres Wohngebietes wählen ſie ſich eine Warte, welche ihnen mehr oder minder weite Umſchau geſtattet. Sobald ihre ſcharfen Augen ein Die Inſekt erſpähen, erbeuten ſie dasſelbe fliegend. großen Arten ſitzen frei und offen in den Spitzen der Bäume oder auf hervorſtehenden trockenen Baum— die Haubenfedern ſträubt. auch ſehr auffallend roſa- und ſcharlachrot gezeichnet. äſten, die kleineren halten ſich mehr oder weniger im Laubwerk verborgen. Ihr Flug iſt oft überaus ſchön, und die Flugſpiele des Scherentyrannen find geradezu feſſelnd und höchſt intereſſant. Ihre Stel— lung im Sitzen iſt raubvogelartig und nicht ſchön; ihre ſcharfen Augen leuchten falkenartig. Die Füße ſind ſchwach, daher kommen ſie faſt nie auf den dürfen ſie nicht fehlen. Durch ihr lautes Weſen, ihren anmutigen Flug und nicht zum kleinſten Teil durch ihre anheimelnden ſangesartigen Laute beleben ſie ihr Wohngebiet aufs ſchönſte. Das liebliche „Fi-wi“ des Haustyrannen und das noch lieblichere, melancholiſche „Pi-wi“ des Waldtyraunen tönt noch lange, nachdem es verklungen iſt, in der Seele des Hörers nach. Die meiſten Arten ſind ſehr einfach gefärbt: Schwarz, Grau und Weiß ſind die Haupt— farben; oft zeigt die Kopffrone einen verſteckten, feurigroten Fleck, den man nur ſieht, wenn der Vogel Manche Arten ſind aber Eine große Anzahl hat ſich dem Menfchen innig ange— ſchloſſen. Scheren- und Haubentyrann, der Königs— und namentlich der Phöbevogel ſind zu halben Haus— vögeln geworden. Der Wald-, Garten- und Traills— Tyrann niſten in Gärten und ſelbſt in Parkaulagen der Städte. Alle Arten ſind außerordentlich nützlich, da ſie ganz ausſchließlich von Inſekten leben. Man hat den Königsvogel allerdings „Bienen martin“ ge— nannt und ihm vorgeworfen, daß er Bienen freſſe, den Beweis iſt man jedoch ſchuldig geblieben. Die Familie der Tyrannen, welche eine ganze Anzahl alt— weltlicher Geſchlechter in Amerika vertritt, verbreitet ſich in mehr als vierhundert wohlunterſchiedenen Arten ei ne I u I über den Erdteil. Die Mehrzahl und auch die ſchönſten Glieder der Familie leben in den Tropen. Die in den Vereinigten Staaten vorkommenden Arten teilt man in folgende Sippen: 1. Milvulus Swaınson. tyrannen. Zwei Arten. 2. Tyrannus CuVIEr. Königstyrannen. Fünf Arten. 3. Pitangus SWAINSON. Scheren-, Gabel— Eine Art. Eine Art. Eine Art. 4. Myivozetetes SCLATER. 5. Myiodynastes BONAPARTE. Der Scherentpranm oder Seissor-tailed Flycatcher. . N. ich am letzten Februartage des Jahres 1879 . 4 Chicago verließ, bedeckte tiefer Schnee die Landſchaft, eiſige Nord- und Weſtwinde fegten über die platte Prärie des nördlichen Illinois, und das Queckſilber des Fahrenheitſchen Thermometers ſtand faſt täglich unter Null. Nach einer Eiſenbahnfahrt von kaum zwei Tagen befand ich mich in Auſtin, der texaniſchen Hauptſtadt. Die laue, mit dem Dufte der Blumen erfüllte Luft, der Spottdroſſel- und Kardinalgeſang, die immergrünen Lebenseichen, die maleriſche Form der Palmenlilien!), blühende Roſen, eine Menge verſchiedener Kakteen und andere, mir damals fremde Pflanzen entzückten mich; ich kam mir vor, als befände ich mich in einer geträumten Welt. Einige Tage ſpäter befand ich mich bei einem alten Schulfreunde, Herrn G. Kilian, in Lee County. Ein faſt zweimonatlicher Aufenthalt hier, inmitten des Pfoſteneichenwaldes, wurde dazu benutzt, täglich Ausflüge nach allen Richtungen hin zu unternehmen. die Mesquitprärien wurden beſucht. Selbſt in die angrenzenden Counties, nach dem lieblichen, am Colo— rado gelegenen Städtchen La Grange, den Yebens- eichenprärien bei High Hill, Schulenburg und Weimar wurden Streifzüge unternommen. Zunächſt zog mich 1) Yucca Treculiana, V. aloefolia und Y. gloriosa, Der Scherentyrann oder der texaniſche Paradiesvogel— Tafel NXXI. Die umliegenden Berge, die Wälder des Tieflandes, ' ewspitosus. 507 6. Myiarchus Capanıs. Haubentyrannen. Bier Arten. 7. Sayornis BONAPARTE. Felſen- oder Haus- tyrannen. Drei Arten. 8. Contopus Capanıs. Waldtyrannen. Vier Arten. 9. Empidonax CA ANIS. Zwergtyrannen. Acht oder neun Arten. 10. Pyrocephalus Eine Art. nz GoULD. Rubintyrannen. Ornithion HARTLAUL. Eine Art. der kekaniſche Paradiesvogel. Milvulus ſorlicatus SWAINSON. roll Alk, die eigentümliche Der Ne Flora mächtig an. ganze Pfoſteneichenwald ſchien in einen Blumengarten um— gewandelt zu ſein. Wenn eine Art verblüht war, nahm eine andere, oft noch ſchönere ihre Stelle ein. Der texaniſche Frühling läßt auch für die lebhafteſte Phantaſie an Schönheit und Pracht nichts zu wüuſchen übrig. Der ärmlichſte Sandboden iſt bis Ende Juni mit einem entzückenden Blumenflor bedeckt. Obwohl die gelben und grellroten Farbentöne vorherrſchen, fehlen doch auch weiße und blaue Blumen nicht. Einen ganz wunderbaren Farbenkontraſt zeigen uns die oft dicht beiſammenſtehenden, leuchtend roten Erythrinen ') und die großen weißen Blütentrauben der Band— yucca?). Auf ſteinigem oder kieſigem Boden zogen verſchiedene kleine, geſellig beiſammenſtehende Kakteen, beſonders der hübſche, kaum ſechs Zoll hohe Säulen— faftus?) meine Aufmerkſamkeit auf ſich. Dieſe Art hat liegende, kammartige weiße, dicht nebeneinander ſtehende Stacheln. Gewöhnlich ſtehen fünf bis ſechs ſolcher Säulchen nebeneinander, eine einzige Pflanze bildend. Anfangs April öffnen ſich oben auf den gerundeten Säulen die wirklich prachtvollen roſa— purpurroten glänzenden Blüten. Der Nadelkiſſen— faftus*) oder des „Teufels Nadelkiſſen“, wie ihn die Texaner feiner ſtarken hornartigen Stacheln halber 1) Erythrina herbacea. 2) Yucca filamentosa, 3) Echinocereus 4) Echinocactus Texensis, 508 nennen, kommt hie und da vor, iſt aber weiter weſtlich häufiger. Der ſogenannte Brotkaktus!) zeichnet ſich durch hübſche Form, ſaftiges Dunkelgrün, kleine durch glänzend zinnoberrote Beeren aus. Eine ſehr reich blühende Art, mit gelben, innen orangeroten Blüten iſt der Borſtenkaktus?). Verſchiedene ſtark beſtachelte Feigenkakteen drücken der Landſchaft durch ihre Größe ein beſonderes Gepräge auf. Wo Palmen- lilien zahlreich und in verſchiedenen Arten auftreten, gewinnt die Landſchaft einen tropiſchen Anſtrich. Dies iſt namentlich der Fall, wenn die prachtvolle rot— blühende Yucca ), die ſchönblätterige, im Sommer mit ſtarkduftenden Blüten geſchmückte Fleckenagave), und ähnliche Pflanzen hinzutreten. Als ich Ende April die köſtlich duftenden, weißen Pankrazlilien (Spider Lilies“) häufig. Hier ſah ich auch zum erſtenmal im Leben blühende Magnolien. Die wellenförmigen Lebenseichenprärien ſind ungemein anziehend, während die allerwärts im Pfoſteneichenwalde zerſtreuten Mes— quitprärien wenig Anziehungskraft für den Natur— freund haben. Die Mesquit- oder Mimoſenbäume, gewöhnlich nur zwölf bis fünfzehn Fuß hoch, ſind ſehr ſtachelig, und das gefiederte Laubwerk iſt gelblichgrün. Ganz anders ſind dagegen die Lebenseichenprärien. Allerwärts wechſeln kleine oder größere Lebenseichen— gruppen mit baumloſen Grasflächen ab. Einſt war es ſchwer, ſich in dieſen großen Prärien zurecht zu finden, und es gehörte die Ortskenntnis eines wettergebräunten Texaners dazu, um ſich nicht zu verirren. Seals— field hat uns in ſeinem „Kajütenbuche“ den Tages— ritt eines in dieſen Prärien Verirrten ebenſo ergreifend als naturwahr geſchildert. Doch das war einſt. Dieſe Zeiten ſind längſt vorüber. wanderer, der ſo gerne ein Stückchen Scholle ſein eigen nennt, hat ſich dieſer ſchönen, fruchtbaren Land— ſtrecken bemächtigt, und von der früheren Pracht und Unendlichkeit, von dem ehemaligen Blumenmeere iſt nur wenig übrig geblieben. Immerhin ſind die ſich noch häufig findenden inſelartigen Lebenseichengruppen ſehr charakteriſtiſch. Die Vogelwelt iſt in allen dieſen Ortlichkeiten überaus reich vertreten, und ich fand eine beobachtet hatte. Der blaue Kernbeißer und der 1) Mammillaria applanata. 2) Echinocactus setispinus. 3) Hes- peraloe yuccfolia. ) Agave maculata. 5) Hymenocallis Galves- tonensis, Der deutſche Ein- Der Scherentyrann oder der texaniſche Paradiesvogel. prachtvolle Nonpareil, der Sängerſchlüpfer und Loui— ſiana-Zaunkönig, der Lerchenfink und verſchiedene Meiſen und Spechte erregten allerorten meine Auf— unbedeutende Blüten und im Herbſt und Winter merkſamkeit. In den Lebenseichengruppen, wie über— haupt in allen paſſenden Ortlichkeiten in Texas, zeigte ſich aber ein Vogeltrio, wie man es ſich ſchöner kaum denken kann: Die Geſangskönigin Spottdroſſel, der ſtolze, prachtvoll rote Kardinal — beide habe ich dem freundlichen Leſer bereits vorgeführt — und der auf— fallende, zumeiſt roſarot gefärbte Scherentyrann, Scherenſchwanz, oder wie ihn die Texaner poeti— ſcher bezeichnen, der texaniſche Paradiesvogel. Durchwandert man in den Monaten April bis Juli die unüberſehbaren blumenreichen Prärien des ſüdöſt— | lichen Texas, und kommt man dann endlich an eine Gelegenheit hatte, meine Exkurſionen nach Oſten hin bis zur Küſtengegend des mexikaniſchen Golfs auszu- dehnen, fand ich im ſchwarzen Erdreich der Prärien | Gruppe Yebenseichen, welche ſchon in weiter Ferne wie eine Inſel aus dem Grasmeere hervortauchte, ſo wird man neben den roten Kardinälen und den ſich durch ihren lauten Geſang und dreiſtes Weſen ſtets hervor— thuenden Spottdroſſeln beſonders den Scherentyran— nen gewahr, der wie kein anderer durch ſeine Schönheit und Flugſpiele die Aufmerkſamkeit ſchon von weitem auf ſich lenkt und den Neuling, der dieſes eigenartige reizende Landſchaftsbild zum erſtenmal betritt, beſon— ders feſſelt. Überall im ſüdöſtlichen Texas iſt der texaniſche Paradiesvogel während des Sommers eine ganz beſondere Zierde der Landſchaft. Den Wald meidet der ſchöne lebhafte Vogel, doch ſiedelt er ſich am Rande desſelben gerne an. In Mais- und Baum— wollenfeldern, ſofern ſich einige größere, grüne Bäume in denſelben finden, ſelbſt in den Bäumen der Gehöfte und in Obſtgärten kommt er vor. Mit Vorliebe aber wählt er Mesquit- und Lebenseichenprärien zu ſeinem Aufenthaltsorte. Gewöhnlich trifft er Ende März oder anfangs April von feiner Reiſe aus dem Süden ein. Als ich an einem milden Apriltage den ſchönen Vogel zuerſt ſah, flog er in ziemlicher Entfer— nung von meinem Standpunkte durch die Luft. Den langen, etwas ſeitwärts gehaltenen Schwanz hielt ich anfangs für einen langen breiten Halm, den er zum Neſte trage. Als der mir unbekannte Vogel jedoch näher kam, wurde ich meinen Irrtum gewahr. Den langen Schwanz ſcherenartig ausbreitend ſetzte er ſich ganz in der Nähe, inmitten eines Baumwollenfeldes, große Anzahl Arten, die ich vorher noch nie im Freien auf einen trockenen Stengel. Bald geſellte ſich noch ein zweiter zu ihm, wohl das Weibchen, und nun begann ein höchſt intereſſantes, feſſelndes Schauſpiel, wie man es faſt in allen ländlichen Gegenden in Texas täglich während der ſchönen Frühlingszeit ſehen Der Scherentyrann oder der teraniiche Paradiesvogel. kann. Der eine ſtieg plötzlich ſenkrecht in die Höhe, den langen Schwanz fortwährend hin- und herbewe— gend, bald denſelben ſcherenartig ausbreitend, bald ihn wieder faltend. Dabei flogen fie, ſich anſcheinend verfolgend, auf und nieder, nach rechts und links. Der Verfolger ahmte ganz genau die Bewegungen des Verfolgten nach. Nachdem das eigentümliche Flugſpiel mehrere Minuten gedauert hatte, ließen ſich beide pfeilſchnell herab bis faſt zum Boden, flogen dann gleitend nahe über demſelben dahin und ließen ſich endlich im freien Felde auf alten Baumwollſtengeln nieder, um bald darauf das intereſſante Flugſpiel zu wiederholen. Dabei ließen ſie fortwährend ihre ſchrillen, ſchnell nacheinander ausgeſtoßenen Rufe hören. Dieſe erinnern ſehr an die gewöhnlichen Laute des Königsvogels, ſind aber nicht ſo ſchrill und durch— dringend. — Auf dieſe Weiſe führte ſich der höchſt anziehende Prachtvogel, den ich in der Folgezeit noch unzähligemal ſehen und viel genauer kennen lernen ſollte, bei mir ein. Wenn ich ſpäter einſam durch die wundervoll mit Blumen geſchmückte Prärie ritt, habe ich mich oft an ſeinen feſſelnden Flugſpielen erfreut. Er iſt einer unſerer lebhafteſten und intereſſanteſten Vögel. Allerorten, wo er vorkommt, verleiht er dem Landſchaftsbilde einen eigenen Reiz. Dies iſt um ſo mehr der Fall, als er an allen nur irgendwie geeigne— 509 ſchnurrenden Töne nachrufend. Nur während der heißen Mittagszeit hält er, ſtill auf dem Aſte eines dicht belaubten Baumes ſitzend, kurze Raſt. Am lebhafteſten iſt er frühmorgens und in den ſpäten Nachmittagsſtunden. — Sein Lieblingsaufenthalt ſind ſtets die ſchönen Lebenseichen oder Mesquitbüſche. Wo man ein Pärchen dieſes Vogels findet, kom— men ganz in der Nähe auch noch andere vor. Ihr Brutgebiet iſt nicht genau abgegrenzt, ſondern ein Pärchen wohnt oft dicht neben dem andern. Sie bekämpfen ſich bei der Wahl der Weibchen oft tagelang, aber nie ſo kopflos und ernſtlich, wie viele andere Vögel. Sobald ſie ſich gepaart haben, leben alle friedlich nebeneinander. Oft ſieht man nicht nur ein, zwei und mehr Pärchen in nächſter Nähe ſich ſpielend jagen, ſondern oft auch drei und vier Stück hinter— einander das bereits beſchriebene Flugſpiel aufführen. In der Regel bemerkt man immer nur zwei, die ſich verfolgen und ſpielend die ſchönſten Flugbewegungen ausführen, während man in unmittelbarer Nähe dann noch mehrere Pärchen gewahrt, die es ebenſo treiben. Im Fluge führen fie die prächtigſten Wendungen überaus kühn und anmutig aus. Wenn ein Pärchen am Boden dahingleitet, beſchreibt es oft einen Kreis, wobei ſie nicht ſelten neben-, anſtatt hintereinander ten Ortlichfeiten regelmäßig auftritt und ſich nirgends zu verbergen ſucht, vielmehr ſein Weſen, ſelbſt in der nächſten Umgebung des Menfchen, frei und offen treibt. Man kann ihn als einen echten texaniſchen Charaktervogel bezeichnen, obwohl er nördlich bis ins Indianer-Territorium und ſüdlich bis ins Innere Mexicos ſich verbreitet. Wahrſcheinlich brütet er auch im weſtlichen Yonifiana und in Arkanſas. Seiner Schönheiten halber iſt unſer Tyrann ein bevorzugter Liebling des Menſchen und beſonders der deutſchen Anſiedler. Das beweiſt zur Genüge der Umſtand, daß man ihn allgemein unter dem Namen „Paradiesvogel“ kennt. Es iſt aber nicht in erſter Reihe ſein auffallend ſchönes, zum Teil prächtig rot angehauchtes Gefieder mit dem langen ſcherenartigen Schwanze, welches ihn ſo bekannt und zum Liebling aller gemacht hat, ſondern ganz beſonders ſind es ſeine hervorragenden Eigenſchaften, ſeine Zutraulichkeit und ſein fröhliches, munteres Weſen. Schon beim Grauen des Morgens vernimmt man fortwährend ſeine ſchril— len Rufe; oft ſchon vor Sonnenaufgang treibt er mit ſeinem Genoſſen ſeine Flugſpiele und erſt nach Eintritt der Abenddämmerung begiebt er ſich zur Ruhe, noch oft als Abendgruß dem ſcheidenden Tagesgeſtirne ſeine — herfliegen; auch kommt es manchmal vor, daß das eine über dem andern ſchwebt. Während des Sitzens be— wegen ſie ihre langen Schwanzfedern ſpielend hin und her. Dabei lugen ſie aber fleißig nach vorüberfliegen— den Juſekten aus und fangen dieſe geſchickt im Fluge. Während der Königstyrann oft lange auf ſeiner Warte ſitzt und wenn er ein Juſekt erbeutet hat, gewöhnlich wieder auf dieſelbe Stelle zurückkehrt, verhält ſich der- Scherentyrann anders. Er ſitzt meiſt nur kurze Zeit auf einem Platze, und erſpäht das ſcharfe Auge ein Kerbtier, ſo fliegt er ſchnell darnach, kehrt aber ſelten auf den alten Sitzplatz zurück, ſondern wählt ſich meiſt einen anderen. So treiben es die Vögel ſtunden— lang und der Beobachter wird nicht müde, dieſen abwechſelnden, immer anmutigen Flugſpielen und harmloſen Neckereien untereinander, dieſem Hin- und Herjagen zuzuſchauen. Es iſt namentlich die ganz einzige Anmut und Schönheit aller Bewegungen, bei denen die langen Schwanzfedern eine hervorragende Rolle ſpielen, welche den Vogel ſo charakteriſtiſch und beliebt machen. Auf dem Boden erſcheint der Scherenſchwanz nur zum Trinken und zum Sammeln von Niſtſtoffen, und hier ſind auch alle ſeine Bewegungen unbeholfen, langſam. Die Luft iſt ſein Element: Hier treibt er 510 Der Scherentyrann oder der ſeine munteren Flugſpiele, hier er erbeutet er feine | ganz aus Kerbtieren beſtehende Nahrung. Große, ganz baumloſe Flächen überfliegt er ungern. Dann iſt ſein Flug geradeaus und dem Anſcheine nach ſchwerfällig, während er in ſeinen Flugſpielen auf und ab, hin und her ein vollendeter Meiſter iſt. Im Geäſt der Bäume weiß er ſich auch nicht beſonders zu | helfen und dichte Büſche beſucht er gar nicht. Nur auf niedrigen Stengeln, Pfoſten, Zäunen, entweder nahe am Boden oder ganz in der Spitze hoher Bäume wählt er ſich einen Sitz. Überhaupt liebt er Ab— wechslung, ſitzt gern einmal hoch, dann wieder niedrig. Erſt nachdem die Paradiestyrannen drei bis vier Wochen bereits in der Heimat verweilen, ſchreiten ſie | zum Neſtbau. Sie wählen zur Anlage des Baues mit Vorliebe die leicht belaubten kleinen Mesquit- bäume, deren ſcharfe Stacheln wahrſcheinlich Schlangen und kleine vierfüßige Räuber abhalten. Sodann fand ich das Neſt oft auf Lebenseichen. Wo dieſe fehlen, legt er es auch auf Pfoſteneichen, Maulbeer— bäumen und Honigafazien an. Bei Houſton und im nördlichen Teile von Harris County baut er meiſt in dichte, breite, mit „ſpaniſchem Moos“ behangene Eichen und in Magnolien. oft fünfundzwanzig bis dreißig Fuß vom Boden und iſt in den dichten Moosgehängen ſchwer zu finden. Als ich an der Weſt-Yegua in Lee County wohnte, hatte ich hinreichende Gelegenheit, ihn beim Brutgeſchäfte zu beobachten. Wie zahlreich dort dieſer Vogel war, beweiſt der Umſtand, daß ich jedes Jahr wenigſtens fünfzig Neſter in einem Umkreis von vier Meilen fand. Dieſe ſtanden in einer Höhe von zehn bis zwölf, gelegentlich auch bis zu dreißig Fuß, meiſt in den Spitzen der Mesquitbüſche, doch auch in den hohen Außenzweigen der Pfoſteneichen. Hier fand ich auch oft Neſter in Gärten, nahe an Wohnhäuſern. Sie waren hier ebenſo zutraulich als die Königsvögel in den Gärten des Nordens. Männchen und Weib— chen bauen gemeinſchaftlich. Im ſüdöſtlichen Texas verwenden ſie meiſt das graue ſpaniſche Moos zur Grundlage des Neſtes und innen polſtern ſie es mit feinen Hälmchen und Baumwolle aus. Weiter im Weſten von Texas war die Unterlage bei allen von mir gefundenen Neſtern aus einer niedrigen wolligen Das Neſt ſteht dann Pflanze (Gnaphalium) gebaut; dann folgten nur wenige Pflanzenſtengel und Baumwolle, oft auch einige Haare und Schafwolle. Alle Neſter waren ſehr dick mit Baumwolle ausgelegt und alle waren ſehr feſt und kompakt, warm und dauerhaft. Verſteckt legen ſie den Bau nie an. Die erſten Neſter mit Eiern texaniſche Paradiesvogel. fand ich anfangs Mai, das letzte mit einem friſchen Gelege noch am 4. Juli. Manche Pärchen ſcheinen jährlich zwei Bruten zu machen. Die vier bis ſechs Eier ſind rahmweiß, ziemlich ſpärlich mit dicken dunkelbraunen Flecken gezeichnet. Dieſe ſtehen am dicken Ende am dichteſten, doch finden ſich einzelne auch auf der übrigen Eifläche. Die Eier find denen des Königstyrannen in Größe und Färbung ſehr ähnlich. Die Bebrütung dauert dreizehn Tage. Das Weibchen ſcheint ſie allein zu zeitigen, während das Männchen in der Nähe auf der Spitze eines Baumes Wache hält. Kein gefiederter Räuber darf es wagen, ungeſtraft in das Niſtgebiet dieſer Vögel zu kommen. Sie greifen denfelben ebenſo energiſch an und treiben ihn jo tapfer in die Flucht, wie es die Königsvögel thun. Naht ſich ſonſt ein Feind dem Neſt, ſo ſind auch gleich die übrigen Pär— chen, welche in der Nähe brüten, an Ort und Stelle, um ſich am Kampfe zu beteiligen. Bei Annäherung eines Menſchen läßt das wachehaltende Männchen einen durchdringenden Warnungston hören und fliegt dann eine Strecke weit fort; das Weibchen verläßt dann ſogleich das Neſt, dasſelbe fortwährend umkrei— ſend, und alle übrigen Scherenſchwänze aus der näch— ſten Umgebung kommen neugierig herbei. Die Jungen werden mit fliegenden Inſekten aufgefüttert, die die Alten jetzt unaufhörlich herbei— tragen. Der Scherenſchwanz iſt überhaupt einer der nützlichſten teranifchen Vögel. Weſpen, Bienen und Hummeln verzehrt er nie, dagegen erbeutet er unzäh— lige Nachtfalter, Schmetterlinge, Käfer, Heuſchrecken, Gifaden ie. Im Auguſt und September ſieht man ſie in großer Anzahl in den Baumwollenfeldern, wo ſie Jagd auf die ungemein ſchädlichen Baumwollen— ſchmetterlinge und anderes Ungeziefer machen. Einen nützlicheren Vogel, als der texaniſche Paradiesvogel es iſt, kann's kaum geben. Darum ſollte ihm der Schutz des Menſchen ganz beſonders zuteil werden. Etwa Mitte Oktober ziehen ſie ſüdlich nach Süd— Mexico, Centralamerika (Coſta Rica, Guatemala, Honduras), vielleicht ſelbſt bis nach Südamerika. Sie ſind zärtliche Vögel, welche die kühle Witterung, die für ſie ebenfalls mit Nahrungsmangel gleichbedeutend iſt, durchaus nicht vertragen können. Dort, wo die Agaven und viele Kaktusarten in Menge wachſen, wo die milde Luft Palmenwedel hin- und herwiegt, wo wundervolle Baumorchideen auf den Aſten tropiſcher Waldbäume wachſen, da iſt die Winterheimat unſeres Paradiestyrannen. Im Käfig läßt ſich der Gabelſchwanz leicht er— — — — an halten, wenn man ihn reichlich mit Mehlwürmern, getrockneten Ameiſenpuppen und einem guten Erſatz— futter, wie man es den feinen Inſektenfreſſern reicht, verſorgt. Droſſeln, wird auch ganz zahm und zutraulich. Als ich noch in Chicago wohnte, ſah ich (1877) bei einem dortigen Vogelhändler etwa ſieben Stück junge Sche— renſchwänze, die mit einer Sendung Spottdroſſeln aus dem weſtlichen Louiſiana angekommen waren. Die Vögel wurden mit gewöhnlichem Spottdroſſel— futter ernährt und befanden ſich anſcheinend ſehr wohl dabei. Ich erhielt meine gefangenen Scherentyrannen beſonders dadurch bei guter Geſundheit, daß ich ihnen ſehr oft friſches rohes gehacktes Fleiſch reichte. Dieſes nahmen ſie ſchließlich aus der Hand und wurden endlich recht zahm. Außer ſeinen ſchrillen Lauten läßt unſer Vogel keine wohlklingenden Töne hören. Die Gabe des Geſanges iſt ihm gänzlich verſagt. Namen: Scherentyrann, Scherenſchwanz, Gabelſchwanz, texaniſcher Paradiesvogel, Paradiestyrann. Scissor-tailed Flycatcher, Seissor-tail, Swal- low-tailed Flycatcher, Paradise, Paradise Bird, Paradise Flycatcher, Mes- quit Bird. Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa forficata Gmel. (1788). — Tyrannus forfieatus Say (1823). — Milvulus Jforficatus Swainson (1827). Er zeigt ſich ebenſo ausdauernd wie die Der Königsvogel. Fork-tail, Texan Bird of Bi 511 Beſchreibung: Kopf und Kopfjeiten ſehr matt aſchgrau; der Rücken ein wenig dunkler bläulich-aſchgrau, matt roſarot angeflogen. Unterſeite faſt reinweiß, nach dem Schwanze zu hell zinnoberrot angeflogen; Unterflügel ſchön roſarot; ein Fleck auf den Seiten der Bruſt und auf der Schulter dunkeler zinnoberrot; Schwanzfedern roſaweiß, mit zwei oder drei Zoll langer ſchwarzer Spitze. Bürzel dunkelbraun, auf den Flügeldeckfedern in Schwärzlich übergehend; die mittleren und kleinen Flügelfedern weiß geſäumt. Kopfkrone mit einem ver— ſteckten ſcharlachroten Fleck. — Weibchen ähnlich, aber kleiner. Länge 12 bis 15 Zoll; Flügel 4.50 bis 5.15 Zoll; Schwanz 7 bis 10 Zoll. Der Gabeltyraun. Fork-tailed Flycatcher. Milvulas tyrannus BoN xP. Der Gabeltyrann gehört dem tropifchen Amerika, vom ſüdlichen Mexico und den kleinen Au— tillen bis zum La Plata, an, hat ſich aber wiederholt ſchon bis nach Miſſiſſippi, Kentucky und New Jerſey verflogen. In der Lebensweiſe und im ganzen Auf— treten gleicht er unſerem texaniſchen Scherentyrannen, iſt aber läugſt nicht ſo ſchön. Beſchreibung: Der Rücken iſt hell blaugrau, die ganze Unterſeite iſt reinweiß; in der ſchwarzen Kopfkrone befindet ſich ein verſteckter eitrongelber Fleck. Die Schwanzfedern ſind ſchwarz. Der ganze Vogel iſt etwa 12 bis 14.50 Zoll lang, wovon 9 bis 10 Zoll auf den langen gegabelten Schwanz kommen. Heimgekehrt aus ferner Sone, Aus dem palmenreichen Süd, Überblickt von hohem Throne Königsvogel fein Gebiet. Einer Ulme ſchlanke Aſte, Die des Farmers Haus umweh'n, Hat er ſich zur Ausfallfeſte Seiner Streiferei erſeh'n. Iſt es doch dieſelbe Stätte, Wo er auch im Jahr zuvor Sich ſo manche gute, fette Beute für fein Heim erfor. Tafel XXX. Vogel 3. Emſig putzt er ſich und trillert CTſchiup! Cſchiup! luſtig drein, Und fein keckes Häubchen fchillert Feuerrot im Sonnenſchein. „Wache, wacke, kleiner kühner Krieger auch in dieſem Jahr, Daß das liebe Volk der Hühner Sicher bleibe vor Gefahr! „Sieh, da oben bei der Wolke Seigt ſich ſchon der alte Feind, Der es mit dem Hühnervolfe, Wie du weißt, ſo böſe meint! Der Königsvogel— Kingbird. Tyrannus tyrannus Jok DAN. „Sieh nur, wie der Mordgeſelle Mählich ſeinen Kreis verengt, Bis er ſich mit Blitzesſchnelle Auf fein Opfer niederſenkt! „Homm geſchwind, geſchwind zur Stelle! Königsvogel, komm herbei, Ehe ſich mit Blitzesſchnelle Niederſtürzt der grimme Weih! „Eben zieht er ſchon zum Falle Seine mächt'gen Schwingen an, | Komm mit Wehr und Waffenpralle Und durchkreuze ſeinen Plan!“ Hönigsvogel, raſch an Thaten, Die durch kühnen Mut geſcheh'n, Hat den gierigen Piraten Längſt in ſeinem Reich geſeh'n. Jubelnd mit dem Schlachtgeſange Tſchiup! CTſchiup! ſtürzt er ſich, Folgend feinem Thatendrange, Mutig auf den Wüterich. „Kleiner, unerſchrock'ner Streiter, Kühner, mutiger Soldat, Wache und befämpfe weiter Jeden Räuber, der ſich naht! ir befinden uns im ſüdlichen Florida, in einer Gegend, wo noch vor wenigen Jahren der Boden mit Kiefern- und Hartholzwald beſtanden war. Jetzt iſt die Gegend der Kultur erſchloſſen, und nach allen Richtungen hin ſtehen Orangenhaine. Dazwi— ſchen ſieht man die echt tropiſchen Formen der Banane, Ananas und Dattelpalme. Nichts aber feſſelt uns ſo, wie die ſehr häufig ſich findenden größeren und kleine— ren Landſeen, die ſich durch klares reines Waſſer und beträchtliche Tiefe auszeichnen. Sie haben weder einen Zu- noch Abfluß, ſondern werden durch unterirdiſche Quellen geſpeiſt. Wir ſind erſtaunt, in dem ärm— lichen Sandboden einen ſolchen üppigen Pflanzenwuchs zu ſehen. Zwiſchen den ſchlanken, langnadeligen Kiefern finden ſich oft Lebenseichen, die durch ihr üppiges grünes Laub Abwechslung in das ſonſt etwas einförmige Landſchaftsbild bringen. Auf ihren Aſten haben ſich tropiſche Schmarotzer- oder Luftpflanzen (Air Plants), Bromeliaceen!), heimiſch gemacht. Auf den hie und da ſich findenden, aber erſt in den Ham— mockwäldern häufigen, prächtigen Magnolien wachſen Farnkräuter und Baumorchideen ?), uns erinnernd, daß wir uns ganz in der Nähe der Tropen befinden. Der Boden iſt oft, ſo weit man ſehen kann, mit einer kleinen, nur wenige Fuß Höhe erreichenden Palme?) bedeckt. Wo dieſe fehlt, haben ſich mehrere weiß und rot blühende Heidelbeerſträucher und Farnkräuter angeſiedelt. Eine kleine orangegelbe Blume fällt uns jetzt, Mitte April, beſonders auf. Es iſt die gelbe Knopfblume ). Ziehen wir einige dieſer Pflanzen aus dem Boden, ſo bemerken wir einen ſtarken, von den Wurzeln ausſtrömenden Geruch, der ebenſo aro— matiſch iſt, wie der der Wintergrünblätter. Auch niedrige ſchöne Yorbeerjträucher) und verſchiedene andere Büſche, namentlich auch Erythrinen, trifft man 1) Tillandsia bracteata. 2) Epidendrum venosum und E. conop— seum. 3) Chamzrops Adansonii. 4) Polygala lutea. 5) Persea Carolinensis, Beil Wie klappt's aus Schnabelhieben Tſchiup! CTſchiup! kreuz und quer, Daß die Federn wirbelnd ſtieben Durch die Lüfte hin und her! Gellend tönt des Räubers Pfeifen Wie im Horne dann und wann, Daß er ſeinen Feind nicht greifen, Nicht in Stücke reißen kann. | Der Königsvogel. 2 Aber trogend dieſem Toben, Läßt der kleine Mann nicht los; Immer wuchtiger von oben Fallen Hiebe, Stoß auf Stoß. Da — zerzauſt an Kopf und Rumpfe, Flieht der Wegclagerer, And der Sieger ruft zum Trumpfe Tſchiup! Tſchiup! hinterher. „Deiner Wacht iſt's zuzuſchreiben, Deinem Mute unbeirrt, Daß des Raubgeſindels Treiben Nicht noch immer frecher wird.“ H. Nub land. allerwärts in den Kieferwäldern. Wo der Boden etwas feuchter und an Humus reicher iſt, finden ſich ſchöne Gruppen oft vierzig Fuß hoher Fächerpalmen ), Magnolien, Gordonien, verſchiedene Eichen und andere Bäume. Das Untergebüſch beſteht aus reizenden rötlichen, wohlriechenden Andromeden, Schneeglocken— ſträuchern und Sägepalmen ?). Einen eigenartigen Eindruck machen aber die Gärten. Die Orangen— haine, auf denen ſich duftende Blüten und goldige Früchte zu gleicher Zeit finden, ſind an ſich ſchon eine Reiſe wert. Aber man ſieht auch Mango, Sapodilla-, Anonen- und Guavenbäume, echte Kinder der Tropen. Gardenien, Tabernzeemontana-, Anis- ) und Bananen— ſträucher, Azaleen und Kamelien, die braſilianiſchen Lilabüſche !), auſtraliſche Myrtaceen '), Eugenien, eine Menge verſchiedener prächtiger Palmen, Pfefferbäume, auſtraliſche Akazien und andere ſchmücken die Zier— gärten. Die einen föftlichen Wohlgeruch verbrei— tenden Hakenlilien“) und die farbenprächtigen Ritter— jterne‘) erhöhen den Reiz dieſer noch ganz neuen Anlagen um ein Bedeutendes. Daß die Hitze nicht unangenehm wird, dafür ſorgt beſtändig eine vom Ozean oder vom Golf herüberwehende friſche, kräftige Briſe. Leider gewahrte ich in den jo ſchönen Orange— gärten nur wenig Vögel. Das kleine Sperlings— täubchen, zahlreiche Spottvögel, Nonpareils und Königsvögel, das iſt ſo ziemlich alles, was man ſieht. Der Königsvogel macht ſich in den Orange— hainen ebenſo bemerklich, wie in den Obſtgärten von Illinois, Wisconſin und Miſſouri, wie in Texas und Louiſiana, aber nirgends ſah ich ihn einen ſolchen Mut, eine ſolche Tapferkeit entfalten, als in der beſchriebenen Gegend Floridas. Dort treten die weißköpfigen Adler ſehr zahlreich auf und werden beſonders den Hühnerhöfen gefährlich; doch wo ſich 1) N Palmetto. 2) Sabal serrulata. 3) Illicum Flori- danum. 4) Franciscea calyeina, F. Hoopeana und F. Lindeni. 5) Melaleuca, Metrosideros, Callistemon. 6) Crinum. 7) Hippe- astrum (Amaryllus). a 2 — —— . ——— EIER er Königsvogel. der Königstyrann niedergelaſſen hat, wagt es kein gefiederter Räuber, in die Nähe zu kommen. in der That, was ſeinen Mut und ſeine heldenmütige Tapferkeit betrifft, ein König. Feigheit kennt er nicht. Auch dem größten Adler und Falken gegenüber iſt er ſtets ein ſiegreicher Held. Wir werden uns von ſeiner Tapferkeit und von ſeinem Mute am beſten überzeugen können, wenn wir ein im Garten brütendes Pärchen genauer beobachten. Dort in der Spitze eines Baumes ſitzt das Männchen, fortwährend ſeine ſchrillen Laute ausſtoßend. Die geſträubte Kopfhaube und das ſcharf umherblickende Auge laſſen ihn uns ſofort als kampfbereiten, wach— ſamen Vogel erſcheinen, während ſein lebhaftes Auf- und Niederfliegen Zeugnis von feiner Munter— keit ablegt. Er iſt 513 Flügeln beſtändig zitternd, kehren die mutigen Vögel auf ihren alten Platz zurück. Ich habe ſehr oft beob— | achtet, wie fie den rotſchwänzigen Buſſard, Falken, Von feiner großen Fluggewandtheit können wir uns annähernd einen Begriff machen, | wenn wir ihn von ſeiner Warte aus fliegende Inſekten erbeuten ſehen, was, beiläufig geſagt, faſt immer der Fall iſt. Aber wir werden unſeren Vogel bald von einer anderen Seite kennen lernen. Dort, in weiter Ferne, hoch oben im blauen Ather, nur erſt als kleiner Punkt ſichtbar, naht ſich ein Adler. er näher und näher. ſeine Kreiſe und überſieht als „König der Vögel“ ſeines Reiches Grenzen. Schon eher als wir hat ihn das ſcharfe Auge unſeres Wächters wahrgenommen, aber er verhält ſich merkwürdig ruhig. Nur ein gedämpftes Gezwitſcher läßt er hören. Sonſt verrät nichts ſeine Erregung. Kräftigen Fluges, das ſcharfe Auge nach unten gerichtet, naht der Räuber. hält das Königsvogelpaar den Augenblick des Angriffs für gekommen. Wie ein Blitz ſtürzen ſie ſich, ſchrille ſcharfe Töne ausſtoßend, auf den nichtsahnenden Feind. In überraſchend kurzer Zeit haben ſie ihn erreicht, ſich über ihn geſchwungen und ſtoßen unn fortwährend von oben auf ihn herab. Sie fliegen namentlich nach dem Kopfe, ſetzen ſich aber auch gelegentlich auf den Rücken, denſelben mit wuchtigen Schnabelhieben bearbeitend. Der Räuber dreht den Langſam kommt Anmutig zieht er in der Luft zieh Jetzt Kopf nach rechts und links, um den Schnabelhieben der kleinen Feinde auszuweichen, er ſchwingt ſich einmal hoch in die Luft, dann ſchießt er wieder pfeil— ſchnell herab, aber er kann ſich der kleinen, tapferen, ſtets über ihm ſich haltenden Geſellen nicht erwehren. Er fliegt, ſo ſchnell es ſeine Kräfte geſtatten. Mit triumphierendem Geſchrei treiben ſie ihn oft meilen— weit, bis ein anderes Pärchen ſie in der Verfolgung ablöſt. Mit weithin ſchallendem, trillerndem Sieges— Habichte und Krähen in die Flucht trieben. Keiner dieſer Räuber darf es wagen, ungeſtraft in das Wohngebiet des Königstyrannen zu kommen. Nie entgeht ein ſolcher der Aufmerkſamkeit des Wächters. Die großen Raubvögel laſſen die Angriffe lautlos über ſich ergehen. Dagegen ſchreit der feige Blauhäher, dieſer nichtswürdige Neſtplünderer, Zeter und Mor— dio, wenn der Königsvogel auf ihn herabſchießt. In ſeiner Angſt und Feigheit weiß er nicht, wohin er ſich wenden ſoll, bis er endlich ein ſchützendes Dickicht oder den Wald erreicht. Dann ſtellt der Held ſeine Verfolgung ein. Auch die Krähen, die ſo gern die Hühnerneſter plündern und großen Schaden unter den kleinen Kücken anrichten, ſchreien vor Angſt, wenn der Königstyrann ſie angreift. Er iſt daher mit Recht als ein Wächter des Hühnerhofes bei den meiſten Landleuten hochgeſchätzt. Seine Kämpfe finden ſtets in der Luft ſtatt. Selten greift er in dem Geäſt der Bäume ſitzende Räuber an. Nur dann geſchieht dies, wenn ſie ſeinem Neſte zu nahe kommen. Er weiß die ſchädlichen von den harmloſen Raubvögeln genau zu unterſcheiden. Nie wird er die im Süden ſo häufigen Aasgeier behelligen. Man hat unſerem tapferen Ritter Unverträglich— keit mit anderen kleinen Vögeln vorgeworfen und ihn deshalb Tyrannen genannt. Ich kann ihm jedoch zu ſeiner Ehrenrettung ein gutes Zeugnis in dieſer Hinſicht ausſtellen. Nur mit einem Vogel lebt er manchmal auf etwas geſpanntem Fuße. Das iſt die ebenſo tapfere, mutige, vor keinem fliegenden Feinde ſich fürchtende Purpurſchwalbe (Martin), die ihn in Fluggewandtheit noch übertrifft. Unſere älteren Or— nithologen berichten, daß dieſe beiden Vögel ſich oft befehdeten. Dies kommt nach meiner Erfahrung nur höchſt ſelten vor. Ich habe im ſüdweſtlichen Miſſouri oft über ein Dutzend Pärchen „Martins“ in einem Schwalbenhäuschen gehabt, in deſſen Nähe ein Pärchen Königsvögel brütete, und alle vertrugen ſich gut mit— einander. Sie griffen ſogar gemeinſchaftlich alle ſich nahenden fliegenden Räuber an, namentlich die raub— luſtigen Krähen. Auch gegen die übrigen kleinen harm— loſen Vögel iſt er nicht ſtreitſüchtig. Dieſe ſiedeln ſich ſogar mit beſonderer Vorliebe in ſeiner Nähe an, da ſie ſich unter ſeinem Schutze dem Gefühle vollkommener Sicherheit hingeben können. Nicht weit von meiner Wohnung in Miſſouri ſtanden große dichte Schwarz— geſchrei und ſtolzer, ſelbſtbewußter Haltung, mit den Auf einer derſelben hatte der Tyrann ſeine 65 eichen. 514 Der Königsvogel. Warte, und auch das Neſt befand ſich ziemlich in der Spitze. Fortwährend vernahm man ſeine ſchrillen Rufe, und in freudiger Erregung ſtieg das wache— haltende Männchen immer und immer wieder in die Luft. In demſelben Baume hatte auch eine Wanderdroſſel ihr Neſt, und keine ſechs Fuß vom Neſte des Königsvogels befand ſich der künſtliche Bau des Gartenoriols. Katzendroſſel und Braundroſſel, Indigofinken und blaue Kernbeißer brüteten ganz in der Nähe in Gebüſchen, und der Niſtkaſten eines Hüttenſängerpärchens ſtand ebenfalls kaum zwanzig Schritt davon. Im nördlichen Illinois fand ich Baltimore-Oriole, Wanderdroſſeln und Königsvögel, in Wisconſin dieſe nebſt Gartenſängern und Vireos auf einem Baum brütend. Dieſe Beiſpiele, die ich noch vermehren könnte, ſind doch Beweiſe genug, daß unſer Vogel verträglich iſt. Der Name „Tyrann“ iſt, ſofern dieſer Vogel in Betracht kommt, nicht zutref— fend; dagegen paßt er auf viele Arten der namentlich in dem tropiſchen Amerika ſtark vertretenen Familie vortrefflich, denn ſie ſind oft tyranniſch gegen die kleinen Mitbewohner ihres Reviers und laſſen ſich ſogar Übergriffe zu ſchulden kommen, von denen unſer nützlicher Wächter weit entfernt iſt. Der Königsvogel trifft in Wisconſin und Nord— Illinois ſelten vor Mitte Mai ein. Im ſüdweſtlichen Miſſouri beobachtete ich ſeine Ankunft von Mitte bis Ende April, je nach der Witterung, im ſüdöſtlichen Texas Ende März oder anfangs April. Seine ſchrillen trillernden Rufe ertönen bald nach ſeiner Ankunft von allen Seiten, ſodaß man ſeiner bald gewahr wird. Da er von fliegenden Junſekten lebt, ſo erſcheint er nicht eher, als bis der Frühling wirklich eingezogen iſt. Sein Verbreitungsgebiet iſt ſehr groß. Von Süd-Florida, Texas und Mexico bis hinauf zum Saskatchewan iſt er Brutvogel. Vom Atlantiſchen Ozean verbreitet er ſich weſtlich bis zum Felſengebirge, kommt ſelbſt noch am großen Salzſee, im Thale des Truckee und am Puget-Sund vor. Im Winter findet man ihn auf Cuba, in Guatemala, Honduras, Panama, ſelbſt in Südamerika und in Peru. Da der Königstyrann allerwärts ein gewöhn— licher Vogel iſt und ſich ohne Scheu in der unmittel— baren Nähe des Menſchen anſiedelt, ſo iſt er einer unſerer bekannteſten und volkstümlichſten Vögel. Er Wälder und auf einzelnen Bäumen der Felder und Wieſen an. Im Innern des dichten Waldes trifft man ihn nicht. Auf den weiten baumloſen Prärien findet er ſich regelmäßig ein, wenn die angepflanzten Obſt-⸗ und Schattenbäume eine gewiſſe Größe erreicht haben. Mit dem Neſtbau beginnen ſie im Norden Ende Mai und anfangs Juni, im ſüdlichen Texas einen vollen Monat früher. Der Bau ſteht gewöhn— lich zwölf bis fünfzehn Fuß vom Boden, auf den wage— rechten Aſten größerer Bäume. Im Norden baut er mit Vorliebe in Robinien, Eichen, Zuckerahorne, italieniſche Pappeln und Birnenbäume, weiter ſüdlich bevorzugt er Honiglokuſtbäume, Oſage-Orangen, Tulpen- und Kaſtanienbäume. In Texas fand ich das Neſt oft auf Magnolien, Lebenseichen, Amber— und Mesquitbäumen. In Florida zieht er die dichten Orangenbäume allen andern vor, doch baut er hier gelegentlich auch in eine hohe Fächerpalme !). Der Bau beſteht je nach der Ortlichfeit aus verſchiedenen Stoffen, iſt aber immer recht feſt und dauerhaft. Das Männchen trägt meiſt die Bauſtoffe herbei, wäh— rend das Weibchen allein das Neſt formt. Pflanzen— ſtengel, Grashalme, oft untermiſcht mit Schafwolle, bilden die Außenſeite; immer iſt es mit feinen Hälm— chen, nicht ſelten auch mit Pferdehaaren und Federn ausgelegt. In Texas war es meiſt aus „ſpaniſchem Moos“ gebaut und innen mit feinen Hälmchen ausge— kleidet. Es iſt ein ziemlich großer Bau. In Süd— Florida, wo er ſchon Mitte April baut, ſteht es oft auf wagerechten Aſten von Magnolien oder Lebens- eichen, die dicht mit ananasartigen Schmarotzerpflan— zen ?), Baumorchideen und Farnkräutern bewachſen ſind. Er baut nie verſteckt, ſondern immer mehr oder weniger frei, ſodaß das Neſt dem Auge des kundigen Beobachters ſelten eutgeht. Im Norden finden jährlich nur eine, im Süden dagegen oft zwei Bruten ſtatt. Die Eier ſind rahmweiß, nie ſehr dicht mit ziemlich großen dunkelbraunen Flecken, die am iſt ein echter Charaktervogel unſerer Baumgärten. | Ich fand ihn ebenſo häufig im Norden als im Süden. Sein Lieblingsaufenthalt ſind immer die Obſt- und Ziergärten; doch ſiedelt er ſich auch am Rande der 1 j dicken Ende am dichteſten ſtehen, gefleckt. Ihre Zahl beträgt vier bis fünf, die das Weibchen allein zeitigt. Nach dreizehn- oder vierzehntägiger Bebrütung ſchlüpfen die Jungen aus. Während dieſer Zeit iſt das alte Männchen beſonders wachſam und kampfes— mutig. Nicht nur fliegende Räuber werden jetzt ver— folgt, ſondern auch Schlangen und kleine Vierfüßler werden wütend angegriffen, ſobald fie ſich dem Nejte nahen. Selbſt die räuberiſche Katze, die doch ſonſt ſo viele Bruten des Gartens vernichtet, wagt ſich bei 1) Sabal Palmetto. 2) Tillandsia bracteata, T. utriculata ete. EEE = . — Tage nicht ſo leicht an das Neſt des Tyrannen. Männchen ſitzt in der Regel auf einem hohen Zweige unweit des Neſtes. Die weiße Bruſt glänzt weithin und der ſonſt verborgene, feurig-orangerote Scheitel— fleck der geſträubten Kopfhaube erglüht förmlich in der | Sonne. — In den erſten Tagen werden die Jungen mit feinen fliegenden Inſekten gefüttert. Später erhalten ſie Raupen, Grashüpfer, Cikaden und andere Kerbtiere. Es iſt erſtaunlich, welche Menge ſchädlicher Inſekten die Alten zur Atzung der Jungen herbeizu— ſchaffen haben. Da dieſe Vögel vom Tage ihres Kommens bis zum Wegzuge faft ausſchließlich von Inſekten leben, ſo muß man ſie zu unſern allernütz— lichſten Vögeln zählen. — Ganz mit Unrecht hat man ihm mancherorts den Namen „Bienenmartin“ (Bee Muartin) beigelegt. Ich kann, auf eigene Beobachtun- gen geſtützt, den Bienenzüchtern verſichern, daß nie dieſe beſtachelten Tierchen die Kehle unſeres Vogels paſſieren. Faſt alle ſeine Nahrung erbeutet er flie— gend, doch kommt er gelegentlich auf den Boden herab, um Erdwürmer aufzunehmen. — Seine Bewegungen auf der Erde und ſein Gehen ſind unbeholfen. Wenn er trinken oder ein Bad nehmen will, ſo taucht er in der Weiſe der Schwalben herab auf den Waſſerſpiegel, erhebt ſich aber ſogleich wieder aus dem naſſen Element. — Im dichten Geäſt der Bäume weiß er ſich nicht geſchickt zu benehmen. Als mutiger Held hat er es auch nicht nötig, ſich zu verſtecken. Frei und offen zeigt er ſich allerwärts. Darum ſieht man ihn auch immer in den Spitzen der Bäume, auf Pfoſten und beſonders häufig auf Telegraphendrähten ſitzen. Geſellig im eigentlichen Sinne des Wortes iſt der Königsvogel nicht. Er zieht allerdings in größeren und kleineren loſen Geſellſchaften dem Süden zu, aber keiner ſcheint ſich viel um den anderen zu beküm— mern. Ende September find alle aus den Nordſtaaten verſchwunden und anfangs Oktober gewahrte ich auch im ſüdweſtlichen Miſſouri keine mehr. Nach der Brutzeit, ſobald die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben, werden ſie überhaupt ſo ſtill, daß ſie kaum noch auffallen. Es iſt daher nicht ganz leicht, die Zeit ihres Wegzuges nach dem Süden genau Der Königsvogel. Das anzugeben. 515 Der Königsvogel eignet ſich ſehr gut für den Käfig, wird aber nur ſelten eingefangen. In den Vogelhandlungen findet man ihn ſehr ſelten. Er gewöhnt ſich bald ein und wird zahm und zutraulich, ſo— daß er ohne Scheu die dargereichten Leckerbiſſen aus der Hand nimmt. Ich fütterte ihn mit einem Gemiſch von Spottvogelfutter, gelben Rüben und getrockneten Ameiſenpuppen. Seine Munterkeit, Ausdauer und eigentümliche Zutraulichkeit machte ihn mir als Stuben— vogel beſonders wertvoll. Förmlich erpicht war er auf Inſekten und wenn ich mich mit einer Heuſchrecke, einem Erd- oder Regenwurm dem Käfig näherte, kam er mit geſträubter Haube und vor Erregung ſprühen— den Augen an das Gitter geflogen, um den Lecker— biſſen aus der Hand zu nehmen. Mehlwürmer und kleine Raupen verſchlang er ſofort. Heuſchrecken und Schmetterlinge zerſtückelte er erſt. Auch rohes und getrocknetes mageres Fleiſch fraß er gern. Die unver— daulichen Überreſte von Käfern, Heuſchrecken und Schmetterlingen wurden ausgeworfen. Bei kaltem Wetter und des Nachts ſaß er ſtill mit eingezogenem Kopfe auf den Sitzſtangen; ſobald aber eine ange— nehme Wärme ſich fühlbar machte, zeigte er wieder ſeine alte Munterkeit. Man muß ihm einen großen Käfig anweiſen, darf ihn auch nicht mit anderen kleineren Vögeln zuſammen thun, weil er dieſe weniger durch ſeine Unverträglichkeit, als durch ſein ausge— laſſenes Weſen und fein Hin- und Herfliegen ängjtigt und quält. Namen: Königsbpogel, Königstyrann, Tyrann (fälſchlich auch „Bienenmartin“, „Bienenvogel“ genannt). King bird, „Bee Martin.‘‘ Wiſſenſchaftliche Namen: Lanius tyrannus Linn. (1858). — Muscicapa tyrannus Wils (1808). — Tyran- nus intrepidus Vieill. (1824). — Tyrannus carolinensis Baird (1858). — Tyrannus Iyrannus Jordan (1884). Beſchreibung: Halbgehäubt; Schwanz leicht gerundet. Oberſeite ſchwärzlichgrau, am Kopfe in Schwarz über— gehend; Unterſeite reinweiß; auf der Bruſt leicht aſch— grau angeflogen; Schwanz breit weiß geſäumt; Schnabel und Füße ſchwarz. Länge 8 bis 9 Zoll; Flügel 4.65, Schwanz 3.75 Zoll. n 8 Der Grautyrann. Gray Kingbird. Tyrannus dominicensis RIcHARDSON. 0 ſeiner Lebensweiſe, ſeinem ganzen Thun und Treiben unterſcheidet ſich der Grautyrann oder Petſcheri kaum von dem ausführlicher bejchrie> | benen Königsvogel. Die eigentliche Heimat dieſes Fliegenfängers iſt Weſtindien, namentlich die Inſeln St. Croix, Jamaica, Cuba u. ſ. f., dann auch die kleinen aus Korallenriffen gebildeten Inſeln Süd— Floridas (Florida Keys). Auch an der ganzen Oſtküſte Floridas, nördlich bis Georgia und Süd- Carolina, tritt er ziemlich regelmäßig als Brutvogel auf. Nach Newton iſt er auf St. Croix einer der auffallendſten und bekannteſten Vögel. Zu ſeiner Warte wählt er vorzugsweiſe die ſpeerförmigen, noch unentfalteten Wedel der Gebirgspalmen. Seine Nah— rung beſteht neben Inſekten auch aus den ſchwarzen Beeren einer myrtenblättrigen, häufig paraſitiſch auf Orangenbäumen wachſenden Pflanze. Der Vogel, den man auf Jamaica, feines wie „Pet-[cher-i” klin— genden Rufes halber, den „grauen Petſcheri“ (Gray Petchary) nennt, brütet in den verſchiedenen Gegen— den der Inſel, je nach der höheren oder niedrigeren Lage, zu verſchiedenen Zeiten. Hill fand das Nejt immer auf hohen Palmen, Goſſe dagegen entdeckte es einmal auf einem Bitterholzbaume, nahe der Woh— nung eines ſeiner Freunde, ein andermal auf einer Spondias (Hog-plum). Der erſte Bau beſtand äußerlich aus Pflanzenſtengeln und Wickelranken einer Paſſionsblume oder Bryonia und war innen mit einer dicken Lage von Pferdehaaren ausgepolſtert. Der zweite Bau war loſe und offen und beſtand faſt ganz aus Wickelranken und einigen Stengeln; die Auskleidung beſtand aus einigen glänzend ſchwarzen, haarfeinen Rippen eines Farnwedels. Nach Audubon erſcheinen die Grautyrannen auf den Florida Keys etwa am 1. April. Gewöhnlich iſt ihr Flug flatternd, wenn ſie aber Reiher, Krähen, Falken und andere größere Vögel verfolgen, ſo iſt derſelbe ſehr gewandt und ſchnell. Sie bauen ihre Neſter in ähnlicher Weiſe auf horizontale Baumäſte, wie der Königsvogel. Dr. Cooper ſah die erſten Grautyrannen bei Fort Dallas, Fla., am 1. Mai. Bei New Smyrna, an der Oſtküſte des genannten Staates, waren ſie ziemlich zahlreich. Inſeln der Moskito-Lagune (Mosquito Lagoon) fand er an einem Nachmittage drei Neſter. Dieſelben ſtanden alle auf kleinen Aſten niedriger, abgeſtorbener Mangrovebäume, etwa zehn Fuß vom Boden. Sie waren aus Zweigen loſe zuſammengefügt und ent- hielten keine Auskleidung. — Dr. Bachmann berich— tet, daß ſie ziemlich regelmäßig bei Charleston, S. C., brüten. Zur Vervollſtändigung dieſer Angaben will ich noch einen Bericht Maynards auführen. „Es war am 7. April des Jahres 1871, als ich zum erſtenmal Gelegenheit hatte, den Grautyrann zu beob— achten. Mit meinem Freunde, Herrn H. W. Hen— ſhaw, kam ich gerade von einer in die Everglades unternommenen Forſchungstour zurück. Als wir langſam dem Strom, der hier den oberen Lauf des Miami bildet, folgten, vernahmen wir plötzlich einen lauten menſchlichen Ruf und gleich darauf tauchte die ſchlanke Geſtalt des jungen Seminolenhäuptlings „Tigerſchwanz“ (Tiger-tail) aus dem hier ſehr hohen Graſe auf. Er hatte uns bemerkt, und da er über den Fluß geſetzt zu werden wünſchte, hatte er uns angerufen. Nachdem wir ſeine Bitte erfüllt, ruderten wir langſam den Fällen des die Everglades verlaſſen— den Fluſſes zu. Hier war es nun, wo ich auf einer am Ufer ſtehenden Cypreſſe den Grautyrannen zum erſtenmal beobachtete. „Dieſer Vogel ſchien ſich hierher nur verflogen zu haben, da ich ihn bei Miami nirgends autraf. Während der letzten Aprilwoche jedoch fand ich ſie zahlreich auf den Keys. Obwohl ſie im Fluge ſehr an den gewöhnlichen Königsvogel erinnern, ſo muß man doch ſagen, daß ihre Bewegungen nicht ſo leicht und gewandt ſind. Die nördliche Art iſt ein lärmen— der Vogel, in dieſer Hinſicht wird er aber von dem Grautyrannen noch übertroffen, denn dieſer zwitſchert faſt fortwährend. Nicht nur während des Fluges, ſondern auch im Sitzen ſtößt er ſeine ſchrillen Rufe Auf den aus, hebt dabei die Flügel in die Höhe und erinnert fo an den Rotflügel. „Dem Anſcheine nach bevorzugt der Grautyrann Der californiſche Königsvogel. 517 die äußeren oder höher gelegenen ‚Keys‘, denn er iſt Mai und blieb einige Tage, während welcher Zeit ich gerade auf dieſen, namentlich im Frühling, während Hunderte von Grautyrannen ſah. Zahlreiche kamen der Wanderzeit, zahlreich. Um dem Leſer ein Bild beſtändig paarweiſe an, ſich gegenfeitig jagend und der eigentlichen Heimat dieſes Vogels zu geben, will laut zwitſchernd. Sie zogen entſchieden den Mon— ich Bamboo Key, wo fie ſonderlich zahlreich waren, grovenwald jeder andern Örtlichfeit vor.“ näher beſchreiben. Dieſe kleine Inſel, welche nahezu zwei Acker Land enthält, liegt etwa halbwegs zwiſchen Namen: Grautprann, Peſſcheri. Key Welt und Kap Florida . . . Obwohl zwei Fami- lien auf der Koralleninſel wohnten, war doch die | Wiſſenſchaftliche Namen: Lanius tyrannus 3. do- ganze Vegetation noch im primitivſten Zuſtande. Bae ne Umgeben von einem dichten Gürtel Mongrovewaldes, Gray Kingbird, Pipiry Flycatcher, Petchary. Beſchreibung: Schnabel ſehr kräftig. Schwanz etwas bis zu welchem täglich die Flut reichte, war die elgent⸗ gegabelt. Oberſeite, Seiten des Kopfes und Halſes liche Jnſel mit dichten Büſchen bewachſen, zwiſchen aſchgrau. Auf der Kopfkrone einen verſteckten orange— welchen ſich zwei bis drei Arten Kakteen zahlreich roten Fleck. Unterſeite grauweiß, quer über der Bruſt fanden. Da die Büſche mit einem Wirrwar von 1 iF e — 7 5 9 Ele 5 * Schlingpflanzen durchwachſen waren, ſo war ein Ein⸗ Länge über 9 Zoll; Flügel 4.60 Zoll; Schwanz 3.75 dringen faſt unmöglich. — Ich landete hier am 1. Zoll. Der californiſche Königsvogel. Arkansas Kingbird. Tyrannus verticalis SAY. as Verbreitungsgebiet des californiſchen im Neſte befanden. Während der Aufzucht der oder Arkanſas-Tyrannen erſtreckt ſich Jungen flog das Männchen weit weg, die ganze vom weſtlichen Kanſas und Nebraska weſtlich bis zum Gegend nach Nahrung durchſtreifend, das Weibchen Großen oder Stillen Ozean. In Californien lebt er aber beſchränkte fein Operationsfeld meiſtens auf ganz in derſelben Weiſe wie fein öſtlicher Vetter. Frau | einen einzigen beſtimmten Aſt auf dem nächſten Sophie Zimmermann in San Miguel, Cal., Bäumchen, von wo es die Jungen im Auge hatte ſandte mir brieflich über dieſe Art die folgende interef? und ihnen zugleich Inſekten bringen konnte. Die ſante Schilderung: „Drei Jahre lang habe ich dasſelbe prächtigen Burſchen verließen nach vierzehntägiger Paar beobachtet. Im erſten Jahr baute es hoch oben | Pflege ihr Neſt und blieben zwei Tage lang geduldig auf unſerem Eichbaume vor dem Hauſe ein kunſtloſes, auf einem daranſtoßenden Aſte dicht nebeneinander mit herabhängenden Kordeln verſchwenderiſch ausge- ſitzen, zwei nach einer Seite gewandt, das andere ſtattetes Neſt, welches im zweiten Jahre nach wenig | ftets umgekehrt. Nach und nach trennten ſie ſich Ausbeſſerung wieder benutzt, ſich im dritten Jahre | ein wenig und probierten die übrigen Zweige. Die aber nicht mehr als brauchbar erwies, weshalb das Mutter gab dem einen ihrer Kinder unbedingt den Vogelpaar zum Bau eines neuen Neſtes, in der Nähe Vorzug. Der Liebling erhielt die meiſten Fliegen, das des alten, ſchritt. Es befindet ſich an einem gänzlich zweite weniger, und ſo ſehr auch das dritte bettelte ungeſchützten Platze. Wie leid that mir der treue und ſchrie — es wurde zurückgeſetzt. Am dritten brütende Vogel in den heißen Nachmittagen des Juni, Tage unternahmen ſie ihre erſte Reiſe nach einem wenn er den glühenden Sonnenſtrahlen ausgeſetzt benachbarten Baume; am vierten und fünften begaben war und den Schnabel aufſperrte, oder wenn der | fie ſich einige Bäume weiter und jo fort, bis die häufig auftretende heftige Wind fein Neſt unbarm- Familie meinen Augen entſchwunden war. 2 2 r * * * | ’ * Ar ” 1 U * 5 herzig ſchüttelte! Doch er blieb mutig in Hitze und „Manchmal ſieht man einen Königsvogel, einige Fuß vom Boden entfernt, wie an die Stelle fixiert Wind ſitzen, bis eines Tages drei Königskinder ſich | 518 Der Schreityrann. mehrere Minuten ſchwirren und flattern. Bei der desfallſigen Unterſuchung ergab ſich einmal, daß der Vogel eine Schlange (Gopher snake) beobachtet hatte. Raubvögel iſt bekannt. Zweimal hintereinander ſcheuchte ich bei meinen Spaziergängen eine große Nachteule auf, und ſchnell waren die Königsvögel hinter ihr her und vertrieben ſie. „Seine Ankunft im März giebt der Königsvogel durch großes Geſchrei kund, ſodaß die Hühner ängſtlich aufhorchen und nicht wiſſen, was ſie von ihm zu halten haben. Um vier Uhr des Morgens fängt der Lärm Fuß Höhe. ebenfalls vor, doch findet man ihn nirgends über 7000 Nach Dr. C. H. Merriam iſt er im Becken des Großen Salzſees, in Utah, zahlreich. Er — Der Mut dieſer Tyrannen im Verfolgen großer ihon an, doch kann man dem Schreihals nicht böſe ſein, daß er uns ſo früh aufweckt. Je mehr man ihn ſieht und ſein Thun beobachtet, deſto lieber gewinnt man ihn. Wenn er auch nicht ſingt, ſo trägt ſein ganzes Weſen den Stempel der Munterkeit, daß man ſich ſeinen viermonatlichen Aufenthalt gerne gefallen läßt und ihn ungern ſcheiden ſieht. Ganz deutlich und fröhlich ruft er ſeinem Gefährten (oder der Gefährtin) zu: „Komm hier! ein Ruf, der ſich in der von dem Vogel benutzten Tonart ſeitdem bei uns eingebürgert hat. Schon anfangs Juli macht er Anſtalten zur Abreiſe. Spielend und wohlgemut, wie er gekommen, verläßt er uns. Ja, er iſt ſo ſehr in der Eile, daß die Jungen noch unterwegs gefüttert werden müſſen. Den Tag über iſt's ſtill; nur mor— gens und abends wird es in der Nachbarſchaft lebendig. Ich glaube, daß dieſe Vögel ſehr gemächlich wandern und nur kurze Tagereiſen machen. achtgab, ich konnte nie ſehen, daß ſie ſich ſcharenweiſe fortbegaben, ja, ich konnte nicht einmal die Richtung beſtimmen, die ſie wählten. Wo noch ein Mücklein zu erhaſchen war, wurde es zum Früſtück verzehrt, und es hatte nicht den Anſchein, daß es mit dem Abſchied ſo ernſt gemeint ſei. Am 4. Auguſt dieſes Jahres (1889) ſah ich den letzten einſamen Wanderer dieſer mir ſo lieb gewordenen Art.“ Die von Frau Zimmermann beſchriebene Abreiſe findet zur angegebenen Zeit wirklich ſtatt, aber die Vögel begeben ſich noch nicht nach dem Süden, ſondern nur in ſolche Gegenden, wo ſich Nahrung im Überfluß und namentlich reichlich Waſſer findet. Erſt ſpät im Oktober verlaſſen ſie Californien, um ihre Winterherberge aufzuſuchen. — Nach den Beob— achtungen Prof. J. A. Alleus, der ihn im weſtlichen Kanſas zahlreich fand, iſt er noch kampfluſtiger, ſind ſeine Töne noch ſchneidender und lauter und zeitweiſe auch wohlklingender, als es beim öſtlichen Königsvogel der Fall iſt. In Colorado kommt dieſer Tyrann So ſehr ich auch niſtet dort hauptſächlich in den die Flüſſe und Bäche ſäumenden Baumwollpappeln und Weiden. Das Neſt ſteht etwa acht bis fünfzehn Fuß vom Boden, iſt aus faſerigen Wurzeln, trockenen Salbeizweigen (Artemisia), Gras, Wolle u. ſ. f. gebaut und innen mit Wolle, Federn und anderen weichen Stoffen aus— gepolſtert. Die vier bis fünf rahmweißen Eier ſind am ſtumpfen Ende rötlich und dunkelbraun gefleckt. — Prof. Ridgway beobachtete ihn zahlreich im Sacramento-Thale in Californien. Er iſt dort ebenſo zutraulich als der Königsvogel im Oſten. Ein junger, von Indianern gefangener Vogel dieſer Art wurde von Ridgway gepflegt, bis er ſelbſt freſſen konnte. Er wurde ſehr zahm und zutraulich, nahm auf dem Hute und den Schultern ſeines Pflegers Platz und zeigte ſtets einen ganz außerordentlichen Appetit, denn er verzehrte täglich etwa 120 feiſte Grashüpfer. Namen: Californiſcher Königsvogel, Arkanſas-Königs— vogel, Californiſcher Tyrann. Arkansas King bird. Wiſſenſchaftliche Namen: Tyrannus verticalis Say, Kopfkrone, Seiten des Kopfes über dem Ein verſteckter Fleck auf Beſchreibung: Auge matt blei- oder aſchgrau. dem Scheitel zinnoberrot, vorne und hinten gelb einge— faßt. Nacken und Rücken aſchgrau, grünlich angeflogen, auf dem Bürzel in Braun übergehend; obere Schwanz— decken tiefſchwarz, untere grauweiß; Kinn und Ohren— gegend mattweiß; Kehle und Oberbruſt matt bleigrau; das übrige der Unterſeite und Unterflügelfedern gelb, an der Bruſt grünlichgelb; Flügel bräunlich. Weibchen ähnlich, heller. Länge 9.00 Zoll; Flügel 5.00, Schwanz 3.86 Zoll. Der Schreityrann. Cassin's Kingbird. Tyrannus vociferans SwAINsoN. © ’ Des Schreityrannen eigentliche Heimat ijt Mexico. Namentlich im Staate Vera Cruz ijt er häufig, gehört dort der heißen und gemäßigten Zone an, ſcheint aber auch in den alpinen Gegenden nicht ganz zu fehlen. In allen Teilen Mexicos iſt der Vogel, der dort, nach Brewer, „Portugusz“ heißt, zahlreich. In Californien und Arizona iſt er im Sommer häufig. Nach Cooper iſt er im ſüdlichen Californien nördlich bis Los Angeles Standvogel. Seine Töne, welche er mit Tagesanbruch ertönen läßt, find viel abwechſeluder und wohlklingender als 1 i D 2 die der anderen Arten der Familie. heißen Tagesſtunden verhält er ſich ziemlich ſtill. Das eſt iſt groß, ähnelt aber dem des Königsvogels. Die Eier ſind weiß, mit ziemlich großen braunen Flecken gezeichnet, unterſcheiden ſich weſeutlich nicht von denen der beiden beſchriebenen Arten. Beſchreibung: Kopf, Hals und Bruſt dunkel aſchgrau; Kinn weiß; Schwanz ſchwärzlich, undeutlich mattbraun, zugeſpitzt; Unterſeite ſchwefelgelb. Sonſt dem vorigen ähnlich. Länge 8.88 Zoll; Flügel 5.20, Schwanz 3.95 Zoll. Der Lauertyrann (Tyrannus melancholieus Couchi Cours; Couch’s Kingbird) wurde von Sennett am unteren Rio Grande in Texas beob— achtet. Er hielt ſich in den Ebenholzbäumen auf und war ziemlich zahlreich. Das Neſt beſteht aus kleinen Zweigen, feinen Wurzeln und iſt mit letzteren und den haarartigen Faſern des ſpaniſchen Mooſes ausgelegt. Die vier Eier ſind rahmweiß, mit dunkelbraunen Flecken gezeichnet. — Noch eine ganze Anzahl dem Königsvogel ähnliche Tyrannen leben in Mexico, Centralamerika, Weſtindien und Südamerika. Beſchreibung: Schwanz etwas gegabelt. Oberſeite oli— vengrün; Kopf und Hals blaugrau, an der Kehle in Weiß übergehend, auf der Bruſt gelb angeflogen; das übrige der Unterſeite reich citrongelb. Länge 9.50 Zoll; Flügel 4.20, Schwanz 4.08 Zoll. Der Rio Grande-Fliegenfänger. Derby Flycatcher. Pitangus derbianus SCLATER. Dieſe ſchöne Tyrannenart, deren Heimat Mittel— und Südamerika iſt, wurde vor einigen Jahren von Herrn Sennett, einem unſerer eifrigſten Ornitho— logen, am unteren Rio Grande aufgefunden. Der Vogel iſt ſo auffallend ſchön und intereſſant, daß ich hier einen ausführlichen Bericht des genannten For— ſchers folgen laſſe. „Dieſe Sippe und Art“, ſchreibt Herr Sennett, „welche in Mexico zahlreich iſt, war bisher als in den Vereinigten Staaten vorkommend nicht bekannt. Während der | er Rio Grande-Fliegenfänger. N | Seiner Größe und außerordentlichen Schönheit halber ſollte der Rio Grande-Fliegenfänger au der Spitze der Familie der Tyrannen ſtehen. Da er die Gegend des unteren Rio Grande mit ſeiner Gegen— wart beehrt, ſo habe ich anſtatt des unpaſſenden Namens ochſenköpfiger Fliegenfänger— (Bull headed Flycatcher) die obige Bezeichnung 519 gewählt. — Am 23. April (1878) ſammelte ich ein Männchen und Weibchen dieſer Art einige Meilen von Lomita am San Joſé-See. Beide hielten ſich etwa vier Fuß hoch am im Waſſer ſtehenden Stamme eines Ratamabaumes auf. Sie ſchienen trinken zu wollen und waren nicht beſonders ſcheu. Am 3. Mai wurde wieder ein Weibchen in den das Waſſer ſäumenden Bäumen erbeutet und noch ein oder zwei andere wurden an Waſſertümpeln beobachtet. Im Fluge ähnelt dieſer Fliegenfänger dem Königsfiſcher. Jedenfalls niſteten die Vögel in den hohen Wald— bäumen dieſer Gegend. Über deren Lebensweiſe berichtet meines Wiſſens nur Colonel Grayſon ). Er ſchreibt: „Dieſe Art iſt im weſtlichen und nord— weſtlichen Mexico gewöhnlich und zahlreich. Ich fand ihn gleich häufig in Tehuantepee und in der Gegend von Mazatlan, wo man ſeine lauten ſchrillen, wie Hip-ſe-dih, hip-ſe-dih klingenden Rufe zu allen Jahreszeiten, namentlich aber während der Brutzeit, vernimmt. Im Frühling iſt er außerordentlich laut. Am häufigſten trifft man ihn in der Nähe der Flüſſe und Bäche und an Waſſertümpeln. Ich habe ihn oft auf Waſſerinſekten und kleine Fiſche (Elritzen, Minnows), in ähnlicher Weiſe wie der Königsfiſcher, Jagd machen ſehen. Gewöhnlich fangen ſie fliegend ſehr geſchickt große Käfer und Netzflügler (Neuroptera), welche ſie, nachdem ſie dieſelben einigemal gegen ihren Sitzplatz geſchlagen und ſo mundgerecht gemacht haben, ganz verſchlingen. Man ſieht ſie gewöhnlich paar— weiſe, doch beobachtete ich einſt an einem Waſſertümpel etwa zwanzig Stück, welche auf Juſekten und kleine Fiſche fahndeten.“ „Das Neſt iſt ſehr groß und unterſcheidet ſich von den aller mir bekannten Tyrannenneſtern durch ſeine Bauart. Es iſt nämlich gewölbt und mit ſeit— lichem Eingang verſehen, während die andern Arten napfförmige Neſter bauen. Gewöhnlich iſt es auf ſehr dornigen Bäumen, fünfundzwanzig bis dreißig Fuß vom Boden, angelegt, iſt äußerlich aus Halmen oder Flechten gebaut und innen mit elaſtiſchen Faſern ausgelegt. — Die Eier, gewöhnlich fünf an Zahl, ſind rahmweiß, mit kleinen rötlichen Flecken gezeichnet. Die Schale iſt ſehr zart und zerbrechlich.“ ““) Namen: Rio Grande-Fliegenfänger. Derby Flycatcher, Rio Grande Flycatcher, Bull-headed Flycatcher. „) Siehe Lawrence's „Memoirs of the Birds of Western and North-western Mexico“ (page 256). ) Siehe Sennett, „Bulletin of the United States Geological and Geographical Survey of the Territories“, Vol. V, p. 407408. 590 Der Haubentyrann. Wiſſenſchaftliche Namen: Saurophagus derbianus Kaup (1851). — Pitangus derbianus Selater (1856). Beſchreibung: Stirn, Zügelſtreif, Nacken weiß; Kopf— krone mit einem großen, teilweiſe verſteckten citrongelben Fleck; ganze Oberſeite und Bürzel einfach olivenbraun; äußere Fahnen der Flügel und Schwanzfedern breit fuchs- oder lohbraun geſäumt. Gegend vor dem Auge und Ohrenfedern tiefſchwarz; Kinn und Kehle reinweiß; das übrige der Unterſeite und Unterflügeldecken tief ſchwefelgelb. Länge 10.50 Zoll; Flügel 5.00, Schwanz 3.95 Zoll. Girauds Fliegenfänger (Miyiozetetes texensis ScLar.; Giraud’s Flycatcher) ſoll, nach Giraud, im ſüdlichen Texas vorkommen, doch hat ihn kein anderer Forſcher dort gefunden. Seine eigentliche Heimat iſt Central- und das nördliche Südamerika. Der Gelbbauch-Fliegenfänger (Myiody- nastes luteiventris SCLATER; Sulphur-bellied Fly- catcher) lebt in Mexico und Centralamerika, ver— breitet ſich aber nördlich bis zum ſüdlichen Arizona. Der Haubentyrann. Great-crested Flycatcher. Tafel XXXII. Moyiarchus crinitus CABANIS. Vogel 1. Odſtens der Union iſt der texaniſche Pfoſten— eichenwald einförmig zu nennen. Ihm fehlen die vielerlei Baumarten, die rauſchenden Bäche, die ſpru— delnden Quellen, die jenen eigen ſind. Aber einen Vorzug hat der Pfoſteneichenwald doch: das iſt die @ U 1 Vergleich mit den Wäldern des Nordens und wundervolle Blumenpracht im Frühling und Sommer. Wir begegnen da vielen Blumen, die ſchon ſeit Jahren in den Gärten des Nordens gepflegt werden. Flam— menblumen!) überziehen im Mai ganze Waldſtrecken, und ihre feurige Farbe blendet faſt das Auge. Nicht minder reizend ſind die vielen Coreopſis-Arten und die ſpäter blühenden leuchtenden Gilien?). Eine Trade— ſcantia-Art, ganz niedrig, mit knolligen Wurzeln und roſaroten Blumen, duftet ebenſo lieblich wie Heliotrop. Verſchiedene Zwiebelgewächſes) öffnen ihre zum Teil prachtvollen Blüten zeitig im Frühling und oft wieder nach Eintritt der Regenzeit. Betreten wir feuchtere Sandſtrecken, dann finden ſich oft die einen köſtlichen Wohlgeruch aushauchenden Pankrazlilien ), ferner Lobelien und blaues Ageratum. Wer ſich an den grotesken Formen der Kakteen erfreut, kann im Pfoſten— eichenwald verſchiedene Arten nicht nur in einzelnen Exemplaren, ſondern ganze Gruppen derſelben beiſam— men ſehen. Reich an Vogelarten iſt dieſer Wald gerade nicht, doch ſieht man Spechte, Meiſen und Blau- häher faſt beſtändig. Einer der zahlreichſten Vögel dieſes Waldgebietes iſt aber der Haubentyrann, 1) Phlox Drummondii. 2) Gilia coronopifolia. 3) Nemastylis, Sysirinchium, Zephyranthes, Cooperia. 4) Hymenocallis lacera. deſſen Lebensbild viel des Charakteriſtiſchen bietet. Er iſt eine dem Pfoſteneichenwald beſonders eigentüm— liche Erſcheinung, da er ungemein zahlreich auftritt, ſodaß man ſeine eigenartigen Rufe von allen Seiten hören kann. Ich habe ihn nirgends ſo zahlreich brütend gefunden und nirgends ſo gut beobachten können, als in Lee County, in der Nähe von Fedor. Sein Vorkommen beſchränkt ſich allerdings nicht ausſchließlich auf den texaniſchen Pfoſteneichenwald. Er verbreitet ſich nördlich bis zum 45. Breitengrade, doch iſt er dort nicht zahlreich. Ich habe ihn in Wisconſin und Illinois nur ſelten beobachtet, und nach Angabe verſchiedener Vogelkundiger iſt er auch in Neu-England keineswegs ein gewöhnlicher Vogel. Im ſüdlichen Illinois und in Miſſouri tritt er ſchon zahlreicher auf. Im ſüdlichen Florida habe ich ihn im April ſehr oft geſehen. Weſtlich verbreitet er ſich bis nach Kanſas und dem Indianer-Territorium. In Texas erſcheint er nie vor Anfang April; im ſüdweſt— lichen Miſſouri kam er 1883 am 2. Mai, 1884 am 28. April, 1885 am 2. Mai und 1886 am 29. April an. Im mittleren Wisconſin erſcheint er ſelten vor dem 20. Mai. Da, wo er vorkommt, macht er ſich bald durch ſeinen höchſt eigenartigen Ruf bemerklich, der den ganzen Tag ſehr häufig erſchallt. Pfei— fend ſchreit er ſehr durchdringend und ſchwermütig: „Hehidt, hehidt, hehidt, hehidt.“ Dieſe Laute hört man oft und weit. Keiner unſerer Vögel hat ähnliche Töne, man kann ihn daher nicht leicht mit einem anderen verwechſeln. Sein gewöhnlicher, nur aus 12 . 1. MYIARCHUS CRINITUS Licht. 2. CERYLE ALCYON Bonap 3. CHORDEILES VIRGINIANUS Swains. +. COCCYZUS AMERICANUS Bonap. 3. CONTOPUS VIRENS Cab. EMPIDONAX ACADICUS Baird. 7. ANTROSTOMUS VOCIFERUS Bonap. S KA HAUBENTYRANN KÖNIGSFISCHER NACHTSCHWALBE REGENKUKUK WALDPIWI AKADIATYRANN WHIPPOORWILL Crested Flycatcher Belted Kingfisher. Nighthawk. Yellow-billed Cuckoo. Wood Pewee. Acadian Flycatcher. Whip-poor -will. Di 2 einem lauten, pfeifenden, langgezogenen Ton beſtehen- Sein Flug iſt ebenfalls ganz ausgezeichnet, doch führt der Ruf erinnert entfernt an das Pfeifen der Baum- wachtel. So oft man auch den Ruf des Hauben— tyrannen hört, ſo ſelten hat man doch Gelegenheit, ihn zu ſehen. Sorgfältig weiß ſich der ſcheue Vogel den Blicken zu entziehen, und ſeine bräunliche Fär— bung läßt ihn oft eher der Baumrinde oder einem dürren Blatte als einem Vogel ähnlich erſcheinen. Er iſt in dieſer Hinſicht ganz anders als die meiſten übrigen Mitglieder ſeiner Familie. Königsvogel, Scherentyranı, Hauspiwi, Waldpiwi und andere zeigen ſich faſt immer frei und ſind den Menſchen gegen über ganz und gar nicht ſcheu, tummeln ſich vielmehr mit Vorliebe in der Nähe menſchlicher Wohnungen herum. Im Norden fand ich den Haubentyrann nie in der Nähe der Wohnungen. Im Süden iſt er etwas zutraulicher. Verſchiedene Pärchen brüteten in Texas | ohne Furcht in der Nähe meines Hauſes, und ein Paar bezog ſogar einen für Blauvögel beſtimmten, an einem Baume befeſtigten Niſtkaſten. Auch im ſüdweſtlichen Miſſouri, wo es im Schwarzeichenwalde an großen, mit Höhlungen verſehenen Bäumen ſehlt, brüteten ſie in Niſtkäſten. Ich bin überzeugt, daß man dieſen ſo nützlichen Vogel in vielen Gärten heimiſch machen } könnte, wenn man paſſende Niſtkäſten in Obſt- und in die Höhlung getragen. Der hauptſächlichſte Zierbäumen anbringen würde. Es ſind kluge, vor ſichtige Vögel, die mit den Verhältniſſen zu rechnen wiſſen und dem Menſchen nicht zu früh trauen. Haben ſie einmal den Herrn der Schöpfung als ihren Freund und Beſchützer kennen gelernt, dann ſchließen auch ſie ſich ihm an und entfalten ihr Thun und Treiben ganz in ſeiner Nähe. Sie bleiben allerdings auch daun immer vorſichtig und mißtrauiſch, gerade wie unſere Meiſen. Der Haubentyrann verſteht es vortrefflich, auch in der Nähe der Menſchen ſich den Blicken Neu— gieriger zu entziehen. Am Neſte oder in deſſen Nähe beobachten ſie vollkommene Stille. Nur gleichſam verſtohlen nähern ſie ſich demſelben. — Durch das Thun und Treiben unſeres Vogels geht ein eigen tümlicher, melancholiſcher Zug. Dies Gepräge tragen alle ſeine Töne, welche er hören läßt; dieſer Zug liegt in ſeinem ganzen Weſen. Er lebt vollkommen ein— ſiedleriſch, nur ſich ſelbſt; ſelten treibt ſich das Pärchen ſpielend umher. Nie ſah ich ihn mit anderen ſeiner Art vereinigt. — Im Frühling muß ſich auch der Haubentyrann ein Weibchen erkämpfen. Hat er den Sieg über andere Nebenbuhler davongetragen, dann wählt er ſich ein verhältnismäßig kleines aber ſcharf abgegrenztes Wohngebiet, und kein anderer darf ſich dann innerhalb ſeiner Grenzen hören laſſen. — er Haubentyrann. 0 8 re 521 er nie ſolch feſſelnde Flugſpiele aus, wie andere Arten ſeiner Familie. Oft ſteigt er in die Luft, fliegt in allerlei Zickzacklinien hin und her, aber nur, um In— ſekten zu erbeuten. Dann kehrt er wieder auf ſeine Warte, einen vertrockneten, horizontalen Baumaſt, zurück. Wenn man den ſchlanken Vogel mit geſträub— ter Haube daſitzen ſieht, iſt man erſtaunt über die Lebhaftigkeit ſeines ſcharfen Auges. Sehr viel des Intereſſanten bietet die Niſtweiſe. Er iſt ein Höhlenbrüter. Namentlich alte, verlaſſene Niſthöhlungen des Haubenſpechtes, auch die des Rotkopf- und Goldſpechtes ſind ihm erwünſcht. Im Pfoſteneichenwalde iſt an derartigen Niſthöhlen kein Mangel. Wie ich bereits erwähnte, baut er auch in künſtlich angefertigte Niſtkäſten. Im Pfoſteneichen— walde an der Weſt-Yegua (Fedor) hatte ich mehrere Jahre hindurch Gelegenheit, die Vögel beim Bauen zu beobachten. Verſchiedene Pärchen brüteten ganz in der Nähe meines Hauſes, ſodaß ich ſie ohne Schwierig— keit beobachten konnte. Männchen und Weibchen bauen vereint, doch trägt erſteres meiſt die Niſtſtoffe herbei, während letzteres daraus das durchaus kunſtloſe Neſt zuſammenfügt. Zunächſt werden namentlich Federn, dann auch einige wenige Hälmchen und Baſtfaſern Niſtſtoff iſt aber immer Schlangenhaut. Ich habe viele Neſter unterſucht, aber nie eins geſehen, wo dieſe gefehlt hätte. Bald findet ſie ſich in einzelnen kleinen Stücken zwiſchen dem übrigen Material, bald bildet ſie den Neſtrand, bald iſt ſie als Ganzes zur Verwendung gekommen, und in dieſem Falle find dann alle anderen Stoffe nur ſpärlich vorhanden. Die Vögel ſind auf Schlangenhaut förmlich erpicht. Als ich noch an der Weſt-Yegua in Texas wohnte, fand ich eines Morgens in meinem Zimmer eine Baumſchlange im Käfig meines Kauarienpärchens. Das widerliche Kriechtier hatte beide verſchlungen, konnte aber nun nicht wieder durchs Gitter. Zuſammengeringelt lag fie in einer Käfigecke. Ohne Mühe konnte ich fie töten. Sie wurde eine kleine Strecke vom Haufe in den Wald geworfen, und in ganz kurzer Zeit hatten Ameiſen nichts mehr übrig gelaſſen als die Haut. Auf dieſe lauerten aber ſchon einige Haubentyrannen, flogen auf den Boden, zupften an der toten Schlange und flogen dann wieder auf die nahe Umzäunung. Sobald die Ameiſen mit ihrer Arbeit zu Ende waren, hatten auch die Tyrannen die Haut ſchon fortgetragen. Auch alle anderen Ornithologen haben Schlangenhaut im Niſtmaterial dieſes Vogels gefunden. 66 —— — 522 Die vier bis fünf Eier find ſehr charakteriſtiſch gefärbt. Wie es ſcheint, legt aber das ganze Geſchlecht (Myiarchus), das hauptſächlich im tropiſchen Amerika vertreten iſt, ähnliche Eier. Wenn man ſie nicht geſehen hat, kann man ſich keine Vorſtellung von der Art der Zeichnung und von der Schönheit derſelben machen. Auf einem hell- oder rahmgelblichen Grunde ſind unzählige mattlavendelfarbige Schalenflecken und auf dieſen ſchokoladen- oder dunkelbraune Zeichnungen längsweiſe angebracht. Die Flecken und Striche ſind oft ſo ſcharf, daß es ſcheint, dieſelben wären mit einer Feder gezeichnet. Obwohl ſie oft ineinander überzugehen ſcheinen und die Grundfarbe mehr oder weniger verdecken, ſo zeigen ſie doch immer die längs— weiſe Richtung. Ich kenne keine Eier, die ihnen auch nur entfernt ähnlich wären. Die Jungen werden mit allerlei kleinen fliegen— den Inſekten aufgefüttert. Auch vom Boden werden ſolche erbeutet, ſelbſt von Blättern und Aſten fliegend hinweggenommen. Er iſt ein ſehr nützlicher Vogel, da er faſt ganz ausſchließlich von Inſekten lebt. Manche Beobachter behaupten, daß er gelegentlich auch Beeren, z. B. Kermesbeeren (Phytolacca decan- dra, Poke-berry) freſſe, doch habe ich dies nie ſelbſt beobachtet. Grashüpfer, Käfer, Schmetterlinge, Nachtfalter, Mücken und Spinnen bilden den Haupt— beſtandteil ſeines Speiſezettels. Im September, kurz vor dem Wegzug, ſieht man die Vögel ungemein zahlreich an den Waldrändern, in der Nähe der Baumwollenfelder, wo ſie ſich mit dem Fangen der Baumwollenſchmetterlinge beſchäftigen. Anfangs Oktober, im Norden ſchon zeitig im September, treten ſie einzeln oder familienweiſe ihre Reiſe nach dem Süden an. Ihre Winterheimat iſt Guatemala, Coſta Rica, Panama, Cuba und andere tropiſche Länder Amerikas. Für den Käfig eignet er ſich jedenfalls ebenſo gut, wie der Königstyrann. Aus eigener Erfahrung kann ich nichts über ſein Gefangenleben berichten, doch glaube ich, daß er ſich in der erſten Zeit ſeines Käfig— lebens recht ſtürmiſch und wild gebärden dürfte. Namen: Haubentyrann, großer Haubentyrann. Great-crested Flycatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Muscicapa crinata Linn. (1766). — Tyrannus erinitus Swainson. — Myiobius erinitus Gray. — Myiarchus crinitus Cabanis (1855). Haubentyrannen. Beſchreibung: Kopfhaube nur halb entwickelt und nur | ſichtbar, wenn der Vogel dieſelbe ſträubt. Oberſeite olivenfarbig; Kehle und Oberbruſt rein aſchgrau; das übrige der Unterſeite reingelb; Schwungfedern kaſtanien— braun geſäumt; Schwanzfedern dunkel, faſt die ganze Innenfahne jeder einzelnen Feder kaſtanienbraun; Füße und Schnabel ſchwarz. Länge 8.50 bis 9.00 Zoll; Flügel und Schwanz 4.00 Zoll. Der mexikaniſche Haubentyrann (M. mexicanus LawR.; Mexican Crested Flycatcher) unterſcheidet ſich nur wenig von der ausführlich beſchrie— benen Art. Von Guatemala bis zum Thale des Rio Grande iſt er zahlreich. Er niſtet in alten Specht— löchern und ſonſtigen Baumhöhlungen, ganz in der Weiſe des gewöhnlichen Haubentyrannen. In der Färbung iſt er jenem ſehr ähnlich. Eine etwas größere Varietät, M. mexicanus magister Rıpaw., kommt im ſüdlichen Arizona vor. Der aſchkehlige Haubentyrann (Myiar- chus einerascens LAWR.; Ash-throated Flycatcher) vertritt die ausführlicher beſchriebene Art hauptſächlich im Weſten der Vereinigten Staaten, vom öjtlichen Abhange der Felſengebirge bis nach Californien, ſüd— lich bis ins Hochland Mexicos. Im Winter findet er ſich in den wärmeren Strichen von Tehuantepec u. ſ. f. Da er in Lebens- und Niſtweiſe von dem gewöhnlichen Haubentyrannen nicht abweicht, ſo iſt es nicht nötig, genauer auf ihn einzugehen. Er unterſcheidet ſich von den genannten hauptſächlich durch ſeine matt aſchfar— bige Kehle. Lawrences-Haubentyrann (Myiarchus Lawrencei BaIRD; Lawrence’s Flycatcher) lebt im öſtlichen Mexico, nördlich bis zum Thale des Rio Grande, ſüdlich bis nach Guatemala. Über ihn ſind wir ſehr ungenau unterrichtet, doch dürfte er weſentlich nicht vom gewöhnlichen Haubentyrannen abweichen. Er unterſcheidet ſich von jenem durch dunklere Fär— bung der Oberſeite; die Kopfplatte iſt mehr oder weniger rußſchwarz. Eine andere Varietät, M. Lawrencei olivascens Rıpaw., lebt im weſtlichen Mexico, nördlich bis zum ſüdlichen Arizona, ſüdlich bis nach Yukatan. Die Sippe iſt namentlich im tropiſchen Amerika durch zahlreiche Arten vertreten. In Mexico leben allein etwa ſechs bis ſieben verſchiedene Arten. EB Der Hauspiwi. Phœbe. Sayornis Phaebe STEIJNEGER. Tafel V. O4 4 m Süden Floridas hören wir im Winter aus den halbtropiſchen Gärten und Orangenhainen manche Vogelſtimme erſchallen, welche uns im Norden durch Lieblichkeit und Schmelz erfreute. Wir ſehen Scharen von Kardinälen durch die immergrünen Dickichte hüpfen. Robins, Katzen- und Braundroſſeln ſuchen nach Beeren und Inſekten, und die lieblichen, trauten Hüttenſänger ſtreichen ſcharenweiſe umher. Zaunkönige durchſchlüpfen das dichteſte Bambusrohr und Pampasgras, und Meiſen klettern in allen mög— lichen Stellungen an den Aſten umher. Spottvögel ſingen ihre Jubellieder. Ganz beſonders fällt uns aber das wohlbekannte „Fi-wi, fi-wi” des Haus— tyrannen oder Hauspiwi auf. Dieſer im Nor— den ſo zutrauliche Vogel fühlt ſich auch hier in der Fremde ungemein wohl und treibt ſich mit Vorliebe in Gärten, ganz in der Nähe der Wohnungen, umher. Eine halbtropiſche Anlage, in der ſich vom November bis Mai eine große Vogelſchar umhertreibt, iſt ſo ſchön, daß wir uns nicht enthalten können, fie zu betreten und ihre Pflauzenſchätze näher ins Auge zu faſſen. Das Haus, ringsum mit einer breiten Veranda umgeben, liegt nicht ganz nahe an der Straße. Um der Anlage eine gewiſſe Abgeſchloſſenheit zu ſichern, ſind der Straße entlang dichte, üppig em— porgewachſene, breite immergrüne chineſiſche Hibiskus— ſträucher') gepflanzt. Das herrliche glänzende Laub— werk und die Blütenpracht dieſer Sträucher iſt im Sommer unbeſchreiblich ſchön. Hie und da findet ſich eine kanariſche Palme?), eine Bauhinie!), ein üppig emporgewachſener Gardenienſtrauch), eine Trauben— myrte“) und andere meiſt immergrüne Bäume zwiſchen ihnen, während ſich Cherokee- “), und Heckenroſen“) über die Umzäunung legen. An der Eingangspforte zum Garten ſtehen zwei prächtige, oben ſich berührende Dornpalmen ?). Unfer Auge fällt zunächſt auf eine breite, ſchön bepflanzte Fläche, welche der ganzen 1) Hibiscus rosa-sinensis. 2) Phœnix Canariensis. 3) Bauhinia acuminata. 4) Gardenia florida, 5) Lagerstrœmia Indica. 6) Rosa levigata. 7) Rosa bracteata. 8) Acrocomia sclerocarpa. Vogel 3. Anlage ein durchaus tropiſches Gepräge verleiht. Auf dem trockenen Teile derſelben ſtehen Gruppen von Palmenlilien !), Kakteen, Aloe, Agaven, Sagopalmen u. a. Jede einzelne Pflanze iſt ein Prachtexemplar. Auf derſelben Fläche, aber mehr nach dem Hauſe zu, ſehen wir herrliche Exemplare verſchiedener Dattel— palmen?), Kokosarten !), californiſcher Faſerpalmen “), chineſiſcher und auſtraliſcher Fächerpalmen '). An den Wegen finden ſich Beete der blauen afrikaniſchen Lilie“), der im September blühenden, herrlich duften— den Amaryllis?) und Nerinen?). Meſembryanthe— mum ⸗Arten und andere niedrige Pflanzen erſetzen den Graswuchs. In der Nähe des Hauſes ſtehen breite immergrüne Schattenbäume. Lebenseichen, Magno— lien, Kampferbäume und Palmen ſind vorherrſchend. Am meiſten fallen uns die herrlichen Königsbäume!), Bauhinien, Moringen! ), Trompetenbäume !), die rieſigen Büſche des Nachtjasmin!) und Bürſten— ſträucherk) auf. Daß ſchirmförmige Chinabäume !) und allerlei Akazien mit ihren gelben, weißlichen und roten Blütenbällen nicht fehlen, brauche ich wohl kaum zu erwähnen. Große Büſche des dichten ſüd— amerikaniſchen Pampas- und Schilfgraſes!) find allerwärts dahin gepflanzt, wo ſie am meiſten Effekt machen. Von der das ganze Haus umgebenden Veranda können wir die Anlage nach allen Seiten hin leicht überſehen. Die Veranda ſelbſt iſt mit Jasmin, Allamanden, Echites, Roſen (Marſchal Niel, Chro— matella, La Marque ꝛc.), dann auch mit Sternjas— min!) und anderen Schlingpflanzen bewachſen. Die indische Wunderliane!) und die herrliche Feuerbig— nonie!) zeigen ſich an der nach Süden gelegenen 1) Yucca Treculiana, V. baccata, X. filifera, V. aloefolia, X. gloriosa, V. filamentosa, V. quadricolor & . 2) Phanix sylvestris, P. rcclinata, P. Canariensis. 3) Cocos australis, C. flexuosa, C. Yatai. 4) Washingtonia filifera und W. robusta. 5) Chamærops | excelsa, Livistona sinensis und L. australis. 6) Agapanthus umbel- latus. 7) Amaryllis Belladonna und Varietäten. 8) Nerine sarni- ensis &. 9) Poinciana regia. 10) Moringa pterygosperma. 11) Te- 12) Cestrum Parqui, 13) Melaleuca, Metrosideros. 15) Gymnothrix latifolia. 16) Trachelosper- 18) Bignonia venusta. coma stans. 14) Melia Azederach. mum jasminoides. 17) Quiscalus Indica. 594 Der Hauspiwi. Seite des Hauſes. Im Sommer bilden dieſe beiden Pflanzen einen herrlichen Anblick. Unſer Blick ſchweift zunächſt gen Oſten. Zwiſchen Büſchen und Bäumen hervor ſchimmert das Waſſer eines jener kleinen und tiefen Landſeen, wie fie der ſüdlichen Halbinſel Flori— das ſo eigentümlich ſind. Wir gewahren rieſige Exemplare verſchiedener Arten von Bambus, oft mehr als fünfzig Fuß hoch. In der Nähe des Waſſers ſind große, in voller Blüte ſtehende Beete der chineſiſchen Tazette!) und der Kallalilie. Magnolien, Lebens— eichen, Gordonien, Lorbeer- ?) und auſtraliſche Gummi— bäume!) ſind vorzugsweiſe angepflanzt. Herrliche, im Halbſchatten ſtehende Beete Kamelien, indiſche Azaleen und Rhododendron zeigen von Februar bis Mai ihre feenhafte Blütenpracht. Im Schatten der Bäume ſtehen mit Blüten überladene indiſche Seidel— baſtſträucher?), Ardiſien s), Schneebeerenſträucher“) u. a. Banauen ſchwingen ihre vom Winde zer— ſchliſſenen Blätter hin und her. In deren Nähe ſind gewöhnlich Cannas, Helikonien und Strelitzien?) gepflanzt. Von wunderbarer Pracht und von faſt überwältigendem Dufte ſind die ſtets weiß blühenden, in größeren Gruppen beiſammenſtehenden Pankraz— lilien ). Manche von ihnen erreichen eine Höhe von fünf Fuß. Überhaupt iſt die Familie der Amarylli— deen hier ungemein reich vertreten. Die Beete der herrlichen Vallote“), einer Pflanze des Kap, erglühen im ſchönſten Zinnober im Auguſt. Verſchiedene Trito— men’), neuſeeländiſcher Flachs n) und viele andere Pflanzen ziehen durch ihre tropiſche Pracht die Auf— merkſamkeit des blumenfreundlichen Neulings beſon— ders auf ſich. Verſchiedene Schmarotzerpflanzen, Orchideen und Bromeliaceen gedeihen üppig auf den Aſten der Lebenseichen und Magnolien. Wahrhaft feenhaft wird dieſe Anlage aber mit dem Beginn des Frühlings. Die glühenden Farben der Feuer— amaryllis!?) und die etwas dunkler rote Pracht— amarylis") ſehen wir ſchon von weitem uns ent— gegenleuchten. Noch mehr in die Augen fallend, noch edler und ſchöner geformt, noch ſtattlicher und leuch— tender iſt Hedwigs-Amaryllis “), während ſich die kirſchrote, weiß geſtreifte Johnſons-Amaryllis ) durch ſchwachen Duft auszeichnet. Beide, und ebeuſo der weiße, rot geſtreifte, duftende braſilianiſche Ritter— 1) Narzissus Orientalis. 2) Persea Carolinensis. 3) Ficus macrophylla. 4) Daphne Indica. 5) Ardisia Pickeringia, A. erenu- lata. 6) Chiococca racemosa. 7) Strelitzia regin, S. angusta und S. Nicolai. 8) Hymenocallis macrostephana, H. Caribæa, H. fra- grans, H. speciosa, H. lacera, H. expansa Ke. 9) Vallota purpurea. 10) Kniphofia aloides &c. 11) Phormium tenax. 12) Hippeastrum vquestre,. 13) Hippeastrum rutilum var. fulgidum. 14) Amaryllis (H.) Hedwig. 15) Amaryllis (H.) Johnsoni, ſtern!), zeigen ſich in dieſem Garten in großen Beeten. Der Duft der Gardenien, der Orangenbäume, des Sternjasmin, der Theeroſen, der Bananen- und Sumpfmagnolien ), der Thecoliven ?) und des Nacht— jasmins wirkt faſt berauſchend. Die ſich über Bäume und Büſche ſchlingenden Bignonien ), die Paſſions— blumen, die Hibiskusſträucher, der Königsbaum und viele andere erſcheinen wie ein Meer von Farben. Ganz köſtlichen Wohlgeruch ſtrömen uns die roten indiſchen Hakenlilien“) entgegen. Dieſe und die faſt ebenſo ſtark duftenden weißen Hakenlilien“) und die rot geſtreiften Sorten“ gedeihen hier überaus üppig und blühen das ganze Jahr ſehr reich. Manche erreichen eine Höhe von ſechs bis ſieben Fuß. Sie ſind meiſt gruppenweiſe zuſammengepflanzt und ge— hören zu den gewöhnlichſten und impoſanteſten Blumen der Gärten Floridas. Ganz herrliche knollen— wurzelige Pflanzen ſind auch die verſchiedenen, meiſt aus Oſtindien ſtammenden Hedychien ). Die Blüten ſind von ſchöner Form und hauchen einen köſtlichen Wohlgeruch aus. Crotonſorten, mit ihren eigentüm- lich geformten und gefleckten Blättern, zeigen, maſſen— weiſe zuſammengepflanzt, recht eigentlich, was das Frühlings-, Sommer- und Herbſtklima Floridas ver— mag. Die in nördlichen Warmhäuſern gezogenen Croton find gegen dieſe Exemplare höchſt kümmerlich. Einige auſtraliſche Rieſenamaryllis oder Doryanthes?) und Beſchornerien“) ſind als Einzelpflanzen auf— fallend ſchön. Aus den Gebüſchgruppen hängen herrliche rote und tiefgelbe Blütenbüſchel anmutig her— nieder. Es ſind dies dem Nachtjasmin verwandte Sträuchern). Der Oleanderbäume, der Eukalyptus— Arten u. ſ. w. will ich hier weiter nicht gedenken, doch möchte ich die großen, ſchönblätterigen auſtraliſchen Seidenbäume oder Grevillien ?) wenigſtens erwähnen. — Die genannten ſind aus der langen Liſte der in Süd⸗Florida gedeihenden tropiſchen Pflanzen nur einige der eigentümlichſten und ſchönſten Arten. — Hinter dem Haufe liegt der Orangenhain und Obſt— garten. Orangen, Mandarinen, Citronen, Pomelos, Feigen, Guaven, chineſiſche Perſimonen, Granatäpfel und Weinreben finden ſich dort. Doch am meiſten erfreuen uns die vielen, den Garten belebenden Vögel. Daß der Eigentümer nicht nur ein großer Blumen-, 1) Hippeastrum vittatum. 2) Magnolia fuscata und M. glauca. 3) Olea fragrans, 4) Bignonia venusta und B. Cherere, 5) Crinum amabile. 6) Crinum Asiaticum, C. pedunculatum, C. giganteum, C. Moorei. 7) Crinum erubescens, C. scabrum, C. Zeylanicum. S) Hedychium Gardnerianum, H. album, H. coronarium, H. lu- teum, H. pallidum. 9) Doryanthus excelsa, D. Palmeri. 10) Beschor- neria yuccoides. 11) Habrothamnus coceineus, H. fascicularis, H. Huegeli, H. aurantiacum. 12) Grevillca robusta. DIET ſondern auch ein Vogelfreund iſt, beweiſen die vielen an Bäumen und auf Pfoſten angebrachten Niſtkäſten und die vielen ſehr zutraulichen Vögel. In gehobener Stimmung verlaſſen wir dieſen ſchönen Garten und kommen nun wieder zurück auf unſeren Haustyrannen. Von allen Arten der Familie iſt im Norden wohl keiner jo bekannt und beliebt als der Hauspiwi, Phöbe- oder Brückenvogel, Haus- oder Felſentyraun, Hausfliegenfänger. Dieſe Namen, welche ſämtlich zutreffend ſind und deshalb ihre Berechtigung haben, zeigen, daß unſer Vogel zu den volkstümlichen Erſcheinungen unſerer Vogelwelt zählt. Im Norden der Union, ſeinem eigentlichen Brutgebiet, gehört er zu den Boten des Frühlings, denn er erſcheint faſt gleichzeitig mit Robin, Hütten— ſänger und Singſperling. Im mittleren Wisconſin Hauspiwi. 525 Im Geäſt der Bäume und auf dem Boden benimmt er ſich, wie alle Tyrannen, ſehr unbeholfen. Auf die Erde kommt er auch nur herab, wenn er Niſtſtoffe ſammelt. Seine Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus Inſekten der Luft, namentlich aus Fliegen, Mos— kitos, Bremſen, Libellen, Motten, Käfern u. drgl. Kleine Inſekten verſchluckt er ganz, größere ſtößt er erſt gegen einen harten Gegenſtand; Käfer werden ihrer harten Flügeldecken und Beine entledigt und dann verſchluckt. Bei ſchöner Witterung erlangt unſer Hauspiwi ſeine Nahrung mit ſpielender Leichtig— keit. Seine Laute klingen dann auch etwas fröhlicher, ſein Weſen iſt ſchneller und munterer. Obwohl auch jetzt noch ſeine Töne ein ſtilles, geheimnis— volles, unſagbares Leid auszudrücken ſcheinen, herrſcht beobachtete ich ſeine Ankunft gewöhnlich in den erſten Tagen des April, bei beſonders günſtiger Witterung auch ſchon Ende März. Das Wetter iſt um dieſe Zeit gewöhnlich noch recht winterlich, und Schneefall tritt oft noch bis in die letzten Tage des April ein. Da dieſer Fliegenfänger ein echter Inſektenvogel iſt, ſo erſcheint es rätſelhaft, woher er eigentlich die zum Leben nötige Nahrung nimmt, da fliegende Inſekten um dieſe Zeit noch kaum wahrzunehmen ſind. Wahr— ſcheinlich friſtet er ſein Leben, wenn es ſein muß, durch Beeren, welche der Winter übrig ließ. Gleich nach ſeiner Ankunft hört man ſeine lauten, einförmigen, aber doch ſehr angenehmen und anhei— melnden Töne von der Spitze des Scheunen- oder Hausdaches oder von einem Pfoſten herab in kurzen Zwiſchenräumen erſchallen. Sie klingen etwas melan— choliſch wie „Pi-wi, pi-wi“ oder „Fi-wi“ (daher der engliſche Name Phoebe), auch wie „Pi-we“, weht“, und ändern oft in „Pi-wi-wi“ und „Fi-weh, fi-weh“ ab. Jeder nicht ganz achtlos an der Natur vorübergehende Landbewohner des Nordens kennt dieſe Töne recht wohl. des Menſchen liebt und ſehr zutraulich iſt, ſo kann er auch kaum überſehen werden. Man ſieht ihn faſt immer auf irgend einem erhöhten Gegenſtande, ſeiner Warte, ſitzen und mit ſeinen ſcharfen, ſtechenden Augen nach allen Seiten hin nach Inſekten ſpähen, wobei er ſtets den Schwanz auf und nieder wippt und faſt beſtändig ſein eigentümlich auffallendes „Pi-wi“ hören läßt. Häufig fliegt er hinaus in die Luft, klappt den Schnabel hörbar zuſammen und kehrt dann wieder Pi „ PI Da der Hauspiwi die Nähe auf ſeine Warte zurück. — Sein Flug geſchieht mehr ruckweiſe, iſt ſchnell und gewandt, dehnt ſich aber während der Brutzeit nie über größere Strecken aus. | doch in feinem Weſen eine gewiſſe Fröhlichkeit vor. Bei länger anhaltender naßkalter Witterung hat auch er, wie ſeine Nachbarn, die Schwalben, Not zu leiden, da die fliegenden Inſekten nicht aus ihren Verſtecken hervorkommen. Allerdings ſucht er dann ſitzende Kerfe zu erbeuten, und ſelbſt zu Beeren muß er gelegentlich ſeine Zuflucht nehmen. Not iſt beſonders groß, wenn dann Junge im Neſte find. Obwohl man ſtellenweiſe in jedem Farmgehöfte, unter jeder Brücke ein Pärchen findet, ſo kann man doch oft meilenweit wandern, ohne auch nur einen einzigen Hauspiwi zu ſehen. Mit Kulturland und Wald abwechſelnde waſſerreiche, bergige Gegenden bilden ſeinen Lieblingsaufenthalt. In dem einmal gewählten Niſtreviere duldet das Pärchen kein zweites ſeiner Art, dagegen zeigt es ſich anderen Vögeln, namentlich Schwalben gegenüber, ſehr duldſam. Grö— ßere Vögel werden mutig angegriffen, wenn ſie ſich Übergriffe zu ſchulden kommen laſſen. Nur einem Vogel gegenüber hilft auch Mut und Tapferkeit nicht. Es iſt dies der europäiſche Spatz, dem das ſchöne, feſte Piwineſt ganz vorzüglich zur Aneignung dünkt. Ein Pärchen dieſer gefiederten Proletarier kann allerdings nicht viel ausrichten, aber jeder einzelne Sperling weiß aus Erfahrung, daß Einigkeit ſtark macht. Auf den Hilferuf eines einzelnen kommen gewöhnlich gleich ganze Scharen jederzeit hilfsbereiter und zu derlei Übelthaten nur allzu geneigter Spießgeſellen herbei. Unſerem Piwi bleibt dann nichts anderes übrig, als der Übermacht zu weichen und ſich anderswo nach einem Niſtplätzchen umzuſehen. Schon in meiner Jugend habe ich die Erfahrung gemacht, daß das alte Piwipärchen, wenn ihm kein Unglück zuſtößt, jedes Jahr wieder in das frühere Niſtgebiet zurückkehrt. Iſt das alte Neſt noch vor— an; Die handen, jo wird es etwas ausgebeſſert und wieder benutzt. Urſprünglich fand ſich der Hauspiwi nur in felſigen Gegenden, namentlich an den ſteilen Abhängen der Schluchten und Gewäſſer. Das Neſt ſtand dann immer an irgend einer von oben geſchützten Fels- oder Erdwand. Obwohl er in vielen Gegenden noch heutigen Tages an derartigen Ortlichkeiten angetroffen wird, hat er ſich doch in allen dichter beſiedelten Gegenden dem Menſchen innig angeſchloſſen. Die Says-Hauspiwi. nicht im ſüdweſtlichen Miſſouri, brütend gefunden. — Der Hauspiwi iſt einer unſerer nützlichſten Vögel; es iſt daher ſchade, daß er allerwärts da ſelten wird, wo ſich der europäiſche Sperling feſtſetzt. Namen: Hauspiwi, Phöbevogel, Brückenvogel, Haustyrann, Scheunentyrann, Schwalbenpiwi, Felſentyrann. Phoebe, Pewee, Pewit, Phœbe-bird, Bridge-bird, Bridge Pewee, Black-headed Flycatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Muscicapa Ph&be Lath. (1790). — Sayornis Phebe Stejn. (1885). — Muscicapa ungeheure Menge fliegender Inſekten, welche ſich im Gefolge des Menſchen und ſeiner Haustiere findet, iſt jedenfalls die Urſache hiervon. In meiner Jugend brütete faſt unter jeder Brücke des mittleren Wisconſin ein Pärchen dieſer traulichen Vögel. Auch auf den Geſimſen alter unbewohnter Blockhäuſer, in Nebengebäuden und Scheunen, fogar | an Hausgiebeln und auf den Pfoſten der Veranda legten ſie ihre Neſter an. Iſt der Bau an einer Wand, an einem Dachſparren oder ſonſt einem ſenk— rechten Gegenſtande angebracht, ſo iſt es ganz in der Weiſe eines Scheunenſchwalbenneſtes gebaut. Es beſteht dann zumeiſt aus aneinander geklebten und durch Stroh, Haare und Federn beſonders haltbar gemachten Lehmkügelchen und iſt innen mit feinen Faſern und Hälmchen ausgelegt und äußerlich mit weichem grünem Moos überdeckt. Ruht es auf ebener Fläche, ſo iſt wenig oder gar keine Erde verwendet worden, dagegen iſt es ganz und gar mit Moos deko— riert, was dem Bau eher das Anſehen eines Moos- büſchels als eines Neſtes verleiht. In Gehöften, überhaupt in der Nähe des Menſchen, iſt es manchmal auch mit Federn und Haaren ausgepolſtert. Die vier bis fünf Eier ſind der Grundfarbe nach reinweiß. Manchmal findet man auch ein Gelege mit vereinzelt ſtehenden kleinen bräunlichen Flecken. In der letzten Septemberwoche ziehen die Haus piwis dem Süden zu. Schon am 10. Oktober beob— achtete ich ſie im ſüdweſtlichen Miſſouri und Ende desſelben Monats im ſüdöſtlichen Texas. Den gan— zen Winter hindurch konnte man ſie in den größeren Gartenanlagen Houſtons beobachten, wo ſie gerade ſo munter und zutraulich waren, wie im Norden und auch oft ihr „Pi-wi“ erklingen ließen. Außerdem hörte man noch häufig ganz verſchiedene Laute, welche wie „Tzip, tzip, tzip, zi-wi“ klangen. Obwohl viele hier überwintern, ſcheint doch die Mehrzahl noch weiter ſüdlich zu ziehen. In Florida überwintert er in großen Scharen. Während der Brutzeit trifft man ihn im ganzen öſtlichen Nordamerika, nördlich bis Canada. Ich habe ihn in keinem Südſtaate, jelbft | fusca Gmel. (1788). — Tyrannus fuseus Nutt. (1840). Sayornis fuscus Brd. (1858). Beſchreibung: Oberſeite matt olivenbraun, auf dem Kopfe in Schwarz übergehend. Unterſeite ſchmutzigweiß oder ſehr matt gelblich, am reinſten am Bauch und Unter— ſchwanzfedern; an Bruſt und Seiten graubraun ange— flogen; Flügel und Schwanz dunkel; die äußeren Schwanzfedern und die mittleren Flügelfedern weiß geſäumt; weißer Augenring; Schnabel, Augen und Füße ſchwarz. Weibchen ähnlich. Länge 7.00 Zoll; Flügel 3.42, Schwanz 3.30 Zoll. Hays-Hauspiwi. Say's Phaebe. Sayornis Sara BIRD. Dieſer Piwi findet ſich im weltlichen Teile der Union, öſtlich bis zu den großen Ebenen. Nach Norden hin brütet er bis zum Saskatchewan, und im Winter findet man ihn in Mexico. Er iſt in Arizona, Nevada, Colorado und Utah beſonders zahlreich. Im ſüdöſtlichen Californien überwintert er, doch iſt er dort nicht Brutvogel. Prof. Ridgwapy beobachtete ihn zahlreich im großen Becken (Great Basin). Er bevorzugt zum Aufenthalte dort felſige Ufer der Seen und Flüſſe oder ähnliche Ortlichkeiten in den Canons der Gebirge, wo er fein umfangreiches, weich mit Pflanzenwolle ausgelegtes Neſt in kleinen Höhlungen der Felswände oder auf hervortretenden Vorſprüngen baut. Wo immer aber der Menſch in dieſer wüſten— artigen Wildnis ein Gebäude errichtet hat, legt er ſeine Scheu ab und ſchließt ſich ihm zutraulich an. Dann baut er ſein Neſt in irgend ein Außengebäude oder in eine verlaſſene Wohnung. Seine Töne ſind von denen des Haustyraunen und des ſchwarzen Piwi ſehr verſchieden, beſtehen aus einem klagenden „Piho“, welches oft durch ein zitterndes Zwitſchern unter— brochen wird und ähneln mehr gewiſſen Tönen des Waldpiwi, während andere Laute manchmal an den weſtlichen Haubentyrannen erinnern. Zum Bau des außerordentlich weichen und feſten Neſtes ſcheint Lehm nicht verwendet zu werden. Die Eier ſind kalkweiß und ungefleckt. Der Tannenpiwi. — Namen: Wiſſenſchaftliche Namen: Muscicapa Saya Bonap. (1825). — Sayornis Saya Baird (1858). Beſchreibung: Oberſeite hell bräunlichgrau; Schwanz ſchwarz; Unterſeite matt zimmetbraun. Länge 7.80 Zoll; Flügel 4.10, Schwanz 3.75 Zoll. Der ſehwarze Hauspiwi. Black Phœbe. Sayornis nigricans BONAPARTE. In Mexico, in der Küſtengegend des Stillen Ozeans, nördlich bis Oregon, öſtlich bis zum ſüdlichen Texas, wird unſer Brückenvogel durch den ſchwar— zen Hauspiwi vertreten. In Guatemala und im ſüdlichen Mexico, wo man ihn unter dem Namen Aguador kennt, brütet er mit Vorliebe in Wohn häuſern und Außengebäuden. Er iſt namentlich in der gemäßigten und kalten Zone des ehemaligen Azteken reiches zahlreich. In Californien gehört er zu den gewöhnlichſten Vögeln und niſtet ganz in der Weiſe des öſtlichen Hauspiwi, iſt dieſem auch im ganzen Thun und in ſeiner Lebensweiſe ähnlich. Am zahlreichſten findet er ſich in der Nähe des Menſchen und am Waſſer, wo dasſelbe mit einem üppigen Pflanzenwuchs geſäumt iſt, weil ſich hier mehr Inſek— ten finden als anderswo. Urſprünglich niſtete auch er an hohen Ufer- und Felswänden, wie ſein öſtlicher Vetter. Das Neſt, der Hauptſache nach aus Lehm gebaut, iſt äußerlich mit Moos überkleidet und innen mit Haaren ausgelegt. Die Eier ſind reinweiß, manchmal auch rötlichbraun gefleckt. — Der gewöhn— liche Ruf gleicht ebenfalls dem des öſtlichen Hauspiwi. Schon am 25. März fand man im ſüdlichen Californien bei San Diego vollzählige Gelege. Im ganzen Südweſten unſeres Landes gehört er zu den früheſten Brütern. Namen: Schwarzer Hauspiwi. Black Phœbe, Black Pewee. Wiſſenſchaftliche Namen: Tyrannula nigricans Sw. (1827). — Museicapa nigricans Aud. (1839). — Sayor- nis nigricans Bonap. (1854). Beſchreibung: Kopf, Hals, Kehle, Bruſt und die ganze Oberſeite ſchieferſchwarz; Bauch und Unterſchwanz weiß. Länge 6.50 Zoll; Flügel 3.66, Schwanz 3.60 Zoll. Der Tannenpiwi. Olive-sided Flycatcher. Contopus borealis BRD. Dieſer Waldpiwi findet ſich in den Gebirgs— waldungen der Vereinigten Staaten und in den Nadelholzwäldern des tiefer gelegenen Landes von der Says⸗Hauspiwi. — Say's Phoebe, Say's Pewee. | 5 27 Nordgrenze der Union nordwärts. Im Winter zieht er ſüdlich bis nach Colombia, Südamerika. Trotzdem er allerwärts ein ſeltener Vogel iſt, ſind wir ziemlich genau mit feiner Lebens- und Niſtweiſe bekannt, da zwei der ausgezeichnetſten Forſcher, Nuttall und Brewſter, hinreichend Gelegenheit hatten, ihn zu beobachten. Der Tan nen- oder Gebirgspiwi ſcheint ein ſehr hitziger, kampfesmutiger Vogel zu ſein, der keinen ſeiner Art in ſeinem Niſtrevier duldet. Nuttall fand das aus alten Federn, Zweigen, Gras und Zweigen gebaute Neſt auf einem horizontalen Aſte einer Ceder, etwa fünfzig Fuß vom Boden. In den Neu-England-Staaten, namentlich in Maine und Maſſachuſetts, ſcheint er zahlreicher zu ſein, als in anderen Gegenden. So fand man ihn neuerdings ziemlich zahlreich am Umbagog-See, und Brewſter entdeckte fünf bis ſechs Neſter bei Cambridge. Alle ſtanden in den äußerſten Aſten der Pechkiefer (Pitch- pine), eins in einem Apfelbaume. Die Töne klingen wie „Pill-pill-pill“ und ändern gelegentlich in „Pu— pu-pu“ ab. Es ſind wilde, ſtreitſüchtige Vögel, welche alles, was in ihre Nähe kommt, tapfer und furchtlos angreifen. Selbſt das Pärchen gerät manchmal hart aneinander. Als Brewſter ſich dem Neſte näherte, ſtießen ſie auch auf ihn herab, wobei ſie laut mit dem Schnabel klapperten. — Dr. Hoy fand bei Racine, Wis., ein Neſt, das größtenteils aus USNea-Flechten gebaut war. Die vier Eier ſind etwas größer als die des Waldpiwi, ſtimmen aber in der Färbung ganz mit dieſen überein. Namen: Tannenpiwi, Gebirgstyrann. Olive-sided Flycatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Tyrannus borealis Swains. (1831). — Contopus borealis Baird (1858). Beſchreibung: Oberſeite bräunlich-ſchiefergrau; Flügel und Schwanz ſchwärzlich; ein auffallender Büſchel weißer, weicher Federn an jeder Seite des Bürzels (gewöhnlich durch die Flügel verdeckt). Kinn, Kehle, Bauch und untere Flügelfedern weißlich; Seiten bräunlich-olivenfarbig. Länge 7.50 Zoll; Flügel 4.10, Schwanz 3.00 Zoll. Coues-Waldpiwi (Contopus pertinax CA B.; Coues’ Flycatcher) trifft man von Guatemala und Mexico nördlich bis zum ſüdlichen Arizona. In Arizona iſt er in der Region der Nadelwälder durchaus nicht ſelten, dringt ſogar bis zum nördlichen Teile des Gebiets vor, wo ihn Dr. Coues bei Fort Whipple fand. Y 2 Wood Pewee. Tafel XXXIII. II.. Naturfreunde bietet namentlich die Pflanzen— RR und Vogelwelt ſo viel des Schönen und Herzerfreuenden, daß er nur Umſchau zu halten braucht, um es zu finden. Wie reizend iſt ein von Blume zu Blume ſchwirrender Kolibri! Welch lieb— liches Familienbild bietet uns ein brütendes Hüttenſänger-, Zaunkönig- oder Martin— pärchen, und wie zeigt uns jedes ſeine Eigenheiten! Wie bezaubert uns der durch die ſtille, mit Blumen duft erfüllte Nachtluft ſchallende Geſang der Spott- | droſſel! Wie entzückend ſind die ſprudelnden Töne einer Anzahl Bobolinks, wenn fie an einem ſchönen, ſonnigen Junimorgen über das blumenreiche Gras— meer ſchwirren! Wie wunderbar hebt ſich das feurige Orangegelb des Baltimore-Oriols, das intenſive im Niſtkaſten Zinnoberrot der Scharlachtangara und das ſchöne Scharlach des Kardinals vom dunkelgrünen Gelaube der Bäume ab! Der Duft und Schmelz der Blumen, die Formſchönheit der Blätter und Blüten an Staude, Strauch und Baum, das Werden im Frühling und das Vergehen im Herbſt hat von jeher den edlen Menſchen wunderbar ergriffen und ſinnig geſtimmt. Welch hohen Reiz für uns hat der Indianerſommer! Es durchzieht unſere Seele ein halb ſüßes, halb weh— zahlreich vor. mütiges Gefühl, eine wunderbare tiefe Regung. Heim lich weckt leiſer kurzer Vogelgeſang aus Bäumen und Büſchen gleichſam ein ſtilles Echo in uns. Wir ſehen die Schwalben ſich ſammeln und fortziehen. Wir hören das traulich-melancholiſche Gewirbel der ſüdlich ziehenden Scharen von Blauvögeln. Es iſt, als zöge unſer Herz mit ihnen in die Ferne. Ein Sehnen kommt über uns, „halb ähnlich dem Heimweh und halb wieder getragen von der Luſt zum Wandern“. Ja, das iſt ein Zug der Natur, der auch das Menſchen— herz mächtig ergreift. Dem Wanderdrange entgquillt auch jenes Gezwitſcher, jener leiſe Sang in Buſch und Baum. Ganz anders iſt unſer Gefühl im Frühling, wenn die gefiederten Wanderer heimkehren. Freude und Glück drückt deren Geſang jetzt aus, und Freude und Glück ergreift auch unſer Herz. — Unſer ganz beſonderes Intereſſe nimmt auch der Neſtbau der 1 er Valo piwi. Contohus virens CABANIS. Vogel 5, Vögel in Auſpruch. Die auf der Erde ſtehenden Neſter, obwohl ſauber und ſorgfältig gebaut, zeigen wenig Kunſtſinn, und auch viele der in Bäumen und Sträuchern angelegten Bauten ſind oft nachläſſig zuſammengefügt. Die Neſter faſt aller in Büfchen und Bäumen niſtenden Waldſänger ſind ſehr weich und ſchön. Der Goldſtieglitz baut ein äußerſt warmes und mühſam hergeſtelltes Neſtchen. Die beutelför— migen Bauten der Oriole und Vireos erregen ſtets unſere Bewunderung. Die an der Außenſeite mit Flechten dekorierten Neſter des Rubinkolibris und des Mückenfängers ſind außerordentlich geſchmackvolle Kunſtbauten, und faſt ebenſo ſchön iſt das Neſt unſeres Waldpiwi oder Waldtyrannen. Er iſt in der That einer unſerer hervorragendſten Neſt— künſtler, einer unſerer eigentümlichſten Vögel. Das Verbreitungsgebiet des Waldpiwi erſtreckt ſich im Sommer über den ganzen Oſten der Vereinig— ten Staaten von Mexico und Florida nördlich bis zum 45. Breitengrade und gelegentlich noch über dieſen hinaus, weſtlich bis zu den großen centralen Ebenen. Innerhalb dieſes großen Gebietes kommt er in allen Laubholz- und gemiſchten Waldungen Im Süden iſt er jedoch häufiger als ganz im Norden. Ich fand ihn beſonders zahlreich in Texas, doch auch im ſüdweſtlichen Miſſouri war er gewöhnlich, und auch in Illinois und Wisconſin iſt er nirgends, wo es Wald giebt, ein ſeltener Vogel. — Der Waldpiwi gehört zu den Vögeln, deren Bekannt— ſchaft ich ſchon in meinen Kinderjahren in den gemiſch— ten Wäldern Wisconſins gemacht habe. Er lebte zahlreich an denſelben Örtlichkeiten, wo der roſen— brüſtige Kernbeißer ſeine Lieder erſchallen, wo die Walddroſſel ihr ſchmelzendes „Eolie, Eolie“ durch den Wald hallen ließ. Sein eigentümlich klagendes, melodiſches „Piwi“ lenkte ſehr früh meine Aufmerk— ſamkeit auf ſich. Er erſchien dort nie vor Ende Mai. In Südweſt-Miſſouri habe ich ſeine Ankunft nie vor Mitte Mai und im ſüdöſtlichen Texas nie vor Ende April beobachtet. Er iſt einer der allerletzten Aukömm— linge aus dem Süden und kommt etwa gleichzeitig mit dem Akadia- und Traillstyrannen an. Er erſcheint einzeln oder paarweiſe und macht ſich dann ſogleich durch ſeine keinem andern Vogel ähnlichen Töne bemerklich. Oft kommt er dann auch in die ſchon mehrere Wochen im friſchen Laubſchmuck prangenden Obſtgärten, wenn dieſe an den Wald grenzen. Bald nach ſeiner Ankunft bezieht er ſein eigentliches Wohn— gebiet, den Wald, wo man ihn in ſeinem Thun und Treiben leicht beobachten kann, da er keineswegs ſcheu iſt. Er meidet allerdings die Nähe des Menſchen, aber nur aus dem Grunde, weil der mehr geſchloſſene, einſame, halbdunkele Wald ſeine eigentliche Heimat iſt. Es kommt ihm weniger darauf an, ob dieſer trocken, feucht oder gar ſumpfig iſt, nur muß derſelbe möglichſt frei von Untergebüſch ſein. Ebenſowenig ſcheint ihm daran zu liegen, ob der Wald mehr aus Laub- oder Nadelholzbäumen beſteht. Daß er nicht durchaus die Nähe des Menſchen zu meiden ſucht, beweiſen die mehrfach in alten, mit großen und dicht nebeneinander ſtehenden Obſtbäumen beſtandenen Gärten gefundenen Neſter dieſer Art. In Texas, wo der Pfoſteneichenwald ganz dicht an meine Woh— nung grenzte, brütete ein Pärchen gerade neben dem Hauſe. Gewöhnlich ſieht man ihn ganz am äußeren Ende eines trockenen horizontalen Aſtes im Schatten eines großen überhängenden Baumes ſitzen. Er wählt ſich ſeinen Sitzplatz, ſeine Warte, oft ziemlich hoch, dreißig bis vierzig Fuß vom Boden, oft jedoch auch viel niedriger. Das Halbdunkel des Waldes ſagt ihm beſonders zu. Von ſeiner Warte aus fliegt er in ſchnellen Zickzacklinien hin und her, nach oben und unten, und durch das fortwährende hörbare Zuſam— menklappen des Schnabels wird man gewahr, daß er eine ganze Anzahl Inſekten ſchnell nacheinander fängt. Obwohl er ſehr ſchnell fliegt, ſo ſieht man ihn doch kaum länger als einige Augenblicke in der Luft, daun kehrt er wieder auf ſeinen Sitzplatz zurück. Wenn er nicht fortwährend ſeine eigenartigen Töne erklingen ließe, ſo würde man den in einfaches dunkles Oliven— grau gekleideten Vogel kaum gewahr. Von unten ſieht er dem moosbedeckten grauen Aſte, auf welchem er ſitzt, ganz ähnlich und über ihm wölbt ſich das überhängende Geäſt der Waldbäume. In ſeiner ſitzenden Stellung dreht er den Kopf beſtändig einmal rechts, einmal links. Man ſieht deutlich, daß er auf Beute lauert. In weitem Umkreis entgeht ihm keine Mücke, keine Fliege, kein Falter. Mit unfehlbarer Sicherheit weiß er jedes Inſekt zu erbeuten. Sein Auge iſt ſehr ſcharf, ſtechend, funkelnd und erinnert in dieſer Hinſicht Der Waldpiwi. 529 gewiſſermaßen an die Raubvögel. Selbſt nach Ein— tritt der Dämmerung, wenn es im Walde faſt voll— ſtändig dunkel geworden war, ſah und hörte ich ihn Inſekten fangen, ein Beweis, daß er auch in der Dunkelheit noch ſcharf zu ſehen vermag. Die fliegen— den Inſekten ſind es eigentlich, welche ſeine Nahrung ausmachen, doch nimmt er nicht ſelten auch von den Zweigen, Blättern und Blüten Spinnen, kleine Raupen und Käfer ab, doch geſchieht dies ebenfalls fliegend, indem er ſich dabei rüttelnd in der Luft hält. Fliegen, Moskitos, Motten, Spinnen, Bremſen, kleine Käfer und Raupen bilden den Hauptbeſtandteil ſeiner Nahrung. Auf den Boden kommt er ſehr ſelten herab und ſeine ſchwachen Füße befähigen ihn auch nicht, ſich viel im Geäſt der Bäume umherzu— tummeln. In Gebüſchen und Dickichten und im kleineren Gezweig der Bäume habe ich ihn nie geſehen. Der Natur- und Vogelfreund kann den Wald— piwi, da, wo er vorkommt, gar nicht überſehen. Ruft er doch fortwährend, ſehr langgezogen und durch— dringend, ſelbſt ſeinen Namen „Piwi“! Dieſer Ruf gehört zu den ſehr charakteriſtiſchen Tönen unſeres Waldes und fällt in der Regel ſchon auf, wenn man den Wald betritt. Von morgens bis zur Abend— dämmerung hört man dieſe Töne. Sie haben einen eigenartigen klagend melodiſchen Schmelz und ſcheinen ein unſagbares Leid auszudrücken, das die Zeit nicht zu heilen vermag. Gewöhnlich klingen die Laute wie „Piwih“, doch werden ſie vielfach abgeändert und ver— tönt; denn oft erklingt es auch ſehr langgezogen wie „Pi-u-ih“ oder wie „Pi-uh”; gelegentlich auch wie „Pi-o-ih, wit, wit, pi-ih”, manchmal auch leiſe, gleichſam flüſternd wie „Pu-pu-pu-pih“. Alle dieſe Töne ſind ſehr weich und melodiſch, alle haben eine melancholiſche Klangfarbe. Kurz vor der Brutzeit läßt er auch einige gurgelnde, ſchnelle, leiſe Töne hören, beſonders wenn er das Weibchen ſpielend ver— folgt. — Man hört ſeine Rufe von ſeiner Ankunft bis zum Auguſt. Sobald die Mauſer eintritt, ver— ſtummt er gänzlich. Wie ich bereits in der Einleitung erwähnte, gehört der Waldpiwi zu unſeren vorzüglichſten Neſt— künſtlern. Bald nach ſeiner Ankunft ſchreitet das Pärchen zum Neſtbau. Sein Niſtgebiet iſt verhältnis— mäßig klein, doch weiß das wachſame, kampfbereite Männchen dasſelbe eiferſüchtig von fremdem Beſuche ſeinesgleichen frei zu halten. Selbſt andere kleine Vögel werden nicht gern in der Nähe geduldet. In Wisconſin beginnt der Neſtbau etwa anfangs Juni, weiter ſüdlich natürlich verhältnismäßig früher. Zur 67 530 Der weſtliche Waldpiwi. — — T ————— Anlage des Neſtes wird faſt immer ein alter abgeftor- | Blätter rot zu färben beginnen, verläßt er die Nord— bener, mit Moos bedeckter, mittelmäßig dicker, horizon— taler Aſt gewählt. Auf dieſem wird dann das Neſt ſattelartig gebaut. Das Männchen trägt gewöhnlich die Niſtſtoffe herbei, während das Weibchen den Kunſt— bau aufführt. Zunächſt werden feine Pflanzenfaſern, Baſtſtreifen, ſehr feine Würzelchen und auch einzelne Hälmchen herbeigetragen und daraus das eigentliche Neſt geformt. Die Außenſeite desſelben wird mit feinen graugrünlichen Flechten (Moos), wie ſie ſich an der Borke der Waldbäume häufig finden, dicht und ſehr ſchön überkleidet. Wie es ſcheint, werden dieſe Flechten mit Spinngewebe und mit dem Speichel des Vogels befeſtigt. Die innere Auskleidung beſteht meiſt aus Baſtfaſern und iſt längſt nicht ſo ſchön als die moosbedeckte Außenſeite. Das Neſt iſt ein Pracht— bau. Es iſt dem des Kolibri ähnlich, nur viel größer, und ſteht ihm auch in künſtleriſcher Ausführung nach. Das Kolibrineſt iſt innen mit ſehr feinen Stoffen ausgepolſtert und iſt verhältnismäßig ſchmäler und höher. Der Bau des Waldpiwi iſt ſehr niedrig, nur 1.50 Zoll hoch und 3.00 Zoll breit; die Mulde iſt nur 1.00 Zoll tief und 2.50 Zoll breit. Es fieht einem Aſtauswuchſe ſo täuſchend ähnlich, daß es nur ſchwer aufzufinden iſt. War ich doch ſchon fünfzehn Jahre mit unſerem Vogel bekannt, ohne daß es mir gelungen war, ein Neſt zu finden. Nie hatte ich daran gedacht, es auf alten abgeſtorbenen Aſten zu ſuchen. Wenn man endlich eins entdeckt hat und in einer Höhe von fünfzehn bis vierzig Fuß an dasſelbe zu gelangen ſucht, ſo kann es nur zu leicht geſchehen, daß der morſche Aſt bricht und man ſchneller auf dem Boden anlangt, als einem lieb. Alle von mir beobachteten Neſter ſtanden auf horizontalen trockenen Baumäſten, doch will man hie und da auch ſolche auf aufrechten, dicken, mehr gabelförmigen Aſten gefunden haben. Auch mehren ſich die Berichte über in alten Apfel— bäumen brütende Waldtyrannen. Nur eine Brut findet alljährlich ſtatt. kranzartig mit einigen ziemlich großen lilafarbenen und rötlichbraunen Flecken gezeichnet. Die Jungen werden allein mit Inſekten gefüttert. Noch lange nach dem Ausfliegen werden ſie gefüttert und geführt. Es ſcheint auch, daß die ganze Familie die Reiſe nach dem Süden gemeinſchaftlich antritt. Der Waldpiwi ſcheidet zu einer Zeit, wenn die Luft noch recht ange— nehm und warm iſt, wenn die Bäume noch grün ſind. Wenn ſich anfangs September die erſten ſtaaten. Keiner überwintert im Gebiete der Union, ſelbſt nicht in Florida. Die Angabe Audubons, daß er bereits im ſüdlichen Yonifiana überwintere, iſt nicht durch neuere Beobachtungen beſtätigt worden. Ihre eigentliche Winterherberge haben dieſe, wie faſt alle zarten Inſektenvögel, in Guatemala, Coſta Rica, Panama 2c. i Namen: Waldpiwi, Trauerpiwi. Wood Pewee. Wiſſenſchaftliche Namen: Muscicapa virens Linn. (1766). — Tyrannula virens Rich. — Tyrannus virens Nutt. (1840). — Contopus virens Cab. (1855), — Mus- cicapa querula Vieill. (1887). — Museicapa rapax Wilson (1810). Beſchreibung: Oberſeite olivenbraun, am dunkelſten am Kopfe; Unterſeite mattgelblich, quer über der Bruſt aſchgrau angeflogen, ebenſo an den Seiten; Flügel und Schwanz ſchwärzlich; zwei ſchmale weiße Flügelbinden. Weibchen ähnlich. Länge 6.15 Zoll; Flügel 3.50, Schwanz 3.05 Zoll. Der weltliche Valoͤpiwi. Western Wood Pewee. Contopus Richardsonii BAIRD. Im weſtlichen Teile unſeres Landes, von den großen Ebenen bis zum Pacific, wird der Waldpiwi durch den weſtlichen oder Richardſons-Piwi vertreten. Ich hatte Gelegenheit, dieſe Art im Pfoſten— eichenwalde des ſüdlichen Texas kennen zu lernen. Er erſchien Ende April und verweilte bis zum September, bevorzugte zum Aufenthalt mehr den offenen Teil des Waldes, als das tiefe dichtere Innere und wählte zu ſeiner Warte hervorſtehende abgeſtorbene Baumäſte. In ſeinem Weſen iſt er viel heftiger und ſchneller als der Waldpiwi; ſeine Töne ſind lauter und rauher und längſt nicht ſo zart melancholiſch auheimelnd. Nach Norden hin dringt er bis zum Saskatchewan vor und ſüdlich bis ins Innere Mexicos und Central— | amerifas, wo er ebenfalls zu brüten ſcheint. — Prof. Die gewöhnlich vier, ſeltener fünf Eier ſind in der Grundfarbe rahmweiß und nur am dicken Ende J. A. Allen berichtet, daß er mehr oder weniger zahlreich am weſtlichen Rande der großen Ebenen ſei und von da ſich in die Gebirge Colorados bis zu einer Höhe von 12,000 Fuß verbreite. Auf den erſten Blick iſt dieſe Art nicht leicht vom Waldpiwi zu unter— ſcheiden, deſto leichter kann man ihn aber an ſeinen Tönen und ſeiner eigenartigen Niſtweiſe erkennen. Das Neſt ſteht in kleinen aufrechten Zweigen, alſo nicht ſattelförmig auf einem dicken wagerechten Aſte, wie das des Waldpiwi. Es iſt hübſch und feſt gebaut und in ſeiner Anlage, Form und Bauart dem des — Bis Der Akadiatyrann. 531 Prärie-Fliegenfängers ähnlich und iſt ſelten mit Flechten dekoriert. ſich dagegen durchaus. öſtlichen Art. Letzterer hält ſich mit Vorliebe im Halbdunkel des ſchattigen hohen Waldes auf. Die weſtliche Art dagegen treibt ſich gerne in Lichtungen und den mehr offenen Gehölzen umher, hier mehr in der Weiſe des Hauspiwi lebend. Die Eier beider Vögel gleichen U Die Töne der weſtlichen Art Wiſſenſchaftliche Namen: ſind, laut Allen, rauh und wenig abwechſelnd und erinnern faſt gar nicht an das klagende „Pi-wi“ der | | | Western Wood Pewee. Tyrannula Richardsonii Swains. (1831). — Contopus Richardsoni Baird (1858). Beſchreibung: Dem vorigen ſehr ähnlich. Flügel ſehr lang und ſpitz. Oberſeite olivenbraun; Bruſt, Seiten des Kopfes, Halſes und der Unterſeite matt olivenbraun; Kinn und Kehle weiß, olivenfarbig angeflogen; Schwung— federn und Schwanz dunkelbraun; zwei nicht ſehr hervor— tretende bräunlichweiße Flügelbinden. Länge 6.20 Zoll; Flügel 3.65, Schwanz 3.10 Zoll. Der Akadiatyrann. Acadian Flycatcher. Tafel XXVXIII. Empıidonax acadıcus BAIRD. Vogel 6. lie Hauptfarbe der meiſten Tyrannenarten iſt grau, zu welcher als Nebenfarbe gewöhnlich noch Weiß, Schwarz oder Braun, ſeltener Rot und Gelb hinzutreten. Grau iſt die beſcheidenſte, die am wenigſten ins Auge fallende aller Farbengruppen. Die bei weitem große Mehrzahl der Menſchen, beſonders Kinder, die große Maſſe des gewöhnlichen Volkes und iR namentlich alle wilden Völkerſtämme erfreuen ihr | Auge an grellen Farben. Nur auf den höheren Stufen der Bildung gewiunt der Menſch an den ver— ſchiedenen Nuancen dieſer Farbe Geſchmack. Bei den Blumen bewundern wir allerdings, neben dem Dufte, die freudigen leuchtenden Farben, und eine mattfarbige Blüte erregt keineswegs unſere Begeiſterung. Anders urteilen wir bei den Vögeln. Unter den Grauröcken unſerer Vogelwelt finden ſich die beſten und edelſten Sänger. Die farbenprächtigen, ſchillernden Tropen— vögel entzücken wohl unſer Auge, vermögen aber nie das tiefſte Innere unſerer Seele mit ſolcher Freude, ſolchem Hochgenuß zu erfüllen, wie die graue Spott— und Katzendroſſel und andere unſcheinbar gekleidete Sänger durch ihre ſeelenvollen Klänge. Leider iſt der Mangel an Sinn für die einfachen Farbentöne die Urſache, daß das Volk die vorwiegend grauen Vögel nicht zu unterſcheiden vermag. Nirgends tritt dies offenkundiger zu Tage als bei den Kleintyrannen (Empidonaz). Selbſt unſere älteren Vogelkundigen haben die vier im Oſten vorkommenden Arten oft miteinander verwechſelt. Erſt durch die Forſchungen der neueren Ornithologen, namentlich durch die des Herrn Otto Widmann in St. Louis, ſind wir zu voller Klarheit gelangt. Ich werde am Ende des Lebensbildes des Moos-Fliegenfängers eine Arbeit des Herrn Widmann bringen, die uns ganz genau jede einzelne der vier öſtlichen Emypidonaces kennzeichnet. Den Akadiatyrann fand ich ſowohl in Texas als auch im ſüdweſtlichen Miſſouri. Er war in beiden Staaten einer der letzten Ankömmlinge aus dem Süden. Das Neſt ſtand in Texas immer in der Spitze eines horizontalen Seitenaſtes, meiſt in Ulmen und Zürgelbäumen, und war ſtets aus grün— lichgrauen Bartflechten ( Usmea barbata) gebaut. Der überaus ſchöne Bau zeigte dicke Wandungen, war aber ſehr flach. Ganz ähnliche Neſter erhielt ich aus Pennſylvanien und anderen Gegenden der Alleghanies. Im ſüdweſtlichen Miſſouri war der Bau ſtets aus Blütenkätzchen von Hickorybäumen hergeſtellt. Herr Widmann wird darauf weiter unten ganz beſonders zurückkommen. Alle Neſter, welche ich fand, ſtanden im Dunkel des Waldes. Dieſe Art iſt der folgenden ſo ähnlich, daß man ſie nur am Rufe unterſcheiden kann. Der Akadia-Fliegenfänger verbreitet ſich über die öſtlichen Vereinigten Staaten, nördlich bis zum Connecticut-Thale. Widmanns- oder Prärie-Fliegenfänger. Akadiatyrann, Akadia-Fliegenfänger. Acadian Flycatcher, Small Green-erested Fly- catcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa acadica Gmel. (1788). — Tyrannula acadica Swains. (1838). — Empi- donax acadicus Baird (1858). Namen: Beſchreibung: Oberſeite rein und gleichmäßig olivengrün, am dunkelſten auf der Kopfkrone; Unterſeite gelblichweiß. Flügelbinden weißlich. Länge 6.00 Zoll; Flügel 2.88, Schwanz 2.62 Zoll. Vioͤmanns- oder Prärie-Fliegenfänger. Traill's Flycatcher. Empidonax pusillus Trailli B. B. & R. Die eigentliche Art dieſes Zwergtyrannen iſt Empidonax pusillus CABANIS (Little Flycatcher), welche das weſtliche Nordamerika von den großen Ebenen bis zum Pacific und nördlich bis zu den Pelzgegenden bewohnt. Man weiß nur wenig über ihn; dagegen iſt man über die den Oſten des Landes bewohnende Varietät genau unterrichtet. Dieſer intereſſante Kleintyrann hat für mich eine ganz beſon— dere Geſchichte. Wurde ich doch durch ihn und den Akadia-Tyrannen mit Herrn Otto Widmann in St. Louis, einem unſerer hochſtehendſten und liebens— würdigſten Forſcher, bekannt. Aus dieſem Grunde habe ich ihm auch den deutſchen Namen Widmanns— Fliegenfänger oder Widmanns-Tyrann beigelegt. Ich ſaß einſt an einem warmen Apriltage unter einer blühenden Magnolie an der Buffalo-Bayou bei Houſton, Texas, Waldſänger und andere nördlich ziehende Vögel beobachtend, welche ſich zwiſchen den weißen, duftenden Blüten und im dunkelgrünen Gelaube nach Herzensluſt tummelten. Unter dieſen gefiederten Gäſten bemerkte ich auch eine ganze Anzahl Kleintyrannen, die ſich weder in Färbung noch Lebens— weiſe voneinander unterſchieden, welche jedoch verſchie— denartige Laute ausſtießen. Zu Haufe angekommen, ſuchte ich alle mir zu Gebote ſtehenden ornithologiſchen Werke durch, um die Arten feſtzuſtellen. Nach langem Suchen fiel mir ein ganz ausgezeichneter Aufſatz über E. acadieus und ZE. Trailli im „Bulletin of the Nuttall Ornithological Club“ in die Hände, der ſofort Klarheit in die Sache brachte. Ich ſchrieb an den Verfaſſer, Herrn Otto Widmann, und erhielt nicht nur weitere Auskunft über dieſe Arten, ſondern auch Neſter und Eier. Seit jener Zeit habe ich die Gaſtfreundſchaft dieſes Forſchers und feiner ſeine Nei- gungen teilenden, hochgebildeten Gattin oft genoſſen. Mit ihm wurde die Umgebung von St. Louis nach allen Seiten hin durchſtreift. Durch ihn lernte ich den Kapuzen-, Wurm-, Gold- und Waſſerſänger erſt recht eigentlich kennen, und auch die nähere Bekannt— ſchaft dieſes Fliegenfängers wurde gemacht. Im berühmten botaniſchen Garten, im Laclede-, Benton-, Lafayette- und anderen Parkanlagen iſt er ein gewöhn— licher Brutvogel, und in den Obſt- und Zierbäumen bei St. Louis und im ſüdlichen Illinois iſt er im Sommer zahlreich zu ſehen. Das Neſt iſt ſo verſchie— den von dem des Akadiatyrannen, daß man es kaum für möglich hält, wie zwei ſich ſo nahe ſtehende Vögel ſo verſchiedene Neſter bauen können. Es ſteht ſtets in einer aufrechten Aſtgabel, iſt äußerlich aus Gras— halmen, Würzelchen, Federn, Pferdehaar, Papier, Läppchen und ähnlichen Stoffen gebaut und innen mit feinen Faſern, Haaren u. ſ. w. ausgelegt. Die Eier ſind von denen der vorigen Art nicht zu unterſcheiden. Weiteres über dieſe Art folgt weiter unten in Herrn Widmanns Aufſatz. Namen: Widmanns⸗, Prärie- oder Traills-Fliegenfänger oder Tyrann. Traill's Flycatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Museicapa Trailli Aud. (1832). — Tyrannula Trailli Rich. (1857). — Tyrannus Trailli Nutt. Brd. (1858). — Empidonax pusillus Trailli B. B. & R. (1874). Beſchreibung: Oberſeite bräunlich-olivengrün; Unter— ſeite gelblichweiß, weißliche Flügelbinden. Länge 5.50 bis 6.00 Zoll; Flügel 2.72, Schwanz 2.50 Zoll. Der Garten-Fliegenfänger. Least Flycatcher. Empidonax minimus BIRD. Dieſer Fliegenfänger, welcher ſich vom nördlichen Illinois und dem ſüdlichen Neu-England nördlich bis Manitoba und wahrſcheinlich bis zur Hudſonsbai— Region verbreitet, hat ſich in den Nordſtaaten dem Menſchen innig angeſchloſſen. Er brütet dort zahl— reich in den Obſtgärten und macht ſich da, wo er vorkommt, durch ſein energiſches „Tſche-beck“ bald bemerklich. In Wisconſin trifft er ſelten vor dem 25. Mai ein. Das Neſt findet man häufig in Büſchen und Schößlingen an Waldrändern, in Obſt— bäumen und häufiger noch in dichten Zierſträuchern, namentlich in tartariſchen und chineſiſchen Hecken— kirſchen, in wildem Jasmin und andern. Es iſt ein überaus weicher und ſchöner Bau. Diejenigen Bauten, welche fernab von menſchlichen Wohnungen in Wieſen und an Waldrändern ſtehen, ſind faſt ganz aus weichen Seidelbaſtfaſern (Aselepias), Federn, Spinnen und Raupenneſtern gefilzt. Innen ſind ſie mit feinen Faſern, Flechten und Daunen ausgelegt. In der Nähe des Menſchen beſteht der Bau aus feinen Federn, Baum- und Diſtelwolle, Papier und Haaren, und iſt innen mit Fäden und Pflanzenwolle fein und weich ausgelegt. Ich habe Neſter geſehen, die faſt ganz aus Diſtel- und Baumwolle gebaut waren. Die Eier ſind reinweiß. Namen: Garten-Fliegenfänger, kleiner Fliegenfänger. Least Flycatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Tyrannula minima Brd. (1843). — Museicapa minima Aud. (1844). — Empi- dona minimus Brd. (1858). Beſchreibung: Oberſeite olivengrün, mit grauem Anflug; Unterſeite gelblichweiß; Flügelbinden weißlich. Länge 5.25 Zoll; Flügel 2.60, Schwanz 2.25 Zoll. Der Noos-Fliegenfänger. Yellow-bellied Flycatcher. Empidonax flaviventris BRD. Dieſer Fliegenfänger iſt der am wenigſten bekannte unſerer vier öſtlichen Arten. Er bewohnt den äußerſten Norden der Union, wo er feuchte Gebirgsgegenden und mooſige Sümpfe zu ſeinem Lieblingsaufenthalte wählt. „Pi-uh, prä- pia“ bemerklich. haben die Ornithologen Purdie, Batchelder, Osborne u. a. in Maine Gelegenheit gehabt, die | Niſtweiſe dieſes Zwergtyrannen zu ſtudieren. Der Bau ſteht immer im weichen, dichten grünen Moos, beſonders an Uferwänden und in auf dem Boden liegenden halbverfaulten Baumſtämmen. Außerlich iſt er ganz aus Moos, innen aus feinen ſchwarzen Würzelchen und Tannennadeln gebaut. Die Eier, gewöhnlich vier an Zahl, ſind rahmweiß, am ſtum— pfen Ende mit einigen braunen Punkten und Flecken gezeichnet. 5 Namen: Moos⸗Fliegenfänger, Gelbbauch-Fliegenfänger. Yellow-bellied Flycatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Tyrannula flaviventris Baird (1843). — Muscicapa flaviventris Brd. (1844). — Empidonax flaviventris Brd. (1858). Beſchreibung: Oberſeite rein olivengrün wie bei E. aca- dieus; Unterſeite rein und ſchön gelb, an den Seiten der Bruſt und des Bauches in Olivengrünlich übergehend; Wo er vorkommt, macht | er ſich bald durch fein wohlklingendes, melancholiſches Erſt in neueſter Zeit Der Moos-Fliegenfänger. Ring um das Auge, Flügelbinden und Unterſchnabel gelb. 533 Um unſere ſoeben beſchriebenen vier öſtlichen Kleintyrannen (Zmpidonaces) noch genauer zu kenn zeichnen, laſſe ich hier eine Skizze meines hochge ſchätzten Freundes, des Herrn Otto Widmann, folgen: „Die vier in den Oſtſtaaten vorkommenden Em— pidonaces find deshalb beſonders intereſſant, weil fie uns zeigen, wie ganz verſchiedene Arten von Vögeln eine ſolche äußere Ahnlichkeit haben können, daß es geübte Ornithologen erfordert, ausgeſtopfte Exemplare oder Bälge mit Sicherheit zu unterſcheiden. Den Vätern nordamerikaniſcher Vogelkunde, namentlich Wilſon und lange Zeit auch Nuttall und Audu— bon, war das Vorhandenſein von vier verſchiedenen Arten nicht bekannt; ſie hielten alle ihnen vorkom— menden Impidonaces für eine Art, und ihre Beſchrei— bungen ſind deshalb zum Teil unrichtig. Erſt im Jahre 1832 trennte Audubon den Prärietyrannen als beſondere Art ab und gab ihm den Namen Trailli, und dem ſcharfen Blick Bairds war es vorbehalten, die beiden nordiſchen Arten zu erkennen und durch genaue Beſchreibung derſelben im Jahre 1843 Licht in das Dunkel zu bringen. Trotzdem wurden dieſelben noch lange und werden wohl heute noch oft genug miteinander verwechſelt. Wie gering die Unterſchiede ſind, beweiſt auch der Umſtand, daß ſich noch im Jahre 1872 Ornithologen fanden, welche die Echtheit einzelner Arten bezweifelten. Die Ge ſchichte dieſes ſpäten Erkennens und mühſamen Treu— nens der vier Empidonax-Arten iſt auch aus dem Grunde ein intereſſantes Studium, weil es uns darauf hinweiſt, daß anſcheinend unbedeutende Unterſchiede in der Farbe oder in den Größenverhältniſſen einzelner Teile nicht, wie mauche glauben, als ſelbſtverſtändlich hingenommen und überſehen werden dürfen, ſondern daß ihnen, wenn ſie ſich als konſtant erweiſen, Wich tigkeit beizumeſſen iſt, da ſie auf Verſchiedenheiten im Wohngebiet, in der Lebensweiſe, im Aufenthaltsort, in der Niſtweiſe, im Gefang oder in der Nahrung ſchließen laſſen. In Bezug auf Größe laſſen ſich unſere Empidonaces in zwei große und zwei kleine Arten einteilen, obgleich beim Meſſen einer großen Reihe von Bälgen es ſich herausgeſtellt hat, daß die größten Exemplare der kleinen Arten den kleinſten der großen gleichkommen. Im Durchſchnitt beträgt der Unterſchied zwiſchen E. acadieus und Trailli einerſeits und E. flaviventris und minimus andrerſeits einen halben Zoll, in extremen Fällen einen Zoll, da die erſteren 5.50 bis 6.00, die letzteren 5.00 bis 5.50 Länge 5.75 Zoll; Flügel 2.65, Schwanz 2.40 Zoll. Zoll meſſen. 534 „Beim lebenden Vogel iſt dieſer Unterſchied meiſtens bemerkbar, zuweilen auffallend. Ahnlich verhält es ſich mit der Farbe des Gefieders, und häufig iſt der Vogel auf dem Baume raſcher identifiziert als der Balg in der Sammlung, da der Ausdruck des Geſichts, wenn man ſo ſagen darf, mit dem Leben entflieht und die zarten Farben um das Auge, wie überhaupt die richtige Lage, reſp. Stellung der Kopf— federn, mehr oder weniger verloren gehen. Im allgemeinen läßt ſich das Gefieder aller vier Arten beſchreiben als: Oberſeite grün, Unterſeite gelblichweiß bis reingelb. Bei genauer Vergleichung finden wir jedoch, daß wir es mit einer bräunlichen (Trazlli), grünen (Acadieus), grauen (Minimus) und einer gelben (Flaviventris) Art zu thun haben. „An den Farben am leichteſten zu erkennen iſt die gelbe Art. Während bei den andern Arten die Unterſeite und Flügelbinden weißlich oder ſchmutzig— gelb ſind, ſind ſie bei dieſer Art reingelb, und das Auge iſt von einem breiten reingelben Band eingefaßt. Nirgends iſt am Vogel etwas Weißliches oder Grau— liches ſichtbar. Minimus dagegen zeigt mehr Weiß und Grau, wie irgend eine der andern Arten, nament— lich iſt ein breiter Ring ums Auge reinweiß, was mit der grauen Seite des Halſes und dem grauen Unter— rücken oft hinreicht, ihn zu erkennen. Schwer find Acadieus und Trailli voneinander zu unterſcheiden, und es erfordert ſchon eine vorteilhafte Beleuchtung und günſtige Poſition, um den erſteren an der gleich— mäßig grünen Oberſeite, den letzteren an dem mehr braunen Kopf und bräunlichen Grün zu erkennen. Glücklicherweiſe kommt man nicht oft in die Verlegen— heit, ſich lange im Zweifel zu befinden, denn von der Ortlichkeit läßt ſich meiſtens ſchon auf die Art ſchließen, und dem Geduldigen räumt der Vogel bald ſelbſt alle Zweifel durch ſeinen charakteriſtiſchen Ruf aus dem Weg. Obgleich von keinem muſikaliſchen Wert, iſt der Ruf, oder eigentlich Geſang, des männlichen Em pidonaz dadurch ſehr wertvoll, daß er bei jeder Art fo ſehr verſchieden iſt, wie nur denkbar, und der, da ihn der Vogel drei Monate lang ertönen läßt, ein be— quemes und ſicheres Erkennungszeichen abgiebt. Auch die durchziehenden nordiſchen Arten find, wenigſtens im Frühjahr, durchaus nicht ſparſam mit ihrem Ruf und erleichtern dadurch das Wiederſehen ganz bedeu— tend. Auf Papier ſind dieſe Rufe ſchwer wiederzu— geben, ſo ſehr ſie ſich auch dem Ohr einprägen. „Der lauteſte iſt Trailli, fein ‚Wittitſchi, witti— göh‘, von der Spitze eines Strauches oder niederen Baumes, vom Telegraphendraht oder ſonſt einem Die vier djtlichen Empidondæ-Arten. eine Viertelmeile weit an. „Der ſehr eigenartige Ruf, der unſern Acadieus kennzeichnet, iſt ein kurz ausgeſtoßenes ‚ithia‘, das, obwohl nicht laut, doch weithin durch den Wald hörbar iſt. Während der Fortpflanzungsperiode hört man noch einen andern, ganz beſonderen Ton von dem erregten Männchen, einen Ton, den man für das Sauſen des Flügelſchlags hält, zumal da man den Vogel dabei von einem Baum zum andern fliegen ſieht. Bei näherer Betrachtung findet man jedoch, daß der Ton nicht vom Flügelſchlag kommen kann, denn man hört ihn ſchon bevor der Vogel ſeinen Sitz verläßt und er dauert noch fort, nachdem er ſich wieder niedergeſetzt hat. „Auch der Ruf des Minimus hat mit keinem eines andern Vogels die geringſte Ahnlichkeit; er klingt deutlich wie ein energiſches „Tſchebecke. „Ganz verſchieden und eher an eine Droſſel erin— nernd, iſt der Ruf des Flaviventris, ein weiches, abge— rundetes, nicht unmelodiſches „Piu präpia‘. „Auch in der Wahl ihres Wohngebiets zeigen unſere vier Empidonax-Arten, daß fie ganz verſchie— dene Wünſche und Neigungen haben. „V. acadieus*) hat fi die Laubholzregion des Südens zum Wohnſitz ausgewählt, „E. Trail die Prärieregion, die dieſen Wald weſtlich und nördlich begrenzt, „H. flaviventris die Waldregion des Nordens, „L. minimus den Waldrand dieſer Region. „Von feiner wahren Heimat, den Hochwäldern der Südſtaaten, dringt Acadieus, namentlich in den Flußthälern, ſoweit in die Prärieregion des Weſteus und Nordens vor, als er derartige Wälder findet. „Lrailli iſt der echte Bewohner des Waldrandes und hat ſein Verbreitungscentrum da, wo der ſüdliche Laubholzwald tief in die Prärieregion eindringt, alſo von Texas, dem weſtlichen Arkanſas und Indianer— Territorium durch Miſſouri und Illinois, öſtlich nach Neu-England, nördlich bis Minneſota und Dakota, ausnahmsweiſe bis Manitoba und Canada, vor- dringend. Während durch Ausrottung der Wälder das Gebiet des Acadieus mit jedem Jahr kleiner wird, wird dasjenige des Trailli immer größer und derſelbe breitet ſich mit der Kultur immer mehr aus. Es iſt anzunehmen, daß er, ebenſo wie andere Waldrand— Bewohner, die ſich in die neuen Verhältniſſe zu ſchicken *) Dieſer ganz unpaſſende Beiname acadieus hat viel zur Verwirrung beigetragen, da Akadia, die franzöſiſche Benennung von Neu-Schottland, wohl das Heim des Minimus, nie aber das des Acadicus ſein kann. W. Die vier öſtlichen Enpidonaæ-Arten. 535 — wiſſen, mit der Zeit über den größten Teil der Oſt— ſtaaten verbreitet ſein wird. „Während ſich alſo das Gebiet des Trailli wie ein Gürtel um das des Acadieus legt und es in allen ſeinen Auszackungen als breites Band umgiebt, ſchließt ſich nördlich das des Minimus unmittelbar an dasſelbe an. Die ſüdliche Grenze des Vorkommens des einen kann als nördliche Grenze des andern gelten, obgleich, durch topographiſche Verhältniſſe bedungen, die Linie eine vielfach gezackte und ſchwer zu zeichnende iſt. Im allgemeinen läßt ſie ſich von Neu-England des Red River und oberen Miſſouri bis in die Rocky Mountains verfolgen, in den Thälern und im Tief— land weit nach Norden zurückweichend, auf den Höhen der Alleghanies tief nach dem Süden vordringend. Manitoba, Canada und Neu-England kann als die wahre Heimſtätte von Minimus angeſehen werden. So, wie Acadieus Bewohner der ſüdlichen Laub— wälder, iſt Flaviventris derjenige der ſchattigen, feuch— ten Bergwälder des Nordens, und ſo wie das Gebiet des Trailli die Heimat des Acadieus umgrenzt, fo ift Minimus der waldrandbewohnende Nachbar des Flaviventris. In den Vereinigten Staates findet Flaviventris nur in den Gebirgen Neu-Englands und der Alleghanies die ihm zum Brüten erforderlichen Bedingungen; ſeinen Hauptſitz hat er in den Wäldern Britiſch-Amerikas aufgeſchlagen. „Die Lage und die Bodenverhältniſſe Neu-Eng— lands bringen es mit ſich, daß dort alle vier Arten brütend gefunden worden find, denn Acadieus it jetzt noch ein ſeltener, war aber früher, vor Ausrottung der Wälder, ein regelmäßiger Bewohner des Connec— tieut-Thales, während Fauiventris auf den hohen Bergen brütet und die beiden Waldrandbewohner hier in unmittelbare Berührung kommen. Anders als in der Brutzeit, wo ſie das Land ſchön unter ſich verteilt haben, begegnen wir unſeren Empidonaces in der Zugzeit und, die nördlichſten Gegenden ausge— nommen, iſt es im wunderſchönen Monat Mai oder in dem nicht minder ſchönen September irgendwo in den Oſtſtaaten möglich, alle vier Arten beiſammen zu ſehen. Im Frühjahr gehören ſie zu den ſpäteren Er— ſcheinungen unter den Ankömmlingen. Acadieus ift der erſte, der am Brutplatz eintrifft, was bei St. Louis mit großer Regelmäßigkeit vom 27. bis 29. April geſchieht. Gleichzeitig mit ihm trifft auch der auf der Durchreiſe begriffene Minimus bei uns ein, wenig— ſtens die Vorhut; die Hauptarmee paſſiert während der erſten Hälfte des Mai hier durch und ihre Gegen— wart wird durch das unverkennbare,Tſchebeck' aller— orts angezeigt. In den erſten Maitagen findet ſich auch Trailli bei uns ein und am 4. und 5. kann man ſicher darauf rechnen, feine bekannte Stimme zu hören, doch vergehen noch acht bis zehn Tage, bevor ſie alle da ſind, und die große Zahl, die in der dritten Mai woche gegenwärtig iſt, läßt darauf ſchließen, daß ſich viele Durchzügler darunter befinden. Flawiventris gehört zu den letzten unſrer Zugvögel, erſcheint etwa um die Mitte Mai und bleibt bis gegen Ende des | Monats. im Oſten, den großen Seen entlang nach den Thäleın | „Der Herbſtzug iſt nicht ſo leicht zu beobachten, denn während ſie im Frühjahr ihre Anweſenheit durch den Geſang verraten, ſo ſind ſie im Herbſt, wenn auch nicht geradezu geſanglos, ſo doch ſehr ſchweigſam und wie alle Herbſtwanderer ſehr darauf bedacht, ſich neu— gierigen Blicken zu entziehen. Die kalte Welle, die ſich mit ziemlicher Regelmäßigkeit in der letzten Auguſtwoche im Nordweiten einjtellt, treibt mit vielen anderen Inſektenvögeln auch unſere Empidonaces ſüd— wärts, und wenn nun heftige Regengüſſe der Som— merdürre bei uns ein Ende machen, ſo trifft man in der erſten Hälfte des September Individuen jeder Art. Iſt das Wetter ſehr trocken, ſo ziehen ſie raſch durch und dann ſind alle Arten in der zweiten Hälfte des Monats ſchon ſelten. In manchen Jahren ſieht man einzelne noch im Oktober. „Im Zuſammenhang mit der Verſchiedenheit ihrer Umgebung finden wir auch eine gewiſſe Verſchie— denheit in ihrem Weſen und in ihren Bewegungen. Die Waldbewohner ſind bedächtiger, ruhiger, lang— ſamer; an die Ruhe des Waldes gewöhnt, entfliehen ſie der nahenden Gefahr ſchon frühzeitig und behalten den Eindringling im Auge, ihm vorſichtig ausweichend und ſich ſeinen Blicken entziehend. Die Waldrand— bewohner ſind ruheloſer, ſcheuer, flinker. Sie tauchen oft plötzlich ganz nahe vor den Augen des Beobachters auf, ſind aber ebenſo raſch im Nu wieder verſchwun— den. Durch ihren mehr exponierten Aufenthalt ſind ſie plötzlich auf ſie einſtürmenden Gefahren ausgeſetzt, deren Entgehen raſche Geiſtesgegenwart verlangt. Während es dem langſameren Geiſt des Acadieus bis jetzt noch nicht gelungen iſt, ſich mit menſchlichen Einrichtungen zu befreunden und er denſelben noch vorſichtig aus dem Wege geht, haben die Waldrand— bewohner ſchon längſt mit dem Menſchen gute Freundſchaft geſchloſſen und haben ſich inmitten unſerer Städte häuslich niedergelaſſen. Die vom Menſchen geſchaffenen Baumanlagen, der Park einer Stadt oder der Obſtgarten des Farmers, erſcheinen 536 ihnen ebenſo bewohnbar, wie die buſchreichen Ufer, wo die Wiege ihrer Vorfahren gehangen hat. Auch das Kapitel von der Wiege iſt intereſſant, denn über das Wiegenlied der Gattung Emyldond hat ſich ſchon mancher Oologe den Kopf zerbrochen; es wollte ſich lange Jahre nicht reimen und vieles, was davon in den Büchern unſerer Altmeiſter ſteht, muß mit Vorſicht und im Lichte der Errungenſchaften der Neuzeit geleſen werden. Während die Neſter der beiden Waldrand— bewohner ſich ſowohl in der Bauart als in der Lage ziemlich ähnlich ſehen, ſind die der Waldbewohner die denkbar verſchiedenſten, und man ſollte es kaum für möglich halten, daß zwei ſich ſo nahe ſtehende Ver— wandte derartig auseinander gehende Anſichten über Hausbau haben können. Das Neſt des Flaviventris iſt eines der verſteckteſten Vogelneſter, die es giebt: ein nahe am Boden in einen Baumſtumpf oder in eine Moosbank eingebetteter Moosbau. Das des Acadieus dagegen hängt frei und ſichtbar an den äußerſten Zweigen eines Baumes. Und während der nordiſche Baumeiſter die Wände ſeines Moosbaues ein bis zwei Zoll dick und mit Blättern und Würzelchen recht dicht und warm macht, flechtet ſich unſer heiß— blütiger Südländer als Wiege für ſeine Jungen eine luftige Hängematte mit ſo durchſichtigem Boden, daß man von unten die Eier darinnen zählen kann. Er beſtrebt ſich offenbar gar nicht, ſein Neſt vor den Blicken unten herumſchleichender Räuber zu verbergen; gegen dieſe ſucht und findet er ſein Heil in der Uner⸗ reichbarkeit, denn er hängt es an dünnen Zweigen, weit vom Stamm entfernt, zehn bis fünfundzwanzig Fuß über der Erde auf. Er iſt nur darauf bedacht, es ſo unter dichtem Laubwerk anzubringen, daß es den geflügelten Dieben oben verborgen bleibt. Weiſe hervor, wie er ſich zum Neſt begiebt. Nachdem er nämlich durch Kreuz- und Querflüge den Beob— achter irregeführt und ermüdet hat, fliegt er plötzlich ſenkrecht von unten in die Höhe und ſchnurſtracks in das Neſt hinein. Übrigens iſt es nicht er, ſondern ſie, die den Kontrakt für den Kunſtbau übernommen hat. Er überwacht die Sache eigentlich nur ſo aus einiger Entfernung und ſingt ſich ein Liedchen dabei. Das Material, was unſere Künſtlerin nimmt, macht ihren Bau zu einer der originellſten und reizendſten Kinder— ſtuben, die man ſich denken kann; ſie verwendet nämlich gar nichts anderes als die eben abgetrockneten Blütenkätzchen von Juglandeen, die fie mit Spinnen geweben an die Zweige anheftet. Ebenſo originell und poetiſch wie die Wahl des Materials iſt die Art, Daß ihn ein ſolcher Gedanke beim Neſtbau leitet, geht aus der Die vier öſtlichen Empidondæ-Arten. wie ſie das Neſt verziert. Sie flechtet nämlich eine Anzahl ſolcher Kätzchen mit einem Ende ſo in die Neſt— wand ein, daß ſie in Form von Franſen frei herab— hängen. Ein bei einer Schafweide gefundenes Neſt variierte von den andern inſofern, als es zur Hälfte aus Wolle angefertigt war und auch die Franſen zum Teil aus Wolle beſtanden. Mitte Mai wird mit dem Neſtbau begonnen, und anfangs Juni findet man ſchon volle Gelege friſcher Eier. Die Zahl der Eier beträgt drei, ſelten vier; leider aber findet man den Vogel häufig auf nur zwei Eiern brütend ſitzen, eine Zahl, die entweder auf Diebſtahl oder Unfall ſchließen läßt. Auch können manche Neſter den um dieſe Zeit ſehr heftigen Gewittern nicht widerſtehen, und daher kommt es, daß man noch Ende des Monats friſche Neſter findet. Die früheſten Neſter werden bisweilen vom Kuhvogel heimgeſucht. Die Eier des Acadieus ſehen denen des Tait jo ähnlich, daß man fie mit Sicherheit nicht voneinander unterſcheiden kann; die roten und braunen Tupfen find zwar bei Acadieus meiſtens dunkler, aber es finden ſich zuweilen ganz ebenſo dunkle bei Traili. Die Grundfarbe iſt bei friſchen Eiern weiß, und die dünne Schale läßt den Dotter rötlich durchſcheinen. Angebrütete Eier wer— den rahmgelb. „Die Eier des Flaviventris, vier an der Zahl, zeichnen ſich durch einen Kranz dunklerer Flecken von den andern aus, und Minimus, der gewöhnlich vier, ſeltener drei Eier legt, iſt ſo artig, dieſelben ganz fleckenlos zu laſſen, damit ſie unſere Eierſammler nicht etwa mit denen des Trailli verwechſeln. Dieſe Vorſicht iſt zu manchen Dingen nütze und iſt wahr— ſcheinlich in Neu-England erfunden worden, da ihnen dort gar zu oft das Unglück paſſiert iſt, miteinander verwechſelt zu werden. „Da die Regel, daß man den Vogel an den Federn erkennen kann, bei den Empidonaces nicht ſtichhaltig iſt, ſo iſt es gut, wenn man ſich andere äſſi Eines der beſten, die ſich fo gleich ſehenden Acadieus und Tall zu erkennen, find ihre Neſter. Das Neſt des Aca- dieus iſt außerordentlich flach, kaum 1 Zoll tief und ſtets in die horizontale Gabel eines dünnen Zweiges ſo hineingehängt, daß ſich die beiden Haftpunkte am Rand des Neſtes befinden; wenn auch das Material verſchieden ſein mag, an der Konſtruktion wird man es erkennen. Trail dagegen baut ſich ein kompaktes Neſt mit dichten Wänden und einer 1.50 bis 2.00 Zoll tiefen Mulde. Die Wände ſind nicht an horizontalen, ſondern an annähernd vertikalen Zweigen befeſtigt | | Pin sei. en bn ⅛ ahl ie m De — — — —— — — — | en. und zwar nahe an der Stelle, wo dieſe einem ſtärkeren Zweige oder Aſte entjpringen. Das Material beſteht aus trockenen Grasblättern, die mit Pflanzenwolle und Spiungeweben verfilzt ſind. Eine Eigentümlich— keit, die dazu zu dienen ſcheint, das Neſt von dem irds-Fli 1 * airds-Fliegenfänger. 537 Wurzeln, alten Blättern und Spinneugewebe, und | tt innen mit feinem Gras und einigen Federn ausge des Minimus zu unterſcheiden, find größere, in die Wände eingeflochtene und dieſelben ganz durchdrin— gende Federn. Das Junere iſt bald mit zarten Würzelchen, bald mit feinen Blattfaſern oder Pferde— haaren ausgelegt. Bei den in den Städten woh— nenden kommt es immer mehr in die Mode, Bänder, Schnüre, Papierſchnitzel und Lumpen mit in die Wände einzuflechten, was, wenn es Verſchönerung fein ſoll, feinen Zweck entſchieden verfehlt. Wo er ungeſtört iſt, wählt er ſich zur Anlage feines Neſtes einen baumartigen Strauch wie Sambucus, Rhus ꝛc., oder einen jungen Baum, eine wilde Rebe oder die unteren Aſte eines älteren Baumes und bleibt in einer Höhe von drei bis zehn Fuß; an viel beſuchten Orten geht er jedoch zwanzig bis dreißig Fuß hoch in die Aſte einer Ulme, eines Ahorns oder Obſtbaumes. Friſche Eier findet man vom 4. Juni an, die meiſten aber erſt in der zweiten Juniwoche und manche Gelege noch anfangs Juli, wenn die erſten Jungen ſchon das Neſt verlaſſen. Die flüggen Jungen werden noch minde— ſtens zwei Wochen lang von den Alten gefüttert, und ſolchen Familienſzenen begegnet man bis Mitte Au— guſt. Da der Kuhvogel ſeine Eier ſchon alle deponiert hat, wenn Trailliö zu legen beginnt, wird er wohl ſelten von ihm beläſtigt werden, doch fällt ſein leicht zu entdeckendes und noch leichter zu erlangendes Neſt leider gar zu häufig der plündernden Schuljugend zum Opfer.“ Bairoͤs-Fliegenfänger. Baird's Flycatcher, Western Flycatcher. Empidonax difhcilis BAIRD. Bairds-Fliegenfänger iſt ein gewöhnlicher Vogel Californieus, der anſcheinend alle Scheu vor dem Menſchen abgelegt hat und ganz in deſſen Nähe brütet. Dem äußeren Anſcheine nach iſt er dem vorigen ganz ähnlich, und auch in ſeiner Lebensweiſe zeichnet er ſich durch nichts von den übrigen Mitglie— dern der Sippe aus. Dieſer Zwergtyrann brütet mit Vorliebe in allerlei Höhlungen, namentlich in Spechtlöchern, in alten Pumpen und Außengebäuden, in den Wurzeln umgefallener Bäume, in Ecken der Riegelfenzen und in auſtraliſchen Gummibäumen (Eucalyptus) ꝛc. Das Neſt beſteht aus Faſern, feinen legt. Die vier bis fünf Eier find rahmweiß, mit ſehr feinen zimmet- und rötlichbraunen Flecken gezeichnet. Manchmal ſtehen die Flecken am ſtumpfen Ende kranzartig beiſammen. Dieſe Art verbreitet ſich von den großen Ebenen durchs Felſengebirge bis zum Pacific, nördlich bis Sitka, ſüdlich durch das weſtliche Mexico. Beſchreib ung: Die Oberſeite dieſer Art iſt olivengrün oder olivengrau; Flügelbinden mattweiß; Bauch und Unterflügelfedern ſchwefelgelb. Größe des vorigen. Hammonds-Fliegenfänger (Zmpidonax Hammond BR.; Hammond’s Flycatcher) vertritt den Garteufliegenfänger von den großen Ebenen bis zum Pacific. Neſt und Eier ſollen ganz an jenen erinnern. In feiner Heimat nennt man ihn ſeiner ſchmutzig-grauen Färbung halber den kleinen ſchmutzigen Fliegenfänger (Dirty Little Flycatcher). Beſchreibung: Farbe der Oberſeite olivengrün; Flügel— binden weißlich; Unterſeite grauweiß, auf der Bruſt ſtark olivengrün angeflogen. Länge 5.63; Flügel 2.72, Schwanz 2.38 Zoll. Der Wald-Fliegen fänger (Empidonax obseurus BIRD; Wright’s Flycatcher) kommt im weſtlichen Teile des Landes, nördlich bis Oregon und Montana vor. In ſeiner Lebensweiſe gleicht er ganz den ausführlicher beſchriebenen Arten. Nach Dr. J. C. Merrill kommt er bei Fort Klamath, Oregon, Ende Mai an. Er hält ſich meiſt in Eſpen- oder Pappelbeſtänden und auch im Nadelwalde auf. Das Neſt ſteht meiſt in jungen Eſpen, etwa ſechs Fuß vom Boden, dicht am Stamme. Es beſteht äußerlich aus matten grauen Baſtfaſern, welche der Rinde der Eſpe täuſchend ähnlich ſehen. Die Mulde iſt glatt aus Pelz und Pferdehaaren gefilzt; auch Federn werden oft zur inneren Auskleidung benutzt. Diejenigen, welche im Nadelwalde vorkommen, bauen gewöhnlich in eine aufrechte Aſtgabel eines Manzanitaſtrauches, welcher in derartigen Ortlichkeiten häufig wächſt. Die Eier find kalkweiß, ungefleckt. Hammonds-Fliegen— fänger ähnlich, aber grauer. Der rahmbrüſtige Fliegenfänger (L. fulvifrons pimaus Rıpaw.; Buff-breasted Fly- catcher), im weſtlichen New Mexico und im ſüdlichen Arizona vorkommend, möge hier nur beiläufig erwähnt ſein. 538 Der Anbintyranm. Vermillion Flycatcher. Pyrocephalus rubineus mexicanus CoUES. Tafel XXXI Vogel 4 Arizona iſt der trockenſte und heißeſte Teil unſeres Landes. Kakteen, Yuccas und Agaven ſind die eigentümlichſten Pflanzen dieſes Yandftriches. Steile, oft mit wenig oder keinem Pflanzenwuchs bedeckte Gebirgszüge durchſchneiden das Gebiet nach allen Richtungen hin. Obwohl reich an edlen Metallen, haben es doch die erſt in neueſter Zeit unterjochten, gefürchteten Apache-Indianer vermocht, den Andrang der Einwanderung fern zu halten. Trotz des ſpärlichen Pflanzenwuchſes und des Waſſer— mangels finden ſich in Arizona eine große Anzahl hochintereſſanter Vögel. Viele ſchön gefärbte mexika— niſche Arten finden hier die Grenze ihres nördlichen Verbreitungsgebietes. Wir haben bereits die Be— kanntſchaft des Gelbſteiß- und Nelſons-Oriol gemacht. Dieſe beiden Prachtvögel werden in der Färbung noch von dem Nubintyrannen übertroffen. Dieſer brillante Fliegenfänger ſcheint in faſt ganz Arizona nicht ſelten zu ſein. Er verbreitet ſich unſerer Südgrenze entlang bis nach Brownsville, Texas. Namentlich in neuerer Zeit iſt er von Dr. Merrill, Scott, Stephens und anderen Ornithologen genauer beobachtet worden. Seinen Aufenthaltsort wählt er nicht im Gebirge, ſondern in den Thälern, namentlich in den Weiden, Baumwollpappeln und Sykamoren der Fluß- und Bachufer. Manchmal findet man ihn auch in den verkrüppelten Eichen der Bergabhänge. Bei Tucſon, Riverſide und Florence trifft man ihn regelmäßig. Im ſüdlichen Teile Arizo— nas iſt er ſogar Standvogel. Ein Sammler, Oth o C. Poling, fand ihn im Frühling 1890 ſehr zahl— reich bei Fort Huachuca, wo mehrere Dutzend Pärchen im Mai ganz in der Nähe in Sykamoren und anderen Bäumen am Ufer eines ausgetrockneten Baches niſte— ten. Die Neſter ſtanden meiſt auf wagerechten Aſten der Eichen, Weiden, Walnußbäume und Sykamoren, etwa acht bis zwanzig Fuß vom Boden. Da ſie ganz in der Spitze der dichtbelaubten Aſte angelegt waren, ſo konnte man ſie von unten nicht gut ſehen. Der Bau war aus feinen Stengeln hergeſtellt, welche durch Spinnengewebe beſonders haltbar gemacht waren. Das prachtvolle Männchen zeigte ſich meiſt in der Nähe, wo es ſich oft in einer Höhe von dreißig Fuß flatternd und ſchwirrend in der Luft hielt. Bei Brownsville, Texas, iſt der Rubintyrann Der Rubintyrannu. Winter. Standvogel, iſt jedoch im Sommer zahlreicher als im | weiß oder gelblichweiß. Nach den Angaben Dr. Merrills läßt das Männchen während der Liebeszeit häufig zwit— ſchernde Töne hören und hält ſich oft ſchwirrend, wie ein Schmetterling, in der Luft. Seine ausſchließliche Nahrung beſteht aus Inſekten, welche er in der Luft erbeutet. Die Vögel ſind ſehr ſcheu. Die Neſter, welche dem des Waldpiwi gleichen, ſtehen dort ſelten höher als ſechs Fuß vom Boden, faſt immer auf hori— zontalen Seitenäſten der Ratamabäume, welche am Saume der Prärie wachſen. Sie ſtehen ſattelförmig auf den Aſten, ſind aus feinen Zweigen und weichen Stoffen gefilzt und innen mit Haaren und etwas Wolle ausgelegt. Der Neſtrand iſt mit Flechten ver— ziert. Die meiſt nur drei Eier find ſchmutzig rahm— weiß und namentlich am ſtumpfen Ende ſehr dicht mit dicken graubraunen, dunkeln Flecken und lavendel— farbigen Schalenzeichnungen bedeckt. Namen: Nubintyrann, Zinnobertyrann, zinncherroter Flie— genfänger. Vermillion Flycatcher, Red Flycatcher. Wiſſenſchaftliche Namen: Tyrocephalus rubineus Selat. (1859). — JP’yrocephalus rubineus mexicanus Coues (1872). Beſchreibung: Kopfkrone mit voller, gerundeter Haube. Haube, ganze Unterſeite glänzend zinnober- oder auch karminrot; das übrige der Oberſeite, einſchließlich der Backen bis zum Schnabel, das Innere der Flügel grau— braun. Weibchen ohne Haube. Kopfkrone braun, ſonſt ähnlich, nur matter. Länge 5.50 Zoll; Flügel 3.25, Schwanz 2.75 Zoll. Der bartloſe Fliegenfänger (Ornithion imberbe Lawr.; Beardless Flycatcher) wurde zuerſt von G. B. Sennett im Rio Grande-Thale, bei Lomita, Texas, aufgefunden. Der kleine, wenig auffallende Vogel ſcheint dort zahlreicher zu ſein, als man annimmt. Er verbreitet ſich ſüdlich durch Mexico bis Centralamerika. Über ſeine Lebens- und Niſtweiſe ſind wir noch nicht unterrichtet. Eine Varietät, Ridgways bartloſer Flie— genfänger (Ornithion ümberbe Ridgwayi BRWST.; Ridgway’s Beardless Flycatcher), wurde von Stephens bei Tueſon, Arizona, beobachtet. Die Männchen hatten ihren Sitzplatz ſtets in den Spitzen der höchſten Waldbäume erkoren, von wo aus ſie bei Sonnenaufgang ein eigentümliches Gezwitſcher hören ließen. Da Stephens die alten Vögel mit Jungen zuſammen ſah, ſo iſt ſicher, daß ſie dort brüten. Die Färbung dieſer Vögel iſt einfach bräunlich oder oliven— grau auf dem Rücken, auf der Unterſeite matt grau— ar "olibris oder Schwirrvögel, auch Blumennymphen, Blumeuſauger und „Ho— nigvögel“ nennt man die wunderbarſte, farbenreichſte, 8 lieblichſte und aumutigſte Vo— gelfamilie der Erde. Dieſe Blumen— vögel, welche man ihrer Zwerghaftigkeit halber auch als die Elfen der Vogel— welt bezeichnet hat, ſtehen ganz einzig da, nicht nur hiuſichtlich ihrer Gefieder— pracht, ſondern auch bezüglich ihres eigentümlichen Baues, ihres Fluges und ihrer Lebensweiſe. Keine einzige Art iſt ohne die Blumen zu denken. Nur wo dieſe in größter Mannigfaltigkeit vorhanden ſind, finden ſich die meiſten Arten der Kolibris. Die 202% —— Braſilianer nennen fie deshalb auch ſehr bezeichnend Blumenküſſer (Beija flores). Sie find die eigentlichen Paradiesvögel, denn aller Glanz der Edelſteine, aller Schmelz und alle Farben der Blumen, die Pracht des Regenbogens, das Glühen der Abendröte, der Glanz der Sterne, das Silberlicht des Mondes, der Schiller des Goldes ſcheint ſich auf ihrem Gefieder wiederzu— ſpiegeln. Alle Poeſie der Natur iſt in dieſen lieblichen, von Blume zu Blume ſchwirrenden Elfen vereinigt. Anmut der Bewegungen, Gewandtheit und Schnelle des Fluges und hohe Begabung iſt ihnen allen eigen. Sie wiſſen Freund und Feind genau zu unterſcheiden, und entgehen, vermöge ihrer Gewandtheit, Gefahren, welchen andere Vögel leicht zum Opfer fallen. Sie ſind ſehr kampfluſtig und greifen ſelbſt große Raubvögel erfolgreich an. — Kolibris kommen nur in Amerika vor. Bis jetzt keunt man etwa 430 Arten, welche ſich von Sitka, Alaska, bis zum Feuerlande (Tierra del Fuego), und von Ozean zu Ozean verbreiten. In den ebenen, tropiſchen Waldungen des Orinoco, des Amazonenſtromes u. ſ. f., wo das Pflanzenleben ſeine höchſte Entwickelung erreicht, ſind die Schwirr— vögel verhältnismäßig ſeltenz das dunkele Innere der Wälder wird nie von ihnen beſucht. Die wunderbar prächtigen Blumen der Waldränder und Gärten jener ebenen, heißen Gegenden werden ſelbſtverſtändlich nicht von ihnen verſchmäht, im Gegenteile wenigſtens zeitweilig von ihnen umſchwärmt und durchſucht, aber nicht die Menge der Blüten iſt es, ſondern deren Mannigfaltigkeit, welche ihren Artenreichtum bedingt. Das wahre Paradies dieſer Blumeunnymphen ſind die Gebirgsgegenden Venezuelas, Colombias, Ecuadors und Guianas, wo die meiſten Arten, etwa 200, vor— kommen. Einzelne findet man ſogar in den gewal- tigen Höhen der Andenkette, wo der Forſcher ſich nur noch mit dem Kondor allein wähnt. Bis zu 16,000 Fuß Höhe hat man einen Kolibri noch brütend gefunden. Zunächſt kommt dann, was Arteureichtum betrifft, Centralamerika und Mexico, wo etwa 100 Arten vorkommen. Dasſelbe Verhältnis zeigt ſich in den Vereinigten Staaten. In den meiſt ebenen Gegenden des Oſtens der Union bis zum Felſen gebirge finden wir nur eine einzige Art, während in dem gebirgigen Weſten, vom Rio Grande bis zum Pacific, 15 verſchiedene Arten auftreten. Das wald reiche Braſilien, das Gebiet des Amazonenſtromes und angrenzende Regionen herbergen nur 45 Arten, ganz Weſtindien etwa 16, von denen keine einzige auf dem Feſtlande vorkommt. Die in der gemäßigten Zone beider Erdhälften vorkommenden Kolibris ſind 3 echte Wandervögel, die mit der Blumen- und Blüten fülle erſcheinen und mit ihr verſchwinden. Der Lieblingsaufenthalt der Kolibris ſind mit Wald und 540 der Feld abwechſelnde Gegenden, das blühende Geſträuch der Ebenen, die mit Blumenpracht prangenden Ge— birgsgegenden, die in Blüte ſtehenden Bäume, Sträu— cher und Stauden der Gärten. Hier ſieht man ſie ſich oft über den Boden dahinjagen, von einer Blume zur andern gaukeln und ſchwirren, oft gemeinſchaftlich mit nektarſaugenden Schmetterlingen und honig— trinkenden Bienen ihrer Juſektenjagd obliegend. Früher glaubte man, daß die Kolibris vom ſüßen Nektar der Blumen lebten, heute weiß man mit Sicherheit, daß ihre Nahrung zum größten Teil aus kleinen Inſekten, welche die Blumenkelche beleben, beſteht. Daß ſie auch, als Zukoſt, die Süßigkeit der Blumen lieben, iſt gewiß, doch können ſie ohne Inſekten nur kurze Zeit am Leben erhalten werden. Nicht nur die winzigen Inſekten der Blumenkelche, ſondern auch ſolche aus Spinngeweben nehmen fie auf, verſchmähen es auch nicht, Kerbtiere von den Blättern abzuſuchen und in der Luft zu fangen. Leider fallen viele, viele Tauſende dieſer Kleinodien der Vogelwelt dem Menſchen zur Beute, da ſie ſich, der Gewandtheit ihres Fluges vertrauend, zu nahe an ihn heranwagen. Die Kolibribälge find ſchon ſeit Jahren ein geſuchter Handelsartikel. Zu Monte— zumas Zeiten war nur das Kleid des Herrſchers mit Kolibris geſchmückt. Um einer rohen Modenarrheit gewiſſer moderner Frauenzimmer zu dienen, werden jetzt jährlich viele Tauſende von Bogota und verſchie— denen Plätzen Braſiliens aus nach Paris, London, Berlin und New Pork ausgeführt. Daß ſich jene Länder dadurch ihres herrlichſten und poeſievollſten Schmuckes berauben, daß nach und nach dieſe außer— Rivoli-Kolibri. ordentlich nützlichen Schwirrvögel dort ausgerottet werden müſſen, ſcheint für jene romaniſchen Völker von wenig Bedeutung zu ſein. 5 Männchen und Weibchen find oft jo verſchieden gefärbt, daß ſelbſt Naturforſcher irregeleitet wurden. Verſchiedentlich iſt es vorgekommen, daß man letzteres nicht nur als eigene Art, ſondern ſogar als einer andern Gattung angehörend aufgefaßt hat. — Die kleinen Neſter faſt aller Arten ſind außerordentlich prachtvoll, oft hängend, meiſt jedoch ſattelförmig auf einen fingerdicken Aſt gebaut oder in einer Aſtgabel angelegt. Sie ſind aus ſehr weicher Pflanzenwolle hergeſtellt und äußerlich oft ſehr ſchön mit Flechten überdeckt. Die ſtets nur zwei weißen Eier ſind gleichmäßig länglich. Die Engländer, welche nicht nur die ſchönſten und koſtbarſten Werke über Blumen, z. B. Orchideen, Lilien, Rhododendron, Amarylli— deen ꝛc. geliefert haben, haben auch in Bezug auf viele Vogelfamilien unvergleichlich herrliche Werke der Welt gegeben. Zu dieſen gehört auch das Werk John Goulds: „The Hummingbirds“, welches aus fünf großen Bänden beſteht und faſt 500 prachtvolle Farbentafeln enthält. Die in den Vereinigten Staaten lebenden Arten teilen wir in folgende Sippen: 1. Eugenes GouLD. Eine Art. Eine Art. Zehn Arten. Zwei Arten. 2. Ccligena LESSON. 3. Trochilus LIN NE. 4. Amazilia REICHENBACH. Eine Art. Eine Art. 5. Basilinna Bor. 6. Jache ELLior. Der Rivoli-Kolibri Gourp; Rivoli Hummingbird, Refulgent Hum- mingbird) iſt anſcheinend ein gewöhnlicher Schwirr— vogel von Guatemala bis zum nördlichen Mexico, von wo aus er ſich bis zum ſüdlichen Arizona ver— breitet. Man fand ihn im Santa Rita-Gebirge und anderen Gegenden des genannten Gebietes, doch ſcheint er nirgends zahlreich aufzutreten. Beſchreibung: Das Männchen iſt auf der Kopfkrone reich metalliſchviolett oder violettblau; Kinn und Kehle ſind brillant emeraldgrün oder hell bläulichgrün; die Oberſeite dunkel bronzegrün; Bruſt ſehr dunkel bronze— grün, das übrige der Unterſeite, außer der Kehle und den Unterſchwanzfedern, einfach mattgrün. Das Weibchen auf der Kopfkrone bräunlichgrau oder graubraun, die Oberſeite bronzegrün; Unterſeite bräunlichgrau, an den (Eugenes fulgens | bis zum füdlichen Arizona. Seiten grünlich angeflogen. — Länge 5.00 Zoll; Flügel 3.00, Schwanz 1.95 Zoll. Der blaukehlige Kolibri (Omrligena Cle— meneiz LE SS.; Blue-throated Hummingbird) verbreitet ſich vom Hochlande Mexicos aus nördlich Da ich nirgends eine Angabe über Lebens- und Niſtweiſe finden kann, ſo iſt wohl anzunehmen, daß er in unſerem Gebiete ein ſeltener Vogel iſt. Beſchreibung: Die Färbung der Oberſeite iſt matt metalliſchgrün, auf den Schwanzfedern in Purpur— ſchwarz übergehend; die äußeren Schwanzſedern ſind auffallend weiß geſpitzt. Unterſeite tief dunkelgrau, an den Seiten grün angeflogen. Die Kehle des Männchens metalliſch-azurblau. Länge 5.00 Zoll; Flügel 3.00, Schwanz 2.05 Zoll. N — — — — — —— Der Rubinkolibri. Ruby-throated Hummingbird. Tafel XXVI. uter allen belebten Weſen iſt der Kolibri das ſchönſte der Geſtalt, das prächtigſte der Fär— bung nach. Edelſteine und Metalle, denen unſere Kunſt ihren Glanz giebt, laſſen ſich mit dieſen Kleinodien der Natur nicht vergleichen. Ihr Meiſter— ſtück iſt dieſer kleine vogel. Ihn hat ſie mit allen Gaben überſchüttet, welche den übrigen Vögeln nur vereinzelt beſchieden worden find. Leichtigkeit, Schnelle, Gewandtheit, Aumut und reicher Schmuck,: alles iſt dieſem kleinen Lieblinge zuteil geworden. Der Sma— ragd, der Rubin, der Topas ſchimmern auf ſeinem Gewande, welches er nie mit dem Staube der Erde beſchmutzt; denn ſein ganzes ätheriſches Leben hindurch berührt er kaum auf Augenblicke den Boden. Er iſt ſtets in der Luft, von Blume zu Blume ſchwirrend, deren Friſche und deren Glanz ihm eigen iſt und deren Nektar er trinkt. — Der Kolibri belebt nur die Himmelsſtriche, wo Blumen ſich immerdar erneuern; denn diejenigen Arten, welche des Sommers bis in die gemäßigten Gürtel kommen, bleiben daſelbſt nur verhältnismäßig kurze Zeit. Sie ſcheinen der Sonne zu folgen und mit ihr vor- und rückwärts zu gehen, und auf Zephyrflügeln im Gefolge eines ewigen Frühlings zu wandeln. So ſchildert Buffon dieſe wunderbaren Blu— meunymphen. Man muß die herrlichen Geſchöpfe ſelbſt beobachtet haben, um den ganzen Liebreiz ihrer Natur, die ganze Poeſie ihres Weſens, ihr Schwirren von Blume zu Blume verſtehen und bewundern zu können. Selbſt der ſonſt achtlos an der Natur vorübergehende Alltagsmenſch bleibt überraſcht ſtehen, wenn er eines dieſer lieblichen kleinen Geſchöpfe ſieht, wie es ſchwirrend durch die Luft ſchießt oder wie auf Zauberflügeln von Blume zu Blume gleitet, wobei ſeine Farben in allen Nuancen der Edelſteine funkeln. Während es den weſtlichen Naturfreunden ver— gönnt iſt, mehr als zwölf verſchiedene Kolibriarten ihr eigen zu nennen, haben die öſtlichen Staaten nur eine einzige Art aufzuweiſen, den Rubinkolibri, den man auch als den gewöhnlichen und rubin— kehligen Kolibri, „Blumenvogel“ und „Blumen— | Trochilus colubris LIN NB. Vogel 1 u. 2. uymphe“ bezeichnet. Das Verbreitungsgebiet dieſer Art erſtreckt ſich von Texas und Florida nördlich bis Labrador und dem Saskatchewan, weſtlich bis zu den großen Ebenen. Im Winter findet er ſich in Central amerika, namentlich in Guatemala häufig, wo er ſtets in der gemäßigten Zone in einer Höhe von 3000 bis 4000 Fuß angetroffen wird. Man will feine Ankunft dort bereits Ende Auguſt beobachtet haben, doch habe ich ſie noch anfaugs Oktober im ſüdweſtlichen Miſſouri geſehen, und Ende Oktober umſchwirrten ſie in meinem texaniſchen Garten die prachtvollen, wohlriechenden tropiſchen Brugmanſien oder Stechäpfel!), welche gerade zu dieſer Zeit ihre großen trompetenförmigen, weißen, gelblichen oder orangeroten Blüten anmutig herabhängen ließen. Die vor den großen trichter— förmigen, herabhängenden Blumen ſchwirrenden, im Strahle der Sonne in allen Farbentönen ſchillernden Vögel bieten einen wahrhaft bezaubernden Anblick. Gerade die Blütenkelche ſolcher und ähnlicher Blumen werden von ihnen genau durchſucht, und der lange pfriemenförmige, dünne Schnabel iſt ganz vorzüglich dazu geeignet, die winzigen Inſekten aus dem tiefen Blumenkelche hervorzuholen. Von jeher war es mein Beſtreben, Sträucher, Bäume und Blumen der mannigfachſten Art um mich zu haben. In Texas waren es meiſt Kakteen, Ama— ryllis, Ritterſterne, Hakenlilien?), Tuberoſen, Pal menlilien ?) und ſchön blühende Sträucher, in Miſſouri außer den genannten auch Tritomen, Gladiolen, Iris, Lilien, Jelängerjelieber und viele andere, welche meinen Garten von April bis ſpät in den Herbſt ſchmückten. Sobald die Kolibris im Frühling ihr Erſcheinen machten, konnte ich ſie ſtets in meiner nächſten Umgebung beobachten. Je mannigfaltiger die Blumen ſind, deſto zahlreicher zeigen ſich dieſe lieblichen Schwirrvögel. In den blumenreichen Gärten, ſelbſt in Dörfern und Städten, ſind ſie zahlreicher als in unbeſiedelten Gegenden. Obwohl die meiſten Blumen zu ihrem Unterhalte beitragen müſſen, ziehen ſie doch 1) Datura arborea, D. cornigera, D. sanguinca und D. suaye- olens. 2) Criuum. 3) Yucca. 542 Der Rubinkolibri. gewiſſe Arten, namentlich ſolche mit trichterförmigen Blumenkelchen, allen andern vor. Die Trompeten— bignonie !), der Karolina-Jasmin °), die verſchiedenen wilden und in Gärten vorkommenden Jelängerjelieber (Honey-suckle), die ſchon erwähnten Brugmanſien, die Blütenbüſchel der Katalpa, der Roßkaſtanie, daun auch die wilden Balſaminen und Lobelien des Bach— randes, die Lilien, Gladiolen, Amaryllis, Ritterſterne, Crinums u. a. der Gärten werden mit Vorliebe von ihnen umſchwirrt. In Gärten ſind ſie während ihres Umherſchwirrens von Blume zu Blume ſo zutraulich, daß ſie nur wenige Fuß von dem Beobachter ungeſcheut ihren Geſchäften nachgehen. In Florida kommen ſie in die Paſſionsblumen, den Sternjasmin, die Mau- devillien, Allamanden und anderen Schlinggewächſe der Veranda. Sie umſchwärmen dort jo häufig die ſchöne Feuerbignonie ') der Gärten, daß man dieſe geradezu als Kolibriblume (Hummingbird Vine) bezeichnet, und denſelben Namen trägt weiter nördlich die ſchon erwähnte Trompetenbignonie der Wälder. Alle dieſe trichterförmigen Blumen herbergen in ihrem Innern eine Menge kleiner Kerbtiere, weshalb gerade ſie mit Vorliebe von den Blumennymphen umſchwirrt werden. In meinem Garten in Miſſouri durchſuchten ſie im Herbſt täglich die Gladiolen und Petunien mit großer Regelmäßigkeit. Sie erſcheinen dort anfangs Mai, während ſie im ſüdöſtlichen Texas ſchon anfangs April ihr Erſcheinen machen. In Wisconſin und anderen Nordſtaaten treffen ſie ſelten vor Mitte Mai ein, gerade zur Zeit, wenn die Roßkaſtanie (Buckeye) in voller Blüte ſteht. Wenn man den Kolibri von Blume zu Blume ſchwirren ſieht, muß man ſofort wahrnehmen, daß der Flug ganz einzig in ſeiner Art iſt und durchaus an den keines anderen Vogels erinnert. er noch mit dem der Schwärmer oder Dämmer— ungsfalter (Sphingidz; Hawk-moths) zu verglei chen, und letztere werden thatſächlich von dem Laien ſehr häufig für Kolibris angeſehen; denn das Schwirren und Summen der Flügel, das Durchſuchen der Blu— Eher iſt | men geſchieht ganz in der Weiſe der Schwirrvögel. — | Die Kolibris bewegen die Flügel mit ſolcher Schnellig- keit, daß man dieſelben nicht ſehen, ſondern nur deren Summen hören kann. Daher ſchreibt ſich auch die engliſche Bezeichnung „Summvogel“ (Humming- bird). Wenn ſie eine Strecke weit fliegen wollen, ſo geſchieht dies in einer großen Bogenlinie. Dieſes pfeilſchnelle Dahinſchießen unterſcheidet ſich ganz 1) Tecoma radicaus. 2) Gelsemium sempervirens. 3) Bignonia venusta. weſentlich von ihrem Schweben und Schwirren vor den Blumen. Begeben ſie ſich von einer Blüte zur andern, ſo geſchieht dies in gerader Richtung ebenſo— wohl als auch ſeitwärts, auf und nieder und ſogar rückwärts. Dieſes das Idylliſche und die Blüten— pracht liebende Vögelchen ſcheint thatſächlich ebenſo gewandt ſeit- und rückwärts als vorwärts zu fliegen. Oft kommt es vor, daß ein einzelner zutraulich an den Blumenſtrauß kommt, den man in der Hand trägt, oder er fliegt zum offenen Fenſter hinein, um die in einer Vaſe ſtehenden Blumen nach Inſekten zu durch— ſuchen. Trotzdem man in nächſter Nähe das Summen deutlich vernehmen kann, ſo iſt es doch unmöglich, den Flügelſchlag zu ſehen. Wenn er von einer Ortlichfeit zur andern fliegt, geſchieht es ſo ſchnell, daß ihm unſer Auge nur eine kleine Strecke zu folgen vermag. Andere Vögel greift er oft plötzlich an, und dieſe find daun ſo überraſcht, daß ſie ſchleunigſt das Weite ſuchen. Er ſelbſt ſcheint in der Vogelwelt keine Feinde zu haben. Oft ſieht man eine große Hummel auf ihn losſtürzen, aber es bedarf nur einer geſchickten Wendung, um die unbeholfene Nektarſammlerin weit hinter ſich zu laſſen. Am anziehendſten iſt der Kolibri, wenn er vor den Blumen ſchwirrt. Oft ſetzt er ſich, um zu ruhen, auf einen trockenen Aſt oder einen Pfoſten, ſein Gefieder glättend, wobei er namentlich jede einzelne Flügelfeder durch den Schnabel zieht. Die rubinrote Kehle ſchillert dann in allen Farben des Regenbogens und unter gewiſſem Lichte ſelbſt tiefſchwarz. Beim Fliegen und Schwirren fällt die grüne, bronze, ſilbern und goldig ſchillernde Oberſeite am meiſten auf. — Der Kolibri verliert nie ſeinen Reiz, iſt immer anziehend und lieblich. Kein anderer Vogel iſt ſo innig und auf eine ſo anmutige Weiſe mit den Blumen verknüpft als er. Daher die hohe Poeſie, welche ſein ganzes Thun und Treiben umwebt. Wen er im Frühling erſcheint, jo wiſſen wir, daß die ſchönſte Zeit des Jahres mit Blütenpracht und Blu— menduft ſich eingeſtellt hat, und wenn er im Herbſt ſcheidet, ſo iſt es ſicher, daß ſcharfe Fröſte bald aller Blumenherrlichkeit ein Ende machen werden. Die Nahrung der Kolibris beſteht faſt ausſchließ— lich aus den kleinen Inſekten, welche im Inneren der Blumenkelche leben und welche ſie meiſterhaft mit dem langen Schnabel und der langen ſpitzen Zunge hervor— zuholen wiſſen. Nur ausnahmsweiſe und als Zukoſt trinken ſie auch den ſüßen Nektar der Blumen. Früher glaubte man, daß dieſer den eigentlichen Hauptteil ihrer Nahrung ausmache, weil ſie ſtets an ſolchen Blumen umherſchwirren, an denen auch Bienen und Der Rubinkolibri. 543 —= —— ——ͤ—— . —ꝛ̃ñ —u.„ Hummeln ſich zahlreich zeigen. Man bedachte nicht, daß gerade die honigreichen Blüten auch der Sammel platz unzähliger kleiner Inſekten find. Männchen und Weibchen ſchwirren oft gleichzeitig vor den Blumen umher, doch ſieht man ſelten mehrere. Nach der Brutzeit, wenn die Jungen ihre Selbſtändigkeit erlangt haben, gewahrt man oft ein Dutzend und mehr zuſammen. Hie und da ſuchen ſie auch Iunſekten von den Blättern und aus Spinngeweben auf und fangen ſolche ſogar ausnahmsweiſe in der Luft. Das Mäunchen ſieht man während der Liebeszeit oft dem Weibchen zarte Inſekten zutragen und es damit füttern, was faſt ganz in derſelben Weiſe geſchieht als bei | Tauben. Das Neſt unſeres Rubinkolibri iſt das zarteſte, ſchönſte und künſtlichſte aller unſerer Vögel. Es iſt ganz in ähnlicher Weiſe gebaut als das des blau— grauen Mückenfängers, nur iſt es viel kleiner und ſind die im Innern verwandten Stoffe viel weicher und zarter. Das auf Tafel XXVI abgebildete Neſt fand ich im ſüdöſtlichen Texas in ganz ähnlicher Umgebung als es dargeſtellt iſt. Es ſteht faſt immer ſattelförmig auf einem horizontalen, fingerdicken Aſte, etwa fünf bis fünfundzwanzig Fuß vom Boden. Zehn bis zwölf Fuß hoch ſtehen die meiſten Neſter. In Texas ſtanden ſie faſt immer in Eichen, in Miſſouri und auch in Wisconſin fand ich ſie faſt regelmäßig in alten breiten Apfelbäumen, deren Aſte dicht mit Flechten bedeckt waren. Das Neſt ſieht einem Aſtauswuchſe ſo täuſchend ähnlich, daß es nur ſehr wenig Menſchen giebt, die es kennen, und auch den meiſten Natur freunden iſt es unbekannt, da es äußerſt ſchwer aufzu— finden iſt. Auf meinen Wanderungen im Süden und Norden habe ich oft Leute angetroffen, welche behaup— teten, Neſter dieſes Vogels gefunden zu haben. Dieſe vermeintlichen Kolibrineſter erwieſen ſich aber ſtets als die ſchönen, beutelförmigen Bauten der Vireos oder als die des Mückenfängers. Das Kolibrineſt iſt ſtets ſo auf den Aſt gebaut, daß es denſelben ſattelförmig faſt ganz umgiebt. Manchmal iſt es auch an einen ſeitlichen Zweig angelehnt und in ſehr ſeltenen Fällen ſteht es in einer Aſtgabel. Es beſteht hauptſächlich aus ſehr feiner, lederfarbiger Wolle von Farnkräutern und anderen Pflanzen, und it äußerlich ſtets mit Flechten, wie ſie ſich an der Rinde der Bäume finden, ſchön und gleichmäßig überdeckt. Wahrſcheinlich ſind ſie mit dem klebrigen Speichel des Vogels aufgeklebt. Der Bau mißt gewöhnlich äußerlich 1.75 Zoll in der Breite und iſt 1.50 Zoll hoch. Die Neſtmulde iſt 1.00 Zoll tief und 1.25 Zoll breit. Die zwei gleichmäßig ovalen Eier ſind reinweiß. Was für ein mutiges Vögelchen der Kolibri eigentlich iſt und wie zugethan er ſeinem Neſte und ſeiner Brut iſt, kann man nur erfahren, wenn man Gelegenheit hat, den Bau zu entdecken. Nicht nur läßt er ärgerliche Töne hören, ſondern er umſchwirrt uns ſo nah, daß wir das Fächeln feines Flügelſchlages fühlen, ja, nicht ſelten fliegt er uns gerade ins Geſicht. Kleine Vögel und Vierfüßler, welche in die Nähe des Baues kommen, greift er ſo plötzlich und auf eine ſolche Weiſe immer und immer wieder von neuem an, daß dieſe ſich kaum zu helfen wiſſen. Bei ſolchen Angriffen ſpielt der ſpitze, lange Schnabel die Hauptrolle. Daß es dem kleinen Blumenvogel nicht an Mut gebricht, können wir oft ſehen, wenn Dämmerungsfalter (n Carolina, S. quinguemaculatus ꝛc.) ſich gegen Abend an die Blumen des Gartens verirren, wenn Kolibris noch dieſelben umſchwirren. Mit Uugeſtüm fliegen fie auf dieſelben los, und ſetzen ihre Augriffe auch fort, wenn ſich der Falter (Hawk-moth) nicht zurückzieht. Bald find dann die netzartigen Flügel des letzteren beſchädigt; er fällt ins Gras und kommt elend um. Man hat es an zahlreichen Verſuchen nicht fehlen laſſen, den Kolibri an die Gefangenschaft zu gewöhnen, doch iſt kein einziger von dauerndem Erfolge geweſen. Zunächſt verſuchte man es, ihn an Honig und Zucker— waſſer zu gewöhnen, doch gingen die Gefangenen meiſt raſch zu Grunde. Sie bedürfen durchaus als Hauptkoſt ſolcher Inſekten, wie ſie ſich im Innern der Blumenkelche finden. Man verſuchte es dann auf die Weiſe, ihnen jeden Tag friſche Blumen in den Käfig zu ſtellen. Solange man Blumenſträuße aus dem Garten holte, umſchwirrten ſie dieſelben luſtig und fröhlich, gerade wie in der Freiheit, blieben auch | friſch und munter; als dieſe jedoch nicht mehr zu erlangen waren, und man ſeine Zuflucht zu im Gewächshauſe gezogenen Blumen nehmen mußte, gingen ſie bald ein, da letztere eben keine Inſekten in ihren Kelchen herbergten. Namen: Rubinkolibri, rubinkehliger Kolibri, rubinkehliger Schwirrvogel, Blumenvogel, Blumennymphe. Ruby-throated Hummingbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Trochilus colubris Linn. (1758). Beſchreibung: Oberſeite metalliſchgrün, in verſchiedenen Farbentönen ſchillernd; die mittlere Unterſeite weißlich; Kehle mit ſchwarzem Halsſchild, das am Rande intenſiv metalliſch rubin- bis goldrot ſchillert; Schwanz beim Männchen ſtark gegabelt, beim Weibchen gerundet; letzteres zeigt nichts von dem rubinroten Halsjchild. Länge 3.16 Zoll; Flügel 1.60, Schwanz 1.25 Zoll. Der [chwarskehlige Kolibri. Black-chinned Hummingbird. Trochilus Alexandri Bourc. & MuLs. 41 ler ſchwarzkehlige Kolibri iſt einer der 2 gewöhnlichſten Schwirrvögel Californiens und Arizonas, von wo aus er ſich ſüdlich bis ins Innere Mexicos und Centralamerikas verbreitet. Nördlich kommt ev bis zum 58. Breitengrade vor. Das Neſt viejer und mehrerer weſtlicher Kolibriarten iſt leichter zu finden als das des Rubinkolibri. Wir ſind darum mit ſeiner Lebens- und Niſtweiſe hinreichend bekannt. Die beſte Auskunft über dieſe Art giebt mein Freund, Herr B. T. Gault in Chicago, welcher namentlich den californiſchen Schwirrvögeln ſeine Aufmerkſamkeit zugewandt hat. Er ſandte mir den folgenden ausführlichen Bericht: „Nächſt Annas-Kolibri iſt die ſchwarzkehlige Art die auffallendſte und gewöhnlichſte Süd-Califor— niens. Letzterer bevorzugt zum Aufenthalt die Oran— genhaine, wo er in großer Anzahl, namentlich abends, wenn die Dämmerung herabfällt über das Gebirge, vorkommt. Zu einer Zeit, da ſich bereits die übrigen Vögel zur Nachtruhe zu begeben beginnen, umſchwirren ſie die duftigen Orangenblüten und die goldigen Früchte. Sie ſcheinen jetzt die Verkörperung alles deſſen zu fein, was ſchön, anmutig, unternehmend und ſchnell iſt. Manchmal kann man drei oder vier gleich— zeitig um die Blüten eines Baumes ſchwirren ſehen. Sollten ſich bei ſolchen Gelegenheiten zwei Mäun— chen zufällig treffen, ſo iſt ein Kampf unvermeidlich. Obwohl ſich die Kämpfenden gegenſeitig keinen großen Schaden zufügen können, ſo ſtreiten ſie doch ſo lange und jo ernſthaft, bis einer oder der andere den Mut verliert und eiligſt das Feld räumt. Der Sieger folgt ſcheltend pfeilſchnell dem Fliehenden, doch iſt dieſe Jagd mehr aufregend als gefährlich. — Etwa in der letzten Aprilwoche erinnern ſich die Männchen der Thatſache, daß die Brutzeit herannaht. Sie erkämpfen ſich eine Lebensgefährtin, mit welcher ſie die Arbeit der wichtigſten Periode des Jahres, den Neſtbau, teilen. Zwiſchen dem 7. bis 10. Mai hat der Neſtbau im ſüdlichen Californien ernſtlich begonnen. Die Wahl des Niſtplatzes ſcheint beſonders Sache des Männchens zu ſein, welches ſehr darauf ſieht, daß derſelbe allen äußeren Aſte der Citronen-, Birn- und Walnußbäume Anforderungen genüge. Wenn man ſorgfältig die der Gärten durchſucht, wird man oft Flöckchen von Pflanzenwolle auf einem Aſte oder in einer Aſtgabel wahrnehmen können. Aber dies iſt ſehr mühſam und dazu angethan, unſere Geduld zu erſchöpfen. Am ſicherſten gelangen wir zum Ziele, wenn wir die Vögel beim Neſtbau überraſchen. Männchen wie Weibchen beteiligen ſich gleich eifrig an der Arbeit. Sie ſind dabei ſo zutraulich und furchtlos, daß man ſie leicht beobachten kann, wenn man ſich ruhig verhält. Der Bau iſt etwa am 10. Mai fertig. Am 24. desſelben Monats finden wir das vollſtändige Gelege. In manchen Fällen beginnt die Brutzeit eine Woche früher. Die Neſter ſind hell lederfarbig und nicht mit Flechten dekoriert. Sie ſehen einem kleinen Schwamme ähnlich und beſtehen faſt ganz aus der Wolle der Weiden, welche in der Nähe des Waſſers wachſen. Dieſe Wolle der Weidenkätzchen iſt mit einer ſeidenartigen Subſtanz, welche anſcheinend von Cocons gewiſſer Raupen herrührt, vermiſcht. Die Neſter meſſen äußerlich 1.40 Zoll. Die Neſtmulde iſt 95 Zoll breit und 50 Zoll tief. Bauten aus verſchiedenen Ortlichkeiten gleichen ſich ſehr. Zwei Neſter aus dem Sweetwater-Thale, San Diego Co., ſind aus hellerem Material gebaut als die, welche ich auf Crofts Ranch, San Bernardino Co., entdeckte. Ein Neſt, welches ich am 15. Mai 1883 am letztgenannten Platze fand, ſtand in einem Citro— nenbaume etwa fünf Fuß vom Boden. Es maß äußerlich 1.25 Zoll; die Mulde war „95 Zoll breit und .45 Zoll tief. Verſchiedene trockene Blätter waren eingewebt. Es ſtand fattelförmig auf einem Aſte und war an der Außenſeite mit Hüllen von Blattknoſpen und den wolligen Überbleibſeln von Inſekten (Icerya) geſchmückt. Ein anderes Neſt, welches ich am 19. Mai 1883 bei National City, San Diego Co., fand, war auf einen der niedrigen Außenzweige einer Weide gebaut. Dieſes, wie auch noch mehrere andere, ſtand über dem ausgetrock— neten Bette des Sweetwater-Fluſſes, etwa ſieben Fuß über dem Sande. In dieſer Verbindung möge es mir geſtattet ſein, eine intereſſante und für mich angenehme Beobachtung mitzuteilen. In der ſoeben genannten Grtlichkeit hatte ich den Zweig, welcher ein Coſtas — — — Neſt dieſes Kolibri enthielt, abgeſchnitten, ohne den Inhalt näher zu prüfen. Genaue Beſichtigung der Eier ließ erkennen, daß dieſelben in ein oder zwei Tagen ausgebrütet ſein mußten. Nachdem ich ſie in ein Käſtchen gethan, welches ich eigens zu dieſem Zwecke mitgebracht hatte, ging ich langſam den Bü— ſchen entlang, ſtets Achtung gebend, ob nicht noch andere Kolibrineſter gefunden werden könnten. Der zunächſt gefundene Bau enthielt nur ein Ei. Bald darauf entdeckte ich ein weiteres Neſt dieſer Art in einer Weide, etwa drei Fuß vom Boden, welches zwei friſche Eier enthielt. Es war ſo angelegt, daß man den Inhalt beſichtigen konnte, ohne den Aſt, auf welchem es ſtand, zu berühren. Hierbei kam mir ein glücklicher Gedanke. Ich legte die beiden ſtark bebrü— teten Eier, welche ich in meinem Käſtchen trug, in dieſes Neſt, nachdem ich die friſchen entfernt hatte. Etwa einen Fuß hoch über mir ſaß das Weibchen, mich ſcharf beobachtend. Es zeigte mehr Faſſung als andere Vögel unter ähnlichen Umſtänden. Dies ſollte nur ein Verſuch ſein, und zwar hegte ich wenig Hoffnung auf Erfolg, da ich die Eierchen bereits über eine halbe Stunde umhergetragen hatte. Doch mir wurde eine Überraſchung zuteil, als ich fünf Tage ſpäter dasſelbe Neſt beſuchte. Anſtatt es verlaſſen zu finden, fand ich zwei kleine, nackte, ſchwarze Weſen, welche bei ober— flächlicher Beſichtigung ſehr an Würmer erinnerten. Dies waren die aus den hineingelegten Eiern eut— ſchlüpften Jungen, welche, nach ihrem Benehmen zu urteilen, ganz ausgezeichnet gediehen. Auch das alte Weibchen, welches mich wiederum von einem benach— barten Zweige aus beobachtete, ſchien ganz vergnügt zu ſein. . . . In Größe und Färbung find die Eier denen des Rubinkolibri ähnlich.“ Kolibri. 545 Herr W. E. D. Scott fand im Catalina— Gebirge in Arizona etwa hundert Neſter des ſchwarz— kehligen Kolibri, und zwar ganz in der Nähe ſeines Hauſes. Im Gebirge kommt er bis zu einer Höhe von 7000 Fuß vor. Er erſcheint frühzeitig im März und iſt am Ende desſelben Monats ein gewöhnlicher Vogel. J. K. Lord, von der engliſchen nordweſtlichen Grenzkommiſſion, fand dieſen Kolibri zahlreich am weſtlichen Abhange des Felſengebirges. In der Nähe eines kleinen Sees ſtanden, neben andern Bäumen, eine große Anzahl ſchwarzer Birken, welche aus den Ritzen der Borke eine Maſſe klebrigen Saftes aus ſchwitzten, und an welchem Scharen von großen und kleinen Inſekten ſich zeigten, von denen viele hängen blieben. Dieſe wurden von den ſchwarzkehligen Kolibris ſchwirrend von der klebrigen Maſſe abgeſucht. Prof. R. Ridg way berichtet, daß dieſe Art häufig in den Gärten Sacramentos, Cal., brüte, doch ſei ſie noch zahlreicher in den dichten Gruppen kleiner Eichen vor der Stadt. Namen: Schwarzkehliger Kolibri. Black-chinned Hummingbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Trochilus Alevandri Boure. & Muls. (1846). Beſchreibung: Ahnlich T. coluhris. Schwanz leicht gegabelt; Kinn und oberer Teil der Kehle ſammetſchwarz; dieſer ſchwarze Fleck iſt unten mit einem breiten metal— liſchvioletten, grün und blau ſchillernden Bande einge— faßt. Oberſeite metalliſchgrün, bronze ſchillernd. — Weibchen: Schwanz gerundet; im Gefieder vom Weibchen des 7. colubris kaum zu unterſcheiden. Länge 3.30 bis 3.75 Zoll; Flügel 1.70 bis 1.75, Schwanz 1.25 Zoll. Coſtas-Kolibri. Costa’s Hummingbird. Mi im ſüdlichen Californien und Arizona und im weſtlichen Mexico vorkommende Schwirr— vogel wurde zuerſt von Signor Floreſi in den Thälern der Sierra Madre im weſtlichen Mexico beobachtet und von Boureier im Jahre 1839 zu Ehren des Marquis Coſta von Chambery benannt. In Untercalifornien iſt Coſtas-Kolib ri ſehr zahl— Trochilus Cost GRAY. reich. Dr. Keunerly fügte ihn der Ornis unſeres Landes im Jahre 1854 bei, da er ihn am 9. Februar 1854 am Bill Williams Fork, New Mexico, beobachtete. Den beſten Bericht über die Niſtweiſe dieſer Art giebt Herr B. T. Gault, der ſie im ſüdlichen Cali⸗ fornien zahlreich beobachtete. Er ſchreibt mir wie | folgt: „Nach allen bis jetzt erſchienenen Veröffent- 69 546 Eoftas- Kolibri. lichungen erſcheint Coſtas-Kolibri die am wenigſten häufige Art Süd-Californiens zu fen. Da ſehr wenig über die Niſtweiſe dieſes Schwirrvogels bekannt iſt, ſo dürften die folgenden Notizen nicht ganz ohne Jutereſſe ſein. Am 21. April 1883 ſammelte ich ein Exemplar nahe Crofts Ranch in San Bernardino County und zwar in einem der Canons der Vorberge. Von der Zeit an bis ich ein Neſt bei Arrow Head Hot Springs, im ſelben County, entdeckte, ſah ich keinen mehr. Da ich meine Aufmerkſamkeit nicht ausſchließlich den Kolibris zuwenden konnte, waren jedenfalls viele überſehen worden. Dieſe Art iſt Annas-Kolibri jo außerordentlich ähnlich, daß man ſchon ſehr ſchnell fein muß, um die Unterſchiede in der Färbung des Halsſchildes zu ſehen. Im Strahle der Sonne ſchillert das Halsſchild und die Kopfkrone von Annas-Kolibri purpurrot, während der Schiller bei Coſtas-Kolibri purpurviolett iſt. Die Unter— ſchiede in der Größe kennzeichnen beide Arten ſofort, doch erfordert es außerordentliche Aufmerkſamkeit und Erfahrung, um dieſe Größenverhältniſſe während des Fluges wahrzunehmen. Die Laute, welche das Männ— chen hervorbringt, kann man mit den höchſten und ſchärfſten Tönen einer Violine vergleichen. Da ich in dem Werke Bairds, Brewers und Ridg— ways ‚North American Birds‘ nichts bezüglich der Niſtweiſe finden konnte, fo ſchrieb ich an Herrn H. W. Henſhaw in Waſhington, D. C. Doch konnte auch er mir keine Auskunft geben, da er nie auf ſeinen Forſchungstouren dieſe Art beobachtet hatte. Er ſandte mir jedoch einen Brief ſeines Freundes L. Belding von Stockton, California, der folgendes enthält: „Ich habe Coſtas-Kolibri in verſchiedenen Ortlichkeiten — Guaymas, an der Oſtſeite des Golfs von Californien, bei La Paz, Kap St. Lucas, Cerros Island und anderen Gegenden der Weſtſeite des Golfs — beobachtet, doch konnte ich nie etwas Beſonderes bezüglich ſeiner Lebensweiſe niederſchreiben, da er anderen Kolibris durchaus ähnlich iſt. Sie werden zwei Neſter von Herrn Ridgway beſchrieben finden (Proceeding U. S. National Museum. Vol. V, p- 542). Dieſe, wie auch alle andern, welche ich ſah, ſtanden in Büſchen oder kleinen Bäumen; das höchſte war etwa ſechs Fuß vom Boden entfernt und ſtand in einem palo verde oder Gummibaume. Die zwei Eier ſind denen der anderen Arten ſehr ähnlich.“ Herr Belding glaubt, daß ſie ſüdlich von Californien überwintern und daß die Männchen etwa am 17. März, die Weibchen einige Tage ſpäter, bei San Diego ankommen. .. „Die Arrow Head Hot Springs liegen etwa fünf Meilen von San Bernardino und befinden ſich etwa eine Meile hoch am Abhange des San Bernardino— Gebirges. Dieſe heißen Quellen ſind wegen ihrer heilkräftigen Wirkung berühmt. Etwas oberhalb der Quellen war früher eine vollſtändige Pfeilſpitze im Gebirge ſichtbar, hervorgerufen durch zwei Navi- nen, welche ſpitz ineinander laufen und welche mit Salbeibüſchen bewachſen find. Dieſe Navinen, mit den Felſen an ihren Seiten, bilden die Grundzüge einer vollſtändigen Feuerſtein-Pfeilſpitze, wie ſie einſt in alten Zeiten die Indianer herſtellten. Die Salbei— büſche zeigen eine helle Farbe, während die übrige Vegetation dunkler iſt. Meilenweit kann man dieſe eigentümliche Form ſehen, doch war zu der Zeit, als ich die Gegend beſuchte, dieſelbe etwas abgeändert, hervorgerufen durch teilweiſes Wegbrennen des Sal— beigeſtrüpps. — In der Umgebung der Quellen finden ſich mehrere Canons, welche tief ins Gebirge ein— ſchneiden. Den einen dieſer Canons bezeichnet man als ‚Cold Water Canon‘, da das klare, eiſigkalte Waſſer eines ſchönen Gebirgsſtromes ſich einen Weg über große Felsblöcke und ſteile Felſen bahnt. Dieſe Ortlichkeit iſt außerordentlich romantiſch und maleriſch. Es giebt in dieſer Gegend noch andere Canons, welche man mir als herrlich bezeichnete, doch war der oben— genannte der einzige, welchen ich näher erforſchte. In Geſellſchaft des Herrn W. A. Caldwell von Crafton beſuchte ich die Ortlichkeit am 15. Mai 1883, doch geſchah dies mehr, die heißen Quellen zu ſehen, als Vögel zu beobachten. Doch, ich habe es als Vogel— freund nie bereut, dieſe Gegend beſucht zu haben. Obwohl die Abhänge des Canon ſehr ſteil, zum Teil ſenkrecht waren, fanden ſich doch Plätze, wo einige Bäume und Büſche ſtanden. Erlen, Platanen und „Rhododendron (Mountain Laurel) waren die am meiſten ins Auge fallenden Gewächſe. In dieſen Bäumen und Sträuchern brüteten namentlich ſchwarz— kehlige und Coſtas-Kolibris häufig. Dieſe Schwirr— vögel ſchienen die einzigen gefiederten Weſen des Canons zu ſein. Ich fand drei Neſter dieſer Art, von denen eins unerreichbar war. Sie ſtanden alle in Büſchen und Bäumen, welche über dem Waſſer hingen. Ich teile den folgenden Bericht über dieſen Gegen— ſtand aus meinem Tagebuche mit: „Wir beobachteten beſonders, daß ſich die Weibchen ſoſort wieder im Neſte niederließen, ſelbſt nachdem ſie mehrmals von demſelben abgeſcheucht worden waren. Ein Weibchen ließ ſich mit der Hand ganz nahe | | kommen, ſobald ich es jedoch greifen wollte, huſchte es D davon, kehrte jedoch ſofort mutig zurück, ſeinen Platz auf den Eiern furchtlos einnehmend. Dieſes wieder— holte ſich mehreremale. Schließlich warf leider mein Begleiter den Hut nach ihm, zugleich den Aſt, welcher das Neſt enthielt, treffend, wobei die Eier und das Weibchen hinabfielen in den rauſchenden Strom. Fürwahr ein tragiſches Ende für ein ſolch friedliches, liebes Weſen. . .. „Das Neſt dieſes Kolibri mißt äußerlich 1.60 Zoll; innen 1.00 Zoll und iſt .60 Zoll tief. Es iſt durchaus verſchieden von anderen Kolibrineſtern und erſcheint als eine einzige Maſſe von Spinngeweben, in welche kleine Teilchen trockener Blätter und Hüllen von Blattkuoſpen eingewebt find. Bei näherer Beſich— tigung fand ich, daß die Vögel zur Grundlage einen Teil eines alten Neſtes benutzt hatten. Im Innern fanden ſich einige Federn. Es ſtand in den niederen er Silberkolibri. und war in eine Aſtgabel gebaut. Die Eier ſind etwas kleiner als die des ſchwarzkehligen Kolibri.“ Namen: Coſtas⸗-Kolibri. Costa's Hummingbird, Ruffed Hummer. Wiſſenſchaftliche Namen: Ornismya Costs Boureier (1839). — Selasphorus Cost Bonap. (1850). — Atthis Cost Reichenb. (1853), — Trochilus Costz Gray (1869). — Calypte Costæ Gould (1870). Beſchreibung: Eine lange Federkrauſe an jeder Seite der Kehle. Dieſe Krauſe und der Kopf brillant amethyſt— violett, blau und grün ſchillernd. Oberſeite und die Seiten grün; Kehle zwiſchen den Federkrauſen, Seiten des Kopfes hinter dem Auge, Unterſchwanzdecken weiß. Weibchen mit gerundetem Schwanze; ohne die metalli— ſchen Kopffarben. Länge 3.55 bis 3.70 Zoll; Flügel 1.70, Schwanz 1.05 Zoll. Der Sil berkolibri. Anna's Hummingbird. Trochilus Anna JAaRrDIN. Dafe[l alifornien iſt ein Land, in dem ſich die Blumen immerdar erneuern. Das ganze Jahr hin— durch grünt und blüht es, namentlich in dem künſtlich bewäſſerten ſüdlichen Teile, wo herrliche Blumen | jahrein jahraus die Gärten ſchmücken. Lilien wachſen in großer Anzahl in den Gebirgen, und anmutige ſchöne, zu den Heidegewächſen gehörende Manzanita— und Madrojaſträucher verleihen in ihrer Blütenpracht den Gebirgsabhängen ein bezauberndes Ausſehen. Eine entfernt an die Fuchſien erinnernde Pflanze — man nennt fie geradezu die „californiſche Fuchſie“ —, die Kolibriblume!) wird vornehmlich von Kolibris umſchwirrt. Auf den trockenen Meſas öffnen die vielen verſchiedenen Kakteen und Palmenlilien!) ihre Blütenmaſſen, und dieſe werden beſonders von einem ungeheuren Inſektenheere umſchwärmt. Dieſer Blu— menreichtum iſt die Urſache, weshalb wir hier verſchie— dene Schwirrvögel, namentlich den Silberkolibri oder Annas-Kolibri als Standvogel finden. Selbſt in den Vorbergen der Sierra Nevada, bei San 1, Zauschneria californica. 2) Yucca. Francisco, in einer Höhe von 1500 Fuß, hat man ihn im Winter beobachtet. Gerade während dieſer Zeit ſind ſie zahlreicher und fröhlicher als ſonſt, da Blumen und deshalb auch Juſekten jetzt häufiger find, als in der heißen, trockenen Sommerzeit. Der Silberkolibri erhielt zu Ehren der Herzogin Anna von Rivoli ſeinen wiſſenſchaftlichen Namen Trochilus Anna. Er wurde zuerſt in Mexico aufgefunden, von wo aus er ſich bis zu den Thälern Californiens und Arizonas verbreitet. Der herrliche Vogel, der größte und viel— leicht auch der ſchönſte aller unſerer Schwirrvögel, iſt auf Tafel XXXIV vorzüglich) abgebildet und zwar nach einem von der Meiſterhand Ridgways gemalten Aquarell. Da das rote Halsſchild beſonders ſchön ſilberweiß ſchillert, ſo glaubte ich, ihm den deutſchen Namen Silberkolibri beilegen zu dürfen. Alle Beobachter ſtimmen darin überein, daß dieſer in Californien häufige Schwirrvogel wie ein Märchen— bild erſcheint, wenn er von Blume zu Blume ſchwirrt. Sein Flug ſcheint eitel Poeſie, ſein Sitzen auf einem Zweig eitel Aumut, ſein Gefieder eitel Pracht und Glanz zu ſein. Wie ein gefiederter Edelſtein ſchwirrt er von Blume zu Blume. Mein Freund, Herr Gault, der mir über die beiden vorigen Arten ſo wertvolle Beobachtungen mitgeteilt, ſagt nur, daß Annas-Kolibri in San Diego Co., Cal., ungemein zahlreich ſei, daß er aber kein Neſt habe finden können. Namentlich in den allerwärts in großen Gruppen beiſammenſtehenden, blühenden Chollakakteen ſah er ſie in großer Anzahl umherſchwirren. Die Wein-, Orangen-, Aprikoſen-, Birnen- und Apfelgärten werden ganz beſonders von ihnen bevorzugt. Auch in San Francisco iſt der Vogel zahlreich. In großer Anzahl umſchwirrt er die Fuchſien und Roſen der Verandas und kommt ſelbſt zutraulich zum offenen Fenſter hinein, um die in Vaſen ſtehenden Blumen nach Inſekten zu durchſuchen. kommen ſie dem Beobachter nahe, verſchwinden aber wie der Blitz, ſobald man die geringſte Bewegung macht. Das Neſt des Silberkolibri iſt ein Prachtbau erſten Ranges, unterſcheidet ſich aber ganz bedeutend von dem unſeres öſtlichen Rubinkolibri. Herr Ridg— way hat es auf ſeinem Bilde ebenſo ſchön und natur— wahr, als idylliſch dargeſtellt. In Gärten bauen ſie oft in Zierbäume und blühende Sträucher, in Apfel— ſinen- und andere Obſtbäume, in Kakteen, Eukalyptus, Cypreſſen u. a. Im April und Mai kann man ſie wohl in jedem Garten Californiens beobachten. In den unbebauten Ortlichkeiten legt Annas-Kolibri ſein Neſt faſt ausſchließlich auf den horizontalen Aſten der californiſchen Lebenseiche“), ganz in der Weiſe, wie es auf unſerem Bilde dargeſtellt iſt, an. Das Niſt— material beſteht aus feiner Pflanzenwolle und Spinn— geweben, welche feſt zuſammengefilzt werden. Mooſe, Federn und Flechten, namentlich die viele Bäume ganz bedeckenden, ſchönen grünlichen Spitzenflechten?) werden ganz in der Weiſe verwandt, als dies unfere | Tafel zeigt. Die ganze Außenſeite und der Neſtrand iſt mit Spitzenflechten dekoriert. Innen iſt es mit ſchmutzigweißer Pflanzenwolle ausgelegt. Es iſt etwa | 1.25 bis 2.00 Zoll breit und 1.00 Zoll tief. — Die Eier ſind gleichmäßig länglichrund. Das Neſt iſt ſchwer zu finden, und die klugen Vögel verſuchen alles, um Störenfriede fern zu halten. Keinen Laut, ſelbſt nicht das Summen des Flügel— ſchlages, hört man in der Nähe des Neſtes. Sie ſind jetzt auch ſehr leicht erregt und ſchießen wie Meteore durch die Bäume, laute, ſcheltende Töne dabei aus— ſtoßend. Oft ſieht man ſie hoch in die Luft fliegen, 1) Quereus agrifolia. 2) Ramalina Menziesii. Bis auf wenige Fuß dann wieder pfeilſchnell ſich herablaſſen. Der gewöhn— liche Laut iſt ein ſcharfes, feines, gezogenes „Ziep“. Der gelbe, klebrige Blütenſtaub verſchiedener trom— petenförmiger Blumen haftet oft ſo feſt an den ſteifen Federn der Kopfkrone, daß es ſcheint, als habe der Vogel einen Schönen gelben Kopf. Nuttall, der dieſe Koli— bris ſo mit Blütenſtaub bedeckt beobachtete, glaubte wirklich, es ſei gelbe Farbe, weshalb er ihn den „gelb— köpfigen Kolibri“ (J. üeterocephalus) nannte. Daß auch Annas-Kolibri hauptſächlich von Inſekten lebt und auch ſolche fliegend fängt, will ich nur beiläufig bemerken. Namen: Silberkolibri, Annas-Kolibri. Anna’s Hummingbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Ornismya Anna Less. 1831). — Trochilus Anna Jardin (1833). — Atthis Anna Baird (1858). — Calypte Anne Gould. Beſchreibung: Größte Art der in den Vereinigten Staa— ten vorkommenden Kolibris. Kopf und Halskrauſe metalliſch brillant purpurrot, mit violetten und ſilber— weißen Reflektionen, das übrige der Oberſeite und ein Band über der Bruſt grün; Schwanzfedern purpur— braun. Beim Männchen iſt der Schwanz leicht gegabelt, beim Weibchen leicht gerundet. Länge 3.60 Zoll; Flügel 2.00, Schwanz 1.45 Zoll. Der breitſehwänzige Kolibri. Broad-tailed Hummingbird. Trochilus platycercus Sw. Der breitſchwänzige Kolibri oder der Kolibri des Felſengebirges verbreitet ſich durch letzteres nördlich bis nach Montana, Wyoming und Idaho, weſtlich bis zur Sierra Nevada und ſüdlich über das Tafelland Mexicos bis zum Hoch— lande Guatemalas. Bei Salt Lake City brütet er zahlreich. Prof. Ridgway beobachtete ihn zahlreich im Wahſatch- und Uintah-Gebirge. Je nach dem Reichtum oder der Seltenheit der Blumen zeigte er ſich vereinzelt oder zahlreich. Selbſt in einer Höhe von 12,000 Fuß ſummte noch einer dieſer Kolibris über ihn dahin. Der Flug iſt ungemein raſch und bringt einen pfeifenden Ton hervor. Dieſer ſchrille, pfeifende Laut iſt jedoch nur hörbar, wenn er ſchnell durch die Luft ſchießt, während man, wenn er von Blume zu Blume ſchwirrt, nur das gewöhnliche Summen hört. Während der Brutzeit iſt das Männ— chen ſo kampfesmutig, daß er jeden anderen Vogel, welcher es wagt, in die Nähe ſeines Neſtes zu kommen, eifrig angreift. Ridgway beobachtete, wie er den kaliforniſchen Königsvogel, den Schwarzkopf-Kern— beißer und einen Habicht in die Flucht trieb. Durch die Schnelligkeit der Bewegungen und durch das pfei— XXXIV „ JARD. ANNA S N } TROCHILL SILBERCOLIBRI, Anna’s Hummingbird. Der, Goldkolibri. fende Geräuſch werden die angegriffenen Vögel mehr verwirrt als ängſtlich. Der kleine Angreifer fliegt hoch in die Luft und läßt ſich pfeilſchnell herab auf | ſeinen Feind. Der Gebirgskolibri iſt beſonders zahl— reich in New Mexico, Colorado und von da nördlich. Sie brüten namentlich in den Weiden, welche die Gebirgsſtröme ſäumen. Das ſchöne Neſt beſteht aus weicher Pflanzenwolle und iſt äußerlich mit Flechten und kleinen Teilchen von Borke überkleidet. Es ſteht von drei bis zehn Fuß vom Boden und iſt dem Aſte, auf dem es ſteht, ſehr ähnlich, gleicht alſo in dieſer Hinſicht dem Neſte des Rubinkolibri, doch iſt es in feinen ſchwanken Zweigen, oft über dem Waſſer, auf— gehängt. Die Eier gleichen denen des Rubinkolibri. Herr H. W. Henſhaw, der dieſe Kolibris zahlreich am oberen Pecos in New Mexico beobachtete, ſchreibt: „Dieſer Kolibri iſt außerordentlich häufig, und junge Vögel wurden am 1. Auguſt geſehen; am 10. des Monats wurden ſie zahlreich. Die alten Männchen nahmen am 1. Auguſt an Zahl ab, und am 10. war kein einziges mehr zu ſehen. Thatſächlich habe ich nach dem angegebenen Datum uur noch ſelten eins geſehen. Dies iſt eine ſehr intereſſante Thatſache. Allerwärts im Weſten und auch im Oſten habe ich mich darüber gewundert, daß zeitig im Herbſt anscheinend | kein Männchen in Ortlichfeiten mehr zu ſehen war, | wo Weibchen und Junge ſehr zahlreich waren. Meine | Beobachtungen hier löſten das Rätſel zu meiner vollſtändigen Befriedigung. In Wahrheit ſcheinen die Männchen ſogleich, nachdem die Jungen das Neſt | 549 verlaſſen haben, ihre Sommerheimat Zu verlaſſen und ihr Winterquartier aufzuſuchen. ie Weibchen und Jungen folgen ſpäter. In dieſer Tr finde ich darin einen Grund, daß um die angegebene Zeit eine Art Serophularia, die Pflanze, welche hauptſächlich in ihren Kelchen Nahrung für die Kolibris birgt, zu blühen aufhört. Obgleich es noch andere Pflanzen giebt, namentlich Bartfaden (Pentstemon), welche von den Kolibris umſchwärmt werden, ſo iſt doch keine darunter, welche einen ſolchen Überfluß an Nahrungs— ſtoffen gewährt als die obengenannten. Daher iſt es erklärlich, daß die Mänuchen mit dem Ausfliegen der Jungen ihre Familienbande löſen, und, durch froſtige Nächte und immer ſpärlicher werdende Nahrung gewarnt, ſüdlich ziehen. Die Weibchen folgen ihnen bald nach. Die Jungen zögern am längſten und ſind noch zu ſehen, nachdem die Eltern läugſt ſüdlich 2 gezogen ſind.“ Namen: Breitſchwänziger Kolibri, Gebirgskolibri. Broad-tailed Hummingbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Trochilus platycercus Swains. (1827). — Selasphorus platycereus Gould (1852). — Ornismya montana Less. (1831). Beſchreibung: Schwanz mehr oder weniger gejtuft. Mittleres Paar Schwanzfedern grün; die übrigen matt purpurſchwarz; Halsſchild ſchön weich roſapurpurn oder ſolferino. Die Oberſeite metalliſchgrün; die Unter— ſeite zum Teil ſchmutzigweiß. Weibchen ohne Hals— ſchild. Länge etwa 3.50 Zoll; Flügel 2.00, Schwanz 1.50 Zoll. Der Gol oͤkol ibri. Rufous Hummingbird. Trochilus rufus GMELIN. afel XXXV. er farbenreihe Goldkolibri iſt die verbreis | tetſte Art der Familie im weſtlichen Nord- amerika, denn er kommt im Sommer von Mexico bis Sitka, Alaska, und vom Rio Grande bis zum Pacific vor. Der Vogel wurde ſchon im vorigen Jahrhun— dert, auf einer von Cooks Weltumſegelungen, am Nootka⸗Sund, entdeckt und von Gmelin beſchrieben. In den Gebirgsgegenden der Sierra u. ſ. w. find fie | hinauf. ſehr zahlreich. Zeitig im Frühling halten ſie ſich mehr in den Thälern auf, ſobald aber die wunderſchönen Gebirgspflanzen ihre Blütenkelche oben auf den Bergen zu öffnen beginnen, ſteigen ſie immer höher und höher Man fand ſie noch im Auguſt in einer Höhe von 6000 Fuß um die Blumen ſchwirren. Von allen Arten ſcheint der Goldkolibri am meiſten Kälte und Froſt vertragen zu können. Nur Futtermaugel der 550 mag ihn zu veranlajjen, ſüdlich zu ziehen. In Waſhington und Oregon iſt der Goldkolibri ſehr zahlreich. Sobald die rotblühende Johannisbeere) am Columbia ihre Blüten öffnet, erſcheint er, was etwa am 10. März der Fall iſt. Das Neſt ſteht in Bäumen und Sträuchern, Farnkräutern und Schling- pflanzen, welche Erdwände überhängen, und iſt ganz in der Weiſe gebaut, wie es Prof. Ridgway auf Tafel XXXV ſo ſchön dargeſtellt hat. gen eines Strauches und iſt in halb hängender Weiſe angelegt. Der Grundlage nach beſteht es aus einer dicht gefilzten Maſſe von Pflanzenwolle, Spinnen— und Raupengeweben, iſt äußerlich prächtig mit Flechten und Moos überkleidet und innen mit Wolle von Farnkräutern oder anderen Pflanzen weich ausgelegt. Die Cier ſind von denen des Rubinkolibri nicht zu unterſcheiden. Das Männchen iſt außerordentlich aufgeregt, ſobald jemand in die Nähe des Neſtes kommt. Es fliegt hoch in die Luft und ſtößt pfeil— Meiſt ſteht es in den über einen Bach oder Fluß hängenden Zwei— Allens-Kolibri. Art in einen Kampf, ſo zeigt er ſofort ſeine Überlegen— heit, und der Angegriffene flieht ſchleunigſt. Nicht nur auf andere Arten, ſondern auch auf die Männchen der eigenen Art und ſelbſt auf die Weibchen dehnt er ſeine Augriffe aus. Rückſicht und Edelmut ſcheint ihm ganz fern zu liegen. Manchmal geraten ſie, ihre Schnäbel und Füße brauchend, ſo hart aneinander, daß ſie auf die Erde herabfallen, wo ſie ſich ſo lange balgen, bis der eine oder der andere den Mut verliert und wie ein Pfeil das Weite ſucht, während ihm der Sieger ebeuſo ſchnell folgt. Nachdem er, ſeinen Sieg verkündend, zurückgekehrt iſt, bringt er ſein glänzendes Gefieder wieder in die ſchönſte Ordnung. Trotz der Wucht, mit welcher dieſe Zwerge kämpfen, trotz ihres kriegeriſchen Geiſtes, iſt doch kaum ein Federchen beſchädigt, nachdem der Kampf vorüber, und noch im Herbſt iſt das Gefieder in vollem Glanze und in der ſchönſten Ordnung. ſchuell herab auf feinen Feind, dabei laute, ärgerliche Töne ausſtoßend. In ſeiner Lebensweiſe gleicht er ganz der öſtlichen Art. Zur Vervollſtändigung dieſer Skizze möge eine Schilderung Henſhaws, der den Goldkolibri zahlreich in New Mexico beobachtete, folgen: „Die große Anzahl der Goldkolibris und der breitſchwänzigen Art am oberen Pecos iſt ganz außer dem Bereiche der Abſchätzung. Niemand, der nur die öſtliche Art kennt, kann ſich auch nur eine annähernde Vorſtellung von deren Häufigkeit machen. Von einer Höhe von 7500 Fuß bis hoch hinauf ins Gebirge, wo noch Blumen wachſen, kommen ſie vor. Fuß. Während des ganzen Sommers umſchwärmen fie faſt ganz ausſchließlich eine Art Scrophularia, welche in großen Maſſen in den ſonnigen Thälern wächſt. Vom frühen Morgengrauen bis zur Abend— dämmerung ſieht man fie um die honig- und deshalb auch inſektenreichen Pflanzen ſchwärmen. Ein ſchöne— res, lieblicheres Bild kann man ſich nicht denken. Männchen und Weibchen, alle ſchwirren um dieſe Pflanzen. Da aber alle Schwirrvögel und beſonders die Goldkolibris kampfluſtige und außerordentlich heiß— blütige Geſellen ſind, ſo iſt die Blumenfläche ein beſtändiger Kampfplatz. Das feurige Rot des Hals— ſchildes dieſer Art ſcheint das Ungeſtüme, Hitzige ſeiner Natur anzudeuten. Gerät er mit der vorigen I) Ribes sanguineum. Am zahl⸗ reichſten ſind ſie in einer Höhe von 8000 bis 9000 ſonſt vor nichts. „Haben fie manchmal auch Urſache, ſich vorein— ander zu fürchten — oft ſchien es mir, als kämpften ſie nur zum Vergnügen — ſo fürchten ſie ſich doch In der Nähe meines Zeltes, wo einige Gruppen Scrophularia wuchſen, zeigten ſie ſich Namen: ſo furchtlos, daß ſie mir bis auf zwei bis drei Fuß nahe kamen. . . . Einmal zählte ich achtzehn Stück Goldkolibris an einem einzigen Scrophularia-Bufche, nur einige wenige Fuß von mir entfernt. Es kam ſelten vor, daß man nicht bis fünfzig Stück auf einem nur wenige Yards meſſenden Flächenraume zählen konnte.“ Prof. Ridgway ſah ihn im Thale des unteren Truckee zahlreich, wo er namentlich die wilden Sonnen— blumen umſchwirrte. Auch in den reichen Thälern der Weſt Humboldt-Gebirge beobachtete er ihn noch zahlreich im Oktober. Goldkolibri, rotrückiger Kolibri. Rufous Hummingbird, Rufous-backed Hummer. Wiſſenſchaftliche Namen: Trochilus rufus Gmel. (1785). — Selasphorus ruſus Swains. (1831). Beſchreibung: Oberſeite, untere Schwanzdecken und Bruſt rötlich-zimmetbraun. Halsſchild intenſiv und brillant metalliſch-feuerrot, in goldiges Orangerot über— gehend, grün und karmin ſchillernd; deutlich ausge— prägte Halskrauſe; Kopfkrone matt bronzefarbig oder grün. Weibchen ohne Halsſchild; Schwanz zimmet— braun, ſchwarz bandiert, weiß geſpitzt. Länge 3.50 Zoll: Flügel 1.55, Schwanz 1.30 Zoll. Allens-Kolibri (Trochilus Alleni Hex- | SHawz Allen’s Hummingbird) verbreitet ſich über die Küſtenregion von Californien bis Britiſch-Colum— 12 ———— ————ů ——— — — — — en Hu ä ——— u Heloiſes-Kolibri. 551 — — — ————ä6 33—ß—ß;i᷑Tfvkö — bia und über Arizona. Dieſe Art iſt ſehr lebhaft, ſchnell und außerordentlich ſchön. Das Neſt findet ſich in der Regel in den das Waſſer überhängenden Zweigen von Büſchen und Bäumen. Es beſteht hauptſächlich aus feiner Pflanzenwolle, und die Außen- feite iſt mit Moos und Flechten überkleidet.“) Die | Eier ſind denen des Rubinkolibri ähnlich. Es hat den Anschein, als ob alle in Californien und Arizona | niſtenden Kolibris jährlich zwei Bruten machen.“ Wäre dies nicht der Fall, jo köunte man ſich die dort vorkommende große Anzahl dieſer reizenden, farben prächtigen Schwirrvögel gar nicht erklären. Beſchreibung: Dieſe Art iſt dem Goldkolibri ähnlich, doch iſt der ganze Rücken, ſowie die Kopfkrone reich metalliſchgrün. $ i = a Heloiſes-Kolibri. Heloise's Hummingbird. Trochilus Heloisa GRAY. Die Neſter der verſchiedenen Kolibris in der großartigen Goßeſchen Eierſammlung im öffent— lichen Muſeum in Milwaukee bieten einen ganz reizenden Anblick. Da iſt zunächſt das ſchöne ſym— metriſche, mit Flechten überkleidete Neſt des Rubin— kolibri. Das daneben ſtehende größere Neſt der ſchwarzkehligen Art iſt jenem ähnlich, nur iſt es loſer gebaut und bedeutend größer. Das folgende dünn wandige bräunliche, nicht mit Flechten überkleidete Neſtchen von Coſtas-Kolibri iſt außerordentlich feſt von bräunlicher Pflanzenwolle und Spinngeweben gefilzt und iſt kaum größer als eine Walnuß. Das Neſt des Anna-Kolibri iſt eine dicke Maſſe von Pflanzenwolle, Flechten und Moos. Nächſt dem Neſte des ſchwarzkehligen Kolibri iſt dieſes das größte aller Arten. Die Bauten des Gold- und Alleus— Kolibri ähneln ſich etwas. Ganz verſchieden dagegen von allen iſt das Neſt von Heloiſes-Kolibri, welches Herr Goß aus El Paſo Co., Texas, erhielt, wo es am 14. April 1884 geſammelt wurde. Es iſt eine weiche, ſchwammartige Maſſe von Baumwolle, welche nur an der Unterſeite mit etlichen Stückchen Borke und Moos überkleidet iſt. Die Eier zeigen nichts Eigentümliches. Heloiſes-Kolibri wurde von Delattre zwiſchen Jalapa und Quatepu entdeckt. Er liebt die Morgen- und Abenddämmerung und *) Ein Neſt in der Sammlung des Herrn B. F. Goß, im öffentlichen Muſeum zu Milwaukee, iſt ganz aus Wolle der Baumwollpappel gebaut und äußerlich mit langen Fäden von bräunlichen Flechten überkleidet. Es ſieht ganz anders aus als die Neſter der übrigen Arten. ſchwirrt namentlich zu dieſer Zeit um die Blumen. Er verbreitet ſich über das öſtliche Mexico und das ſüdliche Texas. Namen: Heloiſes-Kolibri. Heloise’s Hummingbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Ornismya Heloisa Less. & Delattre (1838). — Selasphorus Heloisse Gould. — Atthis Heloise Reichenb. (1853). — Trochilus Helois« Gray (1869). Beſchreibung: Oberſeite metalliſchgrün, mit goldigem Schimmer. Die Bruſtſeiten grün angeflogen; Hals— ſchild brillant violett oder purpurrot, hinten mit Weiß eingefaßt; Bruſt und mittlere Linie des Bauches weiß. Beim Weibchen die Kehle weißlich. Länge 2.75 Zoll; Flügel 1.40, Schwanz 1.00 Zoll. Kalliopes⸗Kolibri. Calliope Hummingbird. Trochilus Calliope GouL». Nach Kalliope (d. i. die „Schönſtimmige), einer der neun Muſen, der Vertreterin der epiſchen Dicht kunſt und der Wiſſenſchaft überhaupt, wurde dieſer kleine Schwirrvogel benannt. Er iſt eine der kleinſten aller im Gebiete der Union vorkommenden Arten und wurde von Floreſi im mexikaniſchen Tafellande entdeckt und ſpäter von J. K. Lord von der britiſchen Grenzkommiſſion des Nordweſtens in der Gegend des kleinen Spokane-Fluſſes beobachtet. Es war dies zeitig im Mai. Schnee lag noch auf vielen Stellen, und außer den ſchönen, roſaroten Blütenbüſcheln der roten Johannisbeere zeigten ſich keine Blumen. Um die Blüten dieſes Strauches ſah er eine ganze Anzahl Kolibris ſchwirren. Die Büſche ſchienen förmlich zu leuchten und zu glühen von ſchillernden Farben. Außer dieſer Art ſah er hier auch den Goldkolibri. Später beobachtete er, daß ſie in ganz bedeutenden Höhen der Gebirge die mit Tannen, Felſen- und Alpenpflanzen bewachjenen Gebirgshalden beſonders bevorzugten. Auf den Aſten abgeſtorbener Nadelbäume konnte man fie ſtundenlang ſitzen ſehen. Das Neſt ſtand in der Regel verſteckt in einem hori zontalen Seitenaſte einer kleinen Tanne, wo es der Wind hin und her wiegte. Kalliopes-Kolibri ſcheint ein echter Gebirgsvogel zu ſein, der nicht nur im Küſtengebirge, ſondern auch in allen Berggegenden Oregons, Waſhingtons und Britiſch-Columbias, ſelbſt in Idaho und Montana vorkommt. Dr. Merrill entdeckte bei Fort Klamath, Ore gon, ein Neſt dieſer Art. Er ſagt, daß der Vogel einen lauten, ſchrillen Ruf ausſtoße, an dem er leicht 559 Der Rio Gran zu erkennen ſei. Das Neſt ſtand auf einem alten, breiten Zapfen von Pinus contorla, war äußerlich aus feinen grünen Borkenſtreifen und Spinngewebe gebaut und war innen mit ähnlichen Stoffen und etwas Pflanzenwolle ausgelegt. Es glich dem Zapfen der Farbe nach vollſtändig. Ein anderes Neſt, aus verſchiedenen Stoffen gebaut, ſtand in einer Weide. Der junge californiſche Ornithologe Walter E. Bryant fand ein Neſt bei Carſon, Nevada. Es ſtand auf einem, aus einem Holzhaufen hervorſteckenden Splitter, nur fünf Fuß vom Boden. Ein anderes Neſt war auf einem Strick in einem Nebengebäude angelegt. Nach den Beobachtungen Henſhaws, der Kalliopes-Kolibri am oberen Pecos, New Mexico, fand, iſt dieſe Art lange nicht ſo kampfluſtig und wild, wie andere. Macht ihm ein anderer die Blumen— büſchel ftreitig, fo fliegt er nach einer Ortlichkeit, wo er nicht behelligt wird. Namen: Kalliopes-Kolibri. Calliope Hummingbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Trochilus Calliope Gould (1847). — Stellula Calliope Gould (1861). Beſchreibung: Oberſeite goldiggrün; Unterſeite weiß, an den Seiten etwas grün angeflogen; Halsſchild violett— rot; Schwanz dunkelgrau. Weibchen ohne Halsſchild. Länge 2.87 Zoll; Flügel 1.55, Schwanz 1.00 Zoll. In Mexico bis zum ſüdlichen Arizona kommt noch eine andere, jedoch wenig bekannte Kolibriart, Trochilus Luciſen GTH, (Lucifer Humming- bird), vor. Das Halsſchild iſt amethyſt-, ſchillert aber oft herrlich violettblau. Der Rio Grande-Kolibri. Buff-bellied Hummingbird. Amazilia cerviniventris GOULD. Am unteren Rio Grande trifft man ſchon eine ganze Anzahl tropiſcher, eigenartiger Vögel, zu denen auch der Rio Grande-Kolibri, eine in Mexico häufig vorkommende Art, angehört. Wir ſind durch Dr. J. C. Merrill, namentlich aber durch den unermüdlichen Vogelkundigen, Herrn Geo B. Seu— nett, gegenwärtig genau über die Ornis jenes de-Kolibri. — — — — — Landſtriches unterrichtet. Erſterer fand ein Kolibri— neſt, jedenfalls dieſer Art angehörend, innerhalb der Reſervation von Fort Brown. Es ſtand auf einem trockenen, hängenden Aſte eines kleinen Baumes, dicht an einem durchs Dickicht führenden Pfade. Es beſtand aus den wolligen Blüten desſelben Baumes, in welchem es ſtand, und aus Spinngeweben und war äußerlich mit einem ſpärlichen Überzuge von Flechten verſehen. Die Vögel umſchwirrten namentlich die Blumen der verſchiedeuen Schlingpflanzen. Namen: Rio Grande-Kolibri. Buff-bellied Hummingbird. Wiſſenſchaftliche Namen: Gould. Beſchreibung: Oberſeite grün, bronze ſchillernd; Schwanz hell kaſtanienbraun; Bauchſeite und Seiten zimmet— braun. Geſchlechter gleich. Länge 4.00 bis 4.50 Zoll; Flügel 2.15 bis 2.30, Schwanz 1.50 bis 1.70 Zoll. Amazilia cervimiventris Auch Rieffers-Kolibri (Amazilia fusei- cauda Rıpaw.; Rieffer's Hummingbird) kommt vom nördlichen Südamerika an bis zum ſüdlichen Texas vor, doch iſt über ſeine Brutweiſe in unſerem Gebiete nichts bekannt. Xantus-Kolibri (Basilinna Nantusi Er- Lıor; Xantus' Hummingbird) lebt in Unter— californien, gehört deshalb kaum in den Rahmen dieſes Buches. Der breitſchnäbelige Kolibri (Jache lati- rostris Ernior; Broad-billed Hummingbird) wurde von Henſhaw im Chiricahua-Gebirge und von Stephens im Santa Rita-Gebirge in Arizona beobachtet. Beide fanden ſich hoch oben in den Bergen und ſtets in der Nähe der von Fels zu Fels ſtürzenden Wildbäche. Über Lebens- und Niſtweiſe iſt bis jetzt noch nichts bekaunt geworden. Beschreibung: Oberſeite grasgrün, manchmal bronze— grün ſchillernd; Kinn und Kehle reich metalliſchblau, an Bruſt und Bauch in reiches Grün übergehend; Weibchen oberſeits grasgrün, an der Stirn in mattes Grau übergehend; Unterſeite einfach matt aſchgrau. Länge 3.50 bis 4.00 Zoll; Flügel 2.00 bis 2.20 Zoll, Schwanz 1.35 bis 1.50 Zoll. bwohl in der Lebensweiſe durch— aus an die Schwalben erin— denſelben gezählt, Segler oder „Swifts“ doch in vielen wichtigen Punkten nicht nur verſchieden von ihnen, ſondern auch von allen anderen Vögeln. Dies bezieht ſich namentlich auf ihren inneren Bau. Doch auch in ihrem ganzen Thun und Treiben wird man Die Schwalbe iſt ein liebes, trautes, ſangesfröhliches, kluges, nernd und auch früher zu ſind die bald Verſchiedenheiten herausfinden. anmutiges und menſchenfreundliches Geſchöpf. Dieſe Eigen— ſchaften fallen alle oder doch teilweiſe bei den Seglern weg. Es liegt etwas Geheimnisvolles, Fremdes, Kaltes in ihrem ganzen Weſen. Sie verbreiten ſich, mit Ausnahme der kalten Zone, über alle Gürtel der Erde und vom Meeresſtrande bis hoch hinauf ins Gebirge. Ihre Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus Kerbtieren, welche ſie in der Luft erbeuten. Die Familie iſt in den Vereinigten Staaten durch folgende Sippen vertreten: Eine Art. Zwei Arten. Eine Art. 1. Cypseloides STREUBEL. 2. CHarturd STEPHENS. 3. Micropus MEYER & WoLr. Der ſchwarze Black Swift. er ſchwarze Segler verbreitet ſich von Colorado durchs Felſengebirge weſtlich bis zur Küſte des Pacific, nördlich bis Britiſch-Columbia. Auch in den Gebirgen Cubas, Mexicos und Jamaikas iſt er Brutvogel. Urſprünglich niſtete er in den Felſen— ritzen hoher Gebirgsabhänge. einem Ornithologen vergönnt, bis in ſein Niſtgebiet a zu gelangen, und bis zum Jahre 1888 war feine | Namen: Niſtweiſe noch ganz unbekannt. Am 6. Juni 1888 entdeckte Herr M. H. Gormley ein Neſt in Seattle, Waſhington, hinter einem Karnies eines Gebäudes in der Stadt. Es beſtand aus grünen Blättern, Stückchen Papier, Hobelſpänen und Halmen | und war mit loſen Strohhalmen umgeben. Der Vogel iſt alſo jedenfalls, ein Höhlenbrüter. Die katerialien find nicht zuſammengeklebt, und alle Nur ſelten war es Hegler. Cyrpseloides niger SCLATER. Neſter, welche er fand, ſtanden im Innern von Kar— nieſen und waren loſe zuſammengefügt. Es iſt ſehr ſchwierig, zu denſelben zu gelangen. Die Eier ſind der Grundfarbe nach reinweiß. Wie ſich der öſtliche „Swift“ ſchon längſt dem Menſchen angeſchloſſen hat, ſo ſcheint ſich auch dieſe Art ihm anſchließen zu wollen, wo immer die Gelegenheit dazu güuſtig iſt. Schwarzer Segler. Black Swift. Wiſſenſchaftliche Namen: Hirundo niger Gmel. (1788). — Cypselus niger Gosse (1847). — Nephocettes niger Baird (1858). — Cypseloides niger Sclat. (1865). Beſchreibung: Grundfarbe ein tiefes glänzendes Braun— ſchwarz oder Rußſchwarz, an Kopf und Hals mehr ruß farbig, an der Stirn mehr grau. Länge 7.00 bis 7.50 Zoll; Flügel ſehr lang, 6.00 bis 7.50 Zoll; Schwanz 2.65 Zoll. 70 Der Schornfteinfegler oder Swift. Chimney Swift. Tafel XVIII. ler Schornſteinſegler oder Swift, auch Schornſteinſchwalbe genannt, verbreitet ſich über das ganze öſtliche Nordamerika nördlich = nach Labrador und den Pelzgegenden, weſtlich bis z den großen Ebenen. Er hat ſich dem Menſchen 15115 augeſchloſſen und brütet faſt ausſchließlich im Innern der Schornſteine, ſelbſt inmitten großer Städte. Nur noch ſelten findet man ihn, wie einſt in alten Zeiten, in hohlen Bäumen der Wälder brütend. Ju meiner Jugend niſtete ein Pärchen mehrere Jahre hindurch im Innern unſerer Scheune. Ganz oben in der Spitze des Giebels hatte es fein ganz aus Baum- Herr Otto Widmann in St. Louis, der jahrelang ſeine | ganz beſondere Aufmerkſamkeit dieſem eigentümlichen zweigen zuſammengeklebtes Neſt angeleimt. Vogel zugewandt hat, ſandte mir die folgende ausge— zeichnete Lebensſkizze „Kein Vogel verdient ſeinen Namen beſſer als der Swift. der Volksmund meiſtens giebt, iſt noch bezeichnender, denn er ſagt alles aus, was das Volk von dem merk— Der Name Chimney Swift, den ihm würdigen Vogel weiß, nämlich, daß er ſich durch Schnelligkeit auszeichnet und daß er im Kamin wohnt. | Der Name Chimney Swallow wird auch häufig gebraucht und war früher ſogar der Büchername. Linné und nach ihm noch viele andere rechneten ihn zu den Schwalben und ſtellten ihn als Hürundo pelagica in deren Gattung. mit den langen, ſpitzen Flügeln hat auch wirklich große Ahnlichkeit mit denſelben, beſonders in der Lebens— weiſe, da er ſich ſeine Nahrung fliegend, wie die Schwalben erhaſcht. „Außerlich weicht er von denſelben hauptſächlich durch den eigentümlichen Schwanz ab, der ihm auch, als man ihn von den Schwalben trennte, ſeinen wiſſenſchaftlichen Namen Chxtura eingetragen hat. Chztura heißt zu deutſch: Borſtenſchwanz, weil die Schäfte der ſteifen Schwanzfedern borſtenartig verlän— gert ſind, eine Einrichtung, die dem Vogel ſehr zu ſtatten kommt, wenn er ganze Nächte lang an der Wand hängend der Ruhe genießt, wobei ihm der Der rauchbraune Vogel Chztura pelagica STEPH. Vogel 5. ſteife Borſtenſchwanz als Unterſtützungspunkt dient. Der Swift hat nämlich die Eigenheit, ſich nie zu ſetzen; wenn er nicht fliegt, jo hängt er an den Beinen. Dafür hat er auch wirkliche Klammerbeine: lange Tibia, kurzen Tarſus, kräftige Zehen und ſtark gebo— gene Krallen. Während die Schwalben zwölf Schwanz— federn, neun Schwingen erſter und mindeſteus neun Schwingen zweiter Ordnung haben, hat der Swift zehn Schwanzfedern, zehn Schwingen erſter und nur ſieben zweiter Ordnung. Die äußeren Verſchieden— heiten ſind jedoch nicht die einzigen; im anatomiſchen Bau zeigen ſich beim Swift ſo wichtige Abweichungen von allen anderen Vögeln, daß man ihm und ſeinen Vettern, deren er in Europa und Aſien viele hat, eine ganz beſondere Ordnung einräumen mußte. Wohin dieſe Ordnung im Syſtem zu ſtellen ſei, hat ſchon zu heftigen Erörterungen Veranlaſſung gegeben, und die Gelehrten ſind bis auf den heutigen Tag noch nicht darüber einig. Mit dem Kolibri hat er im Bau manches gemein, iſt aber auch ebenſoweit wieder von ihnen entfernt, als er von den Schwalben eutfernt iſt. Auch von den Nachtſchwalben und von den ſpecht— artigen Vögeln, denen er eingereiht oder untergeordnet wurde, mußte er wieder getrennt werden. „Alle dieſe Meinungsverſchiedenheiten dienen nur dazu, wieder einmal zu zeigen, daß jede lineare Aneinanderreihung von Arten, Gattungen und Ord— nungen nur Stückwerk und Notbehelf ſein kann und ein auch nur annähernd richtiges Bild der Verwandt— ſchaftsgrade durch Kreiſe gezeichnet werden müßte, die ſich in verſchiedener Richtung andern nähern oder dieſelben berühren. „Schon am Flug läßt ſich der Swift leicht und ſicher von allen Schwalben unterſcheiden. Der deutſche Name ‚Segler‘, der feinen europäiſchen Ver— wandten beigelegt wird, würde ſchlecht auf ihn paſſen, denn er ſegelt verſchwindend wenig; ſeine laugen, jäbelformigen Flügel rudern faſt beſtändig, und, man möchte ſagen, mit peinlicher Haſt. Der einzige Mo— ment, wo man ſeine Flügel wirklich mit Segeln verglei— chen kann, iſt jener, wenn ſie ſich ſpielend verfolgen — und mit hoch emporgehaltenen, regungsloſen Flügeln einige hundert Fuß ſchräg abwärts hintereinander herſchießen. Zur Zeit der Paarung ſieht man ihn bisweilen, aber auch nur auf kurze Zeit, in großer Höhe mäßige Kreiſe ziehen, ſonſt iſt er immer in der größten Eile. Seine Zeit und die Konſtruktion feines Flugapparates erlauben ihm nicht, länger als einige Sekunden ohne Flügelſchlag dahinzuſchweben; immer rühren ſich gleich die ſpitzen Flügel wieder, und wie um verlornes Terrain zurückzugewinnen, ſtrebt er mit beſchleunigten Flügelſchlägen wieder nach oben. Er iſt ein unermüdlicher Jäger; je nach dem Wetter jagt er bald da, bald dort. Oft raſt er, wie vom Hunger gepeitſcht, ganz niedrig über Wieſen und Felder dahin, oft ſchießt er mit Sturmeseile über Dächer und Baumwipfel hinweg; daun wieder ſtreicht er mit emſigem Fleiß in unendlicher Wiederholung die Waſ— ſerfläche auf und ab oder er durchſchneidet in zahlloſen Kurven immer und immer wieder die Stelle, wo ein Schwarm zarter Inſekten willkommene Beute verab— reicht. Auf ſolchen Jagdgründen trifft er häufig mit ſeinen Rivalen, den Schwalben, zuſammen, und im friedlichen Wettbewerb der munteren Schar entfaltet ſich ein höchſt belebtes Schauſpiel. Nicht nur ſticht die ſtürmiſche Heftigkeit mit den übereilten Flügelſchlägen ſehr ab von den anmutigen, ruhigen, eleganten und doch gewandten Bewegungen der Schwalben, auch der Körper des Swifts ſelber hat etwas Fremdartiges, ſo daß der Unbewanderte oft kaum einen Vogel im Swift erkennt und ihm deshalb häufig die zweifelhafte Ehre zuteil wird, für eine Fledermaus gehalten zu werden. Schnabel und Hals ſind nämlich ſehr kurz, und der ebenfalls kurze Schwanz wird beim Fliegen ſo ſpitzig zuſammengelegt, daß er eigentlich nur dann wahr— nehmbar iſt, wenn der Vogel plötzlich die Richtung ändert, wobei ev die Federn auf einen Augenblick weit ausbreitet. Was Schwalben wohl nie paſſiert, ſich an Blitzableitern aufzuſpießen, kommt bei unſerem tollen Swift nicht allzu ſelten vor. „Dieſe namenloſe Geſchwindigkeit und extreme Rührigkeit, die das Weſen des Vogels kennzeichnen, ſteht jedenfalls im Zuſammenhang mit der Beſchaffen— heit ſeiner Nahrung, denn dieſe beſteht in den kleinen und kleinſten fliegenden Inſekten, und Tauſende derſelben ſind oft nötig, ſeinen Magen zu füllen; außerdem muß der Verbrauch groß ſein, da die Muskel— thätigkeit des unermüdlichen Fliegers keine kleine iſt. Das Ergreifen der Nahrung wird ihm dadurch erleich— tert, daß der Rachen, der bis unter die Augen geſpalten iſt, weit geöffnet werden kann, und der klebrige Spei— Der Schornſteinſegler oder Swift. 8 | 555 chel die Wände desſelben zur gleichzeitigen Aufnahme einer Anzahl der kleinen Juſekten ermöglicht. „Wie das rauchbraune Gewand zu ſeiner Woh nung im Kamin, jo paßt das Prickelnde, Praſſelude ſeiner durchdringenden Stimme zu ſeinem exaltierten Weſen. Wenn ein Trupp lärmender Swifts mit blitzartiger Schnelle durch die Lüfte dahinſchießt, ſchei nen die ſcharfen Töne, eben noch aus der Ferne kaum hörbar, ſchnell wie der Gedanke auf einmal die ganze Luft zu erfüllen, um in demſelben Tempo, in dem fie gekommen, wieder zu euteilen. Seine Stimme erſcheint wie ein Ventil, das dazu dient, dem Übermaß ſprudelnder Lebenskraft Luft zu machen; und in der That, die lärmendſten Zeiten ſind die ſeiner höchſten Erregtheit, ſowohl in der Jahreszeit als in der Tages zeit. Nur in der Periode, wo Familienglück auch dieſen wilden Geſellen weicher ſtimmt, hört man auf Augenblicke ſeltſam modulierte Töne, die man für melodiſch halten könnte. „Jene blutdürſtigen Räuber ausgenommen, die ſelbſt das Leben ihrer nächſten Verwandten nicht ſchonen, kann man alle Vögel als geſellig betrachten, und der Grad ihrer Geſelligkeit oder vielmehr das Maß, in welchem fie dieſem Hang nachgehen können, ſteht in direktem Verhältnis zur Länge ihrer Schwin gen; je beſſer das Flugvermögen, deſto größer die Geſellſchaften, deſto länger die Zeit, die der Vogel geſellig zubringen kann. Die Art der Nahrung bringt es bei den meiſten Vögeln, namentlich auch bei den Inſekteufreſſern, mit ſich, daß fie ſich auf einen größern Raum verteilen müſſen, um das Nötige zu finden. „Dies thun auch die Swifte, aber ihren langen Schwingen, ihrem Flugvermögen, haben ſie es zu danken, daß ſie ihre Jagdgründe viele Meilen weit voneinander entfernt beſuchen und dennoch viel Zeit in Geſellſchaft ihresgleichen verleben können. Von ihrem erſten Erſcheinen im Frühjahr bis zum letzten Tag ihres Hierſeins im Herbſt ſieht man ſelten einen Swift allein. Sogar während der Brütezeit ſind ihrer gewöhnlich mehrere beiſammen, und in Zeiten von Überfluß jagen ſie in großen Geſellſchaften, beſon— ders bei herannahendem Gewitter, wo in der ſchwülen Luft auch die Inſekten große Thätigkeit entfalten. Mit Ausnahme der wenigen Wochen, die ſie zum Brüten der Eier und Bedecken der kleinen Jungen brauchen, ſuchen ſie immer die Nacht in Geſellſchaft zu verbringen. „Schon den erſten Anſiedlern des Landes fielen die großen Maſſen von „Schwalben auf, die ſich des Abends um die .Schwalbenbäume‘ verſammelten und 556 in denſelben verſchwanden. In jenen Zeiten hatten die Swifte noch die alte Gewohnheit, in hohlen Bäumen zu wohnen, d. h. in ſolchen, deren Gipfel derart abgebrochen waren, daß ſie ſich von oben in die Höhlung hinablaſſen konnten. Solche Bäume findet man unter den Platanen und Eichen zuweilen jetzt noch von den Vögeln benützt, aber mit Zunahme der Anfiedlungen der Eingewanderten haben die Swifte ſchon früh begonnen, ihren Wohnſitz von den Baum— höhlen nach den unbenützten Kaminen der Häuſer zu verlegen. „Wohl mögen manche in unwirtlichen Gegenden noch jetzt in Felsſpalten und Bäumen wohnen, und auf ihren Wanderungen, beſonders aber im Winter— quartier, werden ſie jedenfalls auf dieſe angewieſen ſein, die große Menge jedoch hat ſich in allen von Menſchen bewohnten Gegenden das Kamin zum Wohnort erkoren. Hier iſt es, wo ſie ihr Neſt anlegen, ihre Jungen ausbrüten, Schutz vor Wind und Regen finden, ihr Mittagsſchläfchen machen und Nachtruhe halten. Obgleich jedes Paar gewöhnlich ſein eigenes Kamin für ſich zum Brüten wählt, ſo ziehen ſie es doch vor, ſolange wie möglich, und ſobald wie möglich nach dem Brüten, in Geſellſchaft ihre Nachtruhe zu halten. Sobald die Jungen fliegen können, finden ſich die Swifte einer Nachbarſchaft allabendlich bei der gemeinſamen Schlafſtätte ein, die ganze Umgegend aufs angenehmſte belebend. Naht die Zugzeit heran, ſo ſchlagen ſich dieſe Geſellſchaften zu andern und fliegen oft weite Entfernungen, um die Nacht in großen Geſellſchaften in den weiten Kaminen größerer Gebäude zu verbringen, die dann oft Tauſende beher— bergen. Einen für den Naturfreund wirklich erheben— den, großartigen Anblick bietet dieſes Zuſammen— kommen der wunderbaren Vögel des Abends am Sammelkamin. Bei ſchönem Wetter, wenn fie reich- lich Nahrung gefunden, pflegen ſich die erſten ſchon zeitig bei Sonnenuntergang einzuſtellen. Erſt ſind es nur wenige; ſie durchſtreifen die Gegend in allen Richtungen, verſchwinden auf Augenblicke, um zahl— reicher wiederzuerſcheinen. Allmählich wird die Zahl immer größer, doch ſind ſie noch in alle Winde zerſtreut. Bald fängt die Dämmerung an, die Maſſe nähert ſich immer mehr dem Gebäude, und es bildet ſich ein Ring laut zirpender, ſcheinbar höchſt aufgeregter Vögel, der ſich mit großer Geſchwindigkeit, | zahlreichſten Vögel unſerer Oſtſtaaten. Er brütet von erſt höher, dann niedriger, über dem Gebäude, doch mende werden ſofort mit in den Wirbel gerifien. | Mittlerweile haben ſich einzelne der Offnung des Kamins genähert, halten zögernd ein, zu prüfen, ob alles in beſter Ordnung ſei. Hunderte von Malen haben fie ſchon das Kamin umkeeiſt, bis endlich einer den Anfang macht und mit ſenkrecht erhobenen Flü— geln, und von Seite zu Seite gaukelnd, im Kamine verſchwindet. Noch einige laſſen ſich hinab, daun vergehen wieder Sekunden und oft Minuten, bis andere nach häufigem Prüfen ſich endlich entſchließen, zu folgen. Mittlerweile wird es ganz Dämmerung; plötzlich beginnt die große Maſſe hineinzuſtrömen, ſo raſch und gedrängt, als die Offnung des Kamines es erlaubt, und bald iſt die Mehrzahl verſchwunden. Die Übriggebliebenen fahren fort, Kreiſe zu ziehen, zu zwitſchern, und ehe Minuten vergangen find, iſt der Haufe faſt ſo groß, ſo toll, ſo lärmend, wie zuvor, bis der Strom ſich aufs neue ergießt. Nun ſind nur noch wenige übrig; doch immer kommen noch kleine Geſellſchaften (oder im Frühjahr einzelne Paare) in großer Eile daher, aber alle umſchwärmen zuerſt das Kamin, bevor ſie es wagen, ſich hinabzulaſſen. Bald wird es dunkel; einzelne fliegen noch wie Irr— wiſche umher, doch endlich gehen auch dieſe zur Ruhe, und über der vorhin ſo belebten Gegend herrſcht Stille und Nacht. — Wenn ſie das Sammelkamin des Morgens verlaſſen, ſo ſind ſie bei gutem Wetter ſofort in alle Winde zerſtreut. Doch, iſt es ein trüber, windiger Morgen oder kaltes Regenwetter, ſo verlaſſen ſie die Gegend nicht, ſondern fliegen unſchlüſſig umher, und bald kommt einer nach dem andern wieder ins Kamin zurück. „Wunderbar, wie der Aufenthalt im Kamin, iſt auch die Thatſache, daß man bis heute noch nicht weiß, wo ſich der Swift während des Winters aufhält. Obgleich faſt alle Teile Central- und Südamerikas wiederholt ornithologiſch durchforſcht wurden, hat man bis jetzt den Swift noch nirgends angetroffen. Dieſe Merkwürdigkeit, im Verein mit andern Ereigniſſen, z. B. das Hervorkommen eines lebenden Swift aus einem Kamin in Canada im Winter, verleitet manche, an die Möglichkeit deſſen zu denken, was früher allge— mein geglaubt wurde, nämlich, daß die Swifte im Kamin den Winter in einer Art Erſtarrung zubringen, ebenſo, wie man früher die Schwalben im Schlamme der Teiche überwintern ließ. „Der Swift iſt einer der weitverbreitetſten und Florida und Texas bis Labrador, und von Neufund— immer in derſelben Richtung, dreht. Neu Aukom- | N land bis Manitoba und folgt dem Anfiedler in die baumloſen Prärien von Kanſas und Nebraska. „Es iſt möglich, daß ſämtliche Arten von Schwal— — TERRA Der Schornfteinjegler oder Swift. 2, Vaux⸗Segler. ben zuſammengenommen die Individuenzahl Swifte nicht erreichen, denn während das Vorkommen der Schwalben an gewiſſe Bedingungen geknüpft iſt, der die nicht überall gegeben ſind, ſo findet der Swift | allerorts, auf dem Lande wie in der Stadt, ein ihm zuſagendes, unbenütztes Kamin. „Ende März machen die Swifte ihr Erſcheinen in den Südſtaaten, und vom erſten April an kaun St. Louis täglich auf ihren Beſuch gefaßt ſein. Aufangs April ſind ſie jedoch noch ſo wenig zahl— reich, daß nur der Eingeweihte ſie regelmäßig zu Geſicht bekommt. Sie kommen zur gemeinſamen Schlafſtätte, aber zerſtreuen ſich während des Tages über einen ſo weiten Bezirk, daß ſie leicht überſehen werden. Nach Mitte April hört man ihre Stimmen täglich und begegnet ihnen allenthalben, doch ſind ſie noch lange nicht alle da. Bis Mitte Mai nimmt ihre Zahl beſtändig zu, und auch nachher find an einzelnen Tagen große Mengen von Durchzüglern anweſend. An kühlen Frühlingstagen verhalten ſie ſich ſehr ſtill, doch ſobald die Nahrungsſorgen ſchwinden, fangen ſie bis in den Oktober hinein. an, ſich ernſtlich zu paaren, was mit viel Lärm und heftigem Jagen verbunden iſt. Der nächſte Schritt iſt natürlich, daß ſie ſich nach einem paſſenden Kamin umſehen, wobei ſie ſehr vorſichtig zu Werke gehen, da ſie die damit verbundene Gefahr kennen. Es iſt unterhaltend, zu beobachten, wie genau ſie die Luft über dem Kamin auf ihre Temperatur und Beſchaffen— heit prüfen, bevor ſie es wagen, ſich hinabzulaſſen. „Mitte Juni erreicht die Zahl der im Sammel— kamin ſchlafenden ihren niedrigſten Stand, was wohl darauf ſchließen läßt, daß alle, die überhaupt Gelegen— heit finden, ſich gepaart haben und zum Brüten geſchritten ſind. „Bei einem Vogel mit ſo vielen Eigenheiten iſt es nicht zu verwundern, daß er auch beim Neſtbau ein ſonderbarer Baumeiſter iſt. Sein kleines, flaches Neſtchen, das in Geſtalt der Hälfte einer Untertaſſe gleicht, iſt das Produkt der Speicheldrüſen des Vogels ſelbſt, im Verein mit kurzen Zweiglein, die ſich der Vogel im Fluge vom Baum abpflückt. Die neben der Zunge liegenden Speicheldrüſen ſchwellen zur Zeit der Fortpflanzung bedeutend an und ſondern reichlich einen zähen Schleim ab, der an der Luft erhärtet. 557 Neſte ſelbſt haben, klammern fie ſich au deſſen Rand an und häkeln ſich ſpäter nach oben, wo ſie ſo lange gefüttert werden, bis ſie ganz ausgewachſen ſind. Da ſie in größeren Zwiſchenräumen gefüttert werden, iſt anzunehmen, daß die Eltern einen Vorrat von Inſek— ten im Schnabel oder Schlund anſammeln können. Ju den erſten Tagen nach dem Ausfliegen werden die Jungen mit viel Lärm von den Alten umhergetrieben, aber zeitig am Nachmittag wieder in ein Kamin gebracht. Später gehen ſie mit den Alten in die Geſellſchaftskamine und von hier in die großen Sam— melkamine, wo ſchon anfangs Auguſt die Zahl der Beſucher langſam aber ſtetig ſteigt. Im September kommen große und plötzliche Schwankungen vor; die Zahl ſteigt plötzlich um Hunderte, um ebenſo raſch wieder zu fallen. Dies iſt der Rückzug der von Norden kommenden, und er dauert mehrere Wochen In der erſten Woche dieſes Monats, welche ſich meiſtens durch heitere, warme Tage und große Schwärme fliegender Inſekten auszeichnet, nehmen es unſere Swifte gar nicht eilig mit der Abreiſe, aber wenn nach dem zehnten das Wetter umſchlägt, ſo ſinkt die Zahl raſch, und der letzte Swift verläßt das Kamin mit ziemlicher Regel— Wenn trocken, ſo haftet das Neſt ſo feſt an der Wand an, daß es eher bricht als ſich ablöſt. Bei anhaltendem Regenwetter jedoch weicht es zuweilen los und fällt mit ſeinem Inhalt hinab. Dieſer Inhalt beſteht aus vier bis ſechs weißen, etwas walzigen Eiern. Da die heranwachſenden Jungen bald nicht genug Platz im | mäßigkeit zwiſchen dem vierzehnten und ſiebzehnten Oktober.“ Namen: Schornſteinſegler, Swift, „Schornſteinſchwalbe“, Stachelſegler, Stachelſchwalbe. Chimney Swift, „Chimney Swallow“. Wiſſenſchaftliche Namen: Hirundo pelagica Linn. (1755). — Chzxtura pelagica Steph. (1825). Beſchreibung: Grundton der Farbe rußbraun, Kehle etwas heller. Oberſeite mit grünlichem Anflug. Ge— ſchlechter gleich; Schwanz leicht gerundet, jede Feder ſteif und ſcharf zugeſpitzt (daher der Volksname Stachel— ſchwalbe, Stachelſegler). Länge 5.25 Zoll; Flügel 5.10, Schwanz 2.00 Zoll. Vaux-Segler (Cm Vauxiü DEK Ax Vaux’s Swift) bewohnt die Küſtengegend des Pacific nördlich bis Britiſch-Columbia. Er überwintert namentlich in Guatemala. Dieſe Art, obwohl vieler orts häufig, iſt noch wenig bekannt, da ſie die Nähe des Menſchen meidet und Waldgegenden, beſonders im Gebirge, zum Aufenthalt bevorzugt. Der weißkehlige Segler (Meropus mela- moleucus RIDG W.; White-throated Swift) iſt ein Bewohner der Gebirgsgegenden des Weſtens, vom Felſengebirge bis zur Küſte des Pacific. Er niſtet in großer Anzahl in den Ritzen hoher, ſteiler, ſenkrechter, meiſt unzugänglicher Felswände. D —— Machtfehwalben. Goatsuckers, Nighthawks. Caprimulgide. => iegenmelker, Nacht- ſchwalben oder Nacht— ſchatten nennen wir eine über die gemäßigte Zone, Tropen verbreitete, eigen— tümliche und artenreiche Vogelfamilie. Es find meijtens Vögel von Taubengröße, welche ſich in allen Erdteilen finden, welche aber in unſerem Lande durch beſon— ders charakteriſtiſche Arten vertreten ſind. Der Grundton ihres Gefie— ders iſt grau, eine Färbung, welche auffallend der Baumrinde oder dem Erdboden gleicht. Der Flug iſt überaus gewandt und ſchön. Ihre Nahrung, welche faſt ganz aus— ſchließlich aus fliegenden Nachtinſekten beſteht, erbeuten ſie in der Luft, ganz in der Weiſe der Schwalben. namentlich aber über die Früher glaubte man, daß ſie ihren weiten Rachen zu nichts anderem als zum Melken der Ziegen und der Kühe gebrauchen könnten, und dies glauben Neger und viele Weiße im Süden noch heutigen Tages. Daher ſchreibt ſich auch der durch nichts begründete Name „Ziegenmelker“. Auch die Bezeichnung „Nacht— ſchwalbe“ iſt falſch, da ſie durchaus den Schwalben fernſtehen. Da ſie des Nachts die Luft nach Juſekten durchfliegen und wie ein Schatten vorüberhuſchen, ſo hat man ſie ſehr richtig Nachtſchatten genannt. Die ſechs in der Union vorkommenden Arten der Familie verteilen ſich auf folgende Sippen: 1. Antrostomus GouLD. Klagenachtſchatten. Zwei Arten. 2. Phalsenoptilus Rınaway. Eine Art. 3. Nyetidromus GOULD. Nachtſchatten. Eine Art. 4. Chordeiles SWAINSON. Dämmerungs⸗ ſchwalben. Zwei Arten. Die Chuchwillswidow. Chuck-will’s-widow. intereſſanteren Ausflug in DA En angenehmeren, | Florida kann der Naturfreund und Touriſt Antrostomus carolinensis GOULD. kaum machen, als wenn er in Jackſonville einen jener prächtigen Flußdampfer beſteigt und den St. John's hinauffährt. Dieſer von den Spaniern San Juan ſchaft erkennen kaun. Hat man jedoch den Lake George durchfahren, ſo kommt man in den oberen St. John's, welcher meiſt ſehr ſchmal iſt und ſich vielfach windet. Noch intereſſanter iſt eine Fahrt den ſchmalen, aber tiefen Ocklawaha hinauf. — Es war ein herrlicher Aprilabend des Jahres 1886, als ich genannte Strom iſt in feinem unteren Laufe ſehr breit, ſodaß man wenig von der angrenzenden Land— zum erſtenmal den oberen St. John's bereiſte. Die Luft war weich und ftärfend, und das ganze Land— ſchaftsbild wurde durch den vollen Mond beleuchtet. Die prächtigen hohen, meiſt in Gruppen beiſammen— ſtehenden Fächerpalmen und die zahlreichen immer— grünen Bäume gaben dem Bilde ein entſchieden tropiſches Gepräge. Stundenlang ſaß ich auf dem Verdeck, um die kühle Abendluft zu genießen und die Laudſchaft, die jetzt im Abenddunkel bezaubernd ſchön erſchien, zu betrachten. Unauslöſchlich werden jene Eindrücke bleiben, welche ich hier empfing. Nach Einbruch der Nacht herrſchte zuerſt Stille, ſobald aber der Mond ſeine erſten Strahlen durch und über die Bäume ſandte, wurde es unruhiger. Spottdroſſeln ließen ſich hin und wieder hören, beſonders waren es aber die fortwährend erklingenden Rufe einer dem Whippoorwill naheſtehenden Nachtſchwalbe, der „Chuckwillswidow“, welche man von allen Seiten hörte. Der ganze Wald, die Palmengruppen und Magnolien, ſchienen von ihnen wiederzuhallen. Die ſchnell aufeinander folgenden Rufe klaugen wie „Tſchuck-karri-wih, tſchuck-karri-wih“, wie „Whip— poor-ra-will“ oder, wenn man will, wie „Chuck— wills-wi-dow“, doch iſt etwas Phantaſie nötig, wenn man dieſe Laute genau heraushören will. Oft konnte man die Vögel auch ſelbſt ſehen, wenn ſie über oder durch eine Palmengruppe oder in kurzen Rundflügen über das Waſſer oder über den Dampfer flogen. Sie chienen durchaus nicht ſcheu zu ſein und ſtießen ihre ſch ) ) 3 ) lauten Töne ebenſowohl im Fluge als auch im Sitzen aus. Ich habe dieſen Vogel auch in Texas beobachtet, | aber nicht in ſo großer Anzahl als hier. Wahr— ſcheinlich wurden ſie durch die am Waſſer zahlreichen Inſekten angelockt. Ein eigentümlicheres, harmoni— ſcheres Bild läßt ſich kaum denken als dieſes. Die herrliche halbtropiſche Mondnacht, die Fächerpalmen und Magnolien, die mit Wohlgerüchen angefüllte weiche Luft, und dazu die Rufe dieſes Nachtvogels, in der Ferne aber, gleichſam als Begleitung, der melo— diſche, ſchallende Geſang zahlreicher Spottvögel. Als der Dampfer, von Süden kommend, in den Lake George einſuhr, war das Bild wie durch einen Zauber— ſchlag verſchwunden. Die glatte, weite Waſſerfläche, beſchienen vom Monde, lag jetzt vor uns. Nur das dumpfe Gebrüll des Alligators vernahm man gelegent— lich. Sonſt war und blieb es ſtill dieſe Nacht. Im Frühling iſt es, namentlich abends, inmitten der Orangenhaine und Ziergärten Floridas bezaubernd pfeifenden Rufe des „ſpaniſchen Whippoorwill“, wie ſchön. „Wer ſie zu ſchildern vermöchte, eine ſolche Frühlingsnacht des Südens! Wer wäre imſtande, ihre Schönheit zu beſchreiben, auch wenn er ſie ſelbſt Die Chuckwillswidow. 59 585 erlebt, durchträumt, durchwacht hätte! Nach des Tages Arbeit und Mühe, nach des Tages Hitze iſt ſie die milde, verſöhnende Spenderin unſagbaren Wohl— und Hochgefühls.“ In nie geahnter Reinheit leuchten der Mond und die Sterne am dunkeln Himmelsdome. Mit vollen Zügen atmet der Menſch die friſche, küh— lende, ſtärkende, mit dem köſtlichſten Blumenduft erfüllte Luft. Mit Entzücken ſchauen wir von der Veranda aus auf die vor uns liegende Waſſerfläche eines kleinen, mit Azaleen, Magnolien, Kamelien und Lebeuseichen eingefaßten Sees und lauſchen den unbe ſchreiblichen Liedern der Dichter der Nacht, der Spott— droſſeln und der Kardinäle. Die Schönheit und der Reiz der Nacht wird aber noch erhöht durch die aller— ſeits erklingenden Rufe unſerer Chuckwillswidow. Ja, dieſelben werden oft von den Spottdroſſeln aufge— griffen und in ihren eigenen Geſang verwebt. Es müßte ein Dichter ſein von Gottes Gnaden, der die hohe Poeſie einer ſolchen Nacht zu ſchildern vermöchte! Dieſer ſüdliche Klagenachtſchatten iſt ein nament— lich in den am mexikaniſchen Meerbuſen liegenden Staaten gewöhnlicher Vogel. Nördlich ſoll er bis zum James-Fluſſe in Virginia vorkommen und weiter weſtlich, nach Dr. Woodhouſe, bis zum Lande der Creek- und Cherokee-Nation im Indianer-Territorium. Die Weſtgrenze ſeines Verbreitungsgebietes iſt New Mexico. Am häufigſten ſcheint er in Florida vor— zukommen. Dort in den dichten Hammockwäldern iſt ſeine eigentliche Heimat. Dieſe eigentümlichen Waldungen beſtehen meiſt aus dicht ſtehenden, von oben bis unten mit ſpaniſchem Moos behangenen, mit Baumorchideen, Luftpflanzen und Farnkräutern geſchmückten Laubholzbäumen, namentlich aus ver— ſchiedenen Eichen, Magnolien, Gordonien, Fächer— palmen, wilden Orangenbäumen u. ſ. f. Das Untergebüfch beſteht aus Stechpalmen, Baumheidel— beeren, Sägepalmen und einer Unmaſſe von Schling— pflanzen. Dieſe Wälder, in denen der reiche Humus ſußtief liegt, ſind ſo dicht, daß man nur langſam vordringen kann und ſich leicht in ihnen verirrt. Hier, in dem ſchattigen Dunkel, hält ſich unſer Vogel am Tage meiſt verborgen, ſitzt läugsweiſe auf einem dicken Aſte, auf einem am Boden liegenden Baum ſtamme oder auf der Erde. Sobald das Tagesgeſtirn am Horizont verſchwun— den iſt, herrſcht in dieſen Wäldern auch ſchon vollkom mene Dunkelheit. Von allen Seiten kann man die ihn nördliche Anſiedler nennen, hören. Wenn man ſich noch gegen Abend im dichten Walde befindet, ſo 560 erſchallt oft plötzlich über oder neben einem der Ruf und zwar ſo unerwartet, daß ſelbſt der mit dem Leben dieſes Vogels vertraute Beobachter zuſammenfährt. Drei- bis viermal nacheinander ruſt er ſeinen Namen, aber wenn man ſich nach ihm umſieht, iſt er ſchon verſchwunden und läßt ſich aus einer andern Richtung hören. Am liebſten ſcheint er von oben herab, gerade über dem Beobachter, zu pfeifen. Zu ſehen bekommt man ihn jedoch nur ſelten. Gleichſam wie ein Schatten huſcht er im Mondſchein von einem Baume oder von einem Dickicht zum andern. Die Töne ſind denen des Whippoorwill ganz ähnlich, nur ſind ſie bedeutend ſchärfer und lauter und enthalten eine Silbe mehr. Nach meiner Meinung haben ſie aber wenig Ahnlichkeit mit dem Namen Chuckwillswidow; ſie klingen viel— mehr wie „Tſchick-arra-wih“ oder wie „Whip-pur-ra— will“. Im ganzen Süden kennt man ihn unter dem Namen Chuckwillswidow. Nach Maynard bezeich— nen ihn die Seminolen ebenfalls nach ſeinem Rufe „Chic-co-bil-lar“ (Tſchic-co-bil-lar). Was nun die Laute ſelbſt betrifft, ſo iſt noch zu bemerken, daß die Betonung beſonders auf der erſten Silbe liegt; die zweite iſt etwas gedehnter und weniger ſtark, während die beiden letzten Silben ſehr ſchnell hervor— gebracht werden, wobei die letzte Silbe wieder bemerk— bar betont wird. Der ganze Nachtgeſang ertönt in derſelben ſchnellen Weiſe und etwa in demſelbeu Tone als beim Whippoorwill. In der Nähe klingt er etwas rauh und ſcharf, und erſt in einer gewiſſen Entfernung erhält er ſeine bezaubernde wildromantiſche Klang— farbe, iſt dann auch recht melodiſch und klagend. Wer ſich einmal erſt an die Laute gewöhnt hat, den erfreuen ſie, und er vermißt etwas, wenn ſie endlich im Hoch— ſommer gänzlich verſtummen. In Texas habe ich ihn von der Galveston-Bai bis weſtlich nach Auſtin beobachtet, doch iſt er da nirgends ein zahlreicher Vogel, ſcheint ſich vielmehr immer nur auf beſtimmte, ihm beſonders zuſagende Ortlichkeiten zu beſchränken. Als ich inmitten des Waldes in der Nähe der Weſt-Yegua wohnte, hatte ich Gelegenheit, ihn im April und Mai ganz in meiner Nähe zu hören. Die Vögel lebten im dichten Walde der Niederung, kamen aber oft des Nachts bis in die Nähe des Hauſes und ſetzten ſich ſogar auf die Firſte des Daches, von da aus ihre nächtlichen Rufe erklingen laſſend. Die Geſinnung gegen ſie war gerade keine freundliche, wenn ſie einen nachts ſo plötzlich im beſten Schlafe ftörten. Bei meinen Wan derungen im Walde ſcheuchte ich dieſe Nachtſchwalbe Beſchreibung: oft auf. Sie flog daun gaukelnden, unſicheren Fluges, Die Chuckwillswidow. Schlangenlinien beſchreibend, hin und her, bis ſie ſich auf einer anderen Stelle niederließ. An ſolchen Ortlichkeiten, ſtets im dichteſten, dunkelſten, abge— ſchloſſenſten Teile des Waldes, findet man auch, gewöhnlich auf einer Unterlage alter Blätter, in einer kaum merklichen Vertiefung des Bodens die zwei Eier. Sie ſind denen des Whippoorwill ähnlich, nur bedeu— tend größer, länglich, an beiden Seiten gleich dick, der Grundfarbe nach rein kryſtallweiß, mehr oder weniger dicht und gleichmäßig dunkelbraun gefleckt und mit matt lavendelfarbigen, wolkenförmigen Schalenflecken gezeichnet. Sehr ſchwer und nur durch Zufall iſt das Neſt zu finden, da der brütende Vogel ſowohl, als Eier und Junge, der Umgebung täuſchend ähnlich ſehen. Bei Gefahr, oder wenn das Neſt entdeckt wurde, tragen die Alten die Eier und auch die noch kleinen Jungen mit dem Schnabel fort auf eine andere ſichere Stelle. Daher kommt es, daß man die Eier, wenn man ſie liegen ließ, auf derſelben Stelle nicht zum zweitenmal findet. Der Flug dieſes Vogels iſt ſehr gewandt, oft jäh, ungemein wechſelvoll, geſchieht aber nicht in der Weiſe der gewöhnlichen Nachtſchwalbe, ſondern mehr von einem Baum zum andern und in Rundflügen um und über die Bäume. Die Nahrung beſteht aus Nachtſchmetterlingen, Maikäfern und anderen Nacht— inſekten, namentlich auch Moskitos, welche zu Tau— ſenden in dem weit geöffneten Rachen ihr Grab finden. An den Seiten desſelben ſind lange Borſten, die es verhindern, daß ein Inſekt wieder daraus entwiſchen kann. Von dem Whippoorwill unterſcheidet ſich dieſe Art durch bedeutendere Größe; ſodann haben auch die Schnabelborſten an den Enden dicht ſtehende Faſern. Unſer Vogel überwintert auf Cuba, jedenfalls auch auf andern weſtindiſchen Inſeln, ſodann auch in Coſta Rica, Veragua und anderen Teilen Central: amerikas. Namen: Chuckwillswidow, Südlicher Klageſchatten, Süd— licher und ſpaniſcher Whippoorwill. Chuck-will’s-widow. Wiſſenſchaftliche Namen: Caprimulgus carolinensis Gmel. (1785), — Antrostomus earolinensis Gould (1838). Die Zeichnung nachtfalterartig. Oberfeite bräunlich und grau, ſchwärzlich geſcheckt und gefleckt. Flügel ohne Weiß. Unterſeite rötlich oder lederfarbig, dunkel geſcheckt oder gebändert. Kehle mit einem weiß— lichen Querfleck; das äußere Drittel der drei äußeren Schwanzfedern weiß oder rahmweiß. Beim Weibchen fehlt das Weiß der Schwanzfedern. Am Schnabel Borſten. Länge 11.50 Zoll; Flügel 8.80, Schwanz 6.28 Zoll. — — — — — SEBEEWUERERET WR — — — — AL — | \ Der Phippoorwill. Whip-poor-will. Antrostomus vociferus BON APARTE. Tafel XXXIII. Vogel 7 A. Abenddämmerung in einem Wisconſiner Walde Ende Mai und im Juni, alſo während der lieblichſten Zeit des Jahres, könnte ſich auch die glühendſte Phantaſie nicht ſchöner ausmalen, als ſie in Wirklichkeit iſt. — Wir haben ſchon den ganzen Nachmittag im Walde zugebracht und ebenſowohl Bäume und Sträucher, Blumen und Kryptogamen (Farne und Mooſe), als auch die zahlreichen gefie— derten Bewohner beobachtet. Die Wohlgerüche der blühenden Sträucher, der aromatiſche, erquickende Duft der Nadelholzbäume erfüllt die Luft. Ganz in der Nähe vernimmt man das leiſe Gemurmel einer dem nächſten Bache zueilenden Quelle. Endlich ver— ſchwindet das in glühendes Rot gehüllte Tagesgeſtirn vom Horizonte. Die Vögel, welche in den ſpäten Nachmittagsſtunden noch alle recht munter waren, verſtummen jetzt ſchnell. Die meiſten ſuchen nun ihre beſtimmten Schlafplätze auf. Der „Tohi“ oder Erdfink nimmt mit einem gedämpften „Tſchiwink, wink, wink“ Abſchied von dem ſcheidenden Tage. Mit Einbruch der Nacht lagert ſich zunächſt eine tiefe Ruhe über das ganze Waldgebiet, doch hält dieſe Stille nur kurze Zeit an. Schon vernimmt man die melancholiſchen Töne des prächtigen roſenbrüſtigen Kernbeißers. Zahlreiche Röteldroſſeln beginnen erſt leiſe, dann immer lauter und jubelnder ihre Töne hervorſtrömen zu laſſen. Laut und voll hallen die Lieder dieſer wundervollen Sänger durch die ſtille Nacht. Schade iſt es, daß aus den Sümpfen die proſaiſchen, tiefen Baßtöne des Ochſenfroſches ſich einmengen! Wo ſumpfige Örtlichkeiten fehlen, hört man freilich auch die brüllende Stimme dieſes Batra— chiers nicht. — Ausgeſtreckt auf dem weichen Teppich von Fichtenmoos und Wintergrün, lauſchen wir den beiden Nachtſängern. Doch der feierliche Geſang dieſer Vögel und die Stille der Nacht werden ganz plötzlich durch höchſt eigentümliche, pfeifende Töne, welche wie „Pfif-ah-rih“ oder „Whip-pur-will“ ganz in unſerer Nähe erklingen, unterbrochen. Dieſe lauten, geheimnisvollen Nachtrufe haben für Fremde und abergläubiſche Gemüter etwas Beängſtigendes, Unheimliches; doch wir ſind ſie von Kindheit auf gewöhnt. Sie klingen uns traut und anheimelnd. Der Vogel, deſſen Stimme wir jetzt von allen Seiten hören, iſt der berühmte und, wenigſtens ſeinem Rufe nach, volkstümliche „Whippoorwill“ oder Klage— nachtſchatten. Fort und fort erſchallen dieſe Töne, die geheimnisvolle Abendruhe des Waldes unterbrechend. Wenn wir genau aufmerken, ſo werden wir manchmal den Vogel ſelhſt über uns oder über und um die Sträucher und Bäume wie einen Schatten huſchen ſehen. Der Wald, in dem wir uns jetzt befinden und die Töne dieſes zu den Nachtſchwalben gehörenden Vogels vernehmen, iſt als ſein eigentlicher Lieblings— aufenthalt zu betrachten. Das Terrain iſt hügel— förmig. Hier und da finden ſich kleine oder größere Sümpfe („Schwämme“, wie die deutſchen Anſiedler ſagen). Murmelnde Quellen und rauſchende Bäche, den zahlreichen kleinen, von Bergen eingeſchloſſenen Seen zueilend, ſind allerwärts zu finden. Der Wald beſteht aus vielerlei Baumarten, namentlich aus Buchen, Zuckerahorn, Eichen, Linden, Papierbirken, Hemlocktaunen, Weißkiefern und vielen andern Bäu— men und Sträuchern. Auf dem Boden liegen über— und durcheinander in allen Stadien der Zerſetzung ſich befindliche Baumſtämme. Farnkräuter, Lykopo— dien, Erdorchideen, Blutwurzeln, prächtig blühende Dreiblattarten (Trillium) u. a. bedecken den humus— reichen Boden. Der Whippoorwill iſt ein echter Waldvogel. Wo der Wald mehr und mehr verſchwindet oder wo er allzuſehr gelichtet wird, da wird auch dieſer anzlehend— eigentümliche Nachtvogel immer ſeltener. Man kann oft meilenweit wandern, ohne auch nur ein einziges Pärchen anzutreffen. Ich beobachtete ihn in Wis— conſin immer da, wo der Erdfink, der vojenbrüftige Kernbeißer, die Wald- und Röteldroſſel, und das Buſch⸗ oder Waldhuhn vorkommen. In meiner Jugend war er an den beſchriebenen Ortlichfeiten, wie ſie ſich damals zwiſchen Howard's Grove und Franklin fanden, ungemein zahlreich. Sehr oft kam er an 71 lauen, ſtillen Juniabenden in die Gehöfte der im Urwalde zerſtreuten Anſiedler, angelockt ohne Zweifel durch die das Vieh begleitenden Juſekten. Nicht ſelten ſetzte er ſich auf die Spitzen der in jener Zeit gewöhnlichen primitiven Blockhäuſer, hier ſein lautes „Whip-pur- will“ ausſtoßend. Im nächſten Augen— blicke erklang es im Viehhofe, dann auf der Scheune, dann wieder auf dem Hauſe und endlich in geiſterhafter Ferne. Die neu angekommenen Anſiedler wurden durch dieſe fremden Nachtrufe nicht ſelten in Angſt und Schrecken geſetzt. Manche glaubten ſogar, ſie rührten von den damals noch zahlreich umherſtreifenden Indianern her. Den meiſten jedoch galten ſie als ein böſes Omen, und man legte ihnen deshalb oft die wunderlichſte Bedeutung bei. Allein die Rufe erklan— gen den ganzen Frühling hindurch bis zum Juli allabendlich ſo häufig, namentlich in ſchönen, mond— hellen Nächten, daß man ſich bald an ſie gewöhnte und im Frühling die Ankunft des Vogels ordentlich herbei— ſehnte. Mit ganz beſonderer Freude begrüßen alle Naturfreunde und Anſiedler jetzt ſeine erſten Töne, denn mit ſeiner Ankunft zieht in jener Gegend der eigentliche Lenz erſt ein. Ich kann mich nicht erinnern, den Whippoorwill vor der letzten Maiwoche im mittleren Wisconſin gehört zu haben. Als zarter Inſektenvogel erſcheint er in ſeiner Heimat ſtets erſt dann, wenn der Wald grün iſt und wenn Inſekten, namentlich Nachtſchmet— terlinge, reichlich vorhanden ſind. Man vernimmt ſeine Stimme nicht früher, als bis die Nächte warm zu werden beginnen. Sind letztere kühl und feucht, ſo ſchweigt er. Der Ruf, der ihm ſeinen volkstümlichen Namen verliehen und ihn berühmt gemacht hat, klingt angenehm, hat jedoch etwas Wildes, Geheimnisvolles, Romantiſches wie ſein heimatlicher Wald, wie die rauſchenden Bäche und ſprudelnden Quellen. Ohne dieſen Wald kann ich mir den Ruf gar nicht denken. In der baumloſen Prärie und im Garten wäre er gar nicht am Platze. Daß er auch anderen Vögeln ange— nehm und nachahmungswert erſcheint, beweiſen unſere beiden beſten Spötter: Katzen- und Spottdroſſel. Beide ahmen ihm nach und weben ſeinen Ruf häufig in ihre Lieder ein. Es macht einen überraſchenden Eindruck, wenn der Spottvogel nachts oder auch am Tage vier- oder fünfmal nacheinander „Whippurwill“ ruft und daun feine eigenen und anderer Vögel Lieder folgen läßt. — Seines Nachtgeſanges halber — wenn man beim Whippoorwill überhaupt von einem ſolchen reden darf — iſt er zu einem bevorzugten Liebling des amerikaniſchen Volkes geworden, welches ihn in mau— Der Whippoorwill. chem mehr oder weniger volkstümlichen Liede beſingt. Der pfeifende, klagende, wie „Whippurwill“ klingende Ruf iſt laut und durchdringend. Die erſte und die letzte Silbe werden mit ganz beſonderem Nachdrucke ausgeſtoßen. Er ruft oder pfeift am eifrigſten kurz nach Einbruch der Nacht, etwa bis zehn Uhr oder elf Uhr abends und dann wieder gegen den Morgen hin. In mondhellen Nächten kann man ihn auch die ganze Nacht hindurch hören. Er ſtößt ſeine Laute ebenſo— wohl im Sitzen als während des Fluges aus. Man kann den Whippoorwill im ganzen nörd— lichen Teile der Union, bis zum 50. Breitengrade, weſtlich bis zu den großen Ebenen hören. Ich beob— achtete ihn, obwohl ſelten, im nördlichen Illinois, und hörte ihn einigemal im ſüdweſtlichen Miſſouri im April, alſo während der Zugzeit. Brütend fand ich ihn im letztgenannten Staate nicht. Im Oſten unſeres Landes ſcheint er von Maine bis ſüdlich nach Florida zu brüten. Er iſt aber nicht allerorten gleich zahlreich. In manchen Gegenden hört man ihn von allen Seiten, in anderen, ebenſo günſtig ſcheinenden Ortlichkeiten vernimmt man nur ſelten einmal ſeinen Nachtgeſang. Im Winter zieht er ſüdlich bis Weſt— indien und Guatemala. Unſer Vogel baut kein eigentliches Neſt. Seine zwei Eier legt er in eine kaum merkliche Erdvertiefung auf eine ſpärliche Unterlage alter Blätter. Gewöhnlich liegen ſie im Waldesdunkel in der Nähe eines halbver— faulten Baumſtammes, an oder zwiſchen niedrigen Büſchen, unter einem Büſchel Farnkräuter, in der Nähe eines Stumpfes, oft auch ganz frei. Sie ſind ungemein ſchwer zu finden. Selbſt wenn man den Vogel vom Neſte verſcheucht, kann man ſie kaum von der ähnlichen Umgebung unterſcheiden. Hat man ſie endlich entdeckt, ſo ſcheinen ſie eher durch Zufall, als mit Abſicht hingelegt zu ſein. Das Gefieder des brütenden Vogels ſowohl, als die Eier ſind durchaus dem mit alten Blättern bedeckten Waldboden ähnlich, ſodaß es wohl erklärlich iſt, weshalb beide in Wirklich— keit ſo unbekannt ſind. Die Grundfarbe der Cier iſt ein mattes Rahmweiß; doch ſind ſie über und über unregelmäßig mit lavendel- und rötlichbraunen Flecken und Strichen gezeichnet und marmoriert. Nach etwa vierzehntägiger Bebrütung ſchlüpfen die Jungen aus. Sie ſind mit einem dichten Dunenkleide, wie junge Hühnchen, bedeckt, können ſich aber nicht, wie dieſe, fortbewegen, ſondern ſind in den erſten Tagen ihres Lebens ſehr hülflos. Mit geſchloſſenen Augen hocken ſie da, in der Färbung ganz dem modernden Laube ihrer Umgebung ähnelnd. Doch ſie wachſen, dank der a an Z ihnen von den Alten zuteil werdenden reichlichen Atzung und guten Pflege, ſchnell heran. Am Neſte dieſes Nachtvogels kann man höchſt intereſſante Beobachtungen machen. Einſt im Juni fand ich ein Neſt mit zwei Eiern in der tiefen Einſam— keit eines dunkeln Waldes. Um die Stelle ſpäter ſchuittene dichtbelaubte Zweige an verſchiedene Sträu— cher in der Nähe des Neſtes. Wie groß war aber meine Überraſchung, als ich am nächſten Tage weder Der Whippoorwill. 563 net, aber ſein Gehör iſt überaus ſcharf. Kommt man ihm zu nahe, ſo fliegt er langſam ſchwankenden Fluges von dannen. Als Knabe glaubte ich oft, ihn greifen zu können, aber je näher ich ihm kam, deſto ſchneller flog er vor mir her. Sobald es Abend wird, erſcheint er ganz wie umgewandelt. Überraſchend ſchnell fliegt leicht wieder finden zu können, hing ich einige abge- von den Eiern, noch von einem alten Whippoorwill | eine Spur finden kounte! Dieſe Beobachtung machte ich ſpäter noch verſchiedenemal. Die mißtrauiſchen Vögel nehmen, nachdem ſie ihren Niſtort entdeckt wiſſen, Eier und Junge in den ſich ſehr weit öffnenden Schnabel und tragen ſie in einen anderen, ſicheren Waldesteil. Dieſelbe Erfahrung machte Wilſon. Er hatte einſt das Glück, nach langem Suchen einen jungen Whippoorwill zu finden. Genannter Alt meiſter nordamerikaniſcher Ornithologie hat die Ori— ginale zu ſeinem Werke, ebenſo wie Audubon, ſelbſt gemalt, darum nahm er auch hier die Gelegenheit wahr und zeichnete den jungen Vogel; dann ſetzte er ſeinen Weg durch den Wald fort. Als er eine Viertel— meile gegangen war, bemerkte er, daß er ſeinen Blei— ſtift vergeſſen hatte. Er lehrte wieder um, fand den ſelben auch, aber — der junge Whippoorwill war verſchwunden. So wohlbekannt und volkstümlich auch der Ruf unſeres Vogels iſt, ſo wenig Naturfreunde kennen ihn nach Farbe und Geſtalt. Vielfach wird er mit der Dämmerungsſchwalbe (Nighthawk) verwechſelt, doch iſt er von dieſer ſchon leicht dadurch zu unterſcheiden, daß er nie ſo ſchwalbenartig durch die Luft ſegelt, wie fie. Will mau den Whippoorwill kennen lernen wie er wirklich iſt, was er thut und treibt, ſo iſt es nötig, daß man nicht nur bei Tage, ſondern auch häufig des Nachts ſich im Walde aufhält. Außer den Milliarden blutdürſtiger Moskitos hat man nichts zu fürchten. Dieſe treiben es allerdings ſchlimm genug, ) aber man wird ſie ſchließlich gewöhnt, ſodaß man ſich vornimmt, ſich mit ſtoiſcher Ruhe nicht mehr an ſie zu kehren. Am Tage hält er ſich meiſt im einſamen Waldesdunkel verborgen. Gewöhnlich ſitzt er längs— weiſe auf einem am Boden liegenden Baumſtamme, auf einem dicken Aſte oder auf dem Boden. Er verhält ſich ſo ſtill und iſt ſeiner Umgebung ſo ähnlich, daß ihn die meiſten überſehen. Da er am Tage ſchlecht ſehen kann, ſo iſt es leicht, ſich in ſeine Nähe zu ſchleichen. Seine großen Augen ſind nur halb geöff— er jetzt hin und her, hurtig und geräuſchlos ſind nun ſeine Bewegungen. Kommt man in ſeine Nähe, ſo läßt er ein fauchendes oder ziſchendes, unwilliges Geräuſch hören. Obwohl eine vollendete Nachtſchwalbe, ſo weicht er doch gänzlich von dieſer im Erbeuten ſeiner Nah rung ab. Er ähnelt in dieſer Hinſicht ganz der im Süden lebenden „Chuckwillswidow“, ſeiner nächſten, aber bedeutend größeren Verwandten. Nicht in ſchwalbenartigem Fluge, ſondern mehr wie ein Tyraun oder Fliegenfänger erbeutet er die ihm zur Nahrung dienenden Juſekten. Er fliegt niedrig über die Büſche, bewegt ſich nach rechts und links, läßt ſich auf den Boden herab, um ſeine Beute zu erhaſchen, fliegt wiederholt und in verſchiedenen Richtungen über dasſelbe Gebiet, ſtreicht am Rande des Waldes vor— über und läßt ſich gelegentlich auf Fenzpfoſten und auf Baumſtumpfen nieder, von wo aus er wie ein Fliegenfänger den Inſekten nacheilt und daun wieder auf denſelben Sitzplatz zurückkehrt. Wie die „Chuck— willswidow“ hält auch er ſich vor Baumſtämmen oder Uferwänden rüttelnd in der Luft, um auf dort verſteckte Ameiſen und andere kleine Inſekten zu fahnden. Auch auf den Boden fliegt er häufig herab, um Käfer aufzunehmen. Der Flug iſt ſo leicht und geräuſchlos, daß man ihn nicht hört, ſelbſt wenn er nur einige Fuß von dem Beobachter vorüberfliegt. Während dieſer ganzen Zeit ſtößt er einen tiefen, murmelnden Ton aus, durch welchen man feine Auweſenheit in der Dunkelheit gewahr wird, während er in einiger Ent- fernung vorüberfliegt. Ich habe dieſe Töne oft gehört, wenn ich mich des Nachts im Walde befand. Seine Nahrung beſteht aus den verſchiedenſten Nachtinſekten, deren Aufzählung hier zu weit führen würde. — Unſer Vogel, den die Indianer, nach Coo | per, „Wiſchtonwiſch“, die Seminolen in Florida bereits am 25. April beobachtet haben. „Wac⸗co⸗lar“ nennen, erſcheint im Norden etwa Mitte Mai. Im ſüdlichen Pennſylvanien will man ihn Da er gewöhnlich nach der Brutzeit ſchweigt und daun anfcheinend auch ſehr verſteckt lebt, jo kann ich mit Sicherheit nicht angeben, wann er wieder ſüdwärts zieht. Bacon Freyberg berichtet über einen Whip a 564 Der Poorwill. poorwill und eine Dämmerungsſchwalbe, welche er während feiner Anweſenheit in den Vereinigten Staa— ten in der Gefangenſchaft gehalten. Er hielt ſie frei fliegend in ſeinem Schlafzimmer, wo ſie jede Nacht eifrig Inſekten jagten. Namen: Whippoorwill, Klagenachtſchatten. Whip-poor-will. Wiſſenſchaftliche Namen: Caprimulgus vociferus Wilson (1812). — Antrostomus vociferus Bonap. (1838). — Caprimulgus elamator Vieill. (1817). Beſchreibung: Der weit ſich öffnende Schnabel an den Seiten mit Haaren beſetzt. Füße ſehr kurz und ſchwach. Gefieder ſehr weich. Hauptfarbe grau; ſchwarz, weiß und lederfarbig entweder geſtrichelt oder marmoriert; äußere Schwanzfedern weiß oder lohbraun zugeſpitzt; ein weißer oder lohfarbiger Kragen an der Kehle. Länge etwa 10.00 Zoll; Flügel 6.50, Schwanz 4.75 Zoll. Eine Abart, Stephens-Whippoorwill (Antrostomus vociferus Arizon® BRE MWST.; Stephen's Whip-poor-will) lebt in Arizona und im mexikani— ſchen Tafellande. Der Poorwill. Poor-will. Phalænoptilus Nuttalli Rınaway. Der Poorwill oder Nuttalls-Whippoor— will findet ſich im weſtlichen Gebiete unſeres Landes, vom öjtlichen Kauſas und Nebraska bis zum Stillen Ozean. Ich hatte Gelegenheit, den höchſt intereſ— ſanten Vogel im weſtlichen Texas zu beobachten, wo er etwa am 15. April erſcheint. Sein gewöhn— licher Ruf iſt ein ſchnelles „Pur-will, pur-will“, der nicht mehrmals hintereinander, ſondern in kleinen Zwiſchenräumen erſchallt. Er iſt nicht laut, hat eine melodiſche Klangfarbe und klingt betrügend. Oft! ſitzt der rufende Vogel dicht in unſerer Nähe, doch klingt der Ruf ſo, als erſchalle er aus der Ferne. Am häufigſten erklingt er im Mai und Juni in mondhellen Nächten. Alle Nachtſchwalben ſind außer— ordentlich nützliche Vögel, da ſie eine ungeheure Menge ſchädlichen Ungeziefers vertilgen. Der Poor— will erbeutet, wie alle Arten, ſeine Nahrung in der Luft, doch geſchieht dies nicht nach Art der Däm— merungsſchwalbe, auch nicht nach der Weiſe des Whip— poorwill und der Chuckwillswidow. Gewöhnlich ſetzt er ſich in die Wege und Landſtraßen, ſpäht empor nach allen Seiten hin und fängt die Motten und andere Nachtinſekten, ſobald ſie ſich zeigen, fliegend. Hat er den weiten Rachen gefüllt, ſo läßt er ſich wieder auf dem Boden nieder, um bald darauf von neuem auf Juſekten zu fahnden. In Californien iſt Nuttalls— Whippoorwill beſonders zahlreich, ebenſo in Nevada, Utah und New Mexico. Die Salbeiebenen ſcheinen dort ſein Lieblingsaufenthalt zu ſein. In Texas lebt er meiſt in der Nähe der Waldränder und auf Mes— quit- und Lebenseichenprärien. Die reinweißen Eier werden auf den Boden ohne irgendwelche Unterlage gelegt. Gewöhnlich findet man das Neſt am Wald— rande oder unter einer dichten Staude. Namen: Poorwill, Nuttalls-Whippoorwill. Poor-will, Nuttall’s Whip-poor-will. Wiſſenſchaftliche Namen: Caprimulgus Nuttalli Aud. (1843). — Antrostomus Nuttalli Cass. (1852). — Phalznoptilus Nuttalli Ridgw. (1880). Beſchreibung: Kopf ſammetgrau, ſchwärzlich gewellt; ganze Oberſeite bräunlichgrau, mit einem ſehr ſammet— weichen, mottenartigen Ausſehen, gehoben durch un— regelmäßige ſchwarze Flecken und Zickzacklinien; Kehle mit großem weißen Fleck; das übrige der Unterſeite ſchwärzlich und lederfarbig gewellt; Schwanzfedern (außer die mittleren zwei) weiß geſpitzt. Weibchen ähn— lich. — Länge 7.25 bis 8.50 Zoll; Flügel 5.60 bis 5.75, Schwanz 3.70 bis 3.90. Der weiſzkehlige Wachtfchatten. Parauque. Nyetidromus albicollis GoULD. Dieſe im tropischen Amerika häufige Nacht: ſchwalbe verbreitet ſich bis zum Rio Grande in Texas, wo ſie von anfangs März bis Mitte November ziemlich zahlreich iſt. Sie bevorzugt zum Aufent— halt ſchattige Dickichte und Gebüſchgruppen. Die zwei Eier finden ſich gewöhnlich unter einem Buſche oder einer Staude auf der bloßen Erde. Sie ſind rahmfarbig, ſpärlich mit dunkelblauen und lavendel— farbigen Flecken gezeichnet. Die Rufe des weiß— kehligen Nachtſchattens gehören zu den eigen— tümlichſten Lauten der Nacht, welche man am unteren Rio Grande vernehmen kann. Man hört ſie beſtän— dig während der Sommerabende. Sie beſtehen aus ſich oft wiederholenden pfeifenden, wie „Wiuh-wiuh— und melodiſch und auf weite Strecken hin vernehmbar. Beſchreibung: Die Färbung der Oberſeite iſt bräunlich— grau oder bräunlich gefleckt; die Kopfkrone in der Miite mit einer Reihe breiter ſchwarzer Streifen; äußere Schwanzfedern ſchwarz, die nächſten weiß, die Außen— fahne weiß gerandet; vier mittlere Schwanzfedern ohne Weiß, bräunlichgrau gefleckt; Unterſeite rahmfarbig, dunkel gewellt; Kehle mit auffallendem weißen Hals— band. Länge 13 Zoll; Flügel 7.15; Schwanz 7.10 Zoll. — Die Dämmerungsſchwal be. Nighthawk. Chordeiles virginianus SWAINSON. Tafel XXXIII. Vogel 3. Zi E. iſt Abenddämmerung, im Juni in Wisconſin 57 und anderen Nordſtaaten eine beſonders ſchöne Zeit. Wir befinden uns in einer halbwilden, großen Viehweide, fernab vom Gehöft. liegt der Waldrand. Wir ſetzen uns auf einen jener großer Anzahl finden, die laue Luft in vollen Zügen einatmend. Die meiſten Vögel ſind bereits zur Ruhe gegangen. Aus den nahen Klee- und Saatfeldern tönt uns der Veſpergeſang des Abendfinken entgegen, und aus dem Walde ſchallt der Ruf des Whippoorwill, vielleicht auch die liebliche, melancholiſche Weiſe des roſeubrüſtigen Kernbeißers und die ſchmelzenden Töne der Röteldroſſel. Unſer ganz beſonderes Intereſſe nehmen aber jetzt die Hunderte von Dämmerungs— ſchwalben, die man auch als Nachtſchwalben und Nachtfalken bezeichnet, in Auſpruch. Hoch über uns ſchweben fie dahin, aumutig ihre Kreiſe ziehend, ſich hoch emporhebend oder plötzlich bis fait | zum Boden herablaſſend. Dieſer Flug, dieſes Spielen und Dahinſchießen muß jedermann, der Sinn für die Schönheiten der Natur hat, feſſeln und anziehen, um ſo mehr, da man nicht einzelne, ſondern immer eine ganze Anzahl derſelben ſieht. Von ihrem Erſchei— nen an, welches in dieſen Breiten in der zweiten Hälfte des Mai ſtattfindet — im ſüdöſtlichen Texas erſcheint fie Mitte April und im ſüdweſtlichen Miſſouri anfangs Mai — den ganzen Sommer hindurch bis zum September können wir dies beobachten. Viele verwechſeln die Dämmerungsſchwalbe mit dem Whippoorwill, doch iſt der Unterſchied nicht nur hinſichtlich der Färbung, ſondern noch mehr bezüglich des Fluges ein ſehr großer. Der Flug des Whippoor— will iſt kurz, nahe über den Boden dahin, nie ſchwal— benartig hoch durch die Luft; die Dämmerungsſchwalbe dagegen erbeutet ihre Nahrung, welche ausſchließlich aus Mücken, Moskitos, Motten u. ſ. f. beſteht, hoch oben in der Luft. Sie hat einen leichten, ausdauern— den, überaus anmutigen Flug, welcher noch dadurch gewinnt, daß man Dutzende, ſelbſt Hunderte in allerlei Wendungen durch die milde, weiche Abendluft dahin— Nicht weit von uns fliegen ſieht. Dies iſt namentlich während der Abend— und Morgendämmerung der Fall, doch kaun man ſie bei trübem, ſchwülem Wetter den ganzen Tag hindurch umherfliegen ſehen. Selbſt bei hellem Sonnenſchein | ſieht man fie hie und da hoch oben in der Luft umher— glatten Steine nieder, wie ſie ſich hier allerwärts in ſchweben. Wenn man ſie geſellig einmal rechts, einmal links, einmal ſenkrecht bis faſt in die Wolken, daun plötzlich pfeilſchnell wieder herabfliegen, wenn man ſie ſich ſchreiend verfolgen und dabei die wunderbarſten Wendungen ausführen ſieht, daun muß man zuge— ſtehen, daß dieſes Schauſpiel das ſchönſte und feſſeludſte iſt, welches uns die liebliche Abenddämmerung bieten kann. Oft ſchweben ſie hoch über den Waldbäumen dahin, im nächſten Augenblicke jedoch ſind ſie ſchon wieder in unſerer Nähe, aumutig über dem Boden oder über dem Waſſer dahingleitend, angekommen, um gleich darauf wie ein Pfeil wieder in die Höhe zu ſchießen. In meinen Jugendjahren machte ich mir oft während der Abenddämmerung des Juni das Vergnügen, dieſe Vögel zu necken. Ich warf entweder den Hut oder ein Stück Holz in die Höhe; beim Herabfallen desſelben ſchoß eine der nächſten Dämmer— ungsſchwalben blitzſchnell dahinter her bis faſt zum Boden herab, dabei einen lauten, tiefen Ton aus— ſtoßend. Dieſer Laut, den man auch ſonſt im Juni, wenn ſie plötzlich herabſtößt, häufig hört, klingt etwa ſo, als ob man mit Gewalt in das Spundloch eines leeren Faſſes blaſe. Er wird nach Gundlachs Meinung ganz in ähnlicher Weiſe hervorgebracht, wie das bekannte Meckern der Bekaſſine oder Heerſchnepfe, nämlich durch einfache Schwingungen der Flügel- und Schwanzfedern. Die übrigen Töne, welche man wäh— rend des Fliegens vernimmt, ſind laut und unmelo— diſch, aber ſo eigentümlich, daß man ſie nicht beſchrei— ben kann; hat man ſie jedoch einmal gehört, ſo vergißt mau ſie ſo leicht nicht wieder. Der Name Dämmerungsſchwalbe iſt ein ſehr gut gewählter, während die engliſche Bezeichnung Nacht— falk (Nighthawk) durchaus nicht zutriſſt. Dieſe Art iſt kein Nachtvogel, ſondern betreibt ihre J nur in der Abend- und Morgendämmerung und agd 566 gewöhnlich auch bei trübem Himmel, oft ſogar bet hellem Sonnenſcheine. Sobald die Dämmerung in das Dunkel der Nacht übergeht, endet das Umher— fliegen, und die Vögel ziehen ſich zur Ruhe zurück. Allerwärts, wo die Dämmerungsſchwalbe vorkommt, iſt ſie ſehr bekannt, was ſchon ihre vielen Namen, wie 3ull-bat, Mosquito-hawk, Night-jar, Pisk, Pira- midig, Goatsucker ꝛc. andeuten. Was nun den Aufenthalt dieſer Nachtſchwalbe anbetrifft, ſo iſt zunächſt zu bemerken, daß ſie ihre Lebens- und Niſtweiſe vollſtändig geändert hat. Frü— her bevorzugte ſie zum Aufenthalt Prärien, große waldfreie Strecken, die Waldränder und Lichtungen, heute ſind die hohen, flachen Manſardendächer großer Geſchäftshäuſer dicht bevölkerter Stadtteile ihr Lieb— lingsbrutplatz. Allerdings kommt ſie in ſolchen Gegenden, wo Wald mit Weideländereien, Wieſen und Saatfeldern abwechſelt, und ebenſo in Prärien, ungemein häufig vor, doch ſiedelt ſie ſich mit großer Vorliebe in Städten an. Hier in Milwaukee brüten jährlich viele Tauſende auf den flachen Manſarden— dächern im Geſchäftsteile der Stadt, und ebenſo iſt dies in Chicago, Boſton, Cleveland u. . f. der Fall. Sie ſcheinen ſich hier einer größeren Sicherheit zu erfreuen als anderswo, denn nur ſelten betritt jemand dieſe flachen, hohen Dächer, und noch ſeltener weiß man überhaupt, daß die Vögel da brüten. Ich habe geſehen, daß ſie mit Haustauben, die in halbverwilder— tem Zuſtande ebenfalls dieſe Dächer zum Niſten bevorzugen, zuſammen brüteten. Die heißen Sonnen— ſtrahlen, vor denen hier nicht der geringſte Schutz zu finden iſt, ſcheinen dieſen Vögeln eher zuzuſagen als ihnen läſtig zu ſein. Die Eier liegen gerade auf dem Dache ohne irgendwelche Unterlage, und der brütende Vogel hat Not, dieſelben zuſammenzuhalten. Oft fand ich das Neſt in Texas in Baumwoll-, Kartoffel- und Maisfeldern, oft auch am Rande des Waldes und in der offenen Prärie, ſtets aber da, wohin die Sonne den größten Teil des Tages ihre Strahlen ergoß. Ich fand Neſter in Wisconſin, Illinois, Miſſouri, Texas und Florida, aber ſtets lagen die Eier auf dem bloßen Boden, ohne auf irgend welcher Unterlage zu ruhen. Der brütende Vogel ſowohl als die Eier ſehen der Erde ſo täuſchend ähnlich, daß man ſchon ſehr genau zuſehen muß, um beides zu ſehen. in einer ſeichten Vertiefung an einem Bergabhange. Das Gelege beſteht aus zwei gleichmäßig länglichen, der Grundfarbe nach olivenbräunlichen oder grau— weißen Eiern, welche dicht mit dunklerem Grau, Die Dämmerungsſchwalbe. ſind. Die Jungen ſchlüpfen etwa nach fünfzehn- bis ſechzehntägiger Bebrütung aus. Sie ſind unterſeits ſehr dicht mit dunkelbraunen oder erdfarbenen Dunen bekleidet, jedenfalls, um den Einfluß des kalten Bodens abzuſchwächen; oberſeits zeigt ſich das Dunenkleid weniger dicht und gleichmäßig. Der brütende Vogel zeigt großen Mut, wenn man zufällig ein Neſt entdeckt, ſucht auch den Feind durch die bekannte Liſt, ſich lahm zu ſtellen, von der Brut abzulenken. Später, wenn die Jungen faſt flügge ſind, ſieht man im hellen Sonnenſchein oft die ganze Familie dicht nebenein— ander, aber ſtill und regungslos auf dem Boden ſitzen, ſodaß es ſchwer hält, ſie von ihrer Umgebung zu unterſcheiden. Die Nahrung der Dämmerungsſchwalbe beſteht vorzugsweiſe aus Mücken, Moskitos, weniger aus Motten oder Nachtſchmetterlingen. Von erſteren vertilgt ſie unſchätzbare Maſſen. Mau findet des Abends und Morgens in ihrem weit geöffneten Rachen „eine teigartige Maſſe, wie ein dickes Kiſſen, welche nur aus Mücken“ und Moskitos beſteht. Der Nutzen dieſer Vögel iſt ſehr groß, und man ſollte ſie darum allerwärts und auf alle Weiſe hegen und pflegen. Es iſt ein Verbrechen an der Natur, an der Menſch— heit, die Dämmerungsſchwalbe, ja alle Nachtſchwalben, zu verfolgen. Letzteres geſchieht freilich ſehr oft, und zwar immer nur aus Mutwillen und von böſen Buben, mehr in der Abſicht, ſich im Flugſchießen zu üben, als um Gebrauch von den geſchoſſenen Vögeln zu machen. Abgeſehen vom Menſchen, ſcheint der ſinnesſcharfe und fluggewandte Vogel wenig Feinde zu haben. Das Verbreitungsgebiet der Dämmerungs— ſchwalbe erſtreckt ſich von Texas und Florida nördlich bis zur Hudſons-Bai und vom Atlantic bis zu den großen weſtlichen Ebenen, und an der Nordgrenze der Vereinigten Staaten entlang bis zum Pacific. Sie überwintert auf den Bahamas, auf Cuba, Jamaika, in Central- und dem öſtlichen Südamerika. Selbſt in der Gefangenſchaft hat man die Däm— merungsſchwalbe gehalten. „In den Vereinigten Staaten“, ſchreibt Freyberg, „habe ich ebenſowohl den Nachtfalken wie den Whippoorwill, frei im Zimmer fliegend, gegen drittehalb Monate gefangen gehalten Oft liegen die Eier auch auf einem bloßen Felſen oder und in gleicher Weiſe behandelt. Ihr nächtliches Treiben ſtörte niemals meinen Schlaf, weil ihr Flug faft geräuſchlos iſt. Bei Licht waren ſie ruhig, in mondhellen Nächten dagegen in voller Arbeit, um die in den Ecken des Zimmers feſtſitzenden Kerbtiere zu u ie ee re 6 EEE — — — —-— — erlangen. Über ihnen ſchwebten ſie oft minutenlang, und auch beim Fange der für ſie erbeuteten, ſehr raſch fliegenden Windiche oder Schwärmer thaten ſie im beſchränkten Raume manchen Fehlgriff. Wenn die im Zimmer frei gelaſſenen Schwärmer, wie es ihre Gewohnheit war, am Fenſter auf und ab ſchwärmten und von den Nachtſchatten verfolgt oder gefangen wurden, berührten dieſe niemals die Glastafeln, eben— ſowenig als fie ſonſt gegen die Fenſter ſtießen. Hielt ich ihnen am Tage eine aufgehangene Lockſpeiſe vor, ohne dieſelbe zu bewegen, ſo beachteten ſie den Biſſen nicht, wogegen ſie ſofort zuſchnappten, wenn ich das Kerbtier mittelſt eines Blasrohres in Bewegung ſetzte. Aufgeſpannte Schmetterlinge aber haben fie mir mehr— fach vernichtet, indem ſie den dicken Unterleib raubten; auch kleine, eben dem Ei entſchlüpfte Vögelchen find verſchwunden und wahrſcheinlich ebenfalls in ihren Magen gewandert. „Bemerkenswert iſt es, daß die Nachtſchwalben in der Gefangenſchaft außerordentlich reinlich ſind, obwohl ſie nie baden. Meine Gefangenen vertrugen ſich vor— trefflich, obgleich ſie als alt gefangene Vögel in meinen Beſitz gekommen waren, machten auch niemals einen Fluchtverſuch, ſchienen ſich alſo ganz wohl bei mir zu befinden.“ Eine etwas kleinere und dunklere Varietät, die cubaniſche Dämmerungsſchwalbe (Chordei- les virginianus minor Cous; Cuban Nighthawk), bewohnt Süd-Florida, Cuba und Jamaika, während eine etwas matter gefärbte Form, die weſtliche Dämmerungsſchwalbe (Chordeiles virginianus Henryi Coves; Western Nighthawk), die weſtlichen Vereinigten Staaten und das mexikaniſche Tafelland bewohnt. | Die teraniiche Dämmerungsſchwalbe. 567 Namen: Dämmerungsſchwalbe, Nachtfalk, virginiſche Nacht— ſchwalbe, Nachtſchatten. Nighthawk, Bull-bat, Mosquito-hawk, Night- jar, Pisk, Piramidig, Goatsucker. Wiſſenſchaftliche Namen: Caprimulgus virginianus Gmel. (1788). — Chordeiles virginianus Swains. (1831). — Caprimulgus americanus Wils. (1812). — Capri- mulgns popetue Vieill. (1807). — Chordeiles popetue Baird (1858). Beſchreibung: Oberſeite ſchwärzlich, braun, grau und lohfarben gefleckt. Unterſeite von der Bruſt an weißlich, ſchwärzlich und lohfarbig quer gewellt; Kehle mit weißem Halbmond, beim Weibchen mit lohfarbenem Halbmond; Schwanz ſchwärzlich, mit einigen matten Querſtreifen gewellt; die großen Schwungſedern der Flügel mit großem, weißem Fleck; beim Weibchen iſt dieſer Fleck kleiner und nicht ſo reinweiß. Länge 9.50 Zoll; Flügel 8.20, Schwanz 5.00 Zoll. Die texaniſche Dämmerungsſchwalbe (Chordeiles texensis Lawr.; Texan Nighthawk) verbreitet ſich vom unteren Rio Grande weſtlich bis Californien und ſüdlich bis Centralamerika. Wir ſind durch Dr. J. C. Merrill genau über dieſe Art unterrichtet. Sie findet ſich namentlich auf Prärien in einiger Entfernung von menſchlichen Wohnungen und niſtet auf ſolchen Stellen, wo der Chaparral ſpärlich den Boden bedeckt und wo die Erde durch die intenſive Hitze ſteinhart geworden iſt. Man ſieht ſie nur während der Morgen- und Abenddämmerung umherfliegen, und ihre Töne find von denen der vorigen Art ganz verſchieden. Die zwei Eier ſind der Grundfarbe nach erdfarbig, mehr oder weniger dicht braun und lila gefleckt und marmoriert. Beſchreibung: Bedeutend kleiner als die vorige Art; das Weiß auf den Flügeln weniger ausgedehnt. Länge 8.50 Zoll; Flügel 7.11, Schwanz 4.37 Zoll. pechte. Woodpeckers. Ye. roße und kleine, gefiederprächtige, bunte und einfache, zutrau— liche und ſcheue Spechte beleben in großer Anzahl die Wälder und Urwälder Ame— rikas. und eine ganze Anzahl Abarten leben im Gebiete der Union. Unſere zuſam— und Nordens, des Oſtens und Weſtens bilden wahre Paradieſe für dieſe echten Kinder des Waldes. Allerdings fehlen ſie auch in Präriegehölzen nicht, ſofern ſich in ihnen morſche Bäume finden. Man kann die Spechte als die Beſchützer und Erhalter unſerer Wälder bezeichnen, denn kein anderes Tier iſt ſo ausgezeichnet imſtande, die Bäume von ſchädlichem Ungeziefer zu ſäubern, als ſie. Mit außerordentlicher Geſchicklichkeit wiſſen fie die Bohrwürmer aus dem Juneren der Baumſtämme mit ihrer langen Zunge hervorzuziehen. Die Hörner des Zungenbeinmuskels laufen nämlich hinten um den ganzen Kopf herum, bis auf die Naſenwurzel, wodurch die lang dehnbare, wurmförmige, vorn hornartig mit Widerhaken ver— ſehene Zunge wie durch Federkraft weit vorgeſchnellt werden kann. Auch indirekt ſind ſie von großem Nutzen. Da ſie ſich jedes Jahr eine neue Bruthöhlung zimmern, ſo fällt die alte den Blauvögeln, Meiſen, Haubentyrannen und Zaunkönigen als natürliches Nicht weniger als 24 Arten menhängenden Wälder des Südens | | Erbteil zu. Aus dieſem Grunde hat man ſie nicht mit Unrecht die Zimmerleute unter den Vögeln genannt. Das Gefieder faſt aller Spechte iſt ſehr bunt, meiſt weiß, ſchwarz und rot, doch fehlen auch gelbe, graue und braune Farbentöne nicht. Die Mauſer findet im Auguſt ſtatt und nimmt einen langſamen Verlauf. Sie alle ſind ungeſellig und ziehen zum Aufenthalt rauhrindige Bäume vor, an denen ſie ruckweiſe hinaufklettern, auch ſchraubenförmig und ſeitwärts emporſteigen, wobei ihnen der ſteife Schwanz als Stütze dient. Sie ſind nicht befähigt, kopfabwärts zu klettern wie die Spechtmeiſen. Die in den Vereinigten Staaten vorkommenden Spechte verteilen ſich auf folgende Sippen: 1. Campephilus GRA x. Kaiſerſpechte. Eine Art. Dryobates BoIE. Buntſpechte. Sechs Arten. bo 3. Xenopiceus BAIRD. Larvenſpechte. Eine Art. 4. Picoides LACEPEDE. Dreizehen ſpechte. Zwei Arten. 5. Sphyrapicus BAIRD. ſaugerſpechte. Drei Arten. 6. Ceophlaus CahAxIS. Haubenſpechte. Eine Art. 7. Melanerpes Sechs Arten. 8. Chlaples SWAINSON. Arten. SWAINSON. Notkopfſpechte. Goldſpechte. Vier Wurm⸗ oder Saft⸗ — Der Elfenbeinſchnabel. Ivory-billed Woodpecker. Campephilus prineipalis Gray. . : 2. denjenigen unſerer Vögel, welche in den meiſten einſtigen Standorten faſt ausgerottet ſind, gehört auch der prächtige Elfeubeinſchnabel, der größte Specht unſeres Landes. Ich ſah ihn einigemal im nördlichen Teile von Harris und Montgomery County, Texas, im tiefſten Innern des Waldes und fernab von menſchlichen Anſiedlungen. Auch im ſüdlichen Louiſiana dürfte er noch vereinzelt gefunden werden. In den ausgedehnten, ſelten von Menſchen betretenen Wildniſſen des großen Okeefinokee-Sumpfes im ſüdlichen Georgia fand ihn noch vor einigen Jahren Maurice Thompſon. Am zahlreichſten findet er ſich in den Hammockwäldern des ſüdlichen Florida. Da, wo Gummibäume!), Gummo Limbo ), Johannis— beerbäume !), Ximenien ?), Seetrauben ?), wilde Oran— genbäume, Magnolien, Gordonien, Lebens- und andere Eichen, Palmen verſchiedener Art, Eiſenholz— myrten‘), Jamaika Hartriegel“), Goldblattbäume®) und viele andere, oft bis in ihre Spitzen mit Lianen bewachſen, dichte Wälder bilden, da findet ſich auch heute noch der Elfenbeinſchnabel in größerer Anzahl als irgendwo ſonſt. Durch ſein lautes, wuchtiges Hämmern, noch mehr aber durch ſein noch lauteres Geſchrei macht er ſich da, wo er vorkommt, bald bemerklich. Zu den Zeiten Wilſons und Audubons war der Elfenbeinſchnabel in den ſüdlichen Staaten noch ein zahlreicher Vogel. Namentlich letzterem ver— danken wir eine genaue Schilderung dieſer Art, die ich hier nur in kurzem Auszuge wiedergeben kann. „Ich habe mir immer eingebildet“, ſagt er, „daß in dem Gefieder des prachtvollen Elfenbeinſchnabels etwas iſt, was an Stil und Farbeugebung Van Dycks er— innert. Das dunkle Schwarz des Leibes, der große und wohl umſchriebene weiße Fleck auf den Flügeln und Nacken, der elfenbeinerne Schnabel, das reiche Karminrot der Holle und das glänzende Gelb des Auges hat mir ſtets eine oder die andere jener kühnen und großartigen Schöpfungen des Pinſels dieſes 1) Ficus aurea. 2) Bursera gummifera, 3) Jaquinia armilla- ris. 4) Ximenia americana (Hog Plum). 5) Coccolaba uvifera (Sea Grape). 6) Eugenia buxifolia. 7) Piseidia erythrina. 8) Chryso- phyllum mierophyllum. unnachahmlichen Künſtlers vor mein geiſtiges Auge zurückgeführt, und meine Anſicht hat ſich ſo tief in mir befeſtigt, daß ich ſtets, ſo oft ich einen Elfenbeinſchnabel von einem Baume zum andern fliegen ſah, zu mir ſagte: dort geht ein Van Dyck. „Der Elfenbeinſchnabel kommt in einem ver— gleichsweiſe kleinen Teile der Vereinigten Staaten vor. Man hat ihn nie in den Mittelſtaaten beobachtet, und in dieſer Region finden ſich auch nicht die Wälder, welche er zum Aufenthalt benötigt. Folgen wir dem Ohio, ſo treffen wir dieſen auffallenden Vogel dort, wo ſich dieſer ſchöne Fluß mit dem Miſſiſſippi vereinigt. Folgt man nun den Windungen des majeſtätiſchen Stromes hinab bis zum Golf oder hinauf bis zur Gegend, wo der Miſſouri ſein dunkles Waſſer mit dem des „Vaters der Ströme“ vereinigt, ſo werden wir ihn zahlreich beobachten können. An der atlantiſchen Küſte trifft man ihn bis Nordcarolina, und weſtlich vom Miſſiſſippi kommt er in allen dichten Wäldern vor, welche deſſen Nebenflüſſe ſäumen. Die Nieder— ungen der Carolinas, Georgias, Alabamas, Miſſiſſip— pis und Louiſianas bilden jedoch ſeinen Lieblings— aufenthalt. In dieſen Staaten iſt er Standvogel, hier brütet er, hier führt er, fern vom Menſchen, ein fröhliches Leben, hier findet er in den tiefen, düſteren, ſumpfigen Wäldern eine hinreichende Menge Nahrung. „Wohl möchte ich wünſchen, daß ich fähig wäre, die bevorzugten Aufenthaltsorte des Elfenbeinſchnabels zu beſchreiben. Ich wollte, daß ich zu ſchildern vermöchte die Ausdehnung jener ungeheuren Sümpfe, über— ſchattet von Millionen rieſenhafter, dunkler Cypreſſen, welche ihre ſtarren, moosbedeckten Zweige ausſtrecken, als ob ſie dem ſich Nahenden mahnen wollten, ſtill zu ſtehen und im voraus die Schwierigkeiten zu bedenken, welche er zu überwinden haben wird, wenn er tiefer in die meiſt unnahbaren Heimlichkeiten eindringt, jener Sümpfe, welche ſich meilenweit vor ihm ausdehnen, in denen der Weg unterbrochen wird durch vorgeſtreckte rieſige Zweige, durch zu Boden geſtürzte Baumſtämme und Tauſende von kletternden und ſich verſchlingenden Pflanzen der verſchiedenſten Art; ich wollte, daß ich die Natur dieſes gefährlichen Grundes verſtändlich machen könnte: feine ſumpfige und ſchlammige Be 12 ſchaffenheit, die Schönheit des verräteriſchen Teppichs, welcher aus den reichſten Moſen, Schwert- und Waſſerlilien zuſammengewebt iſt, aber, ſobald er den Druck des Fußes erleidet, nach dem Leben des Aben— teurers verlangt, und die hier und da ſich findenden Lichtungen, welche zewöhnlich von einem See dunklen, ſchlammigen Waſſers ausgefüllt ſind; ich wollte, daß ich Worte fände, meinen Leſern einen Begriff zu geben von der ſchwülen, fieberſchwangeren Luft, welche, zumal in unſeren Hundstagen, den Eindringling faſt zu erſticken droht: aber jeder Verſuch, das Bild dieſer glänzenden und entſetzlichen Moräſte zu zeichnen, iſt ein verfehlter; nur eigene Anſchauung vermag ſie kennen zu lernen. Und ich will zurückkehren zur Beſchreibung des berühmten Spechtes mit dem elfen— beinernen Schnabel. „Der Flug dieſes Vogels iſt äußerſt anmutig, obgleich er ſelten mehr als auf wenige hundert Yards ausgedehnt wird, es ſei denn, daß der Herrenſpecht einen breiten Fluß zu überfliegen habe. Dann ſtreicht er in tiefen Wellenlinien dahin, indem er die Schwin- gen bald voll ausgebreitet, bald wieder flatternd bewegt, um ſich von neuem weiter zu treiben. Übergang von einem Baume zum andern, ſelbſt wenn die Entfernung mehrere hundert Nards betragen ſollte, wird vermöge eines einzigen Schwunges ausgeführt, während welches der von der höchſten Spitze herab— kommende Vogel eine zierliche Bogenlinie beſchreibt. In dieſem Augenblicke entfaltet er die volle Schönheit Der ſeines Gefieders und erfüllt jeden Beſchauer mit Ver- gnügen. Niemals ſtößt er einen Laut aus, ſolange er fliegt, es ſei denn, daß die Zeit ſeiner Liebe gekommen; ſobald er ſich aber an den Unterteil des Stammes angehängt hat, und während er zu den oberen Teilen emporſteigt, vernimmt man ſeine bemerkenswerte, klare, laute und angenehme Stimme und zwar auf beträchtliche Entfernung, ungefähr eine halbe engliſche Meile weit. Dieſe Stimme oder der Lockton, welcher durch die Silbe ‚Beht‘ ausgedrückt werden kann, wird gewöhnlich dreimal wiederholt; aber der Vogel läßt ſie ſo oft vernehmen, daß man ſagen kann, er ſchreit während des ganzen Tages und nur wenige Minuten nicht. Leider begünſtigt ſolche Eigenheit ſeine Ver folgung ungemein, und zu dieſer giebt die irrige Meinung, daß er ein Zerſtörer des Waldes ſei, nur zu viel Veranlaſſung. Dazu kommt, daß ſeine ſchönen Haubenfedern einen beliebten Kriegsſchmuck der In— dianer bilden, und daß er deshalb auch von den Rot— häuten eifrig verfolgt wird. Die Reiſenden aller Völker ſind erpicht auf dieſen Schmuck und kaufen von gerade mit dem Baue ihres Neſtes beſchäftigt waren, Der Elfenbeinſchnabel. | den Jägern zur Erinnerung die Köpfe des prächtigen ö Vogels. Ich traf Häuptlinge der Indianer, deren ganzer Gürtel dicht mit den Schnäbeln und Hauben des Elfenbeinſchnabels bedeckt war. i „Wie andere feiner Familie, lebt auch dieſer Specht gewöhnlich paarweiſe, und wahrſcheinlich währt feine Ehe die ganze Lebenszeit. Man ſieht beide Gatten ſtets zuſammen. Das Weibchen erkennt man daran, daß es ſchreiluſtiger und vorſichtiger als das Männchen iſt. Die Fortpflanzung beginnt früher als bei anderen Spechten, ſchon im März. Das Neſt wird, wie ich glaube, immer in dem Stamme eines lebenden Baumes angelegt, am liebſten in einer Eſche oder in einem Zürgelbaum (hackberry), regelmäßig in bedeutender Höhe. Die Vögel ſind ſehr vorſichtig in der Wahl des Baumes und des Anlagepunktes der Höhle, weil ſie Zurückgezogenheit lieben und ihre Neſter vor dem Regen geſchützt wiſſen wollen. Des— halb iſt der Eingang gewöhnlich unmittelbar unter der Verbindungsſtelle eines ſtarken Aſtes in den Stamm gemeißelt, die Höhlung, je nach den Umſtänden, mehr oder weniger tief, manchmal nicht tiefer als 10 Zoll, zuweilen aber auch bis 3 Fuß. Der Durchmeſſer der Niſthöhle, welche ich unterſuchte, betrug etwa 7 Zoll; das Eingangsloch iſt jedoch nie größer, als daß der Vogel gerade einjchlüpfen kann. Beide Gatten des Paares arbeiten an der Aushöhlung und löſen ſich wechſelſeitig ab. Während der eine meißelt, wartet der andere außen und feuert ihn an. Ich habe mich an Bäume herangeſchlichen, während die Spechte und wenn ich mein Ohr gegen die Rinde legte, konnte ich deutlich jeden Schlag, welchen ſie ausführten, ver— nehmen. Zweimal habe ich beobachtet, daß die Elfen— beinſchnäbel, nachdem ſie mich am Fuße des Baumes geſehen hatten, das Neſt verließen. In Kentucky und Indiana brüten ſie ſelten mehr als einmal im Jahre, in den ſüdlichen Staaten zweimal. Das erſte Gelege beſteht gewöhnlich aus ſechs Eiern von reinweißer Färbung, welche auf einige Späne am Grunde der Höhle gelegt werden. Die Jungen ſieht man ſchon vierzehn Tage vor ihrem Ausfliegen zum Eingaugs— loche herausſchauen. Ihr Jugendkleid ähnelt dem des Weibchens, doch fehlt ihnen noch die Holle; dieſe aber wächſt raſch heran, und gegen den Herbſt hin gleichen ſie ihrer Mutter ſchon ſehr. Die Männchen erhalten die Schönheit ihres Gefieders erſt im nächſten Früh— jahre. „Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus Käfern, Larven und großen Würmern; ſobald aber die Beeren in den Wäldern reifen, frißt der Vogel gierig von dieſen. Ich habe geſehen, daß er ſich in derſelben Stellung wie unſere Meiſen mit den Nägeln an die Weinreben hängt. Auch Perſimonpflaumen ſucht er ſich zuſammen, wenn dieſe Frucht gereift iſt; niemals aber geht er Mais oder Gartenfrüchte an, obgleich man ihn zuweilen auf den in Getreidefeldern ſtehenden, geringelten Bäumen arbeiten ſieht. Seine Kraft iſt ſo groß, daß er Rindenſtückchen von ſieben bis acht Zoll Länge mit einem einzigen Schlage des mächtigen Schnabels abſpalten kann, und wenn er einmal bei einem dürren Baume begonnen hat, ſchält er oft die Rinde auf zwanzig bis dreißig Fuß Fläche in wenigen Stunden ab.“ Das Verbreitungsgebiet des Elfenbeinſchnabels erſtreckte ſich früher über die ſüdatlantiſchen und Golf— Der Haarſpecht. 571 ſtaaten, nördlich bis zum unteren Miſſouri, Süd— Illinois und Indiana. Jetzt findet er ſich nur noch in vereinzelten Gegenden in Texas, im unteren Miſ— ſiſſippi-Thale und namentlich in Florida und Georgia in den abgeſchloſſenſten Wäldern und Sümpfen. Namen: Elfenbeinſchnabel, Herrenſpecht. Ivory-billed Woodpecker, Woodpecker. White bellied Wiſſenſchaftliche Namen: Picus prineipalis Linn. (1766). — Dendrocopus principalis Bonap. (1838). — Campephilus prineipalis Gray (1840). Beſchreibung: Schnabel elfenbeinweiß. Ganzer Körper glänzend blauſchwarz; weißer Streif zieht ſich vom Hinterkopfe den Nacken entlang bis auf den Rücken; Schwingen zweiter Ordnung weiß, wodurch ein großes weißes Feld gebildet wird; Haube ſcharlachrot, vorne ſchwarz. Weibchen ähnlich, ohne Rot. Länge 21.00 Zoll; Flügel 10.00, Schwanz 6.50 Zoll. Der Haarſpecht. Hairy Woodpecker. ler Haarſpecht, den ich von Wisconfin bis Texas und Florida als Standvogel fand, gehört zu den weniger ſcheuen Spechtarten. Im Herbſt und Frühling kommt er bei ſeinen Streifereien oft in die Gärten, ſelbſt in diejenigen großer Städte, um die Bäume von Würmern und anderen Inſekten zu ſäubern. Er iſt allerwärts, wo er vorkommt, Standvogel, und ſtreift nur während der Herbit-, Winter- und Frühlingszeit unbedeutend umher. Der Haarſpecht liebt Vorhölzer, Baumgruppen, Waldſäume, ohne indes im tiefen Inneren des Waldes zu fehlen. Während der Brutzeit duldet er innerhalb ſeines Reviers keinen anderen ſeiner Art. Er meidet es, über freie, baumloſe Strecken zu fliegen und folgt bei ſeinen Streifereien den Bäumen. Er verläßt nur dann ſein Wohngebiet, wenn ihm dasſelbe nicht mehr genügend Nahrung ſpendet. Wie alle dieſe kleinen, bunten Spechte, die ſich nicht nur in der Färbung, ſondern auch in ihrem ganzen Weſen, in ihrem Thun und Treiben gleichen, ſo gehört auch der Haarſpecht zu den munterſten und intereſſanteſten Vögeln feines Wohngebietes. Mit einem lauten „Pick, pick“ fliegt er von einem Baume zum andern, hängt ſich unten an den Stamm und läuft nun entweder gerade oder Dryobates vıllosus CABANIS. in Schraubenlinien empor und ſucht denſelben genau nach Inſekten ab; iſt er faſt oben angelangt, ſo fliegt er zu einem andern, es genau ebenſo machend. Seine Nahrung beſteht hauptſächlich aus Holzwürmern, Larven, Puppen, hie und da ſelbſt aus Beeren und wohl auch aus Nüſſen. Seine Nachtruhe hält er in Baumhöhlungen, wie alle Spechte. Gegen ſeines— gleichen und andere kleine Spechte iſt er eiferſüchtig und futterneidiſch. Auch mit Meiſen, Goldhähnchen, Baumläufern und Spechtmeiſen iſt er nicht liebens— würdig. Er iſt bei deren Streifereien wohl ihr Anführer, bekümmert ſich in Wirklichkeit aber durchaus nicht um ſie. Alle Spechte, namentlich aber dieſe kleinen Arten, ſind für den Haushalt der Natur unentbehrlich; ihr Nutzen, den ſie im Walde und in Obſtgärten durch das Vertilgen zahlloſer Schädlinge aus der Juſektenwelt bringen, iſt unberechenbar. Im Mai zimmert ſich unſer Vogel etwa fünfzehn bis dreißig Fuß vom Boden eine Niſthöhlung, gewöhnlich in einem Baume, deſſen Inneres morſch und mulmig iſt. Die Höhlung erweitert ſich nach unten zu und iſt etwa 8 bis 10 Zoll tief. Die fünf Eier find ſehr glatt und glänzendweiß. Im Süden ſcheint unſer Vogel jährlich zwei Bruten zu machen. Das Neſt ſteht 2 90 manchmal auch in Obſtgärten. Da die Späne von den Vögeln eine Strecke weit fortgetragen werden, ſo findet man unter dem Baume, in dem ſie brüten, ſelten kleine Holzteilchen. Im hohen Norden wird dieſer Specht durch eine Abart, den nördlichen Haarſpecht (Dryobates leucolmelas Rıpaw.; Northern Hairy Wood- pecker), ganz im Süden vom ſüdlichen Haar— ſpecht (D. villosus Audubonii RIDGw.; Southern Hairy Woodpecker) und im fernen Weſten durch Harris-Haarſpecht (D. villosus Harrisii RIDGW. Harris’ Woodpecker) vertreten. Namen: Haarſpecht, Buntſpecht. Hairy Woodpecker. Wiſſenſchaftliche Namen: Pieus villosus Linn. (1859). — Dryobates villosus Cab. (1863). Beſchreibung: Rücken ſchwarz, mit einem langen, weißen Streif; Schwingen und Deckfedern ſchwarz, mit zahl— reichen weißen Flecken verſehen; vier mittlere Schwanz— federn ſchwarz, nächſtes Paar ſchwarz und weiß; die nächſten zwei Paare weiß. Unterſeite weiß; Krone und Kopfſeiten ſchwarz, mit je einem weißen Streifen über und unter dem Auge; Männchen mit einem roten Bande im Nacken, welches beim Weibchen fehlt. Länge 8.50 bis 9.00 Zoll; Flügel 4.70, Schwanz 3.37 Zoll. Der kleine Haar- oder Dunenfpecht. Downy Woodpecker. Dryobates pubescens CABANIS. Der Dunenſpecht, den man auch als ame— rikaniſchen Buntſpecht und als kleinen Haarſpecht bezeichnet, iſt in jeder Hinſicht der vorigen Art ähnlich, nur iſt er kleiner und ſind die äußeren Schwanzfedern ſchwarz und weiß quer geſtreift. Er iſt viel zahlreicher als der Haarſpecht und ſucht im Winter und Frühling regelmäßig die Obſtbäume, ſelbſt inmitten der Städte, auf, um ſie von Inſekten zu ſäubern. Die unzähligen kleinen Löcher, welche ſich in großer Regelmäßigkeit rund um den Stamm in die Rinde gebohrt finden, ſind ſein Werk. Bei dieſer Arbeit hört man den fleißig hämmernden Vogel oft, oder man ſieht ſein buntes Gefieder gerade vor ſich am Baumſtamme. Dieſe Löcher in der Ninde ſchädigen den Baum in keiner Weiſe. Man muß dieſen Specht ſogar als einen der beſten Freunde des Obſtzüchters bezeichnen denn die unter der Baumrinde und im Holze ihr Unweſen treibenden Würmer würden in kurzer Zeit den ganzen Obſtgarten vernichten, wenn nicht dieſer und andere Spechte unausgeſetzt Jagd auf dieſelben machten. Aus jedem einzelnen Bohrloche iſt 72 Der kleine Haar- oder Dunenſpecht. ein Holzwurm mit der langen, mit Widerhaken ver— ſehenen Zunge hervorgeholt worden. Der Dunen— ſpecht iſt ein ſehr liebenswürdiger, zutraulicher Vogel, deſſen Furchtloſigkeit nur zu oft von ſeiten böſer Buben mit Steinwürfen belohnt wird. Wo er ſich ſicher fühlt, niſtet er oft in alten Apfel- und Birn— bäumen. Gewöhnlich zieht er ſich aber, wenn die Brutzeit herannaht, in einen abgeſchloſſenen Teil des Waldes zurück. Männchen und Weibchen arbeiten gleich eifrig an der Herſtellung der Bruthöhlung, die ſich gewöhnlich von zehn bis ſechzig Fuß vom Boden befindet. Wie bei allen Spechten, ſo ruhen auch hier die fünf bis ſechs glänzendweißen Eier auf keiner andern Unterlage als auf Holzjpänen. Später be— nutzen namentlich Meiſen, Zaunkönige, oft auch Hüttenſänger dieſe Bruthöhlungen zur Anlage ihrer Neſter. Um das Neſt nicht zu verraten, tragen die klugen Vögel alle Holzteilchen, welche fie loshämmern, eine Strecke weit fort, ſodaß man unter dem Neſte kaum eine Spur ihrer Arbeit entdecken kann. Der gewöhnliche, oft ertönende Ruf klingt laut wie „Klink“. Oft hört man denſelben auch, wenn er von Baum zu Baum fliegt. Ich habe dieſe Art von Texas bis Wisconfin zahlreich gefunden. Er kommt jedoch noch viel nörd— licher als Brutvogel vor, denn man hat ihn am Yukon und in Alaska beobachtet. Vom Atlantijchen Ozean verbreitet er ſich weſtlich bis zum Rande der großen Ebenen und an der Nordgrenze der Union entlang bis Britiſch-Columbia. Im Weſten vertritt ihn Gairdners-Dunen- ſpecht (D.-pubescens Gairdeneriü RIDG W. Gaird- ner’s Woodpecker). Namen: Dunenſpecht, kleiner Haarſpecht, amerikaniſcher Buntſpecht. Downy Woodpecker, Lesser Sapsucker. Wiſſenſchaftliche Namen: Pieus pubescens (1766). — Dryobates pubescens Cab. (1863). Beſchreibung: Färbung ganz genau wie bei P. villosus, doch ſind die äußeren Schwanzfedern ſchwarz und weiß quer geſtreift. Bedeutend kleiner als jener. Länge 6.00 bis 7.00 Zoll; Flügel 3.72, Schwanz 251 Zoll. Der Kokardenfpecht. Red-cockaded Woodpecker. Dryobates borealis Rınaw. Der Kokardenſpecht lebt in den ſüdlichen Staaten, von New Jerſey, Tenneſſee und dem In— dianer-Territorium ſüdlich, wo er namentlich in den 1 ebenen, ſandigen Kiefernwaldungen ſehr zahlreich iſt. Ich beobachtete ihn im ſüdöſtlichen Texas, im ſüdlichen Louiſiana, in Alabama und Georgia, beſonders zahl— reich aber in Florida, wo er ſtets die Nadelwälder, und, wenigſtens nach meinen Beobachtungen, nie die Laubgehölze zum Wohngebiete erwählt. Er iſt ein lauter, lärmender, ſcheuer Vogel. Seine durchdrin— genden, melancholiſchen Rufe ſchallen ſchon im Januar, beſonders aber im März und April durch die Wälder; ſie ſind ſchwer zu beſchreiben, haben aber Ahnlichkeit mit manchen Lauten des Haarſpechtes. Das Neſt ſteht meiſt in einem alten, morſchen Baumſtumpfe und zwar faſt ſtets in Laubholzbäumen, da die Kiefern durch ihr hartes Holz ihren Schnäbeln wohl zu großen Widerſtand entgegenſetzen. Die Neſthöhlung befindet ſich gewöhnlich dreißig bis vierzig Fuß vom Boden. Die Eier find glänzendweiß. Da ich noch im Juli gerade ausgeflogene Junge ſah, ſo nehme ich an, daß ſie jährlich zwei Bruten machen. Seine Bewegungen find äußerſt ſchnell und gewandt, und ſein Klettern zeigt viel Aumut. Namen: Kokardenſpecht, Specht mit roter Kokarde. Red-cockaded Woodpecker. Wiſſenſchaftliche Namen: Picus borealis Vieill. (1807). — Threnopipo borealis Cab. (1863). — Dryo- bates borealis Ridgw. (1885). — Picus querulus Wils. (1810). Beſchreibung: Oberſeite, Kopfkrone und Kopfſeiten ſchwarz; Rücken, Bürzel, Schultern weiß gebändert; Schwungfedern an beiden Seiten weiß gefleckt; mittlere und größere Deckfedern ebenfalls gefleckt; äußere zwei Schwanzfedern weiß, ſchwarz gebändert auf der Innen— fahne; äußere Fahne der dritten Schwanzfedern faſt ganz weiß; Seiten der Bruſt und des Körpers ſchwarz gefleckt, ſonſt weiß; ein kurzer, ſchmaler roter Strich an jeder Seite des Kopfes, hinter dem Auge, gerade da, wo das Schwarz und Weiß ſich treffen. Länge 8.00 Zoll; Flügel 4.75, Schwanz 3.33 Zoll. Der Texas- Specht. Texan Woodpecker. Dryobates scalaris Bairdii Ripow. Dieſe Art iſt namentlich an der Südgrenze unſeres Landes, weſtlich bis Californien, ſüdlich bis ins Innere Mexicos verbreitet. Ich beobachtete den hübſchen, leiterartig auf dem Rücken gefleckten Vogel im Winter in und bei Houſton, doch immer nur ver— einzelt. Am unteren Rio Grande iſt er bereits zahl— reich. In ſeiner Lebensweiſe ſtimmt er ganz mit dem Dunenſpecht überein. Er bevorzugt zum Auf— enthalt die Ränder der Laubwälder, beſucht hie und da Der Texas-Specht. 573 0 aber auch die Obſtgärten. In Süd-Texas kennt man ihn unter dem Namen Ladder-backed Woodpecker. Eine Abart, der St. Lukas-Specht (D. sca- laris lucasamus Rınaw.; Saint Lucas Woodpecker) lebt in Untercalifornien. Beſchreibung: Die Färbung der Oberſeite, vom Nacken bis zum Bürzel, weiß und ſchwarz quer geſtreift; Schwingen und Oeckfedern mit weißen Flecken, welche auf den mittleren Flügelfedern weiße Flügelbinden bil: den; zwei weiße Streifen an den Seiten des Kopfes; Kopfkrone rot, weiß gefleckt. Unterſeite bräunlichweiß, an den Seiten mit ſchwarzen Flecken; Schwanz ſchwarz; untere Schwanzfedern mehr oder weniger bandiert. Länge 7 37 Zoll; Flügel 4.06, Schwanz 2.59 Zoll. Nuttalls-Specht (D. Nuttalliü RTDG wax; Nuttall's Woodpecker) iſt ein Bewohner Califor— niens, wo er hauptſächlich die waldreichen Thäler bewohnt und ſelten ins Gebirge hinaufgeht. Er ähnelt der vorigen Art ſehr. Herr B. T. Gault fand am 23. April 1883 ein Neſt im San Bernardino— Thale; es fand ſich in einem Holunderſtamme, etwa 5.50 Fuß vom Boden, war etwa einen Fuß tief und fünf Zoll breit. Der Eingang war etwas größer als ein halber Silberdollar. Die Eier waren glänzend reinreiß. Die Färbung ähnelt im allgemeinen der des Texas-Spechtes, doch findet ſich der rote Fleck im Nacken; die Kopfkrone iſt ſchwarz, weiß gefleckt, die Stirne bräunlichweiß. Stricklands-Specht (Dryobates Strieklan- dii Rıpaw.; Strickland's Woodpecker) kommt im ſüdlichen Arizona und im weſtlichen Mexico vor. Nach Scott ſieht man ihn im Herbſt in Geſellſchaft von Arizona-Häheru, Sammelſpechten, verſchiedenen Meiſen und Waldſängern im Walde umherſtreichen. Neſt und Eier unterſcheiden ihn nicht von anderen Arten. Der Veiſskopfſpecht. White-headed Woodpecker. Xenopieus albolarvatus MALH. Da, wo die Rieſenbäume in Californien wachen, und von da nördlich bis Waſhington und ſüdlich bis Untercalifornien, beſonders im Küſtengebirge, treffen wir den Weißkopf- oder Kapuzenſpecht. Er iſt ein ſehr ſchöner, eigentümlich gefärbter Vogel, bietet aber nur für den Forſcher manches Eigentümliche in der Lebensweſe, das dem Laien ganz entgeht. Haupt ſächlich ein Bewohner der Nadelholzregion, ſcheint er 574 Der Rurmfpedt. die Laubholzwälder der Thäler faſt ganz zu meiden. Man berichtet, daß er beſonders die Wälder der ame— rikaniſchen Zirbelkiefer (Pinus ponderosa) zum Auf— enthalt bevorzuge, daß er ſich aber nie im tiefen dunklen Innern der Wälder finde. Obwohl kein eigentlicher Zugvogel ſtreift er doch auf ſeinem Suchen nach Nahrung ziemlich weit ſüdlich. Ein Gelege, aus drei Eiern beſtehend, in der Sammlung des Kapitän B. F. Goß, im öffentlichen Muſeum zu Milwaukee, wurde am 17. Mai 1882 bei Crocker, Col., gefunden. Das Neſt ſtand in einem morſchen Baumſtumpf, etwa dreizehn Fuß vom Boden. Die Eier ſind glänzend reinweiß. Namen: Weißkopfſpecht, Weißkopf, Kapuzenſpecht. White-headed Woodpecker. Wiſſenſchaftliche Namen: Leuconerpes albolarvatus Cassin (1850). — Xenopicus albolarvatus Malh. (1862). Beſchreibung: Hauptfarbe blauſchwarz, mit Ausnahme des weißen Kopfes und Halſes; Teil der Schwingen weiß, einen langen Fleck bildend. Länge 9.15 Zoll; Flügel 5.05, Schwanz 4.00 Zoll. Der arktische Jreizehenſpecht. | Arctic Three-toed Woodpecker, Black-backed Three-toed | Woodpecker. Picoides arcticus GRAY. | Der arktiſche Dreizehenſpecht lebt im hohen Norden Amerikas, von der Nordgrenze der Union nordwärts und vom Atlantic bis zum Pacific. Sein Lieblingsaufenthalt find Nadelholzwälder gebir- giger Gegenden. Im nördlichen Neu-England kommt | | | er hie und da als Brutvogel vor. Im nördlichen New Pork beobachtete ihn ſchon Dr. Bachmann, und neuerdings berichtet Dr. C. H. Merriam, daß er in der Adirondack-Region als Brutvogel angetroffen werde. Dr. J. G. Cooper beobachtete ihn in der Nähe des Tahoe-Sees, auf dem Kamme der Sierra Nevada, etwa 6000 Fuß über dem Meere, und bei Vogel. Fort Klamath in Oregon iſt er nach Dr. Merrill ein ziemlich gewöhnlicher Standvogel. Die Neſter und Eier ähneln denen anderer Spechte. Beſchreibung: Oberſeite glänzend blauſchwarz, ein vier— eckiger Fleck auf der Kopfkrone ſafrangelb. Unterſeite weiß, an den Seiten ſchwarz gebändert. Länge 9.00 bis 10.00 Zoll, Flügel 5.05, Schwanz 3.60 Zoll. Amerikaniſcher oder Vand.-Dreizehenſpecht. American Three-toed Woodpecker. Picoides americanus BREHM. Der amerikaniſche oder Band-Drei— zehenſpecht iſt im Gebiet der Union ein ſeltener ſchaft der vorigen Art angetroffen wird. Beide Arten ſtimmen in Niſt- und Yebensweife genau überein. Er kommt nördlich bis zum Großen Sklavenſee (Great Slave Lake) vor. Dr. C. H. Merriam traf ein brütendes Pärchen im nördlichen New Pork, an der Oſtgrenze von Lewis County. Jedenfalls brütet er auch in den Adirondacks. Eine Abart (Picoides americamus alascensis Rınaw.; Alaskan Three-toed Woodpecker) kommt in Alaska, eine zweite, der Gebirgs-Dreizehen— ſpecht (Picoides wamericanus dorsalis BIRD; Alpine Three-toed Woodpecker), im Felſengebirge, ſüdlich bis nach New Mexico, vor. Beſchreibung: Oberſeite ſchwarz. Der Rücken im Som— mer quer, im Winter längs weiß geſtreift; weißer Streif hinter dem Auge, ſich am Hinterkopf vergrößernd, ein zweiter unter dem Auge; Schwungfedern an beiden Fahnen weiß gefleckt. Unterſeite weiß, die Seiten ſchwarz quer geſtreift; äußerer Teil der drei äußeren Schwanzfedern weiß. Kopfkrone weiß gefleckt und ver— waſchen; Männchen einen gelben Fleck auf der Kopfkrone. Länge 9.50 Zoll; Flügel 4.58, Schwanz 3.41 Zoll. Der Vurmſpecht. Yellow-bellied Sapsucker. Tafel XNXVI Eu der ſchönſten Spechte unſerer nördlichen 6 Wälder, zugleich einer der intereſſanteſten und eigentümlichſten, iſt der Saftſauger oder | Wurmſpecht. Seine eigentliche Heimat find die Shyrapicus varius BIRD. Vogel 1. nördlichen Staaten und Neu-England; von hier aus brütet er nördlich bis zum 61. Grad nördlicher Breite, weſtlich bis zu den großen Cbenen oder dem Felſengebirge. Ungleich den meiſten anderen Spechten, Seine eigentliche Heimat find die Nadelwal⸗ dungen des hohen Nordens, wo er häufig in Geſell— * u Der Wurmſpecht. 575 wandert er mit großer Regelmäßigkeit weit nach dem Würmern zu ſuchen, ſondern anſcheinend zum eigenen Süden. In allen Golfſtaaten iſt er ein zahlreicher Vergnügen und um Weibchen herbeizulocken. Seinen Wintergaſt, zieht ſelbſt bis nach Cuba, Jamaika und gleichfalls dem Weibchen geltenden Lockruf läßt er Centralamerika. Herr Erich Wittkugel in San häufig ertönen, doch lockt dieſer auch andere kampf— Pedro Sula, Honduras, ſchreibt mir, daß er ihn in bereite Männchen herbei. Nicht ſelten ſieht man die den Nadelwäldern im Innern im Winter beobachtet eiferſüchtigen Männchen fich gegenſeitig verfolgen, doch habe. Im ſüdöſtlichen Texas beginnen fie anfangs geraten fie ſelten hart aneinander. Sind fie des März, nördlich zu ziehen; am 19. März ſah ich fie | Jagens müde, ſo hängen ſich oft beide an einen und zahlreich in Freiſtatt, Lawrence Co., Miſſouri, und | denfelben Baumſtamm und hämmern eifrig darauf bei Milwaukee, Wisconſin, beobachtete ich die erſten los, ſich gegenſeitig zu überbieten ſuchend. Der Flug Mitte April. Je nach der Witterung variieren dieſe bewegt ſich in großen Bogenlinien und iſt leichter und Daten mehr oder weniger. Im ſüdweſtlichen Miſſouri ſchneller, als der der meiſten Kleinſpechte. Seine ſah ich die erſten aus dem Norden angekommenen Mitte Gewandtheit im Klettern iſt groß. Hat er ſich einmal September, bei Houſton, Texas, Mitte Oktober. in einem beſtimmten Gebiete des Waldes mit dem Zum Wohngebiete wählt ſich der Gelbbauchſpecht Weibchen feſtgeſetzt, dann darf kein anderer ſeiner Art mit Vorliebe gemiſchte und Laubholzwälder. Man ſeine Grenzen überſchreiten. trifft ihn hier nicht im Innern, ſondern mehr am Die meiſten unſerer Spechte ſind ſchön gezeichnet, Saume derſelben. Am liebſten niſtet er in alten, dieſer fällt aber durch ſeine bunte Färbung beſonders abgeſtorbenen, in der Nähe des Waſſers ſtehenden | angenehm ins Auge, und das abſtechende Schwarz Birken. Die Niſthöhlung, welche ſich nach unten zu | und Weiß, das leuchtende Rot und das matte Gelb wie ein Flaſchenkürbis erweitert, iſt ſehr glatt und machen ihn zu einer prächtigen Erſcheinung. Durch gleichmäßig ausgemeißelt und ſteht etwa dreißig bis feine Munterkeit wird er, wie alle andern Spechte vierzig Fuß vom Boden. Auch in alten Buchen und ebenfalls, zu einem ganz beſonderen Beleber der Zuckerahornen findet man das Neſt oft. Herr W. Wälder. In Bezug auf Nützlichkeit ſteht er und alle Brewſter berichtet, daß in den White Mountains und anderen Glieder der Sippe (Sphyrapieus) den meiſten F in Maine dieſer Specht häufiger fei, als alle andern Spechten nach, ja, man hat ihm nicht mit Unrecht zuſammengenommen, und daß er auch dort mit Vor- vorgeworfen, die Bäume zu beſchädigen. Da die liebe in alten Birken brüte. — In jedem Baume, in Zunge bedeutend kürzer und auch anders eingerichtet welchem ſich ein Neſt findet, ſieht man mehrere vom iſt, wie bei anderen Spechten, ſo iſt es ihm unmöglich, fleißigen Männchen gezimmerte Bruthöhlungen und Würmer tief aus dem Innern des Holzes hervorzu— oft auch noch mehrere alte. Wie es ſcheint, werden holen. Gerade zur Zeit, wenn im Frühling der Saft dieſe ſpäter vom alten Männchen und von den ſelb- fließt, hackt er mit feinem ſcharfen Schnabel Löcher in ſtändigen Jungen als Schlafſtätten benutzt. Die die Rinde, um zu der inneren, weichen Schale zu Niſthöhle iſt 12 bis 14 Zoll tief und nur mit einigen gelangen, welche er, nach den Angaben Dr. R. P. mulmigen Spänen ausgelegt. Die fünf bis ſieben Hoys und Dr. Elliott Coues, gerne verzehrt. Eier find glänzendweiß. Ju feinem Brutgebiete macht Man redet ihm ſogar nach, daß er an Apfel- und diefer Specht ſehr viel Lärm, nicht nur durch feinen | Birnbäumen oft ernſtlichen Schaden verurſache. Ich lauten Ruf „Glück“ und „Pick“, ſondern mehr noch meinesteils halte den Schaden, den er in dieſer Hinſicht durch ſein Gehämmer und Getrommel. Namentlich thut, für ſehr gering, denn ſeine Hauptnahrung ſind laut iſt er im Mai, kurz vor und während der Paa- die zahlreichen Junſekten, welche au und in der Rinde rungszeit. Er hämmert dann oft jo euergiſch und der Bäume leben. Selbſt fliegende Inſekten weiß er oft unausgeſetzt an einem hohlen, trockenen Baumſtamme, geſchickt zu erbeuten. Man behauptet auch, daß er im daß er es gar nicht merkt, wenn man ſich dem Baume, Frühling Bäume anbohre, um den Saft, der ſich in auf welchem er ſitzt, nähert. Ich habe oft dicht | den Bohrlöchern ſammelt, zu trinken. Daher ſchreibt unter ihm geſtanden und ihn über mir in ſeinem Trei- ſich auch ſein volkstümlicher Name „Saftſauger“ ben beobachtet. Sobald ich mich bemerklich machte, (Sapsucker). Außer Inſekten verzehrt er auch erfaßte ihn Schrecken und Furcht, und eiligſt flog er Beeren aller Art und Buchnüſſe. Ju feiner Winter davon. Dieſes Getrommel dröhnt oft weithin durch herberge wird dieſer Specht auf keinerlei Weiſe ſchädlich. den Wald. Gewöhnlich hört man mehrere gleichzeitg Ich habe ihn oft in den Gärten in Houſton geſehen f hämmern, und zwar geſchieht dies nicht, um nach | aber nie beobachtet, daß er Bäume angebohrt wd 8 5 gegürtelt hätte. Ofters machte ich die Beobachtung, daß er die großen Puppen verſchiedener Schmetterlinge aufhackte, um an den Inhalt zu gelangen. Der rotnackige Gelbbauchſpecht (Sphyra- pieus varius nuchalis BamnD; Red-naped Wood- pecker) bewohnt die Wälder des Felſengebirges, ſüdlich bis nach Mexico. Er unterſcheidet ſich haupt— ſächlich durch das ausgedehntere Rot an der Kehle, durch den roten Halbmond im Nacken und noch durch eine Anzahl ſich konſtant bleibender, kleinerer Merk— male. Nach den Angaben meines Freundes und Mitarbeiters, Prof. Robert Ridgway, iſt er im Wahſatch- und Uintah-Gebirge zahlreich, bewohnt dort meiſt die Eſpenbeſtände in einer Höhe von etwa 7000 Fuß und niſtet häufig auch in den Nadelwäldern. Die Bruthöhlung fand er immer in lebeuden Bäumen. Die alten Niſtlöcher wurden ſtets von Martin- und Gebirgsſchwalben in Beſitz genommen. Im Winter beobachtete er ihn in den Baumwollpappeln und Weiden der Gebirgsthäler. In feiner Lebensweiſe gleicht er ganz der eigentlichen Art. Namen: Wurmſpecht, Saftſauger. Yellow-bellied Sapsucker, Lellow-bellied Woodpecker. Wiſſenſchaftliche Namen: Pichs varius Linn. (1766). — Cladoscopus varius Cab. (1855). — Sphyrapicus varius Baird (1858). Beſchreibung: Kopfkrone karminrot, mit Schwarz um— geben; Kinn, Kehle und Bruſt ſchwarz, einen roten Fleck an der Kehle einſchließend (beim Weibchen iſt er weiß); an der Seite des Kopfes zwei weiße Streifen; Bauch gelblich, Seiten desſelben mit dunklen, pfeilartigen Flecken; Flügel ſchwarz, die Schwungfedern weiß gefleckt; Oberſeite ſchwarz und gelblich gefleckt; Schwanz ſchwarz, die meiſten Federn weiß geſpitzt. Länge 8.50 Zoll; Flügel 4.75, Schwanz 3.50 Zoll. Der Rotbruftſpecht. | | | | | Red-breasted Sapsucker. Sphyrapicus ruber BAıRD. | In der Küſtenregion Mittel- und Nord-Califor— niens, weſtlich bis zur Sierra Nevada, und im Cas— caden-Gebirge in Oregon und Waſhington nördlich bis Alaska findet ſich der ſchöne Rotbruſtſpecht oder der rotbrüſtige Saftſauger. Capt. Chas. Bendire fand ihn zahlreich bei Fort Kla— math, am nördlichen Teile des Klamath-Sees, in Oregon. Im Frühling ſah er eine Geſellſchaft von zwanzig Stück beiſammen.“) „Am 20. April ſchienen die meiſten von ihrer Reiſe nach dem Süden | ) Siehe Aut V, 1888, p. 229 —2H. 76 Der Rotbruſtſpecht. heimgekehrt zu ſein, und einige Pärchen hatten ſich ſchon eine Niſthöhlung hergeſtellt, welche in allen Fällen in eine ziemlich große Pappel gemeißelt war. Zu dieſer Zeit konnte man die Männchen von faſt allen Seiten an irgend einem trockenen Aſte, beſonders in den Spitzen der Pappeln, hämmern hören. Einige Pärchen, anſcheinend fleißiger als andere, waren nicht zufrieden mit einer Höhlung und ſtellten, meiſt im ſelben Baume, noch mehrere her. Wenigſteus fünf Pärchen niſteten kaum eine halbe Meile von meiner Wohnung. Ich bin geneigt, anzunehmen, daß das Weibchen die Höhlung, welche als Neſt zu dienen hat, faſt ganz allein herſtellt. . . . Fort Klamath, wo dieſe Spechte außerordentlich zahlreich ſind, hat, obwohl nur 4200 Fuß über dem Meere liegend, ein ſehr kühles Sommerklima, und Fröſte treten faſt in jedem Monat des Jahres auf. Die Umgebung iſt im Sommer ſehr ſchön. Offener Hochwald, beſtehend aus mächtigen Kiefern und Tannen (darunter die aumutige, ſchöne Zuckerkief. chmückt die Gebirgs— halden und erſtreckt ſich bis faſt hinunter in die grünen, parkähnlichen Thäler. Hie und da eingeſtreut finden ſich Pappelbeſtände von verſchiedener Größe, und die ſilberfarbigen Stämme und das hellgrüne Laubwerk ſticht wunderbar ab von dem tiefen Dunkel— grün der Nadelbäume. Dieſe Pappelhaine ſind die eigentliche Sommerheimat dieſes Spechtes. Nach meinen Beobachtungen wählt er zur Anlage ſeiner Niſthöhle ſtets geſunde, glattrindige Pappeln (Eſpen), welche in der Nähe des Bodens zwölf bis achtzehn Zoll Durchmeſſer haben. Die Höhlung findet ſich gewöhn— lich unter dem erſten Aſte, etwa fünfzehn bis fünfund— zwanzig Fuß vom Boden. Das Schlupfloch ſcheint faſt zu klein für den Vogel zu ſein, denn es mißt nur 1.25 | bis 1.50 Zoll im Durchmeſſer.“ Die friſchen Eier, welche man in jener Gegend vom 20. Mai bis etwa zum 13. Juni findet, ſind unausgeblaſen, wie alle Spechteier, zart roſaweiß, ausgeblaſen glänzend elfen— beinweiß. Das Gelege beſteht gewöhnlich aus ſechs Eiern. Namen: Rotbruſtſpecht. Red-breasted Sapsucker, Red-breasted Woocd- pecker. Wiſſenſchaftliche Namen: Pieus ruber Gmel. (1788). — Pilumnus ruber Bonap. (1838). — Sphyrapieus ruber Baird (1858). — Cladoscopus ruber Cab. (1863). Beſchreibung: Der ganze Kopf, Hals und Bruſt karmin— rot; Oberſeite ſchwarz, Mittellinie vom Nacken bis zum Bürzel weiß gefleckt; Bürzel, Flügeldecken und die Innenfahnen der Schwanzfedern weiß; Unterſeite gelb— lich, an den Seiten braun gefleckt. Länge 8.50 Zoll; Flügel 5.00, Schwanz 3.40 Zoll. Sn N a H Der . 577 J ·˙ I Williamſons-Specht 1 thyroi- zu nahe kommen. Sie brüten in einer Höhe von 5000 des BaIRD; Williamson’s Sapsucker) bewohnt die bis 9000 Fuß. An den Gebirgsabhängen des Crater— Felſengebirge weſtlich bis zur Küſte des Pacifie. Sees ſchienen ſie am zahlreichſten zu ſein. In Colo Capt. Charles Bendire fand auch dieſe Art am rado brüten ſie bis zu einer Höhe von 10,000 Fuß, öſtlichen Abhange des Cascaden-Gebirges bei Fort in ziemlich dichten Wäldern. Die Höhe der Niſthöhle Klamath, Oregon. Er ſah nie mehr als zwei zuſam- variiert von fünf bis ſechzig Fuß. Sonſt unterſcheidet men. Sie waren ziemlich ſcheu und ließen ſich nicht er ſich nicht von den verwandten Arten. 5 ff 2 Der Haubenſpecht Pileated Woodpecker. Ceophlœus pileatus CABXNIS. Tafel XXXVI Vogel 6. N.. herrlichen Wälder unſerer Jugendzeit ſind unter angezapften Zuckerahornbäumen, welche mit dem 2 verfhwunde* id große Felder und Wieſen | Safte diejer Rieſen angefüllt waren; doch jetzt kann ſind an ihre Stelle getreten. Die himmelanſtrebenden man meilenweit wandern, ohne das ſüße Naß noch Weißkiefern und Hemlocktannen, die rieſigen Eichen anzutreffen. Dieſe Bäume ſind größtenteils ausge— und Ulmen, die ſchön gewachſenen Zuckerahorne und rottet oder verwahrloſt. Und auch viele Vögel find andere Bäume fanden in der Sägemühle Abſatz oder ſeltener geworden. Die Röteldroſſeln und Erdfinken, wurden an Ort und Stelle verbrannt. Die rauſchen- die roſenbrüſtigen Kernbeißer und die prächtigen Schar— den Waldbäche und die klaren Quellen vertrockneten lachtangaren ſind jetzt recht ſelten anzutreffen. Das faſt ganz. Man darf wohl behaupten, daß mit dem Buſchhuhn, das wir einſt als Kinder jo oft aufſcheuch— Verſchwinden der wunderbaren Wälder der Nadelholz; ten, deſſen donnerartige Töne wir jo oft vernahmen region Wisconſins auch deren Poeſie verſchwunden iſt. und deſſen Junge nach allen Richtungen hin ausein— Man zerſtörte die Schönheit, ſchuf aber feinen Erſatz ander ſtoben, iſt nur noch ſehr vereinzelt zu finden; dafür. Die Farmhäuſer, früher vom ſchönſten Walde ſelbſt die Rufe des Whippoorwill vernahm ich in den umgeben, liegen jetzt faſt kahl und ſchmucklos da, und letzten Jahren ſeltener als früher. Einen Vogel aber, die wenigen Obſtbäume und Zierſträucher vermögen einen echten Bewohner des einſtigen zuſammenhän— die zerſtörte Schönheit nicht zu erſetzen. Auch die genden Waldes, den mit feuerroter Haube geſchmückten, Waldblumen, von denen wir als Kinder, „wenn alles ſonſt faſt ganz ſchwarzen Haubenſpecht ſah ich grünte und blühte“, große Sträuße pflückten, die ſchon ſeit Jahren nicht mehr. Er ſcheint mit den reizenden Indianer-!) und gelben Venusſchuhe e), das Waldrieſen und den Indianern verſchwunden zu ſein.“ aromatiſche Wintergrün und andere zarte Wald⸗ So ſchreibt mir meine Schul- und Jugend— gewächſe, ſind faſt nirgends mehr zu finden. Hie und freundin, Fräulein Hedwig Schlichting, über da zeigen ſich wohl noch in den Gehölzen blühende den jetzigen Zuſtand des einſt ſo herrlichen Waldes Weißdorn⸗, wilde Apfel- und Junibeerenbäume, und unſeres Geburtsortes. Als ich im Jahre 1869 jene auch die Dreiblattarten ſind noch häufig, aber das Gegend verließ, fanden ſich noch große, kaum von der Reizendſte und Zarteſte iſt faſt ganz ausgerottet. So Axt berührte Waldſtrecken, und in ihnen traf man den oft ich in den letzten Jahren durch die Reſte des einſt ſehr ſcheuen, großen Haubenſpecht, wenn auch nicht jo herrlichen gemiſchten Waldes bei Howard's Grove zahlreich, To doch ziemlich regelmäßig. Es waren (Sheboygan Co.) ging, überkam mich ein Gefühl der | namentlich die aus Ahorn, Buchen, Ulmen, Yinden, | | | Wehmut und des Verödetſeins. Wie oft ſtieß ich bei | Hemlockfichten und Weißkiefern beſtandenen Wälder, früheren Spaziergängen durch den Wald auf Mulden durch deren dichtes Laubwerk ſelten ein Sonnenſtrahl Eee zum Boden drang, welche er belebte. Die große Menge abgeſtorbener, morſcher Baumſtämme und die durch 73 1) Cypripedium spectabile. 2) Cypripedium parviflorum und beſonders C. pubescens. 578 Der Haubenſpecht. Stürme zu Boden geſtreckten Baumrieſen bearbeitete 3 | er vornehmlich mit feinem kräftigen Schnabel, da fie in ihrem Innern unzählige Holzwürmer bargen. Je größer und verwilderter der Wald war, deſto zahl- reicher traf man ihn. Vor dem Menſchen, der ihn kommt es auch, daß er in beſiedelten Gegenden faſt ganz verſchwunden iſt. Einſt war er im ganzen zu beobachten. Das Hacken mit dem Schnabel tönt weithin durch den Wald, noch lauter tönt aber die Lockſtimme. Sobald der eine, wohl das alte Männ— chen, fortflog, ließ er ſchon während des Fluges ſeine Töne, die wie ‚A-wück, wück, wück, wück' ſehr laut ihm dann. Lande, vom Atlantic bis zum Pacific und von Florida und dem Rio Grande bis zum 62. oder 63. Breiten— grade ein zahlreicher Bewohner der Wälder. Nur in den abgelegenen Gebirgsgegenden Neu-Englands, in den Hochwäldern der Adirondacks und Alleghanies ſcheint er noch ziemlich zahlreich zu ſein. In den Jahren 1879 bis 1882 hatte ich in Texas die beſte Gelegenheit, dieſen großen und ſchönen Specht genauer kennen zu lernen. Er hielt ſich meiſt in den mit alten Bäumen beſtandenen Pfoſten— eichenwäldern, dann auch ſehr oft in den großen, reichen Wäldern der Colorado- und Brazos-Niederung auf, wo ich täglich Gelegenheit hatte, den hier gar nicht ſcheuen Specht zu beobachten. Im ſüdöſtlichen Texas und im ſüdlichen Louiſiana, wo es nicht nur aus— gedehnte Nadelwälder, ſondern faſt tropiſche, aus Lebens-, Waſſer-, Sumpf-, Lorbeer- und Weißeichen, Tupelos, Amberbäumen, Magnolien, Gordonien u.a. beſtehende Wälder giebt, wo Schlingpflanzen oft bis in die Spitze der höchſten Waldbäume klettern, da traf ich auch den Haubenſpecht, deſſen nächſter Nachbar dort oft der Elfenbeinſchnabel iſt. Auch in den Cypreſſenſümpfen des ſüdlichen Louiſiana und an den dortigen Bayous, wo das eigentümliche franzöſiſche, wie „Ha-hi-ha-hi“ klingen. aus Nova Scotia eingewanderte und durch Long fellows herrliche „Evangeline“ berühmt gewordene Völkchen der Akadier ſeßhaft iſt, ſah ich ihn zahlreich. Als ich ſpäter inmitten des Waldes an der Weſt Yegua wohnte, kam dieſer Specht dicht an meine Wohnung. Ich ſchrieb am 22. Juli 1881 folgendes in Borkenſtücke und morſche Holzſplitter. mein Tagebuch: „Dieſer ſchöne Vogel iſt hier einer der gewöhnlichſten Spechte. Ohne Scheu kommt er ſogar auf die in meinem Hofraume ſtehenden Pfoſteneichen. Heute morgen kamen vier Stück bis auf die nächſte Eiche, wo ſich zwei unten an einem Stamme nieder— ließen und ehe ſie emporkletterten, ſorgfältig Umſchau hielten. Der ſtarke Schwanz leiſtet ihnen beim Klettern weſentliche Hülfe, und mit kräftigem Ruck geht es am Stamme empor. Schauſpiel, vier dieſer ſtattlichen, ſchönen, mit gewal— tigem Schnabel verſehenen und mit glühendroter Kopfhaube geſchmückten Vögel in nächſter Umgebung Es iſt ein ſeltenes und hell erklingen, hören, und die anderen drei folgten Auch dieſe, jedenfalls die Jungen, ließen ähnliche, aber nicht ſo laute Rufe hören.“ : Im nächſten Jahre brütete ein Pärchen dicht an meiner Wohnung, und da es eifrig geſchützt wurde, | zeigte es ſich auch durchaus nicht ſcheu. Im Spät— herbſt des vorigen Jahres waren die größten Pfoſten— eichen nahe meiner Wohnung umgehauen und aus den Stämmen „Fenzriegel“ geſpalten worden. Die Krone war liegen geblieben und vertrocknet, und unter der morſchen Rinde und im Holze ſelbſt wimmelte es von Holzwürmern. Hier war der Tiſch nun reichlich für die Haubenſpechte gedeckt, und mit ihren ſtarken Schnäbeln hämmerten ſie ſo eifrig darauf los, daß die Borkenſtücke nach allen Seiten hin flogen. Obwohl ſonſt nur große, zuſammenhängende, wenig von Menſchen beunruhigte Wälder mit vielen, Jahrhunderte alten, morſchen Baumrieſen ſich zum Aufenthalt wählend, zeigte er ſich hier, unter dem Schutze des Menſchen, als ein recht zutraulicher, wenn auch vorſichtiger Vogel. Seine Munterkeit, Flüchtig— keit und Gewandtheit erregten ſtets meine Bewun— derung. Im tieferen Walde iſt er ein wilder, lärmen— der Vogel. Kommt man ihm zu nahe, ſo ſtößt er zankende oder ſpöttiſch-lachende Töne aus, welche etwa In der Liebeszeit ſind die lockenden hellen, oft jauchzenden Töne weithin hörbar und klingen etwa wie „A- wück-a-wücks-a— wück“. Die Nahrung beſteht faſt ausſchließlich aus Holz— würmern. Kommt man zufällig unbemerkt an einen Baumſtamm, an dem er arbeitet, ſo regnet es förmlich Im Klettern iſt er Meiſter. Gewöhnlich fliegt er, wenn er einen Baum abgeſucht hat, zu einem andern, hängt ſich unten an und klettert nun laugſam, ruckweiſe und Schlangenlinien beſchreibend, in die Höhe. Der Flug iſt ganz verſchieden von dem der kleinen Arten und ähnelt mehr dem des Elfenbeinſchnabels, dem er ja auch ſonſt in ſeinem Thun und Treiben ſehr gleicht. Er fliegt nicht ſo ruckweiſe, wie andere Spechte, ſon— dern mehr wellenförmig in gerader Richtung fort, wobei er die mächtigen Flügel ſehr weit ausbreitet. Der Flug iſt viel ſanfter und geräuſchloſer als bei anderen Arten. Nur ungern überfliegt er weite Strecken, verläßt deshalb den Wald auch faſt nie. In demſelben iſt er ein echter Standvogel, der wohl im Wohngebiete ziemlich weit umherſtreift, aber nie ſüdlich zieht. Hat er eine von Wald freie Strecke zu über— fliegen, ſo geſchieht dies ziemlich durch die Luft hin. Prachtvoll nimmt ſich der tief— ſchwarze, am Halſe etwas weiß geſtreifte Vogel mit feuerroter Haube aus, wenn er von der Spitze eines hohen Baumes bis faſt zum Boden an einen andern fliegt, oder, wie dies in den ſüdlichen Alleghanies oft der Fall iſt, ſich in eines der tiefen Thäler herabſenkt. Auf dem Boden habe ich ihn nie geſehen. Allerwärts, wo er auch vorkommen mag, gereicht der ſchöne, ſtatt— liche Vogel dem Walde zur beſonderen Zierde. Die Paarungszeit fällt in Texas in die zweite Hälfte des März. Das Männchen iſt dann beſonders laut, lockt und trommelt fortwährend, fliegt im Walde umher, dem Weibchen nach, und gerät dann hin und wieder auch mit einem Nebenbuhler in Streit. Häufig ſetzt es ſich in die Spitze eines Baumes und trommelt mit wuchtigen Schnabelhieben ſo gewaltig an einem trockenen Aſte, daß es wie „Errrrrrrr“ weithin durch den Wald hallt. Dabei leuchtet die rote Kopfhaube wie ein glühender Funken. Durch dieſes Getrommel wird das Weibchen herbeigelockt, das nun in den zarteſten Tönen antwortet. Die Niſthöhle ſcheint jedes X zu werden. Sie ſind bei der Auswahl des Baumes, welcher ihnen zur Anlage des Neſtes zu dienen hat, ſehr vorſichtig. Meiſt iſt die Neſtmulde hoch, oft fünfzig bis ſiebzig Fuß vom Boden entfernt, doch ſteht das Neſt auch oft niedriger. In der Regel ſuchen ſie das tiefe Innere der Wälder, namentlich die Waldungen der Niederungen und der Sümpfe auf, wo ſie ſich dem Der 8 Red-headed Woodpecker. Tafel | hoch und gewandt | Jahr neu hergeſtellt XXVNVI. Der Rotkopfſpecht. 579 vollkommenen Gefühle der Sicherheit hingeben können. Ganz in der Nähe meiner Wohnung au der Weſt Yegua, in Texas, brüteten mehrere Pärchen und zwar ſtets in kernfaulen, dicken Pfoſteneichen, etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Fuß vom Boden. Das erſte Neſt mit drei glänzendweißen, glattſchaligen Eiern fand ich am 2. April 1881. Die Höhlung war nur etwa 18 Zoll tief und das Schlupfloch jo groß, daß. ich bequem mit der Hand die Eier erreichen konnte. Andere Neſter, namentlich ſolche in Sumpfeichen (Quereus palustris) und Pekaubäumen, waren oft mehr als dreißig Zoll tief. Die Form der Niſthöhle gleicht einem Flaſchenkürbis, und die innere Aus— kleidung beſteht ganz ausſchließlich aus einer dünnen Lage mulmiger Späne. Ich habe nie mehr als drei bis vier Eier in einem Neſte gefunden, doch ſollen oft auch fünf vorkommen. Das Weibchen ſcheint die Niſthöhle faſt ganz allein herzuſtellen. Es arbeitet gewöhnlich in den frühen Morgenſtunden und iſt in zehn bis zwölf Tagen damit fertig. Das Männchen zimmert ſich in der Nähe ſelbſt eine Schlafhöhle. Namen: Haubenſpecht, großer Holzhacker. Pileated Woodpecker, Log- cock, Black Woodeock. Wiſſenſchaftliche Namen: Pieus pileatus Linn. (1766). — HxIotomus pileatus Baird (1858). — Ceophleus pileatus Cab. (1862). eſchreibung: Hauptfarbe des ganzen Körpers, der Flügel und des Schwanzes grünſchwarz; ſchmaler Streif über dem Auge und ein breiter, an der Naſen— wurzel anfangend, ſich am Halſe bis zur Schulter hinziehend, weiß; etwas Weiß auf den Flügeln; Männ— chen mit roter Haube und roten Backenflecken. Weibchen nur die halbe Haube rot, während die roten Backeuflecken ganz fehlen. Länge 15.00 bis 19.00 Zoll; Flügel 8.50 bis 9.50, Schwanz 6.00 bis 7.00 Zoll. Notkopffpecht. Melanerpes erythrocephalus SWAINSON. Vogel 4. o verschieden der Wald der Golfregion von dem des Nordens iſt, ſo verſchieden iſt auch die Vogelwelt, und doch bietet ſowohl Ornis wie Flora vieles Ahnliche und manches ganz Gleiche. Durch— wandert man im Mai die herrlichen Magnolien- und Lebenseichenwälder des Südens, ſo wird man die Scharen laut ſingender, roter Kardinäle, die glänzend— blauen Biſchöfe, die unvergleichlich ſchönen Papſt finken, die ſchmelzend ſingenden Carolina-Zaunkönige und die am Rande des Waldes jubilierenden Spott— 580 droſſeln bewundern und ihren Geſängen mit Entzücken lauſchen müſſen. Man wird von der Pracht der Magnolien und dem Dufte ihrer Blüten bezaubert ſein, wird mit erhabenen Gefühlen die rieſigen immer— grünen Lebenseichen und die ebenfalls immergrünen Gordonien anſchauen; die Maulbeerbäume, die wilden Oliven, die hoch in die Bäume ſich ſchlingenden Bignonien und die am Saume ſich findenden Cherokee— roſenhecken und viele andere Pflanzen werden dem Nordländer fremd erſcheinen. Doch finden ſich hie und da auch Ulmen, Eſchen, Weißdorn u. a., und wenn dieſe auch artlich von nördlichen verſchieden ſind, ſo ſind ſie ihnen doch ſo ähnlich, daß nur der Einge— weihte die Unterſchiede herausfindet. Am Waldſaume erſchallt ein lautes, melodiſches „Hurrr, hurrr.“ Wir kennen die anheimelnden Töne von Jugend auf genau und gewahren auch bald den Vogel, der ſie hervorbringt. Es iſt der Rotkopf, unſer ſchönſter Specht und einer unſerer ſchönſten Vögel überhaupt. Dieſer Vogel erinnerte mich, wenn ich die ſüdlichen bemerken, daß es an alten, hohen Baumſtumpfen, an Bäumen, denen die Krone vertrocknet und abgefallen iſt, nicht mangelt. Der Winter iſt jetzt vollſtändig vorüber, und lauter, fröhlicher, tauſendſtimmiger Vogelgeſang ſcheint den endlichen Sieg des Frühlings zu feiern. Die Blätter der Bäume zeigen ihr erſtes, friſches Grün, und der Waldboden iſt mit Blumen bedeckt. Die noch am 20. Mai wehende rauhe Luft hat einem fanften Frühlingſäuſeln Platz gemacht. Die am Waldſaume ſtehenden wilden Apfelbäume haben ihre roſaroten Blütenknoſpen geöffnet, und die in reines Weiß gehüllten Weißdorn- und Schueeball— ſträucher, die Junibeeren u. a. erſcheinen in der Ferne wie Schnee. Die in dichten Gruppen beiſammen— wachſenden Schirmpflanzen!) haben ihre zuſammen— gefalteten Blätter über Nacht ausgebreitet, und die in einer Gabel gerade unter dem Schirmdache ſtehende rahmweiße, duftende Blüte öffnet ſich nun ſchnell. Auch die unbedeutenden Blüten des im Herbſt ſo Wälder durchwanderte, an meinen heimatlichen Wald. Hat der ſüdliche Wald auch ſchönere und anmutigere | oder der Ginſeng *) ſeine erſten aromatiſchen Blätter, Bäume und Sträucher, im nördlichen Walde finden wir eine reichartigere Vogelwelt, eine Vogelwelt, die ſo recht zu den romantiſchen, waldumrandeten Seen, zu den rauſchenden Bächen und kühlen Quellen, zu den lieblichen Walddickichten, zu Berg und Thal, Wieſe und Feld paßt. Gehen wir anfangs Juni hinaus in jenen aus einem Gemiſch von Buchen, Ahorn, Eichen, Hickory, Birken, Butternuß-, Hopfen— und Eiſenbäumen, Linden, Eſchen, Ulmen, Weißkiefern und Hemlockfichten beſtehenden kühlen Wald, ſo wer— den wir die prachtvolle Scharlachtangara und den roſenbrüſtigen Kernbeißer antreffen. Der Papſtfink wird hier durch den tiefblauen Indigovogel erſetzt, und an Stelle der Spottdroſſel treten die köſtlichen Sängerinnen Katzen- und Braundroſſel. Die ver— ſchiedenen Waldſänger, die Sing- und Sumpfſperlinge, die Wald- und Röteldroſſeln und die Lieblinge des Menſchen, Robin und Baltimore-Oriol, kommen im Süden gar nicht vor. Auch hier hören wir das laute „Hurrr, hurrr“ des Rotkopfſpechtes und zwar ebenſo häufig wie im Süden. Der Rotkopfſpecht iſt ein Prachtvogel erſten Ranges, eine der ſchönſten Zierden unſerer Wälder, Baumgruppen und alten Obſtgärten. Wenn wir ihn genau beobachten, ſo werden wir ihn auch als einen höchſt intereſſanten, angenehmen, klugen, vielſeitigen und nützlichen Vogel kennen lernen. Beſuchen wir Ende Mai feinen Yieblingsaufenthalt, jo werden wir Xgeſucht wurde, findet ſich hier. ſchönen Waahoo (Wehuh?) und die weißen Blumen des Kinnikinniks) zeigen ſich. An ſchattigen, reichen Stellen des Waldes entfaltet die Sarſaparillaſtaude und auch eine andere Art, die Erdnuß!), welche tief im Boden liegt und in meiner Jugend von uns Knaben wegen ihres etwas beißenden Geſchmackes Hoch oben in den Bäumen über uns fingen Waldſänger und Vireos, fröhlich von allen Seiten. roſenbrüſtige Kernbeißer und Scharlachtangaren. Auch die Robins, die Martin- und Scheunenſchwalben, die Grundrötel und Hüttenſänger jubilieren laut und Der Tag iſt ſo ſonnig ſchön, die Luft jo lau und mild, die Natur in ſolcher Pracht, daß auch dem poeſieloſeſten Menſchen das Herz aufgehen muß. Wir werden nicht müde, die uns umgebende Pracht anzuſchauen, dem Frühlingkonzert der Vögel zu lauſchen. Selbſt das heiſere „Tſcheh, tſcheh“ des Blauhähers will uns heute angenehmer vorkommen als ſonſt. Ganz beſonders wohlthuend klingt das laute „Flick“ und „Garruck-garruck-garruck“ des Goldſpechtes, aber beſonders fällt uns das laute „Hurrr, hurrr“ des Rotkopfes auf. Es würde eine ſehr auffallende und wichtige Stimme im Waldkonzerte fehlen, wenn wir ihn nicht hörten. Dort, hoch oben an jenem alten Baumſtumpf ſitzt er mit ſeinem Weib— chen, ſein lautes „Hurrr“ ertönen laſſend. Der Vogel mit dem ſchönen roten Kopfe, dem blauſchwarzen Mantel, der reinweißen Unterſeite und dem großen 1) Podophyllum peltatum. 2) Euonymus atropurpureus. 3) Cornus sericea. 4) Aralia quinquefolia. 5) A. trifolia, Tafel XXXV TROCHILUS RUFUS GMEL. GOLDCOLIBRI. Rufous Hummingbird. D weißen Flügelflecke iſt in der That eine prachtvolle Erſcheinung. Seine Töne find laut und wohltönend. Er trommelt nicht ſo hitzig darauf los, wie der Gold— ſpecht, iſt überhaupt phlegmatiſcher und nimmt ſich zu allem Zeit. Jedenfalls muß man den Rotkopf zu denjenigen unſerer Vögel zählen, welche ihrem Wohn und ihr fröhliches Thun und Treiben Poeſie und einen hohen Reiz verleihen. Das eigenartig gefärbte Ge fieder ſticht wunderbar ab gegen das friſche Grün der Waldbäume. Belebt er im Vereine mit Tangaren, roſenbrüſtigen Kernbeißern und dem Baltimore-Oriol als in einen Wald Wisconſins verſetzt. Breitet er ſeine ſchönen weiß-ſchwarzblauen Flügel aus, in au mutigen Wellenlinien von einem Orte zum andern fliegend, dann bleiben wir vor Bewunderung ſtehen, um den Prachtvogel, der ſich an einem dicken Baum— ſtamme niederläßt und nun vorſichtig von der entgegen— geſetzten Seite uns anſchaut, zu beobachten. er Rotkopfſpecht. 581 an der Buffalo-Bayou. Ein Neſt ſtand nur fünfzehn Fuß vom Boden und nur wenige Pards von einem Hauſe. Dieſe Zutraulichkeit ändert aber da, wo er verfolgt wird, in Scheu und Zurückgezogenheit ab. Unſer Specht iſt ein echter Zugvogel. Nicht die kalte Witterung treibt ihn ſüdwärts, ſondern Nah— gebiete durch ihre Schönheit, durch ihre laute Stimme rungsmangel. Obwohl hauptſächlich von Inſekten lebend, liebt er doch eine recht wohlſchmeckende, mög— lichſt mannigfaltige Zukoſt. Dr. C. H. Merriam berichtet, daß er in Lewis County, N. Y., ſtets den Winter über in der Heimat blieb, wenn die Buch— nüſſe gut geraten waren; andernfalls zog er ſüdlich. eine Gegend, ſo glaubt man ſich eher unter die Tropen Der Rotkopf iſt gegenwärtig in Neu-Eugland und öſtlich vom Hudſon ein faſt ausgerotteter Vogel. Auch in Wisconſin und anderen dichter beſiedelten Waldſtaaten nimmt ſeine Zahl von Jahr zu Jahr ſehr ab. Einſt fand er ſich vom Atlantiſchen Ozean bis weſtlich zum Felſengebirge. Im Süden, beſon— ders in Südoſt⸗Texas, in der ſchönen Gegend der Akadier, bei Vermillionville, New Iberia u. ſ. f., im ſüdlichen Louiſiaua, fand ich ihn zahlreicher als im Nor— den. Namentlich im Winter iſt er in der Golfregion ungemein häufig, doch iſt er dort auch ein zahlreicher Brutvogel. Sein Lieblingsaufenthalt ſind alte Baum— woll-, Mais- und Zuckerrohrfelder mit vielen trockenen Bäumen. Im Süden hat man, wenn man aus dem Wald ein Feld machen will, die eigentümliche Weiſe, In Wisconſin habe ich ihn ſelten nach dem 25. Sep— tember und nie im Winter geſehen. Im ſüdweſtlichen Miſſouri überwinterten einzelne in den Wäldern des Spring River und am Centre Creek und auch in Süd⸗Illinois überwintern manche. Im ſüdöſtlichen Texas, bei und in Houſton, erſchienen die erſten aus dem Norden anfangs Oktober, die große Mehrzahl der Wintergäſte war bis zum 15. desſelben Monats eingetroffen. Während des Winters verhalten ſie ſich meiſt ſehr ſtill, und nur ſelten einmal vernimmt man einen Ton. Die Ankunft im Frühling erfolgt in Sheboygan County, Wisconſin, gewöhnlich vom 5. bis 15. Mai. Gleich nach ſeinem Erſcheinen iſt er ziemlich ſtill und auch nicht fo zutraulich als ſonſt. Hat er ſich jedoch erſt wieder eingelebt, dann iſt er ein fröhlicher und munterer Geſell. Je ſchöner und lieblicher die Tage werden, deſto munterer und fröhlicher wird auch unſer Rotkopf. Er iſt ſtets gut aufgelegt, ſpielt und neckt ſich mit dem Weibchen fortwährend, fliegt von der Spitze des Stumpfes aus in kurzen Rundflügen in die Luft, nimmt hie und da fliegende Juſekten auf, nur das Unterholz und die kleinen Bäume wegzuhaden. Die größeren Bäume werden einfach geringelt; ſie ſterben dann bald ab, bleiben aber zum Teil noch viele Jahre ſtehen, bis endlich die Stumpfen, ganz morſch und verfault, zuſammenfallen. Ein ſolches Feld bietet einen traurigen Anblick. Für viele Spechte, namentlich aber für die Rotköpfe kann es jedoch einen beſſeren Aufenthaltsort kaum geben. Die alten Bäume her— durch Silben wiederzugeben. bergen Holzwürmer in Menge, und das morſche Holz leiſtet ihren Schnäbeln, wenn es gilt, eine Niſt- oder Schlafſtätte herzuſtellen, wenig Widerſtand. Wo man ſie ſchützt, brüten ſie ganz in der Nähe des Menſchen, ſelbſt in alten Apfelbäumen. In Houſton brüteten mehrere Pärchen in den Sykomoren und Waſſereichen der Straßen und in den Sumpfeichen und Magnolien hämmert, lockt und giebt ſeine ſchönſten Töne zum beſten. Das laute, charakteriſtiſche „Hurrr, hurrr“ erklingt jetzt von morgens bis abends, namentlich an ſonnigen, warmen Tagen. Wir haben auch Ge— legenheit, noch andere laut ſchnurrende und lockende Töne zu vernehmen, doch bin ich nicht imſtande, ſie Am Neſte ſind ſie ſehr ſtill, und ſobald die Jungen erbrütet ſind, hört man nur noch ſelten die fröhlichen Laute durch den Wald hallen. Im Süden, wo er weniger der Verfolgung ausgeſetzt iſt als im Norden, iſt er ein ungemein lauter und fröhlicher Vogel. Sein ganzes Leben iſt hier Freude, findet er doch überall Nahrung in Menge und paſſende Niſtbüume. Mit wenig Mühe und Arbeit zieht er die fetteſten Würmer aus dem morſchen Holze, und eine Höhlung für die Eier oder eine 582 Schlafſtätte für ſich ſelbſt zu zimmern, koſtet ihn auch nicht viel Anſtrengung. Gewöhnlich nimmt er die alte Niſthöhle wieder in Beſchlag, dieſelbe nur ein wenig ausbeſſernd. Sollten ſich bereits Blauvögel oder Zaunkönige eingeniſtet haben, jo vertreibt er ſie und wirft das bereits eingetragene Niſtmaterial hinaus. Selbſt Eichhörnchen vertreibt er. Ja, man kennt Fälle, daß er dieſe mit ſeinem ſcharfen Schnabel tötlich verletzte. Im Norden legt er ſeine Niſthöhle meiſtens in morſchen, weichholzigen Bäumen, beſonders in Linden, Buchen, Ulmen und Birken an. Die Höh— lung iſt ſelten tiefer als 12 bis 15 Zoll. Sie entbehrt jeder Unterlage, und die fünf bis ſechs glänzendweißen, glattſchaligen Eier ruhen nur auf einigen weichen, mulmigen Spänen. Das alte Weibchen, welches ganz allein das Neſt herſtellt und die Eier bebrütet, wird vom Männchen hin und wieder mit Futter verſorgt. Um das Neſt nicht zu verraten, begeben ſie ſich ſehr ſtill, ſchleichend und auf Umwegen zu demſelben. Gewöhn— lich ſteht es nicht höher als fünfundzwanzig bis dreißig Fuß vom Boden, nicht ſelten beträgt die Höhe aber auch fünfzig bis ſechzig Fuß. Eichhörnchen, Häher und Eulen werden von den Alten wütend angegriffen und vertrieben, wenn ſie an das Neſt kommen. Als Knabe habe ich oft die Neſter unterſucht. Sie greifen den Menſchen nicht an, ſondern laſſen nur eigentüm liche, ſchnurrende Töne, die wie „Hurrr-ruck, hurrr— ruck, ruck, ruck“ klingen, hören. Die ſchwarze Waſſer ſchlange (Scotophis alleghaniensis) und im Süden die verſchiedenen Baum- und die Hühnerſchlaugen ſcheinen wirklich die gefährlichſten Feinde dieſer Spechte zu ſein. Sie dringen gewandt in die Niſthöhle ein, verſchlingen die Eier oder Jungen und richten ſich dann häuslich im Neſte ein. Als ich in meiner Jugend einmal ein etwa zwanzig Fuß hohes Neſt unterſuchen wollte, ſtürzte eine Waſſerſchlange hervor, und ich kam ſchneller auf den Boden als mir lieb war. Die Nahrung des Rotkopfes beſteht im Frühling und Vorſommer faſt ausſchließlich aus Inſekten. Die dicken Holzwürmer ſind ihm ein Leckerbiſſen, doch ſucht er auch Käfer und viele andere Schädlinge von der Borke ab, und fängt ſogar fliegend Motten, Schmetter— linge u. ſ. f. Sobald im Norden die verſchiedenen wilden Früchte, beſonders Junibeeren, dann auch Him-, Brom- und Heidelbeeren reifen, jo iſt er förmlich erpicht darauf. In den Gärten ſtellt er den Kirſchen nach, und ſobald die erſten Apfel reifen, hackt er dieſelben an; ſtört man ihn in ſeiner Mahlzeit, ſo ſpießt er einen der ſchönſten rotbackigſten Apfel auf den Schnabel und fliegt damit davon. Im Süden liebt er beſonders ſüße, reife Feigen und Pfirſiche. Buch— nüſſe und Eicheln verſchmäht er im Winter durchaus nicht. Man ſagt ihm auch, und ich glaube mit einiger Berechtigung, nach, daß er oft Eier und junge Vögel aus den Neſtern hole und ſie verzehre. Trotz meiner langjährigen Bekanntſchaft mit dieſem Specht habe ich nie geſehen, daß er ſich derartige Übergriffe zu ſchulden kommen läßt. Eine bereits in meiner Jugend beob— achtete Eigenſchaft des Rotkopfſpechtes iſt die, daß er Vorräte für den Winter aufſpeichert. Waren die Buchnüſſe gut geraten, ſo klemmte er die Ritzen der Fenzriegel, der Zaunpfoſten und Bäume voll, oft noch grüner Nüſſe, und ſelbſt in Aſtlöchern ſpeicherte er ſie auf. Selbſt Kerne zahmer und wilder Kirſchen und Weizenkörner wurden in die Ritzen gezwängt. Die Vögel ſcheinen dort jedoch nie die Vorräte anzu— gehen, da ſie bald ſüdlich ziehen, und ſo iſt es mir heute noch unklar, weshalb ſie die Nüſſe aufſpeicherten. Weiter ſüdlich, wo ſie anſcheinend noch mehr Buch— nüſſe aufſpeichern als im Norden, verzehren ſie die Vorräte wenigſtens zum Teil. Gewöhnlich halten ſie ſich in der Nähe ihrer Vorräte auf und gebärden ſich ſehr unruhig, ſobald andere Vögel ſich zeigen. Dr. G. S. Agersborg beobachtete bei Vermillion, S. D., daß junge Heuſchrecken die Hauptnahrung dieſer Spechte bildeten. Sie klemmten dort Hunderte noch lebender Heuſchrecken ſehr feſt in die Ritzen der Zaunpfoſten, und ſobald Nahrungsmangel eintrat, lebten ſie von ihren aufgeſpeicherten Vorräten. — Trotz ſeiner Vorliebe für Obſt und Beeren iſt der Rotkopf doch ein überaus nützlicher Vogel, deſſen Dienſte der Landmann und Forſtwirt nicht entbehren kann. Leider wird dieſer ſchöne Vogel von Jahr zu Jahr ſeltener. Unzählige werden jedes Jahr von leichtfertigen und gewiſſenloſen Menſchen weggeſchoſſen. Die Farmer ſind bis jetzt in Bezug auf die ihnen ſo unendlich wertvolle Vogelwelt ſehr gleichgültig, und fo geſtatten ſie es auch, daß auf ihrem Beſitztume auf alle Vögel Jagd gemacht wird. Der Rotkopf eignet ſich ganz ausgezeichnet für die Gefangenſchaft. Jung aus dem Neſte aufgezogene werden ungemein zahm, faſt läſtig, und ſelbſt alte gewöhnen ſich gut ein. Obwohl ſich letztere anfangs ſehr wild und unbändig gebärden, werden ſie doch endlich ſo zahm, daß ſie dem Pfleger die Mehlwürmer, Heuſchrecken, Ameiſenpuppen, Beeren und ſelbſt das Miſchfutter mit ihrer langen Zunge aus der Hand lecken. Der Käfig muß ſehr geräumig und feſt ſein, das Futter möglichſt abwechſelnd. Nicht nur das bekannte Spottdroſſelfutter, vermiſcht mit geriebenen ———— — — ——— — — — — — — — D * er Sammelſpecht. 583 gelben Rüben und Ameiſenpuppen, freſſen ſie gerne, werden auch dem Pfleger manchmal unangenehm, indem ſondern auch gehacktes rohes und gekochtes Fleiſch, ſie aus reiner Spielluſt ſich an Armen und Beinen gekochte Kartoffeln und Ei, Mehlwürmer, allerlei feſthaken oder unverſehens kräftig darauf loshämmern. Obſt und Beeren und ſelbſt Buchnüſſe, Eicheln und Dies iſt jedoch nur der Fall, wenn man fie frei läßt. Pecannüſſe. Da dieſer Specht alle größeren Biſſen Ich hielt einſt einen alt eingefangenen Rotkopf, der fo erſt in Ritzen klemmt und dann zerkleinert, jo iſt es zahm wurde, daß man ihm getroſt die Freiheit geben unbedingt nötig, daß ihm ein recht großes, trockenes konnte; auf einen beſtimmten Pfiff kam er ſofort Stück Holz in den Käfig gegeben werde. Er wird dann wieder zurück. Selbſt inmitten des Waldes blieb er bald eine Menge kleiner Löcher hineingebohrt und in ſtets in meiner Nähe, und hatte er mich aus den dieſe allerlei Futterſtoffe, beſonders Nüſſe, Käfer und | Augen verloren, jo ließ er ängſtlich lockende Töne Grashüpfer, geklemmt haben. An dieſen Holzſtücken hören. Keine Katze und auch keine Schlange wagte wird er genügend Beſchäftigung für ſeinen ſcharfen ſich an ihn. Schnabel finden und die Käfigwände nicht fo leicht! Namen Rotkopfſpecht, Rotkopf, rottöpfiger Holzhacker beſchädigen. Nur wenn man ſo für ihn ſorgt, wird (Thüringer in Wisconfin). man Freude an ſeinem Thun und Treiben haben Red-headed Woodpecker, Red- head. können. Mit anderen Vögeln darf man ihn nicht Wiſſenſchaftliche Namen: Pieus erythrocephalus zuſammenthun, ſelbſt mer dieſe gleich ſtark Ode ne erythrocephalus Swains. jtärfer find. Ich brachte einft einen ſehr vaubgierigen | Beschreibung: Der ganze Kopf und Hals ſchön karminrot, Blauhäher zu ihm ins Bauer, mußte aber bald erleben, begrenzt durch einen ſchmalen ſchwarzen Halbmond auf daß dieſer vom Rotkopf nicht nur arg bedrängt, ſon— der Oberbruſt; Rücken, Schwungfedern und Schwanz N 5 5 78 = : blauſchwarz; Unterſeite, ein großes weißes Feld auf den dern ſchließlich mit einem einzigen Schnabelhiebe = = EEE 5 Flügeln und der Bürzel reinweiß. Weibchen ebenjo. getötet wurde. Jung aus dem Neſte aufgezogene Länge 9.50 Zoll; Flügel 5.50, Schwanz 3.68 Zoll. S . [ 18 f . Der Hamme [pech a California Woodpecker. Melanerpes formicivorus Bairdi RıDGWAY. Tafel XXXVI Vogel 5. @\ Mi Säugetiere, namentlich Nager, ſammeln eine andere, ihnen genügend Futter ſpendende Gegend Wintervorräte. Sie find an beſtimmte Ort- aufzuſuchen. Mit einem gewiſſen Mißtrauen wurde lichkeiten gebunden, von welchen ſie ſich nicht weit | daher die Nachricht aufgenommen, daß in Californien entfernen können, um nach Nahrung zu ſuchen. In und Mexico ein Specht lebe, welcher auf höchſt eigen- der Zeit des Überfluſſes ſorgen fie daher für die Zeit | tümliche Weiſe Wintervorräte anſammle. des Mangels. Anders iſt dies bei den Vögeln. Die Dieſe Art iſt der dem Rotkopfe nahe verwandte bei weitem größte Mehrzahl derſelben wandert hun- Sammelſpecht, der ſich von Britiſch-Columbia derte, ja Tauſende von Meilen ſüdlich, wo ewiger bis ſüdlich in das Innere Mexicos verbreitet. In Frühling herrſcht, wo täglich der Tiſch reichlich für ſie Californien trifft man ihn beſonders häufig in der gedeckt iſt. Andere Arten, welche trotz Kälte und Sierra Nevada und im Küſtengebirge, doch fehlt er Schnee in der Heimat verweilen, wie beiſpielsweiſe die auch in anderen Ortlichkeiten nicht, ſofern Wälder Meiſen, viele Finken und Spechte, finden in den vorhanden ſind. „Der Sammelſpecht“, ſagt Dr. vielen unter der Borke und in den Ritzen der Bäume | Heermann, „it der häufigſte und lärmendſte aller verſteckten Inſekten, die Finkenvögel an den Unkraut- Spechte Californiens. Vom höchſten Zweige eines ſämereien reichlich Nahrung, und wird dieſelbe ja | Baumes aus, auf dem er zu ſitzen pflegt, ſchwingt er ſpärlich, ſo iſt es ihnen, vermöge ihres Fluges, leicht, ſich plötzlich nach unten herab, ein Kerbtier verfolgend, 584 Der Sammelſpecht. kehrt dann, nachdem er es ergriffen, zu ſeinem früheren Platze zurück und beginnt wenige Augenblicke ſpäter eine ähnliche Jagd. Im Herbſt aber beſchäftigt er ſich ſehr eifrig damit, kleine Löcher in die Rinde der Eichen und Nadelbäume zu hacken und in ihnen Eicheln aufzubewahren. In jedes Loch kommt eine Eichel, und ſie wird ſo feſt eingeklemmt, daß ſie nur mit Mühe herausgezogen werden kann. Zuweilen gewinnt die Rinde einer großen Kiefer den Anſchein, als ſei ſie auf einem Flächenraum von vierzig bis fünfzig Fuß dicht mit Bronzenägeln beſchlagen. Dieſe Eicheln werden in ſehr großer Menge aufgeſpeichert und ernähren während des Winters nicht nur unſeren Specht, ſondern auch Eichhörnchen, Mäuſe, Häher u. ſ. f., welche dieſe Vorräte ſtark mitnehmen.“ Das eigentümliche Thun und Treiben der eigent— lichen Art, des mexikaniſchen Sammelſpechtes, iſt in weiteren Kreiſen zuerſt durch eine ſehr ausführ— liche Beſchreibung des ſchweizeriſchen Naturforſchers M. H. de Sauſſure bekannt geworden. Dieſe Schilderung erſchien in einem weitverbreiteten Werke: tes eine Röhre freiläßt, die deſſen ganze Läuge ein— „Bibliothèque Universelle“ (Genf) im Jahre 1858. Die Arbeit machte ein ſolches Aufſehen, daß ſie noch in demſelben Jahre in andere Sprachen überſetzt wurde. Herr Dr. Karl Bolle brachte eine ſehr gute deutſche Überſetzung in dem 1858er Jahrgange von Cabanis' „Journal für Ornithologie“. Sauſ— ſure nennt den von ihm beſchriebenen Specht Colaptes mezxicanoides, während doch der Sammelſpecht gemeint iſt. Sumichraſt, der Begleiter Sauſſures, ein Ornitholog von bedeutendem Rufe, berichtigte jedoch ſpäter den Irrtum. Ich kann nicht umhin, an dieſer Stelle einen kurzen Auszug aus der höchſt intereſ- ſanten, aber ſehr umfaſſenden Arbeit Sauſſures zu geben. Die Abhänge des einſtigen Vulkans Pizarro, nahe Perote in Mexico, ſind von einer ungeheuren Menge Agaven, der Maguay (Agave americana), aus welchen das Nationalgetränk der Mexikaner, der berauſchende „Pulque“, bereitet wird, und Yuccas beſtanden. Kein Baum oder größerer Strauch findet ſich hier. Sauſſure war überraſcht, dieſe ſtille und öde Wildnis von Spechten ſchwärmend zu finden. Der Umſtand, die ſonſt ſo einſam und für ſich lebenden Vögel hier in größerer Anzahl beiſammen zu finden, trieb ihn, dem Geheimnis auf den Grund zu kommen. Er ſchreibt dann wörtlich: „Die Spechte flogen hin und her, klammerten ſich einen Moment an eine Pflanze und entfernten ſich darauf faſt augenblicklich. Am häufigſten ſah man ſie an den Blütenſchaften der Agaven. An dieſen hämmerten ſie einen Augenblick, indem ſie mit ihren ſpitzen Schnä— beln wiederholt an das Holz klopften; gleich darauf flogen ſie an die Yuccaſtämme, wo ſie dieſelbe Arbeit aufs neue vornahmen. Dann kehrten ſie ſchnell wieder zu den Agaven zurück, um ihre Arbeit fortzu— ſetzen. Ich näherte mich daher den Pflanzen und betrachtete ihre Stengel, die ich ſiebförmig durchlöchert fand und zwar ſo, daß die Löcher unregelmäßig eins über dem andern ſich befanden. Die Offnungen ſtanden offenbar mit Höhlungen im Innern in Ver— bindung, worin ich bei näherer Unterſuchung eines Blütenſchaftes ein wahres Magazin von Nahrungs- ſtoffen entdeckte. „Die Sache verhält ſich folgendermaßen. Die Agave ſtirbt, nachdem ſie geblüht hat, ab und ver— trocknet, bleibt aber noch lange nachher aufrecht ſtehen, und ihr Schaft bildet gleichſam einen ſenk— rechten Pfahl, deſſen äußere Schicht beim Abtrocknen erhärtet, während das Mark des Innern nach und nach verſchwindet und ſo im Mittelpunkt des Schaf— nimmt. Dieſe Röhre hat der Specht dazu erſehen, ſeine Lebensmittel darin aufzuſpeichern. Dieſe Lebens— mittel ſind aber wiederum ſeltſam gewählt. Sie beſtehen weder aus Inſekten, noch aus Larven oder anderen tieriſchen Stoffen, wie ſie ſonſt die Kletter— vögel lieben und unter der Rinde aufſuchen. Nein, fie werden ausſchließlich dem Pflanzenreiche entnom— men. Es ſind Eicheln, die von unſeren Vögeln für den Winter in dieſen natürlichen Speichern aufgehäuft werden. Die Mittelröhre des Schaftes der Agaven hat einen Durchmeſſer, gerade groß genug, um dieſe Früchte einzeln durchzulaſſen, ſodaß ſie der Reihe nach eine über der andern zu liegen kommen, und wenn man dieſe Röhre der Länge nach ſpaltet, ſo findet man den ganzen inneren Kanal gleichſam mit einer Säule von Eicheln gefüllt. Indes iſt ihr Aufeinanderliegen nicht immer ſo regelmäßig. In den ſtärkſten Agaven iſt die innere Höhlung weiter, und in ſolchen häufen ſich dann die Eicheln unregelmäßiger an. — Mit Schnabelhieben bohrt der Specht zuerſt am unterſten Teile des Schaftes ein Loch durch das peripheriſche Holz. Dieſes Loch erſtreckt ſich bis zur mittleren Röhre. Er benutzt dann dieſe Offnung, um Eicheln hineinzuſtopfen, bis er damit den Teil der Röhre gefüllt hat, der unterhalb des Loches liegt. Hierauf bohrte er ein zweites Loch an einem höher gelegenen Punkte des Schaftes, durch welches er den inneren Raum des Centralkanals, der ſich zwiſchen den beiden Öffnungen befindet, ausfüllt. Gleich darauf bringt er noch ein drittes Loch noch höher hinauf an, und fo fährt er fort, nach und nach ſein Magazin zu füllen, bis er ſo hoch hinaufgeſtiegen iſt, daß er den Punkt des Schaftes erreicht, wo der Kanal ſo enge wird, daß er keine Eicheln mehr durchläßt. Man beachte jedoch, daß dieſe Schaftröhre weder weit, noch glatt genug iſt, um die Eicheln vermöge ihrer eigenen Schwere gerade hindurchfallen zu laſſen. Der Vogel iſt vielmehr gezwungen, ſie hineinzuſtoßen, und trotz ſeines Ge ſchickes bei dieſer Arbeit gelingt es ihm doch meiſt nur, ſie ein bis zwei Zoll tief in der Röhre herabzuſchieben, was ihn nötigt, dieſe Löcher ſehr nahe übereinander zu ſtellen, um den Schaft zu füllen. Auch dieſe Arbeit verrichtet er nicht immer mit gleicher Regelmäßigkeit. Es giebt viele Agavenſchafte, deren Mark noch faſt unverſehrt geblieben iſt und kaum irgend eine Röhre bildet. Der obere Teil des Schaftes iſt faſt ohne Ausnahme ſo beſchaffen. In dieſen Fällen muß der Specht andere Kunjtgriffe anwenden, um ſeine Eichel— vorräte niederzulegen. Wo er keine Höhlungen findet, muß er ſelbſt ſolche meißeln. Zu dieſem Behufe bohrt er für jede Eichel, die er verſtecken will, ein beſonderes Loch und legt dieſelbe dann in dem Marke ſelbſt nieder, in welches er ein Loch hämmert, das weit genug iſt, eine ſolche aufzunehmen. So findet man viele Sten— gel, in denen die Eicheln nicht in einer Centralröhre angehäuft ſind, ſondern jede für ſich am Ende eines der Löcher liegt, mit welchen die Oberfläche des Schaftes überſäet iſt. Dies iſt eine ſchwere Arbeit und verurſacht dem Vogel viele Mühe. Er muß ſehr fleißig ſein, um eine ſolche Vorratskammer anzulegen. Deſto leichter wird es ihm nachher, dieſelbe zu benutzen. Der Specht hat dann nicht mehr nötig, ſeine Nahrung unter einer mühſam zu durchbrechenden Holzſchicht zu ſuchen; er braucht nur ſeinen ſpitzen Schnabel in eine jener ſchon fertigen Öffnungen zu ſtecken, um eine Mahlzeit daraus hervorzuholen. Es ſcheint in dieſem Falle, als habe unſer Vogel ſeinen feſten Schnabel weniger dazu, ſeine Nahrung innerhalb des Holzes zu ſuchen, als um ſie darin zu verbergen.“ Bemerken will ich hier noch, daß nicht nur das Aufſpeichern der Eicheln, ſondern noch mehr das Ein— ſammeln derſelben unſerem Spechte unendliche Mühe und Arbeit verurſacht. Der Vulkan Pizarro liegt nämlich in einer öden, wüſtenartigen Gegend. Der Boden beſteht aus Sand und vulkaniſchem Geröll und iſt ſehr unfruchtbar. Die nächſten Eichen finden ſich in den Cordilleras, dreißig Meilen entfernt. Der Sammelſpecht muß alſo jedesmal eine Reiſe von ſechzig Der Sammelſpecht— 58 Meilen machen, um nur eine einzige Eichel zu ſammelu. Während des Winters fällt hier kein Regen, alle zarteren Pflanzen vertrocknen; der Specht iſt daun nur auf ſeine geſammelten Vorräte angewieſen. Sumichraſt fand den Sammelſpecht auch zahl reich im Staate Vera Cruz, wo er ausſchließlich die Eichenwälder bewohnte. In der alpinen Region bei Potrero fand er die Eichen ringsumher voller Löcher. In jedem dieſer Löcher wurde eine Eichel befeſtigt. Da in dieſer Gegend das ganze Jahr hindurch Inſek— ten in Menge vorkommen, ſo erſcheint das Einſam meln von Vorräten in der That höchſt überflüſſig und rätſelhaft. Manche Beobachter haben behauptet, daß dieſe Spechte nicht die Kerne der Eicheln, ſondern die ſich in denſelben bildenden Würmer freſſen. Andere dagegen haben beobachtet, ſo Sauſſure, daß ſie die Kerne wirklich verzehren. Jedenfalls iſt vieles im Leben dieſes Spechtes noch nicht erforſcht. So berichtet Lord, und viele andere Beobachter beſtätigen es, daß ſie in Britiſch-Columbia und in Californien, wo es das ganze Jahr hindurch an Inſekten und anderer Nahrung nicht mangelt, nur ſelten die aufgeſpeicherten Wintervorräte angehen. Der genannte Forſcher fand in den Magen der von ihm erlegten Sammelſpechte auch nicht die Spur irgend eines Pflanzenſtoffes, und doch ſah er ſie Eicheln in der Rinde der Bäume auf— ſpeichern. — Der Sammelinſtinkt iſt bei dieſem Vogel ſo entwickelt, daß er nicht nur Eichelu, ſondern ſelbſt kleine Steine in den von ihm gemeißelten Löchern befeſtigt. Die Borke wächſt endlich darüber, und nach einigen Jahren ſitzen ſie tief im Holze. So berichtet Dr. Canfield in Monterey, Cal., daß ſolche Steine namentlich in der Zuckerkiefer, einem Baume, deſſen Holz als Bauholz ſehr geſucht ſei, gefunden werden. Wird ein ſolcher Stamm in die Sägemühle gebracht, ſo geſchieht es nicht ſelten, daß die Säge einen kleinen Feuer- oder Agatſtein trifft und zerbricht. Der Sammelſpecht niſtet in ganz ähnlicher Weiſe wie der Rotkopf. Er meißelt in irgend einen kern— faulen Baumſtamm oder in einen dicken Aſt eine Höhlung, welche etwa ſechs Zoll bis zwei Fuß tief iſt und in welche er fünf bis ſechs reinweiße, glänzende Eier legt. Durch ſeine Schönheit wird der Sammelſpecht zur Zierde der herrlichen californifchen Wälder; durch ſeine Munterkeit belebt er ſie, und durch ſeine charak teriſtiſchen Eigentümlichkeiten fällt er ſelbſt dem ſonſt achtlos an der Natur vorübergehenden Alltagsmenſchen auf und zieht ihn au. 74 586 Man findet ihn am häufigſten in Californien und von da nördlich bis nach Britiſch-Columbia. Auch in Arizona iſt er ein gewöhnlicher Vogel, iſt ſelbſt in New Mexico beobachtet worden und verbreitet ſich ſüdlich bis nach Coſta Rica. Der eigentliche Sammelſpecht (Melaner- pes formicivorus BONAPARTE) bewohnt Mexico, Guatemala, Honduras u. ſ. w. Der im weſtlichen Gebiete der Union lebende Sammelſpecht iſt nur eine Abart von dieſem. Eine andere Abart (Melanerpes formieworus an- | gustifrons Baıkp; Narrow-fronted Woodpecker) bewohnt Untercalifornien. Namen: Sammelſpecht, californiſcher Specht. California Woodpecker. Wiſſenſchaftliche Namen: Bairdi Ridgw. (1581). Melamerpes formieivorus Beſchreibung: Kopfkrone bis zum Nacken leuchtend rot; Stirn weiß; ein weißer Streif läuft von hieraus bis zur gelblichweißen Unterkehle; Oberkehle ſchwarz; ein breiter ſchwarzer, das Auge einſchließender, an das Rot | des Kopfes und das Gelblichweiß der Kehle grenzender Streif, ſich mit dem Blauſchwarz des Rückens vereini— gend; Bruſt ſchwarz, nach dem Bauch zu in Weiß übergehend; Bürzel weiß. Weibchen ähnlich, mit weniger Rot. Länge 9.50 Zoll; Flügel 6.00, Schwanz 3.75 Zoll. Der Häherſpecht. Lewis’ Woodpecker. Melanerpes torquatus BoNaP. Dieſer eigentümlich ſchöne, hochintereſſante Specht wurde anfangs dieſes Jahrhunderts von Lewis und Clarke, während deren denkwürdiger Forſchungs— reiſe quer durch den Kontinent im fernen Nordweſten der Vereinigten Staaten eutdeckt. Nuttall am Columbia zahlreich und berichtete aus— führlicher über ihn. Namentlich in den Cedern- und Kiefernwäldern am Bear River fand er ihn. Er brütete in hohen Stumpfen, und ausgeflogene Junge zeigten ſich ſchon im Juli. Später, Ende Auguſt, traf der Forſcher ganze Scharen Häher- oder Lewis-Spechte am Willamette. In ihrer Lebens— Später fand ihn | weile und in ihrem Weſen find fie den übrigen | Spechten ſehr unähnlich; wie Stärlinge ſetzen fie ſich in dichten Scharen auf die Bäume, wie Fliegenfänger erbeuten ſie fliegende Kerfe, und wie Droſſeln ver— zehren ſie Beeren. Man findet dieſen Specht von den ſchwarzen Bergen (Black Hills) bis zum Pacific, wo er vorzugsweiſe die ungeheuren Nadelwälder des Felſengebirges, der Sierra Nevada und des Küſten— gebirges (Coast Range) bewohnt. Als echter Zugvogel erſcheint er am Columbia anfangs Mai. Obwohl er gelegentlich die Thäler beſucht, ſo ſind doch die hohen Gebirgswälder nahe der Schneegrenze ſein bevorzugter Aufenthalt. Faſt alle Forſcher bezeichnen ihn als einen ſcheuen, ſchwer zu erlegenden Vogel. Während des Sommers ſcheiunt er in Colorado, Waſhington und Oregon, während des Winters in Arizona und Mexico am häufigſten zu ſein. Nach Cooper niſtet er in alten, morſchen Bäumen. Er meißelt ſich ſeine Höhlung niedrig und hoch vom Boden, gerade wie es ihm am paſſendſten erſcheint. Die fünf bis ſechs Eier ſind glänzend reinweiß. Die Rufe ſind rauh und ſchallen weithin durch den Wald. Im Herbſt ſind die aus acht bis zehn Stück Jungen beſtehenden Flüge ſehr laut und lärmend. Der Flug ſoll mehr dem eines Hähers als dem eines Spechtes ähnlich ſein. Einen großen Teil ſeiner Nahrung ſucht er vom Boden auf. Dieſelbe beſteht aus Holzwürmern, Heuſchrecken, Ameiſen, kleinen Früchten und Eicheln. Scott, der die Häherſpechte zahlreich im Catalina-Gebirge in Arizona beobachtete, berichtet, daß nur wenige hoch oben im Gebirge brüten, daß ſie aber in großer Anzahl den Winter in den Thälern verbringen. Jun der Nähe ſeiner Wohnung erſchienen ſie gewöhnlich am 20. September und verweilten bis zum 20. April. Im Jahre 1884 waren ſie ganz außerordentlich zahlreich, beſuchten in unzähligen Scharen die Ranches am San Pedro und bei Tueſon, und verurſachten am Obſt großen Schaden. Auch in den Eichenwäldern waren ſie zahlreich, nährten ſich dort meiſt von Eicheln, fingen aber während der wärmeren Tageszeit auch viele fliegende Juſekten. Namen: Häherſpecht, Lewis-Specht. Lewis’ Woodpecker. Wiſſenſchaftliche Namen: Pieus torquatus Wilson (1811). — Melanerpes torquatus Bonap. (1850). — Asyndesmus torquatus Coues (1866). Beſchreibung: Die Federn der Unterſeite und namentlich das eigentümliche grauweiße Hals- und Nackenband haar- oder borſtenartig. Oberſeite ſchillernd ſchwarz— grün; Bruſt, Unterhals, Nackenband grauweiß; an der Schnabelwurzel, an den Kopfſeiten bis hinter die Augen dunkelkarmin; Bauch blutrot, fein grauweiß geſtrichelt; Flügel und Schwanz ſchwarzgrün. Weibchen ähnlich. Länge 11.00 Zoll; Flügel 6.65, Schwanz 4.55 Zoll. mmm... 8 — 1 — —— —— — Der Debra- oder Carolina-Specht. Red-bellied Woodpecker. Melanerpes carolinus RDG WAx. Tafel KXXVI Vogel 3. Leiſe und langſam erheben vom Moore ſich Kranich und Reiher, Fächeln im läſſigen Flug leicht die balſamiſche Luft. Prächtige Rankengewächſe umſchlingen am Ufer die Sträucher, Spiegeln blütenbedeckt tief ſich in ſonniger Flut. Munter umflattern in Scharen die Vögel des Nordens die Blumen, Preiſen in Jubelgeſang zwitſchernd des Südens Natur. O, ihr heimiſchen Schwalben, ihr Droſſeln und andere Sänger, Einmal iſt mir's vergönnt, mit euch den Süden zu ſeh'n! — 2 E. iſt Weihnachtszeit auf der Halbinſel Floridas. Di Orangenbäume hängen voll goldiger Früchte. In den Gärten blühen unzählige Blumen, und die meiſten Zierſträucher und Bäume prangen im üppig⸗dunkelgrünen Blätterſchmucke. „Die Sonne iſt durch ein leichtes Gewölk genügend verſchleiert, um das Schreiben im Freien auf der Veranda den Augen angenehm zu machen, während mir zur Seite das dichte, dunkelgrüne Laub eines herrlichen gelben Jas— minſtrauches ein Übermaß von Licht und Luft aus— ſchließt. Die nach außen gekehrten Ranken zeigen einige vergilbte Blätter, denn nach dreitägigem ſtarkem Nordoſtwinde fiel vorgeſtern ein Reif in der Stille der Nacht. Er hatte ſich wie ein Dieb vom fernen Norden hierher geſchlichen, zu ſtehlen, was ihm nichts nützte, oder gar zu vernichten, was er nicht wieder erſetzen konnte. Aber Frau Sonne machte flink Licht, und fort war der Dieb. Aus geſchützter Stelle unter dem Dachgeſims her lächeln mich mit ihren duftenden, goldenen Kelchen einige friſch erſchloſſene Jasmin— blüten an. Wie kleine Elfen halten ſie ſich ſchwebend an den grünen Ranken feſt und wiegen ſich im leichten Winde hin und her, und wie ſie ſich wiegen, iſt es, als wenn ſie faſt in gleichem Takte ſingen: Freund, ſei getroſt, ſolang' wir dich umgaukeln, Bleibt dir der grimme, kalte Winter fern; Darfſt dreiſt dich in der Hängematte ſchaukeln, Wir ſpenden dir ja Duft und Schatten gern. Haben ſie wirklich geſungen oder ſchien es nur ſo? Sie müſſen wirklich geſungen haben, denn drüben im Garten, vom baumhohen, blühenden Oleanderſtrauche ſchaut ein wilder ‚Mocingbivd‘, die gefeierte Spott droſſel des Südens, herüber. . . . Er begnügt ſich Frank Siller. damit, den ſtumm lauſchenden Jasminblüten ſeine Auffaſſung des Liedes zu geben, die ſehr hübſch und melodiſch klang. Dann gab er einige wilde Spott— rufe und einen Triller zum beſten — der klang wie „Ja, ja, haha — kein Winter da! — und war auf und davon. Unterdeſſen iſt die Sonne höher geſtiegen, die Wolken ſind verflogen, und es iſt auf der Süd— Veranda, der einzigen des Hauſes, an dieſem herrlichen Sonntagmorgen zu warm und hell geworden, um bequem weiter zu ſchreiben, und ſo gehe ich denn in mein Zimmer, wo mich beim Schreiben weder Frau Sonne noch ihre Lieblingskinder, Jasmin und Spott— droſſel, wieder zu Abſchweifungen verführen ſollen.“ Sibbe.) Doch die herrliche, weiche, ſtärkende Luft leidet uus nicht lange im Zimmer. Wir gehen hinaus in jenen Kiefernwald. Hoch über uns ſehen wir Kra— niche im keilförmigen Fluge gen Süden, nach den waſſerreichen Prärien der Everglades ziehen. Als ſie ſich beobachtet ſehen, ſteigen ſie in ſpiralförmigen Windungen immer höher und höher hinauf, dabei fortwährend ihre eigentümlichen lauten, wohlklin— genden Töne ausſtoßend. Auch Reiher, Scharen von Enten und Gäuſen, und ſelbſt Schwäne ziehen durch die balſamiſche Luft dahin. An jenem kleinen, tiefen See ſpiegeln ſich verſchiedene Rankengewächſe und die immergrünen Magnolien und Lebeuseichen im Waſſer. Der ganze Wald iſt belebt von nördlichen Vögeln, namentlich von vielen verſchiedenen Finkenarten, von Blauvögeln und Robins. Aber ein Vogel fällt uns im Kiefernwalde beſonders auf, der Zebra- oder Carolina-Specht, ein von andern Spechten ganz abweichend gefärbter, leicht keuutlicher, ſchöner Be wohner des Waldes. Seine ſehr angenehm gitterartig weiß und ſchwarz quer gezeichnete Oberſeite, ſein zinnoberroter Kopf und Nacken machen ihn zu einer ſehr ſchönen Erſcheinung. Er iſt durchaus nicht ſcheu, läuft gewandt in Schraubenlinien an den dicken, fait | aſtloſen langnadeligen Kiefern empor, läßt aber im Winter ſelten einen Laut von ſich hören. In Texas, wo er, wie überall in den Südſtaaten, Standvogel iſt, belebt er namentlich die Pfoſteneichenwälder, iſt in ihnen zahlreicher als alle anderen Spechte zuſammen— genommen, kommt aber auch in den dichten Laub— wäldern der Fluß- und Bachniederungen, in den Kiefernwäldern von Oſt-Texas und in den Magnolien— und Lebenseichenwäldern des ſüdlichen Louiſiana aller— wärts vor. Obwohl in der Ozarkregion des ſüdweſt— lichen Miſſouri vorkommend, iſt er dort doch nicht zahlreich, tritt dagegen häufig in den Wäldern des ſüdlichen Illinois auf. „ 588 Der Zebra- oder Carolina-Specht. (Tſchau⸗tſchau). Er iſt keck, kräftig, munter, gewandt und viel ſchöner als unſere Kleinſpechte. Seine abſtechenden Farben zieren ihn in ihrer bunten Ab— wechslung auch in der Ferne, und beſonders wenn er, uns den Rücken zukehrend, an einem Baumſtamme emporläuft. Es ſieht herrlich aus, wenn bei heiterem, ſonnigem Winterwetter oder im Frühling ſich zwei Zebraſpechte von Baum zu Baum jagen, an einem Im nördlichen Illinois habe ich ihn nie geſehen, doch iſt es Thatſache, daß vor einigen Jahren ein einzelnes Pärchen in einem alten Baumſtumpf im Lincoln-Park in Chicago brütete. Er verbreitet ſich vom Atlantiſchen Ozean bis zum Felſengebirge, findet aber in den ſüdatlantiſchen und Golfſtaaten feine eigentliche Heimat. In Neu- England trifft man ihn ſehr ſelten. Der Zebraſpecht liebt zum Aufenthalt Vorhölzer und tiefe Waldungen, kommt aber auch in Feldhölzern und ſelbſt in alten Obſtgärten zahlreich vor. Am liebſten ſind ihm die mit vielen alten, morſchen Bäumen beſtandenen Pfoſteneichen- und Laubholzwälder, doch tritt er zahl— reich auch in den Kiefernwäldern auf. Ganz beſon— ders häufig iſt er in alten Feldern mit vielen abge- ſtorbenen, morſchen Bäumen. Derartige Klärungen giebt es in der Mais-, Baumwoll- und Zuckerregion des Südens viele, da man dort ehedem die Bäume nicht niederſchlug, ſondern nur ringelte. Während des Sommers hat ein jedes Pärchen ein ſcharf abge— grenztes, wenn auch kleines Wohngebiet und duldet in demſelben kein anderes ſeiner Art. Bei ſeinen Streifereien folgt er den Bäumen und meidet es, größere freie Strecken zu überfliegen. Im Winter durchſtreift er, meiſt allein oder paarweiſe, weite Wald— gebiete. Goldhähnchen, Meiſen, ſelbſt Hüttenſänger und andere Vögel ſchließen ſich ihm dann oft an. Während des Frühlings, kurz vor und während der Paarungszeit, iſt er ein lauter, lärmender, fröhlicher Vogel. Faſt fortwährend vernimmt man im März und April ſein durchdringendes „Türrrürrrürrrürrr“ und ein rauheres „Tſchau-tſchau“. Man nennt ihn deshalb im Süden vielfach geradezu den „Chow-chow“ Baumſtamme ſich verfolgend hoch emporklettern und dann an einem alten, trockenen Aſte eifrig zu trommeln beginnen. Beſonders die parkähnlichen, offenen Kie— fernwaldungen beleben fie auf dieſe Weiſe aufs ange— nehmſte. Der Flug iſt wellenförmig, ziemlich ſchnell, dehnt ſich aber ſelten über weite Strecken aus. Auf dem Boden iſt er ſehr ungeſchickt, kommt auch ſelten auf denſelben herab. Wie alle Spechte, ſo hält auch er ſeine Nachtruhe in Baumhöhlungen und, wie ich glaube, ſtets in ſolchen, welche er ſelbſt gemeißelt hat. Auch er iſt gegen ſeinesgleichen, ſelbſt gegen das Weib— chen, ein ſehr unliebeuswürdiger Vogel. Gegen die übrigen Vögel, welche ſich ihm im Winter bei ſeinen Streifereien anſchließen, benimmt er ſich nicht geradezu freundſchaftlich, doch ſcheint ihm die Thatſache, daß fie ihn zum Führer wählen, trotz ſeiner ſcheinbaren Gleich— gültigkeit recht gut zu behagen. Seine Nahrung beſteht aus Holzwürmern, allerlei Kerbtieren, welche ſich an und in der Borke und im Holze aufhalten, dann auch aus Beeren und Obſt. Im Winter verzehrt er auch den Samen der Kie— fern und ſelbſt Cederbeeren. Mit großer Ausdauer hackt er die Kiefernzapfen auf, um an die Kerne zu gelangen. Das Neſt ſteht meiſt in einem alten, morſchen Baume, von fünf bis ſechzig Fuß vom Boden. Er beginnt eine ganze Anzahl Höhlungen, ehe er eine wirklich vollendet. Wird er beim Ausmeißeln einer Höhlung geſtört, ſo verläßt er dieſelbe ſofort und fängt eine neue au. Oft beſſert er auch eine alte Höhlung etwas aus und bringt darin daun ſeine Eier unter. Weiche Baumarten ſind ihm lieber als hartholzige; daher kommt es, daß er in Linden, Pappeln, den eigentümlichen „Judasbäumen“ (Cereis canadensis; ted-bud) und in den oft kernfaulen Pfoſteneichen vorzugsweiſe ſeine Niſt- und Schlafhöhlungen anlegt, Das Neſt iſt ſelten tiefer als 12 bis 15 Zoll vom Eingangsloche entfernt. Es bietet im Vergleich zu dem anderer Arten nichts Beſonderes. Die vier bis ſechs Eier ſind glänzend reinweiß. Beide Gatten brüten abwechſelnd und zeitigen die Eier in etwa vier— zehn Tagen. Sie lieben ihre Brut ungemein und Te — Der goldſtirnige Specht. ſchreien ängſtlich, wenn ſie dieſelbe bedroht glauben. Ganz in der Nähe meiner Wohnung an der Weſt Yegua brüteten mehrere Pärchen. Sie waren längſt nicht jo ſcheu als andere Spechte, doch gebärdeten fie | ſich ſehr kopflos und ängſtlich, wenn ich das Neſt Das Weibchen mußte faſt ſtets mit der Hand entfernt werden, um den Inhalt beſichtigen zu unterſuchte. können. Auch noch lange nach dem Ausfliegen führen und füttern ſie ihre Kinder, bis dieſe wirklich ſelb— ſtändig geworden und imſtande ſind, ohne jegliche Anleitung ihre Nahrung zu erwerben. Die Wenden in Lee County, Texas, welche ſich ſehr für die ſie umgebenden Vögel intereſſieren, nennen dieſe Art den Er geht dort ſehr oft reife bunten Holzhacker. Pfirſiche und Weintrauben an, doch ſchützt man ihn wegen ſeiner außerordentlichen Nützlichkeit allgemein. Ich habe nie Verſuche gemacht, den Zebraſpecht in der Gefangenſchaft zu halten, doch dürfte er im Käfig ebenſogut ausdauern wie der Rotkopf und Goldſpecht. Seine Hauptfeinde ſind Schlangen, Opoſſums und Eichhörnchen. abhold und verfolgen ſie mit ängſtlichem Geſchrei. Schlangen und Opoſſums ſind nächtliche Räuber und vernichten ſehr viele Bruten. Namen: Zebraſpecht, Carolina-Specht, bunter Holzhacker. Red-bellied Woodpecker, pecker, Zebra Bird. Carolina Wood- Wiſſenſchaftliche Namen: Picus carolinus Linn. (1758). — Centurus carolinus Swains, (1838). — Melan- erpes carolinus Ridgw. (1874), Picus zebra Boddert. Beſchreibung: Kopf von der Stirn bis in den Nacken ſehr ſchön karmin- oder zinnoberrot; Oberſeite, Bürzel, Flügelfedern ſchwarz und weiß quer gebändert; obere Schwanzfedern weiß, hie und da gefleckt; untere Schwanzfedern ſchwarz, die erſten weiß gebändert; Unterſeite braunweiß, gelblich angeflogen; Mitte des Bauches hellrot. Länge 9.75 Zoll; Flügel 5.00, Schwanz 3.50 Zoll. Der goldſtirnige Specht (Melanerpes auri- frons RIpG Wax; Golden-fronted Woodpecker) iſt dem Zebraſpecht ſehr ähnlich. Texas iſt er ſehr zahlreich, doch iſt er nicht ſo laut als der vorige. Er macht ſich beſonders gerne an den viereckigen Regierungs-Telegraphenpfoſten zu ſchaffen. Es iſt dies eine faſt allen unſeren Spechten anhaftende Eigentümlichkeit. und ununterbrochen, daß man ſich bis auf wenige Beſonders letzteren find fie jehr | entwickelt find. ſitiſchen, Am Rio Grande in Ich ſah ſehr oft den Hauben, Haar-, Dunen-, Rotkopf-, Zebra- und Goldſpecht an Telegraphenpfoſten hämmern und zwar ſo eifrig 589 Schritte ihnen nähern konnte. Sie hämmern eine Zeitlang, dann horchen ſie einen Augenblick, und mit erneutem Eifer ſetzen ſie dann ihre Arbeit fort. Die getäuſchten Vögel hören das Summen der Drähte, vermeinen aber ohne Zweifel das Bohren von Holz— würmern im Innern der Pfoſten zu vernehmen. Auch die Erfahrung belehrt fie keines Beſſeren, denn immer und immer wieder kehren ſie an die Telegraphen— pfoſten zurück. Der goldſtirnige Specht belebt nament— lich die Mesquitbeſtände, findet ſich jedoch auch in allen Waldgebieten des ſüdlichen Texas, weſtlich bis San Antonio und Eagle Paß. In ſeiner Niſt- und Yebens- weiſe unterſcheidet er ſich nicht vom Zebraſpecht. Beſchreibung: Rücken ſchwarz und weiß quer gebändert, Bürzel und obere Schwanzfedern weiß; Krone mit einem faſt viereckigen roten Fleck, von dem Gelb der Schnabel— wurzel durch Schmutzigweiß getrennt; Nacken orange— gelb; Unterſeite und Kopfſeiten ſchmutzigweiß; Mitte des Bauches gelb; Schwanzfedern ſchwarz, nur die äu— ßeren weiß gebändert. Weibchen ohne roten Scheitelfleck. Größe des vorigen. Der Gila- oder Kaktusſpecht (Melanerpes uropygialis RGW AN; Gila Woodpecker) iſt ein Bewohner des ſüdlichen Arizona, Untercaliforniens und des weſtlichen Mexico, wo die Kakteen am meiſten Beſonders in ſolchen Gegenden, wo der Rieſenkaktus wächſt, iſt er zahlreich. Die Mexi— laner ſollen ihn deshalb geradezu „Suwarrow“ oder „Saguaro“, den Vogel der Rieſenkakteen, nennen. Dr. Heermann beobachtete ihn zahlreich an den Ufern des Gila in Mesquitbäumen. Er fand die Rieſenkakteen voller Spechthöhlungen. In noch ganz grüne Kaktusſtämme meißeln ſich dieſe Spechte eine Niſthöhle; die Wunde vernarbt, der herausgefloſſene Saft trocknet ein und die Kinderſtube iſt glatt und hübſch zur Aufnahme der Eier bereit. Seine Rufe ſind denen des Rotkopfſpechtes ſehr ähnlich. Der Forſcher fand den Magen der von ihm erlegten Exemplare angefüllt mit klebrigen Beeren einer para— häufig auf Mesquitbäumen wachſenden Pflanze (einer Miſtel). Sie hacken nicht ſo eifrig an Baumſtämmen wie andere Arten, nehmen viele der Inſekten von den Blättern ab und laſſen einen ähnlichen Warnungsruf ertönen wie der Trauer— ſchnäpper, welcher ſich mit dieſen Spechten ſehr gerne in den mit Miſteln bewachſenen Mesquitbäumen umhertreibt. Scott ſagt, daß er bis zu einer Höhe von 4500 Fuß vorkomme. „Obgleich ſie häufig in Mesquit- und Baumwollpappeln brüten, jo zeigen ſie 590 Der Goldſpecht. doch eine große Vorliebe für die Rieſenkakteen, welche Beſchreibung: Rücken, Bürzel und obere Schwanzfedern . N 5 105 11 7 chwarz und weiß quer gebändert; der ganze Kopf matt hei Tueſon, Florence und Riverſide, Arizona, für ie N 5 5 655 a € bei Tueſon, § 5 d 108 3 ET ſchmutzigbraun; ein kleiner roter Fleck auf der Kopf— Tauſende von Pärchen Niſtgelegenheiten bieten. Auch | krone vom Schnabel durch Schmutzigweiß getrennt, die Früchte dieſes Kaktus verzehren ſie ſehr gerne. Mitte des Bauches gelb. Weibchen ohne Rot und Gelb. Die vier bis fünf Eier ſind glänzend reinweiß. Größe der beiden vorigen. Der Goloͤſpecht. Flicker. Colaptes auratus SWAINSON. Tafel XXVII. Vogel 2. Lurchwandert der Beobachter Ende Mai oder ſelbe ſich vorſichtig heranſchleicht, in ſeinem Eifer gar Anfangs Juni an einem warmen, ſonnigen nicht bemerkt, fo läßt er ſich oft lange in ſeiner Tage die ſchönen, aus Eichen, Buchen, Zuckerahorn, Thätigkeit belauſchen. Bei einiger Aufmerkſamkeit Linden, Ulmen und anderen Waldbäumen beſtandenen, wird auch bald der Zweck dieſes charakteriſtiſchen mit wenig Unterholz bewachſenen Laub- und gemiſchten Treibens klar: mehrere Männchen werben nämlich Wälder des Nordens und Oſtens unſeres Landes, ſo auf dieſe Weiſe um ein Weibchen. Kein Kampf und wird er einem Waldkonzerte lauſchen können, wie es Streit findet deswegen ſtatt, wie das bei anderen ſchöner und bezaubernder kaum die regſte Phantaſie Vögeln ſo oft der Fall iſt. Unter eigenartigen, ſich auszumalen vermag. Vom hohen Ahorn herab ſchwebenden Flugbewegungen verfolgen ſie das Weib— ertönt der Wanderdroſſel weithin ſchallender Jubel— | chen von Baum zu Baum, ſetzen ſich an trockene Aſte, geſang. Aus dem tieferen Innern des Waldes gelan— | nun ihr weithin ſchallendes Getrommel beginnend und gen die bezaubernden Töne der Wald- und Röteldroſſel ihre lauten, lachenden Töne hören laſſend. Welchem an unſer Ohr. Vorn am Waldesſaum gewahren wir | Männchen das umworbene Weibchen ſich nun an— einige feurig ſcharlachrot gekleidete Tangaren und den ſchließt, iſt der rechtmäßige Gatte; das erkennen auch liebliche Töne zwitſchernden Blauvogel im azurnen die übrigen Werber dadurch an, daß ſie alsbald das Gewande. Vireos und Waldtyrannen laſſen aus dem Feld räumen. Das laute Gehämmer und das lachende dichten Laubwerk hoher Waldbäume herab ihre melodi- Rufen beſchränkt ſich jedoch nicht nur auf dieſe Zeit, ſchen Töne faſt ohne Unterbrechung erklingen, unter man hört dasſelbe auch noch oft während und mauch— welche jedoch auch nur zu oft der zwar ſchöne, aber mal auch noch nach der Brutzeit, daun aber niemals den kleinen Vögeln überaus ſchädliche Blauhäher ſein in der Nähe des Neſtes, ſondern ſtets weitab von ſchrilles, heiſeres Geſchrei miſcht. Das wie ferner demſelben, um den Niſtort nicht zu verraten. Donner klingende, mit den Flügeln hervorgebrachte Neben dem noch ſchöneren Rotkopfſpechte iſt der Schnurren des Waldhuhns ertönt aus einem dichten Goldſpecht der häufigſte und einer der ſchönſten feiner Nadelholzdickicht des nahen Sumpfes. Auch das Familie. Sein Verbreitungsgebiet iſt größer, als das metalliſche, ſehr wohlklingende „Tſchiwink“ des Erd- irgend einer anderen Art, denn er kommt vom Atlan— finken hört man hier häufig. Von verſchiedenen tiſchen Ozean bis zum Felſengebirge und nördlich bis Seiten aber tönt wie Trommelſchlag dazwiſchen ein (Alaska vor. Als Brutvogel fand ich ihn am zahl— lautes, fernhin hörbares Gehämmer und, abwechſelnd reichſten in den aus ſehr vielen Baumarten beſtehenden mit dieſem, eigentümlich lachende Töne, die wie Wäldern Wiscouſins. Weniger zahlreich beobachtete „Garuck-garuck-garuck“, wie „Garuha-ruha-ruha“, ich ihn in den meiſt nur aus Eichen beſtehenden wie „Tſchuck-up, tſchuck-up, tſchucksup“, dann auch Gehölzen des nördlichen Illinois und des ſüdweſtlichen wie „Quitstu, quit-tu, quit-tu“ klingen und ſchnell Miſſouri. Auch in Texas ſcheint er Brutvogel zu aufeinander folgen. Es iſt dies der Gold- oder ſein, doch iſt er dort nur im Winter eigentlich häufig. Goldflügelſpecht, der an einem hohlen Aſte Weſtlich kommt er bis zu den großen Ebenen vor. hämmert und dabei gleichzeitig die eigentümlichen Mit Sicherheit kann man annehmen, daß die ſüd— Laute ausſtößt. Da er den Beobachter, wenn der lichſte Grenze ſeines Brutgebietes am Rio Grande 5 liegt, die nördliche aber am Mackenzie und Yukon zu ſuchen iſt. Beſonders da iſt unſer Goldſpecht zahlreich, wo ſich große, zuſammenhängende, aus vielerlei Holz— arten beſtehende Waldungen finden, während er in Gehölzen, die faſt nur aus Eichen, Hickory und ſchwar— zen Walnußbäumen beſtehen, wie dies im nördlichen Illinois und ſüdweſtlichen Miſſouri der Fall iſt, ver— hältnismäßig ſelten angetroffen wird. — Seines zahlreichen Vorkommens, ſeiner Schönheit und Zu— traulichkeit halber iſt der Goldſpecht in faſt allen Gegenden ſeines weiten Verbreitungsgebietes ein all— gemein bekannter, volkstümlicher Vogel. Man nennt ihn gewöhnlich Flicker, nach ſeinem gewöhnlichen wie „Fli-cker“ klingenden Rufe. Auch unter dem Namen Ameiſen- und Kuckuücksſpecht iſt er bekannt. Die Deutſch-Pennſylvanier kennen ihn unter der Bezeichnung Gelbſpecht. Auch im Engliſchen nennt man ihn Flicker. Ein anderer populärer, in Wisconſin meiſt gebräuchlicher Name iſt High-hole und High-holder. Dieſer Specht iſt ein Zugvogel und zwar, was bei Spechten jedenfalls ſehr wunderlich ſcheint, ein geſellig wandernder Vogel, der im Herbſt ſeine Heimat verläßt und dem Süden zueilt. Schon anfangs No— vember erſcheinen ſie in Texas in Flügen von zehn bis dreißig Stück. Die Wanderungen finden des Nachts ſtatt. Viele ziehen nicht weit nach Süden hin, finden ſchon im ſüdlichen Illinois, Keutucky, den Carolinas u. ſ. f. eine ihnen zuſagende Winterherberge; der größte Teil jedoch wandert bis in die Golfſtaaten. Einzelne überwintern auch ſchon in den Nordſtaaten, namentlich in milden Wintern. — In Wisconſin erſcheinen ſie etwa Ende April wieder, treiben ſich meiſt einzeln noch eine Zeitlang im Wald umher und beziehen dann Mitte Mai ihr altes Wohngebiet oder wählen ſich ein neues. Das Brutgebiet eines jeden Pärchens iſt ziemlich groß, umfaßt in der Regel meh— rere Acker und iſt ſcharf gegen das jedes anderen Pärchens abgegrenzt. Nur ſelten wird es von einem Eindringlinge derſelben Art unſicher gemacht; läßt ſich aber doch einmal ein ſolcher durch Hämmern und Getrommel hören, ſo wird er von dem jetzt beſonders wachſamen Männchen ſofort vertrieben. Das Wohn- und Brutgebiet des Goldſpechts findet ſich nicht im tiefen, düſteren Innern des Waldes, er wählt ſich zum Aufenthalt vielmehr mit Vorliebe die lichten Waldränder und Vorhölzer, namentlich au ſolchen Stellen, wo dieſelben an Felder und Viehweiden grenzen. Von hier aus unternimmt er allerdings Häufigkeit, er Goldſpecht. 591 ſehr oft Ausflüge und Streifzüge in das Innere der Wälder, wenn ſich dort ſchadhafte, morſche Bäume in genügender Menge vorfinden. — Nicht nur ſeiner ſondern vornehmlich ſeines munteren Weſens und ſeiner beſonderen Eigenſchaften wegen gehört der Goldſpecht zu den wahren Charaktervögeln unſeres Waldes. Während der ganzen Zeit ſeines Verweilens führt er in ſeinem Wohngebiet ein ſehr regſames, munteres Leben. Mit ſichtlicher Freude wird das Weibchen begrüßt, und lachende Jubeltöne werden von beiden zum beſten gegeben; Wanderungen und Streifzüge werden zuſammen oder allein nach den benachbarten Feldern und angrenzenden Viehweiden, wo noch vereinzelte Baumſtumpfen ſtehen oder ſich Ameiſenhaufen finden, unternommen, oder es wird das Innere des Waldes beſucht. Selbſt in die Gärten und Gehöfte der Farmer kommt er oft genug, um die Bäume von allerlei ſchädlichen Inſekten zu reinigen. Er nützt dadurch ganz unberechenbar. Etwa Mitte Mai beginnt das Pärchen, ſich in ſeinem Reviere einen paſſenden Baum oder hohen, trockenen Baumſtumpf zur Anfertigung der Niſthöhle auszuwählen. Dazu werden mit Vorliebe Linden, Ulmen, Ahorne und Buchen gewählt, die entweder abgeſtorben find, oder ſonſtwie ſchadhafte Stellen zeigen. Aber auch dickere, trockene Aſte grüner Bäume und ſolche Stellen des Stammes, an denen ſich Aſte vorfanden, welche infolge des Abbrechens der— ſelben in Fäulnis übergegangen, ſind ihnen recht. In Wisconſin fand ich die Neſter ſehr oft in den ausgedehnten Lärchenſümpfen (Tamarack Swamps). Sie hatten ſich daun immer in einem der vielen an den Rändern dieſer Sümpfe ſtehenden, trockenen, von Aſten und Rinde vollſtändig entkleideten Lärchen— ſtämmen, meiſt in bedeutender Höhe, eine Niſthöhle gezimmert. Sehr verſchieden iſt auch die Höhe der Bruthöhle vom Boden. Manchmal findet ſich die— ſelbe nur wenige Fuß, in anderen Fällen dreißig bis vierzig, in der Regel aber nur fünfzehn bis zwanzig Fuß von der Erde. Gewöhnlich wird jedes Jahr eine neue Niſthöhle gezimmert, doch wird auch ausnahms weiſe einmal eine vorjährige wieder etwas ausgebeſſert und benutzt. Manchmal wählt ſich unſer Specht ganz abnorme Ortlichkeiten zur Anlage ſeines Neſtes. So beobachtete ich zwei Jahre nacheinander ein Pär chen in einer Scheune brütend. Es hatte ſich ein Eingangsloch durch die Bretter gehämmert und auf einem dicken Balken der Giebelſeite ein nur aus einigen Spänen beſtehendes Neſt hergerichtet. Bei der Her— ſtellung der Bruthöhle beobachten ſie die größte Vor— 592 Der Goldſpecht— ſicht. Man hört während dieſer Zeit nur ſelten einen Laut und ebenſowenig lautes Getrommel. Nur ein leiſes, kaum vernehmbares Locken des Männchens hört man hie und da und auch nur dann, wenn das Weib— chen eine Strecke ſich von ihm entfernt hat. Das Zimmern der Niſthöhle geſchieht ſo ganz ohne Geräuſch und lautes Pochen, daß man ſchon ganz in der Nähe ſein muß, um es zu hören. Männchen und Weibchen arbeiten abwechſelnd und zwar ſehr fleißig und anhal— tend vom Grauen des Morgens bis ſpät in die Nacht hinein. Unter dem betreffenden Baume, der die Niſt— höhle birgt, gewahrt man nur ſelten Späne und | Holzſplitter; dieſe werden von den klugen Vögeln eine Strecke weit fortgetragen, damit fie nicht zu Verrätern des Neſtes werden. Die Höhlung iſt oben ziemlich enge, erweitert ſich aber nach unten hin bedeutend. Ihre Tiefe variiert von 8 Zoll bis zu 2 Fuß. Sie iſt nach Form und Bearbeitung ein vollendetes Meiſter— werk. Ein eigentliches Neſt bauen die Vögel nicht; ſie legen die Eier auf eine dünne Unterlage weichen Mulms. Dieſelben ſind glänzend reinweiß, und ihre Zahl beträgt fünf, in vielen Fällen auch ſechs. Manche Ornithologen haben ſieben und mehr Eier in einem Neſte gefunden. Manchmal findet man ein brütendes Pärchen Goldſpechte an einer Ortlichkeit, wo man es durchaus nicht erwartet. So fand ich im Jahre 1867 in Wis⸗ conſin in einem alten, einzeln ſtehenden Lindenſtumpf einer Viehweide ein Neſt. Der Stumpf war nicht höher als fünf Fuß, und die Niſthöhle befand ſich nur drei Fuß vom Boden. Das Eingangsloch war fo groß, daß ich bequem mit der Hand hineinlangen konnte. Es enthielt ſechs Eier, die in vierzehn Tagen erbrütet wurden. Die Jungen waren kahle, ſchwarze, häßliche Geſtalten. Als ſie anfingen, flügge zu wer— den, verbreiteten ſie einen eigentümlichen, wirklich ekelhaften Geruch, der ihnen auch noch nach dem Ausfliegen anhaftete. Ob dieſer ihnen angeboren iſt, oder ob er ſich erſt durch die ihnen zugetragene Inſektennahrung entwickelt, wage ich nicht zu ent— ſcheiden. Der Unrat der Jungen wird ſofort von den Alten entfernt, er kann deshalb auch nicht die Urſache dieſes widerlichen Geruches ſein. Auch allen ſpäter beobachteten Jungen haftete dieſer eigenartige Geruch an. — In Obſtgärten, die mit vielen alten Apfel— bäumen beſtanden ſind, ſiedelt ſich der Goldſpecht eben— falls oft an und zimmert ſich dann eine Höhlung in irgend einem ſchadhaften Baume. Er verhält ſich aber dann ſo ruhig, naht ſich dem Neſte ſo verſtohlen, daß es nur ſelten gefunden wird. Dem geübten Beobachter freilich, der mit dem Leben und den Eigentümlichkeiten der Vögel vertraut iſt, und dem gerade das ſtille, verſtohlene Weſen auffällt, iſt es nicht ſchwer, das Neſt aufzufinden. Die gerade den Eiern entſchlüpften Jungen werden mit Ameiſenpuppen und kleinen Holz— würmern geätzt. Sobald fie etwas herangewachſen ſind, tragen ihnen die Alten auch Ameiſen, Käfer und größere Holzwürmer zu. Noch ehe ſie völlig befiedert und flugfähig ſind, wagen ſie ſich ſchon hinaus ins Freie, klettern erſt vorſichtig und langſam um den Stamm herum, dann in die Höhe, den ſchwanken Aſten des Baumes entlang und kehren allabendlich in das Neſt zurück. Erſt nachdem ſie ſich fliegend von Baum zu Baum bewegen können, ſcheinen ſie in anderen Höhlungen zu übernachten. Sie machen im Norden und wahrſcheinlich auch im Süden nur eine Brut alljährlich. An dem einmal gewählten Brutgebiete hält der Goldſpecht mit Zähigkeit feſt, vertreibt jedes andere ſeiner, Art aus demſelben, iſt aber gegen alle anderen in ſeinem Reviere brütenden Vögel ſehr friedfertig, ſelbſt gegen die gelegentlich ganz in ſeiner Nähe brü— tenden Rotkopfſpechte. Oft kommt es freilich vor, ſich gegen freche Eindringlinge, die Bootſchwänze oder Pur— purſtärlinge, zu wehren, welche die mit vieler Mühe hergeſtellte Niſthöhle für ſich in Anſpruch nehmen möchten. Auch die lieblichen Blauvögel, die Hauben— tyrannen und Meiſen legen gerne in dieſen Specht— höhlungen ihre Neſter an, aber ſie wagen es nie, in eine von den Erbauern bewohnte einzudringen, ſon— dern wählen dazu alte, verlaſſene, an welchen in waldreichen Gegenden kein Mangel iſt. Viele ſolcher Höhlungen in alten Bäumen und Baumſtumpfen, welche von den Goldſpechten gezimmert ſind, haben nie zur Anlage des eigenen Neſtes gedient; meiſt ſind es Schlafhöhlungen, andere ſind nur halb fertig geworden, wieder andere ſind faſt vollſtändig fertig, aber aus irgend einem Grunde wieder verlaſſen wor— den, und dieſe alle bieten für die kleinen Höhlenbrüter willkommene Niſtſtätten. Wie alle Spechte, ſo bekundet auch er in dieſer Hinſicht einen auffallenden Eigenſinn, ſodaß oft zwei, drei und noch mehr Bruthöhlen ange— fangen und halb oder ganz fertig wieder verlaſſen werden. Dadurch wird er zum Erbauer der Niſthöh— lungen vieler anderer Vögel, die ſich ſelbſt keine ſolchen herſtellen können. Merkwürdig iſt es auch, wie genau er bei völlig geſund erſcheinenden Bäumen gerade die unter der Borke vorhandene ſchadhafte Stelle entdeckt, wo er mit ſeiner Arbeit beginnen kann. Ohne allen Zweifel gehört der Goldſpecht zu den 9 * 6 — — ͤ—ͤ— — —⅛6 Vögeln, die unbedingt geſchützt werden müſſen. Die Spechte gehören zu den Hütern unſerer Wälder, die allein nur imſtande ſind, die Stämme vor Ver— wüſtung durch die zahlreichen Holzwürmer und Käfer zu ſchützen. Sie thun nie den geſunden Bäumen Schaden, ſondern hämmern und hacken nur an ſolchen Baumſtämmen, die voller Ungeziefer ſind. Welchen Nutzen ſie dem Walde durch das Vertilgen einer zahl— loſen Menge der ſchädlichſten Waldverderber gewähren, iſt gar nicht abzuſchätzen. Auch durch das Zimmern vieler Bruthöhlungen ſchaffen ſie großen Nutzen, denn dadurch werden ſie, wie bereits erwähnt, zu Erbauern der Niſtſtätten vieler kleiner, ſehr nützlicher Höhlen— brüter, wie der Blauvögel, Meiſen, Zaunkönige, Spechtmeiſen und Haubentyrannen. Unter den Feinden des Goldſpechtes ſteht der Menſch obenan. Der ſchöne, ſtattliche, zutrauliche Vogel wird nur zu oft zur Zielſcheibe für ſolche Schützen, die unverſtändig und roh genug ſind, alles wegzuſchießen, was ihnen in den Weg kommt. Selbſt des Fleiſches halber ſchießt man ihn. Auf den Wild— märkten großer Städte ſieht man oft einzelne dieſer Spechte. Das Fleiſch iſt jedoch kaum genießbar, da es nicht nur ganz eigentümlich widerlich riecht, ſondern auch ſehr unangenehm ſchmeckt. Wahrſcheinlich erhält es den ſtarken Geruch von den vielen Ameiſen und anderen übelriechenden Inſekten, welche die tägliche Nahrung des Goldſpechtes bilden. Zu ſeinen Feinden gehören auch einzelne Raubvögel, Eichhörnchen, Waſch— bären, Opoſſums und Baumſchlangen, welch letztere namentlich ſeiner Brut ſchädlich werden. Die Nahrung beſteht, wie ſchon angedeutet, aus allerlei Würmern, die ſich entweder im Baumſtamme ſelbſt oder unter der Rinde finden, und die ſie mit ihrer langen, elaſtiſchen Zunge ſicher aus ihren Schlupf winkeln hervorziehen können; ferner aus Borken— käfern, kleinen Raupen, Spinnen u. ſ. w. Ein ſich namentlich mit der Unterſuchung des Mageninhalts der Vögel beſchäftigender Forſcher hat zwanzig ver— ſchiedene Arten ſchädlicher Inſekten im Magen des Goldſpechtes gefunden. Beſonders gern verzehrt er Ameiſen und deren Puppen, und um dieſe zu erlangen, beſucht er fleißig die in ſeinem Wohngebiete zerſtreuten Ameiſenhaufen. Im Winter, wenn ſtarker Schneefall eintritt, iſt es ihm nicht möglich, Würmer und Ameiſen in genügender Menge zu erbeuten, dann verzehrt er auch verſchiedene Beeren. Um nicht zu verhungern, ſuchen ſie ſelbſt Grasſämereien auf. Der Flug des Goldſpechtes iſt ſchwerfällig, aber Der Goldſpecht. 593 linien. Im Walde iſt derſelbe ziemlich hoch, über freie Strecken hin aber iſt er niedrig über dem Boden hin— ſtreichend. Wenn er ziemlich hoch von Baum zu Baum fliegt, läßt er ſich plötzlich an einem Baumſtamme bis | fait zum Boden nieder und klettert nun in Schrauben— linien, emſig nach Würmern ſuchend, am Stamme em— por, auch an den kleinen Aſten entlang, auf die er ſich häufig, abweichend von anderen Spechten, wie andere Vögel ſetzt. Dabei läßt er dann auch häufig ſeinen gewöhnlichen Ruf, der wie „Flicker“ oder „Flick, flick“ klingt, hören. Im Klettern iſt er, wie alle Spechte, Meiſter; dazu trägt weſentlich der kräftige Schwanz, deſſen er ſich als Stütze bedient, bei. Geſchickt, wie kein anderer unſerer Spechte (außer ſeinen Sippſchafts— verwandten, den übrigen Colaptes-Arten) weiß er ſich auf dem Boden zu benehmen. Dies kann man am beſten beobachten, wenn er den Ameiſenhaufen einen ſeiner zahlreichen Beſuche abſtattet. Er hüpft in kurzen Sätzen um den Haufen herum, beide Füße gleichzeitig dabei bewegend, trommelt auf den Boden, um die Ameiſen hervorzulocken, hackt mit kräftigen Schnabelhieben hinein, um zu ſeiner Lieblingsſpeiſe, den Ameiſenpuppen, zu gelangen und hüpft auch anderen, ſich in die Nähe verirrenden Inſekten nach. Manchmal kommt er auch auf friſchgepflügte Felder, um bloßgelegte Erdwürmer aufzuſuchen. Von einem Geſange kann bei ihm keine Rede ſein. Die lauten, lachenden, weithin durch den Wald hallenden Töne, die er aber nur kurz vor und während der Brutzeit hören läßt, klingen jedoch ſehr angenehm, und werden gewöhnlich, nachdem er vorher mit ſeinem Schnabel laut an einem trockenen Aſte getrommelt hat, hervorgebracht. Von allen unſeren Spechten eignet ſich der Flicker am beſten für die Gefangenſchaft. Sehr leicht läßt er ſich an ein einfaches Futter, wie man es beiſpielsweiſe für Spottdroſſeln und andere kräftige Inſekten vögel benutzt, gewöhnen und dabei lange Zeit erhalten. Er lernt auch bald ſeinen Pfleger kennen, legt nach und nach ihm gegenüber alle Scheu ab und wird endlich ganz zahm und zutraulich. Als ich noch in Chicago wohnte, erhielt ich von meinem Freund, dem däniſchen General- konſul Herrn Emil Dreier, einen ſchon einge— wöhnten Goldſpecht. Ich brachte ihn in einen ziemlich geräumigen, hölzernen, nur vorn und an einer Seite mit Drahtgitter verſehenen Kiſtenkäfig und fütterte ihn mit Spottdroſſelfutter, welchem etwas geriebene gelbe Rüben zugeſetzt waren, mit trockenen Ameiſenpuppen | und Mehlwürmern. Zunächſt ſuchte er ſich, mit der ausdauernd und geſchieht in kurzen, hüpfenden Wellen- Zunge leckend, die Ameiſenpuppen aus dem Gemiſch, io 594 Der Indianerſpecht. und dann erſt verzehrte er leckend auch das übrige. gon und Californien iſt er ganz beſonders zahlreich. Hingehaltene Mehlwürmer nahm er, ebenfalls die Zunge dabei hervorſtreckend, aus der Hand. Bekam er des Morgens nicht zur gewöhnlichen Zeit ſein Futter, ſo gab er ſeine Ungeduld durch lautes Hämmern auf den Boden des Käfigs kund, ließ auch oft ſein „Flick, flick“, häufiger aber ſchwer zu beſchreibende, ſchnalzende Laute vernehmen. Er hielt ſich meiſt auf dem Boden des Käfigs auf, ſetzte ſich aber auch oft auf eine der Sitzſtangen, wie andere Vögel, kam oft an das Gitter, in aufgerichteter Stellung klugen Blickes umherſchauend. In der Regel ſchlief er in einer Ecke des Käfigs auf dem Boden liegend, mit dem Kopfe unter den Flügeln, oft aber auch in hängender Stellung am Seitengitter. Er verſuchte nie, das Holz des Käfigs mit ſeinem kräftigen Schnabel zu durchbohren, hämmerte auch nie au dem Gitter, wie dies namentlich gefangene Rotköpfe ſo gerne thun. Namen: Goldſpecht, Goldflügelſpecht, Flicker, Ameiſen— und Kuckucksſpecht, Gelbſpecht. Flicker, Golden-winged Woodpecker, High- hole, High-holder, Yellow-shafted Woodpecker. Wiſſenſchaftliche Namen: Colaptes auratus Swains, (1827). — Cuculus auratus Linn. (1758). — Pieus auratus Linn. (1772). Beſchreibung: Die Färbung der Oberſeite iſt umber— bräunlich, ſchwarz gewellt; Schwanz und Schwingen ſchwärzlich; Bürzel weiß; Kopf hervortretend aſchgrau; am Hinterkopf im Nacken ein ſchöner ſcharlachroter Halbmond; Kehle und Oberbruſt zimmetbraun oder auch purpurbraun und ein großer, halbmondförmiger ſchwarzer Fleck auf der Bruſt; die weißliche nach dem Schwanze zu gelbliche Unterſeite zeigt zahlreiche ſchwarze, runde Flecken; die unteren Schwanz- und Flügelfedern ſind goldgelb, und deren Schäfte zeigen dieſelbe Farbe. Die Geſchlechter ſind leicht zu unterſcheiden, da das Männchen ſchwarze Wangenflecken hat, welche beim Weibchen fehlen. Länge 13.35 Zoll; Flügel 6.66, Schwanz 4.86 Zoll. Der Indianerfpecht. Red-shafted Woodpecker. Colaptes cafer STEJNEGER. Dieſer ſehr ſchöne Specht, den man auch den rotſchaftigen Slider, den Rot-, Kuckucks— und Ameiſenſpecht nennt, ſtimmt ganz genau in ſeinem ganzen Thun und Treiben, in ſeiner Lebens— und Niſtweiſe mit dem Goldſpecht überein. Da die Schafte ſeiner Flügel- und Schwanzfedern ſehr auf— fallend rot find, fo iſt er ein noch ſchönerer Vogel als der Goldſpecht, dem er aber ſonſt in Größe und Färbung ſehr gleicht. Er verbreitet ſich vom Felſen— gebirge bis zum Pacific, nördlich bis Sitka und ſüdlich bis ins Innere von Mexico. In Waſhington, Ore— Man hat ihn in Texas öſtlich bis San Antonio ange— troffen. Wegen ſeiner ſchönen Schwanz- und Flügel— federn ſtellen ihm die Indianer des Weſtens ſehr nad). Sie benutzen dieſe Federn als Kopfſchmuck und zur Verzierung mancherlei anderer Gegenſtände. Daher kommt es auch, daß dieſer Specht, namentlich in der Wildnis der Indianer-Reſervationen und in deren Nähe, ſehr ſcheu iſt. In den Anſiedlungen, wo er weniger den Verfolgungen ausgeſetzt it, zeigt er ſich zutraulicher. Seine während der Paarungszeit häufig erklingenden Rufe lauten wie „Wi-tu-wi-tu-wi-tu”. Am unteren Colorado, in Arizona, belebt er haupt— ſächlich die Kaktusregion und brütet mit Vorliebe in den Rieſenkakteen. Namen: Indianerſpecht, rotſchaftiger Flicker, Rot-, Kuckucks⸗, Ameiſenſpecht. Red-shafted Flicker, Mexican Flicker. Wiſſenſchaftliche Namen: Pieus cafer Gmel. (1788). Coluptes cafer Stein. (1885). — Colaptes mexicanus Swains. (1827). Beſchreibung: Die Schafte der Federn, namentlich der Flügel- und Schwanzfedern, ſehr ſchön rot. Kopfkrone graubraun, die Oberſeite ebenſo, Unterſeite weißlich; Kehle aſchgrau; auf der Bruſt ein ſchwarzer Halbmond; auf der Unterſeite ſchwarze, runde Flecken; Bürzel weiß; Männchen an jeder Seite einen roten Bartſtreif. Im übrigen dem Goldſpecht ähnlich. Länge 13.38 Zoll; Flügel 6.66, Schwanz 4.86 Zoll. Eine an der nordweſtlichen Küſte vorkommende Varietät dieſer Art (CHa tes cafer saturatior RIDGwW.z North-western Flicker) iſt nur wenig verſchieden von der eigentlichen Art. Der Arizona-Specht, auch Kaktusflicker (Colaptes chrysoides R ETO. Gilded Woodpecker) genannt, iſt ein gewöhnlicher Vogel in den Gegenden, wo der Rieſenkaktus üppig gedeiht. Namentlich bei Tucſon, Arizona, wo er in den Kakteen brütet und damit etwa am 10. April beginnt, iſt er zahlreich. Man trifft ihn auch zahlreich in den Pappeln der Thäler, aber ſehr ſelten auf den Bergen. Auch er iſt ein ſcheuer Vogel. In der Lebens- und Niſtweiſe unter— ſcheidet er ſich nicht von den beiden vorigen Arten. Am zahlreichſten ſcheint er in Untercalifornien, wo CEreus giganteus (Rieſenkaktus) überaus üppig gedeiht, zu ſein. Beſchreibung: Dem Goldſpecht ähnlich, jedoch ohne rotes Nackenband; Bartſtreif ſchön rot. Alle Farben matter. Länge 11.45 Zoll; Flügel 5.75, Schwanz 4.05 Zoll. Eine weitere Goldſpechtart findet ſich auf der Juſel Guadelupe, in Untercalifornien. Es iſt dies der Guade— lupe-Flicker (Oblaptes rufipileus RIDGW.; Guade- lupe Flicker). Kinefishers. oO Hauna ſowohl als Flora in den Vereinigten Staaten erin— nern in vieler Hinſicht an 0 Mitteleuropa, namentlich an > J Deutſchland und England, Ve- doch ſind ſie, wenn man ? genauer prüft, gänzlich von— Star wird hier durch die Stärlinge, der Pirol durch die Oriole, der Gold— ammer durch den Schildammer, die Amſel durch den Robin, das Rotkehlchen durch den Hüttenſänger und der ſchöne deutſche Eisvogel durch den größeren, aber nicht ſo farbenprächtigen Königsfiſcher vertreten. Die Königsfiſcher oder Eis vögel find ziemlich gleichmäßig über die ganze Erde verteilt, einander verſchieden. Der deutſche bönigsfiſcher oder Eisvogel. Hlecedinidae. obwohl jie im Süden häufiger find als im Norden. | Obgleich alle Arten der Familie die Nachbarſchaft kleiner oder größerer Gewäſſer bevorzugen, ſind doch nicht alle an das Waſſer gebunden. Nicht wenige, vielleicht die meiſten, ſind zu Waldvögeln geworden, und deren Lebeusweiſe zeigt dann mit den waſſer— liebenden Verwandten kaum noch Ahnlichkeit. Man teilt die Familie deshalb in ſtoßtauchende Waſſer- und in Landkönigsfiſcher oder Lieſte. Von letzteren iſt der in den Anſiedlungen Südoſt-Auſtraliens lebende Jägerlieſt oder der „lachende Haus“ (Laughing Jackass) ein weltbekannter Vogel, während von erſteren der deutſche Eisvogel und unſer Königsfiſcher die bekannteſten fein dürften. Die in den Vereinigten Staaten vorkommenden zwei Arten gehören zur Sippe Ceryle BoIE. Der | Königsfiſcher. Belted Kingfisher. Ceryle alcyon Bork. Daerr III. Vogel 2. tage hinausgehen an einen klaren, ſich durch den Wald windenden Bach oder an einen Mühldamm, ſo werden wir oft Gelegenheit haben, einen ziemlich ſtattlichen, gehäubten, hübſch gezeichneten Vogel gerade über dem Waſſer auf einem Aſte ſitzen zu ſehen. Weder das Rauſchen des vom Mühldamme herab— ſtürzenden Waſſers noch unſere Nähe ſcheint ihn im geringſten zu ſtören. Regungslos ſitzt er da, wie der Fiſcher, der ſeine Angelrute in der Hand hält, und wie dieſer ſchaut er mit nie ermüdender Aufmerkſamkeit auf die ſtille Waſſerflut unter ſich. Man ſieht es ihm an, daß er ein echter Fiſcher iſt, denn wie ein ſolcher iſt er mürriſch, wortkarg, ungeſellig, mißtrauiſch, in ſich gekehrt. Das rauſchende Waſſer, die blühenden Sträucher um ihn her, der ſchöne Wald, die milde Frühlingsluft ſcheinen ſein Weſen nicht im geriugſten „Das Waſſer rauſcht, das Waſſer ſchwoll, Ein Fiſcher ſaß daran.“ Göthe— zu beeinfluſſen. Wir beobachten ihn ſchon über eine Viertelſtunde, und noch immer ſitzt er regungslos auf derſelben Stelle, ſtill den Blick auf das Waſſer gerich— tet, „kühl bis ans Herz hinan“. Da auf einmal ſtreckt er ſeinen Hals lang aus, beugt ſich nach unten, ſodaß der Schnabel faſt ſenkrecht auf das Waſſer gerichtet iſt und ſtürzt ſich pfeilſchnell in die klare Flut. Er verſchwindet vollkommen im Waſſer, das an dieſer Stelle ziemlich tief iſt, kommt aber nach einigen Augen blicken wieder mit einem Fiſchchen zum Vorſchein, welches er ſofort im Fluge hinunterſchluckt und daun zu ſeiner Warte zurückkehrt. Wir ſehen ihn oft ſchnell hintereinander hinabtauchen und unfehlbar ſeine Beute ergreifen. Dieſer eigentümliche, hochintereſſante Vogel iſt der Königsfiſcher (Kingfisher), ein faſt im ganzen Gebiete unſeres Landes, ſüdlich bis Weſtindien 596 und Centralamerika, nördlich bis zu den arktiſchen Regionen vorkommender Vogel. Ich beobachtete ihn in Texas am Comal und am oberen Colorado, in Spring River und Centre Creek, in Wisconſin, häu— figer als anderswo, am maleriſchen Sheboygan und Pigeon River. Klares, reines Waſſer iſt ihm Haupt— bedingung. Wo dieſes fehlt, wird man den Königs— fiſcher ſehr ſelten antreffen. Mühlteiche und rauſchende Waldbäche ſind ſtets ſein Lieblingsaufenthalt. Der Müller kennt feine ſchnarrende, wie „Sri-ſri-ſri“ klingende Stimme ebenſowohl als das rauſchende Waſſer und das Summen der Mühlräder. Im Norden iſt er Zugvogel. Er erſcheint in Wisconſin ſtets einzeln etwa aufangs April und zieht im Herbſt, etwa Mitte Oktober, ſüdlich. Anſcheinend treibt ihn nur das Eis gen Süden, denn man fand einzelne noch am 30. November in Minneſota, zu einer Zeit, da noch viele Stellen in den Flüſſen und Bächen eisfrei waren. Da man den Königsfiſcher vereinzelt ſtets an Flüſſen und Bächen ſieht, ſo nimmt man an, daß er Fall. Wegen ſeiner Größe, ſeiner ſonderbaren Lebens— weiſe und ſeines Vorkommens in der Nähe des Men— ſchen iſt er bei alt und jung wohlbekannt, doch iſt das Gebiet eines einzelnen ſehr groß. Man kann meilen— weit an einem Bache auf- und abwärts wandern, ehe man einen zweiten ſieht, und dieſer zweite iſt gewöhnlich das Weibchen. Er iſt ein ungeſelliger Gaſt, der nie einen anderen innerhalb ſeines Reviers duldet. Nur während der Paarungs- und Niſtzeit trifft man ihn mit dem Weibchen zuſammen; ſobald aber die Jungen für ſich ſelbſt ſorgen können, vertreibt er dieſe nebſt dem Weibchen auf die rückſichtsloſeſte Weiſe. Futter— neid iſt ganz allein die Urſache dieſes raſchen, ſtürmi— ſchen, heftigen, zank- und ſtreitſüchtigen Weſens. So unliebenswürdig uns aber auch dieſer Fiſcher vorkom— men mag, ſeinem Wohngebiete gereicht er ſtets und allerorten zum ganz beſonderen Schmucke. Man trifft ihn immer da, wo Baumäſte über das Waſſer hängen, wo die Ufer aufs lieblichſte mit Sträuchern und Blumen geſäumt ſind. die blaue Lobelie, die wilde Balſamine, die Schaum— blume (Ageratum) werden wir ſtets in der Nähe feiner Warte finden, während neben ihm das ſüße „Eolie“ der Walddroſſel, das metalliſche „Tſchi-wink“ des Grundrötels, die traurig liebliche Weiſe des Roſenbruſt Kerubeißers u. ſ. f. erklingt. Den Menſchen ſucht er nicht auf, meidet ihn aber auch nicht. Wird er verfolgt, ſo ſucht er ſich möglichſt verſteckt einen Sitz— Der Königsfiſcher. platz, der ſtets gerade (meiſt vier bis acht Fuß hoch) über dem Waſſer liegt. Wo er ſich ſicher fühlt, ſieht man ihn oft mit ausgeſtrecktem, etwas hochgehaltenem Illinois am Desplaines, in Südweſt-Miſſouri am Halſe dahinfliegen, von einer Warte zur andern. Der Flug iſt ganz eigenartig und erinnert an den keines anderen Vogels. Sehr oft ſieht man ihn auch rüttelnd und flatternd ſich über dem Waſſer halten, ſorgſam nach unten ſchauend und plötzlich hinab in die Tiefe ſtürzend. Dies kann man beſonders ſehen, wo das Waſſer tief und kein paſſender Sitzplatz in der Nähe iſt. Während des Fluges von einer Warte zur andern ſtößt er während der Paarungszeit auch häufig ſeine pfeifenden, lauten, rauhen, ſchrillen und ſchnarrenden, wie „Sri-ſri-ſri“ klingenden Töne aus. Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus Elritzen (Minnows) und andern kleinen Fiſchen, Waſſerkäfern, Krebſen u. ſ. f. Er iſt ein ziemlich gefräßiger Vogel, der ein gut Teil Nahrung bedarf, namentlich wenn Junge im Neſte ſind. Die Fiſche, welche er fängt, ſind etwa fingerlang, oft auch noch länger. Er ver— | ſchluckt ſie, ohne ſie anſcheinend zu zerkleinern. Stets ein zahlreicher Vogel ſei, doch iſt dies keineswegs der fängt er ſeine Beute mit dem langen, ſpitzen und kräftigen Schnabel und taucht oft bis zu einer beträcht— lichen Tiefe unter. Ich habe ihn faſt nie fehlſchießen ſehen. Da das Waſſer, in welchem er fiſcht, nicht zu ſeicht ſein darf, weil er ſich ſonſt leicht durch die Heftig— keit des Herabſtoßens beſchädigen könnte, ſo erfordert die Wahl ſeiner Sitzplätze viel Umſicht. Im Sheboy— und Felſen dahinfloß. gan River ſah ich ſie gelegentlich auf Steinen und dicken Felsblöcken ſitzen, gewöhnlich an ſolchen Stellen, wo das Waſſer ſeicht war und rauſchend über Steine Die unverdaulichen Reſte der Fiſche werden in dicken Gewöllen wieder ausgeworfen. Oft findet man eine ganze Menge kleiner Gräten auf | dicken Steinen und Stumpen liegen; ſelbſt im Neſte findet man, anſcheinend als Auskleidung, oft eine Lage von Fiſchgräten. Er niſtet ſtets in hohen, ſandigen Uferwänden, meiſt dicht am Waſſer, gelegentlich auch eine Strecke von demſelben entfernt. Wenn man die Niſtlöcher der Ufer⸗- und Grauſchwalben in ſandigen Uferwänden von Die glühend rote und weitem beſichtigt, wird man oft eine größere Höhlung, gewöhnlich inmitten der Schwalbenkolonien, gewahren, Dies iſt die Bruthöhlung des Königsfiſchers. Wartet man geduldig, ſo wird man gelegentlich einen Königs— fiſcher mit überraſchender Behendigkeit aus der Brut— höhlung hervorkommen und fröhlich ſchreiend davon— fliegen ſehen. Gewöhnlich hackt und bohrt er mit ſeinem ſtarken, ſpitzen Schnabel ſeine Niſthöhle in irgend eine Sand- oder Kieswand. In dieſer Hinſicht 3 zeigt ſich der Königsfiſcher ganz als Specht, nur mit dem Unterſchiede, daß dieſer in morſchen Bäumen, jener aber in ſandiger Erde ſein Neſt herſtellt. Wie es ſcheint, arbeitet er meiſtens nachts und in den früheſten Morgenſtunden. Die zur backofenartig erweiterten Niſthöhle führende Röhre iſt faſt immer 6 bis 8 Fuß lang, und ihre Herſtellung koſtet viel Zeit und Mühe. Das Weibchen hat faſt ganz allein die Arbeit des Neſtbaueus zu beſorgen. Mit dem ſcharfen Schnabel wird ein rundes, gleichmäßiges Loch herge— ſtellt, daun tiefer gemeißelt und die losgehackte Erde mit den Füßen hiuausgeſcharrt. Die Röhre läuft | gewöhnlich 4 oder 5 Fuß in einer Richtung dahin, daun wendet ſie ji) oft 1 oder 2 Fuß nach rechts oder links, bis ſie in dem Niſtraume endet. Dieſer iſt ſehr glatt und ſauber gearbeitet und meiſt mit einer Lage von Fiſchgräten verſehen. Die fünf bis ſechs Eier find faſt kugelrund und reinweiß. Die mühſelige Arbeit des Grabens der Niſthöhle dauert gewöhnlich zehn bis vierzehn Tage. Das Neſt iſt ſo angelegt, daß nicht leicht ein Raubtier an dasſelbe gelangen kann. Minks, Wieſel, Moſchusratten und andere Räuber können an der ſandigen, ſteilen Ufer— wand nicht emporklimmen, da ſie in dem loſen Sande keinen Halt finden können, und ebenſowenig vermögen Schlangen an die Brut zu gelangen. Die Jungen werden zumeiſt mit kleinen Fiſchen und jedenfalls auch mit Inſekten aufgefüttert. Es dauert eine lange Zeit, bis ſie ihre Selbſtändigkeit erlangt haben. Es ſind verſchiedene Fälle bekannt, daß der Königsfiſcher ganz in der Nähe des Menſchen brütete. Brewer erzählt, daß ein Pärchen in einer Sandbank in Hingham, Maſſachuſetts, nur wenige Fuß von einem Wohnhauſe niſtete. Ihre Zutraulich— keit war hier ganz angebracht, denn ſie wurden ſorg— fältig geſchützt und ihr Thun und Treiben aufmerkſam beobachtet. Während des Tages waren ſie vorſichtig, ſchweigſam und wurden ſelten geſehen, aber des Nachts flogen ſie hin und her, und die Rückkehr eines jeden wurde durch ein lautes, pfeifendes Geſchrei (ähnlich dem Tone einer Poliziſtenpfeife) angezeigt. Später, als die erbrüteten Jungen die beſtändige Aufmerkſam— keit der Alten benötigten, erklangen dieſe nächtlichen Laute faſt beſtändig, und wurden ſie deshalb ihren Beſchützern läſtig. — Scott berichtet, daß die Königs— fiſcher in Arizona ſehr oft weit vom Waſſer ange— troffen werden. Er beobachtete, daß ſie da von großen Juſekten und Eidechſen ſich nährten. Wenn unſer Königsfiſcher auch eine Anzahl Cabanis-Königsfiſcher— kleiner Fiſche zur Nahrung bedarf, ſo iſt er doch nicht 597 ſo häufig, daß er der Fiſcherei irgendwie ſchädlich werden könnte. Man ſollte ihn allerorten aufs kräf— tigſte ſchützen, da er den rauſchenden Bächen und den oft ſo maleriſchen Mühldämmen durch ſeine Schönheit, ſein lautes Geſchrei, ſeinen eigenartigen Flug und ſein Tauchen in die Tiefe Poeſie und Leben verleiht. Namen: Königsſiſcher, Gürtelfiſcher. Martin-pecheur de la Louisiane (Franz.) Belted Kingfisher, Kingfisher. Wiſſenſchaftliche Namen: Alcedo aleyon Linn. (1766). — Ceryle aleyon Boie (1826). — Ispida aleyon Swains. (1837). — Megaceryle alcyon Reich. (1851), — Streptoceryle aleyon Cab. (1859). — Chloroceryle aleyon Sclat. (1862). Beſchreibung: Kopf mit einer langen, dünnen, zugeſpitzten Haube verſehen; Gefieder kompakt und fettig; Füße ſehr klein. Vie Oberſeite iſt beim Männchen matt- blau mit dunkleren Schaftſtrichen; ebenſo ein breites Band über der Bruſt und die Seiten unter den Flügeln mattblau; zwei Flecken am Auge und die Unterſeite (mit Ausnahme der Bruſt und Seiten) weiß. Weibchen ähnlich; über der Bruſt ein kaſtanienbraunes Band, das ſich auch an den Seiten hinzieht. Bei beiden Geſchlechtern ſind Schwung- und Schwanzfedern ſchwarz, auf den Innenfahnen weiß gefleckt. — Länge 12.00 bis 13.00 Zoll; Flügel etwa 6.00, Schwanz 3.50, Schnabel 2.00 Zoll. Cabanis-Konigsfiſcher. Texan Kingfisher, Texan Green Kingfisher. Ceryle Cabanisi Box. Cabanis-Königsfiſcher, den man auch unter dem Namen texaniſcher Königsfiſcher kennt, lebt am Rio Grande in Texas, dann auch am unteren Colorado in Arizona, und von da ſüdlich bis Ecuador und dem weſtlichen Peru. Ich habe nur einigemal Gelegenheit gehabt, den Vogel zu ſehen, nämlich an den Quellen des Comal und am Guade— lupe in der Nähe von Neu-Brauufels im weſtlichen Texas. Er war ſehr ſcheu und ließ ſich nur ſehr vereinzelt ſehen. Der prächtige, grün ſchillernde kleine Vogel wurde ziemlich zahlreich in verſchiedenen Gegen den von Comal County, Texas, von Werner beob— achtet. Genannter Sammler fand ein Gelege von ſechs glänzend reinweißen, dünnſchaligen Eiern am 25. April 1878, in einer Sandbank dicht am Waſſer. Das Schlupfloch war 1.75 Zoll breit und die Höhlung 3.50 Fuß tief. In ſeiner Lebeusweiſe gleicht er ganz der vorigen Art. Beſchreibung: Kopf nicht gehäubt. Oberſeite, Kopf, Schwanz grünſchwarz; Flügel und Rücken weiß gefleckt; grünſchwarzes, weiß geflecktes Band über der Bruſt; die Seiten ebenſo. Unterſeite weiß, ebenſo ein Band im Nacken. Weibchen ganz ähnlich, nur iſt das über die Bruſt laufende Band breiter und kaſtanienbraun. — Länge 8.00 Zoll; Flügel 3.45, Schwanz 2.73 Zoll. Die C a & 8 Trogons. )) die in Gefiederpracht mit den Paradiesvögeln und Kolibris wetteifernden Trogons. Ihre eigentliche Heimat iſt das tropiſche Amerika, doch fand man ſchon vor Jahren R. Ridgway gebührt das Verdienſt, berichtet zu haben, daß dieſe Art im ſüdlichen Arizona brütet. Die bekannteſte und ſchönſte Art der ganzen Familie iſt der Queſal, welcher in Mexico und Gebirgswaldungen bewohnt. Das Ge— den kupferſchwänzigen Tro⸗ am unteren Rio Grande, und Prof. Mittelamerika gefunden wird und die rogons. | Trogonidae. fieder der meiſten Arten zeigt ein geſättigtes goldiges Grün, ein intenſives Hochrot, ein reiches Blau und ein metalliſches Braun. Auch Weiß, Grau und Schwarz fehlt nicht. Sie alle ſind Waldvögel, meiden deshalb die dichten Gebüſche, Baumgärten, Orangen— haine und Kaffeeplantagen. Vor dem Menſchen zeigen ſie wenig Scheu, fallen deshalb ihrer Zutrau— lichkeit leicht zum Opfer. Es ſind ſtille, ruhige, faſt phlegmatiſche Vögel. Ihre Nahrung beſteht haupt— ſächlich aus Jnſekten, welche fie im Fluge fangen, und aus ſüßen Früchten. Da die meiſten in alten, ver— laſſenen Spechtlöchern brüten, ſo kann man wohl annehmen, daß auch die in den Vereinigten Staaten lebende Art ein Höhlenbrüter iſt. Dieſe gehört dem Genus Trog on (Drogon LIN NI) au. Der kupfer ſchwänzige Trogon. Coppery-tailed Trogon. er grünſchwänzige Trogon gehört zu | 2 unſeren Prachtvögeln. Zuerſt berichtete Dr. J. C. Merrill, daß einige am unteren Rio Grande Später, 1886, ſchrieb W. E. D. Scott, daß er verſchiedene diefer | in Texas geſehen worden ſeien. Trogons im Catalina-Gebirge in Arizona beobachtet habe. Schon im nächſten Jahre berichtete Prof. R. Ridgway, daß Lieutenant H. C. Benſon ein junges Exemplar dieſer Art im Huachuca-Gebirge in“ Arizona (24. Aug. 1885) geſammelt habe. Es ſteht ſomit feſt, daß dieſer Prachtvogel im Gebiete der Vereinigten Staaten brütet. Da weiter nichts über dieſen Fund mitgeteilt wurde, ſo kann ich ſelbſtverſtänd lich nichts über Niſt- und Lebensweiſe angeben. Eigen tümlich iſt es allerdings, daß dieſer und andere farben Trogon ambiguus GOULD. prächtige, ſonſt nur in Mexico vorkommende Vögel bis nach Arizona vordringen, da dieſes Gebiet außer— ordentlich waſſerarm und deshalb auch ſehr arm an üppigen Pflanzen iſt. Kakteen, heißer Sand und Schlangen find dagegen ſehr reich vertreten. Beſchreibung: Ganze Oberſeite reich metalliſchgrün; mittlere Schwanzfedern bronze- oder kupferfarbig, ſchwarz zugeſpitzt; ſekundäre Flügelfedern ſchwarz und weiß gewellt; Schwungfedern dunkel, Außenfahnen grauweiß; Stirn, Seiten des Kopfes, Kinn und Kehle ſchwarz; Bruſt metalliſch grün oder kupfer-bronzefarbig wie der Rücken; dann folgt ein über die Bruſt laufendes reinweißes Band, und hinter dieſem iſt die ganze Unter— ſeite rein ſcharlach-zinnoberrot; Außenſeite der äußeren Schwanzfedern weiß. Weibchen graubraun anjtatt metal- liſchgrün, auf den mittleren Schwanzfedern mehr roſt— braun. — Länge 11.63, Flügel 5.30, Schwanz 6.85 Zoll. en. Cuckoos. m Gebiete unſeres Landes nehmen Jes die verſchiedenen Kuckucke eine hervorragende Stelle ein. Sie ſind da, wo ſie vorkom— men, zahlreich und fallen durch ihr eigentümliches We— ſen und ihre charakteriſtiſchen Rufe bald auf. Durch geſtreckten Leib, ziemlich lange Flügel und abgeſtuften Schwanz kennzeichnen ſie ſich. Sie alle gehören dem Walde an, bis auf den Laufkuckuck, welcher niedriges, dichtes Geſtrüpp be— wohnt und ſich mit überraſchender Schnelligkeit auf dem Boden fortbewegt. Obwohl ihre Töne nicht an das, Kuckuck, kuckuck“ des von den Dichtern fo vielfach Kuckuchke. Cuculidae. beſungenen deutſchen Kuckucks erinnern, fo find fie doch ebenfalls höchſt eigenartig, und obwohl ſie nicht wie die deutſche Art ihre Eier durch andere Vögel ausbrüten laſſen, ſo iſt doch auch ihre Niſtweiſe hoch intereſſant. Zwei Arten finden ſich bis hoch nach dem Norden der Vereinigten Staaten hinauf, während drei Arten die Südgrenze und eine Art den trockenen Südweſten des Landes bewohnt. Sie ſind echte Zugvögel, die im Norden ſpät erſcheinen und frühzeitig wieder dem Süden zueilen. Wir teilen die im Gebiete der Ver— einigten Staaten vorkommenden Kuckucke in folgende Sippen: 1. Geococey& WAGLER. Laufkuckucke. Eine Art. 2. Cboceyzus VIEILLOT. Regenkuckucke. Drei Arten. 3. Orotophaga LINSE. Anis. Zwei Arten, Der Taufkuckuch. Road-runner. Ozean bis zum Rio Grande, hat eine Fehr charakteriſtiſche Fauna und Flora. Das Klima dieſer Region iſt während der langen Sommerzeit überaus heiß und trocken. Der kühle Frühling und der farben reiche Herbſt des Nordens und Oſtens der Union fehlt hier gänzlich. Nur ſelten fällt während des Sommers Regen. Flüſſe und Bäche zeigen keinen Überfluß au Waſſer, und oft muß der Wanderer viele Meilen weit gehen, ehe er einen Bach oder eine Quelle antrifft. Dem Klima und Boden ganz augemeſſen erſcheint die Pflanzenwelt. Nur in den Flußthälern Geococcyx caliſlornianus BAIRD. er Südweſten unſeres Landes, vom Stillen und auf den Gebirgshöhen befinden ſich Wälder von einiger Bedeutung. Niedriges, aus Mesquit, Akazien und anderen dornigen Büſchen beſtehendes, die größte Trockenheit ertragendes Geſtrüpp, ſogenannter Cha parral, findet ſich allerwärts, wo der Boden nicht gar zu ärmlich iſt. Ganz außerordentlich charakteriſtiſch ſind die artenreichen, mit kleinen pinſelförmigen, mit hornartigen gebogenen Stacheln und mit ſcharfen Dornen verſehenen Kakteen. Sie drücken dieſen trockenen Landſtrichen das eigentliche Gepräge auf. Man findet ſie in allen Größen und Formen, von dem winzigen Warzen- bis zum ſäulenförmigen Rieſen 600 Der Laufkuckuck. zuſammen. Schöner und von edlerer Form ſind die an die Palmen erinnernden Nuccas oder Palmenlilien. Ganz beſonders prächtig erſcheinen dieſe Pflanzen, wenn ſie ihre mächtigen, mit zahlreichen rahmweißen, glockenartigen Blumen beſetzten Blütenbüſchel entfaltet haben. Wo ſie gruppenweiſe zuſammentreten, ver— leihen ſie dieſem ſonſt ſo öden Landſchaftsbilde ein freudiges, hochintereſſantes Gepräge. Faſt alle hier vorkommenden Puccas tragen an jeder Blattſpitze einen ſcharfen Stachel. Auch die hier ſich findenden Agaven ſind mit ſehr ſpitzen Stacheln bewehrt. Unter den Kakteen finden die Klapperſchlangen, welche hier ſehr zahlreich auftreten, einen ſicheren Aufenthaltsort. Auch Eidechſen und verſchiedene andere Lurche ſind in dieſer Region häufig. Von allen Vögeln dieſes Gebietes iſt ohne Zweifel der Laufkuckuck, auch Hahn- und Erdkuckuck, Wegläufer, Wegrenner, Paiſano (Bauers— mann), Wettrenner, Schlangentöter, Ei— | dechſenvogel (Ground Cuckoo, Road-runner, | Snake Killer, Lizard Bird, Paisano, Chaparral Cock, Prairie Cock, Corre-camino) genannt, der bekannteſte und volkstümlichſte. Schon die vielen Namen beweiſen zur Genüge, daß er ein häufig vor— kommender, jedem Kinde bekannter Vogel ſein muß. Obwohl zu den Kuckucken gehörend, erinnert ſeine ganze Erſcheinung, ſein Thun und Treiben, nament— lich aber ſein Laufen auf dem Boden an die Hühner— vögel. Ich lernte ihn in Lee County, Texas, kennen. Er iſt dort ein keineswegs zahlreicher Vogel, belebt einzeln oder paarweiſe größere, mit Feigenkakteen oder Opuntien dicht beſtandene Ortlichkeiten, iſt aber außerordentlich ſcheu und zurückgezogen. man mehr als ein Pärchen zuſammen. Im ſüdlichen Teile ſeines Verbreitungsgebietes in der Union iſt er Standvogel, weiter nördlich ſcheint er zu wandern. Nach der Brutzeit lebt jeder für ſich, ohne die geringſte Rückſicht auf den andern zu nehmen. Still und laut— los geht jeder einzelne ſeinen Geſchäften nach. Glaubt Schwanze gemächlich einher, faſt ganz in der Weiſe eines Hühnervogels. Sieht er ſich jedoch beobachtet, ſo eilt er mit unnachahmlicher Schnelligkeit zwiſchen den Kakteen und dem niedrigen, dornigen Geſtrüpp dahin. Ich habe nie Gelegenheit gehabt, ein Neſt des Laufkuckucks zu finden, obwohl ich faſt alle Feigen— kakteenbüſche nach ſolchen durchſucht habe. Auch auf Wegen und Landſtraßen habe ich nie einen dieſer Vögel geſehen. brütete er ſogar zahlreich. Südlich und weſtlich von Lee und Baſtrop County, Texas, iſt der Erdkuckuck ein ſehr zahlreich vorkommender Vogel. Man behauptet, daß er ſich bis zum weſtlichen Kanſas nach Norden hin verbreite, und Trippe, der ihn in Colorado beobachtete, meint, daß er dort bis zum 38. Grad nördl. Br. vorkomme. Seinen Aufenthalt wählt ſich der Laufkuckuck ſtets auf dem Boden zwiſchen Kakteen und Chaparral, nie in der ebenen, gebüſchloſen Prärie. In ſeinem Beneh— men iſt er ſcheu, wild und ſehr vorſichtig, ſodaß es faſt unmöglich iſt, ſich ihm auf gebüſchloſen Strecken zu nähern. Wenn man ihn plötzlich überraſcht, läuft er entweder mit raſender Schnelligkeit davon, oder er fliegt, anſcheinend mit großer Leichtigkeit, dahin, ſelten ſich höher als ſechs bis acht Fuß erhebend. Um ſeine Schnelligkeit im Laufen zu erproben, verfolgte einſt Oberſt Me Cal! einen Laufkuckuck auf offener Land— ſtraße zu Pferde. Der Vogel hatte einen Vorſprung von hundert Yards; die Straße war glatt und eben, und die Jagd dehnte ſich etwa vierhundert Yards weit aus. Mit ausgeſtrecktem Nacken und leicht entfalteten Flügeln glitt der Vogel dahin und zwar mit einer ſolchen Schnelligkeit, daß es ſchien, als berühre er kaum den Boden. Als er ſich endlich ſeitwärts in die Büſche flüchtete, hatte der Reiter nicht mehr als fünfzig Yards gewonnen. i Eine kurze aber genaue Beſchreibung der Niſt— weiſe giebt W. E. D. Scott (Auk, 1886, p. 424 — 425). Er ſchreibt: „Der Erdkuckuck iſt in Arizona ein gewöhnlicher Brutvogel bis zu einer Höhe von 4000 Fuß. Während der wärmeren Monate und frühzeitig im Herbſt findet man ihn oft bis zu 5000 Fuß und ſelbſt noch höher, bis in den Gürtel Nie trifft immergrüner Eichen. Obgleich anſcheinend auf der Ebene am zahlreichſten, fand ich ihn auch im Pinal— und Catalina-Gebirge, und in letzterer Örtlichkeit Das Folgende bezieht ſich auf einige am San Pedro-Abhang des Catalina— Gebirges gefundene Neſter. Am 17. März 1885 fand ich ein Neſt dieſer Art in einem Chollakaktus, er ſich ungeſtört, fo läuft oder geht er mit Halbgejtelztem etwa 3000 Fuß über dem Meere. Der Bau ſtand 3.50 Fuß vom Boden, war feſt gebaut und ähnelte einem Krähenneſte ſehr. Das Innere war mit Gras, Kuh- und Pferdemiſt ausgelegt. Das Neſt enthielt zwei Eier, aber jedenfalls war das Gelege nicht voll— ſtändig. Am 13. März desſelben Jahres fand ich ein zweites Neſt in einer Höhe von 3200 Fuß. Es ſtand ebenfalls in einem Chollakaktus, aber nur 2.50 Fuß vom Boden und war noch nicht ganz fertig. Als ich am 25. März das Neſt wiederum beſuchte, war es vollendet und enthielt zwei Eier, am 27. vier frische Eier. Am 28. März fand ich ein drittes Neſt, welches in der Anlage ganz dem erſten ähnlich war. Am 1. April enthielt es ein vollzähliges Gelege von ſechs Eiern. Ich fand noch andere, höher angelegte Neſter, eins ſogar fünfzehn Fuß vom Boden. Obgleich fie Chollakakteen zur Aulage des Neſtes den Vorzug geben, fand ich doch Bauten in allen Sträuchern und Bäumen ihres Aufenthaltsortes. Das zahlreichſte von mir gefundene Gelege beſtand aus acht Eiern. Das Männchen wechſelt mit dem Weibchen in der Bebrütung der Eier ab, und beide zeigen ſich ſehr beſorgt um ihre Brut.“ Herr Sennett fand am unteren Rio Grande Neſter mit neun Eiern. Die— ſelben ſind ſtets reinweiß. In ſeinen Tönen, namentlich während der Brut— zeit, erinnert er an das „Whuh-whuh-whuh“ der Trauertaube (Zenaidura macroura). Auch noch andere, wie „Quak“ klingende Laute vernimmt man hin und wieder. Die Nahrung beſteht beſonders aus Heuſchrecken, Würmern, Käfern, kleinen Eidechſen und Schlangen. In Texas redet man ihm nach, daß er auch Hühner— neſter plündere und junge Kücken verzehre. Sicher iſt es, daß er Mäuſe fängt, mit ihnen erſt wie eine Katze ſpielt und fie daun ohne weiteres verſchluckt. Jung aus dem Neſte aufgezogene Laufkuckucke werden ſehr zahm. Fräulein Fanny Miller ſchreibt hierüber wie folgt: „Eine Familie Davies, welche fi auf der alten Miſſion (Old Mission) in San Diego Co. mit Olivenkultur beſchäftigt, machte die folgenden Erfahrungen mit einer Brut junger Erdkuckucke. Eines Tages hörte Herr Davies aus dem dichten Kaktusgewirr, welches die Miſſion umgiebt, eigentümliche taubenartige Töne, welche mit einigen ſchnellen, abgeriſſenen Lauten, die wie Pe-rut, pe-rut, pe-rut‘ klangen, endigten. Er horchte aufmerkſam längere Zeit, dann ging er an das Suchen. Zu ſeinem Erſtaunen entdeckte er ein Neſt des Laufkuckucks, welches vier Junge enthielt, und letztere waren es, welche dieſe eigentümlichen Töne hervorbrachten. Er nahm ſie mit nach Hauſe und brachte ſie in einem Hühnerſtalle unter, wo ſie von den Alten gefüttert wurden. Die ſchön gezeichneten, hochintereſſanten Vögel erregten bald die Aufmerkſamkeit der Beſucher. Sie wurden ſchließlich in Freiheit geſetzt, doch ſie kehrten allnächtlich in ihren Stall zurück und belebten tagsüber den Hof und Garten. Zwei der Jungen gingen ein, die anderen beiden bekämpften ſich ſo eifrig, daß das eine das Feld räumen mußte. Es zog ſich in das Der Laufkuckuck. ! Eidechſen und kleine Schlangen. 601 Kaktusdickicht zurück, ſtellte ſich aber mit dem Eintritt der Brutzeit wieder im Gehöfte ein. Der allein zurückgebliebene Laufkuckuck war in ſeiner Anhänglich— keit an Frl. Davies ſo eiferſüchtig, daß er es nicht litt, wenn ſich ein Hund, eine Katze oder ſelbſt ein Kind ihr näherte. Er hackte dann mit ſeinem ſcharfen Schnabel ſo gewaltig darauf los, bis das Blut floß. Oft brachte er ſeiner Pflegerin Käfer, Spinnen, ſelbſt Wenn ſie ihn ſtrei⸗ chelte, gab er ſein Behagen durch taubenartige Töne kund. Mit dem zurückgekehrten Gefährten begann er auf einem kleinen Tiſche im Zimmer der jungen Dame ein Neſt zu bauen. Dieſes, ein ſehr unbequemer Bau, war von der Größe eines Suppentellers und beſtand aus Zweigen, trockenem Gras und Stroh. Es lag erſt ein Ei im Neſte, als das Urteil über die Vögel geſprochen wurde. Eines Tages brachte nämlich das Männchen, zum Schrecken der jungen Dame, eine große Gopherſchlange, welche ſich, obgleich halbtot, noch mächtig hin- und herwand, ins Zimmer zum Weibchen geſchleppt. Frl. Davies hatte nun nichts eiligeres zu thun, als das Neſt mit ſeinem Inhalte ins Kaktusdickicht zu tragen, wo es auf dem Boden niedergeſetzt wurde. Doch die Vögel niſteten ruhig weiter und brachten ſpäter ihre Brut wie kleine Kücken in den Hofraum. Die jungen Laufkuckucke ähneln jungen Truthühnern ſehr, und vollſtändig ausge— wachſen ſind ſie etwa halb ſo groß wie eine Trut— henne.“ Namen: Laufkuckuck, auch Hahn- und Erdkuckuck, Weg— läufer, Wegrenner, Paiſano (Bauersmann), Wettrenner, Schlangentöter, Eidechjenvogel. Road- runner, Ground Cuckoo, Snake Killer, Lizard Bird, Paisano, Chaparral Cock, Prairie Cock, Corre-camino. Wiſſenſchaftliche Namen: Saurothera caliſorniana Less. (1829). — Geococeyx variegata Wagl. (1831). — Geo. viaticus Bonap. (1850). — Leptosoma longi- canda Sw. (1831). — @eococeyx californianus Baird (1858). Beſchreibung: Schwanz ſehr lang. Kopfhaube. Haut ums Auge nackt, rötlich. Beine lang und kräftig. Alle Federn der Oberſeite und der Flügel matt metalliſch— olivengrünlich, an den Enden breit weiß geſäumt; in der Nähe des weißen Saumes erſcheint das Grün ſchwärzlich; am Halſe herrſcht das Schwarz vor; die weißen Federn der Seiten und des Unterhalſes in der Mitte ſchwarz, dann bräunlich; das übrige der Unter— ſeite weißlich; Schwungfedern weiß geſäumt; mittlere Schwanzfedern olivenbraun, die übrigen dunkelgrün, breit weiß geſäumt. Länge 20.00 bis 24.00 Zoll; Flügel 6.50 bis 7 Schwanz 11.50 bis 12.00 Zoll. Der Regenkuchuck. Yellow-billed Cuckoo. Coccyzus americanus BNA ARTE. Tafel XXXIII. Noch ſteht im Glanz der Morgenſtern, Noch deckt die Nacht die Lande: Nur dort, ganz leis, im Oſten fern, Graugelblich ſteigt's am Rande. Empor vom Pfühl, hinaus zum Thor, Eh' noch Frau Sonne blitzt empor: Fum Walde will ich eilen Und ſein Erwachen teilen. uch der Sommer hat im Süden, beſonders in der Nähe des mexikaniſchen Golfs und am Atlantiſchen Ozean, feine Reize. Es wird manchmal allerdings recht heiß, doch nie ſo drückend und unan— genehm als im oberen Miſſiſſippi-Thale und an den großen Seen. Faſt beſtändig weht vom Meere herüber eine angenehme und erfriſchend kühle Briſe. Sind die Nächte im Norden während des Sommers meiſt ſehr ſchwül und heiß, im Süden empfinden wir ſtets eine angenehme nächtliche Kühle. Es ſind wirklich balſamiſche Nächte, von herrlichen Wohlgerüchen erfüllt, Nächte von unbeſchreiblicher Schönheit. Kein Lüftchen ſcheint ſich zu regen, und doch fühlt man in dieſer wonnig-lauen Reinheit ein ſanftes Fächeln: den erfriſchenden Hauch des nahen Meeres. Am unendlich hohen, dunklen Himmel glitzern die Sterne in unver— gleichlicher Pracht, und die ſchon tiefſtehende Mondſichel dämpft nicht deren Licht. Jene blütenbedeckten Mag— nolien, jene mit duftigen Blüten überſäeten, Wohl— gerüche aushauchenden dichten Gardenien, Nachtjas— mins, Akazien-, Jasminſträucher, jene mit glänzendem Laube und glühenden Blumen geſchmückten Hibiskus— büſche, die rieſigen, mit einer duftenden Maſſe von edlen Blüten bedeckten Thee- und Noiſette-Roſen, die ſtolzen Formen der Fächer- und Fiederpalmen erſcheinen uns im matten Sternenlichte wahrhaft märchenhaft. Der herrliche Duft der Blumen, die Reinheit der Luft, die Kühle, die Friſche und Ruhe wirken bezaubernd auf den gemütvollen Menſchen. Doch die Ruhe wird bald nach Beginn des neuen Tages angenehm unterbrochen. In jenem Oleander ſingt des Südens gefeierte Sängerin, die Spott— droſſel, ihre nächtliche Weiſe. Wie ſanft und lieblich ſchallen ihre Töne durch die Stille der Nacht! Wie Vogel 4. O Wunder du — Mittſommernacht! Du preiſeſt Gott nicht minder, Als lauten Tages ſchwüle Pracht, Nur leiſer, duft'ger, linder. In Lüften hoch der wilde Schwan Fieht, ſehnſuchtſingend, ſeine Bahn, Und ſtill durch Buſch und Bäume Gehn ahnungsvolle Träume. Felix Dahn. wunderbar ergreift dieſe Sängerin das gefühlvolle Menſchenherz! Am Tage ſcheint uns ihr Geſang luſtig und leicht zu ſein, während der Nacht aber iſt er ernſt, lieblich, wonneſam und traut. Dann fangen auch die Kardinäle an, ihr „Wihu-wihu-dju-dju-dju tſchurr“ erklingen zu laſſen. Die Rufe des ſüd— lichen Klagenachtſchattens, der „Chuckwillswidow“, vernehmen wir von allen Seiten. Auch ein entfernt klingendes „Kuhk-kuck-kuck-kuck“ hören wir, doch erſchallt dies häufiger in ſchwülen, finſteren, als in ſternhellen Nächten. Die Töne ſind ſo eigenartig im nächtlichen Vogelkonzerte, daß wir erſtaunt aufhorchen, ſobald ſie erſchallen. Es iſt unſer gewöhnlicher Regenkuckuck, auch gelbſchnäbeliger Kuckuck genannt, deſſen Rufe wir oft in der Stille der Nacht vernehmen. Eilen wir frühmorgens, ehe noch Frau Sonne emporblitzt, zum Walde, um ſein Erwachen zu teilen, ſo werden wir bald Gelegenheit haben, den Regen— kuckuck in den Dickichten der Waldränder, im Rand— gebüſch der Gewäſſer, ſelbſt in größeren, reichlich mit Ziergeſträuch und Bäumen bepflanzten Gärten anzu— treffen. Er hält ſich meiſt in dichten Bäumen verbor— gen, doch wird man gelegentlich ſeine tiefen Kehllaute, welche wie „Kuhkskuck-kuck-kuck“ klingen, langſam beginnen und raſch endigen, vernehmen. Am häufig— ſten hört man ſie bei trübem, ſchwülem Wetter, weshalb ihn das Volk als Regenvogel, Regenkrähe und Regenkuckuck (Rain Bird, Rain Crow) bezeichnet. Er iſt im Süden beſonders zahlreich, doch fehlt er auch im Norden keineswegs. Dort iſt ſein ſchwarzſchnäbeliger Vetter allerdings zahlreicher, man bemerkt aber ſtets, daß der gelbſchnäbelige Kuckuck viel lauter und eifriger ruft. Als zutraulichen Vogel kann — | man ihn nicht bezeichnen, allein er fällt da, wo er vorkommt, bald auf, namentlich wenn er in aufregender Jagd in den Bäumen hin- und herfliegt, um groß— flügelige Inſekten, ſeine Hauptnahrung, zu erbeuten. Das metalliſche Olivenbräunlich und -grau der Ober— ſeite und das ſchneeige Weiß der Unterfeite ſticht wunderbar ab gegen das tiefe Grün des Gelaubes. Da er ſehr verſteckt lebt, hält man ihn gewöhnlich für jeltener als er iſt. Auf ganz verſtohlene Weiſe gleitet er schnell und geräuſchlos von einem Baume zum andern. Der Flug iſt überraſchend ſchnell, leicht und anmutig und erinnert faſt an den der Wandertaube, beſonders wenn er durchs Geäſt der Bäume fliegt. Läßt er feine eigentümlichen Rufe erſchallen, oder erregt irgend ein fremdartiger Gegenſtand ſeine Neu— gierde, ſo ſitzt er bewegungslos da. Neugierig iſt er in hohem Grade, und man ſieht ihn häufig, ganz ebenſo wie eine Wandertaube, den Hals ausſtrecken und durchs dichte Laubwerk nach unten ſpähen. Der gelbſchnäbelige Regenkuckuck iſt ein gewöhn— licher Brutvogel von Wisconſin bis Texas und von Canada bis Florida, weſtlich bis zu den großen Ebenen. In Nevada, Oregon, Californien, öſtlich bis Colorado wird er vom californiſchen Kuckuck (Coceyzus americanus occidentalis RIDG WAY; California Cuckoo), einer etwas größeren Abart, vertreten. Während des Winters trifft man ihn von Süd-Florida bis Weſtindien und Coſta Rica. Im Frühling gehört er zu unſeren letzten Anukömmlingen aus dem Süden, weshalb wir ihn in Mittel-Wisconſin ſelten vor dem 20. Mai erwarten dürfen. Wenn im Walde das große Dreiblatt (Wake Robin, Wood Lily), am Waldſaume die wilden Pflaumenbäume und in der Wieſe die ſchönen, duftenden, violetten Flammenblumen (Phlox maeulata) blühen, fo kann man feine Ankunft mit ziemlicher Sicherheit erwarten. In Texas erſcheint er meiſt Ende April, wenn der Wald mit deu pracht— vollen Drummonds-Flammenblumen (Phlox Drum- mondii) wie mit einem feurigen Teppich belegt erſcheint. So etwa am 6. Mai erſcheint er im ſüdweſtlichen Miſſouri. Die Bäume ſind allerorten mit dem üppigſten friſchen Grün bekleidet, wenn er eintrifft. Die erſten Neſter fand ich in Wisconſin in der zweiten Juniwoche, während dies im ſüdöſtlichen Texas ſtets einen Monat früher der Fall war. Im Norden findet man oft noch anfangs Auguſt, in Texas häufig noch Ende Juli friſche Gelege. Der Bau ſteht regelmäßig im Dickicht, in kleinen, mit Schlingpflanzen überwachſenen Bäumen, in Weiden und Schneeball— geſträuch, in wilden Apfel- und Weißdornbäumen. in ſeiner Art in der Vogelwelt. Der Regenkuckuck. 603 meiſt in einer Höhe von fünf bis zehn Fuß. Die mit Dickichten beſtandenen Waldesſäume ſind ſeine Lieb— lingsniſtorte. In Texas fand ich das Neſt gelegentlich auch in Cherokeeroſen und Stechpalmen. Es it unverhältnismäßig klein und nachläſſig gebaut, die Neſtmulde ſehr flach. Die Unterlage desſelben beſteht aus ziemlich dicken Reiſern, dann folgt gewöhnlich eine Auskleidung von Weidenkätzchen. Im ganzen ähnelt der Bau ganz auffallend einem wilden Taubenneſte. Die Mulde iſt ſo klein und flach, daß man kaum begreift, wie Eier und Junge darin Platz finden. Im Süden iſt der Bau oft mit ſpauiſchem Moos ausgelegt. Die Eier, zwei bis vier, doch auch noch mehr au Zahl, ſind eliptiſch, bereift-grün, ganz ebenſo gefärbt, wie die meiſten Reiher-Eier. Während der deutſche Kuckuck ſeine Eier, wie unſer Kuhvogel, in andere Neſter legt, brüten die Regenkuckucke regelmäßig ſelbſt, aber dies geſchieht in ſo eigentümlicher Weiſe, daß es unſer ganzes Intereſſe in Auſpruch nimmt. Von Wisconſin bis nach Texas und Florida machte ich die ſchon von Audubon ausführlich geſchilderte Beobachtung: Ich fand junge Kuckucke verſchiedener Größe und Eier in verſchiedenen Stadien der Bebrütung in einem Neſte. Da die Neſtmulde immer ſehr klein iſt, ſo fand ich ſelten mehr als ein oder zwei Junge und zwei Eier. Bei Houſton ſah ich jedoch einen ſchon ausgeflogenen Kuckuck, einen faſt flüggen, einen etwa fünf Tage alten und zwei Eier in einem Neſte. Einige Tage ſpäter machte ich die Beobachtung, daß der zweite das Neſt verlaſſen hatte, daß aber an ſeiner Stelle ein friſches Ei ſich im Neſte befand. Dem Anſcheine nach helfen die bereits den Eiern entſchlüpften Jungen durch ihre Körperwärme die noch übrigen Eier zeitigen. Dieſes Brutgeſchäft erſcheint in der That einzig Aber damit nicht genug: Es kann ſich dasſelbe auch gänzlich abändern! Dieſe und auch die folgende Art können nämlich zu gewiſſen Zeiten, ganz wie der deutſche Kuckuck, zu Schmarotzern werden, indem fie ihre Eier in die Neſter anderer Vögel legen und denen die Ausbrütung der— ſelben und das Aufziehen der Jungen überlaſſen. Nuttall, ein ſcharfer Beobachter unferer heimiſchen Vogelwelt, iſt der Eutdecker dieſer beachtenswerten Thatſache. Er fand zweimal die Eier der Regenkuckucke in den Neſtern des Spottvogels und des Robin. Nach den Beobachtungen des ausgezeichneten Forſchers Prof. W. Brewſter in Cambridge kommt es in Maſſachuſetts ziemlich häufig vor, daß der gelbſchnä belige Kuckuck in das Neſt der ſchwarzſchnäbeligen Art legt und umgekehrt. Er verſichert, daß zehn Prozent 604 aller von ihm gefundenen Kuckucksneſter Eier beider | Arten enthielten. Herr Otto Widmann, der den Leſern dieſer Skizzen ja ſchon längſt als ausgezeichneter und liebeuswürdiger Forſcher bekannt iſt, fand am 4. Juni 1881 ein Ei des gelbſchnäbeligen Kuckucks in einem Katzendroſſelneſte und ein zweites in dem Neſt der ſchwarzſchnäbeligen Art. Dies war bei St. Louis, weinüberrankter, ſchwer zugänglicher Dickichte legt ſind. Um dieſe merkwürdigen Eigentümlichkeiten un— ſerer einheimiſchen Kuckucke zu verſtehen, muß man von der Thatſache Kenntnis haben, daß im großen Haushalte der Natur die größte Übereinſtimmung herrſcht und daß alles ſeine Gründe hat. Auch in der Vogelwelt geſchieht nichts zwecklos, ſondern alles hat ſeinen Grund, alles harmoniert. die zuerſt geſchilderte Eigentümlichkeit dieſer Kuckucke, daß man nämlich Eier und Junge in verſchiedenen Phaſen der Entwicklung in einem Neſte findet, erklären. Bei allen Kuckucken entwickeln ſich die Eier nur ſehr ange⸗ langſam, ſodaß vielleicht nur in Zwiſchenräumen von fünf bis ſechs Tagen ein Ei gelegt wird. Nehmen wir nun an, daß ein Regenkuckucksweibchen fünf Eier legt, ſo dauert es 25 bis 30 Tage, bis das Gelege vollzählig wäre, bis das Brüten beginnen könnte. Der Lebenskeim des erſten Eies wäre dann längſt erſtorben. Um dieſes zu verhüten, beginnt das Weib— chen gleich nach dem Legen des erſten Eies mit Brüten, und ſo kommt es denn, daß wir Junge und Eier zugleich in einem Neſte finden. Doch dieſe Eigen— tümlichkeit hat auch noch einen anderen Grund. Die Produktionsfähigkeit der Regenkuckucke iſt in vielen Fällen eine große, und es ſind Fälle bekannt, daß ein einziges Weibchen ſieben, ja elf Eier gelegt hat. Wür— den dieſe zu gleicher Zeit erbrütet, ſo könnten die Eltern bei der außerordentlichen Gefräßigkeit der Jungen nicht genug Futter herbeiſchaffen. Weiß man nun noch ferner, daß unſere Kuckucke einige beſondere Arten feinbehaarter Raupen zur Aufzucht der Jungen bevorzugen, ſo wird man die Fortpflanzungsweiſe nur noch erklärlicher finden. Ju manchen Jahren find aber nur wenig dünne Raupen zur Atzung der Jungen vorhanden. Sie können dann höchſtens für ſich ſelbſt, nicht aber für eine Schaar hungriger Jungen genügend Nahrung verſchaffen. Dann tritt die andere Eigenart der So läßt ſich auch Der Regenkuckuück. Regenkuckucke in ihre Rechte: Sie werden, wie ihr deutſcher Vetter, zu Schmarotzern und legen daun in die Neſter fremder Vögel. Wie es aber kommt, daß die eine Art oft in die Neſter der anderen Art legt, iſt uns ein Rätſel und wird es wohl auch bleiben. Die Nahrung dieſer Vögel beſteht faſt ausſchließ— lich aus großen Inſekten, namentlich aus Raupen. Miſſouri, wo die Kuckucksneſter gewöhnlich inmitten Selbſt die dicken behaarten Raupen werden von ihnen maſſenweiſe gefreſſen. Wir müſſen daher den Regen— kuckuck als einen ſehr nützlichen Vogel bezeichnen. Man redet ihm auch nach, daß er die Neſter anderer kleinerer Vögel plündere, doch habe ich eine derartige Beobachtung nie gemacht, obgleich ich ſchon von früher Jugend an mit dem Regenkuckuck bekannt bin. Jeden— falls iſt es nur eine individuelle Eigenſchaft, denn ich habe die Neſter der Katzen-, Rötel-, Wald-, Spott⸗ und Braundroſſel, des Schwätzers, des roſenbrüſtigen Kernbeißers ꝛc. oft dicht neben den Bauten des einen oder des andern unſerer beiden Kuckucke gefunden, habe aber ſtets beobachtet, daß ſich alle dieſe Vögel gut miteinander vertrugen. Herr Widmann hat eben— falls noch nie beobachtet, daß ſich unſer Kuckuck in dieſer Hinſicht Übergriffe zu ſchulden kommen läßt. Genannter Forſcher, der jetzt in Old Orchard bei St. Louis ſich ein reizendes Landplätzchen eingerichtet hat und im Garten, im Wald und Dickicht die Vögel ſchützt und beobachtet, ſchreibt, daß der Vogel dort vorkomme, „daß es aber ſchwer ſei, einen ſolchen Duckmäuſer zu beobachten, namentlich wenn er auf Miſſethaten ausgehe.“ Er hat allerdings etwas Duck— mäuſeriges, Verſtohlenes, Mißtrauen Erregendes in ſeinem Weſen, doch glaube ich, daß alles dies nicht ganz ſo ſchlimm auszulegen iſt, als es manche thun. Namen: Regenkuckuck, gelbſchnäbeliger Kuckuck, Regenvogel, Regenkrähe, Ferſenkuckuck. Yellow-billed Cuckoo, Rain Crow, Rain Bird. Wiſſenſchaftliche Namen: Cuculus americanus Linn. (1758). — Cuculus carolinensis Wils. (1811). — Cocey- zus americanus Bonap. (1825). — Erythrophrys ame- ricanus Swains. (1837). Beſchreibung: Hinterer Teil des Unterſchnabels und Rand des Oberſchnabels gelb. Oberſeite metalliſch grünlich-olivenfarbig, nach dem Schnabel zu aſchgrau angeflogen. Unterſeite weiß, untere Schwanzfedern geſtuft, ſchwarz, breit weiß geſpitzt; zwei mittlere grün: lich-olivenfarbig; Schwungfedern orange-zimmetbraun. Iris braun. Länge 12.00 Zoll; Flügel 5.95, Schwanz 6.35 Zoll. wel en Der ſchwarzſchnäbelige Kuckuck. Black-billed Cuckoo. A Art, welche man auch als den ſchwarz— ſchnäbeligen Regenkuckuck bezeichnet, mäßig kleines, kaum drei Fuß vom Boden ſtehendes iſt in Wiscouſin zahlreicher als der gelbſchnäbelige Kuckuck. Im nördlichen Illinois ſind beide Arten gleich häufig, obgleich ſich der ſchwarzſchnäbelige längſt nicht ſo bemerklich macht als die gelbſchnäbelige Art. Nach Norden hin verbreitet er ſich bis nach Labrador und Manitoba. In Texas, Süd-Louiſiana und in anderen Staaten der Golfregion habe ich ihn nie während der Brutzeit geſehen. Gerhardt fand ihn brütend bei Varnell Station, im nördlichen Georgia, und dies iſt wohl der ſüdlichſte Punkt ſeines Brutgebietes. Bei St. Louis kommt er, nach den Angaben des Herrn Widmann, als regel— mäßiger Brutvogel vor. Weſtlich trifft man ihn bis zum Felſengebirge. In ſeiner Lebensweiſe gleicht der ſchwarzſchnäbe— lige Kuckuck ganz der ausführlicher beſchriebenen Art, doch iſt er ſcheuer und ruhiger. Der Eingeweihte wird auch in den Tönen, welche namentlich bei ſchwü— lem, trübem Wetter häufig erklingen, einen Unterſchied wahrnehmen. Sie ſind tiefer und klingen etwa wie „Tack-tack-tack-tack“. Er belebt beſonders die Rand— gebüſche der niedrig gelegenen Wälder, die zuſammen— hängenden Dickichte der Wieſen und Sümpfe und ähnliche Ortlichkeiten. Hohe Bäume beſucht er aller— dings auch, zieht aber das ſchützende Dickicht allen anderen Ortlichfeiten zum Aufenthalt vor. Der Flug von Baum zu Baum erinnert ſehr an den der Wandertaube. Schon in meiner frühen Jugendzeit erregte die Niſtweiſe dieſes ſonderbaren Vogels meine Bewunde— rung. In einer feuchten Wieſe befand ſich ein großes, aus Weiden-, Schneeball- und Hartriegel— arten, jungen Eſchen und Ulmen beſtehendes Dickicht, aus welchem oft die tiefen Töne eines mir unbe— kannten Vogels erklangen. Mit den meiſten in der Gegend vorkommenden Vögeln war ich bekannt, doch dieſe Art blieb mir lange ein Geheimnis. Einſt an einem ſchönen, warmen Junitage folgte ich einem vom Vieh ausgetretenen Pfade durch ein großes Dickicht, um nach Vogelneſtern zu ſuchen. Ich war Dr. Alexander Coccyzus erythrophthalmus BONAPARTE. noch nicht weit vorgedrungen, als ich ein verhältnis— Neſt gewahrte, auf dem ein großer Vogel mit weißer Unterſeite ſaß. Er ließ mich bis auf einige Fuß herankommen, dann flog er, einen Augſtruf ausſtoßend, hinweg. Sofort erſchallte, ganz aus der Nähe, das eigentümliche, gurgelnde „Tackstack-tack“, und ich wußte nun genau, wie der Vogel ausſah, welcher dieſe Laute hervorbrachte, und wie Neſt und Eier beſchaffen waren. Der Bau beſtand aus Reiſern, war ſehr flach und die mit Weidenkätzchen ausgelegte Mulde war verhältnismäßig klein. Es lagen zwei grüne Eier im Neſte, von denen eins am folgenden Tage erbrütet war; das zweite wurde erſt eine geraume Zeit ſpäter erbrütet. Im ganzen wurden fünf Eier gelegt, welche ſämtlich zu verſchiedenen Zeiten ausſchlüpften. Obwohl darüber ſchon viele Jahre hingefloſſen ſind, und obgleich ich noch gar manches Kuckucksneſt fand und unterſuchte, ſo iſt mir doch keines ſo intereſſant geweſen, als dieſes zuerſt gefundene. Sein Erſcheinen macht der ſchwarzſchnäbelige Kuckuck im ſüdweſtlichen Miſſouri etwa vom 6. bis zum 10. Mai, in Wisconſin ſelten vor dem 20. des— ſelben Monats. Schon Ende Auguſt und aufangs September verlaſſen ſie den Norden, um ihrer Winter— heimat zuzuziehen. Die Nahrung beſteht aus Inſekten aller Art, namentlich aus großen Raupen. Selbſt behaarte Raupen hat man in den Magen in Menge gefunden. Da alle dieſe Kuckucke ausſchließlich von Inſekten leben und deren eine Menge zur Nahrung bedürfen, ſo iſt ihr Nutzen im Haushalte der Natur ſehr hoch anzuſchlagen. Die Neſter dieſer Art unterſcheiden ſich von denen des gelbſchnäbeligen Kuckucks durch dünnere Reiſer, weniger Blütenkätzchen, und durch ſorgfältigere Bauart. Die Eier find kleiner, dunkler blaugrün, mit feinen, kaum ſichtbaren weißlichen Flecken, welche der Farbe einen bereift-grünen Anſtrich verleihen. Namen: Schwarzſchnäbeliger Kuckuck, ſchwarzſchnäbeliger Regenkuckuck. Black- billed Cuckoo. 606 Wiſſenſchaftliche Namen: Cuculus erythrophthal- "mus Wils. (1811). — Coceyzus erythrophihalmus Bonap. (1835). Beſchreibung: Schnabel ganz Schwarz. Oberſeite metal— liſch-olivengrünlich, nach dem Schnabel zu in Aſchgrau übergehend. Unterſeite reinweiß, mit gelblichbräunlichem Aufluge an der Kehle. Innenfahnen der Schwungfedern zimmetbraun angeflogen; Unterſeite der Schwanzfedern grauweiß; äußere Schwanzfedern wie die mittleren; alle erſt ein wenig ſchwarz, dann folgt ein ſchmaler, weißer Rand. Schon die Schwanzfedern allein unterſcheiden ihn ſofort von der vorigen Art, bei der dieſelben breit weiß zugeſpitzt ſind; roter, nackter Ring um das Auge. Länge 12.00 Zoll; Flügel 5.00, Schwanz 6.50 Zoll. Der Mangrove-Regenkuckuck (Ooceyzus minor CaB.; Mangrove Cuckoo) bewohnt die Florida Keys, die Küſte Louiſianas, Central- und das nördliche Südamerika und Weſtindien. Audubon ſand ein Neſt auf Key Weſt. Neſt und Eier erinnerten ganz an den gelbſchnäbeligen Regenkuckuck.“ Beſchreib ung: In der Färbung iſt er dieſem ebenfalls ähnlich, doch iſt die Unterſeite anſtatt weiß, matt gelblich— braun. Der Ani (Crotophaga ani LIN N.; Ani, Sa- vanna Blackbird) iſt ein echter Charaktervogel Weſtindiens und Südamerikas, kommt aber gelegeut— lich auch als Brutvogel im Gebiete der Vereinigten Staaten, namentlich in Süd-Florida vor. Der eigen— tümliche ſchwarze Vogel mit dem ſchmalen, breiten Schnabel lebt ganz in menſchlicher Nähe, hält ſich mit Vorliebe in der Nähe von Viehherden auf, ſucht den Weidetieren die Zecken ab und lebt anſcheinend mehr in der Weiſe eines Stärlings als eines Kuckucks. Namentlich auf Cuba, Jamaica und St. Croix hat man ihn beobachtet. Das Neſt, welches anſcheinend mehreren Pärchen gleichzeitig zur Niſtſtätte dient, iſt ein großer, eigenartiger Bau. Newton beſchreibt eins, welches er am 17. Juni auf St. Croix fand, ausführlicher. Es ſtand etwa fünf Fuß vom Boden Der Ani. in einer großen Tamarinde. Die Unterlage beſtand aus einer Menge rauher Zweige; die Mulde war groß und tief, zum Teil mit trockenen Blättern ausge— füllt, zwiſchen welchen ſich vierzehn Eier fauden. Um den Rand des Neſtes waren eine Anzahl Zweige der Tamarinde aufrecht geſteckt. Das Neſt war augen— ſcheinlich gemeinſchaftliches Eigentum mehrerer Pär— chen. Gewöhnlich ſaßen zwei oder drei Vögel brütend im Neſte, während oben im Baume vier oder fünf andere ſich befanden, welche einige kreiſchende Töne hören ließen. Man nennt den Vogel dort Black Witch. Die Eier ſind grünlichblau mit weißlichem Überzuge. — Die Nahrung des Ani beſteht aus Inſekten aller Art, beſonders aus Käfern, Heuſchrecken, Zecken, Eidechſen, Beeren ꝛc. Beſchreibung: Färbung ſchwarz, mit ſtahlblauem Aufluge. Länge 13.20 Zoll; Flügel 6.00, Schwanz 8.30 Zoll. Der texaniſche Ani (Orotophaga suleirostris Swaıns.; Grooved-billed Ani) bewohnt das untere Thal des Rio Grande und Untercalifornien ſüdlich bis Peru. Herr Sennett erbeutete ein Exemplar am 19. Mai 1878 bei Lomita, Texas. Oberſt Grayſon beobachtete dieſen Ani im weſtlichen Mexico. Dort iſt er ein gewöhnlicher Vogel der Tierra caljente. Man ſieht ihn meiſt in kleinen Flügen von acht bis zehn Stück, beſonders in der Nähe von Viehherden. Ohne Scheu ſetzen ſie ſich auf die Weidetiere, ihnen die Zecken abſuchend. Bei Mazatlan find fie Standvögel. Das Neſt ſteht gewöhnlich in einem dornigen Baume oder Strauche in mäßiger Höhe. Das meiſt fünf Eier zählende Gelege zeigt eine rauhe weiße Außen- und eine grüne Innenſeite. Beſchreibung: Färbung ſchwarz; mit violetten Reflek— tionen; am Bauche olivenbraun angeflogen. Der Ober— ſchnabel zeigt deutlich drei Furchen. Länge 14.50 Zoll; Flügel 5.60, Schwanz 7.50 Zoll. Parrets. iewohl die Familie der Papa— geien nur durch eine es einzige Art in den Ver— Ti. einigten Staaten vertreten iſt, müſſen wir ihr doch eine beſondere Stelle in unſerem Buche einräumen. Dieſe eine Art, der Carolina-Papagei, bewohnte einſt in unge— heuren Scharen das ganze Gebiet der Union, vom Golf von Mexico an bis zu den großen Seen und vom Atlantic bis faſt zum Felſengebirge. Heute iſt dieſelbe Art nur noch auf Florida und vielleicht auf N einige andere Punkte am Golf beſchränkt. Im Syſteme weiſt man den Papageien apageien. Psittacıde. gegenwärtig eine ziemlich untergeordnete Stellung an, und doch übertreffen ſie an Klugheit, Liſt und Vorſicht, Nachahmungsgabe, Gedächtnis, Drolligkeit, Auhäng lichkeit, Launenhaftigkeit, Hinterliſt, oft ſogar an Bosheit die meiſten und in manchen Stücken alle anderen Vögel. Ihr Klettern in den Bäumen iſt ungemein anziehend, ihr Flug kräftig und ſchön. Unſere Carolina-Sittiche hängen treu aneinander; daher iſt es auch möglich, daß rohe Schützen oft einen ganzen Flug zu vernichten vermögen. Iſt einer vom Baume herabgeſchoſſen, ſo laſſen ſich die übrigen bei dem toten Genoſſen nieder und fallen jo ſelbſt dem tötlichen Blei zum Opfer. Unſer Carolina-Sittich gehört zur Sippe Conurus KUHL. Der Carolina-Hittich. Carolina Paroquet. Tafel XXVI. Conurus carolinensis LESSON. Vogel 5. Fern im Süden liegt ein Land, wohin die Wandervögel ziehen, Wenn ſie, nach der Sonnenwende, vor des Nordens Stürmen fliehen; Dorthin leitet der Inſtinkt ſie, folgend keiner andern Spur, Finden ſie ihr Winterheim in einer ſchöneren Natur. Nach den tropiſch warmen Wäldern, nach des Stromes Ufer drängen Sich die Finken, Schwalben, Droſſeln, wo in prächtigen Gehängen Um Palmetto, Eich' und Walnuß hoch ſich wilde Ranken winden, Und in farbenreichen Blüten deren Kronenlaub verbinden. N AN Loc in den dreißiger und vierziger Jahren dieſes 6” Jahrhunderts waren die Staaten Indiana, Illinois, Miſſouri und zum Teil auch noch Ohio, ganz beſonders aber Wisconſin, Michigan und Min— neſota mit ungeheuren Urwäldern bedeckt. In jener Zeit hörte man das Girren und den Lärm von Millionen Wandertauben in dieſen großen Wäldern. Selbſt noch in den ſiebziger Jahren waren die Tauben in großen Schwärmen in Wisconſin und Michigan Frank Siller. brütend anzutreffen. Herr Carl L. Mann hat damals nicht nur die Niſtweiſe und das Vorkommen, ſondern auch die maſſenhafte Vernichtung dieſes prächtigen Vogels ebenſo ſchön als wahr geſchildert.“) Bald wird die Wandertaube ausgerottet ſein. Das ſelbe Los teilt unſer prächtiger Carolina-Sittich oder Carolina-Papagei. Zur Zeit Wilſous *) Siehe „Ornithologiſches Centralblatt“, Berlin (1880). 608 Der Carolina -Sittich. war er noch in Ohio und Peunſylvanien häufig. Im erſten Jahrzehnt dieſes Jahrhunderts fand ihn der genannte Forſcher am kleinen Scioto, am großen und kleinen Miami. Audubon ſchreibt im Jahre 1842, daß ſie ehedem am großen Kanawha, ſelbſt am Lake Erie, an der Mündung des Maumee häufig geweſen ſeien, jetzt aber kaum noch nördlich von Cineinnati vorkämen. Einen ganz ausgezeichneten Bericht von dem damaligen Vorkommen des Carolina-Sittichs giebt uns Prinz Maximilian zu Wied, welcher im Jahre 1833 die Vereinigten Staaten bereiſte. „Die merkwürdigſte Eigentümlichkeit des caroli— niſchen Sittichs iſt ſeine weite Verbreitung nach Norden und ſeine anſcheinende Behaglichkeit in ſtrenger Kälte. Standvogel und in großer Anzahl heimiſch iſt er in den ſüdlicheren Gegenden am Ohio, Wabaſh, Miſſiſſippi und deren Nebenflüſſen, und im Winter geht er nicht viel weiter hinauf, als bis nach Cinein— nati unter dem 39. Grad nördlicher Breite. Am Wabaſh, einem Nebeufluß des Ohio im Staate Indiana, habe ich Gelegenheit gehabt, ihn während meines Winteraufenthalts täglich zu beobachten. In den großen, kaum unterbrochenen Waldungen waren dieſe Sittiche ſehr zahlreich, und in ihrer lebhaft grünen Farbe bildeten ſie die ſchönſte Zierde der vom Laub entblößten Wälder, welche in jener Gegend übri— gens überall von hohem immergrünen Rohr dicht gefüllt und durch dasſelbe faſt undurchdringlich ſind. Hier iſt auch die vorzüglichſte Nahrung dieſes Vogels, der Samen der Spitzklette (Nanthium strumarium), von den Anſiedlern Cockle-bur genannt, ſehr häufig, und die Sykomore oder Platane (Platanus ocei- dentalis) mit ihren ſchneeweißen, hoch in den Lüften erglänzenden Zweigen, welche hier weit koloſſaler wird, als in Europa, liefert ihnen in den Samenkugeln ein eifrig geſuchtes Futter. Sie leben in Flügen von zahlreichen Köpfen, gleich den verwandten Arten und werden allerlei Früchten und Getreide höchſt gefährlich, weshalb ſie der nordamerikaniſche Pflanzer ganz beſon— ders haßt. In manchen Gegenden ſollen ſie den Mais nicht beſchädigen, jedenfalls weil ſie andere Früchte genug finden, allein anderwärts iſt jener ihren Verheerungen gerade am meiſten ausgeſetzt. Über den Schaden, welchen ſie an den Feld- und Baumfrüchten anrichten, ſpricht Audubon weitläufig, und auch er erwähnt als Hauptnahrung die Samen der Spitzklette, einer dem Jäger äußerſt verhaßten Pflanze, weil ihre ſtacheligen Fruchtkapſeln ihm überall anhängen und ſeine Kleidung zerreißen. Die Stimme des carolini- ſchen Sittichs iſt ein girrend- oder ſchnarrend-gellendes Geſchrei und wird überall in jenen Gegenden vernom— men, beſonders wenn die Schwärme aufgejagt oder im Fluge begriffen ſind. Am Wabaſh ſahen wir ſolche im Dezember und Januar bei einer Kälte von elf Grad R., wie ſie auf den Zweigen der hohen Platanen ſaßen und munter an den dicken Ranken des wilden Weinſtocks und den Trompetenblumen oder Lianen herumkletterten, mit dem Schnabel beſtändig ſich feſthaltend. Ihre Ruheplätze haben ſie in den Wäldern in beſtimmten Bäumen, auf denen ſie gewöhnlich abends einfallen. Dies ſind meiſtens Platanen, eine Baumart, welche ſehr häufig hohl iſt, indem ſie weiches Holz hat und da man ſie wenig benutzt, meiſtens ſehr alt wird. In die dicken gehöhlten Zweige dieſer Waldrieſen kriechen die Scharen bei ſtrenger Kälte, um zu übernachten. An ſolchen Stellen kann man ihrer oft viele lebend fangen. Am Wabaſh hielten ſich die Flüge in der Nähe der im Walde angerodeten und mit Mais bepflanzten Felder auf, beſonders dort, wo man letztern in Haufen auf— geſchichtet hatte. Die Pflanzer ſchoſſen unter die Schwärme und erlegten oft viele mit einem Schuß. Trotzdem waren ſie überaus dreiſt, und wenn man ſie von einer Stelle verjagte, ſo fielen ſie unweit wieder ein und kehrten faſt immer bald zurück. Am Miſſiſ— ſippi ſahen wir im Monat März Bäume mit dieſen ſchönen Vögeln völlig bedeckt, und im April ſchoſſen wir ſie am unteren Miſſouri, wo ſie ebenfalls zahlreich vorkommen, an mehreren Orten. Wahrſcheinlich ſind ſie an dieſem Fluſſe ſo weit aufwärts verbreitet, als die Waldungen an demſelben reichen; in den offenen Prärien können ſie nicht leben. Bei den Aſſiniboin— Indianern ſah ich einige Häute dieſer Papageien, welche die wilden Jäger als Zierrat an ihren Köpfen trugen.“ Alle dieſe Berichte gelten für die Gegenwart nicht mehr. Heute dürfte man den Vogel nur noch hie und da in den abgeſchloſſenen Wäldern des ſüdlichen Loui— ſiana und Texas finden. Dagegen iſt es ſicher, daß er noch in Süd⸗Florida häufig iſt, aber auch dort nimmt ihre Zahl überraſchend ſchnell ab. Als ich mich im Jahre 1886 einige Zeit in Orange County, Florida, aufhielt, ſah ich hie und da einen kleinen Flug eiligſt und in ſchönen Wendungen dahinfliegen. Im März des Jahres 1891 gelang es Herrn Adolf Meinecke, einem ſehr bekannten Naturfreunde und Schriftſteler Milwaukees, in der Nähe feines Winter— heims in Gotha, Florida, ein Pärchen für das Muſeum in Milwaukee zu erbeuten. Über ihre Lebensweiſe 1 vu Der Carolina-Sittich. kann ich aus eigener Beobachtung wenig mitteilen. Ich war überraſcht von der Leichtigkeit und Aumut ihres Fluges. Luft und fliegen daun mit ungeheurer Schnelligkeit dahin. Wo ſie in Scharen auf den hohen Bäumen einfallen, kann man ſie da, wo ſie den Menſchen noch nicht als ihren Feind oder Vernichter keunen gelernt haben, leicht beobachten. Die Pärchen, welche mit großer Zärtlichkeit aneinanderhängen, ſpielen und tändeln fortwährend miteinander, füttern ſich, krauen ſich gegenſeitig im Gefieder und klettern gewandt im Geäſt umher, wobei ihnen der Schnabel als wichtiges Hilfsmittel dient. Dicht aneinandergedrängt pflegen Wie ein Pfeil ſteigen ſie hoch in die Junge erlangt. 609 Ich fragte viele Perſonen, aber nur drei der Gefragten gaben zu, etwas hierauf Bezügliches zu wiſſen. Die erſten beiden, gänzlich ungebildete, profeſſionelle Alli— gator- und Balgjäger, gaben vor, Sittichneſter gefunden zu haben. Sie beſchrieben dieſelben als auf horizontalen Seitenäſten von Cypreſſen ſtehend. Der eine behauptete ſogar, noch im Vorſommer (1888) ein Neſt während des Fiſchens entdeckt zu haben. Mit einer Stange habe er es herabgeſtoßen und ſo zwei Dieſe Angaben waren ſo ganz ver— ſchieden von allem, was bis jetzt über die Niſtweiſe geneigt war, ihnen Glauben zu ſchenken. oft eine ganze Anzahl der Ruhe. Sie können ftrenger | Kälte ſehr wohl widerſtehen. Man beobachtete ſie früher im Winter ſelbſt in New Vork. In Florida findet man ſie in den tropiſch warmen Wäldern, in der Nähe der Ufer, wo ſich Finken, Droſſeln und andere Wintervögel in den prächtigen, mit Moos behangenen Magnolien, Palmettos und anderen Bäu— men umhertreiben. Der bekannte Ornithologe W. E. D. Scott, welcher jahrelang in Tarpon Springs, Florida, wohnte, ſchreibt über die jetzige Verbreitung des Carolina-Papageis in Florida wie folgt: „Mit der Beſiedlung des Staates hat die Zahl dieſer Sittiche | von Jahr zu Jahr abgenommen und ſchon jetzt (1889) muß man ſie als ſeltene Vögel bezeichnen. Im Winter 1875—76 waren fie noch am Panaſoffkec-See ſehr häufig, und zur ſelben Zeit ſah ich ſehr viele Flüge am Ocklawaha-Fluſſe. Bei Tarpon Springs waren ſie früher ungemein zahlreich, und die Anſiedler betrach— teten ſie als beſondere Feinde des Obſtes und der Getreidearten. Aus lauter Übermut biſſen ſie mit ihren ſcharfen Schnäbeln die jungen Orangen, Pfir— ſiche und andere Früchte maſſenweiſe ab. Dies geſchah noch vor ſieben Jahren. Man tötete ſie, während ſie ſich derartige Übergriffe zu Schulden kommen ließen, in großer Anzahl, doch immer neue Scharen rückten nach. Während der letzten fünf Jahre hat man hier nur einen aus etwa zehn Vögeln beſtehenden Flug beobachtet, und dieſer zog vorüber, ohne ſich niederzulaſſen. . . . Im letzten Winter waren ſie noch bei Linden, Hernando County, ziemlich zahlreich. In der Okeechobee-Region ſcheinen ſie eben— falls noch verhältnismäßig häufig zu ſein.“ „Als ich mich während der Monate Februar und März 1889“, ſchreibt Prof. W. Brewſter, „in Florida aufhielt, gab ich mir beſondere Mühe, Erkun— digungen über die Niſtweiſe dieſes Papageis einzuziehen. dieſer Art geſchrieben worden, daß ich durchaus nicht Später wurden dieſe Augaben jedoch von Richter R. L. Long in Tallahaſſee beſtätigt. Geuannter Herr, welcher eine ausgezeichnete Kenntnis unſerer Vogelwelt beſitzt, | | 1 verſicherte, daß er viele Neſter des Carolina-Sittichs, wie oben beſchrieben, gefunden habe. Ehedem, als dieſe Papageien in der Umgebung noch häufig geweſen ſeien, habe er große Brutkolonien in den Cypreſſen— ſümpfen gefunden. Mehrere dieſer Kolonien beſtanden wenigſteus aus tauſend Vögeln. Sie niſteten ſtets in kleinen Cypreſſen und bevorzugten zur Anlage des Neſtes die Enden ſchlanker, horizontaler Aſte. Von jedem paſſenden Zweige ſchienen ſie Beſitz ergriffen zu haben, denn er zählte oft vierzig bis fünfzig Neſter auf einem kleinen Baume. Die Neſter ähnelten ſtets den Bauten der Carolina-Taube, beſtanden aus loſe zuſammengefügten Cypreſſenzweigen und waren ſo unten ſehen konnte. Die Höhe der Neſter vom Boden variierte von fünf bis ſechs bis zu zwanzig und dreißig Fuß. Herr Long beſchrieb die Farbe derſelben als einfarbig grünlichweiß und glaubt, daß das Gelege aus vier bis fünf Eiern beſtehe. Oft habe er junge Vögel aus dem Neſte genommen, um ſie aufzuziehen. Noch jetzt glaube er, daß eine kleine Anzahl im Wau— kulla-Sumpfe, etwa zwanzig Meilen von Tallahaſſee, brüte. Noch im Jahre 1885 habe er dort eine Kolonie brütend angetroffen. „Es iſt unmöglich, dieſe Angaben mit den Berich— ten Audubons, Wilſons und anderer Forſcher in Einklang zu bringen, deun dieſe alle jagen, daß der Carolina-Sittich in hohlen Bäumen brüte. Mög lich iſt es, daß der Vogel, je nach den Umſtänden, in Baumhöhlungen niſtet und freiſtehende Neſter baut, wie dies ja der Bootſchwanz und mauche Eulen ebenfalls thun. Unter allen Umſtänden glaubte ich den auf guter Grundlage ruhenden obigen Bericht der Ver öffentlichung nicht vorenthalten zu dürfen. — Ich dd 610 möchte hier noch hinzufügen, daß die Angabe, ver | Carolina-Papagei ſei auch in Florida faſt ausgerottet, nicht ganz richtig iſt. Einzelne finden ſich noch nörd— lich bis zum Wekiva-Tieflande, während er ſüdlich von Kiſſimmee noch zahlreich iſt. Allerorten nimmt er jedoch an Zahl ab, und wenn nicht Geſetze zu ſeinem Schutze erlaſſen werden, ſo iſt ſeine gänzliche Ausrot— tung nur noch eine Frage der Zeit.“ Herr Dr. Karl Ruß teilt uns in ſeinem Prachtwerke „Die fremdländiſchen Stubenvögel“ (Band III, Papageien) und in ſeinem „Handbuche für Vogelliebhaber ꝛc.“ Näheres über die Niſtweiſe dieſes Sittichs in der Gefangenſchaft mit. Stets brüteten ſie in Niſtkäſten, und die Zahl der weißen Eier variierte zwiſchen drei bis fünf. Dr. Ruß ſchreibt: „Ein Pärchen in meiner Vogelſtube bezog in einem kleinen Käfig einen Niſtkaſten und erbrütete drei und dann fünf Junge. Hiernach würde er zu den empfeh— lenswerteſten Papageien gehören, allein ich darf ſeine böſen Seiten auch nicht verſchweigen. Zunächſt ver— mag man ihn nur in einem Käfig zu erhalten, welcher völlig aus ſtärkſtem Eiſendraht geflochten und mit Blechſchublade verſehen iſt, denn nichts als allenfalls das härteſte Eichenholz widerſteht feinem Schnabel. . . Ferner ſind ſie meiſtens unverbeſſerlich dummſcheu. Ich hielt drei Pärchen, welche ſich ſämtlich in eine Ecke zuſammendrängten, ſobald jemand dem Käfige ſich näherte; alle möglichen Zähmungsverſuche waren vergeblich, und ſobald ſie ſich allein glaubten oder als ein Pärchen vom anderen getrennt wurde, ließen ſie unermüdlich ein gänfeartiges Geſchrei erſchallen, wel— ches für die Dauer unerträglich iſt. Am gemütlichſten waren ſie noch, als ſie niſteten. Das abgeſonderte Paar ſchlüpfte in dummer Scheu ſogleich in den Niſt— kaſten, wo ſie tage- und wochenlang verſteckt ſaßen und nur hervorkamen, wenn ſie keinen Menſchen in der Vogelſtube anweſend glaubten. Allmählich wurden ſie jedoch dreiſter, erſchienen auch in den Mittags— ſtunden, um unter ohrenzerreißendem Geſchrei ſich zu liebkoſen. Sobald ſie dann gequellte Sämereien zu freſſen begannen, ſah ich im Niſtkaſten nach und fand drei reinweiße, feinkörnige und ſehr runde Eier. Beide Gatten des Pärchens brüteten gemeinſam und fütter— ten ebenſo die Jungen. Ich mußte in den Sommer— monaten, in denen zwei Bruten dieſer Sittiche in meiner Vogelſtube flügge wurden, kränklichkeitshalber ins Seebad reiſen und konnte daher ganz genaue Aufzeichnungen nicht machen; doch war es mir möglich, das Jugendkleid mit Sicherheit feſtzuſtellen. man dieſe Art züchten, ſo verſäume man es nicht, ſie Der Carolina -Sittich. !— — — in einem ſicheren Käfige reichlich mit Holz zum Nagen zu verſorgen. Die Jungen ſind anfangs ſtaunens— wert tölpelhaft und dummſcheu, doch werden ſie bald ungemein zahm und zutraulich, was bei ganz alten durchaus nicht der Fall iſt. Man hat ſich übrigens nirgends rechte Mühe gegeben, die Keilſchwanzſittiche zu züchten und zwar lediglich deshalb, weil ſie einer— ſeits in der Häuslichkeit, bezl. in den Vogelſtuben zu arge Ruheſtörer und Schreier ſind, und andererſeits, weil ſie den meiſten Liebhabern nicht ſo hohes Intereſſe abgewinnen können, wie die anmutigen und bunten Schön- und Plattſchweifſittiche. Außer in den zoolo— giſchen Gärten von Hannover und Frankfurt a. M. und meiner Vogelſtube dürfte der Carolina-Sittich wohl nirgends geniſtet haben.“ Captain Bendire, welcher die größte Eierſamm— lung nordamerikaniſcher Vögel beſitzt, konnte nirgends die Eier des Carolina-Sittichs erlangen. Erſt als er ſich an Dr. Karl Ruß und Herrn Oberamtmann Nehrkorn, auf Riddagshauſen bei Braunſchweig, wandte, konnte er dieſe Eier ſeiner Sammlung ein— verleiben. Letzterer ſandte ihm die im zoologiſchen Garten in Hannover zufällig gewonnenen Eier. Man hat es in Deutſchland auch nicht an Ver— ſuchen fehlen laſſen, dieſe Papageien zum Ein- und Ausfliegen zu bringen. Die in dieſer Richtung unter— nommenen Verſuche des Herrn Dr. E. Rey und des Grafen H. von Berlepjc in Seebach waren ganz beſonders erfolgreich. Ich laſſe hier einen Bericht des Grafen Berlepſch folgen: „Außer vielen einheimiſchen und fremdländiſchen Vögeln beſaß ich ſeit längerer Zeit ein Paar Carolina— Sittiche. Ihre allbekannten übelen Eigenſchaften ließen ſie in den bewohnten Zimmern bald unleidlich erſcheinen, und ihr Käfig wurde in eine Kammer gebracht. Eines Tages hatten ſie ſich, vermöge ihrer kräftigen Schnäbel, einen Ausweg zu verſchaffen gewußt, waren zum offenen Fenſter hinausgeflogen und kreiſten laut ſchreiend hoch in der Luft umher. Durch ihren raſchen, behenden Flug und ihre Schlau— heit boten ſie jeder Verfolgung trotz; wie groß war aber unſer Erſtaunen, als ſie bei einbrechender Dunkel— heit von ſelbſt in die Kammer und in ihr Bauer zurückkamen. Infolgedeſſen ließ ich ſie nun unge— hindert ein- und ausfliegen, und an jedem Abend kehrten ſie wieder zurück. Einer ſtarb, und da der andere noch viel ärger ſchrie als früher beide zuſammen, ſo wurde er völlig in Freiheit geſetzt, doch konnte er Will immer in ſein Bauer zurück, wo er auch Futter fand. Bald mied er aber Kammer und Bauer und ſchloß 1 fih den Tauben an, mit denen er wohl drei Jahre lang die Lebensweiſe geteilt hat. Er ſchlief mit ihnen zuſammen im Schlage, flog mit ihnen aus, oft ſtun— denweit vom Dache fort und ſowohl in Sturm und Regen, als bei Eis und Schnee, ebenſo ſuchte er in Gemeinſchaft mit ihnen ſein Futter, kurz, wo die Tauben waren, ſah man auch ihn. Da ich nun darüber belehrt war, daß dieſe Papageien unſer Klima durchaus ertragen können, ſo beſchloß ich, mir einen beſonderen Papageienſchlag anzulegen. Ich fing den alten Herumſtreicher ein, verſchaffte mir noch zwei Paar dieſer Vögel und brachte dann alle fünf in einen etwa zwei Meter langen und hohen und drei Meter breiten Verſchlag. Als ich nach mehreren Wochen glaubte, daß ſie hinlänglich eingewöhnt ſeien, ließ ich in den erſten Tagen des Oktobers vier dieſer Vögel herausfliegen, während ich den jüngſten in einen kleinen Käfig ſteckte und als Lockvogel zurückbehielt. Jene vier durchflogen den ganzen Tag laut ſchreiend alle Gärten, kehrten aber am Abend, von dem jüngſten unaufhörlich gelockt, in ihren Behälter zurück. Nicht lauge, da zeigten fie ſich auf dem Hofe ohne Scheu, gingen zum Flugloch aus und ein, und nun ſetzte ich auch den fünften in Freiheit. Seit dieſer Zeit fliegen ſie völlig frei überall herum, und die einzige Pflege, derer ſie noch teilhaftig werden, beſteht darin, daß ſie in jenem Käfige oder wenn man will Papageienſchlag, ſtets Futter finden, ſonſt ſind ſie durchweg ſich ſelbſt überlaſſen. Den ganzen Winter hindurch ſind ſie täglich weit hinausgeflogen und haben ſich weder vor Der Carolina-Sittich. 601 hohem Schnee noch vor ſtrenger Kälte geſcheut, es ſchien ihnen ſogar ein ganz beſonderes Vergnügen zu ſein, durch Schaukeln auf den Zweigen den Reif herab— zuſchütteln, ja, ich habe ſie im Schuee und auf dem Eiſe herumlaufen ſehen. Meiner Anſicht nach würde es von großem Intereſſe ſein, wenn Vogelliebhaber, denen es die Verhältuiſſe geſtatten, derartige Verſuche anjtellen wollten. Allerdings glaube ich kaum, daß ſich noch ein zweiter Vogel ſo gut für dieſelben eignet, als dieſer hartgeſottene Sittich. So vielen Verdruß derſelbe in der Stube bereiten kann, ſo viele Freude gewährt er im Freien. Wenn er durch ſein munteres Weſen die ganze Gegend belebt und durch ſeine bunten Farben jeden Beſchauer entzückt, ſo erſcheint er ſchon deshalb am geeignetſten, weil er einerſeits als Nord— amerikaner unſer Klima gut zu ertragen vermag und weil andererſeits ſeine Schlauheit, ſein gewandter Flug und ſcharfer Schnabel, ſowie ſeine Geſelligkeit ihn vorzugsweiſe dazu befähigen, Beſchwerden zu überſtehen und Gefahren zu entgehen.“ Namen: Carolina-Sittich, Carolina-Papagei, Keilſchwanz— ſittich. Carolina Paroquet, Carolina Parakeet, Caro- lina Parrot, Illinois Parrot, Orange-headed Parrot. Wiſſenſchaftliche Namen: Psittacus carolinensis Linn. (1758). — Conurus carolinensis Less. (1831). Beſchreibung: Grundfarbe grün; Kopf und Hals gelb; Vorderkopf und Backen orangerot. Rand der Flügel gelb, rot verwaſchen. Beim Weibchen iſt der Kopf und Nacken grün. Länge 13.00 Zoll; Flügel 7.50, Schwanz 7.10 Zoll. Spftematifche Überſicht. Die Familie der eigentlichen Droſſelu. Turdidæ. Thrushes. Erſte Sippe: Walddroſſeln, Turdus. Walddroſſel, Wood Thrush. Röteldroſſel, Veery, Tawny Thrush......... Grauwangendroſſel, Alice's Thrush. ne Bicknells-Grauwangendroſſel, l Thru ee Sängerdroſſel, Olive. backe n ER Oregon-Sängerdroſſel, Oregon Thrush. Einſiedlerdroſſel, Kermit Thrush.............. Audubons-Einſiedlerdroſſel, Audubon's Herne 88 Zweite Sippe: Amſeln, Merula. Wanderdroſſel, Robin .. 2 Weſtliche Wanderdroſſel, W Bon Dritte Sippe: Buntdroſſel n, e Buntdroſſel, Varied Thrush. ; Die Familie der Spottdroſſeln. Minimze. Mockingbirds, ete Erſte Sippe: Bergdroſſeln, Oroscoptes. Bergdroſſel, Mountain Mockingbird...... Zweite Sippe: Spottdroſſ nl Mimus. Spottdroſſel, Mockingbird. 88 Dritte Sippe: Katzendroſſeln, ee e Hatzendroſſel, abi! é Vierte Sippe: Sichelſchnabel- oder Braun- droſſeln, Harporhynchus. Braundroſſel, Brown Thrush, Thrasher Mexikaniſche Braundroſſel, Mexican Brown Thrasher Braundroſſel vom Kap St. Lucas Thrasher 2 Bendires-Braundroſſel, Bendiret 8 ihrasher Sichelſchnabeldroſſel, Curve-billed Thrasher Palmers-Braundroſſel, Palmer's Thrasher Californiſche Braundroſſel, California r EN OR TE: Numa-Dreſcher, Leconte's or Vuma Thrasher Arizona-Braundroſſel, Red-vented Thrasher Lu Tas, Saint Droſſelähnliche Vögel. Waſſerſchwätzer, American Water Ouzel..... Blaukehlchen, Blue-throated Warbler Grauer Steinſchwätzer, Stone Chat.. ee Seite 1—27 3—8 811 11—12 12—13 14—16 16 17— 20 20 21—25 26 26—27 28—60 29—31 31—41 41—47 47—52 53 53 53 54 55 55 56 57—60 60-76 60—62 62 62 Seite Hüttenſänger, Bluebird. 63—68 Californiſcher e Fe Bluebird nen een en 69 Gebirgshüttenſänger, Be Me Bluebird 25 85 69 Klarino, Dope s Solitaire ss Trauervogel, Black-erested 1 Eee 74-76 Die Familie der eigentlichen Sänger. 77—ss Sylviide. Kinglets, ete. Erſte Sippe: Mücken fänger, Polloptila. Mückenfänger, Blue-gray Gnatcatcher 77—82 Bleifarbiger Mückenfänger, Plumbeous Gnatcatcher 82 Californiſcher arütenfängen, Black tailed Gmnatcatcher .. ; h er 83 Zweite Sippe: Goldhähnchen, 2 Rubingoldhähnchen, Ruby- al Kinglet 83—86 Satrap, Golden-erowned Kinglet.............. 86-88 Die Familie der Meiſen. 89111 Parid«. Tits, ete. Erſte Sippe: Erdmeiſen, Chamzxa, Erdmeiſe, Sound fffkfk teens 90 Zweite Sippe: Eigentliche Meiſen, Paris. Haubenmeiſe, Tufted Titmouse. . . 91-93 Texauiſche Haubenmeiſe, Black-erested Tit- mouse. 93—95 Einfarbige Haubenmeiſe, 5 8 96 Wollwebers-Haubenmeiſe, Bridled Titmonse 97 Bergmeiſe, Mountain Chickadee... . . 97 Schwarzkopfmeiſe, Black-capped Chickadee 95—100 Langſchwänzige Schwarzkopfmeiſe, Long- talled Chiek ade 8 100 Weſtliche Schwarzkopfmeiſe, Western Chick- Alls S 100 Carolina-Meiſe, Carolina Chickadee......... 100 —102 Wald oder Hudſonmeiſe, Hudsonian Chick- Ades s en ae ee 102 Amerikaniſche ee Chestnut- backed Titmouse .. = 102 Dritte Sippe: Buſchme TE n, Proliriparus Buſch- oder Beutelmeiſe, Least Tit, Bush Pit 103 - 105 Bleigraue Buſchmeiſe, Der ol Buch Tit 105 ch u A Due ET ¼ ⁰³öl ! . w r N 613 Vierte Sippe: Goldmeiſen, Auriparus. Goldmeiſe, Verdin.. Fünfte Sippe: Spe i ei ife ir, Sitta, Spechtmeiſe, White-breasted Nuthatch..... Canada-Spechtmeiſe, Red-bellied Nuthatelı Braunköpfige Spechtmeiſe, Brown-headed Nathae nass Zwergſpechtmeiſe, Pygmy Nuthatch. . Die Familie der Baumläufer. Certhiidm. Oreepers. Baumläufer, Creeper no... Die Familie der Zaunkönige oder Schlüpfer. Troglodytide Wrens. Erſte Sippe: Kaktusſchlüpfer, Campylor- hynchus. Kaktuszaunkönig, Cactus Wren. . Zweite Sippe: Felſenzaunkönige, Sal- pinctes. Felſenzaunkönig, Rock Wren ... . Dritte Sippe: Gebirgszaunkönige, Ca- leres. Weißkehliger Zaunkönig, Canon Wren. Vierte Sippe: Buſchzaunkönige, Thryo- thorus. Carolina-Zaunkönig, Carolina Wren......... Sängerſchlüpfer, Bewick’s Wren.............. Vigors-Sängerſchlüpfer, Vigor's Wren .... Fünfte Sippe: Eigentliche Zaunkönige, Troglodytes. Hauszaunkönig, House Wren Winterzaunkönig, Winter Wren.. . Sechste Sippe: Sumpfzau N Cisto- thorus. Sumpfzaunkönig, Long-billed Marsh Wren Rohrzaunkönig, Short-billed Marsh Wren Die Familie der Bachſtelzen und Spitzlerchen. Motacillide. Wagtails. Erſte Sippe: Bachſtelzen, Budytes. Gelbe Bachſtelze, Yellow Wagtail.. Sibiriſche gelbe Bachſtelze, Siberian. Yellow TEN a e eee Zweite Sippe: Spitzlerchen oder Pieper, Anthus. Pieper, American Pipit.......... e Wieſenpieper, Meadow Pipit Prärie- od. Miſſourilerche, Sr e s Titlark Die Familie der Waldjänger. Mmiotiltidzxe. Wood Warblers. Erſte Sippe: Kletterwaldſänger, Mniotilta. Kletterſänger, Black and White Warbler... Zweite Sippe: Goldſänger, Prolonotaria. Goldſänger, Prothonotary Warbler..,......- Seite . 106— 109 109— 110 111 111 111 112—113 112—113 114— 134 115 117—.18 118—119 120—122 122—125 125 126-129 . 129 —131 131— 133 135 — 134 135 138 135 135 135—13 13 136— 1355 159— 22) 140—142 142— 145 Seite Dritte Sippe: Grasſänger, Helinara, Swainſons-Sänger, Swainson’s Warbler . 145—147 Vierte Sippe: Wurmſänger, Helmitherus. Wurmſänger, Worm-e: 11855 Warbler. . 147-149 Fünfte Sippe: Buſchſän Der, Helmintophila, Bachmanns-Sänger, Bachmann’s Warbler 149 Blauflügeliger Buſchſänger, Blue-winged WIrblle rr? 149—151 Goldflügelſänger, Golden-winged Warbler 151—152 Arizona-Sänger, Lucy’s Warbler........ e 152 Gebirgsſänger, Virginia’s Warbler............ 152 Naſhville-Sänger, Nashville Warbler....... 153 Calaveras-Sänger, Calaveras Warbler..... 154 Buſchſänger mit orangenbrauner Krone, Orange-erowned Warbler 154 Wanderſänger, Tennessee Warbler 155 Lawrences-Buſchſänger, Lawrence’s War- bi ᷣ 8 156 Brewſters-Buſchſänger, Brewster’s Warbler 156 Cincinnati-Buſchſänger, Cincinnati War- ble wanna ee ee aaa ae 156 Sechste Sippe: Meiſenſänger, Compsothlypis, Flechten- oder Moosſänger, Parula Warbler 156—159 Sennetts-Meiſenſänger, Sennett’s Warbler 159 Siebente Sippe: Eigentliche Waldſänger, Dendroica. Tigerſänger, Cape May Warbler............. 159—161 Olivenſänger, Olive Warbler..... ..... 161 Sommer- oder Gartenſänger, Yellow War- bler 5 . 162— 165 Canada⸗ Sänger, N Bike Wir bler.. ee ie 8 Kronſänger, 2 Mare er 22 168—171 Audubons-Kronſänger, Audubon’s Warbler 171 Magnolienſänger, Magnolia Warbler ....... 172—176 Blau- oder Azurſänger, Cerulean Warbler 176—177 Heckenſänger, Chestnut-sided Warbler......... 178— 150 Kaſtanienſänger, Bay-breasted Warbler..... 180—182 Buntſänger, Black-poll Warbler..... ........ 182—183 Prachtſänger, Blackburnian Warbler......... 184— 185 Gelbkehliger oder Anfänger, Yellow-throated Warbler.. i — . 186-188 Sykomoreſänger, 5 W 9 1 3 188 Arizona-Sänger, Grace’s Warbler... 188 Schwarzkehliger Grauſänger, Black- ren ed err 8 189 Texaniſcher Grünſänger, Golden-cheeked Warbler.. ke 189 Grünſänger, Black- bre l 5 W. irhler 190— 192 Towusends-Sänger, Townsend’s Warbler.. 192 Einſiedlerſänger, Hermit Warbler ...........- 193 Kirtlands⸗Sänger, Kirtland’s Warbler...... 193 Tannenfänger, Pine Warbler......... -........- 193 Palmenſänger, Palm Warbler . 196— 198 198-199 Prärieſänger, Prairie Warbler | Achte Sippe: Droſſelſänger, Seſurus. Ofenvogel, Ovenbird . 200—204 Waſſerſänger, Water ar ; 204— 206 _ Louiſiaua-Waſſerdroſſel, Louisiana Water Dili! ET 5 206—207 614 Seite Neunte Sippe: Erdſänger, Geothlypis. Connecticut-Sänger, Connecticut Warbler 208 Kentudy-Sänger, Kentucky Warbler...... 208— 210 Trauerſänger, Mourning Warbler.......... 210—211 Macgillivrays-Sänger, e bler.. \ . 211—212 Gelbkehlchen, 9 and Velo, . 212—214 Zehnte Sippe: Schwätzer, Icteria. Schwätzer, Yellow-breasted Chat.............. 214—217 Elfte Sippe: Prachtſänger, Sylvania. Mitraſänger, Hooded Warbler 217-220 Zwergſänger, Wilson's Warbler ... 221—222 Gürtelſänger, Canadian Werber ce Zwölfte Sippe: Schnäpperſänger, Setophaga. Rotſchwänzchen, American Redstart.......... 225—227 Gemaltes Rotſchwänzchen, Painted Redstart 227 Dreizehnte Sippe: Maskenſänger, Cardellina. Maskenſänger, Red-faced Warbler.......... 228—229 Die Familie der Vireos. 230—251 Nreonider. Vireos. Einzige Sippe: Vireos, Vireo. Waldvireo, Red- a Vireo... 231—234 Philadelphia⸗ Vireo, Philadelphia . 235—236 Sängervirer, Warbling Vireo 236—238 Goldbruſtvireo, Yellow-throated Vireo..... 238—241 Einſiedlervireo, Blue-headed Vireo........... 241— 242 Caſſins-Vireo, Cassin's Vireo.. ee 242 Bleifarbiger Vireo, Plumbeous e en 242 Bartvireo, Black-whiskered Vireo ......... 242 Schwarzkopfvireo, a Vireo ... 243—244 Buſchvireo, White-eyed Vireo . . . 244—247 Huttons-Vireo, Hutton's VE es 248 Prärienixen, Bee? en 248—251 Zwergvireg, Beast Wirres 251 Grauvires cs e ee 251 Die Familie der Würger. 252—257 Lanid. Shrikes. Einzige Sippe: Würger, Lanidae. Raubwürger, Northern Shrike . ........ 252—254 Dorndreher, Loggerhead Shrike 255—25 Weißbürzel-Würger, White-rumped Shrike 25 Die Familie der Seidenſchwänze. 258205 Ampelide. Waxwings. Einzige Sippe: Seidenſchwänze, Ampelis. Seidenſchwanz, Bohemian Waxwing Cedervogel, Cedar Bird,, Die Familie der Schwalben. Hirundidx. Swallows. Erſte Sippe: Purpurſchwalben, Progne. Martinſchwalbe, Purple Martin. . Zweite Sippe: Felſenſchwalben, chelidon. Geſellſchaftsſchwalbe, Cliff’ or Eave Swallow 273—275 Dritte Sippe: Hausſchwalben, Chelidon. Scheunenſchwalbe, Barn Swallow... 266—287 Petro- Syſtematiſche Überſicht. . 267—272 | 276—280 | Seite Vierte Sippe: Waldſchwalben, Tachycineta. Waldſchwalbe, Tree Swallow. e 280—283 Gebirgs- oder e Vielerereen Swallow. 5 283 — 284 Fünfte Sippe: U 15 5 50 5 wa 1 1 2100 Olioicola. Uferſchwalbe, Bank Swallow. 5 284—285 Sechste Sippe: Nanga Schwal⸗ ben, Stelgidopteryx. l Granſchwalbe, Rough-winged Swallow... 286-287 Die Familie der Honigſauger. Coerebidz. Honey Creepers. Bahama-Honigkriecher, Bahama Honey Greeresßrßs, 287 Die Familie der Tangaren. 288299 Tanagride. Tanagers. Einzige Sippe: Tangaren, Piranga. Scharlachtangara, Scarlet Tanager............ 2838—292 Goldtangara, Louisiana Tanager.............. 292—295 Sommertangara, Summer Redbird......... 295-299 Coopers-Sommertangara, Cooper's Tanager 299 Die Familie der Finken. 300438 Fringilide. Finches, Sparrows, ete. Erſte Sippe: Kern beißer, Coccothraustes. Abendkernbeißer, Evening Grosbeak.......... 301303 Zweite Sippe: Fichtengimpel, Pinicola. Hakengimpel, Pine Grosbeak e 303-305 Dritte Sippe: Gimpel, Pyrrhula. Caſſins-Gimpel, Cassin’s Bullfinch.......... 305 Vierte Sippe: Purpurgimpel, 1 Purpurgimpel, Purple Nina 305-307 Californiſcher e "California Purple Finch.. ae 307 Caſſins⸗ Purpurgimpel, ed 8 a Einenngd 307 Hausgimpel, House Finch. . 308—312 Fünfte Sippe: Kreuzſchnäbel, Zoxia. Amerikaniſcher Kreuzſchnabel, American Crossbill... 1275 . 313—315 Mexikaniſcher Kreuzſchnabel, MN Bill I IR 316 Weißbindiger Kreuzſchnabel, White-winged Grossbiliii ff ae 316—317 Sechste Sippe: Roſenfinken, Zeucosticte. Schwarzer Roſenfink, Black Leucosticte..... 317-318 Grauköpfiger . Gray-erowned Leu- costicte. A 2 318-320 Schokoladenbrauner Rofenfnt, Aleutian Leucosticte . = 320 Braunköpfiger Hof Taf, Browncapped Leucosticte er 320 Siebente Sippe: Bir te nzei fi. Men Aan Birkenzeiſig, Red-poll Linnet....................- 320—322 Holbölls-Birkenzeiſig, Holbell’s Redpoll... 322 Großer Birkenzeiſig, Greater Redpoll......... 322 Brewſters-Birkenzeiſig, Brewster’s Linnet.. 322 Grönländ. Birkenzeiſig, Greenland Redpoll Syſtematiſche Überſicht. Seite Achte Sippe: Zeiſige, Spinus. Goldſtieglitz, American Goldfinch. ...... 323-327 Gebirgsſtieglitz, Arkansas Goldfinch........... 327 Californiſcher Stieglitz, Lawrence’s Gold- EHC sens see 328 Fichtenzeiſig, Pine Siskin... Dee . 329—330 Neunte Sippe: ee Stie glitze, Carduelıs. Deutſcher Stieglitz, European Goldfinch..... 330—333 Zehnte Sippe: Spatzen, Passer. Hausſpatz, English Sparrow. 8 5 Bergſpatz, European Tree Sparrow.... ..... - Elfte Sippe: Schneeammern, Plectrophenax. Schneeammer, Snowflake....... seeeseneco. 336 Zwölfte Sippe: Sporenammern, Calcarius. Sporenammer, Lapland Longspur......... 338 Schmuckammer, Smith's Longspur............ 339 Kragenammer, Chestnut-collared Longspur 339—340 Dreizehnte Sippe: Eigentliche Sporen-⸗ ammern, Rhynchophanes. Schwarzbrüſtiger Ammer, MeCown’s Long- Spun EU nenne nun 340 Vierzehnte Sippe: Uferfinken, ann Bairds-Fink, Baird’s Sparrow. 341 Savannenfink, Savanna Sparrow... j . 342— 343 Eigentlicher Savannenfink, h 1 TOW. 343 Weſtlicher Savanıeafu, en 5 Sparrow. c e 343 Bryants⸗ Sabaunenfink, e Mn Sparrow 343 Beldings⸗ Fink, Belding' 8 ‚March 5 343 Langſchnäbeliger Savannenfink, Long-billed Sparrow EINER 343 Ipswich⸗ Savannenfink, Tosich Spare... 343 Grashüpferfink, Grasshopper Sparrow....... 343—344 Henslows-Fink, Henslow’s Sparrow..........- 344 Lecontes-Fink, Leconte’s Sparrow. 345 Uferfink, Sharp-tailed 1 e 345 — 346 Meerfint, Seaside Finch... Fünfzehnte Sippe: Grasfinfen, Abend- oder Grasfink, ea Sparrow..... 347—350 Sechzehnte Sippe: Lerhenfinken, Chondestes. . 346—347 Lerchenfink, Lark Sparrow .. . 350—353 Siebzehnte Sippe: Buſchfinken, e Trauerfink, Harris’ Sparrow. 354—355 Kronfink, White-erowned Sparrow 356—358 Gambels-Buſchfink, Gambel's Sparrow. .. 359 Kronfink Alaskas, Intermediate Sparrow. 359 Goldgekrönter Buſchfink, Golden- en Sparrow. ..» 5 359 Buſchfink, White- throated. a echte 360—363 Achtzehnte Sippe: Haarfinken, Spizella. Baumfink, Tree Sparrow. . . .. 363—365 Haarvogel oder sea sure Sparrow, Hairbird .. . 365—368 Morthens- Haarfink, oben. 8 Er 368 Waldfink, Field Sparrow... . 368-371 Lehmfarbiger Smerafit, Glare le dSpar- . 2 7 deseessssees ede 55 371 615 Brewers-Zwergfink, Brewer’s Sparrow. 37 Schwarzkehliger Zwergfink, Black-chinned Sar FH HVHVCVCVCVCVCT! D e ren n 371 Neunzehnte Sippe: Wiuterfin ken, Junco. Winterfink, Slate-colored Junco ....... . . 372374 Carolina-Junko, Carolina Junco. 374 Oregon-Junko, Oregon Juno. 374 Weißflügeliger Junko, White-winged Junco 374 Grauköpfiger Junko, Gray-headed Junco.. 374 Rötrückiger Junko, Red-backed Junco....... 375 Arizona⸗Junko, Arizona Junco- eee. eee. 375 Roſenſeitiger Junko, Pink-sided Junco..... 375 Zwanzigſte Sippe: Dorufin ken, Amphispiza. Schwarzkehliger Ammerfink, Black-throated TCC ges eeeteeee er Salbei- oder Bells-Fink, Bell's Sparrow..... Nevada-Salbeifink, Sage Sparrow. ... Einundzwanzigſte Sippe: Nadelwaldfinken, Peucewxa. Palmettofink, Pine-woods Sparrow... Bachmanns-Sommerfink, e ride Mimoſen- oder . Cassin's Spar- TOW . — 3% Bnbiandsmnngigne. Sippe: Singſperlinge, Melospiza. Sängerfink oder Saal: Song Spar- OW. . PEPELELIE EEE Gebirgs=- Singipeting, en Song Sparrow... Heermanns⸗Sperling, 5 Song Sparrow sense 25 Samuels-⸗ Singſperling, Sparrow... Mexikaniſcher Singſperling, 8 8 FCC Wüſten⸗Singſperling, Desert Song Sparrow Roſtbrauner Singſperling, Rusty Song N eee eee ee eee, Rußbrauner Singſperling, Sooty Song CCC are Russe Singſperling der Aleuten, Aleutian Song Sparrow... RL Sumpfſperling, e Se e Saumfink, Lincoln's Finch Dreiundzwanzigſte Sippe: Fuchsfinken, Pas- serella. Fuchsfink, Fox Sparrow. Towusends-Fuchsfink, Townsend’s e Dickſchnäbeliger Fuchsfink, Thick-billed Ae eee e e eee eee Schieferfarbiger Fuchsfink, Slate-colored Sparrow. . . . . . . bee Vierundzwanzigſte Sippe: Embernagra. Texas-Fink, Texas Sparrow .........- lie is Song Fünfundzwanzigſte Sippe: Erdfinken, Pipilo. Grundrötel, Towhee, Chewink 8 Weißäugiger Gru er White eyed Tow- hee „ Gefleckter Er drötel, Mezican Towhee...... Arktiſcher Erdfink, Arctic T 'owhee........... 379—376 3 5 3 387 387—3859 387 616 PETE De Seife Seite Sporen-Erdfink, Spurred Towhee.......... 399 Zweifarbiger Rotflügel, Bicolored Blackbird 454 Oregon-Erdfink, Oregon Towhee... i 399 Dreifarbiger Kotflügel, Tricolored Blackbird 455 Grünſchwänziger Erdfink, Greeu-tailed Fünfte Sippe: Wieſenſtärlinge, Sturnella. Towhee... 5 n 400 Wieſenſtar, Meadow Lark. . 455—458 u Enrrtel, iron Torben SE 401 Weſtlicher Wieſenſtar, Western Mendow 10 458 a nee rdfin alifornian Tow ee 401 Sechste Sippe: Oriole, Ieterus. St. Lukas⸗Tohi, St. Lucas Towhee ............. 401 Trupial, Troupial... 459 Sechsundzwanzigſte Sippe: Kardinäle, Car- Audubons-Oriol, e s Foren RER 460—461 dinalis. E Gelbſteißoriol, Scott's Oriole . ---- 461 Kardinal, Cardinal. ne — 402408 Kapuzentrupial, Hooded Oriole............ 464—465 Arizona-Kardinal, are) Dada, re 408 Nelſons⸗Oriol, Nelson’s Oriole.............. 465 St. Lukas⸗Kardinal, St. Lucas Cardinal . 408 Gartenoriol, Orchard Oriole. . - 466-469 Mexikaniſcher Kardinal, Mexican Cardinal 408 Baltimore-Oriol, Baltimore Orivle ........- 469 - 473 Yucatan-Kardinal, Yucatan Cardinal... 8 Gold⸗Oriol, Bullock’s Oriole..............- 473476 5 el⸗ Jo 5 2 4 Cozumel . Sans! . 408 Siebente Sippe: Glanzſtärlinge, Scoleco- Siebenundzwanzigſte Sippe: Kardinalfin⸗ phagus. ke 2 IR, 5 x Roſtſtärling, Rusty Blackbird ... 476— 477 Teras-Kardinal, Texan Cardinal. .... .. 408-409 Blaukopfſtärling, Brewer's Blackbird . 477—479 Achtundzwanzigſte Sippe: Kernknacker, Habia. Roſenbrüſtiger Kernbeißer, Rose-breasted Gros bes sans sense teren nen 409—414 ST u Black-headed Grosbeak... E . 415—416 Neunundzwanzigſte Sippe: 8 15 a ue . beißer, Guiraca. Blauer Kernbeißer, Blue Grosbeak.......... Dreißigſte Sippe: Farbenfinken, Passerina. 416—420 Indigofink, Indisebir!l!d‚d 8 421—423 Lazulifink, Lazuli Bunting...... 8 424 Unvergleichlicher oder Papſtfink, 5 B Untis 424—429 Vielfarbiger Nonpareil, Varied Bunting . 430 Einunddreißigſte Sippe: Pfüäffchen, Sporophila. g Texaniſches Pfäffchen,.Morellet’s Seed-eater 431 Zweiunddreißigſte Sippe: Cuba-Finken, Zue- theia. Grasgimpel, Grassquit . . . 431-433 Goldbraue, Yellow-faced Grassquit.......... 433 Kleiner Cuba-Fink, Melodious Grassquit.. 433 Dreiunddreißigſte Sippe: Schildammer, Spiza. Schildammer, Dickeis sell. 434—436 Tomnsends-Ammer, Townsend’s Bunting.. 436 Vierunddreißigſte Sippe: Lerhenammer, Calamospiza. Lerchenammer, Lark Bunting... ......... 437438 Die Familie der Stärlinge. 439-485 Icteride. Blackbirds, Orioles, ete. Erſte Sippe: Bobolinks, 1 Bobolink, Bobolink . 5985 440-443 Zweite Sippe: Kuhvögel, Molothr us. Kuhvogel, Cowbird.. 22 5 . 443—!46 Zwergkuhvogel, B ( Behind ar 446 Erz- oder Bronzekuhſtar, Bi Conbied 446 Dritte Sippe: Gelbkopfſtärlinge, Xantho- cephalus. Gelbkopfſtärling, Yellow-headed Blackbird 447—450 Vierte Sippe: Notflügel, Agelaius. Rotflügel, Red-winged Blackbird ..... . 450-454 Achte Sippe: Grakeln, Quiscalus. Großſchwänzige Grakel, Great-tailed Grackle 480481 | Großer Bootſchwanz, Jackdaw 481—482 Bronzeſtärling, Bronzed Grackle.............. 483-485 Gewöhnlicher Bootſchwanz, Crow Blackbird 485 Florida-Grakel, Florida Grackle.............. 485 Die Familie der Rabenvögel. 486-501 Corvid:e. Crows, Jays, Magpies, ete. Erſte Sippe: Raben und Krähen, Corvus. Amerikaniſcher Kolkrabe, American Raven 487 Krähe, Common Crow. 487-489 | Florida-Krähe, e ae 489 | Krähe des Nordweſtens, North- 1 Bo 489 Fiſchkrähe, Fish Crow... e ee Zweite Sippe: Nußhäher, e Nußhäher, Clarke’s Crow... . 490—491 Dritte Sippe: Pinonhäher, e Maximilians- oder Winonhäher, Maxi- Milian a „ 92 Vierte Sippe: Elſtern, Pica. Elſter, American Magpie......... .. 492 e ae Yellow-billed Mag- pie.. Sek ee 493 Fünfte Sippe: 8 1 au 9 ä ig) er, Cyaneit Blauhäher, Blue Jay... —L[— ——1 V. 493—496 Amerikaniſcher Tannenpäber, Steller 8 97 497 Blauſtirniger Tannenhäher, Blue-fronted J RS DER BSR D RR 498 Langhaubiger Häher, Long-erested Jay... 498 Sechste Sippe: Baumhäher, Aphelocoma. Florida-Häher, Florida Jay... BR 498 Woodhouſe-Häher, N En 498 | Arizona-Häher, Arizona Jay 8 499 | Californiſcher Häher, California 7 499 Siebente Sippe: Prachth Er er, Xanthoura. Grünhäher, Green Jay... 8 499 —500 Achte Sippe: Unglücks hä 5 8 RER Canada-Häher, Canada ano 500 Gebirgshäher, Rocky N 8 ern 501 Oregon-Häher, Oregon Jay. 501 — Syſtematiſche Überſicht. W825 w : . a Seite Die Familie der Lerchen. 502505 Alaudide. Larks. Erſte Sippe: Singlerhen, Alauda, Deutſche Feldlerche, Skylark e 502—503 Zweite Sippe: Alpenlerchen, Otocoris. Hornlerche, Horned Lark. —. 504—505 Präriehornlerche, Prairie l 1 e 505 Wüſtenhornlerche, Desert Horned Lark. 505 Texaniſche Hornlerche, Texan Horned Lark 505 Mexikaniſche Hornlerche, Mexican Horned Lark. 505 Californiſche Hornlerche, Aud Herne Lark. 505 Geſtreifte Hornlerche, l 1 1 Fark 505 Die Familie der Tyrannen. 506-538 Tyrannid&. Tyrant Flyeatchers. Erſte Sippe: Scherentyrannen, Milvulus, Scherentyrann, texaniſcher Paradiesvogel, Seissor-tailed Flycatcher.................... 507—511 Gabeltyrann, Fork-tailed Hlycatcher. e 51¹ Zweite Sippe: Königstyrannen, . Königsvogel, Kingbird... ee Be Grautyrann, Gray rer. . eee, BL6—517 Californiſcher „ . Ka bird.. G5 . 517—518 Schreityrann, in 8 Re 518 Lauertyrann, Couch’s Kingbird......... 519 Dritte Sippe: Schöntyrannen, 2 Rio Grande— . N Fly- catcher.. 5 519 Vierte Sippe: Sch e rannen, no zetetes. Girauds-Fliegenfänger, Giraud’s Flycatcher 520 Fünfte Sippe: Schwefeltyrannen, Myio- dynastes. Gelbbauch— . . bellied Flycatcher 9 520 Sechste Sippe: Haube At 5 rannen, . Haubentyrann, Great-crested Flycatcher.. 520—522 Mexikaniſcher Haubentyrann, Mexican Crested Flycatcher 8 522 Aſchkehliger Haubentyrann, . Flycatcher 522 Lawrences⸗ oaukentrann, en 8 b catcher.. = 522 Siebente Sippe: Felſen = fr Haus tyra n = nen, Sayornis. Hauspiwi, EEEPC o 522—526 Says-Hauspiwi, Say's Phoebe. 526 Schwarzer Hauspiwi, Black Phebe.......... 526 Achte Sippe: Waldtyran nen, Contopus. Tannenpiwi, Olive-sided Flycatcher . 527 Coues-Piwi, Coues’ Flycatcher.......... : 527 Waldpiwi, Wood Pewee........zunnsaseenennnoo. 528—530 Weſtlicher Waldpiwi, Western Wood Pewee 530 Neunte Sippe: Zwergtyrannen, Empidonaz. Akadiatyrann, Acadian Flycatcher.......... 531 Widmanns⸗ oder Prärie-Fliegenfänger, D eenb ee 532 617 Seite Garten-Fliegenfänger, Least Flycatcher. . 532 Moos-Fliegenfänger, Yellow-bellied Fly- Siehe 533 Bairds⸗ Fliegenfänger, Baird’ 8 Elschlcher 537 Hammonds- u, Hammond’s Flx- catcher 537 Wald⸗ Fliegenfänger, Wright’ s e 537 Rahmbrüſtiger Fliegenfänger, Bufl-breasted ele 537 Zehnte Sippe: Rubintyran nen, Pyroce- phalus. Rubintyrann, Vermillion Flycatcher......... 538 Elfte Sippe: Bartloſe Fliegenfänger, Ornithion. Bartloſer Fliegenfänger, Beardless Fly- acht 8 538 Ridgway's bartloſer Fliegenfänger, Ridg— way's Beardless Flycateher . 538 Die Familie der Kolibris. Trochilide. Hummingbirds. Erſte Sippe: Eugenes. Rivoli-Kolibri, Rivilo Hummingbird. 540 Zweite Sippe: Celigena. Blaukehliger Kolibri, Blue-throated Hum- Waser 86 540 Dritte Sippe: Trochilus. Rubinkolibri, Ruby-throated Hummingbird 541—543 Schwarzkehliger Kolibri, Black-throated Ener!!! 544—545 Coſtas-Kolibri, Costa's Hummingbird. . . 545—547 Silberkolibri, Anna’s Hummingbird........... 547 —548 Breitſchwänziger Kolibri, Broad-tailed Hummingbird. 5 25 548 Goldkolibri, Rufous e — —— —. 549—550 Allens-Kolibri, Allen’s ed a 550 Heloiſes-Kolibri, Heloise’s Hummingbird... 551 Kalliopes-Kolibri, Calliope Hummingbird 551-552 Amethyſt-Kolibri, Lucifer Hummingbird. 552 Vierte Sippe: Amazilia. Rio Grande-Kolibri, Buff-bellied Hum- e un Bee 552 Rieffers-Kolibri, Rieffer's Hummingbird.. 552 Fünfte Sippe: Basilinna. kantus⸗Kolibri, Nantus Hummingbird. 552 Sechste Sippe: Jache. Breitſchwänziger Er: Broad-billed Hummingbird .. A 552 Die Familie der Segler. 553—557 Micropodide. Swifts. Erſte Sippe: Schwarze Segler, Cypseloides, Schwarzer Segler, Black Swift 553 Zweite Sippe: Stachelſegler, Meturd. Schornſteinſegler, Chimney Swift . . 554—557 Vaux⸗Segler, Vaux Swift... 557 Dritte Sippe: Weißkehlige Segler, M. cropus. Weißkehliger Segler, White-throated Swilt 557 a 18 618 Seite Die Familie der Nachtſchwalben. 558-567 Caprimulgidæ. Goatsuckers, Nighthawks. Erſte Sippe: Klage nachtſchatten, Antro- stomus. Chuckwillswidow, Chuck-will’s-widow. ..... 558—560 Whippoorwill, Whip-poor-will.......esessn nr. 561—564 Stephens-Whippoorwill, Stephen’s Whip- Por Ill 8 564 Zweite Sippe: Zwergnachtſchatten, PRalee- noptilus. j Poorwill, Poorwill.. 564 Dritte Sippe: Nachtſchatten, 1 Weißkehliger Nachtſchatten, Parauque. 564 Vierte Sippe: Dämmerungsſchwalben, Chordeiles. Dämmerungsſchwalbe, Nighthawk. 565—567 Cubaniſche Dämmerungsſchwalbe, Cuban Night kk ee 567 Texaniſche a Texan Nighthawk. . 567 Die Familie der Spechte. 568—594 Picid. Woodpeckers. Erſte Sippe: Kaiſerſpechte, Campephilus. Elfenbeinſchnabel, Ivory-billed Woodpecker 569—571 Zweite Sippe: Buntſpechte, Dryobates. Haarſpecht, Hairy Woodpecker 571—572 Kleiner Haar- oder e Downy Woodpecker .. 572 Gairdners= Dann. e Wood. pecker .. 572 Kokarden ſpecht, Red eorkaded Words 572 Texas-Specht, Texan Woodpecker 573 St. Lukas⸗Specht, Saint Lucas Woodpecker 573 Nuttalls-Specht, Nuttall's Woodpecker 573 Stricklands-Specht, Strickland's Wood- Decker Aeneon een nee 8 573 Dritte Sippe: Larvenſpechte, Xenopicus. Weißkopfſpecht, White-headed Woodpecker 573 Vierte Sippe: Dreizehenſpechte, Picoides. Arktiſcher Dreizehenſpecht, Arctic Three-toed Woodpecker e 574 Amerikaniſcher Dreizehenſpecht, 0 Three-toed Woodpecker. 8 574 Gebirgs- . Alyine Three 19 1 Woodpecker. 5 c 574 Fünfte Sippe: Wurm- oder Sa NR uger⸗ ſpechte, Sphyrapieus. Wurmſpecht, Yellow-bellied Woodpecker. 574—576 | Syſtematiſche Überſicht. Rotbruſtſpecht, Red-breasted Woodpecker... Williamſons-Specht, Williamson’s Wood- DECKEL ee See Seen nEn Be Renee Sechste Sippe: Haubenſpechte, Ceophleus. Haubenſpecht, Pileated Woodpecker.......... Siebente Sippe: Rotkopfſpechte, Melanerpes. Rotkopfſpecht, Red-headed Woodpecker..... Sammelſpecht, California Woodpecker Häherſpecht, Lewis’ Woodpecker............. Zebra- oder Carolina-Specht, Red-bellied Woodpecker... 80855 Goldſtirniger Specht, en a Wood- pecker ....... 2255 Gila- oder Kaktusſpecht, Gila Woodnecker Achte Sippe: Goldſpechte, Colaptes. Goldſpecht, Flicker..... ...... Indianerſpecht, Red-shafted we Arizona-Specht, Kaktusflicker, Gilded Wood- DECKERISER nern auehnnensnsenr nenn ann anne Eee Nee Die Familie der Königsfiſcher oder Eisvögel. Alcedinidæ. Kingfishers. Einzige Sippe: Königsfiſcher, Ceryle. Königsfiſcher, Belted Kingfisher.......... . Cabanis-Königsfiſcher, Texan Kingfisher. Die Familie der Trogons. Trogonidæ. Trogons. Einzige Sippe: Trogon, Trogon. Kupferſchwänziger Logen, e Trogon . 805 Die Familie der Kuckucke. Cuculidæ. Cuckoos. Erſte Sippe: Laufkuckucke, Geococeyx. Laufkuckuck, Road Runner Zweite Sippe: Regenkuckucke, Ooceyzus. Regenkuckuck, Yellow-billed Cuckoo.......... Schwarzſchnäbeliger Kuckuck, Black-billed Cuckoo. Mangrove— Regenhudud, ae en Dritte Sippe: Anis, Crotophaga. Ani, Ani, Savanna Blackbird. Texaniſcher Ani, Groove-billed Ani............ Die Familie der Papageien. Psittacid&. Parrots. Sittiche, Einzige Sippe: Conorus. Carolina-Sittich, Carolina Paroquet Seite 576 577 577—579 579—583 583—586 586 . 587—589 589 589 - 590—594 594 595—597 595—597 597 598 599— 606 599— 601 602-604 605 606 606 606 607—611 607—611 Seite A. SIR Aasvogel . 501 Adendffut, Tafel 23, Vogel 5. 347 Abendkerubeißer, Tafel 21, Vogel J. 301 Abbildungen von Niſtkäſten, XXX. Acadian Flycatcher, Taf. 33, Vog. 6 531 Acanthis Brewsterii . 322 — — Hornemannii ..... 322 — — Hornemannii exilipes . a 322 — — linaria, Tafel 21, ge . 320 — — linaria Holboellit . 2322 — — linaria rostrata 322 Accentor, Golden-erowned 204 — — Large-billed ..........000 242.0... 207 Adobe Finch .. 312 Adobefink . N 312 Agelaius gubernator... 454 — — phoeniceus, Tafel 29, AN Vogel! 450 — — phoeniceus Bryanti ...... . 454 — — phoeniceus sonorensis......... 454 — — trieolor.. . Aiken’s Leucosticte....... Akadia⸗Fliegenfänger Akadiatyrann, Tafel 33, Vogel 6.... 531 e ff 27 rr unser nern 501 Alaskan Three-toed Woodpecker.. 574 ar 595 Mies fe 12 Alice’s Thrush. . . 85 1 Aleutian Leucost ict. 320 Aleutian Song Sparrow............... 387 Allen's Hummingbird 550 Allens-Kolibri Alpenlerche .. . Alpine Three-toed Woodpecker. . 574 ene esse eneaesensun naher 502 Alauda arvensis. 9902 Amazilia cerviniventris NE 552 — — fuscicaudaa 552 Ameiſenſpecht ...... American Barn Swallow ... 28 American Creeper ls American Crossbill. ................... 313 American Crow . 489 American Dipper ... = American Golden-crested Kinglet 87 American Goldfinch, et 15, V a, 5 323 American Magpie.... ...... . 492 American Pipit ln American Raven.. 487 American Redstart, Taf. 14, * 09.5 5 225 American Three- toed Woodpecker.. 574 American Water Ouzel.................- 60 Amerikaniſche Amjel... 25 Amerikaniſche Elſter 23 Amerikaniſche Tannenmeiſe ..... 102 Amerikaniſcher Buntſpecht 572 Amerikaniſcher Dreizehenſpecht. ... 574 Amerikaniſcher Goldammer.......... 436 Amerikaniſcher Kolkrabe ... 487 Amerikaniſcher Kreuzſchnabel ..... 313 Sachregiſter. Seite Seite Amerikaniſcher Pieper e 135 Artie anhlesk 399 Amerikanuiſcher Sewrenihwans ee 265 Arizona-Braundroſſel, Taf. 4,Vog.4 57 Amerikaniſcher Stieglitz . 327 Arizona Cardinal . 408 Amerikauiſcher Tanuenhäher 3 497 | Arizona Gnateatcher... RED Amerikaniſches Rotſchwänzchen. ... 227 | Arizona Goldfinch 328 Ammer, e 5 Arizona⸗Goldzeiſigg 328 == gemalter 585 ae oe Ariznua=Haher v...2u-.. 4099 n!! een 341 Arizona e er: 499 Ammerxfink, bi . . 356 | Arizona Junco 375 — — wei 1 ER Arizona-Junko 375 Ammer, Kragen .. Arizona-Kardinal 08 — — Lerchen⸗ Arizona⸗ Sänger 152, 188 — — MeCowus⸗ e Arizona-Specht .... „ ai \y 1 — — Schild-, Tafel 2 27 e 434 | Arizona Thras lier 54 — — Schnee 335 Arizong Vi res 251 — — Schmuck Arizona Vireo l — — Sporen⸗ Arkansas Goldfinch.. ET — — jhwarzbrüftiger... Arkanſas⸗ Königsvogel . e 518 — — Towusends Arkansas Ringbirder..- ernennen 517 Ammodramus Bairdii 88 Arktiſcher Dreigehenfpecht... 5 — — Beldingn ii e 343 Arktiſche s ron! 399 — SCaudseutus 3 Aschtehläger Haubentyrann. 522 — — caudacutus Nelsoni . .. 346 | Ash-throated Flycatcher.......... — — Henslowi ..... Be 344 Audubons⸗-Einſiedlerdroſſel ee ARE re A 345 | Audubon’s Hermit Thrush .... r esase scene 346 | Audubons-Kronjänger......... „ INIDTESCENBAHe ES eeraeeenesnenen due 347 Audubons-Oriol „ Dries 343 Audubon's Oriole — — xrostratus . 343 Audubons⸗Trupiallns . — — rostratus ae 8 2. 333 |’ Audubon’s Warble n — — sandwichensis .. 343 | Audubon's Vellow-rump — — sandwichensis savanna, Tafel Auriparus flaviceps, Taf. 22, Vog. 4 106 23, Vogel 7... 342 Auſänger, Tafel 13, Vogel 1... . 186 — — sandwichensis alaudinus....... 343 Autumnal Warbler .......... 82 — — sandwichensis Bryanti ......... 343 Azure Bluebird . .. .. . . . .. 68 — — sayannarum passerinus, Tafel AzureöWarbler messen 17 VER EL 343 — — sayannarum perpallidus ..... 344 B Apes 258 2 Ampelis cedrorum, Tafel 5, Vogel 1 261 Bachmann's Sparrow eee 379 F URTE eBeeser en eng ee ken nern 59 | Bahmanıs= N 379 Amphispiza Belli . . 376 Bachſtelzen, die. 5 135 eee, Baches 8 135 — — bilineata, Tafel 23, Vogel 4. 375 — — gelbe . 135 Amſel, amerikaniſche 25 Bachmanns⸗Sänger .. ER, 149 Waldes „ 8 Bachmann’s Warbler....... 1 Ani! . 606 Bachſtelze, ſibiriſche gelbe... 135 Ani, Grooved- Died „ 606 Bahama Honey Greeper). mr... 287 Ani, teranifcher e „ 606 Bahama⸗ Honigkriecher 3 287 Anna's Hummingbird, Tafel 34...... 547 Bahama Red-wing 1 Annas-Rolibri, Tafel 1 548 Bahama⸗ Kotflügel. Anthus pennsylvanicus 11 Bairds⸗ Fink. . — Pfratens is.. ꝗ . 135 Bairds⸗Fliegenfänger . 537 — — Spraguei 136 | Baird’s Flycatcher 537 Ant rostomus carolinensis....... „ 558 | Baird’s Jun co . — 375 — — voeiferus, Tafel 33, Vogel 7. 561 Bairds⸗Junko. 375 — — vociferus Arizonae 564 | Baird’ 3 Sparre OW.... —— —— 841 Aphelocoma californica. 9 Bairds⸗Sängerſchlüpfer 2 — — floridana... > 8 | Baird’s Wren ............. 126 — — Sieberi arizonae.. 9 | Baltimore-Driol, Taf. 1.2 469 — — Woodhousei ..... Baltimore Oriole, Tafel 30, Vogel Aretie Bluebird. 1 und 2... .... — 469 Arctic Three-toed Woodpecker 574 Baltimore-Trupia 620 Seite Baltimore⸗Vog ell... 473 Banana uit 287 Bananenquit—— BT Bandſpecht 7 Bank SWallo cd 28 Barn Swallow, Tafel 18, Vogel 1. 276 Bartloſer Fllegenfänger a 538 Bartpiren... aa nen oe 2 Basilinna Xantusi.. 552 Baumfinf eee e 68 Baumläufer, „die. II Baumläufſee nn 112 Be 142 Baumrutſcher 113 Baumſchwalbe 8 Bay-breasted Warbler, on 125 Vogel! 180 Bay-winged Buntin g 350 Beardless Flyenteher... 5 Bee Martin . ea en ensaenene Beija flore s 8 Beldings-Fink Bells⸗Fink Bell’s Greenlet nn Bells spre oe Bell’s Vireo Bells-Vireo.. N Belted Kingfischer, Taf. 33, „Boh. 2 595 Belted Warbler .. 5 3 7 Bendires- Braundroſſel 53 Bendire’s Thrasher. 53 Bessy Kick- up 206 Bewicks⸗ Zaunkönig 125 Bewicks e essen 122 Bergdroſſel, Tafel „ . PET 29 Bergmeiſe 7 Bergſpatz . 33⁵ Beutelmeiſe, T Tafel 8 103 Bicknells⸗ Srammangendroffel 8 12 Biene rl! 12 Bicolored Blackbird . 454 Beumann! 515 Bienenvogel . 15 Birkenzeiſig, Tafel 31,3 Vogel De „ — SBTEWILELsE een — — grönländiſcher „ droß err — — Hollbölls⸗ Biſchof, blauen — — dunkelblauer. Black and Yellow Creeper .. 8 Black and Yellow Warbler...... ... Black and White Oreeper............ Black and White Creeping Warbler Black and White Seaside Finch..... £ Black and White Swallow . Black and White Warbler Tafel; 11. BO IS ee NN Black-backed Three-toed W oo- pecker Black-bellied Longspur..... 3 8 Black- billed Cuckoo 105 Blackbirds.. Blackbird, Bicolored . el — — Brewer 5 Tafel 17, B Vage 8 — — Common... e — — Crimson shouldered... 9 — — Cow, Tafel 17, mn 2 und 3 — — Crow. — — Blue-headed 5 Black Leucosticte, Tafel 22. Sachregiſter. Black- re} ae Black-capped Vireo .. 8 8 23 Black-cheeked Yellow-throst..... . 214 Black-chinned Hummingbird ....... 544 Black-ehinned Sparrow. . ... al Black-crested Flycatcher, Taf. Yu 4, Pöael l! 7 Black- erested Titmousse 93 Black-faced Grassquit . 433 Black Flycatcher 76 Black Gray-erowned 8 8 icte..... 318 Black-headed Flycatcher.............. 526 Black- en Pe eds 83 Vogel S en Black-hooded Sparrow. 355 Black-masked Ground Warbler..... 214 Black P Black Phoebe..... S Black-poll Warbler, Sn 12, ne 3 182 Black Rosy Finch... Black Swallow Black Swift e Black-tailed Gnatcatcher.. 83 Black-throated Blue Warbler, Ta⸗ fel 14, Vogel 2. 166 Black-throated Bunting, Tafel 37... 434 Black-throated Gray Warbler....... 189 Black-throated Green Flycatcher... 192 Black-throated Green Warbler, Ta- fel 2 Dungeon ee 190 Black-throated Sparrow, Alen 23, Vogel 4 Black-throated Warbler .. Black-whiskered Vireo...... Black-winged Red Bird...... Black Witch.. ea Black Wood-cock............. Blaue Grasmücke Blauer Biſchof. . Blauer Farbenfink 322 Blauer Kerubeißer, Sure 28, 20055 416 | 20 Blauer Sänger . 68 Blaues Rotkehlchen 5 88 Blaufink.. 423 Blaugraue Buſchmeiſe. Be 05 Blaugrauer Müdenfänger....... 82 2 Blauhäher, Tafel 17, Vogel 1 De 493 485 479 — — Red and White Shouldered... 455 — — Red- 1 zur 29 1 4 450 — — Rusty . 25 — 476 ä Skunk 4 — — Swamp. 454 — — Yellow- headed, Tafel 29, Bf a RT Blackbird, Tricolored . 455 Blackburns⸗Sänge rr 185 Blauflügeliger Bujhjänger, Tafel „Vogel 2 Blauflügelſänger . Blaukehlchen Blaukehliger Kolibri Blaukopfſtärling, Taf. 17, Vog. 5. 477 Blautopfnir es 242 Blauſänger, Tafel 13, Vogel 6 .. 176 Blauſtirniger Tauneüßaber e 498 Blauvogel . 55 282 e 83 Blauvogel, Gebirgs- . 69 Blauvogel, Guatemala .. 68 A Deren On it) Bin ere Tells Warbler. en Blue Flycatcher... Blue-fronted Jay. Blue Golden- ga Warbler. . 152 Blue-gray Gnatcatcher, Tafel 6..... 17 Blue- gray Flycatcher.................... 82 Blue-gray Warbler 8 Blue-green Warbler.. Blue Grosbeak, Tafel 28, Vogels 5... 416 Blue-headed Blackbird.. 479 Blue-heade Vireo ......... : 25 Blue Jay, zu 17, Dal 1.9.82 : Blue Linnet... 5 Fre Blue Pop .. Blue Redbreast.. Ser 8 Blue- throated Hummingbird. 9 540 Blue-throated Warbler.. 8 Blue Yellow-backed Warbler... sea 150 Blue Wipes 22 8 Blue-winged Yellow Warbler Blue-winged Warbler, e II, Vogel 2. Blumenküſſer . Blumennymphe . Blumenvogel . Boat-tailed Grackle .. 2 Bobolink, Tafel 29, Vogel I und 2 440 Bobolink, Tafel 29, Vogel J und 2 440 Bohemian Waxwing eee e 259 Bonaparte’s EN Warbler... 225 Bootihwanz - a A — — gewöhnlicher. e Besur —. 485 roßer. 481 Bootſ wanzſtärling . 1483 Bottom Warbler.................... 188 Brachvogel, Udo, Gedidt ...........- 356 Braundroſſel, Tafel 5, Vogel 4. 47 Braundroſſel, Arizona-, Tafel 5 Vogel 4. 57 Braundroſſel des Kap St. 1. Wu tas 53 — — rotbürze eier 59 Brauner Erdfinf... 01 Brauner ria! 469 Braunköpfige Spechtmeiſe . I Braunköpfiger Nojenfint...... 320 | Breitſchnäbeliger Kolibri 222 552 Breitſchwänziger Kolibri... 548 | Brewer’s Blackbird, Zur 17, 809.5 3 477 Brewer’s Grackle... nee Brewer’s Sparrow. e Brewers-Zwergfink en Bridge biIll!.‚.‚d Bridled Titmouse Een Bridge Pewee... e Brewſters⸗ Birkenzeiſig. N 3 Bremiters- Pu u Ba a Brewster’s Linnet . 8 Brewster's Warbler . q Broad-billed Hummingbird Broad-tailed Hummingbird. Bronzed Cowbird... . 446 Bronzed Grackle, Tafel 17, Vogel e 483 Bronze-Kuhſtar . 446 Bronzeſtärling, Tafel 17, Vogel 55 483 Blauvogel, mexikaniſcher. 68 Brown-capped Chickadee . 102 Bleifarbiger Mies 242 Brown-capped Leucosticte .......... 320 | | Bleifarbiger Mückenfänger ...... 82 Brown Creeper . . . . . . 12 | Blue-backed Redbreast Warbler..... 68 | Brown-headed Nuthatch ... II Blue Bunting .. a DN — 136 Bluebird, Tafel 5, Vogel 5 und 6. 63 Brown Thrasher . 52 — —Arxetie 69 Brown Thrush, Tafel 5, Vogel 4 47 — — California, Tafel 2 20, „ 8 gel ! 1 69 Brotherly-love Vireo 236 —— Common. - 68 Brückenvogel nereennnanee 85 526 — — Eastern... . 68 | Bryants-Savannenfink... 3 — — Guatemala... 68 | Budytes flavus bh Bluebird. Rocky Mountain, Tafel Budytes flavus leucostriatus ........... 135 70, Vogel? 9 Buff-bellied Hummingbird. 552 — Buff-breasted Flycatcher.............. Buffed Hummer. Bull Finch, Cassin’s ..... Bull-headed Flycatcher... Seite 537 * 547 567 . 305 519 Bullock's Oriole, ee 31, „Vogel i 1 473 476 Bullod3-Driol.. Bunter Holzhacker Bunter Meerfink t.. Buntdroſſel, Tafel 1, Vogel 3. Bunting, Bay-wing n — — Black-throated, 1 27 — — Chestnut-collared.. — — Painted, fer se] 0 — — Rosita's. — — Seaside — — Sharp- -tailed .. RER — — Snow... arena — — Sumichrast’s . Gele — — Yellow-winged .. — — Townsend’s ....... un Buntſpecht Burion, Tafel 20, Vogel 6. Buſchfink, Tafel 24, 5 — — Gambels⸗ Buſchmeiſe, blaugrau e. k — — Lazuli, Tafel 28, Vogel 4..... „ — Leelancher's.................- Brit llechen ee eeeeadeaectaicien a 12, Be Sm: Buſchſänger, blauflügelige r, Tafel Vaeter — — Brewſlers⸗ — — Cincinnati⸗ — — Lawrences⸗ Buſchmeiſe, Tafel 8 Buſchſänger mit r Krone... Buſchvireo, Tafel 15, Bagel? FR Bush Sparrow.. Bush Tit, Tafel 8. Butcher Bird ......... Butterbird........ Buttervogel e en C. Cabanis⸗Königsfiſcher . .. SEE Cactus Wren, Tafel 4, Vogel 2 Calamospiza melanocorys ....... Calaveras- Sänger ...... ..- Calaveras Warbler...... Calcarius 1 „ ornatus ndennsananeenn — — pictus. Carolina Paroquel, Taf. 26, Vogel 5 6 CarolinasPapageireeenennenenenneo. Carolina Parakeet.. Carolina-Sittich, Taf. 26, Vogel 5 6 Carolina-Specht, Tafel 36, Vogel 3 Carolina Woodpecker California e Gnat- catcher Eiktornia Bluebird, Taf. 20, Bog. m California Cactus Wren.. California Cuckoo California Fire-bird . California Nuthatch .............- California Purple Finch...... California Song . ee California Tlırasher . on California Titmouse . 587 589 83 Carolina-Meiſe . 69 Carolina Parrot . ee . 116 Carolina⸗ Schlüpfer Ecker 85 603 Carolina Shrike 476 Carolina-Spechtmeiſe . e .. 307 . 386 Carolina⸗ Zaunkönig, Taf. . 6 | | Sadı California EN Vogel 5. Californian Jay ... Californian Towhee egiſter. Californiſche Beutelmeiſe .... Californiſche Brau ndroſſel. Californiſche eee en Californiſcher Drej Californiſcher Erdfink Californiſcher Häher ſcher. Caliſorniſcher e Tafe l 20, Vogel 1. 2 Californiſcher Königsvogel 50 Californiſcher Kuckuck. Californiſcher Mückenfänger Californiſcher e e 8 en Californiſcher e e Galiforniiger Stie Californiſcher Tyrann .... Calliope Hummingbird. Campephilus prine Campylorhynchus Tafel 4, Canada Flycatcher glitz . ipalis.. - brunneicapillus, EN N Ca uada⸗Häher Canada Jay. Canada-Spechtmei Canada Swallow... Canada Tanager ... 25 Canadian Flycatching Warbler..... sänger, a 5 Se Canada⸗ Schnäpper.. ie. Canadian Warbler, Taf. 50 5 8 Canary Warbler.: Canon Ervdrötel. Canonſchlüpfer. . Canon Towhee ........... Canon Wren, Tafel 9 Canonzaunkönig . Cape May War ble Cape May Wood Warbler... Caprimulgidae... Cardellina rubrifrons, Tafel 32, Vogel 2. Cardinal, Tafel 26, Cardinal, Arizona . Cardinalis cardinali Vogel 3 und 4. is, u 26, . gel 3 und 4. — — cardinalis coceineus,... — cardinalis igneus................ — — cardinalis saturatus............ — cardinalis superbus..., — — ceardinalis yucatanicus 7 — — carneus — — phoeniceus ... Cardinal, Colima ... — — Cozumel ch —— Grosbeak .. — — Mexican — — Redbird ... — -- St, Lucas. n — Venezuelan — Yucatan .... Carduelis elegans Carolina Chickadee ........ Carolina Junco Carolina-Sunto.. Carolina Waxwing Carolina Wren, Tafel 26, Vogel 6. 55 Carpodacus Cassini — — mexicanus frontalis 97 307 308 621 nn ) Seite Carpodacus purpureus . . 305 — — purpureus californieu: 07 Carrion Bird ............... 501 Cassin’s Bullfinch .... 305 Calin nk BR 350 al N . 305 ssin’s Kingbird .. 518 Cassin s Purple F inch . 307 Caſſins⸗ Purpurgimpel. 307 Cassin's Sparrow ........ 2380 Caſſins⸗ Sun . 2 Bun Tafel Sn 8 41 Cat Flye atcher — 47 Catherpes mexicanus. 119 — — mexicanus conspersus, Taf. 9 118 Cedar Bird, Tafel 5, euer N 261 Gederdrofiel. 0 Ced erſeidenſchwanz E 265 Cedervogel, Tafel 5 „Vogel l Sar ee 265 Ceophloeus pileatus, Taf. 36, Vog. 6 577 Certhia familiaris americana — — familiaris mexicana. Certhiola bahamensis. Cerulean Warbler, Taf. 13, Vog. 6 176 Ceryle alcyon, Tafel 33, Vogel 2... 595 — — Cabanisi ..... „ Chaetura pelagie: 15 Taf. 18, Vog. 5 554 — — Vauxii Chamaea fasciala .. — — fasciata Henshawi Chaparral Cock ................ Chatter 82 8 — — Long-tailed lone dc — — Yellow- breasted, | Tafel 15, Vogels 5 2 Gatter ers . 258 8 Chatterer, European............ 251 Wenn 8 261 Chattering Flycatcher e 217 Cherry B 265 Cheeury .. 8 Chelidon erythrogaster, Tafel 18, Poel! SE 276 e Titmouse .......... 102 Chestnut-collared Longspur .......... 33 Chestnut-collared Bunting........... 340 Chestnut-erowned Titmouse ......... 105 Chestnut-sided Warbler, Tafel 12, Vogel 5. 178 Chewink, Tafel 25, Vogel z und 5 395 Chickadee, Black- nee: Tafel 21, Vogel 2 8 98 — — Brown- ... 2.72 928 — — mexikaniſcher 328 Grace-Sänger .... 188 Gres WIe 188 Grackle, Brewer 's 479 — — Bronzed, Tafel 17, Vogel 6... 483 F ee 485 — — Florida 8 485 — — Great-tail el.. 480 p Purple a 485 Grakel, Florida-. 5 —. 485 — — große Bootſchwanz⸗ 482 — — Hiostcwänzihe — — Mais — — Roſt⸗ — — Stahl⸗ Grasfink, 2 Tafel 23, Vogels Grasgimpel... 432 Grashüpferfink, Tafel? 23, 3, Bogel 6 6., 343 Grasmücke, blaue . 68 Grass F FCC ER 350 Grasset Warbler... 5 171 Grasshopperäparrow, 2 Taf. 23, 3,809. 6 343 Grassguit ... UA? Black- faced. 433 — — Melodious.... 433 — — Yellow-faced.. 32 Grass Sparrow... 350 Grauer Steinſchmatzer 5 Grauköpfiger Junko 374 Grauköpfiger N 18 Graupieper . Be 8 136 Graulchwalbe . er 286 Grautyrann... —. 516 Grauvireo . 251 Graumangendroffel... 11 — — Bicknells⸗ 12 Gray-cheeked Thrush.. 12 Gray-erowned Finch. 5 20 Gray-crowned Leucosticte.... 2. 318 | Gray-headed Junco............. 374 Gray Kingbird.. . 2 810 Gray- tufted Titmouse S 97 Gray Vireo... ee 3 Great American M: artin. 2272 Great American Shrike — 254 Great Butcher Shrike... 254 Great Carolina Wren. 122 Great-crested Fiyeatcher, Tafel 3, Vogel 1. 520 Great-tailed Grackle... 480 — — Pine, Tafel 21, Vogel Ge 303 Rose breasted, Tafel 25, Vo⸗ gel 2 und F 409 Großer Birkenzeifig. . 922 Großer Bootſchwanz ........ e Großer ae n e ans 482 Großer Euba-Finf... 55 [Großer Holzhacker 579 Großer Haubentyrann. 9 522 Gier wund? 254 Großſchwänzige Grakel. 180 Srdund dens 8 601 Ground Robin, Taf. 25, Vog. 4 u. 5 395 Ground Swamp Rohr 18 Ground Tit. 90 Grundrötel, Tafel 25, Bogel 4 u. 5 395 — — grünſchwänziget 3 401 — — meißäugiger . 2 Grünfink, texaniſcher F Grünhäher, Tafel 32, Vogel 5... 499 Grünling, gelbkehl 175 3 241 — — rotaugiger . 234 Grünſänger, Tafel 12, Vogel 6. 190 Grünſchwänziger Erdrötel... 401 Grünſchwänz. Erdfink, Taf. 20 „Vog. x 400 Grünſchwänziger Grundrötel. . 401 [Guadelupe⸗Flicker . 594 Guadelupe ke 94 Sachregiſter. Seite Greater Redpoll... 322 Green Bird....... 423 Green Black- capped Waren 222 Green Black-capped Warbler .. . 222 Green Flycatcher.. 247 Green Jay, Tafel 32, Vogel. Br 499 Green-tailed Towhee Taf. 20, „Bog. 400 Green Warbler.... 192 Green Wren....... . 247 Grinnells— Wafferfänger.. — 206 Grinnell’s Water Thrush. . 206 Gri eous Flycatcher.... 328 Grönländiſcher Au enzeiſeg 322 Grooved-billed Ani..... 600 Grosbeak, lac hended, Tafel 20, Doeh 415 — — Blue, Tafel 28, Vogel 5. 416 Evening, Tafel21, Vogel 1... 301 ‚ Guadelupe DUNCOR ER Guadelupe⸗ Sunto.. 3 375 Guadelupe Towhee. 1 Guadelupe Wren.. 8 2 Guadelupe— Zaunkönig .. ne —. 126 Guatemala Bluebird.. Dr 25 Guatemala-Blauvogel !. Guatemala Junco. Guiraca caerulea, Tafel 20, Vogels 416 — caerulea concreta — eee eee ee : Gürtelfiſcher. . at Gürtelſänger, Tafel 13, Vogel 8 222 H. Haarfink, Tafel 23, Vogel 2. 365 Haarvogel, za 3, re 2 365 Haarſpecht . e — — Harris. . . 572 — — nördlicher e 572 — — b Haarſpecht, ſüdlicher . 2 Habia ludoviei: ma, Tafel 2 25 5, IR ogel Zünd? — — Weka af. 20, Vog. 5 415 Häher, amerikaniſcher Tannen⸗ 497 — — Arizona⸗ 2 — 499 — — Blau», Tafel 175, Vogel 1. 2 493 — — blauſtirniger 2 Tannen 498 — — californiſcher. she san 190 — —Canada⸗ 500, 501 ee nee 499 — — Fichten⸗ .. 498 — — Florida- 498 — — Ge birgs . 498 — — Grün⸗, Tafe 32, Bogel..... 499 — — langhanbiger Tannen 498 — — Marimilians-.. it — — Nuß⸗ 5 490 — — Piñon⸗ 491 — — Oregon 01 — — Pracht ea 500 Regen 496 Häher... 8 HE E S R 496 — — Rio Grande. 8 500 Häheripedt.. 8 . 586 Häher, Stellers⸗ 8 8 498 — — Thal⸗ / 25 8 . 499 — — Unglücks⸗ er .... 500 — — Woodhonije=. 1 Harb! N)‘ Hairy Woodpecker 1 Hakengimpel, Tafel 21, Vogel 55 303 Hammock Warbler 188 Hammonds-Fliegenfänger .... 537 Hahnkuckuck . een: Hammond’s Flycatcher. 937 Hängeneft... te . 473 Hanging Bird. e Hanging Flycateller Hang-nest... Harporhynehus Bendirei... „ einerensgsgs? 8 — -- erissalis, Tafel 4, ne 4337 — — curvirostris.. 9555 1 — — curvirostris Palmeri, 55 — — Leeontei.. 5 56 — — longirostris... 55 53 — redivivus 55 — — rufus, Tafel 5, B Vogel Fi 47 Barrie WU 355 HATUISSHRAUDEIHE .- once seen 572 Harris’ Sparrow, Tafel 24, Bogel 2 354 Harris’ Woodpecker. 572 Haubenmeiſe, Tafel 5, Vogel 2. 9¹ — — califoruiſche .. ER 97 — — einfarbige... e 90 — — Gambels=.. 97 — — texpaniſche .. 93 — Wollwebers⸗ 97 Haubenſpecht, Tafel 30, Vogel 55. 577 Haubentyraun, Tafel 33, Vogel 1. 520 Hausfink 2 Hausgimpel, „Tafel 20, Vogel 6. 308 Hauspiwi, Tafel 5, en dee Nee e re Jausipaß.........- Haustyrann . Haus szaunkönig 2 fro K Heckenſänger, Tafel 12, au 118 Hedge Sparrow. . 382 Heermann's Song Sparrow.. 8 Heermanns⸗ Sperling er zn. 386 | Helinaia Swainsonii ............. ET th Helmintophila Bachmani .. 149 nr 154 — — celata lustescens 155 — — eineinnatiensiss . 156 626 Sachregiſter. Seite Seite Helmintophils SIT Tafel Hüttenſänger, californiſcher, Tafel 11, Vogel 4 151 20, Vogel! 69 — — Lawrencii.. 56 — — Gebirgs-, Tafel 20, Vogel 2.. 69 = — leueobronchialis Saen eren 8 248 — — Luciae.. 52 Huttons-Vireo .. 248 — peregrina.. „ 3155: Hlultonis eee N 248 — — pinus, Tafel 11, Voge a 149 , 153 Naf — — ruficapilla ERIC 888 den 154 3 (Bola). — — Virginiae. 152 | Tache latirostris .. 202 Helmitherus vermivorus, Tafel! 11, Icteria virens, Tafel 15, Vogel 211 Vogel 5... n — 2 q .. 147 — — virens longicauda. l Heloiſes⸗ Kolibri. 55 Leer ids 2 Heloise’s Hummingbird. 551 | Icterus Auduboni.. ; Hemlock Warbles= 8 185 — — Bullocki, Tafel 315 Vogel 5 473 Hemp; bird. 307 — — cucullatus 2...-..... 464 Henry’ s Thrush .. gende 60 — — cucullatus Nelsoni, Tafel 31, Henslows⸗ TTT 344 Vogel? 465 Henslow's Sparrow .. 344 — — galbula, zafer30, ange! 11.2 469 Hepatie Tanager .. nenne 294 — — icterus.. 459 Hermit Thrush, Tafel 1 Vagel 2... 17 — — parisorum, Tafel 3], Vogel 2 461 Hermit Warbl Er. ( —ͤ—r . —ͤ .. 198 — — spurius, ae 30, „ Bagel . Au 466 Hepburn's Leucosticte. Illinois Parrot... ER 611 ff ee Indianerlerche . 504 Hesperocichla naevia, Taf. I, Vog. 3 26 Indianerſpecht. . . 594 Ends 8 594 Indigobird, Tafel 28, Vogel 2 und 3 421 Highhole. 5 Indigo Bunting. Es 423 Himmelslerche.. Indigofink, Tafel 28, „Vogel und: 3 421 Hirundinidae... 5 Indigovogel. . 423 Hoary Redpoll. er Intermediate Sparre row. 359 Holbölls⸗ l Ipswich Sparrow 88, 24. Holboell’s Redpoll. Ivory-billed Woodpecker. 569 Hollenmeiſe. eee e 58 J (Konfonant). „ e ee ee. 83 | Jackdaw....... e 481 Gonne a scheree 37 | Jamaica Warbler.... RAN 188 Honigkriecher, Bahama-. Z Renee 486 DIGG ET . 287 Jay, Alaska... 501 DIA JUGEND TE 2 5 499 Honey Creepers . 287 — — Blue, Tafel 17, „Vogel! 1.5 493 Honeysucker.. 287 — — Blue-fronted.. 498 Hooded Flycatching N 4 220 — — Californian 499 Hooded Oniole e 464 — — Canada. 500 Hooded Titmouse .. 220 — — Florida... . 498 Hooded Warbler, ‘ Tafel i 14, Vogel; 4 411 — — Green, Tafel 32, Vogels 5 499 Hordenvogel. . „Dara es 501 — — gelbköpfiger . — Long-crested. ...........- 498 Horned Bark. „ Masimilaangn s 491 Horulerche „ On 8 501 House Finch, Tafel 20, Vogel 6 308 — Pinon.. Er 492 House Wr enn 126 oe dee 500 Hudson Bay Chickadee ..... .. 102 | — -— Rocky e l Hudsonian Chickadee......... 102. Stellen er Hudsonian Titmouse......... 102 — — Valley. .. . 499 Hüdſonmeiſe. 102( — — Woodhouse's 498 Hudsonian Wagtail.. ber 8 398 Hummer, Ruffed. .. 547 Jüdss Bil! ans ekeeee n 436 Hummingbirds FP 539 | Judas Iscariot. 436 Hummingbird, Anna’s, Tafel 34.... 547 Junco 374 — — Allen’s „2.0 5501| fiken 374 — — Black- -C lunned . 544 — — alticola .......... 375 — — Blue-throated 540 |— — annectens . 375 — — Broad-billed .... 552 |— — Arizona 375 — — Broad-tailed...... 548 Balrds; 375 — — Buf-bellied.... . e 552 Ba 375 — — Galliope....... .. 551 — — Carolina 374 F ( 22 Srarsasuse zensergneocnenn 374 C naar 551 — — einereus dorsalis . 375 „ lieifſe rr 552 — cinereus palliatus......... — — 5 540 — — Guadelupe 5 — — Rieffer’s.. 852 — Guatemala . e 540 — — Gray- headed 5 — — Ruby-throated, Tafel 26, Vo⸗ — — hyemalis, Tafel 23, Vogel 1. 372 gel 1 und „„ 541 — — hyemalis carolinensis . 374 — — Rufous, Tafel 35 549 — — hyemalis oregonus...... 374 Hummingbird, "Xantus’ 80 552 | — — ins „ 375 Hummer, Rufous-backed... 550 — — Oregon 374 Hüttenſänger, Tafel 5, Vogel 5 u. 6 63 — — Pink-sided e ans er 375 — — Seite Junco, Red-backed.. 375 — — Flate- colored, af. 23, 809. 1 372 — — White-winged .. 374 Junko, Arizona-. es a — — Bairds⸗ 5 8 20750 — Carolina - . 374 — — grauköpfiger. ... nn 374 — — Guadelupe⸗ 1 5 — — Guatemala⸗- 8 05 — — Oregon . 874 — — roſenſeitiger . 375 = rotrückiger .... e „ wbeißflügen igen. 17 Kaktusdreſche rtr Kaktusflicker. ... Pa Kaltusſchlüpfer. ... ehr 58 Kaktuszaunkönig, Tafel 4, Vogel 2 115 Kalliopes⸗Ko liber. Kalmienſänger .. ER Kanarienvogel, wilder. Kap May-Sänger Kappenkleiber 8 Kapuzenfin k.. Kapuzenoriol. ... Eee Le . Kapuzenſpecht . Kapuzentrupial Kardinal, 1 26, age 3 und 4. — Arizona N — Colimas..... — Cozumel— — mexpikaniſcher. ...... — Purpur — St. Lukas Teras Kardinalvogel .. Kardinal, Yucatan⸗. Karminſchulter-Stärling .. Kaſtanienſänger, ae 12, „Vogel Kagenvogel .. 850 Katzendroſſel, ase N Keilſchwanzſitlich a5 . Kennicotts Sänger EEE Kentucky Flycatching Warbler..... Kentudy-Sänger, Tafel 14, Vogels Kentucky Warbler, Taf. 14, Vog. 3 Kernbeißer, Abend-, Taf. 21, Vog. 1? — — blauer, Tafel 28, Vogels 416 — — roſenbrüſtiger, Tafel 25, Vo⸗ Ge d? 409 — Rotbruſt: — . 414 — — Schwarzkopf⸗. 416 — — ſchwarzköpfiger, „Taf. 20 309.5 415 Kirchhoff, Theodor, Gedicht. Kiefernſänger. . Kingbird, Taf 30, , Vogel 3. — — Arkansas. 7 — — Couch's — — Gray Kingfishers.. Kingfisher .. Kinglet, American Golden. erested. Kingfisher, Belted, Taf. 33, Vogel 2 5 Texan — — Texan Green Kinglet, Golden-erowned, Tafel 7. 86 — — Ruby-crowne dll. 83 Kirſchs el! 265 Kirtland's Warbler ............. 2.2... 193 Kirtlands⸗Sänge n nenn 193 Klagenachtſchatten 564 Klageſchatten, ſüdlicher ..... 560 e a san 70 Klaxino, ch 20, abe ni 28 8 2 8 8 70 Kleiber. 55 109 Sachregiſter. 627 Seite Seite Seite Fleibes Bunt 111 L. Lerche, Horn⸗ e 8 504 — — Canada 111 Labrador Jay. 35 fte H Aa 308 — — Kappen⸗. 110 Ladder- backed Woodpecker . 573 — — Indianer ve 504 Kleibwaldſänger . . 142) ee ee „204 | — — Derifanifche mu, 995 505 Kleine e ae Sanghaubiger Tannenhäher........... 498 — — Miſſouri⸗ = 136 Kleiner Cuba⸗Fink .... Langſchnäbeliger Moorzaunkönig .. 133 — — Prärie⸗ 95 ; ia 136 Kleiner liegenfänger. . Langſchwänzige Schwarzkapfmeife.. 100 — — Präriehorn⸗ TEEN 505 Kleiner Haarſpecht. ...... 2 Lanidae..... .. 252 — — texaniſche Horn- 2... 505 Kleiner Seidenſchwanz 55 Lanius borealis... 252 fer 5 505 Kletterſänger, Tafel 11, Vogel a ludovicianus, Taf. 17, Bog. oe Wieſen⸗ 458 ling ang?! 8 443 | — — ludovicianus excubitorides.. . 267 — — Wüſtenhorn— 505 Klippenſchwalbe . .. 275 — — ludovieianus Gambeli. 257 Lerchenammer 339, 437 Kokardenſpecht. .... 572 Large-billed Accentor . . 207 Lerchenfink, er Vogel 1 350 Kolibris, die .... „ 539 | Large-billed Water Thrush.......... 207 Lerchen, die. 502 Kolibri, Annas . 548 Langſchnäbeliger e 9 343 Lesser Sapsucker.. 8 572 — — Allens 550 Lapland Longspur... 338 Lettucebird.............. SEN — — breitſchnäbelige . 552 Lappländer Leucosticte, Aikens 318 — — breitſchwänziger 548 Danke, 5 — Amis, Tafel 22 317 — — blaukehliger . 540 Lark, Brown 9.8 — — australis . EAN) — — Enitade .......... 825 545 — — Bunt ing |— — Black, Tafel 2222. 317 — — Gebirgs-. 8 8 0 dee Horneck — — Black Gray-erowned.. 318 — — Gold⸗-⸗, Tafel Sa ee — — Brown-capped........... 0 — — Heloiſes⸗ . CCC — —Gray-erowned . 318 e — Hittle Field ...-.-- 36 — — griseonucha eee — — Rieffers⸗ — — Little Meadow ...............- 4361| Hepburn 8 320 — — Rio Grande. = 1361| — — tephrocotiar...ceeaeanesor samen 318 „RNivol: — — Meadow, Tafel 29, Vogel 5... 455 — — tephrocotis littoralis.. ... ... 320 a — HE He (En 50 — — Mexican Horned ................. 505 Lewis, Specht E 586 — — Rubin⸗, Taf. 26, Vog. I u. 2 541 — — Mexican Meadow. 458 | Lewis’ Woodpecker -........ 586 „ buulehligeue e nnnneeeeeee ennasennnee 458 Lied, das, der neuen Welt, V. — ſchwarzkeh ligen 544 Pallid Horned 505 | Lincoln’s Finch. . . . . 389 Silben Tafe)ß een eiiie Herne!!!“ 505 Lincolns-Fink 389 — — Fantus“. e FF nenne 136 | Linnet 7 e Kolkrabe, ameritanijcher Auer 487 — — Ruddy Horned..... 505 — — Brewster's. 322 Königs fischer, die 595 — — Shore. 504 — — Redpoll, Tafel 2a, Vo⸗ Königsfiſcher, Loft, Be 2..... 595 — — Sprague’s gel 3. 5 0 — — Cabanis⸗ V — — Pine 8 — äuniſch e 597 — — Streaked Horned ......... -- .- Little Blue-gray Flycatcher. . 82 Königsvogel, Tafel 30, . Ben 511 — — Texan Horned.. & Little Domestic 3 N 247 — — Arkanſas⸗ . 518 — — Western Meadow. 58 | Little Field Lark. 488 — — californiſcher . 8 Lark Finch. 353 | Little Flycatcher ....... .. 3 Königstyrann Lark Sparrow, Tafel 24, V. ogel 1. 350 | Little Meadow Lark. 36 Kragenammer i Wübcürdos sense 41 | Little Seed-eater......... g W ren rangee es S7 | Yauertyranır. Little Thrush.. BESSERE ; — — Aas⸗⸗ .. 489 Laufkuckuck. . : 99 | Liver-colored Tanager e 295 — EN ee er 491 amvences-Bufchjänger Er 56 Bizard El!!! 601 — — des Nordweſtens .. 489 | Lawrence’s Flycatcher . 22 hfarbene Dcnjieler essen 11 ih ee yore esene 489 | Lawrence’s Goldfinch . Dessen 88 akt) — — Florida- 489 ee Sec e ee: 257 — — Raben⸗ 489 Yamrences-Stiegliß.. . ; Loggerhead Shrike, Tafel 17, Vo⸗ Keahenſtä ring 485 | Lawrence’s Warbler . 56 (a IE ne LE 255 Kreuzſchnabel, N 313 Lazuli Bunting, Tafel 28, Vogel 4 424 Long-billed Marsh Wren.. 131 — — Fichten r ee 424 Long- Ses d JHJJ ers en nenee 498 — mexikaniſcher. N 316 Lazulifink, Tafel 28, 8 424 | Longspur, Black-bellied . 340 — — ee Sun 21, Vo⸗ L e see 446 — — Chestnut- colored. ESSEN) IT RER 316 | Lead-eolored Bush Tit 105. — — Baplande re ernennen 338 — — weißflägeliger 317 | Lead-colored Gnatcatcher... 82 — — McCown’s. 1 340 Krez, Konrad, Gedicht. 8 54, 63, 276 Lead- colored Flycateher 82 — — Painted 85 8 Kriecher, ſchwarzgelber . 287 Lead- colored Titmouse . 106 — — Smith’s .... .. 339 Kronfink, Tafel 24, ae 55 356 | Leaden Titmouse . 106 | Long-tailed Chat 17 — — Alaskas⸗ . 359 Least Flycatcher......... u... 532 | Long-tailed Chickadee........ 100 Kronſänger, Tafel 13, Vogel BI 168 e e en eennennesaneceee 103 Long-tailed House Wren 125 dun 171 Least Tit mouse 105 | Louisian€ Lark. 138 — — Rubin ; 86 Least Vireo . 251 Louisiana Shrike 257 Kuhſtar 446 Leben, tägliches, XV. Louisiana Tanager, Tafel 20, Vo⸗ = rü „ 446 Lebertangara. e e 5888 292 Kuhftärling .. . 446 Leclancher's Bunting. N NE Louiſiana-Tangara N 294 nl Tafel 17, Vogel 2 und 3 443 Leclanchers-Farbenfink Louisiana Warbler.............. ....... 159 ! ehe 446 | Yecontes- ASCHE Senne DR ; Louiſiana⸗Waſſerdroſſel, Tafel 15, gugler deer Trogon 598 Leconte's Grasshopper Sparrow .... 345 Doge!!! 206 ine die . 599 Leconte's Sparrow. en 345 Louisiana Water 19 ee 15, Kudud, californiſcher. .. „ 603 | Leconte’s Thrasher. . 56 Vogel 6. 9 — Erde. „601 | Leinfink... 322 Louiſiana⸗Würger ... = — — elbihnäbeliger... — 604 Lehmfarbiger Zwergfink. 371 Loxia curvirostra minor .. 313 ir = dar. - 601 rr e 371 — — eurvirostra Stricklandi 316 = auf⸗ 599 e den BERN: 275 — — leucoptera, Kafel 2 21, „Vogel 1 316 — — Regen- Tafel 33, Vogel 4. 602 Lerche, Alpen 504 Lucifer Hummingbird. . 552 — — ſchwarzfchnäbeliger. Nee 605 — — deutſche Sa Bes 502 | Lutescent Warbler 15: Pens!!! 594 — — Himmels⸗ 503 ! Luey's Warbler . . I. 628 Sachregiſter. Seite Seite Seite M. Melanerpes formieivorus, Tafel 36, Morellet’s Se ea onen . 43 Macgillivray's Ground Warbler.. 211 Bill! 583 Mosquito Hawk Macgillivrays-Sänger are 211 — — formieivorus angustifrons..... 586 Moſen, J., Gedicht! Macgillivray's Warbler............... 211. | ore seen re 586 | Moss Warbler... IE EL Magnolienlänger, Tafel 12, Vogel 2 172 — — uropygialis....... 1 Molseillida ss Magnolia Warbler, Taf. 12, Vog. 2 172 | Melodious Grassquit 2 433 Motaeıllaralba....r. er re : Magpies TT 486 Melospiza eineren. . .... e 887 | Mourning Warbler, Taf. Ba 7 210 Magpie..... u... 493 | — — georgina.. „387 | Mountain Chickadee....... 97 „ 492 | — — fasciata, Tafel 5, Voge 7... 381 Mountain Finch. ee BR = = yellow-billed...... 2403| face alla ee 386 | Mountain Mockingbird, Tafel 4, ee . . 485 | — — fasciala gutt ata 387 Vogels 29 Mae . . 485 — — fasciata Heermani .. . . 386 Mountain Song Sparrow. . 386 Maisſtärling . . 485 | — — fasciata mexicana... ...... 386 | Mitdenfänger, Tafel 77 Mangrove Cuckoo. 606 — — fasciata montana. 386 — — blaugraner... e Mangrove⸗ Regenkuckuck. 606 | — — fasciata rufina . 387 — — ieren eee Nair 2.40 nee 8 429 — — fasciata Samuelis................ 386 — — californiſcher. . Mbh: ee 346 — Lincolni.. . 889 | Mud Swallow.... use Mr! seen seen 398 Menſch und Vögel, 8 Müller, Wilh., Gedicht, . Marsh are 155)? Merula/confinismer eos 26 Myiadestes ere an 20, Martin 272 — — migratoria, Tafel 1, Vogel! 21 Vogel 4 and 170 Martin, Bee. 515 — — migratoria propinqua. 26 Myiarchus cinerascens. 522 — — Great American. ,,, ee 511 — — crinitus, Tafel 33, Vogel 1. . 520 — — Purple, Tafel 18, Vogel Zu. 3 207 Mesqnitf nk . 380 — — Lawrence 522 — Sin! ent 285 | Mesquit Finch.......... ....- .. 380 | — — Lawrencei olivascens......... 522 Martinſchwalbe, Taf. 18, Vog. 2 u.3 267 | Weegervogel.. 3253 eee een 522 Maryland-Gelbkehlchen 2140 Mexican Brown Thrasher... 53 — — mexicanus magister. 522 Maryland ln throat, Tafel 14, Mexican Brown Thrush. . 53 | Myiodynastes luteiventris.... 2 III. 212 Mexican Cardinal. . 408 | Myiozetetes texensis Mastenfängen Tafel 32, Vogel 2... 228 Mexican Crested Flycatcher.. 22 Myrtenſänger Mauerſchwalbe C 275 Mexican Crossbill................. es Myrtlebhird. .. 8 Mauſedroſſel . e ande 8 Mexican Flicker....................... .. 594 Myrtle Warbler, Tafel 13, Vogel 5 168 Maximiltaus⸗Häher. 8 4910 Mexican Goldfinchl . 32 Maimiaas ð ocenesanseacne 491 Mexican Horned Lark 5 N Mekay's Snowflake......... q . 338 Mexican Meadow Lark. ® MeCowns-Ammer. 341] Mexican Towhee . Nachtigall, Wald MeCown’s Longspur . 340 | Mexikaniſche Braundroſſel. 2 Nachtfalk - 8 Meadow Tarkı „ Lat: 29, e 5... 455 Mexikaniſche Horulerche Nachtſchatten.. Meerfink. . - 346 | Mexikaniſcher Blauvogel — — wei ötehliger. ſeecheiſg. S N 322 Mexikauiſcher Goldzeiſig. .. Ddachtſchwalben die Meiſe, amerikauiſche Tannenz....... 102 Mexikaniſcher Haubentyraun. .... .. 522 Nachtſchwalbe, virginiſche ... 567 — Berge. . .... 97 Mexikaniſcher Kardinal. 5 Nadelwaldfink.. 370 — - Beutels, Tafel 8. . . 103 Mexikaniſcher ine e BR >; | Narrow-fronted Woodpecker. en . 556 — — blaugrane Buſch⸗. e 105 Mexikaniſcher Singſperling .. Naſhville⸗Sänger . 1582 -— — braunköpfige un: 50 e 111 Mexikaniſcher Wieſenſtar. = Nashville Warbler Buch 8 103 Micropodidae.......... ee 2 Nashville Worm-eater 154 — — californiſche Rentals 105 | Micropus melanoleucus .. Nelſons⸗Oriol, 1 Vogel 3. 465 — — californiſche Hauben⸗. 97 Migratory Thrush oo. 25 Nelson's Oriole, Tofec , e . 465 -- — Canada⸗ a: 111 Milvulus W Sure 5 „Vo- Nelson's Sparrow . o —. 346 — — Carolina 100 gel 1 . „ „ 507 Neſtbau, XVI. — — Carolina⸗Specht⸗ 110 — — tyrannus.. Nenntöter.. . ee — einfarbige Hauben⸗⸗ ... 96 Mimie Thrush ... 5 New York Water Thrush......... 206 — — S SEE . ZI Nimsſenfn fkk Nichthankst ee ee: 558 — Erd „ 90 Mimus polyglottus, ll 2 Nighthawk, Seil Ser ansehe 55 — -— Golde, Tafel 22, Vogel EN 291 Miminae.. = Guben 57 — — Hauben⸗, Tafel 5, V Jogel 2... 91 Miſſiſſippi⸗ Tangara. eee e F 567 enn ER 93 | Miſſonri⸗ Lerche . 136 — — Western NT e 102 Missen⁰rf SEI ee Nightingale, W Sd N 8 == Langichmänzige Samgratonf” 100 Mitraſänger, Tafel 14, 5 217 Night Jar... 37 p 100 Mitred Sylvan Flyeatcher.. —. 220 Niſtkäſten, N — — rotrückige e 103] Mitred Warbler.. sense 220 | Nonpareil, Tafel 28, Vogel ........ 424 — — Roͤtel⸗ 103 Mniotiltidae .. . 139 Nonpareil, vielfarbiger 3 45 — — Schluͤpfer⸗ 90 | Mniotilta varia, Tafel 11, Vogl: 3.. 140 Nordiſcher Wurger ee . 254 Schopf e. 93 Mockingbird, Tafel 2 „ 31 Nordlicher Haaripedt.... 572 = — EURE 805 2 98 Mockingbird. 000 ll... 40 Nördliche Waſſerdroſſel. .. . ...... 206 5 Schwarzkopf⸗, Taf. 2 1,80 09.2 98 Mockingbird, Eren! 52 Northern Creeping Warbler. .. ‚142 — — Specht⸗, „Tafel 2 21, Vogel 5. . 109 | Mockbird, Fox- colored. 52 | Northern Hairy ee rer 572 — — ſüdliche Schwerer eng 102 | Mourning Ground Warbler.......... 211 | Northern Shrike 03252, == erat Ihe Hauben. Bi Mockingbird, Mountain, Tafel 4, North-west Grog, eneeseenan 489 Da ee TEL N 29 | North-western Flicker. ven. 594 — — weſtliche Schwarztopf= .. = ande 52 Nuteracker, Clarke’s........- 491 — — Wollwebers-Hauben⸗ Mocking Wren.. „ 122 Nußhäher 490 5 Zerg Specht Molothrus aeneus 446 Nußknacker 491 Meifen, iii 8 89 — — ater, Tafel 17, Vogel 2 und 3 443 Nuthatch, Brown-headed.............. 111 et, 159 — — ater obscurus . 446 — — ns RE TOR HERNE. 111 —— SCHNEE ts. 159] Moose Bird re 501| = —Pigmy...n..oe... III Melanerpes aurifrons u 589 Ride eme 533 — — re bellied e 111 — — carolinus, Tafel 36, Vogel 3. 587 Moosſänger, Tafel 11, Vogel 1. 156 — — Slender-billed . ih — — erythrocephalus, Tafel 36, Moostierungel.. S 501 — — Whhite-breasted, Saft 21, Woge! Sede!!! 465 Vogel 5. 1409 Seite Nuttalls⸗ Specht 573 Nuttalls-Whippoorwill 1 Nuttall’s Whip- -poor-will.. 564 Nuttall's Woodpecker — 573 Nyetidromus albicollis 564 O. Oak-woods Sparrow. 379 Ode, Rattermann, H. U... Ofeuvogel, Tafel 14, Vogel 0. Old Field e Olive-sided Flycatcher.. . Olive- backed 1 Tafel il, Vo⸗ GE N. 14 Olive-backed Warblen le Olive-headed W abler.: 505 161 Olive Warbler......... 5 8161 Olivendroſſel. . 16 Slivenfänger... ne 161 FCC 476 Orange-breasted Warbler. 161 Orange-erowned Swamp Warbler. . 155 Orange-crowned Warbler............- Orange-crowned Vermivora Orange-headed Parrot ; Orange-thighed Warbler......... Orange-throated Warbler . 8 115, 185 Orange ee 888 Orangeoriol . Drangevogel... Orchard Oriole, Tafel 30, Vogel 4. 466 Oregon ee: 353 100 Dregon- u eee Oregon-Häher. . e Gon el nnd 501 Oregon Junco. ... 2 Oregon-Junko . Oregon— Sängerdroffel .. Pee en: 93 Oregon Thrush ........ — — bicolor, Sales 5» e 2 J Oregon Towhee.. . — —— carolinensis........- ... 100 Oriol, Audubons⸗ — — einetus.. 2341402 — — Baltimore-, e 30, 5 bel, dne 102 I und 2. e 996 — e one 27 meridIionalierfi ee 102 — — Feuer „ ee eee 97 — — Garten⸗, Sale 30, Vogel 4... 466 — — rufescens 102 — — Gelbſteiß⸗, Tafel 31, Deal, 2 461 — — rufescens neglectus 103 — — Gold-, Tafel 31, Vogel ee e ee 97 — — Kapuz one. . 465 | Parrots . e 607 — — Nelſons⸗, Tafel i, Vogels. 3.. 465 Parrot, Carolina. ER 11 — — Orange 463 — — lines 611 — — Palmen⸗ . .. 463 | - — Orange- -headed EZ EHER ee ssres tel uagere 463 Particolored Warbler “15 7 Audubon’s. 460 | Passerella iliaca, Taf. 24, Vog. 6... 390 — — Baltimore, Tafel 30, Voge { — — iliaca megarhyncha 8 e 1 und 2 469 — — iliaca schistacea . 393 — — Bullock’s, Tafel s 31, „ Vogel 1 473 — — iliaca unalaschcensis 393 — — Golden. „ 473 Passer domesti cus 333 f 464 — — montanus.. 335 — — Nelson’s, Tafel 31, Sogel 3... 465 | Passerina amoena, Taf. 28, Vog. 4 424 — — Orchard, Tafel 30, Vogel 4... 466 — — eiris, Tafel 28, Vogel! TR 424 — — Seott's, Tafels 31, „ Vogel ar 461 — — cyanea, Taf. 38, a 2 u. 3 421 — — Vucea .... „ 463 | — — Leclancheri ....................... 30 Ornithion imberbe.......cnneuneneer 538 — — parellina 4 430 — — imberbe Ridgwayi.- 538 — — parellina indigotiea... 0 Oroscoptes montanus, Tafel 4, Vo⸗ [== Bositae 0 gel 3. . e . 29 — — Sumichrasti . . 430 rl! isrgeranrade 443 — versicolor 5 0 Otocoris alprestris . +: 504 N Binde een „ — — alpestris arenicola e ee 1388 — — alpestris chrysolaema........... 505 Perisoreus canadensis ..... 500 | — — alpestris Giraudi 505 — — canadensis capitalis ....... ..... 501 — — alpestris leucolaema............ 505 — — canadensis fumifrons ... ..... 501 — — alpestris praticola...... .. 505 — — canadensis nigricapillus....... 501 — — alpestris rubea ............. 505 — — obseurus .......- e — — alpestris strigata.... . 505 | Petchary . ; 517 Ouzel, American Water 60 Petrochelidon unifrons, Tafel ı 18, Ovenbird, Tafel 14, Vogel 6... . 200 ee eee 273 Sachregiſter. P Seite . Painted Nn Tafel 28, Vogel 1 424 ie 429 Painted Longspur ...... 8 339 Painted Redstart 227 Painted Robin...... 25 inf ante eetense nen 5 FFF Pallid Wren Tit Palmenoriol. . AR Palmenſänger, Tafel 13, V Jogel 3. 196 Palm Warbler, Tafel 13, Vogel 3... 196 Palmetto Finch.. EN) Palmettofink, T Tafel 24, V agel s 5 377 Palmers⸗ Frännroffel. Rs) Palmer’s Thrasher.. ... 65 Papageien, die... 607 Papagei, Carolin 2 611 Paper ling 443 Papſtfink, Tafel 28, Vogel 125 424 — — vielfarb dies 0 Paradies fink 429 Paradiestyrann. l mal er texanif ſcher, Tafel 2, Vogel 1 5 Paradise Bird ar IParadiserEinehe see Keeerese Paradise Flycatcher...................... 511 Parakeet, Carolina ; Parkmanns⸗Zaunkönig ale Paridae.. Paroquet, "Carolina, Taf. 26, Vog. 5 607 Parula Warbler, Tafel 11, Vogel 1 156 Parus atricapillus, Taf. 21, Vogel 2 98 — — atricapillus oceidentalis....... 100 — — atricapillus septrentrionalis.. 100 629 Seite Peiſche nan 1 Peucaea aestivalis, Taf. 24, Vog. 5 377 — — astivalis Bachmani . 379 — — Cassini 3 Pewee . — — Black. — — Bridge — — Say’ 8. — — Western W Ode 1 5 5 N = 53 — — Wood, Tafel 33, Vogel 5... 528 e RO TE Pfäffchen, texaniſches re 45 Phainopepla nitens, Taf. 4, Vog. 1 74 Phalaenoptilus Nuttalli........ eu 564 Philadelphia Greenlet ................. 236 Philadelphia-Vireo na 234 Philadelphia Vireo.. eo vl Phoebe, Tafel 5 “7 Vagel; 2 523 Phoebe-bird.. e Phoebe, Black. ee 3 22 — — Say's 35 528 Phöbe dagen 526 Phyllopseustes borealis.. 8 ies Nut! 40 — — piea hudsonica 492 Pieidaesñ] 568 Picoides americanus. e — — americanus alascensis. en . 574 Picicorvus columbianus.......... . 490 Picoides americanus dorsalis.n...... 574 — arcticus . PiDA — amerikaniſchen . 135 — — Grau- — — — Polar⸗ 888855 Pigmy Nuthatch.. hasse: Pileated Woodpecker, Taf 8 Pileolated Warblerr . Eine Oreepe r? in Pine Creeping Warbler.. 1 Pinicola enucleator, Taf. 21, „Bog. 6 308 En Finch... . 330 Pine Grosbeak, Tafel 21, Vogel (5 303 Pine Linnet Pine Siskin.... Pine Swamp Warbler Pine Warbler ....... el Pine-woods Sparrow, Tale 24, „Bog. 5 377 Pink⸗Pink. 8 Es Pink-sided Junco.. Pinons aa, Pinon Ja 8 Pipilo . Pipilo . Pipilo erythrophthalmus, Tafel 25, Vogel 4 und 5.. 395 — — 1 1 Tafel 20, Vogel 7 400 r Se nr ea Ree en 399 — — N Alleni .... 398 — — fuseus .. 3 — — fuscus albigula — — fuseus erissalis.. — — fuseus mesoleucus... N 401 — — maculatus 398 — — maculatus areticus.... .. 399 — — maculatus megalonyx........... 399 — — maculatus oregonus 5 Piping Flycatcher........ 55 7 Piramidi g 225 567 Piranga erythromelas, Tafel 25, Vogel 1. 8 — — hepatica. R ee 294 — — Iudovieiana, daf. 20, Vog. 3 292 — rubra, T afe 5 * 295 = 299 7 567 Pipit, American 135 Pitangus derbianuns 19 630 Sachregiſter. Seite Seite Piwi, ones Jald⸗ * 527 Republikaner . 275 — — Haus-, Tafel 5, Vogel 8 6231 abe ee reed Rhynchophanes McCownii 2 — Says⸗Haus⸗ Se 526 Rabe, weißhalſiger. . Ricebird .. — — Schwalben⸗ 20 Rabenkrähe EEE Ridgways bartloſer Shegenfänger.. 538 — — ſchwarzer Dans. 527 Rabenvögel, die . 486 | Ridgway’s Beardless Flycatcher...... 538 — — Tannen - 527 Yahmbrüftiger Fliegenfänger.. Nora 537 Riedfin!!kk 346 — — Trauer⸗ 530 Pan ird!!! 8 604 Riedzaunkönig . 134 — — Wald-, Tafel 33, Vogel 5 588585 528 Rain ne e e eee 604 | Rieffer’s Hummingbird. A — — weſtlicher W 8 530 | Rathbon’s Warbler . 165 Rieffers-Kolibri . 552 Plain ess 96 Rattermann, H. A., Ode . 409 Rio Grande— Siegenfänger... 519 PBlattmeife... 100 Rauhflügelige Schwalbe .. 287 Rio Grande Flycatcher... 519 Plauderer eee 217 Raven, American. a2 Rio Grande-Häher. ...... Plectrophenax hyperboreus... . 338 — — White-necked Rio Grande q ay — — nivalis....e.. . 336 Red and White N Br Rio Grande-Kolibri. — -- nivalis Townsendii. 338 bird. re = River Ein.... Plumbeous Gnatcatcher . 82 Red-backed Junco Rivoli eie Plumbeous Tit mouse 106 Red-backed Warble rr Rivoli⸗ Kolibri. Polarpieper 136 | Red-bellied Nuthatch. Road-runner ....... Polioptila californica. 83 | Red-bellied Woodpecker, ach 36, Robert of Lincoln. ........ — — caerulea, Tafel 6 00 Vogel 3 587 Robin, Tafel 1, ze 1% 21 Dlumb es 82 Red Bird, Black- Winged. ... 292 — — Columbia 5 27 Politician 246 — — Cardinal . . 408 Robin, Columbia 27 Politiker . 246 — — Summer, Tafel 1933353355 2 Robin, Golden. 20, 473 Poocaetes gramineus, Tafel 28, Redbreast, Blue 68 — — Ground, Taf. 25 Bog. 4 u. 3 395 gel 5 . 347 Red-breasted Thrush 25 — — Ground Swamp 18 — — gramineus confinis . 350 | Red-breasted ee tee 576:|— — Painted....-............. 26 Poor-will.... Red-breasted Woodpecker............. 576) — — Redbreast.. 21 Boormill.... Red-cockaded . BE, 572 — — Spotted, e 5 1 333 26 Eotsto Bunde Red OrosSbill .. 72275 — — Swamp. er Prachtfink. .. Reddish-brown Titlark..... — — Varied Bracithäaher.-serssareceenes names 5 Reddish-tailed Flycatcher... — — Wood eg jänger, © Sale 12, ae 1 008 184 | Red-eyed Flycatcher.......... Rock Wren.... Prachtſchwal be. u 285 Rede Jed Grsenl et Rocky Mountain Biuebird, Taf. 20, Brairie Cocker 601 | Red-eyed Vireo, Tafel 15, Vogel 4. 231 Bogel 2 69 Prairie Horned Lark ........ 505 | Red-faced N Tafel 32, I Rocky Mountain Dwart "Thrush... 5 21 Prairie Titlar k. 136 gel 2..... Rocky Mountain Goldfinch.......... 328 FTT .. 251 Red Flycatcher .. ee Rocky Mountain Hermit Thrush, 21 Prairie W arbler, T Tafel 1: Red -liea d re Rockv Mountain Jay -. Prärie „Fliegenfanger . 532 | Red-headed Woodvecken, N 36, Rocky Mountain Swallow Prärie Horner! er Vogel 4. Rocky Mountain een; 88895 Praärtelerch e Red Bark e Rohrvogel .. e Prärieſänger, . 13, V 0 Red- naped Woodpecker. Rohrzaunkönig. ach: Prärievireo . 8 Redpoll, Common ... ..... Rose-breasted Grosbeak, Tafel 2 Progne subis, Tafel 18, Vogel 2 „ NDR ya een Vogel 2 und 32 und 3 ee 267 — — Greater Roſenbruſt .. 5 Prothonotary Swamp Warbler....... 145 — — Greenland. Roſenfink, brauntüpfiger .. Prothonotary Warbler, Tafel 10..... 142 — — Hoary .................. — — grauköpfiger Protonotaria eitrea, Tafel 10 142 — — Holbaell’ 8. — — ſchokoladenbrauner. Prybilof Snowflake.................... 338 | Redpoll Linnet, Tafel 21, Vogel 3 ſchwarzer, Tafel 22 Psaltriparus minimus........... 103: Red EH 8 4 fene K A 25, — — minimus californicus 105 | Red-shafted Woodpecker..... 05 ogel 2 u 3. 409 F 105 Red-shouldered Blackbird e N 378 Psittacidae.............. 607. | Redstart 2. ve 2 Roſtfink. N e 303 Ptilogonys, Shining. . . 76 — — American, Tafel 14, . 5 225 Rosita's Bunting. 430 Burple Finnen „305 — — Fiycatcher 227 Roſitas⸗Farbenfink . 430 Purple Grackle.. . zum. 485 | — — Painted Roſtbrauner Single 19. e 387 Purple Martin, Tafel 155 Vogel 2 Red Tanager .. Roſtgrakel = RE SATT und 3. ee, 267 Red - vented Thrasher, Taf. 45 „ Bog. 4 57 Roſtſperling — 393 Purple Swallow. .. 272 Red-wing, Bahama. 454 Roſtſtärling ....... 476 Durpurgimpel.. 305 | — — Sonoran. ...... Rotaugenvireo 234 — — Caſſins Red-wing Thrush. Rotbraune Tangara .... —. 294 Purpurfink.. | Red-winged Blackbird, Tafel 20, Notbru. 5, 414 Purpurkardinal Voge[l ! 450 Rotbruſt⸗ Rernbeißer....... 0 Purpurſchwalbe . Red-winged Sterling 454 Rotbrüſtiger Saftſauger. „576 Purpurſtärling 5 | Reedbird.. 5 442 Rotbruſtſpecht . 8 8 rubinens mexicanus, | Refulgent Hummingbird. 540 Rotbürzelige Braundroffel. 3 59 Tafel 31, eee . 538 Regenhähe n 496 Rotdroſſeln sh asnnsaunn 21 Pyrrhula on eee nn. 305 Negenkrähe... 604 Röteldroſſel, Tafel 1, Bogel4....... 8 Pyrrhuloxia sinuat aa 408 Regenkuckuck, Tafel 33, Vogel 4 ee 602 | Rötelmeiſee ne. 4 — — ne n . . 606 Roter Kardinal .. Q. — % ſchwarzſ chnäbeliger .. 605 Roter Spottvogel.. Negennngel. er 5 604 Rotflügel, Tafel 29, igel 8 450 ff 353 Regulus calendula .. 83 — — Bahama 8 Quebec Warb ler — — Curvierii ir 88 — — dreifarbiger Quiscalus macrourus een. — — obscurus . . 88 — — californiſcher . — — — ;Satrapa, Tafel :. 86 — — Gopnoras...... — — quiseula......... 485 — — Satrapa olivacea................. 88 Rotflügelſtärling en... 25 — — quiscula aenus, Taf. 17 „Bog. 6 483 Neis vogel! 443 Rotflügel, zweifarbiger e — — quiscula aglaeus. 15 ccc 485 Republican .... .. 275 Rotkäppchen... 5 rare a 198 fen. | | J N — Sachregiſter. Seite 198 583 294 en Tafel 36, nes 579 Rotnackiger Galt n pocht. 576 Rotrückiger Junko 375 Rotrückiger Kolibri ...... 8 30 Rotrückige Meiſee 22... 103 Rotſchaftiger Flicker.. 594 Rotſchwänzchen, Tafel 12 Vogel 5. . 225 5 ameritanſc e 227 — — gemaltes. „ 227 Rotſchwänzige Drofel, al Rotipedt....... . 594 dane er 282 IST ron 227 Rotvogel . 408 — — Sommer. . 299 Ruſous eee Tafel 35 . 549 Rufous-tailed Thrush. 5 Ruhland, H., Gedicht. Russet- backed Thrush Rusty Blackbird Rusty Grack le. Rusty Song Sparrow. 20. 0. 387 Rußbrauner Singiperling.......... 387 S. Safrangoldhähnchen . 8 Saftſauger 576 5 DDobrüſtide nr, Sage Sparrow. ok Sage Thrasher. 29 Saint Domingo Warbler. 88 Saint Lucas Cardinal Saint Lucas Thrasher BE Saint Lucas Towhee..................... 401 Saint Lucas Woodpecker Mer 573 St. Lukas-Kardinal 408 S ulas⸗-Spech : 573 St. Lukas⸗ . 5 401 Saladbird . Da Salatvogel.... 327 Salbeidr oſſel. . e 29 einn! 376 = Nebgnd g Bit Salpinctes guadelupensis .... . 118 — — obsoletus . . Salt Water Marsh Wren ... 133 Sammelſpecht, Tafel 36, Vagel 5 5... 583 Samuels⸗ -Singfperling... BR . 386 Sand Martin 2.285 Sand Mockingbird... 52 Sandſchwalbe 285 Sandſpottvogel. 2 82 Sand Swallow. . 285 Sandwich Sparrow . 343 Sänger, Arizona 152, 188 — — Au⸗, Tafel 13, angel} 122 186 — — Audubons- III — — Bachman ns — — Baumläufer=.. — Blackburns⸗ Sänger, Blau-, Tafel 13, Rate, — — Blauflügel- .... — — te ‚Bufhe, Tafel 11, Dogel 2 — — Connecticut⸗ Krone. 5 — Calaveras — Canada-⸗, Tafel 14, Vogel 2. — Eincinnati⸗Buſch Sängerdroſſel, Cafe i, Vogel 6. Sänger, Drofiele... — eigentliche. — Einſied er Sängerfink, Tafel 5, Vogel 75 Sänger, Flechten⸗, T Zap, Vagel! — Fleckenwald⸗ 2 Garten-, Tafel 15, „ Vogel 1... Bebirgs- En ne gelbbürzeliger Er ellen Wald⸗ gelbkehliger, Taf. 13, Vogel 1 Gold-, Tafel 10 Goldflügel“, Taf. 11, . Grace Grün⸗, Tafel 12, „Vogel 15 Gürtel“, Tafel 13, Vogel Hecken⸗, Tafel 12, Vogel 5. hervorragende, x — — Hütten-, Tafel 5, Vogel ö u. 6 — Kalmien⸗ — Kap May — Kapuzen⸗ — Kaſtanien⸗, Tafel 12, Vogel 4 — Kennicotts- 5 Io Sängerſchlüpfer. .. Sänger, Schmuck — a] ſchwarzkehliger Grau- — Kentucky⸗, Tafel! 14, „Vogels 3 — Kiefern-. — Kirtlands⸗ 2 — Kleibwald— — Kletter-, Tafel 11, Vo 9 — Kron⸗, Tafel 13, Vogels — Lawrences⸗ Büſch h — Maegillivraygs Magnolien-, Taf. 12, Vog. 2 Masten, Tafel 32, Vegel 2. Meiſen- Mitras, Tafel 14, Vogel 4. Moos-, e ln, . — Myrten- ar Najhville=......... 2 5 Senn ee Palmen⸗, Tafel 13, Vogel 3. Pracht⸗, Tafel 12, Vogel 1. Prärie⸗, ee 13, „Vogel 2 — Rotkäppchen“ m — Bairds⸗ — Vigors⸗. — Schnäpper⸗ — Schwarzkäppchen⸗- ſchwarzkehliger Blau⸗ Sennetts-Meiſen- Swainſons — Swainſons⸗ Sumpf. — Tannen — Tenneſſee⸗ — Tiger=... — Trauer⸗, Tafel 13, Vogel 7... nend — Texaniſcher RN des Seite | 176 151 631 Seite | Sänger, Wander⸗ . 2 155 — — Wilſons⸗ 222 | — Wurm-, Tafel 11, Vogel 9... 147 Sängerzauntönng... e 125 Sänger, Zwerg⸗, Zafel 13, „Vogel 4 221 Sapsuc ker, Red-br easted.. 576 — — Lesser 572 — — Yellow- bellied, Taf 30,809. 1 574 — — Williamson’s 8 577 Satrap; Taff?! 86 | Saumfint............. 371, 389 5 | Savanna Blackbird. 606 3 | Savanna Sparrow, Tafel 2 23 N 342 14 Savannenfink, Tafel 23, Vogel 7 1342 0 Bryants⸗ eee 34: 77 Saxicola oenanthe ....... 193 | Says=-Hauspipi ................ SSI Day Fee NE 156 Say Phoebe . 176 | Sayornis Saya 162 — — nigricans 52 | —- — Phoebe, Tafel 5, Vogel 3 5 Scarlet Black-winged Tanager.. Scarlet Sparrow. 0 Scarlet Tanager, . 5, Vogel 1 288 186 Scharlachtangara, Tafel 25, Soden 288 142 | Scerenjhwanz... 8 . 511 151 Scherentyrann, Tafel 32, Vogel 1. 507 188 Scheunenſchwalbe, Taf. 18, ae 276 . 190 Scheunentyrann. 526 222 Schieferfarbiger Fache. ee 393 . 178 nen Dafel ?. Schillerſta r 485 63 Schiwink. . en . 398 2 Schlangentöter 601 Schlangenvogel . 0339 220 Schlüpfer, die.... 1 180 Schlüpfer“. 129 88 — — Bairds⸗ Sänger 126 208 — — Canon = 19 95 — — Carolina⸗. 122 9% Felſeen n 118 2 — — Kaktus 415 . 140 Schlüpfermeiſe e ee l 168 Schlüpfer, Sanger: 8 122 156 — — Sing⸗ 8 —. 125 211 — — Spötter ⸗ . 8 —. 122 2 Sigors-Gänger-.. .. 125 228 Schmetterlingsfink. . 429 159 Schmuckammer 3 21 Schmuckſänger . 156 Schnäpper, Canada⸗ 171 Schnäpperdrojjel.. 153 | Schnäpperjänger ......... 161 Schnäpper, ak 5 196 Schneeammer 184 Schneevogel 198 Scoteladenbrauner Ref jenfünt... 198 Schopfmeiſe . 122 | — — einfarbige 126 Schornſteinſchwalbe en 8 125 Schornſteinſegler, Tafel 18, Vogel 5 554 210 Schreityrann.. n 220 Schücking, Alfre ed, Gedicht Schwalbe, Baum“ Geſellſchafts⸗ — — Grau- Sass ⸗ x — — Klippen⸗ 3 — — Lehm S S 888888 112227 A te te e tg te te t te — - v — — Pracht⸗ 632 Sachregiſter. Seite Seite Seite Schwalbe, sanbflügeitger: 287 | Setophaga ruticilla, Taf. 14, Vog. 5 848 Song Sparrow, California . 386 —— San 285 | Sharp-tailed Bunting . ou.u....... — — Desert 485 Ir eunen-, Taf. 18, „Vogel 1 276 Sharp-tailed Sparrow e 5 — — Heermann's. 386 — — S . Br . 557 | Shining-crested Flycatcher.... — — Mountain 386 A ſchwar z 272 Shining ey, se Rusty ae nnenesne ns 387 — — Trauf- 0 „Tafel 18, Vogel 4. 273 Shoemaker, W. L „Gedicht! — — Sooty... 222 2 387 fer 8 284 Shore Lark. ag Song Thrush. 288 8 — — Wald⸗, Tafel 18, 3 6..... 280 Short-billed Marsh Wren. 2 Sonora-Kotflügel.. Ar .. 454 Pr Waſſer⸗ .. 285 Shrike, Carolina . 257 Sonoran Red-wing . 454 — — Weißbauch⸗ 283 — — Great American. 254 Sooty Song Sparrow. nen nen. 387 Zweifarben 283 — — Great Butcher. 254 Southern Chickadee... al: Schwalben, die.. 266 — — Loggerhead, Taf. 17,3 Vog. 4 255 Southern Hairy Woodpecker N 572 Schwalbenpiwi. 25 nn, EE- 257 Southern House W ren 125 Schwarzer Fliegeufänger. 3 76 — — Northern. Southern Shrike. BR HL Schwarzer Hauspirw a 527 — — Southern. Spaniſcher Whippoorwill e 560 Schwarzer Ro 1 Tafel 22....... 317 — — White- -rumped. . Sparrow, Aleutian Song ... 387 Schwarzer Segle ern: rss — — Bachmann’s....... 25 379 Schwarzbrüſtiger Ammer 340 [Sialia arctica, Tafel 20, Vogel 2 69 — — Baird's eee 341 Schwarzgelber Kriecher . 287 — — mexicana, Tafel 20, Vogel 1 69 — — Bells . nee. 376 Schwarzgeſichtchen. ..... 433 — — sialis, Tafel 5, Vogel 5 und 6 63 — —. Black-chinned . 371 Schwarzhaubige Meife.... 9% alis azureseae 68 — — Black-hooded...... ............- 355 Schwarzkäppchen ... 183 | — — sialis guatemalae.. ......... . 68) — — Black-throated, Taf. 23, Vog. 4 375 — — Wilſons . .. 222 Sibirian Yellow Wagtailll . . . 135 — — Brewer’s 3 Scharen teures 183 Sibiriſche gelbe Bachſtelze en 135 — — Bush. Schwarzkehliger Ammerxrfink, Sue Sichen, — — (assin’s.. 2 23, Vogel... . 375 Sichelſchnabeldroſſel — — Chipping, „gell? 23, „Vogel 2 2 365 Schwarzkehliger Blaufänger.... =... 168 Siberkelibrt, Bares — — Ulay- colored. 5 Schwarzkehliger „ EN 189 | Siller, Frank, Gedicht.. — — Desert Song.. Schwarzkehliger Kolibri.. ter en — — English........... Schwarzkehliger Zwergfink' . 371 Singgrünling — — European Tree. 19 5 5 Schwarzköpfiger i au Singſchlüpfer Ber — — Field, Tafel 23, Vogel 3. oz 368 20, Vogel 5. 415 Singſperling, Se Br Vogel 7 7. 381 — — Fox, Tafel 24, Vogel 6. 8875 389 Schwarzkopf⸗ Kernbeißer . 416 — — der Aleuten. 5 — Fos eolor eld 39: Schwarzlopfmeiſe, le 21, „Vogel 2 98 | — — Gebirgss... — — Gamkel’............. — — Idi 100 — — mexikaniſcher. . — — Golden-erowned .. — — füdlide.. 75 . . 102 — — roſtbrauner — — Grass — — weſtliche. . .. 100 — — rußbrauner — — Grasshopper, Taf. 23, 401 343 Schwarzkopfvireo. ne, re — — Harris’, Tafel 24, Vogel ep Soma Kuckuck. 605 — Wüſten⸗ less é 362 Schwarzſchnäbeliger Re genfudud... 605 Sakın, Pine.. 25 — — Heermann’s Song . 386 Schwarzvogel, gemöhnliger: « 485 | Sitta canadensis. — — Henslow's. . .. . . 344 Schwätzer, Tafel 15, Vogel 3. 214 — — carolinensis, Taf. 21, Vogel 5 109 — — Intermediate. 9 — — (angfewänziger l de 1 217 — carolinensis aculeata............ 111 — — Ipswich.. 343 — — Waſſer 2 60% uss 1111 — 15 Tafel 24, Vogel 1. 350 Schweigdroſſelll . .. 20 — — pygmaea.. 8 111 — — Leconte’ S. ee Schwirrvogel, rubinkehliger . 543 Sittich, Carolina⸗, Zafel26,: BL 09-5 5 607 — — Leconte's Grasshopper Schuw uk leere 398 — — Keilſchwanz en... 611 — — Nelson 's +... Bei sor- tall, ed. 511 Skunkbird..... ........ . 443 — — Oakwoode... 3 Seissor-tailed Flycatcher, Tafel 32, Skunk Blackbird.. EEE RE EN Pine Woods, Tafel, Vogels 377 Vogel! 507 Skylark... . 502 | — — Sage. 376 Scolecophagus carolinus........ 476 — — Missouri. 138 — — Sandwich .. 343 — — eyanocephalus, Taf. 17 Beg. 5 477 Slate- colored Sparrow. .. 393 — — Savanna, Tafel 23, Vogel 7. 340 Scott's Oriole, Tafel 31, 2 Vogel 2. 461 Slate- colored Junco, 1 23, 1 1 372 — Sharp talledĩ Seaside Bun ting. 347 Slate- colored Snowbird.. 374 — — Slate-colored . 85 Seaside Finch ........ .... 346 | Slender-billed Nuthatch.. u. 111 — — Song, Tafel 5 Vogel 1. Seed-eater, Little... Small-billed Water Thrush.. r 206 | — — Swamp 387 — — Morellet's . Small Black and White Bird 142 | — — Te Tafel 32 32, 2, Vogels ER 394 Seggenfink aa ee Segler, die.. : 2 : — — Schornſtein⸗ Taf. 18 Vog.! „C0 ( 3 — — Stachel⸗ n — — meihtehiger 5 7 „ D 55. Seidenſchwanz.“ e — — amerikanischer... 203 F err 265 ei,, — — gemeiner 201 — — kleiner. 8 285 Seidenſchwänze, die. 258 Seiurus 5 Taf. 14, Vog. 6 200 — — motacilla, Tafel 15, Vogel 6 206 — — noveboraeensis . ͥ 204 — — noveboracensis notabilis........ 206 Selby’s Sylvan Flycatcher....... . Sennetts- Meiſenſänger ee .. 159 Sennett's Warbler .......... 159 Setophaga pict a . 227 Small Greemerested Flycatcher 532 Smith's Longspur . -. 2 339 Snake- bird E92, 098 Snake Killer? 601 Snow bird. 374 — — Slate-colored......... e a Snow Buntine.e. re Me, 336 Snowllaken.n2 Re Rh — — Me Kay's. — — Prybilof...... Solitaire, Townsend’s, Sara 20, a3 8 4 70 Solitaris . Schar Solitary Thrush. Sonnen fink Sommerfinf...... en ST — — F 8 379. Sommerfänger, : Tafel 15, Bogel 1. 162 Sommereotvogel. nm eeesle nennen 299 Sammeriaugarg, Tafel 19 . 295 = Coopers 8 299 Song Sparrow, Tafel 5, Vogel 7... 381 — — Texas Song... — — Thick- billed.. — — Townsend’s.. — — Tree. A — — Vesper, Tafel 23, Vogel 5 347 -- — White-erowned, Tafel 24, Vogel 4. e 355 — — W hite-throated, Tafel 24, Vogels 360 Woo! ee 371 — — Worthen’s.. 368 Spare WGS nennen unsere 300 Spatz, A 335 Haus⸗ Specht, ameritaniſcher Bunt⸗ — — ameritaniſcher Dreizehen BT — — Arizona 2 — — arktiſcher Dreizehen⸗ ne 574 |— — Ameiſen⸗ Ar 594 — — Band⸗ 574 — — Bunt⸗ 572 — — californiſcher 55 —— 76 0 7 a —— a — nn ͤ —́1:fä—— — ——— — — Sachregiſter. Seite Seite Specht, Farvlian⸗, Taf. > Sugar 3 587 Spottdroſſel, Tafel 22 31] Sumpfengel . — — Dunen⸗ 572 — — Gebirgs⸗ S 29 Sumpffink. . =, e — — Gairdners⸗ Dunen⸗ 1 572 Spottdroſſeln, die 28 Sumpfrotflügel.——.— — — Gebirgs-Dreizehen⸗ „574 | Spottdrofjelfutter.. „10 Sumpfjänger, Swainſons⸗ — — TTT .. 594 Spotted 15e atcher. 225 Sumpfiperling er = 387 ee Po 589 Spotted Robin 20 Sumpftrupial. . 454 — — Golde Tafel 36, oh Bogel 2... 5901 Spotted Pane . 27 — — gelblöpfiger. .. 450 — — Goldflügel . 594 Spotted Warbler.. 101 Sump fore 247 gere 589 Spotted Yellow Warbler... „ 161] Sumpfzauntönig.. eg ccc 586 Spötterſchlüpfer . 122 Sunflower-bird. 307 — — Haar⸗ . . ͤ 571 Spötterzaunkönig. .. 122 Swainſons⸗Droſſel. . 16 dDabris Saar 2 Spottsdg el! . 41 Swainſons⸗Sänger 5 20 145 — — Hauben⸗, ze, Vogel 6. 577 — — Gebirgs⸗ Swainſons⸗Sumpfſänger ... 147 — — Herren⸗ r ereenreertenntse Swainson's Swamp Warbler. —. 147 — — e . 594 | — — Sand⸗ est „ 52 | Swainson’s Thrush. . El — — Kaktus⸗. . 589 Sprague's Lark 3 | Swainson’s Warbler.......... 9 86 145 — — Kapuzen⸗ De EHE NSPFIEHEB- Titlarke. .orceccenseen 136 | Swallow, American Barn.. 280 — kleiner Haar- 22... 572 | Spurred Towhee . 399 — Bank - 284 — — Kokarden⸗ . . ..... ͤ 572 Stachelſchwalbe. .. 557 — — Barn, Tafel 18, Vogel 1. 276 „ Kuükucck kk 594 Stachelſegler. .. . e DON BRE REN 272 /// ( nenn un snen seen 586 | Stahlgrafel... . 479 — — Black and White. 283 — — nördlider 5 880 572 Star, Gelbkopf⸗. . 447 — — Blackbird........... 272 — — Nuttalls=.. N 573 — — Glanz⸗ . . 485 | — — Canada. 2 — Rot⸗⸗ rr 446 — — Cliff, Tafel 18, Vogel 4. —. 273 — Notbruſt . 576 — — Schillers 485 — Eave, Tafel 18, Vogel 4 273 — Rotkopf⸗, Tafel 36, Vogel 4... 579 Starling, Red-winged . 454 — — Green- blue. . 283 — — rotnackiger Gelbbauch 576 | Stärlinge, die . 439 — — Mud... . 275 — — Sammel-, Tafel 36, Vogel 5 583 | Stärling, Blaukopf⸗, Taf. 17, Vo og. 5 477 — — Purple... ee 272 P 573 — — Bootſchwanz⸗. . 485 — — Rocky Mountain. 275 —Stricklands⸗ ... „. 573 — — Bronze-, Tafel 17, Vogel 6... 488 — — 286 — — ſüdlicher ae 572 — — Gelbkopf⸗ Tafel 20, Vogel 3 447 | — — Sand 285 — — Texas⸗ . ꝗ . 573 — — Karminſchulter-⸗ 455 — — Tree, Tafel 18 280 — — Wei kopf 5 573 — — Krähen⸗⸗⸗-⸗-· . 485 — — Vi e — — Williamſons⸗ 577 — — Kuh⸗ 446 — — Violet- green. 283 — — Wurm⸗, Tafel 36, Food . 574 — — Mais⸗ . 485 — — White-bellied..... 283 — — Zebra⸗-⸗, Tafel 36, Vogel 3... . 587 — — Purpur⸗ 485 — — MWhite-fronted. a) SNACHBÄNIEN ee aan renenseneerenn 568 | — — Roſt -... 476 | Woesd.... are 283 Spechtmeiſe, Tafel 21, Vogel 5... e Nofflüg es 454 | Swallows... 266 — —Braunlöpfigenecenesereseneeneeeen 111 — e „ 458 | Swallow-tailed Flycateher. hl — — Canada I Steinſchmätzer, Gans „ 62 Swamp Angel N — — SUN: ER 110 | Stelgidopteryx serripennis...........- 286 Swamp Blackbird. 454 — — Zwerg⸗ eee Stelter Saher . 498 Swamp Robin 16 Sina, eüropäijder.. 8 Steller’s Jay....... 8 Swamp Sparrow. 387 — — 9=. Ser -Niren.... . . 248 Swift, Tafel 18, Vogel 5. . 554 = Stephens- Whippoorwill.. ee 564 Swift, Black... 2 — Stephen’s Whippoorwill............... 564 | — — Chimney, Tafel 18,3 Vogel 5. 534 = SE 3383| ai = — — e 327 — — White-throated. = — — californiſcher . r Sperlingsvögel, Be — — deutſcher . 330 | Sycamore Warbler Sphyrapieus ruber... — — gelber...... 5 5 . 327 Sylvania canadensis, Tafel 13, Vo⸗ — — thyroideus Er — — Gebirgs⸗ 3 Sens r 222 — — varlus, Tafel 36, Vogel N 574 — — Gold Tafel 15 Vo ogel! 5... . . 323 — — mitrata, Tafel 14, Vogel 4. 217 — — yarius nuchalis......... *. 576 — — Lawrences⸗ . . 328 | — — pusilla, Tafel 13, Vogel 4... 221 > Spider Birdean > — — Tannen un 330 — — AR er . 222 Spinnenvogel. 85 Stone Chat . % SyIyid a 7 Spinus pinus. ...... 225 Straßenvogel N — — Lawrencei. Streaked Horned Lark =.0505 D — — Psalt ria Stricklands⸗Specht 5878 7 — — psaltria arizonae... Strickland’s Woodpecker.............. 573 Tachyeineta bicolor, Taf. 18, Vog. 6 280 — — psaltria mexicana Striped Flycatcher................ 1831 — ——thalassınae enges she nnroepaerensane 283 — — tristis, Tafel 15, Vogel ..... 323| Stümperdroſſel. .. 20 Tafeln, Lifte der, X. Seh need anesesanere 136 | Sturm, Julius, Gedicht, 333 Tanagera . Spitzlerchen, C 135 Sturnella magna, e 29, „ gel 5 455 Tanager, Canada... Spiza americana, Tafel 27... . 434| — — magna neglecta............ . 458 — — Cooper’ ...........- = — Townrendl. re. aaesenn 436 | — — magna mexicana. . 458 | — — Crimson-headed .. - Spizella atrigularis.. . 371 Südlicher an . 57 —Hlepatie. ee 2 — — Breweri.... . 371 Südlicher Hauszaunkönig .. „ 125 — — Liver-colored......... zuecnmme.. 295 — — monticola . 363 Südlicher Klageſchatten . . . 560 — — Louisiana, Tafel 20, 2 ee 3 292 — — monticola ochracea.. . . 365 Südliche Schwarzkopfmeiſe . 102 — — Red. . . . 8 292 — — pallida. 371 Südlicher Whippoorwill . 560 — — Scarlet, Tafel 25, Vogel 1. — — pusilla, Tafel 23, Vogel 3. 368 Sulphur-bellied Flycatcher. . 520 — — Scarlet Black-winged — — socialis, Tafel 23, a 2 365 | Sumichrast’s Bunting......... 2... 430 | Tanagridae . . . . — Wortheni . 368 Sumichraſts⸗ 1 430 Tangaren, die 85 n 50 „ 341 Summer Finch .. 5 379 2 e Coopers⸗Sommer⸗ Sporen-Erdfint... 399 Summer Redbird, Tafel h 8 Sporenfink 339 Summer Warbler... . 165 — — Gold⸗, Tafel 20, Vogel 3. 292 rr 338 Summer Yellowbird. 165 — — Leber⸗ 230 Sporophila Morelleti...............- 430] Sumpfdroſſel . .. ...... . 17 — — Louiſiana⸗ ... . 29; 80 634 Seite | Tangara, Miſſiſſippi 299 — — rotbraune. . . 294 | — — rotköpfige 294 — — Scharlach⸗, Zafel Vage el 1 288 — — Sommer-, Tafel 1 295 — — innober=... = . 299 Tannenmeiſe, ameritanifche. 102 Tannenfink . 8 n Tannengimpel. ron 305 | Tannenjänger .... .. 193 Lene 85 85 330 Tannen! 8 527 Tannenzeiſig ... 30 Tawny Thrush, 2 a Tafel A Vogel 4 2 8 Tenneſſee-Sänger e 155 Tennessee Vermivora 2 155 Tennessee Warbler 07 1 Texan Bird of Paradies 511 Texan Cardinal. S 408 Texan Green Kingfisher. ee .. 597 Texan Horned Lark -... .. 505 Texan Kingfisher..............- „597 Texan Nighthawk. 367 Texan Woodp Be 573 Texaniſche e 3 53 Texaniſche e LLSE 567 | Texaniſche Haubenmeije... 93 Texaniſche Hornlerde..... ee ML Texaniſcher Ani 606 Texaniſcher Grün fin 395 Texaniſcher Grümjänger........ 189 Texaniſcher Königsfiſcher . 5977 Texaniſ 5 ener e Taf. s 32, a Texaniſches 3 Pfafſche RER 430 Texas-Fink, Tafel 32 e ann 394 Texas⸗ ardinal 408 Texas Song Sparrow .. | Texas Sparrow, Sales 32, 2, Vogels 3... 394 Teras-Spedt... Texas Thrasher.. Shalhaheri nz. Seen nes Thick-billed Sparrow DSL Thistlebirdi ee. Re Er 327 Thrasher, Tafel a wegel = Ar 47 — — Arizona ee — — Bendire's ...... e — — Brown.........-- N — Galifor nis 55 riss! . 58 — — Üurve-billed........ te 0 — Meconteiß. nee 56 — — Mexican Brom dx 83 — — Palmer's.. 55 | — — Red- vented, Tafel“ 4, Vogel 4 57 | — N 3% 29 | — — Saint Lucas. “oo... 53 1b ͤ (0 53 — N ehren ld Thrashers 28 Mhrush, Alices... 11 — — Audubon’s W e 20 — — Bicknell’s. le — — Brown, Tafel 5 5 Vogel NE, Dent — — Golden-erowned .. — — Grey-cheeked ddl — — Ferruginous.... — — Henry’s..........- — — Hermit, Tafel 1, Vogel 2... — — Large-billed Water er: 207 Ihrush-like Mockbird ................. 27 Thrush, Little. 16 — — Louisiana, Water, Tafel 15, | DENE era nenne 206 | — — New York Water 206 | — — Olive-backed, Taf. 1, Vogel 6 14 — — Prairie Sachregiſter. eee Red-breasted .. £ — — Red Wing us — — Rocky Mountain Dwarf — — Rocky Mountain Hermit — — Rufous-tailed . — — Song. — — Spotted — — Swainson’s... — — Tawny, Tafel 15 Vogel 415 — — Varied, niet? 1 1 Der — — Warbler... 8 ne — — Water. — — Western Hermit.... IEhTusbesn en Thryothorus Bewickii .. — — Bewickii Bairdii — — Bewickii spilurus.........- — — brevieaudus............... — — ludovicianus — — ludovicianus miamensis. . Diaereng en er Tit, Bush, Tafel 8. — — Lead-colored Bush.. — — Ground. rel Nele — — Least, Tafel BR Tit DE Pallid .. Titlark.. — — Reddish-brown . 82 e Sn oe ercneg nee Titmouse, Black- upper. — — Black-erested... — — Bridled . — — Chestnut-backed..... — — Chestnut-erowned.......- 52 — Gallien 8 „Grell! Gr — — Gray-tufted — — Hudsonian ... „[I! „ Har — — Plumbeous — — Texas.. — — Toup et. _—— Tufted, Tafel: 55 „Vogel 2 |— — Wollweber 's 5 Tolmie’s Ground Warbler.. Toupet Titmouse ee: Towhee, Tafel 25, Vogel 4 und 5. — NKietigsgs. — — Californian. — — Canon N — — Green- Lale, Tafel 20, Vo e ee — — Guadelupe — — Mexican 85 — — Oregon — — St. Lucas... — — Spurred — — White-eyed Townsend | Townsend’s Bunting S-Ammer... Townsend’s Fl ycatching Thrush..... Tomnsends-FUhsfinkcceeeceene \ Townsend’s Ptilogonys he | Tomnsends-Sänger ar ke Eee Townsend’s 1 Tafel 20, Vo— gel „„ Seite Seite 16 Townsend’s Warbler .. SAY 25 Townsend’s Wood Warbler .. 8192 21 | Traills⸗Fliegenfänger., 532 21 Traill's Flycatcher. 2 532 Traills-Tyrann.. . 532 Trauerfink, Tafel 24, Vogel 2 Trauerpimi... 0 Trauerſänger, Tafel 13, Vogel 7. 210 Trauerſchnäpper. 7 Trauervogel, Tafel 4, Vogel 1. 2 74 Drglerzeii g 327 Traufſchwaſbe, Sn 18, he 273 8 Tree Ureeper.censeneee eo >= 113 26 Tree Sparrow... 363 207 Tree Swallow, Tafel 18, Vogel 6..... 280 204 | Trieolored Blackbird. un. 455 20 | Trochilidae..... 539 1 Trochilus Alleni............ 2... 550 122 — — Alexandri.......... . 544 126 — — Anna, Tafel 34...... . 547 25 — — Calliope. 551 — — G Taf. 26, „Vogel! 11.2 541 — — Üostae.. 545 22 — — Heloisa... 551 — Taucher enges en .. 552 — — platycereus......cuur.c.. 8 348 — — rufus, Tafel 35 ru 549 Troglodytes aödon............... 120 — — aédon Parkmani............... 129 > hiemalis.... Troglodytidae 6 — — Coppery- e Trogon, kupferſchwänziger 827 Trogon ambiguus Trogonidae. e Trogons, die . Trogons en — — Kapuzen⸗ 585 — — Moos — — Sumpf⸗. Tufted Titmouse, Tafel 5, Vogel 2. 91 Turdidae 2 1 Turdus Aliciae ur II — — aonalaschkae... 20 — — aonalaschkae Auduboni .. © 20 — — aonalaschkae 3 Tafel 1, Vogel? 17 — — Aliciae Bicknelli. 12 — — fuscescens, Tafel L Vogel 4. 8 — iliaen sn ereeg 21 — — mustelinus, Tafel 1, Vogel 5 3 — — ustulatus.. 16 — ustulatus Swainsoni, Tafel i 1, Akadia⸗, Tafel 33,2 1 6. — aſchkehliger Hauben En — californiſcher *. 518 — Felſen - ea — — Gabel re 511 — Gebirgs-. 8 527 — Grau⸗ 5 36 — — großer Hauben-...... 522 73 — — Hauben-, Tafel 33, Vogel 1. 520 93 — — Haus⸗ . een 526 — Königs ineennan ann 515 BSI Re rare 519 — — Lawrences-Hauben⸗ . 9522 70 — — mexikaniſcher Hauben . ... 522 393 — — Paradies 511 Seite Tyrann, Rubin⸗, Tafel 31, Vogel 4 538 — — Scheren, Tafel 32, Vogel 1. 507 — — Scheunen— -- — Schrei — — Traills⸗ — — en Tyrannen, die . Tyrannidae... er Tyrannus dominicensis 20 — — melancholieus Couchi e 2 519 — — tyrannus, Tafel 30, Vogel 3... 511 2 — verticalis 517 — — vociferus ee: 518 Tyrant Flycat chers . 506 U. ferfiunu k Uferlerche . Üferſchwalbe. 8 Umbrose Warbler.. Unglüdshäher... Unvergleichlicher, Tafel 28, V. F sense enneceree Varied Bunting. Varied Finch, Varied Robin Varied Thrush, Tafel 1, V Vaux⸗Segler Vaux’s Swift Veery, Tafel 11 Vogel Ai. Venezuelan Cardinal Verbreitung, XIV. Verdin, Tafel 22, Bunt 4. — —Vellow-headed Vermillion Flycatcher, Vogel 4 Vermivora, Tennessee — — ÖOrange-erowned... Vesperfink Vesper Sparrow, Tafel 23, 5 Viehſtar 85 Vielfarbiger Nonpareil.. Vielfarbiger Papſtfink 5 Violet-green Swallow Violet Swallow. A Vireo altiloquus barbatulus....... Vogel 1 Tafel ei — Bellii N Pole — flavifrons, Tafel 16. — flavoviridis — gilvus — Huttoni Huttoni Stephensi... noveboracensis, Tafel 555 2 gel 2 olivaceus, Tafel Is 5 4. philadelphicus .. 5 solitarius & solitarius Cassini solitarius plumbeus Feiner Viren, ee — Blaufopf=... — bleifarbiger... — Buſch⸗, a 15 — Caſſins⸗ 8 — Einſiedler — gelbgrüner .. — gelbkehliger — Goldbruſt⸗, Tafel 16 F Sach regiſter. Sänger Schwarzkopf. Stephens⸗ Sumpf⸗ Tafel 15 Di, Vog maße. Co Vireo, Arizona. — — Bell’s.. — — Black-capped... — Black-headed Black-whiskered.... Blue-headed. Brotherly-love ... Florida Hutton’s... — i , — Prairie — Red- -eyed, Tafel 157 Vagel d 4. — Texas — Warbling. — White-eyed, Taf. 15, Vogel 2 2 — Lellow- green. — Yellow-throated, Tafel i 16. Vireonidwaeaeee Vireos,d die. Virginia’s Warbler Virginia Nightingale Virginiſche Nachtigall Virginiſche F Vigors⸗ Sängerſchlüpfer . Vigor’s Wren.. Vogel, der, im allgemeinen, 1 5 Vögel, ausländiſche, III — — Charakter der, XVII. — farbenprächtige, XV. Vogelfeinde, XXI Vogelfreunde, l Vogel in den Gärten, XXI. Vögel, Nutzen der, XX. Vogelſchutz, XXVIII. W̃ Wachtelfink. . Wachtelkopf . ec Wagtail, Golden-crowned — — Hudsonian.. 225 — — Sibirian Yellow e — — Yellow... Wastails Waldamſel Walddroſſel, Tafel 1, Vogel 5 Waldfink, Tafel 23, Vogel 3 Waldfliegenfänger 2 Waldmeiſe x Waldnachtigall Waldpiwi, Tafel 33, Vogel 55 Waldrötel Waldſänger, die Waldſchwalbe, Tafel 18, Vogel Bu Waldvireo, Tafel 15, Waldzaunkonig. Wanderdroſſel,? — — qweſtliche 1 Wanderſänger. Wanderung, XIX. Fogel 4 || Warbler, AUURON BES een — — Autumnal Azure 5 Dahms qͥ ge n Tafel 1, Vogel 1. Warbler, Bay-breusted, * 635 Seite Tafel 12, Black and White, Tafel 11, Vo! 140 Black and White . 126 Black and Yellow .. 76 Blackburnian, Taf. 12, Vog. 1 184 Black-masked Ground. 214 Black-poll, Tafel 12, Vogel 3 182 Black-throated 16 Black-throated Blue, Tafel 14, Vogel 2 Black-throated Gray Black-throated Green, Tafel 12, Vogel 6 Blue-eyed Yellow..... Blue Golden-winged.... Blue-gray... Blue-green .... 1 Blue- -winged, Taf. 0 Vog.2 2 Blue-winged Vellow Blue Yellow-backed Bonaparte’s Flycatching Brewster’s.... Calaveras. Canadian, Tafel 13, Vogel 8 Canadian Fiycatching, ey es Cape May... Cape May Wood. Cerulean, Tafel 13, Vogel 6. N sided, 4, Tafel 12, ge Children‘ 3. Cincinnati. — Citron 8 Connecticut .. Connecticut Wood... Cottage... Creeping. Golden Golden-cheeked . Golden Swamp 1 Golden-winged, Taf. 11, Vog 4 15 Golden-winged Swamp 1 Graces Green Black- N 27 Hammock.........- Hodel, Tafel 14, Vogel 4 Hooded Flycatching Jamaica.. Kentucky, Tafel 14, Vogel 3 Kentucky Fly catching 2 irland Lawrence's. Luteéscent Maegillivray' 85 Macgillivray's Ground. Magnolia, 1 en ® ae 23 Mitred. = Moss.. 1 Mourning, Tafel 1: 1 Vogel 7 210 Mourning Ground —. 211 Myrtle, Tafel 13, Voge el 5. 168 Nashville . 3 .. 153 Northern 0 reeping .. . 142 M 161 168 Olive- backed PR A ’ 101 Olive-headed . Orange Mr Orange-breasted a 151 Orange-crowned n — Pine Creeping... . 195 636 Seite Warbler, Orange-erowned Swamp... 155 — — ÖOrange-thighed... ee. — — Orange throated .. 145, 185 — Palm, Tafel 13, eee 25 196 — Partieclored. : . 159 — Parula, Tafel 1 Vagel i N 156 — — e 2 —. 188 — Pileolated... 2 222 „ Pie „ 193 Pine Swamp 27 85 168 207 Thrus li. 5 „ 212 Tolmie’s Ground. — — Prairie, Tafel 13, Vogel 2. 198 — — Prothonotary, Tafel 10......... 142 — Brothonötary, Swap. 3 145 — — Quebec... een l — Raden: 165 — — Red-backed.. 199 — Red-faced, „Tafel 32, Vagel; 2 227 — Sennett's 159 — Sure !!! 161 — Spotted e lo -- Summer.. 8 8 15 — Swainson's. S 145 — Swainson’s N A 147 — Syeamore.. Eu 188 — Tennessee... 1155) MOWNEENASSE Heaven engen . 192 Townsend’s Wood............... 192 = Unibrods 11 Virginia 152 Western 193 — White-poll... sehe — White-throated Blue.. 177 Willett, 8 145 — Wilson' 85 Tafel 13, Vogel 4... 221 — Wilson’s Flycatching e 222 — Wilson's Green Black- capped Blyeatchins ee 222 Worm eating, Taf. 11, Vog. 5 147 Worm-eating Swamp! 5 149 Yellow, Tafel Ir Bogen: 1162 Yellow; packed. IN Yellow-fronted ........... White-breasted Nuthatch, T — Yellow Palm. Voges — — Vellow-poll White-browed Chickadee .. — — Yellow Red-poll..... ; | White-crowned Sparrow, Tafel 24, — — Tellowrumped . Vogel! eer — — Yellow-throated, Tafel 13, White-eyed Greenlet.. Bogell.. 85 White-eyed Towhee. — — Yellow-throated Gray. White-eyed Vireo, Taf. 15 — — Yellow-throated Wood White-fronted Swallow Manhlere, AWood.......00 200 White-headed Woodpecker 573 Warbling Flycatcher. ................... 238 | White-necked Raven. ) Warbling Greenlet............ er 38 White-poll Warbler .. Warbling Vireo . . .. . 236 White-rumped Shrike. 90 Waſſeramſel .. A 160), MhiteDhroate 362 Rafferdroffel.. 207 | White-throated Blue Warbler....... 177 — — Louiſiana⸗, T Tafel 15 „Vogel 6 206 | White-throated Rock Wren.......... 119 SERIE ET ER 20s | White-throated 15 3 e 24, — — Grinnells⸗ e 205 Vogel 3 Waſſerſchwalbe. 285 White-throated Swift Waſſerſchwätzer. ... .. . 60 | White-throated Wren Waile 62 White Wagtail. Water Thrush. . . . .. . . . . .. 204 White- winged Blackbird. — — Grinnell’s... ee e winged Crossbill, Tafel 21, ere 251 Vogel!!! 316 Waxwing, B 258 White Whiskey John 254 „ olins Pu White-winged Junco e . 374 — — Cedar.......n. Widmanns⸗Fliegenfänger ... 532 — — European... 8 — Widmungsblatt, III. FC ER 258 Wieſenlerche.. 458 Wegläufer. ... 601 Wieſenpie peer... 135 Wien! haette . 601 Wieſenlerche, kleine 8 Weidenſänger 145 Wieſenſtar, Tafel 24, Vogel 5. 455 Wife!!! 21! — — mexikaniſcher . , 458 Sachregiſter. Seite Weißäugiger ine 398 ee weſtlichen nenne de see Weißäugiger Bireno.. . 247 Wieſeuſtärling Beikbaudichwalbe.. 283 | Wilder Kanarienvogel . Weißbindiger Kreusfchnabel, Tafel Williamson's Sapsucker... e 21, Vogel 4 . 6 Williamſons⸗Specht Weißbürzelwürg er. Willow Warbler........ 8 Weißflügeliger Juno. 85 Willow Wren. Weißflügeliger Kreuzſchnabel.. Wilson's Bluebird. 85 Weißhalſiger Nabe Wilſons⸗Droſſel .. ede Weißlehlſen 85 Wilson's Flycatching Warbler... 3222 Weißkehliger Ammerfint.. e Wilson's Green Black-capped 1 Fly- Weißlehliger Nachtſchatten catching Warbler.. Weißkehliger Segler... ...... 57 Wilfons-Sänger .. W Weißkehliger Zaunkönig, Tafel 9. 118 Wilſons⸗ Schwarzläppchen. 3 2² Weißlo pf! 8 5740 Wilson’s Warbler, Taf. 13, Vogel 4 221 Weißkopfſpecht. .. 573 Winterfink, Tafel 23, Vogel 1372 Weißt 359 Winter W renn. 129 WI Pane 359 Winterzaun könig 129 Western Bluebird. ..... .. 69 Wollwebers⸗Haubenmeiſe ....... 97 Western Chickade ne. 100 | Wollweber’s Düne e 97 Western Flycatcher. . . . . ... 537] Woodhonfe-Häher .. 498 Western Hermit Thrush e 20 Woodhouse’s Jay 5508 Western Meadow Lark. ee 458 Wood Nightingale. 8 8 Western Nighthawk .... 567 W. oodpecker, Alpine Three-toed..... 574 Western Warbler... 3| — — Alaskan Three-toed..... 5 Western Wood Pewee. 30 — — American Three-toed .. Western Vellow-rump. 172 | — — Arctic Three-toed... Weſtliche Sen 8 8 567 — — Black-backed Three-toed... 574 Weſtliche e 100 — — California, Tafel 36, Vogel 5 583 Weſtlicher Grasfink.. „„ n enn, ͤ Weſtlicher Waldp iw. 530 — — Dow ny Weſtlicher Wieſenſtar „„ 458 — — Gardner s Wektreuner r eee OO Gila Wheatear 62 — — Gilded . Whippoorwill, Tafel 33, Vegel T 561 — — Golden-fronted Whip-poor-will, „Tafel 33, Vogel 7. 561 — — Golden-winged Whippoorwill, Nuttalls⸗ . 564 — — Hairy. Whip-poor- -will, Nuttall’s.. „ — BlEhSAEM eneeaeen Whippoorwill, Stephens“ Whip-poor-will, Stephen’s. Whippoorwill, ſpaniſ cher.. fülle! „Whiskey Jack“ S „Whiskey John“ Whiskey John, White White-bellied Woodpecker — Ivory-billed.. — Ladder- backed.. — Lewis — Narrow- fronted... — Northern Hairy. — Nuttall’s.......... — — Pileated, Tafel 36, Vogel 5 — Red-bellied, Tafelzö, Vogel g 587 — — Red- breasted e 576 — — Red-cockaded . 72 — — Red-headed, Taf. 36, Vogel 4 579 — — Red-naped . . — — KRed-shafted — — Saint Lucas... ..... — Southern Hairy... — — Strickland 's — — Texan. — — White-bellied.. 92 82 205 — — White- headed . . eh — — Yellow-bellied................. . 576 — — Yellow-shafted ... -............. 594 Woodpeckers... 568 Wood Pewee, Tafel 33, Vogels 255 . 528 Wood Robin.......... I Woegd SFr, 8 371 Wood Salloßnd 283 Wood Thrusb, Tafel 1, Vogel 5... 3 ode nber 139 Worm-eating Swamp Warbler 149 Worm-eating Warbler, Tafel II, Vogel DER 147 Worthens⸗Haarfink 358 Worthen’s Sparrow ........-- ; 368 Wenn ee 114 Wren, Baird’s... — — Bewick' — — Cactus, Tafel 4, Vogel 2... 115 — — Galifornian Cactus 116 — — Canon, Tafel 9.. 118 — — Carolina, Tafel 20, Vogel 6... 120 — — Florida. orange ee Seite Wren, Fresh Water Marsh.......... 134 — — Great Carolina. . 123 — — Guadelupe 3 126 — — House En 126 — — Long-billed Marsh. . 131 — — Long-tailed House........ 2 — — Marsh ....... 183 — — Mocking ae * 122 — — Rock.. see lt — — Rocky Mountain r 118 — — Salt Water Marsh ............. 133 — — Short-billed Marsh elle: — — Southern House 125 „ Ii: 00 Vigor s ass 2 — — White-throated.......... 119 — — White- h ne — — Winter... — Yellow........ Wright’ s Flycatcher... Seat, Tafel 11, Vogel 5 147 Wurmſpecht, Tafel 36, Vogel 1 0 574 Wird! 8 252 Würger, großer „ e. — 254 — — Louiſiana⸗ N 257 — — Nordiſcher. . 254 — — Raub⸗ 252 — — Weißbürzel⸗ . 257 Müſten dreſ cherer RD Wüſtenhornlerche ...... =. 505 Wüſten⸗Singſperling nennen 386 5 een xanthocephalus, Tafel 29, Vogel 3... 447 Xanthoura luxus, =E 32, „Bo- gel 5 8 Xantus’ Hummingbird. e iin fr Xenopieus albolarvatus 9. Yellow-backed Warbler. 159 Yellow-bellied Flycatcher... o ABB) en Sapsucker, Tafel 36, Dei 57 Yellow-bellied ES e 576 Yellow-billed Cuckoo, Tafel 33, Vogl! 602 Seite 98. Muß heißen: Schwarzkopfmeiſe, 1 Spechtmeiſe, = 5 Tafel XXXII, Vogel 4 auftatt Tafel XXII. Thryothorus anſtatt Tryothorus. ” 109, ” 106. „ 125. Viertletzte Zeile unten: Druckfehler. Seite Yellow-billed Magpie. 493 Mellowhirder tee 87 — — Summer 165 Yellow-breast Warbler................. 214 Yellow-breasted Chat, Tafel 15, o 214 Yellow-breasted Icteria................ 217 Yellow-erowned Warbler.. .171, 180 Yellow-crowned Wood Warbler...... 171 Yellow-face Grassquit 435 Yellow-fronted Warbler Yellow-green Vireo . . Yellow-headed Blackbird. e Vogel 3. e 447 Yellow-headed Verdin.. ... 109 Yellow Palm Warbler .. 198 Yellow-poll Warbler...... 165 Yellow Red-poll Warbler 2. 198 ee NE 171 — — Audubon’s......22......- — — Western... Yellow-rumped Fiycatcher.... 5 Yellow-rumped Warbler Yellow-shafted Woodpecker Yellow-throat, Black-cheeked .. — — Maryland, Tafel 14, Vogel 1212 — — Western. . 214 Yellow-throated Gray "Warbler.. Yellow-throated Greenlet ......... Yellow-throated Vireo, Tafel 16.. Yellow-throated Warbler, Tafel 13, DIT 186 Yellow-throated Wood Warbler..... 188 Yellow Titmouse...... ..... 155 Yellow Wagtail.. 135 Yellow Warbler, Tafel 15, Bogel 1 102 Yellow-winged Bunting . 344 Yellow Wien lb Meeder een 463 Yucca Oriole 463 Yucatan Cardinal 408 eaten ard! 408 ue rc?! 88 8. Zaunkönig, Bewick sz 125 — Gan naar 119 — — Carolina-, Tafel 26, Vogel 6 120 = NIE ara ru 117 — — gewöhnlicher 129 Druckfehler. „ 126. Erſte Zeile oben: N: 1 „ 152. Zweite Spalte oben: „ 424. In der überſchrift muß es heißen: „ 424. „ „ 3 434. „ „ Tafel IX: Unterſchrift Weißkehliger 1 7. „ 7 " 7 u" „ 77 — — grönländiſcher Birken⸗ — — meritanifcher Gold⸗ : 637 Seite Zaunkönig, Guadelupe 126 — — Haus 126 — — Kaktus, Tafel 4, Fasel 2 115 — Sie Se 18: ue die. N a DWÄRTDTLTIITLE LTE ee 90 Zaunkönig, Parkmans⸗ 129 Ries 134 Rohr era 133 — — Sänger ee 128 — — Spötter e 2 128 — — Sumpf⸗ 2 al | — — Südlicher Haus 25 — Wald near: 129 — Weißkehliger, Tafel? 118 — Winters, 2 Zehen Bird.. ek Jebraſpecht⸗e Tafel 36, Vogel 3 8 587 Seil, | Arizona⸗ Gold⸗ 5 328 Birken-, Tafel 21, Vogel 3 . 320 — Brewſters-Birken⸗ 55 u großer Birken⸗ — — Holbölls-Birken⸗ — — Meer — — Tannen⸗ . F ER Zinnoberroter e eee Dies Zinnobertangara ..... 95 ee, Be ee 1 ae Zonotrichia albicollis, Taf.24, Bog.3 360 — — coronata — — Gambeli.. 95 — — intermedia. 359 — — e Tafelel, 0 vogel 4 356 — — querula.. Budervogel........... Zweifarbenſchwalbe. ... 5 e Zweifarbiger Rotflügel 454 ede??? 3 Hwergfink... 888 == Brewers⸗ e — \hmanztepliger . 8 Jwergzüuh vragen en Tafel 13, Vogel 4 221 wergſpechtmeiſ are 111 Werne 251 Tafel XXI, Vogel 2. . Lucys⸗Sänger anſtatt Arizona-Sänger. Vogel 2 und 3 anſtatt Vogel 1 und 2. 3 5 7 . Dickeissel,or Black-throated Bunting. Zaunkönig anftatt Felſenzaunkönig. American Ornithologists®’ Union. Code of Nomenclature and Check List of North American Birds. New York. 1886. Audubon, John James. Birds of America. 7 vols. York: Published by V.G. Audubon. 1856. Audubon Magazine. Published in the Interests of the Audubon Society for the Protection of Birds. 2 vols. 1887, 1888. New York. Forest and Stream Publ. Co. New Auk. A Quarterly Journal of Ornithology. Published by the American Ornithologists’ Union. Vol. Ito VIII. 1884-1891. New York. L. S. Foster. Baird, Brewer, and Ridgway. North American Birds. 3 vols. Boston. 1875. Brehm, Dr. A. E. Das Leben der Vögel. Glogau. C. Flemming. 1867. Brehm, Dr. A. E. Tierleben. Die Vögel. 3 Bde. Leip- zig. 1882. Brehm, Dr. A. E. Gefangene Vögel. Heidelberg. 2 Bde. 1872. Bulletin of Ihe Nuttall Ornithological Club. Vol. Ito VIII. Cambridge, Mass. 1876-1883. Burroughs, John. Wake Robin. Boston. Houghton, Mitflin & Co. 1887. Burroughs, John. Birds and Poets. Boston. 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