in I Me iR 4 ii ıE Fr At okır EG Kol ee Ay Ei h Ana & U dee SRG Kr N „MUgd | ER NEN M IR ii Ai EN 3 'r AR NS Be u R nn Zu lan DZ N VL Re ee : ; I: a | 0K757 SZ s= SA PopuLiaue I 2. u De RE BR) RR VArHl ! 7.5, 222 Zu U ne un =. u Die Perzeption des Lichtes A. H. BLAAUW. Mit 2 Tafeln und 6 Textfiguren. (Extrait du Recueil des Travaux Botaniques Neerlandais, Volume V, S. 209.) NIJMEGEN. — F. E. MACDONALD. — 1909. Die Perzeption des Lichies von A. H. BLAAUW. Aus dem Botanischen Institut der Universität Utrecht. BENEELTUNG: Die botanische Literatur ist reich an Abhandlungen auf dem Gebiete des Phototropismus. Untersuchungen über diesen Gegenstand sind an der Tagesordnung und es besteht die Möglichkeit, dass man hier überflüssige Arbeit tut, da bei einer ruhigen und einigermassen länger währenden Untersuchung die Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen ist, dass man in kürzern oder längern Abhandlungen oder in vorläufigen Mitteilungen seinen ‚Gegenstand schon zum Teil behandelt oder berührt findet. Die Folge hiervon ist, dass man so leicht die Untersuchungen früher als wünschenswert abbricht, sie zusammenfasst und sie mit einer Anzahl von theoretischen Betrachtungen, als zweifelhafte Erläuterung, ergänzt. Es wird dadurch immer schwieriger tiefer in einen Gegenstand zu dringen und sich von den Hauptzügen des zu behandelnden physiologischen Prozesses einigermassen eine Vorstellung zu machen, um so mehr, da in der Literatur oft ein langer Streit anlässlich persönlicher Auffassungen gestrit- ten wird, die von beiden Seiten oft nur durch einige wenige Versuche gestützt werden. Trotz dieser Gefahren und trotz der ziemlich zahlreichen schon angestellten Untersuchungen, hat doch anderseits 1 das Studium des Phototropismus einen grossen Reiz, da viel Wichtiges noch unaufgeklärt ist, und sogar einige Hauptpunkte nie untersucht worden sind. Am besten erhellt dies aus den Worten, womit Jost (1904) seine Vorlesung über „Heliotropismus” schliessen musste: „Somit sind unsere Kenntnisse über die wichtigsten Fragen des Heliotropismus zur Zeit noch recht dürftige ; manche von ihnen werden aber einer experimentellen Lösung zugänglich sein und könnten dann auch auf die anderen ein unerwar- tetes Licht werfen.” Wenn man den Vorsatz hat über eine Reizwirkung, in diesem Falle über den Phototropismus, etwas Näheres zu erfahren, so ist es geradezu notwendig, den Gegenstand soviel wie möglich systematisch zu behandeln, am liebsten in der Reihenfolge, welche die Natur selbst angibt. Tut man dies nicht und beschäftigt man sich also schon mit den verwickeltern Teilen des Prozesses, bevor man den Anfang gründlich erforscht hat, so wird man notwendig auf grössere Schwierigkeiten stossen als nötig ist, und es wird um so schwieriger sein, zu einer klaren Erkenntnis zu geraten. Das Ziel dieser Untersuchungen wird deshalb sein, Haupt- regeln aufzuspüren die den phototropischen Prozess beherr- schen, und zwar besonders die Regeln, nach welchen die Pflanze den von aussen kommenden Lichtreiz aufnimmt. Dieses Aufnehmen, oder mit dem üblichern Wort, diese Perzeption des Reizes ist der Anfang des phototropischen Prozesses. Sie ist das Glied, das den äussern physikalischen Teil der Reizwirkung mit der innern physiologischen Wirkung im Organismus verbindet; sie ist die Schwelle, welche die von aussen kommende anorganische Kraft überschreiten muss, um auf das organische Leben ein- wirken zu können. Die erste Frage, welche sich hierbei an uns aufdrängt ist diese: Wie gross muss der Reiz sein, um diese Schwelle zu überschreiten? Dieser Schwel- lenwert hängt von der Stärke des Fveizes und von der Zeit der Einwirkung ab. Also muss man die zwischen diesen zwei variabelen Grössen bestehende Beziehung aufspüren. Die Untersuchungen hierüber werden im ersten Kapitel behandelt werden. Bevor man sich mit weiteren phototropischen Fragen beschäftigt, ist es nötig die Empfindlichkeit der Pflanze für die verschiedenen Wellenlängen zu kennen. Wenn man Lichtversuche anstellen will, so ist es er- wünscht, dass die Energieverteilung der Lichtquelle bekannt ist, aber zugleich muss man untersuchen, welche die Empfindlichkeitsverteilung des gebrauchten Versuchsob- jektes in dem Normalspektrum ist. Nur unter diesen Bedingungen hat die Angabe der Lichtstärke in Hefner- kerzen einigen Wert und nur dann ist es später für Andere möglich, die Zahlen verschiedener Forscher zu vergleichen, oder diese Zahlen für vorkommende andere Zwecke wieder umzurechnen. Das Bestimmen dieser Empfindlichkeitsverteilung wird im zweiten Ka- pitel vorgenommen werden. Nachdem die Schwellenwerte untersucht worden sind, drängt sich weiter eine Frage anlässlich Oltmanns’ Untersuchungen an uns auf. Nach diesen bestände eine Intensität, worin die Pflanze positiv reagierte, eine höhere Intensität, wogegen sie indifferent wäre und eine noch höhere, wobei negative Krümmungen aufträten. Im dritten Kapitel wird die Beziehung, die zwischen diesem positiven und negativen Phototropismus be- steht, untersucht werden. Beim Durchlesen der Literatur über den Phototropismus drängen sich immer wieder die hier gestellten Fragen an uns auf und scheinen wohl an erster Stelle auf eine Beantwortung zu warten. Ein jeder wird zustimmen, dass solange dieselben unbeantwortet sind, unsere Kenntnisse der phototropischen Lichtperzep- tion sehr dürftig sind. Kompliziertere Versuche über inter- mittierendes Licht und über Unterschieds-Empfindlichkeit sind angestellt worden, bevor man sich einigermassen bemüht hatte, die Wirkung des einfachen, einseitigen Lichtreizes zu erforschen. Die erhaltenen Ergebnisse haben daher nur zum Teil oder gar keine Berechtigung und indem man sich theoretisch in diese Ergebnisse versenkt, gerät man zu noch viel komplizierteren Auffassungen, als die Tatsachen in Wirklichkeit fordern. Dies ist sowohl bei den phototropischen als bei den so nahverwandten geotropischen Untersuchungen der Fall. Nach der Beschreibung der Versuche wird jedesmal in jedem Kapitel kurz das Resultat gemeldet, und sodann die Literatur besprochen, auch im Hinblick auf ähnliche Resultate auf anderem Gebiet. Zum Schluss werden dann in letzten Kapitel die Ergebnisse zusammengefasst werden, und daran einige Betrachtungen geknüpft über weitere Schlussfolgerungen, welche hier vor der Hand liegen. ERSTES KAPITEL. DıE BEZIEHUNG ZWISCHEN LICHTSTÄRKE UND BELICHTUNGSZEIT. ÜBER DIE REIZSCHWELLE UND DIE PRÄSENTATIONSZEIT. Sie Bıinleitung. In der Literatur findet man zwei Begriffe, die sich gegenseitig durchaus bedingen, die Schwelle für die Licht- stärke und die Schwelle für die Belichtungszeit. Dieselben sind kaum untersucht worden, aber dennoch sind die den beiden Begriffen verliehenen Namen „Reizschwelle” und „Präsentationszeit” in der phototropischen Literatur be- kannte Klänge. Das in dem Geotropismus übliche Wort Präsen’ationszeit, wo es sich um eine konstante Kraft handelt, wurde auf den Phototropismus übertragen und da selbst auf gleiche Weise als bei dem Geotropismus, bestimmt, ohne aber die Intensität zu berücksichtigen. In Wirklichkeit bestehen aber ebenso viel Präsentationszeiten als es Lichtintensi- täten gibt. Das Wort „Reizschwelle” wurde nur für In- tensitätschwelle gebraucht, hat aber in Wirklichkeit eine weitere Bedeutung. Es empfiehlt sich also von Intensitätschwelle und Zeitschwelle zu sprechen, welche zwei Begriffe man in den weiteren Begriff Reizschwelle zusammenfas- sen kann. 6) Auf diese Unterscheidung hat Jost (Vorlesungen ü. Pflanzenphysiologie S. 585) schon hingewiesen, und bei der menschlichen Physiologie findet man diese beiden Schwellen behandelt, während sich daselbst für das mensch- liche Auge noch die räumliche Schwelle hinzugesellt. Im folgenden werden wir uns also bestreben etwas Nä- heres über diese Reizschwellen zu erfahren, und beim Aufspüren dieser Schwellenwerte die Beziehung, die dabei zwischen Belichtungszeit und Lichtstärke bestehen muss, zu finden. Versuche mit Avena sativa. $S2. Methoden, Aufstellung, Matenial mer: Die Lichtquelle. Zunächst war es nötig Licht von sehr verschiedener und zwar von sehr schwacher bis zu sehr starker Inten- sität, zur Verfügung zu haben. Diese Lichtquelle musste so viel wie möglich konstant, und die Stärke genau be- stimmbar sein. Als wichtigste Lichtquelle wurde nach einigem Suchen das Auerlicht gewählt, und zwar eine Lampe mit hängenden & 4 cM. langem Glühkörper. Dieselben leuchten sehr gleichmässig über die ganze Ober- fläche, was stehende Glühkörper an der Spitze nicht tun; sie senden ihr Licht von einer mehr kugelförmigen Öber- fläche aus, was bei eventuellen Berechnungen einfacher ist; sie geben ein sehr starkes Licht, das bei einem neuen Strumpf, ungefähr 90 Hefnerkerzen beträgt, nach längerem Gebrauch sehr langsam abnimmt und geraume Zeit die- selbe Stärke beibehält, wenn man nur Stösse oder Schwin- gungen zu verhüten sucht. Schwankungen im Gasdruck wur- den anfangs durch einen Gasdruckregulator ausgeglichen ; I allein diese Schwankungen sind auch ohne Regulator am Lichte kaum merkbar. Für die Bestimmung der Schwellen war es erwünscht, dass im Dunkelzimmer, wo die Pflanzen aufgestellt wurden, das hereingeworfene Licht ein ziemlich starkes Gefälle hatte, damit die Grenzen um so schärfer wurden, und die Auf- stellung einfacher war, als bei Intensitätsverringerung durch Entfernung, wofür überdies das zur Verfügung stehende Dunkelzimmer zu klein gewesen wäre. Für die geringsten Intensitäten wurde deshalb als Licht- quelle ein Stückchen diekes Milchglas benutzt, das an der einen Seite durch das Gasglühlicht belichtet wurde, mit der andern Seite an die Öffnung in einer Metallplatte be- festigt wurde, welche Öffnung durch eine Irisblende von 1 mM. bis 27 mM. zu variieren war. Die Metallplatte mit Irisdiaphragma und Milchglas, wurde an eine Öffnung in der Wand des Dunkelzimmers geschraubt, die Lampe ebenso wie in allen Versuchen ausserhalb des Dunkel- zimmers vor das Milchglas in einer Entfernung von 8cM. gestellt. Bei einem Irisstande von 27 mM. war das Licht welches vom Milchglas ausstrahlte dann ungefähr nn von dem direkten Lampenlicht; bei einem Irisstande von 1 mM. also or % = Der Quul=zı des direkten Lampenlichtes und des durch das Milchglas bei einem 97 mM. Irisstande ausgestrahlten Lichtes wurde genau bestimmt, und in den folgenden Versuchen wurde dann immer nur das direkte Lampenlicht ausserhalb des Dunkel- zimmers während des Versuchs bestimmt, sodass die Licht- stärke innerhalb des Dunkelzimmers hieraus zu berechnen war. Das Milchglas liess noch einen Teil (+ 25 %) von dem Lampenlicht direkt durch, dieses Licht rührte also nicht von dem Milchglas, sondern kann ohne Schwächung von der 8cM. 00 weiter entfernten Lampe her, was bei der Intensitätsberech- nung im Dunkelzimmer einen kleinen Fehler ergab, jedoch zu gering als dass er hätte in Betracht gezogen werden müssen, da dieser Fehler in einer 1 M. grossen Entfernung vom Milchglas = 1°/, betrug. Beiläufig sei hier aber gewarnt vor dem Gebrauch von zu dünnem Milchglas oder von mattgeschliffenen Glas, wobei man entweder Fehler oder kompliziertere Berechnungen erhält und wobei es also bei weitem nicht gleichgültig ist, an welcher Stelle man dieses Glas anbringt. Für höhere Intensitäten wurde die Glühlampe ohne Milchglas gebraucht, erst durch zwei, dann durch ein Rauchglas gedämpft, sodann ohne Rauchglas. Diese Rauch- gläser wovon die Absorption genau bestimmt wurde, ge- hörten zu dem später näher zu erwähnenden Photometer und absorbierten die stark- und die schwachbrechbaren Strahlen in gleichem Verhältnis. Mit dem direkten Lampenlicht konnte man, sich 80— 90 c.M. von der Lichtquelle haltend, bis zu 100 Kerzen steigen. Für noch höhere Lichtstärken wurden die Versuche in dem vollständig verdunkelten Gehörsaal aufgestellt, wo eine Projektionslampe, ein Bogenlicht mit Linsenappa- rat, die Lichtquelle abgab. Indem wieder zwei, ein und kein Rauchglas gebraucht wurde, konnten nacheinander in einer Entfernung von 2 bis 3 Meter, Intensitäten von 100 bis 48.000 Meterkerzen erziehlt werden, wenn man sich in einer. Entfernung von + 30 c.M. vom Brennpunkt hielt. Die Belichtungszeiten waren hier, wie sich nachher zeigen wird, zu kurz, als dass auch nur einige Temperaturer- höhung in der Nähe der Versuchspflanzen hätte auftreten können. Die Lichtstärke der Projektionslampe wurde in einer Entfernung von 7 M. gemessen, woraus sich die Lichtstärke an der Stelle der Versuchspflanzen berechnen liess. Der Versuch wurde vorgenommen, sobald die Lampe nach dem Anzünden ganz ruhig brannte. Die Lampe war an die städtische Zentrale angeschlossen, war aber mit einem regulierenden Widerstand versehen, wodurch ein ruhiges und lange konstant bleibendes Licht erzielt wurde. Zum Schluss sei hier darauf hingewiesen, dass bei allen diesen auf verschiedene Weise erhaltenen Lichtquellen, die Lichtfarbe ungefähr dieselbe blieb. Das mit dem Pho- tometer durch das rote und durch das grüne Glas ge- messene Verhältnis der Intensitäten, war im Grossen und Ganzen dasselbe. Vorläufig wird in der folgenden Untersuchung die Zu- sammensetzung des Lichtes ausser Betracht gelassen werden; nur sei noch bemerkt, dass es von sehr grosser Wichtigkeit ist, für eine Zusammensetzung zu sorgen, die in allen Versuchen nahezu dieselbe ist. Nur dann kann man mit einiger Sicherheit die Ergebnisse gegenseitig vergleichen. Das Photometer. Mit einem von „het Nederlandsch Gasthuis voor O00g- lijders” zur Verfügung gestellten Weberschen Photometer wurde die Lichtstärke bestimmt. Mit diesem Instrument war es möglich so genau zu arbeiten als für diese Ver- suche angezeigt ist. Es ist bei derartigen Versuchen nötig beim Lichtmessen mindestens mit einem solchen System zu arbeiten als dasjenige, worauf obengenanntes Photo- meter beruht; bei den oft gebrauchten primitiven Photo- metern wird man entschieden mit grösserer Anstrengung und demnach grössern Fehlern arbeiten. Es ist ausserdem ein grosser Vorteil, dass bei diesem Photometer von Weber der Farbenunterschied zwischen Versuchs- und Verglei- chungslampe nahezu ganz aufgehoben wird durch die Kombination einer doppelten Wahrnehmung, je durch ein rotes und durch ein grünes Glas. Nicht nur das direkte Lampenlicht, sondern auch die Lichtstärke an irgend einer 10 Stelle im Raume ist mit diesem Photometer zu bestimmen. (Für die Einzelheiten und Beschreibung, siehe die zu dem Instrument gehörige Gebrauchsanweisung, bei Schmidt und Haensch, Berlin). Kurze Belichtungen. Um kurze Zeit Licht zutreten zu lassen, wurde z. B. vor die Öffnung des Dunkelzimmers ein Fallschirm ange- bracht, das schnell aufgezogen und wieder herunterge- lassen wurde, während die Zeit, während welcher Licht eingelassen wurde, in Sekunden auf einen Sekunden- Chronometer mit Arretiereinrichtung abgelesen wurde. Für die sehr kurzen Belichtungen wurde aber ein T’'horn- ton-Momentschliesser und schliesslich ein grosser Thornton- schliesser mit verstellbarer Spalte gebraucht, welcher mit enger Spalte den Pflänzchen möglichst nahe gestellt wurde. Nachdem ich hier den physikalischen Teil der Versuchs- aufstellung angegeben habe, möchte ich nun etwas über das als Versuchsobjekt gebrauchte Material, über die Auf- stellung, u. s. w. folgen lassen. Das Versuchsobject. Nach einigem Suchen wurden etiolirte Keimlinge von Avena sativa als das bei weitem geeignetste Versuchsob- jektgewählt. Die Keimlinge von Avena eignen sich, wie sich schon aus vielen frühern Untersuchungen ergab, sehr gut für phototropische Versuche. Zumal hier, wo es sich um möglichst genaue, quantitative Untersuchungen han- delte, empfahl es sich ein Objekt zu gebrauchen, das sich durch seinen regelmässigen Wuchs und seine sehr regel- mässige, für eine Pflanze mathematisch-einfache Form auszeichnete. Es ist bekannt, dass in dieser Hinsicht die Koleoptilen der Avena-keimlinge vor andern vorzuziehen sind. Überdies kann die Aufstellung durch die äussere 11 radiär-symmetrische Form leicht und schnell geschehen und ist die Keimung und das Wachstum ziemlich regelmässig. Für den Bau, die Keimung, das Längenwachstum, die Circumnutation und die Empfindlichkeitsverteilung kann hier auf die Untersuchung von Rothert (1894) verwiesen werden, wo dieses alles in überaus genauen Einzelheiten erwähnt wird. Auch aus diesen Gründen empfahl es sich ein Objekt zu wählen, das in dieser Hinsicht schon so gut bekannt war. Erst wurden noch drei verschiedene Rassen versucht, und davon schliesslich eine Hafersorte gewählt, die in der Provinz Groningen angebaut wurde. Es sind schwere, gut keimende Samen, die starke Keimlinge liefern. Die von den Spelzen befreite Frucht blieb 2—4 Tage in Wasser auf Porzellantellern. Die Körner wobei sich die Keimung zu zeigen anfing, wurden darauf sorgfältig ausgelesen und in gesiebte Gartenerde eingepflanzt. Anfangs wurden dafür kleine für diesen Zweck verfer- tigte, irdene, 4 cm. hohe Blumentöpfe gebraucht, die für viele physiologischen Versuche zu empfehlen sind, und in welchen die Körner je zwei oder drei pro Topf gepflanzt wurden. Bald aber wurde zu dem Gebrauch von Zinkge- füssen von 20 X 3 X 3 cm. beschlossen, in welche die Körner 15 bis 20 an der Zahl, in einer möglichst geraden Reihe untergebracht wurden. Eine Abbildung von solch einem Gefäss findet sich auf der Tafel am Schluss dieser Abhandlung. Der Gebrauch dieser Zinkgefässe ermöglichte immer die schnelle Aufstellung einer langen Reihe von Pflanzen nahezu in der Richtung (im Hinblick auf den Schatten natürlich etwas schräg auf die Richtung) des Lichtes. Die Kultur geschah ganz im Dunkeln, die Versuche wurden also mit efiolierten Pflanzen angestellt. Dann und wann wurden sie in den Gefässen schnell nachgesehen, wo nötig gerade gesetzt und schlechte Exemplare weg- 12 geschnitten. Natürlich wurde dafür gesorgt, für die Ver- suche, so viel wie möglich gleich grosse Exemplare zu benutzen, wenngleich man sich nicht ganz genau daran halten kann ; gebraucht wurden Exemplare von & 13--3% cm. Als Kulturraum wurde eine wärmere und eine kühlere Stelle gewählt, um den Einfluss von kältern, bezw. wär- mern Tagen auszugleichen und fortwährend mit einer gsenügenden Anzahl von Pflanzen ohne zu lange Unter- brechungen weiterarbeiten zu können. Bei günstigem Sommerwetter waren die Pflänzchen, ungefähr 4—6 Tage nachdem sie ins Wasser gelegt worden waren, ver- suchsfähig. Eine günstige Temperatur ist für die Kultur brauchbarer Pflänzchen sehr erwünscht, da bei niedrigerer Temperatur das Internodium sich oft stärker, die Koleoptile sich we- niger gut entwickelt, was besonders darum seine Be- schwerden hat, da das Internodium, sobald es aus der Erde gekommen ist, meistens schief über die Erde hin- wächst und die kurze Koleoptile sich dann in einem Bogen emporbeugt. Bei Kultur unter günstigen Verhält- nissen bleibt das Internodium aber fast immer kurz und die Koleoptile steht senkrecht in der Erde. Die Aufstellung. Immer standen die Versuchspflanzen innerhalb des Dunkelzimmers, dessen Wände mattschwarz sind, die Gas- glühlampe ausserhalb desselben, sodass nie Gas im Dun- kelzimmer verbraucht wurde; dieses konnte mit elektri- schem Licht beleuchtet werden, während das Licht für die Versuche auf oben beschriebene Weise, in das Zimmer fiel. Draussen brannte die Lampe an einer festen Stelle, während das Photometer, auf die Lampe gerichtet, aufge- stellt stand. Das mit doppelten Türen versehene Dunkel- zimmer wurde zwischen den Versuchen gelüftet mit offenen Türen und offenem Ventilator in der Decke. Wäh- 13 rend der Versuche war alles geschlossen. Vor den Versuchen wurde der Boden, um die Atmosphäre feuchtzu erhalten, bespritzt. Ein dickes, fest ruhendes, 25 M. langes Brett war in der Achse von Brenner und Lichtöffnung aufge- stellt worden, sodass der Anfang 0,50 M., das Ende 3 M. von der Lichtquelle entfernt war. Das Brett wurde auf Abstände gemerkt. Auf demselben wurden die Gefässe mit Versuchspflanzen in einer langen Reihe derart aufge- stellt, dass jede Pflanze alles Licht empfing, das ihre Oberfläche aufnehmen konnte. Bei den Versuchen wurde dafür gesorgt, dass die Pflanzen nicht zuviel seitwärts gestellt wurden, da das beleuchtete Milchglas seitwärts schwächeres Licht abgibt. Die vordern Pflanzen wichen darum weniger als 15°, die weiter stehenden kaum von der Lichtachse ab. Bei den Versuchen im Gehörsaal wurden die Pflanzen in derselben Art in der Achse des vom Projektionsapparat ausgestrahlten Lichtkegels aufgestellt. Da die Wände dieses Gehörsaals nicht schwarz waren, stand hier die Pflanzenreihe überdies unter einer schwarzen Kappe, die während der Belichtung auf kurze Zeit an der Vorderseite gehoben wurde; hierdurch wurde verhindert, dass ausser der Belichtungszeit beim Anzünden und vor dem Aus- schalten der Bogenlampe die Pflanzen Licht erhielten. Die Versuche wurden bei 16°—22° C., bei weitem die meisten bei 18°—20° angestellt. 14 $3. Über die Bestimmung der Schwellen, die individuelle Variation und die Amplitude der Variation. Wenn es sich hier auch nur im Prinzip darum handelt, die Stelle zu bestimmen, wo sichtbare Krümmungen enden, so kann man hier doch auf ziemlich verschiedene Weise verfahren ; und da VersuchezurSchwellenbestimmung in vielen Fällen zu empfehlen sind, so wäre es hier viel- leicht angebracht, näher auf die Methode der Schwellen- bestimmung einzugehen. Ich fing die Versuche mit folgender Methode an: in bestimmten Entfernungen gleichen Intensitätsgefälles wur- den Pflanzen in Reihen senkrecht auf die Lichtrichtung auf- gestellt; darauf wurden als die Reaktion eintrat, einige Male die Winkel gemessen, unter welchen die Spitzen der Pflanzen ablenkten, für jede Reihe den durchschnittlichen Wert genommen, und darauf durch die Aufzeichnung einer Kurve die Stelle bestimmt, wo die durchschnittliche Krüm- mung 0° sein würde. So fand sich bei einem Versuch: Abstand Durchschnittliche Krümmung 1.00 M. 9° 1.1208 34° 1.40), +2 Oder man bestimmt auf diese Weise die Stelle, wo die Krümmung z. B. im Durchschnitt 2° sein würde. Könnte man die Winkel genau bestimmen und wäre eine umfang- reichere Ausführung der Versuche möglich, so würde man hier vielleicht genaue Resultate erhalten. Die Methode jedoch ist zu unpraktisch und man muss für die Beobachtung zu lange Licht benutzen, was Störungen verursachen kann. Darauf wurde wahrgenommen in welcher Reihe die Hälfte der Pflänzchen noch eine gerade sichtbare Krüm- mung zeigten. Bei der Schwellenbestimmung für das menschliche Auge wird derjenige Wert als Schwelle ange- nommen, wobei man in 50 °/, von den Beobachtungen einen positiven, in 50°), dagegen keinen Eindruck empfängt. Oder man interpolierte, wenn nötig, zwischen den zwei Reihen, von denen die eine mehr, die andere weniger als 50°/, Krümmungen aufwies. Aber auch auf diese Weise konnte man nicht bequem verfahren, besonders wegen der Aufstellung einer Anzahl von Parallelreihen innerhalb einer beschränkten Breite, ohne Schatten. Deshalb wurde zu der oben schon genannten Methode beschlossen, wobei die Pflänzchen in eine lange, etwas schräge, ununterbrochene Reihe gestellt werden. Dieselbe Methode war bei Versuchen über Unterschiedsempfindlich- keit auch schon benutzt worden. Auf diese Weise erwies sich die Schwelle sehr gut bestimmbar. Hat die Reaktion ihren Höhepunkt erreicht, so erhält man von der Schwelle folgendes Bild: indem man von den vordern Pflänzchen an, sich immer weiter von der Lichtquelle entfernt, nehmen die Krümmungen an Stärke ab und (wenigstens bei kurzen Belichtungen) beschränken sich mehr auf die Spitze; es folgt dann und wann ein Pflänzchen, das keine Krümmung aufweist, die Zahl dieser Senkrechtstehenden nimmt sodann zu, die Gekrümmten nehmen ab, werden immer seltener, und schliesslich fin- det man nur Ungekrümmte, hin und wieder weiter nach hinten unterbrochen von einem vereinzelten schwach Ge- krümmten. Man kann schwerlich ein anschaulicheres Bild geben von der „phototropischen Variabilität.” Hieraus lässt sich aufs deutlichste folgern, dass, wenn man den üblichen Ausdruck in Kurven anwendete, auf eine Abscissenachse die Intensitäten aufträgt, und recht- winkelig Ordinaten errichtet, welche das Prozent der Un- gekrümmten bis 50 & und weiter das Prozent der wohl 16 Gekrümmten angeben, man eine eingipflige Normalkurve erhalten würde, wie diese meist für morphologische Eigen- schaften gefunden wird. Hier hat man dann eine Kurve für eine physiologische Eigenschaft einer Pflanze. Aber man fühlt hier stärker als es bei morphologischen Eigenschaf- ten sichtbar ist, wie dieses dem Auge wahrnehmbare sekundäre Merkmal, die Resultante ist von mehreren pri- mären Eigenschaften, die sich auf dem Wege von der Perzeption bis zur sichtbaren Reaktion alle eine nach der andern geltend machen. Auch wird man einsehen, dass die sogenannten „Glieder” der „Reizkette”, wovon man sich in letzterer Zeit so gerne eine Vorstellung macht, jedes an sich schon Resultanten sind von einer Anzahl dieser primären Eigenschaften, und man wird bedenken, wie ausführlich und auf welche verschiedenen Weisen hierüber Betrachtungen angestellt werden können. Um die Schwellenbestimmung wieder aufzunehmen, sei noch gesagt, dass nun als Grenzen, innerhalb welcher der Schwellenwert liegen musste, die Stellen gewählt wurden, wo die ersten Senkrechtstehenden und wo die letzten Gekrümmten standen, oder, bei weiten Grenzen ein Teil, in welchen 50°/, nicht und 50 °/, wohl gekrümmt war. Bei den weit gewählten Grenzen wurde aber auch gewöhnlich dieses Verhältnis der Gekrümmten und nicht- Gekrümmten gefunden. Die Stelle der Schwellenintensität erhielt man nun, indem man die Quadratwurzel aus dem Produkt der Abstände der beiden Grenzen von der Licht- quelle nahm. Es wird hier noch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass man deutlich sehen konnte, wo die nicht-Gekrümmten aufzutreten anfingen, und dass von da an die Zahl der- selben schnell zunahm; dass also über diese Grenze hinaus auch alle Exemplare Krümmungen aufwiesen 17 und nicht vereinzelt an irgend einer willkürlichen Stelle eins aufrecht stand. Hieraus geht hervor, dass die Pflanzen sich in den für das Wachsen erforderlichen, günstigen Verhältnissen befanden und das nicht-Krümmen nicht irgend einer Hemmung zugeschrieben zu werden braucht. Um von der Weite der Grenzen, oder mit andern Worten, von der Amplitude der Variation einen Eindruck zu bekommen, wurden von 10 willkürlich gewählten Versuchen die früher bestimmten Grenzen verzeichnet und darauf der mittlere Wert der 10 oberen und der 10 unteren Grenzen berechnet. Stellt man nun den interpo- lierten Schwellenwert gleich 1, so findet man: Mittlerer Wert der obern Grenze. . . . . 12 Er RE ren 0.) SEO Mittlerer Wert der untern Grenze . . . . 0.75 Man ersieht also hieraus, dass die Grenzen nicht so sehr weit auseinander liegen, und dass die Schwelle genau zu bestimmen ist. $ 4. Beschreibung eines Versuches. Es mag hier gleich bemerkt werden, dass bei der Auf- stellung und der Beobachtung immer so kurz wie möglich nur sehr schwaches Licht gebraucht wurde. Dazu diente anfangs eine bis auf eine kleine Öffnung schwarz verhüllte Kerzenlaterne. Später aber wurde ein schwaches dunkel- rotes Licht einer elektrischen Photographierlampe benutzt, nachdem sich gezeigt hatte, wie schwach diese Lichtart einwirkt. (Siehe: Kapitel II). Nachdem die Pflanzenreihe in der oben beschriebenen Weise aufgestellt worden war, wurde wenigstens zwei 2 18 Stunden gewartet, bevor man mit dem Versuch einen Anfang machte, damit das wenige bei der Aufstellung gebrauchte Licht auf das Ergebnis des Versuches keinen Einfluss mehr haben konnte. Sodann wurde während einer festgesetzten Zeit Licht eingelassen, worauf wieder seraume Zeit verlief, bevor die Reaktion sichtbar wurde. Fing dieselbe an sich zu zeigen, so wurde observiert und schnell notiert, welche Pflänzchen eine deutliche, bezw. zweifelhafte oder keine Krümmung aufwiesen. Dies wurde ein paar mal wiederholt, bis die Reaktion offenbar ihren Gipfelpunkt erreicht hatte, die Grenzpflänzchen wurden bestimmt und es wurde weiter notiert in welcher Ent- fernung sie sich von der Lichtquelle befanden. Damit war der Versuch abgelaufen. Hier unten folgt ein Beispiel von der Weise, worauf alle Versuche verzeichnet wurden. 26 Mai. Belichtungszeit 4,20 bis 5,20. (60 Minuten). Intensität der Lichtquelle: 0,00844 Hefnerkerzen. Um 6 u. 40 krümmend: Nos. 1? 28? 4? 5678? 910 11? 13 — — — — — — 19 — 21? — — U — — — — — — 31? — — — — Um 7 u. —: 1.2-8:& 5:.678:9 10 1112 327222522 714732 — 19 20 21 22? 23? 242 2529 — — — — — — — — — 55? Um74:20. 123456783910 11 12 13? 14? — — — — 19 20? 21? 22? — 4? — — — — — — — — — — — (die Krümmung fängt schon an sich ein wenig auszugleichen). 19 Grenzen bei 12 und 24 ungefähr, d. i. in einer Entfer- nung von 1 M. 30 und 1 M. 75. $5. Ergebnis und Besprechung der sämtlichen Versuche. Beim ersten Versuch wurde nach der Lichtstärke ge- sucht, welche zu einer Belichtungszeit von 100 Minuten gehört. Darauf wurde diese Belichtungsdauer in den fol- genden Versuchen immer kürzer gewählt. Als die Zeit bis auf 10 Minuten vermindert war, schien es wahrscheinlich, dass bei weiterer Verkürzung der Zeit die Lichtstärke sehr schnell zunehmen müsste, um bald unendlich gross zu wer- den, im Hinblick auf die Angaben von Czapek (1898), der u.A. für „die” Präsentationszeit von Avena-Koleoptilen 7 Minuten fand. Hiervon zeigte sich aber nichts; die bei eini- gen Versuchen erst in zu hoher Intensität gesuchten Schwellen wurden bald wieder in Lichtstärken gefunden, die ebenso regelmässig zunahmen, als die Belichtungs- zeiten abnahmen. Es zeigte sich auch schon bald, dass die Zeit nicht nur bis zu einzelnen Sekunden, sondern sogar bis zu minimalen Teilen von einer Sekunde verkürzt werden konnte. Inzwischen wurden die Zeiten auch über 100 Minuten verlängert. Wo in diesem Falle mehr als ein Versuch für eine und dieselbe Belichtungszeit angestellt wurde, ist die Schwelle aus den mittleren Werten der hier gefunde- nen Grenzen berechnet. In der untenstehenden Tabelle folgt nun das Ergebnis der Versuche, wobei noch Folgendes zu bemerken ist. Die Zahlen von 13 Stunden bis 4 Minuten sind jedesmal berechnet aus Versuchen von zwei oder drei aufeinander folgenden Belichtungszeiten; so ist z. B. das Ergebnis: 13 Stunden, interpoliert aus Zahlen, die sich bei 18, 13 und 10 Stunden fanden, u. s. w. Das Bestimmen der Gren- 20 zen bei längerern Belichtungszeiten ist nämlich viel schwieriger als bei kurzen Belichtungen, Bei letztern beschränkt sich die Reaktion auf die Spitze; bei längerer Belichtung hat der Reiz sich offenbar auch nach unten fortgepflanzt; infolgedessen findet man die Pflänzchen an der Schwelle zum Teil schief stehend, zum Teil mit schwachen Biegungen, einige nur mit Krümmungen an der Spitze. Nichts destoweniger sind bei genauer No- tierung des Standes der aufeinander folgenden Pflanzen auch hier wohl die Grenzen zu bestimmen. In der folgenden Tabelle giebt die Zahlenreihe I die Belich- tungszeiten, Zahlenreihe II die an der Schwelle herrschende Lichtstärke in Meter-Kerzen, Zahlenreihe Ill das Produkt aus Zeit und Intensität ausgedrückt in Meter-Kerzen-Sekunden. Um Verwirrung vorzubeugen sei hier noch bemerkt: dass man von Hefner-Kerzen spricht, wenn man die Intensität einer Lichtquelle in einer Entfernung von 1 M. meint; von Meter-Kerzen, um die in einer Fläche herr- schende Lichtstärke auszudrücken, wenn diese Fläche senkrecht auf die Strahlenrichtung steht und in einer Entfernung von 1 M. durch ebensoviel Hefnerkerzen be- lichtet wird; und von Meter-Kerzen-Sekunden, wenn man bezeichnen will, dass auf diese Fläche ebensoviel Licht fällt, als wenn es in einer Entfernung von 1 M., während einer Sekunde durch ebensoviel Hefnerkerzen bestrahlt würde. I iu III Belichtungsdauer Meter-Kerzen Meter-Kerzen Sekunden 43 Stunden 0,00017 26,3 13 Stunden 0,000439 20,6 10 Stunden 0,000609 21,9 6 Stunden 0,000855 18,6 3 Stunden 0,001769 19,1 100 Min. 0,002706 16,2 60 Min. 0,004773 17,2 30 Min. 0,01018 18,3 20 Min. 0,01640 19,72 15 Min. 0,0249 22,4 8 Min. 0,0498 23,9 4 Min. 0,0898 21,6 40 Sek. 0,6156 24,8 25 Sek. 1,0998 27,8 8 Sek. 3,02813 24,2 4 Sek. 5,456 21,8 2 Sek. 3,453 16,9 1 Sek. 18,94 18,9 */,; Sek. 45,05 18,0 2/2; Sek. 308,7 24,7 !/a; Sek. 511,4 20,5 !/s; Sek. 1255 22,8 !/ı00 Sek. 1902 19,0 1/400 Sek. 7905 19,8 !/g00 Sek. 13094 16,4 "/1000 SEK. 26520 26,5 Aus obigen Zahlen geht also als wichtigstes Resultat hervor, dass das Product aus Zeit und Licht- stärke immer dasselbe ist. Man wird allerdings wohl sehen, dass die gefundenen Zahlen einigermassen aus einander gehen. Man müsste, um sehr genaue Zahlen zu erzielen, jeden Versuch einige Male anstellen. Dies wäre natürlich sehr zeitraubend und zudem ziemlich überflüs- sig; denn wenn auch die Zahlen etwas verschieden sein mögen, so wird das Resultat des Ganzen nicht dadurch verdunkelt. Es zeigt sich ja deutlich, dass wenn man die Keimlinge 40 Stunden belichtet bei + 0,0002 Meter-Kerzen noch eben Krümmungen gefunden werden, aber dass, wenn man den 140-millionsten Teil von dieser Zeit belichtet, die Lichtstärke auch I40Mil- lionen mal so gross genommen werden muss um noch gerade die Krümmungen auftreten zu sehen! Für die phototropischen Reizschwellen von Aven« saliva steht also die Lichtstärke in umgekehrtem Ver- hältnis zu der Belichtungszeit. Wie man auch das Verhältnis zwischen Zeit und Lichtstärke variiert, das Quantum Licht ist für alle diese Schwellen dasselbe. Die Bedeutung dieser Regel wird erst später hervorge- hoben werden, nachdem erst untersucht worden ist, in wie weit diese Regel als allgemein gültig betrachtet werden Kann. Versuche mit Phycomyces nitens. Ist die bei Avena sativa gefundene Regel für die Schwellenwerte von allgemeiner Geltung? Um dies weiter zu untersuchen, war es erwünscht einen Or- ganismus zu wählen aus einem ganz andern Teil des Pflanzenreiches, und aus mehr als einem Grunde war hierzu Phycomyces zu empfehlen. Den Phototropismus an einer einzigen Zelle zu studieren, ist an sich schon von grosser Bedeutung, aber überdies war es darum sehr er- wünscht, obengenannte Regel an diesem Pilze zu erproben, da aus der Literatur vielmehr zu folgern wäre, dass diese Regel hier nicht stichhaltig sei. In diesem Abschnitt werden nur die gewöhnlichen Schwellenwerte von Phycomyces besprochen werden; weitere Erscheinungen werden erst später eingehend behandelt werden. 23 86 Die Kultur. Bei Oltmanns (1897) findet man schon verschiedene Anweisungen über die Kultur von Phycomyces, welche hier zum Teil angewandt wurden. In kleine Porzellantöpfe (1% cm. Durchmesser, 1 cm. hoch) wird frisches Brot fest eingeknetet und ein wenig Wasser darauf gegossen. Zehn solche Töpfe werden jedes- mal in einer Glasdose sterilisiert, nach der Sterilisation auf jeden ein oder mehr Sporangien geimpft, worauf die Dose in einen Thermostat bei einer Temperatur von 25.0, gestellt wird. Sodann ist der Pilz schon binnen 20 Stunden sichtbar, nach zwei mal 24 Stunden ist die erste Genera- tion von Sporangienträgern fast 2 cm. hoch. Nun werden die Töpfe aus der Dose genommen, die Sporangienträger mit einer jedesmal in der Flamme sterilisierten Schere abgeschnitten, oder auch wohl einfach mit der Flamme abgesengt. Viereckige Stücke Stanniol werden auf die abgeschnittenen Kulturen gelegt und an den Rändern der Töpfe nach unten hin umgefaltet; m. a. W. jede Kultur in Stanniol verpackt. Mit einem scharfen Rasier- messer wird ein Einschnitt in das Stanniol über der Kultur gemacht. Diese Methode erwies sich als sehr geeignet und lässt sich für physiologische Versuche empfehlen. Werden nämlich jetzt die Kulturen bei einer Temperatur von 18—20° weiter gezogen, oder am ersten Tag bei 25°, später besonders bei niedrigerer Temperatur, so findet man nach zwei Tagen die Sporangienträger 3—6 c.M. hoch und für die Versuche äusserst geeignet durch die Ritze hin- durchgewachsen. Sie stehen nicht zu dicht aufeinander in einer Reihe, und es ist leicht auf solche Weise Licht darauf fallen zu lassen, dass sie sich nicht beschatten. Unter den Sporangienträgern von 3—6 c.M. mit dunkeln Köpfchen, die sich für den Versuch besonders eignen, steht schon eine neue Generation von %—2 c.M. mit noch gelben Köpfchen bereit. Am Ende des Nachmittags nach Beendi- gung der Versuche werden die langen Sporangienträger mit der sterilisierten Schere gerade über den Köpfchen der neuen Generation abgeschnitten. Am folgenden Morgen hat dann diese Generation die für Versuche geeignete Lebens- periode erreicht, und wieder steht unten ein jüngeres Ge- schlecht für den folgenden Tag bereit. Dies lässt sich viele Tage wiederholen. Die Methode ist leicht ausführbar und die Kulturen bleiben lange unter gleichen Umständen fortleben. Erst, nachdem durch die jedesmal wiederholte Be- handlung, die Infektionen zu stark auftreten, muss die alte Kultur, durch eine der neuen, die immer in Reserve sein müssen, ersetzt werden. Die Methode von Oltmanns, wobei die verschiedenen Kulturen zusammen in eine einzige feuchte Kammer ge- stellt werden, ist nicht zweckmässig genug. Jede Kultur wird daher aufeine Kristallisirschale gestellt, worin immer ein wenig Wasser steht um die Atmosphäre feucht zu halten. Diese Schale kommt in die Mitte einer Glasschale von 10 c.M. Durchmesser zu stehen. Über die Kulturen auf dieser grössern Schale werden viereckige, aus dünnem Glas gefertigte, 6 c.M. lange und breite und 12 c.M. hohe Glasglocken gestülpt. Im Hinblick auf die Lichtbrechung ist es nötig diese Glasglocken viereckig, nicht rund zu nehmen. So steht nun der Pilz in eigener Atmosphäre und jede Kultur kann vor und während der Versuche verstellt werden, ohne dass der Pilz den geringsten Schaden erleidet, wenn nur starkes Stossen vermieden wird. Die Kultur findet ganz im Dunkeln statt. Dazu wurden über die Glasglocken noch obendrein schwarze Papierhülsen geschoben und über die sämtlichen Kulturen noch schwarze Tücher gelegt. Will man von dem Wachstum und dem Leben der DD SQ Sporangienträger genau unterrichtet sein, so muss man erst die Untersuchungen von Errera (1884) genau studiren. Daraus sei hier nur Folgendes mitgeteilt: S. 502, 503: „Die Zeit, während welcher die Wachstumsge- schwindigkeit im vierten Stadium nur wenig um das Maxi- mum schwankt, beträgt ungefähr 12—18 Stunden; diese Zeit ist es offenbar, die sich am Besten dazu eignet, den Einfluss üusserer Agentien auf das Wachstum von Phyco- myces zu erforschen, weil die Weachstumsgeschwindigkeit gross und nahezu constant bleibt.” Ist das Sporangium braun geworden, so ist das Wachs- tum sehr gross und erreicht seinen Höhepunkt wenn es „schönschwarz” ist; so bleibt es stundenlang. Die stünd- liche Zunahme ist bei 19,4° 3,1—3,6 mM. und bei 13,2° 2—2,5 mM. Das Wachsen findet gerade umter dem Spo- rangium in einer Zone von 0,2—0,5 mM statt. In Anschluss hieran konstatiert Errera 8. 546: „eine heho- tropische Krümmung, die ihr Maximum 175—R00 u unter der Spitze hatte.” Aus diesen genauen Untersuchungen von Errera lässt sich schliessen, dass Sporangienträger von 3—9 cM. ein schnelles, ziemlich gleichmässiges Wachstum besitzen. Für die Beobachtung wurden die Träger von 3—6 cM. ge- wählt. Die Versuche wurden bei 16—19 C. angestellt. 87. Die Bestimmung des Schwellenwertes. Während, wie sich oben zeigte, die Kulter des Pilzes nach dieser Methode leicht gelingt, so ist die Bestimmung der Schwellen anfangs ziemlich beschwerlich und erfordert einige Übung. Bei genauer Betrachtung der Träger zeigt es sich, dass oft viele an der Spitze nicht ganz gerade sind, aber kurze Zeit eine schwache Krümmung aufweisen. Dies lässt sich begreifen, da die wachsende Zone sehr 26 plastisch ist und da tiefer stehende jüngere Träger viel- leicht auch wohl einmal einen Kontaktreiz verursachen. Bevor eine Kultur dem einseitigen Lichte ausgesetzt wurde, wurde deshalb immer eine flüchtige Skizze entworfen, von der Stelle und dem Stande derjenigen Sporangien- träger welche vollkommen gerade waren. Dazu wurde die Kultur zwischen einem durch schwaches rotes Licht (eine Nernstlampe unter einer Sachschen Glocke mit starker Saffranin-Lösung) beschienenen Papierschirm und einer grossen positiven Linse gestellt. So sah man, wenn man quer durch die Seitenwände blickte bei ungefähr vierma- liger Vergrösserung die Sporangienträger mit ihren schwar- zen Köpchen sich Scharf von dem egalen blassroten Hintergrunde abheben. Dafür wurde also einen Augenblick die Papierhülse abgehoben, die Kultur so gedreht, dass die Träger am günstigsten standen, um durch die Vorder- wand später belichtet zu werden und darauf wurde schnell durch die Linse blickend, also senkrecht auf die spätere Lichtrichtung eine Skizze von den aufrechtstehenden Trägern gemacht. Nun erst wurde die Kultur durch die Vorderwand eine bestimmte Zeit mit einer gewissen Lichtstärke bestrahlt; nach Beendigung der Belichtung wurde sie wieder in die alte Lage versetzt und von Zeit zu Zeit beobachtet, wobei notiert wurde, welcher von den geraden Trägern im Krümmen begriffen war. Auch auf den weitern Ver- lauf und auf das allmähliche Verschwinden der Krümmun- gen wurde geachtet. Ungefähr 15 Minuten nach der Be- lichtung (manchmal auch früher) fangen die Krümmungen an aufzutreten. Bei der Schwelle beginnt dies nach 15—20 Minuten, nach 25 Minuten gehen die Krümmungen oft wieder zurück, nach 30 Minuten sind gewöhnlich einige Träger schon wieder gerade. Die Krümmung bildet sich in kurzer Zeit dicht unter dem Sporangium und ver- N [I schwindet (nach Schwellenbelichtung) ebenso schnell wie- der; dies kan für einen Träger z. B. innerhalb 5 Minuten vor sich gehen; sodass man zwischen 15 und 25 Minuten nach der Belichtung scharf zusehen muss, damit keine Krüm- mungen der Beobachtung entgehen. Bei dieser Schwel- lenbelichtung bleibt also keine Spur von der Krümmung zurück. Belichtet man stark oberhalb der Schwelle so treten Krümmungen auf von 70—90° und diese Krümmun gen bleiben dann länger bestehen. Hierdurch und durch das so sehr schnelle Wachstum ist die Wachstumszone, welche immer dicht unter dem Köpfchen angetroffen wird, bald ans der gekrümmten Zone fortgeschoben, die Krümmung bleibt dann meist fixiert und das Köpfchen richtet sich danach durch eine Krümmung in der neuen Wachstums- zone auf. Die Folge davon ist ein bajonetiförmiger Spo- rangienträger. Übrigens war natürlich in den folgenden Versuchen nur die Rede von schwachen, bald verschwin- denden Krümmungen. Es zeigte sich schon bald, dass die Grenzen nicht sehr scharf zu bestimmen waren, dass sie viel unbestimmter waren und eine ausgedehntere individuelle Variation auf- wiesen, als bei Avena der Fall war. Es war denn auch nur möglich anzugeben, wo ungefähr die Schwelle liegen musste. Dazu wurde bestimmt, wieviel von den Sporan- gienträgern bei einer gewissen Intensität und Belichtungs- dauer Krümmungen aufwiesen; belief sich dies auf weniger als 50°/,, so wurden Bestimmungen mit längerer Belich- tungszeit gemacht; belief es sich auf mehr als 50 °/,, so wurde kürzer belichtet. $8. Das Ergebnis der Versuche und die individuelle Variation. Bei fünf sehr verschiedenen Lichtstärken wurden Schwel- lenbestimmungen ausgeführt. Dabei erhielt ich folgende DD [0 2) Zahlen, die so verzeichnet sind, dass erst die Belichtungs- stärke in Meterkerzen angegeben wird, darauf die Belich- tungsdauer, dann das Produkt dieser beiden, ausgedrückt in Meter-Kerzen-Sekunden, zwischen Klammern die Anzahl der wahrgenommenen Individuen, schliesslich das Prozent derjenigen, die eine Krümmung aufwiesen. 1,46 M.K. 50 Sck. 73 (36) 14 °/, 100 Sek. 146 (30) 50 °/, 73 M.K. 1 Sek. 73 (28) 32 °/, 9 Sek. 146 (27) 63 °/, 9444 M.K. RE Stelle, 49 (22) 237°, ?/2; Sek. 196 (23) 87. °/o 141000, Mae as sele 55 (38) 44°, ser 110 (40) Bou, lo Sek. 220 (33) 60 °/, 44000: M: RK . !Jaoo, Sek. 110 (28) 50 °/, ns 220 (27) 70 °/, Sieht man sich nun diese Zahlen an, so muss man dabei stets erwägen, wie aussergewöhnlich gross die indi- viduelle Variation von Phycomyces ist. Dies geht be- sonders aus den Versuchen mit 11.000 M.K. hervor, wo das Prozent der Krümmungen nur sehr langsam steigt. Dasselbe zeigt sich bei Versuchen, die man im zweiten Kapitel beschrieben findet, und von denen hier folgendes Beispiel angeführt wird. Bei gleichbleibender Intensität krümmten: 29 nach einer 2 Sek. langen Belichtung 0 (0%) „ „ 4Sek „ b 1020.78.) n „ 8Sek „ 3 3 v.d. 12. (85°), „ a 1o’Bek. ;, s 4 v. d. 10. (40 °/,) ” wu 32’Sck. , t 18 v. d. 40. (45 °/,) Die phototropische Variabilitätskurve von Phycomnyces hat also eine sehr grosse Amplitude und einen sehr schwachen Gipfel. Mit Avena verglichen variiert also Phycomyces in viel stärkerem Maasse. Dieser auffallende Unterschied wird gewiss wohl darin seine Ursache finden, dass es sich bei Phycomyces um eine einzige Zelle handelt, bei Avena aber tatsächlich um die gesamte Reaktion eines Komplexes von zahlreichen, phototropisch empfindlichen Zellen. Zieht man nun diese starke Variation in Betracht und bedenkt man dabei, dass die grösste Lichtstärke 30.000 mal stärker ist, als die schwächste, so wird es einem klar, dass auch für Phycomyces dieselbe Regel als für Avena gilt, n.l. dass für die Reizschwelle das Produkt aus Zeit und Lichtstärke konstant ist. Nimmt man wieder als Schwelle das Quantum wobei + 50°/, der Individuen eine eben wahrnehmbare Krüm- mung aufweist, so folgt aus den Zahlen. dass die Schwelle ungefähr zwischen 100 und 150 Meter-Kerzen-Sekunden liegt. Wenn also eine Phycomyces-Kultur so viel Energie erhält, als sie von 100—150 Hefner-Kerzen empfängt, die sie in einer 1 M. grossen Entfernung während einer Sekunde bestrahlen, so führen im Durchschnitt 50 °/, der Individuen eine Krümmung aus, und estistin diesem Falle durchaus gleichgültig, wie diese Quantität Energie über Zeit und Intensität verteilt wird. $S9. Das Resultat. Für zwei sehr verschiedene Organismen aus dem Pflan- 30 zenreich ist jetzt also bewiesen, dass die Quantität Energie, die erfordert wird, um einen konstanten phototropischen Effekt, n.l. eine makroskopisch noch gerade sichtbare Krümmung zu erzielen, für eine Pflanzenart konstant ist. Für diesen konstanten Effektist eine kon- stante Quantität Energie nötig und esist also für die Pflanze gleichgültig, wie dsese’Enersie, über Zeit und Intensität verteilt, zugeführt wird. Die Pflanze empfindet nur die Quantität Energie als Reiz; die Zeit und die Intensität sind nichts mehr als Faktoren von der Energiemasse. Nur diese Quantität Energie wirkt als Reiz, für die Pflanze selbst besteht weder die Intensität, noch die Zeit als eine absonderliche Eroasse. Der Begriff Präsentationszeit hat darum nur für den Pflanzenphysiologen existiert, nicht für die Pflanzen. Weiter erhellt aus diesen Versuchen, dass bei jeder Intensität positiver Phototropismus auftreten kann, auch bei jenen hohen Intensitäten, wogegen nach der herrschenden Auffassung die Pflanze indifferent wäre, oder wohei sogar negativer Phototropismus aufträte. Auch diese hohen Lichtstärken bewirken positive Reaktion, wenn nur eine kleine Quantität von diesem Lichte zugeführt wird, da nicht die Intensität an sich, sondern nur die Quantität Licht für die Reaktion der Pflanze entscheidend ist. Für weitere Auseinander- setzungen hierüber verweise ich nach dem dritten Kapitel. Weiter sei noch bemerkt, dass in diesen Versuchen bei solch einer weiten Variation von Zeit und Intensität von der Existenz einer absoluten Zeit- oder Intensitätschwelle also nichts zu spüren war. Von einer Annäherung an eine Zeitgrenze ist bei Avena sogar bei "'/ıooo Sek. Belichtungszeit nichts zu spüren, 31 und eigentlich ebensowenig von einer Annäherung an eine Intensitätsgrenze bei einer Lichtstärke von 0,0002 M.K. Für diesen letzten Umstand sei noch nach $ 11 verwiesen. Auch erweist es sich als nötig, dass bei der Beschreibung von Versuchen auf diesem Gebiet, sowohl die Reizdauer als die Reizintensität angegeben wird, weil bei der Erwähnung der Zeit oder der Intensitätallein die Grösse des Reizes unbekannt ist. Literaturbesprechung. 810. Über die Methode. Im Hinblick auf eine vor kurzem veröffentlichte Unter- suchung wäre es zunächst angebracht, auf die hier be- folgte Beobachtungsmethode zurückzukommen. Polowzow (1909) sagt S. 164: „Darum ist es sehr wünschenswert, die feineren Methoden der Tierphysiologie und der experimentellen Psycho- Physiologie, die Hundertstel und Tausendstel der Sekunde festzustellen erlauben, auch in der Pflanzenphysiologie einzuführen.’ Wenn auch ein jeder der Anwendung feinerer Methoden seinen Beifall schenken wird, besonders wenn man vermeiden kann, auch die Auffassungen der Psycho-Physiologie direkt mit einzu- führen, so muss man doch eingestehen, dass die Methode des makroskopischen Wahrnehmens von Polowzow ein- seitig verurteilt wird, u. a. S. 137: „Die Angaben über die „eben merklichen Bewegungen” auf Grund der Beobachtung mit unbewaffnetem Auge können aber ebensowenig als wissenschaftlich gültige anerkannt werden, wie etwa die Bestimmungen der eben merklichen Temperatur- oder Druckverhältnisse in unseren Experimenten auf Grund von Angaben unserer unmittelbaren Temperatur- oder Druck- und Tastwahrnehmungen.” 32 Diese Vorstellung ist ungerecht. Mikroskopisch beob- achten ist ausgezeichnet, dies geht aus den Versuchen von Polowzow selbst hervor, aber die makroskopische Beobachtung kann ebenso gut erfolgreich sein und hoffent- lich werden die hier ausgeführten Versuche genug dafür sprechen. Ob die Methode der makroskopischen Beobachtung richtig ist, hängt nur von dem Werte ab, den man den auf diese Weise gefundenen Zahlen beilegt. Der Unterschied besteht hierin, dass man bei mikroskopischem Wahrnehmen ein früheres, weniger vorgeschrittenes Stadium der Reak- tion bestimmen kann. Für das Feststellen der Regeln des „phototropischen Effektes” wählt man einen konstanten Effekt, den man jedesmal erreichen will; ob nun die mikroskopisch oder die makroskopisch eben merkliche Reak- tion sich hierfür am meisten eignet, soll aus dem Ergebnis der Versuche hervorgehen. Da sich nun bei diesen Ver- suchen gezeigt hat, dass sogar in einem weit vorgerückten Stadium der Reaktion für den phototropischen Effekt eine so einfache Regel gilt, ist es nicht nötig bei derartigen quantitativen Untersuchungen mikroskopische Beobach- tung einzuführen. Es ist auch einleuchtend, dass es noch um so merkwürdiger ist, wenn diese einfache Regel sogar bei einem weit vorgerückten Stadium der Reaktion deut- lich hervortritt. Überdies ermöglicht die makroskopische Methode die Ausführung von Versuchen in grösserem Umfang ohne zu grossen Zeitverlust, mit einer grossen Zahl von Individuen, wodurch wieder viele Fehler elimi- niert werden. Die absoluten Werte der Zahlen, z.B. bei der Reaktionszeit, werden sich natürlich beim mikroskopischen und beim makroskopischen Wahrnehmen verschieden ge- stalten. Aber diesem absoluten Wert habe ich in diesen Untersuchungen nie irgend eine Bedeutung beigemessen und in dem Falle, wo später auch einige Reaktionszeiter bestimmt wurden, sind diese Zahlen nur gegenseitig ver- glichen worden, wozu man auch bei der makroskopischen Beobachtung völlig berechtigt ist. Wir wollen aber im Hinblick auf Polowzows Versuche noch auf einen wichtigeren Umstand aufmerksam machen. Polowzow findet mikroskopisch beobachtend, dass die Reaktion, z.B. beim geotropischem Reiz, nahezu sofort einen Anfang nimmt. Beobachtet man makroskopisch, 80 ist die Reaktion frühestens nach ungefähr 30 Minuten sichtbar. Bestimmt man den Winkel, den die Achse des noch aufrecht stehenden Pflanzenteiles mit der Richtung der äussersten Spitze bildet, wenn die Krümmung „eben merklich” genannt wird, so findet man z.B. für Avena diesen Winkel noch deutlich kleiner als 5°, ungefähr 2°—3°. Bei 21° Ablenkung ist die Krümmung also bei Avena makros- kopisch sichtbar, und um die Krümmung von 0° auf 23° zu bringen braucht man also mindestens 30 Minuten. Verfolgt man nun aber die Krümmung, indem man fort- während die Winkel misst, so zeigt es sich, dass die Krümmung sehr viel schneller vor sich geht und jede folgende Viertelstunde jedesmal wohl 15° zunehmen kann. Bei schon früher verrichteten Untersuchungen wurde bei einer grossen Zahl von Avena-Keimlingen der Verlauf der phototropischen Reaktion mittelst Winkelmessung beob- achtet, und zwar alles makroskopisch. Immer bekommt man hierbei ein ähnliches Resultat; zwei Beispiele mögen genügen: lach einer 48 Minuten langen Belichtung 4° | Mittlerer Ab- 4 AIR) % A 5 14° | lenkungswin- a a! ” s h 30° (| kel von 4 3 al h; A 2 45° | Keimlingen. 3 34 ih: Nach einer 48 Minuten langen Belichtung 21° | Mittlerer Ab- A ee) 5 5 ” 16° lenkungswin- u rn: a n * 31° kel' von 4& R = 00 * s # 45° Keimlingen. In den ersten 48 Minuten wird also im Durchschnitt 2%" und 4° erreicht, in den folgenden 42 Minuten nimmt die Krümmung gut 40° zu. Ein jeder, der derartige Mes- sungen verrichtet, wird ein ähnliches Resultat erzielen. Mit Bestimmtheit lässt sich hieraus schliessen, dass die von Polowzow direkt wahrgenommene Reaktion entweder nicht in unmittelbarer Beziehung zu der auf einmal Ka 30 Min. bob, 90 Min. (u Fig.S makroskopisch sichtbar werdenden Krümmung steht, oder kurz vor diesem Sichtbarwerden ziemlich plötzlich in eine ganz neue Phase tritt. Fig 1, welche den Verlauf der Zu En 35 makroskopisch sichtbaren Reaktion darstellt, zeigt dies aufs deutlichste. Dies beweist, dass die von Polowzow mikroskopisch wahrgenommenen Tatsachen nicht zu einem allgemeinen Urteil über den weitern Verlauf der Reaktion, jedenfalls nicht bei phototropischen Reizen, berechtigen. Es wird also mit Nachdruck hervorgehoben, dass das makroskopisch eben Merklichwerden der pho- totropischen Reaktion nichtnurein willkürlich sgsewählter Moment in einer schon lange Zeit eingetretenen Reaktion ist, sondern, dass dieses makroskopisch Sichtbarwerden, sehr bestimmt den allerersten Anfang einer neuen Phase an- gibt, in welche die Reaktion eben oder höch- stens seit 2-3 Minuten getreten ist. $ 11. Angaben über phototropische Schwellen. Während bis auf heute fast nichts über diesen Gegen- stand bekannt war, erschien im Laufe des Jahres 1908 eine wichtige Untersuchung von Fröschel. Nachdem Herr Professor W entin der Versammlung der „Koninklijke Akademie van Wetenschappen in Amsterdam” über die in diesem Kapitel behandelten Versuche berichtet hatte und das kurze Resultat in den „Proceedings” erschienen war, lernte ich erst durch ein Referat, darauf durch freund- liche Bemühungen Herrn Fröschels selbst, dessen Unter- suchungen kennen. Daher kam es, dass in dem kurzen Bericht bei der Literaturangabe das neue, von Herrn Fröschel gefundene Resultat, nicht damals schon die ihm gebührende Erwähnung fand. In dieser Untersuchung nun findet sich für Keimlinge von Lepidium sativum: „dass das Produkt aus Lichtinten- sität und Reizdauer stets den gleichen Wert haben muss, um noch eben merkliche Reaktionen zu erzielen.” Hieraus 36 geht also hervor, dass Fröschel schon genau dasselbe Resultat für einen dicotylen Keimling gefunden hatte. Die zwei äussersten Bestimmungen ergaben folgende Zahlen: 0,206 N. K. 32,5 Minuten, 211,891 N, 1,9 Sekunden. Das Produkt beträgt hier also ungefähr 400 Meter- Ker- zen- Sekunden. Hieraus schliesse man aber nicht, dass Avena ungefähr 20-mal empfindlicher sei. Der absoluten Grösse dieser Zahlen soll man nicht zu grossen Wert beilegen. Fröschel stellt sein Resultat überdies in einer Hy- perbelform dar. Da graphische Vorstellungen nur zur Ver- deutlichung dienen, sind sie weniger zu empfehlen, wenn, wie hier der Fall ist, eine einfache Regel vorliegt. „Das Produkt aus Zeit und Intensität ist konstant,” ist eine Regel, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt und in der Hyperbelform nicht anschaulicher hervortritt, sonst wäre dieses wichtige Resultat Bachs Aufmerksamkeit nicht entgangen, der seine Zahlen für Zentrifugalkraft in einer Hyperbelform darstellt. Der Gedankengang und die Auffassungen, welche Fröschel mit seinem Resultat ver- knüpft, sind dieselben, wozu die hier beschriebenen Versuche auch mich geführt haben. Zu den Versuchen mit Avena und Phycomyces gesellt sich also noch ein Beispiel einer dicotylen Pflanze und es zeigt sich von neuem, wie allgemein gültig die hier gefundene Regel ist. Die Unter- suchung von Fröschel ist die einzige, nach modernerer Auffassung angestellte, welche hier in Betracht kommt. Was in frühern Jahren über phototropische Reizschwellen untersucht worden ist, bezieht sich entweder auf das Bestimmen einer Zeit- oder einer Intensitätsgrenze. Wiesner (1878) versuchte für verschiedene Planzen die Intensitätschwelle festzustellen. So findet er z.B., dass bei Epicotylen von Phaseolus multiflorus die Grenze gerade bei 37 0,054 N. K. liegt; über Epicotylen von Vicia Faba sagt er: „Bei 10 und 11 M. Entfernung (= 0,054 N. K.) ist selbst nach 48 Stunden kein Heliotropismus mehr bemerklich, U.S.W. Figdor (1593) suchte ebenfalls die Intensitätschwelle zu erforschen und konstatiert zum Schluss u. a. 8. 56: „Indem ich die Resultate der eben angeführten Versuche zusammenfasse, ergibt sich, dass bei Lepidium salivum, Amarantus melancholicus ruber, Papaver paeoniflorum und Lunaria biennis die untere Grenze der heliotropischen Emp- findlichkeit bei einer Entfernung von 7 M. von der Licht- quelle noch nicht erreicht wurde, mithin die heliotropische Empfindlichkeit kleiner als die Intensität 0,0003262 Norm. Kerzen ist.” Aus einer Arbeit von v. Guttenberg (1907) citieren wir das Folgende: „Es zeigte sich, dass bei einer Intensität von 0,0004 H.K. vertikal aufrecht stehende Pflanzen (Avena-Keimlingen) nach 24 Stunden eben keine Krümmung zum Lichte mehr zeigten.....” aber sodann fügter hinzu: „wogegen Pflanzen, die unter Ausschluss einseitiger Schwerewirkung am Klino- staten bei einer Lichtstärke von 0,000008 H. K.rotierten, nach 24 Stunden von der zum Lichteinfall senkrechten Ausgangs- lage um 30°, 35°, 35°, 50°, abgewichen waren. Die Reiz- schwelle liegt also noch unter 0,000008 H. K.’ Wir konnten aber diese Angabe nicht bestätigen. Bei einigen Versuchen, welche unter Ausschluss einseitiger Schwerewirkung am Klinostaten angestellt wurden, zeigte sich jedenfalls das Resultat, dass die Reizschwelle nicht in einer merklich niedrigeren Intensität gefunden wurde als bei den aufrecht stehenden Keimlingen. Es ist ausserdem auch fast unglaub- lich, dass die Schwere bei aufrecht stehenden Keimlingen einen so starken Einfluss haben würde, dass die Intensi- tätschwelle mindestens 50-mal grösser wäre, als unter Ausschluss einseitiger Schwerewirkung. Für die phototropische Präsentationszeit gibt Czapek 38 (1898) beiläufig in seiner Untersuchung über Geotropismus ein Paar Angaben und sagt daselbst 5. 185: „Meine Versuche ergaben für Phalaris und Avena bezüg- lich Phototropismus 7 Minuten Präsentationszeit und zwar gilt dieser Wert für verschiedene Kulturrassen dieser Pflan- zen.” Die gebrauchte Lichtstärke wurde hierbei nicht ange- geben, hat aber bestimmt mehr betragen, als bei einer 7 Minuten langen Exposition bei Avena nötig ist. Eine absolute Zeit- oder Intensitätschwelle ist nicht zu erwarten; welche schwache Intensität man auch benutzt, es entstehen immer noch Krümmungen. Wie früher schon gesagt, ist das Bestimmen der Schwellen bei schwachem Licht äusserst schwierig, da die Krümmun- gen unbestimmt sind und sich auch nach unten hin fort- pflanzen. Das versteht sich wenn man bedenkt, wie die Reizwirkung, zwei Tage lang einwirkend, während einer ganzen Periode im Leben eines Keimlings fortdauert, oder bei einer Pflanze wie Phycomyces länger dauern würde, als die Zeit des normalen Wachstums selbst. Von einer absoluten Zeitschwelle war ebensowenig etwas zu merken. Die Zeitschwelle scheint man im Allgemeinen viel zu hoch anzunehmen. Vor kurzem noch glaubt Ohno (1908) in einer Abhandlung sich darauf verlassen zu können, dass die Präsentationszeit von Avena 8 Minuten wäre, (siehe z. B. 8. 618). Die Lichtstärke wird nicht erwähnt; es wurde eine Nernstlampe in einer 50 cM. Entfernung ge- braucht, woraus sich die Lichtstärke auf zirka 200 M. K. berechnen lässt. Die Präsentationszeit beläuft sich hierbei nicht auf 8 Minuten, sondern auf + !/ıo Sekunde. Es wird sich aber im dritten Kapitel zeigen, wodurch man in den früheren Arbeiten solche hohe Werte gefunden hat. Weiter sei hier aufeine Untersuchung von Pringsheim (1906) hingewiesen: „Einfluss der Beleuchtung auf die helio- 39 tropische Stimmung.” Pringsheim wählt hier als Mass für die Lichtwirkung die Reaktionszeit, und sagt S. 273: „Die Messung der Perzeplionszeit erwies sich als nicht so zweck- mässig schon wegen der zur Beobachtung unvermeidlichen Belichtung und wegen der längeren Dauer der Versuche.” Hätte Pringsheim nur die Präsentationszeit als Mass gewählt, er würde ganz andere Resultate erzielt haben. Wo er fand, dass in stärkerem Lichte die Reaktionszeit län- ger werden kann als in schwächerem Lichte, schliesst er hieraus in einem Kapitel über „Einfluss kurzer Vorbe- leuchtung” 8. 279: „Nachdem ich vorher gefunden hatte, dass die Reaktions- zeit durch Erhöhung der Stimmung herabgesetzt werden kann, liessen diese Resultate nur eine Deutung zu, dass nämlich der erste Teil der verlängerten Reaktionszeit bei starkem Licht nur der Erhöhung der Stimmung dient, und dass während dieser Zeit die Richtung der Beleuchtung ohme bedeutung ist. Die Verzögerung der Reaktion niedrig gestimmter Pflanzen bei hellem Licht rührt also daher, dass eine gewisse Zeit gebraucht wird, um die Stimmung auf eine Höhe zu bringen, wo tropistische Reizung statt- findet. Bis dahin sind die Pflanzen indifferent gegen die Licht- richtung, wie in der eigentlichen Indifferenzzone, die den Übergang vom positiven zum negativen Heliotropismus vermittelt.” Und weiter S. 280: „Ein Keimling mit niedriger Stimmung wird hell beleuchtet. Es findet keine tropistische Reizung statt, die Pflanze ist "e- liotropisch indifferent.” Nachdem sich nun erwiesen hat, dass sogar die aller- höchsten Intensitäten gerade sofort positiven Phototropis- mus erregen, folgt hieraus, dass obige Auffassung unrich- tig ist, und dass man zu der damit verknüpften Verglei- chung mit den Adaptationserscheinungen des menschlichen 40 Auges jedenfalls nicht aus obigen Gründen berechtigt ist. Gerade im späteren Teil der Belichtungszeit liegt die Ursäche der Verlängerung der Reak- tionszeit, nicht im ersten Teil. Indessen wird diese Erscheinung im dritten Kapitel ausführlich behandelt werden. Zugleicherzeit wird sich dann die Gelegenheit bieten, auf die hierauf Bezug nehmenden Untersuchungen von Oltmanns (1897) aufmerksam zu machen. Vorläufig sei hier nur gesagt, dass Verlängerung der Reaktionszeit, sogenanntes Indifferentsein und Negativreagieren Erschei- nungen sind, die nicht von der Intensität an sich, sondern von der zugeführten Energiemenge abhängen. Bei jeder Intensität kann positiver Phototropismus be- obachtet werden. Ähnliche Erscheinungen auf anderem Gebiet. $ 12. Für den Geotropismus. Nach Beendigung der oben beschriebenen Versuche war es eine gewisse Überraschung einige Ergebnisse in der Untersuchung von Bach (1907) zu bemerken, die ich zufällig erst spät kennen lernte. Indessen ist es auch Fröschel aufgefallen, dass Bachs Versuche zu einem derartigen Resultat geführt hatten, als die von ihm ange- stellten phototropischen Versuche. In dem Kapitel: „Einfluss des Zentrifugierens auf die Präsentationszeit” (S. 86) gibt Bach in Tab. 35 und 36 die Präsentationszeiten bei verschiedenen Zentrifugal- kräften. Nimmt man nun das Produkt aus Zeit und Beschleuni- gung, so erhält man eine Reihe von Zahlen, die zwar ein wenig variieren, aber nicht in einer bestimmten Richtung grösser oder kleiner werden. 41 Als Beispiel werden hier die kleinste und grösste Be- schleunigung, womit Bach arbeitete, angeführt: Beschleunigung Zeit Produkt in g- Minuten 0,13—0,15 g 50 Min. 6,5--7,5 22,1 —32,6 8 % Min. 5,5—8,2 Die grösste Kraft ist + 200 x die kleinste Kraft, das Produkt ist dasselbe. Stellt man dieses wichtige Resultat graphisch dar auf dieselbe Weise, wie Bach solches tut, so erhält man eine Hyperbel. Dies macht das Ergebnis nicht deutlicher, da offenbar die Hyperbelfigur einen falschen Eindruck erregt. Auf Seite 88 n. l. sagt Bach: „Betrachten wir die Kurve, so finden wir auch hier im Anfang ein sehr schnelles Fallen der Praesentationszeit” U. 8. W. Die Hyperbel macht den Eindruck, dass die Werte erst schnell abnehmen, dass sodann ein Wendepunkt eintritt, nach welchem die Werte nur langsam mehr abnehmen. (Siehe auch Linsbauer 1908, 431—435). Dieser Wende- punkt besteht in Wirklichkeit nicht und ist nur die Folge einer zu arithmetischen Betrachtung der Figur. In Wirklichkeit fällt die Präsentationszeit gleichmässig ; jedesmal wenn die Kraft verdoppeltist, hat die Zeit wieder bis zur Hälfte abgenommen. Ein Fallen von 16 Min. bis auf 8 Min. ist durchaus nicht ein „schnelleres Fallen” als die Abnahme von 1 Min. bis auf % Min. Weiter untersucht Bach die „Präsentationszeit in ihrer Abhängigkeit von der verschiedenen Angriffsrichtung der Schwerkraft”. Fügen wir zu den hier gefundenen Zahlen wieder das Produkt, so bekommen wir: g Zeit Produkt Bei 90° 1,00 8 7% Min. 7,5 60° 0,87 „ 10 € 8,7 45° DIR, a 8,2 30° 00 14 N fl 15° 0,26 „ Ta 4,7 Zwischen 90° und 30° bleibt das Produkt anscheinend konstant, unter 30° wurde ein kleinerer Wert gefunden. Es ist hier aber nicht die Stelle auf die Zahlen von Bach näher einzugehen, um so mehr nicht da eine ausführliche und genaue Untersuchung über diesen Gegen- stand im Botanischen Institute zu Utrecht angestellt wird. Zwischen 0,15 g und 30 g und bei Winkeln von 90° bis 30’ ist allem Anschein nach das Produkt aus Zeit und Reizstärke konstant. Dieses Ergebnis hat ebenso auch Fröschelfrappiert, besonders dadiese Resultate dem Lichte und der Schwerkraft eine grosse Über- einstimmung. zu. geben scheimenzsDersBsgrir Schwerkraft wartet aber noch von physischer Seite auf eine nähere Auseinandersetzung. Von praktischem Interesse für den Physiologen ist die Tatsache, dass der Schwerereiz denselben Regeln folgt, wie der Lichtreiz. Auch hier wird die Grösse des Reizes durch Zeit und Intensität zusammen bestimmt und hat die sogenannte Präsentationszeit an sich keinen besonde- ren Wert. Für bestimmtere Schlussfolgerungen muss man das Resultat der oben angekündigten Untersuchung abwarten. Dass sich aber die Bedeutung, welche man Begriffen wie Präsentationszeit u. A. beilegt, nicht nur für den Lichtreiz sondern auch für den Schwerereiz ändern wird, scheint man als gewiss annehmen zu dürfen. Im vierten Kapitel möchte ich hierauf noch zurückkommen. N $ 13. Aus der tierischen und menschhenen Physiologie. In der letzten Zeit lenkt man immer mehr die Auf- merksamkeit auf Analogien, die sich zwischen Erschei- nungen in der Physiologie des Menschen und der Pflanzen darbieten. 43 Das Aufspüren dieser Analogien ist natürlich anerken- nungswert, allein es will mir scheinen, dass man oft lieber nach den Analogien zwischen dem Menschen und der Pflanze als nach der Verwandtschaft zwischen pflanz- lichen und physikalisch-chemischen Erscheinungen sucht. Indessen bleibt es für einen Zusammenhang der Tatsachen immerhin interessant, auch auf die Erscheinungen bei Mensch und Tier, wenn auch nur sehr kurz, aufmerksam zu machen. Bei einer Vergleichung der Reizerscheinungen beim Mensch und bei der Pflanze sollte man äusserst vorsichtig sein. Die Lichtkrümmung der Pflanze und die Gesichts- empfindung des Menschen stellt man gewöhnlich ohne weitere Analysierung als Parallelen dar und als eine Folge hiervon vergleicht man die „Empfindlichkeit” der Pflanzen- zelle nicht mit der „Empfindlichkeit” etwa einer Netzhaut- zelle, sondern viel zu oft mit der wirklichen psychischen Empfindung im menschlichen Gehirn. Man kann ebenso gut und wahrscheinlich mit mehr Recht den phototropischen Prozess nur mit einem Teil des Reizprozesses beim Menschen parallel stellen, oder wenigstens diese beiden Prozesse nur zum Teil zusammen- gehen lassen. Besonders wichtig wäre dabei dann die Beobachtung der Veränderungen, welche in der Netzhaut durch das Licht stattfinden. Eine ausführliche Beschreibung derselben gibt Garten (1908) in: „Die Veränderungen der Netzhaut durch Licht” in dem Handbuch von Graefe-Saemisch. Da aber über die quantitative Beziehung zwischen Lichtreizen und diesen Netzhautveränderungen, wie die Zapfenkontraktion, die Pigmentwanderung und die Blei- chung des Sehpurpurs, jetzt noch fast nichts bekannt ist, wenigstens zu wenig, um eine Vergleichung vorzunehmen, so entbehren wir, leider, noch die Daten, um festzustellen, ans in wie weit die bei dem Phototropismus der Pflanze gültige Regel auch in Bezug auf diese Veränderungen in der Netzhaut angewendet werden darf. Über die photoelektrische Reaktion des Auges ist aber mehr bekannt. Der auch im Dunkeln stets anwesende Ruhestrom, wobei die Stäbchenschicht sich z.B. der Nervenfaserschicht gegen- über negativ, der Sehnerv den seitlichen Bulbusteilen gegenüber positiv verhält, wird durch einen Lichtreiz plötzlich verstärkt. Die quantitative Beziehung zwischen Lichtreizen und diesem Retinastrom hat u.A. de Haas (1905) einer näheren Untersuchung unterworfen. Das Auge eines Laubfrosches wurde gereizt. Die Dauer und die Stärke des Lichtreizes wurde variiert und zwar so, dass das Produkt aus beiden konstant blieb. Darauf wurde bestimmt ob der Ausschlag. den man dabei am Galvano- meter beobachtete, immer dieselbe Zahl anwies. In den Versuchen auf S. 57 wurde die Reizdauer variiert von 0,01 bis 0,356 Sek. und dabei erwies sich der Ausschlag durchaus konstant. Sodann ‚untersuchte de Haas 8. 58 und 59, in wie weit diese Regel auch weiter gültig bleibt. Hier reizte er aber nicht mehr mit derselben Quantität Energie, wie in den Versuchen auf 8. 57, sondern mit einer Quantität, welche 400-mal grösser war. Er reizte dann 4 Sek., 8 Sek., 12 Sek. und fand, dass der Effekt bis 5 Sek. konstant bleibt. Aus diesen zwei Reihen von Versuchen zog ernun den Schluss, dass also bei kürzerer Belichtungsdauer als 8 Sek. der Effekt nur durch die gamze Lichtenergie bestimmt wird, aber dass dies bei 12 Sek. und länger nicht mehr gilt. Es bleibt aber möglich, dass, wenn bei diesen Bestim- mungen für längere Belichtungszeiten nicht ein 400-mal grösserer Reiz gebraucht worden wäre, diese Regel auch bei noch längern Belichtungszeiten gültig befunden wäre. 45 Die Grenzen, welche hier der Regel gesetzt werden, hängen wahrscheinlich von dem konstanten Effekt ab, an dem man die Regel erproben will. Bei diesem sehr starken Reiz zeigt es sich jedenfalls, dass die Regel bei einer Zeitdauer von wenigstens 0,01 Sek. bis 8 Sek. gültig ist. Die Gesichtsempfindung des Menschen. Im Anschluss an das Vorstehende sei nun erörtert, wie der verschieden variierte Lichtreiz vom Menschen wahr- genommen wird. Hierüber sind verschiedene Arbeiten erschienen. Aus diesen Untersuchungen geht als End- resultat hervor, dass für die Schwelle der Gesichtsempfindung das Produki aus Zeit und Intensität nur innerhalb ziemlich enger Grenzen constant ist. Die Erfahrungen der verschie- denen Untersucher gehen hier einigermassen auseinander. Zuerst fand Bloch (aus Charpentier oder Nagel eitiert), dass bei Belichtungszeiten von 0,00173 Sek. bis 0,0518 Sek. für die Schwellen der Wahrnehmung die Zeitin umgekehrtem Verhältnis zu der Lichtstärke stand. Später hat Charpentier (1890) eine ähnliche Untersuchung wie- derholt. Das Resultat, das dieser Forscher erhielt, geht am besten aus seinen eigenen Worten hervor. Er macht auf Seite 122—123 folgende Schlüsse: „Nous avons vu le minimum perceptible varier pour des durees de Vexcitation allant de *"/ıooo & "”’/ıo00 Sec. Dans ces conditions le minimum perceptible varie toujours sensi- blement en raison inverse de la duree de Vexcitation.” „Si la lumiere est intense, elle produira cet effet en moins de temps, si elle est faible, elle devra, par contre durer davantage.” „Pour que la sensation se produwise il faut, que sur une zone retimienne domnee et dans un certain temps, il arrive pour ainsi dire une masse constante de lumiere, pen importe 46 que cette masse se distribue sur un gramd ou sur un petit espace et qwelle arrive vite ou lentement swr la retine. C’est la un fait important, dont il conviendra de rechercher les analoyies sur d’autres territoires sensoriels.’” Es zeigt sich hier wohl, wieviel Wichtiges Charpentier noch hinter dieser Regel ahnt. Dasselbe Resultat hat auch Henri (1896) erhalten. Weiter hat auch de Haas (1908) etwas Ähnliches konstatiert, jedoch für einen Effekt nicht an der Schwelle, sondern noch darüber. Es stellte sich hierbei heraus, dass beim Variieren der Reizdauer von 0,001 Sek. bis 0,04 Sek. die Lichtemp- findungen sich völlig gleich waren, wenn man nur dafür sorgte, dass die Intensität sich umgekehrt zu der Belich- tungszeit verhielt. Aus dieser Tatsache folgt, dass auch noch für einen Effekt über der Schwelle der Wahrneh- mung diese Regel innerhalb gewisser Grenzen konstatiert werden kann. Gryns und Noyons (1905) bestimmten die absolute Quantität Energie, welche dem Auge zugeführt werden musste, damit eine Empfindung erregt würde. Sie fanden, dass an der Grenze des Sichtbaren die Quantität Energie nicht konstant ist. Die Quantität weist bei einer Belich- tungszeit zwischen 0,002 und 0,004 Sek. ein Minimum auf, steigt aber darüber und darunter wieder. Während also dieses Ergebnis mit dem obigen im Widerspruch scheint, ist vor kurzem ein Resultat gefunden worden (Siehe Festschrift f. Hermann), das wieder mit den erstgenannten übereinstimmen soll. Es gelang mir aber noch nicht diese‘ Arbeit kennen zu lernen. Die meisten Untersucher stimmen also hierin überein, dass zwischen gewissen Grenzen die Regel von dem kon- stanten Produkt für die Schwelle der Gesichtsempfindung gültig ist; die Zahlen für die kürzesten und die längsten Belichtungszeiten verhielten sich dabei als 1:40—60. 47 Man sieht hieraus, dass die Grenzen sehr eng sind, viel enger noch als bei der photoelektrischen Reaktion, wo für einen sehr starken Effekt die Zeiten innerhalb welchen die Regel Gültigkeit besitzt, sich verhalten wie 1:800 (die Regel hatte noch bei 0,01 Sek. ihre Gültigkeit, darunter wurde keine Bestimmung gemacht). Über die noch ein- facheren Reaktionen, die sich in verschiedenen Netzhaut- veränderungen offenbaren, liegen noch keine Versuchs- ergebnisse vor, die sich mit obigen vergleichen liessen. Die Möglichkeit, dass die Regel für die Reizschwelle dieser Reaktionen innerhalb weiterer Grenzen nachweisbar ist, wäre nicht ausgeschlossen. $ 14. In der Photochemie. Nachdem ich im Vorstehenden auseinander gesetzt habe, wie die bei der Pflanze gefundene Regel sich auch in sehr beschränktem Sinne bei der tierischen Gesichtsempfindung beobachten lässt, erachte ich es von grosser Wichtigkeit, jetzt zu konstatieren, welche Regel auf dem Gebiete der Photochemie gilt. Bunsen und Roscoe (1862) finden als Ergebnis ihrer Untersuchungen 9. 538: „dass innerhalb sehr weiter Gränzen gleichen Produkten aus Intensität und Imsolationsdauer gleiche Schwärzungen auf Chlorsilberpapier von gleicher Sensibilität entsprechen”. Nernst sagt S. 731: „Pine reichhaltige Erfahrung ferner hat zu dem Ergebnis geführt, dass im allgemeinen bei Belichtung eines photo- chemischen Systems die Wirkung nur durch die Menge des auffallenden Lichtes bedingt wird und davon unabhängig ist, in welcher Zeit die gleiche Anzahl gleichartiger Schwingun- gen dem System zugeführt werden. Man spricht diesen Salz gewöhnlich dahin aus, dass bei Anwendung gleichartigen Lichtes die photochemische Wirkung nur von dem Produkte aus Intensität und Belichtungsdauer abhängig ist". 48 Und Ostwald formuliert dasselbe Gesetz in der folgenden | Weise (S. 1047): „dass der photochemische Effekt gleich dem Produkt aus Zeit und Intensität ist”. Nun hat sich dasselbe ergeben für einen phototropischen Effekt bei der Pflanze (näml. die Schwelle der mit dem unbe- waffneten Auge sichtbaren Reaktion); wie nahe liegt also die Schlussfolgerung, dass ein photochemischer Prozess die Grundlage des Phototropismus ist! Und wie auffallend ist dann die Tatsache, dass auch für den geotropischen Effekt dasselbe zu gelten scheint; welcher Prozess bildet dann die Grundlage des Geotropismus ? Es ist das Verdienst Özapeks, dass er schon 1902—1903 konstatiert hat, dass in der Tat sowohl bei einem Licht- als bei einem Schwerereiz ähnliche chemische Erschei- nungen auftreten. Und für phototrope Tiere hat Wolfgang Ostwald (1908) in einer schönen Untersuchung ähnliche photochemische Wirkungen konstatiert. Später wird sich die Gelegenheit bieten, auf diese Untersuchungen noch näher einzugehen. Hier sei nur darauf aufmerksam gemacht, wie sehr diese Tatsachen aus der Photochemie und ausder Physiologie dafür sprechen, dass ein Lichtreizaufphotochemischem Weg auf die Pflanze einwirkt. Welche Vorstellung man sich von dem Schwerereiz machen soll, ist bei den dürftigen Kenntnissen der Schwerkraft noch nicht deutlich. u ZWEITES KAPITEL. DIE PHOTOTROPISCHE EMPFINDLICHKEIT FÜR VERSCHIE- DENE WELLENLÄNGEN. 8 15. Einleitung. In einer Abhandlung „Die Pflanze und das Auge” be- spricht Sachs (1871) die Schwierigkeit, die Wirkung verschiedener Lichtarten auf einen pflanzenphysiologischen Prozess zu verfolgen, da man kein Mittel besitze, die ab- solute Kraft einer Lichtart zu bestimmen. Er weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Intensität des Lichtes für das menschliche Auge kein Mass sei für die Stärke, womit eine Lichtart auf einen pflanzlichen Prozess (Sachs “denkt an die C-Assimilation) einwirke. Er sagt u.a. 8. 282: „Die Helligkeit des Lichtes verschiedener Farbe ist kein Mass für, und erlaubt keinen Schluss auf die objektive Kraftgrösse, welche die dem Auge verschiedenfarbig erschei- nenden Strahlen repräsentieren.” Er schliesst aber S. 285 seinen Artikel u. a. mit diesen Worten: „Gegenwärtig fehlt es aber an jedem Mittel Licht von dieser Eigenschaft (Strahlen von gleicher lebendiger Kraft) herzustellen; die Beantwortung dieser Frage muss verschoben werden, bis uns die Physiker in den Stand setzen, uns blaues, grünes, gelbes, rotes Licht von gleicher, leben- diger Kraft zu verschaffen.” Schon führt Sachs $. 283 die Worte von von Helm- holtz an: „Wenn wir die Intensität des objectiven, ein- 4 50 farbigen und verschiedenfarbigen Lichtes gemessen denken durch die lebendige Kraft der Aetherbewegung, so müssen wir sie, nach dem allgemeinen Gesetz von der Erhaltung der Kraft, proportional setzen der Wärmemenge, welche bei der Absorption des betreffenden Lichtes entwickelt wird. Es ist dies bisher das einzige physikalische Mittel durch welches wir die Intensität von Aetherwellen verschiedener Schwin- gungsdauer vergleichbar machen können.” Nach diesem Prinzip ist besonders in spätern Jahren in der Physik die Energieverteilung für verschiedene Wellenlängen im Spektrum mehrerer Lichtquellen be- stimmt worden. Sachs fühlte offenbar klar, dass es dann erst möglich sein würde quantitative Bestimmungen zu verrichten, die irgend einen absoluten Wert besitzen würden. Dennoch kann man nicht sagen, dass in den letzten 25 Jahren, die verflossen sind, seitdem Langleys Energiebestimmungen des Sonnenlichtes zur Verfügung stehen, dieser Fortschritt auf physikalischem Gebiet in der Botanik vielfach benutzt worden ist. Obgleich in dieser Hinsicht die Untersuchung der Ö-Assi- milation als Ausnahme betrachtet werden könnte, so wären doch auch hier wegen der noch so verschiedenen Resul- tate der in früheren Jahren angestellten Versuche, nähere Bestimmungen erwünscht. Auf dem Gebiete des Phototropismus hat man aber diesen Spektraluntersuchungen in noch geringerem Masse seine Aufmerksamkeit geschenkt. Die letzten Untersu- chungen sind die von Wiesner (1878), woraufich weiter zurückkommen werde. Nun werden in der letzten Zeit auf dem Gebiete des Phototropismus viele Versuche mit verschiedenen Licht- quellen angestellt; aber eine Untersuchung nach der absoluten Empfindlichkeitsverteilung im Normalspektrum ist noch nicht vorgenommen worden. In Handbüchern 5l findet man die Untersuchungen von Wiesner angeführt, nach welchen die Empfindlichkeit im Violett und nach dem Infrarot hin zunähme, und im Gelb null wäre. In Abhandlungen über Phototropismus wird die Intensität der Lichtquelle in Hefnerkerzen ausgedrückt. Die herrschende Auffassung aber ist diese, dass die phototropische Emp- findlichkeit für verschiedene Strahlengattungen ungefähr dieselbe wäre, als die photographischer Platten, und also nicht dieselbe Verteilung im Spektrum besässe, als die Empfindlichkeit des menschlichen Auges. In Übereinstimmung hiermit haben nur Wiesner (1893) und später auch Figdor (1908) die Intensität des Lichtes in Bunsen-Roscoe-schen Einheiten ausgedrückt. Damit handelte Wiesner aber nicht seinen frühern Ergebnissen gemäss, denn die phototropische Empfindlichkeitsverteilung ergab nach diesen eine Kurve, die stark von der Empfind- lichkeitskurve des Chlorsilbers abweicht, weil sie eine starke Empfindlichkeit für die roten Strahlen aufwies. Eine Untersuchung nach der absoluten Empfindlichkeits- verteilung im Normalspektrum wäre also nicht überflüssig. Nicht nur für den praktischen Zweck, eine Lichteinheit für den Phototropismus der Pflanze zu suchen, ist es erwünscht diese Untersuchung vorzunehmen. Diese Licht- einheit kann erst dann gesucht werden, wenn das Emp- findlichkeitsverhältnis für verschiedene Wellenlängen be- kannt ist, wenn ausserdem konstatiert worden ist, dass dieses für verschiedene Pflanzen dasselbe ist; denn ist dies der Fall nicht, so müsste man für verschiedene Pflan- zen verschiedene Einheiten einführen. Es fragt sich also noch, ob das Einführen einer eigenen Lichteinheit für die Praxis zu empfehlen wäre. Überdies ist das Ausdrücken in Hefnerkerzen, wenn man nur auch die Lichtquelle angiebt, für vielerlei Versuche genügend, besonders da, wo man [7 ID nur die Wirkung verschiedener Lichtintensitäten gegen-' seitig vergleicht. Aber zunächst ist die Kenntnis der Wirkung der ver- schiedenen Strahlen erforderlich, um zu einer näheren Erkenntnis des phototropischen Reizes zu geraten. Man muss wissen, welche Lichtarten zu phototropischen Krümmungen reizen können, zunächst auch welcher Teil von der strahlenden Energie hierbei die Maximalwirkung ausübt. Ist man so weit, so mag es vielleicht besonders durch Vergleichung mit analogen Prozessen gelingen zu erforschen, welche Stoffe oder welche Prozesse in der Pflanzenzelle von der Energie angegriffen werden, oder, vom Standpunkte der Pflanze aus besehen, durch welches Mittel die Pflanze den Lichtreiz aufnimmt. Jetzt möchte ich nicht weiter hierauf eingehen; es ist nur nötig die Wichtigkeit einer solchen Untersuchung hier schon hervorzuheben. Im folgenden nun wird sich erst die Besprechung der Methode und der Aufstellung, sodann die Ausführung der Experimente und schliesslich die Berechnung der Ergeb- nisse für ein Normalspektrum und unabhängig von der benutzten Lichtquelle finden. Versuche mit Avena sativa. 816. Methode und Aufstellung. Bei der Bestimmung der Schwellenwerte des mensch- lichen Auges für verschiedene Teile des Spektrums, verengt man die Spalte des Spektrophotometers bis der Licht- eindruck für das Auge verschwindet, oder man erweitert dieselbe, bis gerade ein Lichteindruck merklich wird. Da die Quantität der Energie, die durch die Spalte dringt, der Breite der Spalte proportional ist, so hat man in dieser Spaltenbreite ein Mass für die Empfindlichkeit des Auges für einen bestimmten Teil des Spektrums. Man nimmt näml. an, dass die Empfindlichkeit in umge- kehrtem Verhältnis zu der Spaltenbreite steht; denn je empfindlicher das Auge für eine Lichtart ist, um so we- niger Energie braucht das Auge zu treffen, um wahrge- nommen zu werden, und um so enger kann die Spalte gestellt werden. Soll man von einer Lichtart dem Auge zweimal soviel Energie zuführen um wahrgenommen zu werden, als von einer andern Lichtart, so sagt man, dass das Auge für die erste Lichtart nur halb so empfindlich ist, als für die zweite. Dasselbe Prinzip soll nun für die Bestimmung der Schwellenwerte der verschiedenen Spektralfarben bei der Pflanze angewendet werden. Auch hier wäre als Mass für die verschiedene Quantität der Energie, welche die verschiedenen Teile des Spektrums zuführen müssen, um noch gerade eine Krümmung zu erzielen, die Spaltenbreite zu gebrauchen. Glücklicherweise ist hier eine einfachere Methode anzuwenden. Nachdem sich nämlich im ersten Kapitel gezeigt hat, dass die Quantität der Energie, welche erforderlich ist um die Schwelle zu erreichen, für die verschiedensten Belichtungszeiten immer dieselbe ist, so darf man die Belichtungszeit als Mittel, der Pflanze ver- schiedene Quantitäten der Energie in verschiedenen Spek- trumregionen zuzuführen, wählen. Ebenso wie in der menschlichen Physiologie nimmt man an, dass die Em- pfindlichkeit in umgekehrtem Verhältnis zu der Energie- quantität steht, welche nötig ist, um die Schwelle zu erreichen. Diese Energiemenge steht in geradem Ver- hältnis zu der Zeit, während welcher die Energiequelle die ‚Pflanze bestrahlt; also steht die Empfindlich- keit der Pflanze für eine Lichtart in umgekehr- tem Verhältnis zu der Zeit, während welcher 54 diese Lichtart einwirken muss, um die Schwelle zuserreichen. Es leuchtet aber ein, dass bei der Anwendung dieser Methode die physikalische Intensität der verschiedenen Lichtsorten dieselbe sein muss. Nun ist dies weder in einem prismatischen noch in einem Normalspektrum der Fall, da die Energie einer Lichtquelle ungleich über die verschiedenen Teile des Spektrums verteilt is. Und in einem 'prismatischen Spektrum wird die ungleiche Inten- sität der Energie für die verschiedenen Wellenlängen überdies noch verursacht durch die ungleiche Dispersion der verschiedenen Spektrumteile, wodurch die Energie der stark brechbaren Strahlen mehr ausgebreitet wird, als diejenige der schwach brechbaren. Also muss die Dispersion durch das Prisma und die spektrale Energieverteilung der Licht- quelle bei den Ergebnissen der Versuche be- rücksichtigt werden. Erst nach der Beschreibung dieser Versuche möchte ich auf diese Umrechnung zurück- kommen. Nachdem also das Prinzip, nach welchem die Versuche angestellt werden müssen, besprochen worden ist, folgt hier jetzt der praktische Teil der Methode. Um ein ausgedehntes lichtstarkes Spektrum entwerfen zu können, was für eine geschickte Ausführung der Ver- suche angezeigt ist, ist es notwendig eine. sehr intensive Lichtquelle zu benutzen. Die Sonne und das Bogenlicht kommen hierfür in Be- tracht. Dass der Gebrauch des Sonnenlichtes bei physiologischen Versuchen besonders in unseren Gegenden Nachteile bietet, leuchtet ein; nur sehr selten folgen einige völlig gleich helle Tage auf einander; und auch dann kann man nur OL einige der Mittagstunden benutzen, da Intensität und Zusammensetzung des Lichtes sich im Laufe des Tages stark ändern. Über die Energieverteilung des Sonnenlichtes, obgleich wieder sehr stark abhängig vom Wasserdampf in der Atmosphäre, stehen aber genaue Angaben zur Verfügung. Über die Energieverteilung des Bogenlichtes besteht nur eine Angabe von Langley. Wenn auch der Name des Autors die Anwendung der von ihm gefundenen Zahlen genügend billigt, so wäre es doch in Hinsicht auf weitere physiologische Untersuchungen sehr erwünscht, dass neue Bestimmungen über die Energieverteilung des Bogenlichtes vorgenommen würden. Die Schwierigkeit ist hier aber diese, dass das Bogenlicht selbst sehr verschieden ist, besonders durch die verschiedenartigen Kohlen. Man müsste also zunächst damit anfangen, immer eine be- stimmte Sorte von Kohlen für derartige Untersuchungen zu benutzen. Der grössere Teil der Versuche wurde mit Benutzung von Bogenlicht angestellt. Für einen kleinen Teil war es aus später zu nennenden Gründen nötig das Sonnenlicht anzuwenden. Der im ersten Kapitel beschriebene Projektionsapparat wurde als Lichtquelle gebraucht. An der Stelle des Dia- positivrahmens wurde eine Spalte angebracht, deren Breite man unverändert liess; das austretende Licht fiel auf ein Prisma, während der Projektionsapparat so gestellt wurde, dass das Spektrum in eine Ecke des Gehörsaals geworfen wurde. So gelang es in einer Entfernung von ungefähr 8 M. von der Laterne ein noch genügend lichtstarkes Spektrum zu entwerfen, wovon der sichtbare Teil gut 60 c.M. lang war. Der ganze Projektionsapparat wurde nun mit dem Prisma in ein Zelt aus schwarzem Tuch eingehüllt. An 56 der Vorderseite wurde eine kleine Öffnung ausgeschnitten, um die gebrochenen Strahlen durchzulassen; auch das Prisma war soviel wie möglich in schwarzes Papier eingehüllt. Zur Aufstellung der Versuchspflanzen wurde nun fol- gende Einrichtung gemacht. Auf einem Brett von 20 x 140 c.M. wurde ein Lattengerüst angebracht, & 15 c.M. hoch; mit schwarzem Papier wurden alle Seiten ausser der Vorderseite überzogen, sodass eine Art Dose entstand. Ein Stück dickes schwarzes Tuch wurde an den oberen Rand der Vorderseite der Länge nach befestigt, an der unteren Seite beschwert mit einer Vorhanglatte, sodass auf diese Wseise ein Vorhang entstand, welcher mit der Hand schnell über die ganze Vorderseite gehoben und wieder heruntergelassen werden konnte. Auf dem Boden der Dose war an der Vorderseite eine Latte befestigt und hierauf standen in Entfernungen von 5 c.M. kleine Nägel. Diese Dose nun wurde auf ein Gestell in die Ecke des (rehörsaals gestellt, senkrecht auf die Richtung der Strah- len, sodass das volle Spektrum darauf fiel. Nun war es nötig das Spektrum zu aichen, damit die Wellenlänge jedes Teiles zu berechnen war und man immer bei jedem Versuch wieder schnell den alten Stand des Spektrums zurückfinden konnte. Die gewöhnliche Weise, worauf ein Spektroskop geaicht wird, indem man verschiedene Salze in eine Flamme bringt und sich die Stelle der Linien des Emissionsspektrums merkt, war bei dem Projektionsapparat schwerlich zu benutzen; zu- mal da es erwünscht war, den Stand des Spektrums immer wieder kontrolieren zu können. Nun giebt es aber einige Salze, welche in Wasser gelöst, ein Absorptions- spektrum mit vielen deutlichen Linien aufweisen. Hierzu gehören u. A. die Didymiumsalze. Von solch einem Didy- miumsalz wurde eine möglichst starke Lösung gemacht. Herr Professor Julius war so freundlich mich in den Stand zu setzen in dem physikalischen Institut mit dem Hilgerschen Spektroskop die Stelle der wichtigsten Ab- sorptionslinien des benutzten Didymiumsalzes genau zu bestimmen. Die sich in einem Gefäss mit Parallelwänden befindliche Salzlösung wurde vor dem Projektionsapparat gestellt. Im Spektrum waren dann die stärksten Absorptionslinien sehr deutlich zu sehen. Eine Centimeter-Skala wurde auf einen Streifen Zeichenpapier gezeichnet und längs der oberen Seite der Dose befestigt. Auf dieser Skala war das Spektrum also deutlich zu sehen und ebenfalls die Linien der Didymiumlösung. Das Prisma wurde nun für das Gelb auf das Minimum der Ablenkung eingestellt. Von dem Absorptionsspektrum wurde von den sechs stärksten Linien die Stelle verzeichnet. Von diesen lag eine im Gelb, zwei im Grün, zwei im Blau und eine im Violett. Mit der Centimeterskala als Abscissenaxe und die Wel- lenlängen dieser sechs Spektrallinien auf der Ordinaten- axe war man also im stande eine Dispersionskurve zu konstruieren, womit man für jede in c.M. angegebene Stelle der Skalaverteilung bestimmen konnte, welcher Wellenlänge im Spektrum diese Stelle entsprach. Und zudem war es auf diese Weise möglich vor jedem Versuch zu kontrolieren, ob das Spektrum seinen richtigen Stand inne hatte, indem man nachsah, ob die Absorptionslinien ihre feste Stelle auf der Skala einnahmen. Die Avena-Keimlinge wurden in der gewöhnlichen im ersten Kapitel beschriebenen Weise gezogen, in den dort ge- nannten 20 c.M. langen Zinkgefässen gepflanzt und ganz etio- liert, gehalten. Für den Versuch wurden, nachdem man erst den Stand des Spektrums kontroliert hatte, ein oder mehr Gefässe im Dunkeln an die richtige Stelle in der Dose gestellt und nach vorn gegen die Latte geschoben. Da auf dieser Latte in Entfernungen von 5 c.M. kleine Nägel 58 angebracht waren und dieselben bestimmten Stellen, z.B. 55 c.M., 60 c.M., u.8. w. von der Skala entsprachen, so war es möglich ganz im Dunkeln verfahrend, und die Nägel zählend, die Gefässe in den gewünschten Teil des Spek- trums zu stellen. Von den Gefässen wurde immer eins neben das andere in einer Linie gestellt, sodass die Pflänzchen in einer Reihe in verschiedenen Wellenlängen in einer Entfernung von + 1 c.M. von einander standen. Nach der Aufstellung wurde die Vorderseite mit dem Vorhang geschlossen. Sodann wurde die Projektionslampe wieder angezündet und sobald dieselbe ruhig brannte, konnte der Versuch einen Anfang nehmen. Für die mit Sonnenlicht angestellten Versuche wurde das Sonnenlicht mit einem Heliostat in den Gehörsal ge- worfen durch die in der Tür angebrachte Spaltenöffnung. Mit dem Prisma wurde wieder ein Spektrum entworfen, dieses Spektrum sodann geaicht und weiter die ganze Aufstellung auf dieselbe Weise, wie beim Gebrauch der Projektionslampe vorgenommen. $S 17. Die Ausführung und das Ergebnis der Versuche. Nachdem auf die oben beschriebene Weise die Pflänzchen in die Dose gestellt worden waren mit heruntergelassenem Vorhang, liess man während einer bestimmten Zeit, indem man den Vorhang hob und wieder senkte, Licht zutreten. Auf einem Chronometer wurde die Zeit abgelesen. So wurden die Versuche angefangen mit einer vier Minuten langen Belichtung einer Pflanzenreihe vom Rot bis ins Violett. Nach der Belichtung wurden die Pflanzen im Dunkeln gelassen, die Reaktion wurde auf dieselbe Weise wie bei früher beschriebenen Schwellenbestimmungen beobachtet und wenn dieselbe ihren Höhepunkt erreicht 59 hatte, das Ergebnis verzeichnet. Schon der erste Versuch ergab nach einer vier Minuten langen Belichtung eine deut- licne Grenze zwischen Gekrümmten und Aufrechtstehenden, die hier ungefähr zwischen Blau und Grün lag. Bei allen Versuchen wurde die Grenze der Gekrümmten und Auf- rechtstehenden so genau wie möglich bestimmt. Diese Grenze wurde erst in den Werten der e.M. Skala angegeben und die mittleren Werte aus mehreren Bestimmungen später auf die entsprechende Wellenlänge übertragen. Da die Zahl der gerade auf der Grenze stehenden Exem- plare ziemlich gering war, die spektrale Empfindlichkeit an verschiedenen Stellen nur schwach ab- und zunahm und die gleiche Lichtstärke in den auf einander folgenden Versuchen nicht ganz beizubehalten war, war es nötig jedesmal den mittleren Wert aus mehreren Bestimmungen zu nehmen um wenigstens einige genau bestimmte Punkte zu erhalten. Zuerst wurde die Zeit verkürzt, um das Optimum zu finden. Es zeigte sich, dass sich in der Nähe des Optimums jedesmal zwei Schwellen fanden, eine schärfere nach der Seite der schwachbrechbaren Strahlen hin, eine schwächere Schwelle nach der Seite der stärkerbrechbaren Strahlen hin. Hier unten folgt ein Beispiel eines solchen Versuches. Nach einer drei Sekunden langen Belichtung, erfolgte keine Reaktion. Nach einer vier Sekunden langen Belichtung, tratt ge- wöhnlich über eine kleine Zone schwache Reaktion auf; ZuB.: Belichtungszeit: vier Sekunden. Die Pflänzchen stehen von 522 un—455 um. Ergebnis: 60 0 (522 wu) + (482 um) + 4- -H ? (460 An) 0 Bei diesem Versuch waren die Grenzen scharf. Bei andern Versuchen fand man die Grenzen nach einer 4 Sekunden langen Belichtung noch näher beisammen, sie waren aber oft auch unbestimmter. Als mittlere Grenzen wurden gefunden: für eine 4 Sekunden lange Belichtung 478 uu und 466 au. Zwischen diesen Wellenlängen fand sich also das Optimum in dem benutzten Spek- trum, d. h.21meindize. Nach der Seite der stärkerbrechbaren Strahlen hin wurde noch die Grenze bei einer 6 Sekunden langen Belichtung mit der Bogenlampe bestimmt. Sie lag bei 448 uu. Nach der Seite der schwächerbrechbaren Strahlen hin, wurde eine Reihe von Bestimmungen gemacht, aus welchen man ausser der Stelle 478 au bei einer 4 Sekun- den langen Belichtung noch 5 feste Stellen erhielt. 61 Es zeigte sich dabei, dass je länger die Belichtung dauerte, die Grenze sich immer weiter nach den schwächerbrechbaren Strahlen hin verschob. Von einer zunehmenden Wirkung im Rot und Infrarot war hier nicht die geringste Spur zu beobachten, obgleich die Pflanzenreihe sich bis ins Infrarot erstreckte. Die längsten Belichtungen waren hier sieben Viertelstunden, das ist die Zeit, worin ein paar Kohlen verbrannten. Als Beispiel diene folgender Versuch: Belichtungszeit: 1 Stunde 45 Min. = 65300 Sek. Die Pflänzchen stehen von + 800 au bis 485 un. Ergebnis: in dem stärkerbrechbaren Teil dieser Strahlen deutliche Krümmungen, die nach der schwächerbrech- baren Seite hin mit einer ziemlich scharfen Grenze auf- hören. Diese Grenze liegt bei + 530 au. Alle andern Pflänz- chen in den schwächerbrechbaren Strahlen stehen aufrecht. Von einem derartigen Versuch findet man eine Abbil- dung mit Erklärung am Ende dieser Arbeit. Im Durchschnitt wurde die Grenze für 6300 Sek., d. i. also fast 1600 mal 4 Sekunden, bei 534 uu gefunden, d. i. im gelblichen Grün. Das zusammengefasste Ergebnis der Bestimmungen mit dem Bogenlichte ist nun folgendes: Belichtungsdauer Stelle der Schwelle im Spektrum 6300 Sek. 534 um 12007, DLOE 120°; 499 „ id, \, 491 „ Sr 487 „ u 418 , Kai Fa ee 466 „ 62 Besser wäre es gewesen, wenn auch die violetten und ultra-violetten Teile mit dem Bogenlichte untersucht worden wären. Es befand sich aber im Ende des sicht- baren Teiles des Spektrums ein sehr helles, schmales Band. Es gelang mit keinem Mittel diese Unregelmässigkeit zu entfernen und es zeigte sich sogar später beim Entwerfen eines Normalspektrums mit einem Gitter, dass auch da dasselbe sehr helle Band auftrat. In Bezug hierauf ist es auffallend, dass Nichols a. Franklin (1889) in einem Artikel über das Spektrum des Bogenlichtes melden, dass das Bogenlicht ein äusserst helles, schmales Band im Vio- lett aufweise. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass die oben beschriebene Erscheinung eine Eigenschaft des Bogen- lichtes ist, und einem Fehler in der Aufstellung oder den Reflektionserscheinungen in der Projektionslaterne nicht zuzuschreiben ist. Es ist für den Pflanzenphysiologen von genügendem Interesse, dass hier auf diesen Artikel und auf diese Tatsache hingewiesen wird. Im Hinblick auf Langleys Energieangabe für das Bogenlicht, worin diese Besonderheit nicht vorkommt, schien es sicherer für diesen Teil des Spektrums zum Sonnenlicht überzugehen, obgleich es zu bedauern war, dass für diese eine Untersuchung zwei verschiedene Lichtquellen benutzt werden mussten. Da wegen des Anfangs des neuen Semesters der Gehörsaal mir nicht mehr zur freien Verfügung stehen sollte, blieben nur noch einige Tage für diese Versuche übrig. Hierdurch wurden die Bestimmungen aufeine kleine Zahl beschränkt. Zum Glück waren es heitere Herbsttage mit wolkenlosem Himmel. Die Berechnung dieser sämmtlichen Versuche ergab die unten folgenden Zahlen. Man bedenke hierbei, dass diese Belichtungszeiten nicht direkt zu vergleichen sind mit denen der Bogenlichtbestimmungen, da die Intensität in beiden Reihen von Versuchen eine ganz andere war. 63 Nach einer 4Sek. langen Belichtung, Krümmungen bis 436 zu ” ” 6 ” ” D) ” 426 „ al: s 5 E 392 „ lo; x 3 Fr 372 „ Bu 300: 5 r 364 „ Es zeigte sich hier also, dass eine 5 Minuten lange Belichtung schon genügte, um noch Krümmungen bis ins Ultra-Violett hervorzurufen. Dies konnte bei dieser Be- lichtungszeit von 5 Minuten nicht durch anderes Licht verursacht sein, denn ein weisses Blatt Papier, das man an diese Stelle hielt, war für das Auge durchaus un- sichtbar. Bei diesem Punkte wurden die Bestimmungen einge- stellt. Es zeigte sich deutlich, das schon bei 364 au im Ultra-Violett die Empfindlichkeit sehr abgenommen hatte, und etwas wirklich Neues konnte eine fortgesetzte Unter- suchung nicht mehr bieten. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse wird erst durch die nötigen, vorzunehmenden Umrechnungen ermöglicht. $18. Das absolute Empfindlichkeitsverhältnis. Das Empfindlichkeitsverhältnis für die oben erwähnten Wellenlängen wird für das gebrauchte Spektrum durch die umgekehrten Werte der bei diesen Wellenlängen ge- fundenen Belichtungszeiten angegeben. Das gebrauchte Spektrum ist aber abhängig von der Dispersion durch das Prisma und von der benutzten Lichtquelle, d. h. von der Verteilung der Energie dieser Lichtquelle im Normalspek- trum. Diese beiden Faktoren müssen also eliminiert wer- den, damit man von dem Empfindlichkeitsverhältnis für verschiedene Wellenlängen ein richtiges Bild erhält, unabhängig vom benutzten Spektrum; ein Bild, das absolut 64 ist und unmittelbar vergleichbar ist mit allen andern auf diese Weise erhaltenen Vorstellungen von Prozessen, die dem Einfluss verschiedener Wellenlängen unterwor- fen wurden. Für eine ausführliche Beschreibung dieser Umrechnun- gen muss nach andern Quellen verwiesen werden. Nur kurz wird hier die Berechnung mitgeteilt. Langley (1834) giebt S. 230--232 die Methode an für die Berechnung der „Distribution of energy in the normal spectrum. (Transformation from the Prismatic to the Nor- malspectrum).” Diese selbe Methode ist nun anzuwenden auf die Trans- formation der Empfindlichkeitsverteilung für das pris- matische Spektrum in die für das Normalspektrum. Dies mag aus Folgendem erhellen. Nennen wir a den Faktor, womit die Energie für eine gewisse Wellenlänge aus dem prismatischen Spektrum multipliziert werden muss, um die Energie für diese selbe Wellenlänge im Normalspektrum zu erhalten. Ist nun Z die Präsentationszeit für diese Wellenlänge im prismatischen Spektrum, so wird . die Präsentationszeit dieser Wellenlänge im Normalspektrum sein, da die Prä- sentationszeit sich umgekehrt zu der Stärke der Energie verhält. Und da die Empfindlichkeit in umgekehrtem Verhältnis zu der Präsentationszeit steht, so wird die Empfindlichkeit für die Wellenlänge im Normalspektrum TER a in geradem Verhältnis zu z Stehen. Um also das Verhältnis der Empfindlichkeit für das prismatische Spektrum in die für das Normalspektrum J: r fr US: W., BE, aus dem prismatischen Spektrum mit denselben Faktoren | as Te | zu transformieren, multipliziere man die Werte 65 @', @', u.s. w., womit die Energie des prismatischen Spek- trums jedesmal multipliziert werden muss, um die des Normalspektrums zu erhalten. Diesen Faktor a berechnet man einfach aus der Dispersions- kurve des gebrauchten Spektrums. Ist diese Dispersions- kurve so gezeichnet, dass die Wellenlänge des prismati- schen Spektrums auf der Abscissenaxe abgemessen ist, so ist der Faktor «a für eine gewisse Wellenlänge gleich dem Tangens des Winkels, den die Berührungslinie an der Kurve für diese Wellenlänge mit der Ordinatenaxe bildet. (Siehe die ausführlichere Beschreibung Langleys.) Auf diese Weise wurden die Werte a also berechnet für die Wellenlängen, wofür die Empfindlichkeit bestimmt war. a Fi Hier unten folgen nun die Zahlen —; wobei also wie- der die Bogen- und Sonnenlichtbestimmungen gesondert gehalten werden müssen: K£ il 534 gm 6300 ? 12 u 1200 125 299, 150 1.38 491 , Er 487 DS e) 48 178 , E= .67 466 , — 1,9 448 , Ara und: e- 66 436 um = „ 6 90 61 392 „ 9 er on 120 8,89 ei 300: Diese Zahlen geben die Empfindlichkeitsverhältnisse an für das Normalspektrum. Nun muss noch die ungleiche Energieverteilung berücksichtigt werden. Für die Energieverteilung des Sonnenlichtes wurde die mittlere der drei Kurven benutzt, welche Langley 8.32 giebt, da die Umstände, unter welchen dieselbe bestimmt wurde, am meisten übereinstimmen mit denen, worunter die hier angestellten Versuche stattfanden. Hieraus wurde das Verhältnis der Energie für die oben genannten Wel- lenlängen 436 bis 364 «u bestimmt. Langleys Angabe für das Bogenlicht findet man in Kayser (Bd. II) S. 127. Diese Angabe gilt für ein prismatisches Spektrum, aber die zudem noch hinzugefügten Anweisungen ermöglichen die Umrechnung dieser Zahlen auf das Normalspektrum. Aus der auf diese Weise erhaltenen Energiekurve liessen sich wieder die Zahlen bestimmen, welche das Verhältnis der Energie für die betreffenden Wellenlängen angeben. Die Empfindlichkeit steht in umgekehrtem Verhältnis zu der gebrauchten Energiemenge, also werden die oben erwähnten Zahlen, welche das Empfindlichkeitsverhältnis im Normalspektrum bezeichnen, jedesmal durch die aus den Energiekurven gefundenen Werten dividiert. Merl 67 Auf diese Weise wurden folgende Zahlen gefunden: 534 um 0,34 510, 1,96 499 „ 20 491 „ 175 487 „ 546 418 „ alrı 466 „ 354 448 „ 825 und: 436: ;, 121 426 „ 635 3327; 427 312 ., 276 364 „ 154 Diese Zahlen geben also das absolute Verhält- nis der Empfindlichkeit für verschiedene Wel- lenlängen. Die Zahlen der Bogenlichtbestimmungen sind aber nicht direkt vergleichbar mit denen der Son- nenlichtbestimmungen. Aus diesen Ziffern wurde nun die Kurve aufgezeichnet, deren Abbildung sich auf Tafel XXIII befindet. Dieselbe besteht aus zwei Teilen, der eine aus den Zahlen des Bogenlichtes, der andere aus denen des Sonnenlichtes. Letztere nun sind auf eine solche Skala übertragen, dass dieser Teil der Kurve sich fast ohne merklichen Übergang dem anderen Teil anschliesst. Überträgt man dieses Stück auf eine etwas grössere oder etwas kleinere Skala, so wird man sehen, dass die Kurve in ihrem ruhigen Verlauf unterbrochen wird. Es schien mir daher erlaubt, die zwei Teile der Kurve auf diese Weise sich anschliessen zu lassen. Jedoch ist die Verbindung punktiert angegeben. 68 Schliesslich sei noch hervorgehoben, dass die auf diese Weise erhaltene, absolute Kurve einen ziemlich grossen Unterschied mit derjenigen Kurve aufweist, wobei diese notwendigen Umrechnungen nicht stattgefunden haben. salye FResultat Aus der Untersuchung für Avena erhellt: dass die Empfindlichkeit für die schwächer- brechbaren Strahlen bis ins Grün äussertgering ist, und zwar in dem Masse, dass dieselbe bei 534 um 2600 mal geringerist als für die Wellen- länge, wobei die maximale Empfindlichkeit liegt; dass diese Empfindlichkeit bis ungefähr 500 au gering bleibt, aber von 500 au an sehr gross wird, um ihr Maximum noch im Indigo bei + 465 un zu erreichen; dass sie im Violett abnimmt, auf der Grenze des Violetts und Ultravioletts bei 390 wu nur halb so gross ist als bei dem Maximum, aber doch im Ultraviolett bei 365 au noch ungefähr den vierten Teil ihres Maximalwertes beträgt. Nachdrücklich sei aber darauf hingewiesen, dass die Empfindlichkeit für die schwächerbrechbaren Strahlen bis in das Grün hier „äusserst gering” genannt wird und von einer Un-empfindlichkeit für diese Strahlen nicht die Rede ist. Durch starke Erhöhung der Intensität und Verlängerung der Expositionszeit werden die Krümmungen noch durch die Wirkung von bedeutend schwächer brechbaren Strahlen hervorgerufen als es in diesen Versuchen der Fall war. Dies ist ganz in Übereinstimmung mit dem, was für die photographischen Platten gilt, die auch für die schwach- brechbaren Strahlen zwar äusserst wenig empfindlich, aber 69 nicht ganz un-empfindlich sind. Es ist daher in derartigen Fällen vorsichtiger, nicht, wie das ja so oftin der Pflanzen- physiologie geschieht, eine scharfe Trennung zu machen zwischen einer wirkenden und einer nicht wirkenden Hälfte des Spektrums. Versuche mit Phycomyces nitens. $20. Ausführung und Ergebnis dieser Versuche. Nach den oben angestellten Betrachtungen über das Empfindlichkeitsverhältnis von Avena sativa für die ver- schiedenen Wellenlängen, drängt sich die Frage an uns auf, ob dieses Verhältnis auch für die phototropische Empfindlichkeit anderer Pflanzen gilt, und wo nicht, in wie weit Differenzen auftreten. Es wäre sehr erwünscht und könnte vielleicht zu überraschenden Resultaten führen, wenn diese KEmpfindlichkeitskurven für verschiedene Pflanzengruppen aufgezeichnet würden. Ich musste mich aber in dieser Untersuchung auf die für Avena angestellten Versuche beschränken, da Versuche mit noch andern Pflanzen zu viel Zeit genommen hätten. Dennoch wurde, nachdem die im ersten und dritten Kapitel beschriebenen Versuche zu Ende geführt waren, noch eine kurze Unter- suchung mit Phycomyces im Spektrum vorgenommen. Auf dieselbe darf man keinen zu grossen Wert legen, da nur etwa fünf Stellen im Spektrum untersucht wurden und da es bei der starken phototropischen Variabilität von Phycomyces notwendig gewesen wäre, eine grosse Zahl von Versuchen für jede dieser Stellen vorzunehmen, wo- für die Zeit fehlte. Die Kultur der Pflänzchen geschah auf die gewöhnliche Weise und die Kulturen unter den Glasglocken wurden T. 70 sammt und sonders in der oben beschriebenen Dose in das Spektrum gestellt. Dann wurden sie während ver- schiedener Zeiten belichtet, und sodann wurde ganz auf die früher beschriebene Weise darauf geachtet, welche von den verzeichneten aufrecht stehenden Individuen nach 15—25 Minuten eine Krümmung aufwiesen. Die Belichtungszeit, bei welcher die Anzahl der gekrümmten Individuen ungefähr 50 °/, war, wurde dann als Schwelle für diesen Teil des Spektrums angenommen. Da die Indi- viduen von jeder Kultur jedesmal eine Zone von +3c.M. einnahmen, war jede untersuchte Stelle im Spektrum eigentlich eine kleine Zone. Bequemlichkeitshalber wird aber nur die Wellenlänge in der Mitte einer solchen klei- nen Zone angegeben werden. Ergebnis der Versuche. Wellenlänge 615 um. Belichtungszeit 24 Sek. Krümmungen 0 „ 48 ” ” % r 64 „ “ 3 von den 11 geprüften Pflan: „ 128 2 „ 6) 2 ”„ 20 ”„ ”„ » 192 ” ” I ” ”„ 20 ” ”„ (42 II. Wellenlänge 550 uw. Belichtungszeit 32 Sek. Krümmungen ? ’ 128 7,5 £ S von den 20 geprüften Pflanz 192 ”„ ” 5 ” ”„ iR ” ”„ (41 III. Wellenlänge 495 uw. Belichtungszeit 8 Sek. Schwache Reaktion. » 2 16 „ Krümmungen 7 von den 15 geprüften Pflanzen 32 ” ” 11 ” ” 18 ” 2 IV. Wellenlänge 450 un. shtungszeit 2 Sek. Krümmungen 0 > 4, ” ? r Sn: 5 3 von den 12 geprüften Pflanzen. = Bee, R SAN sv LO 5 4 i 32, 5 Or ER AT u „(45°/,) V. Wellenlänge 420 wu. chtungszeit 16 Sek. Krümmungen 3 von den 16 geprüften Pflanzen’ n SER n N ENERL IE. E 5 R 64 „ 5 NT, 5 „(44 °/,) Man sieht aus I und IV wie stark die individuelle Variation ist. Wenn auch deshalb die Reihe der hier gesammelten Zahlen zu klein ist, um mit grosser Gewiss- heit das Empfindlichkeitsverhältnis bestimmen zu können, so ist doch dieses Verhältnis wohl im Grossen und Ganzen daraus zu entnehmen. Nach diesen Ziffern reagiert näml. 44—47 °/,der Exemplare: bei 615 #u nach einer 192 Sek. langen Belichtungszeit. 050. 5, A ae nr, N = do , 5 Ri 16; ® 5 u Ab ., Rn P ae, r 3 Br A2D, R R 64... e " Der umgekehrte Wert dieser Belichtungszeiten ergiebt also ungefähr das Empfindlichkeitsverhältnis für die ent- sprechenden Wellenlängen im benutzten Spektrum. Zur Beurteilung dieses Ergebnisses wird es nötig sein, diese Zahlen erst umzurechnen, wie dies bei Avena geschehen ist. Die hier bei 615 «« und 550 «u anscheinend gleich grosse Empfindlichkeit wird für 615 au geringer erscheinen als für 550 «u, da im benutzten Spektrum die Energie bei 615 uu grösser ist als bei 550 mu. Ebenso wie bei den Versuchen mit Avena mussten obige Zahlen also wieder umgerechnet werden. Aus einer Zeich- nung der Dispersionskurve des bei diesen Versuchen be- nutzten Spektrums wurde wieder der Faktor a für jede der oben genannten Wellenlängen bestimmt. Diese Fak- toren, durch die oben gefundenen Belichtungszeiten dividiert, ergaben die Zahlen, welche das Empfindlichkeitsverhältnis im Normalspektrum darstellen. Darauf wurde aus der Bogenlichtenergiekurve das Verhältnis der Energiestärke für diese Wellenlängen bestimmt, und sodann wurden die im Normalspektrum gefundenen Zahlen für die Empfind- lichkeit jedesmal durch diese Energiewerte dividiert. Hieraus ergab sich: für 615 um 1,07 ERODUFE, 1,34 Ad 15,3 Kardon 13,5 ee 12,0 Diese Zahlen bezeichnen also das absolute Empfindlich- keitsverhältnis. Wenn auch die Zahl dieser Angaben etwas klein ist, so ermöglichte sie doch die Aufzeichnung einer Kurve, die auch auf Tafel XXIII abgebildet ist. Hieraus lässt sich auf folgendes Ergebnis schliessen : Die Empfindlichkeit von Phycomyces beträgtim Orange bei 6l5uu ungefähr -; vom Maximalwert und nimmt im Orange und Gelb nur wenigzu; sie steigt im Grün schnell und erreieht noch im Blau ihr Maximum, nach diesen Ziffern bei 495 au; darauf nimmt die Empfindlichkeit im Violett ab. 821. Zusammenfassung und Literatur- besprechung. Die Empfindlichkeitskurven von Avena und von Phyvo- myces stimmen, was die Form betrifft, sehr überein. Von den schwächerbrechbaren Strahlen nimmt die Empfind- lichkeit nach der Seite der stärkerbrechbaren hin erst langsam zu, dann steigt diese Empfindlichkeit ziemlich plötzlich sehr rasch und erreicht bald, in beiden Fällen schon vor dem Violett, ihr Maximum, um darauf schon im Vioiett stark abzunehmen. Die beiden Kurven unterscheiden sich dadurch, dass die Empfindlichkeit von Phycomyces im Gelb und Rot bei weitem nicht so gering ist als bei Avena und die maximale Wirkung mehr nach der Seite der schwächerbrechbaren Strahlen liegt. Es ist von grosser Wichtigkeit, sowohl die Übereinstimmung als den Unterschied dieser beiden Kurven zu beachten. Statt hierauf aber näher einzugehen, möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Literatur lenken. Wiesner (1878) gibt eine ausführliche Übersicht der bis zu seiner Zeit verrichteten Untersuchungen auf diesem Gebiet. Diese Untersuchungen ergaben die verschiedensten Resultate. Auch wenn man nur die im Spektrum ange- steilten Versuche in Betracht zieht, zeigt es sich, dass die Ergebnisse zu welchen Payer,Gardner, Guillemin und Wiesner gelangten, sehr verschieden sind. Wiesner kommt in seiner Untersuchung u. A. für Vicia sativa zu dem folgenden Resultat, S. 190: „Heliotropisch stark krümmungsfähige Organe (z.B. etio- lirte Keimstengel der Saatwicke) krümmen sich am stärksten an der Grenze zwischen Ultraviolett und Violett; von hier sinkt die heliotropische Kraft der Strahlen allmählich bis Grün, im Gelb ist dieselbe gleich Null, beginnt im Orange und steigt continwirlich, um im Ultrarot ein zweites (kleineres) Maximum zu erreichen.” Sodann giebt er S. 191 eine Kurve für die Empfindlich- keit im Spektrum aus den umgekehrten Werten der Re- aktionszeiten. Im zweiten Teil seiner Untersuchungen (1880) kommt Wiesner S. 83 und 89 zu einem ähnlichen Resultat für Pilobolus erystallinus und Coprinus niveus, aber nicht im Spektrum, sondern beim Gebrauch von Strahlenfiltern. Man sieht, dass der Unterschied zwischen diesen Resul- taten und denen, welche die Untersuchungen mit Avena und Phycomyces ergaben, bedeutend ist. In den Untersuchungen von Wiesner und andern frühern Untersuchern ist weder die Dispersion, noch die Energieverteilung der Lichtquelle berücksichtigt worden. Aber selbst wenn diese Fehler ausgeglichen worden wären, so würde der Unterschied der Ergebnisse doch gross bleiben, sich sogar zum Teil noch grösser erweisen. Wir brauchen aber keinen Augenblick an der richtigen Beobachtung der Tatsachen durch diese Forscher zu zweifeln. Die Ursache des Unterschiedes ist zu erklären aus dem Umstande, dass zum Bestimmen der Empfindlichkeit Reaktionszeiten ge- wählt wurden. Dass diese Methode unrichtig ist und die verschiedensten Ergebnisse veranlassen kann, dies alles wird im dritten Kapitel behandelt werden. Die Bestimmung der Wirkung der verschiedenen Wel- lenlängen auf verschiedene Prozesse hat nur noch selten so stattgefunden, dass das Verhältnis der Wirkungen in absolutem Masse, unabhängig von dem benutzten Spek- trum angegeben wurde. Dadurch ist es noch nicht mög- I [1 lich die phototropische Wirkung von Avena schon mit vielen anderen Wirkungen zu vergleichen. Die Empfindlichkeit des menschlichen Auges für die ver- schiedenen Wellenlängen hingegen, hat man schon in einem absoluten Verhältnis angegeben. Schon früher habe ich erwähnt, wie dies geschieht, indem man mit einem Spektrophotometer die neutralen Schwellenwerte bestimmt und in dem reziproken Wert der Spaltenbreite angibt. Sodann erfolgen die erforderlichen Umrechnungen. Für die Beschreibung dieser Bestimmungen sei nach Krarup (1906) verwiesen. Beiläufig sei hier bemerkt, dass auch Pflüger (1902) mit mehreren Beobachtern gemeinschaft- lich solche Bestimmungen verrichtet hat. Es ergaben sich starke, individuelle Abweichungen und die Kurven wiesen oft zwei sich nahe liegende Gipfel auf. Hier wird aber nur die Beschreibung von Krarup in Betracht kommen, da sie besonders dazu geführt hat diese Methode auf die Pflanze zu übertragen. Krarup benutzt hier die Bestim- mungen von König und rechnet dieselben sodann von neuem in ihr absolutes Verhältnis um. Man achte beson- ders auf Tabelle VI S. 21 und sodann auf die aus diesen Zahlen berechnete Kurve a, Fig. II, S. 23. Diese „Kurve für die Reizempfindlichkeit der Retina vom benutzten Spek- trum unabhängig”, ist zugleich mit den Kurven für Avenda und Phycomyces abgebildet, und zwar auf einer solchen Skala, dass die Ordinaten für das Maximum in den drei Kurven dieselbe Länge haben. Man sieht, wie sehr die drei Kurven in Form übereinstimmen. Sie steigen von der Seite der schwächer brechbaren Strahlen erst lang- sam an, erreichen dann rasch ein Maximum und fallen darauf mehr oder weniger stark im Violett. Sie unterscheiden sich durch die Lage des Maximums, das für die mensch- liche Gesichtsempfindung bei + 505 au, für Phycomyces bei + 495 un, für Avena bei + 465 uw liegt. Weiter ist das 16 Gebiet von Avena am meisten beschränkt, während die Empfindlichkeit von Phycomyces vom Gelb nach dem Rot hin nur wenig abnimmt. Die grosse Übereinstimmung in diesen Kurven lässt auf eine grosse Übereinstimmung in der Einwirkung der Lichtstrahlen auf diese sehr verschiedenen Organismen schliessen. Dieser Umstand macht die Wahrscheinlichkeit, dass es chemische Stoffe sind, die zuerst den Lichtreiz aufnehmen und also einer photochemischen Wirkung unterzogen werden, um zu grösser. Wie Garten (1908) S. 133 bemerkt, spricht auch Hering für das menschliche Auge von „Empfangsstoffen” in der perzipirenden Schicht. Die Übereinstimmung in der Form der Kurven lässt dann auf Übereinstimmung in diesen photochemischen Prozessen schliessen; der Unterschied der Kurven, besonders was die Lage des Maximums betrifft, vielleicht auf die Ver- schiedenheit der betreffenden Stoffe. Während in der spektralen Empfindlichkeit beim Menschen und bei der Pflanze eine grosse Übereinstimmung zu kon- statieren war, zeigt sich andererseits Übereinstimmung mit photochemischen Prozessen. Hierbei ist die Licht- wirkung auf lichtempfindliche Stoffe gemeint. Eine Kurve, wobei die erforderliche Umrechnung zu einem absoluten Verhältnis stattgefunden hat, welche also wirklich un- mittelbar mit den hier erwähnten Kurven vergleichbar ist, gibt es, so weit mir bekannt ist, nicht. Rigollot (1891) hat die Wirkung der verschiedenen Wellenlängen mit einem elektrochemischen Aktinometer bestimmt. Er stellt die jedesmalige Wirkung beim Ge- brauch von NaCl, NaBr und NaJ in Kurven dar, welche man auch bei Ostwald S. 1041 abgebildet findet. Be- sonders diejenige, welche die Einwirkung auf NaCl angibt, 7 stimmt, was die Form betrifft, ziemlich genau mit den oben beschriebenen Kurven überein. Für die Liehtwirkung auf lichtempfindliches Papier wird gewöhnlich die Schwärzung als Mass für die Empfind- lichkeit gebraucht und ein Schema ungefähr nach dem Grad der Schwärzung entworfen. Ähnliche Abbildungen findet man u. A. in Eders „Handbuch der Photo- graphie” Bd IV S. 42, so wie in „Photographische Korres- pondenz” 1902 S. 507. Es empfiehlt sich dabei auf das Schema für Chlorsilberpapier (das Bunsen- und Roscoe’sche Normalpapier) aufmerksam zu machen, das Wiesner und Figdor als Photometerpapier bei phototropischen Versuchen verwendeten. Das Maximum der Schwärzung liegt für Chlorsilberpapier nach dem Schema unweit 400 un, wie auch Eder (1902) es ausdrückt: „Indem das Chorsilberpapier das Maximum der Wirkung im Violett am der Grenze des Ultraviolett besitzt.” Dieses Maximum ist also sehr weit entfernt von den Maxima des Phototropis- mus von Avena und Phycomyces; auf der Tafel, wo sich die Abbildungen der Kurven finden, ist die Stelle dieses Maximums bei 402 uu bezeichnet, (nach der Abbildung bei Eder). Es ist also klar, dass kein Grund besteht bei phototropischen Versuchen die Lichtstärke in Bunsen-Roscoe’schen Einheiten anzugeben; die Angabe in Meterkerzen nach dem menschlichen Auge ist dann wenigstens noch richtiger. In Bezug auf die beschriebenen Versuche kann noch Folgendes bemerkt werden. Es ist klar, dass für die Bestimmung der Empfindlichkeit für verschiedene Strahlen die flüssigen oder gläsernen Strahlenfilter untauglich sind, es sei denn, dass man zuvor für jede Lösung und jedes Glas für eine bestimmte Lampe die absolute Energiestärke bestimmte, in weichem Fall man aber doch noch mit einer Zone aus dem Spektrum arbeitet, über welche diese 78 Energie zudem ungleich verteilt ist. Nur für Demonstra- tionen oder orientierende Versuche sind solche Strahlen- filter zu benutzen. In diesem Fall sind z.B. die von Nagel (1898) beschriebenen Lichtfilter zu empfehlen. Weiter zeigte es sich z.B. für Avena, dass bei der Auf- stellung der Versuche und bei der Wahrnehmung im Dunkeln, der Gebrauch von photographischen, roten Lampen sehr anempfehlenswert ist. Man nehme sich aber hierbei in Acht und überzeuge sich erst, ob das Versuchsobjekt für dieses Licht sehr wenig empfindlich ist. Denn bei Versuchen mit Phycomyces zeigt es sich, dass man jedes- mal nur sehr kurz schwaches Licht einer roten Lampe benutzen kann, da Phycomyces auch für rotes Licht noch ziemlich empfindlich ist. Überhaupt soll man sehr vor- sichtig verfahren, da auch beim Gebrauch von „rotem” Licht sogar bei einem Objekt wie Avena schliesslich noch Krümmungen, wenn auch schwach, auftreten, wenn näm- lich starkes Licht lange Zeit einwirkt. Das rote Licht wurde in diesen Versuchen hergestellt indem man eine Sachs’sche Glocke mit einer Saffraninlösung über eine Nernstlampe stellte. Stellt man nun die Avena-Keimlinge dem Lichte ziemlich nahe (in einer Entfernung von 25 eM.), so treten nach 1% bis 2 Stunden schwache Krümmungen an den Spitzen auf. Darum gebrauche man derartige photo- graphische Lampen immer nur kurz und mit geringer Intensität. Es ist geradezu nötig für einen solchen Zweck starke rote Lösungen anzuwenden, keine orange oder gelbe Filter. Saffranin eignet sich sehr dafür, obgleich auch noch Orange-Licht mit durchgelassen wird. Farben wie Orange-G oder das neulich von Pringsheim (1908) empfohlene Methylorange lassen auch in starken Lösungen noch etwas Grün durch, und das so oft benutzte Kaliumbichromat enthält noch ziemlich viel Grün und wirkt noch bedeutend 79 phototropisch auch auf ein Objekt wie Avena. Durch Verringerung der Intensität und Belichtungsdauer wird aber immer die phototropische Wirkung am stärksten und am sichersten herabgesetzt. Die Ausdehnung dieser spektralen Untersuchungen kann noch verschiedene Resultate gewähren. So drängt sich die Frage an uns auf, welchen Einfluss eine Vorbe- lichtung in schwachem, weissem Lichte hat; die Möglich- keit wäre näml. nicht ausgeschlossen, dass die Pflanze dadurch für weniger wirksame Strahlen sensibilisiert würde, wie Becquerel (1845) dies für photographische Platten bewiesen hat und wie dies nach Wiesner (1877) für das Entstehen von Chlorophyll in den ultra-roten Strahlen der Fall ist. Ein paar Versuche wurden in die- sem Sinn angestellt. In schwachem Licht wurden einige Avena-Keimlinge ungefähr 15 Minuten vorbelichtet; das Licht war so schwach, dass diese Lichtquantität ungefähr die Hälfte des Schwellenwertes belief. Darauf wurden sie sofort ein paar Minuten in starkes, rotes Licht gestellt. Krümmungen traten aber nicht auf und die Pflanzen waren unter diesen Umständen also nicht sensibilisiert worden. Jedoch darf man aus diesen vereinzelten Ver- suchen keine bestimmte Schlussfolgerungen machen. Eine andere Frage ist diese, welchen Einfluss Belich- tungen über die Präsentationszeit in einem 'ichtstarken Spektrum auf die Reaktion haben. Diese Frage wird im dritten Kapitel erörtert werden. Jedoch von alledem bleibt die Erforschung der Empfind- liehkeitskurven für verschiedene Pflanzen und für ver- schiedene Prozesse überhaupt am wichtigsten. Es ist natürlich möglich, dass bei den verschiedensten Organismen SToSsse Übereinstimmung herrscht, es kann aber ebenso gut möglich sein, dass zwischen verschiedenen Gruppen be- stimmte Abweichungen auftreten. so Erst nachdem viele Tatsachen gesammelt worden sind, wird eine Vergleichung der Resultate etwas wichtiges bieten können, auch wenn die Tierphysiologie mit der pflanzlichen Physiologie, und diese wieder mit photo- chemischen Prozessen verglichen wird. Vielleicht wird es möglich sein so auf einem gewissen „spektral-analy- tischen” Wege auch etwas Näheres für die Reizphysio- logie, in erster Linie über die Art der Stoffe, welche den Lichtreiz perzipiieren, zu erfahren. DRITTES KAPITEL. ÜBER DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN POSITIVEN UND NEGATIVEN ETSCHEINUNGEN. $ 22. Einleitung. Im ersten Kapitel ist bewiesen worden, dass bei jeder Intensität positiver Phototropismus auftreten kann, da die Entstehung positiver Krümmungen nur von der Energie- menge, welche die Pflanze empfängt, abhängig ist. Es ist auch hervorgehoben worden, dass dieser Umstand der herrschenden Auffassung, nach welcher die positiv photo- tropische Pflanze für höhere Intensitäten indifferent wäre und sogar auf sehr hohe Lichtstärken nur negativ reagieren sollte, nicht entspricht. Es wird sich aber herausstellen, dass das oben erwähnte Ergebnis den von frühern Forschern gefundenen Tatsachen nicht widerspricht, sondern nur die Auffassung der Rolle, welche die Intensität an und für sich im phototropischen Prozess zu erfüllen hätte als an- fechtbar hinstellt. Es war im ersten Kapitel nur die Rede von der positiven Reaktion und es zeigte sich daselbst, dass diese immer, sogar bei der stärksten Variation der Reizdauer und der Lichtstärke, auftreten kann, wenn nur ein bestimmtes, konstantes Quantum Licht zugeführt wurde. Nun hat sich aber bei verschiedenen Pflanzen als Tatsache erwiesen, dass bei einer gewissen Belichtung (weit über die gewöhnliche Reizschwelle) keine Krümmungen auftraten, die Pflanzen vielmehr durchaus gerade blieben, und es ist 6 82 eine bekannte Sache, dass die mit Phycomyces angestellten Untersuchungen von Oltmanns sogar negative Licht- krümmungen ergaben. Die Frage wäre erlaubt, unter welchen Belichtungsverhältnissen denn doch diese Erschei- nungen auftreten, die den positiven Erscheinungen entge- gengesetzt sind, und weiter ob man bei dem nicht Auftre- ten einer Krümmung wohl schliessen darf, dass die Pflanze für diese Belichtung indifferent wäre. Bei der Untersuchung der Beziehungen, welche zwischen positiven und negativen Erscheinungen bestehen, lag es natürlich auf der Hand Phycomyces zu wählen, wobei sowohl positive als negative Krümmungen konstatiert worden waren. Nach Beendigung der Untersuchungen mit Phycomyces, welche viel Zeit in Anspruch nahmen, wurde überdies noch eine Anzahl von Versuchen mit Avena angestellt, um ausfindig zu machen, in wie weit hier Erscheinungen auftreten, die mit dem bei Phycomyces gefundenen Er- sebnis Übereinstimmung aufweisen. In diesem Kapitel werde ich also versuchen, diese posi- tiven und negativen Erscheinungen zu analysieren, um zu erfahren unter welchen Belichtungsverhältnissen sie auftreten und welche Beziehungen sie zu einander haben. Versuche mit Phycomyces nitens. $ 23. Ausführung der Versuche. Im ersten Kapitel ist bewiesen worden, dass für alle Kombinationen von Belichtungsdauer und Lichtstärke immer ein gleich grosses Quantum Licht zugeführt werden muss, um eine positive Krümmung in ihrem allerersten Anfang auftreten zu sehen. Die Frage liegt auf der Hand, 83 was geschehen wird, wenn wir nun oberhalb der Schwelle das Quantum Licht allmählich zunehmen lassen; muss man doch auf diese Weise auch die negativen Erschei- nungen auftreten sehen. Die Lichtmenge kann vergrössert werden, indem man bei einer gewissen Lichtintensität die Zeit zunehmen lässt, oder indem man während einer festen Zeit immer wieder eine höhere Lichtstärke einwirken lässt. Damit man einen Eindruck bekommt von der Weise, wie die verschiedenen Lichtquantitäten auf den Phototropismus wirken, ist es nötig die Wirkung aller erdenklichen Kom- binationen von Zeit und Intensität kennen zu lernen. Praktisch verfährt man also am besten, wenn man eine Anzahl stark differierender Lichtstärken mit einer Anzahl verschiedener Zeiten kombiniert. Je grösser die Anzahl der Kombinationen ist, mit um so grösserer Gewissheit kann man aus den gefundenen Zahlen Schlussfolgerungen ziehen. Es stellte sich denn auch bei den hier mit Phy- comyces angestellten Versuchen heraus, dass eine grosse Anzahl Bestimmungen nötig war, um sich eine einiger- massen klare Vorstellung von dem Einfluss der ver- schiedenen Lichtquantitäten zu machen. Es wurde dazu die phototropische Wirkung von gut fünfzig verschiedenen Kombinationen von Zeit und Intensität beobachtet. Für die Kultur und die Beobachtungsmethode sei auf den ersten Kapitel verwiesen. Ich möchte hier nur das Resultat kurz in Tabellen darstellen, während ich die darin erwähnten Ergebnisse mit Verweisung auf diese Tabellen ausführlich besprechen möchte. Zunächst aber möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Zusammensetzung dieser Tabellen lenken. Beim Beobachten wurde besonders Acht gegeben auf die Anzahl der Krüm- mungen und auf die Zeit, wonach diese Krümmungen auftraten. 54 Für jede Kombination wurde gewöhnlich eine Anzahl Kulturen gebraucht und die Ergebnisse zusammengefügt; nur ein einziges Mal, wo dies von grösserer Bedeutung war, findet man in den Tabellen das Ergebnis verschiedener Versuche ein und derselben Kombination gesondert an- gegeben. Auch wurde bei jeder Intensität durchbelichtet bis Krümmungen auftraten und die hierbei erhaltenen Er- gebnisse sind ebenso wie die Resultate der Nachwirkung der verschiedenen Kombinationen, am Ende einer jeden Tabelle verzeichnet. Jede Tabelle gibt die Ergebnisse bei einer gewissen Intensität. Diese Intensität wird oben in der Tabelle an- gedeutet. Von jedem Versuch wird nun verzeichnet: zuerst die Belichtungszeit, dann das Produkt aus Zeit und Intensität in Meter-Kerzen-Sekunden, darauf zwischen Klammern die Anzahl der beobachteten Exemplare (wo dies nicht der Fall ist, war versäumt die Anzahl der sämtlichen Exemplare zu verzeichnen), sodann das Prozent, oder wo dies deutlicher war die Zahl der Gekrümmten mit + oder — Zeichen, je nachdem die Krümmung po- sitiv oder negativ war. Schliesslich wird da, wo 50°/, oder mehr der Individuen Krümmungen aufweisen, ge- wöhnlich die Reaktionszeit (R.z.) angegeben, d. h. also die Zeit vom Anfang des Reizes bis an den Augenblick wo 50 °/, reagiert. Besprechung der Tabellen. $ 24. Der Effekt verschiedener Lichtquantitäten und das sogenannte „Indifferent”-sein. Damit man einen Eindruck von der in den vielen gefun- denen Zahlen enthaltenen Bedeutung bekommt, ist es 35 nötig die Tabellen von verschiedener Seite zu betrachten, jedesmal Zahlen aus den verschiedenen Tabellen zusam- menzufassen und auf diese die Aufmerksamkeit zu lenken. Wir wollen erst zu erforschen suchen, was geschieht, wenn man durch Verlängerung der Belichtungszeit eine immer grössere Quantität Licht zuführt. Man achte dabei besonders auf Tabelle I, II und II. Wie schon früher erwähnt ist, beträgt an der Schwelle bei 100—150 M.K.S., wobei 50°/, reagiert, die Reaktions- zeit 20—25 Minuten. (Siehe Tabelle I, II und III.) Auch wurde da schon hervorgehoben, dass bei einer grössern Lichtquantität die Krümmungen sehr stark werden, das Prozent bis 100°/, steigt und die Reaktion schneller eintritt, sodass die Reaktionszeit bis + 15 Minuten ver- kürzt wird. Diese Lichtquantität ist die optimale Quantität, da die Reaktion hierbei am stärksten und am schnellsten ist. So findet man z.B. in: NapeleseT 18850 M.K.S. 100°, Rz 15 Mm: Tabelle V 1500 M.K.S. 100°/, R.z. 15 Min. Tabelle VI 1460 M.K.S. 100°/, R.z. 16 Min. Tabelle VII 960 M.K.S. 100°/, R.z. 15 Min. Tabelle I gilt für 44000 M.K., Tabelle VII für 16 M. K. Es zeigt sich also, dass 800-1500 M.K.S. eine optimale Wirkung auf die phototropische Reak- tion ausüben. Eine stärkere Zunahme der Lichtquantität kann keine Zunahme der positiven Reaktion mehr bewirken. Es treten dahingegen andere Erscheinungen auf. Es zeigt sich näml., dass, wenn wir die Lichtquantität jetzt stark zunehmen lassen, die Reaktionszeit allmählich länger wird. So sieht man in Tabelle V, dass schon bei 3000 M.K.S. die Reaktionszeit sich auf 20 Min. verlängert. 36 Wir wollen nun weiter den Einfluss der Lichtzunahme z. B. in Tabelle II, also bei Anwendung von 11000 M.K. Lichtstärke verfolgen. Es zeigt sich da, dass die Reaktions- zeit bei 22000 M.K.S. schon 32 Min. geworden ist, wo- bei sich jedoch noch 100°/, positiv krümmte. Eine weitere Zunahme der Lichtquantität verlängert die Reaktionszeit noch weiter, aber zugleicherzeit nimmt auch die Anzahl der positiv reagierenden Individuen und die Stärke der Krümmungen ab. So krümmt sich bei 88000 M.K.S. kaum die Hälfte der Individuen und in diesem Falle be- trägt die Reaktionszeit mehr als 40 Minuten. Weiter bemerkt man, dass bei 88000—220000 M. K.S. neben den. einzelten Exemplaren, die im Verlaufe von 40--120 Minuten noch schwach positiv reagieren auch einige schwache, negative Krümmungen auftreten. Bei dieser Lichtquantität kann die Reaktion manchmal höchst eigentümlich sein. Mehr ausführlich folgt hier ein Beispiel von dem Verlaufe der Reaktion unter diesen Umständen. Bei 44000 M. K. wurde 3 Sek. belichtet, d. i. 182000 M. K.S. Von 11 Individuen reagierten: nach 3l Min. 2 schwach + 5 BD Sy 4 schwach — ” layer 4 —+ 6 — 3 ROSE 4 + D — 1 AND, 3 + 0 — FEN E 7-0 2:10), Dee 5-6 + 1 — > 4 + 2 — Aus den Reaktionen bei dieser Lichtquantität merkt man sehr deutlich, dass es einen Streit zwischen einer negativen und positiven Erscheinung gibt; denn auch ein und dasselbe Individuum sieht man oft zwischen diesen positiven und negativen Reaktionen schwanken. 37 Die Reaktionen bleiben immer sehr schwach, sie sind aber keinen vom Licht unabhängigen Nutationserschei- nungen zuzuschreiben, denn unter andern Umständen tritt diese Art Reaktion nicht auf. Führt man nun wieder eine grössere Quantität Licht zu, so werden nicht, wie man erwarten würde die wenigen, negativen Krümmungen, die sich schon schwach zeigten sofort verstärkt, sondern es bleiben nun bei 200000 — 300000 M.K.S. die Krümmungen ganz aus, und äusser- lich also ist von einer Reaktion nichts zu spüren. Erst über 2000000 M.K.S. fangen die ersten, deutlich wahrnehmbaren, negativen Krümmungen sich zu zeigen an. Wenn hier Krümmungen auftreten, so sind sie immer negativ, von einer positiven Reaktion findet man nie mehr die geringste Spur. Die Zahl dieser negativen Krümmungen bleibt anfangs sehr gering und sie bleiben oft auch weit über 2000000 M. K. $. aus. Dies ist die Folge einer sehr bemerkenswerten Erscheinung, die bei all diesen Versuchen mit sehr grosser Lichtquantität auftritt. Es zeigt sich näml,, dass die Nachwirkung solcher grossen Lichtquantitäten beim Auftreten der hier immer negativen Krümmungen nur in sehr geringem Masse zu beobachten ist. Sobald der Lichtreiz aufgehört hat, wird die negative Wirkung stark herabgesetzt. Dies ist aus allen Zahlen der Tabellen I, II und III für Belichtungen über zwei Millionen M. K.S. zu ersehen. Will man negative Krümmungen stark auftreten sehen, so soll man fast so lange durchbelichten, bis die ersten Krümmungen sich einstellen. Auffallend beim Durchbe- lichten ist, dass wenn negative Krümmungen schon auf- treten, die Reaktion, sobald der Lichtreiz aufhört, meistens kaum weiterschreitet, und dass zudem im Dunkeln immer die negativen Krümmungen sehr bald rückgängig werden. Diese geringe Nachwirkung und das schnelle Verschwinden der Krümmungen weist einen auffallenden Unterschied mit den gewöhnlichen positiven Erscheinungen bei schwa- chen Reizen auf. Man kann nun im Hinblick auf Tabelle II und III sagen, dass über 2000000 M.K.S. negative Krümmungen aufzu- treten anfangen, die um so zahlreicher werden je länger man durchbelichtet. Fassen wir nun Obiges kurz zusammen, so zeigt es sich, dass hier durch das Variieren der Belichtungszeiten bei der Anwendung ein und derselben hohen Intensität genau dieselben Stadien von positiv-, nicht- und negativ- Krümmen durchlaufen werden, wie in den Versuchen von Oltmanns der Fall ist, wo bei Durchbelichtung die Wirkung verschiedener Intensitäten verfolgt wurde. Dieses Resultat lässt sich auch finden, wenn man die Tabellen VIII bis II näher betrachtet. Man sieht dann, dass bei Durchbelichtung in 3,86 M.K. die Reaktionszeit 18 Min. ist, ” 16 ” ” ” ” 235 9» ” ” 78 » ” ” ” 25—28 ” ” ” 300 „ „ » ” 40—55 ” ” dass bei Durchbelichtung in 550 M. K. anfangs negative Krümmungen vereinzelt auftreten, dass diese aber schliess- lich noch in positive Krümmungen umschlagen, wofür dann die Reaktionszeit 50—60 Min. beträgt. In diesem Stadium zeigt sich wieder, dass es einen Streit gibt zwischen einer positiven und einer negativen Erscheinung. Belichtet man darauf durch in höhern Intensitäten, wie 2400 M. K. und 11000 M. K., so treten nur negative Krümmungen auf. Die hierbei gefundenen Reaktionszeiten fallen verschieden aus, betragen aber gewöhnlich 20—30 Minuten. Man sieht also, dass man alle möglichen Stadien der Reaktion durchlaufen kann, indem man einfach die 89 Lichtquantität zunehmen lässt, und dass man dies also erreichen kann, indem man entweder alle möglichen Lichtintensitäten durchläuft, oder die Belichtungsdauer bei einer bestimmten Intensität zunehmen lässt. Es sei noch einmal hervorgehoben, dass man durchaus nicht den Eindruck eines wirklich indifferenten Stadiums bekommt. Aus den Tabellen I-IV geht im Gegenteil hervor, dass bei einer Belichtung von + 200.000 M.K.S., gerade vor dem Eintritt in das Stadium, worin man keine Reaktion findet, eine negative und eine positive Neigung von fast gleicher Stärke sich gegenüber stehen. Das nicht Reagieren bei einer Zufuhr von mehr als 200.000 M. K. S. ist also nur scheinbar ein indif- ferenter Zustand, in Wirklichkeit aber der Zwei- kampf zweier gleich ‚starken, sich entgegenge- setzen Neigungen, welcher die Aufhebungeiner sichtbaren Reaktion zur Folge hat. $ 25. Die Abhängigkeit der negativen Erschei- nungen von Zeit und Intensität. Vielleicht ist es dem Leser schon aufgefallen, dass, was in vorstehendem $ 24 gesagt ist, nicht immer für alle Ta- bellen gilt. Wir haben daselbst diesen Umstand noch nicht in Betracht gezogen, da dies die Erklärung der Zahlen nicht erleichtern würde, weshalb wir erst hier darauf zurück- kommen. Es hat sich nun also gezeigt, dass bei geringen Lichtquan- titäten nur positive Erscheinungen auftreten, die bei einer gewissen Menge ihren Höhepunkt erreichen; dass aber sodann bei Zunahme der Energiequantität sich eine negative Erscheinung einstellt, die sich erst in der Verlängerung der Reaktionszeit der positiven Krümmungen, sodann in einer Abnahme der Anzahl und der Stärke dieser Krüm- mungen, u.s. w. wie oben beschrieben ist, offenbart. in 44.000 M.K. bei 22.000 M.K. S. die Reaktionszeit 29 Min. i » 90 Eine wichtige Frage ist es nun, ob diese negative Wirkung, die als eine zweite Erscheinung nach der posi- tiven Wirkung auftritt, auch ebenso wie diese positive nur von der Energiemenge, ungerechnet deren Verteilung über Zeit und Intensität, abhängig ist. Zunächst sei bemerkt, dass die negative Wirkung bei sehr geringen Intensitäten ebenso gut auftritt als bei hohen Lichtintensitäten. Wir verweisen auf Tabelle VII, wo bei 16 M. K. bei 960 M. K. S, eine optimale Reaktion erfolgt, bei Durchbelichtung aber die Reaktionszeit schon bis 23—24 Minuten verlängert ist; bei 73 M. K. ist dies natürlich in noch stärkerem Masse sichtbar; aber auch sogar bei 3,6 M. K. (Tabelle VII), ist die Reaktionszeit bei Durchbelichtung schon 18 Minuten, statt 15 Minuten bei der optimalen Lichtquantität. Hieraus geht also hervor, dass sogar bei diesen geringen Intensitäten die negative Erscheinung auftritt. Um für obige Frage eine Antwort zu suchen, ist es zunächst erwünscht die Tabellen I, N, Inden: gehend zu betrachten. Man findet daselbst, dass: 11.000 , 22.000...) .)% ; R Su, 24a 5 22000: 203 5 5 SuEer, 550 „. 22.000 h " F re Da die Reaktionszeiten stark übereinstimmen, sieht man also, dass der negative Einfluss hier derselbe ist, und wenigstens bei 550 M.K. nicht geringer ist. Weiter ist zu bemerken, dass bei diesen Intensitäten von 550 M. K. bis 44000 M.K. die positiven Krümmungen bei + 200000 M.K.S. fast ganz aufhören. Bei der Beurteilung der Zahlen wird hier noch einmal auf die grosse Variabilität von Phycomyces aufmerksam gemacht, die schon im ersten Kapitel besprochen wurde. Führt man nun mehr Energie zu, 80 zeigt es sich in 91 Tabelle III, IT und I, dass bei 240044000 M.K. die definitiven negativen Krümmungen bei gut 2000000 M.K.S. aufzutreten anfangen. Die bis jetzt genannten Tatsachen sprechen sehr dafür, dass auch die negative Wirkung nur von der Quantität Energie abhängig ist. Betrachtet man nun Tabelle V, so sieht man, dass hier bei gut 240000 M.K.S. nicht, wie bei 550—44000 M.K. die positive Krümmung verschwunden ist, sondern dass die Reaktionszeit sich nur bis 33 Minuten verlängert hat. Dies widerspricht also scheinbar der Regel, dass auch die negative Wirkung nur von der Energiemenge abhängig sei. Bedenkt man aber, dass die ganze Zufuhr dieser Energiequantität von 200000 M.K. S., wobei die positive Krümmung verschwindet bei einem Gebrauch von 300 M.K. gut 11 Minuten in Anspruch nimmt, so wird es klar, dass die positive Reaktion, die schon nach 1—2 Sek. genügende Energie empfangen hat, schon viel zu weit vorgeschritten ist, und also einen viel zu grossen Vorsprung hat, als dass die negative Wirkung sie einholen und aufhalten könnte. Die Folge ist denn auch, dass die negative Reak- tion nur noch bewirkt, dass die positive Krümmung durch Verzögerung nicht nach 15 Min., sondern erst nach 33 Minuten auftritt. Durch diese Betrachtung erscheinen die meisten Zahlen aus den Tabellen erklärlich. Nun wird es plausibel, dass bei niedrigern Intensitäten keine definitiven, negativen Krümmungen mehr auftreten können. Da zum Auftreten letzterer gut 2000000 M.K.S. nötig sind, so würde die Zufuhr dieser Energie bei 300 M.K. erst nach 2 Stunden beendigt sein, in welcher Zeit die positive Reaktion schon längst zu Stande gekommen ist, obgleich diese bis zu einer Reaktionszeit von ungefähr 50 Minuten bedeutend verzögert wurde. 92 Es leuchtet also ein, dass je geringer die Intensität ist, die negative Wirkung um so seltener Gelegenheit hat, Sich durch Gegenwirkung der positiven Reaktion zu offenbaren. Hiervon giebt Tabelle VI noch ein deutliches Beispiel bei 73 M.K. Wird hier 58000 M.K.S. zugeführt, so sind hierfür nicht weniger als 13 Minuten nötig und es liegt also auf der Hand, dass die positive Reaktion, die nach 10 Sek. schon Energie die Fülle empfangen hat, schon ein gutes Stück vorgeschritten ist, bevor die negative Wirkung sich kräftig geltend machen kann. Die positive Reaktion ist denn auch schon so lange unterwegs, dass die negative sie längst nicht mehr einholen kann, und die einzige Folge ist, dass die positive Reaktion erst nach 28 Minuten sichtbar wird. Da also die positive Wirkung der negativen so weit vor bleibt, hat es wenig Sinn die Belichtungsdauer noch zu verlängern; denn bei 123000 M.K.S. in 28 Min. tritt die positive Reaktion schon mit einer Reaktionszeit von 30 Min. auf. Die Verstärkung der Energie von 58000 bis 123000 M. K. S. kann also nur noch bewirken, dass die Reaktionszeit von 28 Min. auf 30 Min. verschoben wird. Indessen zeigt sich, dass auch innerhalb einer Belichtungszeit von 28 Min., die Krüm- mungen schon oft auftreten. Schon oben ist überdies hervorgehoben, dass auch bei Intensitäten weit unter 73 M.K. die negative Wirkung sich zu zeigen noch Gelegenheit hat. Stark kann diese Wirkung hier natürlich nicht sein, da die nötige Energie während einer viel zu langen Zeit zugeführt wird. Fassen wir diese Auseinandersetzungen kurz zusammen, So erscheint es wohl als sicher, dass auch der ne- gative Prozess an sich nur von der Energie- quantität abhängig ist, unabhängig davon, wie 93 diese über Zeit und Intensität verteilt ist. Man kann dies aber an der äusserlich sichtbaren Reaktion nur zum Teil dartun. Solange die ganze Quantität Energie, welche die negative Wirkung verursacht, innerhalb eines Zeitraumes, der nur einen kleinen Teil der optimalen Reaktionszeit einnimmt, zugeführt wird, kann man deut- lich sehen, dass der negative Prozess nur von der Licht- quantität abhängt. Dann kann nämlich innerhalb sehr kurzer Zeit die Energie sowohl die positive als die negative Wirkung in Gang setzen und die negative Wirkung kann sich direkt schon auf den Anfang des positiven Prozesses geltend machen. Die Stärke des positiven und des nega- tiven Elementes sind beide nur von der Energiemenge abhängig, und an dem äusserlich sichtbaren Ergebnis, das aus diesen zwei sich entgegengesetzten Wirkungen hervorgeht, ist diese Regel noch deutlich zu beweisen. Geht aber die Zufuhr der Energiemenge durch geringe Lichtstärke nur langsam vor sich, so hat der positive Prozess, der verhältnismässig sehr wenig Energie braucht, sich schon weit entwickelt, bevor die negative Wirkung sich geltend machen kann. Unter diesen Verhältnissen treten positive und negative Wirkung nicht mehr ganz gleichzeitig auf, sondern die negative Wirkung kommt, so zu sagen, erst spät hintendrein und kann nur geringen Einfluss auf das Zustandekommen positiver Krümmungen ausüben. Dadurch kann bei derartigen Belichtungen in der äusserlich sichtbaren Reaktion die Regel sich nicht mehr geltend machen. 826. Noch einige hinzutretende Erscheinungen. Es wird vielleicht der Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, dass in den Tabellen noch einige Tatsachen vor- 94 kommen, die nicht in die Reihe der oben erwähnten Erscheinungen fallen. Sie sind aber absichtlich übergangen, da die Behandlung derselben bis jetzt nur verwirrend wirken konnte. Vollständigkeitshalber möchte ich hier doch einen Augenblick dabei verweilen. Es ist auffallend in Tabelle VI, dass nach einer 13—20 Minuten langen Belichtung die Reaktionszeit 28—30 Minuten ist, dass aber bei Durchbelichtung die Reaktionszeit etwas kürzer zu sein scheint, nämlich 25—28; Min., während man doch eine längere Reaktionszeit erwarten würde. Ferner, dass in Tabelle V nach einer 3340 Min. langen Belichtung, die mittlere Reaktionszeit + 55 Min. ist, bei Durchbelichtung im Durchschnitt 50 Min., wenigstens kürzer als bei einer Belichtung von nur 33-40 Minuten. Und schliesslich stellt sich in Tabelle IV heraus, dass bei 220.000 M.K.S. negative und positive Erscheinung ungefähr gleich stark sind, dass aber bei Durchbelichten zwar immer erst einige negative Krümmungen vereinzelt auftreten, dieselben aber wieder bald verschwinden und eine allge- meine starke positive Reaktion auftritt. Diese Tatsachen sind die Äusserung ein und derselben Erscheinung, die auch Oltmanns beobachtet hat und die man wohl mit dem Namen Stimmungsänderung bezeichnet. Erst später im vierten Kapitel werden wir näher auf diese Erschei- nung eingehen. Nur sei hier hervorgehoben, dass um Verwirrung vorzubeugen, man diese Erscheinung von primären, positiven und darauf folgenden negativen photo- tropischen Erscheinungen, um welche es sich hier handelt, sondern muss. Diese sogenannte Stimmungsänderung ist wieder eine andere, nur wenig untersuchte Erscheinung, welche die Folge eines längern Aufenthaltes im Licht ist; sie tritt erst auf, nachdem die Pflanzen eine Zeit lang im Lichte gestanden haben. Derartige Pflanzen sind also nicht mehr als etiolierte zu betrachten, womit alle hier ”) 95 beschriebenen Untersuchungen angestellt wurden. Was für Erscheinungen nicht-etiolierte Pflanzen ergeben, die eine bestimmte Zeit durch allseitiges Licht bestrahlt worden sind, das ist eine Frage, worauf wir erst am Ende des vierten Kapitels noch einmal zurückkommen werden. Zum Schluss sei noch auf Tabelle I verwiesen. Trotz der Zufuhr einer Energiequantität weit über 9000000 M.K.$. werden die Krümmungen doch nicht all- gemein und auch beim Durchbelichten bleibt die negative Reaktion schwächer als in Tabelle II und III, sowohl was die Anzahl, als was die Stärke der Krümmungen betrifft. Es könnte sein, dass diese Erscheinung sich auch, als eine Änderung der sogenannten Stimmung, der vorhin genann- ten anschliesst; aber auch kann die hohe Intensität dem Wachstum und also auch den Krümmungen ein starkes Hindernis sein, oder es wäre auch möglich, dass bei solchen grossen Energiequantitäten die negativen Erschei- nungen wieder abnähmen. Wie diese Erscheinung zu deuten ist, darüber wollen wir hier nicht entscheiden; später werde ich noch kurz darauf zurückkommen. Da die hier beschriebenen Tatsachen bei der Anstellung der Versuche auftraten, durfte ich sie hier nicht uner- wähnt lassen. Sie stehen aber vereinzelt da, und werden deshalb hier nicht weiter behandelt werden. $ 27. Zusammenfassung der Ergebnisse für Phycomyces. Kurz gefasst führen die oben beschriebenen Versuche für Phycomyces zu folgendem Resultat. Führt man Phycomyces Licht zu, so hängt es von der Quantität des Lichtes ab, wie sie hierauf reagiert. Diese Lichtmenge muss einen gewissen Betrag erreicht haben, um eine sichtbare Krümmung hervorzurufen. 36 Ungefähr 50°/, der Individuen reagiert eben merklich positiv, (Schwellenwert der positiven Krummungen) banal u Kiss 100—150 M.K Sodann nehmen die Krümmungen an Zahl und Stärke zu und die Reaktion erreicht ihr Naxzımum bei Wr zur len 500— 1500 Nun fängt eine negative Wirkung an merk- lich zu werden, welche der positiven entgegen- wirkt und erst die positive Reaktionszeit ver- längert. Dies ist schon zu bemerken bei . . 3000 R Diese negative Wirkung hängt ebenso wie die positive von der Quantität der Energie ab, nimmt aber viel schneller zu als die positive. Die überholt dieselbe und verhindert die po- sitive Krümmung bei . . . 2 2 2.2.2. 100000--200000 Bei weiterer Energiezufuhr bleibt nun erst jede sichtbare Reaktion aus, bis endlich das negative Element das positive so weit über- trifft, dass es sich in andauernden, negativen Krümmungen äussern kann. Dies istder Fall bei über 2000000 h. Kräftige negative Reaktion bei wenigstens. 4—12 Mill. R ” Wird die erforderliche Energie langsam über einen ziemlich grossen Teil der positiven Reaktionszeit zugeführt, so kann die negative Wirkung erst auftreten nachdem die positive Reaktion schon eine Strecke vorgeschritten ist, und an der äusserlich sichtbaren Reaktion kann man nicht mehr dartun, dass auch das negative Element nur von der Energiequantität abhängig ist. Kann doch dieses negative Element, obgleich es von Hause aus entschieden ebenso kräftig ist als bei derselben Energiezufuhr in kurzer Zeit, der positiven Reaktion nicht zeitig genug mehr entgegenwirken. Je geringere Intensität also ge- braucht wird, um so später kann die negative Wirkung et. 97 sich geltend machen und um so weniger stark kann sie sich der positiven Reaktion gegenüber äussern. Schliesslich muss man wohl zu der Auffassung hin- neigen dass, wo keine Krümmungen auftreten, man doch sicher nicht an einen wirklich indifferenten Zustand denken darf. TABELLE I. 44.000 M.K. Sek. 110 (28) 50°/,-+ R.z. 20—25 Min. R 220 (27) 70°/%-+ R.z. 20—25 a ss0 100°%%,+ R.z. 15 i 22.000 (11) 100°%%,-+ R.z. 29 E 44.000 (24) 50°%,-+ R.z. 45 a 83.000 (25) 11 -+,2— = 132.000 (40) 8+,3— (in 2 St.) u 220.000 (35) 2 schwach + (nach 1'/, St.) Min. 2.640.000 (15) 5— » 2.640.000 (14) 0 „ 13.200.000 (25) O0 „34.320.000 (1 bald rückgängig. 2) Nach 15—18 Min. 5 schwach —, werden »„ 39.600.000 (40) Nach 26 Min. 7— (schwach), werden bald rückgängig. »„ 42.240.000 (15) Nach 21 Min. 6—, bald rückgängig. „ 47.520.000 (15) Nach 24 Min. 5—., bald rückgängig. „ 52.800.000 (11) Nach 28 Min. 6—, nach 30 Min. gängig. rück- 95 Durchbelichtet: (15) nach 28 Min. 3— ” 30 „ 4 — „ 47 „.7-— (schwach). Nach Sistierung der Belichtung, richten dıe Sporangiön- träger sich bald wieder auf. Durchbelichtet: (17) nach 33. Mina a or — 50° „. 5-.6— „ 60 » 0 70 „ schwächer. RANBIBAEDTR TE 11.000 M.K. 20, Se 55 (388) 44°/,-+ Rz. + 20 Min. N EN 110: (40). 52°/, + Bz.re 20 B 23 BAR 220 (83) 60°/,+ Rz. +20 B a 22.000 (12) 100°,+ R.z. 32 R Ai. 44.000 (11) 82°/,+ R.z. 35—40 „ De 88.000 (24) 58°/,+ R.z. 42 n Se 88.000 (11) Nach 1% St. 54,1— Ta 132.000 1142.,St: Das 207,92 220.000 (16) Nach 1% St. 5-+,1— r 220.000 0 99 4 Min. 2.640.000 (12) nach 20 Min. 2— De: 2.860.000 nach 34 Min. 2— IDs42% 5.720.000 (8) nach 18 Min. 2— or, 8.580.000 (16) nach 22 Min. 11— R.z. 18—20 Min. 15 „8.580.000 0 20 ,„ 11.440.000 (22) 100°, — R.z. 23 Min. Durchbelichtet: (20) nach 19 Min. 3?— a NEE 122 a BE N ROHR O5 so 10 ar Verdunkelt: Krümmungen nicht weiter, nach 50 Min. alle aufrecht. Durchbelichtet : (13): nach 22 Min. 3? (20): nach 21’ Mm 377 BERG... bb Mur DET 9— 2... .8— u. 830 le — Durchbelichtet : nach 18 Min. alle negativ gekrümmt. 100 TreBHh LE IIR 2.444 M.K. 20—25 Min. 20, 30 34 40 46 1 uSek, 49 (22) 27°,+ R.z. SR UER 196 (23) 87°,+ R.z. On, 22.000 (14) 100°, + Rz. 30°, 73.000 (17) 76°, + R.z. BauN, 88.000 (10) 60°,-+ R.z. 54 „182.000 (88) 58°/,+ Rz. 1'/, Min. 220.000 In 1%), 'St, a Som 2 ,.22292.000 dA) In: 13/, St, or ame 15 „2.190.000 (16) Durchbelichtet : (20): nach 28 Min. 7— 88 48° „(Aa (17): nach 25 Min. 10— TABELLE 550 M.K. 40 Sek. 22.000 2 Min. 40° „ 88.000 (82) Aue 132.000 (20) 40°/, 6... 40 099201000 IV. —H- (16) 100°, + R.z. nach 25 Min. 4 sehr schwach. (18): nach 21 Min. Gr (13): nach 14 Min. 3? — 25 „ 9— 27 „ 14— 23 „Bd 34 „5 33 Min. 56°/,+ R.z. = 40 In 1% St. 2-+,3— 2 Durchbelichtet : (22) nach 20 Min. 3— a en D— Bei. 59 10 „ 16+ 101 (15) THASB RL H, V: 300 M.K. 5 Sek. 1.500 10 „ 3.000 13 Min. 20 „ 240.000 3 ,„ 2 „ 600.000 3 „20 „600.000 san, 702.000 40: 720.000 Durchbelichtet : (12) nach 55 Min. May „4b (8) B99, ei. 58 (14) 100°/,+ (13) (39) (13) (14) (14) (20) alle 100°/,+ 62°/,+ 71°, + 57°, + 70°, + — 50°/.+ 50 SR Si „ „ nach 42 Min. + gekrümmt ‚z. 15 Min. 102 TABELLE VI. 73 M.K. 20 Sek. 1.460 (14) 100°,+ R.z. 16 Min. 18 Min. 20 „58.400 (14) 100°, Rz 20; 87.600 (34) 100°/,+ R.z. 30 „ Dar 428.000. (8) . 100°), ZI Rz Durchbelichtet:: 1 az, 2. ha: N IR z2822 Min: TABELLE VI. 16 M.K. 60 Sek. 960 (13) 100°/,+ R.z. 15 Min. Durchbelichtet : (12) R.z. 23 Min. (12) R.z. 24 Min. TABELLE VI. 3.6 M.K. Durchbelichtet : (32) R.z. 15° Mm; 00 Sek 00 „ 00 ” 25 » 95 ” T 1 „ 1 ” 1 Min. eh 10, esta a0 = Dek. 1200 Min. 192.000 Min. 240.000 ' Min. 480.000 103 TABELLE IX. 40.000 M.K. 40 40 400 1600 1600 40.000 40.000 40.000 2.400.000 9.600.000 24.000.000 240.000.000 In 75 Min. alle. Rz: 05 Min. R.z. + 70 Min. Nach 85 Min. alle. Nach 70 Min. schwache Reaktion. Schwache Reaktion. R.z. 85 Min. Nach 95 Min. °/, schwach gekrümmt. R.z. + 85 Min. Nach 120 Min. °/s. Rz. + 80 Min. Nach 120 Min. °/s. Keine Krümmungen. ” ” ” ” Während der Belichtung keine Krümmungen. Nach 3 Stunden Reaktionszeit schwache positive Krümmungen. TABRLOLER X. 400 M.K. R.z. + 70 Min. Nach 80 Min. '?/ıe- Nach 95 Min. ?/, schwach, nach 110 Min. °/, schwach, nach 120 Min. ?/, schwach, nach 135 Min. 0.— Nach 73 Min. ?/, schwach, nach 103 Min. */,s schwach, dann zurück. Nach 33 103 » „ 73 Min. 5/, schwach. "/, schwach. »/, schwach bleibend. 104 TABELLE X1. Durchbelichtet in 400 M.K.: nach 83 Min. °/,,, nach 98 Min. € in 4M.K.: nach 56 Min. ?/,., nach 66 Min. nach 82 Min. 1°), .. in 400 M.K.: nach 72 Min. !/,., nach 80 Min. nach 90 Min. */ıo. in 4M.K.: nach 55 Min. */,., nach 65 Min. nach 80 Min. °/ıo. Also in 400 M.K.: Reaktionszeit + 85 Minuten, 4 M.K.: Reaktionszeit + 62 Minuten. Versuche mit Avena sativa. $ 28. Der Effekt verschiedener Lichtmensen. Nach Beendigung obenerwähnter Untersuchungen wurde eine Anzahl Versuche mit Avena angestellt, um zu er- fahren, in wie weit hier ähnliche Erscheinungen auftreten würden. Die bei diesen Versuchen gefundenen Zahlen sind wieder in ein paar Tabellen (Tab. LX—XI) zusammengefasst. Für die meisten Versuche wurden 8—10 Exemplare gebraucht, bisweilen mehr. In vielen Fällen findet man in den Tabellen als Zähler und Nenner eines Bruches jedesmal die Anzahl der Gekrümmten und die ganze Anzahl der Versuchspflänzchen verzeichnet. Betrachtet man nun Tabelle IX, so fällt es auf, dass auch hier verhältnismässig geringe Lichtquantitäten am günstigsten positiv wirken, sodass bei zunehmender Menge die Reaktionszeit langsam zunimmt. Während bei40M.K.S. eine kräftige Reaktion erfolgt, ist bei 1600 M.K.S. die Reaktion ziemlich schwach. Bei 40.000 M.K.S. hat sich i e 105 die Reaktionszeit von 65 Min. auf 85 Min. verlängert und einige Individuen reagieren nicht. Schliesslich bleiben die Krümmungen aus. Belichtett man beinah 2 Stunden in 40.000 M.K. so treten während der Belichtung keine Krümmungen auf; aber nachdem sie ins Dunkel gebracht worden sind, wei- sen die Pflänzchen nach 3—3% Stunden schwache positive Krümmungen auf. Genau dasselbe Resultat ergab ein Versuch, wobei eine Reihe von Pflänzchen in Intensitäten von 20.000—120.000 M. K. stand. Wir übergehen diese Erscheinung aber und heben hier nur hervor, dass dies wahrscheinlich dieselbe Erscheinung ist, welche auch bei Phycomyces (Siehe Tabelle I) auftrat. Es wäre dann ent- weder wieder die Folge einer „Umstimmung” durch einen längern Aufenthalt im Licht, oder eine Folge davon, dass von einer sehr grossen Lichtquantität an, die negative Wirkung wieder ab-, die positive wieder zunähme (Siehe $ 30). Eine gewisse Bedeutung hat weiter Tabelle X, da die- selbe die bis jetzt so hoch angegebenen Präsentations- zeiten erklärlich macht. Wie man aus dem ersten Kapitel ersieht ist die Zeitschwelle für 400 M.K. ungefähr '/,, Sek. Bei einer 3 Sek. langen Belichtung erfolgt noch eine starke Reaktion. Belichtet man aber viel länger, so wird die Reaktion wieder schwach. Bei einer 8 Min. langen Be- lichtung ist nur kaum etwas von einer Reaktion zu merken; bei 10 Min. reagiert die Hälfte schwach. Kennt man nun nicht die starke positive Reaktion bei kurzer Belichtung, so würde man hier beim Gebrauch von 400 M.K. den Schluss ziehen, dass die Präsentationszeit für Avena -— 10 Minuten wäre. Schon im ersten Kapitel wurde hervorgehoben, dass in der Literatur für diese Präsentationszeit 7—8 Minuten angegeben wurde. Während nun bei 8 Minuten eine minimale Reaktion gefunden wird, nimmt dieselbe darauf wieder zu, sodass 106 bei einer 20 Min. langen Belichtung alle Exemplare all- mählich wieder reagieren; die Reaktion kommt aber nur träge zu Stande und die Krümmungen bleiben schwach. Offenbar tritt also auch hier nach einem 10--20 Minuten langen Aufenthalt im Licht eine Änderung der Stimmung auf (Siehe Kapitel IV). Schliesslich hat nach Tabelle XI noch eine Durchbelichtung in 400 M.K. und in 4 M.K. stattgefunden; die Reaktion tritt hier in 4 M.K. sichtlich schneller auf und ist kräftiger als bei 400 M.K. Obiges zusammenfassend, zeigt es sich, dass ebenso wie bei Phycomyces, auch bei etiolierten Avena-Keimlingen bei einer Zufuhr von Lichtmengen oberhalb der Schwelle die positive Reaktion erst an Kraft zunimmt, sodann aber eine Gegenwirkung merklich wird, wodurch die positive Reaktion allmählich mit grösserer Mühe zu Stande kommt und wodurch die Anzahl und die Stärke der Krümmungen abnimmt, bis keine einzige Krümmung mehr auftritt. Während die Schwelle von Avena beit 20 M.KS. liegt, findet man die maximale Reaktion zwischen 40 und 400 M.K.S., wenigstens wird bei 400M.K.S. die Reaktion schon etwas schwächer und ist bei zirka 200,000 M.K.S. (Tabelle X) nahezu = 0, d.h. für den Fall, dass die Stimmung keine Zeit hat sich stark zu ändern, denn sonst stellen die positiven Krümmungen (Tabelle X) sich wieder ein. Ein Unterschied mit Phycomyces ist, dass negative Krüm- mungen hier nicht aufzufinden waren; während die posi- tive Schwelle hier viel tiefer liegt als bei Phycomyces, schien demgemäss die negative Wirkung schwächer und langsamer aufzutreten. Man könnte vermuten, dass die Ursache hierin läge, dass bei einem vielzelligen Organ wie Avena die weiter nach hinten liegenden Zellen in schwächerer Intensität ständen. Es kommt mir aber vor, dass dieser Unterschied mit Phycomyces wichtiger ist und 107 auf einen karakteristischen Unterschied schliessen lässt. In $ 30 und $ 32 kommen wir hierauf näher zurück. 8 29. Botanische Eirerabun Nachdem in vorstehenden $$ behandelt worden ist, wie die Pflanze auf verschiedene Lichtmengen reagiert, wollen wir hier noch kurz auf ähnliche bis jetzt gefunden Er- scheinungen aufmerksam machen. Schon Wiesner (1878) hat ausführlich dargelegt, dass mit zunehmender Intensität der heliotropische Effekt erst zu- dann abnimmt. Er schliesst: „Die heliotropische Effecte erreichen unter den Bedingungen des Wachstums bei einer gewissen Intensität des Lichtes ihr Maximum ; von hier an werden die heliotropischen Wirkungen sowohl bei Abnahme als Zunahme der Lichtstärke kleiner und erreichen endlich den Wert Null.” Man sieht wie richtig diese Auffassung ist. Oltmanns (1897) machte die Bemerkung, dass Wiesner die hohe Intensität, wobei nach ihm keine Krümmung mehr auf- trete, viel zu niedrig angenommen habe, dadurch dass er die Pflanzen zu nahe an die Flamme stellte. Es ist wohl wahrscheinlich, dass dies in der Tat dem Versuche nicht günstig war. Wir wollen aber darauf aufmerksam machen, dass Wiesner die optimale Reaktion bei Durch- belichtung z.B. für Lepidium bei etwa 1 M.K. fand. Das stimmt sehr wohl mit den oben gefundenen Resultaten bei Durchbelichtung überein. Ist doch bei Phycomyces bei 3,6 M.K. die Reaktionszeit 18 Min., während die optimale Reaktionszeit + 15 Minuten ist, also bei Durchbelichtung bei noch niedrigerer Intensität liegt. Die obere Grenze der Reaktion findet Wiesner für Lepidium bei Durch- belichtung bei zirka 5000 M.K., was ebenfalls sehr wohl möglich zu sein scheint. 108 Oltmanns kommt das Verdienst zu, weiter auf die negativen Erscheinungen, besonders auf die bei Phyco- myces, die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben. Die Ergeb- nisse stimmen mit den obenerwähnten Versuchen bei Durchbelichtung überein; sie weisen aber hierin einen auffallenden Unterschied auf, dass der von Oltmanns an- gegebene absolute Wert der Intensität um vieles höher liegt. Auf die kleineren Einzelheiten und Unterschiede der Ergeb- nisse von Oltmanns und Wiesner näher einzugehen, hat wenig Sinn. Die mit Phycomyces und Avena erhaltenen Ergebnisse beweisen, wie sehr es nötig ist, jedesmal die Nachwirkung einer bestimmten Lichtquantität zu bestim- men, und wie die bis jetzt befolgte Methode der Durch- belichtung sich nicht dafür eignet, die verschiedenen Erscheinungen scharf zu analysieren. Was bis jetzt der Wirkung der Intensität an sich zu- geschrieben wurde, stellt sich nur als abhängig von der Quantität des Lichtes heraus. Eine gewisse Lichtmenge verursacht eine positive Wir- kung, die mit der Lichtmenge zunimmt. Mit der Ver- grösserung der Energiemenge beginnt dann aber eine negative Wirkung aufzutreten, die schneller zunimmt als die positive und die auf die positive Reaktion als ein „limiting factor” wirkt und dieselbe schliesslich ganz unterdrückt. Aus dieser doppelten Wirkung tritt nun bei dem Zustandekommen positiver Krümmungen folgendes Resultat hervor: bei einer gewissen Energiequantität wird eine optimale, positive Reaktion verursacht, während bei einer grösseren Quantität die positive Reaktion wieder fällt bis Null. Dieser schon von Wiesner und Oltmanns beobachtete Effekt wurde als abhängig von der Intensität betrachtet. Der phototropische Effekt hat sich jetzt als die Resultante zweier sich entgegen- gesetzten Wirkungen erwiesen, diejede an und 109 für sich nur von der Energiequantitätabhängig sind, Das nicht-Reagieren in hohen Intensitäten veranlasste Oltmanns diese Intensität die optimale für die Pflanze zu nennen und den Zustand worin die Pflanze sich be- findet, für indifferent zu halten. Diese Anschauung hat auch Jost (1908) in seine Vorlesungen über Pflanzenphy- siologie übernommen. Bei der Behandlung der Versuche ist schon erwähnt worden, dass diese Auffassung schwer- lieh die richtige sein kann, und dass die Pflanze sich dem Lichte gegenüber nie gleichgültig verhält. Auch Figdor (1908) widmet den negativen Erscheinun- gen noch einen Artikel. Dieser gründet sich auf die Voraussetzung, dass violette und ultra-violette Strahlen am stärksten phototropisch wirken. Dass diese Auffassung nicht richtig ist, wurde im zweiten Kapitel bewiesen. Der Gebrauch einer Quecksilberlampe und die Angabe in Bunsen- Roscoe’schen Einheiten bietet bei der Pflanze keinen Vorteil. In den Fällen wo Figdor keine Reaktion oder negative Krümmungen beobachtete, zeigte es sich nach 24 Stunden oder länger, dass diese Pflanzen beschädigt waren; den- noch wird auch hier von einer Indifferenzzone gesprochen. Aus den Untersuchungen von Oltmanns und aus den hier oben beschriebenen Untersuchungen mit Phycomyces und Avena hat sich aber in genügendem Masse gezeigt, dass die negative Wirkung nichts mit Beschädigungen zu schaffen hat, sondern im Gegenteil eine viel wichtigere Erscheinung ist. Schon im ersten Kapitel ist zum Teil die Untersuchung von Pringsheim (1906) behandelt worden. Ich habe daselbst erwähnt, dass nicht der erste Teil der Belichtungs- zeit die Ursache der Verlängerung der Reaktionszeit ist, wie Pringsheim meinte und auf welche Auffassung er seine weitere Untersuchung gründet. Aus den oben 110 erwähnten Versuchen erhellt, dass gerade der spätere Teil der Belichtung die Verlängerung der Reaktionszeit und weitere negative Erscheinungen verursacht und dass keine Adaptationserscheinungen im ersten Teil der Belichtung auftreten (Siehe Kapitel IV). Dennoch ist Pringsheim (5. 289) der Wirklichkeit sehr nahe, wenn er sagt: „Die sogenannten indifferenten Reize, z.B. werden perzipiert und würden positive Krümmungen verursachen, wenn nicht durch Beleuchtung mit Licht von der betreffenden Intensität eine Umschaltung bewirkt würde, die zunächst jede Reaktion verhindert.’ Diese Auffassung entspricht den Tatsachen genau, es ist nur Schade, dass Pringsheim bei seiner ersten Vorstellung beharrt und komplizierte Betrachtungen damit verknüpft. Wir sehen also, dass in der botanischen Literatur schon eine Reihe von Tatsachen vorkommen,’ die auf dieselben Erscheinungen, als die in diesem Kapitel behandelten, hinweisen; dass aber diesen Tatsachen eine weniger rich- tige Erklärung gegeben wurde, indem man sie der spezi- fischen Wirkung der Lichtintensität zuschrieb, während in Wirklichkeit nur die Lichtmenge die phototropische Reaktion bestimmt. $ 30. Die phototropische und photographische Überbelichtung. In den vorigen $$ habe ich soviel wie möglich die zwei sich entgegengesetzten Wirkungen, welche die Hauptrolle bei der phototropischen Perzeption spielen und die Art der Reaktion bestimmen, zu analysieren gesucht. Die Kenntnis dieser Art von Lichtwirkung ist von So grosser und auch von so allgemeiner Bedeutung, dass ich hier noch näher darauf eingehen möchte und besonders auf die völlig übereinstimmenden Erscheinungen, welche die E11 photographische Platte unter der Wirkung des Lichtes auf- weist, aufmerksam machen werde. Ein vergleichendes Studium der phototropischen und photographischen Reaktion führt zu der Überzeugung, dass beide von einem ähnlichen Prozess abhängig sind, näml. von der Wirkung des Lichtes auf ein chemisches System. In Kapitel I ist schon erwähnt worden, dass der Pho- totropismus nach derselben Regel auftritt, die Bunsenund Roseoe für die Schwärzung des Chlorsilberpapiers fanden. Weiter wurde in Kapitel II für die phototropische Emp- findlichkeit im Spektrum eine Verteilungsform gefunden, wie sie überhaupt für Lichtempfindlichkeit beobachtet wird, wenn auch das Maximum für verschiedene Stoffe und Prozesse an verschiedener Stelle liegt. Wir möchten nun im Anschluss an die vorigen $$ auf die Überein- stimmung der Erscheinungen der photographischen mit denen der phototropischen Überbelichtung aufmerksam machen. Eder (1902) formuliert diese Tatsache in der Photographie kurz mit folgenden Worten (Seite 570): „Bekanntlich nimmt die Schwärzung einer belichteten Brom- silbergelatineplatte im Entwickler nur bis zu einer gewissen Mazximalbelichtung zu, dagegen bei fortgesetzter Belichtung wieder ab, welche Erscheinung man „Solarisation” nennt.” Diese Solarisation wird in den letzten Jahren von Vielen zu einem Gegenstande ihres Studiums gemacht, und es sind schon verschiedene Theorien zur Erklärung aufge- stellt und verworfen worden. Wir wollen hier aber nur im Allgemeinen die Erscheinung der Solarisation in Betracht ziehen. Die Schwärzung der Platte nimmt also erst bei verhält- nismässig geringen Lichtquantitäten zu, nimmt dann aber nach der Erreichung eines Maximums wieder ab und verschwindet schliesslich bei sehr starken Belichtungen. Erster Anfang des latenten normalen Lichtbildes (Schwellenwert) . . . oL.H. Kräftiger Mittelton des normalen Negalliys.t. SR EN RB. 1—2 Kräftige Schwärzung im hellen Licht s—10 112 Beim Photographieren entsteht also erst ein normales Negativ, sodann aber beginnt, während die Schwärzung der schwach leuchtenden Gegenstände noch zunimmt, die Schwärzung des Bildes der am stärksten leuehtenden Gegenstände schon wieder abzunehmen, und so kann also für einen sehr hell leuchtenden Gegenstand schliesslich eine gänzliche Umwandlung von einem Negativbild in ein Diapositiv zu Stande kommen. Man sieht wie auffal- lend diese Übereinstimmung mit dem Phototropismus ist. Nun hat Eder (1902) bei Bromsilbergelatineplatten beim Gebrauch von Gasglühlicht erforscht, wie gross die Lichtquantität ist, welche für das Durchlaufen der ver- schiedenen photographischen Stadien erfordert wird. Glück- licherweise sind diese Lichtquantitäten auf dieselbe Weise in Meter-Kerzen-Sekunden (hier mit H. M. 8. bezeichnet) angegeben, wie in obigen Untersuchungen statt gefunden hat und die Ergebnisse photographischer und phototropi- scher Überbelichtung sind dadurch direkt vergleichbar. Aus Eders Zahlenangabe entnehmen wir folgendes (8. 646): Beginn der Solarisation an der Grenze der neutralen Zone . . . } 27,000— 40,000 Deutlich abgestufte Berkahiine für Solarisationsdiapositive . . . . 300,000 und darüber Er fasst dann das Besnliat noch folgendermassen zu- sammen: „Nimmt man die zur Erzeugung eines normalen Negativs erforderliche Lichtmenge (d. i. + 10 H.M. S.) als Einheit an, so trat bei meinen Versuchen der deutliche Beginn der Solarisation bei zirka 3000-facher Ueberbelichtung ein, eine stärker vorgeschrittene Solarisation braucht mindestens 113 10.000-, ja sogar 30.000- fache Ueberbelichtung in diesem Sinne. Jedoch varüeren diese Zahlen mit der Plattensorte.” Wir verweisen nun wieder auf die für Phycomyces gefundenen Zahlen und bekommen dann sofort den Ein- druck, dass es sich hier um völlig vergleichbare Erschei- nungen handelt. Welche Stadien der photographischen Platte und des Phototropismus sich nun gleich gestellt werden müssen, ist nicht mit grosser Bestimmtheit zu sagen. Auffallend ist es jedenfalls, dass wenn man den Beginn der Solarisation der Platte, das ist der Beginn der Umkehrung des Bildes, dem Beginn der negativen Krümmung von Phycomyces gleich stellt, man folgende Zahlenverhältnisse erhält: ftige Schwärzung n hellen Licht (10 Kräftigste positive Re- . K. S.), normal aktion (+ 1000 M. av ee 1 K:S)Rr in ra inn der Solarisa- Beginn des Auftritts on (Beginn des negativer Krümmun- japositivs) . . . & 3000 el), rker vorgeschrit- ne Solarisation Starke negative Reak- Jiapositiv) . . . 10.000-30.000 UN“ 02.0.2 R000-12000 Fügen wir hier noch auf dieselbe Weise ein paar Zahlen von Avena hinzu, so finden wir ungefähr (die Anzahl der Bestimmungen müsste, um grössere Präzision zu erzielen, um Vieles erweitert werden): rke, positive Reaktion (zwischen 40 und 400 M.K.S.) 1 hezu keine Reaktion (bei 200000 M.K.S.) zwischen 500 en 5000 Indessen wird auf diese Übereinstimmung der Zahlen in Einzelheiten nur mit der grössten Vorsicht hingewiesen, da es sich noch nicht mit Bestimmtheit sagen lässt, ob diese Stadien wirklich sich gleich zu stellen sind, und überdies die Zahlen bei verschiedenen Platten und Pflanzen 8 114 wohl wieder ganz anders geraten können. Aber auffallend - ist doch bei diesen Zahlen, dass das Verschwinden der Schwärzung von der Platte, das Verschwinden der positiven Krümmung bei Avena, und die Umkehrung der Reaktion in negative Krümmungen bei Phycomyces bei einer Be- lichtung stattfindet, die z.B. 1000 bis 4000 mal grösser ist, als die Belichtung, wobei optimale Reaktion auftritt. Wir möchten jetzt noch auf eine andere Erscheinung bei der Überbelichtung die Aufmerksamkeit lenken, worüber aber nur noch wenig Tatsachen bekannt sind. In seinen Vorlesungen gibt Jost (8. 572) eine schematische Kurve von der Abhängigkeit der phototropischen Reaktion von der Intensität. Es hat sich nun wohl klar herausgestellt, das diese Kurve für die Abhängigkeit von der Energie- quantität gilt. Jost hat diese Kurve über die Grenze der Tatsachen hinaus fortgesetzt; dieses Extrapolieren ist gefährlich und man hat ihm einen Vorwurf darüber gemacht (Pringsheim 1906). Wenig wahrscheinlich scheint es mir, bei einem ausgesprochen positiven, photo- tropischen Organ wie die Avena-Koleoptile, eine negative Krümmung zu erwarten. Dennoch kann man nicht leugnen, dass die Tatsachen für eine derartige Form der Kurve zu sprechen anfangen. Wir denken hierbei an das, was besonders in der letzten Zeit in der Photographie von mehreren Untersuchern gefunden worden ist. Es zeigt sich da, dass eine fortgesetzte Über- belichtung nach dem Erreichen des Minimums der Über- belichtung den Prozess wieder in positiver Richtung lenkt, wieder ein Maximum erreichen lässt, u. s. w. Dies wird u. A.von Guebhard (1905a) bewiesen, der sich auf folgende Weise äussert, ($. 347): „Nous ne craignons pas d’affirmer Vexistence certaine d’un relevement de la courbe des noircissements apres une chute 115 trös voisine de zero, et la tres probable ewistence d’une seconde descente, apres un second maximum vraisemblablement moins eleve que le premier.” Und in einem spätern Artikel sucht Gu&bhard (1905b) noch weiter die „/orme ondulatoire de la fonction photographique” zu beweisen. Es scheint wohl sicher, dass die Überbelichtungserscheinungen eine Periodieität aufweisen. In Bezug hierauf ist es eine wichtige Tatsache, dass in Tabelle I eine erneute Abnahme der negativen Reaktion von Phycomyces konstatiert wurde und in Tabelle IX ein erneutes Auftreten positiver Krümmungen bei Avena. Wir machen nur auf diese Tatsachen aufmerksam, da die Übereinstimmung so gross ist. Auch an Pflanzen eine ähnliche Periodieität noch weiter mit Sicherheit nachzu- weisen, wird seine Schwierigkeiten haben, da bei solchen Energiequantitäten so leicht Beschädigungen eine Rolle spielen. Als wichtigstes Ergebnis scheint aus dem hier Behandelten klar hervorzugehen, dass die Erscheinungen derÜuberbeliehtungderPflan- zen und der photograpischen Platte völlig pa- rallel gehen. 831. Die Erscheinungen der Überbelichtung im Spektrum. Es ist eine wichtige Frage, welchem Umstande die aus- führlich beschriebenen, negativen Erscheinungen, die die Überlichtung zur Folge hat, eigentlich zuzuschreiben sind. Man hat näml. wohl einmal behauptet, dass negative Er- scheinungen durch bestimmte Strahlen verursacht würden und dachte dann dabei an eine schädliche Einwirkung, welche die ultravioletten Strahlen ausüben würden. Um sich davon zu überzeugen, ob diese wirklich einen starken Einfluss auf die negative Wirkung hätten, wurden 116 einige Versuche mit Phycomyces angestellt, wobei der- massen überbelichtet wurde, dass der negative Einfluss durch eine sehr verlängerte Reaktionszeit von 35—40 Minuten sich kräftig bemerken liess. Bei einer derartigen Belichtung wurde dann das Ergebnis der Versuche, wobei das Licht durch eine 2 c.M. dicke Schicht Benzol fiel, welches das Ultraviolett stark absorbiert, mit Versuchen, wo dies nicht der Fall war, verglichen. Die Reaktionsdauer zeigte sich bei der starken Absorption des Ultravioletts nicht merklich verändert. Hieraus ging also hervor, dass der negative Einfluss nicht speziell der Wirkung der ultra- violetten Strahlen zugeschrieben werden konnte, Nachdem sich aus der Literatur über Photographie die völlige Übereinstimmung der Erscheinungen der Überbe- lichtung bei dem Phototropismus und bei der Photographie gezeigt hat, lag es auf der Hand in dieser Richtung weiter zu suchen. Beim Photographieren eines Spektrums bekommt man bei kurzer Belichtung ein Negativ des chemisch am stärksten wirkenden Teiles, allein bei starker Überbelichtung kehrt der Effekt um und findet man auf dem Negativ ein dunkeles Bild der weniger wirksamen Strahlen und einen hellen Teil da, wo die stark wirksamen Strahlen eingewirkt haben. Durch die Überbelichtung kehrt also der Effekt auch im Spektrum völlig um. Es war also angebracht, auch einmal eine Reihe Pflanzen im Spektrum dem Einfluss der Überbelichtung auszusetzen. Dabei konnte es sich dann vielleicht herausstellen, ob bestimmte Strahlen die) negative Wirkung beim Photo- tropismus verursachten. Um ein sehr licht-starkes Spektrum zur Verfügung zu haben, war es nötig wieder bei Benutzung der Projektions- laterne als Lichtquelle ein Spektrum zu entwerfen und die Pflanzen an einem Orte, wo das Licht noch ziemlich konzentrirt war auf zu stellen, also der Lichtquelle mög- 247 lichst nahe. Da beim Gebrauch eines Prismas durch die Dispersion die Kraft der starkbrechbaren Strahlen so bedeutend geschwächt wird, war es besonders bei diesem Versuch angezeigt ein Normalspektrum zu gebrauchen. Dieses wurde mittelst eines Gitters entworfen, wobei natür- lich das erste Spektrum, als das lichtstärkste, gewählt wurde. An der Stelle, wo das sichtbare Spektrum zirka 20 «.M. lang war, wurde der Versuch angestellt. Der Pro- jektionsapparat wurde dabei so eingestellt, dass an der Stelle, wo der Versuch stattfand, die Absorptionslinien von der in Kapitel II schon genannten Didymiumlösung scharf waren. Sodann wurde eine Einrichting gemacht, wodurch jedes Gefäss mit den Versuchspflanzen schnell und leicht im Dunkeln jedesmal in genau derselben Lage dem zu entwerfenden Spektrum gegenüber aufgestellt werden konnte. Mit der Didymiumlösung wurden sodann drei feste Punkte für diese Lage bestimmt und überdies die Stelle der auf einander folgenden Farben verzeichnet. In den früher benutzten länglichen Zinkgefässen waren die Pflänzchen möglichst nahe nebeneinander gezogen worden. Für den Versuch wurde nun ein einziges Gefäss im Dunkeln aufgestellt, sodann eine Kappe darüber gestülpt, durch Anzündung der Lampe ein Spektrum entworfen, und sodann durch Hebung der Bedeckung während einer bestimmten Zeit belichtet. Zudem sei noch erwähnt, dass der ganze Projektionsapparat bis auf das austretende Strahlenbündel völlig mit schwarzen Tüchern verhängt war. Das merkwürdige Ergebnis dieser Versuche war, dass eine Belichtung von 8 Sek. eine Reaktion zur Folge hatte, welche völlig übereinstimmte mit dem, was nach Kapi- tel II zu erwarten war: Krümmungen im Grün, Blau, Violett, besonders stark im Indigo. Aber eine Belichtung von zirka 3600 Sekunden (1 Stunde) bot ein ganz anderes Bild dar: Krümmungen im Rot, Orange, Gelb, die schwä- 118 cher wurden im Grün, im Indigo ausblieben, sodann im Violett wieder stark auftraten. Also bei wenig Licht ein Optimum im Indigo; bei einer 450-mal stär- keren Belichting ein Minimum im Indigo, zwei Optima, eins nach der Seite des Rotshin, eins im Violettoder Ultraviolett. Genau dasselbe Ergebnis also, wie bei photographischer Überbelichtung im Spektrum. Von dem ersten Auftreten der Krümmungen im Spek- trum nach kurzer Belichtung und bei Überbelichtung, wurden ein paar Photographien gemacht, die man auf Tafel XXIV abgebildet findet. Bei IIla befindet sich ein Gefäss, dass 8 Sek. belichtet und 1% Stunden nachher photogra- phiert wurde. Mann sieht wie dann die Krümmungen nur rechts von der Linie auf 521 «« im Grün aufzutreten anfangen, am deutlichsten schon im Indigo. Bei IIIb findet man ein Gefäss, das eine Stunde lang belichtet wurde, bis die Krümmungen eben deutlich waren; das Gefäss wurde kurz darauf photographiert. Hier zeigt es sich, dass die Krümmungen im Violett schon ziemlich weit vorgeschritten sind, dass sie auch im Orange, Gelb, Grün mehr oder weniger sich zu krümmen anfangen, im Blau beinahe, im Indigo ganz aufrecht ste- hen. Es versteht sich, dass derartige Abbildungen ziemlich mangelhaft sind, da die Zahl der Pflänzchen, welche die Wirkung der verschiedenen Spektrumteile aufweisen müs- sen, zu gering ist. Aber dennoch wird der Unterschied im Auftreten der Krümmungen bei diesen beiden Bildern genügend auffallen. Unter III« und IIIb ist nun noch bei IIlc eine einer Tafel aus Eder und Valenta (II S. 173) entnommene Abbildung gegeben. Hieraus ist die Wirkung des Sonnen- spektrums auf Bromsilbergelatine zu ersehen, oben bei einer gewissen Belichtungszeit, unten bei 900-mal dersel- ben Zeit. Man sieht wie auch hier der Effekt umkehrt. 119 In einer schematischen Zeichnung, Fig. 2. ist Obiges noch einmal kurz zusammengefasst. Auf dieser Figur ist oben der phototropische Effekt der Strahlen bei Avena angegeben, unten der photographische Effekt der Strahlen auf Bromsilbergelatine nach der Schwärzung, soviel wie möglich nach den Abbildungen in Eder und Valenta. Und dabei ist mit einer gestrichelten Linie der Effekt nach verhältnismässig kurzer Belichtung bezeichnet, mit einer punktierten Linie die Auswirkung nach einer Über- belichtung, die um einige Hunderte Male länger dauerte. Aus den hier erwähnten Versuchen folgt {also in erster Linie, dass dieselben Strahlen, die bei geringer Belichtung am stärksten positiv wirken, bei Überbelichtung auch am stärksten negativ wirken. Die negativen Erscheinungen sind also nicht einer be- stimmten Strahlengattung eigen, sondern ein und dieselbe Strahlengattung (in diesem Falle für das Indigo nachge- wiesen) weist jene eigentümliche Abwechs] ung auf, wodurch auf eine positive Reaktion bei grössern Energiemengen eine Gegenwirkung folgt. Eine Folge dieser Tatsache ist nun weiter, dass es ganz von der Lichtmenge und bei Durchbelichtung also von der Stärke des Spektrums abhängt, welchen phototropischen Effekt man im Spektrum zu sehen bekommt. Es leuchtet nun auf einmal ein, wie die Erscheinungen der Überbe- lichtung die Ursache der weit aus einander gehenden Ergebnisse sind, die man früher und besonders in den Jahren 1840—1880 für die phototropische Empfindlichkeit der Pflanze im Spektrum erhalten hat. Im Anschluss an die Untersuchung in Kapitel II wird deshalb hier noch einmal auf diese früheren Untersu- chungen aufmerksam gemacht. Bekanntlich wurde dabei immer durchbelichtet und die Empfindlichkeit um so grösser genannt, je nachdem die Reaktion schneller und stärker auftrat. Die kleineren Unterschiede, welche gefunden wurden, sind zum Teil natürlich schon dem Gebrauch verschiedener Versuchspflanzen und der nicht-Berücksichtigung der Dis- persion und der Energieverteilung zuzuschreiben. Die grossen Unterschiede sind eine direkte Folge der Überbe- lichtungserscheinungen. Payer, der offenbar mit wenig Licht arbeitete, fand nur Blau und Violett wirksam, und dabei ein einziges Maximum im Blau. Gardner fand, dass zwar alle Strahlen wirksam sind, aber dass es nur ein einziges Maximum gibt im Indigo. Hiergegenüber steht nun: Guillemin, der offenbar mit mehr Licht arbeitete, der immer ein Minimum im Blau fand,aber zwei Maxima, welche beim Gebrauch verschiedener Prismen variier- ten, von welchen aber das eine im Violett oder Ultraviolett, das andere zwischen Ultrarot und Gelb- grün lag. Wiesner schliesslich konstatierte auch zwei Maxima im Rot oder Ultrarot und auf der Grenze des Violetts und Ultravioletts und ein Minimum im Gelb. Es wurde also entweder ein Maximum gefunden oder zwei Maxima mit einem dazwischen liegenden Minimum, in völliger Übereinstimmung mit dem, was Avena und die photographische Platte beim Gebrauch von wenig Licht oder von viel Licht aufweisen. Aus alledem geht also hervor, dass zur Bestimmung der Empfindlichkeit verschiedener Strahlen die Reizschwellen für diese Strahlen bestimmt werden müssen und dass Bestimmungen der Reaktionszeit aus Gründen, die in diesem Kapitel ausführlich behandelt worden sind, eine durchaus falsche Vorstellung von der Empfindlichkeit geben. Strahlen, wobei niedrige Reizschwellen gefunden werden, wirken also am stärksten ein. Die Folge hiervon ist, dass diese Strahlen ihre maximale, positive Wirkung erreicht haben und schon in negative Richtung wirken, wenn andere Strahlen mit hohen Reizschwellen, also von schwa- cher Wirkung, noch eine steigende Wirkung aufweisen. So wird es klar, wie Optima und Minima im Spektrum bei zunehmender Belichtung umgekehrt werden. Es fehlte die Zeit, diese Überbelichtungsversuche im Spektrum noch umfangreicher und speziell mit Phycomy- ces fortzusetzen. Eine nähere Erforschung der Verschiebung der Optima, besonders bei der positiven und negativen Reaktion von Phycomyces würde uns in dieser Hinsicht über manches aufklären können. Es ist besonders von grosser Wichtigkeit zu wissen, wie das eine Maximum durch die zwei Maxima ersetzt wird. Es fragt sich näm- lich, ob bei zunehmender Lichtmenge jede Wellenlänge der Reihe nach das Maximum aufweist, oder ob das Maximum im Indigo nur mit zwei weit auseinander lie- genden Maxima abwechselt, sodass die dazwischen liegen- den Wellenlängen nie die Höhe dieser Maxima erreichen können. Fig. 2 gibt einigermassen den Eindruck, alsob letzteres der Fall sein könnte. Alles dieses liesse sich durch die Anstellung von Versuchen ausweisen. $ 32. Zusammenfassung. Wenn wir alles, was in diesem Kapitel behandelt wor- den ist, kurz resumieren, so können wir den Schluss ziehen, dass sowohl beim Gebrauch von gemischtem Lichte, als bei Bestrahlung mit monochromatischem Lichte die Wirkung der Energie auf den Phototropismus der Pflanze und auf die Schwärzung der photographischen Platte denselben karakteristischen Verlauf hat. Die Energie treibt den Prozess anfangs in positiver Richtung bis zu einem gewissen Maximum, wonach der Effekt, gleichsam wie nach einer Reflexion umkehrt und zurückgeht bis an ein Minimum, während sehr wahrscheinlich darauf der Prozess Sich von neuem in positiver Richtung umkehrt. Die Folge dieser Lichtwirkung ist, dass bei der Pflanze bei geringer Energie ein Stoss in positiver Richtung per- zipiiert wird, aber bei Zufuhr von mehr Energie erst ein >toss in positiver Richtung, worauf bei hoher Intensität augenblicklich, bei geringer Intensität erst später, ein >toss in negativer Richtung folgt. Die verschiedene Krüm- mung bei verschiedener Lichtmenge, bietet, wie aus den ai N hier beschriebenen Versuchen hervorgeht, das Bild die- ser Wirkung. Schliesslich wollen wir nun als eine Zusammenfassung ein paar Schemata geben, welche die verschiedene Reak- tion bei verschiedenen Energiemengen darstellen. Zum Überfluss wird noch einmal hervorgehoben, dass hiermit also der phototropische Effekt, der aus zwei sich entge- gengesetzten Wirkungen resultiert, dargestellt wird. Die phototropische Reaktion von Avena bewegt sich, in so weit wir entdecken konnten zwischen einem unge- krümmten Zustand und einer gewissen maximalen, posi- tiven Reaktion; die Reaktion von Phycomyces dahingegen zwischen einer maximalen, positiven und einer maxima- len, negativen Reaktion. Die Figuren 3 und 4 geben die Schemata der phototropischen Reaktion bei auf einander folgenden Lichtmengen, Fig. 3 für Avena, Fig. 4 für Phy- comyces. Sie sind ungefähr nach den in diesem Kapitel semachten Erfahrungen gezeichnet; wegen der stark dif- - _-- = ————o ferierenden Zahlen, hatte es seine Schwierigkeiten, die Figuren in dem wirklichen Verhältnis der gefundenen Zahlen zu zeichnen; sie sind denn auch nur als Schemata anzusehen. Aus diesen Schemata ist also zu ersehen, wenn man die Figur nach rechts verfolgt, wie bei zunehmender Energie die phototropische Reaktion zu- oder abnimmt oder negativ wird. Bei welchem Betrag an M. K. 8. dies geschieht, ist in diesem Kapitel zu finden. Wir fügen hier nun noch in Fig 5 ein Schema der photographischen Reaktion hinzu, wie dies von Guebhard (1905a 8. 337, Fig 2) dargestellt wurde, und verweisen nochmals auf die schon früher erwähnten Zahlen. Aus denselben ging her- vor, dass die Energiemenge, welche die positive Reaktion von Avena hemmt, welche die ersten, negativen Krüm- mungen von Phycomyces hervorruft und welche den An- fang der Umkehrung des photographischen Effektes ver- ursacht, einige Tausende Male (z. B. 2000— 3000) grösser ist, als die Energiemenge, welche diese Prozesse zu ihrem ersten positiven Maximum führt. Auf diesen Umstand wird hier nun noch einmal die Aufmerksamkeit gelenkt, weil aus demselben hervorgeht, dass die hier vorgeführten Schemata sich nicht nur zu- fällig an Form ähnlich sehen, sondern dass ein Grund vorliegt, sie als Wellen gleichartiger Form zu zeichnen. VIERTES KAPITEL. SCHLUSSBETRACHTUNGEN. DIE DEUTUNG DER PHOTOTROPISCHEN ERSCHEINUNGEN. S$S33. Die Lichtempfindlichkeit. Wenn wir die wichtigsten, jetzt bekannten Tatsachen des Phototropismus aus der Literatur und aus den hier beschriebenen Untersuchungen zusammenfassen, so heben wir folgende Punkte hervor: 17, dass sich auf die phototropische Reaktion die von Bunsen und Roscoe gefundene Regel von dem photochemischen Effekt in jeder Hinsicht anwenden lässt (Kapitel D. dass die sogenannte phototropische Empfindlichkeit im Spektrum eine ähnliche Verteilung aufweist, wie sie auch der Absorption verschiedener, lichtabsorbie- render Stoffe (wie z.B. des Sehpurpurs) eigen ist (Kapitel ID). dass der Verlauf der ganzen phototropischen Reaktion sich als die Wirkung zweier entgegengesetzten Reak- tionen erweist (während, wie Nernst sich ausdrückt, eine lichtempfindliche Substanz ein System darstellt, in dem zwei entgegengesetzte Reaktionen gleichzeitig verlaufen). dass eine lichtempfindliche Pflanze, nachdem sie den Lichtreiz empfangen hat, ins Dunkel zurückgebracht, allmählich ihre sogenannte „Erregung”, verliert und sie also wieder in ihren Dunkelzustand zurückkehrt 126 [s0g. „Abklang der Erregung”, siehe z.B. Ohno (1908)], während ein lichtempfindliches System, nachdem es gereizt worden ist, ins Dunkel gebracht, ebenfalls all- mählich in einen bestimmten Ruhezustand zurück- kehrt. [Siehe z.B. die Untersuchungen von Luther und Weigert (1905)]. dass eine lichtempfindliche Pflanze, die im Dunkeln aufgewachsen ist, eine bestimmte Empfindlichkeit für den Lichtreiz aufweist; dass der Zustand dieser Emp- findlichkeit (die sogenannte Stimmung) sich aber ändert, wenn die Pflanze lange Zeit im Licht bleibt oder ganz im Licht aufgewachsen ist [siehe z.B. Oltmanns (1897) und Pringsheim (1906)] und also zu jedem Belich- tungsumstand eine bestimmte „Stimmung” (Empfind- lichkeitszustand) gehört. Das Nämliche weist ein lichtempfindliches System auf, das unter einem be- stimmten Belichtungsumstand schliesslich einen be- stimmten „stationären Dauerzustand” annimmt, ein sogenanntes photochemiches Gleichgewicht. (Siehe Luther und Weigert). dass die Erscheinungen der Überbelichtung der pho- tographischen Platte und der phototropischen Pflanze völlig parallel gehen. (Siehe Kapitel II). dass Özapek (1903) für Pflanzen und Wolfg. Ost- wald (1908) für lichtempfindliche Tiere nachgewiesen haben, dass in der Tat chemische Änderungen unter dem Einfluss des Lichtreizes stattfinden. Wenn wir dies alles in Betracht ziehen, erscheint es uns wohl als sicher, dass der Lichtreiz auf photo- chemischen Wege aufgenommen wird; dass in der Pflanzenzelle ein lichtempfindliches chemisches Sy- stem besteht, das auf den Lichtreiz reagiert. Es sind die beim Studium des Phototropismus gefundenen Tatsachen, die zu dieser Überzeugung führen, ohne dass sich hier etwas Hypothetisches beigemischt hätte. Aber mit dieser Erfahrung ändert sich denn auch der Wert und die Be- deutung verschiedener Auffassungen, die in der Reizphy- siologie die herrschenden sind. In wieweit nun diese Schlussfolgerungen, die hier direkt aus den Tatsachen zu ziehen sind, eine allgemeine Bedeutung für verschie- dene Arten von Reizwirkung und zum Teil auch für die tierische Physiologie haben, das wird die Zukunft lehren müssen. Hier wollen wir uns auf den Phototropismus der Pflanze beschränken. Die Erfahrung scheint zu lehren, dass die phototropische Empfindlichkeit der Pflanze einfach in der Lichtempfind- lichkeit eines chemischen Systems besteht. Nach den Un- tersuchungen von Czapek und Ostwald besteht die Lichtwirkung dabei offenbar in einer zeitlichen Änderung normal immer in der tierischen und pflanzlichen Zelle verlaufender Reaktionen; dass Änderungen im Wachstum hiervon die unmittelbare Folge sind, lässt sich wohl ver- stehen. Die ganze Auffassung des phototropischen Prozesses wird hierdurch auf einmal einfacher; der Weg, welcher von der Lichtperzeption zur Reaktion führt, erscheint nicht so lang und kompliziert mehr und ist einer Ana- lyse wohl zugänglich. Es zeigte sich, dass eine Reihe von Bezeichnungen und Begriffen aus der Reizphysiologie, die mit dem eigentlichen Wesen der Pflanze verbunden wer- den, sich nur auf ein photochemisches System beziehen. Dieses photochemische System „empfindet” den Lichtreiz, d. h. es absorbiert einen Teil der Energie, und vor der Entstehung der phototropischen Krümmungen sind nur die dadurch entstandenen chemischen Reaktionsverände- rungen von Belang. Nach dieser Auffassung, wozu wir nicht durch Theorie, sondern gezwungen durch die fakti- schen Ergebnisse der Versuche geraten, werden die Er- 128 scheinungen einfacher und verständlicher und erhalten verschiedene Bezeichnungen eine einfache Bedeutung. $S 34. Reaktionszeit und Präsentationszeit. Diese zwei Begriffe werden in der Literatur oft neben einander behandelt, während sie in Wirklichkeit in keiner Beziehung zu einander stehen und also eigentlich geson- dert genannt werden sollten. Polowzow sagt (8. 135): „Die Reaktionszeit ist ein Begriff, der schom längst in der Wissenschaft eingebürgert ist und einen ganz bestimmten Sinn hat. Anders verhält es sich mit dem Begriffe der Präsentationszeit. Ihr Wesen und ihre Begrenzung scheinen mir weder experimentell noch theoretisch sicher zu sein.” Man könnte aber diesen Ausspruch eher umkehren. Die Definition der Reaktionszeit ist bekannt, aber von welchen Faktoren diese Zeit abhängig ist, lässt sich nur ungefähr vermuten. Wir wissen jetzt nur, dass nachdem durch das Licht während der Perzeption die ersten Änderungen ver- ursacht sind, noch eine bestimmte Zeit verläuft, bevor die Krümmung merklich wird. Diese Reaktionszeit scheint vor allem von den Wachstumsverhältnissen abhängig zu sein, aber weitere Untersuchungen werden dies erst näher definieren. Hinter dem Begriff Präsentationszeit steckt aber nichts Besonderes; das wurde schon früher nachdrücklich betont. Die ist nur ein Faktor der Energiemenge, also einer der zwei Faktoren der Reizschwelle. Über ein sogenanntes Wesen der Präsentationszeit braucht man keine Theorien aufzu- stellen, ebenso wenig wie über die Zeit, während welcher man eine Gasflamme von gewisser Stärke brennen lassen muss, um ein gewisses Quantum Wasser zum Siedepunkt zu erhitzen. Die Quantität der zugeführten Energie ent- scheidet über das Ergebnis des Prozesses. 129 $ 35. Intermittierende Reizung; Relaxationszeit und Perzeptionszeit. Anfangs hatte ich gedacht, dass die Methode der inter- mittierenden Reizung für die Kenntnis des Reizprozesses ausserordentlich wichtig sein würde, und ursprünglich war es meine Absicht insbesondere diese Methode anzuwenden. Die Untersuchung von Nathansohn und Pringsheim (1907) liess wohl bemerken, dass man sich hier mit der Anwendung einer sehr komplizierten Methode befasste, ohne dass die Regeln des einfachen, einseitigen Reizes genügend bekannt waren. So lässt es sich begreifen, dass diese Untersuchungen über den Phototropismus und be- sonders schon Fittings Untersuchungen über Geotro- pismus (1905) eine ganze Theorie über das intermittierende Reizen hervorgerufen haben, welche die Auffassung der Reizwirkung nicht einfacher gemacht hat. Die bei den beschriebenen Untersuchungen über den einfachen, einseitigen Reiz gemachte Erfahrung, führt nun zu einer sehr einfachen Auffassung der intermittierenden Reizung und macht eine komplizierte Theorie überflüssig. Wir beschränken uns wieder auf den Phototropismus, uns innerhalb des Gebietes der jetzt bekannten Tatsachen haltend, wenngleich ohne Zweifel eine ähnliche Auffassung auch für den Geotropismus und vielleicht in noch weiteren Kreisen gelten wird. Die Überzeugung, dass ein lichtempfindliches, chemisches System den Lichtreiz perzipiert, macht es schon erklärlich, wie gleichgültig es der Pflanze ist, ob während einer minimalen Zeitdauer ein verblendendes oder während längerer Zeit ein sehr schwaches Licht sie bestrahlt. Anfangs beim Finden dieser Regel schien mir dies schwer verständlich. Nachdem bei weitern Untersuchungen die Tatsachen von 9 130 selbst dazu geführt haben, den Schwerpunkt der Reiz- erscheinungen in ein lichtempfindliches, chemisches System zu legen, wurde nicht nur diese in Kapitel I erwähnte Erscheinung sehr natürlich, sondern es leuchtete auch ein, dass bei der intermittierenden Reizung lediglich das Verhalten dieses chemischen Systems einem Studium unterzogen wurde. Auf ein lichtempfindliches System, das ins Dunkel zurückgebracht, allmählich in sein entsprechendes Gleich- gewicht zurückkehrt, kann das Talbotsche Gesetz anwendbar sein. Kurz gefasst sagt die Talbotsche Regel, dass intermittierendes Licht denselben Lichteindrück her- vorruft, wie eine gleich grosse Menge constantes Licht, falls nur das intermittierende Licht innerhalb einer be- stimmten Zeit zugeführt wird. Wenn man nur schnell genug intermittiert, so hat ein solches System, das aus dem Dunkeln kommend, durch den Lichtreiz aus seinem Gleichgewicht gebracht worden ist, keine Gelegenheit in den Zwischenmomenten merkbar in seine Ruhelage zurückzukehren und die intermittierend zugeführte Energie hat denselben Effekt, wie eine gleich grosse Quantität, welche continuirlich zugeführt wird. Werden die Dunkelperioden aber länger, so hat das System wiederholt Gelegenheit mehr oder weniger weit nach seinem Gleichgewicht zurückzukehren und ein Teil der angewandten Energie muss jedesmal gebraucht werden, um diese Rückkehr ungeschehen sein zu lassen. Wird das Verhältnis zwischen Licht und Dunkel noch ungünstiger, so ist es schliesslich den schwachen Energieperioden nicht mehr möglich, das System zu dem chemischen Effekt zu bringen, der zum Hervorrufen einer Krümmung nötig ist. Es ist dieses Stadium der intermittierenden Reizung, wobei das Wort Relaxationszeit eingeführt worden ist. An sich sollte dieses Wort schon durch Relaxationsverhältnis ersetzt werden, da die Zeit durchaus relativ und von der 151 Weise der Energiezufuhr abhängig ist, und es sich hier also ebenso wenig, wie bei der Präsentationszeit, um einen wirklichen Zeitbegriff handelt. Es wird einleuchten, dass die Methode der intermittie- renden Reizung vielleicht für die Kenntnis der photo- chemischen Systeme wichtig sein kann, obgleich wahr scheinlich das Ergebnis des Intermittierens schon im voraus zu bestimmen ist, wenn man die Hauptgesetze des betreffenden photochemischen Systems erst studiert hat. Aber zu einer weitern Erörterung des phototropischen Prozesses, wird diese Methode nicht sehr viel beitragen. Zeigt sich doch in Wirklichkeit, dass nur das photoche- mische System sich der intermittierenden Wirkung unter- zieht, und das der weitere Verlauf der Reaktion nur mit dem hierdurch erreichten Effekt etwas zu schaffen hat. Eben diese einfache und doch so bewunderenswerte Einrichtung ermöglicht es, dass man die Energie auf die verschiedenste Weise, entweder während einer minimalen Zeitdauer bei intensiver Lichtstärke, oder während längerer Zeitdauer bei schwachem Lichte, oder auch intermittierend zuführen kann, ohne dass der Verlauf des phototropischen Prozesses dabei irgend einige Abweichung erleidet oder auch nur irgend eine abnormale Erscheinung auftritt. Das photochemische System perzipiiert den Lichtreiz in dem vollsten Sinne des Wortes und für den weitern Prozess kommt nur die Änderung, welche dieses System unter dem Einfluss der Energie erlitt, in Betracht; wie die Energie von aussen zugeführt wird ist weiter von keinem Belang. Die Talbotsche Regel lässt sich auf diese Weise einfach erklären. Während man es für die Pflanzenphysiologie von grosser Wichtigkeit erachtete, dass sich hier eine Regel nachweisen liess, die auch für das menschliche Auge gilt, scheint es für die Einsicht der Lichtperzeption 132 von viel grösserer Bedeutung, dass diese Regel sich auch ausserhalb des Gebietes der Pflanzenphysiologie auf pho- tochemische Prozesse anwenden lässt. Es ist vielleicht nicht überflüssig auf den Umstand aufmerksam zu machen, dass sich aus den Untersuchungen von Bunsen und Roscoe schliessen lässt, dass sich auch auf ein ähnliches System, wie sie untersucht haben, ein Gemisch von Chlor und Wasserstoff, die Talbotsche Regel anwenden lässt. (Siehe Bunsen und Roscoe 1857, und besonders Ss. 493 und Fig. 3 Tafel VI). Nach dieser Auffassung sind weitere Theorien, welche Beziehungen zwischen den In- termittierungserscheinungen und dem eigentlichen Wesen der Pflanze suchen, überflüssig. Wir brauchen aber hierauf nicht weiter einzugehen, da diese Auffassung nicht neu ist und schon von Helmholtz sie für das menschliche Auge geäussert hat. (Siehe Nagel S. 231). Auch ist dabei hervorgehoben, dass bei mancherlei Prozessen eine ähn- liche Regel ihre Anwendung findet. Völlig in Übereinstim- mung mit dem Obigen ist auch, was Nagel sagt, dass bei einer photochemischen Auffassung der Lichtperzeption durch das Auge, der Talbotsche Satz „nichts Rätselhafles” hat. Hierdurch wird es klar, welchen relativen Wert man der Intermittierungsmethode und den Bestimmungen der Relaxationszeit beizulegen hat. Man wird sich erinnern, dass Nathansohn und Pringsheim bei ihren Versuchen mit einseitigem, in- termittierendem Lichte keine Resultate haben erreichen können. Dies ist die Folge der Unbekanntheit mit der Wirkung verschiedener Quantitäten einseitigen continuir- lichen Lichtes. Dass sie hier keine wahrnehmbaren Resul- tate erhielten, lässt sich durch die in Kapitel III behan- delten Erscheinungen erklären. Sie sahen sich gezwungen mit Schwellenbestimmungen zu arbeiten; statt der kom- plizierteren Unterschiedsschwellen hätte die Wirkung des 153 intermittierenden Lichtes aufdie einfache Schwelle bestimmt werden können. Aber damit ist nur noch ein Fall der intermittierenden Wirkung bekannt und wir wollen des- halb hier noch einen wichtigen Punkt hervorheben, worüber auch in der Literatur Meinungsverschiedenheit entstanden ist. Man hat behauptet (siehe u. a. Nathan- sohn und Pringsheim 1907), dass ein Licht stärker wirkt, wenn es constant ist, als wenn es unterbrochen wird. Aber man hat auch behauptet, dass die unterbro- chene Belichtung ebenso stark (Wiesner 1880, S. 23), oder auch stärker wirkt, da in diesem Falle keine Ermü- dung auftrete, wie bei einer constanten Belichtung. Ob- gleich sie wahr sind und auf Tatsachen beruhen, sind beide Äusserungen einseitig. Kapitel III gibt die Erklä- rung dieser paradox scheinenden Behauptung. Wird schwach belichtet, so wird unterbrochenes Licht schwächer wirken, als continuirliches; wird stärker belichtet, sodass die Gegenreaktion schon wirkt, so wird das unterbrochene Licht, durch seine geringere Energiezufuhr eine gleich starke oder sogar viel stärkere positive Krümmung her- vorrufen, als das continuirliche Licht. Dies wird auch noch bewiesen durch einen Versuch von Pringsheim (1906) wobei intermittierendes Licht eine Verringerung der Reaktionszeit zur Folge hatte. Diesen Punkt hier noch weiter zu erörtern, ist wohl überflüssig und es liegt kein Grund vor, weiter darüber zu streiten. Auf die Voraus- setzung einer „Ermüdung” kommen wir in dem folgenden Paragraphen zurück. Nach diesen Besprechungen wäre es fast überflüssig über die sogenannte Perzeptionszeit, einen theoretischen Begriff, welcher entbehrt werden kann, noch viel zu sagen. Fitting (1905) gibt S. 285 eine theoretische Definition von der Perzeptionszeit. Es ist wichtig die Aufmerksam- 134 keit hierauf zu lenken, da Polowzow diese Definition verallgemeinert übernommen hat, und weil wir hier eine prinzipielle Verschiedenheit der Auffassung über die Reiz- perzeption berühren. Fitting gibt als Definition von der Perzeptionszeit: „die minimale Zeitdauer, die vom Beginne der Einwirkung des Schwerereizes bis zum Beginne der Perzeption, d. h. dazu erforderlich ist, damit eine Pflanze eine Ablenkung aus der normalen Ruhelage empfindet”. Fittings Definition ist schon deshalb nicht anwendbar, da der Begriff Perzeption mit einem für uns völlig un- bekannten Begriff umschrieben wird, indem er sich der Worte bedient: „damit eine Pflanze empfindet.” Diese Auffassung nun, dass das Aufnehmen des Licht- reizes eigentlich erst geschieht, wenn das lebendige Pro- toplasma eine Empfindung erfährt, ist die üblichste. Es ist aber eine von vornherein angenommene Idee, welche es unmöglich macht sich über die wirkliche Perzeption ein Urteil zu bilden. Hieraus ist Verwirrung entstanden, da das Wort Perzeption mithin auf zwei verschiedene Wei- sen aufzufassen ist. Gewöhnlich denkt man bei Perzeption an das Zustandekommen einer wirklichen Empfindung durch das lebendige Protoplasma, während der Lichtreiz dann schon eine bestimmte Zeit auf irgend eine Weise eingewirkt haben muss, um diese Empfindung zu be- werkstelligen. Man kann aber das Wort Perzeption auch ganz allgemein fassen und dabei an die Aufnahme eines Reizes in allgemeinem Sinne denken, wie dieselbe not- wendig stattfindet, sobald der Reiz zu wirken anfängt. Letztere Auffassung des Wortes Perzeption ist diejenige, welche einer experimentellen Untersuchung zu Grunde liegen soll, da sie viel allgemeiner und ohne eine voraus- gefasste Meinung gefasst ist. Sie wartet nur ab, welche Tatsachen die Natur uns beim Experiment offenbaren 135 wird, damit wir auf diese Weise, zur näheren Erkenntnis geraten können. Die erstgenannte Auffassung der Perzeption, wobei man mit einem grossen, unbekannten und unbewiesenen Faktor, der Empfindung des lebendigen Protoplasmas zu rechnen hat, ist im Allgemeinen in der Reizphysiologie der Pflanzen die herrschende. Durch diese Auffassung ist auch der Begriff Perzeptionszeit entstanden. Die Definition Fittings beruht also auf der Voraussetzung, dass der Reiz schon während einer gewissen Zeit eingewirkt hat und dass dann das Protoplasma eine Empfindung erfährt. Nach der Auffassung der Lichtperzeption, wozu die hier beschriebenen Untersuchungen geführt haben, ist aber die erste Einwirkung des Lichtes zugleicherzeit die Perzep- tion seitens der Pflanze. Würde, wie in der Definition von Fitting, der Reiz nicht momentan perzipiert, so würde er nach unserer Auffassung .der Perzeption auch nie perzipiert werden. Dies ist die Lichtperzeption, die den Gegenstand dieser Arbeit ausmacht. Eine eigentliche Perzeption, die erst später durch das Protoplasma zu Stande kommt, die in einer wirklichen Empfindung bestände, ist durchaus hy- pothetisch. Dass diese Auffassung Verwirrung veranlasst, geht nun besonders aus dem Umstande hervor, dass die Erscheinungen der intermittierenden Reizung bewiesen haben, dass auch unendlich kleine Energiemengen „auf- genommen” werden und man folglich mit der Perzep- tionszeit in der Pflanzenphysiologie eigentlich weder ein noch aus weiss. (Siehe Polowzow 8. 173—174). Die Auffassung, dass der Schwerpunkt der Lichtperzep- tion in der unmittelbaren Reaktion eines lichtempfindli- chen, chemischen Systems gefunden wird, kann auch hier Untersuchung und Theorie bedeutend vereinfachen. 136 8 36. Die Grenzen der Reaktion und die An- wendung der Fechnerschen Formel. Eine besonders merkwürdige Erscheinung der Reizwir- kung ist der Umstand, dass die Reaktion des Organismus innerhalb gewisser Schranken bleibt; dass also, wenn auch der Reiz immer zunimmt, die Reaktion bestimmte Grenzen nicht überschreitet. Wie diese Begrenzung der Reaktion zu Stande kommt, ist in Kapitel III ausführlich besprochen worden, denn es stellte sich da heraus, dass die photo- tropische Reaktion sich in zwei sich entgegengesetzten Wirkungen analysieren liess, die abwechselnd einen Höhe- punkt erreichen. Dem Antagonismus dieser beiden Wir- kungen ist es also zuzuschreiben, dass die positiv photo- tropische Krümmung nur einen gewissen Maximalbetrag erreichen kann und nicht in Excesse verfällt. Diese Auf- fassung von der Reaktionsbegrenzung folgt schon genügend aus den Tatsachen in Kapitel III. Aber doch wollen wir hier ein paar Beispiele anführen, aus welchen hervorgeht, dass ausnahmsweise eine Pflanzenzelle in der Tat durch Überbelichtung in Excesse verfallen kann. In Kapitel III, z.B. Tabelle I, wurde erwähnt, dass die Sporangienträger von Phycomyces bei einer Belichtung von + 100.000 Meter-Kerzen-Sekunden auf eigentümliche Weise reagieren. Es entstehen einige schwache, positive Krüm- mungen, die bald wieder verschwinden und zum Teil auch in negative Krümmungen übergehen. Oft findet ein Schwanken zwischen schwachem, positivem und negativem Reagieren statt. Nun traten in einigen Versuchen bei einer Belichtung während 2 Sekunden in 44.000 Meter-Kerzen an einigen Sporangienträgern sonderbare Erscheinungen auf. Während ein Teil, wie gesagt, diese schwache Schwankung aufwies, gab es einige, die sich kräftig positiv krümmten. Bei denjenigen nun, welche eine deutliche positive Krüm- 137 mung aufwiesen, wurde dieselbe aussergewöhnlich stark, blieb oft nicht einmal bei 70°—90° stehen, sondern ging sogar weiter, als die wagerechte Richtung erreicht war. Ja, es gab deren einige die durchaus kein Mass hielten und sich weiter durchkrümmten, bis das Sporangium, schliesslich vielleicht auch geotropisch, sich wieder ungefähr gerade nach oben wandte. In Fig. 6 ist das Verhalten einiger Sporangienträger angegeben. Die erste Reihe weist einen Sporangienträger auf, der sich bis + 110° gekrümmt hat. Darauf beugt sich der vordere Teil wieder zurück und sodann empor. Die erste Krüm- mung bleibt aber fixiert, indem die Wachstumszone immer nahe unter der Spitze in der Nähe des Sporangiums bleibt. au a 719% Dieses Krümmen nun bis über die Horizontallinie, also über die Lichtrichtung hinaus, kann man auch wohl einmal bei Avena beobachten, wenn man mit ziemlich schwachem Lichte durchbelichtet. 138 Es treten dann manchmal in kurzer Zeit Krümmungen bis 100° oder 105° auf, die bald aber wieder stark abnehmen. Die zweite Reihe in Fig. 6 ist merkwürdiger. Die Krümmung schreitet erst bis etwa 110° vor, darauf aber noch weiter, sodass das Sporangium gerade nach unten gerichtet steht. Dann krümmt sich der Sporangienträger noch weiter, zum Teile aufwärts, aber auch seitwärts und schliesslich hebt der obere Teil sich wieder. An dem Zustandekommen dieses letzten Teils der Aufkrümmung wird wahrscheinlich auch der Geotropismus seinen Anteil haben. In der dritten Reihe findet sich die Abbildung eines >porangienträgers, der sich auch über die Horizontallinie hinaus beugt, dann die Krümmung fortsetzt bis 180°, sich wieder bis 270° umbeugt und in dieser Richtung eine Strecke weiter wächst. Diese fortgesetzte Krümmung bis 270° ist entschieden auch eine phototropische, nicht geotropische; denn beim Krümmen von 0° bis 180° wurde der Schwerereiz so perzipiiert, dass eine eventuelle, geo- tropische Krümmung der phototropischen Reaktion sogar entgegenwirken musste. Mögliche, spätere Veränderungen wurden hierbei nicht weiter beobachtet. Ich habe schon erwähnt, dass diese Erscheinungen ausnahmsweise auftraten und nur in einigen Versuchen bei Überbelichtung beobachtet wurden. Bei diesen einzel- nen Individuen war offenbar die Gegenreaktion durch irgend einen Umstand schwach, oder vielleicht sogar ganz ausgeblieben. Die positive Krümmung überschritt wenig- stens die Grenzen bedeutend und wies weiter keine Be- ziehungen mehr auf zu der Richtung, worin früher die Lichtstrahlen gefallen waren. Hiermit ist also ein abnormaler Fall beschrieben; nor- mal ist es, dass die Reaktion begrenzt bleibt, wie dies in Fig. 3 und 4 schon anschaulich dargestellt wurde. 139 Ich habe nun auf die Grenzen der Reaktion aufmerksam gemacht und die betreffenden Figuren geben eine Abbil- dung von der Grösse der Reaktion bei verschieden grossen Reizen. Hiermit ist eigentlich schon die vollständige Be- ziehung der Reaktionsstärke zu der Grösse des Reizes besprochen worden. Es ist auffallend, wie oft das psycho- physische Gesetz, wie Fechner dieses verallgemeinert formuliert hat, in der Literatur über Reizerscheinungen angeführt wird. Während das ursprüngliche Webersche Gesetz sich auf Unterschiedsempfindlichkeit bezieht, lautet das Gesetz nach Fechners Formulierung: „dass die Stärke der Empfindung proportional dem Logarithmus des leizes wachse.” In mancher botanischen Untersuchung beruft man sich nun auf dieses Gesetz, sobald man bemerkt, dass die Reaktion nicht so stark zunimmt, wie der Reiz. stellte man hier eine vollständige Untersuchung an, über die Beziehung zwischen Reaktionsstärke und Reizgrösse, So würde man wahrscheinlich über die Reizerscheinungen bei der Pflanze zu einer anderen Auffassung geraten und vielleicht eine befriedigendere Einsicht erhalten, als durch die nüchterne, wenig sagende Formulierung in einem psycho-physischen Gesetz. Auch seitens der Psychologen (siehe v. Kries in Nagels Handbuch) wird auf den ge- ringen Wert derartiger psycho-physischer Formeln und auf die Gefahr sich bei einer einzigen Formel aufzuhalten, aufmerksam gemacht. Während nun die Fechnersche Formel auf psychi- schem Gebiete sogar stark bestritten wird, zeigt es sich, dass die Anwendung dieser Formel auf Bewegungsreak- tionen der Pflanze durchaus wertlos ist. Die Figuren 3 und 4 und die Zahlen in Kapitel III zeigen, dass die Beziehung der Reaktionszeit zur Reiz- grösse eine ganz andere ist, als in der Fechnerschen 140 Formel für die Beziehung zwischen einer psychischen Empfindung und der Reizintensität behauptet wird. Es zeigt sich ja, dass die Reaktion bei Verstärkung des Reizes erst stark zunimmt, dann langsamer, sodann un- gefähr dieselbe bleibt, darauf abnimmt, u. s. w. Nun gibt es natürlich wohl eine gewisse kurze Zone über dem Schwellenwert und bevor die maximale Reaktion erreicht wird, worauf sich die Fechnersche Formel so ungefähr anwenden liesse. Gewöhnlich wird nun bei phototropischen Versuchen mit Lichtstärken gearbeitet, wobei die Gegen- reaktion sich schon bald geltend macht. Die meisten Un- tersucher, die über Reizreaktionen Versuche angestellt haben, erwähnen derartige Erscheinungen. Allgemein konstatiert man in der Reizphysiologie eine Ermüdung wenn ein Reiz lange dauert; ebenso spricht man öfters von einer Abstumpfung der Erregung bei der Anwendung starker Reize. Was nun den phototropischen Reiz betrefft, so hat sich aus den in Kapitel III beschriebenen Versu- chen ergeben, dass durch die Reizenergie zwei gleichar- tige, aber antagonistische Wirkungen in der Pflanzenzelle auftreten, von denen erst die eine, darauf die andere die stärkere ist. Aus dieser doppelten Wirkung resultierte die verschiedene phototropische Reaktion bei verschiedener Energiemenge. Was nun die Erscheinungen anbelangt, wobei man von der Fechnerschen Formel, von Ermüdung oder Abstumpfung zu sprechen geneigt ist, so glaube ich, dass die Erklärung derselben in so weit es den phototropischen Reiz betrifft, schon ganz in der Auseinandersetzung in Kapitel III ent- halten ist. Damit ist also nur gemeint, dass die Analyse der phototropischen Reaktion in zwei entgegengesetzte Wirkungen zugleicherzeit die Auseinandersetzung dieser Erscheinungen ist. Man kann sich die Frage stellen, in wie weit es seinen Wert hat oder erwünscht ist, obige 141 Termen aus der Psycho-Physiologie in der Pflanzenphy- siologie zu verwenden, nachdem sich die Erscheinung in einfachere Faktoren gelöst hat, von welchen man nichts weniger als gezwungen wird, an einen wirklichen psychi- schen Hintergrund zu denken. Wir wollen hierüber nicht diskutieren da der Name einer Erscheinung weniger Wert hat, als die Tatsachen, welche die Erscheinung bilden. Aber wohl drängt sich die Frage an uns auf, in wie weit es sich hier doch um die primitive Basis der Ermüdungs- erscheinungen in höherem Sinne handelt; in wie weit diesen das Auftreten einer Gegenreaktion zu Grunde liegt. Dass beim menschlichen Auge auch dieselbe Erscheinung (eine sogenannte Ermüdung) auftritt, hat Exner in seinen Versuchen nachgewiesen, und Nagel macht (S. 227) darauf aufmerksam, dass man hieraus auf ein Auftreten einer Gegenreaktion schliessen muss. Sehr auffallend ist jeden- falls die Übereinstimmung „des Schemas der Exnerschen Versuche über das Ansteigen des Erregungsvorgamges bei konstanter Belichtung” (z.B. v. Nagel S. 227) mit unseren Schemata 3, 4 und 5 für den phototropischen und photo- graphischen Effekt. $ 37. Über die Anwendung des Weberschen Gesetzes. Wir wollen nun noch einen Augenblick bei der Unter- suchung nach der „Unterschiedsempfindlichkeit” und bei dem eigentlichen Weberschen Gesetze verweilen, von welchem letztern wir z.B. in Nagels Handbuch folgende Umschreibung finden: „demzufolge zwei Reize, um eben noch als verschieden erkannt zu werden, immer in einem bestimmten (von der absoluten Intensität unabhängigen) Verhältnis stehen müssten. Dies ist es, was man gegenwärtig als Webersches Gesetz zu bezeichnen pflegt.” 142 Dieses Gesetz wurde in einigen Fällen auf Reizerschei- nungen bei der Pflanze angewandt, zuerst von Pfeffer für die Chemotaxis von Farnspermatozoiden. Wir be- schränken uns aber hier nur auf die Besprechung der Krümmungsreaktionen. Im Allgemeinen kann man die Bemerkung machen, dass das Webersche Gesetz auf die bewusste Beurteilung zweier Reize Bezug nimmt. Bei der Pflanze sucht man die Existenz eines ähnlichen Gesetzes an Bewegungsreaktionen zu erproben. Nun kann man mit seinen Schlussfolgerungen nicht vorsichtig und kritisch genug sein, wenn diese Bewegungsreaktionen etwas aufweisen, das einem psycho- physischem Gesetz ähnlich sieht; denn man ist so leicht dazu geneigt, hieraus durch Analogie zu schliessen, dass diese Reaktionen die Abspiegelung psychischer Erschei- nungen sind. Es fragt sich aber, ob die Tatsachen zu solchen Schlussfolgerungen zwingen, und ob man nicht vielmehr weitere Analyse durch die überflüssige Einführung eines solchen komplizierten Begriffes unmöglich macht. Wir wollen hierauf nun nicht weiter eingehen, sondern nur die Tatsachen, worauf das Webersche Gesetz für Krümmungsreaktionen angewandt wurde, eingehender be- trachten. Nachdem sich nach Beendigung der Versuche im Kapi- tel I gezeigt hatte, dass die Reizstärke durch die Energie- menge bestimmt wird, und also der Zeitfaktor von gleich grosser Bedeutung ist, als der Intensitätsfaktor, war es ausgemacht, dass für alle quantitativen Bestimmungen über den Reizeffekt, die Grösse des Reizes in erster Linie genau bekannt sein musste. Daraus folgt, dass bei derarti- gen Untersuchungen, zZ. B. beim Phototropismus nicht durchbelichtet werden darf, weil es in diesem Falle un- möglich wäre, die Grösse des Reizes, der den in einem 143 gewissen Augenblick beobachteten Effekt verursacht, zu bestimmen; denn es lässt sich ja nicht sagen, wie gross der Anteil ist, den die Durchbelichtungszeit an der hervor- gerufenen Reaktion hat. Und dieser durch die Durchbe- lichtung entstandene Fehler kommt besonders für jene Versuche in Betracht, wobei man zwei antagonistische Reize einwirken lässt. Wenn man hier durchbelichtet, so lässt sich nicht im geringsten sagen, wie gross die beiden Reize waren, welche den in einem gewissen Moment be- obachteten Effekt hervorgerufen haben. Es soll also bei der Untersuchung nach der Wirkung zweier antagonistischen Reize, die Reizung während einer bestimmten beschränkten Zeit stattfin- den und darauf der Effektin der Nachwirkung beurteilt werden. Aus den bekannten Tatsachen konnte man aber noch mehr schliessen. Nennen wir die Belichtungszeit Z, die Intensität der antagonistischen Reize I und i, so folgt aus Kapitel I, dass, wenn für dieser antagonistischen Reizung das We- PERS bersche Gesetz gilt, —— für die Unterschiedsschwelle konstannt sein muss, dass also, wenn die beiden Flanken 2 I ' gleich lange belichtet werden, = konstant und daher die Grenze der gekrümmten und aufrecht stehenden Indivi- duen an derselben Stelle bleiben muss, unabhängig von der Belichtungsdauer. Liesse sich das Webersche Gesetz auf die antagonistische Reizung nicht anwenden, so muss sich während der Belichtung die sogenannte Unterschieds- schwelle verschieben. Und in der Tat scheint letzteres der Fall zu sein, denn wir lesen bei Massart (1888) S. 596: „Le temps pendamt lequel on laisse agir la lumiere, con- stitue un facteur important. Lorsque la duree de l!experience 144 est trop faible, la courbure n’est pas nette. Quand la lumiere exerce son action pendant trop longtemps, les Phycomyces rapproches du O0 peuvent eux-memes presenter la courbure, meme pour une lumiere de faible intensite” Massart beobachtet dann nach 4 Stunden. Er findet, indem höchste und niedrigste Intensität differieren in einem Verhältnis von 9:1 eine „Unterschiedsempfindlichkeit” von '®/;oo, fügt aber hinzu: „Cette fraction aurait probablement ete plus faible, si la lumiere aurait agi pendant plus de quatre heures”. Mit andern Worten, die Gültigkeit des Weberschen Gesetzes wird hier nicht nachgewiesen. Sodann ist zu beachten, dass bei der Anwendung nicht sehr schwacher Reize, jeder Reiz schon zwei entgegen- gesetzte Wirkungen in der Pflanze verursacht (siehe Ka- pitel III), was man bei der antagonistischen Reizung in Betracht ziehen soll. So fragt man sich ab, wenn Zwei Reize angewandt werden, von denen der schwächere bei einseitigem Reizen eine maximale Reaktion, der stärkere eine schwächere Reaktion hervorrufen würde, wie dann das Ergebnis der entgegengesetzten Reizung wäre, ob sich dann die Krümmung nicht nach dem schwächeren Reiz richten würde. Es scheint uns nicht unmöglich, dass hierbei einfach die Differenz der Reaktionen, welche jeder der zwei Reize allein hervorruft, den Ausschlag gibt. Dies wäre aber experimentell zu ergründen. Es war nur die Absicht hier darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bei derartigen Versuchen bei der Pflanze entschieden nur handelt um zwei Reaktionen, die sich gegenseitig an Kraft messen, und dass die Voraus- setzung, dass hier zwei Empfindungen zu vergleichen wären, durchaus unbegründet ist. Das nicht-Krümmen bei antagonistischer Reizung heisst also nur, dass die eine 145 Kraft die andere nicht so weit übertrifft, dass eine Krüm- mung zu Stande kommen könnte. Was hier oben u. A. über den Fehler beim Durchbe- lichten und die Auffassung der antagonistischen Reizung gesagt worden ist, kann natürlich grösstenteils zugleicher- zeit für die geotropische Reizung gelten. Wichtig ist aber noch auf Folgendes die Aufmerksamkeit zu lenken. Fit- ting (1905) bestimmte die „geotropische Unterschiedsem- pfindlichkeit für verschiedene Stellungen.” Für das Ergebnis siehe $S. 306-308. Fitting schliesst $S. 311: „Die Zahlen lehren, dass die Unterschiedsempfindlichkeit mit der Ver- grösserung der Ablenkungswinkel aus der Ruhelage immer geringer wird. Ob die Abnahme der Unterschiedsempfind- lichkeit aber in der Weise stattfindet, wie es nach dem Weber—Fechner’schen Gesetz zu fordern wäre, lässt sich vorläufig nicht mit Sicherheit sagen.” Nimmt man nun, nach der Sinus-Regel, welche Fitting klar dargelegt hat, den Sinus der Winkel, so zeigt es sich, dass das Verhältnis dieser Werte, die noch als „verschieden erkannt” werden, nicht weniger als konstant bleibt, wie der Fall sein müsste, wenn hier das Webersche Gesetz nachgewiesen würde. Die Differenzen weisen aber grössere Übereinstimmung auf. Ebenso wenig wird auf S. 316 und 317 die Gültigkeit des Weberschen Gesetzes für „die Unterschiedsempfindlich- keit für die verschiedene Zeitdauer der Reizungen” be- wiesen. Hier werden die zwei entgegengesetzten Flanken in- termittierend gereizt. Fitting findet dabei: „Während die Expositionszeiten bei 360 Sekunden Einzelexposition differieren müssen um 14.4 Sekunden, brauchen sie also bei 25 Sekunden Einzelexposition nur um 1 Sekunde verschieden zu sein, damit gerade noch eine geotropische Krümmung eintritt. Aber das ist ja ganz selbstverständlich. denn nimmt man die Einzel- exposition z.B. zehnmal kürzer, so tritt die Differenz der 10 146 Einzelexpositionen auch zehnmal so oft auf und darf also die Differenz der Einzelexpositionen zehnmal geringer sein. Es zeigt sich also, dass die einfache Summation der Diffe- renzen in beiden Fällen den Ausschlag gibt. Hieraus folgt, dass in diesem Fall die Talbotsche Regel bestätigt wird, und zudem dass das Webersche Gesetz wenigstens auf das antagonistische Reizen nicht anwendbar ist, da die Differenz der Einzelreizungen und nicht das Verhältnis hier in Betracht kommt. Während hier also obigen Tat- sachen nach den Erfahrungen auf dem Gebiete des Photo- tropismus eine andere Deutung gegeben wird, als Fitting ursprünglich denselben beigelegt hat, liegt es natürlich keineswegs in unserer Absicht an dem Wert seiner wich- tigen Beobachtungen zu zweifeln. Wir müssen hier schliessen, indem wir konstatieren, dass bis jetzt weder für den Licht, noch für den Schwerereiz nachgewiesen wordenist, dass das Webersche Gesetz sich darauf anwenden lässt. $ 58. Stimmung. Alle die in dieser Arbeit mitgeteilten Versuche wurden mit etiolierten Pflanzen verrichtet. Und die aus den Ergebnissen gemachten Schlussfolgerungen beziehen sich also auf Pflanzen, die im Dunkeln in ihrem Normalzustand, in ihrer Ruhelage sind. Solche Individuen reagieren auf einen zeitweiligen, einseitigen Reiz, nach den in dieser Arbeit beschriebenen Regeln. Während nun die wichtigsten Erscheinungen des Phototropismus in diesen wenigen ein- fachen Reaktionsregeln ihre Erklärung finden, trat bei den in Kapitel III beschriebenen Versuchen vereinzelt doch noch eine Erscheinung auf, die wir absichtlich näher zu besprechen vermieden haben, da sie in jenem Kapitel nur zur Verwirrung veranlasst hätte. 147 Nachdem nun aber im Vorherstehenden die wichtigsten, phototropischen Erscheinungen, welche die etiolierte Pflanze aufweist, erwähnt worden sind, wollen wir hier zum Schluss ausführlich auf jene früher ausser Betracht gelassene Er- scheinung, die in vielen phototropischen Untersuchungen eine grosse Rolle spielt, und wodurch immer wieder die einfachen phototropischen Regeln verborgen bleiben, zu- rückkommen. Schon mehrmals hat man in der Literatur [Siehe u. A. Oltmanns (1897), Pringsheim (1906)] die Aufmerksam- keit auf die Tatsache gelenkt, dass Pflanzen welche längere Zeit im Licht gestanden haben oder überhaupt nicht-etioliert aufgewachsen sind, eine andere Empfindlichkeit für ein- seitige Lichtreize aufweisen, als völlig etiolierte Pflanzen, und zwar in diesem Sinne, dass sie für den einseitigen Lichtreiz weniger empfindlich sind. Bei dieser Erscheinung bedient man sich eines einfachen Ausdruckes; man sagt nämlich, dass die etiolierten und nicht-etiolierten Pflanzen für das Licht eine verschiedene „Stimmung” aufweisen. Oltmanns machte die Bemerkung, dass bei Sporangien- trägern von Phycomyces, die anfangs in einer gewissen Lichtstärke negative Krümmungen aufweisen, diese einige Zeit nachher in positive übergehen, für welche Erschei- nung er sich des Wortes „Umstimmung” bediente. Dieselbe Erscheinung wurde bei Phycomyces und Avena auch in den hier behandelten Versuchen (siehe Kapitel III, Tabelle IV, V, VI und X) beschrieben. In Tabelle IV, bei 550 M.K. liess sich dieselbe Tatsache, die Oltmanns mit dem Namen „Umstimmung” bezeich- nete, konstatieren. Bei Durchbelichtung zeigen sich zuerst einige negative Krümmungen, darauf tritt eine allgemeine, positive Reaktion auf. In Tabelle V und VI, beim Gebrauch von 300 und 73 M.K., zeigte es sich, dass die Reaktions- zeiten bei Überbelichtung immer länger wurden, nur wenn 148 die Belichtungszeit fast bis zur Reaktionszeit verlängert worden war, wurde die Reaktionszeit offenbar wieder etwas kürzer. . Weiter beachte man Tabelle X für Avena. Bei einer 8 Minuten langen Belichtung blieb die Reaktion nahezu aus. Während nun bei noch längerer Belichtung die Reaktion ganz hätte aufhören müssen, nahm sie so- dann im Gegenteil wieder zu, wie auch schon früher erwähnt worden ist, sodass nach einer 20 Minuten langen Belichtung wieder alle, obgleich nur noch sehr schwach, reagierten. Alle diese Tatsachen aus der Literatur und aus den hier behandelten Versuchen, sind die Folgen einer durch einen Aufenthalt im Licht veranlassten Änderung der sogenannten Stimmung. Es ist von Bedeutung einen Augenblick bei diesem Begriff Stimmung zu verweilen, weil man sich hierdurch klar werden kann, in welcher Hinsicht die Pflanze, welche sich einige Zeit im Lichte befunden hat, von der noch völlig etiolierten Pflanze, was ihr phototropisches Verhalten betrifft, eigentlich abweicht. Die Stimmungsänderung nun ist deshalb von so grosser Wichtigkeit, da sie es eigentlich nur ermöglicht, dass die Pflanze schliesslich eine bestimmte Stellung dem Lichte gegenüber einnimt. Denn bliebe die Pflanze auch bei einem längern Aufenthalt im Lichte in derselben Stimmung, so würde es nach den in Kapitel III gefun- denen Tatsachen schwer zu verstehen sein, wie die Pflanze schliesslich eine bestimmte Lage zur Lichtrichtung ein- nehmen könnte, wie dies doch in der Tat meistens nach einer mehr oder weniger langen Durchbelichtung konsta- tiert wird. So würde ja z.B. Avena, über 8 Minuten lang in 400 M. K. belichtet, zunächst keine Krümmung mehr aufweisen, wenn nicht durch eine gewisse Änderung die positive Reaktion darauf wieder kräftiger auftreten’könnte, 149 Während nun bei phototropischen Versuchen, wie man auch aus den Literaturangaben schliessen kann, ziemlich oft ein Hin- und Herpendeln beobachtet werden kann, kann man zugleicherzeit beobachten, dass dieses Pendeln gewöhnlich schliesslich gedämpft wird und der Krümmungs- winkel mehr fixiert bleibt. Worin besteht nun eigentlich diese Stimmung und ihre Änderung? Nachdem wir alle bekannten Tatsachen in Bezug ge- zogen hatten, und zu der Überzeugung gelangten, dass die phototropische Reaktion ganz durch ein lichtempfind- liches, chemisches System beherrscht wird, kamen uns zugleicherzeit die Erscheinungen, die sich unter den Be- griff Stimmung zusammenfassen lassen, erklärlich vor. Wenn ein photochemisches System genügend lang im Dunkeln gelassen wird, befindet es sich in einem ge- wissen Gleichgewichts- oder Dauerzustand. Wird ein solches System kurz belichtet und darauf wieder im Dunkeln gelassen, so wird zwar dieser Gleichgewichts- oder Dauerzustand zerstört, aber im Dunkeln kehrt all- mählich das System wieder in seinen bestimmten Dunkel- zustand zurück. Belichtet man das System längere Zeit, so wird ebenfalls natürlich der Gleichgewichtszustand zerstört, aber auf die Dauer stellt sich ein neuer Dauer- zustand ein. Das System gerät wieder in eine Art Gleich- gewichtszustand, welcher von den betreffenden Belichtungs- verhältnissen, worin das System sich befindet, bestimmt wird. Eine analoge Erscheinung scheint nun bei dem Phototropismus der Pflanze eine Rolle zu spielen. Wird die etiolierte Pflanzenzelle nur verhältnismässig kurze Zeit belichtet, und also abgesehen von dieser be- schränkten Belichtungszeit ganz im Dunkeln gelassen, so treten durch den Lichtreiz die in Kapittel III beschriebe- nen Reaktionen auf und eine Zeit lang ist der Ruhezustand 150 der Pflanze zerstört, aber auf die Dauer stellt sich derselbe wieder ein. Bleibt aber die Pflanzenzelle länger im Lichte, so wird zwar auf die früher beschriebene Weise der Dauer- zustand zerstört, aber auf die Dauer wird die Zelle dem Licht gegenüber anders gestimmt, das heisst, das licht- empfindliche System in der Zelle nähert sich einem neuen Gleichgewichtszustand, welcher abhängig ist von den be- treffenden Belichtungsverhältnissen, und welcher auch nur beibehalten werden kann, so lange die Zelle im Lichte bleibt, d. h., solange das lichtempfindliche System durch andauernde Energiezufuhr in diesem Dauerzustand gehalten werden kann. Nähert sich die Pflanzenzelle diesem neuen, diesen Belichtungsverhältnissen entsprechenden Gleich- gewichtszustand, so werden diese Lichtverhältnisse die normalen. Ist nun die Belichtung allseitig gleich stark, so wird in der Zelle oder in dem Zellencomplex dieser stationäre Zustand schliesslich erreicht. Die Energie hält die Zelle oder das Organ in diesem Zustand, wirkt aber nicht mehr in dem Sinne als Reiz, dass sie eine neue Änderung verursachen könnte. Ist die Belichtung aber einseitig, so zeigt es sich aus dem Auftreten einer Krümmung, dass diese Belichtung zu einer Reaktion reizt. Dennoch nähert sich das licht- empfindliche System der Zelle, da es sich im Licht befindet, auch zum Teil dem dieser Belichtung entsprechenden Gleich- gewichtszustand; nur kann offenbar ein stationärer Zustand nicht erreicht werden, solange die Energiezufuhr einseitig bleibt. Die Folge aber ist, dass das von einer Seite zu- geführte Licht als Reiz schwächer wirkt, da für die Pflanze der Aufenthalt im Lichte schon mehr oder weniger der normale Zustand geworden ist, oder, worauf es eigentlich ankommt, da für das lichtempfindliche System allmählich ein neuer Gleichgewichtszustand der normale wird. Die Sache verhält sich, kurz und klar gesagt, einfach 151 so: Wenn die etiolierte Pflanze eine Zeit lang in einer hellen Umgebung bleibt, passt sich die Pflanze, oder wenn man will, passen Sich die Reaktionen in der Pflanzenzelle allmählich einer Stationären Energiezufuhr an, und dieser Zustand wird der normale Um nun Pflanzen, die sich an diesen Zustand gewöhnt haben, zu phototropische Reaktionen zu reizen, braucht man eine grössere Energiemenge, als für eine etiolierte Pflanze nötig ist, für welche schon die kleinste Energiequantität etwas Neues bringt und als Reiz wirkt. Infolgedessen treten nun die verschiedenen Erschei- nungen auf, welche als die Äusserung der Stimmungs- änderung betrachtet werden. Am Einfachsten kann man sich hiervon mit Hilfe der Figuren 3 und 4 eine Vorstel- lung machen. Diese geben die verschiedene Reaktion an bei verschiedener Energiemenge für etiolierte Pflanzen und die Kurven nehmen also ihren Anfang an der Stelle, wo die Energie gleich Null ist. Bei einer Pflanze nun, die sich einer gewissen Energiezufuhr angepasst hat, muss diese Kurve also mehr nach rechts ihren Anfang nehmen. So wird also für eine Pflanze, die während einer ge- wissen Zeit im Lichte bleibt, diese Kurve sich mehr nach rechts verschieben. Infolgedessen wird sich die positive, phototropische Schwelle bei einer grössern Energiequantität befinden, wie dies für nicht etiolierte Pflanzen bekannt ist. Weiter empfindet eine Pflanze, wie Avena (Siehe Tabelle X), so lange sie noch etioliert ist, stark den Einfluss der Gegenwirkung (z.B. bei 8 Min. in 400 M.K.), aber indem sich indessen durch den Aufenthalt im Lichte die Stim- mung ändert und sich die Kurve auf Fig. 3 also nach rechts verschiebt, kommt die Avena-Pflanze wieder in die Zone der starken positiven Reaktion, sodass sie bei 20 Minuten wieder deutlich positiv reagiert. So wird auch, wie aus Tabelle V und VI hervorgeht, schliesslich die verlängerte Reaktionszeit bei Phycomyces noch wieder etwas verkürzt, indem sich durch den Aufenthalt im Licht das Gleichgewicht verschiebt, die Stärke der Reizwirkung ge- ringer wird, und die Gegenwirkung, die eine Folge der starken Reizwirkung ist, also wieder abnimmt. Und schliess- lich wird auf dieselbe Weise auch die sogenannte Um- stimmung von Phycomyces verständlich (Siehe Tabelle IV und Oltmanns Angaben). Phycomyces beginnt z.B. in 550 M.K. bei Durchbelichtung anfangs negativ zu reagieren ; aber durch den längern Aufenthalt im Licht ändert sich die Stimmung (d.h. das photochemische Gleichgewicht), die Kurve auf Fig. 4 verschiebt sich wieder während des Aufenthaltes im Lichte nach rechts, und Phycomyces kommt wieder in die Zone der positiven Reaktion zurück, die nega- tive Krümmung verschwindet und sodann treten positive Krümmungen auf. Dieses positive Krümmen findet also bei einer Energiequantität statt, welche für eine etiolierte Pflanze ein viel stärkerer Reiz ist und da zu negativen Krümmungen veranlasst, aber diese nämliche Energie- menge wirkt auf die Pflanze, die sich schon einer statio- nären Energiezufuhr angepasst hat, bei weitem nicht 80 stark phototropisch, sodass nur positive Krümmungen entstehen. Ans der Literatur wären vielleicht noch mehr Beispiele anzuführen, aber diese Tatsachen kommen alle im Grunde auf eins heraus und sind alle die Folge der hier beschrie- benen Erscheinung. Absichtlich ist im Vorstehenden das Verhalten der etiolierten und nicht-etiolierten Pflanze scharf auseinander gehalten, weil es sonst unmöglich gewesen wäre, die ver- schiedenen oft sich widersprechenden Erscheinungen zu entwirren. Gerade dieser Übergang der Pflanze aus dem 155 etiolierten Zustande in den nicht-etiolierten während des Experimentes, hat bis jetzt besonders bei Durchbelichtung die Analyse der Erscheinungen sehr erschwert. Auch bei den Versuchen in Kapitel III stiess man dann und wann auf solche Schwierigkeiten. Die Erscheinung, welche den Phototropismus der etiolier- ten und nicht-etiolierten Pflanze mit einander verbindet, ist in diesem Paragraphen gesondert erwähnt worden, um die Reihe der hier besprochenen phototropischen Er- scheinungen zu ergänzen. Es mag daraus hervorgehen, dass eigentlich kein prinzipieller Unterschied zwischen den phototropischen Erscheinungen dieser beiden besteht und dass die Stimmungsänderung, welche die Analyse der phototropischen Reaktion oft erschwert, an sich doch eine ziemlich einfache Erscheinung ist. Schliesslich fragt man sich noch ab, in wie weit man die von Pringsheim (1906) angestellte Vergleichung zwischen Stimmungsänderung der Pflanze und Adapta- tionserscheinungen des Auges durchführen kann. Es kommt mir vor, dass beide Erscheinungen vollständig identisch sind; der Unterschied besteht nur hierin, dass die Adap- tation des Auges bedeutend schneller vor sich geht, als bei der Pflanze, wo sie verhältnismässig langsam zü Stande kommt. Diese Adaptations- oder Stimmungserschei- nung ist darum von so ausserordentlicher Wichtigkeit, weil dadurch bei der Helladaptation für das Auge sehr bald ein konstant bleibender Lichteindruck entsteht und bei der Pflanze auf die Dauer eine bestimmte Richtung hinsichtlich des Lichtes zu Stande kommt. Dass auch das Auge starke Ermüdungserscheinungen, parallel mit der Gegenreaktion bei der Pflanze aufweist, ist wohl sicher. Diese Gegenreaktion oder Ermüdung wurde in Exners Untersuchungen nachgewiesen. Aus eigener 154 Erfahrung wissen wir, dass, wenn wir aus dem Dunkeln ins helle Licht kommen, der Reiz schnell bis zur Ver- blendung zunimmt, sodann wieder durch die Gegenreaktion oder Ermüdung abnimmt und dass dann erst durch die Stimmungsänderung ein konstanter Zustand eintritt, d.h., dass ein dieser konstanten Energiezufuhr entsprechendes Gleichgewicht erreicht wird. Dies stimmt also völlig über- ein’ mit dem,. was Nagel 8. 227 sagt: Free dass wir uns den bei einer gleichmässigen Belichtung stattfindenden Zustand einer (anmährend) konstanten Empfindung als das (rleichgewicht entgegengesetzter Einflüsse denken müssen, Br Wie wichtig die Erscheinung der Stimmungsänderung für die Organismen ist, möge aus dem Vorstehenden einigermassen hervorgegangen sein. Die Parallele zwischen der Pflanze und dem Menschen ist hier nicht gezogen worden, um daraus auf eine psychische Basis bei der Pflanze zu schliessen. Im Gegenteil war es die Absicht darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig das Studium der einzelnen Zelle, wie sich dies fast nur bei einigen Pflanzen ausführen lässt, für die Beurteilung der Erschei- nungen der menschlichen Physiologie werden kann. Und zur Beurteilung der Erscheinungen bei den Pflanzen und beim Menschen ist absichtlich hier ausführlich auseinander- gesetzt worden, dass diese Erscheinung der Stimmung entschieden auf dem Verhalten eines photochemischen Systems beruht, da photochemische Systeme bei genügend langem Aufenthalte im Lichte eine mit Adaptation oder Stimmungsänderung vollständig parallele Gleichgewichts- änderung aufweisen. Zum Schluss lenken wir nun noch die Aufmerksamkeit auf die Frage, welche Nagel weiter S. 231 stellt: „Das allerdings bedarf, wie schon erwähnt, einer Erklä- rung, dass überhaupt unter dem Einfluss konstanter Belich- tung die Empfindung nicht ins Unbegrenzte wächst, sondern 155 sich auf einen bestimmten von der Reizstärke abhängigen Wert einstellt. Wie wir uns des genauern das hierbei anzu- nehmende Gleichgewicht zu denken haben, ist vorderhand nicht angebbar.” Die Überzeugung, dass es sich hier um das photoche- mische Gleichgewicht zweier entgegengesetzten Reaktionen handelt, scheinen die Tatsachen wohl ganz zu rechtfertigen. $S 39. Schluss. Die verschiedenen, zum Teil aus der Literatur, zum Teil aus den hier beschriebenen Untersuchungen gesammelten Tatsachen, haben es ermöglicht, die phototropischen Er- scheinungen in drei Hauptfaktoren zu zerlegen, wozu alle verschiedenen phototropischen Reaktionen zurückzu- führen sind. Der erste Faktor ist die primäre Reaktion, welche das Licht bei der Pflanze bewirkt, und die in Kapitel I und II besprochen wurde; der zweite Faktor ist die Gegenreaktion, die bei etwas grösseren Energiequantitäten bald merklich wird, und deren Wirkung in Kapitel III behandelt wurde; in dem vorigen Paragraphen wurde schliesslich auf das Wichtige des dritten Faktors, der in der Adaptation an die herrschenden Lichtverhältnisse besteht, aufmerksam gemacht. Ausführlich haben wir immer den Umstand hervorge- hoben, dass alle Erscheinungen mit dem Verhalten eines photochemischen Systems im Einklang zu bringen sind. Zum Schluss sei denn auch hier bemerkt, dass diese drei Faktoren, in welche wir den phototropischen Prozess schliesslich zerlegen mussten, sich wirklich wieder in einem photochemischen System zurück finden lassen. Die oben erwähnte, primäre Reaktion und die sodann auftre- tende Gegenreaktion sind die Äusserungen der zwei ent- 156 gegengesetzten Reaktionen, welche ein lichtempfindliches System bilden und die Erscheinung der Adaptation oder Stimmung ist die Eigenschaft eines solchen lichtempfind- lichen - Systems, bei konstanter Energiezufuhr in ein be- stimmtes, photochemisches Gleichgewicht zu geraten. Hier und da wurde auch der wichtigen Schluss- folgerungen gedacht, welche die Übereinstimmung mit Erscheinungen aus der menschlichen Physiologie ergeben konnte. Obgleich die Analyse der Erscheinungen hier natürlich viel schwieriger ist, zeigt es sich doch, dass es sich auch hier immer wieder um die Zusammenwirkung derselben Faktoren handelt, die bei der Pflanze den pho- totropischen Prozess bilden. Es konnte hier aber dieser Umstand nur flüchtig berührt werden. Nur sei hier noch erwähnt, dass schon seit langer Zeit in verschiedenen Auffassungen aus der menschlichen Physiologie der Gedanke an einen photochemischen Prozess, als Grundlage der Lichtperzeption ausgesprochen worden ist. Vorstehendes enthält also eine kurze Zusammenfassung desjenigen, was wir in dieser Untersuchung zu erreichen gesucht haben. Zum Schluss möchte ich noch einige Bemerkungen hinzufügen. Eine der ersten Fragen, welche man sich jetzt zu stel- len hat, ist die nach der Art des lichtempfindlichen Sy- stems, das in dem Leben der Pflanze solch eine wichtige Rolle zu spielen scheint. Die einzigen Tatsachen, die hierüber schon irgend etwas vermuten lassen, bieten die schon früher genannten Untersuchungen von Uzapek und Ostwald. Es ist eine auffallende Erscheinung, die sich sowohl bei lichtempfindlichen Tieren als Pflanzen konstatieren lässt, dass der Lichtreiz einen bedeu- tenden Einfluss auf die normal verlaufenden Stoffwechselsprozesse ausübt. Diese von den ge- 157 nannten Forschern konstatierten Tatsachen schliessen sich so merkwürdig den Ergebnissen an, wozu die hier beschrie- bene Untersuchung führte, dass es wohl allen Anschein hat, dass Stoffwechselsreaktionen das photochemische System bilden, dessen Wirkung wiederholt in diesen Versuchen ans Licht trat. Wolfg. Ostwald (1908) hat dieses Vermuten schon ausgesprochen S. 4: „Ob nicht wielleicht ein Zusammenhang der phototropischen Erscheinungen mit der Atmungs- oder Oxydationsvorgängen im allgemeinen Sinne, d. h. mit der Gewebeatmung besteht.” Und die Ergebnisse, welche Ost- wald bei seiner Untersuchung erhielt, haben ihn in der Meinung bestärken können, dass diese Hypothese nicht zu gewagt ist. Auch liegt der Heringschen Theorie von der Gesichtsempfindung ein ähnlicher Gedanke zu Grunde. Wenn dieses Vermuten bestätigt werden sollte und es sich also zeigte, dass die Lichtenergie direkt in die nor- mal verlaufenden Stoffwechselsreaktionen eingreift, was an sich sehr annehmlich ist, so ist man damit bis an den Kern des phototropischen Prozesses vorgedrungen. Dass eine Änderung, z. B. eine Beschleunigung oder Ver- zögerung im Stoffwechselsprozesse sich nach kurzer Zeit auch offenbaren wird in einer Änderung des Wachstums, lässt sich sehr gut denken. Wenn nun wirklich die Stoffwechselsreaktionen in so starkem Masse sich vom Licht abhängig erweisen, so lässt sich einerseits für den phototropischen Prozess selbst eine einfache, normale Erklärung finden, ohne dass man weiter der Zelle oder dem Protoplasma besondere Eigen- schaften beizulegen braucht. Andrerseits ist in diesem Falle die phototropische Krümmung ein Mittel weiteres von dem Zellenleben kennen zu lernen. Besonders die 158 weitere Untersuchung im Spektrum könnte hier vielleicht von Nutzen sein. Vor allem wäre die Frage hier angebracht, wie das Verhalten negativ-phototropischer Organe, welche in dieser Arbeit unbehandelt blieben, sich demjenigen, was in Be- zug auf ein positiv reagierendes Organ, wie die Avena- Koleoptile und die positiv und negativ reagierenden SpPO- rangienträger von Phycomyces gesagt worden ist, an- schliessen würde. Dass die Vergleichung des Phototropis- mus von Wurzel und Stengel einen wichtigen Beitrag zur Kenntniss der Polarität liefern könnte, scheint mir nicht unmöglich. Wenn der Lichtreiz auf die Reaktionen der Zelle solch einen grossen Einfluss ausübt, kann sich die Wirkung des Lichtes schwerlich nur auf die belichteten Zellen beschränken; vielmehr wird sich die hervorgerufene Än- derung in den Reaktionen auch noch weiter über ein gewisses Gebiet des Gewebes offenbaren, wodurch eine Fortpflanzung des Lichteffektes möglich ist. Über eine Perzeption der Lichtrichtung ist hier nicht gesprochen worden. Fitting (1908) kam zu der Schluss- folgerung, und auch schon eine einzelne Zelle, wie der Sporangienträger von Phycomyces deutet darauf, dass in jeder Zelle wohl eine gewisse Polarität in Hinsicht auf die Lichtstrahlen entstehen muss. Viel mehr lässt sich hierüber vorläufig nicht sagen. Dies braucht der Auffas- sung, dass das Licht auf die gewöhnlichen Zellenreaktio- nen einwirke, nicht zu widersprechen. Dass in der Ge- samtheit der Reaktionen, auch in der einzelnen Zelle eine gewisse Polarität entsteht, wenn die Energie nicht all- seitig, sondern einseitig zugeführt wird, scheint wenigstens durchaus nicht unwahrscheinlich. Die flüchtige Berührung dieser Punkte geschah natür- lich nur mit dem Zweck, einige Fragen zu stellen, worauf 159 weitere Untersuchungen über den Phototropismus viel- leicht auf die Dauer eine Antwort geben können. Verschiedene Male hat sich die Gelegenheit dargeboten, auf die Übereinstimmung zwischen den Erscheinungen beim Menschen und bei der Pflanze aufmerksam zu machen. Oft habe ich dabei die Meinung ausgesprochen, dass kein Grund vorliegt, aus dieser Übereinstimmung auf psychische Erscheinungen bei der Pflanze zu schliessen. Es ist eine auffallende Erscheinung, dass in den letzten Jahren der Pflanzenphysiologie eine Pflanzenpsychologie beigegeben wird. Die Zukunft wird lehren, ob diese Auffassungen die Botanik auch nur eine Stufe weiter bringen werden. Ich glaube, dass es nicht dem Reichtum an Tatsachen, sondern vielmehr einer persönlichen Neigung zuzuschreiben ist, dass man zu einer derartigen Betrachtung kommt, und dass diese Betrachtung durchaus nicht Folge ist von einer Erhöhung der objectiven Beurteilung der Tatsachen. Man kann bei der Beurteilung der Tatsachen aus der Reizphysiologie nicht vorsichtig genug sein, da wir von Hause aus geneigt sind, bei der Beurteilung der Reiz- wirkung von einer von vornherein angenommenen Idee auszugehen, welche wir unsern persönlichen Empfindungen entnehmen. Die Folge hiervon ist, dass, wenn man eine grosse Übereinstimmung zwischen den Erscheinungen der einzelnen Zelle und denen unserer Empfindungen be- obachtet, man hieraus nicht die Schlussfolgerung zieht, dass die Erscheinungen, welche die einzelne Zelle aufweist, auch die primitive Grundlage zu gewissen Erscheinungen bei höhern Organismen bilden, sondern, dass man oft zur Erklärung dieser Übereinstimmung in den einfachen Pro- zess der Zelle ein höchst kompliziertes Element einschiebt. 160 Dies mag aus folgenden Worten Polowzows (8. 185) hervorgehen: „Man könnte sagen, dass Auslösungsprozesse, die als BReiz- erscheinungen bezeichnet werden, also „physiologische Aus- lösungsprozesse”, darin etwas von den physikalisch-chemischen Auslösungsprozessen Verschiedenes aufweisen, dass in ihrer Kette als nur ihnen eigenes spezifisches, dabei aber motwen- diges Glied, das lebendige Plasma auftritt. Es wird mit dieser Eigentümlichkeit also ein Glied in die Ketle der Erscheinungen eingefügt, das wie von der experi- mentellen, so auch von der theoretischen Seite aus betrachtet, ein grosses Unbekamntes. ist.” Wenn man nun zur Erklärung der Analogie-Erscheinungen ein solches kompliziertes Element glaubt einfügen zu müs- sen, so sieht man also nicht in dem einfacheren Prozess die Basis, worauf sich das Kompliziertere entwickelt, sondern man schreibt dem primitiven Prozesse der einzelnen Zelle die komplizierten Eigenschaften zu, die beim höhern Pro- zesse auftreten. Bei der Analyse der phototropischen Erscheinungen, wie ich dieselbe hier zu erreichen suchte, zeigte sich keineswegs die Notwendigkeit, auf eine Art psychischer Erscheinungen zu schliessen. Die Ergebnisse scheinen im Gegenteil gerade von einer derartigen Auf- fassung hinweg zu führen. Das Recht, eine Psychologie der Pflanze einzuführen wird meistens den Erscheinungen der Reizphysiologie entnommen und gründet sich auf die Analogie der Erscheinungen bei der Pflanze und beim Menschen. Bei einer genauern Analysierung zeigt es sich nun, dass die Analogie des Phototropismus der Pflanze mit dem Verhalten eines photochemischen Systems be- deutend grösser ist, und viel deutlicher ans Licht tritt, als die Analogie zwischen dem Phototropismus und der Gesichtsempfindung des Menschen, obgleich auch diese immer wieder zu konstatieren ist. Statt also beim Finden 161 von Analogien zwischem dem Verhalten einer Pflanzenzelle und einem menschlichen Organ stehen zu bleiben und in das verhältnismässig primitive Leben der einzelnen Zelle einen komplizierten Faktor einzuführen, scheint die Auf- spürung der Analogien in weitern Kreisen auf Beziehungen zu deuten, die sich viel weiter erstrecken. Eine Reihe von Erscheinungen aus der anorganischen und organischen Welt, die alle eine gemeinschaftliche primitive Basis zu besitzen scheinen, wäre zusammenzubringen. Die höchst entwickelten von diesen Erscheinungen sind aber so kom- pliziert, dass es kaum möglich ist, nachzuspüren in welchen Punkten sie mit den einfachsten Erscheinungen Gemein- schaft aufweisen. Das Studium der Pflanze und zwar besonders dasjenige der einzelnen Zelle kann hier als Vermittler auftreten und bei einer Erforschung der Entwickelung physiologischer Erscheinungen, in diesem Falle also der Entwickelung der Lichtperzeption, gute Dienste erweisen. Mit grosser Erkenntlichkeit danke ich am Ende dieser Arbeit Herrn Professor Dr. Went, in dessen Institut diese Untersuchung vorgenommen wurde, der mich fortwährend durch sein freundliches Interesse und seine wertvollen Ratschläge unterstützte und mich immer mit der grössten Bereitwilligkeit in den Stand setzte, die Versuche auf die erforderliche Weise einzurichten. Auch den Herren Professoren Dr. Zwaardemaker und Dr. Julius fühle ich mich sehr verbunden für die Erklä- rungen und Ratschläge, die ich von ihnen auf tierphysiolo- gischem und physikalischem Gebiete empfangen durfte. 11 LITERATUR-VERZEICHNIS. BACH. 1907. Jahrb. f. Wiss. Bot. XLV. BECQUEREL. 1845. Ann. d. Ch. et de Ph. 9, 1845. BUNSEN u. ROSCOE. 1855. Ann. d. Phys. und Ch. 96. ” 1857. ” ” ” ” ” 100, 101. n 1859. ” ” „ ” ” 108. ” 1862. ” ” ” ” ” 117. CHARPENTIER. 1890. Arch. d’Ophthalm. X. CZAPEK. 1898. Jahrb. f. Wiss. Bot. XXXIL ; 1903. Ber. d. D. Bot. Ges. XXL e 1906. Jahrk. f. Wiss. Bot. XLIIL EDER. 1902. Photograph. Correspondenz 1902. a Ausführliches Handb. d. Photographie (1891 — ). EDER u. VALENTA. 1902. Beiträge zur Photochemie. ERRERA. 1884. Botan. Zeit. 42er Jahrg. FIGDOR. 1893. Sitzungsber. d. K. Akad. der Wiss. Wien 102. 2 1908. Festschrift f. Wiesner. Wien 1908. FITTING. 1905. Jahrb. f. Wiss. Bot. XLI. = 1908. 5 ® “ 2 RN FRÖSCHEL. 1908. Sitzungsber. d. K. Akad. der Wiss. 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NERNST. Theoretische Chemie. 5° Aufl. 1907. NICHOLS a. FRANKLIN. 1889. Amer. Journ. 38. OHNO. 1908. Jahrb. f. Wiss. Bot. XLVI. OLTMANNS. 1897. Flora 83. OSTWALD. Lehrb. d. Allg. Chemie II. WOLFG. OSTWALD. 1908. Biochem. Zeitschr. 10. PAYER. 1842. Compt. Rend. T. XV. PFLÜGER. 1902. Drude’s Ann. 190. POLOWZOW. 1909. Untersuch. über, Reizerscheinungen bei den Pflanzen. Jena. PRINGSHEIM. 1887. Ann. de Phys. u. Ch. N. F. 32. PRINGSHEIM. 1906. Cohn’s Beitr. z. Biol. d. Pfl. 9, Heft 2. a 1308. Ber. d. D.. Bot: Ges. XXVlas Heiss ROTHERT. 1894. Cohn’s Beitr. z. Biol. d. Pfl. 7. SACHS. 1871. Die Pflanze und das Auge. Arb. Würzb. I. 164 WIESNER. 1877. Die Entstehung des Chlorophylis. Wien 1877. WIESNER. 1878. Die Heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreich 1. WIESNER. 1880. Die Heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreich II. WIESNER. 1893. Sitzungsber. der K. Akad. der Wiss. Wien 102. INHALTSÜBERSICHT. EINLEITUNG I KAPITEL. Die Beziehung zwischen Lichtstärke Sn 9. und Belichtungszeit. Uber die Reiz- schwelle und die Praesentationszeit Einleitung Versuche mit Avena sativa. Methoden, Aufstellung, Material, u. s. w. . Über die Bestimmung der Schwellen, die individuelle Variation und die Amplitude der Variation . Beschreibung eines Versuches £ . Ergebnis und Besprechung der sämtli- chen Versuche Versuche mit Phycomyces nitens. . Die Kultur g , 5 ; . Die Bestimmung des Schwellenwertes Das Ergebnis der Versuche und die indi- viduelle Variation Das Resultat Literaturbesprechung. $ 10. Über die Methode ep ER $S 11. Angaben über phototropische Schwellen. Seite. CHEN 3l 35 Seite. Ähnliche Erscheinungen auf anderem Gebiet. s$S 12. Für den Geotropismus . 5 E AN s 13. Aus der tierischen und menschlichen Physiologie : : ; Ä - . 42 $ 14. In der Photochemie . 3 ; , | II KAPITEL. Die Phototropische Empfindlichkeit für verschiedene Wellenlängen . : .. 49 $ 15. Einleitung’. E ; ; h ’ „eerad Versuche mit Avena sativa. $ 16. Methode und Aufstellung : E 52 s 17. Die Ausführung und das Ergebnis der Versuche . : x S ; ; u s 18. Das absolute Empfindlichkeitsverhältnis. 63 49: Resultat A e - ß 2 le) Versuche mit Phycomyces nitens. $ 20. Ausführung und Ergebnisdieser Versuche 69 21. Zusammenfassung und Literaturbespre- chung 3 ; ; ; ; i A ar Un III KAPITEL. Über die Beziehungen zwischen positi- ven und negativen Erscheinungen . 81 Einleitung . A ; { ! en! Un DD D Versuche mit Phycomyces nitens. s 23. Ausführung der Versuche 5 4 0403 s 24. Der Effekt verschiedener Lichtquantitäten und das sogenannte „Indifferent”-sein . 84 s 25. Die Abhängigkeit der negativen Erschei- nungen von Zeit und Intensität . 59 $ 26. Noch einige hinzutretende Erscheinungen $S 27. Zusammenfassung der Ergebnisse für Phycomyces TABELLEN . Versuche mit Avena sativa. s 28. Der Effekt verschiedener Lichtmengen $ 29. Botanische Literatur , i ; $ 30. Die phototropische und photographische Überbelichtung . ä R $ 31. Die Erscheinungen der Überbelichtung im Spektrum $ 32. Zusammenfassung IV KAPITEL. Schlussbetrachtungen. Die Deutung Ss 34. $ 35. der phototropischen Erscheinungen Die Lichtempfindlichkeit . 3 Reaktionszeit und Präsentationszeit Intermittierende Reizung; Relaxationszeit und Perzeptionszeit . 3 ö Die Grenzen der Reaktion und die An- wendung der Fechnerschen Formel Über die Anwendung des Weberschen (resetzes Stimmung. Schluss y Literatur-Verzeichnis Seite. 93 ERKLÄRUNG DER TAFELN XXIII UND XXIV. Auf Tafel XXIII sind die Kurven abgebildet, welche das Empfindlichkeitsverhältnis für verschiedene Wellen- längen, unabhängig vom benutzten Spektrum, angeben und zwar: für die phototropische Empfindlichkeit von Avena sativa. _— — — — für Phycomnyces nitens. ge per für die menschliche Gesichtsempfindung (nach Krarup). Die Lage der Maxima dieser drei Kurven ist ausserdem unten in der Zeichnung in Wellenlänge angegeben. Mit (402) ist die Stelle angegeben, wo ungefähr das Maxi- mum der Empfindlichkeit des Bunsen- und Roscoeschen Normalpapiers liegt (nach einer Schwärzungskurve bei Eder). Vom benutzten Spektrum unabhängig gemacht, würde dieses Maximum aber noch weiter nach dem Ultraviolett hin geraten. Tafel XXIV. Fig. I. Ein Beispiel kurzer Belichtung. Ein Zinkgefäss mit Avena-Keimlingen. Nur '/,,. Sek. von links belichtet in + 18.000 M.K.; sodann nach 2 Stunden photographiert. Diese Belichtung liegt noch oberhalb des Schwellenwertes. Fig. II. Dieses Gefäss stand im Spektrum von 575 au bis 495 au. Die Pflänzchen wurden in diesen Strahlen 1% Stunden belichtet, senkrecht auf die Längsrichtung des Gefässes. Als die Reaktion ihren Höhepunkt erreicht hatte, wurde das Gefäss photographiert unter 45° hinsichtlich der ursprünglichen Lichtrichtung. Zrgebnis: links keine Krümmungen, rechts starke Krümmungen, Grenze unge- fähr zwischen den Bleistiftstreifen, d.i. bei + 530 un. Fig. IIIa und b. Beide schief auf die Längsrichtung von rechts belichtet in einem lichtstarken Normalspek- trum. Die drei 'Tintenstreifen geben nach einander die Wellenlängen 5785 au, 521 au und 444 au an. a. Wurde 8 Sek. belichtet. Nach 1% Stunden sind die Spitzen links von der Linie 521 u« gerade, rechts von dieser Linie beginnen die ersten Krümmungen aufzu- treten, am deutlichsten im Blau-Indigo. Wurde 3600 Sek. belichtet und bald darauf photogra- phiert. Im Violett ist die Krümmung schon am Deut- lichsten und weiter beginnen die Krümmungen im Grün, Gelb und Orange mehr oder weniger stark auf- zutreten. Dazwischen stehen die Pflänzchen im Blau beinahe, im Indigo vollständig gerade. Fig. IIIlc gibt den analogen Fall aus der Photographie. Man sieht hier die Schwärzung von Bromsilbergelatine unter dem Einfluss eines prismatischen Sonnenspektrums und zwar oben die Schwärzung, nach einer normalen, kräftigen Belichtung, unten die Umkehrung des Bildes nach einer 900-mal längern Überbelichtung (nach Eder und Valenta). b. = Tafel XXIII. TITTEN a Fr FEHLTEN SE zoo 350 3 77 BL LH LSA (yo2 650 x 600 550 ro 1 450 100 350 Rot ae u 2 Lu G elıe rn Blau In a ee 5 ULirah Tafel XXIV. ei A dee, or 218000 GX 1.060 MA ee kun GE Fort Cruunge Gel ie ss Blau Incigo Vorlitt 1 PS k belich Hel. Phototypie L. VAN LEER & C? Amsterdam x he BR 3 nr “ ’ re 5 b \ Bor ie MErEr ie. ’ Br ; y Be a) ‘ fi Ag » 4 Für je $ 8 » Y ” f i - ’ Vreinn f j u s = ’ & TE . n \ 7 A, . m F j ’ + Y “ . X E “, - Va HL K £ Pr; ; r r 2 Br # MEN v) “ ", . ker br 5 \ - KYIn re H EAN 727 E23 > h g' Aa IS be 7 N Betr . I RL Wa. 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